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Berliner
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz- Berlin.
Verantwortlicher Redacteur.
Be Bruin
Kühnan
Dr. Lothes
Dr. Peter
Peters
Preusse
Professor
Oburtliierarzt
DepartemeDtsihierarzt
Professor
Depsrtementsthlerftrst
V eterlnftrassessor
Utrecht.
11 am bürg.
Cöln.
Breslau.
Bromberg.
Danzig.
Dr. Schlegel Dr. Vogel Zfindel
Professor I.andes-Insp. f. Thiersucht Krelrthlerarxt
Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Jahrgang 1900.
Berlin 19ÖÖ.
Verlag von Richard Schoetz
Luisenstraase 86.
hl PR ARY
f • - , ; y OF CALIFORNIA,
LA VIS
Sachregister.
(Dl« Zahlen hinter den einzelnen Sitzen bedeuten die Seitenzahlen.)
Abdeckerei s. Gerichtsentscheid., Cadaver.
Beseitigung d. Cadaver unter „Milzbrand“.
Abdeckereiprivilegien in Spandau (Gerichts-
entsch.). Beibl. zu No. 49 vom 6. Dec.
Abdeckerei wesen. — Badisches Gesetz betr.
das — Orig.-Art. v. Preusse. 465.
Abdeckereiwesen in Anhalt (Polizeiverordnung)
Beibl. zu No. 46 vom 15. Nov. —
Desgl. im R.-B. Lüneburg ebenda.
Be8chränknngde8Abdeckereibetriehes514,
in Baden 465. Anspruch auf abgestandenes
Vieh (Kammergericbtsentsch.) 444.
Abgeordnetenhaus s. Avantgardengefecht.
Abgestandene Thiere s. Gerichtsentschei¬
dungen.
Abiturientenexamen s.a unter Tagesgeschichte
(Unterrichtswesen). — Orig. - Art. v.
Scbinaltz. 164. — Abit. der Rossärzte
Orig.-Art. v. Schiel. 92.
Abortus b. Verkalben.
Abortus der Kühe und die Phenolinjectionen
nach Bräuer. v. Rosolino. 509.
Abscess s. Spätentzündungen.
Abscees (periproctalcr) bei der Kuh. Orig.-
Art. v. Storch. 161.
Abscesse (paravaginale) bei der Stute. Orig.-
Art. v. de Bruin. 159.
Abscesshaken v. Braatz. 281.
Abwerfen s. Wirbelsäulenbruch.
Acarusrände beim Hunde. — Heilung der —
Orig.-Art. v. Paust. 172.
Accomodirt 8. Auge. I
Acetanilid 8. Muskelrbeumatismus.
Acetanilidins bei infectiöser Pneumonie. An- I
Wendung v. Guillemain u. Cadix. 474. j
Achillessehne. Theilw. Zerreissung v.Hell. 294. j
Achaelarterie 8. Thrombose. I
Acbsendrehung s. Peritonitis. I
Actinomycose s. a. Strahlenpilze, Glossitis j
actinomycotica.
Actinomycose beim Menschen. — Klinisches
über — v. Bramann. 176.
Actinomycose beim Rind. — Allgemeine
metastatische — v. Harreveit. 247.
Actinomycose des Euters der Kuh v. Maxwell.
330. Desgl. des Testikels (primär) v.
Olier. 330.
Actinomycose (primäre) des Hodens bei einem
Bullen, v. Görig. 462.
Actinomycose des Menschen und der Thiere.
Eine neue Varietät des Strahlenpilzes
und die Verwandtschaft!. Beziehungen der
Streptothricheen. v. Schürmayer. 114.
Actinomycosis. — Die Lehre von der —
Autoreferat v. Preusse. 88.
Aderlass s. Hohlnadel.
Aerzte und Aerztliches s. a. Fleischbeschau,
TagesgCBch. — Studium (Neuord.) 609. —
Prinzipien bei Beurtheilung conservirter
Nahrungsmittel v. Liebreich 503.
Aetzpaste. — Eine schmerzlos wirkende —
v. Pouchet. 185.
Africa: s. a. ausserenropäische Krankheiten,
Rinderpest. — Afrikanische Pfcideseuche
v. Fadyean. 26s. — Behandlung von
Pferden, Maulthieren u. Ochsen während
des Felddienstes b4. — Die Pferde Süd¬
afrikas und deren gefährlichste Krank¬
heiten, insbesondere die Malaria v. Zürn.
568. — Einfuhrbestimra. nach Caplaud
334. — Erreger der Pferdesterbe. O.ig.-
Art. v. Rickmann. 314. — Maul- u. Klauen¬
seuche in Sudafiika 298; desgl. Rinder¬
pest ebenda u. 405 (Windhoek — Vacanz
10. — Zugochse Südafrikas. 186.
Airol v. W. Eber. 355.
Alaunlösung lOpCt. bei Gelenkwunden, v.
Hanke. 65.
Alcaliscbo Reaction s. Fleisch.
Alcohol als Gegengift bei Carboisäurever¬
giftung v. Phelps. 367.
Alcohol und Händedesinfection v. Tjaden. 30.
Alfort. — In der Ecole vötörinaire d’ — Orig.-
Art. v. Lohsce. 157. Bemerk, dazu v.
Goldbeck. 187.
AloCdosirnng bei Tympanitis des Rindes.
Orig.-Art. v. Paust. 219.
Alopecie. — Heilung der — v. Balzer. 177.
Altersbestimmung s. Backzähne, Karpfen.
Alters der Pferde nach den Scbneidezäbnen.
— Beurtbeilung des — v. Heinze. 255.
America: 8. Castrationsmelhoden. — Die
Maul- und Klauenseuche in Argentinien.
188, 274. Desgl. Canada. 274. — Ein¬
fuhrbestimmungen für Vieh nach den Ver.
Staaten. 334. — In'ernationalc Vieh-Aus¬
stellung in Chicago. 383. — Kampf gegen
die Tuberculose in d. Ver. Staaten. 400.
— Protest gegen das Einfuhrverbot von
lebendem Vieh aus A. Beibl. zu No. 29
19. 7. S. 6. — Veterinärpoli/.eiliches in
d. Ver. Staat., Beibl. zu No. 38 v. 20 9.
S. 7. — Viehzählung in d. Ver. Staaten
am 1. 1. 1900. 151.
Amyloform. Orig.-Art. v. Anders. 483.
Amyloid s. Leberzerrcissung.
Anästhesie s. Arzneien, Ii.filtrationsanästhesie,
Peronin, Tropococalo.
Anatomisches und Physiologisches s.
a. Augenlid, Bildungsanomalien (Unter¬
kiefer, Zunge, Niere, Gallenblase), B lut-
bildung, Celluloid, Colostrum. Embryo¬
logisches, Gallenblase, Harn, Herz (Lage¬
rung). Ilydrocephaltis, Milch (Fettgehalt),
Milz (Function), Milz (überzählige), Miss¬
bildungen, Nabelschnur, Tollwutb.
Aneurysma der art. ileo-coeco-colica. — Ver¬
blutung durch — v. Loth. 379.
Anhalt: Abdeckereiwesen, Beibl. zu No. 46
vom 15. Nov. S. 1.
• Anthrax s. Formalin, Milzbrand.
Antiaborticum s. Antifebrin.
Antiaphtben (Warnung). 294.
Antidiphtheriesernm s. Diphtherie.
Antifebiin als Antiaborticum. v. Bez - Tb.
Schmidt. 43.
Antipyreticum s. Kryofin.
Antiseptica in der Armee 320.
An unsere Leser. Orig.-Art. v. Schmaltz. 313.
Aphthen s. Maul- und Klauenseuche.
Aphtbenseuchebehandlung mit Chromsäure
v. Jarre. 256.
Aphtbentheer. 431.
Apotheken. — Anford, an thierärztliche — 95.
Apparate etc. s. Abscesshaken, Castrations¬
methoden (Möller, Toepper), Conjunctival-
sack, Ei-*en (oribopäd.), Emasculator,
Embryotom, Feuersbrünste, Hohlnadel,
Imptkästchen, Iropfspritze, Injectionen,
Injectionscaniilen, Kiaueuschuh, Koch¬
apparate, Operationstisch, Praxiswagen,
Prolapsns uteii et vaginae (Blume 529),
Steckstollen, Stempelkasten, subcutane In¬
jectionen, Thermometerfixator, Tödtungs-
apparat, Wirhelaäulenbruch, Zange,
Zuzenräumer 269.
Approbationen (Thierärztlicbe) i. J. 98/99- 277.
Argentinien. — Maul- und Klauenseuche in
— Oiig.-Art von Kühnau. 188, 274, 612.
Argentum colloidaleCredö s.Credö’sche Silber¬
salze, Kälberruhr, Petechialfieber, Rotz.
Argentum coli, als Wundbeilmittel v. Tetzner.
235.
Armee s. Antiseptica.
Arteria ileo-coeco-colica s. Aneurysma.
Arteriosclerosc beim Pferde v. Krüger. 584.
Arthritis et Tendovaginitis tuberculosa. —
Orig.-Art. v. Prof. Schlegel. 421.
Arzneien s. a. Acetanilid, Aceta ilidin, Aetz¬
paste, Airol, Alaunlösung, Alcohol, Aloe-
dosirung, Amyloform, Antifebrin, Anti¬
septica, Aphtentheer, Argentum, Bacillol,
Barium chloratum, Carbolsäure, Chielin,
Chromsäure, Chrysarabin, Collastin,
Creolin, Eigonc, Ekajodoform.Electricität,
Epikarin, Foimalin, Gelatine, Glutol,
Höllensteinlösung, Holzkohle, Icbtboform,
Igazol, Jodkalium, Kal. bichromicnm,
Krvofin, Kühlpasten, Liquor Crcsoli,
Nebennierenextract, Nirvanin, Paraform,
Peronin, Pi' tolin, Protargoi, Protocoll der
Sch'eswig-holsteinischen Tbierärztever-
sammlung. 93, Pyrogallol, Russian waters,
Salol. Sanatol, Schweiz (therapeut.Notizen
ans Bern), Strychnin, Tannalbin, Tanno-
form, Tropococatn, Tropon, Vitalin,
Xeroform, Zinknaste.
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Arzt t. Aerzte und Tageageschlchte.
Ascariden im Darmcanal. — Abnormer Geruch
des Fleisches bei — v. Morol. 167.
Ascites s. Bauchwassersucht.
Auge s. Augenentzündung, Blepharitis. Bo-
tryomykose des Auges, Conjunctivalsack,
Conjunctivitis, Cysticercus cellulosae,
Hornhauttrübung, Keratitis, Nathstern,
Nelzhautablösung, Sehorgan (Verletzung
mit Kalk), Staar, Tollwnt.h (Bulbusunter¬
suchung), TropocoeaYn, Uvealtractus.
Augenentzündung der Pferde (periodische)
Orig.-Art v. Bernhard. 301. — S. a. Uveal¬
tractus.
Augenentztlndungen der Rinder. — Zur Aetio-
logie der seuchenhaften — v. Schmidt-
Dresden. 483.
Augenlid s. Botryomycose.
Augenlids einiger Säugethiere. — Die Drüsen
des dritten — v. Miessner. 283.
Auges. — Die Anatomie des accomodirten
— v. Heine. 271.
Ausfuhr s. Einfuhr, Fleischeinfuhr, Länder¬
namen.
Au88obuhen s. Neurectomie.
Ausstellung s. Weltausstellung, Paris, Tages¬
geschichte.
Ausstellung der D. L.-G in Posen. 212, 289.
Mastviehausstellung in Berlin. 236. —
Weltausstellung in Paris 81; Gruppirung
416 (Hauptner).
Australien: Fleischproduction 311. — Neue
Schafkrankheit v. Chorvy u. Bull. 364.
Avantgardengefecbt von Schmaltz. 31.
Bacillol. 320. v. Sobelsohn. 498.
Bacillol, Protargol, Tannoform. — Orig.-Art.
von Angerstein. 61.
Backhaus s. Kindermilch.
Backzähne bei der Musterung von Pferden. —
Untersuchung der — Mitth. v. Ehlert. 244.
Bactericide Substanzen (Vertheilung in den
Organen) s. Substances bactöricides.
Bacterien. — Weitere Beiträge zur Kenntniss
der säurefesten — v. Dr. Korn. 282.
Bacteriologisches s. Colibacterium, Darm-
bacterium, Diagnosefärbung, Dysenterie¬
bacillus, Enzyme, gelbes Fieber, Luft-
infection, Malaria, Pferdeseuche, Pferde¬
sterbe, Rotzbacillus, Schutzeinrichtungen
(natürliche),Sch weineseurheu.Septii-aemia
pnerperalis, Strablenpilzkrankheit, Strep-
tothrixarten,Tollwutb,Tuberculoseerreger.
Baden: Dienstanweisung für die Bezirks¬
thierärzte, Beibl. zu No. 38 vom 20. 9.
S. 3. — Gesetz beti. Abdeckereiwesen. 465.
— Jahresbericht 1899. 618. — Influenza
der Pferde 1899. Beil 2 v. 17. Mai S. 3. —
Priitungsreglement für beamtete Th. 368.
— Verbot des Hausirhandels mit Klauen-
thieren. 156. — Vieh-Vers cherung, Orig.-
Art v. Maier. Beil. 2 v. 17. Mai S. 4.
Baden-Baden s. Tagesgeschichte.
Bandwurmmittel s. Salol.
Barium chloratum (Anwendung). 43.
Bastard s. Zebrabastard; — Thierbastarde,
von Ackermann. 228.
Bauchfellentzündung (ausgebreitete chroni¬
sche) mit Eiterung. Orig.-Art. v. Graefe.
400.
Bauchschnitt s. Laparotomie.
. Bauchwassersucht beim Rind. Orig.-Art. v.
Hajnal. 616.
Bayern s. a Veterinärsachen. — Bacteriolog.
Feriencurs in München 430. — Einfubr-
erlaubniss aus Oesterreich. Beil. 2 v. 17.
— III —
Mai S. 2. — Einfuhrverbot gegen Oester¬
reich. 156. — Entschädigung bei Verlusten
durch Maul- u. Kl. 394 — Gehirn- und
Riickenmarksentzttnduiig der Pferde in
Niederbayern 1899 19 0. Vortrag von
Leimer. 557. — Handel mit Schlachtvieh
betr. Beil, zu No. 49 v. 6. 12. S. 8. —
Impfversuch bei Pferdestaup«. 55. — In¬
fluenza 1899. Beil. 2 v. 17 Mai S. 3. —
Pferdeversicherungsgesetz 539. — Staat¬
liche Unterstützung der Rothlaufimpfung
466. — Thierzuchtleitung in Wetzlar und
Waldbroel. 95. — Tuberculinimpfungen
pro 1899 502. — Tuberculosestatistik in
den Sc» lachthäusern. 467. — Verhandlung
der Kammer betr. Abitur. 249. — Vieh¬
handel nach Lebendgewicht 611. — Vieh¬
zuchtinspectoren 10, 383.
Beamtete Thierärzte s. Tagesgesch. u. Vet-
WeBen.
Beckenbruch beim Pferd v. Reicbenbach. 255.
Begattung s Deckact.
Begattung. (Verletzungen bei) v. Grimme. 463.
Belgien: Thierseuchen III. Quartal 99 bis
II. Quartal 00 22; 179; 298; Beibl. zu
No. 38 v. 20. 9. S. 7.
Beri-Beri-Krankheitauf europäischen Schiffen.
(Zunahme) Orig.-Art.. v. C. Mjoön. 608.
Berlin: Bekanntmachung betr. Geflügelunter-
Buchung. 119. — Bericht der Tollwuth-
impfstation. 179,545. — Das neue Ortsstatut
(Stellung der Beamten). 312. — Die neue
Kühlanlage. 455. — Hochschulcommers.
46. — Hoch.-chulfrequenz 10; 441. —
Jahresbericht der th. Hochschule 98 99.
212; des Schlacht- u. Viehhofes. 225 —
26. Mastviehausstellung. 236. — R« ctorats-
wechsel. 610. — Regelung der Gewähr¬
leistung für beanstandetes Vieh auf dem
Central-Schlachthof 227. — Scldachthot-
berichte Dezember 99 bis Novemb. 00 47;
129; 191; 263; 287; 335; 396 ; 456 ; 503;
Beibl. zu No. 46 S. 11; 611.
Bern s a. Schweiz. — Studienplan S.-S. 1900
199. — Verbot der Führung des Dr.-Titels
in Pieussen 438. — Vet.-med. Facultät
u. Promotionsstatut 427, 429.
Bern. Therapeut. Notizen v. Preusse. 269.
Beschälseuche. — Der Parasit der — v.
Schneider u. Bussard. 411.
Beschlag s. a. Beugesehnen.
Beschlages auf den Gang eines lahmen Pferdes.
— Einfluss des Gewichtes des — v.
Delp6rier. 163.
Beugesebnen s. a. Protargol. — Zerreissung
an beiden Hinterfüssen v. Rekate. 294.
Beugesehlien durch Beschlag. — Heilung einer
veralteten Zcrtrennungder —v.Litfas. 279.
Beyer, Geheimrath — Nachruf. 498.
Bildungsanomalien (Unterkiefer, Zunge, Gallen-1
blase u. Niere) beim Schwein. v.Görig. 570. |
Bildung und Fachstudium. Orig.-Art. von >
Schmaltz. 7.
Bilharziab. Rind inCochinchinav.Raillett. 209.
Bindehaut s. Conjunctivitis. 1
Bissverletzungen s. unter Tollwuth.
Blastomyceten s. Carcinom.
Blepharitis acarica. Eine Erkrankung der
Wimpern u. Lidränder infolge von Milben
in den Cilienbälgen. v. Räblmann. 138.
Blinddarms. — Chondrom — v.Schelameur. 403.
Blitzschlag. 379.
Blut s. Nasenbluten.
Blutbildung. — Die Rolle des Eisens bei der
— v. Hofmann. 78.
Blutentnahme 8. Hohlnadel.
Blntfleckenkrankheit s. Petechialfieber. j
Blutgefässe s. Celluloid, Vena cava, Trombose.'
Blutharnen s. Hämatlnurle eto.
Blutharnens der Rinder. — Zur Symptomato¬
logie und Pathogenese des essentiellen —
Orig.-Art. v. Jackschath. 409.
Blutkreislauf (Einführung fremden Serums).271.
Blutstillungsmittel s. Gelatine.
Blutsverwandtschaft zwischen Menschen und
Thieren (Neuer Nachweis) v. Frieden¬
thal. 412.
Blutverwertbung. 479.
Bösartiges s. Katarrhalfieber.
Borna’sche Krankheit s Cerebrospinalmenin¬
gitis, Gehirn - Rückenmarksentzündung,
Gehirnrückenmarksseucbe, Leptomenin-
gitis.
Borna’sche Krankheit. 305. Vortrag von Prof.
Ostertag. 433.
Botryomycose des Augenlides v. Gutbrod. 403.
Bräuer’sche Injectionen s. Abortus.
Brand s. Schwauzspitze.
Brandenburger Landwirthschaftskammer und
Abiturientenexamen. 91. 117.
Brandwunden s. Ichthyol.
Brennen s. Schulterlahmheit.
Bruch 8. Beckenbruch, Fractur, Hernia, Unter¬
armbruch, Wirbelsäule, Zwerchfellbernie.
Bruch (Ueberwurf beim Ochsen). — Ueber
den innern — v. Weber. 246.
Brustseucbe s. Influenza. — in der dänischen
Armee. (Sernmimpfung) v. St. Friis. 77.
ßrustseucheimpfungen. (Resümee) im Sommer
1899 nnd Winter 1899/1900 v. Tröster.
55; 605.
Bryoniavergiftung. v. Anger. 293.
Buckelbildung (Angeborene) Orig.-Ait. v.
Hecker. 565.
Bücheranzeigen: 35 Fröhners Therapie;
Möller und Frick, Chirurgie; 72 Casper,
Geschwülste; 83 u. 84 Godeist, Trait6 de
Microbiologie; Fischer, Thierznchtlehre.
Neue Eingänge: (Fröhner; Bayer-Fröhner;
Leiserings Atlas; Jahresbericht der Thier-
seuchen pro 98; Rnpp; Jaensch; Richter;
Pareys Catalog) 119 Leiserings Atlas,
III Aufl.; 132 Thierärztl. Chirurgie u.
Geburtshilfe, 1. Theil, Operationslehre
v. Fröhner-Bayer; 191 Fröhner, Allg.
Chirurgie, II. Aufl.; 198 Lydtin u. Werner,
Das deutsche Rind; 203 Internat th.
Congress; 215 Carus Sterne, Werden und
Vergehen; Kitt, Bacterienkunde; Zuntz
Hagemaun, Stoffwechsel; Behrens, Ta¬
bellen für mikroskop. Arbeiten; 227/28
Hertmann Dexter, Nervenkrankheiten des
Pferdes; Harnack, Chemie; Pizzigbelli,
Photographie; Ackermann, Thierbastarde;
Ellenberger-Baum; Eherlein; Hagemann;
Elsass-Lothringen Landw.-Rath; 239/240
Goltz, Historisehe Studien; Haefke,
Cadaververwerthnng; Bosnien u. Herzego¬
wina, Veterinärwesen; Kästenbaum, Thier¬
seuchen etc.; Siedamgrotzky, Fleisch-
schaugesetze; Tempel, desgl.; Köpping,
Reichsvi« hseuchengesetz; 252 Reuter,
Gewährleistung; dsgl. von Störle u.
Weiskopf; von Babel; von Meinhard;
von Richter; 275 Neuflfer, Kalkstein¬
mehl; Hirschberg, Vieh- und Schlaiht-
höfe; Albrecbt, (Prof.), Anweisung
bei Rinderkrankheiten; Posselt Der
Echinoc. multiloc. in Tirol; Bebla,
Amöben etc.; Dönitz, Werthbest, des
Tuberculins; Parey’s Katalog; Jaensch,
Zucker; Merck, Bericht über pharmaceut
Neuheiten i. J. 1899; Boysen, Gefahr der
Tuberculoseverbr»itung; Marx, Bericht
des Toll'vutb-ImpfinBtituts i. J. 1898.
Zeitschrift für Pferdekunde u. Pferde¬
zucht v. Bossert; Zeitschrift f. Ziegen¬
zucht v. Nörncr; Rundschau auf d. Ge¬
biete der Fleischbeschau etc., v. Bündle;
Digitized by v^ooQie
IV
287Fröhners Arzneimittellehre; Hanptner’s
Katalog; (Neue Eingänge: Haag; Herter;
Prot'. Hess; Vogel); 300 Ellenberger-Baum,
Vergl. Anatomie der Hausthieie; Meyers
kleines Conversationslexikon; Pott, For¬
malismus; 304 Jahrbuch der D. L.-G.
312 Prof. Kupp, Nabrangsmittel; 384
Werke über Exterieur des Pferdes
v. SebueiUeinühl, Chelchowski, Herbin,
Natbusius, ref. v. Ellinger; 4U8 Eingänge:
Schmaltz, Vet.-Kalender; Ellinger, Ge¬
währleistung; Ehrhardt, Hundswuth;
46o Friedberger u. Fröbner, Spez. Patho¬
logie u. Therapie I. Bd., 5. Auti.; 527/28
Lungwitz u. Schmidtchen, Zeichenvor¬
lagen; (Neue Eingänge: Friedberger u.
Frühner; Bayer-Frühner; Kitt; Martin;
Hotfmanu; Biaud; Grossbauer; Ehrhardt;
Garner; Uade; Weyl; Kirchuer; Carus
Sterne; 551 Eberlein, Huf krankbeiten;
575 Lauzillotti, Spec. Chirurgie 11; Werke
über Gewährleistung von Meissner, Babl,
Ellinger, Bischoff, Beck; 599 Arnold,
Kepetitorium der Chemie; Burkbardt,
Meuschenseucheugesetz; 600 Formulare
für Viehhandel; (Neue Eingänge: Richter,
Fröbuer, Guteuäcker, Jess).
Büchsenfleisch. — Gesundheitsscbädiguugen
durch — Beibl. zu No. 46 v. 15. Nov. S. 8.
Btiffelfleisches vom Rindfleische. — Die
Unterscheidungsmerkmale des — v.
Puntigam und Halusa. Beibl. zu No. 29
v. 19. Juli. S. 8.
Bürgerliches Gesetzbuch s. Gewährleistung.
Bürgerlichen Gesetzbuches. — Die tierärzt¬
lichen Vereine im Recht des — v.
Schmaltz. 20.
Bulbus 8. Tollwuth.
Bulle s. Actinomycose, Tuberculose des
Hodens, Zuchtbulle.
Burow’scbe Mischung bei Mauke, v. Kunze. 55.
Butter s. Tubercelbacillen.
C s. a. K.
Cadaver s. Milzbrand.
Camphor als Antidot gegen Carbolsäure.
v. Alvarez. 367.
Canadas Massnahmen gegen Maul- und Klauen¬
seuche. 274.
Canülen s. Injectionscanülen.
Caroolbehandluug s. Starrkrampf.
Carbolsäure s. Alcobol, Campher als Gegen¬
gift, Tetanus.
Carbolsäureinjectionen nach Bräuer s. Abortus.
Carcinom s. Geschwülste, Krebs, Epulis.
Carcinom bei der Kuh. v. Lungwitz. 511.;
des Eierstocks bei der Katze, v. Kitt 485.
— Behandlung mit Electricität v. Riviöre.
404.
Carcinoma und über die pathogenen Blasto-
myceten. — Untersuchungen zur Aetio-
logio des — von Leopold. 569.
Castration s. Hermaphrodit, Hysterectomie,
Kryptorchiden, Torsionscastralion.
Castration der Cryptorcbiden v. Dcgive. 495.
— der Fohlen durch Torsion v. Brante,
mitgetheilt v. Fock. 436.; der Hengste,
v. Hoflfmann. 292.
Castration der Kühe und der übrigen weib¬
lichen Haustbiere. Vortrag v. Liebener.
653. Desgl. v. Friedrich. 554. Desgl.
v. Sickert. 655.
Castration einer Stute. Orig.-Art v. Rhein-
heimer. 531.
Castration mit d. Emasculator. Vortrag auf
der Naturforschervers. v. Imminger. 493.
Castrationsmethode (amerikanische) Orig.-Art
v. Tempel. 542. v. Möller. 85. Eine
neue antiseptische. ▼. Kragerud. 54.; mit
neuen Instrumenten. Orig.-Art v. Dr.
Toepper. 325.
Catgutsterilisation. 236.
Celluloid und seine Anwendung zur Injection
von Blutgefässen v. Storch. 150.
Centralvertretung der thierärztlichen Vereine
Preussens. 533, 550, 575, 584, 607 (Bericht
v. Schmaltz).
Cerebrospinalmeningitis s. Borna’sche Krank¬
heit Geblrn-Rückenmarkscntzündung.
Chicago s. Amerika.
Chielin. Orig.-Art. v. Regenbogen. 205.
China: Chinesische Rinder. Orig. Art v. Zinke.
565. — Fleischbedarf der Truppen. 527.
— Fleischnahrung der Chinesen. 392. —
Rinderpest in Schanghai. 490 u. 623.
Chirurgie s. Collastin. Mailand.
Chirurgische Versuche. Le Calvö. 113.
Chlorbaryum s. Baryum chloratum.
Chlorotormnarcose bei Hunden (800 Fälle),
v. Hobday. 331.
Chloroforms im Organismus. — Ueber die
Zersetzung des — v. Desgrez. 343.
Chondrom s. Blinddarm.
Chorea s. Gelenkrheumatismus.
Christiania s. Pferdeinfluenza.
Chromsäure s. Maul- und Klauenseuche.
Cbromsäure bei Behandlung der Aphthen¬
seuche. v. Jarre. 256.
Chrysarobin als Specificum gegen Warzen,
v. Fitz. 177.
Cilienbälge s. Blepharitis.
Cochinchina s. Bilharzia.
Colioacterium. — Ueber Infectionen mit dem —
v. Zschokke. 149.
Collargol s. Argent. colloidale.
Collastin in der Veterinärchirurgie v. Baldoni.
115.
Coloniales s. Ländernamen.
Colostrum (Herkunft) v. Unger. 463.
Conception s. Natrium bicarbonicum.
Concretionen s. Luftsäcke, Stein.
Condylus externus humeri s. Fractur.
Confiucate s. Fleischschau, Schlachthofcon-
fiscate.
Congresse s. Tagesgeschichte.
Conjunctivalsackes mit Hülfe eines neuen
Instrumentes. — Die Dcsinfection des —
v. Pisenti. 355.
Conjunctivitis ulcerosa. 137.
Conserviren des Markes toller Tbiere. 391.
Conserviren von Fleisch und Fisch mit Salzen.
—Untersuchungen über—v. Petterson. 129.
Conservirter Nahrungsmittel. — Aerztl.
Principien bei Beurtheilung der Schäd¬
lichkeit 503.
Conservirung des frischen Fleisches mit
Formaldehydgelatine, v. Lanver. 130.
Conservirung pathologischer Präparate nach
der Methode von Kaiserling. — Die natur¬
getreue — v. Kitt u. Glage. 209.
Conservirung von Fleisch durch Electricität
nach Paulitzschky. Beibl. zu No. 46
vom 15. Nov.
Conservirungsmetboden (neue) für Fleisch
Beibl. zu No. 46 vom 15. Nov.; 611.
Credö s. a. Argentum, Kälberruhr.
Credö’sche Silbersalze in der thierärztlichen
Praxis v. A. Baldoni. 148.
Creolin s. Milzbrand.
Creolin bei Darmcatarrh. v. Krameil. 235.
Cresoli s. Liquor.
Culturaufgaben, Orig.-Art v. Bermbach. 452,
499, 546, desgl. v. Goldstein. 597.
Cultuien an Laien. — Ueber die Abgabe
virulenter — Antrag des Brandenburger
Vereins. 284. Orig.-Art. v. Schmaltz 368.
— Orig.-Art. v. Felbaum. 556.
Cyste s. EierstockcyBte, Scheide.
Cysticercus cellulosae im Auge dos Menschen
und der Tbiere (Statistik) v. Prettuer. 30.
Dämpfigkeit s. Tracheotomie.
Dänemark: s. Brustseuche. — Ausfuhr. 239.
— De&infection von Viehställen von
C. Mjoön. Beibl. zu Nr. 29 v. 19. 7. S. 3. —
Die Tuberkulinimpfungen. 352. — Ein¬
fuhr von Schwcindebem. 155. — Flcisch-
cinfubrverbot nach Deutschland Letr. 83.
— Siaatsuntei Stützung an Schweinezucht¬
vereinigungen. 407. — Stockfleth. Deitk-
inalsembüllung v. Fock. 379. — Tbier-
seuebeu: IV. Qu. 99 bis 11. Qu. 00 Beil,
zu Nr. 20 v. 17 Mai; 382; Beibl. zu
Nr. 38 v. 20. Sept. S. 7. Jahresbericht
1899 Beibl. zu Nr. 46 v. 15. Nov. S. 6. —
Vieheinfuhr aus D. betreffend. 502. —
Viehhaltung. 237. — Vieh- und Fleisch¬
verkehr v. Kühnau. 323.
Darmbacterien für die Ernährung. — Die
Bedeutung der — von Schottelius. 56.
Darmruptur s. Peritonitis.
Darmstich beim Pferde. 66.
Darmtnmoren v. Gobrig. 91, v. Kissutb. 64.
Darmvorfall s. Kryptorchioenoperation.
Darwinismus s. Blutsverwandschaft.
Deckact s. Begattung. — Tod einer Stute
nach dem — v. Lewin. 116.
Demodex s. Blepharitis.
Dermatotherapie s. Zinkpaste.
Desinfection s. Arzneien, Conjunctivalsack,
HändedeBinfection, Sterilisation, Vitalin.
Deutschland (s. a. d. einzelnen Bundesstaaten):
Ein- u. Ausfuhr von Fleisch, Vieh und
thieriseben Producten 1898. 202, 443, 527,
Beibl. zu Nr. 49 v. 6. Dezember S. 8. —
EntBchäd. für Verluste bei Tuierseuchen
1898. 213. — Fleischbeschaugesetz u.
Fleischeinfuhr. Orig.-Art. v. Küi nau. 193.
— Fleischschaugestjtz (Wortlaut) s. Bei¬
blatt v. 19. Juli. S. 4. — Frequenz der
thierärztl. Hochschulen. 441; der medizin.
Facultäten. 454. — Häufigkeit der Sterbe¬
fälle an Lungenschwindsucht. 462. —
Kann die Landwirtbscbafc den Fleiscb-
bedarf decken? Orig.-Art. v. Kühnau 359.
— Stand der Maul- u. Klauenseuche v.
Preusse. 371. — Pferdezucht. 324. — Thier¬
ärztliche Approbationen April 98 bis
April 99. 277. — Thit-rseuchen Monats¬
berichte: 15. Dezbr. 99 bis 30. Novbr. 00
22, 47, 59, 81, Beil, zu Nr. 9 v. 1. März
S. 8, 131, 155, 189, Beil, zu Nr. 20 vom
17. Mai. S. 1, 286, Beibl. zu Nr. 29 vom
19. Juli S. 3, 358, 394, 431, 442,4<9,490,
688, Beibl. zu Nr 46 v. 15. Nov. S. 6,
Beibl. zu Nr. 49 v. 6. Dez. S. 4. 610. Dsgl.
Quartalsberichte: 111. Quartal 99 bis
II. Quartal 00. Beil. 1. v. 1. März S. 7,
406, Beibl. zu Nr. 46 v. 15. Nov. S. 4,
Jahresbericht 1898. 201. — lollwuth i.
J. 1899 v. PreusBe. 441. — Verkeilung d.
Aerzte. 284.
Diabetes s. Lichttherapie.
Diagnosefärbung s. Malariaparasiten.
Diphtherie der Hühner. — Serotberapeutisches
Mittel gegen die — v. Lang. 43.
Diphtberieheilserum. — Ueber Darstellung des
Heilkörpers aus dem — von Freund und
Sternberg. 66.
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V
Divertfce! 8. Scblunddrverticel.
Doctorwürde in der Schweiz. — Reglement
znr Ertheilung der — 429, 438.
Dtfppelneurectomie 8. Spat.
Dorsfch (Biologie). Orig.-Art. v. Dr. A. Mjöen.
24^.
Dosinmgsfrage: Schüttelmixturen, Emulsionen.
Orig.-Art von Eschbanm. 196.
Dourine und Trypanosoma v. Bouget and
Cbaaveaa. 209. S. auch Beschälseuche.
Dfesdeüi Erweiterungsbauten der Hochschule
129, 357. — Frequenz 441.
Drüsen 8. Augenlid.
Dünger? — Was ist — 11.
Düten-Necrose beim Pferde V. Breton. 136.
Dummkoller s. Hydrocephalus.
Dungwassers bei der Maul- und Klauen¬
seuche. — Die seuchenpolizeiliche Be¬
handlung des — Orig.-Art. v. Maier. Beibl.
zu No. 38 vom 20. Septemb.
Dunstkalb s. Emphysematose Frucht.
Durchfall s. Kälberdurchfall.
Dysenteriebacillus v. Sbiga. 42.
Echinococcus s. Hirnbefund.
Ecole v6t6rinaire s. Alfort.
Eierstock s. Carcinom.
Eierstockcyste bei einer Stute von Colin. 222.
Eigone s. Jodeiweissverbindungen.
Einfuhr s. a. Fleischeinfuhr, Ländernamen,
Quarantäne, (Reichs-)Fleischschaugesetz,
Veterinärpolizei, Viehverkehr.
Eisen s. Blutbildung, Beschlag.
Eisen, orthopädisches, v. Jordan. 197.
Eismeerfang. — Der norwegische — Orig.-Art.
v. C. Mjöen. 267.
Eiterung s. Bauchfellentzündung.
Eiweiss s. Harn.
Ekajodoform v. Tbomalla. 236.
Ekzems mit feuchten Einpacknngen. — Be¬
handlung des — v. Bonteignie. 235.
Electricität s. Carcinome, Conservirung.
Electricität von Wiedemann und Schwinzer. 65.
Ellenbogeuluxation s. Fractur.
Emasculator s. Castration.
Embolie s. Kolik.
Embryologisches s. Anatomisches, Missge¬
burten.
Embryotora v. Pflanz. Orig.-Art. v. Pflanz. 507.
Emphysematose Frucht (Donstkalb) v. Lucet.
532.
Emulsionen s. Dosinmgsfrage.
Encephalitis tuberculosa s. Tuberculose.
Endovenös s. die Hinweise unter Injectionen.
England: s. a. Irland. — Controlle der Fleisch¬
beschauer. 287. — Der Londoner Vieh¬
markt, die Seuchen und Fleischschau
v. Kühnau, Beibl. zu No. 29 v. 19. 7. S. 7
— Die Maul- und Klauenseuche in Eng¬
land. 502. — Ergebnisse der Viehzählung
540. — Fleischbeschauerprüfung. 480. —
Fleischproduction Beibl. zu No. 46 vom
15. Nov. S. 11. — Geschichte und Erfolge
des Staatsveterinärwesens v. KUhnau
464. — Maul- und Klauenseuche in E. —
Orig. Art. v. Kühnau. 130. 155. — Rege¬
lung der Fleisch- und Milchhygiene (Be¬
schlüsse des Congresses in Aberdeen).
504. — Thierscuchen: Qn artaisberichte
IV. Quart. 99 119; III. Quart. 10 Beibl.
zu No. 49 v. 6. Dez. S. 5. Jahres¬
bericht 1899 Beibl. zu No. 46 v. 15. Nov.
S. 6. — Tuberculinprobe (Werth dcrs.)
611. — Vieh- und Fleisclieinfuhr 1899.
251. — Viehseuchendebatte im engl. Unter¬
hause. — Viehverhältnisse Orig.-Art. v.
Kühnau 407.
Enteritis als Folge einer Nabelinfection bei
einem neugeborenen Füllen, v. Pader. 366.
Enterotomie beim Hunde, v. Näf. 520.
Entschädigungen fürVerlnste bei Thierseuchen
in tleutschland 1898 213. —Gesetzentwurf
in Hessen betr. Schweine-Rotbl. Beilage
zu No. 9 vom 1. März. — In Frankreich
Beilage zu No. 20 vom 17. Mai. — In
Sachsen 870. — In Bayern bei Maul- und
Klauenseuche 394. — Bei Gehirnrilcken-
markentzündung u. Maul- u. Kl. in Sachsen
501. — Gesetz fllr Hessen. I. Beilage zu
No. 49 v. 6. Dec. — S. auch die Länder-
und Seuchennamen, Versicherungen,
Veterinärpolizei.
Enzyme (bacteriolytische) als Ursache der
erworbenen Immunität und die Heilung
von Infectionskrankhciten durch dieselben
v. Emmerich und Loew. 184.
Epikarin bei der Behandlung der Hunderäude
v. Regenbogen. 42.
Epulis carcinomatosa beim Pferd. 511.
Erblindung s. Hornhauttrübung.
Ernährung s. Dannbacterien.
Etat. — Veterirärwesen im preussischen — 84.
— S. a. Reichs-Gesundheitsamt.
Euter s. Actinomycose.
Euterentzündung (Bhdlg. nach Hess). 269.
Euterentzündung beim Pferde v. Diener. 65. j
Eutertuberculose der Kühe. — Entwurf eines
Reichsgesetzes, betr. die Abwehr und
Unterdrückung der — 52.
Eutertuberculose der Ziege s. Tuberculose.
Eutertnberculose; Gefahr, Erkennung und
Bekämpfung. Orig.-Art v. Kühnau. 349.
Expedition s. Malariaexpedition.
Explorativoperation s. Laparotomie.
Extract s. Nebennierenextract.
Extra-uterine Gravidität — Schafe v. Pion. 366.
Fachstudium s. Bildung.
Färbung s. Tuberkelbac., Milzbrandbac., Wurst.;
Farbenveränderung s. Huffarbe, Natriumsulfit j
Farbeveränderungen am Skelett beim Rinde. |
v. Wagemann. 83.
Fesselbeinbeuger s. Filariose.
Fesselgelenks-Luxalion v. Richter. 235.
Festlichkeiten s. Tagesgesch.
Fettgehalt s. Milch.
Feuchte Einpackungen bei Ekzem. 235.
Feuersbi ttnsten. — Apparat zur Rettung von
Vieh bei — v. C. Mjöen. 348.
Fibrinös s. Lungenentzündung.
Fieber s. gelbes Fieber.
Filariose des Aufhängebandes (Fesselbein¬
beugers) beim Pferde, v. Pader. 510.
Fintand s. Hämoglobinurie.
Finnen beim Schaf. 239. ,
Finnenkrankheit beim Menschen v. Richter. 383.i
Finnenschau-Ergebnisse s. Preussen.
Fische s. Conserviren, Karpfen.
Fischereiuntersuchungen des norwegischen
Staatsscbiffes „Michael Sars“. Professor
Nansens Theorien. Orig.-Art v. Dr.
Alfr. Mjöen. 543.
Fischfütterung. 383.
Fleisch s. Conserviren, Kochapparate, Naph¬
thalingeschmack, Tuberculose.
Fleischbeschau s. a. Fleischschau, Sanitäts¬
thierärzte, Schlachthäuser u. Tagesgesch.
die betr. Unterabth. — Orig.-Art. von
Georges. 562. j
Fleischbeschau (allgem.) u. Viehversicherung j
Orig.-Art v. Maier. Beil. 2 v. 17. Mai S. 4. j
Fleischbeschau auf dem Congress f. Hyg. u
Demographie v. Barrier u. Morot. Beibl.
zu No. 46 vom 15. Nov.; 502.
Fleischbeschauer: Bundestag Beibl. zu No. 29
v. 19. Juli. — Der pract. Tbierarzt als
— v. Steinmeyer. 489. Desgl. v Lohoff.
500, v. Beckhard. 522. — Resolution des
Brandenburger Vereins. 535; desgl. Wies¬
baden. 598. — Controlle u. Prüfung der
F. in England. 287, 480; im R.-B. Potsdam
Beil, zu No. 20 v. 17. Mai; im R.-B.
Bromberg. 214. — Gewerbesteuerpflicht
der Tbierärzte als Fl. 432. — Im Reichs-
Fleiscbschaugesetz. v. Kühnau. 466.
Fleiscbbeschaugesetzs.a^Reichs-jFleiscliBchau-
gesetz. — Deutsche, englische und ameri¬
kanische Stimmen zum — Orig.-Art. von
KUhnau. 298.
Fleischbeschangesetze im Auslande. Orig
Art v. Kühnau. 395.
Fleischbeschaugesetz und Fleischeinfuhr.
Orig.-Art. v. Kühnau. 193.
Fleischconservirung s. Conservirung.
Fleiscbconsura s. Fleischscbaustatistik.
Fleischeintu'hr und Fltischhandel s. a.
Fleischschaustatistik, Gesundheitsamt,
Ländernamen,(Reichs-jFleischschaugesetz
etc., Schlachtvieh. Viehhandel. — Fleisch¬
einfuhr. Viehausfuhr aus Russland. 82. —
Fleisch- und Vieheinfuhr aus Dänemark.
83, 155, 287, 239, 323. — Ersuchen der
Schlächterinnungen v. Hamburg etc. an d.
deutsch. Fleischerverband. 167. — Einfuhr
und Fleischschaugesetz, v. Kühnau. 193,
417. — Deutschlands Ein- u. Ausfuhr. 202;
443. — Vieh- u. Fleischeinfuhr nach
England v. Kühnau. 251. — Grenzverkehr
515, 539; Beibl. zu No. 49 v. 6. Decemb.
S. 8. — Ausfuhr gefrorener Kaninchen
aus Neu-Süd-Wales ebenda. — Einfuhr¬
verbote: Aus Serbien. 334, 358, 371, 382
Beibl. zu No. 29 v. 19. Juli S. 1; nnch R.-B.
Aachen Beibl. zu No. 38 v. 20. Sept. S. 8;
nach Breslau. 96. Protest dagegen (bezw.
Amerika) Beibl. zu No. 29 v. 19. Juli S. 6.
Fleischer-Verbandstag. Beil, zu No. 29 vom
19. Juli. Petition. 502. Fachschulen. 479.
Fleisches bei Uraemie. — Alcalische Reaction
des — v. Harreveit. 246.
Fleisches tuberculöser Thiere. — Versuche
über die Schädlichkeit des — v. Sluys. 11.
Fleischfarbstoff s. Natriumsulfit.
Fleischhandel: Gültigkeit örtlicher Bestim¬
mungen. Beibl. zu No. 46 v. 15. Nov. —
S. a. Fleischeinfuhr.
Fleischkost s. Tuberculose (Behandlung).
Fleischproduktion in Australien 311; Produk¬
tionsfähigkeit Deutschlands v. Langsilorff
u. Kühnau 359; in England Beibl. zu
No. 46 v. 15. Nov.
Fleischschau: Schädlichkeit des Fleisches
tnb. Thiere v. Sluys. 11. — Regresspflicht
des Tl.ierarztes Mir Verwerfungen. Beil,
zu No. 7 v. 15. Febr. — Berliner Koch¬
anstalt. 34, t3, 107, 167. - Geflügel¬
mästerei im R.-B Frankfurt (Polizei¬
verordn.). Beil. 1 v. 1. März, S. 5. —
Gespritzte Lebern (Gerichtsentsch ). 190
— Stempelkasten v. Tempel. 219. —
Confiscate und Extractbereitung in Fray
Bentos. 335. — Fleischschauunterricht in
Hannover. 347. — Kaninchenfleisch als
Volksnahrungsmittel. Beil, zu No. 29
19. Juli. — Londoner Viehmarkt, Seuchen-
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und Fleischbeschau, ebenda. — Fleisch¬
nahrung der Chinesen. 392. — Kühlwagen
in Dänemark. 395. — Tri« hinosis in
Sangerhausen. 443. 504, in Spanien. 611.
— Kühlanlage in Berlin. 455. — Blut-
verwertlmng. 479. — Kotbrückstände im
Wurstdarm. 491. — Fl. auf dem Pariser
CongreBS. 502. Beil, zu No. 46 v. 15. Nov.
— Fleisch- und Milchhygiene in England
(Congress in Aberdeen) 504. — Fl. in
Sachsen. 515. — Schweinefleischversand
nach Italien. 5!6. — Schlachthauswesen
in Oesterreich. 526. — Fleischbedarf der
Truppen in China. 527. — Oeff. Schlacht¬
häuser in kl. Städten. Beibl. zu No. 46
v. 15. Nov., S. 7. — Ucher Fleiscbschau
v. Georges. 562. — Freibankwesen. Beil
zu No. 49 v. 6. Decbr., S. 6. — Wurst¬
färben (Zulässigkeit) ebenda, S. 7. —
Tubercelbacillen im Hackfleisch, ebenda.
— Wirkung des Natriumsulfit, auf den
Fleischfarbstoff; Minderwerth der Serum¬
schweine; Handel nach Lebendgewicht
in Bayern, ebenda.
Fleischschaugesetz s. a. Fleischbeschaugesetz
Fleiscbeinfuhr, Reichs-Fl.-Gesetz.
Fleischschaugesetz. Oiig.-Art. v.Schmaltz. 210-
— Zur Ausführung v. Kiibnau. 431.
Fleischscbaugesetz. — Die Ausführungs-
bestimmungen zum —Orig.-Art. v.Kühnau.
335. S. a. Gesetzeswortlaut (v. 3. Juni
1900), Beibl. vom 19. Juli. Verordnung
über die theilweise Inkraftsetzung. 371.
Fleischschauskandal. — Ein neuer — Orig.-
Art. v. Schmaltz. 34. — s. a. KochanBtalt.
Fleischschaustatistik und Fleisch-
consum s. a. Berlin, Monatsberichte,
Betriebsresultate der Schlachthäuser,
Finnen, Fleischeinfuhr, Jahresberichte,
Ländernamen, Scblachthöfe, Quaran
täneanstalten, Tuberculose. — Consttm in
Paris, Beibl. zu No. 29 vom 19. Juli S. 7;
in China 392; in Sachsen 1899 444.
Fleischschauverordnungen s.a. Finnen,
Fleischschau, Gerichtsentscheidungen,Ge¬
setze, Schlachthäuser, Veterinärpolizei.
Fleischsterilisator s. Kochapparate.
Fleischvergiftung in Bohnsdorf und Grünau.
Orig.-Art. v. Kiibnau. 454. 611.
Fliegenplage. — Schutzmittel gegen die —367.
Flüssigkeiten s. intratracheal.
Fluor. — Milchsäure gegen — Snegirow. 236.
Foetus 8. Emphysematose Frucht, Nabel¬
schnur, Rinderfoetus.
Fohlen s. Castration, Enteritis, Füllen, Hemia
umbilicalis, Hundesitzigo Lage, Kolik,
Lecksucbt, Mastdarmtumor, Milz, Netz¬
hautablösung. — Tumor im Rectum
v. Kissuth 64.
Formalin s. Tuberculose.
Formalin beim Anthrax, v. Bell. 163.
Formaldebydgelatine s. Conservirung.
Fourageuntersuchung v. König. 116
Fractur des Condylus externus humerus und
Luxation des Ellenbogens beim Hunde,
v. Cadöac. 43S — S. a. Brüche.
Franconia. — 50. Stiftungsfest der — 588.
Frankreich: Aus Frankreich (Hochschule
in Alfort etc). 46. — Einheitliche Ge¬
staltung der Fleischbeschau in Paris,
v. Barrier. 502. — Entschädigung bei
Viehseuchen (Gesetzentwurf). Beil. 2
vom 17. Mai, S. 3. — Fleichverbrauch in
Paris. Beibl. zu No. 29 vom 19. Juli,
S. 7. — In der Ecole vötörinaire
d’Alfort. Orig.-Art. v. Lohsee. 157.
Bemerk, dazu v. Goldbeck. 187. —
Leitung der Schlachthäuser, v. Kübnau.
479. — Militärveterinärwesen (Reorgani¬
sation). 416. — Rekrutirung der Militär¬
thierärzte. 57. — Thierseuchen, Quartals-
beriebte: III. Quart. 99 bis II. Quart. 00. 23;
Beil, zu No. 20 v. 17. Mai, S. 2; 382;
Beiblatt zu No. 46 v. 15. Nov., S. 6.
Freibankwesen. Oiig.-Art. v. Kühnau. Beibl.
zu No. 49 vom 6. Dec.
Fremdkörper s. Enterotcmie, Haube, Schlund¬
rohr.
Fremdkörper in der Rachenhöhle des Hundes,
v. Prof. Albrccht. 403
Frequenzen s. die Hochschulen u. Tagesgescb.
Fruchthüllen s. Hydrops.
Frühreife s. Halbblutpferd.
Füllen s. Fohlen.
Fuhrwerk s. Praxiswagen.
Futtermittel s. Fischfütterung, Fourageunter¬
suchung, Kleie, Krampf des Schlundes,
Stoppelkrankheiteri, Vergiftungen.
Gänse s. Spirillenkrankheit.
Gallen s. Chirurgische Versuche. Chirurgische
Behandlung der verhärteten — v. Adrian.
390.
Gallenblase s. Bildungsanomalien.
Gallenblase. — Eine zweigeteilte — Orig.-
Art. v. Schroeder. 496.
Gastroenteritis (mycotische) bei Rindern v.
Prietsch und Lungwitz. 475.
Gebärmutter s. Torsio, Uterus.
Gebärmuttervorfall d. Stute v. Michaelis. 512.
Gebärneurose v. Knüsel 91.
Gebärparese s. a. die Synonyma u. Geburts¬
parese etc.
Gebärparese: Aetiologie und Therapie, Orig -
Art. von Aronsohn. 217; Nachkrankheiten
v. Albrecht. 377; Kritische Bemerkungen
Orig.-Art. v. Witt. 253.
Geburtshilfe bei kleinen Hunden. — Einiges
über — von Prof. Albrecht. 473.
Geburtshilfe. — Zucker, Glycerin in der —
v. Payer u. Eloire. 257.
Geburtskunde s. Aboitus, Colostrum, Cysten
(S-beide), Deckact, EierstockscyBte,
emphysematöse Frucht, Enteritis (infolge
Nalielinfection), Euterentzündung, extra¬
uterin, Gebärneurosc, Geburtsparese und
Synonyma, Gehirndepressionserscheinun¬
gen, Haarballen (im Uterus), hundesitzige
Lage, Hydrops der Fru« hthüllen, Hystcr-
ectomie, Kaiserschnitt, Laparotomie, Nach¬
geburt (Verzehren), Natrium bic., Pero-
melus abrachius, Polyartbritis, Prolapsus,
Prolapsus vaginae, Rinderfötus (Tuber¬
culose), Scheidenkatarrh, Scheidenvorfall,
Septicaemia puerperalis, Transmigratio,
Verkalben.
Gebuitsparese. — Zur Aetiologie und Therapie
der — v. Schmidt. 451.
Geflügel s. Gänse Hühner, Strychnin etc.
Geflügelcholera und Geflügelhandel s. a.
Veterinärpolizei.
Geflügelcholera. — Untersuchungen zur Be¬
kämpfung der — Autoreferat v. Jess. 182.
Geflügelhandel 257.
Geflügclmästerei, polizeiliche Verordnung.
Beilage zu No. 9 vom 1. März.
Gehirn s. a. Hirn.
Gebimdepressionserscheinungen aufwies. —
Befund bei einer jungen, erstgebärenden
Kuh, die kurz nach dem Kalben — Orig.
Art von Müller-Horneburg. 63.
Gehirnentzündung s. a. Hydrocephalus, Menin¬
gitis, Tub-irculose.
Gehirn-RUckenmarksentzündung der Pferde
11 (s.. a. Borna'sche Krankheit, Cerebro¬
spinalmeningitis.).
Gehirnrückenmarksentzündungen. Entschädi¬
gung in Sachsen. 501.
Gehirn- und Rückenmarksentzündung der
Pferde in Niederbayern 1899/1900. Vor¬
trag v. Leimer. 557.
Gelatine zur Blutstillung v. Baumeister. 336.
Gelben Fiebers. — Ueber die Entdeckung
des Pilzes des — v. Sanarelli. 30.
Gelenkerkrankungen s. Arthritis (tuberc.) Poly¬
arthritis.
Gelenkrheumatismus und Chorea y. Westphal,
Wassermann und Malkoff. 559.
Gelenkwunden s. Alaunlösung.
Gemeingefährlicher Krankheiten v. 30. Sep¬
tember 1900. — Das Gesetz betr. die Be¬
kämpfung — Orig.-Art. v. Preusse. Bei¬
blatt zu No. 38 vom 20. September Seite 1.
Gerichtsentscheidungen s. a. Gutachten. —
Betr. Abdecker (Anspruch auf abge¬
standenes Thier) (Kammergericht) 444.
Abdeckt-reibetriebsbesehränkung (Ober-
verwaltungs-Gencht) 514. Abdeckerei¬
privilegien in Spandau, Beibl. zu No. 49
v. 6. Dez. S. 8. — Betr. Apotheken (thier-
ärztliche) (Kammergericht) 95. — Dung¬
wasserbehandlung bei Maul- und Klauen¬
seuche O-ig.-Art. von Maier Beibl. zu
No. 38 v. 20. Sept. S. 2. — Betr. Dünger
11. — Ersatzpflicht für verworfenes Thier
(Fall Krzykowski c. Wassmann) (Kamraer-
g ericht) Beil, zu No. 7 v. 15. Feb. S. 5. —
ewerbesreuerfrage des thierärztlichen
Fleischbeschauers (Oberverwaltungsger.)
432. — Betr. Lebern (gespritzte) (Kammer¬
gericht) 190. — Listenfülirung der Häudler
im B.-B. Kassel Beibl. zu No. 49 vom
6. Dez. S. 3. — Marktferkelnntersuchung
(Kammergericlit) 23. — Patentstreit der
Brandenburg. Kammer wider Serumgesell¬
schaft 263. — Scblachthauscontrolle (Ober¬
verwaltungsgericht) 239. — Seuchenver¬
dacht (Anzeigepflicbt) von Block 283. —
Subsummirung der Thierärzte unter den
Begriff Aerzte (Kammergericht) 21.
Geruch des Fleisches (abnormer) s. Ascariden.
Geschlechtsorgane (weibliche) 8. Laparotomie.
Geschwülste s. Carcinom, Chondrom, Cysten,
Darmtumoren, Eierstockscyste, Epulis,
Hygrom, Krebs, Lymphangiome, Lympho-
sarkomatosis, Mastdarm, Melanosarcom,
Myxomyceten, Prolapsus vagiuae, Pseu-
doleukaemie, Struma, Uteruskrebs.
Geschwülste. — Beitrag zur Aetiologie der —
v. Schüller. 236.
Geschwülste nicht aufgeben? — Warum
dürfen wir die parasitäre Theorie für die
bösartigen — v. Czerny. 462.
Geschwür s. Zungengeschwür.
Gesetze s. a. Entschädigungen. Entertuber-
culose, Fleischbeschau- u. Fleischschau¬
gesetz, Fleischschauverordnungen, Ge¬
richtsentscheidungen, Gewährleistung,
Reichsfleischschangesetz, Schlachthaus¬
gesetz, Schlacbtbofthicrärzte (Anstellung),
Veterinäipolizei. — Entschädigung bei
Schweinescuchen im Grossherzogthum
Hessen, Beil, zu No. 9 vom 1. März,
S. 4. — Entschädigung für Milzbrand,
Rauschbrand und Rothlauf in Hessen
Beibl. zu No. 49 vom 6. Dez. Seite 1. —
Fleischschaugesetz von Schmaltz 210.
Fleischschaugesetz 224; 263 (Annahme);
335; 371 (Cabinetsordre); 382; 395 (Aus¬
land). 466; 502 (Ausführung); Beibl. zp
No. 29 vom 19. Juli S. 4 (Wortlaut des¬
selben). — Gemeingefährliche Krankheiten
(Bekämpfung) v. Preusse Beibl. zu No. 38
vom 20. Sept., S. 1. — Organisation des
Vet.-Beamtentbums in Oesterreich 186;
223; desgl. in Ungarn 238. — Schlacht¬
hausgesetz (Abänderung) 419; 487; 515;
Beibl. zu No. 46 vom 15. Nov. Schlaoht-
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VII
vieh and Fleischbeschau betr. Beil, za
No. 9 vom 1. März, S. 1.
Gesundheitsamt s. Reichs- GeB. Amt.
Gesundheitsschädlich s. Kochapparate.
Gewährleistung beim Viebbandel nach dem
neuen B. G. B. Vortrag v. Rössler
Beil, zu No. 7 vom 15. Februar. — Desgl.
v. Preusse. 125. — Desgl. v. Bischof. 248.
Gewährleistung für beanstandetes \ieh auf
dem Berliner Schlachthof. 227.
Gewerbesteuer. 21, 432.
Giessen. Aufblühen d.s Vet.-Instituts von
Schmaltz 357. Hochschul - Frequenz 10;
441. Veterinärinstitut 10, 357.
Glasgow 8. Rotzkrankheit.
Glossitis s. Zungengeschwür.
Glossitis actinomycotica v. Plotti. 198.
Glutol 65. 320.
Glycerin s. Geburtshülfe.
Granulirende Flächen s. Ueberhäutung.
Gravidität (extrauterine) s. Transmigratio.
Grippe bei Pferden, v. Bourgct. 66.
Gross-Britannien s. England.
Haarballen aus dem Uterus von Kühen, v. I
Guillebeau. 390.
Haarkrankheiten s. Alopecie.
Haarmilbe s. Kedanikrankheit.
Hackfleisch s. Tubercelbacillen.
Hämatinurie bei den Rindern in den Niede¬
rungen des Po. v. Umberto de Mia. 307. j
Hämoglobinurie s. Blutl amen, Kreuzrhehe, |
Lumbago, Stallroth, Wiudrhehe
Hämoglobinurie der Rinder in Finland von
Kossel und Weber. 582.
Haemostaticum s. Gelatine. ,
Händed**sinfection v. Tjaden. 30.
Halbblntpferdes. — Die Frühreife des edlen — j
v. Mieckley. 151.
Hals s. Torticollis.
Halswirbelsäule. — Subluxation der — v. Pohl, j
235. j
Halswirbel-Verrenkung v. Schröder. 234. |
Hannover: Fortbildungscuse 46. Hochscbul-,
frequenz 10, 441. Unterricht in der Fleisch- j
schau 347. Vorlesungen S.- S. 1900 188. \
Harn der Thiere unter physiologischen Ver-!
hältnissen eiweissbaltig? — Ist der — von i
Fettick. 343.
Harnsteinoperation s. Litho*ripsie.
Hartmannscher Fleischsterilisator s. Koch
apparate.
Haube. — Fremdkörper in der — Orig.-Art.
v. Litfas. 340.
Haut s. Hitzpocken, Maul- und Klauenseuche,
Urticaria, Zinkpaste.
Hauterkrankung (pustulöse, ansteckende) von
Christ. 356.
Hautkrankheit der Schafe (Differentialdiagnose
der Maul- und Klauenseuche) v. Williams.
Beibl. zu No. 49 vom 6. Dez.
Haut muskel-Wirkung gegen dio primäre Ver¬
einigung der Wundränder bei Hautwunden
des Pferdes v. Trinchera. 449.
Hawal s. Osteo-Porosis.
Heilkörper $. Diphtherie! eilserum.
Hermann. — Nachruf — 574.
Hermaphroditen. — Castration eines — von
Hobday. 270.
Hernia inguinalis mit Complication. — Ope¬
ration einer — Orig-Art. v. H.Jost 73.
Harnia umbilicalis; Radicaloperation. 842.
Herzens ausserhalb des Thorax. — Lagerung
des — 463.
Herzruptur v. Prietsch. 584.
Hessen: Entschädigung bei Schweineseuchen
Beil.v. 1. III. zu No. 9 S. 5.—Entschädigungs¬
gesetz betr. Milzbrand, Rauschbrand,
Rothlauf. Beibl. zu No 49 v. 6. Dec. S. 1.
— Tuberculosetilgung 28.
Hinterkieferneuralgie b. Pferd v. Strebei. 510.
Hinterwälder Rindvieh im Saargebiet von
Willach. 347.
Hirnbefund b. Kuh. Orig.-Art. v. Knoll. 339.
Hirnhautentzündung s. Tuberculose.
Hirschwild b. Wildseuche.
Histologisches s. Anatomisches.
Hitzpocken v. Hennigs. 101.
Hochschüler oder Handwerker? Academische
Streiflichter v. Stud. Baroch. 97.
Hochschule 8. Hufbeschlag, Städtenamen u.
die betr. Rubrik unter Tagcsgesch.
Hoden s. Actinomycose, Tuberculose.
Hoden und Prostata. — Die Beziehungen
zwischen — v. Flode.uB. 570.
Höllensteinlösung. — Intralaryngeale Injection
von einprocentiger — v. Krüger. 43.
Hohlnadel zur Blutentnahme v. Tröster. 18.
Hohlvene s. Vena cava.
Holland s. Niederlande.
Holzkohle zur Behandlung der acuten Indi¬
gestion der Pferde, v. Goubeaud. 208.
Hornhauttrübung s. a. Keratitis.
Hornhauttrübung. — Beiderseitige Erblindung
in Folge von — v. Richter. 136.
Horsesickness s. Pferdesterbe.
Hühner s. Diphtherie, Hypnose, Pneumo-
enteritis. j
Hühner in der Lombardei. — Uebcr eine neue ,
seuchenartige Krankheit der — v. Bel- J
fanti u. Zenoni. 5.
Hühnerei (SchaleDhaut) s Ueberhäutung.
Huf s. Beschlag, Eisen, Hufeisen, Nageltritt,
Neurectomie, Steckstollcn.
Hufbeschlag s. Beschlag, Beugesehnen.
Hufbeschlagunterricht an den thierärztl. Hoch¬
schulen. Orig.-Art. v. Neuse. 241.
Hufeisen s. Eisen.
Huffarbe beim Pferd. — Eine seltene Ver¬
änderung der — 139.
Hufgelenkslähme s. Chirurgische.
Hufhornwacfcsthum v. Pader. 90.
Hufkre s s. Strahlkrebs.
Hufkrebses. — Zur Therapie des - Orig.-
Mitth. v. Martens. 543, 556.
Huflederkitt zum Hufverband v. Frank. 235.
Hund s. a. Acarusräude, Chloroformnarkose,
Enterotomie, Fractur, Fremdkörper in
der Räehenböhle, Geburtshilfe, Hysterec-
tomie, Icterus und Uebcrmüdung, Kaiser-
sci nitt, Laparotomie, Malariafieber, Pro-
lapsus vaginae, Tollwuth, Tuberculose.
Hundeiufluenza v. Tasker. 451.
Hunderäude s. Epikarin.
Hundeseuche in Dessau v. Richter 413, 424.:
Hundesitziger Lage beim Füllen. Peromelus
abrachius in — v. Husson. 569.
Hydrocephalus acquisitus des Pferdes. — |
Anatomische Untersuchungen über den —
v. Dexler. 425.
Hydrops der Fruchi hüllen des Rindes. Orig.
Art v. deBruin. 458. — H. ascites beim
Rinde. Orig.-Art. v. Hajnal 616.
Hygiene s. Milchhygiene.
Hygrom am Carpus d. Rindes v. Strebei. 511.
Hypnose bei den Thieren. Orig. Art. v. Prof.
Hoffmann. 517.
Hysterectomie bei dem Hunde v. Rix. 558.
Hystereetomie bei dem Hunde. Orig. Art. v.
de Bruin. 71.
Ichthoform v. Rabow u. Galli-Valerio. 319.
Ichthyol bei Brandwunden. 164.
Icterus u. acute Uebermüdung des Huudes
v. Bouchet. 519.
Igazol s. Lungentuberculose.
Immunisirung s. Impfung, Maul- u Klauen¬
seuche.
Immunität s. Enzyme, Impfung, Lungenseuche
Maul- und Klauenseuche, Rassenimmunität,
Rotz, Schutzimpfungen Seuchennamen.
Impfkästchen für Menschen- und Thierimpf¬
ungen. Orig. Mitth. v. Prof. Hoffmann. 262.
Impfspritze für Rothlauf- bezw. Schweine¬
seucheimpfungen. Orig. Art. v. Pflanz. 363.
Impfung s. a. Brustseuche, Culturen,Diphtherie,
Enzyme, Immunität, Impfsprit/.e, Lungen-
seuebe, Maul- und Klauenseuche, Pferde¬
staupe, Rauschbrand, Rothlaufschutz-
impfnng. Rotzimpfung, Schutzimpfung,
Schweinerothlauf, Schweineseuche-Serum,
Seraphthin, Serum, Seuchen. Statistik,
subcutane Injection, Susserin, Texasfieber,
Tollwuth,Tollwuthimpfstation,Tuberculin-
impfungen, Ungarn, Wutb, Wuthvirus,
Zange.
Impfung. — Zur Technik der intravenösen —
v. Kitt. 198.
Impfzange für Schweine s. Zange.
Incubation s. Tuberculose.
Indigestion s. Holzkohle.
Indigestion (therapeut. Notizen aus Bern). 269.
Infectionserreger s Schutzeinrichtungen.
Infectionskrankbeiien s. Beri - Berikrankheit,
Borna’sche Krankheit, Colibacterium,
Enzyme, gelbes Fieber, Kälberruhr, Luft,
Luftwege, Malaria, Milz (Funktion bei
Iiifection(-krankheiten),Pfer.le(Südaf(ikas),
Pockenkranke Kühe, Schilddrüse.
Infectionskrankbeit bei Pferden s. a. Grippe.
Infiltrationsanästhesie nach Schleich v. Müller-
Oldenburg. 66.
Influenza s. a. Hundeinfluenza, Pferdeinfluenza.
Luftwege. — In Bayern und Baden Beil. 2
v. 17. Mai S. 3. In Preussen. 178. —
Influenzaähnlicher Catarrh der Luftwege
v. Chris 1 iani. 306.
Influenzakrauken Pferde. — Zur Behandlung
der — Orig. Art. v. Dopheide. 375.
Infusion s. Jodkalium.
Injection s. Höllensteinlösung, Jodkalium,
intratracheale, subcutane.
Injection von Blutgefässen s. Celluloid.
Injectionscanülen. — Verbesserung der —
Orig.-Art. v. Jess. 17.
Insecten bei der Verbreitung parasitärer
Krankheiten v. Nutall. 392.
Insectenstiches. — Behandlung des Scorpion-
und — von Hinze. 43.
Institut für Infectionskrankheiten (Bericht
über Tollwuth) v. Marx. 179, 645.
Intercostalnerven. — Reizung der — 356.
Intoxication s. Radialislähmung.
Intracerebral s. Wuthvirus.
Intratracheal injicirter Flüssigkeiten. — Ueber
die Vertheilung — v. Bärner. 545.
Intravenös s. Impfung, Milchfieber etc.
Inversio et prolapsus Uteri v. Monsarrat. 588.
Irland: Irish Veterinary College (Eine neue
Thierärztl. Hochschule in Irland). 480 .
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VIII
Italien: Aus der Chirurg. Klinik in Mailand |
v. Baldoni. 402. Hämatinurie in der Po-'
• niederung. 307. Thierseuchen: Quartals¬
berichte III. Quart. 99. 119; I. Quart.
1900. 395.
Jagd s. Eismeerfang.
Jahrbuch der deutschen Landwirthschaftsge- j
Seilschaft. Besprechung v. Maier. 304.
Jahresberichte s. Länder- und Städtenamen.
Jahrhundertwende. Orig.-Art. v. Schmaltz. 1.
Dasselbe v. Dieckerhoff. 25.
Jauche 8. Dungwasser.
Jodeigon-Natriuminjectionen v. Peter. 386.
Jodeiweissverbindungen (Eigone) in der
thierärztl. Praxis. — Ueber die Verwend- \
barkeit von — v. Prof. Röder. 319.
Jodkalium s. Milchficber etc., Lebercirrhose. i
— Infusionsapparat v. Stampfl 606.
Jodkalium- und Protargollösungen. — Ueber
die endovenöse Injection von — Orig.- i
Art. v. Peter. 361, 373, 385.
K 8. a. C.
Kälberdurchfall v. Deich und Röbert. 43.
Kälberruhr (Behandlung nach Hess-Bern) 269.
Kälberruhr mit Argent. colloid. CredA -— Be-1
handlung der — Orig.-Art. v. Evers. 169.
Kälberrnhr (weisse) v. Willerding. 328.
Kälberruhr mit Tannoform. — Behandlung
der — Orig.-Art. v. Scbünboff. 161.
Kaiserliches Gesundheitsamt s. Reichs¬
gesundbeitsamt.
Kaiserling s. Conservirung, Laparotomie.
Kaiserschnitt bei der Hündin v. Reichenbach, i
270.
Kaiserschnitt bei einer Kuh v. Derain. 4.
Kalb s. Schlundrohr, Weisse Ruhr.
Kalbefieber s. a. Gebärneurose, Gebärparese, I
Qeburtsparese, Gehirndepressionserschei¬
nungen, Milcbfieber, Septicaemia puer-
peralis.
Kalbsfoetns s. Nabelschnur.
Kalium bichromicum s. Hufkrebs.
Kalk s. Sehorgan.
Kameel s. Rinderpest.
Kameel. — Rotz beim — v. Petrowski. 162.
Kaninchenfleisch b. Fleischschau.
Kapselfärbung s. Milzbrandbacillen.
Karpfen. — Altersbestimmung bei — 383.
Kastration s. a. Castration.
Katalepsie beim Pferde v. Hennig. 356.
Katarrh 8. Luftwege, Scheidenkatarrh.
Katarrbaifieber s. Jodkaliurainjectionen.
Katarrhalfieber des Rindes. — Ueber das
bösartige — Orig.-Art. v. Oppenheim. 87.
Katze s. Carcinom, Tubercnlose.
Kedanikrankheit. — Ueber Aetiologie und
Pathogenese der—v.KeYsuke-Tanake. 137.
Kehlkopfpfeifen. Statistik v. Vosshage. 320.
Kehlkopfpfeifens. — Zur Differentialdiagnose
des — v. Bechstädt. 149.
Keratitis s. a. Hornhauttrübung.
Keratitis punctata von Richter. 136.
Kiautschau s. Rotz.
Kindermilch nach Backhaus. — Erfahrungen
über die — v. Friedmann. 307.
Klauenschuh v. König. 117.
Kleekrankheit v. Michael. 511.
Kleie (verdorbene). 474.
Kleiekrankbeit s. Osteoporose.
Kleinbahnen-Benutzung 58, 367, 381,
Kniegelenkbänder beim Pferd. — Zerreissung
der — v. Christiani. 235.
Knienarben s. Chirurgische Versuche.
Knochenbrüche s. Brüche, Fracturen.
Knochenerkrankungen s.Osteo-Porosis, Tuber-
culose.
Kochanstalt. — Die Berliner — 34,83,107,167.
Kochapparate für bedingt gesundheitsschäd¬
liches Fleisch und Versuche mit dem Hart-
mannschen Fleischsterilisator v. Abel. 23.
Kolik beim Füllen (embolische) v. Hell. 584.
Kolik durch Spulwürmer, v. Kalkoff. 293.
Koppens beim Pferde. — Operative Behand¬
lung des — 66.
Kothrückstände im Wurstdarme, Wurst¬
schmutz. v. Schilling. 491.
Krämpfe s. Zwerchfellskrämpfe.
Krampf des Scblnndes beim Pferde durch
TrockenschnitzelfUtterung. Orig.-Art. v.
Jost. 423.
Krebs s. Carcinom, Geschwülste, Hufkrebs,
Mastdarmkrebs, Uteruskrebs.
Krebs (Aetiologie) v. Park und Plimmer. 115.
Krebses bei Thieren? — Giebt es ein en¬
demisches Vorkommen des — Orig.-Art.
v. Behla. 109.
Krebspest. — Aetiologie der — v. Weber. 6.
Kreisthierärzte 8. Tagesgeschichte. — Grün¬
dung eines Vereins derselben. 534, 549.550.
Kreuzläbme infolge Tuberculose d. Lenden¬
markes s. Tuberculose (Casuistik).
Krongelenk s. Sehnenscheidenentzündung.
Kryofin, neues Antipyreticum v. Eichorst. 257.
Kryptorcbidcnoperation. — Ein Zwischenfall
bei der —■ 138.
Kryptorchismus beim Schwein, v. Kassel¬
mann. 280.
Kühlanlage s. Fleischschau.
KUhlpasten v. Unna. 606.
Kuh s. a. Abscess, Carcinom, Castration,
Cysten (Scheide), Eutertubercnlose, Fremd¬
körper, Ilaarbailen, Hirnbefund, Kaiser¬
schnitt, Kalb, Lymphosarcomatosis,
Pockenkrank, Polyarthritis, Pseudoleu-
kaemie, Rind.
I Kuhmilch s. Milch, Tuberculose.
Kurpfuscherei in Hamburg. 513. — Geheim¬
mittel gegen Manl- n. Kl. 356.
Ijabroagen s. Tuberculose.
Lähmungen und Lahmheiten s. Beschlag,
Electricität, Radialisläbmung, Schulter¬
rheumatismus.
Lagerung des Herzens ausserhalb des Thorax.
463.
I Laien s. Culturen.
j Landwirthschaftsgesellschaft s. Ausstellung,
Jahrbuch der D. L. G. 304. — Wander¬
ausstellung der D. L. G. in Posen. 212,
2 p9.
Landwirthschaftskammer s. Tagesgesch.
i Laparotomie s. Enterotomie, Kaiserschnitt.
Laparotomie als diagnostisches Hülfsmittel
v. Hobday. 484, als Explorativoperation
bei Krankheiten der weibl. Geschlechts¬
organe. Orig.-Art. v. de Bruin. 397, bei
der chronischen Peritonitis des Hundes
v. Baldoni. 163.
Laryngitis s. Pharyngolaryngitis.
| Lebercirrhose (Behandlung mit Jodkalium)
v. Huber und Eisen. 583.
| Leberegel in der Milz des Schafes v. von
Rätz. 510.
Leberzerreissung durch amyloideDegeneration
v. Kröning. 521.
Lecksucbt bei Fohlen. Orig.-Art. v. Teetz. 160.
Leptomeningitis tuberculosa s. Tuberculose
Leser. — An unsere — v. Schmaltz. 313.
Leucaemie s. Pseudoleucaemie
Lencocyten s. Substances bact6ricides.
Licbttherapie. — Meine Erfahrungen in der —
v. Strebei. 569.
Lidränder s. Blepharitis.
Linse s. Nahtsterne.
Liquidationen beamteter Thierärzte in
PreusBen. Orig.-Art. v. Hoehne 308, 464.
Desgl. v. Preusse 332. Kleinbahnen be¬
treffend. 58, 367, 381. Rundreisen betr. 417.
Liquor Alum. acet. bei Mauke von Kunze. 54.
Liquor Cresoli saponatus. — Therapeutische
Bedeutung des — v. Gmeiner. 341.
Litho!ripsie beim Pferde von Desoubry, 4.
Lombardei s. Hühner.
Londoner Viehmarkt, Seuchen und Fleisch¬
schau. Beilage zu No. 29 vom 19. Juli.
Lorenz s. Rothlaufimpfung etc.
Lüderitz (Nachruf). 513.
Luftinfection bei den wichtigsten Thierseuchen
und Gegenmassregeln v. Kasselmann 532.
Luftsäcken. — Concretionen in den — von
Dellagnna. 584.
Luftwege. — Infectiöser Katarrh der — von
Christiani. 306; v. Trinchera 164.
Lumbago s. Jodcaliuminje tion.
Lungenentzündung s. Acetanilidin.
Lungenentzündung. — Die Behandlung der
fibrinösen — v. Eichhorst. 271.
Lungenschwindsucht unter der Bevölkerung
des Deutschen Reiches und einiger
anderer Staaten, v. Rahts. 452.
Lungenseucbe. v.Nocard, Rouxu.Dujardin.232.
Lungenseuchestatistik s. Ländernamen.
Ltingenseuche des Rindes durch Personen¬
verkehr. — Uebertragung der — Orig.-
Art. v. Peters 525.
Lungentuberculose s. Tuberculose.
Lungenwurm8cucbe. — Beitrag zur Prophy¬
laxis der — von Kasparek. 42.
Luxation s. Fesselgelenk, Fractur, Halswirbel,
Verrenkung.
Lymphadenom 8. Pseudoleucaemie.
Lymphangiome (cystenartige) am grossen Netz,
v. Harreveit. 246.
j Lymphosarcomatosis bei einer Kuh. Orig.-
Art. v. Paust. 184.
Mäusevertilgung s. Pictolin.
Magen s. Tuberculose des Labmagens. Haube.
Vorfall.
Magen-Darmentzündung s. Mycotisch.
Magen-Darmkatarrh s. Creolin.
Mahnruf. Orig.-Art. von Schmitt. 547.
Mailand. — Aus der Chirurg. Klinik in — v.
Baldoni. 402.
Malaria s. Pferde Südafrikas.
Malaria beim Pferd v. Guglielmi. 29
Malariaexpedition. — Erster Bericht über die
Thätigkeit der — v. Koch. 42.
Malariafieber beim Hunde. — Bösartiges —
v. Hutcheon. 41.
Malariaparasiten. — Die Diagnosefärbung der
i — v. Rüge. 511.
MalleYnprobe s. Rotzkrankheit (Glasgow),
Marasmus s. Milch.
Margarine s. Tubercelbacillen.
Digitized by
Google
IX
Marictbutter s. Tubercelbacillen.
.Massenerkrankungen beim Rindvieh von
Steger. 583.
Mastdarmkrebs beim Pferde v. Olt. 435.
Mastdarmpolyp beim Pferd v. Fröhner. 281.
Mastdarmtumor beim Füllen. Orig. Mitth. v.
. Kissuth. 64.
Mastitis s. EuterentzUndung.
Mathias’sche Zange s. Castrationsmetboden.
Matratzenstreu v. Weinhold. 221.
Maukebehandlung. 55.
Maul- und Klauenseuche s. Anliaphtben,
Aphthen, Aphthenseuche, Apthentheer,
Chromsäure, Dungwasser, Seraphthin.
Maul- und Klauenseuche. Orig.-Art. v. Buhl.
194, 206. — Behandlung mit Chromsänre.
v. Jarrc. 116. — Bekämpfung durch ab¬
gekochte Milch. Orig.-Art. v. Fetting.
183. Dasselbe v. Schmidt. 86. — Be¬
handlung. Orig.-Mitth. v. Jüngers. 568.
— Debatte im Reichstag. 211. — Diffe-
rentialdiagnose l). Hautkrankb. Beil, zu
No. 49 vom 6. Dec. — ln England. Orig.-
Art v. KUbnau. 130, 155, 502. In der
Schweiz. 179. In Argentinien. 188, 274,
612. — Kritische Bemerkungen und Vor¬
schläge zur Bekämpfung. Orig.-Art. v.
Hecker. 230. — Practische Anwendung
eines Schutzserums bei Schweinen und
Schafen. Orig.-Art. v Loeffler u. Ublen-
huth. 613. — Stand der Schutzimptung
Vortrag v. Graffunder. 265. — Untcr-
suchungsergebnisse v. Ebertz. 342. — Ver=
luste. Beilage zu No. 38 vom 20. Sep=
tember — v. Preusse. 358. —■ Versuche im
Ges.-Amt. 490. Beibl. zu No. 46 v. 15. Nov.
— Warnung vor einem Geheimmittel. 356.
Mechanismus s. Wirbelsäulenbruch.
Medicamente s. Arzneien.
Melanosarcom als Todesursache Orig. - Art.
v. Schneider. 182.
Melkpersonalinfection s. pockenkranke Kühe.
Meningitis, tuberculöse, b. Rind v. llamoir. 18.
Mensch s. Actinomycose, Blutsverwandtschaft,
Cysticercus, Finnenkrankheit, Schweine¬
rothlauf.
Merkwürdige o. Massenerkrankung.
Milben 8. Blepharitis.
Milch s. Colostrum, Kindermilcb, Maul- und
Klauenseuche, Tuberculöse.
Milch (Schwankungen bes Fettgehaltes) von
Glegg. Beibl. zu No. 46 vom 15. November
Seite 8. — Eigenschaften und Zusammen¬
setzung v. Klimmer. 371. Bestimmungen
über den Verkehr in Hohenz.-Sigm. Beil,
zu No. 20 v. 17. 5.
Milchfieber s. Gehirndepressionserscheinungen,
Gebärparese, Geburtsparese, Kalbefieher.
Milchfieber beim Schwein? — Ein Fall von —
Orig.-Art v. Paust. 448.
Milchfiebers durch intravenöse Injection von
Jodkaliumlösung. -- Behandlung des —
Oiig.-Art. v. Dr. Peter. 458.
Milchhygiene v. Klimmer. 557.
Milchsäure s. Fluor, Nageltritt (Behandlung).
Milchverfälschungen und deren Nachweis v.
Klimmer. 391.
Milch von tuberculösen Thieren entsteht. —
Experimentelle Untersuchungen über den
Marasmus, welcher durch Ernährung mit
sterilisirter — y. Michellazzi. 474.
Militärveterinärei französische 54, 416. Ge-
haltbbcratbung im Reichstag 78. Kriegs¬
verhältnisse 95. Deutsche Verhältnisse
105. Reiehstagsverhandlung 139, 154.
Oesterreicbische 143. Gehälter 262. — S. a.
Tagesgeschichte.
Militärvetcrinärwesen. 560, 588s.a.Tagesgesch.
Milz s. Leberegel.
Milz. — Ueber die Ursache des acuten Milz¬
tumors bei Vergiftungen und acuten I
Infectionskrankheiten. Physiologische
Funktion der — von Jarveih. 583
Milz (überzählige) beim Fohlen v.Chalmers. 571.
Milzbrand s. Formalin.
Milzbrand. Orig.-Mitth. v. Kissuth. 543.
Milzbrandbacillen (Kapselfärbung) v. Räbiger
606.
Milzbraudcadaver s. Milzbrand.
Milzbranddiagnose von Tröster. 209.
Milzbrandes die Obduction erforderlich? —
Ist zur Diagnose des — Vortrag von
Steinbach. 481, 495.
Milzbrandes mit Creolin. — Behandlung des
— v. Yordal. 63.
Milzbrandes und Beseitigung der Milzbrand-
cadaver. — Feststellung des — Orig.-Art.
v. Meier. 579.
Milzbrandstatistik s. die Ländernamen.
Milztumor s. Milz.
Missbildungen s. a. Bildungsanomalien,
Buckelbildung, Embryologisches, Gallen¬
blase, Herz, Milz, Nabelschnur, Peromelus
abrachius.
Mixturen s. Dosirungsfrage.
Mondblindheit s. Augenentzündung.
Morbus maculosu8 s Petechialfieber.
München, Frequenz. 441. S. a. Bayern.
Muskel s. Hautmuskel.
Muskelrheumatismus mit Acetanilid. — Be- ;
handlung des acuten — v. Zincke. 198.
Muskulatur s. Xanthosis.
Mycose s. Gastroenteritis.
Mycoti8che Magen - Darmentzündung bei
Pferden v. Schmidt. 511.
Myxomyceten resp. Plasmodiophora Brassica
Woron. als Erzeuger der Geschwülste bei
Thieren v. Podwyssotzki. 150. 1
Jfabelbruch s. Hernia umbilicalis.
Nabelinfection s. Enteritis.
Nabelschnur am Kopfe eines Kalbsfoetu«. — |
Ueber einen Fall von Insertion der - -
v. Kutzky. 463.
Nabelvenenentziindnng, Behandlung. 269.
I Nachgeburt-Vcrzehren. v. Lungwitz. 463.
Nachrufe s. die betr. Namen n. Tagesgesch.
Nadelbrennen s. Schulterlabmheit.
Nageltritts mit reiner Milchsäure. — Behand¬
lung des — v. Guillcmain u. Cadix. 461.
Nahrungsmittel s. Conservirung, Milch,Fleisch.
— Aerztliche Prinzipien bei der Be-
urtheilung conservirter N. v.Liebreich 503.
Nahtsterne der Linse b. Pferd v. Gerdell. 281.
Naphthalingeschmack beim Fleisch v. Hoef-
nagel. Beibl. zu No. 49 vom 6. Dez. S. 8.
Narcose s. Chloroformnarcose.
Nase s. Düten. j
Nasenbluten v. Tapken. 255. i
Natrium bicarbonicum. — ZurBehandlg. schwer j
concip. Stuten mit — v. Sauer. 463.
Natriumsulfits auf den Fleischfarbstoff. —
Ueber die Einwirkung des — v. Jabnke.
Beibl. zu No. 49 vom 6. Dez.
Naturforscherversammlung zu Aachen 486, 493
Nebenämter bezw. Nebenbeschäftig, der beam¬
teten Thierärzte. Orig.-Art. v. Preusse. 477.
Nebennierenextractes. — Die therapeutische
Anwendung des — v. Bates. 256.
Necrose s. Düten, Schwanzspitze, Zitzenschnitt.
Nerven b. Intercostalnerven, Hinter(Ünter~)
kieferneuralgie.
Nervenscbnitt s. Neurectöm., Neurotoui., Spät.
Nerven Substanz s. Wuth.
Nesselfieberkranke Schweine (vet.-pol. Be¬
handlung des Fleisches). Vortrag von
Eichbaum. 573.
Netz s. Lymphangiome.
Netzhautablösung bei einem Fohlen. — An-
geborne beiderseitige — 281.
Neubildungen s. Geschwülste.
Neujahr s. Jahrhundertwende, Tagesgeschichte.
Neuralgie s. Unterkieferneuralgie.
Nourectomie s. Praxis, Spat; Orig.-Art. v.
Tempel. 542; Abfallen des Hufes in Folge
von N. v. Brocq. Rousseu. 461.
Neurectomie der Plantarnerven. — 15 Fälle
von — v. Gerosa. 366.
Neurectomie gegen Spatlahmheit v. Venner-
holm und Bayer. 519.
Neurose s. Gebärneurose.
Neurotomie (Ueber —) von Hirzl. 208.
Niebel, Nachruf 610, 624.
Niederlande: Thierseuchen-Quartalsbericbte ;
III. Quart. 99 bis II Quart. 00. 119, 179,
334; Beibl. zu No. 46 vom 15. Nov. S.6.
— Jahresbericht pro 1898, Beibl. zu
No. 38 vom 20. Septbr. S. 8.
Niere (Doppeltet s. Bildungsanomalien.
Nierenstein bei einem Pferde. Orig.-Mitth. von
Gräfe. 508.
Nirvanin. 257.
Norwegen: s. a. Pferdeinflnenza. — Eine
thierärztl. Hochschule. 70, 107, 177. —
Eismeerfang. 267. — Fischereiunter¬
suchungen. 543. — Thierseucben: IV.
Quart. 99 bis II. Quart. 00. 179, 298,
Beibl. z. No. 38 v. 20. Sept. S- 7. — Tuber-
kulose-Massregeln, Beibl. z. No. 49 vom
6. Dec. S. ft.
Obduction s. Milzbrand.
Obergutachten s. Gutachten.
Ochs 8. Bruch (Ueberwnrf), Peritonitis (Darm¬
ruptur).
Oesterreich: s. Seraphthin (Misserfolge).—
Bekämpfung der Schweinepest(-seuche).
537. — Einfuhrverbote geg. Deutschland
Beibl. zu Nr. 29 vom 19. Juli S. 2. 358.
— Gesetzentwurf betr. Gehalts- u. Rang-
verbältnisse der Vet-Beamten. 186. —
Hochschüler oder Handwerker? Orig.-Art.
von Baroch. 97. — Schlachthauswesen
Orig Art von Kühnan. 526. — Schweine-
pesttilgung Beibl. zu No. 39 v. 20. Sept. S.6.
u.537. — Thierärztl. Verhältnisse, Orig.-Art.
von Markiel. 44. (S. a. Ungarn.) — Ueber
die thatsächlichen Verhältnisse der Heran¬
bildung d. Militärthierärzte, Orig. Art. von
Nowotny n. Knaflitsch. 143. — Veterinär¬
beamte 223. — Vieheinfuhr. 490. — Vieh-
seuch. Quartalsberichte: IV.Quart 299
bis III. Quart. 00. 119; Beibl zu No. v. 17.
Mai, S. 3; 395; Beibl. zu No. 46 vom
15. Nov., 8. 6.
Operationen: s.a. Abscesse, Abscessbaken,
Auge, Castration, Chirurgische Versuche.
Darmstich, Düten, Enterotomie, Gallen,
Hernia, Hernia umbillc., Hysterectomie,
Kaiserschnitt, Koppen, Kryptorchiden-
operation, Laparotomie, Lithotrypsie,
Mechanismus, Nadelbrennen, Neurectomie,
Phimosis, Prolapsus vaginae, Spätentzün-
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X
düngen, Spat, Staar, Strahlkrebs, Tenoto- j
mie, Torsionscastration (Scheidenhaut-1
Vorfall), Trepanation, Ueberbeine, Zitzen-
schnitt.
Operationstisch in der chirurgischen Klinik zu ;
Stuttgart. Orig.-Art. v.Prof. Hoffmann. 316. j
Organismus 8. Chloroform.
Organtherapie. — Zur wissenschaftlichen Be¬
gründung der — v. Virchow. 463.
Osteoporose reBp. „Kleiekrankheit“ beim
Pferde v. Courtial und Carougeau. 390.
Osteo-Porosis. von Eiliot. 389.
Osteotomie s. Chirurgische Versuche.
Ovario-Hysterectomie s. Ilvstcrectomie.
Paardziekte b. Pferdesterbe.
Paraform v. Unna. 236.
Parasitäre Krankheiten s. Insecten.
Parasiten s a. Acarusräude, Ascariden, Be¬
schälseuche, Bilharzia, Blastomyeeten,
Blepharitis acarica, Cysticercus cellnlosae,
Dourine (Trypanosoma), Echinokokkus,
Filariose, Finnen, Geschwülste, Insecten,
Kedanikrankheit (der Haare), Leberegel,
Lungenwurmseuche. Malaria, Schafräude,
Spirillenkrankheit, Spulwürmer.
Paravaginal s. Abscesse.
Paris s. Tagesgescbichte, Versammlungen,
Weltausstellung.
Pasten s. Aetzpasten, Kühlpasten.
Pathologisches Institut s. Rotterdam.
Periodische Augenentzündung s. Uvealtractus.
Periostotomie s. Chirurgische Versuche.
Periproctal s. Abscess.
Peritonitis s. Laparotomie. — P. Bei einem
Zugochsen infolge Achsendrehung und
Darmruptur. Orig.-Art. v. Oppenheim 617.
Peromelus abrachius beim Füllen. 569.
Peronin als locales Anästheticum v. Mering
und Bufalini. 367.
Persönliches s. Tagesgesch.
Pest s. Krebspest.
Pestmittcl v. Yersin. 570.
Petechialfiebers bei Pferden. — Zur Silber¬
therapie des — v. Duschanek. 377.
Pferd s. Abscesse, Bauchfellentzündung,
Borna’8cheKrankheit.Brustseuche.Buckcl-
bildung, Castration, Dannstich, Deckact,
Dliten, Epulis, Euterentzündung. Filariose,
Fohlen, Füllen, Grippe, Halbblutpferd
(Frühreife), Hautmuskel, Hinterkiefer¬
neuralgie, Hydrocepbalus acquisitus,
Indigestion, Influenza, Katalepsie, Krampf
des Schlundes, L-cksucht. Lithotripsie,
Malaria, Mastdarmkrebs, Mastdarmpolyp,
Mondblindheit. Mycotische Magendarm-
entzündung, Nahtsterne, Petechialfieber,
Phimosis, Pferdeinfluenza, Pferdestaupe,
Quecksilbervergiftung, Strahlkrebs, Struma,
Torsion scastration, Torticollis, Uveal¬
tractus.
Pferde Südafricas und deren gefährlichste
Krankheiten, insbesondere die Malaria,
v. Zürn. 568.
Pferdeinfluenza in Christiania. 77, in Bayern
und Baden. Beilage zu No. 20. — Statistik
in Preussen. 178.
Pferdeseuche (africanische), v. M’Fadvean. 268.
Pferdestaupe (Bayern, Impfmethode). 55.
Pferdesterbe (Horsesickness Paardziekte). —
Der Erreger der — Orig.-Art. v. Rick-
mann, 314. 337.
Pferdeversicherung in Bayern. 539.
Pferdezabnarzt in America. 116.
Pferdezucht. — Stellung der Thierärzte in der
rheinischen — Vortrag v. Decker. 272.
S. a. Ländernamen.
Pflanz s. Embryotom. I
Pfuscherei s. Kurpfuscherei.
Phagocytose v. Almqnist. 498.
l’haryngo-Laryngitis. — Scuchenartige — v.
Müller. 90.
Phenolinjectioncn s. Ahortus.
Phimosis beim Pferde. Orig.-Art. v. H. Jost. 338.
Physiologisches s. Anatomisches.
Pictoün zur Ratten- und MäuBevertilgung v.
Kossel. 501.
Pikrinsäure. 320.
Pilze s. gelbes Fieber.
Plantarnerv s. Neurectomie.
Plasmodiophora Brassica Woron. s. Myxo-
myceten.
Pleurasäcke. — Communication der — von
Gray. 570.
Pneumo-enteritis infectiosa der Hühner von
Guittard. 367.
Pneumonie s. Acetanilidin.
Pocken s. Hitzpocken. Statistik 8. Länder¬
namen.
Pockenkranken Kühen. — Infcction des Melk-
pei sonals von — Or ig.-Art. v. Aronsohn. 62.
Polyartbritis post partum bei der Kuh von
Leblanc u. Bitard. 376.
Polyp s. Mastdarmpolyp.
Po-Niederung s. Hämatinurie.
Posen s. Landwiithschaftsgcscllschaft. — 14.
Wanderausstellung der D.-L.-G. Orig.-Art.
v. Marks. 289.
Präparate Conservirung s. Conservirung.
Praxis. — Aus der Praxis für die — (Tracheo¬
tomie gegen Dämpfigkeit, Neurectomie
und amerikanische Castrationsmethode.)
Orig.-Art. v. Tempel. 542
Praxiswagen für Thierärzte. Orig.-Art. von
Richter. 124. Orig.-Art. v. Döhrmann. 220.
Preussen: Das Vet.-Wcsen im prcussischcn
Etat 34 — Deutsche Pferdezucht. 324.
— Die Ergebnisse der Trichinen- und
Finnenschau in Preussen 1898. 71. 214. —
— Etat der Gestüte 186. — Finnenfunde
98/99. 443. — Influenza unter den
Pferden der Civilbevölkerung und der
Armee. 178. — Rheinische Pferde¬
zucht. 272. — Statistik von Preussen. 441.
— Statist. Veterinär-Sanitätsbeiicbt der
Armee pro 1898. 270. — Thiersenchen:
Maul- und Klauenseuche. Monatsberichte
s. a. Deutschland. Tabelle: 15. Dez. 99
bis 30. Nov. 00. 22, 47. 59. 82. Beil. 1 zu
No. 9 v. 1. März S. 8 131.155,189, Beil. ■/uNo.
20 v 17. Mai, S. 1, 286, Beibl. zu No. 29 v.
19. Juli. S. 3, 394. 442, 490, Beibl. zu
No. 46 v. 15. Nov., Seite 6, 610. — Toll-
wuthstatistik (Bissverletzungen) 1899. v.
Kircbuer. 533.
ProlapBUS s. Inversio, Gebärmutter, Scbeiden-
vorfall etc.
Prolapsus des Magens in die Brusthöhle. Orig.-
Mitth. v. Kissuth. 64.
Prolapsus uteri von Monsarrat. 583.
Prolapsus uteri et vaginac. — Ein neuer
Apparat zur Verhütung und Heilung des
— Orig.-Art. v. Blume. 529.
Prolapsus vaginae b. dem Hund v. Matl.is. 545.
Prolapsus vaginae bei Hunden. Orig.-Art.
v. de Bruin. 181.
Promotion s. Doctorwürde.
Prostata s. Hoden.
Protargol s. Bacillol.
Protargolbehandlung bei VerletzungdcrBeuge-
sehnen. v. Eggmann. 5.
1 Protargollösungen s. Jodkalium.
Pseudoleucämie (malignes aleucämiaches
Lymphadenom) bei einer Kuh. Orig.-
Art. v. H. Jost. 242.
Pseudo-Tuberculosis s. Schatkrankheit.
Pustulöse Hauterkrankung s. Uauterkrankung.
Pyoctanin. 320.
Pyrogallol gegen Trichorrhexis v. Kalkoff 65.
Quarantäneanstalten: Einfuhr in Hvidding
betr. 514; in Bremen. 395. — Ergebnisse
der Tubcrcnlinimpfungen. 371 — Ergeb¬
nisse der Tub.-Impfungen im III. Quart. 99.
119; IV. Quart. 99, Beil. 2 v 17. Mai S. 3.
— Ermittelung der Tuberculose. 214. —
Fleischschauergcbnisse d. aus Quarantäne¬
anstalten in öflf. Schlachth eingef Rinder
III. Quart. 99. 119. Desgl. IV. Quart. 99.
Beil, zu No. 20 v. 17. Mai, S. 3.
Quecksilbervergiftung b. Pferde vonTeetz.539.
Rabies s. Tollwutb, Wuth.
Raelienl öhle (Hund) s. Fremdkörper.
Radialislähmung beim Rind undIntoxication(?).
Orig.-Art. v. Hansen. 172.
Räude s. Acarusräude. Epikarin. Sbeep. —
Statistik s. die Läniernamen.
Ranunculus acer. (Vergiftung), v. Trouette 294.
Rassenimmunität v. Prettner. 116.
Rattcnvertilgung s. Pictolin.
Rauschbrand v. Leclainche und Vall6e. 388.
— Serotherapie v. Arloing. 256 — Scrum-
schutzimpfung v. Kitt. 100. — Vortrag
auf der Naturforschervers. v. Vater. 493.
Rauschbrandstatistik s. die Ländernamen.
Rccepte s. Dosirungsfrage, subcut. Inject.
Rechtsverhältniss der thierärztlichen Vereine
s. Bürgerliches Gesetzbuch.
Reichsfleischschaugesetz s. a. unter Fleisch¬
schau u. Fleischbeschau, Fleischeinfuhr,
— Wortlaut Beibl. zu No. 29. v. 19. Juli
S. 4. — Derzeitiger Stand. Vortrag v.
Ristow. 68. — Fleischeinfuhr unter der
Wirkung des R. Orig. Art. v. Kühnau.
417. — Zur Ausführung. Orig.-Art. v.
Kühnau 382; 466.
Reichsgerichtsentscheidungen s. Gerichtsent¬
scheidungen.
Reichsgcsundbeitsamt. 95, 154, 284, 490, 591,
Beibl. zu No. 46 v. Nov. s a. Tuberculose.
Reichstags Tagesgeschichte. — Berathungder
Budget-Commission über Gehältor der
Militärrossärzte. Orig.-Art v.Schraaltz.78.
Rettung von Vieh s. Feuersbrünste.
Rheumatismus s. Gelenkrheumatismus, Muskel¬
rheumatismus, Schulterrhcumatismus.
Riechelmann. Nachruf 561.
Rind 8. Actinomycose, Alo'edosirung, Augen¬
entzündung, Bilharzia, Blutharnen, Farbe¬
veränderung, Gastroenteritis, Gebärparese,
Hinterwälder, Hydiops, Hygrom, Kalb,
Katarrhalfieber, Kuh, Massenerkran¬
kungen. Meningitis (tuberculöse), Ochs,
Radialislähmung, Rotz (Immunität),
Scheidenkatarrh, Schweiftraube, Tuber-
kulinimpfui gen, Urticaria, Uteiuskrebs,
Zugo/chse, Zungengeschwür.
Rinder (Chinesische). Orig.-Art. v.Zinke. 565.
Rinderfoetentuberculose s. Tub. (Casuistik).
Rinderpest. — Empfänglichkeit des Kameeles
für die — v. Tariakowski. Beibl.zu No. 38
vom 20. September. — In China. 490, 623;
In Windhoek. 405.
I Rinderpraxis s. Bern.
Rindfleisch s. Büffslfletsch.
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XI
Rindvieh 8. Massenerkrankungen.
Rindviehvereichening 8. Versicherungen.
Rindviehzucht: Das deutsche Rind v. Lydtin-
Werner. 198.
Rübling. Nachruf 575.
Rossärzte s. Tagesgeschichte.
Rothlauf s. Cultnrabgabe, Iinpfspritze, Im¬
pfung, Nesselfieber, Schweinerothlauf,
Susserin, — Statistik s. Ländernamen.
Rothlauf der Schweine. Lorenz’sche Schutz¬
impfungsmethode v. Greiner. 437.
Rotblaufimpfung: Orig.-Art. v. Schmaltz. 368.
Vortrag v. Graul. 577. Orig.-Art. v.
II. Jost. 37. Vortrag v. Foth. 566.
Statistik 121, 502. Rotblaufimpfungen
in Bayern (Unterstützung). 466. Roth-
laufschutzimpfung mit Prenzlauer Impf¬
stoffen in den Jahren 1897, 1898 und
1899. — Ergebnisse der Lorenz’schen —
Orig.-Art. v. Joest und Helfers. 121.
Rothlaufserum in Deutschland. — Gerichts¬
entscheidung betr.desVerkaufesvon—263.
Rotterdam. — Mededeelingen uit het patho¬
logisch laboratorium van het abattoir
te — v. Harreveit. 246.
Rotz 8. Kameel. — Statistik s. Ländernamen.
— Immunität des Rindes v. Prettner. 452.
Rotzbacillus (Hyphomycetennatur) v. Conradi.
222. Morphologie v. Marx. 222.
Rotzes — Argentum coli, zur Feststellung
des — Orig.-Art. v. Rassau. 171. v.
Baldoni. 177.
Rotzimpfungen zu diagnostischen Zwecken
von Prettner und Tröster. 177.
Rotzkrankheit (Anwendung des Malleins zur
Diagnose) v. Borclla. 520.
Rotzkrankheit (Heilbarkeit) v. M’Fadyeau.
330.
Rotzkrankheit in dem Pferdebestande der
Glasgower Tramway - Gesellschaft und
die Malle'inprobe. 329.
Roux 8. Diphtherie.
RUckenmarksentziindung s. Gehirn-Rücken-
marksentzündung.
Ruhr s. Kälberruhr, Weisse Ruhr.
Rundreise-Liquidationen s. a. Liquidationen.
Orig.-Art. v. Hoehne. 464.
Runkelrüben bei Schafen (Vergiftung). 511.
Ruptur s. Darmruptur, Ilerzrnptur, Vena cava
posterior.
Russian waters v. Kalkoff. 5. Orig.-Art. v. Rips.
99. Entgegnung hierzu v. Finkler. 271.
Russland: Aufblühen des Vet.-Wesens. Orig.-
ArL von Pawpertow. 315. — Seuchen-
schutz. 251. — Thierseuchen Quartals¬
berichte. 22; 119; 298. Beibl. zu No. 38
v. 20. September S. 7. — Viehausfuhr. 82.
Sachsen: Bericht über die Schlachtvieh- und
Fleischbeschau pro 1899. 515. — Flciscb-
beschauergebnisse pro 1898. 275. —
Fleischverbrauch pro 1899. 444. — Ge¬
haltsregelung der Vet. Beamten. 250. —
Gesetz betr. Entschädigung für Scucben-
verluste. 370, 501. — Staatliche Schlacht¬
viehversicherung. 538.
Säurefest s. Bacterien.
Salingia, Berlin. — 50. Stiftungsfest — 128.
Salol als Bandwurmmittel v. Galli-Valerio. 257.
Sanatol v. Krüger. 164.
Sand’sche Zange s. Castrationsmethoden.
Sanitätsthiei ärzte &. a. Fleischschau, Schlacht¬
häuser, Schlachtstunden etc., Tagesge ch.
— Sanitätsthierärztl. Versammlungen s.
Tagesgesch. — Rheinprovinz. 224. —
Sachsen 189, 487 — Sathsen u. Branden¬
burg. 430. — Sächs. Gruppe. 68 — Schle¬
sische Versammlung, Vortrag von Hen-
schel über Sehlachtatunden. 258.
Sarcom s.Lymphosarcomatosis, Melanosarcom.
Schaf s. a. Finnen, Leberegel, Runkelrüben
(Vergiftung), Sheep, Zähne (künstliche)
ZuchtBchaf. — Maul- und Klauenseuche,
Schutzimpfung v. Löffler und Ublenhuth
613.
Schafkrankheit in Australien (Eine neue).
Caseous Lymphadenitis oder Caseous
Lymphatic glands (Pseudo-Tuberculosis)
von Chorvy und Bull. 364.
Schafpockenstatistik s. die Ländernamen.
Schafräude s. Sheep scab. Statistik s. die
Ländernamen.
Schale s Chirurgische Versuche.
Schalenhaut (des Hühnereies) s. Ueberhäutung.
Scheide s. Prolapsus, Vagina.
Scheide beim Rindvieh. — Cysten in der —
Orig.-Art. v. Martens. 181.
Scheidenhautvorfall s. Torsionscastratiou.
Scheidenkatarrh der Rinder. — Discussion
über den infectiöscn — (Centralverein
der Provinz Sachsen etc.) 445.
Scbeidenvorfall s. Prolapses. — Reponirung
bei der Kuh v. Strebei. 569.
Schell. Nachruf. 295.
' Schierling. — Vergiftung mit — v. Plotti. 293
Schilddrüse s. Struma.
Schilddrüse bei Infectionskrankbeiten. — Be¬
theiligung der — v. Roger u. Garnier. 512.
; Schlachthausgesetz: (Zur Abänderung)
v'. KUhnau 419, 515. — Discussion in der
Vers, der Sanitätsth. d. Prov. Sachs etc.
487. — Dasselbe v. Beckhard mit Bern,
v. Kühnau 522. — Petition Beibl. zu No. 46
v. 15. Nov. S. 12. —
Schlachthäuser s. a.Fleischbeschau,Fleisch¬
schau, Fleischschauvcrordnuiigen, Fleisch-
schaustatistik, Gerichtsentsch. Städte¬
namen, Tagesgeschichte. — Oher-Ver-
waltungsgeiichtsentsch. betr. Controle.
239. — Uebersicht über die im III. Quart.
99 aus den Quarantäneanst. in öff. Schl.
cingef.Rinderund Schlachtergebnisse. 119.
Schlachthäuser (öffentl.) in kleinen Städten
Orig.-Art. v. Kühnau Beibl. zu No. 46 vom
15. Nov. Seite 7. — Reinlichkeit der
deutschen. — Beibl. zu No. 29. v. 19. Juli.
— Leitung in Frankreich v. KUhnau 479.
Schlachthausthierärzte s. Tagesge¬
schichte, Fleischbeschau, Fleischscbau,
Gerichtsentscheidungen, Sanitats - Tbier-
ärzte, Schlachthäuser: — Anstellung.
70; desgl. in Barmen. 129; dcsgl. in Lü¬
denscheid. 154. — Kündbarkeit. 81. —
Privatpraxis (Fall Zoppot). 454. — Ver¬
fügung im Reg.-Bez. Bromberg betr. An¬
stellung. Beil, zu No. 20 v. 17. Mai, S. 2.
i Schlachthofconfiscate (Verwendung u. Fleisch¬
extraktfabrikation in Fray-Bentos 335.
Schlacbtbofthierärzte nach dem preuss. Gesetz |
betr. Anstellung etc. — Die Stellung der —
Vortrag von Colberg. 70.
Schlachtstundcn und Staatsaufsicht in öffent¬
lichen Schlachthäusern. — Zahl der —
Vortrag v. Hentschel. 258.
Schlachtvieh, Preisnotirung 407.
Schleich b. Infiltrationsanästhesie.
Schlunddiverticel v. Pötschke. 356.
Schlundkrampf s. Krampf.
SchlundrohrcB. — Verschlucken eines — von
Hauger. 116.
! Schlund Verlegung von Strebei. 269.
Schlundwunde. — Spontane Heilung einer —
Orig.-Art. v. Michalik. 387.
Schneidezähne s. Alter.
Schnitzelfütterung s. Krampf.
Schreck s. Tetanus.
Schüttelmixturen s. Dosirungsfrage.
Schulterlahmheit. — Durch Nadelbrennen ge¬
heilte — Orig.-Art. v. Prof. Hoffmann. 457.
Schulterrheumatismus v. Heieck. 294.
Schumburg’sche Verfahren der Wasserreini
gung. — Ueber das — v. Pfuhl. 176.
Schutzeinrichtungen des Organismus und deren
Beeinflussung zum Zweck der Abwehr
von Infectionserregern v. Büchner. 378.
Schutzimpfung s. Impfung.
Schwangerschafts, exirauterine Transmigratio.
Schwanzspitze bei den Hausthieren. — Das
brandige Absterben der — Orig.-Art. von
Ellinger. 505. Desgl. Orig.-Mittb. von
Fetting. 543.
Schweden: Thierseuchen IV. Quart. 99 bis
III. Quart. 1900 179, 334; Beibl. zu No.
38 v. 20. Sept., S. 7; Beibl. zu No. 49
vom 6. Dec., S. 5.
Scbweiftraube des Rindes. — Ueber eine Er¬
krankung an der — v. Eppinger. 412.
Schwein s. Bildungsanomalien, Kryptor¬
chismus, Michfieber, Rothlauf, Schweine¬
rothlauf, Schweineseuche, Susserin,
Zwerchfellhernie. — Schutzimpfung gegen
Maul- u. Klauenseuche v. Löffler u. Uhlen-
huth. 613.
Schwein. — Das Ronneburger — 257.
Schweinepest, Bekämpfung in Oesterreich 537.
Schweinepestiilgung in Oesterreich. Beilage
zu No. 38 vom 20. Sept.
Schweinerothlauf s. Rothlauf.
Schweinerothlauf; Uebertragung auf Menschen,
v. Casper. 6. Serumtherapie v. Lec-
lainche. 247.
Schweineseuche s. a. Impfspritze, Rothlauf.
— Statistik s. d. Ländernamen.
Schweincseachc von Kasparek. 54.
Schweineseuche. — Experimente über die
Infectiosität des Bacillus der — von
Prettner. 365.
Schweineseuche-Serum. — Vorläufige Mit¬
theilung über ein — v. Niebel. 209.
Schweineseuche u. Schweinepest. — Beiträge
zur Bekämpfung der — Orig. - Art. v. Dr.
Schreiber. 589, 601.
Schweinezucht. Das Ronneburger Schwein.
257. Schweinezucht-Vereinigungen in
Dänemark. 407.
Schweiz: Erlaubniss zur Einfuhr badischen
Klauenviehes 156. — Uocbsebulnach-
richten (Thierarzneischule in Bern wird
Vet.-M. Facult.) 46. — Promotionsstatut
und die vet.-med. Facultät in Bern 427.
— Reorganisation des thierärztl. Unter¬
richts 21. — Revision der Viebscuchen-
polizei. Beibl. zu No. 38 v. 20 /9. Seite 6.
— Staatskosten für die Maul- u. Klauen¬
seuche 179. — Therapeutische Notizen
aus Bern v. Preusse 269. — Thier¬
seuchen: Jahresbericht lt-99,179. Quartals¬
berichte: III. Quart. 99 bis H. Quart. 00
23, 179, 334. Beibl. zu No. 46 vom 15.
Nov. Seite 6. — Vieheinfuhr betr. 156,
275. — Zur Promotion in Bern Orig.-
Ait. v. Schmalz 438.
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Seequarantäne s. Quarantäne. '
Sehnen s. Filariose.
Sehnenscheide s. Arthritis, Schweiftraube.
Sehnenscheidenentzündung in der Gegend des I
Krdngeienks v. Pelsch. 1Ö2. tuberculMse ;
brig.-Art. v. Schlegel. 421.
Sehorgans mit Kalk und ähnlichen Sub-!
stanzen. — Die Verletzungen des —
v. Andreä. 378.
Selbstverleugnung thut noth. Orig.-Art. v.
Schmaltz. 165.
Septicaeraia puerperalis v. van der Velde. 18. i
Seraphthin in Oesterreich. — Misserfolg mit ^
— Orig.-Art v. Geist. 75.
Serbien: Vieh- u. Fleischexport 1899, 616.
Serotherapeutisches Mittel s. Diphtherie.
Serum s. Impfung, Wuth.
Serums in den Blutkreislauf. — Ueber die ;
Einführung fremden — v. Friedenthal u.
Lewandowsky. 271.
Serumschweine. — Minderwerth der -*■ Beilage j
zu No. 49 vom 6. December 599.
Serumtherapie (Neue Versuche) V. Wasser-1
mann. 604. j
Seuchenhaft s. Augenentzllndüngen. Hühner, j
Pharyngo-Laryngitis. Verkalben.
Seuchenstatistik s. die Ländernamen.
Seuchenverdacht s. Gerichtsentscheidungen.
Sbeep scab, its nature and treatment v. Salrnon
u. Stiles. 115.
Silbersalze s. Argentum, Credö.
Silbertherapie s. Petechialfieber.
Skelett s. Farbeveränderungen.
Skorpionstiche s. Insectenstich.
Sodomie. — Zur Kenntniss der — Orig.-Art.
(Gutachten) von Prof. Schlegel. 469. ,
Spätentzündungen (Abscedireude) v. Kassel-,
mann. 508.
Spat s. Chirurgische Versuche, Doppelneu-
rotomie. Neurotomie.
Spat. Doppclneurotomie v. Fröhner. 90.
Spatenstehung und Behandlung v. Hess. 294.
Spats. — Zur Behandlung des — v. Schwendi-
mann, Hirzl u. Kröning. 197. 1
Spirillenkrankheit der Gänse.—Untersuchungen
über die — v. Contacuzene. 185.
Spritze s. Impfspritze.
Spulwürmer s. Kolik
Staars auf beiden Augen. — Operation des i
grauen — v. Eggebrecht. 293.
Staatsaufsicht und Schlachtstunden in Offentl.
Schlachthäusern, v. Hentschel. 258.
Staatsveterinärwesen s. Tagesgesch. u. Ve¬
terinärpolizei.
Starrkrampf s. Tetanus.
Starrkrampf der Pferde. — Erfahrungen mit
Carbolbehandhing bei — Orig-Art. v.
Möller-Sonneberg. 291.
Statistik s. a. Cysticercus, Finnen, Fleisch-
schaustatistik, Gehirn-, Rückenmarks¬
entzündung. Impfungen, Kehlkopf pfeifen;
Krankenstatistik. Ländernamen, Pferde¬
zucht, Tagesgeschiehte, Tiiierzucht, Toll-
wutb. Trichinose, Tuberculose, Vcterinär-
Sanitätsbericht, Viehverkehr, Viehzucht;
ferner Abiturienten betreffend 237.
Steckstollen, Patent Philippi. — Die federnden
hohlen — v. Eberlein. 281.
Steinbildung s. Nierenstein, Lithotripsie.
Stempelkasten für Fleischschau. Orig.-Art.
v. Tempel. 219.
Sterilisation. — Verwendung von tub. Milch,
Fleisch etc. nach vorheriger — v. Prof.
Gallier. 299. |
Sterilisator s. Kochapparate.
Sterilisirung s. Catgutsterilisation, Schum-!
burg’sches Verfahr., (fuberCulöses Fleisch. :
Steuereinschätzung. 21, 432.
Stockfletb. Zur Enthüllung seines Denkmals
in Kopenhagen v. Fock. 379.
Stollen s. Steckstollen.
Stoppelkrankheiten v. Boström. 255.
Strahlenpilze s. Actinomycose.
Strahlenpilze. — Zur Kenntniss der —
v. Lnbarsch. 176, 245.
Strahlenpilzform s. a. Tuberculoseerreger.
Strahlenpilzkrankheit. Orig.-Art. v. Wulff. 13.
Strahlkrebs 8. Hufkrebs.
Strahlkrcbses. — Zur Behandlung des —
v. Bez.-Th. Schmidt. 66.
Strauss’sche Methode s. Rotzimpfungen.
Streptothrixart — Ueber eine neue patho¬
gene — V. Silberschmidt. 307.
Struma beim Pferde, v. Markus. 485.
Strychnin beim Geflügel; — Versuche mit —
v. Schneider. 185.
Studentisches s. Tagesgesch. i
Studium s. Bildung u. Tagesgesch.
Stute s. Castration, Deckact, Eierstockcyste,
Natrium bicarbonicum
Stuttgart. Ehrung des Director von Fricker
199. Frequenz 441. Operationstisch in
def chirürg. Klinik. Orig.-Art. V. Hoff-
mann 3l6. Versicherungsverein iO,
Subcutane Injectionen v. Eschbaum. 39.
Subluxation s. Halswirbelsäule.
Substances bactßricides dans les Organes et
sUr la filiation des differentes especes
des leucocytes. v. Waüters. 138.
Suder. Nachruf. 598.
Südafrika s. Afrika.
Surra s. Donrine (Trypanosoma).
Susserinund ihre Erfolge. — Rothlaufinipfiingen
mit — Orig.-Art. v. Hoehne. 447.
Tagesgeschiehte: Jahrhundertwende v. Schmaltz
1, v. Dieckerhoff 25. — An unsere Leser
(Redaktionelle Neuerung.) Orig.-Art. v.
Schmaltz 313. Desgl. v. Peters, Preusse, ,
Lothes 322.
Thler&rztliche Lehranstalten u. Ausbildung:.
Bildung u. Fachstudium v. Schmaltz 7. — ;
Veterinärinstitut in Giessen 10; Dasselbe ;
Orig-Art. v. Schmaltz 357. — Hocbschul-
frequenzen 10, 441. — Reorganisation |
des th. Unterrichts in der Schweiz 21. —
Thierärztl. Verhältnisse in Oesterreich v. [
Markiel44; desgl. in Ungarn v. Schmaltz66. j
— Direktoratswechsel in Alfurt 46. — Die
Thierarzneischule in Beim zur vet.-med.'
Fucultät ei hoben 46; desgl. 427; Regle-,
ment Uber Promotion 429; desgl. Orig.-Art. 1
v. Schmaltz 438. — Fortbildungscurse in
Hannover 46. — Hochschule in Norwegen |
70, 107. 177. — Ecole vät. in Alfort v.
Lohsec 157: Bemerk, dazu v. Goldbeck'
187. — Studienplan S.S. Hannover 188;
Bern 199: Berlin 200. - Berliner Hoch- 1
schule Jahresbericht 98/99 212. — Appro¬
bationen 98/99 277. — Abitur, n Schul- :
reform v. Schmalz 283. — Unterricht in )
d. Fleischschau in Hannover 357. — Er¬
weiterungsbauten der Hochschule in
Dresden 357. — Reglement für die staatsth.
Prüfung in Baden 368. — Eine neue Hoch¬
schule in Irland 430. — Rectoratswechsel I
in Berlin 610.
Zum Abiturientenexamen:10. — Ein 1
Avantgardengefecht v. Schmaltz 31. — '
Verhältnisse in Oesterreich v, Markiel I
44; desgl. in Ungarn in Bezieji. auf das
Abitur, v. Schmaltz 66. — Abitur, der
Rossärzte v. Schiel 92. — Die branden-
burger Landwirthscbaftskammer u. das
Abitur, v. Schmaltz 94, 117. — Ein tak r
tischer Zwischenfall v. Schmaltz 102.
tt- Zmti Abitur; V. Schmaltz 164. — Die
Petition betr. Abitdr. 128, 186. 210, 223,
260. — Abitur, u. Frequenz iti Frankreich
(Statistik Lyon, Alfort etc.) v. Sch'mältz
237. — Die bayr. Kammer über das Abitur.
249.— Abiturientenexamen u. Schulreform
v. Schmaltz 283. — Essers Aufruf 320. —
Abiturientenfrage im Reichstag 598. —
Stellung der Landwirthschaftsk. für die
Rheinprovinzdazu573; desgl.Posen 610. —
Staatsveterinirwesen (s. a. Bürgerl.Gesetz-
buch,Vetcrinärpoli/.ei):Steuereinscbätznng
21. — Erlass der Minister für Cultus und
für Landwirtschaft betr. Benutzung der
Kleinbahnen 58. — Das Vet-Wesen im
S reuss. Etat 1900 34. — Verhältnisse in
esterreich. Von Markiel. 44; Dass. 223.
— Gesetzentwurf betr, Gehalts- und Rang¬
verhältnisse der Vet.-Beamten in Oester¬
reich 186. — Maul- und Klauenseuche*
Debatte im Reichstag 211. — Besoldung
der Gerichtsvollzieher im Vergleich zu
den Vet.-Beämteü 224. — Regelung des
ungarischen Stäatsverertnärw’esetis 288.
— Gehaltserhöhung der sächs. Bezirks*
thierärzte 250. — Kleinbahnfrage (Liqui*
dation) 58, 262, 367, 381. — Gerichtsver¬
fahren betr. Anzeige des Seuchenver*
dächtes. Orig.-Art v. Block. 283. — Die
Liquidationen der beamteten Thierärzte ln
Preussen. Orig.-Art. v. Hoehne. 308;
Entgegnung Von Preusse. 332. — Amt¬
liche Einführung des 100-theil. Thermo¬
meters 311. — Aufblühen des Veterinär-
Wesens in Russland 345. — Rundreise*
lequidationen. Von Hoehne. 464. — Ge¬
schichte und Erfolge des St.-Vet.-Wesens
in England 464. — Nebenämter heZw.
Nebenbeschäftigungeli der beamt. Thier¬
ärzte. Von Preusse. 477. — Stellung der
Oberamtsthierärzte in Württemberg 537.
Mliltärvftterin&re : Rekrutirung der fran¬
zösischen 57. — Berathung der Budget-
Corara. betr. Gehälter von Schmaltz 78. —
M litärthierarzt Im Kriege 95. — Ver¬
hältnisse der Rossärzte 105. — Reichs*
tagsverhdlg. (Stenogramm) 139. — Heran¬
bildung ders. in Oesterreich-Ungarn v.
Nowotny und Knaflitsch 143. — Gehalts¬
erhöhung 262. — M. in Frankreich 416.
— Angebliche Aenderung der Organi¬
sation v. Schmaltz 560, 588. —
Sanitfitsthierärzts (s. a. Fleischschau u.
Schlachthäuser etc.): Anstellungsfrage u.
Kündbarkeit nach dem preuss. Gesetz
betr. Anstellung v. Colberg 70. — Der¬
selbe Gegenstand 81; 129 (Barmen); 154
(Lüdenscheid); 170 (Hanau u. Franken¬
berg); 313 u 344 (v. Schmalz) (in Berlin);
513 (Nordhausen). — Privatpraxis betr.
(Zoppot) 454. — Statistik siehe diese.
Unterstiitzungs- und Versicherungsangelegen-
heiten (s. a. Entschädigungen, Versiche¬
rungen) Unterstiitzungsverein für Thier¬
ärzte 129; 550; 5*5. — Wolff’sches Stipen¬
dium 551. — Festlichkeiten: Geburtstag
Sr. Majestät 25. — lioc'iscbulcommers
46. — Stockfleth,s Denkmalsenthüllung
379. — Semesterfeier der 1883 approb.
Snid. 536. — Stiftungsfest (50 jälir.)
Salingia 128, Frankonia 588. — Persönliche
Artikel: Knuth nach Fray-Bentos 347;
Hussfeldt nach Australien 381; Schlegel
nach Freiburg 166, Schwendimann nach
Bern 405; Peter nach Breslau 525;
R.Kochs Rückkehr513. — Ehrungen etc.:
Eiler 95. Vaerst 178; von Fricker 199;
Scharnier 347, 525, 5-‘l; Reinemann 310;
Frick 310; Strebei 347; Ködix 370, 3-1;
v. Diebitsch 393; Geb.-Rath Küster 367;
Stockfleth 379; Lydtin 381; — Nachrufe
Parey 166; Schell 295; Zürn 454; Beyer
475, 49b; Lilderitz 513; Herrmann 574;
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xni
Suder 598; Rohling 575; Waltrup! 551;
Riechelmann 561; Niebel 624. — Dis¬
pute etc. Zur Abwehr (Fall Bonatz)
70, 81. — Leichtfertige Anschuldigungen
f egen Thierärzte (Rotzfall) 96. — „Dr.
chäfer“ v. Schmält* 154 u. Annoncentbeil
von No. XIII. — Hiilseinann c.Malkmus203,
215. — Eiu netter Brief (Dischereit) 250;
Emgegnungdazu 273; Erklärung dazu von
Rheinsbagen 297. — Patentstreit der
Brdbg. Landw.-Kammer c Roihlaufserum-
Ges. 263. — Zur Richtigstellung betr.
Borna’scbe Krankheit 305. —
Vereine und Versammlungen: Centralverein
preuss. Krei8th. 584, 550 (Scbmaltz), 549
(Tbuneckc), (561), (575). — Centralver-
tretung (Plenarvcrs.) 379, 533, (550) 575,
(584). 607 (Bericht). — Congress f. Gesund -\
heitepHege in Aberdeen 504; dcsgl. f.
Hygiene in Paris 166, (357), 502; Bcibl. zu
No. 46 vom 15. Nov. S. 9. — Fleisch- u.
Trichinenschauer (Bund, Fleischerver¬
bandstag, Beil, zu No. 29 vom 19. Juli;
Internat. Fleischercongress 227. — Natur-
forscbcrversaramlung lti6, (357>, 481.486,
493. — Thie rärztliebe Vereine: Berlin ,
(10), (58), (108), (167), tl 78), (213), (224), (477),
(490), 536, 576, 623; Brandenburg (250),
273, 284, (430, (Sanitätsth.); (513) 535, 589;
Braunscbweig (262), 343; Cöslin (238), j
401, (465). 572; Düsseldorf (536), 620; Han-1
nover 476 (Nord), 525; Kurhessen 151, j
(465,; Münster (beamt. Th.) 475; Posen
(238), 321, (477), 566, 571; Rheinprovinz
(224), (551), (238), 272, (430), 512; Sachsen
(Prov.), an halt, und thüring. Staaten (46),
68,189, (430), 487 Beil, vom 15. Febr. S. 1;
(2l3), 412, 421, 433, (441), 445, 553, 559;
Schlesien (213), 247, 258, (477), (513), 577,
585; Schleswig-Holstein 93, 107, (441);
Stade (R.-B.) 94; Stettin-Stralsund (285),
(501), 524; Thüringen 392; Westfalen 19,
(405); Wesipreussen 125, (273), 440;
Wiesbaden 56, (273), 439, (551), 621. - Aerzte
u. Universitäten: Zulassung der Real-
gymnasialabiturienten zum med. Studium
177. — Frequenz der med. Facultäten
in Deutschland 454. — Vertheilung der
Aerzte in Deutschland 284. — Kammer¬
gerichtsentscheidung betr. Subsummirung
der Thierärzte unter den Begriff .,Aerzte“
21. —Prinzipien bei Beurtheilung conserv.
Nahrungsmittel 503. — Verschiedenes:
Viehzucbtinspectoren in Bayern 10, 95
383; in der libeinprovinz 576. — Vacanz
in Deutsch Südwest-Afrika 10. — Die
thierärztl. Vereine im Recht des B. G. B.
v. Schmaltz 20. — Steuereinschätzung
21, 432. — Ein Avantgardengefecht v.
Schmaltz 31. — Thierärztl. Apotheken
96. — Hochschüler oder Handwerker?
Akadem. Streiflichter v. Baroch 97. —
Ein taktischer Zwischenfall v. Scbmaltz
102. — Thierklinik zu Grimberghe-Wies-
baden 106. — Selbstverläugnung thut
noth! v. Schmaltz 166. — Congress zu
Baden-Baden (Generalbericht betr.) 211.
— Maul- u. Kl. Debatte im Reichstag
211. — Zur Lage v. Schmitt 295 — Amt¬
liche Einführung des lOOtbeil Thermo¬
meters 311. — Mahnruf Vircbows an die
Mitarbeiter med. Ztscbr. 346. — Roth-
laufimpfungen v Scbmaltz 368. — Cultur-
aufgaben v. Bermbach 462, 499, 516. —
Der pract. Thierarzt als Fleiscbbeschauer
v. Steinmeyer u. Kühnau 489, v. Lohoff
600. — Bemerkenswerther Vorgang in
der Thierzucht v. Ellinger 521. — Ein
Mahnruf v. Schmitt. 547. — Neues in der
Thiermedizin v. Graffunder 593. — Standes¬
angelegenheiten v. Meier 594. — Cultur-
aufgaben v. Goldstein 597. — Die Krisis
naht! v. Beckbard 597.
Tannalbin v. Poss. 43.
Tannenduft s. Vitalin.
Tannoform 320. Orig .-Art. v. Foth. 541. v.
Rabus. 66. v. Lemberger. 185. v. Spindler
606. — s. a. Bac'llol, Kälberruhr.
Taxus baccata. — Vergiftung von Ziegen
durch — 512.
Temperatur. — Die Grenzen der normalen —
v. Marx. 138.
Tendovaginitis tuberculosa s. Arthritis.
Tenotomie v. Frühner. 139.
Testikel s. Actinomycose.
Tetanus s. a. Starrkrampf.
Tetanus-Behandlung bei Pferden mit grossen
Dosen von Carbol. v. Place. 256.
Tetanus. — Carbol gegen — v. Woods. 177.
Tetanus durch Schreck. — Therapie des —
Orig.-Art. v. Kissuth. 532.
Texasfieber v. Conway u. Francis. 460.
Texasfieber (Impfversucbe) v. Ligniöres. 437.
v. Nocard u. Lignieres. 496.
Texas fever. — Ticks und — v. Morgan. 582.
Therapeutische Notizen. 55. s. a. Bern.
Therapie s. Lichttherapie, Organtherapie.
Thermometer. — Einführung des hundert-
theiligen. — 311.
Thermometerfixator. Orig.-Art v. Schünhoff.
364.
Thierärzte s. Tagesgeschichte.
Thierärztliche Approbationen 1899. 277.
Thierärztliche Verhältnisse in Oesterreich
Orig.-Art. v. Markiel. 44.
Thierbastarde v. Ackermann. 228.
Thierzucht s. Ausstellung, Ente, Geburts¬
kunde, Ländernamen, Quarantäne, Pferde¬
zucht, Rindviehzucht, Schweinezucht.
— Viehzucbtinspectoren in Bayern 10,
95, 383. — Ein- und Ausfuhr von
Thieren und thieriseben Producten in
Ungarn 1898. 19. — Die Frühreife des
edlen Halbblutpferdes v. Mieckloy. 151.
— Viehzählung in den Ver.-Staatcn v.
Nordam. am 1. Januar 1900. 151. — Der
Zugochse Südafrikas. 186. — Etat der
preuss. Gestüte. 186. — Das deutsche
Rind v. Lydtin und Werner. 198. —
Thierzucht in Weimar. 211. — 26. Mast¬
vieh-Ausstellung. Orig. Art. v. Kühnau.
236. — Dänemarks Viehhaltung 237. —
Der Viehbestand der Welt. 257. —
Das Ronneburger Schwein. 257. — Inter¬
nationaler Geflügelhandel. 257. — Die
Eigenschaften eines guten Zuchtschafes
v. Curtiss. 271. — Stellung der Thierärzte
in der rheinischen Pferdezucht Vortrag
v. Decker. 272. — 14. Wanderausstellung
in Posen. Orig.-Art. v. Marks. 289. —
Fleischproduction Australiens. 311. —
Die deutsche Pferdezucht 324. — Hinter¬
wälder Rindvieh im Saargebiet v.Willach.
347. — Die Zebrabastarde des Prof.
Ewars. 358. — Anspannen der Zuchtbullen
v. Fröhner 348. — Apparat zum Retten v.
Vieh bei Feuersbrünsten v. C. Mjoen.
348. — Weide- und Fettviebausstellung
in Husum. 383. — Zur Fischfütterung.
383. — Altersbestimmung bei Karpfen.
383. — Die Viehverhältnisse Englands
im Vergleich zu andern Ländern. Orig.-
Art. v. Kühnau. 407. - Staatsunter¬
stützung von Schweinezuchtvereinignngen
in Dänemark. 407. — Ein bemerkens¬
werther Vorgang auf dem Gebiete der
landw. Thierzucht. Orig.-Art v. Ellinger.
521. — Bayrisches Pferdeversicherungs¬
gesetz. 639. — Ergebnisse der Viehzählung
in Grossbritannien. 540. — Chinesische
Rinder. Orig.-Art. v. Zinke. 565. —
• Vacanz in Rheinland. 573. — Thierzucht¬
inspectoren bei der Landwirthschafts-
kammer der Rheinprovinz. 576.
Thierzucht. — Ein bemerkenswerther Vorgang
auf dem Gebiete der landwirthschaftlichen
— Orig.-Art. v. Ellinger. 621.
Thorax s. Herz.
Thrombose der Acbselarterie v. Wollmann 521.
Ticks s. Texas fever.
TödtungBapparat für Tbiere. 275.
Toller Thiere. — Ueber die Art der Conser-
virung und die Virulenzdauer des Markes
— von Frantzius. 391.
Tollwutb s. Hundswuth, Rabies, Wuth. —
Statistik s. d. Ländernamen.
Tollwutb-Bissverletzungen v. Preusse. 441. v.
Kirchner. 533.
Tollwuth des Hundes und die pathologisch¬
anatomische Diagnose v. Höbrant. 367.
Tollwuth. — Die beschleunigte Diagnose der
Tollwuth durch die microscopiscbe Unter¬
suchung des Bulbus des heissenden
Hundes v. Babös. 355. — Histologische
Läsionen v.van Gebuchten undNelis. 378.
— Postmortale Diagnose v. Nocard. 353.
— Theorie der Pasteur’schen Schutz¬
impfung v. Marx. 520.
Tollwuth im Institut für Infectionskrankheiten
zu Berlin im Jahre 1899. — Bericht über
die Thätigkeit der Abtheilung zur Heilung
und Erforschung der — 179. v. Marx. 545.
Torsion s. Castration.
Torsionscastration. — Vorfällen der Scheiden¬
haut nach — v. Kragerud. 4.
Torsio uteri. — Ueber die — v. Täufer. 220.
Torticollis equi mit exitus letalis. Orig.-Art.
v. Haase. 229.
Tracheotomie gegen Dämpfigkeit. Orig.-Art.
v. Tempel. 542.
Transmigratio extrauterina und extrauterine
Gravidität Orig.-Art. v. de Bruin. 2.
Trepanation bei Hausthieren. — Zur Aus¬
führung der — v. Bosi. 264.
TrichinenschauergebnisBe s. Preussen.
Trichinoseerkrankung in Sangerhausen. 504;
in Spanien (Murcia) 611.
Tropococaln, ein neues Anästheticum, nebst
einigen Worten über die locale Anästhesie
v. Vennerholm. 497.
Tropon. Orig.-Art. v. Prayon. 889. v. Rabus. 307.
1 Trou de la langue s. Zungengeschwür.
Tsetse s. Dourine (Trypanosoma).
Tubercelbacillen. — Eine neue Färbung für —
v. Dorset. 331.
Tubercelbacillen im Hackfleisch v. Schum¬
burg. Beibl. zu No. 49 v. 6. Dec. S. 7.
— In der Marktbutter v. Herbert. 474. —
In Flüssigkeiten v. Hammond. 331. — In
Margarine v. Annest. 358.
Tubercelbacillus (Züchtung) v. Hesse. 294.
i Tubercle bacilli in milk, butter and margarine
v. Annett 412.
! Tubercule et l’action curative de la tuber-
culine. — Recberches sur l'histogönöse
du — v. Broden. 473.
i Tuberculin - Ministerialerlass. Orig. - Art. v.
Preusse. 561. — S. a. 611 (England).
Tuberculine, Herstellung und Unterschiede,
v. Bauermeister. 462.
Tuberculinfrage. v. Viquerat 91.
Tuberculinimpfung (Nachcontrole) s. Tuber-
culose u. Quarantäne. 451. — Dänemarks.
352; in Bayern. 502. — Fehldiagnosen.
Orig.-Art. v. Zwicker. 52. — Vortrag v.
Martin. 620.
| Tuberculinversuche bei Rindern v. Hutyra.
411.
1 Tuberculöses Fleisch und Milch. — v. Gallier.
299.
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XIV
Tuberculöser Tbiere. — Versuche über die
Schädlichkeit des Fleisches — v. van der
Sluys. 11.
Tuberculose s. a. Arthrilis, Encephalitis,
Entertuberculose, Kreuzläbme, Lepto-
meningitis, Lungenschwindsucht, Lungen-
tuberculose, Meningitis, Milch, Rinder-
foeten, Tuherculinimpfung. — Statistik
s. a. Ländernamen, Quarantäne. —
Aetiologie. Referat über Vorträge von
Flügge, Fränkel, Pfeiffer und Lölfler auf
dem Tuberculosecongress. 173 ff. — Be¬
handlung mit ausschliesslicher Fleisch¬
kost v. Häriconrt und Richet. 342. — bei
Katzen. 331. — Bekämpfung. 442. — Dsgl.
Vortrag im Verein wcstpr. Th. v. Preusse.
Beiblatt zu No. 29 v. 19. 7., Seite 1. —
Uebertragung durch Milch und Mass¬
nahmen. Orig.-Art. v. Kilhnau. 49. —
Casuistik. v. Tbieme, Schmidt, Lii.de,
Martin, Ledere und Deruelle. 451. —
des Hodens bei einem Bullen, v. Laurie.
331. — des Knochens, v. Ricck. 584. —
des Labmagens, v. Rieck. 331. — Heil¬
mittel. v. Murphy. 55. — Heilung mit
Formalin. v. Cervello. 91. — Incubations-
dauer. v. Nocard und Rossignol. 544. —
Uebertragbarkeit. v. Moore-Albany. 167.
— Merkblatt des Gesundheitsamtes und
Massregeln in Norwegen. Beil, zu No. 49.
vom 6. December. — in den Vereinigten
Staateb. 400.
Tuberculosecongress s. Tuberculose (Aetio¬
logie).
Tuberculoseerregers. — Untersuchungen über
die Strahlenpilzformen des — von Dr.
Schulze. 282.
Tuberculosestatistik s. a. Fleiscbschau.
Tuberculosetilgung (Milchwirthschaftl. Verein).
82. im Grossherzogthum Hessen. 23.
Tuberculoßis (Pseudo-) s. Schafkrankheit.
Tunica vaginalis (Vorfall) s. Torsionscastration.
Trypanosoma s. Dourinc.
Tympanitis s. Aloödosirung.
Ueberbeine s. Chirurgische Versuche.
Ueberbein-Operation v. Plösz. 162.
Ueberhäutung granulirender Flächen. — Die
Scbalenhaut des Hühnereies zur — von
Schüller. 404.
Uebermüdung s. Icterus.
Ueberwurf s. Bruch.
Ungarn: Ein- u. Ausfuhr von Thicren 98. 19.
Regelung des Staatsvet-Wesens 238.
Schutzimpfungen. 11 Thierärztliche Ver¬
hältnisse. Orig.-Art. v. Schmaltz. 66 (s. a.
Oesterreich). Thierseuchen IV. Quart. 99.
119; III. Quart. 00. Beibl. zu Nr 49 vom
6. Dez. S. 5. Veterinärdienst-Verstaat¬
lichung. 393.
Universitäten s. Tagesgeschichte.
Unterarmbrnch und Heilung beim Pferde v.
LUthens. 247.
Unterkiefer s. Bildungsanomalien.
Unterkieferneuralgie beim Pferd v. Strebei. 510.
Unterrichtswesen. 7, 31, 44, 46, 66, 70, 92,
94, 102, 107. 117, 128, 164, 177, 210, 223,
237. 249. 260, 283, 427, 573. 598.
Unterstützungsverein. 129, 550. — S. a. Tages¬
geschichte.
Uraemie s. Fleisch.
Urticaria des Rindes, v. Schwyter. 101.
Uterus s. Gebärmutter, Haarballen, Hyste-
rectomie, Inversio, Torsio, Prolapsns.
Uterußkrebs beim Rinde v. Guillebeau. 149.
Uvealtractus beim Pferde. — Die Ent¬
zündungen des — v. Nicolas. 484.
Tagina s. Abscesse, Prolapsus. Scheide.
Veitstanz s. Gelenkrheumatismus.
Vena cava poterior. — Ruptur der — von
Robertson. 222.
Verätzung s. Sehorgan. :
Verband s. Collastin, feuchte Einpackungen,
Huflederkitt.
Verbesserung s. Injectionscanülen.
Verblutung s. Aneurysma.
Verbrennung s. Ichthyol.
Verdrehung s. Torticollis.
Vereine s. Bürgerl. Gesetzb. u. Tagesgesch.
Vereinigte Staaten s. Amerika.
Verfälschung s. Milchverfälschung.
Vergiftungen s. a. Bryonia, Büchsenfleiscb,:
Carbolsäure, Chloroform, Fleiscbver-'
giftung, Insectensticbe, Kleekrankheit,
Massenerkrankungen, Milz (Function)
Mycotiscbe Magen - Darm - Entzündung,
Quecksilbervergiftung, Ranunculus acer,
Runkelrüben, Schierling, Taxus baccata.
Verkalben s. Abortus.
Verkalb-ms. — Zur Bekämpfung des seuchen-
haften — Sammelreferat. 340.
Verletzung b. Begattung, Wunden.
Verordnungen s. Fleischschauverordnungen,
Staatsveterinärwesen, Tagesgeschichte,
I Veterinärpolizei etc.
Verrenkung s. Halswirbel, Torticollis. — des
Ellbogens. 438.
j Verschlucken s. Schlundrohr.
i Versicherungen: s. a. Entschädigungen,
Vichversicherung. — Bayrisches Pferde-
I Versicherungsgesetz. 539. — Rheinische
Viehvers. 179. —Schlachtviehversicherung I
(Nothwendigkeit) im D. L. R. Beibl. zu |
No. 49 vom 6. 12. S. 8. — Schlachtvieh -1
Versicherung. Beil, zu No. 49 S. 8; in ,
Sachsen. 538. — Sitzungsbericht der Perle¬
berger 563. — Versicherungsverband in i
Baden. Jahresbericht 1899 v. Maier. 618.
Versicherungsverein in Stuttgart. 10. —
Viehversicherung u. Fleischbeschau. Orig.-
Art. v. Maier. Beil, zu No. 20 v. 17. Mai. S.4.
Veterinärbeamte etc. s. Tagesgesch.
Veterinärbericht d. prenss. Armee fürl898. 270.
Veterinärberichte — von PreusBe. 333.
Veterinärpolizei s. Entschädigungen und Ver¬
sicherungen, Fleisch, Fleischeinfuhr, Ge¬
richtsentscheidungen, Gutachten, Quaran¬
täneanstalten, S< blachtliöfe sowie die
einzelnen Scuehennamen und Tagesge¬
schichte (Unterabth. Staatsveterinär¬
wesen). — Seuchenstatistik s. die Län¬
dernamen.
Gesetze und Ministerialerlasse:
Gesetz betreffend Entschädigung bei!
Seucbenverlustcn in Sachsen 370. —
Desgl. betr. die Bekämpfung gemeingef. ‘
Krankheiten v. 30. Juni 1900 Orig-Art. j
v. Preusse, Beiblatt zu No. 38. v. 20. Sept. i
S. 1. — Desgl. betr. Abdeckereiwesen in
Baden v. Preusse 465. — Desgl. betr.
Entschädigung bei Milzbrand, Rausch¬
brand, Rothlauf in Hessen, Beibl. zu
No. 49 vom 6. Dez. S. 1. — Desgl. betr .■
Entsch. bei Schweineseuehen in Hessen, j
Beil, zu No. 9 vom 1. März S. 4 (Ent¬
wurf). — Ministerialerlass betr. Benutzung
der Kleinbahnen durch Medicinalbeamte
58. — De>gl betr. Schafräude Beil, zu
No. 20 v. 17. Mai. — Desgl. betr. Grund¬
sätze der Beurtheilung der Tubcrculin-
impfung 561.
Gerichtsentscheidung betreffend
Listenführung der Händler (R.-B. Cassel)
Beiblatt zu No. 49 vom 6. December j
S.3. — Kammergeriehtsentsch. betr. Unter- i
such. d. Marktschweine v. Loweg 23.
Geflügelcholera: Verordnungen :It.-B.
Frankfurt betr. Geflügelmäslereien Beil. 1
zu No. 9 vom 1. März S. 5. — Potsdam
ebenda S. 6. — Frankftirt a. Q. (Rund¬
schreiben) betr. Treiben v. Geflügel
ebenda S. 6. — Berlin betr. Geflügel-
untersuebung 119. — Verbot des Handels
i. Umberziehen in Hohenz.-Sigm. 156. —
Bromberg Untersuch, v. Handelsgänsen
189: destfl. Bromberg Beil, zu No. 20 v.
17. Mai S. 2. — Gänseeinfuhr nach R.-B.
Potsdam Beibl. zu No. 46 vom 15. Nov.
Seite 4.
Maul- und Klauenseuche, Markt-
controle und Viebbandel: Höhe
der Verluste 358, Beiblatt zu No. 38
vom 20. Sept. S. 8. — Die M.- u. Kl. in
Deutschland 371; in England v. Kiihnau
130 155, 502; in Argentinien 188, 274;
in Canada 274. — Staatskosten der M -
u. Kl. in der Schweiz 179. — Verbot des
Handels im Umher/.ieben in Baden und
R. -B. Hildesheim 156; desgl. Hobenzoll.
Beil, zu No. 20 v. 17. Mai. — Anordnun¬
gen im R.-B. Cassel, Düsseldorf, Breslau
180. — Gumbinntn. Düsseldorf Beil, zu
No. 20 v. 17. Mai; Danzig 274; Münster
298, 311; Frankfurt Btibl. zu No. 49 v.
6. Dez.; Bayern, Württemberg, Elsass-
Lothr., Sachsen, Wiesbaden 285; Breslau
297; Liegnitz und Elsass-Lotbr. Beil, zu
No. 29 vom 19. Juli S. 2 u. 358; Hildes¬
heim 370; Cassel Beibl. zu No. 38 vom
20. September S. 5; Gumbinnen Beibl. zu
No. 49 vom 6. December S. 4. — Förde¬
rung der Forschung in der Rheinprovinz
612. — Verseuchte Landestheile 311, 358,
431, 525, Beil, zu No. 49 v. 6. Decbr.
Schweineseuchen: Verbote bezw.
Beschränkungen des Handels im Umher¬
ziehen in Baden u. R. B. Hildesheim 156;
Posen. Breslau, Hildesbeim 2»5. 286. —
Impfkästchen v. Hoffmann. 262. — Lieg¬
nitz (Ohrstempel,). Beil, zu No 20 v.
17. Mai — Rothlaufimpfungcn (zum An¬
trag Hesse) v. Schmaltz. 368. — Unter¬
stützung d. Rothlaufimpfungcn in Bayern
466. — Resultate d. Rothlaufimpfungen in
Anhalt ti. Brannschweig 502, in Meckl.-
Schw. Beil, zu No. 20 v. 5. Mai.— Culturen-
abgabe v. Felbaum 556. — Fleisch nessel¬
fieberkranker Schweine v. Eichbaum 573.
Tuberculose: Tilgung in Hessen. 23;
in Norwegen Beibl. zu No. 49 v. 6. Dez.
S. 5. — Tuberculinimptungcn an den
Landesgrcnzen (Betrügereien) 47; in
Bayern 1899 502. — Gefahr der Ueber¬
tragung durch Kuhmilch und Gegenmass-
nahmen v. Kiihnau 49. — Vorschläge des
milchwirthsch. Vereins zur Unterdrückung
der Eutertub. 52, 82. — Bekämpfung,
Vortrag Preusse, Beibl. zu No. 29 v.
19. Juli S. 1. — Populäre Schrift 442.
— Beurtheilung der Tuberculinwirkung
(Ministerial - Erlass) 561. — Desgl. in
England 611. — Ermittelungen in Anhalt
Beil, zu No. 20 v. 17. Mai.
Einfuhrbestimmungen s. a Fleisch¬
einfuhr, Ländernamen. Einfuhrverbot ge¬
gen Rumänien Beil, zu No. 9 v. 1. 3. S. 6. —
Nach dem Berliner Viehhof 156, 370. —
Bayerns gegen Oesterr. 156. — Schweiz
156, 371, 394. — Sachsen gegen Oesterr.
Beil, zu No. 20 vom' 17. 5. — Elsass-
Lothring. gegen Luxemburg ebenda. —
Bayern gegen Oesterreich (Aufhebung)
ebenda u. 382, 514. — Aufhebung bezw.
Erleichterungen der Einfuhr gegen die
Schweiz in Württemberg u. Reichsland 275,
405; Württemberg 371; — Bestimmungen
in Bayern 394 n. Beibl. zu No. 29 vom
19. 7. S 2; Belgien 286; Oesterreich 358
u. Beibl. zu No. 29 v. 19. 7. S. 2; Ar¬
gentinien 395; Liegnitz (Ohrstempel für
Schweine) Beil, zu No. 20 v. 17. 5.;
Capcolonic 395; Sa-hsen 405 431; Baden
431; Oesterreich-Ungarn 490; Potsdam
(Gänse) Beibl. zu No. 46 v. 15. 11. S. 4;
für dänisches Vieh 502; desgl. für üsterr.
Beibl. zu No. 46 v. 15. 11. — Protest
gegen das Einfuhrverbot von amerikan.
Vieh Beibl. zu No. 20 v. 19. 7. S. 6.
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Desinfeotion: Was Ist Dünger? 11. —
Behandlung des Dungwassers bei Maul-
u. Klauens. Von Maier Beibl. zu No. 38
v. 20. Sept. S. 2. — Betr. Viehställe in
Dänemark, Beibl. zu No. 29 v. 19. 7. S 3.
Verschiedenes: Was ist Dünger? 11.
— Schutzimpfung in Ungarn 11. — Ge-
hirn-n Rückenmarksentzilndnng d.Pferde. ]
11. — Impfmethode gegen Pferdestaupe j
i. Bayern 55. — Verordnung betr. Ge-
flügeimästerein in Frankfurt a. M., Beil,
zu No. 9 v. 1. März S. 5. — Tollwuth-,
impfanstalt in Berlin 179. — Maul- und
Klauenseuchedebatte im Reichstag 211. — \
Senchenschutz in Ostrussland 251. —;
Impf käste tien von Hoffmann 262. — An -1
zeige von Seuchenverdacht (Gerichts- i
verfahren) Von Block 283. — Seuchen- j
u. Fleischscbau in London von Kiibnau;!
Viehseuchendebatte im engl. Unterliause,
Beibl. zu No. 29 v. 19. Juli S. 7 u. 8. -
Einfuhrbestimmung f. Heu und Stroh
aus Russland 5>4. — Lurgenseu«heübir-
tragung durch Personenverkehr v.
Peters 525. — Microseope in Sacl sen-
Weimar. 624. — Siehe auch unter Milch
und Tuberculose.
Veterinärwesen s. Tagesgeschichto, Russland,
Veterinärpolizei.
Viehhandel s. Bürgerliches Gesetzbuch,
Fleischeinfuhr, Gewährleistung, Länder,
Viehverkehr, Vet.-Polizei.
Viehhandel und -Wandel nach Einführung
des B. G.-B. Vortrag v. Bischof!. 2-18.
Viebmärkte s. Vct.-Polizei.
Viehverhältnisse Englands im Vergleich zu
anderen Ländern. Orig.-Art.v. Kiibnau. 407.
Viehverkchr u. Viehhandel s. Fleisch¬
einfuhr, Fleischschaustatistik, Gewähr¬
leistung, Landtag, Thicrzucht. Veterinär¬
polizei (Unterabth.), sowie die Länder¬
namen.
Viehversicherung s. Versicherung.
Vögel s. Geflügel.
— Berath. unt. Vorsitz des Staatesecretäre
von Podbielsky. 563.
- Orig.-Art. v. Maier, Beil, zu No. 20, v.
17. Mai.
- XY -
Virchow’s Mahnruf an die Mitarbeiter von
Zeitschriften. 346.
Virulenzdauer s. Toller Thiere (Mark).
Vitalin, Desinfectionsmittel mit Tannenduft.
Orig.-Art. von Blank. 218.
Vorfall s. Gebärmuttervorfall, Prolapsus,
Scheidenhautvorfall, etc.
Vorfall des Magens in d. Brusthöhle beim
Schwein. Orig.-Mitth. v. Kissuth. 64.
Wacbsthum s. Hufhorn.
Wagen s. Praxiswagen.
Wagenseil als Schlundsonde. 269.
Waltrup, Nachruf. 551.
Wanderausstellung s. Ausstellung.
Warzen 8. Chrysarabin.
Wasserreinignng s. Scbumburg.
Wassersucht s. Hydrops.
Weimar. — Thierzucht in —. 211.
Weisse Ruhr der Kälber v. Willtrding 328
Werfen s. Wirbelsäulenbrucb.
Wien (Hochschule) s. Tagesgeschichte.
Wildseuche des Hirschwildes. — (Diagnose)
Vortrag auf der Naturfoiscb» rvers v.
Lüpke. 495.
Wimpern 8. Blepharitis.
Wirbelsäulenbruch, Mechanismus zur Ver
Linderung. Orig.-Art v. Kolan'ts 298.
Württemberg: Seuchencurse für Oberamts¬
thierärzte. 393. — Stellung derselben 537.
Wunden: s. a. Abscess, Argentum coli.,
Baccillol, Begattung, Bengesehnen, Deck¬
akt, Gelenkwunde, Hautmuskel, Protargol-
behandlung, Schlundwundc, Ueberhäu-
tung, Verletzungen, Zungengeschwür.
Wundmittel s. Argentum, Bacilol.
Wundränder (Heilung) s. Hautmuskc).
Wurfzeug s. Wirbelsäulenbruch.
Wurstdarm, Wurstschmutz s. Kothrückstände
Wurstfärbens. Zulässigkeit von Lebbic. Beibl.
zu No. 49 vom 6. Dec. S. 7.
Wuth 8. Tollwuth, Rabies.
Wuth mit normaler Nervensubftanz. — Ucber
I Immunisirung gegen — von Anjeszky. 56.
Wuthkrankheit. — Zur klinischen Diagnose
der — Orig.-Art v. Dr. Peter. 133, 145.
Wuthvirus. — Die intracerebrale Verimpfung
des — v. L' clainche und Moxel. 379.
Xantbosis der Musculatur v. Oberscbulte. 83.
Xeroform v. French. 185.
Zähne s. Alter, Backzähne.
Zähne (künstliche) beim Schaf 412.
Zahnarzt s. Pferdezahnaizt.
Zahnkrankheiten s. Epnlis.
Zahnuntersuchung beim Pferd. 188.
Zange zum Festhalten der Schweine bei der
Impfung. Orig.-Art v. Bury. 388
Zebrabastarde des Pr.of. Ewars. 348.
Zerreissung: s. Achillessehne, Beugesebnen,
Herzruptur, Kniebänder, Leber, Vena cava.
Zersetzung s. Chloroform
Ziege s. Taxus baccata.
Zinkpaste mit Zucker in der Dermatotherapie
v. Hodara. 509.
Zitzenkanals. — Verschluss des — 269.
Zitzei Schnittes, Complication v. Braeker. 509.
Zuchtbullen, Anspannen v. Fröhner. 348.
Zuchtscbafes, Eigenschaften v. Prof. Curtiss.
271.
Zucker s. Geburtshülfe. Zinkpaste.
Zürn. Nachruf. 454.
Zugochse Südafrikas. 186.
Zungenerkrankung s. Glossitis.
Ziingengeschwür der Rinder (Glossitis trau¬
matica. — Trou de la langue) v. Nessl. 137.
Zungenspitze s. Bildungsanoraalien.
Zur Jahrhundertwende. Org.-Art. v. Schmaltz 1.
— Rede v. Dieckerhoff. 25.
ZwerchMlbruch s. Prolapsus.
Zwerchfellhernie beim Schwein (Congenitale),
v. Biot 222.
Zwerchfellskrämpfe v. Ebertz. 356.
Zwischenfall (tactischer) Orig.-Art. v.Schmaltz.
102 .
Zwitter s. Hermaphrodit,
Autorenregister.
(Dio Zahlen hinter den einzelnen 8itzen bedeuten die Seitenzahlen.)
Abel 23.
Barrier 502, Beibl. zu
Bouchct 519.
Carouguae 390.
Derain 4.
ElHnger 505, 521.
Adrian 390.
No. 46 v. 15. Nov.
Bouget 203.
Casper 6.
Deruelle 4M.
Elliot 389.
Albrecht, Prof. 377, 403,
Bates 256.
Bourget 66
Cervello 91.
DeBgrez 343.
Eloire 257.
473.
Bauermeister 462.
Braatz 281.
Chalmcrs 571.
Desoubry 4.
Emmerich 184.
Almquist 498.
Baumeister 366, 462.
Braeker 509.
Chauveau 209.
Dexlor 425.
Eppinger 412.
Alvarez 367.
Bayer, Prof. 519.
Bramann 176.
Chorvi 364.
DicckerhofF 25.
Eschbaum 39, 196.
Anders 483.
Bechstädt 149.
Brante 435.
Christ 356.
Diener 65.
Evers 169.
Andreae 378.
Beckhard 523, 597.
Breton 136.
Christiani 235, 306.
Döhrmann 220.
Ewars 348.
Anger 293.
Behla 109.
Brocq. Rousseu 461.
Colberg 70.
Dopheide 375.
Angerstein 61.
Belfanti 5.
Broden 473.
Colin 222.
Dorset 331.
Fadyean 268, 330.
Anjeszky 56.
Bell 163.
de Bruin 2, 74, 159,.
Conradi 222.
Dujardin 232.
Felbaum 556.
Annest 358.
Bermbach 452,499,546.
181, 397, 458.
Contacuzene 185.
Duschanek 377.
Fett ick 343.
Annett 412.
Bernhardt 301.
Büchner 378.
Conway 460.
Fetting 183, 543.
Arloing 256.
Biot 222.
Bnfalini 367.
Courtial 390.
Eber 355.
Finkler 271.
Aronsohn 62, 217.
Bischoff 248.
Buhl 194, 206.
Curtiss 271.
Eberlein 281.
Fitz 177.
Bitard 376.
Bull 364.
Czerny 462, 463.
Ebertz 342, 356.
Floderus 570.
Bab6s 355.
Blank 218.
Bury 388.
Eggebrecht 293
Flügge 173.
Bärncr 545.
Blume 529.
Bussard 411
De Bruin s. Bruin.
Eggmann 5.
Fock 379, 435.
Baldoni 115, 148, 163,
Bonteignie 235.
D6give 495.
Ehler 214.
Foth 541, 566.
177, 402.
Borella 520.
Cadöac 438.
Deich 43.
Ei« hbaum 573.
Fränkel 173.
Balzer 177.
Bosi 254.
Cadix 461, 474.
Dellagana 584.
Eichhorst 257, 271.
Francis 460.
Baroch 97.
Boström 255.
Le Calv6 113.
Delp6rier 163.
Eisen 583.
Frank 235.
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XVI
Fräntzius 891.
French 185.
Freund 56.
Friedenthal 271, 412.
Friedmann 307.
Friedrich 554.
Friis 77.
Fröhner (Prof.) 90,139,
281.
Fröhner-Fulda 348.
Gallier 299.
Galli-Valerio 257, 319.
Garnier 512.
Gebuchten 378.
Geist 75.
Georges 562.
Gerdeil 281.
Gerosa 366.
Glage 209.
Glegg, Beibl. zu No. 46.
Gmeiner 341.
Göbrig 91.
Görig 462, 570.
Goldbeck 187.
Goldstein 597.
Goubeaud 208.
Gracfe 400, 508.
Graffunder 265, 593.
Graul 577.
Gray 570.
Greiner 437.
Grimme 463.
Guglielmi 29.
Guillebeati 149, 390.
Guillemain 461, 474.
Guittard 367.
Gutbrod 403.
Haase 229.
Hajnal 616.
Halusa, lteibl. zu No.29. j
Hammond 331.
Hamoir 18.
Hanke 65.
Hansen 172.
Harreveit 246.
Hauger 116.
H6brant 367.
Hecker 230, 445, 565.
Heieck 294.
Heine 271.
Heinze 255.
Helfers 121.
Hell 294, 584.
Hennig 356.
Hennigs 101.
Hentschel 258.
Herbert 474.
H6rlcourt 342.
Herter 340.
Hess, Prof. 269, 294.
Hease 294.
Hinze 43.
Hirzl 197, 208.
Hobday 270, 331, 484.
Hodara 509.
Hoefnagel, Beibl. zu
No. 49.
Hoehne 309, 447, 464.
Hoffmann, Prof. 260,
262.292,316,457,517.
Hofmann 78.
Huber 583.
Husson 568.
Hutcheon 41.
Hutyra 411.
Imminger 493.
Jackschath 409.
.Iahnke,BeibI.zu No.49.
Jarr6 116, 256.
Jarveib 583.
Jess 17, 182.
Joest, Dr. E. 121.
Jordan 197.
Jost 37,73,242,338,423.
Jüngers 568.
Kalkoff 5, 65, 293.
Kasparek 42, 54.
Kasselmann 280, 508,
532.
Kel'suke-Tanake 137.
Kirchner 533.
Kissutb 64, 532, 543.
Kitt 100,198, 209, 485.
Klimmer 371, 391,557.
Knaflit8ch 143.
Knoll 339.
Knlisel 91.
Koch 42.
König 117.
König (Corpsrossarzt)
Köpke 43.
Kolanus 398.
Korn 282.
Kossel 501, 582.
Kragerud 4, 54.
Kramell 235.
Kröning 197, 521.
Krüger (Rossarzt) 43,
584.
Krüger (Ob.-R.) 164.
Kühnau 49, 130, 165,
188,193, 236,251,298,
323, 335. Beibl. zu
No. 29, 359, 382, 395,
407,417,454,491,526.
Beibl. zu No. 46 u. 49.
Kunze 56.
Kutzky 463.
Lang 43.
v. Langsdorff 359.
Lanwer 130.
Laurie 331.
Lebbin, Beibl.zuNo.49.
Leblanc 376.
Le Calv6 113.
Leclainche 247, 379,
Ledere 451. [688.
Leimer 557.
Lemberger 185.
Leopold 569.
Lewandowsky 271.
Lewin 116.
Liautard 116.
Liebener 553.
Liebreich 503.
Lignteres 437, 496.
Linde 451.
Litfas 279, 340.
Löffler 175, 613.
Loew 184.
Lohoff 500.
Lohsce 157.
Loth 379.
Lothes 295, 322.
Loweg 23.
Lubarsch 176, 245.
Lucet 532.
Lünke 495.
Linnens 247.
Lungwitz 463,475,511.
Lydtin 198.
Maier 304. Beil. 2 v. 17.
Mai, Beibl. zu No. 38.
Malkoff 559.
Maikiel 44.
Marks-Posen 289.
Markus 485.
Martens 181, 543, 556.
Martin 451, 620.
Marx 138,222,520,545.
Mathis 545.
Maxwell 330.
Meier 579, 594.
Mering 367.
Mia 307.
Michael 511.
Michaelis 512.
Michalik 387.
Michellazzi 474.
Micckley 151.
Miessner 283.
Mjöen Dr. A. 244, 543.
Mjöen C. 267, 348, 508.
Beibl. zu No. 29, Bei¬
blatt zu No. 49.
Möller-Sonneberg 291.
Möller A. 85.
Monsarrat 583.
Moore-Albany 167.
Morgan 582.
Morol 167.
Morot Beibl. zu No. 46.
Moxel 379.
Müller 164.
Müller-St. Avold 90.
Müller-Horneburg 63.
Müller-Oldenburg 66.
Murphy 55.
mt 520.
Nelis 378.
Nessl 137.
Neuse 241.
Nicolas 484.
Niebel 209.
Nocard 232, 353, 496,
519, 544.
Nowotny 143.
Nutall 392.
Oberschulte 83.
Olier 330.
Olt 485.
Oppenheim 87, 617.
Ostertag 433.
Pader 90, 366, 510.
Park 115.
Paust 172,184,219,448.
Pawpertow 345.
Payer 257.
Peter 133, 145, 361,
373, 385, 458.
Peters (Dep.-Th.) 322,
525.
Petrowski 162.
Petsch 162.
Petterson 129.
Pfeiffer (Prof.) 174.
Pflanz 363, 507.
Pfuhl 176.
Phelps 367.
Pion 366.
Pisenti 355.
Place 256.
Plimmer 115.
Plosz 162.
Plotti 198, 293.
Podwyssotzky 150.
Pohl 235.
Poss 43.
Pouch et 185.
Prayon 339.
Prettner 30, 116, 177,
365, 452.
Preusse, Dr. 125, 269.
Preusse (Danzig), 88,
125, 322, 332, 333,
358 , 381, 417, 441,
465, 477, 561.
Beibl. zu No. 29 u. 38.
Prietsch 475, 584.
Puntigam Beibl. No.29.
Rabow 319.
Rabus 66, 307.
Räbigcr 606.
Rählmann 138.
Rahts 452.
Raillet 209.
Rassau 171.
v. Ratz 510.
Regenbogen 42, 205.
Reichenbach 255, 270.
Rekate 294.
Rheiuheimer 531.
Richet 342.
Richter (Bromberg)
136, 137, 235.
Richter (Dessau) 413,
424.
Richter (Franken¬
berg) 124.
Rickmann 314, 337. ;
Rieck 331, 584.
Rips 99.
Ristow 68.
Rivi6re 404.
Rix 558.
Robertson 222.
Röbert 43.
Röder 319.
Rössler, Beil, zu No. 7.
Roger 512.
Rosolino 509.
Rossignol 544.
Rousseu 461.
Roux 232.
Rubeli 427.
Rüge 511.
Salmon 115.
Sanarelli 30.
Sauer 463.
Schelameur 403.
Schiel 92. {
Schilling 491.
Schlegel, Prof.421,469. |
Schmaltz 1,7,20,31,34,1
66, 78, 102, 117, 164,
165,186,210,224, 237,
283,313,344, 368,438,
498,534,550, 560, 607.
Schmidt-Kulmb. 451.
Schmidt (Bez.-Th.) 43,
66, 483, 511.
Schmidt, Kreisvet. 86. 1
Schmitt 295, 547.
Schneider(Münch.)185.;
Schneider 411.
Schneider (Pattensen)i
182.
Schottelius 56.
Schreiber 589, 601.
Schroeder C. 496.
Schröder (Ob.-R. 234.
Schüller (Prof.) 236,
404.
Schünhoff 161, 364. I
Schürmayer 114.
Schütze 164.
Schulze 282. |
Schuniburg Beiblatt >
No. 49.
Schwendimann 197.
Schwinzer 65.
Schwyter 101.
Shiga 42.
Sickert 655.
Siebert 573.
Silberschmidt 307.
Sluys 11.
Snegirow 236. j
Sobelsohn 498.
Spindler 606.
Stampfl 606. i
Steger 583.
Steinbach 481.
Steinmeyer 489.
Sternberg 56. I
Stiles 115.
Storch-Schmalk. 161.
Storch-Wien 150.
Strebei 510, 511, 569.
Tapkon 255.
Tartakowski Beibl. zu
No. 38.
Tasker 451.
Täufer 220.
Teetz 160, 530.
Tempel 219, 542.
Tetzner 235.
Tliieme 450.
Thomalla 236.
Thuuecke 549.
Tjaden 30.
Toepper 325.
Trinchera 164, 449.
Tröster 18,55,177,209,
Trouette 294. [605.
Uhlenhuth 613.
Unger 463.
Unna 236, 606.
Valerio 257, 319.
Vallee 3ö8.
Vater 493.
van der Velde 18.
Vennerholm4 97, 519.
Viqucrat 91.
Vircbow 346, 463.
Vogel 82.
Vosshage 320.
Wassermann 559,604.
Wassmann, Beil, zu
No. 7.
Wauters 138
Weber (Kreisth.) 246.
Weber (Ges) 6,
532.
Weinhold 221
Werner 198.
Westphal 559.
Wiedemann 65.
Wilde 65.
Wilhelm 55.
Willach 347.
Willerding 323.
Williams, Beibl. zu
No. 49.
Witt 258.
Wollmann 521.
Woods 177.
Wulff 13.
Yersin 670.
Yordal 63.
Zenoni 5.
Zincke 198.
Zinke 565.
Zschokke 149.
Zürn 568.
Zwicker 52.
Benin, Druck von \V. Büxenstein
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Die „Berliner TfclerXrxtliche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in Stärke von mindestens 1>/, Bogen. Dieselbe
ist *u bestehen durch den Buchhandel, die Post (No 1082)
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard
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Alle Manuscrlpte, Mittheilungen und redactlonellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmalts,
Berlin, thler&rztliche Hochschule, NW., Loisenstrasse 66.
Correcturen, Recensions - Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Loisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 1. Allsgegeben am 4. Januar.
Inhalt: Schmaltz: Jahrhundertwende. — de Bruin: Transmigratio extra-uterina und extra-uterine Gravidität. — Referate:
Kaiserschnitt bei einer Kuli. — Desoubry: LithotripBie beim Pferde. — Kragerud: Vorfällen der Scheidenhaut nach
der Torsionskastration. — Kalkoff: Ueber Russian Waters. — Eggmann: Complicationen bei Verletzung der Beugesehnen
und Protargolbehandlang. — Belfanti und Zenoni: Ueber eine neue seuchenartige Krankheit der Hühner in der Lombardei.
— Casper: Uebertragung des Schweinerotblaufs auf Menschen. — Weber: Zur Aetiologie der Krebspest. — Tages¬
geschichte: Bildung und Fachstudium. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und
Veterinärpolizei. — Fleischschau. — Personalien. — Vacanzen.
Jahrhundertwende.
Von
Professor Schmaltz.
Das Jahrhundert, welches die Zahl 10 trägt, hat begonnen. J
Mit Recht haben wir es als neues Jahrhundert begriisst.
Wo sonst am Jahresschlüsse meist nur dem neuen Jahre
Grüsse gelten und Wünsche entgegenklingen, da fühlt man sich
am Schluss des Jahrhunderts mehr zu rückblickender Betrachtung
hingezogeu. Ein wenig Wehmuth mischt sich ja doch in diesen
Abschied für die, welche sich sagen müssen: Es war das Jahr¬
hundert unserer Jugend, unsrer besten Kraft, das Jahrhundert,
welches, je weiter es uns rückt, uns immer mehr als die ..gute
alte“ Zeit erscheinen wird, wie unser» Vätern die ihre, während
die Höhe des neu begonnenen Jahrhunderts schon den werdenden
und kommenden Geschlechtern gehört. Den Wunsch mag man
wohl empfinden, auf diese Zeit des Lebens einen freundlichen
und dankbaren Blick werfen zu können.
Dass das neunzehnte Jahrhundert der Thierarzneikunde und
ihren Jüngern gewaltige Veränderungen brachte, ist selbst¬
verständlich. Ein Jahrhundert ist ein so langer Zeitraum, dass
es ein Wunder wäre, wenn in dieser Zeit etwas stabil bliebe. Wir
können auch mehr sagen: Dieses Jahrhundert hat die Thierarznei¬
wissenschaft geschaffen, wenn auch Anfänge schon früher da
waren und die Pflanzstätten der künftigen Wissenschaft schon
im 18. Jahrhundert begründet wurden. Aber wir brauchen
uns deshalb nicht jung zu fühlen im Kreise der Wissenschaften,
denn wir haben dies gemein mit den Naturwissenschaften über¬
haupt und namentlich mit der Medicin. Wenn auch in bunter
Folge, im Alterthum beginnend, die gelehrtesten medicinischen
Systeme im Laufe der Jahrhunderte heraufzogen; hohl waren
sie alle, weil ihnen die exacte Grundlage fehlte. Die Zellenlehre
hat die heutige Mediciu mit ihren Grossthaten begründet. Mit
Stolz nannte man dies Jahrhundert das Jahrhundert der Natur¬
wissenschaften und der Erfindungen, mit dem sich keines messen
kann an Fülle der wissenschaftlichen Fortschritte, an Triumphen
des menschlichen Geistes über die Räthsel und über die un¬
gezähnt ten Kräfte der Natur.
Nicht gering ist das Verdienst, welches die Pioniere der
Thiermedicin, die Gründer der alten Thierarzneischulen haben.
Das Feld zu roden und urbar zu machen, war ihre mühsame
Arbeit. Die Saat aber für die neue Wissenschaft hinein¬
zustreuen und heranzupflegen bis zur Frucht, war ihnen nicht
mehr beschieden.
Das hat eine, andere, grössere Generation gethan, eine Schaar
von Männern, die als die Gründer der wissenschaftlichen
Thiermedicin und der wissenschaftlichen Erziehung der Thier¬
ärzte die höchste Stelle einnehmen. Es ist merkwürdig, dass
fast jedes Land und in Deutschland jede der jetzigen Hoch¬
schulen das Glück hatte, einen besonders hervorragenden Mann zu
finden, der ein genialer Führer und Förderer wurde und das ihm
anvertraute Gut, man möchte sagen mit kühnem Sprung aus der
Tiefe an den Fuss der heutigen Höhe oder derselben nahe brachte.
Ihm schliessen sich in mein- oder weniger grosser Zahl kaum
minder verdiente Männer an.
In Berlin war es vor allem Gurlt, der weitere Gebiete
der Veterinännedicin im Anschluss an die Medicin wissen¬
schaftlich entwickelte, und Ger lach, der Begründer des heutigen
öffentlichen Veterinärwesens. Hannover hat seinen Friedrich
Günther, Dresden seinen Haubner, Stuttgart seinen Hering,
München seinen Frank. In Frankreich führte der geniale
Bouley die Veterinännedicin zu dauerndem Ansehn. Namen
wie Röll in Oesterreich, Brauele in Dorpat, Ercolani in
Bologna bezeichnen nicht minder glänzend diese Epoche der
wissenschaftlichen Entwicklung der Thierarzneikunde in ihrem
Heimatlilande. Dies sind nur einzelne, herausgegriffen aus der
grossen Zahl tüchtiger und hervorragender Männer an den Thier¬
arzneischulen und in anderen Stellen, die alle an der Schaffung
der jungen Wissenschaft entscheidenden Antheil nahmen.
Die siebziger und achtziger Jahre sahen diese alte grosse
Generation vom Schauplatz ihrer Thätigkeit abtreten. Gurlt
und Hertwig, Haubner und Hering, Bouley und Ercolani
gingen in den achtziger Jahren zur ewigen Ruhe. Eine zweite
Generation, unter Jenen geschult und gross geworden, nahm die
Führung, pflegte und entwickelte das Ueberkommene, mehrte
den gesammelten Schatz und sah endlich auch die Ernte reifen
— jene Reihe von grossen Fortschritten, die seit Ende der
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2 BERLINER THIERARZTLICEE WOCHENSCHRLFT. No. 1.
siebziger Jahre die Thierarzneikunde so gänzlich verwandelt
und so schnell vorwärts geführt haben, dass man dieser Ent¬
wicklung nirgends die Anerkennung, ja Bewunderung versagt.
Ein Wechsel vollzog sich dabei und wird noch weiter gehen.
Mit der Grossthat des Jahrhunderts auf unserm Gebiet, mit der
Schaffung der Seuchengesetzgebung, trat das öffentliche Veterinär¬
wesen in den Vordergrund, um mit den thierärztlichen Lehr¬
anstalten jetzt den Einfluss zu theilen, den diese früher allein
ausübten. Neben Marcard, dem Schöpfer des preussischen
Viehseuchen-Gesetzes und des selbstständigen Veterinärbeamten-
thnms, treten die Männer hervor, welchen die Aufgabe zufiel,
das öffentliche Veterinärwesen ihres Landes zu organisiren.
Wenn wir auf diese Entwicklung des wissenschaftlichen
Gehalts und des Arbeitsfeldes der Thiermedicin allen Grund
haben, stolz zu sein, so müssen wir freilich auch zugebeu, dass
nicht Alles, wie man hätte erwarten können, damit gleichen Schritt
gehalten hat. Noch entbehren wir des Abschlusses der Vor¬
bildung, noch sind in z. B. Preussen die Professoren blos Titular¬
professoren, die Departementsthierärzte blos Hülfsarbeiter, die
Kreisthierärzte in der 8. Classe: selbst die Taxe von 1815
schleppen wir ins neue Jahrhundert hinüber. Gerade die Dinge,
auf denen doch wesentlich das äussere Ansehen beruht, sind
etwas zurückgeblieben.
Doch was sind, wenn wir vom alten Jahrhundert Abschied
nehmen, unsere eignen kleinen Angelegenheiten gegenüber dem
Grossen, was dieses Jahrhundert vollendet hat für die Gesammt-
heit, für das deutsche Volk. Nicht einen ungeahnten Triumph
der Wissenschaft allein, einen noch grösseren Triumph des
Vaterlandes hat es uns gebracht. Ein Jahrhundert des Glücks
ist es gewesen für Germanien, welches Tausenden unsrer besten
Männer ihr höchstes Sehnen stillte und Deutschland auf glän¬
zende Höhe führte. Das Jahrhundert, das uns 1813 und 1870
brachte, das Jahrhundert, das Bismarck schuf und ihm Raum
zum Schaffen gewährte, es hat gewiss Anspruch auf unsre volle
uneingeschränkte Dankbarkeit. Dankbar wollen wir sein, dass
wir eine so grosse und stolze Zeit erleben durften.
Und indem wir nun das neue Jahrhundert grüsseu, wollen
wir unsere eignen kleinen Wünsche zurücktreten lassen vor
dem einen: Möge es für Deutschland dem geschwundenen Jahr¬
hundert im Erfolge gleichen, möge es erhalten, heilig bewahren
und wachsen lassen, was jenes geschaffen. Gott schütze, Gott
segne im neuen Jahrhundert das deutsche Vaterland.
Transmigratio extra-uterina und extra-uterine
Gravidität.
Von
M. 6. de Bruin-Utrecht.
Wenn in die Ampulle der Tuba ein reifes Ei aus dem Eier¬
stock der anderen Seite gelangt, indem es seinen Weg durch die
Bauchhöhle nimmt, so nennt man dies eine Transmigratio extra-
uterina oder äussere Ueberwandenmg des Eies. Die Möglich¬
keit davon hat Leopold durch Experimente dargelegt*). Er
nahm bei einem Kaninchen einen Eierstock weg, schnürte die
Tuba der anderen Seite doppelt zu und schnitt sie mit der
Scheere zwischen den Ligaturen durch. Dies Kaninchen wurde
befruchtet und trächtig. Es ist also möglich, dass ein reifes
Ei, nachdem es das Graaf’sche Bläschen verlassen hat, durch
die Bauchhöhle in die Tuba der anderen Seite gelangt.
*) Leopold, Verhandlungen der Gynaek. Section in Baden-
Baden, Archiv für Gynaek. Bd. XV., S. 258.
Es braucht wohl kaum darauf hingewiesen zu werden, dass
eine richtige Erkenntuiss der hierbei mitwirkenden Kräfte nur
daun möglich ist, wenn wir wissen, auf welche Weise physiologisch
das Ei aus dem Eierstock in die Tuba kommt. Scheinbar ist
dies sehr einfach, auch liest man noch hier und da, dass die
Franze des Tubatrichters sich aufrichtet und den Eierstock
gleichsam umschliesst. Diese Ansicht, eine der ältesten, hat
bereits Bur dach 1820 erwähnt*). Er fügte hinzu, dass die
Erection der Tuba und die Anschliessung an den Eierstock
reflectorisch durch den Coitus hervorgebracht werden. Falls
die Erection durch Schrecken oder Gemiithserregung gestört
würde, so könnte die physiologische Wirkung des Tuba¬
mechanismus unterbrochen werden und extra-uterine Gravidität
eintreten.
Diese und viele andere spätere Ansichten wurden jedoch
unhaltbar, als Bischoff nachwies, dass die Turgescenz der
inneren Genitalien erst auftrat, als das Ei sich bereits in der
Tuba befand**). Auch Hvrtl***) und Kehrerf) haben dies
dargethan.
Eine andere Theorie, welche den Mechanismus der Ueber-
wanderung des Eies aus dem Eierstock in die Tuba zu erklären
sucht, ist die sogen. Ejaculationstheorie, welche Kehrer
und Leuckart vertreten. Sie stellen sich den Vorgang so vor,
dass die Follikelwände sich in dem Augenblick, wo sie bersten,
zurückzögen, wodurch eine Kraft frei käme, welche das Ei auf
die Mueosa des Trichters werfe. Die Bewegkraft würde also
von der Elasticität der zerrissenen Follikelwände herrühren.
Kiwisch erkärt mit Recht, dass in casu die Zerreissung
der Follikel nicht in engerem Sinne aufgefasst werden dürfe,
sondern dass es ein langsames „Hervorquellen“ sei. Wegen
der Anschliessung der Intestina ist für einen Mechanismus wie
die Ejaculation kein Raum da.
0. Beckerj-f), Kussmaul undHenle nehmen an, dass die
Cilien der Tubaöffnuug in der serösen Flüssigkeit an der Ober¬
fläche des Bauchfelles eine regelmässige Strömung hervomifen,
welche sich in der Richtung des Ostium abdominale tubae er¬
strecke.
Kehrer behauptet, dass bei Kaninchen eine Distanzwirkung
von dem Flimmerepithel des Tubatrichters nicht vorkomme.
Experimentirt wurde in dieser Hinsicht von Pinn er, Heil
und Lode.
Pinnerffj-), der in die Bauchhöhle eine gefärbte Flüssigkeit
einspritzte und diese einige Stunden später in der Tuba und im
Uterus nachweisen konnte, behauptet durch seine Experimente
dargethan zu haben, dass ein constant wirkender Strom aus der
nächsten Umgebung der Ovarien, der Tuba und des Uterus von
den zwischen den Intestina gebildeten capillären Räumen ausgehe
und nach der Oeffnuug der Tuba führe. Dieser Strom werde
durch die Flimmerbewegung der Cilien hervorgerufen. Er er¬
kennt die Richtigkeit der Behauptung KussmauUs an, dass
*) Bur dach, Die Physiologie als Erfahrungswissenschaft, 1828,
Bd. II, S. 10, citirt von Pinn er.
**) Bischoff, Entwickelungsgeschicbte des Kaninchen-Eies, ge¬
krönte Preisscbrift, Braunschweig 1842.
***) Hyrtl, Lehrbuch 1875, S. 716.
f) Kehrer, Ueber den Pank'sehen tubo-ovarialen Bandapparat,
Zeitschr. für ration. Medicin, Bd. XX, S. 19.
ff) 0. Becker, Untersuchungen zur Naturlehre, herausgegeben von
Moleschott, 1857, S. 92, citirt von Pinner.
ftf) 0. Pinner, Archiv für Anatomie und Physiologie v. Dubois-
Reymond, 1880, S. 241.
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4. Januar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
3
durch die Beimischung des Liquor folliculi nach der Zerreissung
des Graaf’schen Bläschens die Schnelligkeit des Stromes er¬
höht werde.
In der Regel wird das Ei seinen Weg von dem Eierstock
nach dem Ostium tubae an derselben Seite nehmen; nothwendig
ist dies jedoch nicht, denn das Ei kann auch nach der andern
Seite gehen.
Heil*) behauptet, dass wir bei der Beantwortung dieser
Frage an der Grenze des Experimentes stehen. Denn wenn man
eine farbige Flüssigkeit in die Bauchhöhle einspritze, so könne
diese durch die Peristaltik überall hin, folglich auch auf die
Cilien der Tubafimbrien kommen und von diesen weiter befördert
werden.
Lode**) spritzte in die Bauchhöhle fein zertheilte Holz¬
kohle in 0,6 proc. Kochsalzlösung ein, später auch Ascarideneier
(Durchmesser 0,06—0,07 mm; Durchmesser des Kanincheneies
0,17 mm) mit derselben Salzlösung. Seine Experimente haben
gezeigt, dass bei einem infantilen Genitaltractus die in die
Bauchhöhle eingespritzten Kohletheilchen nicht weiter kommen
können, als bis zum Morsus diaboli. Bei geschlechtsreifen Thieren
sind die Cilien des Tubatrichters im Stande, Körperchen in der
Grösse eines Eies zu bewegen. Der Tubatrichter kann auch
aus der freien Bauchhöhle Eier aufnehmen und in den Genital¬
kanal überführen; die Anschliessung desselben ist dafür nicht
nöthig.
So hat also nicht nur Leopold, sondern auch Pinner und
Lode einen neuen Beweis durch Experimente für die Trans-
migratio extra-uterina geliefert.
Wiederholt hat man auch lebende Spermatozoiden in der
Bauchhöhle nachgewiesen, sodass die Möglichkeit geboten ist,
dass ein in den Falten zwischen den Intestina ruhendes Ei be¬
fruchtet wird. Auf diese Weise könnte sich eine primäre
abdominale Gravidität entwickeln.
Obschon man Fälle dieser letzten Art ektopischer Gravidität
nachgewiesen hat, muss dennoch hervorgehoben werden, dass
die Bedingungen für die Entwicklung des befruchteten Eies in
dem Peritonealraum sehr schlecht sind. Die Peristaltik bildet
nämlich ein grosses Hinderaiss. Die einzelnen Fälle echter
Bauchschwangerschaft haben sich dann auch alle an den Stellen
festgesetzt, wo die Peristaltik gering ist, nämlich an dem
Me8ometrium, an dem oberen Theil des Mesenteriums oder an
dem Omentum majus.
Nicht für unmöglich halte ich es, dass pathologische
Veränderungen (Residuen einer vorhergegangenen beschränkten
Bauchfellentzündung), in Folge deren die Peristaltik an dieser
Stelle keinen Einfluss ausüben kann, einem befruchteten Ei
Gelegenheit darbieten, sich da zu entwickeln.
Wegen der grossen Veränderungen, welche in Folge dieser
ektopischen Gravidität ein treten, ist der Beweis dafür jedoch
nicht zu liefern. Bei Schweinen hat man die primäre abdominale
Gravidität wiederholt beobachtet (Thiernesse,***) Beel, f)
de Bruinff). Auch bei Kaninchen ist sie nicht selten.
Die secundäre abdominale Gravidität entsteht, wenn
die ersten Entwicklungsphasen der Frucht im Uterus oder in
*) K. Heil, Archiv für Gynaek., Bd. XLIII, S. 503.
**) Lode, Archiv ittr Gynaek., Bd. XLV, S. 293.
***) Thiernesse, Annales de m6d. v6t. 1871, S. 420.
t) Beel, Tydschrift voor veeartsenykunde en Veetelt, Deel XVII,
8. 147.
f+) de Bruin, Ibid. Deel XXV, S. 247.
der Tuba stattgefunden haben und der Foetus später durch
Ruptur der Uteruswand oder nach einer Beratung der Tuba in
die Bauchhöhle gelangt und da fortlebt. Letzteres ist nur
möglich, wenn der Nabelstrang unversehrt ist und die Ver¬
bindung mit der Placenta materna erhalten bleibt. Einen Fall
dieser Art bei einer Kuh hat Hess*) beschrieben. Die
Losreissung war nach einer Torsio Uteri entstanden, die Frucht
hatte ein Alter von 8 Monaten erreicht.
Sala**) hat eine secundäre abdominale Gravidität bei einer
Eselin beobachtet. Der hintere Theil der Frucht war dem
Diaphragma zugekehrt, die Verbindung mit dem linken Uterus¬
horn war durch die Fruchthüllen und den Nabelstrang erhalten
geblieben. Durch einen Riss im Uterus war die Frucht in die
Bauchhöhle gelangt. In diesen Fällen wird der Foetus nach
Verlauf der Trächtigkeit mumificiren oder maceriren. Speciell
bei dem letzten Process entstehen in der Umgebung der extra-
uterin liegenden Frucht viele pathologische Veränderungen,
welche es sehr erschweren, wo nicht unmöglich machen, bei
einer Section zu constatiren, ob thatsächlich secundäre Bauch¬
schwangerschaft vorhanden ist. ***)
Dies ist um so schwieriger, da auch bei einer primären
abdominalen Gravidität der Sack, worin der Fötus liegt, mit
der Serosa des Uterus verwachsen kann.
Ueber Eileiterschwangerschaft bei unseren Hausthieren
ist nur sehr wenig bekannt. Dass eine Graviditas tubaria vor¬
kommt, bei der die Frucht eine ziemlich grosse Entwicklung
erlangt, ist noch nicht nachgewiesen. Franckf) ist der An¬
sicht, dass die Tuba-Gravidität nothwendiger Weise zu einer
Ruptur der Tuba und darauf folgendem tödtlichen Ende durch
Verblutung führen müsse, weil die Wände der Tuba nicht
elastisch genug sind, um der starken Ausdehnung der Frucht
nachzugeben. — Analog vielen andern Accomodations-Processen,
wie sie bei pathologischen Zuständen wahrgenommen werden,
darf es meines Erachtens nicht als unmöglich betrachtet werden,
dass die Wand der Tuba sich einer allmählichen Ausdehnung
werde accomodiren können.
Fälle dieser Gravidität sind noch nicht ausführlich be¬
schrieben worden; ausserdem muss auch darauf hingewiesen
werden, dass nur eine sehr eingehende Untersuchung das Vor¬
handensein einer Graviditas tubaria nachweisen kann. Die Wand
der stark erweiterten Tuba wird meistens sehr diinn sein und
in Folge der Atrophie der Muscularis hauptsächlich aus Mucosa
und Serosa bestehen. Verläuft der Process wegen Mumification
der Frucht ohne das allgemeine Wohlbefinden zu beeinträchtigen,
so wird das Lithopaedion erst beim Schlachten entdeckt und
man glaubt dann bei oberflächlicher Betrachtung einen Fall
abdominaler Gravidität vor sich zu haben, wobei die Stell¬
vertreterin der Placenta materna mit dem Uterushorn ver¬
wachsen ist. Genaue Sectionen können hier das nöthige Licht
verschaffen, ff)
Bei einer Katze sah ich zufällig nach einer Lapa¬
rotomie eine Tubagravidität. Das Thier war inner¬
halb acht Tagen sehr abgemagert, brach sich und ver¬
schmähte jede Nahrung. Bei der Palpation des
*) Hess, Schweizer Archiv 1892, S. 76.
**) Sala, Repertor. der Thierbeilkunde, Bd. XXII, S. 87.
***) Coquet, Instructions v6t6rinaires, T. XI, p. 296.
f) Franck, Geburtshilfe, III. Aufl.
ff) A. Walker, Der Bau der Eibäutc bei Graviditas abdominalis,
i Virchow’s Archiv, 1887, S. 72.
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4
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
Bauches fühlte man einen länglich-runden Gegenstand,
der sich verschob und, wenn man darauf drückte,
Schmerzen verursachte. In der Vermuthung, dass ein
Fremdkörper im Darm sei, wurde unter Chloroform-
narcose die Laparotomie vorgenommen. Es zeigte sich,
dass der schmerzliche Gegenstand die ampelförmig
ausgedehnte Tuba war, deren Serosa stark angespannt
war. Nachdem ein Einschnitt gemacht war, ergab
sich, dass sie drei Früchte enthielt. In den Cornua
Uteri befanden sich keine Früchte. Die Tuba wurde,
nachdem sie doppelt abgebunden worden war, weg¬
genommen. Das Thier genas völlig.
Die Graviditas ovaria wird bei unsern Hausthieren
höchst selten wahrgenommen. Rohlwes*) beschrieb einen
Fall bei einer Stute, Müller**) einen bei einer Kuh. Der
Fötus war in letzterem Falle 2'/a Monate alt.
Bei der Frau kommt diese Gravidität ebenfalls selten vor,
obschon Schröder behauptet, dass gar manche Fälle der
Graviditas abdominalis vielleicht zu der Ovarialschwangerschaft
gerechnet werden müssen.
Aus obigen Beispielen ergiebt sich, dass ein befruchtetes
Ei ausnahmsweise auch anderswo zur Entwicklung kommen
kann, nämlich sowohl in einem nicht dafür bestimmten Theile
des Müller’schen Ganges, der Tuba, als auch am Peritoneum.
Die Fälle der Ovarialgravidität sind zu selten und zu
wenig genau beschrieben, als dass nicht vielleicht auch diese
auf Tubagravidität zurückgeführt werden müssten. Eine
Scheidenträchtigkeit, von welcher einzelne Fälle beschrieben
wurden, ist nicht wahrscheinlich. Es handelt sich hier meistens
um abgestorbene, in der Scheide gefundene Früchte, welche aus
dem Uterus herrührten, lange in der Scheide lagen und in Folge
dessen Veränderungen an der Schleimhaut verursachten, wodurch
letztere einigermassen rauh oder zottig wurde.
Re f erat e*
Kaiserschnitt hei einer Knh.
Derain beschreibt in Le Progr&s vdtdrinaire vom 10. Juli
1899 den Kaiserschnitt, welchen er an einer Kalbin von
15 Monaten vornahm. Bei der Untersuchung fand er zwei
Vorderbeine in der Geburt und die Fesselgelenke in der Vulva.
Der Kopf befand sich in guter Lage; das Kalb war jedoch für
das Becken zu gross.
Die Laparotomie wurde in der rechten Bauchgegend ver¬
richtet; die Wunde hatte eine Länge von 45 cm. Hierauf
wurde ein 30 cm langer Einschnitt in den Uterus gemacht und
das Kalb noch lebend herausgezogen.
Die Nachgeburt wurde entfernt und die Uteruswunde mit
Catgut geheftet. Auch das Bauchfell und die Bauchmuskeln
wurden mit demselben Material geheftet. Die Hautwunde wurde
mit Crin de Florence geschlossen.
Das Kalb verendete nach vier Tagen an septischer Pleuro¬
pneumonie; die Mutter überstand die Operation ganz gut.
Der Verfasser führt in seiner ausführlichen Beschreibung
noch einige Punkte an, welche für die Beurtheilung dieses
Falles von grosser Bedeutung sind.
Die Conjugata vera der Kuh hatte eine Länge von 20,3 cm;
*) Rohlwes, Magazin für die Thierarzneikuude, Bd. I, S. 68.
**) Müller, Vierteljahresschrift für wissenschaftl. Veterinär-
kunde, Bd. III, Heft 1.
die grösste Breite des Beckens betrug 14 cm; der Umkreis des
Beckeneinganges 52,7 cm. Diese Masse sind nach denen des
lebenden Thieres berechnet, gemäss der externen Pelvimetrie
von Arloing (Siehe „Geburtshilfe beim Rinde“ S. 51).
Bei dem Kalbe war der sterno-dorsale Durchmesser 27 cm,
der bicoxale Durchmesser 21 cm, der Umfang der Schultern und
Brust 47 cm. Das Gewicht des Kalbes betrug 39 kg.
Auch dieser Fall beweist, dass ein mit aseptischen Für¬
sorgen ausgeführter Kaiserschnitt bei der Kuh günstig verlaufen
kann. Auch aus der Litteratur darüber ergiebt sich immer
wieder, dass diese Operation weniger gefährlich ist, als man
meint. Ich halte sie jedoch nur dann für gerechtfertigt, wenn
auf andere Weise, und dazu gehört auch die subcutane Embrjrn-
tomie, das Kalb nicht zu holen ist. M. G. d. B.
Lithotripsie beim Pferde.
Von Desoubry.
(Hecuell de m6<L v6t. 80. Oktober 1899.)
Ein zehnjähriger Vollbluthengst zeigte auch nach nur ge¬
ringer Arbeit blutigen Harn. Im Stande der Ruhe war der Harn
normal.
D. constatirte durch Rectaluntersuchung in der Harnblase
das Vorhandensein eines hühnereigrossen, harten, ungleichmftssig
runden Fremdkörpers mit regelmässigen Rändern.
Die Analyse des Harnes bestätigte, dass es sich um einen
Stein, nicht um eine Neubildung handle, doch wurde, da der
Besitzer sich einer Operation abgeneigt zeigte, eine alcalische Be¬
handlung angeordnet. Während eines Jahres blieb der Zustand
ziemlich befriedigend als eine nahezu continuirliche Harn¬
in continenz eintrat.
Am 28. Juli 1899, nahezu 20 Monate nach der ersten Unter¬
suchung entschloss sich der Besitzer zur Operation. Das Pferd
wurde geworfen, leicht anästhesirt und die Urethrotomie vor¬
genommen. Zur Zertrümmerung des Blasensteines wurde die
von Bouley empfohlene Zange verwendet (Dieselbe hat gut
abgestumpfte Stangen und Löffel, letztere berühren sich nicht,
sondern lassen bei geschlossenem Instrument noch einen Abstand von
einem halben Centimeter bestehen.) Durch einen Gehülfen wurde
per rectum der Stein hochgehoben um das Fassen zu erleichtern.
Der Blasenstein wurde in 14 Stücke zertrümmert, dieselben
wurden mit Zangen herausgeholt, die Blase zur Entfernung der
kleineren Trümmer reichlich irrigirt, die Harnröhrenwunde offen
gelassen. Die Heilung erfolgte innerhalb 23 Tagen.
Vorfällen der Scheidenhant nach der Torsionskastration.
Von Kragerud-Norwegen.
(Mtib. f. Tb. 11, 8).
Nach der Castration mit Torsion kommt es vor, dass die
Scheidenhaut aus der Wunde vorfällt. Dies verzögert mindestens
die Heilung der Wunde, wenn es nicht noch grössere Unan¬
nehmlichkeiten bringt. Die Ursache liegt meistens darin, dass
die Scheidenhaut mit der Tunica dartos lose verbunden ist.
Wenn man zuerst die über dem Hoden gespannte Haut und
dann die Tunica dartos durchschneidet, so kommt es vor, dass der
Hode in seiner Scheidenhauthülle herausgepresst und dadurch
die Verbindung zwischen Dartos und Scheidenhaut sich lockert.
Bei starker Spannung verliert zumeist der Cremaster durch
Ueberdehnung (?) die Fähigkeit, die Scheidenhaut zurück¬
zuziehen. Der Vorfall der letzteren erfolgt sofort nach dem
Aufstehen oder nach einigen Stunden. Um dem Vorfall vor¬
zubeugen, muss man rasch und direct bis auf den Hoden ein¬
schneiden, sodass derselbe frei aus der Wunde hervortritt.
Ausserdem muss man jede Ueberdehnung des Cremasters ver-
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4. Januar 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 5
meiden. Ist die Scheideuhaut etwa vorgefallen, so muss sie gut
desinficirt werden; dann schiebt K. sie zurück, fasst die beiden
Wundlippen und setzt ein oder zwei Wäscheklammern an, die
bis zum nächsten Tage sitzen bleiben und sich dann selbst¬
redend leicht wieder abnehmen lassen, während sie sich übrigens
solange man sie sitzen lässt, gut auf der Haut erhalten. Nach
Abnahme der Klammern (event. durch den Besitzer) muss nur
die Hautwunde geöffnet werden, sodass das Wundsecret ab-
fliessen kann.
Ueber Rnssian Waters.
Von Oberrossarzt K a 1 k o t f.
(ZUohr. f. Vet. Nov. 99.)
Kalk off hat in zwölf Fällen obiges Mittel an Pferden,
grossentheils an Luxuspferden geprüft und gelangt im All¬
gemeinen zu dem Schluss, dass das Russian Waters die ihm
in den Prospecten nachgerühmten und theilweise auch seitens
anderer Autoren eiugeräumten Vorzüge nicht besitze. Dass
das Mittel nicht in allen Fällen hilft, ist eigentlich selbstver¬
ständlich; dass es wie andere auch einen Heilerfolg hat, be¬
streitet Kalkoff nicht, wenn er auch nur in vier Fällen diesen
Erfolg als guten, in weiteren sieben als keinen besonders
günstigen bezeichnet. Dagegen bestreitet er auf Grund seiner
Erfahrungen, dass das Mittel in seiner Wirkung zwischen den
flüchtigen Einreibungen und den scharfen Salben steht. Er
stellt es vielmehr den scharfen Salben gleich und ist zu der
Ansicht gelangt, dass es vor letzteren durchaus keinen Vorzug
verdiene, dass man die scharfen Salben vielmehr besser in der
Hand habe und der Heilerfolg damit sicherer sei. Die Wirkung
des Russian Waters ist bei den einzelnen Individuen ganz ver¬
schieden. Die Bläscheneruption hat verschiedene Dauer und
steht mit der nachträglich auftretenden Schwellung nicht im
Einklang. Nachträgliche Schmerzen stellen sich häufig ein; in
einem Falle waren sie ausserordentlich stark. Es ist also nicht
richtig, wenn der Prospect dem Russian Waters nachrühmt,
dass es dem Thier die Schmerzen erspare. Die an den ein¬
geriebenen Stellen sich neu bildenden Haare wurden in zwei
Fällen grau. Endlich ist die Anwendung keineswegs eine ein¬
fache, wie sich dies aus der beigegebenen Gebrauchsanweisung
übrigens von selbst ergiebt. Kalkoff hat auch von einem
Apotheker eine Analyse machen lassen. Nach dessen Gutachten
besteht die grüne Flüssigkeit aus Salmiakgeist von doppelter
Stärke des officinellen und einem darin löslichen Kupfersalz
unter Zusatz eines gelben Farbstoffes (Curcumalösung), die das
Ganze grün färbt. Das kleinere Glas enthält theils Oel, ein¬
fach Oleum Lini mit ätherischen Oelen gemischt, theils eine
weingeistige Flüssigkeit, welche aus besonders starkem Camphor-
geist, Seifengeist und Salmiakgeist hergestellt ist.
Complicationen bei Verletzung der Bengesehnen
und Prolargolbehandlung.
Von Eggmann.
(Schw. Arch. Bd. 41 H. 0.)
Ein altes Pferd war durchgegangen und hatte sich ver¬
schiedene Verletzungen an den Hinterbeinen zugezogen. Die
erheblichste bestand in einer theilweisen Durchschneidung der
Beugesehne einige Centiineter über dem rechten Fesselgelenk.
und konnte erst 5 Tage später in seinen nahen Stall gebracht
werden, wobei es noch sehr stark durchtrat, 14 Tage später
sah die Wunde recht schlecht aus. Es wurden uecrotische
Fetzen mit abgestossen, und die zu Ausspritzungen verwandte
Canüle stiess direct auf Knochen. Beim Druck von unten ent¬
leerte sich Synovia aus der Wunde. Dabei war das Allgemein¬
befinden allerdings ein gutes; die übrigen Wunden waren in
dieser Zeit schon geheilt. Nunmehr wandte E. das für die Be¬
handlung von Sehnen- etc. Wunden gerühmte Protargol an, eine
Messerspitze auf etwa 1 Ltr. kalten Wassers. Damit wurde
die Wunde gründlich ausgespritzt, dann mit einem ebenso ge¬
tränkten Tampon bedeckt und das Ganze mit einer Gazebinde ab¬
geschlossen. In dieser Weise erfolgte täglich die Wundreinigung.
Es bildete sich ca. 2 cm unterhalb des Fessele eine feine Gegen¬
öffnung, aus der beim Ausspritzen der Wunde die Flüssigkeit
hervortrat. Alsbald nach Beginn der Protargolbehandlung ging
der Schmerz wesentlich zurück, die Wundsecretion nahm ab,
das Pferd belastete den Fnss täglich mehr. Am 11. August,
4 Wochen nach der Verletzung, war die Wunde durchaus ge¬
heilt. Beim Druck bestand kein Schmerz mehr um das Fessel¬
gelenk, die Schwellungen waren verschwunden, das Pferd trat
I allerdings im Fessel noch durch. Inzwischen hatte sich wahr-
I scheinlich durch Ueberanstrengung der linken Beugesehnen am
: linken Hinterfnss eine Sehneneutzündung herausgestellt, welche
| das Pferd zwang, auf dem geheilten rechten Fuss zu stehen.
I Sie verschwand nach wenigen Tagen. Das Pferd vertheilte
jetzt die Last auf beide Gliedmassen gleichmässig. Am 80. August
hatte sich jedoch auf dem verwundeten Fuss ein Recidiv ent¬
wickelt. Die ursprüngliche Wunde war aufgebrochen, ein Fistel¬
kanal ging direkt gegen das Fesselgelenk zu. Das Thier hatte
grosse Schmerzen und frass nicht. Es wurde geschlachtet. Es
stellte sich heraus, dass die Fistel direkt gegen die Gelenkwalze
des Metatarsus führte mitten durch die Beugesehnen hindurch.
Immerhin hat sich in diesem tödtlich verlaufenden Fall die
günstige Wirkling des Protargols gerade eclatant gezeigt.
Es bewährte sich auch bei einer schweren Quetschwunde
an der linken Vorderfusswurzel. Die Wunde ging bis auf die
Knochen. Tägliches, später zweitägliches Ausspülen der Wunde
mit Protargollösung; das Pudern eines Pulvers von Protargolum
mit Talcum 1 :5 und Gazeverbände heilten die Wundfläche in
3 Wochen. Die fast zu rasche Verheilung hatte auch hier
einen Nachtheil, indem durch einen Zufall ein 2 cm langer Riss
mitten durch die mit einem trockenen Schorf bedeckte ursprüng¬
liche Wunde entstand, der jedoch in 14 Tagen wieder aus¬
geheilt war.
Ueber eine neue seuchenartige Krankheit der Hühner
in der Lombardei.
Von Dr. S. Belfanti und Dr. C. Zenoni.
(Clinica vet. 1899. H. 33 bl» 35.)
Die Seuche verursachte im Laufe des Sommers unter den
Hühnerbeständen bedeutende Verluste und rief ernstliche Be¬
fürchtungen wegen Störung des Exporthandels unter den Züchtern
hervor.
Ganz gesunde Hühner im besten Nährzustande wurden von
! der Krankheit ergriffen und starben manchmal nach einigen
j Stunden. Die erkrankten Hühner zeigten Cyanose des Kammes,
Das Pferd trat so durch, dass es mit der hinteren Fesselfläche ; braunrothe Färbung der Haut besonders an der Brust, flüssig¬
fast den Boden berührte. Das Pferd musste nach Anlegung schleimige Dejectionen und zuweilen Ausfluss aus den Nasen-
eines antiseptischen Verbandes an Ort und Stelle verbleiben I Öffnungen.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No 1.
Die Verf. haben die Hühner untersucht und den Erreger
der Seuche isolirt. Derselbe verhält sich in Cultur und Färbung
sowie in seinen pathogenen Eigenschaften abweichend von dem
characteristischen Mikroparasiteu der Hühnercholera.
Die an den Cadavern ermittelten anatomischen Veränderungen
ergaben, dass sich die Krankheit entweder in den Respirations¬
oder in den Verdauungswegen localisirt. Die erste Form
kommt besonders im Anfänge der Seuche vor, wenn die An¬
steckungsfähigkeit auf der Höhe steht und besteht im Wesent¬
lichen in einer exsudativen Lungen-Brustfellentziindung mit Er¬
guss in die Pleurasäcke. Fast nie fehlen Ekchyraosen am
visceralen und parietalen Blatt des Pericardiums, an dem Gefäss-
conus, und auf der Laryngeal- und Trachealschleimhaut. Der¬
selbe exsudative Process setzt sich bisweilen auf die Nasen¬
schleimhaut fort.
Die andere Form characterisirt sich durch eine acute
intensive Enteritis mit leichtem Milztumor. Die Peritonealhöhle
enthält mitunter blutige Flüssigkeit. Blut schwarzroth, Muskel¬
fleisch und Haut trocken. Diese zeigt in einzelnen Fällen
am Hals oder an der Brust ein gelatinöses Oedem. Die gleiche
Veränderung wurde noch beobachtet am Mediastinum und einmal
im Pericardium. Aus dem fibrinösen und gelatinösen Exsudat
gelang es den speciflschen Microorganismus rein zu züchten,
aus den kranken Lungen, aus dem infiltrirten Unterhautgewebe
wurde er durch das Plattenverfahren isolirt. Der Krankheits¬
erreger bildet ovale Coccen und Diplococcen oder genauer kurze
Bacillen, und Diplobacillen, welche oft mit einer hellen, wenig
färbbaren Stelle versehen sind. FaBt immer finden sich einige
verlängerte Formen, welche von den erstem abstammen. Auf
schrägem Agar entwickeln sich nach 24 Stunden perlmutter¬
artige durchscheinende kleine Colonien, welche keine Tendenz
zur Ausbreitung haben; bei 360° geht das Wachsthum schneller
vor sich. Spärlich wächst der Microparasit auf Gelatine, auf
Kartoffeln, stärker in Bouillon, auch der Ersatz der Luft durch
Wasserstoff ist ihm nicht schädlich. In frischen Agar-Culturen
sind ovale Coccen und kurze Stäbchen mit centralem oder
endständigem hellen Fleck gemischt enthalten. Der Micro¬
organismus zeigt Pleomorphismus und ist beweglich.
Die Virulenz der Culturen schwächt sich schnell ab. Auf
Kaninchen, Mäuse und Tauben wirken sie wenig pathogen. Bei
Verimpfung derselben auf 11 Hühner entstand die Seuche mit
allen klinischen Erscheinungen und pathologisch-anatomischen
Veränderungen.
Mit dem Erreger der Hühnercholera soll der beschriebene
Microorganismus nicht zu verwechseln sein. Derselbe ähnelt
sehr einmal den von Mazza und zweitens den von Foä und
Cesaris-Demel bei andern Hühnerseuchen isolirten Bacterien.
Peroncito glaubt, dass es sich in allen drei Fällen um wirkliche
Hühnercholera handle.
Uebertragung des Schweinerothlaufs auf Menschen.
Von Casper.
(Dtscb. Tb. Wsch. Nr. 50.)
Der Stäbchenrothlauf der Schweine wird als eine Krankheit
angesehen, die auf den Menschen nicht übertragbar ist. Dem
entsprechend ist jetzt ganz allgemein und mit vollem Recht der
Satz aufgestellt worden, dass das Fleisch mit Rothlauf behafteter
Schweine aus diesem Grunde nicht als gesundheitsschädlich an¬
gesehen werden könne. Dieser Satz bleibt auch unbestritten,
da der Genuss von Fleisch die Gesundheit von Menschen noch
nie geschädigt hat. Dagegen können nach zwei Beobachtungen
nicht mehr wie bisher die Bacillen als gänzlich ungefährlich
für die Menschen betrachtet werden, wie dies bis jetzt allge¬
mein geschah. In der medicinischen Literatur haben Kreis-
physicus Hillebrand und Kreiswundarzt Mayer-Simmern (Ztschr.
f. Medizinalbeamte 1899, Seite 611) zwei Fälle von angeblicher
Uebertragung mitgetheilt. Zwei weitere Fälle hat Casper nnn
beobachtet. Nach dem Mayerschen Fall, dem der Hillbrandsche
ähnlich gewesen sein soll, hatte sich ein Bauer beim Schlachten
eines rothlaufkranken Schweines verletzt. An dem verletzten
Daumen trat eine eigenthümliche Röthung auf, die am dritten
Tage die Dorsalfläche des Unterarms überzogen hatte und auch
auf andere Finger Übergriff. In den nächsten Tagen erfolgte
völlige Heilung. Die Behandlung erfolgte nach dem Vorbilde
der Pirogoffschen Camphorbehaudlung des Erysipels durch inner¬
liche Verabfolgung von Camphor. Local wurde Ichthyol, später
Jodtinctur aufgepinselt. In dem Hillebrand’schen Falle trat
übrigens Blasenbildung und nach verzögerter Heilung Ab¬
schuppung auf. Die beiden Casperschen Fälle entstanden unter
Berührung bezw. Infection mit Bouillonkulturen von Rothlauf-
bacillen, also nicht auf natürlichem Wege. Ein Mann hatte sich
mit einer Canülenspitze in den Finger gestochen. 4 Tage nach¬
her starke Röthung, die sich auf andere Finger bis zum Carpus
ausbreitete und mit starker Schwellung und Fieber verlief. In
der Lage der Lymphgefässe am Arm zeigten sich rothe Streifen.
Wenn eine Stelle abgeblasst war, röthete sich eine andere, so-
dass erst 4 Wochen nachher Heilung auftrat. Im zweiten Fall
verletzten sich ein Arbeiter an den Scherben einer Flasche, in
welcher virulente Rothlaufkultur enthalten war. Nach 4 Tagen
Röthung des Fingers, sprungweise Ausbreitung der Röthung.
Heilung nach 4 Wochen unter Alkoholverband. Da es sich in
beiden Fällen um Reinkulturen des Rothlaufbacillus handelte,
eine Verunreinigung mit anderen Mikroorganismen, namentlich
Erysipel-Streptococcen absolut ausgeschlossen ist, so bezweifelt
Casper nicht, dass die eigenartige erysipelatöse Hautaffection
in beiden Fällen durch die Rothlaufbacillen verursacht war. C.
weist darauf hin, dass die ausserordentliche Verbreitung der
Rothlaufbacillen-Impfung künftig mehr Gelegenheit zu derartigen
Jnfectionen geben werde. In der That ist dies für die Roth-
laufcultur-Einspritzung durch Laien, wie sie von manchen land¬
wirtschaftlichen Kreisen anscheinend beabsichtigt wird, eine
recht erfreuliche Perspective.
Zur Aetiologie der Krebspest.
Von A. Weber.
(Arbeiten aus dem Kais. Gesuudheitsamte B. XV' 99. Heft 9, Centralbl. f. B. u. P.
XXVI. B. 11./1S.)
Prof. Dr. Hofer in München hat im Muskelfleisch pest¬
kranker Krebse einen Bacillus gefunden, welchen er für den
Erreger der Krebspest hält. Dieser Bacillus ist 1,0—1,5 fi lang
und 0,25 fi dick, an beiden Enden abgerundet, beweglich, mit
1—6 pol- und mittelständigen Geissein. Nach Gram entfärbt
sich der Bacillus und verflüssigt die Gelatine, ln Stichculturen
wird die Gelatine strumpfförmig verflüssigt. Der Hofer’sche
Bacillus ist facultativ anaerob und wächst in Wasserstoff-
atmosphäre reichlich. Für Krebse ist der Bacillus ausserordent¬
lich pathogen. Zwischen dem 3. und 4. Schwanzring wurde
die Infection vorgenommen und stellte sich hierbei heraus, dass
die Krebse um so schneller zu Grunde gingen, je mehr
Culturflüssigkeit sie erhalten hatten.
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4. Januar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
7
Injicirte man mit Chloroform abgetödtete Agarculturen in
gleich grosser Menge, wie lebende Cultur, so trat der Tod in
Folge Intoxication gleich schnell ein. Je älter die Cultnren
wurden, nm so mehr nahm ihre Giftigkeit zu, auch zeigten sie
sich gegen Hitze sehr widerstandsfähig, indem sie 10 Minuten
langes Kochen ertrugen.
Impfte man Hechte, Karauschen, Schleie, Plötze mit der
Caitur in die Schwanzmusculator, so gingen sie nach 1—8 Tagen
zu Grunde. Krebse, welche mit dem Fleische solcher Fische
gefüttert wurden, gingen an der Krebspest zu Grunde, indem sie
Steifigkeit der Beine, Mattigkeit und Krämpfe bekamen und auch
Beine und Scheeren abwarfen. — Ob die beim Menschen beob¬
achteten Vergiftungen nach dem Genuss von Krebsen auf diesen
Hofer’schen Bacillus zurückzuführen sind, müssen spätere Unter¬
suchungen erweisen. Jess.
Tagesgeschichte.
Bildung und Fachstudium.
Von Professor Sch maltz.
Der Reihe von, schliesslich polemischen, Artikeln der Herren
Hemprich,Lohs e'e und Wigge (1899,No.47,49—50)möchte ich
einen kurzen Abschluss geben, wobei ich mich allerdings — schon
des Raumes wegen — auf ein paar Aphorismen beschränken muss.
Die Erörterung dieser Fragen, an der Herrn Hemprich
das Verdienst der Initiative zukommt, hat, ich gestehe, mich
überrascht, jedenfalls aber aufrichtig gefreut. Sie hat gezeigt,
dass alle drei Herren etwas von dem haben, was sie als
er8trebenswerth bezeichnen und dass es unter den jüngeren
Thierärzten, wohl mehr als mancher glaubt, solche giebt, die
eben nicht einseitige Fachleute sind.
Alle drei Autoren sind vollkommen einig über das Ziel,
welches Herr Wigge treffend kennzeichnet: Gewinnung einer
harmonischen abgeschlossenen Allgemeinbildung über den engen
Rahmen des Fachstudiums hinaus.
Darin wird nun Herrn Hemprich von Männern, die länger
und weiter beobachten, als wir alle, Recht gegeben werden, dass
gerade im Kreise der vier Facultäten, namentlich auch der
medicinischen, früher dasjenige Wissen, was man damals als all¬
gemeine Bildung bezeichnen konnte, eine grössere Zahl von Männern
besass, als dies heutzutage der Fall ist?
Bei wirklich objectiver Erwägung wird man sich aber
getröstet gestehen dürfen, dass diese Thatsache weder das Zeichen
eines Rückschrittes noch einer Erschlaffung des geistigen
Strebens ist.
Wirklich vollendete allgemeine Bildung verlangt viel. Zu
Philosophie und historischer Wissenschaft, zu Kunst und classischer
Literatur ist ja erst in unserem Jahrhundert das ganze ungeheure
Gebiet der Naturwissenschaften und ihrer Anwendung in der
Cultur hinzugekommen. Mehr, als früher, ist es auch erforder¬
lich, dass man etwas von der Welt gesehen und praktisch sich
Völker- und Menschenkenntniss erworben habe. Wie sind andrer¬
seits, wenn auch nicht in allen Berufsarten, so doch in vielen
und namentlich im medicinischen die Anforderungen gewachsen!
Gering war im Verhältniss das Wissensgebiet des älteren Arztes,
spärlich und gemächlich erschienen die Neuheiten, von denen er
Kenntniss zu nehmen hatte. Da blieb Müsse genug zu classischem
und philosophischem Studium. Der Arzt der Neuzeit, nachdem
er zehn Mal soviel als früher hat studiren müssen, muss zwanzig
Mal soviel Medicinalliteratnr lesen, wenn er sich nur in seiner
Specialwissenschaft auf dem Laufenden erhalten will.
Das Wort „allgemeine Bildung“ bedeutet also heutzutage,
weit mehr als früher. Ihr Feld hat sich nngemessen erweitert.
Die. Zeit, auf diesem Felde zu arbeiten, hat sich dagegen sehr
verringert, da viele Berufswissenschaften heut ganz andere An¬
forderungen stellen als früher. Dies muss zu einem Miss-
verhältniss oder zu einer Beschränkung auf Begrenztes fuhren,
da Geist und Fassungskraft des Menschen eben auch begrenzt
sind und man doch mit dem Durchschnittsmenschen rechnen
muss. Der geniale Kopf oder der, ein „Brotstudium“ überflüssig
machende Geldbeutel sind besondere Eigenthümlichkeiten, die an
den dieGesammtheit characterisirendenVerhältnissen nichts ändern.
Dass die Einschränkung dessen, was sich der Einzelne
neben seiner Berufsbildung aneignet, besonders auf Kosten der
Philosophie erfolgt, wird man glauben dürfen. Kunst und Lite¬
ratur liegt dem allgemeinen Bedürfniss näher; auf sie wird man
schwerlich verzichten. Im Uebrigeu dürfte auch die naturwissen¬
schaftliche Gesammtrichtung des nun vergangenen Jahrhunderts
die Geister der Philosophie entzogen haben. Denn wenn auch
die heutigen Philosophen — sie können ja gar nicht anders —
von der naturwissenschaftlichen Erkenntniss ausgehen, ihr selbst
nachjagen und sie mit dem Lichte ihrer Darstellung erhellen —
so bleibt zwischen Philosophie und exacter Naturwissenschaft
doch ein Gegensatz, fast wie zwischen Denken und Handeln.
Eine gerechte Beurtheilung des Seltnerwerdens wirklicher
j Allgemeinbildung darf nun aber nicht von der Frage ausgehen:
„Ist das ein bedauerlicher Nachtheil?“ (denn der ist es natür¬
lich). Sondern man muss erwägen, ob dem Nachtheile auf der
einen Seite ein Vortheil auf der anderen gegenübersteht. —
Und auch diese Frage ist zu bejahen.
Denn die Leistungen sind grösser geworden und zwar
gerade durch die Specialisirung, auch durch die Specialisirung
des Wissens. Die productive Arbeit der Welt, wie die
Thätigkeit der einzelnen Berufe und Individuen ist erstaunlich
gewachsen und hat Unmögliches möglich gemacht. Die unmittel¬
bare Quelle des grössten Theils dieser Leistungen und Fort¬
schritte sind die angewandten Naturwissenschaften. Ihre be-
wundernswerthen Erfolge, die noch dazu klar vor Jedermanns
Augen liegen, stellen ganz natürlich die anderen Wissenschaften
in den Schatten. Es ist eine Leistung, auf die das vergangene
Jahrhundert stolz sein kann, wenn, wie Schm oll er neulich
constatirte, heute H00 Millionen Menschen da in steigendem
Wohlstand leben, wo Ende des vorigen Jahrhunderts 100 Millionen
ziemlich kümmerlich existirten. Und es handelt sich doch nicht
etwa nur um materielle Fortschritte. Die Ausbreitung der
Cultur auf der Erde ist ein ideales Ziel und wie haben nach
diesem Ziele hin die Errungenschaften der Neuzeit, gerade die
technischen, gewirkt. Dass auch im medizinischen Beruf die
positive Leistung eine unvergleichlich grössere geworden ist,
braucht keines Beweises.
Alle diese Fortschritte und Erfolge aber wirken auf die
ganze Masse der Menschheit und sind nicht bloss der Besitz Be¬
vorzugter. Selbst wenn daher durch die veränderten Culturverhält-
nisse der Kreis der Männer von allgemeiner Bildung verkleinert
würde, die Menschheit hat gewiss keinen Rückschritt zu ver¬
zeichnen.
Alles dies ändert natürlich nichts an dem Satz: Es strebe
Jeder danach, über die Grenzen seines Berufswissens hinaus
sich, soweit es eben möglich ist, eine allgemeine Bildung an-
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8 BERLINER TIIIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 1.
zueignen. Gerade der Student, will anders er die von ihm be¬
anspruchte bevorzugte Stellung unter der Jugend behaupten,
muss dies thun. Darauf haben die Herrn Verfasser der Ein¬
gangs genannten Artikel übereinstimmend mit Recht hingewiesen.
Aber das Reich der allgemeinen Bildung ist gross, und
wenige, wie gesagt, werden es sich wirklich ganz erobern. Die
meisten werden mit einem Theil sich begnügen müssen und
dabei die Richtung einschlagen, welche Veranlagung und Ge¬
schmack, mitunter auch der Zufall ihnen weisen. Die Herrn
Verfasser thun dies selber offensichtlich. Der eine bevorzugt
die Philosophie, der andere Literatur und Kunst, der dritte be¬
tont den unverkennbar hohen bildenden Einfluss, den Reisen
und selbsterworbene Welterfahrung haben. Jeder von ihnen
hat Recht, soweit er diese eine Seite nicht für die allein wesent¬
liche oder gar für das Ganze ansieht. Ich persönlich würde,
befragt, wahrscheinlich auch einen Zweig des Wissens bevor¬
zugen und zwar einen, den keiner der Verfasser erwähnt hat;
ich meine die historische Wissenschaft, speciell die politisch¬
historische. Was den Vorzug verdiene, ist schwer zu sagen.
Den unbedingten alleinigen jedenfalls Keines. Das Ideal wäre,
alles zu pflegen; ist Auswahl nöthig, wie meist, so wird die
Eintscheidung nicht nach allgemeinen Regeln zu treffen, sondern
stets eine individuelle sein.
Eine gewisse allgemeine Kenntniss von Kunst und classischer
Literatur ist allerdings wohl das nächstliegende Erforderniss
für Jeden, der auch nur auf landläufige Bildung Anspruch macht.
Und unsere neuzeitliche Kunst und Literatur wurzeln so sehr
im classischen Alterthum, dass man ein wenig Kunde vom
letzterem, wie man sie sich eben auf dem Gymnasium erwirbt,
nur schwer oder vielmehr garnickt entbehren kann.
Es ist hier weder der Ort, noch kann es meine Aufgabe
sein, diese Frage zu erörtern, aber die Bemerkung hinwerfen
möchte ich doch, dass ich eben deshalb die so gut wie latein¬
lose höhere Schule für direct ungeeignet, und auch die
Richtung des Realgymnasiums nicht für die richtige halte, ohne
deshalb den Lehrplan des humanistischen Gymnasiums als voll¬
kommen hinstellen zu wollen.
Die höhere Schule soll, abgesehen von der geistigen Er¬
ziehung, die Anfänge einer allgemeinen Bildung gewähren oder
die Grundlage, auf der später eine solche erworben werden
kann. Gerade weil später meist die Weiterentwicklung der
Bildung nach einer, Richtung erfolgt* soll die höhere Schule
dafür sorgen, dass ihre „Maturi“ nach allen Seiten hin wenigstens
etwas besitzen.*) Die Oberrealschnle scheidet in dieser Be¬
ziehung m. A. n. überhaupt aus der Discussion; sie ist eine
Mittelschule. Aber auch weder das humanistische Gymnasium noch
das Realgymnasium erfüllen heute jenen Zweck. Namentlich
hat das letztere gar keinen Grund, sich etwa für das
modern-vollkommene zu halten. Wer, wie wir, unter den
Studenten Abiturienten beider Schularten hat, kann da besondere
Beobachtungen machen. Das humanistische Gymnasium gewährt
eine gründlichere geistige Dressur, wohl gerade mittelst des
Studiums der alten »Sprachen, und zugleich eine bessere Grund¬
lage für cla8sische Bildung. Aber der aus ihm hervorgehende
künftige Jurist, Pastor, Oberlehrer, Kaufmann, Landwirth etc.
bleibt den Naturwissenschaften doch gar zu fremd und nament-
*) Reife Menschen zu erziehen kann überhaupt nicht die Auf¬
gabe des Gymnasiums sein. Naturgemäss ist auch der Abiturient
als Mensch unreif. Das ist sogar meist noch der Student trotz aller
seiner sonstigen guten Eigenschaften (cf. B. T. W. 1899, No. 47).
lieh die ersteren drei werden diesen unzweifelhaften Mangel als
»Studenten oder später durch Privatstudium selten genug aus-
gleichen. Der Realgymnasiast, der ein technisches oder natur¬
wissenschaftliches Studium ergreift, betritt erhobenen Hauptes
den Hörsaal, in dem Glauben, schon sehr viel zu wissen. Er
hat auch in der That schon zu viel gelernt, aber insofern, als er bald
einsieht, dass er trotz seiner naturwissenschaftlichen Vorbildung
in allen Stücken wieder von vorn anfangen muss und daher die
früher darauf verwandte Zeit besser für Dinge benutzt hätte,
die ihm gänzlich fehlen und auch durch seinen nachherigen
Beruf nicht mehr nahe gebracht werden. Ich habe nicht
bemerkt, dass unser naturwissenschaftliches Studium ehe¬
malige Realgymnasiasteu leichter oder erfolgreicher bewältigten,
als in Naturwissenschaft ganz ahnungslos das Studium be¬
ginnende Gymnasiasten.
Warum ich auf diesen Punkt komme? Weil ich glaube,
dass er hier wesentlich ist. Weil ich meine, dass unsere
Gymnasien beide nur eine einseitige Erziehung ge¬
währen und dadurch mit die Hauptschuld tragen, wenn
die von ihnen Erzogenen sich später eine allgemeine
Bildung nicht erwerben, weil sie auf eine solche gar nicht
hingewiesen, im Gegentheil durch die Schule selbst von
diesem Ziele abgekehrt worden sind.
Man sollte die künftigen Techniker, z. B. grundsätzlich
nicht auf dem Real-, sondern auf dem humanistischen Gymnasium
ausbilden, wo sie die altclassische Bildung kennen lernen, mit
der ihr späterer Beruf sie nicht in Berührung bringt. Und man
sollte die künftigen Juristen, Pastoren und classischen Ober¬
lehrer auf die Realgymnasien schicken, damit sie die Natur¬
wissenschaften erfassen und — dies gilt namentlich den
letzten beiden — sich etwas mein - Werthschätzung dieser
Wissenschaften aneignen. Eine derartige Auswechselung ist
aber natürlich aus anderen Gründen ebenfalls unmöglich.
Dann bleibt aber doch noch ein Ausweg, das ist die
Schaffung eines Einheitsgymnasiums mit einem Lehrplan, der
dem heutigen Begriff der allgemeinen Bildung entspricht, d. h.
ohne die alten Sprachen und damit die Kenntniss des classisclieu
Alterthums so zu beschränken, wie es das Real-Gymnasium thut,
doch eine genügende Vorbildung auch in den Naturwissenschaften
gewährt. Dazu fehlt die Zeit? Nun dann schaffe man sie
doch! Wenn man in Folge Erweiterung des Lernstoffes ver¬
schiedentlich die Studiendauer verlängert, warum soll denn auf
den Gymnasien der neunjährige Cursns etw'as unwandelbares
sein; man verlängere ihn. Das würde gewisse Folgen haben,
die zu untersuchen ganz interessant wäre, hier aber unterbleiben
muss; entscheidende Nachtheile wären es jedenfalls nicht.
Eins sei noch flüchtig erwähnt. Wie sollte es denn mit den
neuen Sprachen gehalten werden? Bilden diese nicht einen
unbestreitbaren Vorzug des Realgymnasiums? Ich glaube nicht.
Entweder sie werden, wie wohl doch auch an den Realgymnasien
geschieht, vorwiegend grammatikalisch gelehrt und dann lernt
man sie nicht sprechen. Oder man legt den Hauptwerth auf
das Sprechen; dann verlieren sie den Werth und die Wirkung
als Mittel zur methodischen Schulung des Geistes, als welches
sich die alten Sprachen auf den humanistischen Gymnasien un¬
zweifelhaft bew r ährt haben.
Dies führt auf den Gedanken, ob man nicht besser die neueren
fremden Sprachen im Wesentlichen aus den Schulen heraus¬
nimmt und in die nachgymnasiale Zeit verweist. Und ob man
sich nicht darauf beschränken sollte, öffentlich den Sinn für die
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4. Januar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
9
wirkliche Beherrschung fremder Sprachen als Verkehrsmittel zu
wecken und leichte Gelegenheiten für Erlernung der Sprachen in
diesem Sinne allenthalben zu bieten. Wenn wir jetzt im
Zeichen der Flotte und der Colonien, des Welthandels und
Industriestaates stehen, dann wächst das öffentliche Interesse
daran, das Sprechen fremder Sprachen in Deutschland mehr in
Aufnahme zu bringen, was gerade unter den „Studirten“ bisher
wenig genug der Fall sein dürfte. Es wäre dies vielleicht ein
wesentliches Mittel, den Sinn für internationale Beziehungen,
dem ein Theil des gebildeten Volkes wohl immer noch ziemlich
kühl gegenüber steht, zu wecken. Kauftnannstand und Industrie
sind hierin dem Gros der academisch Gebildeten überlegen, nicht
weil sie auf Realgymnasien erzogen sind, sondern weil ihr
Beruf sie später dazu zwingt, jene Sprachen wirklich zu er¬
lernen. Industrie und Handel sorgen für sich selbst. Selbst
in der Armee wird jetzt das Erlernen fremder Sprachen eifrigst
gepflegt. Aber auf Universitäten und Hochschulen geschieht
wenig oder nichts, um das Englisch- und Französich-Sprechen
zu verallgemeinern. Näher liegend, als ein Lehrstuhl für
Philosophie an den Hochschulen, erscheint mir noch die Be¬
schaffung eines unentgeltlichen Sprachunterrichts durch Anstellung
von Sprachlehrern, Bildung von Seminaren oder meinetwegen
C’lnbs, Anslegen englischer und französischer Zeitungen in den
Lesezimmern etc.
Sehr viel liesse sich hierüber sagen. Genug davon. Wer
untersuchen will, in wie weit etwa speciell unter den academisch
Gebildeten durchschnittlich Lücken und Mängel der allgemeinen
Bildung zu spüren sind, der möge jedenfalls sich darüber klar
werden, ob nicht eine Wurzel des Uebels auch in den für
Universität und Hochschule vorbereitenden Gymnasien zu suchen
ist, und ob und wie da eine Abhilfe möglich ist. Ich halte sie für
möglich. So wie die Dinge jetzt liegen, gewährt weder
irgend ein Gymnasium, noch das spätere academische
Berufsstudinm eine wirkliche allgemeine Bildung,
bezw. auch nur die Anleitung dazu.
Es ist demnach um so verdienstlicher, den Studenten,
(sprechen wir fortab speciell von uns) anzuregen, sich selber
weiter zu bilden. Die Universitätsstädte bieten hierzu aller¬
dings die reichste Gelegenheit. Lehrstühle für Philosophie an
den Hochschulen wären in solchen Städten um so überflüssiger,
als sie doch nur mitKräften dritten Ranges besetzt w’erden könnten.
Es wäre meiner Ansicht nach auch nicht berechtigt, die
Studenten einseitig auf die Philosophie zu verweisen. Herr
Hemprich betont ja speciell die ethische Wirksamkeit der
Philosophie und hat darin Recht. Einen etwas anderen Stand¬
punkt nimmt er in seinem zweiten Artikel ein, der vom
gesunden Menschenverstand spricht und die Wirkung philoso¬
phischer Erziehung speciell auch auf die politische Weltanschauung
behandelt. Zunächst möchte ich glauben, dass der gesunde
Menschenverstand und die Philosophie überhaupt nicht in Gegen¬
satz gestellt werden können. Der Erstere ist die Vorbedingung
für jede richtige Erkenntniss, auch in der Philosophie. Die
Philosophie kann den Mutterwitz weder ersetzen noch erzeugen;
andererseits kann unbestreitbar der angeborene Verstand durch
Schulung des Denkens, wie u. A. das philosophische Studium
eine solche bietet, trefflich entwickelt werden. Uebrigens ist
aber die Philosophie nicht allein die Schule des logischen
Denkens. Ich möchte da an die Mathematik nur erinnern.
Was aber die Wirkung philosophischer Bildung auf die
politische Weltanschauung anlangt, so schlage ich diese Wir¬
kung gerade am geringsten an; ich meine die Wirknng auf die
durchschnittlichen Geister. Ich glaube nicht, dass philosophisches
Denken so fest gegen blendende Phrasen w-appnet, wie die
Erfahrungswissenschaft der Geschichte. Und da heut jeder
Mann am öffentlichen Leben Interesse nehmen muss, so möchte
ich den Studenten auf das Studium der Geschichte, nach
meiner Empfindung in erster Linie, jedenfalls aber neben dem
anderen hingewiesen sehen. Zu jedem nüchtern Verständigen
sprechen die starren Thatsachen vergangener drittehalbtausend
Jahre eine beredtere Sprache, als abstracte Deductionen. Ich
kann mir z. B. denken, dass man auf Grund philosophischer
Theorien zu dem Satz gelangt: „Die Republik ist die ideale
Staatsform“ (wobei man daun nur hinzuzufügen vergisst, „wenn
die Völker so wären, wie sie nicht sind“). Ich kann mir aber
nicht denken, dass jemand, der von Athen bis Paris und Was¬
hington sich das republicanisches Staatsleben wirklich vor Augen
geführt hat, verkennen sollte, dass eine heutige Monarchie viel
bessere Garantien für Gerechtigkeit und Volkswohl gewährt. Denn
die geschichtliche Erfahrung zeigt uns eben, dass in den Seelen
der Völker die Vorbedingungen, auf welchen man jenen Satz
theoretisch aufbauen könnte, thatsächlich niemals vorhanden
gewesen sind und nach irdischen Verhältnissen nicht vorhanden
sein können
Wenn vollends aber ein Anarchist oder Socialdemocrat
wirklich behaupten sollte, seine Idee von Vernichtung
der gesetzlichen Gewalt bezw. vom Zukunftsstaat aus „seinem
gesunden Menschenverstände“ zu haben, so ist das dem gesunden
Menschenverstand nicht zur Last zu legen. Es ist doch nicht
Verstand, was Manche Verstand nennen, und die Ausführungen
des Herrn Collegen Lohsee bezogen sich auf den wirklichen
und nicht anf den eingebildeten Verstand. Der auf allgemeine
Egalisirung und Vernichtung des Individuums abzielende Zukunfts¬
staat beispielsweise ist so blödsinnig, dass man seine Unmög¬
lichkeit ebenso wohl mit dem blossen gesunden Menschen¬
verstand, als philosophisch, logisch, mathematisch und historisch
nachweisen kann. Mit allen diesen Mitteln aber wird man einen
Zukunftsstaatler doch nicht von seinem Wege abbringen, denn dem
ist der Zukunftstaat in Wirklichkeit ebenso dunkel als egal. Die
Devise ist bewusst oder unbewusst, „Ich will haben“; ob die
andern alle dasselbe haben, ist ja gar nicht das wesentliche. —
Im übrigen kann ich durchaus nicht zugeben, dass die heutigen
deutschen Studenten dem alten Burschenschafter an echtem
Patriotismus nachständen. Im Gegentheil. Die heutige Studenten¬
schaft wird von patriotischer Begeisterung geführt und geht darin
dem Volke voran. Das hat auch Bismarck anerkannt.
In drei Einzelheiten muss ich Herrn Collegen Hemprich
noch widersprechen. Seine Darstellung des Verbindungswesens
ist nicht objectiv. Die Verbindungen haben ihre grossen Ver¬
dienste, namentlich an den thierärztlichen Hochschulen. Dass
manches mit der Zeit geändert werden könnte, ist znzugeben,
aber dass sie allein oder hauptsächlich vom Studiren abhalten,
ist unzutreffend. Denn was treiben die Herren, welche keiner
Verbindung angehören? Studiren etwa die alle bloss? Das
kann doch wohl Niemand behaupten. Die Studenten sind
zweitens thatsächlich überlastet, das zeigen die Stundenpläne und
täglichen Vorlesungszahlen deutlich genug. Ein achtes Semester
soll znr Entlastung dienen, nicht aber, dass der Lernstoff noch
mehr ausgesponnen wird. Wo etwa eine derartige Absicht be¬
stände, müsste ihr entgegengetreten werden. Auch über den
Werth des Abitnriums urtheilt Herr Hemprich einseitig — in
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10 BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 1.
derselben Art, wie betr. Philosophie und gesunden Menschen¬
verstand. Es giebt kluge Obersecundaner und beschränkte Abi¬
turienten — das ist gewiss. Aber bei gleicher Befähigung ist
derjenige, der noch die 2 Jahre Primanerbildnng genossen hat,
dem anderen weit und in jeder Beziehung überlegen. Wäre
dies nicht der Fall, so wäre ja die ganze Prima zwecklos. Und
dann würde man sie doch nicht conserviren. So ist doch unsere
Schulverwaltung auch nicht.
In einem Punkte möchte ich dagegen Herrn Hemprich
gegenüber Herrn Lolisee in Schutz nehmen. Das sind die
paar kritischen Bemerkungen über die Professoren. Wenn sie
auch im Einzelnen anfechtbar waren *), im Ganzen waren sie
so unberechtigt nicht. Auch Herr Wigge betont mit Recht,
dass erziehlich an unsern Hochschulen mehr geleistet werden
könnte. Im Uebrigen thut es den Herrn Professoren
nichts, wenn sie einmal hören, dass unter den Studenten auch
solche sind, die nicht so leicht zu befriedigen sind, sondern
mehr verlangen. Auch darin waren die Artikel Hemprich,
Lohsee, Wigge mir interessant. Wir müssen nur erst aus¬
geglichenere Hörer haben.
Das Yeterinfirinstitut der Universität Giessen.
Im Veterinärinstitut der Universität Giessen stehen noch
folgende weitere Veränderungen bevor:
Das Veterinär-Institut bleibt auch in Zukunft ein inte-
grirender Bestandtheil der Universität bezw. der medicinischen
Facultät. Die Zahl der Professoren soll noch durch ein bezw.
zwei weitere Berufungen vermehrt werden. Diese Professoren
zählen mit den medicinischen zusammen in der medicinischen
Facultät. Säinmtliche Abtheilungen des Veterinär-Instituts sind
selbständig. Der Director, Prof. Dr. Eichbaum, hat im Wesent¬
lichen die Ge8ammtverwaltnng, Repräsentation und den Vorsitz bei
den Prüfungen. Nach Vollendung der Neubauten, welche beabsich¬
tigt sind, wird die Anstalt aus drei oder vier Instituten bestehen. Man
darf diese umfassende Reorganisation mit grosser Freude begrüssen.
Die Vlehzuohtlnspectoren in Bayern.
Nach der Wochenschrift für Thierheilkunde und Viehzucht
werden in Bayern die Viehzuchtinspectoren zu Bezirksthier¬
ärzten extra statum ernannt, um sie länger in ihrem speciellen
Wirkungskreis erhalten zu können. Sie. werden so gestellt, dass
bei einem späteren Uebertritt in eine Bezirksthierarztstelle ihnen
die vorherige Dienstzeit angerechnet wird. Auch dürften sie
nach Massgabe des Dienstalters zum pragmatischen Bezirks¬
thierarzte ernannt werden. (S. a. Personalien.)
Vacanz In Deutsoh-Südwest-Afrika.
Zn der Mittheilung unter obiger Marke in No. 52 ist uns
ein „Eingesandt“ zugegangen, in welchem vor Uebernahme
solcher Stellen gew'arnt wird. Wer von Schwärmerei Für die
Colonien geheilt sein wolle, möge einmal eine Vergnügungsfahrt
dorthin machen. Man möge sich bei den Herren, die draussen
gewesen seien, Veterinär Dr. Vogt-Bayreuth, Thierarzt Borcli-
mann-Halle, Thierarzt Huss-Golssen erkundigen, ehe man sich
in die Gefahr begebe, sich in Gesundheit und Beruf schwer
zu schädigen.
Wir halten uns Für verpflichtet, dieser Stimme Gehör zu
verschaffen, möchten aber gleichzeitig folgendes bemerken: Ob
*) Man wird z. B. einen Professor, der ein tüchtiger Fachmann
und eifriger Lehrer ist, nicht „verachten“, weil ihm auf anderem
Gebiet etwas fehlt. Herr Hemprich erkennt ja auch z. B. an,
dass „die Alten“ Grosses geleistet haben und wird ja wissen, dass
dies grossentheils sehr mangelhaft gebildete Leute waren.
man Colonialschwärmer sein will oder nicht, ist Jedermanns Sache.
Jedenfalls giebt es sehr viele durchaus von Schwärmerei freie
Männer, die den Colonien nicht bloss Beachtung und Interesse
schenken, sondern auch das Leben dort durchaus angenehm
finden. Was die Gesundheit anbetrifft, so handelt es sich nicht
um Ostafrika, sondern um Südwestafrika, nach allgemeinem
Urtheil ein gesundes und interessantes Land. Ein Schaden in
der Gesundheit ist also wenigstens nicht besonders zu fürchten.
Ein Nachtheil im Beruf kann dann doch aber Für einen jüngeren
Mann, der ein paar Jahre verwenden kann, sich die Welt an-
zuseheu, durch einen dreijährigen Aufenthalt in Afrika über¬
haupt nicht entstehen. Man darf eben die ganze Sache nicht
so schwer auffassen und nicht mehr dahinter suchen als
vorläufig und von vornherein dabei zu suchen ist. Es ist
weder eine Gelegenheit, um besondere Carriere zu machen,
noch um Schätze zu sammeln, denn das Leben ist dort
sehr theuer. Aber eine sehr interessante Episode ist ein solcher
Aufenthalt in Süd-West-Afrika doch jedenfalls, und wenn man
ihn ohne wesentlichen Geldaufwand erlangen kann und jung ge¬
nug oder frei genug ist, um die Zeit übrig zu haben, so wüsste
man wirklich nicht, welche Bedenken einem entgegenstehen
sollten. Gewiss haben einige Collegen in den Colonien un¬
angenehme Erfahrungen gemacht. Aber durch diese Erfahrungen
gewitzigt, kann man vor Abschluss der Verpflichtungen
doch sagen, welche Stellung man beansprucht, und wenn sie
hiernach zugesagt ist, so hat man doch die Mittel, sich seine
Stellen zu wahren. Aber das allerdings ist zu rathen, vor
dem Abschluss des Contracts alles klar zu stellen. S.
Hochaohulfrequenz.
Berlin 517 Studirende, darunter 139 Militär-Ross arzt-Eleven,
beide mit Ausschluss der länger als 7 Semester studirenden und
daher nicht mehr immatriculirten, sondern nur hospitirenden
Herren. — Hannover 245 Studenten. — Giessen 85 Studenten
(eine unzweifelhaft bereits dem Bekanntwerden der Re¬
organisation zu verdankende ausserordentlich hohe Ziffer).
Zum Abiturientenexamen.
Es wird alle Leser erfreuen, zu hören, dass die Land-
wirthschaftskammer für den Regierungsbezirk Wiesbaden (Vete¬
rinärreferent Prof. Dr. Leonhardt) als die Erste schon am
12. December den Beschluss gefasst hat, dass für das Abi¬
turientenexamen der Thierärzte auf das Nachdrücklichste ein-
zutreteu sei. Vivat sequens!
Verein practisoher Thierärzte zu Berlin.
Versammlung am Sonnabend, den 6. Januar 1900,
Abends y 2 8 Uhr, im Rathhauskeller (Eingang Jüdenstrasse).
Tagesordnung:
1. Vereinsangelegenheiten.
a) Aufnahme neuer Mitglieder. b) Statutenänderung.
c) Mitgliederverzeichniss. d) Wahl eines Ehrenmitgliedes.
2. Vorträge.
a) Prof. Dr. Ostertag: Bacteriologische Fleischbeschau.
b) Prof. Udrisky-Bukarest: Eine Complication der
Cryptorchiden-Castration.
3. Mittheilungen aus der Praxis. Der Vorstand.
Ver8ioherung8verein zu Stuttgart.
Die Centralvertretung hat mit dem Allgemeinen Deutschen
Versicherungs-Verein zu Stuttgart einen Meistbegünstigungs-
Vertrag für Unfall-Versicherungen abgeschlossen, dessen Wort¬
laut u. A. in der B. T. W. 1899, pag. 21 veröffentlicht ist.
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4^ Januar 1000. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 11
Durch Circular hat der genannte Verein ferner kürzlich allen keine Gelegenheit gehabt zu berathen. Da Verwechselungen
thierärztlichen Vereinen einen ähnlichen Meistbegünstigung*- vorgekommen sind, so sei hier auf Wunsch des Vereins mit¬
vertrag betr. Haftpflicht-Versicherungen Angeboten. Feber getheilt, dass der bereits bestehende Vertrag sich nur auf Unfall¬
letzteren Gegenstand hat jedoch die Centralvertretung noch Versicherung, nicht aber auch auf Haftpflichtversicherung bezieht.
Oeffentliches Yeterinärwesen.
(M itth eil ungen für
Seuchenstatistik and Yeterinärpolizei.
Was ist Dünger?
Tn einer thüringischen Stadt hat der Staatsanwalt die Er¬
hebung der Anklage gegen einen Hofbesitzer abgelehnt, welcher
aus einem Seuchengehöft gegen die gesetzliche bezw. landes¬
polizeiliche Vorschrift Jauche abgefahren hatte. Der Beschuldigte
machte geltend, dass Jauche zwar agriculturchemisch ein
Düngemittel sei, nicht aber Dünger, der im Stall gelegen hat.
Diese Ansicht könne, so wurde begründet, nicht von vornherein
von der Hand gewiesen werden, desshalb sei eine subpositive
Verletzung des § 328 Str.-G.-B. nicht nachgewiesen.
Wir halten diese Ansicht für unzutreffend: Unter Stalldünger
versteht man die den Stallfussboden bedeckenden, mit den Ab¬
gängen der Thiere gemischten Streumaterialien. Da die Ab¬
gänge fest und flüssig sind, so enthält der Dünger nothwendiger
Weise einen flüssigen Bestandteil, von dem ein Theil im Stalle
liegen bleibt, ein anderer gleich in die Dunggrube abfliesst.
Wenn auch nach dem Herausschaffen des Düngers aus dem
Stall sich die flüssigen Bestandteile als Jauche absondern,
so ändert doch dadurch, dass der Dünger in seine Bestandteile
zerlegt wird, sich die Thatsache nicht, dass es eben Bestand¬
teile des Düngers waren und bleiben. Eine besondere Definition
des Düngers zu geben, war um so überflüssiger, als auch ganz
allgemein in der Landwirtschaft die Jauche als ein Bestand¬
teil des Düngers angesehen wird: mag sie nun mit Wasser ver¬
dünnt sein, oder nicht. Es ist auch zweifellos, dass der Gesetz¬
geber (und dementsprechend jede Landespolizeivorschrift) mit
der Bezeichnung Dünger auch die flüssigen Bestandteile treffen
wollte. Denn alle Bestimmungen betr Dünger beziehen sich
auf die Gefahr des Vorhandenseins von Krankheitskeimen in
denselben und diese Gefahr ist bezüglich der flüssigen Bestand¬
teile noch grösser als bezüglich der festen.
Schutzimpfungen in Ungarn.
(Veterinärbericht 1898.)
Für Milzbrandimpfungen lieferte den Impfstoff das Labora-
toire Pasteur in Pest. Es wurde bezogen im Berichtsjahr
Impfstoff für 7107 Pferde. 14747") Rinder und 201*4*17 Schafe.
Das bedeutet für Schafe 30000 Dosen weniger, für Pferde und
Rinder etwas mehr. Bei Pferden betrug der Gesammtverlust in
der Zeit zwischen den zwei Impfungen, sowie später innerhalb
eines Jahres 0,025 pCt. lieber die Impferfolge bei Rindern
liegen Berichte über 106000 Impfungen vor. Der Verlust, wie
oben berechnet, beträgt im Ganzen nur 22 Stück, das sind
0,02 pCt. Die Gesammtziffer für 1889 bis 1898 ergiebt bei
über einer halben Million geimpfter Rinder einen Gesammtverlust
von nur 273 Stück — 0,05 pCt. Auch die Schafimpfungen
weisen ein gleich günstiges Resultat auf. Berichtet ist über
133878 Impfungen, unter denen der Verlust wie oben nur 31)
= 0,03 pCt. ergiebt. Fiir die 8 Jahre von 1881* bis 181*8 ist
das Resultat von 973000 Schüfen ein Gesammtverlust von 0,65.
Die Verlustziffern sind also in letzter Zeit, günstiger geworden.
Gegen Rauschbrand wurden nur 1471* Rinder geimpft, wo¬
von ein Stück umgestanden ist.
Veteriuärbeamte.)
Rothlaufimpfstoffe nach Pasteur wurden von dem oben ge¬
nannten Institut 249364 Dosen versandt, etwas weniger als im
Vorjahr. Die verwendbaren Meldungen betreffen 187000 Schweine,
von denen zwischen den zwei Impfungen 204 Stück, später im
Verlaufe eines Jahres nur 7 Stück, insgesammt also 211 = 0,1 pCt.
verloren gingen. Im Allgemeinen sind diese Resultate, obwohl
die Berichte nicht ganz zuverlässig sind, recht günstig
Gehirn-Rückenmark8-Entzündung der Pferde.
Die Seuche, welche den Namen „Bornaache Krankheit”
um so weniger verdient, als sie schon lange im Vogtlande vor¬
kam, bevor sie im Bezirk Borna auftrat, gewann 181*8 eine weit
geringere Verbreitung als in früheren Jahren, ln 20 Orten er¬
krankten 31 Pferde, von denen 29 verloren gingen.
Maul- und Klauenseuche auf Schlacht-Viehhöfen.
Ausbrüche der Seuche sind gemeldet am 18. December
von Dresden, wo sie am 21. erlosch, ferner am 22. von Magde-
i bürg unter Ueberständerindern, am 25. von Sachsenhausen,
1 ( Erlöschen am 31. ), am 26. von Mülhausen i. E. unter Schweinen,
i wo dieselbe am 29. wieder erlosch: Ausbruch und gleichzeitiges
Erlöschen am 21. und 29. von Essen a. d. Ruhr und am 30. von
Nürnberg (Abth. für Schweine). Ferner ist noch das Er¬
löschen gemeldet von Berlin am 15. unter Schafen, von Mag¬
deburg am 11*., am 25. und am 27. (Ueberständeschweine), von
Nürnberg am 22. (Schweine).
Fleischschau.
Versuche über die Schädlichkeit des Fleisches
tuberkulöser Thiere.
Von van der Sluys.
(Ztselir f. PI., u. Milrfah., Oct 1899.)
Der Autor hat von 181*5 bis 181*7 Fütterungsversuche an¬
gestellt. deren Resultate bisher nicht veröffentlicht sind, über
die jedoch Prof. Thomassen auf dem internationalen Tuber-
kulosecongress zu Paris schon Mittheilungen gemacht hat.
Sämmtlirhe Versuche sind mit dem Fleisch solcher Thiere
angestellt worden, welche mit generalisirter Tuberkulose derart
behaftet waren, dass das Fleisch in allen (’nlturländern ver¬
nichtet worden wäre. Erster Versuch: Drei Ferkel. Fleisch
verfüttert mit Reismehl nach Aufweichung in Wasser. Negatives
Resultat. Zweiter Versuch: Drei Ferkel. Sechs Wochen alt:
i zwei davon wurden gefüttert, eins diente als Controllthier.
| Gänzlich negatives Resultat, obwohl die beiden Schweine
j zusammen 8—9 kg tuberkulöses Fleisch verzehrt hatten. Dritter
Versuch: Ebenfalls drei Ferkel. Gleiches Resultat. Vierter
Versuch: Drei Ferkel: zwei wurden gefüttert, ein Controllthier.
Das von einem Schwein mit Tuberkulose der Lungen. Leber.
Milz. Nieren, Pleura, Bronchial- und Gekrös-, Cervical- und
anderer L.vmphdrüsen stammende Fleisch wurde vor der Ver-
fütterung mit Knochensplittern vermengt. Die weitere Fütterung
geschah mit Fleisch ähnlicher Beschaffenheit. Ein mit dem
^ r 1
Fleisch intraperitoneal geimpftes Meerschweinchen starb nach
drei Monaten an Tuberkulose. Die Versuchsschweine erhielten
, insgesammt lD/a kg. Nach fast sechs Monaten wurden die
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12 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 1.
Ferkel getödtet. Eins war völlig gesund, ebenso das (’ontrollthier;
das zweite zeigte Tuberkulose der Kehlgangs-, ('ervical- und
Bronchialdrüsen nebst Miliartuberkulose der Leber und Milz.
Fünfter Versuch: Wieder drei Ferkel. Das Fleisch ebenfalls
mit Knochensplittern vermischt. Das Controllthier blieb gesund,
die beiden anderen wurden mit Tuberkulose behaftet gefunden.
Die Versuche beweisen, dass durch den Genuss des Fleisches
tuberkulöser Thiere Tuberkulose hervorgerufen werden kann,
dass indessen die Gefahr ausserordentlich gering ist. Denn von
zehn Thieren mit so grosser Empfänglichkeit konnten nur drei
tuberkulös gemacht werden, und diese nur. nachdem das von
hochgradig tuberkulösen Thieren stammende Fleisch auch noch
mit Knochensplittern vermengt worden war. Denn es ist wohl
nicht ein blosser Zufall, dass gerade von den vier in dieser
Weise gefütterten Thieren drei erkrankt gefunden worden sind.
Sieben von den gefütterten Schweinen blieben jedoch ganz
gesund, trotzdem das Fleisch, welches sie so lange erhielten,
von Thieren stammte, die durchweg mit allgemeiner Tuberkulose
im höchsten Grade behaftet waren. Bei bloss localer Tuber¬
kulose wird daher von einer Infectionsgefahr überhaupt nicht
gesprochen werden können. Im Anschluss an jene Mittheilungen
Thomassens bekannte Prof. Stubbe-Brüssel, der sonst ein
eifriger Verfechter der Vernichtung des Fleisches tuberkulöser
Thiere gewesen war, dass er angesichts der in Frankreich,
Italien und Deutschland gemachten Versuche seine Meinung
ändern müsse. Nocard bemerkt dazu: die Mittheilungen
Thomassens seien interessant bezüglich der Thatsache, dass
nur unter Zuhilfenahme von Knochensplittern ein positives
Resultat der Versuche erreicht worden sei. Knochensplitter
öffneten durch die von ihnen erzeugten Verletzungen nicht allein
Eintrittspforten, sondern sie seien auch besonders gefährlich
durch die Reste von Knochenmark, in dem sich Tuberkelbacillen
unter besonders günstigen Bedingungen ansiedeln. Jedenfalls
haben die seit zehn Jahren unternommenen Versuche
gezeigt, dass das Fleisch tuberkulöser Thiere an sich
harmlos ist.
Personalien.
Ernennungen: Die Zuchtinspectoren Nopit sch-Traunstein,
Roetzer-Miesbach, Greith er-Donauwörth und Attinger-Niirnberg
zu Bezirkstbierärzten extra statum. — Districtsthierarzt Rucker-
Iffeldorf zum Districtsthierarzt in Höchstädt. — Grenzthierarzt-
Assistent Matzki-Eydtkuhnen zum e. Kreisthierarzt in Kempen —
Die Wahl des Thierarztes Staubitz-Scbwabhausen zum Stadt-
tbierarzt in Lauffen, von der Regierung des Neckarkreises bestätigt
und zu .Schlachtliofinspectoren gewählt der Polizeithierarzt Dr.
Dönecke-Hamburg in Schwiebus, der Sanitätsthierarzt Frensel-
Hannover in Nienburg a. W., der Tbierarzt Kutzbach in Staven-
hagen.
Kreisthierarzt Giittlich-Namslau giebt seine Dienststelle und
Privatpraxis auf.
Wohnsitz-Veränderungen. Thierarzt Fackler von Wemding nach
München als Assistent bei Bezirksth. Herrmann, Thierarzt Probst
nach Rein, Bezirksamt Neuburg, Thierarzt Grottenmüller von
München nach Baumarck (Ebern). — Thierarzt Frede-Braunschweig
ist wieder nach Dettum, Thierarzt Geissendörfer-Windsheim bis
auf weiteres nach Bad Kissingen verzogen.
Approbationen: ln Berlin die Herren: Otto Ettrich, Ernst
Starfinger und Johann Nytz.
In der Armee: Beförderungen: Grüner, Veterinär bei der
E(|uitationsanstalt in München zum überzähligen Stabsveterinär,
Gersheim, Veterinär des Remontedepots Fürstenfeldbrück, unter
Versetzung zum 3. Chev.-Regt. zum Stabsveterinär.
Versetzungen: Stabsveterinär Dr. Knoch vom 3. Chev.-Regt.
zum 3. Feldart.-Regt., Veterinär Dr. van Bommel vom 2. Feldart.-
Regt. zum Remontedepot Fürstenfeldbrück. Zu Veterinären d. Res.
wurden befördert die Unterveterinäre Schupp u. Gas teige r
(München), Fä u s tl e - Wasserburg, S c h ä f I ei n - Aschaffenburg.
Todesfälle: Kgl. bayer. Bezirksthierarzt Huber in Wunsiedel
(Oberfranken).
Yacanzen.
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Breslau: Namslau (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B.
Gumbinnen: Grenztbierarztassistentenstelle zu Stallupönen mit
dem Wohnsitz in Eydtkuhnen (1600 M. und Privatpraxis). Meid,
beim Regierungspräsidenten. — R-B. Marienwerder: Sehwetz (noch
nicht ausgeschrieben. — R.-B. Oppeln: Grenzthierarztstelle des
Kreises Kreuzburg vom 1. Jan. ab. Gehalt 900 M., staatl. Grenz-
rnntrol - Remuneration 600 M. — R.-l». Trier: Kreisthierarzt¬
assistentenstelle (900 M.). Bew. an den Regierungspräsidenten. —
R.-B. Schleswig - Eiderstedt, zunächst kommissarisch. Gehalt
600 M. Viehbestand des Kreises: 2501 Pferde, 14460 Rinder,
1976 Schweine. Bewerbungen bis zum 18. Januar 1900 an den
Regierungspräsident in Schleswig.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Arnsberg: Lippstadt. — R.-B. Danzig: Carthaus. — R.-B.
Posen: Gostyn.
Sanitätsthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebeoe Stellen:
Dessau: Schlachthofsassistenzthierarzt (1500 M., Wohnung etc.)
— Görlitz: Schlachthofsassistenzthierarzt sofort. (1800 M. steigend
bis 3300 M. und 300 M. Wohnungsentschädigung.) Meldungen beim
Magistrat. — Hannover: IV. Thierarztstelle am Schlachthof. —
Hirschberg (Schles.): Schlachthofvorsteher zum 1. März 1900
(3000 M., Wohnung etc., keine Praxis; 1500 M. Caution.) Bewerb,
bis 31. December an den Magistrat. — Markneukirchen: Thier¬
arzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau zum 1. Mai 1900.
(2400 M., keine Praxis.) Bewerb, bis 20. Jan. an den Stadtrath. —
Norderney: Schlachthofsinspector. (2000 M., Wohnung etc-
Privatpraxis bedingungsweise.) Bewerb, bis 28. Dec. an den Ge¬
meindevorstand. — Posen; 1. Tbierarzt für den am 1. Jan. 1900
zu eröffnenden Schlachthof, (3000 M. steigend bis 3600 M., Wohnung
etc. Pensionsberechtigung; ljähr. Probezeit.) Ausserdem daselbst
ein 2. Thierarzt (2400 M., Wohnung etc.) Bewerb, bis 15. Dec. er.
an den Magistrat. — Trier: Schlachthofhilfsthierarzt zum 1. März
1900. (1800 M.) Bewerb, bis 15. Januar an den Oberbürgermeister.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — Eckernförde: Schlacht¬
hofinspector. — Essen (Ruhr): 3. Schlachthoftbierarzt — Fi lehne:
Schlacbthofinspector. — Friedrichsthal (Kr. Saarbrücken): Tbier¬
arzt für Fleischbeschau. — Liegnitz: Schlacbthofassistenzthierarzt.
— Militsch: Schlacbthofinspector. — Ostrowo: Schlachthof¬
inspector. — Pieschen: Schlachthofinspector. — Schwetz a. W.:
Schlachthofverwalter. — Spremberg: Schlacbthofinspector. —
Stettin: Schlachthofthierarzt — Tempelburg: Schlachthaus¬
inspector.
Privatstellen : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Augustusburg: Städt. Tbierarzt sofort (720 M. Fixum.
Privatpraxis). Bew. bis 11. December an den Stadtrath. — Festen¬
berg. — Hirschberg (Saale): Thierarzt (1000 M. Fixum). Bew.
an den Stadtgemeindevorstand. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl.
— Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau
(Ostpr.): Thierarzt für Praxis (300 M. Zuschuss). Bewerbungen beim
' Magistrat.
Verantwortlich für <lon Inhalt (excl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmal tz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. Büxenstein, Berlin.
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Die „Berliner Thierftrstllche Wochenschrift“ erscheint
wöohenlUch in Stärke von mindestens l>/ ( Bogen. Dieselbe
iat >n beziehen durch den Buchhandel, die Poat (No 1082)
oder dnrch die Verlagsbuchhandlung, von Richard
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Originalbeltrlge werden mit 60 Bk. ftlr den Bogen honorirt
Alle Manuscrlpte, Mittheilungen Und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmälte,
Berlin, tbiertrztlicbe Hochschule, NW., Lolsenstraase 66.
Correcturen, Recensions- Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 2. Aasgegeben am 11. Januar.
I n h a 1 1: Wulff: Die Strahlenpilzkrankheit. — Jess: Verbesserung an Injectionscanülen. — Referate: Tröster: Eine Hohl¬
nadel zur Blutentnahme. — Hamoir: Tuberculöse Meningitis beim Rinde. — van der Velde: Ueber die Septicaemia puer-
peralis. — Thierbaltung und Thierzucht. — Tagesgeschichte: Bericht über die 28. ordentliche Generalversammlung
des thierärztlichen Provinzial-Vereins für Westfalen am 24. September 1899 im Hötel ..Rheinischer Hof“ zu Hamm i. W. —
Das Vereinsrecht im B. G.-B. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seiichenstatistik und Veterinärpolizei.
— Fleischschau und Viehverkehr. — Kammergerichts-Entscheidung. — Personalien. — Vacanzen.
Die Strahlenpilzkrankheit.
Von
ObeProssarzt a. D. WulfT-Cottbus,
Sch lach thofrli reo tor.
Vortrag, gehalten in der Herbstversammlung des thierärztlichen
Vereins für die Provinz Brandenburg.
Seitdem ich den Vorzug habe, als Sanitätsthierarzt an einem
Schlachthofe thätig zn sein, ist vom Anfang an aut die Acti-
nomycose meine Aufmerksamkeit gelenkt worden, weil bei mir
sich die Meinung gebildet hatte, dass vielfach die Strahlenpilz¬
krankheit mit der Tnbercnlose verwechselt und häutig vergesell¬
schaftet beobachtet werden kann. Mit Nachfolgendem bezwecke
ich, Geschichtliches, Morphologisches und Anatomisches von der
Actinomycose Ihnen mitzutheilen; sowie die ursächlichen Ver¬
hältnisse Ihnen unter Berücksichtigung derjenigen Fälle, die von
mir untersucht und beobachtet worden sind, vorzuführen.
Schon vor längerer Zeit wurden unter dem Namen Kiefer-
sarcom, Kieferkrebs, Spina ventosa, Holzzunge, Zungentuber¬
eulose von Pathologen geschwnlstartige Gebilde der Kiefer, sowie
eigentümliche Veränderungen der Weichtheile des Maules und
Rachens an Rindern beschrieben, bei deren genauerer Unter¬
suchung von Davaine eigentümliche Körnchen gefunden wurden;
ferner nach einer Mitteilung von Israel, von Langenbeck
wurden ähnliche Körnchen im Abscesseiter von Menschen nach¬
gewiesen, ihre Untersuchung ergab strahliges Gefüge und öfters
vorkommende Verkalkung, demzufolge die Körnchen von Rivolta
für krystallinische Bildungen gehalten wurden. Rivolta und
Perroncito haben das makroskopische Verhalten des Pilzes
zutreffend beschrieben und auch die ursächliche Verbindung
zwischen diesen und den Gewebserkranknngen hervorgehoben;
aber erst Bollinger war es, der auf Grand von Untersuchungen
an erkrankten Kiefern des Rindes 1877 die. pathogenetische
Bedeutung des dann von Harz im Jahre 1879 als Actinomyces
bovis bezeichnten Pilzes streng wissenschaftlich klarstellte.
Ponfick bewies im Jahre 1879 die pathologische Identität
der Actinomycose von Menschen und Thieren. Dnrch zahlreiche
Untersuchnngen wurde endgiltig festgestellt, dass an gewissen
Haustieren, namentlich am Rinde, seltener am Schweine, aus¬
nahmsweise auch an Pferden, Hunden, dem Elephanten, anderer¬
seits beim Menschen, eine bald streng localisirte, bald den
Charakter einer Allgemeinerkrankung annehmende Infections-
krankheit vorkommt, als deren Erreger der Actinomycespilz zu
betrachten ist.
Dank den Arbeiten von Israel und Bo ström ist die
Morphologie des Pilzes eine der bestausgearbeiteten geworden
und soviel wie abgeschlossen, doch ist seine Stellung innerhalb
der Systematik der Pilze auch jetzt nicht definitiv festgelegt.
Anfangs mit dem Streptothrix Försteri identificirt, wurde er
später von Harz, dem sich eine Zeit lang Botaniker wie
F. Cohn und De Bary anschlossen, auf Grund gewisser als
Sporangien gedeuteter Gebilde dem Gebiete der Schimmelpilze
zugewiesen.
Der Pilz gedeiht bei Luftzutritt am üppigsten, er entwickelt
sich auch bei vollständigem Sauerstoffmangel zu charakteristischen
Culturen.
Das Temperaturoptimum für seine Entwickelung liegt
zwischen 33 und 37°; nach Domec werden die Pilzfäden durch
GOgradige Wärme innerhalb fünf Minuten getödtet. Gegen Ein¬
trocknung sind die Culturen sehr widerstandsfällig. Selbst ein¬
jährige, völlig ausgetrocknete Cultaren lieferten noch lebens¬
fähige Sporen, die, auf einen guten Nährboden gebracht, in
charakteristischer Weise wieder auskeimten.
Schon der Umstand, dass die Actinomycose bei Thieren am
häufigsten in den der Maulhöhle angrenzenden Theilen auftritt,
spricht dafür, dass in der Aetiologie der Krankheit die in der
Maulhöhle gelangenden Futtermittel eine Rolle spielen; der
Gedanke liegt nahe, dass die spitzen auch stachligen Theile
des Futters die Maulschleimhaut verletzen und durch den so
entstandenen Substanzverlust die Pilze leicht in das submucöse
Gewebe gelangen. Hierfür spricht noch, dass die Krankheit
nach allgemeiner Erfahrung vorzugsweise jüngere Rinder zur
Zeit des Zahnwechsels zu befallen pflegt, zn welcher Zeit das
Zahnfleisch bekanntlich gelockert, leicht verwundbar erscheint
und an dem Zahnhalse nicht so innig anhaftet wie später. Heu
oder Stroh ist es hauptsächlich, welches eine Verletzung der
Schleimhaut hervorzurufen vermag, und thatsächlich ist die
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14
Krankheit bei den Thieren im Spätherbst und im Winter, zu
welcher Zeit die Fütterung fast ausschliesslich mit Trockenfutter
erfolgt, am häufigsten. Das Gerstenstroh ist es wieder, welches
in Folge an demselben befindlicher Getreidegrannen am leichtesten
zu Verletzungen führt, die um so hartnäckiger sind, da die
Grannen Widerhaare besitzen, welche nach einmaligem Ein- I
dringen ins Gewebe der Entfernung der Granne einen erheblichen
Widerstand entgegenstellen. Interessant ist eine von Johne
gemachte Beobachtung, der zu Folge sich häufig in den Ton-
sillarfollikeln der Schweine Getreide- und hauptsächlich Gersten¬
grannen eingeklemmt fanden, welche mit Pilzcolonien, die dem
Strahlenpilz in jeder Beziehung ähnlich und wahrscheinlich mit
diesem identisch sind, bedeckt waren. Auf die Vermittlerrolle I
der Gerste weisen auch jene Fälle hin, in welchen nach Ver-
fütterung von Gerste oder Gerstenstroh eine endemische Krank¬
heit des Rindviehs auftrat. Bang wies nach, dass der Strahlen- j
pilz am Getreidekorn und -Stroh sehr gut gedeiht, und zwar am
üppigsten an der Gerste. In getrockneten Getreidegrannen kann
derselbe erwiesenermassen ein Jahr und länger entwickelungs¬
fähig bleiben. In Blumentöpfen wurde die Erde mit Pilzculturen j
inficirt und dann Bohnen, Roggen und Gerste eingesäet: die j
Körner keimten in normaler Weise ans, die mikroskopische Unter- i
suchung wie auch das Culturverfahren bewiesen, dass in ver- !
schiedenen Theilen der Pflanzen Actinomycespilze zugegen
waren. Obwohl es noch nicht gelungen, den Strahlenpilz auf
der im Freien gewachsenen Gerste nachzuweisen, ist mit Recht |
anzunehmen, dass derselbe dort und zwar in den Luftcanälen |
des Strohes vorkommt.
Thatsächlich ist die Krankheit unter den Thieren in
sumpfigen und feuchten Gegenden häufiger als anderwärts;
einige Beobachtungen sprechen dafür, dass eine grössere Feuch¬
tigkeit des Bodens, wie auch eine an Niederschlägen reichere
Witterung die Pilzentwickelung und Wucherung befördert.
Endlich hat man auch in pathologischen Geschwülsten z. B. in
der Zunge, häufig Gerstengrannen gefunden, und wenn auch
angenommen werden kann, dass sie nachträglich in das krank¬
haft veränderte Gewebe gelangen konnten, so bildet dieser
Befund eine gewichtige Stütze der obigen Annahme.
Wenn wir nun diese gemachten Erfahrungen uns vor
Augen halten, so können wir mit Rücksicht darauf, dass die
Krankheit beim Menschen auf ähnliche Weise auftritt wie beim
Rinde, mit grosser Wahrscheinlichkeit auch beim Menschen den
gleichen Infectionsmodus vermuthen. Dieser Infectionsmodus ist
zweifellos erwiesen.
Boström konnte in einem Falle beobachten, dass der Pilz
ursprünglich im Luftcanale der Granne sich befand, sich dort
zu grösseren Massen vermehrte und erst die Grannenwand durch¬
brechend in die Gewebselemente der Umgebung eindrang.
Die auf irgend eine Weise auf die Maulschleimhaut gelangte
Granne dringt eventuell durch die Ausführungsgänge der
Schleimdriischen oder der Tonsillenfollikel in -das Gewebe ein
und kann, einmal eingedrungen, wegen ihrer Widerhaare nicht
mehr nach rückwärts, sondern blos vorwärts dringen; diese
Fortbewegung wird durch die Contraction der benachbarten
Muskeln unterstützt, und längs des zurückgelegten Weges
kommen unter dem Einflüsse der mit der Granne eingedrungen i
und proliferirenden Mikroorganismen die characteristischen
Gewebsveränderungen zu Stande.
Im Oesophagus kann sich die auf irgend eine Weise hin- j
gelangte Granne leicht einspiessen und durch die Contraction
No. 2.
der Schlundmusculatur in tiefere Schichten befördert werden.
Es kann daher leicht geschehen, dass eine derartige Pilze
führende Pflanzenfaser in den Darm gelangt und sich daselbst
im Dickdarm und dort meistens in den Poschen oder im vorderen
Ende, in der Spitze des Blinddarmes festkeilt und durch die
Schleimhaut hindurch in die tieferen Schichten gelangt.
Bezüglich der Infection durch die Maulhöhle wurde früher
den cariösen Zähnen eine bedeutende Rolle zugeschrieben, gegen¬
wärtig ist man dieser Annahme weniger geneigt. Abgesehen
davon, dass bei den Kiefergeschwülsten der Rinder die Zähne
fast immer unversehrt sind, und dass der Actinomyces niemals
Dentin oder Cement des Zahnes angreift, dass weiter die
Bedingungen für die Ansiedelung des Strahlenpilzes in den cariösen
Zähnen wenig günstig sind, waren auch bei den Menschen in
einer beträchtlichen Zahl der Fälle die Zähne ganz unverletzt.
Wo sich Actinomyces in der Nachbarschaft von cariösen Zähnen
entwickelt, ist die Möglichkeit nicht ausser Acht zu lassen,
dass an solchen Stellen das Zahnfleisch krank, aufgelockert uud
leicht verletzbar ist, oder eventuell der Zahnhals und das
Periost desselben ganz entblösst sind. Es ist in den cariösen
Zähnen gar kein Actinomyces, sondern Leptothrixfäden gefunden
worden.
,,Eine eminente Bedeutung besitzt vom practischen Gesichts¬
punkte aus die Frage, ob die Krankheit von kranken Thieren
auf den Menschen übertragen werden kann^ besonders in der
Richtung hin, ob das genossene Fleisch pilzkranker Thiere bei
der Aetiologie der menschlichen Actinomycose in Betracht kommt“.
Bisher haben die Beobachtungen in dieser Richtung keine posi¬
tiven Beweise geliefert.
Fürs Erste sind die Erkrankungen bei Thieren so auffällig,
dass die erkrankten Körpertheile leicht als für den Genuss un¬
geeignet erkannt werden können; der Pilz ist gegen die höhere
Temperatur der Fleischzubereitung wenig widerstandsfähig.
Immerhin lässt sich denken, dass lebensfähige Pilze, die sich
in actinomycotischen Herden befinden, beim Schlachten auf das
sonst gesunde Fleisch gelangen, und wenn dies roh genossen
wird, sich bei Anwesenheit von Erosionen der Mundschleimhaut
ansiedelu. Der Verkehr mit kranken Thieren kann die Infection
für Menschen bewirken. Die künstlichen Uebertragungsversuche
von Thieren oder Menschen auf ein anderes Thier haben keine
ganz einwandsfreien Resultate ergeben. Wohl hat Johne an
einer Kuh und zwei Kälbern wirksame Ueberimpfnngen mit
Pilzkörnern gemacht, die er kranken Thieren entnahm mit frisch
ausgepresstem Blute verimpfte, auch Ponfick und Israel
wollen positive Resultate erreicht haben. Man muss wohl zu¬
geben, dass die Einreihung der Actinomycose unter die vom
Thiere auf Menschen übertragbaren Krankheiten eher eine her¬
kömmliche als auf Thatsachen gegründete ist, im Wesentlichen
handelt es sich wohl bei Thieren als bei Menschen um eine bei
beiden gemeinschaftlich von pilzbefallenen Pflanzen oder pflanz¬
lichen Theilen direct oder indirect ausgehende Infection.
Schon im Jahre 1890 sind von der Reise des Dr. Below
nach Cansas City eingehende Schilderungen von dieser Seuchen¬
gefahr für unseren Fleischmarkt gegeben, wie sie nachher
in dem Grenzboten 1894 und später in Buchform — C. Gr an¬
no w, Bilder aus dem Westen •— veröffentlicht worden sind.
Es war dargelegt worden, wie kleine drüsenförmig gruppirte,
keulenförmige Pilzwncherungen nach schlechter Weidefüttenmg
sich in den Zähnen und Kinnbacken der Rinder ablagern, von
da weiter wandern und sich in Kinnbacken und Vorderfüssen
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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11. Januar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
15
auch wohl in Rippen und anderen Knochen festsetzen und
Knochenauftreibungen und Verschwärungen zu Wege bringen,
die die Fresslust herabsetzen und den Tod zur Folge haben.
Man neigte zu der Ansicht, dass die Menschen von dem Genuss
des Fleisches solcher Thiere, die mit Actinomycose behaftet
waren, inficirt wurden.
Das Studium der Uebertragbarkeit der Strahlenpilzseuche
befindet sich noch im Anfangsstadium. Noch jetzt ist es auf
den Fleisch-Weltmärkten des Westens eine offene Frage, ob man
solches Vieh schlachten und das Fleisch verkaufen lassen darf
und ob dadurch die Actinomycose unter die Menschen verbreitet
wird. Dabei hat man bei uns nichts dagegen, dass
amerikanisches Rindfleisch, womit alle amerikanischen
Würste stark durchsetzt sein sollen, hier consurairt
wird.
Es fragt sich nun, ob es nicht zeitgemäss erscheint, die Re¬
gierungen gelegentlich der Berathungen und Ausfiihrungsbestim-
raungen des Reichsfleischschaugesetzes darauf hinzuweisen, wie
mangelhaft die Fleischbeschau in Amerika ausgeführt wird und
dass hinsichtlich der Strahlenpilzseuche die Einfuhr von Würsten
gänzlich zu verbieten würe.
In der 67. Reichstagssitzung vom 17. April 1899 sagte
Graf Klinckowström bei Berathung des Fleischschaugesetzes:
..Die Einfuhr ausländischen Fleisches werde sehr gesteigert, es
bedürfe also einer scharfen Controlle, um so mehr, wenn man
bedenke, welche Art von Conserven die Amerikaner ihren eignen
Soldaten im spanischen Kriege vorgesetzt hätten: von 100 Pro¬
ben 18 einwandfrei, 10 zersetzt, 3 giftig und der Rest verwest,
verdorben!
Ein Fleischermeister Busch, der vom Besuche seines
Sohnes in New-York wieder nach Landsberg a. W. zurück¬
gekehrt ist, theilt mancherlei Interessantes mit: Das Büchsen¬
fleisch, hier sogenanntes „Comed beef“ kauft der Amerikaner
überhaupt nicht, nur die Allerärmsten der Armen, und in den
Ausläufern der Stadt kaufen es die allerniedrigsten Classen.
„Gut genug für Deutschland“, heisst es dort. Ueberhaupt seit¬
dem der Scandal über die Fleischlieferungen für die Truppen
entstanden, ist das Büchsenfleisch verpönt. Gerade zu der
Zeit als der Meister Busch als vorurtheilsfreier Beobachter
drüben weilte, wurde die Scheusslichkeit des Betruges enthüllt.
Unter den Schlächtern war es längst bekannt, dass die ameri¬
kanischen Truppen statt eines guten Fleisches — an dem kein
Mangel, und das bei den ausbedungenen Lieferpreisen mit Vor¬
theil gegeben werden konnte — die allereklichsten Abfälle aus
den Schlachthäusern erhielten. Die Vollblutamerikaner sahen
diesem Treiben ruhig zu und rührten nicht einen Finger, es
waren hier wieder die Deutschen unter den Fleischern, welche
die erste Veranlassung zur Aufdeckung des ungeheuren Schwindels
gaben, denn ohne deren wahrheitsgemässe und sachverständige
Angaben hätte die Heeresverwaltung nicht jene fast unglaub¬
liche Anklage erheben können.
Am 23. August 1898 hat die Osnabrücker Handelskammer
diese Angelegenheit in die Hand genommen, einer gründlichen
Besprechung gewürdigt. Dieselbe ist überschrieben: „Die ameri¬
kanischen Würste, ein Kapitel von der Volksgesundheit.“
Weiter gelangt die Auseinandersetzung über das verdäch¬
tige amerikanische Rindfleisch nicht als bis zu dem unbefrie¬
digten Schluss: „Die Meinungen der Sachverständigen über die
Schädlichkeit besagter Fleischsorten gehen auseinander.“
Sie werden aber nicht mehr auseinandergehen, sobald man
an dem Institut für Infectionskrankheiten unserer Hochschule
zu Berlin darauf hinweist und genanntes Institut es unternimmt,
in dieser wichtigen Nahrungsfrage ebenso umfassend und gründlich
vorzugehen, wie wir Deutsche in der Weltpostfrage vorgegangen
sind. Alle Seuchenfragen erfordern dringend eine
centralgeleitete Sammelforschung — Thierärztliche
Hochschule.
Ich bringe diese für die Gesundheit der Cnlturwelt drin¬
gende Frage vor und bitte ebenso nach oben hin den Staats¬
behörden darüber Kenntniss geben zu wollen, damit man auch
ersehe, dass von veterinärärztlicher Seite die Wichtigkeit der
Strahlenpilzseuche bereits erkannt ist.
Nach der wissenschaftlichen Aufklärung der Actinomycose
des Rindes durch Bollinger hielt sich eine Zeit lang noch die
Meinung von der geschwulstartigen Natur derselben aufrecht;
nur wurde der früher als „Sarcom“ bezeichnete Tumor ziun
„Actinomycora“ umgetauft. Im Allgemeinen nimmt der Process
bei den Thieren, namentlich beim Rind und Pferd, weniger bei
Schweinen, desshalb einen mehr geschwulstartigen C'haracter an,
weil die Gewebe dem anfänglich gesetzten Reiz sogleich mit
kräftigen Bindegewebsgrannlationen antworten, durch reichliche
Schwielenbildung einer- und Exostosenbildung andererseits den
Entzündungsherd localisiren und der weiteren Propagation eine
immer schwer zu durchbrechende Schranke entgegenthürmen;
durch den sich stets erneuernden Reiz, den die Pilze trotz vor¬
geschrittener Degeneration ausüben, kommen eben endlich jene
oft kindskopfgrossen, umschriebenen, sarcomartigen, pseudo-
fluctuirenden Kiefergeschwülste zu Stande.
Coppen Jones’ ist der Meinung, dass es in beiden Fällen
—, Actinomycose und Tuberculose — in den eingedickten necro-
biotischen Zerfallsmassen zur Ausscheidung einer colloidähnlichen
Substanz komme, die sich hauptsächlich um die feinfadenförmigen
Gebilde, wie elastische Fasern einer- und Pilzfäden anderseits
ablagern. Diesen Ausführungen zu Folge wären die Keulen
demnach nicht als specifischer Degenerationsprocess des Actino-
mycespilzes zu deuten.
Die actinomycotische Erkrankung erscheint bei Thieren von
derjenigen der Menschen insofern verschieden, als sie bei Thieren
viel mehr zur Bindegewebsneubildung anregt und meistens be¬
grenzte, derbe, den Granulationsgeschwülsten ähnliche Gebilde
zu Stande bringt — Actinomycome —, in denen mehr weniger
zahlreiche Erweichungsherde mit nur wenig klebrig-fadenziehen-
dem gelblichen Inhalt und mit untermischten schwefelgelben Pilz¬
körnern anzutreffen sind. Dieser Hergang ist am ausgeprägtesten
bei dem Rinde, weniger bei den Pferden, bei denen am häufigsten
nach Castration in dem Stumpfe des Samenstranges die Krank¬
heit zum Vorschein kommt und dann durch den Leistenkanal
in die Bauchhöhle vordringt. Bei Schweinen sitzt die Actino¬
mycose am häufigsten an dem Euter und führt öfter zum Gewebs¬
zerfall als bei anderen Thieren.
Wenn die primäre Eingangspforte nicht mehr zu erkennen
ist, was bei länger bestandenen Processen überaus häufig vor¬
kommt, so geben uns zu deren Eruirung öfters vorfindlich ver¬
narbte Spuren werthvolle Behelfe; diejenigen Veränderungen
können zweifellos als die ältesten betrachtet werden, in welchen
die Bindegewebsneubildung am meisten überwiegt, während sich
die jüngsten Herde durch das Vorwiegen der destructiven Vor¬
gänge kennzeichnen. Auf diese Weise und unter Berück¬
sichtigung gewisser Erfahrungsthatsachen lässt sich in mehreren
Fällen das scheinbar verwickelte Nebeneinander am Sections-
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16 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 2.
Objekt in ein einfaches Nacheinander auflösen und auf eine
einzige primäre Infection zurückleiten.
In die 1. Gruppe: Infection durch die Maul- und
Rachenhöhle, gehören alle Fälle von Erkrankungen der Kiefer,
der Submaxillar- und Backengegend, der Localisation am Halse,
der retropharyngealen Lymphdrüsen, sowie der Zungenactino-
mvcose. Weit häutiger ist die secundäre Betheiligung des
Knochens oder vielmehr des Periostes, während sich der primäre
Herd in den Weichtheilen entwickelt. Die anfangs äusserlich
von einer ausgedehnten Periostitis nicht zu unterscheidende
Geschwulst senkt sich, entweder in die tiefste Stelle der Maul¬
höhle durchsetzend oder auswärts auf die Weichtheile der Backe
übergreifend, nach aussen, so dass alsbald am Kiefer eine aus¬
gedehnte, bald geschwulstartig prominirende, bald diffus in die
normale Haut übergehende Anschwellung eintritt. Nach längerem
Bestehen tritt in den unter der Haut liegenden Partien Absce-
dirung ein: öfter erfolgt die Verflüssigung beinahe gleichzeitig
in mehreren nebeneinander gelegenen Herden, die erweichten
Partien confluiren sodann mit einander.
In diesen confluirenden Herden finden sich inmitten spär¬
licher, dicklich rahmartiger Flüssigkeit zahlreiche Pilzrasen und
Actinomyceskörner, sowie als eigentliches Corpus delicti die mit
dem Entziindungsprocesse abwärts gewanderte Getreidegranne.
Die actinomycotiscben Erkrankungen der Zunge kommen nur
primär zu Stande, sie haben lediglich localen, geschwulstartigen
Charakter. Die Herde variiren in der Grösse und befinden sich
an der Spitze, dem vorderen Theil der Zunge.
2. Infection von Seiten des Respirationstractes
(Lungenactinomvcose). Als secundäre Erkrankung schliesst
sich diese Form einerseits an jene Fälle an, in welchen der
Process, als praevertebraler beginnend, später auf die Brust-
wandungen und nach erfolgten pleuralen Verwachsungen auf
das Lungenparenchym Übergriff; andererseits an jene, im Ver¬
laufe derer ein retroperitonealer oder an der Leberconvexität
gelegener actinomycotiseher Herd Verwachsungen mit dem Dia¬
phragma und der Lungenpleura eingeht und durch diese hin¬
durch in die hintere Lungenpartie perforirt.
Eine Sonderstellung nehmen auch die ziemlich häufigen
Lungenherde ein, die entweder in miliaren Knötchen durch die
ganze Lunge verstreut oder in grösseren, keilförmig gestalteten
Herden subpleural gelegen sein können. Ihre Beschaffenheit
und (»rosse hängt von der Zeit ihrer Entstehung ab. Als
eigentliche primäre actinomycotisclie Erkrankungen der Lunge
sind bloss diejenigen anzusprechen, in denen eine Infection von
Seiten des Bronchialbaumes stattgefunden hat und die demnach
nach Analogie der Aspirationstuberculose als wahrscheinlich durch
Einathmen pilzhaltigen Staubes hervorgerufene Aspirations-
actinomycose zu deuten sind.
Die primäre Lnngenactinomycose entwickelt sich im Gegen¬
satz zu den tuberculösen Erkrankungen in der Mehrzahl der
Fälle in den hinteren Partien, die sodann in diesem Stadium
ganz oder theilweise luftleer, massiv und unelastisch erscheinen
und auf dem Durchschnitte das Bild der grauen Hepatisation
darbieten, lieber das Niveau der röthlich-grauen Schnittfläche
erheben sich zerstreute, kleine, mit der Messerspitze leicht aus¬
hebbare Körner von röthlich-weisser Farbe, aus welchen sich
ein aus Gewebsdetritus und Pilzdrusen bestehender eiterähnlicher
Pfropf auspressen lässt. Hat sich jedoch der Process bis zum
lockeren, subpleuralen Bindegewebe durchgearbeitet, so kommt
es dort zu rascher Ausbildung ausgedehnter flächenhafter Granu-
| lationen, die zu Abscessen einschmelzen; die Abscesse können
hinter dem Ansätze des Diaphragma rückwärts in das retro-
peritoneale und das Beckenbindegewebe w'andern und über dem
1 Poupart’schen Bande wie ein Psoasabscess an die Oberfläche
treten. Hierbei werden Wirbelkörper arrodirt, die oberflächlichen
Knochenlagen aufgelöst. Die Rippenwirbelgelenke werden gelockert
und theilweise zerstört, in einzelnen Fällen greift der Destructions-
process durch das Zwerchfell hindurch auf die Organe der Bauch¬
höhle über, wobei es zur Bildung hepatischer und perine-
phritischer Abscesse kommt.
Unlängst bekam ich solch sogenannten Psoasabscess beim
Rinde zu sehen, hier war das Schambein und Sitzbein arrodirt;
ähnliche Processe sind im Brustbein beobachtet worden.
3. Infection von Seiten des Magendarmcanals. Viel
seltener als von den Anfangstheilen des Ernährungsschlauches,
1 der Maulhöhle und dem Schlundkopfe, nimmt die Invasion von
den hinteren Partien des Verdauungscanales ihren Ausgang;
doch haben sich, seitdem diese bald als abdominale, bald als
| intestinale Actinomycosen gekennzeichneten Krankheitsformen
! allgemeiner bekannt geworden, die Anzahl der Fälle vermehrt.
Schon Jensen hat mehrere Fälle in der Literatur angegeben,
I die nach dieser Richtung hin gedeutet werden konnten; z. B.
die Leberactinomycose ist erst in den letzten Jahren mehr be¬
kannt geworden: man hat wohl früher die Identität ob ihrer
j Aehnlichkeit mit tuberculösen Herden, sowie auch mit einfachen
Abscessen übersehen. Diese Affection scheint nicht so selten zu
sein, w r ie die Mittheilung von Rasmussen bekundet, welcher
; in den Kopenhagener Schlachthäusern in einem Jahre 22 Fälle
j in die Hand bekam. Im Jahre 1898 habe ich bei 39 Rindern
1 und H Schweinen die Actinomycose festgestellt und ich bin
auch der Ansicht, dass wir mit viel mehr actinomycotiscben
Erkrankungen zu thun haben, als bisher bekannt geworden.
Nach einem Bericht des landwirtschaftlichen Sachver¬
ständigen in Washington, Frh. von Hermann, an den Reichs-
; kanzler tritt die Actinomycose beim Rindvieh in den Vereinigten
! Staaten von Nordamerika sehr häufig auf. In dem einen Jahre
1. November 1896/97 wurden allein in zwei grossen Schlacht-
höfen Chicagos als der Actinomycose verdächtig untersucht
7974 Stück
davon wieder freigelassen. 5695
zu nochmaliger Untersuchung nach dem
Schlachten gebracht. 2279
hiervon nach der zweiten Untersuchung
freigegeben ..1229
und als ungeniessbar verworfen . . . 1050
Frh. von Hermann erinnert sich nicht, irgend einen
Schlachtviehhof besucht zu haben, ohne actinomycotisclie Rinder
j zu sehen, und zwar handle es sich um die Strahlenpilzkrankheit
der Kieferknochen. Im November desselben Jahres ist in
I Chicago einer der zur Untersuchung des Viehs angestellten Be¬
amten nach viermonatiger Krankheit an Actinomycose gestorben,
j wahrscheinlich in Folge einer Ansteckung durch krankes Vieh,
j ein Fall, der im Hinblick auf die Einfuhr von amerikanischem
Vieh oder Fleisch in Deutschland Beachtung verdient.
Da vom Oesophagus bis zum Rectum, jeder Punkt des
j Verdauungscanales zur Invasionspforte werden kann, so
sind auch die jeweils gesetzten anatomischen Veränderungen
I je nach der Ausgangsstelle, doch auch nach Art und Weise des
Verlaufs die verschiedensten.
Für die primäre actinomycotisclie Affection desDarmes lassen
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11. Januar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
17
verschiedene Begebenheiten es plausibel erscheinen, dass das j
Rind, Pferd, vielleicht auch das Schaf durch Verzehren der ,
trockenen mit Actinomycesfäden besetzten Getreidegrannen sich
die Darraactinomycose erwerben. I
Ist der Sitz der actinomycotischen Primäraffection die
Schleimhaut des Darmcanales, so kann es schon w’ährend der i
langsamen Verschwärung der snbinucösen Herde zur Reizung
des peritonealen Ueberzuges und zur bindegewebigen Verlöthung
mit der Bauchwand, dem Darm- auch Schambeine, den um¬
gebenden Darmschlingen oder einzelnen Beckenorganen kommen:
der Process wird daher beim Weitergreifen in die Tiefe in
diesen Verwachsungen theils zu Drestructionen, theils zu aus¬
gedehnten Schwielenbildungen fuhren. Herrschen letztere vor,
so findet sich entweder ein mit einer dicken sclerotischen Binde-
gewebskapsel umgebener Destructionsherd, welcher das perforirte
Darmstück mit der Bauchwand oder mit einer benachbarten
Darmschlinge verlöthet, oder es finden sich diffuse Schwielen¬
bildungen vor, welche Darmschlingen einmauern, die Becken-
musculatur substituiren, Uterus und Blase unbeweglich machen.
Sie sind von untereinander communicirendeu erbsen- bis hasel¬
nussgrossen Abscessen dicht durchsetzt: letztere können unter
Fistelbildung in andere Theile des Darmcanals durchbrechen, !
vielleicht auch an dieser Stelle narbig zuheilen, so dass eine
Verwechslung mit der primären Infectionspforte leicht möglich
erscheint. Mischinfectionen kommen vor, in welchen die Eiter¬
erreger in dem Grade verwiegen, dass viele metastatische
Herde in den Nachbargebieten bloss Staphylo- und Strepto¬
coccen, aber keine Strahlenpilze führen. Zahlreich scheinen
die Metastasen im Gebiete der Vena portae; namentlich die Leber
ist schon früh von solchen durchsetzt, welche alle Stadien der
Entwickelung vom gelatinösen Knoten bis zur faustgrossen,
fetzigen Eiterhöhle zeigen und in letzterer Form Durchbruch
in die freie Bauchhöhle mit eitriger Peritonitis oder in die Venae
hepaticae erzeugen können.
Bei vorwiegender Beteiligung der Eitererreger zeigen die
Herde in Form und Inhalt mehr den Character gewöhnlicher
Leberabscesse. Aehnliche Metastasen sollen auch in der Milz
Vorkommen, sind jedoch von mir im Schlachthofe noch nicht
beobachtet worden. Auch amyloide Degenerationen in Leber,
Nieren und Milz sollen nach hervorragenden Anatomen nach
längerer Krankheitsdauer häufig Vorkommen.
4. Infection von Seiten der Haut.
Aus den bisher geschilderten Krankheitsbildern geht hervor,
dass der letzte Akt der Actinomycose, von wo immer sie auch
ihren Ausgang genommen haben mag, im Unterhautzellgewebe
sich abspielt; haben sich nun die Krankheitserscheinungen an
dem Orte der primären Läsion bereits zurückgebildet, so liegt
nichts näher, als die Localisation in der Haut als das hervor¬
stechendste, vielleicht alleinige Symptom der Erkrankung in den
Vordergrund zu rücken. Ist für die Hautactinomvcose, deren
verschiedene Formen sich selbstredend combiniren und vielfach
in einander übergehen können, die flächenhafte Verbreitung die
vorherrschende, so können doch Granulationszüge und Fistel¬
gänge, Fascien und Muskeln siebförmig durchsetzend, in die
Tiefe ziehen und selbst an tiefer gelegenen Knochen ober¬
flächliche Caries einer- und Osteophytenbildung andererseits
anregen.
Die primären Actinomycome finden sich nicht selten bei
Rindern und Schweinen am Hodensack, in der Flanke, an der
Bauchwand, der Euterhaut, an den Schenkeln, speciell auch an
den Narben der Castrationswunde; von Jensen und Ras-
mussen wurden Actinomycome an der Unterarmgegend, am
Rücken, au der Carpalgegend — als Knieschwämme — be¬
obachtet. Bei multipler Anordnung kann ein mehrfaches, gleich¬
zeitiges oder schubweise erfolgtes Eindringen der Pilze an¬
genommen werden, oder sie ist als regionäre Infection, als
Bildung von Tochterknoten um einen älteren Herd anzusprechen.
So wurde von Rabe eine ganze Reihe (11 Stück) von haselnuss-
bis pflaumengrossen Geschwülsten unter der Haut resp. unter der
Fascie des Gesichtshautmuskels liegend (bei der Kuh) gesehen,
welche Tumoren zum Theil durch strangartige Anschwellungen
der Lymphgefässe mit einander verbunden waren und offenbar
Ansgang genommen hatten von einem hühnereigrossen Actino-
mycom am Rande des Nasenloches; und auch der letztere war
von einer Menge kleiner und kleinster Tochterknötchen um¬
geben. Die Haut in nächster Umgebung erscheint bedeutend
sclerosirt, als eine weisse, dicke, schwer schneidbare Schwarte,
nnverschieblich, an der Grenze zum Tumor glatt abgerundet, einen
Wall bildend. Die Faserzüge der Geschwulst verlieren sich in
der Uutis und Subcutis. Der vorragende Knoten hat theils
rothes bezw. graurothes sarcomartiges Ansehen und ist gewöhnlich
mit braunen und röthlichen Knoten besetzt, mit puriformem
Secret beklebt, oder der kahlaussehende Knoten ist grauweiss
und trocken, nur partiell krustentragend.
Das Characteristische der Schnittfläche liegt in dem Vor¬
handensein zahlreicher Stecknadelkopf- bis erbsengrosser Ein¬
lagerungen, Knötchen oder Flecken, die isolirt, disseminirt, zu
Gruppen vereint, als trübe, gelbliche, gelbgraue, grauröthliclie
Herde wahrnehmbar, eine fast breiige Weichheit besitzen und
die Actinomyceshäufchen als sandkornartige Knötchen von
schwefelgelbem Ansehen führen.
Verbesserung an InjectionscanUlen.
Von
Dr. Jess-Cbarl Ottenburg.
Bei der Vornahme von subcutarien. besonders aber bei intra¬
venösen Jnjectionen ist es von wesentlichem Vortheil, dass die
Caniile der Pravazspritze die Haut leicht durchdringt. Je ge¬
ringer die anzuwendende Anstrengung für den Operateur ist,
um so geringer wird für das betr. Thier auch die Schmerz-
empflndung sein, ganz abgesehen davon, dass es auf den Besitzer
einen schlechten Eindruck machen muss, wenn die Vornahme
einer Injection nicht mit einer gewissen eleganten Leichtigkeit
sich vollzieht. Bei der jetzt allgemein üblichen Diecker-
hoff’schen Chlorbaryumbehandlung der Kolik hat der
Thierarzt noch ein besonderes Interesse daran, dass die Caniile
leicht und vor allen Dingen schmerzlos durch die Haut dringt.
Bei der fractionirten Application von 0,25 Chlorbaryum wird
in vielen Fällen die Canüle 4 und mehr Male in die Vene ge¬
führt werden müssen. Bei dieser Manipulation stellt das Durch¬
dringen der Haut den schmerzhaften Vorgang dar. Es wird in
zahlreichen Fällen beobachtet, dass empfindliche Pferde sich der
3. und 4. Jnjection in der Art widersetzen, dass sie die Hals¬
muskeln contrahiren und so das Auffinden der Vena jugnlaris
dadurch erschweren, dass man dieselbe durch Compression nicht
mehr demonstriren kann. Ich habe "[auch bei empfindlichen
Pferden, selbst bei energischer Anwendung der Bremse, beob¬
achtet, dass der Hautstich diese Muskelcontractur, gleichsam
reflectorisch, auslöst.
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18
BERLINER THlERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
Die Firma Hanptner bat nun seit einiger Zeit eine Canüle
gefertigt, welche zu jeder Pravazspritze passend ist und von
den bisher gebräuchlichen dadurch abweicht, dass sie eine breite
Spitze hat, welche wie eine Aderlasslanzette en miniature, also
zweischneidig, die Haut durchtrennt. Tröster hat in der Zeit¬
schrift für Veterinärkunde auf die Vortheile der Canülen
bereits hingewiesen (siehe
das folgende Referat). Ich
habe mich nun einer fei¬
neren Canüle bedient, wie
ich solche zur Chlorbaryuminjection verwende und habe das lästige
Widersetzen der Pferde gegen den häufigen Einstich nicht wieder
beobachtet. Die Vortheile dieser Hauptner’schen Canüle mit
breiter Lanzette sind: Schmerzloser Einstich, leichte Handhabung,
des8halb Abbrechen der Canülen vermieden. Da diese neue
Canüle ohne Preisabschlag geliefert wird, dürfte sie bald bei
den Practikern Eingang finden.
m
Referate*
Eine Hohlnadel znr Blutentnahme.
Von Oberrossarzt Tröster.
(Ztschr. f. Vet Mai 1899.)
Die von den Instrumentenmachern gelieferte Hohlnadel von
5 mm Durchmesser lässt sich nach Trösters Erfahrungen sehr
leicht bis zu einem gewissen Punkt einführen; dann aber wird
es schwieriger. Es liegt dies an der Form der Nadel, welche
in ihrer Spitze eine einfache Vergrösserung der zu subcutanen
Injectionen benutzten Nadeln darstellt. Was aber bei diesen
dünnen Nadeln ganz richtig, das ist bei den grossen Hohlnadeln
zur Blutentnahme verkehrt. Hier bietet der der Spitze ent¬
gegengesetzte untere Rand der schrägen Oeffnung ein Hinder¬
niss beim Durchtreiben durch die Haut. Diese Nachtheile
werden durch zwei andere Formen vermieden. Erstens kann
man zur Herstellung der Ausflussöffnuug den Hohlcylinder,
welchen die Nadel bildet, bis genau zur Diagonalebene ab¬
schleifen, d. h. so, dass die Ausflnssöffnung eine Ebene und
nicht eine gekrümmte Durchschnittsfläche hat, ihre Ränder also,
von der Seite betrachtet, als gerade Linien erscheinen. Dabei
müssen Spitze und Ränder von der convexen Fläche aus scharf
geschliffen werden. Am leichtesten schliesslich würde eine
Spitze eindringen, welche sich löffelartig verbreitert, sodass der
beim Einstechen erzeugte Schlitz sich ohne Druck beim Ein¬
dringen des ('ylinders der Nadel zu einem Kreise erweitert.
Die Firma Hanptner fertigt Nadeln von diesen spitzen
Formen an.
Tnbercnlöse Meningitis beim Rinde.
auch permanenten Strabismus, Bewegungsstörungen, der Gang
ist unsicher, die Bewegung geschieht im Kreise, bisweilen sieht
man einige Zuckuugsanfälle. Bewusstsein, Gesicht und Gehör
sind abgestumpft, bisweilen vollständig verschwunden.
Trotz der Intensität der nervösen Erscheinungen ist der
Allgemeinzustand wenig verändert, die Temperatur fast normal,
eher unter der normalen, die Hauptfunctinnen sind ungestört.
H. glaubt, dass die nervösen Symptome ein genügendes
Bild darstellen, um die Diagnose aufstellen zu können. Bei
der spinalen Form ist der Anfang plötzlich, die weitere Entwickelung
progressiv. Zuerst wird nur eine leichte Störung im Gang
bemerkt, später kommt Incoordination der Bewegung, die Hinter¬
hand wird schwankend, das Aufstehen schwer und bald ist die
Paralyse vollständig. Gegen Ende verändert sich auch das
Allgemeinbefinden sehr.
Die Diagnose ist weniger leicht als bei der encephalitischen
Form, sie beruht auf dem Fehlen traumatischer Ursachen, auf
dem progressiven Character der Störungen, auf gleichzeitig auf-
tretendeu Erscheinungen visceraler oder Lymphdrüsen-Tuberculose
und endlich auf der Tuberculinprobe.
Die in beiden Können ähnlichen Laesionen sind mit den¬
jenigen der tuberculösen Meningitis der Rinder identisch. Sie
finden sich beinahe ausschliesslich auf der Pia-Mater und auf
der Arachnoidea, die verdickt, ecchymotisch und granulös sind
und eigenthiimlich glänzend erscheinen, dabei von einem fi¬
brinösen Exudat bedeckt sind, das die subarachnoidealen
Zwischenräume ausfüllt und mit der Pia-Mater Adhaesionen
bildet. Frische, selten verkäste, isolirte oder confluirende
Tubercel haben ihren Sitz auf dem Verlaufe der Arterien, die
knotig erscheinen.
Bei der encephalitischen Form finden sich die Yeränderringen
besonders an der Basis des Kleinhirns und an den unteren und
lateralen Theilen des Isthmus vor.
Bei spinaler Erkrankung sind die Laesionen besonders in
der Höhe der Rücken-Lendenanschwellung zu finden, doch sind
sie oft in der ganzen Ausdehnung des Rückenmarkes zu sehen.
Oft findet man bei demselben Patienten encephalitische und
rachidiale Laesionen.
Diese Laesionen sind aber immer secnndär ; Meningealtuber-
culose findet sich nur bei Thieren, die schon lange visceral
oder lymphoglandulär erkrankt sind; sie sind immer recent,
denn die functioneilen Störungen treten sehr rasch nach der
Infection auf, infolge der Thrombose der Arteriolen der Pia-
Mater wodurch Ischaemia, Oedem und Haemorrhagien in den
versorgten Nervengebieten auftreten.
Ueber die Septicaemia puerperalis.
Von van der Velde.
Von Hamoir,
in Annalen de m6d. v*t April 1899.
Die tnbercnlöse Meningitis wird, obwohl wenig darüber ge¬
schrieben wird, in der Praxis ziemlich häufig beobachtet. H.
hatte Gelegenheit, mehrere Fälle zu beobachten, die ihm erlauben,
eine ausführliche Beschreibung dieses Leidens zu liefern.
Die Tuberculose der Meningen kann beim Rinde encephalitisch
oder spinal sein. Bei der encephalitischen Form treten die
Anfangserscheinungen manchmal langsam, mitunter plötzlich auf,
und verursachen rasch den als Meningitismus bezeichneten
Zustand. Der Habitus der Kranken fällt auf, sie sind unbeweg¬
lich, der Kopf wird gestreckt oder nach der Seite verbogen.
Man bemerkt Schläfrigkeit, Ptosis, vorübergehenden, mitunter
(Fröhner-Kitt's Mtili. Bd. 11, H. 8.)
Der Verfasser, Assistent am pathologischen Institut der
Universität zu Löwen, hat seine Untersuchungen angestellt zum
Zwecke der Lösung einer von der Veterinärcommission der Kgl.
Akademie für Medicin in Belgien ausgeschriebenen Preisaufgabe.
Er hat das Wesen, die klinischen Symptome und die Besonder¬
heiten im Verlaufe der Krankheit registrirt, die Lochien unter
allen Cautelen untersucht, Sectionen gemacht und Culturen an¬
gelegt. Seine Untersuchungen erstreckten sich auf 14 Fälle.
Nicht recht verständlich ist es — wenigstens nach der hier
üblichen Nomenclatur —, wenn die Septicaemia puerperalis gleich¬
zeitig Gebärparese genannt wird. Der Verfasser sagt, dass er
bei seinen Untersuchungen meist der paralytischen Form be-
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11. Jnnuar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
19
gegnet sei. Hierunter kann Verfasser wohl nicht das verstanden
haben, was in Deutschland Gebärparese heisst. Denn andern¬
falls könnte er doch nicht behaupten, wie er das thut, dass alle
Autoren über den infectiösen Charakter des Leidens einig seien.
Bezüglich der Gebärparese ist man im Gegentheil doch jetzt
wohl allgemein darüber einig, dass es sich um keine Infection,
sondern um eine toxische Krankheit handelt. Man kann also
nur annehmen, dass das eigentliche Kalbeüeber, die Septicaemia
puerperalis, Gegenstand der Untersuchung gewesen ist.
Verfasser fand bei seinen Untersuchungen Streptococcen
und Colibacterien. Man muss auch bei Kühen, wie bei Frauen,
einfache Infectionen und Mischinfectionen durch die oben ge¬
nannten Organismen unterscheiden. Die einfachen Infectionen
scheinen meist durch Streptococcen bedingt zu sein, die auch
bei den Mischinfectionen die wichtigste Stelle einnehmen. Der
Sitz der Infection ist in der Gebärmutter zu suchen. Verfasser
fasst das Leiden als eine Intoxication, durch die von den Mikroben
producirten Gifte auf, welch letztere zunächst in der Gebärmutter
verbleiben, aber auch ins Blut gelangen können. Besondere
Eigenthümlichkeiten haben die beim Kalbefieber gefundenen Strepto-
und Staphylococcen nicht. Unter den Streptococcen giebt es
noch Varietäten, die sich sowohl in der Form als in ihrem Ver¬
halten bei Culturversnchen und gegenüber dem Antistreptococcen-
Serum zeigen. Für Kaninchen erwiesen sich die Streptococcen
nicht als virulent.
Thierhaltung und Thierzucht.
Eilt- und Ausfuhr von Thieren und thierischen Producten in Ungarn 1898. ;
(Nach dem Jahronborieht über da» VeterinKnvcaen ftlr 1R!>8 von Dr. Hutyra.)
Einfuhr: Ochsen und Stiere rund 59 000, darunter 56 700
Schlachtochsen. Die letzteren kamen fast alle, nämlich 55 800, aus
Serbien. 2000 Zugochsen schickte Oesterreich und ebenso 560
Zuchtstiere. Die Einfuhr von Zuchtkühen aus Oesterreich und
Bosnien betrug 955 Stück, die von Schlachtkühen, fast alle aus
Serbien, 9140. Ebenso wurden aus Serbien 1344 Büffel ein¬
geführt. Jungvieh und Kälber, zusammen 1653, kamen aus
Oesterreich. Schafe und Ziegen 21 269 Stück, davon 15 800 aus
Serbien. 4500 Lämmer aus Oesterreich. Schweine wurden
77 000 eingeführt, darunter 76 600 aus .Serbien. Diese grosse
Einfuhr serbischer Schlachttlriere ist wohl nicht für den in¬
ländischen Verbrauch, sondern grösstentheils zur Durchfuhr
bestimmt. Die Einfuhr von Rennpferden betrag 873, von
Zuchtpferden 168, von Luxuspferden 638, von Fohlen 249.
Ansführ: Ochsen und Stiere 205 700. Davon gingen nach
Oesterreich rund 175 000, nach Deutschland 20865. Zucht-
und Schlachtkühe zusammen 24 500, davon 21 nach Oesterreich,
2968 nach Deutschland. 6000 Büffel gingen fast ganz nach
Oesterreich. Jungvieh und Kälber wurden zusammen 18 600
Stück ausgeführt, davon 13 800 Stück nach Oesterreich, 273
nach Deutschland und 1800 nach Rumänien. Von 147 000
Schafen gingen 120 700 nach Oesterreich, 2230 nach Frank¬
reich, 23 600 nach Rumänien. Die Ausfuhr von Mastschweinen
betrag 228 700 Stück, welche mit wenigen Ausnahmen nur von
Oesterreich aufgenommen wurden. Deutschland erhielt nur 196.
Dazu kommen noch rund 8000 andere Schweine. An Pferden
ausgeführt rund 34 000 Stück. Darunter 31 278 Kutsch- und
Reitpferde, 1181 Rennpferde, 232 Zuchthengste und Zuchtstuten
und 1300 Fohlen. Von den Gebrauchspferden kamen über
' 15 000 Pferde nach Oesterreich, nur 1500 nach Deutschland und
; 6000 nach Italien, fast 4000 nach Rumänien und 1400 nach
Frankreich. Ausserdem wurden über 2000 Pferde zu Schlacht¬
zwecken nach Oesterreich ausgeführt.
Die Einfuhr von thierischen Producten bestand namentlich
in Rolihäuten, Fleisch, Fett, Käse, Haaren und Wolle. Die
Fleischeinfuhr betrag l‘/ 2 Millionen kg, Fett 11000 kg, Käse
rund 99 000 kg, Wolle 890 000 kg. Die Ausfuhr in Producten
ist im Allgemeinen gering: Fleisch, Fett und Käse so gut wie
nichts, Butter 5000 kg, Wolle 68 000 kg; dagegen fast 1 Million kg
Rindshäute, welchen nur eine Einfuhr von nicht 60 000 kg
gegenüberstehen.
Tagesgeschichte.
Bericht Aber die 28. ordentliche Generalversammlung
des thierärztlichen Provinzial-Vereins für Westphalen
am 24. September 1899 im Hotel „Rheinischer Hof*
zu Hamm i. W.
Die Versammlung wurde von 33 Mitgliedern besucht, und
zwar waren, wie die Präsenzliste ergab, anwesend die Collegen:
Johow-Minden, Hinrichsen-Münster, Blome-Arnsberg.
Albert - Iserlohn, Goldstein - Hohenlimburg, L fick-Hamm,
Wulfhorst-Gütersloh, Baldewein-Bielefeld, Flindt-Wieden-
brück, Volmer-Hattingen, Becker - Warburg, Schrader-
Haram, Sepmeyer-Fürstenberg, Wilkens-Warendorf, Langen¬
kamp-Recklinghausen, Herdering-Paderborn, Kuhr-Herford,
Ewald-Soest, Kredewahn-Bochum, Türks-Hagen, Grebe-
Altena, Linde-Bielefeld, Dis seih of-Peckelsheim, Nie mer-
Belecke, Voss-Gladbeck, Altfeld-Boclmm, Meinikmann-
Bocholt, Stncke-Gel8enkirchen, Krieter-Dorsten, Feldhues-
Herten, Kleine-Niedermarsberg, Böniug-Hagen und Boegel-
Lengerich.
Der stellvertretende Vorsitzende des Vereins, Herr
Departementsthierarzt Johow-Minden eröffnete die Versammlung
um 11^ Uhr Vormittags. Es wurde zunächst das Protocoll
der letzten Versammlung verlesen und in seiner Fassung
genehmigt. Im Anschluss hieran gedachte der Vorsitzende des
verstorbenen Ehren-Mitgliedes des Vereins, Herrn Dep.-Th.
Woestendieck. Zum ehrenden Andenken desselben erhoben
sich die Anwesenden von ihren Sitzen. Da der Todes- und Be¬
gräbnisstag für eine Ehrung zu spät bekannt geworden war,
wurde beschlossen, dass nachträglich am Grabe des Herrn
Woestendieck am Jahrestage seines Todes durch die Collegen
Altfeld und Kredewahn zu Bochum ein Kranz im Namen des
Vereins niedergelegt werde solle.
Zum 2. Punkte der Tagesordnung: „Eingänge“
wurden verschiedene Schreiben verlesen, darunter auch ein
Schreiben des Herrn Adolf Bestgen aus Cassel, welcher als
Generalagent der schweizerischen Unfallversicherangs-Actien-
gesellschaft in Winterthur sich zu Abschlüssen mit dem Verein
erbot; doch wurde eine Betheiligung abgelehnt. Mehr Interesse
dagegen fand die Angelegenheit des Unterstützungsvereins für
Thierärzte, dessen Vorsitzender, Herr Departementsthierarzt
Preusse-Danzig, dem Verein eine Liste hatte zugehen lassen.
Nach kurzer Besprechung der Beitrittsbedingungen erklärten
sich verschiedene Mitglieder durch Namensunterschrift bereit,
dem Unterstützungsverein beizutreten; die Liste ist inzwischen
an Herrn Preusse zurückgeschickt worden. Es folgte:
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
20
3. Die Rechnung*läge, aus welcher hervorging, dass
die Kassenverhältnisse des Vereins ziemlich günstig sind, da
die Kasse trotz verschiedener grösserer Ausgaben einen ziem¬
lichen Raarbestand und noch verschiedene Ausstände hat. Dem
bisherigen Rendanten, Herrn Collegen Ostermann - Herford,
welcher persönlich nicht zugegen war. aber durch Herrn Kuhr-
Herford seine Bücher und Rechnungslage überreichen liess.
wurde nach vorgenommener Prüfung Decharge ertheilt. Sodann
fand :
4. Die Aufnahme neuer Mitglieder statt. Es wurden,
ihrem Anträge entsprechend, sieben Mitglieder in den Verein
aufgenommen, und zwar Herr Departementsthierarzt Hinrichsen,
welcher erst im Laufe des Jahres in den Bezirk Münster ver¬
setzt worden ist, und fenier die sechs jüngeren Collegen
Disselhof, Krieter, Feldhues, Linde. Niemer und Voss.
Sämmtliche Herren wurden vom Vorsitzenden willkommen
geheissen.
Da Herr Ostermann-Herford schriftlich die Erklärung
abgegeben hatte, dass er sein Amt als Rendant des Vereins
niederlege, so war die Neuwahl eines Rendanten vor der Zahlung
der Beiträge erforderlich. Der Einfachheit halber wurde vom
Vorsitzenden vorgeschlagen, dies zum Schluss in Verbindung
mit Punkt 8 der Tagesordnung: „Wahl des Vorstandes“ zu
erledigen.
Einstweilen erhielt das Wort Herr Schlachthausdirector
A lbert-Iserlohn zu seinem, unter Punkt (> der Tagesordnung
angekündigten Vortrage: „Bericht über den internationalen
thierilrztlichen Congress in Baden-Baden“. Der Inhalt
dieses in interessanter und fesselnder Weise gehaltenen Vortrages
kann nur andeutungsweise wiedergegeben werden. HerrAlb-crt
betitelte seinen Vortrag: „Persönliche Eindrücke und Erlebnisse
in Baden-Baden“. Er schilderte den Verlauf seiner bei schönstem
Wetter begonnenen und vollendeten Reise, die Schönheiten der
Landschaften, den Empfang in Baden-Baden und den Aufenthalt
in dieser schönen Stadt. Auch über den eigentlichen geschäft¬
lichen Theil des Congresses, die Sitzungen im Saale des Kur¬
hauses, berichtete Herr Albert in eingehender Weise, doch
verwies er selbst in dieser Beziehung auf die ausführlicheren
Berichte der Fachzeitschriften. Hierauf dankte der Vorsitzende
dem Collegen Albert für den interessanten Bericht, indem er
bemerkte, alle Angaben bestätigen zu können, und forderte die
Anwesenden auf, dem allgemeinen Dank durch Erheben von den
Sitzen Ausdruck zu geben, welcher Aufforderung gern Folge
geleistet wurde.
7. „Der Viehhandel nach Einführung des Bürger¬
lichen Gesetzbuches“. College Johow machte in kurzen
Worten darauf aufmerksam, dass es für die Thierärzte wichtig
wäre, sich rechtzeitig mit den neuen Bestimmungen bekannt zu
machen und empfahl hierfür besonders die „Gerichtliche Thier¬
arzneikunde“ von Di eck er ho ff, fenier die kleine Schrift „Der
Viehhandel nach Einführung des B. G.-B.“ von A. Stegemann,
Rechtsanwalt und Notar in Melle (bei Paul Parey).
8. „Wahl des Vorstandes und der Delegirten.“
Dieselbe fand durch Zettelwahl statt und es wurden durch
Stimmenmehrheit gewählt :
zum ersten Vorsitzenden Herr Veterinär-Assessor
Hin rieh sen-Münster;
zum stellvertretenden Vorsitzenden Herr Departements-
Thierarzt Johow-Minden;
zum Rendanten Herr Kreisthierarzt Volmer-Hattingen;
zum Schriftführer Herr Kreisthierarzt Lück-Hamm.
Als Delegirte für die Central Vertretung der thierärztlichen
i Vereine Preussens und für den deutschen Veterinärrath, deren
| auf Vorschlag von Hinrichsen in Zukunft zwei entsandt
werden sollen, wurden Hinrichsen und Blome gewählt, als
Stellvertreter Johow und Flindt, welche sich sämmtlich
dankend bereit erklärten, die Wahl anzunehmen.
Bei der hierauf stattfindenden „Zahlung der Mitglieder-
Beiträge“ für das laufende Jahr kam es zur Sprache, dass
noch verschiedene Collegen mit der Zahlung im Rückstände
| wären. Es wurde beschlossen, diese Herren schriftlich durch
den Schriftführer zur Zahlung der Restbeträge bis zum
1. Januar 1900 aufznfordern, erfolge dieselbe bis dahin nicht,
so habe der Rendant, laut Beschluss der Generalversammlung
vom Jahre 1897 die Beiträge durch Postauftrag einznfordern.
9. „Erfahrungen aus der Praxis.“
Es wurde von mehreren Collegen hervorgehoben. dass ge¬
rade im letzten Jahre bei der Maul- und Klauenseuche sich
vielfach Nachkrankheiten gezeigt hätten. Thiere, welche davon
betroffen wurden, magerten ab, wurden schlecht im Haar und
lieferten wenig Milch. Das Untersuchungsergebniss war zu
Lebzeiten und auch post mortem bezw. nach der Abschlachtung
ziemlich negativ. Nur Bronchitis und Endocarditis, letztere als
Todesursache nach Angabe von Wilkens-Warendorf, habe sich
feststellen lassen.
Seitens des Collegen Albert-Iserlohn wurden Theile der
Lunge eines Kalbes vorgezeigt, welche mit zahlreichen grau-
weissen Knoten verschiedener Grösse durchsetzt war. Albert
giebt an, diese pathologisch-anatomischen Veränderungen in der
Lunge von Kälbern jetzt bereits viermal gefunden zu haben
und ist der Meinung, dass es sich um Botryomycose handelt.
Die Richtigkeit dieser Diagnose wurde seitens mehrerer
Collegen bezweifelt und eine mikroskopische Untersuchung der
Tumoren als erforderlich bezeichnet, da bislang Botryomycome
wohl nur beim Pferde nachgewiesen worden seien.*)
Nachdem schliesslich noch ein Antrag Hinrichsen ge¬
nehmigt worden war, das Protokoll der Versammlung sowohl in
der B. T. W. als auch in der I). T. W. zu veröffentlichen,
ferner wieder Hamm als Ort der nächstjährigen Generalver¬
sammlung gewählt worden war. fand ein gemeinschaftliches
Mittagsmahl in den Räumen des Herrn Koch statt, womit die
zur allgemeinen Zufriedenheit verlaufene Versammlung endigte.
Hinrichsen, Lück,
Vorsitzender. Schriftführer.
Die thierftrztlichen Vereine im Recht des B. G.-B.
Die Monatsschrift des R. S. macht auf den bisher in
thierärztlichen Kreisen wohl kaum beachteten sehr wichtigen
Umstand aufmerksam, dass das Bürgerliche Gesetz-Buch neue
Bestimmungen über Vereinswesen enthält. Dieselben sind für
die thierärztlichen Vereine ebenfalls von grosser Bedeutung und
zwar mit Freude zu begriissen, da sie namentlich die oft un-
verhältnis8mä88ige Sorgen bereitenden Cassen- und Vermögens-
Verwaltung in wünschenswertester Weise erleichtern können.
Vereine, die kein wirtschaftliches Interesse verfolgen, also
*) Nach dem Handbuche der Fleischbeschau von Ostertag,
III. Auflage, 1899, auch je einmal beim Rind und Schwein. (Nach¬
trägliche Bemerkung von Hinrichsen.)
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11. Januar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
21
auch die thierärztlichen Vereine, können auf Antrag- Rechts¬
fähigkeit (Rechte
tragung in das Vereinsregister des zuständigen Amts¬
gerichts erlangen. ($j 21 des B. G.-B.).
Diese Eintragung ist nicht an allzu erschwerende Bedingungen,
Controlen u. dergl., geknüpft. Bedingung ist nur eine Mindest¬
zahl von 7 (!) Mitgliedern und ein Statut, in welchem enthalten
sind: Zweck, Namen und Sitz des Vereins, sowie die Be¬
stimmung. dass der Verein eingetragen werden soll, ferner Be¬
stimmungen über Ein- und Austritt der Mitglieder, Mitglieds¬
beiträge. Vorstandbildung, Einberufung der Versammlungen und
Beurkundung der Beschlüsse. Die Verwaltungsbehörde kann
gegen die Eintragung nur dann Einspruch erheben, wenn der
Verein einen politischen, social-politischen oder religiösen Zweck
verfolgt. (§ 50—01 des B. G.-B.)
Auf diejenigen Vereine, welche die Eintragung
nicht erlangen, finden die Bestimmungen über die Gesellschaft
Anwendung. (§ 54 des B. G.-B.). Auch diesem Verhältniss
müssen eventuell die bestehenden Satzungen angepasst w'erden.
Das etwaige Vermögen gehört nicht der Gesellschaft, sondern
den Gesellschaftern. Dieses Vermögen soll daher, eventuell
auch für Privat-Schulden des einzelnen Gesellschafters haftbar
sein. Der im Auftrag einer Gesellschaft Verpflichtungen ab¬
schliessende Gesellschafter haftet für dieselben persönlich u. s. w.
Diese Bestimmungen, welche durch Statut nicht abgeändert
werden können, zeigen allein schon, dass die Verhältnisse in
einer „Gesellschaff recht missliche werden können. Dem
gegenüber bietet die Eintragung sehr grosse Vortheile. Das
Recht der juristischen Person gestattet vor allem eine sichere
und bequeme Vermögensverwaltung, giebt ein Recht auf den i
Vereinsnamen und ermöglicht alle Rechte von Vereinswegen ;
im Process zu verfechten. Für Schulden des Vereins haftet nur
das Vereinsvermögen, an welches andrerseits kein austretendes
Mitglied Anspruch hat: auch können rückständige Beiträge von
Mitgliedern eingeklagt werden.
Allerdings sind mit der Eintragung, die sonst betreffs der I
tbierärztlichen Vereine keinen Hindernissen begegnen kann,
auch Unbequemlichkeiten verbunden. Erstens kostet sie Geld.
Zweitens müssen sämratliche Vorstandswahlergebnisse mittelst
öffentlich beglaubigter Erklärung und Beifügung der Abschrift
der Urkunde über die Wahl bezw. Bestallung, zur Eintragung
angemeldet werden (dies können die Vereine allerdings durch
lange Vorstands-Wahlperioden auf ein Minimum reduciren.)
Drittens müssen die Statuten einer gründlichen Revision, am j
besten mit einem Rechtsbeistand, unterzogen werden. Denn es j
kommen für dieselben noch eine ganze Reihe von Paragraphen
des B. (i. -B. bestimmend in Betracht. ( So z. B. müssen
Aenderungen der Statuten künftig dreiviertel Majorität der An¬
wesenden haben etc.).
Die Vortheile der Eintragung sind aber auch für uns so
grosse, dass wohl alle thierärztlichen Vereine gut thun werden,
diese Eintragung baldigst in ernste Erwägung zu ziehen. Viel¬
leicht könnte, um dem Einzelverein Mühe und Kosten zu er¬
sparen, die Centralvertretung ein Normal-Statut für einen
eingetragenen Verein nach dem B. G.-B. rechtskundig aufstellen
lassen.
Reorganisation des tbierirztliohen Unterrichts in der Schweiz.
Dass in der Schweiz die bisherigen Thierarzneischulen .
Universitätsfaeultäten und das Abiturientenexamen obligatorisch
worden. Das letztere hat
sachgemässer Aenderung der
Prüfungsordnung bereits verwirklicht.
Am 14. December 1899 ist ein Reglement betreffend den
Maturitätsausweis für die Candidaten der medicinischen Berufs¬
arten erschienen, welches diese Reform enthält.
Am 11. December ist zugleich eine neue Verordnung für
die eidgenössischen Medicinalprüfungen erschienen. Es soll Vor¬
behalten bleiben, eingehender darauf zurück zu kommen, und
hier nur mitgetheilt werden, dass darin u. A. eine auch in
Deutschland schon lange empfohlene Verbesserung enthalten ist,
nämlich die Einschiebung eines dritten — anatomisch¬
physiologischen — Examens zwischen Physicum und Approbations¬
prüfung unter Ausscheidung der genannten beiden Fächer aus
den beiden letzteren Prüfungen.
Dieser Fortschritt des Schweizer thierärztlichen Unterrichts
ist gerade jetzt namentlich so allgemein erfreulich, dass unsere
Glückwünsche neidlos sind, obwohl wir noch nicht an diesem
Ziele aulangten.
Zur Steuerein8ohfitzung.
Auf die Beschwerde eines Kreisthierarztes hat die genannte
Berufungs-Commission Folgendes unterm 9. Februar 1898 verfügt:
Auf Grund des abgeänderten § 5 der Verordnung vom
17. September 1876 sind von dem Diensteinkommen des Kreis-
thierarztes die gesummten Reisekosten und Tagegelder, sowie
deijenige Ueberschuss ans für besondere Dienstleistungen, iucl.
Sectionsgebühren, gezahlten „Gebühren“, welcher an Stelle des
Tagegeldes (6 M.) tritt, als Dienstaufwand zu betrachten und
daher steuerfrei. Ausser den genannten Abzügen sind für den
amtlichen Bedarf keine weiteren Aufwendungen — Beköstigung,
Mehrbedarf an Kleidung — zulässig. Dagegen ist nach einer
Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes, Abtheilung Steuer¬
sachen, auf Seite 196, Band IV, dahin erkannt, dass von der
Einnahme aus der Privatpraxis der Mehrbedarf an Kleidern,
Beköstigung, Instrumenten, ortsüblichen Trinkgeldern, sowie
Ausgaben für Beförderungsmittel abzugsfähig sind.
Bei Gegenständen, welche sowohl amtlichen als privaten
Zwecken dienen, wie Sprechzimmer, hat eine Schätzung dahin
stattzufinden, wieviel von dem Aufwande dafür auf den amtlichen
Theil entfällt, dieser ist abzugsfällig. In dem betreffenden Falle,
welcher Veranlassung für diese Entscheidung wurde, waren an
546 Tagen Tagegelder liquidirt. Es wurden in dem erläutern¬
den Theil die Tagegelder als „Aufwand“ den „Gebühren“
gegenübergestellt.
Kammergerichto-Entecheidung betr. der Subsummirung der Thierfirzte unter
den Begriff „Aerzte“.
Ein Thierarzt war angeschuldigt worden, sich gegen eine
Polizeiverordnung vergangen zu haben, weil er an einer Feuer¬
wehrübung nicht theilnahm. Der Betroffene entschuldigte sich
damit, dass er zur fraglichen Zeit nach einem benachbarten
Dorfe gerufen worden sei, um einem erkrankten Pferde Hilfe
zu bringen. Die Strafkammer sprach den Angeklagten frei,
weil die Thierärzte zu den Aerzten gehören, die an derartigen
Feuerwehrübungen nicht theilzunehmen brauchen. Die von der
Staatsanwaltschaft beantragte Revision wurde, nach der „V. Z.“
vom Kammergericht zurückgewiesen mit der Motivirung, nicht
nur die Gewerbeordnung, sondern auch § 196 Nr. 14 des Bürger¬
lichen Gesetzbuches spreche dafür, dass Thierärzte Aerzte sind.
werden sollen, war früher berichtet
der juristischen Person) durch Ein- sich unter gleichzeitiger sehr
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No. 2.
22 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Oeffentliches Veterinärwesen.
(Mittheilungen für
Senchenstatistik nnd Yeterinärpolizei.
Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preussen am 15. December 1899.
Regierungsbezirk
Die Seuche herrschte
in
v- • „ Gemeinden
Kre,sen (Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht:
Königsberg . .
14
235
3,42
Gumbinnen . .
10
38
9,77
Danzig . . .
7
61
48,41
Marienwerder .
14
248
109,63
Berlin ....
1
—
—
Potsdam . . .
14
128
49,47
Frankfurt . .
16
110
40,04
Stettin . . .
11
55
29,31
Köslin....
9
80
46,09
Stralsund . .
3
22
24,69
Posen ....
23
141
42,79
Bromberg . .
13
307
137,84
Breslau . . .
. ,
17
137
36,07
Liegnitz . . .
15
43
15,28
Oppeln . . .
19
260
92,82
Magdeburg . .
15
99
68,75
Merseburg . .
18
160
69,20
Erfurt ....
6
14
23,89
Schleswig . .
2
2
0,93
Hannover . .
8
26
41,33
Hildesheim . .
7
28
38,67
Lüneburg . .
4
7
4,74
Stade ....
2
7
9,64
Osnabrück . .
1
1
1,78
Aurich . . .
1
2
5,84
Münster . . .
10
36
134,32
Minden . . .
9
62
121,56
Arnsberg. . .
18
69
81,17
Kassel....
19
72
43,06
Wiesbaden . .
11
26
27,78
Koblenz . . .
13
58
55,50
Düsseldorf . .
17
82
190,69
Köln ....
10
44
148,64
Trier ....
11
66
58,56
Aachen . . .
6
17
43,58
Hohenzollern-Sigmaringen
4
31
244,09
Summa:
378
2774
—
Nachweieung Ober den Stand der Viehseuohen im Deutschen Reiche
am 15. December 1899.
Es waren am 15. December 1899 in nachstehenden Regierungs- 1
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Berlin 1. R.-B.
Potsdam 4 (4). R.-B. Stettin 1 (1). R.-B. Posen 2 (2). R.-B. i
Broraberg 2 (4). R.-B. Liegnitz 1 (2). R.-B. Oppeln 1 (2).
R.-B. Magdeburg 1 (1). R.-B. Merseburg 1 (1). R.-B. Erfurt 1 i
(1) . R.-B. Hildesheim 2 (2). R.-B. Stade 1 (1). R.-B. Arnsberg |
1 (1). R.-B. Aachen 1 (1). Bayern: R.-B. Schwaben 1 (1).
Württemberg: Donaukreis 2(2). Baden: Landescomm. Mann- ,
heim 1(1). Mecklenburg-Strelitz: 1(1). Braunschweig: 2 I
(2) . Bremen: 1 (1). Hamburg: 1 (1).
B. von Maul- uud Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 18 (79). R.-B. Niederbayern 12 ;
(48). R.-B. Pfalz 13 (77). R.-B. Oberpfalz 6 (39). R.-B. Ober- I
franken 18 (80). R.-B. Mittelfranken 14 (31). R.-B. Unterfranken
eterinärbeamte.
18 (89). R.-B. Schwaben 20 (125). Sachsen: Kreishauptin.
Bautzen 4 (21). Kreishauptm. Dresden 7 (36). Kreishauptm.
Leipzig 6 (110). Kreishauptm. Zwickau 10 (67). Württem¬
berg: Neckarkreis 13 (53). Schwarzwaldkreis 15 (78). Jagst-
kreis 13 (52). Donaukreis 16 (226). Baden: Landescomm.
Constanz 10 (37). Landescomm. Freiburg 12 (80). Landescomm.
Karlsruhe 10 (66). Landescomm. Mannheim 13 (57). Hessen:
Provinz Starkenburg 7 (39). Provinz Oberhessen 5 (74). Pro¬
vinz Rheinhessen 5 (39). Mecklenburg-Schwerin: 5 (25)
Sachsen-Weimar: 4 (52). Mecklenburg-Strelitz: 1 (5).
Oldenburg: Herzogthum Oldenburg 3 (3). Fürstenthum Birken¬
feld 1 (11). Braunschweig: 5 (37). Sachsen-Meiningen:
4 (34). Sachsen-Altenbnrg: 2 (31). Sachsen-Cobnrg-
Gotha: Herzogthum Coburg 1 (6). Herzogthum Gotha 4 (10).
Anhalt: 4 (30). Schwarzburg-Sondershausen: 2 (5).
Schwarzburg-Rudolstadt: 2(6). Waldeck 3 (14). Reuss
ä. L.: 1(3). Reuss j. L.: 2(10). Schaumbnrg-Lippe: 1 (1).
Lippe: 8 (63). Bremen: 1 (3). Elsass-Lothringen: Bezirk
Uuter-Elsass 8 (214). Bezirk Ober-Elsass 6 (70). Bezirk Loth¬
ringen 4 (37).
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Posen 1 (1). R.-B. Magdeburg 3 (5).
D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest):
Preussen: R.-B. Königsberg 5 (13). R.-B. Danzig 1 (1).
R.-B. Marienwerder 3 (3). R.-B. Potsdam 3 (9). R.-B. Frankfurt
2 (2). R.-B. Stettin 3 (5). R.-B. Cöslin 1 (1). R.-B. Stralsund
1 (l). R.-B. Posen 10 (16). R.-B. Bromberg 2 (4). R.-B.
Breslau 6 (15). R.-B. Oppeln 8 (19). R.-B. Magdeburg 1 (1).
R.-B. Merseburg 2 (2). R.-B. Erfurt 1 (1). R.-B. Schleswig
2 (2). R.-B. Hannover 2 (2). R.-B. Hildesheim 2 (7). R.-B.
Münster 1 (2). R.-B. Minden 2 (2). R.-B. Arnsberg 1 (1). R.-B.
Cassel 2 (2). R.-B. Wiesbaden 2 (4). R.-B. Trier 2 (2).
Bayern: R.-B. Oberbayern 1 (1). R.-B. Oberpfalz 1 (1).
R.-B. Mittelfranken 1 (1). R.-B. Schwaben 1 (1). Baden:
Landescomm. Constanz 1 (1). Hessen: Provinz Rheinhessen
1 (1). Braunschweig: 2 (2). Sachsen-Altenburg: 1 (1).
Lippe: 2 (8).
Thierseachen im Auslände, ill. Quartal 1899.
Belgien.
Zahl der Krankheitsfälle in den Berichtsmonaten: Milzbrand
29 bzw. 33 bzw. 38; Rauschbrand 38 bzw. 36 bzw. 44; Wuth 23 bzw.
25 bzw. 22. (Ausserdem 1 Rind, 28 Hunde, 3 Katzen als verdächtig
getödtet); Rotz 8 bzw. 9 bzw. 10. (Ausserdem in Schlachthäusern
35 als rotzig festgestellt, von denen 28 aus England eingeführt
waren); Schafräude 28 bzw. — bzw. —; bösartige Klauenseuche
der Schafe 20 bzw. 1 bzw. —. Von Maul- und Klauenseuche
waren 318 bzw. 465 bzw. 540 Gemeinden betroffen. Lungenseuche
ist nicht aufgetreten.
Russland.
(Die Tabellen sind z. Th. lückenhaft.)
Zahl der
ErkranknngsflUle in
Milz¬
brand
Toll-
wnth
Hotz
Maul-
u. KU :
1
Langen- Schaf¬
seuche - pocken
i ,
Pferde-
rJtnde
8chwei-
ne-
seachen
Ostseeprovinzen
3
20
_ :
_
_ ! _
8
4
Polen ....
73 i
32
in;
1540
371 —
81
418
SUdrusslaud. .
843 '
7
1419;
39 634;
— 1 3349
90 :
491
Gross russland .
426
117
154|
180,
2 325
166 :
20
OstruBsland . .
709
23
148
1 128
08 112 700
170
5
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11. Januar 1900.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
23
Schweiz.
Die Zahl der Erkrankungsfülle betrug: Milzbrand im Juli 30,
August 55, September 49; Rauschbrand 193 bzw. 173 bzw. 173;
Rotz (Wurm) 3 bzw. 3 bzw. —; Maul- nnd Klauenseuche (kranke
und verdächtige) 6 510 bzw. 7 370 bzw. 4 984 Stück (die sich auf
22 bzw. 40 bzw. 58 Gemeinden vertheilen); Rothlauf der Schweine
incL Schweineseuche 269 bzw. 258 bzw. 223.
Frankreich.
Von Lungenseuche waren betroffen im Juli 7, im August 12,
im September 7 Gemeinden; geschlachtet wurden wegen dieser |
Seuche 13 bezw. 75 bezw. 25 Rinder (1 Stück verendete); ge- j
impft wurden 15 bezw. 60 bezw. 10. Milzbrand herrschte im I
Juli in 77, im August in 66, im September in 41, Rotz (Wurm)
in 44 bezw. 52 bezw. 64 Ställen; getödtet wurden wegen Rotz
85 bezw. 74 bezw. 80 Pferde. Die Zahl der gemeldeten tollen
Hunde belief sich auf 239 bezw. 203 bezw. 261 Stück. Die j
Maul- und Klauenseuche trat in 1225 bezw. 1642 bezw. 2335
Gemeinden auf. Die Schafpocken herrschten in 21 bezw. 26
bezw. 22 Heerden. Schafräude gelangte in 7 bezw. 4 bezw. 80 1
Heerden zur Feststellung. Rauschbrand trat in 42 bezw. 55
bezw. 76 Ställen auf. Rothlauf der Schweine herrschte in 7 bezw.
9 bezw. 10 Departements, die ansteckende Lungen-Darmentziin- 1
düng der Schweine in 9 bezw. 10 bezw. 15 Beständen.
Taberouiose-Tilgung im Grossherzogthum Hessen.
Der hessische Landwirthschaftsrath hat bei der hessischen |
Regierung folgende Massregeln zur Tuberculosetilgung vorge- 1
schlagen. 1. Allen Züchtern, welche das zurTilgung vorgeschriebene ■
Verfahren durchführen, ist kostenlose Impfung zu gewähren. ,
2. Zuchtbullen sind vor der Körung sowie nach 4 Monaten aber- '
mals zu impfen. 3. .Alle nicht reagirenden Thiere sind mit j
einem amtlichen Zeichen zu versehen. 4. Die Molkereien dürfen 1
Molkereiabfälle nur in gekochtem Zustande abgeben. 5. Bei |
Prämiirungen auf Schauen ete. dürfen von einem in Aussicht ge- !
nommenen Zeitpunkt ab nur mit dem amtlichen Zeichen betr. |
Tuberculose-Freiheit versehene Thiere Berücksichtigung finden.
Maul- und Klauenseuche auf Viehhiffen. i
Ausgebrochen und bereits wieder erloschen ist die Seuche
in Metz, 2. Januar; auf dem Berliner Central-Viehhof unter
Rindern am 3. Januar; in München desgl. am 6. Januar; in i
Sachsenhausen bei Frankfurt 2. bis 6. Januar; in Strassburg i. E., !
Schlachthaus, 3. bis 6. Januar.
In Dresden ist die Seuche am 2. Januar unter Schweinen
ausgebrochen, am 5. erloschen und am 6. unter Ueberstand- I
Schweinen von Neuem ausgebrochen. In Nürnberg ist die
Seuche am 4. Januar in der Schweineabtheilung des Viehhofes i
nnd am 8. Januar in der Rinderabtheilung des Schlachtviehhofes
ansgebrochen, in letzterem bereits wieder erloschen.
Fleischschaa nnd Viehverkehr.
Ueber Kochapparate fflr bedingt gesundheitsschädliches
Fleisch nnd Versuche mit dem Hartmannschen Fleisch¬
sterilisator.
(Aus dem staatlichen hygienischen Institut zu Hamburg.)
Von Dr. Rudolf Abel.
(ZeiUcbrift f. Hygiene u. Infectionskrankh. XXX. Bd, Heft 3, pag. 375—i47.)
Die Erhaltung des bedingt gesundheitsschädlichen Fleisches
im volkswirtschaftlichen Sinne ist auf drei Arten möglich,
durch Pökeln, Räuchern und ] Kochen. Die ersteren beiden !
dienen zur Vernichtung von Finnen und Trichinen, wärend der
Kochprocess die pathogenen Bacterien vernichtet. Es kann
nun das Fleisch entweder in Wasser oder in Dampf gekocht
werden. Zu der ersteren Methode sind die Apparate von Becker
und Ulmann, zu der letzteren die von Rohrbeck, Rietches
und Henneberg, Rud. A. Hartmann-Berlin construirt. A.
stellt diejenigen Fleischsorten zusammen, welche nach guter
Durchkochung ohne Schaden genossen werden können:
1. Fleisch leicht finniger Thiere (die Finnen sterben bei
52°, es würde hierfür ein Wasserkochapparat genügen, Pökeln
und prolongirte Kühlung tödten natürlich auch die Finnen.
2. Fleisch von trichinösen Thieren (Trichinen widerstehen
einer Temperatur bis 70°, hier hätten die Dampfapparate den
Vorzug.)
3. Fleisch von tuberculösen Thieren, bei zweifelhafter
Generalisation, bei localer ausgebreiteter Tuberculose.
4. Fleisch von Thieren mit Psorospermien, Muskelstrahlen¬
pilzen, Kalkconcrementen, multiplen Haemorrhagien nicht sep¬
tischer Natur, ist wegen grösserer Vorsicht zu kochen.
5. Fleisch von Rothlauf, Schweineseuche und Schweine¬
pestkranken Thieren ist zu kochen, falls kqine Freibank für
rohes Fleisch existirt.
A. hat Untersuchungen angestellt, um eine Kochmethode
mit dem Hartmannschen Apparate ausfindig zu machen,
welche einmal die im Fleische vorhandenen pathogenen Microben
sicher vernichtet, andererseits dem Fleische seine Eigenschaft
als Nahrungsmittel möglichst erhält. Verfasser wendet sich
gegen die Forderung, dass im Inneren der Fleischstücke eine
Temperatur von 100° erreicht werden soll oder wie das säch¬
sische Ministerium verlangt, dass, nachdem das im Innern einiger
Fleischstücke angebrachte Contactthermometer 100 0 geläutet
hat, noch eine halbe Stunde gekocht werden müsse, denn ein¬
mal gelingt die Vernichtung der pathogenen Keime bereits bei
einer viel niedrigeren Temperatur, andererseits verliert das
Kochproduct dadurch seine Eigenschaft als Nahrungsmittel. In
Stücken, welche nicht schwerer als 3000 g sind, waren nach
zwei Stunden langem Kochen die Tnbercelbacillen getödtet, auch
die anderen in Frage kommenden pathogenen Bacterien tödtet
ein derartiger Kochprocess mit Dampf unter */ 2 Atmosphäre
Ueberdrück.
Diejenigen Fleischstücke, in denen sich glatte Knochen
(Schulterblatt, Becken) befinden, sind in kleinere Portionen
als 3000 g zu zerlegen, ferner ist sehr fettes Schweinefleisch
mit Schwarte, welche das Eindringen der Hitze erschwert, in
kleinere Portionen zu zerlegen. — Schiere Fleischstücke müssen
in Portionen von je 2000 g gehauen werden. — Nach diesem
Verfahren wird sowohl der Sterilisation genügt als auch dem Koch¬
product seine Eigenschaft als Nahrungsmittel erhalten. J.
Kamnergerlohts-Entsoheidung.
Mitgetheilt von Loweg-Herbern.
Strafsache gegen den Handelsmann C. W. in H. i. W. Kreis
Lüdinghausen, wegen polizeilicher Uebertretung. Derselbe war
mit Ferkeln auf den Markt gezogen, ohne dieselben vor Beginn
des Marktes vom Kreisthierarzt untersuchen zu lassen. Auf die
eingelegte Revision des verurtheilten C. W. hat der Strafsenat
des Königl. Kammergerichts zu Berlin das Urtheil der zweiten
Strafkammer zu Münster i. W. vom 21. Februar 1899 aufgehoben
und den Angeklagten, als der Uebertretung der Polizeiverordnung
vom 12. October 1895 nicht schuldig, freigesprochen.
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24 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 2.
Gründe.
Die Revision des Angeklagten, welche Verletzung materieller
Rechtsvorschriften rügt, ist begründet. Durch das Urtheil des
Königl. Schöffengerichts vom 26. Dezember 1898 ist der An¬
geklagte wegen „Uebertretung der §§ 11 und 19 der Polizei¬
verordnung vom 12. October 1895“ verurtheilt worden. Auch in
den Gründen ist von der „Polizeiverordnuug vom 12. October
1895“ die Rede. Die Berufung gegen diese Entscheidung des
Schöffengerichts ist durch das jetzt mit der Revision an-
gefochtene Strafkammer-Urtheil verworfen worden. Auch in den
Gründen des letzteren Urtheils wird die „Polizeiverordnung vom
12. October 1895“ als vom Angeklagten übertreten bezeichnet.
In Wirklichkeit ist jedoch betreffs des hier in Frage
kommenden Gegenstandes, nämlich der gegen die ansteckenden
Krankheiten zu treffenden Massregeln eine Polizeiverordnung
vom 12. October 1895 nicht erlassen. Wie eine amtliche Er¬
klärung deB Berufungsgerichts ergiebt, hat dieses Gericht den
Angeklagten der Uebertretung des §§ 11 und 19 der lande®'
polizeilichen Anordnung für schuldig erklären wollen, welche in
Gemässheit der auf Grund des Gesetzes vom 23. Juni 1880
erlassenen Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 12. November
1895 ergangen, in der besonderen Beilage zu Stück 49 des Amts¬
blattes des Königl. Regierung zu Münster i. W. vom Jahre 1895
S. 3 ff. abgedruckt, jedoch (vergl. S. 6 daselbst) nicht unter¬
zeichnet ist, so dass aus ihr selbst nicht festgestellt werden
j kann, ob dieselbe von einer zuständigen Behörde ausgegangen
| ist. Wegen dieses Mangels kann die erwähnte An-
! Ordnung als rechtsgültig nicht erachtet werden.
Da nicht ersichtlich ist, dass Angeklagter gegen ein anderes
Strafgesetz verstossen hat, musste der Angeklagte unter Auf-
i hebung des angefochtenen Urtheils freigesprochen werden. Die
Kosten fallen der Staatskasse nach § 499 Str. P. 0. zur Last
Personalien.
Auszeichnungen : Se. Königliche Hoheit der Grossherzog von
Baden haben geruht, dem Geh. Oberregierungsrath Dr. August
Lydtin-Baden das Ritterkreuz des Ordens Berthold des Ersten;
dem techn. Referenten für das Vet.-Wesen im bad. Ministerium
Regierangsrath Franz Hafner-Karlsruhe das Ritterkreuz 1. CI.,
den Bezirksthierärzten von Ow-Stockach, Loesch-Ueberlingen,
Kohlhcpp-Karlsruhe, Gassner-Ettlingen, A Lydtin-Bruchsal
das Ritterkreuz II. CI. des Ordens vom Zähringer Löwen zu ver¬
leihen und die Grossherzoglichen Bezirksthierärzte Braun-Baden,
Fuchs-Mannheim und Utz-Villingen zu Veterinärräthen, sowie
den Hilfsarbeiter für Veterinärwesen im badischen Ministerium des
Innern, A. Fehsenmeier-Karlsruhe, zum Veterinärassessor zu er¬
nennen.
Ferner ist dem Kreisthierarzt a. D. Güttlich-Namslau der
Rothe Adlerorden IV. CI., dem Gcstütsdirector Karl Bauwerker-
Zweibrtlckcn der Verdienstorden vom hl. Michael IV. CI. und den
Bezirksthierärzten Weigenthaler-Starnberg und Schmidt-Tries-
dorf das Verdienstkreuz desselben Ordens — verliehen worden.
Ernennungen : A. B1 u ra e, Kreisthierarzt in Tönning (Schleswig), zum
Grossherzogi. Landesthierarzt für das Fürstenthum Birkenfeld mit dem
Wohnsitz in Birkenfeld; Velmelage, Polizeithierarzt in Hamburg, zum
Assistenten am Spital für kleine Hausthiere der Berliner Thierärztl.
Hochschule; Wegner, Rossarzt a. D. in Ohlau, zum c. Kreisthierarzt
in Namslau. — Gewählt: Thierarzt Paul Bruggbacher als Stadt-
thierarzt in Biberach bestätigt, Thierarzt R. Doege-Labischin zum
Scblachthofinspector in Pieschen, Thierarzt A. Grabe zum Schlacht¬
hausinspector in Wittstock a. d. Dosse, Thierarzt Rosenfeld zum
SchlachthofinBpector in Schwetz a. W., Thierarzt P. Seile zum
Schlachtbofthierarzt in Stettin, Thierarzt Sosath-Dortmund zum
Schlachthofdirector in Oldenburg.
Approbationen: in Hannover: die Herren Carl Dreyer, Jacob
Hansen, August Kemner, Friedrich Meyer; — in München:
Die Herren Johann Burger, Christian Fackler und Karl Pomayer;
— in Dresden: Herr Cand. Richard Offermann.
Wohn8itzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die
Thierärzte Bock-Saarbrücken nach Bromberg, Kokken von Norder¬
ney nach W iek (Rügen), Rauschert- Opalenitza nach Friedeberg N.-M.,
0. Schmidt-WeBselbüren nach Hannover (Thierärztl. Hochschule),
W. Traugott (1899) nach Plaue a. d. Havel.
In der Armee: Beförderungen: Unterrossarzt Lemke im
22. Art.-Rgt. zum Rossarzt. Versetzungen: Die Rossärzte Bock
vom 36. Art-Rgt. zum 5. Kür.-Rgt. und Gessner vom 5. Kür.-Rgt.
zum 4. Drag.-Rgt. — Der Unterveterinär d. ReB Hermann Schmid
in den activen Dienst übernommen und mit Wahrnehmung einer
offenen Veterinärstelle im 2. bayr. Art.-Rgt. betraut.
Im Beurlaubtenstande: befördert zum Oberrossarzt d. L.
Professor Frick-Hannover; zu Rossärzten d. R. die Unterross¬
ärzte d. R. Ahlert, Andersen, Bauermeister, Bräuer, Buch-
rucker, Eggeling, Gladen, Kaiser, Keim, Knobbe, Kriete r,
Lösch, Loewel, Oehr, Reuther, Römer, Schmidt (Flensburg),
Schroeder, Schulz (Crefeld), Schulze (Stendal), Simon, Späth,
Speer, Voss, Vosshage, Wessel, Witt, Wolfsberg; zum
i einj.-frw. Unterrossarzt der Einj.-Frw. Mucha im 6. Hus.-Rgt.
— Abgegangen: Weigt, Rossarzt d. L. H.
Todesfälle: Städt. Thierarzt Knö 11-Niederstetten, Thierarzt
Schäfer-Dudweiler und Thierarzt Vogdt-Wittstock.
Yacanzen.
Kreisthierarztstellen eto.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Gumbinnen: Grenzthierarztassistentenstelle zu Stallupönenmit
dem Wohnsitz in Eydtkuhnen (1600 M. und Privatpraxis). Meid,
beim Regierungspräsidenten. — R-B. Marienwerder: Schwetz. Be¬
werb. beim Regierungspräsidenten. — R.-B. Schleswig: Eiderstedt,
zunächst comm. Gehalt 600 M. Bewerb, bis zum 18. Januar 1900
an den Regierungspräsidenten in Schleswig. — R.-B. Trier: Kreis-
thierarztassistentenstelle (900 M.). Bew. an den Regierungs¬
präsidenten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Arnsberg: Lippstadt. — R.-B. Danzig: Carthaus. —
R.-B. Posen: Gostyn.
Sanitltsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Dessau: Schlachthofassistenzthierarzt (1500 M., Wohnung etc.)
— Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt sofort. (1800 M. steigend
bis 3300 M. und 300 M. Wohnungsentschädigung.) Meldungen beim
Magistrat. — Hannover: IV. Tbierarztstelle am Schlachthof. —
Markneukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau
zum 1. Mai 1900. (2400 M., keine Praxis.) Bewerb, bis 20. Jan. an
den Stadtrath. — Trier: Schlachthofbilfsthierarzt zum 1. März
1900. (1800 M.) Bewerb, bis 15. Januar an den Oberbürgermeister.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — Eckernförde: Schlacht¬
hofinspector. — Essen (Ruhr): 3. Schlachthofthierarzt. — Filehne
Schlachthofinspector. — Friedrichsthal (Kr. Saarbrücken): Thier¬
arzt für Fleischbeschau. — Hirschberg (Schlesien): Schlachthof¬
vorsteher zum 1. März. — Liegnitz: Schlachthofassistenzthierarzt.
— Militsch: Scblachthofinspector. — Norderney: Schlachthof¬
inspector. — Ostrowo: Schlachthofinspector.— Posen: ein 1. und
ein 2. Schlachthofthierarzt —■ Spremberg: Schlachthofinspector. —
Tempelburg: Schlachthausinspector.
Privatstellen : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Augustusburg: Städt. Thierarzt sofort (720 M. Fixum.
Privatpraxis). — Festenberg. — Hirschberg (Saale): Thierarzt
(1000 M. Fixum). Bew. an den Stadtgemeindevorstand. — Kem-
berg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck
(Westpr.). Lasdehnen (Kr. Pillkallen). — Murrhardt. —
Schönbaum (Danzig). — Sold au (Ostpr.): Thierarzt für Praxis
(300 M. Zuschuss). Bewerbungen beim Magistrat.
Besetzt: Kreisthierarztstelle in Namslau und Kreuzburg. —
Sanitätsthierarztstellen in Oldenburg, Pieschen, Schwetz,
Stettin.
Verantwortlich für den Inhalt (excL Insoratenthell): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Scboetz in Berlin. — Druck von W. BQxenatein, Berlin
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Die ..Berliner Thierirxtllcbe Wochentchrifl“ erscheint
wöchentlich in Stärke von mindestens l>/ t Bogen. Dieselbe
ist su beziehen durch den Buchhsndel, die Post (No 1068)
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard
Schoets, Berlin NW^ Luisenstrasse 36, zum Preise von
Mk. 5,- pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeiträge werden mit 60 Hk. für den Bogen honorirt.
Alle Mannscripte, Mitthellungen und redactioneilen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thierärztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recension« -Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M. 3 . Ausgegeben am 18. Januar.
Inhalt: DieckerhofT: Zur Jahrhundertwende. — Referate: G u g 1 i e I m i: Ein Fall von Malaria beim Pferd. — Ueber die Ent¬
deckung des Pilzes des gelben Fiebers. — Prcttncr: Zur vergleichenden Statistik des Cysticercus cellulosae im Auge
des Menschen und der Thiere. — Tja den: Alcohol und Händedesinfection. — Tagesgeschichtc: Verschiedenes. —
Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen.
Zur Jahrhundertwende.
Rede, gehalten in der Aula der Kgl. thierärztl. Hochschule zu Berlin
am 11. Januar 1900.
Von
W. Dieckerboff.
Meine Herren! Liebe Commilitonen!
Den Beginn des 20. Jahrhunderts sind wir nach den bis¬
herigen Errungenschaften in der Lage, mit berechtigten Hoff-
nungen auf die günstige Fortentwickelung der Yeterinärwisseu-
schaf't und des thierärztlichen Berufes zu begrüssen.
*
Obwohl die Veterinärwissenschaft sich mit der Landeseultur
in den europäischen Staaten vielfach berührt und deshalb seit
dem Alterthum jederzeit ihre Vertreter gehabt hat. so erhielt
dieselbe doch erst im 19. Jahrhundert die erforderlichen Ein¬
richtungen, um sich die allgemeine Anerkennung ihres Werthes
für die Volkswohlfahrt erarbeiten zu können. Ihre practische
Nutzanwendung kommt in weitem Umfange den Interessen der
Landwirtschaft und des vaterländischen Heeres zu gute. Sie
steht auch in enger Verbindung mit den grundlegenden Natur¬
wissenschaften. Aber in ihren wichtigsten Gebieten ist die
Veterinärwissenschaft ein Theil der Mediein. von deren Methoden
und Lehren sie zu allen Zeiten entscheidende Anregungen
empfangen hat. Wenn wir ihre Geschichte im 19. Jahrhundert
und insbesondere die bis zur Gegenwart von unserer Hochschule
ausgegangenen Lehren verfolgen, so ergiebt sich für jede Zeit
Anlass zur Vergleichung derselben mit den in der Mediein
massgebend gewesenen Theorien.
Durch den Beginn und den Schluss eines Jahrhunderts wird
die Entwickelung der Wissenschaft nicht genau begrenzt. Wie
zwischen der politischen Geschichte des achtzehnten und des
neunzehnten Jahrhunderts von manchen Autoren der Beginn der
französischen Revolution als Scheidungslinie angenommen wird,
so kann man in der Geschichte der Veterinärwissenschaft den
l’eberlieferungen des 18. Jahrhunderts bis tief in die neuere Zeit
nachgehen. Anderseits ist nicht zu bestreiten, dass wir uns
heute inmitten einer wissenschaftlichen Epoche befinden, welche
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begründet wurde.
aber trotzdem der nächsten Zukunft die Bahn für erfolgreiche
Forschungen anweist.
Im Anfänge des neunzehnten Jahrhunderts verhinderten
die grossen europäischen Kriege die. Durchführung wissenschaft¬
licher Arbeiten. Aber kaum waren die schweren Erschütterungen
überstanden, als auch die Krankheiten der Hausthiere im An¬
schluss an die zu ihrem Studium unentbehrlichen grundlegenden
Wissenschaften hei den Fachgelehrten das lebhafteste Interesse
hervorriefen. Dass die litterarischen Prodiietionen der Yete-
rinärwissenschaft aus dieser Zeit manche Trrthümer enthalten
und in vielen Fragen von grosser landwirthschaftlielier 'Prag-
weite keine Entscheidung herbeiführen konnten, ist vornehmlieh
den noch nicht widerlegten Hypothesen über das Leben des
Menschen und der Thiere, sowie über das Wesen der Krank¬
heiten zuzusehreiben. Die vitalistisohen Theorien, welche die
Vorstellungen der Fachgelehrten beherrschten, standen dem
tieferen Eindringen in die Bedingungen der physiologischen und
pathologischen Vorgänge hei den Tliieren entgegen. Gewiss
fällt die Beseitigung der umfassenden chemischen Theorie
früherer Zeit -- der von dem Hallenser Professor Stahl er¬
dachten Phiogistonlehre — und die Begründung der organischen
Chemie durch Lavoisier und Scheele noch vor den Beginn
des neunzehnten Jahrhunderts. Aber es dauerte lange, bis die
grossen Entdeckungen in der Chemie der Erklärung lebendiger
Vorgänge bei den Tliieren dienstbar gemacht werden konnten.
Wie die physiologischen Functionen im Thierkörper mit
der hypothetischen Voraussetzung einer dem Organismus in
; allen Theilen vorgeordneten einheitlichen Lebenskraft gedeutet
wurden, so blieben für die allgemeine Lehre der Thierkrank¬
heiten bis über die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts hinaus
die Phrasen der naturphilosophischen Schule bestehen. Ver¬
geblich war der Versuch, aus denselben die richtige Aetiologie
und Pathogenese der Thierkrankheiten herauszuarbeiten.
Einen nachhaltigen Einfluss auf die thierärztlichen Autoren hat
: namentlich die Brown’sehe Erregungstheorie gehabt, mit den
Begriffen der Sthenie und Asthenie. Ohne Bedenken wurde diese
1 Lehre mit der Meinung, dass die Krankheiten durch Anomalien
der Blntinischuug entständen, combinirt. Man braucht nur die
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26
BERLINER TIllERAKZTLKHK WOCHENSCHRIFT.
bedeutenderen veterinärärztlichen Handbücher aus jener Zeit
(Veith, Hertwig, Hering, Spinola, Haubner, Körber,
Wagenfeld, Gerlach) aufzuschlagen, tun den grossen Umfang
zu erkennen, in welchem die phraseologische Umschreibung der
Krankheitssymptome üblich gewesen ist. Wir älteren Mit¬
glieder des thierärztlichen Berufs haben bei unseren ersten
Studien noch unter dem unmittelbaren Eindruck der vitalistischen i
Hypothesen gestanden. Sowohl die Prognose wie die Therapie
der fieberhaften Krankheiten bestimmten sich nach der Ermitte¬
lung, ob die Krankheit athenischer oder asthenischer Natur war.
Die Erscheinungen der Rinderpest sollten dem Verständniss
näher kommen durch die Erklärung, dass die kranken Thiere
„das Bild der vollkommenen Asthenie“ darbieten (Gerlach).
So sehr indess die vitalistischen und naturphilosophischen
Theorien die bessere Einsicht in die Natur der Thierkrankheiten
zurückdrängten, so lässt, sich doch nicht leugnen, dass trotz
derselben auch in der Veterinärwissenschaft jener Zeit die Ge¬
winnung genauerer Kenntnisse auf dem Wege der anatomischen
Untersuchung und des physiologischen Experimentes angestrebt
worden ist. Die Begründung der systematischen Anatomie und
der pathologischen Anatomie der Hausthiere durch Ernst Fried¬
rich Gurlt und die Darstellung der thierärztlichen Arznei¬
mittellehre nach eigenen Versuchen durch Carl Heinrich
Hertwig bilden für alle Zeiten wichtige Marksteine in der
historischen Entwickelung der deutschen Veterinärwissenschaft.
Der IJebergang der Medicin aus den Irrungen der vita¬
listischen Doctrinen in die exacte Naturwissenschaft hat sich
nicht auf einmal vollzogen. Diese hochbedeutsame Leistung des
19. Jahrhunderts konnte auch nicht das Werk eines einzigen
Mannes sein. Heute erscheint uns allerdings die Lebenskraft j
der Individuen in der Aetiologie der Krankheiten als ein Trug¬
gebilde vergangener Zeiten. Aber noch vor 50 Jahren fand die¬
selbe nicht bloss bei den praktischen Aerzten und Thierärzten,
sondern auch bei grossen Gelehrten der Medicin allseitige An¬
erkennung.
Von den grundlegenden wissenschaftlichen Arbeiten, welche
den Vitalismus beseitigt haben, können hier nur die wichtigsten
kurz berührt werden.
Die Entdeckungen in der Zoologie, dass die parasitischen
Blasenwürmer die Larven bestimmter Bandwürmer sind und
dass auch die Rundwürmer wie die Saugwürmer im Körper des ;
Menschen und der Hausthiere nur aus ihren Embryonen ent- i
stehen, entrissen der alten Lehre von der Urzeugung eines j
ihrer wesentlichsten Beweismittel. Die Unerbittlichkeit der
^tatsächlichen Forschungsergebnisse zwang die Zoologen, wie
die Aerzte und Thierärzte, den Glauben an die Urzeugung ab-
zuthnn und die Wahrheit des Harvev'sehen Gesetzes .,o>nnr \
drum ex ovo“ anzuerkennen.
Nachdem die pflanzliche Zelle durch Schleiden und die
thierische Zelle durch Schwann entdeckt waren, begründete j
Virchow nach umfassenden histologischen Untersuchungen die .
cellulare Theorie des thierischen Lebens. Mit Unrecht 1
wird (»ft angenommen, dass die Zellentheorie Virchow's mit
derjenigen von Schwann identisch sei. Nach der letzteren
sollte sich der Zellkörper aus den Niederschlägen einer un-
geformten Substanz bilden. Das ursprünglich amorphe Material
galt Schwann als der eigentliche Bildungsstoff. Demnach war
die Zellentheorie von Schwann ganz geeignet, dem Irrthum
der Urzeugung und den vitalistischen Abstractionen Vorschub
zu leisten. Dagegen gipfelt die Zellentheorie Virchow's in
No. 3.
dem Grundsätze, dass sowohl die pathologischen wie die
physiologischen Neubildungen ein Gewebe voraussetzen, aus
welchem ihre Zellen herstammen. Die Zellenlehre Virchow’s
hat die gesummte Biologie belichtet und in der Medicin am
meisten zur Ablehnung der vitalistischen Doctrinen beigetragen.
Grossen Einfluss auf die Behandlung physiologischer Streit¬
fragen hatten die Arbeiten des berühmten englischen Natur¬
forschers Charles Darwin. Seine gewöhnlich mit dem Namen
des Darwinismus zusammengefassten Lehren haben auch in der
Veterinärwissenschaft die Probleme der Vererbung dem Ver¬
ständniss näher gebracht.
Bahnbrechend für die Biologie ist der Lehrsatz von der
Erhaltung der Kraft geworden, dessen Wahrheit der grosse
Physiker von Helmholtz bewies. Von Emil du Bois-Rey-
imind*) wurde der historische Nachweis erbracht, dass die Er¬
haltung der Energie in der Natur schon 1086 von dem Philo¬
sophen Leibniz klar ausgesprochen und dass diese Lehre auch
bereits im 18. Jahrhundert ein Gemeingut der Gelehrtenwelt ge¬
wesen ist. seitdem aber in Vergessenheit gerathen war. Das
wichtige Naturgesetz wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts
von dem Arzte Robert Mayer in Heilbronn von Neuem er¬
kannt. aber zuerst durch v. Helmholtz mit dem Erfolge be¬
gründet. dass es der Medicin zur sicheren Widerlegung der
vitalistischen Verirrungen die grössten Dienste leistete.
Inzwischen war die pathologisch-anatomische Richtung in
der Medicin von Rokitansky begründet worden, jedoch mit
der im Sinne der humoralen Schule beibehaltenen Annahme, dass
eine primäre Blutdyskrasie die Ursache der Krankheiten sei. Es
kann nicht auffallen, dass diese Lehre zwei Jahrzehnte hindurch
auch in der Veterinärwissenschaft Anklang gefunden hat.
Von der Theorie des cellularen Lebens in den Organeil aus¬
gehend und mit der Absicht, die Medicin nach Art der exacten
Naturwissenschaften zu cultiviren. begründete Virchow die Be¬
arbeitung der pathologischen Anatomie; er wurde zugleich der
Schöpfer der pathologischen Histologie. Die Ermittelung der
in den Organen entstehenden krankhaften Vorgänge ist vorzugs¬
weise durch sein Verdienst als die wichtigste Aufgabe der be¬
schreibenden Pathologie anerkannt und ausgebildet worden. Er
führte mit grösserem Erfolge als seine Vorgänger den Grund¬
satz der Localisation der Krankheiten oder nach seinem eigenen
Ausdruck den anatomischen Gedanken**) in die Pathologie ein.
Dabei erkennt er an, dass die pathologische Anatomie ausser
Stande ist. für jede Krankheit eine Sedes nachznweisen und dass
desshalb der pathologisch-anatomische Befund sich nicht immer
mit dem Begriff des Sitzes der Krankheit deckt. „Aber auf
Grund physiologischer und chemischer Kenntnisse sind wir be¬
rechtigt, auch da von einem Sitz der Krankheit zu sprechen, wo
wir eine sichtbare Veränderung nicht auffiuden.“ Virchow hat
sich auch schon um die Mitte des abgeschlossenen Jahrhunderts
die Förderung der Veterinärwissenschaft angelegen sein lassen,
indem er von mehreren wichtigen Krankheiten der Hausthiere
die pathologische Anatomie erläuterte und hierdurch den Thier¬
ärzten eine mächtige Anregung zu weiteren Forschungen gab.
Von allgemeinem Interesse für die Geschichte der Pathologie ist
die Thatsache, dass Virchow bei allen Krankheiten und ins¬
besondere auch hei den Infectionskrankheiten zwischen der Ur-
*) „Hermann von Helmholtz“. Gedächtnissrede von Emil
du Bois-Reymond; Leipzig 1897 S. 16.
**) Rudolf Virchow, Morgagni und der anatomische Ge¬
danke; Berlin 1894
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18. Januar 1900.
sache (causa) und dem Wesen (essentia) scharf unterscheidet*).
„Die parasitären Wesen, namentlich auch die Bacterien sind
immer nur Ursache; das Wesen der Krankheit beruht in dem
Verhalten der Organe und Gewebe, welche von den Bacterien
oder ihren Absonderungsprodukten getroffen werden.“
Schwankend für die Beurtheilung der inneren Krankheiten
der Hausthiere blieben die Grundsätze der Therapie. Die
Wiener anatomische Schule hatte in dieser Hinsicht den völligen
Nihilismus gegenüber der Behandlung fieberhafter Krankheiten
und besonders der genuinen Pneumonie gelehrt. Dieser un-
motivirten Ansicht wurde auch von einflussreichen Autoren der
Veterinärwissenschaft (Roll u. A.) nachgegeben. Die Gerechtig¬
keit verlangt aber die Anerkennung, dass Virchow als Ver¬
treter der modernen pathologisch-anatomischen Schule in der
Medicin die Erfolglosigkeit der Therapie nicht behauptet hat.
Es wurde ihm sogar zum Vorwurf gemacht, dass er an Therapie
glaube und er bemerkt hiergegen (Pathol. und Therapie
I. Bd. 1854, Vorrede), dass er sich dieses Fehlers mit Freuden
bewusst sei.
In den sechziger und siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts
gewann für die allgemeine Praxis in der Veterinärwissenschaft
die Diagnostik der inneren Krankheiten an Genauigkeit durch
die Einführung der physikalischen Untersnchungsmethoden: Aus-
cultation, Percussion und thermometrische Feststellung der
Körperwärme.
Die Chirurgie erhielt auch in der Thierheilkunde neuen
Aufschwung durch die antiseptische Wundbehandlung. Nachdem
es Pasteur gelungen war, die Abhängigkeit fermentativer und
septischer Processe von der Thätigkeit bestimmter Mikroben
festzustellen, zog der englische. Chirurg Lord Lister in be¬
wusster Absicht die Consequenzen der auch in anderer Hinsicht
bedeutungsvoll gewordenen naturwissenschaftlichen Entdeckung
für die Wundbehandlung. Das Heilverfahren Lister’s, welches
in seiner weiteren Ausbildung zu einer der grössten Wohlthaten
für die Menschheit geworden ist, hat auch tlir die Chirurgie
und insbesondere für die operative Technik in der Thier¬
heilkunde grosse Fortschritte gezeitigt.
Kaum zwanzig Jahre sind vergangen, als durch Robert
Koch die Bacteriologie inaugurirt und hiermit zugleich der
Hygiene sowohl in der Medicin wie in der Veterinärwissenschaft
eine exacte Grundlage und die Bedeutung einer vollberechtigten
Disciplin verschafft wurde. Wohl ist die Vorstellung, dass die
Contagien lebende Wesen sind, mehr als 200 Jahre alt. Auch
stammt die für die menschliche Wohlfahrt ausserordentlich
werthvolle Entdeckung Jenner’s, dass die Pocken durch die
Vaccination präventiv behandelt werden können, aus dem Jahre
1794. Neue Aufschlüsse über die Wirkung der pathogenen
Mikroben und über die Verwendbarkeit ihrer abgeschwächten
Culturen zu Präventiv-Impfungen hatte Pasteur bekannt ge¬
geben. Aber erst die Entdeckungen von Robert Koch, seinen
Mitarbeitern und Nachfolgern brachten für die wichtigsten
lufectionskrankheiten des Menschen und der Hausthiere eine
bestimmte Aufklärung ihrer Entstehungsgeschichte. Damit er- i
öffneten sich neue ätiologische und therapeutische Gesichtspunkte
zur Lösung wissenschaftlicher Probleme. Es hat sich ergeben,
dass jeder einzelnen Infectionskrankheit ein verschiedener ;
Cliaracter der Infection eigen ist und dass die Mikroben nicht 1
*) Rudolf Virchow. Die neueren Fortschritte in der ,
Wissenschaft; Berlin 1898.
27
infolge einer mechanischen Einwirkung, sondern durch ihre
Absonderungsproduote die Krankheit herbeiführen.
Auch das uralte Problem der Immunität und seine practische
Consequenz — die künstliche Immunisirung — ist durch die
Koch'sehe bacteriologische Schule seiner Lösung näher gebracht
worden. Die Wirkung der Autitoxine wird nicht bloss von den
Aerzten und Thierärzten, sondern von der ganzen Menschheit
mit wachsendem Interesse verfolgt. Seitdem sich gezeigt hat.
dass höchst wahrscheinlich die Immunität in einem besonderen
Verhalten der Zellen und des Parenchymsaftes der Organe be¬
ruht, dass somit ihre eigentliche Quelle lebendes Gewebe ist
und dass das Blutserum wie die Lymphe die immunisirenden
Stoffe nur transportiren, erscheint das Wesen der Immunität
verständlicher, obschon die chemische Belichtung desselben noch
eine Aufgabe der Zukunft bleibt.
Gegenüber einigen Seuchen hat die künstliche Immunisirung
des Körpers sowohl zu Heilzwecken wie zur Prophylaxis bereits
die Probe, glänzend bestanden. Die Behandlung der Diphtherie
des Menschen mit Beliring’schem Heilserum gehört zu den
grossen Segnungen, welche die Menschheit der medicinischen
Forschung verdankt. Auf thierärztlichem Gebiete ist die von
Lorenz entdeckte Serumbehandlung der Rothlaufseuche bei
Schweinen als ein wissenschaftlicher Erfolg ersten Ranges an¬
zusehen. Es gereicht der Veterinärwisseuschaft zu bleibendem
Ruhm, dass es ihr gelungen ist, dieser unter den Schweinen in
Deutschland sich ständig zeigenden Seuche Herr zu werden,
nachdem dieselbe Jahrhunderte lang wie ein unabwendbares Ge¬
schick auf der landwirtschaftlichen (’ulturarbeit gelastet hat.
Nach dem Ausspruche Löffler’s können wir ferner die be¬
gründete. Hoffnung auf die Entdeckung eines practisch verwert¬
baren Impfverfahrens zur Präventivbehandlung der Maul- und
Klauenseuche hegen, womit der deutschen Landwirtschaft eine
noch grössere Hilfe geleistet sein wird.
Die Bekämpfung der Tuberculose des Rindes durch die An¬
wendung von Tuberculin ist bis jetzt noch erfolglos gewesen:
bei der grossen landwirtschaftlichen Bedeutung dieser Infections¬
krankheit erscheint aber die Fortsetzung von therapeutischen
Versuchen dringend wünschenswert.
Nicht bloss durch die Einführung specitischer Antitoxine in
die Heilmittellehre hat die experimentelle Therapie die Wege
zur wirksamen Behandlung infectiöser Krankheiten gezeigt. Auch
das uralte und zu keiner Zeit aufgegebene Bestreben der
Medicin, den leidenden Körper von der krankmachenden Sub¬
stanz zu befreien (zu desinficiren), beschäftigte in den letzten
Jahrzehnten die Forschung anhaltend. Die Wirksamkeit des
Quecksilbers und des Chinins gegen gewisse menschliche Krank¬
heiten war bekannt. In der Thierheilkunde hat sich die Ein¬
verleibung von Jod als erfolgreich bei der Aktinomykose des
Rindes erwiesen; das Mittel, welches durch die Blutcircnlation
in die Organe gelangt, vermag in denselben den lnfoctionsstoff
zu zerstören und die Krankheit zur vollständigen Abheilung zu
bringen.
Gegen das Kalbefieber odör die Geburtsparese der Kühe be¬
währt sich die Infusion von Jodlösung in das Euter vortrefflich.
Durch die intravenöse Injection von Collargolum (Orede’sches
lösliches Silber) sind die höchstwahrscheinlich durch das Ein¬
dringen von Streptokokken in das Blut verursachten beiden
Allgemeinkrankheiten — die Blutfleckenkrankhe.it des Pferdes
und das bösartige Catarrhalfieber des Rindes — mit vorzüglichem
Heilerfolge zu behandeln.
BERLINER THIERÄRZTLICI1E WOCHENSCHRIFT.
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28 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 3.
Vergessen dürfen wir bei diesem geschichtlichen Ueberblick
nicht, dass die grossen Errungenschaften der Therapie, voA
welchen hier nur einige berührt werden konnten, erst nach den
erstaunlichen Fortschritten in der Physik und Chemie möglich
gewesen sind. Die der gesummten Menschheit imponirenden
bacteriologischen Entdeckungen der neuen Zeit konnten
nur dadurch zu Stande kommen, dass die Construction
des Mikroskops zu einer früher nicht geahnten Vollkommen¬
heit ausgebildet war und dass die Chemie die Materialien
zur Färbung der Mikroben kennen gelehrt hatte. Im neuen Jahr¬
hundert wird auch die experimentelle Therapie für die Veterinär-
Wissenschaft zunächst im Vordei gründe der Forschung bleiben.
Nicht minder als mit der thierärztlichen Privatpraxis
steht die veterinärwissenschaftliche Forschung in engem Zu¬
sammenhang mit dem öffentlichen Veterinärwesen, dessen zeit-
gemässe Ausgestaltung kaum *25 Jalire zurückreicht. Dass die
wichtigsten Viehseuchen — Rinderpest, Rotz, Lungenseuche,
.Schafpocken — bei welchen die Heilversuche erfolglos blieben,
mit umfassenden staatlichen Massregeln zu bekämpfen seien,
waren die Thierärzte seit Jahrzehnten zu beantragen nicht
müde geworden. Aber die Reform dieser für die Wohlfahrt
der deutschen Landwirthschaft ausserordentlich wichtigen Gesetz¬
gebung ist in PreuB8en erst erreicht worden, nachdem 1874 das
Veterinärwesen mit den thierärztlichen Hochschulen zu Berlin
und Hannover der Verwaltung des Königlichen Landwirthschaft-
iichen Ministeriums unterstellt war. Gern bewahren die Thier¬
ärzte dem Schöpfer des Preussischen Viehseuchengesetzes von
1875, aus welchem das Reichs-Viehseuchengesetz hervorgegangen
ist, dem verewigten Unter-Staatssecretär im Landwirthschaftlichen
Ministerium Dr. von Marcard ein treues Gedenken. Denn
diese Gesetzgebung hat nicht nur die wohlthätigsten Folgen
tiir die deutsche Landwirthschaft, sondern auch einen fordernden
Einfluss auf das thierärztliche Studium und die Stellung der
deutschen Veterinärbeamten.
Mit aufrichtigem Danke habe ich hervorzuheben, dass die
beiden thierärztlichen Hochschulen in Preussen durch die Für¬
sorge des vorgeordneten Landwirthschaftlichen Ministeriums eine
Zeitgemässe Vervollständigung erhalten haben. Für die Hoch¬
schule in Hannover ist ein vollständiger Neubau erstanden und
für die Hochschule in Berlin sind die noch erforderlichen
Institute theils im Bau begriffen, theils werden dieselben in den
nächsten Jahren hergestellt. Auch für wissenschaftliche Arbeiten
und insbesondere für die Erforschung der bei den Hausthieren
auftretenden Seuchen und ihre Behandlung stellt die Königliche
Staatsregierung reiche Geldmittel zur Verfügung.
So beginnen wir das neue Jahrhundert mit der begründeten
Hoffnung, dass in dem wichtigsten Gebiete des öffentlichen
Veterinärwesens die thierärztliche Wissenschaft in ihrer Fort¬
entwickelung dem Nationalwolilstande des Vaterlandes erspriess-
liche Dienste leisten, und dass ebenmässig den staatlichen
Veterinärbeamten eine gesicherte und angesehene Stellung ge¬
geben sein w'ird.
Als zweites Gebiet des öffentlichen Veterinärwesens ist die
Fleischbeschau mit Einschluss der Untersuchung anderer ani¬
malischer Nahrungsmittel in den letzten 20 Jahren zu einer
selbständigen Disciplin der Veterinärwissenschaft ausgebildet
und für die Gesundheitspflege des Menschen unentbehrlich ge¬
worden. Sie verlangt nicht weniger, als die staatliche Veterinär¬
polizei von den thierärztlichen Beamten die Integrität des
Characters und eine gründliche wissenschaftliche Ausbildung.
Es ist zu hoffen, dass für die Beamten der Fleischbeschau recht
bald eine für den ganzen Umfang des Deutschen Reichs gültige
Instruction erlassen wird, welche die Entscheidung über die
Verwendbarkeit des Fleisches abnorm befundener Schlacht-
thiere einheitlich ordnet.
Die gerichtliche Thierarzneikunde, deren wissenschaftliche
Darstellung in der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts
von Elias Veith begründet und von Gerl ach fortgeführt
wurde, steht mit dem öffentlichen Veterinärwesen nur noch in
loser Verbindung. Durch die Deutsche Civilprocessordnung von
1877 wurde die in vielen Gesetzesbezirken obligatorisch ge¬
wesene Zuziehung des beamteten Thierarztes zur Begutachtung
der im Handelsverkehr mit Hausthieren vorkoramenden tech¬
nischen Streitfragen beseitigt. Für die von den Gerichten ver¬
langten Gutachten sind demnach die Privatthierärzte den
Veterinärbeamten grundsätzlich gleichgestellt.
Das Bürgerliche Gesetzbuch vom 18. August 1896, welches
vor wenigen Tagen für den ganzen Umfang des Deutschen
Reiches in Geltung getreten ist, ordnet das Recht des Vieh¬
handels durch eine Reihe von Sonderbestimmungen, über welche
die meisten Interessenten im gegebenen Falle erst von den
Thierärzten aufgeklärt werden müssen. Es lässt sich voraus¬
sehen, dass einige Vorschriften, welche gewissermassen nur
nebenbei aufgenommen wurden, in der Praxis das Uebergewicht
erlangen. So ist dem Käufer anheimgestellt, zur Sicherung des
Beweises wegen eines Mangels bei dem gekauften Thiere die
Beweisaufnahme bei Gericht zu beantragen. Von dieser Be¬
fugnis« wird der Käufer zweifellos in der Regel Gebrauch
machen. Damit erwächst den zur Begutachtung des bemängelten
Thieres zugezogenen thierärztlichefi SachVetstüHdigeh ’ die"Atif-'
gäbe, die Einigung der Parteien über den Gegenstand des
Streites herbeizuführen. Es ist zu erwarten, dass die deutschen
Thierärzte unter der Herrschaft des Bürgerlichen Gesetzbuchs
an der Verhütung von lästigen und kostspieligen Rechtsstreitig¬
keiten wegen Mängel der gekauften Thiere mit gutem Erfolge
beitragen werden.
Aus dem abgeschlossenen Jahrhundert übernehmen hiernach
im Deutschen Reiche die Veterinärwissenschaft und der Beruf
der Thierärzte eine Reihe von Aufgaben, zu deren Erledigung
die gegenwärtigen Normativbestimmungen für das Studium an
den thierärztlichen Hochschulen und für die Prüfung der thier¬
ärztlichen Kandidaten nicht mehr ausreichen. Wenn schon vor
mehreren Jahrzehnten die einsichtigen Thierärzte für noth-
wendig erklärten, dass zum thierärztlichen Studium dieselbe
Vorbildung wie zum ärztlichen Studium an den Universitäten
zu verlangen sei, so hat diese Forderung gegenwärtig um so
mehr Berechtigung, als inzwischen die Veterinärwissenschaft
für die Landwirthschaft und die gesammte nationale Wohlfahrt
eine grössere Bedeutung erlangt hat.
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts haben die im prak¬
tischen Leben stehenden Thierärzte von Jahr zu Jahr und nicht
ohne schliesslichen Erfolg darauf gedrungen, dass die schweren
Viehseuchen durch energische Maassregeln und mit Entschädigung
der betroffenen Besitzer zu unterdrücken seien. Mögen die
Thierärzte auch in dem Anträge nicht erlahmen, dass das
Gymnasial-Reifezeugniss für das Studium der Veterinärwissenschaft
im Deutschen Reiche vorgeschrieben wird. Wir Alle haben
mit den Thierärzten im Lande den dringenden Wunsch, dass
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18. Januar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
29
dieser unentbehrliche Fortschritt im Veterinürwesen sich bald
verwirklicht.
Meine Herren Studirenden! Festgefügt und zu imponirender
Machtentfaltung geeinigt tritt die deutsche Nation in das neue
Jahrhundert Was die Kraft unseres geeinten Vaterlandes für das
Volkswohl, wie für die Wissenschaft und ihre Pflege bedeutet,
das lehrt der Vergleich mit der Vergangenheit. Vor einem
Jahrhundert entstand die Uebermacht des corsischen Eroberers,
welche die Throne des europäischen Festlandes umstürzte und
das Römische Reich deutscher Nation in Trümmer legte. Schwer
hatte der preussische Staat zu leiden. Aber das Unglück Hess
das feste Band zwischen dem preussischen Volke und der
Hohenzollern-Monarchie nicht locker werden. „Meine Sache ist
die Sache meines Volkes“, konnte der König mit Recht sagen.
Nachdem in jahrelanger, harter Kriegsarbeit der Feind Deutsch¬
lands überwunden war, haben in Preussen die verbesserten
Einrichtungen der Staatsverwaltung die Wiederaufnahme der
wissenschaftlichen Arbeit möglich gemacht. Neue Hochschulen
wurden gegründet und die alten zeitgemäss reformirt. Aber
nicht blos die academischen Studien, sondern den gesammten
Volksunterricht haben die Monarchen des Hohenzollernhauses
im 19. Jahrhundert gepflegt. Durch die allgemeine Dienstpflicht
und eine methodische Erziehung ist das preussische Heer
reorganisirt worden. Mit demselben und unterstützt durch die
Staatskunst Bismarck’s, des fähigsten Ministers, der jemals
die Geschicke eines Volkes geleitet hat, wurde von dem
grossen Könige Wilhelm I. die in Sagen und Dichtungen der
edelsten deutschen Männer und besonders auch von der studiren¬
den Jugend ersehnte Einigung der deutschen Volksstämme zu
einem machtvollen Reiche erkämpft.
Im Besitze dieser Einheit und unter dem Schutze unseres
erhabenen Kaisers und Königs vermögen auch wir an unserer
Hochschule im kommenden Jahrhundert die Arbeiten des be¬
endeten Zeitabschnittes fortzusetzen. Jedem denkenden Menschen
muss es eine Befriedigung gewähren, an der Erweiterung der
thatsächlichen Wissensgebiete mitzuwirken und die Ergebnisse
seiner Arbeiten für die Wohlfahrt des Landes nutzbar zu machen.
In Preussen ist die Landwirtschaft die breite Grundlage
eines gesunden Volkstlmras. Die Förderung derselben durch
die Verwertung der veterinärwissenschaftlichen Erfahrungen zu
unterstützen, liegt in unserem gemeinsamen Berufe. Sie, meine
Herren Studirenden, tragen deshalb sowohl jetzt wie in Zukunft
in sich selbst die Anregung, ihrer Pflichten und ihrer Stellung
eingedenk zu sein. Ein bewuuderungswerthes Vorbild un¬
ermüdlichen Pflichtbewusstseins bietet uns Allen die Regierungs¬
arbeit Sr. Majestät unseres erhabenen Kaisers und Königs. In
treuer Anhänglichkeit an das Herrscherhaus der Hohenzollern
und mit patriotischem Stolze schliessen wir uns den unsenn
Kaiser im Inlande wie im Auslande fortdauernd dargebrachteu
Kundgebungen des Vertrauens und des Dankes an für die mit
der Reichsmacht erzwungene Bewahrung des Weltfriedens, unter
welchem das deutsche Volk in Wissenschaft und Kunst, Handel
und Verkehr, Landwirtschaft und Industrie, sowie in der
Steigerung des allgemeinen Wohlstandes prosperirt. Wir ge¬
loben auch heute, allezeit festzuhalten an der Liebe und Treue
zum Herrscherhanse der Hohenzollern und bekräftigen unser
Gelöbnis» mit dem Rufe:
Se. Majestät, der deutsche Kaiser, König Wilhelm II. von
Preussen: Hoch, Hoch und abermals Hoch!
Referate.
Ein Fall von Malaria beim Pferd.
Von Dr. G. Guglielmi.
(Clinica ve». 189«, II. 19.)
Die Untersuchungen über die Parasiten der rothen Blut¬
zellen bei den Hausthieren sind neuesten Datums. In Italien
wurden bisher publieirt im Jahre 1895 die Beobachtungen von
Piana und Galli Val er io beim Hunde und diejenigen von
Sanfelice und Loi über die Hämaturie der Rinder in Sardinien,
im Jahre 1897 die Studien von Celli und Santori über die
Hämoglobinurie der Rinder in der römischen Campagna. Die
letzteren Beobachtungen wurden von Dionisi vervollständigt,
welcher die anatomischen Veränderungen und das Blut der an
der Krankheit eingegangenen Rinder untersuchte. Der Verfasser
nimmt an, dass die Hämatinurie oder Hämoglobinurie der Rinder,
vulgär „Blutpissen“ in den verschiedensten Gegenden Italiens
(Apulien, Sardinien, im Agro romano etc.) ein und dieselbe
Ursache hat, und diese Krankheit als Malaria zu betrachten ist.
Auch über die Malaria der Pferde sind eine Reihe Be¬
obachtungen gemacht worden, welche auf Ruini, Lancisi,
Hartei, d’Arboral, Percival und Coleman zurückreichen.
Weitere Mittheilungen über diese Krankheit rühren von Röll,
Hering, Clichy und Delwart, Rogston, Demoiseau und
Nosotti, Bertacchi Andreis, Vimercäti und Peroncito
her. 1898 beobachtete der russische Militärveterinär Popow
sechs Malariafälle in einem Kosakenregiment am Kaukasus.
Von französischen Veterinären haben Pierre im Sudan,
Dupuy in Senegambien, Berard in Tunis über die Malaria
oder das Sumpffieber des Pferdes berichtet.
per Vgrf. prakticirt in einer Gegend, in welcher die
Malaria des Menschen häutig ist. Im ebenen Theile des Terri¬
toriums befinden sich ausgedehnte Sümpfe, über welche die
herrschende Windrichtung (Südost) hinwegstreicht.
Das vom Verf. untersuchte Pferd war ein sechsjähriges
Postpferd, welches manchmal stundenlang an einer kleinen
Poststation in einer Malariagegend halten musste.
Am 15. August bekundete das Pferd nachstehende Krank-
heitserscheinnngen: blasse Schleimhäute, trockenes Maul, kleinen,
frequenten Puls (60 p. M.), Temperatur 40° C. und auf der
Hautoberfläche ungleichmässig vertheilt. Ohren und Extremitäten
kalt. Respiration beschleunigt. Das Thier nahm kein Futter
und hatte Koliksymptome. Letztere sollen auf die Anschwellung
der Milz zurückzuführen sein. Das Fieber hatte einen inter-
mittirenden Charakter mit Exacerbationen in den Abendstunden.
Dasselbe wurde durch hypodermatische Injection von Chinin¬
salzen bekämpft.
Die Heilung erfolgte nach 14 Tagen.
In den während des Fiebers am Halse durch Hautstich
aseptisch entnommenen Blutproben waren eine gewisse Zahl
rother Blutzellen mit einem oder mehreren kleinen Körperchen
enthalten. Dieselben waren im Centrum und manchmal im
peripherischen Theil mit einem Pigmentfleck versehen. Derselbe
war nicht immer vorhanden. Die grösseren Körperchen waren
imbeweglich, die kleineren zeigten amöboide Bewegung. Die
Fonh der Körperchen war verschieden, kreisrund, rundlich mit
unregelmässigen Umrissen, ovoid, länglich, gekrümmt, stäbchen-
artig, die Grösse betrug 1—2 ft.
Gleiche Formen sowie Haufen von feinen, gelblich-braunen
Körnchen, gemischt mit schwarzem Pigment fanden sich im
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30 BERLINER TH1ERÄRZTLICI1E WOCHENSCHRIFT. No. 3.
Blutplasma. Die Blutkörperchen zeigten in den Präparaten
nach einiger Zeit Agglutination.
Die specitische Behandlung des Falles bestand in der An¬
wendung von Chinin, sulfuric. und hydrochl. und zwar subcutan,
intratracheal und per os, täglich in Dosen von 10 g.
Die Vergleichung der beschriebenen Parasiten mit den
Hämatozoen bei den malariakranken Menschen aus jener Gegend
ergab l'ebereinstimmung in den Formen.
Die rebertragnng der Malariap.irasiten auf Menschen und
auf Vögel erfolgt nach den Untersuchungen von Ross. Grassi,
Bignami und Koch durch einige Mückenarten (Anopheles
claviger, vielleicht auch Culex penicillaris und (-. malariae),
in deren Körper das Hümatozoon seine Entwicklung durchmacht.
Die Rinder werden durch Zecken (Ixodes reticulatus oder
reduvius) inticirt. in den Maluriafällen bei Rindern ist jedoch
die Gegenwart dieser Hautparasiten nicht immer nachgewiesen
worden. Auch beim Pferd steht der Beweis noch aus, dass die
beschriebene Krankheit auf dem gleichen Wege ihre Entstehung
findet.
Ueber die Entdeckung des Pilzes des gelben Fiebers.
(M. in cd. Worti. 45/99).
.Sanarelli, Professor in Bologna, beschrieb vor längerer
Zeit den Erreger des gelben Fiebers. Diese Entdeckung ver-
anlasste die amerikanische Union, Sternberg mit weiteren
Untersuchungen über den Bacillus resp. den Erreger des gelben
Fiebers zu betrauen. Sternberg bezeichnete nach zehnjähriger
Forschung einen Bacillus x als Erreger des Fiebers, der jedoch
mit dem von Sanarelli beschriebenen Bacillus keine Aehnlich-
keit hatte. Neuerdings veranlassten die Vereinigten Staaten
die Aerzte Wasdin und Geddings, den Erreger des gelben
Fiebers zu studiren. Diese Aerzte fassen ihre Ansicht 'über
den Erreger des gelben Fiebers in folgendem .Schlussgutachten
zusammen.
1. Der von Prof. Sanarelli entdeckte und von ihm Bacillus
icteroides genannte Microorganismus ist der Grund des gelben
Fiebers.
2. Das gelbe Fieber ist übertragbar auf bestimmte Thiere:
der Grad variirt nach der Species: bei einigen Nagethieren
folgt auf die locale Infectiou in rapider Weise die BJutiufection,
und während bei Hunden und Kaninchen diese Blutinfection
nicht so deutlich, reagiren die Affen deutlich wie der Mensch
auf die Infectiou mit diesen Mioroben mit einer Blutinfection.
3. Die Infectiou hat zuerst statt durch die lnspirationswege,
und hier giebt sie Gelegenheit zur Localisation der Krankheit.
4. In vielen Krankheitställen, wahrscheinlich in der Mehr¬
zahl, folgt auf die primäre Erkrankung der Lungen eine
seeundäre Infectiou des Blutes des Erkrankten. Diese secundäre
Infectiou kann durch den gleichzeitigen Uebertritt von anderen
Microorganismen ins Blut complieirt sein, oder diese Complication
kann auch in den letzten Stunden des Lebens erfolgen.
5. Es sprechen keine Thatsachen für die Theorie Sana- j
rellis, dass diese Krankheit primär eine Septicämie ist, weil
es Fälle giebt, bei welchen sich der Bac. icteroides nicht im
Blute finden lässt.
(1. Es besteht kein eausaler Zusammenhang zwischen dem
Bacillus Sternborg's und dieser schweren lufectionskranklieit.
Der Bacillus x findet sich oft in dem Inhalt des Darms normaler
Thiere und des Menschen, wie auch im Urin und in den Secreten '
der Bronchien.
7. Soweit den Forschern bekannt, wurde der Bacillus
icteroides niemals in Organismen gefunden, welche nicht durch
Gelbfieber inficirt waren, und wenn auch die durch ihn hervor¬
gerufene Infectiou einige culturelle Aehnliehkeit mit anderen
Microorgauismeninfectionen bieten kann, so ist sie doch charac-
terisirt durch eine gut bestimmte Speeifität.
8. Der Bac. icteroides ist sehr sensibel gegen antiseptische
Substanzen, und es ergiebt sich daraus als sicher die leichte
Anwendung chemischer und mechanischer Desinfectionsprocesse.
11. Der Bac. icteroides ergiebt im Reagensglase wie beim
Lebenden ein sehr mächtiges Toxin, und soweit wir bis jetzt
wissen, existirt die Möglichkeit, ein Serum gegen die Krankheit
zu gewinnen, welches wirksamer als das bisher von Sanarelli
hergestellte ist.
Zur vergleichenden Statistik des Cysticercus cellnlosae
im Ange des Menschen nnd der Thiere.
Von MathiaB Prettner, Schlachtbausthierarzt in Prag.
(Thlerire l. Centralbl. 1898. H. 16)
In dem Aufsatze werden zunächst eine Anzahl Mittheilungen
aber das Vorkommen der Finnen im menschlichen Auge gemacht
Der Erste, welcher eine Finne im Auge fand, soll vor 270 Jahren
Adrian von der Spiegel gewesen sein. Die Finnenkrankheit
des menschlichen Auges wurde jedoch erst in diesem Jahrhundert
mit Sicherheit festgestellt. von Graefe berechnet für die
Berliner Augenklinik das Vorkommen der Finnen bei etwa 1 pro
mille aller Augenkranken. Prof. Hirschberg stellte unter
60000 Augenkranken in den Jahren 1869 bis 1885 70 Fälle von
Finnen fest; von 1886 bis 1889 beobachtete er bei 30000 Augen¬
kranken nur einen Fall. 1890 operirte Hirschberg einen
Fall. Der Patient war aus Sachsen. Die Abnahme der
Finnenkrankheit des Auges, welche sich in diesen kurzen
statistischen Angaben ausprägt, führt H. mit Recht auf die
intensivere Durchführung der Fleischbeschau zurück.
Wie beim Menschen, so ist der Cysticercus cellulosae auch in
den Augen der Schweine eine ziemliche Seltenheit. Verf. hat in
einem Zeitraum von etwa drei Monaten von 400 finnigen
Schweinen die Augenmuskeln, Augenlider und das Innere des
Augapfels auf Finnen untersucht und folgendes Resultat bekommen:
Im Augeninnern waren Finnen nur zwei Mal nachzuweisen;
dieselben lagen subretinal. Die fraglichen Schweine beherbergten
im Allgemeinen nur eine geringe Zahl von Finnen. In 20 Procent
der Fälle waren Finnen in den Augenmuskeln nachzuweisen, be¬
sonders wenn Kau- und Halsmuskeln stark mit Blasenwürmern
besetzt waren. Es handelte sich in diesen Fällen immer um
starkflnnige Schweine. Bei 17 Schweinen fanden sich Finnen in
den Augenlidern, und zwar sassen sie gewöhnlich in der Nähe
des innern Augenwinkels.
Aleohol nnd Händedesinfection.
Von Tj ad e n.
(Zell sehr. f. Qeburtah.)
T. hat eine grosse Versuchsreihe angestellt, um den neuer¬
dings wieder mehrfach bestrittenen Werth des Alcohols als Hände-
desinfectionsmittel zu prüfen. Seine Versuche sollten festslellen,
was der Aleohol beim Sterilisiren der Hände leistet und wie er
wirkt, ferner wie weit die gewonnenen Resultate auf die Praxis
übertragen werden können.
Aus der grossen Zahl der gewonnenen Resultate seien nur
die folgenden hervorgehoben. Es gelang niemals mit Aleohol
allein die Hände keimfrei zu machen. So fanden z. B.
bei Aleohol. absol. unter 11 Versuchen 6 mal Keime.
„ 96proc. Aleohol „ 58 „ 46 „ „
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18. Januar 1900. BERLINER TIIIERARZTLICIIE WOCHENSCHRIFT. 91
bei 80proc. Alcohol unter 19 Versuchen 13 mal Keime.
»> 50 » » »11 » 9 „ „
Diese Resultate weichen von denen anderer Autoren, besonders
Ahlfeld’s, erheblich ab.
T. prüfte ferner den Einfluss des Alcohols auf die ver¬
schiedenen Kokkenarten. Er fand hierbei grosse Verschieden¬
heiten unter den differenten Bacterienarten und konnte ferner
nachweisen, dass 75proc. und 90proc. Alcohol eine stärker keim-
tödtende Wirkung entfaltet als absoluter und 50proc.
Endlich prüfte T. noch bei 102 Hebammen, wie sich die
Hände nach der Alcoholdesinfection verhielten, und konnte unter
402 Versuchen nur neun Mal keine Keime mehr nachweisen.
T. schliesst hieraus, dass die Hände dieser Personen sich über¬
haupt nicht keimfrei machen lassen, wenigstens nicht durch die
zur Zeit bekannten Mittel. T. weist ausserdem für Hessen
statistisch nach, das seit Einführung der Desinfectionsvorschriften
für Hebammen eine nennenswerthe Abnahme der puerpuralen
Mortalität nicht zu constatiren ist.
Tagesgeschichte.
Ein Avantgardengefeoht.
Im Reichstage ist bei der Etatsberathung unvermuthet
bereits die Frage der Reifeforderung für Veterinärmediciuer zu
einer vorläufigen Besprechung gelangt, die recht interessant
war. Den Anstoss gab der Abgeordnete Dr. Müller-Sagan
nnd die Discussion hatte nach dem amtlichen Stenogramm
folgenden Wortlaut:
Dr. Müller-Sagan, Abgeordneter:
Meine Herren, ich habe mich zum Wort gemeldet, um eine
andere Frage bei dem Herrn Staatssekretär (Trafen von
Posadowsky hier änzuregen, die meiner Meinung nach g.inz
besonders zeitgemäss ist, insofern dieses hohe Haus in der
gegenwärtigen Tagung sich noch zu beschäftigen haben wird
mit dem Fleischschangesetze, das ja doch mit dem Thierarznei¬
wesen, wenn auch nur in mittelbarer, so doch in inniger Be¬
ziehung steht. Für die Ermittlung unseres Veterinärwesens
kommt doch wohl wesentlich in Betracht die Frage, welche An¬
sprüche an die Vorbildung derjenigen jungen Leute gestellt
werden sollen, die zum • Veterinärstudium zugelassen werden.
Meine Herren, aus den Kreisen der Thierärzte werden wir Jahr
für Jahr mit Zuschriften überschüttet, in welchen verlangt, wird,
dass für die Zulassung zum Studium auf den thierärztlichen
Hochschulen das Reifezeugniss einer Vollanstalt, eines Gvm-
uasiums oder eines Realgymnasiums, Bedingung sei; jeder, der
mit den einschlägigen Verhältnissen nur einigermassen vertraut
ist, wird zugeben müssen, dass diese Forderung sachlich durchaus
gerechtfertigt ist. Die neuzeitliche Entwicklung der Natur¬
wissenschaften, der unvergleichliche Aufschwung der Anatomie
und Physiologie, der Biologie und Morphologie, nicht nur des
•Menschen, sondern auch der übrigen Lebewesen, insbesondere
derer, welche für das Thierarzneiwesen in Frage kommen, stellt
so hohe Anforderungen an das geistige Können der Veterinär-
Studenten, dass kein vernünftiger Grund zu erkennen ist, weshalb
ihre Vorbildung mit anderem Maasse gemessen wird, als diejenige
anderer Hochschüler. Was die Thierärzte zu lernen und zu
leisten haben, ist derartig, dass schlechterdings nicht abgesehen
werden kann, warum für das Studium der Veterinärwissenschaften
eine geringere Vorbildung verlangt wird als für das Studium
der Mediciu. Meine Herren, der Unterschied zwischen Medicmer
und Veterinär liegt doch eigentlich nur darin, dass die Objecte
ihrer Thätigkeit nicht die gleichen, dass für den einen die
Menschen, für den andern die Nutzthiere Gegenstand des
Forschens und Könnens sind. Aber, wenn auch die wissen¬
schaftliche Materie eine verschiedene, die wissenschaftliche
Methode ist doch die gleiche. Das Niveau der Thierarzneikunst
hat sich in demselben Maasse gehoben, wie ihre Hilfswissen¬
schaften in Folge des allgemeinen Aufschwungs der Natur¬
wissenschaften gewachsen und gediehen sind. Denken Sie doch
nur an das eine Gebiet der Bacteriologie, von dessen Er¬
forschung und Beherrschung der Erfolg eines Kampfes gegen
die Viehseuchen in höchstem Maasse abhängig ist, so werden
Sie doch zugeben müssen, dass die Anforderungen, welche an
Geistesfähigkeit wie an Geistestüchtigkeit, an Wissen und Können
desjenigen gestellt werden, der Erkrankungen unserer Thiere
heilen und hindern soll, mindestens ebenso hohe, wenn auch
nicht ebenso feine sind, wie desjenigen, welcher sich nur mit dem
einen Lebewesen, nur mit dem Menschen, als dem Object seiner
theoretischen Erforschung und seiner praktischen Bethätigung
beschäftigt. Wenn dem aber so ist, wenn der Veterinär dem
Mediciner ebenbürtig ist, ein Gebot der Gegenwart, das nicht
länger vernachlässigt werden kann, dann muss, dann darf nicht
länger zurückgehalten werden mit gesteigerten Ansprüchen
an die Vorbildung derjenigen, welche zur thierärztlichen
Hochschule übergehen wollen. (Zustimmung links.)
Im Uebrigen, meine Herren, liegt es nicht nur im Interesse
des Veterinärwesens, sondern ebenso des Veterinär Standes,
dass das Zeugniss der Reife verlangt werde. In einem Staats¬
wesen wie dem unsrigen hat die Frage der Vorbildung auch
eine gesellschaftliche Deutung. Heute noch spielen die
Thierärzte, spielen schon die Veterinärstudenten eine unter¬
geordnete Rolle gegenüber den Medicinem und den übrigen
Akademikern. Die Zöglinge einer thierärztlichen Hochschule
werden von den Besuchern einer Universität oder eines Poly¬
technikums nicht als voll angesehen, und, meine Herren, diese
Geringschätzung überträgt sich in das bürgerliche Leben hinein.
Nun wollen aber doch die verbündeten Regierungen mit uns zu¬
sammen dem Veterinärwesen eine ausschlaggebende Stellung
zuweisen für die Fleischversorgung der gesummten Bevölkerung
des Reiches, eine Aufgabe, deren Bedeutung kaum überschätzt
werden kann. Schon durch die Viehseuchengesetzgebung hatte
die thierärztliche Thätigkeit an Umfang und Inhalt wesentlich
gewonnen. Die gesellschaftliche Stellung der Thierärzte ist
aber die alte geblieben, und zwar wesentlich deshalb, weil ihnen
der Mangel einer vollanstaltlichen Vorbildung als dauernder
Makel anhaftet in den Augen der urtheilslosen Menge. Können
Sie es unter solchen Umständen den Thierärzten verargen,
wenn sie sagen: da wir eben solches leisten sollen, wie unsere
Coli egen von anderen Fakultäten, so gebt uns auch eine ent¬
sprechende gesellschaftliche Stellung, indem Ihr uns auch be¬
züglich der Vorbildung für die Hochschule den anderen
Akademikern gleichstellt!
Ich glaube, es wäre ernstester Erwägung werth, ob nicht,
schon um eine gedeihlichere Wirksamkeit der Thierärzte als
Glieder der Verwaltung zu ermöglichen, die Anforderungen an
die Vorbildung derjenigen, welche die Thierärztliche Hochschule
besuchen wollen, gleichgestellt werden müssen der Vorbildung
derjenigen, welche Medicin oder Zoologie oder irgend eine andere
Wissenschaft studiren wollen. Ich bitte den Herrn Staatssecretär,
uns sagen zu wollen, wie er zu dieser Frage steht. Ein Ent¬
gegenkommen seinerseits in dieser Beziehung würde erst, recht
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32 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 3
zeigen, das« er ein moderner Mensch ist. (Heiterkeit nnd Zu¬
stimmung links.)
Dr. Graf von Posadowsky-Wehner, Staatsminister,
Staatssekretär des Innern, Stellvertreter des Reichskanzlers,
Bevollmächtigter zum Bundesrath: Es ist zunächst eine Frage
an mich gerichtet worden bezüglich der Verschärfung der Vor¬
bedingungen für die Vorbildung der Thierärzte. Es ist aller¬
dings kürzlich eine solche Petition an mich gelangt, und die
Erwägungen darüber schweben noch. Ich erinnere aber daran,
dass vor einigen Jahren — ich glaube, es war 1803 — gerade
von Preussen aus gebeten wurde, die Vorbedingungen zu er-
mässigen, wogegen sich allerdings im Reichstag lebhafter
Widerspruch erhob. In Oesterreich hat man die Bedingungen
verschärft; das hat aber die Folge gehabt, dass der Andrang
zum thierärztlichen Beruf erheblich nachgelassen hat. Wer
solche verschärften Examensbedingungen erfüllen kann und will,
will sie dann wissenschaftlich-praktisch vielleicht am höher
organisirten Wesen, an dem Menschen selbst, erproben und
nicht am Thier. Ich glaube, dass, wenn wir eine wesentliche
Verschärfung der Vorbedingungen für den thierärztlichen Beruf
beschlössen, dann auch bei uns wahrscheinlich dieselbe Folge
eintreten würde wie in Oesterreich. Es ist natürlich, dass ein
Student, wenn er erheblich schärfere Bedingungen erfüllen soll
zur Vorbereitung für den thierärztlichen Beruf, sich doch über¬
legt, ob er nicht lieber Arzt für die leidende Menschheit wird,
wie Thierarzt. Die Petition ist zunächst dem Gesundheitsamt
zur Aeusserung zugegangen; demnächst werde ich erst in der
Lage sein, die Frage näher zu erörtern, zunächst mit der
preussischen Regierung und später auch mit den übrigen Buiides-
regieruugen. (Bravo! links).
Dr. Oertel (Sachsen)', Abgeordneter: Meine Herren; *Svas :
die Frage der Vorbildung der Thierärzte anlangt, so stehe ich
persönlich durchaus auf dem Standpunkt des Herrn Abgeordneten
Dr. Müller (Sagau), wenn ich mir auch nicht verhehlen kann,
dass die von dem Herrn StaatssekretäV des Innern geäusserten
Bedenken der Begründung nicht ganz entbehren. Nur das eine
habe ich gegen die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr.
Müller, dass er die Frage in Verbindung bringt mit dem
Fleischschaugesetz. Zunächst wird das Fleischschaugesetz
ja jetzt so behandelt, dass es vielleicht auf den St. Nimmerleins¬
tag vertagt werden wird. Andererseits werden wir aber die
Fleischschau nie so einrichten können, dass sie unbedingt durch
Thierärzte, die das Maturitätszeugniss erlangt haben, ausgeübt
werden muss. Dazu werden wir die Thierärzte nicht haben
können. Wir werden uns damit begnügen müssen, Leute zu
verwenden, die keine Gyranasialbildung haben, sondern das Fleisch
zu beschauen und zu beurtheilen verstehen.
Dr. Müller - Sagan, Abgeordneter: Meine Herren, in
Bezug auf die von mir angeregte Erhöhung der Anforderungen
für die Zulassung zum Studium auf den Thierarzneischulen hat
der Herr College Dr. Oertel gemeint, das Fleischschaugesetz
sei von mir zu Unrecht mit dem Thierarzneiwesen in Beziehung
gebracht worden. Nun hat ja der Herr Abgeordnete darin voll¬
ständig Recht, dass nun und nimmer mehr die Fleischschau von
Thierärzten einzig und ausschliesslich wird durchgeführt werden
können oder durchgeführt werden sollen; aber immerhin steht
doch die thierärztliche Vorbildung in innigem Zusammenhang
mit der Fleischschau, insofern die Thierärzte die berufenen
Lehrer für diejenigen sind, die nachher die Fleischschau ge¬
werbsmässig ausüben sollen, und auch insofern, als sie ja im
Falle einer auf Grund der Fleischschau errathenen oder er¬
wiesenen Seuchengefahr in entscheidender Weise zu Rath und
That heranzuziehen sein werden. (Sehr richtig!)
Der Herr Staatssecretär meinte, eine Erhöhung der An¬
forderungen für die Zulassung zum Veterinärstudium werde die
Folge haben, dass in Zukunft die Zahl derer sich verringern
werde, welche sich dem thierärztlichen Berufe widmen. Ich bin
entgegengesetzter Auffassung. Wenn heute jemand die thier¬
ärztliche Hochschule besucht, dann wird er von den Commilitonen
der Universität sowohl wie des Polytechnicums als „Viehmuse“
bespöttelt und als „Student zweiter Classe“ über die Achsel an¬
gesehen. Solche Missachtung ermuthigt nicht, ermuthigt am
allerwenigsten zur Berufsfreudigkeit in einem Lebensalter, in
welchem das Ehrgefühl ein besonders empfindliches, ja vielfach
ein überempfindliches ist. Meine Herren, es ist doch ganz be¬
greiflich, dass die Schatten, welche auf die heutige Lebensbahn
der Thierärzte fallen vom Beginne ihrer Studien auf der Hoch¬
schule bis zum Ende ihrer Veterinärpraxis, nicht gerade ge¬
eignet erscheinen, die strebsame Jugend zu verlocken, sich dem
Thierarzueifach zu widmen. Wenn aber der Stand der Thier¬
ärzte gehoben würde durch Verschärfung der Bedingungen
für die Zulassung zum Hochschulunterricht, durch ent¬
sprechende Erweiterung und Vertiefung dieses Hoch-
schnlunterricht8 selbst, sowie durch Verbesserung der
Einkommensverhältnisse nnd durch Anerkennung der vollen
Gleichberechtigung zwischen Medicinern nnd Vete¬
rinären in Amt und Rang, dann würde es sicherlich nicht an
genügendem und geeignetem Nachwuchs für das Thierarznei¬
wesen fehlen. Wenn der Herr Staatssecretär meint, jemand,
der sich auf der Hochschule zu den steilsten Höhen wissen¬
schaftlicher Erkeuntniss erhoben habe, werde nachher sich nicht
mit niedrigen Objecten der Thierarzneikunst, dem lieben Vieh,
befassen wollen, sondern das höchste Wesen aus der Lebewelt,
den Menschen, zum Object seiner Thätigkeit zu machen suchen,
so möchte ich das doch bestreiten. Meine Herren, die Zahl
derjenigen gründlich und tüchtig geschulten Naturforscher,
welche der Zoologie dauernd treu bleiben, hat doch in der Neu¬
zeit beträchtlich zugenomraen. Es ist ja auch nicht die Be.
thätigung, sondern es ist die Bewerthung der Bethätigung,
die Geringschätzung derjenigen, welche sich mit dem Thier¬
arzneiwesen befassen, was von dem Veteriuärstudium zurück¬
schreckt. (Sehr richtig! links).
Gerade um dies Vourtheil zu bekämpfen, gerade um dahin
zu wirken, dass die Thierärzte zu dem Ansehen und zu der
Stellung gelangen, die ihnen nach der Bedeutung ihres Berufes
für das Gemeinwohl, auch nach dem für diesen Beruf unerläss¬
lichen Wissen und Können zukommen, möchte ich die ver¬
bündeten Regierungen dringend ersuchen, den Anregungen, die
ich hier gegeben habe, doch näher zu treten und nicht sich
abschrecken zu lassen durch ungünstige Erfahrungen, die
vielleicht in einem anderen Lande unter anderen Verhältnissen
gemacht sind. (Bravo! links.)
Meine Herren, es kann doch keinem Zweifel unterliegen,
dass gerade wir in Deutschland an akademisch Gebildeten, auch
an „Gelehrtenproletariat“ grossen Ueberfluss haben. Diese Ueber-
production zeigt schon ihre ersten Spuren in der Noth von Gym¬
nasial-, Realgymnasial- und Oberrealschulabiturienten, ihre Kennt¬
nisse nnd Fertigkeiten weiterznverwerthen. Erinnern Sie sich
doch der Zeit, als noch der Staatssekretär Dr. von »Stephan
die Geschicke des Reichspostwesens lenkte. Da drängten sich
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18. Januar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
33
in die Postlaufbahn, nicht nur in die höhere, sondern auch
manchmal schon in die mittlere Candere so viele Abiturienten,
dass viele Oberpostdirectionen sich für den höheren Postdienst
solche Bewerber anssuchen konnten, die dass Zeugniss der Reife
mit dem Prädikat „gut“ oder „sehr gut“ erworben hatten.
Meine Herren, Sie werden doch nicht behaupten wollen, dass
die Thätigkeit eines Postbeamten höheres Maass geistiger Be¬
fähigung und Durchbildung beanspruche als diejenige eines
Thierarztes, eines modernen Thierarztes? Nein, meine Herren,
die besten Kräfte sind für das heutige Thierarzneiwesen eben
gut genug, und die jungen Leute, die heute ein gutes Reife-
zeugniss von einem Gymnasium, einem Realgymnasium oder von
einer Oberrealschule bringen, würden, angesichts der Ueber-
fiillung anderer gelehrter Berufe, zweifellos sich auch zahlreich
dem Thierarzneifache zuwenden, wenn sie wüssten, dass sie in
diesem Fache eine solche Stellung und ein solches Einkommen
erzielen könnten, wie auf dem Gebiete der Behandlung des
Menschen in der Medicin.
Also bitte, meine Herren, lassen Sie meine Anregung nicht
unter den Tisch fallen, sondern treten Sie ihr näher! Wenn
Sie beitragen zur Hebung des thierärztlichen Berufes, dann
kann das nur von Vortheil sein für unser gesaramtes wirthschaft- j
liches Leben, soweit es mit der Landwirthschaft und Vieh- !
zncht in Beziehung steht. Die Entseuchung unserer Vieh¬
bestände wird doch thatsächlich vielfach erschwert durch den
Mangel an Einfluss von tüchtigen Thierärzten auf die Hand¬
habung der Gesetze. In der Viehseuchenkommission vor mehreren
Jahren ist des öfteren gerade auf diesen Punkt hingewiesen
worden; inzwischen, wenn immer die Frage der Seuchenbekämpfung
in sachverständigen Kreisen erörtert wurde, sind vielfach Klagen
über ' die Stellung der Thierdrzte laut geworden. Man wünscht
ja aber doch aus den Kreisen der Thierärzte selber heraus,
dass die Anforderungen für die Zulassung zum thierärztlichen
Studium erhöht werden; in einer Menge von Briefen verlangen
beamtete und nichtbeamtete Thierärzte aus den verschiedensten
Theilen des Reichsgebietes, dass auch für den Besuch der thier¬
ärztlichen Hochschule, ebenso wie für Universität und Poly¬
technikum, die Zulassung abhängig gemacht werde von dem
Zeugniss der Reife einer höheren Lehranstalt. Weshalb sollten
die verbündeten Regierungen sich ablehnend verhalten gegen
eine sachlich so berechtigte Forderung; warum nicht wenig¬
stens einen Versuch wagen in der Richtung, welche ich an¬
gedeutet habe? —
Zunächst gebührt dem Herrn Abgeordneten Dr. Miiller-
Sagan seitens aller Thierärzte der wärmste Dank und die rück¬
haltloseste Anerkennung. Seine Rede war mindestens eine der
besten, die über diesen Gegenstand gehalten worden sind und
gehalten werden können. Die Sachkenntnis und Objectivität
derselben, der Hauch von kühlem Verstand und warmer Ueber-
zengung, der seine Worte durchwehte, muss Eindruck machen.
Es war gut, dass als Nebenmotiv auch einmal die ungerecht¬
fertigte Missachtung und Zurücksetzung der thierärztlichen
Stellung leidenschaftslos geschildert und in ihren Wirkungen
gekennzeichnet wurde. Dies konnte von Thierärzten selber nicht
geschehen; es kostet uns das doch zu viel Selbstüberwindung. Es
wird vielleicht auch Manchen beim Lesen der Rede überrieseln.
Aber das hilft nichts. Will man etwas bessern, so darf man
nichts beschönigen. Der Herr Redner hat nichts beschönigt,
aber auch mit keinem Worte übertrieben und er hat auch die ,
Emplindungen richtig getroffen, welche die thierärztliche Lauf¬
bahn begleiten vom Studenten bis zum Professor. Symptomatisch
und erfreulich war es, dass dem Mitglied der Linken ein Mit¬
glied der Rechten, der sächsische Abgeordnete Oertel, secundirte,
wenn auch nur mit kurzen Worten. Wir haben Grund zu der
Annahme, dass die Erhöhung der thierärztlichen Vorbildung in
landwirtschaftlichen Kreisen sehr weitgehende Sympathieen ge¬
wonnen hat.
Die Aensserung des Herrn Staatssecretärs kann man wohl
nur als eine hinhaltende auffassen. Erfreulich ist die Mit¬
teilung, dass die an den Herm Staatssecretär gelangte Petition
(gemeint ist die bekannte Eingabe des Veterinärrathes) dem
Kaiserlichen Gesundheitsamte zur Begutachtung übergeben ist.
Im übrigen sollte die Aeusserung ersichtlich nicht einen be¬
stimmten Standpunkt bezeichnen und nur zeigen, dass die An¬
gelegenheit doch auch Bedenken begegnen könne.
Wollte man darüber diskutiren, so würden gerade die
geäusserten Bedenken sich sehr leicht widerlegen lassen.
Der Standpunkt, dass man um der Verschiedenheit des Kunst¬
objects willen nicht Thierarzt werde, wenn man Arzt werden
könne, ist schon von Herrn Dr. Müller beleuchtet worden.
Der thierärztliche Stand schafft übrigens früher, sehr viel
früher und sicherer, als heutzutage der ärztliche, eine gesicherte
Existenz, welche „gesellschaftlich“ der des Arztes nicht nach¬
zustehen braucht. Die Beseitigung dieses Vorurtheils würde
auch gerade durch die besprochenen Reformen am sichersten
erzielt werden. Uebrigeus schätzt man doch die Berufe nicht
danach ein, ob sie sich direct mit Menschen beschäftigen. Dann
müssten ja die Techniker besonders unglücklich daran sein, die
sich blos mit Maschinen befassen. Sie arbeiten aber nicht
minder, zu Nutz und Frommen der Menschen und das thun die
Thierärzte auch. Die ärztliche Praxis ist auch für jeden
Kennpr in mehr als einer Beziehung durchaus nicht etwa an-
genelyner als die thierärztliche. Auf dem Lande schätzt man
schon jetzt durchschnittlich den einen nicht höher als den anderen.
Aber man braucht den Thierarzt mit dem Arzt ja auch gar
nicht zu vergleichen, am allerwenigsten als Heiler. Das Heilen
ist ja für den Thierarzt fast nur noch — allerdings die an¬
genehmste und befriedigendste — Nebenarbeit. Die Veterinär¬
polizei, die Fleischschau, die Bacteriologie, die Berathung der
Landwirthe in der Thierhygiene; die wissenschaftliche Forschung
und die öffentlichen Aufgaben, welche die Veterinärmedizin hat,
sind ja das aussclilaggebende geworden, sowohl für die Leistungen
und Stellung des Standes, wie für die Anforderungen an die
Bildung.
Wenig Bedeutung hat es, wenn Preussen 1893 im Bundes-
ratlie einen Antrag sogar auf Herabsetzung der thierärztlichen
Vorbildung gestellt hat. Einmal ist dieser Antrag erfolgt um
den Oberrealschulen Boden zu verschaffen und es kamen dabei
die Verhältnisse des Veteriuärwesens erst in 2. Linie. Zweitens
ist dieser Antrag doch schon damals recht allein geblieben und
ist gewesen. Soll aber Vergangenes geltend gemacht werden,
so können die Thierärzte erst recht darauf hinweisen, dass 1892
bereits im preussischen Ministerium sich die meisten Stimmen
für das Abiturientenexamen ausgesprochen hatten. Die Ministerien
der Landwirthschaft, des Krieges (v. Verdy) und des Cultus
waren jedenfalls darüber einig. Warum trotzdem wenige Monate
später der „Schulantrag“ kam, ist anscheinend ziemlich bekannt.
Was endlich Oesterreich anbetrifft, so kann damit gar nichts
bewiesen werden (ebenso wie wir uns bei unsrer Bitte nur sehr
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34 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 3.
bedingungsweise auf Oesterreich berufen haben). Einmal ist
ein Absinken der Frequenz in den ersten Jahrgängen nach Er¬
höhung der Vorbildung beinahe eine Nothwendigkeit und in
Oesterreich befindet man sich noch in dieser IJebergangszeit.
Aber auch wenn es sich um eine dauernde Abnahme in Oester¬
reich handelte, würde dies für Deutschland gar keine Schlüsse
gestatten, denn in Oesterreich krankt der thierärztliche Stand
nicht bloss im Ansehen, sondern in seiner wirtschaftlichen
Stellung an dem in Deutschland unbekannten Kurschmiedethum.
Mit diesem Verhältniss steht die Erhöhung der Vorbildung aller¬
dings in einem zu grossen Contrast. Das Abiturientenexamen
in Oesterreich bleibt eine halbe Massregel, von der man daher
keinen ganzen Erfolg erwarten kann. Eben desshalb erstreben
wir ja jetzt ganze Arbeit, denn auch die 1878 gewährte
Primanerbildung war eine halbe Massregel. und erst
von der vollen Ausbildung mit ihren Wirkungen ist der volle
Erfolg zu erwarten.
Das Veterinärwesen im preussischen Etat für 1900.
Die wichtigste Neuigkeit ist der Abschluss der Gehalts-
Regulirung der Departementsthierärzte. Der Etat führt
an, dass die in den letzten drei Jahren bei 24 Regierungen
durchgefnhrte Heranziehung der Departeinentsthierärzte zur un¬
mittelbaren Bearbeitung der veterinärpolizeilichen Angelegen¬
heiten in der Regierungsinstanz sich bewährt hat. Dieselbe
soll daher auch bei den übrigen Regierungen durchgeführt
werden. Da hier jedoch der Geschäftsumfang geringer und
durch denselben die Zeit des Departementsthierarztes nicht voll
in Anspruch genommen ist, so besteht nicht die Absicht,
diese Stellen zu vollbesoldeten zu machen. Es soll aber
diesen Departementsthierärzten Für ihre vermehrte amtliche Be¬
schäftigung eine Stellenzulage von durchschnittlich 1500 bis
höchstens 2000 M. gewährt werden, wofür 13 500 M. für neun
Departeinentsthierärzte gefordert werden. Die in Betracht
kommenden Regierungsbezirke sind sämmtliche sechs hanno¬
versche, zwei pommersche (Stralsund und Oüslin) und ein säch¬
sischer (Erfurt). Abgesehen von den zwei hannoverschen
Stellen, die im Nebenamt verwaltet werden (Hannover und
Hildesheim) werden also künftig sieben festangestellte Departe¬
mentsthierärzte als nicht vollbesoldete Beamte mit einem nicht
pensionsfähigen festen Einkommen von ca. 2400 M. eine beson-
Gruppe bilden. Die Verhältnisse' werden sich selbstverständlich
so gestalten, dass künftig im Allgemeinen neu ernannte Depar¬
tementsthierärzte in diese kleineren Stellen einrücken, während
den Inhabern dieser Stellen die spätere Versetzung in voll¬
besoldete Stellen offen gehalten wird, schon um ihnen ebenfalls
die Erreichung der Pensionsberechtigung zu ermöglichen.
Der Etat der Veterinärbeamten gestaltet sich nunmehr wie
folgt: 24 vollbesoldete, pensionsberechtigte Departementsthier¬
ärzte bei den Regierungen mit 3600—4800 Mark und Wohnungs¬
geld, ausserdem 1 desgl. als Hülfsarbeiter beim Ministerium,
ein Veterinärphysikus für Schleswig (Anstellung stammt aus der
Occupation8zeit) mit 5400 Mark (1200 Mark für die Verwaltung
von 2 Kreisen), 9 Departementsthierärzte mit durchschnittlich
2400 Mark (900 -f- durchschnittlich 1500), 1 (der von Berlin)
mit 1800 Mark. — Kreisthierarztstellen sind errichtet 486, wo¬
von 28 von Departementsthierärzten in Nebenamt verwaltet
werden. Mithin sind 458 Kreisthierärzte an gest ellt.
Bei den thierärztlichen Hochschulen hat sich im laufenden
Etat nicht wesentliches geändert. Dagegen befinden sich unter
den einmaligen Ausgaben die Bewilligung für 2 Neubauten.
Für den Neubau eines anatomischen Instituts an der Ber¬
liner thierärztlichen Hochschule sind 308 000 Mark bewilligt
(eine Summe, für die sich ein sehr schönes Institut wird schaffen
lassen). Der Bau ist auf 3 Jahre berechnet, beginnt im Falle
der Bewilligung des Postens also im April 1900, und es ist für
das laufende Jahr eine erste Baurate von 120 000 Mark be¬
willigt.
Die thierärztliche Hochschule zu Hannover erhält schliess¬
lich auch noch ihr hygienisches Institut. Die Kosten desselben
(ohne innere Einrichtung) sind auf 127 000 Mark veranschlagt
und im vollen Betrage in den Etat eingestellt.
Dass der Fond für Erforschung der Thierseuchen, der im
Vorjahr mit 80 000 Mark neugeschatfen wurde, auch diesmal im
Etat erscheint, ist selbstverständlich.
Ein neuer Fleiechschau-Skandal.
ln Berlin werden die hier natürlich überaus grossen Mengen
des beanstandeten Fleisches einer Anstalt überwiesen, wo das¬
selbe gekocht, gepökelt, sterilisirt oder ausgeschmolzen werden
soll. Der Betrieb dieser Anstalt und die Verwerthung des
umgewandelten Fleisches ist — an einen Privatmann verpachtet.
Durch einen Zufall hat sich herausgestellt, dass in dieser Kocli-
anstalt die unglaublichste Wirthschaft geherrscht hat. Die
Fleischerzeitung, welche diese Dinge intim kennen und kaum
übertreiben wird, ergänzt die schon in alle Zeitungen gedrungenen
Mittheilungen durch folgende interessanten Details: Vor
mehreren Monaten hatte die Fleischerinnung beim Polizeipräsi¬
dium Beschwerde erhoben uud darauf hingewiesen, dass in der
Kochanstalt nicht alles in Ordnung zugehe. Darauf war ihr
die Aufforderung zugegangen, bestimmte Angaben zu machen,
was nicht möglich war. Da fällt, vor dem Hause eines Darin-
händlers ein Fass vom Wagen, platzt und enthüllt seinen In¬
halt, mit dem Beanstandungsstempel der Fleischschau versehenes
rohes Fleisch, welches nur aus der famosen ,.Koch -“Anstalt
herrühren konnte. Und diesem elenden Zufall ist nach dem
Bericht der Fleischerzeitung, die nunmehrige Ermittelung zu
verdanken, dass täglich zehn bis zwölf Ctr. Fleisch mit Liefer¬
scheinen des Pächters der Kochanstalt an verschiedene Ab¬
nehmer in rohem, oder ganz ungenügend präparirtem Zustande
abgegeben worden ist. Unter den Abnehmern sollen sich Namen
finden, „die in Erstaunen setzen“, u. A. auch „ein grosses Volks¬
restaurant“. Es ist schon erwiesen, dass seit langer Zeit ein
schwungvoller Handel mit solchem rohem Fleisch getrieben
worden ist.
Dieses Fleisch stammte von tuberculösen und namentlich von
finnigen Rindern. Es war in Wirklichkeit oder nach den be¬
stehenden Anschauungen zur menschlichen Nahrung untauglich
und in hohem oder geringem Grade geeignet die menschliche
Gesundheit zu gefährden.
Es war jedenfalls wegen seiner Qualität seinen rechts-
mässigen Eigentümern confiscirt, um den Verkehr entzogen zn
werden. Es ist ein unerhörter Scandal, dass es trotzdem in den
Verkehr gelangte.
Die städtische Fleischschau ist eine sehr kostspielige Ein¬
richtung. Es ist z. B. auch von dem Abgeordneten Langer-
lians im Landtage anerkannt, dass die Kosten im wesentlichen
die Landwirtschaft trägt. Die Frage wird vielfach noch nicht
als abgeschlossen betrachtet, ob der dadurch für die menschliche
Gesundheitspflege erreichte Vortheil wirklich im Verhältniss
steht zu dem auf viele. Millionen sich belaufenden Kostenaufwand
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18. Januar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICIIE WOCHENSCHRIFT.
35
und zu den umfassenden Fleischvernichtungen. Namentlich die
neuerdings so erschreckend sich mehrenden Vernichtungen
(Kochungen) von Rindern wegen Finnen sind in dieser Be¬
ziehung recht umstritten. Es ist den Landwirthen nicht zu ver¬
denken. wenn die ihnen zugeFiigten Verluste — seien sie nun
uothweudig oder nicht — eine grosse Missstimmung hervor-
rufen. Diese Stimmung muss sich in tiefe Erbitterung ver¬
wandeln, wenn sie erfahren, dass das ihnen abgenommene Fleisch
nun doch, zum Nutzen Anderer, in den Verkehr gelangt.
Noch unmittelbarer ist natürlich das städtische Publicum
betroffen, welches sich durch die unzweifelhaft vorzüglich functio-
nirende Fleischschau in Sicherheit gewiegt fühlt, und nun hört,
dass alle Maassnahmen der Fleischschau illusorisch gemacht
werden.
Dieser Zustand kann die ganze Fleischschau discreditiren
und tlieils verächtlich, theils verhasst machen. Schon ein
einzelner umfangreicher Fall bedeutet viel. Aber es liegen
solche Fälle schon von einer Anzahl von Schlachthöfen vor. wo
unsaubere Vorgänge bei der Verwendung des beanstandeten
Fleisches die Gerichte beschäftigten; es sei nur an Han¬
nover und Elbing erinnert. Auf den l'mfang klar erwiesener
Betrügereien kommt es dabei noch weniger an, als auf die That- |
sache, dass alle diese Processe genug ergaben, um dem Publicum ;
ein berechtigtes Misstrauen gegen die ganze Institution einzu-
flössen.
In der Häufung dieser Fälle gerade an grossen Schlacht¬
höfen liegt aber auch ein Hinweis für die Beurtheilung derselben.
|
Die Thierärzte haben Gott sei Dank mit diesem neuesten i
I
Fleischschauscandal auch nicht die entfernteste Berührung. Sie
haben in Berlin lediglich des zur Nahrung ungeeignete Fleisch ■
zu ermitteln, nicht aber für dessen vorschriftsmässige Behänd- j
lnng zu sorgen. Aber auch andern einzelnen Beamten der Auf- J
Sichtsbehörde ein wesentliches Verschulden aufzubürden, würde :
— das hebt auch die Fleischerzeitung ganz zutreffend hervor — j
kaum richtig sein. Und vor allem würde, wenn man sich damit j
begnügt, damit gar nichts gebessert.
Der Fehler liegt im System und bei jeder neuen Institution ,
— die Fleischschau ist eine solche — müssen erst Erfahrungen
gemacht werden, bevor das System ein vollkommenes werden
kann. Deshalb soll auch nicht auf die Organisatoren des bis- j
herigen Systems gescholten, sondern es soll nur verlangt werden, |
dass die jetzt zur Genüge gemachten deprimirenden Erfahrungen j
rücksichtslos und gründlich benutzt werden und endlich eine j
Aenderung des Systems herbeigeführt wird.
Es wird darauf Bedacht zu nehmen sein, die Controle über !
das weitere Schicksal des beanstandeten Fleisches überall denk¬
bar scharf und vielseitig zu gestalten. Vor allem aber werden
doch Einrichtungen nicht länger als haltbar erscheinen, wie sie
in Berlin bisher bestanden haben. Es ist wohl ein Unicum und
muss von vornherein ein schweres Bedenken erregen, wenn die
Ausführung rigoroser, weil in das Eigentlmm eingreifender
polizeilicher Massnahmen einem Privatmann verpachtet wird,
der selber ein pecuniäres Interesse an der Umgehung jener |
Massnahmen hat. Es erscheint daher ganz unthunlich, dass die j
Verwandlung des auf Grund behördlicher Anordnung he- 1
austandeten Roh-Fleisches in gekochte, sterilisirte und gepökelte
Waare einem Privatmann überlassen wird, nachdem die Er- ^
fahrung erwiesen hat, dass dabei Unterschleife auch durch ge¬
wissenhafte Controle nicht verhindert werden können, ganz
abgesehen davon, ob die Controle selbst verlässlich genug ist.
Es kann verlangt werden, dass, wie die Beanstandung des
Fleisches selbst durch Beamte besorgt wird, auch die Behand¬
lung dieses Fleisches selber als Amtshandlung angesehen und
nicht Gegenstand privater Ausnutzung wird. Eine Anstalt
zur Vernichtung, Kochung. Sterälisirung und Ausschmelzung von
beanstandeten Fleisch muss ein integrirender Theil des Schlacht¬
hofes sein und im Betrieb der Verwaltung selber sich befinden,
nicht aber an einen Privatmann verpachtet sein. Wenn amtlich
darüber Buch geführt werden kann, welche Quantitäten roh
hinein und welche präparirt herauskommen, so werden Unter-
schleife nicht möglich, und dabei kann dann auch wirklich
controlirt werden, ob die Kochung, Pökelung etc vorschrifts-
mässig ausgeführt worden ist. Höchstens könnte, nachdem
Seitens der Verwaltung für vorschriftsmässige Behandlung des
beanstandeten Fleisches gesorgt worden ist, die Abnahme des
fertig gekochten etc. Materials an einen General-Unternehmer
zur Einzelverwerthung vergeben werden.
Aber das einzig Richtige ist es, dass Zubereitung und Ver¬
kauf des beanstandeten Fleisches unter amtlicher Controle er¬
folgt, wie dies in allen »Städten geschieht, die eben zu diesem
Zweck mit ihrem Schlachthof eine „Freibank“ verbunden haben.
Von 358 preussischen Schlachthäusern sind nur noch 45
ohne Freibank, darunter Berlin. Hier hat sich die Communal-
verwaltung bisher hartnäckig ablehnend gegen die Errichtung
einer Freibank erwiesen. Bestände eine solche, so könnten der¬
artige „Unregelmässigkeiten“ schlechterdings nicht Vorkommen.
Der neueste Fall sollte dem Magistrat wie dem Publikum
und auch den Schlächtern (welche im Geschäftsinteresse der
Freibank ebenfalls theilweise widersprechen) zeigen, dass die
Errichtung einer Freibank gerade in einer Gressstadt für alle
Theile das sicherste und beste ist. Es wäre namentlich zweck¬
mässig, wenn die Berliner Bürger endlich selbst anfingen, sich
mit dieser sie so sehr interessirenden Frage zu beschäftigen
und auf die Errichtung einer communalen Freibank energisch zu
drücken. Wie die „Fleischerzeitung“ mittheilt, ist die „Koch¬
anstalt“ bereits zur Neuverpachtung ausgeschrieben. Es wäre
daher an der Zeit, sofort Schritte zu thun, damit ähnliche Ver¬
träge wie bisher nicht mehr abgeschlossen, vielmehr der Betrieb
der Kochanstalt in städtische Verwaltung übernommen und mit
einer städtischen Freibank verbunden wird.
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen.
Ausbrüche: Regensburg am 13. und Magdeburg (Viehhof)
am 11. Januar. — Tn München ist die Seuche unter Rindern
ausgebrochen und erloschen; unter »Schweinen ausgebrochen. —
Ausbrüche und zugleich das Wiedererlöschen der Seuche ist
gemeldet aus: Nürnberg am 12., Mannheim am 12. bezw. 13.,
Sachsenhausen bei Frankfurt a. M. am 10. -13. Januar. Er¬
loschen ist die »Seuche in Dresden am 13. Januar.
Bücheranzeigen und Kritiken.
Fröhner, Lehrbuch der allgemeinen Therapie. 2. Auflage 1900
Verlag von Ferdinand Enke, »Stuttgart. Preis brosch. M.,
gbd. 7.— M.
Das Buch hat in der 2. Auflage eine völlig neue Gestalt
angenommen. Es ist in jeder Beziehung erweitert und ver¬
bessert worden.
Der Leser wird durch eine kurze Geschichte der Therapie
eingeführt. Die Kapitel sind mit pathologischen und physiolo¬
gischen Bemerkungen ansgestattet. Als eine beiuerkenswerthe
Bereicherung ist weiter zu betrachten, dass den diätetischen,
mechanischen und besonders operativen Behandlungsmethoden
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36 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 3.
in der vorliegenden Auflage der entsprechende Raum gewährt
wird. Die sorgfältigste Berücksichtigung ist den beiden neuen
grossen Errungenschaften auf dein Gebiete der Heilkunst, der
Semmtherapic und der aseptischen Wundbehandlung zutheil
geworden. Somit kann die 2. Auflage der allgemeinen Therapie
aufs Beste empfohlen werden.
Möller und Frick. Lehrbuch der Chirurgie für Thierärzte.
I. Band: Allgemeine Chirurgie und Operationslehre, 2.Auflage 181)9.
II. Band: Specielle Chirurgie, 3. Auflage 1900. Verlag von
Ferdinand Enke-Stuttgart. Preis cpl.brosch.36. — M., gbd.40.— M.
Der stetig fortschreitende Ausbau der Specialgebiete in der
medicinischen Wissenschaft veranlasst in neuerer Zeit auch die
Autoren der Veterinär-Chirurgie das Princip der Arbeitstheilnng
anzuwenden. Diesem Gebrauche Folge gebend, hat sich Möller
bei der Neubearbeitung seines Lehrbuchs der Chirurgie mit dem
Professor für Chirurgie an der thierärztlichen Hochschule in
Hannover verbunden. Kein Anderer dürfte sich zum Mitarbeiter
Möllers besser qualificiren als Frick, da er aus der Möller-
schen Schule hervorgegangen ist. Es muss anerkannt werden,
dass die Verfasser ihre Aufgabe vollkommen gelöst habei^ Das
Lehrbuch hat durch die Arbeitsteilung an Gründlichkeit und
Vertiefung gewonnen, ohne dass die Einheitlichkeit des Werkes
zu Schaden gekommen ist.
Von der allgemeinen Chirurgie, welche in zweiter Auflage
vorliegt, hat Frick die Bearbeitung der Geschwülste und der
allgemeinen Entzündungsformen übernommen. Neu aufgenommen
ist in diesen Band eine Abhandlung über die chronischen Ent¬
zündungsformen. Die chronischen Infectionskrankheiten haben
ihren Platz bei diesem Kapitel gefunden, während sie in der
ersten Auflage unter die Geschwülste eingereiht waren.
Der II. Band, welcher die specielle Chirurgie enthält, hat
in seiner jetzt erschienenen dritten Auflage ebenfalls eine wesent¬
liche Bereicherung erfahren. Vielfache Zusätze und Ver¬
änderungen zeigen, dass die Resultate von neuen wissenschaft¬
lichen Untersuchungen gebührend gewürdigt worden sind. Dabei
kommt aber die Materie, welche dem Praktiker besonders
werth sein muss, keineswegs zu kurz. Einer gänzlichen Neu¬
bearbeitung wurden unterzogen: Die Abschnitte über die Krank¬
heiten der Milchdrüsen, Klauenleiden und Druckschäden bei
Rindern, Nervenlähmungen am Hinterschenkel.
Es ist zu bedauern, dass die in den frühem Auflagen an
der Spitze der Kapitel befindlichen Literaturangaben weggelassen
worden sind, um eine geringe Vergrösserung des Buchumfanges
zu vermeiden.
Das Gesammtwerk bildet in seinen beiden stattlichen Bänden
eine auf der Höhe der Zeit stehende Veterinär-Chirurgie, die bei
den Fachgenossen eine warme Aufnahme finden wird.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Kreisthierarzt a. D. Birrenbaeh-Miilhcim
(Rhein) ist der Rothe Adlerorden IV. Kl. und dem Kreisthierarzt
a. D. Schubert-Steglitz (Berlin), bisher in Kreuzburg (Oberschles.),
der Königliche Kronenorden IV. KI. — verliehen worden.
Ernennungen: Nach Theilung der bisherigen Kreisthierarztstelle
Metz ist die Kreisthierarztstelle Metz-West dem bisherigen Kreis¬
thierarzt Haas übertragen und in die Kreisthierarztstelle Metz-Ost
zum 1. Februar der Kreisthierarzt Tirolf aus Bolchen versetzt
worden. Der Assistent Ho sang vom Pathologischen Institut der
Berliner Thierärztlichen Hochschule zum Repetitor und der Ross¬
arzt a. D. Gutzeit-Goldberg bezw. Halle) zum Assistenten an
demselben Institut. Thierarzt Baum-Friedeberg (bzw. Czarnikau)
zum interimistischen Kreisthierarzt in Gostyn.
Die in No. 2 gemeldete Besetzung der Thierarztstelle in Witt¬
stock mit Thierarzt Grabe bezieht sich auf die Privatpraxis und
nicht auf die Schlachtbofstelle.
Approbationen: in Berlin die Herren Hermann Hölscher,
Richard Hollandt und Rudolph Ifland; in Giessen M. Schlaak.
Das Examen als beamtete Thierärzte für Hessen haben
bestanden die Tbierärztc Chr. Hollerbach, Dr. Kick und
W. Kn eil, letzterer Assistent am Anatom. Institut der Berliner
Thierärztl. Hochschule.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die
Thierärzte Dinter von Schönwalde nach Neumarkt (Schles.),
W. Feuereissen-Dresden nach Grimma als bezirksthierärztlicher
Assistent, Köhler-Hirschberg nach Bremen (Schlachthof), E. Lange -
Dresden als Stud. rer. nat. nach Giessen. — Thierarzt Heinrich
Schick (1899) hat sich in Rheinberg (Rheinland) und Thierarzt
Schlaak in Giessen niedergelassen.
Todesfälle: Rossarzt Alwig-Stettin, die Thierärzte Kassclt-
Leipzig und Kurth-Freienwalde (Oder), Stabsrossarzt a. D. Marten-
Schneidemühl, Thierarzt Richter-Kollm (Sachs.), Thierarzt Roh-
werder-Münder (Deister), Oberaratsthierarzt a. D. Seibold-
Oehringen, Bezirksthierarzt Uhlich-Chemnitz.
Yacanzen.
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Gumbinnen: Grenzthierarztassistentenstelle zu Stallupönen mit
dem Wohnsitz in Eydtkuhnen (1600 M. und Privatpraxis). Meid,
beim Regierungspräsidenten. — R.-B. Schleswig: Eiderstedt,
zunächst coinm. Gehalt 600 M. Bewerb, bis zum 18. Januar 1900
an den Regierungspräsidenten in Schleswig. — R.-B. Trier: Kreis¬
thierarztassistentenstelle (900 M.). Bew. an den Regierungs¬
präsidenten. — Elsass-Lothringen: Kreis Bolchen (600 M. und
700 M. Reisekosten-Aversum). Bew. bei dem Ministerium, Abth.
für Landwirtbsehaft.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Arnsberg: Lippstadt. — R.-B. Danzig: Carthaus.
Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Dessau: SchlachthofasBistenzthierarzt (1500 M., Wohnung etc.)
— Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt sofort. (1800 M. steigend
bis 3300 M. und 300 M. Wohnungsentschädigung.) Meldungen beim
Magistrat. — Hannover: IV. Thierarztstelle am Schlachthof. —
Königsberg i. P.: Schlachthofthierarzt zum 1. März (2000 M.,
Wohnung etc.) Bewerbungen bis 29. Januar an den Director. —
Markneukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau
zum 1. Mai 1900. (2400 M., keine Praxis.) Bewerb, bis 20. Jan. an
den Stadtrath. — Thorn: 2. Thicrarzt am Schlachthof (ca. 2000 M.,
keine Pension.) Bewerbungen bis 24. Januar an den Magistrat.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — Eckernförde: Schlacht¬
hofinspector. — Essen (Ruhr): 3. Schlachthofthierarzt — Fi lehne.
Schlachthofinspector. — Friedrichsthal (Kr. Saarbrücken): Thier¬
arzt für Fleischbeschau. — Hirschberg (Schlesien): Schlachthof¬
vorsteher zum 1. März. — Liegnitz: Schlachthofassistcnzthierarzt.
— Militsch: Schlachthofinspector. — Norderney: Schlachthof¬
inspector. — Ostrowo: Schlachthofinspector. — Po Ben: ein 1. und
1 ein 2. Schlachthofthierarzt. — Spremberg: Schlachthofinspector. —
| Tempelburg: Schlachthausinspector. — Trier: Schlachthofhilfs-
I thierarzt zum 1. März.
Privatstellen : 1899 bekannt gegebene: ABbach (Kr. Neu¬
stadt). — Augustusburg: Städt. Thierarzt sofort (720 M. Fixum.
Privatpraxis). — Festenberg. — Hirschberg (Saale): Thierarzt
(1000 M. Fixum). Bew. an den Stadtgemeindevorstand. — Kera-
berg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck
(Westpr.). Lasdehnen (Kr. Pillkallcn). — Murrhardt. —
Naunhof bei Leipzig: Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau.
Bewerbungen sofort an den Stadtgemeinderath. — Schönbaum
(Danzig). — Soldau (Ostpr.): Thierarzt für Praxis (300 M. Zu¬
schuss). Bewerbungen beim Magistrat.
Besetzt: Kreisthierarztstellen in Gostyn (int.) und Limburg,
Mctz-O., Mctz-W.
Verantwortlich für den Inhalt (excL Inseratenteil): Pro t Dr. 8cbmaltz in Berlin. — Verlag und Eigentum von Richard Scboetz ln Berlin. — Druck von W. Büxenstein, Berlin.
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Die „Berliner Thierlrxtllche Wochemchrift“ erscheint
wöchentlich in Stärke von mindestens l>/ t Bogen. Diesetbe
ist iQ beziehen durch den Buchhandel, die Post (No 1088)
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Berliner
Orlglnalbeltrlce werden mit 60 U. fOr den Bonn honorlrt.
Alle Manuacripte, Mittheilungen und redaktionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thieHLrztliche Hochschule, NW, Luisenstrasse 66.
Correcturen, Becensions-Exemplare und Annoncen da¬
to gen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
* Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Loisenstrasse 36.
Jahrgang 1900.
Ausgegeben am 25. Jannar.
Inhalt: Jost: Beiträge zur Rothlaufschutzimpfung. — Eschbaum : Ueber gubcutane Injcctionen. — Referate:
H u t c h e o n: Bösartiges Malariafieber beim Hunde. — Regenbogen: Versuche mit Epikarin bei der Behandlung der
Hunderäude. — Kasparek: Beitrag zur Prophylaxis der Lungenwurmseucbe. — Koch: Erster Bericht über die Thätigkeit
der Malaria-Expedition. Aufenthalt in Grosetto vom 25. April bis 1. August 1899. — Shiga: Ueber den Dysentericbacillus
(Bacillus dysenteriae). — Therapeutische Notizen. — Tagesgeschicbtc: Einige Betrachtungen über die tierärztlichen
Verhältnisse in Oesterreich. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Fleischschau und Viehverkehr. —
Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Personalien. — Vacanzen.
Beiträge zur Rothlaufschutzimpfung.
Von
H. Jsst,
Assistent »m Kgl. Thierzrznel-lnstitut Göttingen.
In einem in No. 51 Jahrgang 1899 der Deutschen Thier-
ärztlichen Wochenschrift von Dr. med. Casper-Höchst ver¬
öffentlichten Artikel, „das Höchster Schweinerothlaufsernm“
(Susserin) giebt der Verfasser auf Grund seiner eigenen Be¬
obachtungen und Versuche in anerkennenswerther Weise Auf¬
klärung über einige bis jetzt beobachtete Begleiterscheinungen
der Su88erinimpfung, erwähnt insbesondere die Folgekrankheit
des Rothlaufs, die Endocarditis, welche hin und wieder geeignet
ist, die Impfungen in Misscredit zu bringen, beantwortet alsdann
die Anfragen über etwaige Gefahren der Susserinimpfung sowohl
für Saugferkel als auch Für hochtragende Thiere und beschäftigt
sich im Anschluss an diese Erläuterungen eingehender mit den
bis jetzt vorhandenen Veröffentlichungen über die Erfahrungen
mit Susserinimpftmgen.
Zum Tlieil bestätigend, zum Theil ergänzend möchte ich im
Nachfolgenden diesen Erörterungen einige Erfahrungen ans dem
Praxisbezirk des hiesigen Thierarznei-Institutes hinzufügen.
Da Begleiterscheinungen nach Susserinimpfungen meinerseits
bei den über 400 mit Sasserin geimpften Schweinen nicht
beobachtet wurden, gehe ich über diesen Punkt hinweg, um einen
vou mir beobachteten Fall von Endocarditis mitzutheilen.
In einem Gehöfte waren zwei Schweine an Rothlauf er¬
krankt, das eine so hochgradig, dass der Besitzer bereits die
Hoffnung auf Rettung aufgegeben, das andere unter wenig aus¬
geprägten Krankheitserscheinungen. Das leicht erkrankte Thier
sollte mit der Heildosis Susserin geimpft werden, während man
das bereits aufgegebene Schwein seinem Schicksal überlassen
wollte. Erst auf mein Zurathen wurde, obgleich auch ich eine
Heilung kaum für möglich hielt, versuchsweise auch das letztere
geimpft. Beide Thiere genasen nach einigen Tagen, und keine
Erscheinungen deuteten in den nächsten Wochen darauf hin, dass
die Rothlauferkrankung irgend welche nachtheiligen Folgen zurück¬
gelassen haben könnte. Etwa fünf Wochen nach der Impfung
wurde das damals schwer erkrankte Thier unter blaurother
Färbung des Cadavers plötzlich verendet im Stalle vorgefunden.
Der Besitzer vermnthete Rothlauf, die Section ergab jedoch
keinen Anhaltspunkt hierfür, dagegen eine ansgeprägte
Endocarditis, die zweifellos den apoplektisch erfolgten Tod
herbeigefiihrt hatte. Das Susserin hatte damals seine Wirkung
als Heilmittel voll und ganz gethan, der Entwicklung dieses
organischen Herzleidens, der Folgekrankheit des Rothlaufes,
konnte es selbstverständlich keinen Einhalt gebieten.
Bezüglich der Dauer der Immunität nach Susserinimpfüng
ohne Culturinjection, beobachtete ich, dass in einem Bestände,
wo 19 Schweine mit Susserin ohne Culturen und drei Schweine
nach Lorenz (also mit Culturen) die Schutzimpfung erhielten,
etwf^*fünf Wochen nach der Impfung drei an Rothlauf verendeten
und 16 unter verdächtigen Erscheinungen nothgeschlachtet werden
mussten. Die drei am Leben gebliebenen Thiere waren nach
Lorenz geimpft, während die erkrankten und verendeten Thiere
Susserin ohne Culturen erhalten hatten. Noch in zwei anderen
Gehöften wurde die gleiche Beobachtung gemacht, ein weiterer
Beweis dafür, dass die Susserinimpfung ohne Culturen eine
Immunität von nicht länger als 3—4 Wochen hervorruft.
Zum ersten Male seit meiner dreijährigen Impfthätigkeit
konnte ich im November v. J. in Bezug auf die Immunität von
nach Lorenz geimpften Schweinen in einem Falle feststellen,
bei welchem in einem Schweinebestande von 58 Stück trotz
der erst fünf Monate vorher nach Lorenz’scher Methode mit
zweimaliger Culturinjection vorgenomraenen Impfung zwei Stück
an Rothlauf verendeten und fünf unter verdächtigen Erschei¬
nungen nothgeschlachtet werden mussten; also von 1600 Stück
in drei Jahren nach Lorenz ansgeführten Impfungen acht
Fehlschläge.
Die im Herbst v. J. in einem thierärztlichen Verein
Preussens seitens eines Collegen aufgeworfene Frage, ob Gefahr
für jlie nach Lorenz geimpften Thiere vorhanden sei, wenn
man die zweite Culturinjection später als 14 Tage nach der
ersten ausführe, kann ich, da eine diesbezügliche Auskunft bis
dato nicht erfolgt ist, dahin beantworten, dass ich in einem
Schweinebestande nach voransgegangenem günstigen Versuche
und mit besonderer Genehmigung des Besitzers erst vier Wochen
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38
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
nach der ersten Cultnreinspritzung die zweite vornahm, ohne
dass diese Verzögerung den Thieren irgend welche Nachtheile
gebracht hätte.
In Bezug auf die andere von Oasper näher besprochene
Frage der Susserin-Impfung hochtragender Thiere babe ich trotz
vielfacher Impfungen von Zuchtthieren in den verschiedensten
Stadien der Trächtigkeit in keinem Falle die Beobachtung
gemacht, dass die Impfung ohne Culturen jemals AbortUB her¬
beigeführt hätte, ja selbst dann nicht, wenn die Impfung nur
wenige Tage vor Ablauf der Trächtigkeitszeit ausgeführt wurde.
Auch die Culturinjectiouen, wenn nach Lorenz geimpft
wurde, haben in den von mir beobachteten Fällen bis jetzt
niemals hochtragenden Sauen in irgend welcher Weise geschadet.
Häufig genug wird der der Impfung zugeschobene Abortus auf
äussere, mechanische Insulte zurückzuführen sein, die in Folge
der Widerspenstigkeit grösserer Thiere während des Impfactes
oft unvermeidlich sind; vielleicht lässt sich die nach der
Impfung hin und wieder beobachtete Lähmung im Kreuze der
Impflinge, der steife Gang derselben und die Schwellung der
Hinterbeine mit diesem Gewaltact in sehr vielen Fällen in enge
Verbindung bringen.
Im Anschluss an seine rein sachlichen Erläuterungen, zu
denen ich im Obigen einige Beiträge zu liefern suchte, unter¬
zieht Casper in dem erwähnten Artikel die beiden Veröffent¬
lichungen von Bar an ski-Stralsund, No. 39, Jahrg. 1899, und
Jost-Göttingen, No. 41, Jahrg. 1899 der B. T. W., einer näheren
Betrachtung, die mich, soweit sie meine Ausführungen berührt,
zu nachstehenden Erklärungen veranlasst:
Am Eingehendsten beschäftigt sich Casper mit dem von
mir damals in pass. 12 meines Artikels mitgetheilten Falle,
einer „Susserin-Impfung von besonderem Interesse“, wo acht
Stunden nach der Impfung zwei vorher anscheinend gesunde
Schweine am Rothlanf verendet und zwei erkrankt im Stalle
vorgefunden wurden, und bemerkt hierzu: „Jost hat offenbar
Anfangs den Verdacht gehabt, dass das Susserin denselben
(Rothlauf) verschuldet habe, und sich wolil vorgestellt, es
könnten in dem Susserin virulente Rothlaufkeime enthalten sein,
denn er übergab eine Susserinprobe dem hygienischen Institut
behufs eingehender bacteriologischer Untersuchung.“
Hierzu erkläre ich, dass ich weder anfangs noch nachträg¬
lich diesen von Casper vermutheten Verdacht gehabt habe,
und dass ich sofort im Einverständniss mit Herrn Geh. R.
Esser nach Beendigung der von mir in Gegenwart des Be¬
sitzers und eines Collegen gemachten Section des rothlaufver-
endeten Schweines im Gegensatz zur Meinung des anwesenden
Collegen dem Besitzer die ganz bestimmte, auf meiner Ueber-
zeugnng beruhende Erklärung gab, der Tod und die Erkrankung
der rothlaufinficirten Thiere könne aus den verschiedensten
Gründen nicht durch die Susserin-Impfung veranlasst worden sein.
Zur weiteren Bestätigung meines Urtheils, und um sowohl
den Collegen und den Besitzer zu überzeugen, dass das Susserin
hier gar nicht in Verdacht kommen könne, übergab ich eine
Susserinprobe dem hiesigen hygienischen Institut zur eingehen¬
den Untersuchung unter der Voraussetzung, dass die Unter¬
suchung auf Rothlaufbacterien ein negatives Resultat haben und
mir somit ein weiteres Beweismittel für meine Behauptung
gegen den Besitzer in die Hand geben würde. Die Unter¬
suchung des Susserins schien schon aus diesem Grunde im
Interesse der Sache geboten, denn der Besitzer, einer der ein¬
flussreichsten Rittergutspächter in hiesiger Gegend, beabsichtigte,
im Falle die Gefahrlosigkeit des Impfstoffes nicht hinreichend
nachgewiesen, diesen unglücklichen Zufall in der landwirt¬
schaftlichen Presse zu veröffentlichen, und hätte somit, wenn
auch nur vorübergehend, gerade z. Z. der Impfperiode das Miss¬
trauen, welches immer den neueren Mitteln entgegengebracht
wird, genährt und so der Sache in hiesiger Gegend sehr geschadet.
Nicht allein aus diesem Grunde, sondern auch mit dem
Bemerken, auf andere Mikroorganismen zu fahnden, mit denen
das Susserin zufälliger Weise hätte verunreinigt sein und eine
schädliche Wirkung hervorrufen können, übergab ich die Probe
zur Untersuchung.
Die Muthma8sung Casper’s bezüglich meines Verdachtes
dürfte somit auf irrigen Voraussetzungen beruhen. Wenn ich
im Anschluss an dieses Ereigniss damals ein bereits bestelltes
Quantum Susserin bei den Höchster Farbwerken abbestellte, so
geschah dies nicht etwa deshalb, wie man vielleicht weiter ver-
muthet hat — weil ich gegen das Susserin misstrauisch ge¬
worden sein könnte, sondern aus dem Grunde, weil in Folge
dieses unliebsamen Ereignisses trotz aller meiner Versuche zur
Aufklärung einige Besitzer die vorher bestellten Susserin-
Impfungen schleunigst rückgängig machten. Erst nach vielen
Bemühungen in landwirthschaftlichen Vereinen gelang es mir
mit der Zeit, das Misstrauen gegen das Susserin einigermassen
zu beseitigen und weitere Impfungen mit demselben in hiesiger
Gegend auszuführen.
Dass übrigens vielfach und massenhafte Bacterien, zum
' Theil auch solche, welche Mäuse tödten, wenn auch nicht in
dieser Probe, so doch bei anderen Prüfungen im Susserin ge¬
funden worden sind, hat Lorenz in seiner Veröffentlichung:
„Zur Frage der Rothlaufschutzimpfung“ in No. 49, Seite 631,
Jahrgang 1899 der Zeitschrift für die landwirthschaftlichen
Vereine des Grossherzogthums Hessen auf das Bestimmteste
erklärt und ist bereit, für diese seine Behauptung jederzeit den
Beweis zu liefern.
Da bei mir der Verdacht, dass die plötzliche Rothlauf-
erkrankung der vier in Frage kommenden Thiere durch die
subcutane Einverleibung von Susserin entstanden sei, gar nicht
bestand, wie auch aus meinem Artikel deutlich hervorgeht, und
ich Anhaltspunkte genug hatte, die gegen diesen Verdacht
sprachen (vergl. pass. 14 meines Artikels), lag gar keine be¬
sondere Veranlassung vor, mich noch ausserdem auf die Ver¬
suche von Schütz, Schottelius, Kitt, Bang, Lorenz,
Pr ei 8 z u. a. zu berufen. Dass durch subcutane Ipjection hoch¬
virulenter Culturen Rothlauferkrankung resp. Tod, wenn diese
Art der Infection überhaupt gelingt, erst nach 3—4 Tagen her¬
beigeführt werden können, war mir nicht allein ebenso gut wie
Herrn Casper aus der einschlägigen Litteratur bekannt,
sondern ich hatte sogar durch die im Jahre 1897 und im Sommer
v. J. in Gemeinschaft mit meinem Chef, Herrn Geh.-Rath
Esser, und dem derzeitigen Leiter des hygienischen Institutes,
Privatdocenten Dr. med. Reichenbach, im hiesigen Thier¬
arznei-Institute von mir ausgeführten Versuche über künstliche
Rothlaufinfection mittelst subcutaner Einverleibung der ver¬
schiedensten Quantitäten hochvirulenter Culturen hinreichend
Gelegenheit, selbst diesbezügliche Beobachtungen zu machen,
auf die ich mich nöthigenfalls noch hätte stützen können.
Das Letztere wäre auch ganz sicher meinerseits geschehen,
wenn ich beim Schreiben meines Artikels hätte ahnen können,
dass mir Casper aus reiner Muthmassung irgend einen Verdacht
unterschieben würde.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
25. Januar 1900.
Die von Casper in seinem Artikel gegebene Deutnng
meiner damals mitgetheilten Beobachtang freut mich insofern,
als sie eine vollständige, fast wörtliche Bestätigung meiner
Auslegung ist, wie ich sie s. Z. dem Besitzer gegenüber aus
voller Ueberzeugung machte, und wie sie auch mit nachfolgendem
Wortlaute in pass. 14 und 15 meines Artikels enthalten ist.
Es heisst darin:
„Da mit derselben Operationsnummer „Susserin“ und
an demselben Nachmittage in zwei anderen Schweine¬
beständen geimpft worden war, ohne dass Misserfolge zu
verzeichnen gewesen wären, da ferner die übrigen 68 ge¬
impften Thiere des fraglichen Bestandes gesund geblieben
waren, und da ausserdem nach Verabreichung einer drei¬
fachen Dosis desselben Susserins das kranke Thier wieder
gesund geworden, konnte bei objectiver Betrachtung dieses
Vorfalles der Tod und die Erkrankung der 4 Thiere
nicht auf eine schädliche Einwirkung des Susserins zurück¬
geführt werden u. s. w.
Dem durch diese Verluste gegen die Impfung mit
SuBserin misstrauisch gewordenen Besitzer konnte dieses
unliebsame Ereigniss nur in der Weise erklärt werden,
dass die nach der Impfung verendeten und erkrankten
Thiere, trotzdem sie am Tage der Impfung keinerlei
Krankheitserscheinungen zeigten, doch bereits mit Roth-
lauf inficirt waren. Infolge dessen reichte die Schutzdosis
Susserin nicht aus, um der Rothlauferkrankung Einhalt zu
gebieten u. s. w.“
Dies war meine Erklärung über den Fall, ganz unabhängig
von der Auslegung Casper’s; ich hatte also nicht nöthig, auch
wenn es Casper vermuthet, dem Besitzer gegenüber gegen
meine Ueberzeugnng zu sprechen resp. demselben, nur damit er
beruhigt wäre, die Sache „plausibel“ zu machen, ganz abgesehen
davon, dass es jederzeit meine Gewohnheit ist, auch in kritischen
Fällen Jedermann gegenüber — ohne persönlich zu werden —
überzeugungsgetreu meine Meinung zu äussern, und dass für
mich keine besondere Veranlassung vorlag, vielleicht nur zu
Gunsten des Susserins meine Ueberzeugung zu verheimlichen
resp. anders zu reden, als ich gedacht hätte. Ich veröffentlichte
diesen Fall, weil er mir als ein aussergewöhnlicher und darum
auffallender erschien, und um neben meiner Meinung über den¬
selben in objectiver Weise auch andere Ansichten zu hören,
damit er auch den Zweiflern durch die verschiedenartige Be¬
leuchtung klar würde.
Die von Casper mit seiner Erklärung empfohlenen Messun¬
gen der Körpertemperatur in Schweinebeständen, wo zwar noch
keine sichtbaren Krankheitserscheinungen bei den Thieren vor¬
handen sind, aber der Verdacht der Ansteckung vorliegt, er¬
scheinen zur Aufklärung und Vermeidung der kurz nach der
Impfung auftretenden Rothlauferkrankungen und Todesfälle sehr
gerechtfertigt: in praxi, besonders bei Impfungen grösserer Be¬
stände, werden dieselben jedoch kaum durclizuführen sein. Der
Aufwand an Zeit, Mühe und Hilfspersonal würde die au und
für sich für den Besitzer schon kostspieligen Rothlaufimpfungen
um ein ganz Erhebliches vertheuern, ganz abgesehen davon,
dass der vielbeschäftigte Praktiker gerade zur Zeit der Impf¬
periode durch diese Messungen viel zu sehr in Anspruch ge¬
nommen würde.
39
Ueber subcutane Injectionen.
Von
Dr. Friedlich Etchbaum.
Dass die Dosirungsfrage noch sehr im Argen liegt, ist von
einsichtigen Pharmakologen und Klinikern grade in den letzten
Jahren mehrfach hervorgehoben worden. Ein bereits vor Jahren
von mir bearbeiteter Theil der Dosirungsfrage, das Studium der
Tropfenbildung uud des Tropfengewichtes hat gezeigt, dass die
bisher übliche Tropfendosirung nicht nur ungenau und schlecht,
sondern direct falsch ist und für den Patienten, wie den Arzt
höchst verhängnissvoll werden kann.
Fast noch wichtiger als die Dosirung der Tropfeu-
medicinen ist die der subcutanen Injectionen. Die als
Grammspritzen im Umlauf befindlichen Subcutanspritzen ent¬
halten nur selten, sagen wir lieber nur zufällig einmal ein
Gramm Wasser oder 1 ccm Flüssigkeit; die meisten weichen
mehr oder weniger davon ab, eine Thatsache, die den, der die
Fabrikation kennt, nicht erstaunen machen kann. Die Glas¬
röhren, die zu den Pravazspritzen verwendet werden, werden
nämlich fast ausschliesslich durch Ausziehen hergestellt: dabei
kann man ihnen nur ein annäherndes Lumen geben; das Lumen
einer ausgezogenen Glasröhre ist auch an ihren verschiedenen
Stellen verschieden gross. Da nun die Angabe des Spritzen¬
inhaltes sowie die Eintheilung in Yio ccm au ^ ^ em Metallstempel,
der eine bestimmte Länge hat, sich befiudet, zu dem dann auch
Glasröhren von bestimmter dazu passender Länge, aber mit ver¬
schieden grossem Lumen verwendet werden, ist es schlechter¬
dings nicht möglich, dass der Inhalt der Spritzen den auf dem
Stempel angegebenen Zahlen entspricht.
Die durch Guss zu Subcutanspritzen hergestellten Glasröhren
können auch nicht stimmen, denn die Form bedingt nur den
äusseren Umfang der Röhre, die Weite des Lumens ist. von
der Menge des verwendeten geschmolzenen Glases abhängig.
Bei der nachfolgenden Inhaltsbestimmung der Spritzen wurde
folgendermassen verfahren: Die Spritze wurde vollgezogen mit
destilliitem Wasser von annähernd 15° C., etwaige Luftblasen
durch Abspritzen entfernt und mit Wasser vollgezogen, sodass
also die Spritze ganz gefüllt war; nun wurde die Canüle auf¬
gesetzt und der Stempel der mit der Nadel nach oben gerichteten
Spritze so weit vorgedrückt, dass nur ein kleines Tröpfchen
Flüssigkeit an der Nadel austrat. Der ganze Inhalt, bezw. ein
bestimmter Theil wurde dann auf eine feine Handwage gespritzt
und gewogen. Die mir zur Verfügung stehenden Subcutan¬
spritzen ergaben folgende Zahlen:
1. 1 ccm Spritze, Nickelfassung.
Ganze Spritze 1,15 ccm,
Stempel auf Theilstrich 10 eingestellt: 1,10 statt 1,00,
8 Theilstriche 0,88 statt 0,80,
5 ,, 0,55 „ 0,50,
3 „ 0,34 „ 0,30.
2. 1 ccm Spritze, Hartgummi (billige Waare).
Stempel lässt sich nur bis 0,5 statt bis 0 eindrücken.
Ganze Spritze 0,92 statt 1,00,
8 Theilstriche 0,835 „ 0,80,
5 „ 0,52 „ 0,50,
3 „ 0,315 „ 0,30.
3. 1 ccm Spritze nach Georg Meyer.
Ganze Spritze 1,165,
8 Theilstriche 0,93,
5 „ 0,60,
3 „ 0,345.
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40
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
4. 1 ccm Spritze nach Strohschein. 1
Ganze Spritze 1,00,
8 Theilstriche 0,80,
5 „ 0,50,
3 „ 0,30.
5. Lewin’sche Sublimatspritze.
Ganze Spritze 2,4,
8 Theilstriche 1,89,
5 „ 1A
3 „ 0,71.
G. 1 ccm Spritze nach Roux-Paris.
Stempel lässt sich nur bis 0,8 drücken statt bis 0.
Ganze Spritze 1,05,
Stempel auf 10 gestellt 0,96 statt 1,00,
8 Theilstriche 0,94 statt 0,80,
5 „ 0,58 „ 0,50,
3 „ 0,35 „ 0,30.
7. Koch’sehe Spritze 1 ccm.
Ganze Spritze 0,97,
8 Theilstriche 0,79,
0,50,
3 „ 0,30.
8. Koch’sche Ballonspritze 2 ccm.
Ganze Spritze von 2 bis leer 1,84 statt 2,00,
1 ccm 0,94 „ 1,00,
1 ccm 0,90 „ 1,00.
9. Koch’sche Ballonspritze 5 ccm.
Ganze Spritze 5 bis leer 4,17 statt 5,00,
3 ccm 2,44 „ 3,00,
1,5 „ 1,17 „ 1,50,
1,0 „ 0,79 „ 1,00.
10. Spritze von A. Lüer-Paris 5 ccm, ganz aus Glas.
Ganze Spritze 5 bis leer 4,9,
2 ccm (5 bis 3) 1,92,
3 „ 3,00,
11. Alte Spritze mit Hartgummifassung 5 ccm.
Ganze Spritze 3,1 statt 5,00,
5 Theilstriche 1,75 „ 2,50,
1 Theilstrich 0,342 „ 0,50.
12. Trokarspritze (?) Nickelfassung 5 ccm.*)
Ganze Spritze 4,34 statt 5,00,
halbe „ 2,24 „ 2,50,
viertel „ 1,00 „ 1,25.
13. 10 ccm Spritze, Hartgummi und Nickelfassung.
Ganze Spritze 11,44 statt 10,00, i
halbe „ 5,95 „ 5,00,
2 /io 2,37 „ 2,00.
14. 10 ccm Spritze, ganz Nickel.
Stempel von 0,3 bis 10,4 beweglich.
Ganze Spritze 11,27 statt 10,00,
5 Theilstriche 5,61 ,, 5,00,
2 „ 2,25 „ 2,00.
15. Intratracheale Spritze 10 ccm, Hartgummi und Nickel-
fassung.
Ganze Spritze 8,84 statt 10,00,
halbe „ 4,75 „ 5,00,
710
1.85
2 , 00 .
*) Bei dieser Messung wurde die mit Luft gefüllte Nadel auf¬
gesetzt.
16. Intravenöse Spritze 20 ccm, Nickelfassuug.
Ganze Spritze 17,64'statt 20,00,
halbe „ 8,90 „ 10,00,
viertel „ 4,55 „ 5,00.
17. Intravenöse Spritze 20 ccm, Hartgummifassung.
Ganze Spritze 16,35 statt 20,00,
halbe „ (10 bis 0) 8,68 „ 10,00,
viertel „ (15 bis 10) 4,41 „ 5,00.
18. Intravenöse Spritze 20 ccm, Nickelfassung.
Ganze Spritze 24,1 statt 20,00,
halbe „ 12,65,
viertel „ 5,7,
Die grössten Differenzen 20 und mehr pCt. weisen die
thierärztlichen Spritzen auf, indess bedingen sie hier vielfach
keinen Fehler, weil die für Veterinärzwecke dienenden sub-
cutanen Injectionen zum grossen Theil dosirt verschrieben
werden und jede Einspritzung vom Apotheker in ein besonderes
Gläschen abgewogen wird. Die Dosis stimmt aber trotzdem
nicht genau, selbst wenn der Thierarzt Gläschen und Schälchen,
in welches er die Lösung gegossen hat, sorgfältig mit wenig
Wasser nachspült und letzteres ebenfalls in die Spritze auf¬
zieht; es befindet sich in jeder Spritze ein kleinerer oder
grösserer Raum zwischen dem ganz hernntergedrückten Stempel
und der Canüle, aus dem die Lösung bei der Injection nicht
heraus zu bekommen ist. In die Spritze wurden aufgenommen
5 ccm. Flüssigkeit; nach dem Aufsetzen der Canüle wurde nur
die Luft ausge8pritzt, und dafür Sorge getragen, dass kein
Tröpfchen Flüssigkeit verloren ging.
Aus einer 10 g Spitze wurden erhalten 4,55 ccm statt 5 ccm,
„ , ? 10 „ „ (intratracheale) 4,61 „
„ „ 20 „ „ (intravenöse) 4,55 „
v >> 20 ,, ,, „ 4,52 „
Es sei hierbei ausdrücklich bemerkt, dass dafür Sorge ge¬
tragen war, dass keine Flüssigkeit durch Hängenbleiben am
Schälchen etc. verloren ging. Man sieht, dass diese Fehler, im
Durchschnitt 10 pCt., auch nicht gering zu veranschlagen sind.
Statt 0,1 g Eserin, snlf. kommen eben nur 0,091 g nnd statt
0,5 ccm Tuberculin nur 0,455 ccm ins Unterhautzellgewebe.
Die Flüssigkeit, die die Canüle und den engen Ansatztheil
der Spritze für die Canüle ausfüllt, muss ja schlechterdings
verloren gehen. Dieser todte Raum der Spritze lässt sich nicht
eliminiren. Dahingegen kann der Raum zwischen dem ein¬
gedrückten Stempel und dem engen Ansatztheil für die Canüle
dadurch ausgefüllt und ein Theil des Fehlers beseitigt werden,
dass man dem oberen Theil des Kolbens eine entsprechende
kugelförmige Form giebt.
Eine Spritze mit richtiger Dosirung kann nur so
hergestellt werden, dass zwei oder drei Marken durch
besonderes Abmessen festgestellt werden; die feinere
Eintheilung in Zehntel etc. kann mit der Theilmaschine geschehen.
Soll aber letztere auch genau stimmen, so müssen gut calibrirte
Röhren verwendet werden. Die Scala wird an der äusseren
Glasröhre angebracht. Ferner ist durch eine entsprechende
kegelförmige Form des oberen Theils des Kolbens der todte
Raum so klein als möglich zu gestalten.
Ausser der fehlerhaften Gradnirung der Spritzen wird die
Dosirung der subcutanen Injectionen durch eine principielle Un-
correctheit falsch gestaltet: die Spritzen können nur nacli
Maass graduirt werden. Das Medicament aber wird nach
99 99 99
99 99 99
Digitized by
Google
25. Januar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
41
Gewicht verschrieben und nach Gewicht bereitet, nach Maass
aber dem Patienten applicirt. Es ist uncorrect, Mixturen, die
Thee- und Esslöffelweise gegeben werden, nach Gewicht zu ver¬
schreiben, groBBe Fehler aber können entstehen, wenn zu sub-
cutanen Injectionen bestimmte Lösungen nach Gewicht ver¬
ordnet werden; folgendes Beispiel soll es zeigen:
Der Arzt will pro 1 ccm und dosi
0,01 Hydrargyr. bichlorat.
und 0,1 Natr. chlorat.
und verschreibt: Hydrargyr. bichlorat. 0,1
Natr. chlorat. 1,0
Aquae ad 10,0
1 ccm enthält aber 0,01082 g Hydr. bichlor. statt 0,01
und 0,1082 „ Natr. chlorat. „ 0,1
denn das specifische Gewicht dieser Lösung ist 1,082; 1 ccm
= 1,082 g, beinahe 10 pCt.! zu viel.
Es kommen aber Lösungen mit bedeutend grösseren Fehlern
vor, so z. B. folgendes Recept:
Antipyrin. 5,0
Cocain, mur. 0,3
Aquae ad 10,0
und Lösungen von Medicamenten in Glycerin, das an und für
sich schon das specifische Gewicht 1,225 bis 1,235 hat. Sub-
cutane Jodoformeinspritzungen werden mit purem Glycerin ver¬
schrieben. Lösungen narkotischer Extracte zu subcutanen Ein¬
spritzungen enthalten mehr oder weniger des specifisch schweren
Glycerins.
Leicht können solche Verordnungen Arzt wie Apotheker in
eine fatale Lage bringen, wenn die Dosis nahe an die maximale
herankommt.
E8 ist also erforderlich, dass entweder der Arzt
sich über die Relationen des specifischen Gewichtes
der zu verschreibenden Lösungen orientirt oder aber,
was einfacher und rationeller ist, nach Maass ver¬
schreibt z. B.:
Hydrargyr. bichlorat. 0,1 I Antipyrini 5,0
Natr. chlorat. 1,0 Cocain, mur. 0,3
Aquae ad 10,00 ccm. Aquae ad 10,0 ccm.
Es ist eine nicht zutreffende Auffassung, dass in der
Apotheke nur nach Gewicht und nicht nach Mass dispensirt
werden dürfe. Die Pharmacopoea Germanica I enthielt aller¬
dings einen fettgedruckten Passus „Mensuris nunquam, sed
semper ponderibus liqnorum quantitas indicanda et determinanda
est“. Dieser Satz des ersten deutschen Arzneibuches, der dem
Apotheker das Abmessen von flüssigen Arzneistoffen und dem
Arzt das Verschreiben nach ^lass verboten hat, findet sich in
den beiden letzten Ausgaben des officiellen deutschen Arznei¬
buches nicht mehr. Es wird keine Schwierigkeiten machen, die
zu subcutanen Injectionen bestimmten Lösungen nach Mass her¬
zustellen: Messgeräthe müssen in jeder Apotheke zur Unter¬
suchung der Arzneimittel vorräthig sein. Zu dem vorliegenden
Zweck eignen sich am besten die kleinen mit Fnss und
Glasstopfen versehenen graduirten Cylinder von 5 ccm,
10 ccm, und 30 ccm Inhalt. In ein solches Messgläschen
wird das abgewogene, zu lösende Salz gebracht oder aber eine
concentrirte Lösung davon hineingewogen und bis zur Marke
mit Wasser gefüllt. Die Lösung wird durch ein trocknes Filter
in das zur Dispensation bestimmte trockene Arzneiglas filtrirt.
Selbstverständlich dürfen nur amtlich geaichte
Messgläschen zur Bereitung von Arzneien zugelassen
werden, ebenso wie auch nur geaichte Gewichte in den
Apotheken gebraucht werden dürfen.
Die Aichung der Spritzen ist mindestens ebenso nothwendig
und in Anbetracht der grossen Wichtigkeit dieses Instrumentes
ist die gesetzliche Bestimmung, dass nur staatlich con-
trolirte Subcutanspritzen zu Heilzwecken verwendet
werden dürfen, ein dringendes Bedürfniss.
Referate,
Bösartiges Malariafieber beim Hände.
Von Dr. Hutcheon, Chef-Veterinär der Capcolonie.
(Vot. Journal 1899, No. 294.)
Die fragliche Hundekrankheit ist bisher als bösartige
Gelbsucht oder biliöses Fieber beschrieben worden und ist
als die gefährlichste Hundeseuche in der Capcolonie zu be¬
trachten.
Der Krankheit soll im Wesentlichen ein ausgebreiteter
Zerfall der rotlien Blutzellen zu Grunde liegen. Der frei gewor¬
dene Blutfarbstoff giebt dem Urin eine dunkelbraune und den
Geweben eiue tiefgelbe Farbe. Die Krankheit hat eine grosse
Aehnlichkeit mit dem Blutharnen der Rinder, welches bekannt¬
lich durch Blutparasiten erzeugt wird. Die Uebertragung der
Seuche auf gesunde Hunde gelang mit Leichtigkeit durch sub-
cutane oder intravenöse Injection einer kleinen Quantität Blut
eines kranken Hundes. Die Incubation beträgt sechs bezw. vier
Tage.
Die vom Dr. Carrington Pur vis in Grahamstown aus¬
geführte Untersuchung infectiöser Blutproben hat ergeben, dass
verschiedene Mikroorganismen darin enthalten waren: 1. Ba¬
cillen. 2. Mikroorganismen, welche den Erregern des Texas¬
fiebers ähnlich sind, innerhalb einer grossen Zahl von rothen
Blutkörperchen. 3. Runde oder ovoide Mikroorganismen inner¬
halb heller grosser Zellen, welche als stark vergrösserte rothe
Blutkörperchen angesprochen werden können. Diese Zellen
können auch weisse Blutkörperchen sein, welche einige Parasiten
in sich aufgenommen haben.
Die pathologisch-anatomischen Veränderungen der experi¬
mentell erzeugten Krankheit sind identisch mit den Läsionen
der spontan entstandenen Fälle: Ecchymosen am Herzen und
im linken Ventrikel, in vielen Fällen eine verschieden grosse
Menge seröser Flüssigkeit im Pericardium. Lungen selten er¬
krankt, in Brust- und Bauchhöhle manchmal etwas bräunlich
gefärbte seröse Flüssigkeit. Leber meist mehr oder weniger
geschwollen, von mahagoniähnlicher bis saffrangelber Farbe.
Galle schwarzgrün und dickflüssiger als normal. Milz enorm
vergrössert. Fundus des Magens gewöhnlich entzündet, Pylorus-
theil normal, gelegentlich auf den Schleimhautfalten kleine
Ulcera. Catarrhalische Entzündung des Dünndarmes, am inten¬
sivsten im Duodenum. Der Darm enthält eine schleimige, oft
mit Blut gemischte Masse. Dickdarm nur leicht entzündet.
Nieren geschwollen, manchmal ödematös, Rinde dunkelbraun
gefärbt. Harnblase normal, Harn dunkelbraun. In manchen
Fällen zeigen alle Körpergewebe eine gelbliche Färbung.
Symptome. In den künstlich durch Infection erzeugten
Fällen beginnt die Temperatur etwa zwei Tage vor dem Auf¬
treten sichtbarer Krankheitserscheinungen anzusteigen. Diese
äussern sich zunächst durch Traurigkeit, Appetitmangel, starkes
Durstgefühl; zuweilen wird Erbrechen beobachtet. Der Harn
nimmt eine dunkelrothe Farbe an, die sichtbaren Schleimhäute
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42
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
werden blass und zeigen oft einen Stich ins Gelbe. Puls schnell
und schwach, der Athein ist angestrengt und hat einen foetiden
Geruch. Der Hund verfällt in einen comatösen Zustand, unter
welchem bald der Tod eintritt.
Als Heilmittel hat sich wie beim Texasfieber des Rindviehs
am besten die Carbolsäure bewährt.
Dr. Carrington Purvis empfiehlt, versuchsweise gesunde
Hunde durch Injection von Immunblut gegen die Krankheit zu
schützen.
Verf. bemüht sich gegenwärtig experimentell festzustellen,
ob die Krankheit durch Zecken oder andere Hautparasiten über¬
tragen wird.
Versuche mit Epikarin bei der Behandlung der
Hnnderände.
Von Regenbogen.
(Mt«h. f. Th. Bd. 11, 4.)
Das seinerzeit von Frick empfohlene Räudemittel, welches
auch Müller-Dresden geprüft hat (vgl. B. T. W. 1899 pag. 605)
ist auch von Regenbogen in einigen Fällen angewandt worden.
Das Ergebniss seiner Beobachtungen ist folgendes: Das Epikarin
ist in einer Dosis von 0,5 g pro Kilo Körpergewicht per os
gegeben ungiftig; auch in spirituöser Lösung 1 :10 auf die Haut
applicirt, ruft es Störungen nicht hervor. Es besitzt milben-
tödtende Eigenschaften, aber nicht in sehr hohem Grade. Isolirte
Milben von Sarkoptes und Acarus werden durch Epikarin-Seifen¬
spiritus und spirituöse Epikarinlösung erheblich weniger schnell
getödtet als durch halb so starke Lösung von Creolin und
Bacillol. Die Lösung in reinem Alkohol ist wirksamer als in
Seifenspiritus. Die Epikarinbehandlung der Räude bietet also
gegenüber den bisher angewandten Mitteln keine Vorzüge,
erscheint eher unzuverlässig. Da 500 g der oben genannten
Epikarinpräparate auch 2,50 M. kosten, so ist auch der Preis¬
unterschied gegenüber den sonstigen Mitteln kein so erheblicher.
Die Anwendung des Epikarins als lOproc. Salbe dürfte wegen
der Verklebung der Haare sich überhaupt nicht empfehlen.
Beitrag zur Prophylaxis der Langenwurmseuche.
Von Prof. Th. Kasparek-Prag.
(Archiv f. wisiensch. u. pract. Tbierhk. Bd. 80. H. 1. 1900.)
In dem vorliegenden Falle wurde die Strongylose nicht wie
gewöhnlich beim Weidegang, sondern im Stalle erw'orben. Ein
Gutspächter, Dr. N., schickte an den Verf. zwei Kälberlungen,
welche mit lobulärer Pneumonie behaftet waren. Die Bronchien
waren mit kaum erbsengrossen Anhäufungen von Strongylus
micrurus besetzt. Die Kälber stammten aus einem Stalle, in
welchem nach den Angaben des Besitzers, eines Mediciners, be¬
reits vor zwei Jahren eine ähnliche Krankheit vorkam. Dieselbe
verschwand, nachdem der aus Holz bestehende Innenraum der
Stallung gründlich gereinigt und mit Kalkmilch übertüncht worden
war. Wie lässt sich nun das Wiederauftreten der Seuche er¬
klären? Eine Infection von den älteren Stücken konnte nicht
stattgefunden haben, da dieselben gesund waren und die Weide
den vorhergehenden Sommer nicht besucht hatten. Die Unter¬
suchung des Wassers, welches im Stalle verwendet wurde, fiel
negativ aus. Zwei der erkrankten Kälber hatten überhaupt noch
kein Futter und Wasser bekommen. Der Verf. nimmt daher an,
dass die Eier oder Embryonen sich in den Fugen der alten
Bretter des Stillles von den frühem Krankheitsfällen her lebens¬
fähig erhalten haben und nach dem Abfallen des Kalkanstriches
wieder ins Freie gelangt sind und, begünstigt durch die Feuchtig¬
keit im Stalle, eine neue Invasion erzeugen konnten. Auf die
grosse Lebensfähigkeit der Nematodenbrut im ausgetrockneten
Zustande sei sowohl von Leuckart als von Zürn hingewiesen.
Nach Entfernung der neugeborenen Kälber aus dem ver¬
seuchten Stalle traten weitere Verluste nicht ein.
Erster Bericht über die Thütigbeit
der Malaria-Expedition. Aufenthalt in Grosetto
vom 25. April bis 1. August 1899.
Von H. Koch.
(Deutsche mod. Wochenschr. ref. im Centralbl für BacL-Para«. XXVI. Bd 88/23.)
Im Aufträge der deutschen Reichsverwaltung begab sich
R. Koch mit Frosch und Ollwig zur Erforschung der Malaria
nach der in den toskanischen Maremmen gelegenen Stadt
Grosetto, in welcher zu allen Jahreszeiten die Malaria heftig
auftritt. Es wurden nur solche Fälle der Malaria zugerechnet,
bei denen der Nachweis des Parasiten gelang; im Ganzen
wurden 650 Personen untersucht, von denen 408 an Malaria
litten. Da die Malariaparasiten ausser im Menschen nur in ge¬
wissen Arten von Stechmücken leben können und in den letzteren
nur in den heissen Sommermonaten zur Entwickelung gelangen,
so sind die Parasiten demnach 8—9 Monate des Jahres auf die
Existenz im menschlichen Körper angewiesen. Gelingt es nun,
die Malaria in dieser Zeit zu heilen, so finden die Mücken zum
Beginn der heissen Jahreszeit kaum Parasiten mehr vor, und
kann eine Uebertragung von Mensch zu Mensch nicht mehr statt¬
finden. Dieses Ziel ist nach K. mit einer zweckmässigen
Chininbehandlung erreichbar. Bei der Behandlung wurde Chinin
nur in der Intermissionszeit gegeben, bei einfachen und doppel¬
ten Tertianen genügten meist schon 2 zu rechter Zeit gegebene
Dosen von je 1 Gramm Clfnin, bei frischen Tropenfiebern,
welche immer den Eindruck lebensgefährlicher Erkrankung
machten, wurden höhere Dosen applicirt. Auf 2 Gramm Chinin
in den beiden ersten Intermissionen verschwand das Fieber, die
Patienten erhielten dann noch 2—3 Tage lang Morgens je
1 Gramm Chinin. Ein Fall von Haemoglobinurie trat bei einem
Manne auf, welcher grössere Dosen Chinin genommen hatte.
Die Infection geschieht häufiger in den Wohnungen der Kranken
als im Freien, in den ersteren fanden sich folgende Stechmücken:
Culex nemorosuB, Culex pipiens, Anopheles macn-
lipennis und eine Phlebotomus-Art. In dieser und in Culex
nemorosus wurden nie Parasiten gefunden, dagegen in Culex
pipiens und Anopheles maculipennis. Die Malaria-Epidemie in
Grosetto steigt regelmässig drei Wochen später an, als die
Maximalteraperatur 27° dauernd erreicht hat. Die Parasiten
brauchen in der Mücke 8—10 Tage zur Reife, nach dem Stich
vergeht beim Menschen ebenfalls ein Incubationsstadium von
10 Tagen.' Nur in der heissen Jahreszeit vermochte die Kom¬
mission Sichelkeime in den Giftdrüsen der Stechmücken zu
ermitteln. J.
Heber den Dysenteriebacillns (Bacillus dysenteriae).
(Aus dem Institut für Infectionskrankheiten des Prof. Dr. K i t a s a t o-
Tokyo.)
Von Dr. S h i g a.
(Centralbl. f. Bart. 18J8, H. 88 23.)
Die Dysenterie fordert in Japan alle Jahre eine grosse An¬
zahl von Opfern. Vom Juni bis December des Jahres 1897 sind
im ganzen Lande von 89 400 Fällen 22 300 tödtlich verlaufen.
Als ursächlichen Erreger der verheerenden Seuche werden einer¬
seits Amoeben, andererseits Bacterien bezeichnet. Verf. nahm
Gelegenheit, an 36 Kranken bacteriologische Studien zu machen,
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25. Januar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
43
und entdeckten nter der Zahl der isolirten pflanzlichen Mikroparasiten
einen Bacillus, auf den das Serum dysenteriekranker Personen
eine agglutinirende Wirkung ausübte. Diese Eigenschaft wurde
zuerst von W i d a 1 bei Typhuskranken zwischen dem Blutserum
derselben und dem Typhusbacillus nachgewiesen. Schon früher
hatte Pfeiffer beobachtet, dass Choleravibrionen nntergehen,
wenn sie in die Bauchhöhle gegen Cholera imraunisirter Thiere
eingespritzt werden. Und G r u b e r hatte diese Erscheinung im
Reagenzglase bei Cholera- und Typhusbacillen unter Einwirkung
der entsprechenden Immunsera gesehen. Die agglutinirende
Reaction des Blutserums auf den speciellen Krankheitserreger
wurde nun auch bei anderen Krankheiten vermuthet, weshalb
K i t a 8 a t o den Verf. zu den vorliegenden Untersuchungen ver-
anlasste. Ausser der Eigenschaft der Agglutination stellt Verf.
noch drei andere Postulate auf, welche ein Mikroparasit haben
muss, um einen Mikroparasiten als Erreger der Krankheit, bei
welcher er gefunden wird, ansprechen zu können :
1. Derselbe muss bei den betreffenden Krankheitsfällen jedes¬
mal vorhanden sein; 2. er darf bei anderen Erkrankungen und
bei gesunden Menschen niemals Vorkommen und 3. soll er auf
Versacksthiere eine bestimmte Virulenz ausüben oder möglichst
ähnliche Erscheinungen wie beim Menschen hervorrufen.
Den in den Ausleerungen Dysenteriekranker gefundenen Ba¬
cillus, welcher ausser der Eigenschaft der Agglutination die drei
Bedingungen erfüllt, betrachtet Verf. als Erreger der Dysenterie
und benennt ihn Bacillus dysenteriae. Derselbe ist ein kurzes
Stäbchen mit abgerundeten Enden, ähnlich dem Typhusbacillus
und den gewöhnlichen Coliarten, mit Methylenblau besonders an
beiden Enden intensiv färbbar; Entfärbung nach Gram. Mäßige
Eigenbewegung. Die Bacillen wachsen bei Zimmertemperatur
auf den üblichen Nährböden, am besten gedeihen sie bei Körper¬
wärme. Der Parasit wirkt bei Meerschweinchen und HuDden
pathogen. Wird dem gesunden Menschen eine kleine Menge ab-
getödteter Cultur unter die Haut gespritzt, so entsteht eine
ziemlich heftige locale und besonders allgemeine Reaction wie
bei schweren Dysenteriefällen.
Therapeutische Notizen.
Barium chloratum.
Die Zeitschrift für Vet.-Kunde (Mai 99) constatirt, dass in der
Armee das Chlorbarium bei der Behandlung der Koliken immer mehr
Anwendung findet, und dass die Zahl derjenigen Berichterstatter
wächst, welche demselben einen guten Erfolg nachrühmen. Einige
Armeecorps freilich verhalten sich mehr ablehnend. Es kommt
fast nur die intravenöse Einverleibung in Betracht, und zwar
von Dosen von 0,25 bis 0,5 g. Bei dieser Anwendung kam
nur einmal ein plötzlicher Todesfall vor, über welchen Rossarzt
Kopeke berichtet: Das Pferd war ein Luftkopper, der häufiger
an Kolik erkrankte. Es hatte 48 Pulse und 18 Athemzüge
ohne Schweissausbruch. Von den in 15 g Aqua gelösten 0,6 g
Chlorbarium erhielt das Pferd zunächst die Hälfte. Unmittelbar
danach fing es an zu kauen und brach zusammen, schlug noch
einige Mal mit allen vier Beinen, streckte sie krampfartig aus
und verendete. Dies geschah 1 1 / 2 Stunden nach Eintritt der
Erkrankung. Sectionsergebniss: Darm in natürlicher Lage.
Bauchfell und Schleimhaut unverändert. Magen und Darm mit
Gas und dünnbreiigen Futtermassen gefüllt. Sonstige Eingeweide
ebenfalls gesund. Acutes Oedem der weichen Hirnhaut und
Gehirnanämie. Es wird dabei darauf hingewiesen auf einen
Vortrag des Oberrossarzt Graf (vgl. B. T. W. 1899, pag. 483),
welcher darauf aufmerksam macht, dass solche plötzlichen
Todesfälle gar nicht der chemischen Wirkung des Chlorbariums
zngeschrieben zu werden brauchen, sondern den unzweckmässig
construirten Canülenspitzen, durch welche es, wie Graf selber
festgestellt hat, Vorkommen kann, dass ein Stück aus der
Venenwand ausgeschnitten wird und in den Blutstrom gelangt,
wo es eine plötzliche Todesursache abgeben kann. Um ein
solches Durchlochen der Gefässwand zu verhüten und nur ein
Durchstechen zu erzielen, muss die Canüle eine 2 l / 2 cm lange
und nur an ihrem Ende geschärfte Spitze besitzen. Die bisher
gelieferten Spitzen sind zu kurz und überall geschärft.
Intralaryngeale Injeotion einprocentiger Höllensteinlösung.
Bei einem Pferde, welches seit Wochen hustete und ver¬
geblich behandelt worden war, injicirte Unterrossarzt Krüger
10 g der genannten Lösung intralaryngeal unter Durchstechung
des Ligamentum cricotracheale. Die Iryection wurde fünfmal in
zweitägigen Pausen wiederholt, wonach der Husten ver¬
schwunden war.
Tannalbin.
Rossarzt Poss wandte das Tannalbin bei acuten Darm-
catarrhen an. Die von ihm gemachten Erfahrungen entsprechen
aber nicht den bisher veröffentlichten Erfolgen.
Käiberdurchfall.
Nach Bezirksthierarzt Deich war das Dermatol stets von
Erfolg; dreimal täglich zweistündlich 1 g. Auf einem Ritter¬
gute, wo die Kälber seit Monaten regelmässig zu Grunde gingen,
wurde jedem neugeborenen Kalbe 1 g Dermatol und nach einer
Stunde dasselbe verabreicht. Die Thiere blieben am Leben.
Eine Verzögerung des Abgangs von Dannpech trat nicht ein
— Bezirksthierarzt Robert sah von den Thüringer Pillen guten
Erfolg, so lange noch nicht erhebliche Schwächezustände zu¬
gegen waren. (Sächs. Veterinärber. 98).
Antlfebrin als Antlaborticum.
Bezirksthierarzt Schmidt schreibt in der Dtsch. Th. Wschr.
Nr. 47: Kühe, welche hochtragend und an Maul- und Klauen¬
seuche erkrankt sind, abortiren bekanntlich häufig. Oefters
wird daher an den Thierarzt das Ansuchen gestellt, Vorkehrungen
dagegen zu treffen. F. hat in solchen Fällen Antifebrin ver¬
ordnet, gleichgültig, ob die hochtragenden Thiere bereits fieber¬
haft erkrankt waren, oder noch gesund schienen, und zwar drei¬
mal täglich je einen halben Esslöffel voll vom Beginn der
Seuche bis zur Abheilung, entweder unter die Tränke gemischt
oder in heissem Kaffee aufgelöst und lauwarm eingegeben. In
über 50 Gehöften kam bei sämmtlichen so behandelten Thieren
nicht ein Fall von Abortus vor, während in mehreren anderen
Gehöften, wo Antifebrin nicht angewandt wurde, mehrere Fälle
sich zeigten. Dies lässt wenigstens weitere Versuche in dieser
Hinsicht empfehlenswerth erscheinen.
Behandlung des Scorpien- und Insektenstiches.
Dr. Hinze, Arzt in Bamagaz (Indien) erprobte als bestes
Mittel gegen Scorpionstich Cliloralhydrat und Kampfer zu gleichen
Theilen örtlich applicirt, wonach die Schmerzen fast unmittel¬
bar verschwanden.
Die in jedem Fall eintretenden Collapserscheinungen werden
durch die Verabreichung von Alcoholica zum Weichen gebracht.
(Progres vöt. und Clin. vet. 1899 H. 15.)
Serotherapeutisches Mittel gegen die Diphtherie der Hühner.
Lang versuchte das Antidiphtherieserum von Roux bei
Hühnern, sowohl um den Ausbruch der Diphtherie zu hindern,
als auch die Krankheit zu heilen.
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44
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
Von 83 prophylaktisch geimpften Hühnern wurde nur ein
Huhn angesteckt und von 21 mit der Krankheit behafteten
Hühnern gingen bei Anwendung der Serumbehandlung nur drei
Stück ein.
Ueber die angewendete Dosis und über den Ort der In-
jection sind in dem von Trinehera angefertigten Referat An¬
gaben nicht enthalten. (Recueil de M4d. v£t. und Clinica
vet. 1890, H. 15.)
Tagesgeschichte.
Einige Betrachtungen über die thierärztlichen
Verhältnisse in Oesterreich.
Von Fr. Markiel, Österreich. Bczirkstbierarzt.
Im deutschen Reichstage wurde bei der Etatsberathung auch
die Frage der Reifeforderung für den Veterinärmediciner einer
vorläufigen Besprechung unterzogen, wobei sich der Abgeordnete
Dr. Müller-Sagan mit warmen Worten und grosser Sach¬
kenntnis für die Reifeforderung einsetzte. Staatssecretär Graf
Dr. von Posadowsky-Wehner als Bevollmächtigter des Bundes-
rathes äusserte jedoch die Befürchtung, dass mit der Einführung
des thierärztlichen Hochschulstudiums der Besuch erheblich nach-
lassen könnte, wie dies thatsächlich in Oesterreich der Fall ist.
Die Berliner Thierärztliche Wochenschrift bemerkte zu den
Ausführungen des Staatsministers ganz treffend, dass nach Er¬
höhung der Vorbildung eine Abnahme der Frequenz in den ersten
Jahrgängen als der Übergangszeit beinahe eine Nothwendigkeit
ist, dass aber selbst bei einer dauernden Abnahme der Hörer an
den österreichischen thierärtzlichen Hochschulen dies für Deutsch¬
land gar keine Schlüsse gestatten würde, da die thierärztlichen
Verhältnisse in Oesterreich ganz andere sind, als in Deutschland.
Zur näheren Orientirung sowohl für die deutsch«» Ab¬
geordneten, welche im Interesse der Allgemeinheit und des
thierärztlichen Standes für die Reifeforderung der Veterinär¬
mediciner eintreten wollen, als auch für die Regierungen wollen wir
in Kürze die thierärztlichen Verhältnisse in Oesterreich zu
schildern versuchen.
Bekanntlich befinden sich derzeit in Oesterreich nur zwei
thierärztliche Hochschulen, und zwar das (wie es früher hiess) Thier¬
arznei-Institut in Wien seit 1787 und die kk. Thierarzneischule
in Lemberg seit 1880.
Dieses Thierarznei-Institut in Wien, welches ursprünglich
den Titel „Pferdecur-Operationsschule“ trug, diente einem
zweijährigen Ourse zur Heranbildung von Militärthierärzten
und aus einer Schmiede zur Heranbildung von Militärschmieden.
Im Jahre 1777 wurde die Anstalt reorganisirt und kk. Thier¬
spital benannt, und seit 1778 konnten auch Civilschüler am
Unterricht theilnehmen.
Im Jahre 1801 wurde das kk. Thierspital dem kk. Hofkriegs¬
rath untergeordnet, im Jahre 1812 mit der Wiener Universität
verbunden, im Jahre 1850 von dieser Verbindung gelöst und im
Jahre 1852 das Institut als k. u. k. Militär-Thierarznei-Institut dem
kk. Unterrichts- und kk. Kriegsministerium unterstellt. Im
Jahre 1857 wurden die thierärztlichen Studien an diesem Institut
dahin geregelt, dass daselbst Thierärzte für das Civile (mit
Vorbildung: absolvirtes Untergymnasium oder absolvirte Unter¬
realschule), Thierärzte für das k. und k. Heer (ohne Vor¬
bildung mit Aufnahmeprüfung) und sogenannte Militär-Curschmiede
(ohne Vorbildung und ohne Aufnahmeprüfung) ausgebildet wurden.
Ausserdem wurde mit dem Institut eine Hufbeschlags-Lehranstalt
für Civil- und Militär-Beschlagschmiede verbunden.
Im Jahre 1871 wurde die Vorbildung der Civilhörer des
thierärztlichen Curses erhöht (absolvirte sechste Gymnasial¬
oder Realschulclasse), sonst verblieb Alles beim Alten.
Allerdings heisst es im § 2 des Planes für die thier¬
ärztlichen Studien: „Wer in den thierärztlichen Curs auf¬
genommen werden will, hat sich einer Aufnahmeprüfung im
Militär-Thierarznei-Institut zu unterziehen; der Nachweis der
absolvirten sechsten Gymnasial- oder Realschulclasse ersetzt die
Aufnahmeprüfung.“ Trotz dieses wunderbaren Paragraphen
wurden Civilhörer (laut Verordnung vom Jahre 188(1) jedoch
nur mit absolvirten sechs Gymnasial- oder Realschulclassen auf¬
genommen. Die Aufnahmeprüfung dagegen, welche sich heute noch
nur auf die Grundbegriffe in der deutschen Sprache und Auf¬
satzlehre (Orthographie), in der Physik (Erscheinungen des
täglichen Lebens), in der Chemie (die wichtigsten, einfachen
Stoffe und ihre Verbindungen), in der Naturgeschichte (die drei
Naturreiche nach ihren Hauptabteilungen), in der Geographie
(physikalische Geographie, klimatische und geographische Ver¬
hältnisse der fünf Weltteile im Allgemeinen), in der Geschichte
(die vorzüglichsten Weltbegebenheiten) und in der Algebra
(Auflösung von Gleichungen mit zwei unbekannten) erstreckt
und nur von den Professoren des Militär-Thierarznei-Instituts
möglichst milde vorgenommen w r erden muss, diese Auf¬
nahmeprüfung also war und ist heute noch nur eine.
Hinterthüre, um Curschmiede in den tierärztlichen Curs
hineinzuschmuggeln und auf diese Weise billiges tier¬
ärztliches Personal für das k. und k. Heer zu erhalten.
Sehr interessant ist auch der § 4, welcher lautet: „Die
Studiendauer für den tierärztlichen Lehrcurs wird auf drei
Jahre oder sechs Semester festgesetzt, diplomirte Aerzte
und Wundärzte, sowie Curschmiede können diesen Lehr¬
curs in zwei Jahren vollenden.“
Trotzdem nun das k. k. Kriegsministerium bei ent¬
sprechender Besoldung genügend Thierärzte aus dem Civilstande
erhalten hätte, wurden dennoch jährlich eine bestimmte Anzahl
der best qualificirten Curschmiele in das Institut entsendet,
woselbst die vom k. k. Kriegsministerium benötigte Zahl die
Aufnahmeprüfung machen und nach zwei Jahren das tier¬
ärztliche Diplom erhalten musste.
Von gut conduirten Schmieden des Mannschaftsstandes wurden
ferner jährlich vom Reichs-Kriegsministerium eine bestimmte
Anzahl in das Institut commandirt, welche daselbst einen zwei¬
jährigen Curs absolviren mussten, wobei sich ihr Unterricht bloss
auf das Pferd, seine Krankheiten und deren Heilung, auf die zu
einem erfolgreichen Studium dieser Lehren unentbehrlichen Vor¬
bereitungswissenschaften (Lesen, Rechnen, Schreiben) und auf
den practischen und teoretischen Unterricht im Hufbeschlag be¬
schränkte, um sie zu tüchtigen Hufbeschlagschmieden und
brauchbaren thierärztlichen Gehülfen heranzubilden. Die Cur¬
schmiede erhielten und erhalten heute noch „Absolutorien“ über
den zweijährigen Lehrcurs „welche sie befähigen, seiner Zeit
ein Hufschmiedgewerbe selbständig anzutreten und zu betreiben.
Ausserdem wurden noch in einem halbjährigen Curse Civil-
und Militär-Hufbeschlagschmiede herangebildet und mit einem
Befähigungsnachweis zur selbständigen Ausübung ihres Hand¬
werkes entlassen.
An der k. k. Thierarzneischule in Lemberg wurden nur Civil-
thierärzte herangebildet und auf der Hufbeschlagschmiede nur
Civilhufbeschlagssclimiede.
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25. Januar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Nun wird man fragen, wie verhält es sich denn jetzt nach
der Erhebung der thierärztlichen Lehranstalten zu Hochschulen
(seit Neujahr 1897) mit der Ausbildung der Militärthierärzte
und Curschmiede? Sehr einfach!
Von den Civilhörera wird zur Aufnahme in die k. k. thier¬
ärztliche Hochschule Gymnasial- oder Realschulmaturität gefordert.
Bei den Cur schmieden, welche im k. und k. Militär-Thier-
arznei-Institut den thierärztlichen Curs absolviren müssen, wird
dagegen die Maturität durch die schon besprochene
Aufnahmeprüfung ersetzt. Wer es fassen kann, der fasse
es. Das ist die rechte „Wasch’ mir den Pelz und mach’ mir
ihn nicht nass-Politik.“ Sapienti sat.
Nur ist man zur Erkenntniss gekommen, dass die Cur¬
schmiede den thierärztlichen Curs nicht mehr in zwei Jahren
wie die diplomirten Aerzte bewältigen können, sondern sie
müssen wie die Civilhörer vier Jahre (studiren) auswendig
lernen. Sonst blieb wieder Alles beim Alten.
Was sind nun die Folgen dieser vielen Complicationen?
Das k. und k. Heer besitzt also Militärthierärzte, welche
auch heute ohne entsprechende Vorbildung, jedoch mit gleicher
Fachbildung, wie Civilthierärzte, das thierärztliche Diplom er¬
reicht haben und auf Staatskosten ausgebildet wurden, zweitens
Schmiede, welche ohne Vorbildung durch zwei Jahre in Pferde¬
krankheiten und im Hufbeschlag ebenfalls auf Staatskosten
gedrillt und zu sogenannten Curschmieden für das Militär heran¬
gebildet wurden, und drittens gewöhnliche Militär-Hufschmiede.
Der Staat dagegen besitzt Civilthierärzte welche auf ihre
Kosten Gymnasial- oder Realschulmatnrität erlangt und sich durch
vier Jahre an den thierärztlichen Hochschulen die nöthigen
Fachkenntnisse erworben haben. Und, horribile dictu, alle drei
Categorien besitzen dieselben Rechte, nämlich sie dürfen thier¬
ärztlich behandeln.
Abgesehen von den Militärthierärzten, welche wenigstens
dieselbe Fachbildung haben sollen, (es ist mir zwar unverständlich,
wie man ohne entsprechende Vorbildung dasselbe Studium, zu
dem man Gymnasial- oder Realschulmaturität unbedingt benöthigt,
erfassen und verstehen kann) verursachen die Curschmiede den
Thierärzten die grösste, schmutzigste, empfindlichste und un¬
gerechtfertigtste Concurrenz. Der Curschmied, welcher als
Schmied an den thierärztlichen Studien nur „gerochen“ hat,
setzt sich schon als „Hörer der thierärztlichen Hochschule“
aufs hohe Ross, trachtet baldigst seine Militärdienstzeit los
zu werden, nicht um sich irgendwo als „selbständiger Huf¬
schmied“ niederzulassen, sondern um als Cur-Schmied, also Heil¬
schmied den Thierarzt zu spielen.
Der Titel „Thierarzt“, der ihm von der mit den thierärzt¬
lichen Verhältnissen nicht vertrauten Bevölkerung beigelegt
wird, genügt ihm oft nicht, er lässt sich mit Vorliebe auch
„Doctor“ tituliren. Zur Ausübung seines Handwerkes, zu dem
er einzig and allein berechtigt ist, ist er zu stolz, „zu ge¬
bildet“. Hat er ja doch an der thierärztlichen Hochschule
studirt! Es fällt mir nicht ein, gegen die Curschmiede als
Individuen aufzutreten, allein ich wende mich gegen das System
und werde dasselbe, so lange meine Hand die Feder führen
kann, bekämpfen.
Die k. k. Regierung erleichtert dem Curschmied seine thier¬
ärztliche Thätigkeit, indem sie ihm zuerst die Bewilligung zur
Ausübung der pferdeärztlichen Praxis ertheilt, nachträglich hat
sie nichts dagegen, wenn er sämmtliche Hausthiere behandelt,
45
und schliesslich überlässt sie ihm eine Art Vertrauensposten bei
Tilgung von Seuchen.
Ich frage daher: „Ist es nicht vortheilhafter, nach der
Volksschule das Schmiedehandwerk zu lernen, sich beim Militär
auf Staatskosten zum Curschmied ausbilden zu lassen und im
Civil als Thierarzt nobel zu leben, als durch 12—13 Jahre
sein ganzes Vermögen zu opfern, sich mit den schweren Studien
abzuquälen, um nachträglich mit solchen Leuten und Cur-
Pfuschern zu concurriren?
Durch diese geradezu unglaublichen Zustände, welche das
k. k. Kriegsministerium geschaffen hat und die k. k. Regierung
ruhig duldet, ist die materielle und sociale Stellung der
österreichischen Thierärzte eine so traurige, dass
sich Niemand wundern darf, wenn einem Abiturienten
die Lust vergeht, sich diesem Studium zu widmen.
Weil in Oesterreich eben Alles in einen Topf geworfen
wird, so glaubt auch der Staat, die beamteten Thierärzte mit
einem Hungerlohne abspeisen zu können. Von 368 Veterinär-
Staatsbeamten können 91.57 % die niederste Rangsclasse (XI.)
mit 1600 Kronen jährlichen Gehalts nicht überschreiten.
Natürlich, das k. k. Heer hat billige Thierärzte, die es
sich selbst gezogen hat, warum soll sich denn der Staat diesen
billigen Luxus nicht erlauben können!
Zu allen diesen tristen Verhältnissen kommt noch der Unver¬
stand der ländlichen Bevölkerung bei Tilgung von Thierseuchen,
Hand in Hand damit die Abneigung gegen die Thierärzte, die
Heranziehung der nicht verantwortlichen Curschmiede und anderer
Curpfu8cher zur Behandlung kranker Thiere, die Unkenntniss
der thierärztlichen Verhältnisse in den höheren Gesellschafts¬
kreisen, die Einschränkung aller erlaubten Vergnügungen infolge
Geldmangels in den thierärztlichen Familien, das Fernbleiben
vom socialen Leben, die Armuth der Studirenden, Noth und
Elend der Wittwen und Waisen von verstorbenen Thierärzten
und i zum grossen Theile eine gewisse Lauheit und sclavische
Genügsamkeit unter den Thierärzten selbst.
Fassen wir alle diese Punkte zusammen, so wird man sich
nicht wundem, dass die einseitige Einführung des Abiturienten¬
examens als Vorbedingung lediglich für das civilthierärztliche
Stndium unter Beibehaltung geringerer Vorbildung und namentlich
des Curschmiedesystems in der Armee eine verkehrte Wirkung hat.
In den Jahren 1889—1899 liessen sich an der Wiener thierärzt¬
lichen Lehranstalt in den I. Jahrgang 1182 Civilhörer und 14 med.
Doctoren inscribiren, darunter 103 Abiturienten ausser den Doc-
toren. (Von diesen 1182 Hörem erhielten das thierärztliche
Dipiom nur 641, so dass 541 Studirende die Anstalt, ohne ihr
Ziel erreicht zu haben, verlassen mussten. Ein Beweis, wie
strenge bei den thierärztlichen Prüfungen vorgegangen wird, und
dass zum Studium der Thierheilkunde gerade die Besten gut genug
sind.) Heute sind an der thierärztl. Hochschule in Wien im I. Jahr¬
gang nur 14 Hörer und in Lemberg nur 2 Hörer inscribirt.
Das liegt nicht in der erhöhten Vorbildung allein, da sich z. B.
in Lemberg im Jahre 1881—1882 unter 92 Hörem der I. Jahr¬
gänge 25 und in Wien im Jahre 1893—1894 unter 142 Hörern
15 Abiturienten befanden (ohne Aerzte und andere Hörer, welche
bereits andere Hochschulen absolvirt hatten).
Die Gründe vielmehr, welche ich kurz angeführt habe, sind
die Ursachen der derzeitigen Abnahme der Frequenzziflfer an
den österreichischen thierärztlichen Hochschulen.
Ein lehrreiches Beispiel fiir die k. k. Regierung. Mögen
ihr nur die Augen recht bald aufgehen!
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46
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
Aus Frankreich.
Director Tr asbot-Alfort ist in den Ruhestand getreten, an
seine Stelle ist Professor Barrier zum Director der Thier-
arzneisclmle Alfort ernannt. Professor Barrier ist ein Elsässer.
Das französische Budget für 1900 enthält u. A. eine Aus¬
gabe von 300 000 Francs (240 000 M.) zur Schaffung eines Ge¬
bäudes für die Sammlungen, sowie von Gebäuden für die Rind¬
viehklinik und für pathologische Anatomie in Alfort.
Bei den Preisvertheilungen im December 1899 erhielten
von der Academie des Sciences: Die Professoren Nocard und
Leclainche einen Preis von 2500 Frcs. für ihre Werke: Les
maladies microbiennes des animaux; Prof. Besnoit (Toulouse)
und Repetitor Cuille den Preis Br£aut für ihre Arbeiten
betr. die haemorrhagische Septicaemie des Schafes; Prof, le
Hello, im Gestüt Le Pin, einen Preis von 750 Frcs. für seine
Studien über „den Mechanismus der Locomotion beim Pferde“.
Von der Academie de mädecine erhielten: Repetitor Lignieres- j
Alfort den Preis Mo ub in ne für seine Arbeiten über die
Pasteurellosen, Thierarzt Coze le in Noyon den Preis Barbier
für seine Arbeiten über die Pathogenie und die Behandlung des
Kalbefiebers, Militärthierarzt Dr. Nicolas den Preis Meynot
für seinen gemeinsam mit Fromages geschriebenen Leitfaden
der Veterinärophthalmoscopie; Huon, Thierarzt in Marseille, ge¬
meinsam mit Prof. Boiuet-Marseille einen Theil des Preises
Vernoi8 für seine Studie der Tubercnlose in Marseille; Thierarzt
Dr. Morel-Paris einen Theil des Preises Vernois für seine Schrift
über die Wasenmeistereien.
Aus der Schweiz.
Ueberall geht es vorwärts. Das Berner Volk hat am
21. Januar mit 30 000 gegen 8000 Stimmen beschlossen: „die
Thierarzneischule zu Bern wird veterinärmedicinische
Facultät der Universität“. Sie wird damit eine mit vollem
Universitätsrecht ausgestattete Hochschule. Damit ist, nachdem
vor einigen Wochen schon das obligatorische Abiturienten¬
examen in der Schweiz gesetzlich eingeführt worden ist, das
Schweizer Veterinärunterrichtswesen auf eine nirgends erreichte
Höhe gebracht.
Aus Berlin.
Am 18. Januar fand der Commers der thierärztlichen Hoch¬
schule zu Berlin zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät statt.
Derselbe nahm einen glänzenden Verlauf. Reden hielten n. A.
der Rector, Geheimrath Di eck erhoff, und der Geheime Ober-
mediciualrath Dr. Schmidtmann (Mitglied der technischen
Deputation für das Veterinärwesen). Es wurde ein Hnldigungs-
telegramra an Se. Majestät und ein Dankestelegramm an
Se. Königliche Hoheit den Prinzen Ludwig v. Bayern
abgesandt. Auf letzteres ist zu allgemeiner Freude folgende
Antwort eingelaufen: Möchten meine Bestrebungen zur
Hebung des wichtigen thierärztlichen Standes Erfolg
haben. Ludwig.
Fortblldungscursus für Thierärzte an der Königlichen Thierärztlichen
Hochschule zu Hannover.
Das Lehrercollcgium der Thierärztlichen Hochschule in Hanno¬
ver beabsichtigt fortab Fortbildungscurse für Thierärzte abzuhalten,
soweit das Bedürfnis hierfür vorliegt. Der erste Curaus beginnt
am 26. Februar und ist zunächst auf eine Woche bemessen; es ist
jedoch Vorsorge getroffen, den Cursus auf weitere acht Tage aus¬
zudehnen, falls eine genügende Anzahl von Theilnehmern sich
meldet. In dieser zweiten Woche werden Themata behandelt resp.
Uebnngen abgehalten werden, welche in der ersten Woche nicht
geboten wurden.
Unterrichtsplan für die I. Woche.
1) Geheimer Regiernngsrath Prof. Dr. Dam mann: Die Ergeb¬
nisse der neueren Forschung auf dem Gebiete der Seuchen¬
kunde, 6 stündig.
2) Prof Dr. Kaiser: Geburtshülfliches, 1 stündig.
3) Prof. Ter eg: Anwendung der Electricität auf dem Gebiete
der Thierheilkunde, 4 stündig.
4) Prof. Dr. Arnold: Chemische Fleisch- und Milchcontrolle
mit Demonstrationen, 2 stündig.
5) Prof. Dr. Malkmus: Vieh währschaft nach dem Bürgerlichen
Gesetzbuch, 6 stündig.
6) Prof. Frick: Ausgewählte Capitel aus der Chirurgie, 3 stün¬
dig. Clinische Demonstration. 3 stündig.
7) Dr. Olt: Bacteriologische Uebungen und pathologisch - ana¬
tomische Diagnostik, 12 stündig.
8) Dr. Rievel: Desinfection, 2 stündig.
9) Dr. Ströse, Director der städtischen Fleischbeschau: Die
Anforderungen der modernen Fleischhygiene an die Anlagen
und den Betrieb des Schlachthauses, 3 ständig.
Unterrichtsplan für die 2. Woche.
1) Geheimer Regierungsraih Prof. Dr. Dam mann: Allerlei in-
fectiösc Krankheiten und deren Vorbeuge, 6 stündig.
2) Prof. Dr. Kaiser: Das Messverfahren in seiner practischen
Anwendung bei Rindern, 1 stündig.
3) Prof. Tereg: Tod durch Blitzschlag und Starkströme in
forensischer Beziehung, 3 stündig.
4) Prof Dr. Malkmus: Uebungen in der klinischen Diagnostik,
6stündig.
5) Prof. Frick: Neuerungen auf dem Gebiete dos Hufbeschlages,
1 stündig.
6) Dr. Olt: Bacteriologische Uebungen und pathologisch-anato¬
mische Diagnostik, 12 stündig.
7) Dr. Rievel: Neuere Arzneimittel, 2stündig.
Die Vorlesungen und Uebungen dauern mit wenigen Ausnahmen
von 8—2 Uhr und sind so gelegt, dass sie sämmtlich besucht werden
können; es steht jedem Theilnehmer frei, die angekündigten Stunden
sämmtlich, oder nur theilweise zu belegen. Das Honorar beträgt
1 Mark für die Stunde.
Meldungen zur Tbeilnahme an dem Cursus sind unter Einsendung
des Honorars alsbald an den Director der Hochschule zu richten.
Herren, welche ein Mikroskop besitzen, wird empfohlen, das¬
selbe mitzubringen und sich mit dem eigenen Instrument einzuüben.
Wünsche und Vormerkungen für den nächsten Cursus werden
schon jetzt entgegengenommen. Dr. D a m m a n n.
Einladung
zur ausserordentlichen Versammlung der Gruppe der Schlachthof- und
Sanitätsthierärzte vom thierärztlichen Central-Vereln der Provinz Sachsen,
der anhaitischen und thüringischen Staaten.
Sonntag, den 18. Februar 1900, Vormittags 10'/ 8 Uhr,
im
Börsengebäude des Schlacht- und Viehhofs
zu Magdeburg.
Tagesordnung:
1. Besichtigung des Schlacht- und Viehhofs, hierauf Be¬
sprechung desselben im Sitzungszimmer.
2. Das Vorkommen der Tuberculose bei den Schlachttliieren
unter besonderer Berücksichtigung der Untersuchung dieser
Thiere für die Zwecke der Fleischschau. Die Behandlung
des Fleisches tuberculöser Schlachttliiere. „Referent Herr
College Bolle-Magdeburg.“
3. Die Gewährleistung beim Handel mit Schlachtthieren.
„Referent Herr College Kl ap hake-Zeitz.“
4. Unvorhergesehenes.
5. Mittheilungen aus der Praxis.
Nach Schluss der Sitzung gemeinschaftliches Mittagessen.
(Gedeck 2,50 M.)
Magdeburg, den 18. Januar 1900. „ .
Colberg,
Obmann der Gruppe.
NB. 1. Sämmtliche Herren Collegen vom Centralverein, sowie alle
übrigen Herren Collegen sind als Gäste willkommen.
2. Wegen der Bestellung der Zahl der Gedecke wird um eine
gefällige Mittbeilung Uber die Tbeilnahme am Mittagessen
bereits Tags zuvor gebeten.
Maul- und Klauenseuche auf Vieh- und SchlaohthBfen.
Neu ausgebrochen ist die Seuche in Cöln (Schlachthof) am
15. Januar. Erloschen sind die in voriger Nummer gemeldeten
Ausbrüche zu Regensburg und Magdeburg am 16. Januar. Aus¬
brüche, welche inzwischen schon wieder erloschen sind, kamen
vor in Berlin (unter Ueberständerschweinen) am 21. er., Dresden
(unter Schafen) am 18. bis 20., Essen am 15., Frankfurt a. M.
am 22., Metz (unter Rindern) am 15. bis 18. und München am
17. und 18. Januar.
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25. Januar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
47
Oeffentliches Yeterinärwesen.
(Mittheilungen für
Fleisehschan und Yiehverkehr.
Berlin: Auszug aus dem Fleischschaubericht für Monat December 1899.
A. Schlachtbof.
Rinder
Kälber
Schafe
Schweine
Geschlachtet und untersucht
15 239
11685 !
30 181 !
61 895
Ganz beanstandet ....
277
43 |
35 !
301
Ueberhaupt mit Tuberculose
behaftet.
3 234
42
20
2 031
Davon gänzlich verworfen .
76
2
6
41
„ sterilisirt und verwerthet
100
8
11 |
153
„ theilweise verworfen . .
14
— '
—
Also vollständig freigegeben
3 044
32
3 j
1 837
Mit Trichinen behaftet. . .
—
— |
—
8
Mit Finnen behaftet . . .
81
2
—
46
Stark finnig, bezw. finnig und
tuberculös; technisch ver-
werthet.
3
—
—
18 j
Finnig und wässerig, tech-
1
nisch verwerthet ....
—
—
—
— i
Schwach finnig und gekocht
verwerthet.
78
2
—
28
Ausserdem wegen Behaftung
mit Kalkconcrementen, mul¬
tiplen Blutungen u.s.w. sind
gekocht verwerthet . . .
—
—
—
27
1
An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei
Rindern 7748 Stück, bei Kälbern 178 Stück, bei Schafen 10195 Stück,
bei Schweinen 9933 Stück.
B. Untersuchungsstationen.
Rinder¬
viertel
Kälber j
j
Schafe
Schweine
Untersucht.
22 842
14 539
1 414
12 349
Beanstandet.
71
21 :
4
5
Wegen Tuberculose wurden
beanstandet.
26 |
3*)
Davon sind sterilis. verwerthet
10
—
—
1
Mithin gänzlich verworfen .
16
—
—
2
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
—
—
Mit Finnen behaftet. . . .
4
—
—
1
Davon schwach finnig und
gekocht verwerthet . . .
— ;
— I
—
1
Unter dem eingeführten Fleisch waren 3326 dänische Rinder¬
viertel, 92 dänische Kälber und 227 Wildschweine.
Berlin, den 10. Januar 1900. Der städtische Oberthicrarzt
Reissmann.
*) 1 Wildschwein.
Seuchenstatistik und Yeterinärpolizei.
Tuberoullnproben an den Landesgrenzen.
(Tief, der Revue vfct 1. I. 1900.)
Nach Wiedergabe der deutschen Statistik berichtet die
Revue, dass Professor Mac Eachrau, Canada, ein typisches Bei¬
spiel der bei der Tuberculinirung vorgenommenen Betrügereien an¬
führte. Vierzehn hocliwerthige Durhams wurden aus England ver¬
sendet, begleitet mit Ursprungszeugnissen und Bescheinigungen,
dass sie frei von Tuberculose sind; den Bescheinigungen waren die
Protocolle der vorgenommenen negativen Tnberculinproben bei¬
gefügt. Trotzdem wurden die Thiere in Point-Levis in Quaran-
Veterinärbeamte.)
taine gestellt und nach acht Wochen von neuem tuberculinisirt-
Von den vierzehn Thieren reagirten dreizehn; dieselben wurden
geschlachtet und bei der Section tuberculös befunden, zwei
hatten generalisirte Laesionen. Das vierzehnte Thier war in
so hohem Grade tuberculös, dass es während der Quarantaine
verendete. Prof. Mac Eachrau fügt bei, dass die in den Stationen
Halifax und Quebec gemachten Erfahrungen bereits gezeigt
hatten, dass man sich auf die in England gemachten Tuberculin-
proben nicht verlassen dürfe.
Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preusaen am 31. December 1899.
Regierungsbezirk
Die Seucht
ii
Kreisen
i herrschte
n
Gemeinden
(Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht:
Königsberg.
12
196
47,95
Gumbinnen.
8
29
7,45
Danzig.
7
55
43,64
Marienwerder.
15
200
88,41
Berlin.
1
1
—
Potsdam.
16
88
34,01
Frankfurt.
18
101
37,11
Stettin.
11
74
39,44
Köslin.
9
92
47,64
Stralsund.
3
21
23,56
Posen.
24
98
29,74
Bromberg.
13
226
101,57
Breslau.
21
118
31,06
Liegnitz.
14
35
12,43
Oppeln.
16
216
77,11
Magdeburg.
14
91
63,19
Merseburg.
15
128
55,36
Erfurt.
6
8
13,65
Schleswig.
4
5
234
Hannover .
8
19
30,20
Hildesbeim.
9
28
38,67
Lüneburg .
4
9
6,10
Stade .
2
2
2,75
Osnabrück .
3
3
5,35
Aurich.
2
3
K,77
Münster.
7
27
100,74
Minden.
10
59
115,68
Anisberg.
17
60
70,58
Kassel.
17
54
32,29
Wiesbaden.
11
27
28,83
Koblenz.
13
59
56,45
Düsseldorf.
19
89
206,97
Köln.
8
36
121,62
Trier.
11
62
55,01
Aachen.
5
27
69,23
Hohcnzoliern-Sigmaringen
4
26
204,72
Summa: | 377
2372
—
Nachwei8ung Ober den Stand der Viehseuchen Im Deutschen Reiche
am 31. December 1899.
Es waren am 31. December 1899 in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Berlin 1. R.-B.
Potsdam 3 (3). R.-B. Stettin 1 (1). R.-B. Posen 2 (2). R.-B.
Bromberg 2 (2). R.-B. Liegnitz 1 (1). R.-B. Oppeln 3 (4).
R.-B. Merseburg 1 (1). R.-B. Hildeslieira 2 (2). R.-B. Stade 1
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48 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 4.
(1). R.-B. Minden 1 (1). R.-B. Aachen 1 (1). Bayern: R.-B.
Schwaben 1 (1). Württemberg: Donaukreis 2(2). Baden:
Landescomm. Konstanz 1 (1). Landescomm. Mannheim 1 (1).
Braunschweig: 2 (2). Hamburg: 1 (1).
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 17 (74). R.-B. Niederbayern 9
(18). R.-B. Pfalz 12 (04). R.-B. Oberpfalz 5 (20). R.-B. Ober¬
tranken 15 (62). R.-B. Mittelfranken 13 (30). R.-B. Unterfranken
18 (48). R.-B. Schwaben 19 (114). Sachsen: Kreishauptm.
Bautzen 3 (20). Kreishauptm. Dresden 8 (37). Kreishauptm.
Leipzig 6 (95). Kreishauptm. Zwickau 10 (53). Württem¬
berg: Neckarkreis 14 (40). Schwarzwaldkreis 10 (*8). .Tagst-
kreis 14 (50). Donaukreis 10 (209). Baden: Landescomm.
Constanz 10 (08). Landescomm. Freiburg 11 (77). Landescomm.
Karlsruhe 9 (59). Landescomm. Mannheim 13 (03). Hessen:
Provinz Starkenburg 6 (40). Provinz Oberhessen 0 (05). Pro¬
vinz Rheinhessen 5 (33). Mecklenburg-Schwerin: 7 (24)
Sachsen-Weimar: 5 (41). Mecklenburg-Strelitz: 2 (6).
Oldenburg: Herzogthum Oldenburg 3 (4). Fürstenthum Birken¬
feld 1 (4). Brannschweig: 0 (44). Sachsen-Meiningen:
4 (25). Sachsen-Altenburg: 2 (17). Sachsen-Coburg-
Gotha: Herzogthum Coburg 1 (3). Herzogthum Gotha 2 (7).
Anhalt: 4 (19). Scliwarzburg-Sondershausen: 2 (4).
Schwarzbnrg-Rudolstadt: 2(3). Waldeck 2 (8). Reuss
ä. L.: 1(2). Reuss j. L.: 1 (4). Schaumburg-Lippe: 3 (4).
Lippe: 8 (48). Bremen: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk
Unter-Elsass 8 (215). Bezirk Ober-Elsass 6 (90). Bezirk Loth¬
ringen 7 (45).
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Posen 1 (1). R.-B. Magdeburg 2 (4).
D. von Schweinesenche (incl. Schweinepest):
Preussen: R.-B. Königsberg 6 (12). R.-B. Gumbinnen 1
(1). R.-B. Danzig 1 (1). R.-B. Marienwerder 2 (2). R.-B. Pots¬
dam 3 (8). R.-B. Frankfurt 2 (2). R.-B. Stettin 2 (5). R.-B.
Stralsund 1 (2). R.-B. Posen 8 (11). R.-B. Bromberg 2 (4). R.-B.
Breslau 5 (9). R.-B. Liegnitz 2 (2). R.-B. Oppeln 5 (12). R.-
j B. Magdeburg 2 (2). R.-B. Merseburg 1 (1). R.-B. Schleswig
| 2 (2). R.-B. Hannover 2 (2). R.-B. Hildesheim 2 (6). R.-B.
Münster 2 (3). R.-B. Minden 1 (1). R.-B. Arnsberg 1 (1). R.-B.
! Cassel 3 (4). R.-B. Wiesbaden 2 (0). R.-B. Trier l (1).
i Bayern: R.-B. Oberbayern 2 (2). R.-B. Schwaben 1 (1).
Hessen: Provinz Rheinhessen 1 (1). Braunschweig: 2 (2).
Sachsen-Meiningen: 1 (1). Anhalt: 2 (3). Lippe: 1 (3).
■ Bez. Lothringen: 1 (1).
Personalien.
Auszeichnungen: Anlässlich des Ordensfestes haben erhalten:
a) Den Rothen Adler-Orden IV. Klasse: Dr. Herrmann, Kreis-
und Grenz-Tbierarzt zu Ratibor, Dr. Mehrdorf, Departeincnts-Thier-
arzt und Veterinär-Assessor beim Medicinal Collegium zu Königsberg
i. Pr., Peters, Departements-Thierarzt zu Bromberg, Völlers,
Kreis-Thierarzt zu Altona; b) den Königlichen Kronen-Orden
IV. Klasse: Ludewig, Oberrossarzt und Tnspicient bei .der
Militär-Rossarztschule, Schlake, Oberrossarzt bei der Militär-Lehr-
schmiede in Königsberg i. Pr., Schmidt, Oberrossarzt im 3. Ulanen-
Regiment.
Ernennungen etc.: In Preussen: Zu Kreisthierärzten die comm.
Kreisthierärzte Eichert in Sensburg, Graul in Oppeln, Schirmer
in Gemünd (Kr. Schleiden), Schmitz in Mülheim (Ruhr), Schulz
in Grebenstein (Kr. Hofgeismar), Sprenger in Koscbmin und
Wehr in Worbis; ferner Pflanz in Kreuzburg (O.-S.) commissarisch
und Barenhoff in Meschede interimistisch. Dr. Schmidt-Halle
zum Grenzthierarztassistenten in Gollub.
In Württemberg: Thierarzt Metzger in Cannstadt zum thier¬
ärztlichen Hiilfsarbeiter beim Königl. Medicinalcollegimn für die
Geschäfte der diesjährigen Rothlauf-Scbutzimpfung. Thierarzt
Schaub-Osten zum Districtsthierarzt in Berlichingen.
Versetzt: Die preussischen Kreisthierärzte Borchardt-Cölleda
nach Görlitz, Eggeling von Stettin nach Schwetz, Lorenz von
Kempen i. P. nach Stettin, Remy von Gersfeld nach Limburg a. d.
Lahn und Wittlinger von Neumarkt nach Habelschwerdt.
Approbationen: in Berlin die Herreu: Louis CI aussen, Curt
Kärnbach, Fritz Lemhöfer, Arnold Linnenbrink, Otto Schulze,
Eberhard Süssenbach, Adolf Waldeck, Hartwig Warringsholz.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die Thier¬
ärzte Dammann von Langenweddingen nach Gr.-Strchlitz (O.-S.),
Karl Förster-Münstedt (Hann.) nach Hoheneggelsen. F. Grebe von
Stommeln nach Köln (Schlachthof), W. Jütte nach Langenweddingen j
und 0. Schulze-Berlin nach Windehausen bei Heringen (Helme).
Todesfälle: Thicrarzt August Freund-Pabstorf (Braunschw.)
und Thierarzt P. Hän sei -Hirschberg (Reuss).
Yacanzen.
Kreisthierarzt8tellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Elsass-Lothringen: Kreis Solchen (600 M. und 700 M. Reise
kosten-Aversum). Bew. bei dem Ministerium, Abth. für Land¬
wirtschaft.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Arnsberg: Lippstadt. — R.-B. Danzig: Carthaus. — R.-B.
Gumbinnen: Grenzthierarztassistentenstelle in Stallupönen. —
R.-B. Schleswig: Eiderstedt. — R.-B. Trier: Kreisthierarzt¬
assistentenstelle.
Sanitfttsthlerarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Dessau: Schlachthofassistenzthierarzt (1500 M., Wohnung etc.) —
Dresden: 3 Hilfsthierarztstellen am Schlachthof (je 2100 M.) Bewerb,
bis 10. Februar an die Direction. — Eberswalde: Schlacbtbaus-
inspector (2400 M. bis 3300 M., Wohnung etc.) Meid, bis 1. März an
den Magistrat. — Hannover: IV. Thierarztstelle am Schlachthof.—
Königsberg i. P.: Schlachthofthierarzt zum 1. März (2000 M.,
Wohnung etc.) Bewerbungen bis 29. Januar an den Directof. —
Mülhausen (Eisass): Schlachthofverwalter zum 1. April. Bewerb,
bis 15. Februar an das Bürgermeisteramt. —- Thorn: 2. Thier¬
arzt am Schlachthof (ca. 2000 M., keine Pension.) Bewerbungen
bis 24. Januar an den Magistrat.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — Eckernförde: Schlacht¬
hofinspector. — Essen (Ruhr): 3. Schlachthofthieiarzt. — Fi lehne.
Schlachthofinspector. — Fricdrichsthal (Kr. Saarbrücken): Thier¬
arzt für Fleischbeschau. — Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt.
— Hirschberg (Schlesien): Schlachthofvorstcher zum 1. März. —
Liegnitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Markneukircben:
i Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Militsch:
Schlachthofinspector. — Norderney: Schlachthofinspector. —
| Ostrowo: Schlachthofinspector. — Posen: ein 1. und ein 2.
Schlachthofthierarzt. — Spremberg: Scblacbthofinspector. —
Tempelburg: Scblachthausinspector. — Trier: Schlacbthof-
| hilfsthierarzt zum 1. März.
Privatstellen : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Augustusburg: Städt. Thierarzt sofort (720 M. Fixum.
Privatpraxis). — Festenberg. — Hirschberg (Saale): Thierarzt
(1000 M. Fixum). Bew. an den Stadtgemeindevorstand. — Kera-
berg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck
(Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pillkallcn). — Murrbardt. —
: Pabstorf (Braunschweig): Thierarzt sofort. — Schönbaum
(Danzig). — Soldau (Ostpr.): Thierarzt für Praxis (800 M. Zn-
1 schuss). Bewerbungen beim Magistrat.
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Heran sgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. JH 5. Ansgegeben am 1. Februar.
Inhalt: KQhnau: Die Gefahr der Uebertragung der Tuberculose durch die Kuhmilch und Massnahmen zur Herab¬
minderung oder Beseitigung der Gefahr. — Zwicker: Einige Bemerkungen Uber Fehldiagnosen bei Tuber-
culinimpfungen der Rinder. — Referate: Kragerud: Eine neue aseptische Castrationsmethode. — Kaspärek: Die
Schweineseuche. — Tröster: Resümee über die im Sommer 1899 vorgenommenen Brustseuche-Impfungen. — Pferdestaupe. —
Ein neues Heilmittel gegen Tuberculose. — Verschiedene therapeutische Notizen. — Anjeszky: Ueber Immunisirung gegen
Wuth mit normaler Nervensuhstanz. — Schottelius: Die Bedeutung der Darmbacterien für die Ernährung. — Freund und
Sternberg: Ueber Darstellung des Heilkörpersaus dem Diphtherieheilserum. — Tagesgcscliiclite: Protocoll der 33. General-
Versammlung des Vereins der Thierärzte des Reg.-Bez. Wiesbaden. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen:
Seucbenstatistik und Veterinärpolizei. — Personalien. — Vacanzen.
Die Gefahr der Uebertragung der Tuberculose
durch die Kuhmilch und Massnahmen zur Herab¬
minderung oder Beseitigung der Gefahr.
Von
KOhnau-Hamburg,
Oberthierarzt.
Die Forschung nach den Ursachen der Tuberculose des
Menschen und der Thiere hat in der zweiten Hälfte des ver¬
gangenen Jahrhunderts Resultate gezeitigt, welche klar die
Wege erkennen lassen, aof welchen die Tuberkelbacillen in den
Körper hineingelangen. Besonders deutlich der Menschheit vor
Augen geführt haben dies die Verhandlungen des Tuberculose-
Congresses in Berlin im Jahre 1899. Per Hinweis von Vir-
ehow, Bollinger n. A. auf die Gefahr der Uebertragung der
Tuberculose durch die Kuhmilch hat die verschiedensten Kreise
veranlasst, sich mit diesem Punkt der Congressverhandlungen
zu beschäftigen und Stellung dazu zu nehmen. Der Standpunkt
des Hygienikers ist besonders in einem Aufsatz von Sanitäts¬
rath Dr. L. Fürst-Berlin*) znm Ausdruck gelangt. Der Hy¬
gieniker will natürlich all und jede Möglichkeit der Tnberculose-
übertragung durch die Kuhmilch ausschliessen. Die von Fürst
durch staatliche Massnahmen vorgesehene Sicherung ist wirklich
umfassend, würde aber, wenn sie thatsächlich in Kraft treten
sollte, die Milchprodnction und den Milchverkehr lahm legen,
wenn nicht unterbinden. Jede Beschränkung empfindet der
Milchproducent und Milchhändler unangenehm, deshalb nehmen
diese den Standpunkt ein, dass durch staatliche Fürsorge doch
nicht all’ nnd jede Gefahr der Uebertragung der Tnberculose
durch die Kuhmilch verhütet werden könne und deshalb der
Selbstschutz des Consumenten das allein richtige Princip sei.
Nur schwer wird man sich in milchwirthschaftlichen Kreisen
für Reformen im Molkereiwesen, die nur mit Rücksicht auf die
Hygiene getroffen sind, erwärmen können, wie dies auch der
Vorsitzende des deutschen Milchwirthschaftlichen Vereins Herr
Gutsbesitzer Plehn in der Zeitschrift der Landwirthscliafts-
*) Die Notbwendigkeit von Reformen im Molkereiwesen. Das
Rothe Kreuz, XVII, 17 u. 18.
kammer für die Provinz Schlesien 1899, Heft 39 des Näheren
ansführt.
Sollen mit Rücksicht auf die Gefahr der Uebertragung der
Tuberculose durch die Kuhmilch Reformen im Molkereiwesen
durchführbar sein, so muss die thatsächliche Uebertragungsgefahr
in Betracht gezogen werden und nur solche Reformen zur Ein¬
führung vorgeschlagen werden, welche in das Erwerbsleben der
Interessenten nicht schwer schädigend eiligreifen. Von diesem
Gesichtspunkte geht auch die Resolution ans, welche vom thier¬
ärztlichen Congress in Baden-Baden gefasst worden ist: „Thier-
ärztliche Controle der Milchviehbestände, Ausmerzung der euter-
tuberculösen nnd allgemein tnberculösen, abgemagerteu Kühe;
Entschädigung.“
Die Ueberlegung lehrt, dass der Milch auf dem ganzen
Wege vom Verlassen der Productionszelle bis zum Munde des
Cousumenten Tuberkelbacillen beigemischt werden können. Die
Uebertragungsgefahr wird deshalb am sichersten vermieden,
wenn die Milch nur in gekochtem Zustande genossen wird.
Dem entsprechend sind ja genügend Stimmen laut geworden,
welche vorschlagen, die Milch nur in pasteurisirtem Zustande
in den Verkehr gelangen zu lassen. Abgesehen davon, dass
der Milch auch noch nach der Pasteurisirung, sowie durch
Berührung des sie enthaltende Gefässes mit der Luft Tuberkel¬
bacillen beigemischt werden können, würde das Verfahren
eine nicht leicht durchführbare Massregel sein, viele
kleine Existenzen vernichten und, was am meisten in Frage
kommt, den Milchgenuss ungemein einschränken, da entschieden
durch Pasteurisiren der Rohgeschmack und Geruch, die Blume
der Milch, verloren geht. Im Interesse der Milchproduction und
des Milchconsums ist darum, wenn irgend angängig, von einer
allgemeinen Vorschrift der Pasteurisirung der Milch Abstand zu
nehmen. In Beider Interesse liegt es vielmehr, Massnahmen zu
treffen, welche geeignet sind, die Beimischung von Tuberkel*
bacillen zur Milch zu verhüten.
Die Quellen, aus denen Tuberkelbacillen in die Milch ge¬
langen können, sind schliesslich tuberculose Menschen und Thiere.
Der Mensch würde namentlich beim Milchverkehr in Frage
kommen, und würde diese Iufectionsquelle durch reinliche, saubere
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50 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 5.
Behandlung der Milch und Ueberwachung des Milchverkehrs un¬
schwer an8zuschlies8en sein. Diese Uebertragungsmöglichkeit
spielt auch nicht die Rolle wie die durch die Milch von tuber-
culösen Kühen. Bei der enormen Verbreitung der Tubercnlose
unter den Kühen (wie Dr. Edelmann mittheilt, sind unter 48 172
in Sachsen im letzten Jahre geschlachteten Kühen nicht weniger
als 19 909 Stück d. h. 35,10 pCt. mit der Tuberculose be¬
haftet gewesen) muss die Gefahr, dass von den tuberculösen
Kühen Tubercelkeime in die Milch gelangen, sehr ernst auf¬
gefasst werden. Der Nachweis, dass in der Milch tuberculöser
Kühe Tuberculosebacillen anzutreffen sind, ist bald nach der
Entdeckung Robert Koch’s von einer ganzen Reihe von
Forschern geführt worden. Besonders erwähnt seien die Ver¬
suche von Bollinger, May, Bang, Lucas, Noaard,
Schmidt-Mülheim, Fiorentini, Smith und Schröder, Friis,
Ostertag, Lydia Rabinowitsch und Kempner, und nicht
zuletzt die von Dr. Martin, welche derselbe im Aufträge der
englischen Commission zur Erforschung der Infectionsgefahr
der Milch im Jahre 1895 angestellt hat. Die kritische Sichtung
dieser Versuche ergiebt, dass eine wirklich ernste Gefahr
der Uebertragung der Tuberculose durch Kuhmilch
auf den Menschen nur durch die Milch der Kühe ge¬
geben ist, welche mit Tuberculose des Euters be¬
haftet sind. Zur Bekräftigung dieses Erkenntnisses mögen
die Ergebnisse der Versuche der englischen Tuberculose-
Commission kurz wiedergegeben werden, besonders weil die
Ausbreitung der Tuberculose bei den Versuchsthieren durch Sec-
tion festgelegt worden ist.
Die 17 Kühe waren eigens zu den Versuchen angekauft
worden. Die Milch dieser Kühe zeigte entweder normales, Aus¬
sehen oder mehr oder minder Abweichungen von der novanalen-
Beschaffenheit. Auf die Gegenwart oder Nichtgegejawart
von Tuberculosebacillen konnte aus dem Aussehen der
Milch ein Schluss nicht gezogen werden. Von den 17
Kühen waren 2 Stück gesund und 15 Stück tuberculös.
Von den 15 tuberculösen Kühen hatten 8 Stück gesunde Euter,
2 Stück hatten Euterleiden, die nach der Schlachtung als, nicht
tuberculös erkannt wurden, und die übrigen 5 hatten kranke
Euter, die nach der Schlachtung als mit Tuberculose behaftet
befunden wurden.
Bei der Verimpfung und Verbitterung der Milch dieser Kühe
erhielt Dr. Martin folgende Ergebnisse:
1. Bei den acht tuberculösen Kühen, welche gesunde Puter
hatten, gelang der Nachweis von Tubercelbacillen in der Milch
nicht, 28 Versuchstiere, denen die Milch in die Bauchhöhle
verirapft war, und 41 Versuchstiere, an die die Milch verfüttert
war, blieben vollkommen frei von Tuberculose.
2. Bei den zwei tuberculösen Kühen mit kranken, , aber
nicht tuberculösen Eutern, gelang der Nachweis von Tuberkel¬
bacillen in der microscopischen Prüfung ebenfalls nicht. Vierzehn
Versuchstiere, an welche die Milch verimpft war, und drei
Versuchstiere, an die die Milch verfüttert war, blieben voll¬
kommen frei von Tuberculose.
3. Bei den fünf tuberculösen Kühen mit tuberculösen Eutern
gelang der Nachweis von Tubercelbacillen durch microscopjsche
Prüfung in der Milch von drei Kühen ; in der Milch der übrigen
beiden Kühe versagte die microscopische Prüfung. Die Milch
der ersten drei Kühe wurde an 13 Tiere verimpft und an
15 Tiere verfüttert. Die sämmtliclien Versuchstiere erkrankten
an Tuberculose. Die Milch der vierten Kuh (Eutertuberculose,
Tubercelbacillen in der Milch nicht nachgewiesen) wurde an
sechs Thiere verimpft und an zehn Tiere verfüttert. Die ge¬
impften Thiere erkrankten sämmtlich, von den gefütterten Thieren
erkrankten dagegen nur vier an Tuberculose. Die Milch der
fünften Kuh (ebenso) wurde an zwei Thiere verimpft und an
zwei Thiere verfüttert, die geimpften Thiere erkrankten an
Tuberculose, die gefütterten Thiere blieben gesund.
4. Bei zwei Kühen, die nicht an Tubercnlose, sondern an
einer anderen Krankheit (Fremdkörperabscesse) litten, enthielt
die Milch keine Tubercelbacillen. 17 Thiere, welchen die Milch
in die Bauchhöhle injicirt war, blieben frei von Tuberculose.
Diese Versuche sind so exact durchgeführt, dass die Er¬
gebnisse als feststehende Thatsachen betrachtet werden müssen.
Die in ganz anderer Richtung sich bewegenden Versuche
von Oster tag dienen nur zur Bestätigung. Die Ver¬
impfung und Verfiitterung der Einzelproben des Gemelkes von
50 Kühen, welche auf Tuberculin reagirt hatten, aber klinische
Erscheinungen der Tuberculose nicht zeigten, verursachten die
Erkrankung an Tuberculose nicht bei einem einzigen Versnchs-
thiere. Die Verimpfung von Proben des Gesammtgemelkes ver-
anlasste während der vierwöchentlichen Dauer dieser Impf¬
versuche nur bei einem Meerschweinchen Tuberculose, die mit
derselben Probe geiütterten Meerschweinchen blieben gesund.
Entgegen stehen dem die Versuche von Dr. L. Rabinowitsch
und Walter Kempner. Diese Forscher untersuchten die
Milch von 15 Kühen, die auf Tuberculin reagirt hatten. Die
Verimpfung der Proben ergab, dass die Milch von 10 Kühen bei
den Versuchsthieren Tuberculose hervorgerufen hatte, während
nur 8 Stück bei der klinischen Untersuchung Erscheinungen der
Tubercnlose erkennen Hessen. Ost er tag weist bei diesen Ver¬
suchen auf folgende Fehlerquellen hin.- Der VeFSHehsstapel be¬
stand zum grössten Th eil aus Thieren, die mehr oder minder mit
offenbarer Tuberculose behaftet waren. Es musste deshalb eine
starke Ausstreuung von Tubercelbacillen stattfinden, eine indirecte
Infektion der Milch ist deshalb durchaus nicht ausgeschlossen,
zumal die Entnahme der Milch nicht unter Aufsicht der Autoren
erfolgte. Ferner sind die Versuche drei Monate nach Fest¬
stellung des mitgetheilten klinischen Befundes vorgenommen
worden, und dann fehlen gänzlich Fütterungsversuche. Erst diese
sind geeignet, über die Infectiosität der Milch Aufschluss zu
geben. Gerade weil die Giftwirkung tuberculöser Milch bei der
Fütterung ganz bedeutend geringer ist, (Auf Grund vorliegender
Versuche, namentlich neuerdings auch vonSmith undDinwiddie*)
kann man annehmen, dass die Gefahr, bei der Fütterung Tnber-
culose zu bekommen, im Vergleich zur Impfung tausend- bis
millioneninal geringer ist), sind die Ergebnisse der Versuche von
L. Rabinowitsch und Kempner für eine Beurtheilung der
Frage überhaupt nicht verwerthbar und durch die Versuche
anderer Forscher längst überholt und richtig gestellt.
Eine wirklich ernste Gefahr der Tuberculoseübertragung
durch die Kuhmilch besteht erst in dem Falle, dass die Euter
der Kühe tuberculös erkrankt sind und Tubercelbacillen in der
Milch aufgefunden werden. Nicht immer ist die Eutertuberculose
durch kUnische Untersuchung nachweisbar, sondern häufig erst
durch histologische Untersuchung von harpunirten Euterstückcheu,
so namentlich bei vorgeschrittener allgemeiner, durch Abmagerung
gekennzeichneter Tuberculose.
Die Massnahmen zur Herabminderung und Beseitigung der
Uebertragungsgefahr der Tuberculose durch die Kuhmilch sind
*) The Veterinarian, November, December 1899.
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1. Februar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
51
deshalb in erster Linie gegen die Kühe zu richten, welche mit
Eutertuberculose und allgemeiner, mit Abmagerung verbundener
Tuberculose behaftet sind, zumal wenn deren Milch als Rahm,
Vollmilch, Halbmilch oder abgerahmte Milch in den directen
Consum gelangt. Die gekennzeichneten Thiere dürfen als Milch¬
kühe nicht mehr Verwendung finden. Auf die Gefahr aufmerk¬
sam gemacht, wird der einsichtsvolle Besitzer zu dieser Mass-
regel von selbst kommen. Mit Hülfe des Nahrungsmittelgesetzes
würden auch die anderen Besitzer zur Massregelung der ge¬
fährlichen Kühe zu bringen sein, wenn die schädliche Beschaffen¬
heit der Milch ohne Weiteres erkennbar wäre. Weil aber der
Nachweis schwierig ist, selbst wenn der Consument und die die
Gesundheit desselben schützende Gemeinde mit den nöthigen
Hülfsmitteln zur Erkennung der schädlichen Beschaffenheit der
Milch ausgerüstet sind, wird dieses Vorgehen von wenig Erfolg
begleitet sein. Besser wäre es schon, wenn für die Euter- und
allgemein mit Abmagerung verbundene Tuberculose die Anzeige¬
pflicht vorgeschrieben und gemäss den Bestimmungen des Reichs¬
viehseuchengesetzes mit der Krankheit verfahren wird. Zur
Feststellung dieser Formen der Tuberculose gehört aber
immerhin ein genügendes Vertrautsein mit den Erscheinungen
der Krankheit, die man von einem Viehbesitzer nicht ohne
Weiteres voraussetzen darf; und sollen nur die Thier¬
ärzte, welche zufällig auf die Krankheit stossen, zur An¬
zeigepflicht gezwungen werden, so wird die Tuberculose erheb¬
liche Einschränkungen auch nicht erfahren. Das einzig Richtige
ist eine ständige Controlle der Milchviehbestände durch periodische
Untersuchungen, die von geschulten Sachverständigen vorzu¬
nehmen sind. Am geeignetsten für diese Controlle würden
Thierärzte sein, die in der bacteriologischen Prüfung der Milch
und histologischen Prüfung des Eutergewebes bewandert sind.
Wenn solche Thierärzte z. B. als Viehinspectoren, ähnlich wie
in der Schweiz für bestimmte Landestheile angestellt werden,
so würden ohne Zweifel durch die periodischen Untersuchungen
die gefährlichsten tuberculösen Kühe ermittelt werden. Even¬
tuell könnte auch, um bekannte Einwände (Mangel an Thier¬
ärzten u. s. w.) zu entkräften, die Organisation ähnlich wie bei
der Durchführung einer allgemeinen Fleischschau aufgezogen
werden, ja es könnte sogar das bei der Fleischschau beschäftigte
Personal nach gehöriger Schulung bei Ausübung der Controlle
der Viehbestände mit verwendet werden. Diese Ausdehnung
ihres Wirkungskreises würde, glaube ich, allen Schlachthofs-
etc. -Thierärzten nur zur Befriedigung gereichen. Aber auch
dem Viehbesitzer kann eine derartige Controlle nur angenehm
sein. Das zum Theil bereits verloren gegangene Zutrauen zur
Milchnahrung wird dadurch entschieden wieder gehoben, damit
Hand in Hand geht eine Hebung des Milchconsums und Renta¬
bilität der Milchwirtschaft. Ferner wird der Besitzer eine sehr
gefähriiche Infectionsquelle seines Stalles kennen lernen und
selbst Anstalten treffen, die Tuberculose aus seinem Viehbestand
loszuwerden. Für die Sanirung unserer Viehbestände wird die
Einführung einer Viehinspection von den segensreichsten Folgen
sein. Diese erstrebenswerten Massnahmen drängen auf eine
staatliche Fürsorge hin, und der Staat hat auch die Pflicht, für
die Ausrottung der gefährlichen, tuberculösen Kühe zu sorgen,
weil dadurch nicht nur der Einzelne, sondern die gesammte All¬
gemeinheit, und besonders der Nachwuchs schwer bedroht wird.
Die Ausrottung wird ohne Schwierigkeit zu bewerkstelligen sein,
wenn den Besitzern der Verlust, welchen sie durch die Mass-
regelung erleiden, ersetzt wird. Wenn auch a priori ange¬
nommen werden kann, dass nur der verloren gehende Fleisch¬
werth der Kuh, der durch Beschlagnahme etwa zur menschlichen
Nahrung untauglicher Theile bedingt ist, zu ersetzen sein dürfte,
(weil eine tuberculose Milch liefernde Milchkuh einen Werth als
Milchkuh überhaupt nicht mehr besitzt, denn die Milch darf als
gesundheitsschädliches Nahrungsmittel nicht in den Verkehr ge¬
bracht werden, und zweitens ist die Lebensdauer einer tuber¬
culösen Kuh eine sehr begrenzte), so dürfte doch dem Besitzer
auch für den als Milchkuh verloren gehenden Werth aus Billig¬
keitsgründen eine Entschädigung zuzumessen sein.
In diesem Sinne strebt der Deutsche Milchwirthschaftliche
Verein eine Erledigung der Frage an, und hat eine von dem
Verein ad hoc niedergesetzte Commission in eingehender Be-
rathung einen Gesetzentwurf ausgearbeitet, der Klarheit über
den einzuschlagenden Weg schaffen soll. Die am 13. Febr. er.
in Berlin stattfindende Hauptversammlung des D. M.-V. wird
über den Gesetzentwurf berathen und beschliessen.
Mit Genugthuung ist es zu begrüssen, dass, um den An¬
forderungen der Hygiene gerecht zu werden, derartige Anregungen
aus Interessentenkreisen kommen, und wird deshalb auch bei
uns in Deutschland etwas Positives erreicht werden. In anderen
Ländern, Dänemark, Schweden, Norwegen, Massachusetts, Canada,
Belgien, Frankreich, Grossbritannien, bestehen bereits Gesetze
derartiger Tendenz oder werden doch angestrebt. Die Noth-
wendigkeit von Massnahmen zur Herabminderung und Beseitigung
der Uebertragungsgefahr der Tuberculose durch die Kuhmilch
auf den Menschen und die Thiere, namentlich Schweine, erhellt
nicht nur aus den von Baum, Johne, Prümers, Olivier
mitgetheilten Beobachtungen, dass die Tuberculose durch den
Geüuss der Milch tuberculöser Kühe thatsächlich übertragen
worden ist, sondern auch aus den Sterblichkeitsstatistiken der
Menschen und den Schlachthofstatistiken über die Tuberculose
der Schweine. Heubner konnte auf dem Tuberculose-Congress
mittheilen, dass unter 800 Säuglingen im ersten Lebensviertel¬
jahr keine, im vierten Lebensvierteljahr 26 pCt. mit Tuberculose
behaftet sich befänden. Wenn auch Heubner hinzufügt, dass die
Tuberculose öfter durch die Athmung, seltener durch die
Nahrung übertragen worden ist, so sind doch die Zahlen, auch
wenn nur die Fütterungstuberculose, Tabes meseraica, in
Rücksicht gezogen wird, erschreckend genug. Nach Tabellen
von Sir Richard Thorne*) kommen auf 1000000 Ge¬
burten 4278 männliche und 3454 weibliche Sterbeflllle an Tabes
meseraica. Die Mehrzahl derselben betrifft Säuglinge von drei
bis sechs Monaten. Im zweiten Lebensjahre ist die Mortalitäts¬
ziffer noch immer relativ hoch, während sie von da an rapid
sinkt. Bei Schweinen, die aus Genossenschaftsmeiereien mit
Magermilch ernährt wurden, hat man bis zu 60 ja 100 pCt. der
geschlachteten Schweine mit Fütterungstuberculose behaftet be¬
funden. Die Vorschrift der Pasteurisirung der zu Fütterungs¬
zwecken zur Verwendung gelangenden Magermilch in Dänemark
hat den Procentsatz der Tuberculose unter den Schweinen er¬
heblich heruntergedrückt. Während Mitte der neunziger Jahre
durchschnittlich 5 pCt. der dänischen Schweine mit Tuberculose
behaftet befunden wurden, hat man letzthin unter 25000 unter¬
suchten Schweinen nur 2 pCt. mit Tuberculose behaftet befunden,
nur 0,45 pCt. wurden vom Consum ausgeschlossen. Schlacht¬
hofdirektor Winter führt im letzten Jahresbericht an, dass die
Schweinetuberculose von 3,5 auf 2,4 pCt. unter den im
*) The Lancet vom 22. April 1899.
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52
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Brombeiger Schlachthof geschlachteten Schweinen zurück¬
gegangen ist. Die Abnahme trat in Erscheinung mit dem
Inkrafttreten der polizeilichen Anordnung der Verbrennung des
(’entrifugenschlamms.
Wenn schon diese Massnahmen derartige Erfolge zeitigen,
so werden die Massnahmen, welche geeignet sind, die Quelle der
Tuberculose zum Versiegen zu bringen, sicher die Gefahr der
Uebertragung der Tuberculose durch Kuhmilch auf den Menschen
und die Thiere herabmindern und beseitigen.
Hierunter folgt der von der Commission des deutschen
Milchwirthschaftlichen Vereins am f». Januar 1900 beschlossene:
Entwurf eines Reichsgesetzes, betreifend die Abwehr und Unterdrückung
der Eutertubercuiose der Kühe.
§ 1. Unter die Bestimmungen dieses Gesetzes fallen die¬
jenigen tnberculoseverdächtigen Kühe, in deren Milch Tubercel-
bacillen nachgewiesen sind. Der Befund muss durch das Kaiser¬
liche Gesundheitsamt bestätigt sein.
§ 2. Die Einfuhr von Kühen, welche mit Tuberculose be¬
haftet sind, in das Reichsgebiet ist verboten.
§ 3. Die Milchviehbestände des Inlandes sind in Zwischen¬
räumen von höchstens drei Monaten einer Untersuchung durch
.Sachverständige zu unterziehen. Jede Milchkuh ist auf das
Vorhandensein von Tuberculose zu prüfen. Von jeder ver¬
dächtigen Kuh ist das Euterproduct auf den Inhalt von
Tubercelbacillen zu untersuchen. Die Proben, welche Tubercel-
bacillen enthalten, sind dem Reichsgesundheitsamte zur Be¬
stätigung des Befundes einzusenden.
§ 4. DieAusführungder Untersuchungwird von der zuständigen
Verwaltungsbehörde angeordnet. Ausserordentliche Unter¬
suchungen können auf Antrag der Besitzer angeordnet werden;
in solchen Fällen hat der Besitzer die Kosten der Untersuchung
zu tragen, wenn verdächtige Thiere nicht ermittelt werden.
Die Sachverständigen sind thunlichst den Kreisen beamteter
Thierärzte zu entnehmen. Bei der Entnahme und Untersuchung
der Milchproben auf Tubercelbacillen ist das vorgeschriebene
Verfahien zu beobachten. Die Kosten der Untersuchung fallen
den einzelnen Staaten zur Last.
§ 5. Die Weggabe der verdächtigen Kühe, ausser zur
Abschlachtung, ist verboten. Die Milch der verdächtigen Kühe
darf, sofern sie zum directen Consum bestimmt ist, nur nach
Erhitzung auf 85° C. verwerthet werden. Die Beschränkungen
hören auf, sobald der Verdacht aufgehoben wird.
§ ('). Jede Kuh, bei der die Behaftung mit Eutertubercuiose
durch das Reichsgesundheitsamt bestätigt ist, ist nach ihrem
Werth als Milchkuh zu schätzen und alsbald unter polizeilicher
Aufsicht abzuschlachten.
§ 7. Für den Unterschied zwischen dem Milch- und Fleisch¬
werth der Kuh ist aus Reichsmitteln eine Entschädigung zu
gewähren; zu dem Zwecke ist der Fleischwerth nach der je¬
weiligen Marktlage zu schätzen und von dem Milchwerth in Abzug
zu bringen. Die Differenz gilt als Entschädigungssumme und wird,
sofern nicht aus anderweitigen Mitteln Deckung vorhanden ist,
auf Antrag aus dem zur Verfügung stehenden Reichsfonds ersetzt.
§ 8. Entschädigungen unter 50 M. und über 300 M. werden
nicht gewählt.
§ 9. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des § 5
dieses Gesetzes werden mit Geldstrafe bis zu 150 M. oder Haft
bestraft, sofern nach den bestehenden Gesetzen nicht eine höhere
Strafe verwirkt ist.
No. 5.
Einige Bemerkungen über Fehldiagnosen bei
Tuberculinimpfungen der Rinder.
Von
Zwicker-Prachatitz,
Tblerar/.t.
In letzterer Zeit hatte ich Gelegenheit, die Tuberculinimpfung
bei ungefähr 500 Stück Rindern auszuführen, und halte es für
angezeigt, die hierbei gewonnenen Erfahrungen zu veröffentlichen.
Im Interesse zur Sache und zu meiner eigenen Ueberzeugung
habe ich die Temperaturmessungen vor der Impfung, die Impfungen
selbst und die weiteren Messungen (zweistündlich) mit allergrösster
Genauigkeit vorgenommen, und habe gefunden, dass das Tuber-
culin ganz unzweifelhaft ein wichtiges Reagens für tuberculöse
Processe im Körper der Rinder ist. Wenn die Resultate der
Tuberculinimpfungen, die jetzt überall versuchsweise durch¬
geführt werden, auch nicht immer und überall befriedigende sind,
so liegt dennoch keine Berechtigung vor, wie dies häufig geschieht,
denselben jeden praktischen Werth abzusprechen, sondern fordert
vielmehr diese Thatsache jeden Fachmann heraus, nach Möglichkeit
die Mängel, die der Tuberculinimpfung heute in der Praxis
factisch noch anbaften, aufzudecken, um zur raschen Beseitigung
derselben beizutragen. Diese Mängel sind auch zum Theil
Ursachen von Fehldiagnosen. Diesbezüglich möchte ich vorerst
auf Folgendes hinweisen: es geht absolut nicht an, die Impfung
z. B. bei einer grösseren Anzahl von Rindern nach einer all¬
gemeinen Schablone vorzunehmen und in derselben Weise
nach irgend einem vorliegenden Muster die Reacfionen zu be¬
stimmen. Darin liegt ein grosser Fehler. Es ist erstens die
Impfdosis mit besonderer Rücksicht auf das Individuum, Rasse,
Alter, Grösse und event. abnorme Zustände zu bestimmen, und
zweitens ist als Reaction nur eine Temperatursteigerung auf¬
zufassen, welche durch längere Zeit, mindestens über vier Stunden,
anhält. Ich habe last ausschliesslich bei den Probeschlachtungen
den Befund erhalten, dass bei allen Thieren, bei denen länger
andauernde Temperatursteigerungeu vorhanden waren, auch
wirklich Tuberculose in mehreren Organen zugegen war. Bezüg¬
lich Individualität ist’s ja ganz sicher, dass das Tuberculin von
i einzelnen Rindern verschieden vertragen wird, wobei es mir
insbesondere auffiel, dass bei einer Reihe von Thieren ein deut¬
liches Unwohlsein nach der Impfung eintrat, ohne dass eine
wesentliche Temperatursteigerung wahrgenommen werden konnte.
Ausserdem hängt die Empfindlichkeit gegen das Mittei auch von
der Rasse ab. Es müssen also Individuum und Rasse ebenso
wie Alter und Grösse bei der Bestimmung der Dosis sehr genau
berücksichtigt werden. Ausserdem ist es wahrscheinlich, dass
das Tuberculin auch im gesunden Thierkörper oder bei vor¬
handenen physiologischen Zuständen, Trächtigkeit, Erregung u. 8. w.
ebenso wie Unwohlsein auch vorübergehende Temperatursteige¬
rangen hervorrufen kann. Es sind also auch diese Umstände
alle genau zu berücksichtigen. Bezüglich genauer Bestimmung
der Impfdosis lässt sich keine Schablone aufstellen, nnd hängt
dieselbe immer von der Qualität des Impfstoffes ab. Nachdem
nun die Tuberculine, und zwar auch jene, deren Güte vielfach
erprobt ist, in der Wirkung ungleich sind, so giebt es meiner
Ansicht nach für die zuverlässige Bestimmung der Dosis kein
besseres Mittel, als die Prüfung jeden Impfstoffes vor seiner
Anwendung in jedem einzelnen Falle vorzunehmen. Dieser
Vorgang bezieht sich natürlich nur auf die Impfung grösserer
Bestände, wo es ganz leicht möglich ist, zur Prüfung des Impf¬
stoffes bei ungefähr 10—20 Stück Rindern verschiedener Grösse
und Alters die Probeimpfung vorzunehmen. Diese Probeimpfang
wird mit verschiedenen Dosen vorgenommen und hat den Haupt-
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1. Februar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
53
zweck, die niedrigste Dosis erkennen zu lassen, bei der bereits
eine deutliche Reaction eintritt. Diese Dosis wird dann in
analoger Weise bei ähnlichen Thieren mit ähnlicher Constitution
angewendet. Ich glaube, dass die Fehldiagnosen sehr bedeutend
reducirt würden, wenn die Dosirung sich in engeren Grenzen
bewegen und der Impfstoff in jedem einzelnen Falle auf die
Wirkung und Stärke geprüft würde. Die Hauptsache dabei ist
es, wie erwähnt, die niedrigste Dosis genau kennen zu lernen,
weil ich glaube, dass ein so feines Reagens, wie das Tuberculin,
trotzdem eine Reaction nur bei tuberculösen Veränderungen ein-
treten soll, in zu grossen Dosen angewendet auch bei ver¬
schiedenen pathologischen oder physiologischen Processen im
Thierkörper Reactionen hervorrufen kann, was vielleicht bei der
niedrigsten genau begrenzten Dosis nicht ein treten würde. Zur
Erreichung dieses Zieles kann nur die praktische Erfahrung
führen, und ich glaube, dass diesbezügliche Versuche bei vielen
Beständen zur Herabsetzung der jetzt angewendeten Dosen
zumindest bei gewissen feineren Rassen und bei schwächeren
Thieren führen wird. Was die Qualität der verschiedenen Impf¬
stoffe anlangt, so mag diese bei der bestehenden Thatsache, dass
sie ungleich ist, auch einen Theil der Fehldiagnosen verursachen.
Im Grossen und Ganzen muss man jedoch der Gewissenhaftigkeit
der Erzeuger der Tuberculine volles Vertrauen schenken, in¬
sofern als zahlreiche Versuche mit einzelnen Tuberculinen
günstige Resultate ergeben haben. (Ich habe ziemlich günstige
Resultate mit Tuberculin von Prof. 0. Bujwid in Krakau und
von Meister, Lucius & Brüning in Höchst am Main erzielt.)
Ich möchte auch den Procentsatz von Fehldiagnosen, der durch
eventuelle schlechte Qualität des Impfstoffes hervorgerufen wird,
nicht allzu hoch anschlagen, muss jedoch ebenfalls im Interesse
der Sache zugeben, dass die denkbar grösste Garantie für Ver¬
lässlichkeit des Impfstoffes event. von Staatswegen anzustreben
wäre. Was die Impfung selbst betrifft, so halte ich es nicht für
überflüssig, darauf hinzuweisen, dass ein einheitlicherer Vorgang
bei derselben sehr vortbeilhaft wäre. Es wird nämlich bis heute
fast von jedem Fachmanne die Impfung anders ausgeführt. Die
Verschiedenheiten beziehen sich theils auf die Impftechnik selbst,
theils auf die Impfstelle. Insbesondere werden vielfach zu
schwache Canülen angewendet; hierbei kann nicht genug darauf
aufmerksam gemacht werden, dass nur genügend starke Canälen,
womöglich mit einer Daumenplatte zur besseren Handhabung
verwendet werden sollten. Die Arbeit mit genügend starken
Canülen geht rasch und sicher vor sich. (Hauptner, Cat. 1155b.)
Zuerst wäre zu beachten die Desinfection der Impfstelle.
Dieselbe geschieht oft in recht umständlicher Weise, was den
ganzen Vorgang aufhält und erschwert; es ist genügend, wenn
die Impfstelle mit einer lauwarmen seht’ schwachen Carbollösung
rasch gereinigt wird, hierzu lässt sich am besten ein reiner
weicher Lappen oder Schwamm benöthigen und soll die Reinigung
unmittelbar vor der Impfung geschehen, damit die Impfstelle
feucht bleibt. Ist dies letztere nicht der Fall, so bleiben an der
Canüle und Spritze Haare haften, welche sich dann sehr schlecht
entfernen lassen. Ist die Impfstelle gereinigt, so wird mit der
linken Hand die Haut daselbst in Form einer Falte ziemlich
weit vom Körper weggezogen; es genügt nämlich die Bildung
der Hantfalte allein nicht, sondern dieselbe muss vom Körper
herzhaft weggezogen werden, wenn die Canüle sich nicht fest¬
keilen soll. Hierauf erst wird mit der Canüle rasch und kräftig
eingestochen, und wenn dieselbe unter der Haut deutlich beweg¬
lich ist, die Impfung vorgenommen. Ich erwähne diesen eigent¬
lich selbstverständlichen Vorgang deshalb, weil ich mich über¬
zeugt habe, dass die Impfung häufig viel umständlicher vor¬
genommen wird; manche Fachmänner öffuen sogar die Haut an
der Impfstelle mit der Lanzette, was ich erstens bei Vorhanden¬
sein von guten Canülen für überflüssig, andererseits jedoch
wegen unnöthiger Beunruhigung der Thiere für unpraktisch,
eventuell sogar Für gefährlich halte. Während der Impfung
wird die Canüle bei der Daumenplatte mit Zeigefinger und
Daumen leicht fixirt. Sollte bei der Einspritzung ein Wider¬
stand fühlbar sein, so ist die Canüle zu lockern oder etwas her-
auszuziehen, damit die Flüssigkeit ganz unter die Haut ein-
dringen kann. Leider wird sehr häufig der Fehler gemacht,
dass in dem Momente, wo sich ein Widerstand bemerkbar
macht, unwillkürlich rasch der Stempel der Spritze nieder¬
gedrückt wird, um quasi das Hinderniss zu überwinden; bei
dieser Gelegenheit staut sich die Impfflüssigkeit sofort und an¬
statt unter die Haut einzudringen, rinnt sie zwischen Canüle
und Spritze ab. Selbstverständlich ist in einem solchen Falle
eine Fehldiagnose sehr leicht möglich.
Was die Impfstelle anlangt, so ist es am zweckmässigsten,
die seitliche Halsfläche zu wählen und nur bei schweren Stücken
mit sehr dicker Haut, also z. B. Stieren, die Stelle hinter der
Schulter. Die Impfung am Halse ist viel practiscler, weil man
aufrecht stehend erstens besser operirt, zweitens die Umgebung
sowohl als auch jede Bewegung des zu impfenden Thieres viel
besser zu beobachten vermag und endlich auch den Abfluss der
Impfflüssigkeit aus der Spritze besser controliren und eventuell
reguliren kanr. Die Impfung hinter der Schulter ist aus den¬
selben Gründen unsicherer, insbesondere wenn die Impfthiere
unruhig sind. Wenn noch dazu die Beleuchtung keine besonders
gute ist, so kann es gewiss geschehen, dass das Impfthier seine
bestimmte Dosis nicht erhält und in Folge dessen auch das
Resultat dann unrichtig ist. Fehldiagnosen werden ferner hervor¬
gerufen durch fehlet hafteVerdünnnng und Herstellung des Impfstoffes
zur Impfung; diesbezüglich geschehen beim besten Willen doch
Fehler, insbesondere, wenn es sich um die Herstellung einer
grösseren Anzahl von Dosen bandelt, weil die Arbeit sehr
monoton und mühselig ist. Dabei ist es von Wichtigkeit, dass
die Verdünnung immer unmittelbar vor der Impfung geschehen
soll, weil sonst die Flüssigkeit bald verdirbt. Ganz besonders
wichtig sind Irrthüraer bei den Temperaturmessungen, welche
bei grösseren Beständen leicht Vorkommen können; abgesehen
davon, dass nur geprüfte und verlässliche Thermometer ver¬
wendet werden und 4—5 Minuten im After liegen bleiben sollen,
müssen dieselben vollständig eingeführt sein, was nicht oft ge¬
nug controlirt werden kann; es wird nämlich sehr häufig, ohne
dass man es merkt, das Thermometer bald nach dem Einführen
wieder hinausgedrängt und hängt eigentlich nur mit dem untersten
Theile in der Afteröffnung, wodurch selbstredend die Temperatur
nicht richtig angezeigt wird. Was die Temperaturschwankungen
bei den Rindern während des Tages anlangt, so spielen hierbei
die grösste Rolle die Tagesfütterungen, ferner die Temperatur
der Stallluft und Erregungen sowie Beunruhigungen der Rinder
durch den Vorgang der Temperaturmessungen. Zur Hintan¬
haltung von wesentlichen Temperaturschwankungen ist es
unbedingt nothwendig, jede Beunruhigung der Thiere so gut als
möglich zu vermeiden, was durch ordentliche Instruction des
Hilfspersonales immer zu erzielen ist; ausserdem ist durch
Thermometer im Stalle eine constante mittlere Stalltemperatur
zu erhalten, was bei halbwegs veutilirten Stallungen gar nicht
schwer zu erreichen ist. Was die Temperaturerhöhung nach
jeder Fütterung anlangt, so ist diese Thatsache zur Genüge
bekannt und findet auch Berücksichtigung. Ich will nicht uner¬
wähnt lassen, dass ich auch beim Jungvieh die Temperatur¬
schwankungen während des Tages bei normalen Verhältnissen,
Ruhe im Stalle und gleichmässiger Stalltemperatur, nicht so
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:>4
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5.
wesentlich gefanden habe, wie ans folgenden Tabellen her¬
vorgeht :
des Thier es j
Temperaturmessungen
Abtheilung
Stand
Ohr oder
Horn
Alter
Geschlecht
10 Uhr
Voim.
2 Uhr
Nachm.
8 Uhr
Abends
Nummer
Jahr
vor
der Impfung
1
86
2
Stier
38.1
38.4
38.6
2
87
2
38.4
38.5
385
3
88
2
38.3
386
38.5
4
89
2
38.4
38.8
38.5
I.
5
90
38.7
38.6
38.7
6
91
1 %
38.6
883
39
7
93
l'i
39
3H.8
38 7
8
92
V,
38.4
38.8
89
9
94
US
n
38.5
38.4
385
2
12
2
Kalbin
38.5
38.5
387
3
14
2
Stier
383
38.8
38.4
5
95
v*
38.6
393
89.4
6
96
1'.
38.8
38.7
38.8
7
97
n
38.9
38.7
39
8
98
i*
38.5
38.7
39
9
100
u
38 5
38.3
385
10
101
n
39.2
39.1
39
11
102
i
88 9
39.1
38.7
12
103
i
38.2
392
39.1
14
1()8
3
39
388
385
15
109
39
39
39
16
106
%
385
386
383
17
107
i
39
38.7
39
18
104
i
387
38.6
38.7
19
106
i
38.7
38.8
39.1
20
17
%
Kalbin
38.8
39
388
21
18
V
38.7
38.7
38.9
22
20
3
39.1
38.9
38.7
23
24
i
38.8
39
38.6
24
21
%
38 6
38.6
385
25
19
3
V
38.7
38.7
388
1
_
1!,
Stier
_
388
39
6
27
Kalbin
—
39
38.9
7
28
i?
—
38.9
38.8
8
29
ii
—
38.6
39
III. |
9
30
n
—
38.5
383
Horn
10
25
n
—
38.7
389
Ohr
11
26
>
—
38.8
! 39.1
1
41
n
Stier
_
88.9
| 39 2
IV.
2
49
1 2
Kalbin
—
38.9
i 387
3
50
1 2
11
—
39.1
1 39.2
!
Von grosser Bedeutung ist bei Vornahme der Impfung in
grösseren Beständen die sehr genaue Bezeichnung der Impf-
thiere, und sind dabei die Standnummern nicht so wichtig als
die Merkung der Thiere und genaue Eintragung des Merkzeichens
in die Impftabellen, weil die kleinsten Fehler hierbei die ganze
Impfung illusorisch machen können. Auch dieser Punkt ist zur
Vermeidung von Fehldiagnosen nicht zu unterschätzen. Es wäre
endlich noch ein Moment anzuführen, welches Veranlassung zu
Fehldiagnosen giebt, und das ist die Untersuchung nach der
Schlachtung resp. der Section. Diesen Punkt betont ja Eber
in seiner ausgezeichneten Abhandlung über „Tuberculinprobe und
Tuberculosebekämpfting beim Rinde“ ganz besonders und der¬
selben Ansicht sind unsere tüchtigsten Fachmänner als Nocard,
Bang u. s. w. Für die Zweifler sei auch an dieser Stelle
bemerkt, dass fast in allen jenen Fällen, wo deutliche Reactionen
vorhanden waren und nach der Schlachtung keine wesentlichen
Veränderungen angetroffen wurden, bei sehr genauer und ev.
mikroskopischer Untersuchung kleine tuberculöse Herde nach¬
gewiesen werden konnten. Allerdings bleibt noch ein kleiner
Procentsatz von Fehldiagnosen übrig, der jedoch viel zu klein
ist, um ein praktisches Hinderniss für die Ausführung der Tuber-
culinimpfung mit Recht bilden zu können und dürfte auch dieser
Procentsatz bei dem fortwährenden Streben nach Vervollkomm¬
nung und Erforschung dieses hochwichtigen Gebietes unserer
Wissenschaft hoffentlich herabzumindern sein. Allenfalls ist es
der Mühe werth, einen kleinen Theil seiner Thätigkeit dem
Studium der Tuberculinimpfhng, insbesondere in praktischer Be¬
ziehung zu widmen.
Referate«
Eine neue antiseptische Castrationsmethode.
Von Kragerud-Norwegen.
(MUb. r. Th. Bd. II, H. 4.)
Dass nach der Castration Heilung per primam erzielt
werden kann, ist ausser Frage; doch begegnet dies in der
Landpraxis grösseren Schwierigkeiten als in den Kliniken. Für
die Verhältnisse der Praxis hat K. folgendes Verfahren bewährt
gefunden. Das Pferd wird auf die linke Seite geworfen, narco-
tisirt, die Operationsfläche gründlich desinficirt, der rechte
Hinterschenkel mit einem leinenen Tuch bedeckt, Haare, Instru-
j mente und Nähmaterial (Catgut) selbstverständlich desinficirt.
I Dann wird der linke Hoden hervorgezogen und eine Fixirzange
(eine Art von Kluppenzange) aussen auf die Haut gerade über
dem Hoden angelegt. Hierauf schneidet K. mitten in die Raphe
scroti eine Oeffnung, so klein wie möglich; der Hoden wird
hervorgezogen, und die Zange zusammengedrückt. Das Pferd
kann dann die Scheidenhaut nicht zurückziehen, und es wird so
eine Blutung vermieden, die sonst bei der Trennung der Ver¬
bindung zwischen Samenstrang und Scheidenhaut entstehen
könnte. Hauptsächlich entsteht aber kein Zugang aufwärts,
sodass das Eindringen von Verunreinigungen in die Tiefe der
Wunde völlig vermieden wird. Nunmehr kann der Hoden mittelst
Abbrennens, Torquirens oder Unterbindens entfernt werden. K.
unterbindet mit Catgut, und zwar den ganzen Samenstrang un-
getheilt und schneidet ca. 2 cm unterhalb der Unterbindung den
Hoden ab, spült dann die entblössten Theile mit lprocentiger
Formalinlösung, öffnet die Fixirzange und lässt den Stumpf
zurückrutschen. Es braucht auf diese Weise nichts, namentlich
nicht der Saraenstrang, mit dem Finger berührt zu werden. Der
rechte Hoden wird dann auf ähnliche Weise fixirt, und indem
von der ersten Oeffnung aus ein Loch in das Septum scroti
dicht an der Haut geschnitten wird, wird der Hoden hier hervor¬
gezogen und entfernt. Es entsteht also nur eine kleine Haut¬
wunde in der Mitte des Hodensackes. Diese Wunde wird nicht
vernäht, sondern es wird eine Wundklamraer, die K. construirt
hat, angesetzt. (Dieselbe ist aus Holz und mit einer Stahl¬
feder versehen, kann aus Wäscheklammern hergestellt werden
und dürfte im Princip den Klammern entsprechen, wie sie die
Photographen benutzen.) Diese Klammer bleibt 2 bis 3 Tage
liegen, worauf sie der Besitzer selbst abnehmen kann. Jede
Nachbehandlung wird dadurch überflüssig, und K. hat 25 Hei¬
lungen per primam erzielt. In der Landpraxis empfiehlt sich
ein Zusammennähen der Hautwunde nicht.
Die Schweinesenche.
Von Professor Dr. Th. Kaspärek.
Oe«terr. Mon«t«*chr. f. ThierhlkU. H. 11 u. li.
Der Verfasser beginnt mit einer Aufzählung der Autoren,
welche sich um die Erkennung und Erforschung dieser Krank¬
heit verdient gemacht haben. Die Beobachtungen, welche in
den verschiedenen Ländern über diese Krankheit der Schweine
gesammelt worden waren, führten zu den verschiedenartigen
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1. Februar 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. .55
Bezeichnungen: Hog-fever (Law), Swine-plague (Detmers, Bil¬
lings), Swine-fever (Klein), Hog-cholera (Salomon\ Schweine¬
seuche (Löffler und Schütz), Epidemie des porcs (Jobert,
Martmaud), Svin-pest (Selander) etc.
Alle diese Krankheiten suchte man zunächst auf Grund der
Localmation der pathologisch-anatomischen Veränderungen und
der Eigenschaften des Erregers in zwei Gruppen zu scheiden,
welche in Deutschland als Schweinepest und Schweineseuche
bezeichnet wurden. Frosch, Silberschmidt und Nocard haben
endlich, besonders mit Hilfe von Immunisirungsversuchen, nach¬
zuweisen sich bemüht, dass die gedachten infectiösen Erkran¬
kungen der Schweine ätiologisch gleich sind. M’Fadyean und
Preisz halten an dem Vorhandensein von zwei verschiedenen
Seuchen fest. Letzterer unterscheidet einen Bacillus der
Schweineseuche B. suisepticus und einen Bacillus der Schweine¬
pest B. suipestifer.
Der Aufsatz verbreitet sich weiter über die Verluste durch
Schweinesenche in den einzelnen Ländern. U. A. erlagen bei
der Steinbrucher Epizootie in Ungarn im Jahre 1895 im Ganzen
413560 Stück, von welchen 337018 Stück fielen und 10376 St.
nothgeschlachtet wurden. Im Departement Bouches du Rhone
sollen nach den Angaben Nocards im Jahre 1887 über 25000 St.
gefallen sein. Amerika hatte im Jahre 1885 infolge dieser
Seuche einen Verlust von 60 Millionen Gulden.
An diese Angaben knüpft sich eine verhältnissmässig aus¬
führliche Beschreibung der Bakteriologie, des Krankheitsbildes,
des pathologisch-anatomischen Befundes.
Den Beschluss bilden Erörterungen über Behandlung,
Prophylaxis, Immunisirungsverfahren und sanitäre Bedeutung
dieser Krankheit.
Resomee über die im Sommer 1899 rorgenommenen
Brustseuehe-Impfangen.
Von Oberrossarzt Tröster.
(Zeltichrift für Veteriuärkunde 1900.)
Im Winter 1898/99 waren eine grössere Zahl von Impfungen
mit Blutserum ausgeführt worden, welche im Allgemeinen er¬
geben hatten, dass die Impfungen zwar einen gewissen Schutz
verleihen, in dieser Hinsicht jedoch weder zuverlässig, noch
dauernd genug wirken Dabei waren für das Pferd ca. 50 g
verwandt worden, und es handelte sich nun noch darum, fest¬
zustellen, ob vielleicht mit grösseren Mengen ein gesteigerter
Schutz würde erreicht werden können. Die zu injicirende
Flüssigkeitsmenge findet ihre natürliche Grenze. An der Brust
ist die Verbindung zwischen der Haut und ihrer Unterlage so
locker, dass an einer Stelle wohl 250—300 ccm auf einmal
injicirt werden können. T. hat seither durchweg 500 ccm in
zwei Portionen an der Brust ein gespritzt. Bei solchen Dosen
stieg, im Gegensatz zu den früheren Beobachtungen bei geringeren
Dosen, die Temperatur um 1—IV 2 0 . Daneben zeigten sich
Eingenommenheit, Appetitmangel und grosse Empfindlichkeit an
der Emstichstelle, Erscheinungen, die jedoch nach einigen
Tagen verschwanden. Jedenfalls ist die Impfung an sich voll¬
kommen unschädlich. In der Berichtszeit vom Mai bis Septem¬
ber 1899 wurden nur 58 Pferde geimpft, welche einem Husaren-
und zwei Artillerie-Regimentern angehörten. In allen Fällen
blieben daneben ungeimpfte Thiere als Controllthiere stehen.
Von den geimpften erkrankte keines, von den ungeimpften in
der Husarenschwadron binnen sieben Tagen noch vier und
später noch zwei, in dem einen Artillerieregiment desgl. drei.
Dieses wenn auch nicht umfangreiche Material scheint immerhin
den Schluss zu gestatten, als ob die Impfung mit einer so
grossen Dosis einen ausreichenden Schutz verleihen könne. T.
will daher die Versuche mit dem Ziele fortsetzen, dass das bis¬
herige Ergebniss bestätigt und dann die Wirkung auch bei
solchen Pferden geprüft werde, welche vor Jahren bereits die
Seuche überstanden haben. Bei der Anwendung so grosser
Mengen von Serum reicht die bisher verwendete Quelle, d. li.
Blut von eben durchseuchten Pferden, für die Impfung aller an¬
steckungsfähigen Thiere nicht ans. Die von einem Pferde zu
entnehmende Blutmenge reicht höchstens zur Impfung von sechs
Thieren. Die Gewinnung des nöthigen Impfstoffes wird daher
eine der Schwierigkeiten bilden.
Pferdestanpe.
Der statistische Veterinär-Sanitätsbericht über die bayrische
Armee für 1898 enthält nach einem Referat in der Ztschr. f. Vet.
folgenden Versuch. Bei einem Chevauxlegers-Regiraent versuchte
man mit Erfolg, durch die schon früher von Dieckerhoff aus¬
geführte Subcutaninjection warmen Blutes die Seuche auf die
gesunden Thiere zu übertragen. Das nothwendige Impfblut
ä 5 ccm für 140 Pferde lieferten zwei typisch erkrankte Thiere.
Um das zu injicirende Blut auf Körpertemperatur zu erhalten,
sind zwei Spritzen abwechselnd zu gebrauchen und immer
wieder in warmes Wasser (45 Gr.) zu legen. Der Bericht¬
erstatter ist der Ansicht, dass auf diese Weise nach 4 bis
5 Tagen eine gleichzeitige Erkrankung aller Pferde und ein
rasches allgemeines Durchseuchen herbeigeführt werden kann,
was um so mehr von Vortheil ist, als das Ueberstehen der
Erkrankung Immunität für das ganze Leben gewährt. Nach
beendetem Fieberstadium sollen alle Thiere 10 bis 12 Tage
biwakiren, da die frische Luft die Reconvalescenz günstig be¬
einflusst. Die Biwakzeit soll zur Desinfection der Stallungen
benutzt werden.
Ein neaes Heilmittel gegen Tabercalose.
In der Sitzung des amerikanischen ärztlichen Vereins zu
Denver berichtet Dr. Murphy, dass in einer tuberculösen Lunge
Vernarbung der afficirten Partien eintrete, sobald das Organ in
einen gewissen Collapszustand (Ruhezustand) versetzt werde.
Zur Erreichung dieses Zweckes wird in die Pleurahöhle unter
hydraulischem Druck Stickstoff eingeleitet. Das Gas soll die
physiologische Thätigkeit der Lungen aufheben, den Reizhusten
und den Auswurf, welche die Kräfte des Kranken erschöpfen,
beseitigen. Der Beseitigung des Hustens insbesondere schreibt
M. die curative Wirkung seiner Methode zu. Sind die kranken
Stellen vernarbt, so genügt es, den eingeleiteten Stickstoff wieder
zu aspiriren, um die Funktion der Lungen wieder zu reacti-
viren. M. will mit dieser Methode fünf schwerkranke Phthisiker
geheilt haben. (The Journal of Comp. med. und Clin. vet. 1899
H. 26.)
Verschiedene therapeutische Notizen.
Burow’sche Mischung und Camphor hat sich nach Kunze
bei Mauke sehr gut bewährt. Bei acuter Mauke Beseitigung
nach acht Tagen durch zweistündiges Befeuchten und Verband
mit feuchter Watte bei vollständiger Ruhe. Bei beginnendem
Straubfuss voller Erfolg nach vier- bis sechswöchentlicher Be¬
handlung. — Auch Liquor Aluminii acetici, zweiprocentig, bewährt
sich nach Wilhelm bei frischer Mauke und anderen nässenden
Hautentzündungen. Bei chronischer Mauke ist drei- bis vier-
procentige Lösung lauwarm anzuwenden. Auch zur Beförderung
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56
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5.
der Resorption entzündlicher Exsudate ist das Mittel besser als
Blei- und Kupferwasser. Ebenso bewährt es sich bei nässenden
Ohrkatarrhen der Hunde. Chlorbarium hat Prietsch auch bei
Rindern mit gutem Erfolg angewandt zu 10 bis 15 g in Wasser
gelöst per os. Es ersetzt alle anderen abführenden Salze, muss
jedoch absolut rein sein. — Lactophenin fapd Prietsch als
Fieber herabsetzendes Mittel bewährt. Ebenso empfiehlt er das
Xeroform als Ersatzmittel für Jodoform und Thioform. (Sächs.
Veterinärber. 1898.)
Ueber Immunlsirung gegen Wuth mit normaler
Nervensubstanz.
(Aus dem Institut f. allg. Pathologie z. Budapest) ,
von
Dr. A. A n j e s z ky.
(CentralbL f. Parasitenk. 1900. Heft 1.)
Bei dem Tetanus war es Wassermann und T a b a k y
gelungen, Mäuse durch Einverleibung einer Emulsion des
Rückenmarkes gesunder Meerschweinchen gegen tödtliche Gaben
Von Tetanotoxin zu schützen. Kurz darauf hat dann Babes
Hunde gegen Wuth mit Rückenmarkemulsionen von gesunden
Schafen immunisirt, jedoch erhielten die Thiere hierdurch keinen
Schutz gegen subdurale Infection mit frischem, fixen Virus oder
Strassengift, sondern nur gegen intracranielle Infection mit
zweitägigem Virus de Passage. — Auch in vitro soll nach
Babes bereits eine Nentralisirung, ebenso wie beim Tetanus
stattfinden. Diesem entgegen stehen die Untersuchungen von
Calabrese-Neapel, welcher negative Resultate erhielt und häufig
beobachtete, dass die Injection von Nervensubstanzemulsion die
Widerstandsfähigkeit des Körpers herabsetzte und den Eintritt
der Wuth beschleunigte. — Nahm Calabrese jedoch Nerven-
substanz von solchen Thieren, welche gegen Wuth künstlich immu¬
nisirt waren, so erzielte er bessere Resultate, wie bereits Högyes
(Spec. Pathol.-Therapie von Nothnagel V. Bd.) im Jahre 1888
nachgewiesen hat Es gelang A. durch Injection von 160 ccm
einer Emulsion, welche 25 g Gehirn eines immunisirten Hundes
enthielt, in die Bauchhöhle einen Hund dauernd zu immuiisiren,
sodass derselbe noch nach 9 Jahren einer Wuthinfection wider¬
stand. Diese Experimente sind vor langer Zeit gemacht und
unwidersprochen geblieben, während die Behauptung, dass der¬
selbe Effect auch mit der Nervensubstanz gesunder Thiede er¬
reicht werden könnte, nicht einwandfrei erwiesen ist. VeAf. hat
über das Problem eigene Untersuchungen angestellt, zuAial es
für die antirabischen Schutzimpfungen von hervorragender Be¬
deutung ist, wenn die Immunisirung gegen Wuth mit nominaler
Nervensubstanz gelingen würde, da sich dadurch das ganze
Verfahren viel einfacher und billiger gestalten würde, da dann
die Schutzimpfung an jedem beliebigen Orte leicht vollzogen
werden könnte und nicht an das Vorhandensein antirabischer
Institute geknüpft wäre. — Das Resultat der experimentellen
Untersuchungen war kein günstiges, denn hypodermatische
Injectionen von Emulsionen normaler Nervensubstanz, selbst bei
länger durchgeführter täglicher Application, vermögen Thiere
nicht gegen ein stärkeres Wuthvirus zu schützeA.
Der Schutz, der vielleicht gegen schwächeres Virus 1 durch
die Injectionen erreicht wird, ist nur ein vorübergehender.
I
Die Bedeutung der Darmbacterien für die Ernährung.
Von Schottelius.
(Arcb. f. Hygiene)
Sch. reinigte Hühnereier, machte sie durch Abwaschen mit
Sublimat steril und brachte dieselben in einen sterilisirten Brut¬
raum. Die Eier wurden vor dem Bebrüten und etwa zwei Tage
vor dem Ausschlüpfen gewogen, ferner wurde die zurückgelassene
Eischale gewogen und so das Gewicht des Hühnchens festgestellt.
In dem Laboratorium war ein eigener keimdichter Raum con-
struirt worden, in welchem ein Brutkäfig aufgestellt war, der in
allen seinen Theilen sterilisirt werden konnte; auch der Raum,
in den die jungen Hühner kamen, war völlig sterilisirt, ebenso
wie das Futter, welches den Thieren gegeben wurde. Eine
grosse Anzahl der Eier ergab keine Jungen; von denen aber,
die auskrochen, wurde in der That eine grössere Anzahl steril
gehalten, so dass sie weder an sich noch in ihren Faeces Bac-
terien enthielten. Um die absolute Sterilität zu erweisen, wnrden
die Thierchen am Schlüsse des Versuchs vollkommen in sterile
Gelatine eingeschlossen. Bei den sterilen Hühnchen erfolgte
absolut kein Wachsthum. Die Gewicbtsbestimmung ergab, dass
eine Vermehrung des Gewichts nicht statt hatte, selbst nicht bei
17tägiger Lebensdauer, während die entsprechenden Control-
hühncben in dieser Zeit um 250 pGt. ihres ursprünglichen
Gewichts Zunahmen; ausserdem schienen die Thierchen nicht
über den 20. Tag hinaus leben zu können. — Die Versuche
stehen in einem ziemlich scharfen Gegensatz zu den Versuchen
von Thierfelder und Nutall, welche an Meerschweinchen
experimentirten.
Ueber Darstellung des Hellkörpers aus dem
Diphtherieheilserum.
Von Dr. Freund u. Dr. Sternberg.
(Zultachrift f. Hygiene u. Infectiuunkraukheitcn XXXI. B<1., 3. Heft.)
Brieger hat mit Chloralkalien und Metallsalzen das
Antitoxin zuerst isolirt, das so gewonnene Product war in
Lösungen jedoch nicht klar und gestattete ohne Schädigung des
Antitoxins keine Klärung. — Von den verwendeten Metallsalzen
wurden Aluminiumsulfat und Kalialaun in 5 pCt. Lösung ver¬
wendet, worauf in dem Blutserum ein starker Niederschlag ein-
trat. Diese gallertige Masse enthielt keinen Heilstoff, sondern
nur das Filtrat. Setzt man zu einem gewissen Quantum Serum
das halbe Volumen Eisenchloridlösung, so ist der Heilkörper
fast vollständig im Filtrat enthalten, wenn er sich bei Zusatz
der gleichen oder doppelten Menge Eisenlösung im Filterrück¬
stand befindet. — Die Yerf. haben sich schliesslich zu einem
combinirten Verfahren der Fällung und des Aussalzens ent¬
schlossen. Zunächst wurde das Serum mit einem Dritttheil seines
Volumens mit 5 pCt. Kali-Alaunlösung versetzt, das Filtrat
dialysirt, der hierbei entstehende Niederschlag abfiltrirt und die
erhaltene Flüssigkeit zur Hälfte mit schwefelsaurem Ammon
gesättigt. — Der gewonnene Niederschlag wird nach Lösung
und Dialyse im Vacnum eingeengt. Hierbei liefert Serum:
9 g Trockensubstanz, welche in Wasser und physiologischer
Kochsalzlösung leicht löslich und nach der Filtration klar ist.
Tagesgeschichte.
Protoeoll der 33. General-Versammlung des Vereins
der Thierftrzte des Reg.-Bez. Wiesbaden
am 11. November 1899 im „Hotel Central“ zu Frankfurt a. M.
Tagesordnung:
1. Vereinsangelegenheiten. Rechnungsablage. Neuwahl des
Vorstandes.
2. Berichterstattung über den VH. internationalen thierärzt¬
lichen Congress zu Baden-Ba<Jen, Referent: Kreisthierarzt
Pitz-Eltville.
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1. Februar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
57
3. Vortrag: „Die Methoden der Augenuntersuchung
bei Pferden“ von Kreisthierarzt Dr. Thoms-Montabaur.
4. Discussion ad hoc gestellter Fragen.
Anwesend sind die Collegen: Dr. Casper-Höchst, Emmel-
Hachenburg. Emme rieh-Weil bürg, Heck el mann - Rennerod,
Prof. Dr. Leouhardt-Frankfurt, Müller-Höchst, Nöll-Kirberg,
Pitz-Eltville, Staupe-Biedenkopf, Dr. Thoms-Montabaur, Dr.
Voirin-Frankfurt, Werner-Diez, Wirth-Frankfurt.
Als Gäste waren erschienen die Herren: Departements-
Thierarzt Dr. Augstein - Wiesbaden, Kreisthierarzt Busch-
Langenschwalbach und Ober-Rossarzt Ehlei t-Frankfuit.
Ihr Ausbleiben hatten telegraphisch entschuldigt: Müller-
Biebrich und Sch lichte-Usingen.
Vor der Sitzung hatte eine Deputation der beamteten Thier¬
ärzte des Reg.-Bez. Wiesbaden, bestehend aus den Herren
Emmerich und Emmel, dem aus seinem Amte als Departe-
raents-Thierarzt scheidenden Herrn Prof. Dr. Leonhardt in
seiner Wohnung in Anerkennung seiner Verdienste ein Ehren¬
geschenk überreicht.
Der Vorsitzende Prof. Dr. Leonhardt eröffnet die Sitzung
um 12 Uhr und heisst die Anwesenden herzlich willkommen. Er
dankt sodann mit warmen Worten für die ihm seitens der
beamteten Collegen des Bezirkes erwiesene Ovation und giebt
einen kurzen Rückblick über seine Thätigkeit. Hierauf widmet
der Vorsitzende dem verstorbenen Vereinsmitgliede, Kreisthier¬
arzt Rübsamen-Limburg, von Herzen kommende Worte der
Erinnerung; die Versammlung ehrt das Andenken des Ent¬
schlafenen durch Erheben von den Sitzen.
Sodann stellt der Vorsitzende den an seiner Stelle zwn
Departements-Thierarzt ernannten Herrn Dr. Augst ein der
Versammlung vor, heisst denselben herzlich willkommen und
versichert ihn des vollsten Vertrauens der Kreisthierärzte. Dr;
Ängste in dankt mit warmen Worten für den freundlichen
Empfang, der ihm hier zu Theil geworden, und giebt die Ver¬
sicherung ab, dass er das ihm entgegeugebrachte Vertrauen zu
rechtfertigen bemüht sein werde. Hierauf wird Dr. Augst ein
als Mitglied des Vereins aufgenommen.
Das Protocoll der vorigen Sitzung wird verlesen und nach
einer unwesentlichen Abänderung genehmigt.
Nach dem von dem Kassierer Dr. Casper ertheilten Cassen-
berichte betragen die Einnahmen des verflossenen Vereinsjahres
einschliesslich des Bestandes 437,16 Mk., die Ausgaben 369,45 M.,
mithin verbleibt ein Cassenbestand von 67,71 Mk. Nachdem
durch eine von der Versammlung erwählte Commission, bestehend
aus den Herren Pitz und Dr. Voirin, die Rechnungslage ge¬
prüft und für richtig befunden worden ist, wird dem Cassirer
Decharge ertheilt.
Vor Eintritt in den nächsten Gegenstand der Tagesordnung
„Vorstandswahl“ erklärt der seitherige langbewährte Schrift¬
führer, Herr Emmerich, dass die Ueberhäufung mit anderen
Arbeiten es ihm unmöglich mache, das Amt als Schriftführer
länger zu verwalten. Aus der durch Abgabe von Stimmzetteln
erfolgten Wahl gingen hervor:
Prof. Dr. Leonhardt als Vorsitzender,
I)r. Augstein als Stellvertreter desselben,
Dr. Casper als Schriftführer,
Dr. Voirin als Cassenführer.
Die Genannten nehmen die Wahl dankend an. Der Vor.
sitzende bringt hierauf ein Schreiben des Herrn Depart.-Thier-
arztes Preusse, betreffend den Untersttitzungsverein für Thier
ärzte zur Verlesung und legt den Collegen den Beitritt zu dem¬
selben dringend ans Herz. Im Anschluss hieran wird eine Liste
in Umlauf gesetzt, in welche sich die meisten Anwesenden als
Mitglieder eintragen, und beschlossen, dass in Zukunft die Bei¬
träge zu dem Unterstützungsverein an den Vereinskassirer ab¬
zuführen sind.
Kreisthierarzt Pitz, welcher als Delegirter des Vereins zu
dem VII. internationalen thierärztlichen Congress gesendet
worden war, berichtet sodann ganz kurz über die Tage in
Baden-Baden, wobei er bezüglich der Einzelheiten auf die Be¬
richte der Fachzeitschriften verweist.
Hierauf ertheilt der Vorsitzende dem Kreisthierarzt Dr
Thoms-Montabaur das Wort zu dem Vortrage: „Die Methoden
der Augenuntersuchung bei Pferden“. Der Redner ent¬
ledigt sich seiner Aufgabe mit grossem Geschick und hob in
klaren Sätzen die für den Praktiker wichtigsten Punkte hervor.
Auf den Inhalt des Vortrages kann hier leider nicht näher ein-
gegangen werden. Der Redner erntete für seine Ausführungen
reichen Beifall, welchem der Vorsitzende noch besonderen Aus¬
druck verlieh.
In der anschliessenden Discussion betheiligten sich nament¬
lich Kreisthierarzt Müller-Höchst und der als Gast anwesende
Oberrossarzt Ehlert-Frankfurt, welcher aus den ausgiebigen
Erfahrjmgeu mittheilt, welche er als Remonte-Rossarzt sich an¬
zueignen Gelegenheit hatte.
Auf die Sitzung folgte ein vorzügliches Mahl, in dessen
Verlauf mehrere Toaste, u. a. auf den Vorsitzenden Prof. Dr.
Leonhardt, ausgebracht wurden. Aber auch nach diesem ge¬
meinsamen Essen blieb ein grosser Theil der Collegen bis spät
in die^Nacht hinein in angeblich heiterster Stimmung zusammen.
Dr. Casper, Schriftführer.
Recrutirung der französischen MHHirthierftrzte.
»
Ein vor Kurzem veröffentlichtes Decret condensirt die
früherpn Bestimmungen, in welcher Weise die sich für die
Militärcarriere bestimmenden Thierärzte auszubilden sind. Um
angenommen zu werden, müssen die Bewerber ihr thierärztliches
Diplon} in einer französischen Veterinärschule erlangt haben,
nicht .über 30 Jahre alt sein, guten Leumund und die zum
Militärdienst benöthigten körperlichen Eigenschaften besitzen
und sich verpflichten, vom Tage der Ernennung zum Assistenz-
veterinär an sechs volle Jahre in der Armee zu dienen. Die
Bewerber haben sich sodann einer Prüfung zu unterwerfen,
welche eine schriftliche Abhandlung über einen Gegenstand der
Pathologie, der Hygiene, des Exterieurs oder des Hufbeschlags
umfasst, an welche sich eine mündliche Dissertation anschliesst
nebst einer practischen Probe am lebenden kranken oder ge-
sundep Thiere. Nach abgelegter Prüfung kommen die nun¬
mehrigen Aides vet^rinaires stagiaires auf die Ecole d’application
de cavalerie in Saumur, wo sie unter der besonderen Leitung
eines .Vet&inaire principal ein volles Jahr bleiben. Sie tragen
als solche die Uniform der Assistenzveterinäre ohne Rang¬
abzeichen und stehen Tauglich zwischen Lieutenant und Wacht¬
meister (öleve-officier). Besoldung 2160 Fcs. -{- 750 erstmalige
Equipirungskosten. In Saumur werden die V4t£rinaires stagiaires
zum Dienst bei allen Pferdecategorien, zum Dienst im Kranken¬
stall und in der Lehrschmiede herangezogen. Unterrichtsgegen¬
stände sind: Studium der Veterinärgesetzgebung, Militärgesetz¬
gebung und Verwaltung; Geschichte der Militärveterivärmedicin;
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58
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5.
Abfassung von Berichten etc.; Exterieur, Rassenkunde, Militär¬
veterinärhygiene in der Garnison, auf dem Marsche, im Feld,
Thiertransporte auf dem Lande und auf der See; Futter- und
Nahrungsmittelkunde; Specielle MilitÄr - Veterinär - Pathologie;
Seuchenlehre; Hufbeschlag; Klinik ; Chirurgie und Operations¬
übungen; Pharmacie; Fleischbeschau; Practische Micrographie.
Der Reitunterricht, der Unterricht im Fechten und der
Schiessunterricht (Revolver) wird von den militärischen Lehrern
ertheilt, ebenso ein besonderer Unterricht in der deutschen
Sprache, der gemeinsam mit den anderen Officieren befolgt wird.
Am Ende des Jahres findet eine Prüfung statt, nach welcher die
Bewerber zum activen Assistenzveterinär mit Lieutenantsrang
ernannt werden. Die Prüfungscommission besteht aus dem Ge¬
neralinspector der Militärschulen, event. dem die Schule comman-
direnden General als Präsident, dem zweiten Commandanten und
drei V4t6rinaires principaux I. Classe, als Mitglieder. Als Se-
cretair fungirt der der Schule attachirte Veterinär II. Classe.
Die Prüfung besteht aus:
1. einer schriftlichen Abhandlung (dieselbe für sämmtliche
Stagiaires) über eine practische Frage aus dem Gebiet der Me-
dicin, der Chirurgie oder der Hygiene,
2. einer mündlichen Prüfung über sämmtliche Unterrichts¬
gegenstände ;
3. einer practischen Prüfung über Exterieur, Chirurgie, an¬
gewandte Hygiene, Hufbeschlag und Fleischbeschau.
4. einer Prüfung im Reiten.
Die Censuren gehen von 0 bis 20, und sind die Coefficienten
der einzelnen Abschnitte 10 für den ersten, 8 für den zweiten,
i je 4 für den dritten und vielten. Das Mittel der im Laufe des
Jahres für die monatlichen Prüfungen erhaltenen Noten wird den
bei der Schlussprüfung erhaltenen Punkten, nebst der vom Com¬
mandanten der Schule ertheilten Note (die sogen, cote d’amour)
zuaddirt und bildet das definitive, die Anciennität bestimmende
Classement. Die Bewerber, welche die Schlussprüfung nicht be-
1 stehen, werden entlassen.
Verein praktischer Thierlrzte za Berlin.
! Versammlung
am
Sonnabend, den 3. Februar 1900, Abends i/ 2 8 Uhr
im Rathskeller (Eingang Jüdenstrasse).
Tagesordnung:
I. Vereins-Angelegenheiten.
a. Aufnahme der Herren Collegen Grupe-Berlin und
R i e g e r - Coepenick.
b. Wahl der Delegierten zum Deutschen Veterinärrathe
und zur Central-Vertretung der thierärztlichen Vereine
Preussens.
c. Besprechung des Winter-Vergnügens des Vereins.
II. Vorträge.
a. Herr Thierarzt Rietzei: Rückblick auf die Geschichte
i des Vereins im verflossenen Jahrhundert.
b. Herr Professor Udrisky-Bukarest: Das Veterinär¬
wesen Rumäniens.
| III. Mittheilungen aus der Praxis.
Der Vorstand.
Oeffentliches Yeterinärwesen.
Seuchenstatistik and Yeterlnärpolizei.
Die Benutzung der Kleinbahnen duroh Medioinalbeamte.
I.
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.
Gesch. No. I A. 4360.
Benutzung von Kleinbahnen bei Dienstreisen der beamteten
Thierärzte.
Bericht vom 3. August 1899. A. 11 090 II.
Der Staatsministerialbeschluss vom 25. October 1898
No. 4175 (vgl. die Allgemeine Verfügung No. 2 des Jahrgangs
1899 vom 5. Januar 1899 Gesch.-No. I. A 6716, II. 166
IH. 18 765) gilt auch für Dienstreisen beamteter Thierärzte.
In Art. V Abs. 2 des Gesetzes, betr. die Tagegelder und
Reisekosten der Staatsbeamten vom 21. Juni 1897, (G. S. S. 193)
ist für die unter § 2 des Gesetzes vom 9. März 1872 (G. S. S. 265)
fallenden Beamten nur die Anwendbarkeit des Art. 1 §§ 1 und 4
No. I und II vorläufig ausgeschlossen. Das in Art. I § 4
No. IH dem Staatsministerium vorbehaltene Bestimmungsrecht
darüber, unter welchen Umständen von Beamten auf ihren
Dienstreisen Kleinbahnen zu benutzen und welche Reisekosten¬
vergütungen in solchen Fällen zu gewähren sind, greift also
grundsätzlich auch hinsichtlich der im Gesetze vom 9. März 1872
behandelten Dienstreisen beamteter Thierärzte Platz.
Die Fassung des Staatsministerialbeschlusses vom 25. October
1898, der die Ausführungsvorschrift für Art. I § 4 No. IH
des Gesetzes vom 21. Juni 1897 enthält, giebt keinen Anhalt
dafür, dass eine Beschränkung auf bestimmte Beamtenkategorien
z. B. auf diejenigen beabsichtigt gewesen ist, die nach den
Veterinärbeamte.)
Sätzen des Art. I §§ 1 und 4 No. I und H für Dienstreisen zu
liquidiren haben. Vielmehr ist ganz allgemein angeordnet, dass
die Beamten für Reisen, die sie auf Kleinbahnen ausführen, die¬
selben Entschädigungen erhalten wie für Reisen auf Eisen¬
bahnen oder Dampfschiffen mit gewissen auf die Zu- und
Abgangsgebühr bezüglichen Einschränkungen und ferneren Vor¬
schriften für die Benutzung von Kleinbahnen überhaupt.
Die Liquidationen der beamteten Thierärzte sind daher
unter Beachtung der Grundsätze des Staatsministerial¬
beschlusses vom 25. October 1898 nach den Sätzen des
§ 2 des Gesetzes vom 9. März 1872 festzusetzen.
An den Herrn Regierungs-Präsidenten in Cöln.
[Abschrift erhalten Euer .... zur Kenntniss und Nach¬
achtung. — An sämmtliche Herren Regierungspräsidenten mit
Ausnahme desjenigen in Cöln und an den Herrn Polizei¬
präsidenten hier.]
II.
Bescheid des Ministers der u. s. w. Medicinal-
angelegenheiten (M. No. 1374 G.) vom 26. September 1899:
Die Bestimmungen über die Benutzung von Klein¬
bahnen finden keine Anwendung für Reisen der Medi-
cinalbeamten.
(Aus No. 23 der Rechtsprechung und Medicinal-Gesetzgebung.)
Die Beschwerde des Kreisphysicus San.-Rath Dr. T. in St.
habe ich im Einverständniss mit dem Herrn Finanzminister als
begründet anerkennen müssen, wenngleich aus anderen als den
in der Beschwerdeschrift enthaltenen Gründen. Durch Art. V,
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1. Februar 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 59
Abs. 2 des Gesetzes vom 21. Juni 1897 - - G.-S. S. 193 — ist
die Anwendung der Bestimmungen der Al t. I §§ 1 und 4 No. I
und II auf die Beamten, für welche in Bezug auf ihre Dienst¬
reisevergütungen durch den § 2 ärztlicher, medicinal- und
sanitätspolizeilicher Geschäfte zu gewährenden Vergütungen,
vom 9. März 1872 — G.-S. S. 266 — besondere Bestimmungen
getroffen sind, solange ausgeschlossen worden, als die Be¬
soldungsverhältnisse dieser Beamten nicht anderweitig geregelt
sein werden. Da das Letztere bisher nicht geschehen ist, so
ist durch das gedachte Gesetz für die genannten Beamten in
der bisherigen Berechnung ihrer Reisecompetenzen nichts ge¬
ändert worden. Wie sich auch aus der Begründung der Gesetzes¬
vorlage zu Art. V ergiebt, ist es die ausgesprochene Absicht .
des Gesetzes, dass dem Beamten der gedachten All die Vor¬
theile, die sich für sie aus der Bestimmung im § 12 Abs. 1 des i
Gesetzes vom 24. März 1873 — G.-S. S. 122 — und des Art. 1 |
§ 12 Abs. 1 und 2 der Verordnung vom 15. April 1876 — |
G.-S. S. 107 — ergeben, gewahrt bleiben sollen.
Hiernach ist die Berechnung von Reisekosten für
Dienstreisen, welche mit Kleinbahnen zurückgelegt
werden können, nach wie vor nach den für Landwege ■
geltenden Sätzen zuzulassen.
Die Kreisphysiker und die Kreisthierärzte befinden sich
beide genau in derselben Lage. Die letzteren gehören wie die
ersteren zu denjenigen Beamten, welchen, solange ihre Gehalts¬
verhältnisse nicht geregelt sind, bei Reisekosten-Liquidationen
die Vortheile des Gesetzes betr. Gebühren der Medicinalbeamten '
vom 9. III 72 verbleiben sollten. Dieses Gesetz bietet gegen- .
über dem neuen Gesetz betr. Tagegelder und Reisekosten vom 1
21. VI. 97 nur einen Unterschied, 10 Pfg. statt 1 Pfg. für das
km Eisenbahn. Ein wesentlicher Vortheil war aber, dass die
Verpflichtung zur Benutzung von Kleinbahnen auf die unter das
Gesetz vom 9. III. 72 fallenden Beamten nicht ohne Weiteres
anwendbar war, sondern besondere Feststellung Vorbehalten blieb.
Diese Frage ist durch die oben mitgetheilten beiden Erlasse ,
der Vorgesetzten beiden Ministerien in genau entgegengesetztem
Sinne geregelt worden.
Die Kreisthierärzte haben also bei den sprichwörtlichen Ver- i
spätungen der Kleinbahnen bei Sturm und Regen, Finsterniss :
und brennendem Sonnenschein, eventuell fusshoch im Schnee und j
Schmutz zu stehen, an den Pfahl sich lehnend, der die Station
der Kleinbahn darstellt, auf den Zug zu warten, der sie weiter
befördern soll, während der Kreisphysikus im geschlossenen
Wagen sich über eine derartige Situation erhaben fühlt. Kom¬
men nun bei Schneeverwehungen, Kohlen- und Wassermangel,
in der Rübeucampagne u. s. w. die regelmässigen stündlichen ;
und noch schlimmeren Verspätungen vor, — nun, dann haben die ,
Kreisthierärzte ja Müsse, einen interessanten Vergleich zu ziehen.
Sie haben nicht nur erheblichen pecuniären Nachtheil, j
sondern die Ausführung ihrer Geschäfte wird ihnen durch den
Zwang zur Kleinbahnbenutzung auch erheblich erschwert. Es j
wäre doch dringend zu wünschen, dass die Kreisthierärzte nach
den gleichen Grundsätzen wie die Kreisphysiker behandelt würden. ;
Die Kreisphysici kennen auch den Erlass des Landwirthsch.
Ministeriums vom 13. Mai 1881 nicht, nach welchem Gebühren
und Tagegelder überhaupt nicht an einem Tage liquidirt werden
dürfen, auch wenn sie nicht ein- und dasselbe Dienst¬
geschäft betreffen, wie § 5 des Gesetzes vom 9. III. 72
dieses ausdrücklich hervorhebt. Der Kreisthierarzt darf des¬
halb an solchen Tagen, an denen er eine Marktrevision ausser¬
halb seines Wohnortes vornimmt, keine Tagegelder für eine an
demselben Tage ausgeführte Reise liquidiren. Der Kreisphysicus
darf das. Wenn er Morgens eine Impfreise unternimmt, oder
Cholera-Observationen macht, wenn er in staatlichen Arbeiter-
Versicherungen u. s. w. Dienstgeschäfte ausführt, so kann er
Nachmittags ohne Weiteres eine Dienstreise mit vollen Ge¬
bühren liquidiren. Der Kreisthierarzt darf noch nicht einmal
Tagegelder für Dienstreisen nehmen, wenn er auf Grund des
§ 17 einen Händlerstall besichtigt. Doch halt! er darf es, und
zwar wenn die Gebühren z. B. für die Handelsstallrevision
6 Mark nicht erreichen, so darf’ er aus der Staatskasse so viel
hinzu liquidiren, bis er 6 Mark voll hat - also doch Gebühren
und Tagegelder!
Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preussen am 15. Januar 1900.
Regierungsbezirk
Die Seuche
i
Kreisen
herrschte
n
Gemeinden
(Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez)
waren
verseucht:
Königsberg.
12
156
38,16
Gumbinnen.
7
19
4,88
Danzig.
8
43
34,12
Marienwerder.
15
138
61,00
Berlin.
1
—
—
Potsdam.
16
81
31,31
Frankfurt.
16
86
31,60
Stettin.
11
63
33,58
Köslin.
10
91
47,12
Stralsund.
3
20
22,44
Posen .
20
77
23,36
..
13
176
79,10
Breslau.
21
79
20,80
Liegnitz.
13
34
12,08
Oppeln.
13
154
54,98
Magdeburg.
14
78
54,02
Merseburg.
15
100
43,25
Erfurt.
5
6
10,23
Schleswig.
5
7
3,28
Hannover.
9
28
44,51
Hildesheim.
9
25
34,53
Lüneburg .
2
11
7,46
Stade.
2
5
6,88
Osnabrück .
3
22
39,28
Aurich.
2
2
5,84
Münster.
8
26
97,01
Minden.
10
55
107,84
Arnsberg.
15
50
58,82
Kassel.
16
50
29,90
Wiesbaden.
11
23
24,57
Koblenz.
13
57
54,54
Düsseldorf.
17
92
213,95
Köln.
9
35
118,24
Trier.
12
56
49,68
Aachen.
6
38
97,43
Hohenzollern-Sigmaringen
4
19
149,60
Summa:
367
2002
—
Nachweieung über den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche
am 15. Januar 1900.
Es waren am 15. Januar 1900 in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Berlin 1. R.-B.
Potsdam 3 (3). R.-B. Stettin 1 (1). R.-B. Posen 2 (2). R.-B.
Bromberg 2 (2). R.-B. Breslau 1 (1). R.-B. Oppeln 4 (6).
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60 BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 5.
R.-B. Merseburg 1 (1). R.-B. Hildesheim 2 (2). R.-B. Stade 1
(1). R.-B. Minden 1 (1). R.-B. Arnsberg 1 (1). R.-B. Düssel¬
dorf 1 (1). R.-B. Aachen 1 (1). Bayern: R.-B. Oberbayern
1 (1). R.-B. Schwaben 1 (1). Württemberg: Donaukreis 2 (2).
Baden: Landescomm. Constanz 1 (1). Landescomm. Mannheim
1 (1). Braunschweig: 1 (1). Hamburg: 1 (1). Eisass-
Lothringen: Bez. Lothringen 1 (4).
B. von Maul- und Klauenseuche fexcl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 14 (79). R.-B. Niederbayern 7
(12). R.-B. Pfalz 12 (59). R.-B. Oberpfalz 6 (16). R.-B. Ober¬
franken 11 (28). R.-B. Mittelfranken 13 (28). R.-B. Unterfranken
15 (41). R.-B. Schwaben 20 (105). Sachsen: Kreisliauptm.
Bautzen 3 (21). Kreisliauptm. Dresden 8 (39). Kreisliauptm.
Leipzig 6 (72). Kreisliauptm. Zwickau 10 (67). Württem¬
berg: Neckarkreis 11 (35). Schwarzwaldkreis 17 (68). Jagst-
kreis 12 (47). Donaukreis 16 (187). Baden: Landescomm.
Constanz 9 (61). Landescomm. Freiburg 9 (73). Landescomm.
Karlsruhe 9 (57). Landescomm. Mannheim 13 (67). Hessen:
Provinz Starkenburg 6 (43). Provinz Oberhessen 5 (49). Pro¬
vinz Rheinhessen 5 (40). Mecklenburg-Schwerin: 7 (23)
Sachsen-Weimar: 5 (40). Mecklenburg-Strelitz: 2 (7).
Oldenburg: Herzogthnm Oldenburg 1 (2). Fürstenthum Birken¬
feld 1 (2). Braunschweig: 6 (47). Sachsen-Meiningen:
4 (17). Sachsen-Altenburg: 2 (10). Sachsen-Cobnrg-
Gotha: Herzogthum Coburg 1 (1). Herzogthum Gotha 2 (5).
Anhalt: 4 (22). Schwarzburg-Sondershausen: 1 (1).
Scliwarzburg-Rudolstadt: 2(3). Waldeck 2 (5). Reuss
j. L.: 2 (10). Schanmburg-Lippe: 3 (5). Lippe: 7(47).
Bremen: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk Unter-Elsass 8
(173). Bezirk Ober-Elsass 6 (78). Bezirk Lothringen 8 (39).
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Magdeburg 1 (2).
D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest):
Preussen: R.-B. Königsberg 5 (11). R.-B. Danzig 1 (1).
R.-B. Marienwerder 3 (3). R.-B. Potsdam 3 (3). R.-B. Frank¬
furt 1 (1). R.-B. Stettin 3 (5). R.-B. Stralsund 1 (1). R.-B.
Posen 7 (8). R.-B. Bromberg 3 (5). R.-B. Breslau 8 (16).
R.-B. Liegnitz 1 (2). R.-B. Oppeln 7 (11). R.-B. Magdeburg
1 (1). R.-B. Schleswig 4 (4). R.-B. Hannover 1 (1). R.-B.
Stade 1 (1). R.-B. Osnabrück 2 (2). R.-B. Münster 2 (2).
R.-B. Minden 1 U). R.-B. Arnsberg 1 (2). R.-B. Cassel 3 (5).
R.-B. Wiesbaden 1 (5). Bayern: R.-B. Oberbayern 2 (2).
R.-B. Schwaben 1 (1). Hessen: Provinz Rheinhessen 1 (1).
Braunschweig: 3 (3). Sachsen-Altenbnrg: 1 (1). Anhalt:
l (1). Hamburg: 1 (2). Lothringen: 1 (1).
Maul- und Klauenseuche auf Viebhöfen.
In Berlin ist die Seuche am 24. Januar unter Schweinen
von Neuem ausgebrochen, nachdem der Ansbruch vom 20. Januar
erloschen war. In Sachsenhausen bei Frankfurt Ausbruch auf
dem Viehhof am 25.
Personalien.
Ernennungen: In Bayern: Die Bezirksthierärzte Norbert Hi 11er-
brand in Freising und Rupert Schmid in Bogen pragmatisch an¬
gestellt. Versetzt wurde: Rudolf Küffner, Bezirksthierarzt in
Garmisch, nach Weilbeim. In den zeitweiligen Ruhestand versetzt:
der Bezirksthierarzt Peter Schuster in Obernburg auf dl» Dauer
eines Jahres.
Tbierarzt Braun aus Besenfeld ist als Ortstbierarzt von
Schwenningen im kgl. würtbg Oberamt Rottweil bestätigt worden.
Tbierarzt Hollandt von Herges-Vogtey bei Schmalkalden ist zum
Assistenten der zoologischen Station in Neapel, Thierarzt Dr. Magde¬
burg aus Landsberg zum 1. und Schlacbtbofthierarzt Neubauer
zu Königsberg zum 2. städtischen Thierarzt am Schlachthof zu
Posen ernannt worden.
Examina: In Hannover wurden approbirt die Herren Johannes
Albrecht, Albrecht Fuhrmann, Hans Jakobsen, Theodor
Oppermann, Johannes Peters, Heinrich Westerfrölke nnd
Karl Wiendick.
In Württemberg haben nach bestandener Staatsprüfung die
Qualification zur Anstellung als beamteter Thierarzt erhalten die
Herren Districtsthierarzt Frasch zu Hayingen, Thierarzt Metzger
zu Cannstadt, Stadtthierarzt Rössle zu Waiblingen, Stadt- und
Districtsthierarzt Schwarz zu Waldsee und Dr. med. vet. Seybold,
Assistent an der Hochschule zu Stuttgart.
Wohnsitzver&nderungen, Niederlassungen: Verzogen: Thierarzt
Job. Mattem von Hassloch nach Mutterstadt, Thierarzt K. W r .
Neuhaus nach Kusel als bezirksthierärztlicher Assistent, Thierarzt
V. Stang von Püttlingen nach Freiburg i. Br. (Hygien. Institut),
Oberrossarzt a. D. Walther nach Berlin. — Thierarzt Th. Opper¬
mann hat sich in Oelper (Braunschweig) niedergelassen.
in der Armee: In den Ruhestand versetzt der Oberrossarzt
Walther im 18. Drag.-Regt. Zum Leutnant der Reserve des
2. Niederschles. Infanterie-Regiments No. 47 befördert der Assistenz¬
thierarzt Dr. Davids-Kiel.
Yacanzen.
Kreisthierarztstelien etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Elsass-Lothringen: Kreis Bolchen (600 M. und 700 M. Reise-
kosten-Aversum). Bew. bei dem Ministerium, Abtli. für Landwirtschaft.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Arnsberg: Lippstadt. — R.-B. Danzig: Carthaus. — R.-B.
Gumbinnen: Grenzthierarztassistentenstelle in Stallupönen. —
R.-B. Schleswig: Eiderstedt. — R.-B. Trier: Kreisthierarzt¬
assistentenstelle.
Sanitltsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Dessau: Scblachtbofassistenztbierarzt (1500 M., Wohnung etc.) —
Dresden: 3 Hilfsthierarztstellen am Schlacbthof (je 2100 M.) Bewerb,
bis 10. Februar an die Direction. — Eberswalde: Schlachthaus-
inspector (2400 M. bis 3300 M., Wohnung etc.) Meid, bis 1. März an
den Magistrat. — Geyer (Sächs. Erzgeb.): Tbierarzt fiir Fleisch¬
beschau (1500— 2000 M. aus der Stadtpraxis.) Bewerb, bis 1. März
an den Stadtrath. — Hannover: IV. Thierarztstelle am Schlachthof.
— Lemgo: Schlachthofinspector zum 1. April (1500 M. Anfangs¬
gehalt, Wohnung etc.). Bew. bis 20. Februar an d. Magistrat
— Wanne: Schlachthofvorsteher. Praxis gestattet. Bewerb, bis
15. Februar an den Amtmann.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Cottbus: Schlacbthofassistenztbierarzt. — Eckernförde: Schlacht¬
hofinspector. — Ejsen (Ruhr): 3. Schlachthoftbierarzt. — Fi lehne.
Schlachthofinspector. — Friedrichsthal (Kr. Saarbrücken): Thier¬
arzt für Fleischbeschau. — Görlitz: Schlacbthofassistenzthierarzt.
— Hirschberg (Schlesien): Schlachthofvorsteher zum 1. März. —
Königsberg i. P.: Schlachthoftbierarzt — Liegnitz: Schlacht¬
hofassistenzthierarzt. — Markneukirchen: Thierarzt für Schlacht¬
vieh- und Fleischbeschau. — Militsch: Schlachthofinspector. —
Mülhausen (Eisass): Schlachthofverwalter. — Norderney:
Schlachthofinspector. — Ostrowo: Schlachthofinspector. — Sprem-
berg: Schlachthof inspector. — Tempelburg: Schlachtbans¬
inspector. — Thorn: 2. Tbierarzt — Trier: Schlachthofhilfs-
thierarzt zum 1. März.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Augustnsburg: Städt Thierarzt sofort (720 M. Fixum.
Privatpraxis). — Festenberg. — Hirschberg (Saale): Thierarzt
(1000 M. Fixum). Bew. an den Stadtgemeindevorstan'd. — Rem¬
berg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck
(Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pillkallen.) — Lössnitz: Thier¬
arzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau zum 1. Juni 1900. Bew.
an den Stadtrath. — Murrhardt. — Pabstorf (Braunschweig):
Thierarzt sofort — Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.) ;
Thierarzt für Praxis (300 M. Zuschuss). Bewerbungen beim Magistrat.
Besetzt: Beide Schlachthofstellen in Posen.
Verantwortlich für den Inhalt (excL Inaeratenthell): Prot Dr. Schmaltz ln Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Scboeta ln Berlin. — Druck von W. Büxenatein, Berlin
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Die „Berliner Thlerirstllche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in St&rke von mindestens i'/* Bogen. Dieselbe
iat zu beziehen durch den Buchhandel, die Post (No 1082)
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard
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Berliner
Originalbeltrlge werden mit 50 Hk. für den Bogen honorlrt.
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr Scbmaltz,
Berlin, tbierirztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recensions- Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Bichard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 6 . Ausgegeben am 8. Februar.
Inhalt: Angerstein: Bacillol, Protargol, Tannoform. — Aronsohn: Infection des Mclkpersonals von pockenkranken Kühen.
— Möller: Befund bei einer jungen, erstgebärenden Kuh, die kurz nach dem Kalben ausgesprochene Gebirn-
depressionserscheinungen aufwies. — Yordai: Behandlung des Milzbrandes mit Creolin. — Kissuth: Kleine
Mittheilungen. — Referate: Die Behandlung von Pferden, Maulthieren und Ochsen während des Felddienstes in Süd-Afrika.
— Diener: Euterentzündung beim Pferde. — Therapeutische Notizen. — Tagesgeschichte: Die thierärztlichen Verhältnisse
in Ungarn und das Abiturientenexamen. — Protokoll der 45. Generalversammlung des thierärztlichen Centralvereins der
Provinz Sachsen, der anhakischen und thüringischen Staaten. — Verschiedenes. — Fleischschau. — Bücheranzeigen
und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen.
Bacillol, Protargol, Tannoform.
Von
C. Angsrstein Sternberg,
Tbierarzt.
Obige drei Präparate habe ich seit längerer Zeit in der
Praxis verwerthet.
Das Bacillol hat mir bei der Wundbehandlung sehr gute
Dienste geleistet. Da ich gleichzeitig zwei Fälle von Resection
des gebrochenen äusseren Darmbeinwinkels bei zwei Kühen vor¬
zunehmen hatte, benutzte ich in einem Falle Creolin-Pearson,
im anderen schwereren Bacillol in 3proc. Lösungen zum täglich
5—6maligen Berieseln der gesetzten Operationswunde. Das
Bacillol zeigte sich hierbei dem Creolin-Pearson mindestens eben¬
bürtig, denn die schwere Wunde heilte schneller als die leichtere.
Bacillol regt m. E. die Granulation mehr an als Creolin.
Unangenehm ist nur das stark brennende Gefühl, welches
Bacillol verursacht, wenn es durch Unvorsichtigkeit in unverdünntem
Zustande auf die Haut gelangt Im verdünnten Zustande habe
ich beim Bacillol eine derartige ätzende Wirkung nicht beobachtet,
während dies bei Creolinlösnngen der Fall ist.
Bacillol iu 2proc. Lösung verwandte ich mit eclatantem
Erfolg bei Yorhautentzündung einiger Ballen. Zum AusspQlen
der Geburtswege bei Metritis eignet sich Bacillol besser als
Creolin, weil sich bei Verwendung desselben in 2 proc. Lösung
Drängen nicht oder doch nur in ganz unerheblichem Grade ein¬
stellt. Dem Lysol gegenüber hat Bacillol den Vorzug, dass die
in Bacillollösong gelegten Instrumente etc. nicht schlüpfrig werden.
Ein nicht zu verachteoder Factor ist ferner die Billigkeit
des Bacillol, welche ausgiebigste Verwendung bei Desinfection
grösserer Räume gestattet.
Ich hatte Gelegenheit einige Fälle von schweren Ver¬
wundungen mit Bacillol, Protargol und Tannoform zu behandeln:
Ein Pferd war mit dem Hintertheil in eine eiserne Egge
gestürzt und hatte sich u. A. hierbei eine Stichwunde zngezogen,
welche im unteren Schamwinke] beginnend, sich 18 cm tief in
den linken Hinterschenkel hinein erstreckte. Die bei der Ver-
wnndung aufgetretene starke Blutung sowie die bei der Unter¬
suchung beobachtete Blässe der Conjunctiva Hessen vermutben,
dass ein grösseres Blutgefäss verletzt sei, weshalb von einer Er¬
weiterung des Wandkanal8 vorläufig abgesehen wurde.
Die Wände wurde zwei Tage lang mit 3 proc. Bacillollösung
irrigirt, dann vernothwendigte sich ein tiefer Einschnitt in den
dicken Einwärtszieher, nm so von der Seite und nnten her in
den Stichkanal gelangen zu können. Durch diese Oeffnung entleerte
sich beim Ausspiilen mit Bacillollösung eine grosse Menge Jauche
und zerfallener Masse. Es wurde nun täglich dreimal 3 proc.
Protargollösang mittelst Glasspritze in den Stichkanal gespritzt,
nachdem vorher gründlich mit Bacillollösung gereinigt war. Die
Wunden heilten bei dieser Behandlung überraschend schnell.
Eine Verletzung der Kronbeinbeugesehne des rechten Ilinter-
fusses, welche sich das Thier ebenfalls zngezogen, wurde aus¬
schliesslich mit 3 proc. Protargollösung behandelt und sehr schnell
geheilt.
Oberflächliche Hautverletzungen desselben Pferdes wurden
mit Tannoform tüchtig eingerieben, woraufhin sich die Heilung
unter dem gebildeten Schorf schnell vollzog.
Ein werthvolles Pferd hatte sich an der Stacheldralit-
nmzäunung der Koppel tiefgehende Verletzungen der Weichtlieile
am Schienbein und an Krone und Ballen des linken Vorderfusses
zugezogen. Auch hier trat bei Anwendung von Protargollösung
bei Behandlung der Sehnenwunden nnd von Tannoformverband
unter Verwendung des Vogelerschen Pferdestiefels schnell tadel¬
lose Heilung ein.
Bei einer Verletzung des linken hinteren Ballen eines Pferdes
durch eine Eggenzinke, welche sich quer über den Ballen er¬
streckte, nnd die vom Besitzer des Thieres arg vernachlässigt
war, habe ichxBacillol zur Reinigung der Wunde benutzt, dann
einen Verband mit in Protargollösung getränkter Watte angelegt
und später, als die Wände von innen heraas bis zur Höhe der
Haut geheilt war, die weitere Vernarbung durch Anwendung von
Tannoform schnell erzielt. Tannoform habe ich ferner mit sehr
gutem Erfolg bei mehreren Mankefällen verwendet
Wände Hautstellen, infolge Reibung von Geschirrtheilen, Sattel¬
drücke, Streichwanden heilten schnell unter dem Tannoformschorf.
Im Anschiass an eine vernachlässigte Streichwunde hatte sich
bei einem Pferd eine Fistel entwickelt, welche sich von der
Innenfläche des Fesselgelenkes bis zwei Finger breit unter das
Vorderfasswurzelgelenk hinauf erstreckte. Nachdem hier oben
eine Gegenöfihnng geschaffen, wurde der Kanal täglich dreimal
mit Protargollösung ausgespritzt und heilte nun in kurzer Zeit.
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62
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
Ekzeme bei Hunden heilten schnell unter dem Tannoform-
schorf, die Geruchlosigkeit des Tannoform ist, namentlich bei der
Behandlung von Luxushunden, von grossem Werthe. Otitis bei
Hunden behandelte ich vielfach mit Tannoform in Spiritus vini,
und hatte immer, auch in schweren Fällen, befriedigenden Erfolg.
Auch in Salbenform — mit Adeps lanae und Ung. Vaselin. —
habe ich Tannoform bei ausgedehnteren Hautwunden angewendet,
namentlich wenn Beugeflächen der Gelenke zu behandeln waren;
der Erfolg war gut.
Durchfälle des Jungviehs wurden durch Tannoform prompt
gehoben, die Wirkung war hier eclatanter als bei allen bisher
von mir benutzten Arzneimitteln — Tannin, Naphthalin, Thüringer
Pillen etc. —. Bei einem Pferd stand heftiger wässriger Durch¬
fall nach der zweiten Gabe von Tannoform 10,0 + Natr. bicarbonic.;
nachdem schon die erste Gabe eine festere Consistenz der Faeces
verursacht hatte. Ebenso wirkten 25 g Tannoform bei starkem
Durchfall einer Kuh.
Der theure Preis des Protargol ist m. E. kein Hinderniss
das Präparat anzuwenden, da man nur geringe Mengen in Form
3proc. Lösungen benöthigt.
Das Tannoform ist ein Präparat, welches dem Jodoform über¬
legen ist und dasselbe bald verdrängen dürfte, da es wie letzteres
in Pulver, Salben und Stäbchenform sich verwenden lässt, als
Tannoformcollodium dasselbe leistet wie Jodoformcollodiura, und
ferner als Adstringens im Darm zu ausgiebiger Wirkung gelangt.
Infection des Melkpersonals von pockenkranken
Kühen.
Von
Dr. Aronsohn-Röbel i. Meckl.,
Thier» r/.t
Verhältnissmässig oft beobachtet man in dieser Gegend ein
Exanthem an den Zitzen der Kühe, welches in einer Eruption
von Knötchen besteht, die. allmälig grösser werden und ans
denen sich bis bohnengrosse Bläschen mit wässerigem und
schliesslich eiterigem Inhalt bilden. Die für die echten Pocken
specitische Dellenbildung hat man nur selten zu sehen Gelegen¬
heit, weil bei dem für die Tliiere schmerzhaften Melkgeschäft
die typische Entwicklung des Exanthems eine Störung erleidet
und die Bläschen frühzeitig aufgerissen werden. Man findet daher
in der Regel nur mässig dicke, bis markstückgrosse Borken, nach
deren Entfernung eine eiterige Fläche oder erbsengrosse Ver¬
tiefungen zu Tage treten.
Die Zitzen selbst schwellen bei heftiger Erkrankung stark
an, so dass es grosser Mühe und Geduld bedarf, die Milch aus
den betreffenden Eutervierteln in genügender Weise zu entleeren.
Im Uebrigen ist das Leiden, welches in hohem Grade an¬
steckend ist, ein rein locales: die Kühe bleiben fieberfrei und
bei gutem Appetit.
Der Verlauf des Leidens zieht sich in dem ganzen Be¬
stände mehrere Wochen bis Monate hin, ist jedoch insofern ein
gutartiger, als eine Erkrankung der Euterdrüse selbst nur selten
beobachtet wird und in diesen Fällen auch nicht auf eine
Reizung der Drüse durch den specifischen Infectionsstoff, :
sondern nur auf ein mangelhaftes Ausmelken zurückzuführen ist. I
ln den Lehrbüchern der Pathologie wird zwischen echten
und falschen Kuhpocken geschieden und zwar in Rücksicht auf
die Verschiedenheit in Form, Entwicklung und Verlauf des
Exanthems. In praxi lässt sich diese Scheidung, deren Be¬
rechtigung übrigens mehrfach angezweifelt wird, nicht leicht
durchführen, weil die typische Entwicklung des Ausschlages
durch das Melkgeschäft und andere Momente mannigfache
Störungen erleidet, und weil in Folge dessen die Diagnose
wesentlich erschwert wird.
An sich hätte auch eine genauere Differenzining für die
Praxis keine besondere Bedeutung, wenn nicht die Möglichkeit
der Uebertragung des Exanthems auf Menschen in Frage käme
und das Krankheitsbild bei diesen ein wesentlich anderes wäre,
je nachdem es sich um die eine oder andere Form der Kuh¬
pocken handelt.
Ehrhardt berichtet im Schweizer Archiv für Thierheil¬
kunde Bd. 38 p. 81 über eine rebertragung von falschen Pocken,
sogenannten Spitzpocken (Varicellen) auf einen Melker: Das
contagiüse Leiden bei den Kühen äusserte sich in Epithel¬
verlusten an den Zitzen mit darauffolgender starker Entzündung:
bei dem betreffenden von den Kühen inficirten Melker entstand
eine starke Anschwellung der Achseldrüsen und der einen Hand,
worauf sich auf der Haut derselben zahlreiche bis erbsengrosse
Blasen bildeten. Im Laufe von 14 Tagen war diese Affection
gutartig abgeheilt.
Etwas anders liegen die von mir in diesem Jahr beobachte¬
ten Fälle der Erkrankung zweier Melkerinnen auf dem Hofe
Erlenkamp und einer Melkerin und zweier Melker auf dem von
jenem Hofe ca. 4 km entfernt gelegenen Gute Bollewick bei
Röbel in Mecklenburg.
Unter den Kühen beider Bestände grassirte in diesem
Herbste das von mir oben geschilderte Zitzenleiden. Zwei bis
fünf Tage, nachdem das Leiden bei den Thieren offensichtlich
wurde, erkrankten jene fünf Personen und klagten säinmtlich
bei leichtem Fieber zunächst über Schmerzen in den Achsel¬
höhlen. Gleichzeitig traten allmälig stärker werdende Schwel¬
lungen einzelner Finger oder der ganzen Hand bis zum Ellen¬
bogen hin auf. Diese Schwellungen fühlten sich derb an, waren
jedoch auf Druck nur wenig schmerzhaft.
Bei zweien der inficirten Personen Hessen sich kleine Haut-
läsionen nachweisen, von denen die Infection wahrscheinlich
ihren Ansgang genommen hatte, bei den übrigen dreien fand
sich eine solche Eingangspforte des betreffenden Virus nicht
vor. Bei diesen letzteren constatirte der sie behandelnde Arzt
auf der Höhe der Geschwulst je eine Stelle, auf der sich die
Oberhaut in Bohnengrösse etwas abhob; nach künstlicher Ab¬
lösung derselben trat die unebene, zerklüftete, dunkelroth ge¬
färbte Unterhaut zu Tage, aus der sich nur etwas wässeriges
Secret absonderte. Von diesem unreinen Untergründe stiessen
sich in den nächsten Tagen kleine Gewebsfetzen ab, bis im
Laufe von drei Wochen ohne weitere CompUcationen Heilung
erfolgt war: auch die Schwellung der Achseldrüsen und der
Hand resp. Finger war in derselben Zeit theils unter Behand¬
lung mit Sublimatverbänden, theils auch ohne jene Behandlung
allmälig gänzlich geschwunden.
Zu Abscedirungen kam es in keinem der fünf Fälle, wie
auch niemals im Gegensatz zu dem von Ehrhardt citirten
Falle Blasenbildungen auf der Hand beobachtet wurden.
Es ist nicht leicht zu entscheiden, ob es sich in den von
mir beobachteten und beschriebenen Erkrankungen um eine
Infection mit reinem Pockenvirns oder um eine Mischinfection
handelt. Die allgemein eingeführte Vaccination schliesst be¬
kanntlich die Möglichkeit einer Erkrankung an Pocken nicht
gänzlich aus, zumal da die Immunität nur eine gewisse Reihe
von Jahren vorhält, während jedoch andererseits das Leiden bei
vaccinirten Personen stets in milderer Form verläuft.
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63
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
8. Februar 1900.
In dem „Correspondenz-Blatt des Allgem. Mecklenb. Aerzte-
vereins“ vom 4. December 1899 findet sieh zufällig eine für
diese Frage interessante Mittheilung von Pr. Raspe, nach
welcher „vier Melker, schon ältere Leute, sich an den Händen
mit den Knhpocken inficirten, während ein Mädchen von sech¬
zehn Jahren vermöge des Impfschutzes, den sie durch die
Impfung im zwölften Jahre empfangen hatte und der offenbar
noch wirksam war, von der Infection verschont blieb“. Nähere
•Angaben fehlen.
Zweifellos steht die Infection dieser, sowie der von mir
angeführten Personen mit dem Exanthem an den Zitzen der
Kühe in einem ursächlichen Zusammenhang.
Es wird daher Aufgabe des practicirenden Thierarztes sein,
das Melkpersonal beim Herrschen pockenartiger Erkrankungen
unter den Kühen auf die Gefahr einer Infection hinzuweisen
und dazu anzuhalten, die Hände jedes Mal nach Beendigung
des Melkgeschäfts mit warmem Seifenwasser sorgfältig zu
reinigen und darauf mit Sublimatwasser oder einem anderen
derartigen Mittel zu desinficiren.
Von Dr. Raspe wurde dem Besitzer der Kuhherde eine
Impfung aller neu eingestellten Melker resp. das Melken mit
Gummihandschuhen empfohlen.
Befund bei einer jungen, erstgebärenden Kuh, die
kurz nach dem Kalben ausgesprochene Gehirn¬
depressionserscheinungen aufwies.
Von
F. L. W. Müller-Horneburg (Hann.),
Thierarzt
Vor einiger Zeit wurde ich sehr eilig zu einer Starke ge¬
rufen, die nach Angabe des Besitze« vor etwa einer Stunde ge¬
kalbt habe. Das Kalben sei sehr leicht von Statten gegangen,
die Kuh sei bis zur Geburt vollständig munter gewesen, habe
nach dem stattgehabten Kalben sogar noch wiedergekäut, sei
aber alsdann bald sehr krank geworden, habe getaumelt, sei
niedergestürzt und zeige nun ganz den Zustand einer schwer vom
Milchfieber befallenen Kuh.
Als ich eine halbe Stunde später an Ort und Stelle ankam,
traf ich die Kuh schon mit durchschnittenem Halse vor; der
Schlachter, sowie eine Reihe glaubhafter und verständiger Zeugen
erklärten, sie hätten sich nicht mehr zu helfen gewusst, der
Athem wäre immer leiser und oberflächlicher geworden und
schliesslich ausgeblieben, und da hätten sie noch schnell den
Hals durchschnitten. Das Herz müsse aber noch gelebt haben,
denn das Blut sei in kräftigen stossweisen Strömen aus den
Schlagadern geflossen, die Kuh habe aber kein Glied mehr
gerührt.
Das Cadaver lag auf der Diele und hatte nach meinem Taxat
etwa \ eines grossen Stalleimers an Blut durch die Schlachtung
verloren. Es war eine gute, kräftige, wohlgenährte, zwei ein
Viertel Jahr alte Marschkuh, nach Angabe des Besitzers, der sie
erst gekauft hatte, in der letzten Zeit noch gut gepflegt. Das
Euter strotzend gefüllt. Kurz nach dem Kalben war die Nach¬
geburt abgegangen, an derselben wurde nichts Ausserordent¬
liches bemerkt Bei dem auf dem Rücken liegenden Cadaver
sah der auffällig enge Muttermund aus der Scheide hervor. An
Scheide und Gebärmutter von aussen keinerlei Quetschungen
oder Verwundungen zu sehen. Da mir die Todesursache resp.
Krankheitsursache unklar war, so wohnte ich der völligen Aus¬
schlachtung bei, und konnte bei genauer Untersuchung der Bauch-,
Becken- und Brusthöhle, ihrer Eingeweide und speciell ihrer
grösseren Blutgefässe auch nicht das Geringste entdecken, was
als Ursache der schweren Erkrankung hätte gelten können. Es
hatte keine Blutung stattgefunden, es war die Gebärmutter nicht
verletzt, auffällig war aber der geringe Umfang der Gebärmutter
(kleiner als bei Kühen, die wegen Milchfiefcer am zweiten
Tage nach dem Kalben geschlachtet werden) sowie die hellgelb¬
graue Farbe, der stark contrahirte und in Folge dessen derbe
Zustand derselben. Der Körper der Gebärmutter war in starre.
Längsfalten gelegt. Im Innern derselben nichts Bemerkens werthes
Am Herzen waren keine Abnormitäten zu finden, desgleichen
nicht an den grossen Halsgefässen.
Die Kuh war nicht durch einen Schlag auf den Kopf be¬
täubt worden. Ich schritt daher zur Exenteration des Gehirns,
löste sorgfältig die Schädeldecke ab und fand durch die dura
mater hindurchschimmernd das ganze Gefässnetz der pia mater
durchsetzt mit deutlich sichtbaren und nachweisbaren Luftblasen.
Nach Entfernung der dura mater konnte man vermittelst eines
stumpfen Bleistiftes diese Luftblasen in den Gefässen hin- und
herschieben. Das ganze Gefässnetz hatte ein marmorirtes Aus¬
sehen von weiss, bedingt durch die Luftblasen, und roth, bedingt
durch das Blut. Beim Einschneiden in eins der Gefässe an der
Stelle einer Luftblase entwich erst die Luft und dann floss Blut
nach. Nach Abheben der weichen Hirnhaut fanden sich auch
die tiefer liegenden Gefässe mit Luftblasen durchsetzt. In den
beiden Ventrikeln fanden sich ca. 2 Fingerhüte voll röthlich
gelber Flüssigkeit. In den Arterien konnte ich keine Luftblasen
nachweisen.
Das Ergebniss dieses Befundes:
Bis zu erfolgter Geburt anscheinend völlige Gesundheit des
Thieres; nach dem leicht erfolgten Kalben sofortiger Abgang der
Nachgeburt und starke Contraction des Uterus; die ausser¬
ordentlich schnell und heftig aufgetretene Erkrankung des
Thieres unter den ausgesprochenen Symptomen von schweren
Circulationsstörungen im Centralnervenapparat im Zusammen¬
hang mit dem sicher festges‘ellten Sectionsergebniss am noch
lebenswarmen Calaver rechtfertigen die Annahme, dass es sich
in diesem Falle um eine Luftaspiration von Seiten des Uterus
gehandelt hat und dass diese Luftaspiration die schweren
Depressionserscheinungen verursacht hat; denn der Uterus war
zur gegebenen Zeit wohl die einzige Eingangspforte für Luft;
dass erst nach Durchschneidnng des Halses eine Aspiration von
Seiten der grossen Halsgefässe stattgefunden habe und auf diese
Weise die Luft in die Gehirngefässe gekommen sein soll, ist
nach den physiologischen Verhältnissen nicht wohl denkbar. Ich
komme mit diesem Krankheitsbefnnde einer Anschauung des ver¬
storbenen Prof. C. Harm8 zu Hilfe, der in einer Luftaspiration
von Seiten des Uterus die Ursache des Milchfiebers vermuthete;
nach der heutigen Erkenntniss jedoch kann nur in sehr seltenen
Fällen dieses die Ursache der gewöhnlich als Milchfieber be-
! zeichneten Krankheit sein.
Behandlung des Milzbrandes mit Creolin.
Von
Yordal-Bergen (Norwegen),
Thlorarzt.
In meinem Wirkungskreise — Bergen und Umgegend —-
kommt jedes Jahr eine Anzahl von Milzbrandfällen vor. Da ich
auf den Artikel des Collegen Hansen in No. 49 der B. T. W.
aufmerksam wurde, fasste ich gleich den Entschluss, sobald als
sich mir eine Gelegenheit bot, Creolin zu versuchen.
Am 8. Januar wurde ich von einem Landmanne mit dem
Vorbericht gerufen, dass eine seiner Kühe Abends vorher krank
geworden war. Bei meiner Ankunft am genannten Tage, ca.
21 Stunden nach der wahrgenommenen Erkrankung, konnte das
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64
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
Thier jedoch noch ohne Hilfe aufstehen. Es handelte sich um
eine kleine, schwarze, gut genährte Milchkuh der „Fjordrace“.
9 Jahre alt, Fresslust und Milchsecretion fehlten. Die Mastdarm¬
temperatur betrug 41,6. Der Puls war klein, 80 Mal in der
Minute, kaum fühlbar. Es bestand starke Athmungsbeschwerde.
Der Kopf wurde vorgestreckt, das Sensorium war stark ein¬
genommen, dann und wann zitterte die Kuh stark an den
Hinterschenkeln. Der Pansen war wenig gefüllt, der Koth war
dünnbreiig. Der Besitzer hatte der Kuli zwei Esslöffel Glauber¬
salz eingegeben. Auf dem Hofe kamen seit Jahren unter den
Rindern Milzbrandfälle vor, sodass ich die Diagnose auf Milz¬
brand stellte.
Das kranke Rind wurde sofort vom Stalle entfernt, und
beim Hinüberführen in einen andern Stall schwankte es hin
und her.
Der Patient bekam 4 Stunden nachher 25 g Creolin in
einer Flasche Wasser; als aber der Besitzer 6 Stunden darauf
in den Stall kam, war die Kuh am Verenden. Bei der micro-
scopischen Untersuchung des Blutes wurden grosse Mengen Milz¬
brandbacillen gefunden.
Kleine Mittheilungen
von
Kissuth-Guhrau,
Kreisthierarzt.
Ein nahezu fettes, ca. zwei Centner schweres Schwein ver¬
endete bald nach der Mahlzeit unter den Erscheinungen starker
Athemnoth. Da bald nach dem Tode Rotlifarbung hinter dem
Kopf und am Bauch eintrat, wurde der Fall als Seuchefall
gemeldet. ■ ' •>-
Bei der Section konnte, trotzdem die Milz sich in der
Bauchhöhle freiliegend zeigte, der Magen nicht gefunden werden.
Erst nach Eröffnung der Brusthöhle von dem nach der Bauch¬
höhle vorgewölbten Zwerchfell aus wurde der stark mit Gasen
angefüllte Magen sowie der Anfang des Duodenum in der Brust¬
höhle zwischen den collabirten Lungen gefunden. Die Leber war
stark vergrössert, die Gallenblase zum Bersten prall gefüllt.
Das Zwerchfell war bis auf eine dorsal gelegene glattgeränderte
Oeffnung, welche das Duodenum gerade ausfüllte, völlig iutact.
Es fehlte auch die normale Schlundöffnung im Zwerchfell.
Ein dreijähriges Füllen von auffallend dürftigem Habitus
litt nach jeder Futteraufnahme an Kolik. Da das Thier schon
von Seiten des Besitzers vielfach mit Klystiren behandelt
worden, so war die Consistenz der zu Tage tretenden Fäces
immer dünnbreiig, jedoch sehr wenig ergiebig. Da der Zustand
in allgemeinen Kräfteverfall ausartete, wurde das Thier ,ge-
tödtet. Bei der Section fand sich etwa 3 / 4 m vom After ent¬
fernt das Lumen des Mastdarms durch eine über faustgrosse
bindegewebige Geschwulst derart versetzt, dass nur noch Raum
von der Stärke einer gewöhnlichen Bleifeder übrig blieb. Vor
der Geschwulst starke Dilatation des Mastdarms sowie Ver¬
dickung der Wandung um das Dreifache.
Die Geschwulst selbst zeigte in der Tiefe einen feinen
schwarzen Kanal, wie wenn ein spitzer Fremdkörper die Ursache
desselben gewesen, jedoch war ein solcher nicht resp. nicht mehr
aufzufinden.
Referate«
Die Behandlung von Pferden, Manlthieren nnd Ochsen
während des Felddienstes in Süd-Africa.
Das englische Kriegsamt hat den Officieren eine Anleitung
über die allgemeine Behandlung der Pferde, Maulthiere und
Ochsen im Felddienst während des Krieges in Süd-Africa zu¬
gestellt mit Anmerkungen über die Krankheiten, welchen Thiere
in jenen Ländern ausgesetzt sind.
Die gebräuchlichen Futtermittel sind Mais oder indisches
Korn, local „mealies“ genannt, dann Haferheu, d. h. Hafer,
wenn er noch nicht ganz reif ist, mit den Körnern in der Aehre
geschnitten; er wird den Thieren mit Langstroh oder auch
mit Häcksel zu fressen gegeben. Man nennt dies in Süd-Africa
„forage“, ein Ersatzmittel für Heu, welches dort selten gesehen
wird.
„Forage“ darf nicht zu reif geschnitten werden, damit die
Körner nicht ausfallen. Gerste ist zuweilen erhaltbar, und wenn
sie grün geschnitten und frisch verfüttert wird, ist es ein gutes
Grünfutter, aber als Futterkorn ist es nicht zu empfehlen, da
dem Genuss nicht selten Kolik und Fussrehe folgt. Die Ration
für die Dienstpferde beträgt zwölf Pfund Korn oder acht Pfund
Korn und zehn Pfund „Forage“, für Maulthiere zehn Pfund
Korn oder 20 Pfund „Forage“, oder von jedem die Hälfte.
Erapfehlen8werth sind vier Futterzeiten, früh morgens zwei Pfund
Korn und zwei Pfund Forage, mittags drei Pfund Korn und zwei
Pfund Forage, abends nach der Arbeit ebenso, zur Nacht vier
Pfund Forage. Maulthiere in gleicherweise; sie erhalten etwas
über die Hälfte des Pferdefutters. Ist Kleie zu haben, so giebt
man zweimal Abends in der Woche warme Kleie.
Auf das Versagen eines Futters ist nicht viel Gewicht zu
legen, indessen soll doch das Futter von dem das Pferd nicht
fressen will, entfernt werden. Beim Versagen eines zweiten
Futters ist thierärztlicher Rath einzuholen. Eine giftige Pflanze,
von den Boeren „Tulp“ genannt, wächst an den Flussrändern und
in den Marschen. Nach dem Genuss entsteht acute Aufblähung,
welche, wenn nichts dazu gethan wird, ein Eingehen des Thieres
zur Folge hat. Als Gegenmittel ist Ammonium carbonicum zu
geben, welches dem einheimischen Mittel, der Asche von einer
Hand voll verbranntes Gras, gemischt mit Wasser, vorznziehen ist.
Sind die Pferde ermüdet, sollen sie abgerieben werden,
Augen und Nüstern mit einem nassen Tuch gereinigt werden,
die Beine gut abgetrocknet und wenn möglich bandagirt werden.
Die gewöhnlichen Decken sind aufzulegen und am liebsten ein
warmer Kleietrank zu verabreichen, nachdem Haferheu nach
Belieben. Verweigert das Pferd sein Futter, so ist ein Wein¬
glas voll Sprit in Wasser zu verabreichen als Stimulans.
Die in Betracht kommenden Krankheiten sind Rehe, An¬
schwellungen der Beine, Streichwunden, Verrenkungen, Sattel¬
und Geschirrdrücke, Augenentzündungen, Husten und Erkältungen,
Kolik und Hautkrankheiten, deren Behandlung angegeben wird.
Die Kennzeichen des Rotzes und der Pferdekrankheit, welche in
Süd-Africa im Sommer und Herbst auftritt und mit dem ersten
Frost verschwindet, werden mitgetheilt und Behandlungsmethoden
angegeben, wobei zugleich erwähnt ist, dass die Sterblichkeit au
dieser Krankheit sehr gross ist.
Von den Rinderkrankheiten sind Rinderpest, Lungenseuche
und Maul- und Klauenseuche als vorkommend aufgezählt.
Am Schlüsse der Anleitung sind Heilmittel zum handlichen
Gebrauch und Gewichtsbestiramungen nach Geldmünzen und dein
Fassungsvermögen der verschiedenen Löffel angegeben.
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8. Februar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
«5
Der britische Thierschutzverein hat übrigens beim Kriegs¬
amt angeregt, ein besonderes Ambulanzcorps zu bilden mit der
Aufgabe, jedes Schlachtfeld nach verwundeten Pferden abzu¬
suchen, den zu rettenden Hülfe zu bringen, die tödtlich ver¬
wundeten abzuthun. Nach eingeholtem militärischen Rath gab
das Kriegsamt den Bescheid, dass ein derartiges Ambulanzcorps
nicht der Genfer Convention unterstehen würde, aus dem Grunde
müssten erst für die Verwendung derartiger Veterinär-Ambulanz-
corps internationale Vereinbarungen getroffen werden. K.
Enterentzflndnng beim Pferde.
Von Diener- Sinsheim.
(DUi'h. Th. W. 8. No. 2.)
Ueber die Euterentzündung beim Pferde liegen relativ wenig
Angaben vor. D. hat 4 Fälle in einem und demselben Jahr
beobachtet mit Bezirksthierarzt Römer gemeinsam.
Eine 6 jährige Stute hatte vor einem Vierteljahr geboren.
Das Fohlen war seit 8 Tagen entwöhnt. Die rechte Euterhälfte
war geschwollen, namentlich an der Zitze. Es bestand ver¬
mehrte Wärme und Schmerz, sowie geringes Fieber (39.2).
Die • linke Enterhälfte war normal. Es wurde eingerieben
Camphorsalbe 60 g mit Lorbeeröl 4 und grüner Seife 16. In
das Euter wurde 3procentige Lysollösung gespritzt und daneben
mehrmaliges Ausmelken verordnet. Nach 3 Tagen erhebliche
Verschlimmerung und so hochgradige Schmerzen, dass jede An¬
näherung verwehrt wurde. Das Fieber war auf 40° gestiegen,
die Schwellung hatte sich vergrössert. Trotzdem wurde die Be¬
handlung fortgesetzt und Laxantien gegeben. Das Euter bekam
Leinsamenumschläge, die durch Suspensorien gehalten wurden.
Auch wurden Heudämpfe und mehrmalige tägliche Bewegung
verordnet. Bald darauf bijjlete sich ein Abscess, nach dessen
Entleerung die Erkrankung allmählich verschwand. Ausgang in
Heilung nach 3 Wochen.
Eine 8jährige Stute hatte seit einigen Tagen ein geschwollenes
Euter. Die Erscheinungen waren wie im ersten Fall. Aus der
Zitze entleerten sich beim Melken Mengen gelb-röthlicher Flüssig¬
keit. Behandlung mit der obigen Salbe unter Zusatz von 2 g
Oleum Hyoscyami. Nach einigen Tagen wurde die Schwellung
stärker, der Ausfluss eitrig. Trotzdem das Pferd arbeitete,
schwanden die Symptome nach 14 Tagen.
In einem dritten Falle hatte eine fünfjährige Stute seit
einigen Wochen ein geschwollenes Euter. Sie hatte vor einem
Vierteljahr gefohlt, und das Fohlen war vor einigen Wochen ge¬
storben. Hier war der Schmerz sehr stark, das Enter sehr derb;
aus der Zitze entleerte sich eiterähnliche Flüssigkeit. Zwei
Tage später bildete sich ein Abscess. Ausspritzen mit Lysol¬
lösung führte in drei Wochen zur Heilung.
Im vierten Falle endlich handelte es sich um ein halbjähriges
Fohlen, dessen rechtes Euter stark geschwollen und schmerzhaft
war. Behandlung wie vorstehend. Nach 3 Tagen Abscess-
bildung, nach 10 Tagen Genesung.
Stets wurde nur eine Euterhälfte ergriffen. Die Symptome
sind die der Mastitis parenchymatosa, doch enthält das Secret
nie flockige Gerinnsel und wässerige Milch, ist vielmehr dick¬
flüssig und eiterähnlich. Auch der Verlauf war ein anderer wie
bei Mastitis parenchymatosa des Rindes; da alle 4Fälle heilten,
so sind letztere günstiger als die Erkrankungen beim Rinde zu
beurtheilen. Beachtenswerth ist die Abscessbildung in 3 Fällen.
Für die Aetiologie können bestimmte Schlüsse aus diesem Be¬
funde nicht gezogen werden.
Therapeutische Notizen.
Glutol.
Oberrossarzt Wilde zieht das Glutol besonders bei Ver¬
letzung der Sehnenscheiden jedem anderen Verbandmittel vor.
Es bewirkt, dass jede Eiterung zurücktritt und die etwa ab¬
gestorbenen Gewebstheile leicht zur Abstossung gelangen, ver¬
hindert daher auch üppige Granulationen, hässliche Narben¬
bildung und starke Verdickung. Rossarzt König betont, dass
das Glutol den Wundflächen von vornherein ein sauberes Aus¬
sehen giebt und bei gleichzeitiger Anwendung eines Occlusiv-
Verbandes namentlich regelmässig eine antiseptische Wund¬
heilung ermöglicht. Leider ist es sehr theuer. 100 g Glutol
kosten nach dem Preise vom Februar 1899 7,50 M.; dagegen die
gleiche Menge von Thioform (5 Mk, Xeroform 4,50 Mk., Jodo¬
form 4 Mk., Tannoform 2,50 Mk. — Von Gerdell und Zembsch
wird das Tannoform gelobt und namentlich dem Jodoform vor¬
gezogen. Rossarzt König betont dagegen, dass das Tannoform
wenigstens dem Glutol gegenüber von untergeordneter Be¬
deutung bleiben werde, weil es den Wunden ein schmieriges
Aussehen verleihe und die Eiterung nicht genügend inhibire.
Festeres giebt auch Zembsch zu. — Das Thioform, mit
4 Theilen Acidum tauuicum gemischt, wird von Bialias als
ausgezeichnetes Wundpulver geschätzt.
10 prooentige Alaunlösung bei Gelenkwunden.
Oberrossarzt Hanke wendet seit 1899 bei Gelenkverletzungen
die 10 procentige Alaunlösung an und hat eine grosse Zahl von
Erfolgen aufzuweisen. Wenn es sich um Fussgelenke handelt,
so wird der betreffende Fuss einfach in einen Eimer mit lau¬
warmem 10 procentigen Alaunwasser hineingestellt und 24 bis
4H Stunden in dieser Stellung erhalten. Das völlige Erkalten
wird durch Nachfüllen lauwarmer Lösung verhindert. Der
synoviale Ausfluss hört nach 48 Stunden auf. Nur bei Sprung-
gelenkwunden dauert er ca. 4 Tage.
Pyrogallol.
Gegen Trichorrhexis nodosa wird von Kalk off eine
3 procentige Pyrogallollösung als Specificum wiederholt empfohlen.
Die 3 procentige Lösung ist gegenüber der früheren 5 pro¬
centigen ebenso wirksam und als billiger vorzuziehen. Wenn
Pferde sich am Schweif scheuern, so ist bei 96 pCt. anzunehmen,
dass sie an Trichorrhexis leiden. Die Anwendung des Pyrogallol
ist dabei überall empfehlenswerth, mit Ausnahme von Schimmeln
wegen der Gelbfärbung. Auch bei helleren Füchsen empfiehlt
es sich, an die Schwanzwurzel eine Schürze zu knüpfen, da
sonst durch die Berührung der Schweifhaare mit dem Hinter-
theil auf diesem dunkle Streifen entstehen.
Electrlcitfit.
Rossarzt Wiedemann und Unterrossarzt Schwinzer
machten Versuche mit der Anwendung der Electrieität in einem
Falle von Drucklähmung des Rückenmarks durch Bluterguss in
den Wirbelkanal bezw. bei unvollständiger Lähmung des nervus
ischiadicus. Verwendet wurde ein Schlitteninductorium nach
Dubois-Revmond. Practisch empfiehlt sich jedoch ein Induc-
tionsapparat nach Spamerscher Constmction. Preis 33 M.
Stärkste Ströme schienen besser ertragen zu werden als die
kitzelnden schwächeren. Im Uebrigen gewöhnen sich die
Pferde sehr bald. In dem Wiedemannsehen Falle hatte sich
nach zweimonatlicher Anwendung die Wiederbrauchbarkeit des
Pferdes hergestellt. Bei dem von Schwinzer behandelten
Fall verschwand die Lahmheit sofort nach dem Electrisiren
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66
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No 6.
um allerdings nach Stunden sich wieder einzustellen und erst
nach 3y 2 Wochen bei fortgesetzter Anwendung durch Electricität
völlig zu verschwinden.
Infiltrations-Anästhesie nach Schleich.
Rossarzt Müller-Oldenburg empfiehlt bei der Neurektomie
die Methode dringend, weil man nicht allein völlige Schmerz¬
losigkeit und Ruhe des Patienten, sondern durch den Druck der
lnjectionsquaddeln auch ein blutfreies Operationsfeld erzielt.
Unter Glutolverband heilte die Hautwunde per priraam. Zur
Lösung empfiehlt sich Cocain, muriat. 0,2, Natr. clilorat. 0,2,
Morph, muriat. 0,025, Aqu. dest. 100, Acid. carbol. liquef. 3 bis
5 Tropfen. Man schiebt die Spitze der Injectionsnadel schräg
nur soweit in die Haut, dass der Schlitz gedeckt ist. Die ent¬
stehende Quaddel ist sofort schmerzlos. Den nächsten Einstich
macht man am Rande derselben, wodurch beliebige Verlängerung
und Verbreiterung des schmerzlosen Feldes erzielt werden kann.
Darmstioh beim Pferde.
In der Armee wird bei kolikkranken Pferden der Darmstich
jetzt verhältnissmässig häufig ausgeführt. Eine augenblickliche
Besserung gefahrdrohender Zustände hat die Operation stets im
Gefolge, wenn auch die Erkrankung selber natürlich noch an¬
dauern kann. Rossarzt Dix machte den Stich zweimal inner¬
halb zwei Stunden bei demselben Pferde. Sorgfältige Desinfec-
tion des Operationsfeldes und Troikarts ist Voraussetzung. Die
Hülse bleibt 10 bis 30 Minuten in der Lage. Nachheriges Ver¬
kleben mit Jodoformkollodium. Rossarzt Günther passirte aller¬
dings im Anschluss an den Darmstich der Eintritt einer Bauch¬
fellentzündung. Ganz ungefährlich ist der Eingriff also nicht.
Operative Behandlung des Koppens.
Rossart Porath hat 6 Pferde operirt. Totaler Erfolg nicht;
dagegen erfolgte das Aufsetzen nicht mehr so häufig, die Fertig¬
keit liess nach, und es wurde keine Luft mehr abgeschluckt,
sodass die Zahl der Kolikfälle sich erheblich vermindert und der
Nährzustand sich bessert. Rossarzt Zwirner operirte 7 Pferde.
Sämmtliche Operirten übten die Untugend weit weniger als früher,
eins überhaupt nicht mehr. Das eine, ein alter routinirter
Krippensetzer koppt nur noch ab und zu in der Luft, ohne in-
dess zu koken. Alle diese Pferde mussten vorher Koppriemen
tragen, was jetzt überflüssig geworden ist. 4 davon wurden
früher jedesmal, sobald ihnen der Riemen abgenommen wurde,
von Kolik befallen. Dies ist nach der Operation nur bei einem
noch einmal geschehen. Der Nährzustand hat sich bei allen
Operirten gebessert. Dagegen spricht sich Rossarzt Dosseauf
Grund von 3 Operationen, die wirkungslos gewesen seien, gegen
die Operation aus. (Zeitschr. f. Vet.-Kunde.)
Zur Behandlung des Strahlkrebses.
Bezirksthierarzt Schmidt empfiehlt, ohne Scheu vor Blu¬
tungen mittelst eines scharfen Löffels oder noch besser einer
feinen Kornzange sämmtliche vorquellenden Wucherungen abzu¬
kratzen bezw. zu quetschen, bis der Grund derselben stark roth
schimmert. Dann werden alle Weichtheile mit Acidum carbo-
licum und Spiritus ää so lange betupft, bis sie weissgrau sind,
mit dem bekannten Schleg’sohen Pulver und Wattetampons be¬
deckt, dann mit Jute überpolstert und mit einer starken nass
gemachten Gazebinde bedeckt. Man kann sogar noch einen
dünnen Gipsbrei darüber auftragen. Der Verband kann 3 bis
1 Tage liegen bleiben. Die vorerwähnte Beschaffenheit des
Druckverbandes ist sehr wesentlich; schlechte Binden und Leder¬
schuh sind zu vermeiden. Bildet sich erst junges Horn, so ist
im Stande des Pferdes unter dünner Strohstreu eine reichliche
Schicht von Sand und Kies aufzubringen und der kranke Huf
mit Kreosot zu bepinseln. Ein Pferd, welches wegen Strahl¬
krebs geschlachtet werden sollte, genas unter dieser Behand¬
lung nach 6 Wochen. (Sächs. Veterinärber. 98.)
Ueber Tannoform.
Rabus verwendet seit 6 Monaten das Tannoform bei den
verschiedenartigsten chirurgischen Erkrankungen mit vollem Er¬
folg. Die Anwendung ist folgende: Als Tannoform. purum bei
stark nässendem und übel riechendem Ekzem, grossen Substanz¬
verlusten und vernachlässigten Geschwüren etc.: mit Alaun zu
gleichen Theilen bei Granulationen, die durch vorhergegangenen
starken Substanzverlust bedingt waren; in Salbenform mit der
fünf- bis zehnfachen Menge Lanolin als Protectiv bei kleineren Ope¬
rationswunden; als fünf- bis zehnprocentiges Collodium zum
Ueberpinseln frisch genähter Wunden oder als Streupulver;
1:2 Acid. boric. und 2 Amyl. tritic. für ganz frische Wunden;
endlich bei Scheidengeschwüren mit dem fünffachen Stärkemehl
als Pulver oder als zwei- bis dreiprocentige Tannoformsalbe
bei Scheidenverletzungen, sowie in Form von Stiften bei Fisteln.
— So wurden bei zwei Vorderfusswurzel-Wunden durch Tanuo-
form-Alaun bezw. -Salben rasche Heilungen erzielt. (Wochschrft.
f. Th. No. 50.)
Ueber epidemische Grippe bei Pferden.
Bourget (Ree. de med. vöt. 30. Juni 1899) beobachtete
die Krankheit in einem Regiment bei 124 Pferden. Sie verlief
ähnlich der 1888 in der deutschen Armee beobachteten Epidemie.
Anfangs ist die Temperatur, Atlunung und Herzthätigkeit normal.
Die Thiere sind jedoch nicht bei Appetit. Der Kehlkopf war
empfindlich. Es tritt trockener Husten auf. Keine Schwellung
der submaxillaren Lymphdriisen. Auscultation und Percussion
der Brust normal. Zu dem Husten gesellte sich beiderseitiger
Nasenausfluss von schleimig eitriger Beschaffenheit. Bei der
grossen Mehrzahl der Pferde dauerte die Störung nur 3 bis
4 Tage, höchstens eine Woche. Bei etwa V Ä der Thiere traten
schwerere und langwierigere Erscheinungen auf. Husten häufig
trocken und beschwerlich, die Lungen blieben gesund.
Tagesgeschichte.
Die thierärztlichen Verhältnisse in Ungarn and das
Abiturientenexamen.
Aus Ungarn wird der B. T. W. geschrieben: Gegenüber der viel¬
fach vorhandenen Gewohnheit, Ungarn ohne Weiteres mit Oester¬
reich zu identificiren, ist die Feststellung angebracht: l. dass
die thierärztlichen Verhältnisse in Ungarn wesentlich anders
liegen, als in Oesterreich, 2. dass in Folge dessen auch die
Einführung des Abiturientenexamens in Ungarn nicht die herab¬
drückende Wirkung auf die Frequenz der Hochschule hat, wie
in Oesterreich, 3. dass also in der That nicht das Abiturienten¬
examen, sondern die Oesterreich eigenthümlichen Verhältnisse
Schuld an der Abnahme des Andranges zum Studium haben.
In Ungarn befindet sich gegenwärtig das Veterinärwesen in
einer noch nicht abgeschlossenen Reorganisation, die das Beste
fiir die Zukunft verspricht. Aber abgesehen davon ist heut die
Lage, vielfach im Gegensatz zu Oesterreich, folgende:
Den Curschmieden, gleichgültig ob sie vom Civil oder
Militär sind, ist die thierärztliche Praxis gesetzlich verboten
und Uebertretungen werden als Curpfuschereien streng geahndet;
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8. Februar 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
67
dass sie zu Thierseuchentilgung nicht zugezogen werden, ist I
selbstverständlich.
Die Militärthierärzte werden leider noch in derselben Weise,
wie in Oesterreich ausgebildet, doch ist immerhin insofern eine
unterste Grenze der Vorbildung fixirt, als die Eleven bei der
Aufnahmeprüfung eine der VIII. Mittelschulklasse entsprechende
Vorbildung aufzuweisen haben (die Mittelschulen haben in Ungarn i
acht, nicht wie in Deutschland neun Klassen). Ueberdies
werden zum Examen als beamteter Thierarzt nur solche
Thierärzte zugelassen, welche die volle Vorbildung besitzen.
Militärthierärzte werden daher künftig nur ausnahmsweise in
die civilthierärztliche Laufbahn übertreten, da sie keine Aussicht
haben, in behördlichen Dienst zu gelangen, was in Ungarn um
so schwerer wiegt, als voraussichtlich durch die Reorganisation
der thierärztliche Beruf in der Hauptsache verstaatlicht werden
soll. Bei dieser Abscheidung der Militärthierärzte ist die Ab¬
weichung ihrer Vorbildung für das Veterinärwesen von geringerer
Bedeutung.
Die Verhältnisse liegen also ganz anders und viel günstiger
als in Oesterreich. Und siehe da. auch das Abiturientenexamen
hat eine ganz andere Wirkung. In Ungarn befindet man sich
seit Einführung des Abiturientenexamens zwar noch im ersten
Uebergangsjahre, und es ist eine Uebergangszeit von zwei Jahren
vorgesehen, innerhalb welcher auch noch Nichtabiturienten auf¬
genommen werden. Dazu kommt noch, dass der Sprung in
Ungarn ein kühnerer ist, als er in Deutschland sein würde,
nämlich um drei Gymnasialklassen, statt um eine. Trotzdem
haben sich im ersten Semester bereits 30 Abiturienten iramatri-
culiren lassen, und es ist daher mit Sicherheit vorauszusehen,
dass die Frequenz der Hochschule auch ferner auf der erforder¬
lichen Höhe sich erhalten wird. -
Diese Zuschrift bestätigt völlig die Richtigkeit unsrer
Widerlegung de# auf Oesterreich gestützten Bedenkens. Mit
einem staatlich conc essionirten und sogar gepflegten
Pfnscherthum, wie es in Oesterreich besteht, kann man aller¬
dings die Forderung des Abiturientenexamens nicht vereinen.
Dieses österreichische Beispiel vor Augen, hat der Veterinär-
ratli in seiner Eingabe denn auch selber ausdrücklich hervor¬
gehoben, dass es das schlechteste Auskunftsmittel wäre,
auf eine nur theilweise Einführung des Abiturientenexamens aus*
zuweichen und, wie es einigen Landwirthen vorschwebt, neben
vollgebildeten Thierärzten auch Thierärzte H. Klasse (das wären
in der Wirkung die österreichischen Curschmiede) auszubilden.
Der Veterinärrath hat damit also gegen die Heranziehung von
Oesterreich als Beispiel von vornherein protestirt.
Gegenüber der Befürchtung, dass das Abiturientenexamen,
(abgesehen natürlich von einer Uebergangszeit) einen Frequenz¬
druck ausüben könnte, muss vielmehr mit grösserem Recht auf
Frankreich hingewiesen werden. Dort wurde vor 10 Jahren das
Abiturientenexamen eingeführt. Die Frequenz sank in der
Uebergangszeit, steht aber heute nach authentischer Fest¬
stellung bereits wieder höher, als vor dem Abiturientenexamen.
An eine dauernde Frequenzverminderung durch das Abi¬
turientenexamen ist also nicht zu denken.
Man könnte dies übrigens sogar bedauern, angesichts der
sehr starken Ueberprodnction, welche jetzt besteht.
Es existiren in Deutschland etwas über 4000 Thierärzte,
die das Bedürfniss, in manchen Gegenden mehr als reichlich,
überall genügend decken. An den deutschen Hochschulen
wurden seit 1890 jährlich approbirt 185, 173, 216, 196, 217,
227, 194, 178, 186 Thierärzte. Das ergiebt einen Durchschnitts-
zuwachs von jährlich 200. Wenn bei dieser Zahl der Status
gleich bleiben sollte, so müssten die vorhandenen Thierärzte in
einem Alter von 45—50 Lebensjahren dienstuntauglich werden.
Tn Wirklichkeit besteht unter ihnen eine ähnliche „Unter¬
sterblichkeit“, um nicht zu sagen „Unsterblichkeit“ wie z. B.
im Forstpersonal. Bei der gegenwärtigen Hochschulfrequenz
muss also eine fortgesetzte und schliesslich unerträgliche Ver¬
mehrung eintreten.
Dieselbe hätte sich schon längst sehr lästig fühlbar gemacht,
wenn nicht die Schlachthäuser eine sehr grosse Zahl Thier¬
ärzte absorbirt hätten. Aber die Schlachthäuser sind nun ge¬
baut, die Stellen besetzt und ihre Vermehrung nur noch in
geringem Masse möglich.
Eine dauernde Verminderung der Frequenz wäre also
sogar sehr wünschenswerth. Indessen soll diesem Wunsche nicht
weiter nachgegangen werden; wir halten ihn wie gesagt auch
für unerfüllbar. Aber, dass eine zwei- oder dreijährige Ver¬
minderung während der Uebergangszeit nicht schaden würde,
das bedarf wohl angesichts der gegebenen Zahlen keiner Worte.
Ist doch die Frequenz der sechs deutschen thierärztlichen Hoch¬
schulen von 284 vor der Einführung der Primanerreife (1878)
und 436 zwei Jahre nach derselben jetzt (und zwar stetig) auf
ca. 1450 gestiegen. Es haben im laufenden Wintersemester
Studirende (ungerechnet die nicht kleine Zahl derer, welche
schon länger als sieben Semester studiren und daher nur noch
als Hospitanten zu hören brauchen) Berlin 517, München 336,
Hannover 245, Dresden 162, Giessen 85. Dazu kommt Stutt¬
gart, dessen Frequenzziffer im Augenblick nicht zur Hand ist,
sicher aber 100 erreicht. Also jedenfalls über 1400 Studenten
(mit den oben erwähnten „älteren Semestern“ wahrscheinlich
über 1600), fünfmal soviel als vor Einführung der Primanerreife.
Uebrigens erklären sich immer weitere Kreise der Land¬
wirtschaft mit dem Bestreben der Thierärzte einverstanden.
So hat der Centralvorstand der Olflenbnrgischen Land-
wirthschafts-Gesellschaft einstimmig beschlossen, die
Thierärzte in ihrem Bestreben zu unterstützen und in diesem
Sinne auch bei der Grossherzoglichen Staatsregierung vor¬
stellig zu werden*). Dem Veterinärrath, der sich bekanntlich
an alle landwirtschaftlichen Landesvertretungen mit der Bitte
um Unterstützung gewandt hat, liegen schon eine Reihe günstiger
Kundgebungen vor, die wohl seinerzeit zur allgemeinen Kennt¬
nis» gelangen werden. Die Meinung der Landwirtschaft ist
im Gros für uns, das steht jetzt schon fest.
Noch zwei Curiosa bei dieser Gelegenheit:
Es scheint irgendwo die Bemerkung gefallen zu sein, dass
diese Bewegung bloss von Professoren gemacht sei. welche
ihre eigne Stellung heben wollten. Hierzu ist zu bemerken,
1) dass diese Bewegung von der Gesammtmasse der practischen
Thierärzte ausgeht und die Professoren verhältnissmässig
wenig hervorgetreten sind, 2) dass die Professoren keinen
Grund haben, ihre Stellung von der Einführung des Abiturienteu-
examens abhängig zu wähnen.
Die wissenschaftliche Stellung schafft sich jeder selbst,
ganz unabhängig von Allem. Und wenn in der äusseren Stellung
*) Die Plenarversammlung hat dabei erklärt, dass namentlich
das Realgymnasialabiturientenexamen zu wünschen sei. Selbst¬
verständlich sind auch die Thierärzte der Meinung, dass Realgymnasial¬
abiturienten zum Studium der Thiermedicin ebenso zuzulassen seien,
. als solche von humanistischen Gymnasien.
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68
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
die thierärztlichen Professoren allerdings hinter allen übrigen
Hochscliul-Professoren zurückstehen, so ist daran das fehlende
Abiturientenexamen nicht schuld. Die Landwirthscliaftlichen
Hochschulen bedingen für die Immatriculation, ( ganz natürlicher
Weise) eine viel geringere Vorbildung als die thierärztlichen,
und doch haben ihre Professoren alle Prärogative, wie die der
technischen Hochschulen, Forst- und Bergacademien.
Schliesslich noch ein Stimmungsbild aus ärztlichen Kreisen:
Das Aerztliche Vereinsblatt für Deutschland (Organ des Aerzte-
Vereinsbundes) schreibt wörtlich:
Noch ein Thema ärztlicher Kunst, freilich nur thierärztlicher,
ward in derselben Sitzung berührt Der schon erwähnte Dr. Müller-
Sagan will für die Thierärzte das Reifezeugniss einer Vollanstalt
eingeführt wissen, theils wegen der wissenschaftlichen Anforderungen
an den Beruf, theils wegen der gesellschaftlichen Stellung seiner
Träger. Der Minister erwiderte darauf, dass eine Verschärfung der
Vorbedingungen sehr leicht den Andrang zum tbierärztlichen Beruf
abschwächen würde. Wer einmal solche erfüllen müsse, werde sich
doch sehr überlegen, ob er sich nicht lieber der leidenden Mensch¬
heit alB den kranken Thieren widme. Der Dr. Müller will das nicht
gelten lassen, und wir möchten ihm Recht geben, denn bekanntlich
haben viel mehr Menschen, und sehr einflussreiche Kreise, ein weit
rösseres Interesse für Bekämpfung von Thierseuchen und Thier¬
rankheiten, als für die Abwehr von solchen Schäden und Gefahren,
die den Menschen selbst treffen.
Deutlicher kann man seinen Aerger wohl nicht ausdrücken,
als durch diese „Zustimmung". Bezeichnend ist auch die Höf¬
lichkeit, mit der Herr Dr. Müller erwähnt wird. Nun, wir
gönnen dem Schreiber seine Galle; wir freuen uns nur, dass sich
allerdings andere und einflussreichere Kreise für das Veterinär¬
wesen interessiren und dass in unseren Angelegenheiten die¬
jenigen ärztlichen Kreise nichts mehr zu sagen haben, deren
Stimmung der Herr Autor des ärztlichen Vereinsblattes wieder¬
spiegelt. Es giebt. übrigens aber auch weite ärztliche Kreise,
welche schon aufgeklärt genug sind, um nicht erst, wenn sie
das Wort thierärztlich aussprechen, ein „nur“ glauben vor-
anstellen zu müssen. Das sind namentlich diejenigen, welche
selber einen Einblick in das Veterinärwesen gewonnen haben.
Schmaltz.
Protokoll
der 45. General Versammlung des thierärztlichen Central ¬
vereins der Provinz Sachsen, der anhaitischen und
thfiringischen Staaten,
Vorver8ammlung der Gruppe: Schlaohthof- und Sanitfitsthierlrzte in
Halle am 3. November 1899.
Am Abend des 3. November hatten sich die Mitglieder der
Gruppe „Schlachthof- und Sanitätsthierärzte“ zu einer Sonder-
berathnng vereinigt. Zu derselben waren erschienen:
Spuhrmann-Stendal, Klaphake-Zeitz, Sorge-Stassfurt,
Demmin-Zerbst, Mrugowski-Halberstadt, Colberg, Buhmann,
Bolle nnd Ristow-Magdeburg.
Director Colberg eröffnete als Vertreter des Obmanns der
Gruppe die Sitzung, indem er die Anwesenden begrüsste nnd
darauf hinwies, dass die verschiedensten Fragen in der Schlacht-
hofverwaltnng und der Fleischschau ein innigeres Zusammen¬
halten der bei der Fleischschau thätigen Collegen bedinge und
dass es daher sehr erfreulich wäre, wenn sich an diesen
Sitzungen der Gruppe möglichst alle Collegen betlieiligen würden.
Bei Punkt 1 der Tagesordnung (Wahl eines Obmanns) und
Punkt 2 (Wahl eines Schriftführers der Gruppe) wurden Director
Colberg-Magdeburg als Obmann und Oberthierarzt Ristow-
Magdeburg als Schriftführer für die Dauer der laufenden Amts¬
periode durch Ac.clamation einstimmig gewählt. Beide Herren
sprechen der Versammlung für das geschenkte Vertrauen ihren
Dank aus und nehmen die Wahl an.
Im Anschluss an die Wahl stellt Herr Director Colberg
folgenden Antrag: „Soll im Princip eine Sonderversammlung
der Sanitätsthierärzte zu aussergewölmlicher Zeit stattfinden?“
Der Antrag wird einstimmig angenommen und festgesetzt
dass die nächste Versammlung im Januar oder Februar in
Magdeburg abgehalten werden soll. Im Uebrigen wird in Aussicht
genommen, diese Sonderversammlungen nach Möglichkeit in
Städten abznlmlten, welche einen Schlachthof besitzen und im
Centrum des Vereinsbezirks liegen.
Hierauf hielt Oberthierarzt Ristow ein eingehendes Referat
über den derzeitigen Stand des Reichs-Fleischschaugesetzes.
Redner führte aus: „Die Vieh- und Fleischbeschau, deren erste
Spuren sich bereits in den Speisegesetzen der alten Aegypter
vorfinden, ist bisher in Deutschland leider noch nicht einheitlich
geregelt. Auch in Preussen bestehen zur Zeit noch keine
allgemein verbindlichen Vorschriften über die Einführung der
obligatorischen Schlachtvieh- und Fleischbeschau, nur in einzelnen
Bezirken ist dieselbe auf Grnnd des Gesetzes über die Polizei¬
verwaltung vom 11. März 1850 durch Polizeiverordnung ein-
gefiihrt. so in der Provinz Hessen-Nassau, dein Regierungs¬
bezirke Danzig und einzelnen Theilen der Regierungsbezirke
Marienwerder, Potsdam, Oppeln und Hannover. Aber auch das
preussisehe Gesetz, betreffend die Errichtung öffentlicher, aus¬
schliesslich zu benutzender Schlachthäuser ist für die Einführung
der Fleischbeschau von wesentlicher Bedeutung, da nach dem¬
selben die Gemeinden, in denen eine Gemeindeanstalt zum
Schlachten von Vieh, d. h. ein öffentliches Schlachthaus errichtet
ist, den Schlacht- und Untersuchungszwang einführen können.
Von dieser Befügniss haben auch bereits viele Gemeinden
Gebrauch gemacht, so bestanden im Jahre 1898 nicht weniger
als 358 Städte mit öffentlichen Schlachthäusern und dürfte deren
Zahl im Laufe des Jahres noch erheblich gestiegen sein. Die
auf Grund der angeführten Bestimmungen in eftzelnen Orten und
Bezirken erreichte Fleischschau ist aber für die Allgemeinheit
trotzdem nur als Stückwerk auzusehen, denn wenn auch einzelne
Städte keine Opfer scheuen, um ihren Einwohnern gesundes und
preiswertes Fleisch zu verschaffen, so kann doch in der Nachbar¬
schaft ohne Fleischschauzwang Fleisch fragwürdiger Herkunft
oder Zubereitungen desselben in den freien Verkehr gebracht
werden, was immer wieder zur Umgehung der Fleischschau
und zum Einschmuggeln verdächtiger Waaren verleitet, einem
Verfahren, dem die Sanitätspolizei oft machtlos gegenüber¬
steht.
Die Fleischschau ist aber auch ein nicht zu unterschätzendes
Hilfsmittel bei der Seuchentilgung. So ist z. B. seit Eröffnung
des Schlachthofes in Magdeburg im Jahre 1893 die Lungenseuche
in 44 Fällen durch die Beamten der Fleischschau bei Thieren
festgestellt worden, welche aus nicht gesperrten Gehöften bezw.
Orten herstammten. Bei einer allgemeinen Fleischschau würden
sich bald alle Seuchenherde aufdecken lassen, während jetzt
manches verdächtige Thier mit Hülfe der sog. Polkaschlächter
verschwinden ka?in. Deshalb haben die Thierärzte stets die
allgemeine Einführung der obligatorischen Fleischschau im In¬
teresse des sanitären Schutzes der Fleischconsumenten wie im
Interesse der Viehproducenten als nothwendig bezeichnet. Es
wurde daher auch von Seiten der Thierärzte mit Freuden be-
grüsst, als im vorigen Jahre im preussischen Abgeordnetenhause
aus den Kreisen der Landwirtschaft selbst, die bis dahin der
Einführung der Fleischbeschau in Preussen den grössten Wider¬
stand entgegengesetzt hatten, weil sie manche Unannehmlichkeit
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8. Februar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
69
von derselben befürchteten, v. Mendel-Steinfels, Ring: nnd
Genossen einen Antrag einbrachten, der auf die Einführung der
obligatorischen Fleischbeschau hinzielte. Bereits bei der Be-
ratliung dieses Antrages wurde vom Ministerpräsidenten, Reichs¬
kanzler Fürst Hohenlohe erklärt, es würde ein Reichsfleisch¬
schaugesetz erlassen werden. Der Entwurf dieses Gesetzes ist
im Februar 1899 dem Reichstage zugegangen.
Redner ilussert sich dann eingehend über Inhalt und Be¬
gründung des Entwurfs, sowie über die Berathungen des Reichs¬
tages, der für diese Angelegenheit eingesetzten Commission und
die von dieser beschlossene Fassung des Entwurfs. Er ist der
Ansicht, dass der Entwurf in seiner jetzigen Fassung, wenn zum
Gesetz erhoben, nicht den beabsichtigten Zweck, nämlich die
menschliche Gesundheit zu schützen, die Seuchenbekämpfung zu
unterstützen und den unlauteren Wettbewerb beim Fleischhandel
zu unterdrücken, erfüllen werde.
Professor Virchow hat beim Congress zur Bekämpfung der
Tuberculose im Mai 1899 die Controlle der Privatschlachtungen
als dringendes Erforderniss zur Abwehr dieser tückischen Volks¬
krankheit bezeichnet. Der Entwurf im Sinne der Commissions-
berathung schliesst die Hausschlachtungen vom Beschauzwang
aus,' sofern die Thiere keine Merkmale einer Krankheit zeigen.
Dadurch ist die sanitätspolizeiliche Controlle alles geschlach¬
teten Fleisches hinfällig geworden und eine Hinterthür geöffnet,
durch welche alles mögliche hindurchschlüpfen kann. Wer will
denn controlliren, ob das zum eignen Gebrauch geschlachtete
Thier nicht Zeichen einer Krankheit gezeigt hat oder das Fleisch
nicht weiter vertrieben wird? Die Ausnahme der Hausschlach¬
tungen liegt auch keineswegs im Interesse der Landwirthe selbst,
da das Nahrungsmittelgesetz vom 14. Mai 1879 zu Recht
bestehen bleibt. Letzteres bedroht das Inverkehrbringen,
d. h. anderen — also auch den Personen des eigenen Haushalts
— zum Genüsse zugänglich zu machen, gesundheitsschädlicher
Nahrungsmittel mit .Strafe und dürften Anzeigen durch Dienst¬
boten nicht zu den Seltenheiten gehören.
Nach § 5 des Entwurfs in der Fassung der Commissions-
berathung sollen Thierärzte und Laienfleischbeschauer gleich¬
berechtigt neben einander fungiren.
Die Untersuchung des einen soll ebensoviel gelten, wie die
des andern, denn nach § 19 des Entwurfs darf Fleisch, welches
innerhalb des Reiches der amtlichen Untersuchung unterlegen
bat, einer abermaligen Untersuchung nicht mehr unterworfen
werden, auch ist im Entwurf kein Beschwerdeweg gegen die
Entscheidung des Fleischbeschauers vorgesehen, in welchem
Thierärzte als Obergutachter auftreten sollen. Diese Gleich¬
berechtigung der Laienfleischbeschauer mit den Thierärzten ist
ungerechtfertigt. Unmöglich kann ein Laie innerhalb 3 Wochen
an einem Schlachthofe dasselbe lernen, wozu ein Thierarzt
Jahre gebraucht.
Die Thätigkeit der Laienfleischbeschauer darf gewisse
Grenzen nicht überschreiten und müsste dies im Gesetze aus¬
gesprochen werden. Bleibt dem Laien die unbeschränkte Ent¬
scheidung, wie sie im Gesetz vorgesehen, erhalten, so kann dies
zu den schwersten Unglücksfällen führen. Als Beispiel hierfür
möge folgender Fall dienen:
„Am 22. September 1899 wurde aus Anhalt ein geschlach¬
teter Ochse mit folgendem Begleitattest, welches von einem
Laienfleischbeschaner ausgestellt war, nach Magdeburg eingeführt:
„Heute musste auf dem Rittergut B. ein Ochse ge¬
schlachtet werden, weil von der Maul- und Klauenseuche
etwas zurückgeblieben und er deshalb nicht transport¬
fähig war.
Sonst war der Ochse fieberfrei, 37 J /2 Grad. Sämmtliche
Organe und Fleisch war gesund, das bescheinigt der
Wahrheit gemäss.“
Nach dem Untersuchungsergebnis in Magdeburg musste der
Ochse kurz vor dem Verenden geschlachtet worden sein. Die
Ausblutung war überhaupt nicht mehr erfolgt, das Fleisch
strotzte von Blut wie das eines crepirten Thieres und die Or¬
gane zeigten das Bild der Septicaemie (hochgradige paren¬
chymatöse Veränderungen der Leber, Nieren und des Herzens),
wie man es selten zu sehen bekommt. Wäre hier keine weitere
Untersuchung erfolgt, so hätte mit dem Fleische das grösste
Unheil angerichtet werden können.
Demnach kann man behaupten, dass die wissenschaftliche
Fleischbeschau, wenn die Bestimmungen der §§ 5 und 19 zum
Gesetz erhoben werden, nicht einen Schritt vorwärts, sondern
rückwärts kommt. Es ist unbedingt notliwendig, dass die
Städte durch eine nochmalige sachgemässe Untersuchung des
von andern Orten eingeführten frischen Fleisches ihre Ein¬
wohner gegen gesundheitliche Schädigungen schützen können.
Diese Forderung wird durch die Fleischschauberichte aus
grösseren Städten zur Genüge bewiesen.
Die Bestellung der Beschauer erfolgt nach § 5 durch die
Landesbehörden, und in den Armeeconservenfabriken soll die
Militärverwaltung besondere Beschauer bestellen können. Die¬
selbe Berechtigung, wie sie der Militärverwaltung eingeräumt
ist, müsste auch den Gemeinden mit Schlachthäusern bewilligt
werden, sofern diese als Beschauer Thierärzte anstellen wollen,
denn der Schlachthofverwalter, welcher in den meisten Fällen
auch die Fleischbeschau wahrzunehmen haben wird, karn doch
nicht als Beschauer von der Landesbehörde und als Verwalter
von der Gemeinde abhängig sein; zwei besondere Personen
aber für diese Aemter anzustellen, wird für viele Gemeinden zu
kostspielig sein.
Die Bestimmungen des § 14, welcher in der Fassung des
Commissionsbeschlusses die Einfuhr von reinem Schmalz und
Speck aus dem Auslande überhaupt, die Einfuhr von frischem
Fleisch in ganzen Thierkörpern, mit Kopf und innern Organen
nur bis zum 31. Deceniber 1902 gestattet, die Einfuhr von
anderem Fleisch und Fleischfabrikaten verbietet, hält Redner
vom theoretischen Standpunkt der Fleischbeschau ans betrachtet
für richtig, jedoch wagt er nicht zu entscheiden, ob sie auch
in volkswirtschaftlicher Hinsicht das Richtige treffen.
Würden die erwähnten Abänderungsvorschläge berück¬
sichtigt, so könne ein Gesetz geschaffen werden, welches dem
Volke zum Wohle gereichen werde, andernfalls würde das Gesetz
in seiner jetzigen Form mehr schaden als nützen und wäre es
besser, wenn es nicht zur Annahme gelänge.
Den Ausführungen des Redners stimmte die Gruppe zu und
wurde dabei noch betont, dass die Städte bereits eine Petition
an den Reichstag gegen die Bestimmung des § 19 vor¬
bereitet hätten.
Bei dem Pnnkte der Tagesordnung „Mittheilungen aus der
Praxis“ wurde vom Herrn Collegen Klaphake-Zeitz die Frage
angeregt, ob die sogenannten „Spritzlebern“ zum frischen Fleisch
zu rechnen seien. Die Beantwortung dieser Frage wurde ab¬
gesetzt, jedoch eine Resolution einstimmig angenommen, in welcher
die Gruppe die Untersuchung der sogenannten Spritzlebern für
unbedingt notliwendig erklärte, weil sich darunter erfahrungs-
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70 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 6.
gemäss viel tnberculöses oder sonst krankhaftes bezw. ver¬
dorbenes Material befindet.
Zum Schluss der Sitzung referirte Director Colberg- I
Magdeburg noch kurz über die Stellung der Schlachthofthier- !
iirzte nach dem preussischen Gesetz betreffend die Anstellung
und Versorgung der Communalbeamten vom 30. Juli 1899. Er
führte die besonders in Frage kommenden Paragraphen, nämlich
§§ 1, 8, 9 und 12 wörtlich an. Dieselben lauten:
,.§ 1. Als Communalbeamter im Sinne dieses Gesetzes gilt,
wer als Beamter für den Dienst eines Communalverbandes
(§ 8—22) gegen Besoldung angestellt ist. Die Anstellung
erfolgt durch Aushändigung einer Anstellungsurkunde.
§ 8. Die Anstellung der städtischen Beamten erfolgt,
unbeschadet der Vorschriften in §§ 9 und 10, auf Lebenszeit.
Für die Beamten der städtischen Betriebsverwaltungen
findet Absatz 1 nur in soweit Anwendung, als die Stadtge¬
meinden dies beschliessen. Welche Verwaltungszweige zu den
städtischen Betriebsverwaltungen zu rechnen sind, kann durch
Ortsstatut festgesetzt werden.
§ 9. Abweichungen von dem Grundsätze der Anstellung auf
Lebenszeit (§ 8 Abs. 1) können durch Ortsstatut festgesetzt werden.
Soweit hiernach eine Anstellung auf Kündigung zulässig
ist, darf die Kündigung nur auf Grund eines Beschlusses des
collegialischen Gemeindevorstandes (Magistrats) oder, wo ein
solcher nicht besteht, eines aus dem Bürgermeister und den
Beigeordneten (Schöffen, Rathmännern) gebildeten Collegiums
erfolgen.
§ 12. Die städtischen Beamten erhalten bei eintretender
Dienstunfähigkeit — sofern nicht mit Genehmigung des Bezirks¬
ausschusses ein anderes festgesetzt ist — Pension nach den
für die Pensionirung der unmittelbaren Staatsbeamten geltenden.
Grundsätzen, wobei Artikel III des Gesetzes vom 31. März 1882,
betreffend die Abänderung des Pensionsgesetzes vom 27. März
1872 (Gesetz-Sammlung 1882, Seite 133), insoweit er nicht durch
das Gesetz vom 1. März 1891 (Gesetz-Sammlung Seite 19) ab¬
geändert ist, unberührt bleibt.
Als pensionsfähige Dienstzeit wird, unbeschadet der über
die Anrechnung der Militärdienstzeit bei Militäranwärtern und
forstversorgungsberechtigten Personen des Jäger-Corps gelten¬
den Bestimmungen und in Ermangelung anderweiter Fest¬
setzungen nur die Zeit gerechnet, welche der Beamte im Dienste
der betreffenden Gemeinde zugebracht hat.
Die Bestimmungen des Gesetzes vom 31. März 1882, be¬
treffend die Abänderung des Pensionsgesetzes vom 27. März
1872 (Gesetz-Sammlung 1882, Seite 133) in Betreff der Beamten,
welche das 65. Lebensjahr vollendet haben, können durch Orts¬
statut auch für Communalbeamte in Kraft gesetzt werden“.
Alsdann geht Referent auf die zu diesem Gesetz erschienenen,
ministeriellen Ausführnngsbestimmungen über. Nach denselben
hat das Gesetz den Zweck, bei grundsätzlicher Festhaltung des
Princips der lebenslänglichen Anstellung städtischer Beamter
doch die Möglichkeit zu eröffnen, den Kreis der kündbar an¬
zustellenden Beamten, soweit dies das Bedürfnis der Städte
nach freier Beweglichkeit verlangt, zu erweitern. An dem bis¬
her geltenden Grundsätze, dass obrigkeitliche Funktionen aus¬
schliesslich von Beamten ausgeübt werden müssen, ist fest¬
zuhalten, aber die Communalverbände sind nicht verpflichtet,
die nicht mit solchen Functionen auszustattenden, besonders zu
technischen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder mechanischen
Dienstleistungen benöthigten Kräfte im Wege des öffentlichen
Beamtencontracts anzustellen. Hiernach bleibt es den Gemeinden
unverwehrt, die im Arbeitsverhältniss stehenden und die aus¬
schliesslich in Betriebsverwaltungen beschäftigten, nicht mit
obrigkeitlichen Functionen ansgestatteten Personen im Wege
des civilreclitlichen Dienstmiethvertrags anzunehmen. So werden
für die Dienste in städtischen Theatern, Museen, Badeetablisse¬
ments, Gasanstalten, .Schlachthöfen im Allgemeinen Nicht¬
beamte angenommen werden können, während im Einzelnen einem
Schlachthofvorsteher, welchem die Befugniss zum Erlass polizei¬
licher Verfügungen (z. B. betreffs der Verweisung minder-
werthigen Fleisches auf die Freibank) übertragen werden soll,
Beamteneigenschaft eingeräumt werden muss.
Zu § 8 Abs. 2 wird ausgeführt, dass eine städtische Be¬
triebsverwaltung im Allgemeinen dort wird angenommen werden
können, wo ein abgesondertes, wirthschaftliches Unternehmen
oder eine abgesonderte wirtschaftliche Verwaltung der Stadt
mit eigenem Personal besteht. Die Thatsache. dass bei einem
Unternehmen die Gewinnerzielung hinter Gesichtspunkte öffent¬
licher Interessen zurücktritt, kann an sich die Annahme einer
Betriebsverwaltung nicht ausschliessen. Demnach sind auch,
wie der Minister selbst anführt, die Schlacht- und Viehhöfe
zu den Betriebsverwaltungen zu zählen.
Hiernach glaubt Redner, dass nach Inkrafttreten des an¬
geführten Gesetzes die Schlachthofvorsteher stets als Gemeinde¬
beamte anzustellen sind, während bei den nur die Fleischschau
ausübenden Thierärzten die Städte sich von Fall zu Fall
j werden entscheiden müssen.
College Ristow zeigte noch einige kleinere pathologische
Präparate und Director Colberg die Photographie eines stark
mit Papillomen behafteten Rindes, welche Sachen grosses
Interesse erregten.
Um 11 Uhr wurde die Sitzung geschlossen, worauf die
Collegen noch einige Stunden fröhlich bei einander blieben.
Colberg, Ristow,
Obmann. Schriftführer.
Eine thierfirztliche Hochschule in Norwegen.
Der Entwurf für eine thierärztliche Hochschule in Christiania
ist jetzt fertig. Nach diesem sollen die Studirenden das erste Jahr
die landwirtschaftliche Hochschule besuchen und da das Examen'
in Physik, Chemie, Botanik, Zoologie und Pflege der Haustiere
ablegen. Das eigentliche Fachstudium soll nach dreijährigen»
Besuch der tierärztlichen Hochschule beendet sein, und das
Examen in drei Abteilungen abgelegt werden. Die Lehrer in
Physiologie und Pharmacie hofft man von der Universität zu
erhalten. Was tierärztliche Rechtslehre anbelangt, so beabsich¬
tigt mau sich an den Polizeithierarzt in Christiania zu wenden.
Mit der Schule will man eine Schmiede und eine Apotheke ver¬
binden.
Bemerkenswerth ist, dass die deutsche Sprache obligatorisch
gemacht werden soll für die Studirenden der neuen tierärzt¬
lichen Hochschule.
Zur Abwehr.
Auf einer von den Herren Nevermann - Bremervörde,.
Schöttler -Himmelpforten und Simon-Otterndorf veranlassten
und am 3. Februar d. J. in Stade stattgehabten Versammlung
ist auch über das Treiben des im Sommer v. J. von Hittfeld
nach Buxtehude verzogenen Thierarztes Bon atz verhandelt
worden. Letzterer war auch eingeladen, aber nicht erschienen.
Es wurde constatirt, dass derselbe sowohl in Buxtehude als
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8. Februar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
71
in Hittfeld in einer Weise Reclame treibt resp. getrieben hat,
die wohl noch nicht dagewesen und geeignet ist, das Ansehen
des thierärztlichen Standes erheblich zn schädigen.
Bei seiner Niederlassung in Buxtehude hat er in fast allen
Wirthscbaften und auch bei zahlreichen Privatleuten grosse
Plakate mit der gedruckten Anzeige seiner Niederlassung auf¬
gehängt, auf denen handschriftlich ausserordentlich niedrige
Preise für Extrabesuche nach den betr. Orten notirt sind.
Nach seinen eigenen Angaben nimmt er für Besuche nach
18 km Landweg entfernten Orten 6 Mark. Wie seine Plakate
jedoch beweisen, ist er nach manchen Orten noch erheblich
biUiger. Seine Preise erhöhen sich nämlich nicht etwa im Ver-
hältniss der Entfernung, sondern scheinen sich danach zu richten,
ob der betreffenden Gegend andere Thierärzte näher oder ferner
wohnen. So ist z. B. in den Wirthscbaften von Moisburg, das
8 km von Buxtehude entfernt ist, 4 Mark als Preis für Extrabesuche
notirt, in Hollenstedt (12 km entfernt) 5 Mark, in Tostedt (23 km
Landweg entfernt) waren anfangs 0 Mark, dann 5 Mark, schliess- i
lieh 3 Mark notirt. Ausserdem las man im Tostedter Blatt sehr j
häufig: „Bin in Tostedt jeden Montag zu sprechen. Extra- i
besuch von Buxtehude 3 M. Gelegentlicher Besuch 50 Pf. Thier- [
arzt Bonatz, Buxtehude.“
Ferner ist Thatsache, dass der Herr Bonatz in manchen
Dörfern Haus bei Haus sich vorgestellt, seine Plakate vertheilt, 1
seine Dienste angeboten und dabei immer betont hat, dass er |
viel billiger sei, als alle die andern Thierärzte der Gegend. !
Nach dem Grunde seiner auffällig billigen Preise gefragt, bat er j
mehrfach offen ausgesprochen, er beabsichtige damit jede Con- j
currenz todt zu machen.
In letzter Zeit hält er fast jeden Sonntag in 2 Dörfern
einen Vortrag über „Viehhandel nach dem neuen bürgerlichen I
Gesetzbuch“. Nach der ganzen Weise der Inscenirung u. s. w. !
kann nicht zweifelhaft sein, dass es ihm dabei kaum um Be- 1
lehrung der Viehbesitzer zu thun ist, er vielmehr nur beab¬
sichtigt, damit für sich auffällige Reclame zu machen.
In Vorstehendem sind nur Thatsachen mitgetheilt, die ab-
solut zu beweisen und von dem Herrn Bonatz auch zuge- !
standen sind.
Ob die Behauptung vieler Viehbesitzer besonders der Hitt-
felder Gegend, dass der Herr Bonatz ihnen nachträglich Rech,
nungen geschickt, die mit den angekündigten billigen Preisen
in sehr schroffem Gegensatz stehen, richtig ist, lassen wir dahin¬
gestellt sein.
Thatsache ist aber, dass seine Hülfe in der letzten Zeit
seines Dortseins trotz seiner von ihm behaupteten grossen Heil¬
erfolge fast gar nicht mehr in Anspruch genommen ist.
Es wird einstimmig beschlossen, dieses Treiben des Herrn
Bonatz öffentlich zn missbilligen, in der Ansicht, dass das
Ungewöhnliche dieses Vorgehens durch das ungewöhnliche
Treiben des Herrn Bonatz gerechtfertigt wird.
Stade, den 3. Februar 1900.
H. Schöttler sen. W. Müller, Schmidt,
Kreipthierarzt, Stade. Horneburg. Buxtehude,
Holm, Thierarzt,
Harburg.
Simon, Otterndorf.
Luther, Dorum.
H. Schöttler jr., Stade.
Nicol,
Simonsen, Sahling,
Oberndorf. Harburg.
Fr. Schöttler, Himmelpforten.
Dü well, Blumenthal.
Nevermann, Bremerwörde.
Geestemünde.
Unterstützungsverein für Thier Srzte.
Die Herren Mitglieder werden ersucht ihre Mitgliedsbeiträge
per 1899 und 1900 so weit dies noch nicht geschehen ist, an
den Schatzmeister des Vereins, Herrn Departements-Thierarzt
Heyne in Posen, Luisen-Strasse 2t» baldmöglichst einzusenden.
Preusse,
Vorsitzender.
VII. Internationaler Thierärztlicher Congress 1899 zu Baden-Baden.
Der ergebenst Unterzeichnete Geschäftsausschuss beehrt
sich hierdurch mitzutheilen, dass der Generalbericht über die
Verhandlungen des Congresses, bestehend aus zwei Bänden, im
Laufe der Monate Februar und März d. J. zur Versendung gelangt.
Baden-Baden, den 5. Februar 1900.
Der Geschäftsausschuss.
Fleischschau.
Preuasen. Die Ergebniese der Trichinen- und Finnenschau im Jahre 1898.
Regierungs¬
bezirke
Zahl der j
untersuchten
Schweine
Zahl der
trichinös befundenen 1
Schweine
M
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O ® ö
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Zahl der
finnig befnndenen 1
Schweine
Zahl der amtlichen i
Fleischbeschauer 1
1. Königsberg . .
198 051
90
28
370
523
2. Gumbinnen . . .
81 544
32
—
69
282
3. Danzig ....
143 343
56
16
153
359
4. Marienwerder . .
107 885
39
—
133
448
5. Stadtkreis Berlin
771 962
83
24
383
384
6. Potsdam ....
492 870
43
127
105
1714
7. Frankfurt . . .
420 944
31
17
85
1435
8. Stettin ....
150 719
2
525
7
344
9. Köslin ....
49 516
2
—
4
68
10. Stralsund . . .
36 022
1
—
2
93
11. Posen ....
222 703
347
27
295
1 120
12. Bromberg . . .
137 485
56
15
68
581
13. Breslau ....
470224
47
4
174
1 969
14. Liegnitz ....
298 941
26
—
32
1 482
15. Oppeln ....
393 899
56
—
942
1121
16. Magdeburg . . .
427 669
40
34
74
1 327
17. Merseburg . . .
424 504
7
4
65
1960
18. Erfurt ....
162 486
1
10
7
656
19. Schleswig . . .
93 855
—
151
4
154
20. Hannover . . .
225 777
—
—
169
721
21. Hildesheim . . .
204 931
6
4
44
925
22. Lüneburg . . .
192 770
2
—
33
1 191
23. Stade.
119 249
—
1
47
686
24. Osnabrück . . .
106 461
12
25
651
25. Aurich ....
20 097
—
2
—
81
26. Münster ....
76 471
2
7
7
301
27. Minden ....
206 062
3
2
49
875
28. Arnsberg . . .
418 754
2
65
71
1614
29. Kassel ....
288 446
32
—
83
1 802
30. Wiesbaden . . .
235 512
4
4
23
887
31. Koblenz ....
57191
1
5
21
182
32. Düsseldorf . . .
598 854
6
97
865
1007
33. Köln.
215 252
1
15
50
452
34. Trier.
89 832
1
—
29
245
35. Aachen ....
106 505
—
7
70
413
36 Sigmaringen . .
unbekannt
—
—
98
Ueberhaupt 1898
8 246 786
1019
1203
4 558
28 151
1897
8 320 405
1 558
502
5 646
27 441
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72 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen.
Es haben eine Anzahl Ausbrüche stattgefunden, ' welche
säramtlich bereits wieder erloschen sind und zwar in Berlin
(Centralviehhof unter Rindern und Schweinen 1. bis 5. Febr.),
Dresden (wiederholter Ausbruch 29. Jan. bis 3. Febr.), Frankfurt-
Sachsenhausen (31. Jan. bis 3. Febr.), Magdeburg (1. bis 3. Febr.),
München (30. Jan. bis 3. Febr.), Nürnberg (30. Jan. bis 2. Febr.).
Bücheranzeigen und Kritiken.
M. Casper, Dr. med. Pathologie der Geschwülste bei Thieren.
Für Thierärzte, Studirende und Aerzte. Wiesbaden. J. F. Berg¬
mann, 1899, 141 Seiten, 3 M.
Eine der fühlbarsten Lücken in der Literatur der Veterinär-
medicin ist zweifellos der Mangel einer selbstständigen, zu¬
sammenhängenden Darstellung der allgemeinen pathologischen
Anatomie der Hausthiere.
Um so wohlwollender ist daher die vorliegende Arbeit
Casper’s zu begrüssen, welche uns endlich eine abgerundete
Darstellung des so wichtigen und besonders für den Studirenden
schwierigen Capitels „der Pathologie der Geschwülste bei
Thieren“ bietet.
Verfasser folgt in der Anordnung des Stoffes den muster¬
gültigen Lehrbüchern der humanen Medicin. Der erste Ab¬
schnitt behandelt die allgemeine Pathologie der Geschwülste.
Anlehnend an die Eintheilung Lücke’s und Zahn’s inBillroth’s
Chirurgie bringt er: Begriffsbestimmung, Eintheilung der Ge¬
schwülste, Aetiologie, Bau und Entwickelung, Verhalten der
Geschwülste zu ihrer Umgebung und zum Gesamratorganismus,
und endlich eine Statistik. f
In dem letzten Capitel fühlen wir so recht, wie schwe# es
dem Verfasser geworden sein muss, genügendes Material aus
der Literatur zu sammeln. Es ist daher nicht zu verwundern,
dass bei der verhältnissmässig geringen Anzahl von Beobachtungen
aus den einzelnen Aufstellungen ganz verschiedene Schlüsse ge¬
zogen werden können.
In dem speciellen Theile ist die Eintheilung beibehalten
worden, welche Lubarsch in den „Ergebnissen der allgemeinen
Pathologie“ zu Grunde gelegt hat.
Es werden beschrieben: I. Bindesubstanzgeschwülste:
Fibrome, Lipome, Myxome, Encliondrome, Osteome und Odontome,
Myome, Gliome und Neurome, Haemangiome und Lymphangiome,
die verschiedenen Sarcome. II. Epitheliale Neubildungen:
Epitheliome und Papillome, Adenome und Carcinome. HI. Im
„Anhang“: Cholesteatome und Cysten.
Besondere Aufmerksamkeit hat Casper der vorhandenen,
oft freilich recht spärlichen Literatur gewidmet, deren Angabe
den einzelnen Capiteln vorausgeht.
Auf Abbildungen hat Casper leider verzichten müssen.
Ref. hofft, dass mit dieser Arbeit Casper’s der Anfang gelegt
sein möge zu einem selbstständigen veterinärmedicinischen
Lehrbuche der allgemeinen pathologischen Anatomie der Tbiere.
Hecker-Halle a. S.
Personalien.
Ernennungen etc.: Gewählt: Thierarzt W. Mein ecke zum
Schlachthotinspector in Norderney.
Examina: Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in
Berlin: die Thierärzte Friedrich Eilm an»-Bobersberg, Alfred
No. 6.
Fritsch-Culmsee, Kourad Hoffheinz-Rixdorf, Georg Kendziorra-
Berlin, Theodor Wodarg-Grätz (Posen) und Rossarzt Paul Müller-
Berlin (Assistent am Anatom. Institut).
Wohnsitzverftnderungen. Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt
Fr. Bruns-Ramsbeck bzw. Poulheim nach Bad Ems, Thierarzt
E. Dick nach Eilenburg, Thierarzt Harder von Nieder-Adelsdorf
wieder nach Culm a. W., Thierarzt H'einemann von Braunschweig
bzw. Wolfenbüttel nach Poelitz i. P, Thierarzt Eberhard Süssen-
bach nach Duisburg.
Iji der Armee: Beförderungen: Zum Ober-Rossarzt Ross¬
arzt Buchwald unter Versetzung vom 8. HuB.-Rgt. zum 73. Art-
Rgt; — zu RosBärzten die Unterrossärzte Doliwa vom
16. Drag.-Rgt unter Versetzung zum 8. Ul.-Rgk und St ahn vom
7. Kür.-Rgt. unter Versetzung zum 8. Hus.-Rgk
Hahn, Corpsrossarzt vom 8. Armeecorps, in den Ruhestand
versetzt.
Im Beurlaubtenstande: ZuRossärzten der Res. sind befördert:
die Unter-Rossärzte der Res. Dogs (Bez. Komm. Könitz), Kuhn
(Dt. Eylau), Lock au (Graudenz), Oberwinter (Hersfeld), Reu
(Donaueschingen), Reysowski (Schroda) und Rosenfeld (Lötzen);
in Württemberg die U.-R. Schwarz (Bez. Biberach) und Biber
(Bez. Ulm).
Dem Veterinär der L. II Robert Dupr6 (Ludwigshafen) der
Abschied bewilligt.
Yacanzen.
(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist
8. die vorhergehenden Nummern.)
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Cassel: Gersfeld zum 1. März (600 M.) Bewerb, bis 28. Fe¬
bruar an den Regierungspräsidenten. — Elsass-Lothringen: Kreis
Bolchen (600 M. und 700 M. Reisekosten-Aversum). Bew. bei dem
Ministerium, Abth. für Landwirthschaft.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Arnsberg: Lippstadt. — R.-B. Danzig: Carthaus. — R.-B.
Gumbinnen: Grenzthierarztassistentenstelle in Stallupönen. —
R.-B. Schleswig: Eiderstedt. — R.-B. Trier: Kreisthierarzt-
assistentenstelle.
Sanitfitsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Dresden: 3 Hilfsthierarztstellen am Scblachthof (je 2100 M.) Bewerb,
bis 10. Februar an die Direction. — Eberswalde: Schlacbthaus-
inspector (2400 M. bis 3300 M., Wohnung etc.) Meid, bis 1. März an
den Magistrat. — Friesack (Mark): Thierarzt als Vieh- u. Fleisch¬
beschauer (1200—1500 M. und Praxis). Bew. bis 1. März an den
Magistrat. — Geyer (Sächs. Erzgeb.): Thierarzt für Fleischbeschau
(1500—2000 M. aus der Stadtpraxis.) Bewerb, bis 1. März an den
Stadtrath. — Halle a. S.: 2. Assistenzthierarzt am Schlachtbofe
zum 1. April (1800 M., Wohnung etc.) Bew. bis 28. Februar an die
Direction. — Hannover: IV. Thierarztstelle am Schlachtbof. —
Lemgo: Schlachthofinspector zum 1. April (1500 M. Anfangsgehalt,
Wohnung etc.). Bew. bis 20. Febiüar an d. Magistrat. — Lüne¬
burg: Schlachthofvorsteher (2400—3400 M., Wohnung etc., Pension).
Bewerb, bis 1. März an den Magistrat. — SorauN.-L.: Schlachthof¬
vorsteher (2250 M. steigend bis 3000 M. Wohnung etc. Keine
PraxiB. Pension, 1000 M. Caution). Bewerb, bis 22. Februar an den
Magistrat. — Thorn: 2. Thierarzt am Schlachthof. Bewerb, bis
1. März an den Magistrat. — Wanne: Scblachthofvorsteher. Praxis
gestattet. Bewerb, bis 15. Februar an den Amtmann.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Augustusburg: Städt Thierarzt sofort (720 M. Fixum.
Privatpraxis). — Festenberg. — Hirschberg (Saale): Thierarzt
(1000 M. Fixum). Bew. an den Stadtgemeindevorstand. — Kem-
berg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck
(Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pillkallen.) — Lössnitz: Thier¬
arzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau zum 1. Juni 1900. Bew.
an den Stadtrath. — Mnrrbardt — Pabstorf (Braunschweig):
Thierarzt sofort — Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.):
Thierarzt für Praxis (300 M. Zuschuss). Bewerbungen beim Magistrat.
Besetzt: Schlacbthofstelle in Norderney.
Verantwortlich für den Inhalt (excL Ins erat enth eil): Prot Dr. Schmalts in Berlin. — Verlag und Klgenthum von Richard Scboets ln Berlin. — Druck von W. B Uzenstein, Berlin
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Die „Berliner Thlerärxüiche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in Stärke von mindestens l>/ t Bogen. Dieselbe
Ut su bestehen durch den Buchhandel, die Post (No 1082)
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard
Schoets, Berlin KW, Luisenstrasse 36, zum Preise von
Mk. 5,- pro Vlerteyahr.
Berliner
Orlginalbeltr&ge werden mit 50 Hk. für den Bogen honorirt.
Allo Manuscripte, Mittheilungen und redactloneilen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr Schmält«,
Berlin, thierärztliche üochschnle. NW., Luisenstras.se 56.
CoiTecturea, Recensions-Escmplaro und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Sehoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 7 . Ausgegeben am 15. Februar.
Inhalt: Jost: Operation einer Hernia inguinalis mit Complication. — de Bruin: Hystereotomie bei dem Hnnde. — Geist:
Misserfolg mit „Seraphtin“ in Oesterreich. — Referate: Friis: Serumimpfung gegen Brustseuche. — Die Pferde¬
influenza in Christiania. — Hofmann: Die Rolle des Eisens bei der Blutbildung. — Tagesgeschichte: Berathung der
Budget-Commission des Reichstages über die Gehälter der Militär-Rossärzte. —Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinär ¬
wesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Bücheranzeigen und Kritiken. —
Personalien. — Vacanzen.
Operation einer Hernia inguinalis mit Complication.
Von
H. Jost,
Assistent am Thierarznei-Institut der Universität Güttingen.
Im August d. J. wurde dem Thierarznei-Institut hierseihst
eine Hündin mit nachfolgendem Vorbericht zwecks Untersuchung
zugeführt. Der Besitzer giebt an, das ca. 7 Jahre alte Thier
leide seit etwa % Jahren an einer Geschwulst in der linken
Leistengegend. Als die Geschwulst zuerst bemerkt wurde, sei
sie klein und nicht abgegrenzt gewesen, habe sich weicli an¬
gefühlt, ohne dass das Thier irgend welche Beschwerden oder
beim Druck auf dieselbe Schmerzen geäussert hätte. Störungen
im Allgemeinbefinden der Hündin seien seit dem Bestehen dieses
Leidens nicht beobachtet worden. Zur Zeit der letzten Trächtig¬
keit sei die Geschwulst schon vorhanden gewesen, habe jedoch
keinerlei Veränderungen in Bezug auf Grösse, Form und Con-
sistenz während der Dauer der Trächtigkeit gezeigt. Auch
der Geburtsact, bei dem ein vollständig ausgewachsenes lebendes
Junges zur Welt gekommen, sei vor einigen Monaten leicht,
d. h. ohne fremde Hülfe von statten gegangen. Der Besitzer
bemerkte weiter, dass die Geschwulst, nachdem sie sich über
ein Jahr in demselben Umfange und Zustande erhalten und des¬
halb auch nicht weiter beachtet wurde, während der letzten
Wochen umfangreicher, schärfer abgegrenzt und härter ge¬
worden, dass das Thier seit einigen Tagen Schmerzen äussere
und ausserdem schlecht frässe. Ob sicli die Hündin zur Zeit
im Zustande der Trächtigkeit befinde, konnte von dem Besitzer
nicht mit Bestimmtheit angegeben werden; dagegen theilte der¬
selbe noch mit, dass das Thier bereits zum fünften Male jedes
Mal nur ein Junges geworfen habe.
Bei der sofort vorgenommenen Untersuchung zeigte das
Thier eine fänstgrosse, nach dem Euter hin nicht scharf ab¬
gegrenzte Geschwulst in der linken hinteren Leistengegend.
Dieselbe fühlte sich hart an und ging in die Tiefe; die Haut
liess sich im ganzen Umfange der Geschwulst leicht verschieben;
Fietelöffnungen, Geschwüre oder sonstige Veränderungen an der
Oberfläche derselben waren nicht vorhanden. Beim Druck auf
die Geschwulst äusserte das Thier grosse Schmerzen. In der
Rückenlage konnte dieselbe durch Druck oder Kneten weder
zum Verschwinden gebracht noch verkleinert werden. Eine
Brnchpforte war nicht fühlbar. Da die Hündin sehr gut ge¬
nährt und die Mamma stark entwickelt war, bedurfte es der
wiederholten eingehenden Untersuchung, um endlich feststellen
zu können, dass es sich in diesem Falle trotz des Fehlens
mancher Anhaltspunkte zweifellos um einen Leistenbruch handle,
zu dem vermuthlich eine Tncarceration hinzugetreten war. Für
letztere Complication sprach die plötzlich eingetretene Schmerz¬
haftigkeit der Geschwulst und die gleichzeitig damit beobachteten
Störungen im Allgemeinbefinden des Thieres. Aus der Ver¬
engung der Scheide, die ausserdem eingezogen und unsymmetrisch
war, musste weiter gefolgert werden, dass in den Brnchsack,
wie dies bei Hündinnen schon öfters beobachtet (Franck, Möller,
Stockfleth), auch Theile der Gebärmutter getreten waren.
Dem Besitzer wurde zur sofortigen Operation gerathen und
dieselbe auch, nachdem Patient mittelst subentaner Einspritzung
von 10 g einer 1 procentigen Morphiumlösung narkotisirt war,
ausgeführt. In der Rückenlage des Thieres wurden Vorder- und
Hinterbeine desselben, letztere gespreizt, festgehalten und als¬
dann nach vorausgegangener sorgfältiger Reinigung und Des-
infection der Operationsstelle ein ca. 9 cm langer Schnitt auf
der Höhe des Bruchsackes durch Haut und seitlich durchs
Euter ausgeführt. Nach Beseitigung des Fettgewebes und unter
peinlichster Desinfection erfolgte nunmehr mit der Scheere die
Eröffnung des freigelegten Bauchfelles in der Länge von etwa
7—8 cm, wonach ein bimförmiger Th eil der Gebärmutter mit
hartem Inhalt und das runde Band ohne Damitheile zum Vor¬
schein kamen. Da bei Hündinnen, im Gegensatz zu anderen
weiblichen Thieren, der Bauchring offen ist, war das linke Horn
der Gebärmutter vor Monaten in Folge irgend einer heftigen
Einwirkung der Bauchpresse durch den offenen Bauchring in den
Leistencanal (Nuck’scher Canal) gepresst und als Leistenbruch
ausgetreten. — Der Versuch, den vorgefallenen Th eil der Gebär¬
mutter sammt Inhalt durch den in der Grösse eines Zweimark¬
stückes weiten Leistenkanal zu reponiren, gelang nicht. Die
nunmehr folgende sorgfältige Palpation des Gebärmutterhoraes
liess in demselben einen Fötus vermuthen, der — da keinerlei
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7.
74
Bewegungen wahrnehmbar waren — entweder noch nicht voll¬
ständig entwickelt — also noch gar nicht bewegnngsfähig —
oder bereits ausgetragen, aber abgestorben war. — Letztere
Annahme fand ihre Bestätigung bei der Eröffnung des Gebär-
mutterhornes mittelst eines der Grösse des Jungen entsprechenden
Scheerenschnittes in der Richtung der Längsachse des convexen
Bogens. Einer Verunreinigung der Operationswunde durch den
Erguss von Fruchtwasser bei etwaiger Verletzung der Eihäute
war rechtzeitig durch Unterlage von steriler Gaze vorgebeugt.
Durch diese künstliche Oeffnung der Gebärmutter konnte nun¬
mehr das Junge sammt seinen Eihüllen ohne Schwierigkeit
herausgezogen werden. Der Fötus war ausgewachsen, aber todt,
seiner Beschaffenheit nach zu urtheilen, konnte der Tod erst
einige Stunden vor der Operation eingetreten sein. — Die
Blutungen der Wundränder, sowie der Uterusmucosa durch
Lösung der Placenta waren gering und hörten fast vollständig
auf, nachdem die Uterushöhle mit 1 pCt. Lysollösung gründlich
ausgespült und die Gebärmutterwandungen sich contrahirt hatten.
Trotzdem sich in Folge dieser Contraction die Schnittwunde
sehr verkürzt und durch Aneinanderlegen der Wundränder fast
geschlossen hatte, wurde dieselbe sehr vorsichtig noch einmal
mit Catgut geheftet. — Da eine Incarceration von Darmtheilen
nicht vorhanden und ausserdem in Folge der abnormen Weite
des Leistenkanals die Einschnürung des Gebärmutterhornes nicht
derartig war, dass sie für sich allein Schmerzhaftigkeit oder
Störungen im Allgemeinbefinden hätte hervorrufen können,
werden letztere Symptome nur dadurch veranlasst worden sein,
dass das Mutterthier beim Eintreten der Geburtswehen trotz
aller Austrengungen nicht im Stande gewesen ist, das im Bruch¬
sack befindliche Junge durch die Einschnürung der Gebärmutter
im Leistenkanal auszustossen. — Durch vorsichtiges Untersuchen
konnte weiter festgestellt werden, dass die Hündin auch dieses
Mal nur ein Junges getragen hatte. — Krankhafte Veränderungen
waren an der eingeschnürten Stelle des ausgetretenen
Gebärmutterhornes nicht wahrzunehmen, in Folge dessen wurde
dasselbe unter den strengsten antiseptischen Cautelen sehr
sorgfältig reponirt, und, um ein Wiederaustreten durch
den Leistenkanal zu verhüten, die Oeffnung des letzteren durch
zwei Catguthefte verengt. Die äussere Bauchwunde konnte
alsdann nach gründlicher Desinfektion mittelst Seide unter Ein¬
lage von Jodoformgaze so geheftet werden, dass die sich
bildenden Wundsecrete hinreichenden Abfluss hatten und ein öfteres
Einschieben von frischer Jodoformgaze leicht zu ermöglichen war.
Ein mit schwacher Sublimatlösung getränkter Wattebausch, der
mittelst eines Handtuches auf der Wunde leicht zu befestigen
war, schützte dieselbe vor Infectionen und verhütete ausserdem
ein Herausbeissen oder Herausbrechen der Hefte. Der Verband
und die Jodoformgazetamponade wurden eine Woche lang täglich
erneuert, alsdann konnte in grösseren Jntervallen mit Trockeu-
verbänden gewechselt werden, bis nach etwa drei bis vier
Wochen bei diäter Fütterung eine vollständige Heilung des Thieres
erzielt war.
Da die Hündin auch bereits vor und während der letzten
vorletzten Trächtigkeitsperiode an der Geschwulst gelitten
hatte, ohne dass dieselbe während der Dauer dieser Trächtigkeit
irgend welche Veränderungen gezeigt hatte, muss angenommen
werden, dass das Gebärmutterhorn im nicht befruchteten Zu¬
stande ausgetreten und auch bis zur letzten Trächtigkeit,
die zu oben beschriebener Operation führte, nicht befruchtet
gewesen ist, anderenfalls müssten sich zeitweise dieselben Ver¬
änderungen an der Geschwulst bemerkbar gemacht habeu, wie
sie sich bei der letzten Trächtigkeitsperiode eingestellt hatten.
Wenn die Hündin nach Aussage des Besitzers während des
Bestehens der Geschwulst trotzdem ein Junges geworfen hatte,
also trächtig gewesen war, ohne dass es bemerkt wurde, so
war der Fötus sicher im rechten, nicht eingeklemmten Gebär¬
mutterhorn ausgetragen und konnte infolgedessen auch ohne Be¬
schwerden geboren werden.
Ebenso leicht hätte muthmasslich auch, wie aus den dies¬
bezüglichen Angaben Stockfleths und Möller’s, — wonach
trotz des Bruches bei Hündinnen der Gebäract meistens ohne
Störung verläuft — zu schliessen ist, das im Bruchsack be¬
findliche Junge geboren werden können, vorausgesetzt, dass die
Weite des eingeschnürten Theiles der Gebärmutter im ent¬
sprechenden Verhältniss zur Grösse des Jungen gestanden hätte.
Ist dies jedoch nicht der Fall, im Gegentheil die Einsclmürung
der Gebärmutter theils so eng, dass wie bei obiger Beobachtung
dem Mutterthier ein Ausstossen des Fötus ganz unmöglich ist,
dann bildet der Leistenbruch ein Geburtshinderniss, das nur
operativ beseitigt werden kann.
Hy8tereotomie bei dem Hunde.
Von
M. 6. de Bruin.
Wenn die Geburt nicht auf natürliche Weise stattfinden
kann, und man die Sectio caesarea vornimmt, so kann sich nach
der Laparotomie ergeben, dass der Zustand des Uterus von der
Art ist, dass die Belassung des entzündeten Uterus grosse
Gefahr für das Leben darbietet. In diesem Falle ist seine Ent¬
fernung angezeigt.
(.. Es hat sich in der letzten Zeit wiederholt gezeigt, dass
diese Operation bei dem Hunde mit Erfolg vorgenommen werden
kann. Obschon sie als lebensgefährlich betrachtet werden muss,
ist doch bei gewissenhafter Anwendung aseptischer Vorsorg-
massregeln die Möglichkeit des Gelingens ziemlich gross. Da
die Operation stets ultima ratio ist, so ist der Erfolg nicht
immer so günstig, als wenn sie frühzeitig, d. h. ehe das Thier
zu sehr erschöpft ist, geschehen kann.
Vor der Hystereotomie findet die Laparotomie statt.
Diese geschieht an der Stelle, wo die Hungergrube in die
untere Bauchgegend übergeht, an der Seite, wo man durch die
Bauchwand die Früchte fühlen kann. Die Richtung des Haut¬
schnittes folgt der Richtung der Fasern des Musculus obliquus
internus. Es empfiehlt, sich die Lagen der Bauchmuskeln in der
Richtung der Hautwunde zu spalten. Der Musculus obliquus
externus wird in einem Winkel von 80—90° gespalten, der Muse,
internus in der Richtung seiner Fasern, der Muse, transversus
in einem Winkel von 45°. Das Bauchfell wird mit der stumpfen
Scheere durchgeschnitten. Die Spaltung der Bauchmuskeln, jeder
in der Richtung ihrer Fasern, hat den Nachtheil, dass die Bauch¬
wunde zu klein wird und die Muskellagen, welche mit dem
W T undhaken auseinander gehalten werden müssen, leicht ein-
reissen.
Die Länge der Bauchwunde richtet sich nach der Grösse
des Thieres; sie differirt von 5—10 cm.
Die Hystereotomie, die Entfernung des Uterus, welche
nun erfolgt, geschieht auf folgende Weise. Der Uterus wird
mit den Früchten durch die Bauchwunde herausgezogen und auf
ein steriles Tuch gelegt. Man verrichtet dies am bequemsten,
indem man eine davorgelegte Ampulle und die Frucht langsam
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15. Februar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
75
aus der Wunde zieht. Nun legt man 1) eine doppelte Ligatur
mit aseptischer Seide um jede Tuba (hart bei dem Ovarinm) an,
ginschliesslich dem Ligamentum ovarii. Die Tuba wird zwischen
den Ligaturen durchgeschnitten. Sodann unterbindet man
2) das Collum uteri. Dies geschieht mit dicker aseptischer
Seide an zwei Stellen, zwischen welchen das Collum durch-
geschnittem wird. Je nach der Methode, welche man befolgt,
wird das Collum uteri oder etwas weiter der Uterus divisus
unterbunden. Falls die Früchte zu gross sind, z. B. bei
emphysematösem Foetus, sodass es nicht möglich ist, den Uterus
sammt den Früchten ganz herauszuziehen, empfiehlt es sich eine
Ampulle herauszuziehen, zu öffnen und durch die Oeffnung die
Früchte zu entfernen. Dadurch gewinnt man mehr Raum und
einen besseren Ueberblick über das Operationsfeld. Letztere
Operation lässt man am besten von einem Assistenten verrichten,
da die Hände des Operateurs beim Herausziehen der Früchte
inficirt werden, der grüne PlacentafarbStoff sich oft nicht von
den Händen abwaschen lässt. Nachdem die Tubae sowie das
Collum zwischen den Ligaturen durchgeschnitten sind, kann der
Uterus entfernt werden. An den unterbundenen Tubae braucht
nichts gethan zu werden. Wenn aseptisch operirt wird, ist
dafür keine Gefahr zu fürchten. Anders verhält es sich mit dem
unterbundenen Stumpf des Collum uteri. Je nach der Weise,
wie man diesen behandelt, unterscheidet man folgende Methoden:
a) Hystereotomie mit extra-peritonealer Stumpf¬
behandlung. Der Uterus wird vor dem Collum uteri, also auf
dem Uterus divisus unterbunden; der Stumpf ist ziemlich lang
und beweglich, sodass er mit der Ligatur in die Bauchwunde
geführt werden kann. Wenn man die Bauchmuskeln heftet,
fixirt man die Ligatur des Uterus in die Muskelnaht und schiebt
den Stumpf in die unterste Ecke der Wunde. Die Wunde
heischt eine sorgfältige antiseptische Nachbehandlung, bis der
Stumpf abgefallen und eine granulirende Fläche entstanden ist.
Eine Folge dieser Operation ist, dass stets eine Verbindung von
Vagina und Collum mit der Bauchwand bestehen bleibt.
b) Hystereotomie mit Senkung des Stumpfes.
Bei dieser Methode wird nach Unterbindung und Durch¬
schneidung des Uterus, der Stumpf der auf der Schnittfläche
einen centralen Schleimhautring zeigt, mit Pacquelin’s Apparat
gebrannt und in die Bauchhöhle zurückgeführt. Nach Senkung
des Stumpfes wird die Wunde in der Bauchwand mit einer
Etagennaht geschlossen. Wenn alles aseptisch behandelt worden
ist, wird der Stumpf und die Ligatur in Fett eingebettet.
Diese Methode kann erfolgreich bei Hunden und Katzen
angewandt werden. So führte ich n. A. 1895 diese Hyste¬
reotomie bei einem Hündchen aus, das sich noch heute des
Lebens erfreut.
c) Hystereotomie mit vaginaler Amputation des
eingestülpten Stumpfes.
Die Unterbindung des Uterus geschieht auf die gewöhnliche
Weise; hierauf wird zwischen den Ligaturen durchgeschnitten
und der Uterus entfernt.
Der Stumpf wird in sich selbst eingestttlpt und mit einer
in die Scheide eingeführten Zange in das Lumen der Scheide
und womöglich ein wenig ausserhalb der Vulva gezogen.
Sodann wird die zweite Ligatur über die erste gelegt und
fest zugezogen. Fünf Millimeter hinter der Ligatur wird das
Collum abgeschnitten, so dass ein Theil des Stumpfes mit der
ersten Ligatur abfällt. Hierauf wird der eingestülpte Theil
reponirt. Wir haben also hier dasselbe Bild wie bei der
Amputation nach einem Prolapsus uteri.
Es braucht wohl kaum noch besonders hervorgehoben
werden, dass diese Operation nur möglich ist, wenn der Gebär¬
mutterhals geöffnet ist.
Der Stumpf fällt nach etwa 10 Tagen ab, bisweilen jedoch
später und wird per vaginam entfernt.
Ein Vortheil dieser Methode ist, dass der Stumpf nicht in
der Bauchhöhle zurückbleibt, also auch keine Veranlassung
geben kann, dass von da aus die Infection beginnt. Man kann
diese Methode bei Ziegen und Schafen anwenden; man kann
hier mit den Fingern den Stumpf in der Scheide erfassen,
während die Finger der andern Hand ihn in der Bauchhöhle
herandrücken.
Wenn man mit Aussicht auf guten Erfolg operiren will, so
muss vorher noch Folgendes geschehen:
Der Hund muss vor der Operation ganz gewaschen und
dann abgetrocknet werden. Hierauf wird er mit einer Binde
von 12 cm Breite umwickelt, so dass nur die Bauchwand
unbedeckt bleibt.
Die Haare werden auf der Bauchwand, sowie in der Um¬
gebung des Operationsfeldes eingeseift und mit einem Rasir-
messer wegrasirt. Diese Entfernung der Haare halte ich für
den wichtigsten Theil der Vorbereitung.
Complicationen. Während der Hystereotomie können
Zwischenfälle Vorkommen, welche das Leben ernstlich bedrohen.
Wenn nach der Laparotomie der Uterus aus der Wunde ge¬
zogen wird, kann plötzlich eine collaterale Gehirnanaemie
entstehen, welcher der Patient erliegt. Dies ist besonders dann
der Fall, wenn der Uterus mühsam durch eine kleine Bauch-
wunde gezogen wird, so dass die Ampulle mit der Frucht wie
ein Säuger in der Wunde wirkt. Dann entsteht in der Bauch¬
höhle eine Hyperaemie ex vacuo und infolgedessen collaterale
Gehirnanaemie.
Man halte während der Operation stets eine Injections-
spritze, mit Aether gefüllt, bereit, um eine Einspritzung von
1—2 g unter der Haut machen zu können. Einmal passirte
es mir, dass ein gesunder, kräftiger Hund, dessen Uterus einiger-
massen mühsam herausgezogen werden musste, plötzlich ver¬
endete. Später habe ich deshalb lieber eine grössere Wunde
in der Bauchwand gemacht, um dieser Gefahr vorzubeugen.
Das Eindringen der Luft in die Bauchhöhle bietet nichts
Bedenkliches. Bei Eventration des Omentum majus kann der¬
jenige Theil des Netzes, der ausserhalb der Bauchhöhle war,
ohne Nachtheil abgeschnitten werden.
Ebenso wie bei dem Menschen ist es auch hier geboten,
die Operation schnell zu verrichten. Bei dem Hunde kann eine
gut ausgeführte Hystereotomie in 20 Minuten geschehen sein.
Bei einer längeren Operation ist die Gefahr für Complicationen
und Infection gross.
Misserfolg mit „Seraphtin“ in Oesterreich.
Von
Gilst-Inzersdorf b. Wien,
Thicmrrt.
Als im Jahre 1898 die Höchster Farbwerke ein nach
Angabe des um die Bacterienforschung und speciell das Impf¬
verfahren so hochverdienten Forschers, Herrn Geh.-Rath Prof.
Dr. Löffler hergestelltes angebliches Schutzmittel gegen die
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76' BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 7.
Maul- und Klauenseuche unter dem Namen „Seraphtin“ in den
Handel brachten, sahen sowohl die Fachkreise, als insbesondere
die Landwirthe mit Spannung den Erfolgen der Seraph tin-
impfung entgegen. Dies um so mehr, als ja anfänglich von der
grossartigen Heil- und Schutzwirkung des Mittels gegen diese
verheerende Seuche in verschiedenen Blättern berichtet wurde,
sodass man sich der Hoffnung hingeben konnte, endlich einmal
einer Krankheit Herr werden zu können, welche den national-
öconomischen Wohlstand eines Rinder- und Schweinezucht
treibenden Staates empfindlich zu schädigen im Stande ist.
Aber diese Hoffnung wurde bald gründlich zerstört, indem
von verschiedenen Seiten ungünstige Berichte über die Seraphtin-
impfung einliefen.
Soweit mir bekannt ist, wurde in Oesterreich ein Versuch
mit Seraphtin in grösserem Massstabe nur einmal unternommen,
der jedoch einen so eclatanten Misserfolg zu verzeichnen hatte,
dass die Impfungen eingestellt wurden.
Nachdem die im vorliegenden Falle gemachten Erfahrungen
mit den bisher in der Literatur verzeichneten in manchen
Punkten nicht übereinstimmen, glaube ich, das Resultat der in
Oesterreich vorgenommonen Imptversuche den Fachcollegen mit¬
theilen zu sollen.
Augeregt durch die seiner Zeit veröffentlichten, angeblich
mit positivem Erfolge durchgeführten Seraphtinimpfungen sah
sich ein im Bezirke Bruck a. d. Leitha, .N-Oe., ansässiger Guts¬
besitzer, Herr R. H., veranlasst, einen derartigen Versuch in
grösserem Massstabe in seinen Rinderbestäuden zu machen,
indem er sich dabei der sicheren Hoffnung hingab, sein fast
alljährlich von Maul- und Klauenseuche heimgesuchtes Gehöfte
sicher vor dieser Krankheit geschützt zu wissen. Der gesamrate
Rindviehbestand des Gutes umfasste zur Zeit der Iippfupg
210 Stück der verschiedensten österreichischen Rassen von
Milchkühen und vier Bezügen Ochsen, welche in zwei, räumlich
durch eine Strasse getrennten Höfen, eingestallt waren.
Ich bemerke hierbei, dass der Betrieb eine Musterwirtschaft
darstellt, Stallpflege und Fütterung die denkbarst besten sind.
Das Impfmaterial, 20 Dosen ä 10 cm 3 und 100 Dosen
ä 15 cm 3 wurden in zwei verschiedenen Sendungen, jede mit
anderer Operationsmarke versehen, von den Höchster Farbwerken
bezogen.
Was die Impftechnik anlangt, so kann ich mich, nachdem
dieselbe ohnedies genügend bekannt sein dürfte, kurz fassen.
An der Operationsstelle, rechten oder linken Jugularis,
werden die Haare gekürzt, desinficirt und die vollkommen
sterile (Einlegen in Sublimat oder Lysollösung) Impfnadel an
der Kuppe der mittelst Aderlassschnur geschwellten Jugularis
von oben nach unten durch Haut und Vene eingestochen. Sobald
Blut durch die Canüle ausgeströmt ist, wird die Spritze auf¬
gesetzt und durch langsames Niederdrücken des Stempels der
Inhalt in die Vene entleert. Ich halte den Impfact bei exacter
Ausführung für vollkommen ungefährlich und auch für den Fach¬
mann leicht ausführbar, sodass man in einer Stunde leicht
25—30 Kühe impfen kann. Doppeltes Durchstechen der Venen¬
wandung. Abscedirungen oder öderaatöse Anschwellungen kamen
in keinem Falle vor.
Um eine vollkommen einwandfreie, wissenschaftliche Basis
für die Beurtheilung des Werthes des Verfahrens zu gewinnen,
wurde der gesammte Rinderbestand vor Beginn der Impfung
einer genauen Untersuchung unterzogen und hierbei dessen voll¬
kommener Gesundheitszustand constatirt.
Die Impfung selbst wurde unter Leitung des Herrn Dr.
Schindelka, kk. Professor der kk. thierärztlichen Hochschule
in Wien, und Controle seitens der Veterinärchefs des kk.
Ministeriums des Inneren und der kk. n. ö. Statthalterei unter
peinlich genauer Beobachtung der Löffler’sehen Vorschriften
durchgeführt.
Als höchst wichtig für den Verlauf und das Resultat der
Impfung muss hervorgehoben werden, dass vom Momente der
Constatirung des Gesundheitszustandes der Thiere bis zum amt¬
lich erklärten Erlöschen der Seuche im Sinne des § 20 (D. V.
zu Punkt 4) des allgemeinen Thierseuchengesetzes vom 29. Fe¬
bruar 1880, R. G. B. 35 die strengste Stallsperre über beide
Höfe verhängt wurde, so dass keine weitere Neueinstellung von
Rindvieh erfolgen konnte und fremden Personen der Zutritt in
die Höfe unbedingt untersagt war.
Geimpft wurde in drei Etappen, u. a. standen die Impflinge
in verschiedenen Stallungen; am 8. December 1898 20 Kühe mit
je 10 cm 3 , am 14. December 59 und am 17. December mit je
15 cm 3 , also im Ganzen 120 Thiere.
Bei den am 8. December geimpften 20 Kühen wurde vor
und ca. eine Stunde nach der Impfung die Temperatur gemessen,
und konnte ich im Gegensätze zu anderen Berichterstattern,
leichte Temperatursteigerung, allerdings im Maximum nur um
0,7 0 C. ( 38,9 °) und im Anschlüsse hieran mässige Verringerung
der Fresslust und Milchsecretion beobachten, welche Er¬
scheinungen jedoch am nächsten Tage wieder behoben waren.
Diese 20 Kühe zeigten während des lncubationsstadiums keinerlei
Gesundheitsstörungen und konnten auch keine Symptome der
Maul- und Klauenseuche constatirt werden; noch am letzten
Impftage, also nach neun Tagen, wurden diese Kühe untersucht
uud gesund befunden, so dass man zu den schönsten Hoffnungen
berechtigt war. Jedoch schon drei Tage nachher, also am 20.
December erkrankten zwei Kühe hochgradig an Maul- und
Klauenseuche, von denen die eine am 14., die andere am 17. De¬
cember geimpft worden war.
Von nun an gewann die Seuche von Tag zu Tag unaufhalt¬
sam an Intensität und Ausbreitung, so dass am 18. Januar 1899
bereits 125 Thiere, darunter 4 Ochsen, von der Krankheit be¬
fallen waren.
Auch die am 8. December geimpften Kühe blieben keines¬
wegs verschont, sondern es erkrankten successive acht Stück
davon in acutester Weise. Es stimmt dies mit den Beobäch-
tungen vom Collegen Schmidt-Nidda iiberein, welcher Senchen-
ausbriiehe noch 30 Tage nach der Impfung sah.
Was den Seuchenverlauf anlangt, so möchte ich hier die
Beobachtungen einiger Collegen, soweit sie mir aus der Lite¬
ratur bekannt sind, gegenüberstellen. Schmidt-Nidda con¬
statirt heftigen Verlauf, selbst apoplectische Todesfälle; ebenso
ungünstigen, vehementen Verlauf sah Jonen-Lommersum und
Schrader-Helmstadt. Diesen stehen gegenüber Winter-Wesel,
welcher sagt, dass die Impfung bei vorschriftsmässiger Aus¬
führung in keiner Weise für die Thiere nachtheilig sei, und
Dr. W. Flatten-Cöln, welcher der Ansicht ist, dass die Impfung
allerdings Ursache der Infection sei, es aber als auffallend
bezeichnet, dass die Impflinge in weit geringerem Grade er¬
kranken und rascher abheilen als sonst.
Ich kann mich hierin nur den drei ersten Berichterstattern
anschliessen, nachdem die Seuche im vorliegenden Falle in
äusserst vehementer Weise in Erscheinung trat. Neben höchst
intensiven Erosionen an der Maulschleimhaut, Zunge und Gaumen,
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
77
15. Februar 1900.
wurden bis nussgross prominirende Blaseneruptionen am Euter,
umfangreiche parerchymatöse Mastitiden mit Stricturen der
Strichkanäle und Induration der ganzen Drüse beobachtet.
Insbesondere heftig waren die aphthösen Processe an den Klauen
mit den verschiedenen Formen des Panaritinms und selbst par¬
tieller Knochennecrose, so dass zahlreiche operative Eingriffe
erforderlich waren.
Wie ungemein heftig der Verlauf dieser Seuche war, er¬
hellt am besten daraus, dass 27 Thiere der Nothschlachtung
zugeführt werden mussten, bei deren Section in den meisten
Fällen die charakteristischen pathologischen Veränderungen der
bösartigen Form (hämorrhagische Myo- und Sericarditis, Alse¬
rationen an den Pausenpfeilern, entzündliche Hämorrhagien im
Dünndarm etc.) constatirt wurden. Besonders betont muss
werden, dass gerade die Impflinge von der Seuche am schwersten
befallen wurden, so dass von einem milderen Verlaufe bei den¬
selben gar keine Rede sein konnte.
Ebenso wurde auch die Erfahrung gemacht, dass die zu
verschiedenen Zeiten in den Höchster Farbwerken hergestellte
Lymphe in ihrer Zusammensetzung resp. Virulenz verschieden
stark war; denn von den am 14. und 17. December 1898 ge¬
impften Rindern erkrankten zwei schon nach sechs resp. drei
Tagen, während die am 8. December geimpften Thiere erst im
weiteren Verlaufe von der Seuche ergriffen wurden; hieraus
erhellt, dass im ersten Falle die Virulenz der Lymphe eine zu
grosse war, so dass der Seuchenausbruch durch dieselbe direct
veranlasst wurde, während im letzteren Falle die antitoxische
resp. immunisirende Kraft der Lymphe zu gering war, um das
Contagium im Blute wirksam bekämpfen zu können. Dass diese
meine Annahme richtig ist, beweist eine Zuschrift der Höchster
Farbwerke, in welcher angefragt wird, ob ein Unterschied in
der Reaction der aus verschiedenen Operationen stammenden
Lymphdosen bemerkt wurde.
Ueber das Verhältniss der Erkrankungen bei den geimpften
und nicht geimpften Thieren giebt folgende Tabelle Aufschluss:
Gesammtrinderstand am 8. December 1898: 219 Stück:
Geimpft am
8. Dec. 1898
Er¬
krankt
1 o/
; Io
Nicht geimpft j
Er¬
krankt |
%
20
8
40 o/o
49
44
89.77%
geimpft am
14. u. 18. Dec.
100
17
71 %
50
vor 13 Monat
im Hofe durch¬
seucht
2
4 %
Sa. 120
79
65.83 %
Sa. 99
46
46.5 0/ 0
Totalsumme der Erkrankungen unter 219 Stück: 125 = 57.08 %.
Abgesehen von dem grossen, directeu pecuniären Verluste,
welcher infolge der Nothschlachtungen und des Milchentganges
(in zwei Monaten ca. 23 000 Liter) entstand, hat derselbe noch
weiter eine ganz bedeutende Erhöhung durch den Umstand er¬
fahren, als bei den meisten der durchseuchten Thiere Nach¬
krankheiten resultirten und zwar in Form von Lungendefecten,
gänzlichen oder theilweisen Versiegens der Milchsecretion, ganz
bedeutenden Herabkommens im Nährzustande, so dass ein grosser
Theil der Thiere nach Erlöschen der Seuche eliminirt werden
musste.
Auf Grund aller dieser Beobachtungen bin ich der vollen
Ueberzeugung, dass das Seraphtin — wenigstens in seiner da¬
maligen Zusammensetzung — weder ein Heil- noch ein Immuni-
sirungsmittel gegen die Maul- und Klauenseuche darstellt, sondern
dass durch die Anwendung desselben geradezu künstlich ein
Seuchenheerd geschaffen werden kann. Zu letzterem Ausspruche
glaube ich aus dem Grunde berechtigt zu sein, weil in vor¬
liegendem Falle die denkbar günstigten Verhältnisse für exacteste
Ausführung des Verfahrens durch Fachmänner gegeben war und
durch die vorbereitenden Massregeln eine Infection von Aussen
mit nahezu absoluter Sicherheit anszuschliessen war.
In Anbetracht der procentuellen, schweren Erkrankungen
unter den 120 Impflingen, nämlich 65.83 pCt., im Gegensätze
zu nur 46.5 pCt. Erkrankungsfällen unter 99 nicht geimpften
Thieren kann von einer Schutzwirkung wohl kaum die Rede
sein, nachdem ja erfahrungsgemäss die Erkrankungsziffer bei
Maul- und Klauenseuche im Allgemeinen nur 25—50 pCt. beträgt.
Entschieden auffallend ist auch die Thatsache, daBS bei
vorgeschildertem Versuche gerade die geimpften Thiere zuerst
erkrankten; wo bleibt also die Immunisirung, wenn schon von
Heilwirkung nicht gesprochen werden soll!
Referate«
Serumimpfang gegen Brustseuche in der
dänischen Armee.
Corpsstabsveterinär St. Friis veröffentlicht in der Ztschr.
f. Vet. Februar 1900 eine deutsche Zusammenfassung seines in
der .,Maaneds-Skrift“ pnblicirten Artikels über die Serumimpfung
in Dänemark. Geimpft wurden im (Tanzen 546 Pferde, von
denen 26 nach der Impfung erkrankten. 16 der erkrankten
waren jedoch wahrscheinlich schon vorher inficirt. Sieben Stück
erkrankten erst 13 bis 22 Wochen später, wo die Impfimmunität
schon vorüber war, und nur drei Pferde erkrankten innerhalb
vier bis acht Wochen nach der Impfung, sodass diese bei ihnen
wirkungslos geblieben sein muss. Dabei stellte sich heraus,
dass von 238 mit 100 g geimpften Pferden 9 pCt. erkrankten,
während von 300 mit 150 g geimpften Pferden nur 2 pCt. er¬
krankten, sodass man 150 g Serum als die jedoch genügende
Minimaldosis ansehen muss. Der Klage, dass in der Regel nicht
genügend Serum liefernde Pferde zu beschaffen seien, um die
Impfung durchzuführen, ist bei den dänischen Regimentern
dadurch begegnet worden, dass man die zuerst erkrankten Ab¬
theilungen nicht impft, sondern einfach durchseuchen lässt, um
von den Pferden derselben Sernm znr Impfung der übrigen Thiere
abzunehmen. Znr Production von Serum wurden solche Pferde
gebraucht, welche die Brustseuche in vollständig typischer Weise
durchgemacht hatten, sodass Temperatur, Puls und Athmung
binnen neun Tagen Veränderungen zeigten. Der Aderlass wurde
vorgenommen vier bis acht Wochen nach Wiedereintritt der
Fieberfreiheit. Die Impfung selber machte keine Reaction. Die
geimpften Pferde wurden sofort wieder zum Dienst herangezogen,
während diejenigen, von denen Blut entnommen war, drei bis
vier Tage geschont wurden. F. fällt ein sehr günstiges Urtheil
über die Wirksamkeit der Impfungen, dem sich die Redaction
der Ztschr. f. Vet. nicht anschliessen zu können glaubt, indem
sie die Beurtheilung der Resultate für zu optimistisch erklärt.
Die Pferdeinfluenza in Christiania.
Die Pferdeinfluenza ist, wie sie sich hier gestaltet, keine tödt-
liche Krankheit, aber ihr kräftiges acutes Auftreten und ihre
Ansteckungsgefahr macht sie äusserst bedenklich. Sie kommt
ganz plötzlich und steckt in rasender Fahrt Thier um Thier an.
Man glaubt hier in Christiania. dass die Krankheit von
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No 7.
78
Skaane in Schweden, wo sie letztes Jahr ihr Unwesen getrieben
haben soll, herübergekommen sei.
Die Symptome sind: Heftiger Augencatarrh, geschwollene
Augendeckel, rosenartige Geschwulst an den Beinen, steifer,
schwankender Gang, schlechter Appetit und eine Temperatur
bis über 42 °.
Sie wird mit Chinin, Antifebrin und Branntwein behandelt.
Man rechnet, dass Christiania lOOOO Pferde besitzt, obwohl
man keine Pferdebahnen hat. (Alle Bahnen sind hier electrische.)
Es sieht ans, als ob diese Krankheit, die uns sicher früher nie
heimgesucht hat, sich nun weiter verbreiten wollte.
Die Rolle des Eisens bei der Blntbildnng.
Von Dr. Hofmann.
(M. med. Woch. 89. 99 )
Dass das medicamentös gereichte Eisen zur Aufnahme in
den Organismus gelangt, und dass eine Resorption des Metalls
durch den Dünndarm und eine wahrscheinliche Ausscheidung
durch den Dickdarm stattfindet, ist durch Versuche erwiesen.
Dagegen befand man sich über die Frage des „Wie“? der Eisen¬
wirkung noch völlig im Unklaren. Um diese Frage zu erledigen,
stellte Verf. eine grosse Reihe theils normaler theils anaemisch
gemachter Kaninchen mit oder ohne Eisenzufnhr Versuche an.
Es ergab sich, dass alles gereichte Eisen im Duodenum zur Auf¬
nahme kommt, um dann in Transportzellen mit einem Eiweiss-
körper verbunden im Blute zu kreisen. In dieser Form findet sich das
Eisen in Milz, Leber und besonders im Knochenmark. Und nur
das Knochenmark zeigt nach Blutverlusten eine entsprechende
regenerative Thätigkeit, die sich in einer mächtigen Hyperplasie
seines Parenchyms ausspricht. Der Wiederersatz der rothen
Blutkörperchen ist bei Thieren mit Eisenfütterung ein rascherer.
Auch ohne Blutverlust lässt sich durch Eisendalreichung' eine
mässige Steigerung der Blutkörperchenzahl hervorrofen. Der
Wiederersatz des Haemoglobins bleibt hinter dem der Erykthro-
cytenzahl zurück, so dass eine Mehrproduction von Blutfarb¬
stoff durch Verwendung des Metalls nicht statt bat. Das Eisen
hat also eine stimulirende Wirkung auf die physiologische Thätig¬
keit des Knochenmarks und veranlasst die Heranreifung der in
ihm producirten Jugendformen zu kernlosen, in die Circulation
eintretenden Erythrocyten. Hieraus ergiebt sich gleichzeitig ein
Einblick in das Wesen der Chlorose. Hiernach besteht diese
Krankheit mit der grössten Wahrscheinlichkeit in einer nur zur
Pubertätszeit auftretenden, vorübergehenden, verminderten
Leistungsfähigkeit oder einer angeborenen, sich das gaöze Leben
mehr oder weniger mehr bemerkbar machenden Hypoplasie des
blutbildenden Organes, des Knochenmarkes, die sich in schweren
Fällen vereinige mit der von Virchow beschriebenen Hypoplasie
der blutführenden Theilen, selbst des Gescblechtsapparates. Diese
Schwäche des blutbildenden Apparates äussert sich in der
Production minderwerthiger, an Form und Haemoglobingehalt
krankhaft veränderter Ecryothrocyten.
Tagesgeschichte.
Berathung der Budget-Commission des Reichstages
über Gehälter der Militär-Rossärzte.
Die vom Abgeordneten für Schwäbisch Hall, Professor
Hoffmann (Stuttgart), dem Reichstag übergebene Petition von
Militärveterinären, betr. Aufbesserung der Gehälter und der
Stellung überhaupt, war wegen des ersten Punktes der Budget-
Commission überwiesen worden und ist hier am Dienstag und
Mittwoch berathen worden.
Am ersten Tage sprachen sich Referent Graf v, Roon und
der Correferent kurz dahin aus, dass die Aufbesserungen keine
Aussicht hätten; der Correferent empfahl, die Rossärzte zu
Vorständen der Musterungs-Commissionen zu machen. Der
Commissiar des Kriegsministers erklärte, dass das Ministerium
einer Gehaltsaufbesserung sehr wohlwollend gegenüb erstände;
im Vergleich mit den Bezügen der bayerischen Militärveterinäre
wären alle übrigen Militärrossärzte zu niedrig bezahlt. Bezüg¬
lich einer Rangerhöhung aber hätten Erkundigungen bei activen
Rossärzten ergeben, dass sie eine solche wegen der damit ver¬
knüpften höheren gesellschaftlichen Ansprüche gar nicht wünschten.
Musterungsvorstände könnten die Rossärzte selbstverständlich
nicht werden, weil diese Function ihr technisches Gebiet über¬
schreite.
Ueber den zweiten Verhandlungstag kann folgender ein¬
gehender Bericht veröffentlicht werden:
2. Tag (Budgetcommission).
Nach Erledigung von geschäftlichen Mittheilungen seitens
der Militärbehörde, theilt der Vorsitzende v. Kardorff mit, dass
die Weiterberathung über die Gehaltsverhältnisse der
„Rossärzte“ zunächst an der Reihe sei. Hierzu ertheile er
zunächst das Wort dem Herrn Abg. Bassermann. Dieser
führt aus:
Schon die Resolution, welche im vorigen Jahre seitens
der Conservativen eingereicht wurde, habe bewiesen, dass in
den Kreisen der Militärthierärzte Unzufriedenheit über ihre Ge¬
halts- und Rangverhältnisse bestehen und seitdem sind die Be¬
schwerden nicht verstummt, sondern sie haben sich vermehrt,
wie die eingereichten Petitionen beweisen, von welchen diejenige
des Abgeordneten Hoffmann (Hall) zur Berathung vorliegt.
Der Vertreter des Kriegsministeriums hat ja gestern in er¬
freulicher Weise in Aussicht gestellt, dass die Gehälter der
Militärthierärzte erhöht werden sollen; es haben aber die Thier¬
ärzte nicht nur Wünsche bezüglich dieser Frage, sondern auch
namentlich in Bezug auf Ausbildung. Es ist zweifellos zu
erstreben, dass die Maturitas als Vorbildung verlangt wird,
dass die Ausbildung der Militärthierärzte ähnlich geregelt wird
wie in Bayern und dass das Civilstudium gefördert wird. B. stellte
deshalb den Antrag, eine Resolution anzunehmen, dahingehend,
dass die Gehälter der Rossärzte in thunlichsterBälde nam¬
haft aufgebessert werden und dass die Bedingungen der Vor¬
bildung erhöht werden.
Generalleutnant v. d. Böck. Zunächst muss ich
folgendes richtig stellen: Ich habe gestern nicht gesagt, dass
die Aufbesserung der Gehälter in Aussicht steht, dazu wäre ich
gar nicht berechtigt, denn um dies zu können, müssten vorher
nicht nur Verhandlungen mit dem Reichsschatzamt sondern auch
mit dem Bundesrath stattgefunden haben und müsste die Zu¬
stimmung dieser gegeben sein; das ist aber alles noch nicht da¬
gewesen. Dagegen habe ich das Wohlwollen, welches die Militär¬
behörde für diese Beamtenklasse hegt, und die Anerkennung
ihrer Leistung zum Ausdrucke gebracht, ich habe ferner zum
Ausdruck gebracht die Absicht des Kriegsministei iums, diesen
Beamten ihr Einkommen ihrer Leistung entsprechend zu er¬
höhen und ich habe die Berechtigung der Erhöhung dadurch
nachzuweisen gesucht, dass ich die Parallele zog zwischen den
Einnahmen der bayerischen Veterinäre und den Rossärzten der
sonstigen deutschen Armee. Anführen will ich noch, dass die
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15. Februar 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 79
Privatpraxis der Rossärzte thatsächlich nur gering ist. Was
die Frage der Vorbildung betrifft, so hat die Militärverwaltung
keine Ursache an dem Bestehenden zu ändern und es kann
den Rossärzten das Abiturientenexamen als Be¬
dingung zum Studium nicht zugestanden werden. Der
Ersatz den wir gegenwärtig haben ist vollkommen brauchbar
und der Zudrang zum Studium derart, dass die Manquements
gedeckt werden können. Wir müssen aber hier andere
Rücksichten walten lassen und die Kreise und
Familien, aus denen sich hauptsächlich das rossärzt¬
liche Personal rekrutirt, besonders beachten. Diesen
Kreisen wird es oft schon schwer genug, ihre Söhne bis in
diese Laufbahn zu bringen.
Vertreter des Reichsschatzamtes:
Ich habe mitzutheilen, dass das Reichsschatzamt keine
Veranlassung hatte, sich mit der Frage der Gehaltsaufbesserung
dieser Beamtenclasse der Rossärzte zu befassen, denn es ist
seiner Zeit festgestellt worden, dass nur noch dann Aufbesse¬
rungen einzelner Beamtenclassen erfolgen können, wenn sich
besondere Härten herausgestellt haben würden. Diesen Stand¬
punkt hat ja auch der Abgeordnete Dr. Lieber im vorigen
Jahre, am 4. März, gelegentlich der Berathung der Resolution,
die von Bismarck und Genossen eingereicht war, vertreten.
Abg. Eickhoff. Es wird wohl seitens des Reichsschatzamtes
kein Widerspruch erhoben werden, wenn diese Petition, die Ge¬
halte der Rossärzte zu verbessern, seitens des Reichstages an¬
genommen wird. Thatsächlich muss es der Wunsch aller
Parteien sein, hier helfend einzugreifen. Es muss aber nicht
nur das Gehalt, sondern es muss die ganze sociale Stellung
der Militärthierärzte gehoben werden, und deshalb
ist auch die Frage der Vorbildung eine höchst wichtige und
es ist deshalb nothwendig, dass wir erklären, dass die Ma¬
turitätsprüfung ein nothwendiges Erforderniss ist für das
Studium der Thierheilkunde. Da uns aber hier in der Budget-
Commission hauptsächlich nur die Gehaltfrage interessirt, so
schlage ich mit Herrn Dr. Müller (Sagau) vor, folgende
Resolution anzunehmen, dass die Gehälter der Rossärzte und
Zahlmeister namhaft aufgebessert werden oder, falls Sie die
Zahlmeister, gesondert wollen, dass die Petition Hoffmann
(Hall) dem Reichskanzler zur Berücksichtigung überwiesen
wird.
Abg. Dr. Müller (Sagan). Wir verhandeln hier seit vielen
Stunden über eine uns eingereichte Petition. Ich möchte auf¬
merksam machen, wie lange die Budgetcommission überhaupt
zu tagen haben wird, wenn sie allen Petitionen dieselbe Auf¬
merksamkeit schenken wolle wie der vorliegenden, auch ich
habe hier eine Petition von ähnlichem Inhalte von den Zahl¬
meistern, ich möchte deshalb vorschlagen, dass wir alle die Er¬
örterungen für das Plenum Vorbehalten und die Petitionen nur
kurz behandeln.
Vertreter des Reichsschatzamtes: Auf die Anfrage
des Herrn Abg. Eickhoff kann ich nur erklären, dass in
dieser Frage zwischen dem Kriegsministerium und dem Reichs¬
schatzamte keine Differenzen bestehen.
Graf von Carmer: Ich und meine politischen Freunde
stehen der Gehaltsaufbesserung der Militärthierärzte und der
Zahlmeister sehr wohlwollend gegenüber, deshalb haben wir
auch schon im vorigen Jahre die Resolution eingebracht, und es
ist ja bekannt, dass dieselbe nur aus formellen Gründen ab¬
gelehnt worden ist, damit dies aber nicht wieder geschieht,
bringen wir dieselbe Resolution ein, jetzt, zur Abstimmung
für die Budgetcommission.
Abgeordneter Paasche: Ich schliesse mich den Aus-
führnngen des Herrn Collegee Dr. Müller, dass wir mit den Pe¬
titionen kürzer verfahren sollten vollkommen an. Ich thue dies, ob¬
wohl auch ich eine Petition zu vertreten übernommen und hier habe.
Eigentlich gehören diese Petitionen in die Petitionscommission,
und es ist ja Beschluss von früher, dass Petitionen von Einzel¬
personen nicht hierher kommen sollen, sondern nur solche von
ganzen Beamtenklassen: das liegt aber freilich hier vor.
Vorsitzender v. Kardorff: Ich habe speciell den Reichstags¬
präsidenten gebeten, er solle uns diese Petitionen nicht so reich¬
lich überweisen; wenn wir aber einmal berathen, so müssen wir
auch recht berathen. Wohin wir aber mit unserer Zeit kommen,
das sehe ich mit Schrecken, denn wenn wir mit dem Militäretat
nicht fertig werden können, wo bleiben dann die anderen Sachen,
und bis wann glauben Sie überhaupt, dass wir die Flottenvorlage
behandeln sollen?
Abg. Graf von Roon: Ich schlage vor, dass wir alle Petitionen
bis an den Schluss der Etatsberathungen zurückstellen. Was
die Aeusserung des Herrn Generals bezüglich der Vor¬
bildungsfrage der Militärrossärzte betrifft, so stehe
ich ganz auf seinem Standpunkte und möchte nur das
Ersuchen stellen, dass die Regierung darauf bestehen
bleibt. Bezüglich der Anfrage des H. Abg. Eickhoff, ich
hätte ja voriges Jahr die Resolution meiner Partei für Auf¬
besserung der Gehälter mitunterschrieben und hätte gestern mich
ablehnend verhalten, habe ich zu erklären, dass darin kein
Widerspruch liegt; als Berichterstatter musste ich das Vor¬
bringen, was im Etat vorgemerkt oder n ? clit vorgemerkt ist, da
nun nichts darin enthalten ist, was darauf hinweist, dass die
Regierung gesonnen ist, etwas zu tlmn, so habe ich gesagt, es
scheint keine Aussicht vorhanden zu sein. Persönlich stehe ich
aber ganz auf dem Boden, den soeben Herr Graf v. Carmer
dargelegt hat, dass ich für eine Gehaltsaufbesserung dieser
Beamtenklassen bin, und deshalb empfehle ich Ihnen die Annahme
der Resolution meines Freundes, die denselben Wortlaut hat,
wie die im vorigen Jahre.
Singer: Ich habe zu erklären, dass wenn wir jetzt wieder
anfangen mit Beamtenaufbesseningen, auf Grund von Petitionen,
dass wir dann demnächst wieder einen Sturm von solchen zu
erwarten haben. Ueber diesen Petitionsberathungen wird aber
alles andere vernachlässigt.
Vorsitzender v. Kardorff. Zur Begründung der vor¬
liegenden Petition hat sich bei mir persönlich verwendet Herr
Abg. Hoffmann (Hall), der sonst der Bndjetcommissiou als
Mitglied nicht angehört. Derselbe ist hier, hat sich zum Wort
gemeldet, und ich frage, ob Sie demselben das Wort geben
wollen. Auf Bejahung erhält das Wort.
Hoffmann (Hall). Derselbe führt zunächst aus, dass er
bei der im Allgemeinen der Sache der Gehaltsaufbesserung
sehr günstigen Stimmung, bei den Versicherungen Seitens
des Kriegsministeriums die Gehälter aufzubessern, ja wenig mehr
zu sagen brauche, dass namentlich die Ausführungen des Herrn
Generals v. d. Böck, dass die Heeresverwaltung mit Wohl¬
wollen der Aufbesserung der financiellen Lage der Rossärzte
gegenüberstehe, dass sie anerkennt, dass die Bezahlung weder
der Bildung noch der Leistung entspreche und dass sie die
Bestrebungen der Rossärzte, ihre Lage zu verbessern, als
durchaus berechtigt anerkenne — ihn mit lebhafter Freude er-
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80 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 7.
füllt haben, nnd dass er dem nur anzufügen brauche, dass sich
die jetzt mit Reckt gehegten Hoffnungen der Militärthierürzte,
recht bald und recht reichlich erfüllen möchten.
Ganz anders aber ist der zweite Theil der Petition von
dem Herrn General v. d. Böck beantwortet worden. Schon
gestern ist von ihm mit einer gewissen Schärfe betont worden,
dass die activen Rossärzte mit einer Gehaltsauf¬
besserung vollkommen zufrieden seien nnd von einer |
Rangerhöhung nichts wissen wollten, und heute hat der
Herr General, — in Folge der zum Ausdruck gekommenen
Wünsche durch die Herren Abg. Bassermann und Eickhoff,
dass die Maturitas eingeführt werden soll, — sich in dieser
Frage derart ablehnend verhalten, dass ich fast erschrocken
bin. Gründe, die ich längst geahnt, die wir aber nicht zum
Ausdruck bringen durften, weil man sie uns früher als Ursache
der Ablehnung nicht gesagt hat, die hat der Herr General jetzt
offen ausgesprochen und er ist denn auch sofort von dem Herrn
Abgeordneten Grafen von Roon darin unterstiizt worden. — i
„Die Regierung will ihren Bezug von Militärthierärzten
nur aus gewissen Kreisen und Familien.“ Ich unterlasse
es, hier, bei der beschränkten Zeit, dieser hohen Commission,
jetzt diese ganze Frage aufzurollen, aber das darf ich wohl noch
ganz kurz anführen: Hierliegt auch der Schlüssel zu der Erklärung,
weshalb das Militärveterinärwesen, das Veterinärwesen überhaupt
nicht vorwärts rücken will, und hiermit ist aber auch ein, nach
meiner Ansicht trauriger Beweis gegeben, wie Vornrtheile,
selbst wenn mehr als ein Jahrhundert darüber hinweggeeilt ist,
noch wirken können! Ich kann den Herrn General und die
Militärbehörde sowie die Herren dieser hohen Commission ver¬
sichern, dass ich mich wundere, wie das Kriegsministerium auf
Grund seiner Erhebungen zu dem Resultate kommen konnte,
dass die Militärthierärzte nicht auch eine Rangerhöhung
wünschten. Gerade wir im Süden, die vor der Einigung des
Reiches sehr schöne und für das Personal und das werthvolle
Material sehr nützliche Einrichtungen gehabt haben, wir haben
durch diese Militärveterinär-Einrichtungen von 1873, welche für
die preussische Armee wohl einen Fortschritt bedeutet haben,
einen ganz erheblichen Rückschritt machen müssen. Es ist hier
nicht der Ort, dies des Weiteren auszuführen, ich behalte mir
das für das Plenum yor, ich stelle aber jetzt schon an die
Herren Militärbevollmächtigten der süddeutschen Staaten die
Bitte, dass sie, wenn sie das nicht heute schon und hier für
nöthig erachten, für eine gerechtere Behandlung der Sache ein-
tretcn möchten, als dieselbe nach dieser Richtung hier bislang
erfahren durfte. Ich bitte die hohe Commission, bei der nun
erfolgenden Abstimmung, ihre Meinung dahin zur Geltung zu
bringen, dass die Petition dem Herrn Reichskanzler zur Be¬
rücksichtigung überwiesen wird. Ich bitte ferner, eine Reso¬
lution zu fassen, dass die Gehälter der Militärthierärzte in tlmn-
lichster Bälde und den thatsächlichen Verhältnissen entsprechend
erhöht werden, so dass die Militärthierärzte der ausserbaye-
rischen Armeen in dieselben Bezüge einrücken, wie sie die
bayerischen Veterinäre bereits haben.
Abg.Müller (Fulda). Es ist der Abgeordnete Herr l)r. Lieb er
in die Debatte gezogen worden. Der Herr Abg. Dr. Lieber hat
damals ausgesprochen, dass jetzt eben erst die Aufbesserungen
stattgefunden haben. Waren da die Rossärzte nicht mit einbegriffen,
so bewies das, dass die Behörde diese Beamtenklasse für genügend
bezahlt gehalten hat. Sodann möchte ich davor warnen, dass
wir auf Grund von Petitionen hier in der Budget-Commission
solche Resolutionen fassen, wie vorgeschlagen wurde. Zudem
liegt ein Reichstagsbeschluss vor, dass Petitionen in die Petitions-
Commission gehören. Ich stelle keinen diesbezüglichen Antrag,
weil wir diese Petition doch schon so eingehend berathen
haben; würden wir sie jetzt noch nach dem Vorschläge des
Herrn Abg. Grafen v. Roon zurückstellen bis zum Schlüsse, so
könnten wir nochmals vorne anfangen.
Bei der Abstimmung werden sämmtliche Anträge bezüglich
der Resolutionen abgelehnt, dagegen der Antrag des Herrn
Correferenten, die Petition Hoffmann (Hall) dem Reichs¬
kanzler als Material zu überweisen, angenommen.
Vorstehender Bericht ist eingegangen, als die B. T. W. sich
schon im Druck befand. Daher können an diese interessante
Verhandlung nur wenige Worte geknüpft werden.
Aequam memento rebus in arduis servare mentem! — Warten
wir ab, was die Verhandlungen im Plenum bringen, namentlich
die Verhandlung der Petition des Veterinärrathes. Es wäre
vielleicht besser gewesen, der Militärverwaltung nicht Gelegenheit
zu einer vorgreifenden Aeusserung in dieser Frage zu geben.
Immerhin ist es werthvoll, ilire vorläufig ablehnende Stellung
zu kennen. Ueber die Begründung dieser Stellung braucht
kaum ein Wort verloren zu werden.
Wenn der jetzige Ersatz voll befriedigt, so ist das jeden¬
falls kein Grund, ihn nicht noch zu verbessern, namentlich da
im Gegensatz zu jenem Ausspruch ja viele höhere Offiziere
über die Rossärzte zu klagen belieben. Dass aber die wissen¬
schaftliche Ausbildung eines Standes eine gedrückte bleiben soll,
bloss damit Leute aus kümmerlichen und kleinen Verhältnissen
ihre Söhne hineinbringen können — einer solchen Rücksicht
dürfte doch bisher eine Wissenschaft noch nicht unterworfen
worden sein. Sollte nicht übrigens jeder Verwaltung an einem
Beamtenersatz gelegen sein, der auch in gesellschaftlicher
Beziehung, in Bezug auf die Kinderstube, ein möglichst guter
ist? Dass die Armee einen solchen Ersatz haben kann, wenn
sie will, ist gar nicht zu bezweifeln. Es bleibt also nur die
Annahme übrig, dass sie gerade das eben nicht will.
Diese Annahme aber ist geeignet, Erbitterung zu er¬
regen. Die Thierärzte bilden ja nur eine kleine Zahl. Aber
sind es auch nur 4000 Mann, es sind fast alle alte Soldaten
und in ihrer weit überragenden Mehrzahl Männer, die an der
Armee hängen mit all’ dem Stolz und der Sympathie, die uns
nun einmal im Blute liegt. Man sollte sich doch dreimal be¬
sinnen, ehe man um solcher „Gründe“ willen diese Gefühle
tödtet. Und das ist schliesslich die unausbleibliche Folge, wenn
immer und immer wieder sich zeigt, dass in Bezug speciell auf
den thierärztlichen Stand die sonst so musterhafte Armee ein
Hinderniss der erwünschten Weiterentwicklung bildet und an
gewissen veralteten Verhältnissen um jeden Preis festhält.
Als ultimo ratio bleibt ja die Scheidung des Civil- und
Militärveterinärwesens in der Vorbildung. Im äussersten Notli-
fall dürfte man auch vor diesem Ausweg nicht zurückschrecken,
so unbefriedigend er auch wäre. Die Armee würde dann nach
einiger Zeit schon nachfolgen wie dies schon einmal der Fall
gewesen ist; vielleicht würde dazu später der Anstoss durch eine
Separateinführung des Abiturientenexamens für die bayrischen
Veterinäre gegeben werden.
Indessen vorläufig warte man ab in der Hoffnung, dass
auch die Militärverwaltung noch keinen unerschütterlichen
Standpunkt eingenommen hat. S.
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15. Februar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
81
Von der Weltausstellung Paris 1900.
In der deutschen Abtheilung der Weltausstellung in
Paris 1900 werden neben den temporären Thierausstellungen
besonders die Gruppen Medicin und Chirurgie, Präcisions-
instrumente sowie Landwirtschaft das Fachinteresse der Thier-
iirzte in Anspruch nehmen.
Dadurch, dass der gesammte Ausstellungsraum zur Hälfte
von Frankreich in Beschlag genommen worden ist und in die
andere Hälfte sich 55 Staaten theilen müssen, ist der Raum für
die einzelnen Gruppen ziemlich eng begrenzt, was auch schon
durch ein eigenartiges System der Raumeintheilung bedingt
wird, wonach ein und dieselbe Klasse der verschiedenen
Staaten räumlich nahe beieinander liegen wird, so dass Ver¬
gleiche zwischen den Leistungen verschiedener Staaten auf einem
bestimmten Gebiete für den Beschauer sehr erleichtert werden.
Da durch die Raumbeschränkung eine unserer deutschen
Industrie entsprechende räumliche Entfaltung nicht möglich ist,
hat der deutsche Reichscommissar, Geheimrath Dr. Richter,
die Organisation von Collectivgruppen angestrebt, innerhalb
welcher eine beschränkte Zahl durch vorzügliche Arbeit sich
anszeichnende Firmen einer Branche sorgfältig ausgewählte
Collectionen ihrer eigenartigsten und neuesten Erzeugnisse zur
Schau bringen werden, w’eniger um die deutschen Firmen unter¬
einander in Concurrenz treten zu lassen, als vielmehr darum,
die gesammte Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie auf
den verschiedenen Gebieten in möglichst wirkungsvoller Weise
zu zeigen und ihre Ebenbürtigkeit, wo nicht Ueberlegenheit
gegenüber den gleichartigen Industrien der Concurrenzländer
darzuthun.
In der Gruppe der Präcisionsinstrumente, deren Organisation
dem Leiter der physikalisch-technischen Reichsanstalt, Professor
Dr. Hagen, obliegt, wird die Anordnung der Instrumente nach
wissenschaftlichen Grundsätzen erfolgen, indem gleichartige
Instrumente verschiedener Fabrikanten nebeneinander gestellt
werden. In der Gruppe Medicin und Chirurgie werden die
instrumentalen Hülfsmittel für alle Gebiete der Medicin und
Chirurgie, der Zahnheilkunde und Thiermedicin zur Ausstellung
gelangen. Jeder Specialist wird hier die Erzeugnisse unserer
ersten deutschen Firmen der Instrumententechnik finden, welchen
die Aufgabe gestellt worden ist, eine Auswahl ihrer Special¬
fabrikate zur Schau zu stellen, die insgesammt ein vollständiges
umfangreiches Instrumentarium bilden werden. Die Thatsache,
dass bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts nur Frankreich
erstklassige Instrumente producirte und fast allein den Bedarf
an Instrumenten deckte, dass heute dagegen deutsche Instrumente
den Weltmarkt erobert haben, wird auf die Leistungen der
Gruppe Medicin und Chirurgie in der deutschen Abtheilung das
besondere Interesse der Fachkreise lenken. Die Organisation
der ganzen Gruppe Medicin und Chirurgie ist dem
Fabrikanten thierärztlicher Instrnmente Rudolf
Hauptner, in Firma H. Hauptner, Berlin vom Reichs¬
commissar übertragen worden.
Die Gruppen Medicin und Chirurgie sowie Präcisions¬
instrumente werden in einem der grössten Gebäude auf dem
Marsfelde nächst dem Eiffelthurm an bevorzugter Stelle placirt
werden. Seitens des Reiches sind für den äusseren Schmuck
der Gruppen namhafte Mittel bewilligt worden.
Die Kündbarkeit der Schlachthoflnspectoren.
Eine überaus traurige Begebenheit, die ein grelles Licht
I auf die Stellung vieler Schlachthofleiter wirft, wird aus
Lüneburg vom Berliner Tageblatt berichtet: Der Schlachthof¬
inspector, Thierarzt Rumbaur, approbirt 1879, wurde entseelt in
seiner Wohnung aufgefunden. Es liegt Selbstmord vor, den der
Unglückliche beging, weil ihm seine Stellung unerwartet gekündigt
worden war, die er sieben Jahre innehatte. Da seine Dienst¬
führung nicht dem geringsten Tadel unterlag, so wird nach dem
„Lün. Anz.“ vermuthet, dass die Kündigung erfolgte, weil der
Schlachthofinspector künftig lebenslänglich anzustellen war und
weil man bei R., der kränklich war, baldige Invalidität fürchtete.
Persönlich.
Herr Thierarzt Waldemar Bonatz, z. Z. in Goldberg in
Schlesien, approbirt in Berlin 1899, ersucht um die ausdrückliche
Feststellung, dass er nicht identisch ist mit dem jetzt in Buxte¬
hude und früher in Hittfeld practicirenden Thierarzt Bonatz.
Der Letztere hat nicht in Berlin studirt und ist 1896, dem
Vernehmen nach in Hannover, approbirt; der Anfangsbuchstabe
seines Vornamens ist G.
Oeffentliches Veterinär wesen.
(Mittheilungen für
Seachen Statistik and Veterinärpolizei.
Nachweisung über den Stand der Viehseuchen Im Deutschen Reiche
am 31. Januar 1900.
Es waren am 31. Januar 1900 in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Marienwerder
1 (1). R.-B. Berlin 1. R.-B. Potsdam 2 (2). R.-B. Stettin 1 (1).
R.-B. Posen 2 (2). R.-B. Bromberg 2 (2). R.-B. Oppeln 2 (3).
R.-B. Merseburg 1 (1). R.-B. Hildesheim 2 (2). R.-B. Stade 1
(1). R.-B. Minden 1 (1). R.-B. Düsseldorf 1 (1). R.-B. Aachen
1 (1). Bayern: R.-B. Oberbayern 1 (1). R.-B. Niederbayern
1 (1). R.-B. Schwaben 2 (2). Württemberg: Donaukreis 2 (2).
Baden: Landescomm. Constanz 1 (1). Landescomm. Mannheim
1 (1). Brannschweig: 1 (1). Sachsen - Coburg-Gotha:
Herzogthum Gotha 1 fl). Eisass-Lothringen: Bezirk
Lothringen 1 (4).
Veterinärbeamte.)
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 14 (52). R.-B. Niederbayern 8
(11). R.-B. Pfalz 13 (60). R.-B. Oberpfalz 4 (12). R.-B. Ober¬
franken 10 (21). R.-B. Mittelfranken 13 (29). R.-B. Unterfranken
15 (34). R.-B. Schwaben 20 (98). Sachsen: Kreishauptm.
Bautzen 3 (12). Kreishauptm. Dresden 8 (23). Kreishauptm.
Leipzig 7 (41). Kreishauptm. Zwickau 10 (43). Württem¬
berg: Neckarkreis 12 (24). Schwarzwaldkreis 16 (55). Jagst-
kreis 12 (31). Donaukreis 16 (129). Baden: Landescomm.
Constanz 9 (33). Landescomm. Freiburg 10 (51). Landescomm.
Karlsruhe 9 (40). Landescomm. Mannheim 12 (58). Hessen:
Provinz Starkenburg 5 (24). Provinz Oberhessen 5 (44). Pro¬
vinz Rheinhessen 5 (28). Mecklenburg-Schwerin: 7 (14).
Sachsen-Weimar: 5 (35). Mecklenburg-Strelitz: 2 (5).
Oldenburg: Herzogthum Oldenburg 1 (3). Fürstenthum Birken¬
feld 1 (1). Braunschweig: 5 (47). Sachsen-Meiningen:
4 (12). Sachsen-Altenburg: 1(7). Sachsen-Coburg-Gotha:
Herzogthum Coburg 1 (2). Herzogthum Gotha 2 (6). Anhalt:
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82 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 7.
5 (24). Scliwarzburg-Sondershausen: 2 (3). Schwarz¬
burg-Rudolstadt: 1 (1). Waldeck 2 (5). Reuss ä. L.: 1 (1).
Reuss j. L.: 2 (7). Schaumburg-Lippe: 3 (4). Lippe:
6 (46). Hamburg: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk Unter-
Elsass 8 (121). Bezirk Ober-Elsassö (58). Bezirk Lothringen?(27).
C. von Lungenseuche:
Preus8en: R.-B. Magdeburg 2 (2). Sachsen: Kreis-
hauptm. Zwickau 1 (1).
D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest):
Preussen: R.-B. Königsberg 4 (9). R.-B. Marienwerder
2 (3). R.-B. Potsdam 4 (6). R.-B. Stettin 3 (6). R.-B. Stralsund
2 (2). R.-B. Posen 7 (10). R.-B. Bromberg 2 (2). R.-B.
Breslau 7 (12). R.-B. Liegnitz 3 (5). R.-B. Oppeln 5 (12).
R.-B. Magdeburg 2 (2). R.-B. Schleswig 2 (2). R.-B. Hannover
3 (3). R.-B. Osnabrück 2 (2). R.-B. Münster 3 (3). R.-B.
Minden 1 (1). R.-B. Arnsberg 1 (1). R.-B. Cassel 2 (4). R.-B.
Wiesbaden 1 (5). R.-B. Coblenz 1 (1). R.-B. Düsseldorf 2 (2).
Bayern: R.-B. Oberbayern 2 (3). R.-B. Oberpfalz 1 (1). Sachsen:
Kreishauptm. Zwickau 1 (1). Württemberg: Donaukreis 1 (1).
Braunschweig: 3(4). Sachsen-Meiningen: 1 (1). Schaum¬
burg-Lippe l (1). Hamburg: 1 (1).
Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preussen am 31. Januar 1900.
Regierungsbezirk
Die Seuche herrschte
in
tt 1 Gemeinden
Krc,sen ; (Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez)
waren
verseucht:
Königsberg.
13
90
22,02
Gumbinnen.
7
10
2,57
Danzig.
6
30
23,8a
Marienwerder.
15
92
40,67
Berlin .
1
1
—
Potsdam.
14
98
37, m
Frankfurt.
13
118
43,36
Stettin.
11
82
49,03
Köslin.
1°
61
31,58
Stralsund.
3
14
15,71
Posen.
18
58
17,60
Bromberg.
13
117
52,58
Breslau.
19
55
14,48
Liegnitz.
10
24
8,52
Oppeln.
13
111
39,62
Magdeburg .
13
85
59,02
Merseburg.
15
78
33,73
Erfurt.
4
7
11,94
Schleswig.
5
8
3,74
Hannover .
7
31
49,28
Hildesheira.
10
30
41,43
Lüneburg .
3
11
7,46
Stade.
3
6
8,26
Osnabrück.
5
25
44,65
Aurich.
2
2
5,84
Münster.
9
25
93 28
Minden.
9
45
88,23
Arnsberg.
10
1 26
30,58
Kassel.
16
40
23,92
Wiesbaden.
12
21
22,43
Koblenz .
11
43
41,14
Düsseldorf .
17
87
202,32
Köln .
8
33
112,48
Trier .
13
46
40,81
Aachen .
8
30
76,92
Hohenzollern-Sigmaringen
4
15
118,11
Summa:
350
1655
—
Tuberoulose-Tilgung.
Der deutsche milchwirthschaftliche Verein wird in seiner im
Februar d. J. stattfindenden Hauptversammlung besonders die
Frage der Sanirung der Milchviehbestände Deutschlands, sowie
die Uebertragung8möglichkeit der Tuberculose durch den Milch¬
genuss in den Kreis seiner Berathungen ziehen. Zur Vor¬
bereitung ist eine Commission, bestehend aus Gutsbesitzer B.
Plehn-Gruppe, Oeconomierath Boysen-Hamburg, Gutsbesitzer
Waldeyer-Bad Dryburg, Prof. Dr. Weigmann-Kiel, Ober¬
thierarzt Kühn au-Hamburg und Prof. Dr. Vieth-Hameln bereits
zusammengetreten und haben namentlich darüber eingehende
Berathungen stattgefunden, ob oder wieweit den berechtigten
Forderungen der Hygiene Rechnung getragen werden kann, ohne
wirthschaftliche Nachtheile hervorzurufen.
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen.
Ausbrüche sind gemeldet aus Nürnberg (Schweine-Abtheilung)
am 8. und aus Dresden (desgl.) am 12. er. Ein Ausbruch im
städtischen Schlachthof zu Strassburg i. E. ist am 12. er. bereits
wieder erloschen. Erloschen ist die Seuche ferner zu München
am 10. er.
Fleischschaa und Viehyerkehr.
Viehau8fuhr aut Rusaland.
Der englische Consul Mackie in Odessa berichtet darüber,
dass zwei englische Parlamentsmitglieder und ein thierärztlicher
Professor letzthin Russland bereisten, um die. Bedingungen fest,
zustellen, unter denen Russland Vieh nach England und Malta
exportiren kann, und hoffte man, dass dies ein einträglicher
Handelszweig werden wird. Als Gegenleistung soll von England
Zugvieh nach Russland importirt werden. Der Hauptpunkt der
Berathung war, ob Russland den englischen Gesetzen bezüglich
Seuchenverschleppung gegenüber genügend Sicherheit leisten
könnte. Veterinärschulen und -Einrichtungen in den Hauptstädten
Russlands wurden infolgedessen besucht und die Organisation
und Ausführung in Augenschein genommen. Die Vorkehrungen
zur Abwehr und Unterdrückung der Viehseuchen wurden ein¬
gehend studirt. Es wurde vorgeschlagen, dass Russland in
Bezirke getheilt werden solle und Garantie gegeben würde, dass
die inficirten Bezirke durch neutrale Zonen isolirt werden sollen
und ein Verkehr zwischen inficirten und freien Bezirken stricte
verhindert werden soll.
Das russische Vieh wurde weit unter der Qualität befunden,
wie sie für den englischen Markt erforderlich ist, abgesehen
von den Beständen, die durch Importe englischer Bullen auf¬
gebessert worden waren. In diesen Fällen war das Vieh
frühreifer und zeigte sich den eingeborenen langhaarigen Steppen¬
rindern überlegen. Eine Kreuzung genügt indessen, um sie für
die westlichen Märkte passend zu machen. Die russische
Regierung hat deshalb für fünf Jahre eine grosse Summe jähr¬
lich ausgesetzt, um englisches Zuchtvieh anzukaufen zur Auf¬
besserung der einheimischen Viehzucht. Man hoffte dadurch mit
Amerika coucurriren zu können.
Für die Verschiffung von Rindern, Schafen und Molkerei-
producten nach Eugland, Frankreich und anderen Ländern hat
sich bereits mit britischem Capital eine Gesellschaft gebildet.
Zwei Mitglieder, von denen einer Engländer, sind erwählt
worden nach Malta zu gehen und dort die Bedingungen der
Einfuhr festzustellen. Zur Mästung der Rinder für Exportzwecke
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15. Februar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
83
haben sich eine Reihe von wohlhabenden Landwirthen unter I
Protection der Moskauer Landwirthschaftsgesellschaft zn- !
sammengethan.
Merkwürdig ist, dass bis zum gegenwärtigen Zeitpunkte
kein Versuch, Fleischvieh herzurichten, gemacht worden ist. Die
Ochsen werden meistens als Lastthiere benutzt, bevor sie ge¬
mästet werden. Selbstverständlich gelangen die Ochsen erst
zur Mast, wenn sie zu anderer Arbeit unbrauchbar sind, wodurch
die Minderwertigkeit des russischen Fleisches erklärt ist. Für
den Export sollen die russischen Dampfer eigens eingerichtet j
werden. K. ,
Farbever&nderungen an Soelett beim Rinde.
Thierarzt Wagemann fand die Knochen eines Rindes
sämmtlich chokoladenfarbig und schickte dieselben an die Thier¬
arzneischule zn Brüssel. Das Thier stammte ans einem gewöhn¬
lichen Stalle, war wie die übrigen Thiere gefüttert worden, hatte
aber wenig gefressen nnd zeigte sich beim Schlachten etwas
anämisch, sonst aber gesund. Das Knochenmark erwies sich als
citronengelb. Die geraspelten Knochen ergaben ein mnscatnnss-
ähnliches Pnlver. Die chemische Analyse zeigte eine normale
Zusammensetzung. Hiernach kam es nur noch auf eine Extraction
des Farbstoffes an. Dnrch Aetzalkalien erhielt man eine braune
Flüssigkeit, welche im Spectroscop drei Absorptionsstreifen zeigte.
Die weitere chemische Behandlung ergab einen Eisengehalt. Es
lag ein organischer eisenhaltiger Stickstoffkörper vor, der wohl
ans dem Hämoglobin des Blutes stammte. An Schnittpräparaten
des entkalkten Knochens fand sich der Farbstoff nur in den
Zellen und zwar nicht crystallinisch, sondern in Form von Pig-
mentgranulationen. Wahrscheinlich handelte es sich um das
Product der regressiven Umwandlung des Hämoglobins eines
physiologisch veränderten Blutes, womit auch der Zustand des
lebenden Thieres übereinstimmen würde.
(Referat von Vogel aus den Ann. de müd. vdt. — Dtsch.
th. Wscbr.)
Ueber Xasthosis der Musoolatur.
Goltz hat zuerst auf die leberbraune Verfärbung der Musen-
latur aufmerksam gemacht. Oberschulte theilt in der Ztschr.
f. Fl. u. Milchh. ebenfalls zwei solcher Fälle mit. Eine alte
schwarzbunte Kuh war mit Heu, Oelkuchen und städtischen
Küchenabfällen gefüttert worden. Sämmtliche Organe waren
normal, das gesammte Fleisch jedoch war rothbraun bis schwarz-
grünlich gefärbt, das Herz auch auf den Schnittflächen tief
dunkelbraun. In der Körpermusculatur fanden sich zahlreiche
Abstufungen der Farbentöne. Das Fleisch musste deshalb ver¬
nichtet werden. Auch in dem zweiten Falle handelte es sich
um eine alte schwarzbunte, sehr gut genährte Kuh. Die Rumpf-
musculatur war erheblich dunkler als gewöhnlich, Herz, Kau¬
muskeln und Zunge gänzlich verfärbt; am Halse wechseln tief
dunkle und fast normale Partieen. Der gewöhnliche frische rothe
Farbenton des Rindfleisches war nirgends vorhanden. Die Schnitt¬
fläche dunkelte stark nach. Dieses Fleisch wurde der Freibank
überwiesen.
Flelscheinfuhrverbot.
Das Verbot der Einfuhr frischen Schweinefleisches aus
Dänemark (vom 20. August 1896) wird dahin declarirt, dass
es auf Schweinelebern, auch wenn sie nur schwach gesalzen
oder gespritzt oder nicht völlig durchgepökelt sind, keine An¬
wendung findet. (Verfügung mehrerer Regierungen vom Ja¬
nuar 1900.)
Die Berliner „Kochanstalt“.
Endlich beginnt man in der Bürgerschaft von Berlin doch
auch auf die Missstände aufmerksam zu werden, welche sich
daraus ergeben, dass das auf dem Schlachthofe beanstandete
Fleisch einem Privaten zur weiteren Behandlung überlassen
wird. In der Stadtverordnetenversammlung ist ein genügend
unterstützter Antrag eingebracht, den Magistrat zu ersuchen,
die „Kochanstqlt“ nicht mehr zu verpachten, sondern auf dem
Schlachthof für den gedachten Zweck eine in städtischer Ver¬
waltung befindliche Anstalt zu errichten. Die Aeusserungen
eines Stadtverordneten bewiesen, dass grosse Unkenntniss
herrscht und dass es leicht sein würde, die Versammlung irre
zu führen. Dem muss von competenter Seite vorgebeugt
werden. ■
Bücheranzeigen und Eritiken.
Godeist, L Agr£g£ ä l’^cole de m^decine vöt^rinaire de
l’Etat ä Cureghem-Bruxelles: TraiW de Microbiologie appliquee
ä la M^decine vetrinaire, ä. l’usage des m^decins et des
etudiants v^trinaires. II. Edit. Lierre, Jos. van In & Co.
Grand’ Place 39. 535 Seiten, 1899. Ref. Hecker-Halle a. S.
Wohl auf keinem Gebiete der biologischen Forschung ist in
den letzten Jahren rastloser gearbeitet und mehr geleistet
worden wie auf dem Felde der Bacteriologie. Dieses wird uns
am besten vor Augen geführt durch das schnelle Erscheinen
neuer Auflagen wirklich brauchbarer Lehrbücher und ihrer zahl¬
reichen Ergänzungen.
Die vorliegende 2. Auflage von Gedoelst „Trait de
Microbiologie“ weist gegenüber der ersten manche Verbesserung
und vieles Neue auf. Neu hinzugekommen sind u. A. die
Capitel über Cerebrospinalmeningitis der Pferde (Borna’sehe
Krankheit), Rennthierpest und besonders eine grosse Anzahl von
Seuchen unter der Gruppe der haemorrhagischen Septicaemien
und der Colibacterien.
Ref. kann sich freilich für die Einschaltung der verschiedenen
Kurz8täbchenbacterien in die Coligruppe nicht sehr begeistern.
Das Buch zerfällt in den allgemeinen Theil, welcher uns
die Morphologie, Physiologie, Einwirkung der verschiedenen
Medien auf die Bacterien, die Infections- und Imraunisirungs-
theorien, microscopische Technik u. s. w. giebt. Der zweite,
specielle Theil darf wohl als die augenblicklich reichhaltigste
Sammlung der Thierseuchen betrachtet werden.
Es ist deshalb zu erwarten, dass das recht stattliche Werk
auch auf dem Büchertisch des deutschen Veterinärmediciners
sich bald einen würdigen Platz erobern wird. Hierzu kommt,
dass die Sprache auch für den im Französischen weniger Geübten
eine leichtverständliche ist.
Zu' wünschen wäre nur, wenn sich die Herren Verfasser
und Verleger entschliessen könnten, die etwas spärliche Zahl
der Abbildungen durch recht brauchbare Photogramme zu er¬
gänzen.
Prof. Dr. Fischer, Leitfaden der Thierzuohtlel.re für pract.
Landwirthe. Leipzig, Hugo Voigt, 1900. M. 3. Das dem
verdienstlichen Förderer der landwirtschaftlichen Thier¬
zucht Herrn Professor Dr. Julius Köhn in Halle ge¬
widmete Werkchen ist nicht nur für Landwirthe, sondern
auch für Thierärzte, die sich für Thierzucht interessiren,
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sowie auch besonders für die Studirenden der Thierheilkunde
ein recht brauchbares und sehr empfehlenswertes Repetitorium.
Der Verfasser hat es verstanden, auf 282 Seiten nicht nur die
allgemeinen Züchtungslehren und allgemein gütigen Züchtungs¬
grundsätze sondern auch die Rassenkunde von Pferd, Rind,
Schaf und Schwein bei aller Gedrängtheit doch übersichtlicher
und erschöpfender zu behandeln als man das in Büchern ähn¬
licher Art findet. Es hat der Verfasser überall die springenden
Punkte herausgegriffen nnd durch Beigabe von zahlreichen
guten Abbüdungen nach Aufnahmen von Albert Schwartz-
Berlin das Verständniss erleichtert. Einen besonderen Werth
glaubte er auch auf die Abhandlung der Zuchtorganisation (Vieh¬
zuchtvereine, Hengsthaltungsgenossenschaften, Zuchtbullenkör¬
ordnungen u. s. w.) legen zu müssen. Wir vermissen allerdings
hierbei den Hinweis auf die Nothwendigkeit der Zuziehung von
Thierärzten zur Beurtheilung von Gesundheit, Erbfehlem und
Geschlechtstüchtigkeit der Zuchtthiere. Hoffentlich geschieht
das in der nächsten Auflage, die wohl bald erscheinen wird und
der wir weiteste Verbreitung wünschen. Pr. E11 in ge r.
Neue Eingänge.
(Besprechung Vorbehalten.)
Fröhner. Lehrbuch der Arzneimittellehre. V. Auflage.
Stuttgart 1900. 14.—.
Bayer und Fröhner. Handbuch der Thierärzte für
Chirurgie und Geburtshilfe. I. Band. Operationslehre
von Bayer, n. Auflage, II. Band. Allgemeine Chirurgie
von Fröhner. II. Auflage. I. 12.—: II. 8.—.
Leiserings Atlas der Anatomie des Pferdes und der
übrigen Hausthiere. Neu herausgegeben von Ellenberger
und Baum. ni. Auflage, Lief. 8 und 9. ä 6.—.
Jahresbericht über die Verbreitung der Thier¬
seuchen in Deutschland für das Jahr 1898. Berlin bei
Julius Springer 1899. 10.—.
Rupp, Professor in Karlsruhe. Die Untersuchung von
Nahrungsmitteln. Genussmitteln und Gebrauchsgegen¬
ständen. Heidelberg 1900. 7 M.
Dr. Jaensch. Der Zucker in seiner Bedeutung für
die Volksernährung. 6. Tausend. Berlin bei Parey, 1900. 1.—.
Richter, Polizeithierarzt in Frankenberg i. Sachsen. Die
Gewährleistung beim Viehhandel. Ein Vortrag. Franken¬
berg bei Rossberg.
Werke über Landwirthschaft, Gartenbau und Forst- j
wesen im Verlag von Paul Parey, Berlin. Catalpg mit j
Photographien der Autoren, 1900.
Personalien.
Ernennungen etc.: Oberamtsthierarzt Trips zu Stuttgart von der
naturwissenschaftlichen Facultät zu Tübingen zum Doctor #er. nat.
proinovirt. — Thierarzt Scherer zu Tuttlingen zum Kreisthierarzt
in Bolcheu in Elsass-Lothringen ernannt. — Thierarzt Schaub aus
Gräfrath zum Districtsthierarzt der Gemeinden Berlichingen, Bierin- j
gen, Muthof, Schönthal, Westernbausen, Ernsbach und Sindriogen in |
den Kgl. Wütttembergischen Oberämtern Künzelsau und Oehringen
gewählt und von der Regierung des Jagstkreises bestätigt. — Be¬
zirksthierarzt Friedrich Pöhlmann von Naila nach Wunsiedel ver¬
setzt. — Thierarzt Joseph Hartl-Abbach zum Districts- und Con¬
trolthierarzt in Neukirchen aufgestellt. Districtsthierarzt Heinrich
Witzigmann hat seine Stelle in Pirmasens niedergelegt und ist
nach Hassloch verzogen. — Gewählt: Thierarzt Jlirgefas zum
Rchlachthoftbierarzt in Tempelburg.
No. 7.
Approbationen: ln Berlin die Herren Joseph Bähr, Wilhelm Föge,
Louis Grebentench, Georg Heinrich, Georg Kettner, Emil
Mertz, Otto Manegold, Adolph Schonart, Bernhard Willa-
mowski; — in Giessen Herr Heinrich Zielloff.
Wohn8ltzverftnderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die
Thierärzte Richard Bi ermann (vom 21. II. ab) nach Lublimitz
(Schlesien), G. Th. Geuther von Domanze (Scbles.) nach Hirsch¬
berg a. d. Saale, Rudolf Lecble von München nach Pasing,
Manasse von Berlin nach Augustusburg, Fritz Rabus von Landau
(Pfalz) nach Pirmasens. — Thierarzt E. Stern hat sich in Schildau
und Thierarzt Adolf Waldeck in Cassel niedergelassen.
Yacanzen.
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Cassel: Gersfeld zum 1. März (600 M.) Bewerb, bis 28. Fe¬
bruar an den Regierungspräsidenten.
In Bayern: Bezirksthierarztstelle in Naila (Oberfranken),
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Arnsberg: Lippstadt. — R.-B. Danzig: Carthaus. — R.-B.
Gumbinnen: Grenzthierarztassistentenstelle in Stallupönen. —
R.-B. Schleswig: Eiderstedt. — R.-B. Trier: Kreisthierarzt¬
assistentenstelle.
Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Eberswalde: Schlachthausinspector (2400 M. bis 3300 M.,
Wohnung etc.) Meid, bis 1. März an den Magistrat. — Friesack
(Mark): Thierarzt als Vieh- u. Fleischbeschauer (1200—1500 M. und
Praxis). Bew. bis 1. März an den Magistrat. — Geyer (Sächs.
Erzgeb.): Thierarzt für Fleischbeschau (1500—2000 M. aus der Stadt¬
praxis.) Bewerb, bis 1. März an den Stadtrath. — Halle a. S.:
2. Assistenzthierarzt am Schlachthofe zum 1. April (1800 M.,
Wohnung etc.) Bew. bis 28. Februar an die Direction. — Lemgo:
Schlachthofinspector zum 1. April (1500 M. Anfangsgehalt,
Wohnung etc.). Bew. bis 20. Februar an d. Magistrat — Lüne¬
burg: Schlachthofvorsteher (2400—3400 M., Wohnung etc., Pension).
Bewerb bis 1. März an den Magistrat. — Rathenow: Schlachtbof-
inspector zum 1. April (2000 M. steigend bis 3000 M. Wohnung etc.).
Meldungen an den Magistrat. — SorauN.-L.: Schlachthofvorsteher
(2250 M. steigend bis 3000 M. Wohnung etc. Keine Praxis. Pension,
1000 M. Caution). Bewerb, bis 22. Februar an den Magistrat. —
Thorn: 2. Thierarzt am Schlachthof. Bewerb, bis 1. März an den
Magistrat. — Wanne: Schlachthofvorsteher. Praxis gestattet. Be¬
werb. bis 15. Februar an den Amtmann.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — Dessau: Schlachthof¬
assistenzthierarzt. — Dre sden: 3 Hilfsthierarztstellen am Schlacht¬
hof. — Eckernförde: Schlachthofinspector. — Edsen (Ruhr):
3. Schlachthofthierarzt — Fi lehne: Schlachthofinspector. —
Friedrichsthal (Kreis Saarbrücken): Thierarzt für Fleisch¬
beschau. — Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt — Hannover:
IV. Tbierarztstelle am Schlachthof. — Hirschberg (Schlesien):
'Schlachthofvorsteher zum 1. März. — Königsberg i. P.: Schlacht¬
hofthierarzt. — Liegnitz: SchlachthofasBiBtenzthierarzt. — Mark-
neukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. —
Militsch: Schlachthofinspector. — Mülhausen (Eisass): Scblacbt-
hofverwalter. — Ostrowo: Schlachthofinspector. — Spremberg:
Schlachthofinspector. — Trier: Schlachthofhilfsthierarzt zum 1. März.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Augustusburg: Städt. Thierarzt sofort (720 M. Fixum.
Privatpraxis). — Festenberg. — Hirschberg (Saale): Thierarzt
(1000 M. Fixum, Trichinenschau und amtsthierärztliche Functionen).
Bew. an den Stadtgemeindevorstand. — Kemberg. — Kotzenau
i. Schl. — Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdebnen
(Kr. Pillkallen.) — Lössnitz: Thierarzt für Schlachtvieh- und
Fleischbeschau zum 1. Juni 1900. Bew. an den Stadtrath. —
Murrhardt. — P a b s t o r f (Braunschweig): Thierarzt sofort. —•
Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.): Thierarzt für PraxiB
(300 M. Zuschuss). Bewerbungen beim Magistrat.
Besetzt: Kreisthierarztstelle in Bolchen. — Schlachthofstelle in
Tempelburg.
Verantwortlich fUr den Inhalt (excL Inaeratentheil): Prot Dr. Schmalta ln Berlin. — Verlag nnd ElgenUram von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. BOxenatein, Berlin
84
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Digitized by LjOOQle
Beilage zur Berliner Thierärztlichen Wochenschrift.
No. 7. — 15. Februar 1900.
Protokoll
der 45. Generalversammlung des thierärztlichen Central-
yereins der Provinz Sachsen, der anhaitischen und
thüringischen Staaten,
abgebalten am 5. November 1899 in Halle a. S.
Anwesend waren die Mitglieder:
Th. Becher - Salzmünde, Kr.-Th. Borchardt-Cölleda,
Schl.-Th. Bo Ile-Magdeburg, Schl.-Th. Buhmann-Magdeburg,
Kr.-Th. Busch-Torgau, Viehhof-Dir. Colb erg-Magdeburg,
Th. Conrad-Belgern, städt. Th. Demmin-Zerbst, Professor
Dr. Disselhorst-Halle a. S., Kr.-Th. Friedrich-Halle a. S.,
Ober-R. a. I). Gensert-Merseburg, Th. Goerold-Hamersleben,
Kr.-Th. Gotting-Aschersleben, Kr.-Th. Gundelach-Magdeburg,
Kr.-Th. Griesor-Naumburg, Kr.-Th. Haas-Zerbst, Th. Hecker-
Halle a. S., Kr.-Th. Hofherr-Herzberg a. E., Th. Jünger-
Weissenfels, Th. Just-Schkölen, Th. Dr. Kantorowicz-Mühl-
berg a. E., Schl.-Dir. Klaphake-Zeitz, Kr.-Th. Klooss-Eis-
leben, Kr.-Th. Köpke-Liebenwerda, Th. Kohl-Lützen, Kr.-Th.
Kühn-Zeitz, Kr.-Th. Lauche sen. und Th. Lauche jun.-Bitter-
feld, Dep.-Th. und Vet.-Ass. Leistikow-Magdeburg, Kr.-Th.
Liebener-Delitzsch, Th. Liebrecht-Zörbig, Kr.-Th. Martens-
Sangerhausen, Hof-Th. Maximilian-Rudolstadt, Th. Meissner-
Schafstädt, Kr.-Th. Memmen-Hettstedt, Ass.-Th. Müssemeyer-
Halle a. S., Schl.-Dir. Mrugowski und Th. Naumann-Halber-
stadt, Dr. Nöner-Halle a. S., Th. Pasch-Benkendorf,
Landes-Th. Pirl-Dessau, Kr.-Th. Rheinshagen-Genthin, Schl.-
Th. Ristow-Magdeburg, Kr.-Th. Rössler-Göthen, Th. Scharf-
Eckartsberga, Th. Schlemmer-Gröbzig, Th. Schroeder-
Eilenburg, Th. Schulze-Bernburg. Th. Schümm-Naumburg,
Th. Siehert-Schönebeck, Schl.-Insp. Sorge-Stassfurt, Schl.-
Insp. Spuhrmann-Stendal, Th. Stecher-Querfurt, Th. Stein¬
meyer - Weissenfels, Kr.-Th. Tannebring - Querfurt, Th.
Teut8chbein-Delitzsch. Kr.-Th. Thunecke-Calbe a. S., Th.
Ude-Calbe a. M., Kr.-Th. Wienke-Wittenberg, Th. Wilhelm-
Brehna, Sch.-Dr. W T itte-Quedlinburg, Kr.-Th. Ziegenbein-
Oschersleben, Kr.-Tb. Ziegenbein-Wolmirstedt.
Die Sitzung wird mit begriissenden Worten vom stell¬
vertretenden Vorsitzenden Dep.-Th. Leistikow 11Ü Uhr eröffnet
Derselbe theilt der Versammlung mit, dass der Vereins¬
vorsitzende gesundheitlich leider noch nicht wieder soweit her¬
gestellt sei, diese Versammlung zu leiten, es sei jedoch be¬
gründete Hoffnung vorhanden, dass er die Frühjahrsversammlung
wieder besuchen könnte. Ferner übermittelt der stellvertretende
Vorsitzende der Versammlung die Griisse des E.-M. Herrn Geh.
Med.-Rathes Dr. Esser, welcher schriftlich seinem Bedauern, der
Versammlung fern bleiben zu müssen, Ausdruck gegeben hatte,
und begrüsst spec. Herrn Prof. Dr. Disselhorst, dessen Auf¬
nahme in der Frtihjahrsversamralung erfolgt war.
Zur Aufnahme in den Verein, welche einstimmig erfolgt,
hatten sich gemeldet: Th. Dolle-Oschersleben, Kr.-Th. Ehr¬
hardt-Stendal, Kr.-Th. Dr. Felisch-Merseburg, Th. Haffner-
Aschersleben, Th. Hulbe-Artern, Th. Hussmann-Stassfurt,
Th. Knolle-Mücheln, Kr.-Th. Stein-Dessau, Th. Schulze-Burg.
Den Bericht über den VII. internationalen Congress in Baden-
Baden erstatteten eingehend Land.-Th. Pirl-Dessau und Dir.
C o 1 b e r g- Magdeburg.
Der Vortrag über Immunität wurde mit Genehmigung des
Referenten auf Vorschlag des stellvertretenden Vorsitzenden
vorläufig znrückgesetzt und es erhielt Kr.-Th. Rössler-Cöthen
das Wort zu seinem Referat: „Ueber Gewährleistung beim Vieh¬
handel nach dem neuen Bürgerlichen Gesetzbuche“, dessen Wort¬
laut des grossen Interesses wegen hier wiedergegeben ist.
Meine Herren! Die Veranlassung, dass vorliegendes Thema auf
die heutige Tagesordnung gesetzt wurde, ist Ihnen Allen bekannt.
Am kommenden 1. Januar tritt das neue Bürgerliche Ge¬
setzbuch in Kraft; damit vollzieht sich wie auf anderen Rechts¬
gebieten so auch auf dem des Viehhandelsrechts eine völlige
Umwandlung. Da wir Thierärzte die gegebenen Berather der
Viehkäufer oder -Verkäufer sind, so haben wir auch die Pflicht,
uns mit den neuen Währschaftsgesetzen bekannt zu machen.
Das Publikum setzt mit Recht voraus, dass wir die einschlägigen
Bestimmungen kennen, im Vertrauen auf diese unsere Kennt¬
nisse ist es geneigt unseren Rathschlägen zu folgen und sich
in seinen Worten und Handlungen bei dem Viehkauf und -ver¬
kauf danach zu richten. Dieses uns entgegengebrachte Ver¬
trauen haben wir alle Ursache uns zu erhalten und zu recht-
fertigen. Wenn uns aus dieser berathenden Thätigkeit auch
kein oder doch kein erheblicher materieller Vortheil entsteht, so
ist der Gewinn in idealer Beziehung jedoch so hoch anzuschlagen,
dass er der Zeit und Arbeit, welche wir auf die Aneignung der
erforderlichen Kenntnisse verwenden müssen, reichlich werth ist.
Sie alle nun, meine Herren, werden sich bereits mit dem Studium
dgr neuen Währschaftsgesetze befasst haben; das Di eck er¬
hoff'sehe Werk und die in der Tagespresse erschienenen Auf¬
sätze haben ja genügend Gelegenheit hierzu geboten. Man
könnte danach meinen, dass es überflüssig sei, heute hier noch
! des weiteren darüber zu verhandeln. Gerade diejenigen aber,
die sich eingehender mit dem Studium des neuen Rechts be¬
schäftigten, werden auch gefunden haben, dass dasselbe viele
neue Bestimmungen, mit denen sich öfter zu befassen durchaus
| nicht überflüssig ist, enthält. Auch finden sich verschiedene
strittige Punkte darin, über die man nur durch eine Aussprache
mit anderen Klarheit sich verschaffen kann. Am erspriess-
lichsteu, meine ich, wird es nun sein, wenn ich die in Frage
kommenden §§ des neuen Rechts der Reihe nach hier bespreche.
Tn Betracht kommen die §§481—492 d.es Bürgerlichen Gesetzbuchs.
§ 481 lautet: „Für denVerkauf von Pferden, Eseln, Maul-
| eseln und Maulthieren, von Rindvieh, Schafen und Schweinen
* gelten die Vorschriften der §§ 459—467, 469—480 nur insoweit,
| als sich nicht aus den §§ 482 —492 ein Anderes ergiebt.“
! Es sind demnach nur für die gedachten Thierarten Sonder-
! bestimmungen getroffen worden; die übrigen Hausthiere werden
gleich anderen Sachen behandelt. In wie weit die allgemeinen
Bestimmungen auch für den Handel mit den grösseren Haus-
| thieren in Betracht kommen, werden wir in der Folge sehen.
§ 482 lautet: „Der Verkäufer hat nur bestimmte Fehler,
„Hauptmängel“, und diese nur dann zu vertreten, wenn sie sich
innerhalb bestimmter Fristen (Gewährfristen) zeigen.
Die Hauptmängel und die Gewährfristen werden durch eine
mit Zustimmung des Bundesraths zu erlassende Kaiserliche Ver¬
ordnung bestimmt. Die Bestimmung kann auf demselben Wege
ergänzt und abgeändert werden.“
Auf Grund des letzteren Absatzes ist dann unter dem 27. März
d. J. eine Kaiserliche Verordnung erschienen, welche erstens für den
Verkauf von Nutz- und Zuchtthieren, bei Pferden, Eseln, Mauleseln
und Maulthieren als Hauptmängel Rotz, Dumrakoller, Dämpfigkeit,
Kehlkopfpfeifen, periodische Augenentzündung und Koppen fest¬
setzt und zwar säinintlich mit einer Gewährfrist von 14 Tagen.
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Bei Rindvieh sollen tuberculü.-e Eikrankung, sofern in Folge '
dieser Erkrankung eine allgemeine Beeinträchtigung des Nähr-
zustandes des Thieres herbeigefübrt ist, mit einer Gewährfrist
von 14 Tagen und Lungenseuche mit einer Gewährfrist von ;
28 Tagen als Hauptmängel gelten; hei Schafen Räude mit einer
Gewährsfrist von 14 Tagen, bei Schweinen Rothlauf mit einer
Gewährfrist von 3 Tagen, Schweineseuche ( einschl. Schweinepest) j
mit einer Gewährfrist von 10 Tagen.
Für Schl ach tthiere, d. h. solche Thiere, die alsbald ge- ]
schlachtet werden sollen und bestimmt sind, als Nahrungsmittel I
für Menschen zu dienen, gelten künftig als Hauptmängel:
1. bei Pferden, Eseln, Mauleseln und Maulthieren
Rotz mit einer Gewährfrist von 14 Tagen.
2. bei Rindvieh
tubereu löse Erkrankung, sofern in Folge dieser Erkrankung
mehr als die Hälfte des Schlachtgewichts nicht oder nur
unter Beschränkungen als Nahrungsmittel für Menschen
geeignet ist, mit einer Gewährfrist von 14 Tagen,
3. bei Schafen
allgemeine Wassersucht mit einer Gewährfrist von ,
14 Tagen,
4. bei Schweinen
a) tuberculöse Erkrankung wie bei Rindern,
b) Trichinen mit einer Gewährfrist von 14 Tagen,
cj Finnen mit einer Gewährfrist von 14 Tagen.
Für diese hier als Hauptmängel aufgeführten Fehler hat
der Verkäufer künftig lediglich zu haften — wenn nicht ander- I
weitige Vereinbarungen, die zulässig sind, getroffen wurden.
Sie wissen, dass der Verkäufer bisher auch ohne ausdrück- ]
liches rebereinkommen für alle erheblichen, zur Zeit des Kaufs i
vorhandenen und für den Laien bei gewöhnlicher Aufmerksamkeit
nicht wahrnehmbaren Fehler zu haften hatte und zwar bei Ihnen in
Preussen ('» Monate lang; bei uns in Anhalt gilt für die
Wandelungsklage die gleiche Frist, für die Minderungsklage
aber ein Jahr. Diese Bestimmungen fallen künftig weg. Für
die Hauptmängel ist aber nach dem R. G. B. künftig immer
Gewähr zu leisten, gleichgültig ob sie den Werth oder die
Tauglichkeit aufheben oder mindern: es wird a priori an¬
genommen, dass die Hauptmängel stets erheblich sind.
In Rücksicht hierauf ist auch die Tuberculöse nicht schlecht- j
hin als Hauptmangel bezeichnet worden, sondern nur ein ge¬
wisser Grad der Krankheit.
Nur in folgenden Fällen wird der Verkäufer der Gewährs¬
pflicht ledig:
1. Wenn sich der Hauptmangel erst nach Ablauf der
Gewährsfrist zeigt.
Der Ablauf der festgesetzten oder vereinbarten Gewährszeit
ist durch die Bestimmung des § 483 festgelegt; derselbe lautet:
§ 483. Die Gewährszeit beginnt mit dem Ablauf des
Tages, an welchem die Gefahr auf den Käufer übergeht.
Der Zeitpunkt des Gefahrübergangs wird durch die §§ 440
und 447 bestimmt, dieselben lauten:
§ 446. Mit der Uebergabe der verkauften Sache geht die
Gefahr des zufälligen Unterganges und einer zufälligen Ver¬
schlechterung auf den Käufer über.
§ 447. Versendet der Verkäufer auf Verlangen des Käufers
die verkaufte Sache nach einem andern Orte als dem Erfüllungs¬
orte, so geht die Gefahr auf den Käufer über, sobald der Ver¬
käufer die Sache dem Spediteur, dem Frachtführer oder den
sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Personen oder
Anstalt ausgeliefert hat.
Diese Bestimmungen bringen für Preussen nichts Neues,
wohl aber für uns in Anhalt. Hier ging bis jetzt die Gefahr
mit Abschluss des Kaufs auf den Käufer über. Die neue Fest¬
setzung ist richtiger; das Interesse des Verkäufers an dem ver¬
kauften Thiere wird für die Zeit, während welcher er es noch
in Gewahrsam hat, rege erhalten: auch dem Käufer gegenüber
ist es billig, da ihm ja erst von da an. wo er das neugekaufte
Thier in seinem Stall hat, Gelegenheit zur eingehenden Prüfung
bezw. Untersuchung geboten ist.
2. Wird der Verkäufer der Gewährsfrist ledig, wenn er den
Beweis bringt, dass der Mangel zu der Zeit des Gefahr¬
übergangs auf den Käufer noch nicht vorhanden war.
Denn
§ 484 lautet:
„Zeigt sich ein Hauptmangel innerhalb der Gewährsfrist, so
wird vermuthet. dass der Mangel schon zu der Zeit vor¬
handen gewesen sei, zn welcher die Gefahr auf den Käufer
übergegangen ist.“
Aus dem „es wird vermuthet“ geht hervor, dass dem Ver¬
käufer der Gegenbeweis offen gelassen ist. Bei den kurzen
Gewährsfristen ist allerdings anzunehmen, dass ihm dies nur
ausserordentlich selten gelingen wird. Trotzdem glaube ich,
dass von dieser Zulassung des Gegenbeweises öfter Gebrauch
gemacht werden wird und so manche faulen Processe veranlasst
bezw. in die Länge gezogen werden.
3. Wird der Verkäufer der Gewährspflicht ledig bezw.
verliert der Käufer seine Ansprüche auf Gewährleistung,
wenn er der in $ 485 festgesetzten Anzeigepflicht
nicht nachkommt.
485 lautet: „Der Käufer verliert die ihm wegen des
Mangels znstehenden Rechte, wenn er nicht spätestens zwei,
Tage nach dem Ablauf der Gewährsfrist oder, falls das Thier
vor dem Ablauf der Frist getödtet worden oder sonst verendet
ist, nach dem Tode des Thieres den Mangel dem Verkäufer
anzeigt oder die Anzeige an ihn absendet oder wegen des
Mangels Klage gegen den Verkäufer erhebt oder diesem den
Streit verkündet oder gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung
des Beweises beantragt.
Der Rechts Verlust tritt nicht ein, wenn der Verkäufer den
Mangel arglistig verschwiegen hat.“
Hieraus geht hervor, dass der Käufer infolge Verletzung
der Anzeigepflicht nicht nur der Vermuthung aus § 484. sondern
aller Rechte aus der Gewährleistung, d. h. des Anspruchs selbst
verlustig geht. Um seine Ansprüche aber zu wahren, stehen
ihm vier verschiedene Wege offen. Er genügt der Anzeige¬
pflicht, wenn er spätestens zwei Tage nach Ablauf der Gewährs-
frist, oder falls das Thier den Tod erlitten hat, nach dem Tode
des Thieres dem Verkäufer den Mangel anzeigt oder auch nur
die Anzeige absendet: statt dessen kann er auch Klage er¬
heben oder dem Verkäufer den Streit verkünden oder eine ge¬
richtliche Beweisaufnahme beantragen. Hierbei ist zu beachten,
dass nach der Civil-Process-Ordnung die Klage erst dann als
erhoben und der Streit erst daun als verkündet gilt, wenn die
Klageschrift bezw. Streitankündigung dem Beklagten durch den
Gerichtsvollzieher zugestellt ist. In der Beweisaufnahme ist
der Veräusserer, wenn irgend tlmnlich, hinzuzuziehen; doch das
ist Sache des Gerichts, bei welchem die Beweisaufnahme be¬
antragt ist. Der Käufer hat nur bei Verletzung der Anzeige¬
pflicht Nachtheil zu erwarten. Für den Fall jedoch, dass der
Verkäufer den Mangel arglistig, d. h. in Kenntniss des Mangels
und in der Absicht, dem Käufer den Mangel zu verheimlichen,
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verschwiegen hat, ist die Unterlassung der rechtzeitigen Anzeige
ohne nachtheilige Folgen für den Käufer; die Gewährspflicht
bleibt dann für den betrügerischen Verkäufer bestehen.
4. Verjährung.
Der Verkäufer wird der (»ewährspflicht sowie der Ver¬
pflichtung, Schadenersatz zu leisten ledig, wenn der Käufer seinen
Anspruch verjähren lässt. Die Verjährung tritt aber sechs
Wochen nach dem Ende der Gewährfrist ein. Nur in den
Fällen, wo der Käufer noch nichts oder nur einen Theil der
Kaufsumme bezahlt hat, kann er auch nach Veijährung des
Anspruchs die Zahlung des Kaufpreises bezw. des Restes der
Kanfsumme verweigern, vorausgesetzt, dass er der Anzeige¬
pflicht genügt bat.
5. Der Verkäufer wird der Gewährspflicht ledig, sobald der
Käufer nachweisbar den Mangel bei Abschluss des
Kaufes gekannt hat oder derselbe ihm in Folge eigener
grober Fahrlässigkeit verborgen geblieben ist.
§ 460 sagt hierüber: Der Verkäufer hat einen Mangel der
verkauften Sache nicht zu vertreten, wenn der Käufer den
Mangel bei dem Abschlüsse des Kaufes kennt. Ist dem Käufer
ein Mangel der im § 459 Abs. 1 bezeichneten Art (d. h. ein
erheblicher Fehler) in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt
geblieben, so haftet der Verkäufer, sofern er nicht die Ab¬
wesenheit des Fehlers zugesichert hat, nur, wenn er den Fehler
arglistig verschwiegen hat.“
6. Die Gewährspflicht wird gesetzlich ausgeschlossen beim
Pfandverkauf.
§ 461 bestimmt hierüber: „Der Verkäufer hat einen Mangel
der verkauften Sache nicht zu vertreten, wenn die Sache auf
Grund eines Pfandrechts in öffentlicher Versteigerung unter der
Bezeichnung als Pfand verkauft wird.“
Dieses sind die sechs Fälle, welche den Verkäufer von der
Gewährspflicht entbinden. Ausserdem ist er in der Lage, die
Dauer der gesetzlichen Gewährsfristen durch Vertrag mit dem
Käufer beliebig zu kürzen oder auch zu verlängern.
§ 486 bestimmt: „Die Gewährsfrist kann durch Vertrag
verlängert oder abgekürzt werden. Die vereinbarte Frist tritt
an die Stelle der gesetzlichen Frist.“
Bei Verlängerung der Fristen ist die Bestimmung des § 484
zu beachten. Wenn die Frist auch noch so lange bemessen ist,
so ist das Vorhandensein eines innerhalb dieser Frist sich zeigen¬
den Hauptmangels doch stets, wenn auch nur vermuthungsweise,
bis auf den Tag des Kaufes znrückzuführen.
In solchen Fällen, wo lange Fristen vereinbart sind und
der Hauptmangel sich erst geraume Zeit nach dem Kauf zeigt,
wird von der Zulassung des Gegenbeweises eher mit Erfolg
Gebrauch gemacht werden können.
Eine neue Bestimmung, nämlich Ausschluss der Minderungs¬
klage im Viehhandel und Zulässigkeit der Wandlungsklage selbst
bei der durch Zufall herbeigeführten Verschlechterung oder
Vernichtung oder bereits erfolgten Weiterveräusserung des
Thieres bringt i; 487; derselbe lautet:
„Der Käufer kann nur Wandelung, nicht Minderung ver¬
langen. Die Wandelung kann auch in den Fällen der §§ 351
und 353, insbesondere wenn das Thier geschlachtet ist, verlangt
werden; an Stelle der Riickgewähr hat der Käufer den Werth
des Thieres zu vergüten. Das Gleiche gilt in anderen Fällen, j
in denen der Käufer in Folge eines Umstandes, den er zu ver¬
treten hat, insbesondere einer Verfügung über das Thier, ausser
Stande ist, das Thier zurückzugewähren.
Abs. 3. Tat vor der Vollziehung der Wandelung eine un-
wtseutliehe Verschlechterung des Thieres in Folge eines von
I dem Käufer zu vertretenden Umstandes eingetreten, so hat der
' Käufer die Werthminderung zu vergüten.
Nutzungen hat der Käufer nur insoweit zu ersetzen, als er
sie gezogen hat.“
Durch diesen Paragraphen ist die Minderungsklage für den
Viehhandel künftig ausgeschlossen. Die Auffassung, dass Abs. 3
j eine Ausnahme statuire, ist eine irrige. Es ist allerdings da gesagt.
! dass der Verkäufer für die Werthminderung, welche das ver-
i kaufte Thier durch eine von dem Käufer zu vertretende un-
' wesentliche Verschlechterung erlitten hat. von dem Käufer eine
| Vergütung zu beanspruchen hat. Dieses Recht kann er aber
| nicht durch eine Minderungsklage, sondern nur durch eine
i Schadensersatzklage geltend machen. Für uns hat ja allerdings
nur das Factum des Vergütungsanspruches Interesse; ich er¬
wähne dies nur, weil die mehrfach aufgestellte Behauptung, dass
in einem Falle noch eine Minderungsklage zulässig sei, uns in
, den Augen der Juristen lächerlich macht.
Was nun die Wandelungsklage betrifft, so ist dieselbe in
weit grösserem^Umfange zulässig, als bisher; dieselbe kann
j auch bei der durch Zufall oder durch Verschulden des Käufers
herbeigeführten wesentlichen Verschlechterung oder Vernichtung
des Thieres verlangt werden, im besonderen auch daun, wenn
das Thier auf Veranlassung des Käufers geschlachtet worden
ist; ebenso, wenn es weiter verkauft wurde und der Käufer gar
nicht mehr im Stande ist, das Thier zurückzugewähren; in
diesen Fällen hat der Käufer anstatt der Rückgewähr den
Werth des Thieres zu vergüten. Ist der Untergang oder die
Verschlechterung des Thieres durch Zufall herbeigeführt, so geht
dieses auf Rechnung des Verkäufers, vorausgesetzt natürlich,
dass der Gewährsanspruch des Käufers begründet ist und der
Verkäufer den Process verliert. In diesem Fall hat der letztere
gemäss § 488 dem Käufer auch die aufgelaufenen Kosten zu
ersetzen. § 488 lautet: „Der Verkäufer hat im Fall der
Wandelung dem Käufer auch die Kosten der Fütterung und
Pflege, die Kosten der thierärztlichen Untersuchung und Be¬
handlung sowie die Kosten der nothwendig gewordenen Tödtung
und Wegschaffung des Thieres zu ersetzen“.
Hierzu ist zu bemerken, dass die Aufwendungen zum Schutz
gegen Seuchengefahr nicht unter § 488 fallen: ebenso hat der
Käufer kein Recht, dem Verkäufer Kosten, die etwa aus der Zu¬
ziehung mehr als eines Thierarztes erwachsen sind, anzurechnen.
Für die Wandlung eines Gespannes oder einer Heerde oder
eines Mutterthieres mit dem Jungen sind, da die §§ 481—492
ein anderes nicht festsetzen, die Bestimmungen der §§ 469, 470
bis 473 massgebend. Danach würde zunächst nur für die mangel¬
haft befundenen Thiere die Wandelung zulässig sein. Für den
Fall jedoch, dass die Thiere als zusammengehörig verkauft sind,
dass die Parteien beim Kaufabschluss über die Zusammenge¬
hörigkeit der Thiere ein Uebereinkommen getroffen haben, kann
sowohl der Käufer als der Verkäufer verlangen, dass die Wand¬
lung auf 8ämmtliche Thiere erstreckt wird, wenn die mangel¬
haften Thiere nicht ohne Nachtheil für den Antragsteller von den
übrigen getrennt werden können. Für die Wandlung eines Mutter¬
thieres mit dem Jungen ist § 470 anzuwenden; derselbe lautet:
„Die Wandelung wegen eines Mangels der Hauptsache er¬
streckt sich auch auf die Nebensache. Ist die Nebensache
mangelhaft, so kann nur in Ansehung dieser Wandelung ver¬
langt werden.“ Da für gewöhnlich das Mutterthier die Haupt¬
sache sein wird, so hat sich, wenn dieses sich als mangelhaft
erweist, die Wandelung auch auf das Junge zu erstrecken; ist
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dieses jedoch mangelhaft, so ist auch uur für dieses die Wande¬
lung zulässig. Sollte jedoch das Junge mal ausnahmsweise die
Hauptsache sein (z. B. bei einer alten Stute mit einem von einem
berühmten Vater stammenden Füllen) so wird vice versa verfahren.
Wie verhält es sich nun, wenn bei einzelnen von einer
grösseren Anzahl zusammengekaufter Thiere sich eine an¬
steckende Krankheit, für welche der Verkäufer Gewähr zu leisten
hat, sich herausstelltV Die Antwort ergiebt sich aus den her¬
vorgehenden Ausführungen. Wenn keine Verabredung getroffen
ist, so hat der Verkäufer nur für die Thiere, welche sich inner¬
halb der Gewährfrist krank zeigen oder von denen nachgewiesen
wird, dass sie den Keim der Krankheit schon vor der Zeit des
Gefahrübergangs auf den Käufer aufgenommen haben, Gewähr
zu leisten; sind die Thiere als zusammengehörig verkauft, so
hat der Verkäufer selbstverständlich sämmtliche Thiere
zurückzunehmen. Ist demselben die erfolgte Ansteckung ein¬
zelner der verkauften Thiere bekannt gewesen und hat er diesen
Umstand dem Käufer arglistig verschwiegen oder hat er das
Nichtvorhandensein der Krankheit zugesichert, so kann der
Käufer auch für die nach dem Gefahriibergange angesteckten
Thiere Schadenersatz beanspruchen.
Wie weit das führen kann, sehen Sie an folgendem: Wenn
unsere Landwirthe z. B. Ochsen kaufen, so fragen dieselben
den Händler stets, ob die Thiere auch frei von Maul- und
Klauenseuche sind. Ist der Händler nun leichtsinnig genug, dies
znzusichern und vielleicht auch noch auf eine Frist von 3 Tagen
die Gewähr zu übernehmen, und es zeigen sich innerhalb dieser
Frist einige der Thiere als verseucht, so hat er nicht nur für
diese sondern auch für den Schaden, welchen dieselben durch
Ansteckung anderer Thiere des Käufers anrichten, Ersatz zu
leisten. Ein solider Händler wird daher auch künftig eine der¬
artige Zusicherung nicht geben.
Eine auch bisher schon zu Hecht bestandene Vorschrift
bringt § 4*9; derselbe lautet:
,,Ist über den Anspruch auf Wandlung ein Hechtsstreit an¬
hängig, so ist auf Antrag der einen oder der andern Partei die
öffentliche Versteigerung des Thieres und die Hinterlegung des
Erlöses durch einstweilige Verfügung anznordnen, sobald die
Besichtigung des Thieres nicht mehr erforderlich ist.“
§ 490 bringt dann die schon besprochenen Bestimmungen
über Verjährung des Anspruchs auf Wandelung.
Von geringer Bedeutung, da nicht oft von ihr Gebrauch
gemacht wird, ist die Vorschrift des § 491:
„Der Käufer eines nur der Gattung nach bestimmten Thieres
kann statt der Wandelung verlangen, dass ihm au Stelle des
mangelhaften Thieres ein mangelfreies geliefert wird.“
Wenn ein derartiges Kaufgeschäft vorliegt und der Ver¬
käufer ein oder mehrere Thiere von bestimmter Farbe oder
Grösse oder Kasse oder Alter oder sonstiger Eigenschaften zu
liefern hatte, und es stellt sich an einem oder mehreren der
gekauften Thiere ein Gewährsmangel heraus, so pflegen sich
die Parteien gütlich zu einigen, ohne gerichtliche Hilfe in An¬
spruch zu nehmen.
Sehr wichtig ist endlich der § 492. Derselbe lautet:
„Uebernimmt der Verkäufer die Gewährleistung wegen eines
nicht zu den Hauptmängeln gehörenden Fehlers oder sichert er
eine Eigenschaft des Thieres zu, so finden die Vorschriften der
§§ 487—491 und, wenn eine Gewährfrist vereinbart wird, auch
die Vorschriften der §§ 483—485 entsprechende Anwendung.
Die im § 490 bestimmte Verjährung beginnt, wenn eine Ge¬
währfrist nicht vereinbart wird, mit der Ablieferung des Thieres.“
Hieraus geht hervor, dass jedem nicht zu den Hauptmängeln
gehörenden Fehler die rechtliche Bedeutung eines solchen ent¬
weder durch Verabredung beider Kaufschliessenden oder auch
nur durch den Willen des Verkäufers beigelegt werden kann.
Freiwillig wird derselbe dies allerdings selten thun; desto öfter
; wird er sich aber hierzu gezwungen sehen, um einen angemesse-
| nen Preis für seine Thiere zu erzielen. Da durch das deutsch-
I rechtliche Princip d. i. die Aufstellung von Hauptmängeln der
Verkäufer allzusehr begünstigt wird, so wird der Käufer als
Corrigens eine Gewährleistung für alle oder einzelne Fehler
heischen. Geht der Verkäufer hierauf ein, so hat der Käufer
gegebenen Falls nur Wandelung zu verlangen.
Lässt sich aber der Verkäufer darauf ein, eine Eigenschaft
des Thieres, bezüglich das Nichtvorhandensein eines nicht zu
den Hauptmängeln gehörenden Mangels zuzusichern, so hat er
gegebenen Falls Schadenersatz zu leisten. Die hierfür mass¬
gebende Bestimmung bringt § 463: „Fehlt der verkauften
i Sache zur Zeit des Kaufs eine zugesicherte Eigenschaft, so kann
der Käufer statt der Wandelung oder der Minderung Schaden¬
ersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Das Gleiche gilt, wenn
der Verkäufer einen Fehler arglistig verschwiegen hat.“
Diese Bestimmungen haben zu der Befürchtung Veran¬
lassung gegeben, dass der verkaufende harmlose Bauer von dem
gewitzigten Händler oder anderen Käufern häufig veranlasst
werden wird, Zusicherungen, deren Tragweite dem Unwissenden
gar nicht bekannt gewesen ist, zu geben. Das mag ja wohl
im Anfang öfter Vorkommen, in solchen Fällen werden aber die
Gerichte dem in seiner Unwissenheit Hineingelegten zur Seite
stehen; dieselben werden herausfinden, ob dem Betreffenden die
Zusicherung in hinterlistiger Weise entlockt ist und Denjenigen,
der zu prellen gedachte, heimschicken. Auch meine ich, werde«
die Landwirthe bald lernen, wie sie sich bei dem Verkauf und
auch dem Kauf künftig zu verhalten haben. Jedenfalls wird es
für den Verkäufer gut sein, die Zunge zu zügeln und kein
Wort zu viel zu sagen. Andererseits darf aber die Gefahr, in
welche sich der Verkäufer durch Anpreisungen seiner Thiere
begiebt, nicht überschätzt werden. Vor allen Dingen werden
die Gerichte auseinanderzuhalten wissen, ob der Verkäufer nur
seine Ansicht ausgesprochen oder in aller Form eine Zu¬
sicherung gegeben hat; auch wird in Betracht gezogen werden,
ob die Aeus8erungen des Verkäufers für das Zustandekommen
des Kaufes von Einfluss gewesen sind, und ob dieselben über¬
haupt ernst zu nehmen waren. So werden Aeussenmgen. durch
die etwas Unmögliches behauptet wird, niemals für den Ver¬
käufer gefährlich werden; so z. B. wenn er sagt, sein Pferd
liefe mit dem Schnellzug um die Wette u. dergl.
Die Ansicht, dass der Verkäufer künftig, wenn er Fehler-
ffeiheit zugesichert hat, für jeden Fehler, auch den geringsten
und unerheblichsten aufkommen müsse, halte ich für irrig. Ein
Fehler ist meines Erachtens nur dann ein Felder, wenn er er¬
heblich ist. Dass sich auf diesen Standpunkt auch die Gerichte
stellen werden, ist mir ganz zweifellos.
Von grossem Einfluss werden in dieser Beziehung unsere
Gutachten sein, die wir als Sachverständige vor den Gerichten
abzugeben haben. Ich bin überhaupt der Meinung, dass mit
der Einführung des neuen Gesetzes uns neue und wichtige
Aufgaben erwachsen. Dadurch, dass wir unausgesetzt mit den
Viehproducenten und -consumenten in Berührung stehen, sind
wir in der Lage auf die Gestaltung der Bahnen, in welchen
sich der Viehhandel künftig bewegen wird, grossen Einfluss zu
Üben. Auf unsere Kenntniss der für den Viehhandel mass-
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gebenden gesetzlichen Vorschriften vertrauend werden Ver¬
käufer und Käufer uns gern Gehör schenken und unseren Rath¬
schlägen folgen. Dass diese jeder Thierarzt nach bestem
Wissen und Gewissen ertheilen wird, ist mir nicht zweifelhaft;
ebenso gewiss ist es aber, dass diese Thätigkeit in jedem
Collegeu die Liebe zu unserem schönen und in jeder Beziehung
Befriedigung gewährenden Beruf befestigen wird.
Bei der sich anschliessenden Discussion hebt Director
Colberg-Magdeburg hervor, dass es ihm unverständlich er¬
scheine, dass es eine Gewährfrist bei Rindern, welche bei der
Schlachtung mit Finnen behaftet sich zeigten, nach dem B.
G. B. nicht gäbe, während doch bei Schweinen in diesem Falle
14 Tage als Gewährsfrist festgesetzt ist. Mit den die Tuber-
culose der Schlachtthiere betreffenden Bestimmungen kann mau
sich seiner Ansicht nach einverstanden erklären.
Weiter wurde von Steinmever und Rössler nochmals
hervorgehoben, dass § 487 Abs. 3 nur eine Werthmindemng im
Sinne der Schadenersatzklage bedeute, niemals aber eine
Minderungsklage hervorrufeu könne. Der stellvertretende Vor- j
sitzende hebt hervor, dass die Schadenersatzklage an Stelle der
Minderwerthsklage treten werde. Er dankt im Namen der j
Versammlung dem Referenten und (’oireferenten sowie den |
Collegen, welche sich an der Discussion betheiligt haben. Darauf j
tritt eine Pause von 10 Minuten ein. Nach Wiederaufnahme f
der Verhandlungen berichtet Kreis - Thierarzt Gundelach-
Magdeburg in kurzer Form über die Einweihung der neuen
thierärztlichen Hochschule in Hannover und hebt vor allem
hervor, dass, wenn auch die äussere Gestalt grossartiger hätte sein
können, doch die innere Einrichtung eine ganz vorzügliche wäre.
Hieran anschliessend erwähnt Schulze-Bernburg, dass
einige,,Professoren der Hannoverschen Hochschule in Aussicht
gestellt hätten, künftighin Kurse für Thierärzte einzurichten und
ermahnt die Collegen, sich rechtzeitig nach event. Vertretern um- j
Zusehen, um dieser Einladung Folge leisten zu können.
Nachdem noch die .Vorträge für die nächste Versammlung,
welche unter erwünschter Betheiligung der Damen in Magdeburg
abgehalten werden soll, festgesetzt sind, gelangt der letzte
Punkt der Tagesordnung zur Verhandlung.
Zu diesem zeigt College Lauche jun. einen 420 g schweren
Nierenstein von einem Pferde, welches angeblich niemals Krank-
heitserscheinungen gezeigt hat. Hierzu bemerkt Hof-Thierarzt
Ernst, dass er im Besitze eines 910 g wiegenden Nieren¬
steines vom Pferde sei und stellt in Aussicht, denselben bei einer
der nächsten Versammlungen vorzulegen.
Ziegenbein-Oschersleben hat in einem grossen Sehweine-
bestande durch Lochung der Ohren zuerst ganz eigentümliche
Krankheitserscheinungen (Phlegmone der Ohren, Thränen der
Augen, verminderte Fresslust etc.) auftreten sehen, bis endlich
bei Todesfällen durch Section zweifellos Schweineseuche fest¬
gestellt wurde. Z. kann sich dieses plötzliche Erkranken so
vieler Schweine (in ganz kurzer Zeit gingen ca. 50 Stück ein)
pur so erklären, dass eins von den zuerst gelochten Schweinen
bereits an Schweineseuche erkrankt war und von diesem aus
durch die Zange die Ansteckung der übrigen erfolgt ist.
Bei dem sich an die Verhandlungen anschliessenden ge¬
meinsamen Mittagessen, welches durch verschiedene Toaste ge¬
würzt wurde, kamen drei Telegramme nach Verlesen zur Ab¬
sendung, und zwar an den Vereinsvorsitzenden, in welchem der
Hoffnung auf weitere Genesung Ausdruck verliehen wurde, an
das Ehrenmitglied des Vereins Herrn Geh. Ob. - Reg. - Rath
Dr. Lydtin. welchem der Verein seine Bewunderung und
seinen Dank für das überaus geniale Arrangement des thier-
ärztlichen Congresses aussprach und drittens wurde der tele¬
graphische Grass des Vereins Thüringer Thierärzte, welche zu
gleicher Zeit tagten, erwidert.
Leistikow. Friedrich,
stellvertr. Vorsitzender. Schriftführer.
Ueber die am Vorabende der Vereinssitzung abgehaltene
Versammlung der Sanitätsthierärzte ist das Protocoll zu den
Acten überreicht (vgl. B. T. W. No. 6 pag. 68).
Gerichtsentscheidungen.
ln Sachen de« Viehhändlers L. Krzykowikl zu Gostyn, Klägers, gegen
den Kreilthierarzt Dr. Wassmann zu Berlin, Beklagten.
I.
Entscheidung der 12. Civilkammer des Kgl. Land¬
gerichts I zu Berlin.
Der Kläger wird mit der erhobenen Klage abgewiesen und
verurtheilt, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Thatbestand. Am 17. März 1897 Morgens 4 Uhr traf
auf dem Berliner Viehhofe eine von dem Kläger am 16. März
in Gostyn verladene an die Viehcommissionshandlnng F. Spon-
holz gerichtete Sendung von 69 Schweinen und 10 Hammeln
ein. Unmittelbar nach der Ankunft wurde die Sendung auf
Veranlassung des Beklagten mit Beschlag belegt und ihre Ueber-
führung nach dem Seuchenhofe angeordnet. Unstreitig erfolgte
die Beschlagnahme deshalb, weil der Berliner Veterinärpolizei
am 14. März 1897 von dem Polizeidistrictsamt in Punitz die
Nachricht zugegangen war, dass der Viehhändler Wocinocki
aus Pudlischki — in welcher Gegend damals die Klauenseuche
bei Rindern herrschte — 46 Schweine gekauft hätte, die er
am 15. März 1897 auf der Bahnstation Gostyn nach dem
Centralviehhof verladen werde, und weil Beklagter nach dieser
Nachricht, und nachdem bis 17. März 1897 die Wocinocki’sche
Sendung nicht eingetroffen war, den Verdacht für begründet
erachtet, dass sich unter der klägerischen Sendung auch Thiere
aus der verseuchten Gegend befänden. Im Laufe des Tages
wurde die Beschlagnahme als unbegründet aufgehoben. Der
Kläger erblickt in dem Verhalten des Beklagten eine Fahrlässig¬
keit und fordert Ersatz des durch die Beschlagnahme ihm an¬
geblich entstandenen Schadens mit dem Anträge:
Den Beklagten kostenpflichtig zu verurtheilen, an den Kläger
468,52 Mark nebst 5 pCt. Zinsen seit dem 12. April 1897,
dem Tage der Klagezustellung zu zahlen und das Urtheil gegen
Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
In näherer Begründung führt Kläger Folgendes aus:
I. Sein Coramissionär Sponholz habe von der Beschlag¬
nahme um 6 Uhr am Morgen des 17. März Kenntniss erhalten
und sofort den Thierarzt Siegel darauf aufmerksam gemacht,
dass das beschlagnahmte Vieh nicht mit dem aus der Punitzer
Gegend hergekommenen identisch sei. Siegel habe aber erklärt,
er könne nicht anders handeln, da er stricte Anweisung von
dem Beklagten seinem Vorgesetzten, besitze. Um 8 Uhr früh
sei sodann der Beklagte selbst erschienen; auch ihm habe
Spouholz die gleiche Vorhaltung gemacht und ihm bemerkt,,
dass er, Beklagter, für allen Schaden aufkommen müsse.
Der Beklagte habe nunmehr an das Districtsamt Punitz
depeschirt, die Anordnung jedoch aufrecht erhalten und dem
Sponholz anheimgegeben, sich an den Departementsthierarzt
Dr. Wolff beschwerdeführend zu wenden. Wie Kläger be¬
hauptet, hätte Dr. Wolff auf die vorgebrachte Beschwerde
sofort dem Sponholz erklärt, der Beklagte habe kein Recht
zu solcher Anordnung, hätte dem Sponholz ein an den Be¬
klagten gerichtetes Schreiben dementsprechenden Inhalts mit¬
gegeben, und Sponholz hätte dies Schreiben sofort im Bureau
des Beklagten abgegeben. Darauf um y 4 ll Uhr Vormittags
habe Beklagter dem Sponholz mittheilen lassen, dass die
Schweine nunmehr ausgeladen werden dürften: und dass jetzt
Sponholz sich geweigert habe, über die Ladung zu verfügen,
und sie dem Beklagten unter Haftbarmaclmng für allen Schaden
zur Disposition gestellt habe, sei die Entladung des Viehes bis
: y 4 ll Uhr Vormittags von dem Beklagten selbst veranlasst
worden. Die Freigabe der Sendung sei erst um 1 Uhr Nach¬
mittags erfolgt.
II. Der Beklagte habe fahrlässig gehandelt: Denn bei Auf¬
wendung nur geringer Aufmerksamkeit habe er die Beschlag¬
nahme unterlassen müssen, weil die beiden Viehtransporte, um
die es sich handelte, aus ganz verschiedenen Gegenden und von.
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n
verschiedenen Händlern herrührteu. an verschiedenen Tagen
abgesandt waren und ganz verschiedenes Vieh enthielten. Noch
am 16. März 1897 habe der Departementsthierarzt l)r. Wolff
dem Beklagten anempfohlen, sich die Waggonnuininer des
Transportes aus der verseuchten (legend telegraphiren zu lassen.
Der Beklagte habe es aber versäumt, über die Frage der
Identität beider Sendungen sich rechtzeitig zu informiren, wozu
er nach Meinung des Klägers um so eher in der Lage gewesen
wäre, als er schon drei Tage vor dem Eintreffen der Sendung
von allen Einzelheiten Kenntniss gehabt habe. Ausserdem hätte
er nach klägerischem Dafürhalten bereits um 6 Uhr früh sich
davon überzeugen sollen, dass die Thiere gesund waren, und
dass die Beschlagnahme der Begründung entbehrte.
III. Der Beklagte habe schliesslich den Klageanspruch dem
Grunde nach selbst anerkannt. Denn durch Vermittlung des
Directors des Central-Viehhofes, Oeconomieraths Hausburg,
habe er sich am fraglichen Tage mit Sponholz dahin geeinigt,
dass beide die Schweine verkaufen sollten und Beklagter sich
ausdrücklich verpflichtete, für die Preisdifferenz und den Schaden
aufzukommen.
IV. Seinen Schaden berechnet der Kläger dahin:
1. infolge mangelhafter Füttejung der Schweine von 4- 7 Uhr
Gewichtsverlust von 10 Pfund pro Stück, sind
69 X 10 = 690 Pfund
abzüglich 20 pCt . Tara = 138 ,,
bleiben 552 Pfund Gewichtsverlust.
Da von den 69 Schweinen
16 Stück = 2879 kg mit 42 Mark |
52 ., = 4844 „ ., 44 | pro Centner
1 „ = 276 „ „ 30 „ J
verkauft worden seien, was einem Durchschnitt von 43 Mark
(eher mehr als weniger) pro Centner entspreche, so beziffere
sich der Schaden durch Gewichtsverlust auf 237,36 Mark.
2. Infolge mangelnder Reinigung, Rückganges der Preise
und des getrennten Verkaufes der Schweine (nicht auf dem
Schweinemarkt) ein Mindererlös von mindestens 2 Mark pro
Centner netto, das heisst für 11 198,40 Pfund: 223,96 Mk.
3. Dazu 7,20 Mark Unkosten für Depeschen, die Sponholz
auf Veranlassung des Beklagten und zur Aufklärung des von
diesem begangenen Fehlers gemacht habe, die 4* iru m in il-ejn
Nutzen des Beklagten verwendet seien und von ihm erstattet
werden müssten. Den Anspruch auf Zurückerstattnng der dem
Sachverständigen gezahlten Gebühren behält sich der Kläger
noch vor.
Demgegenüber geht der Antrag des Beklagten dahin, die
Klage abzuweisen und das Urtheil wegen der Kosten für vor¬
läufig vollstreckbar zu erklären.
Er macht Folgendes geltend:
I. Auf die Vorstellung des Sponholz habe er die sofortige
Freigabe der Sendung von dem Ausfall der Antwort auf eine an
das Districtsamt zu Punitz gerichtete telegraphische Anfrage
abhängig gemacht. In der Antwort, die trotz der Dringlichkeit
der Anfrage erst um 5 Uhr des Nachmittags eingetroffen sei,
sei keine Aufklärung des Sachverhaltes enthalten gewesen, viel¬
mehr nur gesagt werden, Auskunft über die Sachlage sei nur das
Districtsamt Gostyn zu geben im Stande.
ln der Zwischenzeit, um 10 Uhr Vormittags, habe er (Be¬
klagter) demnach die Genehmigung zur Entladung des be¬
schlagnahmten Viehes unter der Bedingung ertheilt, dass die
Schweine in die sogenannte kleine Schweinehalle, die Schafe
aber in besondere Buchten der Hammelhalle gebracht
würden. Nunmehr habe jedoch Sponholz erklärt, dass er die
Schweine und Schafe nicht mehr verwerthen könne, und sie dem
Beklagten zur Verfügung gestellt. Demnächst sei das Vieh auf
seine (des Beklagten) Veranlassung durch Leute der Viehhofs¬
verwaltung entladen und in die betreffenden Räumlichkeiten
eingestellt, gleichzeitig ihr Gesundheitszustand festgestellt und
danach auf erneuten Antrag des Sponholz die völlige Frei¬
gabe um 12 Uhr Mittags angeordnet worden.
Beklagter stellt in Abrede, dass Dr. Wolff sein Verhalten
gemi8sbilligt haben solle, und verweist auf den abschriftlich
Blatt 19. 19v. der Acten, worauf Bezug genommen wird, mit-
getheilten Inhalt des von Dr. Wolff am 17. März 1897 an ihn
gerichteten Briefes.
II. Unter den obwaltenden Umständen liege eine Fahr¬
lässigkeit auf seiner Seite nicht vor. Bestimmend sei für ihn
gewesen, dass nach der Mittheilung des Punitzer Districtsamts
die Verladung der verdächtigen Sendung in Gostyn erfolgen
sollte, und dass auch die klägerische Sendung von dort kam.
Es sei eine durch vielfache Erfahrung erhärtete Thatsache, dass
diejenigen Viehhändler, die aus Sperrgebieten stammende, mithin
seuchenverdächtige Viehsendungen auf den hiesigen Viehhof
bringen, durch allerhand Manipulationen den drohenden Ver¬
kehrsbeschränkungen zu entgehen und die Veterinärpolizei zu
täuschen suchen. Machenschaften, wie die nachstehenden, seien
gewöhnlich:
1. Umladung der Viehsendung auf einer Zwischenstation
und Benutzung eines Wagens mit anderer Nummer.
2. Umexpedirung des Transportes auf einer Zwischenstation
auf einen anderen Namen als denjenigen, auf den die Sendung
an der Uebergangsstation lautete.
3. Verladung einer grösseren Stückzahl von Thieren oder
Zusammenladen der Thiere mehrerer Händler mit den Vei-
! dächtigen in einem Wagen und Expedirung auf einen anderen
Namen, als in der auf Anfrage erfolgenden Zuschrift der Orts¬
polizeibehörde des Abgangsortes angegeben wird.
Dem Beklagten dürfe kein Vorwurf daraus gemacht
werden, dass der durch Zusammentreffen von Umständen ent¬
standene Verdacht sich nachher als unbegründet herausgestellt
habe, denn die Veterinärpolizei sei genöthigt, auch auf den
blossen Verdacht hin einzuschreiten. In diesem Sinne habe
auch die Vorgesetzte Behörde, das Polizeipräsidium, sein (des
1 Beklagten) Verhalten, was die Beschlagnahme selbst angeht,
! gebilligt, wie die abschriftlich Blatt 20 der Akten, worauf ver¬
wiesen wird, mitgetheilte vorgetragene Verfügung vom
März 1897 bezeuge.
Beklagter bestreitet im Uebrigen die klägerischen An¬
führungen, insbesondere die Behauptung, dass er in der Lage
gewesen wäre, sich um 6 Uhr früh schon vom Gesundheits¬
zustände der Thiere zu überzeugen. Der Dienst der Veterinär¬
polizeibeamten beginne im März erst um 8 Uhr; zu dieser
Stunde habe Beklagter auch erst von der Ankunft der Sendung:
erfahren. Um diese Zeit müsse aber nach den auf dem Central-
viehliof geltenden Vorschriften das Füttern der Schweine schon
beendet sein.
III. Eine Einigung, wie sie Kläger behauptet, sei zwischen
ihm (Beklagter) und Sponholz keineswegs erfolgt; Sponholz
sei vielmehr gegen 12 Uhr Mittags an ihn mit der Frage heran¬
getreten, ob ihm gestattet würde, die Thiere wieder zu über¬
nehmen und zu verkaufen, was er, Beklagter, ohne Weiteres
jetzt zugestanden habe.
IV. Die Angaben über die Höhe des dem Kläger erwachsenen
Schadens werden vom Beklagten durchweg bestritten, und es
wird auch die Entstehung eines Schadens durch Gewichts¬
verlust oder Mindererlös, sowie die Veraitslagung von Depeschen¬
gebühren überhaupt geleugnet. Insbesondere könne von einem
durch die Beschlagnahme herbeigefülirten Rückgänge der Preise
nicht die Rede sein. Um 7 Uhr früh beginne der Verkauf und
dauere bis 12 Uhr; vor 10 Uhr werde aber wenig verkauft, und
erst um diese Zeit erreiche, die Kauflust den Höhepunkt: um
diese Zeit sei aber auch dem Sponholz. am 17. März 1897,
die Entladung und der Verkauf, allerdings in abgetrennten
Räumen, gestattet gewesen. Dass Sponholz die Sclnveine ent¬
sprechend der allgemeinen Preisnotirung bezahlt bekommen
habe, ergebe sich auch aus dem amtlichen Bericht über den
Schweinemarkt am 17. März.
Wegen weiterer Einzelheiten in dieser Beziehung und wegen
der vorgebrachten Beweismittel wird auf den Schriftsatz vom
1. Juli 1897, Blatt 30 bis 34 der Acten verwiesen.
Replizirend macht der Kläger dem Beklagten es noch be-
I sonders zum Vorwurf, dass er erst am 17. März über die Frage
der Identität der beiden Viehsendungen sich unterrichtet hätte.
| obwohl er dazu schon eher in der Lage gewesen sei; alsdann
hätte er auch nicht dio sofortige Freigabe vom Ausfall einer
| Antwort des Punitzer Districtsamts abhängig zu machen brauchen.
! Ihn träfen deshalb die Folgen etwaiger Verspätung der Antwort.
Ein Zugeständniss dafür, dass Beklagter sich im Unrecht fühlte.*
I sei schon in der Thatsache enthalten, dass die Freigabe um
1 Uhr erfolgte, ehe die Rückantwort aus Punitz eingetroffen
i war. Hierzu komme noch, dass bereits am 14. März 1897 der
Departements-Thierarzt Wolff den Beklagten daraufhingewiesen
I habe, er solle doch an das Punitzer Amt depeschiren. Wegen
der weiteren aul die behauptete Fahrlässigkeit des Beklagten
bezüglichen Ausführungen wird auf den Inhalt der Replik zu 3
(Blatt 24v. bis 26v. der Acten) verwiesen.
I Hinsichtlich der Schadensberechnung bestreitet Kläger, dass
vor 10 Uhr Vormittags wenig Verkäufe stattfänden; im Gegen-
theil sei bis 10 Uhr ständig l l 3 , manchmal auch 2 / 3 des ganzen
Auftriebes schon verkauft, wie der Magistrat auf Grund der
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amtlichen Wiegebücher beauskuuften kann. Naturgemäss werde
der Markt immer flauer, je länger er dauere, und es sei ferner
erklärlich, dass jeder Käufer solche Thiere, die sich bereits in
Händen der Polizei befunden haben, billiger kaufen will und
dadurch die Preise herabdrückt. Und nicht um 10 Uhr, sondern
erst gegen 11 I hr Vormittags habe er (Kläger) die Schweine
endlich ausladen können, dazu aber noch etwa eine Stunde ge¬
braucht, so dass es fast 12 Uhr Mittags geworden sei, bevor
der Verkauf habe beginnen können.
Die Aus- und Anführuugen der Replik hat wiederum der
Beklagte als unzutreffend bezeichnet. Er hebt noch hervor,
dass die vorläufige Freigabe des Viehes schon um 10 Uhr Vor¬
mittags erfolgt sei und die Schweine spätestens um 10'/ 2 Uhr
in der kleinen Schweinehalle sich befunden hätten.
Zu einer Depeschirung am 14. März 181*7 habe gar kein
Anlass Vorgelegen, da weder er, noch der Departementsthierarzt
Dr. Wolff damals von dem bevorstehenden Eintreffen der
Sendung des Klägers schon Kenntniss gehabt hätten, l'eber
die vom Kläger behauptete Einigung des Beklagten mit
S ponholz hat gemäss der Be Weissbeschlüsse vom 5. Juli und
18. October 181)7 Beweisaufnahme durch wiederholte Vernehmung
des Viehcommissionärs Gustav Sponholz als Zeuge statt¬
gefunden.
Wegen seiner eidlichen Aussagen wird auf die Protocolle
vom 11. October und 2. December 1897 Blatt 39 v, 40, 59 v,
00, 00 v, der Acten Bezug genommen. Auf die Vernehmung
der weiter von den Parteien benannten Polizeithierarzt Pietsch
und Oeconomierath Hausburg ist für diese Instanz verzichtet
worden.
Die in Bezug genommenen Blatt 19 und 20 der Acten sind
nicht bestritten.
Entscheidungsgründe.
Der Kläger verlangt Ersatz des Schadens, den ihm der
Beklagte durch die am 17. März 1897 auf dem Centralviehhof
stattgehabte zeitweilige Beschlagnahme eines Viehtransportes
zugefügt haben soll.
Die Beschlagnahme hat der Beklagte in amtlicher Function
veranlasst. Er ist beamteter Thierarzt im Sinne des $ 17 des
Gesetzes vom
23. Juni 1880
1. Mai"1894"
betreffend die Abwehr und Unter-
di iicknng von Viehseuchen. Es ist nicht streitig, dass er zu
den von ihm getroffenen Anordnungen kraft seines Amtes und
gemäss den veterinärpolizeilichen Bestimmungen an sich be¬
fugt gewesen ist, und es fragt sich nur, ob er bei Ausübung
dieser amtlichen Befugniss sich eines Versehens schuldig ge¬
macht hat, das er bei gehöriger Aufmerksamkeit und pflicht-
gemässer Sorgfalt hätte vermeiden können, und das er darum
dem Kläger gegenüber zu vertreten hat ( §§ 88, 89 Theil II
Titel 10 des Allgemeinen Land-Kechts). Diese Frage ist zu ver¬
neinen. weder in der Anordnung der Beschlagnahme selbst noch
in ihrer Aufrechterhaltung kann unter den gegebenen Umständen
ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten erblickt weiden.
Dabei ist davon auszugehen, dass dem Beklagten keinesfalls
etwa daraus schon ein Vorwurf zu machen ist. dass er seine
Anordnung auf einen Verdacht hin getroffen hat, der sich später
als thatsächlich nicht gerechtfertigt herausstellte. Denn die
Polizeiorgane sind häutig genöthigt, nur auf Verdachtsgründe
hin einzuschreiten; zumal wo es sich um die Ausführung des
Viehseuchengesetzes handelt, würde die Polizei, wie Beklagter
mit Hecht hervorhebt, ihrer schwierigen und höchst verant¬
wortungsvollen Aufgabe nicht gerecht werden können, wenn sie
sich stets auf den Boden bewiesener Thatsachen stellen müsste.
Im vorliegenden Falle war der Verdacht der Seuchen¬
gefährlichkeit des klägerischen Transportes in ausreichendem
Slasse dadurch gegeben, dass die Sendung aus Gostyn kam, und
dass ebendorther ein bereits am 14. März 1897 avisirter aus
der verseuchten Punitzer Gegend stammender Schweinetransport
erwartet wurde. Der Verdacht wurde dadurch nicht beseitigt,
dass weder der Name des Absenders, noch die Zeit der Ab¬
sendung, noch endlich auch die Stückzahl des Transportes bei
beiden Sendungen übereinstimmten. Denn es ist mit dem Be¬
klagten ohne Weiteres anzunehmen, dass Viehhändler, wenn sie
die veterinärpolizeilichen Beschränkungen vermeiden wollen, durch
Umladung, Umexpedirung oder Vereinigung mit anderen Trans¬
porten ohne besondere Schwierigkeit die Herkunft ihres Viehes
verdecken können, und dass diese Möglichkeit auch mit Bezug
auf den Kläger keineswegs ausgeschlossen war.
Wie sich der Beklagte vor dem Eintreffen der ^Sendung des
Klägers von ihrer Identität oder Nichtidentität mit der aus dem
District Punitz erwarteten hätte überzeugen sollen, ist nicht
ersichtlich.
Somit beruhte die Anordnung der Sperre, w’eil durch die
Umstände behufs Abwendung von Seuchengefahr geboten, nicht
auf irgend einer Fahrlässigkeit des Beklagten. Ebensowenig
aber lässt sein weiteres Verhalten eine solche erkennen. Er
handelte durchaus zweckmässig, wenn er auf das Ansuchen des
Sponholz die sofortige Freigabe des Viehes vom Ausfälle der
Antwort des Punitzer Di.strictsamtes auf seine telegraphische
Anfrage abhängig machte. Ergab sich daraus, dass die am
17. März 1897 eingetroffene Sendung nicht aut der Seuchegegend
stammte, so fiel darauf jeder Verdacht fort, während anderer¬
seits, falls der Transport aus jener Gegend kam, auch eine
unverweilt vorgenommene thierärztliche Untersuchung keine
Gewähr gegen die Gefahr der Verschleppung einer noch in der
Entwickelung begriffenen und noch nicht festzustellenden Seuche
bieten konnte. Für die Verzögerung der verlangten Auskunft
und für die dadurch bedingte Aufrechterhaltung der Sperre trifft
den Beklagten keine Schuld. Dem Kläger stehen daraus um so
weniger Schadenansprüche zu, als ihm trotz unveränderter Sach¬
lage noch während der Marktzeit die Entladung des Viehes und
der Verkauf, wenn auch innerhalb gesonderter Räume, gestattet
worden ist, daraus dass schliesslich der Beklagte die Beschlag¬
nahme gänzlich auf hob, bevor ihm noch eine Antwort aus Punitz
zngegangen war, ein Zugeständnis seines Verschuldens zu
folgern, ist verfehlt. Denn der Beklagte gab erst frei, nachdem
die inzwischen vorgenommene Untersuchung nichts Verdächtiges
ergeben und sein Vorgesetzter Dr. Wolff einer milderen Auf¬
fassung Ausdruck gegeben hatte. Aus der Meinungsverschieden¬
heit des Dr. Wolff ist aber noch nicht zu folgern, dass das
Verfahren des Klägers unberechtigt gewesen sei und ein ver¬
tretbares Versehen enthalte, dass umsoweniger, als auch Dr.
Wolff in seinem Schreiben vom 17. März 1897 (Blatt 19) her¬
vorhebt, dass „ihm die Sache doch etwas verdächtig vorkommt“,
und das Vergehen des Beklagten die ausdrückliche Billigung
seiner höheren Vorgesetzten Behörde, des Polizei - Präsidiums,
laut der Verfügung vom 26. März 1897 gefunden hat.
Hiernach fehlt es am Grunde des Schadenanspruchs. Die
Behauptung des Klägers, dass der Beklagte sich mit Sponholz
geeinigt habe und die Verpflichtung eingegangen sei, für die
Prefsdifteren'z Ünd den Schäden aufzukommen, ist durch die eid¬
liche Aussage des Zeugen Sponholz selbst widerlegt. Denn
dieser bekundet, dass die Erklärung des Beklagten, „er stelle
sich dem Zeugen wegen der Preisdifferenz zur Verfügung“, von
keiner Seite als ein Anerkenntniss oder Zahlungsversprechen
aufgefasst worden ist, dass vielmehr beide Theile davon aus¬
gegangen sind, dass die Sache im Processwege ausgetragen
werden sollte.
Danach hat sich Beklagter dem Sponholz gegenüber zu
nichts verpflichtet, im Gegentheil seine Verpflichtung abgelehnt.
Nach alledem ist die Klage unbegründet. Ueber den
Kostenpunkt entscheidet § 87 der Civilprocessordnung. Die
Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urtheils muss
unterbleiben, weil die Bestimmung des Paragraphen G49 4 der
Civilprocessordnung auf den Kostenpunkt nicht bezogen
werden kann.
gez. Vonbrodt. Trautwein, Schreiber.
II.
Entscheidung des 11. Civilsenats des Königlichen
Kammergerichtes in Berlin.
Die Berufung des Klägers gegen das am 8. December 1897
verkündete Urtheil der 12. Civilkammer des Königlichen Land¬
gerichtes I zu Berlin wird auf Kosten des Klägers zurück¬
gewiesen. Die Kosten des Rechtsmittels werden dem Kläger
auferlegt.
Thatbestand. Gegen das vorbezeichnete Urtheil, auf
dessen vorgetragene Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat
Kläger rechtzeitig und formgerecht Berufung eingelegt mit dem
Anträge
unter Abänderung der Vorentscheidung den Beklagten
nach dem Klageanträge zu verurtheilen.
Nach seiner Meinung ist das Verhalten des Beklagten in
mehrfacher Beziehung fahrlässig gewesen, denn derselbe hätte,
da die Viehsendung des Klägers gegen 4 Uhr Morgens eintraf
und die Fütterung auf dem Centralviehhofe um 8 Uhr beendet
sein musste, dafür Sorge tragen müssen, dass ein Füttern der
Schweine in der Zeit bis 8 Uhr möglich war: er hätte ferner
die Beschlagnahme nicht bewirken dürfen, da weder der Name
des Absenders noch der Tag der Verladung noch die Anzahl
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und Gattung 1 des Vieh» mit dem angemeldeten Transporte über¬
einstimmte; er hätte ferner schon am 14. März in Folge der
Anmeldung einer verdächtigen Sendung telegraphiren und sich
nach den näheren Umständen derselben erkundigen müssen;
mindestens hätte er am IG. März, als die Sendung immer noch
nicht eingetroffen war, telegraphisch nach ihrem Verbleib an-
fragen müssen, schon um zu verhindern, dass sie an einen
anderen Ort gelangte und dort Schaden anrichtete.
Thatsächlich sind die 4G Schweine nach Chemnitz versandt
worden. Dass von einer Umladung des klägerischen Transportes
nicht die Rede sein kann, gehe aus den Frachtpapieren hervor
und hätte Beklagter durch einfache Einsicht derselben fest¬
stellen können.
Er habe dieses unterlassen, ebenso habe er nicht sofort
nach Ankunft der Tliiere oder doch bei Beginn seines Dienstes,
sondern erst um 11 Uhr sie untersucht, habe nicht sofort, nach¬
dem Sponholz sich beschwert hatte, die Weisungen des
Departementsthierarztes eingeholt und habe auch nicht an¬
geordnet, dass die Tliiere geschlachtet wurden, wobei sich ihre
Ungefährlichkeit sofort ergeben hätte. Die Freigabe der Thiere
vor der Antwort auf seine telegraphische Anfrage am Vormittag
des 17. März ergebe auch, dass der Beklagte selbst sein Ver¬
halten als unrichtig erkannt habe.
Der Beklagte hat dagegen beantragt:
Die gegnerische Berufung auf Kosten des Berufungs¬
klägers zurückzu weisen.
Er legt sein an die Bahnstation Centralviehhof gerichtetes
Schreiben in Abschrift vor, wonach er um Festhaltung der
Schweine des Wozcwocki ersucht hat, und meint, dass, wenn
dem Kläger durch Unterlassung der Fütterung ein Schade ent¬
standen sei, hierfür die Station verantwortlich wäre. Im
Uebrigen führt er zur Rechtfertigung seiner Beschlaguahme-
Anordnung an, dass die eingegangene Sendung thatsächlich aus
Gostyn stammte und nur diese eine Sendung am 17. März ein¬
gegangen war, sowie dass erfahrungsmässig verdächtige Vieh¬
sendungen sich zu verspäten pflegen und die Viehhändler, welche
aus Sperrgebieten stammende Thiere versenden, durch Aenderung
der Stückzahl und Expedirung auf einen anderen Namen die
Sperrverbote zu umgehen suchen. Dieser Verdacht sei hier um
so mehr begründet gewesen, als eine Umladung in Frankfurt a. O.
erfolgt war.
Die Freigabe der Schweine vor dem Eintreffen der
Nachricht sei nicht aus Erkenntnis» irgend einer Schuld erfolgt,
sondern weil die Untersuchung der Thiere nichts ergeben hatte.
Eine Verpflichtung in Punitz anzufragen wird bestritten und
die Höhe des geforderten Schadens nicht anerkannt.
Kläger hat noch behauptet, der Beklagte habe auf Vorhalt
des Sponholz zu diesem erklärt, er müsse sich an dife Thiere
halten, da sie fälschlich auf den Namen des Klägers expedirt
sein könnten. Die Umladung in Frankfurt a. 0. wird zu¬
gegeben, aber auf amtliche Veranlassung zurückgeführt. Be¬
stritten wird, dass der Beklagte sofort den Departementsthierarzt
Wo 1 ff um Verhaltungsmassregeln gebeten habe, denn Sponholz
habe sich beschwerdeführend an Wolff gewandt.
Der Beklagte hat dagegen seinen Brief an den Departements¬
thierarzt Wolff mit dem darauf befindlichen Originalschreiben
seines Vorgesetzten im Original vorgelegt.
Die Schriftstücke sind zum Gegenstand der Verhandlung
gemacht.
Er führt aus, dass er dieses Schreiben, als er um 10 Uhr
nach Erledigung seiner anderweiten Dienstgeschäfte auf dem
Rindermarkt in sein Büreau gekommen, vorgefunden und nun¬
mehr die Unterbringung der Schweine statt in den Seuchenhof
in einen besonderen Raum veranlasst habe. Wären die Thiere,
wie er zuerst bestimmt hatte, in den Seuchenhof geschafft
worden, so wäre hier sogleich eine Entladung, Fütterung und
Untersuchung möglich gewesen, hiergegen habe aber Sponholz
protestirt.
Kläger hat schliesslich angeführt, dass, da die Sendung des
Wozcwccky nach Chemnitz gelangt war, der Beklagte nach
dort hätte depeschiren müssen, auch hätte derselbe sofort die
Unterbringung der Schweine in den nachher von ihm bestimmten
Raum anordnen müssen und sich nicht vor Entscheidung des
Wolff entfernen dürfen, um zu frühstücken.
Der Beklagte macht dagegen dem Sponholz den Vorwurf,
dass er ihn nicht sogleich auf dem Rindermarkt aufgesucht und,
statt die Schweine nach der Freigabe zu übernehmen, ihm zur
Verfügung gestellt habe.
Entscheidungsgründe.
Voraussetzung eines jeden Regressanspruches gegen einen
Beamten auf Grund der §§ 88, 89 Theil II Titel 10 Allgemeinen
Landrechtes ist der Nachweis eines Versehens desselben, das
„bei gehöriger Aufmerksamkeit und nach den Kenntnissen,
welche bei Ausübung des Amtes erfordert werden, hätte ver¬
mieden werden können und sollen“. Zu Unrecht aber bemüht
sich der Kläger, dem Besagten ein derartiges Versehen zur
Last zu legen, indem er ein solches bald darin findet, dass der¬
selbe, obgleich sein Dienst erst um 8 Uhr Morgens begonnen,
nicht Vorkehrungen getroffen hatte, damit das schon um 4 Uhr
eingetroffene Vieh des Klägers vor 8 Uhr gefüttert werden
konnte, was entweder im Wagen erfolgen oder von Sponholz
besorgt werden musste — bald darin, dass er nicht schon am
14. oder doch am 16. März nach Punitz depeschirt hätte, wozu
er doch keinen Anlass hatte, da die avisirte Sendung aus irgend
welchen unverdächtigen Gründen Verzögerung gehabt haben
konnte, — bald darin, dass er die Frachtpapiere nicht eingesehen
habe — während er doch gerade aus diesen ersehen hatte, dass
die Ladung Schweine des Klägers von Gostyn kam und unter¬
wegs umgeladeu worden war, wie er dies sofort dem Departements¬
thierarzt Wolff als Verdachtsmoment mitgetheilt hat, — und
theils darin, dass er nicht sogleich bei der Ankunft die Thiere
untersucht hat, was selbstredend, solange sie im Eisenbahnwagen
sich befanden, nicht möglich war, theils und endlich darin, dass
er nicht die Schlachtung der Thiere veranlasst und sich auch
nicht nach Chemnitz um Auskunft gewandt hat. Diese letzten
beiden Vorwürfe verdienen überhaupt keine ernstliche Beachtung,
erheblich kann nur sein, ob der Beklagte, da der Name des
Absenders und die Stückzahl der Schweine nicht mit denen der
aus Punitz angekündigten Sendung übereinstimmten, die Sendung
des Klägers beschlagnahmen durfte. In dieser Hinsicht kommen
die Vorschriften des Reichsviehseuchengesetzes vom 29. Juni 1880
und 1. Mai 1894 (§§ 19 und 22), des Preussischen Ausführungs¬
gesetzes vom 12. März 1881 (speciell § 56) und die Polizei¬
verordnung vom 17. Februar 1881 (§ 26) in Betracht. Nach
diesen liegt den beamteten Thierärzten die strenge Controlle
über seuchenverdächtiges Schlachtvieh ob, und wenn dieselben
nicht aus Unaufmerksamkeit, sondern aus weitgehender Vorsicht
eine aus gesperrten Gegenden kommende Viehsendung beanstanden,
so liegt darin überhaupt kein regresspflichtiges Versehen, zumal
wenn hinterher sofort, nachdem der Verdacht geschwunden war,
die Freigabe und der Verkauf des Viehs noch an demselben
Tage erfolgt ist.
Dabei ist es auch noch sehr wesentlich für den Beklagten
ins Gewicht fallend, dass sein Vorgesetzter Wolff selbst die
.Sache für verdächtig erklärt und das Königliche Polizei-
Präsidium das Verfahren des Beklagten bezw. die Beschlagnahme
gebilligt hat.
Eb war daher dem Vorderrichter durchweg beizutreten nnd
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
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Dr. W. Dieckerlioff, Dr. E. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Bichard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 8. Ausgegeben am 22. Februar.
Inhalt: Müller: We iteres über „neuere amerikanische Castrationsmethoden“. — Schmidt: Ein Versuch zur Erzielung
von Immunität gegen Maul- und Klauenseuche durch Verfütternng abgekochter Milch senchenkranker
Thiere. — Oppenheim: Ueber das bösartige Katarrhalfieber dos Rindes. — Referate: Preusse: Zur Lehre von der
Actinomycosis. — Fröhner: Doppelneurotoraie beim Spat. — Pader: Zum Wachsthum des Hnfhornes. — Müller: Seuchen¬
artige Pharyngo-Laryngitis. — Knüsel: Die Gebärneurose. — Göhrig: Ueber Darmtnmoren. — Cervello: Die Heilung der
Lnngentnbercnlose mit Formalin. — Viquerat: Beitrag zur Tuberculinfrage. — Tagesgeschichte: Zum Abiturientenexamen
der Rossärzte. — Ordentliche Generalversammlung des thierärztlichen Vereins zu Schleswig-Holstein. — Verschiedenes. —
Personalien. — Vacanzen.
Weiteres Uber „neuere amerikanische Castrations-
methoden“.
Von
A. Möller-Hamburg,
Thlerxrzt.
In No. 34 der „Wochenschrift für Thierheilkunde nnd Vieh¬
zucht“ und kurze Zeit daranf in No. 41 und 43 dieser Zeit¬
schrift ist über neuere amerikanische Castrationsmethoden be¬
richtet worden. Ich bin in der Lage, über diese Methoden,
gpeciell über die Anwendung des von Herrn Kreisthierarzt
ImmingerTauf der diesjährigen „Yersammlnng^deutscher Natnr-
Fig. 1.
Ema8culator von Hanssmann & Dünn in Chicago ,
107 S. Clark Street, Methodist Church Block.
forscher und Aerzte“ in München besonders empfohlenen Emas-
culators Näheres berichten zu können.
Berichtigung.
In No. 7 der B. T. W., in welcher noch in letzter Stnnde
Inhaltsverschiebungen vorgenommen werden mussten, sind infolge¬
dessen in den Originalartikeln einige Druckfehler entstanden, welche
wie folgt zu berichtigen sind: In dem Artikel von Prof, de Brnin
ist durchweg Hystereotomie gedruckt, während es selbstverständlich
Hysterectomie heissen muss, ln dem Artikel über Operation einer
Hernia ingninalis von Jost muss es heissen in der ersten Zeile: Im
August vorigen Jahres, im vorletzten Absatz desgl. während der
vorletzten Trächtigkeitsperiode (nicht letzten) nnd in der viert-
ietzten Zeile des Artikels „des Gebärmuttertheils“.
In den letzten Jahren sind in Nordamerika die Castrations¬
methoden des Brennens, Abkluppens — das Abdrehen war wenig
bekannt nnd gebräuchlich — fast vollständig verdrängt worden
durch die Anwendung des Ecraseurs, dessen besondere Art, der
Fig. 2.
Emasculator von John Reynders d' Co. in Ncic- York,
303 Fourth Avenue.
[Fig. 3.
Emasculator {nach Ned Farrish), ebenfalls angefertigt von
John Reynders d~ Co.
Fig. i.
Emasculator von Charp d- Smith in Chicago , 73 Randolph St.
Scheerenecraseur (genannt Emasculator), sich einer grossen Be¬
liebtheit erfreut. Als ich während meiner mehljährigen Praxis
in Amerika von dem Emasculator hörte, interessirte mich das
Instrument, weil damals noch in Deutschland unbekannt, sehr:
ich zog deshalb Erkundigungen über die Brauchbarkeit des
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86 BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 8.
Emascnlators ein und habe nur Rühmendes über seine Anwendung
gehört.
Als sich mir eines Tages die für einen New-Yorker Thier¬
arzt im Allgemeinen seltene Gelegenheit bot. die Castration
eines Hengstes vorzunehmen, versäumte ich nicht, den Emascu-
lator selbst practisch zu erproben. Das Thier, ein zweijähriger
Traberhengst, wurde mit dem Berliner Wurfzeug geworfen, die
Castration, wie von Imminger beschrieben, ausgeführt, nur mit
dem Unterschiede, dass ich eingedenk der Anweisungen ameri¬
kanischer Praktiker nicht ohne weiteres den Samenstrang ab¬
klemmte, sondern vorher ungefähr 1 cm oberhalb der Abklem¬
mungsstelle den Samenstrang mit dem Emasculator kräftig
klemmte und darauf die eigentliche Abklemmung nicht schnell,
sondern langsam unter ständigem und regelmässigem Druck voll¬
zog. Es entstanden keine Blutungen. Das Thier wurde einige
Tage täglich eine Stunde im Schritt bewegt und vom fünften
Tage ab wieder zu Spazierfahrten eingespannt.
Wie unwesentlich jedoch dieser Unterschied zwischen meiner
Operationsart und jener von Imminger ist, beweisen die guten
Erfolge desselben und die Thatsache, dass von manchem ameri¬
kanischen Praktiker gleich Imminger operirt wird.
Den ersten Emasculator Hessen sich meines Wissens
Haussmann & Dünn in Chicago 1890 patentiren. Seit 1890
sind dann von John Reynders & Co. in New-York, von
Sharp & Smith in Chicago und anderen Firmen ebenfalls
Emasculatoren angefertigt worden, wenn auch mit kleinen
Modificationen gegenüber dem patentirten. Welch grosser Ver¬
breitung sich der Emasculator erfreut, beweist wohl am besten
die Thatsache, dass jede amerikanische Yeterinär-Instrumenten-
Fabrik Emasculatoren vertreibt und manche Firmen selbst ver¬
schiedene Formen anfertigen. Mir sind folgende bekannt, /lie
ich hier im Bilde wiedergebe, weil dadurch besser als durch
lange Beschreibungen das Princip demonstrirt wird.
Imminger hat ein Instrument von der Firma Haussmann &
Dünn gebraucht, während ich den Emasculator in Fig. 2 an¬
gewandt habe. An dem Instrument Fig. 4 wird gerühmt, dass
seine Anwendung weniger Kraft erfordere; somit stellt es im
Princip dasjenige Instrument dar, das Imminger noch be¬
absichtigt zu erproben. Alle vier verschiedenen Emasculatoren
kosten 10 Dollars das Stück.
Im Interesse der Collegen, die die Absicht haben, den
Emasculator zu verwenden, sei noch erwähnt, dass ich mich mit
der Firma Hauptner in Berlin betreffs Fabrikation von Emas¬
culatoren seitens dieser Fabrik in Verbindung gesetzt habe,
und mir der Vertreter der Firma mittheilte, dass sie wahrschein¬
lich das Instrument bedeutend billiger herstellen könnte und
dieserhalb erst ein Exemplar zur Probe anfertigen wolle.
Ein Versuch zur Erzielung von Immunität gegen
Maul- und Klauenseuche durch Verfiitterung ab¬
gekochter Milch seuchekranker Thiere.
Von
Schmidt
K rcisvetorinärarzt.
Infolge einer uns Seitens des Herrn Prof. Dr. Winkler
in Giessen gewordenen Mittheilung über Erzielung von Immunität
gegen Maul- und Klauenseuche durch Verfiitterung abgekochter
Milch maul- und klauenseuchekranker Thiere, haben wir in letzterer
Zeit beim Auftreten dieser Seuche wiederholt Veranlassung
genommen, die Landwirthe auf dieses einfache und billige Hilfs¬
mittel aufmerksam zu machen und haben ebenfalls thatsächlich
wiederholt die Beobachtung gemacht, dass bei sofortiger Ver-
fütterung von abgekochter Milch seuchekranker Thiere an
Kälber und Schweine solche von der Seuche nicht ergriffen
wurden. Auch bei zehn hochträchtigen Kühen des Pächters
Grebe zu Aulendiebach, woselbst wir am 10. Januar in einem
mit 47 Stück Rindvieh besetzten Stalle die Maul- und Klauen¬
seuche festgestellt hatten, haben wir einen diesbezüglichen
Versuch in der Weise eingeleitet, dass wir den oben an¬
geführten zehn trächtigen Kühen, die einige Tage zuvor ein¬
geführt und in einer zweiten, in der Nähe der ersteren ge¬
legenen Stallung des betr. Gehöftes eingestellt worden waren,
pro Kopf täglich zwei Liter, '/* Stunde hindurch gekochter und
von den von der Seuche am härtesten betroffenen Kühen her¬
stammender Milch, neun Tage lang einschütten Hessen. Die
Seuche ist nun auf diesem Gehöft seit einiger Zeit vollständig
erloschen, die Sperrmassregeln sind aufgehoben und die zehn
Kühe, die inzwischen regelrecht gekalbt haben, wurden von der
Seuche nicht ergriffen. Dieser Versuch soll nun, da recht wohl
auch die betreffenden Thiere durch ein vor längerer oder
kürzerer Zeit stattgehabtes Durchseuchen von Hause aus immun
gewesen sein können, keineswegs als vollauf beweiskräftig hin¬
gestellt werden. Liesse man diese Möglichkeit aber nicht
gelten, so ist das Resultat dieses Versuches immerhin noch
deshalb von Interesse, indem es in einer grösseren Wirthschaft,
bei dem nicht aufzuhebenden Verkehr des Dienstpersonals
untereinander, kaum gelingen dürfte, diese Seuche auf die eine
oder andere Rindviehstallung eines solchen Gehöftes zn
beschränken.
Das Zustandekommen einer Immunität durch Verfiitterung
abgekochter Milch seuchekranker Thiere lässt sich auch wissen¬
schaftlich nicht so ohne Weiteres von der Hand weisen und
kann mail sich eine solche in der Weise erklären, dass einmal
durch Verfiitterung abgekochter Milch der specifische Infections-
stoff der Seuche sicherlich abgetödtet wird: da derselbe ja nur,
auch wenn er bis jetzt noch nicht hat gefunden werden können,
seinem ganzen Verhalten, insbesondere aber seiner Anstecknngs-
und Vermehrungsfähigkeit nach, ein den bekannten specifischen
Infectionserregern, den Bacillen, ähnlicher oder verwandter
Körper sein muss, und daher in der verfütterten Milch seine
schädlichen Eigenschaften nicht mehr zu entfalten vermag.
Andererseits aber ist bekannt, dass unter dem Einflüsse
von Bacillen sowohl in Reinculturen als auch innerhalb des
Thierkörpers neben den Toxinen oder toxischen Albuminaten
auch noch andere schützende Stoffe oder Antikörper gebildet
werden und dass diese Schutzsubstanzen, die in sich das Wesen
der Immunität beherbergen, nicht mit Lebenseigenschaften be¬
haftet, sondern vielmehr todte chemische Umsetzungsproduete,
die vorzugsweise im Blutserum und in dem Secrete der Drüsen
vorzukommen pflegen, darstellen und daher auch recht wohl in
dem Secrete der Milchdrüse, der Milch, von Thieren Vorkommen
können, die mit der Maul- und Klauenseuche behaftet sind oder
diese Seuche überstanden haben.
Spricht man doch auch beim Menschen von einem nach dem
Selbststillen der Mütter eingetretenen Säuglingsschutz gegen
verschiedene Infectionskrankheiten, wie Pocken, Masern und
Scharlach. Sollte sich nun thatsächHch auf dem genannten
einfachen Wege eine Immunität gegen Maul- und Klauenseuche
erzielen lassen, so könnte eine solche, da sie auf Einverleibung
fertig vorgebildeter Schutzstoffe, die alsbald wieder aus dem
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22. Februar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
87
Körper ausgeschieden und verbraucht werden, beruht und daher
nur eine sogenannte passive Immunität sein kann, von nur ver-
bältnissmässig kurzer Dauer sein. Sie könnte aber vielleicht
für die Praxis ausreichen und geeignet erscheinen, die Aus¬
breitung der Seuche unter grossen Viehbeständen zu coupiren
und das Eingehen von Kälbern und Jungvieh zu verhindern.
Auch wäre es vielleicht nicht ausgeschlossen, die auf diesem
Wege erzielte passive Immunität nach Art der Rothlaufimpfung
durch Einverleibung virulenten Contagiums während der Dauer
derselben in eine active und dadurch in eine mehr oder weniger
lange andauernde zu verwandeln. Diese Probleme zu er¬
schlossen dürfte in grösserem Stile vorzunehmenden Versuchen
Vorbehalten sein, die aber allerdings, solange der Infections-
stoff noch nicht bekannt, mit besonderen Schwierigkeiten auch
deswegen verknüpft sein dürften, weil bekanntlich gerade bei
der Maul- und Klauenseuche die Heftigkeit der Erkrankung
eine äusserst verschiedene ist und deshalb auch die Bildung
von Schutzsubstanzen im Blutserum und in dem Secrete der
Drüsen eine sehr schwankende sein muss.
lieber das bösartige Katarrhallieber des Rindes.
Von
0. Oppenheim -Lundenburg,
Stadtthierarzt.
Das Catarrhalfieber der Rinder kommt in manchen Gegenden
überhaupt nicht, in anderen durch viele Jahre nicht vor und
dürfte daher manchem practischen Thierarzte nicht ans eigener
Anschauung’ bekannt sein.
Das Krankheitsbild, unter welchem die Kopfkrankheit, wie
die Seuche auch heisst, auftreten kann, ist sehr mannigfaltig.
Die Symptome können sich so ziemlich auf alle Organe er¬
strecken, mitunter treten aber auffallende Erscheinungen nur an
einem Organe auf. In letzterem Falle kann insbesondere in
Gegenden, in welchen die Seuche zum ersten Male vorkommt,
die Stellung der Diagnose auf Schwierigkeiten stossen. Eine
Aebnlichkeit mit Rinderpest wird die Krankheit wohl erst bei
längerer Dauer, mit Ausbildung der diphtheritischen Geschwüre
erlangen können. Auch wird eine diesbezügliche Differential-
Diagnose bei sicherer Provenienz der befallenen Tliiere nur in
der Nähe jener Grenzen in Betracht kommen, welche eben durch
dieses Seuchengespenst bedroht sind.
Der nachstehend mitgetheilte Fall scheint mir lehrreich
genug, um Interesse zu erwecken.
Häufig bringt man das Auftreten der Krankheit mit der
Lage der Oertlichkeit in Verbindung. Ich will daher zunächst
mit wenigen Worten eine Beschreibung derselben geben.
Der K’sche Annahof ist wenige hundert Meter vom
Inundationsgebiete der Thaya gelegen. Die ganze Gegend ist
eben. Stellenweise erhebt sich der Boden um einige Meter.
Rings um den Hof befinden sich fruchtbare Felder und Wein¬
berge, welche, so hoch wie dieser gelegen, unter dem Hoch¬
wasser nicht zu leiden haben. Der Hof ist vor wenigen Jahren
in mustergültiger Weise erbaut. Die vier Stallungen sind hoch,
sehr geräumig, licht und trocken. Ventilationen sorgen für die
Zufuhr frischer Luft. Die Canalisation ist gut eingerichtet.
Stallboden und Futtergrände sind undurchlässig. Ueberall herrscht
die grösste Ordnung und peinliche Reinlichkeit.
Es wurden nun in L. und G., beide in einer südlichen
Provinz gelegen, am 3. resp. 4. Juli 1899 Ochsen eingekauft
und am 6. bezw. 7. Juli in den Stallungen des Annahofes zur
Mästung eingestellt.
Am 6. August erkrankte im Stalle 1 ein in L. gekaufter
Ochs, versagte das Futter, wiederkaute nicht; Kopf und Hals
wurden nach abwärts gestreckt gehalten, die Schädelpartie
Fühlte sich heiss an, die Conjunctiven, die Schleimhäute der
Nase waren höher geröthet. An der Nachhand war Muskel¬
zittern zu beobachten. Das Thier war sehr abgestumpft, traurig.
Die Körpertemperatur betrug 40,1 0 C. Das Athmen war nicht
auffallend, die Empfindlichkeit herabgesetzt, der Blick glotzend.
Da Erscheinungen, welche auf eine Qerebrospinal - Meningitis
hingew’iesen hätten, nicht vorhanden waren — es fehlten Tris¬
mus, Opisthotonus, das Thier liess sich den Kopf ohne besondere
Kraftanwendung seitlich drehen, während mit Genickkrampf
behaftete Thiere hierbei niederstürzen —, andere Symptome
aber fehlten, wurde die Diagnose auf eine Gehirnentzündung
gestellt. Der Zustand des Thieres verschlimmerte sich rasch,
es musste zur Nothschlachtung geschritten werden. Die Section
ergab ein negatives Resultat mit Ausnahme des Befundes im
Gehirn. Dieses war sehr blutreich, durchfeuchtet, an der Schnitt¬
fläche stark glänzend. In den übrigen Organen wurden keine
Veränderungen gefunden.
Am 26. September, also fast sieben Wochen später, erkrankte
ein Ochs unter den oben geschilderten Symptomen im Stalle IV.
Nur war bei diesem Thiere die Schwäche der Nachhand
bedeutend. Auch hier musste alsbald die Nothschlachtung vor¬
genommen werden. Das Ergebniss der Section war der ersten
gleich.
Schon am 3. October wieder versagte im Stalle II ein
Ochs das Futter. Krankheitserscheinungen, Verlauf und Sections-
bild glichen jenen in den beiden ersten Fällen.
Die Aufeinanderfolge von drei Erkrankungen, welche mit
einander gänzlich übereinstimmten, wies entschieden darauf hin,
dass es sich um eine Infectionskrankheit handle. Allein die
Diagnose Cerebrospinal-Meningitis, welche zunächst in Betracht
zu kommen schien, konnte nicht gestellt werden, da der Symp-
tomencoraplex bei dieser Krankheit denn doch ein von dem
Beobachteten verschiedener ist. Aber auch für eine andere
Diagnose fehlte jeglicher Hinweis. Nur so viel war sicher¬
gestellt, dass eine Affection des Gehirns, eine Gehirnentzündung
vorhanden sei, und diese allem Anscheine nach eine bacterielle
Grundlage habe. Deshalb wurde eine eingehende Desinfection
aller Stallungen beschlossen. Doch konnte endlich zwei Tage
später die Natur der Seuche festgestellt werden.
Am 5. October wurde nämlich im Stalle U abermals ein
Ochs krank. Er nahm das Frühfutter nicht mit derselben
Fressinst auf wie gewöhnlich und versagte mittags das Futter
gänzlich. Nun wurde ich geholt. Ich fand das Thier sehr
matt, abgeschlagen, die Bewegungen mit den Hinterbeinen ge¬
schahen schwankend, es drohte dabei niederzustürzen. Das
Thier zeigte am ganzen Körper, insbesondere an der Nachhand
Muskelzuckungen. Die Hauttemperatur war ungleichmässig ver¬
theilt, die Körpertemperatur betrug 40,7 0 C. Der Kopf wurde
gesenkt gehalten, die Schädelpartie fühlte sich wärmer an.
Beide Augen waren geschlossen, die Augenlider stark ge¬
schwollen; reichliches Thränen vorhanden. Die Conjunetiva
zeigte heftige Röthung, die Cornea der ganzen Fläche nach
vollständige Trübung. Aus den Nasenöffnungen entleerte sich
eiteriger Ausfluss, die Nasenschleimhaut erwies sich als dunkel-
roth gefärbt. Die Auscultation ergab etwas verschärftes Athmen.
Dasselbe geschah in 16 Zügen. Pulsschläge wurden in der
Minute 68 gezählt. Das Thier speichelte stark, die Maul-
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88
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
Schleimhaut war heiss, höher geröthet. Mist- und Harnabsatz
fanden statt. Alle diese Erscheinungen rechtfertigten die
Diagnose: Bösartiges Catarrhalfieber (Kopfkrankheit des
Rindes). Am nächsten Tage musste das Thier nothgeschlachtet
werden. Die Section ergab wie in den früheren Fällen das
Vorhandensein einer Gehirnliyperaemie und starker Durch¬
feuchtung dieses Organes. Die Lunge wies die Zeichen einer
leichten Bronchitis auf, die Nieren waren etwas geschwollen,
in der Rindensubstanz kleine Blutungen. Die anderen Organe
zeigten nichts Abnormes. Dass bei der Section keine schwereren
Veränderungen (croupöse oder diphtheritische Auflagerungen)
gefunden wurden, ist offenbar dem Umstande zuzuschreiben,
dass die Schlachtung des Thieres verhältnissmässig früh erfolgte.
Die bereits vorher beschlossene Desinfection wurde nun in
allen Stallungen, den Düngerstätten und Canälen in eingreifend¬
ster Weise vorgenommen, in der Hoffnung, dadurch das weitere
Umsichgreifen der Krankheit hindern zu können.
Am 21. Oetober, also 18 Tage später, erkrankte in dem¬
selben Stalle wieder ein Ochs unter den eben beschriebenen,
ausgesprochenen Erscheinungen des Catarrhalfiebers und wurde
an demselben Tage nothgeschlachtet. Dieses Thier war wohl
schon vor Vornahme der Desinfection, vielleicht durch Zwischen¬
träger, inficirt worden. Der Stall wurde einer neuerlichen
Reinigung und Desinfection unterzogen. Seither — es sind
bereits mehr als zwei Monate vergangen -r-> hat sich kein Fall
mehr ereignet.
Das Fleisch der geschlachteten Thiere war wohl etwas
durchfeuchtet, konnte aber anstandslos dem Consume zugeführt
werden. t
Von Wichtigkeit war es nun, womöglich festatistellen, ob
die Seuche eingeschleppt würde oder im Hofe selbst > entsbinden
sei. Bei Beurtheilung dieser Frage wird aber die Berück¬
sichtigung folgenden Falles von Werth sein.
Am 8. November wurde ich nach der in entgegengesetzter
Richtung vom Annahofe und bereits in N. Ö. liegendfen Ort¬
schaft U. Th. gerufen. Ich sollte einen Jungstier in Behandlung
nehmen. Das Thier war auffallend matt, traurig, Fresslust
und Wiederkauen lagen darnieder. Die Nachhand war so
schwach, dass das Thier nach 2 b ; s 3 Schritten zusammen¬
brach. Die Auscultation ergab tiefes, leicht verschärftes
Athmen, die Percussion keine Veränderung; die Herzbewegung
erfolgte in 156 Schlägen, stürmisch, pochend. Das rechte Auge
z eigte geschwollene Augenlider und wurde geschlossen gehalten.
Die Conjunctiva war stark geröthet, die vorhandene Trübung
der Cornea geringgradig. Das linke Auge zeigte ähnliche, aber
weniger ausgeprägte Erscheinungen. Die Nasenschleimhaut er¬
wies sich als dunkelroth geiärbt, der Nasenausfluss eiterig. Die
Temperatur betrug 39,4 0 C. Harn und Mist wurden abgesetzt.
Es handelte sich um Katarrhalfieber und wurde die Schlachtung
des Thieres veranlasst. Ausser den früher beschriebenen Er¬
scheinungen im Gehirn ergab die Section keine Organ-
veränderung. In diesem, wie in allen Fällen war das Blut von
normaler Farbe und bildete feste Gerinnungen. (Blutkuchen.)
In Lundenburg und dessen nächster Umgebung, also auch
im Annahofe und in U. Th., war das Katarrhalfieber sicher seit
vielen Jahren nicht aufgetreten, ja, es war den Landwirthen
hier geradezu unbekannt. Der nächste Gedanke war also der,
die Seuche sei in den Annahof durch den zuerst erkrankten, in
L. gekauften Ochsen eingeschleppt worden. Allein die Erwägung
aller Umstände führte zu einem anderen Schlüsse.
Die Krankheit brach am 35. Tage nach dem Einkäufe der
Thiere aus. Das wurde also, wenn das Thier in der Heimath
inficiert worden wäre, eine Incubationsfrist von 5 Wochen be¬
dingen. Nun beträgt aber diese nach Friedberger und Fröhner
3 bis 4 Wochen. Es wäre also diese Frist um eine volle Woche
überschritten. Erkundigungen haben überdies ergeben, dass die
bösartige Kopfkrankheit in den Einkaufsgegenden seit 20 Jahren
nicht aufgetreten sei. Dagegen wurde die Seuche allerdings zu
verschiedenenmalen in von hier ferner gelegenen Ortschaften
benachbarter Bezirke beobachtet. Zieht man nun in Betracht,
dass eine Einschleppung aus dem Annahofe nach U. Th. fast
ausgeschlossen ist, dass die Nähe des Inundationsgebietes der
Thaya auf die Entstehung resp. Entwickelung von Bacterien
gewiss günstig einwirkt, dass der Annahme, die Infection des
zuerst erkrankten Thieres sei bereits im Einkaufsorte erfolgt,
die Zwischenfrist von 5 Wochen widerspricht, so dürfte die
Ansicht gerechtfertigt sein, die Seuche sei im Annahofe und in
U. Th. spontan entstanden. In letzterem um so leichter, als
die Stallverhältnisse den berechtigten Anforderungen nicht ganz
entsprachen.
Wäre die Seuche von dem ersterkrankten Ochsen im
Stalle I ausgegangen, so hätte die Weiterverbreitung voraus¬
sichtlich zunächst in diesem Stalle, sei es durch directe Ueber-
tragung, oder wie es bei dieser Krankheit häufiger Vorkommen
soll, durch Zwischenträger erfolgen müssen. Allein hier kam
kein zweiter Fall mehr vor, sondern die Seuche trat, obwohl
jeder Stall seine eigenen Leute zur Wartung der Thiere hat und
letztere einen anderen nicht betreten dürfen, im Stalle IV auf,
um sich wieder auf einen Fall zu beschränken und dann im
Stalle II auszubrechen, in welchem sie allerdings 2 Opfer
forderte. Dies alles scheint ebenfalls auf eine im Hofe selbst
entstandene lnfectionsquelle hinzudeuten, von welcher aus die
Uebertragung des Ansteckungsstoffes in die einzelnen Stallungen
erfolgte.
Zu erwähnen wäre noch, dass vor Einstellung der Thiere
alle Räume, wie dies hier üblich ist, einer Desinfection unter¬
zogen worden waren.
Der Verlauf der beschriebenen 5 Fälle zeigt, dass die
Prognose bei der Kopfkrankheit des Rindes immer sehr vorsichtig
zu stellen ist. Bei Mastthieren ist es wohl das beste, dieselben
nach Sicherung der Diagnose ehestens der Schlachtung zuzu-
führen, will man sie nicht abmagern lassen und sich dann erst
genöthigt sehen, zur Vornahme der Nothschlachtung schreiten
zu müssen.
Zum Schlüsse möchte ich auf Grund der oben geschilderten
Wahrnehmungen die Vermuthung aussprechen, dass manche in
der Litteratnr angeführten Fälle infectiöser Gehirnentzündung
(Erkranken mehrerer Thiere zu gleicher Zeit oder bald nach
einander unter den Erscheinungen einer Gehirnreizung) mit dem
Katarrhalfieber identisch gewesen seien.
Referate*
Zur Lehre von der Actinomycosis.
Von Preu88e-Danzig, DepartementB-Thierarzt.
Autoreferat.
(Archiv fi\r Anatomie und Physiologie.
Verf. ist in vorliegender Arbeit der Frage näher getreten,
auf welche Weise die Actinomyceskeime in den Körper gelangen
und welche Formen dieselben in den verschiedenen Stadien hier
annehmen können. Nach einem geschichtlichen Ueberblick über
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39. Februar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
89
das bisher über diese Krankheit Bekannte und einer Erörterung
über das Vorkommen und die Verbreitung derselben, giebt Verf.
zunächst eine kurze Schilderung des von ihm im Jahre 1889 in
den Kreisen Elbing und Marienburg beobachteten seuchenhaften
Auftretens der Strahlenpilzkrankheit. Dasselbe ist bereits im
Jahrgang 1890 der B. T. W. eingehend beschrieben worden.
Es wurden damals im Kreise Elbing 23,2 pCt., im Kreise
Marienburg 21,8 pCt. kranke Thiere ermittelt. Die Krankheit
trat im Anschluss an die im Jahre 1888 stattgehabten umfang¬
reichen Ueberschwemmungen auf und zwar lediglich bei solchem
Vieh, welches mit dem durch die andauernde Nässe verdorbenen
Heu und Stroh gefüttert worden war. In derartigen Viehbe¬
ständen kamen bis zu 50 pCt. Erkrankungen vor. Obgleich bei
der mikroskopischen Untersuchung verdorbener Heuproben keiner¬
lei Pilzformen vorgefnnden wurden, wie sie dem Actinomyces
entsprechen, so musste dieses Futter doch als der Träger der
Strahlenpilzkeime und somit als die unmittelbare Veranlassung
zu den Erkrankungen angesehen werden. Aehnliche Actinomy-
coseendemien sind in Dänemark beobachtet worden. Auch diese
sind auf eine gleichzeitige Aufnahme der Krankheitserreger mit
dem Futter zurückzuführen gewesen. Es steht wohl nunmehr
überhaupt fest, dass die Actinomycose fast ausnahmslos durch
Ansteckung mit inficirtem Futter entsteht. In der weitaus
grössten Mehrzahl der Fälle geschieht die Aufnahme des Con-
tagiums vom Verdauungscanal aus, in wenigen Fällen durch Ein-
athmung inficirten Staubes und durch zufällige Einimpfung in
die äussere Haut oder Unterhaut.
In der Litteratur sind zwar einige Fälle von directer Ueber-
tragung von einem kranken Thier auf ein gesundes Thier oder
von Thier auf Mensch oder von Mensch auf Mensch beschrieben
worden. Alle diese Fälle sind jedoch nicht einwandsfrei, da es
nicht feststeht, ob nicht überall die gleiche Ursache eingewirkt
hat. Ein sehr instructiver Versuch von Salmon spricht jeden¬
falls gegen eine derartige directe Uebertragung. Bei 21 Rin¬
dern, welche zwischen strahlenpilzkranke Thiere gestellt wurden
und fortdauernd das mit Eiter besudelte Futter frassen, war
nach vier Monaten noch keine Spur einer Erkrankung zu be¬
merken. Der Prädilectionssitz für die actinomycotischen Er¬
krankungen bildet der obere Theil des Verdauungscanals. Am
Kopf und Hals kommen 80—90 pCt. aller Erkrankungsiälle vor.
Es giebt aber auch primäre Actinomycose der Lungen, der
äusseren Haut, des Euters und selbst der Geschlechtsorgane.
Auch generalisirte Actinomycose ist mehrfach beobachtet worden.
Secundäre Erkrankungen wurden gesehen im Gehirn, in den Nieren,
der Leber und im Rückenmarkscanal. Eine besondere Beachtung
verdient die actinomycotische Erkrankung der Zunge des Rindes.
Diese ist als ein besonders wichtiger Ort für die Strahlenpilz-
infection aufzufassen. Nicht die umfangreicheren Erkrankungen
dieses Organs, die man gemeinhin als „Holzzunge“ bezeichnet,
sind es, welche hier in Betracht kommen, sondern die in der
Mitte der Zunge, dicht hinter der Zungenwulst so häufig vor¬
kommenden kleinen Knötchen und geschwürigen Defecte. Schon
durch Hen8che 1 und Falk wurde auf diese Umänderungen an
den Rinderzungen aufmerksam gemacht. Sie fanden sie bei
9,1 pCt. der von ihnen untersuchten Rinder; bei 3 /4 derselben
waren deutliche Actinomycesknötchen vorhanden. Verf. hat nun
die Rinderzungen zum Gegenstand einer besonderen Untersuchung
gemacht. Unter 2000 in den Sommermonaten 1898 geschlachte¬
ten Rindern wurden bei 182 Defecte und Knötchen an den
Zungen ermittelt, also ca. 9 pCt. Bei einem kleinen Theil der
Schleimhautdefecte selbst in umfangreicheren Geschwüren wurden
Actinomyceskeime nicht gefunden.
Diese stellten also nur einfache Veränderungen ohne nach¬
folgende Strahlenpilzinfection vor. In den bei weitem meisten
Fällen wurden jedoch actinomycotische Veränderungen vor¬
gefunden. Aeltere Thiere zeigten naturgemäss mehr Zungen-
defecte (12,6 pCt.) als jüngere unter 4 Jahren (7 pCt.). Die
dicht hinter der Zungenwulst liegenden Veränderungen bilden
entweder mehr oder weniger tiefe Einziehungen der Schleimhaut
ohne erhebliche Epithelverluste oder oberflächliche Excoriationen
oder mehr oder weniger umfangreiche Geschwüre. In der Tiefe
der Schleimhaut liegen ein oder wenige meist sehr kleine Knöt¬
chen, welche meist reichlich schön ausgebildete Actinomycesrasen
enthalten. In den bezeichneten Stellen der Zungenschleimhaut
stecken immer viele Haare und Pflanzenpartikelchen, die oft
bis tief in die Schleimhaut hineinreichen. Während in dem den
Grund der Defecte ausfüllenden Detritus niemals Actinomyces
oder ähnliche Gebilde gefunden wurden, fand Verf. das untere
Ende von Pflanzenfasern mehrfach mit drüsigen Gebilden besetzt,
die als feinstrahlige Actinomyces angesprochen werden mussten.
Zur Färbung der Pilze benutze Verf. Picrocarmin und Orseille.
Die an den Fasern haftenden Pilzrasen hatten Vis - V 20 mm im
Durchmesser» die strahlig angeordneten Keulen waren feiner
und kürzer. Die kleinen Rasen lagerten in brombeer artigen
Conglomeraten beisammen. Ihr Centrum war körnig, faserig.
Sie sassen vornehmlich am Ende abgebrochener Grannen oder
an verletzten Stellen derselben, ein Umstand, der für die
Boström’sche Angabe spricht, dass die Lufträume der Grannen
die Entwickelungsstätten für den Strahlenpilz bilden. Nur durch
Eröffnung dieser Lufträume können die Keime ihren Weg in das
thiei&ehe Gewebe finden. An feinen Schnitten der erkrankten
Schleimhautpartien des Zungenrückens zeigten sich dieselben
mehr oder weniger mit kleinen Pflanzenpartikelchen durchsetzt,
an deinen sich mehrfach Pilzformen, wie sie dem Actinomyces
entspr^phen, wahrnehmen Hessen. Hier bildeten sie keine
Drusen, sondern die an den Enden etwas kolbig verdickten
Pilzfäd,en sassen palHsadenförmig aneiuaudergereiht auf einer
das betroffene Pflanzentheilchen überziehenden körnig-faserigen
Grundlage. Die Kolben waren 4 bis 6 ^ lang und an der
Spitze etwa 2 n dick. Diese Pilzvegetationen sassen auch
vornehmlich an den Enden der Pflanzentheilchen. In der ver¬
dickten Mucosa wurden sodann kleinste, innen erweichte Herd-
chen beobachtet, welche stets gut ausgebildete Actinomycesrasen
von y m bis »/io mm Durchmesser enthielten. Die Kolben dieser
Rasen waren bis 10 n lang und an der Spitze bis 4 n breit,
diese sind demnach grösser wie die an den Pflanzentheilchen
beobachteten. Einzelne Rasen waren auch in Riesenzellen ein¬
geschlossen. Verf. erklärt die beschriebenen Veränderungen an
der Zunge für Anfänge einer Strahlenpilzinfection und die an
den Pflanzentheilchen beobachteten Pilzvegetatiouen als Jugend¬
form des Actinomycespilzes. Sehr häufig verbleibt es nur bei
diesen Anfängen. Die Pilze gehen zu Grunde und die Knöt¬
chen und Defecte heilen unter Narbenbildung. Nur in
einem kleinen Theil der Fälle findet eine Ausbreitung der I 11 -
fection statt. Die Lymphdrüsen sind bei den actinomycotischen
Erkrankungen der Zunge nicht betheiligt. Die Untersuchungen
des Verf. haben erwiesen, dass die Infection mit Strahlenpilzen
hauptsächlich nur durch Uebertragung mit Pflanzentheilchen
stattfindet. Auch beim Menschen ist dies vielfach nachgewiesen
worden. Hierfür werden eine Anzahl Beispiele aus der Lite-
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90
ratur angeführt. Eine directe Uebertragung der Krankheit vom
Thier auf den Menschen durch Genuss von Fleisch strahlenpilz-
kranker Thiere hält Verf. für ausgeschlossen, da auch die
künstlichen Uebertragungen auf Thiere in den meisten Fällen
resultatlos verlaufen. Nur wenigen Forschern, wie Johne,
Ponfick, Israel, sind Uebertragungsversuche mit positivem
Erfolg geglückt. Fütterungsversuche verliefen stets negativ.
Verf. stellte auch diesbezügliche eigene Versuche an, indem er
kleine Actiuomycesknötchen aus Rinderzungen auf Meerschweinchen
verimpfte; eine Infection ist ihm jedoch nicht gelungen, sondern
nur eine Implantation. Zum Schluss berichtet Verf. noch über
die bisherigen Keimzüchtungen des Strahlenpilzes von Wolf
und J. Israel und Bo ström. Verf. rechnet den Actinomyces
zu den pleomorphen Schizomyceten, wie dies schon sein Ver¬
halten in den Culturen beweist. Die ausserhalb des Körpers
vegetirenden, bisher noch unbekannten Formen des Pilzes
müssen ganz anders beschaffen sein, wie die innerhalb des
Körpers beobachteten. Auch der Tubercelbacillus gehört zu den
pleomorphen Schizomyceten, es werden von diesem verschiedene
Wuchsfonnen beobachtet, selbst solche, die den Actinomycesdrusen
ähnlich sehen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass zwischen
Actinomyces und Tubercelbacillus gewisse Beziehungen bestehen.
Es sind wiederholt Reactionen bei actinomycotischen nicht
tuberculösen Rindern nach Tuberculininjectionen beobachtet
worden. Billroth will sogar bei einem Actinomycosefall in
Folge Tubei culininjection Heilungsvorgänge gesehen haben.
Als specifisches Heilmittel gegen Actinomyeose haben sich
die Jodpräparate erwiesen.
Doppelnenrotomie beim Spat. „
Von Frühner. : >
(Mt»h. f. Th. 11, 8.)
lieber diese neue in der Spatbehandlung angewandte
Methode ist schon früher in der B. T. W. (1899, pag. 316| u. 605)
referirt worden. Seitdem hat Fröhner 12 Pferde operirt, die
sämmtlich dienstbrauchbar geworden sind. Die Zahl der von ihm
selbst so behandelten Fälle beträgt nunmehr 20. Auch von
anderer Seite ist die Operation mit gleichem Erfolge ausgeführt.
So von Bayer-Wien in acht Fällen, von Hausen in sieben
Fällen u. s. w. Von den in Berlin behandelten Pferden sind
zwölf, nach Zwischenräumen bis zu l'/a Jahren, in der Klinik
wieder vorgezeigt worden, bei denen üble Nachwirkungen der
Operation nicht eingetreten waren. Ueber sechs der operirten
Pferde wurde nichts in Erfahrung gebracht. Bei zweien von
den 20 waren dagegen acht bezw. vier Monate nach der Operation
Knochenbrüche eingetreten, welche in Uebereinstimmung mit den
Erfahrungen, die auch bei anderen Neurotomien gemacht worden
sind, auf den Nervenschnitt zurückgefuhrt werden müssen. Es
handelte sich um einen Bruch der Gleichbeine und des kleinen
schiffförmigen Beins. Entweder erleiden die Knochen trophische
Störungen, oder das gefühllos gewordene Pferd verliert die
Fähigkeit, die Kraft des Auf- und Durchtretens richtig zu
bemessen, und macht überflüssige Kraftanwendungen. In dem
einen Fall entwickelte sich zwar etwas Zuckfuss, trotzdem ging
das Pferd acht Monate gut. Während eines scharfen Ganges
vor dem Wagen auf schlechtem Pflaster brach es plötzlich
zusammen und trat so stark durch, dass es mit dem Fessel¬
gelenk fast den Erdboden berührte. Die Sesambeine waren, wie
die Section ergab, gebrochen und das Zwischengleichbeinband
zerfasert. Der Fesselbeinbeuger selbst war intact. Auch bei
No. 8.
dem zweiten Pferd trat während einer scharfen Fahrt plötzlich
hochgradige Lahmheit auf. Hier war das schiffförmige Bein
gebrochen.
Zmn Wachsthum des Hufhornes.
Von Pader, Veterinär I. Classe in Nimes (19. Art-Rgt)
(Revue vMr. So. 99, Febr. 1900.)
Pader schliesst aus zahlreichen Untersuchungen, die er
ausführlich in der Revue veröffentlicht hat, dass der Durch¬
schnitt des Wachsthumes des Hufhornes beim Pferde und beim
Maulthier sich folgendennassen gestaltet:
a) beim Pferde beträgt er monatlich:
an der Zehe 8,15 mm
an der inneren Seitenwand 8,45 mm
an der äusseren Seitenwand 8,42 mm
an der inneren Trachtenwand 8,97 mm
an der äusseren Trachtenwand 8,93 mm
Der Jahresdurchschnitt des Hufhornwachsthumes beträgt
beim Pferde 1031 mm. Die Trachten wachsen durchschnittlich
um 10 mm mehr als die Zehe.
b) beim Maulthier beträgt das Wachsthum monatlich
an der Zehe 7,10 mm
an der inneren Seitenwand 6,80 mm
an der äusseren Seitenwand 6,07 mm
an der inneren Trachtenwand 6,60 mm
an der äusseren Trachtenwand 6,00 mm
Der Jahresdurchschnitt des Hufhornwachsthumes beträgt
beim Maulthiere 796 mm. Die Zehe wächst durchschnittlich um
10 mm mehr als die Trachten.
Im Allgemeinen ist das Hornwachsthum beim Maulthiere
weniger stark als beim Pferde, der Unterschied der beiden
Species beträgt ungefähr 10 mm pro Jahr. Es giebt aber
starke individuelle Verschiedenheiten, namentlich beim Pferde,
bei welchem normal entwickelte Hufe mitunter stärkeres Zehen¬
wachsthum zeigen.
Seuchenartige Pharyngo-Laryngitis.
Von Rossarzt Müller-St Avold.
(Ztsclir. f. Vet J*n. 1900.)
Im August machte sich bei einer Anzahl von Pferden des
Regiments häufiges Husten bemerkbar, was ja bei grosser Hitze
öfter vorkommt. Bald darauf erkrankten mehrere Pferde an
hochgradiger Schluckbeschwerde bis zur völligen Aphagie. Fieber
bestand theils nicht, theils war es gering. Die Erkrankung
breitete sich auf alle drei Batterien aus. Am 15. August waren
bereits 38 Pferde erkrankt. Der letzte Fall ereignete sich am
21. September. Im Ganzen waren von 200 Pferden 100 befallen
worden. Todesfälle kamen nicht vor. Nach dem Auftreten der
ersten Fälle wurden Anstrengungen vermieden. Durch Temperatur¬
messungen liess sich die Krankheit nicht sicher feststellen, wohl
aber durch Beobachtungen bei der Futteraufnahme. Die ersten
Fälle waren sämmtlich schwere, und die Pferde magerten ab.
Die später Erkrankten und von vornherein Geschonten kamen
leichter davon. Nach Besserung der Futteraufnahme erholten
sich die meisten Pferde schnell. Immerhin dauerten die Störungen
meist 3 bis 4 Wochen. Bei 10 Pferden bildeten sich Lymph-
drüsenabscesse, nnd zwar sämmtlich in einer Batterie. Ueber
den seuchenartigen Charakter der Erkrankung kann kein Zweifel
herrschen. Unter den Pferden der Civilbevölkerung, welche der
Ernte wegen nicht geschont werden konnten, traten ebenfalls
viele Erkrankungen auf, und zwar so heftig, dass eine ganze
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22. Februar 1900.
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Anzahl von Todesfällen vorkamen und in anderen Fällen, um
der Erstickung vorzubeugen, die Tracheotomie gemacht werden
musste. Die Erkrankungen hörten auf, als gegen Mitte
September zahlreiche Niederschläge fielen.
Die Gebärneurose.
(Schweizer Archiv Bd. 42, Heft 1.)
Sanitätsrath Knüsel-Luzern behandelt seit 23 Jahren eine in
der Literatur bisher nicht erwähnte Krankheit des Rindes,
welcher er den obigen Namen beilegt. Die Erkrankung entsteht
nach der Geburt. Das Krankheitsbild ist wechselnd: bald tritt
heftige Aufregung, bald komatöser Zustand mehr in den Vorder¬
grund; meist finden sich beide nebeneinander. In der Regel
acht Tage nach der Geburt, selten erst nach vier Wochen,
fangen die Thiere oft fast plötzlich an, zu schäumen und zu
geifern, nagen und beissen in die Krippe, saugen an Ohren und
Schultern der Nachbarn, fangen, infolge augenscheinlich inten¬
siven Juckgefühls, an, sich selber zu lecken, zu scheuern und
zu beissen. So hatte sich eine Kuh an der linken Schulter eine
grosse Fläche selber wund gebissen. Gleichzeitig oder bald
darauf entsteht Unruhe, Aufregung, selbst Tobsucht. Die Thiere
drängen oder springen gegen die Krippe, reissen an der Kette,
brüllen, haben stieren Blick und vorquellende Augen, bisweilen
Krampferscheinungen, Zähneknirschen. Entweder folgen diesen
Symptomen oder sind neben ihnen vorhanden Depressions¬
erscheinungen. Die Aufregung macht Platz oder wechselt mit
einem komatösen Zustand. Die Thiere glotzen, lehnen sich an
die Krippe, spreizen die Beine und werden unempfindlich,
schwanken und stürzen zusammen. Die Temperatur beträgt
ausnahmslos 39 bis 39,5 Grad. Der Puls ist in der Aufregung
.etwas, beschleunigt, in der Depression oft unter die Norm herab¬
gedrückt. Die Krankheit verläuft rasch; meist endet sie in
21 bis 24 Stunden mit Genesung. In selteneren Fällen wird
das Stadium der Depression durch wiederholte Erregungen
unterbrochen. Die Krankheit dauert dann drei bis acht Tage;
jedoch ist der Verlauf immer ein gutartiger, und dieser gut¬
artige Verlauf unterscheidet die Krankheit auch genügend von
Gehirnentzündung, Tuberculose des Gehirns etc. In 126 von
Knüsel beobachteten Fällen trat immer Heilung ein. Gutes
Lager und frische Luft zu geben, sowie die Thiere von der
Halskette zu befreien und um die Hörner anzubinden, genügt.
Allenfalls kann man einen Aderlass, ableitende Mittel auf die
Haut und innerlich Kal. brora. 150 g zweimal innerhalb 4 bis
5 Stunden anwenden.
Ueber Barnitumoren.
Von Göhrig.
(Dtsch. th. Wach. 1899, 8.)
Primäre Geschwülste am Darm der Hausthiere sind mit
Ausnahme der Lipome am Gekröse und der sogen. Schleimhaut¬
polypen im Mastdarm verhältnissmässig selten beobachtet. Casper
erwähnt das Vorkommen von Carcinomen und Sarcomen im Darm
nicht. Die Litteratur bietet 2 Fälle von Myom. G. hat zweimal
primäre Geschwülste am Darm beobachtet. Der eine Fall betraf
ein 12jähriges Pferd. Nach dessen Schlachtung fand sich am
Leerdarm eine gänseeigrosse Geschwulst. Sie sass dem Ge¬
kröse gegenüber in der Muscularis, engte buckelartig das Darm¬
lumen ein und trat auch nach aussen hügelig hervor, hatte ge¬
lappten Bau und erwies sich als ein Fibromyoma laevicellulare.
Bei Lebzeiten hatte das Pferd intermittirende Kolikanfälle
gezeigt. Neben der grösseren Geschwulst fanden sich noch einige
91
kleinere Knoten. Der zweite Fall betraf eine Kuh, bei welcher
an der Mastdarmschleimhaut eine apfelgrosse, polypenartig lang¬
gestielte Geschwulst gefunden wurde. Auch hier handelte es
sich um ein Myom. Die Langstieligkeit desselben dürfte durch
das Andrängen der Fäces bewirkt sein.
Die Heilung der Lungentuberculose mit Formalin.
(Clin. vet. 1899, H. 21 und Rlforma medica, H. 31.)
Prof. Cervello an der Universität Palermo benutzte zur
Behandlung der Tuberculose Formalindämpfe, in welchen er die
Kranken täglich zwei bis drei Stunden lang athmen liess. Die
Dämpfe wurden durch einen besonders construirten Apparat
mit „Igazol“, einer aus dem Formalin gewonnenen Substanz,
erzeugt. Der Gehalt der Respirationsluft an Formaldehyd
betrug anfangs nur einen geringen Grad, welcher allmälig
erhöht wurde.
Vom 15. Januar bis Ende Mai wurden 26 Kranke dem
Heilverfahren unterworfen, von denen zehn vollständig geheilt
sind. Als geheilt betrachtet Prof. Cervello diejenigen Per¬
sonen, bei denen Fieber, Husten, Nachtschweisse vollständig
verschwunden sind, der Auswurf vollständig fehlt oder nur noch
in geringer Menge vorhanden ist und eine gutartige Beschaffen¬
heit hat, ein normaler Appetit vorhanden ist und das Körper¬
gewicht zunimmt.
Von den übrigen 16 Lungenkranken sind sieben fast geheilt,
zwei haben sich etwas gebessert, bei einem ist der Zustand
unverändert geblieben, bei zwei Personen ist eine Ver¬
schlimmerung eingetreten und zwei Schwerkranke sind gestorben.
Es werden im Ganzen ca. 40 pCt. Heilungen berechnet.
Bemerkenswerth ist, dass Husten und Auswurf in den
ersten Tagen der Kur nachlassen, manchmal schon in den
ersten 24 Stunden. Allmälig verschwinden die örtlichen Lungen¬
schwindsuchtssymptome, die allgemeinen Erscheinungen und
zuletzt die abnorme Körpertemperatur, während die Kräfte sich
sichtlich heben.
Die Kur bewirkt gar keine Nebenerscheinungen.
Prof. Cervello nimmt an, dass das Igazol eine stark
oxydirende Wirkung besitzt. Die pathologischen Läsionen
werden gewissermassen verbrannt und hierauf ausgeschieden.
Die lebenden und abgestorbenen Bacillen . verbrennen auch,
wodurch ihre Toxine frei werden. Diese unterliegen aber auch,
wenigstens zum Theil, der Oxydation und werden abgeschwächt.
Beitrag zur Tubercnlinfrage.
Von Dr. Viquerat
(Centralbl. t. Bact n. Paraiitenk. Bd. XXVI. 1899. Ho. 10.)
Die Tuberkelbacillen bestehen nach den Untersuchungen von
R. Koch aus drei Substanzen, nämlich 1. dem Tuberculin und
2. aus zwei ungesättigten Fettsäuren, von denen eine in Alcohol
löslich ist, die andere nicht; diesen letzten Säuren schreibt Tavel
die specifische Ehrlich’sche oder Ziehl’sehe Färbung zu. Verf.
hat diese Fettsäuren eingehend studirt und die lösliche als Palm¬
säure erkannt, während die unlösliche Fettsäure Bernsteinsäure
war. Diese löste sich leicht in angesänertem (H 9 S0 4 ) Alcohol,
in Ammoniak und in concentrirter Milchsäure. Der Tuberkel¬
bacillus enthält nur Palm- und Bernsteinsäure in Form eines
alkalischen Salzes. Denn wenn die Bacillen mit Aether oder
Alcohol behandelt und nachher in Wasser abgespült werden, so
sind sie aufgelöst und nicht mehr färbbar. Das Tuberculin TO oder
T soll ein Gemisch rein definirter Körper und kein Protein sein,
wie daraus hervorgeht, dass durch Erhitzen desselben auf 150 bis
200° keine Veränderung seiner Wirkung auf tubereuiöse Thiere
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eintritt, bei 235° wurde es allerdings völlig vernichtet, es ver¬
flüchtigt sich in weissen, schweren, erstickenden Dämpfen, welche
sich an einer kalten Porzellanschale leicht als Bernsteinanbydrid
sublimiren. Auf kleinste Dosen von Bernsteinsäure reagiren die
tuberculösen Thiere genau, wie auf Tuberculin, während per os
die Bernsteinsäure ebenso unwirksam ist wie Tuberculin. Von ,
den Thierärzten sei daraufhingewiesen, hebt der Verf. hervor, (
dass bei Echinococcus Tuberculin typische Reaction
hervorruft, was nicht mehr wunderbar erscheint, da die Cysten
ebenfalls bernsteinsaure Salze enthalten. Das Tuberculin-Glycerin-
extract TO und TR ist nach Verf. nichts anderes als eine wässe¬
rige Lösung von einem alkalischen bernsteinsauren Salze, welches
in jeder Apotheke für wenig Geld zu erhalten sei. Verf. rätli
zum Schluss sehr weise, diese Untersuchung noch vorerst genau
zu prüfen.
Tagesgeschichte.
Zum Abiturientenexamen der Rossärzte.
Von Schiel Wandsbeck.
Nach den Erklärungen des Vertreters des Kriegsministeriums
kann den Rossärzten das Abiturientenexamen nicht zugestanden
werden. lieber diese Erklärungen ist der Abgeordnete Hoff-
mann und mit ihm wohl ein grosser Theil der Thierärzte und
namentlich der Rossärzte überrascht. Es giebt aber auch
Leute, die dadurch nicht überrascht sind und zu denen darf ich
mich zählen. Ich habe wiederholt mir befreundeten Rossärzten
gegenüber geäussert, dass aus dem Kriegsministerium heraus
zur Zeit niemals die erste Anregung zur Erhöhung der An¬
sprüche an die Vorbildung ergehen wird. Ich halte es deshalb
wie auch bereits in der B. T. W. erklärt ist, fiir nicht klug ge¬
handelt, der Militärverwaltung Gelegenheit zu einer Aensserung zu
geben. Anerkennenswerth ist durchaus die Absicht des"'Atf-
geordneten Hoffmann, auch die Gehaltsverhältnisse der Ross¬
ärzte aufbessern zu wollen, denn wenn ein dreissigjähriger
Mann, an den solche Anforderungen gestellt werden, wie an
einen Rossarzt, sich mit einem Gehalt von 1880 Mk. (Wohnangs-
geld und Servis einbegriffen) zufrieden geben muss, dann sagt
man sich allerdings, der Mann ist ja nicht einmal im Stande,
sich eine thierärztliche Fachschrift zu halten.
Aber bei allem Mitgefühl mit der pecuniären Lage der
Rossärzte darf die praktische Beurtheilung der Sachlage nicht
verlassen werden.
Die Militärverwaltung hat absolut keine Veranlassung zu
einer Gehaltsaufbesserung, so lange der Zudrang zu diesem
Berufe ein derartig grosser, wie es gegenwärtig immer noch
der Fall ist. Dies allein ist entscheidend. Würde ein Mangel an
Ersatz sein, dann allerdings würde die pecnniäre Besserstellung •
nicht lange auf sich warten lassen. Ans purem Wohlwollen für
eine Kategorie der Beamten ihr Gehalt zu erhöhen, das geht
schon aus anderen Gründen nicht so leicht.
Der Zudrang zur rossärztlichen Lanfbahn ist deshalb' ein
grosser, weil so geringe Ansprüche an die Vorbildung gestellt
werden. Eine Unmenge junger Leute, die auf der Schule nicht
vorw'ärts kommen können, sehen ihr Heil in einer militärischen
Laufbahn und die Eltern geben solchen Kindern dann nur zu gern
ihre Zustimmung, weil sie meistens keine Ahnung von der
künftigen Carrtere haben. Solche Eltern wissen ja nicht, dass
ihre Kinder erst jahrelang auf Einberufung warten müssen.
Solche Eltern ahnen ja nicht, dass das Erklettern der rossärzt¬
lichen Stufenleiter viel Geld kostet, dass sie dem jungen Unter¬
rossarzt mit seinen 800—1008 Mk. Gehalt noch ca. 3—4 Jahre i
No. 8.
Zuschuss gewähren müssen, soll er keine Schulden machen.
Die Enttäuschung ist nachher riesengross bei den Eltern sowohl
wie bei dem jungen Mann.
Thatsache ist es, dass es Rossarztaspiranten bei den
Regimentern in Hülle und Fülle giebt, und ich habe immer nur
die Oberrossärzte solcher Regimenter bewundert, bei denen
diese jungen Leute oft scharenweise eintreten.
Es wäre aber falsch, wollte Jemand behaupten, die
Aenderung der Vorbildung würde den Zulauf so verringern,
dass ein Mangel sich einstellen könnte. Niemals! Wir leiden
ja in Deutschland so an Volkszunahme, dass auch Abiturienten
sich um die rossärztlichen Stellen drängeln werden.*)
Das Abiturientenexamen für die rossärztliche Laufbahn würde
aber wohl verhüten, dass so und so viel junge Leute jährlich
ihre Existenz als Rossarzt nicht finden, denn bei dem grossen
Zudrang wird ein Theil gar nicht einberufen, ein anderer
scheitert auf andere Weise.
Wenn demnach der Generalleutnant v. d. Boek meint.
„Wir müssen hier Rücksicht walten lassen auf die Kreise und
die Familien, aus denen sich hauptsächlich das rossärztliche
Personal recrntirt“, so fällt diese Rücksicht schon deshalb
in sich zusammen, weil die Kinder jener Kreise nur zu
häufig von vornherein ihr Ziel gar nicht erreichen können. Mit
dieser Aensserung des Vertreters des Kriegsministeriums steht
doch die Thatsache zu wenig im Verhältnis, dass nur ca. 30 Eleven
jährlich zur Militär-Rossarztschule aufgenommen werden. Wegen
dieser paar Leute wird man wohl nicht Socialpolitik treiben
wollen.
Sollten hier vielleicht andere Gründe vorliegen? Sollten
diese Aeusserungen des Generalleutnant v. d. Boek, der als
Infanterist über die Rossärzte wenig Erfahrung besitzen kann,
nur von ihm selbst herrühreu, während die Grundidee der Ver¬
weigerung des Abiturientenexamens gewissen einflussreichen
militärischen Kreisen zuzuschreiben ist? Solchen Kreisen, denen
jener General angehörte, der da geäussert hat, man dürfe die
Rossärzte nicht aufkommen lassen?
Sollten solche Kreise auch bestimmend dafür sein, ob eine
Wissenschaft gehoben werden muss oder nicht? Nun, ich für
meine Person wäre darob nicht verwundert.
War es demnach nicht richtig, jetzt, wo überall unsere
Forderung des Abiturientenexamens beifällig aufgenommen worden
ist, sich so für die Aulbesserung des rossärztlichen Gehaltes zu
verwenden, so bin ich überhaupt der Meinung, dass auf dem
Wege, den der Abgeordnete Hoffmann eingeschlagen hat, 60
leicht bei der Militärbehörde nichts erreicht wird.
Andererseits braucht aber die Aensserung des Vertreters
des Kriegsministeriums keineswegs tragisch genommen zu
werden. Der Stein ist im Rollen und nichts wird so leicht ihn
mehi’ anfhalten.
Unsere Wünsche werden über kurz oder lang doch bewilligt
werden müssen.
Es gab sogar eine Zeit, wo die Rossärzte glaubten, ihre
Vorgesetzte Behörde würde an der Spitze marschiren und für
die Aufnahme als Aspiranten das Abiturium fordern. Diese Zeit,
ist aber schon vorüber, und gegenwärtig hat die andere Strömung
wieder die Oberhand.
*) Der Beweis dafür ist gerade in der Armee vor ca. 10 Jahren
schon einmal geführt worden, indem ein Inspecteur einmal nur
Abiturienten annahm und damit die Einstellungsquote reichlich
I deckte. Anm. d. Red.
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22. Februar 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
93
Zu bedauern ist nur, dass solche Aeussernngen geeignet
sind, die Rossärzte den übrigen Thierärzten gegenüber unter
eine eigenartige Beurtheilung zu stellen.
Ordentliche Generalversammlung
des tliierärztlichen Vereins zu Schleswig-Holstein
am 16. und 17. September 1899 in Flensburg.
I. Tag. Vorversammlung.
Am Sonnabend den 16. September Abends 77 9 Uhr eröffnete
der Herr Vorsitzende, Kreisthierarzt Voliers-Altona, die von
ca. 40 Mitgliedern besuchte Vorversammlung und leitete den
ersten Verhandlungsgegenstand „Neue Arzneimittel“ damit ein,
dass aus einem alten Büchlein vom Jahre 1598, ausser ver¬
schiedenen längst vergessenen, einige damals als neue au-
gepriesene Mittel mitgetheilt wurden, die noch heutigen Tages
im Gebrauche sind. Hiernach ertheilte der Herr Vorsitzende
dem auf Einladung erschienenen Vertreter der Firma Ben gen
& Co. in Hannover Herrn Eigner das Wort, um über die in
neuerer Zeit aufgefundenen hochwichtigen Thierarzneimittel,
nach ihrer chemischen und physikalischen Wirkungsweise, das
Bekannte klarzulegen. Herr Eigner hatte zur Veranschau¬
lichung der verschiedenen Mittel eine eigens ausgewählte
Collection derselben ausgestellt. Zunächst wurde ein Verband¬
material gezeigt, welches, aus der Chinaprosfaser hergestellt,
aus reinem Zellstoffe besteht und zur Bereitung des reinsten
Collodiums dient. Da dieser Verbandstoff die grösste Absorp¬
tionsfähigkeit besitzt, nimmt er leicht die verschiedenen Impräg-
nirungsstoffe auf.
Darnach folgte die Vorführung der verschiedenen antisep-
tiseh'en Mittel.
Die hierher gehörenden neueren Präparate sind meistens
gleichzeitig als Desinfectionsmittel anzusehen und nach ihrer
Wirkungsweise in drei Gruppen oder Grade einzutheilen, näm¬
lich in Oxydations- oder Reductionsmittel, in Aetzmittel und in
coagulirende Substanzen. Während die oxydirenden Mittel ihre
Wirksamkeit dadurch entfalten, dass sie entweder durch über¬
mässige Einfuhr oder starke Entziehung von Sauerstoff die
Lebensbedingungen des InfectionskÖrpers thierischen oder pflanz¬
lichen Ursprungs zerstören und die ätzenden die Zellen und
damit das organische Gewebe vernichten, wirken die Coa-
gnlationserreger durch ihren Kohlenwasserstoffgehalt umbildend.
Zur ersten Gruppe gehören als ältestes Desinfectionsmittel
das Feuer und die Hitze. Von den in neuester Zeit her¬
gestellten chemischen Präparaten nimmt ein Oxydationsproduct
von Kohlenwasserstoffen aus den Pineaceen den ersten Platz
ein, das nicht allein stärker oxydirend wirkt als Kaliumhyper-
manganat, sondern auch zugleich den Vorzug hat, die Luft zu
desinficiren, dabei einen angenehmen Geruch zu haben und
absolut ungiftig zu sein. Das wichtigste dieser Mittel ist das
Formaldehyd — Formalin — und die daraus gewonnenen Prä¬
parate Glutol, Formarabiu und Formalinkiesel.
Die zweite Gruppe enthält ausser den bekannten Aetz-
mitteln — Chlorzink — die verschiedenen Aetzstifte, die zur
Ansicht herumgereicht wurden. Aber namentlich gehört die grosse
Reihe der Oxydationsproducte aus der Steinkohle hierher. Neben
dem Phenol und der käuflichen Carbolsäure haben besonders
die Cresolverseifungen medicinischeu Werth, wie Lysol, Bacillol,
Solutol und Creolin. Das reinste und deshalb beste Präparat
st das nach dem deutschen Arzneibuche dargestellte Liq. Cresoli
saponat., welches 50pCt. Cresol enthält, aber für die Veterinär-
medicin für zu theuer gehalten, deshalb durch Creolin ersetzt wird.
In der dritten Gruppe befindet sich noch immer die
Burow’sche Lösung, Liqu. Alumin. acetic. — die nach dem
deutschen Arzneibuche allerdings anders hergestellt wird, jedoch
den Nachtheil hat, dass sie nur oberflächlich auf das Gewebe
einwirkt, gleichsam nur eine Coagulationsschicht bildet, unter
der die Infectionskörper weiter vegetiren können.
Demnächst kommt die grosse Reihe der Anilinfarbstoffe, wie
Pyoctanin, Methylenblau und die Stoffe, die in der Microscopie
und der Bacteriologie hervorragende Verwendung finden. Die
Bedeutung dieser Stoffe besteht darin, dass sie die Fasern, das
Zellgewebe, also die Häute der Microorganismen färben, nicht aber
deren flüssigen Zelleninhalt, und dass sie für den grossen Organis¬
mus ungiftig sind. Eine Lösung von Chrysoidin 1 zu 100000
z. B. vermag noch den Commabacillus zu agglutiniren. In der
inneren Medicin finden die gerbsauren Verbindungen Verwendung,
wie das Tannoform, Tannalbin und das Tannopin.
Endlich ist noch das neue Tannarabin, aus arabischem Gummi
hergestellt, ein Tanninsalz an Arabinsäure gebunden, hervorzu¬
heben. Es bildet ein graues Pulver, welches sich durch einen
eigenthümlichen, intensiv erdbeerartigen Geruch auszeichnet.
Nachdem von Herrn Eigner mehrere Chemikalien und
organische Salze in sterilen Lösungen, theilweise in abgetheilten
Dosen zur Ansicht herumgereicht worden waren, wurde in eine
Discussion eingetreten.
Der Vorsitzende bemerkte zunächst, dass das Argent. colloid.
CredÄ Pferden in Dosen von 0,5 zu Aq. 50 ein- bis mehrmalig
| täglich in die Jugularis injicirt, bei Morb. maculosus, sowie dem
| bösartigen Catarrhalfieber und sogar gegen Milzbrand sich be¬
währt habp. Von verschiedenen Collegen wurde das Mittel wohl
empfohlen, aber auch darauf hingewiesen, dass leicht An¬
schwellungen entstehen und sogar Hautnecrose beobachtet sei.
Herr Eigner giebt dazu die Erklärung, dass dieses Mittel
nicht eine wirkliche Lösung, sondern nur eine Aufschwemmung
sei, es sich deshalb bei Herstellung frischer Injectionsdosen
leicht ereignen könne, dass feste Silberpartikelchen mit ein¬
gespritzt würden, die sich alsdann im Gewebe ablagern und
Abscesse, Stockungen mit Folgeleiden veranlassen könnten.
Diesem Uebelstande abzuhelfen sei Aufgabe des Herstellers, vor
Licht und Luft sei es unter allen Umständen zu schützen.
Das Tannalbin ist theils für sich theils unter Zusatz von
Salicylsäure allseitig mit gutem Erfolge gegen Durchfall bei
Fohlen und Kälbern verwendet worden, und zwar sind nicht zu
kleine Dosen zu geben: 8 bis 10 g, resp. 20 g täglich, in drei
Malen. Die Verwendung des Chlorbaryums bei der Kolik der
Pferde hat sich, nach vielseitiger Zustimmung, mit Recht
Bahn gebrochen, doch sei man in neuerer Zeit darauf ge¬
kommen, die kleinere Dosis von 0,25 g zu appliciren, da die
Wirkung eine bessere sei, auch setze dieses Mittel etwa vor¬
handene Fiebererscheinungen herab. Andererseits blieb aber
auch nicht unerwähnt, dass dieses Mittel plötzliche Todesfälle
veranlassen könne. Hierzu bemerkt Herr Eigner, dass bei
der Verwendung des Chlorbaryums ja darauf zu achten sei,
schweflige Dünste, Kohlensäure und Ammonniak fern zu halten,
da diese leicht Niederschläge von Baryterden veranlassen, die
als Partikelchen in die Blutbahn gelangen, sich in edlen
Organen festkeilen und dann Todesursache werden könnten.
Ein Filtriren vor dem Gebrauche sei unter gewöhnlichen Um¬
ständen zu empfehlen, wenn nicht die gesetzlich geschützte
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sterile Lösung dieses Mittels von der Firma Bengen & Co.
benutzt werde.
Vom Vorsitzenden wird angeregt, weitere Erfahrungen über
dieses Mittel zu sammeln und namentlich Sectionen nach plötz¬
lichen Todesfällen vorzunehmen, worüber in der nächsten Ver¬
sammlung gesprochen werden könnte. Herr Eigner bietet
den anwesenden Thierärzten verschiedene innere und äussere
Mittel zur Prüfung in Krankheitsfällen an und führt dann
weiter aus:
Aus Kampfer wie aus Terpentin werden jetzt Produkte
gewonnen, die ein sehr starkes Oxydationsvermögen besitzen
und in verschiedener Form als Desinfektions- und Wundmittel
Verwendung finden. Anstatt der aus dem Petroleum erhaltenen
Rückstände, Vaseline und Paraffin, welche beide die Schleimhäute
reizen, ist das Wollfett — Lanolin — zu empfehlen, auch für Salben.
Die reinste Form ist das Lanain, welches gegen 200 pCt.
Wasser aufnimmt nnd ebenso, wie Vasogen, verseift werden kann.
Das Chinolin stellt eine scharf riechende Flüssigkeit dar,
die mit Säuren crystallisirbare Salze bildet und z. B. mit
Kali das Chinosol giebt, ein Antisepticum, welches schon in
geringer Menge Wasser aseptisch macht.
Schliesslich wird noch eine handliche Packung von Anaesthyl
vorgelegt, welches als Anaestheticum für den Praktiker als
unentbehrlich angesehen werden muss. Das Epicarin, in
Fonn eines röthlichgelben Pulvers gilt allerdings als Räude¬
mittel, hat sich aber kaum bewährt. Der Vorsitzende rühmt
das Chinosol als Wundmittel, ferner das Pyoctauin, weil
billiger, wogegen Glutol nicht beliebt ist und anstatt Jodoform
lieber Thioform zu verwenden sein dürfte.
„Mittheilungen aus der Praxis“.
Völlers-Altona führt wiederum einen Fall an, in welchem
ein Arbeiter mit Milzbrand sich inficirte, obgleich er die Hände
mit Bacillol desinficirt hatte; die Krankheit trat in milderer
Form auf, wahrscheinlich deshalb, weil derselbe im Vorjahre
gleichfalls daran erkrankt gewesen. Ferner erkrankten sieben
Rinder an Milzbrand auf einer Weide, wo nur sehr schlechtes
Trinkwasser vorhanden.
Struve-Kiel weist nochmals auf die Milzbrandfälle in Neu¬
münster hin, die seiner Ueberzeugung nach nur durch die Ab¬
wässer der Gerbereien veranlasst worden sein können, und hält es
für erwünscht, dass recht bald Entschädigung für an dieser Seuche
gefallene Thiere gewährt wird, um der Verheimlichung ent¬
gegen zu wirken, dem Jensen-Itzehoe voll und ganz beistimmt.
Völlers-Altona hebt auch noch hervor, dass Milzbrand
recht häufig nach der Verfütterung von Heu aus der Elbgegend
nnd ausländischer Kleie auftritt, worüber auch Hauschildt-
Kiel Erfahrungen gemacht haben will.
Fock-Ahrensböck wünschte Auskunft darüber, ob ein
vollständiger Gebärmuttervorfall bei einer Sau mit Erfolg
reponirt werden könne, welches von Masch-Wüster für möglich
gehalten wurde, indem es ihm mehrere Male gelungen sei, durch
Umwicklung des Vorfalles mit einem laugen Handtuche und
durch langsames Einschieben.
Voliers-Altona macht darauf aufmerksam, dass die Be¬
seitigung von C'adavern, namentlich an einer Seuche ge¬
fallener Thiere, immer noch zu gleichgültig betrieben werde,
und deshalb auf die Anlegung von Abdeckereien gedrungen
werden müsse. Hierauf äusserte Ruser-Kiel sich über die
beiden bekannten Vernichtungsapparate von Po di will und von
Otte-Hartmann dahin, dass bei ersterem die Producte mehr zu-
No. 8.
sammenbleiben, bei letzterem eine Trockenmasse gewonnen
werde, während Fett und Leimmasse abgeschieden würden.
Witt-Sonderburg empfiehlt den Ruffschen Apparat, wie er
dort im Betriebe sei und vermittelst eines Benzinmotors arbeite,
wodurch eine brauchbare Dängermasse erzielt werde.
Schluss Abends 11 Uhr.
Eil er, Schriftführer.
Versammlung der Thierlrzte des Reg.-Bez. Stade.
Auf Einladung der Herren Ne ver mann -Bremenörde,
Schöttler-Himmelpforten und Simon-Otterndorf fand am
3. Februar in Stade eine Versammlung der Thierärzte des
Regierungsbezirkes Stade statt.
Erschienen waren die Herren Düwell, Holm, Lnther,
Müller, Nevermann, Sahling, Schöttler sen., Scliöttler
jun. (Stade), Schöttler (Himmelpforten), Schmidt, Simon
und Simonsen. Die übrigen Herren waren leider am Kommen
verhindert.
Es wurde zunächst ein Anschreiben an den aus einem
Theile des Regierungsbezirkes Stade gewählten Reichstags¬
abgeordneten Dr. Diedr. Hahn beschlossen, in dem derselbe
unter Hinweis auf die ausführliche Begründung des Veterinär-
rathes und Anlage der Ausführungen des Bezirksthierarztes
Markiel über österreichische thierärztliche Verhältnisse ge¬
beten wurde, im Reichstage dafür eintreten zu wollen, dass als
Vorbildung für das thierärztliche Studium das Abiturientenexamen
gefordert werden möge.
Sodann wurde über das Treiben des im Sommer v. J. von
Hittfeld nach Buxtehude verzogenen Thierarztes G. Bon atz
verhandelt und festgestellt, dass die Reclamemacherei und Preis¬
drückerei desselben allen Begriffen von Standesehre und An¬
stand, ja aller Vernunft Hohn sprechen und nicht länger todt-
geschwiegen werden können. Es wurde beschlossen, gegen
dieses Treiben zunächst durch öffentliche Missbilligung desselben
in Fachzeitungen vorzugehen, und eine Resolution gegen dasselbe
von allen Anwesenden unterschrieben.
Ferner wurde festgesetzt, dass in Zukunft eine solche Ver¬
sammlung zwei Mal jährlich und die nächste in Harburg im
Monat August stattfinden soll. Die genauere Festsetzung des
Tages u. s. w. eventuell auch der Tagesordnung wurde einer
Commission (Sahling, Schöttler sen. und Schmidt) überlassen.
Sodann wurde noch darüber verhandelt, ob die Thierärzte
sich an den Stutenschauen, auch ohne stimmberechtigt zu sein,
betheiligen wollen, über diesen Punkt eine Einigung jedoch
nicht erzielt.
Den Schluss der Versammlung bildete ein gemeinschaftliches
Mahl, bei dem in einem Toast die Verdienste des Herrn
Schöttler sen.-Stade um die Hebung des thierärztlichen An¬
sehens in hiesiger Gegend hervorgehoben und allseitig mit Be¬
geisterung voll anerkannt wurden.
Zu aller Leidwesen mussten die Anwesenden sich dann der
abgehenden letzten Abendzüge wegen bald trennen.
Im Aufträge: Schmidt.
Die Brandenburglsohe Landwirthschaftskammer und das Abiturientenexamen.
Die Brandenburgische Kammer hat in ihrer Vorstandssitzung
vom 8. Februar beschlossen, für das Abiturientenexamen der
Thierärzte einzutreten. In der Discussion w r urden dabei sehr
zutreffende Gesichtspunkte hervorgehoben. Das officielle im
„Landboten“ No. 14 veröffentlichte Protocoil enthält darüber
folgenden Bericht:
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER TIIIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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Nach einem Vortrage des Herrn von Waldow entspinnt
sich eine lange und angeregte Discussion.
Allseitig wird das Bestreben der Thierärzte, ihren Stand in
socialer und wirtschaftlicher Hinsicht zu heben, als berechtigt
und im Interesse der Landwirtschaft wünschenswert anerkannt.
Herr von Klitzing und Herr Oec.-Rath Ebert verweisen
hierbei auf die grossen Uebelstände in der bisherigen wissen¬
schaftlichen und practischen Ausbildung der jungen Thierärzte
und fordern dringend Abhülfe. Herr Amtsrat Schräder
widerlegt den Einwand, gesteigerte Anforderungen an das
Studium der Thierärzte würden erhöhte Honorarbedingnngen
zur Folge haben, durch den Hinweis auf die Thatsache, dass
jetzt die auf einer social - wissenschaftlich höheren Stufe
stehenden Aerzte in den Landkreisen billiger practiciren als die
Thierärzte. Der Vorstand beschliesst:
a) Die Bestrebungen des deutschen Veterinärrates auf Ein¬
führung des Abiturientenexamens als Vorbedingung für das
Studium der Thiermedicin bei sich bietender Gelegenheit
in jeder geeignet erscheinenden Weise durch Eingaben
an die Kgl. Staatsregierung, den Reichstag u. s. w\ zu
unterstützen.
b) Gleichzeitig aber auf eine Abänderung der tierärztlichen
Ausbildung zu wirken dahin, dass
1. auf den Hochschulen die theoretischen und practischen
Unterweisungen und Experimente nicht mehr wie bisher
auf Pferde und Hunde beschränkt bleiben, sondern im
Interesse der Landwirtschaft auch auf Rindvieh,
Schweine und Schafe ausgedehnt werden,
2. die jungen Thierärzte nach absolvirtem Studium
mindestens ein Jahr als Assistenten eines Kreisthier-
arztes tätig sein müssen, bevor sie eine selbständige
Praxis ausüben dürfen.
Die Resolution unter b) erfordert die ernsteste Beachtung;
wir behalten uns diesen Punkt daher zur besonderen Be¬
sprechung für nächste Nummer vor. Es ist jedenfalls sehr
erfreulich und erhöht den Werth der uns aus landwirtschaft¬
lichen Kreisen kommenden Unterstützung, wenn zugleich von
dort selbstständige practische Vorschläge gemacht werden.
Etat de« Kaiserlichen Gesundheitsamtes.
Im Reichshaushaltsetat sind beim Kaiserlichen Gesundheits¬
amt vorgesehen 4500 M. Gehalt für ein neues Mitglied des
Gesundheitsamtes als Leiter der Forschung auf dem Gebiet der
Thierseuchen, ferner 21C0 M. für einen Thierarzt und dauernde
sächliche Ausgaben für Thierseuchenforschung mit 22300 M.
Ferner extraordinär die Mittel zur Erbauung eines Laboratoriums
für denselben Zw'eck mit Stallungen sammt innerer Einrichtung
201400 M. Dieses Institut soll, um Conflicte mit der Anwohner¬
schaft zu vermeiden, nicht beim Gesundheitsamte selbst, sondern
in Dahlem auf dem Grundstück der biologischen Abtheilung des
Gesundheitsamtes erbaut werden.
Wir begrüs8en die Errichtung dieser neuen Stätte veterinär,
wissenschaftlicher Forschung mit Freude, in der Voraus¬
setzung, dass dort auch Thierärzte nicht bloss zur Thierbeauf-
sichtigung, sondern als wissenschaftliche Arbeiter werden her¬
angezogen werden.
Jubiläum.
Herr Kreisthierarzt Eiler-Flensburg beging am 10. Februar
in der Stille sein 25jähriges Jubiläum als Kreisthierarzt.
Holsteiner von Geburt, also noch im dänischen Unterthanen-
Verbande, vollendete er seine in Hannover begonnenen Studien
in Kopenhagen und war nach seiner Approbation (T864) noch
längere Zeit Assistenzthierarzt bei den berühmten Professoren
Tscherning, Stockfleth und Bagge. Danach practicirte er
in Holstein, machte 1870 das preussische Kreisthierarztexamen
and erhielt 1875 die Kreisthierarztstelle Sonderburg-Appenrade,
wo er Mitbegründer und später Ehrenmitglied des landwirt¬
schaftlichen Vereins wurde, auch zahlreiche Fortbildungsschulen
ins Leben rufen half. Seit 1884 befindet er sich in der Kreis¬
thierarztstelle Flensburg, wo er nicht nur einer umfangreichen
tierärztlichen Praxis obliegt, sondern auch als Vorstand und
Ehrenmitglied zahlreicher Vereine auf landwirthschaftlich-thier-
züchterischem Gebiet eifrige Thätigkeit entfaltet. Im tier¬
ärztlichen Verein für Schleswig bekleidet er das Amt des
Schriftführers. Wir wünschen ihm eine langdanemde Fortsetzung
seines erspriesslichen Wirkens.
Thierzuchtleitung.
Der Kreisthierarzt Hitschfeld zu Wetzlar ist zum Vor¬
sitzenden des die Kreise Wetzlar und Waldbroel umfassenden
Zuchtverbandes XIX zur Hebung der Rindviehzucht vom land¬
wirtschaftlichen Provinzialverein für Rheinpreussen ernannt
worden. Die Rheinprovinz ist in 19 derartige Zuchtverbands¬
bezirke zerlegt. Der oben genannte Bezirk ist der erste, in
dem ein Thierarzt den Verbands-Vorsitz führt.
Anforderungen an thierfirztiiche Apotheken.
Im Jahrgang 1899, pg. 561 der B. T. W. war berichtet
worden, dass ein bayerischer Bezirksthierarzt angeklagt war,
weil er keine Präcisionswaage besass. Es handelte sich um
den ( Bezirksthierarzt Merkt zu Kempten. Das Landgericht
Latte M. freigesprochen. Das Oberlandesgericht hatte er¬
kannt, nach den Bestimmungen müsse auch der Thierarzt
eine solche Waage haben, da diese nicht bloss genaue Dosirung,
sondern auch die Prüfung dosirter Arzneien ermöglichen solle.
Das freisprechende Urtheil sei daher aufzuheben und die Sache
zu anderw'eiter Verhandlung an das Landgericht zurückzuver¬
weisen.
Das Landgericht hat diese rechtliche Beurtheilung des
Revisionsgerichtes selbstverständlich seiner neuen Verhandlung
zu Grunde gelegt, aber trotzdem den Beklagten erneut frei¬
gesprochen, weil ein objectives und selbst ein fahrlässiges Ver¬
schulden nicht vorliege, da der Beklagte sich erweislich bei der
Vorgesetzten Dienststelle nach der Auslegung der qu. Be¬
stimmungen erkundigt und die Auskunft erhalten hatte, dass
die Führung einer Präcisionswaage für selbstdispensirende Thier¬
ärzte nicht erforderlich sei.
Der Milltär-Thlerarzt im Kriege.
In England zählen die Veterinäre zu den Nichtcombattanten,
dagegen figuriren die Aerzte unter den Combattanten. Die Ge¬
fangennahme des Veterinär-Leutnants Shore giebt dem Veteri-
nary Record zu dem Hinw-eis Veranlassung, dass nach der
Genfer Convention der Veterinär wie ein C’ombattant be¬
handelt werde und denselben Bestimmungen unterworfen sei,
wie die kämpfende Truppe. Der Arzt sei dagegen in Kriegs¬
zeiten dem allgemeinen Schutz empfohlen. Und doch gew'ähre
das Kriegsministerium dem Arzt militärische Titel und Rechte,
dem Thierarzt nicht!
Dieser Gegensatz findet sich bekanntlich auch m der
deutschen Armee.
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96
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
Leichtfertige Anschuldigungen gegen Thierärzte.
Wir werden um Mittheilung folgenden Falles ersucht:
In Zeitungen ist mit allerlei hämischen und entstellenden
Glossen über die Tliatsache berichtet worden, dass in Forbach
200 Militärpferde wegen Rotz getödtet, aber bei der Section
rotzfrei befunden worden seien. Der „thierärztliche Central¬
anzeiger“ fühlt sich bemüssigt, diesen Fall unter der sonder¬
baren Marke „ein Schildbürgerstückchen“ mitzutheilen und in
einer Weise zu commentiren, welche nicht geeignet ist, die
»Sache richtig zu stellen, obwohl er schliesslich die Erwartung
eines Dementi ausspricht.
Dem gegenüber sei Folgendes constatirt: Im Kreise For¬
bach befand 6ich ein Rotzherd, woselbst der Rotz nachgewiesen
war. Zuerst waren dort zwei Pferde getödtet und rotzkrank
befunden worden. Dann wurden die übrigen 20 mit Mallein
geimpft, von denen 19 reagirten und bei der Tödtung als rotzig
befunden wuirden.
In Folge von Berührungen mit diesem nach gewiesenen
Rotzherde waren 184 Militärpferde nicht auf Grund ärztlicher
Diagnose, sondern nach den gesetzlichen Bestimmungen, als der
Ansteckung verdächtig anzusehen. Dieselben sollten sämmtlich
nach dem Manöver ausrangirt und versteigert werden. Dies
hätte aber nicht geschehen können, weil sie als an¬
steckungsverdächtig sechs Monate unter die gesetzliche Beob¬
achtung hätten gestellt werden müssen. Die sechsmonatliche
nutzlose Fütterung hätte voraussichtlich, von anderen Unzuträg-
lichkeiten abgesehen, den Erlös für die Pferde überstiegen, zu¬
mal ein Rossschlächter für die getödteten Thiere noch je 20 M.
zahlen wollte, soweit sie rotzfrei befunden wurden. Desshalb
wurde die Tödtung angeordnet, nicht in Folge einer irrthümlichen
Diagnose', sondern lediglich aus öconomischen Rlicksichte^
d. h. um die langwierige Sperre zu vermeiden, der die
Pferde hätten gesetzlich unterworfen werden müssen, ob sie
rotzig waren oder nicht.
Der „thierärztliche Centralanzeiger“ hätte, anstatt die
Sache in der von ihm beliebten Form zu verarbeiten, sich vor-
her erkundigen und dadurch zur Richtigstellung beitragen sollen,
wenn er nützen wollte. —
[Wir bemerken hierzu, dass wir die Mittheilungen des
„Thierärztlichen Centralanzeigers“ nicht beachtet haben, weil
er, als ein auf Annoncensammlung basirtes Blatt, unserer Ansicht
nach nicht beanspruchen kann, zur thierärztlichen Fachpresse
zu zählen.]
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen eto.
In Berlin ist ein am 14. er. unter Schweinen eingetretener
Ausbruch der Seuche am 17. wieder erloschen. In Dresden,
von wo am 15. er. das Erlöschen der Seuche gemeldet war, ist
am 17. unter Ueberständerschweinen ein neuer Ausbruch erfolgt.
In München ist die. Seuche am 13. er. unter Rindern ,aus-
gebrochen und erloschen, am 17. unter Schweinen neu aus¬
gebrochen.
Einfuhrverbot.
Der Regierungspräsident von Breslau hat unterm 17. er.
die Einfuhr von frischem Schweinefleisch und allen Zubereitungen
von solchem verboten.
Personalien.
Ernennungen: Kreisthierarzt Joseph Imming er-Würzburg zum
ord. Professor für Chirurgie an der Münchener thierärztlichen Hoch¬
schule. — Thierarzt G. Philipp als Ortstbierarzt der Gemeinden
Hemigkofen und Nonnenbacb bestätigt.
Approbationen: In Hannover die Herren Wassil Danailoff,
(Bulgarien), Joseph Hubs und Hermann Wilke.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen eto.: Verzogen: Thierarzt
Dr. Johann von Dresden nach Berlin, Thierarzt Max Madel nach
Erding als bezirksthierärztl. Assistent, Thierarzt Rein eck von
Düsseldorf nach Naunhof b. Leipzig.— Thierarzt Erich He ege (1899)
hat sich in Friesack niedergelassen.
In der Armee: Rossarzt Zinnecker vom 1. Ul.-Rgt in den Ruhe¬
stand versetzt.
Todesfälle: Thierarzt Bremer-Siegburg, Thierarzt Lankow-
Friesack und Thierarzt Lichterfeid-CbarlOttenburg.
Y&canzen.
Kreisthierarztstellen eto.: a) Neu ausgeschriebene Stellen
R.-B. Cassel: Gersfeld zum 1. März (600 M.) Bewerb, bis 28. Fe¬
bruar an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Köln: Rheinbach
(600 M., 500 M. vorauBsichtl. Kreiszuschuss). Bewerb, bis 18. März
an den Regierungspräsidenten.
In Bayern: Bezirksthierarztstelle in Naila (Oberfranken),
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Gumbinnen: Grenzthierarztassistentenstelle in Stallupönen.
— R.-B. Schleswig: Eiderstedt.
Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Eberswalde: Schlachtbausinspector (2400 M. bis 3300 M.,
Wohnung etc.) Meid, bis 1. März an den Magistrat. — Friesack
(Mark): Thierarzt als Vieh- u. Fleischbeschauer (1200—1500 M. und
Praxis). Bew. bis 1. März an den Magistrat. — Geyer (Sächa.
Erzgeb.): Thierarzt für Fleischbeschau (1500—2000 M. aus der Stadt¬
praxis.) Bewerb, bis 1. März an den Stadtrath. — Halle a. S.:
2 Assistenzthierärzte am Schlachthofe Bofort bezw. zum 1. April
(1800 M., Wohnung etc.) Bew. sofort an die Direction. — Lüne¬
burg: Schlachthofvorsteher (2400—3100 M., Wohnung etc., Pension)
Bewerb, bis 1. März an den Magistrat. — Rathenow: Schlachthof
inspector zum 1. April (2000 M. steigend bis 3000 M. Wohnung etc.).
Meldungen an den Magistrat. — SorauN.-L.: Schlachthofvorsteher
(2250 M. steigend bis 3000 M. Wohnung etc. Keine Praxis. Pension,
1000 M. Caution). Bewerb, bis 22. Februar an den Magistrat —
Thorn: 2. Thierarzt am Schlachthof. Bewerb, bis 1. März an den
Magistrat
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — Dessau: Schlachthof-
assistenzthierarzt. — Dresden: 3 Hilfsthierarztstellen am Schlacht¬
hof. — Eckernförde: Schlachthofinspector. — Eiisen (Ruhr):
3. Schlachthofthierarzt — Filehne: Schlachthofinspector. —
Friedrichsthal (Kreis Saarbrücken): Thierarzt für Fleisch¬
beschau. — Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt — Hannover:
IV. Thierarztstelle am Schlachthof. — Hirschberg (Schlesien):
Schlachthofvorsteher zum 1. März. — Königsberg i. P.: Schlacht-
hoftbierarzt — Liegnitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Mark-
neukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. —
Militscb: Schlachthofinspector. — Mülhausen (Elsass): Schlacht¬
hofverwalter. — Ostrowo: Schlachthofinspector. — Spremberg:
Schlachthofinspector. — Trier: Schlachthofhilfsthierarzt zum l.März.
— Wanne: Schlachthofvorsteher.
Privat8tellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen.) — Murrhardt — Schönbaum (Danzig). — Soldau
(Ostpr.): Tbierarzt für Praxis (300 M. Zuschuss). Bewerbungen beim
Magistrat.
1900 bekannt gegebene: Pabstorf (Braunscbweig):Thier¬
arzt sofort — Rhinow (R.-B. Potsdam): Thierarzt — Sonnenburg:
Thierarzt (600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den Magistrat.
— Tilsit: Thierarzt für Praxis. Auskunft beim Vorsitzenden des
landw. Vereins in Kaukmethen (O.-Pr.).
Besetzt: Kreisthierarztstellen in Carthaus und Lippstadt; Kreis-
thierarztassistontenstelle in Trier.
Verantwortlich für den Inhalt (excL Ina erat enth eil): Prot Dr. Schmal tx ln Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Scboetz in Berlin. — Druck von W. B&xenateln, Berlin.
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Die „Berliner ThlerfirxtUche Woctaenichrift“ erscheint
wöchentlich in Stärke von mindestens l>/ a BoRen. Dieselbe
iat eu betiehon durch den Buchhandel, die Post (No 1082)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
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Berliner
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Alle Manuscripte, Mitlhellungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr 8ehmaltz,
Berlin, thierkrztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recensions- Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 9 . Ausgegeben am 1. März.
Inhalt: Barsch: Hochschüler oder Handwerker? — Bipa: Rnssian-Waters. — Referate: Kitt: Versuche mit Serumschutzimpfung
gegen Rauschbrand. — Hitzpocken. — Schwyter: Urticaria des Rindes. — Tagesgeschichte: Schmälte: Ein tactischer
Zwischenfall. — Verschiedenes. — Ordentliche Generalversammlung des tbierärztlichen Vereins zu Schleswig-Holstein. —
Personalien. — Vacanzen.
Hochschüler oder Handwerker?
Academische Streiflichter.
Von
Eugen Baroch-Wien,
Stud. med. vet.
Motto:
Bestreuet die Häupter mit Asche,
Verhaltet die Nasen euch hang!
Ich sing' bei trüb fliessender Flusche
Einen bituminösen Gesang.
Scheffel.
Die sehr treffenden Ausführungen des österreichischen Be¬
zirksthierarztes Herrn Markiel in der „Berliner Tierärztlichen
Wochenschrift“ veranlassen mich, einiges über die Verhältnisse
dieser äusserst merkwürdigen Hochschule (i. e. die thierärzt¬
liche Hochschule in Wien) mitzutheilen. Diese Verhältnisse
sind nämlich derart, dass man sie ebenso in einem Witzblatte
behandeln könnte, wie in einem ernsten Fachblatte.
Wie der betreffende Herr in der „B. T. W.“ angiebt,
werden die österreichischen Militär-Curschmiede nach einer
„sehr schwierigen“ Aufnahmeprüfung als ordentliche Hörer
aufgenommen.. Bei dieser Aufnahmeprüfung werden derartige
Fragen gestellt, dass manche Candidaten durchfallen. Ich will
einen Fall ans authentischer Quelle (nämlich nach der wut¬
schnaubenden Erzählnng eines durchgefallenen Curschmiedes)
berichten: Frage ans der Geographie: „Was liegt östlich von
Galizien?“ Keine Antwort. „Was liegt östlich von Ungarn?“
Keine Antwort. Infolge dieser glänzenden Kenntnisse erhielt
Candidat eine ungenügende Note. Hoffentlich bezeugen diese
Fragen die Schwierigkeit der Aufnahmeprüfung. Zum Tröste
für zukünftige Candidaten sei aber hinzugefügt, dass solche
kopfzerbrechenden Fragen nur in der Geographie Vorkommen.
Betrachten wir nun einmal die Vorgänge nach der Auf¬
nahmeprüfung. Zunächst erhält jeder dieser „Hochschüler“
einen Immatriculationsschein, auf dem steht, dass Herr N. N.
als ordentlicher Hörer immatriculirt ist und gelobt hat, den
academischen Pflichten nachzukommen. Ferner leistet jeder
persönlich das „academische“ Gelöbniss, wobei er seine Hand in
die des Rectors legt und „spondeo“ sagt, nämlich auf deutsch,
da er ja vom Latein nur mit grosser Mühe die Buchstaben ge¬
lernt hat; bei diesem Vorgänge ist Militär und Civil bunt ge¬
mischt. Selbstverständlich macht diese erhebende, academische
Feierlichkeit auf die jungen, eben erst von der penna gekommenen
Studenten einen gewaltigen Eindruck. Sie haben sich nämlich
von der alma mater veterinaria eine ganz falsche Vorstellung
gemacht, und sind von der Gegenwart ihrer uniformirten Collegen
gleichsam überrumpelt worden. Bei dieser Feierlichkeit wird
so mancher von den neuen academischen Bürgern, der ja oft
Reserveofficier, Corpsstudent oder Burschenschafter ist, vor
Scham und Zorn blutroth im Gesichte, natürlich verliert sich
dieses „übertriebene Ehrgefühl“ im Laufe der Zeit, und haben
sie einmal die neue „academische Freiheit“ an dieser „Hoch¬
schule“ wirklich kennen gelernt, so kommen solche physiologische
resp. psychologische Erscheinungen nicht wieder vor.
Nach einiger Zeit werden die Legitimationen und Indices
ausgefolgt, auf denen wir links das Bild eines schmucken, mit
drei weissen Sternen geschmückten Kriegers erblicken, rechts
aber lesen, dass Herr N. N. ordentlicher Hörer an der thier¬
ärztlichen Hochschule in Wien ist. Wie das mit dem § 3 des
Stndienplanes, der lautet: „Zur Aufnahme als ordentlicher
Hörer in das thierärztliche Studium ist das Zeugniss über die
an einer inländischen Mittelschule (Gymnasium oder Realschule)
mit Erfolg bestandene Maturitätsprüfung erforderlich“, zu ver¬
einbaren ist, wissen wir nicht. Wenn der Studienplan sprechen
könnte, würde er gewiss sagen: „Zwei Seelen wohnen, ach! in
meiner Brust.“ Sind diese Documente vertheilt, so sind die acade¬
mischen Bürger iure iustissimo fertig, der novus academicus
civis communis (i. e. mit Maturitas als Vorbildung) und der homo
novus academicus, spec. Cnrschmied (i. e. mit zwei bis fünf
Volksschulklassen als Vorbildung, die zur Aufnahme in die
1. Klasse [unterste] einer Mittelschule berechtigen).
Nachdem wir jetzt die Hörer kennen gelernt haben, be¬
trachten wir die Verhältnisse während des .Studienjahres.
Besuchen wir einmal eine Vorlesung. Ein prächtiges,
farbenreiches Bild I Vorwiegend rothe Hosen und blaue Röcke
und hohe, schwarze Stiefel und martialische Schnurrbärte. Hie
und da ist auch ein schlichter Civilrock zu sehen, der sich aber
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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
98
scheu in die Ecke drückt, während das die Brust umschlingende
dreifarbige Band kaum zu athmen wagt. Das Treiben in der
Vorlesung ist ein sehr reges. Man hört von Curschmiedkneipen,
vom Stoffe (cerevisia militaris) etc. Mutatis nmtandis wird der
Schläger durch einen breiten, mit einer gelben Quaste gezierten
Reitersäbel, der Flaus durch den Dolman, das Cerevis durch
den Kalpak etc. ersetzt. Manchmal finden auch Manöver
statt, wenn sich nämlich einige Curschmiede balgen. Derartige
militärische Actionen machen natürlich den Aufenthalt in den
Hörsälen und Kliniken besonders angenehm, weswegen auch das
Gros der Civilstudirenden es vorzieht, im Kaffeehause oder auf
der Kneipe zu weilen und zu singen: „Vivat Academia“.
Während der Vorlesung herrscht gespannte Aufmerksamkeit,
die des Oefteren auch in sanften, stärkenden Schlummer über¬
geht, was besonders in den physikalischen Vorlesungen der
Fall, da ja die angeborene oder ancommandirte Intelligenz der
Herren Curschmiede über solches Zeug, das für unreife Jungen
taugt, längst hinaus ist und nur mehr am Pflasterschmieren und
Pferdebeschlagen Gefallen findet.
Wer das Glück hatte, vor drei Jahren einer Vorlesung,
z. B. Anatomie, beiwohnen zu können, hatte folgenden, ergötz¬
lichen Anblick: Links sassen ganz gewöhnliche Soldaten (Cur¬
schmiede in spe), rechts Civilstudenten, in den ersten Bänken
die Curschmiede selbst, während ein Drittel der Civilisten
stehen musste, da sich der Saal zu klein erwies, um für
250—300 Zuhörer (180 vom Civil) Sitzplätze zu fassen, die
Bänke, der Soldaten aber nicht besetzt werden durften. Da
aber das Stehen manchem Civilisten sauer wurde, so drückte
man sich nach einer halben Stunde hinaus, wobei eines Tages
die Entdeckung gemacht wurde, dass der Saal versperrt war,
dagegen der Thürschlüssel neben dem Herrn Professor lag.
Also in sicherem Gewahrsam! In sämmtlichen Mittelschulen
Oesterreichs dürfte ein solcher Vorfall nie dagewesen sein.
Leider haben zum Verdrusse so mancher Kneipzeitungen
diese idyllischen Vorlesungen, die oft in Dithyramben und
Hexametern besungen wurden, aufgehört.
Das Gespenst dieser Curschmiedszöglinge (nicht der Cur¬
schmiede, Gott bewahre!), also solcher Hörer, die noch erst
Curschmiede werden wollen, spukt aber immer noch herum.
Nur haben sie jetzt extra Vorlesungen etc., während die Cur¬
schmiede, die im Verhältnisse zu ihnen bereits hohe Herren
sind, mit den Civilisten gemeinschaftlich die Probleme der
Thierheilkunde lösen.
Im anatom. Sectionssaale treffen sich alle Elemente, wes¬
wegen derselbe von den Civilhörem ängstlich gemieden wird,
da das Benehmen solcher Leute nicht zu dem gesittetsten gehört.
(Daher sind auch die anatom. Kenntnisse des Civils keine be¬
deutenden.) Aber einzig dastehend ist das Zimmer, das an die
Apotheke grenzt. Hier wird Wasser gekocht, gesungen, ge¬
flucht und anderes mehr. Da man gezwungen ist, hier die
Krankheitsgeschichte zu schreiben (was wegen der Menge der
Soldaten und der geringen Anzahl der Federn nur schwer
möglich ist), muss man oft die grössten Grobheiten einstecken,
da wir ja nur die Gäste, jene aber die Herren an der „Hoch¬
schule“ sind. Wie erhebend es aber ist, nach 2 Jahren einen
Menschen, der noch vor kurzer Zeit den Mist aus dem Stalle
geschafft hat, als Commilitonen begrüssen zu müssen, das kann
nur der sich vorstellen, der es mitgemacht hat.
Dass die Krankheitsgeschichten und Protokolle, die von
diesen Herren geliefert wurden und werden, für eine neue
No. 9.
Orthographie energisch Propaganda machen, ist ja natürlich.
Aber geradezu zwerchfellerschütternd sind die Recepte, die man
sich zum Nutzen der leidenden Viehheit ja nicht entgehen lassen
soll. Leider steht mir nicht der nöthige Platz zur Verfügung,
sonst hätte ich sie den Collegen im Deutschen Reiche nicht
verschwiegen. Dass es unter diesen zukünftigen Thierärzten
auch Leute giebt, die mit lateinischen (vielleicht auch deutschen)
Lettern überhaupt nicht schreiben können, ist nicht zu ver¬
wundern. Das haben aber nicht sie am Gewissen,- sondern die
Regierung, die ein solches Princip der Heranbildung von Thier¬
ärzten duldet.
Man glaubt nun vielleicht, dass diese Art von Thierärzten
billig zu stehen komme. Aber weit gefehlt! Erwiesenermassen
kostet ein Curschmied dem Staate gegen 1600 Kronen an
Montur, Menage, Wohnung, Büchern, Instrumenten etc., während
der Civilstudent dies alles aus eigener Tasche bestreiten muss,
wozu noch die verschiedenen Taxen kommen.
Wir wollen aber jetzt die Consequenzen betrachten, die
derartige Hochschulverhältnisse bedingen.
Waren die früheren Veterinär-Mediciner mit 6, 7 und
auch 8 Classen Mittelschulbildung grösstentheils verkrachte
Gymnasiasten oder Realschüler, die das damalige Thierarznei-
Institut als refugium peccatorum betrachteten, so sind die
jetzigen zu 80 pCt. eine zweifelhafte Acquisition für die thier¬
ärztliche Wissenschaft zu nennen. Wir wollen uns nicht selbst
betrügen. Denn der grösste Theil der Civilisten ist überhaupt
nur auf Grund von Stipendien (300—1200 fl.) in diese Anstalt
gekommen. Und von diesen (im ersten Jahre 14 Hörer vom
Civil) fallen wieder welche ab, wie erst jetzt zwei aus dem
ersten Jahre zur Philosophie übergegangen sind, so dass nur
von einer rapid fallenden Frequenz zu sprechen ist.
Kann also die Thiermedicin von Leuten, die nur der Nervus
rerum oder sonstein zwingender Grund, nicht aber die Liebe
zum Fache zu diesem Studium bewogen hat, kann sie von
solchen Leuten etwas erwarten? Und wenn einige wirklich aus
Vorliebe für den thierärztlichen Beruf Veterinärstudenten ge¬
worden sind, muss diese Liebe nicht durch derartige Zustände
in Bälde erstickt werden?
Wie schmählich ist es für den, der bereits das goldene
(Officiers-) Portepee trägt, und für den, der überall als An¬
gehöriger einer academischen Corporation Achtung geniesst und
(dies im Gegensätze zum Deutschen Reiche) bei allen Hoch¬
schülern als gleichwerthig gilt, wie schmählich, drückend, ja
geradezu vernichtend ist es für einen solchen, derartige unge¬
bildete Schmiedegesellen demselben Ziele zustreben und es auch
erreichen zu sehen, das er selbst nach mühsam erworbener Vor¬
bildung, nach einem entbehrungsreichen Leben oder auch nicht
einmal dann erreicht. Und hat er es einmal erreicht und
sieht er, wie tief sein erwählter Bernf in der Achtung gebil¬
deter und ungebildeter Leute steht, wie oft nur mit knapper
Noth das Nothwendigste erworben werden kann, während sein
ehemaliger Gymnasialcollege, der in derselben Zeit seinen Doctor
auch mit keiner grösseren Anstrengung erworben hat, bereits
weit vorangerückt ist, vielleicht schon eine Stufe erreicht hat,
die er selbst niemals, auch bei dem grössten Fleisse und Ta¬
lente nicht, erklimmen kann, muss er nicht an seinem Leben, an
der Gerechtigkeit des Staates, an allem verzweifeln? Er muss
es, oder er ist gezwungen, auf das niedere Niveau des Pfuschers
herabzusteigen, seinen Stolz beiseite zu schieben, um mit diesem
concurriren zu können.
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I. MSr/. 1900. BERLINER TIIIERAKZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 99
An8 diesen Gründen ergiebt sich der Mangel an fähigen
Köpfen, die ein derartiges Studium und Fach ergreifen wollen.
Wozu auch die Mühe, Pflege, Ertragen von Missachtung u. s.w.,
wenn andere Felder ihren Pflegern dankbarer sind.
Und wäre eine Abhilfe so schwer? Oder ist dieses Studium
weniger anziehend als Jus, Theologie und Philosophie? Nein,
und dreimal nein.
Würde die thierärztliche Hochschule gesäubert werden von
jenen Elementen, würde man statt der Curschmiedekosten
Militär-Stipendien aussetzen oder Militärzöglinge analog den
Militäracademikem dem Studium znführen, würde das Cur-
schmiedepfuscherwesen abgeschafft, dann würden auch
genügend viele und auch fähige junge Leute sich
finden, dann würde auch die Armee an gebil¬
deten und tüchtigen Thierärzten keinen Mangel haben und nich^
zu Curschmieden ihre Zuflucht nehmen müssen, und ebenso
würde der Thierärztemangel beim Staate und Lande sein Ende
finden. Denn nicht die erhöhte Vorbildung und die
Schwierigkeit des Faches, sondern die trüben Aus¬
sichten auf der Hochschule und in der Praxis schrecken
die Leute ab.
Schliesslich ist es nicht unsere Sache, sondern die der
Thierärzte, betreffs ihrer Verhältnisse eine Abänderung zu
schaffen. Aber unsere Sache ist es, und darin sind auch die
Hörer der wirklichen Hochschulen mit uns einig, zu trachten,
das Faule an unserer Hochschule wegzufegen und unsere Rechte
nie und nimmer preiszugeben. Und je härter der Druck wird,
unter dem wir leiden, um so zäher und trotziger wird auch der
Kampf sein, den wir führen. Der Sieg wird und muss unser
werden! Fiat jnstitia, pereat nmndus!
Russian-waters.
Von
Rip«,
Rosurzt
Nach den vorliegenden, überaus günstigen*) Urtheilen
über diese russischen Gewässer, diesem neuen (!) Mittel in der
Thierheilkunde, verfehlte ich nicht, einen Versuch zu machen.
Ich habe damit Piephacken, Ueberbeine, Gallen und Sehnen be¬
handelt und kann mich den bisher veröffentlichten, günstigen
Urtheilen in keiner Weise anschliessen. Entweder war die Dauer
der Behandlung und der Lahmheit eine ebenso lange, wie ohne
dies Mittel oder es stellte sich wie in zwei Fällen, wo es sich um
Füllung der unteren Sehnenscheide des Hufbeinbeugers handelte
und die Lahmheit schon gehoben war, und wo die Flüssigkeit
nur versuchsweise, um die gerühmte depletorische (?) Wirkung
zu erproben, angewandt wurde, die Lahmheit auf 5—8 Tage
wieder ein.
Beim Einreiben der indiscreten, russisch-grünen Flüssigkeit,
dieses neuen Mittels No. I,**) glaubte ich einen unangenehmen,
alten Bekannten wieder zu erkennen, den Salmiakgeist, un¬
verdünnt und grüngefärbt. Unangenehmer Bekannter von mir
insofern, als ich in einem Manöver am Rhein, wo man des
Nachts oft von Schnacken (Culex pipiens) geplagt wird, so
unvorsichtig war, ihn mir unverdünnt mit einem Wattebausch
*) Wegen Umzuges des Verfassers ist dieser Artikel verspätet
eingeaandt. Inzwischen bat Oberrossarzt Kal ko ff im Novemberheft
der Zeitschrift f. Veterinärkunde ebenfalls ungünstig berichtet.
**) Die Zusammensetzung ist im Novemberheft der Zeitschrift f.
Vcterinärknnde mittlerweile veröffentlicht
auf so ein frisches Schnakenandenken (tagelang juckende,
schrotkorn- bis linsengrosse Beulen) zu legen. Die Folge davon
war, dass er sich mir in Form einer Blase und später eines
schlecht heilenden Geschwürs einprägte. N. B. Eine ähnliche
Art der Anwendung ist in der Gebrauchsanweisung vor¬
geschlagen; doch ist vorsichtiger Weise hinzugesetzt, man solle
diesen Priessnitz nur fünf Minuten liegen lassen.
Die gelbe Flüssigkeit No. n hat Aehnlichkeit mit Linimentum
ammoniatum oder auch leise Anklänge an Lin. ammoniato-
camphoratum, wobei ebenfalls grüngefärbter Salmiakgeist zur
Verwendung gekommen zu sein scheint. Diese (No. H) soll die
Wirkung der grünen nachhaltiger machen und die Scborfbildnng
befördern.
Doch über die genauere Zusammensetzung der Mittel zu
sprechen, bin ich nicht competent, das ist auch garnioht der
Zweck dieser Zeilen, auch war ich nicht so glücklich, den
internationalen, thierärztlichen Congress besuchen zu können,
auf welchem ja der Erfinder sich näher über die Zusammen¬
setzung verbreitet haben soll. Jedenfalls merkt es ein mit
weniger stark ausgebildeten Geruchsnerven Begabter, dass der
wirksame Bestandteil von No. I Salmiakgeist ist. — Ich bin
hier leider nicht in der Lage, ohne Kostenaufwand Literatur¬
studien zu machen, um nachzuweisen, Beit wann Salmiakgeist
in der Thierheilkunde äusserlich als Einreibung verwandt worden
ist. Mir steht nur Fröhners Arzneimittellehre, 1. Auflage,
zur Verfügung, und da ist die innerliche und äusserliche Wirkung
und Anwendung ausgiebig beschrieben. Soviel steht wohl fest,
dass, wenn das Mittel die Eigenschaften annähernd gehabt hätte,
die ihm in den Russian-waters No. I nachgerühmt werden, die
alten Thierärzte, die vorzügliche Beobachter waren, das Mittel,
was scharfe Einreibungen anbetrifft, nicht ohne weiteres bei
i Seite gesetzt und auf einen Erfinder fin de si£cle gewartet
hätten, um es heute in nnserm Arzneischatz zu Ehren kommen
zu lassen.
Der erfahrene Thierarzt hat vom kalten Wasser bis zum
glühenden Eisen ein mit so vorzüglichen Kampfmitteln ver¬
sehenes Arsenal, dass er in den resp. Fällen sehr gut ohne den
mit Grünspan, oder sonst womit, gefärbten Salmiakgeist aus¬
kommt; und wo Bauer Priessnitz über die Achsel angesehen
wird, da muss Oberst Spohr marschiren, da wird immer
individualisirt.
Nun kommt aber der springende Punkt. — Die beiden zur
Probe versandten Flaschen, die eine hält ungefähr 250 g, die
andere 100, kosten 4 Mark, Wiederverkäufer bekommen keinen
Rabatt und Niederlagen w r erden nicht errichtet.
Die Baarauslagen des Fabrikanten würden sich für obige
Probe nach Dafürhalten Sachverständiger auf 40—GO Pf. stellen,
wofür wir 4 Mark bezahlen. Damit sind, nach meinem Dafür¬
halten, die Talente denn doch etwas zu theuer verkauft.
Mir kommt es so vor, als wenn man neuerdings den uneben
werdenden Pfad der Geheimmittelkrämerei für Menschen verlässt,
um den bequemen, breiten der Thierheilmittelfabrikation (cfr.
Aphthentheer, Fricol etc.) zu wandeln, und das anscheinend
mit ganz gutem Erfolge und mit einer Harmlosigkeit, über die
bedauerlicher Weise sogar der Bericht über den internationalen,
thierärztlichen Congress Erwähnung thun musste. — Der Be¬
richt über den Kurerfolg in Baden-Baden ist ja noch fällig und
bin ich wirklich gespannt darauf.
Nicht uninteressant ist es, zu bemerken, wie es als ein
Verbrechen hingestellt wird, eine Canthariden- oder Qneckailber-
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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9.
100
salbe anzuwenden; ich meine sachgemäss anwenden. Man be¬
obachtet allerdings bei temperamentvollen Pferden nach Ein¬
reibungen von Quecksilbersalben seltener als bei Canthariden
leichte. Vergiftungserscheinungen; ich stimme aber dem Herrn
Corpsrossarzt a. D. Wenzel bei, der behauptet, dass viel zu
wenig und vor allen Dingen viel zu spät von den scharfen
Einreibungen Gebrauch gemacht wird. Gleich bei jeder einiger-
massen belangreichen, acuten Sehnenentzündung, besonders
wenn noch die obere oder untere Sehnenscheide des Hufbein¬
beugers mit ergriffen ist, hat nur sofortige scharfe Einreibung
bleibenden Erfolg.
Welchen naiven Ansichten über scharfe (Quecksilber-)
Einreibungen man da manchmal in Kreisen, die es eigentlich
wissen sollten, begegnet, das ist fabelhaft. Wollte da z. B.
Jemand durch Baden und Massiren der Sehne in 16 grädigem
Wasser mit nachfolgendem Priessnitz das Quecksilber nach
einem Vierteljahr aus der Sehne seines Pferdes herauscuriren,
wo es längst in der Leber etc. Winterquartiere bezogen hatte.
Dem, der selbst, der Noth gehorchend, nicht dem eigenen
Triebe, nähere Bekanntschaft mit diesen schmierigen — pardon
— schwierigen Sachen gemacht hat, mag ja diese Ehrfurcht
ganz gut anstehen; aber in den vorgeschriebenen Grenzen beim
Pferde angewandt ist es immer noch ein vorzügliches Medicament,
das sich durch unsern alten Bekannten, selbst in russisch-grüner
Maske, noch lange nicht vertreiben lassen wird.
Referate.
Versuche mit Serumsehutzimpfuiig gegen R&nschbrand.
Von Kitt.
(MUh. f. Th. 11, 8.)
Die Serumschutzimpfung für Rauschbrand praktisch zu er¬
proben, hat unzweifelhaft ein grosses Interesse. Kitt hat
schon 1893 einen Versuch unternommen, aus dem sich ergab,
dass das Serum eines Schafes, welches mit abgeschwächtem
Virus immun gemacht und dann mit virulentem Material nach¬
geimpft worden war, die Fähigkeit hatte, ein anderes Schaf
zu immunisiren. (Merkwürdiger Weise gelang es nicht, ebenso
Meerschweinchen zu immunisiren. Dies stimmt jedoch mit einer
Feststellung von Sobernheim überein, dass das Serum der
gegen Milzbrand unempfänglich gemachten Schafe zwar sehr
wohl Schafe immunisirt, nicht aber, oder nur unregelmässig,
Kaninchen und Meerschweinchen. Die passive Immunität ist eben
von einer bei den einzelnen Thierarten verschiedenen Reaction des
Körpers abhängig.) Wie K. erfahren hat, haben auch Voges
und Casper Versuche in dieser Richtung mit günstigem Er-
gebnis8 angestellt. Die nunmehr von Kitt erneuerten, wenn
auch noch nicht vollendeten Versuche haben zunächst bereits
ergeben, dass Pferde, Schafe, Ziegen und Rinder, wenn sie
gegen Rauschbrand immunisirt worden sind, ein Serum liefern,
welches Schafe gegen eine tödtliche subcutane Dosis von
frischem oder getrocknetem Rauschbrandfleischsaft zu schützen
vermag. Der praktisch werthvollste Nachweis, dass auch bei
Rindern ein Serumschutz auf diese Weise sich erzielen lässt,
ist noch nicht geführt, weil die Beschaffung der thenren Ver-
suchsthiere hier grössere Schwierigkeiten bietet.
Vor Beginn umfassender Versuche in dieser Richtung muss
erst die tödtliche Minimaldosis ausprobirt werden, was beim
Rauschbrand deswegen nicht so einfach ist, weil die natürliche
Resistenz der Rinder sehr ungleich ist (öfters blieb ein Jung¬
rind leben, welches das fünffache derjenigen Dosis eingeimpft
erhalten hatte, durch die ein anderes Rind getödtet worden war).
Flüssige Culturen sind übrigens wegen rascher Virulenz¬
änderung zu solchen Versuchen nicht brauchbar, während das
getrocknete und aufbewahrungsfähige Material nach dem Gewicht
dosirt werden kann. Wegen der sehr grossen Empfänglichkeit
der Schafe, die eben durch diese Eigenschaft ein sehr geeignetes
Testobjekt bilden (schon Vio Tropfen frischen Rauschbrand¬
saftes tödtet subcutau), kann es Vorkommen, dass die ein¬
verleibte Menge über den Grad des verliehenen Seruraschutzes
hinausgeht, und es ist passirt, dass aus solchem Grunde alle
Thiere trotz der Serumimpfung zu Grunde gingen. Dies würde
an sich den praktischen Werth der Serumimpfung nicht stören;
denn auch bei Tetanus und Diphtherie richtet sich der Serum¬
impfschutz nach der Quantität des Giftes, ebenso beim Milz¬
brand. Bei der natürlichen Rauschbranderkrankung handelt es
sich nicht um die Aufnahme solcher Quantitäten, die verimpft
werden, aber um hoch virulente Keime, und das ist ein Mangel
des Experiments, dass sich die natürliche Infection nicht gleich¬
artig nachahmen lässt. Dies ist auch der Grund, weshalb über
den Werth einer Impfung erst die Praxis entscheidet.
Angesichts der erwähnten Unsicherheiten ist es klar, dass
die Feststellung der Dosen und Immunisirungsbedingungen ein
grosses Tbiermaterial beansprucht. Da ein solches nicht aus¬
reichend zur Verfügung stand, so bezeichnet K. seine Versuche
nur als erste Orientirungsversuche.
Die Gewinnung des Schutzserums gelang am schnellsten
beim Pferde und Schafe. Einem Pferde wurden verimpft: am
22. April l 1 ^ ccm, 29. April 10 ccm, 12. Mai 10 ccm, 13. Juni
10 ccm, 9. Juli 10 ccm frischen Rauschbrand-Fleischsaftes. Trotz
der geringen natürlichen Empfänglichkeit dieses Thieres und
trotzdem es auf die Impfung garnicht reagirte, lieferte es ein
Serum, welches Schafe gegen Impfrauschbrand unempfänglich
machte. 15 Tage nach der dritten Impfung wurde Serum ab¬
genommen, und zwar 5 und 10 ccm zwei Schafen an den Schenkeln
verimpft. Am 6. Tage danach erhielt jedes Schaf 2 / 10 ccm
virulenten Rauschbrandsaftes eingeimpft. Beide blieben gesund.
Das Experiment wurde nach der 5. Impfung des Pferdes mit
zwei Schafen wiederholt. Ein Controllschaf, mit halber Dosis
des virulenten Materials, welches die mit Serum behandelten
Schafe erhielten, geimpft, verendete an Rauschbrand.
Ebenso zeigte sich das Schafsernm wirksam. Ein Schaf,
welches mit 10 ccm Ziegenserum behandelt war und sich bei
einer Controllimpfung am 22. April immun gezeigt hatte, bekam
am 5. Mai 3 ccm eines frischen Virus einvei leibt, von dem Vio ccm
zwei Schafe getödtet hatte. Das immunisirte Schaf blieb gesund
und 21 Tage später wurde von ihm Blut entnommen, mit dessen
Serum 2 Schafe geimpft wurden, welche sich daraufhin wider¬
standsfähig gegen eine Einimpfung von 2 / 10 ccm virulenten
Saftes erwiesen.
Ziegen verlangen eine vorsichtige intravenöse Aktio-
iramunisirung. Zwei starben nach subcutaner Impfung an
Rauschbrand, obwohl sie schon mehrfach intravenöse Injectionen
erhalten hatten, und selbst das Ueberstehen einer zufällig ent¬
standenen schweren Rauschbranderkrankung gewährte noch
keine dauernde Immunität. Wirksames Ziegenserum erhielt K.
durch folgende Präparation einer Ziege: Die Ziege hatte am
25. 2. intravenös 6 ccm dünner wässriger Emulsion von
trockenem Virus erhalten, am 17. 3. intravenös 3 ccm frischen
Saftes und von demselben Material am 7. 4. subcutau 1/2 ccm;
am 12. 5. subcutan 1, am 10. 6. intravenös 1, am 26. 6. iutra-
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t, als die Be
I ilitärvetennäre
g des Kriegs
e Armee
Vorbildung zwischen be
Ithierärzten, die (abgesehen
ichen Aufgaben im All
Concurrenz stehen, ist nicht
Militärthierärzte gegenüber
1 unerwünscht. Die Privatpraxis
viire ihnen so wie so gestattet.
r Functionen müsste natürlich un
amen geknüpft bleiben. Ich bin
e Abiturienten gerade in die Armee
e Armee schliesslich ganz von selber
nfiihrung gelangen würde.
liebes abgespielt.
e wurde in I'reussen seit 1855 Ober
als Anfang der 70er Jahre der Abg. Löwe
en der damals noch viel schlechter gestellten
jefurwortete: „Ich brauche in der Armee bloss
iesslich kam es aber doch zur Ernennung von
ossärzlen mit Beamten-Qualität.
102
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9.
sehr vielgestaltig ist, und es ist daher um so wünschenswerter,
die einzelnen Varianten einer besonderen Beachtung zu würdigen.
Tagesgeschichte.
Ein tactisrher Zwischenfall.
Von Professor Schmaltz.
Die zweite Berathung des Etats für die Verwaltung des
Reichsheeres und der Marine, welche gestern beendet worden
ist, hat den Abgeordneten Hoffmann-Hall (Professor an der
thierärztlichen Hochschule zu Stuttgart) veranlasst, folgende
Resolution einzubringen: „Der Reichstag wolle beschliessen:
den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, er möge dahin
wirken, dass die Gehälter der Corpsrossiirzte, Ober¬
rossärzte, Rossärzte und Unterrossärzte der ausser-
baverischen Contingente des Reichsheeres denen der
entsprechenden Classen von Veterinärärzten der bayerischen
Armee gleichgestellt werden, dass als Vorbedingung für
die Zulassung zum Studium für die militärthierärztliche
Laufbahn Maturitätsprüfung einer Vollanstalt vor¬
geschrieben und dass die thierärztliche Studienzeit
auf neun*) Semester erhöht werde.“
Nachdem, wie bereits mitgetheilt, dem Reichstage eine
Petition des Deutschen Veterinärrathes überreicht worden ist,
welche die Einführung des Abiturientenexamens für alle Thier¬
ärzte bezweckt, entsteht namentlich angesichts der unten zu
erörternden Lage die Gefahr, dass durch das gesonderte Ein¬
greifen des Herrn Abg. Hoffmann in die Maturitätsfrage
Kreuzungen in der Richtung unseres Vorgehens entstehen,
welche der Sache nachtheilig werden können.
Eine in dieser Erwägung von mir an Herrn Abg. Hoffmann
gerichtete persönliche Bitte, er möge speciell diese Frage aus
seinen beim Militäretat zu stellenden Anträgen herauslassen, hat
keinen oder wenigstens nur einen^sehr bedingten Erfolg gehabt.
Herr College Hoffmann hat mich dabei wissen lassen, dass
er nach seiner Ueberzeugung richtig handle, dass er es mir aber
nicht übel nehme, wenn ich ihn deswegen angriffe, dass ihm
dies vielmehr gleichgültig sei.
Es liegt mir ganz fern, Herrn Abgeordneten und Collegen
Hoffmann persönlich anzugreifen. Wie Einigkeit zuerst noth-
thut, wie ich in dieser Frage mit meinem unangenehmsten
Feinde Hand in Hand gehen würde, so werde ich gewiss nicht
Jemanden, von dem mich sonst keine Differenzen trennen, der
dasselbe Ziel verfolgt und, wie ich selbstverständlich gewiss bin,
von den unantastbar besten Absichten geleitet wird, aus blosser
Lust am Kritisiren angreifen. Diese Angelegenheit, für die wir
jetzt fechten, steht hoch über allem Persönlichen. Für uns ist
das — ich glaube dieses Wort hier gebrauchen zu dürfen, ohne
es zu profaniren — eine heilige Sache geworden, die Entschei¬
dung über die Zukunft unserer Wissenschaft. Dieser Sache zu
dienen, sie vor Schaden zu bewahren, darauf allein kommt es
an, nicht auf eine persönliche Kritik.
Aber aus diesem^Grunde, und nur aus diesem wird auch
dem Herrn Abg. Hoffmann eine Kritik sachlich nicht gleich¬
gültig sein können, wenn sie einen ernsten Einwand enthält.
Ich erlaube mir hier eine solche öffentliche Kritik, weil ich für
unsere Sache fürchte und ihr [glaube dienen zu müssen; aber
auch deshalb, weil fdie Thierärzte wissen müssen, wie die
Fäden laufen und wo die Verantwortung liegt.
*' Der Veterinärratb bat einstimmig 8 Semester als genügend
bezeichnet.
Der deutsche Veteriuärrath, von allen deutschen Thier¬
ärzten berufen, hat die Einführung des Abiturientenexamens
seit 10 Jahren unablässig im Auge behalten und ununterbrochen
dafür gewirkt. Auf Grund der Beschlüsse in der letzten (’as-
seler Versammlung hat man sich dann gewissermassen zu einem
Entscheidungskampf vorbereitet. Mit Ruhe und Vorsicht ist die
geeignete Zeit abgewartet worden. Im vorigen Sommer rief der
Präsident des deutschen Veterinärrathes, Geheimrath Esser,
alle Thierärzte zu persönlicher Thätigkeit auf. Im Herbst fand
unter Lydtins’ trefflicher Leitung der internationale thierärzt¬
liche Congress 6tatt, von dem man hoffen darf, dass er auf die
anwesenden Vertreter der Reichs- und Staatsbehörden nicht
ohne günstigen Eindruck geblieben ist. Als nun mit Sicher¬
heit zu erwarten war, dass die Angelegenheit im Reichstag zur
Sprache kommen würde, da schien der Zeitpnnkt zum Handeln da.
Der Veterinärrath schickte seine Eingaben an alle Bundes¬
regierungen, an alle landwirtschaftlichen Körperschaften, an
den Reichstag. Alle massgebenden Factoren sind in gleicher
Weise gebeten worden, dieser Frage ihre Unterstützung zu ge¬
währen, alle in einer Form, die Niemanden verstimmen kann.
Ich glaube, dass dieser Angriff (wenn ich bei dem un¬
willkürlich unter der Feder auftauchenden Bilde bleiben darf)
besonnen und umfassend vorbereitet, auf allen Punkten gleich¬
zeitig und tactisch richtig angesetzt war. Er kam auch gut,
ja, überraschend gut vorwärts. Das wie eine Fanfare wirkende
Wort Sr. Kgl. Hoheit des Prinzen Ludwig v. Bayern, die
wann zustimmenden Resolutionen, die schon von einer gauzen
Anzahl von officiellen landwirtschaftlichen Körperschaften ein¬
gegangen sind, das spontane wirkungsvolle Eintreten des Herrn
Dr. Müller-Sagau, der als alter Naturwissenschaftler vom
Standpunkt des gebildeten Menscheu aus sich einer aus der
zwängenden Schale heraus nach Entfaltung ringenden Wissen¬
schaft annahm, — das alles waren sichere und hoffnungweckende
Zeichen dafür, dass in weiten und verschiedenen Kreisen unserem
Streben ernste Beachtung und Wohlwollen nicht mehr ver¬
sagt wird.
üb wir bei den massgebenden Reichs- und Staatsbehörden
auf eine entschiedene und bedingungslose Gegnerschaft stossen
würden, wussten wir nicht. Obwohl ich von gar nichts unter¬
richtet bin, glaube ich aber persönlich, in Uebereinstimmung mit
Anderen, dass, soweit das Civilveterinäiwesen in Frage kommt,
wir mindestens auf einflussreiche amtliche Fürsprache von
verschiedenen Stellen aus rechnen können, und die Haltung
des Herrn Staatssecretärs des Innern bestärkt mich nur in dieser
Auffassung. Die Aussichten sind also günstig.
Da führt plötzlich der Abgeordnete Hoffmann von einem
ganz anderen Punkte aus allein einen Vorstoss, indem er bei
Gelegenheit seines übrigens sehr dankenswerthen Eintretens
für die Gehaltsverbesserungen der Militärveterinäre auch die
Abiturientenfrage anschneidet.
Ob es nicht im Allgemeinen vorteilhafter ist, immer nur
eine Frage auf einmal, hier also die Gehaltsfrage, zu verfolgen,
geht uns hier nichts an. Tndem aber Herr Abg. Hoffmann in
der Commission eine Erklärung des Commissars des Herrn
Kriegsministers hervorrief, welche die — hoffen wir nur zu¬
nächst und bedingungsweise — ablehnende Haltung des Kriegs¬
ministers (vielen wohl überraschend) in bündigster Form er¬
kennen Hess, hatte das Vorgehen des Herrn Abgeordneten jeden¬
falls die Wirkung, sagen wir, einer gelungenen gewaltsamen
Recognoscirung. Die Stellung des Gegners war demascirt, und
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1. März 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT^
108
zwar als die eines sehr starken Gegners, den über den Haufen |
zu rennen man keine Aussicht hat.
Der Herr Abg. Hoffmann ist selbst soweit alter Soldat.
Er wird wissen, dass solche Recognoscirungen bei der (hier
freilich nicht beabsichtigten und nicht vorhergeselienen) Er¬
reichung ihres nächsten Zweckes stehen bleiben müssen, damit
man Zeit findet, nach der gewonnenen Aufklärung zu dis-
poniren. Er wird wissen, dass solche nicht rechtzeitig ab¬
gebrochenen Recognoscirungen andernfalls das Ganze sehr un¬
angenehm engagiren können. Er wird wissen, dass einem ge¬
ordneten Vormarsch nichts schlimmeres passiren kann, als
Durchkreuzungen. Er wird wissen, dass man es um Alles ver¬
meidet, sich einer Theilniederlage auszusetzen, die eine Total- |
niederlage werden kann. Er wird wissen, dass es keinen Führer
giebt, der ohne Noth die stärkste Position in der Front an¬
greift, wenn er hoffen kann, auf den Flügeln zu gewinnen.
Nun also! Man kann doch aus der militärischen Tactik i
viel lernen. Man soll doch ihre Lehren befolgen! Der Vorgang
in der Commission ist schon nachtheilig genug; den konnte man j
aber nicht voraussehen. Nachdem nun aber die Stellung des i
Kriegsministeriums klargestellt war, musste dieser Punkt vom j
Herrn Abg. Hoffmann fallen gelassen werden.
Die Einbringung einer das Abiturientenexamen |
betr. Resolution beim Militäretat ist unbedingt ein
tactischer Fehler.
Speciell dem Kriegsministerium gegenüber wird selbst mit
Annahme der Resolution kaum etwas erreicht, dagegen wird
Alles aufs Spiel gesetzt.
Denn wenn die Abstimmung des Reichstages ungünstig aus-
fällt, ist damit die Berathung der Petition des Veterinärraths,
wenn nicht gegenstandslos gemacht, so doch mindestens unter
sehr ungünstige Umstände gebracht und das Vorgehen in dieser
Richtung überhaupt gelähmt.
Ob eine derartige directe Durchkreuzung des Vorgehens
des Veterinärrathes vom collegialen Standpunkt aus richtig
erscheint, soll dabei gar nicht in Betracht kommen. Wäre keine
Gefahr vorhanden, wären auch nur die Chancen gleich und
bestände Aussicht auf Erfolg, so wäre ich der erste, Herrn
Abg. Hoffmann zu gratuliren, wenn er als Erster durchs Ziel
gegangen wäre.
Aber das kann für keinen Kenner der Verhältnisse zweifel¬
haft sein, dass wir viel bessere Aussichten haben, wenn diese
Frage nicht vom speciell militärischen Standpunkt, auf dem die '
Gegnerschaft des betreffenden Ministeriums schon feststeht,
behandelt wird, sondern als allgemeine Bildungsfrage und vom
Standpunkt der landwirthschaftlichen und veterinärpolizeilichen
bezw. sanitätsthierärztlichen Interessen aus.
Gegen die Armeeverwaltung sind namentlich die rechts
stehenden Parteien nur in besonders dringenden Fällen zu stimmen
bereit. Auch haben die auf der rechten Seite und im Centrum
sitzenden zahlreichen Landwirthe an der Ausbildung der Militär¬
thierärzte gar kein Interesse. Mag hierin schliesslich der
Kriegsminister befinden, meint mau.
Ganz anders hinsichtlich der Civilthierärzte. An deren
Qualität sind nicht blos die Landwirthe, sondern auch die Städte
wegen der Fleischschau unmittelbar interessirt. Hierin können
städtische und ländliche Abgeordnete mit viel grösserem Nachdruck
ihre Meinung zur Geltung bringen und werden es auch thun.
Es wäre ganz verkehrt, aus den ablehnenden Aeusserungen
der conservativen Abgeordneten Graf Roon und Graf Stoib erg |
einen Schluss auf die Partei ziehen zu wollen. Dieselben haben
beim Militäretat gesprochen, und da hat Graf Roon die Ansicht
seines berühmten und um das Vaterland verdienten, den Thier¬
ärzten freilich nicht günstigen Vaters vertreten.*) Graf Stol-
berg, Oberpräsident a. D., hat wohl nicht gerade als Vertreter
der Landwirthschaft seine kurze Meinungsäusserung abgegeben
und wird, wenn er bei den Landwirthen seiner Partei eine
andere Auffassung findet, dieser hinsichtlich der Civilthierärzte
kaum entgegen sein. **)
Es ist vielmehr gar nicht zu bezweifeln, dass wir namentr
lieh unter den Landwirthen der conservativen Partei und der
Centrumspartei ebenso Freunde haben als links. Darauf lassen ja
überdies die Zustimmungen der unzweifelhaft grossentheils jenen
Parteien ungehörigen Vorstände der Landwirthschaftskammern etc.
mit Sicherheit schliessen. Als Parteisache lässt sich unsere An¬
gelegenheit, die mit Politik auch gar nichts zu thun hat, so wie
so nicht durchsetzen.
Es ist also kaum zu bezweifeln, dass die Petition des
Veterinärrathes auf eine viel interessirtere und günstigere
Aufnahme seitens des Reichstages zu rechnen hat, als die Re¬
solution Hoffmann, welche sich nur auf die Militärveterinäre
bezieht, ein Punkt, der nach der Erklärung des Kriegs¬
ministeriums unzweifelhaft der ungünstigste Angriffspunkt
ist, während diejenigen Ministerien, die auf dem Gebiet des
Civilveterinärwesens zu entscheiden haben, wahrscheinlich eine
weniger ablehnende Haltung einnehmen.
Wenn aber, das möchte ich als meine persönliche Ansicht
entschieden zum Ausdruck bringen, die Armee für das
Abiturientenexamen nun einmal nicht zu haben ist, dann müssen
wir unbeirrt das Ziel für die Civilthieräzte allein zu erreichen
suchen. Eine Unterscheidung in der Vorbildung zwischen be¬
amteten, practischen und sanitären Civilthierärzten, die (abgesehen
von der Gleichartigkeit der thierärztlichen Aufgaben im All¬
gemeinen) mit einander in directer Concurrenz stehen, ist nicht
möglich. Eine Abschliessung der Militärthierärzte gegenüber
dem Civil ist möglich, wenn auch unerwünscht. Die Privatpraxis
resp. der Uebertritt in dieselbe wäre ihnen so wie so gestattet.
Die Uebernahme civil amtlich er Functionen müsste natürlich un¬
bedingt an das Abiturientenexamen geknüpft bleiben. Ich bin
überzeugt, dass dann so viele Abiturienten gerade in die Armee
eintreten würden, dass die Armee schliesslich ganz von selber
zur obligatorischen Einführung gelangen würde. Schon
früher hat sich etwas ähnliches abgespielt.
Für Civilthierärzte wurde in Preussen seit 1855 Ober-
*) Derselbe sagte, als Anfang der 70er Jahre der Abg. Löwe-
Calbe das Aufrücken der damals noch viel schlechter gestellten
preuBS. Veterinäre befürwortete: „Ich brauche in der Armee bloss
Schmiede“. Schliesslich kam es aber doch zur Ernennung von
Corps- und Oberrossärzten mit Beamten-Qualität.
**) Graf Stoib erg bat nur kurz gesagt, ein intelligenter
junger Mann könne mit dem Primaner-Zeugniss auskommen. Dem
stimmen wir ganz zu. Die- Intelligenz ist jedenfalls das beste Aus¬
kunftsmittel in allen Lebenslagen und genügt oft allein; in Ver¬
bindung mit dem Primanerzeugniss würde sie fast für alle
acadcmischen Berufe genügen. Die Sache ist nur die, dass gerade
eben das Abiturientenexamen die Gewähr einer gewissen Intelligenz
giebt und in dieser Beziehung durch nichts zu ersetzen ist. Wir
wollen ja das Abiturientenexamen gerade deshalb haben, da¬
mit wir den Durchschnitt der Intelligenz unserer Studenten steigern,
der jetzt zu wünschen lässt, weil wir so viel Dumme und Faule
bekommen, um es kurz und rücksichtslos zu sagen, die bloss des¬
halb zu uns abgeschoben werden, weil sie aus mangelnder Intelligenz
das Abiturientenexameu nicht machen können.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9.
104
secundanerreife, dann 1869 (Norddeutscher Bond) Secundaner-
reife gefordert, die Armee verlangte nur eine viel geringere
Bildung, um plötzlich 1874 selber mit der Forderung des Ein-
jährig-Freiwilligen-Zeugnisses über die Anforderungen an die
Civilthierärzte hinauszugehen. Vier Jahre später kam dann
die für alle Studirenden der Veterinärmedicin gleiche Einführung
der Primanerreife.
So sehr wir ein gleichmässiges Vorgehen wünschen; ein
Theilerfolg ist immer noch tausendmal besser als eine gänzliche
Niederlage, namentlich wenn man die Zukunft ins Auge fasst.
Wird die Resolution Hoffmann vom Reichstag abgelehnt,
werden durch die Erklärungen des Kriegsministeriums sowohl
die Abgeordneten als die Ministerien und nachtheilig beeinflusst,
wird in Folge dessen die bisher günstig stehende Action des Ve-
terinärrathes gehemmt, seine Petition begraben, so ist auch
jener Theilerfolg vernichtet.
Nun ist vielleicht Herr Abg. Hoffman n der Ansicht: „Was
nicht heute wird, kommt morgen. Werde ich diesmal abge¬
schmettert, so komme ich im nächsten Jahre wieder“. Dieser
Standpunkt könnte aber unmöglich ernstlich aufrecht erhalten
werden. Mit solchen Gedanken könnte man es doch nicht
rechtfertigen, sich ohne Noth einer Niederlage auszusetzen.
Abgesehen davon, dass man nie wissen kann, wie lange ein Ab¬
geordneter überhaupt wiederkommt, und dass das Kriegs¬
ministerium jedenfalls stabiler ist als das Mandat für Hall,
könnte man doch die materiellen und moralischen Wirkungen
einer solchen totalen Niederlage nicht so gänzlich unterschätzen
wollen.
Die Lage der Dinge ist veränderlich und ein günstiges Zu¬
sammentreffen, was heute Erfolg gewähren kann, kehrt, wenn
der Augenblick ungenutzt verstrichen ist, oft niemals wieder.
Nein, es ist nicht gleichgültig, ob etwas heute richtig angepackt
wird oder morgen. Denn das Morgen kann viel schlechter sein
als das Heut. Wir wissen doch davon ein Lied zu singen.
Wie ist es uns denn gegangen mit dem Abiturientenexamen?
War dasselbe nicht schon aller Voraussicht nach in Preussen
1892 gesichelt? Damals war auch der Kriegsminister Herr
v. Verdv dafür, damals wurden schon an der Militärrossarzt¬
schule ein Semester lang nur Abiturienten angenommen und
heute! — Vielleicht war es ein jämmerlicher Zufall, der es
verhindert hat, dass diese heiss ersehnte Reform in den Hafen
gebracht wurde, ehe die gegnerische Strömung die Oberhand
gewann. Auch jetzt war und ist noch die Gelegenheit günstig.
Das Interesse der Landwirthschaft und anderer Factoren
ist allenthalben erregt und wird, wenn wieder ein Fehl¬
schlag kommt, vielleicht nicht leicht wieder so allgemein zu
erwecken sein.
Und die moralische Einwirkung eines solchen Schlages?
Die wiegt am schwersten in dem Exempel. Wir würden die
Wirkung einer jetzigen nochmaligen Niederlage nicht so bald
verwinden. Eben weil eine Abweisung unseres Wunsches nach
unserer einmüthigen Ueberzeugung mit sachlichen Gründen nicht
mehr motivirt werden kann, würde die Wirkung derselben die
Berufsfreudigkeit tief erschüttern, würde theils muthlos und
stumpf machen, theils verbittern. Tritt dieser Fall ein, so muss
wenigstens das Gefühl uns erspart sein, dass eigne Fehler einen
Antheil an diesem Ausgange hätten.
Die Thierärzte sehen mit fieberhafter Spannung auf die
nächste Zukunft. Es hat sich ihrer eine tiefgehende und ganz
allgemeine Erregung bemächtigt, wie sie nur vor einer er¬
warteten grossen Entscheidung einzutreten pflegt; eine Er¬
regung, bei weitem tiefer, als vor 15 Jahren, wo es sich um
das Einrücken der Thierarzneischulen unter die Hochschulen und
Beseitigung von Missständen an denselben handelte.
Die Rede des Abgeordneten Dr. Müller hat uns Thier¬
ärzten einmal ungeschminkt vor der Oeffentlichkeit gezeigt,
was man über uns denkt. Ja, es ist wahr, wir begegnen überall
der Missachtung und wir haben das satt, denn wir sind daran
nicht schuld. Wo man auch hinkommt, ob unter Officiere
oder unter Kaufleute, ob auf ein Berliner Diner oder in
eine provinzielle Jagdgesellschaft, (seien es nun städtische
Sportsmen oder Gutsbesitzer) ob unter landwirthschaftliche
Professoren oder unter classische Oberlehrer, von den Aerzten
ganz zu schweigen, überall muss man Sottisen über die Thier¬
ärzte hören, sodass man als einigermassen empfindsamer Mensch,
der andererseits nicht feige genug ist, seine Leute zu ver¬
leugnen und sich hinter Nebendinge zu verkriechen, schon am
liebsten jede Gesellschaft meidet. Es wird doch nicht bloss mir
so gehen, sondern auch den Anderen, wenn auch vielleicht
manche es nicht so offen zugeben. Anforderungen stellt man an
den Thierarzt als an einen Mediciner und Gentleman, ein Beweis,
dass dieser Beruf die Vorstellung von der Berechtigung solcher
Anforderungen erweckt. Aber die Mittel zur Verbesserung vor¬
handener Schäden, die hat man uns bisher nicht gegeben.
Jedoch es wird, das muss gerechter Weise auch gesagt
werden, in den wirklich orientirten und den am Veterinärwesen
interessirten Kreisen jetzt anders wenigstens insofern, als man
einsieht, dass die Bestrebungen der Thierärzte. Beachtung ver¬
dienen. Ich glaube fest, wir dürfen auf eine thatkräftige
Wendung zum Besseren hoffen.
Wir kommen ja auch nicht mit hohlem Kopf und leeren
Händen. Durch thierärztliche Arbeit ist eine Wissenschaft ent¬
standen, die öffentlichen Nutzen bietet. Ein königlicher Prinz
in Bayern, zwei preussische Minister in Hannover haben an¬
erkannt, dass die Veterinärmedizin glänzende Fortschritte ge¬
macht hat und eine echte, wichtige Wissenschaft geworden ist.
Dann muss man aber auch die nothwendigen Folgen dieser
Thatsache gelten lassen. Man kann uns nicht an der Herren¬
tafel der Wissenschaften als Knechte sitzen lassen, nachdem
wir uns die Sporen verdient haben. Man kann diese Wissen¬
schaft nicht länger speisen mit dem Abhub von den Tischen der
Gymnasien, sondern man muss ihr geben, was alle andern
Wissenschaften ausnahmslos erhalten — ein intelligentes aus-
gebildetes Menschenmaterial für ihren Dienst, damit sich künftig
die Gesammtheit der Thierärzte dieser von einer Minderzahl
geschaffenen Wissenschaft ebenbürtig erweist; damit endlich das
vielseitige Schelten auf die Thierärzte verstummt, das theils
berechtigt, theils unberechtigt, immer aber tief verletzend ist,
'da man beim besten Willen nichts ändern kann, so lange uns
die Grundlage der Verbesserung fehlt.
Und wir wollen ja doch nichts, was Geld kostet. In Geld¬
fragen wird man den Thierärzten nicht nachsagen können, dass
sie jemals für ihre Wünsche öffentlich agitirt oder sie anders
als in bescheidenster Form geltend gemacht hätten. Es handelt
sich um nichts Materielles, sondern um ein rein ideales Ziel, um
die Stärkung unserer Leistungsfähigkeit. Gewiss erwarten wir
davon auch eine bessere Einschätzung unseres Berufes im Kreise
der übrigen, aber auch das doch weniger für die Personen (die
können sich heute schon zur Geltung bringen); wir wollen
eine grössere Achtung vor unserer Wissenschaft. Und wir
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1. März 1900.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
106
fechten ja nicht für uns. Selbst wenn wir jetzt das Abiturienten¬
examen erhalten, kann, abgesehen von der Freude am Erfolg,
die Wirkung dieser Massregel sich erst nach langen Jahren
zeigen. Wenn unser Blut längst kühl und gleichgültig durch
die Adern rinnen wird, dann wird eine junge Generation die
Frucht pflücken, ebenso wie wir erst jetzt die Fortschritte
wahrnehmen, die auf der Verbesserung der Vorbildung von 1878
beruhen. Wir handeln, weil wir es unserem Berufe schuldig
sind, dem wir unsere Existenz verdanken und der uns innere
Befriedigung gewährt, auch wenn äussere Schwierigkeiten uns
zu verstimmen drohen. Von Selbstsucht und persönlichen
Regungen frei ist unser Streben ganz gewiss und muss es bleiben.
Es geht ein opferwilliger, aufwärts gerichteter Zug durch
die kleine Zahl der deutschen Thierärzte, ein ehrlicher Eifer,
durch Leistungen sich hervorzutlmn und sich das zu verdienen,
was der Wunsch Aller ist. Es wäre tief traurig, wenn diese Be¬
wegung an einem Misserfolg verbluten sollte, und es wäre uner¬
träglich, wenn wir in solchem Falle nicht wenigstens das Be¬
wusstsein behielten, nicht selber daran mit schuld zu sein.
Deshalb steht jeder Schritt, der in dieser Sache unter¬
nommen wird, unter einer schweren Verantwortung. Einer
solchen unterliegt auch das Vorgehen des Herrn Professor
Hoffmann. Der Herr Abgeordnete für Hall kann sich über
jede Kritik hinwegsetzen. Der Thierarzt Hoffmann aber wird
ebensogut, wie der Thierarzt Schmaltz und alle Anderen,
seinen Berufsgenossen Rechenschaft zu geben haben von allem,
was durch ihn geschieht.
Unter diesen Umständen wird der Herr Abgeordnete
Hoffmann gewiss nochmals tiefernstlich mit sich zu Ratlie
gehen, ob er nicht lieber sein isolirtes Vorgehen, dessen gute
Absicht über allem Zweifel steht, aufgeben und darauf ver¬
zichten will, in der dritten Lesung des Militäretats eine Ab¬
stimmung über das Abiturientenexamen herbeizuführen, weil
diese uns in eine tactisch ungünstige Lage mindestens bringen
kann. Kommt er trotzdem zu dem Schluss, dass er Recht hat,
nun dann will ich nur von Herzen wünschen, dass er Recht
behält. Denn darin sind wir wohl alle einig, dass wir uns
allein in den Dienst der Sache stellen und dass nur die rein¬
sten, edelsten und selbstlosesten Motive unsrer Aller Handlungen
bestimmen dürfen. Sincere et constanter! Mit gutem Gewissen
wenigstens wollen wir aus diesem Kampfe hervorgehen.
lieber die Verhältnisse der Ressärzte.
Seit lange ist dem rossärztlichen Stande keine so herbe
Abfindung zu Theil geworden, wie seitens des Vertreters der
Militär-Verwaltung durch die eigenartige Motivirung der Ab¬
lehnung der Maturitas für Rossärzte in der Budgetcommission.
Lange bekannt ist, dass sonderbare Strömungen gegen den
thierärztlichen Stand kämpfen, und zwar mit Vorurtheilen
kämpfen, die entweder von nahestehenden Kreisen ansgehen, die
ihre bisherigen Vorrechte durch einen emporstrebenden ross¬
ärztlichen Stand vielleicht beeinträchtigt glauben, oder von
Berufskreisen, die aus pädagogischen Rücksichten den thier¬
ärztlichen Beruf als eine Abladestelle ihres minderwerthigen Ma¬
terials betrachtet wissen wollen (also von Aerzten und Ober¬
lehrern). Seit etwa 30 Jahren ist thierärztlicherseits die Noth-
wendigkeit der Vollbildung zum Studium der Thierheilkunde
anerkannt und vergeblich angestrebt worden und selbst die
immensen Fortschritte der gesummten medicinischen Wissenschaft
der letzten Decennien haben nicht vermocht, bei uns die Er¬
kenntnis durchdringen zu lassen, dass für das thierärztliche
Studium keine geringere Vorbildung erforderlich ist, als für das
der Humanmedizin.
Keinem anderen emporstrebenden Bernfszweige als dem
thierärztlichen und keiner anderen Wissenschaft als der Thier-
medicin sind so grosse Schwierigkeiten entgegengestellt worden.
Ein Stand, der in seiner Entwickelung so znrückgehalten
wird, wie der thierärztliche, und eine Wissenschaft, die so wenig
befördert wird wie die thierärztliche in den letzten Jahren,
muss verkümmern und mit der Zeit versagen; ob dies für
den Staat erspriesslich ist, mag dahingestellt bleiben.
Der ausgesprochenen Ansicht, dass die Rossärzte
die Verbesserung ihrer Stellung nicht für erforderlich
halten, muss mit Nachdruck entgegengetreten werden.
Es befindet sich w'ohl kein auf dem Standpunkte der heutigen
Wissenschaft stehender Rossarzt in der Armee, der entgegen¬
gesetzter Ansicht sein könnte.
Die rossärztliche Carriere verläuft zur Zeit wie folgt:
Vom 19.—21.*) Lebensjahre Dienst bei der Truppe (dass ein
mit dem Berechtigungszeugniss Versehener länger als ein Jahr
dienen muss ist Eigenart der Militär-Rossarzt-Carriöre). Vom
21—25. Lebensjahre Besuch der thierärztlichen Hochschule.
Vom 25.—30. als U.-Rossarzt mit 800—1000 M. Gehalt. Vom
30.—38. als Rossarzt mit 12—1400 M. Gehalt. Mit 47 Jahren
Ober-Rossarzt mit dem Höchstgehalt von 2400 M. Hiermit
bescliliesst der Rossarzt seine Laufbahn, denn die 19 Corpsross-
arztstellen mit 27—3300 M. Gehalt können als Avancement
nicht in Betracht kommen.
Wenn die Ausführungen des Vertreters derMilitär-Verwaltung
richtig sind, dass es den Familien, aus denen sich die Rossärzte
recrutiren, schwer werden soll, ihre Söhne bis zur Primanerreife
zu bringen, w'as soll aus den Aermsten denn später werden?
Die 2 (bzw. mehr) Jahre bei der Truppe und die 372 Jahre auf
der Militär-Rossarzt-Schule, kosten die etwa keine Zulagen?
Es giebt ja wenige, die diese Carriöre ohne wesentliche
Zuschüsse durchmachen, was wird aus diesen? Mit der Löhnung
als Militär-Rossarzt-Eleve können sie nicht dnrchkommen, sie
machen schliesslich Schulden und wann sind sie im Stande,
diese abzuzahlen? Doch nicht etwa von der kärglichen ross¬
ärztlichen Besoldung, die zum Leben selbst nicht ausreicht!
Sie kämpfen meist erfolglos um ihre Existenz, so lange sie
leben, und es muss lobend anerkannt werden, wenn nur ein ver¬
schwindend kleiner Theil hiervon moralisch unterliegt.
Der intelligentere Theil der Rossärzte sucht sich daher
sobald als möglich von der Militär-Laufbahn zu befreien.
In dem 30. Lebensjahre gründen die meisten Menschen einen
eigenen Hausstand und hier beziehen die Rossärzte 12—1400 M.
Gehalt. Bis sie Oberrossarzt werden, etwa im 38.—40. Lebens¬
jahre, ist das etwa von der Frau mitgebrachte Vermögen auf¬
gezehrt; jetzt kostet die Erziehung der herangewachsenen Kinder
bedeutend mehr als bisher und 2400 M. Gehalt ist eine kleine
Summe. Die Rossärzte wollen auch kein Wohlleben führen,
sondern ihre Kinder nur so gut und so arm erziehen, als sie
selbst erzogen worden sind, und dies dürfte doch nicht zu viel
gefoidert sein.
Nach den 5 pCt. oder höchstens 10 pCt. der Rossärzte, die
durch ihre Privatthätigkeit ein nennenswerthes Nebeneinkommen
*) Die Dienstzeit dauert häufig drei Jahre, selbst noch länger.
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106
sich verdienen, können doch die übrigen 90 pCt. nicht beurtheilt
werden. Seit dem Zusamraenziehen der Truppen und seit der
erheblichen Zunahme der Civilthierärzte haben die Rossärzte
so gut wie keine Privatpraxis mehr und ihre gesteigerte dienst¬
liche Thätigkeit lässt ihnen hierzu auch nicht die Zeit, wie es
früher der Fall war.
Pie Rossärzte beziehen das absolut niedrigste Gehalt von
allen anderen mittleren Staats- und Reichsbeamten und werden
hierin sogar von einigen Unterbeamten in grösseren Städten
überholt.
Es war der Verwaltung doch bekannt, wie wenig Gehalt
die Rossärzte beziehen, warum vergass man bei der allgemeinen
Beamtengehaltserhöhung diese Klasse? Poch nicht etwa weil in
den 90 iger Jahren das Gehalt der Ober-Rossärzte einmal um
200 und einmal um 400 M. erhöht wurde, also von 1800 bis
2400 M.? Wenn Jemand lange Zeit gehungert hat und er
erhält alsdann halbsatt zu essen, ist dies etwa ein Grund, ihn
später nicht ganz zu sättigen?
Per Beamte soll und muss doch von seinem Gehalte leben
können und wenn die Lebensbedürfnisse innerhalb einer be¬
stimmten Menschenklasse nicht ungleiche sein sollen, so haben
die Rossärzte vor aHeu Beamten, mit denen sie zur Zeit in
demselben Range stehen, ohne sich schmeicheln zu brauchen,
die beste Bildung und das grösste Wissen voraus, sind
dafür aber am niedrigsten besoldet. Sollte ihr Gehalt dem¬
entsprechend und nach ihren Leistungen erhöht werden, so
dürfte dies mit einigen hundert Mark nicht abgemacht sein.
Hierzu und zu einer bessern Entfaltung ihrer Thätigkeit ist
eine Reorganisation der ganzen rossärztlichen
Carriöre erforderlich. Per Rossarzt behandelt seine
Patienten nach Anordnung der Militär-Befehlshaber, der Officier
befiehlt dem Rossarzte die Behandlung der Pienstpferde. In
welchem Berufe herrschen ähnliche Zustände, dass der Laie dem
Sachverständigen seine Thätigkeit vorschreibt? Wozu ist denn
der Sachverständige überhaupt da, oder soll gar der Officier
noch sachverständiger sein, als der Rossarzt? Pie meisten
Officiere verstehen von der Medicin doch recht wenig und sind
darin günstigstenfalls nur Empiriker, woher es denn auch kommen
kann, dass ein Befehlshaber, dem z. B. ein früherer Rossarzt
eine Sehnenentzündung mit Erfolg gebrannt hat, später nur fürs
Brennen ist, ein anderer ist für w r arme und ein dritter für kalte
Behandlung. Welche Unannehmlichkeiten den Rossärzten im
„Interesse des Dienstes“ gemacht werden können, weiss nur der
Eingeweihte.
Es ist Andrang zu dieser Carriere genügend vorhanden und
die Manquements sind gedeckt. Von 100 jungen Leuten, die
sich zur Rossarzt-Carriere melden, ahnen aber nicht
10 das ihnen bevorstehende Loos. Hier ist ein Punkt,
der von den verantwortlichen Collegen nicht gebührend berück¬
sichtigt wird. Warum unterrichten sie die Reflectanten nicht
gebührend über ihr zukünftiges Schicksal? Ja, es hat fast den
Anschein, als ob bestimmte Regimenter die Rekrutirungsstellen
der Militär-Rossarzt-Schule bilden. Bei einer wohlangebrachten
Information lässt mancher Jüngling ab von seinem blinden Vor¬
haben, zu dem ihn meistens der bunte Rock und die angenehm
erscheinende Privatpraxis des Rossarztes zieht. Purch dies
Werbesystem schneiden die Rossärzte sich in ihr eigen Fleisch
und ein künstlich zur Schau getragenes Wohlergehen und
falsche Scham über ihre Stellung ist hier am Unrechten Ort.
Verlockender für manchen Aspiranten und noch mehr für
No. 9.
die Eltern ist das staatlich freie Studium; wie theuer aber der
Aspirant dieses bezahlen muss, erkennt er erst zu spät. Nicht
der zehnte Theil junger Leute würde sich zu dieser Carriere
melden, wenn sie zeitig genug wüssten, wie wenig Angenehmes
sie ihnen zur Zeit bietet.
Wir werden unser Ziel schliesslich nur erreichen, wenn wir
unsere Schwächen und unsere Wünsche offen aufdecken. Hierzu
genügen die Fachzeitungen aber nicht, da sie doch fast aus¬
schliesslich von Thierärzten gelesen werden. (?) Es ist ein aus¬
gedehnter Gebrauch der Tagespresse dazu noth-
wendig; denn mancher Abgeordnete würde für uns eine Lanze
brechen, wenn er wüsste, wo uns der Schuh drückt.
Ein alter Rossarzt.
Thierklinik zu ßrimbergherWiesbaden.
Pie Klinik wies im Jahre 1899 wieder eine Zunahmfr auf.
Es wurden behandelt 89 Pferde, 582 Hunde und 19 andere
Thiere mit insgesammt 3138 Behandlungstageu; ausserdem
poliklinisch 185. In der neben der Klinik bestehenden Pensions¬
anstalt wurden im Ganzen 268 Thiere eingestellt, darunter auf
Veranlassung des Thierschutzvereins 73 Hunde und 75 Esel.
Letztere wurden von hier aus zu geringen Preisen an solche
kleinen Leute verkauft, welche bisher Hundefuhrwerk gehalten
hatten.
Im Anschluss hieran sei bemerkt, dass durch das gleiche
Vorgehen des Thierschutzvereines in Berlin das Eselfuhrwerk
in den Strassen die Hundefuhrwerke mehr und mehr zu ver¬
drängen beginnt. Die Thierschutzvereine, welche in Folge
mancher über die unmittelbaren berechtigten Ziele hinaus¬
gehenden und übertriebenen Bestrebungen vielfach nicht die
populäre Beliebtheit gemessen, welche sie im Grunde unzweifel¬
haft verdienen, haben mit der Neueinführung oder besser gesagt
Wiedereinführung des Esels einen vorzüglichen Gedanken ver¬
wirklicht und sich ein grosses Verdienst erworben, einmal um
die Beseitigung der Hundeschinderei, und um die mit Beseitigung
der Ziehhunde zweifellos verbundene Verminderung der Hunde¬
räude, andrerseits um die Wiederbelebung der Haltung und da¬
durch in Zukunft gewiss auch der Zucht dieses genügsamen,
leistungsfähigen und interessanten kleinen braven Langohrs,
das die Kinder schon nur noch aus Märchen kannten.
Wenn, wie mit Recht gesagt wird, die Ziege des kleinen
Mannes Kuh, so ist der Esel ebenso des kleinen Mannes Ross,
namentlich die kleinen Schläge, wie man sie jetzt als Hunde¬
ersatz sieht und deren Fütterung kaum mehr kostet, als die eines
grossen Hundes. Pie so sehr vernachlässigte Zucht dieser
beiden gerade für kleine und ärmliche Verhältnisse so wichtigen
Thierarten wird hoffentlich immer mehr allgemeine Beachtung
und öffentliche Förderung erfahren.
Vorläufige Mittheilung hetr. Naturforscher-Versammlung.
Die diesjährige Naturforscher-Versammlung findet zu Aachen
in der Zeit vom 17. bis 22. September statt. Der Ortsausschuss
der Section für Veterinärmedicin besteht aus den Herren
Departementsthierarzt Schmidt (Einführender, Lothringer
Strasse 100), Schlachthofdirector Bockelraann (Schriftführer.
Metzgerstrasse) und Kreisthierarzt-Assistent Jannes (Steinkaul¬
strasse 3). Die allgemeinen Einladungen werden Anfangs Juni
versandt werden. Es wird gebeten, beabsichtigte Vorträge und
Demonstrationen möglichst bis Ende April anzumelden.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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1. März 1900.
Die Berliner Kochanstalt.
Entgegen anderen Mittheilungen über eine bereits im Princip |
beschlossene Neuverpachtung der Berliner „Kochanstalt“ (vgl. i
B. T. W. No. 3, pag. 34 u. No. 7, pag. 83) theilen die Local- ■
Zeitungen zuverlässig mit, dass die Neuverpachtung nicht ohne j
weiteres erfolgen soll, sondern dass der Magistrat mit den Stadt¬
verordneten eine gemischte Commission zur Berathung über
etwaige Neuordnung zur Abstellung der hervorgetretenen Miss¬
stände gebildet hat, die sofort zusammengetreten ist.
Es wäre erwünscht, wenn aus den diesen Fragen zunächst¬
stehenden unabhängigen thierärztlichen Kreisen, also wohl aus
den sanitätsthierärztlichen Vereinsgruppen heraus unverzüglich
eine Agitation in’s Werk gesetzt würde, um die Errichtung
einer Freibank und überhaupt Verbesserungen der Berliner
Fleischschanorganisation herbeizuführen.
Fleiochschau-Gesetz-Entwurf.
Die XV. Commission des Reichstages hat eine zweite
Lesung des Fleischschau-Gesetz-Entwurfes abgehalten und ist
dabei zu Beschlüssen gelangt, die von denen der ersten Lesung
mehrfach erheblich abweichen. In der heutigen Beilage zur B.T. W.
ist an erster Stelle der durch diese Beschlüsse abgeänderte
Gesetzentwurf abgedruckt, wobei alle wichtigen abweichenden Be¬
stimmungen des ursprünglichen Regierungs-Entwurfes in Klammern
nnd besonderer Schrift an den betr. Stellen eingefügt sind.
Es ist übrigens darauf hinzuweisen, dass es trotzdem
durchaus zweifelhaft ist, ob die Regierung angesichts der von
der Commission beschlossenen grundsätzlichen Abänderungen
den Entwurf auf dieser Basis zur Berathung im Plenum ge¬
langen lässt. Sie kann ihn auch jetzt noch zurückziehen und
hegt angeblich diese Absicht. Eine Besprechung der Beschlüsse
vom technischen Standpunkt aus muss für nächste Nummer Vor¬
behalten bleiben.
Eine thlerSrztilche Hochschule In Norwegen.
In Anknüpfung der Notiz in No. 0 der B. T. W. gestatte
ich mir mitzutheilen, dass der norwegische thierärztliche Verein
in der Generalversammlung am 10. Februar 1900 die Frage
discutirte, welche Ansprüche an die Vorbildung derjenigen jungen
Leute gestellt werden sollen, die zum Veterinärstudium zu¬
gelassen w'erden.
Von mehreren Seiten wurde stark hervorgehoben, dass der
Entwurf der Commission für die Veterinärmediciner ein un¬
genügender war. Es wurde betont, dass zur Reifeforderung der
Stndirenden das Abiturientenexamen*) oder völliges Examen der
landwirtschaftlichen Hochschule als Grundlage eiforderlich sei.
In Bezug hierauf wurde einstimmig beschlossen, eine Petition
an den norwegischen Reichstag („Storthing“) zu senden.
Bergen, den 15. Februar 1900.
0. Jordal, Thierarzt.
Ordentliche Generalversammlung
des thierärztlichen Vereins zu Schleswig-Holstein
am 16. nnd 17. September 1899 in Flensburg.
(Fortsetzung und Schluss.)
2. Tag. Sonntag, den 17. September 1899.
Um 8 Uhr Morgens nahmen circa 40 Collegen unter
Führung des Schlachthofdirectors Herrn von Werder den am
1. October er. zu eröffnenden städtischen Schlachthof in Augen¬
schein. Nach Rückkehr zum Versammlungslocale — Bahn-
*) In Schweden besteht das Abiturientenexamen. Norwegen
wird doch Schweden nicht nachstehen wollen. Anm. d. Red.
107
hofshotel — unternahmen die miterschieuenen Damen unter
kundiger Leitung eine Rundfahrt durch und um die Stadt.
Der Herr Vorsitzende — Kreisthierarzt Völlers — er-
öffnete um 10 Uhr die Hauptversammlung, die von circa
50 Collegen besucht war.
Ausserdem waren erschienen: Als Vertreter der Kgl.
Regierung, Herr G. R.-R. Petersen und der 1. Bürgermeister der
Stadt Flensburg Herr Dr. Todsen. Letzterer erbittet für sich
das Wort, begrüsst die Anwesenden, dankt für das zahlreiche Er¬
scheinen und für die Ehre, auch einmal wieder diesen bedeut¬
samen Verein in der Nordmark tagen zu sehen. Den Ver¬
handlungen die besten Erfolge wünschend, bittet der Herr
Bürgermeister baldigst den Besuch wiederholen zn wollen. Der
Herr Vorsitzende dankt für die freundlichen Worte und geht
zur Erstattung des Geschäftsberichtes über.
Das Verhandlungsprotokoll vom Vorjahre ist in der
B. T. W. veröffentlicht, Separatabdrücke sind jedoch nicht
geliefert. Die Listen über die Behandlung der Gebärparese
mittelst Jodkalium sind zum grösseren Theile eingegangen,
weitere werden noch erbeten. Um Nutzen daraus ziehen
zu können, empfiehlt es sich wohl, die Bearbeitung einer
Commission zu übertragen, welche selbige in 2 Monaten zu
erledigen hätte. Gewählt werden Eckeherg-Schuby und
H ansen-Hollehitt.
Durch den Tod sind dem Vereine entrissen: Schlüter-
Kiel, Johann sen-Krempe, Hoff-Hanerau, No mm eis-Garding,
S toi zenburg-Apenrade, Schnoor-Prasdorf und Fronen-
Durischenhagen. Das Andenken an die Dahingeschiedenen wird
durch Erheben von den Sitzen geehrt.
Zur Aufnahme, in den Verein haben sich folgende Collegen
gemeldet:
Blume-Tönning, Dr. Davids-Kiel, Diercks-Ploen, Cord-
sen-Gravenstein, Hansen - Flensburg, Iwersen - Bramstedt,
Klaussel-Schrastau, Meyer-Glüek6tadt, J. Nissen-Grünholz,
Petersen - Segeberg, J. J. Schmidt - Hadersleben und
Schmidt-Apenrade, wogegen Einwendungen nicht erhoben
werden.
In Sachen der Rechnungslegung überreicht Struve-
Kiel eine Aufstellung über die Kassenverhältnisse des Vereins,
; wonach ein zinstragendes Vermögen von M. 4418,06 und ein
j Kassenbestand von M. 95,47 vorhanden sind. Als Unterstützung
i an Wittwen und Waisen von verstorbenen Vereinscollegen sind
l M. 470 verausgabt. Nach Prüfung der Rechnungen wird dem
derzeitigen Kassenführer Decharge ertheilt. Wahlen: Herr
Struve-Kiel wird als stellvertretender Vorsitzender wieder¬
gewählt, für den verstorbenen Kassirer Herrn Schlüter wird
Kreisthierarzt Jensen-Itzehoe neugewählt und als 2. Revisor
Herr Fock-Ahrensböck berufen. Als Delegirte für die Central¬
vertretung werden Struve und Schröder auf ein ferneres
Jahr gewählt. Beschlossen wird, das Protokoll in abgekürzter
i Form in der Berliner Wochenschrift abdrucken zu lassen.
I
Als Ort für die nächste Hauptversammlung erhielt Kiel
den Vorrang.
Herr Struve-Kiel erhält hiernach das Wort zu seinem
Referate „Die Gewährleistung im Viehhandel nach dem B. G.-B “
Referent geht zunächst auf die bezüglichen Gesetzesparagraphen
ein, erläutert die Kaiserliche Verordnung, betr. die Haupt¬
mängel und Gewährsfristen beim Viehhandel, hebt die Unter¬
schiede zwischen den gegenwärtigen und später gültigen Be¬
stimmungen hervor und macht die Collegen darauf aufmerksam,
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9.
108
in welcher Weise sie zur Vermeidung: von Streitigkeiten bei-
tragen können.
An der nachfolgenden Discussion betheiligten sich Witt-
Sonderbnrg, Hauschildt-Kiel und Jensen-Itzehoe, indem Auf¬
klärung darüber gewünscht wurde, wie es sich mit der Erstattung
der Transport- und Futterkosten verhalte, was unter Beein¬
trächtigung des Xährzustandes zu verstehen und wann nur die
Hälfte eines geschlachteten Thieres verwerthet werden dürfe.
Herr Struve und Herr Rosin suchten die nöthigen Er¬
klärungen hierzu zu geben.
Hierauf wurde während einer halbstündigen Pause die von
der Firma Hauptner-Berlin frenndlichst übersandte Collection
von Instrumenten in Augenschein genommen.
Zum Schlüsse erhielt der Schriftführer Eiler das Wort zu
seinem Berichte über die Verhandlungen des internationalen
thierärztlich-medicinischen Congresses in Baden-Baden.
Referent brachte in zusammengedrängter Form die ge¬
fassten Beschlüsse zu Gehör und gab dazu einige wichtigere
fachwissenschaftliche Erläuterungen und verwies, wegen der
vorgerückten Zeit, auf die Mittheilungen in der Berliner
Wochenschrift. Schluss 1 Uhr Mittags.
Die meisten der anwesenden Oollegen und deren Damen
nahmen zunächst an einem gemeinschaftlichen Mittagsmahle
theil, worauf eine Dampferfahrt auf der Föhrde nach Gliicks-
burg unternommen wurde, um hier noch einige Stunden in ge-
mnthlieher Stimmung bei Spiel und Tanz beisammen zu sein.
Flensburg, Januar 1900.
E i 1 e r. Schriftführer.
Verein practischer Thierärzte zu Berlin.
Versammlung
am
Sonnabend, den 3. März 1900, Abends V 2 8 Uhr
im Rathskeller (Eingang in der Jiidenstrasse).
Tagesordnung:
I. Vereins-Angelegenheiten,
ü. Vorträge.
a. Herr Assistent Knuth: Die Verbreitung der Tuber-
culose unter besonderer Berücksichtigung der Euter-
Tnbercnlose.
b. Herr Assistent Brauer: Thierärztliche Miscellen aus
Ost-Indien.
c. Herr Marstalls-Oberrossarzt Ilr. Toepper: Das Vereins¬
gesetz nach dem neuen Bürgerlichen Gesetzbuch.
III. Mittheilungen aus der Praxis.
Gäste willkommen.
Der Vorstand.
Personalien.
Auszeichnungen: Württemberg: Dem Vorstand des Kgl. württem-
bergischen Medicinalcollegiums, v. Ges sie r ist der Titel und Rang
eines Präsidenten der dritten Stufe der Rangordnung (gleich der des
preuss. Raths I. Classe) — sowie dem Oberamtstliierarzt Koch in
Vaihingen a. E. und dem Gestütsverwalter und Gestütsthierarzt
Nagel zu Scharnhausen das Ritterkreuz II. Classe des Friedrichs¬
ordens verliehen worden.
Ernennungen: L. Kuhn, kgl. sächs. Bezirks- und Grenzthierarzt
in Bodenbach, zum Bezirksthierarzt in Flöha i. Sachs. — Gewählt:
Thierarzt Alfred Lohsee-Guben zum Schlachthofvorsteher in
Sorau N.-L., Thierarzt Foege zum Schlachthofassistenzthierarzt in
Guben.
Approbationen: In Berlin Herr Erdwin Funek: in Hannover
die Herren Heinrich Ammelung, Herbert Grosch, Edmund Ohl-
inann, Wilhelm Schnitzler.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt
I A. Behnke von Brakei nach Trier, Tbierarzt E. Funck (1900) von
Berlin nach Beigedorf.
In der Armee: Lcbbin, Oberrossarzt v. 2. Drag.-Reg. auf Beinen
Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt
Todesfälle: Stabsveterinär a. D. Heinrich Braun-Memmingen.
Yacanzen.
(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Krei8thlerarzt8tellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
1 R.-B. Köln: Rheinbach (600 M., 500 M. voraussichtl. Kreiszuschuss).
Bewerb, bis 18. März an den Regierungspräsidenten.
In Bayern: Bezirksthierarztstelle in Naila (Oberfranken).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Gumbinnen: Grenzthierarzt¬
assistentenstelle in Stallupönen. — R.-B. Schleswig: Eiderstedt.
Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Eberswalde: Schlachthausinspector (2400 M. bis 3300 M.,
Wohnung etc.) Meid, bis 1. März an den Magistrat. — Friesack
(Mark): Thierarzt als Vieh- u. Fleischbeschauer (1200—1500 M. und
Praxis). Bew. bis 1. März an den Magistrat. — Geyer (Sächs.
Erzgeb.): Thierarzt für Fleischbeschau (1500—2000 M. aus der Stadt¬
praxis.) Bewerb, bis 1. März an den Stadtrath. — Halle a. S.:
2 Assistenzthierärzte am Schlachthofe sofort bezw. zum 1. April.
(1800 M., Wohnung etc.) Bew. sofort an die Direction. — Höxter:
Schlachthausverwalter zum 1. April (1200 M., Wohnung etc., 900 M-
Caution. Praxis). Bewerb, bis 10. März an den Magistrat. —
Königsberg i. P.: Schlacbtbofthierarzt sofort. (2000 M., Wohnung
1 etc). Bewerbungen bis 12. März an den Director. — Lüneburg:
Schlacbthofvor8teher (2400—3400 M., Wohnung etc., Pension). Be¬
werb. bis 1. März an den Magistrat. — Osnabrück: Assistenzthier¬
arzt am Schlachthof sofort, (ca. 1500 M., Wohnung etc.). Bewerb,
umgehend an den Magistrat. — Rathenow: Schlachthofinspector
zum 1. April (2000 M. steigend bis 3000 M. Wohnung etc.).
Meldungen an den Magistrat. — Thorn: 2. Thierarzt am Schlacht-
i hof. Bewerb, bis 1. März an den Magistrat.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Cottbus: ScblachthofasBistenzthierarzt. — Dessau: Schlachthof¬
assistenzthierarzt. — Dresden: 3 Hilfsthierarztstellen am Schlacht¬
hof. — Eckernförde: Schlachthofinspector. — Filehne:
i Schlachthofinspector. — Friedrichsthal (Kreis Saarbrücken):
j Tbierarzt für Fleischbeschau. — Görlitz: Schlachthofassistenz-
j tbierarzt. — Hirschberg (Schlesien): Schlachthofvorsteher zum
I 1. März. — Liegnitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Mark¬
neukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. —
Militsch: Schlachthofinspector. — Mülhausen (Elsass): Schlacht-
| hofverwalter. — Ostrowo: Schlachthofinspector. — Spremberg:
j Schlachthofinspector. — Trier: Schlachthofhilfsthierarzt zum l.März.
j — Wanne: Schlachthofvorsteher.
Privatstellen : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu-
j stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen.) — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau
(Ostpr.): Tbierarzt für Praxis (300 M. Zuschuss). Bewerbungen beim
Magistrat.
1900 bekannt gegebene: Pabstorf (BraunBchweig): Thier¬
arzt sofort — Rhinow (R.-B. Potsdam): Thierarzt. — Sonnenburg:
Thierarzt (600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den Magistrat
— Tilsit: Thierarzt für Praxis. Auskunft beim Vorsitzenden des
landw. Vereins in Kaukmethen (O.-Pr.).
Besetzt: Sanitätsthierarztstellen in Essen (Ruhr) und Sorau.
Frankfurt a. 0.: Herzlichen Dank!
Schraaltz.
Verantwortlich ftlr den Inhalt (exch Inaeratcntholl): Prot Dr. Scbmalta in Berlin. — Verlag und Kigenthnm von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. BQzonateln, Berlin
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Gratis-Beilage zur Berliner Thierärztlichen Wochenschrift.
Mittheilungen ihr Veterinär beamte.
Dieselben erseheinen unter Mitwirkung zahlreicher Departements- und Landesthierärzte
in zwanglosen Nummern.
VIII. Serie. 1. März 1900. M 1.
Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Schlachtvieh-
nnd Fleischbeschau
nach den Beschlossen der XV. Commission.
Zweite Lesung. 20. Februar 1900.
§ 1 .
Rindvieh, Schweine, Schafe, Ziegen, Pferde und Hunde,
deren Fleisch zum Genüsse für Menschen verwendet werden
soll, unterliegen vor und nach der Schlachtung einer amtlichen
Untersuchung. Durch Beschluss des Bundesraths kann die
Untersnchungspflicht auf anderes Schlachtvieh ausgedehnt werden.
Bei Nothschlachtungen darf die Untersuchung vor der
Schlachtung unterbleiben.
[Unter welchen Voraussetzungen eine Schlachtung als Noth-
schlachlung anzusehen ist, bestimmt der Bundesrath.']*')
Der Fall der Nothschlaclitung liegt dann vor, wenn zu be¬
furchten steht, dass das Thier bis zur Ankunft des zuständigen
Beschauers verenden oder das Fleisch durch Verschlimmerung
des krankhaften Zustandes wesentlich an Werth verlieren werde
oder wenn das Thier in Folge eines Unglücksfalls sofort ge-
tödtet werden muss.
§ 2.
[Die Untersuchung von Schafen und Ziegen, sowie von noch
nicht drei Monate alten Kälbern und Schweinen darf vor und
nach der Schlachtung unterbleiben.']
Bei Schlachthieren, deren Fleisch ausschliesslich
im eigenen Haushalte des Besitzers verwendet werden
soll, darf, sofern sie keine Merkmale einer die Genuss¬
tauglichkeit des Fleisches ausschliessenden Er¬
krankung zeigen, die Untersuchung vor der Schlach¬
tung und, sofern sich solche Merkmale auch bei der
Schlachtung nicht ergeben, auch die Untersuchung
nach der Schlachtung unterbleiben.
Eine gewerbsmässige Verwendung von Fleisch, bei
welchem auf Grund des Abs. 1 die Untersuchung unter¬
bleibt, iBt verboten.
Als eigener Haushalt im Sinne des Abs. 1 ist der Haushalt
der Kasernen, Krankenhäuser, Erziehungsanstalten, Speise¬
anstalten, Gefangenanstalten, Armenhäuser und ähnlicher An¬
stalten, sowie der Haushalt der Schlächter, Fleischhändler, Gast-,
Schank- und Speisewirthe nicht anzusehen.
§ 3.
Die Landesregierungen sind befugt, für Gegenden und Zeiten,
in denen eine übertragbare Thierkrankheit herrscht, die Unter¬
suchung aller der Seuche ausgesetzten Schlachtthiere anzuordnen.
§ 4 .
Fleisch im Sinne dieses Gesetzes sind Theile von warm¬
blütigen Thieren, frisch oder zubereitet, sofern sie sich zum Ge¬
nüsse für Menschen eignen. Als Theile gelten auch die aus
warmblütigen Thieren hergestellten Fette und Würste, andere
Erzeugnisse nur insoweit, als der Bundesrath dies anordnet.
*) Die eingeklammerten Sätze in CurBivscbrifit sind der Text
des ursprünglichen Regierungsentwurfs.
§ 5 -
Zur Vornahme der Untersuchungen sind Beschaubezirke zu
bilden; für jeden derselben ist mindestens ein Beschauer sowie
ein Stellvertreter zu bestellen.
Die Bildung der Beschaubezirke und die Bestellung der
Beschauer erfolgt durch die Landesbehörden. Für die in den
Armeeconservenfabriken vorzunehmenden Untersuchungen können
seitens der Militärverwaltung besondere Beschauer bestellt
werden.
[Zu Beschauern sind thunlichst approbirte Viierürzte zu be¬
stellen. Andere Personen haben sich vor ihrer Bestellung einer
Unterweisung und Prüfung zu unterziehen.]
Zn Beschauern sind approbirte Thierärzte oder andere
Personen, welche genügende Kenntnisse nachgewiesen haben,
zu bestellen.
§ 6.
Ergiebt sich bei den Untersuchungen das Vorhandensein
oder der Verdacht einer Krankheit, für welche die Anzeigepflicht
besteht, so ist nach Massgabe der hierüber geltenden Vor¬
schriften zu verfahren.
§ 7.
Ergiebt die Untersuchung des lebenden Thieres keinen
Grund zur Beanstandung der Schlachtung, so hat der Be¬
schauer sie unter Anordnung der etwa zu beobachtenden be¬
sonderen Vorsichtsmassregeln zu genehmigen.
Die Schlachtung des zur Untersuchung gestellten Thieres
darf nicht vor der Ertheilung der Genehmigung und nur unter
Einhaltung der angeordneten besonderen Vorsichtsmassregeln
stattfinden.
Erfolgt die Schlachtung nicht spätestens zwei Tage nach
Ertheilung der Genehmigung, so ist sie nur nach erneuter Unter¬
suchung und Genehmigung zulässig.
§ 8 .
— Gestrichen. —
[Die Untersuchung nach der Schlachtung hat sich bei Schweinen,
deren Fleisch nicht ausschliesslich zur Verwenduag im eigenen
Haushalte (§ 2) bestimmt ist, auch auf Trichinen zu erstrecken.]
§ 9-
Ergiebt die Untersuchung nach der Schlachtung, dass kein
Grund zur Beanstandung des Fleisches vorliegt, so hat der Be¬
schauer es als tauglich zum Genüsse für Menschen zu erklären.
Vor der Untersuchung dürfen Theile eines geschlachteten
Thieres nicht beseitigt werden.
§ io.
Ergiebt die Untersuchung, dass das Fleisch zum Genüsse
für Menschen untauglich ist, so hat der Beschauer es vorläufig
zu beschlagnahmen, den Besitzer hiervon zu benachrichtigen
und der Polizeibehörde sofort Anzeige zu erstatten.
Fleisch, dessen Untauglichkeit sich bei der Untersuchung
ergeben hat, darf als Nahrungs- oder Genussmittel für Menschen
nicht in Verkehr gebracht werden.
Die Verwendung des Fleisches zu anderen Zwecken kann
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2
MITTHEILUNGEN FÜE VETERINÄRBEAMTE.
No. 1.
von der Polizeibehörde zugelassen werden, soweit gesundheit¬
liche Bedenken nicht entgegenstehen. Die Polizeibehörde be¬
stimmt, welche Sicherungsmassregeln gegen eine Verwendung
des Fleisches zum Genüsse für Menschen zu treffen sind.
Das Fleisch darf nicht vor der polizeilichen Zulassung und
nur unter Einhaltung der von der Polizeibehörde angeordneten
Sicherungsmassregeln in Verkehr gebracht werden.
Das Fleisch ist von der Polizeibehörde in unschädlicher
Weise zu beseitigen, soweit seine Verwendung zu anderen
Zwecken (Abs. 3) nicht zugelassen wird.
§ 11.
Ergiebt die Untersuchung, dass das Fleisch zum Genüsse
für Menschen nur bedingt tauglich ist, so hat der Beschauer es
vorläufig zu beschlagnahmen, den Besitzer hiervon zu benach¬
richtigen und der Polizeibehörde sofort Anzeige zu erstatten.
Die Polizeibehörde bestimmt, unter welchen Sicherungsmassregeln
das Fleisch zum Genüsse für Menschen brauchbar gemacht
werden kann.
Fleisch, das bei der Untersuchung als nur bedingt tauglich
erkannt worden ist, darf als Nahrungs- und Genussmittel für
Menschen nicht in Verkehr gebracht werden, bevor es unter den
von der Polizeibehörde angeordneten Sicherungsmassregeln zum
Genüsse für Menschen brauchbar gemacht worden ist.
Insoweit eine solche Brauchbarmachung unterbleibt, finden
die Vorschriften des § 10 Abs. 3 bis 5 entsprechende An¬
wendung.
§ 12 .
Der Vertrieb des zum Genüsse für Menschen brauchbar
gemachten Fleisches (§11 Abs. 1) darf nur unter einer diese
Beschaffenheit erkennbar machenden Bezeichnung erfolgen.
Fleischhändlern, Gast-, Schank- und Speisewirthen ist der
Vertrieb und die Verwendung solchen Fleisches nur mit Ge¬
nehmigung der Polizeibehörde gestattet; die Genehmigung ist
jederzeit widerruflich. An die vorbezeichneten Gewerbetreibenden
darf derartiges Fleisch nur abgegeben werden, soweit ihnen eine
solche Genehmigung ertheilt worden ist. In den Geschäfts¬
räumen dieser Personen muss an einer in die Augen fallenden
Stelle durch deutlichen Anschlag besonders erkennbar gemacht
werden, dass Fleisch der im Abs. 1 bezeichneten Beschaffenheit
zum Vertrieb oder zur Verwendung kommt.
Fleischhändler dürfen das Fleisch nicht in Räumen feilhalten
oder verkaufen, in welchen taugliches Fleisch (§ 9) feilgehalten
oder verkauft wird.
§ 13.
— Gestrichen. —
[Ergiebt die Untersuchung, dass das Fleisch z/war zum Ge-
nusse für Menschen tauglich, jedoch in seinem Nahrungs- oder
Genusswerth erheblich herabgesetzt ist, so hat der Beschauer hier¬
von den Besitzer des Fleisches zu benachrichtigen.
Auf den Vertrieb und die Verwendung des Fleisches finden
die Vorschriften des §12 entsprechende Anwendung .]
§ 14 .
[Fleisch, welches in das Zollinland eingefükrl wird, unterliegt
bei der Einfuhr einer amtlichen Untersuchung unter Mitwirkung
der Zollbehörden. Ausgenommen hiervon ist das nachweislich im
Inlande bereits vorschriftsmässig untersuchte und das zur unmittel¬
baren Durchfuhr bestimmte Fleisch.
Die Einfuhr von Fleisch darf nur über bestimmte Zollämter
erfolgen. Der Bundesrath bezeichnet diese Aernter sowie diejenigen
Zoll- und St eu er stellen, bei welchen die Untersuchung des Fleisches
stattfinden kann, und ordnet an, inwieweit das Fleisch nur in
zusammenhängenden Thierkörperti, Thiertheilen oder in Stücken
von bestimmter Grösse und in natürlichem Zusammenhänge mit
inneren Organen eingeführt werden darf.]
§ 14a.
Die Einfuhr von eingepökeltem oder ähnlich zu¬
bereitetem Fleisch, ausgenommen Schweineschinken,
Speck und Därme, von Fleisch in hermetisch ver¬
schlossenen Büchsen oder andern Gefässen, von Würsten
und sonstigen Gemengen aus zerkleinertem Fleisch in
das Zollinland ist verboten.
Im Uebrigen ist die Einfuhr von Fleisch in das
Zollinland bis zum 31. December 1903 unter nach¬
stehenden Bedingungen gestattet:
Frisches Fleisch darf in das Zollinland nur in
ganzen Thierkörpern, die bei Rindvieh ausschliess¬
lich der Kälber, und bei Schweinen in Hälften zer¬
legt sein können, eingeführt werden.
Mit den Thierkörpern müssen Brust- und Bauch¬
fell, Lunge, Herz, Nieren, bei Kühen auch das Euter
in natürlichem Zusammenhang verbunden sein; der
Bundesrath ist ermächtigt, diese Vorschrift auf
weitere Organe auszudehnen.
Zubereitetes Fleisch darf nur eingeführt werden,
wenn nach der Art seiner Gewinnung und Zubereitung
Gefahren für die menschliche Gesundheit erfahrungs-
gemäsB ausgeschlossen sind oder die Unschädlich¬
keit für die menschliche Gesundheit in zuverlässiger
Weise bei der Einfuhr sich feststellen lässt.
Nach Ablauf des in Abs. 2 bezeichneten Zeit¬
punktes ist die Einfuhr von Fleisch, ausgenommen
Schweineschmalz, Speck, reine Oleomargarine und
Därme verboten.
§ 14b.
Das in das Zollinland eingehende Fleisch unterliegt bei
der Einfuhr einer amtlichen Untersuchung unter Mitwirkung
der Zollbehörden. Ausgenommen hiervon ist das nachweislich
im Inlande bereits vorschriftsmässig untersuchte und das zur
unmittelbaren Durchfuhr bestimmte Fleisch.
Die Einfuhr von Fleisch darf nur über bestimmte Zollämter
erfolgen. Der Bundesrath bezeichnet diese Aemter sowie die¬
jenigen Zoll- und Steuerstellen, bei welchen die Untersuchung
des Fleisches stattfinden kann.
§ 14c.
Auf Wildpret und Federvieh, ferner auf das zum Reise¬
verbrauch mitgeführte Fleisch finden die Bestimmungen der
§§ 14a und 14b nur insoweit Anwendung, als der Bundesrath
dies anordnet.
Für das im kleinen Grenzverkelir sowie im Mess- und
Marktverkehr des Grenzbezirkes eingehende Fleisch können durch
Anordnung der Landesregierungen Ausnahmen von den Be¬
stimmungen der §§ 14a und 14b zugelassen werden.
§ 14d.
Der Bundesrath ist ermächtigt, weitergehende Einfuhrver¬
bote und Einfuhrbeschränkungen, als in den §§ 14a und 14b
vorgesehen sind, zu beschliessen.
§ 15 .
Die Vorschriften des § 9 Abs. 1 und der §§ 10 bis 12
gelten auch für das in das Zollinland eingehende Fleisch. An
Stelle der unschädlichen Beseitigung des Fleisches oder an
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MITTHEILUNGEN FuR VETERINÄRBEAMTE.
3
1. März 1900.
Stelle der polizeilicherseits anzuordnenden Sicherungsmassregeln
kann jedoch, insoweit gesundheitliche Bedenken nicht entgegen¬
stehen, die Wiederausfuhr des Fleisches unter entsprechenden
Vorsichtsmassnahmen zugelassen werden.
[Die Untersuchung hat sich hei Schweinefleisch auch auf
Trichinen xu erstrecken.']
§ 16 -
[Der Bundesrath ist ermächtigt,
1. die Einfuhr von Fleisch, dessen Unschädlichkeit für die
menschliche Gesundheit in zuverlässiger Weise bei der Ein¬
fuhr nicht mehr festgestellt werden kann, zu verbieten,
2. zu bestimmen, dass bei der Einfuhr von Fleisch, welches
nach der Art seiner Gewinnung und Zubereitung erheb¬
liche Gefahren für die menschliche Gesundheit erfahrungs-
gemäss nicht bietet, die Untersuchung unterbleiben oder
eingeschränkt werden darf,]
[3. anzuordnen, dass] Fleisch, welches zwar nicht für den
menschlichen Genuss bestimmt ist, aber dazu verwendet
werden kann, darf zur Einfuhr ohne Untersuchung zuge¬
lassen werden, nachdem es zum Genüsse für Menschen
unbrauchbar gemacht ist.
§ 17.
Bei Pferden muss die Untersuchung (§. 1) durch approbirte
Thierärzte vorgenommen werden.
Der Vertrieb von Pferdefleisch sowie die Einfuhr solchen
Fleisches in das Zollinland darf nur unter einer Bezeichnung
erfolgen, welche in deutscher Sprache das Fleisch als Pferde¬
fleisch erkennbar macht.
Fleischhändlern, Gast-, Schank- und Speisewirthen ist der
Vertrieb und die Verwendung von Pferdefleisch nur mit Ge¬
nehmigung der Polizeibehörde gestattet; die Genehmigung ist
jederzeit widerruflich. An die vorbezeiclmeten Gewerbetreiben¬
den darf Pferdefleisch nur abgegeben werden, soweit ihnen eine
solche Genehmigung ertheilt worden ist. In den Geschäfts-
ränmen dieser Personen muss an einer in die Augen fallenden
Stelle durch deutlichen Anschlag besonders erkennbar gemacht
werden, dass Pferdefleisch zum Vertrieb oder zur Verwendung
kommt.
Fleischhändler dürfen Pferdefleisch nicht in Räumen feil¬
halten oder verkaufen, in welchen Fleisch von anderen Thieren
feilgehalten oder verkauft wird.
Der Bundesrath ist ermächtigt, anzuordnen, dass die vor¬
stehenden Vorschriften auf Esel, Maulesel, Hunde und sonstige,
seltener zur Schlachtung gelangende Thiere entsprechende An¬
wendung finden.
§ 18.
Der Beschauer hat das Ergebniss der Untersuchung an
dem Fleisehe kenntlich zu machen. Das aus dem Auslande ein¬
geführte Fleisch ist ausserdem als solches kenntlich zu machen.
Der Bundesrath bestimmt die Art der Kennzeichnung.
§ 19.
Fleisch, welches innerhalb des Reiches der amtlichen Unter¬
suchung nach §§ 9 bis 15 unterlegen hat, darf einer aber¬
maligen amtlichen Untersuchung nur zu dem Zwecke unterworfen
werden, um festzustellen, ob das Fleisch inzwischen verdorben
ist oder sonst eine gesundheitsschädliche Veränderung seiner
Beschaffenheit erlitten hat.
(Beschlossener Zusatz.)
Landesrechtliche Vorschriften, nach denen für Gemeinden
mit öffentlichen Schlachthäusern der Vertrieb frischen Fleisches
Beschränkungen, insbesondere dem Beschauzwang innerhalb der
Gemeinde unterworfen werden kann, bleiben mit der Massgabe
unberührt, dass ihre Anwendbarkeit nicht von der Herkunft des
Fleisches unabhängig gemacht werden darf.
§ 20.
Bei der gewerbsmässigen Zubereitung von Fleisch dürfen
Stoffe oder Arten des Verfahrens, welche der Waare eine
gesundheitsschädliche Beschaffenheit zu verleihen vermögen, nicht
angewendet werden. Es ist verboten, derartig zubereitetes
Fleisch aus dem Auslande einzuführen, feilzuhalten, zu verkaufen
oder sonst in Verkehr zu bringen.
Der Bundesrath bestimmt die Stoffe und die Arten des
Verfahrens, auf welche diese Vorschriften Anwendung finden.
Der Bundesrath ordnet an, inwieweit die Vorschriften des
Abs. 1 au eh auf bestimmte Stoffe und Arten des Verfahrens
Anwendung finden, welche eine gesundheitsschädliche oder minder-
werthige Beschaffenheit der Waare zu verdecken geeignet sind.
§ 21 .
Der Bundesrath ist ermächtigt,
1. Vorschriften über [die Prüfung] denNachweis genügender
Kenntnisse der Fleischbeschauer zu erlassen,
2. Grundsätze aufzustellen, nach welchen die Schlachtvieh-
und Fleischbeschau anszuführen und die weitere Be¬
handlung des Schlachtviehs und Fleisches im Falle der
Beanstandung stattzufinden hat,
3. die zur Ausführung der Bestimmungen in dem § 14 a
erforderlichen Anordnungen zu treffen und die Gebühren
für die Untersuchung des in das Zollinland eingehenden
Fleisches festzusetzen.
§ 22 .
[Die zur Ausführung des Gesetzes erforderlichen Bestimmungen
werden, insoweit nicht der Bundesrath für zuständig erklärt ist
oder insoweit er von einer durch § 21 ertheilten Ermächtigung
keinen Gebrauch macht, von den Laiulesregierungen erlassen].
Wem die Kosten der amtlichen Untersuchung (§ 1) zur
Last fallen, regelt sich nach Landesrecht. Im Uebrigen werden
die zur Ausführung des Gesetzes erforderlichen Bestimmungen,
insoweit nicht der Bundesrath für zuständig erklärt ist oder
insoweit er von einer durch §. 21 ertheilten Ermächtigung keinen
Gebrauch macht, von den Landesregierungen erlassen.
§ 23.
[Landesrechtliche Vorschriften, welche mit Bezug auf
1. die der Untersuchung zu unterwerfenden Thiere,
2. die Ausführung der Untersuchungen durch app'obirte
Thierärzte ,
3. die Trichinenschau,
4. den Vertrieb beanstandeten Fleisches oder des Fleisches
von Thieren der im § 17 bexcichneten Arten
weitergehende Verpflichtungen als dieses Gesetz begründen, sind
mit der Massgabe zulässig, dass ihre Anwendbarkeit nicht von der
Herkunft des Schlachtviehs oder des Fleisches abhängig gemacht
werden darj].
Landesrechtliche Vorschriften über die Trichinenschau und
über den Vertrieb und die Verwendung von Fleisch, welches
zwar zum Genüsse für Menschen tauglich, jedoch in seinem
Nahrungs- und Genusswerth erheblich herabgesetzt ist, ferner
landesrechtliche Vorschriften, welche mit Bezug auf
1. die der Untersuchung zu unterwerfenden Thiere,
2. die Ausführung der Untersuchungen durch approbirte
Thierärzte,
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4
MITTHEILUNGEN FÜR VETERINARBEAMTE.
No. 1.
3. den Vertrieb beanstandeten Fleisches oder des Fleisches
von Thieren der im § 17 bezeichneten Arten
weitergehende Verpflichtungen als dieses Gesetz begründen, sind
mit der Massgabe zulässig, dass ihre Anwendbarkeit nicht von
der Herkunft des Schlachtviehs oder des Fleisches abhängig
gemacht werden darf.
§. 24.
[Inwieweit die Vorschriften dieses Gesetzes auf die Zollaus¬
schüsse Anwendung zu finden haben, bestimmt der Dundesrath .]
Inwieweit die Vorschriften dieses Gesetzes auf das in die
Zollausschüsse eingeführte Fleisch Anwendung zu finden haben,
bestimmt der Bundesrath.
§§ 25 bis 27.
(Enthalten die Strafbestimmungen.)
Resolution.
Der Reichstag erklärt es für angezeigt, dass in Ergänzung
des Gesetzes über die Schlachtvieh- und Fleischbeschau durch
Landesgesetze öffentliche Schlachtviehversicherungen unter
Heranziehung staatlicher Mittel eingerichtet und Massnahmen
zur angemessenen Verwerthung der verworfenen Theile des
Schlachtthieres getroffen werden.
Entschädigung für Verluste durch Schweineseuchen
im Grossherzogthum Hessen.
Gesetzentwurf, betreffend die Abtnderung des Gesetzes vom
7. Juli 1896, die Entschädigung für an Milzbrand und Rausohbrand
gefallene Thiere betreffend.
Artikel I.
Der Artikel 1 erhält hinter „Ziegen“ den Zusatz: „sowie
für gefallene oder getödtete, mit Rothlauf behaftete Schweine.“
In Artikel 2 treten im ersten Satz an Stelle der Worte
„und Schafe“ die Worte: „Schafe und Schweine“.
Im Schlusssätze desselben Artikels ist hinter „von 400 M.“
einzuschalten: „für Schweine von 80 M.“
Artikel 3 erhält folgende Fassung: „auf die zu leistende
Entschädigung worden zu demjenigen Bruchtheil, zu welchem
nach den Bestimmungen des Artikel 2 der gemeine Werth des
Thieres vergütet wird, angerechnet:
1. die aus Privatverträgen zahlbaren Versicherungssummen;
2. der Werth derjenigen Theile des Thieres, welche nach
Massgabe der polizeilichen Anordnungen verwerthet
werden.
Artikel 4 erhält folgende Zusätze:
a) in Ziffer 5 hinter „Ranschbrand“ den Zusatz: „oder
Schweinerothlauf'.
b) in Ziffer 5 hinter „Ranschbrand“ den Zusatz; „oder
Schweinerothlauf“.
Artikel 5 erhält in Absatz 1, Zeile 1, hinter „Milzbrand“
den Zusatz: „Rauschbrand oder Schweinerothlauf', und
ebendaselbst ist in Zeile 3 statt des Wortes „Milz-
brandkadaver“ „Kadaver“ zu setzen.
Artikel 5 erhält ferner als Absatz 4 folgenden Zusatz:
„Die gleiche Anordnung mit gleicher Wirkung kann
nach Feststellung des Rothlaufs unter den Schweinen
eines Gehöftes, eines Ortstheiles oder Ortes für die
Dauer der nächsten 6 Monate mit der Massgabe ge¬
troffen werden, dass alle innerhalb eines Gehöftes,
Ortstheiles oder Ortes befindlichen Schweine zur Schutz¬
impfung angemeldet und vorgeführt werden“.
In Artikel 6 treten an Stelle der Worte „des Milzbrandes
oder des Rauschbrandes“ die Worte: „des Milzbrandes, Rausch¬
brandes oder Schweinerothlaufs“.
Artikel 7 erhält folgende Zusätze:
a) in Absatz 1 hinter „wird“: „bei mit Milzbrand oder
Rauschbrand behafteten Thieren“;
b) ferner Absatz 1 am Schlüsse: „Die Schätzung durch
die Commission kann unterbleiben bei Ziegen und
Schafen, wenn der Ortspolizeibeamte und der beamtete
Thierarzt oder deren Stellvertreter übereinstimmend
bekunden, dass der Werth der zu entschädigenden
Thiere die in Artikel 2 für dieselben festgesetzte höchste
Entschädigungssumme um mindestens ein Fünftel über¬
steigt“;
c) ferner als Absatz 5: „bei mit Rothlauf behafteten
Schweinen ist der gemeine Werth nach den für das
Cadavergewicht im Voraus allgemein festgetzten Preisen
zu ermitteln. Die Festsetzung dieser Preise erfolgt
kreis- oder ortsweise ein- oder mehrmal im Jahre durch
eine von dem Kreisausschuss zu wählende Commission
von 3 Mitgliedern, welche zu beeidigen sind“.
In Artikel 9 wird im ersten Satz an Stelle der Worte:
„das Ergebniss der Schätzung“ gesetzt: „die Fest¬
setzung der Entschädigungssumme“,
In Artikel 10 wird das Wort „Schätzung“ durch „Werth¬
festsetzung“ ersetzt.
Artikel 11 erhält folgende Aenderungen:
a) in Absatz 1 ist statt „sowie“ „und“ zu setzen; ferner
vor „entstehenden“ der Zusatz einzufügen: „sowie die
durch die Ausführung von Schutzimpfungen“;
b) am Ende folgenden neuen Absatz 5:
„Die Kosten, welche durch die Beschaffung von
Impfstoffen und Impfapparaten für die in Gemäss-
heit dieses Gesetzes vorzunehmenden Schutz¬
impfungen erwachsen, trägt der Staat.“
Der Artikel 12 erhält in Absatz 2 den Zusatz: ,,e) Schweinen“.
Artikel II.
Mit der Ausführung und Neuredaction des Gesetzes, das
fortan die Bezeichnung: Gesetz, betreffend die Entschädigung
für an Milzbrand, Rauschbrand und Schweinerothlauf gefallene
Thiere, zu führen hat, wird Unser Ministerium des Innern be¬
auftragt, welches aucli den Zeitpunkt bestimmt, wann dasselbe
in Kraft treten soll.
Begründung.
Der vorstehende Gesetzentwurf bezweckt im Wesentlichen
die Aufnahme der mit Rothlauf behafteten oder getödteten
Schweine unter diejenigen Thiere, für welche Entschädigung
zu gewähren ist. Der Schweinerothlauf ist eine Seuche, welche
die Landwirtschaft schwerer schädigt, als gewöhnlich ange¬
nommen wird, da trotz bestehender Anzeigepflicht nur ein Theil
der Seuchefälle zur Kenntniss der Behörden gelangt.
Da der Schweinerothlauf in der Regel nur enzootisch, d. h.
auf Gehöfte, Ortstheile oder Orte beschränkt auftritt, in der
Schutzimpfung aber ein sicheres Mittel zur schleunigen Unter¬
drückung der Seuchenausbrüche gegeben ist, so können die Ver¬
luste bei rechtzeitiger Anwendung der Schutzimpfung in den
gefährdeten Beständen ganz wesentlich verringert und dadurch
der Landwirtschaft und dem Nationalvermögen nicht unerheb¬
licher Schaden abgewendet werden.
Die Ausführung des Gesetzes ist dadurch erleichtert, dass
der Schweinerotlilauf leicht und mit Sicherheit festzustellen ist.
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1. März 1900.
MITTHEILÜNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE.
5
Obgleich im Allgemeinen zugegeben werden muss, dass die
Bekämpfung des Schweinerothlaufs auch ohne die Gewährung
einer Entschädigung auf dem angegebenen Wege möglich ist,
so unterliegt es doch keinem Zweifel, dass, wenn die An¬
wendung der Schutzimpfung den Besitzern überlassen bleibt,
wohl ein Theil derselben sich gegebenen Falls dieses Mittels
zur Unterdrückung der Seuche in den Schweinebeständen be¬
dienen wird, ein grösserer Theil der Landwirthe aber nicht
dazu kommt, zumal die Schutzimpfung, im Einzelnen ausgeführt,
zu kostspielig ist. Aber auch abgesehen hiervon wird es bei
Ueberlassung der Schutzimpfung an die Privaten an den erforder¬
lichen Vorkehrungen fehlen wegen rechtzeitiger Beschaffung der
Impfstoffe und entsprechender Vertheilung des Impfgeschäfts
unter die Thierärzte eines Bezirks. Gegenüber den durch An¬
ordnung staatlicher Impfung zu erreichenden Vortheilen er¬
scheinen die hierdurch entstehenden, auf 2500 M. veranschlagten
Kosten unerheblich. Der Gesetzentwurf sieht daher die auf
allgemeine Kosten auszuführende Schutzimpfung in denjenigen
Fällen vor, in welchen sie zur Abwendung grösserer Verluste
unbedingt nothwendig erscheint, während es dem vorsichtigen
Schweinehalter unbenommen bleiben soll, werthvolle Schweine¬
bestände, auch ohne dass eine unmittelbare Seuchengefahr vor¬
handen ist, auf seine Kosten der Impfung unterziehen zu lassen.
Was die Kosten betrifft, welche durch die Entschädigung
mit Rothlanf behafteter Schweine entstehen werden, so lässt
sich aus Mangel an einer einwandfreien Statistik über das Vor¬
kommen der fraglichen Seuche in Hessen und in anderen Ländern
zur Zeit etwas Bestimmtes bezüglich der der Staatskasse er¬
wachsenden Kosten nicht angeben; es ist jedoch nicht an¬
zunehmen, dass bei gehörig organisirtem Impfgeschäft und recht¬
zeitig angewandter Schutzimpfung die Kosten hoch werden
könnten. Vorläufig dürfte eine Erhöhung des bezüglichen
Budgetsatzes von 18 800 M. auf 25 000 M. als genügend an¬
gesehen werden. Gleichzeitig würde allerdings auch noch die
Annahme eines thierärztlichen Hülfsarbeiters nothwendig, in
welcher Beziehung im Nachtragsbudget unter Kapitel 58, Titel 5a,
entsprechende Vorsehung getroffen ist. Diesem technisch ge¬
bildeten Hülfsarbeiter würde die Aufgabe zufallen, Impfstoffe
für Rechnung des Staates unter der Aufsicht des technischen
Referenten herzustellen und bei deren Versandt thätig zu sein,
die Thierärzte in der Ausführung der Impfung zn unterweisen
und überall da selbstthätig einzngreifen, wo es gilt, die Impfung
schnell zur Anwendung zu bringen. Auch für die Ausführung
der Rauschbrandimpfungen in den gefährdeten Gemeinden des
Vogelsberges bedarf es, wenn diese Impfungen fortab mehr, als
seither vorgenoramen werden sollen, einer thierärztlichen Hülfs-
kraft, die übrigens auch noch für den Fall der Verhinderung
von Kreisveterinärärzten, namentlich zu Zeiten des Herrschens
von Viehseuchen, als nothwendig sich erwiesen hat.
Die für die einzelnen Artikel vorgesehenen Aendernugen
ergeben sich nach vorstehenden allgemeinen Erläuterungen zum
Theil von selbst. Es kann daher _ von einer besonderen Be¬
gründung in vielen Punkten abgesehen werden. Besonders sei
Folgendes bemerkt:
Zu Artikel 2.
Die Festsetzung der Maximalentschädigung für Schweine
auf 80 M. entspricht der Maximalentschädignng von 400 M. für
Rindvieh.
Zu Artikel 3.
Der Grund für die Aenderung dieses Artikels ist in der
Thatsache gegeben, dass Fleisch nothgeschlachteter, gering¬
gradig rothlaufkranker Schweine ohne Bedenken in gekochtem
Zustande unter Angabe der Eigenschaft verkauft, bezw. genossen
werden darf. Auch ist es nicht ausgeschlossen, dass in den
einer ständigen Aufsicht unterstehenden Sammelabdeckereien die
von rauschbrandkranken Rindern und Schafen herrührenden
Häute, sowie die von solchen, als auch von rothlaufkranken
Schweinen stammenden Fette und sonstigen Producte unter An¬
wendung geeigneter Vorsichtsmassnahmen Verwerthung finden
können.
Zu Artikel 7.
Der beantragte Zusatz zu Absatz 1 hat sich aus der Praxis
ergeben. Es ist erschwerend und kostspielig, dass bei Schafen
und Ziegen die Schätzer auch dann zugezogen werden müssen,
wenn offenbar die in Artikel 2 enthaltene höchste Entschädigungs¬
summe zu gewähren ist.
Der neue Absatz 5 zu Artikel 7 trifft abweichende Be¬
stimmungen für die Ermittelung des Werths der zn ent¬
schädigenden Schweine. Diese Art der Werthvermittelung ist
bereits seit langer Zeit bei Schweine-Versicherungsanstalten
üblich und als die einfachste und beste anerkannt. Die Werth¬
bestimmung wird im Entwürfe einer vom Kreisausschusse zu
wählenden Commission überwiesen.
Verordnungen und Bekanntmachungen de« hiesigen Polizei-Präsidiums.
Frankfurt a. M. Polizei-Verordnung
betreffend den Betrieb von Geflügelmästereien und Getliigeischiächtereien.
Auf Grund der §§ 5 und 6 der Verordnung über die Polizei-
Verwaltung in den neu erworbenen Landestheilen vom 20. Sep¬
tember 1867 und der §§ 142, 143 und 144 des Gesetzes über
die Allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 wird mit
Zustimmung des Magistrats der Stadt Frankfurt a. M. und des
Kreisausschusses des Landkreises Frankfurt a. M. folgende
Polizei-Verordnung erlassen:
§ 1 .
In Geflügelmästereien muss der Fussboden der Ställe und
Buchten mit in Cement verlegten Pflastersteinen oder in Beton
mit rauher Cementdeckschicht und mit starkem Gefälle und Ab¬
zugsrinnen angelegt werden, welche vorschriftsmässig an den
Kanal anzuschliessen oder, solange ein Kanal nicht vorhanden
ist, nach Sammelgruben zu entwässern sind. Der Hofraum muss
eingefriedigt sein. Die Sammelgruben müssen in Sohle und
Umfassungsmauern wasserdicht, höchstens 1 Meter tief angelegt
und ebenso wie die Rinnen dicht bedeckt gehalten werden.
Wenn das Geflügel auf Lattenrosten steht, müssen letztere be¬
hufs leichter Reinigung des Fnssbodens herausnehmbar hergestellt
werden, ferner ist zwischen Fussboden und Rost ein für bequeme
Reinigung des ersteren genügender Raum zu lassen. Offene
Buchten sind zur Verhütung von Belästigungen der Nachbar¬
schaft durch das Geschrei der Thiere mit einem oberen Schutz¬
dache zu versehen.
§ 2 .
Bei Geflügelschlächtereien muss
1. Der Schlachtraum — der nicht im Kellergeschoss liegen
darf —, ebenso der Rnpfraum mindestens 2,5 m hoch sein
und wenn der Schlachtraum zugleich zum Rupfen des Ge¬
flügels benutzt wird, mindestens 20 qm, sonst mindestens
3:3 m Bodenfläche besitzen.
2. Die Wände des Schlachtraums oder Rupfraums müssen bis
l'i m Höhe mit geglättetem Cementputz versehen sein.
3. Im Schlachtraum oder in unmittelbarer Nähe desselben, des¬
gleichen im Rnpfraum muss eine höchstens 1 m tiefe wasser¬
dichte cementirte Sammelgrube vorhanden sein, wenn der
Raum nicht an die Canalisation angeschlossen ist.
4. Der Fussboden des Schlachtraumes oder Rupfraumes muss
mit einer wenigstens 0,2 m starken, in Cement verlegten
Pflasterschicht oder in Beton mit rauher Cementdeckschicht
wasserdicht und mit Gefälle nach dem Canal oder der Grube
hergestellt sein.
5. Fenster und Thüren sind so einzurichten, dass die
Schlachtungen von der Strasse aus nicht beobachtet
werden können.
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MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE.
No. 1.
6. Der Schlachtraum muss genügende Lüftungseinrichtungen
besitzen.
§ 3 .
Betriebsvorschriften.
1. Alle zum Betriebe der Mästerei und Schlächterei benutzten
Räume müssen reichliche und bequeme Wasserversorgung
besitzen, damit die Reinigung der Räume bequem ausgeführt
werden kann.
2. Der Fussboden des Schlacht- und Rumpfraums ist nach
jedem Schlachttage zu reinigen.
3. Blut, Eingeweide und sonstige Schlachtabgänge sind im
Sommer täglich, im Winter zweimal wöchentlich zu entfernen.
4. Die Abwässer aus der Sammelgrube des Schlacht- oder
Rupfraums sind im Sommer täglich, im Winter zweimal
wöchentlich, die übrigen nach Bedarf in dichten Tonnenwagen
zu beseitigen und die Gruben nach Erfordern der Polizei
zu desinficiren.
5. Die Fussböden der Mästereiräume sind wenigstens wöchentlich
einmal zu reinigen.
6. Das Schlachten, Ansnehmen und Rupfen darf nur innerhalb
der dazu bestimmten Räume geschehen. Das Rupfen darf
erst beginnen, wenn die Thiere vollständig getödtet sind.
7. Zum Ausstopfen der ausgenommenen Thiere darf nur reines
(nicht bedrucktes oder beschriebenes) Papier von aufsangender,
wolliger Beschaffenheit benutzt werden.
§ 4 .
Vorhandene Anlagen sind längstens binnen Jahresfrist mit
vorstehenden Vorschriften in Einklang zu bringen.
§ 5 .
Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieser Polizei-
Verordnung werden mit Geldstrafe bis zu 30 Mark, im Un¬
vermögensfalle mit entsprechender Haft bestraft.
§ 6 .
Diese Polizei-Verordnung tritt mit dem 1. Januar 1900
in Kraft.
Frankfurt a. M., den 21. Dezember 1899.
Der Polizei-Präsident: Frhr. v. Miiffling.
PreuMen. Reg.-Bez. Potsdam. Landespolizeiliche Anordnung. Vom
13. November 1899. (Amtsbl. S. 447) betr. Geflügelcholera.
Zur Verhütung der Verbreitung von Geflügelcholera ordne
ich auf Grund der §§ 20, 26 und 27 des Reichsviehseuchen¬
gesetzes vom 23. Juni 1880/1. Mai 1894 in Verbindung mit
§ 56 b Absatz 3 der Gewerbeordnung in der Fassung des
Reichsgesetzes vom 6. August 1896 (R.-G.-B1. S. 685) für den
Umfang des Regierungsbezirks Potsdam an:
§ 1. Das im Besitze von Geflügelhändlern be¬
findliche Geflügel darf nicht getrieben werden. Aus¬
nahmen können in besonderen Fällen von dem Landrath zu¬
gelassen werden.
Nicht betroffen von dem Verbot ist das im Besitze von
Landwirthen, Geflügelzüchtern für den eigenen Bedarf und
Geflügelmästern befindliche Geflügel.
§ 2. Sofern das Geflügel nicht getrieben wird, da$f die
Beförderung nur in Wagen, Käfigen, Körben und ähnlichen Be¬
hältnissen erfolgen, deren Einrichtung das Herabfallen von
Koth und Streu verhindert.
Werden zur Beförderung Wagen mit Gitterwänden benutzt,
so müssen die Gitterwände vom Boden jedes Geschosses aus
bis zur Höhe von 15 cm dicht geschlossen sein.
§ 3. Die zur Beförderung von lebendem Handelsgeflügel
benutzten Wagen, Käfige, Kisten, Körbe u. s. w. sind nach
jedesmaligem Gebrauch zunächst durch Entfernung der etwa
vorhandenen Streu und der Auswurfstoffe, dann durch Abwaschen
aller mit dem Geflügel in Berührung gekommenen Theile mit
heisser Sodalauge, die durch Auflösen von 100 g Soda in
1 Liter heissen Wassers herzustellen ist, zu reinigen. Die Be¬
nutzung von nicht gereinigten Wagen und anderen Beförderungs¬
mitteln zur Fortschaffung von Geflügel ist verboten.
§ 4. Ist seuchenkrankes oder seuchenverdächtiges Geflügel
mit den genannten Beförderungsmitteln fortgeschafft worden,
so sind diese entweder durch Verbrennen zu vernichten oder,
bevor sie zur Beförderung von Geflügel wieder benutzt werden,
nach Anordnung des Kreisthierarztes sorgfältig zu desinficiren.
§ 5. Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Bestimmungen
werden, sofern nicht nach den bestehenden gesetzlichen Be¬
stimmungen, insbesondere nach § 328 R.-St.-G.-B. eine höhere
Strafe verwirkt ist, nach den in den §§ 66 Abs. 1 Ziff. 4 und
67 des Reichsviehseuchengesetzes gegebenen Strafvorschriften
bestraft.
§ 6. Diese Anordnung tritt sofort in Kraft.
Der Regierungs-Präsident.
PreuMen. Rundschreiben Vom 30. November 1899.
Im Aufträge des Herrn Ministers habe ich unter dem 13.
d. M. (Amtsblatt Seite 447) in Uebereinstimmung mit der
landespolizeilichen Verordnung des Herrn Regierungspräsidenten
in Frankfurt a. 0. vom 16. October d. J. das Treiben von
Handelsgeflügel im hiesigen Bezirke verboten.
Damit klargestellt wird, dass die Gänsemäster nicht zu
den Händlern im Sinne der Anordnung gehören, weise ich noch
besonders darauf hin, dass sich das Verbot nur auf Händler
mit lebendem Geflügel bezieht. Hierzu ist nicht allein das im
Umherziehen vertriebene, sondern überhaupt jegliches Geflügel
zu rechnen, welches sich noch im Besitze von Händlern be¬
findet, damit nicht etwa unter dem Vorgeben fester Bestellungen
Umgehungen des im veterinärpolizeilichen Interesse nicht zu
entbehrenden Verbots des Treibens von Handelsgeflügel Vor¬
kommen.
Da die Ausdehnung des Treibverbots auf Gänsemäster
wegen der grossen Zahl der im Bezirke vorhandenen Mästereien
erhebliche wirthschaftliche Schäden zur Folge haben würde, hat
die Anordnung im § 1 Absatz 2 eine Einschränkung erfahren,
durch welche es den Gänsemästern ermöglicht werden soll, die
von ihnen gekauften oder fest bestellten Gänseheerden vom
Bahnhofe nach ihren Mästereien zu treiben. Ausserdem ist den
Landwirthen und Geflügelzüchtern für den eigenen Bedarf das
Treiben des in ihrem Besitze befindlichen Geflügels gestattet
worden. In diesen Fällen wird das Treiben ohne erhebliche
Gefahren auf dem Gebiete der Seuchenverschleppung vor sich
gehen können, weil es in der Regel nur auf verhältnissmässig
kurzen Strecken stattfinden wird.
Sollten besondere Verhältnisse selbst das Treiben von
Handelsgeflügel unbedenklich erscheinen lassen, stelle ich an¬
heim, von der im § 1 Absatz 1 a. a. 0. gegebenen Befugniss
Gebrauch zu machen.
Die Anordnung wird nur dann ihren veterinärpolizeilichen
Zweck in vollem Umfange erfüllen, wenn auf eine dem § 2
a. a. 0. entsprechende Beschaffenheit der zur Geflügelbeförderung
dienenden Wagen mit Strenge gehalten wird. Die im Gebrauche
befindlichen Händlerwagen sind daher unverzüglich auf ihre
vorschriftsmässige Beschaffenheit hin einer genauen Revision
zu unterziehen. Letztere ist von Zeit zu Zeit zu wiederholen.
Es ist hierbei namentlich auch darauf zu achten, dass die
Wagen in jeder Etage fugendicht und dass die Fugen am Boden
mit Leisten bekleidet sind.
Wenn ein Wagen an demselben Tage mehrere Male znm
Transport von Geflügel benutzt wird, muss zwar die Entfernung
des Kotlies und der Streu nach dem Ausladen jeder Ladung
stattfinden, doch darf das Auswaschen des Wagens bis nach
dem Ausladen der letzten, an dem Tage beförderten Geflügel-
ladung ausgesetzt werden. Am folgenden Tage darf jedoch der
Wagen erst nach vollständiger Reinigung und Waschung zu
weiteren Geflügeltransporten benutzt werden.
Falls seuchenkrankes oder -verdächtiges Geflügel in den
Wagen etc. befördert worden ist, hat der Kreisthierarzt die
Desinfection abzunehmen und darüber der Oltspolizeibehörde
eine Bescheinigung auszustellen.
Die bei der Reinigung der Wagen etc. entfernten Streu-
und Kothmassen sind in diesen Fällen durch Feuer zu ver¬
nichten oder nach Durchtränkung mit Kalkmilch 1 m tief zu
vergraben.
Wegen der Reinigung und Desinfection der dem Geflügel¬
verkehr dienenden Eisenbahnfahrzeuge und -Rampen gemäss den
Bundesrathsbestimmungen vom 2. Februar d. J. (Reichs-Gesetz-
Blatt Seite 11) habe ich mich mit den Eisenbahndirectionen
noch besonders in Verbindung gesetzt.
Hausir-Handelo-Verbot.
Der Handel im Umherziehen mit Klauenvieh ist für den
Regierungsbezirk Merseburg vom 1. Februar ab verboten worden.
Dasselbe Verbot, jedoch mit Ausdehnung auf das Geflügel
ist bis Ende Februar für den Bezirk Gumbinnen ergangen.
Einfuhrverbot gegen Rumänien.
Die Einfuhr von Schweinefleisch (frisch und zubereitet) aus
Rumänien ist landespolizeilich in allen deutschen Landestheilen
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1. März 1900. MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE.
an der in Betracht kommenden Grenze verboten worden. Darauf
bezieht sich auch das in No. 8, pag. 96 mitgetheilte Einfuhr¬
verbot gegen Schweinefleisch, bei dem versehentlich „aus
Rumänien“ weggeblieben war.
Seuchen-Nachrichten.
Thlerseuohen in Deutschland im III. Quartal 1899-
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*) Die gefährdeten, d. h. auf den neubetroffenen Gehöften be-
findlichen Bestände betrafen von den einzelnen Thiergattungen für
das Deutsche Reich berechnet: 572386 Rinder, 428507 Schafe,
19763 Ziegen und 253314 Schweine. Hiervon kamen auf Preussen
391227 Rinder, 340788 Schafe, 10297 Ziegen und 178225 Schweine.
*) Unter den erkrankten Thieren befanden sich 84 Pferde,
837 Rinder, 103 Schafe, 29 Schweine und 2 Ziegen. Hiervon entfielen
auf Preussen 79 Pferde, 563 Rinder, 68 Schafe und 6 Schweine.
3 ) Am Beginn des Quartals waren verseucht 30 Gemeinden (da¬
von 22 in Preussen, 3 in Bayern, 2 in Sachsen, und je 1 in Württem¬
berg, Bremen und Elsass-Lothringen). Am Schluss des Quartals
blieben verseucht 36 Gemeinden (davon 24 in Preussen, je 3 in
Payern und Sachsen, 2 in Württemberg und je 1 in Baden, Braun¬
schweig, Bremen und Hamburg.
*) D. h. gefallene und getödtete Thiere.
An Rauschbrand gingen ein in den nachbenannten
Staaten: Preussen 1 Pferd nnd 232 Rinder, wovon 69 Fälle
im R.-B. Münster, 42 in Düsseldorf, 28 in Aachen, 27 in Schleswig,
15 (incl. 1 Pferd) in Arnsberg und weniger als 10 in Koblenz»
Wiesbaden, Kassel, Aurich, Trier, Danzig, Marienwerder, Stade,
Sigmaringen, Gumbinnen nnd Potsdam zu verzeichnen waren;
Bayern 146 Rinder; Hessen 14 Rinder, 21 Schafe und 2 Ziegen;
Württemberg nnd Sachsen-Meiningen je 12 Rinder; Baden
desgl. 7; Sachsen-Weimar und Elsass-Lothringen desgl. je 2;
Braunschweig und Bremen je 1.
Von der Tollwnth wurden im Ganzen 270 Gemeinden be¬
troffen, die sich wie folgt vertheilen: in Preussen 192 (wovon
40 im R.-B. Gumbinnen, 25 in Posen, 23 in Bromberg, 19 in
Oppeln, 15 in Marienwerder, je 13 in Danzig und Breslau, 10 in
Königsberg und weniger als 10 in Frankfurt, Köslin, Liegnitz,
Merseburg, Potsdam, Stettin, Hannover, Aurich und Münster);
in Bayern 49; Sachsen 26, nnd je 1 in Sachsen - Altenburg;
Reuss ä. L., Elsass-Lothr.
Die Lun gen seu che kam nur in Preussen vor; sie betraf
die R.-B. Posen, Bromberg und Magdeburg. Die genannten
R.-B. waren sämmtlich schon vom Vorquartal her verseucht,
nämlich R.-B. Posen in 2 Gemeinden, die auch noch am Ende
des Berichtsquartales verseucht blieben. Im R.-B. Bromberg
erlosch die Seuche in der einzigen vom Vorquartal her ver¬
seuchten Gemeinde. R.-B. Magdeburg hatte vom Vorquartal 6
betroffene Gemeinden, zu denen im Laufe des Quartals 6 neue
hinzukamen und durch Erlöschen während des Quartals 8 Ge¬
meinden in Abzug zu bringen sind, sodass am Ende des Quartals
die Seuche sich in 4 Gemeinden erhielt.
Die Pferderäude befiel 90 Pferde, wovon 59 auf Preussen,
25 auf Bayern, je 2 auf Baden und Hessen und je 1 auf
Württemberg und Hamborg kamen.
Die Rothlaufseuche der Schweine kam in folgender
Verbreitung vor: Es erkrankten im Deutschen Reiche in 5304
nenbetroffenen Gemeinden (14125 Gehöften) 24026 Schweine,
von denen 21839 gefallen oder getödtet sind. Auf Preussen
kamen davon in 4591 Gemeinden (12208 Gehöften) 21036 Er¬
krankungsfälle: Bayern in 27 Gemeinden (45 Gehöften) desgl. 75;
Sachsen 77 Gern. (156 Geh.) 281; Württemberg 148 Gern. (252
Geh.) 370; Baden 95 Gern. (309 Geh.) 458; Hessen 19 Gern.
(39 Geh.) 62; Mecklenburg - Schwerin 27 Gern. (72 Geh.) 96
Sachsen - Weimar 19 Gern. (31 Geh.) 52; Mecklenburg-Strelitz
23 Gern. (59 Geh.) 102; Oldenburg 18 Gern. (60 Geh.) 139;
Braunschweig 80 Gern. (324 Geh.) 448; Sachsen-Meiningen 25 Gern.
(66 Geh.) 77; Sachs.-Altenburg 38 Gern. (61 Geh.) 147; Sachsen-
Coburg-Gotha 6 Gern. (10 Geh.) 13; Anhalt 28 Gern. (131 Geh.)
170; Schwarzburg-Rudolstadt 2 Gern. (5 Geh.) 24; Waldeck 7 Gern.
(18 Geh.) 34; Reuss j. L. 4 Gern. (9 Geh.) 13; Schaumburg-
Lippe 5 Gern. (37 Geh.) 91; Lippe 5 Gern. (172 Geh.) 201;
Lübeck 2Gem. (2 Geh.) 11; Bremen 5 Gern. (8 Geh.) 16; Hamburg
5 ) Dias waren mit Ausnahme nur 1 Pferdes (i. Baden) sämmt¬
lich Rinder.
6 ) D. h. bei Beginn des Quartals bereits verseuchte und im Laufe
des Quartals neubetroffene Gemeinden. (Die Stückzahl der Heerden
ist nur aus den neubetroffenen Gemeinden angegeben.) Von
diesen Gemeinden blieben am Quartalsschluss verseucht 138, wovon
71 auf Preussen, 17 auf Bayern, 14 auf Hessen, je 8 auf Württem¬
berg und Waldeck, 4 auf Mecklenburg-Schwerin, 3 auf Elsass-
Lothringen, je 2 auf Braunschweig, SacbBen-Meiningen, Sachsen-
Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, je 1 auf Baden, Sachsen-Weimar
Oldenburg, Schwarzburg-Sondershausen und Lippe entfielen.
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13 Gern. (28 Geh.) 31; Elsass-Lothringen 7 Gern. (18 Geh.) 72.
In Schwarzburg - Sonderhausen und Reuss ä. L. blieb die Er¬
krankungsziffer unter 10.
An der Schweineseuche (Schweinepest) erkrankten in
Preussen in 431 neubetroffenen Gehöften 2090 Stück Schweine;
in Bayern in 16 desgl. 33; Sachsen an 6 desgl. 17; Württen-
berg 3 desgl. 70; Baden 2 desgl 7; Hessen 2 desgl. 6; Mecklem-
burg-Schwerin 1 desgl. 11; Mecklenburg - Strelitz 1 desgl. 2;
Oldenburg 7 desgl. 24; Braunschweig 4 desgl. 12; Anhalt 3
desgl. 8; Hamburg 14 desgl. 13; Elsass-Lothringen 9 desgl.
20 Stück.
Von Geflügelcholera wurden folgende Erkrankungsziffern
festgestellt: in Preussen 7821; Bayern 525; Sachsen 567;
Württemberg 788; Baden 3960; Hessen 10; Mecklenburg-
Schwerin 72; Oldenburg 8; Braunschweig 129; Sachsen-Alten¬
burg 59; Anhalt 93; Reuss ä. L. 10; Hamburg 6; Elsass-
Lothringen 691; zusammen in Deutschland 14 739, wovon
14 269 verendeten. Hierbei sind Herzogthum Koburg, Schwarz-
burg-Sondershausen, Schaumburg-Lippe, Lippe und Lübeck, wo¬
selbst noch keine Anzeigepflicht besteht, nicht mit in Rechnung
gezogen.
Nachweisung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche
am 15. Februar 1900.
Es waren am 16. Februar 1900 in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Marienwerder
1 (1). R.-B. Berlin 1. R.-B. Potsdam 2 (2). R.-B. Stettin 1 (1).
R.-B. Posen 2 (4). R.-B. Bromberg 3 (3). R.-B. Breslau 3 (5).
Oppeln 2 (3). R.-B. Stade 1 (1). R.-B. Minden 1 (1). R.-B.
Düsseldorf 1 (1). R.-B. Aachen 1 (1). Bayern: R.-B. Ober¬
bayern 1 (1). R.-B. Niederbayern 1 (1). R.-B. Schwaben 1 (1).
Württemberg: Donaukreis 2 (2). Baden: Landescomm. Con-
stanz 1 (1). Landescomm. Mannheim 1 (1). Braunschweig:
1 (1). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogthum Gotha 1 (1).
Elsass-Lothringen: Bezirk Lothringen 1 (4).
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 11 (30). R.-B. Niederbayern 4
(6). R.-B. Pfalz 12 (39). R.-B. Oberpfalz 3 (7). R.-B. Ober¬
franken 13 (23). R.-B. Mittelfranken 13 (29). R.-B. Unterfranken
13 (28). R.-B. Schwaben 17 (79). Sachsen: Kreishauptm.
Bautzen 2 (13). Kreishauptm. Dresden 6 (19). Kreishauptm.
Leipzig 6 (33). Kreishauptm. Zwickau 9 (37). Württem¬
berg: Neckarkreis 13 (27). Schwarzwaldkreis 16 (67). Jagst-
kreis 11 (17). Donaukreis 16 (115). Baden: Landescomm.
Constanz 8 (20). Landescomm. Freiburg 10 (32). Landescomm.
Karlsruhe 7 (18). Landescomm. Mannheim 12 (45). Hessen:
Provinz Starkenburg 6 (17). Provinz Oberhessen 5 (34). Pro¬
vinz Rheinhessen 4 (20). Mecklenburg-Schwerin: 6 (12).
Sachsen-Weimar: 5 (32). Mecklenburg-Strelitz: 2 (4).
Oldenburg: Herzogthum Oldenburg 1 (1). Fürstenthum Birken¬
feld 1 (2). Braunschweig: 5 (43). Sachsen-Meiningen:
3(7). Sachsen-Altenburg: 2 (4). Sachsen-Coburg-Gotha:
Herzogthnm Coburg 1 (2). Herzogtlmm Gotha 2 (6). Anhalt:
5 (23). Schwarzburg-Sondershausen: 2 (3). Schwarz¬
burg-Rudolstadt: 1 (1). Waldeck 2 (4). Reuss ft. L.: 1 (3)-
Reuss j. L.: 2 (3). Schaumburg-Lippe: 2 (3). Lippe:
5 (31). Bremen: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk Unter-
Elsass 8 (81). Bezirk Ober-Elsass 5 (34). Bezirk Lothringen G (19).
No. 1.
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Magdeburg 2 (2). Sachsen: Kreis¬
hauptm. Zwickau 1 (1). Anhalt 1 (1).
D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest):
Preussen: R.-B. Königsberg 2 (5). R.-B. Danzig 1 (1).
R.-B. Marienwerder 3 (3). R.-B. Potsdam 6 (6). R.-B. Frankfurt
2 (2). R.-B. Stettin 2 (2). R.-B. Stralsund 2 (2). R.-B. Posen
7 (10). R.-B. Bromberg 1 (1). R.-B. Breslau 5 (12). R.-B.
Liegnitz 5 (8). R.-B. Oppeln 7 (12). R.-B. Magdeburg 2 (2).
R.-B. Schleswig 1 (1). R.-B. Hannover 3 (4). R.-B. Münster
1 (1). R.-B. Minden 1 (1). R.-B. Arnsberg 1 (1). R.-B. Cassel 2 (2).
Wiesbaden 1 (1). R.-B. Coblenz 2 (3). R.-B. Düsseldorf 3(3). R.-B.
Hohenz.-Sigm. 1 (1). Bayern: R.-B. Oberbayern 1 (1). R.-B.
Pfalz 1 (1). R.-B. Schwaben 1 (1). Sachsen: Kreishauptm.
Bautzen 1 (1). Baden: Landescomm. Karlsruhe 1 (1).
Braunschweig: 3 (4). Lippe: l (1). Hamburg: 1 (1).
Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preusaea an 15. Februar 1900.
Regierungsbezirk
Die Seuch
i
Kreisen
e herrschte
n
Gemeinden
(Gutsbez.) j
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht:
Königsberg.
12
66
16,14
Gumbinnen.
2
2
0,51
Danzig.
6
31
24,60
Marienwerder.
14
55
24,75
Berlin.
1
1
—
Potsdam.
15
94
36,29
Frankfurt.
12
96
35,28
Stettin.
10
94
60,10
Köslin.
8
50
25,89
Stralsund.
3
7
7,85
Posen.
16
45
13,96
Bromberg.
12
63
28,31
Breslau.
18
55
14,48
Liegnitz.
8
15
5,33
Oppeln.
12
71
25,34
Magdeburg.
14
87
60,41
Merseburg.
13
61
26,38
Erfurt.
4
5
8,53
Schleswig.
4
14
6,56
Hannover.
9
33
52,46
Hildesheim.
10
39
53,86
Lüneburg .
3
11
7,46
Stade .
1
5
6,88
Osnabrück .
4
18
32,14
Aurich.
1
3
8,77
Münster.
8
13
48,50
Minden .
7
32
62,74
Arnsberg.
10
29
34,11
Kassel.
14
40
23,92
Wiesbaden.
13 1
29
30,98
Koblenz.
10
33
31,57
Düsseldorf.
17
80
186,04
Köln.
8
25
84,45
Trier.
10
31
27,50
Aachen.
7
28
71,79
Hohenzollern-Sigmaringen
3 I
8
6,29
Summa:
319
1369
—
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen etc.
In der Zeit vom 20. bis 26. Februar sind Ausbrüche der
Seuche erfolgt in Bremen, Mülhausen i. E., München und Nürn¬
berg (wiederholt), welche sämmtlich wieder getilgt sind. Ebenso
ist der schon früher gemeldete Seuchenausbruch auf dem
Schlachthof zu Dresden am 24. Februar erloschen.
MIT THEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE.
Berlin, Druck von W. Buxenstem
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Die „Berliner ThlerSrxUlche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in 8tSrke von mindeatens l'/ t Botten. Dieselbe
lat rn bestehen durch den Buchhandel, die Post (No 1082)
oder durch die Verlagabachbandlung. von Richard
Sohoets, Berlin NW, Luisenstrasse 36, zum Preise von
Mk. 6, - pro Vierte (Jahr.
Berliner
Originalbeitrige werden mit 60 Hk. für den Bogen honorirl
Alle Manuscrlpte, Mittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr Rcbmaltz,
Benin, thlerirztliche Hochschule. NW., Luisenstrasse 66.
Correcturen, RecensioDs- Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heran sgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoet*, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. JQ. Ansjregeben am 8. März.
Inhalt: Behla: Giebt es ein endemisches Vorkommen des Krebses bei Thieren? — Referate: Calvö: Chirurgische Versuche.
— Schürmayer: Ueber Actinomycose des Menschen und der Thiere. — Park und Plimmer: Ueber die Aetiologie des
Krebses. — Baldoni: Das Collastin in der Veterinär-Chirurgie. — Salmon and Stiles: Sheep scab, its nature and
treatment. — Prettner: Beitrag zur Rassenimmunität. — Jarre: Behandlung der Maul- und Klauenseuche mit Chromsäure.
— Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Die brandenburgische Landwirthschaftskammer über den tbierärztlichen
Unterricht. — Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. —
Vaeanzen.
Giebt es ein endemisches Vorkommen des Krebses
bei Thieren?
Von
Dr. Robert Behla-Luckau.
Sanltttarath.
Die Frage der malignen Geschwülste ist eine der brennendsten
in der Medicin. Das Dunkel der Aetiologie und damit zu¬
sammenhängend die Unkenntniss einer Prophylaxe lastet wie ein
schwerer Alp auf dem Menschengeschlecht. Der Krebs ist wie
die Tnberculose ein grosser Schädiger der Volksgesnndlieit ge¬
worden, um so mehr, als man von einer Zunahme des verhängnis¬
vollen Leidens in letzter Zeit spricht. Fast jede einigermassen
ansgebreitete Familie sieht ein Mitglied unrettbar ins Grab
sinken, ist doch die Diagnose des Krebses in den weitaus meisten
Fällen fast gleichbedeutend mit einem Todesurtheil. Die Operation
bringt oft nur eine relative Heilung. Da ist es nicht wunderbar,
wenn man anlängt, das schwierige Problem von allen Seiten
anzugreifen, und ich glaube, nicht znm wenigsten kann auch die
Veterinärkunde zur Lösung beitragen. Ich habe in meinen
Krebsabhandlungen:*) „Ueber vermehrtes und endemisches Vor¬
kommen des Krebses“, — „Die geographisch-statistische Methode
als Hülfsfactor der Krebsforschung“, — „Die geographische Ver¬
breitung des Krebses auf der Erde“ des weiteren auseinander¬
gesetzt, dass in der That in den letzten Decennien das Carcinom
eine stärkere Frequenz erfahren und dass in manchen Gegenden
sogar ein endemisches Vorkommen statt hat. Einwände, dass
diese Erscheinungen nur scheinbar, durch bessere Diagnose¬
stellung, durch Zuzug von Carcinomatösen nach den Gross- und
Universitätsstädten etc. zu erklären seien, sind nicht stichhaltig.
Nach Finkelnbnrg’s umfassender Statistik**) ist während der
Jahre 1881—1890 eine beträchtliche Sterblichkeitszunahme an
Krebs eingetreten, und zwar zeigte sich, dass dieselbe in den
Städten grösser ist als auf dem Lande und dass das weibliche
*) cf. Centralblatt lür Bacteriologie, Parasitenkunde und In-
fectionskrankbeiten. Bd. XXIV 1898, No. 21, 22, 23, 24. - Zeit¬
schrift für Hygiene UDd Infectiouskrankheiten Bd. XXXII 1899
S. 123—148. — Centrbl. für Bacteriologie 1899.
**) c f. Centralblatt für allgemeine Gesurdheitspflege. Jahr¬
gang XIII 1894, S. 251.
Geschlecht in den Städten häufiger krebskrank wird als das
männliche. Die Zahl der Todesfälle an Krebs betrug in Preussen
nach S. Heimann*) im Jahre 1887 = 6971, im Jahre 1896 = 17 643,
d. h. die Mortalität ist um 153 pCt. gestiegen. Auch im Ver-
hältniss zur Einwohnerzahl hat sie sich mehr als verdoppelt.
1877 starben von 10000 Einwohnern 2,66 an Krebs, im Jahre
1896 = 5,53. Von 100 Krebstodesfällen waren durch Krebs be¬
dingt i. J. 1877=1,04, i. J. 1896=2,64. Diese Zunahme wird
in den verschiedensten Ländern bestätigt, wie z. B. Amerika,
England. In New-York fielen anf 1 Million Einwohner 1875=400,
i. J. 1885 = 530; i. J. 1895 starben im Staate New-York
3517 Personen, so dass Dr. Rowell Packs vor Kurzem äusserte,
wenn die gegenwärtige Zunahme der Sterblichkeit an Carcinom
in demselben Grade andauert, so werden nach 10 Jahren in
New-York mehr Menschen an dieser Krankheit sterben als an
Schwindsucht. Sehr charakteristisch beweist die Krebszunahme
die Statistik Englands und Londons; in England starben
1851-60=3,17, 1861-70= 3,87, 1871—80 = 4,73, 1881-90
= 5,10, 1891—94= 7,0, 1895 = 7,55 auf 10 000 Einwohner;
1896 starben 9216 Männer und 14 305 Weiber = 23 521 Personen
oder 7,64 auf 10000 Bewohner. Das Gleiche wurde speciell
in London beobachtet: 1851—60 = 4,2, 1861—70 = 4,8, 1871
bis 1880 = 5,0, 1881—90 = 6,8, 1891 = 7,8, 1892 = 7,5, 1893
= 8,0, 1894 = 7,9, 1895 = 8,3, 1896 = 8,8 etc. Kurz, das
das Factum der Zunahme der Krebsfrequenz ist unleugbar. Diese
Zunahme, selbst wenn man die Zunahme der Bevölkerung in
Erwägung zieht, muss eine erhebliche genannt werden. Sie
betrifft beide Geschlechter in gleichem Masse, ist viel zu be¬
deutend, stetig und gleichmftssig, als dass sie im wesentlichen
in einer verbesserten Sterblichkeitsstatistik ihre Erklärung iände.
Zu dem Schauplatz meiner Beobachtung, dass in einem
Stadtviertel Luckau’s, in der Kalauer Vorstadt mit circa
1000 Einwohnern, die Krebsmortalität besonders an Carcinom
des Digestionstractus eine auffallende ist, nach Todesfällen be-
*) cf. Die Verbreitung der Krebserkrankung, die Häufigkeit
ihres Vorkommens an den einzelnen Körpertheilen und ihre chirur¬
gische Behandlung. Archiv für klinische Chirurgie 1898, 57. Band,
Heft 4, S. 2.
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110
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 10.
rechnet 1 : 9. (Finkelnburg 8. Preussen durchschnittlich 1 : 40),
dass fast alle Häuser dort davon betroffen,*) ja, in manchen
Häusern während 2 Decennien mehrere Fälle vor-
i
gekommen sind, dass in einzelnen Jahrgängen ein plötzliches
Ansteigen der Krebserkrankungen zu verzeichnen war, dass in
einigen Stadt- und Dorftheilen Krebs sich zeigte, in anderen
nicht, dass ein Theil Dörfer krebsbehaftet, ein anderer ganz
krebsfrei ist, haben sich wichtige Analoga gefunden, sowohl bei
uns in Deutschland, als in England und Frankreich. Ich habe
die gesammte einschlägige Literatur des In- und Auslandes
zusammengestellt. Auch anderswo sind Krebsdistricte, Krebs¬
viertel, Krebsstrassen, Krebsdörfer, Krebshäuser etc. constatirt
worden. So z. B. erwähnt L. Pfeiffer das Dorf Grossobringen
in Thüringen als ein Dorf, wo auffallend viel Krebserkrankungen
sich ereignen, mit einer Krebsmortalität von 13 pCt. Die
geographische Vertheilung des Krebses in den einzelnen
Regierungsbezirken Deutschlands ist sehr verschieden. König¬
reich Sachsen zeigte nach Heimann 1895 = 9,3 p. M. Krebs¬
mortalität. Wie in den Vorjahren hatten manche Gegenden
eine sehr hohe, andere niedrige Zahlen. Am stärksten belastet
waren die Bezirke Oschatz, wo 6,1 pCt. der überhaupt Ver¬
storbenen und 1,2 p. M. der Bewohner an Krebs starben,
während im Bezirk Marienberg nur 2,3 pCt. der gesammten
Sterbefälle und 0,51 p. M. der Bevölkerung betrug. Besonders
zeichnet sich auch das Grossherzogthum Baden durch hohe
Carcinomfrequenz aus, auch hier ist eine stetige Zunahme
bemerkbar, 1896 sogar 10,57 p. M. In Frankreich haben manche
Orte der Normandie eine grosse Krebsfrequenz. Arnaudet,
Brunon, Guelliot etc. führen mehrere dortige Dörfer auf.
Arnaudet beschreibt eine Strasse in Cormeilles, in welcher von
54 Häusern 17 ergriffen wurden. Die Krankheit befiel haupt¬
sächlich den mittleren Theil der Strasse, darunter 14 Krebs¬
fälle in 7 Häusern und zwar bei Personen mit ausgeschlossener
Erblichkeit. Guelliot hat mehrere Fälle gesammelt von
Krebshänsern, wo Bewohner ohne jede Blutverwandschaft
nach- und nebeneinander an Krebs erkrankten. Er theilt
ferner 42 eigene Beobachtungen mit, zu welchen 71 fremde
kommen, bei welchen zwei für gewöhnlich zusammenwohnende
Personen erkrankten; 45 von diesen 113 Fällen betrafen
Ehegatten. Ich selbst habe auch mehrere solcher Fälle
beobachtet. Bei einer grossen Reihe derselben zeigte sich,
dass zwischen dem Auftreten des Krebses bei den beiden Leuten
noch nicht 2 Jahre lagen, was auf eine Ansteckung hindeuten
würde. Schuchardt **) hat in seiner Zusammenstellung eine
Fülle neuen Materials herbeigebracht. Von vielen Beispielen
sogen. Krebshäuser sei nur eins hier erwähnt, von dem
Alexander Scott in Glasgow berichtete. Es betrifft ein
Arbeiterhaus, aus Backsteinen erbaut, am Abhange eines Hügels,
etwas feucht, sonst reinlich.
J. V. 50 Jahre alt, Nachwächter, starb darin an Leber¬
krebs; J. L., 54 Jahre alt, folgte ihm in der Beschäftigung
und in der Wohnung: nach 2 Jahren Tod an Blasenkrebs;
A. L., 60 Jahre alt, Nachtwächter ebenfalls, ging ca. 18 Monate
später an einem Magenkrebs zu Grunde. Alle drei waren
*) Siehe meine Karte mit Einzeicbnung der befallenen HiiuBer
a. o. 0. Centralbl. 1898, S. 830.
**) Mittbeilungen über das häufige Vorkommen von Krebs in
gewissen Gegenden und über die Aetiologie desselben und das Zu-
nebmen im Auftreten des Carcinoma. Correspondenzblätter des
Allgem. ärztl. Vereins von Chirurgen. 1894, Heft 2 it. 9. 1899,
Heft 5 u. 6.
sehr kräftig, gesund, nicht verwandt, in der Familie Krebs
nicht erblich, unter denselben häuslichen und geschäftlichen
Verhältnissen lebend.
Es fragt sich, ob ähnliche Beobachtungen von einem häufigen
Vorkommen des Krebses in bestimmten Gegenden auch bei
Thieren gemacht worden sind. Von der Actinomycose, die an¬
fangs auch nur in einzelnen Fällen beobachtet wurde, ist
bekannt geworden, dass sie auch mehrfach zuweilen vorkommt.
Nach Faletti tritt dieselbe nach grossen Seuchen, wie Klauen-
und Maulseuche, häufiger auf. Nystroem beschreibt ein epide¬
misches Auftreten von Actinomycose bei jungen Rindern, welche
auf einer bestimmten Wiese gefressen hatten. Bei allen Thieren
befanden sich die actinomycotischen Neubildungen in der
Schlundkopfregion. In dem Dorfe Altem (Kreis Luckau) kenne
ich einen Stall des Kossäth L., in dem seit längerer Zeit Jahr
aus Jahr ein frische Fälle von Strahlenpilzerkrankung am Unter¬
kiefer entstehen. (Actinomycesstall.) Die Ursache ist unbe¬
kannt. Feuchte Lage des Gehöftes. Stroh zeigt leicht Schimmel
und Schwärze. Erfahrene Thierärzte wissen nichts davon zu be¬
richten. Ich habe die Fortschritte der Thier-Medicin vom Jahre
1891—1898 darauf hin genau durchgesehen. Die einschlägige
Literatur bietet keinen Anhaltspunkt. Auch die treffliche sehr zeit-
gemässe Schrift Caspers: Die Pathologie der Geschwülste
bei Thieren, kommt darauf nicht zu sprechen. Nur bei B.
Schuchardt: „Beispiele von häufigerem Vorkommen von Krebs
in einzelnen Localitäten“ traf ich die Notiz: Auch bei Thieren
hat man ähnliche Beobachtungen gemacht. Cooper zu Chatteris
(The Veterinarian. London, 1869. Vol. 42, p. 518) erwähnt
drei Fälle von Krebs der Parotis, der Submaxillardrüsen und
der Zungen bei Kühen, welche sich auf einem IV 2 englische
Meilen von Chatteris in Cambridgeshire gelegenen Landgute
befanden. — Ich bin jedoch in der Lage noch zwei Beispiele
anzufuhren von einem epidemischen Krebsvorkommen, allerdings
nicht in der freien Natur, sondern in geschlossenen Räumen,
im Keller und Käfig, die zugleich auch ein Licht werfen auf
den infectiösen Character des Krebses. Unter den meisten
Ratten des pathologischen Institutes zu Zürich, welche von
Hanau zu Impfzwecken und Uebertragung des Krebses ver¬
wendet wurden — Ratten sind bekanntlich zu Krebs disponirt
—, ereigneten sich auch spontane Carcinomerkrankungen. Dieser
Kellerraum hatte einen Cementboden und barg 40—60 Exemplare,
deren Aufenthalt darin mit Verunreinigung selbstverständlich
verbunden war. Die spontanen Krebse entwickelten sich stets
am hinteren Körperende. Als die Ratten dann später in kleineren
Gruppen abgesondert in Zinkkästen reinlicher gehalten wurden,
traten die spontanen Krebserkrankungen nicht mehr auf. Das
andere Beispiel betrifft Mäuse, welche ebenfalls zu Krebs incliniren.
Moran machte im Jahre 1893 die Mittheilung, dass, wenn er
Wanzen aus Käfigen mit Krebsmänsen in Käfige mit gesunden
Mäusen brachte, nach Verlauf von einigen Monaten fast alle
Mäuse der durch die Wanzen inficirten Käfige befallen wurden.
Ausserdem zeigte er, dass wenn man gesunde Mäuse in Käfigen
isolirt und die Füsse der Käfige in Kübel eintaucht, welche mit
einer Mischung von Terpentinspiritus und Campher gefüllt sind,
die Mäuse vollkommen gesund bleiben. Dieser Versuch deutet
nicht nur auf die Uebertragbarkeit des Krebses hin, sondern auch
auf die Möglichkeit einer Weiterverbreitung durch fremde Orga¬
nismen, wie die Weiterverbreitung der Texasseuche durch Zecken
und die der Malaria durch Mosqnitos heute zweifellos fest-
gestellt ist.
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8. März 1900.
Jedenfalls fordern diese Beispiele auf, dass man in thier¬
ärztlichen Kreisen in Zukunft dem endemischen Vorkommen des
Krebses eine grössere Aufmerksamkeit schenkt. Freilich liegt die
Sache hier ähnlich wie in der Medicin. Weniger die Kliniken
und Gressstädte mit ihrem von allen Seiten und weiteren Ent¬
fernungen herzuströmenden Material, als vielmehr gerade die
schon länger an einem Orte prakticirenden Thierärzte sowie die
Schlachthausinspectoren kleinerer Städte haben Gelegenheit, auf
mehrfaches Vorkommen von Krebs bei Thieren zu achten. Eine
Schwierigkeit kommt hinzu, insofern ein grosser Theil des
Schlachtviehs noch jung ist. Denn auch hei Thieren ist Krebs
an ein gewisses Alter geknüpft. Nach Fröhner’s Zusammen¬
stellung erkranken Hunde daran nicht unter 2 Jahren. Bestimmte
Procentsätze für diese Erscheinung zu ermitteln, wird nicht
möglich sein, für Menschenkrebs empfehle ich die „Geographisch¬
statistische Methode“ und bezeichne ich in Rücksicht auf die
Todesfälle ein Verhältniss von 1 : 40 als gewöhnlich, 1 : 20 als
häufig, 1 : 10 als sehr häufig. Die obligatorische Fleischbeschau
würde auch hierbei von grossem Nutzen sein, ebenso wie mehr¬
jährige genaue Tabellen von Schlachthöfen kleinerer Städte, die
ihr Schlachtvieh aus einer stationären Gegend erhalten.
Lediglich das Factum, dass in einer Gegend auch unter dem
Vieh Carcinom eine grössere Frequenz hat, wäre interessant
nnd könnte im Stande sein, Aufschluss zu geben über das
Dunkel der Krebsätiologie resp. die Krebsforschungen beim
Menschen wesentlich zu unterstützen. Es sei hier bemerkt, dass
nach unserer heutigen Kenntniss Krebs in kalten Gegenden un¬
bekannt, in heissen wenig bekannt, in den Ländern der mittleren
Zone am häufigsten ist (vgl. meine Karte über die geographische
Verbreitung des Krebses auf der Erde). Ob ein Gleiches für den
Thierkrebs gilt, muss eine weitere Aufgabe der Veterinärkunde sein.
Höchstwahrscheinlich deutet das endemische Vorkommen
des Carcinoms, die sogenannten „4pid£mies de cancre“, auf ein
feindliches Agens hin, das in der Nähe seinen Sitz hat, es ist
entschieden eine neue Stütze für die parasitäre Krebshypothese.
Die Ursache herauszufinden ist vielfach versucht worden.
Man hat die Nalirungs-, Trinkwasser-, topographische und
botanische Verhältnisse etc. verantwortlich gemacht. Nach
kritischer Würdigung der in Betracht kommenden Factoren und
meiner lokalen Beobachtungen — in Luckau ist die Krebs¬
frequenz eine auffallende unter den Adjacenten eines mit Gehölz
umstandenen stagnirenden Grabens — spitzt sich der Verdacht
dahin zu: Krebs ist häufig da, wo sich ein schlechtes Wasser
führender, stagnirender, am Ufer Gehölz aufnehmender Flusslauf
(Graben, Tümpel etc.) befindet, dessen Ufer zeitweise über¬
schwemmen oder dessen W T asser zum Begiessen des Ackers oder
zu Wirthschaftszwecken benutzt wird. «Kurz, der Sitz des Keimes
ist das Wasser. Wenn nun auch in meinem Luckauer Fall das
Stadtgrabenwasser nicht gerade direct getrunken wird (zuweilen
mit der Mütze), was freilich am manchen Orten mehrfach ge¬
schieht, so gebe ich nach Ausschluss der andern möglichen
Factoren die Schuld dem Genuss verunreinigten und mit Keimen
imprägnirten rohen Gemüses, besonders des Salats, als Träger
des Infectionskeimes, um so mehr, als die dortige Bevölkerung
nach alter Gewohnheit vielfach den im Korb befindlichen ge¬
pflückten Salat in dem Grabenwasser durch Untertauchen und
Schütteln wäscht und, darnach angemacht, sofort auf den Tisch
bringt. Gerade das Fressen der rohen Futterpflanzen und das
Saufen von solchem Wasser findet aber bei Thieren in er¬
höhtem Masse statt.
111
Abgesehen von einem häufigen Auftreten des Krebses, sind
die Carcinomverhältnisse bei Tfrieren mehr als bisher zu berück¬
sichtigen. Sie bringen in mehrfacher Beziehung ein ganz neues
Licht. Caspers Schrift ist um so werthvoller, als sie vor¬
wiegend klinisches und zuverlässiges Material den Zusammen¬
stellungen zu Grunde legt. Bei Kaltblütern ist bis jetzt der
Krebs nicht beobachtet, bei Vögeln nur selten; dagegen erkranken
nach Siedamgrotzky Hühner öfters an Ovarialkrebs. Bekannt¬
lich befallt er hauptsächlich Säugethiere, wie z. B. Pferd, Rind,
Schaf, Schwein, Ziege, Katze, Hund, Ratte, Maus. Bei Hunden
sind die Carcinome häufig. Ein Vergleich zwischen Menschen-
und Thierkrebs bietet lehrreiche Gesichtspunkte dar. Als
aetiologisches Moment spielte früher in der Krebsforschung der
Unterschied zwischen Fleisch- und Pflanzenkost eine grosse
Rolle. Es hiess, Krebs sei da häufig, w r o die Nahrung vor¬
wiegend in Fleisch bestände, hauptsächlich Schweinefleisch. Auch
war in der Veterinärpathologie die Meinung herrschend, dass
Herbivoren so gut wie garnicht krebskrank wurden. Das hat sich
als irrig herausgestellt. Max Casper nennt dies eine ganz
unrichtige, in medicinischen Lehrbüchern wiederkehrende Be¬
hauptung. Bei Herbivoren ist Carcinom durchaus keine Selten¬
heit. Es kommt bei Pferden, Rindern etc. vor. Unter allen
bei letzteren constatirten Neubildungen fallen auf Pferde 22 pCt.,
Rinder 8 pCt. Was das Verhältniss zwischen Sarcom und
Carcinom anbelangt, so sind bei Pferden und Rindern Sarcome
häufiger als Carcinome, beim Hund findet das umgekehrte Ver¬
hältniss statt. Sarcome, besonders Melanosarcome, sind bei
Thieren im Allgemeinen bösartiger als Carcinome. Sodann aber
ist der topographische Sitz bei Mensch und Thier ganz ab¬
weichend. Zuerst ist zu bemerken, dass bei Thieren Carcinome
des Magens, des Uterus, der Lippen, der Zunge sehr selten
sind, welche Organe beim Menschen doch so häufig betroffen
werden. Ueberhaupt weniger der Digestionstractus und Respi¬
rationsapparat, als die äussere Haut und der Urogenitaltractus
bilden beim Vieh einen Boden für den Krebs. Praedilectionssitze
für primären Krebs bei Thieren sind Nieren, Mamma, Kiefer¬
höhle, Schilddrüse, After, Haut, Lymphdrüsen, Hoden. Speciell
bei Hunden sind Krebse gefunden der Reihe nach am Kopf
(Ohren, Augenlider), Rücken, Schweifwurzel, Sero tum, Praeputium,
After, Scheideneingang, Leber (bei älteren Hunden), Lungen,
Mamma bei Hündinnen. Ganz anders verhält sich die Häufig¬
keitsscala beim Menschen, nach G. He im an ns umfassender
Zusammenstellung (ca. 20 000 Fälle) auf Grund zuverlässiger
Krankenhausstatistik; darnach rangiren die Krebse ihrer Häufig¬
keit nach: Gebärmutter, Magen, Brustdrüse, Mastdarm, Speise¬
röhre, äussere Haut (vornehmlich Kopf und Gesicht), Leber,
Lippen, Zunge, Kehlkopf, Lymphdrüsen, Rachen- und Mund¬
schleimhaut, Hoden, äussere Geschleclitstheile, Prostata, Harn¬
blase, Pancreas, Schilddrüse, Gallenwege, Lungen, Bronchien
Nieren etc. Während bei Frauen am häufigsten Geschlechts¬
organe und Brustdrüsen erkranken, wird bei Männern mit Vor¬
liebe der Verdauungstractus befallen. Krebs kommt im All¬
gemeinen bei Frauen 1 / 2 Mal bo häufig vor wie bei Männern,
und in mehr als 50 pCt. der Fälle ergreift der Krebs bei
Frauen den Uterus oder die Mamma und zwar erstere % Mal
so häufig als letztere. Uteruskrebs kommt merkwürdigerweise
bei Negerfrauen sehr selten vor etc. Beobachtungen über die
Häufigkeit von Carcinom in Bezug auf die Geschlechter oder
auf bestimmte Racen liegen bis jetzt in der Veterinärmedicin
nicht vor. Die Wirkung des Krebses auf die Nachbarschaft der
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 10.
112
Gewebe, auf den Gesammtorganismns, die Metastasenbildung etc.
ist im Allgemeinen bei Thieren'dieselbe wie beim Menschen.
Wenn man nun die Carcinomverhältniase der Thiere im
Allgemeinen ins Auge fasst, wenn man ihre relative Häufigkeit
berücksichtigt, wenn man die krebsempfänglichen Thiere
mustert etc., dann sind allerdings solche Ausdrücke und An¬
sichten nicht mehr haltbar, wie: Der Krebs ist eine Krankheit
der Oivilisation, der Oultur, der Dichtigkeit der Bevölkerung,
der reichen Leute, zusammenhängend mit dem gesteigerten
Luxus, der nervösen Reizbarkeit. Ueberhaupt kann keine der
aufgestellten Krebstheorien der Kritik Stand halten: Das gilt
von der Thier sch'sehen Theorie, des Eintretens eines Ueber-
gewichts des Epithels über das geschwächte Bindegewebe, der
Cohn heim’sehen Theorie der Geschwulstbildung aus embryonal
versprengten Keimen, der Theorie der Erblichkeit, der familiären
Disposition, der Krebsdiathese, der Reiztheorie, den speculativen,
unbestimmten ätiologischen Bezeichnungen einer Störung des
normalen Gleichgewichts der Zellenkräfte, der neoplastischen
Zelle, mit ihrer gesteigerten Vermehrungsfähigkeit auf Grund
einer Störung der vitalen Induction (Bard), der abgespaltenen
Zelle aus dem aparten Verbände etc. — keine derselben giebt
uns Aufschluss über das, was reizt, zu schrankenloser Wucherung
des Epithels anreizt, kurz, was im Stande ist, die thierische
Gewebszelle zu einer infectiösen — das Hauptcriterium der
malignen Tumoren — umzuformen. Der Krebsparasit muss einer
Klasse von Microorganismeu angehören. die wirklich Epithel¬
schmarotzer sind. Was immer wieder zu einem Vergleich mit den
Infectionskrankheiten herausfordert, ist die Metastasenbildung.
Aber es besteht ein wesentlicher Unterschied zwischenlnfections-und
malignen Geschwülsten. Es werden nämlich bei den metastatischen
Infectionsgeschwülsten nur die Infectionserreger verschleppt und
die Zellneubildungen finden statt von den alten Zellen des be¬
treffenden Organes, hier handelt es sich um eine Art entzünd¬
licher Gewebsneubildung. Bei den malignen Geschwülsten da¬
gegen werden die Zellen des primären Krebses verschleppt und
an irgend einer Stelle des Körpers abgelagert. Die Metastasen
gehen hier aus den verschleppten Carcinomzellen hervor,
während die Zellen des secundär befallenen Ortes sich passiv
verhalten oder sogar regressive Vorgänge aufweisen.
(’asper betont, dass die Uebertragungsversuche von Car-
cinoinstückchen in den weitaus meisten Fällen negativ aus¬
gefallen sind: die gelungenen Experimente sind als blosse Trans¬
plantationen aufgefasst worden. Das spricht anscheinend gegen
die parasitäre Hypothese. Aber es ist zu bedenken, dass das
Füttern der Hunde oder Injection mit Sarcosporidiensicheln,
dass Fütterungsexperimente mit Actinomycesgeschwülsten etc.
nicht gelingen, man muss annehmen, dass die Parasiten nicht
mehr in dem Stadium sieh befinden, in dem sie sicher tiber-
tragnngsfühig sind, dass vielmehr die natürliche Infection durch
ein anderes Stadium (Dauerstadinm) geschieht, wie es in der
freien Natur existirt. Die parasitäre Hypothese erklärt eine
Reihe von Erscheinungen viel besser. Wie will Jemand er¬
klären das vermehrte Auftreten in den letzten Decennien, das
endemische Vorkommen in einzelnen Bezirken, das plötzliche
Ansteigen in manchen Jahrgängen, wie z. B. in Luckau, Mojeon,
Landeville, wo in Jahresfrist viele Krebserkrankungen sich an¬
einander reihten. Deutet das nicht auf die Erfahrung hin, dass
in manchen Jahren, wie auch bei vielen Pflanzenkrankheiten,
ein Parasit zur Vermehrung bessere Existenzbedingungen hat?
Und will Jemand etwa glauben, dass bei allen diesen in einem
Jahr an Krebs erkrankten Personen zufällig embryonal angelegte
Keime, bei Allen auf ein Mal ein Trauma oder eine chronische
Entzündung, oder bei allen latent ein Krebs bestand?
Zwei Dinge sind es, welche entschieden beim Krebs des
Menschen eine Rolle spielen, die Erblichkeit und die Irritation.
Das ist durch thatsächliche Beobachtungen erhärtet. Von den
Thieren ist uns in Bezug auf die erblichen Verhältnisse des
Krebses nichts Sicheres bekannt, desto mehr Fälle sind beim
Menschen beschrieben. In manchen Familien sind ein grosse
Zahl von Krebskranken nachweisbar. Aber schon auffallend ist
es, dass sich im Allgemeinen nicht speciell ein Krebs eines Or¬
gans vererbte.* ) Es kann sich hier nach meiner Ansicht nur
um eine besondere Neigung handeln. Dabei spielt höchstwahr¬
scheinlich der Zustand des Epithels eine Rolle d. h. besondere
vulnerable Haut- und Schleimhautverhältnisse, eine herabgesetzte
Widerstandsfähigkeit der Epitheldecke, welche eine leichte
Ansiedelung des Parasiten gestatten. Derselbe kann angeboren
sein (familiäre Disposition) oder erworben durch verschiedene
Reize (Entzündung durch mechanische oder chemische Reize:
Alcoholismus), Wunden, Geschwüre, Ekzeme, Catarrhe der
Schleimhäute etc. sind vorteilhaft als prädisponirende Momente
für die Ansiedelung. In den letzten Jahren wird viel von
traumatischer Entstehung der Carcinome gesprochen. Besonders
die Unfallsgesetzgebung hat diese Frage aufgeworfen. Viel
Material ist in dieser Beziehung zusammengetragen worden.
Aber es ist eine Sammlung von Erklärungen, nicht Thatsachen; es
fehlt der experimentelle Nachweis, dass durch ein Trauma eine
Krebsgeschwulst verursacht werden kann. Nicht in allen Fällen
von Schlag, Stoss etc. treten Carcinome auf, was schon stutzig
macht, sodann haben Schläge auf die Brüste von Ratten, Ein¬
pinselung von Theer auf die maramae von Hündinnen, Epitliel-
verlagerung auf Wunden, wo doch eine Loslösung von einer Zell-
gruppe stattfindet, auf experimentellem Wege noch nie ein
Carcinom erzeugt und wie müssten gerade Hunde, Ochsen, Pferde,
die doch für Krebs empfänglich sind und gewiss so selten daran
erkranken, von Carcinomen wimmeln, wenn Schläge oder Traumen
directe Krebserzenger sein sollten. Es ist a priori nicht denkbar,
dass ein einmaliger Schlag oder Stoss carcinomogen sein soll, oder
dass an der Stelle des Stosses gerade ein abgesprengter Keim
oder jedesmal schon eine latente Geschwulst vorhanden sein soll,
meist aber ist es erklärlich, dass durch ein Trauma eine
Gewebsveränderung, ein Blutaustritt, eine Continuitätstrennung
der Schleimhaut, Veränderung der Circulationsverhältnisse in der
Lymph- und Blutbahn gesetzt wird, an der der lauernde Parasit
leichter haften und sich ansiedeln kann, wie vielleicht der
Actinomvceserreger, der sich so oft im Maule der Schweine
(Mandelkrypten) anscheinend harmlos vorfindet, und nur auf eine
Einbruchspforte lauert. Warum bei Thieren so wenig Magen-
nnd Uteruskrebse Vorkommen, dafür haben wir augenblicklich
keine Erklärung. Sind weniger Catarrhe vorhanden, welche
begünstigende Ansiedelungsmomente derselben bilden, ist es der
betreffende Epithelzustand, der Schutz gewährt? Das Aufwerfen
dieser und ähnlicher Vergleichungsfragen zwischen Thier- und
Menschenkrehs kann nur dazu beitragen, die Krebsforschung zu
vertiefen. Ein Hand-in-Handgehen beider Disciplinen ist für
*) Foetale Vererbung ist bei Sarcom beobachtet. Für Carcinom
fehlten sichere Beispiele. Nur Linden und Kuttner führen in
ihrer Chirurgie des Magens neuerdings Fälle von angeborenem
Magenkrebs an, bei einem 5 Wochen alten und einem l^jährigen
Kinde etc.
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8. März 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 113
die Zukunft durchaus nothwendig. Während bei der Syphilis
die Forschung erschwert wird, dadurch, dass dieselbe bei
Thieren nicht vorkoramt und sich nicht übertragen lässt, drängt
die Krebsforschung zum Experiment am Thier und zwar an
krebsempfänglichen Thieren. Die Versuche an den gewöhn¬
lichen Laboratoriumsthieren, Kaninchen, Meerschweinchen etc.
können die Frage nicht endgültig lösen. Das Versuchsthier par
excellence ist der Hund.
Auf die Art des Erregers, auf seine systematische Stellung»
auf die vielfach gefundenen intra- und extracellulären Gebilde
und deren Deutung etc. gehe ich hier nicht näher ein. Ich
verweise des Näheren darüber auf meine Abhandlungen. Nur der
Blastomycetentheorie will ich mit kurzen Worten gedenken. Be¬
sonders italienische Forscher sind dafür eingetreten, dass die
malignen Tumoren durch pathogene Sprosspilze erzeugt würden.
Man hat mit Reinculturen Tumoren bei Thieren verursacht,
sie haben äusserlich eine grosse Aehnlichkeit mit Endotheliomen
und Sarcomen. Aber es sind ihrer Natur nach Hefetumoren, die
mit typischen Carcinomen und Sarcomen nicht identisch sind. Und
doch halte ich die Blastomycistentheorie für die Zukunft als sehr
wichtig. Die Nachrichten von Sprosspilzzüchtungen aus Carci-
nomen*mehren sich. AuchPlimmer hat neuerdings einen Organismus
aus einem sehr schnell wachsenden Mammasarcom gezüchtet; er
sagt von seinem Parasiten: „the organisme is apparently a sacharo-
myces.“ Nach meiner Ansicht sind dies aber nicht einfach An¬
gehörige der Gattung Sacharomyces. Hefeartige Sprossungen
sind bei einer Reihe höherer Pilze coustatirt worden, bei Phyco-,
Asso- und Basidiomyceten. Darunter befinden sich auch tumor¬
bildende Arten. Ich bin der Meinung, dass in meinem Luckauer
Fall nicht das schlechte Wasser als solches wegen chemischer
Eigenschaften schädlich ist; sondern dass dasselbe erst imprftgnirt
wird durch Hineinfallen der auf Blättern und Zweigen sitzenden
Parasiten von Bäumen und Pflanzen, welche am Ufer stehen.
Die letzte Ursache des Krebses kommt aus der Botanik. Die
Beobachtung der Metastasen lehrt, dass die Krebskeime zu einer
Zeit im Blute kreisen, und es ist möglich, dass Un¬
geziefer, T wie Wanzen etc. die Krankheit von einem Krebs¬
kranken auf ein anderes Individuum übertragen kann.
Das scheint aber verhältnissmä%sig nur selten zu sein. Der
eigentliche Infectionsmodus geschieht höchstwahrscheinlich
durch Trinkwasser, Erdpartikelchen oder rohen Genuss der
Gegenstände, welche mit den Keimen behaftet sind und zwar
durch das Dauerstadium des Parasiten. Die unter Umständen
erzielten Reinculturen von Sprosspilzen verlieren gewöhnlich
bald ihre Virulenz. Ihr eigentlicher Nährboden ist die Epithel¬
decke auf Blättern draussen in der freien Natur. Es ist
a priori nicht anzunehmen, dass alle Arten des Careinom durch
denselben Parasiten hervorgernfen werden, wie überhaupt
die Geschwulstätiologie keine einheitliche sein kann. Von
diesen Voraussetzungen ausgehend, habe ich neuerdings
sämmtliche Bäume und Pflanzen, welche am Ufer des Grabens
stehen, zusammengestellt und genau auf ihre Parasiten geprüft.
Von letztem sind zu nennen: Chytridiaceen, Gattung Taphirinen,
Tuberculacia vulg., Rostpilze etc., denen ein hypertrophisches
Wirken auf die Pflanzenzelle zukommt. Besonders häufig treten
auf die Exoascusarten an Erlen, Pappeln etc., welche auch
hefeartige Sprossung aufweisen, die eine hypertrophische Wirkung
besitzen und auch tumorbildende Eigenschaften im Thierkörper
zeigen. Darauf ist auch anderweitig in Carcinoragegenden zu
achten. Ich verfolge die Forschungsrichtung. durch Einver¬
leibung von Pflanzenparasiten ihr morphologisches Verhalten
und ihre Wirkung im Thierkörper zu studiren. Es wäre
wünschenswert!!, wenn dieselbe mit der andern Forschungs¬
richtung, Blastomyceten aus den Geschwülsten zu züchten,
schliesslich zusammenträfe, um endgiltig den so verderblichen
chronischen Volksschädiger zu entlarven. Der Einzelversuch
kann nicht entscheidend sein: eine planmässige, zielbewusste
Forschung, welche die bisherigen Erfahrungen der Parasiten
wie tumorbildenden Eigenschaften weiter verwerthet, ist nur
möglich in einem ,,onkologischen Institut“, das überhaupt den
Zwecken der Studien über maligne Geschwülste dient. Ein
solches zu errichten, muss eine der ersten Aufgaben des neuen
Jahrhunderts sein!
Referate.
Chirurgische Versuche.
Von Le Calvö.
V«»t«rinftr in Nantea i'Heruoil Oct-Dec. 1899.)
Unter diesem Titel veröffentlicht L. eine Reihe von Ope¬
rationen. betreffend die Behandlung 1. der Knienarben, 2. der
chronischen Hufgelenklahmheit, 3. der Ueberbeine, 4. der Schale,
5 des Spates, H. der Fesselgallen, 7. der Sprunggelenksgalle. Er
beschreibt zunächst die von ihm angewandten Cautele betr. die
Desinfection der Instrumente, des Patienten, des Verbandzeuges,
der Assistenten und seiner selbst.
1. Knienarben. L. hat versucht, einen Hautlappen, den
er von der vorderen Seite des Vorarmes nimmt, auf der ent¬
fernten Narbenstelle anzuheften. Drei Versuche sind nicht er-
muthigend ausgefallen. In fünf Fällen hat er die in der B. T. W.
bereits beschriebene Operationsmethode von Delcambre. Ca-
diot. und Vinsot (Ablation der Narbe und Vernähen) mit voll¬
ständigem Erfolg angewandt. L. empfiehlt dabei einen Fixations¬
modus. der dort angewandt werden kann, wo kein entsprechender
Nothstand existirt. Er legt nämlich den Patienten auf den
Rücken, gegen eine Wand, lässt die Beine senkrecht strecken
und an einem in der Wand angebrachten Querbalken fixiren.
Der Operateur stellt sich vor das Knie, operirt im Stehen.
Seine Stellung ist somit bequem und in der Höhe des Operations¬
feldes.
2. Chronische Hufgelenkslähme. L. betrachtet die¬
selbe als eine Tropho-Necrose und hat bei ihr das in ähnlichen
Fällen in der humanen Chirurgie angewandte Mittel der
Nervenelongation anwenden wollen. Er durchschneidet die
Haut im unteren Drittel des Metacarpus resp. Metatarsus, ge¬
langt auf jeden Ast des N. plantaris, hebt denselben hoch und
zieht ihn aus der Hautwunde. Der Nerv wird zwischen zwei
Zangen mit flachem Gebiss genommen und in die Länge ge¬
zogen. Die angewandte Kraft entsprach 15 bis 20 kg. Hier¬
auf wird der Nerv wieder in die Wunde gebracht und diese
vernäht, ln den zwei versuchten Fällen war das Resultat der
Operation Null.
3. Ueberbeine. Die bei zahlreichen Patienten angewandte
Periostotoraie hat zwei Resultate gegeben, die er folgender-
massen resumirt.
1. Die beim Pferde am Periost vorgenommenen Ope¬
rationen sind an sich wenig gefährlich, sie bedingen
keine lange Ausserdienststellnng und verursachen keine
Lahmheit.
2. Die Entfernung einer Periostinsel auf einem gesunden
Knochen verursacht keine von Neubildung begleitete
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114
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No 10.
Irritation auf der Knochenoberfläche. Dies ist jedoch
nur richtig, wenn aseptisch operirt wurde.
3. Die Entfernung des die Exostose bedeckenden Periost¬
lappens genügt nicht, um die Regression der Exostose
zu veranlassen.
4. Diese Entfernung bleibt auch ohne Resultat, wenn ein
Abschaben der freigelegten Knocheninasse stattfindet.
5. Die verschiedenen, mit relativer Asepsis vorgenommenen
Operationen fallen ebenfalls relativ aus.
Wirksamer ist die Osteotomie. Radicalcuren wurden er¬
zielt durch die Entfernung des abgedeckten Ueberbeines ver¬
mittelst Meissei und Hammer.
4. Schale. Ein Fall von Schale wurde ebenfalls mit Er¬
folg durch Entfernung vermittelst Meissei und Hammer behandelt.
5. Spat. Auch hier empfiehlt L. die Osteotomie. Die frei¬
gelegte Exostose wird vorsichtig, vermittelst Meissei und Hammer
schichtenweise abgetragen, bis dass das normale Niveau des
Sprunggelenkes erreicht ist oder bis dass ein Gelenkszwischen¬
raum erscheint. Die Operation ist nur dann zu empfehlen, wenn
der Spat gut abgegrenzt ist und wenn keine grossen Laesionen
von Arthritis deformans bestehen. L. zählt zehn Versuche auf,
bei welchen das Resultat nur mehr oder weniger vollständig war,
die aber trotzdem befriedigend ansfielen.
6. Fesselgallen. Hier hat L. drei Operationsmethoden
versucht.
Die erste bestand in der Entfernung eines Hautlappens
auf der Höhe der Galle, um eine Compression derselben durch
die Narbe zu erzielen. Das Resultat war nicht befriedigend.
Sodann versuchte L. die vorige Operation dadurch zu ver¬
vollkommnen, dass er ein Stück des Bindegewebes und der Apo-
neurose zwischen Haut und Serosa entfernte, um eine doppelte
Narbe zu erzielen durch die Vereinigung dieser Substanz¬
verluste mit Hülfe zweier übereinander angelegter Nähte.
Hierdurch wurde eine wesentliche Verminderung der Galle er¬
reicht.
Bei der dritten Serie wurde die wie zuvor vorgenommene
Operation vervollständigt durch das Vernähen einer Falte der
Galle selbst, um direct ihr Volumen zu verringern. Die Falte
wurde durch eine besondere Zange hergestellt. Das Vernähen
der Aponeurose und der Haut geschah wie bei der zweiten
Serie. Das Resultat dieses Modus war gut.
7. Sprunggelenksgallen. Diese wurden in der vor¬
erwähnten Weise durch Vernähen einer Falte des Gallensackes
mit gutem Erfolg operirt.
Ueber Actinomycose des Menschen nnd der Thiere.
Eine neue Varietät des Strahlenpilzes und die verwandtschaftlichen
Beziehungen der Streptothricheen.
Von Dr. B. Schürmayer.
(Centralblatt f. Bact. u. Paras. 1900, No. 2.)
Verf. stellte es zunächst für verfehlt hin, bei der mensch¬
lichen Actinomycose nach dem für Thiere characteristischen
und vielfach abgebildeten Schema zu suchen. Birch-Hirsch-
feld hebt besonders hervor, dass bei der menschlichen Actino¬
mycose gerade die abweichende Structur ganz characteristisch
ist. Während beim Rinde vorwiegend Zunge und Kiefer von
der Strahlenpilzinfection ergriffen werden, kommt diese Krank¬
heit beim Menschen an allen Körpertheilen vor. Der von
Schürmayer hier näher untersuchte Fall war klinisch als
Tuberculose des Sprung- und Fersenbeins gedeutet, bei der
Operation fanden sich multiple kleine Sarcome, die microscopische
Untersuchung sicherte die Diagnose dieser Tumoren als actino-
mycotische.
In der alcalischen Bouillon waren drei Formen zu unter¬
scheiden. 1. Unverzweigte und echte Fäden. 2. Zarte, feine
Fäden mit punktförmigen Verdichtungszonen, an excessiv ver¬
längerte Tuberkelbacillen erinnernd. 3. Runde, grössere Kügel¬
chen, an denen die zarten Fäden mit oder ohne Verzweigung
entsprangen.
Ueber die Wachsthumverhältnisse giebt Schürmayer
Folgendes an. Nach fünf Tagen entstanden bei 25 0 C. auf der
Gelatineplatte perlmutterglänzende, irisirende, weisslich graue
Plaques und runde Einzelcolonien, letztere mit seichter Ver¬
flüssigungszone. Die oberflächlichen Colonien lieferten Kurz¬
stäbchen, die tiefer liegenden die ad 2 beschriebenen Wachs¬
thumformen. Schon auf kleine Aenderungen der äusseren Be¬
dingung variirte das Wachsthum des Pilzes. Brachte man in
den hängenden Tropfen fadenförmige Gebilde, so zeigten sich
nach ca. 17 Stunden bei 37 0 C. nur kokkenförmige Gebilde
mit starker Beweglichkeit. Legt man von einer Bouilloncultnr,
welche längere Zeit sehr niedriger Temperatur ausgesetzt war,
eine neue Aussaat an, so erhält man grosse Kugeln und Doppel¬
kugeln, aus den Doppelkugeln werden Kettenreihen, welche sich
von den Streptokokken durch ihre Verzweigung unterscheiden.
Wiederum nach einer Woche sind die Kugeln gross geworden
und lösen sich paarweise ab; zwischen zwei Kugeln entsteht
ein derber knotiger Strang oder ein feiner Faden, welcher sich
bald verzweigt und an der Spitze Segmentirung zeigt. Bringt
man diese Segmente auf Glycerinagar, so treten kleine Quer¬
bänder und Plasmaanhäufungen auf, wie sie als „Polkörper“ bei
Rotz und Actinomycose beschrieben sind. Ueber die Histologie
der inficirten Gewebe beim Menschen sagt Verf., dass die
krankhaft veränderten Gewebsmassen den Character eines
Sarcoms hatten. Durch einen Deckglassplitter inficirte sich
ein Mensch an der Kuppe des Mittelfingers der linken Hand. Nach
einigen Tagen entstand eine gräuliche, stecknadelkopfgrosse Er¬
hebung, welche nach drei Monaten den Umfang eines groben
Schrotkorns hatte, gleichzeitig traten neuralgiforme Schmerzen
bis zum Vorderarm auf, trotz Ausbrennens traten fortgesetzte
Recidive ein. Nach s / 4 Jahren trat völlige Heilung ein. Bei
weissen Mäusen, welche am geeignetsten durch intrapleurale
Injection inficirt wurden, trat eine haemorrhagisch exsudative
Pleuritis auf, an der Pleura costalis sah man zahlreiche, »kleine,
weisse Knötchen.
Ueber das Variiren des Strahlenpilzes und dessen verwandt¬
schaftliche Beziehungen betont Verf. zunächst, dass der Strahlen¬
pilz, wie schon Büchner, Delbanco, Nissen nachgewiesen
haben, im Thierkörper eine starke Tendenz zum Variiren be¬
sitzt. Beim echten Actinomyces liessen sich Formen erzielen,
welche der Oospora bovis völlig gleich waren, auch die Aehn-
lichkeit mit Tubercelbacillen wurde bis zum Verwechseln gross,
wie schon Babe8 hervorhob. — Bisher hat man Actinomyces
in einen directen Gegensatz zu den „Bacterien“ gebracht und
zwar aus folgenden Gründen; dem Actinomyces (Streptothrix
Actinomyces) sollten allein folgende Eigenschaften zukommen:
Strahlenförmiges Wachsthum, Kolbenbildung, Entstehung von
Granulationsgeschwülsten in den inficirten Geweben.
Die Untersuchungen Brefeld’s habeii uns eines anderen
belehrt, so ist z. B. Kolbenbildung nicht so characteristisch, sie
fehlt beispielsweise der als Oospora farcinica bezeichneten
Actinomyces-Varietät, andererseits liommt' sie vor bei Tuber_
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8. März 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
culose, Milzbrand und Diphtherieerregern. Man darf nicht ausser
Acht lassen, dass die Art des Nährbodens von entscheidendem
Einfluss auf die Morphologie des Organismus sein muss.
Brefeld that dar, dass der Pilz ganz anders in einem feuchten
Medium gedeiht, wie in einem trockenen, und bei kümmerlicher
Ernährung wieder anders als bei reichlicher. — Auch in dem
klinischen Bilde der Actinomycose der Thiere treten jene
Schwankungen auf, sofern die Localisatiou an einer andern als
der typischen Stelle erfolgt. — Beim Menschen sind Ab¬
weichungen normal, so fand Rüge solche Herde in den
Mandeln, Sabrazes in Nackenabscessen, Niereninfarcten und
miliaren Lungenabscessen, Garten wieder in praevertebralen
Abscessen u. s. w. Die unter dem Namen „Madurafnss“ in
Indien endemische Krankheit der Hände und Füsse, bei welcher
Haut, subcutanea Gewebe und Knochen von einem Labyrinth
communicirender Kanäle durchzogen wird, welche mit warziger
Fistelöffnung enden, ist ebenfalls das Product einer tropischen
Strahlenpilzvarietät.
Babes gelangte sogar zu der Ueberzeugung: Tuberculose
und Actinomycose seien nur verschiedene Bilder ein und der¬
selben Krankheit (Arch. de m4d. exper. et d’anat. path. Bd. IX).
J.
Ueber die Aetiologie des Krebses.
Von Park und Plimmer.
(Centr. f. Bact. u. Parasitenkunde, Febr. 1900, No. 5.)
Zwei Arbeiten über die hochactuelle Frage: Ist der Krebs
eine durch Parasiten hervorgerufene Krankheit? liegen vor.
Leider dürften beide Verf. die Forschung über die Krebs¬
ätiologie nicht um eine Spur vorwärts gebracht haben.
Park (A further study into the frequency and nature of
caacer) meint in jedem Krebsfalle Gebilde aufgefundefi zu haben,
welche nichts anders sein könnten, als eine ungeheure
Anzahl von Parasiten. Verf. sagt dann weiter, dass die von
älteren Autoren als Zelldegeneration angesprochenen Gebilde
heute allgemein als Parasiten anerkannt seien. Hiermit begnügt
sich Park; statt zu beweisen, dass die Gebilde thatsächlich
Parasiten sind, behauptet er, dass dieselben nichts anderes als
Parasiten sein könnten.
Die Arbeit Plimmer’s (on the aetiology and histology of
eancer. The Practitioner Vol. LXII 1899) behandelt ein Material
von 1278 Carcinomen. Plimmer ist so glücklich nicht mit
allzu grossen zoologischen Kenntnissen geplagt zu sein oder
durch umfangreiche Kenntnisse der parasitologischen Literatur
verwirrt zu werden, er weiss nicht, dass die Sporozoen einen
integrirenden Bestandtheil des zoologischen Systems bilden. —
In 1130 Krebsfällen sah er intracelluläre Gebilde, welche einen
Durchmesser von 0,004—0,04 mm hatten und von ihm als
Parasiten angesprochen wurden. Zelldegenerationen können es
nach Verf. nicht sein, da sie nicht überall im carcinomatösen
Gewebe, sondern nur in den activ wachsenden Theilen sich
finden, da man sie ferner in keinem anderen Gewebe, in
keiner Art von Degeneration und in keiner anderen Geschwulst
sieht, mit Ausnahme von Sarcom. Verf. züchtete die Gebilde
in Nährbouillon, welche aus carcinomatösem Gewebe hergestellt
war und welche einen Zusatz von 2 pCt. Glycose und 1 pCt.
Weinsteinsäure erhielt, bei Wasserstoffatmosphäre. In diesen
Culturen sollen sich die Gebilde durch Knospung vermehrt
haben. — Bei Meerschweinchen sah Verf. am 13.—20. Tage nach
der intraperitonealen Injection Peritoneum und viscerales
Pleurablatt mit kleinen endothelialen, durchscheinenden Knötchen
115
besetzt. Jedenfalls ist eine Bestätigung von anderer Seite
abzuwarten, ehe man sich allzu grossem Optimismus hingiebt.
J.—
Das Collastin in der Veterinär-Chirurgie.
Von Dr. Baldoni.
Clin. vet. 899, H. 44.
Mit dem Namen „Collastin“ wird ein Protectivmittel für
Contiuuität8trennungen bezeichnet, welches Dr. Zenoni am
serotherapeutischen Institut in Mailand zusammengestellt hat.
An diesem Institut bewährte sich das neue Protectivum bei der
Gewinnung Jenner'scher Lymphe von Jungrindern als Deck-
und Schutzmittel des Impffeldes. Die Impfpusteln entwickelten
sich unter der Schutzdecke vorzüglich und die Lymphe konnte
ohne Verunreinigung gesammelt werden!
Das Collastin ist eine weissliche weiche Substanz von
Wachsgeruch, lässt sich in zusammenhängender Schicht auf
Oberflächen auftragen und haftet auch t wenn dieselben uneben
und unregelmässig sind und trocknet verhältnissmässig schnell.
Leinwandstücke besser noch Celluloidplatten lassen sich mit
Hilfe des Collastins binnen kurzer Zeit auf der Hautoberfläche
| festklehen. Einen besonderen Vorzug hat das Mittel auch des¬
halb, weil es mit antiseptischen Substanzen wie mit Formalin,
Acid. salicylic., mit den Silbersalzen etc. vermischt werden kann.
Die Applicationsmethode ist sehr einfach. Nachdem die Haare
von der Haut abgeschnitten und abrasirt sind, die Oberfläche
zweckentsprechend desinficirt und abgetrocknet ist, wird das
Mittel mit einem sterilisirten Metallspatel aufgetragen. Die
Leinwand- oder Celluloidstücke werden dann darüber gebreitet
und angedrückt und einige Minuten festgehalten, bis das Collastin
getrocknet ist. Nach 4—5 Tagen löst sich der Verband ab und
es'tat nöthig denselben zu erneuern.
Das Collastin ist vom Verf. bei Hautverletzungen und ober¬
flächlichen Continuitätstrennungen mit gutem Erfolg an solchen
Stellen des Thierkörpers verwendet worden, an denen Verbände
nicht angebracht werden können oder nicht dauernd haften. Es
bedurfte allerdings alle 4—5 Tage einer Erneuerung des Mittels,
da sich dasselbe nach dieser Zeit in Gestalt einer Membran
abstösst.
Bei kleinen Thieren kann das Collastin auch zur Fixirung
der Bruchenden bei Knochenbrüchen Verwendung finden.
Sheep scab, its nature and treatment.
Von Salmon and Stiles, U. S. Department of Agriculture,
Washington.
(Centralbl- f. Bacteriolog. u. Paradtenk. Febr. 1900. No. 5.)
ln den Vereinigten Staaten Nord-Amerikas bedingt die
Schafräude sehr erhebliche Verluste. Die Verf. beabsichtigen
durch ihre Arbeit eine bessere Kenntniss über diese Krankheit
und ihre rationelle Bekämpfung unter die betheiligten Kreise
zu tragen. In Wort und Bild werden die die Räude verur-
j sachenden Milben dargestellt, so Psoroptes communis var. ovis,
1 Sarcoptes scabiei var. ovis, Chorioptes communis var. ovis,
Demodex folliculorum var. ovis, aber auch die auf Schafen para-
sitirenden Insecten sind vergleichsweise den vorhergehenden an
die Seite gestellt, so Melophagus ovinus, Trichocephalus sphaero-
cephalus, Haematopinus pedalis. Einen besonders breiten Raum
nimmt jedoch die Behandlung der Schafräude ein, es wird
besonders auf den Werth eines Tabak-Schwefelbades hingewiesen,
welches folgende Zusammensetzung haben soll: In 23 Litern
Wasser 373,25 g Tabakblätter und Schwefelblumen. Besonders
: eingehend wird die Badevorrichtung für grosse Heerden, grosse
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116
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 10.
Transporte besprochen. Zum Schluss sind die auf die Schaf¬
räude bezüglichen gesetzlichen Massnahmen in den United States
abgedruckt. .J.
Beitrag zur Rassenimmunität.
Von Thierarzt Prcttner-Prag.
(C'entralbl. f. Bact u. 1’araait. No. 3. 1900.)
Im Prager Centralschlachthause wurde bei 3912 geschlachteten !
Büffeln nicht ein einziger Fall von Tuberculose festgestellt. ;
P. hat, um diese Frage zu klären, 2 Büffelkälber mit Tuberculose
geimpft. Als Controlthiere dienten Kälber und Meerschweinchen.
Zunächst erhielt ein Büffel von einer Bouilloncultur des Tuberkel¬
bacillus 5 g in die Vene und 20 g intraperitoneal, gleichzeitig
ein Kalb 5 g in die Vene und 10 g intraperitoneal. Nach einem
Monat ist das Kalb verendet. Die Autopsie ergab frische Tuber¬
culose der Bauchhöhle, Degeneration der Bronchiallymphdrüsen.
7 Tage nach dem Eingehen des Kalbes wird der gleichzeitig
inficirte Büffel getödtet und frei von tuberculösen Verände¬
rungen gefunden. Einem zweiten Büffel gab P. 20 g der Cultur '•
intravenös, einem Kalbe gleichzeitig 4 g intravenös und eben¬
soviel intraperitoneal. Bei dem Büffel fanden sich keine tuber-
culösen Veränderungen, während beim Kalbe perlsüchtige
Veränderungen in der Bauchhöhle und stark vergrösserte, wachs¬
artig degenerirte Bronchialdrüsen ermittelt wurden.
Verf. gedenkt über weitere Versuche baldigst berichten zu
können. Aus diesen Versuchen scheint also hervorzugehen, dass
der Büffel für die experimentelle Tuberculose jedenfalls un¬
empfindlich ist. J.
Behandlung der Maul- und Klauenseuche mit
Chromsäure.
Von Dr. Jarre-Paris.
(Pi-Ogi* tR 25. II. 1900.)
Dr. Jarre hat der Acadömie de medecine mitgetheilt, dass \
er in drei Molkereien ausgedehnte Versuche mit der Behandlung i
von an Maul- und Klauenseuche erkrankten Thieren vermittelst |
Chromsäure angestellt hat und dass diese Behandlung die rasche |
Beseitigung der Folgeerscheinungen veranlasste. (
Im Maule sind die Aphthen die Ursache einer erhöhten I
Empfindlichkeit, und verweigern die Thiere das Futter, um den j
durch dessen Contact verursachten Schmerz zu verhüten. Es ;
sei aber die fast augenblickliche Folge der Cauterisirung mit |
Chromsäure, dass diese Empfindlichkeit verschwindet und dass j
die Thiere, eine halbe Stunde oder eine Stunde nach der Be- |
handlung, wieder wie in gesundem Zustande fressen.
Dieses Resultat verdankt man der Eigenschaft der Chrom¬
säure, die Gewebe durch locale Coagulation zu cauterisiren, j
dadurch dass dieselbe in eine inerte, fest aufliegende Schichte
umgewandelt werden, die die darunterliegenden Gewebe gegen
die äusseren Einwirkungen schützt. In dieser Beziehung ver- ;
dient die Chromsäure den Vorzug vor allen anderen Causticis. ,
Bei allen behandelten'Thieren wurden die Aphthen der Maul- und
Nasenhöhle und die Klanenblasen behandelt und wurde die Ver¬
narbung innerhalb 24, höchstens 48 Stunden erzielt. I
Die Chromsäure muss in concentrirter Lösung und chemisch
rein angewandt werden und zwar mit einem Pinsel auf der I
ganzen entzündeten oder ulcerirten Schleimhaut. Sofort nach der
Aufpinselung wird mit Wasser abgespült.
Bezüglich der Chromsäure macht Dr. Jarre auf den Um¬
stand aufmerksam, dass die im Handel erhältliche Chromsäure
earminroth ist und in feinen rhomboedischen Nadeln crystallisirt.
Diese Chromsäure enthält in ihrem Crystallisationswasser ein
Drittel bis zu einem Viertel ihres Gewichtes an Schwefelsäure.
Die chemisch reine Chromsäure, welche allein angewandt werden
soll, bildet dagegen eine schwammige, amorphe, violettblane Masse.
Kleine Mittheilungen.
Tod einer Stute naoh dem Deokaot.
In der Ztschr. f. Vet. Febr. 1900 macht Oberrossarzt Lewin
folgende Mittheilung: Die Stute wurde Morgens zum Hengst
gebracht, welcher in grosser Erregung deckte. Die Stute drängte
gleich darauf stark und wurde deshalb nach Hause geritten;
äusserte schon unterwegs Leibschmerzen, wurde sehr matt, so-
dass sie kaum in den Stall kam, und zeigte etwa 10 Stunden
nach dem Deckact bereits Fieber und erhöhten Puls. Der Tod
trat nach %0 Stunden ein. Bei der Untersuchung ergab sich an
der Scheidenklappe etwas links von der Mittellinie ein 5 cm
langer Querriss der Schleimhaut. Der Penis muss gegen die
Scheidenklappe gestossen und bei einer Seitwärtsbewegung der
Stute nach rechts durch die Scheidenwand gedrückt worden sein.
Verschlucken eines Schlnndrohrs.
Thierarzt Hauger theilt in der Dtsch. th. Wschr. folgenden
Fall mit. Bei einem ömonatigen Kalbe musste Abends spät das
kleine Hauptner’sche Schlundrohr eingefdhrt werden. Das Kalb
machte dabei einen Sprung, das Schlundrohr entglitt der Hand,
glitt dabei durch das Loch des Querbalkens und versank in die
Speiseröhre. Das obere trichterförmige Ende war in der Mitte
des Halses zu fühlen. Alle Versuche, es wieder nach oben zu
schieben, waren vergeblich. Plötzlich rutschte es in Folge einer
Schluckbewegung soweit nach unten, dass es überhaupt nicht mehr
fühlbar war. Da unmittelbare Lebensgefahr nicht bestand, wurde
zunächst nichts unternommen. Am andern Morgen war das Kalb
munter. Das obere Ende des Schlundrohres lag in der Mitte der
HalBportion, während das untere den Pansen auswärts drängte
und sehr gut fühlbar war. Der Kopf des Kalbes wurde gestreckt
und nun durch einen Druck auf das untere Ende des RohreB ein
Aufwärtsschieben versucht. Es gelang in der That, auf diese
Weise das Rohr so hoch zu bringen, dass es aus dem Maule
herausgezogen werden konnte.
Amerikanischer Pferdezahnarzt.
Die Wschr. f. Th. veröffentlicht ein Referat über einen
Vortrag von Liautard, bekanntlich Director des ältesten New-
Yorker Thierarznei-Instituts, über amerikanische Operations¬
methoden u. 8. w. Interessant ist daraus das Verfahren des
amerikanischen Pferdezahnarztes, der so gut Specialist ist wie
der Menschenzahnarzt. Namentlich ist er mit einer ausser¬
ordentlich reichhaltigen Collection von Raspeln der verschiedensten
Formen ausgerüstet, selten jedoch mit einem Maulgatter. Der
Dentist braucht ein solches nicht, nimmt sich meistens nicht
einmal die Mühe, die Zunge des Pferdes herauszuziehen, sondern
steckt ohne weiteres eine Raspel in die Maulhöhle und beginnt
das Abfeilen, was sich die Pferde nach wenigen Augenblicken
viel ruhiger gefallen lassen, als bei der Anwendung von Nasen¬
bremse, Maulgatter und ähnlichen Zwangsmitteln der Fall ist
Der Dentist zieht sogar Zähne ohne Maulgatter. Nebenbei
bemerkt ist für die amerikanischen Thierärzte auch das Pillen¬
geben ohne Maulgatter üblich und es ist dies eine der ersten
Manipulationen, die in den Thierarznei-Institnten gelehrt wird.
F ourageuntersuch u n g.
ln der Ztschr. f. Vet. Jahrg. 1900 veröffentlicht C’orpsross-
arzt König einen längeren Aufsatz über die Prüfung der Fourage,
der sich jedoch zum Referat nicht eignet und im Original nach¬
gelesen werden muss.
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8. Marz 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Königs Klauenschuh.
Der landwirthschaftliche Verein Teltow beschloss, seinen
Mitgliedern den Gebrauch der vom Oeconomierath König in
Ellingen construirten ( nach Strebei aber in der Schweiz schon
lange gebräuchlichen) Klauenschuh fiir Rinder zum Gebrauch
bei Maul- und Klauenseuche zu empfehlen. Die Schuhe sind zu
beziehen vonEduardKönig in Würzburg (:»—3.50M. für dasStiick).
Tagesgeschichte.
Die brandenburgische Landwirthsehaftskammer
über den thierärztlichen Unterricht.
Der Beschluss der brandenburgischen Landwirthschafts-
kammer (Xo. 8. pag. 95 der B. T. W.), die Einführung des |
obligatorischen Abiturientenexamens für die Thierärzte warm
zu unterstützen, ist ganz besonders erfreulich.
Bemerkenswerth ist. dass aus den Kreisen der Landwirt¬
schaft selber der abgedroschene Einwand, mit dem Manche den
Landwirthen graulich machen wollten, dass die Thierärzte ihre
Honorare hinaufschrauben würden, eine treffende Zurückweisung
erfuhr, indem Herr Amtsrath Schräder constatirte, dass
zwischen den Preisen der Aerzte und Thierärzte auf dem Lande
kein Unterschied sei, das Abiturientenexamen also einen Unter¬
schied nicht bedinge. Wir bemerken dazu noch, dass für
Aerzte und Thierärzte in Prenssen eine Taxe von 1815 existirte
(deren in Streitfragen massgebende Sätze vielfach veraltet sind),
dass diese Taxe vor einigen Jahren für die Aerzte ausser
Wirksamkeit gesetzt wurde, für Thierärzte aber nicht, dass
aber trotz dieser ungleichen Behandlung sich unter den Thier¬
ärzten keine Hand gerührt hat, um eine Abschaffung des noch
bestehenden Tax-Torsos zu bewirken. Auch dies ist wohl ein
Beweis, dass für die Thierärzte die Geldfrage keine Rolle
spielt iir-ihren Entwicklungsbestrebungen.
Von hervorragender Wichtigkeit aber ist die Initiative,
welche die”Kammer mit practischen Vorschlägen, betreffs Aus¬
bildung der Thierärzte, ergriffen hat.
Die Kamm er empfiehlt : 1. durch das obligatorische Abiturienten ¬
examen die Intelligenz und Leistungsfähigkeit der Thierärzte zu
heben; 2. den academischen Unterricht insofern practisch zu
erweitern, dass als klinische Unterrichtsobjecte neben Pferden
und Hunden auch Rinder, Schafe und Schweine ebenmässig Ver¬
wendung finden; 3. dass die jungen Thierärzte nach ab-
solvirtem Studinm mindestens ein Jahr als Assistenten
eines Kreisthierarztes thätig sein müssen, bevor sie
eine selbstständige Praxis ausüben dürfen.
Die Punkte 2 und 3 gehören zusammen, insofern als der
Punkt 2 eine Lücke der thierärztlichen Ausbildung betrifft, die
aber durch Verwirklichung von Punkt 3 gleichzeitig beseitigt
werden würde. Hierüber ist Folgendes zu sagen:
Der thiermedicinische Unterricht hat einige Specialfächer
weniger als die Humanmedicin, z. B. Psychiatrie, Ohrenheil¬
kunde etc. Dafür aber ist er insofern viel umfassender, als die
Humanmedicin nur ein einziges Object, den Menschen, dem
Unterricht zu Grunde legt, der thiermedicinische Unterricht da¬
gegen notbgedrungen mindestens vier verschiedene Objecte,
nämlich Pferd, Rind, Schwein, Hund (Schafe und Geflügel).
Diese Objecte zeigen verschiedenen Körperbau (Anatomie),
verschiedene Lebensvorgänge (Physiologie). Jede Thierart
hat, abgesehen von ihren typischen Krankheiten, ihr eigenartiges
Verhalten bei Krankheiten und sonstigen Zufällen überhaupt:
jede verlangt daher besondere Grundsätze der ärztlichen Be¬
handlung, besondere Vorschriften für ihre Lebensweise (Hygiene).
Diese Vielfältigkeit der ärztlichen Objecte ist ohne Zweifel
eine der grössten, der Humanmedicin ganz unbekannte Schwierig¬
keit für die Veterinärmedicin*). Sie war unzweifelhaft die Ur¬
sache, dass in vielen Zweigen der Thiermedicin eine gewisse
Oberflächlichkeit herrschte, die erst in neuer Zeit einer gründ¬
lichen Specialisirung mehr und mehr weicht.
Wie soll der Unterricht dieser Vielfältigkeit Rechnung tragen?
Er wählt zunächst mit Recht ein Object als Grund¬
lage und Ausgangspunkt, schon weil es den Anfänger verwirren
würde, wollte man ihm mit den Grundregeln zugleich alle Va¬
riationen vorführen. Die Grundlage des veterinärmedicinischen
Unterrichts ist das Pferd, als das werthvollste, vollkommenste und
zugleich zu Unterrichtszwecken am leichtesten verfügbare grosse
Hausthier. An ihm kann die ganze allgemeine Medicin, kann
eine grosse Summe von Erscheinungen und Gesetzen gelehrt und
gelernt werden, welche für alle Haussäugethiere gelten. Der
gründliche Kenner des Körperbaues vom Pferde z. B. findet sich
leicht am und im Körper auch der übrigen Hausthiere zurecht,
wenn er durch den Unterricht zum richtigen Sehen und Ver¬
gleichen erzogen und auf die wesentlichen Abweichungen hin¬
gewiesen ist. Unter Voraussetzung der am Pferde erworbenen
Kenntnisse, beansprucht der unbedingt nothwendige Special¬
unterricht über das Rind, das Schwein etc. nur einen Bruchtheil
der Zeit, die für das Pferd von Anfang an verwendet worden war.
Aber in diesem Umfange muss dem Specialunter¬
richt über das Rind, das Schwein, den Hund sein Recht auch
werden. Das geschieht in der Anatomie, wo der Körperbau des
Rindes, des Schweines, des Hundes ebenso wie der des Pferdes, nicht
bloss theoretisch erläutert, sondern auch am getödteten Thier zer¬
gliedertwird. Das geschieht ferner in der Physiologie, in der Seuchen¬
lehre, in der Hygiene und in der theoretischen Krankheitslehre.
Aber in Bezug auf die practische Unterweisung am
kranken Thiere, da mangelt’s bezüglich der Rinder und Schweine.
Diesen Mangel wollte die Brandenburgische Landwirthschafts-
kammer mit Recht treffen.
Dieser Mangel liegt nicht an fehlerhafter Organisation des
Unterrichts. Er liegt in den Verhältnissen und ist an der thier¬
ärztlichen Hochschule selber nicht abzustellen. Man könnte
ein besonderes Ordinariat für Krankheiten der Rinder und
Schw'eine begründen und den theoretischen Unterricht noch mehr
specialisiren. Aber practisch wäre damit noch nicht geholfen.
Denn jede thierärztliche Hochschule hat eine grosse Pferdeklinik
und Hundeklinik, aber Rinder und Schweine werden so gut wie
nie in diese Kliniken gebracht.
Es fehlt also das Unterrichtsmaterial und ist auch
nicht zu beschaffen. Kein Landwirth wird meilenweit eine
kranke Kuh oder ein krankes Schwein in die städtische Klinik
bringen, während Pferde und Hunde in der Stadt selbst in ge¬
nügender Menge gehalten und den Kliniken gern zngeführt w r erden.
Und wenn selbst in grösserer Zahl Rinder und Schweine in die
Kliniften gebracht würden, so hätte das nur einen bedingten
Werth. Mehr, als bei Pferd und Hund, muss bei Rind und
Schwein die Behandlung der Krankheiten mit den wirtschaft¬
lichen Verhältnissen im Einklang stehen. Diese Thiere müssen
eben im Kuhstall und Schweinestall behandelt werden. Lernt
der Student ihre Behandlung nnr in einer mit allem modernen
*) Dazu kommt die grössere Schwierigkeit der Diagnose an
dem Patienten, der nicht reden kann; die Unmöglichkeit, den Pa¬
tienten ins Bett zu legen, Bewegungen zu hindern u. s. w., alles
Dinge^ mit denen die Humanmedicin nicht zu rechnen hat.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 10.
118
Rüstzeug eingerichteten Klinik, so kommt er blos zu falschen
Schlüssen hinsichtlich der Wirksamkeit von Behandlungsmethoden
und der Ausführbarkeit von Kuren.
Die Behandlung von Rindern und Schweinen kann
daher an den thierärztlichen Hochschulen überhaupt
nicht ausreichend erlernt werden, sondern nur draussen
auf dem Lande, inmitten der landwirthschaftlichen
Wirklichkeit.
Nun kann man natürlich die thierärztlichen Hochschulen
nicht auf ein Dorf verlegen. Man sucht sich in Deutschland
mit der sog. ambulatorischen Klinik zu behelfen; d. h. ein von
Studirenden begleiteter Professor besucht, auf Ersuchen von
Besitzern, kranke Rinder etc. in der näheren Umgebung. Aber
was will es sagen, wenn bei 500 Studenten wöchentlich mehr¬
mals 4 derselben mit dem Professor aufs Land fahren und das
nur in einem bestimmten Studiensemester. Der Zeitverlust dieser
weiten Fahrten steht dabei in gar keinem Verhältniss zu dem
minimalen Gewinn der Kenntnisse. Besser ist schon das in
Ungarn ergriffene Auskunftsmittel, wo man jeden Studenten ein¬
mal auf 8 Wochen auf das Krongut Gödöllö schickt, damit
er dort die landwirtschaftliche Thierhaltung und die Behandlung
des Rindes u. s. w. lerne. Aber auch dies ist unvollkommen, schon
weil diese Zeit zu kurz ist, von anderen Nachtheilen abgesehen.
Das einzige Mittel, die practischen Mängel des
thierärztlichen Unterrichts auszugleichen, istdie Fort¬
setzung des Hoch8chul-Unterrichts in der Praxis, in
der Weise ungefähr, wie das die Brandenburgische Landwirth-
schaftskammer in Punkt 3 ihrer Beschlüsse vorgeschlagen hat.
Deshalb ist mit Ausführung ihres Vorschlages zu 3 auch ihrer
Anregung zu 2 am besten entsprochen.
Der Unterricht auf der Hochschule lässt sich in dieser
Richtung nicht genügend erweitern; er wird eine vollkommen
practische Ausbildung niemals gewähren.
Deshalb hilft es auch gar nichts, immer neue
Hochschulsemester anfzupacken. Acht Studiensemester
mögen passiren, aber es wäre — dies ist auch die Meinung der
grossen Majorität der Thierärzte — ganz unzweckmässig, den
academischen Unterricht, wie neuerdings der Abgeordnete Hoff-
mann vorgeschlagen hat, auf 9 Semester zu verlängern.
Lieber ergänze man ihn durch einen an das Studium an¬
schliessenden practischen Unterricht im Sinne der Land-
wirthschaftskammer, wo der Student die unbedingt zuerst er¬
forderlichen wissenschaftlichen Kenntnisse practisch anwenden,
bezw. ihre Anwendung mit den gegebenen landwirthschaftlichen
Verhältnissen in Einklang bringen lernt.
Der Gedanke, die Approbation erst nach einjähriger prak¬
tischer Assistentenzeit zu ertheilen, hat nichts Befremdliches,
bezweckt nicht einmal ein Novum.
Ein Beruf, in dem nach demselben Princip academisches
Studium und nachherige praktische Unterweisung sich in treff¬
licher Weise ergänzen, ist das Forstfach, welches ich deshalb zum
Beispiel wähle, weil ich ihm selber früher angehört habe. . Das
Studium auf der Forstacademie ist verhältnissmässig kurz.
Daran schliesst sich aber, als integrirender Bestandtheil der
ganzen Ausbildung, das Biennium, d. s. vier Semester praktisches
Studium im Walde unter Anleitung eines Oberförsters. Also ganz
dasselbe Verhältniss, was für die Thierärzte vorgeschlagen wird.
Auch für die Aerzte hat kein Geringerer als Billroth
empfohlen, sie nach dem Studium erst ein Jahr assistiren zu
lassen, „bevor sie auf das Publikum losgelassen werden“.
Ja, es hat für Thierärzte diese, jetzt von der Branden-
, burgischen Landwirthschaftskammer empfohlene Einrichtung
| sogar schon einmal bestanden und zwar in Bayern. Hier mussten
i die Thierärzte nach dem Verlassen der Thierarzneischule ein
I Jahr bei einem practischen Thierarzte assistiren, ehe sie die
i Approbation erhielten. Erst 1872 wurde diese Einrichtung,
obwohl sie sich vortrefflich bewährt hatte, wieder aufgehoben.
Namentlich für einen Zweig des Unterrichts wäre dieses
Ergänzungsstudium von grösster Bedentung, ja das einzige Mittel
zu seiner dringend nöthigen Vervollkommnung. Das ist der
Unterricht in der Geburtshülfe. Derselbe ist jetzt praktisch
ganz unzulänglich und kann an den Hochschulen niemals voU-
ständig ertheilt werden. Das Verlangen, bei der thierärztlichen
Hochschule einen Rinderstall zu errichten, um darin geburts-
hülflichen Unterricht ertheilen zu können, ist ganz verfehlt;
seine Erfüllung verspräche so gut wie keine Abhülfe. Selbst wenn
dort 80 Kühe aufgestellt werden, wie viele von den 500 oder
300 Studenten Belien denn dann eine von den noch dazu meist
des Nachts erfolgten Geburten? Und wie selten wird dabei
eine Unterweisung stattfinden können, da sowohl der Professor
als die Studenten doch nur während der wenigen klinischen
Unterrichtsstunden erreichbar sind. In Wien besteht eine
geburt8hülfliche Klinik, in welcher einige hochtragende Kühe
stehen, die vor dem Abkalben angekauft sind. Zwei Hörer
halten Nacht für Nacht Wache, um eine Geburt abzupassen.
Was haben sie und was haben gar die übrigen 500 davon? Ein
Thierarzt in guter Praxis kann seinem Assistenten in einem
Tage davon mehr zeigen, als er auf der Hochschule im ganzen
Semester zu sehen bekommt.
Deshalb verdient der Vorschlag der Branden-
burgischen Kammer die grösste Beachtung und wärmste
Befürwortung.
Nur einen Nebenpunkt wird man verändern müssen: Nicht
bei einem beamteten Thierarzt allein soll das Assistenteivjahr
abgeleistet werden dürfen, sondern bei einem practischen Thier¬
arzt überhaupt. Die Assistenten sollen ja nicht in der Vete¬
rinärpolizei, sondern in der Thierbehandlung unterrichet
werden. Sie würden gerade darin bei manchen beamteten
Thierärzten gar nichts lernen, weil diese gar keine Praxis be¬
treiben. Es wäre daher nicht gerechtfertigt, den prac¬
tischen Thierarzt, der so wie so schon vielfach zu
sehr zu Gunsten des beamteten Thierarztes eingeengt
wird, auszuschliessen.
Vielleicht würde es sich empfehlen, die Thierärzte, bei
denen das Assistentenjahr gültig abgeleistet werden kann, über¬
haupt nicht generell zu bezeichnen, sondern etwa folgende Be¬
stimmung zu treffen: Das Assistentenjahr ist abzuleisten bei
einem Tbierarzt, welcher eine thierärztliche Praxis (Behandlung
kranker Thiere) auf dem Lande, gemäss den Grundsätzen
der Wissenschaft und den ärztlichen Pflichten, betreibt. Die
Ableistung des Assistentenahres ist durch ein Zeugniss des
betreffenden Thierarztes zu belegen. Der Regierungspräsident
bestimmt, welche beamteten und privaten Thierärzte nach
Maassgabe der Art ihrer practischen Thätigkeit berechtigt sind,
solche A88istenten-Zeugnisse auszustellen, die zur Erlangung der
Approbation gültig sind. Doch das ist ein Nebenpunkt; der, wie
viele andere, der weiteren Berathung bedürfte.
Der Grundgedanke aber im Beschluss der Brandenburgischen
Landwirthschaftskammer ist rückhaltlos anzuerkenuen.
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8. März 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
119
Seuchenstatistik und Yeterinärpolizei.
Thierseuchen im Auslande 1899.
Russland, n. Quartal.
(Die Tabelle iet z. Th. lückenhaft).
Zahl der Er-
krankungsfälle in
Rinder- Lungen¬
pest seuche
Milz¬
brand
Schaf¬
pocken
Maul- u. Klauen¬
seuche (be¬
troffene Gehöfte)
Ostaeeprovinzen
_
178
122
_
9
Polen ....
—
190
432
—
19 018
Westrussland
—
—
593
—
2
Kleinrussland
—
—
725
—
451
Södrussland . .
—
—
2 156
1547
13 487
Nordrussland
—
—
37
—
Grossrussland .
—
—
2 615
268
103
Ostrussland . .
—
133
2 208
1585
4 922
Kaukasus . . .
—
1
688
157
1 094
Transkaukasien
2138
—
212
759
144
Asiat. Russland
18 276
1 296
1 659
736
8 281
III. Quartal.
Niederlande.
Die Krankheitsfälle in den drei Berichtsmonaten betrogen:
für Milzbrand 23 bezw. 25 bezw. 37; Tollwut!» 2 bezw. —
bezw. —; Rotz 4 bezw. 7 bezw. 8; Maul- und Klauenseuche
19922 bezw. 23685 bezw. 19558; Räude der Einhufer und
Schafe 208 bezw. 357 bezw. 1038; Schweinerothlauf (incl.
Schweineseuche) 136 bezw. 720 bezw. 503; bösartige Klauen¬
seuche der Schafe 138 bezw. 21 bezw. 36.
Itali en.
Milzbrand wurde festgestellt bei 461 Thieren, Rauschbrand
bei 80 Thieren. An Tollwut!» erkrankten 6 Hunde und 1 Pferd.
Rotz (Wurm) kam in 48 Fällen zur Anzeige; Maul- und Klauen¬
seuche in 1013; Schafpocken in 8; Scliafrände in 4057 (und vielen
nicht naher angegebenen Fällen); Schweineseuche in 1711 Fällen.
'* IV. Quartal.
Oesterreich.
Die Zahl der verseuchten Ortschaften belief sich in den
einzelnen Monaten des Berichtsquartals auf 56 bezw. 32
bezw. 26 beim Milzbrand; 6 bezw. — bezw. 2 bei Rauschbrand;
69 bezw. 69 bezw. 53 bei Wutl»; 32 bezw. 35 bezw. 33 bei
Rotz; 734 bezw. 1291 bezw. 1854 bei Maul- und Klauenseuche;
36 bezw. 52 bezw. 56 bei Pocken; 15 bezw. 14 bezw. 7 bei
Bläschenausschlag; 36 bezw. 23 bezw. 16 bei Räude; 460 bezw.
294 bezw. 142 bei Rothlauf der Schweine und 46 bezw. 97
bezw. 130 bei Schweineseuche (Schweinepest). Lungenseuche
und Rinderpest sind nicht aufgetreten.
Ungarn.
Es waren im October bezw. November bezw. December
folgende Ortschaften verseucht: mit Milzbrand 184 bezw. 167
bezw. 117; Wuth 312 bezw. 263 bezw. 380; Rotz 410 bezw.
338 bezw. 364; Maul- und Klauenseuche 120 bezw. 76 bezw. 62;
Lnngenseucbe —; Blattern 25 bezw. 21 bezw. 24; Bliischen-
ausschlag 36 bezw r . — bezw. —; Räude 218 bezw. 197 bezw.
190; Schweinerothlauf 624 bezw. 384 bezw. 260; Schweine¬
seuche 5233 bezw. 4082 bezw. 3663.
Grossbritannien.
An Milzbrand erkrankten bei 138 Ausbrüchen 205 Thiere,
wovon 115 auf England, 26 auf Wales und 64 auf Schottland
kamen. Die Tollwuth betraf 3 Hunde (sämmtlich in Wales) ;
ausserdem wurden 24 ansteckungsverdächtige Hunde getödtet.
An Rotz erkrankten in England 339, in Schottland 20 Pferde.
Die Zahl der wegen Schweinefieber geschlachteten, erkrankten
und ansteckungsverdächtigen Thiere betrug 4799 in England,
132 in Wales und 345 in Schottland. Die Lungenseuche ist
nicht aufgetreten. Die Schafräude ist in England mit 395, in
Wales mit 249 und in Schottland mit 34 Ausbrüchen gemeldet, i
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen eto.
Die Schlacht- bezw. Viehhöfe zu Dresden, München, Nürn¬
berg, auch Mülhausen i. E. sind im Februar zu wiederholten
Malen von Maul- und Klauenseuche heimgesucht worden. (Vergl.
No.8 undBeilage zu No. 9 derB.T. W.). Auch aus der letzten Woche
liegen Meldungen über neue Ausbrüche dort vor, welche jedoch
inzwischen sämmtlich wieder getilgt sind. Die Seuche herrschte
in München am 28. Februar, in Dresden vom 28. Februar bis
5. März, in Nürnberg vom 28. Februar bis 2. März, in Mülhausen
am 2. und 3. März. Ausserdem sind gemeldet zwei breits wieder
getilgteAusbrüche aus Sachsenhausen beiFrankfurt a. M. vom 1. und
5. März und ein Ausbruch im Schlachthof zu Bremen am 28. Februar.
Ergebnisse der TuberculinimpfUngen In den Seequarantftneanstaiten.
Im in. Quartal 1899 wurden in den Seequarantäneanstalten
Hamburg, Altona-Bahrenfeld, Tönning, Hvidding, Apenrade,
j Flensburg, Kiel, Lübeck und Rostock-Warnemünde 8745 dänische
Rinder eingeführt. Ausserdem war noch vom Vorquartal her
ein Bestand von 531 Stück ungeimpfter Rinder. Vor der
Impfung mussten 7 Stück nothgeschlachtet werden, lnsgesammt
8161 Stück wurden der Tuberculinprobe unterworfen. Das
Resultat der Impfung war folgendes: 8271 Thiere erwiesen sich
danach frei von Tuberculose, 190 Stück = 2,2 pCt. als mit
Tuberculose behaftet. Nach der Impfung wurden noch
2 Thiere nothgeschlachtet; 808 Stück verblieben ungeimpft.
Uebersicht Uber die Im III. Quartal 1899 aus den Seequarantftneanstaiten
in öffentliche Schlachthäuser eingeführten Rinder und das Ergebnies der
Fleischbeschau bei denselben.
Es wurden im III. Quartal 1899 9848 Rinder in die See¬
quarantäneanstalten eingeführt bezw. waren daselbst als Bestand
vorhanden. Hiervon wurden 187 zurückgewiesen, 12 wurden noth-
geschlaclitet oder verendeten, 1435 blieben als Bestand zurück,
sodass insgesammt 8214 nach Schlachthöfen (Barmen, Berlin,
Bielefeld, Bochum, Bremen, Dortmund, Düsseldorf, Elberfeld.
Ess^rt, Gelsenkirchei», Hamburg, Hagen, Kiel, Köln, Krefeld,
Lübeck, Osnabrück und Remscheid) überführt wurden.
Von diesen nach Schlachthöfen überführten 8214 Rindern er¬
wiesen sich 7303 als gesund und 911 = 11,1 pCt. als tuberculös.
Berlin. Bekanntmachung.
Zur Verhütung der Einführung von Viehseuchen bestimme
ich als Erweiterung der Bekanntmachung vom 6. November 1898
(A.-Bl. S. 477) auf Grund des Reichs-Viehseucliengesetzes vom
23. Juni 1880/1. Mai 1894 zugleich als Seuchencommissar für
die Amtsbezirke Friedrichsberg-Lichtenberg und Stralau-
Runrmelsburg, dass Geflügel aller Art in- und ausländischen
Ursprungs, das aus oder über Eydtkuhnen. Schönsee, Ostrowo,
Inowrazlaw, Gnesen, Strelno, Wreechen, Myslowitz, Oswiecim,
Kattowitz, Dzieditz, Oderberg, Herby, Seidenberg, Aachen,
Gronau, Prostken oder Ulowo auf den Bahnhöfen Lichtenberg-
Friedrichsfelde, Viehstation und Rangirbalmliof Rummelsburg,
Schlesischer Bahnhof, Ostbahnhof, Frankfurter Allee und Weissen-
see eintrifft, nicht ausgeladen oder vom Bahnhof entfernt werden
darf, bevor es von einem beamteten Thierarzt untersucht w’orden ist.
Zuwiderhandlungen gegen dieses Verbot sind nach § 328
des Reichs-Strafgesetzbuchs strafbar.
Berlin, den 18. Februar 1900.
Der Polizei-Präsident, von Windheim.
Bücher an zeigen und Kritiken.
Leisering’s Atlas der Anatomie de« Pferdes etc. III. Auflage,
neu herausgegeben und erweitert von Geh. Medicinalrath Ellen-
herger unter Mitwirkung von Prof. Baum. Leipzig, Verlag von
B. G. Teubner. Preis pro Lieferung 6.— M.
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120
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 10.
Die Schlusßlieferungen 8 and 9 mit den Tafeln 43—54 mit
dem zugehörigen Text liegen vor. Von diesen Tafeln sind 6
Tafeln (43, 45, 46, 49, 52, 54) unverändert übernommen, ebenso
Tafel 47, auf welcher nur eine kleine Abbildung neu hinzugefügt
ist. Fünf Tafeln sind dagegen ganz neu und bringen Dar¬
stellungen aus der Anatomie des Rindes (1), Schweines (1) und
Hundes (3).
Das nunmehr vollständige Werk hat in der B. T. W. mehr¬
fache Besprechungen erfahren (B. T. W. 1898, pg. 359 und
1899, pg. 36 und 597), in welchen die Vorzüge der neuen und
die Mängel der übernommenen alten Tafeln erörtert worden sind.
Hier mag daher nur nochmals das Hauptergebniss der aus¬
geführten Verbesserungen hervorgehoben werden. Statt 43 Tafeln
sind 54 gegeben, es hat also eine Vermehrung von 11 Tafeln
stattgefunden. Diese 11 Tafeln sind demnach auch ganz neu
gezeichnet und übertreffen die älteren wesentlich. Ausserdem
haben 13 ältere Tafeln grössere oder kleinere Verbesserungen
(Einfügung einzelner neuer und Weglassung alter Figuren) er¬
fahren. Dreissig Tafeln, also nur etwas über die Hälfte des
Ciesammtwerkes, sind unverändert geblieben, so dass man
mit Recht die neue Auflage als eine wesentlich umgearbeitete
bezeichnen kann. Die Erweiterung ist namentlich der ver¬
gleichenden Anatomie zu Gute gekommen. Der Leisering’sche
Atlas führte thatsächlich „die übrigen Hansthiere“ zu Unrecht
auf dem Titel. Denn diesen waren nur 7 Tafeln gewidmet, auf
welchen Osteologie und Myologie überhaupt übergangen waren.
Auch die neue Auflage bringt ja keineswegs eine annähernd
vollständige Darstellung der Anatomie des Rindes, Schweines
und Hundes. Aber es sind doch immerhin 13 Tafeln, also fast
doppelt soviel, für diesen Zweck verwendet und dieselben geben
wenigstens Gesammtdarstellungen des Sceletts und der Muskel¬
oberfläche des Körpers. Schmaltz.'
Personalien.
Ernennungen: Den etatsmäsBigen Docenten an der tbierärztlichen
Hochschule in Berlin Dr. Eberlein und Regenbogen ist das
Prädikat „Professor“ verliehen worden.
Thierarzt W. Meyer-Lesse zum comm. Kreisthierarzt in Lipp-
stadt. — Kgl. Sächs. Amtsthierarzt Augst von Lauenstein nach
Bodenbach als Grenzthierarzt versetzt. — Gewählt: Thierarzt
Heinrich Riedel zum Schlachthofhilfsthierarzt in Trier.
Approbationen: In Berlin die Herren Johannes GöttBch, Hans
Lucas, Czeslaus Stobiecki; in Hannover die Herren Anton
Len fers und Erich Zapf; in Dresden Herr Erasmus Schindler.
Wohnsitzverlndeningen, Niederlassungen etc.: Verzogen: die Thier¬
ärzte Joseph Baehr-Berlin(1900) nach Heinsberg (Rhld.), Dr.F. B^uer
nach Racendowo bei Slawoszew (Pos.), Friedrichs von Mrotschen
(Pos.) nach Zempelburg (W.-Pr.), Jaenicke-Bremen nach Lunzenau
(Sachs.), Kendziorra-Berlin nach Rastenburg (O.-Pr.), Kypke-
Trier nach Berlin, Gustav Schiefner (99) nach Dahme (Mark),
G. V ogt-Niederdodeleben bei Magdeburg nach Pabstorf (Braunschw.).
— Thierarzt Ettrich hat sich in Naumburg (Queiss) niedergelassen.
Unterrossarzt Max Eggebrecht zur Schutztruppe in Kiautschau
übergetreten.
In der Armee: Beförderungen: zu Oberrossärzten: die Ross¬
ärzte Bandelow vom Garde-Trainbat. unter Versetzung zum
18. Drag.-Rgt. und Ebertz im 16. Ul.-Rgt.; — zu Rossärzten: die
Unterrossärzte Bartsch im 21. Art.-Rgt, Guba vom 1. Drag.-Rgt.
unter Versetzung zum 8. Art.-Rgt. und Wilczeck vom 16. Hus.-Rgt.
unter Versetzung zum 9. Art.-Rgt.
Versetzungen: Oberrossarzt Troes ter vom 16. zum 1. Uh-Rgt.
unter Belassung in seinem Commando bei der Militärrossarztschule.
Die Rossärzte Kleinadam vom 8. Art.-Rgt zum 1. Ul.-Rgt.,
Schmidt vom 4. Garde-Art.-Rgt zum Garde-Trainbat., Wollmann
vom 9. Art - Rgt zum 4. Garde - Art. - Rgt. Der Unterrossarzt
Guhrauer vom 2. Art-Rgt zum 5. Hus.-Rgt.
Commandos: zu den Militftrlehrschmieden (auf4Wochen)
die Unterrossärzte Baumann vom 8 Feld-Art.-Rgt. nach Frankfurt,
Demien vom 2. Hus.-Rgt. nach Breslau, Domer vom 14. Drag.-
Rgt. nach Gottesaue, Freude v>m 13. Ul.-Rgt. nach Hannover,
Hack vom Leib-Garde-Hus.-Rgt. (Potsdam) nach Berlin, Mohr
vom 9. Hus.-Rgt. nach Gottesaue (Baden), Rode von der Art.-
Schiessschule in Jüterbog nach Berlin, Scholz vom 14. Hus.-Rgt.
nach Frankfurt a. Main, Schwebe vom 4. Drag-Rgt. nach Breslau,
Schwinzer vom 1. Hus.-Rgt nach Königsberg, Wein hold vom
8. Ul.-Rgt nach Königsberg, Wilczeck vom 16. Hus.-Rgt. nach
Hannover.
Im Beurlaubtenstande: zu Rossärzten befördert: die Unter¬
rossärzte d. R. Behrens (Bez.-Comm. Bremen), Goslar (Aachen),
Krause (ßernburg), Lübke (Gera), Scharrschmidt (Halle a. S )
sowie Biber (Ulm) und Schwarz Biberach. Traut, Rossarzt
d. L. II (Bez. Zwickau) der Abschied bewilligt.
Todesfälle: Oberrossarzt a. D. Zehlke-Frankfurt a. 0.
Yacanzen.
Kreisthierarztstellen eto.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Cöslin: Stolp (Nord) mit dem Amtssitz in Glowitz (600 M.;
voraussiclitl. Kreiszuschuss). Bewerb, bis 3. April an den Re-
gierungspräs. — R.-B. Köln: Rbeinbach (600 M., 500 M. voraussichtl.
Kreiszuschuss.) Bewerb, bis 18. März an den RegierungBpräs.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Gumbinnen: Grenzthierarzt¬
assistentenstelle in Stallupönen. — R.-B. Schleswig: Eiderstedt.
Sanltlt8thlerarzt8tellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Halle a. S.: 2 Assistenzthierärzte am Schlachthofe sofort bezw. zum
1. April. (1800 M., Wohnung etc.) Bew. sofort an die Direction. —
Höxter: Schlachthausverwalter zum 1. April (1200 M., Wohnung etc.,
900 M. Caution. Praxis). Bewerb, bis 10. März an den Magistrat. —
Köln: Oberthierarzt für den Schlacht- und Viehbof (3500 M.
steigend bis 5300 M., Pension). Bewerb, bis 20. März an den Ober-
bürgermstr. — Königsberg i.P.: Schlachthofthierarzt sofort (2000M*,
Wohnung etc.). Bew bis 12. März an den Director. — Rathenow:
Schlachthofinspector zum 1. April (2000 M. steigend bis 3000 M.
Wohnung etc.). Meldungen an den Magistrat.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — Dessau: Schlachthof¬
assistenzthierarzt. — Dresden: 3 Hilfsthierarztstellen am Schlacht¬
hof. — Eberswalde: Schlachthofinspector. — Eckernförde:
Schlachthofinspector. — Fi lehne: Schlachthofinspector. —
Friedrichsthal (Kreis Saarbrücken): Thierarzt für Fleischbeschau.
— Friesack: Thierarzt für Vieh- und Fleischbeschau. — Görlitz:
Schlachthofassistenzthierarzt. — Hirschberg (Schlesien): Schlacht¬
hofvorsteher zum 1. März. — Liegnitz: Scblachthofassistenztbier-
arzt. — Lüneburg: Sclilachthofvorsteher. — Markneukirchen:
Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Militsch:
Schl achthofin spector. — Mülhausen (Eisass): Schlachthofverwalter.
— Osnabrück: Schlachthofassistenzthierarzt. — Ostrowo: Schlacht¬
hofinspector. — Spremberg: Schlachthofinspector. — Thorn:
2. Schlachthofthierarzt. — Wanne: Schlachthofvorsteher.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbacb (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau
(Ostpr.): Thierarzt für Praxis (300M. Zuschuss). Bewerb, beim Magistrat.
1900 bekannt gegebene: Rakwitz (Pos.): Thierarzt zum
1. April. (Aus Schlachtviehbeschau 1200 M.). Auskunft beim
Magistrat. — Rh in ow (R.-B. Potsdam): Thierarzt. — Schwarzen¬
berg i. Sachs.: Thierarzt für Fleischbeschau und Praxis (voraus¬
sichtliche Staatsunterstützung). Meid, an d. Stadtrath. — Sonnen¬
burg: Thierarzt (600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den
Magistrat — Tilsit: Thierarzt für Praxis. Auskunft beim Vor¬
sitzenden des landw. Vereins in Kaukmethen (O.-Pr.).
Besetzt: Sanitätsthierarztstelle in Trier. Privatstelle
in Pabstorf.
Verantwortlich ftlr den Inhalt (exeL Ina erat enth eil): Prot Dr. Schmal ta in Berlin. — Verlag und Eigen thorn von Richard Schoeta in Berlin. — Druck von W. BOxenatein, Bariin
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Die „Berliner Thlerftrstliche Wooheniohrlft“ erscheint
wöchentlich in Stlrke von mindestens 1>/i Bogen. Dieselbe
ist an beliehen durch den Bachhendel, die Post (No 1068)
oder darcb die Verlagsbuchhandlung, von Richard
8choeta, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von
hfk. 6, - pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeitrtge werden mit KO IL für den Bonn honorirt
Alle Manuscnpte, Mittheilungen und redaononellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr Schmälte,
Berlin, thlerftrztlicbe Hochschule, NW., Luisenstrasse 66.
Correcturen, Recensions- Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heran sgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. E. Schmaltz, Dr. E. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Bichard Scboetz, Berlin NW., Luisens trasse 36.
Jahrgang 1900. M 11 - Ausgegeben am 15. März.
Inhalt: Joeat und Helfers: Ergebnisse der Lorenz’schen Rothlaufschutzimpfung mit Prenzlauer Impf¬
stoffen in den Jahren 1897, 1898 und 1899. — Richter : Ein Praxiswagen für Thierärzte. — Tages-
gesohichte: Bericht über die 40. Sitzung des thierärztlichen Vereins in Westpreussen. — Der Stand der Abiturienten¬
frage im Reichstag. — ÖOjähriges Stiftungsfest der Landsmannschaft Salingia-Berlin. — Verschiedenes. — Oeffentliches
Veterinärwesen: Fleiscbschau und Viehverkehr. — Sduchenstatistik und Veterinärpolizei. — Bücheranzeigen
und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen.
Ergebnisse der Lorenz’schen Rothlaufschutzimpfung
mit Prenzlauer Impfstoffen in den Jahren 1897,
1898 und 1899.
Zusammengostellt von
Dr. E. Joost nod A. Helfers.
Veranlasst durch die guten Erfolge der Lorenz’schen
Impfmethode in den Jahren 1896 *) nnd 1897 entschloss sich die
Landwirth8chaftskanuner für die Provinz Brandenburg im Sommer
1897 das Verfahren der Herstellung der Lorenz’schen Impf¬
stoffe, sowie das Recht, dieselben abzngeben, von dem Entdecker '
käuflich zu erwerben. Für die Herstellung der Impfstoffe im
grösseren Massstabe begründete die genannte Landwirthschafts-
kammer im Sommer 1897 in Prenzlau die Rothlauf-Impf-
anstalt. Dieselbe hat von der Zeit ihrer Errichtung bis znm
Ende des Jahres 1899 im Ganzen über 2000 Liter Serum mit
den dazu gehörigen Reinkulturen nach allen Theilen Deutschlands
(mit Ausnahme von Hessen nnd Württemberg) versandt.
Um die Ergebnisse der ausgeführten Impfangen zu er¬
mitteln, verschickte die Anstalt in jedem Jahre an Bämmtliche
Herren, welche Impfstoffe bezogen hatten, Fragebogen zur
Berichterstattung. — Der nachstehende Gesammtbericht bildet
einerseits die Zusammenstellung der Angaben sämmtlicher ein¬
gegangenen (683) einzelnen Berichte, andererseits sind in dem¬
selben die von Mehrdorf und Marks im Aufträge der Land-
wirthschaftskammern für die Provinzen Ospreussen bezw. Posen
veröffentlichten Sammelberichte über die in diesen Provinzen
ausgeführten Impfangen **) mit aus der Anstalt bezogenen
Impfstoffen berücksichtigt. Zu bemerken ist, dass die Sammel¬
berichte der Landwirthschaftskammer für die Provinz Ostpreussen
das Jahr 1898 und von 1899 nur das 1. Vierteljahr umfassen.
*) Im Jahre 1896 wurden nach der in der B. T. W. 1897
No. 9 veröffentlichten Statistik im Ganzen 4450 Schweine mit gleich-
massig gutem, durch keinen Misserfolg beeinträchtigen) Resultat
geimpft.
**) Correspondenzblatt der Landwirthschaftskammer für die
Provinz Ostprenssen No. 10 und No. 28.
Landwirtschaftliches Centralblatt für die Provinz Posen
1899 No. 47,
Ebenfalls berücksichtigt der Sammelbericht der Landwirthschafts¬
kammer für die Provinz Posen nicht alle im Jahre 1899 in dieser
Provinz ausgeführten Impfungen.
Auch von den jeweils von der Anstalt versandten Frage¬
bogen sind stets nicht alle, sondern reichlich die Hälfte ans¬
gefüllt wieder eingegangen, ein Uebelstand, über den auch
andere Impfstatistiker zu klagen hatten. Immerhin ist das durch
die Umfragen gewonnene Material so umfangreich, dass es ohne
allen Zweifel zur richtigen Beurteilung der Lorenz’schen
Impfüaethode sowohl, wie der Wirkung der von der Anstalt ge¬
lieferten Impfstoffe dienen kann.
< Eine ganze Reihe von Berichterstattern, die genauere An¬
gaben über die von ihnen ausgeführten Impfungen mangels ge¬
nauer Notizen nicht zu machen im Stande waren, heben doch
den : ausgezeichneten Erfolg der Impfungen hervor. *)
Bezüglich des Jahres 1897 ist noch vorauszuschicken, dass
die Nachstehende Zusammenstellung auch die Impfungen umfasst,
welche im genannten Jahre vor Errichtung der Anstalt mit
Impfstoffen ausgeführt wurden, welche Lorenz selbst geliefert
hatte. Herr Obermedicinalrath Dr. Lorenz hat uns über die
von ihm versandten Serummengen Mittheilung gemacht und uns
zur Benutzung des Materials behufs Aufstellung einer Statistik
ermächtigt.
Für die Jahre 1897, 1898, 1899 liegen insgesammt Berichte
über 217 376 geimpfte Schweine vor. Es entfallen hiervon
auf das Jahr 1897: 26 217 Stück
„ „ „ 1898: 83 397 „
„ „ „ 1899: 107 762 „
Die Zahl der Schweine-Bestände, in welchen die Impfang
erfolgte, ist für die ersten beiden Jahre nicht anzugeben, da
di& Berichte Angaben hierüber nur zum Theil enthalten. Die
Zahl der im Jahre 1899 geimpften Schweinebestände beläuft
sich auf 10076 für 81630 Impflinge. Verseucht durch
Rothlauf waren von diesen 10076 Beständen 784. Schweine-
*) Für das laufende Jahr werden desshalb von der Anstalt Frage¬
bogen zur bequemen Niederschrift von die Impfungen betreffenden
Angaben den Thierärzten zugleich mit den Impfstoffsendungen
übermittelt.
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122
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11.
seuche bezw. -Pest herrschte zur Zeit der Impfung in 5 Be¬
ständen. Auch für die Jahre 1897 und 1898 bildete die in den
betr. Beständen bereits herrschende, bezw. in der Nähe anf-
getretene Kothlaufseuche die häufige Veranlassung zur Impfung.
Durch die Impfung wurde in allen Fällen die Bothlaufseuche
zum Stillstand gebracht und kamen nach erfolgter Impfung
Neuerkrankungen nicht mehr vor. Eine Ausnahme von dieser
allgemeinen Regel machten nur vier verseuchte Bestände, in
welchen Rothlauferkrankungen nach der Impfung noch auftraten.
Eine Classificirung der Impflinge nach Alter und
Gewicht ist in den Berichten ebenfalls nur zum Theil durch¬
geführt; doch sind, wie aus den Berichten ersichtlich, Thiere
jeden Alters und Gewichts der Impfung unterzogen worden.
Sowohl 2—3 Tage alte Ferkel, wie auch ältere Zuchtthiere
vertrugen die Impfung ohne jede Störung. Die Impfung von
trächtigen und säugenden Sauen erwies sich in den meisten
Fällen als vollkommen ungefährlich; freilich geben einzelne
Berichterstatter an, dass nach der Impfung Abortus aufgetreten
sei, bezw. dass tote oder verkümmerte Ferkel geboren wurden,
ferner dass in einem Falle die Lactation der Sau gestört wurde.
Ueber die für die Beurtheilung dieser ungünstigen Fälle in
Betracht kommende Art der Ausführung der Impfung von Mutter-
thieren liegen nähere Angaben nicht vor. Mehrere derjenigen
Berichterstatter, welche Mutterthiere ohne Schaden impften, geben
dagegen an, dass die Thiere beim Impfact besonders vorsichtig
behandelt wurden.
Im Allgemeinen wurden die Impfungen (Serum
sowohl wie Cultur) von den Schweinen ohne jedwede
Störung des allgemeinen Wohlbefindens ertragen; in
einigen Berichten wird sogar bessere Entwicklung, gute Ge¬
wichtszunahme, ja regere Fresslust und schnellere .Mästugg i .d$r
Impflinge hervorgehoben. Demgegenüber wird von drei Bericht¬
erstattern schlechtere Entwicklung und eine Vermehrung der
Zahl der fast in jedem Schweinebestande vorkommenden
Kümmerer gemeldet. Bei einer Anzahl von Thieren wurden
kurze Zeit nach den Iqjectionen geringere Fresslust, sowie kurz an¬
dauernde Steifigkeit und vorübergehende Lähmungserscheinungen
beobachtet. — Locale Erscheinungen an der Impfstelle bedingten
die Impfstoffe im Allgemeinen nicht, jedoch sind von einzelnen
Berichterstattern mehrere locale Erkrankungen ohne Störung
des Allgemeinbefindens in Form von Schwellungen, Abscessen,
Necrose kleiner Hautpartien beobachtet worden. Diese Er¬
scheinungen dürften, ebenso wie die in einigen Fällen aufge-
getretene Phlegmone und Parotitis auf eine von den Impf¬
stoffen unabhängige Infection des Impfstiches zurückzuführen sein.
Erkrankungen, welche von den Berichterstattern auf die
Impfung zurückgeführt werden und welche den Tod des
Impflings bedingten, bezw. dessen Nothschlachtung veian-
lassten, kamen in 40 Fällen (d. i. 0,018 pCt.) vor. Für
31 Fälle ist die Art der Erkrankung nicht näher angegeben,
die übrigen 9 Fälle betreffen Nekrose des Nackenbandes (1),
Septicaemie (3), Phlegmone am Kopfe (1), Peritonitis (1),
Gelenkentzündung (1), Gastroenteritis (2).
Rothlauferkrankungen im Gefolge der Cultur-
injection (Impfrothlauf) sind im Ganzen in 202 Fällen ver¬
zeichnet (inbegriffen die Erkrankungen an Backsteinblattern),
und zwar traten die Erkrankungen 2—7 Tage nach der Cultur-
injection auf; für mehrere Erkrankungen ist die Zeit des Aus¬
bruchs nicht angegeben. 64 Fälle heilten theils spontan, theils
in Folge von Heilimpfung. Bei 42 Fällen ist der Ausgang der
Erkrankung nicht angegeben. 96 Fälle endeten tödtlich, bezw.
veranlassten die Nothschlachtung. Von diesen 202 Rothlauf-
füllen sind folgende besondere zu erwähnen: 1. Drei Impflinge
erkrankten nach der Culturinjection, weil sie nach Angabe der
betr. Berichterstatter eine zu geringe Serumdosis erhalten
hatten; ein Impfling genas, zwei gingen ein. 2. Zwei erkrankte
Thiere hatten eine zu hohe Culturdosis erhalten (Ausgang:
Heilung). 3. Zwei Impflinge, bei welchen die erste Cultur¬
injection gegen die Vorschrift, erst nach 14 Tagen vorgenommen
wurde, erkrankten hiernach und gingen ein. 4. In einem ge¬
impften Bestände von 296 Schweinen erkrankten nach der
ersten Culturinjection 40 Stück. Die Erkrankungen, welche
leichterer Natur waren (ein Todesfall kam nicht vor), betrafen
sämmtlich Thiere, die mit dem Inhalt ein und desselben Cultur-
gläschens geimpft waren. Nach Abzug der unter Ziffer 1 bis 3
aufgeführten vier Fälle verbleiben 92 Erkrankungen, welche
tödtlich endigten, bezw. welche die Nothschlachtung veranlassten.
Die Verluste an Impfrothlauf betragen somit 0,042 pCt.
Nicht dem Impfrothlauf zuzurechnen sind 56 Fälle,
in welchen Rothlauf nach der einfachen Serumipjection (ohne
die Culturinjection) auftrat, sowie mehrere Fälle von Backstein¬
blattern. Da das von der Anstalt abgegebene Serum Rotblauf-
keime nicht enthält, auch wegen der Art seiner Conservirung
überhaupt nicht enthalten kann, so ist es völlig ausgeschlossen,
dass dasselbe Rothlauf hervorzurufen im Stande ist. Man muss
für die erwähnten Rothlauf- und Backsteinblatternfälle vielmehr
annehmen, dass die betr. Impflinge zur Zeit der Impfung bereits
mit Rothlaufbacillen inficirt waren and nun trotz der einfachen
Serumdosis erkrankten. Thatsächlich wird von den betr.
Berichterstattern in der Mehrzahl der Fälle auch angegeben,
dass zur Zeit der Seruminjection der Rothlauf- in dem Bestände
herrschte. Hierher gehören ferner zwei Fälle, in welchen nach
gleichzeitiger Verimpfung von Serum und Cultur Rothlauf inner¬
halb 24 Stunden auftrat (auch hier herrschte der Rothlauf im
Stalle). Sodann gehört hierher der Verlust von 12 Schweinen
nach gleichzeitiger Serum- und Culturinjection, den Marks*)
beschrieben hat. Besondere Erwähnung verdienen hier noch
9 Todesfälle, bezw. Nothschlachtungen, über welche L. Kan-
torow'icz berichtete, und die er bereits früher beschrieben hat.**)
In dem betr. Bestände traten krankhafte Erscheinungen (Ver¬
sagen des Futters, eingenommenes Sensorium) nach der ein¬
fachen Seruminjection auf. 24 Stunden nach der am vierten
Tage vorgenommenen Culturinjection zeigten sich ausgesprochene
Rothlauferkrankungen. Da, wie oben gesagt, das Vorkommen
von Rothlaufbacillen in unserem Serum ausgeschlossen ist und
da ferner der Rothlauf eine Incnbationszeit von mindestens zwei
Tagen hat und somit die Fälle auch nicht auf die 24 Stunden
vorher erfolgte Culturinjection zurückgeführt werden konnten,
so war liier Impfrothlauf gänzlich ausgeschlossen. Auch in
diesem Falle muss somit eine natürliche Rothlaufinfection der
Thiere angenommen werden, die trotz der Seruminjection die
Seuche zum Ausbruch brachte. Der von Marks im Protocoll
der Generalversammlung des Thierärztlichen Provinzialvereins
für Posen***) erwähnte Verlust von 17 Schweinen nach einfacher
Seruminjection ist in Berücksichtigung der Publication von
Marks in obenerwähnter Zahl von 56 mitenthalten.
*) Berliner Tierärztliche Wochenschrift 1899 p. 553 und
Landwirthscbaftliches Centralblatt für die Prov. Posen 1899 p. 456.
**) Berliner Thierärztliche Wochenschrift 1899 p. 495.
***) Berliner Thierärztliche Wochenschrift 1899 p. 356.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
123
16. März 1900.
Nicht dem Impfrothlauf zuzurechnen ist ferner ein Fall, bei
welchem in einem Bestände am Tage der Impfung (gleichzeitige
Serum- und Culturimpfung) neun Schweine erkrankten. Die
Section der 3—10 Tage später eingegangenen Thiere ergab die
Erscheinungen der Schweineseuche; die bacteriologische Unter¬
suchung ergab spärliche Rothlaufbacillen im Blute bei einigen
der eingegangenen Thiere, bei anderen dagegen nicht. Die im
Blute nachgewiesenen Rothlaufbacillen waren entweder die in
der Cultur injicirten, oder die schon vorher an Schweineseuche
erkrankten Thiere waren bereits vor der Impfung mit Rothlauf
inticirt. Impfrothlauf ist auch hier ausgeschlossen, da die: Er¬
krankungen bereits einige Stunden nach der Impfung auftraten.
Trotz der Impfung sind in Folge natürlicher An¬
steckung an Rothlauf bezw. Backsteinblattern er¬
krankt im Ganzen 155*) Schweine. Hiervon sind gesondert zu
betrachten: 1. *21 Fälle, in welchen die Rothlauferkrankungen
5—10 Monate nach einmaliger Cnlturinjection, also zu einer
Zeit auftraten, als die durch Serum- und einmalige Cultnrin-
jection erzielte Immunität ihr Ende erreicht haben musste.
2. Bei sechs Stück der eingegangenen Schweine ist es nicht
sicher, dass sie eine Culturinjection erhalten hatten. 3. Zwei
Verluste, die drei Wochen nach der einmaligen Culturinjection
anftraten, sind darauf zurückzurühren, dass die verwendeten
Culturen nach Angabe des betr. Berichterstatters durch langes
Stehen in der Sonne ihre Virulenz eingebüsst hatten, also auch keine
Immunität mehr hervorzurufen im Stande waren. Geheilt wurden
von der oben angeführten Zahl von rothlauf-bezw. backsteinblattern¬
kranken Thieren neun Stück. Nach Abzug der Verluste, welche
nach Ablauf des durch Serum- und einmalige Culturinjection
erfahrungsgemä88 erzielbaren Impfschutzes entstanden, sowie
dw.iwater Ziffer..2.. und 3. angegebenen Verluste verbleiben an
Todesfällen und Nothschlachtungen, welche bei
geimpften Schweinen durch Rothlauf bedingt waren,
126 d. i. 0,058 pCt.
Den Verlusten, welche unter den Impflingen durch Impf¬
rothlauf und natürlichen Rothlauf in der Höhe von insgesammt
218 Stück entstanden, stehen gegenüber 893 Heilungen an
Rothlauf erkrankter Thiere. Es sind in den Berichten
noch weitere 1*0 Heilerfolge angegeben, für die es aber nicht
feststeht, dass wirklich Rothlauf vorlag. Andererseits sind eine
Reibe von Fällen (meist schwererer Erkrankung) verzeichnet,
in denen trotz mehrfacher Serumdosis Heilung nicht erfolgte.
Für die Jahre 1897 und 1898 ist aus den Berichten nicht zu
ersehen, wieviele rothlaufkranke Schweine geimpft worden sind.
Die genaueren Berichte für das Jahr 1899 indessen ergeben,
dass im Ganzen in diesem Jahre 684 an Rothlauf erkrankte
Schweine geimpft worden sind, von denen infolge der Impfung
471 = 68,8 pCt. genasen!
E nen eigenthiimlichen Fall beobachtete ein College in
Pommern. Er impfte 16 Schweine, welche sichtlich an all¬
gemeinem Rothlauf schwer erkrankt waren, mit der achtfachen
Serumdosis, worauf die Impflinge am zweiten Tage gesundeten.
Sechs Tage später wurden die betr. Schweine unrichtiger Weise
mit Cnltnr nachgeimpft; sie erkrankten jetzt tödtlich und gingen
*) In einem Fragebogen, der einen Bestand von 600 Schweinen
betraf, fand sich ohne alle nähere Angaben die Eintragung von
118 Rothlauferkrankungen. Inzwischen haben jedoch Rückfragen
nach dem betr. Gute ergeben, dass hei der Ausfüllung des Frage¬
bogens ein Irrthum vorgekommen sein muss, da seit der Impfung
RothlauffHlle überhaupt nicht vorgekommen sind. Diese HSSchweine
sind daher selbstverständlich oben nicht mit verrechnet.
unter den Erscheinungen des Rothlaufs ein. Diesen merk¬
würdigen Fall kann man sich vielleicht folgendermassen er¬
klären: Die Einführung einer grossen Menge von Schutzstoffen
(achtfache Dosis) in den mit Rothlaufbacillen geradezu iiber-
! schwemmten Organismus bedingte eine Auflösung der Bacterien-
i leiber. Das in ihnen enthaltene Gift wurde so allmählich frei
i und mischte sich, dem Blute bei. Als nun durch die Cultur-
| impfung von Neuem Rothlaufbacillen in den Körper eingeführt
! wurden, die ebenfalls der Auflösung anheimfielen, wurden die
Menge des freien Giftes derartig erhöht, dass sie hiureichte,
eine Intoxication des Körpers herbeizufiihren, welcher die Thiere
erlagen.
Die Frage, ob eine Ansteckung ungeimpfter Schweine
l durch geimpfte stattgefunden habe, ist von weitaus den
j meisten Berichterstattern ausdrücklich verneint worden: 29 Be-
[ richterstatter geben an, dass eine Ansteckung ungeimpfter Thiere
durch geimpfte niemals vorgekommen sei, obwohl letztere mit
ersteren absichtlich zusammengebracht und längere Zeit zusammen¬
gehalten wurden. 8 Berichterstatter meinen dagegen eine Ueber-
tragnng des Rothlaufs durch geimpfte Thiere annehmen zu
I müssen. Für vier der fraglichen Bestände ist es (auch nach
j Ansicht der Berichterstatter) keineswegs ausgeschlossen, dass
I die betreffenden Thiere sich mit natürlichem Rothlauf inficirten.
Für einen Fall fehlen alle näheren Angaben. In drei Fällen
sollen ungeimpfte Saugferkel von der geimpften Mutter ange¬
steckt worden sein. (Mit dieser Beobachtung ist indessen die
Erfahrung schwer in Einklang zu bringen, dass junge Ferkel
fast immun gegen Rothlauf sind.)
Dass die Impfung nach Lorenz den Impflingen wirk¬
lich Schutz gegen eine Ansteckung gewährt, ist er¬
wiesen an der Hand der zahlreichen stets erfolgreichen Noth-
impfüngen, das ist aber von einigen Berichterstattern durch
Versuche besonders festgestellt.
Es wurden Cadavertheile und Blut von an Rothlauf ein¬
gegangenen Schweinen an zwei nichtgeimpfte und zwei geimpfte
veriüttert. Die letzteren blieben vollkommen gesund, während
| von 1 den beiden ersteren ein Schwein starb, das andere schwer
i erkrankte, aber wieder genas. Von einem anderen Bericht¬
erstatter wurden Schweinen Milz- und Nierensaft von sicher an
Rothlauf eingegangenen Thieren subcutan injicirt. Die geimpften
blieben gesund, während die nichtgeimpften an Rothlauf kre-
pirten. Auch wurden in mehreren Fällen rothlaufkranke Schweine
mit geimpften zusammengebracht, ohne dass letztere erkrankten.
! Ferner wurden in mehreren Beständen einzelne Schweine ab¬
sichtlich ungeimpft gelassen. Dieselben erlagen in den Sommer¬
monaten, wenn die Seuche in den Nachbargehöften herrschte,
stets dem Rothlauf, während alle geimpften Thiere gesund blieben
Auch in Beständen, in welchen seither der Rothlauf ein ständiger
| Gast war, ist er seit der Impfung nach Lorenz unbekannt ge-
! worden.
Die erste Kulturimpfung wurde gewöhnlich am 3.—6. Tage
ausgeführt, ausnahmsweise am 7.—10. Tage. — Zum Zwecke
der Vereinfachung der Impfung sind von einer ganzen Reihe
von Berichterstattern Serum- und 1. Kulturinjection gleichzeitig
ausgeführt worden, eine Modification, die von Lorenz bereits
Anfang des Jahres 1897 angegeb enworden ist. Nach dieser ver¬
einfachten Lorenz'sehen Methode wurden im Ganzen über
11000 Stück geimpft. Auf diese Impflinge kommen drei der
bereits oben registrirten Rothlauf-Erkrankungen in Folge der
Impfung und acht Verluste an natürlichem Rothlauf.
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124
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11.
Die Zusammenfassung der Ergebnisse der Impfungen nach
Lorenz’scher Methode mit in der Rothlauf-Impfanstalt in Prenzlau
hergestellten Impfstoffen ergiebt also folgende Gesammtresultate:
Von 217 376 geimpften Schweinen sind in Folge der Impfung
eingegangen bezw. nothgeschlachtet worden:
1. An Rothlauf 92 Schweine = 0,042 pCt.,
2. an anderen Krankheiten 40 Schweine = 0,018 pCt.
Trotz der Impfung sind an natürlichem Rothlauf ein¬
gegangen:
Figur 2 zeigt ihn mit niedergeschlagenem Verdecke und
herausgezogenem Schiebekasten bei geöffnetem Unterbau. Das
Gefährt ist ein sehr leichter, gefälliger, zweisitziger Natur¬
holzwagen mit Segeltuchverdeck. Der Sitz ruht auf einem
hohlen Holzunterbau, dessen schrägstehende Hinterwand ver-
schliessbar und nach unten aufklappbar ist. In dem Unterbau
befindet sich ein gut eingepasster, nach hinten herausziehbarer
Schiebekasten, dessen Totalansicht in Figur 3, dessen Grund¬
riss in Figur 4 dargestellt ist.
126 Schweine = 0,058 pCt.
Durch die Impfung wurden geheilt 68,8 pCt. der rothlauf-
kranken Schweine.
Fast alle Berichterstatter bemerken ausdrücklich,
dass sie die Erfolge der Lorenz’schen Impfmethode
ausserordentlich befriedigt habe. Kein Bericht tadelt
•las Jmpfverfahren.
Ein Praxiswagen für Thierärzte.
Von
Richter-Frankenberg,
PolizeithlerarzL
Die Frage, welche Arten von Wagen den in der Praxis
stehenden Thierärzten am meisten zu empfehlen sind, konnte
meines Erachtens bis jetzt noch immer nicht als gelöst be¬
trachtet werden. Die Anforderungen, die an einen solchen
Wagen gestellt werden müssen, sind: Leichtigkeit, solider'Bau,
der sich auch bei schlechten Wegeverhältnissen, namentlich im
Gebirge, bewährt, angenehmer Sitz, Schutz vor Unwetter und
genügender Raum zur Unterbringung von thierärztlichen Be¬
darfsartikeln einerseits, elegantes Aussehen andrerseits. Gerade
auf letzteren Punkt sollte noch mehr Gewicht gelegt werden
als bisher, denn das äussere Auftreten des Thierarztes ’fhägt
wesentlich dazu bei, ihm eine angesehene und damit angenehme
gesellschaftliche Stellung zu erringen und das Ansehen seines
Standes zu heben.
Fig. 1. Fig. 2.
Ich habe mich in letzter Zeit eingehend mit der Frage be¬
schäftigt. wie man alle die Forderungen, die der Thierarzt an
seinen Wagen zu stellen berechtigt ist, iu einem Wagen ver¬
einen kann. Als ich das Räthsel gelöst zu haben glaubte, liess
ich einen Wagen genau nach meinen Zeichnungen und, nach
den von mir berechneten Maassen unfertigen. Dieser Wagen
hat nicht nur mich, sondern auch Uollegen, die ihn sahen,
ausserordentlich befriedigt. Beweis dafür dürfte wohl sein* dass
sofort zwei Collegen derartige Wagen bestellt haben. In
Folgendem gebe ich eine Beschreibung des Wagens:
Figur 1 zeigt den Wagen mit aufgespanntem Verdecke
und geschlossenem Unterbaue.
Der Schiebekasten (Fig. 3) besitzt keine Rückwand. In
seinem vorderen, dem Pferde zugewendeten Theile, enthält er
mehrere Fächer von verschiedener Grösse. Fach 1 dient zur
Aufnahme der Recepte und Notizblätter; die Fächer 2—5 dienen
zur Aufnahme von Flaschen zu 500 Gramm Inhalt; 6—10 von
Flaschen zu 300: 11 — 14 zu 50; 15—18 zu 10 Gramm Inhalt.
Die Fächer 19—23 sollen Salbenbüchsen, 24—28 Blechbüchsen
zur Aufbewahrung von Medicamenten in Pulverform aufnehmen.
Der Raum A ist für die Aufbewahrung von Verbandmaterial, der
Raum B zur Aufnahme der Verbandtaschen bestimmt, der Raum C
für Spatel, Papierbeutel u. s. w. In dem mittleren Theile D
werden die grossen Instrumente, wie Zahnraspeln, Brenneisen,
Coupirscheere, Maulgatter u. s. w. in 3 Lederriemen eingeschnallt,
sodass ein Hin- und Herfallen derselben unmöglich ist. Der
hintere Raum E ist als Tisch gedacht, auf dem bei Operationen die
nöthigen Instrumente und das Verbandmaterial sauber und ge¬
schützt aufgelegt werden sollen. An der rechten Seitenwand
ist ein eiserner Haken drehbar befestigt, an dein die Arznei¬
wage angehängt werden kann, sobald derselbe nach hinten
umgelegt worden ist. Die beiden Seitenwände zeigen Leder¬
schlaufen von verschiedener Grösse, bestimmt zum Einstecken
der kleineren Instrumente, wie Hufmesser, Mundspritzen, Nasen¬
bremse u. s. w. Ausserdem befinden sich in der Mitte der Seiten¬
wände Handöffnungen zum Anfassen beim Tragen, nach hinten zu
Handgriffe zum Anfassen beim Herausziehen desKastens. Der Boden
des Kastens ist mit starkem Filztuche bezogen, um Erschütte¬
rungen und Stösse zu brechen. Die inneren Maasse (ohne Wand)
des Kastens sind: 74,5 cm Breite, 72 cm Länge, 25 cm Höhe.
Da die inneren Zwischenwände nur 12 cm hoch sind, so bleibt
über der Fächereintheilnng hinlänglich Raum, um in den Kasten
noch grosse Geburtshilfetaschen, Operationsanzug, Wurfzeug
oder grössere Apparate einlegen zu können. Auf der hinteren
Fläche E kann während der Fahrt der Gummimantel, falls er
nicht gebraucht wird, untergebracht werden.
Um ein Herausfallen des Kastens in Folge zu weiten
Herausziehens oder bei plötzlichem Anziehen des Pferdes un¬
möglich zu machen, sind am hinteren Ende der Oberwand des
Wagenunterbaues zwei Holzriegel beweglich angeschraubt,
welche, in der Querrichtung des Wagens stehend, sich gegen
die Vorderwand des Kastens vorlegen und so ein vollständiges
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15. Märe 1900.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
125
Herausziehen verhindern. Soll der Kasten gänzlich aus dem
Unterbau herausgenommen werden, so dreht man die Holzriegel
in die Längsrichtung des Wagens. In dieser Stellung gleiten
sie beim Herausziehen des Kastens durch zwei an den ent¬
sprechenden Stellen der Vorderwand desselben angebrachte
Ausschnitte.
Der beschriebene Wagenunterbau mit auswechselbarem
Schiebekasten ist mir gesetzlich geschützt worden (D. R. G. M.
No. 125 652).
Für Futter, Halfter, Schraubenschlüssel ist ein besonderer
Kasten unter dem Wagensitze vorhanden.
Der Gebrauch des Kastens gestaltet sich wie folgt: Sobald
ein Medikament oder ein Instrument gebraucht wird, öffnet man
die Klappthüre des Unterbaues, zieht den Schiebekasten heraus
und entnimmt ihm das Gewünschte. Bei Operationen im Hofe
oder auf der Tenne breitet man bei ausgezogenem Kasten das,
was man an Medikamenten, Instrumenten und Verbandmaterial
zu brauchen gedenkt, auf der hinteren Fläche des Kastens, dem
Tische, aus (Fig. 4 E), fährt dann den Wagen rückwärts in die
Nähe des zu operirenden Thieres und hat nun alles Nöthige
bequem zur Hand. Operirt man im Stalle, so dreht man die
beiden Holzriegel in die Längsrichtung, zieht den Kasten
heraus, lässt ihn in den Stall tragen und auf einem Schemel
niedersetzen. Dann breitet man ebenfalls das zu brauchende
Material auf der Tischfläche aus.
Ich bin der Ueberzeugung, dass der beschriebeue Wagen
jeden Thierarzt voll befriedigen wird, und ich glaube, dass die
saubere Verpackung der Instrumente und Medikamente, sowie
das ansprechende Aussehen des ganzen Schiebekastens auf alle
Thierbe$itzer einen sehr günstigen Eindruck machen wird. D&s
wird aber dem Besitzer des Wagens zu Gute kommen; wird
doch gegenwärtig in allen Dingen ein Hauptwerth auf die ge¬
diegene „Aufmachung“ gelegt.
Bis auf Weiteres werden die von mir construirten Wagen
unter meiner Aufsicht ausschliesslich in der Wagenbauanstalt
von Bruno Leitritz in Frankenberg, Sachsen, gebaut. Der
abgebildete Normalwagen wird für den Preis von 475 M. frei
Bahnhof Frankenberg geliefert. Besondere Wünsche der Be¬
steller werden gern berücksichtigt werden, doch ist bei den
weitergehenden derselben eine Preiserhöhung Vorbehalten. Um
alle Wünsche der Besteller kennen zu lernen, werden nach
Eingang der Bestellung Fragebogen zur Beantwortung versendet.
Die Wagen können auch im Rohbau, oder nur der Unterbau
mit dem Schiebekasten abgegeben werden.
Es würde mich freuen, wenn es mir gelungen sein sollte,
den Herren Collegen einen Wagen construirt zu haben, der
nicht nur überaus praktisch ist, sondern an dem sie auch seines
gefälligen, modernen Aussehens wegen ihre Freude hätten.
Tagesgeschichte.
Bericht öber die 40. Sitzung des thierärztlichen
Vereins in Westprenssen.
Am 19. November 1899 in Danzig, Hotel Reichshof.
Zu der letzten Herbstsitzung des Vereins hatten sich nur
verhältnissmässig wenige Mitglieder eingefunden, besonders
schwach war der Regierungs-Bezirk Marienwerder vertreten
gewesen, doch hatten sich wieder eine Anzahl Militärcollegen
in dankenswerter Weise als Gäste an der Sitzung betheiligt.
Eine grössere Anzahl Collegen hatten sich wegen Krankheit
oder anderer Hinderungsgründe halber entschuldigt. Es er¬
folgte zunächst die Aufnahme eines neuen Mitgliedes, Kuhn-
Frey Stadt. Tobolewski — früher in Mew r e W.-Pr. ist wegen
Fortzuges aus dem Verein ausgetreten.
Der Vorsitzende erledigt eine Reihe geschäftlicher
Angelegenheiten, insbesondere giebt er Kenntniss von der
Correspondenz mit der westpreussischen Landwirthschaftskamraer,
die sich im Anschluss an den Beschluss der letzteren, den
Wanderhufschmied in der Technik des Impfens gegen Schweine¬
rothlauf ausbilden zu lassen, zwischen dem Verein und der
Kammer entwickelt hatte. Es folgte die Ersatzwahl für den
bisherigen Kassirer, als solcher wurde bis zur nächsten Neuwahl
des Vorstandes Kreisthierarzt Görlitz-Dirschau gewählt.
Der Vorsitzende referirte sodann über den im August 1899
stattgehabten VII. thierärztlichen internationalen Congress in
Baden-Baden, dem er als Delegirter des Vereins beigewohnt
hatte.
Es folgte hierauf ein sehr fesselnder und lehrreicher Vor¬
trag des Vorsitzenden über:
Die Gewährleistung beim Viehhandel nach dem bürgerlichen Gesetzbuch.
Das bürgerliche Gesetzbuch enthält für den Handelsverkehr
mit Hausthieren gegenüber den früheren wesentlich abgeänderte
Bestimmungen. Während dasselbe in Bezug auf Gewähr¬
leistung wegen Mängel der Sache im Allgemeinen dem römisch¬
rechtlichen Princip folgt, macht die Gewährleistung beim Handel
mit Thieren eine besondere Ausnahme. Die in den §§ 481 bis
492 anfgestellten Rechtsgrundsätze entsprechen dem deutsch-
reobtüchen Princip. Durch diese Sonderstellung soll die Rechts¬
sicherheit erhöht und die Zahl der Viehprocesse vermindert
werden. Durch die Aufstellung bestimmter Hauptmängel soll
der Verkäufer gegen Uebervortheilung durch den Käufer
geschützt werden. Auch der letztere hat Vortheile hiervon,
da die praktische Geltendmachung einer ausgedehnten Haftung
des Verkäufers durch die Schwierigkeit des Beweises sehr
beeinträchtigt wird. Die exceptionellen Vorschriften betreffen
nur den Handel mit Pferden, Eseln, Mauleseln, Maulthieren,
Rindvieh, Schafen und Schweinen. Der Handel mit anderen
Thieren, Geflügel, Hunden, Katzen, Ziegen etc. unterliegt den
allgemeinen Vorschriften über Gewährleistung, diese treffen
grundsätzlich auch für die erstgenannten Thieren zu, jedoch
nur insoweit als durch die speciellen Vorschriften nicht ein
Anderes bestimmt wird.
Der Verkäufer hat nach diesen nur bestimmte Fehler (Haupt¬
mängel) und diese auch nur innerhalb bestimmter Fristen nach
dem Kauf (Gewährfristen) zu vertreten. Die Hauptmängel und
deren Gewährsfristen sind durch kaiserliche Verordnung vom
27. Marz 1899 festgesetzt. Die Liste derselben enthält zumeist
Collectivbegriffe. Sie entsprechen den bisherigen Gewährs¬
mängeln, es fehlt nur Stätigkeit, dafür ist Koppen neu hinzu¬
gekommen. Neu ist auch die Aufnahme von Rothlauf und
Schweineseuche; ferner die Eintheilung in Nutz- und Schlacht-
thiere. Letztere Vorschrift muss als eine sehr praktische
bezeichnet werden, und werden hierdurch viele unnöthige Pro-
cesse vermieden werden können. Die Frist für die Gewähr¬
leistung der Hauptmängel ist fast allgemein auf 14 Tage
herabgesetzt worden, während sie früher im Bezirk des A. L. R.
in den gleichen Fällen 28 Tage galt. Tritt ein Hauptmangel
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126
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11
innerhalb der Gewährsfrist auf, so gilt die Vermuthung, dass er 1
bereits zur Zeit der Uebergabe vorhanden war. Diese Ver-
muthung kann durch Gegenbeweis widerlegt werden. Aus dem
Sinne des § 476 ist zu schliessen, dass die Gewährleistung für j
die Hauptmängel ganz ausgeschlossen werden kann. Nach
§ 486 kann die gesetzlich festgelegte Gewährsfrist für die
Hauptmängel durch Vertrag verkürzt oder verlängert werden.
Für diese vereinbarten Fristen gilt dann dasselbe, wie für die j
gesetzlichen Gewährsfristen. •
Die Gewährsfrist beginnt mit dem Ablauf des Tages, an
welchem die Gefahr auf den Käufer übergeht und endigt nach
§ 188 mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.
Man muss beim Kaufe und Verkauf unterscheiden zwischen j
Kaufabschluss, Uebergang der Gefahr, Uebergabe und Ablieferung.
Je nach der Art der Klagestellung ist dieser oder jener Zeit- |
punkt massgebend. Für die später noch zu erörternde Schäden-
ersatzklage kommt der Zeitpunkt des Kaufabschlusses in Betracht j
(§. 463). Uebergang der Gefahr und Uebergabe fallen gewöhn¬
lich zusammen, jedoch nicht immer, z. B. beim Handel mit Mast- j
vieh. Die Gewährsfristen beginnen mit dem Uebergang def Ge¬
fahr. Mit der Uebergabe ist eo ipso auch der Uebergang der i
Gefahr verbunden. Von der Uebergabe ab gebühren nach § 446 |
dem Käufer die Nutzungen und trägt er die Lasten der Sache.
Der 4. Zeitpunkt ist die Ablieferung. Diese liegt erst dann vor, i
wenn der Käufer in der Lage ist, die Sache zu untersuchen und •
etwaige Mängel zu entdecken. Die Ablieferung ist massgebend
für die Verjährung, im Falle es sich nicht um einen Hauptmangel
oder um einen Fehler bezüglich dessen besondere Gewährsfristen
verabredet sind, handelt.
Das B. G.-B. schreibt nun auch eine Anzeigepflicht, innerhalb
welcher von dem Vorhandensein eines Hauptmangels oder sonstigen
Gewährsfehlers Anzeige an den Verkäufer zu erstatten ist, vor.
Diese muss nach § 485 spätestens 2 Tage nach Ablauf der ge¬
setzlichen oder vereinbaiten Gewährsfiist erstattet worden sein,
bezw. 2 Tage nach dem Tode des Thieres, im Falle dasselbe
vor Ablauf der Gewährsfrist verendet oder geschlachtet worden
ist. Die Anzeige muss vor Ablauf des zweiten Tages abgesändet
sein oder es muss Klage erhoben oder der Streit verkündet oder
gerichtliche Beweisaufnahme beantragt worden sein. Nach der
Civil-Prozessordnung gilt die Klage erst dann als erhoben, \venn
die Klageschrift dem Beklagten zugestellt worden ist. Dasselbe
trifft auch für die Streitverkündung zu. Anders verhält es' sich
beim arglistigen Verschweigen eines Mangels, von welchem später
noch die Rede sein wird.
Nach § 487 kann beim Handel mit Hausthieren nur Wandlung
nicht Minderung verlangt werden. Beim Handel mit anderen
Sachen ist auch die Mindernngsklage zugelassen. Die Wandlung
kann im Falle der Feststellung eines Mangels auch verlangt
werden, wenn der Käufer innerhalb der für die Feststellung und
Anzeige vorgeschriebenen Frist eine wesentliche Verschlechterung,
den Untergang oder die anderweitige Unmöglichkeit der Heraus¬
gabe des gekauften Thieres verschuldet hat, insbesondere> auch
wenn das Thier geschlachtet ist. In solchen Fällen ha* der
Käufer dem Verkäufer den Werth des mangelhaften Thieres zur
Zeit als der Untergang oder die Verschlechterung eintrat, zu er¬
setzen.
Wenn z. B. ein mit Kehlkopfpfeifen behaftetes Pferd, für
welches 500 Mk. bezahlt worden sind, noch vor Vollzug der Wand¬
lung in Folge Unvorsichtigkeit des Käufers stirbt und das Pferd !
ist mit dem Fehler nur 300 Mk. werth gewesen, so braucht der
Verkäufer nicht 500 Mk., sondern nur 200 Mk. zurückzuerstatten.
Anders steht es bei Verschlechterungen oder beim Untergang
des Thieres, für welche der Käufer nicht verantwortlich gemacht
werden kann: in dem Falle muss der Verkäufer das ganze Kauf¬
geld zurückgeben, im Falle nebenbei ein von ihm zu vertretender
Fehler innerhalb der gesetzlichen Frist festgestellt und angezeigt
worden ist. Unwesentliche Verschlechterungen der Thiere in
Folge Verschulden des Käufers kommen nicht weiter in Betracht.
Nach § 487 Abs. 3 ist allerdings dem Verkäufer eine eventuelle
Werth Verminderung auch dann zu vergüten. Die Wandlung
kann auch selbst dann verlangt werden, wenn das gekaufte Thier
noch vor Anstrengung der Klage weiterverkauft worden und
nicht wiedererlangbar ist, in diesem Falle wird von dem zurück-
zuerstattenden Kaufgeld der Preis, den Käufer beim Weiter¬
verkauf erhalten hat, in Abzug gebracht, insofern dieser dem
Werth des mangelhaften Thieres entspricht, im anderen Falle
tritt Abschätzung ein. Diese Bestimmung mahnt zu grosser
Vorsicht, nicht nur für den Verkäufer, sondern auch für den
seitens des Käufers zugezogenen Sachverständigen, überhaupt
wird bei den Schätzungen mangelhafter, durch Verschulden des
Käufers untergegangener oder verschlechterter Thiere ganz be¬
sondere Sorgfalt und Vorsicht zu beachten sein. Nach Anstren¬
gung der Klage darf der Käufer übrigens nicht mehr freiwillig
über das gekaufte Thier verfügen, sonst verliert er seine Rechte.
Der Abs. 4 des § 487 enthält die Bestimmung, dass Nutzungen,
die der Käufer von dem gekauften Thiere gezogen hat, bei
Eintritt der Wandlung dem Verkäufer zu ersetzen sind, jedoch
nur insoweit, als sie wirklich gezogen worden sind. Für die
Wandlung eines Gespannes, Paare*, einer Heerde, für welche ein
Gesammtpreis verabredet ist, gelten die Bestimmungen in den
§§ 469—471 bezw. § 491. Sind nur einzelne Thiere mangelhaft,
so kann nur wegen dieser Wandlung verlangt werden, inso¬
fern sie nicht als zusammengehörend verkauft worden sind.
In diesem Falle erstreckt sich dann die Wandlung auf alle zu-
sammengehörenden Thiere. Im Uebrigen kann der Käufer auch
verlangen, dass ihm für das mangelhafte ein mangelfreies Thier
geliefert wird. Eine Heerde Schafe sind nicht zusammen¬
gehörende Thiere, wogegen ein Gespann edler Pferde stets als
zusammengehörend betrachtet werden muss, auch wenn dies beim
Kauf nicht besonders hervorgehoben wurde. Bei der Rückgabe
mangelhafter, nicht zusammen gehörender Thiere muss eine
Schätzung nach einer Formel stattfinden. Wenn A der Gesammt¬
preis der gekauften Thiere ist, B der Werth derselben, wenn sie
alle mangelfrei gewesen wären, C der W r erth der übrigbleibenden
mangelfreien Thiere und x der Werth der mangelhaften Thiere,
Redner knüpft hieran verschiedene
so ist die Formel - =
x C
Beispiele. Auch Stute mit Füllen, Kuh und Kalb sind zusammen¬
gehörig. Ist die Mutter fehlerhaft, so erstreckt sich die Wand¬
lung auch auf das Junge. Ist letzteres fehlerhaft und wurde dieses
beim Kauf als Nebensache behandelt, so kann nach § 470
nur bezüglich dieses Wandlung verlangt werden, ebenso um¬
gekehrt.
Ein Gleiches gilt auch für die mit ansteckenden Krank¬
heiten behafteten Thiere, insofern diese zu den Hauptmängeln
bezw. gewährleisteten Mängeln zählen. Sind mehrere Thiere
verkauft, jedoch nicht als zusammengehörig und ist nur ein
Thier krank, so kann nur wegen dieses Wandlung verlangt
werden, nicht wegen der anderen ansteckungsverdächtigen
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15. März 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Thiere. Der Schaden, der dem Käufer ans dem Vorhandensein
der ansteckenden Krankheit bei einem neugekauften Thiere er¬
wächst, kann nur dann eingeklagt werden, wenn der Verkäufer
diese Krankheit arglistig verschwiegen oder, deren Nichtvorhanden¬
sein ausdrücklich zugesichert hat. Ein Ersatz für die Minder¬
werthsklage ist die Schadenersatzklage. Nach § 460 kann statt
der Wandlung Schadenersatz verlangt werden wegen Nicht¬
erfüllung, also wenn der Sache zur Zeit des Verkaufs eine zu¬
gesicherte Eigenschaft fehlt. Es ist demnach nicht dasselbe, j
ob der Verkäufer für einen Fehler gewährleistet oder dessen 1
Nichtvorhandensein ausdrücklich zusichert. Mit Garantie¬
versprechen der letzteren Art muss man in Rücksicht auf die
Schadenersatzklage sehr vorsichtig sein, es empfiehlt sich 1
wenigstens hierbei eine kurze Gewährsfrist festzusetzen. Redner
führt hierzu einige Beispiele an. Nach § 492 können bei
Zusicherung bestimmter Eigenschaften Gewährsfristen vereinbart
werden. Wenn der Verkäufer sagt, ich verkaufe das Thier als
fehlerfrei, so ist dies auch eine Zusicherung einer bestimmten
Eigenschaft, für die der Verkäufer haftbar ist. Stellt sich
nachher innerhalb einer verabredeten Gewährsfrist ein Fehler
heraus, so kann Wandlung oder Schadenersatz verlangt werden; j
ist keine Gewährsfrist verabredet, so muss das Vorhandensein \
des Fehlers zur Zeit der Uebergabe bewiesen werden. Nach !
§ 459 ist nun unter dem Fehler eines Thieres eine Krankheit, j
Abnormität oder Untugend zu verstehen, die den Werth oder j
die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrage |
vorausgesetzten Gebrauch aufhebt oder vermindert. Also Un- ,
Vollkommenheiten im Körperbau, Folgen der durch Arbeit i
herbeigeführten Abnutzung, kleine Schönheitsfehler, Krankheiten
geringeren Grades, die leicht zu beseitigen sind und nicht zu
besonderen erheblichen Complicationen führen, fallen nicht unter
diesen Begriff „Fehler“. Wird jedoch die An- und Abwesenheit
selbst unerheblicher Eigenschaften bestimmt zugesichert, so j
müssen diese unbedingt vertreten werden. Redner Führt hierzu
ein Beispiel an. Der Käufer kann nun weder Wandlung noch
Schadenersatz fordern, w r enn er den bei einem gekauften Thiere
streitigen Mangel zur Zeit des Kaufs gekannt hat, oder wenn
er ihm aus grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Nur j
wenn der Verkäufer die Abwesenheit dieses Fehlers ausdrücklich
zugesichert hat, behält der Käufer auch bei grober Fahrlässig- i
keit sein Recht (§ 460). Hierzu werden einige Beispiele an¬
geführt. Nach § 488 ist der Käufer berechtigt für von ihm für
ein mangelhaftes Thier aufgewendete Kosten Ersatz zu fordern.
Hierzu gehören Futter, Pflege, Wartekosten, natürlich müssen
sich diese in den gewöhnlichen, ortsüblichen Grenzen halten.
Ferner kommen hinzu die Kosten für Untersuchung und event.
auch Behandlung des Thieres, wenn letzteres nach dem Kauf
an einer acuten Krankheit erkrankt. Auch diese dürfen nicht
übermässig hoch sein. Um derartige Kosten nicht allzu hoch
anwachsen zu lassen, kann nach § 489 nach Einleitung eines
Rechtsstreites die öffentliche Versteigerung des streitigen Thieres
auf Antrag einer der Parteien angeordnet werden, sobald die
Besichtigung nicht mehr erforderlich ist. Letzterer Punkt ist
wichtig. Denn wenn bei einer solchen Versteigerung der Ver¬
käufer das Pferd zurückkauft, es durch einen anderen Sach¬
verständigen untersuchen lässt, welcher ein entgegenstehendes
Gutachten abgiebt und es dann schleunigst unwiederbringlich
weiterverkauft, so können dem ursprünglichen Käufer grosse
Verlegenheiten erwachsen, wenn er sich vorher nicht genügend
gesichert hat. Im Falle also dör Käufer merkt, dass der Ver-
127
käufer an dem Gutachten seines Sachverständigen zweifelt, so
handelt er zweckmässig, wenn er es vor der Versteigerung
noch durch einen zweiten Sachverständigen untersuchen lässt
oder gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises
beantragt.
Der § 490 handelt von der Verjährung. Bei anderen
Sachen beträgt diese nach § 477 sechs Monate, bei Wandlungs-
oder Schadenersatzklagen wegen Viehmängel nur sechs Wochen
(§ 490). Diese, endet nach Ablauf der gesetzlichen oder ver¬
einbarten Gewährsfrist oder mangels einer solchen nach der
Ablieferung des Thieres. Die Klage muss noch vor Ablauf der
Gewährsfrist dem Beklagten zugestellt sein. Der Antrag auf
gerichtliche Beweisaufnahme unterbricht die Verjährung. Die
Verjährung von sechs Wochen tritt auch in den Fällen der
§§ 210, 212, 215 ein, welche von der Zulässigkeit des Rechts¬
weges des Proce8Sgerichts, von Urtheilen, die nicht die Sache
selbst betreffen, von der Aufrechnung im Process und von der
Streitverkündung handeln. Alle diese Handlungen unterbrechen
die Verjährung. Anders steht es, wenn der Kaufpreis eines
mangelhaften Thieres nicht gleich beim Kauf bezahlt worden
ist, Einrede der Wandlung. Ist der Mangel innerhalb der
Gewährsfrist festgestellt und fristgerecht augezeigt worden, so
kann die Zahlung des Kaufpreises auch nach der Verjährung
des Anspruchs verweigert werden (§ 490 Abs. 3). Der Käufer
ist in diesem Falle nicht verpflichtet, innerhalb sechs Wochen
Klage auf Wandlung oder bei Nichterfüllung auf Schadenersatz
anzustrengen.
Nach § 492 braucht sich die Gewährleistung des Ver¬
käufers nicht nur auf die Hauptmängel zu beschränken. Sobald
di$, (Gewährleistung für irgend einen, anderen Fehler vertrags-
mässig ausbedungen ist, muss er auch für diesen haften. Hierbei
kann auch eine beliebige Gewährsfrist festgesetzt werden, für
welche dann die gleichen Bestimmungen gelten, wie für die
gesetzliche Gewährsfrist der Hauptmängel. Ist eine Gewährs¬
frist nicht vereinbart, so muss der Käufer das Vorhandensein
des Fehlers zur Zeit der Uebergabe nachweisen, wenn er
Wandlung verlangen will. Ist Gewährsfrist verabredet, so gilt
selbstredend die Vermuthung, dass der Fehler bereits zur Zeit
der Uebergabe bestand, ein Gegenbeweis Seitens des Verkäufers
ist zulässig. Ein ähnliches gilt von der Zusicherung des
Fehlens bestimmter Mängel oder der Zusicherung bestimmter
Eigenschaften. Hier ist, wie schon erwähnt, auch Schaden¬
ersatzklage zulässig.
Eine solche Zusicherung, Garantieversprechen, gilt nach
§ 463 von der Zeit des Kaufabschlusses ab. Auch hier können
bestimmte Gewährsfristen vereinbart werden. Im Uebrigen
geltep wegen der Gewährleistung für andere Mängel die gleichen
Bestimmungen, wie für die Hauptmängel, insbesondere in Betreff
der Anzeigepflicht und der Verjährung. Ist eine bestimmte
Gewährsfrist nicht vereinbart, so tritt die Verjährung 6 Wochen
nach der Ablieferung des Thieres ein.
Zum Schluss noch einige Bemerkungen über den Betrug, das
arglistige Verschweigen eines Mangels. Der Verkäufer muss für
alle Fälle beim Vorhandensein eines Mangels haften, wenn
er ihn arglistig verschwiegen hat, auch wenn der Fehler dem
Käufer aus grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist oder
weni^ er die Anzeigefrist oder die Verjährungsfrist versäumt hat.
Auch; ist nach § 476 eine Vereinbarung wegen Ausschluss der
Gewährleistung in diesem Falle nichtig. Selbstredend handelt
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128
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11.
es sich hier nur um die Hauptmängel oder um besonders ver¬
einbarte Fehler. Das Gleiche gilt auch von der arglistigen
Zusicherung einer nicht vorhandenen Eigenschaft. Ist dieses
Nichtvorhandensein dem Käufer aber in Folge grober Fahr¬
lässigkeit unbekannt geblieben, so geht er auch in dem vor¬
liegenden Falle seines Anspruches verlustig (§§ 459, 4<>0). Die
aus einem Betrüge hergeleiteten Gewährsansprüche des Käufers
unterliegen einer Verjährungsfrist von 30 Jahren. Der Vorwurf
des Betruges wird öfter erhoben werden. Die thatsächlichen
Momente eines solchen werden sich oft nicht leicht nachw^isen
lassen. Es ist hierzu nothwendig der Nachweis einer Schädi¬
gung des Käufers und der Nachweis, dass der Verkäufer durch
absichtliche Handlungen, Verschweigen oder falsche Vor¬
spiegelungen den Käufer irre geführt hat. Allgemeine An¬
preisungen des Thieres können für die Feststellung des Betruges
nicht verwendet werden.
Die neuen Bestimmungen über Gewährleistung beim Vieh¬
handel nach dem B. G. B. werden zweifellos Veranlassung sein,
dass die Thierärzte in nächster Zeit in vermehrtem Umfange
in gerichtlichen Angelegenheiten werden in Anspruch genommen
werden. Es ist daher dringend nothwendig, dass sie sich mit
diesen Bestimmungen ausreichend bekannt machen.
Um der in nächster Zeit vorauszusehenden Unsicherheit im
Handelsverkehr mit Vieh möglichst vorzubeugen, empfehlen sich
für die Parteien die von Dieckerhoff vorgeschlagenen schrift¬
lichen Kaufverträge.
An diesen Vortrag schloss sich eine kurze Discussiou, in
welcher seitens des Redners auch einige nähere Erläuterungen
zu einzelnen Paragraphen gegeben wurden.
Nach der Sitzung folgte ein gemeinsames Mahl unter Be¬
theiligung der Damen und sodann noch ein fröhliches Bei¬
sammensein in den Räumen des Restaurants „Zum Luftdichten“,
welches die meisten Theilnehmer noch bis zum Abgang der
letzten Züge zusammenhielt.
Preusse, Felbaum,
Vorsitzender. Schriftführer.
Der Stand der Abiturientenfrage im Reichstag.
Ursprünglich war geplant, die Petition des deutschen
Veterinärrath es betr. Abiturientenexamen bei der Berathung des
Fleischschaugesetzes zur Sprache zu bringen.
Der Umstand, dass dieser Punkt gar nicht zur Sprache
gekommen ist, bedarf daher einer Erklärung.
Bei der Erregung, welche die Berathung des Fleischschau¬
gesetzentwurfes hervorrufen musste, in der Voraussicht, dass
dabei alle Aufmerksamkeit auf den Hauptpunkt, die Fleischein¬
fuhr, gerichtet sein werde, schien es besser, unsere Angelegen¬
heit mit jener Berathung nicht zu verknüpfen, um so mehr, als
der Zusammenhang ein mehr oder weniger gesuchter gewesen
wäre.
Desshalb ist — und zwar schon vor Wochen — die Petition des
Veterinärrath es dem Reichstage in einer Form zugestellt worden,
die jeden Zusammenhang mit dem Fleischschaugesetz löste.
Es war daher gar kein Anlass, diese Sache zur Sprache zu
bringen, und wir können wohl sehr zufrieden damit sein, dass
sie von Niemandem berührt worden ist; sie wäre sonst wohl
dem schlimmsten, nämlich der Interesselosigkeit, begegnet.
Was nun die Petition selbst anbelangt, so ist dieselbe in
der Petitionskommission, deren Geschäftsgang durch den plötzlichen
Tod ihres Vorsitzenden, des Abgeordneten Kruse, eine kurze
Unterbrechung erfahren hatte. Zum Referenten in dieser
Kommission ist der Abgeordnete Prof. Hoffmann-Hall (Stutt¬
gart) bestellt worden. Die Petition dürfte im Plenum kurz vor
den Osterferien zur Berathung gelangen. Wir können nur den
Wunsch aussprechen, dass alles auf dieser Berathung concentrirt
wird und vorherige gelegentliche Anläufe vennieden werden.
Herr Prof. Hoffmann wünscht seinen Standpunkt in dem
Vorgehen wegen des Abiturientenexamens beim Militäretat
öffentlich zu begründen, hat uns jedoch ersucht, vorher das
Stenogramm seiner beim Militäretat gehaltenen Reden zu ver¬
öffentlichen. Wir werden in der nächsten Nummer diesem Er¬
suchen nachkommen.
50jahriges Stiftungsfest der Landsmannschaft
Salingia- Berlin.
Die älteste der an den deutschen thierärztlichen Hoch¬
schulen bestehenden Landsmannschaften, die Salingia zu Berlin,
konnte Anfang Februar auf 100 vollendete Semester zurück¬
blicken und demnach ihr 50jähriges Jubiläum feiern.
Bei dieser erhebenden Feier hatte die Landsmannschaft das
gewiss seltene Glück, auch noch ihren Begründer, den jetzigen
Kreisthierarzt a. D. Riedel-Neisse als ehrwürdigen Senior an
ihrer Festtafel zu sehen und unter seinem Präsidium ihren
Convent abzuhalten. Ihm an Semestern zunächst stand Kreis-
thierarzt Heller-Sorau, der sich den hundert Semestern eben¬
falls nähert.
Anlässlich des Jubiläums stifteten alte * TTSirgh' “efiTeii
silbernen Paradeschläger für den jeweiligen ersten Chargirten
und einen silbernen Humpen.
Die Salingia verlieh dem derzeitigen Rector der Hoch¬
schule Geheimrath Dr. Dieckerhoff das Ehrenband, welches
derselbe annahm.
Von einer deutschen Hochschule ist studentischer Geist
nicht zu trennen. Ohne ihn und seine Farbenzeichen ist sie
ihres besten äusseren Schmuckes beraubt. Die Landsmann¬
schaften waren die ersten, welche es unternahmen, studentischen
Geist in die alten Thierarzneischnlen hineinzutragen, die Be¬
rechtigung desselben zu erweisen und, oft unter Drangsalen, zu
verfechten. Es sei bemerkt, dass, als die Salingia sich aufthat.
sie nicht allein Civilhörer, sondern fast noch mehr Militär¬
rossarzteleven in ihre Reihen aufhehmen konnte und solche
demgemäss jetzt zu ihren alten Herren zählt. Tempora
mntantur!
Wenn sich die alten Thierarzneischulen zu Academien
entwickelten, so haben auch die Landsmannschaften daran ihr
Theil. Mit den Glückwünschen, die der ersten Landsmannschaft
in reichem und verdientem Masse gespendet w r orden sind, ver¬
eine sich daher auch ein besonderer Glückwunsch und Dank an
den Vater der thierärztlichen Landsmannschaften, den alten
Riedel. Ein Dank dafür, dass er den Muth des Gedankens
gehabt hat, an den Thierarzneischulen studentischen Geist zu
erwecken. Ein Glückwunsch dafür, dass es ihm vergönnt war,
die Verwirklichung dieses Gedankens — allen Hindernissen zum
Trotz — zu erleben. Möge es ihm beschieden sein zu sehen,
wie die Studenten der Thiermedicin noch die letzte Klippe er¬
klimmen, die sie vom Gipfel trennt. S.
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Google
15. März 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
129
Unter8tützung8-Verein für Thierftrzte.
Cassenbericht pro 1899.
Einahmen.M. 2159,42
Ausgaben. „ 445,10
Bestand am 31. December 1899 M. 1714,32
Stamm Capital (§ 15 der Statuten).
Stiftung des Herrn Collegen H. in E.M. 5000,00
Einmalige Beiträge ä M. 100 . . . . M. 700,00
10 pCt. Jahresbeiträge (§ 15b) . . . „ 125,50
Zinsen von M. 5000 . . 175,00 „ 1000,50
Das Stammcapital beträgt demnach insgesammt M. 6000,50
Reservefonds (§ 19 der Statuten).
10 pCt. der Jahresbeiträge.M. 125,50
Cassenbestand wie oben.M. 1714,32
ab Stammcapital.M. 1000,50
Reservefonds. „ 125,50 ,, 1126,00
Ueberschuss M. 588,32
Hiervon sind gemäss § 35 der Statuten durch Beschluss
des Vorstandes M. 200 dem Stammcapital, M. 200 dem Reserve¬
fonds, der Rest den zu Unterstützungszwecken verfügbaren
Mitteln für das Jahr 1900 auf neue Rechnung überwiesen
worden.
Es wird gebeten, die Mitgliedsbeiträge möglichst bald an
den Unterzeichneten Schatzmeister in Posen, Luisenstrasse 21,
einzusenden. Die bisher nicht eingegangenen Mitgliedsbeiträge
werden nunmehr gemäss § 7 der Geschäftsordnung durch offene
Postnachnahmekarte zuzüglich des Portobetrages eingezogen
werden.
Preusse, Vorsitzender. Heyne, Schatzmeister.
Dresden.
Nach einer Zeitungsmittheilung ist man im Begriff, auch
an der thierärztlichen Hochschule in Dresden erhebliche bau¬
liche Neueinrichtungen und Verbesserungen vorznnehmen. Neben
Erweiterungen der klinischen Bauten soll ein Zucht- und Rasse¬
stall neu errichtet werden. Die ganze Hochschule erhält
electrisches Licht. Die Gesammtkosten sollen auf ca. 60000 M.
veranschlagt seien.
Barmen.
ln Barmen hat man auf Grund des neuen Communalbeamten-
Gesetzes die künftige Besoldung der städtischen Beamten fest¬
gestellt. Man machte sich zunächst darüber schlüssig, welche
Verwaltungszweige zu den städtischen Betriebsverwaltungen zu
rechnen sind, deren Beamte bekanntlich nicht auf Lebenszeit
angestellt zu werden brauchen. Dazu wurde auch der Schlacht-
und Viehhof gezählt und dies wird, wie leider vorauszusehen
ist, wohl meistens geschehen. Es wurde dann beschlossen,
welche Beamte nicht auf Lebenszeit angestellt werden. Dies
sind nach dem Beschluss in erster Linie diejenigen, „von deren
Tüchtigkeit für das Wohl und die Entwicklung der Stadt be¬
sonders viel abhängt“. Dazu gehören laut Beschluss Bürger¬
meister, Beigeordnete, Stadtbauräthe, Bauinspectoren, der Schul¬
rath, der Stadtkämmerer, der Director und der Sanitätsthierarzt
des Vieh- und Schlachthofes, der Polizeiinspector und die Polizei-
commissare. Diese Beamten werden auf 12 Jahre angestellt.
Diese Regelnng, namentlich mit der wie oben motivirten
Zusammenstellung können die Sanitätsthierärzte gern acceptiren.
^ : -Ty— 1 — - - —
Oeffentliches Veterinärwesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
Fleischschaf! und Viehverkehr.
Berlin: Aatzag aus dem Flelsohtch&ubericht für Monat Februar 1900.
A. Schlachtbof.
Rinder
Kälber
Schafe
Schweine
Geschlachtet und untersucht
14 696
12 021
33 279
64 994
Ganz beanstandet ....
407
42
33
336
Ueberhaupt mit Tuberculose
behaftet.
3 977
42
4
2 587
Davon gänzlich verworfen .
135
5
1
56
„ zur Sterilisation geeignet
befunden worden: . .
141
6
3
190
„ theilweise verworfen . .
9
—
—
—
Also vollständig freigegeben
3 692
31
—
2 341
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
—
13
Mit Finnen behaftet . . .
88»)
1
—
36
Stark finnig, technisch ver-
werthet.
4
—
15
Finnig und wässerig, tech-
nisch verwertbet ....
—
—
—
—
Schwach finnig, zur Kochung
geeignet befunden worden
74
1
_
21
Ausserdem wegen Behaftung
mit Kalkconcrementen, mul¬
tiplen Blutungen u.s.w. sind
gekocht verwerthet . . .
—
—
—
15
An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei
Rindern 8298 Stück, bei Kälbern 139 Stück, bei Schafen 3362 Stück,
bei Schweinen 11201 Stück.
*) Von den mit Finnen behafteten Rindern waren 9 zugleich
tuberkulös und 1 Rind blutig.
B. Untersuchungsstationen.
Rinder¬
viertel
Kälber
Schafe
Schweine
Untersucht.
21631
12 977
1231
12 546
Beanstandet.
103
50
2
9
Wegen Tuberculose wurden
beanstandet.
45
6
Davon zur Sterilisation ge¬
eignet befunden worden: .
45
3
Mithin gänzlich verworfen .
—
— ■
—
3
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
_
—
Mit Pinnen behaftet. . . .
6
—
—
—
Davon schwach finnig, zur
Kochung geeignet befunden
worden.
6
• i
—
Unter dem eingeführten Fleisch waren 2880 dänische Rinder¬
viertel, 66 dänische Kälber und 136 Wildschweine.
Berlin, den 6. März 1900. Der städtische Oberthierarzt
Reissmann.
Experimentelle Untersuchungen über das Conserviren von Fleisch und Fisch
mit Salzen.
Von A. Petterson.
fHerl. klin. Woehensehr. Central!»!, f. Bnct.-Paras. No. 2/1900.)
Verf. hatte sich die Aufgabe gestellt, die Beeinflussung des
Wachsthums von Microorganismen in eingesalzenen Nahrungs-
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130 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 11.
mitteln festzustellen. Es wurden Fisch und Fleisch in Koch¬
salzlösungen von 5—20 pCt. untersucht und zwar bei 25° C.,
für die Dauer von 2V a Monaten. Hieibei fand P., dass nach
kurzer Zeit Microorganismen in allen Lösungen gut gediehen,
welche nicht mehr als 15 pCt. Kochsalz enthielten, erst von
20 pCt. begann eine deutliche Wachsthumshemmung. Stäbchen
wuchsen im Fisch mit mehr als 12 pCt. Na CI und im Fleisch
mit mehr als 10 pCt. Na CI nicht mehr, dagegen Kokken recht
ausgiebig.
Bei 15 pCt. Kochsalz wuchs noch in beiden ein Sprosspilz,
welcher wahrscheinlich mit der von Wehm er aus Heringslake ge¬
züchteten „Salzhefeidentisch ist. Bac. subtilis war noch
bei 15 pCt. Kochsalz zu beobachten. In Proben von Fisch
mit 10 bis 12 und Fleisch mit 8—10 pCt. kamen Stäbchen und
Kokken vor. Ln Deckglaspräparat gelang der Nachweis langer
Fäden. Zwei von den isolirten Mikroben erwiesen sich als
Actinomyces. J.
Versuche Ober die Coaserviruug des frischen Reisch es mit Formaldehyd-
Gelstlne.
Von Wilh. Lanwer-Bremen.
Inaug.-Dissert. (Bonn.)
(Centralbl. f. BacL u. Paraaitenk. No. 3, 1900.)
Die diesbezüglichen Untersuchungen sind z. Z. noch nicht
abgeschlossen und werden fortgesetzt, einstweilen haben die¬
selben folgende Resultate gezeitigt. Nur dann ist das Ein-
schliessen von Fleisch in Fonnalingelatine ein geeignetes Con-
servirungsmittel, wenn das Fleisch vor der unmittelbaren, Be¬
handlung steril war. Ob die im Fleisch vorhandenen inficirten
Drüsen die Sterilität des Fleisches beeinträchtigen, ist noch
nicht erforscht. Es ist erforderlich, die Oberfläche des Fleisches
vorher im siedenden Wasserbade zu sterilisiren. Der verwen¬
deten Gelatine wird Dextrin und Leim zugesetzt, um die Halt¬
barkeit und Elasticität zu erhöhen. Die Gelatinehülle wird nach
d> m letzten Bade mit warmer Luft eingetrocknet, damit sich
keine Schimmelpilze ansetzen können. J.
Seuchenstatistik and Yeterinärpolizei.
Maul- und Klauenseuohe in England.
Nachdem England sechs Jahre lang von den Ausbrüchen
der Maul- und Klauenseuche verschont geblieben ist, ist am
29. Januar d. J. unter einem Viehbestände von zehn Kühen und
einem Bullen in der Gemeinde Fritten in Suffolk ein Ausbruch
von Maul- und Klauenseuche festgestellt worden. Die Seuche
hatte bereits einige Tage unter dem Viehbestände geherrscht,
ehe ihre Natur erkannt wurde. Nachdem durch Untersuchung
von Mr. Cope der Ausbruch der Seuche sicher gestellt war,
wurden sofort die umfassendsten Vorsichtsmassregeln ge¬
troffen und jede Viehbewegung in einem grossen Theile
von Norfolk und Suffolk verboten. Trotzdem hat Irland sich
sofort gegen jede Vieheinfuhr aus England und Schottland
abgesperrt.
In dem verseuchten Bezirk wurde von der Regierung so¬
fort ein Regierungsthierarzt als Seuchen - (’ominissar stationirt,
und sollen von demselben sämmtliche Rindvieh-, Schaf- und
Schweinebestände des Bezirks untersucht werden. Trotzdem
sofort mit dem Abschlachten der inficirten Bestände begonnen
und bis zum 13. Februar bereits 127 Rinder, 8 Schafe und 42
Schweine abgeschlachtet und die drei verseucht befundenen
Höfe desinficirt worden waren, waren doch bis zum 21. Fe¬
bruar ca. sechs Ausbrüche von Maul- und Klauenseuche fest-
gestellt, fünf in der Nähe des ursprünglichen Herdes, einer
aber weit ab in der Grafschaft Bedfordshire.
Die Sperrmassregeln haben bereits einen solchen Umfang
angenommen, dass die Regierung auf Vorstellung seitens der
Besitzer gewisse Erleichterungen namentlich für Schlachtthiere
zugestehen musste.
Thiere, welche zum Schlachten bestimmt sind, dürfen in
Schlachthäuser des gesperrten Bezirkes transportirt werden,
sofern ein Erlaubnissschein für die Thiere ausgefertigt ist.
Der Erlaubnissschein darf nur auf eine Erklärung des Eigen¬
tümers oder seines Vertreters des Inhalts hin ausgestellt
werden, dass das betr. Thier an Maul- und Klauenseuche nicht
leidet, und in den vorhergehenden 28 Tagen der Ansteckung
der Maul- und Klauenseuche nicht ausgesetzt gewesen ist, so¬
wie dass die Fortschaffung des Thieres nicht von der Polizei-
Behörde verboten ist. Die Erklärung muss dem Erlaubniss¬
schein angeheftet sein. Der von dem Gemeindevorstande für
das nächst belegene Schlachthaus auszustellende Erlaubniss¬
schein, hat nur vier Tage Gültigkeit, und muss ausser dem
Namen des Viehbesitzers das genaue Signalement des Thieres,
den Herkunftsort und das Schlachthaus enthalten. Die Thiere
müssen vor der Fortschaffung gekennzeichnet werden und zwar
Rinder durch eine breite, sechs Zoll lange Haarinarke auf der
linken Kruppe und Abschneiden der Haarquaste am Schwanz:
Schafe durch Abscheeren eines breiten Streifens an der Stirn
und Aufstempeln eines rothen oder blauen M mit harziger,
haftender Farbe auf jeder Seite, Schweine durch Aufstempeln
eines gleichen M auf jeder Seite. Die Thiere sind auf dem
kürzesten Wege nach dem Schlachthaus zu transportiren und
sofort abzuschlachten. Jeder Polizeibeamte ist berechtigt, Ein¬
blick in den Erlaubnissschein zu nehmen. Die Befolgung der
Vorschriften ist durch Strafandrohung sicher gestellt. Ebenso
ist jeder Versuch die Kennzeichnung zu beseitigen mit Strafe
bedroht.
Für die einzelnen Farmen sind ebenfalls Erleichterungen
zugestanden, in der Art, dass Thiere, welche nicht mit Maul¬
und Klauenseuche behaftet sind oder sonstwie der Sperre unter¬
liegen, zwecks Fütterung und Weidegang nach anderen Theilen
der Farm hingebracht werden können.
Die Einschleppung der Maul- und Klaueuseuche nach Eng¬
land ist nicht klargestellt worden. Angenommen wird, dass sie
durch Personen von der Normandie aus übertragen worden ist.
oder auch, dass der massenhafte Import von Milch nach Eng¬
land Anlass zum Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ge¬
geben hat.
Wie ernst dieser Ausbruch der Seuche genommen wird, ist
daran zu ersehen, dass Irland im Begriff steht, in den Hafen¬
plätzen Desinfectionsbaracken für die von England kommenden
Viehhändler zu erbauen.
Am meisten verbreitet war die Seuche in England im Jahre
1883, wo 4ßl 114 Thiere afficirt waren. Da begann England
seine radicale Keulungsmethode und im Jahre 188t» war die
Krankheit ausgerottet. Die Seuche brach dann in den Jahren
1892, 1893, 1894 von Neuem aus, ohne dass man die Art und
Weise der Einschleppung hat auffinden können. 1894 kamen
in Folge der Viehnoth auf dem Continent viele Händler von
Harwich nach England, und hat man deshalb auf diese die Ein¬
schleppung zurückgeführt. Die Ausbrüche bleiben trotzdem
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15. März 1900.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
181
ebenso mysteriös wie die letzten isolirten Ausbrüche in Däne¬
mark im vorigen Jahre und im Jahre 1894, bei den letzt statt¬
gehabten nimmt man bekanntlich an, dass Vögel die Maul- und
Klauenseuche von der Insel Alsen nach Dänemark verschleppt
haben.
Die Geschichte dieser Ausbrüche lehrt uns unzweideutig,
dass trotz des vollkommenen Verbots der Vieheinfulir Ein¬
schleppungsmöglichkeiten der Maul- und Klauenseuche gegeben
sind, welche durch polizeiliche Massnahmen nicht ausgeschlossen
werden können und dass jeder Seuchenherd eine grosse Gefahr
fiir die nähere und weitere Umgebung in sich schliesst. Die
einzig sichere Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche ist die
Unschädlichmachung des Seuchenherdes, die Evacnirung der
Seuchenställe, Abschlachtung des verseuchten Bestandes oder,
kann inan dazu nicht schreiten, Unterbringung der verseuchten
Bestände bis zur Durchseuchung und Beseitigung jeder Gefahr
in eigens eingerichtete, isolirte Seuchenbaracken. Die Ausführung
dieser Massnahmen und der Desinfection der Ställe in den Händen
eines geschulten Seuchencommissars wird sicher eine Ausrottung
dieser verhängnissvollen Geissel auch in Deutschland herbei¬
führen. Kühn au.
Die Verbreitung der Maul- u. Kiauenseuohe in Preussen am 28. Februar 1900.
Regierungsbezirk
Die Seuch
i
Kreisen
herrschte
n
Gemeinden
(Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez)
waren
verseucht:
Königsberg.
10
43
10,52
Gumbinnen.
2
3
0,77
Danzig.
6
26
20,63
Marienwerder.
13
47
20,77
Berlin.
1
1
—
Potsdam.
16
84
32,47
Frankfurt.
11
79
29,03
Stettin.
9
87
46,37
Köslin.
9
43
22,26
Stralsund.
3
7
7,85
Posen .
15
39
11,83
Bromberg.
12
51
22,92
Breslau.
14
49
12,90
Liegnitz.
8
16
5,68
Oppeln.
11
45
16,06
Magdeburg.
14
79
54,86
Merseburg.
13
54
23,35
Erfurt.
4
6
10,23
Schleswig.
3
10
4,68
Hannover.
7
22
34,97
Hildesheim.
9
29
40,05
Lüneburg .
5
17
11,53
Stade.
1
5
6,88
Osnabrück.
4
16
28,57
Aurich.
1
3
8,77
Münster.
8
12
44,77
Minden.
4
15
29,41
Arnsberg .
7
23
27,05
Kassel.
16
35
20,93
Wiesbaden.
9
22
23,50
Koblenz.
8
20
19,13
Düsseldorf.
16
66
153,48
Köln.
8
23
77,70
Trier.." .
8
15
13,30
Aachen .
6
18
46,15
Hohenzollern-Sigmarinyen
4
7
55,11
Summa:
295
1117
—
Nachwei8ung Ober den Stand der Viebseuohen im Deutschen Reioho
am 28. Februar 1900.
Es waren am 28. Februar 1900 in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Marienwerder
1 (1). R.-B. Berlin 1. R.-B. Potsdam 2 (2). R.-B. Stettin 1 (1).
R.-B.. Posen 3 (5). R.-B. Bromberg 2 (3). R.-B. Breslau 1 (2).
R.-B. Oppeln 2 (5). R.-B. Schleswig 1 (2). R.-B. Stade 1 (1).
R.-B. Minden 1 (1). R.-B. Düsseldorf 1 (1). R.-B. Trier 1(1).
R.-B. Aachen 1 (1). Bayern: R.-B. Oberbayern 1 (1). R.-B.
Niederbayern 1 (1). R.-B. Schwaben 2 (2). Württemberg:
Donaukreis 2 (2). Baden: Landescomm. Constanz 1 (1). Landes-
comm. Mannheim 1 (1). Braunschweig: 1 (1). Elsass-
Lothringen: Bezirk Lothringen 1 (4).
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 12 (27). R.-B. Niederbayern 1
(1). R.-B. Pfalz 9 (20). R.-B. Oberpfalz 7 (10). R.-B. Ober¬
franken 11 (21). R.-B. Mittelfranken 12 (25). R.-B. Unterfranken
14 (22). R.-B. Schwaben 14 (61). Sachsen: Kreishauptm.
Bautzen 2 (9). Kreishauptm. Dresden 5 (21). Kreishauptm.
Leipzig 5 (21). Kreishauptm. Zwickau 10 (40). Württeim-
berg: Neckarkreis 11 (21). Schwarz waldkreis 14 (60). Jagst-
kreis 8 (17). Donaukreis 16 (91). Baden: Landescomm.
Constanz 7 (12). Landescomm. Freiburg 9 (19). Landescomm.
Karlsruhe 8 (19). Landescomm. Mannheim 14 (37). Hessen:
Provinz Starkenburg 5 (17). Provinz Oberhessen 6 (31). Pro¬
vinz Rheinhessen 4 (16). Mecklenburg-Schwerin: 8 (18).
Sachsen-Weimar: 5 (26). Mecklenburg-Strelitz: 2 (4).
Oldenburg: Herzogthum Oldenburg 1 (1). Fürstenthum Birken¬
feld 1, (2). Braunschweig: 4(36). Sachsen-Meiningen:
4 (10). Sachsen-Altenburg: 2 (3). Sachsen-Coburg-Gotha:
Herzogthum Coburg 1 (1). Herzogthum Gotha 2 (3). Anhalt:
5 (22). Schwarzburg-Sondershausen: 1 (1). Waldeck:
2 (2). Reuss ä. L.: 1 (1). Reuss j. L.: 2 (4). Schaum-
burg-Lippe: 1 (2). Lippe: 3 (16). Bremen: 2 (3). Eisass-
Lothringen: Bezirk Unter-Elsass 7 (59). Bezirk Ober-Elsass
5 (34). Bezirk Lothringen 5 (17).
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Magdeburg 4 (6). Sachsen: Kreis¬
hauptm. Leipzig 1 (1). Kreishauptm.Zwickau 1 (1). Anhalt 1 (1).
D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest):
Preussen: R.-B. Königsberg 2 (4). R.-B. Danzig 1 (1).
R.-B. Marienwerder 4 (4). R.-B. Potsdam 7 (7). R.-B. Frankfurt
5 (5). R.-B. Stettin 2 (2). R.-B. Stralsund 2 (2). R.-B. Posen
9 (14). R.-B. Bromberg 3 (3). R.-B. Breslau 7 (21). R.-B.
Liegnitz 3 (6). R.-B. Oppeln 6 (10). R.-B. Magdeburg 2 (2).
R.-B. Schleswig 3 (3). R.-B. Hannover 3 (3). R.-B. Münster
1 (1). R.-B. Minden 1 (1). R.-B. Cassel 3 (3). R.-B. Coblenz 2 (3).
R.-B. Düsseldorf 4 (5). Bayern: R.-B. Pfalz 1 (1). Sachsen:
Kreishauptm. Bautzen 2 (2). Kreishauptm. Dresden 1 (1). Kreis¬
hauptm. Leipzig 1 (1). Württemberg: Donaukreis 1 (1).
Braunschweig: 2(2). Hamburg: 2(2). Lothringen:. 1 (1).
Maul- und Klauenseuche auf Viehhttfen etc.
Die Seuche ist in Bremen am 10. er. erloschen, in München
am 10. von Neuem und ausserdem am 9. in Magdeburg aus¬
gebrochen.
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182
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11.
Bücheranzeigen und Kritiken.
Handbuch der thierärztlioben Chirurgie und Geburtshilfe. Heraus- I
gegeben von Prof. Dr. Josef Bayer-Wien und Prof. Pr.
Eugen Fröhner-Berlin. I. Band. Qperationslehre. Von Prof.
Dr. Josef Bayer. Zweite umgearbeitete Auflage. Wien und
Leipzig. Wilhelm Braumüller 1899. 12 M.
In dem Handbuche des grossen Sammelwerkes der thier¬
ärztlichen Chirurgie und Geburtshilfe ist die von Prof. Josef
Bayer bearbeitete auch einzeln zu habende Operationslehre in
H. Auflage erschienen. Nachdem der Verfasser die allgemeinen
Grundsätze für die Operationen behandelt hat, wendet er sich
zu dem Capitel „Zwangsmittel“. In diesem Capitel sind nicht
nur 8ämmtliche an allen deutschen Hochschulen und in allen
Ländern zur Ausführung der Operationen nothwendigen Zwangs¬
mittel beschrieben, sondern auch durch ausgezeichnete Ab¬
bildungen so gut illustrirt, dass die Bearbeitung dieser Ab¬
theilung geradezu als classisch bezeichnet werden muss. • Auch
die Narcose, Aseptik, Antiseptik mit den hierbei zu ver¬
wendenden Arzneimitteln, die Drainage sind ausführlich be¬
schrieben und verdienen Anerkennung. Bei dem Capitel
Operationen und den dazu nothwendigen Instrumenten vermisse
ich die an Stelle des scharfen Löffels von Oberrossarzt Buss-
Frankfurt a. M. construirten Instrumente, ebenso die von Ober¬
rossarzt Trost er-Berlin an der Di eck er hoff sehen Nadel
empfohlenen Spitzen. Sehr schön sind bei der Neurectomie die
Abbildungen der Schenkel und die Gefrierdurchschnitte, die in
sehr klarer Weise auch die von Bosi empfohlene Doppel-
neurectomie bei Spat illustriren.
Bei dem Capitel „Castration“ fehlt die gerade für das Ab¬
drehen der Hoden so werthvolle von Prof. Sand-Copenhagen
construirte Zange, die nicht, wie alle übrigen Zangen den
Samenstrang breitqnetscht, sondern autrollt. Jedenfalls
stimme ich Prof. Bayer darin zu, dass bei allen Thieren, die
einen gestielten Hodensack haben, die elastische Ligatur die
beste und einfachste Methode ist. Sie wird von Thierärzten
leider zu wenig ausgeübt und hat für die Praxis den Nachtheil,
dass sie ihrer Einfachheit wegen sofort von Schäfern etc. nach¬
geahmt wird. Bei der Operation der Samenstrangfistel ist die
so werthvolle, fast blutleere Operation nach Malkmns
nicht beschrieben. Dieselbe ist so wichtig, dass sie wohl hätte
berücksichtigt werden können.
Fassen wir Alles zusammen, so kann nur constatirt werden,
dass die Bayerische Operationslehre auf der Höhe der Wissen¬
schaft steht. Sie zeichnet sich, abgesehen von Druckfehlern,
die in jedem grösseren Werke nicht zu vermeiden sind, bei
grosser Ausführlichkeit durch klare, kurze Ausdrucks¬
weise sehr vortheilhaft aus. Ausgezeichnete Abbildungen
unterstützen in wirksamer Weise die wissenschaftlichen Be¬
schreibungen und wünschen wir dem Werke, dass es sich sehr
bald in thierärztlichen Kreisen dasjenige Ansehen erwirbt, das
ihm verdienter Weise zukomrat. To epp er.
Personalien.
Auszeichnungen : Dem Corpsrossarzt Sc hwarznecker ist die
Erlaubniss zum Anlegen des ihm verliehenen Medjidie-Ordens ertbeilt
worden.
Ernennungen: In Bayern: Bezirksthierarzt Friedrich P ö h 1 m a n n
in! Wunsiedel pragmatisch angestellt Districtsthierarzt Joseph
Rasberger zum ßezirkstbierarzt in Garmisch. Bezirkstbierarzt
Theodor S t r ö b e 1 in den Ruhestand versetzt. — Gewählt:
Thierarzt Bruno Morgen zum 2. Schlachthofthierarzt in Osnabrüok,
Rossarzt a. D. 0. Schmidt- Rathenow zum Schlachthofvorsteher
in Hirschberg.
Approbationen: in Berlin die Herren Hugo Scbink und Kurt
Timmroth; in Stuttgart Herr Cand. Friedrich W o 11 m a n n.
Promotionen : Thierarzt Garbe von der philosopb. Facultät in
Rostock und Thierarzt Emil Lange von der philosoph. Facultät
in Giessen zum Dr. phil.
Wohnsitzveränderunflen, Niederlassungen etc. : Verzogen: Thier¬
arzt Heinrich Ammelung als kreisthierärztl. Assistent nach
Hattingen (Ruhr), Thierarzt E. Bierthen nach Lage (Lippe),
Thierarzt Dr. Garbe von Rostock nach Grosa-Licbterfelde, Thier¬
arzt P i 11 m a n n - Trier nach Herne i. W., Thierarzt S t a u b i t z
von Mannheim nach Lauffen, Thierarzt Horst Tempel von Roch-
litz nach Dahlen i. Sachs., Thierarzt Richard U n g 1 e r t als
Bezirksth.-Assistent nach Füssen. — Thierarzt Löhe hat sich in
Heldburg (Meiningen) niedergelassen.
Todesfälle: Kreisthierarzt Haushalter - Brumath (Eis.),
Schlachthofdirector, Oberrossarzt a. D. H e w i g in Torgau, Thier¬
arzt Carl Richter- Liebentbal.
Yacanzen.
(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreiatblerarztatellen eto.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Cöslin: Stolp (Nord) mit dem Amtssitz in Glowitz (600 M.,
voraussiclitl. Kreiszuschuss). Bewerb, bis 3. April an den Re-
gierungspräs. — R.-B. Köln: Rheinbach (600 M., 500 M. Voraussicht).
Kreiszuschuss.) Bewerb, bis 18. März an den Regierungspräs.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Gumbinnen: Grenzthierarzt¬
assistentenstelle in Stallupönen. — R.-B. Schleswig: Eideretedt
Sanitfttsthlerarzt8tellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Köln: Oberthierarzt für den Schlacht- und Viehbof (3500 M.
steigend bis 5300 M., Pension). Bewerb, bis 20. März an den Ober-
bürgermstr. — Rathenow: Schlachthofinspector zum 1. April (2000M.
steigend bis 3000 M, Wohnung etc.). Meldungen an den Magistrat.
— Rochlitz: Thierarzt für Fleischschau (ca. 2000 M.) Meldungen
bis Ende März an den Stadtrath.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — Dessau: Schlachthof-
assistenzthierarzt. — Dresden: 3 Hilfsthierarztstellen am Schlacht¬
hof. — Eberswalde: Scblachtbofinspector. — Eckernförde:
Scblachthofmspector. — Fi lehne: Schlachthofinspector. —
Friedrichsthal (Kreis Saarbrücken): Thierarzt für Fleischbeschau.
— Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt. —Halle a. S.: 2Assistenz-
thierärzte am Schlachthofe. — Königsberg i.P.: Schlachthofthierarzt
— Liegnitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Lüneburg: Schlacht¬
hofvorsteher. — Markneukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh-und
Fleischbeschau. — Militsch: Schlachthofinspector. — Mülhausen
(Eisass): Schlachthofverwalter. — Ostrowo: Schlachthofinspector.
— Spremberg: Schlachthofinspector. — Thorn: 2. Schlachthof¬
thierarzt. — Wanne: Schlachthofvorsteher.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt. — Scbönbaum (Danzig). — Soldau
(Ostpr.): Thierarzt für Praxis (300M. Zuschuss). Bewerb, beim Magistrat.
1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt zum 1. Mai
(2400 M., Privatpraxis gestattet). Meldungen mit Zeugnissen etc. bis
Ende März an den Amtmann. — Rakwitz (Pos.): Thierarzt zum
1. April. (Aus Schlacbtviehbeschau 1200 M.). Auskunft beim
Magistrat. — Rhinow (R.-B. Potsdam): Thierarzt — Schwarzen¬
berg i. Sachs.: Thierarzt für Fleischbeschau und Praxis (voraus¬
sichtliche Staatsunterstützung). Meid, an d. Stadtrath. — Sonnen¬
burg: Thierarzt (600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den
Magistrat — Tilsit: Thierarzt für Praxis. Auskunft beim Vor¬
sitzenden des landw. Vereins in Kaukmethen (O.-Pr.).
Besetzt: Sanitätsthierarztstelle inHirscbberg und Osnabrück.
Verantwortlich (Br den Inhalt (excL Ingerat rauh eil): Prot Dr. 8ehmaltx ln Berlin. — Verlag und Eigen th um von Richard Scboets in Berlin. Druck von W. Büxengtein, Berlin
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Die „Berliner Thlerftrstllche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich ln St&rke von mindestens 1'/, Bogen. Dieselbe
lat an beziehen durch den Buchhandel, die Post (No 1088)
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard
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Berliner
Öriginalbeltrftge werden mit 50 Hk. für den Bogen honorlrt
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr Schmaltz,
Berlin, thlerlrztliehe Hochschule. NW., Luisenstrasse 66.
Correctnren, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. E. Schmaltz, Dr. E. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Sehoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 12 . Ausgegeben am 22. März.
Inhalt: Peter: Zur klinischen Diagnose der Wuthkrankheit. — Referate: Breton: Necrose der Diiten beim Pferde. —
Richter: Ueber Augenerkrankuogeu. — Nessl: Zungengeschwür der Rinder. (Glossitis traumatica. — Trou de la langue). —
Klelsuke: Ueber Aetiologie und Pathogenese der Kedani-Krankheit. — Räblmann: Ueber Blepharitis acarica. Eine Er¬
krankung der Wimpern und Lidränder infolge von Milben in den Cilienbälgen. — Marx: Die Grenzen der normalen Temperatur.
— Wauters: Sur la röpartition des substances bact6ricides dans les Organes et sur la filiation des diff6rentes espöces des
leucocytes. — Kleine Mittiieilungen. — Tagesgeschichte: Stenogramm der Verhandlungen des Reichstages betr. Militär-
rosBärzte vom 23. Februar. — Ueber die thatsächlichen Verhältnisse der Heranbildung der Militär-Thierärzte in Oesterreich
und Ungarn. — Personalien. — Vacanzen.
Zur klinischen Diagnose der Wuthkrankheit.
Von
Dr. Peter.
Vorlrag, gehalten im Thierärztlichen Verein
der Provinz Brandenburg.
I.
In den beiden letzten Jahren bat die Tollwuth weiter am |
sich gegriffen, als wir bei der Wirkung und Handhabung unseres
Scuchengesetzes gewohnt sind.
Die statistischen Berichte melden nicht nur aus den Grenz¬
provinzen eine grössere Anzahl von Fällen, sondern anch im
Innern des Reiches wird die Seuche wieder häutiger beobachtet.
In Dresden und Umgegend hat dieselbe nach den Mittlieilnngen
von Johne*) einen epidemischen Charakter angenommen.
Mit der Ausbreitung der Wnthseuche steht die Zunahme der
Bissverletznngen durch wnthkrauke Hunde beim Menschen im
Einklang. Kirchner**) berichtet, dass in Pteussen im
Jahre 1897 161 und 1898 251 Bissverletzungen amtlich gemeldet
worden sind. Dieselben kamen in beiden Jahren hauptsächlich
in den an Russland, Mähren, Oesterreichisch-Schlesien
and Böhmen stossenden Grenzbezirken vor and vertheilen sich
auf nachstehende Provinzen: Ostprenssen 31 bezw. 23, West-
prenssen 13 bezw. 37, Brandenburg 2 bezw. 14, Pommern 6
bezw. 16, Posen 14 bezw. 34, Schlesien 88 bez». 122, Sachsen 4
bezw. 8, Schleswig-Holstein 3 bezw. 0. Die Zahl der durch
Biss verletzten Menschen hat hiernach 1898 in allen Provinzen
mit Ausnahme von Ostprenssen and Schleswig-Holstein zo-
genommen. Die Beteiligung der einzelnen Regierungsbezirke
ergiebt sich aus einer von Kirchner anfgestellten Tabelle:
Oppeln hat 56, Liegnitz 35, Breslau 31, Posen 26, Marien¬
werder 20, Danzig 17, Königsberg 13, Köslin 11, Frankfurt 11,
Gumbinnen 10, Bromberg 8, Merseburg 8, Stettin 5, Potsdam
3 Fälle zn verzeichnen.
Die 254 Bissverletznngen entfallen auf 87 Kreise, von
denen 13 an die russische, 11 an die österreichische und 4 an
die sächsische Grenze stossen; 17 weitere Kreise sind von diesen
Grenzen nnr dnreh Theile eines anderen Kreises getrennt
•) Johne, Zeitschrift f. Thiermedicin 1898. Bd. 2, H. 5.
**) Kirchner, Ueber die Bissverletznngen von Menschen
durch tolle oder der Tollwuth verdächtige Thiere etc. 1898.
Ans der Zusammenstellung ergiebt sich, dass 144 Biss¬
verletznngen in 45 Kreisen durch Hunde, deren Infection
anf das Ausland zurückgeführt werden mass, verursacht
worden sind. Die übrigen 110 Bissverletznngen entfallen auf
42 Kreise, welche ebenfalls im östlichen Theile der Monarchie,
also den verseuchten Grenzprovinzen benachbart liegen.
Durch diese Angaben Kirchner’s wird die alte Tbatsache,
welche bereits in den Jahresberichten der Königlichen technischen
Deputation für das Veterinärwesen über die Verbreitung an¬
steckender Thierkrankheiten in Preussen *) jahraus jahrein
wiederkehrt, bestätigt, dass die Tollwnth lianptsächlich ans
Russland and Oesterreich ins Land eingeschleppt UDd von den
Greiizregionen nach Westen verbreitet wird. Marx**; betrachtet
die Oler als die westliche Grenze der aus dem Osten ein¬
geschleppten Fälle. Die Verschleppung der Wnth aus Sachsen
und Schlesien nach dem centralen Deutschland sei sehr beschränkt,
weil daselbst in Folge der viel dichtem Bevölkerung und dem¬
gemäss leichter dorcbznführenden veterinärpolizeilichen
Massnahmen herumsch weifende wnth verdächtige Hnnde leicht
unschädlich gemacht werden könnten. Dass der veterinär¬
polizeiliche Apparat in den Grenzdistricten gnt functionirt, gelit-
daraus hervor, dass wir es hier im Lande der Regel nach nur
mit sporadischen Fällen zn tlmn bekommen. Indess ist auch in
unserer Provinz Brandenburg die Tollwuth bei verschiedenen
Hau8thiergattnngen in den letzten Jahren hänfiger aufgetreten
al« früher, sodass sich der Herr Regierungs-Präsident in Potsdam
veranlasst sah, in einer neuen Verfügung vom 18. Januar 1899
— I. 7657 — die Aufmerksamkeit wieder anf die Bekämpfung der
Tollwuth zn lenken nnd den Ortspolizeibehörden die strenge
Handhabung der veterinärpolizeilichen Vorschriften erneut ein¬
zuschärfen. Es wird in der Verfügung anch ersucht, von Zeit
zn Zeit Belehrungen über die Kennzeichen der Wuthkrankheit
und die Gefahr ihrer Uebertragung anf Hausthiere nnd auf
Menschen sowie über Mittel zur Bekämpfung der Senche in Kt eis-
nnd Localblättern zu veröffentlichen.
Inhaltlich eines speciellen Erlasses des Ministers der geist-
*) Jahresberichte der Königlichen technischen Deputation für
«las Veterinärwesen etc.
Mari, Bericht Uber dis Thätigkeit der Abthcilung zur
• eilung und Erforschung der Tollwuth. 1898.
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134
lieben, Unterrichts- nnd Medicinalangelegenheiten vom 12. October
1897 — M. 12558 — ist jeder Fall von Bissverletzung ln einer vor¬
geschriebenen Form der Behörde sofort zu melden. Aus dem
Bestreben des Staates, die durch den Biss toller Hunde ge¬
fährdeten Menschen gegen eine Erkrankung an Wuth zu schützen,
ist die Errichtung einer Abtheilung zur Heilung und Erforschung
der Tollwuth beim Institut für Infectionskrankheiten hervor¬
gegangen. Dieselbe ist am 16. Juli vorigen Jahres eröffnet worden.
Durch einen von drei Ressortministern Unterzeichneten Erlass
vom 22. Juli 1898*) (Amtsblatt der Königl. Regierung zu Pots¬
dam 1898, Stück 32) wird auf die segensreiche Einrichtung hin¬
gewiesen und vorgeschrieben, welche Wege nach dem Vorkommen
einer Bissverletzung zum Schutz des Gebissenen eingeschlagen
werden sollen und welche Ermittelungen anzustellen sind. Hierbei
fällt den beamteten Thierärzten eine sehr wichtige Rolle zu,
denn es kommt allein auf ihre Erhebungen bei der Untersuchung
des wuthverdächtigen Hundes an, ob der Verletzte ärztliche
Hilfe bezw. die Hilfe des fraglichen Institutes in Anspruch zu
nehmen bewogen wird.
Der Nachdruck, welcher von den Behörden in Folge der
seuclienhaften Verbreitung der Tollwuth auf die Bekämpfung der¬
selben in der gegenwärtigen Zeit gelegt wird, und die Möglich¬
keit, dass die Entscheidung über das Wohl und Wehe eines Ge¬
bissenen täglich an den einen oder den anderen Collegen heran¬
treten kann, sind die Veranlassung, dass ich in der heutigen
Vereinssitznng zu einem kurzen Vortrag das Wort zu nehmen
mir erlaube. Ich beabsichtige zunächst in groben Umrissen
den gegenwärtigen Stand der Tollwuthforschung und Bekämpfung
zu zeichnen, alsdann die Diagnose der Wuth bei Hunden
und Rindern an der Hand einiger von mir in den letzten
Jahren untersuchten Fälle näher zu besprechen und zum Schluss
auf die Einrichtung und den Betrieb des ins Leben getretenen
Institutes für Tollwuthheilung und Forschung, welches unser
warmes Interesse beansprucht, zurückzukommen.
II.
Im Allgemeinen macht sich die Tollwuth nur durch sporadische
Krankheitsfälle unter den Hunden bemerkbar. Das Auftreten
eines tollen Hundes in einer Gegend versetzt die Hundebesitzer
wegen der strengen veterinärpolizeilichen Massnahmen in Auf¬
regung. Häufen sich die Fälle in einem Bezirk, so erfasst die
ganze Bevölkerung eine starke Beunruhigung. Aus der Zeit, in
welcher eine Veterinär-Gesetzgebung noch nicht vorhanden war
oier noch in den Kinderschuhen steckte, sind mehrere Wuth-
epizootien in der Erinnerung geblieben und durch die Fach¬
literatur überliefert worden. So in Deutschland von 1720—1723,
in England von 1754—1760. In Deutschland, Holland, Schweden
1822—1830. 1861 wurde eine neue Steigerung der Wuthfälle in
Mitteleuropa und Frankreich beobachtet**).
In fast allen Staaten Europas besteht die Hundswuth dauernd
fort. Nocard hebt in seiner ausgezeichneten Monographie über
die Tollwuth (1. c) hervor, dasB Frankreich und Belgien im
Westen, Russland im Osten die beiden hauptsächlichsten Infections-
herde bilden, während Centraleuropa und der Norden am wenig¬
sten betroffen sind. Die 400—500 Wuthfälle, welche in Deutsch¬
land alljährlich zur amtlichen Kenntniss gelangen, erstrecken sich
hauptsächlich, wie bereits gezeigt worden ist, über die Provinzen
an der russisch-polnischen Grenze, ein kleiner Bruchtheil der
*) luzwisclien ist von derselben Stelle aus im Einverständniss
mit dem Herrn Finanzminister eine Vervollständigung der Vor¬
schriften, daiirt Bor.in, den 10. Juli 1899, erschienen. (Amtsblatt der
Königl. Regierung zu Potsdam 1899, Stück 31.)
**) N o c n r <1 et L e c 1 a i n c h e, Maladies microbiennes des ani-
inaux 1816
No. 12.
Fälle kommt in den belgischen und französischen Grenzdistricten
zur Beobachtung.
Verhältnissmässig selten ist die Wuth in der Schweiz, jähr¬
lich 5, 6, 7 bis 25 Fälle, welche auf Einschleppung zurück¬
zuführen sind, ln England ist die Wuth in der Abnahme be¬
griffen, und es ist anzunehmen, dass das Inselreich daroh die
neuerdings für Hunde erlassenen strengen Einfuhrbestimmungen
(lange Quarantäne) überhaupt von der Seuche sich befreien kann.
In Holland, Dänemark, Schweden kommen nur isolirte Fälle vor.
Oesterreich giebt 300—500 Fälle an, Ungarn 700, Russland 3000.
Afrika wird an der ganzen Mittelmeerküste von der Wuth heim¬
gesucht. 1893/94 wurde die Krankheit auch am Cap beobachtet
und 1892 nach Madeira eingeschleppt, allwo eine rasche Ver¬
breitung stattfand. Janson berichtet über das Vorkommen der
Seuche in Japan, Callmette über das Auftreten derselben in
Java, Singapore, Malaga, weiter in Nieder-Cochinchina, Tonkin
und Anam. In Amerika ist die Wuth nach den Berichten des
Pasteur'sehen Institutes häufig in den Staaten Mexico, Brasilien,
Chile. Auf Cuba ist eine enorme Verbreitung anzunehmen, denn
im Institut von Habanna wurden von 1886—1891 1115 gebissene
Personen behandelt. Australien ist frei und dürfte sich in Folge
strenger prophylaktischer Massnahmen frei erhalten.
Obwohl die Wuth eine altbekannte Krankheit ist, haben die
Untersuchungen über das Wesen derselben nioht sehr frühzeitig
begonnen. Aus dem Jahre 1811 wird berichtet, dass Gobier
durch Verfütterung von Fleisch an Wuth verendeter Wieder¬
käuer die Krankheit auf Hunde übertragen habe. 20 Jahre
später, 1830, widerlegten die Franzosen durch Vatel, Renault
Rey ihren Landsmann endgiltig, und die Unmöglichkeit einer
Uebertragung durch die Digestionswege ist seitdem nicht mehr
strittig. Ein positives Factum, die Virulenz des Speichels wuth-
kranker Hunde, ermittelten schon 1813 Grüner und Salm darob
subcutane Ipjection. Berndt in Greifswald kam auf Grund
umfangreicher Versuche im Jahre 1822 zu dem Ergebniss, dass
die Tollwuth nicht nur durch subcutane Verimpfung des Speichels
wuthkranker Hunde, sondern aller Thiere, welche mit der
Wuth behaftet sind, übertragen werden könne. Trotz dieser
Versuche blieb es ungewiss, ob auch der Herbivorenspeichel
infectionsfähig sei, weil mehrere Franzosen in dieser Hin¬
sicht erfolglos* experimentirt batten. Im Jahre 1842 bestätigte
indess Rey die von Berndt entdeckte Thatsache.
Nunmehr trat eine mehr als 3Qjahrige Pause ein, ehe
weitere Fortschritte in der Kenntniss der Tollwuth gemacht
wurden. In der ersten Zeitperiode batten deutsche und fran¬
zösische Forscher einen gleichen Antheil an den wissenschaft¬
lichen Arbeiten und Resultaten, während nach der Ruhe¬
pause das entschiedene Vorwiegen französischer Arbeit zu con-
statiren ist. Den Franzosen bleibt das unbestrittene Verdienst,
eine umfassende Aufklärung auf diesem Gebiete gebracht nnd
die Menschheit mit einem Schutzverfabren gegen die grauenhafte
Krankheit beschenkt zu haben.
Die verhältnissmässig geringen Ergebnisse, welche die Toll¬
wuthforschung bis Anfang der achtziger Jahre zu verzeichnen
hat, lassen die Annahme zu, dass die Gefahr, welche das Ex-
perimentiren mit Hunden für Menschen hat. von den Unter¬
suchungen zurückscbreckte, und nur einige waghalsige Forscher
(a. A. besonders Hertwig, Beiträge zur nähern Kenntniss der
Wuthkrankheit etc., 1829) den Muth hatten, an Hunden experi¬
mentelle Tollwutbstudien zu machen. Man kann sagen, dass
erst seitdem Galtier in Lyon im Jahre 1879 ermittelte, welchen
Werth das Kaninchen als Versuchsobject bei der Tollwath bildet,
die erfolgreiche Aera der Wuthforschung begonnen hat. Die
Kaninchen erkranken sehr leicht nach der intraoculären und mit
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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22. März 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
135
absoluter Sicherheit nach der intracraniellen Verimpfung von
Gehirn- bezw. Markmasse toller Thiere. Die Impfsrankheit läuft
unter dem Bilde der stillen Wuth ab, sodass der Untersucher
■nicht in Gefahr kommt, gebissen zu werden, wie bei Hunden.
Nocard 1880 und P. Bert 1882 filtrirten Wuthspeichel durch
Gips nnd bewiesen, dass der Filterrückstand virulent und das
Filtrat unschädlich sei. Hieraus konnte der Schluss gezogen
werden, dass der Ansteckungsstoff nur an solider Materie haften
nnd ein corpusculäres Gebilde sein müsse.
Vom Jahre 1881 ab kommen die Studien von Pasteur im
Verein mit Chamberland, Thuillier, Roux an die Oeffentlich-
keit, welche zu der Aufsehen erregenden Entdeckung der Toll-
wnthschutzimpfung geführt haben. In den ersten Arbeiten
erfahren wir, dass das Wuthgift nicht nur im Speichel, sondern
auch in den Nervencentren enthalten sei, nnd dass die directe
Inoculation des Giftes in die Oberfläche des Gehirns ein sicheres
Mittel bilde, die Krankheit künstlich zu übertragen. 1882 folgt
die Veröffentlichung von 200 gelungenen Uebertragungen. 1884
wurde constatirt, dass die Passage des Ansteckungsstoffes durch
den Affen Abschwächung der Virulenz bedinge, und dass auf
diese Weise ein Impfstoff gewonnen werden könne. 1885 ver¬
kündet Pastenr eine andere Methode der Mitigation und die
Grundzüge einer Behandlung, durch welche Thiere und Menschen
refractär zu machen seien, selbst wenn dieselbe erst eine Zeit
lang nach der Infection beginnt.
Bei der Hunderasse ist die Wuth endemisch; alle anderen
Species werden von den Hunden inficirt. Alle Säugethierarten
und der Mensch sind für das Contagium empfänglich. Häufig ist
die Wuth beim Wolf, seltener wird dieselbe beim Fuchs, Dachs,
Schakal und bei der Hyäne beobachtet. Von den herbivoren
Haastbieren werden die Boviden, Schafe und Ziegen am meisten
betroffen. Das Pferd leidet selten an Wuth, ziemlich oft dagegen
das Kameel.
Einen epizootischen Charakter kann die Tollwuth unter
Hirschen und Damwild annehmen, eine Beobachtung, die wieder¬
holt in England gemacht wurde. Im Park von Richmond unter¬
lagen 1886/87 263 Hirsche der Tollwuth. Gleiche Wuthepizootien
sind in den Hochwildbeständen von Eaton Hall und Swythamby
1872 bezw. 1880 vorgekommen*).
Die Merkmale der Wuth sind jedem Thierarzt bekannt. Die
beste Darstellung des ganzen Krankheitsbildes ist Nocard (1. c.)
gelungen. Der Verlauf der Krankheit bietet in seinen einzelnen
Stadien keine charakteristischen Symptome. Die beiden Haupt¬
formen, die rasende und die stille Wuth, kommen nichtgleich-
mässig bei allen empfänglichen Thiergattungen vor. Hunde er¬
kranken vorwiegend an der ersteren t orm, die herbivoren Thiere
dürften im Allgemeinen häufiger von der paralytischen Wuth
befallen werden.
Bei lebenden Hunden gestaltet sich die Feststellung
der Wuth verhältnissmässig viel leichter als am Cadaver. Die
gewöhnlichste Veranlassung, auf welche die ‘hierärztliche Unter¬
suchung verlangt wird, ist nicht motivirte Beisssucht bei
als gutartig bekannten oder bei herrenlos umherschweifenden
Hunden.
Die Beisssucht tritt bei Hunden erst im Stadium der Raserei
auf, also wenn bereits andere Symptome der Krankheit bestehen.
Ist der verdächtige Hund eingefaDgen und eingesperrt, so lässt
sich beobachten, dass Wuthanfälle mit Erschlaffung abwechseln.
In diesem Zustande fallen dem Beobachter die Störungen des
Allgemeinbefindens deutlich in die Augen: Zittern, Jnckgetühl,
Empfindungslosigkeit, welche sich soweit steigern kann, dass sich
der Hund tief in die Muskeln heisst. Hallucinationen, welche
♦) Nooard 1. c.
sich dadurch äussern, dass der Hund nach einem imaginären
Feinde schnappt. Geschlechtliche Erregung, Unruhe. Die Streu
wird auf einen Haufen zusammengescharrt und wieder ausge¬
breitet. Erschwertes Schlucken macht sich bemerkbar, besonders
kann das Trinken nicht mehr normal ausgeführt werden, eine
Erscheinung, welche die Annahme von dem Vorhandensein der
Hydrophobie bei der Tollwuth hervorgebracht hat.
Beim Ausbruch eines Wuthanfalls dringt das kranke Thier
auf die Wände seines Behälters ein, beisst in dieselben, heult,
verschluckt Stroh, Holz, Tapeten, kurz was überhaupt zum Ver¬
schlucken vorhanden und erreichbar ist.
Kommen die Erscheinungen nicht in der geschilderten, in
gewissem Sinne charakteristischen Weise zur Ausbildung, so be¬
darf es noch der Beobachtung des letzten Stadiums der Krank¬
heit, um zu einer sicheren Diagnose zu gelangen. Dasselbe kenn¬
zeichnet sich durch allgemeine Schwäche und Lähmungs¬
erscheinungen und endet nach 1—2 Tagen mit dem Tode. Die
Lähmungen beginnen in der Hinterhand oder an den Kiefern.
Es folgen veitstanzähnliche Bewegungen der Glieder und
tetanische Contractionen verschiedener Muskelgruppen. Die
Augen liegen tief in ihren Höhlen, die Respiration wird schwer
und angestrengt, und unter vollständigem Verfall der Kräfte tritt
der Tod ein. Der Verlauf der rasenden Wuth nimmt 2—10 Tage
in Anspruch.
Bei dem andern Haupttypus, unter dem die Wuthkrankheit
auftritt (stille Wuth, paralytische Form), können die sen¬
soriellen Störungen vollständig fehlen. Der kranke Hund be¬
kundet Unruhe, Traurigkeit und die Neigung, Gegenstände zn be-
leckeh. Die Lähmungen zeigen sich frühzeitig und beginnen an
den verschiedensten Körpertheilen und Körpergegenden. Der Hund
bleibt ruhig und beisst auch nicht, wenn er provocirt wird. Der
Verlauf der stillen Wuth erfolgt bei Hunden stets schnell, der
Tod tritt in 2—3 Tagen ein.
Die Häufigkeit der paralytischen Zustände, welche Hunde
nach der Staupe oder durch äussere Ursachen befallen, können
zu einer Verwechselung leicht Veranlassung geben. Es be¬
darf deshalb stets einer sorgfältigen Prüfung und Erwägung der
begleitenden Umstände, um zu einer richtigen Diagnose zu ge¬
langen. Einen wichtigen Anhalt für die Feststellung der
Wuthkrankheit wird immer das Vorkommen von Tollwuth-
fällen in der benachbarten Gegend bieten. Dass
diese Thatsache aber auch einmal auf eine falsche Fährte
führen und eine grundlose Beunruhigung verursachen kann, habe
ich vor zwei Jahren selbst erfahren. Eine Dame wünschte ihren
gelähmten Hund „möglichst schmerzlos nnd ohne Qual“ aus der
Welt zu schaffen. Derselbe litt an einer Paraplegie der Hinter¬
hand mit Lähmung der Blase und des Mastdarmes. Die Tödtung
des Hundes sollte mit einer wässerigen Lösung von Cyankalium
vorgenommen werden, wovon ich eine mehr als hinreichende
Dosis in den rechten Pleurasack spritzte. Die suffocatorische
Wirkung des Giftes trat alsbald ein. Nach einigen Minuten be¬
gann der bereits todt erscheinende Hund jedoch wieder vereinzelte
Athembewegungen zu machen, worauf ich demselben mit der
Hand das Maul zuhalten wollte. Beim Zugreifen wurde die Zeige¬
fingerspitze der linken Hand durch einen scharfen Eckzahn des
Hundes verletzt. Mit diesem Augenblick beherrschte mich der
Gedanke, dass der Hund toll gewesen sein könne. Denn derselbe
war nach den anamnestischen Ermittelungen einige Wochen vorher
seiner Herrin entlaufen und hatte sich mehrere Tage umher¬
getrieben. Zudem waren die Lähmungserscheinungen ohne vor¬
hergehende Krankheit oder erkennbare äussere Ursache auf¬
getreten. AuBserdem traf es sich, dass in dem benachbarten Kreise
Randow der Provinz Pommern die Tollwuth bei zwei Hunden
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136
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12.
coDStatirt sein sollte. Die Coincidenz dieser Umstände veranlasste
mich, bei dem getödteten Hunde unter Beihilfe des Collegen G.
eine genaue Obduction vorzunehmen. Wir stellten an dem Ca-
daver eine ausgebreitete Cyanose der Schleimhäute fest, welche
in diesem Falle auf den Blausäuretod bezogen werden musste.
Im Uebrigen waren keine Veränderungen vorhanden, insbesondere
hatte der Magen einen normalen Inhalt. Dieses Ergebniss reichte
begreiflicherweise nicht aus, um mich von der Präoccupation
völlig freiznmachen, dass der Hund wuthkrank gewesen sein
könne, und ich würde mich der Schutzimpfung unterworfen haben,
wenn im Frühjahr 1898 das Pasteur’sche Impfverfahren in Berlin
schon ausgeführt worden wäre. Glücklicherweise haben sich
weitere Folgen nicht gezeigt. (Schluss folgt.)
Referate*
Necrose der Dfiten beim Pferde.
Von Breton- Alfort.
(Reeneil, 25. II. 1900.)
Am 15. November 1899 brachte ein Pferdehändler einen
neunjährigen Percheron in die Klinik, mit dem Vorbericht
dass er einen Nasenpolyp habe, dessen Entfernung er wünsche.
Das Pferd habe im Juni 1899 zu rohren angefangen, später
etwas Nasenausfluss, besonders rechts, gezeigt, jetzt verwachse
das Nasenbein und sei der Ausfluss übelriechend.
Die Untersuchung im Stande der Ruhe ergiebt ein deutliches
Schnarchen bei der Inspiration und der Exspiration, das sich in den
oberen Luftwegen zu bilden scheint. Die Nasenlöcher sind ver¬
schmiert, der Ausfluss ist eiterig-schleimig, rechts übelriechend
und mit blutigen Striemen durchsetzt. Die rechte Nasenseite ist
verschwollen, die Schwellung ist hart, nicht schmerzhaft und füllt
die Ausbuchtung des Oberkiefers aus. Links ist die Nasen¬
gegend normal. Rechts ist die Nasenschleimhaut roth und ent¬
zündet, die obere Düte ist verschwollen, ihre Oberfläche ist un¬
regelmässig, mit harten Plättchen bestreut, die sich als in
Elimination begriffene Knochenpartien erweisen. Die Be¬
leuchtung der Nasenhöhle lässt nichts mehr wahrnehmen.
In der Maulhöhle ist der die Zahncaries characterisirende
üble Geruch wahrnehmbar; der dritte obere Molar rechts ist
theilweise zerstört und hohl. Die Diagnose lautete auf Necrose
der rechten Nasendüten infolge Zahncaries. Als Behandlung
wurde die Exstirpation der erkrankten Theile vorgeschlagen.
Hierzu wmrde der mittelst Chloralklystier eingeschläferte Patient
auf die linke Seite gelegt, der Kopf wurde so gehalten, dass
kein Blut in die Luftröhre fliessen konnte. Die Haut wurde
geschoren und der Nasenflügel gespalten von dem Winkel,
welchen Nasenbein und Zwischenkieferbein bilden, bis nahe an
das Nasenloch. Die Blutung war stark und musste das Nasen¬
loch tamponirt werden.
Die Wundränder wurden auseinander gehalten, wobei
constatirt wurde, dass die Nasenhöhle durch die Düte fast voll¬
ständig verschlossen war; ein Tlieil derselben wurde entfernt,
die totale Ablation erschien aber d irch die Wundöffnung nicht
möglich. Das Nasenbein wurde deshalb durch drei Trepanations¬
schnitte, die in zwei Centimeter Entfernung von einander
angelegt und mit Meissei und Hammer vereinigt wurden, ge¬
öffnet. Die obere Düte wurde stückweise entfernt, und nöthigte
die starke Blutung von neuem die. Taraponirung der Wunde.
Schon vor der Trepanation hatte die gesteigerte Athemnoth die
Tracheotomie erfordert.
Die Schwäche des Patienten zwang die weitere Operation
zu verschieben. Zur Stärkung wurden dem Thiere zwei Liter
artificielles Serum intravenös injicirt.
Am anderen Tage w'ar der Allgemeinzustand gut, der Patient
war schwach, aber fieberlos. Die Tampons wurden entfernt, die
Wunde gut ausgewaschen. Die Untersuchung der untereu Düte
ergab, dass sie wie die obere erkrankt war. Die Waschungen
(abwechselnd 2 n, 0 Creolin, 1—2 0, oo Kalium permanganicum,
1% Jod) wurden bis zum 24. fortgesetzt.
Am 25. wurde das Pferd gelegt und die untere Düte stück¬
weise entfernt. Sodann wurde der cariöse Zahn durch Spaltung
des Kiefers entfernt. Die Alveole wurde nach Waschung mit
Gaze verstopft, die Nasenhöhle tamponirt. Am nächsten und an
den folgenden Tagen wurde der Verband erneuert und die Wunde
reichlich ausgespült. Die Eiterung war nicht gross, die
WTindflächen heilten regelmässig, nur zeitweise zeigten sich an
den Trepanationsstellen einige necrotische Flecken, die ab¬
geschabt wurden.
Am 30. November war rechts fast kein Ausfluss vorhanden,
links dagegen war er stark und die Drüsen dieser Seite
schwollen an. Nach einigen Tagen konnte man auf dieser
Seite das Vorhandensein einer Sinusanfüllung wahrnehmen. Die¬
selbe wurde durch frontale und maxilläre Trepanation, Drainage
und Ausspülungen beseitigt. Am 26. September wurde das Pferd
als geheilt entlassen.
Ueber Angenerkrankungen.
Von Oberrossarzt Richter-Brombcrg.
(Ztschr. f. Vet. M«ra 1900.)
Beiderseitige Erblindung in Folge von Hornhauttrübung.
Am 6. Januar 1898 erkrankte das fragliche Pferd an einer
parenchymatösen Hornhautentzündung auf dem rechten Auge,
wogegen die üblichen Mittel angewandt wurden. Am 25. März
wurde das Pferd als geheilt entlassen. Bei der Untersuchung
durch den Referenten zeigte sich aber später die Cornea mit
punkt- und strichförmigen Trübungen wie besät. Durch die
dazwischen liegenden durchsichtigen Stellen erkannte man, dass
die Pupille verengt und verzerrt und die Linse dunkel graublau
war. Das Auge war blind. Am 21. April wurde constatirt,
dass über Nacht eine vollständige Trübung der Hornhaut des
linken Auges eingetreten war; Schwellung, Thränenfluss, über¬
haupt die Spuren irgendwelcher Entzündung fehlten. Die Cornea
war im ganzen graublau gefärbt. 6 Wochen später war bei
theilweiser Aufhellung dieselbe strich- und punktiörmige Trübung
wie rechts ausgebildet. Auch auf diesem Auge war Erblindung
eingetreten. Im Augenhintergrund und in der Linse war nichts
zu erkennen; die Iris dagegen war mit der Linse völlig ver¬
wachsen; Atropin veränderte die Pupille nicht mehr. Dieser Fall
ist nicht zu verwechseln mit einer früher von Schwarznecker
beschriebenen Erkrankung, wo punktförmige Comeatrübungen
als Erstlingserscheinungen auftraten.
Bei dieser Gelegenheit empfiehlt R. die Methode Möllers
zur Feststellung der Blindheit. Wenn man mit kurz gefassten
Zügeln sich vor das Pferd stellt und es mit der einen Hand
auf das Maul schlägt und dann zu einem zweiten Schlage aus¬
holt, so sucht das Pferd mit dem Kopfe auszuw T eichen, wenn es
auch nur ein wenig sehen kann, während es ruhig steht, wenn
es wirklich blind ist. Diese Methode ist absolut zuverlässig.
Keratitis punctata ulcerosa Intermlttens.
Bei einer Remonte waren öfters trübe Augen bemerkt
worden. Bei der Untersuchung im April 1898 fand R. leichte
wolkige Trübung der Hornhaut und etwas Thränenfluss, Es
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22. März 1900
wurde eine Salbe verordnet, bestehend aus Hydrargyrum oxydatum
flavum 1: 10 Vaseline, und dieselbe durch Massage der Augen¬
lider vertheilt, worauf das Uebel schwand. Ende Mai zeigte
sich an beiden Augen Thränenfluss und wiederum wolkige Horn¬
hauttrübung, in der sich einzelne Punkte abhoben, welche über
die Oberfläche hervorragten, und deren Zahl sich vermehrte.
Nach einigen Tagen traten an Stelle dieser Knötchen kleine
Vertiefungen, während die wolkigen Trübungen und alle Ent-
zündungserscheinungen schwanden. Das Verhalten des Pferdes
zeigte, dass das Sehen beeinträchtigt war. Bei der Unter¬
suchung des inneren Auges konnte nichts Abnormes gefunden
werden. Nach 8 Tagen war die Erkrankung verschwunden.
In dieser Weise erkrankte das Pferd alle 3 bis 5 Wochen,
bald heftiger, bald leichter. Es wurde ausrangirt. Eine Unter¬
suchung mit dem Augenspiegel ergab übrigens schliesslich eine
Röthung der Papilla n. optici, die mit dem Verschwinden des Pro-
cesses ebenfalls verschwand. Eigenthümlich ist das schnelle
Auftreten der Knötchen und die schnelle und vollständige
Regeneration ohne Zurückbleiben von Veränderungen.
Conjunotivitls ulcerosa.
Ein Pferd erkrankte während des Marsches und konnte erst
am dritten Tage thierärztlich behandelt werden. Das Auge wurde
geschlossen gehalten. An den Augenlidrändern zeigten sich
hanfkorngrosse rothe bezw. gelbrothe Gebilde mit centralem Zer¬
fall. Aus dem inneren Augenwinkel entleerte sich mit Eiter¬
flocken gemischte Thränenflüssigkeit. Auf dem Wege des
Thränenabflusses fanden sich zahlreiche flache Geschwüre. Es
lag also eine schwere Conjunctivitis vor. Es wurde dreimal
dagegen l%ige Höllensteinlösuug eingeträufelt, worauf die Er¬
krankung vollständig zurückging. Auf der Thränenstrasse
wuchsen neue Haare; doch wo die Geschwüre gesessen hatten,
bildete sich kein Pigment mehr, und die Stellen sahen rosa aus.
Nach der Rückkehr vom Kavallerieexercieren fand sich daselbst
eine junge Remonte, die dasselbe Leiden hatte.
Znngengeschwfir der Binder.
(Glossitis traumatica. — Tron de la langne.)
Von J. Nessl.
(Thlerlrztl. Centralblatt 189», H. 25.)
Diese eigentümliche Krankheit des Rindes, welche in
Deutschland wenig bekannt ist, wird von J. Guittard,
Pathologie Bovine 1895, ausführlich beschrieben. Derselbe
fasst die Affection als eine Glossitis auf, welche durch reizende
Stoffe in der Nahrung, durch ätzende Flüssigkeiten u. s. w.
verursacht werden kann. Durch einen lang anhaltenden Reiz
bildet sich in der Regel an der Basis des freien Zungentheils
eine mehr oder weniger tiefe wunde Stelle aus, welche im
Volksmunde in Frankreich trou de la langne (Zungenloch)
genannt wird.
Der Krankheitszustand soll auf mechanische Weise dadurch
entstehen, dass scharfe und spitzige Theile von Futterstoffen
(Grannen u. s. w.) beim Fressen gegen den Zungenwulst,
welcher die Grenze zwischen dem freien und dem angehefteten
Theil der Zunge darstellt, gedrückt und in der Schleimhaut
dieser Partie verankert werden. Die aus den Bewegungen des
freien Zungentheiles resultirende Kraft soll genau auf die
Stelle einwirken, wo der fixe Zungentheil in den beweglichen
übergeht, und durch die Concentrirung aller Zungenbewegungen
auf einer genau umgrenzten Stelle soll eine Art von Wirbel¬
bewegung hervor gebracht werden, die alle Nahrungsmittel anzieht
und unaufhörlich bestrebt ist, sie in das Zungenparenchym
137
einzutreiben. Der Mechanismus hat Aehnlichke.it mit der
combinirten Bewegung des Augapfels und der Augenlider, welche
einen in den Conjunctivalsack geratlienen kleinen Fremdkörper
nach dem innem Augenwinkel hintreibt.
Diese Ansicht von der Entstehung der Krankheit wird nicht
allseitig getheilt. Markus-Agram in Croatien, wo die
Affection unter dem vulgären Namen „rnoljac“ bekannt ist, hält
sie für Actinomycose. Wenn man auch diese Annahme ohne
nähere Begründung nicht gelten lassen kann, so dürfte doch
nicht ausgeschlossen sein, dass eine spezifische Ursache dem
Leiden zu Grunde liegt und die beschriebenen mechanischen
Momente eine nebensächliche Rolle spielen. Denn die Krankheit
tritt mit euzootischem Character auf. Im Agramer Comitate
gewann dieselbe eine solche Ausbreitung, dass das benachbarte
Bosnien sowie die Statthaltereien in Triest und Graz die Grenz¬
sperre gegen das genannte Comitat anordneten.
Bei der Ausbreitung der Krankheit bekunden die Rinder
zunächst zögernde Futteraufnahme, Schlingbeschwerden besonders
beim Trinken, ferner Speicheln. Am Grunde des freien Zungen¬
theils entsteht Röthung, Schwellung, später ein Geschwür,
welches mehrere Centimeter im Durchmesser haben und in die
Tiefe reichen, selbst die Zunge perforiren kann.
Die oberflächliche Entzündung der Zunge heilt in 12—14
Tagen ab, ist dagegen ein „Zungenloch“ entstanden, so tritt
die Vernarbung erst ein, sobald die Grünfütterung beginnt.
Zur Behandlung empfiehlt der Verf. nach jedem Futter und
nach Beendigung des Wiederkauens alle in das Loch ein¬
gedrungenen Futtermittelreste zu entfernen und die Wunde mit
Reizmitteln (Spirit, camphorat., Arnicatinctur, Aloetinctur,
Carbolsäurelösung in Alcohol etc.) event. mit Aetzmitteln (Zinc.
chlorat., Sublimatlösung) zu behandeln.
Es liegt auf der Hand, dass die Krankheit leicht die Maul¬
und Klauenseuche Vortäuschen kann, und es ist anzunehmen, dass
die obenerwähnten Massnahmen der bosnischen Landesregierung
u. 8. w. gegen das Agramer Comitat auf Grund einer Ver¬
wechselung beider Krankheiten zur Anordnung gelangten.
Ueber Aetiologie and Pathogenese der Kedani-
Krankheit.
Von Dr. Kelsuke-Tanake.
(Central bUtt f. Bacterfol. u. Parasitenk. XXVI. Bd. No. 14/15.)
In Japan kommt unter den Menschen eine durch eine Haar¬
milbe (Kedani) verursachte Krankheit vor. Diese Krankheit
zeigt sich in folgendem klinischen Bilde: Schorfbildung auf
der äusseren Haut, schmerzhafte Schwellung der regionären
Lymphdrüsen, nicht schmerzhafte Anschwellung fast aller ober¬
flächlichen Lymphdrüsen, typischer Temperaturverlauf, Urticaria
ähnliches Hautexanthem. Etwa am 10.—13. Tage tritt Exitus
letalis ein. Die Mortalität schwankt nach den Angaben zwischen
40 und 70 pCt. — Namentlich im August tritt, nach Ueber-
schwemmung an den Ufern einiger Flüsse, eine sehr gefürchtete
Milbe auf, welche sich mit ihrem Kopfende senkrecht in die
EpidermiB einbohrt. Bei leichter Berührung der betreffenden
Stelle mit der Kleidung zeigt sich ein stechender Schmerz.
Wenn die Milbe sorgfältig abgelesen wird, so erkranken die
Befallenen nicht heftig, geschieht die Entfernung aber in grober
Weise, mit Zerreissung des Milbenkörpers, und bleibt der Kopf-
theil in der Haut sitzen, so entsteht ein kleines Knötchen mit
einem rothen Hof, aus dem sich nach einiger Zeit ein Bläschen
bildet.
Die Meinung, dass eine Immunität nach einmaligem Ueber-
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138
stehen zurückbleibt, fand Verf. nicht bestätigt. Es gelang Verf.
aus der Lunge der an der Kedani-Krankheit gestorbenen Personen
einen Bacillus und zwar eine Proteus-Art zu isoliren. Dieser
Proteus, welcher in der Natur sehr verbreitet ist, wird von der
Umgebung in die durch die Zersetzung des Milbenleibes ent¬
zündete Bissstelle gelangt sein.
Ueber Blepharitis aearica. Eine Erkrankung
der Wimpern und Lidränder infolge von Milben in den
Cilienbälgen.
Von E. R ä h 1 m a n n.
(Clin. MonatibL f. Augenhellk. I89i>, Contrbl. t Bact. u. Paraaitk. XXVI, No. I.)
Von Stieda ist in den Haarbälgen der Cilien Demodex
beobachtet. Verf. hat nun diese als unschädlich bisher an¬
gesprochenen Parasiten als Urheber von Erkrankungen der
Cilien, der Lidränder und der Conjunctiva kennen gelernt. Die
Zahl der an einer ausgezogenen Cilie haftenden Milben ist eine
grosse, fünf bis sechs Exemplare. Die Milben liegen in den Haar¬
bälgen mit dem Kopf nach dem Grunde zu. Durch ihren
schädigenden Einfluss wird zuerst die Cuticula des Haares ge¬
troffen, dieselbe wird aufgelockert und spröde, es kommt zu
knolligen Anschwellungen und Verkrümmungen des Haares.
Besonders wird aber die Haarwur/.el von dem Parasiten verletzt;
ferner drängt er nicht nur das Haar von der Wurzelscheide ab,
sondern er verzehrt auch gewisse Schichten desselben als
Nahrung. Man findet in den Cilienbälgen, neben ausgewachsenen
Exemplaren beider Geschlechter, Larven, Embryonen und Eier.
Clinisch beobachtet man starke Hyperaemie der intermarginalen
Lidrandzone und der äusseren Haut am Uebergangstheil von
Haut und Lidrand, in der Gegend der vorderen Lidkante.
Zuweilen gelangen die Parasiten in den Coqjuuctir&lsack and
rufen hier Reizungserscheinungen hervor.
Die Grenzen der normalen Temperatur.
Von Marx.
(Zeltschr. t. Diätei. u. physlc. Therap.)
Die in fast alle Lehrbücher übergegangenen Temperatur¬
grenzen (Achselhöhlenmessung) Wunderlich’s, der als sub¬
normal 36,0—36,5°, normal 36,6—37,4°, subfebril 37,5—38,0°
angegeben hat, sind nach Messungen an über 200 Männern
nicht zutreffend; Verf. fand nämlich, dass sich die Temperatur
der Gesunden normaler Weise unter 37,0° bewegt und zwar
zwischen 36,0 und 37,0°.
Gelegentliche Temperaturschwankungen bis 37,2° wurden
auch bei Gesunden beobachtet, aber nur bei besonderen Ur¬
sachen (z. B. Verdauung). Temperaturen über 37,2° C. sind
stets mit körperlichem Unbehagen verbunden und schon dadurch
als völlig ausser dem Normalen liegend deutlich kenntlich
gemacht.
Temperaturen etwas unter 36,0° kommen auch vor, ohne
dass es sich um Collaps handelt.
Es giebt zahlreiche Phthisiker mit noch im Gange befind¬
lichen rein tuberculösen Processen, deren Temperaturen sich in
diesen normalen Grenzen bewegen.
Sur la räpartition des substances baetäricides dans les
Organes et sur la filiation des differentes espfeces des
leucocytes.
Von G. Wauters.
{Archiv, d. m6d. exp6r. et. d’anat path. T. X. p. 75t, ref. Centr. f. B. u. P. Bd. XXVI. fl.)
W. trennte zu seinen Versuchen die Leucocyten von dem
flüssigen Exsudat, zerrieb sie mit Glasscherben und setzte Serum
von 60° C. hinzu. Nach einer Stunde wurde in diesem Gemisch
No. 12.
durch Centrifuge der flüssige Theil entfernt und durch die
gleiche Menge destillirten Wassers ersetzt und ebenfalls
centrifugirt. Zu beiden Leucocytenextracten wurden Staphylo-
coccen zugesetzt, dabei zeigte sich, dass in dem serösen Auszug
eine Hemmung des Bacterienwachsthums statthatte. W. unter¬
suchte die Art der Vertheilung dieser bactericiden Stoffe im
Körper und wählte zu seinen Untersuchungen: Knochenmark,
Lymphdrüsen, Solitärfollikel und Milz. Hierbei konnte W. fest¬
stellen, dass dem Extract aus dem rothen Knochenmark eine
20 Mal intensivere bactericide Wirkung innewohnt als dem¬
jenigen aus Lymphdrüsen. In den Solitärfollikeln ist die bactericide
Kraft kaum merkbar und schätzt W. dieselbe gleich Null. Die
Milz nimmt eine Mittelstellung zwischen Knochenmark und Lymph¬
drüsen ein, während der concentrirte Auszug deutlich bactericid
war, wurde im verdünnten Extract diese Eigenschaft vermisst.
Verf. hat dann seine Untersuchungen ausgedehnt auf das bactericide
Vermögen verschiedener nicht lymphoider Gewebe, so von Leber,
Nieren, Gehirn, quergestreifter Musculatur, Thymus, Pankreas,
Nebenniere, Hoden, Lunge und Bindegewebe des Kaninchens.
Hierbei fanden sich die Extracte von Gehirn, quergestreifter
Musculatur und Thymusdrüse bactericid unwirksam. Bei Leber,
Nieren, Pankreas, Nebennieren und Hoden war die bactericide
Kraft gering, bei Bindegewebe und Lunge dagegen sehr be¬
deutend. Die höchste bactericide Kraft wohnt also dem rothen
Knochenmark inne. Bezüglich der Natur der bactericiden
Substanz giebt Verf. au, wie schon durch die Untersuchungen
Nutalls und Büchners bekannt ist, dass es sich um einen
Eiweisskörper handelt, welcher in Alkohol unlöslich ist, durch
Wärme (60°) leicht zerstört wird und zur Entfaltung seiner
Wirksamkeit die Anwesenheit von Salz erfordert.
Verf. glaubt, dass die bactericide Fähigkeit den pseudo¬
eosinophilen Zellen, welche im rothen Knochenmark besonders
zahlreich Vorkommen, innewohnt. Diese Elemente bilden bei
einem Exsudate fast die Gesammtheit der Leucocyten. Diese
Elemente lassen sich durch Centrifugiren rein erhalten und dann
aus diesen eine hochbactericidwirkende Substanz hersteilen.
Dass nicht die rothen Blut- und Fettzellen im Knochenmark
eine bactericide Fähigkeit haben, ist durch besondere Versuche
dargethan. J.
Kleine Mittheilungen.
Ein Zwischenfall bei Kryptorchidenoperation.
Nach einer Kryptorchidenoperation, bei welcher sehr lange
nach dem Hoden hatte gesucht werden müssen, entstand 6 Tage
nach der Operation, da das betreffende Pferd trotz aller Vor-
sichtsmassregeln nicht zu verhindern war, sich blitzschnell zu
Boden zu werfen, ein Dannvorfall zwischen Hautwunde und
Perforationsstelle des Bauchfells. Bei der Untersuchung fand
sich an der Oberfläche der geschwollenen Darmwand bereits
fibrinöse Auflagerung. Der Vorfall war wahrscheinlich bereits
in der Nacht eingetreten. Das Pferd wurde geworfen, Darm
und Operationswunde eine Viertelstunde lang mit warmem
Sublimatwasser desinficirt und der Vorfall ziemlich mühsam
zurückgebracht, dann die ganze Wundhöhle mit Jodotormgaze
tamponirt, nachdem der Wundkanal in der Tiefe durch Etagen¬
nähte geschlossen war, und die Haut über dem Ganzen vernäht.
Das Pferd kam wider Erwarten durch, obwohl sich in den
nächsten Tagen hohes Fieber einstellte, welches durch tägliche
Camphorinjectionen (10 g Camphorspiritus) erfolgreich bekämpft
wurde. Vier Wochen nachher konnte es als dauernd geheilt
entlassen werden. Dieser Zwischenfall beweist, dass das Bauch-
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
139
22. März 1900.
feil des Pferdes, Asepsis and Antisepsis vorausgesetzt, durchaus
nicht so empfindlich ist, und dass ein Darmvorfall nicht un¬
bedingt unheilbar ist. Erwähnenswerth ist noch ausserdem,
dass bei der eigentlichen Operation das Suchen nach dem Hoden
erst dadurch zum Erfolg führte, dass der eine Operateur die
Hand in die Bauchhöhle, der andere in den Mastdarm einführte,
so beide mit einander Fühlung gewannen und nunmehr die ganze
Bauchhöhle nochmals abtasteten. Der Hode hatte sich hier sehr
weit in die Beckenhöhle zurückgeschoben. Diese combinirte
Aufsuchungsmethode verdient in den Fällen, wo der Hode schwer
zu finden ist, gewiss alle Beachtung.
Zur Tenotomie.
Fröhner macht in den Mtsh. f. Th. folgende Mittheilung:
Ein schweres Pferd war wegen Stelzfuss mit Durchschneidung
der Hufbeinbeugesehne behandelt worden. Nachdem es drei
Jahre lang gut gegangen war, hatte sich wieder Stelzfuss aus¬
gebildet. An der Operationsstelle waren durch derben Gallus
Fesselbein-, Hufbein- und Kronbeinbeuger mit einander ver¬
wachsen. Da somit eine isolirte Durchschneidung des Hufbein¬
beugers nicht thunlich war, so versuchte F. eine partielle Durch¬
schneidung desselben, indem 5 cm unterhalb der alten Operations¬
stelle die Sehne subcutan etwa 2 cm tief eingeschnitten wurde.
Das Pferd trat zunächst nicht durch. Dann wurden die Trachten
niedergeschnitten, ein Schnabeleisen ohne Stollen aufgesetzt und
das Pferd bewegt, wodurch es zu starkem Durchtreten im Fessel
gezwungen wurde. Nun dehnte sich die angeschnittene Sehne.
Das Pferd trat von Tag zu Tag besser durch und 8 Tage nach
der Operation war die Stellung völlig corrigirt. Unter diesen
Umständen genügt also statt der Durchschneidung die Ein¬
schneidung der verkürzten Sehne.
Eine seltene Veränderung der Huffarbe bei einem Pferd.
Ein zehnjähriger dunkelbrauner Wallach hatte schwarz-
behaarte Vorderbeine vom Knie abwärts und Hufe von schwarzer
Farbe. An den Hinterbeinen war der Wallach weiss gefesselt,
ebenso waren die Hufe weiss gefärbt.
An den schwarzen Vorderhufen trat nun seit Ende Mai
dieses Jahres Entfärbung ein. Diese Hufe haben jetzt bis auf
einige schmale Streifen alles Pigment verloren und erscheinen
nunmehr völlig weiss. Die Consistenz und sonstige Beschaffen¬
heit des Hufhornes hat sich nicht verändert.
Der Wallach hat stets eine gute Gesundheit bekundet.
(Vet. Record 1899 No. 583.)
Tagesgeschichte.
Stenogramm der Verhandlungen des Reichstages
betr. Militärrossärzte vom 23, Februar.
Graf von Roon, Abgeordneter, Berichterstatter: Meine
Herren, ich habe auch hier zu constatiren, dass die Verbesserung
der Stellung der Rossärzte, die auch im vorigen Jahre schon im
Plenum erörtert ist, wiederholt zur Sprache gebracht worden ist,
dass aber nach den Auskünften, die seitens der Militärver¬
waltung und des Reichsschatzamtes gegeben wurden, angenommen
worden ist, dass sie nur erfolgen könne mit einer Auf¬
besserung der Gehälter auch für andere Beamten. Deswegen
sei im Augenblick darin nichts zu machen, diesem Titel
sowie er vorliegt, die Zustimmung zu geben. Ich beantrage das
gleichfalls.
Bassermann, Abgeordneter: Meine Herren, die Stellung
der Rossärzte in der Armee hat auch in diesem Jahre, wie der
Herr Referent hervorgehoben hat, zu eingehender Erörterung in
der Budgetcommission geführt. Ich verweise zunächst darauf,
dass bereits im vergangenen Jahr hier eine Resolution einge¬
bracht war, durch welche die verbündeten Regierungen auf¬
gefordert wurden, eine materielle Besserstellung der Rossärzte
herbeizuführen. Diese Resolution, im vorigen Jahre abgelehnt,
wurde von verschiedenen Seiten in der Budgetcommission auf¬
gegriffen, ohne dass jedoch die Antragsteller Glück hatten. Es
ist mit einer Stimme Mehrheit die Resolution, die eine Besser¬
stellung der Rossärzte verlangte, abgelehnt worden. Es hat nun
im Plenum der Herr Abgeordnete Hoffmann die Angelegenheit
wieder aufgenommen, und nicht nur die Gehaltsfrage, sondern
auch die ganze Frage der Vorbildung der Rossärzte zum Gegen¬
stand eines Antrags gemacht. Ich würde den Herrn Präsidenten
bitten, bei der Abstimmung über diese Resolution eine Theilung
vorzunehmen und über denjenigen Theil der Resolution, der die
Gehaltsfrage behandelt, getrennt abstimmen zu lassen.
Meine Herren, ich bin auch der Ansicht, dass, was die Ge¬
hälter der Rossärzte anlangt, die derzeitigen Bezüge derselben
vollständig ungenügend sind. Es ist nun in der Budgetcom¬
mission hervorgehoben worden, man möge nicht, nachdem die
Gehaltsfrage im Allgemeinen ihre Erledigung gefunden habe,
durch eine. Besserstellung der verschiedenen Beamtenkategorien,
nunmehr wieder vereinzelte Kategorien herausgreifen und auf
weitere Gebaltserhöhungen drängen. Dieser Grundsatz ist ja
im Allgemeinen richtig und auch von den verschiedenen Frac-
tionen in der Budgetcommission anerkannt worden. Allein hier
liegt doch ein besonderer Fall vor: hier ist doch anerkannt,
auch von Seiten der Kriegsverwaltung in der Budgetcommission,
dass die Voraussetzungen, unter denen die Gehaltsregulirung
der Rossärzte erfolgt ist, nicht mehr dieselben sind, als zu der
Zeit, als diese Gehaltsnormen aufgestellt wurden, dass seit jener
Zeit eine Verschlechterung der ganzen Verhältnisse der Ross¬
ärzte eingetreten ist. Man hat bei Normirung der Gehaltssätze,
die für die Rossärzte dahin gehen, dass sie in dem preussischen
Contingent sich in den Gehaltsstufen von 1200, 1300 und im
Maximum von 1400 Mark bewegen, Rücksicht auf den Umstand
genommen, dass wohl die meisten Rossärzte eine ergiebige
Privatpraxis auszuüben in der Lage wären. Die Kriegsverwal¬
tung hat nun selbst in den Erörterungen in der Budgetcommis¬
sion zugegeben, dass dies jedenfalls lange nicht mehr in dem
Maasse wie früher der Fall ist.
Es liegt mir hier eine Denkschrift der Rossärzte vor, in
der eine Begründung gegeben ist für die Nothwendigkeit einer
Aufbesserung. In dieser Denkschrift wird einmal hingewiesen
auf die bayerischen Verhältnisse, und betont, dass, während in
Preussen, wie bereits erwähnt, das Maximalgehalt nur 1400 Mk.
beträgt, in Bayern 6 Gehaltsstufen vorhanden sind, und der
bayerische Rossarzt oder Veterinär von einem Anfangsgehalt
von 1500 Mark in der Lage ist aufzusteigen bis 2400 Mark,
also ein Mehr von 1000 Mark im Maximum gegenüber dem
preussischen Maximum. Meine Herren, ich halte eine Gehalts¬
bestimmung, welche einem academisch vorgebildeten Mann im
Maximum 1400 Mark gewährt, für gänzlich ungenügend. Es
kommt aber dazu, dass, wie bereits erwähnt, die Privatpraxis
abgenommen hat, dass die Civilrossärzte im Reiche überall zu¬
genommen haben, und dass ergiebige Einnahmequellen, wie sie
namentlich auch in der Vornahme der Fleischbeschau für die
Militärrossärzte zum Theil wenigstens vorhanden waren, ver¬
siegt sind, wenigstens an vielen Orten, dadurch, dass die Com-
munen immer mehr zur Errichtung von Schlachthäusern über¬
gegangen sind und die Fleischbeschau durch vonSeiten der Com-
munen angestellte besondere Thierärzte vornehmen lassen. Es wird
von Seiten der Rossärzte weiter darauf hingewiesen, dass die Ver¬
hältnisse im Reiche durchaus verschieden liegen nach den einzelnen
Theilen des Reiches, und dass insbesondere die Elbe hier die Grenze
bildet: östlich der Elbe ein viel stärkerer Pferdebestand und
dadurch eine grössere Möglichkeit, Privatpraxis zu treiben und
zu Privateinnahmen zu gelangen. Es sind nach der hier ge¬
machten Aufstellung im Jahre 1897 im Regierungsbezirk Königs¬
berg auf einen Thierarzt 3397 Pferde entfallen, im Regierungs¬
bezirk Cassel dagegen nur 777 Pferde, also eine sehr erhebliche
Differenz für einzelne Landestheile. Es ist dann weiter darauf
hinzuweisen, dass eine Privatpraxis der Militärrossärzte immer
darunter nothleiden wird, dass der Mann eben durch die Ma¬
növer zu einer längeren Abwesenheit gezwungen ist, und dass
in Folge dessen sehr viele Pferdebesitzer sich an solche Thier¬
ärzte zu ihrer ständigen Bedienung wenden werden, die sie das
ganze Jahr hindurch heranzuziehen in der Lage sind.
Also, meine Herren, was den ersten Theil des heute ge¬
stellten Antrags anlangt, so sind meine politischen Freunde aus
den von mir angegebenen Gründen der Ansicht, dass allerdings
diesem Anträge zuzustimmen ist, und dass wir eine Besser¬
stellung der Rossärzte anstreben müssen und wir auch eine dies¬
bezügliche Anr egun g der Regierung gegenüber befürworten wollen.
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140 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 12.
Der Antrag behandelt dann zum Zweiten die Vorbildung
der Rossärzte. Meine Herren, da liegen ja in der That auch
Klagen des thierärztlichen Personals vor, und zwar einmal in
der Richtung, dass auf der einen Seite, für den Rossarzt das
Reifezeugniss für die Prima verlangt wird, dass er aber auf
der anderen Seite, trotzdem er demnach schliesslich eine bessere
Vorbildung haben muss, als sie für das Einjährigenzeugniss
verlangt wird, dennoch zu zwei- und dreijährigem Dienst mit
der Waffe herangezogen wird, und dass eine derartig lange
Dienstzeit in gar keiner Weise für ihn nothwendig ist, auch
nicht förderlich ist, dass die wissenschaftliche Ausbildung des
betreffenden Mannes unter einer derartig langen Dienstzeit unter
der Fahne entschieden Notli leidet. Die Denkschrift der Ross¬
ärzte empfiehlt, man möge an Stelle des veralteten preussischen
Systems das bayerische System einfuhren, die nöthigen Ross¬
ärzte jährlich aus den Civilstudirenden der Thierheilkunde als
Einjährige in der Armee herausnehmen und dann nach einem
halben Jahre zu Unterrossärzten befördern; es werde sich
so das rossärztliche Personal dann in einer Weise ergänzen,
wie das sich in Bayern durchaus die Jahre hindurch bewährt
hat, und es werde ausserdem eine derartige Ersparnis durch
den freiwerdenden Etat der Militärrossarztschule eintreten, dass
daraus allein die Gehaltserhöhung bestritten werden könnte.
Im Uebrigen hat sich das hohe Haus ja schon beim Etat des
Reichsamtes des Innern mit der ganzen Frage der Vorbildung
der Rossärzte beschäftigt. Es ist dabei darauf hingewiesen
worden, dass vom deutschen Veterinärrath und von den Ross- ;
ärzten selbst eine andere Vorbildung verlangt wird, und dass ]
man insbesondere das Reifezeugnis zur Universität, also die
Absolvirung der Oberprima, als Vorbedingung des thierärztlichen
Studiums verlangt. Ich glaube, dass dieses Begehren auch
durchaus gerechtfertigt ist. Es ist schon im Jahre 1878 von
den Professoren der Thierarzneischulen die Ablegung des Abi¬
turientenexamens dringend empfohlen worden, und man hat da¬
mals von dieser Regulirung nur deshalb Abstand genommen,
weil man den Uebergang für zu schroff erachtete. Man war
der Ansicht, dass, wenn man reformiren wolle, man nicht zu
rasch Vorgehen dürfe, sondern sich zunächst mit dem Reife¬
zeugnis für Prima begnügen könne. Nun sind seit der Zeit
20 Jahre verflossen, neue Aufgaben sind hervorgetreten, die auf
dem Gebiete, der Veterinärpolizei, der Nahrungsmittelgesetz¬
gebung, und namentlich auch der Bacteriologie liegen, und die
darauf hinweisen, dass es allerdings wünschenswerth ist, dass
das thierärztliche Personal eine bessere Vorbildung geniesse,
als es bisher der Fall war, also dieselbe Vorbildung, die für
die Mediciner im Allgemeinen verlangt wird. Nun bin ich der
Ansicht, dass eine derartige Gesetzgebung im Reich kommen
wird. Sie hat früher bereits in Deutschland bestanden, und
zwar in Hessen, besteht in anderen Staaten, Schweden, Belgien,
Frankreich, Oesterreich-Ungarn mit gutem Erfolge. Ich sollte
aber meinen, dass es richtiger wäre, dass allerdings zunächst
bei der Civilverwaltung vorzugehen sein wird. Es w'ird dann
ohne Weiteres die Militärverwaltung in die Nothwendigkeit
versetzt werden, auch ihrerseits die Vorschriften zu ändern.
Ich möchte meinerseits dem hohen Hause dringend empfehlen,
den ersten Theil der Resolution Hoffmann anzunehmen, durch
welche die materielle Besserstellung der Rossärzte erstrebt wird.
Graf von Roon, Abgeordneter, Berichterstatter: Meine
Herren, ich habe in dieser Beziehung noch etwas nachzuholen
zu meinem Referat. Es hat der Herr Generalleutnant von der
Bo eck als der Veitreter des Herrn Kriegsministers das
Wünschenswerte der Erhöhung der Gehälter der Rossärzte
mit aller Entschiedenheit anerkannt. Er hat Folgendes erklärt:
die Rossärzte sind allerdings nicht so besoldet wie andere,
ihnen gleichzuerachtende Beamtenklassen, z. B. auch die
bayerischen Veterinäre, deren Bildungsgang aber verschieden
ist; die Militärverwaltung wird sich aber angelegen sein lassen,
die Gehaltsverhältnisse der Rossärzte wohlwollend zu prüfen.
Aus diesem Grunde hat die Commission Abstand genommen,
eine Resolution in dieser Beziehung zu votiren. Nachdem diese
Resolution von dem Herrn Abgeordneten Hoffmann hier ein¬
gebracht, und nachdem in der Commission in Betreff des
Wünschenswerthen der Aufbesserung der Gehälter Einstimmig¬
keit sozusagen herrschte, glaube ich Namens der Commission
empfehlen zu dürfen, dass |wir den ersten Theil der Resolution
annehmen. Es wird in der Sache nicht viel ändern; denn die
wohlwollendste Berücksichtigung so bald als möglich hat die
Militärverwaltung schon zugesagt. Ich möchte nur Vorschlägen,
den ersten Theil der Resolution, über den der Herr Abgeordnete
Bass ermann besondere Abstimmung beantragt etwas allgemeiner
zu fassen, als hier steht. Hier heisst es nämlich:
dass die Gehälter der Corpsrossärzte, Oberrossärzte,
Rossärzte und Unterrossärzte der ausserbayerischen
Contingente des Reichsheeres denen der entsprechenden
Klassen von Veterinärärzten der bayerischen Armee
gleich gestellt werden.
Das würde der Militärverwaltung meiner Meinung nach die
Hände allzu sehr binden. Also ich möchte bitten, dass dieser
erste Theil der Resolution so gefasst wird:
dass die Gehälter u. s. w. des Reichsheeres baldmög¬
lichst aufgebessert werden.
Ich kann wohl im Namen der Commission aussprechen, dass
dieser Wunsch von allen Seiten getheilt wurde. Deswegen
würde sich das ganze Haus zweckmässig auf diese Resolution
vereinigen können.
Was den zweiten Theil der Resolution betrifft, so hat ja
der Herr Abgeordnete Bassermann dessen Zwecke schon aus-
lührlich dargelegt. Ich muss aber im Namen der Commission
mittheilen, dass diesem Antrag seitens der Commission nicht
beigetreten war, und dass auch der Herr Vertreter der Militär¬
verwaltung diesem Antrag widersprochen hat. Ich kann Ihnen
nur empfehlen, dem zweiten Theil der Resolution nicht beizu¬
stimmen.
Hoffmann (Hall), Abgeordneter: Meine Herren, die Ein¬
leitung habe ich bereits gestern gegeben. Für das Entgegen¬
kommen, welches diese Resolution bezüglich der Gehaltsauf¬
besserung gefunden hat, habe ich schon in der Budgetcommission
Veranlassung genommen der Heeresverwaltung den Dank aus-
zusprechen, und ich wiederhole denselben hier. Da ja von dem
Herrn Abgeordneten Bassermann dieser Theil auch hier eine
eingehende Begründung erfahren hat, werde ich zu dieser An¬
gelegenheit, da ich glaube, dass das ganze Haus beistimmen
wird, nichts Weiteres sprechen.
Ich gehe auf den zweiten Theil der Resolution ein, welche
einzureichen ich mir erlaubt habe: die Maturitätsprüfung, welche
in innigster Verbindung mit dem zweiten Theil der Petition der
Militärthierärzte, welche ich eingereicht habe, betreffend die Rang¬
erhöhung im Zusammenhänge ist. Ich bin der Ueberzeugung,
dass die Rangerhöhung so lange nicht erfolgen wird, bis die
Maturitätsprüfung für das Studium, das die Rossärzte durch¬
machen müssen, eingeführt ist. Ich habe das auch in der
Budgetcommission ausgesprochen, und wenn ich richtig ver¬
standen habe, so ist mir dort seitens des Herrn militärischen
Vertreters ein gewisses Beifallszeichen geworden. Eine Rang¬
erhöhung der Militärthierärzte liegt aber nicht nur im eigenen
Interesse dieser Beamtenklasse, sondern sie liegt ganz besonders
im Interesse des Aerars und des militärischen Dienstes — ich
kann das beweisen —, und sie liegt im Interesse der Wissen¬
schaft überhaupt. Die Rangerhöhung wird aber bloss dann als
gerechtfertigt anzusehen sein, wenn man auch die Vorbildung
und das Studium derart erhöht, dass sie den Menschenärzten
durchweg gleichstehen. Die Erfüllung der Maturitas muss
kommen. Man kann aber nicht einseitig Vorgehen und nur das
Veterinärwesen des Civilstandes entsprechend aufbessern, der
Militärverwaltung aber in diesem Punkte freie Hand lassen in
der Hoffnung, dass sie schon von selbst nachkommen wird.
Eine Trennung in der Vorbildungs- und Bildungsfrage dieser
beiden Zweige ist jedenfalls nicht durchführbar, oder sie wäre
mit schweren Nachtheilen verknüpft. Man darf nur auf frühere
Verhältnisse hinweisen, wo solche Trennung zwischen höheren
und niederen Thierärzten bestanden, und auf die grossen Nach¬
theile in den Ländern, wo jetzt noch solche Trennung besteht.
Einen derartigen Rückschritt werden wir hier in Deutschland
nicht noch einmal machen wollen.
Aus diesem Grunde glaube ich berechtigt zu sein, den
zweiten Theil der Resolution, die Maturitätsprüfung betreffend,
aufrecht halten zu sollen. Ich möchte den sehr verehrten
Herren doch zu bedenken geben, dass, wenn Sie jetzt lediglich
die Gehaltsaufbesserung befürworten und das Andere zurück-
weisen, dann die Heeresverwaltung der Meinung sein könnte,
Sie seien von ihr für eine niedere Ausbildung für die Militär¬
thierärzte zu haben, während Sie in ganz kurzer Zeit, und so¬
viel ich die Sache übersehen kann, bei den Civilthierärzten
werden verlangen müssen, dass diese das Mäturitätszeugniss
haben müssen; denn aufhalten lässt sich ja diese Sache, so wie
sie heutigen Tages einmal liegt, nach meiner Meinung nicht
mehr. Die Maturitas ist eine Forderung der Wissenschaft, und
die Thätigkeit, die von den Persönlichkeiten dieses Standes
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22. März 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
141
gefordert wird, ist eine im öffentlichen Leben hochbedeutsame
geworden. Die Sache der Thierheilkunde ist nicht mehr eine
kleine, unbedeutende, sondern sie ist aus sich herausgewachsen
und ist gross und bedeutsam geworden in unserem Staatsleben.
Meine Herren, ich will auf einige Einwürfe eingehen,
welche erhoben worden sind. Es ist in der Budgetcommission,
besonders von dem Vertreter der Heeresverwaltung, dem Herrn
General von der Boeck hervorgehoben worden, das Militär
habe ein besonderes Interesse daran, dieses Institut, die Militär¬
rossarztschule, so wie es heute besteht, zu erhalten, und zwar
aus dem Grunde, weil eine grosse Zahl von Familien und von
gewissen Kreisen hier die Wohlthat geniessen, dass sie ihre
Nachkommen in einem Staatsinstitut unterbringen, sie nachher
in eine entsprechende Stellung hiniiberleiten und unentgeltlich
studiren lassen können. Ich erkenne sehr wohl an, meine
Herren, dass es für Eltern, die in solchen Verhältnissen sind
und von diesen Wohlthaten, — die ich vorerst auch hier noch als
solche gelten lassen will, weil sie so gemeint sind, und ich
will gar nicht daran zweifeln, dass sie auch gut gemeint sind —,
Gebrauch machen, eine angenehme Sache ist. Aber mit solchen
Gründen kann man doch die Fordeningen der Wissenschaft und
die Ansprüche an die Leistungen der betreffenden Standesan¬
gehörigen nicht zurückhalten! Wenn die Wissenschaft vorwärts
schreitet, und die Thätigkeit eine andere wird, dann muss doch
anch den grösseren Interessen zuerst ihr Recht werden, und man
darf das Wichtigere nicht wegen des Kleineren aufhalten. Es
ist aber auch in diesen Sachen, was die Wohlthat selbst betrifft,
nicht alles Gold, was glänzt.
Ich will meinerseits sogleich anführen, dass mir diese
Bildungsanstalt für Militärthierärzte, die Rossarztschule, vor¬
kommt wie eine Mausefalle. Die jungen Leute wissen gar nicht,
um was es sich handelt. Die Eltern sind vielleicht sehr froh
und dankbar, ihre Söhne in diese Anstalt bringen zu können;
aber für den jungen Mann kommen trübe, schwere Zeiten. Der¬
selbe ist vorher auf dem Gymnasium gewesen und hat die
Reife für Prima: viele haben auch das Abiturium. Für die
Anstalt ist aber der Nachtheil vorhanden, dass Viele, die geistig
oder moralisch defect sind, nicht über die Prima hinaus¬
kommen und doch studiren wollen, in dieses Studium gebracht
werden. Meine Herren, es ist das ein Gebiet, das ich nament¬
lich dann, wenn wir an die Frage der Bildung der Civilthier-
ärzte kommen, besonders eingehend erörtern will. Angenommen
nun, der junge Mann tritt zum Militär ein und bei einer be¬
rittenen Waffe. Er hat zwar schon viel mehr Bildung, als noth-
wendig wäre, 'um ihn zum Einjährigfreiwilligendienst zu berech¬
tigen; er darf trotzdem nicht als Einjährigfreiwilliger dienen,
sondern muss als Gemeiner dienen, er lebt in der Kaserne. Aller¬
dings bekommt er dadurch gewisse materielle Vortheile, denn
das Regiment erhält ihn ja, aber er leistet auch dafür wie jeder
gemeine Soldat. Er wird dadurch aus seinen wissenschaftlichen
und gesellschaftlichen Beziehungen, die er bis jetzt gehabt hat,
vollständig losgerissen, und unter diesen Umständen muss er ein,
zwei Jahre und auch noch länger dienen. Dann kommt er
endlich auf die Lehrschmiede. Da ist er ein Jahr, lebt
mit den Schmieden zusammen und muss mit diesen zusammen
arbeiten und Hufbeschlag lernen. Er geniesst nur Schmied¬
unterricht, und in diesem Jahre soll er so weit gebracht werden,
dass er ein Hufeisen schmieden und das Schmiedehandwerk
selbst ausüben kann. Meine Herrn, was glauben Sie wohl, was
bei einem solchen systematischen Tödten des Gedankens von der
früheren Bildung noch sitzen geblieben ist? Sehr wenig! Und
nun kommt endlich der Betreffende, wenn er das Schmiede¬
examen gemacht hat, herüber in die Militärrossarztschule und
darf studiren. Das Militär bezeichnet aber heute noch diese
Leute, die jetzt „Stndirende“ geworden sind, nicht wie die
übrigen Frequentanten der Hochschule mit denen sie zusammen
sind, als „Studirende“, sondern sie heissen heute noch „Eleven“,
was schon seit mehr als dreissig Jahren unrecht ist. Sie sind
während der Studienzeit kasernirt und unter militärischer Auf¬
sicht. In derselben Stube, in welcher die Militärstudirenden der
Thierheilknnde sich befinden, sind nicht selten auch noch die
Schmiede die Stubenältesten. Es ist hier der soldatische Charakter
so vollkommen durchgeführt, dass ein totaler Gegensatz gegenüber
den Studenten des Civils besteht, und das tritt namentlich noch
um so betrübender hervor, wenn man einen Vergleich zieht
zwischen dem Institut, welches dicht neben der Rossarztschule
liegt, dem Friedrich-Wilhelms-Institut, woselbst die zukünftigen
Militärärzte ähnliche, nur viel grössere Vortheile geniessen, wie
hier die zukünftigen Thierärzte. Will man tliatsächjich den
Personen dieser Familien und Kreise Vortheile schaffen, so muss
man dieselben doch so einrichten, wie auch sie den Verhält¬
nissen entsprechen; das thun aber gerade die Verhältnisse, wie
sie heutzutage an der Rossarztsclmle bestehen, nicht. Ich habe,
meine Herren, eine Reihe von Petitionen hier zur Hand, welche
alle Nachtheile eingehend schildern; auch daraus hat der Herr
Abgeordnete Bassermann schon sehr viele Mittheilungen ge¬
geben, welche das, was ich in Bezug auf Gehalt der Rossärzte
sagen wollte, bereits zu Ihrer Kenntniss gebracht haben.
Ueber den thierärztlichen Dienst in der Armee will ich weder
aus meinen eigenen Erfahrungen etwas noch aus dem, was mir
gute Freunde aus früheren Zeiten und über die jetzigen Ver¬
hältnisse mitgetheilt haben, hier zur Sprache bringen, sondern
ich will nur das, was der „Veterinärrath“, ein authentisches
Organ, über diese Angelegenheit sagt, mit Erlaubnis des Herrn
Präsidenten — es ist nur ein kurzer Passus — verlesen:
Aus der niedrigen Bemessung der Rangesstufe lässt es sich
w’ohl nnr ableiten, dass selbst die Militärverwaltung diesem
Personal so wenig Vertrauen entgegenbringt, dass sie nach § 28
der Militär-Veterinärordnung vom Jahre 1897 den Dienst des
rossärztlichen Personals bei der Truppe nach Anordnung des
Militärbefehlshabers ausüben lässt. Diese Uebertragnng der
„Anordnung“ an die Militärbefehlshaber hat in preussischen
Regimentern die Gepflogenheit gezeitigt, dass der Rittmeister
als Laie die Art der Behandlung bei den kranken Pferden be¬
stimmt, und der Rossarzt lediglich dessen Anordnung ausführt.
Auf diese Weise dürften die durch jahrelanges wissenschaft¬
liches Studium erworbenen Kenntnisse der Rossärzte für den
Staat in Bezug auf den Aerar weder die richtige Nutzanwendung
finden, noch dürfte hiermit der Veterinärwissenschaft die für
den Staat in sanitärer Hinsicht so wichtige Bedeutung gewähr¬
leistet sein, noch Eifer und Pflichtbewusstsein der Rossärzte
angeregt werden.
Meine Herren, gerade in dieser Beziehung hat der Ver¬
treter des Kriegsministeriums, Herr Generalleutnant von der
Boeck, in der Budgetcommission, weil ich auch dort-
selbst diese Frage gestreift hatte, und es sich dann um die
Rangerhöhung handelte, gesagt, dass die Verantwortung stets
dem Militärbefehlshaber bleiben müsse.
Meine Herren, das ist ja ganz zweifellos, dass derjenige,
der zum Militär geht, ohne activer Soldat zu sein, anch wissen
muss, dass der Officier derjenige ist, der als Truppenführer eine
besondere Verantwortung in sich trägt. Darüber kann ja ein
Zweifel nicht sein. Aber wo es sich um interne Fragen, um
die einer Wissenschaft handelt, welche in der Armee nothwendig
ist, da muss man den Vertretern dieser Wissenschaft, den
„Gelehrten“, auch geben, was ihnen gehört. Die Heeres¬
verwaltung giebt das ja auch den Juristen, den Theologen —
wir haben ja soeben diese Capitel genehmigt, welche Summen
und Rangverhältnisse und welche Sorge kommt dort zur
Geltung? — auch bei den Aerzten, die dicht nebenan stehen,
ist dies der Fall. Freilich, für diese ist allerdings der Fort¬
schritt auch langsam gekommen, ganz nach und nach, und die
preussischen Militärärzte haben Jahrzehnte lang gekämpft, bis
sie endlich ihre heutige Stellung erreicht hatten. Ich hoffe, auch
die Militärthierärzte werden in Bälde dahin kommen, wo jetzt
die Menschenärzte schon sind; denn endlich muss man auch ihnen
geben, was ihnen gehört. Es ist durchaus nicht zu befürchten,
dass wegen der Uebertragung der Verantwortung auf den Sach¬
verständigen in den dienstlichen Verhältnissen oder in dem
Areal eine Schädigung eintreten wird — sondern im Gegentheil,
eine grosse Förderung in allen Theilen wird eintreten!
Ich brauche dabei garnicht ins Blinde hinein zu prophezeien,
denn es sind ja Thatsachen in genügender Menge vorhanden.
Man kann den Dienst ganz wohl so eintheilen, dass der
militärische Befehlshaber vollkommen ausgerüstet ist für alle die
Dinge, für welche er die Verantwortung trägt, und man kann
den Thierärzten ebensowohl ihren Theil geben und einfach in
„Revier und Spital“ abscheiden, und dem Regimentscommandenr
oder dem fachmännischen Vorgesetzten hat der Militärthierarzt
für seine Kunst und Wissenschaft verantwortlich zu sein, aber
nicht dem Rittmeister. Das Verhältniss hat ja früher in der
Armee, in der zu dienen ich die Ehre hatte, in Württemberg,
existirt, und nicht zum Schaden sondern zum Nutzen, wofür ich
mich auf den hier im Hause anwesenden militärischen Bevoll¬
mächtigten berufen kann. Ganz besonders aber ist Bayern
anzuführen. Bayern hat glücklicherweise in der Sache seine
Selbstständigkeit nicht aufgegeben, und es hat seine schöne
frühere Einrichtung beibehalten zum Nutzen und Segen seiner
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BERLINER THIERÄRZTLIOHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12.
Armee und Nutzen des Landes. Wenn aber auch heute dort
eine ganz bedeutende Unzufriedenheit unter den Militärthier¬
ärzten existirt, so rührt das lediglich daher, dass sie zur Zeit
nicht den Rang einnehmen, den sie früher eingenommen hatten,
und ferner daher, weil sie die Vorbildung mit Maturitas für
nothwendig erachten, und weil sie durch die Zögerung der Ge¬
währung berechtigter Wünsche gehindert sind, so vorwärts zu
schreiten, wie sie es wünschen und ihnen gebührt.
Ueber die Nothwendigkeit der Maturitas für das Studium
der Thierheilkundigen habe ich jetzt einen classsischen Zeugen,
dessen Autorität mir niemand im Hanse wird angreifen wollen.
Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten bringe ich eine für
diese Sache hochbedeutsame Ansprache Seiner Königlichen
Hoheit des Prinzen Ludwig von Bayern bezüglich der Maturitäts¬
prüfung für das Studium der Thierärzte — und zwar sämmt-
licher und nicht bloss das der civilen — zu Ihrer Kenntniss:
Seine Königliche Hoheit hat an der Jahrhundertwende
folgende Rede gehalten:
Es sei ihm noch nicht ein Antrag so sympathisch, so noth¬
wendig und so begründet erschienen wie der vorliegende. Denn
die Aufgaben des Thierarztes seien in der gegenwärtigen Zeit
sowohl in der Erkennung und Heilung von Krankheiten, wie
auch auf dem Gebiete der Seuchenpolizei, der Volksernährung,
der bacteriellen Forschung 11 . dgl. so hochwichtige und ein¬
schneidende, dass hierfür nur erstclassige, beste und tüchtigste
Persönlichkeiten zu genügen vermögen. Aus diesen Gründen
dürfe die Vor- und Fachbildung der Thierärzte- derjenigen der
besten und ersten wissenschaftlichen Berufszweige nicht nur
nicht länger nachstehen, sondern müsse derselben vollkommen
gleichwertig und ebenbürtig werden. Er sei deshalb mit der
Forderung des Gymnasialabsolutoriums nicht nur durchaus ein¬
verstanden, sondern gehe noch weiter und halte die directe
Anfügung der Thierheilkunde an eine Facultät der Universität
für höchst wünschenswerte Denn dies sei das beste Mittel, um
die Thierheilkunde, welche seither im Vergleiche zu anderen
wissenschaftlichen Berufszweigen nngerechtfertigterweise eine
untergeordnete Stellung eingenommen habe, thatsächlich zu der
ihr gebührenden Werthschätzung und Bedeutung zu bringen,
was mit der an sich ja wohlgemeinten Erhebung der thierärzt¬
lichen Lehranstalten zu Hochschulen nur in ungenügender \y<psp
gelungen sei.
Meine Herren, wenn Kundgebungen von so hoher Seite ans¬
gehen, die man mit allem Recht zu beachten gewohnt ist, weil das
doch in der Regel Kundgebungen sind, die sehr wohl überlegt
und vorbereitet sind, die nicht einem momentanen Gefühl ent¬
springen, sondern einen geschichtlichen Akt vorstellen sollen,
so hat, glaube ich, auch heute der Reichstag alle Ursache, diese
bedeutsamen, von ebensoviel Sachkenntnis wie Gerechtigkeit
zeugenden Worte ebenfalls als höchst werthvoll zu beachten,
und ich hoffe, der Reichstag wird auch schon deshalb allein
in der Lage sein, meine Resolution auch im zweiten Theile an¬
zunehmen.
Meine Herren, ich habe bezüglich einiger, den inneren
Dienst und die Einrichtungen in der Armee betreffenden Wünsche
der Thierärzte mich noch zu den verschiedenen Titeln dieses
Capitels zum Wort gemeldet; ich gehe deshalb auf weitere
Einzelheiten, die ich oben angedeutet habe, nicht ein.
Das Eine will ich aber zum Schluss nochmals sagen: ich
beabsichtige jetzt durchaus nicht, durch das, was ich jetzt schon
gesagt habe oder noch vorführen werde, der Militärverwaltung
heuer in irgend einer Weise etwas Unangenehmes zu sagen.
Ich habe dazu jetzt keine Ursache, weil dieselbe in wohl¬
wollender Weise der Frage der Gehaltsaufbesserung bereits
näher getreten ist. Ich hoffe und wünsche aber, dass die
Heeresverwaltung diesem ersten Schritt auch gleich den zweiten
Schritt folgen lässt, und dass sie eine Reorganisation des Militär¬
veterinärwesens in dem vorgetragenen Sinne vomimmt; denn
diese ist nothwendig und sie ist zweckmässig und sie ist ein
gutes Werk. Ich w'ill ferner noch anführen, dass ich deshalb
die Resolution, die Maturität für die Militärthierärzte einznführen,
aufrecht erhalte, und ich hoffe auf Ihre Zustimmung zu der¬
selben; denn ich wünsche durchaus nicht, dass die Heeres¬
verwaltung der Meinung sein könnte, sie dürfe zuwarten und
sich gewissermassen nur an den Schwanz von den Fortschritten
des Civilveterinärwesens anhängen. Die Militärverwaltung kann
ganz gut gleichzeitig im Einverständnis mit den anderen Givil-
behörden Vorgehen, und sie hat alle Ursache, jetzt thatsächlich
und sogleich die bessernde Hand anzulegen.
Eickhoff, Abgeordneter: Meine Herren, ich habe in der
Budgetcommission mich bereits über diese Frage ausführlich
geänssert und kann nach den Ausführungen der Herren Vor¬
redner hier auf nähere Darlegungen verzichten. Ich habe mich
auch nur zum Wort gemeldet, um Namens meiner politischen
Freunde zu erklären, dass wir den Wunsch der Herren Collegen
Bassermann und Graf Roon, eine getrennte Abstimmung bei
dieser Resolution vorzunehmen, gern unterstützen und auf den
zweiten Theil der Resolution hier an dieser Stelle
keinen Werth legen. Wir thun dies nicht deshalb, weil wir
principiell anderer Ansicht wären als unser Freund College
Hoffmann. Dass dies nicht der Fall ist, geht schon aus den
Darlegungen meines Freundes Dr. Müller (Sagan) hervor, die
er jüngst beim Etat der Reichssclmlcommission gemacht hat.
Sie werden sich erinnern, dass er damals die Noth wendigkeit
der Maturitätsprüfung für die Vorbildung der Thierärzte über¬
zeugend und erschöpfend nachgewiesen hat. Aber der zweite
Theil der Resolution betrifft doch das gesammte Veterinärwesen,
und wir meinen deshalb, dass er nicht in diesem Zusammen¬
hänge, sondern besser bei Berathung der inzwischen von Seiten
der Thierärzte eingereichten Petition zu erledigen sei. Wir
bitten Sie daher, dem ersten Theil der Resolution zuzustimmen,
freilich nicht in der Form, die Herr Graf Roon vorgeschlagen
hat; diese Form erscheint uns zu allgemein. Wir sind nicht
der Ansicht, dass auch in Zukunft Verschiedenheiten in Bezug
auf die Gehaltsverhältnisse der Veterinärärzte in den ver¬
schiedenen Heerescontingenten Deutschlands bestehen sollen. —
Dem ersten Theile der Resolution aber bitte ich Ihre Zu¬
stimmung zu geben im Interesse dieser Beamtenclasse, deren
Gehaltsaufbesserung, wie von allen Seiten des hohen Hauses
anerkannt worden ist, als nothwendig angesehen werden muss.
Dr. Graf zu Stolberg-Wernigerode, Abgeordneter:
Ueber den ersten Theil der Resolution sind wir wohl einig, das
heisst, wir wünschen alle, dass die Gehälter der Rossärzte
erhöht werden.
Was den zweiten Theil anlangt, so gebe ich vollständigzu,
dass die Veterinärwissenschaft in der letzten Zeit grosse Fort¬
schritte gemacht hat. Ich will aber meinerseits die Verhältnisse
der Civilthieräi zte hier nicht weiter berühren, weil die Frage
nicht zur Competenz des Reichstags gehört. Ich spreche also
nur über die Militärrossärzte, und da kann ich mich Vor¬
läufig nicht davon überzeugen, dass es im Interesse des
militärischen Dienstes — denn darum handelt es sich — noth¬
wendig ist, von diesen Militärrossärzten die Ablegung des
Abiturientenexamens zu verlangen. Ich glaube überhaupt, dass
wir in Deutschland im Allgemeinen dazu neigen, an die formale
Vorbildung zu vielen Berufen viel zu hohe Anforderungen zu
stellen, Anforderungen, die nicht nothwendig sind und die es
vielen Familien unmöglich machen, ihre Söhne derartige Lauf¬
bahnen betreten zu lassen, welche viele strebsamen jungen
Leute von solchen Carrieren ausschliessen, in denen sie sehr
Erspriessliches hätten leisten können. Meine Herren, ich bin
eine Zeit lang Curator eines Realgymnasiums gewesen und habe
es oft genug mit angesehen, wie die jungen Leute sich ab¬
quälten, um das Abiturientenexamen zu machen, obwohl die
socialen Verhältnisse, in denen sie aufwachsen, die Wohnungs¬
verhältnisse u. s. w. ihnen dieses ausserordentlich erschwerten.
Solch ein unglücklicher junger Mann war dann, wenn er das
Abitnrientenexamen gemacht hatte, blass und angegriffen; er
wäre wahrscheinlich viel fähiger gewesen, in seinem Berufe
etwas zu leisten, wenn er seine Kräfte geschont hätte und
wenn er mit dem Zeugniss der Reife von Prima abgegangen
wäre.
Also, meine Herren, ich kann mich, wie gesagt, von der
Nothwendigkeit dieses Verlangens nicht überzeugen; ich glaube
bis auf weiteres: Alles, was ein Militärthierarzt — ich betone
nochmals: ich spreche nur vom militärischen Ross¬
arzt — wissen und können muss, das kann er, wenn er ein
intelligenter Mensch ist, sich aneignen, wenn er das Zeugniss
der Reife für Prima erlangt hat; wenn er aber kein intelligenter
Mensch ist, dann wird ihm das Abiturientenexamen auch nichts
helfen. All diese Dinge sind ja im Fluss, und ich will mich
natürlich nicht für alle Zeiten in dieser Beziehung festlegen;
es ist ja möglich, dass auch die Militärverwaltung einmal zu
einer anderen Ansicht gelangt, dann wird sich über die Sache
reden lassen. Vorläufig halte ich es aber nicht für angezeigt,
die Militärverwaltung irgendwie in dieser Beziehung zu drängen;
sondern wenn und solange die Militärverwaltung erklärt, dass
sie an dem bisherigen Standpunkt festhält, so können wir sie
unsererseits dabei nur unterstützen,
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22. März 1900.
Ueber die thats&ehlichen Verhältnisse der Heranbildung
der Militär-Thierärzte in Oesterreich und Ungarn.
In No. 4 und 9 der Berliner Thierärztlichen Wochenschrift
wird, von einem österreichischen Thierarzte und einem Hörer
der Yeterinär-Medicin die Ergänzung des militärthierärztlichen
Personals der österreichischen und ungarischen Armee einer
r^Kritik“ unterzogen, die einseitig ist und den Thatsachen nicht
entspricht.
Beide Artikel, besonders aber der in No. 9, sind voll persön¬
licher Leidenschaft gegen die Institution der heutigen Heran¬
bildung von Militär - Thierärzten, indem diese Ausführungen
darauf hinausgehen, um glaubhaft zu machen, dass die Heran¬
bildung der Militär-Thierärzte als die Hauptursache des Nieder- !
ganges des civilthierärztlichen Standes und dessen jetziger nicht ;
entsprechender socialer Stellung anzusehen ist.
Die Verhältnisse liegen jedoch wie folgt:
Nach jenen, den militär-thierärztlichen Dienst betreffenden,
organischen Bestimmungen vom Jahre 1896 weist der Militär-
thierärzte-Stand 110 Personen und für den Dienst im Occupations-
gebiete 14 Personen, somit zusammen 124 Thierärzte auf. Nach
Abschluss der in Durchführung begriffenen Standesvermehrung,
welche in ca. drei Jahren erfolgt sein dürfte, kommen noch 42
Thierärzte hinzu, welche bestimmt sind, den thierärztlichen
Dienst bei den Divisions-Artillerie-Regimentern zu versehen.
Der Friedensstand an activen Militär-Curschmieden beträgt
409 Personen, deren Ergänzung in der Art geschieht, dass
das k. und k. Reichs-Kriegs-Ministerium jährlich ca. 50 huf- '
beschlagkundige Unteroffl eiere und Soldaten ohne Chargengrad j
in den sogenannten zweijährigen Curschmiede-Curs beruft.
Jene von diesen Unterofficiereu und Soldaten, die eine Vor¬
bildung von sechs Gymnasial- oder Realschulclassen aufweisen
können, werden gleich als Hörer des thierärztlichen Curses auf-
genoramen und absolviren das thierärztliche Studium — ohne
Unterbrechung — in vier Jahren d. h. acht Semestern, worauf 1
sie, nach Ablegung der strengen Prüfungen, zu diplomirten Cur-
schmieden ernannt, zu Regimentern eingetheilt und nach Bedarf
zu Unterthierärzten ernannt werden.
Jene dieser einberufenen Unterofflciere und Soldaten, die
die genannte Vorbildung nicht besitzen, bleiben als sogenannte
Militär-Schüler des Curschmiede-Curses durch zwei Jahre ira
Institute und werden, nach Absolvirung dieses Curses, zu
Regimentern als absolvirte Curschmiede-Schüler eingetheilt und
nach Bedarf zu Curschmieden befördert. Dort obliegt ihnen
die Ausübung des Hufbeschlages und die Behandlung leicht
kranker Pferde bei der Escadron, Batterie etc. unter einer per¬
manenten Aufsicht seitens der Chefthierärzte.
Nach einer ein- bis dreijährigen Dienstzeit als Carschmied
bei einer Escadron, Batterie etc., werden die besten dieser Cur¬
schmiede, — wenn sie sich darum beworben haben und wenn sie
nacbweisen können, dass sie während dieser Zeit sich eine ent¬
sprechende Vorbildung durch Selbststudium oder durch Zuhilfe¬
nahme eines Hauslehrers erworben haben, — vom k. u. k. Reichs-
Kriegs-Ministerium über Vorschlag des Rectorates der Thier¬
ärztlichen Hochschule zu der soviel kritisirten Aufnahmeprüfung
emberrrfen und zwar in einer grösseren Anzahl, als der tbat-
sächliche Bedarf ist, damit dem Rectorate der Thierärztlichen
Hochschule Gelegenheit geboten wird, die geeignetsten zu
wählen.
Die meisten dieser Leute sind während ihrer Dienstzeit bei
143
der Truppe als Cnrschmiede emsig bemüht, sich in der Vor¬
bildung nach Möglichkeit zu vervollständigen, um den Anforde¬
rungen bei der Aufnahmeprüfung zu entsprechen.
Diejenigen Cnrschmiede, die diese Aufnahmeprüfung mit
Erfolg bestanden haben, werden sodann als Hörer inscribirt und
absolviren den Curs, — nach der Circular-Verordnung vom
19. Juni 1897, Abth. 8, No. 1641—22. Stück Normal-Verordnungs-
Blatt, wurde die Studiendauer in Wien und mit dem Beiblatt
No. 39 ex 1897, mit dem Erlass vom 21. November 1897, Abth.
3, No. 3285 in Budapest auf 4 Jahre, auch für die Frequen¬
tanten des thierärztlichen Cursus (Curschmiede) auf 4 Jahre er¬
höht, — innerhalb 4 Jahre = 8 Semester, worauf sie, nach Ab¬
legung der strengen Prüfungen, als diplomirte Curschmiede zur
Truppe eingetheilt und nach Bedarf zu Unterthierärzten ernannt
werden.
Dass aber die Aufnahmeprüfungen nicht gar so mild sind,
wie sie der Herr Einsender schildert, können die Gefertigten,
nebst einer grossen Anzahl anderer, nicht weniger glaubwürdiger
Zeugen bestätigen.
Ob die Verfolgung der Vorträge den jetzt im Curse sich
befindenden Curschmieden Schwierigkeit macht, lasse ich unent¬
schieden. Dass sie aber weder mir noch anderen sich in derselben
Lage befindenden Curschmieden Schwierigkeiten machte, kann
ich bestätigen, da ich nicht „auswendig zu lernen" brauchte,
und mein Studienerfolg war ein derartiger, dass ich nach Ab¬
legung der strengen Prüfungen das thierärztliche Diplom mit
der Classification „Auszeichnung“ erhielt, wie viele andere,
gegenwärtig active Militär-Thierärzte, die unter denselben Be¬
dingungen den Curs absolviert haben.
Seit meiner Ausmusterung, es sind dies bereits zwölf Jahre,
war ich nie gezwungen, den „Handwerker“ abzugeben resp. den
Hammer zu schwingen, muss aber bemerken, dass mir die
gründliche Beherrschung des praktischen Hufbeschlages sehr zu
statten kam.
Ein tüchtiger Thierarzt, der seiner Sache sicher ist, braucht
keine Concurrenz zu befürchten und wird gerne vom Publikum
geholt, vorausgesetzt, dass er sich vor der Praxis nicht scheut.
Ich bin absolut kein Gegner der höheren Vorbildung für
Militär-Thierärzte und hätte Gott gedankt, wäre ich dieser
seinerzeit theilhaftig geworden, erlaube mir aber zu bemerken,
dass ich der Ansicht bin, dass das Reifezeugniss einer ab-
solvirten Mittelschule allein nicht im Stande ist Alles zu ersetzen
und dass ein Mann mit sechs Gymnasialclassen, wissenschaft¬
licher Grundlage, guter Auffassung, Fleiss und persönlicher
Energie, viel mehr als „praktischer Thierarzt" werth sein
kann, als ein Anderer mit Maturitas aber ohne Auffassung und
Energie, besonders dann, wenn ihn weder die Thierfreundlich-
keit noch die Liebe zum Beruf veranlasst haben, sich zum Thier¬
arzte ausbilden zu lassen.
Nicht unerwähnt darf man die Thatsache lassen, dass der
Stand der Civil-Thierärzte wenig Grund hat, sich über die Zahl
und die Ergänzung der Militär-Thierärzte aufzuregen und diese
als Hemmniss der Verwirklichung ihrer Wünsche über ihre
sociale Stellung anzusehen, indem nach § 17 der Verordnung
des k. k. Ministeriums des Innern vom 21. März 1893, Reichs-
Gesetz-Blatt No. 37, nur jene Militär-Thierärzte zur Physikats-
prüfung (behufs Anstellung im öffentlichen Veterinärdienste)
zugelassen werden, die dieselbe Vorbildung nachweisen können,
wie jene Civil-Hörer, welche das thierärztliche Studium gleich¬
zeitig absolvirt haben.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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No. 12.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Mit diesem Erlasse wurde den Civil-Thierärzten jenes Recht
eingeräumt, welches sie eventuell auf Grund ihrer höheren Vor¬
bildung zu beanspruchen berechtigt waren, nachdem ihnen der
Civil-Staatsdienst als die eigentliche Domäne reservirt blieb.
Demzufolge ist es bestimmt nicht die Schuld der Militär-Thier-
ärzte und auch nicht die Art ihrer Ergänzung, wenn so manche
Wünsche der Civil-Thierärzte — deren Berechtigung die Ge¬
zeichneten nicht bestreiten wollen — noch unerfüllt blieben.
Nur müssen sich die Gefertigten dagegen verwahren, wenn es
aus studentischen Kreisen versucht wird, die verdienstvolle und in
ihrem Beruf anerkannt verdiente Categorie von Militär-Beamten
— die bestimmt auch nicht auf Rosen gebettet sind — und in
Erfüllung ihrer Pflicht den anderen Gruppen in keiner Weise
nachstehen, mit Schmutz zu bewerfen.
Für jene aus dem studentischen Kreise laut gewordene
Stimme, die bestimmt keine allgemeine Ansicht vertritt, wissen
die Gefertigten nur ein Auskunftsmittel, indem wir dem Herrn
anratheu, sich einer ebenbürtigen Gesellschaft, z. B. an der
Hochschule in Lemberg anzuscliliessen, damit sein Hochgefühl
durch Besuch gemeinschaftlicher Vorlesungen nicht beleidigt
werde. Auf die Art kann beiden Theilen geholfen werden und
zwar zur beiderseitigen Befriedigung.
Sollte es jedoch den beiden Einsendern der veröffentlichten
Artikel nur darum zu thun sein, eine Hebung des militär-thier¬
ärztlichen Standes auf ihre Art zu versuchen, so müssen die
Gefertigten jeden derartigen Versuch ablehnen, umsomehr, als
competentere Kreise hierzu berufen sind, denen die Verhältnisse
in der militär-thierärztlichen Standesgruppe genauer bekannt
sind und die sich auch in der Lage befinden, ein unparteiisches
Urtheil über die Mängel und Vorzüge der von den beiden Ein¬
sendern besprochenen Zustände abzugeben. ^
Für das ungeschickte Hineinzerren des Standes der Reserve-
Officiere bei geschilderten studentischen Reibereien, beabsich¬
tigen die Gefertigten keine Lanze zu brechen, nachdem es ihnen
bekannt ist, dass diese Gruppe es selbst am besten weiss, was
bei einem eventuell vorkommenden Verstoss gegen die Haus¬
ordnung zu thun bleibt.
Zum Schlüsse sei uns noch gestattet den beiden Herren
Einsendern zu versichern, dass die Militär-Verwaltung keine
Ursache hat, mit dem heutigen thierärztlichen Personale unzu¬
frieden zu sein, und dass das Ansehen, welches heute die Militär-
Thierärzte in der Armee geniessen, für diese Beamten-Gruppe
nur sehr ehrend genannt werden muss.
Im Namen mehrerer, aus den Curschmieden hervorgegangener
Thierärzte:
Josef Nowotny, Michael Knaflitsch,
k. u. k. Chefthierarzt des k. u. k. Thierarzt der Remont.
Drag. Rgts. No. 5. Assenf>Commission No. 5.
Personalien.
Ernennungen etc.: Göhring, Kreisthierarzt in Stolp i. P., in den
Ruhestand versetzt. — Gewählt: Polizeithierarzt Brinkop
Hambarg zum Schlachthofinspector in Lüneburg, Thierarzt Carl \
Klein-Löttringhausen vertretungsweise zum Schlachtbofinspector ,
in Lennep.
Wohnsitzverlndeningen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt
E. Friedrichs von Zempelburg (W.-Pr.) nach Niederndodeleben
b. Magdeburg, Thierarzt Ni er hoff von Herne i. W. nach Castrop,
Thierarzt P latsch ek von Schroda nach Jersitz (Pos.), Thierarzt
Rauschert von Friedeberg nach Lipke, Kr. Landsberg a. W.;
Thierarzt A. Thieine, bisher Assistent am Hygienischen Institut in
Strassburg, als bezirksthierärztlicber Assistent nach Stockach,
Thierarzt Wortmann von Castrop nach Transvaal. — Thierarzt
0. Greiser hat sich in Sulingen Kr. Nienburg, Tliierarzt Sonnen¬
berg in Tilsit niedergelassen.
In d’r Armee: Rossarzt Stück zum Remontedepot in Kalkreuth,
Oberros'sarzt Richter vom 74. Feld-Art.-Rgt. in den Ruhestand
versetzt.
Todesfälle: Rumbaur, Schlachtbofinspector in Lüneburg
Fr. Vilmar, Schlachtbofinspector in Lennep.
Yacanzen.
(Näheres Uber die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Cöslin: Stolp (Nord) mit dem Amtssitz in Glowitz (600 M. f
Voraussicht! Kreiszuschuss). Bewerb, bis 3. April an den Re-
gierung8präs. — R.-B. Köln: Rheinbacb (600 M., 500 M. Voraussicht!
Kreiszuscbuss.) Bewerb, bis 18. März an den Regierungspräs.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Gumbinnen: Grenzthierarzt¬
assistentenstelle in Stallupönen. — R.-B. Schleswig: Eiderstedt.
Sanltltsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Bromberg: Schlachthofassistenzthierarzt zum 1. April (2100 M.)
Bewerb, beim Magistrat. — Köln: Oberthierarzt für den Schlacht-
und Viehhof (3500 M. steigend bis 5300 M., Pension). Bewerb, bis
20. März an den Oberbürgermeister. — Plauen i. V.: Assistenz¬
thierarzt am Schlachthof zum 1. Juni (2100 M.: Vierteljahr! Kündigung).
Meid, an den Director. — Rathenow: Schlachtbofinspector zum
1. April (2000 M. steigend bis 3000 M., Wohnung etc.). Meldungen
an den Magistrat. — Rochlitz: Thierarzt flir Fleischscbau (ca.
2000 M.) Meldungen bis Ende März an den Stadtrath. — Schivel-
bein: Thierarzt für Fleischschau (ca. 2400—3000 M.; Praxis ge¬
stattet). Meid, beim Magistrat. — Pr. Stargard: Schlachthof¬
inspector zum 1. Mai (2100 M. steigend bis zu 3100 M., Wohnung
etc., Pension. Privatpraxis.). Meid, an den Magistrat.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Cottbus: SchlacbthofasBistenzthierarzt. — Dessau: Schlachthof¬
assistenzthierarzt. — Dresden: 3 Hilfsthierarztstellen am Schlacht-
hof. — Eberswalde: Schlacbthofinspector. — Eckernförde:
Scblachthofinspector. — Fi lehne: Schlacbthofinspector. —
Friedrichsthal (Kreis Saarbrücken): Thierarzt für Fleisch¬
beschau. — Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Halle a. S.:
2 Assistenzthierärzte am Schlachthofe. — Königsberg i. P.:
Schlachtbofthieraizt. — Liegnitz: Schlachthofassistenzthierarzt. —
Markneukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleisch¬
beschau. — Militsch: Schlacbthofinspector. — Mülhausen
(Eisass): Schlachthofverwalter. — Ostrowo: Schlacbthofinspector.
— Spremberg: Schlachtbofinspector. — Thorn: 2. Schlachthof¬
thierarzt. — Wanne: Schlachthofvorsteher.
Privatsteilen : 1899 bekannt gegebene: Asbaeh (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Sch! —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau
(Ostpr.): Thierarzt für Praxis (300M. Zuschuss). Bewerb.beim Magistrat.
1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt zum 1. Mai
(2400 M., Privatpraxis gestattet). Meldungen mit Zeugnissen etc. bis
Ende März an den Amtmann. — Rakwitz (Pos.): Thierarzt zum
1. April. (Aus Schlachtviehbeschau 1200 M.). Auskunft beim
Magistrat. — Rhinow (R.-B. Potsdam): Thierarzt. — Schwarzen¬
berg i. Sachs : Thierarzt für Fleischbeschau und Praxis (voraus¬
sichtliche Staatsunterstützung). Meid, an d. Stadtrath. — Sonnen¬
burg: Thierarzt (600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den
Magistrat. — Wolkenstein: Tliierarzt für Praxis und Fleischschau.
Auskunft beim Stadtrath.
Besetzt: Sanitätsthierarztstelle in Lüneburg, Privatstelle
in Tilsit.
Varaatwortliob für den Inhalt (excL Inaeratenthell): Prof. Dr. Schmält* In Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. Büxenatein, Berlin
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P* e "BoHlner Thierärxtllche Wochennchrift“ erscheint
wöchentlich ln 8Ulxke von mlndettem 1«/* Boffen. Dieselbe
*n beziehen durch den Buchhandel, die Post (No 1062)
durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard
öenoetx, Berlin NW, Luisenstrasse 86, zum Preise von
Mk. 6, - pro Vierteljahr.
Berliner
OrlglnalbeitrXge werden mit 50 Mk. für den Bogen honorirt
Alle Manuscrlpte, Mittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmalu,
Berlin, thierkrztllche Hochschule, NW., Lnisenstrasse 56.
Correctnren, Reccnsions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
▼on
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Sclimaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Bichard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 13 . Ausgegeben am 29. März.
Inhalt: Peter: Zur klinischen Diagnose der Wutbkrankheit. (Schluss.) — Referate: Baldoni: Die Credö’schen Silbersalze in der
thierärztlichen Praxis. — Bechstädt: Zur Differentialdiagnose des Kehlkopfpfeifens.— ßuillebeau: Uteruskrebs beim Rinde.—
Zschokke: Ueber Infectionen mit dem Colibacterium. — Storch: Das Celluloid und seine Anwendung zur Injection von
Blutgefässen. — Podwyssotzki: Myxomyceten, resp. Plnsmodiophora Brassica Woron. als Erzeuger der Geschwülste bei
Ttiieren. — Thierhaltung und Thierzucht. — Tagesgeschichte: Bericht Uber die 34. General-Versammlung des Vereins
Kurhessischer Thierärzte. — Verschiedenes. — Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Personalien. — Vacanzen.
Zur klinischen Diagnose der Wutbkrankheit.
Von
Dr. Peter.
Vortrag, gehalten im Thierärztlichen Verein
der Provinz Brandenburg.
(Schluss).
Die 8tilie Wuth soll nach mehreren Autoren bei Rindern
vorherrschen. Dieckerhoff*) konnte dagegen bei diesen unter
einer Gesammtzahl von 21 Beobachtungen eine Verschiedenheit
des Verlaufes in Vergleich za den Hunden nicht feststellen. Die
von mir in den Jahren 1898/99 beobachteten Wuth fälle bei
Bindern trugen den Charakter der paralytischen Form. Dieselben
betrafen einen Bollen and eine Färse eines Besitzers. Als be¬
sonderer Umstand ist anzuführen, dass die Tliiere ihren Stall an
Ort nnd Stelle nicht verlassen hatten, anch war nnter den Hnnden
in dem am westlichen Oderufer liegenden Orte and im ganzen
Kreise ein Tollwuthfall nicht vorgekoromen. Der Balle be-
kandete bei der ersten Untersuchung, welche am 12. November 1898
stattfand, keine andern Symptome, als paretische Zustände in den
Magenabtheilnngen, verbunden mit mangelhafter Fresslust Bei
der Häufigkeit dieser Verdauungsstörungen als selbstständige
Krankheit nnter den Rindern konnte der Befund einen Verdacht
anf Wuth nicht gut aufkommen lassen. Vier Tage später, am
16. November, hatte sich jedoch das Krankheitsbild in einer auf¬
fallenden Weise verändert. Der Balle liegt seitlich zusammen-
gekrümmt, einem schlafenden Hnnde ähnlich, am Boden. Wird
der Kopf dnreh eine Person gerade nach vorn gerichtet, so bleibt
derselbe etwa 1 Minute in dieser Haltung und schnellt darauf
automatisch, in Folge tetanischer Contraction der Halsmuskeln, in
die^frtthere Lage zurück. Die Halsmuscnlatur fühlt^sich hart an.
Sobald der Bulle aufgerichtet ist, schwankt derselbe und fällt
wieder zu Boden. Die Hinterhand zeigt Lähmungserscheiunngen.
Weiter bekundet das Thier einen stieren Blick, fortgesetztes mattes
Brüllen nnd Drängen anf den Mastdarm. Vermehrte Athemfreqnenz
ist nicht vorhanden, der Puls ist schwach und etwas vermehrt,
die Temperatur fast normal (39,7° C.). Das Haarkleid ist glanzlos
und struppig. Der Bulle zeigt im Vergleich zu dem übrigen
Vieh des Stalles einen sehr geringen Nährzustand.
*) Dieckerhoff, Specielle Pathol. n. Therapie.
Hiernach ergab sich der bestimmte Verdacht, dass der Bulle
an Tollwuth leide. Die in der Gemeinde angestellten Nach¬
forschungen, ob vor einiger Zeit ein Hund nnter wuthverdächtigeu
Erscheinungen erkrankt nnd beseitigt worden sei oder ob lierren-
i lose Hunde den Ort aufgesucht hätten, hatte ein negatives
; Resultat. Dagegen führte der Bericht d s Besitzers za der An¬
nahme, dass die Krankheit durch den Ankauf von Rindern aus
j Pommern eingeschleppt worden sei. Derselbe hatte angeblich
l am 1. September zwei anderthalbjährige Bullen ostfriesischer Ab¬
stammung von einem Händler in Ball, einem pommerschen Markt¬
flecken, gekauft. Eines dieser Rinder sollte schon Mitte, ferner
i ein selbstgezogener Bulle Ende September gefallen sein. Die
beiden Ballen wnrden erfolglos von dem alten Schäfer Sch. in L.
| behandelt. Nach dem doppelten Misserfolg des Kurpfuschers
fühlte sich der Besitzer der Tliiere, welcher Gemeindevorsteher
, in L. ist, bewogen, bei der gleichen Erkrankung des dritten
I Bullen thierärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Dieses Beispiel lehrt zugleich, welches Vertrauen die bäuer-
i liehe Bevölkerung Kurpfuschern zuweilen noch entgegenbringt.
Auf Grund des dringenden Tollwnthverdachtes beantragte
ich beim Landrathsamt dis Tödtung des kranken Bullen. Der-
i selbe starb jedoch am 18. November, ehe die amtliche Ge¬
nehmigung zur Tödtung ertheilt wurde. Seit der ersten Unter-
I siicliung, bei welcher die Erscheinungen einer aenten Indigestion
naclizuweisen waren, bis zum Tode des Bullen waren also sechs
Tage vergangen. Die Krankheitsdauer muss aber auf sieben
! Tage veranschlagt werden, denn der Besitzer gestand, dass der
| Schäfer Sch. auch diesen Ballen schon vorher einen Tag be¬
handelt nnd demselben einen Eingoss gegeben habe.
Die Obduction, welche am 18. November stattfand, lieferte
kein besonderes Ergebnis. Das Cadaver ist stark abgemagert. Darm
zusammengezogen, in ihm wenig flüssiger Inhalt von gewöhnlicher
Farbe. Im vierten Magen ist die Rötlmng der Schleimhaut stärker
als normal, vorzüglich auf den Falten. Stellenweise Injection der
, strahlenartig angeordneten Gefässe an der Schleimhautoberfläche.
Kehlkopfschleiuihaut venös geröthet. Johne 1. c. betrachtet diese
Röthungen als Stauungshyperämie. Der Obductionsbefund war
demnach sehr spärlich und bot filr die Diagnose des Falles keinen
Anhalt. Dagegen hielt ich mich für berechtigt, ans den klinischen
Erhebungen zu folgern, dass der Bulle mit Tollwuth behaftet sei.
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146
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13.
Zar Controle dieses Resultats schickte ich gleich nach der
Obduction den Kopf- und Halstheil des Bullen unter Beifügung
eines Berichtes an das Institut für Infectionskrankheiten in
Berlin. Daselbst wurden am 19. November zwei Kaninchen
geimpft, welche nach einer institutsamtlichen Mittheilung am
2. Dezember unter den typischen Erscheinungen der Wutli er¬
krankten und später verendeten. Die Incubationsdauer bei
Kaninchen nach subduraler Infection mit Gehirnemulsion wuth-
kranker Hunde giebt Högyes*) auf 12—21 Tage an. Es ergiebt
sich aus dem vorliegenden Falle, dass sich auch nach der Ver¬
impfung der Gehirnmas8e eines wuthkranken Rindes
die Entwickelungszeit der Krankheit in den gleichen
Grenzen bewegt. Am 3. December wurde mir Gelegenheit
geboten, die erkrankten Kaninchen im Institut für Infections¬
krankheiten zu besichtigen. Am Auffälligsten traten die aus¬
gebreiteten Lähmungen in dem Krankheitsbilde hervor. Die
Hinterextremitäten und je eine Vorderextremität waren vollständig
gelähmt. Die Kaninchen lagen regungslos auf der rechten oder
linken Körperseite, je nachdem das rechte oder linke Vorderbein
functionsfähig war. Oberarzt Dr. Marx, der Vorsteher der
Abtheilung für Tollwuthforschung, dessen Zuvorkommenheit ich
den Besuch im Institute und auch nähere Informationen über den
Betrieb desselben verdanke, erklärte, dass im Institut die Impfung
zu diagnostischen Zwecken ausschliesslich intracraniell erfolge
und dass auch die fraglichen Kaninchen nach dieser Methode
behandelt worden seien. Herrn Dr. Marx fühle ich mich wegen
seiner Freundlichkeit zu lebhaftem Dank verpflichtet.
Ueber die Incubationsdauer der Wuth bei Rindern sind noch
nicht zu viele exacte Beobachtungen gemacht worden. Die Fest¬
stellung, dass der von mir untersuchte wuthkranke Bulle am
1. September 1898 gekauft worden und bis zu seiner Erkrankung
am 11. November desselben Jahres nicht aus dem Stalle entfernt
worden ist, ergiebt die Schlussfolgerung, dass derselbe bereits
mit dem Wuthgift inficirt war, als er in den Besitz des Gemeinde¬
vorstehers zu L. kam. Hiernach betrögt im vorliegenden Falle
die Incubationsdauer mindestens 42 Tage.
Was nun die Krankheit der im September verendeten Bullen
anbelangt, welche den Angaben des Besitzers gemäss, die gleichen
Krankheitserscheinungen gezeigt haben, welche bei dem von mir
untersuchten Falle festgestellt. worden sind, so kann angenommen
werden, dass dieselben ebenfalls an Tollwuth gelitten haben.
Diese Annahme dürfte wenigstens für den Bulleu zutreffen,
welcher gleichzeitig mit den an Tollwuth gefallenen aus Pommern
eingeführt wurde. Die auf amtlichem Wege angestellten Er¬
mittelungen über die Vorbesitzer und den Ursprungsort der
Rinder blieben resultatlos, denn der Händler in Ball hatte an¬
geblich die Namen und den Wohnort seiner Verkäufer vergessen.
Ueber diese Tollwuthfälle begann schon Gras zu wachsen,
als am 23. März dieses Jahres derselbe Besitzer mir die Nach¬
richt brachte, dass vermuthlich wiederum ein Stück aus seinem
Jangviehbestande, eine l^jährige Färse, an der Tollwuth erkrankt
sei. Dieselbe habe im Stalle ihren Platz neben dem gefallenen
Bullen gehabt und sei jedenfalls angesteckt worden. Ich ver¬
mochte diesen Vermuthungen nicht zu folgen, denn es waren seit
dem letzten Falle 4 Monate verstrichen, besonders aber dürfte
eine directe Uebertragung der Wuth von einem Rind auf das
andere zu den grossen Seltenheiten gehören.
Bei der am 24. März ausgeführten Untersuchung stellte ich
im Wesentlichen Nachstehendes fest: Die Färse liegt am Boden
und steht erst nach wiederholtem Antreiben mit einem Stocke
unter Anstrengung auf. In gekrümmter Rückenhaltung drängt
*) Högyes, Lyssa. Spcc. Pathol. und Therap. von H. Noth¬
nagel. V. Bd., V. Theil.
sie ununterbrochen auf den Mastdarm. Darmgeräusche sind
nicht vorhanden, die Pansenbewegungen erfolgen langsam
und äusserst selten. Fresslust fehlt, Wiederkäuen unterdrückt.
Der Blick ist leer. Die sichtbaren Schleimhäute sind nicht ver¬
ändert. A. und P. normal. T. 38,9.
Auf diese Symptome einer acuten Indigestion folgte ein
KrankheitBbild, welches mit den Erscheinungen bei dem tollwuth-
kranken Bullen vollständig identisch war. Am 28. März, also
4 Tage nach der ersten Untersuchung, war die Färse auf der
Hinterhand vollständig gelähmt. Dieselbe liegt mit rechts seit¬
wärts gebogenem Hals und Kopf auf der linken Seite und kann
nicht aufstehen. Wird der Kopf nach vorn gezogen, so schnellt
derselbe beim Loslassen in die abnorme Lage zurück. Die Hals¬
muskeln sind hart und gespannt. Wird die Färse über den
Rücken auf die rechte Seite gewälzt, so bleibt der Kopf rechts
seitwärts untergeschlagen. Das gleiche Experiment lässt sich
andrerseits ausführen, wenn der Kopf erst vorwärts gerichtet und
dann nach links gebogen wird, da derselbe auch in dieser Lage
unbeweglich verharrt.
DieFärse bekundet fortgesetztes mattes Brüllen oder Brummen.
Das Auge blickt stier, die Cornea ist glanzlos, wie bestaubt.
A. normal, P. etwas beschleunigt, schwach, T. 38,3. Bei geradeaus
gerichtetem Kopf ist das Thier im Stande, etwas Wasser auf¬
zunehmen, welches ohne Beschwerde abgeschluckt wird.
Am 29. März wurde die Färse nach einer gleich langen
Krankheitsdauer wie bei den Bullen, früh todt im Stalle auf¬
gefunden.
Wie die Krankheitserscbeinungen und der Verlauf bei beiden
Rindern einander völlig gleich waren, so wich auch der Obduc-
tionsbefund nicht wesentlich ab. Und bei einer objectiven Be-
urtheilung des Symptomencomplexes, namentlich aber bei der
vollständigen Uebereinstimmung beider Fälle, musste ich zu der
Schlussfolgerung kommen, dass die Färse tollwuthkrank ge¬
wesen sei.
In dieser festen Ueberzeugung sandte ich zur Vollständigkeit
meiner Untersuchung Kopf- und Halsabschnitt des Cadavers nach
der Obduction am 30. März wiederum an das Institut für In¬
fectionskrankheiten, war aber nicht wenig überrascht, als nach
vier Wochen der Bescheid eintraf: „die Kaninchen, welche von
dem am 31. März eingesandten Rindergehirn geimpft worden sind,
sind unter den typischen Erscheinungen nicht erkrankt und
nicht verendet.“ Von dem guten Gesundheitszustand der Ka¬
ninchen habe ich mich später selbst überzeugt.
Dieser Widerspruch zwischen den klinischen Feststellungen
und dem experimentellen Resultat dürfte schwer zu lösen sein.
Wenn wir annehmen, dass die Impfung in der Form, welche im
Institat angewendet wird, absolut sicher ist, so folgt daraus, dass
aus den vorbeschriebenen klinischen Erscheinungen bei Rindern
nicht in allen Fällen das Vorhandensein der Wuthkrankheit ge¬
folgert werden kann.
Die Unsicherheit in der Wuthdiagnostik im Allgemeinen er¬
mahnt mithin in allen Fällen zur grössten Vorsicht.
Zu den schwierigsten Aufgaben gehört es, die Wuth an
den Veränderungen am todten Thiere allein festzustellen.
Diese Forderung tritt an den beamteten Thierarzt am häufigsten
heran. Denn die Hunde, welche durch Beissen von Menschen
oder Thieren verdächtig geworden sind, werden gewöhnlich erst
durch Tödtung unschädlich gemacht und dann zur Untersuchung
überbracht. Das Ergebniss von Impfungen, welche bei einer
ansichern Diagnose angestellt werden könnten, kann nicht ab¬
gewartet werden, da die event Anordnung veterinärpolizeilicher
i Massnahmen eine unmittelbare Entscheidung erheischen. Mangels
I charakteristischer pathologisch - anatomischer Läsionen können
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29. März 1900 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 147
wir bei der übduction eiues getödteten oder verendeten Hundes
nur Vermuthungen über das Vorhandensein der Wuth, also den
Wuthverdacht feststellen. Denn die am Cadaver nachweis¬
baren Zustände und Veränderungen haben alle nur einen rela¬
tiven Werth. Unter diesen wird insbesondere die Gegenwart
von Fremdkörpern (Holz, Stroh, Haare, Horn etc.) im Magen
genannt. Es ist aber bekannt, dass manche Hunde diese Stoffe
verschlingen, ohne krank zu sein.
Noch weniger können die Röthung bezw. Entzündung
der Magen- oder Rachenschleimhaut als ein significantes
Merkmal betrachtet werden, geschweige denn die Leere und
der zusammengezogene Zustand des Darms.
Ebensowenig wie aus dem makroskopischen Befund am
Cadaver ergeben sich aus der histologischen Untersuchung
der Organe, insbesondere des Gehirns, Rückenmarkes und den
Speicheldrüsen Anhaltspunkte für eine sichere Diagnose.
Nach Babes u. A. (vergl. Nocard 1. c.) werden die con-
stantesten Veränderungen in der grauen Substanz angetroffen,
welche den Cerebrospinalkanal umschliesst: Hyperämie und An¬
häufung von embryonalen Zellen epithelialen oder leukocytären
Ursprungs um die kleinen Gvfässe. Ausserdem Alteration der
Nervenzellen dieser Gegend, entweder Merkmale der Proliferation
oder der Degeneration mit Vacuolenbildung und Verschwinden
des Kernes oder seiner chromatischen Bestandteile. Diese Zellen
enthalten oft Pigment.
Von den Speicheldrüsen sind bei Hunden nach den Unter¬
suchungen Elsenberg’s die SubraaxiUaris und die Sublingualis
im Zustande der Congestion. Das Bindegewebe enthält Leuko-
cyten. Die secernirenden Zellen sind granulirt und unterliegen
häufig der fettigen Degeneration.
Die angedeuteten histologischen Veränderungen bieten einer¬
seits nichts Specifisches, andrerseits kann sich der Praktiker auf
feine und Zeit raubende Untersuchungen nicht einlassen. Denn
wenn irgendwo, so gilt es hier schnell zu einer Diagnose
zu kommen.
Wir haben uns die Frage vorzulegen, ob die durch die
Obduction gemachten Feststellungen und die ana¬
mnestischen Erhebungen den Wuthverdacht völlig aus-
schliessen oder nicht. Bleiben Verdachtsmomente bestehen,
so müssen unverzüglich, besonders im Interesse der menschlichen
Gesundheit, die seucliengesetzlichen Bestimmungen in Anwendung
kommen. Ungesäumt sind die durch ministeriellen Erlass vor¬
gezeichneten Schritte zu thun, um etwa gebissene Personen der
prophylaktischen Behandlung zuzuführen. „Denn jeder Tag
zwischen Biss und Beginn der Behandlung verschlechtert die
Aussicht auf Heilung.“
In der Regel werden umsichtige Erhebungen des unter¬
suchenden TliierarzteB ohne weitere Hilfsmittel zu einem richtigen
Resultate führen. Dass die thierärztliche Wissenschaft dieser
Aufgabe gewachsen ist, geht aus den statistischen Angaben des
Marx’schen Berichtes (1. c) hervor. Von 99 eingesandten
Köpfen gaben nur 4 = 4,04 pCt. ein uegatives Impfresultat.
In diesen vier Fällen hatte die thierärztliche Unter¬
suchung gleichfalls Tollwuth als unwahrscheinlich er¬
scheinen lassen.
Wird in einzelnen Fällen durch das Experiment fes'gestellt,
dass der verdächtige Hund nicht wnthkrank war, so kann der
beamtete Thierarzt für die auf Grund seiner Untersuchung als
nothwendig erachteten polizeilichen Anordnungen, welche sich
später als überflüssig gezeigt haben, nicht verantwortlich ge¬
macht werden. Denn die Möglichkeit, dass wegen Unvollkommen¬
heit der diagnostischen Merkmale hin und wieder eiue Fehl¬
diagnose entsteht, kann die Anordnung der veterinärpolizeilichen
Massnahmen nicht hiuausschiebeu, bis durch die Impfung Klarheit
gewonnen ist. Johne 1. c. weist darauf hin, dass das Reichs-
Viehseuchengesetz in seiner jetzigen Fassung nicht gestatte, in
dem angedeuteten Sinne von der Impfung officiellen Gebrauch
zu machen, und dass hierzu erst eine Abänderung des Gesetzes
vorgenommen werden müsse. Diese Abänderung ist keineswegs
opportun, denn der Aufschub der Anordnungen bis zur Erlangung
des experimentellen Resultates, welches 12 bis 21 Tage und
länger dauern kann, würde der Verbreitung der Tollwuth den
grössten Vorschub leisten. Wohl aber könnte, sobald sich durch
die Impfung herausgestellt hat, dass der verdächtige Hund nicht
wuthkrank gewesen ist, die Aufhebung der angeordneten Polizei-
massregeln veifügt werden. Für diesen Fall biete, wie Johne
anfuhrt, der Wortlaut des Gesetzes bereits eine hinreichende
Handhabe. Im § 37 heisst es: „Ist die Tollwuth an einem
Hunde oder an einem andern Hausthiere festgestellt“, so ist
etc. anzuordnen. Da aber eine zweifellose Feststellung der
Wuth nur durch die Impfung möglich sei, so Hesse sich bei
einem negativen Impfergebniss im Verordnungswege eine Milde¬
rung der veterinärpolizeilichen Massnahmen herbeiführen. Die
Frage, ob in einem solchen Fall der Staat den Besitzern von
getödteten Hunden und Katzen Entschädigungen zu zahlen habe,
erledigt sich für uns durch den § 13 des preussischen Aus-
führungsgesetzes vom 12 März 1881. Hiernach wird Für Hunde
und Katzen, welche aus Anlass der Tollwuth getödtet sind (vgl.
Reichs-Viehseuchengesetz Abschnitt II, 4 § 62, 3), eine Ent¬
schädigung nicht gewährt.
Die durch das Irapfexperimcut anzustellende Untersuchung
wuthverdächtiger Thiere ist bisher nur vorgeschrieben Für die
Fälle, in welchen Menschen gebissen worden sind. Der
hierauf bezügliche bereits citirte Ministerial-Erlass vom 10. Jnli
1899 weist die beamteten Thierärzte Preussens an, nach erfolgter
Obcluction das Gehirn einschliesslich des verlängerten Marks im
unverletzten, aber von der Musculatur befreiten Knochengerüst
(Schädelhöhle nebst Atlas) sofort mit Eilpost, im Sommer thun-
lichst in Eis verpackt dem Director des Instituts für Infections-
krankheiten einzusenden. Daselbst werden von jedem wuth-
verdächtigen Thiere zwei Kaninchen geimpft.
Die Technik der Kaninchen-Impfung, welche mir im
Institut durch Herrn Dr. Marx persönlich vorgeFiihrt wurde, ist
! verhättnissmässig einfach. Von dem exenterirten Gehirn oder
, Halsmark wird ein etwa 1 ccm grosses Stück mit ca. 5 ccm
sterilisirter Bouillon zu einer Emulsion verrieben und von dieser
: 3 ccm einem Kaninchen intracraniell eingespritzt. Zu diesem
j Zweck wird das Kaninchen auf einem brettartigen Blech in Banch-
i läge befestigt. Der Kopf wird durch einen eigenartigen senkrecht
. von der Unterlage eraporragenden Haken fixirt. Nachdem die
Haare am Hinterkopf abgeschoren, die nackte Haut mit Alcohol
i und darauf mit Lysol gewaschen ist, wird die Kopfhaut auf 4 cm
in der Längsachse des Thieres durchschnitten, das Periost zuiiick-
! gelegt und mit feinen Trepanen, deren Durchmesser 5 mm be¬
trägt, die Schädeldecke durchbohrt. Alsdann wird mit einer
Pravaz’schen Spritze, an der eine feine gebogene Hohlnadel sitzt,
die Hirnemulsion eingespritzt und zuletzt die Hautwunde mit
zwei Seidenheften vernäht. Das ganze Impfverfahren nimmt etwa
10 Minuten in Anspruch.
Die Kaninchen ertragen den Eingriff gut und laufen un¬
mittelbar nach der Operation munter umher. Septische Folgen
treten bei dieser Methode fast nie auf. Nocard verfährt, um
auch der letzten Möglichkeit einer septischen Infection aus¬
zuweichen, etwas abweichend, indem er die Lamina externa des
; Schädeldaches mit einem Drillbohrer anbohrt und die weichere
[ Lamina int. mit der sterilisirten Hohlnadel direct durchstösst.
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148 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 13.
Diese Modilication dfiifie mehr Uebung verlangen als die vor¬
beschriebene.
Ausser der intracraniellen Impfmethode wird auch die
intraoculäre benutzt und von manchen Seiten, wie von Johne,
bevorzugt. Es soll sich jedoch bei dieser Form leichter Sepsis
einstellen können, auch soll sie nicht die absolute Sicherheit der
vorigen haben.
12—21 Tage nach der Impfung bricht beim Kaninchen die
Wuth aus. Dieselbe entspricht in den meisten Fallen der para¬
lytischen Krankheitsform. Högyes 1. c. beschreibt die
Symptome etwa wie nachstehend: Das Thier wird traurig,
frisst nicht und beginnt zunächst in den hintern Extremitäten
schwach zu werden, diese Schwäche geht bald in vollständige
Lähmung über. Die Lähmung pflanzt sich auf die Vorder-
extremiiäten und den Hals fort, so dass das kranke Thier auf
der Seite liegen muss. Unter Erscheinungen der Herz- und
Lungenlähmung tritt zwei bis fünf Tage nach dem Ausbruch der
Wuth der Tod ein. Zuweilen treten vor der Lähmung Symptome
auf, welche auf Erregung hindeuten und einen Anklang an die
rasende Wuth bilden, jedoch beisst das Kaninchen nur selten.
Im Ganzen wurden in dem Berliner Institut im ersten
Berichtjahre, das nur die Zeit vom 16. Juli bis ult. December 1898
umfasst, 137 Menschen mit Bissverletzungen behandelt. Eine
nachträgliche Erkrankung an Wuth ist in keinem
Falle eingetreten. Auch die vor der Eröffnung der Wuth-
schutzimpfabtheilung in Wien, Krakau und Paris behandelten
Bissverletzter deutscher Reichsangehörignngen (etwa 68 Personen)
im Jahre 1898 sind gesund geblieben. Die Mortalität ist mithin
gleich Null.
Die Behandlung nimmt 30 Tage in Anspruch und erzeugt
ke ne Störung im Wohlbefinden der Impflinge. Die Impfmasse
wird aus dem Mark von Kaninchen gewonnen, welche durch
Infection mit Virus fixe verendet oder im moribunden Stadium
getödtet worden sind. Das Kaninchenmark wird unter aseptischen
Vorsichtsmassregeln in Flaschen über Aetzkali aufgehängt und
im Wärmeschrank bei mittlerer Temperatur getrocknet. Durch
das Trocknen entsteht eine Abschwächung der Virulenz, welche
nach sechs Tagen so weit geschwunden ist, dass geimpfte
Kaninchen nicht mehr erkranken. Nach Pasteur wird bis zum
14. Tage getrocknet und mit diesem Mark die Behandlung be¬
gonnen. Stufenweise schliesst sich, nach einem bestimmten
Schema, die Verwendung von 13-, 12-, 11- u. s. w. bis dreitägigem
Marke an, womit eine sichere Immunität erlangt ist. In Berlin
beginnen die Einspritzangen mit zwölftägigem und enden mit
zweitägigem Marke. Diese Abänderungen erwiesen sich als noth-
wendig, weil die einheimischen Kaninchen kleiner sind als die
Pariser und daher die Einwirkung des Marks und Abschwächung
des Virus etwas schneller vor sich geht.
Die Injectionen werden unter die lockere Bauchhaut gemacht
und hinterlassen fast gar keine Reaction.
Es dürfie nicht überflüssig sein, in dieser Versammlung auf
die Tollwuthschntzimpfung und ihre Erfolge besonders hin¬
zuweisen, da Gesundheit und Leben bei Ausübung unseres Be¬
rufes, sei es durch den Biss eines tollen Hundes oder durch eine
Verletzung etc. bei Obductionen wuthverdächtiger Thiercadaver.
nicht selten in Gefahr kommen. Zwei Kreisthierärzte sahen sich
bereits genöthigt, die Schutzimpfung in Berlin an sich vornehmen
zu lassen, von anderer Seite ist dieselbe aus rein prophylaktischen
Rücksichten gebraucht worden. Diese Vorsicht empfiehlt sich für
Alle, welche sich mit experimentellen Untersuchungen über Toll-
wutli beschäftigen. Und es ist auch denjenigen beamteten Collegen,
welche häufig Tollwuthobductionen anszuführen haben, nahe zu
legen, dass sie zu ihrer Sicherheit von diesem Schutzverfahreii
Gebrauch machen.
Literatur.
Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam 1898, Stück
32, und 1899, Stück 31.
Beyer, Viehseuchen-Gesetze 1895.
Dieckerlioff, Specielle Pathologie und Therapie Band II, 1891.
Högyes, Lyssa 1897.
Johne, Zeitschrift für Thiermedicin. Neue Folge. 1898,
Band II, Heft 5.
Jahresbeiichte der Königlichen Technischen Deputation für das
Veterinärwesen über die Verbreitung ansteckender Thier¬
krankheiten.
Kirchner, Ueber die Bisaverletzungen von Menschen durch
tolle oder der Tollwuth verdächtige Thiere in Preussen
während des Jahres 1898.
Marx, Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung zur Heilung
und Erforschung der Tollwuth im Institut für Infections-
krankheiten im Jahre 1898.
Nocard et Leclainche, Maladies microbiennes des
animaux 1896.
Referate.
Die Credä’schenSilbersalze in der thierärztlichen Praxis.
Von Dr. Angelo Baldoni.
(Clin, vet 1899 II. 49-13.)
In der chirurgischen Klinik des Prof. Lanzillotti haben
die Silbersalze Itrol und Actol eine ausgebreitete Anwendung
bei der Behandlung von Hufkrankheiten, Nageltritt, Strahlkrebs.
Hufknorpelfistel, gefunden. Zur Desinfection des Operations¬
feldes wurden Lösungen von 1:1000 und zu den Wundverbänden
wurden die Präparate in Pulverform benutzt. Im Allgemeinen
erfolgte' der Verbandwechsel ifWei bis' drei Ta^e nacft der
Operation, um die Blutcoagula zu entfernen. In einem Falle
von Strahlkrebs blieb ein Actolverband neun Tage liegen.
Während dieser Frist war das Allgemeinbefinden des Pferdes
normal und die Belastung des operirten Fasses nahm von Tag
zu Tag zu. Die Wundfläche zeigte nach Abnahme des Ver¬
bandes ein gesundes Aussehen. Nach dem ersten Verband¬
wechsel blieben die neu angelegten Verbände 12—14 Tage ohne
Nachtheil liegen. Die Beobachtungen ergaben, dass die Heilung
und Bildung von neuem Horn schneller eintrat, als bei dem
Gebrauch der bisher bekannten Antiseptica. Dieses Resultat
ist grösstentheils dem Umstand zu verdanken, dass die Wund-
secretion durch die Wirkung der Silbersalze sehr beschränkt wird.
Eine Widerristfistel heilte nach operativer Entfernung der
degenerirten Gewebe unter Irrigation der Wunde mit einer
einprocentigen Actollösung in 20 Tagen.
Wunden, welche wegen eines grossen Substanzverlustes
nicht durch die Naht vereinigt werden können, bestreut man
mit pulverförmigem Itrol oder Actol. Es bildet sich mit dem
Wundsecret ein Schorf, unter dem die Heilung leicht von
statten geht.
Verf. hat auch die Irrigation des Uterus mit einer Actol¬
lösung 1: 1000 bei einer Foxterrierhündin ausgeführt und ist
der Ansicht, dass diese Behandlung auch auf die grossen Hans-
thiere übertragen werden kann, ohne Vergiftungserscheinungen
zu bedingen. Denn Hunde, Kaninchen, Meerschweinchen und ein
kleines Maulthier konnten ohne wesentliche Störungen der Ge¬
sundheit ziemlich hohe Dosen von Itrol und Actol ertragen,
welche denselben innerlich, snbcutan oder endovenös bei¬
gebracht wurden.
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29. März 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Bei Keratitis und Ulcus corneae ist mit Erfolg das Ein¬
blasen einer kleinsten Menge von Actolpulver in den Binde¬
hautsack versucht worden. Das Geschwür verkleinerte sich in
wenigen Tagen und die Hornhaut hellte sich auf. Cred£
empfiehlt in diesen Fällen an Stelle des reizenden Pulvers
Ac-tollösungen anzuwenden.
Das Argentum colloidale ist nur zum Zweck der Rotz-
diaguose vom Verf. benutzt worden, wobei er ein gleichmässiges
Resultat nicht erzielt hat. lieber diese Versuche ist in der
B. T. W. bereits berichtet worden. Die Zahl der Beobachtungen
ist noch zu klein, um eine sichere Schlussfolgerung aus den¬
selben ableiten zu können.
Bei der innern Verabreichung des Argentum colloidale zur
Bekämpfung von septicaemischen Krankheiten empfiehlt sich der
Zusatz von etwas Eiweiss oder anderer Eiweisssubstanzen, um
einer Beeinträchtigung des Mittels durch den Magensaft vor-
znbeugen.
Um den antiseptischen Werth der Crede’schen Präparate
festzustellen, begnügte sich Verf. nicht mit den klinischen Be¬
obachtungen, sondern stellte noch eine Reihe von Versuchen
an, in welchen die Einwirkung der Silberlösungen auf Rein-
culturen der Eitererreger studirt wurde.
Die Versuche ergaben, dass das Actol, vielleicht wegen
seiner grossem Löslichkeit, das Itrol und das Argentum colloidale
an antiseptischer Kraft iihertrifft und nicht hinter der des
Sublimates znrücksteht. Verf. ist jedoch nicht zu den Resul¬
taten Kochs und Behrings gelangt, welche den Silbersalzen
eine viermal höhere antiseptische Potenz zuschreiben als dem
Sublimat.
Zar Differeutialdiagno&e des Kehlkopfpfeifeus.
Von Bechstädt.
(Ztsclir. f. Vct. 1900, 1.)
Die geringfügigen Anfangsstadien des Kchlkopfpfeifens
sind nicht leicht festzustellen. Es gehört dazu nach Diecker¬
hoff Untersuchung in forcirter Gangart mit starkem Heran¬
nehmen des Kopfes gegen den Hals und Seitwärtsstellung des
Kopfes; der dann hörbare laute Ton verschwindet sofort wieder,
wenn diese Haltung geändert wird. Bechstädt hat nicht
selten dabei beobachtet, dass dann der Ton aussetzt, wobei
die Pferde in den Pausen eine Schluckbewegung znr Abschluckung
des Speichels machen. Dieses Aussetzen kommt beim wirklichen
Kehlkopfpfeifen vor. Nicht selten aber bekunden edle Pferde
einen inspiratorischen pfeifenden Ton, den sie willkürlich hervor¬
bringen, wie dies Dieckerhoff schon erwähnt. Es handelt sich
hier nur um eine Angewöhnung. Bechstädt hatte speciell bei
einer edlen hannoverschen Stute die Abwesenheit von Kehlkopt-
pfeifen festgestellt. Nach einigen Tagen wurde er zur noch¬
maligen Untersuchung aufgefordert, da bei einem kurzen Galopp
bei dem Pferde ein Ton hörbar geworden war, welcher sich
auch- im Trabe dann äusserte, wenn das Pferd erschrak. Bei
der ersten Untersuchung konnte Bechstädt das Geräusch nicht
hören: acht Tage später jedoch überzeugte er sich, dass das
Pferd, sobald es unter starker Beizäumung in kurzen Galopp
gesetzt wurde, bei jeder Inspiration einen leisen flötenden Ton
hören liess, der allmählich sich verstärkte und schon auf 20
Schritt hörbar war. Bei Verstärkung der Gangart verschwand
der Ton, wurde auch bei stärkstem Galopp bis zum allgemeinen
Schweissausbruch nicht mehr hörbar. Das Pferd wurde binnen
sechs Wochen mehrmals untersucht. Manchmal liess es den
eschriebenen Ton hören, manchmal war derselbe durch kein
149
Mittel hervorzubringen. Der Besitzer beobachtete noch, dass
lautes Anrufen das Pferd veranlasste, den Ton zu unterdrücken.
Es handelte sich also um eine Untugend, die sich später übrigens
verlor. Auch solche Reitpferde, welche Schwierigkeiten im
Genick haben und mit theilweise gestrecktem Kopf unter
geöffnetem Maule gehen, lassen bisweilen ein inspiratorisches
Athmung8geräusch hören in Form eines tiefen, von schlotterndem
Geräusch begleiteten Tons. Wahrscheinlich bricht sich hier der
Inspirationsstrom am Gaumensegel.
Exspiratorische Athemgeräusche sind häufiger. Schnarchen-
des Geräusch bei der Exspiration ist mehrfach beobachtet.
Bechstädt fand bei einem Pferde dasselbe so laut, dass das
Thier als Reitpferd unbrauchbar war, obwohl keine Athemnoth
bestand. Ein anderes Pferd bekundete das Geräusch nur beim
Galoppiren an der Longe, wenn der Kopf an dem Brustgurt
ausgebunden war. Das Geräusch verlor sich bei fortgesetzter
Bewegung. Bei einem anderen Pferde war das Geräusch immer
gleichmässig und schon im starken Trabe unter dem Reiter
hörbar. Ein Reitpferd kann durch ein solches Geräusch erheb¬
lich entwertliet werden.
Uteruskrebs beim Rinde.
Von Prof. Guillebeau-Bern.
(Journal de Lyon, Oct. 1S99)
Prof. Guillebeau hat in einigen Jahren sieben Fälle von
Uteruskrebs bei Kühen vorgefunden. In fünf Fällen sass das
Carcinom auf dem Halse, in zwei Fällen in den Uterushörnern.
In allen Fällen war das Organ stark vergrössert und äusserte
sich die Neubildung in Form einer diffusen Infiltration der
Gewebe, sie war hart, zähe und streifenförmig. In sechs Fällen
hatte eine Propagation auf andere Organe stattgefunden.
• Die Tumoren bestehen aus einem sehr festen Bindegewebe,
j das aus vielen Fasern und wenig Kernen besteht. Ein Zwanzigstel
I ungefähr der Masse ist epithelialer Natur. Die Zellen sind ent¬
weder cyliudrisch und in Reihen angeordnet oder cubisch und
in mehreren Schichten über einander gelagert. Die beim Car¬
cinom des Menschen häufigen Körperchen, die mit Sporozoen
identificirt wurden, sind nie gefunden worden.
Beim lebenden Thiere ist der Krebs leicht zu diagnosticiren.
Die Volumvergrö8serung des Organs, die Härte des Gewebes,
das Aufhören der Functionen des Uterus, die consecutive Ab¬
magerung und der cachectisclie Zustand, bilden einen Complex
von characteri8tischen Symptomen. Die Prognose ist immer
schlecht, und es empfiehlt sich, die Thiere baldigst abzuschlachten.
Ueber Infectionen mit dem Colibacterium.
Von Zschokke-Zürich.
(Si-lnv. Arch. IM. 42. 1.)
Es ist bekannt, dass das Bacterium Coli für gewöhnlich
einen harmlosen Bewohner des Darms darstellt, der nur durch
besondere Umstände virulent wird, dann aber eine ganze Reihe
von Störungen bedingen kann. So soll er beim Menschen
Dysenterie, Peritonitis, Leberabseesse, andererseits Cystitis und
Pyelo-Nephritis hervorbringen. Die schönen durch sieben Jahre
fortgesetzten Studien Jensen’s haben dargethan, dass beim
Kalbe das Bacterium Coli Epizootien der Kälberruhr hervorruft.
Auch im Euter und in der Blase ist bei Thieren das Bacterium
als Krankheitserreger mehrfach gefunden worden. Nocard
führt in seinem Werke „Les maladies microbiennes“ auf das
Colibacterium folgende Krankheiten zurück: Kälbersepticaemie,
septicaemische Erkrankungen einiger Vogelarten, unter anderem
auch die dem Menschen gefährliche Papageienmycose, das bös-
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No. 13.
lfO BERLINER THIERARZTLICI1E WOCHENSCHRIFT.
artige (’atarrhalfieber des Kindes. Formen von Nephritis beim ;
Hund und Schwein, Nabelinfection beim Kalb. Euterentzüudung |
beim Kind, Endocarditis beim Kind und Hund, auch einen Fall
von Abortus bei der Kuh. Er weist auch darauf hin, dass der
(ienuss des Fleisches von an Ruhr erkrankten Kälbern bei
Menschen eine eolibacilläro Darmerkrankung bedingen könne. —
Zschokke selbst hat im Schw. Arcli. 189C> das Colibacterium
als Ursache einer int'ectiösen Parese beim Kinde bezeichnet.
I>r. Wilhelmi, Assistent an der Thierarzneischule in Bern
(Landwirthschaftl. Jalnbuch der Schweiz Bd. 13 ) hat die
Nabelvenenentzündung der Kälber gründlich untersucht und ge- ,
fanden, dass in der Kegel eine stark virulente Art des Baeterium
C«di, nur selten Baeterium septicaemiae haemorrhagicae, die j
Crsache ist. Intravenöse Injectionen von Bouillonreinculturen ^
des Baeterium Coli bedingten bei acht Kälbern eine der Nabel- 1
Venenentzündung durchaus entsprechende. Erkrankung. Auch
Zschokke hat schon 1893 Experimente ausgeführt, um die ;
Crsache der Polyarthritis der Kälber zu ermitteln. Bei diesen
wurden in den (ielenken dreier Kälber Bacterien vom Aussehen
des Colibncterinms gefunden, deren intravenöse Verimpfung auf 1
Kälber wiederum Oelenkerkrankung erze igte.
Auch die eroupöse Enteritis der Katze dürfte auf Coli-
bacterien zurückzuführen sein. Diese Erkrankung ist nirgends
besonders beschrieben, jedoch nicht selten und im Winter und
Frühjahr oft seuchenartig. Fast ausnahmslos kommt sie bei
jüngeren Thieren vor und ist tüdtlich in einem bis drei Tagen.
Sie äussert sich in Erbrechen und Durchfall und erweckt oft
den Verdacht einer Vergiftung. Bei der Section zeigt sich
stets der mittlere und hintere Dünndarm stark geröthet und
eigentluimlich starrwandig. die Schleimhaut mit einer Croup¬
membran, oft auch mit einem Fibrinnetz belegt. Abimpflingen
von der Schleimhaut nach Entfernung des Croupbelages ergaben
fast immer Keinculturen von Bacterien, welche sich in Culturen
wie Colibacterien verhielten, allenfalls etwas schlanker waren
wie diejenigen des Kalbes. Mit Milch an eine Katze verfüttert,
erzeugten sie bei derselben eine erhebliche Erkrankung, die
allerdings in Genesung überging, während eine andere Katze
an Durchfall starb.
Das Celluloid und seine Anwendung zur Injection
yon Blutgefässen.
Von Dr. Karl Storch- Wien.
(Zeitschr. f. Tbiermed. 1809, Bd. III, H 3.)
Das Celluloid ist eine hornartige aus 2—3 mm dicken,
elastischen Platten bestehende Masse, welche 1809 die Gebr. Hyatt.
in Nordamerika aus einer Mischung von Cellulosenitraten (Collo-
diumbaumwolle) und Camphor herstellten. Allgemein bekannt
ist die Fabrikation von Kämmen, Wäscheartikeln, Schmucksachen,
Cliches u. 8. w. aus Celluloid. Die Benutzung desselben bei der
Injection von Gefässen ist vom Verf. eingeführt. Hierzu wird
derStoif in Acetin gelöst, eine Lösung, welche erst nach geraumer
Zeit erstarrt. Die Schrumpfung der Injectionsmasae kann durch
Zusatz von Kaolin vermindert werden. Zur Injection von kleinsten 1
Blutgefässen bedarf es eines geringeren Concentrationsgrades der
Lösung als zur Füllung grosser Stämme. Verf. benutzt daher bei
ein und demselben Präparate 2—3 Massen steigender Concentration, j
welche nacheinander in einer Reibschale bereitet werden. Die
injicirte Masse muss bis zum Siarrwerden des Celluloids unter
stetem Druck stehen. Daher ist die gewöhnliche anatomische 1
pritze zu dieser Injection nicht brauchbar. Der Spritzenstempel
niu<8 vielmehr schraubenförmig drehbar sein. Diese Eigenschaft
besitzt die von Prof. Teichmann-Krakau construirte Spritze.
Bei Doppelinjectionen wird zur Abkürzung des Verfahrens
die Veneninjection begonnen ehe die Arterieninjection beendet ist.
Die mit Celluloid hergestellten Gefässpiäparate besitzen den
Vorzug, dass dieselben bei weitem nicht so leicht brechen wie
die mit Wachs- oder Harzmassen gefüllten Gefässe. Die Nach¬
behandlung, welche entweder in Präparation oder Corrosion
besteht, lässt sich daher leicht und ohne die sonst erforderliche
grosse Vorsicht und Sorge um die Haltbarkeit des Präparates
ausführen.
Als Corrosionsflüssigkeit benutzte Verf. schwach verdünnte
Salzsäure; zur Färbung der Injectionsmasse für Arterien feinsten
chinesischen Zinnober, für Venen Cobaltblau, welche Farben der
corrodirenden Säure widerstehen.
Die in der beschriebenen Weise vom Verf. hergestellten
Piäparate haben nach mehrjähriger Aufbewahrung und mehr¬
fachem Transporte nach Ausstellungen keine Veränderungen
erfahren, ein Umstand, welcher für die Haltbarkeit der Objecte
spricht. Durch. Eintauchen in eine verdünnte Gelatinelösung
kann dieselbe noch erhöht werden, ferner erzeugt die Gelatine¬
hülle einen Glanz, durch welchen die Wachspräparate aus¬
gezeichnet sind.
Myxomyceten, resp. Plasmodiophora Brassica Woron.
als Erzeuger der Geschwälste bei Tieren
von Prof. Podwyssotzki in Kiew.
(l'entrallil. f. Hart. 11 l’nrnsitcnk No. III 1900.)
Vor 2»* Jahren entdeckte Woron in einen Myxomyceten
Plasmodiophora Brassica, welcher in den Wurzeln einiger
Cruciferen, besonders aber bei manchen Kohlarten recht para¬
sitäre Geschwülste bildet, den sogen. Kohlkropf. P. hat
Kaninchen, Meerschweinchen, Fröschen und Axolotlen kleine
Stücke Kohlgewebe, welches mit Sporen von Plasmodiophora
ausgefüllt war, unter die Haut gebracht und auch in die Bauch¬
höhle eingeführt. Schon nach 15 Tagen trat um das eingeimpfte
Stück eine wallnussgrosse Geschwulst auf. Thiere, welche mit
solchen Geschwülsten behaftet waren, wurden in der Kiewer
Aerzte-Gesellschaft demonstrirt. Verfasser zieht aus seinen
Versuchen (die ausführliche Arbeit erscheint in dem Russ. Arcli.
f. Path., klin. Medicin und Bacteriologie) folgende Schlüsse. Es
gelingt durch Impfung von Plasmodiophora Brassica bei Thieren
(Kaninchen und Meerschweinchen) experimentell Geschwülste zu
erzeugen. Die Geschwülste sind mesodermatischen Ursprungs
und ähneln einem grosszeiligen Sarcom, Endotheliom oder Gra¬
nulom. Die Geschwulst entsteht durch Hypertrophie und Proli¬
feration der fixen Bindegewebszellen und der Endothelien. Im
Inneren der Geschwulst sieht man die Sporen von Plasmodiophora
Brassica in wechselnder Menge. In manchen Fällen ist eine
grössere Menge von Sporen in Riesenzellen eingeschlosse», im
Inneren derselben gingen 'die Sporen zu Grunde. Nach dem
Befunde am Zellkern zu schliessen, erregt der Parasit eine
Kernproliferation. In Schnitten zeigen die mit Parasiten stark
gefüllten Zellen ein cliaracteristisches Bild. Im Innern des an die
Spore angrenzenden Protoplasmas der Geschwalstzelle sind kleine
Fetttröpfchen zerstreut. Solche Zellen scheinen aus einer Menge
von Vacuolen zu bestehen, indem jede Vaeuole mit Fetttröpfchen
umgeben ist. In einem höchst bösartig verlaufenden Falle von
Sareomatose der Bauchhöhle, der Niere, der Thyreoidea eines
Kindes hat Verfasser ähnliche mit Fett beladene cbaraeteristische
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29. Mär/. 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
grosse, vacuolisirte Zellen unterscheiden können. Die grossen
Zellen in Sarcomen und einigen Mammacarcinomen betrachtet
P. als Erscheinungen eines Biophagismus. Bei den mit Sporen
von Plasmodioj hora Brassica erzeugten Geschwülsten erscheint
die Phagocvtose ausreichend, und hierin sieht Verfasser den
Grund, dass die bei den genannten Tieren erzeugten Geschwülste
keinen bösartigen Character haben und sich mit der Zeit
verkleinern. J.
Thierhaltung und Thierzucht.
Die Frühreife des edlen Halbblutpferdes.
Von Mieckley.
Die Vollblutzucht führt zur Frühreife ihrer Producte. Durch
die sorgfältige Art der Aufzucht und Pflege dürfte dieser Erfolg
mit erzielt werden. Zweijährige Vollblutpferde leisten bereits
so anstrengende Arbeit, wie man sie Halbblutpferden nicht zu-
muthet. Bei der edlen preussischen Halbblntzucht ist jedoch
ebenfalls eine gewisse Frühreife erreicht worden unter Beachtung
jener Errungenschaften. Dieselbe erstreckt sich zwar noch nicht
auf Leistungsfähigkeit, aber auf Körperentwickelung. Versuche,
zweijährige Halbblutpferde zum Rennen herauszubringen, sind
bereits gemacht worden, in ihrem Erfolge jedoch noch nicht zu
übersehen. In einer früheren Arbeit (Arch'. f. Th. Bd. 201 hat M.
durch Wägungen und Messungen an der Trakehner Fuchsherde
erwiesen, dass die Skelettentwickelung bereits im dritten Jahre
abgeschlossen ist. Er hat die Untersuchungen in Beberbeck
fortgesetzt und kann bereits fest stellen, dass die Knochen¬
entwickelung der Beberbecker Halbblutpferde wesentlich früher
als die der Trakehner vollendet ist. Sämmtliche Messungen er¬
gaben, dass die Knochenstärke nach dem zweiten Jahre nicht
mehr znnimmt. Das Beberbecker Pferd besitzt daher eine noch
grössere Frühreife als das Trakehner. Die Ursache liegt zu¬
nächst wohl darin, dass erstere während des ganzen Jahres, so
lange als irgend möglich, Tag und Nacht weiden. In dem bergigen
Terrain bei keineswegs angenehmem Klima ist die Aufzucht eine
härtere. Andererseits ist in dem Beberbecker Stammbaum das
englische Vollblut reichlicher vertreten als in Trakehnen. Ob
noch andere Factoren mitwirken, kann M. nicht entscheiden.
Jedenfalls ist das edle Halbblut der preussischen Staatsgestüte
so frühreif, dass es, wenigstens in Beberbeck, dem Vollblutpferde
in der Körperentwickelung nicht viel nachgiebt. Wenn derartig
gezogene Pferde dreijährig benutzt werden, so consolidirt sich
der locoraotorische Apparat. Eine frühe Leistungsfähigkeit darf
daher dem Halbblut nicht mehr abgesprochen werden.
Viehzählung in den Vereinigten Staaten von Nord-
Amerika am 1. Januar 1900.
Am 1. Januar d. J. wurden in den Vereinigten Staaten von
Nord-Amerika nach dem Berichte des „Departements of Agri-
eultnre“ 13 537 524 Pferde, 2 086 027 Maulthiere, 16 292 360
Milchkühe, 27 610 054 andere Rinder und 41883 065 Schafe ge¬
zählt. Gegen das Vorjahr 1899 zeigt sich eine Abnahme bei
den Pferden um 1 pC't, bei den Maulthieren um 2 pCt., bei den
Rindern mit Ausnahme der Milchkühe um 1,3 pCt.; eine Zu¬
nahme bei den Milchkühen um 2 pCt. und bei den Schafen um
7 pCt. Die Gesammtzahl der Rinder beträgt 43 902 414 gegen
43 984 340 im Anfang des Jahres 1899, die Abnahme von 81 926
ist. zwar wesentlich geringer als in den Vorjahren, indessen ist
151
dies doch schon das sechste Jahr, wo sich der Rindviehbestand
der Vereinigten Staaten fortgesetzt verringert. Die Zunahme
bei den Schafen um 2 768 600 Stück ist ein weiteres beachtens-
werthes Moment. Der Werth jeder Classe des Viehbestandes
hat wesentlich zugenommen. Verglichen mit 1899 hat sich der
Durchschnittswerth im Jahre 1900 für Pferde um 7,21, für Maul¬
thiere um 8,60, für Milchkühe um 1,94, für andere Rinder um
2,18 und für Schafe um 0,18 Dollars per Kopf gesteigert.
Tagesgeschichte.
Bericht über die 34. Geueral-Versammlung des Vereins
Kurhessischer Thierärzte
am 10. Dezember 1899 in Cassel.
Von den Mitgliedern waren anwesend die Herren Döhrer
Grimme, Hartmann, Hornthal, Höxter, Kalb, Kalteyer,
Kobel, Scheffer, Schlitzberger, Stamm, Teske, Tietze.
Ausserdem als Gäste:
Die Herren Thierarzt Bockemüll er-Cassel, Kreisthierarzt
Grips-Gelnhausen, Schlachthofdirektor Dr. Grote-Cassel, Ober-
Rossarzt a. I). Jorns-Cassel, Corps-Rossarzt König-Cassel,
Kreisthierarzt Melde-Marburg, Ober-Rossarzt Rind-Cassel,
Kreisthierarzt Schultz-Grebenstein, Rossarzt Werner-Cassel,
der General - Sekretär der Landwirthschaftskammer, Herr
Oekonomierath Gerland-Cassel.
Nachdem der Vorsitzende die Anwesenden, insbesondere die
Gäste herzlich begrüsst hatte, wird zunächt der 1. Punkt der
Tagesordnung: „Geschäftliche Mitteilungen“ erledigt.
Ihr Ausbleiben hatten verschiedene Herren entschuldigt,
darunter auch Herr Dr. Casper-Höchst a. M., der im letzten
Augenblicke behindert war, einen Vortrag zu halten über die
Uebertragung des Schweinerothlaufs auf Menschen.
Er hatte ein schriftliches Referat eingesandt.
Ferner gingen noch Entschuldigungen ein von den Ehren¬
mitgliedern: Herrn Depart.-Thierarzt Dr. Schmidt-Aachen,
Geh. Med.-Rätlie Dr. Esser-Göttingen und Dr. Ellenberger-
Dresden, sowie von Geh. Ober-Reg.-Rath Dr. Lydtin-Baden.
Letzterer spricht nochmals seinen besonderen Dank aus für die
bereitwillige Geldunterstützung seitens der beamteten Thierärzte
des Bezirks Cassel zu den Kosten des VII. int. Thierärztlichen
Congresses in Baden-Baden.
Auch dem Ehrenpräsidenten Herrn Professor Dr. Kaiser-
i Hannover war es zu seinem und aller Anwesenden Bedauern
nicht möglich, der Versammlung anzuwohnen.
Die dem Verein von dem Ehrenmitgliede Herrn Geh. Med.-
Rath Professor Dr. Dam mann gestiftete Festschrift:
„Die neue thierärztliche Hochschule in Hannover, ihr
Bau und ihre Einrichtungen“
wird mit grosser Freude angenommen und der Bibliothek des
Vereins einverleibt.
Der Vorsitzende übernimmt es, dem verehrten Geber den
aufrichtigen Dank der Mitglieder für die Stiftung noch schrift¬
lich besonders auszudrücken.
Nicht beizutreibende, rückständige Beiträge des Collegen
| Herrn Frensel werden durch Vereinsbeschluss nieder-
j geschlagen.
, Der Vorsitzende spricht sein Bedauern aus, dass die Pro-
I tocolle der letzten beiden Vereinssitznngen bisher noch nicht
S fertig gestellt seien und schlägt deshalb vor, um den Mitgliedern
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152 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 13.
die jedesmaligen Verhandlungen möglichst schnell zugänglich zu
machen, dieselben in einer unserer Fachzeitschriften zu ver¬
öffentlichen, worauf dem Vorschläge stattgegeben und beschlossen ;
wird, die Protocolle der Versammlungen in der B. T. W. zum j
Abdruck bringen zu lassen.
Die von der Stuttgarter Allgemeinen Versicherungsgesell- i
Schaft übersandten Prospecte, betreffend Versicherung gegen
Haftpflicht, werden zur Kenntniss gebracht.
Der Verein als solcher lehnt es ab, eine Haftpflicht¬
versicherung einzugehen, vielmehr soll es dem Einzelnen über¬
lassen bleiben, sich wegen etwaiger Verträge direct mit der
Stuttgarter Gesellschaft in Verbindung zu setzen.
Ein Antrag des Vorsitzenden wegen Abänderung bezw. 1
Revision der Statuten, die noch aus dem Jahre 18U4 stammen ,
und daher theilweise veraltet sind, wird angenommen und eine
Commission, bestehend aus den Herren Döhrer, Hornthal, |
Kälterer, Schlitzberger und Stamm, mit der Neubearbeitung
der Statuten betraut.
Demnächst erstattet der Cassirer Herr Hornthal den
Cassenbericht, wonach pr. dat. ein Bestand von 422,15 M. vor¬
handen ist.
Dem Herrn Cassirer wird Entlastung ertheilt, nachdem die ,
Herren Kobel und Scheffer die Beläge geprüft und die Cassa- j
fiihrung ordnungsmässig befunden hatten.
Alsdann spricht der Herr Oekonomierath Gerland seinen 1
Dank aus für die herzliche Begrüssung, dabei betonend, dass
die hiesige Landwirthschaftskammer den thierärztlichen Fort¬
schritten und Bestrebungen stets grosses Interesse entgegen- j
bringe und dass sie ihrerseits stets bemüht gewesen, die Rath- !
schlüge der Thierärzte im Allgemeinen und im Besonderen sich j
zu Nutze zu machen nnd dass es auch ferner so Mfeibön w'ewle. i
Ebenso dankt Herr Corps-Rossarzt König im Namen der |
Herren Militärcollegen für die freundliche Einladung, der sie j
stets gerne Folge leisten werden
I
Punkt 2. Die Milch, ihre Gewinnung und Ver-
werthnng vom gesundheitlichen und seuchenpolizei¬
lichen Standpunkte. i
Herr Kreisthierarzt Schlitzberger hatte dieses Thema 1
zum Gegenstände eines sehr eingehenden Berichtes gewählt in !
Folge des von den betheiligten Ministerien unterm 27. Mai v. J*
ergangenen Runderlassse, betreffend die etwaige polizeiliche ,
Regelung des Verkehrs mit Milch.
Es wurde vom Referenten hervorgehoben, dass nicht allein |
Aerzte und Nahrungsmittel-Chemiker, sondern auch Thierärzte i
hierbei hauptsächlich mitzuwirken berufen sind.
In Cassel liege ein Bediirfniss nach polizeilicher Controle
schon deshalb vor, weil der Milchverkauf in den Händen vieler j
kleiner Händler liege, welche Abnehmer von den grösseren j
Gutem sind. Dann sind es die oft an den Milchwagen an¬
gebrachten, auf Täuschung des Publikums berechneten Plakate |
wie „thierärztlich oder ärztlich untersucht“, welche geradezu i
eine strengere polizeiliche Controle herausfordern.
Referent bespricht ferner an der Hand seiner Erfahrungen
im Einzelnen die Art der Fütterung der Thiere, welche auf die
Gewinnung einer zuträglichen und ertragreichen Milch Einfluss |
haben, sowie die verschiedenen Krankheiten der Thiere und die I
sehr oft schwer zu bekämpfenden Milchfehler — wie blaue, gelbe
und rothe Milch.
Nach dem sehr interessanten und fesselnden Vorträge wird j
dem Herrn Schlitzberger vom Vorsitzenden unter Zustimmung I
der Versammlung der Dank ausgesprochen für die grosse Mühe¬
waltung, der sich der Referent unterzogen.
Bei der sich hieran ankuüpfenden, lebhaften Discussion
ergreift zunächst das Wort Herr Oeconomierath Gerland, der
die Versammlung bittet, den Standpunkt der Landwirthe zu
wahren.
Er fordere eine Untersuchung nicht nur der Milch in den
sogenannten Kuranstalten, sondern sämmtlicher in den Verkehr
zu bringender Milch, ferner, dass die Halbmilch gänzlich ver¬
schwinden und nur eine Unterscheidung in Fettmilch und in
Magermilch ohne Bestimmung eines Fettgehaltes ftir letztere
gemacht werden solle.
In Bezug auf Magermilch müsse den Milchbesitzern das
Recht zugestanden werden, mit Hülfe verfügbarer Apparate den
werthvollsten Bestandteil — das Fett der Milch — nach
Möglichkeit zu entziehen.
Die Bestimmungen in den Verordnungen müssten klarer
präcisirt werden, um den Landwirth nicht unberechtigten Be¬
lästigungen auszusetzen.
Er wünscht schliesslich noch, dass man in der Einschränkung
der Milch tuberculoseverdächtiger Thiere nicht zu weit gehe,
da das Tuberculin bisher nicht als unfehlbar anzusehen sei,
ebenso wie auch zu fordern wäre, dass man das Verbot der
Milchabgabe nicht von bestimmten Erkrankungen der Thiere
abhängig mache, da solche der Landwirth unmöglich in der
Lage sei zu beurteilen etc.
Der Vorsitzende sucht zunächst die Befürchtung zu zer¬
streuen, dass etwa die Milch solcher Kühe, welche lediglich auf
Tuberculin reagirt haben, ohne klinische Erscheinungen der
Tuberctilose zu zeigen, vom Verkehr ausgeschlossen werden
braucht.
Wissenschaftlich sei diese Frage auf dem Baden’er Congresse
genügend disputirt worden, mit dem Ergebniss, dass allerdings
die zur Milchgewinnung aufgestellten Kühe einer regelmässigen
thierärztlichen Controle unterworfen werden sollten, die Milch
tubereulöser Thiere vom Verkehr als menschliches Nahrungs¬
mittel aber nur dann auszuschliessen sei, wenn die Thiere ab-
gemagert oder mit Tuberculose des Euters behaftet sind.
Im Uebrigen steht der Vorsitzende mit dem Herrn Vorredner
auf demselben Standpunkte, dass sämmtliche Verkehrsmilch einer
polizeilichen Controle unterliegen müsse.
Herr Corpsrossarzt König giebt interessante Aufschlüsse
über Milchuntersuchung, die er selbst früher vielfach ausgeführt
habe und hält er die Handcentrifugen für die Bestimmung des
Fettgehaltes der Milch für die practischsten.
Er glaubt, dass die Berliner Vorschriften, welche 3 be¬
stimmte Futtermittel vorschreiben, zu weitgehend sind; es sei
ja bekannt, dass gutes Grünfutter, welches oft verschmäht wird
ebenso aber auch eiweisshaltige Futterstoffe fettreiche Milch
erzeugen u. s. w.
Schliesslich hält er zur Untersuchung der Milch auf schäd¬
liche Baeterien einen geschulten Bacteriologen für durchaus
nothwendig.
Herr Schlitzberger geht zuletzt noch einmal näher ein
auf die Fütterung bei Erzeugung von Kindermilch, wobei er
namentlich betont, dass einzelne Besitzer als Flitter nur Heu,
Kleie und Wasser vorziehen, hingegen Rüben, Grünfutter, Oel-
knclien sehr verwerfen.
Ein Beschluss wird nicht gefasst, da die Frage der Milch-
controle sich noch im Stadium weiterer Erwägungen befindet.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
153
29. März 1900.
Nach Erledigung dieses Punktes wird der von Pr. Ca«per
bereitwilligst zur Verfügung gestellte Bericht über die von ihm
gemachten Beobachtungen von Uebertragung des Schweine¬
rothlaufs auf Menschen zur Verlesung gebracht.
Für die höchst interessanten Mittheilungen wird Herrn Dr.
C'asper vom Vorsitzenden der verbindlichste Dank ausgesprochen.
Näheres über seine Wahrnehmungen ist bereits in den Fach¬
blättern veröffentlicht.
Bei der sich anschliessenden Discussion erwähnt Herr Kreis¬
thierarzt Hartmann-Corbach (Waldeck) einen gleichen Fall
von Infection bei seinem Sohne:
Die Krankheits-Erscheinungen, die an den Händen und am
Arme anftraten, sollen dieselben gewesen sein, wie sie Herr
Dr. Casper beobachtet hat,
Punkt 3 der Tagesordnung:
„Stellungnahme zu den Beschlüssen des inter¬
nationalen thierärztlichen Congresses in Baden, be¬
treffend die Bekämpfung der Schweineseuchen, sowie
der Maul- und Klauenseuche“ (Referent Herr Vet.-Assessor
Tietze-Cassel) konnte der vorgerückten Zeit wegen, eingehender
nicht mehr behandelt werden.
Referent beleuchtet die verschiedenen Methoden der Impfung
gegen den Stäbchenrothlanf der Schweine und die daraus ent¬
springenden Gefahren nicht allein für die Impflinge, sondern auch
für benachbarte Schweinebestände, namentlich angesichts dessen,
dass man genöthigt ist, des besseren und anhaltenderen Erfolges
wegen, Reincnlturen zu verwenden.
Es ist nur bedauerlich, dass die immerhin gefährlichen
Impfstoffe in unbeschränkter Weise auch den Laien zugänglich
gemacht sind, die, wie-Referent an Beispielen nachweisen kann,
geradezu Missbrauch damit treiben.
Solange zu den Impfungen infectiöses Material Verwendung
findet, darf die Impfung nur von Thierärzten vorgenommen
werden.
Referent geht aber noch weiter und wünscht, anknüpfend an
die Congressbeschlüsse, wonach die Schutzimpfung aller Thiere
der gefährdeten Bestände polizeilich überwacht werden soll, dass
die Impfung überhaupt unter Aufsicht der beamteten Thierärzte
gesteUt werden müsste, analog, wie es bei der Lungenseuche ;
vorgeschrieben ist.
Desgleichen haben auch die §§ 19—22, bezw. 27 des Reichs¬
viehseuchengesetzes bei Vornahme der Schutzimpfung sinn¬
gemässe Anwendung zu finden.
Dass die Impfungen gegen Maul- und Klauenseuche gleicher
Weise unter amtliche Aufsicht zu stellen sind, hält Referent für
selbstverständlich.
Die Fehlresultate mit Seraphthin lassen dieses Verlangen im
Interesse der gefährdeten Viehbesitzer nothwendig erscheinen.
Die beamteten Thierärzte sollten zu dieser Frage auch jetzt
schon Stellung nehmen in Aussicht auf den von Herrn Geh.-Rath
Dr. Löffler in Baden-Baden annoncirten neuen Schutzimpfstoff.
Dass auch die Landwirthe im Sinne des Referenten
die Impfungen unter den Schutz der Behörden gestellt wissen
wollen, ist übrigens in der am 5. März er. abgehaltenen
Sitzung der 28. Plenar-Versammlnng des Deutschen Landwirth-
schaftsrathes besonders betont worden, indem der Antrag von
Bartmann:
„Impfmittel dürfen nur nach vorhergegangener
Anzeige bei den zuständigen Behörden und nur unter
genauester Beobachtung des Fortganges der damit im
Zusammenhänge stehenden Erscheinungen angewendet
werden“
der Commission als Material überwiesen wurde.
Die anwesenden beamteten Thierärzte stimmten dem Refe¬
renten in allen Punkten zu und ersuchten ihn, etwa nothwendige
Schritte in dieser Angelegenheit zu unternehmen.
Punkt 4. „Mittheilungen aus der Praxis“ musste der
vorgeschrittenen Zeit wegen abgesetzt werden.
Bei Punkt 5: „Neuwahl des Vorstandes“ werden die
bisherigen Mitglieder durch Zuruf wiedergewählt.
Sämmtliche Herren nahmen die Wahl dankend an.
Zur Neuaufnahme in den Verein hatten sich gemeldet die
Herren: Thierarzt Bockemüller-Cassel. Kreisthierarzt Grips-
Gelnhausen, Schlachthofdirector Dr. Grote-Cassel, Kreisthierarzt
Melde-Marburg, Kreisthierarzt M eyerstrasse-Hiinfeld und
Kreisthierarzt Schultz-Grebenstein.
Die Aufnahme erfolgt anstandslos, worauf die neuen Mit¬
glieder vom Vorsitzenden herzlich bewillkommt werden.
An die Sitzung schloss sich ein Mittagsmahl mit Damen an,
welches in der anregendsten Weise verlief.
Den Kaisertoast brachte der Vorsitzende aus, dabei zurück¬
blickend auf die Errungenschaften und die Fortschritte der
Thierarzneiwissenschaft im Laufe des bald zur Rüste gehenden
Jahrhunderts.
In launiger Rede gedachte Herr Director Dr. Grote der
Damen, während Herr Hornthal seinem langjährigen Freunde,
dem Ehrenpräsidenten Herrn Professor Dr. Kaiser, an den
noch ein Begrüssungstelegramm zur Absendnng gelangte, ein
freudig aufgenommenes Hoch ausbrachte.
Es wurde der Wunsch ausgesprochen, die nächstjährige
Sitzung in der Sommerzeit abzuhalten und Tags vorher mit den
Damen einen allgemeinen Ausflug nach dem Eldorado „Wilhelms¬
höhe“ zu unternehmen, was allseitig die lebhafteste Zustimmung
fand.
Tietze, Hornthal,
Vorsitzender. Schriftführer.
Au« dem Reichstag.
Die dritte Lesung des Fleischschaugesetzes ist bekanntlich
vertagt worden. Ob eine solche zu Stande kommt, wird mehrfach
bezweifelt; jedenfalls wird sie vor den Osterferien des Reichs¬
tages nicht mehr stattfinden.
Ebenso ist nach Mittheilungen von Abgeordneten als sicher
anzusehen, dass die Petition betr. das Abiturientenexamen der
Thierärzte erst nach den Osterferien zur Verhandlung gelangt.
Es hat nach wie vor den Anschein, dass unsere Angelegen¬
heit auf vielseitiges Wohlwollen stossen wird. Das in letzter
Nummer veröffentlichte Stenogramm der Verhandlung des
Militäretats giebt unserer Auffassung recht, dass die Haltung der
Conservativen eine ganz andere sein wird, wenn eben nicht
speciell von der Armee die Rede ist. Herr Graf Stoib erg hat
sicher nicht ohne Absicht sogar mehrmals ausdrücklich betont,
dass er eben nur auf die militärischen Verhältnisse Bezug nehme.*)
Ein Symptom ist es auch, dass die Sportwelt einen sehr
freundlichen Artikel bringt, in dem das Abiturientenexamen zur
Steigerung der Tüchtigkeit der Thierärzte warm befürwortet
*) Dabei ist dem Herrn Abgeordneten ein Irrthum untergelaufen,
indem er sagte, das übrige Veterinärwesen sei nicht Reichssacbe.
Die Ausbildung der Tbierärzte ist Reichssacbe und das dieselbe
bestimmende Regulativ ist vom Reichskanzler bekannt gemacht.
Der Reichstag ist also unzweifelhaft die competente Beratungsstelle
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154
wird. In Sportblättern las inan’s früher anders. Wir freuen uns j
über diesen Umschwung sehr. . j
Thierärztliche Stellen im Kaiserlichen Gesundheitsamte.
Unter Bezugnahme auf unsere Mittheilung in No. 8 der
B. T. W. über den Etat des Kais. Gesundheitsamtes und die
daran bezüglich der Berufung eines Thierarztes geknüpften
Wünsche, hat der zum Gesundheitsamt commandirte Herr Ross¬
arzt Koske privatim mitgetheilt: Er wolle der Deutung be¬
gegnen, dass er im Gesundheitsamt bloss mit der ärztlichen Be¬
aufsichtigung von Versuchsthieren betraut sei. Er habe sich j
vielmehr mit bacteriologischen Arbeiten verschiedener Art be¬
schäftigen können und sei in seiner Stellung voll befriedigt.
Obwohl uns der Wunsch um Veröffentlichung einer dem¬
entsprechenden Ergänzung nicht ausgesprochen worden ist,
glauben wir hier doch öffentlich aussprechen zu sollen, dass
wir die Möglichkeit einer Missdeutung jener Aeusserung nicht
angenommen, einen Hinweis auf die Stellung des z. Z. beim Gesund¬
heitsamt commandirten Rossarztes Koske damit jedenfalls über¬
haupt nicht beabsichtigt haben. Bei dem Wohlwollen, welches
der Herr Präsident des Gesundheitsamtes dem Veterinärwesen
erst kürzlich in Baden so offensichtlich gezeigt hat, zweifeln !
wir nicht im Geringsten daran, dass die Stellung von im Ge¬
sundheitsamt beschäftigten Thierärzten eine in jeder Beziehung i
befriedigende ist.
Es sollte mit jener Bemerkung in No. 8 lediglich der !
Wunsch ausgedrückt werden, dass bei der etwaigen Auswahl j
einer neuen Persönlichkeit für eine etatsmässige Stelle der
Nachdruck weniger auf den practischen Thierarzt, als auf den j
thierärztlich ansgebildeten Bacteriologen gelegt werden und die
Wahl somit auf einen Thierarzt fallen möchte, welcher die Be¬
fähigung zu selbstständigen Forschungen auf diesem Gebiet
voraussetzen lässt und welcher die Gelegenheit zur Bethätigung
dieser Fähigkeit erhält. S.
Sanitätsthierarzt.
Auf Grund des neuen Kommunalbeamtengesetzes werden
jetzt vielfach die Stellungen der Schlachthofleiter bezw. Sanitäts¬
thierärzte neu geregelt. Neulich konnte eine befriedigende
Regelung aus Barmen mitgetheilt werden. Ebenso ist jetzt der
Schlachthofverwalter Oberschulte in Lüdenscheid unter Er¬
nennung zum Sehlachthofdirector bei sehr befriedigender Be¬
soldungsscala lebenslänglich mit Pensionsberechtigung ( dies w r ar
schon früher der Fall) angestellt worden.
Berichtigung.
Bei Besprechung des fünfzigjährigen Jubiläums der Lands¬
mannschaft Salingia war als deren Stifter Kreisthiel arzt
a. D. Riedel genannt.
Herr College Riedel macht darauf aufmerksam, dass er
nicht a. D. sondern i. D. sei und dass er im Dienst noch das
OOjährige Stiftungsfest mitzufeiern hoffe.
Wir bitten für das Versehen um Entschuldigung mit dem
Wunsche, dass die ausgesprochene Hoffnung sich erfüllen möge.
Herr Dr. Schaefer,
Redakteur und Verlegor des „thierärztlichen Central-Anzeigers“
entrüstet sich in einem „Hauptartikel“ (!) über mich, weil ich in
No. 8 der B. T. W. die Meinung ausgesprochen habe, dass der An¬
zeiger, als ein auf Annoncensamralnng basirtes Blatt, nicht zur
thierärztJichen Fachpresse zähle. Ich hatte übrigens diese Bemerkung
nur dessbalb gemacht, weil man mich darauf hingewiesen hatte,
dass ein Artikel des thierärztl. Centralanzeigers in der B. T. W. nicht
beachtet bezw. nicht widerlegt worden sei. (Vgl. No. 8.)
No, 13.
Da Herr Dr. Schaefer von sieb selbst sagt, dass er „die Waffe
nur ritterlich schwinge, den Knüppel Anderen überlasse und
daher sich bemüht habe, in ruhiger Form und rein sachlich den
Angriff zurückzuweisen“, so will ich mich mit der Untersuchung,
wie weit ihm dies Bemühen gelungen ist, nicht weiter aufhalten.
Ich vermag auch nicht auf die Angriffe zu erwidern, welche
Herr Dr. Schaefer, indem er Rcdaction und Verlag verwechselt,
anscheinend aus Versehen gegen den Herrn Verleger der B. T. W.
richtet. Letzterer hat sich das Recht Vorbehalten, darauf selber
entsprechend zu antworten (s. Umschlag).
Ich will daher mich darauf beschränken, zu erklären, dass ich
meinen Standpunkt, dass ein Annoncenblatt nicht zu der thierärzt¬
lichen Fachpresse gezählt werden könne, unbedingt aufrecht erhalte.
Damit ist durchaus nicht gesagt, dass ich Herrn Dr. Schaefer
das Annoncensammeln „zum Vorwurf mache“, wie er selbst sagt.
Wenn z. B. ein Schuster den Ehrgeiz hätte, zum Kiinstlervercin
zu gehören, weil er den menschlichen Fuss in Leder abformt, und
wenn man ihn da nicht aufnimmt, so macht man ihm damit doch
sein Gewerbe nicht zum Vorwurf; man verlangt eben nur, dass er
bei seinem Leisten bleibt.
Das Annoncensammeln ist weder eine Thätigkeit im Dienst
der Wissenschaft, noch des Standes oder öffentlichen Interesses,
aber es kann deswegen ja eine ganz gute Thätigkeit sein. Herr
Dr. Schaefer, der sich übrigens nicht richtig Kreisthierarzt
a. D. nennt, war Grossherzoglich hessischer Kreisveterinärarzt und
nahm seinen Abschied, nachdem er von Darmstadt nach Schotten
versetzt war. Er sucht in seinem litterarischen Unternehmen nun
wahrscheinlich seinen Beruf uud theilweise seinen Lebensunterhalt.
Das wird ihm Niemand verdenken; aber er wird sich darein finden
müssen, wenn Ansprüche, die über das Niveau seines Unternehmens
hinausgehen, nicht anerkannt werden. Die Anerkennung richtet
sich nach der Leistung.
Die tierärztliche Fachpresse hat von ihren kleinen Anfängen
ab bis heute ohne jede Ausnahme sich denn doch die Erfüllung
ganz anderer Aufgaben zum Ziele gesetzt. Sie hat durchweg in
erster Linie einen wissenschaftlichen Gehalt geboten und daneben
zum Theil die systematische Besprechung von Angelegenheiten des
öffentlichen oder Standesintercsses gepflegt. Die von den Ver¬
legern, wie überall, den tbierärztlichen Zeitungen beigegebenen
Annoncenbeilagen haben mit dem Inhalt der Blätter selbst gar
nichts zu thun und verschwinden gegenüber demselben völlig.
Der thierärztliche Centralanzeiger enthält dagegen in der
Hauptsache Annoncen, kündigt sich auch selbst als Annoncenblatt
an, wird auch durch den ganzen Vertrieb als solches gekenn¬
zeichnet. Wissenschaftlichen Inhalt bringt er so gut wie gar nicht
und giebt nur einige Spalten kleine Mittheilungen über tägliche
Vorkommnisse. Das ist doch wohl keine Fachvertretung. Das ist
doch nicht der Inhalt, wie man ihn in der Presse einer Wissen¬
schaft und auch in allen übrigen thierärztlichen Blättern findet.
Wenn Herr Dr. Schaefer behauptet, er sei von verschiedenen
Seiten aufgefordert worden, „der Ueberhebung und Anmassung der
B. T. W., welche vielfach in thierärztlichen Kreisen starken An-
stoss erregt habe, entschieden entgegen zu treten“, so bezweifle ich
nicht, dass es freundliche Seelen giebt, die sich gern den billigen
Scherz machen würden, irgend Jemanden, gleichgiltig wen, gegen
mich zu hetzen. Wenn aber Dr. Schaefer daran die weitere Be¬
hauptung knüpft, er besitze eine grosse Zahl von Anerkennungs¬
schreiben für sich und sein „Streben“ von Collegen, so müssen
solche Behauptungen mit Beweisen belegt sein, wenn sie Eindruck
machen sollen; im Uebvigen würde das nur beweisen, dass es
unter den Thierärzten gutmiithige Leute giebt, die gern einem
Collegen ein freundliches W T ort sagen. Nach welcher Richtung
aber sich ein Streben des Herrn Herausgebers des tbierärztlichen
Centralanzeigcrs im allgemeinen Interesse bemerklich gemacht
haben sollte, bleibt unklar.
Die thierärztliche Fachpresse in ihrer Gesammtheit ohne jede
Ausnahme steht unzweifelhaft durch Inhalt und Art auf einem
anderen Niveau als der thierärztlicbe Central-Anzeiger. Sie hat
das Recht und die Pflicht, auf dies Niveau zu halten und das zum
Ausdruck zu bringen, denn ihre Stellung ist von Einfluss auf das
Ansehen des thierärztlichen Standes. Schmaltz.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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29. März 1900.
Seuchenstatistik und Veterinärpolizei.
Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche In Preussen am 15. März 1900.
Regierungsbezirk
Die Seuch
i
Kreisen
herrschte
n
Gemeinden
(Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht:
Königsberg.
8
22
5,38
Gumbinnen.
3
4
1,02
Danzig.
3
11
8,73
Marienwerder.
14
36
15,91
Berlin.
1
1
—
Potsdam.
14
71
27,44
Frankfurt.
10
65
23,88
Stettin.
10
93
49,57
Köslin.
10
33
17,08
Stralsund.
2
5
5,61
Posen.
14
24
7,28
Bromberg.
11
43
19,32
Breslau.
15
47
12,37
Liegnitz.
9
12
4,26
Oppeln.
11
18
6,42
Magdeburg.
14
71
49,30
Merseburg.
13
44
19,03
Erfurt.
5
7
11,94
Schleswig.
4
12
5,62
Hannover.
5
11
17,48
Hildesheim.
9
24
33,14
Lüneburg .
7
18
12,21
Stade.
1
3
4,13
Osnabrück.
3
7
12,50
Anrich.
2
3
8,77
Münster.
5
7
26,11
Minden ..
4
13
25,49
Arnsberg .
7
29
34,11
Kassel. . . «.
15
34
20,33
Wiesbaden.
7
13
13,88
Koblenz.
7
15
14,35
Düsseldorf.
14
40
93,02
Köln.
8
14
47,29
Trier.
8
14
12,42
Aachen .
6
11
28,20
Hohenzollern-Sigmaringei^
3
6
47,24
Summa:
282
881
Nacbweiaung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Relohe
am 15. März 1900.
Es waren am 15. März 1900 in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Marienwerder
I (1). R.-B. Berlin 1. R.-B. Potsdam 1 (1). R.-B. Stettin 1 (1).
R.-B. Posen 4 (4). R.-B. Bromberg 3 (4). R.-B. Breslau 1 (1).
R.-B. Liegnitz 1 (1). R.-B. Oppeln 2 (3). R.-B. Hildesheim 1 (1).
R.-B. Stade 1 (1). R.-B. Aachen 1 (1). Bayern: R.-B. Ober¬
bayern 1 (1). R.-B. Niederbayern 1 (1). R.-B. Schwaben 1 (1).
Württemberg: Donaukreis 2(2). Baden: Landescomm.Constanz
1(1). Braunschweig: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk
Lothringen 2 (5).
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 13 (30). R.-B. Niederbayern 4
(5). R.-B. Pfalz 6 (10). R.-B. Oberpfalz 9 (16). R.-B. Ober¬
franken 15 (24). R.-B. Mittelfranken 11 (18). R.-B. Unterfranken
II (22). R.-B. Schwaben 12 (52). Sachsen: Kreishauptm.
Bautzen 3 (11). Kreishauptm. Dresden 5 (25). Kreishauptm.
Leipzig 6 (18). Kreishauptm. Zwickau 10 (45). Württem-
155
I berg: Neckarkreis 13 (23). Schwarzwaldkreis 15 (37). Jagst-
kreis 10 (18). Donaukreis 14 (72). Baden: Landescomm.
* Constanz 6 (12). Landescomm. Freiburg 7 (15). Landescomm.
Karlsruhe 9 (12). Landescomm. Mannheim 12 (22). Hessen:
Provinz Starkenburg 3 (10). Provinz Oberhessen 6 (20). Pro¬
vinz Rheinhessen 5 (11). Mecklenburg-Schwerin: 6 (15).
Sachsen-Weimar: 3 (9). Mecklenburg-Strelitz: 2 (6).
Oldenburg: Herzogthum Oldenburg 1 (1). Fürstenthum Birken-
; feld 1 (2). Braunschweig: 4 (31). Sachsen-Meiningen:
4(5). Sachsen-Altenburg: 2(6). Sachsen-Coburg-Gotha:
3 (3). Anhalt: 4(14). Schwarzburg-Sondershausen: 1(1).
Schwarzburg-Rudolstadt: 1 (2). Waldeck: 1(1). Reuss ä.L.:
1(1). Reuss .j. L.: 2 (4). Schaumburg-Lippe: 1 (2).
Lippe: 1 (2). Bremen: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk
Unter-Elsass 7 (30). Bezirk Ober-Elsass 5 (13). Bezirk Loth¬
ringen 5(11).
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Magdeburg 2 (2). R.-B. Merseburg 1 (1).
Sachsen: Kreishauptm. Zwickau 1 (1). Anhalt: 1 (1).
D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest):
Preussen: R.-B. Königsberg 2 (2). R.-B. Danzig 1 (3).
R.-B. Marienwerder 4 (4). R.-B. Potsdam 6 (9). R.-B. Frankfurt
6 (8). R.-B. Stettin 3 (5). R.-B. Stralsund 2 (3). R.-B. Posen
8 (8). R.-B. Bromberg 1 (1). R.-B. Breslau 11 (23). R.-B.
Liegnitz 5 (13). R.-B. Oppeln 8 (14). R.-B. Magdeburg 3 (3).
R.-B. Schleswig 3 (3). R.-B. Hannover 2 (2). R.-B. Hildesheim
2 (2). R.-B.Münster 1 (1.) R.-B. Cassel 1 (1). R.-B. Coblenz 1 (1).
R.-B. Düsseldorf 2 (2). Bayern: R.-B. Oberbayern 1(1). R.-B.
Pfalz 1 (1). Württemberg: Donaukreis 1 (1). Mecklen¬
burg-Schwerin: 1(1). Braunschweig: 1(1). Anhalt: 1(1).
Lippe 2 (2). Hamburg: 1 (1).
Maul- und Klauenseuohe in England.
Die anlässlich des kürzlich erfolgten Ausbruches von der
britischen Regierung ergriffenen Massnahmen haben prompt ihre
Schuldigkeit gethan. Seit dem 3. März er. hat sich ein neuer
Ausbruch von Maul- und Klauenseuche nicht mehr ereignet. Die
vergebliche Nachforschung nach dem Ursprung der Seuche hat
den Vorstand der Central-Landwirthschaftskammer veranlasst, sich
dahin auszusprechen, dass in Zukunft grössere Vorsichtsmass¬
regeln bezüglich der Einfuhr von Milch, lebendem Geflügel,
Futter, Streu, Packmaterial, rohen Häuten u. s. w. aus durch
Maul- und Klauenseuche verseuchten Ländern sollten getroffen
werden. Kühn au.
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen etc.
In Magdeburg ist die Seuche am 13. März erloschen, ln
Berlin ist ein am 21. März erfolgter Ansbruch unter Ueber-
ständerindern am 24. März als erloschen gemeldet. In München
ist die Seuche am 13. er. unter Schweinen von Neuem ausge¬
brochen, nachdem sie am selben Tage unter Rindern erloschen
war. Aus Nürnberg ist gemeldet Ausbruch am 1.3 er., desgl.
am 16. und Erlöschen der Seuche unter Rindern, am 21. März
NeuansbrHch in der Abtheilung für Schweine.
Viehhandel.
Einfuhr von Schweinelebern: Die Wiederzulassung
von dänischen Schweinelebern, auch wenn sie nur schwach
gesalzen oder gespritzt und nicht völlig durchgepökelt sind, ist
in verschiedenen Landestheilen des Reichsgebietes angeordnet
worden.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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156 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 13.
Berlin, vom 7. März 1900. Einfuhr von Klauenvieh
aus einem wegen Maul- und Klauenseuche gesperrten Gebiet:
Die Zusendungen dürfen nur bei Tage und unter thierärztlicher
Controlle ausgeladen werden. Findet sich darunter auch nur
ein krankes oder verdächtiges Stück, so wird die Sendung auf
dem Seuchenhof geschlachtet. Anderenfalls erfolgt die Aufstellung
der Thiere in besonderen Abtheilungen des Viehhofes. Das Ent¬
fernen von hier unterliegt wiederum der thierärztlichen Controlle
und darf erst nach Beendigung der Verladung des Exportviehes
erfolgen.
Das Verbot des Handels mit Klauenthieren im
Umherziehen ist in dem grössten Theile von Baden (auch
für Ferkel) und vom Reg.-Bez. Hildesheim ergangen bezw. ver¬
längert worden.
Der Handel im Umherziehen mit Geflügel ist für
den Reg.-Bez. Hohenzollern-Sigmaringen verboten.
Bayern: Einfuhrverbot gegen Oesterreich.
In Bayern ist durch Entschliessung des Staatsministeriums
unterm 19. Februar 1900 die den Wirthschaftsbesitzern in den
Grenzbezirken gegen Oesterreich zustehende Befugniss zur Ein¬
fuhr von Nutz- und Zuchtvieh aus Oesterreich zeitweilig zurück¬
gezogen worden.
Schweiz.
Durch Veifügung des schweizerischen Landwirthschafts-
Departements vom 2. d. M. ist die Einfuhr von Klauenvieh
badischer Herkunft über die Zollämter der schweizerisch-
badischen Grenze vom 5. d. M. an wieder gestattet, sofern die
einzuführenden Thiere von vorschriftsmässigen Ursprungszeug¬
nissen begleitet sind und bei der grenzthierärztlichen Unter¬
suchung seuche- und verdächtfrei befunden werden.
Auch der Grenzverkehr mit Klauenvieh nach und von
Baden ist vom 5. d. M. an schweizerischerseits keinen aus¬
nahm eweisen Beschränkungen mehr unterworfen.
Personalien.
Rössle, städtischer Thierarzt in Waiblingen, nach Esslingen, Thier¬
arzt Schnioffsky von Mittelwalde nach Wansen (Kr. Ohlau),
Thierarzt Paul Süsskind München nach Penzberg, Bezirks-A. Weil-
heim, Oberrossarzt a. D. Tobolewski von Mewe nach Kranz,
Thierarzt Oskar Wucher nach Neuburg a. D. als Bezirksthierarzt-
asistent.
Thierarzt Friedrich Ei ebner, bisher in Füssen, hat sich in
Nesselwang, Thierarzt Adalbert Schiller-Ettenbeuren in Iffeldorf,
Bezirks-A. Weilsheira niedergelassen
Tode8fllle: Kreisthierarzt a. D. Borhauer-Bläsheim (1842),
Bezirkstbierarzt Brutscher-Sonthofen (1877), Thierarzt P. Fischer-
Hildeheim (1894), Thierarzt Karl Hammer-Mutterstadt (Pfalz) (1896)
und Kreisthierarzt Lucas-Imgenbroich (1872).
Vacanzen.
(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Cöslin: Stolp (Nord) mit dem Amtssitz in Glowitz (600 M.,
voraussichtl. Kreiszuschuss). Bewerb, bis 8. April an den Re-
gierungspräs.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Gumbinnen: Grenzthierarzt¬
assistentenstelle in StallupÖnen. — R.-B. Köln: Rheinbach. — R.-B.
Schleswig: Eiderstedt.
Sanltltsthlerarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Augsburg: Schlachthausdirector. (Anfangsgehalt 8120 M. steigend
bis 4740 M. und 600 M. Functionszulage. Wohnung etc. Keine
Praxis). Bewerb. bis 31. März an den Magistrat. —
Bromberg: Schlachthofassistenzthierarzt zum 1. April (2100 M.)
Bewerb, beim Magistrat. — Plauen i. V.: Assistenzthierarzt
am Schlachthof zum 1. Juni (2100 M.: vierteljährl. Kündigung),
j Meid, an den Director. — Rathenow: Schlachthofinspector zum
1. April (2000 M. steigend bis 3000 M., Wohnung etc.). Meldungen
an den Magistrat. — Rochlitz: Thierarzt für Fleisch’scUäu (ca.
2000 M.) Meldungen bis Ende März an den Stadtrath. — Schivel-
i bein: Thierarzt für Fleisch schau (ca. 2400—3000 M.; Praxis ge¬
stattet). Meid, beim Magistrat. — Pr. Stargard: Schlachthof¬
inspector zum 1. Mai (2100 M. steigend bis zu 3100 M., Wohnung
etc., Pension. Privatpraxis.). Meid, an den Magistrat.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — Eberswalde: Schlacht¬
Auszeichnungen: Dem Oberrossarzt Thomann (72. Art.-Rgt.)
ist die Erlaubniss zum Anlegen des Ritterkreuzes II. Kl. des Gross¬
herzoglich Hessischen Verdienstordens Philipps des Grossmüthigen
ertheilt worden.
Ernennungen: Zu Kreisthierärzten für die bezw. Kreise die comm.
Kreistbierärzte Brass-Greifswald, Cornelssen-Rendsburg, Grips-
Gelnhausen, Dr. Hülsemann- Walsrode, Kurse hat - Opalenitza,
Matschke-Cochem, Nethe-Rosenberg i. Westpr., Sahm-Bublitz,
Simon-Otterndorf. — Zu comm. Kreisthierärzten die Thierärzte
Bauer für Neutomischel, Kendziorra für Tönning. — Zu Grenz¬
thierarztassistenten die Tiiierärzte Behnke in Trier, Patschke in
Eydtkuhnen und Schmuck in Gollub.
In Bayern: Districtsthierarzt Victor Handschuh-Schillingsfürst
zum Bezirkstbierarzt in Obernburg (Unterfranken), Thierarzt Frey-
berger-Oberstdorf zum Bezirksthierarzt-Stellvertreter in Sonthofen,
Thierarzt Adolf Hohen adl-Miinchen zum Districtsthierarzt in Mitter-
fels (Niederbayern).
Gewählt: Thierarzt Otto Axe zum Hilfsthierarzt in Dresden, j
Thierarzt W. Draheim zum Schlachlhofassistenzthierarzt in Dessau, |
Kreisthierarzt Eckeberg-Schuby nebenamtlich zum Schlachthof- i
inspector in Eckernförde.
Promotionen: Miessner, städt. Thierarzt in Berlin, zum Dr. phil. j
Wohnsitzverlndemngen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt
Lappöhn von Kranz (Ostpr.) nach Mewe, Thierarzt Dr. Miessner
von Berlin nach Greifswald als Assistent am Hygienischen Institut,
hofinspector. — Filehne: Schlachthofinspector. — Görlitz:
Schlachthofassistenzthierarzt. — Köln: Oberthierarzt am Schlacbt-
und Viehhof. — Königsberg i. P.: Schlachthofthierarzt, —
Liegnitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Markneukirchen:
Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Militsch:
Schlachthofinspector. — Mülhausen (Eisass): Schlachthofverwalter.
— Ostrowo: Schlachthofinspector. — Spremberg: Schlachthof¬
inspector. — Thor'n: 2. Schlachthofthierarzt. — Wanne: Schlacht¬
hofvorsteher.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau
(Ostpr.): Thierarzt für Praxis (800 M. Zuschuss). Bewerb, beim Magistrat.
1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt zum 1. Mai
(2400 M., Privatpraxis gestattet). Meldungen mit Zeugnissen etc. bis
Ende März an den Amtmann. — Rakwitz (Pos.): Thierarzt zum
1. April. (Aus SchlachtviehbeBchau 1200 M.). Auskunft beim
Magistrat. — Rhinow (R.-B. Potsdam): Thierarzt. — Schwarzen¬
berg i. Sachs.: Thierarzt für Fleischbeschau und Praxis (voraus^
sichtliche Staatsunterstützung). Meid, an d. Stadtrath. — Sonnen¬
burg: Thierarzt (600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den
Magistrat. — Wolkcnstein: Thierarzt für Praxis und Fleischschau.
Auskunft beim Stadtrath.
Besetzt: Sanitätsthierarztstellen in Dessau, Dresden,
Eckernförde und Halle.
Vernutwortllch fUr den Inhalt (excL Inscratcnthell): Prot Dr. Schmält» ln Berlin. — Verlag and Eigenthum von Richard Soboets in Berlin. — Druck Ton W. BOienateln, Berlin
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Die „Berliner Thierärxtliche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in Stärke von mindeitens 1>/ S Bogen. Dieselbe
ist zu beziehen durch den Buchhandel, die Poat (No 1082)
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard
Schoets, Berlin NW., Luisenstrasae 36 , zum Preise von
hfk. 6,— pro Vierteljahr.
Berliner
Originalboiträge werden mit &0 Hk. für den Bogen honorirt
Alle Manuscripte, Mittheilnngon und redactionellcn An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, tbier&rztliche Hochschule, NW, Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoetr, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 14 . Ausgegeben am 5. April.
I n h a 11: Lohsee: 1 n der Ecole v6t6rinaire d’Alfort. — de Bruin: Paravaginale Abscesse bei der Stute. — Teetz: Ueber
Lecksucht bei Fohlen. — Storch: Periproctaler Abscess bei der Kuh. — Schünhoff: Behandlung der infectiösen
Kälberruhr mit Tannoforni. — Referate: Fischkin: Rotz beim Kameel. — Plösz: Operative Entfernung eines Ueber-
beins. — Petsch: Sehnenscheidenentzündung in der Gegend des Krongelenks. — Baldoni: Die Laparotomie bei der chronischen
Peritonitis des Hundes. — Delpörier: Einfluss des Gewichtes des Beschlages auf den Gang eines lahmen Pferdes. — Bell:
Die Anwendung des Formalin beim Anthrax. — Krüger: Ueber Sanatol. — Therapeutische Notizen. — TageBgeschichte:
Zum Abiturientenexamen. — Selbstverleugnung thut noth. — Verschiedenes. — Fleischschau und Viehverkehr. —
Personalien. — Vacanzen.
In der Ecole veterinaire d’Alfort.
Von
Alfred Lohoee,
prukt. Thierarzt
Das Jahr 1900 und mit ihm die Weltaasstellung wird auch
manchen deutschen Thierarzt nach Paris führen, der es dann
natürlich nicht versäumen möchte, mit eigenen Augen zu sehen,
wie es mit der Fachwissenschaft im Nachbarstaate steht, and
der deshalb die Pariser Schlachthöfe und die zunächst gelegene
Veterinärakademie, die zn Alfort, zu besuchen wünscht. Ueber
jene habe ich mich an anderer Stelle ausgelassen, diese aber
will ich im Nachstehenden beschreiben.
Die Ecole vdtärinaire d’Alfort liegt etwa 5 km von den
südöstlichen Fortificationen von Paris entfernt an der Stelle, wo
die Marne in die Seine mündet; mit einem Dampfer gelangt man
stromaufwärts fahrend in ungefähr % Standen vom Centrum der
Stadt dorthin. Die Langweiligkeit der Fahrt auf den meergrünen
Finthen der Seine überwindet man durch allerlei Betrachtungen,
zu denen theils die zahlreichen zwei- und vierbeinigen Passagiere,
theils das Innere der „Schwalben“*) Veranlassung gebeö, das mit
allerlei wichtigen und unwichtigen Plakaten übersäet ist, unter
denen niemals der volksbelehrende Avis fehlt: „Afln d’^viter la
propagation des maladies contagieuses, sp^cialement de la Tuber-
culoBe, il est EXPRESSIVEMENT INTREDIT aux voyageurs dans
un interet commun, DE CRACHER SUR LE PARQUET.
[Decision de M. le Prüfet de Police en dale du 23. juin 1898,
prise sur la proposition du Conseil d’hygiene publique et de
salubritd du Departement de la Seine.]
Die Ecole d’Alfort, die ursprünglich auf dem rechten Ufer
der Marne in dem Oertchen Charenton gelegen war, besteht
heutzutage nicht mehr in der Weise, wie man sie vor 134 Jahren
erbante; das damals den Zwecken des Thierarzneiinstitntes
dienende Schloss Alfort ist abgerissen und an seine Stelle der
Nenban einer der grössten, wenn nicht überhaupt der grössten
Veterinärakademie der Welt getreten. Mit ihren gewaltigen
Dimensionen halten selbst die Berliner und die neue hannoversche
Hochschule keinen Vergleich ans, und ihre pompösen Sandstein-
*) So nennt der Pariser die elegant gebauten und leicht dahin¬
gleitenden Dampfboote.
bauten mit den classisch schönen Fronten machen einen hervor¬
ragend vornehmen Eindrock und stellen sie auf eine Stufe mit jedem
anderen Staatsgebäude, dem nie ein verschwenderischer Luxus
mangelt. Das ganze Terrain, auf dem die Gebäude errichtet
sind, ist rings von einer hohen Umfassungsmauer umgeben und
nur an einer Seite durch ein Portal zugänglich, das beiderseits
ein kleines Hänschen als Appendix hat, rechts für den Pförtner
und links für den „Surveillant“, welch letzterer speciell über den
Ein- und Ausgang der Stadirenden zu wachen und Bach zu
führen hat. Hat man das Portal passirt, so steht man an der
einen Seite des grossen quadratischen Klinikhofes and hat linker
Hand die Professorenwohnangen nnd den Professorengarten,
dicht bei welchem unter hohen, alten Bäumen die überlebens¬
grossen Statuen von Claude Bourgelat, des Gründers dieser
Schale, und von Henry Boaley von Marmorsockeln herab auf
das Feld der einstigen Thätigkeit schauen. Der grösste Theil
der Professoren wohnt übrigens ausserhalb der Anstalt, da die
zur Verfügung stehenden Dienstwohnungen nicht genügen.
Gerade gegenüber vom Eingangsthor steht das zweistöckige
Gebäude, in welchem die Studirenden wohnen und speisen;
rechter Hand sieht man das anditoire d’honneur, worin feierliche
Aufnahme und Entlassung der Schüler stattfinden sowie National-
und andere Feste gefeiert werden. Weiter nach rechts schliesst
daran das Laboratorium für Chemie an, eine grosse Halle,
in welcher früher der Hufbeschlag praktisch erlernt wurde,
jetzt aber die „Uebungen am Hufe“ abgehalten werden, und
schliesslich eine grosse Operationshalle, in der Prof. Cadiot seine
Specialität, die Castration der Cryptorchiden nach seiner Methode
betreibt; hier finden auch alle Montage die Operationsübungen
statt, und endlich stehen dort die grossen und kleinen Versuchs-
thiere der chirurgischen Abtheilung. Die vierte Seite des Klinik¬
hofes begrenzen die Stallungen der internen und externen Kliniken,
die ihrerseits wieder ein Quadrat umschliessen, über welches sich
mit weit ausgreifenden Eisenträgern ein Glasdach spannt, das
im Winter und bei ungünstiger Witterung hinreichend belichteten
und geschützten Raum zur Abhaltung der Poliklinik gewährt,
welche einen Tag um den andern vom Director Professor
T r a s b o t, dem Leiter der inneren Klinik, nnd von Professor
Cadiot, dem Vorsteher der chirurgischen Abtheilung, bezw.
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158
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14.
von ihren Assistenten und Repetitoren geleitet wird.*) In dieser
glasüberdeckten Halle befinden sich vier „travaux,“ d. h.
Maschinen znm Niederlegen, Bändigen und Fesseln wider¬
spenstiger Thiere, also Zwangs- oder Nothstände. Es sind zwei
eiserne, ca. 1500 Frcs. kostende, die angeblich viele Veterinäre
in der Provinz besitzen, welche als Specialität das Castriren,
„ä debout“, am stehenden Thier, betreiben, ein hölzerner Apparat
und ein Apparat, ähnlich dem vom Schlachthofthierarzt Trapp
erfundenen. Dieser letztere schien mir der einzig praktische nnd
bequem zn handhabende za sein; die anderen alle ängstigen die
Thiere viel zn sehr and geben Anlass zn geradezu widerlichen
Schauspielen, wenn die Pferde, gefesselt wie sie sind,
mit der ganzen Kraft ihres Körpers in ihnen hin nnd her
zerren.
Anschliessend an diese Gebäade erhebt sich an der einen
Rückwand derselben wiederum ein ganzer Complex von Instituten,
der in ein- bis zweistöckigen Bauten untergebracht ist, die ihrer¬
seits wiederum im Geviert angelegt sind nnd einen quadratischen
Lichthof umgeben. Hier haben ihr Heim die Musen der
beschreibenden Naturwissenschaften, hier liegen die Präparir¬
and Hörsäle für Anatomie, Zoologie, Physik and Botanik. Nicht
zu vergessen ist da eine hervorragend schöne und vollständige
Sammlung anatomisch interessanter Objecte. Die Franzosen
sind ja Meister der plastischen Kunst, und so kann es nicht
Wunder nehmen, dass speciell für die Zwecke des anatomischen
Maseums ein Künstler engagirt ist, der die Collectionen um
prächtig gelungene, naturgetreue Nachbildungen bereichert; und in
diesen liegt gerade der didactische Hauptwerth der sehenswerthen
Sammlungen. Diese nehmen übrigens die oberen Etagen ein
und zwar zusammen mit den Räumen, welche für die umfang¬
reiche Bibliothek reservirt sind, welch letztere fleissig von den
Studirenden benutzt wird, zumal freundliche und bequeme Lese¬
säle, die in nichts denen der Berliner Königlichen Bibliothek
nachstehen, den Aufenthalt daselbst zu einem wirklich ange¬
nehmen machen. Zudem dient diese Bibliothek nicht nur rein
fachwissenschaftlichen Zielen, sondern ist durch ihre Reich¬
haltigkeit an Büchern auch anderer Wissenschaften und durch
zahlreich aasliegende politische Tageszeitungen geeignet, die
sog. allgemeine Bildung zu fördern. Im Erdgeschoss aber waltet
Professor Raillet, der berühmte Zoologe und Thierarzt, dessen
germanenhafte Gelehrtenerscheinung und Gelehrtenruhe auf jeden
Deutschen einen anheimelnden Eindruck machen muss, besonders
da der liebenswürdige Franzose, ein vielgereister Herr,
jeden Besucher seines Heiligthums mit dem freundlichsten
Entgegenkommen zu behandeln weise. Und ebenso wie hier
fühlt man sich wohl bei Professor Nocard, dem ritterlichsten
aller Franzosen, die ich kennen gelernt Man glaube doch
nicht, dass die Ritterlichkeit ein Etwas sei, das die Franzosen
vor uns voraus haben; das ist eine Fama: gesellschaftliche
Höflichkeit und unhöfliche Gesellschaftsmenschen giebt es hüben
so wie drüben. Aber das muss man sagen, dieser vielum¬
fassende Geist Nocard’s, der nicht nur die Fluren seines
engeren Vaterlandes genaner kennt, sondern hinaus, ja weit
liinausgeschaut hat in die Welt, zieht förmlich mit magischer
Gewalt einen jeden in seine Kreise, der das Glück gehabt,
in seiner Nähe zu weilen. In seinem verhältnissmässig
kleinen bacteriologischen Laboratorium weiht er immer eine
kleine Schaar von zwölf Studenten persönlich in die Geheimnisse
*) Die Zulassung zu den AsBistentenstellen ißt abhängig von dem
Bestehen einer besonderen Prüfung. Dem Begriff und der Function
unserer Repetitoren entsprechen in Frankreich die sogen, chefs de
travaux.
der mikroskopischen Welt und deren Bewohner ein. Grösser
als die hierfür zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten Bind
dagegen die Stallungen und Standquartiere für die zahlreichen
grossen und kleinen, zahmen nnd wilden Versucbs-
thiere, deren Lebensschicksalen unsere Wissenschaft schon
so manches glücklich gezogene Loos verdankt Mit innerer
Freude demonstrirt Professor Nocard da besonders die Erfolge
seines Tetanusserums an einem auf drei Beinen herum¬
humpelnden Hunde, bei dem man, nachdem er sich mit
Tetanusbacillen inficirt, zunächst ein Vorderbein ohne Erfolg
amputirt, dann aber durch subdurale Injection von Tetanus¬
serum die Krankheit gehoben hatte. Gerade eine Eigenschaft, die
Wenigen gegeben, macht Nocard so gross: sein Stolz über er¬
rungene Erfolge übertrumpft niemals seine natürliche Be¬
scheidenheit
Um nun von den Studenten und ihrem Leben und Treiben
zu sprechen, so müssen diese, um Aufnahme in der Ecole zu
finden, beide Examina absolvirt haben, welche den Abschluss
des Lyceumunterrichtes bilden. Das Bestehen dieser beiden
sogen. Baccalaureate stellt sie auf eine Stufe mit den Studenten
der anderen Facultäten und den Apothekern I. Classe. Sie
dürfen bei dem Eintritt in die Anstalt nicht unter 18 Jahren,
eher etwas älter sein. In der Ecole, in welcher sie mindestens
vier Jahre verbleiben, heissen sie 616 ves. Haben sie beim Ver¬
lassen des Lyceums bereits das 21. Lebensjahr hinter sich, so
absolviren sie als Einjährige ihre Militärzeit und gehen dann
zum Studium über; andernfalls studiren sie erst ein, zwei oder
drei Jahre und dienen, sobald sie 21 Jahre alt sind*). In der
Ecole sind die Studenten, deren Zahl zur Zeit etwas über 200
beträgt, „internes“, d. h. sie wohnen und essen dort; sie bezahlen
jährlich 600 Francs und haben dafür frei die Wohnung, das
Essen (Morgens um 7 Uhr, Mittags um 11 Uhr und Abends um
7 Uhr), die Wäsche und den gesammten Unterricht einschl. der
praktischen Uebungen; dagegen haben sie für Kleidung, Bücher,
Instrumente, kurz für alles Uebrige selber zu sorgen. Sie haben
ca. vier Monate im Jahre Ferien, nämlich drei Monate im
Sommer und je 14 Tage zu Ostern und zu Weihnachten; sie
verreisen dann, wenn ihre Heimath nicht allzuweit entfernt ist
nnd wenn sie nicht für die Ferienkliniken verwendet werden, zu
denen man immer 25 heranzieht. Za bemerken ist übrigens, dass
das Studienjahr in Frankreich nicht in Semester, sondern in
Trimester eingetheilt wird. — In jeder Woche dürfen die
Studirenden dem Internat zweimal den Rücken wenden, und zwar
Dienstags von 6—11 Uhr Abends und von Sonnabend Abend um
6 Uhr bis Sonntag Abend um 11 Uhr, und der Surveillant am
Hauptportal wacht über jeden Ein- und Ausgang und darüber,
dass Niemand unbefugter Weise das Institut verlässt Da nun
die Logements, welche immer vier bis sechs Studirende zugleich
inne haben, nur als Schlafzimmer dienen und den ganzen Tag;
über verschlossen sind, so sind die jungen Leute gezwungen, ent¬
weder die Vorlesungen und praktischen Uebungen zu besuchen
oder in besonderen gemeinschaftlichen Arbeitssälen („ötudes“),
wo Jeder einen Arbeitsplatz hat, zu schaffen, oder endlich im
Parke zu promeniren. Einmal freilich sah ich Vormittags um
11 Uhr einen Jüngling am hintersten Ende des Gartens mit
beneidenswerther Gelenkigkeit nnd in unwiderstehlichem Freiheits¬
drang über die ihn einkerkernde chinesische Mauer setzen
und so dem Idyll der 1 i b e r 14, 6galit6, fraternitö
entrinnen. Nun, das kommt überall einmal vor! —
Innerhalb der Anstalt tragen die Studirenden schwarze
*) Der Einjährige in Frankreich wohnt übrigens mit in der
Kaserne und wird vom Gouvernement in Bezug aut Lebensunterhalt
und Kleidung genau so gehalten wie jeder Gemeine.
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5. April 1900. _ BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. m
Mützen, welche je nach dem Jahrgang, dem einer an- die Hände klatschten, ohne die unvermeidliche Cigarette oder
gehört, mit 1, 2, 3 oder 4 goldenen Streifen versehen
sind und an deren Vorderseite sich ein in Gold gestickter
Aesculapstab befindet. Die Klinikpraktikanten haben blaugestreifte
Leinenkittel an und blaue Schürzen vorgebunden — entschieden
sehr praktisch, wenn auch keineswegs dem ästhetischen Gefühle
zusagend.
Nicht unangebracht ist an dieser Stelle wohl ein kurz¬
gefasster Vergleich mit den entsprechenden Verhältnissen im
Königreich Belgien. Um Thierheilkunde an der Staatsveeart-
senijschool zu Brüssel (Bruxelles, Boulevard du Midi) zu studiren,
muss man sechs Jahre ein Gymnasium (in Belgien „les humanitös“
genannt) mit Erfolg besucht haben, das man nach Absolvirung
der obersten Classe mit etwa 18 Jahren verlässt, worauf man
auf zwei Jahre die Universität bezieht und hier Chemie,
Botanik etc. studirt. Nach Ablauf dieser zwei Jahre geht inan zur
Staats-Veterinär-Schule über und Btudirt hier noch 3' Jahre,
ln Brüssel existirt nicht die Institution des Internates, dagegen
kennzeichnen sich die Studirenden der Thierheilkunde auch ausserhalb
der Hörsäle durch kleine schmucke Sammetmützen, die mit dem
üblichen Schlangenstab, einem Miniaturhufeisen und 1 bis 4
Sternen versehen sind. Die Art des Unterrichtes ist in Belgien
wie in Frankreich dieselbe; am Schluss jeden Jahres wird ein
Examen gemacht.
In Frankreich erstreckt sich dies nach dem ersten Jahre auf
Anatomie (Muskeln und Gelenke), Physik, Botanik und anorganische
Chemie; nach dem zweiten Jahre prüft man Anatomie (den ge-
sammten übrigen Stoff), organische Chemie, Histologie und
Embryologie, Zoologie und praktische Botanik (d. h. eine für die
Zwecke der Arzneimittellehre angewandte Pflanzenkunde); im
dritten Jahre Materia medica, Klinik und Therapeutik; im vierten
endlich „Jurisprudence“, Pathologie, Clinique bovine. — Für den
Unterricht der Cleves der Veterinärakademie zu Alfort wird alles
Mögliche gethan; das Beste, was es giebt, hat man heraus-
gegriffen: grosse Räumlichkeiten, angenehmen Aufenthalt in dem
weitläufigen Garten, Unterhaltung und Belehrung in den belaubten
Alleen des Parks, zwischen denen sich Treibhäuser und Versuchs*
gärten hinziehen. Bemerkenswerth ist, dass die praktische
Seite der Ausbildung besonders gepflegt wird. Da9 beginnt
bereits im 1. Trimester, wo man den anatomischen „dissections“
die grösste Spanne Zeit einränmt, setzt sich dann fort im 2. Tri¬
mester, wo man sogar Zootechnie praktisch betreibt — was aller¬
dings wohl ein wenig zu weit gegangen ist; denn wozu einen
Floh zergliedern können, wenn man später verstehen soll, ein
Pferd zu seciren? Ganz besonderer Pflege aber erfreut sich der
klinische Unterricht. So wird verlangt, dass der Studirende im
letzten Jahre des Studiums jede Operation selbstständig ausführt;
der Verantwortlichkeit freilich wird er nur durch grosse, an den
Wänden der Operationssäle angebrachte Tafeln entzogen, auf
denen dem viehbesitzenden Publikum kund und zu wissen gethan
wird, dass man hier für keinen etwa eintretenden Schaden auf¬
kommt. Allzuoft wird die Eventualität aber wohl überhaupt nicht
eintreten; denn es wird ja von vornherein darauf abgezielt, dem
Lernenden möglichst frühzeitig ein Gefühl der Sicherheit beizu¬
bringen, wozu nicht unwesentlich der Umstand beiträgt, dass die
ersten operativen Hantirungen, die der Student am thierischen
Körper vornimmt, die Operationsübungen, am lebenden, mit
Chloralhydrat anästhesirten Thiere vorgenommen werden. Eine
Operation übrigens ist es, die Professor C ad io t niemals anderen
überlässt, die Castration der Cryptorchiden durch die Bauch¬
muskeln hindurch. Eigenthtimlich hat es mich stets berührt, wenn i
die Studenten, sobald Professor Cadiot den Hoden glücklich aus I
der Bauchhöhle hervorgezogen hatte, Bravo riefen und dazu in ;
j kurze Pfeife dabei beiseite zu thun! Doch das ist einmal Usus;
I umgekehrt findet der Franzose es absurd, dass der deutsche
: Student seinen Professor beim Eintritt in den Hörsaal mit einem
energischen Schenkeltremolo begrüsst. Die Cryptorchidenoperation
gehört übrigens in Frankreich zu den alltäglichen, und der fran¬
zösische Thierarzt kann nicht annähernd die Summen für eine
glücklich gelungene Operation liquidiren wie sein deutscher College;
I die theuerste Operation in Frankreich ist die Ovariotomie, für die
120 bis 150 Francs bezahlt werden. Interessant war es mir kennen zu
i lernen, dass die normale Castration stets mit Beibehaltung der
: Tunica vaginalis (ä testicule couvert) geschieht, dass man stets mit
| Kluppen castrirt und die Testikel daran hängen lässt, um
; sie nach 4—5 Tagen abzuschneiden. — Ein Vortheil gegen-
| über dem Studienplan unserer Hochschulen ist m. A. auch, dass
j die Studirenden des vierten Jahrganges von einem älteren
' Militär a. D., einem „Commandant“, Unterricht in der Reitkunst
i erhalten; es werden speciell zu diesem Zwecke 25 Pferde
gehalten. Der klinische Unterricht erstreckt sich auch auf
die Krankheiten der Wiederkäuer und Schweine, es besteht
für diese Disciplin ein besonderer Lehrstuhl. In Deutsch¬
land kann es Vorkommen, dass ein soeben approbirter
Thierarzt aufs Land hinauskommt, ohne je ein krankes
Schwein oder Schaf gesehen zu haben — in Frankreich ver¬
hindert das die Einrichtung der clinique bovine. Noch manches
Wort Hesse sich über die Verhältnisse sagen, wie sie in Alfort
bestehen; doch mag dies vor der Hand genügen, den deutschen
Collegen ein Bild zu malen, wie man in Frankreich Thierarzt
wird.
Es lässt sich nicht leugnen, dass die Ausbildung
! dort eine vorzügliche und in mancher Beziehung nachahmens-
i wertbe ist; es ist auch kaum zu bezweifeln, dass die Männer,
! denen solche Ausbildung zu Theil geworden, fähig sind, das
j Beste zu leisten. Dass aber thatsächlich diese schönen Fähig¬
keiten nicht so ausgenutzt werden, beweist z. B. die Hand-
i habung der Fleischbeschau. Wer nun von den Zuständen drüben
sich persönlich überzeugen will, der kann es an der Hand
! meiner Auslassungen getrost wagen. Aus eigener Erfahrung
I aber will ich noch den Rath hinzufügen, sich doch ja mit amt-
I liehen Legitimationen und mit Empfehlungen auszurüsten. Der
! Director Prof. Trasbot hält sich nämlich genau an seine
j Instruction, welche ihm vorschreibt, Ausländern den Besuch der
Ecole nur zu gestatten, wenn der französische Ackerbaumioister
nichts dagegen hat; dieser wieder gestattet es nur, wenn eine
Empfehlung von der deutschen Botschaft beigebracht wird, und
die letztere stützt sich natürlich auf das Auswärtige Amt. Wer
es also versäumt, in der Heimath bei Zeiten die nöthigen Schritte
zu thuD, wird später nur mit grossen Umständen das Versäumte
nachholen können. Anzurathen ist aber, sich ausserdem noch,
wenn irgend möglich, mit privaten Empfehlungen zu versehen,
da diese in Frankreich Jedwedem ein jedes Haus öffnen.
Paravaginale Abscesse bei der Stute.
Von
M. G. de Bruln-Utrecht
l’mfc-isor.
Bei der Stute trifft mau manchmal nach der Geburt Abscesse
in dem Bindegewebe an, das zwischen der oberen Wand der
Vagina und dem Rectum liegt. In den meisten Fällen ist nur
ein Absces vorhanden, der alsdann seitwärts der Scheide und
des Mastdarms liegend, vorn durch die Excavatio recto-vaginalis,
hinten durch das Perinaeum begrenzt wird.
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160
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14.
Der Ahseess kann einen ziemlich grossen Umfang annehmen,
der Inhalt bis 2 oder noch mehr Liter betragen.
Ursachen: In einzelnen Fallen wurde wahrend der Geburt,
wenn auch nur leicht, die Scheidenwand, und zwar meistens die
obere Wand des Introitus vaginalis verwundet, von wo aus dann
die Intention geschah. Die Scheide, besonders das Vestibulum
vaginae enthalt stets viele Streptococcen, deren Virulenz meistens
nicht gross ist. Es scheint nun, dass die Infection unter be¬
stimmten Umstanden, welche wir jedoch nicht naher kennen,
stattfinden kann.
Bisweilen geschieht die Infection per coitum. Die Stute
wird meistens 0 Tage nach der Geburt des Füllens gedeckt.
Es ist desshalb nicht immer auszumachen, ob die Infection in¬
folge der Geburt oder als eine Folge des Deckaktes zu be¬
trachten ist, um so mehr, da das Leiden sich erst zwei bis drei
Wochen nach der Geburt völlig offenbart.
In wie fern eine gutartige Druseinfection hier im Spiel sein
kann, vermag ich nicht zu beurtheilen. Allerdings habe ich
mehr al6 einmal beobachtet, dass der Abscess sich bei Stuten
vorfand, welche von einem Hengst gedeckt worden waren, der
an gutartiger Druse litt oder gelitten hatte.
Erscheinungen: Zehn bis vierzehn Tage nach der Geburt
des Füllens bemerkt der Besitzer, dass der allgemeine Gesund¬
heitszustand des Muttertliieres nicht gut ist. Die Fresslust ist
zwar noch genügend, allein die Stute ist trag, und wenn sie mit
ihrem Füllen sich auf der Weide befindet, so bleibt sie lange
auf derselben Stelle stehen. Die Milchsecretion hat etwas ab-
genommeu. Sowohl bei der Entleerung des Mistes als beim
Harnen stöhnt das Pferd, besonderes letzteres scheint schmerz¬
haft zu sein.
Bei näherer Untersuchung ergiebt sich Folgendes: Die
Temperatur hat sich etwas erhöht, 31» 31»,"» ('. Der Gang mit
den Hinterbeinen ist einigermassen schleppend. Von einer
äusseren Anschwellung neben dem Anus ist oft noch nichts zu
sehen, diese erscheint erst später.
Die rectale Exploration verschafft uns mehr Anhaltspunkte,
ln den meisten Fällen ist rechts, (links traf ich sie nur ver¬
einzelt an ) 10—15 cm von dem Anus entfernt die Anschwellung
wahrzunehmen. Das Rectum ist an dieser Stelle verengt, und
durch Palpation fühlt man meistens in horizontaler Richtung
Fluetuation.
In manchen Fällen sieht man neben dem Anus und der
Vulva eine diffuse Anschwellung, welche sich bis über den Sitz-
beinhöcker fortsetzt. Die Anschwellung ist überall an dem
Anus und der Vulva deutlich, die Labia seitwärts der An¬
schwellung sind sehr dick geworden und die Wurfspalte oft schief.
In letzterem Falle wird man natürlich sofort an einen
Paravaginalabscess denken: wo keine äussere Anschwellung vor¬
handen ist, kann nur die rectale oder vaginale Exploration uns
aufklären. Letztere darf desshalb bei einer Anamnesis wie oben
nie versäumt werden, um so weniger, weil bei zeitiger und
zweckmässiger Hilfe das Uebel schnell und gut gehoben werden
kann. -- Die Anschwellung ist meistens eine diffuse, von
Fluetuation ist äusserlich wenig zu fühlen. Letzteres ist eine
Folge davon, dass der Abscess von einer schweren Muskelmasse
bedeckt ist.
Prognose und Verlauf. Im Allgemeinen kann die
Prognose günstig gestellt werden, falls zweckmässige Hilfe ge¬
schafft wird. Complicationen, die hier auftreten können, sind
Perforation in die Excavatio recto-uterina und tödtliche Peri¬
tonitis. Dies kommt jedoch selten vor, da durch den Abscess
der Umschlag des Peritoneums nach vorn gedräugt wird, also
nicht so bald Perforation erfolgt. Die Möglichkeit des Durch¬
bruches an dieser Stelle muss jedoch in Betracht gezogen
werden.
Einen spontanen Durchbruch in die Vagina oder ins Vesti¬
bulum sah ich nie, wohl aber einen Durchbruch neben dem Anus,
nämlich zwischen dem Anus und dem äussern Sitzbeinhöcker.
Das Gewebe dort bietet einer Ausdehnung der Eiterung keinen
Widerstand, und die dünne Haut erleichtert den Durchbruch.
Vereinzelt beobachtete man auch Abscesse der Weicliendrüsen.
Behandlung. Es ist angezeigt, den Abscess frühzeitig zu
öffnen. Man warte die Fluetuation nicht ab; diese kann lang
auf sich warten lassen, und unterdessen kann viel zerstört
worden sein. Indem man mit der linken Hand in die Vagiua
fährt und sich genau über die Lage des Abscesses orientirt,
sticht man den Troicart unter aseptischen Vorsorgmassregeln
seitwärts des Anus, zwischen diesem und dem Sitzbeinhöcker
mitten in den Abscess. Die Tiefe, in welche der Troicart eiu-
dringt, differirt von 4—10 cm. Wenn nach Herausziehung des
Stilettes Eiter abfiiesst, so wird die Oeffnung mit dem Bistouri
in vertikaler Richtung noch etwa 5 cm vergrössert, sodass der
Eiter gut abfliessen kann. Die Höhlung wird mit 1°/«, Sub¬
limatlösung ausgespült und dann mit Jodoformgaze theilweise
allgefüllt. Der Tampon wird täglich erneuert bis die Höhlung
geschlossen ist. Am oberen Ende des Schweifes legt man
ferner einen zwei Hand breiten Verband um. Es empfiehlt sich,
die Stute mit dem Füllen in die Weide gehen zu lassen, weil
Muskelcontractionen den Abfluss des Eiters befördern. Nach
8—10 Tagen tritt meistens Genesung ein.
Ueber Lecksucht bei Fohlen.
Von
Teetz- Warin
ThlerarxL
In Berücksichtigung der angeblichen Seltenheit von Leck¬
sucht beim Pferde resp. Fohlen will ich nicht verfehlen, einen
besonders gut ausgeprägten Fall hier kurz zu schildern.
Mitte October 189(1 wurde ich aufgefordert, ein dem
Erbpächter G. in Lüdersdorf gehöriges Fohlen zu unter¬
suchen und in Behandlung zu nehmen. Bei meinem Ein.
treffen dortselbst finde ich in einem Laufstall ein etwa Jahr
altes weibliches, total abgemagertes Fohlen, sozusagen nur noch
aus Haut und Knochen bestehend, mit struppigtim aUfgebüt*Bteten
Deckhaar und glänzenden Augen, das eifrig bemüht ist, das
Holz an den Seitenwänden des .Stallbodens zu benagen, ver¬
faulte Streu und seinen eigenen Mist zu fressen, während in der
Krippe tadelloser trockener Hafer liegt und in der Raufe sich
gutes Pferdeheu befindet. Weder durch Zuruf noch durch Schläge
mit der Hand kann das Thier von dieser Beschäftigung fern-
gehalten werden. Zwecks Untersuchung der Conjunctiva und des
Pulses versuche ich, den Kopf des Fohlens hochzuheben und fest¬
zuhalten: jedoch erst mit Hülfe zweier Personen ist es mir
möglich, diese Untersuchung in der gewünschten Weise vorzu-
nehmen. Mit Gewalt muss das Thier davon abgehalten werden,
den Kopf zu senken und seiner Begierde zu fröhnen. Die Unter¬
suchung ergab blasse Schleimhäute, elenden Puls bei geringer
Erhöhung der Zahl, Athemzüge normal, Bauch stark aufgezogen.
Peristaltik unterdrückt, Mist fest, sehr klein geballt, von dunkler
Farbe und mit glasigem Schleim überzogen.
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5. April 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Der Vorbericht lautete etwa folgendermassen: das fragliche i
Fohlen ist Anfang März 1896 geboren und hat sich bis Anfang j
.Juli sehr gut entwickelt; die Mutter hatte reichlich Milch, so-
dass das Fohlen im Juli fast in einem zu guten Nährzustande
war. Von diesem Zeitpunkt an jedoch hatte es angefangen, Holz
zu benagen, war allmählich abgemagert, sodass der Besitzer sich
entschloss, das Fohlen länger wie sonst bei der Mutter zu lassen,
in der Hoffnung, ihm dadurch wieder aufzuhelfen. Eist
Anfang October, also in einem Alter von siebeu Monaten, wurde
es von der Mutter abgenommen. In der Zwischenzeit hatte die
Begierde nach Streu, Holz. Mist u. s. w. zugenommen, und die
Abmagerung war grösser geworden, obgleich das Fohlen auch
bei der Mutter Gelegenheit hatte, Hafer und Heu ausser der
Milch aufzunehmen. Die offensichtliche Dauer des krankhaften
Zustandes betrug also über 3 Monate.
I)a ich auf Gnmd des Befundes und des Vorberichtes einen
chronischen Magendarmcatarrh als für sich allein bestehend
ausschliessen musste, andere Krankheiten aber nicht in Frage
kommen konnten, stellte ich die Diagnose Lecksucht.
Ich beschloss, das Fohlen mit Kochsalz zu behandeln. Da
aber das Thier weder Hafer. Heu, Brot oder Wurzeln frass,
auch au dem vorgehaltenen Kochsalz, untermischt mit Kleie, nicht
leckte, musste dies mit einer Flasche eingegeben werden, und
zwar erhielt es iu den nächsten 4 Tagen täglich dreimal einen
Esslöffel voll aufgelöst in einer Flasche Wasser.
Der Erfolg war ein guter.
Schon am fünften Tage beginnt das Thier Brot zu fressen,
auf das etwas Kochsalz und jetzt auch phosphorsanrer Kalk
gestreut ist; das Mistfressen hört auf, nach weiteren zwei
Tagen frisst es Hafer und Heu und bessert sich in seinem
Zustande von Tag zu Tag. Das Fohlen entwickelt sich gut,
nur bleibt eine Neigung zu Kolik zurück, sodass bei der !
Fütterung auf kleine Portionen gesehen werden muss.
Am 11. Dezember 1899 wurde ich Vormittags von dein- i
selben Besitzer zu demselben* Thiere wegen einer Kolik gerufen, |
die sich Morgens nach dem Fressen eingestellt hatte. Bei [
meinem Eintreffen musste ich bei der jetzt 3fc Jahre alteu Fuchs- j
stute eine absolut schlechte Prognose stellen: Wegen der hef¬
tigen Schmerzen war das Thier nicht auf den Beinen zu halten i
gewesen, hatte sich niedergelegt und fortwährend sehr heftig
gepresst. Hierbei war, wie die Untersuchung ergab, etwa 30 cm
vor dem After der Mastdarm gerissen und durch dieses Loch
wurden DannscWingen mitsammt dem Gekröse hervorgepresst
und hingeu bei meinem Eintreffen in mehreren Schlingen in einer
(iesammtlänge von UV 2 Metern !, Meter lang aus dem After
heraus. Tch Hess'das Thier tödten.
Bei dieser Gelegenheit erzählte mir der Besitzer, dass die
Mutter dieser Stute im letzten Jahre wieder ein Fohlen habe,
das während der Saugperiode in derselben Weise abzumagem
und zu nagen angefangen habe, dass er dies aber durch reich¬
liche Kochsalzgaben an die Mutter wieder geheilt habe.
Tn dem Jahre vorher habe die Stute dagegen ein Fohlen
normal grossgesäugt. Hinzugefügt muss noch werden, dass
weder die fragliche Mutterstute noch andere Thiere des Besitzers
Köpper sind oder jemals die Untugend des Sandfressens gezeigt
haben. Ich schliesse aus dieser Beobachtung, dass die Leck-
sncht in diesem Falle durch Salzhunger bedingt war, ver¬
ursacht durch das nicht genügende Vorhandensein von Kalk¬
salzen in der Milch der säugenden Mutterstute resp. dass sich
161
die Kalksalze im Verlaufe des Säugegeschäftes in der Milch ver¬
minderten; dass es ferner von Vortheil ist, sowohl säugenden Mutter¬
stuten normaler Fohlen wöchentlich etwa zweimal einen Esslöffel
voll Kochsalz aufs Futter zu streuen, als auch ganz besonders’dies
nicht zu versäumen, wenn die Fohlen während der Säugezeit in
der körperlichen Entwicklung Zurückbleiben, wie dies häufig
beobachtet wird.
Periproctaler Abscess bei der Kuh.
Von
Storch-Schmalkalden,
Krcislliierar/.t.
Am 16. December v. J. wurde ich zu einer ungefähr 8 Jahre
alten fränkischen Kuh gerufen. Der Besitzer theilte mir mit.
dass dieselbe vor 3 Wochen normal und leicht gekalbt habe,
dass sie jedoch eiterigen Ausfluss aus der Scheide zeige, schlecht
fresse, unvollkommen wiederkaue und seit einigen Tagen
Schmerzen bei der Kothentleerung und dem Harnen verrathe.
Die Kuh war mittelmässig genährt. Haarkleid struppig
und glanzlos. Am unteren Winkel der Schamspalte haftete
etwas weissgelber, dickflüssiger Eiter. Bei der Untersuchung
per vaginam fand sich eine geringe Menge von Eiter der gleichen
Beschaffenheit am Muttermunde. Letzterer war nur für einen
Finger passirbar. Die Harnblase fühlte sich leer an. Bei der
Palpation derselben verrieth die Kuh keine Schmerzen. Im
Endstücke des Mastdarms befand sich breiiger, gelbbrauner Kotli.
Ungefähr 40 cm vor dem After war das Rectum trichterförmig
verengert. Durch die engste Stelle konnten nur 3 Finger ge¬
führt werden. Auf der linken Seite der erwähnten Partie fühlte
man zwischen Mastdarm und innerem Darmbeinrande eine gut
mannskopfgrosse, derbe, nirgends fluctuirende Geschwulst, bei
deren Betastung das Thier stöhnte.
Ich führte durch den Muttermund das dünne Rohr eines
Irrigators ein und infündirte mehrere Liter einer schwachen
Creolinemulsion. Bezüglich der festgestellten Geschwulst theilte
ich dem Besitzer mit, dass dieselbe wahrscheinlich über kurz
oder lang in Eiterung übergehen würde und dann vielleicht vom
Mastdarm aus entleert werden könnte.
Am 23. December untersuchte ich das Thier wieder und
fand bei der Exploration des Mastdarms, dass die Geschwulst
mässig fluctuirte. Ich ging hierauf mit einer kleinen, schmalen
Lanzette ein, um an der fluctuirenden Stelle einen Einstich zu
machen. Als ich jedoch das Messer zu letzterem ansetzen
wollte, riss plötzUch die Wandung des Mastdarms an der linken
Seite etwas ventralwärts, und es entleerte sich per anum reich¬
lich 1 Liter graugelben, stinkenden, jaucheartigen Eiters. Der
in der Längsrichtung des Mastdarms verlaufende Riss war un¬
gefähr 6 cm lang. Mit den Fingern gelangte man durch den¬
selben in eine grosse, glattwandige Höhle. Letztere wurde mit
Ureolinennilsion gründlich ausgespült. Diese Irrigation wurde
am 24. und 28. December wiederholt.
Es trat vollständige Heilung ein.
Behandlung der infectiösen Kälberruhr mit
Tannoform.
Von
Schünhoff-Clenze,
Thlerarit
Von der chemischen Fabrik von E. Merck-Daroistadt, sind
mir auf meine Bitte im vorigen Jahre zwei Mal grössere Ver-
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162 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 14
suchsmengen Tannoform übersandt worden, welches ich gegen
die iufectiöse Kälberruhr anwandte. Dieses bacilläre Leiden
hatte die Aufzucht in mehreren grösseren Wirtschaften voll¬
ständig aufgehoben; die neugeborenen Kälber, am ersten Tage
scheinbar gesund, gingen nach weiteren zwei bis acht Tagen an
profusen Durchfällen zu Grande, falls eine rechtzeitige Schlachtung
nicht vorgezogen wurde.
Ich hatte gegen diese verderbliche Krankheit wohl alle
geeigneten Desinficientien und Adstringenden innerlich ohne
allen Erfolg verordnet. Gründliche Desinfection des Stalles, in
einem Falle sogar metertiefe Entfernung der Erdschicht, Hessen
das Leiden nicht sistiren.
Obwohl ich nicht versäumte, um eine etwaige Eingangs¬
pforte des Contagiums durch den Nabel zu verschliessen, letzteren
sofort nach der Geburt mit Holztheer ergiebig zu bestreichen,
auch das Kalb eiligst in einem Pferdestall vorläufig unter-
znbringen, dennoch — Tod nach wenigen Tagen.
Ich lasse nunmehr jedem neugeborenen, nüchternen Kalbe
sofort nach der Geburt Hydrarg. chlorat. mit. 0,05 in Ver¬
bindung mit Sacchar. alb. pulv. direct auf die Zunge geben und
nach etwa */ 4 Stunde Tannoform 4,0 mit etwas Syrup und
Mehl auf die Zunge streichen.
Solches geschieht am ersten Tage drei Mal, am nächsten
zwei Mal, am dritten ein Mal. Es dürfte zutreffen, dass durch
diese Kalomel - Tannoformbehandlung eine Vermehrung der
Baoterien gehemmt, resp. ihnen auf der faltigen Schleimhaut
des Darmtractus von vornherein der Nährboden entzogen wird.
Diese Behandlung wende ich fortab auch stets in consultativer
Praxis bei allen Durchfällen der Kälber mit bester Zufriedenheit
an, zumal der Kostenpunkt ein derartig niedriger ist, dass der
allgemeinen Verwendung des Tannotbrms keinerlei Hindernisse
im Wege stehen.
Referate*
ttotz beim Kameel.
(Vorläufige Mittheilung.)
Tn der Versammlung des russischen thierärztlichen Vereins
in St. Petersburg am 9./21. März a. c. hat College Petrowski
einen Vortrag über die obengenannte Krankheit gehalten. Ein
rotziges Pferd wurde mit einem Kameel zusammen in eine
Uäumliclikeit gestellt, wo sie aus einem Eimer frassen und tranken.
Nach zwölf Tagen erkrankte das Kameel unter folgenden Er¬
scheinungen: Temperaturschwankung zwischen 39—40,2 (normale
Temperatur 37—38), muco-purulenter Ausfluss aus beiden Nüstern
und eine Geschwulst der submalillaren Lymphdrüsen: es starb
am nennten Tage vom Beginn der Krankheit. Die mit dem
Nasenausfluss inoculirten Katzen starben an Rotz; die Aussaat
des Herzblutes von Katzen auf Kartoffel und Agar gab eine
Rotzcnltur. Das inoculirte Meerschweinchen zeigte eine Hoden¬
schwellung. ln den nach Löffler und Kühne gefärbten
Deckglaspräparaten, in den Knoten auf der Nasenschleimhaut
und in den Schnitten derselben wurde der bacill. mallei nach¬
gewiesen. Das Blutserum vom kranken Kameel zeigte die
Agglutinationserscheinung. Weitere Versuche über die An¬
steckung der Pferde vom Kameel werden fortgesetzt.
(Ob es auch wirklich Rotz war bei dem genannten Kameele,
denn die Wiederkäuer haben ja gegen Rotz eine Immunität? Ref.)
D. Fi8chkin-Peter8burg.
Operative Entfernung eines Ueberbeins.
Von Prof. PIdsz-Budapest.
(MtUi. f. Th. IM. II, Heft 0 )
P. ist der Ansicht, dass die Ueberbeine in den meisten
Fällen nicht durch äussere Einwirkung, sondern durch innere
Ursachen entstehen, die wesentlich in Zerrungen von Bändern etc.
ihre Grundlage haben dürften. Die Ueberbeine sind, wenn sie
auch keine Lahmheit verursachen, doch ein Schönheitsfehler:
ihre Beseitigung ist daher öfters erwünscht. Druckmassagen
und scharfe Einreibungen fuhren nur selten zum Ziel. Die
operative Behandlung wurde bisher nicht versucht. P. hat nun
einen solchen Versuch gemacht. An der Innenfläche des linken
Metacarpus fand sich ein fast hühnereigrosses Ueberbein mit
verschwommenen Conturen, welches sich auf das Griffelbein und
bis unter die Hufbeinbeugesehne erstreckte, ohne Lahmheit zu
verursachen. Am 19. April wurde operirt, und zwar unter
Narcose und Anwendung des Esmarch’schen Schlauches. Die
Haut wurde einfach gespalten und zur Seite präparirt, das
Periost durch zwei Schnitte in vier Lappen getheilt. Es Hess
sich leicht von der Unterlage ablösen. Nun wurde die
Knochenerliabenheit abgemeisselt und ihre Basis mit dem
scharfen Löffel eingeebnet. Dies war nicht schwierig, da die
Geschwulst noch weicher war als der untere Knochen. Nun
wurde das Periost über den ehemaligen Sitz der Geschwulst
gezogen, die Oeffnungen der sichtbaren Blutgefässe mit Cat gut
unterbunden, die Hautwunde genäht und ein Xeroform verband
ziemlich fest angelegt. Am folgenden Tage wurde ein etwas
lockerer Verband gemacht. Am 27., also nach acht Tagen war
die Wunde per primam geheilt bis auf einen kleinen Stichcaual.
der bis zum 15. Mai eintrocknete. Der Fehler auch im Aus¬
sehen des Pferdes ist völlig beseitigt.
Sehnenscheidenentzündung in der Gegend des
Krongelenks.
Von Oberrossarzt Petsch.
tZtnchr. f. Vc-t. Mürz 1900.)
P. hat häufig Pferde gesehen, und zwar stets Remonten.
die an einem Vorderbein lahm gingen mit folgenden Er¬
scheinungen: Das ruhig stehende Pferd stellt die erkrankte
Gliedmasse nach vorn und sucht die Trachten zu unterstützen.
Irgendwelche Abnormitäten Hessen sich nicht feststellen. Die
Lahmheit zeigt sich als Stützbeinlahmheit mit Verkürzung des
Schrittes nach hinten und ist chronisch. P. und auch andere
Thierärzte haben in solchen Fällen die Lahmheit stets im
Krongelenk gesucht und auf die betreffende Stelle eine scharfe
Einreibung applicirt. Bei mehreren in dieser Weise lahmen
und an Kolik eingegangenen Pferden konnte P. eine locale
Untersuchung vornehmen. Er stellte dabei fest, dass nicht das
Krongelenk selbst erkrankt war, sondern diejenigen Theile des
Beugeapparates, die an der hinteren Fläche des Krongelenks
Hegen. Es war dort stets die Sehnenscheide des Huf- und Kron-
beinbeugers erkrankt nach oben, nicht ganz bis an die Sesam¬
beine. Hierbei zeigte sich röthlichgelber snlziger Belag, in den
älteren Fällen nur geringfügig, daneben neu gebildetes Binde¬
gewebe zwischen Sehnen und Kronbein bezw. Fesselbein, sowie
am Kapselband des Krongelenks, das an dieser Stelle die Beuge-
sehnen erreicht. Diese Veränderung war auch dann noch nach¬
weisbar, wenn am lebenden Pferd die Lahmheit schon ver¬
schwunden war. Augenscheinlich handelt es sich um Pferde,
welche die Mehrbelastung der Vorhand durch das Reitergewicht
schlecht vertragen, und bei denen nun die Natur gewisser-
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5. April 190Ö.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
163
raassen (len Tragesehnenapparat durch neugebildetes Gewebe
verstärkt.
Danach behandelt P. nun diese Pferde wie folgt: Die j
Zehenwand wird verkürzt, die Trachten werden geschont. Eisen I
mit verdickten Schenkelenden oder kleinen Stollen, Kühlen und 1
absolute Ruhe werden verordnet. Diese Behandlung fuhrt viel
früher zum Ziele als die frühere scharfe Einreibung um das
Kronengelenk, die übrigens ihre Wirkung selbstredend auch
that. Die Lahmheit ist trotz gewisser Aehnlichkeiten nicht
identisch mit der von Fambach beschriebenen, welche durch
Erkrankung der volaren Kronfesselbeinbänder veranlasst wird;
denn diese fand P. stets intact.
Die Laparotomie bei der chronischen Peritonitis des
Hnndes.
Von Dr. A. Baldoni.
Clinlc* vet 1900. H. S.
Die Erfahrung lehrt, dass die Behandlung der Bauchwasser¬
sucht beim Hunde mit Digitalis, mit Diureticis etc. wenig
Erfolg hat, während ein im günstigen Momente vorgenommener
chirurgischer Erfolg schnell Heilung bringt. Dies gilt jedoch
nur, wenn die Krankheit auf infectiöser Grundlage (Coli-
Tubercelbacillen) beruht, während ein Ascites, welcher auf
Herz- oder Leberaffectionen znrückzufiihren ist, durch die ge¬
dachte Methode nicht beeinflusst werden kann.
Der vom Yerf. beschriebene Fall betraf einen zwei Jahre
alten Hund, welcher seit mehr als zwei Monaten an Ascites
litt. In diesem Zeitraum war vier Mal die Paracentese vor-
genommeu worden, wobei je 3—4 Liter einer serösen durch¬
sichtigen Flüssigkeit entleert wurden. Gleichzeitig hatte der
Hnnd innerlich Tinctur. Digital, ohne jeden Erfolg erhalten.
In der aus dem Peritoneum entnommenen Flüssigkeit
entwickelten sich im Thermostaten bei 37° nach *24 Stunden
Culturen des Bac. coli.
Nunmehr entschloss sich Verf., versuchsweise die Laparo¬
tomie vorzunehmen. Vor der Operation wurde bei dem männ¬
lichen Hunde die Harnblase mittels Katheter entleert. Derselbe
wurde auch während der Operation in seiner Lage belassen,
damit die in der hinteren Bauchregion gelegene Schnittöffnuug
nicht durch Urin verunreinigt würde. Dieselbe hatte ihren Sitz
links vom Präputium, war 3 cm lang, der Linea alba parallel
und wenig von der Svmphysis pubis entfernt. Eine gleiche
Oeffnung wurde hinter dem Schaufelknorpel in der Medianlinie
des Abdomens angebracht. Durch beide Oeftnungen wurde mit
einer gebogenen Metallsonde ein 4 mm dicker Drain geführt
und dessen Enden mit Sicherheitsnadeln befestigt. Durch das
Rohr wurden Ausspülungen mit sterilisirtem Wasser von 35° 0.
gemacht. Nach dem Aufstehen des Hundes erfolgte gründliche
Desinfection des Operationsfeldes mit Sublimatlösung. Die Schnitt¬
öffnungen und Enden des Drainrohrs wurden zuerst mit Gutta-
ftgrchastücken und hierauf mit starken Wattelagen bedeckt,
welche durch zahlreiche Bindentouren festgehalten wurden.
Während der Operation erhielt der Hnnd wiederholt einen Ess¬
löffel voll Marsala. Am nächsten Tage waren die Verbandstoffe
mit Flüssigkeit getränkt, die Temperatur war normal. Der
Verband wurde nach gründlicher Ausspülung des Bauchfell¬
sackes erneuert. Diese Behandlung wurde 8 Tage lang fort¬
gesetzt und darauf das Rohr entfernt. Nachdem das Bauchfell,
die Mnskelschichten und die Haut in den Schnittöffnungen für
sich vereinigt worden waren, verblieb der Hund noch 6 Tage
in Behandlung und konnte dann seinem Besitzer geheilt zu¬
gestellt werden. Der Hund ging 3 Jahre später an einer Gastro-
Enteritis zu Grunde. Von den Operationswunden war bei der
Obduction keine Spur nachzuweisen. Ueber die günstige
Wirkung der Laparotomie bei der Tubercnlose des Peritoneums
existiren eine Reihe von Theorien, doch soll im vorliegenden
Falle keine derselben völlig zutreffend sein.
Durch die Entleerung des Exsudates wird der Druck auf
die Organe der Bauch- und Brusthöhle aufgehoben, wodurch
Athmung und Blutlauf erleichtert werden. Die Auswaschungen
entfernen weiter die infectiösen Elemente und ihre Producte und
verursachen einen mechanischen Reiz, welcher vielleicht die
Heilung herbeiführen hilft.
Es bedarf noch vieler Beobachtungen, um eine genügende
Klarheit über die Heilwirkung der Laparotomie bei der Bauch¬
wassersucht zu gewinnen.
Einfluss des Gewichtes des Beschlages auf den Gang
eines lahmen Pferdes.
Von Delperier-Paris.
(8ocl6tc centrale, 14. December 1899.)
Ein durch Schnelligkeit und Gang ausgezeichnetes junges
Pferd wurde wegen Lahmheit neu beschlagen. Nach dem Be¬
schläge war die Lahmheit so stark, dass das Thier nicht einmal
mehr traben konnte. Nach einiger Zeit war das Pferd, dem die
Eisen alsbald abgenommen wurden, nicht mehr im Stande, sich
auf den kranken Fuss zu stellen. Die Correlation zwischen dem
Gewicht des Eisens und der Schwere der Lahmheit trat deutlich
auf. Das erste Eisen wog 720 Gramm, das zweite war be¬
deutend leichter. Durch die Anwendung eines 650 Gramm
schweren geschlossenen Eisens, das nach einigen Tagen der Ruhe
aufgelegt wurde, nahm die Lahmheit ab und konnte das Pferd
wieder wie zuvor traben. Der Zustand dauerte ein -ganzes
.Talir hindurch, mit leichteren Eisen ging das Pferd lahm, bei
schwererem Beschlag verschwand die Lahmheit be inahe ganz.
Die Anwendung des Formalin beim Anthrax.
Von J. Henry Bell.
Vct Uec. 18?9.
Der Verfasser hat angeblich von 28 an Milzbrand erkrankten
Rindern 22 durch Injectionen einer Formalinlösung 1 : 1000 und
innerliche Anwendung von 01. cinnamom. geheilt. Von den sechs
übrigen Stücken waren 4 hoffnungslos krank und starben an der
Krankheit, während die beiden übrigen Rinder vermuthlich in¬
folge einer zu grossen Formalindosis eingegangen sind.
Die Einspritzungen wurden in die Anschwellungen der
rnterkiefergegend gemacht, die ersten 3 Tage morgens und
abends und dann weitere 3 Tage nur einmal täglich. Das
01. cinnamom. wurde 3 Tage hindurch einmal täglich in Wasser
verabfolgt. Die Anschwellungen verschwanden in 12 bis 2-1
Stunden.
Die Untersuchungen fanden auf den Savannen in Britisch
Guayana statt. Die Thiere waren sehr schwierig zu behandeln
und mussten meist erst mit dem Lasso eingefangen werden. Tempe¬
raturaufnahmen wurden selten gemacht, etwa 4 mal, wobei über
ein Dutzend Thermometer entzwei gingen. Von etwa 8 oder
9 Rindern wurde das Blut untersucht. Dasselbe enthielt
Anthraxbacillen. Nach der zweiten Einspritzung waren Bacillen
im Blute nicht mehr vorhanden.
Die Heilung hängt wesentlich davon ab, dass das erkrankte
Rind möglichst bald in Behandlung kommt. Die. injicirten Dosen
variiren nach Alter und Grösse der Thiere. Kühe, Stiere und
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164
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14.
Färsen erhalten volle Dosen, Kälber von 3 Monaten und auf¬
wärts je nach Verhältnis* Ve» 1 , $ der Dosis.
Nach der Beschreibung des Verfassers handelt es sich im vor¬
stehenden Falle um Haut-Milzbrand, welcher durch Insecten-
stiche von einem Thier auf das andere übertragen wird und mit
der Bildung einer Anschwellung (T'arbnncel) an der Stichstelle
beginnt. Der Verlauf dieser Milzbrandform dauert 2- 7 Tage
( vgl Dieckerhoff, Pathol. und Therapie), und lässt deshalb in den
meisten Fällen Zeit zum therapeutischen Einschreiten. Bei den
akuten Milzbrandfällen unserer Gegenden kommt die Behandlung
gewöhnlich zu spät und hat sich auch als erfolglos erwiesen.
Uobor Sana toi.
Von Obenossarzt Krüger.
(/Mehr. f. Vet. M5rz 1900.)
Das Sanatol ist ein Desinfectionsmittel von unbekannter
Beschaffenheit, welches aber zur Grossdesinfection geeignet sein
soll. Es soll weder durch Säuren, noch Alkalien, noch eiweiss-
haltige Masse in seiner Energie gehemmt werden, auch gut
desodoriren. Die Kaiserl. Kgl. Versuchsstation in Wien stellt
nach ihren Versuchen das Sanatol als das beste Mittel zur Be¬
seitigung von Geruch hin. Es soll stickstoffbindend, dem
Pflanzenwuchs unschädlich und ein gutes Mittel gegen Hant-
schmarotzer sein. Diesseitige Versuche, die Fliegen in den
Ställen mit Sanatol zu beseitigen durch täglich dreimaliges
Besprengen der Stallgasse mit lprocentiger Lösung, hatten im
ganzen ein günstiges Ergebniss, indem nur wenig Fliegen sich
im Stalle aufhielten. Die Pferde selber, wie auch empfohlen
ist, mit einer lprocentigen Lösung zum Schutze gegen Fliegen
einzureiben, ging nicht an, weil die Zusammensetzung des
Mittels nicht bekannt ist. Da die bisherigen Mittel zur Ab-
haltu g von Fliegen im ganzen und grossen sich wenig be¬
währen, so ist diese Eigenschaft des Sanatols immerhin be-
achtenswerth.
Therapeutische Notizen.
Ichthyol bei Brandwunden.
Ichthyol hat sich bei der Behandlung von Brandwunden
nach Müller und Schütze sehr bewährt. Es stillt nach beiden
Beobachtern den Wundschmerz vorzüglich und regt die Granulation
und Heilung mächtig an. Ersterer wendet meist das Ichthyol*
vasogen, letzterer 50 pCt. wässrige Ichthyollösung an.
(Aerztl. Rnndsch.)
Katarrh der Luftwege.
Gegen die chronischen Katarrhe der Respirationswege des
Pferdes empfiehlt Trinchera nachstehendes Recept:
Ol. Terebinth. 20,0—30,0
Secal. comut. pulv. . . . 8,0—20,0
Acid. tannic.2,0— 3,0
Magnes. oxydat. q. s. f. massa boli. 8. täglich oder einen
Tag um den andern auf den leeren Magen zu geben.
Auch bei Lumbago sollen diese Mittel gute Dienste leisten.
(Clinica vet. 189t), H. 39.)
Tagesgeschichte.
Zum Abituriciitencxamen.
Der Finanzausschuss der bayerischen Kammer hat über die
Petition, betreffend Einführung des Abiturientenexamens als Vor¬
bedingung für das thierärztliche Studium berathen. Die Be-
rathung hatte nach dem übereinstimmenden Bericht verschiedener
bayerischen Zeitungen folgendes Ergebniss:
„Die Petitionen sind eingereicht: a) von den Professoren
Dr. Esser in Göttingen und Dr. Schmaltz in Berlin im Auf¬
träge des Deutschen VeterinärratheB, die Einführung des Abi¬
turientenexamens als Vorbedingung für das Studium der Vete-
rinärmedicin betr. und b) von dem städtischen Oberthierarzt
F. Mölter in München, im Namen der Thierärzte Bayerns das¬
selbe betreffend. Der umfangreiche Inhalt wird vom Referenten
auszugsweise vorgetragen und dann Aeusserung der kgl. Staats-
regierung erbeten.
Minister v. Landmann (Unterrichtsminister) geht ausführ¬
lich auf die Frage ein und bezieht sich zunächst auf das Gut¬
achten der Thierärztlichen Hochschule, aus welchem hervorgeht,
dass das zugehende Material ein höchst ungehiigendes ist.
47 pCt. der Gesammtzahl haben dieses Fachstudium nur frei¬
willig gewählt, während mehr als die Hälfte, nämlich 53 pCt.,
deshalb zuging, weil die Oandidaten für die Fortsetzung des
Gymnasialstudiums Ungenügendes leisteten. Die Folge hiervon
ist, dass nur ein Viertel des zugehenden Materials die Appro¬
bation erreicht, nämlich in den Jahren 1895/98 28 pCt. und
1899 sogar nur 21 pCt. Von 100 Approbirten waren nur 37 mit
der vorgeschriebenen Semesterzahl fertig. Ebensoviele brauchten
11 Semester, die übrigen 9. Es müsse daher ein bessere*
Material, als das bisherige, gewonnen werden. Vom Standpunkte
der Unterrichtsverwaltung wird die Forderung des Absolutorinpis
nur unterstützt werden.
Oberregierungsrath Göring (als Commissar des Ministers
des Innern) stimmt vollständig mit diesen Darlegungen iibfrein
und theilt mit, dass auch das Staatsministerium des Innern
diesen Standpunkt einnehme. Redner weist darauf hin, Reiche
ausserordentlich hohen Anforderungen man jetzt nach allen
Richtungen an die Thierärzte stellen müsse. Die mangelnde
Vorbildung könne nur durch das Gymnasialabsolntoriun) ergänzt
werden.
Präsident Dr. Orterer steht auf dem gleichen Standpunkte.
Er nimmt Bezug auf das Gutachten des bayerischen Land-
wirthschaftsrathes und wünscht dringend, dass die Reform zur
Durchführung gelangt. Zu beklagen sei die Stellungnahme der
Regierungsorgane in Preussen.
Abg. Burger befürwortet die Petitionen vom Standpunkte
der Landwirth8chaft ans, ebenfalls sehr dringend.
Dem Anträge der beiden Referenten entsprechend, werden
beide Petitionen der Staatsregierung zur Würdigung hinüber¬
gegeben.
Mit dieser Verhandlung ist wohl die Stimmung der ganzen
bayerischen Kammer, namentlich aber zugleich die Absicht des
bayerischen Ministeriums klargestellt. Diese Stellung aller
Factoren in dem zweitgrössten Bundesstaat bedeutet unzweifel¬
haft für uns einen grossen Schritt zum Ziel und wird daher
allenthalben helle Freude hervorrufen. Die deutschen Thier¬
ärzte sind Bayern dadurch zu tiefem Danke verpflichtet.
Eine Aeusserung jedoch können wir nicht unwidersprochen
lassen: das ist diejenige des Herrn Dr. Orterer betr. der
Haltung der preussischen Regierongsorgane. Ueber diese
Haltung ist, öffentlich wenigstens, noch gar nichts bekannt,
soweit das Civilveterinärwesen in Betracht kommt. (Die mili¬
tärische Frage muss hier ausgeschieden werden, da diese für
Bayern nicht existirt, also der Vergleich fehlt). Aus dem
„Schulantrag Preussens“ von 1893 kann man auf heute nicht
schliessen. Es ist daran zu erinnern, dass damals der bayerische
Herr Minister in der Kammer zwar gegen jenen preussischen
Antrag sprach, aber keineswegs für das Abiturientenexamen
sich erklärte, dasselbe vielmehr eventuell nur für die beamteten
Thierärzte in Aussicht stellte, es für die practischen Thierärzte
aber „mit Rücksicht auf die Interessen der Landwirtschaft“
ablehnte.
Es hat sich seitdem aber erfreulicher Weise ein Umschwung
vollzogen in der gesammten öffentlichen Meinung und namentlich
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5. April 1900.
BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
165
nnt«r den Vertretern der Landwirthschaft. Dieser Umschwung J
hat nunmehr zuerst bei der bayerischen Regierung in ihrer ;
veränderten Haltung Ausdruck gefunden und zwar einen I
bemerkenswert!! entschiedenen Ausdruck.
Wir halten aber an der Hoffnung fest, dass auch die
l>rens8ischen am Civilveterinärwesen interessirten Ministerien
jenem Umschwung Rechnung tragen werden. Dies wird sich
aus den Verhandlungen im Reichstag direct oder indirect er¬
kennen lassen. Bisher lag aber zu einer öffentlichen Aeusseruug
kein Anlass vor. Es mag hierbei bemerkt werden, dass nur der
bayerischen Kammer, nicht aber dem preussischen Landtag die !
Petition zugegangen ist. Denn es war vor allem wichtig, die I
Stellung der bayerischen Landwirthschaft, die kennzeichnend I
für Snddentschland überhaupt sein dürfte, festzustellen, während
eine doppelte Behandlung des Gegenstandes in Berlin, im i
Reichstage und preussischen Landtage, mindestens vorläufig ent- |
belirlich erschien.
Erwähnt soll auch noch werden, warum neben der Petition |
des Veterinärrathes noch Oberthierarzt Mölter eine Petition
eingereicht hat. Dies bedeutet und bezweckt nicht etwa ein
Sonderverfahren. Nach der Geschäftsordnung der bayerischen '
Kammer kann nämlich nur eine Petition verhandelt werden, die .
auch von einem Bayern unterzeichnet ist. Da die Petition des j
\>terinärrath8 zufällig nur von zwei Preussen unter- !
zeichnet war, so haben Herr College Mölter, das bayerische |
Mitglied des Veterinärratlis-Ausschusses, und einige andere
Collegen die (gedruckte) Petition des Veterinärrathes nochmals
unterzeichnet und besonders an die Kammer eingereicht. Da-
dnrch wurde die formelle Schwierigkeit einfach, geschickt und
dankenswerth beseitigt.
Indem wir über die guten Nachrichten aus Bayern unsere |
herzlichste Freude aussprechen, wissen wir kein besseres :
Schlusswort als: Vivant seqnentes!
Selbstverleugnung thut noth!
In No. 4, 6, 9 und 12 der B. T. \V. sind Artikel erschienen, !
welche gewisse Verhältnisse des Veterinärwesens in Oesterreich,
t heilweise auch in Ungarn, behandeln. Ein Theil ihres Inhalts I
«riebt mir willkommenen Anlass, in einigen kurzen Sätzen einen
Punkt zu berühren, welcher die Behandlung der jetzt die Ge¬
rn iither beherrschenden Frage besonders schwierig macht. Es
ist die Nothwendigkeit, bei der Aufdeckung alter Schäden
Hinge zu berühren, welche unter den Thierärzten selbst die
Empfindlichkeit Vieler zu verletzen geeignet sind oder scheinen ,
können.
Der Hinweis des Herrn Staatssecretärs Grafen v. Posa-
dowski im Deutschen Reichstage auf die österreichische Er- |
fahrung mit dem Abiturientenexamen machte eine Klarlegung der i
Brände jener Erscheinung nothwendig. Herr Bezirksthierarzt
Markiel und Herr stud. Baroch haben jedenfalls Seitens der !
reichsdeutschen Thierärzte Dank verdient für ihre freimüthigen
Darlegungen (No. 4 und No. 9 der B. T. W.).
Ich habe selbstverständlich auch die Entgegnung auf jene j
Artikel in No. 12 der B. T. W. aufgenommen. Es ist immer i
Princip gewesen, Collegen -- und um solche handelt es sich
doch — die sich beschwert fühlen, die Gelegenheit zur Meinungs- !
äusserung in der von ihnen gewählten Form, für die sie selbst
verantwortlich sind, offen zu halten. Diese Entgegnung kann i
ausserdem die Illust’ation der in Oesterreich obwaltenden ,
schädigenden Gegensätze nur vervollständigen und giebt mir \
nunmehr selbst, wie gesagt, Gelegenheit zu einer mir
erwünschten Aeusserung.
Man wird begreifen, dass eine Kritik bestehender Verhältnisse
bei Denjenigen, die olme ihr Verschulden selber in eben diesen
Verhältnissen stehen, ein Gefühl von Schmerz und Entrüstung
erwecken kann, namentlich wenn eine Kritik so stark pefsön-
licli ist, wie der Artikel von Baroch unzweifelhaft war. Es ist
schwer, die Sache ganz abstract zu behandeln bezw. zu erfassen
und sie von den Personen oder wenigstens von der eigenen Person
zu trennen. Aber wo einem eine solche Trennung nicht gelingen
will, wo das Gefühl der persönlichen Kränkung entsteht, da
giebt es noch eins: Man muss es verwinden im Interesse der Sache.
Der Sieg, wenigstens der Sieg einer guten Sache, ist mil¬
der Preis männlicher Tugenden; im ernsten Kampf müssen diese
erwachen und sich bewähren. Ein Ringen, wie jetzt das unsere
um die noch mangelnde Vollendung unserer Reife, stellt hohe
moralische Anforderungen an die Gesammtheit, wie an den
Character jedes Einzelnen.
ln dieser Sache müssen die Thierärzte nur eine grosse
Gemeinschaft bilden, welches Stammes und welcher Stellung sie
auch seien. Sie müssen alle eingedenk sein, dass der Fort¬
schritt, der zunächst vielleicht nur einem Theil unmittelbar zu¬
fällt oder nur in einem Lande sich vollzieht, bald Allen zu Gute
kommmen muss. Die Selbstlosigkeit muss uns beherrschen, die
keinen Anstoss nimmt an dem Gedanken, dass der Erfolg unseres
Strebens nicht unR selbst, sondern erst der Zukunft gehören
kann. Freiinuth nur und Opferwilligkeit führen zum Ziel und
diese ve. tilgen auch Opfer gegenüber dem eignen Gefühl. Keine
Tugend steht höher, als die Selbstverleugnung, und wer sie iibt,
der kann sich durch nichts gedemiithigt fühlen, da er sich
selbst den Beweis einer schlichten Grösse giebt.
Die gegenwärtige Lage verlangt solche Selbstverleugnung
von uns Allen; keiner vielleicht bildet da eine Ausnahme.
Gewiss ist es z. B. allen deutschen Thierärzten schmerzlich ge¬
wesen, im Reichstag zu hören, dass der thierärztliche Stand
noch der allgemeinen Achtung entbehre. Sie haben aber nicht
versucht, diese Thatsache zu bemänteln, in dem Gefühl, dass
die Absicht dieser Aeusserung richtig war und dass der bittere Ge¬
schmack die Wirksamkeit des Heilmittels nicht beeinträchtige.
Alle Thierärzte, die heute ohne Abiturientenexamen in der
Praxis Tüchtiges leisten und Achtung gemessen, könnten An¬
gesichts der Motivirung der Nothwendigkeit des Abiturienten-
examens gekränkt fragen, ob sie denn als minderwertig hin-
gestellt werden sollen. Aber sie tliun es nicht, sondern
stimmen freudig jenen Gründen zu und erkennen an, dass fin¬
den Durchschnitt und damit für die Gesammtheit das Abiturienten-
examen eine Verbesserung bringen wird.
Viele Thierärzte, die ans ganz kleinen Verhältnissen her¬
vorgegangen sind, könnten sich beleidigt fühlen, wenn die
Hoffnung ausgesprochen wird, dass durch das Abiturienten¬
examen der Zuzug aus anderen Kreisen gesteigert werde. Aber
sie werden, wenn sie sich ein objectives Urtheil angeeignet
haben, sich selbst ehrlich gestehen, dass aus den Mängeln
häuslicher Erziehung ihnen oft Schwierigkeiten erwachsen sind.
In dem Bewusstsein, dass es unter allen Umständen ehrenvoll
und hochachtbar ist, sich selbst emporgearbeitet zu haben,
werden sie sich freuen, wenn das, was ihnen dabei schwer und
bitter gewesen ist, den Jüngeren erspart bleibt.
Auch in Deutschland hat früher zwischen Militär- und Civil-
thierärzten ein Unterschied in der Vorbildung bestanden, wenn
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IM BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 14.
auch nicht ein so scharfer, wie jetzt in Oesterreich. Auch liier
haben die Militärthierärzte es sich gefallen lassen müssen, als
die Minderwertigkeit der damaligen Bildung zum Gegenstand
der Kritik gemacht wurde, und nicht zu ihrem Schaden, wie die
spätere Entwickelung gezeigt hat. End wenn heute die Ein¬
führung des Abitnrientenexamens nur für die Civilthierärzte sich
als möglich erwiese, so werden die Militärveterinäre nicht so
kurzsichtig sein, das gänzliche Scheitern der Reform zu wünschen
oder sich in der Uebergangszeit, denn nur um eine solche würde
es sich handeln, gedrückt zu fühlen. Auch 1860 im Nord¬
deutschen Bund schloss sich die Armee der Forderung der
Secundanerreife nicht an, sondern blieb bei Geringerem, um 1874
dann selber mit der Forderung des Einjährigen-Zeugnisses
(Obersecundanerreife) das Civil zuübcrtreffen.
Auch an der alten Thierarzneischule zu Berlin hat zwischen
Civil und Militär ein unliebsamer Gegensatz bestanden als die
Militärrossarzteleven militärische Uniform trugen: die Reibereien
— Recht und Unrecht, wie gewöhnlich, auf beiden Seiten
nahmen kein Ende. Jetzt., wo das Uniformtragen nachgelassen
ist. wo zwischen allen Studenten das beste und ungetrübteste
Einvernehmen herrscht, wird man Angesichts der guten Wirkung
nicht mehr, wie man es früher freilich auch mehrfach versuchte,
Denjenigen einen Vorwurf machen, die zu rechter Zeit offen
dargelegt haben, dass die Uniform, so hoch man gerade den
Wäffenrock an sich stellen mag, mit dem Wesen einer Hoch¬
schule sich nicht vertragen will.
Auf der Wiener Hochschule besteht heute ein durch den
grossen Unterschied der Bildung noch erheblich verschärfter
Gegensatz. Der Artikel des Stud. Baroch lieferte dazu eine
scharfe Kritik. Ich gestehe, dass ich mich lange bedacht habe,
bevor ich denselben veröffentlichte. Ich befürchtete sowohl Folgen
für den Autor als auch eine Kränkung der auf der Wiener
Hochschule thätigen Professoren, meiner verehrten Collegen.
Ich habe aber die Veröffentlichung stattfinden lassen, in der
Annahme, dass auch diese Herren eine Kritik der Verhältnisse,
für die sie nicht verantwortlich sind, ertragen müssten und
würden in Rücksicht auf den objectiv guten Zweck. Un¬
zweifelhaft ist es erklärlich, wenn namentlich durch diesen
Artikel die aus den Curschraieden hervorgegangenen Thierärzte
der österreichisch-ungarischen Armee sich, verletzt fühlen.
Gewiss war die Schilderung des Herrn Stud. Baroch eine
durchaus subjective: eine ganz objective kann man unter den
gegebenen Umständen auch gar nicht erwarten. Aber darauf
kam es auch gar nicht an. Denn nicht die objective Erwägung,
sondern gerade die subjective Auffassung entscheidet
darüber, welchen Beruf man wählt. Der Artikel hatte aber mü¬
den Zweck, in drastisch-wirksamer Schilderung zu zeigen, warum
in Oesterreich Abiturienten den thierärztlichen Beruf nicht
wählen. Der Autor, und auch der Herr Bezirksthierarzt Markiel
wollten nur zeigen, wie die Gründe liegen, die das Abiturienten¬
examen in Oesterreich als eine unwirksame Massregel erscheinen
lassen.
Und ich glaube doch, dass diese Gründe richtig angegeben
worden sind. Mag man von den persönlichen Verhältnissen au
der Wiener Hochschule ganz absehen, obwohl diese den Zugang
von Civilstndenten gewiss bestimmen. Aber ganz objektiv wird
man zugeben müssen, dass das abstrakte Prinzip dieses bis zum
Gegensatz gesteigerten Dualismus die Wurzel des Uebels ist.
Das Abiturientenexamen lässt sich mit dem gegenwärtigen
Modus derRecrutirung der Militärthierärzte nicht vereinigen. Damit
wird, wie dies schon oben ausgetnhrt worden ist, die practiscln-
Tüchtigkeit der aus den Curschmieden hervorgegangenen Militär¬
thierärzte nicht angezweifelt, ebensowenig das Anselm, das sie
Seitens ihrer Vorgesetzten gemessen und verdienen. Aber die
practische Tüchtigkeit ist eben nicht mehr genügend. Die
Thiennedicin ist eine Wissenschaft geworden und diese braucht
Fortentwickelung, braucht Männer die sie fördern, Männer, deren
angeborene Fähigkeiten nicht durch elementare Schwierigkeiten
z. Th. absorbirt. sondern im Gegentheil durch eine gründliche
Vorbildung weit genug entwickelt sind, um sich in jeder Hinsicht
frei zu bethätigen. Auch die Herrn Autoren des Artikels in
No. 12 erkennen dies unumwunden an mit dem sympathischen
Wort: „Wir hätten Gott gedankt, wenn wir eine höhere
Bildung gehabt hätten-*. Damit ist aber eigentlich dem Gegen¬
satz der Meinungen der Boden entzogen.
Denn darin liegt die Anerkennung, dass die Verbesserung
der Vorbildung auch der Militärthierärzte nothwendig ist. Die
heutigen werden selbstlös genug sein, zu sagen: Wenn wir es
schwer gehabt haben, so sollen unsere Nachfolger es besser
haben. Und mit diesem Gedanken ist die Hoffnung gegeben, dass
auch sämmtliche österreichischen Militärthierärzte - das Gefühl
persönlicher Empfindlichkeit mannhaft unterdrückend — sich
mit ihren (’ivil-Collegen zusammenfinden in dem Streben, den
verderblichen Dualismus zu beseitigen durch wenigstens an¬
nähernden Ausgleich der an beide Categorien in der Vorbildung
gestellten Anforderungen.
Wie aber heute die Verhältnisse liegen, kann man sich
jedenfalls nicht wundern, wenn das Abiturientenexamen in
Oesterreich (in Ungarn liegt die Sache bekanntlich besser)
keine Erfolge zeitigt. Da in Deutschland die Sachlage, selbst
wenn die Armee zur Zeit den letzten Schritt nicht mitmachen
würde, mit jener in Oesterreich schlechterdings nicht vergleichbar
ist, so kann daher die Erfahrung in Oesterreich unmöglich einen
Gegengrnnd gegen die Einführung des Abiturientenexamens in
Deutschland bilden. Dies ist durch die Artikel der Herren
Markiel und Baroch den mit jenen Verhältnissen unbekannten
reichsdeutschen Interessenten klargelegt worden und dies war
auch nur die Absicht der Verfasser, für deren Ausführung wir
ihnen zu Dank verpflichtet sind. Schm alt z.
Baden.
Der bisherige etatsmässig angestellte thierärztliche Assistent
der thierhygienischen Abtheilung des hygienischen Instituts der
Universität Freiburg i. Br., Dr. M. Schlegel, wurde von
Seiner Königlichen Hoheit dem Grossherzog von Baden zum
ausserordentlichen Professor der medicinischen Facultät und
. zum Vorstand des thierhygienischen Instituts ernannt.
Diese Ernennung, welcher eine principielle Bedeutung zu-
kommt. wird allgemein freudig begrüsst werden.
Veterinärmedicinischer Congress zu Paris.
Während der Ausstellung wird in Paris ein veterinär¬
medicinischer Congress stattfinden, zu welchem alle die Aus¬
stellung besuchenden Thierärzte freundlichst eingeladen sind.
Derselbe ist auf den 7.—11. September festgesetzt. Das Pro¬
gramm wird thunliebst in nächster Nummer veröffentlicht werden.
Verlagsbuchhflndler Paul Parey.
Der bekannte Verlagsbuchhändler Paul Parey in Berlin
j ist an einem Gehirnleiden gestorben. Um die landwirthsehaft-
! liehe Literatur hatte derselbe in seinem Verlag, auf diesem Ge-
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5. April 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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biete wohl dem umfangreichsten, sich grosse Verdienste erworben.
Für die Veterinärliteratur kann man das allerdings nicht sagen.
Denn neben einigen werthvollen und gut ausgestatteten Werken
machte sich der Verlag die Verbreitung sog. populärer thierärzt¬
licher Literatur zur Aufgabe. Neben zwei älteren Büchern dieser
Art, denen gewissermassen ihre alte Existenz zur Rechtfertigung
diente, wurden noch als neue Erscheinungen die Bücher von
Professor Steuert „Das Buch vom gesunden und kranken
Hausthier“ und „Nachbars Rath in Viehnöthen“ auf den Markt
gebracht, welche neben wissenschaftlichen und sonst massgebenden
Veterinär-Werken in einem Verlag wenig zusammenpassten und
durch ihre Tendenz die Thierärzte und die Veterinärliteratur
zu schädigen geeignet waren.
Verein praotisoher Thierflrzte zu Berlin.
Sitzung am Sonnabend, den 7. April 1900, Abends H Uhr»
im Rathskeller (Eingang Jüdenstrasse).
Tagesordnung:
I. Vereinsangelegenheiten.
Bericht der Commission betr. Erwerbung der Rechts¬
fähigkeit des Vereins und Statuten-Aenderung.
II. Vorträge.
a) Herr College Rietzel: Rückblick auf die Geschichte
des Vereins im verflossenen Jahrhundert.
b) Herr Professor Dr. Eberlein: Ueber den Beschlag mit
Taueisen (System Gerlach).
III. Mittheilungen aus der Praxis.
Gäste willkommen. Der Vorstand.
Fleischschau und Yiehyerkehr.
Viehsperre und Fleischeinfuhr.
In einer in letzter Woche stattgehabten Versammlung der
Schlächter-Innungen von Hamburg, Altona, Wandsbek und Har¬
burg wurde folgende Resolution angenommen:
„Der Hamburg-Altona-Wandsbek-Harburger Bezirks-Verein
ersucht den deutschen Fleischer - Verband, Schritte zu unter¬
nehmen, um in ganz Deutschland Unterschriften für eine Massen¬
petition an den Reichstag zu sammeln und dabei folgende
Wünsche auszusprechen: 1. a) Alle ausländischen Fleischwaaren
sind bei der Einfuhr am Grenzorte einer gesundheitspolizeilichen
Prüfung durch deutsche Reichsbeamte zu unterziehen und solche
Fabrikate, die ihrer Beschaffenheit nach überhaupt nicht unter¬
sucht werden können, wie Wurst, Büchsenfleisch sind von der
Einfuhr auszuschliessen. Ferner dürfen nur solche Fleischwaaren
eingeführt werden, welche mit Conservirungsmitteln präparirt
sind, die nicht gegen das deutsche Nahrungsmittelgesetz ver-
stosseu. b) Schmalz und Fette dürfen nur in absolut reinem
Zustande eingeführt werden und sind bei ihrer Einfuhr am
Grenzorte zu prüfen. 2. Einführung lebenden Viehes nach
Orten, wo öffentliche Schlachthäuser sind, behufs dortiger Ab-
schlachtung ohne Tuberculin-Impfung und Quarantäne. 3. Die
Declarationspflicht für vom Anslande eingeführte Fleischwaaren,
und zwar in der Weise, dass in den Verkaufsstellen sichtbare
I’laeate auszuhängen sind, welche in deutlich lesbarer Schrift,
die Angabe enthalten, dass hier Fleischwaaren amerikanischen
Ursprungs feilgehalten werden. 4. An massgebender Stelle
vorstellig zu werden, dass in Zukunft bei Berathung von
Handelsverträgen, wenn solche Fleisch und Wurstwaaren be¬
treffen, Vertreter des Fleischergewerbes mit hinzugezogen
werden.“
In der Begründung der Resolution führte das Commissions-
| mitglied Herr Robert Nitzsehe aus, dass durch die deutschen
Massregeln gegen die Einfuhr lebenden Viehes vom Auslande
der Untergang der s. Z. blühenden Exportfleischwaaren-Industrie
herbeigeführt sei. Der gesammte Ueberschuss der Viehproduction
Dänemarks, Russlands, Hollands und Oesterreichs wanderte
früher lebend nach Deutschland, um hier verarbeitet und dann
wieder exportirt zu werden. In Folge der Vieheinfuhrverbote
wandten sich diese Länder, speciell Dänemark und Holland,
selbst der Exportschlächterei zu und nachdem regierungsseitig
die nöthigen Verkehrserleicliterungeu geschaffen waren, ver¬
sorgten sie die ehemals deutsche Kundschaft im Auslande selbst.
Ebenfalls stieg dadurch die Einfuhr von Fleischwaaren nach
Deutschland. Die Einfuhr des Jahres 1897 betrug nach der
Statistik 90 pCt. mehr als die Einfuhr von 1896. Das erste
Halbjahr 1898 brachte abermals 120 pCt. mehr ausländische
Fleischwaaren als das erste Halbjahr 1897, oder mit dem ersten
Halbjahr 1896 verglichen, eine Erhöhung von 310 pCt. in zwei
Jahren. Von 35 Millionen Pfund Fleischwaare im ersten Halb¬
jahre 1897 ist der Import auf 77‘/ 4 Millionen Pfund im Jahre
1898 gestiegen. Um dem Einhalt zu thnn, sei eine Oeffnung
der Landesgrenzen für die Einfuhr lebenden Schlachtviehes mit
Schlachtzwang am Einfuhrorte und sanitäre Controlirung
der ausländischen Fleischfabrikate bei der Verpackung an¬
zustreben.
I Die Berliner Kochanstalt.
, Die Unterschleife, welche in der an einen Privatmann zur
Ausnützung verpachteten Anstalt für Kochung, Sterilisirung etc.
des auf dem Schlachthofe beanstandeten Fleisches entdeckt
1 worden sind (vgl. No. 3 u. 7) haben vorläufig eine gute Wirkung
gehabt. Der Magistrat hat beschlossen, dem jenen Vorkomm¬
nissen zu Grunde liegenden (Kardinalfehler ein Ende zu machen
und die Verpachtung der Anstalt aufzugeben. Dieselbe kommt,
i wie sich das gehört, in städtische Verwaltung. Dem Vernehmen
I nach sollen zwei Thierärzte speciell bei dieser Anstalt au-
i
j gestellt werden. Diese Selbstverwaltung der Austalt wird, wie
bestimmt zu wünschen bleibt, hoffentlich auch die Errichtung
i einer Freibank für rohes minderwerthiges Fleisch bei derselben
! nach sich ziehen.
I
Die Uebertragbarkeit der Tuberouioee von Rind auf Mensch.
Moore-Albany (Ref. in d. Münch, med. Woch.) bestreitet
; die Möglichkeit der Uebertragnng der Tnberculose vom Rind auf
! den Menschen bezw. der Infection durch Milch oder Fleisch
| tuberculöser Thiere, indem er behauptet, dass durch die Ver-
i Pflanzung in einen andersartigen Organismus die pathogene
Eigenschaft des Bacillus verloren geht, analog den Beobachtungen
bei anderen Microorganismen. Ausserdem sei noch in keinem
einzigen Falle die Infection von Thier zu Menschen und um¬
gekehrt bacteriologisch genau und einwandsfrei nachgewiesen.
Abnormer Geruch des Fleisches bei Gegenwart von Aooariden im
Darmkanal.
Auf einen eigenthiimlichen Geruch, welchen zuweilen Fleisch
von Thieren, welche mit Ascariden behaftet waren, aufweist,
haben bereits Colin und Neumann aufmerksam gemacht. Morol
berichtet im Recueil de Med. vet. ebenfalls über einen abnormen
Geruch, welchen er bei der Untersuchung eines frischgeschlach¬
teten Kalbes wahrnahm, als er in der Nähe des Beckens hantirte.
Der Geruch ist schwer zu definiren, er ist etwas sauer und er¬
innert au Aether. Bei nun vorgenommener genauerer Unter.
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snchung zeigten sich nicht nur das Fleisch, sondern auch die
Eingeweide von dem riechenden Stoff durchdrungen. Beim Auf¬
schneiden des Darms fanden sich sehr viel Ascariden, 130
wurden gezählt, auch wurden Anzeichen eines Darmcatarrhs ge¬
funden. Drei oder vier todte Würmer waren im Dickdarm und
Rectum. Die Würmer hatten denselben Geruch wie das Fleisch
an sich; sogar nachdem die Parasiten mehrmals mit Wasser ge¬
waschen waren, hielt sich der Geruch noch mehrere Tage lang.
Beim Einschneiden des Fleisches bemerkte M. den Geruch eben¬
falls und selbst beim Kochen des Fleisches verschwand der Ge¬
ruch nicht. K.
No. 14.
offener Veterinärstellen im 6. bezw. 3. Cbev.-Rgt. — Versetzt:
Wilhelm Meyer, Veterinär im 3. Chev.-Rgt. zum 1. schweren
Reiter-Regiment.
Im Beurlaubten stande: Zu Rossärzten der Reserve sind be¬
fördert: die Unterrossärzte der Reserve Becker, Borchmann,
Burau, Basch, Devrient, Fuchs, Hosang, Pfannenschmidt,
Post und Schulz (vom Bez.- Koni. Berlin III.) Brandes und
Stahlmann (Celle); Hartmann (Cassel II), Neumann (Wehlau),
Leutsch (Hamburg), Fischer (Altenburg), Kasten (Stettin),
Graffstädt (Nienburg a. W.), Lambert (Worms), Beckhaus
(Dortmund), Sader (Schlettstadt). — Unterveterinär d. Res. Hugo
Hohmann (München I) zum Veterinär der Res. Die Einjäbrig-
j Freiwilligen Thienel und Kirsten zu einjährig-freiwilligen Unter-
! veterinären im 2. Trainbat (Würzburg)
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Personalien.
Ernennungen: (Bayern) H. Bossert, Bezirksthierarzt in Wiirz-
burg zum Kreisthierarzt bei der Kgl. Regierung, Kammer des Innern,
von Unterfranken und Aschaffenburg, B. Kögl, Districtsthierarzt
in Greding zum Bezirksthierarzt in Naila (Obcrfr.), E Weissgärber
Bezirksthierarzt in Nabburg zum pragmatischen Bezirksthierarzt,
Thierarzt Rabus-Pirmasens zum Districtsthierarzt daselbst. — K.
Gossmann, Bezirksthierarzt in Neustadt a. S. in .den Ruhestand
versetzt.
Gewählt: Die Thierärzte R. Biermann - Lublinitz zum
Schlachthofthierarzt in Königsberg (Ostpr.), E. Fischer (Altenburg)
zum städt. Thierarzt in Leipzig, Nierhoff zum Schlachtbofverwalter
in Castrop, Pfaff zum Hilfsthierarzt am Schlachthof in Dresden,
C. Reuther zum Schlachthofinspector in Rathenow, A. Rudolph
zum städt. Thierarzt in Borna (Bez. Leipzig), Schönweiler
zum Schlachthofhilfsthierarzt in Dresden, B. Schultze Assistenz-
thierarzt vom Schlachthof in Graudenz zum Schlachthofinspector
in Pr. Stargard, A. Telle zum Schlachthofthierarzt in Köln,
Wien di eck vertretungsweise zum Hilfsthierarzt am Schlachthof
in Karlsruhe.
Examina: Das Examen als beamtete Thierärzte
bestanden in Berlin: P. Anders, pract. Thierarzt in ßeuthen
(O.-Schl.), J. Grips, int. Kreisthierarzt in Rheinbach, Guenttert,
stellvertret. Kreisthierarzt in Ragnit, August Möller, pract. Thierarzt
in Hamburg, Pfannenschmidt, Repetitor an der äuss. Klinik der
Berl. Tbierärztl. Hochschule, Dr. Pro ff., Assistent am Hygienischen
Institut der Berliner Thierärztlichen Hochschule und Oberrossarzt
Richter-Bromberg. — Approbiit wurden in Berlin die Herren Otto
Kassbaum und Hermann Steinbrueck; in Dresden die Herrn
Lichtenheld und Weisspflog.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc. Die Tbierärzte
Jacobsen, bisher vertretungsweise in Northeim, nach Nordstrand
(Schleswig-Holstein), Klaeger, comm. Kreisthierarzt in Neutomischel
nach Rackwitz i. Pos., Wilhelm Krüger-Breslau nach Lublinitz,
Johannes Peters als Einjahrig-Freiwilliger nach Strassburg, V.
Stang von Freiburg i. Br. als Assistent am Hygienischen Institut
nach Strassburg.
In der Armee: Befördert: Gossmann, Unterrossarzt im Garde-
Kür.-Rgt. zum Rossarzt. — Versetzt: Die Rossärzte Rade mann
vom 56. Art.-Rgt. zum 17. Trainbat. und Klinner vom 6. Hus. Rgt.
zum 56. Art.-Rgt Unterrosearzt Rüther vom 19. Art.-Rgt. zum ü.
Garde-Art.-Rgt. — Rossarzt Dosse zum Gestütsrossarzt in Gnescn
ernannt.
Kommandos: In die llemonte - Ankaufscommissionen: Die
Rossärzte Ohm (1) für Ostpreussen, Kettlitz (II) für Ostpreussen,
Herffurth (III) für Westpreussen, Posen, Schlesien, Karpe (IV)
für Mecklenburg, Pommern, Sachsen, Brandenburg etc., Ra kette (V)
für Hannover, Schleswig-Holstein, Oldenburg etc.
Bayern. Befördert : Zwengauer, Stabsvet. im 2. schweren
Reiterregiment, zum Corpsstabsveterinär beim Generalcommando des
III. Armcecorps, Dr. Vogt, Veterinär im 6. Chev.-Rgt. zum Stabs¬
veterinär des 2. schweren Reiterrgts. — Albin Miessbach und
Franz Brinkmann, Unterveterinäre der Res. in den activen
Dienst als Unterveterinäre übernommen mit der Wahrnehmung
Yacanzen.
(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreisthierarztsteilen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich Kreiszuschuss).
Gesuche an den Regierungspräsidenten.
b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Cöslin: Stolp (Nord). — R.-B.
Gumbinnen: Grenzthierarztassistentenstelle in Stallupönen. —
R.-B. Köln: Rheinbach. — R.-B. Schleswig: Eideratedt.
Sanitltsthlerarzt8tellen: a) Neu ausgeschriebene Steilem
Cassel: Schlachtbofassistenzthierarzt (1800 M. dreimonatl. Kündig.)
Bewerb, an den Magistrat. — Freiberg i. Sachs.: Thierarzt für
Fleischschau etc. (2700 M., Wohnung, Pension.) Bewerb, bis 9. April
an den Stadtrath. — Königswartha i. Sachs.: Thierarzt für
Fleischbeschau. (Ausser den Gebühren 900 M., Praxis.) Meid, bis
Ende April an den Gemeindevorstand. — Plauen i. V.: Assistenz¬
thierarzt am Schlachthof zum 1. Juni (2100 M.: viertcljährl.
Kündigung). Meid, an den Director. — Pössneck: Thicrarzt für
Fleischbeschau (1200 M. und ca. 700 M. aus der Trichinenschau).
Bewerb, bis l.Mai an den Magistrat. — Schivelbein: Tbierarzt für
Fleischschau (ca. 2400—3000 M.; Praxis gestattet). Meid, beim
Magistrat.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Augsburg: Schlachthausdirector. — Bromberg: Schlachthof-
assistenztbierarzt — Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. —
Eberswalde: Schlachthofinspector. — Filebne: Schlachthof¬
inspector. — Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Köln:
Oberthierarzt am Schlacht- und Viehhof. — Liegnitz:
Schlachthofassistenzthierarzt. — Markneukircben: Thierarzt für
Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Militsch: Schlachthofinspector.
— Mülhausen (Eisass): Schlachthofverwalter. — Ostrowo:
Schlachthofinspector. — Spremberg: SchlachthofinBpector. —
Thorn: 2. Schlachthofthierarzt. — Wanne: Schlachthofvorsteher.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt. — Scbönbaum (Danzig). — Soldau
(Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt zum 1. Mai
(2400 M., Privatpraxis gestattet). Meldungen mit Zeugnissen etc. bis
i Ende März an den Amtmann. — Lauensten i. Sachs.: Thierarzt
für Fleischschau und Praxis (Beihilfe aus Staats- und Gemeinde¬
mitteln). Bewerbungen bis 15. April an den Stadtgemeinderath. —
Mengering hausen (Waldeck): Thierarzt. — Mügeln (Bez. Leipzig):
Thierarzt. — Rh in ow (R.-B. Potsdam): Thierarzt. — Schwarzen¬
berg i. Sach8.: Thierarzt für Fleischbeschau und Praxis (voraus¬
sichtliche Staatsunterstützung). Meid, an d. Stadtrath. — Sonnen¬
burg: Thierarzt (600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den
Magistrat. — Wolkenstein: Thierarzt für Praxis und Fleischschaa.
Auskunft beim Stadtrath.
Besetzt: Sanitätsthierarztstellen in Königsberg i. Ostpr.,
i Rathenow und Pr. Stargard. Privatstelle in Rackwitz.
Verantwortlich für den Inhalt (excL Inaeratenthell): Prot Dr. Schmaltz ln Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. BtUemtein, Berlin
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Die „Berliner Thlerärxtlicbe Wochen»chrifl“ erscheint
wöchentlich in Stärke von minderten» 1*/, Bogeu. Dieselbe
Ut xu bestehen durch den Bnchhandel, die Post (No 1082)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Sohoets, Berlin NW, Luisenstrasse 86, zum Preise von
Mk. 6,- pro Vierteljahr.
Berliner
Origlnalbeiträgc werden mit 50 Mk. für den Bogen bonorirt.
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe mau zu senden an Prof. Dr. Sclimaltz,
Berlin, thier&rztlicbc Hochschule. NW., Luisenstrasse 66.
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
I
Thierärztliche Wochenschrift
Heran sgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. ß. Schmaltz, > Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Sehoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 15 . Ansgegeben am 12. April.
Inhalt: Even: Behandlung der Kälberruhr mit Argent. colloid. |Crede. — Rassau: Beobachtungen über Rotz und die
Sicherstellung der Diagnose durch Argentum colloidale. — Hansen: Radialis-Lähmung beim Rind und In-
toxication? — Paust: Heilung der Acarus-Räude beim Hunde. — Referate: Die Aetiologie der Tuberculose. —
Bramann: Klinisches über Aktinomykose beim Menschen. — Lubarsch: Zur Kenntniss der Strahlenpilze. — Pfuhl: Ueber
das Schumburg’sche Verfahren der Wasserreinigung. — Therapeutische Notizen. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. —
Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Personalien. — Vacanzen.
Behandlung der Kälberruhr mit Argent. colloid. Crede.
Von
C. Evers-Waren
Rpzirksthlcrarzt.
Der Ausspruch Dieckerhoff’s im Jahre 1808, dass das
Argent. colloid. Crede, ausser bei der Behandlung der Blutflecken¬
krankheit, auch bei anderen Allgemeinkrankhetten der Haustliiere
sich vorteilhaft erweisen wird, hat sich schon vielfach bewahr¬
heitet. Soweit mir bekannt, hat das Mittel bei der Behandlung
resp. Verhinderung der dysenteria neonatorum bislang keine
Verwendung gefunden.
Auf Grund von über 250 einwandfreien Erfolgen, die durch
hantige Controlversnche unterstützt wurden, möchte ich die
Herren Collegen auf die Wirkung des Argent. colloid. Crede hei
der Kälberruhr aufmerksam machen und zu weiteren, aus¬
gedehnten Versuchen anregen.
Die Kälberruhr wird hervorgerufen durch einen Micro-
orgauismus, der ein facultativer Parasit des Darms der Kälber
ist. Erst wenn der Organismus des Kalbes durch ungeeignete
Fütterung des Mntterthieres oder durch Schädlichkeiten nach
der Gebart geschädigt, tritt die schädigende Wirkung des
spezifischen Krankheitserregers ein. Es schadet nicht der
Microorganismns, sondern es schaden die" durch denselben ge¬
schaffenen Stoffwechselproducte.
Durch Jenssen wurde nacligewiesen, dass die Virulenz des
Contagiums der Kälberruhr mit der Uebertragung von Kalb auf
Kalb zunimmt.
Wenn man diese beiden Punkte der Entstehung und den
schweren Verlusten der Kälberruhr zu Grunde legt, so glaube
ich einen beträchtlichen Schritt in der Aetiologie der Kälberruhr
weiter gekommen zu sein.
Durch die Verfütterung von Schnitzen, Schlempe, Kartoffel¬
abfällen, kurz von Fabrikationsrückständen moderner Betriebe und
durch die abnorme Haltung der Kühe in der intensiven Landwirt¬
schaft wird der mütterliche Organismus und iu weiterer Folge
der des Kalbes geschwächt und zu einem geeigneten Nährboden
für das specifische Bacterium umgebildet.
Hieraus erklärt es sich auch, dass die grössten Verluste
erst auftreten, nachdem die Muttertiere längere Zeit den Ein¬
flüssen einer nicht naturgemässen Nahrung, eines Aufenthaltes
in mangelhaften Stallungen bei geringer körperlicher Bewegung
ausgesetzt gewesen sind.
Durch die zunehmende Virulenz des Bacteriums im Verein
mit der zunehmenden Schwäche des Neugeborenen, erkläre ich
mir die nach einer gewissen Zeit nuftretenden und immer grösser
werdenden Verluste.
Eine sichere Behandlung der Ruhr kann somit nur erreicht
werden, wenn man die Muttertiere in möglichst naturgemässe
Lebensverhältnisse bringt, oder aber, da dies in den überaus
meisten Fällen nicht ausführbar ist, wenn man den Erreger der
Ruhr frühzeitig im Körper des Kalbes tödtet, resp. in einen
Zustand versetzt, in dem derselbe keine Toxine bildet. Dies
habe ich anscheinend erreicht durch die möglichst frühzeitige
endovenöse Injection von Argent. colloid. in die jugularis.
*In einer grossen Anzahl von Fällen ist es mir gelungen, in
verseuchten Ställen, in denen im Winter GO—90 pCt. Kälber an
Ruhr starben, durch eine in den ersten drei Lebenstagen täglich zu
wiederholende Injection von Argent. colloid 0,05 : 5 Aq. jede Er¬
krankung an Ruhr fernzuhalten.
Um auch die im Darm befindlichen Bacterien unschädlich
zu machen, gebe ich nach der Einspritzung sofort: Itrol, Sacchar.
lact. nä 1,0 mit einem Esslöffel voll Mucilago Gummi arab.
Auf den Gütern K., Neu-Sch., S. und Scliw., welche sämmtlich
in d&r Nähe von Waren gelegen sind und durch mich wiederholt
besucht wurden, konnten mit vorstehender Behandlung folgende
Resultate erreicht werden:
In K. ist eine Spiritusbrennerei und Zuckerrübenbau, es
wird somit Schlempe und Schnitzel gefüttert.
Tm Winter 1808/99 starben über 50 pl't. Kälber an Ruhr.
Am 18., 19. und 21. October 1899 wurde je ein Kalb geboren.
Alle drei Kälber starben am zweiten resp. dritten Tage an
Durchfall. Am 22. October 1899 wurde ein Kalb geboren.
] Dasselbe erhielt nach 24 Stunden 0,05 Argent. : 5 Aq. endovenös.
! Das Thier zeigte keine Ei sclninungen von Schwäche und blieb
i gesund.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
170
Am 5. November 1 Kalb geboren, nach 6 Stunden endovenöse
Inject., gesund.
Am 7. November 1 Kalb geboren, nach 48 Stunden endovenöse
Inject. Thier zeigte Durchfall, blieb dennoch
gesund.
Am 23. November 1 Kalb geboren, nach 24 Stunden endovenöse
In,ject., gesund.
Am 20. November 1 Kalb geboren, nach 24 Stunden endovenöse
Inject., gesund.
1 Kalb geboren, nach 24 Stunden endovenöse
Inject. .Thier starb nach drei Tagen ohne
Durchfall. Das Thier war ca. sechs Wochen
zu früh geboren und hatte wahrscheinlich zu
grosse Mengen Milch genossen.
Am 19. Deeember 1 Kalb geboren, nach 12 Stunden endovenöse
Inject., gesund.
Am 20. Deeember 1 Kalb geboren, nach 12 Stunden endovenöse
Inject., gesund.
Am 12. Januar ein 8 Tage altes Kalb gekauft, wurde nicht be¬
handelt und starb an Durchfall.
Am 13. Januar ein 0 Tage altes Kalb gekauft, wurde mit Argent.
colloid. behandelt und starb an Durchfall.
Resultat: 4 Kälber ohne Injeetion, sämmtlich gestorben.
1 Kalb erst am 0. Lebenstage behandelt, gestorben.
1 Kalb nach 24 Stunden behandelt, dennoch gestorben.
Das Thier war zu zeitig geboren und wahrscheinlich
vertränkt.
ln S. starben nach Angabe des Besitzers im Januar bis
März 1899 über 80 pCt. an Ruhr. Die Kühe erhielten weder
Schnitzel noch Schlempe.
Bis zum 26. October 1800 waren schon vier Kälber an
Durchfall gestorben.
Bis zum 28. Februar 1000 wurden 28 Kälber mit Argent.
colloid. endovenüs und Itrol innerlich behandelt. Von diesen
Thieren starben drei an Bronchopneumonie nach 8 — 14tägigem
Leiden. Ein Thier starb an Nabelvenenentzündung am 18. Lehens¬
tage. Vier Thiere starben an Magen- und Darmentzündung,
ohne Durchfall, entstanden durch übermässigen Genuss von
Milch. Zwei Thiere erhielten die Injeetion erst am vierten
Lebenstage, als die ersten Erscheinungen von Ruhr auftraten,
und starben nach vier resp. sieben Stunden.
Auf dem Gute Neu-Sch. werden die Kühe mit Rübenschnitzeln
gefüttert. Nachdem mehrere Kälber an Ruhr gestorben, wurde
die Behandlung mit Argent. colloid. am 26. October eingeleitet.
Von 28 seit dieser Zeit geborenen Kälbern wurden sechs Thiere
nicht behandelt und starben von diesen drei an Ruhr. Alle be¬
handelten Kälber blieben gesund.
ln Scliw. wurden die Kühe stark mit Schnitzeln und Kraft¬
futter ernährt. Nachdem bis zum 26. November 1899 sechs Kälber
an Ruhr gestorben, wurde mit der Einspritzung und innerlich Itrol
begonnen. Seit dieser Zeit wurden 15 Kälber geboren und bald¬
möglichst nach der Geburt behandelt. Von diesen 15 Thieren
wurde ein Kalb eines Gehirnleidens wegen geschlachtet, alle
übrigen 14 Kälber blieben gesund.
Ausser diesen Beobachtungen stehen mir noch Berichte von
28 Gütern zur Verfügung. Alle theilen sehr günstige
Resultate mit.
Nach diesen Beobachtungen bin ich der Meinung, dass das
Argent. colloid. Crede ein sehr wirksames prophylaktisches Mittel j
gegen Kälberruhr ist. Die endovenöse Injeetion ist die Haupt- i
No. 15.
sache der ganzen Behandlung und ist wahrscheinlich vollkommen
genügend. Wenn ich dennoch in den meisten Fällen Itrol
innerlich verordne, so geschieht dies aus practischen Gründen
und weil bei vorsichtigem Eingeben keine Schädigung des
Thieres erfolgt. Erwähnen möchte ich noch, dass beiComplicationen
mit Nabelvenenentzündung der Process im Nabel durch das Argent.
colloid. kaum beeinflusst wird.
Die tägliche Wiederholung der Injeetion, welche, wie gesagt,
| zum Heilerfolg nöthig ist, bringt es mit sich, dass ein viel¬
beschäftigter Thierarzt nur Anweisungen für die Ausführung
geben, letztere aber nicht selbst übernehmen kann. In diesem Um¬
stande liegt eine Klippe, an der wohl an manchen Stellen die
Behandlung scheitern wird, die aber an vielen Stellen durch
genügende Unterweisung in dem Verfahren umgangen werden
kann, wie ich bei meinen Versuchen erfahren habe. Der
Eigenthümer lernt die Handhabung der Injectionsspritze und
das Auffinden der Jugularis ohne Schwierigkeit.*)
Während ich im Anfänge meiner Behandlungsmethode dem
Besitzer eine l°/ 0 ige Lösung in einem Glase zur Injeetion übergab,
bin ich seit längerer Zeit hiervon vollständig zurückgekommen,
weil ich wahrnahm, dass in Folge des wiederholten Oeffnens
des (Bases in der unreinen Stallluft mit der Zeit ein Nieder¬
schlag in der Lösung auf Kosten der prompten Wirkung eintrat.
Um diesen Uebelstand zu beseitigen, gebe ich jetzt jede einzelne
Dosis in eingeschmolzenem Glase.
Den Bezug der Argentumlösung von der Firma Beugen & Co.,
Hannover, Ludwigstrasse, kann ich sehr empfehlen. Die Firma
hält sich auf mein Anrathen einen grösseren Vorrath und liefert
gut und schnell. J)ie Injectionsspritze habe ich von Hauptner,
Berlin, bezogen, dieselbe ist im Catalog unter No. 1201 an¬
geführt. Da den meisten Besitzern die Entfernung der Haare
am Halse des Kalbes Schwierigkeiten macht, so füge ich jeder
ersten Sendung eine kleine gebogene Scheere No. 821 bei. Eine
genaue Gebrauchsanweisung muss jeder ersten Sendung bei¬
liegen, und wenn irgend möglich, dem Besitzer die erste Ein¬
spritzung an Ort und Stelle gezeigt werden.
Man versäume auch nie den Besitzer aufmerksam zu machen
dass durch sehr reichliches Tränken mit 1—2 Ltr. Milch manches
Kalb nach wenigen Stunden tödtlich erkranken kann. Man rathe
dringend in den ersten 8 Lebenstagen dreimal täglich nur ^ Ltr.
Milch eventuell mit Haferschleim vermischt, den Kälbern zu
geben. Vorstehende Behandlung will natürlich keine Univeraal-
behandlung aller Kälberkrankheiten und damit eine Beseitigung
des Kälbersterbens sein, sondern richtet sich einzig und allein
gegen die wichtigste aller Kälberkrankheiten, gegen die Kälberruhr.
Anweisung für die Behandlung der Kälberruhr.
Das gut gebundene Kalb wird auf die linke Körperseite
gelegt. An der rechten Halsseite, ziemlich in der Mitte des
Halses und am hinteren Rande der Luftröhre werden die Haare
in Handflächengrösse abgeschoren. Wenn man nun mit den
Fingern der linken Hand die Blutgefässe an der rechten Hals¬
seite, ziemlich am Brusteingange, comprimirt, so schwillt die
rechte Halsader zu Daumendicke an. In dieses angeschwollene,
d. h. stark mit Blut gefüllte Blutgefäss sticht man mit der
rechten Hand die Nadel (ohne Spritze) schräg nach oben hinein.
Unter allen Umständen muss aus der Nadel Blut fliessen. Nun
*) Ich kann die Bemerkung nicht unterdrücken, dass ich es,
so selbstlos auch das hier eingeschlagenc Verfahren ist, doch vom
thierärztlichen Interessenstandpunkt aus für sehr bedenklich halte,
den Besitzern dje intravenöse Injeetion zu lehren, Sch mal t*.
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12. April 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 171
setzt man die vorher vollständig gefüllte Spritze (die Spritze
darf keine Luftblasen enthalten) auf die Nadel und entleert
den Inhalt langsam in das Blut.
Nachdem das Kalb von den Fesseln befreit nnd aufgestanden
ist, giebt man demselben sofort einen Esslöffel voll der Medicin,
auf die ein Pulver geschüttet ist, langsam ein, nnd schüttet
einen Esslöffel voll Medicin ohne Pulver nach.
Die Einspritzung sowohl als das Eingeben wird möglichst
bald nach der Geburt, an einem hellen Orte ausgeführt und an
den ersten drei Lebenstagen täglich wiederholt.
So schwierig wie die Einspritzung auf den ersten Blick er¬
scheint, so einfach gestaltet sich dieselbe bei einiger Hebung,
bei Ruhe und Geduld. Ein Fehlstechen der Nadel schadet nicht.
Unter aUen Umständen muss aus der Nadel Blut fliessen.
Nach Gebrauch ist die Nadel und Spritze gründlich mit
reinem Wasser zu reinigen und gut abzutrocknen.
Spritze und Medicamente sind stets sauber und trocken
aufznbewahren.
Wenn Kälber im späteren Alter Durchfall bekommen, so
entziehe man ihnen die Milch vollständig nnd ersetze dieselbe
dnrch Haferschleim. An Medicamenten gebe man 1—2 Pulver
mit einem Esslöffel voll der Medicin pro Tag.
Ueber den Erfolg erbitte ich von Zeit zu Zeit Nachricht.
Beobachtungen über Rotz und die Sicherstellung der
Diagnose durch Argentum colloidale.
Von
RaMWi-Tsingtau (China),
Unterroasurzt
Als Herr Geheimrath Dieckerhoff in No. 12 der B. T. W.
vorigen Jahrgangs zwei Fälle anfülirte, in denen die intravenöse
Injection einer wässerigen Lösung von Argentum colloidale die
latente Rotzkrankheit in das offensichtliche Stadium übergeführt
hatte, wäre anzunehmen gewesen, dass man sich wegen der
hohen veterinärpolizeilichen Bedeutung, welche der bald¬
möglichsten Eruirung der in einem verseuchten Bestände
befindlichen occult erkrankten Thiere zukommt, in thierärztlichen
Kreisen alsbald die Prüfung dieses Mittels angelegen sein lassen
würde, nm Aufschluss über seinen diagnostischen Werth bei Rotz
zu erhalten, umsomehr als die Ansichten über die Bedeutung
des Malleins immer noch sehr getheilter Natur sind. Be¬
fremdlicherweise hat man aber grade dieser Seite der Wirksam¬
keit gedachten Mittels anscheinend eine nur sehr geringe
Beachtung geschenkt, wenigstens sind Veröffentlichungen über
diesen Gegenstand nur sehr spärlich, und wenn ich von den¬
jenigen Fällen absehe, die mit den Anlass zur Ventilirung dieser
Frage gaben, nur von dem Mailänder Baldoni und letzthin
von Professor Röder erfolgt. Wenn man diesen Thatsachen
den Umstand gegenüberstellt, dass nach den seuchenstatistischen
Ausweisen beispielsweise zu Beginn des zweiten Quartal v. J.
19 Gemeinden des deutschen Reiches verseucht waren nnd
30 am Schlüsse verseucht blieben, so möchte ich der Vermuthung
Raum geben, dass, wahrscheinlich veranlasst durch einige Miss¬
erfolge, die leider bei der endovenösen Anwendung des Chlor-
bariums zu verzeichnen gewesen sind, ernste Bedenken entweder
gegen die Ungefährlichkeit und Zuverlässigkeit auch dieses
Mittels Vorlagen, oder gar Misstrauen gegen die Zweckmässigkeit
der Application von Arzneimitteln mittelst intravenöser Injection
wachgernfen worden ist.
Mögen die Erfahrungen, die ich nach dieser Richtung zu
sammeln in der Lage war, dazu beitragen, etwaige Zweifel
obiger Art zu beh« ben.
Am 18. Mai v. J. stellte ich bei einem Privatpferde auf
Grund einer derbknotigen Schwellung der Kehlgangslymphdrüsen
und des Vorhandenseins eines leichten Nasenansflusses von
grünlich - gelber Beschaffenheit Rotzverdacht fest. Das im
Uebrigen gesund erscheinende, sofort isolirte Thier, sowie ein
Controllpferd erhielten noch selbigen Tags eine intravenöse In¬
jection von je 40,0 g der einprocentigen Lösung von Argentum
colloidale. Untenstehende Temperaturtabellen mögen die Reaction
des Körpers nach Einführung der Silberverbindung in die Blut¬
bahn veranschaulichen.
I. Rotzverdächtiges Pferd.
II.
Controllpferd.
Zeit.
Temperatur.
Zeit.
Temperatm
8 Uhr
38,5
8
Uhr
38,0
9 ,.
39,2
9
38,4
10 ,,
40,7
10
jy
39,8
11 ..
40,2
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40,6
12
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5
JJ
38.6
r> ..
38,6
6
>•
38,5
Abgesehen von einem heftigen Muskelzittern, welches sich
bei dem verdächtigen Pferde bald nach der Injection einstellte
und etwa zwei Stunden anhielt, waren Störungen des bisherigen
Befindens nicht zu verzeichnen. Am nächsten Tage erfolgte
eine Wiederholung der Injection und am 20. Mai — dem
dritten Behandlungstage — machten sich neben einer bedeuten¬
den Steigerung der Mengen des abgeschiedenen Nasensecrets
einzelne hirsekorngrosse prominente Kuötchen bemerkbar, deren
eins auf der Kuppe bereits Spuren geschwürigen Zerfalls zu
zeigen begann. Da die Verhältnisse eine weitere Beobachtung
verboten, wurde am folgenden Morgen die Tödtung vorgenomraen.
Die Section bestätigte die intra vitam gestellte Diagnose;
ausser Veränderungen obengenannter Art fanden sich embolische
Infarcte rotziger Natur in den Lungen und der Milz, auch
konnten in Ausstrichpräparaten, die nach der Löffler'sehen
Methode behandelt worden waren, Rotzbacillen nachgewiesen
werden.
Da das in Rede stehende Pferd seit mehreren Monaten im
Stalle der Feldbatterie aufgestellt gewesen war, beschloss ich,
soweit angängig, deren ganzen Bestand, sowie alle diejenigen
Thiere zu impfen, (der Kürze halber bediene ich mich dieses
nicht ganz correcten Ausdrucks) mit denen es in letzter Zeit
in nachweisbare Berührung gekommen war. In Betracht kamen
19 Pferde, 32 Maulesel und 1 Esel. Wegen der Widerspänstig-
keit vieler Thiere konnten nur bei einer beschränkten Anzahl
Temperaturmessungen vorgenommen werden; soweit es geschehen,
war eine Steigerung der Körperwärme um 1,9 zu verzeichnen.
Unangenehme Begleiterscheinungen traten nirgends hervor,
jedoch stellte sich bei sechs Pferden eine nicht unbedeutende,
in ihren Folgen indess belanglose phlegmonöse Schwellung längs
der Drosselrinnen ein, die sich aber ohne jede Behandlung
innerhalb drei Tagen zertheilte. Betroffen hiervon waren nur
solche Thiere, welche sich der Operation stärker widersetzt,
hatten, wodurch das Einfuhren der Nadel erschwert worden war
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172 berliner thierarztliche Wochenschrift. no. 15 .
— ein Fingerzeig, der die Einverleibung des Mittels in die
Subcutis nicht als rathsam erscheinen lässt.
Während die Injection in dem zur l’ntersuchung stehenden
Falle den occulten Hotz prompt in das offensichtliche Stadium
überzuführen begonnen hatte, zeigten alle übrigen Thiere in der
Folge nicht die geringsten Veränderungen, es konnte somit der
Hoffnnng Raum gegeben werden, dass eine Uebertragung der
Seuche nicht stattgefunden habe. Diese Vermuthnng kann jetzt,
nachdem mehr als 8 Monate verstrichen, als feststehende That-
sache angesehen werden, um so mehr, wenn man berücksichtigt,
dass wenige Wochen nach der Impfung gelegentlich einer unter
den denkbar ungünstigsten Witterungsverhältnissen unter¬
nommenen kriegerischen Expedition in das Hinterland an die
Leistungsfähigkeit der Zug- wie Reitthiere sehr hohe Anforde¬
rungen gestellt werden mussten, welche die besten prädis-
ponirenden Momente für einen Ausbruch der Seuche abgegeben
haben würden. Die Empfänglichkeit der hiesigen, der chinesisch¬
mongolischen Rasse angehörigen Pferde gegen das Rotzvirus
scheint überhaupt eine nur geringe zu sein; es erhellt dies schon
.aus dem Umstande, dass den vier völlig von einander unab¬
hängigen Senchenausbriichen, die ich zu constatiren Gelegenheit
hatte, nur 5 Thiere zum Opfer gefallen sind. Als eclatanten
Beweis für diese Annahme möchte ich ferner einen Fall an¬
führen, wo eine Uebertragung der Seuche nicht stattfand, obwohl
ein sehr hochgradig mit Rotz behaftetes, neu erstandenes Pferd,
bei dem im unteren Drittel der Nasenscheidewand eine Perfo¬
ration in Markstückgrösse stattgefunden hatte, 20 Stunden hin¬
durch mit 8 Pferden den Stall, mit zweien die gleiche Krippe
getheilt hatte. Beiläufig erwähnt sei hier, dass den Chinesen
das Wesen der Rotzkrankheit sehr wohl bekannt ist, und kaum
jemals wird der erfahrene Händler, wenn anders er seiner
Sache sicher ist, verfehlen, auf die Reinheit des Kehlgangs hin-
zuweisen. In dem vorliegenden Falle schritt der übervortheilte
Käufer zur gerichtlichen Klage, doch hatte sich der Verkäufer
allen (Konsequenzen durch schleuniges Verlassen der Stadt zu
entziehen gewusst. Ein einziges Mal nur wurde eine vermuthlich
durch das Geschirr bewirkte Uebertragung bei zwei zu Krümper¬
zwecken Verwendung findenden Mauleseln beobachtet. Diese
waren allein in einem kleinen Stalle untergebracht und er¬
krankten in einem Zwischenräume von 8 Tagen an primärem
Hautrotz, der bei dem erstinficirten Esel eine Allgemein-
infection zur Folge hatte. Auf welche Weise die ursprüngliche
Ansteckung zu Stande gekommen war, blieb unaufgeklärt, denn
trotz eifriger Nachforschungen in Herbergen, Gastställen etc.
gelang es nicht, einen Rotzherd aufzudecken.
Bezüglich der Frage der Haltbarkeit des in Rede stehenden
Mittels möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass eine 4 Wochen
alte Lösung bei einem an Druse erkrankten Pferde irgendwelche
Reaction hervorzurufen nicht im Stande war.
Radiali$-Lähmung beim Rind und Intoxication. (?)
Von
Hansen-Trittau.
Thiernrzt.
Am 20. Januar d. J. nahm ich bei dem Hufner E. in D.
die Tuberculinimpfung bei II Kühen vor. Unter diesen hatte
eine Kuh, die im April d. J. zum dritten Mal kalben soll, etwa
4—5 Tage vor der Impfung eine leichte Dyspepsie gehabt, war
aber an dem Impftage selber vollständig wiederhergestellt. Die
Impfung wurde Abends 10 Uhr in der üblichen Weise nach
gründlicher Desinfection der Impfstelle und der Canüle voll¬
zogen. Die Temperaturaufnahmen bei der fraglichen Kuh er¬
gaben folgendes Resultat: am 20. Jan. Abends 10 Uhr: 38,5 0 C.,
am 21. Jan. 7 Uhr Morgens (erste Aufnahme nach der Impfung):
39,1 °, 10 Uhr Morgens: 38,2 °, 4 Uhr Nachmittags: 39,0°. Nach
dieser geringgradigen Erhöhung musste die Kuh als tuberculose-
frei angesehen werden. Das Allgemeinbefinden war ungestört,
der Appetit rege, die Milchsecretion wie an den Tagen vor der
Impfung. Um 4 Uhr Nachmittags, also 18 Stunden nach der
Impfung bemerkte der Besitzer, dass die Kuh vorne nicht auf¬
stehen könne, und bei dem Versuche, sich zu erheben, vorne
gleich wieder kraftlos zusammenbreche. Bei meiner Unter¬
suchung fand ich diese Angaben bestätigt. Die rechte Vorder¬
extremität war in allen Gelenken stark gebeugt, so dass nur
die Klauenspitzen den Boden berührten. Unter grosser An¬
strengung und Muskelzittern hielt das Thier sich etwa 10—15
Sekunden aufrecht und sank dann wieder zu Boden. Bei Unter¬
stützung (durch Drücken) des Carpalgelenks mit der aufgelegten
flachen Hand war es dem Thier möglich, sich einige Sekunden
länger auf den Füssen zu halten. Während dieses Krankheits¬
bild, das unschwer als typische Radialis-Lähmung zu diagnosti-
ciren war, rechterseits vollständig ausgebildet war, vermochte
das Thier mit dem linken Vorderfuss besser aufzutreten, obgleich
das Carpalgelenk auch hier gebeugt gehalten wurde. Eine so
starke Flexion der Gelenke wie rechts war an der linken
Extremität nicht ausgebildet.
Die Behandlung bestand in der Application von reizender
Einreibung in die Gegend der Anconaeen-Gruppe und im Frottiren
beider Schenkel mit wollenen Tüchern.
Am 21. Jan. Morgens war schon eine Besserung zu er¬
sehen, indem die Kuh etwa 2 3 Mhluteh 'sich auf den Tieihen
zu halten vermochte. Die Behandlung wurde in der angegebenen
Weise fortgesetzt. Am 22. Jan. konnte die Kuh schon x j 2 Stunde
ununterbrochen stehen, und nach zwei weiteren Tagen war die
Lähmung an beiden Extremitäten beseitigt.
Im Anschluss an die Schilderung dieses Krankheitsverlaufes
erlaube ich mir folgende Bemerkungen: Das Bild der Radialis-
Lähmung ist wohl so prägnant, dass sie mit keinem andern
krankhaften Zustand verwechselt werden kann, andererseits geht
aber der Regel nach die Lähmung erst nach längerer Zeit, nach
Dieckerhoff in 2—3 Monaten, in Heilung über. Ferner dürfte
eine doppelseitige Radialis-Lähmung zu den grössten Selten¬
heiten gehören und wohl kaum zu gleicher Zeit durch mechanische
Insulte verursacht werden können. Aus diesen Erwägungen
schliesse ich, dass in dem fraglichen Falle die Aetiologie der
Radialis-Lähmung toxischer Natur sein muss und ev. mit der
Tuberculinimpfung in einem gewissen Zusammenhang steht. Ob
für das Zustandekommen der betr. Lähmung die vorausgegangene
Dyspepsie prädisponirend eingewirkt hat, will ich dahingestellt
sein lassen.
Heilung der Acarus-Räude beim Hunde.
Von
Paust-Samter,
Thierarzt.
Dass die Acarusräude, auch in schwerem Falle, beim Hunde
schon verschiedentlich mit recht gutem Erfolge behandelt wurde,
ist unter Anderem in der Deutschen thierärztl. Wochenschrift
von A. Hink-Pforzheim mitgetheilt
Diesbezügliche Mittheilungen sind, soweit mir bekannt, nur
spärlich, was wohl darin seinen Grand hat, dass die an Acarus-
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12 April 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
173
räude erkrankten Hnnde von vielen Thierärzten als unheilbar
gar nicht erst in Behandlung genommen werden.
Zwei Heilungen, die mir an schwer mit Acarusräude be¬
hafteten Hunden gelangen, möchte ich hier anfdhren:
I. Hochedler Terrier, preisgekrönt, Inhaber von Stammbaum
und Ahnenreihe, dem Lieutenant F. in der L.Strasse zu
Hannover gehörig, schwer erkrankt und von der Thierärztlichen
Hochschule nach wiederholter Vorstellung als unheilbar zurück¬
gewiesen.
Therapie: Morgens und abends starkes Abbüraten mit
Lösung von grüner Seife in warmem Wasser, darauf Bebürsten
und Ueberspülen mit Creolinlösung, sodann Ueberspülen und
Eintauchen des ganzen Körpers in starke Tabaksabkochung
während einiger Minuten. Nach dem Abtrocknen Einreiben mit
Ungt sulfurat. composit., bestehend aus:
Sulf. dep.
Zinc. sulfur. aa 1,0
Adeps 8,0
Das Lager ist täglich zu erneuern, täglich frisches Stroh als
Unterlage, worüber warme, weiche Lappen zu breiten. (Das
Krankenbett batte ich in einer Ecke der Burschenstube zurecht
machen lassen.) Da mir der Bursche zu schlafmützig war, so
machte ich die ganze Procedur anfangs zweimal täglich selbst,
und obgleich sehr anstrengend, kann ich versichern, dass es mir
in keiner Weise „geschadet“ hat.
Mehr als einmal glaubte ich den Hund in Folge grosser
Schwäche dem Verenden nahe. Wein, Fleischbrühe mussten dem
Tbiere, da völlige Inappetenz bestand, mit Gewalt eingeflösst
werden. Später jeden zweiten Tag ohne Behandlung. Nach acht
Tagen gar nicht mehr behandelt Heilung vollkommen.
II. Mops-Bastard-Hündin, mein Eigenthum, etwa 2 Jahre alt,
nicht ganz so schwer erkrankt wie I. Behandlung dieselbe, doch
nur innerhalb sechs Tagen dreimal. Erfolg gut und anhaltend.
In beiden Fällen zeigten die Thiere nach dem Einreiben der Salbe
grosse Schmerzen, wobei sie uraherrasten, Schmerzenslaute aus-
stiessen und sich dann sehr hinfällig zeigten.
Peinliche Genauigkeit des Verfahrens halte ich hier für
durchaus geboten ohne Rücksicht auf Zeit und besondere Mühe.
Die Art der Anwendung der Mittel thut oftmals bekanntlich viel.
Referate*
Die Aetiologie der Tubercnlose.
(Archiv für wixxcnsch. und pract- Thierhlkd. 1899, H. 0.)
Unter dieser Ueberschrift sind vier Vorträge zusammen¬
gestellt, welche auf dem Congress zur Bekämpfung der Tuber-
culose in Berlin vom 14.—27. Mai v. J. gehalten worden sind,
und von denen jeder ein bestimmtes Gebiet der Tuberculose-
ätiologie behandelt.
I. Professor Flügge referirte über den Tuberkelbacillus
in seinen Beziehungen zur Tuberculose.
Der Vortragende geht von den Originalarbeiten Kochs aus
und beschreibt die Auffindung und die Charakterisirung des
Tuberkelbacillus durch Cultur- und Färbeverfahren, weiter durch
erfolgreiche Uebertragung der Reinculturen auf Versuchsthiere.
Hierdurch war festgestellt, dass die von Koch in den ver¬
schiedenen tuberculösen Erkrankungen ermittelten Bacillen die
Erreger der Tuberculose sind. Als einzige unmittelbare Ursache
müsse der Bacillus auch dann bezeichnet werden, wenn das
Zustandekommen einer auf natürlichem Wege acquirirten tuber¬
culösen Erkrankung daneben noch von einer Disposition des
Körpers abhänge.
Im Laufe der Zeit seien indess manche Stimmen laut
geworden, welche die ätiologische Rolle des Tuberkelbacillus
anzweifelten, weil 1. tuberculose Affectionen, Sputa etc.
Vorkommen ohne Koch’sche Bacillen, und 2. weil säure¬
feste Bacillen auch da gefunden werden, wo von Tuber¬
cnlose keine Rede sein kann.
Der erste Einwand sei nicht stichhaltig, denn Koch habe
selbst betont, dass Bacillen nur in frischen Veränderungen zu
finden seien, sobald Verkäsung eintrete, zerfallen die Bacillen.
Das Sputum des Schwindsüchtigen rühre nicht immer ans
den tuberculösen Theilen der Lunge her und könne mithin auch
nicht immer Bacillen enthalten. Würde dasselbe aber längere
Zeit gesammelt, sedimentirt und genau untersucht, so könne
man sicher Tuberkelbacillen nachweisen, sofern eine tuberculose
Erkrankung der Lunge bestehe.
Was die Säurefestigkeit der Tuberkelbacillen betrifft, so
kommt diese Eigenschaft auch noch bei einer Reihe von anderen
Bacillen vor (Lepra- und Smegmabacillen, säurefeste Bacillen
in der Butter, in den normalen Faeces, auf Gräsern, im Kuhmist ).
Doch ist sie bei diesen meist geringer als bei den Tuberkel¬
bacillen. Weitere Unterschiede ergeben sich durch die Cultur
auf künstlichem Nährboden und hauptsächlich durch das Thier¬
experiment.
Die meiste Aehnlichkeit tritt beim Erreger der Geflügel -
tuberculose hervor. Die bei dieser Krankheit gefundenen Bacillen
sind morphologisch und in Bezug auf Säurefestigkeit kaum ver¬
schieden von den Bacillen der Säugethiertuberculose, aber die
Cultur der ersteren wächst schneller, ist feuchter und weicher,
und Meerschweinchen reagiren auf die Impfung auffallend wenig.
Die Säurefestigkeit auch anderer Bacillen macht die Tuberkel-
bacillenlarbung zum Zweck der klinischen Diagnose nicht werth-
los, denn die gedachten Bacillen sind mit Ausnahme der Lepra-
und Smegmabacillen in Krankenexcreten bisher nicht beobachtet
worden. Die Ansiedelung der Bacillen der Hühnertuberculose
als Krankheitserreger beim Menschen hält Redner für möglich.
Derselbe bespricht ferner die leichte Cultivirbarkeit und die
Abnahme der Virulenz der Tuberkelbacillen auf bestimmten
Nährböden gegenüber dem langsamen und spärlichen Wachsthum
und der ungeschwächten Giftigkeit auf Ko eh'schein Blutserum,
die morphologische Veränderung in verzweigte Fäden mit keulen-
arti^en Bildungen, was darauf hindeutet, dass der Tubercel-
hacillus zu den Streptotricheen gehört. •
Diese Modificationen der Eigenschaften des Tuberkelbacillus
und seine Annäherung an saprophytische, tubercelbacillen-
ähnliche Bacterien haben manche Beobachter besonders betont,
weil sie der Meinung sind, dass der Tuberkelbacillus gelegentlich
saprophytisch Vorkommen könne.
Aus den Experimenten mit dem Tuberkelbacillus und den
durch die Erfahrung gewonnenen Thatsachen müsse gefolgert
werden, „dass die Tuberkelbacillen obligate Parasiten sind;
sie gelangen in die Aussenwelt nur vom tuberculös Erkrankten
aus, nämlich mit den Excreten der Phthisiker, mit der Milch
und eventuell dem Fleisch perlsüchtiger Thiere.“
2. Art und Weise der Uebertragung erörterte Prof.
C. Kränkel-Halle, darauf hinweisend, dass den Bacterien im
allgemeinen drei Eintrittspforten in den Körper offen stehen:
Die Haut und die Schleimhäute, der Verdauungskanal
und die Athmungswege. Die Krankheitserreger entspringen
ausschliesslich im menschlichen oder thierischen Körper, jeder
Mensch und jedes Thier, in deren Ausscheidungen lebende
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 15.
Tuberkelbacillen Vorkommen, können zur weiteren Verbreitung
des Ansteckungsstoffes Gelegenheit geben. Bei phthisischen
Menschen sind nur dann in der Athmungsluft Tuberkelbacillen
nachzuweisen, wenn der Inhalt tuberculöser Höhlen entleert
wird und entweder in Gestalt feinster Tröpfchen und Bläschen i
sich der Luft mittheilt oder in dichteren Massen auf beliebige
Gegenstände, Taschentücher, Speigefässe, auch auf Fussboden,
Wände u. 8. w. gelangt.
Nur in der unmittelbaren Umgebung der Kranken, etwa auf
einen Abstand von 1—2 m, trifft man auf Tuberkelbacillen,
wie durch Cornet nachgewiesen wurde.
Nach dem Eindringen der Bacillen in die beschädigte Haut
entstehen zunächst örtliche Veränderungen, und nur allmählich
und langsam hat die weitere Verbreitung statt. Hierher gehört
u. a. diejenige Form der Tuberculose, welche als Scrophulose
bezeichnet wird. Infolge langwieriger Hautausschläge bei
Kindern wird die äussere Decke defect und die Bacillen linden
Gelegenheit einzudringen. Sie gelangen zu den Lymphdriisen
im Nacken, am Halse und Unterkieferwinkel, welche von
tuberculöser Schwellung befallen werden. Zu den tuberculösen
Erkrankungen der Haut gehören auch noch der Lupus und
die Tuberculosis verrucosa cutis.
Die Aufnahme der Krankheitserreger durch die Schleim¬
häute kann im Munde, an der Nase und an den äusseren Geni¬
talorganen stattfinden.
Dass die Tuberculose durch die Verdauungswege ein-
dringen kann, ist durch viele Fütterungsversuche festgestellt.
Die Tuberkelbacillen werden dank ihrer festen Hülle von der
Magensäure nicht zerstört und gelangen in den Darm, wo sie
festen Fuss fassen. Häufig gehen sie durch die Daunwand und
bringen in den Mesenterialdrüsen die ersten Veränderungen her¬
vor. Bei Kranken kann die Uebertragung auf den Darm durch
den ausgehusteten und wieder abgeschluckten Auswurf entstehen.
Gesunde können durch Fleisch und Milch von inficirten Thieren
erkranken. Die Gefahr einer Infection durch Fleisch ist in-
dess verhältni8smäs8ig gering, weil dasselbe selten tuberculose
Veränderungen enthält und gewöhnlich gebraten oder gekocht
wird, wodurch etwaige Tuberculosekeime der Regel nach zer¬
stört werden. Viel gefährlicher ist die Milch, welche sehr
häufig lebende Tuberkelbacillen enthält. In Berlin wurden bis zu
50 pCt. aller vom Markte entnommenen Milchproben mit Tuberkel¬
bacillen versetzt befunden.
Da die Milch der Lebenstrank im Säuglingsalter ist,
kommt gewiss ein grosser Theil der tuberculösen Erkrankungen
des Verdauungsapparates bei Kindern durch den Milchgennss
zu Stande. Die Thierärzte haben durch ihre Beobachtungen
ermittelt, dass durch die Veifütterung von Magermilch aus den
Sammelmolkereien die Tuberculose unter den Schweinen immer
weiter an Ausbreitung gewiunt. Das Vorhandensein geringer
Mengen von Tuberkelbacillen in der Butter hat keine grosse
Bedeutung, weil Butter nur in kleinen Mengen verzehrt wird und
das Vorkommnis8 nicht gerade häufig ist.
Die Aufnahme des Infectionsstoffes durch die Lungen
erfolgt nach Ansicht der meisten Aerzte mit der inspirirten
Luft. Nach March and u. A. sollen zuerst gewisse Lyrapli-
driisen erkranken, in die die Bacillen von der äusseren Haut
oder von den Schleimhäuten gelangen, sie sollen in den Drüsen
lange latent bleiben und erst durch einen besondern Anstoss
auf die den Drüsen benachbarten Theile, besonders auf die
Lungen übergi eilen.
In Bezug auf den Infectionsmodus durch die Inspirations-
luft sollen nach Cornet der mit den getrockneten Auswurf¬
stoffen anfgewirbelte Staub ( Stäub che ninfection ) und nach
Flügge die durch den Husten schwindsüchtiger Menschen mit
i Bacillen behafteten, fein vertheilten Wassertheilchen der aus¬
gehnsteten Athmungsluft (Tröpfcheninfection) die Träger
und Vermittler des Ansteckungsstoffes sein. Im Flügge’sehen
Sinne habe Johne schon im Jahre 1889 über die Art und Weise
der Uebertragung der Tuberculose bei dem Rindvieh darauf auf¬
merksam gemacht, „dass die tuberculösen Kühe ihr durch den
Husten zerstäubtes, infectiöses Sputum in Dunstbläschen der
Luft fortwährend beimengen und die dicht daneben stehenden
Kühe dann Jahr ein, Jahr aus in einer inficirten Atmosphäre
athmen.“
Die bacillenhaltigen Tröpfchen können der Athmungsluft
nur dann beigemengt werden, wenn die Kranken offene Ca-
vernen besitzen, eine Krankheitsform, die glücklicherweise bei
einer verhältnissmässig geringen Zahl von Schwindsüchtigen
vorhanden ist. Tuberculose Rinder sind noch weit seltener mit
offenen Cavernen behaftet als Menschen. Die Verbreitung der
Tuberculose unter dem Rindvieh muss demnach gewöhnlich
noch in anderer Weise vor sich gehen.
Zum Zustandekommen einer Infection bedarf es der Regel
nach einer wiederholten Aufnahme von Tuberkelbacillen. Die
Ansteckungsgefahr wird durch fortgesetzten nahen Verkehr mit
Kranken vergrössert.
In engen, übervölkerten Wohnungen verbreiten sich die
Tuberculosekeime am schnellsten. „Innerhalb der Familien, in
den Fabriken, Werkstätten und Gefängnissen, unter Menschen,
die in geschlossenen, schlecht gereinigten und gelüfteten Räumen
zusammengehäuft leben, arbeiten und schlafen, hält die Tubercu¬
lose ihre reichste Ernte.“
3. Die Mischinfection bei Tuberculose.
Dieses Referat hatte Professor R. Pfeiffer übernommen.
Er betont, dass schon R. Koch in einem Falle von Miliar-
tuberculose neben den specifischen Bacillen andere Mikro¬
organismen. den Mikrokokkus tetragenus, den Bac. pyocyaneus
und nicht näher definirte Kokken gefunden habe. Um die Fest-
j Stellung derBacterien in phthisischen Lungen haben sich eineReihe
von Forschern verdient gemacht, und es hat sich herausgestellt,
dass sie sich auf verhältnissmässig wenige Arten beschränken.
In frischen tuberculösen Sputumballen, welche mit sterilem
W'asser mehrfach abgespült worden sind, werden ausserordent-
j lieh häufig Streptokokken, seltener Staphylokokken, der Diplo¬
kokkus lanceolatus, Bac. pyocyaneus, Bac. Friedländer, Mikro¬
kokkus tetragenus nachgewiesen. Ehret und Schütz fanden
Pseudodiphtheriebacillen und letzterer echte Diphtheriebacillen
in phthisischen Lungen. Im Sputum kommen gewöhnlich mehrere
dieser Bacterienspecies gleichzeitig vor. Häufig sind combinirt
Streptokokken und Staphylokokken, Streptokokken und Bac.
pyocyaneus oder diphtherieähnliche Stäbchen, endlich Strepto¬
kokken und Bac. lanceolatus. Die gleichen Bacterien, allen
voran die Streptokokken, kommen auch in den Cavernen vor.
In derselben Lunge können inficirte und rein tuberculöse Höhlen
nebeneinander existiren.
Die Erreger der Mischinfectionen stammen entweder aus
J der Nase, dem Larynx und der Rachenhöhle, oder sie kommen
j von Menschen, die an bestimmten Krankheiten (Influenza und
| anderen catarrhalischen Affectionen der Athmungsorgane) leiden.
I Die hauptsächlichste Erscheinung, welche der pathogenen Wirkung
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12. April 1900.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
dieser secundären Bacterien im Verlaufe der Tuberculose zu-
geschrieben wird, ist das charakteristische Fieber der
Schwindsüchtigen mit seinen Remissionen und Exacerbationen.
In erster Linie soll das Fieber auf die Streptokokken zurück¬
zuführen sein, soda88 Petruschky bei gewissen Formen des
hektischen Fiebers von einer Streptokokkencurve der Körper¬
temperatur gesprochen hat. Der Auswurf von fieberfreien
Phthisikern ist der Regel nach sehr spärlich und enthält meist
nur Tuberkelbacillen, dagegen werden in den Fällen, welche
mit Fieber verbunden sind, copiöse Sputa ausgeworfen, welche
gewöhnlich enorme Massen von Streptokokken enthalten.
Mischinfectionen bei der Lungentuberkulose sind unter allen
[Umständen prognostisch ungünstig zu beurtheilen. Es ist Auf¬
gabe des Therapeuten dieselben möglichst zu verhüten. Die
specifische Behandlung eines Tuberculosefalles darf nicht eher
beginnen, als bis etwa vorhandene Mischinfectionen beseitigt
sind. Redner hebt am Schluss seines Vortrages hervor, dass
auf die rechtzeitige Diagnose von Mischinfectionen mehr Werth
gelegt werden müsse als bisher, und dass in den Heilanstalten
die fiebernden von den fieberfreien Phthisikern getrennt werden
möchten.
4 . Erblichkeit, Disposition und Immunität. Der
Vortragende, Geheimrath Löffler, weist zunächst darauf hin,
dass die Lehre von der Erblichkeit der Tuberculose seit der
Entdeckung des Tuberkelbacillus durch R. Koch ins Wanken
gerathen sei. „Sollte die Lehre von der Erblichkeit der Krank¬
heit zu Recht bestehen bleiben, so müsste die Vererbung des
Bacillus erwiesen werden“.
Dass infectiöse Keime vererbt werden können, lehre die
Pebrine, eine Krankheit der Seidenraupen, weiter die Syphilis.
Es sei auch experimentell nachgewiesen, dass die Bacillen des
Milzbrandes von dem inficirten Mutterthier vereinzelt auf den
Fötns übergehen. Für eine directe bacilläre Vererbung der
Tuberculose spreche tuberculose Erkrankung von Organen im
Kindesalter, welche nicht mit der Aussenwelt. in Verbindung
stehen. Weiter lasse sich die häufige Entstehung der Tuber¬
culose in den Pubertätsjahren unschwer in der Weise erklären,
dass die im fötalen Leben vererbten und an bestimmten Stellen
des kindlichen Organismus festgehaltenen und gleichsam ein¬
gekapselten Bacillen nach langer Latenz wieder frei werden
und nun in dem für ihre Entwickelung besonders geeigneten
Organ, in den Lungen, ihre zerstörende Wirkung ausüben.
Gegen diese Theorie wurde von anderer Seite angeführt,
dass die angeborene Tuberculose nicht beobachtet werde.
Dieselbe entstehe vielmehr durch extrauterine Infection, und zwar
durch Einathmung der von den Kranken ausgehusteten und
zerstäubten Bacillen. Uebereinstimmend mit dieser Anschauung
erweise die Statistik eine von der Geburt bis zum Greisenalter
zunehmende Häufigkeit der Todesfälle. Die Erscheinung, dass
ganze Familien Generationen hindurch von der Tuberculose
decimirt würden, begründe sich darauf, dass die gesund ge¬
borenen Kinder im engen Verkehr mit den kranken Eltern an¬
gesteckt würden.
Von den Vertretern beider Anschauungen sind viele ex¬
perimentelle Arbeiten, pathologisch-anatomische Untersuchungen
und klinische Beobachtungen anfgewendet worden, um ihre
Theorien zu stützen.
Johne hat den ersten eiuwandsfreien Fall von Tuberculose
bei einem Kalbsfötus beschrieben. Durch eine grössere Anzahl
exact untersuchter Fälle von Menschen und Thieren ist jetzt
175
einwandsfrei festgestellt, dass die Tuberculose vererbt werden
kann. Hauser hat das gesammte einschlägige Beobachtungs¬
material zusammengestellt und hat daraus die Schlussfolgerung
gezogen, dass angeborne Tuberculose nur vorkomme, wenn die
Mutter an schwerster Tuberculose gelitten hat, welche kurz nach
der Geburt des Kindes zum Tode führt. „Eine erbliche Ueber-
tragung von Tuberkelbacillen seitens des Vaters ist in keinem
Falle festgestellt. Die Uebertragung des Tuberkelbacillus erfolgt
weder durch ein inficirtes Ovulum noch durch ein inficirtes
Spermatozoon. Niemals hat man bisher in den Ovarien von
tuberculösen Menschen und Thieren Bacillen nachweisen können.
Eine mit dem Bacillus inficirte Zelle ist dem Tode verfallen.“
Die Früchte werden erst in den spätem Stadien ihrer Ent¬
wickelung von der Mutter her durch die Placenta inficirt.
Daraufhin deutet das häufige Vorkommen tuberculöser Ver¬
änderungen in der Leber und den Pfortaderlymphdrüsen bei
neugeborenen Menschen und Thieren.
Für die Ausbreitung der Tuberculose hat jedoch die
bacilläre Heredität eine geringe Bedeutung, denn gewöhnlich
bringen tuberculös inficirte Mütter Kinder zur Welt in einer
Periode, in welcher die Krankheit local begrenzt ist und eine
erbliche Uebertragung der Tuberkelbacillen noch nicht vor¬
kommt.
Die Annahme von dem Vorhandensein einer specifischen
Disposition für die Tuberculose lässt sich nicht aufrecht
erhalten, obwohl nicht geleugnet werden kann, dass eine gewisse
Körperbeschaffenheit, namentlich ein anormaler Ban der Brust¬
organe bei der Entstehung der Lungenschwindsucht eine Rolle
spielt.
‘ Durch das Thierexperiment ist festgestellt, dass die Menge
der tjn den Körper eingebrachten Bacillen und ihre Virulenz
den Verlauf der Krankheit beeinflussen. Vage des hat durch
Versuche nachgewiesen, dass Bacillen menschlicher Provenienz,
welche sich bei Thieren als hochvirulent erwiesen, von Tuber¬
culös j abstamrate, die einen bösartigen und schnellen Verlauf
genommen hatte.
^Eine grosse Bedeutung wird auch einer erworbenen
individuellen Disposition von vielen Aerzten zugeschrieben.
Das Ueberstehen gewisser Infektionskrankheiten (Masern, Keuch¬
husten, Influenza, Typhus, Syphilis und Malaria) sollen der
Einwanderung des Bacillus Vorschub leisten. Weiter soll die
Hälfte aller Diabetiker an Tuberculose zu Grunde gehen. Zur
grossen Gruppe der erworbenen Dispositionen gehören auch
Schwächungen durch Excesse in Venere et Baccho, der
Alkoholismus, körperliche und geistige Ueberanstrengung, Heim¬
weh; Einfluss der Gefangenschaft, Einatlnnen giftiger Gase,
Hungern, Erkältung u. s. w. Es ist nicht sicher erwiesen, dass
diese schwächenden Momente eine besondere Empfänglichkeit
für 1 die Tuberculose hervorrufen. Wenn derartig geschwächte
Individuen einen hohem Procentsatz von Tuberculösen liefern
als eine gleiche Anzahl völlig gesunder Menschen, so dürfte dies
darauf zurückzuführen sein, dass erstere eine Existenz führen,
welche sie einer Infection häufig aussetzt.
In einem geschwächten Körper nimmt die Krankheit einen
schnelleren ” und ungünstigeren Verlauf als in dem gesunden.
Bestimmte körperliche Zustände sollen andererseits eine
Immimität gegenüber der Tuberculose schaffen. Kvphotisehe und
Emphysematiker sollen wegen ihres von der Norm abweichenden
Inspirations-Typus nicht an Lungentubereulose erkranken.
Ebensowenig Personen, welche an Herzfehlern leiden, die zu
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17(5 BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 15.
einer .Stauung des lJlutes iu den Lungen Anlass geben. Reich¬
liche Anfiillung der Lungengefässe mit Blut soll die Empfänglich¬
keit für Tubereulose verringern, während Blutmangel eine
Disposition bilden soll. Kohlenarbeitern und Arbeitern in Kalk¬
öfen wird eine bestimmte Immunität gegenüber der Tuberculose
zugeschrieben.
Die Wiistenbewolmer leiden nicht an Tuberculose, auch
unter den Hochgebirgsbewohnern ist sie wenig bekannt. Diese
Erscheinung hängt mit den klimatischen Factoren und mit der
äusserst geringen Dichtigkeit der Bevölkerung jener Gegenden
zusammen.
Tuberculose Processe können heilen; vielleicht ist in diesen
Heilungsvorgängen eine Art Immunisirung zu erblicken. Im
Uebrigen ist von einer Immunität gegen Tuberculose nichts bekannt.
Redner bemerkt in seinem Schlusswort, dass als einziges
Mittel für die practische Bekämpfung der Tuberculose nur übrig
bleibe, die Ausstreuung der Bacillen zu verhüten und die nach
aussen beförderten Keime besonders in Familien sorgsamst. zu
vernichten. Die beginnenden Fälle sollen in Heilstätten einer
ärztlichen Behandlung unterworfen, und die vorgeschrittenen
Phthisiker müssen in Heimstätten verpflegt und aus den Familien
entfernt werden.
Klinisches über Aktinoinykose beim Menschen.
Von
Prof. Bramann.
M. «neiL Worli.
Typisch für Aktinoinykose ist brettharte, ausgedehnte
Infiltration, unregelmässige Abscesshöhlen mit Fistelgängen,
kleine gelblich-weisse Körner bei serös-sanguinolentem, flüssigem
Inhalt, ockergelbe Granulationen.
Eingangspforten sind: 1. schadhafte Zähne; ohne wesent¬
liche Schmerzen entwickelt sich Schwellung am Kiefer; sitzt
dieselbe vor dem Masseter, so ist sie wenig gefährlich, sitzt
sie hinter dem Masseter, so entsteht Kieferklemme, und ent¬
wickelt sich der Process nach innen, so kriecht er nach der
Schädelbasis hin.
2. Tonsillen: Hier zeigt sich Infiltration am Unterkiefer
und wird nur gefährlich, wenn sie nach der Fossa supraclavi-
cularis hinabsinkt.
3. Lunge: Bietet ungünstige Prognose.
4. Darmtractii8: Selten der Magen, am häufigsten das
Coecum, öfter das Rectum. Breitet sich der Process retro-
peritoneal aus, dann ist er chirurgisch nicht mehr zu erreichen.
Intraperitoneale Erkrankungen bieten bessere Prognose. 1
Die Therapie sucht chirurgisch alles erkrankte Gewebt zu
beseitigen. Nur wenn man chirurgisch nicht beikommen kann,
ist Jodkali zu geben. Jodkali hat keine specifische Wirkung,
sondern wirkt nur resorbirend auf das entzündlich geschwollene
Gewebe.
Zur Kenntnis» der Strahlenpilze.
Von 0. Lubarsch.
(ZoitHclir. f Hyeion. u. Infvctionskr.)
L. schliesst seine Arbeit an Untersuchungen eines seiner
Schüler, <>. Schulze, an. Schulze fand nämlich, dass nach
lnjection von Tuberkelbacillen - Cultur verschiedener Virulenz
direct in die Arterien oder in die einzelnen Organe, namentlich
Gehirn und Niere, die Mikroben theils als Stäbchen, theils als
Kolben, die denen der Actinomvcose gleich waren, anftraten.
Schulze meint, die Actinomycesbildung sei der Ausdruck der
Ueberwältiguug der Tuberkelbacillen durch die Energie des
umgebenden Gewebes; während die inneren Theile des Herdes
schon zu Grunde gegangen seien, hätten die Kolben noch das
meiste Nährmaterial und könnten da noch ihre letzte Kraft
entfalten. Anschliessend an diese Untersuchungen stndirte auf
die gleiche Frage Lubarsch die sogenannten säurefesten Ba¬
cillen, zu denen, neben dem Tuberkelbacillus, die Gras- nnd
Mistbacillen gehören, ferner einige Streptothrix - Arten, den
Bacillus von Rotz und Diphtherie. Er fand, dass die Actino-
mycesform, welche man früher als characteristisch für einen
bestimmten Krankheitserreger ansah, weit verbreitet ist und
bei der ganzen Gruppe der Tuberculosebacillen, den alcohol-
und säurefesten Pseudotuberculosepilzen nnd bei Streptothrix
vorkomme, dass sie fehle bei Rotz und Diphtherie. Die Keulen¬
form stellt keine Degenerations-, sondern eine Hemmungsmiss¬
bildung vor. Alle diese Pilze stellt L. in eine Gruppe zu¬
sammen, welche zwischen den Bacterien und den Hvphomyceten
steht. Da die zu dieser grösseren Gruppe gehörenden Diphtherie-
und Rotzbacillen keine Kolben bilden, so hält er es für richtig,
die ganze Gruppe als Striptotricheen zu bezeichnen und in ihr
eine Unterabtheilung, die Strahlenpilze, zu bilden.
Ueber das Schumburg’sche Verfahren der
Wasserreinigung
von A. Pfuhl.
(Zi-itHclirlft f. Hyificn. «. lufcctionskr. 33 Htl. I. Heft l'.HK),.
Schumburg hat ein Verfahren angegeben, welches er¬
möglicht, solches Wasser, welches mit Krankheitskeimen irgend
welcher Art verunreinigt ist, in kürzester Zeit von diesen
gesundheitsschädlichen Beimengungen derart zu befreien, dass
weder Aussehen noch Geschmack darunter leiden. — Schumburgs
Verfahren beruht im Wesentlichen darauf, dass sämmtliche
Wasserbacterien und die im Wasser nachgewiesenen Keime in
5 Minuten durch Bromwasser abgetödtet werden. Durch Zusatz
von Ammoniak wird nach abermals 5 Minuten das Bromwasser
unschädlich gemacht und ein klares und geschmackfreies Wasser
gewonnen.
Man verwendet eine Brombromkalilösung 20:20: 1(X):
0.2 ccm dieser Lösung genügen um in der oben genannten Zeit
1 Liter Spreewasser bis auf wenige unschädliche Bacterienarten
zu sterilisiren. Zur Entfernung der 0,2 ccm Bromlösnng ist
ebensoviel 9% Ammoniaklösung erforderlich. — Es lassen sich
also mit 1 Kg Brom 1»>000 Liter Wasser sterilisiren.
Pfuhl hat dieses Verfahren im dienstlichen Aufträge iu
der hygienisch-chemischen Untersuchungsstation des X. Armee-
Corps im Juli 1897 nachgeprüft und ein sehr günstiges
Resultat erzielt. — Bei diesen Versuchen wurde Leitungswasser,
Wasser aus dem Ihmefluss, dem Leinefluss, ferner Teichwasser etc.
verwendet, des weiteren wurden Choleravibrionen, Typhusbacillen
und Stophylococcus pyogenes aureus zugesetzt. Die Experimente
wurden in folgender Art angestellt, ln 5 nicht sterilisirte
Glasstandgefässe wurde je ein Liter der zu unter¬
suchenden Wasserart gebracht: 2 von ihnen erhielten einen
Zusatz von 24 ev. 48 Stunden t'hnlerapeptonwassercultnren nnd
Typhusbouillonculturen. Von den letzten Wasserproben und
einer dritten, ohne Zusatz, wurde 1 ccm zur Controle entnommen,
in verflüssigte Gelatine gebracht und iu Petrischalen bei 20° in
den Brütschrank gestellt. In dem 4. und 5. Standgefäss wurden
die Lösungen hergestellt. 10 ccm Bromlösung wurden alsdann
den ersten drei Standgefässen unter Umrühren zugesetzt. Nach
5 Minuten wurde dann durch die 2. Lösung das Brom neu-
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12. April 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 177
tralisirt; — nach weiteren 2 Minuten begann die Aussaat, wie
bei den (’ontrolen. Aus den Ul Versuchen und 53 (’ontrol-
versnchen haben sich folgende Schlussergebnisse ziehen lassen:
Zur völligen Sterilisirung muss das Gemisch sorgfältig um ge¬
rührt werden. Die Auflösung des Neutialislrungswassers dar!
nur in einwandfreiem Wasser geschehen, der Geschmack des
nach Schumburg behandelten Wassers ist weniger frisch und
leicht laugenartig, dasselbe kann bei dem äusserst geringen
Bromgehalt längere Zeit ohne Störung des Allgemeinbetindens
genossen werden. Dies Schumburg’sche Verfahren ist von der
grössten Bedeutung für Wasserversorgung von einquartirten
und biwakirenden Truppen, ferner für die Wassersterilisirung in
den Tropen bei Expeditionen, bei der Füllung der Wassertanks
der Schiffe in verseuchten Häfen etc. J. -
Therapeutische Notizen.
Carboltlure gegen Tetanus.
I)r. F. Woods - Philadelphia berichtet, dass er bei den
vielen Fällen von Tetanus, die er nach verschiedenen Methoden
behandelt hatte, nur eine Heilung erzielte, und zwar durch
Anwendung der C'arbolsäure in grossen Dosen. Er ver¬
wendet dieselbe zunächst in Form hypodermatischer lnjeetion
einer 10% Carbollösung an. zunächst 10 Tropfen, nach einer
Viertelstunde 20, nach einer weiteren Viertelstunde 30 Tropfen,
mit dieser Dosis wird in %—2stiindlichen Pansen fortgefahren,
bis Patient wieder schlucken kann, was in dem beschriebenen
Falle im Verlaufe des zweiten Tages eintrat. Von da ab
wurde die Lösung in der Dosis von 3—5 g mit Glycerin zunächst
dreistündlich, dann in allmälig abnehmender Menge und Frequenz
weiter gegeben. Diese Heilwirkung der Carbolsäure wird durch
eine weitere Beobachtung von C’nx bei einem an Tetanus er¬
krankten Pferde bestätigt.
Rotzimpfungen zu diagnostischen Zweoken.
Im Centralbl. f. Bakt. hat der Thierarzt Prettner in Prag
die sog. Strauss’sche Methode, d. h. die intraperitoneale Ver¬
impfung von Rotzbazillen an Meerschweinchen als die zuver¬
lässigste und als das beste diagnostische Mittel bezeichnet. Dem
gegenüber weist Tröster darauf hin, dass man mit der 6iib-
cutanen Impfung die Aufklärung über den Gehalt des Impfstoffes
an Rotzbazillen am sichersten erreicht, wobei es gleichgiltig ist,
ob das Impfmeerschweinchen männlich oder weiblich ist, da in
einem Falle die Testikel, im andern die Vulva anschwellen.
Diese Schwellung ist nicht entscheidend. Entscheidend ist
immer die Section des Thieres, die unter allen Umständen
rotzige Herde in der Milz und fast ebenso sicher in den Lungen
ergiebt. Diese Befunde hat T. an hunderten von geimpften
Meerschweinchen gesehen. Man impfe jedoch immer mehrere
Meerschweinchen.
Argentum coKoidale Crettö zur Feststellung dos Rotzes. .
Baldoni hat behauptet, dass nach lnjeetion von Argentum
colloidale eine typische Fieberreaction einträte. Die Versuche
an 7 Pferden in der Armee haben, nach der Ztschr. f. Vet.,' dies
nicht bestätigt. Professor Dieckerhoff hatte das Argentum
colloidale in anderer Weise als verwendbar zur Feststellung
der Rotzkrankheit bezeichnet, indem bei rotzigen Pferden nach
der intravenösen lnjeetion die rotzigen Erscheinungen alsbald
stärker auftreten sollten. Die hierüber in der Armee an-
gestellten wenigen Versuche, nämlich drei, sprechen weder für
noch gegen diese Behauptung. Andererseits ist ein Fall be-
merkenswerth, in dem das Argentum colloidale insofern zur Be¬
seitigung eines Verdachts beitrug, als eine Lymphangitis mit
schleppendem Verlauf, mangelnder Heiltendenz und Neigung zur
Abscessbildung durch lnjeetion von 1 g Argentum colloidale mit
Wiederholung nach 2 Tagen vollkommen geheilt wurde.
Heilung der Alopecle.
Heilung der Alopecie hat Balz er (Sera, med.) nach Ein¬
reibung der haarlosen Stellen mit Acid. lacticura in 30 procentiger
Lösung gesehen. Die Behandlung wird täglich so lange fort¬
gesetzt, bis die Haut sich entzündet, dann wird einige Tage
pausirt, um mit dem Nachlassen der Entzündungserscheinungen
die Einreibungen fortzusetzen. Verfasser hat oft schon nach
3 Wochen frisches Haarwachsthum beobachtet.
Chrysarabin als Speoifioum gegen Warzen.
Fitz empfiehlt die Hautwarzen, nach Abtragung der oberen
Schichten mit einem Messer, Glas oder Sandpapier bis
Blutung eintritt, abends mit einer 10 procentigen Chrysarobin-
Collodium - oder Aetherlösnng einzupinseln. Nach ein- bis
höchstens dreiwöchentlicher Behandlung tritt Heilung ohne
Narbenbildung ein. Hühneraugen werden durch diese Procednr
nicht beeinflusst.
Tagesgeschichte.
Real-Gymnasial-Abiturlenten.
Nach Zeitungsmeldungen soll das prenssische Staats¬
ministerium die Zulassung der Real-Gyinnasial-Abiturienten zum
Studium der Medicin beschlossen haben.
Vom thierärztlichen Standpunkt aus kann man diesen Be¬
schluss nur mit Freuden begriissen. Denn wir haben niemals
verkannt, dass wir zum thierärztlichen Studium die Zulassung
der Real-Gymnasial-Abiturienten empfehlen mussten. Es würde
dadurch event. auch bei Einführung des Abiturientenexamens wieder
noch ein — w r enn auch nicht erheblicher — Unterschied in der Vor¬
bildung zwischen Medicinern und Veterinärmedicinern entstanden
sein, der nach dem oben genannten Beschluss nun nicht eintritt.
Dies ist für uns recht wesentlich, denn wir können nun
unseren Wunsch klarer, als bisher, präcisiren. Befriedigen kann
uns | nur, wenn für die Thiermedicin dieselbe Vorbildung, wie
für die Medicin überhaupt festgesetzt wird. Das blosse Wort
..Abiturientenexamen“ ist etwas dehnungsfähig, sowohl bei uns als
im -Anslande. Es darf natürlich kein Zweifel daran aufkommen,
dass die Zulassung der Abiturienten von Oberrealschulen und
anderen unter die Real-Gymnasien herabgehenden Anstalten zum
Studium der Thiermedicin unthunlich und eine dauernd schlechte
Lösung der Frage sein würde. Wir haben daher auch überall
ausdrücklich hinzugefügt: Wir wollen Abiturienten von
humanistischen oder Real-Gymnasien. Jetzt können wir einfach
sagqn: Wir wollen als Mediciner betrachtet werden.
Neue Hochschulen in Norwegen.
Wie schon früher der Thierärztlichen Wochenschrift mit-
getheilt, ist dem Storthing der Entwurf für eine Thierärztliche
Hochschule eingereicht worden. — Der Director des hiesigen
Veterinärlaboratoriums, Dr. Malm, mit dem ich mich persönlich
in Verbindung setzte, unterrichtete mich von den Hauptschwierig¬
keiten, die den glatten Verlauf der Verhandlungen verzögern.
Zwei Fragen sind es, deren Lösung starke Meinungs¬
verschiedenheiten hervorrufen. Die eine ist die: Welche Vor¬
bildung soll von den Studirenden der Thierärztlichen Hoch¬
schule verlangt werden? - also dieselbe Frage, die auch in
Deutschland noch nicht gelöst worden ist.
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178 BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 15.
Schweden verlangt Abiturium zur Aufnahme in die Thier-
ärztliche Hochschule. Es läge also nahe, dies auch für nor¬
wegische Verhältnisse einzuführen. Dagegen opponiren aber
die Landwirthe. Sie verlangen als Aufnahmebedingungen, dass
der Aspirant das 11». Lebensjahr vollendet, eine kleinere land¬
wirtschaftliche Bildungsschule absolvirt hat und Sprach-
kenntnisse wie sie bei dem s. g. Mittelschulexumen (entsprechend
•1. Gymnasialklassen) verlangt werden.
Unter diesen Sprachen ist deutsch obligatorisch.
Die zweite Frage, die augenblicklich lebhaft debattirt wird,
ist die:
Wo soll die Veterinärhochschule liegen? Dieselbe Schwierig¬
keit, die hier vorliegt, hemmt auch die Entwickelung des Planes
der neuen Technischen Hochschule.
Die Storthingsmajorität hat sich gegen das Centralisations-
system erklärt, dass in Christiania allein das Kulturcentrum
Norwegens erblicken will. Sie hält es für ungesund, ein Land
um einer einzigen Stadt willen förmlich auszusangen, und will
die neuen Hochschulen in Drontheim errichten. Dagegen
sprechen jedoch alle praktischen Gründe. Die sämmtlichen
Fachvereine sind empört über die Möglichkeit, die Hochschulen
«anderswo als in Christiania zu erbauen. Verschiedene deutsche
Autoritäten, die sich mit Interesse an den Debatten in der
Presse betheiligt haben, stimmen dem Standpunkt der Letzteren bei.
Schon allein wegen der nothwendigen steten Berührung mit der
Praxis, äussert ein deutscher Fachmann sich in „Teknisk Uge¬
blad“, muss eine Technische Hochschule im Centrum der In¬
dustrie, der Fabriken und des Eisenbahnverkehrs liegen. „Die
tüchtigsten Lehrer der deutschen Hochschulen sind stets zu¬
gleich die tüchtigsten Fachleute.“ — Für diese fruchtbringende
Doppelwirksamkeit wird Christiania mit seiner lebendigen In¬
dustrie und Bauwirksamkeit der best geeignete Ort sein.
Ein anderer wichtiger Punkt ist, nach den Erfahrungen der
deutschen Autoritäten: die stete Berührung mit dem Auslande.
Alle Wissenschaften sind international. Norwegens Hochschulen
können und dürfen sich nicht isoliren. Und für diesen regen
Verkehr mit andern Ländern und deren Wissenschaftscentren
ist eben wieder Christiania der richtige Ausgangspunkt, und
nicht eine Stadt von der Lage Drontheims.
Von abschliessender Bedeutung sei jedoch die Frequentirung.
Die grossen inneren Mängel, die wie oben erwähnt, eine
Hochschule in Drontheim haben würde, sowohl wie die nördliche
Lage würden daher die Lebensfähigkeit einer solchen Anstalt
unterbinden. Die meisten Studirenden im südlichen Norwegen,
die jetzt ausländische Universitäten besuchen, würden zweifellos
nach wie vor nach dem Anslande gehen, anstatt in eine nonv.
Provinzstadt hoch im Norden.
Die nächsten Wochen werden die Entscheidung über diese
Fragen bringen, die auch für Deutschland von Interesse sind,
als bis jetzt alle jungen Techniker ihre Ausbildung an deutschen
Hochschulen suchen mussten. M. . . .
Personalien.
Meiningen.
Dem Lamlt sthierarzt, Medicinalassessor Dr. Vaerst, ist
Titel und Rang*) eines Hofrathes verliehen worden. Dieser Titel
bedeutet in Meiningen eine recht seltene Auszeichnung, deren
sich z. Z. nur drei Personen im Herzogthum erfreuen. Die
*) Der damit verbundene Rang entspricht dem preussischen
Regierungsrath.
Verleihung an den noch in verhältnissmässig jungen Jahren
befindlichen Landesthierarzt kennzeichnet daher die «Stellung,
welche derselbe in Meiningen zu schaffen gewusst hat, als eine
vorzügliche, was auch im .Standesinteresse freudig begriisst
werden muss.
Sanitätsthierärzte.
Es ist von allgemeinem Interesse, wie in den einzelnen
Städten auf Veranlassung des neuen Commnnalbeamtengesetzes
die Stellung der Schlachthofthierärzte geregelt wird. Hierzu
liegen zwei neue Fälle vor.
In Hanau ist der Schlachthof als Wohlfahrtseinrichtung er¬
klärt worden (Sehr richtig!). Alle Beamten sind daher auf
Lebenszeit mit Pensionsberechtigung angestellt worden. Thier¬
arzt Becker wurde als Director in die I. Klasse der Gemeinde¬
beamten eingereiht unter Anrechnung der bisherigen zehn¬
jährigen Dienstzeit. Der Stadtrath zu Frankenberg i. S. hat
ebenfalls den dortigen Polizeithierarzt Richter als Schlacht¬
hofleiter mit 3600 M. pensionsberechtigten Gehalt angestellt;
dabei ist bemerkenswerth, dass Frankenberg nur 12 000 Ein¬
wohner hat.
Verein praotleoher Thierirzte zu Berlin.
Sitzung am Sonnabend, den 7. April 1900,
Tagesordnung:
I. Vereinsangelegenheiten.
Bericht der Commission betr. Erwerbung der Rechts¬
fähigkeit des Vereins und Statuten-Aenderung.
II. Vorträge, a) Herr College Rietzei: Rückblick auf die
Geschichte des Vereins im verflossenen Jahrhundert, b) Herr
Professor Dr. Eberlein: Ueber den Beschlag mit Taueisen
(System Gerlach).
III. Mittheilungen aus der Praxis.
Seuchenstatistik und Yeterinfirpolizei.
Influenza*) unter den Pferden der preusslsofaen Civilfeevülkerang
in Jahre 1899.
In den einzelnen Monaten waren von der Seuche befallen:
Kreise. 62, 58 53 53 86 28 32 31 24 20 1 38 38
Gemeinden (Gutsbez.) 103|111 92 83 i 54 46 52 41 28 25 ! 56 53
Gehöfte ..... 2061192 141 130 78 66 77 62 46 65 ,128 137
Die Verluste betrugen in den Regierungsbezirken Königs¬
berg 61, Gumbinnen 16, Danzig 7, Marienwerder 20, Berlin 46,
Potsdam 17, Frankfurt a. 0. 6, Stettin 10, Köslin 2, Stralsund 3,
Posen 98, Bromberg 2, Breslau 21, Oppeln 1, Magdeburg 2,
Merseburg 20, Schleswig 27, Hannover 1, Hildesheim 7, Stade 2,
Minden 5, Cassel 3, Wiesbaden, Köln und Hohenzollern-
Sigmaringen je 1, zusammen 380 Pferde.
Influenza*) unter den Pferden der preuaalsohen Heeresverwaltung
im Jahre 1899.
a) Unter den Truppenpferden: Die Zahl der be¬
troffenen Garnisonen und Kasernements (letztere eingeklammert)
betrug im Monat Januar 27 (46), Februar 21 (34), März 21 (31),
April 15 (20), Mai 17 (22), Juni 10 (10), Juli 6 (7), August
9 (10), September 8 (10), October 12 (17), November 25 (32),
*) Die Statistik führt unter „Influenza“ fast ausschliesslich Fälle
von BruBtseuche auf, Scalma und Pferdestaupe sind vereinzelt ge¬
blieben.
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12. April 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
179
Dezember 25 (32). Der Gesammtverlust ist auf 51 Pferde an¬
gegeben, wovon auf das II. und VI. Armeecorps je 9 Todesfälle
kommen.
b) Unter den Pferden der Remontedepots: Die Zahl
der betroffenen Depots betrug im Ganzen 11, wobei die Seuche
im IV. Quartal weitaus die grösste Ausdehnung hatte. Es
fielen zusammen 32 Pferde, davon 14 im R.-B. Bromberg.
Schutzimpfungen gegen Tollwuth.
Im Berliner Institut für Schutzimpfungen gegen Tollwuth
haben im Jahre 1899 384 Personen, die von tollwuthverdächtigen
Hunden oder Katzen gebissen wurden. Hilfe nachgesucht; von
ihnen sind 6 Personen gestorben. Unter den Verstorbenen be¬
finden sich drei Männer, die zu spät, nämlich nach bereits er¬
folgtem Ausbruch der Wnthkrankheit, Aufnahme nachsuchten,
und ein Mädchen, das eine besonders schwere, tiefgehende Wunde
am Oberschenkel erlitten hatte. Zwei Kinder endlich starben
in Folge anderweitig hinzugetretener Krankheiten.
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen etc.
In Mainz ist die Seuche am 27. März ansgebrochen und
am 29. März erloschen. Aus Nürnberg vom 27. März und aus
München vom 2. April ist Ausbruch und gleichzeitiges Erlöschen
gemeldet. Ebenso ist ein Ausbruch zu Magdeburg vom 5. April
am 7. er. wieder erloschen. Dagegen ist die Seuche zu Dresden
unter Ueberstände - Schweinen am 5. April ausgebrochen, am
7. erloschen und am 9. April unter Rindern von neuem aus¬
gebrochen.
Thieraeuohen im Auslande.
IV. Quartal 1899.
Belgien.-
Zahl der Krankheitsfälle: Milzbrand Oktober 28, November
12, Dezember 30; Rauschbrand 34, bezw. 25, bezw. 16: Wuth
13, bezw. 20, bezw. 29, (ausserdem wurden im Ganzen 99 Hunde
und 3 Katzen als verdächtig getödtet); Rotz (Wurm) 8,
(worunter 1 Esel) bezw. 7, bezw. 5 Pferde, ausserdem wurden
in Schlachthäusern 54 Pferde als rotzkrank erkannt, von denen
28 aus England stammten); Maul- und Klauenseuche 470, bezw.
296, bezw. 124.
Niederlande.
Die nach den einzelnen Monaten zusammengestellten Krank¬
heitsfälle betrugen bei Milzbrand 19 bezw. 21 bezw. 24; Rotz
( Wurm) 6 bezw. 1 bezw. 7; Maul- und Klauenseuche 7418
bezw. 4630 bezw*. 2608: Räude der Einhufer und Schafe 751
bezw. 342 bezw. 303; Schweinerothlauf (incl* Schweinesenche) 99
bezw. 48 bezw. 53 und bei bösartiger Klauenseuche der Schafe 59
bezw. 23 bezw. 13.
Schweden.
Die Zahl der neu verseuchten Ställe betrug in den Berichts¬
monaten: Milzbrand 12 bezw. 16 bezw. 5; Rauschbrand 6 bezw.
6 bezw. 2.
Norwegen.
Anzahl der Krankheitsfälle: Milzbrand October 22,
November 16, December 18; bösartiges Catarrhalfieber 14 bezw.
8 bezw. 17;'Schweinerothlauf 96 bezw. 100 bezw. 47; Rausch¬
brand 5 bezw. 4 bezw. 1; Bradsot 5 bezw. 14 bezw. 10.
Schweiz.
Die Zahl der Erkrankungsfälle betrug: an Milzbrand im
October 24, November 12, Dezember 14; an Rauschbrand 81,
bezw. 25, bezw. 15; an Wuth 1, bezw. —, bezw. —; an Rotz 1,
bezw. 9, bezw’. 10; an Maul- und Klauenseuche 1793, bezw.
5596, bezw. 5198; an Rothlauf der Schweine incl. Schweine¬
seuche 152, bezw. 233, bezw. 135; au Schafpocken im
Dezember 282.
Schweiz 1899.
An Rauschbrand gingen verloren 820 Thiere, davon 269 im
Canton Bern, 139 in Freiburg, 118 in Waadt, während die
Verluste der übrigen Oantone die Zahl 75 nicht überschritten.
Der Verlust an Milzbrand betrug 324 Stück, wobei ebenfalls
die Cantone Waadt und Bern mit 108 bezw. 91 Fällen am
stärksten betheiligt w'aren. Der Rotz wurde bei 95 Pferden
constatirt. es w’aren hiervon Waadt mit 56 und Granbünden
mit 23 Fällen am meisten betroffen. Tollwuth kam hei 2 Thieren
vor. Die Stückzahl der von Maul- und Klauenseuche betroffenen
Thiere betrug 30067 kranke und ansteckungsverdächtige beim
Grossvieh und 7693 heim Kleinvieh; gefallen sind daran im
Ganzen 544 Stück. An Rothlauf und Schweineseuche sind
2232 Schweine verendet bezw. getödtet. Mit Räude waren
337 Thiere verseucht bezw. der Ansteckung verdächtig.
Die Staatskosten für die Maul- und Klaueneeuche in der Schweiz.
Die durch das Herrschen der Maul- und Klauenseuche im
Jahre 1899 verursachten Kosten belaufen sich auf 30000 Fr.
Von diesen sind 15279 Fr. als Entschädigung an die im Seuchen¬
dienst beschäftigten Thierärzte ausgerichtet worden. Neben den
beamteten mussten noch andere Thierärzte herangezogen werden,
um regelmässig die Viehbestände in den verseuchten Bezirken
zu untersuchen. Die übrigen Kosten wurden verursacht durch
die Stationirung von Polizeibeamten in den gesperrten Ort¬
schaften zur Ueberwachung der den Besitzern der verseuchten
Bestände auferlegten Vorschriften. Die Stationirung von Polizei¬
beamten in den wegen der Seuche gesperrten Ortschaften, sowie
die thierärztliche regelmässige Controle der Viehbestände in den
gesperrten Bezirken haben zur Einschränkung der Maul- und
Klauenseuche und meist auch zum baldigen Erlöschen der Seuche
wesentlich beigetragen.
Viehversicherung.
Die Rheinische Vieh-Versicherungs-Gesellschaft zu Köln,
welche am 5. April 1875 vom Königl. Preuss. Ministerium für
Laniwirthschaft etc. concessionirt worden, blickt nunmehr auf
eine 25jährige Thätigkeit zurück.
Während ihres 25jährigen Bestehens hat die Rheinische
Gesellschaft im Ganzen für M. 229981460,— Viehwerthe ver¬
sichert gehabt und über 13000 Schäden mit M. 3772184,— Ent¬
schädigung regulirt. Es spricht für die Gesellschaft, dass sie
während ihres 25jährigen Bestehens im Ganzen nur 26 Schaden¬
prozesse hatte. Die Gesellschaft wird denn auch vom Land-
wirthschaftlichen Verein für Rheinpreussen und vielen anderen
landwirthschaftlichen Vereinen und Behörden warm empfohlen
und u. A. 38 Zucht- und landwirthschaftliche Vereine haben
z. Z. ihre Viehbestände bei der Rheinischen Gesellschaft ver¬
sichert. In Anerkennung seiner treuen Dienste wurde dem
Director A. Jaeger vom Verwaltungsrath der Titel „General-
director“ verliehen. Platli, Thierarzt.
Landespolizeiliche Anordnung (betr. Maul- und Klauenseuche).
Auf Grund der §§. 19 und 27 Absatz 2 des Reichsgesetzes
23. Juni 1880 , „ , , , TT x j .. ,
vom j ~MäFT894 ’ ^ etre “ en ^ < * ie Abwehr und Unterdrückung
von Viehseuchen, sowie auf Grund ertheilter Ermächtigung des
Herrn Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten,
wird zur Durchführung einer wirksamen Absonderung der an
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 15.
180
Maul- und Klauenseuche erkrankten und dieser Seuche verdäch¬
tigen Thiere für den Umfang des Regierungsbezirks Cassel
Folgendes angeordnet:
1. Das Betreten von Stallungen oder Weiden, in welchen
an Maul- und Klauenseuche erkranktes oder dieser Krankheit
verdächtiges Vieh sich befindet, ist anderen Personen, als dem
Besitzer, dem zur Wartung bestimmten Personale und den Thier¬
ärzten, nur nach zuvor eingeholter Erlaubniss der Ortspolizei¬
behörde und des Stall- (Weiden-) Besitzers gestattet.
2. Personen, die verseuchte Stallungen oder Weiden be¬
treten haben, dürfen während einer dreitägigen Frist andere
Stallungen und Weiden nicht betreten, ausser, wenn sie sich
nachgewiesenerraassen zuvor einer gründlichen Reinigung und
Desinfection unterworfen oder die Kleider und das Schuhzeug
gewechselt haben.
Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Anordnung werden
auf Grund der §§ 66 und 67 des Reichsgesetzes vom
23. Juni 1880 ,
~ 1 —Mai - 1894 bestraft, wenn nicht nach § 328 R. St. G. B.
eine härtere Strafe verwirkt ist.
Diese Anordnung tritt mit dem Tage der Bekanntmachung
in Kraft.
Cassel, den 26. März 1900.
Der Regierungs-Präsident.
J.: A. IIT No. 2660. Cassel, den 26. März 1900.
Abschrift vorstehender landespolizeilicher Anordnung zub
Kenntniss und möglichsten Verbreitung unter der ländlichen Be¬
völkerung.
Die nach No. 2 der Anordnung geforderte Reinigung und
Desinfection wird etwa in folgender Weise vorzunehmen sein:
1. Reinigung.
Diese muss der eigentlichen Desinfection vorangehen. Die
Reinigung kann geschehen: a) mittelst kalten Wassers, in¬
dem Schuhwerk und von Dünger etwa beschmutzte Kleidungs¬
stücke gründlich abgebürstet werden; b) oder, wo käufliches
Waschsoda vorhanden ist, mittelst Sodalauge (‘i Pfund Soda
auf ca. 5 Liter Wasser). Hände sind in warmem Wasser mit
Seife zu säubern.
- 2. Desinfection.
Nach der Reinigung sind Schuhwerk, Hände und etwa be¬
schmutzte Kleidungsstücke, — sowie auch Instrumente — zu
desinficiren mittelst a) öprocentiger Carboisäurelösung.
(1 Theil verflüssigte Carbolsäure (Acidum carbolicum lique-
factum des Arzneibuches) wird in 18 Theilen Wasser gelöst,
b) oder mittelst Cresolwasser. (1 Theil Cresolseifenlösung
[Liquor Cresoli saponatus des Arzneibuches] und 9 Theile Wasser).
Für Thierärzte empfiehlt sich bei der Thätigkeit. in Seuchen¬
ställen das Tragen von Gummischuhen und -Mänteln, oder Gummi¬
ärmeln, welche jederzeit leicht gewaschen und desinficirt werden
können.
Mit der Anordnung soll in erster Linie die Seuchen¬
verschleppung durch die Viehhändler, welche die Ställe der
kleinen ländlichen Besitzer aufsuchen, bekämpft werden.
gez. v. Trott zu Solz.
An die Herren Kreisthierärzte des Bezirks. (Durch den
Herrn Polizei-Präsidenten und die Herren Landräthe.)
Abgeänderte Verfügungen.
Im R.-B. Düsseldorf ist die landespolizeiliche Anordnung
vom 2. Mai 1896 betr. Maul- und Klauenseuche dahin ab¬
geändert, dass überwachung8pflichtige8 Rindvieh erst dann weiter
verkauft werden darf, wenn nach der Einstellung entweder
7 Tage verstrichen und danach die Gesundheit durch tier¬
ärztliche Untersuchung festgestellt wird oder wenn (ohne Unter¬
suchung) 3 Wochen vergangen sind.
Im R.-B. Breslau ist die landespolizeiliche Anordnung vom
November 1899 unterm 3. April 1900 mit der Massgabe
wieder in Kraft gesetzt worden, dass alle in den Regierungs¬
bezirk Breslau aus anderen nicht seuchenfreien Provinzen ein¬
geführten Schweinen einer polizeilichen Beobachtung' von
7 T agen unterliegen.
Personalien.
Auszeichnungen: Der Medizinalassessor Dr. Vaerst-Meiningen
ist zum Hofrath, der Thierarzt Dr. M. Schlegel zu Freiburg
zum Professor extraord. und Director des thierhygienischen Instituts
an der Universität daselbst ernannt worden. Dem Ober-Rossarzt
Hartleb beim Remonte-Depot Arendsee und dem charakterisirten
Oberrossarzt Stott in eiste r beim Remonte-Depot Wirsitz ist der
Königliche Kronen-Orden vierter Klasse verliehen worden.
Ernennungen etc.: Gewählt: Thierarzt Ad. Assmann (1900)
zum Schlachthofthierarzt in Chemnitz, Thierarzt Dr. F. Rink, seit¬
her in Osnabrück, zum Hilfsthierarzt in Hamburg, Thierarzt
J. Westphale (Celle) zum Schlachthofinspector in Lemgo.
Approbationen: ln Berlin: Herr Carl von Sande.
Wohnsitzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die Thier-
! ärzte dir. Fackler von München nach Püttlingen, Aug. Böckel
von Pencnn nach Gartz a. 0. als Nachfolger des verstorbenen
I Thierarzt Scholz, Tnierarzt Stöhr von Pritzerbe nach Misdroy,
j Thierarzt F. Woltmann als Einj.-frw. nach Hannover.
i Vacanzen.
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
j R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich Kreiszuschuss).
i Gesuche an den Regierungspräsidenten.
b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Cöslin: Stolp (Nord). — R.-B.
Köln: Rheinbach. — R.-B. Schleswig: Eiderstedt.
Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Graudenz: Suhlachthofassistenzthierarzt zum 1. Mai (4 wöchentliche
Kündigung. 1800 M., Wohnung etc. Keine Praxis) Bewerbungen
an den Director. — Königswartha i. Sachs.: Thierarzt für
Fleischbeschau. (Ausser den Gebühren 900 M., Praxis.) Meid, bis
■' Ende April an den Gemeindevorstand. — Plauen i. V.: Assistenz-
L thierarzt am. Schlachthof zum 1. Juni (2100 M.: vierteljährl.
; Kündigung). Meid, an den Director. — Pössneck: Thierarzt für
Fleischbeschau (1200 M. und ca. 700 M. aus der Trichinenschau).
Bewerb, bis l.Mai an den Magistrat. — Schivelbein: Thierarzt für
Fleischschau (ca. 2400—3000 M.; Praxis gestattet). Meid, beim
Magistrat. — Wetter (Ruhr): Thierarzt für Fleischbeschau. (1800 M.
Praxis). Meid, bis 15. April an das Amt.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Augsburg: Sclilachthausdirector. — Bromberg: Schlachthof¬
assistenzthierarzt — Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. —
Eberswalde: Schlachthofinspector. — Fi leb ne: Schlachthof¬
inspector. — Freiberg i. Sachs.: Thierarzt für Fleischschau etc.
— Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Köln: Oberthierarzt
am Schlacht- u. Viehhof. —Liegnitz: Schlachthofassistenzthierarzt.
— Markneukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh- u. Fleischbeschau.
— Mülhausen (Eisass): Schlachthofverwalter. — Spremberg:
Schlachthofinspector. — Thorn: 2. Schlachthofthierarzt. — Wanne:
Schlachthofvorsteher.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau
(Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt zum 1. Mai
(2400 M., Privatpraxis gestattet). Meldungen mit Zeugnissen etc. bis
Ende März an den Amtmann. — Lauensten i. Sachs.: Thierarzt
für Fleiscbschau und Praxis (Beihilfe aus Staats- und Gemeinde¬
mitteln). Bewerbungen bis 15. April an den Stadtgemeinderath.^—
Mengeringhausen (Waldeck): Thierarzt. — Mügeln (Bez. Leipzig):
Thierarzt. — Rhinow (R.-B. Potsdam): Thierarzt. — Schwarzen¬
berg i. Sachs.: Thierarzt für Fleischbeschau und Praxis (voraus¬
sichtliche Staatsunterstützung). Meid, an d. Stadtrath. — Sonnen¬
burg: Thierarzt (600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den
Magistrat. — Wolkenstein: Thierarzt für Praxis und Fleischschau.
Auskunft beim Stadtrath.
Verantwortlich für den In hal t (excL Inseraten theil): Prot Dr. Schmält* ln Berlin. — Verlag and Eigenthum von Richard Schoet* in Berlin. — Druck von W. Bttxenatein, Berlin
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IM« „Berliner Thier* rxtllehe Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in Stärke von mindeetem l'/i Boften. Dieselbe
ist so beziehen durch den Buchhandel, die Post (No 1068)
oder durch die Verlagsbuchhandlung. von Richard
Sohoeta, Berlin NW, Luisenstrasse 36, aum Preise von
Mk. 5, - pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeiträge werden mit 60 Mk. für den Bogen honorirt
Alle Manuscripte, Mittheilungen Und rcdactlonellen An¬
fragen beliebe man tu senden an Prof. Dr Schmälte,
Berlin, tbier&rztlicbe Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recenslons- Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerkoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoetr, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 16 . Ausgegebi*n am 19. April.
I n h al t: de Bruin: Prolapsus vaginae bei Hunden. — Martens: Cysten in der Scheide beim Rindvieh. — Jess: Unter¬
suchungen zur Bekämpfung der Geflügelcholera. — Schneider: Melanosarcom als Todesursache. — Fetting:
Zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche durch abgekochte Milch. — Paust: Lymphosarcomatosis bei
einer Kuh. — Referate: Emmerich und Loew: Bacteriolytische Enzyme als Ursache der erworbenen Immunität und die
Heilung von Infectionskrankheiten durch dieselben. — Therapeutische Notizen. — Schneider: Versuche mit Strychnin beim
Geflügel. — Contacuzene: Untersuchungen Uber die Spirillenkrankheit der Gänse. — Thierhaltung und Thierzucht. —
Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. —
Fleischschau und Viehverkehr. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen.
Prolapsus vaginae bei Hunden.
von
M. G. de Bruin.
Ursachen. Die Umstülpung eines Theiles der Scheide
tindet sich zuweilen bei jungen Hunden, welche schnell ge¬
wachsen sind und in Folge dessen ein schlaffes Gewebe haben.
Obschon sie auch bei alten Thieren beobachtet wird, trifft
sie doch die Patienten in der Regel im Alter von 1 — Vfo Jahren
und meistens während der Brunst.
Als prädisponirende Ursache ist die grössere Blutfülle und
die Infiltration der Scheidenwände während der Brunst anzusehen.
Die directe Ursache ist jedoch das fortwährende Sitzen anf dem
Hintertheil.
Oft sieht man einen Scheidenvorfall bei Hunden, die viel
an Analabscessen leiden ond in Folge dessen stets drängend mit
dem Hintertheil über den Boden rutschen.
Symptome: Aus der Vulva hängt eine Geschwulst in der
Grösse eines Eies oder noch grösser, deren Basis gestielt ist.
Letzteres verleiht der Umstülpung einige Aehnlichkeit mit einer
Neubildung. Bei näherer Untersuchung sieht und fühlt man
jedoch, dass die untere Wand der Scheide und zwar der
Theil, welcher vor der Harnröhrenöffnung liegt, umgestülpt ist.
Hebt man den umgestülpten Theil etwas in die Höhe, so sieht
man an der unteren Seite die spalttörmige Oeffnung der
Harnröhre. Der Prolapsus besteht in den meisten Fällen aus¬
schliesslich aus der infiltrirten Schleimhaut. Ist die Umstülpung
nur gering, so verschwindet sie, wenn der Hund läuft. Meistens
jedoch gelingt die Reposition auf diese Weise nicht; die Mucosa
wird nach einigen Tagen entzündet und theilweise gangränös.
Prognose. Diese ist bei zweckmässiger Hilfe günstig.
Therapie. Eine Palliativkur, welche man mit Rücksicht
anf die Ursachen vornehmen könnte, besteht darin, dass man dem
Thiere täglich 1—2 g Ammonium bromatum einschüttet und die
Umstülpung täglich öfter in einer 5% Alaunlösung badet. Nach
etwa 5 Tagen wird die Umstülpung verschwinden, auch wenn
vorher keine Reposition nnd Retention (letztere durch eine
Vnlvanaht) stattgefnnden hat.
Das Uebel ist zwar schnell gehoben, allein es stellt sich bei
jeder Brunst wieder ein. Es ist desshalb besser, sofort zu einer
radicalen Therapie überzugehen. Diese besteht darin, die
inftltrirte und umgestülpte Schleimhaut zu entfernen. Dies ge¬
schieht einfach, indem man um den umgestülpten Theil eine
Ligatur legt, jedoch so, dass die Harnröhrenöffnung frei bleibt.
Dazu benutzt man als Bindematerial starke Seide. Hart neben
der Ligatur wird das periphere Stück abgeschnitten. Nach etwa
6—8 Tagen fällt die Ligatur ab und verwächst die Wunde
genügend. Befürchtung vor einer Strietur der Vagina, welche
einem event. Partus Hinderniss bereiten könnte, braucht man
nicht zn hegen. Die Elasticität der Vaginawände erleidet durch
diese Operation keinen Schaden.
Cysten in der Scheide beim Rindvieh.
Von
Martens-Sangerhausen,
K reist lierarrt.
Bei zahlreichen Untersuchungen von Kühen auf Vagin.
catarrh. infect. habe ich Gelegenheit gehabt, das überaus häufige
Vorkommen von Cysten in der Scheide zu beobachten. So
habe ich während der letzten drei Monate bei 76 Kühen sieben
mit Cysten ermittelt, was fast 10 pCt. ausmacht. Ob diese
Cysten nur in einzelnen Gegenden so oft auftreten, oder ob sie
meistens übersehen werden, vermag ich nicht zu beurtheilen.
Jedenfalls habe ich auch erst Kenntniss von diesen Tbatsachen
erhalten, seitdem ich Scheidenuntersuchungen auf den an¬
steckenden Catarrh, welche gründlich ansgeführt werden müssen,
vorgenommen habe. Znr Feststellung dieser Krankheit darf sich
die Besichtigung meistens nicht bloss anf die vordere Partie
der Scheide, wie beim Bläschen-Ausschlag, erstrecken, sondern
muss auf die hintere ausgedehnt werden. Und grade diese Partie
bildet den Lieblingssitz der Cysten. Diese haben in der Regel
die Grösse eines Tauben- bis Hühnereis, selten erreichen sie
die einer Fanst. In einzelnen Fällen habe ich solche von
Kinderkopfgrös8e beobachtet, ohne dass die Besitzer eine Alinnng
davon hatten nnd nachtheilige Folgen eingetreten wären. Auch
in der Literatur (B T. W. 1890, Stokfleth's Chirurgie etc.)
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182 BERLINER TH1ERARZTL1CUE WOCHENSCHRIFT. No. 16.
finden sich bezüglich der Bedeutung der Cysten nur die Angaben,
dass sie bei bedeutendem Umfange ein Geburtshinderniss ab¬
geben könnten, bestimmte Beobachtungen hierüber liegen nicht
vor. Ich möchte dieses Vorkommniss auch bezweifeln, da die
Cysten wegen ihres flüssigen Inhalts von weicher, nachgiebiger
Beschaffenheit sind und leicht bei Seite gedrängt werden. Ver¬
schiedentlich habe ich in früheren Jahren den Inhalt, welcher
aus einer schmierigen, gelblichen, flockigen Flüssigkeit bestand,
durch Einstich entleert, ohne dass sich in den nächsten Monaten
darauf eine neue Ansammlung bemerkbar gemacht hätte.
Untersuchungen zur Bekämpfung der Geflügelcholera.
Von
Dr. P. Je88.
(Autoreferat nach einem Vortrag, gehalten am 12. April 1900 im
Club Deutscher Geflügelzüchter zu Berlin.)
Der Vortragende nahm zu Beginn seiner mit bacterio-
logischen Demonstrationen verbundenen Ausführung Bezug auf
seine in No. 4 des vorigen Jahrgangs dieser Wochenschrift
beschriebenen vorbereitenden Studien. Es gelang Verf., Pferden
und Schafen durch Einverleibung von Hühnercholeraculturen,
welche in geeigneter Weise vorbereitet waren, direct in die
Vena jugularis eine erhebliche, andauernde Störung des All¬
gemeinbefindens zuzufügen. Hierbei betont Jess, dass man
bisher nicht gewusst habe, dass der Bacillus avisepticus
resp. das von ihm gebildete Toxin eine so bedeutende Wirkung
auch bei grossen Thieren entfalten könne, sobald es nicht, wie
bisher suboutan, sondern intravenös einverleibt wird. Nach der
subcutanen Injection treten als locale Reactiou, ohne Störung
des Allgemeinbefindens, wie Kitt besonders erwähnt
(Kitt, Werth und Unwerth, pag. 62), nur Abscedirungen auf.
Verf. fand Pferde und auch Schafe ganz besonders empfindlich,
selbst gegen stark mitigirte Culturen des Bacterium cholerae
gallinarnm. Kurze Zeit nach der mit besonderer Vorsicht aus¬
geführten endovenösen Culturgabe steigt die Mastdarmtemperatur;
bei Schafen tritt Athemfrequenz ein, bei Pferden sistirt die Auf¬
nahme des Körnerfutters völlig. Die Pferde stehen mit halb¬
geschlossenen Augenlidern, den Kopf auf die Krippe gestützt un¬
beweglich und sind nicht zum Herumtreten zu bewegen. Ich liess
ein solches Versuchspferd aus dem Stalle nehmen; es bekundete
taumelnden Gang und fiel nach wenigen Schritten sägebockartig
auf die Seite. Bei Schafen tritt die Benommenheit nicht so deutlich
hervor, wie gerade beim Pferde. Kurze Zeit nach der Cultur¬
gabe erfolgt Defaecation und 6—8 Stunden später treten Kolik¬
erscheinungen auf, welche sich bald nach geeigneter Behandlung
verlieren; in einem Falle gingJ. ein Pferd in Folge hämorrhagischer
Enteritis zu Grunde. Auch Schüttelfrost und Speichelfluss treten
zuweilen auf, Schafe acquiriren regelmässig Durchfall, zuweilen
ist derselbe auch blutig. J. weist darauf hin, dass die Wirkung
des Toxins bei unseren grossen landwirtschaftlichen Haus¬
tieren und bei dem Geflügel eine sehr ähnliche sei. Bei
Pferden und Schafen als auch bei Hühnern, Tauben, Gänsen
tritt die Schlafsucht als wesentliches Symptom zuerst in den
Vordergrund, ferner das hohe Fieber, die Darmerscheinungen etc.
sind beiden gemeinsam. Für den weiteren Gang der Unter¬
suchungen des Verf. war dieser Umstand von wesentlicher Be¬
deutung, da eine Gewinnung irgend eines Antitoxins von vorn¬
herein ohne Aussicht gewesen sein würde, falls es nicht gelungen
wäre, durch die aufgefundene Inoculatiou eine erhebliche Reaction
des Körpers der grossen Haustiere auf die Culturen des Bac.
aviseptic. auszulösen. Schon im Anfang 1899 sah J., dass dem
Blutserum derart vorbereiteter Pferde und Schafe eine erhebliche
antitoxische Wirkung gegen den Bac. chol. gallin. innewohnte.
Dr. M. Koch, Assistent am pathol. Institut der Charite, machte
auf Veranlassung von J. Versuche mit dem neu gewonnenen
Schutzserum, welche recht gute Resultate zeitigten.
Auf Veranlassung des landwirthschaftl. Ministeriums wurden
ebenfalls Untersuchungen vorgenommen, welche sehr unter dem
Mangel an frischem Virus litten, sodass sie über die Wirkung
des Antitoxins auf Gänse etc., welche Ergebnisse besondere Be¬
deutung haben würden, kein abgeschlossenes Resultat ergaben.
J. erkennt mit aufrichtigem Danke die sofortige Bereitschaft und
das Interesse an, welches seine Arbeiten im landwirtschaftlichen
Ministerium fanden.
Jede Immunität ist eine relative, eine absolute Immunität ist
theoretisch undenkbar. (Levy Klemperer, Clin. Baeteriol.)
Seit jenen Versuchen ist es geglückt, den Imrannisirungswerth
des Geflügelcholeraserums wesentlich zu steigern, auch haben
Versuche zur Concentration der immunisirenden Substanzen
nach dem Verfahren von Emmerich und Tstiboi günstige
Erfolge gehabt.
Verf. hat seine Laboratoriumsversuche abgeschlossen und
gedenkt im Laufe des Jahres, falls nicht unvorhergesehene
Ereignisse eintreteu, den Praktikern das Antitoxin zur ver¬
suchsweisen Verwendung im Grossen in die Hand geben zu
können.
Melanosarcom als Todesursache.
Von
A. Schneider-Pattensen (Leine),
pract ThiernreL
In der thierärztlichen Litteratnr sind bisher Tumoren im
Darm der Hausthiere wenig beschrieben worden, wesshalb ich
nicht verfehlen will, folgenden Fall aus meiner Praxis kurz
mitzutheilen.
Ende Juni vor. Jahres wurde ich von einem Fuhrunter¬
nehmer zur Untersuchung eines neu angekauften Pferdes,
Schimmel-Wallachs, gebeten. Es handelte sich um ein kräftig
gebautes, ca. 12 Jahre altes Pferd des schweren Arbeitsschlages,
dessen billiger Kaufpreis von angeblich 250 M. mir in An¬
betracht des guten Körperbaues und der kräftigen Constitution
geradezu auffiel. Bei der Untersuchung des im Uebrigen an¬
scheinend gesunden Pferdes fand ich den ventralen Theil der
Schweifwurzel sowie die Umgebung des Afters mit wallnuss- bis
hühnereigrossen, höckerigen, am Grunde in einander confluirenden,
schwarzen, glänzenden Tumoren bedeckt; auf dem linken, oberen
Augenlid befand sich eine haselnussgrosse, tiefbraune, verrucöse
Wucherung. In der Voraussetzung, dass es sich im vorliegenden
Falle um bösartige Melanome handeln könne, rieth ich dem Be¬
sitzer von dem Kaufe ab; doch fiel mein Rath auf unfruchtbaren
Boden, da der Käufer, durch die äussere Erscheinung und den
billigen Kaufpreis des Pferdes dupirt, wegen solcher Kleinig¬
keiten, wie er sich ausdrückte, das edle Thier nicht missen
wollte. Nachdem ich ca. ein halbes Jahr lang von demselben
nichts mehr gehört hatte, führte der Besitzer dasselbe am ersten
Weihnachtstage in früher Morgenstunde mir mit der Anamnese
vor, dass das Pferd schon seit der Uebergabe häufiger inter-
mittirende Kolikerscheinungen gezeigt habe, die sich jedoch
jedesmal, ohne Gegenstand thierärztlicher Behandlung zu werden,
nach kurzer Bewegung und Wasserinfusionen verloren hätten:
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t9. April 1900
sein Morgenfutter habe das Thiel 1 soeben m : t gutem Appetit ver¬
zehrt. sei aber kurz darauf schwer an Kolik erkrankt. Die
Untersuchung - ergab hochgradige Verstopfungskolik des Dick-
danns, deren Localisation ich allerdings nicht genau feststellen
konnte, besonders da das Pferd sich gegen die manuelle Unter¬
suchung per rectum sehr sträubte. Ich gab Aloes lucid. 40.0
und subcutan Eserin, sülf. 0,1 und ordnete Wasserinfusionen und
Priessnitz'sche Umschläge an. Um 11 Uhr Morgens traten
starke Blutungen aus dem Beet um auf, die trotz energischer
Behandlung nicht sistirten: von Mittag bis Nachmittags .‘5 Uhr
verhielt sich Patient ruhiger: um 2 Uhr sistirte auch die Beetal-
haemorrhagie: gegen 4 Uhr wurde das Pferd wieder furchtbar
unruhig, und ca. eine halbe Stunde später trat unter unsäglichen
Schmerzen der Tod ein. — Sectionsbefund: Grimm-, Blind- und
Mastdarm stark mit Ingesten angefüllt: es bestand intra vitain
erfolgte Buptur des Diaphragma und des Kectums. ln letzterem
befand sich ca. 10—15 cm vor der Schambeinfuge an der links¬
seitigen und ventralen Partie des Darmes eine kopfgrosse, ziem¬
lich feste Geschwulst, die von der Mucosa des Darmes überzogen
war, also in der Submucosa ihren Sitz hatte und fast das
ganze Darmlumen obturirte. Die diese Geschwulst begrenzende
Parinschleimhaut war geröthet, geschwollen und stark injicirt.
Ungefähr 20 cm vor dem Tumor nahm eine ca. 1 Kuss lange
Darmruptur ihren Anfang: die Bänder des Bisses waren blutig,
gezackt. Die Schnittfläche des Tumors war theerschwarz.
glänzend, saftreich. Bei der microscopischen Untersuchung von
Schnittpräparaten bemerkte ich ein bindegewebiges, gefäss-
haltiges Stroma, in welches zahlreiche Bundzellen und Zellen
von epithelialem Charakter eingebettet waren. Um die
Gcfässe herum und fast in allen Zellen war reichlich tief braunes
bis schwarzes Pigment abgelagert. Das gesummte microscopisehe
Bild war das eines melanotischen Alveolärsarcoms. Die um den
After und an der Schweifwurzel sitzenden Tumoren zeigten fast
dieselbe Structur. nur war die Pigmentirung nicht so intensiv
ausgeprägt.
Da man von den Melanosarcomen annimmt, dass die weniger
pigmentirten als die primären und die stärker pigmentirten als
Metastasen anzusehen sind (Ziegler path. Anatomie), so möchte
ich im vorliegenden Falle die der äusseren Decke anhaftenden
Melanome als die primären betrachten, während der stark pig-
mentirte Darmtumor erst auf metastatischem Wege seine Ent¬
stehung genommen hat. Die oben erwähnte verrucöse Wucherung
auf dem linken oberen Augenlide legt in histogenetischer Hin¬
sicht die Vermuthnng nahe, dass auch vielleicht am After und
der Schweifwurzel Naevi and Verrucae bestanden haben, aus
denen sich später durch Zellwucherung Sarcome ent¬
wickelten, die dann durch Pigment-Ablagerung zu Melanosarcomen
wurden.
Zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche durch
abgekochte Milch.
Von
Fetting (Pyritz).
TliWnrzt.
In landwirtschaftlichen und thierzüchtcriseheu Blättern
wird in letzter Zeit vielfach einer „neuen Methode zur Be¬
kämpfung der Maul- und Klauenseuche“ von Prof. Dr. Wiuckler-
< Hessen Erwähnung gethan. Die landwirthschaftliche Wochen¬
schrift für Pommern, Amtsblatt der Landwirtliaftskaiumer.
schreibt: „Dass auf diesem Gebiete neuerdings ein Mittel
18 M
empfohlen sei. dem der Einfachheit und -der leichtcii Ausführ¬
barkeit wegen das grösste Interesse enfgegengebraeht werden
muss, umsomehr, als es von einer Autorität stammt.“ Das Ver¬
fahren ist Folgendes : „Tritt in einem Thierbestande Maul- und
Klauenseuche auf. so muss sofort die Milch der erkrankten
Thiere in abgekochtem Zustande nicht nur an sämmtlicln -
gesunden Thiere des verseuchten Gehöftes, sondern auch an alle
übrigen Viehbestände an- und umliegender Gehöfte zur Ver¬
bitterung abgegeben werden. Die zur lmmanisirung eines
Thieres erforderliche Menge gut abgekochter Milch soll nach
Angabe des Herrn Prof. Dr. Winckler für Kleinvieh 2 —5, für
Grossvielr l—f> Liter pro Thier und'Tag betragen und ungefähr
8 Tage lang anzuwenden sein.“
Die im Körper des seuchekranken Thieres unter Einwirkung
des specilischen Maul- und Klauenseuche-Erregers gebildeten
Antikörper sind gleichfalls in der Milch, dem Secrct der Milch¬
drüsen. enthalten. Durch gründliches Aufkochen der Milch werden
die Krankheitserreger abgetödtet. die Antikörper hingegen
bleiben als chemische Körper durch das Kochen unversehrt.
Eine wissenschaftliche Begründung entbehrt also diese Be-
| kämpfungs-Methode nicht, und es wäre theoretisch recht gut
denkbar, dass auf diese Weise eine passive Immunität erzielt
werden könnte, deren Dauer vielleicht ausreichend wäre oder
gemacht werden könnte, um während eines Seucheeinbruclis in
ein Gehöft. Gut oder Dorf eineu Viehbestand resp. Viehbestände
vor der Erkrankung zu schützen. Da ausserdem aber die Aus¬
führung des Wiuckler'sclien Bekämpfungs-Verfahrens der Maul-
! und Klauenseuche anscheinend verlockend leicht und bequem,
i das Mittel an Ort und Stelle zu haben, so entschloss ich mich
zur gelegentlichen Anwendung, um dies Verfahren auf seinen
practiscben Erfolg und seine Ausführung in der Praxis zu
prüfen.
Beim Ackerbürger L. in Pyritz stellte ich an einer Kuli
'■ Maul- und Klauenseuche im Anfangsstadium fest. Der Bindvieh-
! bestand betrug mit Jungvieh 10 Haupt. Die Milch der kranken
Kuh (12 Liter ) sollte der einen Nebenkuh (4 Liter) und 2 etwa
j 8 Wochen alten Kälbern (je 5$ Liter) gut abgekocht gegeben
| werden. Es wurde angenommen, dass die erkrankte Kuli noch
10 Liter Milch geben würde, falls weniger, so sollte 1 Kalb
keine Milch erhalten. In der Ausführung stellte sich die Sache
aber anders: anstatt 12 Liter gab die ziemlich stark erkrankte
Kuh nur gut 3 Liter Milch, welche vom Besitzer der gesunden
| Nebenkuh gegeben wurde. Die gekochte Milch von 2 weiter¬
erkrankten Kühen wurde 2 Kälbern verabreicht. Es war also
bei Beginn der Seuche nicht genügend Milch .seuchekranker
j Kühe für die, anderen Thiere desselben Stalles vorhanden. Za
dem Zeitpunkt, wo die Milch der kranken Kühe für alle Insassen
des Stalles ausgereicht hätte, war aber auch der ganze Stall
j bereits von der Seuche ergriffen. — So war es bei der von mir
; versuchten Bekämpfung der Seuche nach der Winckler'schen
j Methode: so wird es aber auch in der Hegel sein! Beide
Kälber, welche noch vor Ausbruch offensichtlicher Krankheits-
Erscheinungen gekochte Milch seuchekranker Kühe erhalten
hatten, erkrankten an der Seuche: eins davon ging ein! Die
I Kuh, welche zuerst die Milch der ersterkrankten Kuh erhalten
hatte, wurde- nur leicht von der Seuche befallen.
Dieser Versuch zeigt also (über den Erfolg dieser vielfach
empfohlenen Methode ist bisher nicht berichtet werden), dass
es mit der „leichten Ausführbarkeit“ dieses Mittels in der Praxis
doch seine Schwierigkeiten hat. Bevor go.iiigend Milch seuclie-
BEKLlNKli TH1EHÄRZTL1CHL WOCHENSCHRIFT.
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184
kranker Kühe nur für den eigenen Viehbestand gewonnen wird,
wird in der Regel schon der ganze Stall von der Seuche er¬
griffen sein, zu einem rechtzeitigen Schutz aller Viehbestände
an- und umliegender Gehöfte wird man somit auf diese Weise
nicht gelangen! Ausserdem aber auch scheint in der Praxis die
theoretisch denkbare, wenn auch bald vorübergehende Schutz¬
wirkung sich nicht zu bewähren, da in dem vorliegenden Falle
alle 3 so behandelten Thiere erkrankten, eins davon sogar an
der Seuche einging.
Lymphosarcomatosis bei einer Kuh.
Von
Paust-Samtcr,
Thioraret.
Bei einer etwa 5jährigen rothbunten Kuh fand ich vor
beziehungsweise nach der Schlachtung Folgendes:
Das in gutem Ernährungszustände befindliche, muntere,
etwa gegen die Hälfte der Zeit tragende Rind zeigte an den
Schamlippen ein nahezu kindskopfgrosses Gewächs; die äusseren
Schamlippen hatten sich in dieser abnormen Lage vergrössert
und hingen, der Schwere folgend, förmlich herab. Die Kuh sollte
diese allmählich anwachsende Geschwulst schon einige Jahre gehabt
haben.
Von den Schamlippen zog sich bis zum Euter eine Kette
von zweireihig stehenden, etwa kirschgrossen Knoten, die Euter-
lymphdrüsen fühlten sich hart au.
Nach der Schlachtung fanden sich in der Geschwulst der
Schamlippen Dutzende von kleineren und grösseren Knoten, an¬
gefüllt mit einem rahraartigen hellgelben Eiter, desgleichen auch
u den bis zum Euter sich hinziehenden Knoten und in den
Euterlymphdrüsen.
Weiterhin waren Scham-, tiefe Leisten- und innere Darmbein¬
drüsen, auch die bronchialen und mediastinalen Lungenlymphdrüsen
und die portalen Lymphdrüsen der Leber in selber Weise
afticirt.
Andere Veränderungen konnte ich nirgends finden. Die in
der Scharalippengeschwulst erwähnten Knoten lagen eingebettet
in starke, weisse, sehnige, auf der Schnittfläche speckig-glänzende
Bindegewebsstränge. Einige peripher gelegenen Knoten waren
nach der Oberfläche durchgebrochen und entleerten ihren Inhal
auf massigen Druck an den Stellen an die Oberfläche, wo in
runden, erbsengroßen Abgrenzungen die feine Behaarung ver¬
schwunden war.
Blutgefässe ziemlich zahlreich, ektatisch, mit deutlich von
dem üeschwulstgewebe unterscheidbaren Wandungen (teleangiek-
tatisches Sarcom).
Die mikroskopische Untersuchung sicherte die gegebene
Diagnose.
Referate.
Hacteriolytische Enzyme als Ursache der erworbenen
Immunität und die Heilung von Infectionskraukheiten
durch dieselben.
Von Rud. Emmerich und Osc. Loew.
(/•■ilM'hrifr für llvifi'-ii«' uml Iiifi-i-tiouskrniiklH-iten.)
Die künstliche Immunität beruht auf chemischen Stoffen,
welche im Blut und in den Gewebsflüssigkeiten gelöst sind;
diese Ansicht ist von Emmerich vor zehn Jahren aufgestellt
und heute allgemein als richtig anerkannt. Die Stoffe nun
sind von N'eneki und K. Pfeiffer als Enzyme oder Fennente
angesprochen worden, In Flüssigkeitsculturen, so z. B in
No. 16.
Schweinerothlaufculturen, führt Emmerich an, tritt Agglu¬
tination und vollständige Lösung der Bacterien ein, so dass
die Bacterienagglntination nicht eine Eigenschaft der Immun¬
form ist, diese Erscheinungen werden aber durch die Enzyme
verursacht., welche bereits in den Culturen vorhanden sind, und
nicht erst im thierischen Organismus gebildet werden. Diese
Enzyme sind im Stande, die Membrane der Bacterien zu lösen,
ohne dem Organismus zu schaden, weil im thierischen Orga¬
nismus keine Membranen Vorkommen, welche den Bacterien-
membranen chemisch identisch wären. Die Beobachtung, dass
abgetödtete Erysipelcoccen Milzbrand oder Gonorrhoe heilen,
lässt sich nach Verfasser so erklären, dass die Erysipelcoccen
ein Enzym produciren, welches nicht nur die Membranen der
Erysipelcoccen löst, sondern auch die der Milzbrandbacillen und
Gonococcen. Dasselbe gilt für die Anwendung von abgetödteten
Pyocyaneusculturen bei Typhus (Rumpf) oder Milzbrand
(Bonclard, Charrin, Woodhead, Wood, Hüppe).
Verfasser haben Versuche quantitativer Art angestellt über
die Auflösung der Milzbrandbacillen durch Pyocvaueus-Enzym
in vitro. Die Enzyme werden im Namen durch die Endsilbe
„ase*‘ gekennzeichnet, so heisst dasjenige des Bac. pyocyanens:
Pyocyanase und so fort: C-holerase, Diphtherase, Typhase etc. —
Diese Enzyme verbinden sich im Blut mit einem activen, an¬
scheinend von den Lencocyten stammenden Eiweisskörper, dem
Proteidin. Enzym -|- Proteidin heisst linmunproteidin und dann
wieder je nach der Bacterienart Pyoeyanase-Immunproteidin.
Tvphase-lmmunproteidin u. s. w.
Die weiteren Versuche zeigten, dass eine gewisse klein»*
Menge Pyocyanase zur Heilung des Milzbrands ausreicht, aber
nicht zur Immuuisirung, da der grösste Theil des Enzyms in
dt*n Stoft'wechselprocessen zu Grunde gellt. Nur durch Ver¬
bindung der Pyocyanase mit einem anderen, von den Lencocyten
stammenden Eiweisskörper wird der rasche Zerfall vermieden.
Diese Verbindung künstlich, ausserhalb des Thierkörpers lier-
znstellen, war das weitere Bemühen der Verfasser, welches auch
gelang; es wurden von derart schutzgeimpften Thieren die mehr
als 1000fache tödtliche Dosis hochvirulenter Milzbraudbacillen
ertragen. Diese Immunität dauert in gleicher Höhe mehrere
Wochen an. Verfasser hoffen eine in einem Stalle aus¬
gebrochene Milzbrandepidemie durch Pvocyanease-
lmmunprotei'n-Injectionen, bei gesunden und kranken
Thieren, zum Erlöschen zu bringen. Zur Herstellung von
linmunproteidin eignet sich Organeiweiss besser als Blut, so
z. B. Pyocyanase-Milz-lminunprotei'din.
Bezüglich der bacteriolytischen Wirkung der lmuiunsera in
vitro heben Verff. zunächst hervor, dass nach den heute all¬
gemein angenommenen Ansichten die bactericid wirkenden Stoffe
aus dem Immunserum erst durch den lebenden Organismus ab¬
gespalten werden, als»* die zugehörigen Bacterien nicht in vitro
zu tödten vermöchten. Verf. behaupten dagegen, dass mit dem
Serum direct ein»* bactericide, bacteriolytische Substanz über¬
tragen winl. Dies gelingt leicht zu beweisen, wenn man den
Versuch in vitro anaerob anstellt. Die Pyocyanase vermag
nicht nur die Diphtheriebacillen in vitro lind im thierischen
Körper zu vernichten, sondern macht auch das Diphtheriegift
im Organismus unwirksam. Verf. sprechen daher den Wunsch
aus, die Kliniker möchten die Pyocyanase bei d»*r Diphtheri»*-
beliandlung neben dem Diphtherieserum verwenden. Aus diesen
hochinteressanten Versuchen kommen die. Autoren zu folgender
kurzen Zusammenfassung.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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19. April 1900.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
1. Der in Flnssigkeitsculturen, trotz genügenden Nähr¬
materials, allmählich eintretende Entwickelungsstillstand beruht
auf von den Bacterien selbst gebildeten Enzymen, welche die
Bacterien schliesslich wieder atiflfisen.
2. Manche Enzyme lösen nur die eigene Baeterienart
(conforme), manche auch andere Bactenenarten (heteroforme).
3. Die künstliche Immunisirnng mit Stoffwechsel-
producten oder unfiltrirten (’ulturen beruht auf dem Zustande¬
kommen einer Verbindung zwischen dem bacteriolytischen
Enzym und einem Eiweisskörper des Blutes, der neu¬
entstandene Körper ist das Tmmunproteidin.
4. Diese Vereinigung kann in vitro durch chemische Ein¬
wirkung hergestellt werden, man kann also bei einigen In-
fectionskrankheiten Heilserum ohne Zuhilfenahme des
thierischen Organismus hersteilen.
5. Agglutination ist das erste Stadium des bacteriolv
tischen Effects.
•». Einige Enzyme wirken bactericid und antitoxisch
(Pvocyanase).
7. Durch das in vitro dargestellte Pyocyanase-linninn.
proteidin kann ein hoher Grad von mindestens 14-t.ägiger
Immunität gegen Milzbrand erzielt werden.
Bezüglich des Tuberkelbacillus theilen die Verfasser
noch mit, dass derselbe keine bacteriolv tischen Enzyme
bildet, somit eine Heilung mit abgetödteten Culturen oder die
Herstellung eines Heilserums, wie bei der Diphtherie, völlig
unmöglich ist. Es wäre jedoch denkbar, dass andeie Bacterien
Enzyme bilden, welche den Tuberkelbacillus lösen.
Zum Schluss weisen die Verfasser darauf hin, dass zur
Bekämpfung der Thierseuchen, insbesondere von Milz¬
brand. sich die Pyocvanase- und Pyocyanase-lminunproteidin
Behandlung schon jetzt als erfolgreich erweisen. J
Therapeutische Notizen.
Das Tanr.oform in der Thierheiikur.de.
Lemberger in Xicolsburg berichtet über die Erfolge mit
der Anwendung des Tannoforms bei Durchfällen der Kinder.
Er liess 10 -15 g des Mittels in Kamillenthee oder Leinsamen-
schleim dreimal täglich an die kranken Thiere verabreichen.
Am 5. bis 7. Tage trat Besserung ein, und der Kotli bekam
wieder eine normale Beschaffenheit. Die Einverleibung von
90 g Tannoform erzeugte bei einer vierjährigen Kuh nicht die
geringsten Beschwerden. Dieser günstige Umstand erklärt sich
daraus, dass die Magensäure eine Auflösung des Tannoforms
nicht zu Stande bringt. Die Zersetzung in seine Bestandteile
erfolgt vielmehr erst im Darracanal, wo die Componenten ihre
Wirkung in vorzüglicher Weise entfalten. Die Geibsäure ver¬
mindert kraft ihrer adstringirenden Eigenschaft die Darm-
secretion und das Formaldehyd entfaltet seine antiseptische
Wirkung.
In der Wundbehandlung bildet das Tannoform z. Zt. das
billigste und beste Schorfmittel. (Thierärztl. Centralbl. 1899.
Heft 36.)
Xeroform.
C. French-Washington empfiehlt das Xeroform namentlich
auch in der feineren Hundepraxis als allgemeines Antiseptieum
bei Otitis und nässenden Ekzemen, innerlich bei gewissen
Diarrhoen. Seine Geruchlosigkeit mache es namentlich angenehm
zum Gebrauch für Stubenhunde, welche zu Hause behandelt
werden sollen. Aus gleichem Grunde empfehle es sich bei den
gegen riechende Substanzen so besonders empfindlichen Katzen.
185
Eine schmerzlos wirkende Aetzpaste.
Durch Zusatz von Orthofoim zur arsenigen Säure lässt
sich die Schmerzhaftigkeit der Aetzwirkung verhindern. Die
von Pouch et im Journal des Practiciens angegebene Formel
lautet:
Kp.! Aeid arsenicos.
Orthoform ää 0,2
Alcohol
Aq. destill. ää 10,0—15,0.
(M. med. Woch.)
Versuche mit Strychnin beim Geflügel.
Von Schneider -München.
(Mt*h. f. Th. 1hl. 11, H. 6.)
Schneider hat hei Gänsen, Enten, Hühnern, Tauben durch
Versuche festgestellt die Art der Application des Strychnins,
die medicamentöse und tödtliche Dosis, sowie endlich die Ge¬
nies sbarkeit des Fleisches der mit Strychnin behandelten Thiere.
Als subcutane therapeutische Dosis fand er 0,5 bis 0,75 Milli¬
gramm pro Kilo Körpergewicht, während die Todesdosis mit
l Milligramm beginnt. Für innerliche Anwendung empfiehlt
sich für therapeutische Zwecke eine Dosis von (1 Milligramm
pro Kilo Körpergewicht, während die letale Dosis mit 8.5 be¬
ginnt. Das Verhältnis der snbeutanen zur innerlichen thera¬
peutischen Gabe ist also wie 1 : 12. Im Eintritt der Wirkung
besteht kaum ein Unterschied. Hinsichtlich der Frage nach
der Giftigkeit des Fleisches von mit Strychnin vergifteten
Thielen kommt S. zu ganz demselben Resultat wie früher schon
Fröhner und Knudsen. Sämmtliche zu den Versuchen ver¬
wandten und an Strychnin gestorbenen Thiere sind nämlich von
S. und anderen Theilnehmern an diesem Versuch gegessen
worden, ohne dass sowohl im Geschmack, als in der Nach¬
wirkung irgend etwas Unangenehmes sich gezeigt hatte. Es ist
das ja auch schon desshalb ganz erklärlich, weil die Dosen, an
denen Geflügel stirbt, für Menschen überhaupt kaum toxisch
sind und überdies die Hauptmasse des Giftes in den Ein¬
geweide» sitzt.
Untersuchungen über die Spirillenk rank lieft,
der Gänse.
Von Contacuzene.
(Annales <1<; iiu-it-r. et chinii'K. intant.)
Neben Febris recurrens giebt es nur noch eine Krank¬
heit. die durch Spirillen, welche sich im Blute vermehren, ver¬
anlasst wird. Diese zweite Krankheit kommt hei Gänsen vor.
Beiden Krankheiten kommt, nach dem Referat in der Münch,
med. Wochenschi'., das Characteristicum zu. dass die Spirillen,
nachdem sie sich in wahrhaft colossalen Mengen vermehrt haben,
oft in wenigen Stunden an Zahl wieder abnehmen und ganz aus
dem Blute verschwinden. Die weiteren Untersuchungen CVs über
die Spirillenkrankheit der Gänse ergaben, dass die Spirillen
nieim^ls im Blute vernichtet worden, sondern dass dies immer
in der Milz geschieht, im Inneren der grossen Makrophagen:
die vie kernigen Zellen sind dabei niemals betheiligt., wie bei
der Febris recurrens. Die freien Spirillen der Milz und des
Knochenmarks bewahren bis zum Ende ihre Beweglichkeit und
auch da bemerkt man die extracelluläro Zerstörung der Mikro¬
organismen. Es geht daraus hervor, dass den Säften kein Ein¬
fluss auf die Zerstörung der Spirillen beim lebenden Wesen zu-
kowrat; die bacterieide» Eigenschaften entwickeln sich im Serum
erst ausserhalb des Organismus, und zwar mit um so grösserer
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186
No. 16 .
BERLINER TlIIERARZTLlClIE WOCHENSCHRIFT.
Energie, je mehr inan sieh von (len physiologischen Bedingungen
entfernt. Es besteht also zw ischen den Erscheinungen im Keagens-
glase und jenen am lebenden Wesen kein Zusammenhang.
Thierhaltung und Thierzucht.
Der Zugochse Süd-Afrikas. |
Wenn der Ochsentransport heutzutage auch nicht mehr die j
Rolle spielt, wie z. B. 1875). wo für eine Armee von 25 000 j
Mann zum Fortschaffeu der Bagage und Munition ungefähr |
27 000 Ochsen, 5000 Maulthiere und HOO Pferde erforderlich |
waren, wie wir von Air. ('. Stein in „Bayiy’s Magazine of
Sports and Pastimes" angegeben finden, so hat doch auch im j
jetzigen südafrikanischen Kriege oft genug auf dies Transport- ]
mittel zurückgegriffen werden müssen. Den Hauptbestandtheil i
bildete der „huck“ Wagen, dessen Gewicht ungefähr 2000 Pfund 1
beträgt und zu dessen Fortschaffung ein Gespann von 12 bis j
18 Ochsen erforderlich sind. Das Ladungsvermögen beträgt
4000 bis (iOOO Pfund. Es ist ein langer, niedriger, stark ge¬
bauter Wagen mit weitab stehenden Rädern, schwer um- 1
zuwerfen und fast über jeden Grund zu transportiren. Nur die
Stangenochsen haben eine Deichsel zwischen sich. Die Jochs j
derselben sind mit den Jochs der übrigen Ochsen durch Draht- '
oder Hautseile verbunden, letztere sind besser wegen Abhaftung
der Blitzgefahr. Ein Treiber und Zügelfiihrer (Käftern) bilden j
die ganze Bedienung. Wo die Strassen es erlauben, fahren bis ;
ii Gespanne in einer Linie. Der zweite Transport folgt dann 1
etwa in einer halben Stunde. Ein Truppentransport besteht '
gewöhnlich aus 50 Wagen. Die Ochsen bleiben 6 bis 8 Stunden
unter dem Joch und zwar am Besten von 4 bis 8 Flir Morgens
und 6 bis 10 Phr Abends. In dieser Zeit legen sie pro Stunde etwa ;
2 bis :> engl. Meilen, im Ganzen pro Tag lfi bis i8 MeilcfiÄuiÜck. |
Die Ochsen sind keineswegs harte und zähe Thiere, sondern j
sie erfordern viel Aufpassung. Während der Nacht und heissen j
Zeit des Tages müssen sie Ruhe und Zeit zum < irasen haben.
Bezüglich des Futters sind sie wenig anspruchsvoll, weniger ;
noch als der kleine Zuluochse, der Zulubastard oder Natalochse. |
Selbst im Winter finden sie da noch ihr Futter, wo Pferde und |
Maulthiere versagen und kommen, wenn auch in armer Con- |
dition, durch bis zum Frühjahr, wo sich das „veldt“ mit !
frischem Gras bedeckt. Werden die Arbeitszeiten überschritten, :
so fallen die Zugochsen ab, die Schultern und Füsse werden 1
wund, namentlich in der Regenzeit. Die Empfänglichkeit für
Krankheiten ist gross. Eine in Südafrika wachsende Tulpenart,
welche trotz ihrer Giftigkeit von den Ochsen mit Begierde ge¬
fressen wird, kann zu Vergiftungen Anlass geben. Merkwürdiger \
Weise ist ein Aufguss von den Tnlpenblättern ein Mittel gegen
die Vergiftung. Bisse von giftigen Schlangen verursachen öfter
Todesfälle. Eine Aenderung des Weidegrundes führt nicht 1
selten zur Erkrankung an „red water“ (Blutharnen). Lungen- j
seuche ist eine weitere Krankheit, die garnicht selten an-
getroft'en wird. Die Impfung gegen Lungensenche wird von den |
Buren selbst ausgeführt, indem sie in den Schwanz einen Ein- ;
schnitt machen und darauf ein Stück Lunge von einem an (
Lungensenche verendeten Ochsen binden. Das öftere Absterben
und Abfallen des Schwanzstückes ist ein grosser Verlust für
das Thier wegen der starken Fliegenplage des Landes. Die
plötzliche Abkühlung der Naclittemperatur führt oftmals zu |
umfangreichen Erkaltungen, woran die Ochsen leicht sterben, so j
gingen 1875) von 1700 Ochsen in 00 Stunden 452 Ochsen in j
Folge Erkaltung ein. |
Etat der preu$sischen Gestüte.
Der Geld-Etat für 1000 erfordert bei 2,8 Millionen Einnahme
und 4,45 Millionen Ausgabe einen Zuschuss von 1,0 Millionen.
Darunter sind 325000 M. einmaliger Zuschuss zum Ankauf von
Hengsten, wodurch in 8 Landgestüten die Beschälerzahl um
zusammen DO (worunter 27 kaltblütige) erhöht werden soll.
Als Erlös für verkaufte Pferde (und Wirthschaftsvieh) sind
.'>30000 M. eingestellt, an Spiung- und Füllengeldern 35C<X> M.
für die Hauptgestüte und 10005*60 M. für die Landgestüte. Die
Zahl der gedeckten Stuten und der nacligewiesenen Füllen ist
nicht ersichtlich gemacht.
Der Bestand beträgt in den Hauptgestüten: Trakehnen
15 Hauptbeschäler, .“>50 Mutterstuten, 1108 junge Hengste und
Stuten, in Graditz 10 bezw. 15K) bezw. 500, in Beberbeck 5
bezw. 100 bezw. “>0t‘. in Neustadt a. D. 2 bezw. 40 bezw. *0.
zusammen 32 Hauptbeschäler. 080 Mutterstuten und 2003 junge
Hengste und Stuten.
In den 18 Landgcstiiten beträgt nach der oben genannten
Vermehrung der Bestand an Laiidhesehälern 2908; in jedem
Gestüt (mit Ausnahme von Warendorf 108) mindestens 120.
in 4 Gestüten 200 und mehr, nämlich in .Insterburg. Gudwallen.
Neustadt a. D. und ('eile (sind die meisten 200).
Tagesgeschichte.
Reichstag.
Wir veröffentlichen nachstehendes, von Heim Professor
Hoffmann der B. 1'. W. übersandtes Schreiben:
Die von Euer Hochwohlgeboren bei dem Reichstage ein-
gebrachte Petition vom 12. 1. 1900 ist bei Berathung des
Reichshanshrtlts-Etats für das Rechnungsjahr 1000 dnrcli folgen¬
den Beschluss des Reichstages
„Die Petition der Mitglieder des Reichstages, Oberross¬
arzt a. D. und Professor Ho ff mann (Hall) zu Stuttgart,
— eine Aufbesserung des Gehaltes der Militärveterinäre und Ver¬
leihung eines anderen Amtstitels (II. N. 15203) — dem Herrn
Reichskanzler als Material zu überweisen“
erledigt worden, wovon ich Ew. Hochwohlgeboren hierdurch
ganz ergebenst benachrichtige.
Der Director (des Reichstages).
An das Mitglied des Reichstages, Herrn Professor
Hoffmann (Hall).
Herr Professor Hoff mann hat also auf eine Beschluss¬
fassung betr. des Abiturientenexainens beim Militäretat verzichtet
und die Petition ohne eine solche erledigen lassen. Indem wir
dieses mittheilen, können wir nicht umhin, unsre dankbare
Anerkennung für diesen Entschluss auszudrücken mit dem Wunsche,
dass Herr Professor Hoffmann durch den Verlaufder demnächst igen
Verhandlung über das Abiturientenexamen in der Petitionscom-
mission, deren Referent bekanntlich Professor Hoffmann ist.
belohnt werden möge.
Gesetzentwurf betr. die Gehalts- und Rangverhältnisse der Veterinär
beamten in Oesterreich.
Die österreichische Staatsregierung hat einen Gesetzentwurf
zur Vorlage gebracht, der folgende Verbesserungen in Aussicht
nimmt: Die Bezirksthierärzte (bisher letzte Beamtenklasse XI)
kommen theils in die N. Klasse mit 2200—2000 Kronen -Gehalt,
theils in die IX. mit 2800 3200 Kronen. Dann werden
Veterinärinspectoren eingeführt mit VIII. Rangklasse und
3000- 4400 Kronen, lu jedem österreichischen Kroulande wird
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19. April 1900.
BERLINEU TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
187
(‘in Landesthicrarzt. (bei der Landesregierung) angestellt, welche
nach der Anciennitiit in die VII. he/w. VI. Klasse einrangirt
werden sollen mit 4S00 ('.(MM) he/w. 0400-8000 Kronen. An
der Spitze steht der Ministeml-Veterinär-Referent (z. Z. Herr
Sperk). welcher je nach dem Dienstalter in die VI. bezw.
V. Klasse, in letztere mit KKMM) -I2O0O Kronen (Jehalt gehören
wird. Zu diesen testen Bezügen treten noch .'120 -2000 Kronen
Functionszulage. Neugescharten werden die Stellen von
24 Veterinär-Assistenten mit je 1200 Kronen Gehalt, welche
zur practischen Verwendung im Staatsdienste zur Verfügung
stehen. Im Ministerium des Innern soll eine selbständige Central-
Veterinär-Verwaltung gebildet werden.
Der Anspruch auf staatliche Anstellung wird künftig nicht
allein an die erfolgreich bestandene ..Physicats-Prüfung“ ge¬
knüpft, sondern an die Maturitas.*) (Bericht der Wochen¬
schrift für Thierheilkunde und Viehzucht.) —
Gegenüber der herben, aber berechtigten und nothwendigen
Kritik, welche das österreichische Veterinärwesen gerade -in
jüngster Zeit bei uns erfahren musste, geben wir mit um so
grösserer Freude die Mittheilung von dieser Wendung zum
Besseren wieder, welche beweist, dass nachgerade die Staats-
regiernng die thatsächlich vorhandenen Mängel vollständig
erkennt.
Namentlich bedeutungsvoll ist es, dass endlich das Civil-
Staats-Veterinärwesen sich vom Militär-Veterinärwesen eman-
cipirt und sich mit der Forderung des obligatorischen
Abiturienten-Kxamens seine eigene Stellung sichert. Welche
Bedeutung diese Maassregel hat ist schon neulich ( No. (i)
bei Besprechung der Verschiedenheit des Veterinärwesens in
Oesterreich und in Ungarn, wo die Maturitas für Civil-Wterinär-
beamte schon obligatorisch ist. beleuchtet, worden.
Die Aenderungen der Gehalt- und Rangverhältnisse dürften
den Wünschen der österreichischen Collegen im Ganzen
entsprechen.
Nun sollte man aber auch ganze Arbeit machen und endlich
mit den hundertjährigen Missverhältnissen an der Wiener Lehr¬
anstalt brechen. Schon der Name „k. k. Militärthierarznei-
Institut und thierärztliche Hochschule“ ist fast ein unmöglicher
zu nennen und lässt einen Schluss auf die Verhältnisse zu.
So lange die Welt steht, hat es sich noch nirgends als nützlich
tiir die Sache oder auch nur als möglich erwiesen, dass Zwei
zusammen legieren wollen. Auch an der alten Berliner Thier¬
arzneischule wurden die dringendsten Reformen, die kein ge¬
ringerer als Wilhelm von Humboldt persönlich vertrat, aufge¬
halten und zum Scheitern gebracht, weil das Kriegsministerium,
das Hotinarstallamt und das Ministerium des Innern sich nicht
einigen konnten und jeder das Bischen Thierarzneischule, die
im übrigen doch quantite negligeable war, verwalten wollte.
Auch später sind noch immer Versuche gemacht worden,
ein militärisches Comlominium zu wahren, bis endlich die Hoeli-
schulVerfassung auch formell klare Verhältnisse schuf. Die Art
und Weise, wie jetzt in Berlin neben der ausschliesslich dem
lamlwirthschaftlichen Ministerium unterstellten thierär/tlieben
Hochschule eine völlig selbstständige Militärrossarztschule
besteht, deren Angehörige dennoch den unmittelbaren Nutzen
der wissenschaftlichen Institute, der Hochschule haben, ist jeden¬
falls die beste Lösung jener früher auch hier bestehenden
Schwierigkeiten und hat gewiss der Armee keinen Abtrag getlian.
Eine Academic unter militärischer Verwaltung ist nur möglich,
wenn sie ausschliesslich der Armee ungehörige Zöglinge hat.
Die organische Verbindung eines Militärthierarznei-Instituts
unter Direetin» eines Stabsoffiziers und dessen überwiegendem
Einfluss mit einer Civilhochschule ist eine unnatürliche
und führt, wie die Erfahrung gezeigt hat, nach keiner Richtung
zu befriedigendem Ergebniss. Nothwendig ist sie auch nicht, wie
neben Deutschland auch die Verhältnisse in Ungarn lehren, wo
die thierärztliche Hochschule dem Ackerhauministerium unter¬
stellt ist, obwohl an ihr ebensogut Militärs studiren. Desshalb
wird schliesslich auch in Wien nichts anderes übrig bleiben, als
die Doppel Verwaltung aufzugeben und, wenn nichts anderes
thunlich erscheint, das radieale Mittel der „reinlichen Scheidung“
zu wählen. Dieser Schritt, in Verbindung mit der jetzt un¬
gebahnten wichtigen Reform des .Staatsveterinärwesens winde
mit einem Schlage die Veterinärverhältnisse in Oesterreich ver¬
wandeln und sie in der Hauptsache vollkommen gestalten.
S.
Zu dem Artikel „In der ecole veterinaire d’Alfort.“
ln seinem Artikel No. 14 dieser Zeitschrift gab der ('«liege
Lohsee einen interessanten Ueberblick nicht nur über die
Veterinärschule zu Al fort selbst, sondern auch über mancherlei,
was ihm an den Einrichtungen des Studiengauges in Frankreich
aufgefallen ist.
Hierbei entschlüpft, ihm nur eine Bemerkung, die ihn so
recht als in Deutschland ausgebildeten Veterinär charakterisirt.
die aber doch nicht so ganz ohne Widerspruch hier bleiben soll.
Unsere Collegen jenseits der Vogesen lesen auch die Berliner
Thierärztliche und könnten leicht auf den Verdacht kommen,
dass wir etwas schnell mit unseren Urtheilen bei der Hand
seien. Lohsee schreibt: „Im 2. Semester, wo man sogar
Zootechnie praetisch betreibt, was allerdings wohl ein
wenig zu weit, gegangen ist; denn wozu einen Floh zergliedern
können, wenn man später verstehen soll, ein Pferd zu seciren.“
Ja, aber- das tliut ja gar kein Mensch in der Zootechnie!
Und dass Zootomie in Frankreich mit besonderer Vorliebe
getrieben wird, kann ich gerade nicht linden, trotzdem mir die
Verhältnisse einigermassen bekannt sind. Man treibt wohl
kaum soviel Zoologie und Zootomie wie in Deutschland.
Zootechnie, ja. die treibt man und wir Deutsche
könnten uns glücklich schätzen, wenn wir erst mal so
weit wären, dass wir an allen Hochschulen besondere Lehrstühle
für Zootechnie hätten; man würde uns Thierärzten dann den oft
gemachten Vorwurf, dass uns die Thierzucht fremd sei, nicht
mehr so intensiv machen können.
Aus den beiden griechischen Wörtern ?woe das Thier und
die Kunst bildete der Graf von Gasparin 1H48 das in
die Wissenschaft aufgenommene Wort Zootechnik. Nach
Saurun ist sie die Wissenschaft von der Production und Aus¬
nutzung der thierischen Maschinen; nach Cornevin der Tlieil
der Naturgeschichte, welcher die Hausthiere behandelt; nach
Baron ist der Zootechniker der Ingenieur der lebenden
Maschinen — kurz Zootechnik ist die Wissenschaft von der
Zucht und rationellen Ausnutzung der nutzbaren Hausthiere.
Hierzu kann man zwar die Bienen rechnen, die Flöhe aber
niemals.
*) Dies-: Bestimmung bat keine rückwirkende Kraft auf l)ie-
enigen, welche vor dem 27. März 1897 zu. studiren begonnen haben.
Practisehe Zootechnik ist weiter nichts, als Hausthierzucht.
Dr. Goldbeck.
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BERLINER THIERÄRZTLICH E WOCHENSCHRIFT.
No. 16 .
ISS
Anfrage.
Auf Grund «*ines Spezialfalles wünscht ein College die
allgemeine Meinung darüber kennen zu lernen, ob es bei einer
Untersuchung eines Pferdes zwecks Ankaufs als eine Pflicht des
Thierarztes bezeichnet werden kann, nicht bloss die Schneide¬
zähne, sondern auch die Backzähne zu untersuchen, bezw. ob
die (’ollegen letztere l’ntersuchung ohne weiteres auszuführen
gewohnt sind oder nicht.
Vorlesungen und practische Uebungen an der Königlichen Thierärztlichen
Hochschule zu Hannover. Sommers«mester 1900.
1. Director, Geheimer Regierungs - Rath, Medicinalrath,
Professor Dr. Ham mann: Seuchenlehre und Veterinär-Polizei,
Montag bis Donnerstag von 8—9 Uhr Vormittags, 4stiindig.
Diätetik, Freitag und Sounabend von S—!» Uhr Vormittags,
2 stiindig.
2. Professor I)r. Kaiser: Geburtshülfe mit Uebungen am
Phantom, Dienstag und Freitag von 9 -10 Uhr Vormittags,
Mittwoch von 9 10 Uhr Vormittags und von f> 6 Uhr Nach¬
mittags, 4 ständig. Ambulatorische Klinik. Demonstrationen
über Exterieur, Rassenkunde und chirurgische Krankheiten des
Rindes.
3. Professor Tereg: Physiologie I, Montag und Mittwoch
bis Freitag von 7 —8 Uhr, Sonnabend von 7- 9 Uhr Vormittags,
Oständig. Geschichte der Thierheilkunde, Dienstag von ö—l» Uhl-
Nachmittags, lstündig.
4. Professor Dr. Arnold: Organische Chemie, Montag bis
Freitag von 8 - 9 Uhr Vormittags, ostündig. Uebungen im
chemischen Laboratorium, in Gemeinschaft mit Repititor Dr.
Hehrens, täglich Vormittags von 10- 1 Uhr.
5. Professor Boether: Histologie und Embryologie, Dienstag
bis Freitag von 9— 10 Uhr Vormittags, 4stiindig. Anatomie des
Centralnervensystems und der Sinnesorgane, Montag und
Sonnabend von 9 —10 Uhr Vormittags, 2stündig. Histologische
Uebungen, in Gemeinschaft mit Prosector Nelke, täglich Vor¬
mittags von 10- 1 Uhr.
6 . Professor Dr. Mal km ns: Gerichtliche Thierheilkunde,
Mbntag bis Mittwoch von 7 —8 Uhr Vormittags, Mstiindig.
Uebungen im Anfertigen von schriftlichen Gutachten und Re¬
nditen, Donnerstag von 7 —8 Uhr Vormittags, lstündig. Unter¬
suchungsmethoden, Freitag und Sonnabend von 7 —8 Uhr Vor¬
mittags, ’Jstündig. Propädeutische Klinik. Klinik für grössere
Hausthiere, Abtheilung für innere Krankheiten und Gewähr¬
mängel, täglich Vormittags von 10—12 Uhr.
7. Professor Frick: Allgemeine Chirurgie, Montag und
Donnerstag von 7 8 Uhr, Sonnabend von 8 9 Uhr Vormittags,
.‘lstündig. Operationslehre, Dienstag von 7 —8 Uhr und Mittwoch
von 9 10 Uhr Vormittags, 2stündig. Ophthalmoskopische
Uebungen, Freitag von 7- 8 Uhr Vormittags, lstündig. Propä¬
deutische Klinik. Klinik für grössere Hausthiere, Abtheilung für
äussere Krankheiten, täglich Vormittags von 10—12 Uhr.
Uebungen am Hufe, in Gemeinschaft mit Repetitor Römer.
Freitag und Sonnabend von 5 —6 Uhr Nachmittags, 2stündig.
8 . Docent Dr. Olt: Allgemeine Pathologie nnd allgemeine
pathologische Anatomie, Montag bis Freitag von 8 —9 Uhr
Vormittags und Sonnabend von 9—10 Uhr Vormittags, <5 ständig.
Racteriologie mit Uebungen, Montag bis Mittwoch von 12—1 Uhr
Mittags, 3 stündig. Fleischbeschau mit Demonstrationen, Donners¬
tag bis Sonnabend von 12—1 Uhr Mittags, 3 stündig. Ob¬
duktionen und pathologisch-anatomische Demonstrationen, täglich
je nach vorhandenem Material.
9. Docent Dr. Rievel: Allgemeine Therapie. Mittwoch von
7- 8 Uhr und Montag von 9 —10 Uhr Vormittags, 2 stündig.
Keceptirkunde, Dienstag von 9—10 Uhr Vormittags, 1 stündig.
Toxikologie, Donnerstag und Freitag von 9--10 Uhr Vormittags.
2 stündig. Klinik für kleinere Hausthiere, täglich von 10 bis
12 Uhr Vormittags.
K). Dr. Ströse: Fleischbeschau-Knrse auf dem hiesigen
Schlachthofe, jeder Cursns mit 14 tägiger Dauer, in den Monaten
August und September.
11. Repetitor Dr. Hehrens: Botanik, Montag bis Freitag
von :5 4 Uhr Nachmittags, 5 stündig. Botanische Excursionen,
Sonnabend von .4- f> Uhr Nachmittags, 2 stündig. Qualitative
chemische Analyse. Montag von 5- 6 Uhr Nachmittags, 1 stündig.
Uebungen im chemischen Laboratorium, in Gemeinschaft mit
Professor Dr. Arnold.
12. Prosektor Nelke: Allgemeine Anatomie, Osteologie und
Syndesmologie, Freitag nnd Sonnabend von 8—9 Uhr Vormittags.
2 ständig. Histologische Uebungen, in Gemeinschaft mit Pro¬
fessor Boether.
14. Repetitor Vosshage: Uebungen in der Percussion und
Auscultation. Dienstag und Donnerstag von 4—f> Uhr Nach¬
mittags, 2 stündig.
14. Repetitor Römer: Benrtheilung des Beschlages, Mitt¬
woch von 4—5 Uhr Nachmittags, 1 stündig. Uebungen am
Hufe, in Gemeinschaft mit Professor Frick.
15. Apotheker Ambrosius: Pharmaceutische Uebungen.
täglich von 11 — 1 Uhr Vormittags und von 3 -4 Uhr Nach¬
mittags.
16. Assistent Bauermeister: Pathologisch-anatomische
Diagnostik, Freitag von 4- f» Uhr Nachmittags, 1 ständig.
Oefteutliclies Veterinär wesen.
(M i 11 h ei 1 u ng e n für
Seuchenstatistik und Yeterinärpolizei.
Die Maul- und Klauenseuche in Argentinien.
Den Ausbruch der Seuche in den südlichen Theilen Argen¬
tiniens meldete zuerst Reuters Bureau am 20. März d. J.
Während weitere Telegramme angaben, dass die Einschleppung
der Maul- und Klauenseuche durch Zuchtvieh von Frankreich aus
wahrscheinlich erfolgt ist, wird nach neueren Nachrichten aus
Argentinien das Herrschen der Seuche überhaupt bestritten, weil
man keine Schafe und Schweine hat an der Seuche erkranken
sehen. Man hält die Krankheit für ein ansteckendes Ekzem und
hofft, dass dasselbe nach den ergiebigen Regengüssen der letzten
Tage verschwinden wird. Nichtsdestoweniger wird berichtet,
dass der Bremische Hansadampfer „Tannenfels ; ‘, welcher am
Dl. März von La Plata mit einer Ladung Vieh nach Dephfond
(Themse) abging. Las Palmas auf den Kanarischen Inseln an-
lanfen musste, weil unter dem Vieh die Maul- nnd Klauenseuche
ausgebrochen war. 169 Stück Rindvieh sind krepirt. die übrigen
sind krank. Ferner sind in der letzten Woche in Dephfond
unter argentinischem Vieh I klare Fälle von Maul- und Klauen¬
seuche bei der Landung fest gestellt worden. Die ganze Sendung
bestand aus 244 Riuderu und ca. 1100 Schafen; die Thiere
Veterinärbeamte.)
wurden getrennt gelandet und sofort abgeschlachtet. Im Ganzen
wurden hiervon 154 mit Erscheinungen der Seuche behaftet
gefunden. Deren Fleisch gelangte in den Verkehr; der Abfall,
und die Häute sowie die mit den verseuchten Thieren in Be¬
rührung gewesenen Gegenstände und Personen wurden desinffeirt.
Die englische Regierung hat sofort ein Einfuhrverbot gegen Vieh
aus Argentinien und Uruguay erlassen, welches am Montag de»
40. April in Kraft treten soll, so dass nur die zur Zeit auf See
schwimmenden Viehsendnngen noch gelöscht werden dürfen. Die
Folgen für den Viehverkehr wird man ermessen können, wenn mau
bedenkt, dass vom 1. Januar er. bis 41. März er. 47 089 Rinder
und 102 617 Schafe aus Argentinien eingeführt und durch¬
schnittlich wöchentlich 4000- 3500 Rinder und 7000Schafe inDepl»-
fond gelandet sind. Bei der ständig verbesserten Qualität der
argentinischen Rinder und Schafe fanden di«* Thiere leicht zu
guten Preisen Absatz, so erzielten am Montag, den 2. April am
Dephfond Markt Prima Argentinier Rinder 4 s. —4 s. 1 d. pro
8 Pfund (engl.) und Schafe 4 s. 10 d. 5 s. pro 8 Pfund. Ausser
in Dephfond wurden auch in Birkenhead beträchtliche Mengen
von argentinischem Vieh gehandelt. Diese Entblössnng dieser
beiden grossen Märkte für ausländisches Vieh, wird ohne Zweifel
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19. April 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
189
den Werth der Rinder und Schafe aus den Vereinigten Staaten
und C'anada steigern und grössere Zufuhren veranlassen. Aber
auch der Werth des iinportirten frischen und cousemrten Fleisches
wird sich erhöhen. Hier kommt ausser Amerika auch noch
Dänemark in Betracht, und viele Rinderviertel, welche sonst
von letzterem Lande nach Deutschland gegangen wären, werden
nun in England willige Abnehmer finden. Erleidet hier die
Fleischeinfuhr Deutschlands eine Einbusse, so ist zu erwarten,
dass auf der anderen Seite die Fleischausfuhr Deutschlands
protitiren wird, wenn auch nicht hinsichtlich des Rindfleisches,
so doch des Schweinefleisches; gehen doch schon jetzt wieder
nicht geringe Mengen frischer Speck von Hamburg nach
England und scheint sich das Geschäft, welches mehr als
13 Jahre geruht hat, wieder zu beleben. Knhnau.
Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preussen am 31. Mftrz 1900.
Regierungsbezirk
Die Seuche herrschte
in
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht:
Königsberg ..
5
! 8
1,95
Gumbinnen.
1
1
0,25
Danzig.
7
i 13
10,31
Marienwerder.
10
23
10,17
Berlin.
1
| 1
Potsdam.
14
65
25,12
Frankfurt.
12
47
17,27
Stettin.
11
80
42,64
Köslin.
9
23
11,91
Stralsund .
3
17
19,07
Posen .
12
22
6,67
Bromberg.
12
26
11,68
Breslau..
1-1
31
8,16
Liegnitz.
12
24
8,52
Oppeln.
7
11
3,92
Magdeburg .
14
54
37,50
Merseburg.
10
26
11.24
Erfurt.
o
2
3.41
Schleswig.
3
3
1,40
Hannover .
4
9
14,30
Hildesheim.
!)
20
27,62
Lüneburg .
0
24
16,28
Stade.
1
2
2,75
Osnabrück.
2
0
3,57
Aurich.
1
2
5,84
Münster.
4
5
18,65
Minden .
5
11
21,56
Arnsberg .
8
26
30,58
Cassel.
11
18
10,76
Wiesbaden.
6
13
13,88
Koblenz.
3
7
6,69
Düsseldorf.
10
26
60,46
Köln.
4
r>
16,89
Trier.
7
17
15,08
Aachen .
4
8
20,51
Hohenzoliern-Sigmaringen
1
1
7,87
Summa:
245
673
—
Nachweitung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche
am 31. März 1900.
Es waren am 31. März 1900 in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Gumbinnen 2 (2). R.-B. Marienwerder
l (1). R.-B. Berlin 1. R.-B. Potsdam 1 (1). R.-B. Posen 4 (4).
H.-B. Bromberg 4 (»>). R.-B, Breslau 1 (1). R.-B. Oppeln 1 (2).
R.-B. Hildesheim 2 (2). R.-B. Stade 1 (1). R.-B. Wiesbaden 1 (D.
R.-B. Aachen 1 (1). Bayern: R.-B. Oberbayern 1 (1). R.-B.
1 Niederbayern 1 (1). R.-B. Schwaben 1 (1). Württemberg:
Donankreis 2 (2). Baden: Landescomm. Constanz 1 (1). Braun-
| schweig: 1 (1). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogthuiu
■ Gotha 1 (1.) Elsass-Lothringen: Bezirk Lothringen 2 (5).
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 1 (1). R.-B. Niederbayern
1 (1). R.-B. Pfalz 1 (2). Sachsen: Kreishauptmauu-
' schaft Zwickau 1 (1). Württemberg: Donaukreis 1 (1).
I Mecklenburg-Schwerin: 1 (1). Oldenburg: Fürstenthum
Birkenfeld 1 (2). Braunschweig: 4 (31). Sachsen-
i Meiningen: 2 (3). Sachsen-Altenburg: 2 (2). Sachsen-
Coburg-Gotha: Herzogthum Coburg 1 (2). Herzogthum Gotha
! 3 (4). Anhalt: 3 (10). Schwarzburg-Sondershausen: 2 (2).
1 Schwarzburg-Rudolstadt: 1 (1). Reussä.L.: 1 (2). Reuss
j L.: 1 (3). Lippe: 2 (3). Bremen: 1 (1). Elsass-Lothringen:
| Bezirk Unter-Elsass 5(17). Bezirk Ober-Elsass 5 (11). Bezirk
Lothringen 4 (8).
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Magdeburg 3(3). R.-B. Merseburg 1(1).
Sachsen: Kreishauptm. Zwickau 1 (1). Anhalt: 1 (1).
D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest):
Preusseu: R.-B. Königsberg 2 (5). R.-B. Danzig l (2).
R.-B. Marienwerder 3 (3). R.-B. Potsdam 5 (7). R.-B. Frankfurt
8 (fl). R.-B. Stettin 3 (4). R.-B. Stralsund 2 (3). R.-B. Posen
10 (11). R.-B. Bromberg 3 (3). R.-B. Breslau 11 (37). R.-B.
Liegnitz 6 (15). R.-B. Oppeln 4 (9). R.-B. Magdeburg 3 (3).
R.-B. Schleswig 1 (l). R.-B. Hannover 2(2). R.-B. Hildesheim
2(2). R.-B. Stade 1 (1). R.-B. Münster 1(1.) R.-B. Arnsberg
1 (1). R.-B. Cassel 1 (1). R.-B. Coblenz 1 (1). R.-B. Düsseldorf
2(2). R.-B. Köln 2(2). Bayern: R.-B. Oberbayern 1(1). R.-B.
Niederbayern 1 (1). R.-B. Pfalz 1 (2). Sachsen: Kreishauptm.
Zwickau 1 (1). Württemberg: Donaukreis 1 (1). Mecklen¬
burg-Schwerin: 1(1). Braunschweig: 1(1). Anhalt: 1(1).
Lippe 2 (3). Lübeck 1 (1). Hamburg: 1 (2).
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen etc.
Auf dem Berliner Central-Viehhof ist unter Ceberstiinde-
Sehweinen am 13. er. ein Seuchenausbmch eonstatirt worden.
In Dresden ist die schon seit Anfang April mehrmals aus¬
gebrochene und erloschene Seuche am 12. erloschen gewesen,
am 14. neu ausgebrochen und am 15. wieder erloschen. Aus¬
brüche mit gleichzeitigem Erlöschen sind gemeldet aus München
und Nürnberg am 14. er., aus Bremen am 15. er.
Bromberg.
Es ist verboten, die auf Balmhöfen des Regierungsbezirks
ankommenden Transporte von Handelsgänsen ohne vorherige
Untersuchung durch den beamteten Thierarzt auszuladen und
vom Bahnhofe zu entfernen.
Fleischschau und Viehverkehr.
Protocoll der 1. ausserordentlichen Versammlung der
Gruppe „Schlachthof- und Sanitätsthierärzte“ vom
thierärztlichen Centralverein für die Provinz Sachsen,
die anhaltischen und thüringischen Staaten,
abgehalten am 18. Februar 1900 zu Magdeburg im Restaurant
des Schlacht- und Viehhofs.
Anwesend waren: ,.l)ie Mitglieder Spulmnann-Stendal,
Klaphake-Zeitz, Sorge-Stassfurt, I)emmin-Zerbst,M r u go w s k i-
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190 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. Iß.
Halberstadt. Veit-Salzwedel, \Yi tte-Quedlinburg. Haffncr-
Aschersleben, Gel du er-Burg. Bierbach-Xaumburg, Colberg, ■
Buhmann, Holle, Risto w-Magdeburg: als Gäste: Departements- j
tliierarzt und Veterinär-Assessor Leistikow-Magdeburg, Corps- ,
rossarzt Tiet /-Magdeburg,Kreisthierarzt (Dmde 1 ach-Magdeburg. t
Schlachthofthierarzt Lorenz-Magdeburg, Sclilachthof-Director ;
Kessler-Weimar, Sclilachthof-Director (ierlach-Apolda, Thier- .
arzt Lewin und Schmidt-Magdeburg.“
Director Colberg gab an der Hand eines Lageplaues zu- (
nächst einen Ueberblick über die Anlage des Schlacht- und
Viehhofs zu Magdeburg, worauf unter seiner Leitung eine Be¬
sichtigung derselben stattfand. Bei diesem Rundgange wurde
in dem bacteriologischen Laboratorium eine kleine Sammlung j
pathologischer Präparate besichtigt, welche allgemeines Interesse i
erregten. 1
Nach dem Rundgange versammelten sich die Anwesenden .
i
wiederum im Börsenrestaurant des Viehhofs. Der Obmann der j
<«nippe, Director Colberg. begriisste die Gäste und Mitglieder
und dankte ihnen für das zahlreiche Erscheinen, wobei er gleich- j
zeitig Schreiben von Herrn Professor Dr. Ostertag und Herrn
Oberthierarzt Reissmann-Berlin, Director Reimers-Halle.
Bartel8-0ardelegen und Hartmann-Cöthen mittheilte, welche
leider verhindert waren, zu der Versammlung zu erscheinen.
Hierauf giebt Director Colberg einen kurzen Pebeiblick ,
über die Entwickelung des Baues und die Eröffnung des Schlacht- ;
und Viehhofs, sowie über den Yielmuftrieb auf dem Viehhofe
und die Zahl der jährlichen Schlachtungen, die allgemeinen 1
Betriebseinrichtungen und den Etat.
Kreisthierarzt (iundelach dankt dem Redner für die hoch- i
interessanten Ausführungen und lobt im Allgemeinen die Ein¬
richtung der gesummten Anlage, tadelt aber die Beleuchtungs¬
anlage in den Schlachthallen und auf den Ausladerampen, j
welche die Ausführung der Fleischschau und die veterinär¬
polizeiliche Untersuchung der zum Markte gestellten Thiere I
sehr erschwere. i
Director Colberg erwidert, dass die Beleuchtungsfrage i
bereits seit Jahren Gegenstand der Berathungen gewesen sei,
es sei zu hoffen, dass in allernächster Zeit die Angelegenheit
zu einem befriedigenden Abschluss gelangen werde, auch sei
noch die Aufstellung eines Yernichtungsapparates für Thier-
cadaver hierorts zu erstreben. Zur Zeit würden die hiesigen
Contiseate, nachdem sie durch tiefe Einschnitte und Feber- I
giessen mit roher Karbolsäure für den menschlichen Genuss |
unbrauchbar gemacht, in verschlossenen Wagen der Ab- ,
deckerei überliefert.
Zu Punkt 2 der Tagesordnung hält Herr College Bolle- j
Magdeburg einen eingehenden Vortrag über „das Vorkommen
der Tuberenlose bei den Schlachtthieren unter besonderer Be¬
rücksichtigung der Fntersuchnng dieser Thiere für die Zwecke I
der Fleischbeschau. Die Behandlung des Fleisches tuber- !
culöser Thiere.“ j
Redner führt aus, dass die Ausbreitung der Tuberenlose
unter den Schlachtthieren seit Errichtung der Schlachthäuser
annähernd bekannt geworden sei, dass aber eine genaue Fest- |
Stellung der Ausbreitung sich erst ermöglichen lassen werde. |
wenn die allgemeine Fleischbeschau mit Einschluss der Haus- ,
Schlachtungen eingeführt sei. Nach den bisherigen statistischen
Angaben stehe fest, dass etwa 2;'»°,, der Rinder, 3% der
Sehweine, 0,24% der Kälber und 0,5% der Ziegen an Tuber- i
eulose erkrankt sind, während dieselbe bei Schafen, Pferden
und Hunden zu den grössten Seltenheiten gehört. Fenier er-
giebt der Vergleich der Tuberculosestatistik eines grösseren
Schlachthofes in mehreren auf einander folgenden Jahren, dass
die Ausbreitung der Krankheit besonders unter den Kindern
und Schweinen in steter Zunahme begriffen ist. Diese Zunahme
der Tuberkulose lässt sich nur verstehen, wenn man bedenkt,
dass der Krankheitserreger, der Tuberkelbacillus, dessen Nach¬
weis. biologischen und pathogenen Eigenschaften Redner näher
erörtert, mit der Athmnngslnft. den Secreten und Exereten der
erkrankten Menschen und Thiere in die Aussenwelt gelangt
und so leicht zu weiterer Infeetion gesunder Menschen und
Thiere führen kann. Es muss daher das eifrigste Bestreben
der in der Fleischbeschau thätigen Kollegen sein, möglichst alle
an Tuberenlose erkrankten Schlaohtthiere ausfindig zu machen
und durch die Vernichtung der sieh findenden tuberculösen
Theile die Gefahr der Ansteckung für Menschen und Thiere zu
mindern.
Referent beschreibt dann die Untersuchungsweise einzelner
Organe und ganzer Thiere und giebt eine kurze Definition des
Begriffs der „localen“ und ..generellen“ Tuberenlose, der für
die Benrtheilung des Fleisches von ausschlaggebender Bedeutung
geworden ist und führt zum Schluss das nach den heutigen
wissenschaftlichen Erfahrungen motovirte Verfahren mit dem
Fleisch tubcrculöser Thiere an, wie es auch auf dem letzten
thierärztlichen Kongress zu Baden-Baden zum Ausdruck ge¬
bracht ist.
Director Colberg dankt dem Redner für den interessanten
Vortrag und stellt denselben zur Discussion, an der sich die
Kollegen Klaphake, Geldner, Bierbach, Colberg und Ristow
betheiligen. College Klaphake erwähnt hierbei, dass er zur Des-
infection seines Untersuchungsmessers eine Zinkscheide, die mit
Alkohol gefüllt ist, benutze.
Punkt 3 der Tagesordnung (Vortrag des (’ollegen K1 a pha k o-
Zeitz über „Die Gewährleistung beim Handel mit Seblachtthieren“ )
wird wegen vorgeschrittener Zeit von der Tagesordnung ab¬
gesetzt.
Zu Punkt 4 der Tagesordnung: .,Unvorhergesehenes“ be¬
richtet Director Colberg über eine Entscheidung des Königlichen
Landgerichts zu Magdeburg, nach welcher die eingeführten,
präservirten Lohern nicht in allen Fällen zum „frischen“
Fleisch gerechnet werden können da dieselben, wie nach¬
gewiesen, häufig dergestalt präparirt werden, dass ihre grossen
Blutgeiässe mit 10- bis 20-procentiger Salzlösung durchspritzt
und die Lehern ausserdem vier Tage hindurch in eine 10- bis
2<>-proeentige Salzlösung eingelegt werden, bevor sie zum Ver¬
sand gelangen.
Nach der Entscheidung in Johow Baud 14, Seite 400 fallen
aber Fleischstücke, welche durch Einlegen in eine 15-procentige
Salzlösung im Innern von Salz durchdrungen sind, nicht unter
den Begriff dos „frischen“ Fleisches im Sinne der Gesetze vom
is. März 1 S 0 S und vom lb März 1S81.
Nach Mittheilnngen der Kollegen Bierbach - Naumburg.
Klaphake - Zeitz und Fessler - Weimar sind noch anderweitige
gerichtliche Entscheidungen über diesen Gegenstand zu erwarten:
in einer der nächsten Sitzungen soll darüber weiter berichtet
werden. Die Versammlung erkennt einstimmig an, dass ein
Unteisuchungszwang derartiger Lebern unter allen Umständen
anzustreben sei.
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19. April 1900.
BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
191
Punkt 5 der Tagesordnung (Mittheilungen aus der Praxis).
Der Vorsitzende, Director (’olberg, empfiehlt den Herren
Collegen, welche als Leiter von Schlacht- bezw. Viehhöfen in
Bezug auf die Unfallversicherung ihres Betriebes mit den An¬
gelegenheiten der Fleischereiberufsgenossenschaft sich zu be¬
schäftigen haben, für die nächste Generalversammlung der
Fleischereiberufsgenossenschaft zu Nürnberg im Juli d. J. die
ordnungsmässig ausgefüllten und nicht stempelpflichtigen Voll¬
machten dem Magistrat zu Nürnberg mit der Bitte um
Wahrnehmung der Vertretung in der Generalverammlung zu |
übersenden, sofern die Stadtgemeinde, bezw. Stadtraagistrate
durch eigene Bevollmächtigte oder die Leiter der Schlachthof- 1
betriebe selbst diese Versammlung nicht besuchen.
Nach einer Entscheidung des Reichsversicherungsamts
können nämlich nach den gesetzlichen Bestimmungen und nach '
den zeitigen Bestimmungen des Genossenschaftsstatuts die !
Leiter der Schlachthofbetriebe mit der Vertretung eines !
anderen Betriebes in diesen Versammlungen nicht betraut 1
werden, wie dies unbeanstandet bis zum vorigen Jahre geschehen
ist und wie dies die stimmberechtigten Mitglieder der Ge¬
nossenschaft gegenseitig können.
Ein nach dieser Richtung in der vorjährigen Generalver¬
sammlung eingebrachter Antrag auf Abänderung des Statuts,
gegen welchen auch Seitens des Reichsversicherungsamts Ein¬
wendungen nicht erhoben waren, wurde abgelehnt und wird
derselbe wahrscheinlich in der Zukunft auf eine Annahme in
der Genossenschaftsversammlung auch nicht rechnen können, da
diejenigen Mitglieder der Genossenschaft, welche Schlacht- und ,
Viehhofbetriebe vertreten, durch die anderen Mitglieder der i
Fleischereibetriebe stets überstimmt werden.
Es ist aber dringend erforderlich, dass zur Wahrnehmung
der Interessen der Stadtgemeinden und der Schlachthöfe diese
in der Genossenschaftsversammlung durch eine thunlichst grosse j
Zahl von Stimmen vertreten sind. Dies ist für die Verwaltung
der Fleischereiberufsgenossenschaft, an der die Stadtgemeinden
ein hohes Interesse haben, für die Festsetzung des Gefahren¬
tarifs, für die Besetzung der - Stellen im Vorstand und in den
Schiedsgerichten u. s. w. von grosser Wichtigkeit. Daher ist |
der oben vorgeschlagene Weg, den Magistrat in Nürnberg in |
diesem Jahr in der Genossenschaftsversammlung mit der Ver¬
tretung der Schlachhofbetriebe zu betrauen, der richtige, damit
eine Vertretung der Stadtgemeinden mit einer möglichst grossen
Stimmenzahl gesichert ist; der hohen Reisekosten wegen er¬
scheint es ausgeschlossen, dass alle betheiligten Betriebe eigene
Vrtreter nach Nürnberg entsenden. In den folgenden Jahren
würden jedesmal diejenigen Magistrate der Städte mit Schlacht¬
rufen, woselbst die Genossenschaftsversammlung stattfindet, mit '
der Vertretung zu betrauen sein.
Am Schlüsse der Versammlung dankt Departementsthierarzt
und Veterinär-Assessor Leistikow im Namen der Gäste der
(.Truppe für die interessanten Verhandlungen und wünscht der¬
selben ein ferneres Blühen und Gedeihen.
Nach Schluss der Sitzung besichtigten die Anwesenden eine
von dem Probenholer Trebert~zu Quedlinburg construirte und j
gesetzlich geschützte Presse zum Anfertigen von Trichinen¬
schaupräparaten, welche längere Zeit im Trichinenschauamt des
Schlachthofs zu Magdeburg versuchsweise benutzt worden war.
Dieselbe kann nach diesen Versuchen Damen und schwächlichen
Personen warm empfohlen werden, da sich mittelst derselben
unter geringer Kraftanwendung die Muskelschnittchen in einer
für die Trichinenschau geeigneten Weise quetschen lassen.
Bei einem gemeinschaftlichen Mittagessen blieben alsdann
die Collegen noch mehrere Stunden in heiterster Stimmung bei¬
sammen.
• Colberg, Ristow,
Obmann. Schriftführer.
Berlin: Auszug aus dem Fielschsehauberioht für Monat März 1900.
A. Schlachthof.
Rinder
Kälber
Schafe
Schweine
Geschlachtet und untersucht
16 338
13610
36 993
71 309
Ganz beanstandet ....
406
70
28
398
Ueberhaupt mit Tuberculose
behaftet.
4800
49
4
2 649
Davon gänzlich verworfen .
160
13
—
61
„ zur Sterilisation geeignet
befunden worden: . .
132
8
4
213
„ theilweise verworfen . .
4
—
—
—
Also vollständig freigegeben
4 504
28
—
2 375
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
17
Mit Finnen behaftet . . .
72
1
—
34
Stark finnig, technisch vcr-
wertbet.
f>
—
—
11
Finnig nnd wässerig, tech-
nisch verwertbet ....
3
—
—
—
Schwach finnig, zur Kochung
geeignet befunden worden
67
1
—
23
Ausserdem wegen Behaftung
mit Kalkconcrementen, mul¬
tiplen Blutungen u. s. w. sind
gekocht verwerthet . . .
—
—
5
32
An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei
Rindern 7688 Stück, bei Kälbern 286 Stück, bei Schafen 2762 Stück,
bei Schweinen 12202 Stück.
B. Untersuchungsstationen.
Rinder¬
viertel
Kälber
Schafe
Schweine
Untersucht.
21 891
! 18 701
2 269
15 769
Beanstandet.
57
62
3
7
Wegen Tuberculose wurden
beanstandet.
24 i
3
Davon zur Sterilisation ge¬
eignet befunden worden: .
10
_
_
3
Mithin gänzlich verworfen .
14
—
--
—
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
-
—
Mit Finnen behaftet. . . .
— j
—
—
—
Davon schwach finnig, zur
Kochung geeignet befunden
worden.
—
1
—
—
Unter dem eingeführten Fleisch waren 2727 dänische Rinder¬
viertel, 67 dänische Kälber und 56 Wildschweine.
Berlin, den 12. April 1900. Der städtische Oberthierarzt
Reissmann.
Bücheranzeigen und Kritiken.
Handbuch der thierftrztlioheu Chirurgie und Geburtshilfe. Heraus-
ffegeben von Prof. Dr. JosefBayer-Wien und Prof. Dr. Eugen Fröhner-
Berlin. — ü. Band: Allgemeine Chirurgie. Von Prof. Dr. Eugen Frdhner.
Zweite verbesserte Auflage. Wien und Leipzig. Wilhelm
Braumüller. 1900. 8 M. •
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192
BERLINER THIERÄRZTLICIIE WOCHENSCHRIFT.
No. 16.
Wie der Verfasser sehr richtig in dem Vorworte der ersten
Auflage bemerkt, muss die thierärztliche allgemeine
Chirurgie sich auf die Forschungen und Lehrbücher der
humanen Medicin stützen. Die classischen Lehrbücher der
humanen Medicin von Billroth und Tillmann dienten als Grund¬
lage. Mit der uns von dem Verfasser schon bei der Herausgabe
anderer Lehrbücher vortheilhaft bekannten tief in die Wissen¬
schaft eindringenden Gründlichkeit hat er die sich selbst ge¬
stellte Aufgabe „eine thierärztliche Chirurgie nach
eigenen Erfahrungen und auf 6rund thierärztlioher Lltteratur von rein
thierärztlichem Standpunkte für die Zwecke der thiex-
ärztlichen Praxis“ zu bearbeiten in hervorragender und
selten geschickter Weise gelöst. Nicht einfache Compilationen
finden wir in dem Lehrbuche, sondern ein auf den Grundlehren
der Anatomie, allgemeinen Pathologie und pathologischen
Anatomie basirendes Werk, das die sehr werthvollen Errungen¬
schaften der Bacteriologie wohl anerkennt, sie aber nicht und
zwar mit Recht in den Vordergrund der Chirurgie gedrängt
wissen will. Folgende Capitel geben uns den Inhalt des Buches
an: Wunden, Subcutane Verletzungen der Weichtheile,
die Entzündung, Geschwür, Fistel, Brand, die Ge¬
schwülste, Concremente und Fremdkörper, Herpien
u nd Vorfälle, Krankheiten der Knochen, Krankheiten
der Gelenke, Krankheiten der Sehnen, Sehnenscheiden
und Schleimbeutel, Krankheiten der Muskel, Fascien
und Nerven, Krankheiten der Gefässe, Krankheiten der
Drüsen, Chirurgische Krankheiten der Haut und
Schleimhäute und als Anhang Angeborene Miss¬
bildungen von chirurgischer Bedeutung.
Sehr eingehend ist die Onkologie behandelt. Dass der
Verfasser die Behandlung der Botryomykorae des Sameiretfanges
nur mit Jodkalium verwirft, halte ich nach meinen Erfahrungen
für richtig. Dennoch sah ich in 2 Fällen nach 6 wöchentlichen
Gaben von 6 Gramm Jodkalium eine vollständige Demarkation des
botryomvkotisch veränderten Gewebes am Schlauche eintreten,
nachdem der kranke Samenstrang operativ beseitigt war.
Daher möchte ich Malkmus zustimmen, nur in den Fällen von
Botryoinycose innerlich Jodkalium zu verabreichen, wenn
bei gleichzeitiger Operation eine Entfernung sämmtlichen kranken
Gewebes nicht möglich ist.
Langathmige Auseinandersetzungen sind in dem Buche ver¬
mieden,kurze treffende Definitionen und Beschreibungen,
wie wir sie vom Verfasser gewohnt sind, bilden eine Zierde
desselben. Es kann daher nicht allein Studirenden, sondern
auch praktischen Thierärzten, die es mit ihrer weiteren
wissenschaftlichen Ausbildung Ernst nehmen, nicht genug der
Rath gegeben werden, die „Allgemeine Chirurgie“ von
Frühner ihrer Bibliothek einzuverleihen. Das Studium derselben
wird ihnen nicht allein genussreiche Stunden verschaffen, sondern
auch die Thierärzte in der Praxis befähigen, schwierige Fälle
richtig zu deuten und zu beurtheilen. Toeppef.
Personalien.
ln Eisass-Lothringen: Kantonalthierarzt Stock auB Wasselnheim
zum Kreisthierarzt für Strassburg, Stadt ernannt. — Kantonalthier¬
arzt Grötzinger in Drulingen nach Wasselnheim verzogen. —
Niedergelassen haben sieh Thierarzt Rick aus Strassburg in Münster
und Tbierarzt Sohn in Pruchtersheim. — Als Assistenten sind ein¬
getreten Thierarzt Huss-Steinbnrg beim Landesthierarzt Regierungs-
rath Feist, Thierarzt Thieme, bisher Assistent am bacteriologischen
Institut der Universität zu Strassburg, beim Bezirksthierarzt v. Ow
in Stockach. — Thierarzt Ohl man n - Ruprechtsau als Einj.-
Freiwilliger zum Train-Bataillon No. 15.
I.i der Armee: Dem Corpsstabsveterinär des 1. Armee-Corps
EhrenBberger die Erlaubniss ertbeilt, Epaulettes mit Frangen
bezw. Achselstücke mit Geflecht zu tragen. Die Finj.-Freiwilligen
M eyer vom Bad. Feld-Art.-Rgt. 14 und Fürst vom Bad. Art.-Regt. 50
zu einj.- freiwilligen UnterrosBärzten. — Thierarzt Ohlmann-
Ruprechtsau als Einj -Freiwilliger zum Train-Bataillon 15 naeh
Strassburg.
Todesfälle: Kreisthierarzt Lang-Metz, Bezirksthierarzt Piehler-
Wasserburg (Baye n). Cantonal- uud Stadtthierarzt Niederer zu
Münster in Ober-Elsass, pr. Thicrarzt Steinkühl er-Glandorf und
U lrich-Grossammensleben (Pr. Sachs.).
Vacanzen.
(Näheres über die Vacanzen mit abgelaafener Meldefrist
b. die vorhergehenden Nummern.)
Kreiethlerarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen;
R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich Kreiszuschuss)
Gesuche an den Regierungspräsidenten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Cöslin: Stolp (Nord). — R.-B.
Köln: Rheinbacb. — R.-B. Schleswig: Eiderstedt.
Sanltltsthlerarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Graudenz: Schlachthofassistenzthierarzt zum 1. Mai (4 wöchentliche
Kündigung. 1800 M., Wohnung etc. Keine Praxis) Bewerbungen
an den Director. — Königswartha i. Sachs.: Thierarzt für
Fleischbeschau. (Ausser den Gebühren 900 M., Praxis.) Meid, bis
Ende April an den Gemeindevorstand. — Plauen i. V.: Assistenz¬
thierarzt am Schlachthof zum 1. Juni (2100 M.: vierteljähri.
Kündigung)^ Meld^ an den .Dii[e<}.tor,PjJswieAki- Thierarzt fife-
Fleischbeschau (1200 M. und ca. 700 M? aus der Trichinenschau).
Bewerb, bis l.Mai an den Magistrat. — Schivelbein: Thierarzt für
Fleischschau (ca. 2400—8000 M.; Praxis gestattet). Meid, beim
Magistrat — Wetter (Ruhr): Thierarzt für Fleischbeschau. (1800M.
Praxis). Meid, bis 15. April an das Amt.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Augsburg: Schlachthausdirector. — Bromberg: Schlachthof¬
assistenzthierarzt — Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt —
Eberswalde: Schlachthofinspector. — Fi lehne: Schlachthof¬
inspector. — Freiberg i. Sachs.: Thierarzt für Fleischschau etc.
— Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Köln: Oberthierarzt
am Schlacht- u. Viehhof. —Liegnitz: Schlachthofassistenzthierarzt.
— Markneukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh- u. Fleischbeschau.
— Mülhausen (Eisass): Schlachthofverwalter. — Spremberg:
Schlachthofinspector. — Thorn: 2. Schlachthofthierarzt. — Wanne:
Schlachthofvorsteher.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. 8chl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrbardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau
(Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt zum 1. Mai
(2400 M., Privatpraxis gestattet). Meldungen mit Zeugnissen etc. bis
Ende März an den Amtmann. — Lauensten i. Sachs.: Thierarzt
für Fleischscbau und Praxis (Beihilfe aus Staats- und Gemeinde¬
mitteln). Bewerbungen bis 15. April an den Stadtgemeinderath. —
Mengeringhausen (Waldeck): Thierarzt. — Mügeln (Bez. Leipzig):
Thierarzt. — Rhinow (R.-B. Potsdam): Tbierarzt. — Schwarzen¬
berg i. Sachs.: Thierarzt für Fleischbeschau und Praxis (voraas¬
sichtliche Staatsunterstützung). Meid, an d. Stadtrath. — Sonnen¬
burg: Tbierarzt (600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den
Magistrat. — Wolkenstein: Thierarzt für Praxis und Fleischschau
Auskunft beim Stadtrath.
Verantwortlich für den Inhalt (excl. Inaeratentheil): Pro t Dr. Schmält* ln ßerln. — Verlag and Eigentham von Richard Schoett ln Berlin. — Druck von W. BQxenateln, Berlin
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Die „Berliner Thler&rxtllche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in Stärke von mindestens 1»/« Bogen. Dieselbe
ist in beziehen durch den Bachhandel, die Post (No 1082)
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard
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hfk. 6,- pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeiträge werden mit KO Hk. für den Bogen honorirt
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmal«,
Berlin, tblerärztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. E. Schmaltz, Dr. E. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Bichard Sehoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 17 . Ausgegeben am 26. April.
Inh alt: K&bnau: Fleischbeschaugesetz und Fleischeinfuhr. — Buhl: Ueber Maul- und Klauenseuche. — Eschbaum: lieber
die Dosirungsfrage: Scbüttelmixturen, Emulsionen. — Referate: Schwendimann, Hirzl und Kröning: Zur Be¬
handlung des Spats. — Jordan: Ein orthopädisches Eisen. — Zincke: Behandlung des akuten Mnskelrheumatismus mit
Acetanilid. — Kitt: Zur Technik der intravenösen Impfung. — Plotti: Glossitis actinomycotica. — Thierhaltung und
Thierzucht. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinär¬
polizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Bücheranzeigen und -Besprechungen. — Personalien. — Vacanzen.
Fleischbeschaugesetz und Fleischeinfuhr.
Von
KUhnau - Hamburg,
ObiTtliicrarzt.
Das Fleischbeschaugesetz ist bis zur dritten Lesung ge¬
diehen. Die einzigen noch wirklich umstrittenen Punkte sind
die Pökelfleischeinfuhr ufid die Fristbestimmung des Einfuhr¬
verbotes für Fleisch mit Ausnahme von Speck und Schmalz.
.Vach Lage der Sache steht zu erwarten, dass zwischen der
Majorität des Reichstages und des Hundesratlies eine Ver¬
ständigung erzielt wird und der Entwarf Gesetzeskraft erlangt.
Angebracht dürfte desshalb eine Betrachtung darüber sein, in
welcher Weise denn der Fleischimport durch das Gesetz be¬
troffen wird.
Die Agitation der landwirtschaftlichen und Schlachterkreise
gegeu die Fleischeinfuhr ist nicht erst neueren Datums, sondern
die Anfänge lassen sich bis zum Jahre 1804 zurück verfolgen,
als die in Folge der schlechten Futterernte des Jahres 1803
lieraufbeschworene Vieh- und Fleischnoth durch reichliche Zu¬
fuhren vom Auslande aus gedeckt wurde. Neben dem Vieh,
welches ans den benachbarten Ländern zu uns kam, erhielten
wir überseeisches Vieh ans Amerika und England, auch die
Einfuhr von frischem, gekühltem Fleisch aus Amerika und ge¬
frorenem Fleisch aus Australien, sowie priiservirtem Fleisch aus
Amerika wurde versuchsweise in Angriff genommen. Seuchen-
feststellnngen beim lebenden Vieh führten zu Einfuhrverboten
nicht nur des lebenden Viehes, sondern auch des frischen
Fleisches, namentlich des frischen Rindfleisches aus Amerika
nnd des Schweinefleisches aus Dänemark und Schweden.
Als im Jahre 1895 nnd 1806 wieder mehr normale Vieh¬
verhältnisse in Deutschland eintraten, verschwand das austra¬
lische gefrorene Fleisch vom deutschen Markt gänzlich, weil
das Publikum demselben einen Geschmack nicht abgewinnen
konnte. Nach vorübergehendem Fallen trat aber die Einfuhr
von präservirtem Fleisch aus Amerika immer mehr in Er¬
scheinung. Neue Arten desselben wurden dem Publicum an-
geboten, nnd auch die Wnrsteinfnhr bahnte sich ihren Weg.
Daneben nahm die Einfuhr von Rind- und Schweinefleisch
aus den Niederlanden besonders in Folge der Einfuhrbe¬
schränkungen des lebenden Viehs sowie auch die Einfuhr von
frischem Rindfleisch mehr und mehr zu. Belief sich der Ein¬
fuhrwerth im Jahre 1897 auf ca. 50000 000 Mark, so schwoll er
im Jahre 1898 bereits auf 82 400 000 Mark an, und war es
gerade diese rapide Steigerung, welche die Erregung der land¬
wirtschaftlichen Kreise hervorgerufen hat. Anhaltend ist diese
Steigerung nicht gewesen, denn das Jahr 1899 figurirt mit
einer Werthsumme von 71400 000 Mark, das sind 11000 000
weniger als 1898. Zu den Ursachen der 1898er Steigerung
der Fleischeinfuhr hat der beispiellose industrielle Aufschwung
Deutschlands in den letzten Jahren entschieden beigetragen.
Die Lebensverhältnisse sind besser geworden, und erfahrangs-
gemilss geht damit eine Steigerung des Fleischverbrauchs
Hand in Hand. Für 1898 kommt nun noch hinzu, dass in Folge
des schlechten Herbstes 1897 das nächste Jahr ein theures
Brotjahr war und hierdurch die besser gestellten Leute
veranlasst wurden, mehr Fleisch zu essen. Weiter ist auch
nach englischen Berichten eine Massenausfuhr von ameri¬
kanischen Schweinefleisehproducten nach dem europäischen
Continent und vornehmlich auch nach Deutschland im Jahre
1898 ins Werk gesetzt worden, um die Schweiuefleischpreise
in Amerika auf ein höheres Niveau zu lieben.
Die Betlieiligung der einzelnen Fleischarten an der Einfuhr
veranschaulicht nachstehende. Tabelle.
1899 1898 1897
Dz.=100 kg Dz.=100 kg Dz.=100 kg
Frisches Rindfleisch . .
192 678
145 151
44 990
„ Schweinefleisch .
108 257
151 057
112 113
„ Hammelfleisch .
803
1 108
665
Gepökeltes und gesalzenes.
Rindfleisch.
24 057
23 037
21 705
Schweinefleisch ....
08 055
08 540
42 499
Schinken.
43 107
53 484
33 166
Speck .
180 576
277 652
170 104
Würste.
48 655
43 497
18 509
Büchsenfleisch ....
30 774
40 022
34 544
Fleischextract ....
9 151
13 075
10 955
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194
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 17.
Ausserdem sind im Jahre 1899 72 Dz. Pferdefleisch und
818 Dz. sonstigen Fleisches eingeführt worden.
Die Hauptzunahme in den letzten Jahren zeigt das frische
Rindfleisch. Massenimporteure desselben sind Dänemark und
Holland. Von Dänemark kamen im Jahre 1899, wie schon
gesagt, in Folge der Beschränkung der Einfuhr des lebenden
Viehs 109 646 Dz. und von den Niederlanden 71 235 Dz. Von
dem frischen Schweinefleisch waren 94 317 Dz. holländischen
und 9739 Dz. russischen Ursprungs, während Oesterreich-Ungarn
nur 2021 und Amerika nur 1091 Dz. eingeführt haben. Amerika
hat Anfang vorigen Jahres ein Ausfuhrverbot für frisches
Schweinefleisch erlassen, kommt, also bezüglich dieses Fleisch¬
artikels nicht in Frage. Besonders betroffen werden durch
das Fleischbeschaugesetz und eventuelles Einfuhrverbot nur
Dänemark und Holland. Beide Länder würden eventuell ge¬
zwungen sein, sich einen anderen Absatzmarkt für diese Fleisch-
producte zu suchen. Einen willigen Abnehmer Anden sie jetzt schon,
zumal seit die Einfuhr von argentinischem Vieh in England ge¬
stoppt ist, in Grossbritanien. Während im vorigen Jahr in den
letzten Aprilwochen in Hamburg durchschnittlich 2000 Viertel
Rindfleisch aus Dänemark eingeführt wurden, betrug die Zahl
in der gleichen Zeit dieses Jahres 1200—1400 Viertel.
Hinsichtlich der Einfuhr von präservirtem Fleisch werden
vornehmlich die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika in Mit¬
leidenschaft gezogen. Die Zufuhren aus diesem Lande betrugen
im letzten Jahre an:
Gepökeltem und gesalzenem Rindfleisch . . . 15772 Dz.
„ „ Schweinefleisch . . 67646 „
Schinken. 30917 „
Würste. 35764 „
Büchsenfleisch. . . 25385 „
175484 Dz.
Speck. 16782* „
Während Pökelfleisch, Würste und Büchsenfleisch nach
dem Inkrafttreten des Gesetzes in seiner jetzigen Fassung nicht
mehr eingeführt werden dürften, würde die Einfuhrerlaubniss
für Schinken noch bis Ende 1902 und für Speck auch nach dieser
Zeit noch bestehen bleiben. Ebenso würde die Einfuhr von Schmalz,
von dem im letzten Jahre 1111337 Dz. kamen und von Oleo-
margarine, wovon 171 690 Dz. aus Amerika stammten, un¬
berührtbleiben. Die Haupteinfuhrartikel Amerikas würden
demnach nicht betroffen werden. DerWerth derselben beträgt
mehr als die ganze Fleischeinfuhr znsaramengenominen, nämlich
90655000 im letzten Jahre, 102974000 in 1898 und 67554000
Mark in 1897. Es würde nach Inkrafttreten des Einfuhr¬
verbotes für Amerika also nur ein Ausfall (nach der Ein¬
fuhr des letzten Jahres gerechnet) von et w a 20000000Mark ent¬
stehen. Ob Amerika wegen dieses Ausfalls zu Wiedervergeltungs-
massregeln sich entschliessen würde, müsste dahingestellt bleiben.
Noch mehr in Frage gestellt dürfte dies sein, wenn die Einfuhr von
Pökelfleisch und Schinken erlaubt bliebe. Das blosse Verbot
der Büchsenfleisch- und Wursteinfuhr dürfte Amerika wenig
alteriren. Vielmehr würde davon die aufstrebende Fleisch¬
industrie Australiens betroffen, hat doch dieser Staat im letzten
Jahre bereits 11860 Dz. eingeführt und steht bei der Güte
dieses Fabrikats zu erwarten, dass dasselbe den deutschen
Markt mehr und mehr erobert und die Fabrikate anderer Länder
verdrängt. Höchstens dürfte da, sollte das englische Einfuhr¬
verbot gegen Argentinien bestehen bleiben, dieses Land und
das mitbetroffene Uruguay in Wettbewerb treten.
Eine andere Frage ist die, ob Deutschland die Fleisch-
einfuhr entbehren kann, ohne dass die Fleischeruährung des
Volkes darunter leidet? Bei der Beantwortung dieser Frage
muss die Einfuhr von lebendem Schlachtvieh in Rücksicht ge¬
zogen werden, und ferner muss man Ein- und Ausfuhr gegen¬
einander abwägen. Die Ausfuhr von Vieh und Fleisch ist gering,
in Betracht zu ziehen wären fast nur der Export von 8139 kg
Schinken nach Frankreich, welcher mehr als die Hälfte der
gesammten Fleischausfuhr ausmacht. Auch Vieh zu Schlacht-
zwecken wird nur wenig ausgeführt, im letzten Jahre in
grösseren Mengen nur nach der Schweiz. Die Gesammtausfulir
betrug 1226 Kühe, 257 Stiere, 2113 Ochsen, 1666 Jungvieh.
378 Kälber, 4685 Schweine, 1995 Spanferkel, wovon die Schweiz
mehr als die Hälfte erhielt und in den anderen Fällen es Bich
meist um Zuchtthiere handelte. Grössere Zahlen zeigt nur die
Schafviehausfuhr, nämlich 128264 Stück Schafe und
12725 Stück Lämmer. Die Einfuhr an lebendem Vieh überwog
die Ausfuhr bedeutend, die Einfuhrzahlen sind bei den Kühen
59377 Stück, bei den Stieren 5907, bei den Ochsen 63087,
beim Jungvieh 56721, Kälbern 12762, Schweinen 70287, Span¬
ferkeln 1995, Schafen 1462 und Lämmern 38. Vieh nnd Fleisch
zusammengenommen giebt bezüglich der Einfuhr einen so
gewaltigen Ueberschtiss, dass vorerst an eine Deckung des ge¬
sammten Fleischbedarfs Deutschlands durch inländische Producte
nicht zu denken sein dürfte.
Ueber Maul- und Klauenseuche.
Von
Buhl-Frankenthal,
Thiorarzt.
Die grossen Belästigungen und Vermogensbeschädigungen,
welche die Durchführung der Massregeln zur Bekämpfung der
Maul*7und Klauenseuche im Gefolge hat, und welche zur Ver¬
nichtung vieler Existenzen besonders bei den Kleinviehhändlern
führen, veranlassten den Verband der Viehhändler der Pfalz im
Verein mit den Landwirtheu zu einer Agitation gegen diese
Massregeln, weil mit denselben der Zweck, das einheimische
Vieh vor der Seuche zu schützen, nicht erreicht worden ist.
noch auch für die Folge erreicht werden kann. Die Ver¬
bände der benachbarten Bundesstaaten sollen ebenfalls in die
Agitation einbezogen und dieselbe auf das ganze Reich aus¬
gedehnt werden. Mit Abgeordneten der verschiedenen
Parteien hat man sich bereits ins Einvernehmen gesetzt und
haben sich einige*) der heimischen öffentlich schon dahin aus¬
gesprochen, dass Polizeimassregeln gegen die Maul- und Klauen¬
seuche wirkungslos seien. Die Interessenten w r erden bei der
hohen kgl. Regierung und dem höchsten kgl. Staatsministeriuni
um Milderung und Aufhebung der vorgeschriebenen Massregeln
vorstellig werden, und werden veranlassen, dass in der baver.
Kammer der Abgeordneten und im Reichstag ihre Wünsche zur
Sprache kommen. Da Letzteres möglicher Weise mit den Ver¬
handlungen über die erwünschte Vor- und Ausbildung der Thier¬
ärzte zusammenfallen dürfte, müssen die Thierärzte jetzt schon
Stellung zu dieser Frage nehmen, weil sie berufen sind dieselbe
allein sachkundig zu beantworten, und zwar muss diese Be¬
antwortung so ausfallen, dass sie dem Ansehen des Standes
förderlich ist. Sie muss daher dahin lauten, dass die bisherigen
Massregeln nutzlos gewesen und schärfere, weil ebenfalls
nutzlos und viel zu kostspielig, zu verwerfen seien. — Ein
*) Die Herren Dr. Jäger und Lichtenberger von Speyer.
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26. April 1900
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
195
Gesetzesartikel, welcher böswilliges oder fahrlässiges Ver¬
schleppen der Seuche mit Strafe bedroht und den Zuwider¬
handelnden zu Schadenersatz verpflichtet, dürfte aber zu er¬
streben sein. Dem Schreiber dieses möge gestattet sein, die
vorwnrfige Frage zur literarischen Debatte zu stellen, zumal er
im Aufträge der Interessenten ein schriftliches Gutachten er¬
stattet hat, daher in der Lage ist, mittheilen zu können, was
dieselben erstreben.
Die Maul- und Klauenseuche*) ist characterisirt durch ein
fieberhaftes Allgemeinleiden, durch Bildung vtn Blasen und
Geschwüren auf der Maulschleimhaut, an den Fussenden und am
Enter. Ausnahmsweise werden auch Erkrankungen des Bauch¬
felles, des Verdauungsschlauches, der Athmungsorgane, des
Herzens und der Knochen beobachtet. Mischinfectionen der
verschiedenen Bacterien, zu welchen die Geschwüre bequeme
Eingangspforten darstellen, und der massenhaft verschluckte
giftige Speichel**) der Thiere geben zu Complicationen Anlass,
welche hier und da dieser im allgemeinen gutartig verlaufenden
Krankheit einen sehr bösartigen Character verleihen. Bei der
Section werden die bekannten Geschwüre im Maul, an den
Klauen und am Euter gefunden und bei Affectionen im Körper-
innem selbst die von den verschiedensten Beobachtern fest¬
gestellten Veränderungen, welche der Regel nach von vor-
nach rückwärts fortschreitend erscheinen. Dass einzelne Autoren
z. B. Imminger,***) andere Bilder gefunden haben, beweist
eben, wie verschieden die Mischinfectionen besonders bei
dieser Krankheit das Symptomenbild verändern. Bei den
plötzlich eintretenden Todesfällen spielen auch nach meinen
Beobachtungen die von Thomasf) beschriebenen Herzaffectionen
mit Lungenödem, als Folge der Herzschwäche, die Hauptrolle,
ln den subacuten Fällen führen meistens Bronchopneumonien
in 5 bis 20 Tagen den Tod oder die Schlachtung herbei.
Bei gutartigem Verlaufe der Maul- und Klauenseuche heilen
die Erosionen und flachen Geschwüre nach Abstossung der ab¬
gestorbenen Epithelschichten in 3 bis 6 Tagen, selten innerhalb
eines längeren Zeitraumes, und dann fressen die Thiere wieder
mit gewohntem Appetit und ohne Beschwerde. Die Dauer des
ganzen Processes beträgt meist 12 bis 14 Tage. Die Thiere
genesen meistens, nur junge Thiere, endlich sonst kranke Thiere
erliegen hier und da der Krankheit oder müssen geschlachtet
werden. Der Verlust beträgt durch den Tod nur 1 bis 3 pCt.,
bei bösartigem Verlauf kann er bis auf 50 pCt. steigen.
Die Prophylaxe besteht im Separiren der erkrankten Thiere
soweit dies möglich ist, und Verwendung der Milch nur in vorher
erhitztem Zustande. Bei gutartigem milden Verlaufe reichen die
bekannten diätetischen Verhaltungsmassregeln aus. Dass aber eine
sachgemässe thierärztliche Behandlung unter allen Umständen
auf den Verlauf mildernd einzuwirken im Stande ist, braucht
gar nicht weiter ausgeführt zu werden. Freilich dürfen Essig
und Salz-}-{-) und andere schmerzhafte Lösungen nicht verwendet
werden, sonst geschieht nur Schaden. — Die zur Anwendung
kommenden Arzneimittel müssen vor allen Dingen eine Grund¬
lage haben, welche süss schmeckt, so dass sie womöglich vom
*) Dr. Bollinger die Zoonosen. S. 630 u. s. w.
**) Wochenschrift für Thierheilkunde und Viehzucht 1892
8. 458.
***) Wochenschrift für Thierbeilkunde und Viehzucht 1896
S. 499.
t) Friedberger u. Fröbner. Pathologie und Therapie. S. 693.
t+) Friedberger und Fröhner ebenda.
Pinsel abgeleckt werden. Hierzu eignet sich am besten Glycerin.
Demselben werden die zu verwendenden Arzneikörper bei¬
gemengt, z. B. Borsäure, Gerbsäure und Carbolsäure. Die beiden
letztgenannten wende ich zusammen an und zwar ää 5,0 auf
90,0 Glycerin.*) Bei stark entblösster Maulschleimhaut empfiehlt
es sich, die Hälfte Glycerin durch Wasser zu ersetzen. Durch
derartige Pinselungen, welche öfter des Tages stattfinden
können, und welche von den Thieren gerne ertragen werden,
gelingt es, die Schmerzen im Maule und damit das lebens¬
gefährliche Speicheln vollständig hintanzuhalten, und ebenso
werden hierdurch auch die Affectionen im Hals, im Magen und
in den Gedärmen vermieden.**) — Die Fussenden und das Euter
müssen in derselben Weise behandelt werden, schon der Ein¬
fachheit wegen. — Auch hierdurch werden schwere entzündliche
Anschwellungen und das Ausschuhen vollständig verhindert,
ebenso werden schwere Euteraffectionen vermieden. Sollten
sich krankhafte Zustände im Strichkanal finden, so genügen
Betupfungen der Oeflhung desselben zum Ausheilen. — Schwere
Allgemein-Erkrankungen behandle ich mit grossen Gaben Sol.
Digit. 10,0 bis 12,0 in Verbindung mit Antifebrin 10 bis 20,0
pro Dosi mit Wasser und Wein oder Spiritus (V 2 Liter zu
V 4 bez. '/ 8 L.) verabreicht und zwar alle 2 bis 3 Tage eine
Gabe. Hierdurch ist es mir gelungen, Todesfälle zu vermeiden,
und sogar in Ställen, wo solche schon erfolgt waren, weitere zu
verhindern. Auch das Verkalben wurde verhindert, was andere
Collegen auch beobachtet haben.***) — Bei grosser Herzschwäche,
falls ich erst zu spät zur Behandlung zugezogen wurde, habe
ich mit Erfolg subcut. Einspritzungen von Campher-Aether 1:9
gemacht oder von Atropinlösungen bei Lungenödem, und zwar 0,03
bis 0,05 auf 10,0 Wasser. — Dergleichen Eingriffe sind geradezu
lebensrettend und lassen sofort erkennen, dass Besserung
eingetreten, wodurch man sich bei den Eigenthümern grosses
Vertrauen erwirbt. — Wird schliesslich noch durch Gaben
milder Eisenpräparate für die Blutbildung und damit für ge¬
regelte Funktionirung der blutbildenden Organe (z. B. des
Knochenmarkes) gesorgt, so dürfte unter gewöhnlichen Ver¬
hältnissen den Heilanzeigen Genüge geschehen sein. Ich lasse
den kranken Thieren täglich 3 Mal Liquor Ferri albuminat.f)
geben und später Hammerschlag (Eisenoxyduloxyd) als
feines Pulver pro Tag und Kopf 2 bis 3 Mal eine Messer¬
spitze voll. Hierdurch wird allen Knochenaffectionen, mit
welchen im andern Falle die Thiere monatelang zu kämpfen
haben, vorgebeugt, die Milchergiebigkeit und alle übrigen
Nutzungen im richtigen Geleise erhalten und der Schaden auf
ein nicht nennenswerthes Minimum reducirt. — Bei kleinen
*) Tannin etc. mit Glycerin 1:2 gemischt explodirt sofort!
Deutscher Veterinärkalender von D.\ Schmaltz 1897. S. 197.
**) Nach den Impfversuchen von Prof. Dr. Schütz zerstören
5pCt. Carboisäurelösungen den Ansteckungsstoff der Maul- und
Klauenseuche mit Sicherheit. Archiv f. wissenschaftl. u. pract.
Thierheilkunde B. XX. H. 1, 1894. (Wochenschrift für Thierheil¬
kunde u. Viehzucht 1894. S. 9).
***) Deutsche thierärztl. Wochenschrift 1899. S. 420. — Man
vergleiche auch Kamm: Die Digitalis-Wirkung bei bösartigem
Auftreten der Maul und Klauenseuche. Wochenschrift für Thier-
heilkuude u. Viehzucht. 1898. S. 449 u. ff.
f) Alle Inanitionszustände z. B. die Knochenbrüchigkeit,
Störungen in der Ernährung während der Reconvalescenz nach
schweren Krankheiten, Wurmcachexie, chronische Katarrhe etc.
heilen viel rascher bei Verabreichung von Eisenpräparaten und zwar
besonders der Eiweisseisenlösnng alB ohne dieselben.
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196 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 17.
Thieren, den Kälbern, Ziegen und Schweinen, ist die örtliche
Behandlung dieselbe, und auch der Nutzen, welchen die
Verabreichung milder Eisenpräparate gewährt, ist hier ebenso
augenfällig. Anders gestalten sich aber die Verhältnisse bei
Herzaffectionen, welchen die Thiere fast regelmässig erliegen,
wenn sie nicht geschlachtet werden. Auch hier (bei Kälbern
und Ziegen) sind Einspritzungen von Campher - Aether und
Atropin am Platze, und ausserdem gebe ich Tinct. Strophanti
(T. Stroph. 5,0, Tinct. amar. Aq. amygd. amar. ää 15,0 täglich
3 bis 5 Mal 20 bis 60 Tropfen per os.). Vor der Digitalis ist
zu warnen, weil dieselbe viel zu unzuverlässig bei kleinen
Thieren ist, daher entweder jede Wirkung ausbleibt oder mit
derselben Dose schwere Vergiftungserscheinungen zu beobachten
sind.
(Schluss folgt.) I
Ueber die Dosirungsfrage: Schüttelmixturen,
Emulsionen.
Von
Dr. Friedrich Eschbaum,
Vorsteher (1er Apotheke (1er Thler&rztllchen Hochschule in Berlin.
In No. 4 dieser Wochenschrift habe ich über die Dosirung 1
der subcutanen Injectionen gesprochen und nachgewiesen, dass
die gebräuchlichen Subcntanspritzen durchaus nicht den An¬
forderungen entsprechen, die an ein so wichtiges ärztliches In¬
strument gestellt werden müssen, dass ferner die allenthalben
übliche Verschreibart nach Gewicht uncorrect ist und zu
empfindlichen Fehlern fuhren kann. Wie einfach sich diesen
Uebelständen abhelfen lässt, ist eingehend erörtert worden.
Eine fehlerhafte Arzneiform ist die Schüttelmixtur. Man j
verschreibt bekanntlich feste Arzneikörper, die in Wasser oder i
in einer andern verordneten Flüssigkeit unlöslich oder schwer- !
löslich sind, in Schüttelmixturen.
Es ergiebt sich aus einer einfachen Ueberlegung, dass die
Dosis des in einer Schüttelmixtur enthaltenen wirksamen Medi-
camentes gar nicht richtig sein kann, selbst wenn die Mixtur
vor jedem Gebrauch noch so gut geschüttelt und das Schütteln
bis unmittelbar vor dem Ausgiessen in den Löffel fortgesetzt ’
wird: während des Ausgiessens folgt die suspendirte
Substanz dem Gesetze der Schwere und sinkt zu '
Boden. Sollte die Dosirung richtig sein, so müsste auch wäh- j
rend des Ausgiessens der Mixtur in den Löffel das Schütteln j
fortgesetzt werden, was nicht möglich ist. In Wirklichkeit aber
liegt zwischen dem Ausgiessen in den Löffel oder in das Mess¬
gläschen und dem Aufhören mit dem Schütteln ein kürzerer 1
oder längerer Zeitraum, und die Fehler werden unter Umständen |
recht erheblich. Folgende quantitative Bestimmung giebt ein
Bild von der Dosirung der Schüttelmixturen; 1,0 g Stibium
8ulfuratum aurantiacum wurde mit 149,0 g destillirtem Wasser I
sehr gut angerieben. Die Mixtur wurde gut umgeschüttelt und
15,00 g auf ein vorher bei 100° getrocknetes und gewogenes >
Filter gebracht; nachdem die Flüssigkeit abgelaufen war, wurde
das Filter so lange bei 100 0 getrocknet, bis das Gewicht con-
stant blieb und gewogen.
Es ergaben sich folgende Zahlen:
die 1. 15 g enthielten 0,0745 g Stib. sulf. aur. statt 0,10 g
„ 4. 15 g „ 0,0859 g ., „ ,, „ 0,10 g
„ 7. 15 g „ 0,0892 g .. ., „ „ 0,10 g
„ 10. 15 g ., 0,1975 g ., „ „ „ 0,10 g
Man ersieht, dass der erste Esslötiel am wenigsten wirk- .
same Substanz enthielt, etwa 7 /io ^ er berechneten Dosis, der
siebente enthielt noch nicht die berechnete Menge sondern nur
9 /i 0 , der letzte aber die doppelte Menge der verordneten Dosis.
In ihm sammelt sich von Anfang an das Medicament an, in ihm
liegt bei stark wirkenden Medicamenten die Gefahr. In dem
angeführten Beispiel habe ich absichtlich eine Substanz gewählt,
die sich gut suspendiren lässt, bei vielen Schüttelmixturen wird
die Dosirung noch schlechter ausfallen, ich erinnere an Anti-
febrin, Rad. Ipecacuanhae, Salol, Sulfur und andere mehr.
Die zum innerlichen Gebrauch bestimmten Schüttel¬
mixturen sollten als unrationell ganz aus der Reihe der
Arzneiformen gestrichen und statt ihrer ausschliess¬
lich abgetheilte Pulver verschrieben werden.
Die zum äusserlichen Gebrauch bestimmten flüssigen Arzneien
mit suspendirtem Pulver nehme ich aus wie:
Plumb. acet. und I Plumb. acet. 300,0
Zinc. sulf. ää 0,5 Alumen 150,0
Aquae ad 100,0 Aquae 10 1.
wobei sich unlösliches Bleisulfat ausscheidet, Bismuth. subnitric.
mit Wasser u. a. m. Die Quantität des ausgeschiedenen oder
angeriebenen Arzneikörpers spielt hier nur eine untergeordnete
Rolle, und wir haben auch keinen Ersatz für die letztgenannten
Arzneiformen.
Eine häutig vorkommende Schüttelmixtur:
Salol 5,0
Decoct. Fol. Uv. Urs. 300,0
giebt mir die Veranlassung, die Emulsion kurz zu besprechen.
Das Salol, eine fettig sich anfühlende Substanz, an dem Wasser
und wässerige Flüssigkeiten nicht adhäriren, lässt sich schlecht
anreiben, es bleibt zum Theil an den Mörserwandungen hängen:
im Arzneiglas hängt es zum Theil an den Glaswandungen fest,
zum Theil ballt es sich zu grösseren oder kleineren Klumpen,
sodass eine derartige Mixtur überhaupt nicht zu gebrauchen ist.
Will man schon aus irgend einem Umstand dieses Mittel in
Mixturform geben, so muss es emulgirt werden. Man ver¬
schreibt:
Decoct. Fol. Uvae Ursi bene refrigerati 300,0
Saloli
Gummi arab. pulv. ää 5,0
f. emulsio. S. Innerlich.
Der Zusatz „bene refrigerati“ ist erforderlich, weil Salol
bei niederer Temperatur schmilzt und durch das heisse Decoct
in einen dicken Oeltropfen verwandelt würde, der nach dem Er¬
kalten als harte Masse am Boden der Flasche festsitzt. Aus
der falschen Verschreibweise dieses und anderer Mittel z. B. Ter¬
pinhydrat mit Spiritus glaube ich schliessen zu dürfen, dass
die Arzneiform der Emulsionen nicht genügend gekannt ist. Es
Hesse sich diese Vermuthung noch durch eine Menge anderer
Beispiele erhärten z. B. verschreibt man Pillen mit Galbanum,
Terebinthina, Ammoniacum, Asa foetida und wundert sich, wenn
sie nicht wirken: diese Harze werden eben in dieser compacten
Form im Darm w r eder verseift noch emulgirt, diese Pillen
werden wohl den Magen-Darmkanal passiren, ohne dass nennens-
werthe Mengen resorbirt werden.
Harze, Balsame, fette und aetherische Oele und alle die¬
jenigen Verbindungen aus der organischen Chemie, die diesen
in ihrer physikalischen Beschaffenheit ähnlich sind, können und
sollen, soweit sie zum innerlichen Gebrauch dienen, emulgirt
werden, zu letzteren gehört das Salol, das Terpinhydrat, das
Bromoform und andere mehr.
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26. April 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
197
Balsame nnd ätherische Oele, wie Copaivabalsam, Oleum
Terebinthinae, Oleum Santalis, die fast ausschliesslich in
Gelatinekapseln verordnet werden und in dieser Form störend
auf die Verdauung wirken, werden zweckmässig als Emulsionen
verschrieben.
Dass die Resorption emulgirter Balsame, Harze und Fette
viel leichter und schneller , vor sich geht und die Verdauung
auch nicht annähernd so störend dadurch beeinflusst wird, als i
in irgend einer anderen Form, ist ohne Weiteres ersichtlich; |
vertragen doch Säuglinge emulgirtes Butterfett in Form von 1
Milch sehr gut, während Butter selbst von derberen Magen
manchmal nicht gut vertragen wird.
Von der grossen Menge Emulgentien werden im Wesent¬
lichen nur zwei angewendet: das gepulverte Gummi arabicum j
und der Eidotter (Vitellum Ovi). Mit ersterem lässt man fette |
Oele, Balsame und Harze emulgiren, mit letzterem ätherische 1
Oele, Bromoform etc.
Referate«
Zur Behandlung des Spats.
Von Schwendimann, Hirzl und Kröning.
(Schw. Arch. f. Th. Bd. 48, Heft 2 und Ztschr. f. Vet. April 1900)
Schwendimann theilt in einem besonderen Aufsatze seine
Erfahrungen über die von Bosi eingeführte und von Frohner
warm empfohlene neuste Behandlungsweise des Spats, nämlich
über die Doppelneurotomie mit. Hirzl bespricht den Erfolg
dieser Operation an derselben Stelle in einem Artikel über die
Neurotomie überhaupt.
Schwendimann stimmt zunächst der von Eberlein (Bd.
9, Reft 1 und 2 der Mtsh. f. Th.) in einer längeren Arbeit
entwickelten Ansicht bei, dass der Spat eine primäre Ostitis
rarefaciens und condensens am os centrale (os naviculare), os
tareale 3 (os cuneiforme tertium) und des Metatarsus sei, sich
von innen nach aussen entwickele und meist durch Quetschungen
der kleinen Fusswurzelknochen veranlasst werde. Er hebt ferner
die Bedeutung der Entdeckung von Bosi hervor, welcher er¬
kannte, dass der tiefe Ast des nervus peronaeus hervorragend
an der Innervation des Sprnnggelenks betheiligt sei, wodurch
die Misserfolge erklärt würden, die man früher bei der blossen
Durchschneidung des nervus tibialis hatte.
Bezüglich Ausführung der Operation selbst giebt er zu,
dass dieselbe für den Anfänger etwas umständlich sei. Die
Technifcist die von Fröhner ausführlich dargelegte. Das Spülen
der Wunde mit Desinfectionsmitteln oder das Auspudern der¬
selben mit Wundpulver verwirft Schwendimann gänzlich, weil
dadurch die Heilung per primam gefährdet werde. Nachdem
die Neurotomie vollzogen ist, wird die Hautnaht angelegt und
lose mit Watte überklebt. Erst nach 30 Minuten etwa und
nochmaligem Auspressen des Blutes werden die Nähte mit
Airolpaste (Airoli Glycerini und Mucilaginis Gummi ää 5, Boli 10)
eingerieben. Legt man die Paste gleich nach dem Wundver-
schluBS auf, so wird sie durch das noch hervorquellende Blut
wieder gesprengt. Völlig zu widerrathen ist es, gleich nach
der Operation eine Gangprobe mit dem Pferde zu machen, um
sich von dem Erfolge zu überzeugen. Dies kann die Wund-
heilnng nur gefährden. Schwendimann hat 15 mal die
Operation ausgeführt, 10 mal unter Heilung per primam bei
den oben besonders angeführten Vorsichtsmassregeln. 14 Pferde
worden dauernd von Spatlahmheit geheilt. Bei einem unter¬
blieb der Erfolg in Folge zu tiefer Anlegung des Tibialisschnittes,
wodurch nur ein Ast desselben getroffen worden war. Von
üblen Folgen ist Schwendimann nichts bekannt geworden,
abgesehen davon, dass das eine Thier in Folge eines Nagel¬
tritts, der nicht bekannt geworden war, zu Grunde ging.
Schwendimann kann also die günstigen Erfolge nur bestätigen
und die Operation empfehlen. Er unterlässt jedoch nicht, darauf
hinzuweisen, dass diese Operation immer nur die ultima ratio
bilden könne, und dass, wenn noch einige Aussicht besteht, mit
anderen Mitteln zum Ziele zu kommen, diese angewendet werden
sollen. Dieser Standpunkt ist gewiss berechtigt, da die Durch¬
schneidung sämmtlicher Fussnerven als ein schwerer Eingriff
betrachtet werden muss, zu dem man ohne unbedingte Noth-
wendigkeit schon aus allgemeinen Gründen jedenfalls nicht
greifen soll.
Hirzl nennt die Doppelneurotomie beim Spat einen sehr
werthvollen Eingriff, der in der Regel volle Arbeitsfähigkeit
wiederherstellt. Die Aufsuchung des tief zwischen den zwei
Streckern liegenden Peronaeus-Astes erschwert allerdings die
Operation einigermassen und gestattet nicht immer primäre
Wundheilung. Unter 26 Operationen hatten 24 einen vollen
Erfolg, wobei Pferde aller Gebrauchsarten operirt wurden. In
zwei Fällen liess die Neurotomie im Stich. Es zeigten sich
aber bei der Section dieser Pferde neben dem Spat die Er¬
scheinungen einer chronischen Gonitis, sodass auch diese beiden
Fälle als Misserfolge nicht gedeutet werden können.
Kröning bespricht die Erfolge des perforirenden Brennens
in der Spatbehandlung, die er an drei Pferden wieder mit
i bestem Erfolge erprobt hat. Die Pferde wurden niedergelegt,
die Haare an der Operationsstelle beseitigt und mitten in die
Spatauftreibung hinein ein Punkt mittelst eines 2 cm langen
spitzen, nadelförmigen Brenneisens durch gebrannt und je nach
Lage des Falles noch zwei oder drei Punkte in richtiger Ent¬
fernung daneben. In einem Falle wurde das Gelenk eröffnet,
und die ausfliessende Synovia zischte am Eisen. Nach dem
Brennen wurden alle Punkte mit Jodoformkollodium übergossen
und besonders achtsam der in das Gelenk führende Brenncanal
verschlossen. Das Jodoformcollodium schliesst völlig gegen die
Luft ab. Die Pferde wurden in den Stall geführt und für acht
Tage hoch gebunden. Am zweiten und dritten Tage entstanden
leichte Ausschwitzungen und eine erhebliche Anschwellung, die
bis 14 Tage anhalten kann. Das Pferd, bei dem das Gelenk
eröffnet war, hatte vier Tage lang Fieber und mangelhaften
Appetit bei einer Ruhe von sechs bis zehn Wochen. Bei einem
schweren Pferde ist die Lahmheit dauernd nnd völlig geschwunden.
Die Methode des perforirenden Brennens ist daher sehr zu
empfehlen. Auch Schwendimann schliesst sich dieser Ansicht
an und betont, dass vor der Neurotomie gerade das perforirende
Brennen besonders in Betracht komme, mit dem man 50 pCt.
der Spatlahmheit heilen könne.
Ein orthopädisches Eisen.
Von Jordan.
(Wsehr. f. Th. 1900 No. fl.)
Die Orthopäden gehen von dem Grundsätze aus, die Ge¬
lenke der verletzten Gliedmassen zu unterstützen, zu fixiren
oder ganz auszuschalten. Diesem Grundsätze entsprechend hat
J. schon mehrfach Lahmheiten an den Hintergliedmassen bei
Pferden in sehr kurzer Zeit zur Heiluug gebracht — z. B.
Verstauchungen, Sprunggelenkentzündungen mit durchgehender
Galle, Synoviten u. s. w. —, indem er ein Eisen aufschlug,
welches ohne Griff aber mit 6 bis 7 cm hohen Stollen versehen war.
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196
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 17.
Während die Pferde vorher nur mit der Zehe auftraten, gehen
sie nach diesem Beschlag meist sehr gut. Das Eisen blieb 8
bis 14 Tage liegen; das Pferd wurde bewegt, selbst zu leichter
Arbeit gebraucht. Dann schlägt man ein gewöhnliches Schraub¬
stolleneisen auf und lässt nach und nach, aber nicht sofort,
gänzlich die Stollen wegfallen. Dass ein derartig unterstütztes
Gelenk rasch heilt, ist sehr erklärlich. In allen Fällen an den
Hintergliedmassen, wo das Pferd nur mit der Zehe aufspitzt, ist
dieses Eisen empfehlenswerth.
Behandlung
des ahnten Muskelrhenmatismus mit Acetanilid.
Von Zincke.
Dtsch. Th. W. 19, No. 8.)
Friis in Kopenhagen hat die Behandlung der acuten Rehe
mit Antifebrin empfohlen (vgl. B. T. W. Jahrg. 1899 Nr. 44). In
der Veterinärklinik der Universität Leipzig wurde auf Grund
jenes Aufsatzes das Antifebrin auch in zwei Fällen von acutem
Muskelrheumatismus versucht. Anlass dazu gab die Erwägung,
dass erstens ätiologisch Aehnlichkeiten zwischen Rehe und
Rheumatismus bestehen, und dass ferner die Wirkungen des
Antifebrins solche sind, die eine Anwendung des Mittels beim
acuten Muskelrheumatismus rechtfertigen, wobei die antipyretische
Wirkung am wenigsten in Frage kommt, mehr dagegen die ge¬
steigerte Thätigkeit der Hautdrüsen und die besondere Circulation
in den peripheren Gefässen. In dem einen Falle bestand eine
acute rheumatische Erkrankung der linken Schultermuskulatur.
Die erkrankte Partie wurde mit verdünntem Fluid stark frottirt,
24 Stunden lang warm eingewickelt, und das Pferd während
dieser Zeit nur mit Kleiegetränk ernährt. Innerhalb dieses
Tages bekam es 4 Dosen Antifebrin zu je 25 g. Am anderen
Tag war die Lahmheit verschwunden. Ein Rückfall trat
nicht auf.
Das zweite Pferd war vorn links lahm. Besonders schmerz¬
haft war der Cleidomastoideus. Die Therapie war dieselbe
und hatte denselben Erfolg. Jedoch musste bei dem zweiten
Pferde 2 Tage hindurch Antifebrin gegeben werden. Ueble
Nachwirkungen waren nicht zu beobachten. Das Mittel empfiehlt
sich also immerhin zum Versuch.
Zar Technik der intravenösen Impfang.
Von Kitt
(Mt'h f. Th 10, 6.)
Die schon früher von einigen Thierärzten ausgefübrte intra¬
venöse Injection, die wegen der Anwendung ungeeigneter Arznei¬
mittel vielfach üble Zufälle berbeigeführt hatte, und desshalb
verlassen war, ist neuerdings von Dieckerhoff unter besserer
Berücksichtigung der geeigneten Mittel wieder eingeführt worden.
Auch die Bacteriologen wenden vielfach neuerdings die intra¬
venöse Impfung an. Zur Schutzimpfung wurde sie übrigens
schon 1854 gegen Lungenseuche von Thiernesse angewendet.
Am erstaunlichsten ist die Wirkung intravenöser Impfung als
Schutzmittel gegen Tollwuth bei Pferden und Wiederkäuern.
Wenn man eine Gehirnemulsion des wütbenden Hundes
1 bis 3 Tage nach dem Bisse solchen Thieren in die Halsvene
spritzt (10 bis 15 ccm für Pferd und Rind, 4 bis 6 für kleine
Wiederkäuer), so unterbleibt der Ausbruch der Krankheit. Die
Schutzimpfungen dürften die intravenöse Injection besonders in
Gebrauch bringen. Die elegante Ausführung ist daher für die
Thierärzte von Interesse.
K. schildert nun die bequemste Methode derselben. Zunächst
empfiehlt sich die Anwendung einer geflochtenen Aderlassschnur,
wie sie Linke und Plazotta in München darstellen. Die
Schnur trägt an einem Ende einen Eisenring, am andern einen
Eisenstift. Sie wird um den Hals gelöst, das Stiftende durch
den Ring gezogen und nach genügend fester Anziehung der Stift
so durch das Geflecht dicht an den Ring gestochen, dass die
Schnur nicht durch den Ring zurückgleiten kann. Die Ader
schwillt dann mächtig an und es ist leicht, die CanÜle ein¬
zuführen. Von den Injectionsspritzen ist die regclirbare Asbest¬
spritze für die thierärztliche Praxis am besten, weil sie leicht
sterilisirbar und der compressible Asbestkolben vorzüglich ge¬
dichtet ist, so da«s ein Zurücklaufen der Flüssigkeit nicht vor¬
kommt. Die Impfflüssigkeit wird am besten in ein niedriges
Becherglas gegossen, welches vorher durch Ausspülen in
kochendem Wasser sterilisirt ist oder durch Abbrennenlassen
einiger in dasselbe gegossener Tropfen Spiritus. Auch weit¬
halsige niedrige Arzneifläschchen eignen sich dazu. Die Flüssig¬
keit wird dann mit der Spritze, nicht mit der Canüle, aufgesogen.
Auf gute Füllung, damit keine Luftblasen hineinkommen, ist zu
achten. Dann wird der Kopf des Rindes gestreckt, durch Ge¬
hilfen fixirt und die wie eine Schreibfeder zu fassende Canüle
wird durch die mit der andern Hand über der Vene etwas glatt
gespannte Haut kräftig in die geschwellte Ader gegen die Brust
hin eingestochen. Kräftiges Bluttropfen ist ein Zeichen, dass
die Vene getroffen ist. Sollte die Ader verfehlt sein, so ist es
nicht nöthig, die Nadel herauszuziehen, sondern man fühlt ihre
Spitze durch die zur Falte erhobene Haut und dirigirt dieselbe
besser in das Gefäss. Unmittelbar vor der Injection wird die
Aderlassschnur gelockert, die Spritze fest in die Canüle gesetzt
und die Injection vollzogen. Ist eine zweite Spritze nöthig, so
wird die Canüle stecken gelassen und die Ader von Neuem
comprimirt. K. berechnet, dass man 20 biB 30 Rinder in einer
Stunde zu impfen vermag, wenn ein Gehilfe die Schnur anlegt,
während der Impfer die Spritze füllt.
Glossitls actinomycotiea.
Von Dr. Giovanni Battista Plotti.
Clin. vet. 1899 h. 43.
Eine Kuh, welche seit einiger Zeit das Futter versagte,
zeigte bei Untersuchung des Maules knötchenartige Erhebungen
und Geschwüre an der Zunge. Gleiche Veränderungen sollten
nach Angabe des Besitzers noch bei einer andern Kuh und
einem Kalbe, welche bereits beseitigt waren, vorhanden gewesen
sein. Verf. scarificirte die Knoten und untersuchte die in
diesen enthaltene Materie microscopisch, wobei festgestellt
wurde, dass dieselbe Actinomyces enthielt.
Nachdem hiermit die Natur der Krankheit erkannt war,
wurden die scarificirten Stellen der Zunge mit Jodtinctur be¬
pinselt. Innerlich wurde der Kuh Jodkalium gegeben, zunächst
4 g später 6 g pro dosi et die.
Die Behandlung dauerte etwa 20 Tage und endigte mit der
vollständigen und dauernden Wiederherstellung der Kuh.
Thierhaltung und Thierzucht.
Das deutsche Rind. Beschreibung der in Deutschland heimischen
Rinder-Schlüge.
Von Geheimrath Dr. Lydtin-Baden und Geheimrath
Dr. Werner-Berlin.
Die deutsche Landwirthschaftsgesellschaft hat ihren hohen
Verdiensten um die heimische Landwirtschaft ein neues hinzu¬
gefügt durch Herausgabe des Werkes, welches den oben voran¬
gestellten Titel trägt und 900 Seiten Text nebst einem Atlas
mit 40 Bildern umfasst.
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26. April 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
199
Sie hat in einer Zeit, wo die Thierzucht in Werth- und
Werthschätzung so ausserordentlich gestiegen ist, richtig er¬
kannt, dass es für die Fortentwicklung und Verallgemeinerung
der rationellen Rinderzucht eine erste unentbehrliche Grundlage
sei, die Kenntniss des vorhandenen Materials den Züchtern und
anderen Interessenten zu vermitteln. Ein Werk, welches diesem
Bedürfhiss auch nur entfernt genügt hätte, existirte nicht. In
den meisten Beschreibungen war, angesichts der gewaltigen
Veränderungen in den letzten Jahrzehnten, Veraltetes mit Gültigem
vermengt. Kein Autor wahrscheinlich konnte behaupten, dass
er alle Schläge, in ihrer gegenwärtigen Form überhaupt, ge¬
schweige denn gründlich kennen gelernt habe. Zudem fehlte ein
einheitlicher Plan der Beschreibung, der allein dem Leser den
Vergleich und dem Züchter eventuell die Wahl unter den vor¬
handenen Rassen ermöglichen kann.
Desshalb fasste und verwirklichte die deutsche Land-
wirthschaftsgesellschaft den Plan, ein umfassendes Werk heraus¬
zugeben, welches eine Beschreibung aller gegenwärtigen Rinder-
Rassen enthalten sollte, gegeben auf Grund umfassender Unter¬
suchungen durch Meister des Faches nach einem durchaus ein¬
heitlichen, der Erfahrung abgewonnenen und durch die Begut¬
achtung der führenden Züchter ganz Deutschlands bestätigten
Schema. Die Gesellschaft konnte dies durchführen Dank ihrer,
über das ganze Reich verbreiteten Organisation, Dank der
Thatsache, dass ihr die ersten Kräfte zur Verfügung standen
und dass diese ihr schon seit Jahren ihre Dienste geleistet
hatten, so dass ein Schatz unentbehrlicher Vorarbeiten und Er¬
fahrungen bereits gewonnen war.
Mit der Durchführung des Werkes wurden Geheimrath
Dr. Lydtin und Geheimrath Dr. Werner betraut. Lydtin,
der anerkannte Meister der modernen Rinderzucht in Süd¬
deutschland hat die Höhenschläge, Werner, bekannt durch sein
schönes Werk über Rinderzucht, dagegen die Niederungsschläge
bearbeitet. Zahlreichen Untersuchungen und Besichtigungen von
Thieren in jedem einzelnen Zuchtgebiet, zusammen über 3000,
haben eine unanfechtbare Grundlage geliefert, auf der Dank der
autoritativen Sachkunde der Autoren eine Beschreibung der
Rassen aufgebaut worden ist, wie sie zweckentsprechender nicht
gedacht werden kann. Dreiunddreissig Niederungsrassen und
sechsnndvierzig Höhenrassen haben nunmehr eine authentische
Darstellung erfahren, die jedesmal folgende Capitel umfasst:
Aeussere Einzelerscheinung, Gesammterscheinung, Zuchtgebiet,
Zucht nnd Haltung, Leistungen, Geschichte und Zuchtbestrebungen.
Der Rassenbeschreibung sind hier folgende allgemeine Capitel
beigefügt: Die geologischen Verhältnisse der einzelnen Rinder¬
zuchtgegenden, der Aufbau des Rinderkörpers, das Aeussere des
Rinderkörpers, die Masse, die Züchtungsgrundsätze, die Aufzucht
des Rindes, die Ernährung und Haltung der Zuchtthiere, sowie
eine Literaturzusammenstellung.
Der beigegebene Atlas enthält 40 Abbildungen von 10 Typen
ansgewählter Höhen- und Niederungsschläge. Nach einem von
Lydtin erdachten Verfahren sind die Thiere in Massnetze so
eingetragen, dass mit einem Blick nicht bloss ihre Gestalt,
sondern auch ihre Dimensionen zu übersehen sind, was namentlich
für den Vergleich der Rassen ausserordentlich vorteilhaft ist.
Als Ergänzung zu dem Buche wird auch noch Heft 20 der
„Arbeiten der deutschen Landwirthschaftsgesellschaft“ bezeichnet,
in dem sich eine statistische Zusammenstellung der Verbreitung
der Rinderschläge und eine Abhandlung über die öffentlichen
Zncbtbestrebungen befindet.
Es ist ein Werk ersten Ranges, mit dem hier die Pfleger
und Freunde der deutschen Thierzucht beschenkt worden sind,
ein Monument technischer Meisterschaft und deutschen Fleisses,
das die Autoren und auch die Herausgeberin ehrt. Den besten
Lohn für die imponirende, gewaltige Arbeit werden die Autoren
darin finden, dass sie mit einem berechtigten Stolz auf ihr Werk
zurückblicken können. Schmaltz.
Tagesgeschichte.
Aus Stuttgart.
Am 18. April fuhr der Ausschuss der Studentenschaft der
Kgl. Thierärztl. Hochschule bei dem vonnaligen Director von
Fricker vor, um demselben eine von der Studentenschaft gestiftete
Adresse zu überreichen. Der Vorsitzende des Ausschusses, stud.
Rohde vom A. T. V. Hercynia hielt bei der Ueberreichung der
Adresse eine Ansprache, worin er dem Herrn Director die
Anerkennung seiner Verdienste um die Thierärztl. Hochschule
während seines 40jährigen Wirkens an derselben aussprach und
ihm zugleich einen recht langen und glücklichen Lebensabend
wünschte. Herr Director von Fricker drückte in bewegten
Worten dem Ausschüsse den herzlichsten Dank aus und gab der
Hoffnung Ausdruck, dass auch fernerhin ein gedeihliches Zu¬
sammenwirken zwischen Lehrkörper und Studentenschaft bestehen
möge.
Studienplan der veterinlr-medicinlschen Facultlt In Bern.
Die gesperrt gedruckten Fächer werden hierunten als besonders
wichtige Hilfsdisciplinen aufgeführt; es wird in denselben an
den eidgenössischen Examen nicht geprüft.
I. Semester.
Winter std. Sommer. Std.
Physik.6 Physik.6
Anorganische Chemie . . 6 Anorganische Chemie . . 4
Botanik I (Kryptogamen) . 6 Organische Chemie ... 6
Botanisch-microscop. Botanik n (Phanerogamen) 4
Curs.2 [ Botanisch - microscop.
Zoologie.6[ Curs.2
Mineralogie.4 Zoologie.4
Systematische Anatomie . 8 Vergleichende Anatomie . 5
Präparirübungen . . . . 10 Geologie.5
Histologie.2
i Microscopischer Curs 1. . 4
II. Semester.
Sommer Std. Winter Std.
Physik.6 Physik . •.6
Organische Chemie ... 6 Chemie.<»
Chemisches Laboratorium . 10 Chemisches Laboratorium . 10
Botanik U (Phanerogamen) 4 Botanik I (Cryptogamen) . 6
Botanisch-microscop. Botanisch - microsfcop.
Curs.2 Curs.2
Zoologie.4 : Zoologie.(>
Vergleichende Anatomie . 5 Zootomisch-zoolog.
Zootomisch-zoolog. Hebungen.2
Uebungen.2 Mineralogie.4
Geologie.5 Systematische Anatomie . 8
Histologie.2 Präparirübungen .... 10
Microscopischer Curs l . 4 Repetitorien.2—4
Repetitorien .... 2—4
— (Danach naturwissenschaftliche Prüfung.) —
HI. Semester.
Winter Std.! Sommer Std.
Topographische Anatomie . 3 I Ausgewählte Capitel der
Ausgewählte Capitel der Anatomie.2
Anatomie.2' Embryologie.3
Präparirübungen .... 24 ' Teratologie.1
Physiologie.6: Microscopischer Curs 11 . 10
Pathologische Anatomie . 6 j Physiologie.6
Allgemeine Pathologie . . 6
Theoretisch-practisch.
Curs d. Photographie 4
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 17.
Sommer
Ausgewählte Capitelder
Anatomie . . . " . .
Embryologie.
Teratologie .
Microscopischer_Cnrs II
Physiologie.
Allgemeine Pathologie . .
Arzneimittellehre . . . .
Operationslehre . . . .
Repetitorien . . . . ;
Theoretisch -practisch.
IV. Semester.
Std.
Std. Winter
Topographische Anatomie .
2 j Ausgewählte Capitel der
3 Anatomie.
1 i Präparirübungen . . . .
10 Physiologie.
6 Pathologische Anatomie .
6 Repetitorien.
5 i
3
3—4
Curs d. Photographie 4,
— (Danach anatomisch-physiologische Prüfung.) —
V. Semester.
Winter Std. Sommer
Klinik.12—18 Klinik
Specielle Pathologie und
Therapie I.4
Chirurgie (specieller Theil) 5
Klinische Diagnostik . . 2
Theorie des Hufbeschlages 3
Pathologisch-microscop.
12—18
I Specielle Pathologie und
4 Therapie I.
5 Chirurgie (allgem. Theil)
2 Klinische Diagnostik . .
3 1 Arzneimittellehre . . . .
Operationslehre . . . .
Curs.4 Geburtshilfe.2
Operationscurs .... 5 Augenspiegelcurs ... 1
Sectionen.täglich Beschirrung und Sattelung • l
Physiologische und pa- Sectionen.täglich
thologische Chemie . 2 , Pharmacognosie ... 4
VI. Semester.
Sommer Std.' Winter Std.
Klinik.12—18 Klinik.12—18
Specielle Pathologie und J Specielle Pathologie und
Therapie H .... 4 Therapie 13.4
•Std.
12—18
Specielle Pathologie und j Specielle Pathologie und
Therapie H .... 4 Therapie 13.4
Chirurgie (allgemeiner Theil) 3 Chirurgie (specieller Theil) 5
Geburtshilfe.
Gerichtliche Thiermedicin .
Augenspiegelcurs . . .
Beschirrung und Sattelung
Sectionen.täj
Pharmacognosie . . .
. . 2 . Theorie des Hufbeschlags . 3
in . 2 Seuchenlehre.3
. . 1 Allgemeine Therapie . . 1
ung 1 Pathologisch - microscop.
. täglich [ Curs.. 4
. . 4 1 Operationscurs .... 5
Versicherungswissen- Sectionen.täglich
schaftl. Capitel . . 1 Physiologische u.patho-
Futteruntersuchungen 1, logische Chemie . . 2
Vn. Semester.
Winter
Sommer
Ambulatorische Klinik täglich 1 Ambulatorische Klinik täglich
Klinik im Thierspital 12—18 Klinik im Thierspital 12—18
Seuchenlehre.3 ; Gerichtliche Thiermedicin . 2
Thierzucht’und Rassenlehre 5 Hygiene I.3
Hygiene I.3 Bacteriolog. Curs 2 Nachmittage
Exterieur des Pferdes . . 4 Fleischschaucnrs .... 2
Exterieur des Rindes . . 2
Einführung in die Viehver¬
sicherung . . . . 1—2
Allgemeine Therapie . . 1
Operationscurs .... 5
2 Milchuntersuchungen . . 1
Practicum der Hausthier-
2 beurtheilung . . . 1—2
1 Sectionen.täglich
f> Geschichte d. Thiermed. 1
Sectionen täglich Toxicologie . . .
Ausgewählte Capitel Versicherungswissen¬
der Nationalöconomie 1 schaftl. Capitel
Futter Untersuchungen
VH3. Semester.
Sommer
Winter
Ambulatorische Klinik täglich Ambulatorische Klinik täglich
Klinik im Thierspital 12—18 Klinik im Thierspital 12—18
Hygiene II.3 Thierzncht und Rassenlehre 5
Bacteriolog. Curs 2 Nachmittage Hygiene ü.3
Fleischschaucurs .... 2 Exterieur des Pferdes . . 4
Milchuntersuchungen . . 1 Exterieur des Rindes . . 2
Practicum der Hausthier- Einführung in die Viehver-
beurtheilung . . . 1—2 Sicherung .... 1—2 |
Sectionen .... täglich Operationscurs .... 5 ;
Geschichte der Thier- Sectionen .... täglich
medicin.1 Ausgewählte Capitel
Toxicologie .... 1 der Nationalöconomie' 1 ^
— (Danach thierärztliche Fachprüfung.) —".1$ r**
Bern, den 15. März 1900. \
Der Director des Unterrichtswesens: Dr. Gobat. ^ ,
Verlesungen und practltche Uebungen an der KSnlgfloben ThierSrztUcbe«
Hochschule zu Berlin im Sommer-Semester 1900.
Dr. Schütz, Geheimer Regierungs-Rath, Professor:
Allgemeine Pathologie, täglich von 10—11 Vormittags, 6 ständig.
Pathologisch-anatomische Demonstrationen, Montag, Dienstag und
Mittwoch von 8—9 Vormittags, 3 ständig. Pathologisch-histo¬
logische Uebungen, in Gemeinschaft mit Repetitor Hosang,
täglich von 12—2 Uhr Nachmittags.
Dr. Di eck er ho ff, Geheimer Regierungs-Rath, Professor:
Gerichtliche Thierarzneikunde, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag,
Freitag und Sonnabend von 7—8 Uhr Vormittags, 5 ständig.
Klinik für grössere Hausthiere, Abtheilung für innere Krank¬
heiten und Gewährmängel, täglich von 10—12 Uhr Vormittags
und von 4—5 Uhr Nachmittags.
Dr. Munk, Professor: Physiologie I, Dienstag, Mittwoch,
Freitag von 9—10 Uhr Vormittags und Donnerstag von 9 bis
11 Uhr Vormittags, 5 stündig.
Dr. Pinner, Professor: Anorganische Chemie, Dienstag,
Mittwoch und Donnerstag von 4—6 Uhr Nachmittags, 6 stündig.
Organische Chemie, Montag und Freitag von 4—6 Uhr Nach¬
mittags, 4 stündig. Chemische Uebungen in Gemeinschaft mit
dem Assistenten der Chemie Kohlhammer, Montag von
2—4 Uhr, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 4—6 Uhr
Nachmittags.
Eggeling, Professor: Seuchenlehre und Veterinär-Polizei,
Donnerstag, Freitag und Sonnabend von 8—9 Uhr Vormittags
und Mittwoch von 9—10 Uhr Vormittags, 4 stündig. Propä¬
deutik der ambulatorischen Klinik, Montag und Dienstag von
9—10 Uhr Vormittags. Ambulatorische Klinik
Dr. Fröhner, Professor: Allgemeine Chirurgie und Akiurgie
täglich von 8—9 Uhr Vormittags, 6 stündig. Klinik für
grössere Hausthiere, Abtheilung für äussere Krankheiten,
täglich von 10—12 Uhr Vormittags und von 4—5 Uhr Nachmittags.
Dr. Schmaltz, Professor: Histologie, Montag, Dienstag,
Mittwoch und Donnerstag von 12—1 Uhr Nachmittags, 4 ständig.
Histologische Uebungen in Gemeinschaft mit Prosector Keller.
Montag, Dienstag, Mittwoch, Freitag und Sonnabend von 10 bis
12 Uhr Vormittags. Embryologie, Donnerstag von 11—12 Uhr
und Freitag von 12—1 Uhr, 2 stündig. Geschichte der Thier-
heilkunde Montag von 7—8 Uhr und Freitag von 9—10 Uhr
Vormittags, 2 stündig.
Dr. Ostertag, Professor: Diätetik, Mittwoch und Donners¬
tag von 5—6 Uhr Nachmittags, 2 stündig. Thierische Parasiten.
Sonnabend von 9—10 Uhr Vormittags, 1 stündig. Sanitäts¬
polizeiliche Milchkunde, Donnerstag von 9 — 10 Uhr Vormittags,
1 stündig. Bacteriologie der Thierseuchen, Dienstag von 5 bis
6 Uhr Nachmittags, 1 stündig.
Dr. Eberlein, Professor: Uebungen am Hufe, in Gemeinschaft
mit dem Assistenten Grupe, täglich von 4—6 Uhr Nachmittags.
Exterieur und Gestfitkunde, Donnerstag von 9—10 Uhr, Freitag
und Sonnabend von 7—8 Uhr Vormittags, 3 stündig. Poliklinik
für grössere Hausthiere, täglich von 10—12 Uhr Vormittags
und von 4—5 Uhr Nachmittags.
Regenbogen, Professor: Pharmacologie und Toxicologie I.
Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 7—8 Uhr Vormittags.
3 stündig. Receptirkunde, Sonnabend von 9—10 Uhr Vor¬
mittags, 1 stündig. Allgemeine Therapie, Montag von 7—8 Uhr
Vormittags, 1 stündig. Klinik und Poliklinik für kleinere Hans-
thiere, täglich von 10—12 Uhr Vormittags und von 4—5 Uhr
Nachmittags.
Dr. Wittmack, Geheimer Regierungs - Rath, Professor:
Botanik, Montag und Sonnabend von 9—10 Uhr, Mittwoch und
Donnerstag von 8—9 Uhr Vormittags, 4 stündig. Botanische
Excursionen, Sonnabend Nachmittags.
Dr. Börnstein, Professor: Physik, Dienstag, Mittwoch und
Donnerstag von 3—4 Uhr Nachmittags, 3 stündig.
Dr. Werner, Geheimer Regierungsrath, Professor: Rind-
viehzucht, Mittwoch und Donnerstag von 12—1 Uhr Nachmittags.
2 stündig. Schweinezucht, Sonnabend von 12—1 Uhr Nach¬
mittags, 1 stündig.
Dr. Plate, Professor: Zoologie, Montag, Dienstag, Freitag
und Sonnabend von 8—9 Uhr Vormittags, 4 stündig.
Keller, Prosektor: Histologische Uebungen in Gemeinschaft
mit Professor Dr. Schmaltz. Einleitung in die Anatomie,
Dienstag bis Freitag von 9—10 Uhr, vier Wochen lang.
Neuling, Repetitor: Assistenz in der medicinischen Klinik.
Hosang, Repetitor: Pathologisch - histologische Uebungen
in Gemeinschaft mit dem Geheimen Regierungs-Rath, Professor
Dr. Schütz.
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26, April 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. _ 201
Pfannenschmidt. Repetitor: Assistenz in der chirurgischen
Klinik.
Kohlhammer, Assistent der Chemie: Chemische Uebungen
in Gemeinschaft mit Professor I)r. Pinn er.
Dr. Du Bois-Reymond, Assistent der Physiologie: Re¬
petitionen über Physiologie.
Grupe, Assistenz in der Poliklinik: Uebungen am Hufe in
Gemeinschaft mit Professor Dr. Eberl ein.
Dr. Eschbaum, Apotheker: Pharmaceutische Uebungen,
täglich von 10—12 Uhr Vormittags und von 4—5 Uhr Nachmittags.
Berlin, den 12. Februar 1900.
Der Rector der Thierärztlichen Hochschule. Dieckerhoff.
Oeffentliches YeterinSrwesen.
(Mittheilungen für
Seuchenstatistik and Yeterinärpolizei.
Jahresbericht Ober die Verbreitung von Thierseuchen im deutschen
Reiche 1898.
Der Jahresbericht ist im Verlage von Julius Springer,
Berlin, in bekannter Ausstattung und Reichhaltigkeit des Materials
erschienen. Die Hauptstücke des Inhalts sind folgende: Die
Verbreitung der im Gesetz von 1880 genannten Seuchen, sowie
der Schweineseuchen, Geflügelcholera, Cerebrospinalmeningitis
und Influenza der Pferde; die Ergebnisse der Trichinen- und
Finnenschau; die Tuberkulose in den See-Quarantäne-Anstalten;
die Ein- und Ausfuhr von Vieh und thierischen Producten; der
Viehstand in Deutschland nach der Zählung von 1897 ; die Ent¬
schädigungen für Viehseuchenverluste; Zusammenstellung sämmt-
licher Gesetze und Verordnungen betr. Veterinänvesen, welche
vom 1. Juli 98 bis dato 99 erlassen sind, der Stand der Vieh¬
verkehrsbeschränkungen an den Grenzen von Deutschland und
gegen Deutschland, sowie eine Uebersicht über wichtige,
veterinärpolizeiliche Bestimmungen im Auslande; endlich fünf
Karten zur Illustration der Seuchenansbreitung.
Es soll hier zunächst über die Ausbreitung der Seuchen im
Jahre 1898 referirt werden.
Von der Maul- und Klauenseuche wurden im Berichts¬
jahre betroffen 810 Kreise (etwas über 8 / 10 aller Kreise) gegen
883 oder 9 / 10 im Vorjahre. Die Zahl der betroffenen Gemeinden
bezw. Gehöfte betrug 10701 bezw. 47387 gegen 12520 und
14710 bezw. 55111 und 72161 in den Vorjahren*). Die Gesammt-
stückzahl der gefährdeten Bestände in den während des Jahres
neubetroffenen 41551 Gehöften betrug 852978 (gegen 1,16 bezw.
1,5 bezw. 1,4 Millionen in den Voijahren) nämlich 462078
Rinder, 263885 Schafe, 5908 Ziegen und 121107 Schweine. Am
Beginn des Jahres waren verseucht in 483 Kreisen 1992 Ge¬
meinden bezw. 5836 Gehöfte; im ersten Halbjahr erfolgte ein
weiterer erheblicher Rückgang, dann im 3. Quartal ein Still¬
stand und im letzten Quartal wieder eine erhebliche Zunahme.
Immerhin war der Stand am Jahresschluss günstiger als am
Jahresanfang, denn es blieben nur in 396 Kreisen 1480 Ge¬
meinden und 4970 Gehöfte verseucht. Im allgemeinen war, wie
im Vorjahr, Süddeutschland stärker betroffen und von Preussen
der Westen stärker als der Osten. Von den neubetroffenen
rund 41500 Gehöften kamen nämlich auf Preussen rund 15800,
auf Bayern über 12000, auf Württemberg 6500: innerhalb
Preussens wieder auf die sechs östlichen Provinzen nur 2635,
d. i. ungefähr ein Sechstel, auf die Rheinprovinz allein dagegen
9725, d. s. über 60 pCt. aller in Preussen betroffenen Gehöfte.
Die Lungenseuche war weniger verbreitet als im Vor¬
jahr. Ausser dem ständig verseuchten Regierungsbezirk
Magdeburg, einem Merseburger und zwei königl. sächsischen
Kreisen waren 3 Herde im Osten um Jarotschin, Kulm und
* Wo die Zahlen aus mehreren Vorjahren angegeben worden,
sind die aus den jüngstvergangenen zuerst genannt, dann in ent¬
sprechender Folge die.älteren.
Veterinärbeamte.)
Stralsund, einer am Niederrhein und einer in Bayern zu
tilgen; auch in Berlin wurde die Seuche konstatirt. Im
Regierungsbezirk Magdeburg waren verseucht die Kreise Stendal,
Wolmirstedt, Neuhaldensleben, Wanzleben und Aschersleben. Es
erkrankten 672 Rinder (1897: 810, 1896: 1608) in 73 Gehöften
von 15 Kreisen (gegen 82 bezw. 16 im Vorjahr). Auf polizei¬
liche Anordnung sind 1588 (gegen 1620 im Vorjahr) auf Ver¬
anlassung der Besitzer 227 Rinder getötet worden; 58pCt. der
ersteren und 91 pCt. der letzteren erwiesen sich als seuchefrei
(Vorjahr 41 und 84 pCt.). Der Gesammtverlust betrug
1802 Stück (1636), der Gesammtbestand in den neu¬
betroffenen Gehöften 2521 (2097). Von den getödteten 1796
Rindern kamen auf Preussen 1785 und von diesen wieder auf
den Regierungsbezirk Magdeburg 1291 = 72 pCt. (78 pCt. der
deutschen Gesammtzahl. Die Impfung fand bei 1597 Thieren
auf Veranlassung der Besitzer und bei 2900 Thieren auf polizei¬
liche Anordnung statt; von letzteren erlagen 65 (der bekannte
unglückliche Zufall) der Impfkrankheit
Der Rotz befiel 371 Pferde (338, 505, 590, 516) in 148
(141) Gehöften von 92 (105) Kreisen. In den betroffenen Ge¬
höften standen 1113 (1093) Pferde. Der Gesammtverlust
(Tödtungen etc.) betrug 514 Stück (479, 703, 770, 767, 1076,
1296), wovon 143 seuchenfrei befunden wurden. Schlesien und
Posen waren wieder am stärksten betroffen. Im Ganzen hatte
also die Seuche gegen das Vorjahr unwesentlich zugenommen,
war auch am Schluss des Berichtjahres etwas ungünstiger als
am Anfang.
Die Tollwutli ist erheblich häufiger als im Voijahre vor¬
gekommen und hat sich, wie schon im Voijahre, von den gewöhnlich
betroffenen östlichen Grenzkreisen aus weiter ins Innland über
ganz Ost- und Westpreussen, Posen, Pommern und Schlesien
bis Brandenburg, sowie über einen grossen Theil des Königreichs
Sachsen verbreitet. Auch einige bayerische, sowie westdeutsche
Kreise waren betroffen. Dagegen war Elsass-Lothringen seuchen¬
frei, wie schon im Voijahre. Erkrankt, gefallen und getötet
sind 1202 Thiere (905) darunter 904 Hunde, 9 Katzen, 14 Pferde,
223 Rinder und 52 Stück Kleinvieh. Ausserdem wurden
2398 ansteckungsverdächtige und 304 herrenlose wuthverdächtige,
zusammen noch 2702 (2396) Hunde getödtet; 72 ansteckungs¬
verdächtige Hunde wurden unter polizeiliche Beobachtung ge¬
stellt. Die Tollwuth- bezw. Wuthverdachts-Fälle vertheilen sich
auf 213 Kreise, gegen 196 und 178 in den beiden Vorjahren,
die ebenfalls schon erheblich erhöhte Ziffern aufweisen. Es
muss also von einer beachtenswerthen andauernden Zunahme
gesprochen werden. Sechs Todesfälle unter Menschen sind
gemeldet.
Der Milzbrand hat wieder eine Zunahme aufzuweisen, was
ebenfalls als eine dauernde Erscheinung anzusehen ist. Die
Zunahme beträgt 7 1 / 2 pCt. der angezeigten Fälle gegen 1897;
1897 betrug sie 372 pCt. gegen 1896. Es erkrankten
4921 Thiere (4577), darunter 133 Pferde, 4455 Rinder,
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202
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 17.
293 Schafe, 5 Ziegen, 35 Schweine, von denen 3 Pferde,
66 Rinder, 1 Ziege, 8 Schweine am Leben blieben. Die Fälle
vertheilen sich auf 4015 (3518) Gehöfte in 3481 (3071) Gemeinden.
Die preussischen Bezirke Breslau (330 Gehöfte), Frank¬
furt (229), Düsseldorf (181), Liegnitz, Potsdam wie im Vor¬
jahre, desgl. Posen, Trier, Merseburg, Arnsberg und Wiesbaden,
ferner Pfalzbayern (166) und Zwickau (136), wie im Vorjahre,
sowie der Neckarkreis (156) waren am stärksten betroffen.
Uebertragungen auf Menschen sind 79 (96) gemeldet, von denen
18 (23 pCt.) tödtlich verliefen; unter den Erkrankten befanden sich
1 Thierarzt, 20 Schlächter, 7 in Rosshaarspinnereien beschäftigte
Personen.
Der Rauschbrand hat dagegen nicht, wie im Vorjahre,
weiter zugenommen. Es erkrankten 22 Pferde, 1108 Rinder und
48 Schafe, zusammen 1178 Thiere (1283) in 1075 Gehöften von
670 Gemeinden (Vorjahr 1078 und 642).
Die Schafpocken sind (seit 1889) erloschen geblieben.
Der Bläschenausschlag betraf 329 Pferde und 6751 Rinder, zu¬
sammen 7080 Thiere (8370) in 1423 Gemeinden. Die Pferde¬
räude kam bei 540 Thieren vor. Die Schafräude hat wieder
etwas zugenommen. Die Stückzahl der neubetroffenen Herden
betrug in 210 Kreisen (228) 98 544, 12 000 mehr als im Vor¬
jahre. Mit Ausnahme von 3 Kreisen liegen alle verseuchten
Kreise westlich der Elbe. Der seit Jahren am stärksten be¬
troffenen Grafschaft Bentheim macht diesmal der Kreis Fulda
mit ebenfalls mehr als 70 % Räude den Rang streitig.
Die Schweinepest und Schweineseuche ist im Berichtsjahr
noch ziemlich erheblich namentlich in Posen, Schlesien und
Brandenburg, im Ganzen in 288 Kreisen, 1909 Gemeinden,
3140 Gehöften aufgetreten. 11813 Schweine sind erkrankt
wovon 9612 (81 %) gefallen oder getödtet sind.
Von Rothlauf sind zur Anzeige gelangt aus 579 Kreisen,
bezw. 9224 Gemeinden, bezw. 20 505 Gehöften 38 567 Krank¬
heitsfälle; gefallen bezw. geschlachtet sind 35 978 Schweine
(93 %). Die stärkste Verbreitung ist nachgewiesen in Ost-
preussen, Posen, Schlesien und Brandenburg.
lieber Geflügelcholera sind Nachweisungen hauptsächlich
aus Preussen und Sachsen eingegangen. Erkrankt gemeldet
sind 21246 Stück, wovon 2 / 3 Hühner, wovon nur 758 Thiere
am Leben gehlieben sind. Neben einigen östlichen Bezirken
(Posen,Königsberg) sind auch westliche (Düsseldorf, Aachen)
besonders stark betroffen. Fälle von Gehirn- Rückenmarks¬
entzündung der Pferde (Boma’scher Krankheit) sind aus den
preussischen Bezirken Merseburg und Erfurt (nur für die
Provinz Sachsen ist die Anzeigepflicht eingeführt) und zwar
aus 109 Gemeinden 137, von denen 108 verloren gingen;
besonders die Kreise Eckartsberga und Langensalza waren be¬
troffen. Die Influenza der Pferde betraf in Preussen 1471
Gehöfte, in denen 438 Pferde fielen. In Bayern erkrankten
259 Pferde, in Baden 49, in Braunschweig 37, in Koburg-
Gotha 56; von diesen 401 Pferden starben 46. In der Armee
trat die Influenza in allen Corps-Bezirken auf; 116 Pferde
starben daran.
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen etc.
Der Ausbruch der Seuche ist am 16. er. vom Schlachthof
in Bremen gemeldet, wo sie am 20. wieder erlosch; Ausbruch
und gleichzeitiges Erlöschen am 19. vom Schlachthof in Dresden
unter Rindern und am 20. vom Viehhof in Würzburg. Er¬
loschen ist sie ferner am 19. auf dem Viehhof in Berlin unter
Rindern und Schweinen.
Fleischschaii and Tlehverkehr.
Deutschlands Ein- und Ausfuhr von Vieh und thlerlschen Prsdncten
1898*).
(Nach dem Jahreibericht Uber die Verbreitung der Thlerieuchen.
Verlag von JuL Springer.)
Pferde wurden eingeführt 121806, gegen das Vorjahr -f 1500.
Davon lieferten in runden Zahlen Russland 35000, Belgien
24000, Dänemark 20000, Oesterreich-Ungarn 14000, Holland
9000, Frankreich 7000, Amerika ebensoviel, England 2700.
Die Vertheilung des Importes ist nicht wesentlich anders als im
Vorjahre, die Ausfuhr betrug 8760 Stück wieder weniger als
im Vorjahre.
Die Rindere infuhr betrug 58138 Kühe, 4213 Stiere,
49177 Ochsen, 56236 Stück Jungvieh, 18464 Kälber, zu¬
sammen 186228 gegen 218562 Stück, d. h. weniger als in
den 8 Vorjahren und gegen 1897 weniger 32000. An der Ein¬
fuhr sind betheiligt Oesterreich-Ungarn mit 121300 Stück,
Dänemark mit 37748, die Schweiz mit 15888 und Frankreich
mit 2200. Gegen das Vorjahr sind das aus Oesterreich-Ungarn
25000 Stück mehr, dagegen weniger aus Dänemark 46000, aus
der Schweiz 11000. Die schwedische Einfuhr hat ganz auf¬
gehört, die dänische, die früher die österreichische übertraf, ist seit
den strengeren Massregeln in den See-Quarantäne-Anstalten auf
fast ein Drittel ihrer Höhe von 1896 gesunken. Ausgeführt
wurden 10060 Stück (Vorjahr 12000), wovon 8600 nach
der Schweiz.
Die Schweineeinfuhr einschliesslich Spanferkel belief
sich auf 74833 gegen 91, 106, 347, 715, 840, 987, 936, 596
Tausend in den Vorjahren. Fast diese ganze Einfuhr, nämlich
71000 Stück fällt auf Russland, während früher die Importe
länder Ungarn und Dänemark waren. Ausgeführt wurden
4200 Stück.
Schafe wurden 2063 Stück eingeführt. Der dauernde
Rückgang der Ausfuhr hat angehalten; dieselbe betrug 154751
gegen 199295 im Vorjahr, d. s. weniger als die Hälfte des
Durchschnitts in den Jahren 1890—95. Seit 1896 ist sie unter
300000 gesunken, während sie vorher stets darüber stand.
Abnehmer waren Belgien mit 63645 Stück, England mit
42593 Stück, Frankreich mit nur 22000 die Schweiz mit 25000.
Thierische Producte in Doppelcentnern.
Rind- und Rosshäute
Kalb-, Ziegen- u.
Schaffelle
Einfuhr
1 029 537
278 094
Ausfuhr
305 018
119 124
Haare, Hörner etc.
Schafwolle
Buttter
Einfuhr
116 689
1768 051
95 813
Ausfuhr
55 689
88 681
28 252
Frisch und einfach zubereitetes.
Rindfleisch Schweinefleisch
Hammelfleisch
Einfuhr
168 188
151 957
1108
Ausfuhr
12 186
1404
—
Schinken Speck
Würste
Büchsenfleisch
Einfuhr
53 484 277 652
43 479
40 022
Ausfuhr
14 197 1 356
7 920
598
*) In dem Originalartikel an der Spitze der Nummer sind für
gewisse Theile der Einfuhr schon die Zahlen für 1898 gegeben,
über welche jedoch ein Sammelbericht noch nicht vorliegt. Es ist
daher die folgende GesammtUbersicht über den Handel von 1898
von Interesse.
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26. April 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
203
Die Gesammteinfuhr an Fleischwaaren betrug somit
735 808 Doppelcentner oder 147 Millionen Pfund gegen 478.
267, 332, 259, 149, 261, 173, 242 Tausend Doppelcentner in
den Vorjahren bis 1890 zurück. Das bedeutet gegen 1897 eine
Zunahme von 54 pCt. und eine Zunahme von 206 pCt.
gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 1890 bis 1896, welcher
240 000 Doppelcentner betrug.
An dieser Einfuhr ist betheiligt Nordamerica mit 13 912
De. frischem Schweinefleisch, 16 167 De. einfach zubereitetem
(<1. li. gepökeltem) Rindfleisch, 71609 De. desgl. Schweinefleisch,
43 344 De. Schinken, 261014 De. Speck. 32 823 De. Würste,
33 273 De. Büchsenfleisch; das sind zusammen 425 142 De. oder
57 pCt. der gesammten Fleischeinfnhr. Im Vorjahr betrug die
Einfuhr 273 000 De., ebenfalls 57 pCt. der vorjährigen Gesammt-
ziffer. Der amerikanische Speck allein macht von der
amerikanischen Einfuhr 61 pCt. und von der Gesammteinfuhr
35 pCt. aus. Die Einfuhr von Schinken, Speck, Würsten und
Bächsenfleisch zusammen kommt zu 90 pCt. aus Amerika. Am
Rest sind betheiligt Dilnemark mit 6118 I)c., die Niederlande
mit 10 946» De. Speck und 8 706 De. Schinken und Wurst,
Oesterreich-Ungarn mit ca. 6*000 De. Von frischem und einfach
zubereitetem Fleisch lieferte Amerika über 60000 De. mehr als
im Vorjahre (hauptsächlich Schweinepökelfleisch), und 31 pCt.
der Gesammteinfuhr von solchem Fleisch, gegen 22,5 pCt. im
Vorjahre). Das frische Fleisch kommt im Uebrigen aus Holland
157 250 De., Dilnemark 86 550 De. (nur Rindfleisch), Russland
16 311 De. (Schweinefleisch), Oesterreich-Ungarn 7 382, Frank¬
reich 7312, Schweden 2101 De.; gepökeltes Fleisch kommt noch
aus Dänemark 19 596 ( Schweinefleisch), Holland 4128. Im
Ganzen lieferten an Fleisch und Fleischwaaren Holland 172 231
De. — 23 pCt. der Gesammteinfuhr, Dänemark 112 264 De. =
15 p('t. Demnach liefern Amerika, Dänemark und Holland zu-
I saramen 57 -f- 23 -f- 15 = 95 pCt. der gesammten Einfuhr.
Der Rest vertheilt sich auf Oesterreich - Ungarn, Frankreich,
Russland und Schweden.
Die Fleischeinfuhr würde etwa entsprechen einer Viehein-
| fuhr von 100000 Rindern (das Rind zu 200 kg Schlachtgewicht
und das Büchsenfleisch als Rindfleisch gerechnet) und von
660000 Schweinen (das Schwein zu 75 kg Schlachtgewicht
^ gerechnet).
Es werden also in Wirklichkeit in Deutschland eingeführt
j Rinder rund 186 000 lebend und 100 000 als Fleisch, Schweine
74 000 lebend, aber 660000 als Fleisch und Speck. Die
! Fleischeinfuhr beträgt also bei Rindern 53 pCt. der Lebend¬
einfuhr (im Vorjahre nur 25 p('t.), bei Schweinen dagegen
fast das Neunfache der Lebendeinfuhr.
Die Werthe können geschätzt werden: für Pferdeeinfuhr
j rund 6*5 Millionen (Durchschnitt angenommen mit 550 M.),
Rindei- ä 200, Jungvieh ä 100. Kälber ä 30 M. zusammen
! 28,5 Millionen, Schweine ä 70 M. ca. 5 Millionen. Das macht
1 für lebendes Schlachtvieh noch nicht 35 Millionen gegenüber
einem Fleischeinfuhrwerth von 73,5 Millionen (kglM.); Kühn au
giebt pg. 193 sogar 82 Millionen an. Die Fleischeinfuhr hat
■ also mehr alsden doppelten Werth der Einfuhr lebenden Viehs.
Bücher-Anzeigen und -Besprechungen.
NU. Irternatloualer thierfirztlicher Congress. Bericht in deutscher,
französischer und englischer Sprache. Herausgegeben von der
Geschfiftsleitung.
Der Bericht über den Badener Congress bildet ein stattliches
Werk von zwei Bänden. Der erste Band zählt 1200 Seiten
und umfasst in der Hauptsache die Arbeiten der Referenten,
welche schon vor Beginn des Congresses gedruckt Vorlagen und
den angemeldeten Mitgliedern bereits zugegangen sind, der Voll¬
ständigkeit wegen aber dem Bericht selber nochmals eingefügt
%
werden mussten. Diese Sammlung der Referate repräsentirt ein
sehr werthvolles, zum Theil in mühsamster Arbeit zusammen¬
getragenes Material zu den behandelten wichtigen Fragen.
Derselben vorangestellt ist der interessante Bericht über die
Organisation des Congresses, die vollständige Liste der
Kegierungs- etc. Delegirteu und Mitglieder, und die Congress-
Statuten. Der zweite Band berichtet auf 560 Seiten über die
Verhandlungen, Beschlüsse und Festlichkeiten, die in geschickter,
übersichtlicher und vollständiger Weise referirt sind; bezüglich
des Inhalts derselben kann auf die ausführlichen Congressberichte
der B. T. W. verwiesen werden.
Der Bericht stellt sich dar als ein bedeutsames, wissen¬
schaftliches Werk, welches einen hohen Werth behalten wird,
nicht nur für diejenigen, welche sich ihrer eigenen Theilnahme
an dem Congress gern erinnern, sondern für alle, welche sich
über den Stand des öffentlichen Veterinärwesens und die dasselbe
beherrschenden medicinischen Fragen in den Kulturstaaten
an der Schwelle des neuen Jahrhunderts orientiren wollen.
Der Preis des Gesammtberichtes beträgt 12 M. für Mit¬
glieder des Congresses, sonst 20 M. Zu beziehen durch den
Buchhandel. S.
Eingesandt.
Erwiderung des Verfassers der Broschüre „Die Viehversicherung, ihr
Wesen, ihre Aufgabe, ihre Organisation“ auf die Kritik des Herrn
Professor Malkmus
in der D. T. W. (VII. Jahrgang, No. 49).
Im December vorigen Jahres erschien in der 1). T. W. eine
Kritik des Herrn Professor Malkmus über oben genannte
Broschüre, deren Form eine Entgegnung dringend erheischt. Ich
hätte auch schon längst eine solche erscheinen lassen, wenn
mich nicht die Rücksicht auf die übrigen etwa noch aasstehenden
Kritiken abgehalten hätte. Jetzt ist die Kritik über das Buch
anscheinend abgeschlossen, und desshalb stehe ich nun auch
nicht mehr an, meinem Erstaunen über die Kritik des Herrn
Malkmus Ausdruck zu geben.
Herr Malkmus erklärt in der Rezension, nicht mit den
von mir geäusserten Meinungen, gemachten Vorschlägen etc.
einverstanden zu sein. Das ist sein gutes Recht. Dasselbe
hat zu ungefähr derselben Zeit auch der Recensent der B. T. W.
gethan, ohne dass icli auch nur im mindesten den Versuch
unternehmen wollte, mich gegen die Ausstellungen der Kritik
zu sträuben. Gerade die Frage der Vieh-Versicherung ist eine
noch so lebhaft umstrittene, dass ich von vornherein nicht
darauf rechnen durfte, mit meinen Ausführungen die Billigung
aller Kreise zu erlangen. Das Schwierige derartiger volks¬
wirtschaftlicher Probleme hat ja Herr Malkmus selbst er¬
fahren, denn er hat sich nach seinen eigenen Worten „in seiner
langjährigen Praxis eingehend mit dem Viehversicherungswesen
beschäftigt“: — zu einem positiven Resultat ist er jedoch
offenbar nicht gekommen.
Also nicht die Thatsaehe, dass der Herr Recensent mit
meinen Theorien etc. nicht einverstanden zu sein erklärt, ist
für mich die Veranlassung, gegen die Kritik zu protestiren;
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201
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 17.
Aulass dazu giebt mir vielmehr die Form, in welcher dieselbe
gehalten ist. Herr Malkmns schlägt einen Ton an, der, an¬
statt zu überzeugen, herausfordert, und der in beleidigende Reden
ausartet, anstatt zu belehren.
Es liegt im allgemein-thierärztlichen Interesse, dass unsere
Presse sich auszeichnet durch vornehmen Ton und verbindliche
Form. Wenn die von Herrn Malkmus angewandte Art und
Weise Eingang fände in unseren Plättern, so würden ferner¬
stehende Beobachter sicherlich darin einen Mangel an jenen
Imponderabilien erblicken, deren Fehlen oft selbst die sachlich
berechtigtesten Forderungen eines Standes scheitern lässt. Und
desshalb glaube ich auch im Sinne aller unbefangenen Collegen
zu handeln, wenn ich gegen diese Art Kritik zu üben Protest
erhebe.
Walsrode, im April 1900. Dr. Hülsemann.
Personalien.
Ernennungen etc.: Dr. Profe, Assistent am Hygienischen Institut
der Berliner Thierärztl. Hochschule, zum Kreisthierarzt in Same
(Posen) und zu seinem Nachfolger Thierarzt Huth-Berlin; Rossarzt
Bongert, bis jetzt Assistent am Hygien. Institut derselben Hoch¬
schule, zum Repetitor daselbst: Dr. Miessner-Greifswald zum
wissenschaftlichen Hilfsarbeiter am Patholog. Institut der Berliner
Thierärztl. Hochschule; Dr. Logemann zum Assistenten am
Veterinärinstitut in Giessen. — Versetzt sind die Kreisthierärzte
Brandes von Witzenhausen nach Militsch (-Trachenberg) in Schlesien,
Eichbaum von Bütow nach Stolp (Stadtkreis u. Stolp-Sild) bleibt
vertretungsweise mit der Weiterführung der Amtsgeschäfte des
Kreises Bütow betraut, int. KreiBthierarzt Grips von Rbeinbach
(Cöln) nach Witzenhausen (Cassel); — Gewählt: Dr. Hoffmannn-
Berlin und Thierarzt Borchmann-Halle zum 1. bezw. 2. Thierarzt
für die Kochanstalt des Berliner Schlachthofes; Schneider,
Thierarzt in München, zum Schlachtbofdirector in Augsburg;
Meyer, Schlachthofdirektor in Frankfurt a. 0., zum Oberthierarzt
in Cöln a. Rh.; die städt. Thierärzte Dittrich, Rössler und
Zobel in Dresden zu Sanitätsthierärzten in Cotta bei Dresden
bezw. Planitz bei Zwickau bezw. Metzschkau i. S.; Thierarzt Arnold,
z. Z. am Leipziger Schlachthof, zum 1. Juni zum Sanitätsthierarzt in
Oschatz. Thierarzt Morgenstern, seither Einj.-Freiw. in Münster,
zum Sanitätsthierarzt in Osnabrück. — Zu Districtsthierärzten;
Thierarzt Fr. Eichner-Nesselwang für Nesselwang, Georg
Geissendörfer-Windsheim bezw. Kissingen für Schillingsfürst.
Promotionen: Thierarzt Logemann und Nieberle von der med.
Fakultät in Giessen zum Dr. med. vet.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die Thier¬
ärzte G. Bischoff von Eisenberg als kreisthierärztlicher Assistent
nach St. Goar a. Rh.; de Bruyn-Ouboter von Stuttgart als
Schlachthausthierarzt nach Abo in Finland; E. Dick als kreisthier-
ärztlicher Assistent nach Cammin i. P.; Herrn. Finger nach Gommern;
Gebhard von Erding nach Remscheid; G. Graumann von Mügeln
Bez. Leipzig nach Loscbwitz: Herrn. Hölscher nach Iburg
R.-B. Osnabrück: M. Kunze von Dahlen nach Leipzig (Schlachthof):
Mittelstaedt von Rakwitz nach Orlamiindc; G. Müller nach Höxter
i. W.; C. Neuhaus von Kusel naeü Barmen); Dr. Nieberle von
Giessen als Einjährig - Freiwilliger im 26. Dragoner - Regiment
nach Stuttgart; 0. Schulze von Windehausen nach
Drossen; Sebastian Trenkler-Trostberg, nach Aufgabe der
Praxis nach Oberammergau; Otto Weigand als Assistent des
sädt. Thierarztes nach Kaiserslautern. — Thierarzt K. Ehlers
hat sich in Braunschweig; Rud. Lechl e-Simbach (Inn) in
PacliBbach Bez. A. Neustadt a. A.; Joseph Strohe in Köln
a. Rh.; Waldeck nicht, wie gemeldet, in Cassel sondern in
Gudensberg bei Cassel niedergelassen.
In der Armee: Dem Oberrossarzt Liipke der Landwehr 2. Auf¬
gebots und dem Rossarzt Ni 11 der Landwehr 2. Aufgebots vom
Landwehrbezirk Stuttgart der Abschied bewilligt. — Thierarzt
F. Durst, Einj.-Freiw. im 4. bayr. Feld-Art.-Regt zum einj.-freiw.
Unterveterinär befördert.
Todesfälle: Thierarzt Goersch-Demmin.
Vacanzen.
(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreisthierarztsteilen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen
R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich Kreiszuschuss)
Gesuche an den Regierungspräsidenten.
b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen.
Gersfeld.— R.-B. Cöslin: Stolp (Nord). — R.-B.Köln: Rheinbach:
Sanitfitsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Düsseldorf: 2. AssiBtenztbierarzt am Schlacht- und Viehhof zum
j 1. Juli er. (2400 M. Anfangsgehalt; 6 Monate Probezeit; 3 monatl.
Kündigung;Pension.)Bewerb, bis 20.Mai an den Oberbürgermeister.—
Graudenz: Schlachthofassistenzthierarzt zum 1. Mai (4 wöchentliche
Kündigung. 1800 M., Wohnung etc. Keine Praxis ) Bewerbungen
an den Director. — Johanngeorgenstadt, Jugel, Steinbach
und Wittigsthal: Thierarzt zur Ausübung der Fleischbeschau.
(750 M. Staatsbeihilfe und 650 M. aus Gemeindemitteln. Privatpraxis.)
Bewerb, bis Ende April an den Stadtgemeinderath in Johanngeorgen¬
stadt — Königswartha i. Sachs.: Thierarzt für Fleischbeschau.
(Ausser den Gebühren 900 M., Praxis.) Meid, bis Ende April an
den Gemeindevorstand. — Neheim: Schlachthofdirectorzum 1.Juni
er. (2000 M. Wohnung etc. Privatpraxis.) Bewerb, an den Magistrat. —
Oederan: Thierarzt für Fleischbeschau (2000 M. Privatpraxis).
Bewerb, bis 10. Mai an den Stadtrath. — Plauen i. V.: Assistenz¬
thierarzt am Schlachthof zum 1. Juni (2100 M.: vierteljährl.
Kündigung). Meid, an den Director. — Pössneck: Thicrarzt für
Fleischbeschau (1200 M. und ca. 700 M. aus der Trichinenschau).
Bewerb, bis l.Mai an den Magistrat. — Schivelbein: Thierarzt für
Fleischschau (ca. 2400—8000 M.; Praxis gestattet). Meid, beim
Magistrat. — Warnsdorf, Bez. Leipzig: Thierarzt für Fleisch-
schau in W. und in den Nachbargemeinden. Meid, an den
Gemeindevorstand.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetztes teilen:
Eberswalde: Schlachthofinspector. — Fi lehne: Schlachthof¬
inspector. — Freiberg i. S.: Thierarzt für Fleischschau etc. —
Mark neukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau.
— Mülhausen (Eisass): Schlachthofverwalter. — Spremberg:
Schlachthofinspector. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wetter
(Ruhr): Thierarzt für Fleischbeschau.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. PiU-
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau
(Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt zum 1. Mai
(2400 M., Privatpraxis gestattet). Meldungen mit Zeugnissen etc. bis
Ende März an den Amtmann. — Lauensten i. Sachs.: Thierarzt
für Fleischschau und Praxis (Beihilfe aus Staats- und Gemeinde¬
mitteln). Bewerbungen biB 15. April an den Stadtgemeinderath. —
Mengeringhausen (Waldeck):Thierarzt. — Mügeln (Bez. Leipzig):
Thierarzt. — Neuhausen (i. S.): Thierarzt für Praxis und Fleisch¬
beschau. (Aus letzterer eine voraussichtliche Einnahme von
1800 Mk. Ausserdem Staats- und Gemeindebeihilfe in Aussicht gestellt.)
Meldungen bis 10. Mai er. an den Gemeinderatb. — Rhinow (R.-B
Potsdam): Thierarzt. — Schwarzenberg i. Sachs.: Thierarzt
für Fleischbeschau und Praxis (voraussichtliche Staatsunter¬
stützung). Meid, an d. Stadtrath. — Sonnenburg: Thierarzt
(600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den Magistrat —
Wolkenstein: Thierarzt für Praxis und FleischBchau. Auskunft
beim Stadtrath.
Beselzt: Kreisthierarztstellen in Eiderstedt und Gersfeld.
S anitätBthierarztstellen in Ausgsburg und Köln.
Verantwortlich /Br den Inhalt (excL Inaeratentheil): Prot Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Scbootz ln Berlin. — Druck von W. Büxenstcin, Berlin
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Die „Berliner TUer&rztllche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich ln St&rke von mindestens X 1 /, Bogen. Dieselbe
Ist su beziehen durch den Buchbsndel, die Post (No 1062)
oder dnrch die Verlsgsbuchb&ndlunf?. von Richard
8ohoets, Berlin NW, Lnisenstrasse 36, tum Preise von
Mk. 5, pro Vierteljahr.
Berliner
Orlglnalbeitrftge werden mit 60 KL für den Bogen honorirt
Alle Manuscrlpte, Mittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thlerKrztllche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recenslons-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heran sgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 18 . Ausgegeben am 3. Mai.
I n h al t: Regenbogen: Chielin. — Buhl: Ueber Maul- und Klauenseuche (Schluss). — Referate: Hirzl: Ueber Neurotomie. —
Goubeaud: Eine neue Methode über die Anwendung der Holzkohle bei der Behandlung der acuten Indigestion der Pferde.
— Niebel: Vorläufige Mittheilung über ein Schweineseuche-Serum — Tröster: Milzbranddiagnose. — Bilharzia heim Rind
in Kochinchina. — Dourine und Trypanosoma. — Kitt und Glage: Die naturgetreue Konservirung pathologischer Präparate
nach der Methode von Keiserling etc. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinär wesen: Seuchen¬
statistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. —
Vacanzen.
Chielin.
Von
Professor Regenbogen.
Von der Firma Arnold Berliner zu Berlin war der Klinik
für kleine Hansthiere der Thierärztlichen Hochschule eine
Salbe zu Versuchszwecken übergehen worden, welche nach den
Angaben dieser Firma ein besonders wirksames Mittel gegen
verschiedene Hautkrankheiten darstellen soll.
...
Das Präparat führt den Namen „Chielin“ und soll aus
Olivenölseife, Glycerin, Talcum venetum, Zincum oxydatum,
Tinctura Benzoes, Wasser und Extractum Bulbi Tulipae bestehen.
Die salbenartige, hellgelbe Mischung ist von weisser Con-
sistenz, nicht vollkommen homogen, reagirt alcalisch, besitzt
einen eigenthümlich aetherisch-aromatischen Geruch, lässt sich
sehr leicht auf der Haut verreiben und wird sehr schnell von
der Haut aufgenommen.
Die Analyse dieser Salbenmischung, welche in dem Labora¬
torium von Dr. Aufrecht in Berlin ausgeführt wurde —
Phannaceutische Zeitung, No. 18, 1900 — ergab, dass in 100
Gewichtstheilen
Flüchtige Bestandtheile — Wasser und geringe Mengen
Alcohol 52,08
Nicht flüchtige organische Bestandtheile 36,38
Mineralbestandtheile 11,54
enthalten sind.
Die nicht flüchtigen und organischen Stoffe wurden als
Fettsäuren, Glycerin, Cholesterin und sehr geringe Mengen
Benzoeharz erkannt. Die Asche bestand aus Zinkoxyd (44 pCt.),
Magnesia (13 pCt.) und Kieselsäure (25 pCt.); ausserdem waren
geringe Mengen von Natron, Kalk, Eisenoxyd und Kohlensäure
vorhanden. Pflanzenextractivstoffe konnten nicht nachgewiesen
werden. Nach dieser Analyse soll das Präparat ungefähr nach
folgender Zusammenstellung zu erhalten sein:
Zinkoxyd
5,0
Benzoetinctur
5,0
Talk
5,0
Wasser
46,0
Seifenpulver
Wollfett
* 8
o ©
Glycerin
5,0
Nach Angaben des Prospectes soll das Präparat gegen
Hautparasiten, Finnen, Schuppen u. s. w. mit Vortheil angewandt
werden.
Nach den von mir bei Hunden angestellten Versuchen ist
diese Salbe bei parasitären Hautkrankheiten vollkommen wirkungs¬
los. Dieselbe leistet dagegen bei entzündlichen acuten und
chronischen Hautkrankheiten, sowohl nässenden als auch stark
abschuppenden Ekzemen, recht gute Dienste. Bei kurzhaarigen
"Bunden ist dieselbe ohne Weiteres leicht und bequem anwend¬
bar und dringt sehr schnell in die Hant ein. Langhaarige Hunde
sind vorher durch Abscheeren der erkrankten Stellen vor¬
zubereiten. Besonders gut eignet sich diese Salbe bei Ekzema
erythematosum, wo Röthung der Haut mit Juckreiz besteht, als
auch bei chronische Dermatitis mit starker Verdickung der
Hant, Krustenbildung und starker Abschuppung (Ekzema
chronicum dorsi). Der Juckreiz hörte nach der ersten Ein¬
reibung auf, die harte und verdickte Hant wurde sehr bald
schmiegsam und weich, die Krusten trockneten ab und lockerten
sich. Neuerkrankte Hautstellen zeigten sich weder in der Um¬
gebung noch an anderen Körperstellen.
Mittlerweile ist in Nr. 29 der Pharmaceutischen Zeitung
das Ergebniss einer chemischen Analyse des Dr. Jeserich
bekannt gegeben, durch welche ein Gehalt von 0,6 pCt. Pflanzen-
extractivstoffen nachgewiesen wurde.
Nach der obigen Analyse ist ersichtlich, dass sich die
Wirkung dieser Salbe ohne Rücksicht auf das Vorhandensein
oder Nichtvorhandensein von 0,6 procentigem Pflanzenextractiv-
stoff mit der zweckmässigen Zusammensetzung des Präparates
deckt, indem sowohl eine entzündungsmildernde, austrocknende,
secretionsbeschränkende und gleichzeitig epidermislösende,
geschmeidig machende Wirkung beobachtet wurde.
Die Salbe leistet desshalb wohl nicht mehr und nicht
weniger, als viele andere bisher angewandte Mittel, welche das
eine oder andere, oder mehrere der genannten Ingredienzen
enthalten. Wegen des eher angenehmen, kaum auffallenden
Geruches, sowie der leichten und bequemen Anwendnngsweise
kann diese „Hautpomade“ bei dem genannten Leiden, wenn es
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206
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSC HRIF T.
No. 18.
sich um feine, zarte Stubenhunde handelt, mit Vortheil An¬
wendung finden.
Ein weiterer Vorzug ist die Ungiftigkeit des Präparates
und die Reizlosigkeit desselben.
Der Preis steht der Anwendung nicht entgegen; 100 Gramm
kosten etwa 1 Mark. Das Mittel erweist sich im Gebrauche
sehr sparsam, indem es sich leicht auf grosse Flächen ver¬
reiben lässt.
Ueber Maul- und Klauenseuche.
Von
Buhl-Frankentbal,
Thierarzt.
(Schluss.)
Wegen des milden Verlaufes und der ungemein leichten
Verschleppbarkeit des Ansteckungsstoffes waren von jeher die
Ansichten der Sachverständigen, der Interessenten und der
Verwaltungsbeamten sehr getheilt über den Werth der Be¬
kämpfung der Maul- und Klauenseuche mit Polizeimassregeln. —
Dergleichen Vorschriften sind volkswirtschaftlicher aber auch
sanitätspolizeilicher Natur. — Oberster Grundsatz der Veterinär¬
polizei bei jeder Seuchenbekämpfung ist, dass die ergriffenen
Massregeln in Bezug auf Aufwand von Mitteln im Verhältniss
stehen müssen zur Grösse der abzuwendenden Gefahr und zur
Sicherung des Erfolges.
Da die Maul- und Klauenseuche eine reine Infectionskrank-
heit ist, so ist vom theoretischen Standpunkte aus nicht zu
bestreiten, dass die Weiterverbreitung verhindert werden kann,
wenn es gelingt, die Träger des Ansteckungsstoffes bezw. diesen
selbst von infectionsfähigen Thieren fern zu halten. That-
sächlich sind auch Fälle bekannt, wo eine Weiterverbreitung
hat verhindert werden können. Derartige Verhinderungen stehen
aber in keinem Verhältniss zu der grossen Verbreitung, welche
die Maul- und Klauenseuche für gewöhnlich erreicht, und be¬
ruhen auch oft auf Täuschung, weil häufig eine Weiterverbreitung
stattgefunden hat, ohne dass die Polizeibehörden oder der be¬
handelnde Thierarzt von derselben etwas erfahren haben. —
Bei der ungemein leichten Verschleppbarkeit des Contagiuras
der Maul- und Klauenseuche hatten daher alle bisherigen Polizei¬
massregeln in der Praxis keinen Werth. Nicht einmal die
strengen Absperrmassregeln, welche während des Herrschens
der Rinderpest im Jahre 1869 im Regierungsbezirk Frankfurt a. 0.
zur Anwendung kamen, und welche mit bestem Erfolge die
Rinderpest abhielten, konnten verhindern, dass die Maul- und
Klauenseuche in einigen von diesen aufs vollständigste ab¬
gesperrten Ställen zum Ausbruche kam*). Wenn aber die gegen
die Rinderpest genügenden strengen militärischen Absperrungs-
massregeln nicht im Stande sind, den Ansbruch der Maul- und
Klauenseuche hintanzuhalten, dann darf man mit dem verewigten
k. Kreisthierarzte Adam von Augsburg fragen**): „ob denn
überhaupt diese bekanntlich gutartigste der Seuchen dazu an-
gethan ist, so umfassende Polizeimassregeln gegen sie in Thätig-
keit zu setzen, und zwar überdies noch ohne alle Garantie für
einen Erfolg?“ Gewiss nicht! weil bei stricter Durchführung
die Polizeimassregeln ein weitaus grösseres Uebel sein würden,
*) Professor C. Müller, Berlin, in den Annalen der Landwirt¬
schaft B. 55, S. 57 u. ff. Wochenschrift für Thierheilkunde vom
Jahre 1870, S. 102.
**) Wochenschrift für Thierheilkunde und Viehzucht 1871
S. 290 u. 291.
als die Seuche selbst. Ungenügende oder inconsequente Vor¬
kehrungen sind aber wie alle Halbheiten von vornherein ver¬
werflich. Der volkswirthschaftliche Zweck, das Nationalvermögen
zu schützen, muss daher in das Gegentheil Umschlagen, was
auch thatsächlich der Fall ist. — Alle Massregeln, welche
seit dem Jahre 1867 bei uns zur Anwendung kamen, haben nie
einen nennenswerthen Einfluss auf die Verhinderung der Maul¬
und Klauenseuche gehabt, höchstens, dass sie die Dauer der
Seuche und damit deren Schädigungen verlängert haben, so dass
sie die Seuche oft auf viele Jahre hinaus in einem Bezirke
stationär erhalten haben. Am schlagendsten wird diese mit
Adam behauptete Thätsache illustrirt durch die Zusammen¬
stellung des Herrn Kreisthierarztes Marggraff von Speyer
nach einem Vortrage des Collegen Engel über die Maul- und
Klauenseuche auf der letzten Kreisversammlung des landwirt¬
schaftlichen Vereines der Pfalz vom 27. September 1899.*)
Jahrgang.
Zahl
der betroffenen
Gemeinden.
Zahl
der Gehöfte.
Stückzahl des ge-
sammten Bestände«
in den ergriffene!
Gehöften.
1890
92
221
1543
1891
146
484
7 001
1892
297
1206
8 241
1893
142
465
3186
1894
52
131
875
1895
97
194
1204
1896
357'
1689
10444
1897
144
466
4 039
1898
277
1145
7 918
Im 1 Halbjahr
1899
150
851 (
5 267
Vom practischen Standpunkte aus ist bei Aufführung dieser
Zahlen von Belang, dass dieselben der Wirklichkeit nicht an¬
nähernd gleichkommen, da nur y 10 bis t/ 8 der Erkrankungen an
Maul- und Klauenseuche zur Kenntniss der Polizeibehörden
kommen; alle übrigen werden verheimlicht. Dem Schreiber
dieses ist bekannt, dass im Jahre 1896 in einer kleineren Ge¬
meinde zwischen 20 und 30 Kühe in ganz kurzer Zeit ver¬
endeten, ohne dass die Polizei hiervon etwas erfahren hat. —
Die schweren Schäden,**) welche die Maul- und Klauenseuche
Anfangs der neunziger Jahre verursachte, gaben bekanntlich der
deutschen Reichsregierung Anlass zu einer Verschärfung der
bis dahin bestehenden Seuchenordnung. Am 1. Mai 1894 trat
das Gesetz und am 27. Juni 1895 die dazu erlassene Bundes¬
instruction in Kraft, und gleich darauf stieg die Zahl der ver¬
seuchten Gehöfte im Jahre 1895 gegenüber 1894 von 9049 mit
192 611 Thieren auf 16 975 Gehöfte mit 461 646 Thieren; und im
Jahre 1896 stieg die Zahl der ergriffenen Gehöfte sogar auf 68874
mit 1548437 Thieren. Diese Thatsachen mit ihren Minimalzahlen
sprechen eine deutliche Sprache und bedürfen einer besondern
Beleuchtung nicht. Sie müssen jedem Einsichtigen die
die Ueberzeugung aufdrängen, dass es so nicht weiter gehen
kann. Man darf sich nur wundern, dass die Interessenten, näm¬
lich die Viehbesitzer, jahrzehntelang die Störungen ihres
Betriebes mit den damit zusammenhängenden Vermögens¬
beschädigungen zu den Verlusten, welche die Seuche im Gefolge
hatte, so ruhig ertragen haben. Es ist dies ein Zeichen von
ganz besonderer Loyalität dieser Bevölkerungsgruppen den An-
*) Beilage zu No. 21 der landwirtschaftlichen Blätter, heraus-
gegeben vom Kreisausschusse der Pfalz. S. 6 u. 7.
**) Beilage zu No. 21 der landwirtbsch. Blätter, S. 6 u. 7.
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3. Mai 1900 BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 207
Ordnungen der Behörden gegenüber. Es darf aber an dieser
Stelle nicht verschwiegen werden, dass ohne die Möglichkeit
der Verheimlichung der Manl- und Klauenseuche im grössten
Massstabe es sich wahrscheinlich anders verhalten würde.
Diese Verheimlichungen sind geradezu als Nothwehr zu be¬
trachten gegenüber den zweckwidrigen und ungemein schä¬
digenden Massregeln, mit welchen bisher diese Seuche voll¬
ständig resultatlos bekämpft worden ist. Es ist daher auch
die Praxis der württembergischen Gerichte sehr anerkennens-
werth, dass dieselben bei Uebertretungen des Reichsviehseuchen¬
gesetzes die Angeschuldigten freisprachen.*) — Dass die
Massregeln gegen die Maul- und Klauenseuche ihren Zweck,
die Interessenten zu schützen, nicht erfüllt haben, hat kein
Geringerer als S. Excellenz der Herr Minister Freiherr
von Feilitsch vor mehreren Jahren in der bayr. Kammer der
Abgeordneten selbst ausgesprochen. Unter den Landwirthen
dürften sich wenige oder gar keine mehr befinden, welche an
eine Hilfe mit Polizeimassregeln glauben. Einzelne höchstens
verlangen Sperre für ihre Nachbarn oder andere Leute, für
»ich persönlich auf keinen Fall. In einer Sitzung der Land-
wirthschaftsgesellschaft für Hannover zu Celle,**) welcher
Sitzung der Herr Minister für Landwirtschaft beiwohnte, er¬
klärten daher auch die meisten Redner, dass die Mittel und
Wege des Reichsviehseuchengesetzes nicht geholfen hätten.
Herr von Frese erklärte sogar: „Das Gesetz ist schlimmer als
die Seuche, denn es ruiniert Existenzen.“ — Die Redaction der
Berliner Wochenschrift führte hierzu aus, dass bei einer Seuche
allerdings die veterinärpolizeilichen Massregeln vollständig im
Stiche gelassen hätten, und es sei in der That nicht zu ver¬
kennen, dass hier den grossen wirtschaftlichen Schädigungen,
sreVtaw, mjfc den Massregeln an. sich verknüpft sind, ein
überzeugender oder auch nur verhältnissmässiger Erfolg nicht
gegenübersteht. Die nutzlose tierärztliche Untersuchung und
Gesundheitsbescheinigung ist eine der kostspieligsten Massregeln.
Dabei hat sie gar keinen Werth, ist aber geeigenschaftet, den
Kleinhandel zum Beispiel, der ganz besonders im Interesse der
Landwirtschaft liegt, zu ruiniren. Die Massregeln über die
thierärztlichen Untersuchungen während des Herrschens der
Maul- und Klauenseuche kranken alle an der Thatsache, dass
das Anfängsstadium dieser Seuche ein occultes ist, so dass die
Thiere noch gesund erscheinen, aber schon anstecken können,
oder mindestens in den nächsten Stunden oder Tagen die In-
fection ermöglichen. Es kommt daher auch dem aufmerksamsten
Fachgenossen vor, dass einige oder mehrere Stunden oder Tage
nach ihrer Untersuchung und Attestirung die Objecte derselben
an Maul- und Klaueuseuche erkrankt sind. Nicht einmal die
vorzüglichen veteriuärpolizeilichen Vorsichtsmassregeln, wie sie
von der deutschen Landwirthschaftsgesellschaft getroffen werden
mit ständiger Controlle der ausgestellten Thiere, welche schon
beginnt bei der Auswahl des auszustellenden Viehes, haben ver¬
hindern können, dass dieselbe Vermittlerin der Maul- und Klauen¬
seuche gewesen, während der Ausstellung im Juni 189*2 in
Königsberg. ***)Mit einer solchen Controlle lassen sich die vor¬
übergehenden Untersuchungen der Thiere, wie sie beim Handels¬
vieh vorgeschrieben sind, gar nicht vergleichen. Eine so kost¬
*) Mietheilung des H. Prof. Zip perlen im ständigen Aus¬
schuss des deutschen Veterinärrath es am 24. März 1891. Berliner
thierärztl. Wochenschrift 1891 S. 176.
**) Berliner tierärztliche Wochenschrift 1896 S. 602.
***) Berliner thierärztl. Wochenschrift, 1893, S. 277.
spielige Massregel, welche noch dazu angethan ist, den thier¬
ärztlichen Stand, der besonders berufen erscheint, den Inter¬
essenten mit Rath und That behilflich zu sein während der
Seuchencalamitäten, zu compromittiren, verdient in aller erster
Linie aufgehoben zu werden. Die Thierärzte haben daher
neben den Viehbesitzern das grösste Interesse an der Aufhebung
aller nutzlosen Massregeln, welche bisher zur Bekämpfung der
Maul- und Klauenseuche zur Anwendung kamen. Desshalb sprach
nicht allein der Präsident und Referent des ständigen Ausschusses
des deutschen Veterinärrathes sich dahin aus*), dass unter
der gegenwärtigen Sachlage einerseits das volkswirtschaftliche
Interesse schwer geschädigt werde, andererseits das thier¬
ärztliche Standesinteresse nothleide, indem die Lage
der Thierärzte sehr zu deren Ungunsten verrückt worden und
allmälig keine beneidenswerte geworden sei. Noch mehr
sprach sich in diesem Sinne der Correferent Imlin aus, indem er
ausführte: „Alle angeordneten Massregeln haben ihren Zweck,
die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche, nicht erzielen
können; sie haben eine grosse Unzufriedenheit unter den Land¬
wirthen hervorgerufen und ausserdem dem Ansehen des thier¬
ärztlichen Standes sehr geschadet. Gerade desswegen, weil alle
Massregeln, welche eine grosse Störung im landwirtschaftlichen
Betriebe und eine vollständige Hemmung des Viehhandels ver¬
ursachen, sich als machtlos erwiesen haben, wird den Thier¬
ärzten die Schuld dieser als unnötige Plackereien empfundenen
Massregeln aufgebürdet.“ Auch Professor Feser sprach sich
dahin aus, dass die damaligen**) Massregeln viel eher geeignet
seien zu schaden und keinen Nutzen gewährten, und Herr Professor
Dr. Dieckerhoff***) regte auf der Versammlung des Vereines
Brandenburger Thierärzte die Frage an, „ob, wenn eine
Beschränkung der Seuche durch veterinärpolizeiliche Massregeln
nicht zu erzielen sei, die zur Zeit bestehenden Massregeln auf¬
gehoben werden müssten.“
Nach diesen Ausführungen ist mit den bisherigen Massregeln
die Maul- und Klauenseuche nicht zu bekämpfen. Es wird diese
Ansicht bestätigt durch die Erfolglosigkeit derselben, durch
die autoritativen Aussprüche massgebender Verwaltungsbeamten,
der Professoren tierärztlicher Hochschulen, erfahrener. Thier¬
ärzte, der Landwirte und der übrigen Interessenten. — Nicht
einmal die strengen Massregeln der Rinderpest vermögen das
Auftreten und die Weiterverbreitung hintan zu halten, wie dies
Professor C. Müller evident nachgewiesen hat. Es müssten
daher noch strengere Massregeln vom theoretischen Stand¬
punkte aus vorgeschlagen werden, welche sich auf die voll¬
ständige Vernichtung von Ratten und Mäusen und der Fliegen
erstrecken müssten, ja sogar die Tödtung und Vernichtung
der ergriffenen und der Ansteckung verdächtigen Thiere,
des Düngers, der Futtervorräthe und des Strohes müsste
angeordnet werden, wenn man diese Seuche mit Mass¬
regeln bekämpfen wollte, Massregeln, wie sie vielleicht bei
der Bubonenpest des Menschen nöthig sind. Es kann
aber keinem vernünftigen Menschen einfallen, derartig strenge
und furchtbar theure Massregeln gegen eine so harmlose
Krankheit vorzuschlagen, wie sie die Maul- und Klauen¬
seuche ist, zumal auch daun noch nicht mit Sicherheit an¬
genommen werden könnte, dass Verschleppungen nicht vor¬
kämen. Dergleichen Vorkehrungen sind daher vom volks-
*) Berliner thierärztl. Wochenschrift, 1891, S. 171.
**) Und die jetzigen noch mehr!
***) Berliner thierärztl. Wochenschrift 1892, S. 262.
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*208 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 18.
wirtschaftlichen Standpunkte aus als verwerflich anzusehen
und erscheinen daher als nicht gerechtfertigt. Das Verlangen
der Interessenten, die bisherigen unwirksamen Vorschriften so¬
weit als zulässig zu mildern und später den gesetzlichen Theil
derselben aufzuheben, ist desshalb als der Billigkeit entsprechend
wärmstens zu befürworten, zumal dieselben dem oben angeführten
Grundsatz der Veterinärpolizei nicht entsprechen, weil der Auf¬
wand an Mitteln und Kraft, nicht im Verhältnis steht zur
Grösse der abznwendenden Gefahr und zur Sicherung des Er¬
folges.
Um jedoch der böswilligen und grobfahrlässigen Weiter¬
verbreitung der Seuche zu steuern, dürfte es sich empfehlen,
die nachfolgende Strafbestimmung zu erlassen:
„Wer wissentlich oder fahrlässig die Maul- und Klauen¬
seuche*) verbreitet, wird mit Geld oder Gefüngniss bestraft;
„sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Geld- oder
„Haftstrafe ein. Der Zuwiderhandelnde ist für den directen
„Schaden, welchen er verursacht, haftbar/'
Sanitätspolizeiliche Massregeln sind wegen der Maul- und
Klauenseuche nicht nöthig. Der Verkauf von nicht erhitzter
Milch fällt, weil solche gesundheitsschädlich ist, unter das
Nahrungsmittelgesetz, Käse und Butter waren bisher schon
frei gegeben. Das Fleisch von an Maul- und Klauenseuche er¬
krankten 'Filieren ist nicht schädlich und nach den Vorschriften
über die Fleischbeschau zu behandeln.
Ich gestatte mir schliesslich die Collegen und vor Allem
diejenigen hochgeehrten und erfahrenen Herren in hohen und
höchsten Stellen zu bitten, ihren Einfluss dahin geltend zu
machen, dass, dem Wunsche der Interessenten entsprechend,
diese doch nicht mehr aufrecht zu erhaltenden Vorschriften auf¬
gehoben werden, damit besonders auch die im äussern Dienst,
beschäftigten Fachgenossen von der unangenehmen Thätigkeit
der Viehcontrole befreit werden. Zur Sustentation, wie dies
z. B. bezüglich der Hundevisitationen in Bayern gelten konnte,
brauchen wir sie nicht. Wenn aber die bisherigen Sperr-
massregeln fallen und damit die Verheimlichungen, dann werden
die practischen Thierärzte einen viel segensreicheren Wirkungs¬
kreis bekommen als bisher. Die Therapie der Maul- und Klauen¬
seuche, welche als noch in den Windeln liegend zu betrachten
ist, wird dann auch bald ein anderes, für den thierärztlichen
Stand und die Wissenschaft würdigeres Angesicht erhalten, als
»*s uns jetzt aus den Lehrbüchern und der Literatur entgegen
gähnt und der Nihilismus, welcher bei keiner Seuche weniger
angebracht ist, als gerade bei der Maul- und Klauenseuche, die
eine fast rein chirurgische Behandlung zulässt, wird dann auch
bei den Practikern verschwinden zum Nutzen der Viehbesitzer,
des National Wohlstandes, und zum Nutzen der Thierärzte und
deren Ansehen ganz besonders.
Referate.
Ueber Neurotomie.
Von Professor Ilirzl.
(Sch». Arch. f. Th. H.l. 12, Heft 2.)
Die Neurotomie hat beim Thier eine viel grössere Be¬
deutung als beim Menschen. Man kann den Eingriff ohne Be¬
denken wagen. Das dabei vorliegende Erfahrungsmaterial um¬
fasst 200 Fälle. Eine Bewegungsstörung wird bestimmt nicht
*) Dieselbe Strafbestimmung dürfte sich für eine ganze Reibe
von Infectionskrankheiten empfehlen z. B. für die Druse, die Pferde¬
influenza. die Schweine- und die Geflügelseuchen.
veranlasst, auch bei den sogenannten hohen Neurotomieen nicht,
weil die Muskeläste alle sich hoch oben abzweigen. Auch das
Auftreten secundärer Ernährungsstörungen bildet mindestens
nur eine sehr geringe Gefahr. Namentlich sind auch Störungen
der Hornproduction nicht beobachtet w'orden. Wo allerdings
Formenabweichnngen des Hufes oder abnorme Stellungen der
Fiisse vorhanden sind, da bedingt die Neurotomie die Gefahr,
dass die nicht mehr empfundene Einwirkung der abnormen Be¬
lastung zu (Quetschungen und Zerrungen mit ihren Folge¬
zuständen führt. Zwanghnfe, Flach- und Vollhufe, Schiefhnfe.
auch grosse Hufknorpelverknüchernngen eignen sich für die
Neurotomie nicht. Jedenfalls stellt die sogenannte hohe Neu¬
rotomie in Bezug auf secundäre Ernährungsstörung keine
grössere Gefahr dar, als die abwärts gelegten Operationen.
Zufälliger Untergang infolge jauchiger Hufentzündung, die wegen
Unempfindlichkeit nicht rechtzeitig bemerkt wurde, sind auch
nur im Ganzen 5 Fälle konstatirt worden, sodass also bei
195 Pferden die Neurotomie einen absoluten Nutzen gehabt hat.
Zur Durchführung der Operation empfiehlt sich das Nieder¬
legen und die Narkose. Schl eich'sehe Infiltration dürfte nicht
genügen. Die Wunden zur Durchschneidung der Plantamerven
bezw. des nervus tibialis heilen in der Regel per priwam, die
Wunden zur Aufsuchung des nervus peronaeus bezw. nervös
medianus dagegen öfters nicht. Bei chronischen Zuständen im
Bereich des Krön- und Hufgelenks empfiehlt es sich, die Plantar¬
nerven zu dnrchschneiden. Reichen die schmerzhaften Ver¬
änderungen jedoch bis über das Fesselgelenk, so ist es besser,
die Operation am medianus bezw. tibialis vorzunehmen. Be¬
sonders ist die Medianusdurcbschneidung werthvoll bei chronischer
Erkrankung des Beugesehnenapparats. Wenn diese noch nicht
zur ausgebildeten Verkürzung geführt hat, so bewirkt das nach
der Operation sich emsteilende feste Auftreten wieder
die normale Dehnung der Sehnen und die richtige Fesselstellung.
Bei der Neurotomie am medianus können die grossen und sehr
unregelmässigen Venenstämme, zwischen welchen derselbe liegt,
gelegentlich eine Schwierigkeit bereiten. Zur Vermeidung der¬
selben empfiehlt es sich, den ausgebundenen zu operirendcii
Fuss bis zur Grenze der Möglichkeit nach vorn za ziehen.
Dabei wird der Nerv am hinteren Rande des Radius unter dem
medialen Bandhöcker als Strang fühlbar. Man sucht ihn am
besten da auf, wo die Muskelfasern des oberflächlichen Brust¬
muskels in die Fascie anslaufen. Nach Durchschneidung der
Fascie liegt er vor.
Eine neue Methode über die Anwendung
der Holzkohle bei der Behandlung der acuten Indigestiou
der Pferde.
Von G. Goubeaud. D V. S.
Tot. Review 1899 No. 10.
Die ersten Versuche des Verfassers bei acuter Gastro-
lntestinal-Indigestion Holzkohle zu gebrauchen, fielen trotz
gegentheiliger Berichte ungünstig aus. Die Kohle sollte wegen
ihres Absorptionsvermögens die bei den gedachten Krankheiten
entstehenden Gase in sich aufnehmen und hierdurch die Indige¬
stion beseitigen. Doch weder vegetabilische noch thierische
Kohlen waren im Stande, diese Wirkung auszuüben.
Da kam der Verfasser auf den Gedanken, Holzkohle vor der
Verwendung als Heilmittel zn erhitzen. Durch diesen Prozess
werden alle Gase, welche in der porösen Masse der Kohle ent¬
halten sind, ausgetrieben und das Absorptionsvermögen bedeutend
vermehrt, ln der That wurde nun mit diesem Präparat eiue
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3. Mai 1900.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
209
erstaunliche Wirkung erzielt. Es empfiehlt sich, die Kohle bis
zur Rothglnth zu erhitzen und nach dem Abkühlen möglichst
rasch in luftdichte Kapseln einzuschliesen, damit sie sich nicht
mit Gasen aus der atmosphärischen Luft vollsaugt. Denn durch
diesen Umstand sollen einzig und allein die frühem Misserfolge
bedingt gewesen sein. Die vom Verfasser gewöhnlich verab¬
reichte Dosis betrügt 4 Unzen, mithin etwa 114 g. Derselbe
iiussert schliesslich die Ansicht, dass die Einverleibung der Kohle
im rothheissen Zustande am wirksamsten sein würde, weil die¬
selbe in dieser Form am absorptionsfähigsten sei, doch setzt er
vorsichtig hinzu, dass diese Gebrauchsmethode nicht rathsam
sei. Denn es könnte sich eine Kapsel im Pharynx auflüsen
imd das Thier würde dann mit der Ausathmung Feuerfunken
ansstossen, ein Anblick, welcher bei letalem Ausgange der
Krankheit wahrscheinlich den Besitzer veranlassen würde, den
Thierarzt um Schadenersatz zu verklagen.
Um diesen Preis dürften wohl die Practicer des europäischen
Festlandes auf die gerühmte Heilwirkung der Kohle bei der
acuten Indigestion der Pferde zunächst noch verzichten nnd den
Amerikanern überlassen, weitere Erfolge zn sammeln.
Vorläufige Hittheilung Aber ein Schweineseuche-Serum.
Von Kreisthierarzt Nie bei.
(DUcb. T. \V. 1900. Nr. 10.)
Niebel hat im Wintersemester 1898/99 bei Geheimrath
Schütz gearbeitet und die Gelegenheit zu Versuchen betr.
Herstellung eines Immunserums gegen die Schweineseuche
benutzt. Es war ihm schon gelungen, kleine Thiere zu immu-
nisiren, als die Mittheilung von Beck und Schreiber erschien.
Er versuchte nun die Immnnisirung grösserer Thiere ausserhalb
des Laboratoriums und ist nach seiner Mittheilung zu einem
Wmrth\g«n immunen Serum gelangt. Von dem bis jetzt
bekannten Serum gegen Schweineseuche wird der Titre mit 0,01
angegeben. Für Präventivimpfungen hat sich nach Schreiber
bei einem 50 k schweren Schweine 5 g Serum als genügend
erwiesen, während die Heildosis die vierfache Menge verlangt,
soda8s sich bei dem heutigen Preise des „Septicidens“ die
Kosten für ein solches Schwein auf 6 M stellen würden. X. ist
daher bei diesem Titre nicht stehen geblieben, sondern hat
einen höheren Iinmunisirungswerth erreicht, worüber er sich
weitere Mittheilungen Vorbehalt.
Zar Milzbranddiagnose.
Von Oberrossarzt T r Oster.
(Ztschr. t Veterinürk. Jan. 1899.)
Ueber die sicherste und bequemste Art und Weise, wie in
der Ptaxis der Milzbrand festgestellt bezw. Milzbrandpräparate
znm Versand an die entscheidende Stelle hergerichtet werden
können, sind in neuerer Zeit mehrere Veröffentlichungen
erschienen (vgl. B. T. W. 1899 pg. 78.). Tröster macht zu diesem
Gegenstände folgende Bemerkungen: Häufig geschieht es, dass
das Blut des verdächtigen Thieres in ein Fläschchen gepackt und
verschickt wird. Das Thier hat event. schon längere Zeit gelegen.
Finden Bich in dem Blute Milzbrandbacillen, so ist die Diagnose
gesichert; wenn sich aber keine finden, so können sie vorhanden
gewesen und zu Grunde gegangen sein, wozu während der
wärmeren Jahreszeit in kleinen Blutmengen schon 2 Tage ge¬
nügen. Dann lässt auch die Impfung einer Maus im Stich, da
die im fauligen Blute zu Grunde gegangenen Milzbrandstäbchen
schon aus Mangel an Sauerstoff keine Sporen gebildet haben.
Das negative Resultat ist also ohne Bedeutnng. Man darf daher
das Blut nicht in flüssiger Form verschicken, sondern auf Deck¬
gläsern oder noch besser auf Objectträgeru bezw. auf einem be¬
liebigen Stückchen Fensterglas, wenn es nur gesäubert gewesen
ist Man streicht das Blut in möglichst dünner Schicht auf,
trocknet es schnell an der Luft und bewahrt es trocken auf,
bezw. versendet es in diesem Zustande. Diese Präparate sind
wochenlang haltbar. Abimpfen kann man davon freilich nicht;
aber man kann die charakteristischen Kapseln der Milzbrand-
Stäbchen sehr schön färben.
Bilharzia beim Riud in Cochinchina.
Von A. Rai 11 et.
(Vet. Kor. 1899. (i. 599 ex Sociötö <lo Biologie 1899.)
Die fragliche Nematodenart wurde von M. Carre, Veterinär
im Pasteur-Institut von Nha Trang, An am, an den Verfasser
geschickt. Die Exemplare waren etwas grösser als die beim
Menschen gefundenen, sonst aber nicht verschieden. Dieselben
entstammten der Leber eines Kalbes, welches an Rinderpest
eingegangen war. In den Aesten der Portalvene sassen die
Parasiten in grosser Anzahl, besonders reichlich in einem
frischen Blutgerinnsel.
Verf. bemerkt, dass diese Mittheilung die Kenntniss über
die geographische Vertheilung, der Bilharzia des Rindes er¬
weitere, es sei möglich, dass sich ihr Verbreitungsbezirk über
das ganze tropische Asien und über Algier und Tunis erstrecke.
I. A. Nunn, welcher das Referat im Vet. Rec. erstattet,
fügt hinzu, dass das Vorkommen der Bilharzia bei einem Blasen¬
leiden mit hartnäckiger Hämaturie desMenschen inNatal und an der
ostafrikanischen Küste wohl bekannt sei, dagegen wisse er nicht,
ob der Parasit in jenen Gegenden beim Rinde gefunden worden sei.
Doarine und Trypanosoma.
Vor einigen Jahren entdeckte Bouget im Blute eines an
„Dourine“ leidenden Pferdes in Algier ein Geisselinfusorium,
welches dem ähnelt, das die „Surra“ in Ostindien (Trypanosoma
Evansi) und die „Nagana“ oder Tsetse-Krankheit in Süd- und
Ostafrika verursacht. Die mit dem Blut des kranken Pferdes
inrtcirten gesunden Pferde bekundeten alle charakteristischen
Symptome der Dourine.
Chauveau entdeckte das gleiche Hämatozoon bei einem
Pferde und Legrain bei einer Kuh in Algier. Schneider
und Buffard, welche den Parasiten im Blut aus der Nachbar¬
schaft von Geschwüren fanden, übertrugen ihn erfolgreich vom
Pferde auf Hunde. Bei diesen Thieren Hess sich die Krankheit
durch den Begattungsact vom Hund auf die Hündin und umgekehrt
verpflanzen. Dasselbe Experiment gelang mit Kaninchen.
Vet. Rec. 1899, H. 599 ex Rec. de Med. Vet.
Di© naturgetreue Konservirung pathologischer Präparate
nach der Methode von Keiserling etc.
Von Prof. Kitt-München und Glage-Hamburg.
(MUh. f. Th. Bil. 11, II. 7 und ZUchr. f. Kl. tu Milnhh. Januar 1900.)
Die zuerst von Keiserling eingefÜhrte Methode, Weich-
tlieile mit ihren natürlichen Farben zu conserviren, ist seit
längerer Zeit allgemein bekannt. Die genauen Mittheilungen
über diese Methode finden sich jedoch zerstreut, so dass ein
Referat über dieselben für Thierärzte von Interesse ist, um so
mehr, wenn der Referent auch seinerseits reiche Erfahrungen mit
dieser Methode gesammelt, wie dies bei Kitt dev Fall ist. Ein
Auszug des von Kitt gegebenen Referats ist daher hier am Platze.
Unter all den verschiedenen Verfahren, welche schon vor¬
geschlagen worden sind, um im Gegensatz zu den ganz unan¬
sehnlichen bezw. unkenntlich gewordenen Spirituspräparaten
Präparate in der ursprünglichen Form und Farbe herzustellen,
hat das Keiserling’sclu* unzweifelhaft den meisten Erfolg gehabt
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BERLINER T1I1EKÄRZTLICIIE WOCHENSCHRIFT.
No. 18.
210
und ist zur allgemeinen Anwendung gelangt. An der Aus¬
arbeitung dieser Methode sind raitbetheiligt Jores und
M e 1 n i k o w - Raswedenko w.*)
Verwandt werden dabei Formalin, Alkohol. Glycerin und
essigsanres Salz. Der Vorgang ist folgender: Durch die
Formalinlösung wandelt sich das Haemoglobin des Organs in
Methaemoglobin unter Bräunung. Unter Alkoholznsatz wird
daraus nnter Oxydation ein Pigment von der ursprünglichen
Farbe. Clycerin in Verbindung mit essigsaurem Salz konser-
virt das Pigment und giebt dem Präparat natürliche Transparenz.
Durch Behandlung mit Formalin nnd Alkohol wird zugleich das
Object gehärtet, so dass es in Glycerin nicht nachfault.
Etwaige Schimmelbildung wird durch Einwerfen von Thymol¬
stückchen beseitigt. Im übrigen ist das Gelingen guter Prä¬
parate Sache der Erprobung, da das Verfahren je nach Natur
und Grösse des Objects etwas modilicirt werden muss. Zu
langes Liegen in Formalin bringt eine so starke Verfärbung,
dass sie durch den Alkohol nicht mehr corrigirt wird. Zu
concentrirte Formalinlösung fuhrt zum Zerfall des Haemoglobins.
Gewisse Farbstoffe werden eventuell durch Alcohol ausgezogen.
Icterische Färbung z. B. konnte Melnikow nur durch Zusatz
von l%igem Hydrochinon und nur 24 ständiges Verweilen in
Alcohol dauerhaft machen. Wenn das Präparat ein paar
Wochen in der Flüssigkeit gelegen hat, kann man durch Ab¬
tragen von Scheiben die Schnittfläche verschönern.
Die einfachste Conservirung ist folgende: Die frischen
Organe kommen in handgrossen Stücken auf 24 bis 48 Stunden
in eine Lösung von 200 ccm Formalin, 1000 Wasser, 15 g Kal-
nitric. und 30 g Kal. acetic. (Keiserlingsches Recept) oder in
Formalin 100, Natr. acetic. 30, Kal. chlorat. 5, Aqu. dest. 1000
(Melnikow’ - Raswedenkow’sches Recept). Glage giebt als
Mischung an: auf 1000 Wasser 750 g Formalin, 10 g
Kal. nitr. und 30 g. Kal. acet. Zweckmässig wird das
Object in Watte gewickelt, damit es nicht durch sein Eigen¬
gewicht Deformirung erleidet. Bei dicken Theilen werden die
Gefässe mit der Flüssigkeit injicirt, oder es werden Einschnitte
gemacht. Beim Arbeiten mit Formalin, welches bekanntlich auf
Augen, Hände und Athmungsorgane sehr unangenehm wirkt, ist
eine gewisse Vorsicht zu beobachten.
Danach kommt das Präparat zur Wiederherstellnng der
Farbe auf 2 Tage in 60%igen Spiritus unter Entfernung der
Watte; dann Wechseln des Spiritus, indem das Präparat weitere
2 bis 3 Tage in 80, dann 90 bis 93 %igen Alkohol kommt.
Aus dem Spiritus wird das Präparat in die Conservirungs-
flüssigkeit übertragen, bestehend aus: Glycerin 200, Kal. acet. 100,
Wasser 1000. Statt in dieser Flüssigkeit kann man dünnere Scheiben
bis zu l'/j cm Stärke auch in Formalingelatine conserviren.
Glage hat dafür noch folgendes Verfahren angegeben: Formalin¬
gelatine kann nicht vorräthig gehalten werden, sondern ist stets
frisch zu fertigen. In 200 ccm 80 bis 90° warmen Wassers
lasse man 9 Blatt (6 bis 7 pCt.) beste Gelatine abschmelzen,
ohne umzurühren. In 2 bis 3 Minuten bilden sich in der Lösung
zwei Schichten, ein Bodensatz und eine obere dünne opalescirende
Schicht. Diese allein wird benutzt, am besten mittelst gerieften
Glastrichters filtrirt und bei nicht genügender Durchsichtigkeit
durch einige Tropfen Salpetersäure geklärt, was jedoch meist
nicht nöthig ist. Zu je 10 ccm Gelatine füge man 6 bis 8 Tropfen
Formalin (3 bis 5 pCt.). Für farbenreiches Material gelten die
*) Vircbows Arch. Bd. 147, 1897; Ctrlbl. f. allg. Patbol.
Bd. 8 1897 Seite 121 und Bd. 9 1«98 Seite 299.
niederen, für blasse Objecte die höheren Zahlen. Inzwischen
sind die vorher mit Alkohol behandelten Objecte in Wasser ab¬
gespült und in entsprechende Glasgefässe eingepasst, die nun
mit der auf 50 bis 60° abgekühlten Formalingelatinemischung
beschickt werden. Am besten eignen sich viereckige Gläser.
Nachdem die Gelatine erstarrt ist, muss das Glas luftdicht ver¬
schlossen werden. Hierzu empfiehlt sich nach Kitt die Selenka’sche
Kittmasse, erhältlich in der chemischen Fabrik von Dr. Grübler-
Leipzig: auch Asphaltlack u. s. w. ist geeignet. Ist das Glas
randvoll mit Gelatine gegossen, und es wird der Deckel darüber
geschoben, so wird er dadurch mit angekittet. Kleine Gläschen
kann man auch bloss mit Siegellack oder mit anderen Harz¬
massen luftdicht verschliessen, nachdem man auf die Gelatine
ein Pappscheibchen gelegt hat, um das Untersinken des Lacks
in die Gelatine zu verhindern. Durch das Formalin wird die
Gelatine glasartig und unschmelzbar starr. Es muss jedoch
der Verschluss des Standglases unbedingt luftdicht sein, weil
sich sonst die Gelatine unter Wasserabgabe zusammenzieht.
Tagesgeschichte.
Abiturientenexamen.
Die Petitienecemmiesien dee Reiobetaiee hat Uber die PetHian des
deutschen Veterinlrrathee betr. Abiturientenexamens festem einstimmig
„Ueberwelsung an den Reichskanzier zur Berücksichtigung“ beacMasseR.
Näheres in nächster Nummer.
Fieisohschau-fieeetz.
Da das Fleischschau-Gesetz eine hygienische Massregel ist.
so ist dafür die thierärztliche Presse in erster Linie die sach¬
verständige. Die Zurückhaltung derselben in der Beurtheilung
des Gesetzentwurfes und der dazu gefassten Beschlüsse ist daher
eigentlich auffällig. Sie ist indessen leicht verständlich, denn
dieSachverständigen können sich unmöglich darüber imUnklaren sein,
dass in dem wesentlichen umstrittenen Punkt, der Einfuhr ausländi¬
schen Fleisches, die hygienisch-technische Beurtheilung durch
handelspolitische Rücksichten vollkommen zurückgedrängt wird.
Uebrigens ist aber die Reichstagsmehrheit gegen die in einem
grossen Tlieil der Presse erhobene Behauptung, erst durch
die Reichstagsbeschlüsse seien in das rein hygienische Gesetz
handelspolitische Momente hineingebracht worden, entschieden in
Schutz zu nehmen. Diese Behauptung stellt mit verblüffender
Geschicklichkeit die Thatsachen gerade anf den Kopf. Denn die
Consequenz der Fleischschau im Inlande kann nur das generelle
Verbot der Fleischeinfuhr (mit gewissen Ausnahmen) sein. Gerade
die Reichstagsbeschlüsse sind also rücksichtslos hygienisch,
während die handelspolitische Rücksicht vielmehr in dem Gesetz-
Entwurf liegt, der jenes Verbot nicht ausspricht.
Ein principieller Gegensatz zwischen den Reichstagsbe¬
schlüssen und dem Entwurf besteht übrigens insofern gar nicht,
als auch im Entwurf (§ 16) das Verbot vorgesehen ist für
solches Fleisch, dessen Unschädlichkeit bei der Einfuhr nicht
mehr zuverlässig festgestellt werden kann. Dies trifft aber
thatsächlich für alles Fleisch zu, von gewissen Aus¬
nahmen abgesehen) und eben deshalb wäre, wie oben gesagt,
das generelle Verbot die rein hygienische Consequenz der ein¬
heimischen Fleischbeschau. Denn die Krankheiten, welche im
Inlande zur Beseitigung des Fleisches führen, sind am Fleisch
im allgemeinen nicht zu erkennen, sondern nur an den Einge-
weiden, die in toto auch mitimportirt werden können.
Dies gilt natürlich auch für das Pökelfleisch, dessen Ein¬
fuhr angeblich der Preis einer Einigung sein soll.
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3. Mai 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICIIE WOCHENSCHRIFT.
211
Jedenfalls ist aber eine Verständigung sehr erwünscht und '
eine Concession werth, zumal andrerseits auch die landwirt¬
schaftlichen Interessenten in der Beseitigung der Hausschlachtungen
eine solche davontragen.
Der Begriff „Pökelfleisch“ ist aber so dehnbar und
unbestimmt, dass man erfahrungsgemäss ziemlich alles Fleisch
leicht und ohne wesentliche Veränderung zu scheinbarem „Pökel¬
fleisch“ herrichten kann. Es ist daher rathsam, den Begriff im (je¬
setze selbst so zu definiren, dass er nur auf tatsächlich vollkommen
dnrchgepökeltes Fleisch Anwendung finden kann. Schmaltz.
Maul- und Klauenseuche-Debatte im Reichstage.
Es war seit lange bekannt, dass weite Kreise der Land¬
wirtschaft über die aus den Massregeln zur Bekämpfung der
Maul- und Klauenseuche unzweifelhaft erwachsende Belästigung
gelegentlich missgestimmt werden, sowie dass ein Sturmlauf
namentlich von Händlern etc. gegen diese Bestimmungen beab¬
sichtigt wurde (vergl. auch den Artikel v. Bnhl No. 17 u. 1H
d. B. 10) So wurde in Posen folgende Petition verbreitet:
Petition der Bewohner der Provinz Posen um Abänderung des
Reichsviebscuchengesetzes.
I. Da die Statistik beweist, dass durch die Sperrung grösserer
Bezirke die Gefahr der Maul- und Klauenseuche nicht abnimmt,
sondern wächst, da dio Schweine von der Maul- und Klauenseuche
nur in vereinzelten Fällen befallen werden, da durch die Anwendung
des bisherigen Gesetzes nicht allein der Bauern- und ländliche
Arbeiter-Stand hiesiger Provinz, welche lediglich auf Viehzucht an¬
gewiesen. wirtschaftlich zu Grunde gerichtet, sondern auch In¬
dustrie, Handel und Gewerbe hierdurch auf das schwerste geschä¬
digt werden, mithin die vitalen Interessen der ganzen Provinz
Posen bedroht sind, so bitten die Unterzeichneten Landwirthe, Kauf¬
leute und Gewerbetreibenden der Provinz Posen den hohen Reichs¬
tag um eine eingehende Abänderung des Viehseucbengesetzes, vor¬
zugsweise dahin gehend: Das Schwein aus § 1 a. a. 0. auszuschei¬
den, den § 8 a. a. 0. näher zu präzisiren, die Ortschafts- und Kreis-
Ä'^erre durch eine strengere Gehöftssperre zu ersetzen und die
Sfe))nDg der Kreisthierärzte zu fixiren. Provinz Posen im Januar 1900.
II. Nachdem die Statistik gelehrt hat, dass durch die Sperrung
grösserer Bezirke der Verbreitung der Maul- und Klauenseuche
nicht Einhalt gethan, sondern Vorschub geleistet wird, dass sich
somit die jetzige Art der Ausführung des Reichsviehseuchen- i
Gesetzes von 1880 94 nicht nur zum grossen Tbeil als unnütz |
and überflüssig erwiesen hat, sondern auch dass die unsachgemässe
Anwendung des Gesetzes durch Lähmung der Viehzucht, und im j
Anschluss hieran des Handels und des Gewerbes, speciell der
Provinz Posen einen dauernden Schaden von Millionen zufügt,
welcher die Lebensfähigkeit der ganzen Provinz unterbindet
und gefährdet, bitten die Unterzeichneten Landwirthe, Kauf¬
leute und Gewerbetreibenden der Provinz Posen das höbe Haus
der Abgeordneten um entsprechende Abänderung der Ausführungs¬
bestimmungen vom 27. Juni 1895 zum Reichsviehseuchengesetz, ins¬
besondere um Präcisirung der Befugnisse der Verwaltungsbehörden
und Kreisthierärzte unter Berücksichtigung der durch die bisherige
Praxis gezeitigten Zustände sowie um Verhütung der Boykottirung
einer einzelnen Provinz der Monarchie zu Gunsten anderer durch
Quarantäne. Provinz Posen im Januar 1900.
Im Reichstage hatte nun der Abg. Rembold
folgende Resolution eingebracht:
Der Reichstag wolle beschliessen, die verbündeten Regierungen
tu ersuchen, angesichts der überaus schweren wirtschaftlichen
Schädigungen, welche durch die Maul- und Klauenseuche, sowie
durch die zur Verhütung ihrer Weiterverbreitung angeordneten
Sperrmaasregeln in den letzten Jahren berbeigeführt worden sind,
die bestehenden Vorschriften über die Bekämpfung der Maul- und
Klauenseuche auf Grund der gemachten Erfahrungen einer ein¬
gehenden Revision zu unterziehen, insbesondere darauf Bedacht
in nehmen, dass vor Anordnung der Sperre eines Orts, einer Feld¬
mark oder eines sonstigen Sperrgebiets und des Marktverbots die
Notwendigkeit aufs Sorgfältigste geprüft und jede Verzögerung bei
Aufhebung der Schutzraassregeln vermieden wird.
Die Debatte über dieselbe hat ein, man möchte sagen über¬
raschendes, Ergebniss gehabt. Es wurde zwar anerkannt, dass
eine erneute Prüfung der Vorschriften jedenfalls nur nützlich
sein kann, nnd daher die Resolution im Prinzip angenommen.
Aber Abgeordnete von den verschiedenen Seiten des Hauses und
aus verschiedenen Theilen Deutschlands erkannten unumwunden.
trotz der vorhandenen Nachtheile, den Nutzen und die Zweck¬
mässigkeit der Gesammtheit der Sperrmassregeln an nnd ver¬
teidigten dieselben entschieden. Dies that namentlich der Graf
Kanitz aus dem z. Z. von den Seuchen wenig bedrohten Osten,
aber ebenso auch Graf Bernstorff-Uelzen, der den ganz richtigen
Standpunkt vertrat, man solle nichts ändern, so lange man nichts
besseres wisse. Jedenfalls trat nirgends eine Agitation gegen
das Bestehen der gesetzlichen Bekämpfung der Seuche oder eine
Tendenz gegen die Handhabung der Vorschriften seitens der
Thierärzte hervor. Nur ein Antrag Böckel, der zur Prüfung
der Sperrmassregeln in jedem einzelnen Falle „Zuziehung von
Landwirten“ verlangte, hatte einen Beigeschmack, fand aber
bei keiner Partei Beachtung, resp. erfuhr überall Ablehnung.
Eine besondere Aufmerksamkeit verdient der letzte Satz der
Resolution Rembold, betr. Verzögerung der Aufhebung der
Schutzraassregeln. Thatsächlich kommen solche Verzögerungen
vor und sie machen ganz besonders böses Blut. Denn nachdem
die Leute die Last der Massregeln so lange getragen haben,
als dazu die Nothwendigkeit vorlag, muss es sie empören, wenn
das ersehnte Ende derselben dann noch grundlos hinausgeschoben
wird. Hier ist der Instanzenweg und das Bureau-Gebahren
oft schuld und es würde am besten geholfen werden, wenn der
beamtete Thierarzt bei Constatirung der Endschaft der Seuche
zugleich zur vorläufigen Aufhebung der Sperrmassregeln mit
voller Wirkung legitimirt würde.
Thierzucht in Weimar.
Das Grossherzogliche Staatsministerium, Departement des
Innern hat auf Vorstellung der landwirtschaftlichen Central¬
stelle hin beschlossen, dem Bezirksthierarzt Dr. Ellingcr
in Dermbach die Functionen eines Thierzuchtinspectors für den
IV. Verwaltungsbezirk versuchsweise zu übertragen.
Der Thierzuchtinspector hat nach den darüber erlassenen Be¬
stimmungen: a) belehrend nnd anregend zu wirken auf allen Gebieten
der Thierzucht, der Jungviehaufzucht, der Fütterungslehre, Gesund¬
heitspflege und Geburtshilfe sowie Wandervorträge über diese
Gebiete zu halten, b) behülflich zu sein, bei der Aufstellung zweck¬
mässiger Futtermischungen, c) mitzuwirken bei dem Ausstellungs¬
und Prämiirungswesen. In dieser Hinsicht hat er zur Erleichterung
des Amtes der Preisrichter die Aufstellung der Thiere nach gleich¬
artigen Grundsätzen zu veranlassen, und diese festen Grundsätze
thunlichst vor den Schauen bekannt zu geben, d) in den Prämiirungs-
kommissionen die Festbaltung gleichartiger Grundsätze gegenüber
den häufig beobachteten wandelbaren Neigungen zu überwachen,
e) in gleicher Weise den im IV. Verwaltungsbezirke bestehenden
beiden Körkommissionen (Vergl. Ministerialbekanntmachung vom
31. März 1884) beiräthig zu sein, f) den Silzungen des landwirt¬
schaftlichen Hauptvereins im IV. Verwaltungsbezirke beizuwohnen
und als Sachverständiger in allen thierzüchterischen und verwandten
Fragen in demselben zu wirken, g) den Gemeindevorständen, Zucht-
enossensebaften nnd Körververbänden des IV. Verwaltungsbezirks
ei der Anschaffung von Bullen und Ebern beiräthig zu sein, h) die
Viehversicherungsvereine durch Vorträge u. s. w. zu unterstützen
und die Neuerrichtung von solchen zu betreiben, i) die Herdbücher
seines Bezirks (bezw. das Bezirksherdbuch) zu führen und alle
Bestrebungen der Herdbuchvereinc zu fördern, k) beim Import von
Zuchtvieh mit staatlichen Mitteln mitzuwirken.
Der Thierznchtinspector ist nebenamtlich mit Gehalt nnd
Diäten angestellt und hat Sitz (theilweise Vorsitz) und Stimme
in allen Commissionen.
VII. Internationaler Thierärztlicher Congress in Baden-Baden.
Mittelst Schreibens aus dem Grossherzoglichen Geheimen
Cabinet d. d. Karlsruhe, den 24. April 1900 No. 999, ist im
Höchsten Aufträge dem Vorsitzenden des Geschäftsausschusses
zur Kenntniss gebracht worden, dass Seine Majestät der Kaiser
den Allerhöchstdemselben durch Seine Königliche Hoheit den
Grossherzog als Protector des Congresses übermittelten General¬
bericht über den VII. Internationalen Thierärztlichen Congress
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212
BERLINER THIERÄRZTLICH K WOCHENSCHRIFT.
No. 18.
in Baden 1899 mit lebhaftem Interesse entgegen genommen und
Allerhöchst Seinen Dank dafür ausgesprochen haben.
Ferner sind dem Geschäftsausschnss seitens Seiner König¬
lichen Hoheit des Grossherzogs Friedrich, Ihrer Königlichen
Hoheit der Grossherzogin Luise. Ihrer Königlichen Hoheiten
des Erbgrossherzogs und der Erbgrossherzogin von Baden,
Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Ludwig von Bayern,
Ihrer Grossherzoglichen Hoheiten des Prinzen Maximilian und
Karl von Baden, Seiner Erlaucht des Grafen Rhena in Karls¬
ruhe gnädige Dankschreiben für die Ueberreichung der General¬
berichte zugegangen.
Nftchstdem haben J. J. Excell. Excell. die Minister
Dr. Eisenlohr und von Brauer (Karlsruhe), der Königlich
ungarische Landwirthschaftsminister, der Präsident des Kaiser¬
lichen Gesundheitsamtes Herr Geheimrath Dr. med. Köhler,
der Oberbürgermeister der Stadt Baden und der Stadtrath da¬
selbst, sowie mehrere andere hochgestellte Beamte des Reichs
und verschiedener Staaten die Zusendung des Generalberichtes
wohlwollend verdankt.
Baden, Baden den 26. April 1900.
Der Geschäftsausschuss.
Jahresbericht der thierlrztlichen Heohsohule zu Berlin 1898/99.
Die Zahl der immatriculirten Studenten betrug im
S. S. 1898: 486, im W. S. 98,99: 528, d. s. 20 mehr als im
Vorjahr. Dazu kamen noch 29 bezw. 42 Studierende, welche
schon mehr als die vorgeschriebene Semesterzahl studiert hatten
und daher nicht mehr immatriculirt waren. Ausser den von
anderen Hochschulen übersiedelnden wurden neueintretende
Studirende immatriculirt 65 zu Ostern und 80 zu Michaelis 1898.
Der naturwissenschaftlichen Prüfung unterzogen sich in
4 Prüfungstenninen zusammen 153 Studirende. Von dem¬
selben erledigten im Berichtsjahre die Prüfung 134 = 87,5 pCt.
(in den Vorjahren 85, 87, 89 pCt.); jedoch hatten sich von
diesen 134 Camlidaten 32 einer Nachprüfung zu unterziehen
gehabt, so dass die glatten Erfolge nur 102 66 pCt. (Vor¬
jahr 69 pCt.) betragen. Die (’ensur „sehr gut“ wurde 13 mal
„gut“ 55 mal, dagegen „schlecht“ 9 mal ertheilt.
Die thierärztliche Fachprüfung wurde im Berichtsjahr von
97 Candidaten (Vorjahr 84) erledigt; 59 begannen die Prüfung,
beendeten sie jedoch nicht.
An den anatomischen Uebungen nahmen tlieil im IV. Quartal
1898 159 Studirende des 111. und IV. Semesters. Dazu traten
im I. Quartal 1899 146 Studirende des I. und II. Semesters,
sodass zusammen über 300 Studirende zu präpariren hatten.
Verwendet wurden 65 Pferde, 20 Hunde. 2 Schweine 2 Wieder¬
käuer, 267 Körper tlieil e. An den histologischen Uebungen
nahmen 140 Studirende in 2 Abtheilungen tlieil.
In der medicinischen Klinik wurden 1312 Pferde ( Vor¬
jahr 1315) behandelt, von denen 195 ( Vorjahr 231) gestorben
bezw. getötet sind. Von 716 Kolikern starben 89 — 12,4 pCt.
(12.5). Auf Gewährsfehler wurden 548 Pferde untersucht. Von
371 mit einem Fehler behaftet gefundenen waren 186 dumm-
kollerig, 49 dämpfig und 45 Kehlkopfspfeifer, zusammen 280
— 76 pCt. der Fehlerhaften.
In der chirurgischen Klinik wurden 751 Pferde behandelt
(827), von denen 427 geheilt und 175 gebessert wurden:
90 blieben ungeheilt, 37 wurden getötet und 22 starben.
369 grössere Operationen wurden ausgefuhrt.
In der Poliklinik für grössere Hausthiere sind 11884 Pferde
untersucht worden. An diesen wurden 1730 kleinere Operationen
ausgeführt. Zur allgemeinen Begutachtung und Alters¬
feststellung wurden 480 vorgestellt.
In der Klinik für kleinere Hausthiere wurden eingestellt
915 Hunde, 2 Katzen 11 Papageien. Von diesen Thieren sind
getötet bezw. gestorben 169. Der zugehörigen Poliklinik wurden
zngefiihrt 10442 Hunde, 279 Katzen. 99 andere kleine Vier-
füssler, 262 Papageien. 364 Hühner und Tauben, 208 andere
Vögel.
Im Bereich der ambulatorischen Klinik wurden 492 Besuche
gemacht und dabei untersucht wegen Seuchen 6 Pferde-.
51 Rinder- und 18 Schweine-Bestände, wegen sporadischer
Krankheiten 96» Pferde, 523 Rinder, 63 Schweine, 46 Schafe
und Ziegen.
Im pathologischen Institut gelangten zur Section 237 Pferde
und 3 Kühe, sowie zahlreiche kleine Hausthiere.
Wanderausstellung der Deutsohen Landwirthsohafts-Gesellschaft.
Die diesjährige grosse landwirtschaftliche Aus¬
stellung findet vom 7. bis 12. Juni d. J. in Posen statt.
Indem die Herren Collegen zur recht zahlreichen Theilnahme an
derselben hiermit freundlichst ein geladen werden, erlauben wir
uns ergebenst zu bemerken, dass aus Anlass der Ausstellung
am 6. Juni d. J., Abends 9 Uhr, in der Colonnade des Restaurant
Duemke hierselbst, Wilhelmsplatz, eine Versammlung und
Begrüssung der in Posen anwesenden Herren Collegen nnd
am 10. Juni d. J., Vormittags 11 Uhr, in demselben Restaurant,
eine kurze Sitzung des thierärztlichen Provinzial¬
vereins für Posen stattfindet, welcher sich — unter er¬
wünschter Betheiligung der Damen — ein Rundgang durch
die Ausstellung, sodann um 4 Uhr Nachmittags ein gemein¬
sames Diner — Couvert 4 Mk. — und um 8 Uhr Abends ein.
vom gen. Verein inscerti'rter Gommers im Restaurant de*
neuen städt. Schlacht- und Viehhofes anschliesseu wird.
Zu diesen Veranstaltungen werden alle die Ausstellung
besuchenden Herren Collegen und deren Damen mit der Bitte
ergebenst eingeladen, gefälligst die Zahl der gewünschten
Couverts zum Diner dem mitnnterzeichneten Veterinär-Assessor
Heyne, Luisenstr. 21, bis spätestens 6. Juni d. J. anzeigen
zu wollen.
Mit Rücksicht darauf, dass die Theilnahme an der Aus¬
stellung voraussichtlich eine bedeutende sein wird und auf
Wohnungen in Hotels und Gasthäusern sehr wenig zu rechnen
ist, da solche schon jetzt durch Vorausbestellnngen grössten-
theils vergeben sind, werden die Herren Collegen, welche die
Ausstellung zu besuchen beabsichtigen, dringend gebeten,
sofort bei dem Wohnungsnachweis zu Posen, Stadt¬
haus part., Bestellung auf eine Privatwohnung, unter genauer
Angabe der Zahl der Tage, machen zu wollen.
Die Preise der Zimmer stellen sich auf 2,50 Mk. — 6 Mk.
für den Tag, je nach Lage und Ausstattung.
Ausserdem haben sich zur unentgeltlichen Hergabe von
Zimmern folgende Herren Collegen erboten:
Herr
Korps-Rossarzt a. I). Gross:
1
Zimmer mit 2
Betten,
11
Kreisthierarzt Jacob:
1
0
11 11 -
11
Ober-Rossarzt K am m e r h o f:
1
*>
11 11 ~
17
11
Rossarzt Mentzel:
1
» 1
Bett.
„
Rossarzt Schoen:
1
1
•1
11
Ober-Rossarzt Tiesler:
1
„ „ 2
Betten,
11
Korps-Rossarzt Wesener:
1
» » *
•?
11
Thierarzt Herzberg:
1
, „ 2
11
11
Veterinär-Assessor Heyne:
I
•)
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3. Mai 1900.
Diejenigen Herren Collegen, welche geneigt sind, von
diesem Anerbieten Gebrauch zu machen, werden gebeten, dem
mitunterzeichneten Veterinär-Assessor Heyne sofort eine
entsprechende Mittheilung zugehen lassen zu wollen.
Letzterer wird alsdann alles Weitere veranlassen.
Posen, den 1. Mai 1900.
Im Namen der Posener Thierärzte
Heyne Herzberg
Veterinär-Assessor. Thierarzt u. stellvertretender
Stadtverordneten -V orsteher
Tagesordnung fOr die Sitzung des thierirztliohen Centrnl-Vereins für die
Provinz Sachsen, die Thüringischen und Anhaitischen Staaten
am 13. Mai d. Js., Vormittags 10 Uhr
in Magdeburg im Hotel Magdeburger Hof.
1. Geschäftliches. Aufnahme neuer Mitglieder.
2. Bericht über den Stand der Vereinskasse und Rechnungs¬
legung. Ref.: Kreisthierarzt Thunecke-Calbe.
3. lieber Hundesenche. Ref.: Thierarzt Richter-Dessau.
4. Die Borna’sche Krankheit. Ref.: Prof. Dr. Ostertag-
Berlin.
5. Mittheilungen aus der Praxis und Unvorhergesehenes.
Gäste sind willkommen.
Gruppe der Schlachthof- etc. Thierärzte nach Anlage.
Nach der Sitzung gemeinschaftliches Mittagessen unter
Theilnahme der Damen. (Gedeck 3 M.) Um Angabe der Zahl
der gewünschten Gedecke wird bis zum 12. Mai Mittags an
den Unterzeichneten stellv. Vorsitzenden gebeten.
Diejenigen Herren Collegen, welche im Vereinsbezirk
wohnen, bisher aber dem Verein als Mitglieder noch nicht an-
%«2o!w$n, machen wir ergebenst darauf aufmerksam, dass die
Vereinsversammlungen zufolge Vereinsbeschlusses jährlich zwei
Mal abwechselnd in Halle und Magdeburg abgehalten werden.
Dieser Beschluss ist aus dem Bestreben hervorgegangen, sowohl
den weit im Süden wie weit im Norden des Vereinsgebietes
wohnenden Collegen die Möglichkeit zu gewähren, ohne allzu
grosse Opfer mindestens ein Mal im Jahre einer Vereinssitzung
beiwohnen zu können.
213
Wir laden daher zu der nächsten Sitzung und zum Beitritt
alle dem Verein noch fernstehenden Collegen der Provinz
Sachsen, der Anhaitischen und Thüringischen Staaten er¬
gebenst. ein.
Da die nächste Sitzung am 13. Mai in Magdeburg tagen
wird, wird es besonders den Collegen im nördlichen Theil der
Provinz Sachsen und der Thüringischen Staaten ein Leichtes
sein, der Versammlung beizuwohnen.
Leistikow, Friedrich,
stellv. Vorsitzender. Schriftführer.
Gruppe der Schlachthof- und Sanitätsthierärzte.
(Nach Schluss der gemeinschaftlichen Sitzung.)
Tagesordnung:
1. Festsetzung der Tagesordnung für die nächste Sitzung
der Gruppe. 2. Unvorhergesehenes.
Magdeburg, den 19. April 1900. Colberg.
Verein sohlesisober Thierlrzte.
Die Frühjahrs Versammlung findet Sonntag, den 0. Mai d. J.
Vormittags 11 Uhr in Breslau in Böttchers Sälen an der
Promenade statt.
Tagesordnung.
1. Geschäftliche Mittheilungen.
2. Vieh-Handel und -Wandel nach ^Einführung des B. G.-B.
a) Besprechung nach Beispielen ans der Praxis: Kr.-Th.
Bischoff.
b) Gewährmängel bei Schlachtthieren: Schl.-Th. Anders.
3 Zahl der Schlachtstunden, \ in Öffentlichen Schlachthäusern.
Staatsaufsicht j Schl.-Dir. Hentschel.
Um 2 , / 2 Uhr Diner unter erwünschter Betheiligung der
Damen. (Die Herren Kollegen werden gebeten, die Theilnahme
am Diner soweit möglich schon vorher, — bis zum 4. Mai er. —
beim Vorsitzenden anzumelden).
Hentschel. Dr. Arndt.
Verein praotiecher Thierlrzte zu Berlin.
Die Maisitzung ist auf Sonnabend, den 12. verlegt worden.
Der Verstand.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Oeffentliches Veterinär wesen.
(Mittheilungen für
Seucheustatistik und Veterinärpolizei.
Entschädigungen für Verluste durch Thierseuchen in Deutschland 1898.
(Jalin'-licrii-lit (Hut die Verbreitung der ThierMOiirhen in Di'iitachUnd.
Verlag von Jul. Springer.)
Anlässlich des Rotzes wurden gezahlt für 137 (gesunde)
Pferde nach vollem Werth aus Staatsmitteln 58 332 und für
351 Pferde aus dem von den Besitzern selbst aufgebrachten
Entschädignngsfonds zu 3 /* des Werthes 130 985 M., zusammen
für 488 Pferde 189 137 M. Davon fallen auf Prenssen 409 Pferde
(120 znm vollen Werth) nnd 148 792 M. (50000 M. aus der
Staatskasse) und hiervon mehr als je 10 000 M. auf die Re¬
gierungsbezirke Danzig (25 000), Breslan (24 000), Marienwerder
(20 000), Posen und Oppeln (je 15 000), auf alle anderen er¬
heblich weniger. Auf Bayern kommen nur 9 Pferde mit 31(55 M.,
dagegen auf Sachsen 33 mit 20 (581 und auf Württemberg 21
mit 11 604 M., auf die anderen betroffenen Staaten nur einzelne.
Die Durchschnittsentschädigung aus Staatsmitteln betrug 428 M.
(bis zu 670 M.), die Dreiviertelentschädigung durchschnittlich
373 M. (bis zu 730).
Veterinärbeamte.)
Bei Lungen seuche-Ausbrüchen wmrden gezahlt für
831 Rinder zum vollen Werth 139 3(54 M. and für 645 Rinder
zu 4 /s 118 377 M., zusammen für 1476 Thiere 257 741 M., d. s.
200 Thiere und (50 000 M. mehr als 1897, aber noch 800 Thiere
bezw. 140 000 M. weniger als 1896. Auf Prenssen kamen 1422
Stück und 247 573 M. und davon wieder auf den Regierungsbezirk
Magdeburg 1138 Thiere mit 203 175 M. = 79 pCt. der deutschen
Gesammtsumme, ferner anf Posen 255 Thiere mit 38 000 M.
Im Königreich Sachsen waren 53 Thiere mit 10 000 M. zu
entschädigen, sonst überall nur unbedeutende Summen auf¬
zuwenden.
Für Milzbrand nnd Rauschbrand zusammen wurden
bezahlt in Preussen für 106 Pferde und 2430 Rinder 572 335 M.
Davon entfielen auf die Reg.-Bez. Breslau 85 933, Düsseldorf
72 999, Frankfurt 58 339 und Potsdam 45 711, diese 4 Bezirke
stehen schon seit Jahren weitaus in erster Reihe. Dann folgen
mit 38—20 000 Liegnitz, Münster, Arnsberg, Wiesbaden, Trier,
Koblenz, Aachen und Oppeln, die mit Ausnahme von Koblenz
schon 1897 und excl. Arnsberg auch 1896 in derselben Kategorie
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214
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 18.
standen. Mehr als lOOOO M. beanspruchten noch Gumbinnen,
Minden, Cassel und Köln; 90000 Königsberg und Sigmaringen.
In Bayern wurden für «108 Thiere 121 578 M. gezahlt, am
meisten in der Pfalz (39 000), Oberbayern (28) und Schwaben (20),
ähnlich wie im Vorjahre. In Württemberg wurden 347 Stück
mit 87 857 M. entschädigt, in Braunschweig 71 mit 20 000, in
Altenburg 40 mit 9700, in Elsass-Lothringen 74 mit 17 500.
Sachsen, Baden und Hessen berechnen für Milzbrand und
Rauschbrand besonders und entschädigten für Milzbrand 35«» i
bezw. 94 bezw. 87 Stück mit 92 000, 19 000 und 20 000 M.;
für Rauschbrand zahlten Baden für 69 Rinder 8500 und Hessen
für 81 Rinder rund 12 000 M., Sachsen nur 980 M. für 3 Stück.
Für die an Maul- und Klauenseuche gefallenen 508 Rinder
wurden in Württemberg 8«» 842 M. bezahlt (im Vorjahr das
Doppelte.)
i
Ermittelung der Tuberkulose in den See-Quarantlne-Anetalten.
Nach dem Jahresbericht über die Verbreitung der Thier¬
seuchen in Deutschland (Verlag von Julius Springer) wurden
in den See-Quarantäne-Anstalten von 23471 eingeführten tuber- (
culösen Rindern 23165 mit Tubercnlin geprüft. Davon wurden j
7210=31 pCt. als tuberculoseverdächtig ermittelt. Die Angaben,
wieviel davon bei der Abschlachtung tuberculös befunden worden
sind, bleiben unvollständig; die angegebenen Procentsätze
schwanken zwischen 80 und 100.
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen.
Die Seuche auf dem Schlachthof zu München ist am 29. April er.
erloschen.
Sonstige Meldungen liegen aus der vergangenen Woche
nicht vor.
Fleischschan und Yiehverkehr.
Ergebnisse der Trichinen- und Finnenschau in Preussen 1898.
(Jalin-atirrleht über *11«» Verbreitung der Thiersciiehcii in llciiUcblnnd.
Verlag von Jnllua Springer).
Seit 1892 muss gemäss einem Erlass des Ministers der
Medicinal-Angelegenheiten über die Ergebnisse der Trichinen-
nnd Finnenschau berichtet werden, welche 1898 folgende waren:
Die Zahl der untersuchten Schweine betrug 8 246 786 Stück.
Bei 1019 d. s. 0,012 pCt. oder 1 : 8300 wurden Tricliinen ge¬
funden, Finnen bei 4558, d. h. 0,055 pCt. oder 1: 1800. Beide
Procentsätze sind gegen das Vorjahr mit 0,018 bezw. 0,068p('t.
geringer.
Hinsichtlich der Trichinenfunde weisen die Regierungs¬
bezirke folgende absoluten Zahlen auf: Posen 547, Königsberg
90, Berlin 83; Gumbinnen, Danzig, Marienwerder, Potsdam.
Frankfurt, Bromberg, Breslau, Oppeln, Magdeburg, Kassel
zwischen 30 und 56; Liegnitz 26; Stettin, Köslin, Merseburg
Hildesheim, Lüneburg, Münster, Minden, Arnsberg, Wiesbaden,
Düsseldorf, 2—7, Stralsund, Erfurt, Koblenz, Köln und Trier
je 1; Schleswig, Hannover, Auricli, Osnabrück, Stade, Aachen
und Sigmaringen 0. Im Verhältniss zu den untersuchten
Schweinen stehen voran Posen mit 0,15 pCt. gleich 1:642,
Königsberg mit 0,045, Bromberg mit 0,041, Gumbinnen und
Danzig mit 0,039 pCt. gleich (ca. 1 :2500). Dagegen haben
Köln und Arnsberg etwa zehnmal weniger trichinöse Schweine,
nämlich 1 : 25 000.
Im Ganzen entfallen auf die fünf östlichen Provinzen Ost-
preussen, Westpreussen, Posen, Schlesien und Brandenburg mit
2 739 851 untersuchten Schweinen 906 Trichinenfunde. Das sind
1 :3024 oder 0,033 pCt. Auf alle übrigen Provinzen kommen
5 506 035 untersuchte Schweine und 297 Trichinenfunde.
Das sind 1 auf über 18 500 oder 0,005 pCt. Lässt man die
Bezirke, wo überhaupt keine Trichinen gefunden worden sind,
ganz ausser Betracht, so ergeben sich für die übrigen west¬
lichen Bezirke und Pommern von 4,14 Millionen Schweinen 1
trichinöses auf 13 '.»50 oder 0,007 pCt. Wie immer, steht
Pommern in einem Gegensatz zu den übrigen östlichen Provinzen,
indem es auf 236 000 Schweine nur 5 trichinöse, also 1:47 000
oder 0,002 pCt. aufweist. Unter allen westlichen Bezirken treten
dagegen z. B. Magdeburg mit 1: 10 000 und Kassel mit 1:9000
(0,01 pCt.) hervor. Die Provinz Schleswig hat gar keine
Trichinenfunde. Die Provinz Hannover (mit 4 ganz freien
Bezirken nur 1 auf 108 000 Schweine.
Die absoluten Zahlen der Finnenfunde sind: in Oppeln
942, Düsseldorf 865, in Berlin und Königsberg über 300, in
Posen 295, in Danzig, Marienwerder, Potsdam, Breslau, Hannover
zwischen 100 und 200; dagegen in Stettin, Köslin, Stralsund.
Erfurt, Schleswig, Münster unter 10 und in Aurich und
Sigmaringen keine, ln den relativen Zahlen rangirte Oppeln
mit 0,239 pCt. gleich 1:418 allen voran; es folgen mit über
Vio pCt. bezw. 1 :534 — 934 Königsberg, Düsseldorf, Posen.
Marienwerder und Danzig. Dagegen haben Münster, Köslin,
Stralsund, Stettin, Erfurt und Schleswig noch nicht den 100.
Tlieil soviel Finnen, nämlich 0,009 — 0,004 pCt., d. h.
1:11000—25 000. In vielen Bezirken sind also die Schweine¬
tinnen genau ebenso selten als die Trichinen.
Im Allgemeinen überwiegt ja auch hier der Osten, aber
doch nicht so ausschliesslich, wie namentlich die auffallend hohen
Finnenzahlen in Hannover und Düsseldorf', die von Trichinen
ganz oder beinahe verschont sind, beweisen. Pommern macht
auch bezüglich der Finnen im Osten eine glänzende Ausnahme.
Es kommen auf Ostpreussen, Westpreussen, Brandenburg, Posen
und Schlesien auf 2 739 851 untersuchte Schweine 2809 finnige,
d. h. 1:975 gleich 0,1 pCt. Auf Pommern kommen 1 aut
18154 gleich 0,005 pCt. Auf die 6 westlichen Provinzen
kommen bei 5 270 678 Schweinen 1736 finnige vor, d. s. 1:3036
gleich 0,03 pCt. Bezüglich der Finnen ist also der Unterschied
zwischen Westen und Osten lange nicht so gross, wie bei den
Trichinen. In Düsseldorf stellten sich die Verhältnisszahle«
sogar auf 1 :691 oder 0,14 pCt., also über den östlichen Durch¬
schnitt, und in Hannover auf 1 : 1336 gleich 0,07 pCt. Wenn
nicht an der Trichinenschau, so sind also doch an"] der
Finnenschau auch die meisten westlichen Bezirke stark
interessirt. Schleswig ist, wie Pommern, gleichmässig arm wie
an Trichinen, so an Finnen.
Verfügung des Herrn Regierungspräsidenten von Bromberg
betreffs
Controle der Landfleisohbesohauer durch die beamteten Thierirzte
vom 27. Februar 1900.
Es hat sich die Nothwendigkeit herausgestellt, die Fleischscban
— Untersuchung der Schlachtthiere vor und nach dem Schlachten -
in denjenigen Orten, in denen sie durch besondere Polizei-Ver
ordnung eingeführt ist, in derselben Weise einer technischen Con¬
trole zu unterstellen, wie dieses bereits in dem am 5. Febrnar 1896
No. 2505 T Ib übersandten Verfügungs-Entwurf empfohlen und
durch meine Verfügung vom 23. April 1891 No. 731 T Ib für d» e
Fleischschau in den öffentlichen Schlachthäusern angeordnet ist
Ich übertrage diese Controle den beamteten Tbieräreten, die
zunächst gelegentlich ihrer Dienstreisen in beliebigen Zwischen
räumen die Controle in der Richtung auszuüben haben, dass sie den
gesamtsten Betrieb der Fleischschau, die Buchführung und die
Thätigkeit des Fleischbcscbauers einer eingehenden Prüfung unter¬
werfen.
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3. Mai 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
216
Etwaige hierbei gefundene kleinere Ausstände sind evtiitl.
durch Belehrung der Fleischbeschauer, andere durch Anzeige an die
zuständige Ortspolizeibebörde oder an den Herrn Landrath zn be¬
seitigen. Nach den Revisionen ist von den Kreisthierärzten ein
Vermerk in den Beschaubüchern zu machen.
Zum 1. Januar eines jeden Jahres erwarte ich von den be¬
amteten Thierärzten durch die Hand des Landratbs Bericht Uber die
Anzahl und das Ergebniss der Revisionen mit eventl. Verbesserungs-
Vorschlägen u. 8. w.
Gleichzeitig bestimme ich, dass die Laienfleiscbbeschauer alle
zwei Jahre, vom Tage ihrer Anstellung an gerechnet, eine Prüfung
in dem Rahmen meiner in Abschrift anbeigefügten Verfügung vom
27. August 1891 No. 1423 T I b vor dem beamteten Thierarzt ihres
Kreises abznlegen haben, in der auch besonders daraufhinzuweisen
ist, inwieweit die Laienfleischbeschauer berechtigt sind, Beanstan¬
dungen und Freigabe von Schlachttbieren und Fleisch vorzunehmen.
Diese Nachprüfung, welche auch die Laiendeischbeschauer an
öffentlichen Schlachthäusern abzulegen haben, ist kostenfrei.
Die Kreisthierärzte haben eine Nachweisung der sämmtlichen
in ihrem Bezirke vorhandenen, amtlich bestellten Fleiscbbeschauer
zu führen, in welcher auch die Nachprüfungen und die Controlen
derselben einzutragen sind.
Dort, wo die Fleiscbschau bereits eingeführt ist, haben die
Polizeibehörden dem beamteten Thierarzt hiervon unter Anschluss
eines Exemplares der Polizeiverordnung nebst deren AusfUhrungs-
bestimmungen und einer Nachweisung der angestellten Fleisch¬
beschauer Mittheilung zu machen.
In gleicher Weise ist in Zukunft dem beamteten Thierarzt die
Anstellung eines Fleischbeschauers und die Einführung der Fleisch¬
beschau anzuzeigen. Sämmtlicbe Fleiscbbeschauer sind, soweit dieses
nicht anderweitig geschehen ist, von vorstehender Verfügung in
Kenntniss zu setzen.
Bücheranzeigen und Kritiken.
JE» werden hierunter eine Reihe von Werken genannt, welche
x. Th. schon vor längerer Zeit der Redaction xugegangen sind, deren
Besprechungen aber wegen Raummangels xurückgestellt werden mussten
und hier nur gekürzt wiedergegeben werden können.
I.
Carus Sterne. Werden und Vergehen. Vierte Auflage, Berlin
bei Gebr. Bornträger. In 20 Heften zn 1 M.
Das berühmte Werk, welches längere Zeit vergriffen ge¬
wesen ist, erscheint in 4. Auflage, von der 10 Hefte vorliegen.
Das Buch ist populär in bestem Sinne des Wortes. Es ist für
den gebildeten Laien geschrieben, und Laien in diesem Sinne
sind auch die, welche einen Theil der Naturwissenschaften
fachmännisch beherrschen, ohne sich dem speciellen Studium der
Weltentwicklung widmen zu können, also auch der Mediciner.
Das Werk gilt mit Recht als vielleicht die beste Darstellung
der Entwicklung der Welt, ihrer anorganischen und organischen
Gebilde, nicht nur durch die sachlich gelehrte Behandlung des
Stoffes , sondern auch durch die klare, überall fesselnde
Schilderung und die auserlesene Form derselben. Der Inhalt
des Buches ist in grossen Umrissen folgender: Entstehung der
Weltkörper, Urwesen, Anfänge von Thier und Pflanze, Ent¬
wicklung der Pflanzen und der grossen Thiergruppen, Ab¬
stammung der einzelnen Wirbelthierklassen, Entwicklung
der menschlichen Bevölkerung. Auf diesem Wissensgebiet bis
zu einem gewissen Grade heimisch zu sein, gehört zur all¬
gemeinen Bildung und ist für den Mediciner zur Abrundung
seiner naturwissenschaftlichen Ausbildung besonders unent¬
behrlich. Die wüii8chenswerthen Kenntnisse wird man sich kaum
leichter und angenehmer aneigneu können, als durch das genuss¬
reiche Studium des Werkes von Carus Sterne. Dass eine sehr
grosse Zahl trefflicher Abbildungen die Beschreibung unter¬
stützen, ist bei einem solchen Werke selbstverständlich.
lütt. Bacterienkunde und pathologische Mlcroacapie, HI. neubear¬
beitete Auflage. Wien 1899 bei Moritz Perles. Das
Kitt’sche Werk ist in thierärztlichen Kreisen bereits allgemein
bekannt geworden und eingeführt. Es bietet, wie Verfasser
selbst zutreffend hervorhebt, einen umfassenden Ueberblick über
die Bacteriologie und pathologische Gewebelehre vom speciell
thierärztlichen Standpunkte aus und will in die Technik dieser
Wissenschaft einführen, soweit das practische Interesse eine
solche fordert und soweit dieselbe ausserhalb der Special¬
laboratorien durchführbar ist. In dieser Art der Anlage ist das
Kittsche Buch das einzige und es empfiehlt sich dadurch dem
Thierarzt, dem eine solche Anleitung heut unentbehrlich ist, von
selbst. Dass die neue Auflage sehr wesentliche Veränderungen
aufweist, ist angesichts der Fortschritte der letzten Jahre selbst¬
verständlich. Sie ist dem Andenken Franks gewidmet.
Zuntz und Hagemann: Untersuchungen Uber den Stoffwechsel des
Pferdes bei Ruhe und Arbeit. Berlin bei Paul Parey. 14 M.
Das Werk giebt in ausführlicher Form Anlage, Ausführung
und Ergebnisse der in grossem Style angelegten von Professor
Zuntz (Landwirthschaf'tl. Hochschule, Berlin) geleiteten und in
Gemeinschaft mit Hagemann, sowie unter Mitwirkung von
Lehmann und Frentzel durchgeführten Versuche, deren Haupt¬
ergebnisse schon früher allgemein bekannt und gewürdigt worden
sind (vgl. B. T. W. Jahrgang 1899, pg. 99). In jahrelanger
mühsamer Arbeit sind Resultate gewonnen worden, welche so¬
wohl von hohem wissenschaftlichen Interesse, als von practischer
Bedeutung sind und ebenso einen Reichthnm thatsächlicher
Feststellungen als eine Fülle von Anregungen bergen. Für ein
grosses Lesepublicum ist das Buch freilich nicht geschrieben,
aber die Anerkennung aller derer ist ihm sicher, die gediegene
Arbeit zu schätzen verstehn.
Wilhelm Behrens: Tabellen zum Gebrauch bei mioroaoopiachen Arbeiten.
HI. Auflage. Braunschweig bei Harold Bruhn. 1898. Octav.
237 Seiten. 6 M.
Für microscopische Arbeiten aller Art hat das oben genannte
Werk, welches unter Mitwirkung zahlreicher Specialisten ent¬
standen ist, einen ganz hervorragend praktischen Werth. Was
sich sonst an Technik mehr oder weniger verstreut in grösseien
Werken findet, ist hier in bequemster, vollständiger und zuver¬
lässigster Art zusammengestellt. Die 75 Tabellen, welche das
Buch enthält, beziehen sich z. Th. auf mineralogische, mikro¬
chemische und microphotographi8che Arbeiten. Von denen, die
uns besonders interessiren, seien hervorgehoben: Löslichkeits¬
verhältnisse, Verhalten der gebräuchlichen organischen Farb¬
stoffe, Fixirungs-, Härtungs-, Conservirungs-, Beobachtnngs-,
Einschluss-Mittel; Aufhellungsmittel und Vormedien für Paraffin-
Einbettung und Einschluss; Verschlusslacke, Einbettungs-, Auf-
klebe-Mittel, Macerations-, Entkalkungs-, Entkieselungs- und
Corrosions-Mittel; Imprägnationsmittel und Injectionsmassen;
Färbungen mit Carmin, Haematoxylin, Orcein, Tlieerfarbstoffen;
Doppelfärbungen, Bacterienfärbungen; Culturflüssigkeiten und
Nährsubstrate. S.
Eingesandt.
Rechtfertigung.
In der letzten Nummer dieser Wochenschrift hat mich Herr
Dr. Hülsemann wegen der Kritik seiner Brochure „Die Vieh¬
versicherung etc.“ angegriffen und mir insbesondere wegen der
Form derselben Vorhaltungen gemacht. Ich muss es ablehnen, von
Herrn Hülsemann Belehrungen über literarische Höflichkeit an¬
zunehmen, spreche ihm auch das Recht ab, mir solche zu
erth eilen.
Herr Hülsemann klagt mich bei den Lesern der B. T. W.
wegen meines Verhaltens ihm gegenüber an, ohne das Material mit-
zutheilen, auf Grund dessen die Anklage erhoben wurde; er ge¬
stattet somit den Lesern kein eigenes Urtbeil. Wie Herr HUI Be¬
mann Uber mich denkt, lässt mich kalt, nicht aber kann ich es
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 18.
zulassen, dass ich von ihm bei den Lesern der B. T. W. verdächtigt
werde. Ich übergebe desshalb hiermit meine damalige Kritik der
Beurtheilung meiner Herrn Collegen und überlasse es ihnen, sich
selbst ein Urtheil in der vorliegenden Frage zu bilden; die Majorität
wird mir gewiss darin Recht geben, dass die Kritik in einer so
verbindlichen Form gehalten ist, wie die kritisiite Le stung es nur
eest.-ittet. Ich betrachte es als eine unangenehme Pflicht der thier-
ärztlichen Presse, neue Werke durchaus objectiv zu kritisiren und
werde mich auch von der Erfüllung derselben nicht abbringen
lassen.
Meine Kritik lautete wörtlich:
Der Verf. hat beabsichtigt, die Literatur über Viehversicherung
zu vervollständigen und insbesondere über ihr Wesen, ihre Auf¬
gaben und ihre zweckmässige Organisation belehrend zu wirken.
Das wäre in der That eine dankenswerthe Aufgabe gewesen, denn
es bestehen hierüber in vielen Kreisen sehr irrige Anschauungen.
In meiner langjährigen Praxis habe ich mich eingehend mit dem
Viehversicherungswesen beschäftigt, kann mich aber mit den Theorien
des Herrn Verfassers nicht einverstanden erklären. Er zeigt von
vornherein den Vieh-Versicherungsgesellschaften gegenüber eine
durch seine Darlegungen nicht begründete Animosität und behauptet,
sie hätten „einen re.n kaufmännischen Cbaracter, um einer Anzahl
von Personen Gelegenheit zu gewähren, ihr täglich Brod und mehr
als das zu verdienen“. So soll man doch nicht über Institute ur-
theilen, die der allgemeinen Wohlfahrt zu dienen bestrebt sind,
dabei aber mit soviel Schwierigkeiten zu kämpfen haben und so
häufig doloser Weise ausgenützt werden, dass ihr segensreiches
Wirken fortdauernd beeinträchtigt wird.
Herr Hülsemann ist gegen die Vieh-Versicherungsgesellschaft
also ungerecht, wie er aber selbst über die Viehversicherung denkt,
erkennt man am besten aus seinem Organisationsplan.
Herr Hülsemann stellt eine allgemeine obligatorische Vieh¬
versicherung als das erstrebenswerthe Ziel hin. Dem Privatmann
soll sich das ganze Institut nur durch Beitragspflicbt und Recht auf
Entschädigung bemerkbar machen. Es soll geleitet werden von
einer Centralbehörde aus drei Mitgliedern mit einem Thierarzt oder
Landwirth als Vorsitzenden und von Beamten. Die Provinzial-
Regierungen sollen die Versicherungen ins Leben rufen und den
Unterregierungen soll ein mög'ichster Spielraum für selbstständige
Entschliessungen gelassen werden. Hierbei hat als Grundsatz zu
gelten, dass alle Behörden, die mit der Viehversicherung zu thun
haben, auch pecuniär an derselben interessirt sind. Die Orts¬
vorstände sollen bei Gelegenheit der Steuereinscbätzung von den
einzelnen Haushaltungsvorständen Angaben über den Werth ihres
Viehes verlangen; in Entschädigungställen sollen diese Angaben
entscheidend sein. Die Ortsvorstände sollen die Entschädigungen
auszahlen, sobald der Beweis erbracht ist, das der Haushaltungs¬
vorstand alles das zur Verhütung des Verlustes gethan hat, was
ein sorgfältiger Thierbesitzer in solchen Fällen zu thun verpflichtet
ist. Um endlich den einzelnen Besitzer davon abzuhalten, durch
betrügerische Machenschaften die Versicherung zu schädigen, wäre
das ganze Unternehmen durch äusserst scharfe Strafbestimmungen
zu schützen.
Der Verf. hätte diese Anschauungen vor der Veröffentlichung
erst in einer landwirtschaftlichen Versammlung darlegen sollen, um
abfällige Uriheile nur aus engem Kreise zu hören. Die Vieh¬
besitzer werden für die Beglückung mit einer solchen Viehver¬
sicherung bestens danken. Mir ist keine Versicherungs-Gesellschaft
bekannt, die solch rigorose Bestimmungen enthält Es ist bedauerlich,
dass es ein Thierarzt war, der diese Broschüre verbrochen. Ich
möchte nur Verwahrung dagegen einlegen, dass man etwa allgemein
den Thierärzten ein so geringes Verständnis über die Aufgaben
und die Organisation der Vieh Versicherung beiraisst. Malkmus.
Personalien.
Auszeichnungen und Ernennungen: Anlässlich des Geburtstages Sr.
Majestät des Königs von Sachsen wurde verlieben: Dem Professor
Dr. Pusch, Landesthierzuchtdirector für Sachsen, das Ritterkreuz
I. Kl. des Alhrechtsordens; dem Medizinalrath Professor Dr. Johne
Rang u. Titel als Obermedizinalrath; Dr. Edelmann, Docent für
Fleischbeschau und Dr. Biedermann, Docent für Physik, Rang u.
Titel als Professor. — Gewählt: Geissler, Polizeithierarzt in Frei¬
berg zum Schlachthofdirector in Crimmitschau; Opel-EIsierberg zum
städt Thierarzt in Markneukirchen (Sachs.)
Approbationen: In München die Herren Otto Burkart, Adolf
Hohenadl, Michael Scheidt und Joseph Strauss.
Wohnsitzveränderungen, Nitde.lassungen etc.: Verzogen: Die Thier¬
ärzte Curt Graefe nach Mügeln bei Oschatz, Langboff nach
Buxtehude, Dr. Woffhügel vorübergehend als Assistent nach
Glauchau. — Thierarzt E. Wienholtz hat sich in Bunde (Ostfries¬
land) niedergelassen.
In der Armee: Befördert: Scbmid, Unterveterinär im 2. Feld-
Art-RgL zum Veterinär; Paul Meyer, Einj.-Frw. im 9. Hus.-Regt
zum einj.-frw. Unterrossarzt. — Die Ernennung des Unterveterinär
der Res. Miessbach, pract Tbierarzt in Kamenz (Sachs.), früher
Rödern, zum activen Unterveterinär ist ausser Wirksamkeit gesetzt
worden
Vacanzen.
(Näheres über die Vacanzen mit abgelanfencr Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreiothierarztstellen eto.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich KreiszuBchuss)
Gesuche an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Wiesbaden: St.
Goarshausen (600 M. Gehalt, 500 M. staatl. Stellenzulage und 300 M.
Kreisznscbuss.). Bewerb, b. 20. Mai er. a. d. Regierungspräsidenten.
b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Cassel Gersfeld. — R. B. Cöslin: Stolp (Nord). — R.-B. Köln:
Rheinbacb.
Sanitfttothlerarztotellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Düsseldorf: 2 Assistenzthierarzt am Schlacht- und Viehhof zrn
1. Juli er. (2400 M. Anfangsgehalt; 6 Monate Probezeit; 3 monatl
Kündigung; Pension.) Bewerb, bis 20. Mai an den Oberbürgermeister -
Johanngeorgenstadt, Jugel, Steinbach u. Wittigstbal: Thierint
zur Ausübung der Fleischbeschau. (750 M. Staatsbeihilfe und 650 M.
aus Gemeindemitteln. Privatpraxis.) Bewerb, bis Ende April an den
Stadtgemeinderath in Johanngeorgenstadt — Lunzenau: Thierarzt
f. wissenschaftl. Fleischschau. (Praxis gestattet) Meid, bis 8. Mai
an den Stadtratb. — Neheim: Schlachthofdirector zum 1. Juni
er. (2000 M. Wohnung etc. Privatpraxis.) Bewerb, an den Magistrat. —
Oed er an: Thierarzt für Fleischbeschau (2000 M. Privatpraxis).
Bewerb, bis 10. Mai an den Stadtrath. — Plauen i. V.: Assistenz¬
thierarzt am Schlachthof zum 1. Juni (2100 M.: vierteljährl.
Kündigung). Meid, an den Director. — Pössneck: Thierarzt für
Fleischbeschau (1200 M. und ca. 700 M. aus der Trichinenschau).
Bewerb, bis 1. Mai an den Magistrat. — Scbivelbein: TbierariXtta
Fleischschau (ca. 2400—3000 M.; Praxis gestattet). Meid, bein
Magistrat. — Wamsdorf, Bez. Leipzig: Thierarzt für Fleisch
schau in W. und in den Nachbargemeinden. Meid, an den
Gemeindevorstand.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzteStellen:
Eberswalde: Schlachthofinspector. — Fi lehne: Schlacbtbof*
inspector. — Freiberg i. S.: Thierarzt für Fleischschau etc. —
Graudenz: Schlachthofassistenztbierarzt. —Königswartha i. S.:
Thierarzt für Fleischbeschau. —Mülhausen (Eisass): Schlachthof¬
verwalter. — Spremberg: Schlachthofinspector. — Wanne:
Schlachthofvorsteher. — Wettcr(Ruhr): Thierarzt für Fleischbeschau.
Privatstellen : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. -
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldaa
(Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt zum 1. Mai
(2400 M., Privatpraxis gestattet). Meldungen mit Zeugnissen etc. biB
Ende März an den Amtmann. — Lauensten i. Sachs.: Thierarzt
für Fleischschau und Praxis (Beihilfe aus Staats- und Gemeinde¬
mitteln). Bewerbungen bis 15. April an den Stadtgemeinderath. —
Mengeringhausen (Waldeck): Thierarzt. — Neuhausen (i. S.):
Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau. (Aus letzterer eine voraus¬
sichtliche Einnahme von 1800 Mk. Ausserdem Staats- und Gemeinde¬
beihilfe in Aussicht gestellt.) Meid, bis 10. Mai er. an den Gemeinde¬
rath. — Rhinow (R.-B Potsdam):Thierarzt. — Schwarzenberg i. S.:
Thierarzt für Fleischbeschau u. Praxis (voraussichtliche Staatsunter¬
stützung). Meid, an d. Stadtrath. — Sonnenburg: Thierarzt
(600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den Magiatrat. —
Wolkenstein: Thierarzt für Praxis und Fleischschau. Auskunft
beim Stadtrath.
Besetzt: Sanitätsthierarztstellen in Markneukirchen.
Privatstelle in Mügeln.
▼«•antwortlich a, ^ Inh a lt (exoL Inj erat enth eil): Prot Dr. Schmalta ln Berlin. — Verla« and Big entkam von Richard Scho etc ln Berlin. — Druck von W. BUxenateln, Berlin
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Dip „Berliner Thicrärxtllcbe Wochon-rhrifl“ cr«rlielnt
wöchentlich in Stärke von minderten* 1 • /, Honen, iiii snlbe
ist su bestehen duicli den Buchhandel, die Post (No 10S2)
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard
Scboets, Berlin NW, Luisenstrasse 86, sum Preise von
Kk. 5, pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeiträge werden mit 60 Bk. für den Bogen honorirt
Alle Mannscripte, Mtttbeilungen Und redacnonellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmalts,
Berlin, thierärztliche Hochschule, NW., Lnisenstrasse 56.
Correcturen, Recensions- Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard fckhoet', Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 19 . Ausgegeben am 10. Mai.
Inhalt: Aronsahn: Beitrag zur Aetiologie und Therapie der Gebärparese. — Blank: „Vitalin 1 ', ein neues und wirksames
Desinfectionsmittel mit Tannenduft. — Paust: Aloedosirung bei Tympanilis des Rindes. — Tempel: Stempel¬
kasten für Fleisohschau. — Döhraann: Der Richtersche „Praxiswagen“ für Thierärzte. — Referate: Täufer:
Ueber die Torsio uteri. — Weinhold: Matratzenstreu. — Robertson: Ruptur der Vena cava post. — Biot: Congenitale
Zwerchfellhernie beim Schwein. — Colin: Eierstockcyste bei einer Stute. — Marx: Zur Morphologie des Rotzbacillus. —
Die Hyphomycetennatur des Rotzbacillus. — Therapeutische Notizen. — Tagesgeschichte: Verschiedenes.— Oeffentliches
Veterinärwesen: Fleischschau und Viehverkehr. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen.
Beitrag zur Aetiologie und Therapie der Gebärparese.
Von
Dr. Aronsoha-Röbel i. Meckl.,
Thlerarxt.
Schmidt-Kolding gebührt das Verdienst, die Behandlung
der Gebärparese in die richtige Bahn geleitet zu haben, indem
er die Entstehung des Leidens mit der Thätigkeit der Milch¬
drüse in Verbindung bringt und daher vom Euter aus gegen
diese Krankheit vorgeht.
Seine zum Nutzen der Landwirtschaft gemachte Entdeckung
hat aber auch eine nicht minder grosse Bedeutung für die
Wissenschaft, als nun nnter Berücksichtigung der glänzenden
Heilerfolge für die ätiologische Klärung jener Krankheit neue
Gesichtspunkte gegeben sind.
Bisher existirten über das Wesen der Gebärparese die ver¬
schiedensten Hypothesen, deren Vertreter entweder eine post
partum auftretende Circnlationsstörung oder ein sich aus den
Lochien, ans der Milch oder im Darmcanal entwickelndes Toxin
oder eine Infection annehmen.
Nach Schmidt-Kolding soll sich im Euter bei dem plötzlich
erhöhten Stoffwechsel ein giftig wirkendes Spaltungsproduct
bilden, in den Blutstrom übergehen und eine Autointoxication
erzeugen.
Alle diese Theorien halten einer kritischen Prüfung nicht
Stand.
Schon die Thatsache, dass das Leiden vor dem Geburtsact
auftreten kann, spricht gegen die Franck’sche Theorie, nach
welcher, sobald der Foetus ausgestossen ist, in Folge des er¬
höhten Aortendruckes eine Gehirncongestion mit Gehirnödem
nnd consecutiver Gehirnanämie eintreten soll. Es Hesse sich
auch, die Richtigkeit dieser Theorie vorausgesetzt, kein begreif¬
licher Grund finden, wesshalb diese Krankheit dann nicht auch
bei Kühen jeden Alters und verschiedenen Nährzustandes und
auch bei weiblichen Thieren anderer Thiergattungen Vor¬
kommen sollte.
Die andere in Betracht kommende Gruppe umfasst jene
Hypothesen, welche das Wesen der Gebärparese in einer Ver¬
giftung suchen, sei es durch Autointoxication, sei es durch Infection.
Die Infectionstheorie hat wenig WahrscheinHchkeit für sich;
warum sollten sich gerade nur die besten Milchkühe und diese
nur in einem bestimmten Lebensalter inficiren!?
Was Bchliesslicli die Annahme einer Autointoxication durch
irgend eine ins Blut übergehende, die schweren cerebralen
Störungen erzeugende giftige Substanz betrifft, so fehlt uns,
berücksichtigen wir die nach dem S chmidt’schen Verfahren
erzielten zahlreichen Heilerfolge und die schon früher beobachtete
Thatsache einer bisweilen auffallend raschen Genesung nach
schwerster Erkrankung, eine befriedigende Antwort auf die
naheliegende Frage: Wo bleiben die bereits im Blute vor¬
handenen Toxine? Wie kommt es, (lass dieselben in zahl¬
reichen Fällen so anssserordentlich schnell und spurlos ver¬
schwinden?
Dass dem sich aus dem Jodkali im Körper abspaltenden
Jod kein specifischer Einfluss auf die im Blute circulirenden
giftigen Stoffwechselproducte, die sich nach Schmidt-Kolding
aus der Collostralmilch im Euter bilden sollen, zuzuschreiben
ist, lässt sich leicht nachweisen.
Wie ich nämlich in 14, zum Theil sehr schweren Fällen
von Gebärparese erprobt habe, erreicht man dieselben prompten
Heilerfolge, wenn man statt einer Jodkalilösung reines Wasser
oder physiologische Kochsalzlösung in die Euterviertel infundirt.
Das Jod kann also die specifische Heilwirkung nicht besitzen,
weil die Heilung auch durch eine ganz indifferente Flüssigkeit
in derselben Weise und in der gleichen Zeit gelingt. Und
sollte auch wirklich durch Füllung des Euters mit einer Jod¬
kalilösung eine weitere Entwicklung von Toxinen im Euter
gehemmt werden können, so fehlt immer noch, besonders für
die schwereren Fälle der Erkrankung, eine genügende Er¬
klärung für das überraschend schnelle Schwinden der den
bewusstlosen Zustand bedingenden, im Blute vorhandenen
Schädlichkeit.
Dass letztere auf irgend eine Weise ans dem Körper aus¬
geschieden sein solle, ist in hohem Grade unwahrscheinlich,
weil gerade innerhalb der kurzen Zeit, in welcher die meisten
an Gebärparese erkrankten Thiere wieder gesund werden in
Folge Lähmung sämmtlicher Organe die (lenkbar ungünstigsten
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218
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 19.
Verhältnisse für eine Ausscheidung der betreffenden Toxine ans
dem Körper bestehen.
Gegen die Theorie einer Antointoxication durch Zer¬
setzungsprodukte spricht vielleicht noch die Thatsache, dass
nach dem Genüsse des Fleisches oder der Eingeweide niemals
eine Erkrankung von Menschen beobachtet ist, und dass In-
jectionen von Blut nnd Milch an Gebärparese erkrankter Kühe
bei den Versuchstieren niemals die Symptome dieser Krankheit
erzeugt haben.
Nach diesen Erwägungen kann demnach die Hypothese
einer Antointoxication nicht länger aufrecht erhalten werden,
und es erübrigt sich meines Erachtens nur folgende
Erklärung:
Erfahrungsgemäss tritt die Gebärparese nur bei den besten
Milchkühen und in dem Lebensalter auf, in welchem die Thiere
die grösste Milchmenge produciren. Je grösser die Milchmenge,
um so stärker ist auch natnrgemäss die Blutzufuhr zum Enter.
Dieser bisweilen schon vor, in der Regel bald nach der Geburt
auftretende Blutandrang nach dem Enter bedingt einen Blut¬
mangel in anderen Organen, insbesondere eine Anämie des
Gehirns, die je nach den individnellen Verhältnissen bald stärker
bald schwächer sein und dementsprechend einen schwereren
oder leichteren Grad von Bewusstlosigkeit erzeugen wird.
Haben die betreffenden Thiere vor dem Kalben längere
Zeit trocken gestanden, so ist, wie die Erfahrung oft lehrt, die
Erkrankung, d. h. der comatöse Zustand, ein stärkerer, wei*
dann nach der Geburt die Circulationsverhältnisse noch er¬
heblicher alterirt werden als bei jenen Kühen, die immer noch,
wenn auch nnr wenig Milch producirt haben.
Die Gebärparese stellt also nichts anderes dar als eine
arterielle Anämie des Gehirns, bedingt durch eine starke Blut¬
ableitung nach dem Euter.
Hält man diese Definition fest, so erklären sich ungezwungen
die Symptome der Krankheit, das Auftreten dieses Leidens
gerade bei den besten Milchkühen in ihrem besten Lactations-
alter, der Erfolg der von Schmidt-Kolding angegebenen Be*
handlungsmethode, die grosse Mortalitätsziffer vor Kenntnis der¬
selben und auch die früher bisweilen beobachteten überraschend
schnellen Genesungen nach schwerster Erkrankung.
Die durch andere bekannte Ursachen bedingte Gehirn¬
anämie bildet genau das gleiche Krankheitsbild, wie wir es bei
der Gebärparese zu sehen gewohnt sind, auch die bei diesem
Leiden mitunter auftretenden Krämpfe werden bei Gehirnanämie z.B.
nach Blutverlusten beobachtet.
Da bei manchen Milchkühen schon vor dein Gebärakt ein
starker Blutandrang nach dem Euter statt hat, so erklärt sich
hierdurch auch das bisweilen beobachtete Auftreten der Krank¬
heit vor dem Kalben.
Gelingt es nun, einen weiteren Blutandrang zum Euter
fernzuhalten, wird die Milchdrüse in ihrer Funktion ausser
Thätigkeit gesetzt und nicht von Neuem durch Melken gereizt —
und das ist nach meiner Ueberzeugung der einzig wirksame
Faktor bei der Schmidt’schen Behandlungsmethode —, so gewinnt
das Blut Zeit, sich im übrigen Gefässsystem wieder gleich-
mässig zu vertheilen. Es gelangt dann die nöthige Menge
Blut resp. Sauerstoff zum Gehirn, die Ohnmacht weicht all¬
mählich, und die Krankheit ist gehoben.
Nur auf diese Weise lässt sich die oft schon in wenigen
Stunden erfolgende Besserung und Genesung verstehen.
Auch das vor der Schmidt’schen Behandlungsmethode öfters
beobachtete, überraschend schnelle Gesunden nach schwerster
Erkrankung erklärt sich nun durch einen Cirkulationsausgleicli
leichter als durch ein plötzliches Schwinden der Gifte ans dem
Körper.
Andererseits begreift man jetzt auch die hohe Mortalität*-
Ziffer vor dem nun geübten Heilverfahren, da früher gerade auf
ein fleissiges Ausmelken des Euters grosses Gewicht gelegt und
dadurch das Blut immer von Neuem vom Gehirn weg zum Euter
hingeleitet wurde.
Es wird also bei der Behandlung der Gebärparese vor Allem
darauf ankommen, die Milchdrüse möglichst ausser Thätigkeit zu
setzen nnd damit dem Blute, das sonst durch den Reiz der
Drüse in vermehrter Menge zu dieser hinströmt, Gelegenheit zu
geben, sich im Blutgefässsystem wieder gleichmässig zu ver¬
theilen.
Diese Absicht Hesse sich zum Theil schon durch einfaches
Nichtmelken erreichen; zweckmässiger ist jedoch die künstliche
Füllung des Euters mit einer grossen Menge von Flüssigkeit.
Ich habe in der Zeit von Januar bis April 1900 in den oben
erwähnten 14 Fällen jedesmal 1 */*—2 1 reines abgekochtes
Wasser oder solches mit Zusatz von einem kleinen Theelöffel
Kochsalz zur Infusion verwendet und in 13 Fällen ebenso prompte
Heilung erzielt als früher, wo ich nach Schmidt-Kolding Jod¬
kali benutzte.
Das wirksame Princip ist also nicht das Jod, sondern die
Anfüllung des Euters mit Flüssigkeit zwecks Ausübung eines
Gegendrucks auf das secernirende Organ.
Eine Wiederholung der Infusion ist natürlich nicht noth-
wendig; die Flüssigkeit bleibt eben solange im Euter, bis
Besserung resp. Heilung eingetreten ist, was in der Regel in
6—24 Stunden der Fall ist.
In den ganz schweren Fällen des Leidens, wo man das Thier
in so hochgradig comatösem Zustande antrifft, dass das Eintreten
einer Gehirnapoplexie zu befürchten steht, wäre der Versuch zc
machen, durch intravenöse Einführung von 4—6 1 physiologischer
Kochsalzlösung in die Iugularis möglichst schnell eine Füllung
der Gehirngefässe herbeizuführen. Ich selbst hatte noch nicht
Gelegenheit, dieses Verfahren auf seine Wirksamkeit zu prüfen.
„Vitalin“, ein neues und wirksames Desinfections*
mittel mit TannendufL
Von
Blank-Hamburg-Eppendorf.
Thierarzt.
„Vitalin“ ist eine bräunliche, klare, syrupöse Flüssigkeit
von aromatischem, terpentinölartigem Gerüche und stark alka¬
lischer Reaction. Das specifische Gewicht schwankt zwischen
0,990 bis 1,020. Mit Wasser gemischt, bildet „Vitalin“ eine
intensiv nach Harzöl riechende Emulsion.
Behufs Feststellung der Giftigkeit wurden 2 Kaninchen
mit „Vitalin“ subcutan geimpft, und zwar ein 1550 Gramm
schweres mit 5 Cubikcentimetern pure, ein 900 Gramm schweres
mit 5 Cubikcentimetern einer lOprocentigen Emulsion.
Das zuerst genannte Thier zeigte bei keiner äusserlich
bemerkbaren Störung im Allgemeinbefinden am zweiten Tage
nach der Impfung eine Gewichtsabnahme um über ein Drittel
des Körpergewichts; letzteres betrug 900 Gramm. Nachdem
bis zum sechsten Tage Abscedirung an der Impfstelle nicht ein¬
getreten, auch die Haut klinisch unverändert geblieben war,
wurde das Thier, welches inzwischen wieder ein Gewicht von
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10. Mai 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
219
950 Gramm erreicht hatte, am sechsten Tage nach der Impfung
durch Inhalation von Chloroform getödtet. Die Section ergab
das Vorhandensein einer Hautentzündung in der Peripherie der
Injectionsstelle, einer Nierenentzündung und minimaler Eiter¬
herde in der Milz.
Das zweite Impfthier bekundet bei fortgesetzt sehr gutem
Appetit durch Zunahme des Körpergewichts (von 910 bis
1060 Gramm in vierzehn Tagen), dass ihm die Einverleibung
der 5 Cubikcentimeter einer lOprocentigeu „Vitalin“-Emulsion
garnichts geschadet hat. Auch bei diesem zweiten Kaninchen
waren klinisch die für Abscessbildung pathognomischen Symp¬
tome nicht festzustellen. Während bei dem ersten Versuchs¬
thier der Urin eiweisshaltig war, wurde im zweiten Falle Ei-
weiss im Urin nicht gefunden.
Um die Giftigkeit der „Vitalin“-Flüssigkeit bei Resorption
von der unverletzten Haut zu erkennen, wurde ein Hund
(Kreuzungsproduct aus Pointer und dänischem Hunde) am
ganzen Körper mit „Vitalin“ pure eingerieben; dieses Versuchs¬
thier zeigte bei fortgesetzt gutem Appetit und Ge¬
wichtszunahme Auftreten von ekzemartigen nässenden
Stellen an einigen umschriebenen Hautstellen. Eiweiss wurde
auch hier nicht im Urin gefunden.
Durch diese Versuche wurde die grossartige relative Un¬
giftigkeit des „Vitalin“ festgestellt. Ueber die bactericiden
Eigenschaften wurden keine Versuche gemacht, weil hierüber
Gutachten zweier Chemiker Vorlagen.
Dass „Vitalin“ sehr gute antiseptische und desodorirende
Eigenschaften besitzt, wurde durch Zusammenbringen von
2 Gramm der Flüssigkeit mit 500 Gramm in Zersetzung be¬
griffenen menschlichen Harns bewiesen. Der Harn zersetzte
sich während dreier auf den Versuch folgender Tage nicht
weiter und roch nicht unangenehm, sondern zeigte den charakte¬
ristischen Geruch nach Terpentinöl.
Intra praxim habe ich „Vitalin“ in 2procentiger Emulsion
znrBehandlung von Rindvieh, welches an Maul- und Klauen¬
seuche erkrankt war, benutzt, und in diesen Fällen ebenso
schnelle Heilung wie bei Behandlung mit Creolin, Lysol,
Formalin etc. gesehen. Auch wurde von mir „Vitalin“ zum
Desodorisiren von Hundekäfigen und Pferdestallungen in Ver¬
wendung genommen; in allen diesen Räumen zeigte sich noch
nach mehreren Tagen der für „Vitalin“ characteristische
aromatische Geruch.
Als Zusammenfassung möchte ich meiner Untersuchung hinzu-
fügen, dass ich „Vitalin“ für ein sehr gutes, relativ un¬
giftiges Desinficiens und Desodorans halte.
Aloedosirung bei Tympanitis des Rindes.
Von
Paust - Samter,
Thlerarxt
Neben dem gleichzeitigen Pansenstich und der Anwendung
anderer Abführmittel habe ich zu wiederholten Malen mit gutem
Erfolge höhere als die üblich angegebenen Aloödosen ver¬
wendet.
Drei Fälle möchte ich aus anderen herausgreifen:
I. Bei einem grösseren Rinde 60Jg, am nächsten Tage 50 g.
II. Bei einem sehr kleinen, doch ausgewachsenen Rinde
Abends 50 g, am nächsten Morgen 40 g, am dritten Tage Abends
nochmals 50 g.
in. Bei einem mittelgrossen Rinde (ca.'acht Jahre alte Kuh)
am ersten Tage. gegen_ Mittag 50 g, am Abend desselben Tages
nochmals 50 g, am übernächsten Tage gegen Mittag noch einmal
50 g.
Daraus ergiebt sich:
I. An zwei Tagen, doch innerhalb 24 Stunden 110 g.
H. An drei Tagen, doch innerhalb 48 Stunden 140 g.
HI. An drei Tagen, doch innerhalb 48 Stunden 150 g.
In den angeführten drei Fällen, von denen zwei recht hart¬
näckige waren, trat zwischen dem dritten und fünften Tage
Heilung ein.
Es dürfte mithin zweifelhaft sein, dass in den ersten drei
Tagen, die doppelte bis dreifache Menge der purgirend wirkenden
Dosis gegeben, der Tod oder auch nur Symptome der Aloe¬
vergiftung eintreten. (cf. Fröhner, Toxicologie für Thierärzte.)
Die Purgirdosis für das Rind zu 40—60 g Aloö angenommen,
müssten demnach 80—120, resp. 120—180 g Aloö eine Vergiftung
hervorrufen.
Dass dem nicht so war, beweisen die obigen Zahlen, sie
sagen aber auch, dass die therapeutische Maximaldosis, für das
Rind zu 40—60 g bemessen, zu gering gegriffen ist
Noch viele andere Fälle könnte ich den angeführten zur
Seite stellen.
Stempelkasten für Fleischschau.
Von
C. Tempei-Bernstadt,
Thierarzt.
Nach Einführung der Fleischbeschau wird für die Thierärzte
und Laienfleischbeschauer der Apparat, welchen diese als
sogenannten eisernen Bestand immer mit sich führen möchten,
bedeutend vergrössert, weil in Folge gesetzlicher Bestimmung
verschiedene Arten von Stempeln nothwendig sind. Es sind dies
in Sachsen für Thierärzte nicht weniger wie fünf und für Laien-
fleischbescbauer vier verschiedene. Sollen diese in der alten
Form mitgeführt werden, so ist der Beschauer, wenn er nicht
einen Weg doppelt machen will, gezwungen, einen grösseren
Kasten und Stempelkissen stets herumzuschleppen. Die welt¬
bekannte Firma H. Hauptner, Berlin hat deshalb nach meinen
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220
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 19.
Angaben ein Kästchen mit Stempel construirt, welches an
Einfachheit, Bequemlichkeit das Möglichste bietet, ohne dass die
Handlichkeit der Stempel darunter leidet. Dieses Kästchen zeigt
für Tbierärzte fünf und für Laienfleiscbbeschauer vier Stempel
nach Vorschrift, die in entsprechenden Vertiefungen ruhen»
welche zugleich als Stempelkissen dienen. Der durch Wegfall
eines Stempels ersparte Raum für Laienfleischbeschaner ist aus¬
gefüllt durch ein Fläschchen mit Stempelfarbe, welches im Noth-
fall zum Befeuchten der Kissen dienen soll. Damit weiterhin
bei etwa zu reichlichem Tränken der Kissen Farbe nicht in die
Taschen fliessen kann, ist auf der einen Seite des Kastens ein
Falz angebracht, welcher in eine genau entsprechende Vertiefung
der anderen Seite passt. Die Stempelgriffe sind zum Umklappen
und so klein gehalten wie möglich, ohne dabei ein bequemes
Handhaben zu verhindern.
Da ferner der Preis kaum nennenswert!! höher ist wie der
von Stempeln allein und Kissen dazu, so glaube ich, dieses
leicht in der Rocktasche unterzubringende und dabei elegante
Kästchen nicht genug empfehlen zu können.
Der Richter’sche „Praxiswagen“ für Thierärzte.
Von
Döhrmann-Salzgitter.
Thierarzt.
Zu dem Artikel in No. 11 der „B. T. W.“ seien mir folgende
Bemerkungen gestattet: Nach meiner Ansicht wird der dort ab¬
gebildete Wagen niemals die Zufriedenheit der pract. Thierärzte
erlangen.
Neben elegantem Aussehen, leichtem Gangwerk und be¬
quemem Sitz erwartet man in erster Linie von einem Praxis¬
wagen, der wie der Richter’sche zum Selbstkutschiren ein¬
gerichtet ist, dass man leicht und bequem ein- und aussteigen
kann. Bei dem Richter’schen Wagen muss man aber stets
über das Vorderrad in den Wagen steigen, wird sich also jedes¬
mal bei nassem Wetter an dem Rade den Mantel beschmutzen;
ist nun noch das Verdeck aufgeklappt, darin muss man in des
Wortes wahrster Bedeutung in den Wagen hineinkriechen.
Wenn der Wagen ca. 2 Fuss länger gebaut wäre (er kann
sich desshalb doch ebenso leicht fahren), dann wäre es möglich,
nicht allein über dem Hinterrade sondern auch über dem Vorder¬
rade einen Kothflügel anzubringen und zwischen diesen beiden
einen Tritt, der ein bequemes Ein- und Aussteigen ermöglichte,
es würde dann auch ein geräumiger Sitzkasten unter dem Sitz
anzubringen sein. Diese Wagen (auch mit Segeltuchverdeck)
werden in der Provinz Hannover schon seit langen Jahren von
jeder besseren Wagenbauanstalt hergestellt.
Das einzig Neue an dem Richter’schen Wagen ist der
„Schiebekasten“ und gerade dieser „Schiebekasten“ ist es, der
mich veranlasst, einige Zeilen auf den Artikel von College
Richter zu erwidern.
Es ist ja vollkommen angebracht und auch absolut noth-
wendig, dass der Thierarzt auf dem Lande neben den fast täg¬
lich zu gebrauchenden Instrumenten und dem Verbandmaterial
auch einige Medicamente mit sich führt, die er in Nothfüllen
sofort selbst verabreichen muss; diese Sachen aber finden Platz
genug in einem Blechkasten, der in den sogenannten Sitzkasten
des Wagens hineinpasst, wenigstens bin ich bei einer ausge¬
dehnten Landpraxis stets damit ausgekommen. Eine fast voll¬
kommene Hausapotheke, wie sie sich in so ostentativer Form
in dem „Schiebekasten“ birgt, mit sich zu führen (auch wenn
sie sich in „gediegener Aufmachung“ befindet), dürfte aber dag
Ansehen des betreffenden Thierarztes nicht gerade erhöhen,
sondern erweckt leicht den Gedanken, dass derselbe mit seinen
Medicamenten Handel treibt. Und so hat auch auf mich die
Figur 2 des Richter’schen Wagens unwillkürlich den Eindruck
hervorgerufen, dass dieser Wagen eher für einen Kaufmann
passen würde, der mit seinen in dem „Schiebekasten“ sich be¬
findenden Mustern zugereist kommt, wie für einen practischen
Thierarzt.*)
Referate«
Ueber die Torsio uteri.
Von Täufer, österreichischer Bezirksthierarzt.
(MUh. f. Th. Bd. 10, 10 u. 11.)
Noch heute bestehen Meinungsverschiedenheiten über das
Wesen der Gebärmutterverdrehung. Nach Franck ißt es eine
Drehung um die Längsachse. Ehrhardt dagegen hat (vgl.
Schweizer Archiv) behauptet, dass eine Drehung um eine
Vertikalachse in einer horizontalen Ebene erfolge. Er hat
daher statt Torsio den Zustand Versio benennen wollen. Hess
hat sich gegen diese Ansicht Ehrhardts ausgesprochen, einmal
weil er nach den anatomischen Verhältnissen eine solche Versio
für nicht möglich hält, sodann weil die practischen Erfolge des
Wälzens dagegen sprechen, durch die nur eine Drehung um die
Längsachse aufgelöst werden kann. Ehrhardt bestreitet freilich
diesen Schluss. Die Achse, um welche sich nach Hess und
anderen der Uterus dreht, liegt von hinten oben nach vorn
unten; denn der hochtragende Uterus liegt in der rechten
Unterbauchgegend**). T. weist darauf hin, dass es sich vor
allen Dingen darum handelt, die Topographie des schwangeren
Uterus festzustellen, was nur an Gefrierprftparaten geschehen
kann.
Was das Vorkommen der Torsio uteri anlangt, so ist
dieselbe bei allen Hausthieren, hauptsächlich aber hei den
Wiederkäuern und namentlich beim Rinde beobachtet. Bezüglich
der Ursache kommt zunächst in Betracht, dass die Gebär¬
mutterhörner des Rindes nicht in ihrer ganzen Länge am breiten
Mutterbande befestigt sind, die vorderen Theile vielmehr frei
liegen, sodass diese im schwangeren Zustande sich leicht drehen
können. Auch abgesehen davon geben das Alter der Thiereund
die Schlaffheit der Bauchwandungen infolge zahlreicher Schwanger¬
schaften eine Disposition. Auch ausschliessliche Stallfüttemng,
Weidegang an steilen Hängen begünstigen die Torsion. Zundel
z. B. machte die Beobachtung, dass in einem Bezirke, wo
durchweg ein solcher Weidegang bestand, bei der Hälfte aller
Geburten sich Torsion fand. Es kommt dabei dazu, dass die
Kühe morgens ohne Vorfutter auf die Weide gehen und die
Aufnahme des nassen Grases die Eigenbewegungen des Fötus
begünstigt. Durch eine übermässige Ausdehnung des Wanstes
kann, wie auch Ehrhardt hervorhebt, eine Torsion jedenfalls
nicht bedingt werden. Auch Möschinge (Arch. f. Th. Bd. 20).
der diese Frage gut bearbeitet hat, schreibt den Verdauungs¬
organen eine Rolle bei der Entstehung der Uterustorsion zu-
Die active Ursache für den Eintritt der Torsion kann aber nur
der Fötus sein. Dass eine äussere bewegende Kraft eine Ver-
*) Gegenüber diesem absprecbenden Urtheil kann andrerseits
berichtet werden, dass der qu. Wagen auf der diesjährigen Pferde¬
ausstellung zu Dresden ein Ehrendiplom erhalten hat.
**) Dies bat Schmaltz 1894 auch an einem Gefrierschnitt gezeigt
Auch de Bruin erkennt dies als richtig an.
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10. Mai 1900.
BERLINER THIERARZTLtCHE WOCHENSCHRIFT.
drehung der Gebärmutter bedingen könne, ist unwahrscheinlich.
Nun nehmen die Bewegungen des Fötus freilich gegen Ende der
Trächtigkeit zu, und damit müsste also auch die Gefahr der
Torsion zunehmen. Franck und Ehrhardt weisen aber darauf
hin, dass gegen das Ende der Gravidität oder während der
Geburt eine Torsion nicht eintritt. Nach Franck ist für die
Entstehung der Torsion ein hinreichender Raum in der Bauch¬
höhle nothwendig, und Ehrhardt meint, dass der Uterus mit
zunehmender Länge immer unbeweglicher wird. Täufer ist dieser
Ansicht nicht, sondern nimmt mit Möschinge und de Bruin an,
dass die Torsion in den letzten Tagen der Trächtigkeit, ja
sogar während der Eröffnungswehen entstehe, denn die Reflex¬
bewegungen des Fötus können nur dann auf die Gebärmutter
übertragen werden, wenn der Fötus mit der Gebärmutter fest¬
sitzt, was um so leichter geschieht, je weniger Fruchtwasser
vorhanden ist. Die Fruchtwasser nehmen aber gegen das Ende
der Gravidität ab und die Bewegungen nehmen an Stärke zu*
Ehrhardt ist der Meinung, dass es an der Abschnürungs¬
stelle bei Uterusverdrehungen zu ernsten Veränderungen nicht
komme. Auch dieser Meinung widerspricht T. unter Hinweis
auf zwei von ihm beobachtete Fälle. In dem einen Falle fand
er bei einer gestorbenen Kuh eine totale Verdrehung des Uterus
um 360 Grad. Die breiten Mutterbänder, hauptsächlich das linke
schnürten den Gebärmutterhals und die Vagina stark zu; zwischen
ihren beiden Blättern befand sich hämorrhagisch fibrinöses Ex¬
sudat. Die eingeschnürten Stellen waren hämorrhagisch infiltrirt;
das Chorion war von der Placenta materna gänzlich gelöst. Bei
einer anderen Kuh fand sich neben den Symptomen einer halben
Drehung eine Menge von Blutgerinnsel in der Scheide. Durch
Wälzen gelang die Beseitigung der Torsion. Aber nachdem
die Knh aufgestanden war, kam nach jedem Drücken eine grosse
Menge Blut aus der Scheide zum Vorschein, sodass eine Ver¬
blutung befürchtet wurde. Trotzdem kalbte die Kuh normal
nach einigen Stunden und wurde gesund. Wenn, sagt T., eine
Torsion um 360 Gr., durch die Section bewiesen, in der letzten
Zeit der Trächtigkeit entstehen kann, warum sollen nicht erst
recht Halbe- und Vierteldrehungen entstehen können, die übrigens
die einzigen sind, welche man mit Erfolg behandeln kann.
alle diese Punkte eine grössere Klarheit geschaffen ist, darf
von einer zielbewussten Behandlung kaum gesprochen werden.
Selbstheilung kann unzweifelhaft erfolgen. Der Erfolg der
Wälzung hängt, wie Ehrhardt richtig bemerkt, von einem
glücklichen Zufall ab. Seit 1890 wird die gänzliche Zurück¬
drehung von vielen Thierärzten am stehenden Thier ausgeführt.
Das Thier wird dazu tief gestellt. Bei rechtsseitiger Wendung
wird mit dem linken Arm eingegangen, der Kopf wird erfasst
und nach links abwärts gedrückt. Dank der Reflexbewegung
des Fötus gelingt die Zurückwendung meist, bei totem Fötus
ist sie schwieriger. Dieses Verfahren ist von Ehrhardt an¬
gegeben, der es für seine Theorie verwenden will.
. Matratzenstren.
Von Unterrossarzt Wein hold.
^ \ (Ztachr. f. Vet. 1899.)
Bei der gewöhnlichen Matratzenstreu erfolgt die Bildung
einer festen, bleibenden Unterlage erst nach sehr langem Ein¬
streuen. Die sogenannte hannoversche Matratzenstreu dagegen
schafft sofort künstlich eine Matratze, welche genügende Festig¬
keit, Aufsaugefähigkeit und Wärme besitzt. Sie wird am besten
während der Herbstübung hergestellt; doch müssen die Vor¬
bereitungen schon im Sommer getroffen werden. Dazu gehört
die Herstellung von Befestigungsbrettern, Geflechten und Stroh¬
bündeln. Nothwendig für die Anlage sind auch feste Stand¬
säulen. Es handelt sich um 20 cm breite, 2$ cm starke Kiefern¬
bretter, die für jeden Stand genau abgepasst werden müssen,
ohne dass sie zwischen den Standsäulen zu sehr zusammen¬
gepresst werden (biegen und splittern). Der feste Schluss kann
durch Eintreibung von Holzkeilen zwischen Säule und Brett
bewirkt werden. Dann wird aus gutem angefeuchteten Richtstroh
ein dreizeiliges Geflecht von 3ft bis 4 cm Breite und 1J£ bis 2 cm
Dicke hergestellt. Es müssen dabei recht oft dünne Stränge
eingelegt und deren überstellende Enden mit eingeflochten werden,
weil hierdurch das Strohseil eine gleichmässige Stärke erhält.
Besonders fest wird es auch, wenn beim Flechten jede Strähne
kurz zusammengedreht wird. Dann werden die Bretter mit dem
Strohseile (deren Breitseite auf das Brett) Lage neben Lage
fest umwunden und Anfang und Ende mit Drahtstiften fest¬
Uebrigens lässt sich der Grad der Torsion klinisch nicht mit
Gewissheit feststellen. In dieser Beziehung bestehen gewisse
irrthümliche Auffassungen. So will Spencer zwei Fälle von
doppelter totaler Torsion beobachtet haben. Es scheint aber,
dass die englischen Thierärzte eine Torsion um 180 Gr. eine
totale nennen.
Da die Torsion ein zielbewusstes rechtzeitiges Eingreifen
verlangt, so wäre eine in den wichtigsten Punkten überein¬
stimmende Ansicht über die Symptome sehr erwünscht. Links¬
läufig angeordnete spiralige Falten deuten nach Franck und
Harms auf eine Drehung nach links, nach Ehrhardt auf eine
Wendung nach rechts. Die Zusammenschnürung wird nach
Franck nicht durch die Drehung, sondern durch die Mutterbänder
bewirkt, und zwar ist bei rechtsseitiger Torsion das rechte und
umgekehrt das linke zuerst angespannt. Nach Ehrhardt da¬
gegen schnürt bei einer Wendung nach rechts das linke Liga¬
ment etc. Nach Mayer pulsirt bei rechtsseitiger Drehung die
rechte, bei linksseitiger die linke Uterusarterie. Nach Ehr¬
hardt wird bei der Wendung nach rechts die im linken Liga¬
ment verlaufende Arterie comprimirt, erst bei Drei Viertel-
Wendung auch die rechte. Daher könne man, meint Ehrhardt,
aus der Pulsation keine Schlüsse ziehen. So lange nicht über
genagelt. Hin und wieder wird auch in der Mitte ein Drahtstift
eingeschlagen. Dann werden Strohbündel von der Dicke eines
starken Männerschenkels aus recht langem Richtstroh hergestellt.
35 bis 40 cm hinter dem Wurzelende der Halme muss jedes
Bündel mit einem nassen, nicht zu schwachen Strohseil möglichst
fest zusammengebunden werden. Ueberhaupt ist Festigkeit der
ganzen Bündel von besonderer Bedeutung. Die Bündel werden
entweder halmlang oder sie werden durch Zwischeneinlagen auf
Standlänge gebracht, wobei natürlich das Bündel mehrfach
umwunden werden muss. Letzteres ist haltbarer, ersteres billiger.
Dann werden in der Häcksellade die Bündel an den Enden glatt
geschnitten. Nun wird die alte Matratze, wo solche vorhanden,
in der hinteren Hälfte von vorn nach hinten schräg abgestochen,
nach vorn geworfen und festgestampft, die hintere Standhälfte
dagegen mit einer 6 bis 10 cm hohen (bei Stuten höher als bej
Wallachen) Kiesschicht, die mit Sägespähnen und Torfabfall ver¬
mischt ist, ausgefüllt, darüber eine Schicht Krummstroh oder,
Strohabfälle, sodann die Bündel, eins dicht neben das andere
die Wurzelenden nach der Stallgasse, eingepasst und mit der
Schnur ausgerichtet. So werden zwei auch drei Schichten über
einander gelegt. Die Befestigung der Bündel endlich geschieht
dadurch, dass die Befestigungsbretter zwischen den Standsäulen
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Berliner thierärztliche Wochenschrift.
Ko. 19.
querüber gelegt und befestigt werden. (Sind die Standsäulen
rund, so müssen die Bretter an ihren Enden entsprechende
Ausschnitte erhalten.) Dazu müssen drei oder vier Leute auf
das Brett treten. Dann werden auf beiden Seiten noch Holz¬
keile eingetrieben und die Bündel mit der Zaunscheere nochmals
glatt geschnitten. Die Bündel müssen hinten 20 cm über dem
Brettrand hervorragen und sich nach der Krippe zu allmählich
in dem darüber gestreuten Krummstroh verlieren. Die erste
Anlage dieser Streu ist allerdings mühevoll und kostspielig.
Auch muss dieselbe besser gepflegt werden; hervorgedrückte
Bündel müssen wieder in die Richtung geklopft, die Befestigungs¬
bretter hin und wieder abgekehrt, die Kothballen besonders sorg¬
fältig weggenommen werden. Es werden aber durch diese Streu
erhebliche Quantitäten Stroh, bis zu 1 kg pro Tag und Pferd,
gespart, und dieses Quantum kann in Hafer und Heu uragereclinet
werden. Die Pferde haben ausserdem ein weiches, warmes und
trockenes Lager, legen sich öfter, ruhen besser aus und fressen
nicht so viel im Stroh, da sie zu den Bündeln nur sehr schwer
gelangen können, sodass die Zahl der Kolikfälle zurückgehen
soll. Die Stallluft wird ausserdem durch diese Streu ganz
ausserordentlich verbessert, und endlich ist das Bild, welches
ein solcher Stall gewährt, ein äusserst sauberes. Die Streu
wird zweckmässig zweimal im Jahre hergestellt, zu Anfang und
zu Ende des Winters. Bei der neuen Anlage können die auf¬
geschnittenen Bündel, soweit sie nicht durchtränkt sind, sehr
wohl zur Unterlage Verwendung finden.
Ruptur der Vena cava post
Von F. C. Robertson M. R. C. V. S., Hadleigh.
(Vet Record 1898, H. 500 )
Ein 18 Jahre altes Droschkenpferd (Cob-Wallach) collidirte
bei Nacht mit einem andern Pferd, welches dem erstem auf der
Straase entgegenkam. Beide Pferde fielen beim Zusammenstoss
nieder, hatten aber äusserlich nur leichte Abschürfungen an den
Vorderbeinen davongetragen. Der fragliche Wallach bekundete
jedoch gleich nach dem Aufstehen ein Verhalten, welches darauf
schliessen Hess, dass ausserdem eine innere Verletzung entstanden
sein musste. R. stellte bei der Untersuchung des Pferdes im
Stalle folgende Erscheinungen fest: Gliedmassen ganz kalt,
sichtbare Schleimhäute blass, T 104° F., Athmung beschleunigt
und angestrengt. Der Herzschlag war sehr schnell und konnte
in einiger Entfernung gehört werden. Der Gesichtsausdruck
verrieth Angst. Wurde das Pferd frei gelassen, so warf es sich
nieder und wälzte sich wie bei Kolikerkrankung. Das Hanl war
kalt und die Unterlippe hing herab. 10 Minuten vor dem Tode
traten Brecherscheinungen ein.
Bei der Section wurde festgestellt, dass die ganze Bauch*
höhle mit Blut angefüllt war; das Herz war dagegen leer, die
Hohlvene nahe an der Leber gerissen.
Das Pferd lebte fast zwei Stunden nach dem Eintritt der
Verletzung.
Congenitale Zwerchfellhernie beim Schwein.
Von Biot, Pont snr Yonne.
(Recaeil, Juli 1R99.)
Von nenn etwa sechs Wochen alten Ferkeln verendeten vier
plötzlich ohne vorherige Erkrankung nach einer reichlichen
Fütterung. Bei der Section fand B. das Zwerchfell in seinem
linken oberen Theil durchbohrt; durch die Oeffnung konnte der
Zeigefinger bequem eingeführt werden. An der Brusthöhle war
die rechte Lunge atrophisch, die linke ist an die Rippenwand
gedrückt und durch den stark gefüllten Magen comprimirt; in
die Brusthöhle waren Pancreas, Leber und Duodenum einge¬
drungen und nahmen die fremden Organe etwa vier Fünftel
des Brustraumes in Anspruch. B. erklärt den raschen Tod
durch die FüUe des Magens der eine Asphyxie durch die Com-
pression der linken Lunge verursacht hat.
Eierstockcyste bei einer Stute.
Von Colin-Paris.
(Recuetl, Aug. 1899.)
Eine stets rossige, in den letzten sechs Monaten nahezu
unnahbar gewordene Stute ging an Kolik ein. Bei der Section
war der rechte Eierstock hühnereigross, der linke dagegen
30 Centimeter lang, 22 breit. Die äussere Oberfläche von vorn
nach hinten mass 70 Centimeter, in der Quere 60 Centimeter.
Der Eierstock wog 5530 Gramm.
Zar Morphologie des Rotzbacillas.
Von Dr. Hugo Marx.
(Centralbl. f Bacterlol. u. Parultenk. 18. 3. 1899.)
Schon von dem Entdecker des Rotzbacillus Löffler wurden
Lücken in den Bacterien beobachtet, welche zu den verschieden¬
sten Deutungen Veranlassung gaben. So haben Baumgarten
und Weichselbaum dieselben als Sporen angesprochen,
Löffler bat in ihnen Involutionsformen vermuthet. Kranzfeld
und Semmer haben eigenartige kolbige Formen beobachtet,
auch Fäden, dem Milzbrand ähnlich, in Kartoffelculturen gefunden.
Als geeignetster Nährboden für den Rotzerreger ist der s&nre
Kartoffelnährboden zu betrachten, hierauf producirt er einen
braunen Farbstoff, auf Agar einen strohgelben, in saurer Bouillon
einen orangegelben und auf sauren Mohrrüben einen weissen
Belag. Levy hat in älteren Culturen Verzweigungen des Rotz¬
bacillus beobachtet; hierdnrch ergiebt sich eine gewisse Ueber-
einstimmung mit dem Erreger der Diphtherie und der TubercnJoae,
welche ihrerseits der Actinomycesgruppe nahestehen. M. hat mm
die Frage untersucht, ob auch der Rotz als knötchenbildende
Krankheit mit der Tnberculose und eventuell Pseudotuberculose,
welche durch Actinomyceten erregt wird, in Parallele treten
kann. S. hat den Rotzbacillus anaerob bei 22 Grad im
Gelatinesticb gezüchtet und gefunden, dass er gut fortkommt.
Der beste Nährboden bleibt aber die KartoffeL — In mehrere
Tage alten Culturen wurden stets Formen mit kolbigen An¬
schwellungen beobachtet, dann worden Verzweigungen, Knos¬
pungen gesehen, besonders in vier Wochen alten Kartoffel- und
Mohrrübenculturen. Zuweilen Hess sich an den langen Fäden
die Zusammensetzung aus vielen einzelnen Stäbchen erkennen.
Es handelte sich um die Frage, ob diese Aestelungen den
echten oder streptothrixartigen oder den cladothrixartigen oder
falschen Verzweigungen zuzurechnen sind. Verf. rechnet sie zq
den Streptothrixverzweigungen und kommt zu dem Schluss, dass
der Rotz wie der Tuberkelbacillus in naher Verwandtschaft
stehen zu der von Kruse als Streptothricheen oder auch als
Actinomyceten zusammengefassten Bacteriengruppen. J.
Die Hyphomycetennatnr des Rotzbacillas.
Von Dr. H. Conradl, (Zeitschrift für Hygiene und Infectlonskrmkheiten. XXXUl. ÜA.
II. Heft.)
Die durch E. Levy gemachte Beobachtung, dass die Rotz¬
bacillen in Culturen typische Verästelungen zeigen, veranlaasten
den Verfasser zu näherem Nachforschen. Als Auagangsmaterial
seiner Untersuchungen diente dem Forscher ein Rotzstamm, der
seine Virulenz verloren hatte. Culturmengen bis zu 10 ccm.
erzeugten selbst bei subcutaner und intraperitonealer Ein¬
verleibung keine Krankheitserscheinungen. Die Cultureigen-
schäften dieses Rotzstammes zeigten keinerlei Abweichungen
von der Norm.
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10. Mai 190Ö.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
223
Die Abhandlung beginnt mit Beschreibnng jener Wuchs¬
formen, die hinter den wohlbekannten Typen sehr zurückstehen,
aber vermöge ihrer morphologischen Eigenart auf seine Stellung
im botanischen System einiges I^cht werfen. In den Präparaten
erblickt man ein dichtes, wirres Geflecht langer Fäden, die sich
regellos durcheinander schlingen und bald schnurgerade, bald
vielfach gewunden nach allen Seiten das Gesichtsfeld durch¬
kreuzen. Innerhalb dieser hyphenartig verfilzten Netze mit
ihren zierlichen Rankenanastomosen liegen isolirte kleinere Fäden
bunt durcheinander; dieselben erreichen eine Grösse bis 150 /t
bei einer Breite von 1,5 /». Der von Semmer gemachten Be¬
obachtung, dass der Rotzbacillus ein milzbrandähnliches Wachs¬
thum zeigt, stimmt Conradi bei. Auf Grund seiner Unter¬
suchungen stellt Conradi folgenden Entwickelungsgang auf:
Anfangs ist der Faden mit structurlosem Plasma begabt, dem
fast jedes Lichtbrechungsvermögen abzusprechen ist. Erst im
Laufe seines Längenwachsthums werden Differenzirungen deutlich,
es werden Partien sichtbar, die durch grössere Helligkeit
gekennzeichnet sind. Zu gleicher Zeit stellt sich eine erhöhte
Empfindlichkeit gegenüber Anilinfarben in den Fadenfragmenten
ein, welche durch die Vacuolen getrennt sind. Die Bildung von
Lücken wird durch constantes, normales Wachsthum bedingt.
Eine Auskeimung der in Rede stehenden Gebilde konnte trotz
wochenlanger Versuche am erwärmten Objecttisch nicht bemerkt
werden; demnach dürfte die vielumstrittene Sporenfrage der
Rotzstäbchen bis auf weiteres erledigt sein. Die Bildung der
Verzweigungsformen erklärt Verfasser auf dem Wege der
Evolution. Er ist der Meinung, dass es sich um eine typische,
monopodiale Astbildung der höheren Pilze mit der Entstehung
eines Mycels, oder aber um eine Scheinverzweigung nach Art
der Cladothrix, oder endlich um eine rein zufällige Anlagerung
mehrerer Individuen handele. Die Entwickelung beginnt meist
am 2. Tage im letzten Drittel des Fadens mit einem scharf
begrenzten, kleinen, rundlichen Buckel, der ein starkes Licht¬
brechungsvermögen besitzt. Die Vorbuchtnng wächst allmählich
in die Länge; in weiteren 24 Stunden ist der Vorsprung zu
einem dünnen Aestchen heran gebildet, welcher zu dem Stamm
eine genau senkrechte Haltung einnimmt. Der Mutterfaden
hat sich inzwischen um ein Geringes in die Länge gestreckt,
während sein Dickenwachsthum völlig sistirt. Am Nebenast
sieht man wiederum zarte Nebensprossen. Die Seitenäste eines
Stammes weisen unter sich durchgreifende Unterschiede auf,
sowohl im Hinblick auf ihre Gestalt und Grösse, wie ihre Breite
und Färbung.
Ausser diesen Verzweigungen fand Autor eine seltsame
Wuchsform des Rotzbacillus, die Keulenbildung, bei welcher
der Stamm einzelne schlanke Seitenäste trägt, während seinem
Scheitel eine zierliche Keulenkrone aufsitzt. Diese Gebilde
herrschen in Culturen von 1 — 2 tägigem Wachstum vor und
besitzen eine Aehnlichkeit mit den Keulenbildungen der Diphtherie-
bacülen, auf die Babös und Meyerhof hingewiesen haben. Die
Länge schwankt zwischen 8—15 //, in ihrer Dicke jedoch bestehen
weitergehende Unterschiede, zuweilen eine Breite von 1,5 /<.
Die in dialyblen Schilfsäcken innerhalb der Bauchhöhle von
Versuchsthieren gezogenen Rotzbacterien zeigten nach 2 Tagen
die typischen Stäbchenformen von 2—3/' Länge und 0,1—0,3
Breite. In geringerer Menge konnten schon nach 24 Stunden
zierliche Keulenformen nachgewiesen werden. Dieselben traten
bald in Birnen- und Torpedogestalt, bald in Flaschen- und Doppel¬
hantelgestalt auf. Das Grössenverhältniss dieser Gebilde schwankte
nach 4tägigem Wachstum im Tierkörper zwischen 4—5 /< Länge,
während die Dicke nicht 0,5 fi überschritt. Auf Grund des
frühzeitigen Auftretens der Keulen im Tierkörper nimmt Autor
an, dass die Keulen einer Evolution und nicht einer Involution
ihren Ursprung verdanken. Fadenformen und Verzweigungen
konnten in diesen Schilfsäcken nicht festgestellt werden; was
auch Lubarsch und Galli-Valerio bestätigen. Es soll demnach
der Rotzbacillus im Thierkörper eine Einschränkung hinsichtlich
seiner Formen erfahren und soll einige Entwickelungsstufen
überspringen. Verfasser kommt zu folgendem Schluss:
„Die traditionelle Klassification des Rotzbacillns ist ohne
Weiteres fallen zu lassen, da bewiesen ist, dass der normale
Entwickelungsgang zu der typischen, monopodialen Astbildung
führt imd folglich eine Scheinverzweigung nach Art der Cladothrix
ausznschliessen ist. Der Rotzbacillus ist der Actinomyces-Gruppe
einzuverleiben.“
Die Keulenform bezeichnet Autor als langlebige Form, welche
unter gewissen Umständen für die Erhaltung der Art eintreten
sollen. Conradi fordert schon jetzt eine Stelle im Hyphomyceten-
system für den Rotzbacillus. J.
Tagesgeschichte.
Zum Abiturientenexamen.
Die Erklärung des Regierungscommissars zu der am 2. Mai
d. J. in der Petitionscommission des Reichstags verhandelten
Petition des Deutschen Veterinärraths zu Berlin wegen Ein¬
führung des Abiturientenexamens als Vorbedingung für die Zu¬
lassung zum thierärztlichen Studium (H No. 15 327) lautete:
’ „Gegenüber der vorliegenden Petition kann zur Zeit nur
auf die Erklärung verwiesen werden, welche der Herr Staats-
secretär des Innern am 13. Januar ds. Js. im Plenum des
Reichstages abgegeben hat. Danach sind die Erwägungen über
die Frage der Einführung des Gymnasial-Reifezeugnisses als
Vorbedingung des thierärztlichen Studiums noch nicht ab¬
geschlossen, vielmehr ist zunächst eine gutachtliche Aeusserung
des Kaiserlichen Gesundheitsamts eingeholt worden, auf Grund
deren in eine weitere Erörterung der Angelegenheit eingetreten
werden wird.“
Das Referat über die Petition in der Commission erstattete
bekanntlich Herr Professor Hoff mann. Noch mehrere Mit¬
glieder sprachen dafür, Niemand dagegen. Der Beschluss der
Ueberweisung zur Berücksichtigung erfolgte, wie schon mit-
getheilt, einstimmig. Im Plenum dürfte die Berathung der
Petition kaum vor Pfingsten erfolgen. Der Bundesrath dürfte
sehr bald mit der Frage befasst werden, da er voraussichtlich
schon vor der Verhandlung im Plenum Stellung nehmen wird.
Denn, wie mitgetheilt werden kann, ist das Gut¬
achten des Kaiserlichen Gesundheitsamts bereits er¬
stattet und ist günstig für uns ausgefallen (wie wir nicht
anders erwartet haben).
Veterinlrbeamte in OMterreioh.
In No. 16 der B. T. W. wurden Mittheilungen gemacht
über den österreichischen Gesetzentwurf betr. Reorganisation
der Stellung der Staatsveterinäre. Diese Mittheilungen werden
ergänzt durch eine im thierärztlichen Centralblatt aufgestellte
Liste der Veterinärbeamten nach dem im Entwurf vorgesehenen
Stand. Danach werden angestellt sein: Zwei Veterinär - Refe*
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 19.
m
renten im Ministerium des Innern und 14 Landesthierärzte in
gleichem Range; zwei Veterinär-Inspectoren im Ministerinm und
sieben bei den Regierungen; 365 Bezirksthierärzte, von denen
147 erster und 218 zweiter Klasse, ausserdem vier Bezirksthier¬
ärzte im Ministerium; endlich 24 Veterinärassistenten.
Die Zahl der Bezirksthierärzte beträgt in Böhmen 95,
Galizien 79, Mähren 34, Tirol-Vorarlberg 25, Niederösterreich
24, Steiermark 21, Oberösterreich 13, Krain, Bukowina und
Dalmatien je 12, dem Küstenland 11, Schlesien 9, Kärnten 8,
Salzburg 6. Auf jedes der genannten Kronländer kommt ein
Landesthierarzt, auf die ersten sechs und das Küstenland ausser¬
dem je ein Veterinärinspector. Die Veterinärinspectoren stehen
um eine Rangstufe hinter den Landesthierärzten. Die Gehalts¬
bezüge sämmtlicher Veterinärbeamten belaufen sich nach dem
Entwurf zusammen auf 1 193 500 österreichische Kronen. Die
Vermehrung gegenüber dem jetzigen Stande beträgt über 300000
Kronen, obwohl der Personalbestand sich nur um fünf Bezirks¬
thierärzte und 24 Assistenten erhöht.
Gerichtsvollzieher.
In einem uns übersandten Zeitungsausschnitt klagt ein
Herr v. B. über den Schaden, den die Maul- und Klauenseuche
verursacht, und über die Wirkungslosigkeit der gegenwärtigen
Bekämpfung, welche für den Kreisthierarzt das beste Geschäft
sei,*) indem derselbe hohe (?! ?) Diäten und Reisegelder erhielte,
anstatt vom Staate ausreichend dotirt und für die Seuchenreinheit
ihres Bezirkes prämiirt zu werden. Zum Vergleich werden die
Gerichtsvollzieher herangezogen, welche in einer ähnlichen miss¬
lichen Lage seien.
Der Vergleich mit der Besoldung der Gerichtsvollzieher ist
auch in thierärztlichen Kreisen aufgetaucht, als der Vorschlag
gemacht wurde, einen Theil der Einnahmen aus Reisekosten und
Tagegeldern pensionfähig zu machen.
Es hat daher ein gewisses mittelbares Interesse, dass die
Besoldung der Gerichtsvollzieher seit dem 1. April d. J. eine
ganz andere geworden ist. Sämmtliche Gebühren für Partei¬
sachen fliessen jetzt in die Staatskasse. Dagegen erhalten die
Gerichtsvollzieher (als Subalternbeamte H. Classe) ein festes
Gehalt in 2 Classen von 1400—1800 Mark und 1500—2700 Mark.
Bei jedem Amtsgericht besteht mindestens eine Gerichtsvollzieher-
*) Dass auch in thierärztlichen Kreisen, ohne Rücksicht anf
das „Geschäft“, pessimistische Ansichten über die Zweckmässigkeit
der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche Raum finden, zeigt
der Artikel von Buhl- Frankenthal in No. 17 und 18 der B. T. W.
Demgegenüber ist aber auf den Verlauf der neulichen Behandlung
dieser Frage im Reichstage hinzuweisen, welche ergab, dass die
Landwirthe selber durchaus mit dem Princip der gesetzlichen Be¬
stimmungen einverstanden sind, dass also der negative Standpunkt
selbst auf dieser Seite nur vereinzelte Anhänger findet.
stelle; 1447 gehören in die erste, 632 in die zweite Classe.
Ausser diesem festen und pensionsfähigen Gehalt beziehen die
Gerichtsvollzieher als nicht pensionsfähige Dienstaufwands¬
entschädigung 24 pCt. der Gebühren in Parteisachen, wovon
nach allgemeiner Schätzung etwa 10 pCt. als Reineinnahme ver¬
bleiben. Bezüglich des Wohnungsgeldzuschusses und der Hinter¬
bliebenenversorgung stehen die Gerichtsvollzieher den übrigen
Beamten gleichen Ranges gleich. Diejenigen, welche bisher
höhere Einnahmen hatten, behalten dieselben bis zu höchstens
4500 Mark noch fünf jahre. Diese Neuregelung entzieht also
dem früher zutreffenden Vergleich den Boden.
Verein practischer Thierlrzte zu Berlin.
Sitzung am Sonnabend, den 12. Mai 1900, Abends 8Uhr,
im Rathskeller.
Tagesordnung:
1. Vereinsangelegenheiten:
a) Statutenberathung.
b) Aufnahme neuer Mitglieder.
c) Antrag auf event. Beitritt zum Flottenverein.
II. Vorträge:
a) Prof. Udrisky-Bukarest: Die Kronengelenksschale
der Pferde mit Demonstrationen.
b) Assistent Gutzeit: Pathologisch-anatomische Be¬
funde bei der Kolik der Pferde.
c) Polizeithierarzt Franke: Eine neue Injectionsspritze.
d) Professor Dr. Eberlein: Die Distancefahrt Berlin-
Totis.
m. Mittheilungen aus der Praxis.
Der Vorstand
Verein der Schlachthofthierärzte der Rheinprovinz.
XVI. Versammlung
am 24. Mai 1900, Mittags 12 Uhr zu Bonn im Hotel „Rheineck“
Tagesordnung:
1. Geschäftliche Mittheilungen. Erstattung des Berichtes über
die letzte Versammlung.
2. Ueber die Untersuchung von Würsten, Referent: Stier-
Wesel.
3. Ueber Erfahrungen im Kühlhausbetrieb, Referent: Ingenieur
Musmacher-Köln.
4. Mittheilungen aus der Praxis.
5. Tag und Ort der nächsten Versammlung.
6. Verschiedenes.
(Die Damen der Herren Vereinsmitglieder werden ergebenst um
recht zahlreiche Beteiligung gebeten und höflichst ersucht, sich vor
der Sitzung im Vereinslokale einzufinden. Nach der Sitzung ge¬
meinschaftliches Mittagsmahl (Gedeck 2,50 M.). Darauf gemein¬
samer Spaziergang.)
Der Vorstand: T. A. Goltz, I. Schriftführer.
Oeffentliches Veterinärwesen.
(Mittheilungen für
Fleischscliau und Viehverkehr.
Das Compromis« für Zustandebringung des Fleischschaugesetzes.
Der § 14a des Fleischbeschaugesetzes soll nach dem
Compromiss zwischen den Mehrheitsparteien des Reichstages und
der Regierung folgende neue Fassung haben:
Veterinärbeamte.)
§ 14a. Die Einfuhr von Fleisch in luftdicht verschlos¬
senen Büchsen oder ähnlichen Gefässen, von Würsten
und sonstigen Gemengen aus zerkleinertem Fleisch in
das Zollinland ist verboten.
Im Uebrigen gelten für die Einfuhr von Fleisch in das
Zollinland bis zum 31. Dezember 1903 folgende Bestimmungen:
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10 Mai 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
225
1. Frisches Fleisch darf in das Zollinland nur in
ganzen Thierkörpern, die bei Rindern ausschliesslich der
Kälber und bei Schweinen in Hälften zerlegt sein können,
eingeführt werden. Mit den Thierkörpern müssen Brust- und
Bauchfell, Lunge, Herz, Nieren, bei Kühen auch das
Euter in natürlichem Zusammenhang verbunden sein. Der
Bundesrath ist ermächtigt, diese Vorschrift auf weitere Organe
auszudehnen.
2. ZubereiteteB Fleisch darf nur eingeführt werden,
wenn nach Art seiner Gewinnung und Zubereitung Gefahren
für die menschliche Gesundheit erfahrungsgemäss aus¬
geschlossen sind, oder die Unschädlichkeit für die mensch¬
liche Gesundheit in zuverlässiger Weise bei derEinfuhr sich
feststellen lässt. Diese Feststellung gilt als unausführbar,
insbesondere bei Sendungen von Pökelfleisch, sofern das
Gewicht einiger Stücke weniger als vier Kilogramm beträgt,
auf Schinken, Speck und Därme findet diese Vorschrift keine
Anwendung.
Fleisch, welches zwar einer Behandlung zum Zwecke
seiner Haltbarmachung unterzogen worden ist, aber die Eigen¬
schaft frischen Fleisches im Wesentlichen behalten
hat, oder durch entsprechende Behandlung wiedergewinnen kann,
ist als zubereitetes Fleisch nicht anzusehen; Fleisch
solcher Art unterliegt den Bestimmungen in Ziffer 1.
Für die Zeit nach dem 31. Dezember 1903 sind die Be¬
dingungen für die Einfuhr von Fleisch gesetzlich von Neuem
zu regeln. Sollte eine Neuregelung bis zu dem bezeichneten
Zeitpunkte nicht zu Stande kommen, so bleiben die in Absatz 2
festgesetzten Einfuhrbedingungen bis auf Weiteres mass¬
gebend.
Die Schwierigkeit liegt bekanntlich bei Pos. 2, das zu¬
bereitete Fleisch betreffend. Dies merkt man der Fassung auch
an, welche kaum ganz glücklich genannt werden kann. Die
drei wesentlichen Punkte der Pos. 2 sind folgende: 1. Zu¬
bereitetes Fleisch soll eingeführt werden, wenn durch die Zu¬
bereitung erfahrungsgemäss Gefahren für die Gesundheit aus¬
geschlossen sind; 2. Zubereitetes Fleisch soll eingeführt werden,
wenn die Unschädlichkeit sich zuverlässig bei der Einfuhr fest¬
stellen lässt; 3. Fleisch gilt nicht als zubereitet, wenn es wesent¬
liche Eigenschaften frischen Fleisches behalten hat oder wieder¬
erhalten kann.
Der dritte Punkt ist bestimmt, dem Missbrauch des
Begriffes „Zubereitetes Fleisch“ vorzubeugen, was auch in
voriger Nummer der B. T. W. als nothwendig bezeichnet war*).
Der aufgestellte Grundsatz ist auch unzweifelhaft richtig; seine
Anwendung aber bleibt weiterer Regelung bedürftig.
Der Punkt 1 ist unanfechtbar; der Punkt 2 muss Wider¬
spruch erfahren. Denn an zubereitetem Fleisch, speciell also
an Pökelfleisch, ist bei derEinfuhr niemals die Unschädlichkeit
zuverlässig festzustellen, gleichgültig, ob die Stücke nun 4 kg
schwer sind oder nicht. Dieser Punkt beruht also auf einer
falschen Voraussetzung und erscheint daher unhaltbar.
•) Es hat Bich in diesem Artikel der B. T. W. No. 18, pg. 210,
rechte Spalte, dritte Zeile von unten ein sinnverkehrender Druck¬
fehler eingeschlichen. Es soll dort heissen; nur an den Eingeweiden
(zu erkennen), die in toto nicht mit importirt werden können. Im
Satz steht fälschlich auch statt nicht
Man sollte daher auf diesen Satz verzichten und könnte dies
auch, wenn es sich im wesentlichen um die Einfuhr von Pökel¬
fleisch handelt. Es wäre dann dasselbe zu erreichen unter
Zusammenziehung von Punkt 1 und 3 mit etwa folgender
Fassung: „Zubereitetes Fleisch darf nur eingeführt werden,
wenn nach Art seiner Zubereitung Gefahren für die Gesundheit
ausgeschlossen sind. Als solches Fleisch gilt bis auf Weiteres
Fleisch, welches vollständig gepökelt ist“ (wie es gepökelt
sein muss, wäre genau festzusetzen).
Dieser Satz lässt sich wenigstens technisch vertreten, da
in der That Fleisch grade bei gewissen häufigen Krankheiten
durch Pökelung einwandsfrei gemacht wird, wenn nur eben
bestimmte Bedingungen betr. Art und Grad des Pökelns erfüllt
werden. Dass für die Fleischstücke eine bestimmte Minimal¬
grösse festgesetzt wird, bliebe übrigens auch dann zur Be-
urtheilung der Qualität erforderlich. S.
Jahresbericht des Berliner Schlacht* und Viehhofes für das Jahr 1898/99.
Im Ordinarium betrug die Einnahme 4 646 000 M. (wo¬
runter für Fleischschau am Schlachthof 724 000 und für aus¬
wärtiges Fleisch 305 000 M.), die Ausgabe 3 618 167 M. (incl.
Zinsen und Amortisation). Als Uebersclmss wurden an die
Stadt-Hauptkasse abgefuhrt vom Viehmarkt 521694 M. und
vom Schlachthof 320155 M., zusammen 841849 M. Da von
den Kosten der Gesammtanlage (fast 19 Millionen) noch
15,2 Millionen zu verzinsen sind, so hat sich mithin dieses
Kapital mit 5 % pCt. verzinst. Von den Fleischschau-Gebühren
bleiben gegenüber den Ausgaben für die damit beschäftigten
Beamten und Arbeiter 315 000 M. Ueberschuss.
Die Schlachthaus- und Fleischschaugebühren zusammen be¬
trugen bei Rindern 200, bei Fressern 140, bei Schweinen 180,
bei Kälbern 70, bei Schafen 40 Pfennige für das Stück.
Der höchste Marktpreis war durchschnittlich für 100 Pfd.
Schlachtgewicht bei Rindern 64 M., bei Kälbern 71,5 M., bei
Schafen 57 M., bei Schweinen für 100 Pfd. lebend mit 20 pCt.
Tara 56,28 M. Gegen das Vorjahr bedeuten diese Preise
gegenüber denen des Vorjahres bei Rindern — 0,23 M., bei
Kälbern + 1,34 M., bei Schafen -+• 2,85 M., bei Schweinen
— 0,78 M.
Das Wiegeregister ergab ein durchschnittliches Lebend¬
gewicht von 618 kg für Rinder, 102 kg für Schweine, 104 kg
für Kälber und 41‘/a kg für Schafe, doch wird in der Regel
nur die bessere für den Export bestimmte Waare gewogen.
Als Schlachtgewicht werden gerechnet bei Rindern 45—63 pCt.,
bei Schweinen 77—82 pCt., bei Kälbern 50—62 pCt., bei
Schafen 45—58 pCt. des Lebendgewichts.
Der Auftrieb auf dem Viehhofe betrug: Rinder 223 072,
Schweine 826 902, Kälber 175 126, Schafe 561 134. Das sind
mehr als in einem der fünf Vorjahre bei Rindern und Kälbern,
dagegen weniger Schweine als in den letzten zwei, und weniger
Schafe als in allen fünf Vorjahren.
Von den Rindern waren 42 pCt. Ochsen, 28 pCt. Bullen
und etwa ebensoviel Kühe. Bezeichnend ist, dass von den
1 786 171 zu Markt gebrachten Thiere nur 9988 ohne Com-
missionär verkauft wurden. Der Gesammtwerth des Viehs
beträgt 148 Millionen, wobei das Rind mit 250 M., Schwein mit
82 M., Kalb mit 63 M. und Schaf mit 21 M. Durchschnittswert!!
angesetzt ist. Von dem Auftrieb sind lebend nach anderen
Orten ausgeführt worden rund 69 000 Rinder, 25 000 Kälber,
172 000 Schweine, 153 000 Schafe,
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226
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 19.
In Berlin auf dem Schlachthof geschlachtet wurden 153 675
Rinder, 659 553 Schweine, 150 202 Kälber und 469 302 Schafe,
zusammen 1 372 732 Thiere. Die Schlachtungen vertheilen sich
auf 283 Engros-Schlächter, 47 Lohnschlächter und 38 Laden-
schlächter; von 16 Schächtern wurden 9820 Rinder und 13 980
Kälber und Schafe geschachtet.
Von auswärts geschlachtet eingeführt wurden 58 609 Rinder,
128 749 Schweine, 137 491 Kälber und 30 886 Schafe, d. h. von
den überhaupt in Berlin consumirten Thieren 27 bezw. 16 bezw.
48 bezw. 7 pCt. Von den Kälbern wurden also fast die Hälfte
geschlachtet von auswärts eingeführt.
Der Fleischverbrauch von Berlin berechnet sich nach dem
in den Schlachthäusern geschlachteten und geschlachtet von
auswärts eingeführten Vieh, abzüglich der verworfenen Stücke,
wie folgt:
Rinder sind geschlachtet 153 675 zu 235 kg
Fleischgewicht durchschnittlich, sowie
geschlachtet eingeführte 58609 zu je 180 kg
durchschnittlich, zusammen = 46 416 435 kg
Schweine 659 553 zu 80 -f 128 749 zu 64 — 60 907 536 „
Kälber 150 202 zu 50 -f 137 491 zu 30 = 11610 580 „
Schafe 409 302 zu 20 -f 30 886 zu 19 = 8 772 874 „
Zusammen = 127 707 425 kg 1
Dazu kommen: 6 pCt. des obigen Ge¬
wichts als sogen. Kram (Lungen, Lebern,
Füsse etc. = 6 252 378 kg
Rossfleisch von 9824 Pferden = 2 210 400 „
Fleisch in Postpacketen, in Tonnen, Con-
serven etc. = 8 500 000 „
Dies ergiebt einen Fleischconsum von 144 670 203 kg, wo¬
von 32,8 pCt. Rindfleisch, 42 pCt. Schweinefleisch, 8 pCt. Kalb-
und 6 pCt. Hammelfleisch.
Natürlich giebt dies nur ein annäherndes Bild des Berliner
Fleischconsums. Denn auf der einen Seite ist die enorme Menge
von Wild, Geflügel und Fischen, die gerade Berlin consumirt,
nicht zu berechnen. Andererseits participiren an obigen Fleisch¬
mengen in nicht zu berechnender Weise die Vororte und der
schwankende, aber stets sehr grosse Fremdenverkehr. Endlich
sind auch die Durchschnittsgewichte doch eben nur Schätzungen.
Auf das Steigen und Fallen des Consums sowie überhaupt auf
den Consum pro Kopf der sesshaften Bevölkerung kann aus
jenen Zahlen kaum ein Schluss gezogen werden. (Exportirt
wurden vom Schlachthof 1 320 000 kg Schweinefleisch, die oben
nicht mit verrechnet sind).
In den Schlachthäusern des städtischen Schlacht¬
hofes wurden geschlachtet: 153 437 Rinder, 150 174 Kälber,
409166 Schafe und 659 551 Schweine, zusammen 1 373 328
Thiere (excl. der im Polizeischlachthause geschlachteten Thiere),
d. s. 22 000 mehr, als im Vorjahre.
Davon wurden beanstandet an ganzen Thieren 7526,
nämlich 2515 Rinder (1,6 pCt.), 539 Kälber (0,36), 93 Schafe
(0,02) und 4379 Schweine (0,66 pCt.).
Anlass zur Beanstandung gaben die Tubercnlose bei
1625 Rindern, 87 Kälbern, 4 Schafen und 3025 Schweinen, zu¬
sammen bei 4 741 Thieren, d. s. 65 pCt. aller beanstandeten;
Finnen bei 735 Rindern, 20 Kälbern und 399 Schweinen, zu¬
sammen bei 1154 Thieren, zusammen 15 pCt. der beanstandeten.
Tubercnlose und Finnen [verursachen also 80 pCt. aller
Beanstandungen überhaupt und 93 pCt. der Beanstandungen
bei Rindern und 78 pCt. der Beanstandungen bei Schweinen.
/
Fenier wurden beanstandet von Schweinen 85 wegen Trichinen
233 wegen Blutungen im Fleisch, 73 wegen Kalkconcrementen.
252 wegen Rothlaufs und 153 wegen Gelbsucht (wegen letzterer
auch 15 Kälber und 14 Schafe). Wegen wässriger oder blutiger
Beschaffenheit des Fleisches wurden im Ganzen 183 Thiere
beanstandet etc.
Ausser den oben aufgezählten totalen Beanstandungen sind
theilweise beanstandet 205 Rinder, wovon 196 wegen localer
Tubercnlose; die Menge des von diesen Thieren beanstandeten
Fleisches beträgt 25 774 kg. Dazu kommen endlich 752 un-
geborene Kälber und 215 154 beanstandete Organe.
Die beanstandeten Theile sind vernichtet worden. Von den
beanstandeten ganzen Thieren wurden dagegen gänzlich ver¬
nichtet 846 Rinder, 453 Kälber, 90 Schafe und 1154 Schweine.
Die übrigen Thiere wurden sterilisirt bezw. gekocht, nämlich
zusammen 1669 Rinder, 86 Kälber, 3 Schafe und 3225 Schweine.
Sterilisirt (im Rohrbeck’sehen Apparat) wurden wegen Tuber-
cnlose 953 Rinder, 63 Kälber, 3 Schafe nnd 2482 Schweine.
Gekocht wurden (im Becker-Ullmann’schen Apparat) die
finnigen Rinder n. a., im ganzen 716 Rinder, 23 Kälber.
743 Schweine.
Legt man die bei der Werthberechnung am Viehhofe
(s. oben) angenommenen Dnrchschnittswerthe zu Grunde, so er¬
geben die Beanstandungen folgenden Schaden:
I. Für ganz vernichtete Rinder 211500 M.,
Schweine 94824 M., Kälber 28539 M., Schafe
1890 M. zusammen: 336 757 M.
II. Für gekochte und sterilisirte Thiere, wobei der
für den Besitzer gerettete Werth auf 10 pCt.
des wirklichen Werthes geschätzt wird, Rinder
376525 M., Schweine 238005 M., Kälber
4897 M., Schafe 55 M. zusammen: 619462 M.
III. 25774 kg Fleisch und 215154 Organe mit etwa 70000 M.
zusammen: 700000 M.
Hinsichtlich der Häufigkeit einzelner besonders wichtiger
Krankheiten ergiebt der Bericht folgendes:
Die Tubercnlose ist ermittelt worden bei 30167 Rindern=
19,6 pCt. (Vorjahr 20,5 pCt.) der geschlachteten, 445 Kälbern=
0,29 pCt. (0,2), 8 Schafen=0,002 pCt. und 25835 Schweinen=
3,92 pCt. der geschlachteten ( Vorjahr 3,89). Zusammen wurden
tuberculös befunden 56455 Thiere.
Von diesen Thieren wurden ganz freigegeben 28346
Rinder = 93 pCt. aller tuberculösen, 358 Kälber = 80 pCt..
4 Schafe und 22810 Schweine = 88 pCt. der tuberculösen.
Von den übrigen Thieren wurden 196 theilweise im rohen
Zustande freigegeben, alle anderen jedoch vernichtet oder
sterilisirt. Der gänzliche Verlust an Thieren (vernichteten und
sterilisirten) durch Tnberculose betrug also bei Rindern 5,3 pCt.
der tuberculösen und I pCi. aller geschlachteten, und bei
Schweinen 12 pCt. der tuberculösen und 0,8 pCt. aller
geschlachteten.
Finnen wurden gefunden bei 1095 Rindern = 0,76 pr¬
aller geschlachteten, 20 Kälbern und bei 339 Schweinen=0,05 pCt.
aller geschlachteten. Die Rinderfinnen sind also mehr
als 10 Mal so häufig, als die Schweinefinnen, ' ou
den finnigen Schweinen wurden 30 gekocht, 9 ganz vernichtet.
Von den finnigen Rindern konnten dagegen 360 ganz frei ge¬
geben werden, weil bei ihnen die Finnen spärlich und zweifel¬
los ganz abgestorben waren. Von den übrigen wurden <16
gekocht, 19 ganz vernichtet. Der Verlust beträgt also bei
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
10. Mai 1900.
227
Rindern 735 Stück = 0,46 pCt. der geschlachteten, erreicht |
also die Hälfte des durch Tuberculose verursachten Verlustes.*) !
Bei 684 Rindern wurde nur eine Finne gefunden. In 691
Fällen sassen die Finnen nur im Kaumuskel, (448 mal nur im
Masseter, 235 mal nur im inneren Kaumuskel) 17 mal nur im
Herzen, 1 mal nur in den Genickmuskeln, 13 mal im Herzen,
Kaumuskel und Zunge, bei den übrigen 13 beanstandeten Thieren
in allen Körpermuskeln.
Trichinen wurden bei 85 Schweinen (gegen 138, 192 158
und 136 in den Vorjahren gefunden, d. s. 0,013 pCt. oder 1 auf
7759 der geschlachteten Schweine.
Wegen anderer thierischer Parasiten, (Echinococcen, Egeln,
Fadenwürmern) wurden an Organen beanstandet rund 74000, darun¬
ter rund 20000 Schaflungen wegen Fadenwürmer, 14000 Rind- !
und 5700 Schaf-Lebern wegen Egeln, 4800 Lungen und Lebern j
vom Rind, 10000 vom Schal und 14000 vom Schwein wegen |
Echinococcen. Die Schafe sind daran also absolut mit der
Hälfte, nach dem Verhältniss der geschlachteten Thiere (halb- j
soviel Schafe als Rinder und Schweine)dagegen mit fast dem
doppelten Procentsatz an Eingeweideparasiten betheiligt.
Ueber die städtischen Untersuchungsstationen gingen ein:
234434 Rinderviertel, 137491 Kälber, 30886 Schafe, 128649 ;
Schweine, 88570 Schinken und 60785 Speckseiten, zum aller- \
grössten Theil amerikanischen, zum kleinen Theil österreichischen
und dänischen Ursprunges. Von den Rindervierteln stammten
rund 30000 aus Dänemark.
Zurückgewiesen und beanstandet wurden davon 901 Rinder- j
viertel, 304 Kälber, 12 Schafe, 101 Schweine.
Das Personal der städtischen Fleischschau bestand aus
1 Oberthierarzt, 37 Thierärzten, 6 Hiilfethierärzten, 7 Beamten,
30 Abtheilungsvorstehern bzw. Stellvertretern im Trichinenschau- (
amt, 249 Trichinenschauern (96 Frauen), 86 Probenehmern und
80 anderen bei der Fleischschan thätigen Personen.
*) Bezüglich der zulässigen Verwerthung finniger Rinder durch
21 tägiges Aufhängen im KUhlbausc bemerkt der Bericht einfach,
dass dafür keine Einrichtungen vorhanden seien.
Bücheranzeigen und Kritiken.
n.
Prsf. Hermann Dexter: Die Nervenkrankheiten des Pferdes.
278 Seiten. Mit 32 Abbildungen. Leipzig und Wien 1899.
Bei Franz Deuticke.
Der Verfasser, früher an der thierärztlichen Hochschule in
Wien, jetzt Professor der Thierseuchenlehre an der Deutschen
Universität zu Prag, hat sich durch seine Specialarbeiten über
Erkrankungen und Veränderungen des Nervensystems bei Haus-
thieren längst rühmlich bekannt gemacht und kann auf diesem
gerade in Hinsicht auf exact-pathologische und pathologisch¬
anatomische Forschung so wenig bearbeitetem Gebiete als
Autorität gelten. Das vorliegende Buch gehört zu jenen ver¬
dienstlichen Publicationen, welche dem Ausbau eines zurück¬
gebliebenen oder zu wenig beachteten wissenschaftlichen Stoffes
gewidmet werden, ohne dass zunächst gefragt wird, ob der
Kreis der Leser ein weiter oder nur ein kleiner sein wird.
Gleichwohl würde das Buch eine recht grosse Verbreitung ver¬
dienen, weil eine allgemeine Vertiefung der Kenntniss auf diesem
vernachlässigten Specialgebiet erwünscht wäre. Der Inhalt ist
kurz folgender: Functionsstörungen im Allgemeinen; Lähmungen
peripherer Nerven, Lähmungen von Hirnnerven, Erkrankungen
Internationaler Fleischer Congress.
In Folge Anregung vom Fleischhauer- und Selcherverband
Niederösterreichs wird die Abhaltung eines Internationalen
Fleischer Congresses in einer süddeutschen Stadt geplant, zu
dem alle continentalen Staaten Delegirte schicken sollen.
Als Berathungsgegenstände sind vermerkt:
1. Welche Mittel gegen die amerikanische Concurrenz im
Interesse der Fleischer sowohl als der Fleischesser zu ergreifen
seien,
2. Wodurch der verderblichen Entwickelung zu
capitalistischen Monopolen des Fleischtrustes entgegen
zu wirken sei,
3. Welche durch die Regierung zu treffenden Massnahmen
practisch geeignet sind, die Fleischesser vor dem Genüsse
gesundheitsschädlicher Fleischwaaren zu schützen,
4. Wie practisch. ohne schwere Verluste, die Ausbreitung
der Viehseuchen entgegengewirkt werden könne.
Es soll versucht werden die Landwirthe der continalen
Staaten zur Theilnahme an dem Congress anzuregen.
Regelung der Gewährleistung für beanstandetes Vieh auf dem Berliner
Central-Schlaohthof.
Zwischen den Viehcommissionären und Fleischern ist vom
1. Januar d. J. ab folgende Vereinbarung in Kraft: Die Com-
missionäre stellen nur versichertes Vieh zum Verkauf, und die
Käufer dürfen auch nur solches kaufen. Bei Rindern erstreckt
sich die Versicherung auf ganz beschlagnahmte Thiere und
blutige Fleischtheile, nicht dagegen auf einzelne Eingeweide,
wie Leber, Lungen, Euter und Därme. Bei Schweinen werden
entschädigt: alle beanstandeten ganzen Thiere, ferner blutige
Thefte, Lebern zu 1 M. das Stück und Gebärmütter von acht
Pfund an. — Aus letzterer Vereinbarung, schreibt Ostertag
in der Ztschr. f. Fl. u. M., geht hervor, dass die Berliner
Schweineschlächter ihren ganz unbegründeten Anspruch auf Er¬
satz von Minderwerth für das Fleisch trächtiger Thiere nunmehr
selber fallen gelassen haben.
des Rückenmarks, Erkrankungen des Gehirns. Bei diesem über
100 Seiten umfassenden Kapitel ist erst die Anatomie des
Gehirns recapitulirt, dann die allgemeine Symptomatologie und
schliesslich die von den Knochen, den Häuten und der Hirn¬
substanz selbst ausgehenden Erkrankungen behandelt. Daran
schliessen sich die Neurosen und als Anhang die das Nerven¬
system afficirenden Seuchen. Das Buch ist eine sehr dankens-
werthe Ergänzung unserer Literatur, sowohl in wissenschaft¬
licher als practischer Hinsicht.
Harnack, ord. Prof, der Pharmacologie in Halle. Hauptthat-
saohen der Chemie, II. Auflage, 150 Seiten, kl. Octav. Hamburg
und Leipzig bei L. Voss.
Das kleine, sehr klar und practisch geschriebene Buch soll
nicht ein vollständiges Repetitorium der Chemie sein, sondern die
chemischen Fundamentalbegriffe speciell für den Mediciner zu¬
sammenfassen. Der Verfasser betont auf der einen Seite die
Unentbehrlichkeit chemischer Kenntnisse und chemischen Verständ¬
nisses für die Mediciner, während er andrerseits anerkennt, dass
bei dem Anschwellen der Chemie von dem Mediciner nicht die
Kenntniss des Gesammtstoffes verlangt werden kann, das Lehr¬
material für ihn vielmehr speciell ausgewählt werden muss.
Diesem richtigen Standpunkt soll auch das vorliegende Buch
dienen als Leitfaden für den Unterricht des Mediciners.
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228 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 19.
Pizzlghelll, k. k. Oberstleutnant. Anleitung zur Photographie.
Zehnte Auflage. Halle, bei W. Knapp, 1900.
Schon die 8. Auflage ist in der B. T. W. besprochen
worden. Dieselbe erschien in Duodezformat mit ca. 300Seiten
Text und 150 Holzschnitten. Die 10. Auflage bringt 367 Seiten
Text in Octav, 186 Abbildungen und 12 Tafeln. Es ist also
eine wesentliche Vermehrung erfolgt, und der Leitfaden hat sich
zu einem stattlichen Buche entwickelt. Dasselbe verdient auch
seinen Erfolg, denn es gehört zu den besten, practischen Rath¬
gebern des Amateur-Photographen, in welchem sich der Anfänger
ebenso zurechtfindet, wie andererseits der angehende Meister
seine weitergehenden Ansprüche befriedigt sieht.
Dr. K. Ackermann, Oberrealschnldirector. Thierbastarde. Zu¬
sammenstellung der bisherigen Beobachtungen mit Literaturnachweisen.
Kassel, Weber & Weidemayer. I. Theil Wirbellose, U. Theil
Wirbelthiere, zusammen 3,20 M.
Es ist eine sehr mühsame Sammlung der in der Literatur
aller Art erschienenen Nachrichten über Bastardirungen. Die
zweifellos fabelhaften haben ebenso Aufnahme gefunden, wie die
umstrittenen und unbedingt bestätigten. Der Verfasser nimmt zu
den Mittheilungen natürlich kritisch Stellung, wenn auch er¬
wünscht gewesen wäre, dass das positiv Erwiesene noch schärfer
aus der Menge des nicht völlig Einwandfreien hervorgehoben
worden wäre. Jedenfalls ist es eine recht interessante Sammlung
der zahlreichen verstreuten Einzelheiten dieses Stoffes, die
lesenswerth ist, zum gelegentlichen Nachschlagen übrigens durch
ein Register der Thierformen noch geeigneter werden würde.
Neue Eingänge.
(Besprechung Vorbehalten.)
Ellenberger und Baum: Handbuch der vergleichenden Anatomie
der Hausthiere. Neunte Auflage des Handbuches. von Gurlt.
Berlin bei Hirschwald.
Bayer-Fröhner: Handbuch der thierärztlichen Chirurgie und
Geburtshülfe IV. Bd., II. Theil, 1. Lieferung: Eberiein, Huf¬
krankheiten des Pferdes. Wien und Leipzig bei W. Brau-
mtiller.
Hagemann: Lehrbuch der Anatomie und Physiologie der Haus-
säugethiere. Gemeinfasslich. I. Theil: Anatomie und Gewebe¬
lehre. Stuttgart bei Ulm er.
Elsas« - Lothringen : Verhandlungen des Landwirthschaftsrathes,
Session 1899. Strassburg bei Du Mo nt-Schauberg.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Corpsrossarzt Bub ist das Ritterkreuz
I. Kl. des Friedrichsordens und den Rossärzten Brauchte und
Schnitzer das Ritterkreuz II. Kl. desselben Ordens verliehen worden.
Ernennungen etc.: Gewählt: Dr. Willerding zum Assistenz¬
thierarzt am Breslauer Schlachthof
Examina: Das Fähigkeitszeugniss ‘ für beamtete Thierärzte
in Baden haben erhalten’ die Thierärzte Köhler-Geisingen, früher
in Bretten, Kroner-Gernsbach, Dr. Männer-Dresden, Neumaier-
Hardheim, Simmermacher-Boppard a. Rh. und Zimmermann-
Thengt-n.
In der Armee: Beförderungen: Christ, Rosearzt im 16. Train¬
bat. unter Versetzung zum 4. Drag.-Rgt. zum Oberrossarzt; Reicbart,
Unterrossarzt im 19. Drag.-Rgt' unter Versetzung zum 5. Art.-Regt,
zum Rossarzt. — Zu einj.-frw. Unterrossärzten die Einjährig¬
freiwilligen Promnitz und Hagenstein im Garde-Kür.-Rgt.;
8 e bau er und Majewski im 17. Art.-Rgt.; Schmidt und Lewin
im 4. Trainbat.; Rusche im 4. Art.-Rgt.; Semmer im 74. Art. Rgt.;
Platschek im 5. Trainbat; Roth im 6. Art.-Rgt.; Fromme im
8. Hus.-Rgt.; Vortmann im 7. Trainbat.; Lemra und Bambauer
im 8. Trainbat.; Petersen im 46. Art-Reg.; Seiler im 30. Art-
Rgt.; Holzhauer im 21. Drag.-Rgt. und Beiling im 63. Art.-Rgt;
Pelka, Rossarzt am Remontedepot Jurgaitschen, zum Rcraonte-
depot-Obenossarzt.
Versetzungen: Dahlenburg, Oberrossarzt im 4. Drag.Rgt.
zum 74. Art-Rgt. — Die Rossärzte Moll vom 67. Art.-Rgt. mm
16. Trainbat., Plath vom 66. zum 67. Art-Rgt., Kossmag vom
7. Hus.-Rgt. zum 66. Art.-Rgt., Klingberg vom 5. zum 8. Art.-Rgt,,
Gossmann vom Garde-Kür.-Rgt. zum 3. Ul.-Rgt. — Schütt, Unter¬
rossarzt im 15. Art.-Rgt. zum 23. Drag.-Rgt.
LopitzBch, Oberrossarzt im 6. Drag.-Rgt. und Rehfeld,
Rossarzt im 25. Trainbat. mit Pension in den Ruhestand versetzt.
Im Beurlaubtenstande sind zu Rossärzten befördert: der
Unterrossarzt d. R. Gelbke (Bez.-Com. Eisenach) und der Unter¬
rossarzt der Landwehr Pasch (Bez.-Com. Weissenfels).
Todesfälle: Oberamtsthierarzt Dr. Trips Plieningen (Königr.
Würtemberg).
Vacanzen.
(Näheres Uber die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Aachen: Montjoie (600 M., ausserdem 300 M. Stellenzulage und
600 M. Kreiszuschuss, sowie ev. voraussichtl. 800 M. für Beaufsichtigung
der städt. Fleischbeschau). Bew. bis 1. Juni er. an den Regierungspriu.
— R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich Kreiszuschuw).
— Stolp(Nord) (erneut ausgeschrieben) mit dem Amtssitz in Glowiti.
Gesuche an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Wiesbaden: St
Goarshausen (600 M. Gehalt, 500 M. staatl. Stellenzulage und 300 M.
Kreiszuscbuss.). Bewerb, b. 20. Mai er. a. d. Regierungspräsidenten.
b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Köln: Rheinbach.
Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Düsseldorf: 2 Assistenzthierarzt am Schlacht- und Viehhof im
1. Juli er. (2400 M. Anfangsgehalt; 6 Monate Probezeit; 3 monatl.
Kündigung;Pension.)Bewerb, bis 20.Mai an den Oberbürgermeister.—
Lunzenau: Thierarzt f. Wissenschaft]. Fleisclischau. (Praxis ge¬
stattet.) Meid, bis 8. Mai an den Stadtrath. — Neheim: Schlacbthof-
director zum 1. Juni er. (2000 M. Wohnung etc. Privatpraxis.)
Bewerb, an den Magistrat. — Oederan: Thierarzt für Fleischbeschau
(2000 M. Privatpraxis). Bewerb, bis 10. Mai an den Stadtrath. —
Plauen i. V.: AsBistenzthierarzt am Schlachthof zum 1. Juni
(2100 M.: vierteljährl. Kündigung). Meid, an den Director. -
Schivelbein: Thierarzt für Fleischschau (ca. 2400—3000 M.;
Praxis gestattet). Meid, beim Magistrat. — Wamsdorf, Bet
Leipzig: Thierarzt für Fleischschau in W. und in den Nachbar¬
gemeinden. Meid, an den Gemeindevorstand.
b) NachAblaul der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Eberswalde: Schlachthofinspector. — Filehne: Scblacbtbof-
inspector. — Freiberg i. S.: Thierarzt für Fleischschau etc. —
Graudenz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Johanngeorgen¬
stadt und Nachbargemeinden: Thierarzt für Fleischbeschau. —
Königswartha i. S.: Thierarzt für Fleischbeschau. —Mülhausen
(Elsass): Schlachthofverwalter.— Pössneck: Thierarzt für Fleisch¬
beschau. — Spremberg: Schlachthofinspector. — Wanne:
Schlachthofvorsteher. — W etter (Ruhr): Thierarzt für Fleischbeschau.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: ABbach (Kr. Neu
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. -
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt. — Schönbanm (Danzig). — Soldau
(08tpr.).
1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt. —Mengering'
hausen (Waldeck): Thierarzt. — Neuhausen (i. S.): Thierarct
für Praxis und Fleischbeschau. — Rhinow (R.-B Potsdam): Thierant.
— Schwarzenberg i. S.: Thierarzt für Fleischbeschau u. Praxis.-
Sonnenburg: Thierarzt. — Wolkenstein: Thierarzt für Praxis
und Fleischschau.
Verantwortlich fUr den Inhalt (excL Inseraten theil)! Prot Dr. S chmäl te ln Berlin. — Verlag und Eigen tham von Richard Sohoete ln Berlin. — Druck von W. Bflxensteln, Berihi
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pla „Berliner Thier&ntlich» Wochenschrift“ erscheint
«MhenÜlch tn Stirke von mindestens 1>/* Bogen. Dieselbe
iit tu begehen durch den Buchhandel, die Post (No 1082)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoeta, Berlin NW., Luinenstrasse 36, zum Preise von
Mk. ß, - pro Vierteljahr.
Berliner
Orlglnalbeltrftge werden mit 50 Hk. für den Bogen honorirt.
Allo Mannscripte, Mittheilungen und redactlonellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr Schmaltz,
Berlin, thlerftrztllcbe Hochscbnle. NW., Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recensions- Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heransgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoeta, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 20 . Ausgegeben am 17. Mai.
Inhalt: Haase: Torticollis equi mit exitus letalis. — Hecker: Einige kritische Bemerkungen und Vorschläge zur Be¬
kämpfung der Manl- und Klauenseuche. — Referate: Nocard, Roux und Dujardin: Ueber die Lungenseuche. —
Interessante Verletzungen. — Therapeutische Notizen. — Schüller: Beitrag zur Aetiologie der Geschwülste. — Thier¬
haltung und Thierzucht. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Fleischschau und
Viehverkehr. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen.
Torticollis equi mit exitus letalis.
Von
C. Waase-Hohenmölsen,
(1 romherzoglich »Äch»i*cher Amtftthicrarzt a. 1>.
Ungefähr zur selben Zeit, als die B. W. T. in No. 47 des
Jahrgangs 1899 einen Fall von Wirbelverrenkung des Pferdes
vom Thierarzt Tiburtius-Soldau brachte, dessen Ausgang ein
günstiger gewesen ist, von dem der Leser jedoch zu fragen
berechtigt ist, ob dieser günstige Ansgang auch wohl dauernd
gewesen, wurde ich zur Behandlung eines in ähnlicher Weise
erkrankten Pferdes zugezogen. Dieser Fall unterscheidet sich
von ersterem durch seinen ungünstigen Ausgang, obgleich die
pathologischen Veränderungen, welche ihn verursachten, anfäng¬
lich verhältnissmässig geringgradige waren, wesshalb ich den¬
selben der Mittheilung werth halte.
Anamnese: Der Vorbericht wurde mir in drei Lesarten
mitgetheilt: 1. Das Pferd soll 14 Tage zuvor gelegentlich einer
schweren Getreidefuhre bergauf in die Vorderkniee gefallen und mit
dem Maul auf den Boden aufgeschlagen sein, seitdem sei Futter-
und Getränkeaufnahme mangelhaft. 2. Das Pferd soll die Ge¬
wohnheit haben, sich in seinem Stande möglichst weit nach vorn
zn legen, so dass der Kopf unter die vorstehende Krippe za
liegen komme; beim Aufstehen könne das Thier durch Anstossen
an die Krippe sich die Verrenkung zugezogen haben. 3. Der
Besitzer war der Ansicht, die mangelhafte Futteraufnahme sei
durch Schieferzähne bedingt, wesshalb er dieselben durch den
Schmied habe entfernen lassen. Dieser will jedoch nicht viel
an dem Pferde gethan heben. Seit wann die Schief-
haltnng des Kopfes da sei, ke nnte mir nicht mitgetheilt werden.
Ich gelbst sagte mir dann noch, es könnte 4. Borna’sche
Krankheit vorliegen.
Status praesens: Mittelschweres, gewöhnliches Pferd
belgischer Abstammung in gutem Ernährungszustände, steht mit
gesenktem Kopfe im Stalle; derselbe wird ausserdem stark nach
rechts gebogen gehalten. Sensorium eingenommen, massiger
Lidgchluss. Die Coiyunctiven sind höher geröthet. Es besteht
Speichelfluss. Umgebung des Mauls und Maulschleimhaut ent¬
zündlich geschwellt; an letzterer einige oberflächliche Wnnden.
Die Untersuchung des Mauls ist schwierig, da die Oeffnung
desselben dem Thiere Schmerzen verursacht und dieselbe nur
unvollkommen ausgeführt werden kann. Innere Temperatur
per rectum gemessen 38,4 °. Beim vorsichtigen Heraus-
ltihren zeigt das Thier Gleichgewichtsstörungen, indem es mit
der Hinterhand schwankt. Der Kopf wird auch beim Führen
ständig nach rechts gebeugt, gehalten, sodass der hintere Theil
des rechten Oberkieferrandes in eine Delle der rechten Seite
eingebogen ist. und die Maulspalte in einiger Entfernung
vor der rechten Schulter gehalten wird. An der linken Seite
ist in der Höhe des Halskopfgelenks eine harte, faustgrosse
Geschwulst bemerkbar; dieselbe ist durch den nach links
hervorragenden linken Atlasflügel verursacht.
Diagnose: Torticollis; Luxation des Kopfhalsgelenks, dessen
Ursache vorläufig nicht genau zu ermitteln ist.
Behandlung und Verlauf. Ich versuchte sofort eine
Reposition. Einen Gehilfen stellte ich grade vor das Pferd: er
musste an beiden Gebissringen eines gutsitzenden Zaumes den
Kopf etwas aufwärts strecken. Einen zweiten Gehilfen stellte
ich auf die rechte Seite des Thieres: derselbe musste mittelst
eines Deckengurts, welcher um die linke Halsseite in der Höhe
des zweiten und dritten Halswirbels gelegt war, den Hals
fixiren. Ich selbst nahm sodann auf der linken Halsseite auf
einem Stuhle Stellung. Mit der rechten Hand führte ich so¬
dann einen allmälig stärker werdenden Druck auf den linken
Atlasflügel ans, während ich mit der linken den linken Gebiss¬
ring erfassend den Kopf nach links zu führen suchte. Die Ein¬
renkung gelang vollkommen, und konnte, der Kopf sogar ziemlich
weit nach links abgebogen werden. Hierbei wuirde ein Crepi-
tationsgeräusch, welches auf einen Knochenbruch gedeutet hätte,
nicht vernommen. Jedoch drohte das Thier nach rechts nieder¬
zustürzen, wesshalb ich den Kopf wieder sich selbst überlassen
musste. Das Thier gewann dadurch sofort das Gleichgewicht wieder;
der Kopf nahm jedoch seine ursprüngliche Beugestellung wieder
ein. Weitere Versuche, den Kopf durch 'Ausbinden nach links
in möglichst grader Stellung zu erhalten, erwiesen sich er
folglos; die Luxation trat immer sofort wieder ein. Gegen die
Manlentzündung wurde Essigwasser angewendet. Tags darauf
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280
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 20.
zeigte sich das Thier etwas munterer. Futter- und Getränk¬
aufnahme waren jedoch nur geringgradig. Innere Temperatur 38,8°.
Sonstiges Befinden dasselbe. Am vierten Tage der Behandlung
39,2° innere Temperatur. Entzündliche Schwellung des Mauls
zuriickgegangen. Futter- und Getränkaufnahme etwas besser.
Befinden sonst das gleiche. Am siebenten Tage 39,1 0 innere
Temperatur. Am neunten Tage legt sich das Thier nieder, ist
jedoch nicht im Stande, sich wieder zu erheben, auch mit Unter¬
stützung nicht. Am elften Tage tritt der Tod ein.
Sectionsbefund an Kopf und Hals: Nach Exarticulation
des Unterkiefers erweist sich ein Backenzahn der linken unteren
Reihe insofern verändert, als der innere Rand desselben durch
den Zahnmeissei entfernt worden ist; alle übrigen Zähne sind
unverändert, haben regelmässige Form und sind ohne Haken.
Die Bänder des Halskopfgelenks sind stark ausgedehnt, jedoch
nicht zerrissen. Dasselbe ist ohne abnormen Inhalt. Die Knopf¬
fortsätze des Hinterhauptbeins sind aus ihrer Lage nach£links
a bgewichen; der linke befindet sich zum grössten Theile ausser¬
halb der Gelenkhöhle, der rechte verlegt das Lumen des Rücken¬
markcanals zum grossen Theil und übt einen Druck auf das
verlängerte Mark und seine Häute aus. Die Gelenkknorpel der
unteren schiefen Atlasfortsätze sind an den Rändern röthlich ver¬
färbt und durch Abschleifen mittelst der Knopffortsätze erodirt.
Die Dura mater in Höhe des ersten und zweiten Halswirbels
safrangelb verfärbt. Der Subduralraum enthält eine geringe Menge
Cerebrospinalflüssigkeit. In gleicher Ausdehnung zeigt die Dura
einen geringen faserigen, dunkelrothen Belag, welcher leicht
zerreisslich und leicht zu entfernen ist — Pachymeningitis
haemorrhagica — Gehirncavitäten ohne abnormen Inhalt.
Gehirnanhang schwarzroth verfärbt. Uebriges Gehirnparenchym
(weisse Substanz) wie dasjenige derMedulla blassweiss — Anaemie. >
Nach diesem Befunde ist Bornasche Krankheit unter den
zu beschuldigenden Ursachen ausgeschlossen, desgleichen auch
wohl rohe Behandlung beim Entfernen der Schieferzähne. Die
Verletzungen der Maulschleimhaut und die Maulentzündung
dürften durch den Widerstand, welchen das Thier der Einfühlung
des Maulgatters und dem Manipuliren in der Maulhöhle ent¬
gegensetzte, verursacht sein. Desshalb nehme ich) an, dass
die Luxation schon bestanden hat, bevor diese Operation vor¬
genommen wurde. Es bleibt also eine der beiden anderen trau¬
matischen Ursachen zu beschuldigen.
Nach Maceration des ersten Halswirbels und des Gelenk¬
theils vom Hinterhauptbein zeigte sich jedoch auch, dass in
der Beschaffenheit des Gelenks eine Disposition zur Luxation
vorhanden war. Die angefügte Fig. H zeigt den in Rede stehenden
Wirbel von unten gesehen, Fig. I denjenigen eineB anderen
Pferdes. Es fällt beim Vergleich sofort auf, dass Wirbel 2
breiter jedoch kürzer ist als No. 1. Entsprechend seiner Kürze
ist seine Gelenkhöhle auch flacher wie bei No. 1. Dies ist
besonders zu erkennen an der verschiedenen Länge der unteren
schiefen Gelenkfortsätze, die von 1 sind länger als von 2. Auch
die Ausschnitte zwischen beiden sind auffallend verschieden;
derjenige von 1 ist tief und schmal, 40 mm lang und 70 mm
breit. Derjenige von 2 hingegen ist breit und flach; nur30mm
tief, jedoch 85 mm breit. Die Gelenkhöhle von 1 ist schmaler
und tiefer, diejenige von 2 ist breiter und flacher. Die Gelenk¬
verbindung des luxirten Gelenks ist also unverhältnissmissig
lockerer gewesen als die von No. 1, und hierin liegt das dis-
ponirende Moment für das Zustandekommen der Luxation. Die
Gelegenheitsursache dürfte dann in dem wiederholten Anstossen
des Kopfes an die Krippe,zu suchen sein, das eine alhnitohck
Dehnung der Gelenkkapsel und Gelenkbänder zur Folge hatte.
Einige kritische Bemerkungen und Vorschläge zur
Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche.*)
Von
E. Hecker, Thierarzt,
Leiter des seuchenpatholotfischen Instituts der Landwirthschafts-Kammer (Br dir
Provin« Sachsen in Hallo a. 8.
Für die Untersuchungen einer Seuche und ihrer Schutz-
impfung8methoden von wesentlicher Bedeutung ist der Besitz
eines geeigneten kleineren Versuchstieres. Je billiger und
leichter beschaffbar dieses ist, um so billiger werden sich die
Versuche stellen.
Der Mangel eines solchen sicher reagirenden Versuchs-
thieres macht die Untersuchungen über die Maul- und Klauen¬
seuche so überaus theuer. Die Stellung, welche z. B. hei
den Rothlaufversuchen die Maus einnimmt, wird bei den
Maul- und Klauenseucheversuchen vom Rinde, zum mindesten
von dem schon weniger geeigneten Schweine, beansprucht
Dies Beispiel möge zeigen, wie unendlich theurer die Arbeiten
bei Maul- und Klauenseuche sein müssen, gegenüber den Arbeiten
bei anderen, noch dazu wissenschaftlich leichter erforschbaren
Seuchen. Es möge eine Mahnung sein, bei Subventionen
nicht auf andere Seuchen hinzuweisen, sondern an di«
Versuchsobjekte zu denken.
1. Einen grossen Schritt vorwärts in der Darstellung
geeigneter Schutzpräparate bedeutete die mit allseitigem Beifall
*) Der obige Artikel ist in der Centralzeitung für Thierzucht
von Dr. Nörner veröffentlicht worden. Wir sind um Abdruck in
: der B. T. W. ersucht worden. D. Red.
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17. Mai 1900.
anfgenommene Mittheilung des Herrn Professor Dr. Löffler
auf dem vorjährigen VII. internationalen thierärztlichen Congress
zu Baden-Baden, dass 4—5 Wochen alte Ferkel durch Ein¬
spritzung von »/io ccm frischgewonnener Aphthenlymphe sicher
getödtet werden, und dass wir in dem Ferkel ein sicheres
Versuchsthier besitzen zur Feststellung der Virulenz ((iiftkraft)
der Lymphe.*)
Leider kann ich auf Grund einiger Versuche diese
Beobachtung nicht bestätigen! Beispielsweise verendete von
drei ca. 5 Wochen alten Ferkeln desselben Wurfes ein Thier
nach Einspritzung von Vio ccm Lymphe (gewonnen aus einem
Transport frisch erkrankter Schweine im hiesigen Schlachthofe),
das zweite ging jedoch von dieser Dosis nicht ein. Auf
Grund dieser Beobachtung wurde dem dritten Thiere 3 / 10 ccm
Lymphe, also die dreifache Todesdosis, in eine Ohrvene ein- i
gespritzt. Auch dieses Thier blieb am Leben. Ich enthalte j
mich an dieser Stelle der weiteren Ausführung. Von einem |
anderen massgebenden Institute wurde mir ein gleiches j
negatives Ergebniss mitgetheilt.
Vielleicht finden wir hierin eine Erklärung, dass es dem i
auch um die Landwirtschaft so verdienstvollen Forscher, Herrn
Prof. Löffler, bisher nicht gelungen ist, sein auf dem Congress
gegebenes Versprechen zu lösen, uns „bevor das Jahrhundert
zu Ende gegangen sein wird, eine gute, brauchbare, zuverlässige
Schutzimpfmethode gegen die Maul- und Klauenseuche“ zu geben.
Auch die im Frühjahr 1899 dargestellten Präparate des
seuchenpathologischen Instituts der Landwirthschafts- Kammer
für die Provinz Sachsen zeigten nicht die guten Erfolge des
Vorjahres. Geldmangel und drängende Bestellung waren die
Ursachen, unter welchen die Arbeiten litten. Sollten doch allein
für das Landwirtschaftliche Ministerium, welches zu den Ver- I
suchen 3000 M. bewilligt hatte, bereits nach ca. zwei Monaten
1000 Impfdosen bereit gehalten werden! Meilenweit vom
Laboratorium entfernt, an verschiedenen auseinanderliegenden
Stellen standen unsere Versuchstiere. Ihr Verkauf hing von
dem Belieben**) der Besitzer, ihre Schlachtung von der Willkür
der kaufenden Fleischer ab.
Um in dem Organismus der Thiere hochwertige iinmuni-
sirende Schutzkörper zu erzielen, musste den Thieren mehrmals
innerhalb gewisser Zeitabschnitte in progressiv sich steigernden j
Impfdosen infectiöses Blut oder frischer Blaseninhalt von erhöhter
Virulenz eingespritzt werden.
Das Blut der einzelnen, wenn auch völlig gleiclunässig
präparirten Thiere ist nun in seiner Schutzkraft durchaus nicht
gleichwertig; während das eine Thier hohe Immunstoffe im
Blute besitzt, enthält das Blut des Nachbarthieres vielleicht gar
keine und ist zur Darstellung von Schutzpräparaten völlig
werthlos, möglicherweise sogar direct schädlich. Die Gebrauchs¬
fälligkeit des Blutes zu Impfzwecken hängt einzig ab von
Probeimpfungen, welche in der Weise ausgefnhrt werden,
*) Vergl. den Bericht Uber den internationalen Congress in
No. 21 der Allg. Centralztg. f. Thierzucht, J. 1899.
**) Ein Besitzer, bei welchem ca. 35 Kopf Grossvieh fast völlig
präparirt waren, verkaufte gegen unsere Vereinbarung die grösste
Zahl der Thiere bei einer günstigen Conjunctur nach dem Kbein,
sodass wir auch auf den Rest verzichten mussten. Es blieben uns
nur wenige Thiere, welche auf verschiedenen 20—26 km von Halle
entfernt gelegenen Gütern standen. Der geringe Schlachtpreis In
Halle ver&nlasste, dass auch diese Thiere in Leipzig geschlachtet
werden mussten. Hierdurch wurden die Arbeiten natnrgemäss sehr
erschwert.
231
dass einer Reihe von reactionsfähigen Thieren, z. B. Rindern,
verschieden grosse Blutserummengen jedes einzelnen „Serum-
thieres“ eingespritzt werden, und dass hierauf die betreffenden
Thiere mit Blasenlymphe angesteckt werden. Die brauchbaren
Serumpräparate werden hierauf gemischt, die unbrauchbaren
einfach fortgeschüttet. Diese Titrirung (Werthbestimmung) der
einzelnen Blutpräparate konnte gleichfalls nicht in unserem
Laboratorium*) ausgeführt werden. Bei derselben wurde der
Fehler gemacht, dass die mit dem zu prüfenden Schutzserum
geimpften und die zur Controle nicht geimpften Thiere nicht
genügend inficirt wurden, wie ausdrücklich vorgeschrieben war.
Die uns eingesandten Berichte lauteten natürlich desshalb sehr
günstig. Die Folge war, dass die einzelnen Präparate zur Dar¬
stellung einheitlicher Impfstoffe gemischt und abgegeben wurden.
Erst als alle Versuche im Gange waren, entdeckte der betreffende
Sachverständige den begangenen Fehler.**)
Für das Institut der Landwirthschafts-Kammer ist jedoch
wichtig, dass diese Werthbestimmungen nicht dort aus¬
geführt wurden und auch nicht unter meiner Leitung
und Controle standen.
Durch vielfache Impfungen, besonders des practischen Thier¬
arztes Herrn Borchmann, wurde später festgestellt, dass bei
Seuchenausbrüchen auch schwächer wirkende Schutzpräparate
durch wiederholte Einspritzung und gleichzeitige Stalldesinfection
die geimpften Thigre schützten oder doch den Seuchengang
milderten.
Da auch Prof. Dr. Löffler zu dem gleichen Resultat ge¬
langt ist, der Darstellung eines Serums von hoher
Schutzkraft, nachdem er die von mir seit Jahren an¬
gewandte Steigerung der Virulenz der Lymphe gleich¬
falls benutzte, so ist damit wohl der Beweis geliefert, dass
nicht ein Fehler in der Methode, sondern nur in
der Organisation die vorjährigen Fehlergebnisse zur Ursache
hatte.
Die Erforscher der Maul- und Klauenseuche sind, wie wir
sehen, nicht auf Rosen gebettet. Wäs der eine baut, reisst der
andere nieder. Dazu kommen noch die vielen berufenen und
nicht berufenen Kritiker, von denen einst Fried. Vischer so
*) Durch eine sehr heftige Infection an Maul- und Klauenseuche
war ich zur Zeit erkrankt und daher gebindert, die Werth-
bcstimmnngen des Serums von den einzelnen Thieren persönlich
auszuführen. Mit diesen Untersuchungen wurde ein Sachverständiger
ausserhalb der Provinz Sachsen betraut. Auf die Anfrage der Landw.
Kammer vom 20. V. „Bitte Nachricht über Impfergebnisse“ erfolgte
zur Antwort: 25. V. „Impfungen günstig ausgefallen, Bericht folgt
morgen.“ Ferner Postkarte am 30. V. „Bisher grossartige Resultate,
aber noch 3 Tage warten, ob die 2. Infection den letzten Beweis
liefert. Halten Sie alles fertig.“ In dem Schreiben vom 26. V.
heisst es: „Uebersende endlich den Bericht über die Probeimpfungen.
Dieselben sind günstig ausgefallen. Ich habe mit Absicht 10 Tage
lang gewartet, um Gewissheit zu haben, ob die Impfungen that-
sächlich Erfolg hatten. Gleichzeitig mit diesem Schreiben folgte die
telegraphische Aufforderung des Landwirthschafts-Ministeriums, das
Serum durch dringende Post und Eilboten abzusenden. Es mnBS
einem jeden einleuchten, dass ohne diese günstigen Mit¬
theilungen über die Probeimpfungen auf keinen Fall
eine Abgabe erfolgt wäre.
**) Einige Wochen nach der Abgabe und dem Verbrauche dieses
Serums'trifft von dem Sachverständigen der Bericht an die Landw.
Kammer ein, „dass bei der einen Probeimpfung am 17. Tage
2 Controlthiere und 2 geimpfte Thiere erkrankt sind, dass die
übersandten Proben eine verschiedengradige, unglcichmässige Wirkung
besitzen.“ Persönlich wnrde mir noch mitgetheilt. dass die Inficirung
der Thiere nicht ausreichend ausgefilhrt war.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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232 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 20.
treffend sagte: „Es ist ein grosser Vorzug, nichts ge¬
schaffen zu haben, aber man muss ihn auch nicht
missbrauchen.“
2. Ein Punkt findet zweifelsohne entschieden zu wenig
Beachtung bei allen Untersuchungen und Bekämpfungsvorschlägen
der Maul- und Klauenseuche.
Die allgemeine Feststellung der Immunitätsdauer
verseucht gewesener Thiere.
Sie ist unbedingt für eine erfolgreiche und aus¬
sichtsvolle Bekämpfung der Seuche, zur Aenderung
der Sperrmassregeln nothwendig!
Eine einwandsfreie Statistik ist aber nur zu en-eichen durch
Markirung*) (z. B. durch Ohrmarke) aller erkrankten Thiere
sämmtlicher verseuchten Viehbestände!
Die Marke muss enthalten: Monat und Jahr der Er¬
krankung.
Die allgemeine Markirnng durchseuchter Thiere
liegt im wesentlichen Interesse der Landwirthe!
a) Thiere, welche kürzlich durchgeseucht haben, haben wegen
der bestehenden Immunität für mindestens ein Jahr
einen höheren Werth.**)
b) Für Wirthschaften, welche nur frischdurchseuchtes und
markirtes Vieh besitzen, ist unbedingt eine
Milderung der inländischen Sperrmassregeln
zu fordern und erreichbar.
3. Wie früher von mir veröffentlicht, ist durch Ueberimpfen
von virulentem Impfstoff auf eine Reihe Jungvieh die Virulenz
des Krankheitserregers abzuschwächen. Jungvieh leidet unter
der Seuche am geringsten (cf. Zeitschrift der Landwirthschafts-
Kammer f. d. Prov. Sachsen No. 3 und Allgem. Centralztg. f.
Thierzncht No. 8, J. 1899, Ziffer 8 und 9). < ■' • '
Durch Vereinigung dieser beiden Thatsacheu lässt sich eine
erfolgreiche Schutzimpfung gegen Maul- und Klauenseuche derart
ausführen, dass
1. eine durch Prob_eimpfung geprüfte möglichst schwach
wirkende Lymphe gesammelt und couservirt wird-,'
2. alle kräftigen Kälber und alles Jungvieh zunächst
in gesonderten Quarantäne Ställen und zu einer Zeit, wo
Verschleppungen für die Landwirthschaft am wenigsten
schadenbringend sind, künstlich durch Einspritzen
von ca. Vioo ccm schwach wirkender Lymphe
inficirt werden.
3. Die Impfung ist nach ca. 3—(i Monaten mit
einer Lymphe virulenteren Grades (z. B. virul.
Schweinelymphe) zu wiederholen.
Diese zweimalige Impfung wird***) nach meinen Be¬
obachtungen eine voraussichtlich lebensdanernde Immuni¬
*) Das Anlegen der Marken kann unter Aufsicht der Ortsbehörde
geschehen. Die Controle für die richtige Ausführung hat der Kreis¬
thierarzt bei der Abnahme der Stalldesinfection auszuüben. Die
Herstellung, Form und Lieferung der Marken, wie die Art der
Markirung unterliegt einheitlichen gesetzlichen Bestimmungen.
Dass unrechtmässiger Gebrauch strafrechtlich verfolgt wrrd, ist
selbstverständlich.
**) Der direkte Verlust beträgt pro Kopf Rindvieh 107,55 Mark,
wie in Nr. 13 der Landw. Wochenschrift f. d. Prov. Sachsen aus-
geführt ist, dementsprechend muss ein durchseuchtes, z. Z. immunes
Rind einen gleichen höheren Werth besitzen.
***) Die Lymphe ist aus den Aphthen von Jungvieh resp. Schweinen,
welche ev. zu diesem Zwecke gehalten werden, zu sammeln, zu
filtriren und zu konserviren.
tät erzeugen. Erkrankungen in Folge der 2. Infection
gehören zu den Seltenheiten.
4. Eine zweimalige lnficiruug mit Markirung aller geimpften
und durchseuchten Thiere muss innerhalb weniger Jahre zu
einem thatsächlich immunen Viehbestände des Landes führen.
Fortgesetzte Impfungen oder strengste Grenzsperren werden
ihn erhalten.
Nach meiner Ansicht wird das Land, welches zuerst und
am energischsten die allgemeine zweimalige Inficirung mit gleich¬
zeitiger Markirung durchfuhrt, auch am ehesten Herr der Maul¬
und Klauenseuche werden.
Das Warten und Hoffen auf eine allgemeine prophylactische
Schutzimpfung im Sinne des Seraphthins heisst vielleicht sich in
Utopien verlieren, heisst zunächst Zeit und Nationalvermögen
vergeuden! Denn die allgemeine Durchführung wird in erster
Linie in dem Mangel an brauchbaren Schutzstoffen, in dem vor¬
aussichtlich hohen Preise und der wahrscheinlich geringeren
Immunitätsdauer ihre Schwierigkeiten finden.
Wir alle sind mehrfach mit Pockenlymphe geimpft worden.
Auch unser Körper, unser Allgemeinbefinden hat für Wochen
gelitten, ja mancher herbe Verlust ist zu beklagen. Greift eine
milde Form der Aphthenseuche das Jungvieh thatsächlich mehr
an, als die Pockenimpfung schwächliche Kinder?
Ist der Schaden bei einem Thiere, welches weder Arbeit
noch Milch liefert, ein so bedeutender? Sind die hundert
Millionen Mark, welche uns die Seuche in den letzten Jahren
p. a. kostete, durch rationelle Inficirung, Einrichtung
von Quarantäneställen, Entschädigungen für Impf¬
verluste, nicht besser zu verwerthen und der Schaden in kurzer
Zeit völlig zu beseitigen?
Diese Fragen mögen die Regierungen und die Landwirth¬
schaft ernstlich erwägen.
Doch man wäge nicht allein, man wage!
Referate.
Ueber die Lungenseuche.
, Von Nocard, Roux und Dujardin-Beaumety.
(Societö ccntralo de m6d. vet., 20. X. 1899.)
Die Untersuchungen N.’s über den Microben der Lungen-
senche sind bereits in der B. T. W. ausfülirlicli besprochen
worden. Seitdem sind dieselben fortgesetzt worden und ergaben
folgende Resultate.
1. Conservirnng der Virulenz. Das Lungenseuchevirns
verliert bekanntlich sehr rasch seine Virulenz. Auch das rein
aufgenommene und bestauxbewahrte Matei-ial wird nach
zwei Monaten, bisweilen noch früher inactiv. Es war somit
wichtig, festzustellen, ob die successiven Culturen ihre erste
Virulenz behalten. Diese Frage kann auf Grund der Versuche
bejaht werden, und behält der Microbe seine vollkommene Viru¬
lenz, wenn die Culturen alle vierzehn Tage erneut werden und
wenn die neue Cultur nicht länger als sechs bis acht Tage im
Brutapparat bleibt.
Bei genügender Controle, geübtem Personal ist von jedem Thiere
ca. l’j ccm Lymphe in minimo zu gewinnen, ca. ’/ioo ccm Lymphe ge¬
nügt, um ein Rind durch intravenöse Einspritzung anzusteeken.
Jedes Lymphthier liefert demnach für ca. 150 Kopf Impfstoff.
Richtig präparirt hält Bich die Ansteckungsfäbigkeit über 1 Monat.
Da jedes inficirte und nicht immune Thier bereits ca. 24—48 Stunden
nach der intravenösen Injection Blasen zeigt, so ist auch ein grösseres
Quantum Lymphe für Massenimpfungen schnell beschaffbar.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
17. Mai 1900.
2. Die Versuche, die natürliche Krankheit zu er¬
zeugen, sind 8ämmtlich missglückt; dabei ist das virulente
Material in die Trachea injicirt und gestäubt worden,
oder nach Trocknung und Pulverisirnng in dieselbe ge¬
blasen oder auch direct in das Lungenparenchym gebracht
oder durch die Digestionswege verabreicht worden. Mit der
reinen Cnltur des Microben sind die Versuche nicht besser
gelungen. Die lange fortgesetzte Zerstäubung in der Nähe des
Kopfes des Versuchstieres macht dasselbe nicht krank und
macht es auch nicht immun. Die Injection von 15 Tropfen
einer 12. virulenten Cultur in das Lungenparenchym vermittelst
einer langen, tief in den sechsten lntercostalraum eingestochenen
Nadel verursachte keine allgemeine und keine locale Störung und
keinen Wechsel in der Temperatur, aber das Thier wurde immun.
N. glaubt aber, dass das Thier eingegangen wäre, wenn die
Cultur in die Pleura injicirt worden wäre und schliesst dies aus
einem Versuch der intraperitonealen Inoculation.*)
Die Injection von je 5 Tropfen einer virulenten Cultur
(7. Cultur eines zweiten Stammes) in die vordere Augenkammer
gab ebenfalls keine Störung, das Auge blieb klar, die Thiere i
zeigten keine Temperaturerhöhung. Auch diese Thiere waren j
durch die intraoculare Inoculation immun geworden. Die intra- i
cerebrale Injection einer kleinen Menge von virulenter Cnltur \
hatte dagegen immer den Tod der Versuchsthiere verursacht, sie
war ohne Einwirkung bei vorher immunisirten Thieren. Die
Verletzung ist daher nicht die Ursache des Todes der Thiere,
dieselben gehen vielmehr ein an den Folgen der Evolution des
Virus geradeso, wie die Thiere. die unter die Haut geimpft
werden. Schon der Umstand, dass die Thiere nach einem ver¬
schieden langen Incubationsstadium erkrankten (0, 11 resp.
14 Tage), gestattet diese Behauptung. Die beobachteten
Symptome waren verschieden je nach dem Alter der behandelten
Thiere. Bei jungen Saugkälbern traten multiple Arthritiden
anf, wie nach der subcutanen Injection der virulenten Lymphe,
(zwei Kälber denen je 10 Tropfen Cultur in den rechten Gehirn-
lobns injicirt worden waren, verendeten 25 re9p. 26 Tage nach
der Inoculation. Sämmtliche Körpersynovialen waren hochgradig
entzündet, das Exsudat war sehr reich an Microben und ergab
schöne virulente Culturen. Bei älteren Thieren sind die Symp¬
tome: Eingenommenheit, Hinfälligkeit, Schläfrigkeit, ans welcher
das Thier nur zeitweise ei wacht in schwindelähnlichen Anfällen,
es drängt an die Wand, kann nicht zurückgehen, knirscht mit
den Zähnen, stösst Klagetöne aus. Bei einem Versuchsthiere
war die cutane Hyperaesthesie derart, dass schon ein leichtes
*) Am 4. Januar 1897 führte N. in das Peritoneum einer Kuh,
durch Incision des Scheidegewölbes zwei grosse Collodiumsäcke
ein. die mit Peptonbouillon gefüllt und mit einem Tropfen am
2. Januar 1897 entnommener Lyrapbc angesäet waren. Bis zum
15. Januar war die Kuh gesnnd, am 16. stieg die Temperatur plötz¬
lich auf 40,8 und schwankte in den folgenden drei Tagen zwischen
41,2 und 41,6. Gleichzeitig w'urde der Appetit geringer, und der
Bauch auf Druck empfindlich. Bei der Section war das Becken mit
gelben, weichen, zerreissbaren Pseudo-Membranen gefüllt, in der
Bauchhöhle waren 4—5 Liter gelbe Flüssigkeit, die Eingeweide¬
schlingen durch fibrinöse Adhaerenzen verbunden. Die zwei Col- j
lodiurasäcke lagen auf dem rechten Uterusborn, und waren in ein !
dichtes, widerstandsfähiges Gewebe eingehüllt, das der Ausgang der
exsudativen Entzündung zu sein schien. Der eine Sack war noch
intact, er enthielt in sehr grosser Zahl die gewöhnlichen
kleinen Punkte der Lungenseucheculturen. Der andere Sack war
leer, und hatte sein Inhalt die spccifischc exsudative Peritonitis ver¬
ursacht. i
>33
Anblasen genügte, um einen heftigen Schwindelanfall hervorzurufen.
N. erwähnt dabei, dass er dieses Symptom öfters bei an Toll-
wuth erkrankten Wiederkäuern beobachtet habe. Da die Thiere von
Anfang an nicht fressen, magern sie zum Scelett ab. Bei der
Section findet man eine starkePachymeningitis um die Inoculations-
stelle; gelatiniformes Exsudat in den Arachnoidealräumen; sehr ver¬
mehrte und microbenreiche Cephalo-arachnoidealflüssigkeit; inten¬
sive seröse Infiltration des gesammten injicirten Lobtis, das Ge¬
webe desselben ist sehr erweicht und lässt eine grosse Menge
seröse Flüssigkeit austreten. Wenn der Tod erst später ein¬
getreten ist, so ist der Stichcanal der Nadel durch eine breite
schmntzig-weisse Zone gekennzeichnet, in welcher das nervöse Ge¬
webe augenscheinlich durch fibrinöse Massen infiltrirt ist, analog
denjenigen, welche die Lungenscheidewände verdicken oder das
Zellgewebe, wenn die Lungenseuche sich langsam entwickelt. Das
Exsudat, die cephalo-arachnoideale Flüssigkeit und die erweichte
Nervenmasse geben reiche Culturen, deren grosse Virulenz durch
die Inoculation bewiesen wird.
Am Schweife verursacht die Impfung der Cultur dieselben
Erscheinungen wie die Lungenlymphe. In den gewöhnlichen
Fristen bildet sich hier eine empfindliche Schwellung, die
etwas warm und schmerzhaft ist, gewöhnlich keine Neigung hat
nach dem Schweifansatz fortzuschreiten, vielmehr einige Tage
stationär bleibt, langsam niedergeht und verschwindet unter
Zurücklassung der Immunität.
3. Dauer und Bedingungen der Immunität. Im Verlaut
seiner Versuche über die Virulenz der Culturen hatte N. einige
Thiere erhalten, die sich gegen die subcutane Inoculation
widerstandsfähig zeigten; einige waren schwer erkrankt
und schienen mehrere Tage verloren; andere waren anscheinend
in keiner Weise beeinflusst und hatten kaum eine geringe entzünd¬
liche Schwellung an der Impfstelle gezeigt. Es war interessant
festzustellen, ob diese Thiere einige Monate nach dieser ersten
vergeblichen Inoculation noch immun waren. Bei einem ersten
Versuche (7. X. 1898) wurden acht Kühe, die von früheren Ver¬
suchen restirten, mit je l Cubikcentimeter Lungenlymphe
geimpft. Eine Kuh zeigte eine handgrosse Anschwellung,
die innerhalb acht Tagen verschwand. Eine als Control¬
thier verwendete und am Schweife geimpfte Kuh hatte eine so
starke Anschwellung, dass das untere Drittel des Schweifes
gangraenös wurde und abgenommen werden musste. Bei den acht
Kühen wurde keine locale oder allgemeine Störung beobachtet,
bei einer derselben hatte die erste Inoculation vor 21 Monaten
(11. XII. 1896) stattgefunden. Bei einem zweiten Versuch
(9. m 1899) injicirte N. je i/ s Cubikcentimeter Lungenlymphe
suboutan zwei Rindern, die am 23. XII. 1898 in das Auge
inoculirt worden waren, ohne dass sich eine Störung ge¬
zeigt hatte, und vier Kühen, die an demselben Tage mit
5 Cubikcentimeter einer während einer Stunde (zum Zweck der
Abschwächung) auf 52° erwärmten 34. Cultur geimpft waren. Von
diesen vier Kühen hatte nur eine, elf Tage nach der Impfung,
ein handgrosses, etwas warmes und schmerzhaftes Oedem, ohne
jegliches Fieber gezeigt. Bei den zwei Rindern und bei der
Kuh, die etwas Schwellung an der Impfstelle gezeigt hatte,
blieb die Probeimpfung ohne Wirkung. Von den drei anderen
Kühen verendeten zwei mit den gewöhnlichen Laesionen, die
dritte wurde vermittelst Serumiujection geheilt. Es scheint
somit, dass die Immunität bedingt ist durch die Bildung einer
wenn auch noch so beschränkten entzündlichen Schwellung an
der Impfstelle.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
234
4. Die Cult ur kanu die Lungenlymphe de«
Willems’scken Impfverfahrens ersetzen. Auch in der
Praxis ist festgestellt worden, dass die Impfung der Cultur am
Schweife identische Resultate ergiebt mit der Impfung der
Lungenlymphe. Die Versuche wurden in der Weise vor¬
genommen, dass in denselben Beständen je ein Thier mit Cultur,
das benachbarte mit Lungenlymphe geimpft wurde, und zwar mit
»ler Spritze und mit der Lancette. Mehr als hundert Thiere
waren auf diese Weise geimpft, ohne dass eine schätzbare
Differenz in den erzielten Resultaten zu notiren war. Die
Wirkung der Cultur war jedoch regelmässiger und constanter, sie
hatte keinen einzigen Unfall zur Folge und wurde der praeservative
Effect vollkommen erreicht. N. schlug deshalb den Impfthier¬
ärzten vor, die Cultur an Stelle der sich leicht alterirenden, in
ihren Wirkungen inconstanten, oft schwer erhältlichen Lungen-
ljunphe zu verwenden. Eine complette Statistik kann noch |
nicht gegeben werden, da noch nicht alle Berichte eingegangen sind, j
Bis jetzt liegen solche vor über G75 Impfungen, von welchen 1
67 in Paris, 159 in Soissons, 282 in Bordeaux, 222 bei Weidevieh
in Montferrand vorgenommen wnrden. Während bei den 453 I
geimpften Stallthieren kein Todesfall vorgekommen ist und die
Schweifhecrosen sich auf wenige Fälle beschränkten, sind bei
den Weidetliieren in Montferrand 14 Thiere (6 %) eingegangen.
Diese Verluste schreibt aber der behandelnde Thierarzt
(Toudouje in Ambar^s) den sehr mangelhaften hygienischen
Verhältnissen der betreffenden Weide und der ungenügenden
Pflege zu, welche den Impflingen zu Theil wurde.
5. Sero therapeutische Versuche. Vor 4 Jahren
(11. VI. 1896) hatte N. der Societe Centrale die ersten, ab¬
solut negativen Ergebnisse seiner Versuche bez. der Sero- I
therapie der Lungenseuche mitgetheilt. Er hatte die Hoffnung
nicht aufgegeben und sich auf die Zeit vertröstet, in welcher j
die Entdeckung des specittschen Microben neue Arbeiten in !
dieser Beziehung gestatten werde. Da ihm diese Entdeckung
gelungen, injicirte er einer Kuh, die kaum von einer enormen
Geschwulst geheilt war, weiche von einer Impfung von einigen
Tropfen einer 22. Cultur in vitro herrührte, innerhalb 6 Monaten
4 Liter, 730 reiner Cnltnr intraperitoneal Man sollte
glauben, dass ihr Serum genügend bactericid geworden ist; denn
eine Mischung von Cultur und Serum, zu t/ 10 , zu 1 4 oder zu
gleichen Theilen kann ohne Gefahr injicirt werden nach 24,
10, sogar 2 Stunden Contact. Die Inoculation ist generell und
local ohne Wirkung. Ausserdem giebt die Impfung der Mischung
keine Immunität: das Thier erkrankte, als es einen Monat später
mit einer geringen Quantität Cultur oder Lungenlymphe ge¬
impft wurde, an einer umsichgreifenden Anschwellung, wie ein als |
Controllthier mitgeimpftes noch nicht behandeltes Thier.
Es scheint somit der Microbe seine Wirkung im Contact
mit dem Serum verloren zu haben. Dem ist aber nicht so, denn I
die Saat der Mischung im Bonillon-Martin-Serum giebt in gewöhn¬
licher Frist eine typische Cultur, deren Wirkung durch Impfung
nachgewiesen werden kann. In Wirklichkeit übt das Serum der •
Mischung eine stimulirende Wirkung auf die Phagocyten des I
lmpfthiere8 aus, dass sie im Stande sind, alsbald die injicirten *
Microben unschädlich zu machen. Das Serum ist entschieden j
praeventiv, leider scheint diese praeventive Wirkung nur von I
ganz kurzer Dauer zu sein. Die lange Dauer der Versuche und !
die hohen Kosten haben N. noch nicht gestattet, die Vor¬
bedingungen der praeventiven Serotherapie der Lungenseuche
fcstzustellen. Bezüglich der curativen Eigenschaften des Serums
No 20
erwähnt N., dass, um sie evident zu macheu, grosse Quantitäten
injicirt werden müssen. Es kann z. B. das Umsichgreifen einer
Lungenseuchenanschwellung, wenn sie durch eine Impfung
verursacht ist, eingeschränkt und der Patient gerettet werden,
wenn eingeschnitten wird, sobald die Temperatur steigt; es
müssen dann 80 bis 200 Cubikcentimeter (je nach der Grösse
des Thieres) Serum subcutan injicirt werden, und wenn die
Temperatur nicht fällt, diese Dosis zwei- oder dreimal nach
24 resp. ’48 Stunden wiederholt werden. Wenn man zu spät
einschneidet, wenn die Schwellung schon ausgedehnt ist und
die Temperatur bereits seit zwei oder drei Tagen 40° über¬
steigt, ist das Thier fast immer verloren, auch wenn enorme
Dosen Serum verwendet werden. Es schien N., als ob die in¬
travenöse Iiyection des auf 58° erwärmten Serums eine schnellere
und wirksamere Action habe. Jedenfalls seien die Versuche,
wenn auch das Serum noch so schwach und zu grosse Dosen
nothwendig seien, ermnthigend, und lassen hoffen, dass es bald
gelingen wird, ein in der Praxis verwendbares Serum her¬
zustellen.
N. beendet seine Arbeit mit einigen Mittheilungen über die
Cultur des Microben. Das beste Mittel, Culturen auf fester,
durchsichtiger Basis zu erhalten, auf welcher die Entwickelung
der Colonien leicht zu verfolgen ist, sei die Ausbreitung einiger
Tropfen Rind- oder Kaninchenserum auf Bouillon-Martin-Gelatine,
die in schief gelagerten Röhren erstarren gelassen wurde. Sodann
hat N. festgestellt, dass der Microbe der Lungenseuche die
Berkefeld’schen Felder und die Chamberland’sehen Kergen
(Marke F) passirt. Dadurch ist die Cultur des Microben das
einfachste, rascheste und sicherste Mittel, die Lungenseuche-
laesionen von anderen Lungenlaesionen zu unterscheiden. Gleich-
giltig ob die Lymphe rein aufgefangen wurde, die F.-Kerzen
von Chamberland und die Berkefeld’schen Filter lassen nur
den Lungenseuchemicroben passiren und gestatten in wenigen
Tagen die Herstellung einer reinen, characteristischen Cultur.
Interessante Verletzungen.
Verrenkung der Halswirbel.
Ein Pferd war mit dem Fass in den Halfterstrick geratlien
und hatte bei den Befreiungsversuchen sich die Verrenkung zu¬
gezogen. Es lag auf der linken Seite völlig gelähmt. Am
Halse fand sich wiederum in der Gegend des 4. und 5. Hals¬
wirbels eine starke Krümmung nach links. Das Pferd athmete,
gab aber sonst gar keine Lebenszeichen von sich und liess sich auch
nicht aufrichten. Am folgenden Tage machte es einige will¬
kürliche Bewegungen und konnte endlich hochgebracht werden,
jedoch nicht ohne Unterstützung stehen. Der Kopf war stark
nach rechts und unten gerichtet. Die Einrichtung wurde hier
in folgender Weise vorgenommen: An jeder Seite des Halses
wurde ein Strick angebunden, ein breiter Gurt um die Brust
gelegt und so am stehenden Thier die Extension und Contra¬
extension vorgenommen, während die Erhabenheit am Hals mit
den Händen eingedrückt wuirde. Die Einrichtung schien schon
vollkommen, schnellte aber wieder zurück. Die Manipulation
wurde wiederholt und nun nach geschehener Einrichtung der
Kopf sofort eben so weit nach links an den Brustgurt fest ge¬
bunden, wie er vorher nach rechts gestanden hatte. Trotzdem
erfolgte nochmaliges Zurückschnellen. Nun wurde wiederum
eingerichtet, der Kopf links wie rechts befestigt, um die ge¬
krümmte Halsseite ein starker breiter Lederriemen gelegt und
nun auf beiden Seiten Schienen angelegt, die mittelst eines Pech-
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17. Mai 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 235
verbaudes befestigt wurden. Nach 18 Tagen wurde die Bandage
eutfernt; die Heilung war eingetreten. (Oberrossarzt Schröder,
Ztschr. f. Vet. 1899.)
Subluxation der Halswirbelsftule.
Bei den Versuchen, sich aus einer Verwickelung zu befreien,
hatte ein Pferd sich die Subluxation zugezogen. Die Hals¬
wirbelsäule beschrieb einen Bogen nach links, dessen Gipfel in
der Höhe des 4. und 5. Halswirbels lag. Der Kopf war nach
rechts verdreht. Das Pferd wird geworfen. Ein kräftiger
Mann kniet unter Schonung der Luftröhre auf den Gipfel der
Krümmung und versucht, während andere den Kopf ruckweise
aufheben, durch ruckweisen Kniedruck die Wirbelsäule nach
unten durchzudrücken, was nach einigen vergeblichen Versuchen
gelingt. Nach dem Aufstehen ist das Pferd beruhigt und steht,
während es vorher taumelte, sicher auf den Beinen; Kopf und
Hals sind normal beweglich. Das Pferd wird hochgebunden, es
wird ein Brustgurt nmgelegt, und dieser linksseitig durch einen
Riemen an die Halfter befestigt, so dass der Kopf nicht nach
rechts genommen werden kann. Nach 3 Tagen hatte sich links¬
seitig eine erhebliche Anschwellung gebildet, welche zunächst
die Beweglichkeit hinderte, sich dann auf dem 4. und 5. Hals¬
wirbel localisirte und allmählich unter Behandlung mit einer
Jodkalisalbe 1:50 wieder verschwand. (Rossarzt Pohl
Ztschr. f. Vet.)
Luxation deo Feooelgelenk«.
Auf steilem Wege bergab brach ein Reitpferd hinten zu¬
sammen und ging nicht weiter. Der Metatarsns bildete im
Fessel einen Winkel von 135 Gr. nach aussen. Beim Versuch,
die Zehe nach innen zu biegen, schnellte dieselbe mit hörbarem
Knacken in die natürliche Lage zurück. Das Pferd ging
lahmend weiter, bekam nach 300 m die Verrenkung wieder, die
sich wieder leicht einrenken liess, was sich noch fünfmal
wiederholte. Die Heilung wäre bei 8 Wochen Ruhe wohl
vielleicht möglich gewesen. Da sich dies nicht zu lohnen
schien, wurde das Pferd getödtet. Hierbei zeigte sich das innere
Seitenband des Fesselgelenks durchrissen, ebenso das Kapsel¬
band von vorn nach hinten. Auch war an der äusseren Seite
vom Fesselbein unmittelbar von der Gelenkfläche ein erbsen¬
grosses Knochenstück abgebrochen. (Oberrossarzt Richter
Ztschr. f. Vet. 1899.)
ZerreiRsung der Kniegelenkbinder beim Pferd.
Beim Verladen in einen Wagen gerieth das Pferd mit dem
Fuss zwischen Rampe und Wagen, lahmte hernach stark und
zeigte auch Störung des Allgemeinbefindens. 2 Tage später
sass es wie ein Hund in seinem Stand und schwitzte über und
über. Der rechte Unterschenkel Hess sich passiv nach aussen
und oben führen, wobei ein rauhes „quurksendes“ Geräusch
entstand. Das Pferd wurde geschlachtet. Die Section ergab
folgendes: Das innere Seitenband und die ganze Musculatur
an der Innenseite des Kniegelenks war zerrissen und zertrümmert :
die Kniegelenkskapsel geöffnet; auch das hintere gekreuzte Band
gerissen. Knochenbruch bestand nicht. Wahrscheinlich war die
Zerreis8ung anfangs unvollständig. (Oberrossarzt Christiani,
Ztschr. f. Vet. 1899.)
Therapeutische Notizen.
Argentum colloidale als Wundmittel.
Oberrossarzt Tetzner schreibt in der Ztschr. f. Vet., dass
in seinem Regiment im Sommer eine grosse Zahl kleiner Ver¬
letzungen, die gewöhnlich keiner Behandlung bedürfen, durch
j eine eigentümliche lufeotion sich in schwer heilende Geschwüre
I umwandelten. Bei diesen probirte er das Argentum colloidale
I zunächst in 1 procentiger wässriger Lösung zum Betupfen.
| Schon nach eintägiger Behandlung liess die Secretiou nach: die
i Geschwüre wurden eigentümlich trocken, schorfig und begannen
i abzuheilen. Einzelne beim Putzen wieder entblösste Stellen
j wurden mit einer Salbe von 1:50 Vaseline ebenfalls mit Erfolg
i behandelt. Auch bei einem schweren Nageltritt erwies sich daR
Argentum colloidale auf der von den Horntheilen entblössten
1 verletzten Stelle in wässriger Lösung sehr wirkungsvoll. Nach
j drei Tagen hatte sich die verletzte Sehnenscheide geschlossen,
i und überall war junges gutes Horn erzeugt. Endlich wurde
! auch eine umfangreiche Erosion in der Köthe, welche stark
| secernirte, durch zweimaligen Verband mit der oben genannten
! Salbe geheilt.
I Behandlung des Ekzems mit feuchten Einpackungen.
Die Behandlung des acuten entzündlichen Ekzems mit
! feuchten Umschlägen ist alt und wird von vielen mit Erfolg an-
| gewandt. Bonteignie (Sem. m£dic.) hat diese Therapie nun auch
seit längerer Zeit bei den hartnäckigen chronischen Ekzem-
fällen versucht und hat viele dadurch zur Heilung gebracht.
Er bringt auf die kranken Hautstellen feuchte Borwasser-
compressen, diese werden mit einem wasserdichten Stoff bedeckt
und der ganze Umschlag nun mit Binden befestigt. Der Ver-
j band bleibt gewöhnlich solange liegen, bis Jucken auftritt. Dann
] wird er gewechselt. Die Behandlung muss mit Ausdauer fort¬
gesetzt werden, erzielt aber dann auch gute Resultate.
Creolln bei Magendarmkatarrh.
Rossarzt Kram eil gab bei einem Pferde, welches 4 Tage
1 an starkem Dnrchfall litt, dreimal täglich einen Theelöffel voll
j Creolin in Haferschleim. Der Durchfall war nach der vierten
Dosis beseitigt. Bei einem einjährigen Fohlen bestand seit
| t> Tagen Diarrhoe, Fieber und Pulsbeschleunigung. Es wurden
| Priessnitz’sehe Umschläge, Mehlwasserinfusionen in den Mast¬
darm gemacht und dreimal täglich ein Theelöffel Creolin in
j \ Liter Haferschleim gegeben. Nach wenigen Tagen Heilung,
i Ein lOjähriger Wallach litt seit 2 Monaten an Durchfall. Auch
1 hier bewirkten 4 Tage lang fortgesetzte Creolingaben völlige
j Heilung. Ztschr. f. Vet. 1899.
Huflederkitt zum HufverbiRd.
Um in der Hufsohle Verbandmaterial usw. zu befestigen,
benutzt man bekanntlich Deckeleisen. Ledersohlen usw., die je-
I doch viele Nachtheile haben. Als viel practischer bezeichnet
Rossarzt Frank in der Ztschr. f. Vet. 1899 Sohlen aus
| Rotten’schem Huflederkitt. Man bereitet solche Sohlen, indem
| eine entsprechende Quantität von in heissem Wasser knetbar
i gemachtem Kitt auf einer kalten benetzten glatten Fläche (Ambos)
; zu einer etwa 6 mm starken hufgrossen Platte ausgewalzt
i wird. Solche Sohle ist nach Erkaltung sehr widerstandsfähig
j und wird wie die Ledersohle mittelst der Hufnägel zwischen
i Huf und Eisen befestigt, nachdem die Hufsohle dem Anlass ge-
j mäss behandelt und verbunden ist. Man kann auch die Kittsohle
j einige Millimeter nach aussen über den Tragrand sowie einige
[ Centimeter nach hinten über die Eiscnschenkel hervorragen
j lassen, diese überstehenden Ränder mit erwärmtem Spatel er¬
weichen und durch Umlegen an die Hornwand bezw. Homballen
ankitten. (Auf feuchten Flächen haftet der Kitt bekanntlich
nicht.) Will man die kranke Stelle revidiren, so braucht die
Kittsohle nicht ganz abgeuommen zu werden, sondern man
I schneidet mit erwärmtem Messer ein Fenster in die letztere
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236 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 20
uud verschliesst dasselbe daun wieder durch ein entsprechendes
Stück Kitt, dessen Ränder mit erwärmtem Spatel auf die Kitt-
sohle aufgekittet werden. Für Thiere, die schon wieder leichte
Arbeit thun sollen, oder für längere Transporte empfiehlt sich
das besonders.
Milchsäure gegen Fluor.
Ausgehend von der Thatsache, dass der Vaginalschleim
unter normalen Verhältnissen saure Reaction zeigt, welche auf
den Gehalt au Milchsäure zuriickzufiihren ist, zog Snegirow
den Schluss, dass dieser Säure eine natürliche, antiseptische
und antibacterielle Wirkung zukorame. Die daraufhin an-
gestellten Versuche ergaben, dass durch Anwendung von Irri¬
gationen mit einer 3proc. Lösung von Acid. lact. in kürzester
Zeit profuse und übelriechende Leucorrhoen zum Schwinden
gebracht wurden; Milchsäure in Substanz oder in Lösung direct
in den Cervix oder das Cavum Uteri gebracht, bewirkten unter
starker Epithelabstossung Heilung endocervicaler und eudo-
metritischer Entzündnngserscheinnugen.
(Journ. de rned. de Paris.)
Catgutsterillsation.
Zu genanntem Zweck werden zwei Verfahren empfohlen. Das
auf Rollen gewickelte Catgut wird 24 Standen lang in 4 proc.
Formalin gelegt, dann 10 Minuten in Wasser gekocht und in
Alkohol aufbewahrt, dem 5 pCt. Glycerin oder 1 pCt. Sublimat
zugesetzt sind. Das vorherige Aufwickeln ist nothwendig, weil
sonst unentwirrbare Knäuel entstehen.
Das zweite Verfahren ist Folgendes. Die Catgutfäden werden
mit Tupfern oder grüner Seife gut ausgerieben, zur Entfettung
in mehrmals zu wechselnden Aether gelegt, dann in Alkohol ab¬
solutes gewaschen. Dann werden die Rollen zwischen Gaze- '
tupfern in einem heissen Luftsterilisator 2—3 Stunden bei lk) l
bis 140° gelassen, darauf 1—2 Stunden in 1 promill. Sublimat¬
lösung gelegt und kommen dann in eine Conservirungsflüssigkeit
von Sublimat 1, Alkohol 1000 und Glycerin 50.
Parafona.
Paraform als 5proc. Paraform coli odium empfiehlt Unna zur
Verätzung kleiner benigner Hautgeschwülste wie spitzer Condylome
und papillomatöser Naevi. Es wirkt milde und langsam und lässt
die Umgebung trocken, kann daher auch den Patienten zur
Selbstbehandlung überlassen werden. (D. med. Wocb.)
Ekajodaforn.
Das Ektyodoform, eine Mischung von Jodoform und Paraform,
soll die Uebelstände des Jodoforms vermeiden. Thomalla prüfte
es in 100 Fällen mit 0,05 proc. Gehalt. Die Wirkung auf
eiternde Wunden war eine gute. Die Eiterung wird eher be¬
hindert als beim Jodoform; aber der Geruch des Jodoforms ist
auch hier vorhanden.
Beitrag zur Aetiologie der Geschwülste.
Von Prof. Dr. Schüller-Berlin.
iContra'bl. f. Bact. n. Parniilk. l'.KO. 23 d. XXVII. II u. IS.)
Schüller giebt an, in einem Riesenzellensarcom und
in verschiedenen Carcinomen scharf zu characterislrende,
wahrscheinlich thierische Organismen in verschiedenen Ent¬
wicklungsphasen im Geschwulstgewebe selbst nachgewiesen und
auch cultivirt zu haben. Verf. sah in den Culturen rundliche,
ovale, seltener unregelmässig blasige Körper, welche drei- bis
mehrfach grösser als rothe Blutkörperchen waren und eine gold¬
gelbe bis bräunliche Farbe zeigten. Diese Gebilde besitzen
eine stark lichtbreehende, derbe Capsel und einen dunkleren
Inhalt. Die Capsel zeigt eine deutliche, radiäre Streifung,
welche durch Poren zustande kommt, welche die Capsel allseitig
durchsetzen. Die Inhaltsmasse erscheint zuweilen körnig. —
Verf. sah, wie die Einzelindividuen aus einer mit ihnen un¬
gefüllten Capsel, welche platzte, hervortraten. Im hängenden
Tropfen zeigten die jungen Individuen eine helle Zone, von
gelben Wimpern, es scheint sich aber nicht um Wimpern
im eigentlichen Sinne zu handeln, sondern um Ausläufer des
Protoplasmainhalts durch die Poren der Hülle. Ortsbewegung
wurde nie bei den Organismen beobachtet. — Um diese Formen,
welche nach Verf. leicht in den Carcinomen und Sarcomen auf-
znfinden sind, deutlich in ihrer Structur zu erkennen, untersuche
man zunächst im ungefärbten Zustande, einfach in dem Zupf¬
präparate des in Alcohol gehärteten Geschwulststücks. In den
secundär erkrankten Drüsen findet man zumeist die oben
beschriebenen Jugendformen. Falls eine Färbung der Schnitte
vorgenommen werden muss, verwendet Schüller eine ganz
kurze und schwache Alannhaematoxylin oder Alauncanninfärbung,
welche die Eigenfarbe der Organismen nicht unterdrückt. Verf.
hat diese Organismen bislang stets nachw'eisen können, er
untersuchte Epithelkrebse der Lippe, der Kopf- und Lendenhaut,
zwei Fälle von Zungenkrebs, Krebs der Parotis, des Oberkiefers,
der Brustdrüsen, des Mastdarms, verschiedene Carcinome der
Portio vaginalis, ferner zwei Fälle von Riesenzellensarcom des
Oberkiefers resp. Alveolarfortsatzes, ein älteres Melanosarcom
der Haut des Oberschenkels, ein Melanosarcom der Leisten¬
drüsen etc. Verf. hat frische Fälle im hängenden Tropfen auf
dem erwärmten Objecttisch untersucht, aber ebenfalls an den
Organismen nur minimale Formveränderungen beobachtet. Zu
Culturen wurde der Tumor sofort bei der Operation in ein
steriles Gefäss gelegt und bei Körperwärme aufbewahrt, und
unter aller Vorsicht aus der Mitte der Geschwulst kleine Stück¬
chen heransgenommen. Als Nährboden verwendet Schüller
das Geschwulstgewebe selbst. Die Thierversuche resp. die Er¬
zeugung von’Geschwülsten mittelst der neu gefunden Organismen
bei Thieren, ist wegen der Kürze der Zeit noch nicht ab¬
geschlossen. J-
Thierhaltung und Thierzucht.
26. Mastvieh-Ausstellung.
Die diesjährige Mastvieh-Ausstellung in Berlin am 9. und
10. Mai ist mit 1043 Thieren beschickt worden. Der durch
Herrschen der Maul- und Klauenseuche sich im letzten Jahre
besonders bemerkbar machende Rückgang ist in diesem Jahre
wieder ausgeglichen worden. Die Rinderabtheilung umfasst
712 Thiere. Bedeutend gestiegen ist die Betheiligung aus den
östlichen Provinzen; Schlesien, Sachsen und auch Schleswig-
Holstein haben einen Rückgang zu verzeichnen. Ueberwiegend
bemerkbar machen sich die Stämme des deutschen Hochlandes,
besonders Simmenthaler. Bei den Bullen ist das Tiefland mehr
vertreten, namentlich findet man Holländer. Den Kaiserpreis
für höchste Züchterleistung in jungen Ochsen erhielt Ritterguts¬
besitzer von Kierski-Brzeznin in der Provinz Posen. Die
Schafabtheilung umfasst 210 Thiere in 70 Loosen. Gegen
das Vorjahr (86 Loose) ist sie zurückgegangen. Unter dem im
Durchschnitt vorzüglichen Material prävaliren die englischen
Rassen, indessen sind auch Kreuzungen zwischen diesen und
Merinos genügend am Platze. Den Züchterehrenpreis erhielt
hier Frau Landesöconomierath Kiepert-Marienfelde. Die
Schweineabtheilung zählt 45 (im Vorjahr 37) Loose. Die
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17 Mai 1900.
Schweine vepriiBeiitiien mit wenigen Ausnahmen den englischen
T 3 *pus. Znm ersten Mal seit längerer Zeit sind von einem
Aussteller aus Sachsen wieder Tamworths ausgestellt. Das
rothe, langrückige Schwein ist sehr fruchtbar, hat sich aber
allgemeine Beliebtheit noch nicht errungen. Den Preis des
Ministeriums holte sich hier Brauer Jetliausen. Eine Neuerung
dieser Ansstellung ist die Zur-Schaubringnng von geschlachtetem
Mastgeflügel. K.
Dänemarks Viehhaltung.
Das Endresultat der statistischen Bearbeitung der am j
15. Juli 1898 stattgehabten Viehzählung ist jetzt veröffentlicht
worden. Der Viehbestand weist danach folgende Zahlen
auf: Pferde und Füllen 449 264 (gegen 410639 im Jahre
1893), Rindvieh und Kälber 1 743 440 (1 696190). Schafe
und Lämmer 1074 413 (1246 552), Schweine und Ferkel
1178 514 (829 131). Trotzdem der Ausfuhr des Productions-
überschusses der Viehzucht so erhebliche Schwierigkeiten in den |
Weg gelegt werden, haben doch, mit Ausnahme der Schafe, alle
Viehklassen an Zahl zugenommen.
Tagesgeschichte.
Zum Abiturientenexamen.
In theilweisem Gegensatz zu der Mittheilung in voriger No.
( pag. 223) steht eine andere Nachricht, wonach das ofticielle
Gutachten des Kaiserlichen Gesundheitsamtes noch nicht erstattet
sein soll.
Zur Widerlegung der Behauptung, dass das Abiturienten¬
examen bezw. überhaupt eine wesentliche Erhöhung der Vor¬
bildung ein Sinken der Frequenz befürchten lasse, sind authen¬
tische Angaben über den Zugang an Studirenden bezw. den
Thierärzten aus demjenigen Ländern, in denen das Abiturienten¬
examen besteht, eingezogen worden.
Aus Schweden, wo das vollgültige Abitnrientenexamen schon
IH70 obligatorisch gemacht worden ist, hatte Herr Direetor j
Lundgreen die Güte, mir Folgendes mitzutheilen. Das 1
Abiturientenexamen ist nicht ein für die sociale Stellung und
hnmanistische Bildung der Thierärzte, sondern auch für die
specielle Fachbildung von grösster Bedeutung geworden. Die
Frequenz ist durchaus nicht gesunken. Die Zahl der neu
eingeschriebenen, d. h. das Studium beginnenden Studenten
betrug in den 10 Jahren vor dem Abiturientenexamen 1860 bis
1869: 4, 6, 6, 9, 9, 12, 16, 10, 5, 3 zusammen 80 oder 8 im
Durchschnitt. 1870 wurde das Abitnrientenexamen eingefiihrt,
nnd von 1871—1880 d. h. in den 10 Jahren nachher betrugen die
qu. Zahlen 7, 2, 4, 13, G, 9, 5, 21, 15, zusammen 82 oder 8.2
im Durchschnitt. Also keine Spur von Beeinträchtigung. Seit¬
her sind die jährlichen Zugänge noch gestiegen (15—25). Die
Zahl der Studenten aller vier Jahrgänge in Stockholm beträgt
zur Zeit 66: die Zahl der Thierärzte im Lande 260. Von einem
Mangel an Thierärzten ist nie die Rede gewesen.
Betreffs Belgiens hat der Direetor der ecole veterinaire zu
Brüssel, D£give, bereits auf dem Congress zu Baden (siehe den
Bericht) angegeben, dass sich die Frequenz von 64 nach Ein¬
führung des Abiturientenexamens auf 110 gehoben habe.
Endlich haben die Herren Nocard und C'adeac auf Er¬
suchen des Herrn Geheimrath Lydtin die Güte gehabt, mir die
Frequenzlisten von Alfort und Lyon zu übersenden. In Frank¬
reich wurde 1890 das Baccalaureat eingeführt, welches aller¬
dings wohl nicht den vollen Werth unseres Abiturientenexamens
hat, übrigens aber gegenüber der früheren Vorbildung in Frank-
237
reich mindestens eine ebenso hohe Mehvfordernng brachte, w'ie
das Gymnasial- resp. Real-Gymnasial-Abiturientenexainen bei uns
gegenüber der Primaner-Reife bedeuten würde.
Die Wirkung dieser Mehrforderung ergiebt sich aus folgenden
Listen.
Lyon.
Zahl der jährlich neu inscribirten Studenten.
dem Baccalaureat
Nach dein Baccalaureat
1881—59
1891—31
1882—71
1892—47
1883-10
1893—41
1884—52
1894—50
1885—51
X
1
4-
CC
1886—40
1896—37
1887—70
1897—46
1888—51
1898—47
1889—53
1899—51
49*1.
393.
Der Jahresdurchschnitt ist demnach ein niedrigerer ge¬
worden und zwar um 20 pCt. Es ist dies jedoch ein Zufall; denn
in den 9 Jahren vorher befinden sich zufällig zwei ausnahms¬
weise hohe Frequenzen 1882 und 1887 mit je über 70; in den
übrigen 7 Jahren betrug der Durchschnitt vor dem Abiturienten¬
examen auch nur 49—50. Andererseits ist naturgemäss in den
ersten zwei oder drei Jahren nach der Einführung der erhöhten
Vorbildung ein Rückgang zu verzeichnen, weil diejenigen, welche
von vornherein beabsichtigten, sich dem Studium zuzuwenden,
nun um soviel länger auf der Schule festgehalten werden,
bevor sie zum Studium gelangen. Diese 2—3 Uebergangsjahre
können mithin der Berechnung überhaupt nicht zu Grunde ge¬
legt werden. Berechnet man daher nur die 7 Jahre von
1893—1899, so beträgt der Durchschnitt 45, also nur 8 pCt.
weniger als vor 1890, was bedeutungslos ist. Das entscheidende
ist aber, dasH in den letzten Jahren ganz dieselbe Frequenz,
wie vor Einführung des Abitnrientenexamens, wieder erreicht war.
Alfort.
Die Liste giebt nicht nur an, wie viel Studenten jährlich
neu das Studium begonnen haben, sondern, und das ist in der
That das Wesentliche, wieviel jährlich die Hochschule nach
vollendetem Studium als Thierarzt verlassen haben.
Vor dem Baccalaureat. Nach dem Baccalaureat.
Neu
Inscribirte
Approbirte
Neu Inscribirte
Approbirte
1883
69
55
| 1893
70
81
1884
79
63
1894
64
49
1885.
71
5«;
1895
69
40
188t*».
82
57
| 189t;
52
68
1887
89
60
! 1897
46
52
1888
87
67
I 1898
68
61
1889
85
71
I 1899
55
56
562
429
i
424
407
Hier zeigt
sich also ein
Rückgang
der Inscribirten um
etwa 25%, der auch noch nicht wieder geschwunden war.*) Dagegen
hat aber der Zugang von Thierärzten nicht abgenommen. Denn
das Land erhielt von Alfort in sieben Jahren von dem Bacca¬
laureat 429 und in demselben Zeitraum nachher 407 Thierärzte.
*1 Die Zahlen sind erst von 1883 ab angegeben, in Folge dessen
Ist auch bloss das Septennat 93 99 der Berechnung zu Grunde gelegt.
Ira Uebrigen weisen gerade die Jahre 1891/93 in Alfort hohe
Frequenzen auf, die den Durchschnitt lediglich noch günstiger gestalten
würden, nämlich 67,69 bezw 78,85
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT
238
Darauf aber allein kommt es an, nicht wie viele stndiren,
sondern wieviele mit Erfolg stndiren, nicht auf den Zugang der
Studenten, sondern auf den Zugang an jungen Thierärzten.
Gerade darin ist die Tabelle von Alfort besonders lehrreich.
Man sieht, dass sich trotz einer Verminderung der Studenten¬
zahl die Zahl der producirten Thierärzte in Folge der verbesserten
Qualität der Studirenden auf derselben Höhe hält. Nichts zeigt
klarer als gerade diese Erscheinung den immensen Vortheil des
Abiturientenexamens: Die al'gemeine bedeutende Steigerung der
durchschnittlichen Fähigkeiten, die Sicherung eines erfolg¬
reichen Studirens und die Beseitigung lediglich derjenigen
Elemente, welche so wie so nur zwecklos die Bänke drücken.
Hiernach ist der Beweis erbracht, dass die allgemeine
Erhöhung der Vorbildung nirgends die Zahl der Thierärzte
mindert, dagegen ihre Tüchtigkeit steigert und die Hochschulen
von unnützem Ballast befreit. Schmältz.
Regelung de« ungarischen Staats-Veterinärwesens.
Der Gesetzentwurf über die Verstaatlichung des ungarischen
öffentlichen Veterinärdienstes ist nunmehr fertiggestellt. Sein
Schwerpunkt liegt in Folgendem: Der Vollzug der veterinär¬
polizeilichen Anordnungen lag bisher grossentheils in den Händen
von Thierärzteu, welche im Communaldienst standen und deu !
Staatsbehörden nur mittelbar unterstellt waren. Der Gesetz- i
entwnrf erstrebt nun die allgemeine Verstaatlichung des öffent- ;
liehen Veterinärdienstes dadurch, dass auch jene bisher im
Dienste der Gemeinden etc. stehenden Thierärzte Staatsbeamte '
werden.
Bisher waren rund 100 Staatsthierärzte angestellt. Ausser- '
dem waren nach dem Jahresbericht für 1898 in Ungarn vor- j
handen 845 Civilthierärzte aller Art (Komitat-, städtische, |
Gemeinde- und Privatthierärzte). Die Gesammtzahl betrug somit
945. Nach dem Entwurf sind sofort 601 staatsthierärztliche
Stellen vorgesehen, also das sechsfache der bisherigen Zahl, und j
allmählich sollen diese auf 850 vermehrt werden. I )urch den Ent¬
wurf werden also mit einem Schlage zwei Drittel aller zur Zeit in
Ungarn vorhandenen Civilthierärzte Staatsbeamte, sodass man
thatsächlich von einer Verstaatlichung des Veterinärdienstes j
nicht nur, sondern fast des Veterinärstandes sprechen kann. !
Unter diesen Umständen gewinnt es auch eine entscheidende
Bedeutung, dass die staatliche Anstellung unbedingt an die
Ablegung der Physicatspriifnng und diese wieder an das
Abiturientenexamen geknüpft ist. Dadurch ist den aus Kur¬
schmieden hervorgegangenen Militärthierärzten der Uebertritt
in Civilbeamtenstellen, also zu zwei Dritteln der civilthierärzt- J
liehen Stellen überhaupt, verschlossen. Die einem Theil .der
Militärthierärzte vorbehaltene Ausnahmestellung in der Vor¬
bildung verliert dadurch jeden merklichen Einfluss auf die
Stellung des Civilveterinärstandes und wird desshalb auch
künftig, wie schon bisher, den Zugung zum Studium nicht
beeinflussen. I
Es werden folgende Rangstufen und Titel geschaffen: Ein
Veterinär-Oberinspector in der VI. Rangklasse und Veterinär-
Inspectoren in der VII., diese als Organe des kgl. Ackerbau¬
ministeriums. Die Thierärzte bei den nachgeordneten Behörden
rangiren in drei Klassen als königlich ungarische Ober¬
thierärzte in der VIII. Rangklasse, desgl. Thierärzte I. und |
II. Klasse in der EX., bezw. X. Rangklasse; dazu kommen noch
Assistenz-Thierärzte in der XI. Rangklasse. Diejenigen kgl.
ungarischen Thierärzte, welche den Dienst bei den Behörden
zweiter, d. h. höherer Instanz (Obergespan etc.) versehen, führen I
No. 20.
die Amtsbezeichnung Municipal-Thierarzt; diejenigen, welche bei
den Behörden I. Instanz thätig sind, heissen Bezirks- und
städtische Thierärzte.
Der Entwurf, der den Character einer Organisation in
grossem Styl trägt und geeignet ist, das ungarische Veterinär¬
wesen in fester Ordnung auf eine hohe Stufe zu bringen, soll
in einer der nächsten Nummern im Wortlaut veröffentlicht
werden. Er enthält namentlich auch die Disposition der Dienst¬
obliegenheiten der einzelnen Organe.
XXXIII. 6eneral-Versammlung
des thierirztlieliea Provinzialvereins für Pose«
am 10. Juni d. J. Vormittags 11 Uhr,
in der Kolonnade des Restaurant Duemke zu Posen, Wilhelmsplatz.
Tages-Ordnung.
1. Geschäftliche Mittheilungen.
2. Beschlussfassung über eine event. Abänderung bezw. Ergänzung
der Statuten behufs Erlangung der Rechtsfähigkeit des Vereins.
Der Sitzung wird sich unter erwünschter Beteiligung der
Damen ein Rundgang durch die landwirtschaftliche
Ausstellung, um 4 Uhr Nachmittags ein gemeinsames
Diner im Rest. Duemke und um 8 Uhr Abends ein Kommers
im Restaurant des neuen städtischen Schlacht- und Viehhofes
anschliessen.
Die Herren Kollegen werden gebeten, gefälligst die Zahl der
gewünschten Couverts zum Diner — Couvert 4 Hk. — dem Unter¬
zeichneten bis spätestens 6. Juni d. J. anzeigen zu wollen.
Posen im Mai 1900.
Heyne
Vorsitzender des Thierärztl. Prov.-Vereins f. Posen.
Fiflhjahra-General-Versammlung des Vereins Rheinpreussisober Thierärzte.
Samstag, den 19. Mai, im Lokale des Zoologischen Gartens
in Köln, Vormittags 11 Uhr.
Tagesordnung.
1. Vereins- und Standes-Angelegenheiten.
2. Betheiligung der Thierärzte am Unterricht an den land¬
wirtschaftlichen Lehr-Anstalten der Rheinprovinz. Referent
Kreisthierarzt K i ts c h fe 1 d-Wetzlar.
3. Ueber die Stellung der Thierärzte in der Rheinischen
Pferdezucht. Referenten Kreisthierärzte Decker-Mayen und
0 e 11 e r i c h-Euskirchen.
4. Aus der Praxis.
Nach Erledigung der Tagesordnung findet ein gemeinschaftliches
Mittagessen Btatt.
Aachen, den 4. Mai 1900.
Der Vorsitzende: Dr. Schmidt.
Versammlung des tierärztlichen Vereins im Reg.-Bez. Köslin
am Sonntag, den 27. Mai 1900, 11 Uhr Vormittags zu Köslin
in Lüdtkes Hotel. Tagesordnung: 1. Geschäftliches: a) Ge¬
schäftliche Mitteilungen, b) Wahlen des Vorstandes und der
Delegirten für den Centralverein und Veterinärrath, c) Rechnungs¬
legung, d) Bericht über den VII. internationalen Congress in
Baden-Baden. Berichterstatter Dr. Schwarz-Stolp.
2. Vorträge:
a) Ueber eine neuere Methode der Spatbehandlung, Kreis¬
thierarzt Paula t-Riuninelsburg.
b) Vortrag des Kreisthierarztes Spitzer - Dramburg
(Thema Vorbehalten).
c) Vortrag des Kreisthierarztes Träger-Belgard (desgl.).
3. Besprechungen der Impfungen gegen Rotlauf der
Schweine, eingeleitet vom Vorsitzenden.
Um 3k, Uhr gemeinschaftliches Mittagessen unter erbetener
Theilnahme der Damen. Gedeck 3,00 M. Anmeldung der Gedeoke
bis spätestens zum 21. Mai an Dep.irtements-Thierarzt Briet zman n-
Köslin erbeten.
Der Vorstand I. A.:
Brietzmann, I. Vorsitzender. Dr. Schwarz, Schriftführer.
Thierärztlicher Verein für die Provinz Brandenburg.
Sechzigste General-Versammlung
am Sonntag, den 27. Mai 1900, Vorm. 11 Uhr
im .,Heidelberger“, Centralhotel Berlin.
Tagesordnung:
Geschäftliche Mitteilungen, Aufnahme neuer Mitglieder.
Neuwahl des Vorstandes und der Delegirten znrCentral-Vertretung.
Digitized by CjOOQie
17. Hai 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
239
Wie soll sich der Verein gegenüber den Bestimmungen des
neuen bürgerlichen Gesetzbuches, Vereine betreffend, verhalten.
Referent Prof. Eberlein.
Practische Erfahrungen über Actinomycose bei Rindern.
Vortrag von Kreisthierarzt Kiekhäfer.
Ueber Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche. Von
Kreisthierarzt Graffunder.
Mittheilungen aus der Praxis.
Der Vorstand
Schmaltz.
Oeffentliches Yeterinärwesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
(siehe Beilaage zu dieser Nummer).
Fleisehsehaa and Viehverkehr.
Oberverwaltungs-Gerichtsentscheidung, betr. ControHe der Schlachthäuser
durch die Staatsbehörden.
Die Ztschr. f. Fl. u. M. Januar 1900 berichtet über fol¬
genden Rechtsstreit. Nach dem preussischen Ministerialerlass
vom 18. Nov. 1897 hat der Kreisthierarzt in Verbindung mit der
Ortspolizeibehörde zu entscheiden, ob die Kühl- und Pökelräume
eines öffentlichen Schlachthofes zur Unschädlichmachung finnigen
Fleisches geeignet sind. Eine solche Controlle durch den be¬
amteten Thierarzt hatte der Polizeipräsident von Königsberg
angeordnet. Der Magistrat verwahrte sich gegen die Ausübung
dieser Controlle, und als dieselbe durch eine erneute Verfügung
unter Strafandrohung erzwungen wurde, strengte der Magistrat
die Klage auf Aufhebung der Verfügung an. Der Bezirks¬
ausschuss wies die Klage ab mit folgender Begründung: Nach
§ 10 T. I, Tit. 17 des A. L. hat die Polizei die Aufgabe, vom
Publikum Gefahren abznwenden. Diese Befugniss ist nur in¬
soweit beschränkt, als bestimmte Sondervorschriften bestehen.
Solche fehlen im vorliegenden Falle. Der Polizeibehörde steht
hier der Magistrat nicht als Behörde, sondern nur als Vertreter
der Stadtgemeinde, der Eigenthümerin der Schlachthofanlage,
gegenüber. Bei der polizeilichen Beaufsichtigung aber macht
Bücheranzeigen und Kritiken*).
in.
Goltz, Schlaohthofdlreotor zu Cöln: Historische Studien auf dem
Gebiete der Fleischnahrung und Fleischbeschau. Selbstverlag des Ver¬
fassers. 2,25 M. 180 Seiten.
Das Buch beansprucht, wie auch sein Titel zu erkennen
giebt, nicht, eine vollständige Geschichte des Fleischgenusses
and seiner Regelung bis in die graue Vorzeit zu geben. Dazu
würden bei der Weite des Gebietes doch zu ausgedehnte
Quellenstudien gehören. Aber wenn die Darstellung auch nicht
in alle Tiefen eindringt, so bietet sie doch des Wissenswerthen
and Interessanten sehr viel und zeugt von grossem Fleiss und
umfassender Kenntniss. Die Hauptcapitel sind folgende: Vor¬
geschichtliche Zeit, Alt-Aegypten, die Israeliten, denen ein
Drittel des Buches gewidmet ist, die Speise- und Fasten-Vor¬
schriften der christlichen Kirche, die Mohamedaner. Die
Lectüre des Buches ist recht zu empfehlen.
Dr. Haefke, Agricurturchemlker: Die technische Verwerthung von
tlilerlachen Cadavern u. s. w. Hartleben’s Verlag, Wien, Pest und
Leipzig 1899.
Das ca. 300 Seiten klein Octav starke Buch erscheint als eine
Erweiterung einer 1897 erschienenen Schrift „Beseitigung und
Verwerthung von Fleischabfällen und thierischen Cadavern“ des¬
selben Verfassers. In der jetzigen Gestalt bietet es eine
recht vollständige Darstellung des einschlägigen Materials.
Eine kurze Inhaltsangabe wird den Special-Sachverständigen am
besten orientiren. Der Inhalt ist folgender: Der gewöhnliche
*) In voriger No. (pg. 227) ist zu lesen: Prof. Dexler (nicht Dexter).
es keinen Unterschied, ob ein Schlachthaus von einer Commune
oder von einem Privatunternehmer geleitet wird. Gegen miss¬
bräuchliche Beaufsichtigung stände der Beschwerdeweg offen. —
Diese Entscheidung focht der Magistrat beim Oberverwaltungs¬
gericht an. Er gab nunmehr zu, dass den Organen des Polizei¬
präsidenten die sanitätspolizeiliche Aufsicht zustehe, bezeichnete
aber das Verlangen, dass der Kreisthierarzt den Schlachthof
jeder Zeit betreten dürfe, als zu weit gehend. Das Ober¬
verwaltungsgericht hat jedoch diese Berufung verworfen.
Dlnisobe Ausfuhr.
In den drei Jahren 1897, 1898 und 1899 führte Dänemark
aus an lebendem Vieh 61 bezw. 33 bezw. 24 Tausend. Die
Ausfuhr verringerte sich also fast auf ein Drittel. Dagegen
wurde in den gleichen Jahren an Fleisch ausgeführt 6 bezw.
17% bezw. 24 Millionen Pfund. Die Fleischausfuhr steigerte sich
also auf das Vierfache. (Ztschr. f. Fl. u. M.
Finnen beim Schafe.
Im Herzen und der Körpermusculatur eines Schafes sassen
zahlreiche erbsengrosse käsige Gebilde in bindegewebiger Hülle.
In jedem derselben fanden sich die für Cysticercus cellulosae
characferistischen Haken. (Colberg, Ztschr. f. Fl. u. M.)
Abdeckereibetrieb, die Verarbeitung der Häute, der Haare, die
gewerbliche Ausnutzung des Fleisches, Verwendung des Blutes,
Verarbeitung der Knochen, (Hörner, Hufe, Darmschleim,
Dünger, Fischereiabfälle), dreiunddreissig gemischte Verfahren
zur Verarbeitung von Schlachthofabfällen, die Apparate zur
Verwerthung ganzer Cadaver (Kafilldesinfector, Podewils, Otte,
Hartmann, Pfützner, Holthaus, Wilke, Rübenkamp, Tejers), all¬
gemeine Besprechung der bisher construirten Apparate, die mit
gespanntem Dampf arbeiten, das Fleischmehl als Futtermittel.
Da« Veterinftrweaen In Bosnien und der Herzegowina seit 1879.
Herausgegeben von der Landesregierung Sarajewo 1899.
In diesem sehr gut ausgestatteten Werke wird die Ent¬
wicklung des Veterinärwesens in jenem interessanten Land ge¬
schildert und eine recht vollständige Uebersicht über den gegen¬
wärtigen Zustand auf allen einschlägigen Gebieten gegeben.
Solche authentischen Darstellungen des Veterinärwesens eines
Staates, namentlich eines jungentwickelten, sind auch für das
Ausland sehr willkommen. Das Veterinärwesen untersteht in
Bosnien einem Landesveterinär; ausserdem sind 6 Kreisthierärzte
und 24 Districts-Thierärzte staatlich angestellt.
Kästenbaum, Grundriss der Tbiersenohen und der Parasitenkrankbeiten
für Landwirthe. Wien und Leipzig bei Wilhelm Braumüller (
1899, ca. 300 Seiten.
Das Buch verfolgt den Zweck, die Landwirthe über die oben¬
genannten Krankheiten zu orientiren und sie in Prophylaxe und
Bekämpfung, soweit diese Sache des Thierbesitzers ist, zu
belehren. Der Autor erreicht seinen Zweck in einer Weise,
die sieh von den vielen anderen populären Werken vorteilhaft
unterscheidet. Er verbindet geschickt die populäre Dar-
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240
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 20.
Stellung mit der Rücksicht auf den wissenschaftlichen Stoff;
der Auswahl und Abgrenzung des letzteren kann man zu¬
stimmen. Das Buch verdient die Aufmerksamkeit der Kreise,
für die es geschrieben ist.
Fleisohbeschau-Gesetze und Verordnungen des Königreichs Sachsen
von Dr. Sledamgrotzky-Leipzig, Rossbergsche Hofbuchhandlung
1,60 M. — Die Fleischbeschau und Schlachtviehversicherungs¬
gesetze und Verordnungen für das Königreich Sachsen von
Dr. Tempel-Dresden, Schönfelds Verlag 2 M.; dasselbe heraus- i
gegeben vom Verlag des empirischen Fleischbeschauers Reiss¬
müller in Chemnitz.
Die Bücher sind durch die Neuregelung der Fleischschau
und Schlachtviehversicherung in Sachsen veranlasst. Das von
Siedamgrotzky stellt den 120. Band der „Handausgabe
Königl. Sächsischer Gesetze“ dar und bildet zugleich eine
Ergänzung zu den Werken des Verfassers „Das Veterinärwesen“
und „Die Veterinärpolizeigesetze“ im Königreich Sachsen. Das
Buch von Tempel umfasst neben der Fleischbeschau auch die
Schlachtviehversicherung und ist etwa 80 Seiten stark. Das
zuletzt genannte Werkchen ist speciell für empirische Fleisch-
beschaner bestimmt.
Neumanns Landwirthsohaftliohe Böchersammlung. Das Reichsvieh¬
seuchengesetz nebst der Bundesraths - Instruction etc. Von
F. Köpping, Kreissecretär. HI. Auflage. Neudau 1900. —
Das 180 Seiten starke Buch hat für thierärztliche Kreise kein
Interesse, da für deren Zwecke competentere Bearbeitungen
vorliegen.
Personalien. I
Auszeichnungen: Dem herzogl. braunschweigischen Kreisthierarzt
Saake-Wolfenbüttel ist der Titel Medicinalassessor verliehen worden.
Ernennungen etc. in Bayern: Oskar Bestie, Districtsihierarzt
in Lauingen, zum Bezirksthierarzt in Sonthofen (Schwaben), Andreas
Schneider, Bezirksthicrarzt für den Stadtbezirk München, zum
Nachfolger des pensionirten Bezirks- und Oberthierarztes Dechsler
— H. Bossert, Kreisthierarzt in Würzburg, zur Function eines
Mitgliedes des Kreismedicinalausschusses von Unterfranken nach
Aschaffenburg und Herrn. Sand, BezirkBtbierarzt in Pegnitz, in
gleicher Eigenschaft nach Uffcnheim (Mittelfr.) versetzt.
Thierarzt Fuchs-Strassburg zum Cantonalthierarzt für den
Canton Schiltigheim (Strassburg) unter Betrauung mit den thierärztl.
Functionen. — Gewählt: die Schlachthofthierärzte Bobell,
Illgen und Karnahl, sämmtlich in Leipzig, zu Sanitätsthierärzten
in Plauen, bezw. Wilkau, bezw. Freiberg i. Sachs. Als Nachfolger
derselben sind die Thierärzte Max Kunze (Dahlen), Carl Schroeder j
(Warin bezw. Leipzig), F. Bertuch (Gotha) und Fritz Türk (Leip- j
zig) am Leipziger Vieh- und Schlachthof angestellt worden. Ferner
die Thierärzte A. Fas old (Dresden) zum städt. Thierarzt in Marien¬
burg (8.), Günther, Amtstbierarzt in Waldheim, zum städt. Thier¬
arzt in Eibenstock i. S., A. Jänicke (Lunzenau) zum städt. Thier¬
arzt in Rocblitz, Dr. Pflücke (Crimmitschau) zum Sachverständigen
für die staatl. Schlachtviehversicherung in Dresden, J. Wahl
(Böhmenkirch) zum Stadtthierarzt in Nürtingen (Wiirttemb.\
W. Wunderling zum Hillfsthierarzt am Berliner Schlachthof.
Approbationen: In Berlin: die Herren Richard Augat, Otto
Kirsch, Karl Bannasch und Remmele.
Promotion: Schlachthofthierarzt Kabitz-Hannover zum Dr.
raed. vet.
Wohnsltzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die
Thierärzte E Dick von Cammin nach Brieg Bez. Breslau, Erdwin
Fnnck nach Teterow (Schlachthof), Grimm (Zittau), Bezirksthier¬
arzt a. D., nach Dresden-Strehlen, Grothe, Polizeithierarzt in Berlin,
nach Nowawes bei Potsdam, H. Zilluff nach Schroda (Posen),
Rocssler (Dresden) nach Niederplanitz bei Zwickau. — Thierarzt
Hans Lucas hat sich in Montjoie, Rbz. Aachen, Thierarzt Woher sin
(1896) in Schivelbein (Bez. CöBlin) niedergelassen.
Todesfälle: die Bez.-Thierärzte a. D. Brell-Mindelheim, Bremer-
Vilshofen und Veith-Bühl, Oeconomierath Mayer, Docent für Huf¬
beschlag an der thierärztl. Hochschule in Stuttgart, Schlachtbof-
director Maul-Meerane (Sachsen).
Yacanzen.
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Aachen: Montjoie (600 M., ausserdem 300 M. Stellenzulage und
600M. Kreiszuschuss, sowie ev. voranssichtl. 800M. für Beaufsichtigung
der städt. Fleischbeschau). Bew. bis 1. Juni er. an den Regierungspräs.
— R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich Eireiszuschuss).
— Stolp(Nord) (erneut ausgeschrieben) mit dem Amtssitz in Glowitz.
Gesuche an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Wiesbaden: St.
Goarshausen (600 M. Gehalt, 500 M. staatl. Stellenzulage und 300 M.
Kreiszuschuss.). Bewerb, b. 20. Mai er. a. d. Regierungspräsidenten.
Saaltätsthlerarztotellen: a) Neu ansgeschriebene Stellen:
Buchholz i. Sachsen: Tbierarzt f. Schlachtvieh u. Fleischbeschau
(ca. 2500 Mk. Privatpraxis). Bewerb, bis 22.Mai er. an den Stadtrath. —
Düsseldorf: 2 Assistenzthierarzt am Schlacht- und Viehhof zum
1. Juli er. (2400 M. Anfangsgehalt; 6 Monate Probezeit; 3 monatl.
Kündigung;Pension.)Bewerb, bis 20.Mai an den Oberbürgermeister. —
Frankfurt a. 0.: Schlachthofdirector znm 15. Juni er. mit Qualifika¬
tion zum beamt. Thierarzt. (3600 M., steigend bis 4800 M., Wohnung
etc. Keine Praxis, l^ähr. Probezeit, Jijähr. Kündigung). Bewerb,
bis 26. Mai an den Magistrat. — Lugau (Sachsen); Thierarzt zum
1. August. (Aus der Fleischbeschau 2000 Mk. Privatpraxis.) Be¬
werb bis 20. Mai an den Gemeinderath. — Ne h e i m :Schlachtbof-
director zum 1. Juni er. (2000 M. Wohnung etc. Privatpraxis.)
Bewerb, an den Magistrat. — Pritzerbe: Thierarzt für Schlicht-
vieh- und Fleischbeschau, sowie Trichinenschau im Stadtbezirk
(1000 M. und Privatpraxis.) Meid, bis 20. Mai er. an den Magistrat.
— Schivelbein: Thierarzt für Fleischschau (ca. 2400—3000 M.;
Praxis gestattet). Meid, beim Magistrat — Waldheim (Sachsen):
Schlachthofthierarzt zum 1. Juni er (3000 M. Pensionsberechtigung.
Die in Aussicht stehende Trichinenschau besonders vergütet. Privat¬
praxis im Stadtbezirk.) Bewerb, bis 20. Mai er. an den Stadtrath.
— Wamsdorf, Bez. Leipzig: Tbierarzt für Fleischschau in W.
und in den Nachbargemeinden. Meid, an den Gemeindevorstand.
— Wetter (Ruhr): Thierarzt für Fleischbeschau sofort. (1800 M.,
Privatpraxis). Meid, bis 20. Mai an den Amtmann.
b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Eberswalde: Schlachtbofinspector. — Filehne: Schlachthof¬
inspector. — Graudenz: Scblachthofassistenzthierarzt. — Johann-
georgenstadt u. Nachbargemeinden: Thierarztfür Fleischbeschau.
— Königswartha i. S.: Thierarzt für Fleischbeschau. — Lunzenau:
Thierarzt für Fleischschau. — Mülhausen (Eisass): Schlachthof¬
verwalter. — Pössneck: Thierarzt für Fleischbeschau. — Wanne:
Schlachthofvorsteber.
Privatstelien: 1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt. —
Mengeringhausen(Waldeck): Thierarzt. — Rhino w (R.-B Potsdam):
Tbierarzt. Schloppa (WeBtpr.): Thierarzt sofort, (ca. 1000 M. aus der
Fleischbeschau). Meid, an den Magistrat. — Schwarzenberg i. S.:
Thierarzt für Fleischbeschau u. Praxis. — Sonnenburg: Thierarzt.—
Suelze (Mecklb.): Thierarzt (300 M. Fixum aus der Stadtkasse).
Bewerbungen an den Magistrat. — Weilerbach, Bez.-A. Kaisers¬
lautern: Thierarzt (750 Mark Beihülfe). Meid, bis 15.,6. an den
Bürgermeister. — Wolkenstein: Thierarzt für Praxis und Fleiseh-
schau.
Besetzt: Sanitätsthierarztstellen in Freiberg i. S., Plauen.
Bayern: Abiturientenexamen betreffend.
Das Plenum der bayerischen Kammer hat die Petition des
deutschen Veterinär-Rathes, betreffend das Abiturientenexamen
ohne jeden Widerspruch der Regierung zur Würdigung übergeben.
Verantwortlich fOr den Inhalt (exel InacratcntboU): Prof. Dr. Bchmalta in BerUn. — Verlag and EÜgenämm von Richard Soboeta ln Berlin. — Druck von W. BQxenitoin, Berlin
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Gratis-Beilage zur Berliner Thierärztlichen Wochenschrift.
Mittheilungen iftr Veterinär beamte.
Dieselben erscheinen unter Mitwirkung zahlreicher Departements- und Landesthier&rzte
in zwanglosen Nummern.
VIII. Serie. 17. Mai 1900. M 2.
Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preussen am 30. April 1900.
Regierungsbezirk
Die Seuche herrschte
in
1
]7 ; | Gemeinden
Krcl9ei1 (Gutabez.)
Von je 100C
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht:
Königsberg.
6
9
2,20
Danzig.
6
12
9,52
Marienwerder.
8
19
8,39
Berlin.
1
1
—
Potsdam.
10
40
15,46
Frankfurt.
6
17
6,24
Stettin.
10
34
18,12
Köslin.
7
24
12,42
Stralsund.
3
29
32,54
Posen.
14 !
23
6,98
Bromberg.
7 '
16
7,19
Breslau.
11 1
18
4,73
Liegnitz.
14 1
29
10,30
Oppeln.
4 i
4
1,42
Magdeburg.
12
45
31,25
Merseburg.
10
16
6,92
Erfurt.
3 |
4
6,82
Schleswig.
3
5
2,34
Hannover .
6
11
17,48
Hildesheim.
10 1
19
26,24
Lüneburg.
6
15
10,17
Stade .
1
1
1,37
Osnabrück.
2
2
3,57
Äurich.
1
1
2,92
Münster.
1
1
3,73
Minden.
2
3
5,88
Arnsberg.
7
12
14,11
Cassel.
11
16
9,56
Wiesbaden.
9
13
13,88
Koblenz.
7
9
8,61
Düsseldorf.
7
15
34,88
Köln.
2
4
13,51
Trier.
6
: 13
11,53
Aachen.
2
2
5,12
Hohenzollern-Sigmaringen
3
5
39,37
Summa:
218
487
—
Nachweltung Ober den Stand der Viehseuohen im Deutschen Reiche
am 30. April 1900.
Es waren am 30. April 1900 in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: Regierungsbezirke Gumbinnen, Marienwerder,
Frankfurt, Berlin, Breslau, Liegnitz, Hildesheim, Stade je
1 Kreis bezw. 1 Gemeinde. R.-B. Posen 2 (2). R.-B. Brom¬
berg 3 (6). R.-B. Oppeln 3 (5). — Bayern: R.-B. Ober¬
bayern 2 (2). R.-B. Niederbayern 1 (1). R.-B. Schwaben 2 (2).
Württemberg: Donaukreis 2 (2). Baden: Landescomm.
Constanz 1 (1). Braunschweig: 1 (1). Sachsen-Coburg-
Gotha: Herzogthum Gotha 1 (3), Elsass-Lothriugen: Be¬
zirk Lothringen 1 (1).
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 19 (46). R.-B. Niederbayern
4 (11). R.-B. Pfalz 6 (6). R.-B. Oberpfalz 4 (5). R.-B. Ober¬
franken 10 (22). R.-B. Mittelfranken 10 (11). R.-B. Unter-
franken 11 (23). R.-B. Schwaben 13 (34). Sachsen: Kreis-
hauptm. Bautzen 2 (3). Kreishauptm. Dresden 1 (1). Kreis-
hauptm. Leipzig 4 (14). Kreishauptm. Zwickau 6 (10).
Württemberg: Neckarkreis 13 (23). Schwarzwaldkreis 15 (39).
Jagstkreis 8 (16). Donaukreis 16 (56). Baden: Landescomm.
Konstanz 9 (15). Landescomm. Freiburg 10 (15). Landes¬
comm. Karlsruhe 6 (11). Landescomm. Mannheim 6 (10).
Hessen: Provinz Starkenburg 1 (1). Provinz Oberhessen 6 (18).
Provinz Rheinhessen 3 (3). Mecklenburg-Schwerin: 8 (24).
Sachsen-Weimar: 5 (15). Mecklenburg-Strelitz: 1 (4).
Braunschweig: 4 (21). Sachsen-Meiningen: 4 (6).
Sachsen-Altenburg: 2 (3). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzog¬
thum Gotha 3 (5). Grossherzogthura Oldenburg 1 (1). Anhalt:
3 (11). Elsass-Lothringen: Bezirk Unter-Elsass 4 (8). Bezirk
Ober-Elsass 4 (15). Bezirk Lothringen 3 (4). Reussj.L.: 1(2).
Sc h war zbnrg-Rudolstadt, Wal deck, Lippe, Hamburg je 1.
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Magdeburg 3 (3). R.-B. Merseburg 1 (1).
Sachsen: Kreishauptm. Zwickau 2 (6).
D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest):
Preussen: R.-B. Königsberg 6 (9). Gumbinnen 1 (1).
Danzig 3 (7). Marienwerder 4 (6). R.-B. Potsdam 4 (7). R.-B.
Frankfurt 6 (6). R.-B. Stettin 4 (5). R.-B. Stralsund 2 (5).
R.-B. Posen 9 (12). R.-B. Bromberg 5 (6). R.-B. Breslau 13 (73).
R.-B. Liegnitz 6 (23). R.-B. Oppeln 9 (26). R.-B. Magdeburg
2 (2). R.-B. Hannover 2 (2). R.-B. Hildesheim 3 (4). R.-B.
Lüneburg, Münster, Arnsberg, Coblenz, je 1 (1). R.-B. Cassel
3 (3). R.-B. Wiesbaden 2 (2). R.-B. Coblenz 1 (1). R.-B.
Düsseldorf 2 (2). R.-B. Trier 1 (2). Bayern: R.-B. Ober¬
bayern, Niederbayern und Ober-Pfalz je 1 (1). Württem¬
berg: Donaukreis 1 (1). Mecklenburg-Schwerin, Anhalt
je 1 (1). Hamburg: 2 (2).
Allgemeine Verfügung No. 19/1900.
Ministerium für Landwirtschaft,
Domänen und Forsten.
Uesch. No: I G 3348.
Schafräude. Berlin W. 9, den 19. April 1900.
Leipzigerplatz 7.
An sämintliche Herren Regierungs-Präsidenten mit Ausnahme
desjenigen in Cassel.
Im Jahre 1899 sind in Preussen (mit Ausnahme des Kreises
Grafschaft Bentheim) insgesammt 40 631 Schafe in 766 Be¬
ständen der Badecur unterworfen. Davon waren am Schlüsse
des Jahres 33 834 Stück in 476 Beständen geheilt, 3306 Stück
in 248 Beständen sind vor Tilgung der Räude geschlachtet,
50 Schafe verendet, 558 Stück in 3 Beständen ohne Erfolg
gebadet, 2883 Stück in 39 Beständen waren noch nicht geheilt.
Im Allgemeinen hat hiernach die Badecur gute Erfolge gehabt.
Gegenüber dem Jahre 1898 ist ein allerdings nicht erheblicher
i Rückgang der Seuche zu erkennen. Zur weiteren Unterdrückung
ist die Fortsetzung des bisherigen Tilgungsverfahrens erforder¬
lich. Ich weise wiederholt darauf hin, dass die Schmierkur nur
dann zugelassen werden darf, wenn die Anwendung des
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2
MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE.
No. 2.
Fröhn er'sehen Bade Verfahrens mit Rücksicht auf die Jahreszeit '
nicht thunlich ist, und dass dieses Verfahren auch in solchen 1
Fällen nachzuholen ist, wenn die Schmierkur ohne Erfolg geblieben 1
ist und die Jahreszeit die Vornahme der Badecur gestattet. Ich j
ersuche, sich zur Durchführung dieser Massregeln der gesetz¬
lichen Zwangsmittel mit aller Schärfe zu bedienen.
Aus den Berichten ergiebt sich ferner, dass die in meinem '
Runderlass vom 18. Juni 1898 — IG 3492 — angeordnete Zu¬
ziehung der beamteten Thierärzte zur Untersuchung räudever¬
dächtiger Herden namentlich zur Vornahme unvermntheter oder
periodischer Revisionen sich bewährt hat. Diese Anordnung
bleibt daher auch für die Folge in Kraft.
Ueber das Ergebniss der Tilgung ist, wie bisher, unter
Beifügung der vorgeschriebenen Uebersicht bis zum 31. December
d. J. zu berichten oder Fehlanzeige zu erstatten. I. V. Sternberg. ■
Verschiedene veterinärpolizeiliche Verordnungen eto.
R.-B. Bromberg: Die auf Bahnhöfen des R.-B. ankommenden
Handelsginse dürfen ohne vorherige Untersuchung des beamteten
Thierarztes nicht ausgeladen werden. Die Kosten der Unter¬
suchung fallen dem Unternehmer zur Last.
Im R.-B. Potsdam haben sich seit dem 1. anuar er. die I
öffentlichen Laien- Vieh- und Fleischbeschauer laut Bekanntmachung
vom 23. December 1899 in Zwischenräumen von 5 zu 5 Jahren
einer Nachprüfung zu unterziehen, welche von den betr. Kreis¬
thierärzten vorzunehmen ist. Hiervon sind diejenigen Laien¬
fleischbeschauer ausgenommen, welche an öffentlichen unter i
thierärztlicher Leitung stehenden Schlachthöfen beschäftigt sind. !
Im Grossherzogthum Mecklenburg-Schwerin sind an die Thier- j
Urzte Fragebogen zur Ausfüllung vertheilt worden, um statistische i
Erhebungen über die Impfresultate bei Rot hl auf anzustellen.
Im Herzogthum Anhalt werden von der Regierung mittels
Fragebogen Feststellungen der Tuberculose bei Schlachthieren
seitens der Schlachthofthierärzte vorgenommen.
Im Klinigreich Saohsen ist wegen grosser Verbreitung 1 der
Maul- und Klauenseuche in Böhmen den Wirthschaftsbesitzern
der Grenzbezirke die gegen Oesterreich bestehende Befugniss zur
Einfuhr von Nutz- und Zuchtvieh bis auf Weiteres entzogen worden.
In Eisass-Lothringen ist die Ein- und Durchfuhr von Klauen-
thieren aus Luxemburg bedingungsweise wieder gestattet.
R.-B. Llegnitz: Unterm 4. April er. ist aus Anlass der wieder- |
holten Einschleppung der Maul- und Klauenseuche durch Handels- i
schweine vorläufig bis 1. Juni er. Folgendes angeordnet worden:
Alle aus andern preussischen Regierungsbezirken oder ähnlichen
nichtpreussischen Verwaltungsbezirken, in denen die Maul- und
Klauenseuche herrscht, eingeführten Schweine unterliegen, wenn
anders sie nicht bei der Untersuchung beanstandet wurden, einer
7tägigen Beobachtung und werden bei der Einführung an der Innen¬
fläche des linken Ohres gestempelt. Nicht ausgeschlossen hiervon
sind die auf Bestellung von Händlern eingefiihrten Schweine.
Die Ankunft der Transporte ist mindestens 24 Stunden vorher an¬
zuzeigen. Nach Ablauf der Beobachtungszeit sind die Schweine,
wenn unverdächtig, abermals an der Innenseite des rechten Ohres
vom Kreisthierarzt zu stempeln. Einzuführende Privatschweine
unterliegen den gleichen Bestimmungen, können aber die Quaran¬
täne im Gehöft des Eigentümers durchmachen. Nach Schlachthöfen
zum Zwecke des Schlachtens importirte Schweine sind ausge¬
nommen. Aehnliche Verordnung für Breslau vgl. No. 15 d. B. T. W.
Im Reg.-Bez. Gumbinnen werden in Folge des Erlöschens der
Maul- und Klauenseuche durch Bekanntmachung vom 19. April er.
die seitl.Octoberv.J. erlassenen Anordnungen ausser Kraft gesetzt.
Für die Grenzbezirke Bayerns ist nach Erlöschen derMaul- j
nnd Klauenseuche in den österreichischen Grenzgebieten die Einfuhr \
von Nutz- und Zuchtvieh aus Oesterreich für den eigenen Wirth-
schaftsbedarf unter den früheren Bedingungen wieder gestattet.
Reg.-Bez. Düsseldorf. Landespolizeiliche Anordnung, betr. die
teilweise Abänderung der landespolizeilichen Anordnung über
Unterdrückung der Maul- und Klauenseuche vom 2. Mai 1896.
Vom 7. März 1900. (R.-A. Nr. 77.)
Einziger Paragraph.
Der § 4 Absatz 1 der landespolizeilichen Anordnung vom
2. Mai 1896, betr. Unterdrückung der Maul- und Klauenseuche
(A.-Bl. S. 149) wird, wie folgt, abgeändert:
§ 4. Das überwachungspflichtige Rindvieh (§ 1) darf erst
weiter veränssert werden, wenn seit dessen Einstellung in dem
Stalle oder auf der Weide des Bestimmungsortes (erstmaligen
Aufstellungsortes) entweder a) sieben volle Tage verflossen und
nach Ablauf dieser Frist sämmtliche Thiere von einem beamteten
Thierarzt gesund befunden oder b) drei Wochen verflossen sind.
Ist demnächst noch anderes überwachungspflichtiges Rindvieh in
denselben Stall, bezw. auf dieselbe Weide gelangt, so laufen die
Fristen zu a und b erst von der letzten Einstellung ab.
Die Anordnung tritt mit ihrer Verkündigung in Kraft.
Der Regierungs-Präsident.
Reg.-Bez. Sigmaringen. Bekanntmachung, betr. das Verbot des
Feilbietens von Rindvieh und Schweinen im Umherziehen.
Vom 16. März 1900. (Amtsbl. S. 59.)
l T m das Einschleppen von Maul- und Klauenseuche zu ver¬
hüten, wird auf Grund der Gewerbeordnung in der Fassung des
Gesetzes vom 6. August 1896 (Reichsgesetzblatt S. 685 § 56b
Abs. 3) Nachstehendes angeordnet.
§ 1. Das Feilbieten von Rindvieh und Schweinen im Um¬
herziehen ist für die Zeit vom 1. April bis zum 30. September
d. J. einschliesslich verboten.
§ 2. Zuwiderhandlungen gegen dieses Verbot unterliegen
der Strafbestimmung des § 148 Ziffer 7 a der Gewerbeordnung.
Der Regierungs-Präsident.
Im Reg.-Bez. Sigmaringeo besteht seit dem November v. J.
eine Verordnung, nach welcher unter Festlegung der Begriffe
Vollmilch und Magermilch der Verkehr mit Milch geregelt wird.
Ausgeschlossen vom Verkehr wird solche Milch, welche 1. von
kranken Kühen stammt, verdorben oder verfälscht ist; 2. ans
der Lactation bis zum achten Tage nach dem Kalbe herrührt;
3. blutige, schleimige, bittere, schmutzige, ekelerregende oder
saure Beschaffenheit hat und 4. verfälscht oder mit Conser-
virung8mitteln versetzt ist. Die Milchgefässe sind bezüglich
der Sauberkeit mit der grössten Sorgfalt zu behandeln.
Verfügung des Herrn Regierungspräsidenten von Bromberg betreffs
Anstellung von Sohlaohthofthierärzten
vom 27. August 1897.
Eb ist zu meiuer Kenntniss gelangt, dass einzelne Magistrate
Ä „ , 18. März 1868
in Gemässheit des § 2 Nr. 1 des Gesetzes vom -g—MärzT881
betreffend die Errichtung öffentlicher Schlachthäuser als Sach¬
verständige solche Personen eingestellt haben, die weder durch
ihre frühere Beschäftigung noch durch später erworbene Kenntniss
eine Gewähr dafür bieten, dass der Zweck des vorbezeichneten
Gesetzes erfüllt wird.
Ich bestimme demnach, dass als Sachverständige im Sinne
des vorbezeichneten Gesetzes in der Regel nur approbirte Thier¬
ärzte zu erachten sind.
Erscheint es bei öffentlichen Schlachthäusern kleinerer Städte
indess nothwendig aus Kostenersparniss oder sonstigen Gründen
Jemanden anzustellen, der nicht als Thierarzt geprüft ist, so hängt
unter Vorbehalt meiner Genehmigung dessen Anstellung in erster
Linie von dem Nachweise der für diese Stellung erforderlichen
technischen Kenntnisse ab.
Dieser Nachweis ist durch eine vor dem Departementsthierant
des Bezirks abzulegende Prüfung zu liefern.
In derselben hat der Bewerber darznthun:
1. dass er die Svmptome der wichtigsten ansteckenden Thier¬
krankheiten, insbesondere des Milzbrands, der Tollwuth, der
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8
MITTHEILUNGEN FuR VETERINÄRBEAMTE.
17. Mai 1900.
Rinderpest, Lungenseuche, Maul- und Klauenseuche vor und
nach dem Tode der Schlachtthiere kennt;
2 dass er die Gesnndheitszeicben der Schlachtthiere vor und
nach dem Tode sowie die der einzelnen Organe kennt;
3. dass er die Krankheitssymptome der Schlachtthiere und der
inneren Organe, insbesondere die gesundheitsschädlichen
Eigenschaften zu beurtheilen versteht;
4. dass er die auf die Fleischschau bezüglichen Gesetze und
Verordnungen kennt.
Ueber den Ausfall dieser Prüfung hat der Departemcntstbier-
arzt ein Zeugniss auszustellen.
Für den Bewerber dürfte es vor Ablegung der Prüfung vom
Vortheil sein, einen praktischen Cursus an einem unter thierärztlicher
Leitung stehenden Scblachthause zu absolviren.
Rücksichtlich der bis jetzt angestellten Personen, soweit sie
nicht approbirte Thierärzte sind, sehe ich einem gefälligen Berichte
darüber entgegen, in welcher Weise sie die erforderlichen Kenntnisse
zur Verwaltung dieses Amtes nachgewiesen haben.
Ergebnisse der Tuberculln-Impfungsn in den Seequarantfineanstalten.
Von Ende September bis Ende December 1899 wurden in
die Qaarantäneanstalten zu Hamburg, Altona-Bahrenfeld, Tönning,
Hvidding, Apenrade, Flensburg, Kiel, Lübeck und Rostock-
Warnemünde 13 492 dänische Rinder eingeführt. Hierzu kam
noch ein Bestand von 808 Stück vom Vorquartal her ungeimpft
gebliebene Rinder.
Von diesen insgesammt 14 300 Stück wurde vor der Impfung
1 zurückgewiesen und 7 nothgeschlachtet, während 584 ungeimpft
verblieben. Bei 13 708 Rindern wurde die Tubercnlinprobe mit
folgendem Resultat vorgenommen: 13 037 wurden frei von
Tuberculose befunden und 671 = 4,9 pCt. als tuberculös er¬
kannt. Nach der Impfung verendete 1 bezw. mussten noch
2 Rinder nothgeschlachtet werden.
Ueberaioht über die Im IV. Quartal 1899 aus den Seequarantfineanstalten
in Slfeatiiehe Schlachthfiuser elngefübrten Rinder und das Ergebnlse der
Fleischbeschau bei denselben.
Es wurden im IV. Quartal 1899 12 288 Rinder in die See¬
quarantäneanstalten eingeführt bezw. waren daselbst als Bestand
vorhanden. Hiervon wurden 225 znrückgewiesen, 15 nothge¬
schlachtet (bezw. verendeten), 10 682 wurden nach Schlachthöfen
(Aachen, Barmen, Berlin, Bielefeld, Bochum, Bremen, Dortmund,
Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Essen, Flensburg, Gelsenkirchen,
Hamburg, Hagen, Iserlohn, Kiel, Krefeld, Lübeck, Osnabrück und
Remscheid) überfuhrt, während 1 366 als Bestand zurückblieben.
Von den nach Schlachthöfen überführten 10 682 Rindern
erwiesen sich nach der Schlachtung 9 076 als gesund, 1 606 --
15 pCt, als tuberculös.
Thier*euohen im Autlande.
Dänemark, IV. Quartal 1899.
Die Zahl der neu verseuchten Thierbestände betrug: an
Milzbrand im October 9, November 13, December 9; an Rotz —
bezw. 1, bezw. —; an Rothlauf der Schweine 525, bezw. 390,
bezw. 209; an chronischer Schweinediphtherie 6, bezw. 2, bezw. —;
an Rückenmarkstyphus der Pferde 3, bezw. 5, bezw. 3; an bös¬
artigem Katarrhalfieber des Rindviehs 7, bezw. 6, bezw. 4.
Frankreich IV. Quartal 1899.
Von Lungenseuche wurden im October 17, im November 11,
im December 14 Gemeinden betroffen; geimpft wurden 218,
bezw. 75, bezw. 101 und geschlachtet 65, bezw. 46, bezw. 36
Rinder. — Milzbrand herrschte im October in 47, im November
in 52, im December in 41 Ställen. — Wegen Rotz wurden 83,
bezw. 121, bezw. 136 Pferde getödtet; verseucht waren 60, bezw.
62, bezw. 62 Ställe. — Die Zahl der gemeldeten tollen Hunde
belief sich auf 244, bezw. 211, bezw. 191 Stück; die wuthkranken
Hunde vertheilten sich auf 113, bezw, 121, bezw. 118 Gemeinden
in 33, bezw. 41, bezw. 41 Departements. — Maul- und Klauen¬
seuche trat in 1950, bezw. 1232 bezw. 781 Gemeinden auf. —
In 60, bezw. 14, bezw. 57 Heerden herrschten Schafpocken; in
13, bezw. 6, bezw. 14 Heerden wurde Schafräude festgestellt. —
Rauschbrand trat in 80, bezw. 111, bnzw. 71 Ställen auf. —
Rothlauf der Schweine wurde in 13, bezw. 22, bezw. 10 Departe¬
ments beobachtet. — Die ansteckende Lungen- und Darm¬
entzündung der Schweine gelangte in 9, bezw. 11, bezw. 15 Be¬
ständen zur amtlichen Feststellung.
Oesterreich I. Quartal 1900.
Die Zahl der verseuchten Ortschaften betrug am Ende der
einzelnen Berichtsmonate 2 bezw. 3 bezw. 4 bei Milzbrand;
— bezw. 1 bezw. 2 bei Rauschbrand; 19 bezw. 20 bezw. 19 bei
Tollwuth: 6 bezw. 6 bezw. 13 bei Rotz; 370 bezw. 191 bezw. 93
bei Maul- und Klauenseuche; 13 bezw. 11 bezw. 11 bei Pocken;
6 bezw. 15 bezw. 24 bei Bläschenausschlag; 14 bezw. 24 bezw. 28
bei Räude; 20 bezw. 17 bezw. 19 bei Schweinerothlauf; und
11 bezw. 8 bezw. 25 bei Schweineseuche (incl. -Pest) Lungen¬
seuche und Rinderpest sind nicht aufgetreten.
Entschfidigungen bei Viehseuchen.
(R6portoire de police sanitalre v6t6rinaire. 15. 4. 1900).
Von Senator Darbot ist ein Gesetzentwurf eingebracht
worden, wonach die bisher in Frankreich nur für Rinderpest
und Lungenseuche bestehende Entschädigungspllicht sich auf
alle Thierseuchen erstrecken soll und zwar sowohl für die
gefallenen oder auf polizeiliche Anordnung getödteten Thiere
als auch für dasjenige Vieh, das bezüglich seines Werthes
zurückgegangen ist oder geringeren Nutzen bringt. Die Höhe
der Entschädigung soll alljährlich bei der Budgetfixirung
bestimmt werden.
Zur Deckung der Unkosten soll eine Viehseuchencasse
gegründet werden, die aus Staatsbeihiilfen und Gebühren für
Ursprungs- und Gesundheitszeugnissen ergänzt wird. Bezüg¬
lich der Zeugnisse verlangt der Entwurf, dass die Führer von
Thieren (Pferde, Rinder, Schafe und Ziegen), welche zum Zweck
oder in Vollfiihrnng eines Verkaufs aus ihrer Ursprungsgemeinde
geführt oder auf den Markt gebracht werden, mit Gesundheits¬
zeugnissen versehen sein müssen.
Keine Entschädigung wird gewährt, wenn die Thiere noch
nicht drei Monate im Inland waren.
Von der Entschädigung wird der etwaige Erlös aus Haut,
Fleisch etc. abgezogen, wenn dieser Erlös höher ist als der
(im Entwurf nicht präcisirte) Antheil des Besitzers. Die Ab¬
schätzung wird durch den Departementsthierarzt und einen vom
Besitzer bezeichneten Bevollmächtigten vorgenommen, eventuell
vom Departementsthierarzt allein. Das Abschätzungsprotocoll wird
vom Bürgermeister und vom Amtsrichter begutachtet. Die
Entschädigung fällt weg, wenn sie nicht in dreimonatlicher
Frist verlangt wird oder wenn der Besitzer die sanitären Mass-
regeln nicht beachtet hat.
Die Entscheidung wird vom Minister für Landwirthschaft
getroffen unter Vorbehalt der Berufung an den Staatsrath.
Influenza unter den Pferden in Bayern und Baden 1899.
Es waren 1899 in Bayern überhaupt betroffen 65 Bezirks¬
ämter und unmittelbare Städte, 83 Gemeinden und 123 Gehöfte.
Es erkrankten im Ganzen an Brustseuche 135, Pferdestaupe 79,
Scalma 50, zusammen 264 Pferde (Vorjahr 259), wovon 30 fielen.
Im Grossherzogthum Baden waren 26 Ställe von 20 Gemeindet»
mit einem Bestände von 194 Pferden von der Influenza betroffen;
es erkrankten 99 und fielen 9 Pferde.
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4 MITTHEILUNGEN FÜR
Allgemeine Fleischbeschau and Tiehyersieherang.
Von
Ad. Maier - Neckarbischofsheim,
pract. Thierarzt.
So bedeutende Fortschritte das Versicherungswesen wohl
auf allen wirtschaftlichen Gebieten gemacht hat, so sehr ist es |
auf dem der Viehzucht, speciell der Rindviehzucht, trotz deren
quantitativen und qualitativen Hebung in den vergangenen zwei
Jahrzehnten zurückgeblieben. Es ist hier nicht der Ort, die
Ursache dieser Erscheinung auseinander zu setzen. Mit dem
Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches einerseits und der j
Einführung der für ganz Deutschland verbindlichen allgemeinen
und obligatorischen Fleischbeschau andererseits dürfte sich aber
das Bedürfniss nach einer auf solider Basis beruhenden Schlacht¬
viehversicherung immer mehr geltend machen. Haben sich doch
schon massgebende Körperschaften, wie der deutsche Landwirth-
schaftsrath, Reichstag und nicht zuletzt der VH. internationale
thierärztliche Congress ganz entschieden für derartige Ver¬
sicherungen ausgesprochen. Im Königreich Sachsen hat die
staatliche Schlachtviehversicherung sogar schon greifbare
Gestalt angenommen.
Die allgemeine Fleischbeschau erstreckt sich bekanntlich
aber nicht allein auf die gewerbsmässigen Schlachtungen sondern
auch auf ein Feld von nicht minder einschneidender volkswirth-
schaftlicher und hygienischer Bedeutung: auf das der Noth-
schlachtungen. Jede Ausdehnung der Versicherung unserer
schlachtbaren Hausthiere, namentlich aber des Rindvieh¬
geschlechts, auf durch Nothschlachtungen u. s. w. verursachte
Schadenfälle, mit einem Wort eine allgemeine Viehversicherung
ist desshalb als ein erstrebenswerther Fortschritt zu betrachten
und sehr geeignet, die Wirksamkeit der Fleischbeschau bedeutend
zu unterstützen und zu fördern.
ln dieser Beziehung verdienen gerade die Beschlüsse des
deutschen Landwirthschaftsraths vom Februar 181)8 Beachtung.
Derselbe empfahl ausser der Einführung einer allgemeinen Schlacht-
viehversicheruug noch folgendes:
1. Die weiteste Ausbreitung der Versicherung des Rindviehes
und des Kleinviehs liegt im Interesse der Erhaltung eines
leistungsfähigen Bauernstandes.
2. Zur Erreichung dieses Zieles empfiehlt sich besonders
die Bildung von Ortsviehversicherungsvereinen und deren Zu¬
sammenfassung zu Verbänden behufs theilweiser Rückversicherung.
3. Staatliche Unterstützung ist geeignet, diese Entwicklung
zu verallgemeinern und zu beschleunigen.
Der Landwirthschaftsrath beschloss ferner, an die Reichs¬
regierung die Bitte zu richten, den Entwurf zu einem Reichs¬
versicherungsgesetz bekannt zu geben, um den Versicherten selbst
Gelegenheit zur Aussprache über denselben zu geben.
Dass die Durchführung einer allgemeinen Viehversicherung
- - ob auf reichsgesetzlichem Wege soll allerdings dahin gestellt
bleiben — auf der vorgeschlagenen Grundlage aber nicht allein j
möglich ist, sondern sich auch bei vernünftigen und planmässigen i
Wirtschaften sehr gut bewährt, das lehrt uns ein Blick auf
die Praxis. So haben Baden seit 1890 (reorganisirt 1898) und
Bayern seit 1896 Rindviehversicherungen, auf ähnlicher staat¬
licher Organisation beruhend, eingeführt. Ihr Princip ist wohl
ein freiwilliges. Die damit gemachten Erfahrungen sind aber
so günstige, dass eine Zwangsversicherung früher oder später
wohl nicht ausgeschlossen ist.
Der Gesetzgeber wurde bei der Errichtung dieser Ver¬
sicherungsanstalten allerdings zunächst von der Absicht geleitet —
VETERINARBEAMTE.
No. 2.
und es kommt dies auch in obigen Beschlüssen des Landwirth¬
schaftsraths zum Ausdruck —, unsere kleinen und mittelbäuer¬
lichen Besitzer bei eintretenden Schadenfällen im Stalle capital-
kräftig zu erhalten. Der hygienische Standpunkt trat dabei in
den Hintergrund. Mit der Einführung der allgemeinen und
obligatorischen Fleischbeschau gewinnt aber die ganze Materie
immer mehr an Interesse und Bedeutung. Sicherlich werden
die bewährten Bestimmungen in den einzelnen Bundesstaaten
bald practische Nachahmung finden.
Ans allen diesen Gründen will ich desshalb versuchen, die
schon nahezu ein Jahrzehnt in Baden bestehende Rindvieh¬
versicherung zum Gegenstände nachstehender Erörterung zu
machen. Die alljährlich von der dortigen Centralleitung (sog.
Verbandsverwaltung) veröffentlichten Zahlen, die ich ebenfalls
anführen werde, sind nur geeignet, meine Darstellungen noch
besser zu beleuchten.
Die Grundlage des badischen Gesetzes vom
26. Juni 1890.
12. JÜITT898
die Versicherung der Rindviehbestände betreffend, wie seine
officielle Bezeichnung lautet, sind kurz folgende:
Der Gemeinderath beschliesst von selbst, oder auf Antrag
von Viehbesitzern, welche der Zahl nach mindestens doppelt so
viel betragen, als der Gemeinderath Mitglieder zählt, dass über
die Errichtung einer Ortsviehversicherungsanstalt nach Massgabe
der letzten Viehzählungsliste abgestimmt werden solle. Wenn
nun in der hierauf vom Bürgermeister oder vom Bezirksamte
anberaumten Tagfahrt, wozu sämmtliche Viehbesitzer öffentlich
und persönlich geladen worden sind, von den erschienenen Vieh¬
besitzern mehr als zwei Drittel zustimmen, so ist die Orts-
viehversicherungs-Anstalt als Gemeindeanstalt, welche sämmt-
liclies in der Gemeinde dauernd eingestellte Rindvieh umfasst,
errichtet; die Anstalt bedarf der Genehmigung des Beziiksraths
In gleicher Weise können sich die Viehbesitzer aus mehreren
Gemeinden zu einer Ortsviehversicherungsanstalt vereinigen.
Ergiebt sich in der Abstimmungstagfahrt nicht die ge¬
nügende Mehrheit, so kann die Minderheit binnen Monatsfrist,
sofern sie mindestens ein Drittel der Rindviehbesitzer der Ge¬
meinde umfasst, Zwecks Anschlusses an den Verband einen Orts¬
versicherungsverein mit freiwilligem Beitritt errichten, auf den
dann die gesetzlichen Vorschriften Anwendung finden; die Auf¬
nahme in den Verband erfolgt mit Genehmigung des Ministeriums
des Innern.
Die so gegründete Ortsviehversicherungsanstalt wird von
einem Vorstand verwaltet, bestehend aus dem Bürgermeister
(oder einem vom Gemeinderath aus seiner Mitte bestellten
Stellvertreter) und zwei von den Viehbesitzern mit einfacher
Mehrheit gewählten Sachverständigen. Der Vorstand bestellt
die Ortsschätzer, mindestens drei, die vom Bezirksamt zu be¬
stätigen und zu verpflichten sind.
Der Vorstand fertigt über die in die Versicherung auf¬
genommenen Thiere ein Versicherungsverzeichniss, welches auf
Grund der im Mai und November stattfindenden Nachschau der
Ortsschätzer, der Ab- und Zugänge, auf dem Laufenden gehalten
wird. In das Verzeichniss werden nicht aufgenommen: Thiere
unter drei Monaten und über zwölf Jahre, Handelsvieh, ver¬
stelltes Vieh, Thiere, welche ohne Gewähr gekauft, oder schlecht
genährt, krank oder verpfändet sind.
Der Vorstand veranlasst ferner die thierärztliche Behand¬
lung der versicherten Thiere auf Kosten der Anstalt, die Fleisch'
Verwertung und die Auszahlung der Entschädigungen.
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17. Mai 1900.
MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE.
Die einzelnen Ortsanstalten sind nur zum Zweck der Rück- 1. Für das verkaufte Thier wird keinerlei Währschaft, auch
Versicherung zu einem Versicherungsverband vereinigt. An nicht für die gesetzlichen Gewährsmängel geleistet,
dessen Spitze steht die Verbandsverwaltung mit dem Sitz in 2. Die Schlachtung des oben bezeichneten Thieres muss bald
Karlsruhe. Von den Entschädigungssummen, die den einzelnen thunlichst nach der Uebernahme bezw. nach der Verbringung
Anstalten erwachsen, nimmt der Verband die Hälfte ab; ebenso an den Bestimmungsort spätestens am . . . ten . . . 19 . in
wird ihm stets die Hälfte der Einnahmen gutgeschrieben. Oder Anwesenheit des Unterzeichneten Vorstandes bezw. des von dem-
mit andern Worten: der einzelnen Ortsanstalt verbleibt sowohl selben Beauftragten.
die Hälfte des Erlöses aus den verwertheten Thieren und Thier- vorgenommen werden.
theilen als auch die Hälfte der Lasten. Die andere Hälfte der Zu dem Zweck hat der Käufer den Tag und die Stunde
Einnahmen bezw. der Lasten wird allen zum Verband gehörigen der Schlachtung rechtzeitig anzuzeigen. Für einen dem Ver-
Ortsviehversicherungsanstalten gutgeschrieben bezw. auferlegt, käufer in Folge der Nichteinhaltung der letzteren Bedingung
Die Verbandsumlage darf aber in Folge gesetzlicher Bestimmung etwa erwachsenen Schaden hat der Käufer aufzukommen,
bis zum Jahre 1905 den Betrag von 20 Pfg. auf je 100 Mark Ver- .... den.19 . .
sicherungswerth nicht übersteigen. Andernfalls wird der fehlende Der Verkäufer. Der Käufer.
Betrag aus dem Reservefond bezw. der Staatskasse geleistet. . .
Die Verbandsverwaltung überwacht die Thätigkeit der Ans talt y orgtan fl
Ortsanstalten und veranlasst die Auszahlung der Entschädigungen. Vereins
Sie stellt ferner den Jahresaufwand sowohl des Verbands wie Dieser Vertrag ist — nachdem er vom Käulei unterzeichnet
auch der einzelnen Versicherungsanstalten fest. Zu diesem worden — vom Verkäufer zurückzubehalten.
Zweck werden im Januar eines jeden Jahres von den Orts- Der Anstaltsvorstand hat sich über die vorgenommene
anstalten der Verwaltung vorgelegt: Schlachtung in zuverlässiger Weise zu gewissem und dies dem
1. Das Versicherungsverzeichniss der beiden Jahresschauen. Verbandsvorstand in der Schadenurkunde anzuzeigen, auch das
2. Ein Nachweis über die im vergangenen Jahre aus der Schlachtgewicht ist dabei anzugeben und festzustellen.
Verwerthung von Thieren und Thiertheilen erzielten Erlöse Hat ein Verkauf im lebenden Zustand aber nicht statt-
nnd die sonstigen Einnahmen. gefunden, so ist die Vertheilung des Fleisches, sofern es für ge-
3. Ein Nachweis über den in diesem Zeitraum für Thierarzt, niessbar erklärt wird, unter die versicherten Thierbesitzer nach
Arzneien und sonstigen Heilmittel erwachsenen Aufwand. Verhältnis des in die Versicherung aufgenommenen Viehbestandes
4. Ein solcher über die erwachsenen örtlichen Ver- anzuordnen. Die Anstaltsmitglieder sind zur Uebernahme des
waltungskosten. Fleisches gegen eine Vergütung in der obengenannten Höhe
3 und 4 verbleiben den Ortsanstalten ganz zur Last. Es verpflichtet,
sei aber noch bemerkt, dass auch zu den thierärztlichen Kosten 4 - Wird von der Verbandsversicherung der volle ebenfalls
den einzelnen Anstalten Staatsbeiträge gewährt werden. durch Abschätzung (s. unten) ermittelte Ersatz geleistet, wenn
Die Versicherung gewährt nun folgendes: das Fleisch eine8 versicherten Schlachtthieres, sei es auf Grund
1. Li Erkrankungsfällen geschieht die Behandlung auf ir S end einer Krankheit oder eines gesetzlichen Währschafts-
Kosten der Anstalt, welche zugleich auch für die Arzneien und fetlers beanstandet oder polizeilich beschlagnahmt wird. Die
die sonstigen Heilmittel auf kommt. Sclüachtung muss aber, wenn sie nicht im Versicherungsort selbst
2. Im Falle des Umstehens werden 7 /io des durch die Orts- stattfindet, binnen acht Tagen nach dem Tage der Entfernung
Schätzer ermittelten Werthes des Thieres entschädigt. des Thieres aus diesem Ort in einem andern badischen aber
3. Bei Nothschlachtungen in Folge Krankheit oder Ver- von der Verbandsverwaltung diesem gleichgestellten ausser-
letzung werden 8/ 10 des auf gleiche Weise ermittelten Werthes badischen Ort vorgenommen werden. Bei Nichtinnehaltung dieser
ausbezahlt. Bestimmungen erlischt die Gewährleistung des Käufers. Diese
Bei der Abschätzung wird auf den Minderwerth keine ausserbadischen Orte sind namentlich aufgeführt.
Rücksicht genommen, den das Thier durch die den Tod oder Die Beschlagnahme oder die erfolgte polizeiliche Verkaufs-
die Nothschlachtung herbeiführende Krankheit oder Verletzung beschränkung muss in Orten, in welchen eine Ortsviehver-
erlitten hat. Doch darf diese Abschätzungssumme den Werth, Sicherungsanstalt besteht, sobald als thunlich dem Vorstand
mit welchem das Thier in dem Versicherungsverzeichniss ein- dieser Anstalt angezeigt werden, welcher die sofortige''Ab¬
getragen ist, um nicht mehr als 10 pCt. übersteigen. Schätzung des Fleisches durch die Ortsschätzer zu veranlassen
Ein zur Nothschlachtung bestimmtes Thier kann auch lebend hat. In anderen Orten muss noch an demselben Tage, an
an dritte Personen verkauft werden, wenn hierbei ein Preis welchem das Fleisch als ungeniessbar mit Beschlag belegt oder
erzielt wird, welcher mindestens den z. Z. der Nothschlachtung polizeilichen Verkaufsbeschränkungen unterworfen wurde, der
in der betr. Gemeinde für Fleisch gleicher Art (Rind-, Kuh- Werth oder im letzteren Falle der Minderwerth des Fleisches
fleisch u. 8. w.) üblichen Ladenpreis nach Abzug von 30 % durch schriftliches Gutachten von zwei Sachverständigen, unter
entspricht. Für derartige Verkäufe ist folgendes Formular im denen in Baden der Fleischbeschauer des Schlachtortes, ander-
Gebrauch: wärts ein approbirter Thierarzt sich befinden muss, festgestellt
Verkaufs-Vertrag. werden. Das Ergebniss der Abschätzung ist mit der Anmeldung
Die Ortsviehversicherungsanstalt des Entschädigungsanspruches unverzüglich dem Vorstande der
verkauft heute an . . . Ortsversicherungsanstalt des Versicherungsortes mitzutheilen.
Ln ... ein Es ist selbstverständlich, dass beim Verkaufe sowohl der
znr Nothschlachtung bestimmte . . . (Kuh, Rind, Ochsen, Farren) versicherten Schlachtthiere als auch der zur Nothschlachtung
»ls Schlachtvieh unter folgenden Bestimmungen: bestimmten kranken Thiere die nöthigen Vorsichtsmassregelu
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6
MITTHEILUNGEN FÜR VETERINARBEAMTE.
No. 2
behufs Identificirnng getroffen werden. Derartige Thiere werden
(ebenso wie beim Ortswechsel der andern versicherten Thiere)
mit einer Verbaudsmarke versehen. Letztere wird durch
massiges Aufbrennen des erhitzten Brennstempels auf die vordere
oder obere Fläche des linken Horns angebracht. Fehlt letzteres,
so ist das rechte Horn zu brennen; fehlt auch dieses, so wird
die äussere Klaue des linken Vorderfusses damit gekennzeichnet.
Das Brenneisen selbst bleibt stets in Verwahrung des Vorstandes.
Es giebt natürlich auch Fälle, in welchen keine Ent¬
schädigung gewährt wird. Sie wird versagt, wenn der Tod,
die Verletzung oder Erkrankung innerhalb der ersten vierzehn
Tage nach der Aufnahme des Thieres in die Versicherung er¬
folgt ist. (Diese vierzehn Tage fallen aber weg bei Geburts-
zufällen, Unfall oder Aufblähen). Ferner bei Vorhandensein der
gesetzlichen Gewährschaft; bei Verschulden des Besitzers; end¬
lich, wenn bei einem Seuchenfalle die gesetzliche Entschädigung
staatlich geleistet wird, (z. B. bei Milzbrand 4 /b). Das Gleiche
tritt ein bei Brandfällen, Krieg, Erdbeben n. s. w. In bestimmten
Fällen, namentlich beim Verschulden des Eigenthümers, kann
auch die Entschädigung verkürzt werden.
Gegen die Festsetzung der letzteren ist Beschwerde an
den Bezirksrath zulässig.
Die Auszahlung erfolgt binnen acht Tagen vorschiisslich
durch die Amtskasse.
Um dem Ganzen den Charakter der Freiwilligkeit zu wahren,
hat das Gesetz auch selbstverständlich Bestimmungen über die
Auflösung der Ortsanstalt getroffen. Letztere kann jeweils am
Jahresschluss aufgelöst werden, wenn mindestens ein Fünftel
der versicherten Viehbesitzer den Antrag hierzu stellt und bei
der Abstimmungstagfahrt mindestens die Hälfte der Versicherten
demselben zustimmt. Der Austritt muss aber mindestens drei
Monate vorher der Verbandsverwaltung angezeigt werden.
Das wären die Hauptgrundzüge des Gesetzes. Wir ersehen
daraus, da g s dasselbe nicht nur Versicherung wegen Verlust
durch Unglücksfälle (Umstehen, Nothschlachtungen u. s. w.) ge¬
währt, sondern die Versicherung kommt auch für die Schäden
auf, welche den Mitgliedern durch Beanstandung oder gesetzliche
Beschlagnahme des Fleisches von versicherten Schlachtthieren
entstehen. Endlich entlastet sie auch die Versicherten von den
Kosten der thierärztlichen Behandlung und der Arzneien. Das
Gesetz umfasst somit gleichsam 3 Versicherungsarten: eine
Unfall-, Schlachtvieh- und Krankenversicherung.
Auf den ersten Blick mag es scheinen, als ob die gesetz¬
lichen Bestimmungen etwas schwerfälliger Natur seien. Dem
ist aber durchaus nicht so. Im Gegentheil, sie sind sehr ein¬
fach und den practischen Verhältnissen durchaus angepasst.
Nicht minder einfach sind die Berechnungen.
Ein Landwirth, welcher z. B. 4 Stück Rindvieh besitzt,
das Stück durchschnittlich zu 300 M., hat zu bezahlen: die
Ortsumlage, sagen wir von 100 M. 80 Pfg., das macht 9 M. 60 Pfg.;
ferner die ebenso berechnete Verbandsumlage von 20 Pfg. mit
2 M. 40 Pfg-, das macht zusammen 12 M. jährlich.
Wie einfach und übersichtlich endlich die Calculationen der
einzelnen Ortsviehversicherungsanstalten sich gestalten, möge ein
Beispiel aus der Praxis beweisen.
Die Ortsanstalt H., die dem Versicherungsverband an¬
geschlossen ist, zählte im Jahre 1898 295 Mitglieder; letztere
besassen zusammen 819 Stück versicherte Thiere, zh einem
Werthe von 263 700 M. Von diesen Thieren sind im Jahre 1897
49 Stück in Folge Nothschlachtung und Umstehens zu ent¬
schädigen gewesen mit einer Gesammtsumme von 12 270 M.
60 Pfg. (Diese Zahl ist allerdings etwas hoch.)
Diese Mk. 12270 waren nun je zur Hälfte, d. h. mit Mk.
6135.30 durch die Ortsanstalt und zur Hälfte d. h. mit Mk 6135.30
durch den Verband zu entschädigen. Für Fleisch usw. wurden
eingenommen Mk. 3943.35, die zur Hälfte in die Ortskasse zur
Hälfte in die Verbandskasse flössen, da, wie erwähnt, nach dem
Gesetz sowohl die Schäden als die Einnahmen je hälftig der
Ortsanstalt und dem Verbände zufallen.
Zu den Ausgaben für entschädigungspflichtiges Vieh kamen
noch Mk. 500 für die thierärztlichen Kosten und Mk. 670.70
für verbrauchte Arzneien usw., welche von der Ortsanstalt allein
zu tragen sind, da bekanntlich Thierarzt und Apotheker für die
einzelnen Mitglieder frei sind; ausserdem Mk. 268 für örtliche
! Verwaltungskosten.
Dagegen bekam die Ortsanstalt Mk. 130 Staatsbeitrag zur
Bestreitung der thierärztlichen Kosten.
Es betrugen also die Ausgaben der Ortsanstalt Mk. 7574.40, die
Einnahmen Mk. 2101.68, verbleibt zu deckender Rest Mk. 5472.68.
Für den Verband betragen die Ausgaben Mk. 6135.30, die Ein-
! nahmen Mk. 1971.67, verbleibt zu deckender Rest Mk. 4163.63.
Der Betrag von Mk. 5472.72 ist nun durch Ortsumlage au.«
dem Versicherungskapital von Mk. 263760 zu decken, was
gleich 207 Pfennig oder 2 Mark 7 Pfg. von 100 Mark ergiebt.
Von den Mk. 4163.63 ist laut Gesetz durch Verbandsumlage
20 Pfennig von 100 Mark durch die Ortsanstalt zu entrichten,
was aus Mk. 263760 Versicherungskapital Mk. 527.52 ergiebt
Der verbleibende Rest von Mk. 3636.11 ist durch die Staats¬
kasse zu decken oder anders ausgedrückt, werden nicht durch
die Versicherten aufgebracht, sondern von der GesammtimX. tet
Steuerzahler. Die Viehbesitzer in H. haben also eine staat¬
liche Unterstützung von Mk. 3636 erhalten.
Zur besseren Uebersichtlichkeit lassen wir hier unten die
Zusammenstellung der Rechnung folgen.
Ortsviehversicherungs-Anstalt H. 1897.
Entschädigung Thierarzt Oertl. Verwaltung
M. 12 270.60. M. 1 170.70. M. 268.40.
Reinerlös Staatsbeitrag
M. 3 943.35. M. 130.
I. Ausgabe,
a) Für die Ortsanstalt:
1. Hälftige Entschädigung.M. 6 135.30
2. Thierarzt und Arzneien.| „ 1 170.70
M. 1 439.10
3. Oertl. Verwaltungskosten. . \ „ 268.40
Summa M. 7 574.40
b) Für den Verband:
Hälftige Entschädigung. M. 6 135.30
Summa M. 6 135.30
II. Einnahme.
1. Hälftiger Reinerlös.M. 1 971.68
2. Staatsbeitrag. „ 130.—
Summa M. 2 101.68
Hälftiger Reinerlös. M. 1 971.67
Summa M. 1 971.67
M. 7 574.40 1. Ausgabe M. 6 135.30
„ 2 101.68 H. Einnahme „ 1 971.67
M. 5 472.72 verbleibt zu deckender Rest M. 4 163.63
= 1,57
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17. Mai 1900.
MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE'
7
Der Betrag von M. 5 472.72 ist dnrch Ortsumlage aus dem
Versicherungscapital von M. 263 760 zu decken, was gleich
207 Pfg. von 100 M. ergiebt.
Abrechnung.
1. Einnahme der Gemeindekasse aus Ziff. II . . M. 4073.35
2. Ausgabe der Gemeindekasse aus Ziff. I, 2 u. 3 „ 1 439.10
an die Amtskasse zu ersetzen M. 2 634 25
An dem Rest von M. 4 163.63 ist durch Verbandsumlage
20 Pfg. von 100 M. zu entrichten, was aus M. 2 637.60 Ver-
gicherungscapital M. 527.52 ergiebt. Der verbleibende Rest von
M. 3 636.11 ist durch die Staatskasse zu decken.
I M. 3 636.11
Staatszuschuss
130.—
M. 3 766.11
I.
Schuldigkeit der Ortsanstalt:
1. Erhaltene Entschädigung.M. 12 270.60
2. Aufwand ihr thierärztliche Behandlung ... „ 1 170.70
3. Aufwand für örtliche Verwaltung. „ 268.40
Summa M. 13 709.70
n.
4. Einnahmen aus Fleischerlös.M. 3 943.35
verbleibt Schuldigkeit M. 9 766.35
- M. 9 766.35
Die Ortsanstalt hat aufzubringen:
1. an Ortsumlagen.M. 5 472.72
2. an Verbandsumlagen .... „ 527.52 = M. 6000.24
Somit durch die Staatskasse zu leisten - M. 3 766.11
Das Gesetz ist, wie schon erwähnt, seit nahezu einem Jahr¬
zehnt in practischer Wirksamkeit. Wenn demselben auch anfangs
noch manche Fehler anhafteten, die hauptsächlich durch den
Mangel an practischer Erfahrung bedingt waren, so hat es durch
die Reorganisation im Jahre 1898 eine bedeutende Verbesserung
erfahren. Es ist desshalb von Interesse zu sehen, wie es sich
draussen im Leben bewährt. Darüber geben uns die von der
Verbandsverwaltung veröffentlichten und pünktlich erscheinenden
Jahresberichte den besten Aufschluss.
So entnehmen wir dem Jahresbericht für 1898 (der für 1899
ist noch nicht erschienen) folgende interessante Zahlen.
Der Versicherung8verband umfasste im Betriebsjahr 1898
124 Ortsviehversicherungsanstalten*) mit 12749 Besitzern und
45142 versicherten Rindviehstücken. Letztere hatten einen
Gesammtversicherungswerth von 12501525 Mk.; das ist durch¬
schnittlich für ein Stück 276 Mk. 94 Pfg.
Es wurden 1300 Entschädigungsansprüche erhoben. Davon
wurden voll entschädigt 1254 = 96,46 pCt., während nur theil-
weise begründet 22 = 1,69 pCt. und 24 = 1,85 pCt. nicht be¬
gründet waren.
Anf je 100 versicherte Thiere trafen 2,82 entschädigte
Verlustfälle.
Von den entschädigten Rindviehstücken waren noth-
geschlachtet 1058 = 82,92 pCt., umgestanden 120 = 9,40 pCt.
und gewerblich geschlachtet (Schlachtviehversicherung)
98 = 7,68 pCt.; zusammen 1276 Stück.
Unter den zur Entschädigung gelangten Rindviehstücken
waren Kühe:
997 = 78,14 pCt., Rinder und Kalbinen 245= 19,20 pCt.;
Farren 19 = 1,47 pCt. und Ochsen 15 = 1,19 pCt.
*) Dies« Zahl ist im Jahre 1899 bedeutend gestiegen.
Zur Zeit des Todes standen im Alter unter einem Jahre
111 = 8,70 pCt., von 1—5 Jahren 423 = 33,15 pCt., von 6 bis
12 Jahren 693 = 54,31 pCt. und über 12 Jahre 49 = 3,84 pCt.
Bei den 1178 wegen Nothschlachtung und Umstehen ent¬
schädigten Fällen fand statt:
bei Nothschlach- bei Umstehen
tungen in Fällen in Fällen
a. Thierärztl. Behandlung
od. Untersuchung 996 = 94,14 pCt. 52 = 43,33 pCt.
b. Keine Untersuchung 62 = 5,86 pCt. 68 = 56,67 pCt.
1058 120
irrä —
Die Summe der durch die Amtskassen vorschüsslich aus¬
bezahlten Entschädigungen betrug 276,740 M. 77 Pfg. und zwar
269,900 M. 89 Pfg. für die 1 178 nothgeschlachteten und um¬
gestandenen Thiere; das ist durchschnittlich 229 M. 12 Pfg. für
ein entschädigtes Rindviehstück. Für die 98 Stück geschlachteten
Thiere wurden wegen polizeilicher Beschlagnahme oder Bean¬
standungen 6893 M. 88 Pfg. entschädigt. Das ist durchschnitt¬
lich 69 M. 79 Pfg. Gegen 1897 hat sich der Gesammtent-
schädigungsaufwand der geringen Zahl der Schadenfälle ent¬
sprechend um 26,709 M. 82 Pfg. verringert.
Durchschnittlich wurden bei nothgeschlachteten und um¬
gestandenen Thieren 83 pCt. des durchschnittlichen Versicherungs-
werthes entschädigt.
Der aus Thieren und Thiertheilen thatsächlich erzielte
Reinerlös betrug 93,982 M. 48 Pfg., das ist für ein Stück durch¬
schnittlich 79 M. 78 Pfg. oder 34,82 pCt. der bezahlten Ent¬
schädigungssumme.
Die Summe <fes ungedeckten örtlichen Versicherungsauf-
wandee betrug 142,158 M. 83 Pfg.; der ungedeckte Verbands¬
aufwand 91036 M. 80 Pfg., die Höhe der zur Deckung des
ersten Aufwands auf je 100 M. entfallenden Umlage (sog. Orts¬
umlage) schwankte zwischen 7 Pfg. und 3 M. 09 Pfg. Er
betrug im Durchschnitt 108 Pfg. pro 100 M. Versicherungwerth.
Rechnet man die Verbandsumlage hierzu, welche nur 20 Pfg.
für 100 M. Versicherungswerth betragen darf, so belief die
durchschnittliche Versicherungssumme 1,28 pCt. Wenn wir
bedenken, dass private Versicherungsgesellschaften nur mit 3
bis 8 pCt. arbeiten konnten, so ist dieser Procentsatz der
staatlichen Anstalten als ein äusserst günstiger zu bezeichnen.
(Nachträglich sei noch bemerkt, dass der Staatszuschuss
zur Deckung der Verbandsumlage rund 66,000 M. betrug).
Von nicht minder grossem Interesse dürfte die Aufstellung
der Schadenfälle sein, welche die Nothschlachtungen und das Um¬
stehen herbeiführten. Die Zahlen gewinnen im Hinblick auf
die allgemeine obligatorische Fleischbeschau um so mehr an
Interesse und wissenschaftlicher Bedeutung, als sie an Genauig¬
keit nichts zu wünschen übrig lassen. Ausserdem dürfte es
wohl die erste Liste sein, welche uns über eine grössere Anzahl
von Nothschlachtungen Kenntniss giebt.
Die Zusammenstellung giebt uns folgenden Aufschluss
hierüber:
I. Krankheiten des Nervensystems und
der Sinnesorgane. 44 = 3,75 pCt.
Gehirnschlag (Apoplexie) 7; Gehirn-
entzündung-Oedem 12; Gehirnhöhlen¬
wassersucht 2; Rückenmarks- (Kreuz)-
Lähmung 21; Neubildung im Gehirn 1;
Fallsucht (Epilepsie) 1.
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MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE.
No. 2.
II. ^Krankheiten des Gefässsystems . .
Herzbeutel-, Herzentzündung 3; Herz¬
klappenfehler 4; Herzzerreissung 1;
Herzlähmung4; Arterienkrankheiten 1.
HI. Krankheiten der Athmungsorgane
Verengerung der oberen Luftwege 2;
Catarrhalfieber (bösart. Kopfkrank¬
heit) 6; Lungencongestion 2; Em¬
physem 4; katarrhalische Lungen¬
entzündung 2; Schluckpneumonie 3;
Bronchitis 1; Lungenschwindsucht
ohne Tuberculose 1; Lungenlähmung
4; Brust- und Rippenfellentzündung 2;
Brustwassersucht 2.
IV. Krankheiten der Verdauungsorgane .
Fremdkörper im Schlund 2; Schlund-
zerreissung 1: Aufblähung, acute 35;
chronische 3; Bauchfellentzündung 28;
traumatische Entzündung des Magens,
Darmes, Bauchfells, Zwerchfells, des
Herzbeutels, der Lunge u. s. w. 129;
Hernien 4; Darminvagination, -Ver¬
schlingung 9; Indigestion, Magen-
Darmcatarrhe 32; Magen-, Darm¬
entzündung 4G; Krankheiten der
Leber 9; der Milz 3; Bauchwasser¬
sucht 4.
V. Krankheiten der Harnorgane . . .
Nierenentzündung 13; Harnsteine 2;
Berstung der Harnblase 1.
VI. ' Krankheiten der Geschlechtsorgane:
Tragsack-, Scheidenkatarrhe (Fluor
alb.) 7; Tragsack-, Scheidenentzün¬
dung 53; Tragsack-, Scheidenvorfall
17; Schwergeburten 33; Fehlgeburten
(Abortus) 3; Verletzungen der Ge¬
burtswege 43; Festliegen vor und nach
der Geburt 6; Tragsackdrehung 4;
Verwachsung des Muttermundes 1;
Gebärparese (Kalbefieber) 36; Euter¬
entzündung 15; Zurückbleiben der
Nachgeburt 4; Wassersucht der Ei¬
häute 1.
VII. Infectionskrankheiten.
Tuberkulose 352; Blutvergiftung (Sep-
tikämie, Pyämie) 8; Genickstarre
(Meningitis cerebr. spinal.) 2; Ma¬
lignes Oedem 5; Actinomykose 11;
Starrkrampf 10; Maul- und Klauen¬
seuche 5; Folgen der Maul- und Klauen¬
seuche 5; Kälberlähme 1; Bläschen¬
ausschlag 1.
VTH. Parasiten (thierische).
Drehkrankheit (Coenurus cerebral.)
13; Echinococcenkrankheit 1.
IX. Krankheiten der Haut und Muskel:
Sehnenentzündung 2; Muskelent-
13 — 1,11 pCt.
29 = 2,46 „
305 = 25,88 „
16 - 1,38 „
223 -* 18,92
i.
400 = 33,95 „
14 = 1,11 „
6 = 0,53 „
zündung 1; Muskelschwund 2; Muskel¬
rheumatismus 1.
X. Krankheiten der Knochen und Gelenke 43 —
Gelenksentzündung 19; Luxationen
19; Gelenkrheumatismus 5.
XI. Krankheiten der Klauen. 8 =
Klauenentzündung (Panaritium) 7;
Caries 1.
Xn. Störung der Ernährung.47 =
Blutarmuth (Anaemie) 5; Abzehrung
u.Zehrfieber 19; Knochenbrüchigkeit9;
allgemeine Wassersucht 11; Alters¬
schwäche 1; Bösartige Geschwülste
(Sarcom) 1; Blutfleckenkrankheit 1.
XHI. Aeussere Einwirkungen oder durch
dieselben verursachte Krankheiten . 27 —
Erwürgen, Ersticken 5; Verwundungen,
Quetschungen u. s. w. 4; Knochen-
Wirbelbrüche 17; Hornbruch 1.
XIV. Unbestimmte, unbekannte Krankheiten 3 =
3,66 pCt.
0,70 ,.
3,98 „
2,30
1’
0,27
Summa . . 1178 — 100,00 ,,
Leider führt die Liste die durch Nothschlachtungen einer¬
seits und durch Umstehen anderseits verursachten Schadenfälle
nicht getrennt auf. Wir entnehmen derselben aber wiederum
die Thatsache (wie schon in einer früheren Arbeit von mir
erwähnt), dass die Tuberculose, die inneren, traumatischen Fremd¬
körperentzündungen und die Krankheiten der Geschlechtsorgane
(Schwergeburten und deren Folgen) das Hauptkontingent zu den
Nothschlachtungen beim Rindvieh stellen. Die Erfahrung wird
diese Erscheinung auch sicherlich fernerhin bestätigen.
In den 98 Fällen der Schlachtviehversicherung wurde die
polizeiliche Beschlagnahme, bezw. Beanstandung des Fleisches
veranlasst:
durch Tuberculose bei 97 = 98,98%
durch Bauchfellentzündung bei 1 = 1,2%.
Jeder in der Fleischbeschau erfahrene Thierarzt wird auch
dieses Verhältniss als in der Praxis zutreffend bestätigen können.
Wir ersehen aber auch aus diesen Zahlen, wie von Seiten
der Versicherung energisch gegen die Tuberkulose vorgegangen
wird. Gewiss eine nicht zu unterschätzende Seite der Wirk¬
samkeit des Gesetzes.
Wir sind am Schlüsse unserer Betrachtungen angelangt.
Die Einführung der allgemeinen und obligatorischen Fleisch¬
beschau steht für ganz Deutschland unmittelbar bevor. Mit ihr
wird den Thierärzten eine gewaltige Thätigkeit zufallen. Es
wird ihnen hierdurch nicht allein ein bedeutender Theil des
Nationalvermögens anvertraut, sondern auch die Ueberwachung
der Gesundheit ihrer Mitmenschen, soweit sie durch Fleisch¬
genuss getährdet werden kann, wird ihnen vertrauensvoll in die
Hände gelegt. Gewiss eine sehr schöne aber schwierige Aufgabe!
Jeder Schritt, dieselbe zu erleichtern, ist nicht nur in volkswirth-
schaftlicher Hinsicht sondern ganz besonders vom hygienischen
Standpunkt aus anzustreben. Dazu ist in allererster Linie eine
allgemeine Viehversicherung auf der beschriebenen staatlichen
Grundlage geeignet.
Den Regierungen wie nicht minder den Thierärzten bieten
sich auf diesem Felde dankbare Zukunftsaufgaben dar!
Berlin, Druck von \V. Büxemtein
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Die „Berliner ThierSratllche Wochemchrift“ erscheint
wöchentlich in Stftrke von mindestens VU Bogen. Dieselbe
Ut *n beziehen durch den Buchhandel, die Post (No 1063)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoetz, Berlin NW„ Lulsenstrasse 86, zum Prelso von
hfk. 5,- pro Vierteljahr.
Berliner
Orlginalbeltrlge werden mit KO Ik. für den Bogen honorlrt
Alle Manuscripte, Mlttheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thlertrztllche Hochschnlo, NW., Luisenstrasse 66.
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung,
Thierärztliche Wochenschrift
Heran sgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. E. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Bichard Schoet*, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 21 . Ausgegeben am 24 Mai.
Inhalt: Neuss: Zum Hufbeschlagsunterricht an den thierärztlichen Hochschulen. — Jo^t: Pseudoleukämie (malignes
aleukämisches Lymphadenom) bei einer Kuh. — Mjöen: Zur Biologie des Dorsches. — Untersuchung der
Backzähne bei der Musterung von Pferden. — Referate: Lubarsch: Zur Kenntniss der Strahlenpilze. — Weber:
Ueber den inneren Bruch (Ueberwurf) beim Ochsen. — van Harreveit: Mededeelingen uit het pathologisch laboratorium van
het abattoir te Rotterdam. — Leclainche: Die Serumtherapie des Schweinerothlanfes. — Liithens: Unterarmbruch und
Heilung beim Pferd. — Tagesgeschichte: Frühjahrs-Sitzung des Vereins schlesischer Thierärzte in Breslau am 6. Mai 1900.
— Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Vieh¬
verkehr. — Bücherauzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen.
Zum Hufbeschlagsunterricht an den thierärztlichen
Hochschulen.
Von
Neuae-Münster,
Corpsrossarzt.
So betitelt sich der Hauptartikel in No. 5 vom 1. März 1900
des Thierärztlichen Centralanzeigers. Derselbe behandelt aber
nicht hur dieses Thema, sondern beschäftigt sich, wie der
Verfasser selbst sagt, „etwas unbefangen“ auch mit den Ross¬
ärzten, besonders den Corpsrossärzten. Wenn ich mit dem
Inhalte des Artikels im Allgemeinen auch einverstanden bin, so
möchte ich doch Einiges nicht unwidersprochen lassen.
Den Hufbeschlagsunterricht betreffend, stimme ich den Aus¬
führungen des Verfassers za und stehe bezüglich desselben
ebenfalls auf dem Standpunkte von Lungwitz und Gntenäcker.
Eine gründliche Kenntniss der Hufbeschlagsknnde würde nicht
nur von günstigem Einfluss auf den Hufbeschlag, auf den ein-
znwirken die Thierärzte so oft Gelegenheit haben, sein, sondern
diesen selbst auch sehr nützlich sein. Ja, es ist anzunehmen,
dass die Geringschätzung, mit der ein grosser Theil der Thier¬
ärzte auf denselben herabsieht, sich verlieren würde, wenn
durch einen eingehenden Unterricht die Bedeutung desselben
in das rechte Licht gestellt würde. Der Verfasser hat nicht
unrecht, wenn er sagt, es ist nicht das Handwerk, was abstösst,
sondern die Art und Weise wie Seitens der preussischen
Militärbehörde die Ausübung der Hufbeschlagsknnde betrieben
wird. Davon weiter unten.
Der Verfasser kommt vom Hufbeschlage auf die Rossärzte,
seine ehemaligen Specialcollegen, was er für selbstverständlich
hält und ja auch sehr nahe liegt. Dabei geht er mit den Corps¬
rossärzten wenig rücksichtsvoll nm. Da er mit den militärischen
Verhältnissen vertraut sein muss, muss er wissen, dass die Corps¬
rossärzte nur auf dem Dienstwege, d. h. durch die commandirenden
Generäle, Schritte znr Verbesserung der rossärztlichen Lage
thun können. Ihnen stehen die Wege nicht offen welche die
Civilthierärzte betreten können, und deshalb bleibt ihre Thätig-
keit meist unbekannt. Denn nur ungern entschliesst man sich,
von seinem Thun vor der Oeflfentlichkeit zu reden, um den
Schein des Selbstlobens zu vermeiden. Solchen Anklagen gegen¬
über, wie sie der Artikel gegen die Rossärzte ansspricht, bleibt
aber nichts Anderes übrig.
Ich habe schon im Jahre 1885 dem betr. commandirenden
General das Verlangen der Rossärzte nach einer besseren
Stellung und höherem Gehalte vorgetragen und dabei die jetzige
Stellung als das zunächst Erreichbare vorgeschlagen. Dasselbe
habe ich etwas später auch anderen höheren Officieren, darunter
dem derzeitigen Decernenten für die rossärztlichen Angelegen¬
heiten im Kriegsministerium gegenüber gethan. Letzterer gab
mir die bestimmte Zusicherung, dass diese Wünsche erfüllt
würden, sobald die Mittel dazu vorhanden wären. Dem gegen¬
über wäre eine weitere Agitation doch verfehlt gewesen. In
gleicher Weise bin ich auch bezüglich der jetzt angestrebten
Gehaltserhöhung vorgegangen und habe mich, da militärischer-
seits dem nichts entgegenstand, weil das Kriegsministerium sich
für die Gehaltserhöhung ausgesprochen hatte und nur der Reichs¬
tag dafür nicht zu haben war, auch schriftlich an einen mir
bekannten Reichstagsabgeordneten gewandt.
Ich bin fest überzeugt, dass auch andere Collegen in dieser,
militärisch eben nur möglichen Weise thätig gewesen sind. Es
ist also mit der „Wurschtigkeit“ im rossärztlichen Personal
nicht so schlimm wie der Verfasser des besagten Artikels
glauben machen will.
Der Herr College hält nicht dafür, dass das Eindringen in
die Geheimnisse des Schmiedehandwerks der Würde des Thier¬
arztes Abbruch thue, wünscht aber die bei dem Militär von den
Unterrossärzten der Reserve geforderte Prüfung im Hnfbeschlage
beseitigt. Hiermit ist jedenfalls die Prüfung gemeint, welche
vor der Beförderung znm Rossarzt abznlegen ist, und die man
fallen lassen könnte in Anbetracht der vor der Beförderung zum
einjährig-freiwilligen Unterrossarzt bestandenen Prüfung. Von
anderer Seite wird aber auch der Wegfall dieser Prüfung ge¬
fordert. Dem könnte man nur dann beipflichten, wenn die
Civilthierärzte auf den thierärztlichen Hochschulen den von
Lungwitz und Gntenäcker geforderten Unterricht in der Huf-
beschlagkunde genossen hätten. Richtig ist es, dass von den
! Einjährig-Freiwilligen nur sehr wenige ein wirklich brauch-
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242
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 21.
bares Hufeisen schmieden lernen, und das Wenige, das sie ge¬
lernt haben, auch bald wieder verlernen, da sie nicht in der
Hebung bleiben. Denn dass zur Erlangung einer gewissen
Fertigkeit im Schmieden von Hufeisen für den, der noch nie
geschmiedet hat, eine längere Zeit gehört, und dass das Er¬
lernte bald wieder verlernt wird, wenn man nicht in der Uebung
bleibt, dürfte jedem Rossarzt bekannt sein. Es ist deshalb dieser
Tlieil der Prüfung weder für den Betreffenden noch
für die Armee von besonderem Nutzen und sein Weg¬
fall unerheblich. Dagegen wird die Prüfung in der Theorie
der Hufbeschlagknnde fortbestehen müssen, so lange der Unter¬
richt in derselben an den thierärztlichen Hochschulen nicht in
der oben angegebenen Weise ertheilt wird. Erst wenn der als
Einjährig - Freiwilliger eintretende Thierarzt mit seiner
Approbation auch ein Zeugniss über sein Wissen in der
Hufbeschlagkunde vorlegt, könnte auch diese Prüfung in Weg¬
fall kommen. Man kann von der Militärbehörde doch nicht
erwarten, dass sie diese Tliierärzte zu Unterrossärzten be-,
fördert., ohne ein Urtheil darüber zu haben, ob dieselben die¬
jenigen Kenntnisse besitzen, welche erforderlich sind, den Huf¬
beschlag richtig zu beurtheilen und zu leiten. Auch dann
befinden sich dieselben noch im Vortheil gegenüber den übrigen
Rossärzten; denn schwerlich wird die Militärbehörde von der J
Ausbildung der Rossärzte im praktischen Hnfbeschlag Abstand ;
nehmen. Es liegt auch kein zwingender Grund dazu vor, denn !
dass das Erlernen des praktischen Hufbeschlags erniedrigend '
für den Stand sei*), ist doch sehr zweifelhaft. Studirende des
Baufachs (Abiturienten) arbeiten handwerksmässig in Schmiede- !
und Tischlerwerkstatt, und diejenigen, welche in den höheren i
Staatsdienst eintreten wollen, thnn auch Heizerdienste . auf ;
Locomotiven und haben sich einer Prüfung als Locomotivführer
zu unterziehen. Niemand wird behaupten, dass der Stand der
Baumeister dadurch erniedrigt wird. Tn unserem Falle fragt
es sich nur, ob der Unterricht im Hnfbeschlage für die Rossarzt¬
aspiranten nicht in anderer Weise ertheilt werden kann wie
dies jetzt der Fall ist.
Vor Errichtung der Militärlehrschmieden mussten die Ross- j
ärzte die Beschlagschmiede selbst ausbilden. Dazu war er- !
forderlich, dass der Rossarzt in der Ausführung des praktischen I
Hufbeschlags Fertigkeit besass, da er häufig selbst Hammer !
und Zange in die Hand nehmen, Eisen schmieden und richten
musste. Jetzt, wo sechs Lehrschmieden der Armee ein gutes j
Beschlagpersonal in genügender Anzahl liefern, ist es nicht mehr
erforderlich und wird auch nicht mehr verlangt, dass der Ross¬
arzt selbst beschlägt. Weder im Frieden, wo tüchtige Fahnen¬
schmiede den Beschlag ausführen, noch im Kriege, wo der
Rossarzt in anderer Weise beschäftigt ist, kommt derselbe dazu,
Eisen zu schmieden und Pferde zu beschlagen. Es kann also !
nicht der Zweck des Hufbeschlagunterrichts sein, aus den
Rossarztaspiranten Beschlagkünstler zu machen, die Aufgabe
dieses Unterrichts ist eine andere, gewissermassen höhere: er
soll den zukünftigen Rossarzt bekannt machen mit der Anatomie,
Physiologie und Pathologie des Hufes, mit den Mitteln, den
gesunden Huf gesund zu erhalten, den kranken gesund zu
machen. Der Aspirant soll durch ilm die hohe Bedeutung des
Hufes und dessen Beschlages für die Leistungsfähigkeit des
Pferdes kennen lernen. Es soll also dieser Unterricht schon
ein Tlieil des thierärztlichen Studiums und zwar ein für den Militär-
thierarzt nicht unwesentlicher sein; denn in der Hand des Ross-
'*} Wie die Denkschrift des Deutschen Veterinärraths sagt.
arztes soll die Leitung der gesammten Hufpflege liegen. Wenn
die Militärbehörde mit diesem Unterricht praktische Uebungeu
| in der Ausführung des für den Huf (und auch sonst für die
I Beine) so wichtigen Beschlags verbindet, so ist dies eine Ver¬
vollkommnung desselben, die für den Rossarzt nur von Nutzen
ist, denn es giebt ihm dies eine grössere Sicherheit in der Be-
urtheilung der Arbeiten der Fahnenschmiede.
Fassen wir die Ausbildung der Rossarztaspiranten im
I practischen Hnfbeschlage in diesem Sinne auf, dann können wir
| auf die früheren Verhältnisse zurückgehen und den Cursus in
der Lelir8chmiede auf ’/* Jahr herabsetzen. In dieser Zeit würde
| der Hufbeschlagunterricht in gründlichster Weise ertheilt und
hierbei dem Erlernen des practischen Theils desselben das Hand-
werksmässige wesentlich genommen werden können. Liesse es
sich dann ermöglichen, dass die Aspiranten das erste halbe Jahr
mit der Waffe dienten, in der zweiten Hälfte des Jahres den
Cursus in der Lehrschmiede durchmachten, um dann sofort in
die Militärrossarztschule aufgenommen zu werden, so würde
gewiss jeder junge Mann, der das militärthierärztliche Studium
aus Lust und Liebe zur Sache ergreift, das Erlernen des
practischen Hufbeschlags als etwas Erniedrigendes nicht ansehen.
Dann wäre auch das wesentlich erreicht, auf das die an¬
gezogene Denkschrift hinweist, dass die jungen Leute dem Ein¬
flüsse des Kasernenlebens möglichst entzogen werden, das sie
mit den verschiedensten Elementen zusammenbringt. Dieselben
würden dann mit nur einer halbjährigen, für die militärische
Ausbildung nothwendigen Unterbrechung vom Gymnasium in ihr
Fachstudium eintreten.
Anschliessend hieran möchte ich noch Punkt H der Denk¬
schrift des Deutschen Veterinärraths: „Aufstellung, bezw. Wieder¬
einführung eines technischen Referenten bei den Kriegsministerien
der deutschen Staaten“ kurz berühren.
Ob die Errichtung einer solchen Stelle im preussischen Kriegs¬
ministerium zweckmässig ist, während an der Spitze des Militär-
Veterinärwesens die General-Inspection der Cavallerie und die
Inspection des Militär-Veterinärwesens stehen, erscheint mir
zweifelhaft. Dagegen dürften dem keine Schwierigkeiten ent¬
gegenstehen , dass der letzteren ein wissenschaftlich hervor¬
ragend gebildeter und practisch erfahrener Corpsrossarzt an
Stelle der jetzigen vier Consulenten als technischer Beirath
beigegeben würde. An Beschäftigung würde es demselben nicht
fehlen, wenn ihm alle technischen Angelegenheiten zur Be¬
arbeitung übergeben würden, das bacteriologische Institut ihm
unterstellt und ihm im weiteren Verlaufe der Zeit vielleicht
auch die Oberleitung der Berliner Lehrschmiede übertragen
würde. Geldkosten würden dem Staate nicht erwachsen, denn
schon die Vergütungen der jetzigen Consulenten betragen zu¬
sammen mehr als das jetzige Gehalt eines Corpsrossarztes.
Dass sich im rossärztlichen Personal, aus dem schon hervor¬
ragende Professoren hervorgegangen sind, eine geeignete Per¬
sönlichkeit finden würde, steht ausser Zweifel.
Pseudoleukämie (malignes aleukämisches Lymph-
adenom) bei einer Kuh.
Von v
H. Jost-Göttingen.
Assistent am Thterarsneiiustitut.
Im April dieses Jahres hatte ich Gelegenheit, bei einer
Kuh eine pseudoleukämische Erkrankung mit derartig nmfang’-
reichen Organveränderungen zu beobachten, wie sie nur sehr
selten Vorkommen werden.
Digitized by AjOOQle
21. Hai 1900
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
243
Mitte vorigen Monats wurde ich zu dem fraglichen Thier,
welches 4 Jahre alt und friesischer Abkunft war, gerufen, das
nach Aussage des Besitzers seit einigen Tagen mit Unter¬
brechungen keine Fresslust zeige, im Nährzustande, besonders
aber in der Milchergiebigkeit zurückgegangen sei und an der
linken unteren Partie des Halses eine Fistel (der in hiesiger
Gegend bei der Landbevölkerung gebräuchliche Ausdruck für
ein Actinomykom) habe.
Die nach dieser Anamnese stattgehabte Untersuchung ergab
nachfolgenden Befund: Das fragliche Thier befand sich in
mittelmässigem Nährzustande. Es achtete aufmerksam auf die
Vorgänge in seiner Umgebung. Die Hauttemperatur war gleich-
mässig vertheilt; die Deckhaare zeigten matten Glanz; die Haut
liess sich leicht von den Rippen abheben und war elastisch.
In dem kleinen und welken Euter fand sich nur wenig Milch,
dieselbe war wässerig blau. Das Flotzmaul fühlte sich feucht
an, Defekte in der Maulhöhle waren nicht vorhanden, dagegen
zeigten sich die sichtbaren Schleimhäute etwas erblasst.
Pansenthätigkeit und Wiederkäuen äusserten sich normal. Der
an der Arteria maxill. extern, gut fühlbare Pulsschlag war
äqual und regulär. Die Anzahl der Pulsschläge belief sich auf
64, der Herzschlag erfolgte rhythmisch und war leicht zu
fühlen. Die Athmung schien beschleunigt und zwar nach Aus¬
sage des Besitzers zeitweise sehr erheblich. Hustenreiz war
nicht vorhanden. Die Auscultation ergab ausser verstärktem
vesiculären Athemgeräusch nichts Abnormes. Mastdarm¬
temperatur 39,3° C. Kothabsatz normal. Sowohl beim Stehen
als auch während des Herausführens hatte die Kuh eine steife
vorgestreckte Haltung des Halses, ähnlich wie sie beim Starr¬
krampf beobachtet wird. Der Hals konnte selbst mit Gewalt
nicht nach rechts gebogen werden. An der linken unteren
Halspartie befand sich ein Hühnerei grosser über die Ober¬
fläche hervorragender und scharf abgegrenzter Tumor. Der¬
selbe fühlte sich hart an und war in der Subcutis leicht ver¬
schiebbar. Die weitere Palpation an derselben Seite ergab
nach dem Brusteingange hin in der Tiefe eine kindskopfgrosse,
derbe Anschwellung der caudalen Halslymphdrüse, wodurch
jedenfalls die Bewegungsfähigkeit des Halses beinträchtigt
wurde. Alle anderen von aussen fühlbaren Lymphdrüsen waren
mehr oder weniger stark geschwollen, sodass das gesammte
Krankheitsbild zu der vorläufigen Diagnose Leukämie berechtigte.
Da jedoch bei wiederholt ausgeführten microscopischen
Untersuchungen des Blutes aus der Jugularvene des kranken
Thieres und bei weiteren microscopischen Vergleichungen dieses
Blutes mit Blutproben gesunder Kühe sich keine Vermehrung
oder Veränderung der weissen Blutkörperchen ergab, musste
unter Berücksichtigung dieses nachträglichen Befundes die
Krankheit als Pseudoleukämie betrachtet werden.
Nach den bis jetzt vorhandenen literarischen Angaben er¬
schien eine Behandlung aussichtslos; trotzdem liess ich das Thier
im Einverständniss mit dem Besitzer noch etwa 3 Wochen zu
Beobachtungszwecken leben, um alsdann nach der Schlachtung
durch den Sectionsbefund das klinische Krankheitsbild ergänzen
zu können.
Am Tage vor der Schlachtung, also 3 Wochen nach der
ersten Untersuchung, waren alle die vorhin erwähnten Krank¬
heitserscheinungen ausgeprägter. Der Nährzustand des Thieres
hatte sich bedeutend verschlechtert und die Haardecke war rauh,
struppig und glanzlos geworden. Die Kuh zeigte ein apathisches
Benehmen; sie stand mit lang vorgestrecktem Halse und ge¬
spreizten Vorderbeinen, der Rücken war gekrümmt und die
Hinterbeine untergeschoben. Nur müde und schwerfällig bewegte
sie sich am Standorte. Die Athembeschwerde hatte in be¬
drohlicher Weise zugenommen; die Pulsfrequenz war bis auf
105 gestiegen, Arterienpuls dabei klein. Mastdarmtemperatur
40,4° C. Die Jugularen beiderseits strangförraig und stark ge¬
füllt. Die sichtbaren Schleimhäute anämisch. Appetit und
Wiederkäuen mangelhaft, Kotabsatz verzögert, Der Versuch,
das Thier herauszuführen, gelang nicht, da sich dasselbe beim
Gehen mit der Hinterhand nicht hochzuhalten vermochte. Die
von aussen fühlbaren Lymphdrüsen hatten an Umfang bedeutend
zugenoramen, so dass die caudale Halslymphdrüse linkerseits die
Grösse eines Mannskopfes erreicht und die Lymphdrüsen der
oberen Weichengegend am hinteren Rande der letzten Rippe
sich zu beiden Seiten wie eine Kette von Kastanien hervor¬
gewölbt hatten. In der Maulhöhle waren weder Blutblasen noch
Defecte vorhanden.
Vergleiche von zwei Blutproben, welche durch je einen
Aderlass von der erkrankten und einer gesunden Kuh gewonnen
und in Glascylindern aufbewahrt wurden, ergaben nach dem
Gerinnen weder in der Farbe noch in der Zusammensetzung
irgend welche Unterschiede, insbesondere konnte die bei leu¬
kämischen Veränderungen beobachtete graue, eiterähnliche Schicht
zwischen Speckhaut und Blutkuchen nicht wahrgenommen werden.
Wiederholte microscopische Untersuchungen des Blutes unter
Zusatz von Kochsalzlösung auf abnorme vermehrte Anzahl
von weissen Blutkörperchen hatten ein negatives Resultat. Bei
der Section des alsdann geschlachteten Thieres zeigten sich
nachfolgende krankhafte Veränderungen:
Abgemagertes Kadaver. Beim Abhäuten verringerte Blut¬
menge in den Gefässen. Am abgehäuteten Kadaver wölbten
sich die an der Oberfläche des Körpers gelegenen Lymphdrüsen
stark hervor. Die nach dem Entfernen des Euters freigelegte
Euterlymphdrüse hatte ein Gewicht von 2 kg. Die Kniefalten¬
drüsen waren beiderseits über faustdick. Bei Eröffnung der
Körperhöhlen fand sich sowohl in der Bauch- als auch in der
Brusthöhle nur wenig hellgelbe Flüssigkeit ohne Gerinnsel.
Magen- und Darmkanal hatten dünnbreiigen Inhalt von geringer
Menge. Schleimhäute des Darms grau und glänzend. Die
Peyerschen Haufen waren geschwollen. Die Mesenterialdrüsen
wurstförmig verdickt. Lendendrüsen meistens über gänseeigross.
Die inneren Organe anämisch. Nieren vergrössert und mit
zahlreichen graugelben, haselnussgrossen Lymphomen durch¬
setzt. Fibröse Neubildungen verbanden die im Hilus der Nieren
liegenden verdickten Lymphdrüsen mit der Umgebung. Milz,
in der unbedeutende Lymphombildungen waren, vergrössert,
Milzpulpa verdickt und weich, Schnittfläche grau-rothbraun.
Lymphdrüsen der Milzrinne hühnereigross angeschwollen. Die
Leber füllte infolge ihrer enormen Ausdehnung fast die halbe
Bauchhöhle aus und hatte das kolossale Gewicht von 40'/, kg.
Sie war derartig mit Lymphomen der verschiedensten Grösse
durchsetzt, dass das Leberparenchym fast vollständig verdrängt
war und ihre Oberfläche sowohl als auch ihre Schnittfläche
weissgelb marmorirt erschienen. Consistenz derselben wie die
der Lymphdrüsen derb und fest. Beim Einschneiden knirschendes
Geräusch. Zwischen den grauweissen, glasartigen Lymphomen
spärliches gelblich - braunes Lebergewebe, welches sich faden¬
artig verzweigt. Die portalen Drüsen faustdick geschwollen.
Verwachsungen der Leberkapsel mit der Umgebung waren nicht
vorhanden.
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244
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 21.
Lunge normal. Die Bronchialdrüsen, der Lieblingssitz des
malignen Lymphadenoms, bildeten ein Packet im Gewichte von
3J4 kg und fühlten sich hart an. Im Herzbeutel keine Flüssig¬
keit. Im Herzmuskel sowohl als auch in den Herzkammern
waren krankhafte Veränderungen nicht wahrzunehmen. Ver-
hältnissmässig am umfangreichsten war die linke caudale Hals-
lymphdrüse, die nach dem Herausschneiden das Gewicht von
4 kg hatte und den Eindruck einer Geschwulst machte. Die
Luftröhre an den beiden Stellen, wo die übermässig entwickelte
Bronchialdrüse und die Halslymphdrüsen lagen, stark verengt.
Sowohl hierdurch als auch durch den fortgesetzten Druck der
ungeheuer ausgedehnten Leber auf das Zwerchfell wird die zu
Lebzeiten des Thieres beobachtete Athemnoth hervorgerufen
worden sein. Subparotideale Lymphdrüse faustgross. Blut¬
blasen und Defecte waren in der Maulhöhle nicht vorhanden.
Sämmtliche Lymphdrüsenknoten waren von einer bindegewebigen
Kapsel eingeschlossen. Beim Einschneiden quoll das Parenchym
hervor. Feuchte, glänzende Schnittfläche von schmutzig grau-
weisser Farbe und mit netzförmig vertheilten Streifen durch¬
zogen. Trotzdem die meisten Drüsen angeschnitten wurden,
konnten in keiner derselben, abgesehen von der Hyperplasie,
irgendwelche anderen krankhaften Veränderungen wie Ver¬
käsung u. s. w. entdeckt werden. Das Knochenmark war nicht
erweicht und weisslich roth gefärbt.
Bei der microscopischen Untersuchung der einzelnen Organe
fand sich in den Nieren eine interlobuläre Anhäufung von Zellen
mit ziemlich grossem in der Regel rundlichen Kern. Aehnliche
Zellenhäufung war auch im periportalen Bindegewebe der
Leber. Beides Befunde, die der aleucämischen Lymphadenom-
bildung (Orth, Diagnostik, pag. 561) entsprechen, ebenso wie
der microscopische Befund der Lymphdrüsen, in denen sich
tlieilweise Blutresorptionen fanden. Aus dem Inhalt der Blut¬
gefässe konnte ein Schluss auf Leucämie nicht gezogen werden.
Für die maligne Neubildung „leucämisches Lymphadenom“ sprach
auch die im Fettgewebe vorhandene Infiltration.
In Bezug auf das ätiologische Moment dieses Krankheits¬
falls bot sich trotz aller meiner Nachforschungen, ob vielleicht
anderweitige Erkrankungen oder Abscessbildung im Laufe der
Jahre bei diesem Thiere vorausgegangen seien, in keiner Weise
irgend ein Anhaltspunkt.
Zur Biologie des Dorsches.
Von
Dr. Alfred Mjöen-Christiama.
Einen höchst interessanten Beitrag zur Lehre von der
Zweckmässigkeit im Naturleben liefert das dänische biologische
Institut durch eine Beobachtung an dem norwegischen Dorsch.
Wie bekannt, haben sich unter dem Einfluss des zuerst von
Darwin beleuchteten „Kampfes ums Dasein“ eine grosse Anzahl
waffenloser, der Raublust höher organisirter Geschöpfe preis¬
gegebener Thiere durch allmähliche Anpassung ihren Lebens¬
bedingungen untergeordnet. Als einfachste Beispiele erinnern
wir an die grünen, auf Blättern lebenden Blattläuse, diebraunen
Borkenkäfer, die sandfarbenen Wüstenthiere u. a. Wir sehen
Schmetterlinge die Form und Farbe von Blättern nachahmen,
Käfer die Gestalt und Farbe von Dornen und Vogelmist kopiren.
Das norwegische Schneehuhn ist im Sommer braun, wenn Erde
und Baumstämme braun sind, im Winter, wenn die Erde sich
mit ihrer weissen Decke bedeckt, wird auch das Federkleid des
Schneehuhnes weiss. Ebenso die Hasen. In Mitteleuropa bleiben
sie auch im Winter braun, weil dort permanenter Schnee zu den
Seltenheiten gehört, in den nordischen Ländern werden sie weiss.
Dieser weise Schutz der Natur, der nach Hä ekel „das
unbewusste Erzeugnis der natürlichen Zuchtwahl im Kampfe
ums Dasein“ ist, ist auch in hohem Grade der Lebewelt des
Wassers, den Seethieren und Fischen, besonders den Tiefsee¬
geschöpfen gegeben. Dort sehen wir Thiere die Gestalt von
Pflanzen, von Steinen, von blühenden Blumen annehmen, damit
sie sich dem Blick der gefürchteten Tiefseeräuber entziehen.
Neu aber ist die Theorie, dass auch dem bekannten und als
Nahrung äusserst beliebten Dorsch eine derartige Naturwaffe
gegeben sein soll, indem er nach Belieben seine Farbe durch
einen natürlichen physiologischen Vorgang ändern kann.
Man unterscheidet bei dem norwegischen Dorsch oder Kabljau
— nicht zu verwechseln mit dem in Deutschland als Dorsch be-
zeichneten, zur gemeinen Schellfischart gehörenden Dorsch —
den grauen und den rothen Dorsch. Allgemein galt bisher die
Annahme, dass diese Farbe einen Racenunterschied bedeute. Es
wurde jedoch beobachtet, dass der rothe Dorsch sich stets im
Wasser auf hielt, dessen Boden mit rothen und braunen Algen
bewachsen war, während der graue über sandigem, tang¬
bewachsenen Meeresboden lebte. Dieser Fund hat den Leiter der
letzten norwegischen Tiefseeexpedition Dr. Johan Hjorth zu
der Vermuthung gebracht, im Gegensatz zu den Thesen der
norwegischen Brutanstalt, dass die Farbe des Dorsches nur eine
Schutzfarbe sei, die er je nach der Beschaffenheit des Meeres¬
bodens ändere.
Das biologische Institut in Dänemark scheint nun in diesen
Tagen den eclatanten Beweis von der Richtigkeit der Hjorth sehen
Theorie geliefert zu haben. Es ist dem Leiter des Institutes
geglückt, an einem rothen Dorsch aus dem Grossen Belt, den
man in das Becken eines dunklen Aquariums transportirte, die
Thatsache festzustellen, dass er innerhalb 24 Stunden die Farbe
wechselte und grau wurde.
Untersuchung der Backzähne bei der Musterung
von Pferden.
In Beantwortung der in Nr. 16 Ihrer geschätzten Zeitung
gestellten „Anfrage“ eines Collegen über die Untersuchung
der Backzähne eines Pferdes bei Gelegenheit des Ankaufes
erlaube ich mir zu bemerken, dass sich diese sehr allgemein
gehaltene Frage nicht präcise beantworten lässt, weil aus der¬
selben nicht ersichtlich ist, ob es sich in jenem „Specialfalle“
um eine Altersbestimmung oder um die Feststellung von Gebiss¬
abnormitäten handelt.
In der ersteren Annahme würde ich die Frage dahin be¬
antworten, dass es beim Kaufe „nicht üblich“ ist, neben den
Schneidezähnen auch die Backzähne zu untersuchen, selbst bei
jungen Pferden. Aber auch im anderen Falle ist man „ohne
weiteres nicht gewöhnt“, jene Untersuchung vorzunehmen,
wenn nicht besondere Momente, gewisse Kopfbildung,
mangelhafter Futterzustand, Auftreibungen an den Kiefern, die
oft bei Ankäufen von Remonten durch breite und straff an¬
liegende Halftern cachirt zu werden pflegen, eine solche
nahe legen. In diesen Fällen würde es als „Pflicht“ des
Thierarztes zu bezeichnen sein, das ganze Gebiss einer Inspection
zu unterziehen, wie dies bei Ankäufen von Remonten üblich ist.
Mit vorzüglicher Hochachtung ergebenst
Ehlert, Oberrossarzt.
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24. Mai 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
245
Referate*
Zur Kenntniss der Strahlenpilze.
Von Prof. Dr. 0. Lubarscb-Rostock.
(Zeitschrift fBr Hygiene und Infectlonskrankheiten XXXL Bd., I. Heft.)
Die Untersuchungen Lubarsch’s beziehen sich auf ver¬
schiedene Microorganismengruppen: 1. die modificirten Tuberkel¬
pilze; 2. die säure- und alkoholfesten Pseudotuberkelpilze;
3. einige andere (nicht säure- und alkoholfeste) Erreger von
Knötchenkrankheiten (Streptothrix asteroides, Rotzbacillen);
4. andere der Streptothrixgruppe angehörende oder nahestehende
Microorganisinen (Streptothrix Petruschky, Diphtheriebacterien).
Als besondere Characteristica der eigentlichen Strahlenpilze
stellt Verfasser folgendes auf: 1. Sie bilden im Thierkörper
Herde von strahligem Bau und keulen- bezw. kolbenartige
Fortsätze. 2. Ihre Fäden haben die Neigung zu Stäbchen und
Kugeln und Schrauben zu zerfallen. 3. In ihren Culturen treten
mehr oder weniger mächtige, kolbige Anschwellungen oder
Stäbchen auf. 4. Ihre Colonien auf künstlichen Nährböden
haften fest an und besitzen meist eine trockene, krümliche
Beschaffenheit; auch neigen sie zur Bildung von gelblichen bis
rötlichen Farbstoffen. 5. Sie bringen, sofern sie pathogen
wirken, im Thierkörper Knötchenkrankheiten hervor.
Als „modificirte Tubercelpilze“ sind solche Tubercelpilze
zu bezeichnen, die entweder durch äussere Eingriffe eine Modi-
fication ihrer morphologischen und biologischen Eigenschaften
erlitten haben oder eine so innige natürliche Verwandtschaft zu
den Pilzen der Säugethiertuberculose besitzen, dass man sie
von jenen oder von einer gemeinsamen Stammform ableiten
muss. Am meisten trifft dies für die Vogeltuberculose zu. Die
Unterschiede zwischen Vogel- und Säugethiertuberculose sind
keineswegs constant und unterliegen nicht nur leicht künstlichen,
sondern auch natürlichen Schwankungen. Die feuchten und
glatten Wucherungen der Hühnertubercelpilze auf künstlichen
Nährböden sind dem Autor nicht massgebend, da derselbe auch
andere Wachs thumarten beobachtet hat. 1. Feuchte und glatte,
leicht zerreibbare Colonieen von mehr schleimiger Beschaffenheit.
2. Trockene, gerunzelte Häute, die fester Zusammenhängen und
daher schwerer zerreibbar sind. 3. Culturen, die sich
vom Typus der Säugethiertuberculose in nichts unter¬
scheiden, ebenso langsam wachsen, trockene Schippchen und
gebirgsartige Massen bilden. Schon Kruse beobachtete, dass
Cnlturen, die erst nach dem Typus der Koch’sehen Microben
wuchsen, später feuchte und weiche Beläge bildeten; Autor hat
ferner gesehen, dass die anfangs weichen und feuchten Beläge
auf Agar-Agar beim Weiterzüchten trockene und gerunzelte
Beschaffenheit annahmen. Besonders schön ausgeprägt er¬
schienen diese Culturen, wenn sie erst im Dunkeln und in der
Kälte und dann wieder im Brutschrank wachsen konnten. In
diesen Culturen traf auch Lubarsch sehr reichlich typische
echte Verzweigungen und mächtige Keulenbildungen an.
In solchen 3 Monate alten Culturen bekam man vorwiegend
nur verzweigte oder mit kolbigen Anschwellungen versehene
Fäden zu Gesicht.
Autor fand nun nach intraarterieller Injection von Vogel-
tubercelpilzen bei Kaninchen nach 22 Tagen in der Niere der¬
selben Herde von strahligem Bau, in denen noch nicht sehr
lange Kolben nachzuweisen waren. Nach 40 Tagen wurden bei
der Section dieses Thieres zahlreiche Tuberkel in Niere, Gehirn
und Lunge gefunden; vereinzelte inLeber, Darm und Iris. In Gehirn
und Niere sind die Kolben von beträchtlicher Länge; Strahlen¬
pilzherde wurden gefunden in Niere, Gehirn, Iris, Darm; in
Lunge und Leber vermisst. Die Kolben sind in diesen 40-tägigen
Tuberkeln nicht mehr ausgesprochen acidophil, sondern basophil.
Die Kolbenbildung tritt nach Lubarsch's Forschungen immer
erst nach frühestens 22 Tagen auf. Bei localer Impfung mit
Culturmaterial in die Nieren fanden sich nach 27 Tagen zahl¬
reiche typische Herde, welche von Leukocyten oder Riesenzellen
umgeben waren. Es besitzen nach Lubarsch's Untersuchungen
die Pilze der Vogeltuberculose alle obengenannten Characteristica
der Strahlenpilze, und sind demnach ohne Bedenken als echte
Strahlenpilze zu bezeichnen. Die durch Aufenthalt im Frosch¬
körper modificirten Tubercelbacillen wachsen leichter, passen
sich den äusseren Temperaturen mehr an und bilden in ihren
Culturen häufiger echte Verzweigungen. Die im Blindschleichen¬
körper modificirten Pilze zeigten bei 20° auf Agar und in ver¬
dünnter Bouillon und eiweissfreiem Nährboden reichliche echte
Verzweigungen. Autor kommt zu folgendem Schluss: Je mehr
sich die Pilze einem mehr saprophytischen Dasein anpassen,
um so häufiger, regelmässiger und ausgebildeter treten die
Fadenpilzformen auf.
ü. Die von Möller aus Gräsern und Kuhmist isolirten
Pilze zeigen nach Einverleibung in den Thierkörper deutliche
Strahlenpilzherde mit Kolbenbildung und liegen auch in Riesen¬
zellen oder sind von einem Leucocytenkranze umgeben. Man
sah typische Tuberkel mit Epithelioid und Riesenzellen, sehr
schöne Strahlenpilzherde mit langen, mitunter etwas spitzen
Kolben. Eine Doppelfärbung dieser Herde gelang in einfacher
Weise durch Färbung der Schnitte mit Hämatoxylin und Nach¬
färbung nach von Gieson. Dies gilt besonders von Möller’s
Timotheepilz. Die mit dem von Lydia Rabinowitsch aus
zahlreichen Butterproben gezüchteten Pseudotuberkelbacillus
angestellten Thierversuche hatten das Ergebniss, dass der
Rabinowitsch’sehe Butterpilz viel geringfügigere Ver¬
änderungen bei Thieren erzeugt als die Möller'sehen Pilze.
HI. Die mit Streptothrix Eppinger gemachten Versuche
an Kaninchen zeigten ähnliche Verhältnisse wie die Tuberkel-
und Pseudotuberkelpilze. Es nimmt die Zahl der Strahlenpilze
mit zunehmendem Alter ab, zugleich aber sind sie schliesslich
die einzigen Formen, in denen sich die eingebrachten Pilze
noch im Gewebe vorfinden. Sie können vom 4.—64. Tage
nachgewiesen werden; es enthielten sogar die Strahlenpilzherde
noch lebensfähige Individuen. Die Versuche mit Rotzbacillen
zeigten, denen von Semmer und Levy gegenüber, dass die¬
selben keine Strahlenpilzformen produciren.
IV. Die Kaninchen einverleibten höchst giftigen Diphtherie¬
bacterien gingen zu Grunde ohne erhebliche Reaction zu er¬
zeugen; das Resultat war durchaus negativ. Desgl. die mit
Streptothrix Petruschky angestellten Versuche.
Lubarsch stellte Folgendes fest:
1. Die Actinomycesformen kommen unter bestimmten Be¬
dingungen einer grossen Reihe von Pilzen zu, die in die Gruppe
der Streptotricheen hineingehören.
2. Die im Tierkörper auftretenden Strahlenpilz- und Keulen¬
formen sind nicht der Ausdruck einer Degeneration, sondern be¬
sitzen die Bedeutung einer Hemmungsmissbildung.
3. Eine grosse Anzahl der in diese Gruppe gehörigen
Pilze bringt nur, wenn der ganze Körper von der Blutbahn
oder von grossen Lymphräumen aus mit Mikroorganismen über¬
schwemmt ist, eine Allgemeininfektion hervor.
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246
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No 21
4. Es ist empfehlenswerth, die gen. Gruppe von Micro-
organi8men weder den Spaltpilzen noch den Hyphomyceten zu¬
zurechnen, sondern als selbstständige Uebergangsform zwischen
beiden Pilzarten einzureihen.
5. Es ist nach unseren Erfahrungen mit Rotzbacillen,
Diphtheriebacterien und Petrnschky’s Streptotricheen nicht
angängig, die Begriffe Streptotricheen und Strahlenpilze gleich¬
zusetzen; vielmehr die Strahlenpilze als eine Abart der
Streptotricheen aufzufassen und die Bezeichnung denjenigen
Organismen beizulegen, die unter irgend welchen Bedingungen
echte Strahlenpilzherde mit typischen Keulen- und Kolben¬
bildungen hervorzubringen vermögen.
Ueber den inneren Brueh (Ueberwnrf) beim Ochsen.
Von Kreisthierarzt Weber.
(Dtsch. T. W r . Nr. 7, 1900.)
Im Kreise Altkirch kommt der Ueberwnrf, dort Darm¬
verwicklung genannt, ziemlich häufig vor, wobei die Art der
Castration und das gebirgige Terrain von Einfluss sein mögen.
Der Einfluss des letzteren freilich ist zweifelhaft; denn man
trifft das Leiden bei jungen Thieren, die nicht aus dem Stall
gekommen sind, und auch bei älteren während des Winters.
Die Diagnose ist meist schon nach dem Vorbericht zu stellen.
Der Ochse beginnt mit den Hinterbeinen zu schlagen, tritt hin
und her, wird nach einigen Stunden ruhiger, versagt aber alle
Nahrungsaufnahme; Rumination und Defäkation sind ganz sistirt.
Höchstens wäre eine Verwechselung mit Harnröhrensteinen
möglich, worüber aber das Uriniren Aufschluss giebt. Koliken,
die ab und zu Vorkommen, verlaufen beim Rind viel rascher.
Dannentzündungen, die ähnliche Symptome haben würden, sind
ausserordentlich selten. In dortiger Gegend wird meist zunächst
der Pfuscher geholt, dessen Methode darin besteht, das „Kreuz¬
blut“ zu nehmen, d. h. im Mastdarm eine Blutung herbeizu¬
führen, die oft genug eine Mastdarmzerreissung bedingt. Meist
erst am zweiten oder dritten Tage kommen die Thiere in
ärztliche Behandlung. Manchmal ist es schon zu spät, worüber
namentlich der Puls, der auf 100 bis 120 steht, Aufschluss
giebt. Die Untersuchung per Rectum ergiebt, dass die Becken¬
höhle mit aufgeblähten Darmschlingen gefüllt ist. Betastet
man die um den Samenstrang gewickelte Partie und spürt man
bei leichtem Druck ein prickelndes Gefühl, wie durch das Ent¬
weichen von Gasen oder Flüssigkeit, so ist das Thier ver¬
loren. Dasselbe Gefühl entsteht, wenn die Blase in Folge eines
Harnsteins frisch geborsten ist. In anderen Fällen ist Hilfe
möglich. Ist der Samenstrang nicht zu locker und hängt er
nicht im Bogen in die Bauchhöhle hinein, so gelingt es, ihn
abzureissen, womit dauernde Heilung erzielt ist. Jedenfalls
ist es immer zu versuchen, wobei das Thier hinten hoch ge¬
stellt wird. Gelingt dies nicht oder ist die Untersuchung per
Rectum bei ganz jungen Thieren noch nicht möglich, so muss
die Operation von aussen gemacht werden, was allerdings
manche Besitzer nicht wollen. Die Operation ist aber absolut
gefahrlos. Wenn der Thierarzt rechtzeitig geholt ist, könnte
er völlige Garantie übernehmen. Das Thier wird mit dem
Kopfe niedrig an das Vorderrad eines fest gekeilten Wagens
angebunden, um Wagen und Brust ein langes Seil herumge¬
wickelt, der rechte Hinterfass angeseilt und gehalten (der
Bauchbruch sitzt rechts wegen der Lage des Darms). In der
Mitte der rechten Flanke wird ein grosser Platz geschoren,
gewaschen und desinficirt, ein 15 cm langer vertikaler Haut¬
schnitt gemacht, die Muskulatur vorsichtig durchschnitten, das
Bauchfell durchstossen oder ganz klein eingeschnitten und dann
aufgerissen. Die Wunde muss so gross sein, dass der Arm
leicht in die Bauchhöhle geführt werden kann, ohne sich
zwängen zu müssen. Vermeiden muss man das Ablösen der
einzelnen Muskelschichten von einander. Man geht dann an
der Bauchwand nach hinten und abwärts bis zum Vorderrand
des Schambeins, findet hier die Anheftungsstelle des Samen¬
strangs, fasst sie an und reisst sie mit kurzem Ruck ab. Kann
man nicht dorthin gelangen, so kann manchmal der Samenstrang
an die Bauchwunde herangezogen und durchschnitten werden.
Gut ist es auch, den Samenstrang von dem Darm abzulösen,
weil manchmal schon eine Verklebung stattgefunden hat. Dann
wird die Wunde zusammengedrückt und nur die Haut genäht
Heilung per primam ist natürlich selten. Trotzdem erfolgt sie
in 14 Tagen. Nach wenigen Stunden stellt sich reichlich
flüssige Kothentleerung ein. Am leichtesten ist die Operation
bei jüngeren und mageren Thieren. Ein schlechtes Zeichen ist
harter Koth nach der Operation. War schon Bauchfellentzündung
vorhanden, so stirbt das Thier viel später. Bestand schon
Gangraen, was durch Betasten des Darms festzustellen war, so
ist das Thier verloren. Interessant ist folgender Fall: Bei
einem 6 Monat alten Ochsen bestand der Bruch schon seit vier
Tagen; der Baachumfang war schon sehr gross, eine Unter¬
suchung per Rectum nicht möglich. Trotzdem wenig Aussicht
bestand, wurde die Operation vorgenommen. Die Bauchhöhle
war ziemlich mit Exsudat gefüllt, und als das Thier beim
Zurückführen in den Stall niederfiel, sprudelte die Flüssigkeit
im Bogen zwischen den Hautnähten durch. Wider Erwarten
genas der Ochse. — Wollen die Besitzer keine Operation, so
kann man noch versuchen, durch Bergauf- und Bergabführen
an steilen Hängen oder noch besser durch Niederlegen und
Wiegen des Körpers in der Rückenlage die Darmbefestigung
zu lösen, wobei man anfangs das Hintertheil, später das
Vordertheil niedriger bettet. Unter etwa 50 Fällen erzielt
man auf diese Weise noch drei Mal Heilung.
Mededeelingen uit het pathologisch laboratorinm Tan
het abattoir te Rotterdam.
H. G. van Harreveit theilt in Tijdschrift voor Veeaart-
nijdkunde en Veeteelt 27 B. 3. Heft einige seltenere Schlacht¬
beobachtungen mit, deren Natur in dem dem Schlachthof ange¬
gliederten Laboratorium klar gestellt worden ist.
I. Cystenartige Lymphangiome am grossen Netz
beim Rind. An der Innenflläche des Netzes fanden sich eine
Anzahl von blasenartigen Anhängseln, welche gelb bis gelbroth
gefärbt waren und die Grösse einer Erbse bis einer Haselnuss
hatten. Die Blasen waren mit einer geleeartigen Flüssigkeit
gefüllt, welche durch ausgetretene rothe Blutkörperchen theil-
weise gefärbt war. Einzelne solcher blasenartigen Gebilde
fanden sich auch am Bauchfell. Die Cystenwand bestand aus
Endothelzellen und Bindegewebe und konnte H. nachweisen,
das8 die Blasen mit Lymphgefässen in Verbindung standen. Der
Inhalt der Blasen erwies sich als steril. Der Fall ähnelt einem
beim Menschen beobachteten Fall, welchen Henke im Central¬
blatt für allgemeine Pathologie und path. Anatomie v. 15. October
1899 mitgetheilt hat.
2. Alkalische Reaction des Fleisches von einem mit
Uraemie behafteten Thiere. Die nothgeschlachtete Kuh
bot folgenden Sectionsbefond: Herz und Lungen normal, hyper-
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24. Hai 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
247
trophische Lebercirrhose, hochgradige Schrumpfniere der einen
Seite, andere Niere stark hypertrophisch und an Nephritis mixta
erkrankt, chronischer Blasenkatarrh, Verdauungskanal und Milz
normal. Haemorrhagien fanden sich in der ganzen Subcutis,
an den Fascien, an der Pleura und am Peritoneum. Alle Theile
strömten einen ammoniakalischjen Geruch aus, der besonders beim
Kochen des Fleisches sich bemerkbar machte. Das Fleisch
reagirte deutlich alkalisch. Die Fascien zeigten die Reaction
deutlicher als das Fleisch. Die alkalische Reaction war nach
24 Stunden schwächer. Nach 48 Stunden war die Reaction
neutral, nach 3 Tagen sauer.
3. Allgemeine metastatische Actinomykose beim
Rind. Bei dem Thier fanden sich in den Lungen, Leber, Nieren,
Bngdrüsen. Kniefaltendrüsen, Achseldrüsen, Mediastinal- und
Bronchialdrüsen, in drei Rückenwirbeln und den zwei Brust-
beintheilen Herde, welche auf den ersten Blick Tuberculose Vor¬
täuschen konnten. In der Unterflankengegend der linken Bauch¬
wand fand sich ein Kindskopfgrosser Herd und ausserdem Herde
in der Zunge. Die Herde in der Zunge waren typische
Actinomycesknoten, und bei der mikroskopischen Untersuchung
$ler übrigen genannten Krankheitsherde konnte H. ebenfalls
typische Actinomycesrasen nachweisen. Diesen Fall sieht H.
als Beweis an, dass bei Actinomykose auch von einem primären
Herd aus eine Generalisation gleich wie bei der Tuberculose
Vorkommen kann. K.
Die Serumtherapie des Schweinerothlaufes.
Von Leclainche.
(Rey. v6t. No. 6, 1899.)
Bekanntlich ist erst auf dem Congress in Baden die
Aufmerksamkeit in Deutschland hingelenkt worden auf die Ver¬
suche, welche Leclainche bezüglich des Rothlaufserums gemacht
hat, und diese Enthüllungen führten zu dem sonderbaren Er-
gebni8s, dass in Deutschland heimlich derselbe Weg ein¬
geschlagen worden war, den Leclainche öffentlich bekannt
gemacht hatte. Ueber diese Publication ist in der Revue
vüterinaire No. 6 berichtet. Die mit dem Schwein angestellten
Untersuchungen lassen dieses Thier für die Serumgewinnung wenig
geeignet erscheinen. Die Immunisirung ist leicht, und das Blut
besitzt entschieden immunisirende Eigenschaften. Allein die
Sernmgewinnung stösst auf unübersteigliche Schwierigkeiten,
da die grossen Blutgefässe zu schwer zugänglich sind. Das
Schaf giebt gleichfalls Immunserum. Inoculationen von 15 bis
20 g virulenter Cultur in die Jugularis sind wirksam nach
fünf- oder sechsmaliger Wiederholung in fünftägigen Zwischen¬
räumen. Dann besitzt das Blut schon immunisirende Eigen¬
schaften. Das Schaf liefert aber nur geringe Serummengen und
für die Erzeugung eines massenhaften Serums ist das Pferd das
beste Thier. In längeren Versuchsreihen hat Leclainche die vor¬
zügliche Geeignetheit des Pferdes für die Darstellung von Immun¬
serum erwiesen. Das für die virulente Uebertragung wenig
empfindliche Pferd kann auf einmal 100 bis 200 g einer Cultur
intravenös vertragen. Die Inoculationen werden von fünf zu
zehn Tagen mit 500 g Cultur wiederholt. Es tritt eine
Temperatursteigerung von 2° und eine leichte Mattigkeit, sonst
keine besondere Wirkung hervor. Das Serum, welches so
behandelte Pferde liefern, zeigt ganz dieselben Eigenschaften,
wie das von Schweinen und Schafen. Es hat einen hohen
Immunisirungs werth.
Unterarmbruch und Heilung beim Pferd.
Von Oberrossarzt Lüthenß.
(Ztschr. f. Vet Nov. 99.)
Ein vierjähriges Ackerpferd erlitt durch Sturz völligen
Bruch des linken Radius in der Mitte desselben. Es wurde ein
Heilversuch gemacht. Das Pferd kam auf einen improvisirten
Hängegurt. Die Bruchenden wurden durch Schienenverband
festgestellt; doch musste dieser nach einigen Tagen wegen
schmerzhafter Schwellung entfernt werden. Die Schwellung
wurde durch Bürow’ sehe Mischung beseitigt. Das Pferd blieb
sehr ruhig und vermied jede Bewegung. Nach 4 Wochen riss
leider der Hängegurt, und das Pferd stürzte zusammen. Es lag
ruhig auf der rechten Seite, wurde mit grösster Vorsicht wieder
auf die Beine gebracht, und nun ergab sich, dass bereits an der
Bruchstelle eine Verwachsung bestand. Das Pferd wurde wieder
in den Hängeapparat gestellt. Nach 5 Wochen wurden Geh¬
versuche gemacht. Dabei wurde der Fuss völlig belastet; aber
die Muskeln erschienen gleichsam gelähmt. Das Pferd musste
zum Gehen angelernt werden, indem ein Strohseil um die Fessel
gelegt und damit beim Vorwärtsführen der Fuss nach der Ent¬
lastung jedesmal vorgezogen wurde. Bei täglicher Uebung
besserte sich der Zustand so, dass das Pferd (14 Wochen nach
dem Bruch) wieder völlig dienstbrauchbar wurde.
Tagesgeschichte.
Frühjahrs-Sitzung des Vereins schlesischer Thierärzte
in Breslau am 6. Mai 1900.
Die von 68 Theilnehmern, darunter 5 Gästen, besuchte
Sitzung wurde in Böttcher’ s Sälen an der Promenade
abgehalten und um 11 Vs Uhr durch den Vorsitzenden eröffnet.
Letzterer erklärt, dass er die Sitzung wieder in dem vorgenannten
Lokale anberaumt habe, obwohl einige Collegen dieselbe
nach dem Schlachthof-Restaurant verlegt haben wollten, um den
Theilnehmern eine Besichtigung des Schlachthofes zu ermöglichen,
erstlich, weil bereits eine Besichtigung des Schlachthofes nach
Erbauung desselben durch den Verein stattgefunden habe und
zweitens, weil es sich für unsere gesellschaftliche Stellung
empfehle, die Versammlungen nur in besten Localen zu veran¬
stalten. Aus dem gleichen Grunde empfiehlt der Vorsitzende
eine recht rege Betheiligung an dem den Sitzungen folgenden
Diner, weil der Verein nur bei Erfüllung dieser Voraussetzung
in besseren Localitäten dauernd seine Sitzungen abhalten könne.
Es wurde darauf nach kurzer Discussion beschlossen, von den
Diners an den beiden Sitzungstagen im Jahre das eine ver¬
suchsweise ohne Theilnahme der Damen abzuhalten.
Auf Antrag des Vorsitzenden wurde darauf beschlossen,
den durch Krankheit am Erscheinen verhinderten Departements-
Thierärzten Scharmer und Koschel Grüsse aus der Ver¬
sammlung zu übermitteln.
Darnach werden als Mitglieder in den Verein aufgenommen die
Herren: Dammann in Gross-Strehlitz, Ettrich-Naumburg a. Q.,
Häring-Sohrau O.-S., Krüger-Lublinitz, Lehmann-Rosenberg,
Lohsee-Sorau N.-L., Mühlichen-Gross-Tinz.
Ihren Austritt haben angemeldet die Herren Collegen
Kypke wegen Verzuges nach Köln und Grenzthierarzt a. D.
Schubert.
Eine Anfrage der Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft,
ob der Verein geneigt sei, ein Mitglied als Vertreter desselben
in die Gesellschaft zu delegiren, wird unter Hinweis auf die
Nothwendigkeit der engeren Fühlung der Thierärzte mit den
Vertretern der Landwirthschaft durch den Beschluss erledigt,
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248
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 21.
dass der Vorsitzende Ür. Arndt als Vertreter des Vereins der
Gesellschaft beitreten solle.
Der Vorsitzende macht Mittheilung, dass die vom Verein
in der Herbst-Sitzung 1897 beschlossene Petition wegen Be¬
theiligung der Thierärzte an der Viehzucht der Central-Ver-
tretung der preussischen Vereine übermittelt worden, ihre Er¬
ledigung in der nächsten Zeit aber kaum zu erwarten sei, da
die Central-Vertretung zur Zeit ihre ganze Kraft für die
Maturitätsfrage einsetzen müsse.
Zu Punkt 2 der Tagesordnung: Viehhandel und -Wandel
nach Einführung des B. 6. - B. nimmt Kreisthierarzt Biachoff-
Falkenberg das Wort. Er skizzirt kurz die Schwierigkeiten,
welche im Viehhandel mit der Einführung des Bürgerlichen Gesetz¬
buches besonders für Nord-Deutschland durch die Einführung des
deutsch-rechtlichen Principes Platz gegriffen hätten. Die Härten
desselben würden zwar gemildert durch die Einführung der
Vertragsfreiheit, aber die Kenntniss der einschlägigen Be¬
stimmungen sei bei dem interessirten Publikum, zumal bei den
kleineren Landwirthen, nicht vorhanden. Es sei Sache der
Thierärzte, als der nach Lage der Sache natürlichen Rathgeber,
diese Kenntniss in die weiteren Schichten der Interessenten zu
tragen und durch Belehrung aufklärend zu wirken. Vorträge
in den landwirtschaftlichen Vereins-Versammlungen hätten nur
für die intelligenteren Landwirthe Zweck, die sich auch so schon
aus ihren Fachzeitschriften und sonstiger Literatur orientiren
könnten. Die grosse Masse habe aber von diesen Vorträgen
nichts, da sie dieselben zum grossen Theil nicht verstehe, jeden¬
falls aber die Nutzanwendung ihrem Gedächtniss nicht dauernd
einverleiben könne. Die bisher erschienenen Druckwerke zur
Klärung der Vieh-Währschaftsfrage seien zu umfangreich, mehr
für den Sachverständigen, Thierarzt und Juristen, geschrieben,
und wegen der fachlichen Ausdrücke für jene Laien unverständ¬
lich, auch würde durch ihren Preis die Anschaffung in weiteren
Kreisen unterbunden. Er habe in Folge dessen unter Beratung
mit einem Richter und einem Rechtsanwalt ein ganz kurzes
Schriftchen zusammengestellt, welches unter Weglassung aller
complicirteren Punkte, die ja doch schliesslich im einzelnen
Falle zur Beurteilung durch den Sachverständigen führten, in
knapper Form und unter möglichster Vermeidung fachlicher
Ausdrücke, dem Verständniss des Laien angemessen, eine
Zusammenstellung derjenigen Bestimmungen des B. G.-B. gäbe,
welche Käufer und Verkäufer beim Viehhandel kennen müssten,
um sich vor Schaden zu hüten.
Verfasser verliest darauf unter kurzen Erläuterungen das
Schriftchen, welches zum Preise von 0,30 M. in Bartelt’s
Buchhandlung zu Falkenberg O.-S. verlegt worden ist und ver¬
teilt an sämmtliche anwesenden Collegen je ein Exemplar mit
der Bitte, die Collegen möchten sein Elaborat prüfen, und wenn
sie es als zweckentsprechend anerkannt hätten, in ihren
Interessentenkreisen bekannt machen.
Schliesslich bemerkt Bischoff noch, dass er in seinem For¬
mular eines Kaufabschlusses mit erweiterter Garantie den früher
gebräuchlichen Ausdruck „erheblicher und verborgener Mangel“
nicht aufgenommen habe, da dieser Ausdruck zwar allgemein
verbreitet sei, aber weder in den alten Währschafts-Bestimmungen,
noch im B. G.-B. enthalten sei. Er empfehle, an Stelle des¬
selben die im § 459 des B. G.-B. festgelegte Ausdrucksweise
zu gebrauchen, wonach die Garantie für alle Fehler über¬
nommen wird, welche „zur Zeit des Kaufes vorhanden waren
und die Tauglichkeit des Thieres zum gewöhnlichen Gebrauch
aufheben oder in erheblichem Masse mindern“. Diese Fornro-
lirung sei zwar langathmig, entspreche aber der Fassung des
Gesetzes und würde sich mit der Kenntniss des Gesetzes selbst
gerade jetzt im Anfang leicht einführen.
Schlachthausthierarzt Anders-Beuthen spricht sodann über
Gewährmängel bei Schlachtthieren. Eine ausdrückliche Ver¬
einbarung, dass ein Thier zur Schlachtung bestimmt sei, wäre
nicht erforderlich, da aus der Art des Kaufes, der Prüfung des
Kaufobjectes und der Art der Preisberedung, für beide Theile
ohne Weiteres ersichtlich sei, dass der Kauf zur alsbaldigen
Schlachtung erfolge. Bei dem Verkaufe von Schlachtvieh, i h.
von Thieren, welche alsbald geschlachtet werden sollen und be¬
stimmt sind, als Nahrungsmittel für Menschen zu dienen, habe
der Verkäufer mangels besonderer Verabredung nur für die in
der Kaiserlichen Verordnung im § 2 aufgeführten 6 Hauptmängel
zu haften und zwar nur innerhalb der gleichmässig auf 14 Tage
festgesetzten Gewährsfrist.
Redner zählt alsdann unter Hinweis auf die Ausführungen
des Kreisthierarztes Rössler-Cöthen in der Herbstversammhmg
des sächsischen Vereins diejenigen sechs Fälle auf, in denen
der Verkäufer von der Gewährleistung frei wird.
Bezüglich der für Schlachtthiere festgesetzten Hauptmängel
weist A. zunächst darauf hin, dass der Rotz der Schlachtpferde
nur von ganz untergeordneter Bedeutung für die Viehwähr¬
schaft sei. — Auch Trichinen- und Finnenfunde bei Schweinen
würden selten Veranlassung zu Gewährsansprüchen geben, da
die Contrahenten es vorziehen würden, gegen Schädigungen
hierbei sich durch Versicherung zu decken. Von Interesse sei,
dass das B. G.-B. die Feststellung einer Mehrzahl von Trichinen
oder Finnen zur Begründung des Mangels nicht fordere.
Das Fehlen der Rinderfinnigkeit als Hauptmangel, welches
von vielen Thierärzten bedauert werde, sei nicht erheblich, da
die Riuderfinne an bestimmte Gegenden gebunden sei und hier
gleichfalls die Versicherung helfend eingreifen könne.
Die hydrämische Kachexie der Schafe zeige so charac-
teri8tiBche Erscheinungen bei Lebzeiten der Thiere, dass ein Kauf
derartiger Thiere wohl stets unter Ausschluss der Gewähr statt¬
finden würde.
Das meiste Interesse beanspruche die Tuberculose der Rinder
und Schweine als die wichtigste und häufigste Krankheit bei
Schlachtvieh überhaupt. Da die Werthminderung bei den ver¬
schiedenen Graden von Tuberculose eine ausserordentlich differente
sei, wäre es mit Freuden zu begrüssen, dass der Mangel in der
Kaiserlichen Verordnung durch die dort enthaltenen Beschrän¬
kungen nur auf die Fälle mit erheblicher Entwerthung bezogen
werde. Dadurch würde dem vielfachen Unfuge der Käufer, den
Verkäufer wegen geringgradiger Veränderungen in Anspruch
zu nehmen, ein Riegel vorgeschoben. Diese Beschränkung der
Haftung habe auch nach einer Mittheilung der Zeitschr. f-
Fleisch- und Milchhygiene die Fleischer dazu gebracht, die Ver-
werthung des beanstandeten Fleisches auf der Freibank, und
damit die Einrichtung der Freibank selbst, besser würdigen zu
lernen.
Redner weist ferner darauf hin, dass die Frage, ob der
Ausdruck „zum Schlachten verkaufen“ eine Gewährleistung fir
die Bankwürdigkeit des Fleisches involviere, von Prof. D f -
Ostertag, Koch-Barmen und Maier-Neckarbischofsheim
negiert werde; die Haftung erstrecke sich nur auf die Mängel
der Kaiserlichen Verordnung, § 459 könne sich nur noch auf
Sachen und in der Verordnung nicht genannte Thiere beziehen
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24. Mai 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
249
Ostertag führe auch aus, dass der Einschluss der Garantie für
die Vollwerthigkeit des Fleisches in den Begriff „zum Schlachten
verkaufen“ dem römisch-rechtlichen Princip entspreche, nicht
dem deutsch-rechtlichen des B. G.-B. —
Interessant wäre noch die Streitfrage, wie der Ausdruck in
der Kaiserlichen Verordnung „Thiere, die alsbald geschlachtet
werden sollen“, auszulegen sei. In keinem Falle etwa so, dass
das Thier sofort nach dem Kaufacte oder dem Transport, event.
der nothwendigen Erhohlungspause am Schlachtorte getödtet
werden müsse. In jedem Falle wäre ja ein längeres Stehen¬
lassen des zum Zwecke des Schlachtens gekauften Thieres nicht
diesem Zwecke entsprechend und gefährlich ftir den Käufer, da
sich mit der Länge der Zeit die Gefahr für den Verlnst seiner
Ansprüche vergrössere. —
Der Vorsitzende spricht den beiden Vortragenden für ihre
interessanten Auseinandersetzungen und die gehabte Mühe¬
waltung den Dank der Versammlung ans. Im Anschluss daran
entwickelt sich zufolge Mittheilungen aus der Praxis über die
Härten des neuen Gesetzes, in Folge Unkenntniss desselben
seitens der Interessenten, durch die Collegen Angenheister-
Breslau und Schmidtke-Münsterberg, eine kurze Debatte, an
der sich Dr. Arndt, Rust, Bisclioff, Lütkemüller und
Arndt-Landeshut betheiligen. Zum Schluss derselben weist
der Vorsitzende auf die lesenswerthen Artikel von Malkmus
in der deutschen thierärztlichen Wochenschrift und seine Auf¬
fassung von den Gewährmängeln und den Zusagen beim Kauf
hin, speciell noch darauf, dass auch Malkmus bei dem Verkauf
„znm Schlachten“ nur die Garantie für die Hauptmängel als
Voraussetzung annähme. (Schluss folgt.)
Stenogramm der Verhandlung
der bayerischen Kammer betr. Abiturientenexamen.
Präsident: Ich erlaube mir, hierbei daran zu erinnern, dass
auf Seite 25 des Ausschussberichts vorgetragen sind die
Petitionen a) der Professoren Dr. Esser in Göttingen
und Dr. Schmaltz in Berlin im Aufträge des deutschen
Veterinärrathes, die Einführung des Abiturientenexamens als
Vorbedingung für das Studium der Veterinärmedicin betreffend
(HI. Petit.-Verz. B. No. 256); b) des städtischen Ober¬
thierarztes F. Mölter in München im Namen der Thierärzte
Bayerns, die Einführung des Abiturientenexamens als Vor¬
bedingung für das Studium der Veterinärmedicin betreffend
(IV. Petit.-Verz. B No. 387).
Dr. Schädler (Berichterstatter): Veranlasst durch diese
Petitionen wurde im Finanzausschüsse die Frage der Noth-
wendigkeit des Abiturientenexamens als Vorbedingung für
das Studium der Thiermedicin erörtert.
Es wurde an der Hand der Petition hingewiesen, wie bereits
im Jahre 1878 diese Frage erörtert wurde, insbesondere wie
dort von den Professoren an den damaligen Thierarzneischulen
die Vorschriften des Abiturientenexamens empfohlen wurden, wie
seit dieser Zeit aber auf diesem Gebiete wenig oder nichts mehr
geschehen sei. Nun aber habe insbesondere auch die Thier¬
medicin sich ausserordentlich erweitert und vertieft und ebenso
auch der thierärztliche Wirkungskreis. Es sei insbesondere die
Bacteriologie hinzugekommen, in der vom Thierarzt mindestens
das Nämliche verlangt werden müsste, wie vom Menschenarzt.
Weiter komme dazu die Erweiterung des Verkehrs, insbesondere
auch der Versand der Thiere auf der Eisenbahn. Es wird zum
Schluss dann — die Petition liegt ja sämmtlichen Herren ge¬
druckt vor, wesshalb ich auf Einzelheiten nicht mehr ein¬
zugehen brauche — das Petitum gestellt, es möge das
Abiturientenexamen vorgeschrieben werden für das Studium der
Thiermedicin.
Vor aUen Dingen fragt es sich, wie die betheiligten
Ministerien ihre Stellung nehmen zu dieser Frage. Wenn
nun auch einem gewissen Zweifel Ausdruck gegeben wurde,
dass die Darlegrungen dieser Petition einen nicht gerade sehr
günstigen Schluss auf die dermale in Thätigkeit sich befind-
ichen Thierärzte zuliessen, wurden doch auch die Gründe nicht
verkannt, welche beiderseits ins Feld geführt wurden zu Gunsten
dieser Petition.
[Hierauf kommt der Referent auf die schon im Finanz¬
ausschüsse gemachten Ausführungen siehe B. T. W. No. 14.]
Nun lag ja sehr nahe, dass man den Schluss zog, dass
man Angesichts solcher Schilderungen, wie sie von competenter
Seite gegeben wurden, das jetzige thierärztliche Personal als
nicht gerade sehr hochstehend betrachten müsse, und man die
Frage aufwarf, wie man angesichts solcher Zustände im Laufe
der letzten Zeit insbesondere Seitens der Kammer für die thier¬
ärztliche Schule ganz bedeutende Aufwendungen gemacht hat;
man dürfe aber, so wurde constatirt, das Personal nicht für
minderwerthig halten, es müsse vielmehr der Thätigkeit der
jetzt wirkenden ^hierärzte volle Anerkennung gezollt werden;
allein die Aufgaben würden eben immer grösser und desshalb
sei auch die Erfüllung der Petition nur wünschenswerth.
Sie wird auch als wünschenswerth erklärt vom Standpunkt
der Mittelschulbildung aus, indem der Zugang zur thierärztlichen
Schule sich häufig aus Leuten rekrutire, die vielfach keine ab¬
geschlossene Bildung hätten und aus irgend einem Grunde die
Vollendung derselben abbrechen müssen. Aber auch vom
practischen Standpunkt sprach man sich für das Petitum aus.
Es wurde insbesondere hingewiesen auf den grossen Werth, der
in den Viehständen liege, und zugleich auf den grossen Schaden,
den ein ungebildeter Thierarzt anrichten könnte. Es wurde
insbesondere auch darauf hingewiesen, dass sich der Land-
wirthschaftsrath in der Sitzung vom 13. Februar für diese
Petition ausgesprochen hat.
Die Frage, ob diese Weiterbildung auf dem Real- oder
dem humanistischen Gymnasium errungen werden soll,
wurde offen gelassen, d. h. es wurde auch darauf hingewiesen,
dass die medicinischen termini technici von den Studirenden
der Veterinärmedicin gekannt werden müssten.
Es kam der Finanzausschuss nach diesen Darlegungen zu
dem Beschlüsse, die Petition der k. Staatsregierung zur Wür¬
digung hinüberzugeben.
Damit habe ich die Petitionsfrage als solche bereits erledigt.
Was die Frequenz der thierärztlichen Hochschule in München
anlangt, so zeigt dieselbe seit 1879—1880 ein stetiges Wachsen.
Im Jahre 1879—1880 betrug die Schülerzahl 109, während sie
im heurigen Wintersemester auf 336 gestiegen ist. Diese
Steigerung lässt sich durch die neunziger Jahre verfolgen und
zwar in folgendem Maasse: es stieg die Ziffer von 162 auf 183,
194, 198, 219, 249, 280, 314 bis 336. Im Sommersemester war
die Frequenzziffer folgende: sie stieg von 116 auf 132, 168, 181,
208, 224, 243 und 293.
Dr. Hauber: Meine Herren! Die Frage, ob die gegen¬
wärtige Vorbildung der Thierärzte genügt oder nicht und ob
man Dicht, wie die Petitionen, die an den Landtag gerichtet
wurden, verlangen, den Herren, welche die thierärztliche Hoch¬
schule besuchen wollen, auch das Gymnasiumabsolutorium auf¬
bürden solle, diese Frage erachte ich für vollkommen berechtigt
und Zeitgemäss. Es wird Ihnen Allen nicht entgangen sein,
dass die thierärztliche Hochschule in den letzten Jahren eine
bedeutende Frequenz aufzuweisen hatte. Diese Frequenz hängt
zusammen mit der Mannigfaltigkeit und mit der erhöhten An¬
zahl der Krankheiten der Thiere an und für sich und mit dem
Bedürfhiss des Publicums, diese erhöhte Krankheitsziffer der
Thiere auch thierärztlich behandeln zu lassen und nicht mehr
in die Hand der Pfuscher zu geben, wie ehedem.
Nun, meine Herren, ist Ihnen ebenso bekannt, dass die
ganze Richtung der thierärztlichen Medicin gegenwärtig eine
ganz andere geworden ist, wie sie ehedem war. Während sie
früher auf dem Boden der reinen experimentellen Therapie sich
bewegte, ist man jetzt weiter gedrungen und dahin gekommen
mit Hülfe des Microscops, dass man die Krankheiten in ihren
vitalsten Ursachen zu erkennen bestrebt ist und gemäss dieser
Erkenntniss dieselben zu behandeln sich bemüht. Meine Herren!
Das Microscop ist es, welches auch hier wieder bahnbrechend
gewirkt hat, und Sie haben schon bei einem früheren Anlass,
insbesondere aus den schlagenden Ausführungen des Herrn
Präsidenten in der Frage, ob humanistische oder realistische
Bildung, gehört, dass ein gewisser Scharfsinn, ein logisches
Denken nothwendig ist, um diejenigen Grundsätze festzustellen,
die auch den Thierärzten zu Nutze kommen und die rückwirkend
auf die Landwirtschaft einen mächtigen Einfluss üben werden.
Meine Herren! Ich möchte nur noch die Petitionen einer
wohlwollenden Würdigung nochmals empfehlen und ich bitte
Seine Excellenz, dass gemäss der Autorität, welche im Kultus-
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250
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
ministerium in dieser Sache herrscht, die Frage in der Weise
entschieden wird, wie es die grösste Anzahl der Thierärzte
augenblicklich auch wünscht.
Präsident: In Bezug auf die Petition, meine Herren,
möchte ich, damit einem Irrthum begegnet wird, bemerken, dass
es Gewohnheit unserer Ausschüsse ist, Petitionen, welche von
Ausländern*) eingehen, an sich nicht zu behandeln.
Nachdem aber der Inhalt dieser erstaufgeführten Petition,
die von zwei Ausländern ausgeht, aufgenommen und unterstützt
worden ist durch eine Anschlusserklärung Seitens eines baye¬
rischen städtischen Oberthierarztes in München, konnte der
formelle Einwand gegen die Behandlung der Petition nicht auf¬
recht erhalten werden. Ich bemerke das nur, um gewisse Con-
sequenzen in der Behandlung von derlei Petitionen auch hier
klarzustellen.
Das Wort nehmen Seine Exc. der Herr Cultusminister.
Der k. Staatsminister Dr. von Landmann: Meine
Herren! Wie Sie schon vom Herrn Referenten gehört haben,
habe ich mich bereits im Finanzausschüsse damit einverstanden
erklärt, dass künftig für das Studium der Veterinärmedicin als
Vorbedingung das Gymnasialabsolutorium gefordert werde. Ich
stehe nicht an, diese Erklärung hier ausdrücklich zu wieder¬
holen, da ich den Wunsch der betreffenden Petenten für wohl¬
begründet halte, nicht blos im Standesinteresse, sondern auch
im Interesse der Landwirtschaft. Dabei gehe ich allerdings
davon aus, dass als Gymnasialabsolutorium nicht blos das Ab-
solutorium eines humanistischen Gymnasiums, sondern auch das
Absolutorium des Realgymnasiums angesehen werde.
Präsident: Zum Worte ist Niemand mehr gemeldet; die
Discussion ist geschlossen.
Ich constatire — auch ohne besondere Abstimmung darf
das angenommen werden —, dass der Antrag des Finanzaus¬
schusses, die Petitionen der k. Staatsregierung zur Würdigung
hinüberzugeben, die Zustimmung der Kammer gefunden hat.
Ein netter Brief!
Folgender Brief des Oberrossarztes a D. Dischereit an
einen Pferdebesitzer ist uns zur Veröffentlichung übergeben:
Rathenow, den 28. 3. 1900.
Mein sehr verehrter Herr Papel
Als ich heute Ihr Pferd bei Herrn Amtmann Bauchei
untersuchte, zeigte mir der Herr einen Brief von Ihnen, indem
Sie ein kreisthierärztliches Attest verlangten, nachdem Sie sich
bei einem Kreisthierarzt erkundigt hätten. Zu Ihrer Aufklärung
und damit Sie den Kreisthierarzt belehren können, schreibe ich
Ihnen folgendes:
Das Attest eines Kreisthierarztes gilt nur soviel vor
Gericht, als das Attest irgend eines anderen Thierarztes. Wenn
ein Richter ein besonderes Gutachten verlangen wollte von
einem zuverlässigen Sachverständigen, so würde er von einem
Oberrossarzt ein Attest verlangen. Denn Oberrossärzte
müssen lange Jahre bewährte Rossärzte gewesen sein, bevor
sie zu dieser höheren Charge gelangen, welche Charge im
Officiersrange steht. Dagegen stehen die Kreisthierärzte
in einem sehr niederen Range, nämlich sie haben den
Rang der Kreisboten und stehen in der 8. Rangklasse,
noch zwei Stufen unter dem Kreissecretär. Jeder junge
Anfänger kann Kreisthierarzt werden, wenn er ein Examen zum
Kreisthierarzt gemacht hat. Seit 13 Jahren hätte ich jeden
Tag Kreisthierarzt werden können, aber ich habe es nicht nöthig,
und aus einer höheren Stellung geht man doch nicht
gern in eine niedere Stellung. Wenn Sie sich bei dem
Kreisthierarzt in Genthin erkundigt haben und dieser Sie zu
der lächerlichen Forderung eines kreisthierärztlichen Attestes
bewogen hat, so seien Sie so gut, ihm gelegentlich zu sagen, dass,
als er noch ein Thierarzneischüler war, ich schon mein Examen
gemacht hatte zum Kreis-Thierarzt. Wenn Sie also zuerst bei
mir Sich erkundigen und dann bei dem Kreis-Thierarzt, so ist
es ebenso, als wenn ich etwas von der Wirthschaft wissen will
und mich zuerst bei einem Bauerngutsbesitzer erkundige und
dann hinterher beim Kleinknecht. Uebrigens will ich Ihnen
mittheilen, dass ich heute Ihr Pferd untersucht habe u. dass das
kein Krippensetzer ist. Wäre es ein Krippensetzer gewesen,
so hätten Sie den ganzen Schaden tragen müssen, auch wenn
das Pferd an der Anschwellung gestorben wäre. Entschädigung
*) Man sollte endlich officiell den Gebrauch fallen lassen, die
einem anderen Bundesstaat angehörigen Deutschen als „Ausländer“
zu bezeichnen. S.
No. 21.
zu fordern für den Druckschaden hatten Sie gar kein Recht und
sind Sie auch in dieser Sache falsch und ohne Kenntniss des
Gesetzes beratlien. Belehren Sie Ihren unwissenden Rathgeber
ich weiss aus Erfahrung, dass junge Thierärzte noch viel Er¬
fahrungen sammeln müssen, da ich, als ich noch beim Hegt,
war, genug junge Thierärzte zur Ausbildung unter den Händen
gehabt habe.
Mit freundl. Gruss ergebenst
Dischereit
Kgl. Oberrossarzt a. D. mit der Qualification z. Kreisthierarzt.
Die oft unerfreulichen Erscheinungen des persönlichen Con-
currenz-Kampfes in der Praxis sind in der B. T. W. niemals
zum Gegenstand öffentlicher Besprechung gemacht worden; dies
ist auch völlig unthunlich. Aber der vorliegende Brief tritt ans
diesen Grenzen heraus, indem er sich nicht gegen einen Ein¬
zelnen, sondern gegen eine ganze Classe von Thierärzten richtet
Dem ersten Satz des Briefes stimmen wir ganz zu. Vor Gericht
kann ein kreisthierärztliches Attest nicht mehr Geltung be¬
anspruchen, wie das jedes als zuverlässig bekannten Privat¬
thierarztes. (Wenn es sich um dem Gericht unbekannte
Sachverständige handelt, wird das Gericht freilich häufig in
der amtlichen Qualität eine gesteigerte Garantie erblicken.) Wir
wissen nicht, ob der Briefschreiber Anlass hatte, jenen Grund¬
satz zu vertheidigen. Aber jedenfalls konnte ihn nichts berechtigen,
zu solchenMitteln zu greifen, kann nichts den Versuch entschuldigen,
die Kreisthierärzte in den Augen des Publicums herabzusetzen
durch Bezugnahme auf ein Verhältnis, das alle Thierärzte ver-
urtheilen und das auch von den Behörden als factisch nicht zu
Recht bestehend anerkannt wird. Man ihüsste sich geniren,
wollte man auf diese Sätze auch nur ein Wort erwidern. Es
genügt zu sagen, dass dieses Verfahren ein unerhörtes
ist. Der thierärztliche Stand kann nur gedeihen, wenn seine
Theile von dem Gefühl der Zusammengehörigkeit und Gemein¬
samkeit beseelt bleiben. Jedem Versuch, dieses Gefühl zu ver¬
letzen, muss mit Entschiedenheit entgegengetreten werden.
Desshalb soll dieser Brief hiermit öffentlich festgenagelt sein.
Schmaltz.
Königreich Sachsen.
Das Gehalt der Bezirksthierärzte ist auf 2100—3300 M.,
sowie 400 M. Büreauentschädigung erhöht worden. Bravo!
Einladung zur FrOhjahrsversammiong
des tierärztlichen Vereins für die Provinz Brandenburg
am Sonntag, den 27. Mai, Vorm. 11 Uhr
im Restaurant zum Heidelberger, Centralhotel Berlin.
(Eingang von der Dorotheenstrasse.)
Tagesordnung:
Geschäftliche Mittheilungen.
Neuwahl des Vorstandes und der Delegirten.
Aufnahme neuer Mitglieder: Angemeldet zur Aufnahme sind
die Herren Professor Regenbogen-Berlin, Berger-Müncheberg,
Böse-Landsberg a. W., Hennig-Prenzlau, Dr. Joest-Prenzlau,
Oberrossarzt a. D. Richter-Landsberg, Ri eg er-Köpenick,
Dr. Schreib er -Landsberg. Die Herren Pathen werden ersucht,
anwesend zu sein. —
Berathung und Beschlussfassung darüber, ob der Verein
gemäss den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches die
Rechtsfähigkeit durch Eintragung erwerben soll. Referent
Professor Eberlein. —
Ueber neue Castrationsmethoden mit Abdrehen. Referent
Dr. T o e p p e r. (An Stelle des verhinderten Kreisthierarztes
Kieckhaefer.
Ueber Maul- und Klauenseuche. Referent Kreisthierarzt
Graffunder.
Mittheilungen aus der Praxis. —
Nach der Versammlung gemeinsames Mittagessen.
Der Vorstand. I. A. Schmaltz.
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34. Mai 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
261
Oeffentliches Yeterinärwesen.
(Mittheilungen für
Seuchenstatistik und Veterinärpolizei.
Seuchen«ohutz in Ost-Russland.
In einer in den Mitth. d. D. L.-G. No. H enthaltenen Ab¬
handlung des landwirtschaftlichen Sachverständigen in St. Peters¬
burg über die Viehzucht im östlichen Russland finden sich An¬
merkungen über den Seuchenschutz in den Steppengegenden
Russlands, der sogenannten inneren Bukejeff-Horde. Die Horde
ist in 7 Bezirke geteilt, für jeden Bezirk ist ein Thierarzt be¬
stellt, welcher demnach seine amtlichen Functionen in einem
Kreis von 13000 qkm Ausdehnung zu versehen hat. Ihm bei¬
gegeben sind 7 Aufseher. Auf jeden derselben kommen 1870 qkm
mit 41300 Stück Vieh. Der Thierarzt ist mithin für 290000
Stück Vieh bestellt. Die Hauptaufgabe dieser Regierungsthier¬
ärzte ist es, die Uebertragung der Rinderpest zu verhindern. So
wird z. B. der grosse Viehmarkt auf dem Gebiete der inneren
Kirgisenhorde vor Eröffnung mit einer Ueberwachungsmannschaft
umgeben und das Vieh alsdann nur nach thierärztlicher Unter¬
suchung hereingelassen. Beim Austrieb muss ein Gesundheits-
zengniss ertheilt werden, ohne welches der Trieb in den Steppen
untersagt ist. Solche Bescheinigungen sind für jede Beförderung
von Vieh einzuholen und werden in Ermangelung des Thier¬
arztes oder Feldscheres von den Gemeindevorstehern oder Aerzten
ertheilt. Für den Uebergang des Viehs ans dem Turgai-Gebiet
nach Orenburg ist eine 21 tägige Sperre 26 km von der Stadt ent¬
fernt eingerichtet. Nach Beendigung der Sperrzeit werden Ge¬
sundheitsausweise ertheilt, die auf dem Tanschhofe vorgelegt
werden müssen, worauf eine nochmalige Untersuchung erfolgt.
Dieselbe Einrichtung besteht an allen anderen Uebergangs-
stationen des asiatischen Russlands und des Kaukasus für das i
nach dem europäischen Russland getriebene Vieh. Diese Mass¬
nahmen sind sämmtlich sehr zweckmässig, nur nehmen sie viel
Kräfte in Anspruch und erschweren dadurch die örtliche Be¬
kämpfung vorhandener oder entstehender Seuchenherde.
Jedenfalls muss fraglos anerkannt werden, dass die letzten
Jahre für den Seuchenschutz gegen Asien vollständig ausgenutzt !
worden sind, und es ist zu erwarten, dass die Regierung nun¬
mehr die Zahl der Thierärzte schnell genügend vermehren wird,
um dem europäischen Russland die Segnungen des schon begonnenen ,
Werkes völlig zu Theil werden zu lassen.
Fleisehsehaa and Vieh verkehr.
Betrachtungen über die Einfbhr von lebenden Vieh und frischem Fleisch
in England im Jahre 1899.
Nachdem nunmehr die Einfuhrzahlen abgeschlossen vor¬
liegen, zeigt sich als Hauptmerkmal der Einfuhr, dass auch im
Jahre 1899 die Einfuhr von lebendem Vieh in England noch
mehr zurückgegangen, dagegen die Einfuhr von frischem Fleisch
äquivalent zugenommen hat. Besonders auffällig ist die Ab¬
nahme der Viehsendungen ans Argentinien nach Inkrafttreten
der neuen Verschiffungsbestimmungen. Während aus dieser
Republik in der ersten Hälfte des Jahres 10358 Rinder monat¬
lich eingeführt wurden, betrug die Zahl in der zweiten Hälfte
des Jahres nur 3869, allerdings ist auch die Verlustziffer bei
diesen Viehsendungen, dank den neuen Bestimmungen, erheblich
gesunken. Die Schafsendungen aus Argentinien fielen von
46418 monatlich in dem ersten Halbjahr auf 17262 Stück im
zweiten Halbjahr. Die Qualität des argentinischen Viehs hat
V eterinärbeamte.)
sich gegen das Vorjahr noch mehr gehoben, so dass gute Preise
für Rinder und Schafe erzielt wurden. Wenn trotzdem nicht
mehr Vieh nach England verschifft wurde, so ist dies den
jetzigen hohen Versandspesen zuzuschreiben, und werden die
Exporteure Bedacht nehmen müssen, mehr und mehr den Export
von frischem Fleisch zu organisiren, besonders jetzt, wo England
wegen Maul- und Klauenseuche gegen Argentinien gespent hat.
Die Entwickelung des River Plate - Handels mit gefrorenem
Schafßeisch stellt entschieden hierfür ein günstiges Prognosticon.
Wenn auch Argentinien Exportgelegenheit nach anderen Ländern
hat, so ist es doch auf England hingewiesen. Im vorigen Jahre
gingen aus Argentinien 13200 Rinder und 3280 Schafe nach
Brasilien, 2296 Rinder und 6684 Schafe nach Süd-Afrika, 340
Rinder und 3646 Schafe nach Belgien, 170 Rinder und 91823
Schafe nach Frankreich, dahingegen 90672 Rinder = 85 pCt. und
404 708 Schafe = 79,33 pCt. nach England. Bezüglich der Ge-
sammteinfuhr in England war Argentinien 1899 bei den
Rindern mit fast 17 pCt. und bei den Schafen mit 62,86 pCt.
betheiligt.
Die Vereinigten Staaten haben 48249 Rinder und
25991 Schafe weniger, dagegen 444740 Ctr. Rindfleisch mehr
eingeführt. Die Qualität des Viehs war mit Ausnahme der
Weihnachtssendungen eine minder gute. An der Gesammteinfuhr
betrug die Betheiligung 63,80 pCt. bei den Rindern, 19,92 pCt.
bei den Schafen und 72,50 pCt. beim Rindfleisch.
Canada führte 13745 Rinder weniger und 21860 Schafe
mehr ein, war somit mit 18,80 pCt. bei den Rindern und
10,52 pCt. bei den Schafen betheiligt. Von anderen Ländern
wnrden 0,45 pCt. Rinder und 6,70 pCt. Schafe importirt. Bei
den Rindern sind es vorzugsweise die Canalinseln und bei
den Schafen Island. Beim frischen Fleisch kommen noch Hol¬
land mit 8,28 pCt. Schaffleisch und 51,47 pCt. Schweinefleisch,
Belgien mit 5,28 pCt. Schweinefleisch, Argentinien mit
33,12 pCt. Schaffleisch, Australien mit 19,55 pCt. Rindfleisch
und 58,06 pCt. Schaffleisch, sowie die übrigen Länder mit
7,95 pCt. Rindfleisch (Dänemark), 0,54 pCt. Schaffleisch
(Deutschland) und 43,25 pCt. Schweinefleisch (Vereinigte
Staaten und Dänemark) in Betracht.
Die Gesammteinfuhr in England belief sich 1899 auf
503504 Rinder (—65562, —ll^pCt.), 607755 Schafe (—55992,
—8 7 a pCt.), 3802622 Ctr. Rindfleisch (+701801, + 22'j pCt.),
3446022 Ctr. Schaffleisch (-f 132021, + 4 pCt.) und 668972 Ctr.
Schweinefleisch (+ 111370, + 20 pCt.X Rechnet man den
Fleischüberschuss in Stück Rinder, Schafe und Schweine um,
so ergiebt derselbe 107960 Rinder ä 650 Pfund, 264000 Schafe
ä 50 Pfund und 74240 Schweine ä 150 Pfund. Nach Abzug der
weniger eingeführten Schafe und Rinder verbleibt somit ein
Einfuhrüberschuss von 42398 Rindern, 208008 Schafen und
74240 Schweinen.
Der Werth der Rindereinfuhr betrugt 8572114 (—£827679),
der Schafe £ 942891 (—£41972), des Rindfleisches £ 7344723
(+ £ 1429108), des Schaffleisches 5439407 (+ £ 537224) und
des Schweinefleisches £ 1403041 (+ 237741). Der Werth des
Imports von Vieh und Fleisch hat demnach insgesammt um
£ 1334422 zugenommen.
Die gewaltige Ausdehnung, welche der englische Vieh- und
i Fleischimport in den letzten 20 Jahren erfahren hat, wild erst
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 21.
252
so recht zum Bewusstsein kommen, wenn man bedenkt, dass im
letzten Jahre in England 124 Rinder und 50 Schweine alle
Stunde und 14 Schafe jede Minute gelandet worden sind und
dass in jeder Minute des verflossenen Jahres für 2700 Mark
Fleisch eingeführt worden ist. Zieht man die Einfahrzahlen
des präservirten Fleisches noch in Rücksicht, so ergiebt sich,
dass England jetzt fast 40 pCt. seines Fleischverbrauchs ans
dem Auslande bezieht. Kühn au.
Bücheranzeigen und Kritiken.
IV.
Reuter, kgl. bayer. Bezirksthierarzt, und Sauer, kgl. Ober¬
amtsrichter: Die Gewährleistung bei Viehverfiusserungen naoh dem bürger¬
lichen Gesetzbuch. Berlin bei Paul Parey. 1900.
Die gerichtliche Thierarzneikunde ist eine complicirte und
mindestens doppelseitige Materie. Desshalb ist das Werk von
Dieckerhoff unbestreitbar ein Meisterwerk, weil Dieckerhoff
nicht nur die umfassendste technische Kenntniss, eine wohl bei¬
spiellos reiche Erfahrung auf dem labyrinthischen Gebiet des
Viehhandels zu Gebote stehen, sondern weil er auch die scharfe,
klare juristische Auffassung und Ausdrucksweise bemeistert und
über eine tiefgehende Rechtskunde verfügt. Die daraus sich
ergebenden Vorzüge des Dieckerhoff’schen Buches sind denn
auch von der Kritik, namentlich auch von der juristischen,
übereinstimmend anerkannt worden. Soviel wir wissen, war
Herr Reuter der Einzige, der (Monatshefte für Thierheilkunde)
eine ziemlich absprechende Kritik geübt hat. Aber wir glauben
nicht, dass der von ihm gelieferte Theil des nun von ihm selbst her-
ansgegebenen Werkes an die Leistung Dieckerhoff heran¬
reicht. Auch die gute Bearbeitung des juristischen Theils
durch einen Fachjnristen kann dem qu. Buche nicht den Vorzug
ersetzen, den die gerichtliche Thierarzneikunde von Diecker¬
hoff hat, die eine mustergiltige Arbeit aus einem Guss eben
desswegen ist, weil ihr Autor die wissenschaftliche wie die
rechtliche Seite des Stoffes in gleicher Weise vollkommen
beherrscht. Schmaltz.
Ueber Gewährleistung im Viehhandei sind noch erschienen. 1. In
der Guttentagschen Sammlung deutscher Reichsgesetze No. 50
ein Buch in Duodez von Rechtsanwalt Dr. Störle in Kempten
(Bayern) mit veterinär - technischen Erläuterungen von Kreis¬
thierarzt Weiskopf-Augsburg. 2. Eine kleine Broschüre von
Oberamtsrichter Babl, Erlangen bei Palm u. Enke. 3. DeBgl.
von Ludwig Mainhard, Grossherz. Landgerichtsrath zu Karls¬
ruhe (Braun'sehe Hofbuchdruckerei). 4. Ein Vortrag von
Polizeithierarzt Richter in Frankenberg in Sachsen. Alle diese
kleineren Werke, unter denen namentlich die gemeinverständ¬
liche Gesetzeserläuterung von Mainhard hervorgehoben werden
soll, sind natürlich mehr für Rechtsanwälte bezw. Landwirthe
als für Thierärzte bestimmt.
Neue Einginge.
(Besprechung Vorbehalten.)
Lungwitz und Schmidtchen. Zeichenvorlagen für Huf¬
beschlagschulen in 30 Tafeln. Dresden. Schönfelds Verlag.
Personalien.
Auszeichnungen und Ernennungen: Dem Schlachthofdirector Oll mann
und dem Oberrossarzt Stein in Dessau sind die Ritter-Insignien
II. KI. des Hansordens Albrechts des Bären verliehen worden.
Der Oberrossarzt und Inspicient bei der Militärrossarztschule,
Milllerscowscy ist zum Corpsrossarzt des VIU. Armeecorps
ernannt, an Stelle des in den Ruhestand tretenden Corpsrossarztes
Hahn. Dem Kreistbicrarzt Dr. Oe hm ke-Braunschweig ist das
Prädicat als Herzoglicher Hofthierarzt verliehen worden. — Thierarzt
A. Wagner-Enzheim zum Cantonalthierarzt des CantonsGeispolsheim
(Unter-Elsass). — Gewählt: Thierarzt Löwa zum Schlachthof-
inspector in Spremberg, Rossarzt Prenzel nebenamtlich zum
Schlachthofthierarzt in Militsch.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc. Verzogen: Die
Thierärzte Hans Bäu ml er als kreistbierärztlicher Assistent nach
Wreschen (Pos), F. Carl von Schloppa (Westpr.) nach Wittatock,
Dahme von Berlin nach Cottbus (Schlachthof), Hans Jacobsen
von Nordstrand nach Semmenstedt (Brannschw.) als Nachfolger des
verstorbenen Thierarzt Hoffmeister, Jakob nach München,
Littmann, Oberrossarzt a. D., von Cottbus nach Görlitz
(Schlachthof), Rauschert von Friedeberg (Neumark) nach Lipke
(Kr. Landsberg a. W.).
Vacanzen.
(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreisthierarztstelien etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen
R.-B. Aachen: Montjoie (600 M., ausserdem 300 M. Stellenzulage und
600M. Kreiszuschuss, sowie ev. voraussichtl. 800 M. für Beaufsichtigung
der städt. Fleischbeschau). Bew. bis 1. Juni er. an den Regierungspräs.
— R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich Kreiszuschnes).
— Stolp (Nord) (erneut ausgeschrieben) mit dem Amtssitz in Glowitz.
Gesuche an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Köln: Waldbröl
(neuerrichtet) (600 M. Gehalt, 200 M. aus Kreismitteln, 810 M. für
Beaufsichtigung der Viehmärkte). Bewerbungen bis 18. Juni an den
Regierungspräsidenten.
Deutsch-Südwcst-Afrika: Für das Kaiserliche Gouverne¬
ment vorläufig zur comm. Beschäftigung 2 approb. Thierärzte zum
sofortigen Antritt (6000 M. Anfruagsgehalt, Wohnung etc. *Hin- und
Rückreise; 1000 M. Ausrüstungsgelder; 3 Jahre Verpflichtung).
Bewerb, an die Kolonialabtheilung des Auswärtigen Amtes.
b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Köln: Rbeinbach. — R.-B. Wies¬
baden: St. Goarshausen.
Sanitfitsthierarztsteilen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Frankfurt a. 0.: Schlachthofdirector zum 15. Juni er. mit Qualifika¬
tion zum beamt. Thierarzt. (3600 M., steigend bis 4800 M., Wohnung
etc. Keine Praxis. lJijähr. Probezeit, Jijähr. Kündigung). Bewerb,
bis 26. Mai an den Magistrat — Neheim: Schlachtnofdirector zum
1. Juni er. (2000 M. Wohnung etc. Privatpraxis.) Bewerb, an
den Magistrat. — Schivelbein: Thierarzt für FleischBchau (ca.
2400—3000 M.; Praxis gestattet). Meid, beim Magistrat —
— Wamsdorf, Bez. Leipzig: Tbierarzt für Fleischschau in W.
und in den Nachbargemeinden. Meid, an den Gemeindevorstand.
— Zwickau: 2. Schiachthofthierarzt zum 1. Juni (1800 M.
Wohnung etc.)
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Düsseldorf: 2. Aasistenzthierarzt. — Eberswalde: Schlachthof-
inspector. — Graudenz: Schlachthofassistenzthierarzt — Johann¬
georgenstadt u. Nachbargemeinden: ThierarztfÜr Fleischbeschau.
— KönigB wartha i. S.: Thierarzt für Fleischbeschau. — Lunzenan:
Thierarzt für Fleischschau. — Mülhausen (Eisass): Schlachtbof-
Verwalter. — Pössneck: Thierarzt für Fleischbeschau. — Wanne:
Schlachthofvorsteher. — P ritz erbe: Thierarzt für Schlachtvieh-
und Fleischbeschau. — Wetter (Ruhr): Thierarzt für Fleischbeschau.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. PiU-
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig).— Soldau
(Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt. — Menge ring-
hausen (Waldeck): Thierarzt. — Rhinow (R.-B. Potsdam):
Thierarzt. Schloppa (Westpr.): Thierarzt sofort, (ca. 1000 M. aus der
Fleischbeschau). Meid, an den Magistrat. — Schwarzenberg i. S.:
Thierarzt für Fleischbeschau u. Praxis. — Sonnenburg: Thierarzt.—
Suelze (Mecklb.): Thierarzt (800 M. Fixum aus der Stadtkasse).
Bewerbungen an den Magistrat — Weilerbach, Bez.-A. Kaisers¬
lautern: Thierarzt (760 Mark Beihülfe). Meid, bis 15./6. an den
Bürgermeister. — Wolkenstein: Thierarzt für Praxis und Fleisch¬
schau.
Besetzt: Sanitätsthierarztstelle in Filehne.
Verantwortlich für uen Inhalt (exel. Inaeratenthell): Prot Dr. Sehmaltx in Berlin. — Verlag und Elgenthum von Richard Scho et i in Berlin. — Druck von W. BQxenateln, Berlin
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Die „Berliner Thierintllche Wochentchrift“ erscheint
wöchentlich ln SUtrke von mindestem 1*/. Bogen. Dieselbe
iet in beziehen durch den Buchhandel, die Post (No 1082)
oder durch die Verlagsbuchhandlanjr von Richard
8ohoeta, Berlin NW., Lolsenstraase 86, zum Preise von
Mk. 6,- pro Vierteljahr.
Berliner
Origlnalbeltrigo werden mit 60 Mk. für den Bogen honorlrt
Alle Manuscripte, Mlttheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thiertrztlicbe Hochschule, NW., Luisenstrasse 66.
Correcturen, Recensions -Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. E. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Bichard Schoet*, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
-L. g =■ ■" «■■■ ■ i i 1 . i - ■ i ' 111 iu-m ==5gtB— —— b-bw— i- aaag
Jahrgang 1900. M 22. Ausgegeben am 31. Mai.
Inhalt: Witt: Kritische Bemerkungen über die Gebärparese und deren Behandlung. — Referate: Bosi: Zur Ausführung
der Trepanation bei Haussieren. — Beurtheilnng des Alters der Pferde nach den Schneidezähnen. — Reichenbach: Becken¬
bruch beim Pferd. — Tapken: Ursache des Nasenblutens. — Bostrom: Stoppelkrankheiten. — Arloing: Zur Serotherapie
des Bauschbrandes. — Place: Die Behandlung des Tetanus bei Pferden mit grossen Dosen von Carbo). — Bates: Die
therapeutische Anwendung des Nebennierenextractes. — Therapeutische Notizen. — Thierhaltung und Thierzucht. —
Tagesgeschichte: Frühjahrs-Sitzung des Vereins schlesischer Thierärzte in Breslau am 6. Mai 1900. — Bericht der Petitions-
commission des Reichstages für das Plenum, betr. Abiturientenexamen. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinär¬
wesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen.
Kritische Bemerkungen Uber die Gebärparese und
deren Behandlung.
Von
Witt-Sonderburg.
Kreisth'erarzt
Der Herr College Schmidt in Colding hat mit der von
ihm empfohlenen Infusion von Jodcalinm-Lösung in das Euter
zur Behandlung der Gebärparese ohne Zweifel den Vogel ab¬
geschossen.
In dieser Zeitschrift sind zwar einige Aeussernngen über
Misserfolge bei einer derartigen Behandlung laut geworden;
doch werden diese meines Erachtens nicht mehr im Stande sein,
dieselbe, die sich in den meisten Fällen so vorzüglich bewährt
hat, in Misscredit zn bringen.
Von 57 Fällen, die ich behandelte, wurden 50 geheilt, die
meisten davon nach Verlauf von 6—12 Stunden. Eine Kuh
wurde nothgeschlachtet. Von den anderen sechs Fällen mit
letalem Ausgange waren drei bei Einleitung meiner Behandlung
(12—36 Stunden nach Beginn der Krankheit) bereits so weit
vorgeschritten, dass ich die Nothschlachtung empfahl, die Be¬
sitzer bestanden aber auf Behandlung ihrer Thiere, weil sie
von der so sehr erfolgreichen Einspritzung gelesen oder gehört
hatten, und weil ausserdem die Thiere nur einen geringen
Schlachtwerth repräsentirten.
Also der Erfolg der Schmidt’schen Behandlungsweise
steht mir ausser allem Zweifel.
Mit der Theorie des Herrn Schmidt-Colding: Das Jod
des Jodcaliums soll die Drüsensecretion hintanhalten
und dadurch die Bildung eines Giftstoffes verhindern, kann ich
mich aber ebenso wenig vertraut machen, wie Herr Dr. Aron¬
sohn.
Im Jahrgang 1898 pg. 161 der B. T. W. lesen wir, dass
bereits Herr Schmidt-Colding beobachtete, wie eine Lysol¬
lösung sich ebenfalls wirksam zeigte.
Berichtigung.
In dem Artikel von Jost No. 21, pg. 244, siebente Zeile vor
Schluss, befindet sich ein sinnverkehrender Druckfehler. Es muss
heissen „aleukaemisches Lymphadenom“ (nicht leukaemisches).
Herr Dr. Aronsohn, pg. 217 des laufenden Jahrganges, hat
in 14 Fällen erprobt, dass reines Wasser oder physiolo¬
gische Kochsalzlösung dasselbe tliat; und auch ich kann
dies vom gewöhnlichen abgekochten Wasser, wenn aach
nur in einem Falle, bestätigen. Mag nun das Ergebniss einer
längeren Versuchsreihe erst endgültig entscheidend sein, so
zeigen doch diese angeführten Heilungsfälle ohne Jodcali um
soviel, dass es nicht richtig ist, wenn auf pg. 161, Jahrgang
1898 Schmidt-Colding sagt: aus allen Versuchen ergiebt sich,
dass die Infusion eines Jodsalzes besonders unter Einwirkung
der mit in das Euter infundirten atmosphärischen Luft
einen ganz typischen Verlauf bedingt.
M. E. kann das freiwerdende Jod des Jodcaliums
nicht das wirkende Agens sein, wenn indifferente
Lösungen ohne Jod und ohne Luft dieselbe Wirkung
haben!
In diesem Punkte stimme ich also mit Herrn Dr. Aron¬
sohn vollständig überein, nicht jedoch mit dessen Theorie
über die arterielle Anämie des Gehirns in Folge zu
starken Blutandrangs nach dem Enter. Gegen diese Er¬
klärung sprechen m. E. doch verschiedene Dinge.
1. Warum soll gerade hei den besten, kräftigsten Kühen
so leicht eine Gehirnanämie anftreten? Wäre auch bei diesen
der Blutandrang nach dem Euter stärker, als bei schwächeren
und schlechteren Milchthieren, so müsste ich doch annehmen,
dass das Mehr an Blut, welches nach dem Euter drängen soll,
durch das Mehr der Gesammtmenge vollsäftiger Thiere wieder
ausgeglichen würde.
2. Wenn es sich beim Milchfieber wirklich um einen zn
starken Blutandrang nach dem Enter handelt, wie soll ich
es mir dann erklären, dass a) bei einem so grossen Pro¬
centsatz der erkrankten Thiere trotz des starken Blut¬
andrangs das Euter relativ klein und schlaff bleibt,
kleiner und schlaffer, als man es bei den besten Milchkühen
erwarten sollte, — dass b) die Milchsecretion ganz oder
doch zum grössten Theil aufhört. Jedenfalls habe ich das
Erstere in 70—80 pCt., das Letztere in 100 pCt. der von mir
beobachteten und behandelten Fälle constatiren können. Daraus
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254
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT
No. 22.
glaube ich also entnehmen zu müssen, dass die fraglichen Thiere
einen verhältnissmässig geringen Blutandrang nach dem Euter
haben. Bei starkem Blutandrang nach dem Euter müsste doch
Anschwellung des Euters und vermehrte Milchsecretion eintreten.
3. Herr Schmidt - Colding und Herr Dr. Aronsohn
wollen beide die Function der Milchdrüse, die Milch¬
secretion zurückhalten oder ganz aufheben. Ich möchte
doch fragen, mit welcher Begründung sie daraufhin ihre Be¬
handlung einrichten?
In meinem Wirkungskreise mache ich allgemein folgende
Beobachtung: wenn innerhalb 12—36 Stunden nach dem Kalben
bei einer guten Kuh die Milchsecretion aufhört, so be¬
fürchten der Landwirth und auch ich nicht mit Unrecht das
Auftreten der Gebärparese, und ist diese da, und stellt
sich dann einige Stunden nach der Einspritzung ins Euter die
Milch wieder ein, so ist die Gefahr wenigstens der Regel
nach vorüber (wenigstens hier auf Alsen, ob es in Dänemark
oder Mecklenburg anders ist, entzieht sich meiner Beurtheilung).
Es braucht die Milchsecretion beim Eintritt der Parese nicht
völlig aufzuhören, bei der Heilung nicht sogleich in ihrem ganzen
Umfange wieder einzusetzen, — das Euter ist ja kein umun,
sondern ein multiplum —, aber zur Hauptsache ist der, Ver¬
lauf so, wie ich angegeben.
Wenn jetzt Herr Schmidt und Herr Dr. Aronsohn mit
der Einspritzung ins Euter nicht die Secretion der Milch
steigern, wie man doch erwarten sollte, sondern sie be¬
schränken wollen, so darf ich doch bitten: Erklären Sie mir
nur diesen Zwiespalt der Natur!
4. Herr Dr. Aronsohn will durch Gegendruck im Enter
den starken Blutandrang nach diesem Organ und so die arterielle
Anämie des Gehirns beseitigen. Wird die Einführung vpn */*
oder gar */„ 1 Flüssigkeit in ein Euterviertel wirklich ausreiahen
können, den Blutandrang erheblich zu mindern, zumal in dem
geräumigen Euter einer guten Milchkuh? Müssten ausserdem
bei einer arteriellen Anämie des Gehirns nicht die Herz¬
mittel besser und sicherer wirken, was doch beim Milchfieber
keineswegs der Fall ist?
5. Herr Dr. Aronsohn führt gegen die Theorie der Auto-
intoxication an die oft schnelle Heilung des Leidens und vielleicht
die Ungiftigkeit des Fleisches. Den letzten Punkt will ich
übergehen und auf den ersten entgegnen, dass wir auch bei
anderen durch Autointoxication verursachten Krankheiten schnelle
Heilungen sehen, dass die meisten Heilungen bei der Gebär¬
parese langsam verlaufen, und dass eine schnelle Heilung noch
nicht die plötzliche Ausscheidung vieler Giftstoffe voraussetzen
muss. Ich halte also die Theorie der Autointoxication immer
noch nicht für widerlegt.
Zerreisst der Nabelstrang, und hört damit die Zufuhr von
Nährstoffen nach dem Fötus auf, so wird eine Aufspeicherung
solcher Stoffe im Mutterthiere stattfinden. Setzt dann die
Milchsecretion in ihrem vollen Umfange ein, so wird das Plus
von Nährstoffen hierdurch abgeleitet. Sistirt jedoch die
Milchsecretion oder hört sie bei vollsäftigen Milchthieren
auch nur zum grösseren Theil auf, so verbleibt jenes
Plus im Körper, und die Vorbedingung der Autointoxi¬
cation ist damit gegeben!
Mit einer solchen Auffassung lässt sich die Heilwirkung
auch am Ende in Einklang bringen, die wir bei Infusion von
Jodcaliumlösung und einfachem Wasser beobachtet haben.
Ein chemisches Agens haben die Lösungen nicht gemeinsam,
auf eine Wirkung durch Gegendruck wird es m. E. auch nicht
ankommen.
Die Heilwirkung ist dann dadurch zu erklären, dass die
eingespritzte Flüssigkeit entweder das im Euter vorhandene
Gift in sich aufnimmt und dem Körper entzieht, — in diesem
Falle wird es unseren Chemikern gelingen müssen, die giftige
Substanz nachzuweisen—, oder dass sie durch örtlichen Reiz
auf das Euterparenchym einwirkt, dies zu erneuter
oder verstärkter Thätigkeit anspornt und damit dem
Körper das Plus an Nährstoffen, mithin auch die Vor¬
bedingung der Autointoxication nimmt.
Ich entscheide mich für die letzte Erklärung.
Nehmen wir diese an, so wissen wir sogleich, warum zu¬
weilen ein ergiebiger Aderlass, öfter ein drastisches Ab¬
führmittel und besonders eine erhebliche Futterentziehung
das Auftreten der Gebärparese verhindern konnte.
Vor Allem aber ist damit die für mich absolut feststehende
Thatsache erklärt, dass mit dem Sistiren der Milchsecretion
die Gebärparese einsetzt, und dass die Krankheit ab¬
nimmt, sobald die Drüsenthätigkeit wieder beginnt!
Refer ate*
Zar Ansfahrung der Trepanation bei Uansthieren.
Von Augusto Bosi.
(Nuovo Erkolanl, Pisa 1899, Referat in den Muh. f. Th. Bd. 11, 4.)
Der bisherigen Trepanationsmethode haften verschiedene
Mängel an. Das Loch ist meist zu klein für eingehende Unter¬
suchungen, der Substanzverlust unverhältnissmässig gross und
langsam sich ersetzend. Verfasser versucht diese Mängel zu
beseitigen. In der Humanmedicin, wo man auch dieselbe Frage
lange studirt hat, findet die zuerst von Wagner 1889 aus¬
geführte osteoplastische Operation jetzt allgemein Anwendung.
Eben diese Methode sucht Bosi auch auf die Thiere zu über¬
tragen. Zur Operation macht er einen Hautschnitt in der Form
eines Hufeisens, wobei der Zwischenraum zwischen beiden
Schenkelenden des Schnittes 3 bis 4 cm betragen muss. Ferner
muss der Gipfel des Schnittbogens der Medianebene zugekehrt
sein, die beiden Enden müssen sich dagegen lateral richten
(wegen des Verlaufs der Arterien am Kopfe, die alle median-
wärts gekehrt sind). Nach dem Hautschnitt wird ein zweiter
Schnitt, jenem parallel bezw. concentrisch zu ihm und um & cm
enger, durch das Periost gelegt, welches im übrigen vom
Knochen nicht abgelöst wird. In der so frei gelegten Knochen¬
linie wird nun ein ganz aus Metall bestehender kleiner, scharfer
Meissei an einem Ende aufgesetzt und mittelst Hammerschläge
in der Schnittlinie vorwärts bis zum anderen Ende getrieben.
Der Meissei wird dabei selbstverständlich schräg angesetzt.
Die zwischen den beiden Enden der Meisseilinie stehen gebliebene
Knochenbrücke wird von beiden Seiten her mit dem Meissei
gewissermassen eingekerbt. Ist die Brücke auf diese Weise
verschmälert, so gelingt es leicht, w'enn man nunmehr am freien
Ende der durch Meisselung isolirten Knochenplatte (also an dem
Gipfel des Bogens) den Meissei unterschiebt, die ganze Knochen¬
platte unter Bruch der oben erwähnten Knochenbrücke hoch zu
heben. Nunmehr lässt sich Haut, Periost und Knochenplatte
deckelartig zurückklappen. Es ist eine Oeffnnng entstanden,
welche je nach der Absicht des Operateurs bis zum ganzen
Umfange der Höhle sich erstrecken kann. Nachdem die nöthigen
Manipulationen in der Höhle vorgenommen sind, wird der Deckel
wieder in seine Lage gebracht und die Haut durch Nähte be-
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31. Mai 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
255
festigt, sowie ein geeigneter Verband angelegt. Es entsteht
Heilung per primam intentionem. Die Vorzüge der Operations¬
methode liegen auf der Hand.
Beurtheilung des Alters der Pferde nach den
Sehneidezähnen.
(Zuchr. f. Vet.)
In der Versammlung der Rossärzte des IX. Armeecorps
referirte Rossarzt Heinze über die Zuverlässigkeit der
Altersmerkmale an den Schneidezähnen auf Grund umfangreicher
Untersuchungen. Da das Alter der Militärpferde sicher bekannt
ist, so lässt sich an diesen ein einwandfreies Material gewinnen.
Es wurden 699 Pferde des Regiments untersucht. Von 68 knapp
fünfjährigen Remonten zeigten 19 Schwund der Kunden in den
Zangen des Unterkiefers, also wie sechsjährige. Acht junge
Remonten hatten im Februar die Fohlen-Eckzähne noch nicht
geschoben. Auch bei 79 älteren Remonten war die Abnutzung
der Kunden nicht immer dem Alter gemäss; bei sechs war sie
in den unteren Mittelzähnen, bei drei selbst auf den Eckzähnen
nicht mehr vorhanden. Von 47 siebenjährigen Pferden zeigten
fünf auf 8 und eins auf 6 Jahre. Von 67 achtjährigen Pferden
hatten sieben schon einen Einbiss. Von 65 neunjährigen Pferden
hatten eins noch Kunden auf Mittel- und Eckzähnen und vier
ganz das Gebiss des achtjährigen Pferdes. Bei 55 elfjährigen
Pferden hatten mehrere auffällig lange Zähne, keine mehr Kunden.
Unter 258 Pferden älterer Jahrgänge war die Abnutzung der
Zähne sehr unregelmässig, sodass ein bestimmtes Verhältnis
zwischen Quer- und tiefem Durchmesser gamicht festzustellen
war und die in den Lehrbüchern angegebenen Verhältnisszahlen
durchweg nicht ermittelt wurden. — In der Discussion wurde
allgemein zugegeben, dass solche Unregelmässigkeiten bestehen,
man sich jedoch practisch sehr wohl nach der Zahnlehre von
Günther richten könne, ohne in grosse Irrthümer zu verfallen.
Hell hob hervor, dass nicht selten bei Pferden die Abnutzung
besonders gering sei, sodass diese Pferde sich jünger zeigten
und deshalb in den Ställen der Händler wegen ihres guten
Zahns besonders beliebt seien.
Beckenbruch beim Pferd.
Von Reichenbach-Basel.
(Schw. Arch. Bd. 41, Heft 5.)
Ein Pferd glitt aus und fiel mit tief unter den Leib ge¬
schlagenen Hinterbeinen, richtete sich aus dieser Stellung wieder
auf und lahmte vom Platze weg. Im Stalle belastete das Pferd
alle vier Gliedmaassen, konnte aber durchaus nicht seitwärts
treten. Im Ganzen war die Lahmheit unverhältnissmässig
gering gegenüber dem Verhalten des stehenden Pferdes. Das
linke Hinterbein wurde allerdings mehr oder weniger geschleppt.
Am nächsten Tage zeigte sich am linken Oberschenkel beiderseits
ein starkes Oedem, welches sich allmählich abwärts senkte und
durch Lehmanstriche, Heusamenbäder und Massage behandelt
wurde. Zunächst wurde das Pferd hochgebunden; Hängeapparat
war entbehrlich. Volle vier Wochen blieb es stehen und wurde
dann täglich einige Minuten bewegt. Im Schritt marschirte es
gut, traben konnte es nicht; auch konnte es nicht die kleinste
Last ziehen. Es war sonach arbeitsunfähig. Bei der Unter¬
suchung liess sich jetzt in der Nähe des Foramen ovale eine
Knochenauftreibung feststellen, sodass ein Bruch des Sitzbeins
diagnosticirt werden konnte. Das Pferd wurde billig verkauft
an einen Landmann und arbeitet daselbst jetzt ganz gut, nachdem
es noch bis Mitte März (der Unfall erfolgte im September
vorher) gelahmt hatte. Die Arbeit ist freilich eine leichte
Ackerarbeit. Der Callus ist gänzlich verknöchert. Hieraus
folgt, dass der Bruch eines Sitzbeinastes nicht eine unbedingt
schlechte Prognose rechtfertigt.
Ursache des Nasenblutens.
Von Amtsthierarzt Tapken - Varel.
(DUch. T. W. No. 481899.)
Nasenbluten an sich ist nicht selten, die Ursache aber
selten nachzuweisen. Am häufigsten kommt es beim Rind vor,
wenn ein Stirnzapfen abgebrochen ist und nun Blut von der
Stirnhöhle aus durch die Nasenhöhle ausfliesst. Eigenartig ist
folgender Fall: Bei einer Kuh wurde seit Mitte Dezember zeit¬
weilig geringes Nasenbluten beobachtet, das aber nach und
nach stärker und fast dauernd wurde, ohne das die Kuh sich
krank zeigte. Am 10. Juni wurde die Kuh untersucht. Puls
und Athmung waren normal, auch die Schleimhäute. Später
wurde beobachtet, dass die Kuh nicht sehen und nicht riechen
konnte; auch wurde die Athmung abnorm, die Futteraufhahme
geringer. Ende Juni fand T. die Athmung angestrengt und
schnarchend; das linke Auge thränend; am Kehlkopf von aussen
keine Veränderung festzustellen. Die Untersuchung ergab völlige
Erblindung sowie, was durch Vorhalten von Futter konstatirt
wurde, Aufhebung des Geruchsvermögens. Die Kuh wurde ge¬
schlachtet. Im pathologischen Institut zu Hannover wurde
folgendes festgestellt: Umfangreiche Geschwulst in allen Sieb¬
beinzellen und im oberen Nasenhöhlenraum sowie im Nasen¬
rachenraum und nach den Kieferhöhlen sich fortsetzend. Die Ge¬
schwulst bestand aus kugeligen hühnereigrossen Höckern, theil-
weise mit oberflächlichem Zerfall. Das ganze Siebbein war
spongiös und schneidbar. Die microscopische Untersuchung
ergab Osteoidsarcom. Die Schleimhaut war in den Oberkiefer¬
höhlen an vielen Stellen völlig glasig und in Linsen- bis
groschengrosBen Stellen hyalin entartet, ausserdem mit glas¬
perlartigen, glasigen Tumoren bis zu Kirschgrösse besetzt, die
aus hyaliner Masse, von einem dünnen Häutchensack umgeben,
bestanden.
Stoppelkrankheiten.
Von A. Boström D. V. S.
Vet. Review 1899. H. 4.
Mit dieser Bezeichnung sind diejenigen Gesundheits¬
störungen der Hausthiere gemeint, welche in Amerika häufig
nach dem Beweiden der Stoppelfelder oder nach dem Ver¬
füttern abgeschnittener Getreidestoppeln anftreten. Die
Störungen bestehen hauptsächlich in Tympanitis, Indi¬
gestion, Gastritis durch Pilzvergiftungen.
Burril, Billings u. A. wollen bei den kranken Thieren
einen Microparasiten entdeckt haben, der diese Krankheiten
hervorrufen soll. Von anderer Seite wird behauptet, dass die
auf gewissen Bodenarten stehenden Stoppeln zu grosse Mengen
Salpeter enthalten, und dass bei Ernährung der Thiere mit
solchen Stoppeln eine Salpetervergiftung entstehe.
Verf. spricht sich gegen diese Ansichten aus und
bezeichnet als hauptsächliche Ursache der Stoppelkrankheiten
die Pilze, welche auf den Getreidearten schmarotzen (Tilletia,
Ustilago, Puccinia etc.) und erfalirungsgemäss die Verdauungs¬
und Harnorgane schädigen, sogar Paralyse und Tod bedingen
können, sobald die Thiere mit solchem Stroh ernährt werden.
Ist das Stroh mit Pilzen nicht befallen und werden die Stoppeln
in frischem Zustande und in mässigen Quantitäten an Rinder
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266 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 22.
und Pferde verfüttert, so zeigen sich gewöhnlich keine schäd¬
lichen Folgen; dagegen wird die Entstehung von Meteorismus
und Tympanitis beobachtet, wenn die abgeschnittenen .Stoppeln
8—10 Tage auf dem Felde liegen bleiben und dann erst an die
Thiere verabreicht werden. Es ist anzunehmen, dass sich in
diesen Fällen ein Fermentationsprozess im Stroh entwickelt und
demselben die schädlichen Eigenschaften verliehen hat.
Während alle anderen Futterarten einer besonderen Ab¬
wartung und Pflege unterworfen werden, sind die im Felde
bleibenden Stoppeln allem Wind und Wetter ausgesetzt, wodurch
sie schliesslich der Nährstoffe völlig beraubt werden. Die
zurückbleibende reine Cellulose ist schon an und für sich ge¬
eignet, Beschwerden zu erzeugen, sobald der Verdauungsapparat
durch grössere Mengen belastet wird.
Hiernach würden die Stoppelkrankheiten ihre Ursache darin
finden, dass die verfütterten Stoppeln alle Nährstoffe eingebüsst
oder eine verdorbene (schimmelige, faulige) Beschaffenheit an¬
genommen haben oder hauptsächlich, dass sie mit Rost oder
Brandpilzen befallen sind. Gelegenheitsursachen, wie Erkältungen,
mögen zu der Entwickelung dieser Krankheiten beitragen.
Zur Serotherapie des Rauschbrandes.
Von Director Arloing-Lyon.
(Journal de Lyon, 30. IV. 1900-) , '
Das zu den Versuchen verwendete Serum wurde einer
Kalbin entnommen, die sehr starken localen Laesionen wider¬
standen hatte, welche durch multiple und starke Injectionen
von Rauschbrandvirus in der Musculatur waren, und die nach ihrer
Heilung einer Reihe von Inoculationen in die Blutbahn und in
das Hautzellgewebe unterworfen worden war.
Dieses Serum besitzt praeventive und curative Eigenschaften.
Erstere wurden nachgewiesen:
1. durch die Injection des Serums für sich in das Haut¬
zellgewebe vor oder gleichzeitig mit dem Virus;
2. durch die intravenöse Injection des Serums und die sub-
cutane Injection des Virus;
3. durch die Injection einer Mischung von Serum und Virus
an gleicher Stelle und gleichzeitig.
Wird das Serum allein subcutan injicirt, so müssen ungefähr
zehn Cubikcentimeter verwendet werden, um ein 30 kg schweres
Schaf gegen die tödtliche Dosis frischen Virus zu schützen. Bei
intravenöser Injection genügt der zehnte Theil, um dasselbe
Resultat zu erzielen; bei vorheriger Vermischung des Serums
mit dem Virus, genügt der vierzigste Theil.
Curativ erweist sich das Serum nur, wenn es kurz nach
der Injection angewendet wird. Subcutan ist eine an sich reich¬
lich praeventive Dosis nicht hinreichend, den Tod des Thieres zu
verhindern, wenn die Injection drei Stunden nach der Virus-
injection vorgenommen wird. Bei intravenöser Injection ist der
Erfolg grösser, hier ist dieselbe Dosis nach neun Stunden noch
wirksam, nach zwölf Stunden aber ebenfalls ohne Wirkung.
Das Serum behält seine Eigenschaften durch rasche Trocknung
in dünner Schicht, in offener Luft, bei mehr als 38 °.
Die Behandlung des Tetanus bei Pferden mit grossen
Bosen von Carbol.
Von Place.
(I.ancvt 34. Febr. 190U. M. uml. Worb,)
Verf., ein Veterinär in Bombay, hat seit zwei Jahren
zahlreiche Pferde, die an Tetanus erkrankt waren, mit Carbol¬
einspritzungen (s. a. B. T. W. 1900 pag. 277) behandelt
und geheilt. Er injicirt während der ersten 32 Stunden
zweistündlich 4,0 der officinellen Carbolsäurelösung am
Halse und an den Schultern. Später werden die Ein¬
spritzungen seltener gemacht. Als Nebenwirkung beobachtet
man das Auftreten einer starken Schwellung am Orte der
Einspritzung. Dieselbe verschwindet erst allmälig während
der Reconvalescenz und hinterlässt, wenn sie während des Höhe¬
punkts der Erkrankung gemacht wurde, keinerlei Spuren. Macht
man sie dagegen im Stadium des Abfalls, so tritt oft starker
Haarausfall am Orte der Einspritzung auf. Verf. hat bis zu
144 g in 84 Stunden verbraucht und das kranke Pferd, einen
14jährigen Araber, geheilt; niemals hat er in einem erfolg¬
reichen Falle weniger als 64 g verbraucht, und er glaubt, dass
die tetanuskranken Thiere eine besondere Toleranz gegen die
Carbolsäure haben, die ihnen sonst in viel kleineren Dosen
tödtlich werden kann. Verf. erwähDt noch, dass Dr. Henderson
seine Behandlung mit dem besten Erfolge beim Menschen an¬
gewendet hat.
Die therapeutische Anwendung des Nebennierenextractes.
Von Dr. Bat es.
(Med. Record. — D. Med. Ztg.)
Vor etwa vier Jahren begann Verf. das Nebennierenextract
bei Augenerkrankungen anzuwenden, und er hat von diesem
Mittel nur günstige Erfolge gesehen. Diese veranlassten ihn
dann bald; das Mittel auch bei Affectionen anderer Schleimhäute
zu versuchen, und hier war der Erfolg nicht minder günstig.
Thatsächlich bildet das Nebennierenextract daB wirkungsvollste
Adstringens. Durch einen Tropfen einer einproc. Lösung, in
den Conjunctivalsack geträufelt, wird die Conjnnetiva innerhalb
40 Sekunden bis zwei Minuten vollkommen entfärbt. Die Pupille
bleibt dabei unverändert, auch zeigt das Mittel weder antiseptische,
noch anaesthesirende Eigenschaften;, seine schmerzstillend*
Wirkung beruht nur auf der hochgradigen, adstringirenden
Fähigkeit. Diese weist es allerdings nur im frisch zubereiteten
Zustande auf. Man stellt sich das einprocentige Extract dar, in¬
dem man 0,6 der getrockneten Nebennieren mit 7,50 Wasser
mischt und durchfiltrirt. Dieses Extract entfaltet nun bei allen
Schleimhautentzündungen sehr gute anticongestionelle Wirkungen,
also nicht nur bei Conjunctivitis, sondern auch bei Otitis,
Rhinitis etc. Es vermag auch oft einen sicheren differential¬
diagnostischen Anhalt zu gewähren, z. B. bei Schwerhörigkeit;
wenn sich diese bei seiner Anwendung bessert, ist das ein
Zeichen, dass eine entzündliche Affection vorliegt, dass die Pro¬
gnose günstig und die Behandlung aussichtsvoll ist. Bei kleinen
Operationen an Schleimhäuten ist das Extract ein vorzügliches
Haemostaticum. Bewährt hat es sich ferner bei entzündlichen
Stricturen der Nase, des Oesophagus, der Urethra, bei Haut-
affectionen, bei perniciöser Anaemie, Morbus Addisonii und
Basedowii, als Herztonicum bei Herzschwäche. Es übertrifft
in letzterer Hinsicht die Digitalis, doch ist hier ein sicherer
Effect nur bei intravenöser Injection zu erzielen.
Therapeutische Notizen.
Die Chromsäure bei Behandlung der Aphthenseuehe.
Dr. Jarre in Paris hatte Gelegenheit, die Wirkung der
Chromsäure bei aphthenseuchekranken Rindern zu erproben, und
erzielte recht befriedigende Resultate (s. a. B. T. W. 1900 pag. 116).
Es ist erforderlich, chemisch reine Chromsäure in concen-
trirter Lösung anzuwenden. Dieses Präparat bildet eine
amorphe, schwammige violett gefärbte Masse.
Die Anwendung erfolgt mit einem kleinen Leinwandb&usch-
chen, welches an einem Holzstäbchen befestigt ist. Sobald die
Flüssigkeit mit dem Tupfer auf die Blasen aufgetragen ist, ent¬
steht ein leichter Aetzschorf, welcher ein Deckmittel bildet,
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81. Mai 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
257
unter dem die Erosion schnell heilt. Ulceration tritt nicht ein.
Die Vernarbung soll bereits nach 24 bis 48 Stunden erfolgen.
Eine halbe oder eine ganze Stunde nach Anwendung des Mittels bei
Maulblasen sollen die Rinder bereits wieder Futter annehmen.
Auf gleich schnelle Weise sollen die Blasen au Zitzen und
Klauen nach Anwendung der Chromsäure abheilen.
(Clin. vet. 1900 H. 14 u. Progres vet. 1900.)
Anwendung des Zuckers und des Glycerins in der Geburt&hülfe.
Nach dem Vorgang des Prof. Bossi in der humanenMedicin
haben Payer und Eloire den Zucker gegen die Erschlaffung des
Uterus bei grossen und kleinen Hansthieren während der Geburt
und in den Fällen der Retention der Eihäute empfohlen.
Pferde erhalten 100 g per os. Diese Dosis kann bis zum
Eintritt der Wirkung wiederholt werden. Bei der Kuh wird die
Application einer gleich grossen Zuckerlösung mittels Klystier
bevorzugt.
Die Wirkung des Zuckers kann durch das Einfuhren von
Glycerintampons in den Uterushals erhöht werden.
(Clin. vet. 1900 H. 14 n. Revece v£t. 1900.)
Nirvanin.
Ueber dieses neue Anaestheticum (vergl. B. T. W. 99,
pag. 173) sind in den Mtsli. f. Th. Bd. 11, Heft 7, die bisher
gemachten Erfahrungen referirt. Mit S chleich'schen In¬
filtrationen von V4 Väprocentiger Lösung konnten ohne die
geringste Schmerz Wirkung nach Luxemburger kleine Ge¬
schwülste excidirt werden. Für Operationen im entzündlichen
Gewebe sind jedoch 1 / 2 P rocent '& e Lösungen nothwendig. Die
totale Anaesthesie hält 10 bis 30 Minuten an. Zweiprocentige
Lösungen zur Herstellung von Analgesie gestatteten die Be¬
handlung von Abqnetschungen, eingestossenen Fremdkörpern
u. dergl. Eine vollständige regionäre Anaesthesie an Hand und
Fuss war unter Anwendung der Esmarch'schen Binde nach
20 Minuten zu erzielen. Ueberdies ist im Gegensatz zu Cocain
das Nirvanin bactericid, indem schon eine einprocentige Lösung
Fäulniss nicht mehr aufkommen lässt. Auch lässt sich die
Lösung sterilisiren (Cocain nicht). Bezüglich der Giftigkeit
erregt Nirvanin ebenfalls viel weniger Bedenken als Cocain-
Endlich ist eine zweiprocentige mit steriler Kochsalzlösung an¬
gesetzte Nirvaninmischung lange haltbar. Aus diesen Gründen
verdient das Nirvanin dem Cocain und den Cocaingemischen
vorgezogen zu werden.
Salti als Bandwurmmittel.
Prof. Galli-Valerio . rieth einem jungen Arzte, der seit
längerer Zeit von einem Bandwurm gequält wurde, versuchs¬
weise 1,0 Salol als Anthelminticum zu nehmen, da möglicher
Weise durch die Zerlegung des Mittels in Salicylsäure und
Carbolsäure eine Wirkung erzielt werden könnte. Thatsächlich
ging am nächsten Tage der Bandwurm-Bothriocephalus Latus
— mit Kopf ohne jede Beschwerde ab. Demnach wäre das
Salol als Bandwurmmittel immerhin zu versuchen. (Therapeut.
Monatsh.)
Kryofln, ein neues Antipyretieum.
Eichhorst hat das neue Präparat auf seinen Werth ge¬
prüft. Es stellte sich heraus, dass das Mittel, ein Phenitidin-
körper, noch einmal so starke Wirkungen erzeugt als Phenacetin.
Dabei sind Nebenwirkungen, trotz ausgedehnter Anwendung auf
der Züricher Klinik nicht beobachtet worden. Die Wirkung ist
eine antipyretische und antineuralgische. D. M. W.
Thierhaltung und Thierzucht.
Der Viehbestand der Welt.
Nach einer Zusammenstellung von K. E. Turnhull ans
officiellen Quellen im „Live Stock Journal“ zeigt der Vieh¬
bestand in den Hauptländern der Erde folgende Veränderungen:
Letzte Zählungen Frühere Zählungen
Rindvieh. 286 325 000
Schafe. 470 430 000
Schweine ..... 104420 000
Ziegen. 50 195 000
Pferde.-67 650 000
Büffel ...... 16 855 000
Maulthiere und Esel . 9 295 000
276 140 000
540 480 000
105 380 000
50 645 000
59 925 000
17 130 000
8 865 000
- Schafe und Ziegen (einschliesslich der Bestände, wo Schafe
und Ziegen nicht gesondert aufgeführt sind):
Letzte Zählungen . . . 527 640 000
Frühere Zählungen . . . 598140 OOP
Abnahme 70 500 000
Zunahme Abnahme
Rinder .... 10 185 000 Schafe .
Pferde .... 7725000 Schweine
Maulthiere und Ziegen
Esel .... 430000 Büffel .
70 050 000
960 000
450 000
275 000
Nach Gewicht berechnet, und zwar für Pferde 800 Pf.,
Rinder 600 Pf., Schweine 100 Pf., Schafe 75 Pf. angenommen,
ergiebt sich nachstehendes Resultat:
Letzte Zählungen
Frühere Zählungen
Tonnen
Tonnen
Pferde . . .
. . . 24 160 700
21 401 800
Rinder . . .
. . . 76 694 200
73 966 100
Schafe . . .
... 15 751 000
18 096 400
Schweine . .
... 4 661 600
4 704 400
121 267 500
118 168 700
Zunahme 3 098 800 Tonnen = 2 3 / 5 pCt.
Das Ronneburger Schwein.
In der Ctrlztg. f. Th. No. 4, 1900 wird das Ronneburger
Schwein als besonderer Schlag beschrieben: Kreuzung zwischen
Landschwein und grosser englischer weisser Rasse vom Jahre 1865;
seit 1894 im Verbreitungsgebiet durch eine Schweinezüchter¬
genossenschaftin Inzucht gezogen. Die angekörten Thiere werden
durch Tätowirung Z. R. an einem Ohr gezeichnet. Die Schweine haben
noch ziemlich die Merkmale des Landschlages und deren gute Eigen¬
schaften, namentlich Widerstandsfähigkeit und Fruchtbarkeit,
daneben einen bestimmten Grad von Frühreife und Mastfähigkeit.
12 monatliche Schweine wiegen 2 bis 2 '/* Ctr.
Internationaler 6eflügeihandel.
Nach einer Mittheilung in der Dtsch. T. W. geht der be¬
kanntlich ausserordentlich umfangreiche und für Russland be¬
sonders werthvolle Export an Federvieh hauptsächlich nach
London und Deutschland. Die Gesammteinfuhr Grossbritanniens
in den ersten 9 Monaten des Jahres 1899 belief sich auf rund
10 Millionen M., wovon Russland \ lieferte. Der Import
Deutschlands stellt sich für Russland noch bedeutender.
Deutschland bezog überhaupt nach umstehender Tabelle folgende
Mengen:
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258
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 22
Gänse
Hühner
And. Geflgl.
Geschl. Geflgl.
Stck.
Ctr.
Ctr.
Ctr.
Russland
3471000
14616
8550
5956
Oesterr.-Ung.
405000
23479
6158
13370
Italien
78031
22539
1972
1164
Frankreich
—
1225
—
4193
Holland
—
6989 .
—
Belgien
—
—
—
2555
Tagesgeschlchte.
FrflhjahrS'Sitzong des Yereins schlesischer Thierärzte
in Breslau am 6. Mai 1900.
(Schluss.)
Punkt 3 der Tagesordnung:
Zahl der Sehlaohtatondefi und Staatsauftioht In BfTentllohen Schlacht¬
häusern. Hierzu nimmt Schlachthof-Thierarzt Hentschel-Oels das
Wort. Nach einem allgemeinen Rückblick auf die Fortschritte der
Wissenschaften im verflossenen Jahrhundert, skizzirt Redner die
wichtigsten Entdeckungen auf dem Gebiete der Fleischbeschau, des
jüngsten Kindes unserer Spezial-Wissenschaft. Die Fleischbeschau
stehe in wissenschaftlicher und technischer Beziehung völlig auf der
Höhe der Zeit; doch könne man dasselbe nicht von d,er
Organisation der practischen Ausübung der Fleischbeschau
sagen. Ein allgemein gültiges Reichs-Fleischschaugesetz, welches
allein eine einheitliche Organisation bewirken könnte, hätten
wir noch nicht. Wo die Fleischbeschau eingeführt sei, würde
sie nach ganz verschiedenen Grundsätzen gehandhabt. Nur
gering sei die Zahl derjenigen Kommunen, welche den Schlachthof
als eine hygienische Anlage betrachteten, den Thierärzten aus¬
kömmliche Gehälter zahlten und Alters-, Wittwen- und Waisein-
- ' . ^ >/i
Versorgung gewährten. Die meisten sähen den Schlachthof aJs,
industrielles Unternehmen an und vielfach sei auch noch das
Gewerbe nicht der Wissenschaft unterstellt, sondern die Sach¬
lage wäre umgekehrt, indem die Gewerbetreibenden als Mit¬
glieder der städtischen Körperschaften einen nachtheiligen Druck
auf die Fleischbeschau ausübten.
Besonders in einem Punkte werde noch viel gesündigt, in
der Festsetzung der Zahl der Schlachtstunden. Er habe an
alle Schlachthauscollegen in Schlesien, zwei Posensche und
einen Brandenburgischen Collegen eine Umfrage bezüglich der
Schlachtstunden gerichtet, welche folgendes Ergebniss gehabt habe:
Dnrchschnittliche Schlachtzeit au 1 Schlachthof 5 Stunden,
an 2 Schlachthöfen 6*/a Stunden, an 6 Schlachthöfen 7 Stunden
(bei einem davon allerdings Sonntag Morgens 4 Stunden), an
je 1 Schlachthof 7—7 1 / 2 , 8, 9 und 9y 2 Stunden, an 3 Schlacht¬
höfen 10 Stunden, an 3 Schlachthöfen 10 Stunden, an 3 Schlacht¬
höfen IOV 2 Stunden, an 3 Schlachthöfen 11 Stunden, an
2 Schlachthöfen ll 1 /» Stunden, an 1 Schlachthof 12 Stunden
und an 3 Schlachthöfen endlich 13 Stunden (im Winter 12, im
Sommer 14).
Es handle sich hierbei um die Schlachthöfe zu Beuthen,
Brieg, Frankenstein, Freiburg, Gleiwitz, Gr.-Glogau, Ob.-Glogau,
Görlitz, Grottkau, Guben, Guhrau, Hirschberg, Leobschtitz,
Liegnitz, Lissa, Neisse, Oels, Ohlau, Oppeln, Patschkau,
Rawitsch, Reichenbach, Schweidnitz, Sprottau, Strehlen,
Trachenberg und Zabrze.
Diese Aufstellung beweise, dass in der grösseren Zahl der
Schlachthöfe die Kraft der Sachverständigen und ihre persön¬
liche Freiheit in der schlimmsten Weise ausgebeutet werde,
und dazu noch ohne besonderen zwingenden Grund. Denn für
kleinere Schlachthöfe genügten nach seinen Erfahrungen 6 bis 7
Schlachtstunden pro Schlachthof vollkommen, und was in einer
Reihe von Schlachthöfen durchzufahren gewesen sei, müsse
doch auch für die andern angängig sein. Einen Umstand wolle
er noch besonders herausgreifen, die Sonntags-Schlachtungen
bezw. Schächtungen. Es wäre doch geradezu beschämend, dass
der jüdische Schächter seinen Feiertag heilige und an dem¬
selben nicht Schächte, während er am Sonntag den. thierärzt¬
lichen Sachverständigen zur Entheiligung seines Feiertages
zwinge. Wenn irgendwo, so könnte in der Fleischbeschau die
Sonntagsruhe streng durchgeführt werden. Werke der Noth
nur sollten gestattet werden und Nothschlachtungen am Sonntag
nur gegen doppelte Gebühr zugelassen werden, das sei das
beste Vorbeugungsmittel.
Redner beleuchtet sodann nach all ihren verschiedenen
Richtungen hin die vielseitige Thätigkeit des Thierarztes im
Schlachthofe und kommt zu dem Schlüsse, dass sie für Den¬
jenigen, der seinen Beruf ernst nehme, eine überaus anstrengende,
Geist und Körper in hohem Masse in Anspruch nehmende sei.
Der Sachverständige habe eine ausserordentlich schwere Position
gegenüber den Fleischern und müsse in kurzer Zeit wichtige
und folgenschwere Entscheidungen bei Beanstandungen treffen.
Sein Posten erfordere daher einen ganzen Mann. Er könne
sich nicht vorstellen, wie ein Schlachthausthierarzt, der morgens
früh heraus müsse und den ganzen Tag mit kurzen Unter¬
brechungen geistig und körperlich scharf angespannt sei, noch
am späten Abend elastisch genug sein könnte, um schwer¬
wiegende sanitäre Entscheidungen zu treffen. Nun komme
noch ein anderer Umstand hinzu, die mangelhafte Beleuchtung
der meisten Schlachthöfe in den Abendstunden. Selbst das beste
künstliche Licht könne das Tageslicht nicht ersetzen, und darum,
sei als Ideal anzustreben, dass die Untersuchungen ausschliesslich
in den Tagesstunden vorgenommen würden.
Die Ueberbürdung der Schlachthofthierärzte und das
Schlachten in den späten Tagesstunden seien geeignet, durch
die ans erste rer resultirende Uebermttdung und die durch letztere
entstehenden Fehler in der Beurtheilung des Fleisches das
gesundheitliche Interesse der Consumenten zu schädigen.
Diesem sanitären Interesse müssten die von falschen Voraus¬
setzungen eingegebenen Rücksichten für die Bequemlichkeit der
Fleischer weichen. Er habe sogar die Erfahrung gemacht, dass
die Fleischer die Einschränkung der Schlachtstunden als ge¬
schäftliche Annehmlichkeit empfänden, da ihre Leute die kurze
Zeit besser ausnutzen müssten und nicht mehr faulenzen
könnten.
Jeder Thierarzt solle in seinem Bereich energisch darnach
streben, dass er offenkundige Missstände im Schlachthofbetriebe
abzustellen suche und die beamteten Thierärzte, als die Ver¬
treter der Staatsaufsicht, hätten die Pflicht, gleichfalls in dieser
Richtung zu wirken. Denn die Staatsaufsicht solle doch den
Zweck haben, überall dort, wo sich missliche Verhältnisse auf
dem Gebiete der Fleischbeschau einstellen, abhelfend einzugreifen.
Die sanitätsthierärztlichen Kreise hätten den Wunsch gehabt,
dass die Departements-Thierärzte diese Aufsicht ausübten, aber
wohl aus Rücksicht auf die leidige Geldfrage wäre sie den
Kreisthierärzten übertragen worden. Nun übt ja die Mehrzahl
der beamteten Collegen diese Revisionen in der taktvollsten
und collegialsten Weise aus, aber es seien ihm auch vereinzelte
Fälle vom Gegentheil bekannt geworden. Suum cuique müsse
hier der Grundsatz sein, der beamtete Thierarzt müsse die
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31. Mai 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
259
Revisionen gewissenhaft, aber in collegialer Weise, als der
(Reiche dem .Gleichen gegenüber, vornehmen; das Gebahren
eines Vorgesetzten und eine zu grosse Häufigkeit der Revisionen,
wie sie öfter zu beobachten sei, schädige das Ansehen der
Schlachthofthierärzte bei den Interessenten auf das Empfindlichste.
Auf der anderen Seite sei das Benehmen des Schlaehthof-
thierarztes zuvorkommend und bereitwillig, doch mit Würde.
Dann würde die Einigkeit der Collegen die besten Blüthen,
zeitigen.
Von denselben Gesichtspunkten sei in Fragen der Bean¬
standung vorzugehen. Der ein Gegengutachten aussprechende
Kreisthierarzt möge nie vergessen, dass Irren menschlich ist
und dass ein Ausspruch gegen das Urtheil des Schlachthof¬
thierarztes dessen Ansehen beträchtlich herabsetzt. Ihm er¬
scheine am richtigsten, dass der Kreisthierarzt Gegengutachter,
der Departements-Thierarzt Obergutachter sei und dass die
Entscheidung bei Fragen von weitgehender Bedeutung und tief
einschneidender Meinungsverschiedenheit bei der technischen
Deputation für das Veterinärwesen liegen müsse. Dass in
diesem Sinne Wandel geschaffen würde dort, wo verkehrte Be¬
stimmungen existirten, auch dafür müssten die Kreisthierärzte
bei ihren Regierungen die nöthige Anregung geben.
Noch ein Punkt in dem Verhältnis des Kreisthierarztes
zum Schlachthofthierarzte bedürfte der Klärung. Der § 3 der
Polizeiverordnung für die Provinz Schlesien vom 9. Juli 1889
betr. das Schlachten von Pferden, Eseln und Maulthieren be¬
stimme Folgendes: „Keines der oben genannten Thiere, als
Pferd, Esel und Maulthier darf eher geschlachtet werden, bevor
dasselbe von dem beamteten oder einem andern durch den
Landrath bezw. in den Stadtkreisen durch die Polizeibehörde
dazu mit Genehmigung versehenen Thierarzt untersucht ist.“
Nun nehmen vielfach in Städten, wo Schlachthof und Ross¬
schlächterei beständen, die beamteten Kollegen letzteres für sich
in Anspruch, trotzdem doch ans dem citirten Passus ohne
Weiteres hervorgehe, dass dort, wo eine Rossschlächterei im
Schlachthause ist, der Schlachthofthierarzt auch die Unter¬
suchungen in der Rossschlächertei vornehmen müsse. Seine
Special-Collegen hätten ja keinen pecuniären Vortheil davon,
sondern nur vermehrte Arbeit und nur ihrer Stellung wegen
möge dem Schlachthofthierarzte gegeben werden, was des
Schlachthofthierarztes sei, damit er Herr im eignen Hause bleibe.
Dr. Arndt dankt dem Redner für seine Ausführungen und
ist mit ihm der Ansicht, dass eine ungerechte Ausnutzung und
Ueberbürdung der Schlachthofthierärzte vielfach vorliege. Be¬
züglich der Rossschlächtereien stehe er aber auf einem ganz
anderen Standpunkte als College Hentschel. Die yon ihm
citirte Polizei-Verordnung sei eine rein veterinäre Massregel
gegen die Verbreitung des Rotzes, denn es sei in dieser nur die
Untersuchung des durchgesägten Kopfes und der Lungen vor¬
geschrieben. Der Passus in § 3, welcher von „dem beamteten
oder einem anderen Thierarzt“ spricht, sei nur in dem Sinne
aufzufassen, dass in den Fällen, in welchen der Kreisthierarzt
nicht am Orte der Rossschlächterei wohnt, ein dort wohnender
Thierarzt mit der veterinärpolizeilichen Untersuchung betraut
werden könne.
Dr. Marks steht völlig auf demselben Standpunkte. Bei
Emanirnng der Verordnung im Jahre 1889 habe man in Schlesien
überhaupt noch nicht an eine generelle Regelung der Fleisch¬
beschau vom sanitären Standpunkte aus gedacht, geschweige
denn an die der Rossschlächtereien.
Die Klage über die zu grosse Zahl von Schlachtstunden
sei begründet, doch sei von dem Wege zur Abhilfe, den College
Hentschel vorgeschlagen, von Berichten der Kreisthierärzte
an die Vorgesetzten Behörden, kaum eine Remedur zu erwarten.
Etwaige Vorschläge einer ganzen Körperschaft, z. B. des Vereins
als solchen, hätte eher Aussicht auf Erfolg. — Die Aufsicht der
Kreisthierärzte müsse sich selbstverständlich auf den gesummten
technischen Betrieb des Schlachthofes erstrecken, was ja auch
Hentschel selbst indirect zugebe, indem er von den Kreis¬
thierärzten Herbeiführung von geregelten Zuständen bezüglich
der Schlachtstunden erwarte. Ein generelles Verbot des
Schlachtens bei künstlichem Licht wäre für die kurzen Winter¬
tage unmöglich, an denen man häufig das Tageslicht durch
künstliches unterstützen müsse.
Hentschel stellt noch eine Frage zur Erledigung: Ist es
geboten, für alle Schlachthöfe generell eine Regelung der Lage
und Zahl der Schlachtstunden herbeizuführen? Er steht selbst
auf negirendem Standpunkt dort, wo brauchbare Verhältnisse
existiren, solle man es beim Alten belassen.
Wittlinger warnt vor Schritten wegen der Schlacht¬
stünden und giebt Folgendes zu bedenken: Die Gymnasiallehrer
einer Commune wären wegen Ueberbürdung um Abkürzung
ihrer Dienststunden eingekommen. Die Ueberbürdung wäre an¬
erkannt und die Abkürzung bewilligt worden. Hinterher wäre
es aber zur Kenntniss gekommen, dass sie Privatstunden er-
theilten, und nun wäre ihnen dieser lucrative Nebenverdienst
entzogen worden. So könne es den Schlachthofthierärzten mit
der Privat-Praxis auch gehen.
Hartmann-Rawitsch verliest die Verordnung für den
Reg.-Bezirk Posen, welche die Revision der Schlachthöfe durch
die Kreisthierärzte vorschreibt.
Dr. Marks entgegnet Wittlinger, dass sein Vergleich
nichjf zutreffe. Denn die Gymnasiallehrer würden mit einem
zum, Lebensunterhalt ausreichenden Gehalt angestellt, die
meisten Schlachthofthierärzte aber an kleineren und mittleren
Schlachthöfen wären direct auf den Nebenverdienst aus der
Praxis angewiesen.
Dr. Arndt steht dem Vorschlag, Schritte in der An¬
gelegenheit der Schlachtstunden von Seiten des Vereins zu er¬
greifen, sympathisch gegenüber. Er hält aber weitere Er¬
örterungen für nothwendig und stellt den Antrag, eine Commission
zu erwählen, welche die nöthigen- Vorarbeiten erledigt und der
nächsten Versammlung einen Antrag unterbreitet.
Dem Antrag wird Folge gegeben und in die Commission
gewählt Dr. Arndt, Hentschel und Schmidt-Oppeln.
Die Tagesordnung ist hiermit erledigt. Wittlinger stellt
den Antrag, dem Prinzen Ludwig von Bayern für sein energisches
Eintreten für die Thierärzte im bayrischen Landwirthschaftsrath
in der Maturitätsfrage ein Dankes-Telegramm des Vereins zu
übermitteln und verliest einen Entwurf zu demselben.
Dr. Mark8 spricht gegen den Antrag. Es sei ein Nach¬
hinken, wenn man so und so viele Wochen nach dem Ereigniss
mit einem Telegramm komme. Hauptsächlich wäre aber zu
bedenken, dass die anderen Vereine in eine missliche Lage
kämen, wenn sie nach Abhaltung ihrer Frühjahrs-Sitzung
Kenntniss von dem Vorgehen unseres Vereines erhielten, dem
sie sich dann nicht mehr anschliessen könnten. Richtiger wäre
es, nicht vereinzelt vorzugehen, sondern eine danksagende Kund¬
gebung von Seiten der Centralstelle zu veranlassen.
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260
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 22.
Ehricht stellt darauf den Antrag, die Central Vertretung
der thierärztlichen Vereine Preussens zu ersuchen, dem Prinzen
Ludwig von Bayern den Dank der Thierärzte zu übermitteln. —
Der Anträg wird angenommen.
Ehricht hält es für opportun, für die Tagesordnung der
nächsten Sitzung Fälle aus der gerichtlichen Praxis zur Be¬
sprechung anzusetzen, damit die Streitfragen, die das B. G.-B.
habe erstehen lassen, eine Klärung erfahren könnten. Der
Anregung wird Dr. Arndt Folge geben.
Schluss der Sitzung 2 V 4 Uhr. Nach derselben vereinigte
ein angeregtes Diner die Theilnehmer mit ihren Damen für
einige vergnügte Stunden.
Bericht der Petitionscommission des Reichstages für
das Plenum, betr. Abiturienteuexamen.
Verfasst vom
Abgeordneten Hoffmann-Hall,
Professor in Stuttgart.
Von dem deutschen Veterinärrath ist bei dem Reichs¬
tage eine Petition, unterzeichnet von den Herren Dr. Esser,
Geheimer Medicinalratb und Professor an der Universität zu
Göttingen, Präsident des Veterinärrathes, und Dr. Schmaltz,
Professor an der thierärztlichen Hochschule in Berlin, Schrift¬
führer des Veterinärrathes, betreffend Erhöhung der Vor¬
bildung der Thierärzte eingebracht worden. Diese kam in
der Sitzung der Petitions-Commission vom 2. Mai 1900 zur Ver¬
handlung, an welcher als Vertreter der verbündeten Regierungen
der Königliche Gerichtsassessor Herr Glatzel theilnahm.
In der Petition wird zunächst erwähnt das verhältniss-
mässig hohe Alter ähnlicher Bestrebungen und die sich all¬
mählich vollziehende Anerkennung und Gewährung derselben.
Schon im Jahre 1855 war die Obersekundanerreife
für die Zulassung zum thierärztlichen Studium in Preussen Be¬
dingung, und im Jahre 1878 wurde durch die „Bundesraths¬
vorschriften für die Prüfang der Thierärzte“ die Primaner-
reife gefordert.
Schon vor 1878 war von den Professoren der, damaligen
Thierarzneischulen dringend die Vorschrift des Abiturienten¬
examens empfohlen gewesen. Es wurde aber damals diese Forde¬
rung unter der Begründung abgelehnt: „Dass der Uebergang
von Sekunda zur Maturitas ein zu unvermittelter sei.“
Die Petenten klagen dann, dass seitdem über 20 Jahre ver¬
flossen seien, und seitdem jenen Anforderungen noch nicht Ge¬
nüge geleistet worden sei, trotzdem die Thierarzneikunde
eine ganz andere Wissenschaft geworden sei; als
Beweis hierfür wird angeführt: Obenanstehend und in erster
Linie zn nennen, die thierärztliche Chirurgie, welche jetzt
viel mehr leiste und andere Kunstfertigkeit verlange, dann die
innere Medicin, dass eine Reihe innerer Krankheiten, denen
man früher machtlos gegenüberstand, jetzt erfolgreich behandelt
werden könne, dass ferner seit jener Zeit die Veterinär¬
polizei ^nd Nahrungsmittelgesetzgebung erst entstanden
seien, womit der Veterinärwissenschaft ganz neue,
wichtige und schwierige Aufgaben erwachsen seien,
an welche früher garnicht zu denken war. — Hervorragend die
neue Wissenschaft, die Bakteriologie, verlange jetzt von
jedem Thierarzt grosse Kenntnisse und Fertigkeiten,
und es habe sich namentlich gezeigt, dass in der auf die Thier-
senchentilgunggerichtetenbakteriologischenForschung
die Arbeit der thierärztlichen Praktiker das Beste
leisten müsse.
Ganz besonders weist die Petition darauf hin, dass die
Erfolge der Neuzeit lehren, dass die Thierärzte durch
medicinische Bacteriologen, welchen die praktische
Kenntniss der Thierkrankheiten abgeht, nicht zu er¬
setzen seien.
Diesem ausserordentlich erweiter ten und vertieften
Wirkungskreise der Thierärzte ßei auch das Unterrichts¬
wesen an den thierärztlichen Hochschulen entsprechend
umgewandelt worden, dasselbe sei jetzt derart ausgedehnt, dass
von den Studirenden der Veterinärmedicin kein ge¬
ringeres Maass von Fleiss und reifem Verständniss ge¬
fordert werden könnte, wie von den Studenten, welche den
medicinischen Unterricht an den Universitäten gemessen. Gerade
die Bakteriologie, in der vom Thierarzt mindestens das¬
selbe wie vom Arzt verlangt werden muss, habe gezeigt, dass
zwischen Medicin und Thiermedicin kein Unterschied
besteht.
In Folge dieser Entwicklung des thierärztlicKen Unterrichts
seien auch die sämmtlichen deutschen Thierarznei¬
schulen zu Hochschulen umgewandelt worden.
Das thierärztliche Studium sei keineswegs leichter
als das medicinische, nnd an das Können des wirklich
tüchtigen praktischen Thierarztes würden nicht ge¬
ringere Anforderungen gestellt als an den Arzt. Ja, die
richtige Erkennung und dementsprechende Behandlung
der Thierkrankheiten biete sogar grösssere Schwierig¬
keiten als beim Menschen.
Da nun leider trotz der ausserordentlichen Steige¬
rung der Anforderungen an Lernen und Können und bei der
heutigen Gleichartigkeit zwischen Medicin und Thiermedicin nickt
die nöthige Fürsorge für befähigtes Material nnd ver¬
besserte geistige Erziehung Rechnung getragen worden
nnd trotz aller Bestrebungen, seit 1878 in dieser Beziehung keine
Verbesserung eingetreten sei — (ja einige Male sogar Rückschläge
drohten) vgl. Bericht der \TII. Commission, 9. Legislaturperiode,
II. Session 1893/94 — so sei ein Missverhältnis zwischen
Anforderungen und durchschnittlichen Fähigkeiten ent¬
standen, das mit jedem Jahr schlimmer hervortrete!
Als grosse Uebelstände, welche diese viel zu lange ver¬
zögerte Gewährung des Nothwendigen erzeugt habe, werden in
der Petition angeführt:
1. Steigerung der Zahl der Thierärzte, welche den
Unterricht, wie er sich den Aufgaben des Veteriuärwesens
gegenüber nothgedrungen gestaltet habe, .nicht haben verdauen
können;
dass diese Elemente nicht verstehen, den ganzen
Segen, den die Wissenschaft zu geben vermag, sich
entfalten zu lassen, dass sie nicht im Stande seien, selbst
die Wissenschaft zu bereichern, wo doch deren Ent¬
wickelung auf die Mitwirkung der Practiker angewiesen sei.
2. Dass zunehmend solche jungen Leute, welche ohne
Abiturientenexamen Studenten sein möchten, das thier¬
ärztliche Studium ergreifen. Elemente, die aus Faulheit oder
Unfähigkeit Maturitas nicht erlangen können, drängen sich ohne
die geringste Neigung zu diesem Berufe hier ein, weil es ihre
letzte Ausflucht, ihr Nothbehelf ist, und gerade diese sind es
auch, die oft schlimme Einflüsse auf die unerfahrenen und in zn
jugendlichem Alter zur academischen Freiheit Zugelassenen
ausüben.
3. Es sei nicht zu verhüten, dass auch solche Elemente,
die, ohne Interesse an der Sache zu haben, Thierheilkunde
studirten, schliesslich die Examina bestehen; diese würden
aber niemals tüchtige Thierärzte werden, weil ihnen
die Liebe zur Sache fehlt. Diese seien dann auch solche,
welche in der Praxis nicht „Handanlegen“ wollten —
was zu den häufigen und oft nicht unberechtigten Klagen der
Landwirthe Veranlassung gebe.
Die Petition führt dann ans, dass das einzige Mittel,
diese unnützen Elemente fernzuhalten und die Gesamt¬
qualität zu heben, das Abiturientenexamen sei, da
dessen Ablegung ein gewisses Mass von Fähigkeiten voran*
setze, und dass der zweijährige Unterricht in der Prima von
ausserordentlicher Bedeutung für die Vollendung der geistigen
Erziehung sei.
Es brauche nicht weiter bewiesen zu werden, dass durch
Einführung des obligatorischen Abiturientenexamens
die Fähigkeiten der Thierärzte sich steigern würden
und dass dies ein Vortheil auch für die Gesammtheit dar¬
stelle, dass es sich ebenso von selbst rechtfertige, dem
Thierarzt eine nicht geringere Vorbildung zu geben
als dem Arzt, weil man von ihm auch nicht geringere
Leistungen verlange. Damit glauben die Petenten die Noth-
wendigkeit und Nützlichkeit des Abiturientenexamens für Thier¬
ärzte erwiesen zu haben.
Der zweite Theil der Petition richtet sich gegen die Ein¬
wände und Bedenken, welche gegen die Einführung der
Maturitas für die Studenten der Veterinärmedicin erhoben
worden sind:
1. Es würden Abiturienten nicht in genügender
Zahl die Thierarzneiwissenschaft studiren.
2. Ehemalige Abiturienten würden an der thierärzt¬
lichen Praxis keinen Geschmack finden und nicht
„Handanlegen“ wollen.
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31. Mai 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 261
3. Thierärzte mit Abiturientenexamen würden höhere
Honorarfordernngen stellen.
4. Auch ohne Matnritas seien sehr viele Capacitäten
der Wissenschaft entstanden; diese allein bilde nicht das
Kriterinm für Intelligenz und Character; mit Lust nnd Liebe
zu einer Sache werde vieles überwunden.
Gegen diese Einwände wird Folgendes angeführt:
ad 1 und 2. Das thierärztliche Studium sei ein sehr
interessantes. Der Beruf biete verhältnissmässig früh Existenz,
was bei der Ueberfüllnng academischer Berufe sehr in das
Gewicht falle. Die thierärztliche Praxis sei von der ärztlichen
Landpraxis gar nicht so verschieden, und wenn auch äusserlich
der thierärztliche Beruf gehoben werde, so sei mit Sicherheit
zu erwarten, dass der Zuzug gut qualificirter junger Männer sich
nicht vermindere, sondern voraussichtlich noch steigern werde.
Es wird exemplificirt, dass die Erhöhung der Vorbildung auf
die Reife für Prima nicht nur keine Abnahme, die man
damals ebenfalls fürchtete, sondern eine fast plötzliche
und anhaltende Vermehrung gebracht habe.
Als Beweis für die Wichtigkeit der Niederlassungen
der Thierärzte im Deutschen Reich sind folgende Zahlen an¬
gegeben:
Im Jahre 1889 wohnten in Preussen 1700 Thierärzte, und
es kamen auf jeden durchschnittlich 7000 Stück Grossvieh (Pferde
und Rinder) und zwar in den einzelnen Regierungsbezirken
zwischen 15 000 (Königsberg) und 2000 (Hannover). — Im
Jahre 1893 betrug die Zahl der preussischen Thierärzte schon
über 2000, 1897 aber 2250; sie war also in acht Jahren um über
500 oder fast 30 pCt. gewachsen. Es kamen im letztgenannten
Jahr auf einen Thierarzt nur noch 5900 Stück Grossvieh (eine
sehr geringe Zahl) im Durchschnitt und höchstens 9000 (im
Regierungsbezirk Königsberg). In den anderen Bundesstaaten
sei es ähnlich. Es kamen 1893 auf einen Thierarzt in Bayern 8000,
in Baden 5100, in Württemberg 4900 und in Sachsen gar nur
3000 Stück Grossvieh.
Zur Entkräftung der unter Punkt 1 genannten Bedenken
wird ferner über die Wirkung des Abiturientenexamens auf die
Verhältnisse der Thierärzte im Auslande von autoritativer Seite
geltend gemacht:
Wirkung des Abitnrientenexamens im Auslande.
Das Abiturientenexamen wird gefordert für das thierärztliche
Studium in Schweden (seit 1870), in Belgien, in Frankreich (hier
dem nnsrigen nicht ganz gleichwerthig), in Oesterreich-Ungarn,
und ist neuerdings eingeführt in der Schweiz.
In der Schweiz wurde die Thierarzneischule zugleich als
veterinärmedicinische Facultät der Universität einverleibt. Die
Erwerbsverhältnisse der Schweizer Thierärzte sind viel un¬
günstiger als die nnsrigen.
In Oesterreich ist die Frequenz zurückgegangen. Dies
liegt jedoch daran, dass in Oesterreich zugleich Militärcurschmiede
ohne jede Vorbildung an derselben Hochschule ausgebildet
werden, welche später in dieselben Civilstellen übertreten können,
wie die Civilthierärzte, von denen das Abiturientenexamen ver¬
langt wird. Dies schreckt Abiturienten vom Studium ab.
In Ungarn liegen die Verhältnisse besser, indem die
meisten Thierarztstellen amtliche sind und diese den Abiturienten
Vorbehalten sind. Hier hat sich auch eine Freqnenzabnahme
nicht gezeigt.
Die österreichische Regierung hat sich daher jetzt auch zu
einem Gesetzentwurf entschlossen, durch welchen wenigstens die
civilamtlichen Stellen den vollgebildeten Thierärzten Vorbehalten
werden.
In allen übrigen Ländern, wo die Ausbildung von Thier¬
ärzten H. Klasse nicht, wie in Oesterreich, besteht, war die
Wirkung eine ganz andere.
In Schweden (dreissigjährige Erfahrung) betrugen an der
Hochschule zu Stockholm die Zahl der neu inscribirten Studenten
vor dem Abiturientenexamen 1860—1869: 4, 6, 6, 9, 9, 12, 16,
10, 5, 3; nach dem Abiturientenexamen seit 1869: 7, 2,4, 13, 6,
9, 5, 21, 15, 16, 22, 16,17, 24. Es existiren in Schweden 260 Thier¬
ärzte; die Zahl der Studirenden (4 Jahrgänge) beträgt jetzt 66.
Niemals ist ein Mangel an Thierärzten hervorgetreten; die Aus¬
bildung ist eine sehr gehobene. (Originalmittheilnng des Director
Lundgreen an dem Veterinärinstitut in Stockholm.)
Belgien. Nach Mittheilung des Directors D^give hat sich
seit der Einführung des Abiturientenexamens die Zahl der
Studirenden von 64 auf 110 gehoben; Qualität sehr verbessert.
(Bericht über den thierärztlichen Congress zu Baden 1899.)
Frankreich. Die Zahlen der neuinscribirten Hörer an den
Thierarzneischulen zu Alfort und Lyon waren (nach von dort
übermittelten Originalaufzeichnungen) folgende:
Lyon. 1880-1889: 57, 59, 70, 40, 52, 54, 40, 76, 51, 53.
1890 Einführung des Abiturientenexamens. 1890—1899: 23, 31,
47, 41, 50, 43, 37, 46, 47, 51.
Alfort desgl. 1883—1889: 69, 79, 71, 82, 89, 87, 83.
1890—1899: 43, 67, 69, 70, 67, 69, 52, 46, 68, 55.
Die Qualität der Studirenden ist viel besser geworden, und
dies zeigt sich auch in der Zahl der approbirten Thierärzte, d. h.
deijenigen, die wirklich mit Erfolg studirt haben.,
In Alfort wurden approbirt: 1883—89: 55, 63, 56, 57, 60, 67,
71. 1890—1899: [53, 78, 69,] 81, 49, 40, 68, 52, 61, 56. Die
Durchschnittszahl der Approbationen betrug also in 7 Jahren vor
dem Abiturientenexamen—^-, in 7 Jahren nachher 93/99 —^- .
Die übereinstimmenden Meldungen ergebea also:
Die Qualität der Studirenden hat sich durch die verbesserte
Vorbildung erkennbar gehoben.
Die Zahl Deijenigen, die das Studium ergreifen, ist nicht
geringer geworden.
Auf diese Zahl kommt es aber nicht einmal an, sondern
auf die Zahl Deijenigen, die das Studium erfolgreich beenden.
Diese Zahl, welche die dem Lande gelieferten Thierärzte
bezeichnet, also die wesentliche ist, ist Dank der Verminderung
der unfähigen Elemente durch das Abiturientenexamen sogar
absolut grösser geworden.
Zahl der Thierärzte in Deutschland.
• Gegenüber den in der Petition des Veterinärrathes an¬
gegebenen Zahlen hat sich diese Zahl noch vergrössert laut
madicinalBtatistischer Mittheilungen des Kaiserlichen Gesundheits¬
amts Bd. 6, Heft 1, 1899, und beträgt 3813, 700 mehr als vor
11 Jahren.
Veränderung der Unterrichtsgegenstände.
Gegenüber dem Status Mitte der 70 er Jahre, auf den die
Vorbildung von 1878 zugemessen wurde (obwohl auch diese schon
für damalige Verhältnisse als ungenügend bezeichnet wurde),
sind neu hinzugetreten:
1 1 1. zur Anatomie die gesainmte Microscopie nnd die
Embryologie;
2. die gesamrate neuere Chirurgie mit Aseptik und Anti-
septik, welche sich mit der früheren sehr primitiven
Veterinär Chirurgie und ihren Methoden gar nicht ver¬
gleichen lässt;
3. die gesammte Senchenkunde und Veterinärpolizei, die
erst durch die Reichs-Seuchengesetzgebung von 1881 ab
begründet ist;
4. die gesammte Fleischschau (nebst Milchkunde), die früher
überhaupt nicht gelehrt wurde;
5. die ganze Bacteriologie mit ihren Ergänzungen:
ausgebildete Microscopie und microscopische Technik;
Züchtungsmethode und Impftechnik etc.;
die moderne Hygiene;
6. dazu kommt die ausserordentliche Erweiterung aller
übrigen Lehrfächer.
ad 3. Das Abiturientenexamen könne unmöglich eine
Steigerung der Honorarforderungen herbeiführen. Die
Lebensansprüche der Kreise, die aus Abiturienten hervorgehen,
Hessen keinen Unterschied erkennen, gegenüber der Lebensführung
solcher, die bloss Priraanerbildung besitzen. Obwohl im vorigen
Jahrhundert die Vorbildung der Thierärzte schon sehr erheblich
gesteigert worden sei, liquidirten die Thierärzte z. B. in Preussen
noch immer nach der aus dem Anfang jenes Jahrhunderts
stammenden Taxe. Uebrigens verhüte ja das Bestehen einer
Taxe und noch mehr die Concurrenz jede allgemeine Uebertreibung
der Ansprüche.
Gerade Abiturienten, welche sich aus Neigung dem thier¬
ärztlichen Berufe gewidmet hätten, würden diesem Berufe mehr
Interesse entgegenbringen, als ein erheblicher Theil der heutigen
Thierärzte, die nur als Nothbehelf dieses Fach ergriffen haben,
und gerade diese „Besseren“ würden auch die Verhältnisse der
Praxis von vornherein zu beurtheilen wissen und sich danach
achten, führen und danach rechnen.
ad 4. Es sei ganz richtig, dass die Thierheilkunde seither
ihre besten und zahlreichsten Capacitäten in wissenschaftlicher
Beziehung ans Nichtabiturienten bezogen habe und dass sich
der thierärztliche Stand im Allgemeinen steigender Achtung und
Anerkennung erfreut. Damit sei aber nicht gesagt, dass es um
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262
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 22.
die Thierheilkunde an sich und um ihre Leistungsfähigkeit nicht j
viel besser stehen könnte, wenn die Maturitas schon längst ein- j
geführt wäre. j
Es ist auch nicht richtig, dass die Thierheilkunde zu den i
kleinen Berufen gehöre. Die enormen Steigerungen der Werthe
im Thierbesitzthum des Reiches bewiesen dies zur Genüge. Die
Seuchentilgung, die Thierzucht erforderten für die Land¬
wirtschaft die höchstmöglichen Leistungen, der Thierhandel sei 1
durch die wissenschaftlichen Gutachten der Thierärzte wesentlich 1
gehoben worden, die Fleischbeschau, im Interesse der Gesnnd- I
heit der Gesammtheit ausgeführt, die Entschädigungen von !
Schlachtthieren, die Ausübung der thierärztlichen Praxis etc.
erforderten von dem einzelnen Vertreter dieser Wissenschaft
ebenso hohe Ansprüche an Können und Wissen wie an irgend
einen anderen studirten Mann in einem wissenschaftlichen Berufe,
heisse er, wie er wolle.
Endlich ist noch und als
Ziffer 5 anzuführen, einem Vorschläge Beachtung und
Widerlegung zu schenken, nämlich zweierlei Thierärzte zu
bilden, d. h. eine höhere Klasse mit Maturitas für die beamteten
Stellen und eine niedere Klasse für die Praxis.
Die Petition Esser und Schmaltz sagt hierzu: „Dieser
Weg wäre das schlechteste Auskunftsmittel. Gerade die
„gewöhnliche Praxis“, d. h. die Behandlung der Thier¬
krankheiten ist ja das Schwierigste“. Es sei unmöglich, minder
gebildete Elemente hierzu rationell zu erziehen. Deijenige Land-
wirth andererseits, welcher eine wissenschaftliche thierärztliche
Ausbildung für überflüssig halte, finde schon heute empirische
Thierheiler genug, an die er sich wenden könne. Es sei weder
nöthig, noch hätte es einen Nutzen, derartigen Leuten den
äusseren Anstrich einer sogenannten thierärztlichen Ausbildung
zu geben. Ein solches thierärztliches Zweiklassensystem habe
fast überall bestanden, sich aber nirgends bewährt und sei daher
überall abgeschafft worden (mit Ausnahme von Oesterreich, das
sich aber wegen seines Curschmiedeverhältnisses auch in fort¬
währender Krisis in dieser Angelegenheit befindet). Ebenso sei es
kein Fortschritt, nur von den beamteten Thierärzten das Abiturienten¬
examen zu fordern, denn der practische Thierarzt brauche die¬
selben Fähigkeiten wie der Veterinärpolizeibeamte, und der Land-
wirth habe an der Thätigkeit des ersteren kein grösseres
Interesse, wie an der des letzteren. „Wenn für den einen
das Abiturientenexamen nöthig erscheint, so treffe
dies für den anderen ebenfalls zu.“
Seitens des Referenten wurde ferner darauf hingewiesen,
dass seit fast 4 Jahrzehnten thierärztliche Vertretungs-Körper¬
schaften sich um die Maturitas bemüht hätten. Und zwar:
1863: Die Landesversammlung der bayerischen
Thierärzte.
1867: Der IQ. internationale thierärztliche Congress
in Zürich.
1872: Der Congress deutscher Thierärzte in Frank¬
furt a. M.
1883: Der 4. internationale thierärztliche Congress
in Brüssel.
1885: Die 5. Versammlung des deutschen Veterinär-
rathes in Leipzig.
1891: Die Versammlung des ständigen Ausschusses
des deutschen Veterinärrathes.
Die Lehrkörper der thierärztlichen Bildungs-
anstalten Deutschlands, zahlreiche thierärztliche Vereine,
auch Studirende der Thierheilkunde haben bei ihren Be¬
hörden die Angelegenheit immer wieder angeregt.
Ferner verwies der Referent auf die bemerkenswerthen
Ausführungen des Professors F. Lüpke in dem Sonderabdruck
aus dem Archiv für wissenschaftliche und practische Thierheil¬
kunde, 1900, Band 26, worin von Kundgebungen aus Kreisen,
welche auch als Nichtangehörige die Thierheilkunde zu fördern
suchen, in erster Linie die Aeusserungen Sr. Kgl. Hoheit des
Prinzen Ludwig von Bayern vom 21. Dezember v. J. im
bayerischen Landwirthschaftsrath erwähnt werden, welche auch
dem Reichstag von dem Abgeordneten Hoffmann (Hall) in
der Sitzung vom 23. Februar 1900 bekannt gegeben worden sind.
Weiter seien noch anzuführen die Beschlüsse verschiedener
preussischer Landwirthschaftskammern, die sich ent¬
schieden für die Maturitas der Thierärzte aussprachen, und
ferner zahlreiche Urtheile hierfür von Autoritäten, wissen¬
schaftlich anerkannten Männern, deren Urtheil nicht
unbeachtet bleiben könne.
Der Herr Regierungscommissar äusserte sich zu dem Gegen¬
stände wie folgt:
„Gegenüber der vorliegenden Petition kann zur Zeit
nur auf die Erklärung verwiesen werden, welche der Herr
Staatssecretär des Innern am 13. Januar d. J. im Plenum des
Reichstags abgegeben hat. Danach sind die Erwägungen über
die Frage der Einführung des Gymnäsial-Reifezeugnisses als
Vorbedingung des tbierärztlichen Studiums noch nicht ab¬
geschlossen, vielmehr ist zunächst eine gutachtliche Aeusserung
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes eingeholt worden, auf
Grund deren in eine weitere Erörterung der Angelegenheit
eingetreten werden wird.“
Die Commission beschloss hiernach einstimmig, mittels
schriftlichen Berichts beim Plenum zu beantragen:
Der Reichstag wolle beschliessen:
die Petition H. 15 327 des deutschen Veterinär¬
raths zu Berlin wegen Einführung des Gymnasial-
Reifezeugnisses als Vorbedingung des thierärzt¬
lichen Studiums
dem Herrn Reichskanzler zur Berück¬
sichtigung zu überweisen.
Berlin, den 16. Mai 1900.
Die Commission für die Petitionen.
Unterschriften.
ßehftlter der Millt&rthierärzts.
Dem Vernehmen nach sind die Aussichten für die vom
Reichstag gut geheissene Erhöhung der Gehälter der Militär-
veterinäre des deutschen Heeres mit Ausnahme Bayerns (wo
bereits bessere Gehaltsverhältnisse bestehen) günstig, und zwar
auch bezüglich der Verwirklichung derVerbesserung, sondern auch
bezüglich der Höhe, bis zu welcher die Gehälter gebracht werden
sollen. Die Neuregelung würde bereits im nächsten Etat Aus¬
druck finden.
Kleinbahnen.
Die Verschiedenheit in den Auslegungen, welche seitens
der Ministerien für Landwirtschaft und für Medicinalangelegen-
heiten etc. den für die Liquidation von Reisen mit Kleinbahnen
massgebenden Bestimmungen gegeben worden waren, soll in dem
Sinne ausgeglichen sein, dass alle Medicinalbeamten Zu- und
Abgänge zu liquidiren haben.
Thierärztlloher Verein in Herzogthum Braunoohweig.
Die diesjährige Generalversammlung findet am 10. Juni,
Vormittags 11 Uhr, im Deutschen Hause zu Braunschweig statt.
Tagesordnung.
1. Geschäfts- und Kassen-Bericht.
2. Mitteilungen über Rotz. Kreisthierarzt Behreng.
3. Der gegenwärtige Standpunkt der Wissenschaft zur Frage
des seuchenhaften Verkalbens. Kreist. Dr. Oehmke.
4. Vertrauliches.
5. Mitteilungen aus der Praxis.
Nach der Versammlung gemeinsames Mittagessen mit Damen.
Der Vorstand.
Oeffentliches Veterinär wesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
Seachenstatistik and Veterinärpolizei.
Impfkiatohen für Menschen- und Thierimpfungen.
Um der ersten Anforderung an sachgemässe Aufbewahrung
des Impfstoffes auch während der heissen Jahreszeit und für
den Transport desselben in der Praxis zu genügen, sowie den
übrigen Bedingungen für aseptische Durchführung der Impfung
Genüge zu leisten, hat Herr Obermedicinalrat, Oberamtsarxt
Dr. Zeller in Ludwigsburg, eine ganz ingenieuse Erfindung
Digitized by AjOOQle
» werden mit 60 Hk. für den Bogen honorirt.
cripte, Mittheilnngen und redactionellen An-
* man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
iliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
insions-Exemplare und Annoncen da-
<gen an die Verlagsbuchhandlung.
nschrift
Dr. B. Peter.
BB in der
in dem
listhieren als
Bfe Giftwirkung
Wirkung anderer-
Btionskrankheiten
i etc. haben.
^^es Aufsehen die Mit-
.(■•ni vorjährigen Badener
Sres Reagenzthier in dem
Ausgegeben am 7. Juni.
1- und Klauenseuche. — Mjöen: Der
peuche. — Preusse: Therapeutische Notizen
— Ilobday: Castration eines Herma-
tBehandlung der fibrinösen Lungenentzündung,
»ndowsky: Ueber die Einführung fremden
lg und Thierzucht. — Tagesgeschichte:
!r Thierärzte am 18. Mai in Cöln. — Friibjahrs-
IVerschiedenes. — Oeffentliches Veterinär¬
kehr. — Bücheranzcigen und Kritiken. —
n Ferkel gefunden habe, und in der Lage
Ire brauchbare Immunisirungsmethode darstellen
Bier liatte durch Zufall herausgefunden, dass
1‘iu'ti alte Ferkel durch Einspritzung von Vio ccm
falymphe innerhalb 26 Stunden sicher getödtet
pses thatsächlicli der Fall war, so war eine sichere
nicht allein für die Virulenz der Aphthenlymphe,
Eh für die’Serumwirkuug gegeben. Löffler stellte
umlung den Abschluss eines brauchbaren Schutzimpf-
in nahe Aussicht. Leider hat sich diese Aussicht
[noch nicht erfüllt. Es ist wohl anzunehmen, dass sich
der Versuche neue Schwierigkeiten gefunden haben,
von hemmenden Einfluss gewesen sind. Wie weit die
Büschen Versuche gediehen sind, ist zur Zeit nicht
Nach Hecker’s neuesten Veröffentlichungen soll die
ttzung der Ferkel als Reagenzthiere ebenfalls als hinfällig
erwiesen haben. Immerhin sind durch die Löffler’sehen
[rdienstvollen Forschungen, manche wichtige, bisher noch
inbekannte Thatsachen zur Aufklärung gebracht worden.
Während die Reichscommission in der Lage sich befand, mit
reichlichen Mitteln ihre Forschungen durchzuführen, war dieses
bei Hecker, welcher sich bekanntlich in Diensten der Land-
wirthschaftskammer in Halle befand, nicht der Fall.
Für seine Arbeiten standen ihm nur bescheidene Mittel zur
Verfügung. Sein Laboratorium war nur dürftig und ungenügend
für solche bahnbrechenden Untersuchungen eingerichtet, wovon
ich mich zu überzeugen Gelegenheit hatte. Daher ist sein Ver¬
dienst um so höher anzuschlagen. Solange Hecker seine Versuche
im kleinen Massstabe, in seinem Laboratorium machen, die Ver-
suchsthiere selber controliren, die Werthbestimmungen des
Sclmtzserums selbst ausführen, einen dauernden gleichwirkenden
Lymphstamm sich erhalten, und nur hochwerthiges Schutzserum zu
Versuchen nach aussen abgeben konnte, solange waren die Er¬
folge im Grossen und Ganzen als günstig zu bezeichnen, wie
ich selbst constatirt habe. Als aber die Anforderungen wuchsen,
die Nachfrage nach Serum täglich zunahm, und sein Labora¬
torium für diese erhöhten Anforderungen nicht ausreichte, da
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264 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 22.
linke Seite des Hanses wollte auch die Hausschlachtungen
mit unter Controlle bringen.*) Eine Absicht, welche von thier¬
ärztlicher Seite nur durchaus zu billigen ist. Die Mehrheit des j
Hauses konnte sich aber mit dieser Ausdehnung der Unter¬
suchungen nicht befreunden, ja ein Antrag „von Scheele“ wollte
sogar die Bestimmungen über die Hausschlachtungen noch weiter
abschwächen, indem eine nachträgliche Verwerthung der Producte
der Hausschlachtungen zugestanden werden sollte. Nachdem
aber der Staatssekretär Graf von Posadowsky sich dagegen
ausgesprochen hatte und Geheimrath Roeck 1 erklärt hatte, dass
eine gelegentliche Abgabe dieser Producte von den Gerichten
nicht als gewerbsmässige Verwendung von Fleisch betrachtet
werden könnte, wurde der Antrag „von Scheele“ zurückgezogen ,
und § 2 in der Fassung der zweiten Lesung angenommen. Die
*) Der Abg. Hoffmann-Hall (Prof, in Stuttgart) hatte hierzu
einen Vermittlungsantrag eingebracbt, der aber keine Annahme
fand. Der Reichstag wolle beschliessen, dem § 2 folgende Fassung j
zu geben: „Bei Schlachtthieren, deren Fleisch ausschliesslich im !
eigenen Haushalt des Besitzers verwendet werden soll, darf, sofern
sich keine Merkmale irgend einer Gesundheitsstörung bei diesen
Thieren zeigen, die Untersuchung vor der Schlachtung unterbleiben.
Unter den gleichen Voraussetzungen darf die Untersuchung vor
und nach der Schlachtung bei Schafen und Ziegen sowie noch
nicht drei Monate alten Kälbern und noch nicht drei Monate alten
Schweinen unterbleiben.“
Debatte beim § 14 a drehte sich fast nur um die Zulassung des
Pökelfleisches. Wenn auch gegen die Zulassung von Pökelfleisch
zur Einfuhr schwere Bedenken zu erheben sind, so werden diese doch
dadurch herabgestimmt, dass nur Stücke Pökelfleisch, welche nicht
unter 8 Pfund wiegen, eingeführt werden dürfen. Bei diesen Stücken
ist wenigstens eine Qualitätsbeurtheilung möglich, und geben
ja auch die weiteren Absätze des § 14a an, dass zubereitetes
Fleisch nur eingeführt werden darf, wenn nach der Art seiner Ge¬
winnung und Zubereitung Gefahren für die menschliche Gesundheit
erfahrungsgemäss ausgeschlossen sind oder die Unschädlichkeit
für die menschliche Gesundheit in zuverlässiger Weise bei der
Einfuhr sich feststellen lässt. Handhaben genug, um die Ein¬
fuhr von Pökelfleisch auf einwandsfreie Stücke zu beschränken,
zumal weiter genaue Normen gegeben sind, damit das Pökel¬
fleisch nicht wieder entsalzen und als frisches Fleisch ver¬
wendet werden kann. Die Bestimmungen über die Fleisch¬
einfuhr bleiben auch nach dem 31. December 1903 in Geltung,
sofern nicht vorher dieselben neu geregelt werden.
Diejenigen Paragraphen des Gesetzes, welche die specielle
Ordnung der Fleischbeschau- und die Einfuhr ausländischen
Fleisches behandeln, treten am Tage der Verkündigung des
Gesetzes in Kraft. Bezüglich der übrigen Bestimmungen wird
eine Kaiserliche Verordnung den Termin festsetzen, an welchem
sie Geltung erlangen. K.
Personalien. I
Auszeichnungen und Ernennungen: Dem Tbierarzt M ei necke- |
Derenburg (Kr. Halberstadt) ist der Kronenorden IV. Kl. verliehen
worden
Dem etatsmässigen Docenten an der thierärztl. Hochschule zu
Hannover, Dr. Adam Olt, ist das Prädicat „Professor“, dem Kreis¬
thierarzt Bubendorf-Thann, Präsident des tbierärztlichen Vereins
von Elsass-Lothringen, die Mitgliedschaft im Landwirthschafisratl»
von Elsass-Lothringen', dem Thierarzt Richter-Dessau der Titel
Hofthierarzt — verliehen worden.
Thierarzt Hecker, Vorsteher des bacferiolog. Instituts der
Landwirthschaftskammer in Halle, hat mit dem Eingehen des
Instituts diese Stellung aufgegeben.
Gewählt: Thierarzt 0. Bärtling-Friedrichsthal (Saarbrücken)
zum 2. Schlachthofthierarzt in Cassel und zu seinem Nachfolger
Thierarzt Wiegels, seither kreisthierärztl. Assistent in Saarbrücken,
Thierarzt Helfer-Mülhausen (Eisass) zum Schlachthof - Director
daselbst.
Examina: Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in
Berlin: die Herren Ebertz-Salzwedel. Grebe-Köln a. Rh., Hirsch- ,
Berlin, Koch-Polle, Marder - Römhild, Dr. Melchers - Berlin, I
Resow-Essen a. d. Ruhr, Schilling-Göttingen, Schliwa-Brieg,
Wenstrup-Neuenkirchen, Zinnecker-Ostrowo.
Wohnsitzverändemngen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die
Thierärzte Carl Bannasch Dach Görlitz, Mittelstaedt nach
Oederan (Sachsen), Pfund, Oberrossarzt, nach Torgau a. d. Elbe
(Schlachthof).
In der Armee: Thierarzt Ledschbor, Einj.-Frw. im I. Garde-
Feld-Art-Rgt. zum einj.-frw. Unterrossarzt befördert.
(neuerrichtet) (600 M. Gehalt, 200 M. aus Kreismitteln, 810 M. für
Beaufsichtigung der Viehmärkte). Bewerbungen bis 18. Juni an den
Regierungspräsidenten.
Deutsch-Südwest-Afrika: Für das Kaiserliche Gouverne¬
ment vorläufig zur comm. Beschäftigung 2 approb. Thierärzte zum
sofortigen Antritt (6000 M. Anfangsgehalt, Wohnung etc. Hin-und
Rückreise; 1000 M. Ausrüstungsgelder; 3 Jahre Verpflichtung).
Bewerb, an die Kolonialabtheilung des Auswärtigen Amtes.
b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Köln: Rheinbach. — R.-B. Wiesbaden: St. Goarshausen.
Sanititstbierarztstelien: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Cottbus: Schlachthofassistenztbierarzt bis 1. October (Beschäftigung
diätarisch, Vierteljahr. Kündigung; 1500 M. p. a.). . Bewerbungen
an den Magistrat. — Neheim: Schlachthofdirector zum 1. Juni er.
(2000 M. Wohnung etc. Privatpraxis.). Bewerb, an den Magistrat
— Wamsdorf, Bez. Leipzig: Thierarzt für Fleischschau in W.
und in den Nachbargemeinden. Meid, an den Gemeindevorstand.
— Zwickau: 2. Schlachthofthierarzt zum 1. Juni (1800 M.
Wohnung etc.)
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Cassel: 3. Schlachthofthierarzt. — Düsseldorf: 2. ABsistenz-
thierarzt. — Eberswalde: Schlachthofinspector. — Frankfurta. 0.:
Schlachthofdirector zum 15. Juni er. — Graudenz: Schlachthof¬
assistenzthierarzt. — Johanngeorgenstadt u. Nachbargemeinden:
Thierarzt für Fleischbeschau. — Königswarthai. S.: Thierarzt für
Fleischbeschau. — Lunzenau: Thierarzt für Fleischschau. — Mül¬
hausen (Eisass): Schlachthofverwalter. — Pössneck: Thierarzt
für Fleischbeschau. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Pritzerbe:
Tbierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Wetter (Ruhr):
Thierarzt für Fleischbeschau.
Yacanzen.
(Näheres Uber die Vacanzen mit abgelaufencr Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreisthierarztstelien etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Aachen: Montjoie (600M., ausserdem 300 M. Stellenzulage und
600M. Kreiszuschuss, sowie ev. Voraussicht!. BOOM. fürBeaufsichtigung
der städt. Fleischbeschau). Bew. bis 1. Juni er. an den Regierungspräs.
— R.-B. CasBel: Gersfeld (600 M.), (erneut ausgeschrieben,)
Gesuche innerhalb 4 Wochen an den Regierungspräsidenten.
— R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich Kreiszuschuss).
— Stolp (Nord) (erneut ausgeschrieben! mit dem Amtssitz in Glowitz.
Gesuche an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Köln: Waldbröl
Verantwortlich Ar den Inhalt (excL Inzeratenthell): Prof. Dr. Schmaltm in Berlin. — V(
Privatstelien : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt. — Peiskretscham (Ober-Schles.): Thier¬
arzt. Bewerbungen beim Magistrat. — Schönbaum (Danzig).
— Sold au (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt. — Mengering¬
hausen (Waldeck): Tbierarzt. — Rhinow (R.-B. Potsdam):
Thierarzt. Schloppa (Westpr.): Thierarzt sofort, (ca. 1000 M. aus der
Fleischbeschau). Meid, an aen Magistrat — Schwarzenberg i. S.:
Tbierarzt für Fleischbeschau u. Praxis. — Sonnenburg: Thierarzt.—
Suelze (Mccklb.): Thierarzt (300 M. Fixum aus der Stadtkasse).
Bewerbungen an den Magistrat. — Weilerbach, Bez.-A. Kaisers¬
lautern: Thierarzt (750 Mark Beihülfe). Meid, bis 15./6. an den
Bürgermeister. — Wolkenstein: Thierarzt für Praxis und Fleisch¬
schau.
und Eigen th um von Richard Schoetz iu Berlin. — Druck von W. Büxenztolo, Berlin
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Die „Berliner Thieräntllche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in Stirke von mindestens 1«/, Bogen. Dieselbe
ist sn beziehen dnreh den Bachhsndel, die Post (No 1062)
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard
Sohoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zuui Preise von
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Berliner
Orlglnalbeltrftge werden mit 60 Hk. für den Bogen honorlrt
Alle Mannscripte, Mitthellungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thier&rztilohe Hochschule, NW., Loisenstrasse 56.
Correctnren, Recensions-Exemplare nnd Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard d.-hoet’, Berlin NW., Luisenstraase 36.
Jahrgang 1900. M 23 .; Ansgegeben am 7. Jnni.
I n h a 1 1 : Grafrunder: Ueber den derzeitigen Stand der Schutzimpfung gegen Maul- und Klauenseuche. — Mjöen: Der
norwegische Eismeerfang. — Referate: M’Fadyean: Die afrikanische Pferdeseuche. — Preusse: Therapeutische Notizen
aus Bern. — Statistischer Veterinär-Sanitätsbericht der prenssischen Armee für 1898. --- Hobdav: Castration eines Herma¬
phroditen. — Reichenbach: Kaiserschnitt bei der Hündin. — Eichhorst: Die Behandlung der fibrinösen Lungenentzündung.
— Heine: Die Anatomie des accomodirten Auges. — Friedenthal und Lewandowsky: Ueber die Einführung fremden
Serums in den Blutkreislauf. — Entgegnung. Russian-waters. — Thierhaltung und Thierzucht. — Tagesgeschichte:
Protokoll über die Frühjahrs-Generalversammlung des Vereins Rheinpreussischer Thierärzte am 18. Mai in Cöln. — Frühjahrs-
versammlung des thierärztlichen Vereins für die Provinz Brandenburg. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinär¬
wesen: Seachenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Bücheranzcigen und Kritiken. —
Personalien. — Vacanzen.
Ueber den derzeitigen Stand der Schutzimpfung
gegen Maul- und Klauenseuche.
Vortrag gehalten in dem Vereine brandenburgischer Thierärzte.
Von
Graffunder- Landsberg a. W.,
KreUtbierzrzt.
Wie wir wissen, beruht das Verfahren zur Herstellung einer
Schntzlymphe gegen die Aphthenseuehe, welches sowohl von
der Reichscommission unter Vorsitz von Geheirarath Löffler,
sowie vom Thierarzt Hecker zu Halle zur Anwendung kam,
in ein und derselben Methode, w'onach den Versuchstieren zur
Erzielung hochwertig immunisirender Schutzkörper periodisch
sich steigernde Impfdosen infectiösen Blutes oder frischer Blasen¬
lymphe von erhöhter Giftigkeit eingespritzt wurde. Hierbei hat
sich nun im Laufe der von beiden Forschern parallel an-
gestellten Schutzimpfversuchen, wobei die Schntzlyjnphe aus einem
Gemisch von Immunblut und Aphthenvirus bestand, herausgestellt,
dass das Blut einzelner, völlig gleichmässig präparirter Tiere
in seiner Schutzkraft nicht gleichwertig sich erwies. Während
von einem dieser Tiere hochgradige Immunstoffe geliefert
wurden, waren dieselben von einem anderen Thiere unter
gleichen Bedingungen vorbereitet, minderwertig, völlig werthlos.
Dieser schwankende Schutzwerth des Blutes hat bei beiden
Versuchsreihen zur Folge gehabt, dass neben zahlreichen Erfolgen
auch zahlreiche Misserfolge Hand in Hand gingen, je nach¬
dem der Immunwerth des Blutes ein hoher oder niedriger war.
Die grössten Schwierigkeiten mit denen die Forscher zu
rechnen hatten, lag einmal in der Unkenntniss des Krankheits¬
erregers und seiner biologischen Eigenschaften, zweitens in der
kolossal schwankenden Virulenz desselben, drittens in dem
Mangel von geeigneten kleinen und billigen Versuchsthieren als
Reagenz zur Feststellung eines Massstabes für die Giftwirkung
der Blasenlymphe einerseits, und für die Serumwirkung anderer¬
seits, wie wir z. B. dieselben bei anderen Infectionskrankheiten
in den Mäusen, Kaninchen, Meerschweinchen etc. haben.
Es rief daher ein grosses berechtigtes Aufsehen die Mit¬
theilung des Geheimraths Löffler auf dem vorjährigen Badener
Congresse hervor, dass er ein sicheres Reagenzthier in dem
4—5 Wochen alten Ferkel gefunden habe, und in der Lage
wäre eine sichere brauchbare Immunisirungsmethode darstellen
zu können. Löffler hatte durch Zufall herausgefunden, dass
junge 4—5 Wochen alte Ferkel durch Einspritzung von tyio ccm
frischer Blasenlymphe innerhalb 26 Stunden sicher getödtet
werden.
Wenn dieses thatsächlich der Fall war, so war eine sichere
Gradmessnng nicht allein für die Virulenz der Aphthenlymphe,
sondern auch für die : Sernmwirkung gegeben. Löffler stellte
der Versammlung den Abschluss eines brauchbaren Schutzimpf¬
verfahrens in nahe Aussicht. Leider hat sich diese Aussicht
bis jetzt noch nicht erfüllt. Es ist wohl anzunehmen, dass sich
im Laufe der Versuche neue Schwierigkeiten gefunden haben,
welche von hemmenden Einfluss gewesen sind. Wie weit die
Löffler’schen Versuche gediehen sind, ist zur Zeit nicht
bekannt. Nach Hecker’s neuesten Veröffentlichungen soll die
Benutzung der Ferkel als Reagenzthiere ebenfalls als hinfällig
sich erwiesen haben. Immerhin sind durch die Löffler’schen
verdienstvollen Forschungen, manche wichtige, bisher noch
unbekannte Thatsachen zur Aufklärung gebracht worden.
Während die Reichscommission in der Lage sich befand, mit
reichlichen Mitteln ihre Forschungen durchznführen, war dieses
bei Hecker, welcher sich bekanntlich in Diensten der Land-
wirthschaftskammer in Halle befand, nicht der Fall.
Für seine Arbeiten standen ihm nur bescheidene Mittel zur
Verfügung. Sein Laboratorinm war nnr dürftig and ungenügend
für solche bahnbrechenden Untersuchungen eingerichtet, wovon
ich mich zu überzeugen Gelegenheit hatte. Daher ist sein Ver¬
dienst um so höher anzuschlagen. Solange Hecker seine Versuche
im kleinen Massstabe, in seinem Laboratorium machen, die Ver¬
suchstiere selber controliren, die Werthbestimmungen des
Schutzserums selbst ausführen, einen dauernden gleichwirkenden
Lymphstamm sich erhalten, und nur hochwerthiges Schutzserum zu
Versuchen nach aussen abgeben konnte, solange waren die Er¬
folge im Grossen nnd Ganzen als günstig zu bezeichnen, wie
ich selbst constatirt habe. Als aber die Anforderungen wuchset',
die Nachfrage nach Serum täglich zunahm, und sein Labora¬
torium für diese erhöhten Anforderungen nicht ausreichte, da
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266
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 23.
war er auf die Viehbestände benachbarter Landwirthe zu seinen
Versuchen angewiesen. Die natürliche Folge davon war, dass
eine peinliche Controle dieser Versuchsthiere nicht in dem
nöthigen Masse zur Ausführung gelangen konnte, wie in seinem
Anstaltsstalle. Es ist daher vorgekommen, dass minderwerthiges
Serum häufig mit unterlief. Zum Unglück war Hecker in Folge
Erkrankung gerade zu der Zeit arbeitsunfähig, als an das
königliche Landwirtschaftliche Ministerium Schutzserum zu
Probeimpfungen seitens der Landwirthschaftskammer geliefert
werden sollte. Er war also selbst nicht in der Lage genaue
vorherige Werthbestimmungen des Probeserums vor der Abgabe
anzustellen. Ich hatte es übernommen, einige Probeimpfungen
mit dem zur allgemeinen Abgabe bestimmten Schutzserum an¬
zustellen. Dabei ist nur unbewusster Weise in einem P'robir-
stalle ein Irrthum unterlaufen. Während in einem Stalle die
Impfungen ein durchweg günstiges Resultat ergaben, war Öieses
in dem zweiten Stalle nicht der Fall. Von dem Inspector des
betreffenden Gutes waren die zur Impfung bestimmten Rinder
zwei Tage vor meiner Ankunft bereits heimlich inficirt worden,
während die künstliche Ansteckung vorschriftsmässig erst nach
der Serumeinspritzung erfolgen sollte. Die Thiere waren dem¬
nach bei der Impfung schon als inficirt zu erachten. Dieses
war mir verschwiegen worden, und ich erfuhr diesen Vorfall
erst einige Monate später als der betreffende Inspector längst
entlassen war. Hier auf diesem Gute trat nach Ablauf von
16 Tagen nach der Impfung unter den Impflingen die Senche
auf, nachdem ich 10 Tage gewartet und bereits einen günstigen
Bericht abgefasst hatte. Wie bekannt, hatten die weiteren
vom Landwirtschaftlichen Ministerium angeordneten Probe¬
impfungen mit Hecker’schen Schutzserum keinen günstigen
Erfolg. Ich bin der Ansicht, dass, wenn Hecker unglücklicher
Weise zur Zeit der Serumgewinnung nicht krank gewesen,
derselbe die Vorprüfungen selbst hätte ausführen können, bei
diesen officiellen Probeimpfungen wahrscheinlich ein etwas
günstigeres, wenn anch nicht gerade vollbefriedigendes Resultat
erzielt worden wäre.
Zu einem durchweg ungünstigen Resultate hat auch das
in neuerer Zeit von Winkler empfohlene Milchimmunisirungs- |
verfahren geführt, anf welches näher einzugehen, keine Ver¬
anlassung vorliegen dürfte.
Nach den bisherigen Erfahrungen drängt sich uns Thier¬
ärzten doch die Frage auf, ob es in Anbetracht der schwan¬
kenden Virulenz des Krankheitserregers der Aphthenseuche,
deren Effect wir in der Praxis nur zu häufig bei den verschieden-
gradigen Seuchengängen zu beobachten Gelegenheit haben,
möglich sein dürfte, ohne genaue Kenntniss des Erregers ein
brauchbares Schutzimpfungsverfahren herzustellen.
Im Allgemeinen wird jedoch nach den bisherigen Ergeb¬
nissen der Impfungen von den meisten Thierärzten die Ansicht
vertreten, dass ohne Kenntniss des Krankheitserregers keine er¬
folgreiche Schutzimpfung zu erwarten wäre.
Ueberraschend waren die vor kurzer Zeit zuerst in der-
allgemeinen Centralzeitung für Thierzucht No. 19 und später
in No. 20 der B. T. W. erschienenen Veröffentlichungen von
Hecker betreffend Vorschläge zur Bekämpfung der Maul- und
Klauenseuche. Es lohnt sich hier, gleichzeitig auf einzelne
Punkte des interessanten Artikels näher einzugehen. Nach
einigen Vorbemerkungen über seine bisherige Schutzimpfungs¬
methode kommt Hecker mit neuen Vorschlägen. Zunächst
verlangt er eine allgemeine Feststellung der Immunitätsdaner
verseucht gewesenen Thiere. Eine einwandsfreie Statistik soll
durch Markirung aller krank gewesenen Thiere erreicht werden.
Die Marke soll Monat und Jahr der Erkrankung enthalten.
Es ist richtig, dass wir über die Dauer der natürlichen
Immunität bei der Maul- und Klauenseuche keine festgelegte
Statistik besitzen. Die bisherigen Angaben über die Dauer der¬
selben bewegen sich in weiten Grenzen. Die Angaben schwanken
von 8 Wochen bis zu 6 Jahren und darüber.
Manche Thiere sollen zweimal hintereinander nach acht
Wochen erkranken, andere nach einem Jahre, andere nach zwei
Jahren, andere überhaupt nach einmaliger Erkrankung nicht
mehr empfänglich sein und andere überhaupt garnicht erkranken.
Nach meinem Dafürhalten dürfte die Erklärung für diese Ab¬
weichungen in der Immunität auf die bereits erwähnte schwan¬
kende Virulenz des Krankheitserregers in erster Linie zurück¬
zuführen sein und uns die Erforschung desselben erst den
nöthigen Aufschluss geben.
Dann schlägt Hecker als weitere Bekämpfungsmassregel
eine zweimalige Impfung desjenigen Jungviehs vor, welches zur
Aufzucht in Aussicht genommen ist. Zur ersten Impfung soll
eine abgeschwächte Blasenlymphe verwandt werden, und nach
3—6 Monaten eine vollvirulente (womöglich Schweinelymphe).
Löffler und Hecker gelang es bekanntlich durch Ueberimpfen
von virulenter Lymphe von Kalb zu Kalb die Virulenz bei der
vierten Uebertragung schnell abzuschwächen, Wechselimpfungen
von Kalb auf Schwein und umgekehrt waren dagegen nach
Löffler ohne Erfolg. Da erfahrungsmässig Jungvieh weniger
von der Seuche leidet und nicht so hart angegriffen wird, so
glaubt Hecker durch dieses Verfahren beim Jungvieh lebens¬
längliche Immunität zu erzielen, sodass allmählich ein immuner
Viehbestand im Lande geschafft werden kann.
Wenn wir bei dieser Frage stehen bleiben wollen, so ist
dieser Vorschlag nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen.
Zunächst dürfte die merkwürdige Thatsache zu constatiren sein,
dass Hecker von weiteren Versuchen mit Schntzsemm - Abstand
zu nehmen gewillt ist, und wieder auf das alte ursprüngliche
Pasteur’sche Abschwächungsverfahren zurückgreifen will.
Zur Durchführung der Hecker’schen Idee wäre als noth-
wendige Folge die Errichtung einer Lympherzeugungsanstalt
im grossen Massstabe von Staatswegen erforderlich, wo jeder¬
zeit die nöthige Lymphe bezogen werden kann. Die Impfung
der Kälber ist durchführbar, ob aber die nöthige Absperrung
der Impflinge auf einzelnen Gehöften ohne Gefährdung der
übrigen Viehbestände ausführbar ist, muss noch ernstlich in
Erwägung gezogen werden.
Was nun die Empfänglichkeit junger Thiere gegen die
Seuche anbelangt, so haben wir bisher beobachtet, dass frisch
geborene Kälber, Ferkel, Lämmer einzugehen pflegen, wenn die
Mütter zur Zeit der Geburt seuchekrank sind. Werden die
Jungen älter und abgesetzt, so schwindet die Empfänglichkeit,
die Erkrankungen sind in der Regel sehr leichter Natur. Die
Frage ob Kälber im Mutterleibe, während der Fötalzeit, durch
die Erkrankung der Mntterthiere, ebenfalls immun werden, ist
noch nicht gelöst. Von vielen Beobachtern wird diese
angeborene Immunität bestritten. Einen Beitrag zur Klärung
dieser Frage kann ich aus eigener Beobachtung liefern.
Anfang Mai 1899 brach auf einem Gute die Manl- und
Klauenseuche aus. Im Januar des Jahres 1900 zum zweiten
Male, also ca. nach 9 Monaten. Es erkrankten beim zweiten
Seuchengange das inzwischen neu angekaufte Rindvieh und
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7. Juni 1900
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
267
alles 3 bis 4 Monate und darüber alte Jungvieh. Dagegen
blieben alle im Dezember vorigen Jahres und Januar dieses
Jahres geborenen jungen Kälber gesund, sie waren immun. Bei
näherer Prüfung dieser auffallenden Erscheinung stellte ich in
Gemeinschaft mit dem Besitzer fest, dass die betr Mutterthiere
im ersten und zweiten Monate tragend waren, als sie im vorigen
Jahre an der Seuche erkrankten. Alle älteren Kälber, deren
Mütter zur Zeit des Seuchenganges über 3 Monate tragend
waren, hatten keine Immunität erlangt.
Sollte diese zufällige Beobachtung weitere Bestätigung
finden, so könnte dieselbe zur Erzielung einer angeborenen
Immunität ebenfalls von bedeutender Tragweite werden. Weitere
Beobachtungen nach dieser Richtung hin dürften demnach als
dringend nöthig 8ich erweisen. Die Frage, die Bekämpfung von
Seuchen bei dem Jungvieh zuerst in Angriff zu nehmen, wird
bekanntlich, wie ich nebenbei erwähnen will, jetzt bei der
Tuberculosetilgung empfohlen. Isolirung aller Aufzuchtskälber,
Verabreichung gekochter Milch vom zweiten Tage der Geburt
an und eventuelle Tuberculinimpfung der verdächtigen Kälber.
Zum Schlüsse meines Referates möchte noch Gelegenheit nehmen,
über den Forschungsplan der Reichscoramission einige Worte
zu äussern.
Nach meiner Ansicht, die auch von Hecker u. A. ver¬
treten worden, ist man bei der Zusammensetzung der Forscher¬
commission etwas zu einseitig vorgegangen. Dieselbe müsste
nicht nur aus Bacteriologen, sondern ausserdem noch aus er¬
fahrenen Thierärzten, Clinikern und pathologischen Anatomen,
welche lediglich das einschlägige, practische Erfahrnngsmaterial
zu bearbeiten hätten, zusammengesetzt sein. So sind z. B. die
seiner Zeit von der Reichscommission bezw. dem Kaiserlichen
Gesundheitsamte aufgestellten Fragebogen nicht genügend durch¬
gearbeitet worden.
Insbesondere sind die feinen pathologisch-anatomischen Ver¬
änderungen, welche das Aphthenvirus bei der Blutpassage in
den einzelnen Organen des Körpers, speciell bei dem ver¬
schiedenen Seuchenverlaufe hervorruft, eingehender zu behandeln,
da die bisherigen Sectionsbefunde noch nicht ausreichend sind.
Namentlich dürfte die Haut, wie bei allen acuten Exanthemen,
eine Hauptrolle spielen (Rabe), da dieselbe, insbesondere ihre
Zellelemente, die Aufgabe haben, die Krankheitserreger zu
eliminiren. Ich möchte hierbei, auf die sehr häufig vorkommende,
partielle und allgemeine Erkrankung der Hautdecke bei den
einzelnen Seuchengängen hinweisen. Es wäre auch nicht aus¬
geschlossen, dass der Krankheitserreger in verschiedenen Formen
im Körper Vorkommen könnte, wie dieses vor Kurzem von
Nakanishi (Centralbl. f. Bacteriologie, Bd. 27, Heft 18/19)
bei der Erforschung des Erregers der Menschen- und Kuhpocken
behauptet worden ist. Nach Nakanishi soll der Pockenerreger
ein Bacillus sein, der seine Form und Grösse ungemein ver¬
ändert, in .fünf verschiedenen Formen auftritt und daher Bacillus
variabilis von ihm genannt wurde.
Ferner würde auf das Knochenmark, wie ich schon früher
hervorgehoben, und seine Veränderungen in dem verschiedenen
Krankheitsverlaufe ebenfalls das Augenmerk zu richten sein.
Es würde weit über den Rahmen meines Referates hinausgehen,
wenn ich noch weitere Punkte vieler der Lösung harrenden
Fragen berühren wollte.
Dieser verstärkten Commission müsste es nach dem Wahl¬
spruche „Getrennt marschieren aber vereint schlagen“ —
schliesslich dennoch gelingen, zu einem günstigen Resultate zu
gelangen, ein Steinchen nach dem andern in die jetzigen Lücken
einzufügen, um endlich einen festen Wall gegen die gefürch-
tetste und schädlichste Seuche unseres Viehbestandes aufzurichten.
,Es dürfte nach diesen Ausführungen noch die Frage in
Erwägung zu ziehen sein, im Falle die jetzige Forschungs¬
commission zu keinem baldigen abschliessendem Resultate ge¬
langen sollte, ob unser brandenburgischer Verein insofern
Stellung zu der Frage nimmt, als ein entsprechender Antrag an
unsere Centralvertretung dahin gehend zu richten wäre:
Der brandenburgische thierärztliche Verein hält es im all¬
gemeinen und landwirthschaftlichen Interesse für geboten, zur
weiteren Erforschung der Maul- und Klauenseuche die jetzige
Reichscommission noch durch Thierärzte, namentlich durch
Kliniker und pathologische Anatomen in entsprechender Weise
zu verstärken.*)
Der norwegische Eismeerfang.
Von C. Mjöen.
Von der kleinen Stadt Tromsö an der Nordwestküste Nor¬
wegens gehen alljährlich kleinere und grössere Flotten aus,
ausgerüstet für 4—5 monatlichen Eismeerfang.
Das allgemeine Interesse hat sich in letzter Zeit mehr und
mehr anf die arktischen Gebiete gelenkt, auf jene Länder der
mehrmonatlichen Polarnacht, die der Wissenschaft so manches
Räthsel aufgegeben. Durch die Polarexpeditionen aller Arten,
zoologische, botanische, hydrographische, geologische, meteoro¬
logische, ist Licht in diese ungekannten Gegenden gekommen.
Wir wissen nun, dass sich ungeahnte Reichthümer auf diesen
merkmiirdigen, endlosen Strecken befinden, und dass viele Hände
.sieft danaph ansstrecken. So haben bekanntlich deutsche Colonial¬
politiker sich um die Erwerbung von Beereneiland bemüht, und daher
dürfte es vielleicht interessant sein, einige Einzelheiten von den
Jagden und Fangexpeditionen in den Eismeerländern zu er¬
fahren. Aus directer Quelle, nämlich von einem Tromsö-Ein-
wohner, der sich an diesen Fahrten betheiligt hat, erfahren wir
nähere Berichte: Schon im Januar beginnen gewöhnlich die
Ausrüstungen, die mehrere Monate lang dauern. Im April erst
wird, in See gestochen, da erst dann das Fahrwasser und die
Eis- und Lichtverhältnisse -eine einigermassen günstige Jagd
ermöglichen. Die meisten der Fahrzeuge sind Yachten, darunter
einige Galeassen. Die Jagd geht auf Seehunde, andere Robben¬
arten, Walrosse, Eisbären, Füchse, in letzter Zeit auch nament¬
lich ,auf Moschusochsen, die stets zur kostbarsten Jagdansbeute
gerechnet werden, hauptsächlich wegen der grossen Schwierig¬
keiten des Fangens. Die Thiere sind so scheu, dass man sic
schwer in Schussweite bekommt, und sie gar lebend einzufangen,
gehört zu den schwierigsten Unternehmungen. Der Moschus-
ochee, eine Zwischenbildung von Rind und Schaf, wurde früher
ausschliesslich zur Fauna des nördlichen Nordamerika gerechnet,
ist aber seit den letzten Jahren auch in den unbewohnten
Theilen Grönlands angetroffen worden. Sein langhaariges,
dunkelbraunes Fell ist sehr werthvoll, das Fleisch riecht stark
nach Moschus. Ein alter Waljäger, ein norwegischer Kapitän,
wusste merkwürdige Dinge zu berichten von diesen Moschus¬
ochsenjagden. Er erzählte, dass man neuerdings eine ebenso
schlaue wie einfache Methode zum Einfangen lebender Jungen
anwendet: Zuerst werden die Alten geschossen, die Leichname
dann zusammengesclileppt und an einen Ort gelegt, den man
*) Vergleiche die Mittheilung über die Versammlung des
Vereins unter Tagesgeschicbte.
Digitized by
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268
gut beobachten kann. Alsbald kommen die Jungen herbei; und
die sonst so flüchtigen Thiere legen sich ruhig an der Seite
der Alten nieder, ohne sich im Geringsten durch Geräusche oder
Gefahr stören zu lassen. Dieser eigenartige Zug thierischer
Kindesliebe kostet den armen Kleinen die Freiheit. Derin in
ihrer Trauer lassen sie sich ohne allzu heftigen Widerstand
einfangen. '
Dieselbe Methode ist auf junge Eisbären angewandt worden,
diese geberden sich aber so rasend, dass sie äusserst schwierig
zu behandeln sind. Vorn und hinten wird je ein starkes ^Tau
angebunden und 2 Männer ziehen stramm an jedem Ende, um
dem wüthenden Thiere nicht zu nah auf den Leib zu komfaen.
An Bord stehen starke mit Eisenstäben versehene Kisten, kleine
improvisirte Menagerien, zur Aufnahme bereit. 1
Von einer solchen Eismeerfahrt werden durchschnittlich an
tausend Felle mit nach Haus gebracht. Die meisten sind Robben-
und Renthierfelle, ausserdem eine Menge Eisbärenfälle, Blau¬
fuchs-, Brandfuchs- und einige wenige Weissfuchspelze. [ Der
Blau- und Weissfuchs ist eine specifische Sorte, auch Polarfuchs
(Canis lagopns) genannt. {
Auch von Samojeden- und Finenhunden werden eine? be¬
deutende Anzahl mitgebracht, zum Transport nach dem Ausland.
Diese sind die einzige wirklich echte norwegische Hunde^ace,
kleine, scharfe, hartgewohnte und mit einer natürlichen DrfeSsur
begabte Thiere, die als Wacht- und Schäferhunde unübertrefflich
sind. Die meisten gehen nach England, da englische Touristen
oftmals Zeuge gewesen sind, wie so ein Hund, ohne dressirt zu
sein, eine Heerde von 400 und mehr Renthieren, verstreut auf
eine unübersehbare Fläche, im Nu zusammentreibt. Das ist,
ausser ungeheuren Vorräthen an Fleisch, Walrosszähnen etc.
die Ausbeute dieser Eismeerflotten,' !: Öie alljährlich von
Trorasö ausgehen. Die Mannschaften kehren mit diesen
kostbaren Schätzen Ende August heim und liefern sie da äb an
die grossen überseeischen Kaufhäuser. Sie selbst lebeii den
langen dunklen Winter hindurch von dem Fleisch, das ihnen als
„Mannestlieil“ zufällt und eingesalzen wird, und zehren an dem
kargen Verdienst, den die Unternehmer, die derweil warte zu
Hause gesessen haben, ihnen gewähren.
Referate»
Die afrikanische Pferdesenche.
Von J. M’Fadyean, Royal Veterinary College, London.,
(Journal of comp. Path. and Therap. 1900, Bd. IS, No. 1.)
Der bekannte Autor publicirt in der vorliegenden Arbeit
eine Reihe von Versuchen, welche er an der Londoner Veterinär¬
schule über diese Krankheit angestellt hat. Einleitend ' wird
bemerkt, dass dieselbe zeitweise in Südafrika grosse 'Ver¬
heerungen unter den Pferden anrichte. In den Jahren 1854/55
fielen 64 850 Pferde an der Seuche, und die neueste Epiiootie
forderte 14000 Opfer.
Die ersten wissenschaftlichen Untersuchungen über 1 die
afrikanische Pferdeseuche sollen vom Veterinärinspector Lambert
stammen, welcher auf Veranlassung des Gouverneurs von Natal
seine Ergebnisse in einem Aufsatz „Horse-Sickness, 1881“
zusammenfasste. L. identificirt die Seuche mit Anthrax. A. Nunn
F. R. C. V. S. widerlegt im Jahre 1887 diese Ansicht und
erklärte, dass die Seuche eine malariaähnliche Natur habe.
Stabsarzt Dr. Sander entdeckte 1894 in Deckglaspräpai-aten,
welche mit Organmasse von kranken Pferden angefertigt waren,
Bacillen die in Form und Grösse den Milzbrandstäbchen glichen.
No. 23.
Die Microben wurden auch rein gezüchtet, es gelang aber nicht
eine lebende Reincultur mit nach Europa zurückzubringen.
Impfversuche an Mäusen ergaben keine besonderen Resultate.
Fast gleichzeitig machte Dr. Edington, der Director des
bacteriologischen Institutes der Capkolonie, Untersuchungen über
die Krankheit und ermittelte, dass dieselbe eine Seuche sui
generis sei, die eine sehr constante Incubationsperiode habe und
mit grosser Sicherheit durch subcutane Verimpfung von Blut
gefallener seuchekranker Pferde auf gesunde Pferde übertragen
werden könne. Als Krankheitsursache bezeichnete E. eigen¬
tümliche rundliche Körperchen, die er im Blut fand und welche
grösser als gewöhnliche Micrococcen waren. Diese Gebilde
waren 3,5 bis 5 cm lang und 2,5 bis 3 cm breit und sollten die
Sporen eines fadenförmigen Pilzes sein, der zuweilen auch im
Blut gefunden wurde, hauptsächlich aber unter geeigneten
Bedingungen (Hitze und Feuchtigkeit) saprophytisch vegetiren
sollte. Dr. E. benannte den Pilz „Oedemamyces“ und die Seuche
„Oedemamycosis“.
M’Fadyean’s Experimente nahmen ihren Ausgang von
einer Blutprobe, welche W. Robertson de R. C. V. S., ehe¬
maliger Assistent Edington’s, bei seiner Rückkehr aus Afrika
mitbrachte. Das Blut war einem mit der Seuche behafteten
Pferde unter antiseptischen Massnahmen entzogen und zum
Zweck der Conservirung mit einem Theil Glycerin und Wasser
vermischt worden. Die Mischung zeigte sich nach dem Oeffnen
des Glases geruchlos, auch wurde dieselbe bei der mikro¬
skopischen Untersuchung frei von Bacterien jeder Art gefunden.
Durch subcutane Einspritzung am Halse von 5 ccm bezw.
3 ccm der Mischung gelang es die Seuche bei einer alten Stute
und bei einem Pony zu erzeugen. Ebenso sicher fand die
Üeberfragung statt, wenn' gesunden 'Pferden eine ‘Pint (ca.
568 ccm) einer Mischung von Blut mit Flüssigkeit aus den
Pericardial- und Pleuralsäcken der in Folge Einspritzung ein¬
gegangenen Pferde per os beigebracht wurde.
Die Versuchspferde gingen ausnahmslos nach 8—10 Tagen
ein. Verfasser beschreibt im Ganzen 14 Infectionsversuche an
Pferden und Ponys mit Angabe der hauptsächlichsten Krank¬
heitserscheinungen und der durch Obduction ermittelten patho¬
logischen Veränderungen.
Zwecks Auffindung und Isolirung des Krankheitserregers
sind die verschiedensten Versuche erfolglos angestellt worden.
Es gelang nicht denselben durch Filtration von den pathologischen
Flüssigkeiten zu trennen, in welchen er nach dem Resultat der
Uebertragungsversuche reichlich vorhanden ist. Die engen
Poren des Berkefeld, der des Chamberland-Filters F ver¬
mochten das Virus nicht aus einer Mischung von Blut, Peri¬
cardial- und Pleural-Exsudat abzuscheiden, obwohl die Flüssig¬
keit eine grosse Menge Eiweiss enthielt, welches, wie Löffler
und Nocard (Recueil de Mdd. Vöt. November 1899) jüngst
gezeigt haben, leichter zu dem beabsichtigten Ziele fuhrt.
Mithin ist anzunehmen, dass der Erreger der afrikanischen
Pferdeseuche zu klein ist, als dass derselbe durch das mensch¬
liche Auge mit Hülfe der wirksamsten optischen Mittel wahr¬
genommen werden könnte.
Nach den Ergebnissen des Verfasser kann die Seuche mit
gleicher Leichtigkeit durch subcutane Verimpfung und durch
Einführung infectiösen Materials in die Verdauungswege über¬
tragen werden. Es ist als bestimmt anzunehmen, dass sich die
Verbreitung der Seuche in Südafrika in letzterer Weise vollzieht.
Als Vorbauungsmittel gegen die Krankheit wird die gründliche
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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7 . Juni 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
269
Beseitigung der Abgänge kranker und der Cadaver gefallener
Pferde empfohlen.
Das erste Krankheitszeichen ist ein Ansteigen der Körper¬
wärme, welches sich am vierten, fünften oder sechsten Tage
nach der Infection bemerkbar macht. Das Herannahen des
Todes wird durch ein Abfallen der Temperatur angekündigt,
welche kurz vor dem Ende bis zur Norm heruntersinkt.
Nach Edington’s Beobachtungen trat die Temperatur¬
erhöhung erst am siebenten Tage gewöhnlich unter Schüttelfrost
ein, im Verlaufe der Krankheit wurden dann mehrfache Remissionen
des Fiebers beobachtet. Die mittlere Dauer der Krankheit
schäizt E. bei der gewöhnlichen Form auf 12 und bei der
Dickkopf-Form auf 14 Tage. Die Versuchspferde des Verfassers
starben dagegen bereits am achten, neunten und zehnten Tage.
Es bestand kein Unterschied in der Dauer, ob die Infection durch
subcutane Iiyection oder durch Ingestion stattgefunden hatte.
Von den pathologisch-anatomischen Veränderungen zeigte
sich, ebenfalls unabhängig von der Infectionsart, bei den 14 unter¬
suchten Pferden am constantesten eine höchst intensive Röthung
der Schleimhaut in der rechten Magenhälfte, welche eine tiefe
Portweinfarbe angenommen hatte. Ein Exsudat auf der Ober¬
fläche der Magenschleimhaut war in keinem Falle vorhanden.
Röthung in einzelnen Abschnitten der Dünn- und Dickdarm¬
schleimhaut wurde bei den Versuchstieren ebenfalls häufig er¬
mittelt. Nach der beschriebenen Veränderung des Magens war
das Vorhandensein einer Quantität wässeriger strohfarbener
Flüssigkeit in den Pleural- und Peritonealsäcken vorherrschend,
dann schloss sich in absteigender Reihenfolge Lungenödem an.
Die Dickkopfform, welche durch ein abundantes Exsudat im
Bindegewebe des Kopfes und Halses charakterisirt ist, wurde
bei den künstlichen UÜbertragungen nicht beobachtet. In einigen
Fällen zeigte sich aber in der unteren Halspartie um die Luft¬
röhre nur an der Lungenwurzel ein gelatinöser, strohgelber Erguss.
Die Leber der verendeten Pferde ist gewöhnlich geschwollen.
Milz und Lymphdrüsen zeigen eine normale Beschaffenheit und
das Blut bildet Gerinnsel von normaler Festigkeit.
Die Pferdeseuche ist mithin als eine Sepitikämie zu be¬
trachten. Der Tod ist eine Folge der toxischen Wirkung von
Substanzen, welche durch die Krankheitserreger erzeugt werden.
Aus der normalen Beschaffenheit des Bluts irums und der rothen
Blutzellen lässt sich die Schlussfolgerung ableiten, dass die
Microparasiten an die Blutkörperchen nicht gebunden sind.
Therapeutische Notizen aus Bern.
Von Dr. Preusse.
(MUh. f. Th. 11, 5.)
Preusse beschreibt einen Besuch der jetzigen thierärztlichen
Hochschule zu Bern und theilt seine Erfahrungen über be¬
sondere Behandlungsmethoden und Recepte, namentlich in der
dort vorzüglich ausgebildeten Rindet praxis, mit. Es sei daraus
Folgendes hervorgehoben.
Bei Schlundverlegung wird, wie Strebol empfahl, der Körper
ruhig sitzen gelassen. Fast ausnahmslos wird derselbe durch
öftere Eingüsse von Leinöl in 6 bis 24 Stunden schlüpfrig ge¬
macht. Die Gasansammlung im Pansen ist inzwischen durch
Punction mit einer eng schliessenden Kanüle zu beseitigen.
Strebel verwirft die Schlundsonde. Muss etwas ähnliches benutzt
werden, so nimmt er ein 2 % cm dickes, an einem Ende büschelig
aufgefasertes Wagenseil, taucht es zum Steifmachen in kaltes
Wasser und führt es gut eingeölt ein. Jedenfalls ist zu be¬
herzigen, dass der Besitzer niemals vor Ankunft des Thier¬
arztes nothwendig hat, unnöthig mit der Schlundsonde zu
manipuliren, wobei sehr häufig Beschädigungen herbeigeführt
werden.
Beim Verschluss des Zitzenkanals, sofern derselbe im unteren
Drittel besteht, bedient man sich des . von einer Baseler Firma
erhältlichen Zitzenräumers. Dies ist ein 12 cm langer Stab mit
scheibenartiger Läuferplatte, dessen einzuführendes Ende eine
mantjolförmige, mit scharfem Rand versehene, konisch zulaufende
Verdickung trägt. Dieser Theil nach dem Läufer wird in den
Kanal eingeführt, die Neubildung, die man dadurch feststellt,
dass man eine möglichst grosse Menge Milch gegen dieselbe
herugterp resst, durchstochen und dann das Instrument in raschem
Zugei durch die Geschwulstmasse zurückgezogen. Diese Mani¬
pulation wird bis zur Entfernung aller Geschwulsttheile wieder¬
holt. | Bei akuten Verdauungskrankheiten wird eine sehr erfolg¬
reiche Behandlung erzielt durch mehrtägige Diät und folgende
Recepte:
Rhizom, veratr. alb. 15
Rad. Gentian.
Rhizom. Calami ana 150,0
Magnes. sulfur. 400,0
1$. f. pulv.
Iafua. mit 8 Ltr. Wasser
3mal täglich 1 Ltr.
Herbad. Absinth. 40,0
Rhizom. Calami,
Semin. Foenic. ana 150,0
Magues. sulfur. 250,0
M. f. pulv.
Infus, mit 8 Ltr. Wasser
3 mal täglich 1 Ltr.
Tart. stibiat. 10,0
Rhizom. Calami,
Semin. Foenic. ana 150,0
Magnes. sulfur. 400,0
M. f. pulv.
Infus, mit 8 Ltr. Wasser
r , v x r- Smal täglich 1 Ltr.
B?i der Kälberruhr unterscheidet Hess neben der fast
ausnahmslos tödtlich verlaufenden Form, die durch das Bacterium
coli cpmmune verursacht wird, eine andere, die in 3 bis 8 Tagen
unter .geeigneter Behandlung zur Heilung führt. Bei der ersten
Form sind die Excremente weiss, grauweiss, orangeartig, hefe-
förmig, von fauligem Geruch, bei der letzteren lehmgelb bis
graugrün und säuerlich riechend. Recepte:
Rad. Rhei 4,0 Acid. tannic. 10,0
Magnes. carbon. 1,0 Tinct. Opii simpl. 50,0
öpii pulverat. 0,3 Glycerin. 120,0
M. f. pulv. M. f. lin.
In 100 bis 120 g Kamillen- 3 mal täglich 1 Esslöffel
thee als Schüttelmixtur auf voll in die Milch zu geben,
einmal einzugeben.
i
Auch bei der Nabelvenenentzün lung der Kälber untersch >idet
Hess eine gutartige und eine fast ausnahmslos tödtliche Form.
Nur J>ei der letzteren treten schwere Allgemeinsymptome und
Metastasen auf. Therapeutisch wird gründliche Desinfektion
mit Creolin oder Lysol, Bestreichen mit Jodtinktur, Spaltung
der Abscesse im Nabelstnmpf mit Drainage, innerlich Calomel,
Opium und Alkohol und gegen die Gelenkaffection Bleiwasser,
Camphorspiritns und Jodtinktur verordnet.
Ijlei Behandlung der Enterentzündungen während der ersten
zwei bis drei Tage wenig Gras oder volle Diät, daneben Natr.
sulfur. verabreicht; schonendes, aber vollständiges stündliches
Ausmelken der kranken Viertel, Bestreichen der Zitzen mit
reineip Schweinefett oder Vaseline; 3 bis 4 Mal täglich Massage
nach ,guter Einfettung des Euters 5 bis 10 Minuten lang von
oben jnach unten; Heusamendampfbäder täglich 3 Ws 6 Mal
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BERLINER THIERARZTLieHE WOCHENSCHRIFT.
No. 23
20 bis 30 Minuten, während der eisten zwei bis drei Tage
vorzüglich; als Einreibung eine von Berdez angegebene Salbe:
Ugt. einer. 5, Sap. kalin. und Adip. suill. ana 100, f. liquid; be¬
liebig, 2 bis 3 Mal täglich eingerieben, von hervorragender
Wirkung. Desinficirende Infusionen in das Euter wirkungslos
oder schädlich. Bei älteren Fällen von vergrösserter und derber
Drüse Opodeldok oder Lin. volat., Ugt. kal. jod.
»
Statistischer Veterinär-Sanitätsbericht der prenssischen
Armee für 1898.
Die Zahl der königlichen Dienstpferde betrug 77141. In
Behandlung kamen davon 38,74 pCt. Von den hiernach be¬
handelten 29 857 Pferden sind 91,88 pCt. geheilt, 3,36 gestorben;
0,84 getödtet und 1,02 pCt. ausrangirt, während 850 in' Be¬
handlung verblieben. Der Gesammtverlust stellt sich aaf 1 563
Pferde, das sind 5% pCt. der etkränkten und 2 pCt. des Etats.
An Brustseuche erkrankten 3 265 Pferde (10 pCt. der Er¬
krankten). Wesentlich neue Beobachtungen sind nicht gemacht.
Ueber die Veisuche mit Impfungen ist schon früher berichtet
worden. Im Allgemeinen ergiebt sich, dass die Seuche da,' wo
Absonderungen vorgenommen wurden, in kürzerer Zeit ihr Ende
fand wie da, wo das Durchseuchenlassen mit oder ohne Impfung
angewandt wurde. Ueber das Durchseuchenlassen werden Ver¬
schiedene Urtheile gefällt. Corpsrossarzt Rust hat, wie Schon
bekannt geworden war, Versuche gemacht, Serum für Brust-
seucheimpfung von Kühen zu erzielen. Es hat sich ergeben,
dass dieses Serum in derselben Weise wie Pferdeserum Ver¬
wendung finden kann, ohne dass sich Vortheile oder besondere
Nachtheile ergeben. Hinsichtlich der Behandlung der Brust¬
seuche ist jetzt allgemein Uebereinstimmung dahin erzielt, dass
es lediglich auf die Herbeiführung günstiger hygienischer fee^
dingungen für den Ausgang der Krankheit ankommt.
Wegen Kolik wurden 3 482 Pferde behandelt, das sind
11V* pCt. der Erkrankten und 4‘/ a pCt. des Bestandes. Dem¬
nach kommt die Kolik eigentlich in der Armee, wenn man
andererseits eine grosse Regelmässigkeit der Ernährung in
Rechnung zieht, ziemlich häufig vor. Geheilt wurden 86,64 pCt.
Der Verlust betrug 13,28 pCt., ist also verhältnissmässig hoch
(gewöhnlich 10—12 pCt.).
Wesentliche Beobachtungen sind nicht gemacht, auch picht
hinsichtlich der Therapie. Erwähnt wird nur, dass bei vielen
Truppentheilen nach dem Manöver zur Verhütung der dann sehr
häufigen Kolik mit Vortheil Melasse verabreicht worden ist.
Unter den äusseren Krankheiten ist erwähnenswerth, dass 445
Fracturen und Fissuren vorkamen, von denen 140 = 31V, pCt.
Heilung fanden. Von letzteren Fällen sind 115 der Art nach
bekannt geworden. Unter den Heilungen befinden sich: 15 mal
Kopfknochen, darunter 4 Mal Stirnbein, 3 Mal Hinterhauptsbein;
1 Mal Unterkiefer; 28 mal Rumpfknochen, darunter 24 Mal
Becken; 72 mal Gliedmassenknochen, darunter Fesselbein 52,
Hufbein 6, Radius 6, Tibia 3; bei den letzten beiden handelte
es sich lediglich um Fissuren; solche lagen auch 24 Mal äni
Fesselbein vor. Ausserdem werdeu 3 Kronhein- und 2 Ellen¬
bogenbrüche als geheilt angegeben. Verstauchungen erlitten
1 723 Pferde. Unter 1 625 Fällen waren betroffen: das Fessel-,
gelenk 963 Mal (59 pCt.) und das Krongelenk 405 Mal (31 pCt.); •
im Uebrigen noch Schultergelenk, Hüftgelhnk, Hufgelenk und.
Sprunggelenk; vereinzelt auch Kniegelenk, Carpus und Ellen* i
bogen. An chronischen Gelenkentzündungen wurden behandelt,
1 43*8 Pferde (Heilungen 88% pCt.). Darunter befanden sieh,
Erkrankungen des Sprünggelenks 450, des Krongelenks und des'
Fesselgelenks 295, zusammen 80 pCt. aller Erkrankungen. Bei
acuten Gelenkentzündungen sowohl wie chronischen z. T. un-
definirten Lahmheiten wurden snbeutan Injectionen von Atropin-
Morphium 34 Mal angewandt, wovon 19 Mal mit Erfolg. Jedoch
traten oft Vergiftungserscheinungen, 11 Mal in recht starkem
Grade auf, worunter 7 Mal Kolikanfälle. Namentlich beschreibt
Oberrossarzt Lorenz 12 Fälle von Atropin-Morphiumbehandlung,
von denen 8 in Heilung übergeführt waren; in 4 Fällen traten
unangenehme Nebenwirkungen auf, selbt bei Dosen von 0,025
bis 0,03. Es scheint der Füllungsgrad des Darms von Einfluss
zu sein* wesshalb Lorenz folgende Diät empfiehlt: 24 ständige
Futterentziehung, jedoch bei öfterer Verabreichung von dünnem
Kleietrank; dann eine Aloepille, und nachdem diese gründlich
gewirkt hat, die Injection. Auch in den folgenden Tagen wird
häufig dünne Kleie verabreicht. Acht bis zehn Stunden nach
der Injection wird Futter verabreicht, die Ernährung in den
nächsten Tagen jedoch auf halbe Ration beschränkt. Die sonst
beobachteten schweren Kolikfälle traten dann nicht auf. Im
Uebrigen zeigten sich weder Rasse, noch Körpergewicht, noch
Nährzustand von Einfluss. Zur Anwendung gelangte die Be¬
handlung namentlich in solchen Fällen, wo schon langwierige
Lahmheit ohne bestimmt festzustellenden Sitz bestand;
Castration eines Hermaphroditen.
Von Fred. Hobday F. R. C. V. S., Royal Veterinary College-London.
(Journal of Comp. l'atb. an<l Thcrap. Deceraber 1899.)
Ein dreijähriges Pferd zeigte nachstehende Beschaffenheit
der Genitalien. In der Mittelfleischgegend an dem gewöhnlichen
Sitz der Vagina ragte ein 9‘/ 4 Zoll langer dünner Penis hervor,
durch welchen die Harnentleerung nach hinten stattfand. Kam
das Pferd mit einem andern- Pferde in Berührung, so wurde der
Peiiis errigirt. Ein Scrotum War nicht vorhanden, dagegen
befand sich an seiner Stelle eine Mamma mit gilt entwickelten
Zitzen.
Da das Pferd wegen: seines unruhigen Verhaltens den
Gebrauch sehr erschwerte, wurde dasselbe dem Verfasser zur
Entfernung der muthmasslich im Innern der Bauchhöhle' vor¬
handenen Hoden übergeben. Der Hermaphrodit wurde nieder¬
gelegt und in: derselben Weise ausgebunden, welche bei der
Kryptorchidencastration üblich ist. Der Operateur drang nach
Anlegung von zweckentsprechenden Schnitten in der Richtung
der Inguinalkänäle in die Bauchhöhle vor und fand nahebei den
inneren Inguinalringen ziemlich . grosse Testikel. Dieselben
wurden mit dem Ecrasenr entfernt. . Nach der Operation heilten
die Wunden ohne jede Complication. Das Pferd bekundet nun¬
mehr im Dienst ein ruhiges, normales Verhalten.
"[ Kaiserschnitt bei der Hündin.
Von Rei ch en bach-Basel.
' (8chw. Arch. Bil. 41, 6.)
Bei einer englischen Bulldogghündin war das Becken
rhachitisch und zu eng.- Trotzdem war dieselbe belegt worden.
Sie stand bereits 4 Tage in der Geburt und war dem Tode
nahe. Es sollte wenigstens ein Junges gerettet werden, und
R. machte daher den Kaiserschnitt. Das Mutterthier wurde mit
Chloroform betäubt, schnell die Bauchhöhle und das Bauchfell
durchschnitten und ein noch schwach lebendes Junges entwickelt
und rasch aus der Gebärmutter herausgeschält. Die Mutter war
schon-itodt, nachdem sie kaum ein Dutzend Athemzüge durch
di»< Maske gesogen hatte. Bei dem Jungen wollte trotz so¬
fortiger Reinigung der Nasenlöcher die Athmung nicht eintreten.
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7. Juni 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSGHRIRSH
Während der Nabel nhterbnnden wurde, machte R. volle '.zehn
Minuten lang künstliche Athmung durch rhythmische.Compression
der Rippenwandung, und schliesslich fing das Thiercken an, sich
zu regen. Schon nach ein paar Zügen legte es sich auf die
andere Seite und war nach einer halben Stunde ganz munter . 1
Das Thierchen wurde von einer Amme ernährt. . :
Die Behandlung der fibrinösen Lungenentzündung.
Von Prof. Eichborst.
('eher. Monn (sh.)
Ein specifisches Mittel -■gegen-'* die fibrinöse 1 Lungen*'
entziindung giebt es trotz aller Bemühungen noch immer nicht.
Yerf. stellt für die Behandlung dieser Krankheit folgende GruM-*
sätze auf: Eine uncomplicirte fibrinöse Lungenentzündung bei'
einem jugendlich kräftigen Menschen bedarf überhaupt keiner
Behandlung, ut aliquid fiat, giebt er Phösphorsäöfemixtur. Der
Aderlass ist am Platze, trenn Lungenödem eiiigetreten 1 ist;-
selbst bei Säufern und Greisen kann er 1 Vöft lebehsrett&idef*
Wirkung sein. Digitalis hat- nur' symptomatische Bedeutung/
Sie dient als Stärkungsmittel für das Hetz, wenn HeTz schwächt/
einzutreten droht. Für gefährlich Hält es Wrf, bigitalii lii
je'dem Falle von Pneumonie zu geben . 1 Wie Digitalis Wirkt
auch der Alcohol. Besser als beide Wirkt das Coffeinum- ltatrid*
salicylicum, namentlich wenn Alcohol Vorher gegeben War. VeV**
abfolgt wird es sucutan. Gegen pleuHtische^’Schmerzen
empfehlen sich Schröpfköpfe und wärme Umschläge, Antipyreticä
sind im allgemeinen nicht erforderlich. Die Serttmtherapie ist hoch
nicht genügend erprobt, um darüber ein Urtheil abgeben zu können.
, . . *. ; ..1
Die Anatomie des acconiodirten Auges.
Von Heine. .
„H . .. . >77
(Arch. f. <>ii)itlialmosc.)
Heine, der bereits das Vogelauge im Zustande der Acco-
modation und der Erschlaffung flxirt und microscopisch unter¬
sucht hat, ist es geglückt auch beim Affen, der ein sehr aus¬
giebiges Accomodationsvennögeh besitzt, den AccÖYnodationstatus
zu fixiren. Analog seinen Versuchen an Tauben hat er bei
Affen in das eine Auge ein pupillenverengerndes und auf di'£
Accom. krampferregendes Mittel (Physostigmin), in das aiidere
ein erweiterndes Mittel (Atropin) eingetränfelt, nach Eintritt
der pharmocologischen Wirküng die Atigäpfel enucleirt, Ri’
körperwarmer Flemming’scher Lösung 24 Stunden lang fixirt
nnd in Celloidin eingebettet.
Veränderungen zeigen sich in typisfcher Weise aip Ciliar- 1
kürper nnd an der Iris. Die Ergebnisse sind folgende: Bei der
Accomodation rückt das Corpns ciliare nach vom und ihnen,'
gleichsinnig verschiebt sich die Iriswurzel. Die Bontaha’öchW
Balkenrffume werden entfaltet nnd das Lumen des Schl 6 miii'sehen
Canals erweitert. Der Accomodatiönsmuskel ist stark con-
trahirt und zeigt die sogenannte hyperopische Form.“ Damit ist des
Weiteren die Helmhoitz’sche Theorie von der Entspannung
der Zonula Zinnii durch Contraction der Ciliarmuskeln gestützt.
Ueber die JEinlfihrong fremden Serams in den
Blatbreislaaf.
Von Dr. Friedenthal und Lewandowsky. ;
(Berlin, klln. Woch.) . .
Schon vielfach ist die Frage ventilirt worden, ob es Eiw^iss-'
körper giebt, welche, mit Umgehung des Mägehdärmkänals,'
d. i. mehr oder weniger direct in die Blutbähn etügeführt, nicht
wieder ausgeschieden, sondern iih Kölner verwerthet und verbraucht
werden. Durch Thierversuche ist man ntm zu der Erkenntnis#’
gelangt, dass Eiweisskörper, welche obiger Förderung entsprechen
2 m
! und« somit für dieffcönfetHche. Ernährung des Menschen in Betracht)
• geidgön -werden.i sollen, >,drei ' Eigenschaften haben ..müssen:-
l 1. Assimjlirbarkeit, 2. ÜDgift^eit, 3. Keipfreiheit» . . \
- Diesen; drei, Eigenschaften soll nun ; nach dem;, Resultat
■ specieller Untersuchungen . der Verfasser erhitztes thierisches
! Serum entsprechen, nnd z^yar in einer Weise, die kaum etyras,
1 zu wünschen übrig lässt;^von depi atoxisch.gemachtem, Semm-
■ ^Ibin wurden in den Versuchen r der Verfasser nicht weniger ah
i 99 pCt. glatt verdant und verbraucht Die. Atoxicität des fremden
Serums wird dadurch tierbeigefiihrt, : dass'"es airfmittlere Tempe¬
raturen (von 5l>—60° C.) erhitzt wird. Da‘derartige Eiwei 8 S 8 f 6 ffe
i leicht zu'.haben“ sind, so würde es Sich‘nach Ansicht’ddr Ver-
; fasser Verlohnen, sie ln jenöfi Fälleil, wo eine andere' Ernährung
. äuögeschlös^en'ht äuiüVvthfden. ‘*'
... ..u 1 ' i rj.iii. . .. ;.i ..; j>.'!•• \j . < ;, <
^ :Ä : ,h iMÄUM*.:,; . .. ?!
tr-.hil,,. TC .>,i-„../ l hEnÄSi4n.TiMÄtew^ .n.i i. :•>
N riv&iiißt iBörhner.iThiei^rztli.ohen.,Wochenschrift ist:
| vd» ej&emiHi 8 ifrn,:Rd 8 B#r« l Rips[ejn 0 .,Kritik.iiher Rüssianrwätevs
y/^ffentüoht .^de*KHÄite-J#nge^ Reise.ist.der Grund, weshalb;
1 ichumirtiei^t heuteottiauh^^dttftßlbej^.jin,.wenigen, rein aach-,.-
liehen.) Wlorte&i&tgtog i . * 4 ..
iI^'Jnid^MbfälUgßft^eepj^lwpgt.des/Mitt^», durch Herrn Rip.si
j slndireß. häuptsächlech-atPunkte^dift^üier Berichtigung bedürfend
ii*f AIsiHanöXbfeÄtftndlibeiljikifiHt-Ibem.Rips den Aöimoniäk an,:
was ihm Gelegenheit giebt, eine bedeutendere, andern Präparaten;
gegenüber hervorragende Heilwirkung der Russian-waters an
j verneinen. Herr R*ii>e~ ilbersießt damit/ dass die Zusammen-
| Setzung der Russian-watfers. eihe Cdmbination./von den; ver¬
schiedensten Sajzetf, namentlich, SchWefelsaizen fdäfstellt, deren
j Bedeutung als Hautheilmittel [dock. erwieeen ist. In der Be-
| urtfieilung: der Russian-waters hat 'somit Herr Rips ,einen be-
i deutenden Factor ausser Acht gelassen, ,,,- j . r ..v/it
/Damit im Zusammenhang steht. der Vorwurf des Herrn;
Rips,; der geforderte Breis ..entspreche nicht dem Geldwertheo
i des Präparates. Wenn,es sich in d,em Mittel um, d«n Ammoniak;,
handeln würde, könnte HerrRips., r .«Ruckt, .behalten.W«p j^/
einen Einblick in. die Herstellung, vpp complrdfteu PrÄparaten,,
gewonnen hat, muss wissen, dass ein a iiß vielen, .pft tkgurßji-
und zum Theil schwierig und mit grossem Zeitaufwand au bery
handelnden 'Substanzen , hergeatelltes Mittel nicht um ,den Preis,
wie ihn,eich Hefrr R ips denftt, ahgeg 9 ben r werden kann./-/,;, ,
Dass ; 'das. Präparat nicht mit .Grünspan geßtrbt, ist,. brapche^
ich wohl nicht zu versichern. j.vn jli-y.r
v . Stuttgart, 22. Mai.l9PQ,{. , [ ; , *, Dr.. Finkler.r
TMerhaitBDg UM TMeräücht* • [
"■'* Die ElgenschafteiT eines'gütdn Zöchtsebafes.
In der letzten- Viertel] ahtsveröffentlichung des Land-
wifthschäftS&mtes -befindet sich - ein Auszug aus einem Artikel
des Pr'öf. Ciirtißs-Iöwti über „Zucht‘des Mfeischöcfiafes“;' Ptof/^
1 Gfiftiss 1 entwirft folgende - diaräctferlstik‘ von - einem 1 guten^
i FirisclißChaf : 1 - ,L - ■ 1 ’ -• ’ 2 -*■’ ' ,>u -"J —• '*
! '-"-'„Im erster Linie ^mtrss'’ eirle “ausgesprobhene Männlichkeit 1
beim Widder “und' Weiblichkeit’ beim ; Mutterschaf vörhanden'
sein.'' Schhfe Vollem wedeE 1 geschlechtslos hoch 1 characterlos sein/'
Sie- sollen defn Stempel 1 trtid" die : Btgferihdiaftf der Rasse tragen, '
welche sie reprÜsentireh. Dieser* -RassfenCharacter ist'das' Merk - 1
mäi reineri Biätes 1 , und -et' tüuss - ohne-Weiteres sofort zti^
erkennfeü' sei H. 'DerZüelitboök'finfss'ein ausdruckvolles,' resolutes 4
Aeussere haben uud sich Cdel trageu.“ Er soll in jeder 1 Hinsicht ‘
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 23.
das Haupt der Herde sein. Um dies zu können, muss er eine
gute Constitution und lebenskräftige Eigenschaften haben.
Ohne dieselben ist ein Thier nicht im Stande das Haupt einer
Heerde oder Zucht zu sein. Bei der Auswahl eines Zuchtbocks
sehe man zuerst nach dem Haupt. Ist dies mangelhaft, sp ist
weiteres Anschauen zwecklos und das Thier zu verwerfen. Ein
kühnes Gesicht, ein klares, ausdrucksvolles Auge und robuster
Character im Ganzen muss am Kopf hervortreten. Anschliessen
muss sich ein gut gefüllter, runder, musculöser Nacken, breit,
zwischen den Hörnern und hinter den Ohren allmählich
zunehmend bis zu den vollen musculösen Schultern, von otoen,
vorn und von der Seite gesehen. Eine weite Brust, ein heiVor-
stehendes gut fleischiges Widerrist,. Unterbrust und volle Herz¬
gegend, so dass gerade Linien entstehen, muss dazu kommen.
Ein Abfall vor oder hinter der Schulter, der Rücken-, Seiten¬
oder Brustbeinlinie ist ein Zeichen von Schwäche. Der Rücken
soll stark, breit und fleischig sein von den Schultern bis zum
Schwanz. Die Hinterviertel sollen voll und ln der Flanke als
auch zwischen den Beinen gut geschlossen sein. Die Beine
sollen weit von einander und gerade stehen. Sichelförmige
Sprunggelenke und nur schwache, wacklige Kniegelenke sind Grund
genug, ein sonst gutes Schaf zurückzuweisen.“ Wenn auch
Prof. CurtiBS hier ein Idealbild fixirt hat, so muss doch nach
Möglichkeit bei der Auswahl der Zuchtböcke nach den genannten
Eigenschaften gestrebt werden.
Tagesgeschlchte.
Protokoll Aber die Frühjahrs-Generalversammlung
des Vereins Bheinprensslseher Thler&rste
am 18. Mai in Cöln.
Der Vorsitzende, Herr Departementethierazt Dn Schmidt,
eröffnet« nach 11 Uhr die Sitzung Unter BegrttsSung der
zahlreich erschienenen Collegen, machte dann Mittheilung von
dem Dahinscheiden des Kreisarztes Lukas in Montjofe, zu
dessen ehrenden Adenken er die Versammlung um Erhebung
von den Sitzen bittet. Fernen erinnert er daran, dass im Herbst
die Naturforscher-Versammlung in Aachen tagen wird, und *zwar
zwischen dem 17. und 25. September) wozu er freundlich
einladet. *
Bongartz schlägt im Anschluss hieran vor, die Herbst-
Generalversammlung des Vereins wieder in Aachen abzuhalten,
damit auch die Section Veterinärmedicin recht zahlreich besucht
werde, was allgemeine Zustimmung findet.
Jetzt referirt der Kassirer - Kreisthierarzt Wessendorf
über den Stand der Kasse. Der Bestand betrug pro
1898—99 Mk. 255, die Einnahmen pro 1899—90, n
„ 370, die Ausgaben „ 1898—90,
Mk. 99, so dass ein Bestand von rund
„ 525 bleibt Die Versammlung drückte dem
Kassirer für seine Mühewaltung den Dank des Vereins aus. Zu
KaBsenrevisoren wurden die Herren Collegen Nehrhaupt * und
Wulff ernannt, die nach stattgefundener Revision für' den
Kassirer Decharge beantragten, die vom Vereine ausgesprochen
wurde. Die Revisoren hielten es jedoch nicht für gut, dass in
den Büchern so viele Rückstände mitgeschleppt würden; auch
der Kassirer bedauerte die Thatsaehe und forderte bei dieser Ge¬
legenheit die säumigen Collegen auf, recht bald die iück-
ständigen Beiträge zahlen zu wollen. — Ferner wurde be¬
schlossen, angesichts der guten Vermögeusverhältnisse den Bei¬
trag pro 1900 auf 3 Mk. herabzusetzen.
Zum zweiten Punkte der Tagesordnung, Betheiligung der
Thierärzte an dem Unterricht in den landwirtschaftlichen
Lehranstalten der Provinz, weist der Referent, Herr Kreis¬
thierarzt Hitschfeld darauf hin, dass in der Rheinprovinz
gemäss der Statistik des landwirtschaftlichen Ministeriums zwei
höhere landwirtschaftliche Schulen und 28 Winterschulen sich
befinden, an denen auch der thierärztliche Unterricht, z. B. über
Viehseuchen, innere und äussere Krankheiten der Haustiere,
von Nichtthierärzten erteilt wird, was im hohen Grade be¬
dauerlich ist. Unter dieser Einrichtung könne nur das Interesse
der Anstalten leiden, da es ja nicht möglich ist, einen Unter¬
richtsgegenstand erfolgreich zu behandeln, den man selbst nicht
nach allen Richtungen beherrscht.
An der Debatte beteiligten sich mehrere Redner, allseitig
wurde die Bereitwilligkeit betont, den betreffenden Unterricht
zu übernehmen und auf Antrag des Herrn Dr. Lothes be¬
schlossen, sich dieserhalb in einer Petition sowohl an die Land-
wirthschaftskammer wie an den landwirtschaftlichen Central¬
verein zu wenden. — Zur Ausarbeitung dieser Petition wurden
die Herren Dr. Lothes, Koll und Hitschfeld gewählt.
Zu dem dritten Punkte der Tagesordnung, die Stellung der
Thierärzte in der Rheinischen Pferdezucht, referirte Kreisthier¬
arzt Decker-Mayen, etwa wie folgt:
Die Ankörung der zur öffentlichen Benutzung aufgestellten
Hengste ist gesetzlich so geregelt, dass die dabei mitwirkenden
Thierärzte nur eine beratende, keine beschliessende Stimme
haben. Hierdurch ist es denselben nicht möglich, ihrer Ansicht,
beziehungsweise Ueberzeugung den nötigen Nachdruck geben
zu können. Es muss auch auf diesen Umstand zurückgeführt
werden, dass sich die Thierärzte in den Körcommissionen viel-
' faeh nicht des Ansehens zu erfreuen haben, die zu einer er-
spriesslichen Wirksamkeit erforderlich ist.
Der zweite Referent, Herr Kreisthierarzt Oellerich-Eus-
kirchen, schliesst sich diesen Ausführungen an, auch er hält
die Stellung der Thierärzte als nicht „beschliessende“ Mitglieder
in den Körcommissionen nicht für standeswürdig. Dr. Lothes
ist der Meinung der Verein solle sich an die Centralvertretung
wenden, die Körordnung sei staatlich geregelt, daher könne man
erfolgreich nur bei dem Minister vorstellig werden, was am
besten durch die Centralvertretung geschehe.
Der Schriftführer wurde mit der Abfassung dieser Eingabe
betraut, die inzwischen bereits abgesandt worden ist.
Endlich legte der Vorsitzende eine Anzahl Schriftstücke
des allgemeinen deutschen Versicherungsvereins Stuttgart vor,
aus denen die Bedingungen der Haftpflichtversicherung und die
Vortheile ersichtlich sind, die die Versicherung den Mitgliedern
thierärztlicher Vereine zu bieten gewillt ist. Es wurde
beschlossen der Versicherung ein Mitgiiederverzeichniss einzu¬
senden, damit dieselbe den betreffenden Herrn die massgebenden
Papiere zu übermitteln im Stande ist. Bis zur nächsten Herbst¬
generalversammlung dürfte dann die nöthige Information ein¬
getreten sein, um die Angelegenheit weiter verfolgen zu
können.
Der letzte Punkt der Tagesordnung, Mittheilungen aus der
Praxis, konnte wegen vorgeschrittener Zeit nicht mehr erledigt
werden. Man vereinigte sich zum gemeinsamen Mittagsmahle,
besichtigte darauf den Zoologischen Garten und folgte endlich
der Einladung der Cölner Collegen zum alten Präsidium, wo
beim köstlichen Gerstensaft noch manche frohe und heitere
Stunde verlebt wurde.
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7. Juni 1900. BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 273
Fröhjahrsversammlung des thierärztlichen Vereins
für die Provinz Brandenburg.
Der Verein hielt am 27. Mai seine gut besuchte Frühjahrs-
Versammlung ab und erledigte zunächst geschäftliche An¬
gelegenheiten. Nach Aufnahme von acht neuen Mitgliedern zählt
der Verein jetzt 122 Mitglieder. In den Vorstand wurden
Schmaltz, Klein und Claus in Berlin, sowie Lehmann-
Kalau wieder und Schlachthofdirector Schrader-Brandenburg
neu gewählt. Die sechs zu vergebenden Mandate für Delegirte
zur Centralvertretung erhielten Prof. Schmaltz - Berlin,
Departementsthierärzte Buch-Frankfurt und Klebba-Potsdam,
Kreisthierarzt Claus-Berlin, Schlachthofdirector Schrader-
Brandenburg und Marstalloberrossarzt Dr. Töpper-Berlin.
Auf Grund eines Referates von Professor Eberlein, der
als Vorsitzender des Vereins Berliner Thierärzte diese Frage
schon in letzterem Verein behandelt hatte, wurde berathen, ob
nach den Bestimmungen des neuen bürgerlichen Gesetzbuches
die Eintragung des Vereins zweckmässig sei. Da der Verein ein
Vermögen (eine Sterbekasse) besitzt, so neigte die Stimmung im
Allgemeinen der Eintragung zu, doch wurde noch kein definitiver
Beschluss gefasst, vielmehr Durchberathung der Statuten und
der ganzen Angelegenheit mit einem Juristen bis zur Herbst¬
versammlung dem Vorstande aufgetragen.
Hierauf folgten zwei sehr interessante Vorträge von
Dr. Töpper über Castration mit neuen Instrumenten, deren
Handhabung am natürlichen Präparat demonstrirt wurde, und
von Graffunder über Maul* und Klauenseuche. Der erstere
wird demnächst in der B. T. W. veröffentlicht, der letztere steht
an der Spitze dieser Nummer.
Beide Themata werden wieder auf die Tagesordnung der
Herbstversammlung gesetzt, da die sich an beide anknüpfehde’
und neue Fragen aufwerfende interessante Discussion nicht zu
Ende geführt werden konnte und eine nochmalige Besprechung
wünschenswerth erscheinen liess. Die Discussion betreffs Maul¬
und Klauenseuche, welche durch die Anwesenheit und die Aus¬
führungen der Herrn Collegen Heck er-Halle noch besonders
angeregt wurde, führte zur Annahme des von GTaffunder am
Schluss seines Vortrages gestellten Antrages (s. oben pg. 267).
Der Verein beschloss ferner, auf Antrag des Kreisthier¬
arztes Hesse-Friedeberg, für die Tagesordnung der nächsten
Plenarversammlung der Centralvertretung*) noch einen zweiten
Antrag zu stellen, welcher eine Frage von grosser Tragweite
betrifft. Der Antrag lautet:
Den Ausschuss der Centralvertretung zu ersuchen, auf
die Tagesordnung der nächsten Plenarversammlung zu setzen:
Berathung über Massnahmen zur Herbeiführung einer Ver¬
ordnung, welche die Abgabe der Reinculturen von
Krankheitserregern den Nichtärzten verbietet. Es wird
zugleich anheimgestellt, die Berathung auf die Abgabe von
Impfstoffen überhaupt auszudehnen.
Mit Annahme dieses Antrages wurden die Verhandlungen
geschlossen.
41. Sttrasg des Tbierftrztliohea Vereins in Westpfemsen
am Sonntag, den 24. Juni er., Vorm. 11Ü Uhr in Danzig,
S chlachthof-Re s taurant.
Tagesordnung:
1. Geschäftliches, Rechnungslegung.
2. Neuwahl des Vorstandes und der Delegirten zum Veterinär¬
rath und zur Centralvertretung, Wahl eines Ehrenmitgliedes.
*) Dieselbe dürfte im Herbst dieses Jahres stattfinden.
3. „Diagnose der Tollwuth und Tollwuthschutzimpfungen“,
Referent: Herr Kreisthierarzt Paul-Tuchel.
4. Die Verarbeitung besonders werthvoller Schlachthofabfälle mit
Demonstrationen", Referent: Herr Thierarzt Dr. Schmidt-
Eibing.
5. Beschlussfassung über die Feier des 25jährigen Stiftungs¬
festes des Vereins im Jahre 1901.
Um 2 Uhr: Dampferfahrt nach Zoppot Um 3% Uhr: Diner im
Kufhäus in Zoppot. Die Tbeilnabme von Damen wird erbeten.
Anmeldungen zur Dampferfahrt und zum Diner erbittet bis spätestens
22. Juni er. Am 23. Juni er., Abends 8 Uhr, Vorversammlung im
„Deutaohen Haus“ am Holzmarkt
j Der Vereins-Vorsitzende
Preusse.
(t
< XXXIV. fieaeralversaMHlmg
• ' des Vereins der Thierärzte des Regierungsbezirks Wiesbaden
> am Sonnabend den 16. Juni 1900, Vorm. 11 Uhr,
im Hotel „Metropole“ zu Wiesbaden, Wilhelmsstrasse.
>« Tagesordnung:
<: 1. Geschäftliche Mittheilungen,
i 2. Aufnahme neuer Mitglieder,
i; 3. Vorträge:
• >> a) Ueber allgemeine Grundlagen für eine rationelle
mi Viehzucht. Referent: Kreisthierarzt Dr. Thoms-
Montabaur.
b) Die Beaufsichtigung der Zuchtbullenhaltung im Ge¬
biete des ehemaligen Herzbgthums Nassau. Referent:
1. Kreisthierarzt Emmerich-Weilburg.
0) Die neuesten Fortschritte der Serumtherapie auf
dem Gebiete der Thierseuchenbekämpfung. Referent:
.jüiß'U <4 Dn Caspei*Hö«l*et**.-M.»>-<• ,i
Vorschläge für die nächste Versammlung und Wahl des
> o Ortes derselben.
ft. Mittheilungen aus der Praxis.
; Um 3 Uhr gemeinsames Mittagsmahl. Um zahlreiche Be¬
theiligung wird gebeten. Gäste sind willkommen. Anmeldung
der Gedecke (Preis 4 M.) bis spätestens 14. Juni er. an
Herrn. Depart.-Thierarzt Dr. Angst ei n-Wiesbaden, Moritz¬
strasse 21, erbeten.
.e I. A.: Dr. Casper,
.e Schriftführer.
Thlerirztllober Verein zu Berlin.
Die geselligen Zusammenkünfte der Vereinsmitglieder nebst
Familienangehörigen finden in diesem Sommer in Bötzow’s
Restaurant Friedrichstrasse, gegenüber dem Bahnhofe, an
folgenden Montagen statt: 11. Juni, 2. Juli, 6 August, 3. September.
Der Vorstand.
Eatgegnang.
(Vergl. No. 21, pag. 250 „Ein netter Brief'.)
Herr Oberrossarzt a. D. Dischereit hat der Redaction
eine Erwiderung übersandt, aus der die nachfolgende sachliche
Darstellung hierunter wörtlich veröffentlicht werden soll:
• yWie in der Berliner Thierärztlichen Wochenschrift, Jahr¬
gang 1892, Seite 143 zugegeben ist, giebt es Kreisthierärzte,
welche die Anschanung im Publikum, dass der Kreisthierarzt
eine _ Rohere wissenschaftliche Ausbildung und ein massgebenderes
Urtheil in rein praktisch-thierärztlichen Fragen besitzen müsse,
durch eigene Aeusserungen hervorrufen bezw. bestätigen und
also durch eine Täuschung des Publikums den in privater
Thätigkeit mit ihnen concurrirenden Collegen Nachtheil zufügen.
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BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
No. 23
Ebepdort heisst es, duäs „solch® Kpeißthterllrzte vereinzelte Aus¬
nahmen bilden. c ..i ... r:
1 Wedn. ich hinzüfüge,; dass -diese; s«lte*efl;Ausnubmen ledig-
4icli .unter den jüngeren und jüngsten Kreisthierärzten zu suchen
sind, so wird diese Behauptung von den meisten praktischen
Thierärzten kaum bestritten werden.
Dieser durch absichtlich®. Täuechpogen;-. dem ih privater
Thätigkeit befindlichen ^hterteztej. zugefpgte NaCbtheil'; kann
denselben nach -zWei Richtungen-friti - treffen; defThierarzt kann
in gewerblicher .Hinsicht geöchädigp werden] ‘dann aber auch
vor allem — und dieses ist die Hauptsache'an'.seiner bürger¬
lichen Elu«.
Gegen Schädigungen in ersterer Hinsicht, so gegen mir
hinterbrachte abfällige Critik meiner Behandlung von auf
Seuchengehöften zufällig gesehenen Patienten, kann ich mich
schützen. In einer durch' - unermüdlichen Fleiss und Rechtlich¬
keit auf breiter Basis gefestigten Stellung kann ich von höherer
Warte aus mit Ruhe solchen Abgriffen auf mein technisches
Können Zusehen; der Schaden fällt auf seinen Urheber zurück.
Anderen Standpunkt muss ich nehmen, wenn an meine
persönliche Rechtschaffenheit getastet wird und ich meine bürger¬
liche Ehre vertheidigen muss. * **
KosBath Pape und Amtmann Beuchet hatten sich geeinigt,
in ihrer Sache gemeinsam mein Attest einzuholen.
Am folgenden Tage wird mir vom Amtmann B. ein Brief
des P.gezeigt, aus welchem ich entnehme, mein Attest sei
nicht * massgebend, em Attest - ausznstellen sei ich nicht
berechtigt. Geltung hätte nur ein* kreisthierärztliches Attest,
er, Pu-^e, hätte sich bei einem Kreisthrerarzt erkundigt.
.Hieraus folgte für mich,* dass Kossath P ap e von seinem
mir unbekannten Rathgeber die Ueberzeugung beigebracht ist,
die Ausstellung eines Attestes sei für mich nicht erlaubt, ge-
wissermassen strafbar.** •—— •—
- Trotz dieser Darlegung können wir unsere Beurtheilung des
-Vorganges nicht ändern. Gewiss ist die B. T. W., wie schon
in No. 21 hervorgehoben wurde, immer dafür nachdrücklichst
eingetreten, dass die thierärztliche Praxis, das Schönste am
Beruf, nicht von dem amtlichen Veterinärwesen zurückgedrängt
werde und dass nicht dje Privatthierärzte auf nichtamtlichem
Gebiet durch Bevorzugung der Kreisthierärzte benachteiligt
werden .( vgl. auch No. 10, pg. 118). Vor Gericht siad alle zu¬
verlässigen Thierärzte als Sachverständige gleichberechtigt.
* Aber erstens hat Herr D. gar nicht den Beweis, dass ein
Kreisthierarzt einen weitergehenden Anspruch erhoben hat. Denn
aus den Redensarten des von ihm citirten Bauern konnte er über¬
haupt nichts Bestimmtes folgern. Und wenn er ferner wirklich
sich gegen einen Einzelnen zu vertheidigen gehabt hätte, so be¬
rechtigte ihn nichts, die Gesammtheit der Kreisthierärzte an-
zugreifen und mit solchen Mitteln ihre Herabsetzung zu versuchen.
Ira Uebrigen dient dieser Vorgang vielleicht unbeabsichtigt
zum Guten.; Er wirft ein grelles Licht anf die Thatsache, wie
das veraltete „Rangverhältnis6“ der Kreisthierärzte zwar von
Allen Wohlgesinnten übersehen, von allen Uebelwollenden aber
aosgenutzt wird. Was hier allerdings wohl znm ersten Mal ein
Collegegethan, das tlmn von Ueberhebung umnebelteKreissecretäre,
Amtsvorsteher ete. des öfteren, sobald es in ihren Kram passt.
_§plche Vorgänge beweisen* dass die veraltete Stellung der
Kreistbierärzte nicht, wie manchmal geglaubt wird, in der Neu¬
zeit bedeutungslos geworden ist, sondern dass ihre Abänderung,
von allen anderen Gründen abgesehen, sich mehr und mehr als
dringendes Bedürfniss znm Schatze des amtlichen Ansehens der Kreis-
thierärztegegenüberdemPublikumallei Artherausstellt. Schmaltz.
üeffentliches Veterinftrweseni
. - (Mi 11 h e ij'u n g e n fü
Seuchenstatistik ulid Veterinärpolizei,
o .Pie Maul-und JCIaiienwjiohe ln ArgeiUrten •
, scheint doch «ine .bedeutend,? Verbreitung erlangt- zu haben.
Um der weiteren Ausdehnung Einhalt zu bieten hat, man
Qnarantäneliniejg gezogen und die südlichen Gebiete gegen die
nördlichen Landestbeile abgesperrt. In England ist das letzte
Schiff mit argentinischem Vieh eingetroffen. 23 Schiffe hatten
Thiere an Bord, ' welche an Mapl- und Klauenseuche erkrankt
wären.' Nicht' nUT die Rinder, sondern auch die Schafe waren
afficirt.Wie Augenzeugen* "berichten, soll -das Bild der er¬
krankten Rinder; die fast sämmtlich ausschuhten, schrecklich
änzüsfehen ge wes elf sein." Art Schiffsbord verläuft die Maul¬
und Klauenseuche besonders schwer, wie schon aus den Ver-
lnsteii zu ersehen ist, welche; die Schiffe zu verzeichnen
hatten. So.verlor.derDampier^Tanagra“ jn Folge .der Maul- und
Jflauenseuche 283 Rinder'. und A67 •; Schafe. .Die gelandeten
Thiere musst«® innerhalb 36 Stunden .abgeschlachtet sein, Der
Dünger.und d asPntter musste, auf .See über Bord geworfen werden.
- Die. Schlachtplätze für das ausländische Vieli waren streng ab-
.‘gesperrt. Die getroffenen Massnahmen haben bewirkt, dass
; eine Verschleppung in das Inland nicht stattgefunden hat. Die
? argentinischen Viehexporteure beabsichtigen die Schiffe nach
. Antwerpen laufen zu lassen, dort das Vieh zu löschen, abzu-
• schlachten und .dann das Fleisch nach England zu bringen. Vor¬
derst hat das Ausbleiben der Viehsendungen aus Argentinien ein
. 'Anziehen, der Fleischpreise in England zu Wege gebracht. K._
r Veterinärbeamte.)
’ ’ Canada’s Massnahmen gegen Verschleppung der Maid- u. Klauenseuche.
Damit von den Häfen Canada’s aus die Maul- und Klauen¬
seuche nicht verschleppt wird, hat die Regierung angeordnet,
dass Schiffe, welche Vieh* oder tbierische Theile aus Argentinien
1 und Uruguay an Bord gehabt haben, während eines Zeitraumes
von 30 Tagen danach Vieh in Canada nicht laden dürfen. Sind
Fälle von Seuche vorgekommen, beträgt der Zeitraum 60 Tage.
'I Ferner ist'ausdrücklich auf die Bestimmung hingewiesen worden,
dass benutzte Viehanbinde-Stricke nicht eingeführt werden dürfen
und die Viehträiisportschiffe vorschriftsmässig desinfizirt werden
müssen.'
•- Bekanntmachung.
In Abänderung meiner Bekanntmachung vom 15. Januar
i dieses Jahres (Amtsblatt Seite 40) wird unter Bezugnahme anf
die landespolizeiliche Anordnung vom 4. März 1896 (Amtsblatt
Seite 72) das Verzeichnis« derjenigen verseuchten Reichs-
theile.. bezüglich deren für das hierher ein geführte Vieh die
thierärztliche Untersuchung angeordnet ist, nachstehend, wie
folgt, abgeändert und erneut veröffentlicht.
Pre®8sen.. Regierungsbezirk: Potsdam, Stettin, Magdeburg.
Hildesheim, Minden, Arnsberg* Düsseldorf;
Bayern. Regierungsbezirk: Oberbayern, Niederbayem.
Pfalz, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unterfranken.
Schwaben;
Württemberg. Verwaltungsbezirk: Neckarkreis, Schwanc-
I waidkreis, ■ Bonaäkreis, Jagstkreis;
Sachsen. Kreishauptmaimschaft: Dresden, Leipzijr.
I Zwickau, ,
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7. Juni 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
275
Baden. Landeskommissariat: Konstanz, Freiburg, Karls¬
ruhe, Mannheim;
Hessen. Provinz: Starkenburg, Oberhessen, Rheinhessen;
Mecklenburg-Schwerin, Sachsen-Weimar, Braun¬
schweig, Anhalt und die dreiBezirke von Elsass-Lothringen.
Danzig, den 8. Mai 1900. Der Regierungs-Präsident.
Vieheinfuhr aus der Schweiz.
Durch Verordnungen in Württemberg und den Reichslanden
sind die Verordnungen vom November 1899, welche das Verbot
der Ein- und Durchfuhr von Rindvieh und Ziegen aus der
Schweiz auch für Zuchtvieh ausnahmslos machten, aufgehoben
worden. Künftig ist die Einfuhr von Zuchtrindern und Zucht¬
ziegen durch Landwirthe für den eigenen Bedarf oder durch
Händler, welche Einzelaufträge von Landwirthen nachweisen,
gestattet.
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen etc.
Ausbruche sind gemeldet aus Passau vom 28. Mai, ans
Nürnberg vom 29. Mai in der Schweineabtheilung und am 2. Juni
unter dem Grossvieh, wo sie am selben Tage wieder erloschen ist :
ferner aus Hamburg (unter Schweinen) und aus Berlin (Central¬
viehhof unter Rindern) am 2. Juni.
Fleischschan and Viehverkehr.
Fleischbeschau im Königreich Sachsen 1898.
Während des Berichtsjahres sind von den der Schlacht¬
steuer unterworfenen Thieren geschlachtet worden: 1 201932
Stück (darunter 12 078 Nothschlachtungen), und zwar 35 636
Ochsen (124 Nothschlachtungen), 188643 sonstiges Rindvieh mit
Ausnahme der Kälber (5374) und 977 653 Schweine (6 580)-
In 36 Städten, aus welchen Berichte über die Fleischschau ver-
werthet sind, wurden geschlachtet 104018 Rinder, 248659 Kälber,
153 638 Schafe, 3847 Ziegen, 439 745 Schweine, 4 931 Pferde
nnd 535 Hunde, zusammen 955373 Thiere. Von den geschlach¬
teten Thieren wurden für bankwürdig erklärt 947 069 —
99,13 pCt., wovon 73 188 unter Ausschluss einzelner Theile,
beschlagnahmt 8304 = 10,18 pCt. aller beanstandeten und
0,86 pCt der geschlachteten Thiere. Von den beanstandeten
ganzen Thieren wurden vernichtet 1229 = 0,12 pCt, der Frei¬
bank überwiesen 7075 = 0,74 pCt. Von Fleisch wurden ver¬
nichtet 11939,10 kg, zur Freibank kamen 3 434,18 kg. Von
einzelnen Organen wurden vernichtet: 53 182 Lungen, 1248
Herzen, 27 374 Lebern, 3592 Milzen, 7586 Magen und Gedärme,
6337 Nieren, 3416 Uteri, 1032 Euter, 612 Kopftheile, 196 Zungen
4130 Verschiedenes.
Tuberculös wurden befunden 31 690 Rinder (= 30,46 pCt.
der geschlachteten Rinder), 617 Kälber (0,24 pCt.), 143 Schaf»»
(0,09 pCt.), 16 Ziegen (0,41 pCt.), 13898 Schweine (3,16 pCt.),
8 Pferde (0,16 pCt.), 2 Hunde (0,37 pCt.), zusammen 46 374
Thiere (4,85 pCt.). Von den tuberculösen Thieren wurden ver¬
nichtet: 510 Rinder, 160 Kälber, 7 Schafe, 2 Ziegen, 132
Schweine, 1 Pferd, 2 Hunde, für bankwürdig erklärt: 29 593
Rinder, 289 Kälber, 128 Schafe, 12 Ziegen, 10 321 Schweine,
7 Pferde. Der Freibank wurden überwiesen die verwerthbaren
Theile im rohen Zustande von 783 Rindern, 94 Kälbern, 5 Schafen,
2 Ziegen, 605 Schweinen, nach vorheriger Sterilisirung des
Fleisches und Ausschmelzen des Fettes von 800 Rindern, 74
Kälbern, 3 Schafen, 1954 Schweinen; von 4 Rindern und 886
Schweinen nur das ausgeschmolzene Fett.
Wegen Finnen wurden 374 Rinder und 131 Schweine bean¬
standet; Trichinen wurden bei 61 Schweinen gefunden, d. s.
1: 16 000 geschlachteten. (Nach dem Jahresbericht über das
Veterinärwesen in Sachsen und einem Referat in den Mittheilungen
des Kais. Gesundheitsamtes.).
Tödtungsapparat für Thiere.
Ein von einem Thierschutzverein aufgestellter Tödtungs¬
apparat sollte kleine Thiere durch Ersticken mit Kohlensäure
tödteri. Bei den vorgenommenen Proben liess der Tod so lange
auf sich warten und erschien ohne weiteres als so qualvoll, dass
die behördliche Genehmigung zur Aufstellung des Apparates ver¬
sagt wurde. (Sächs. Veterinärb. 98.)
Bücher an zeigen und Kritiken.
v.
Aufsitze, Broschüren etc.
( Eine weitere Besprechung ist des Raumes wegen nicht möglich.)
Das Kalksteinmehl im Dienste der Landwirtschaft von
K. H. Neuffer. Heilbronn im Selbstverlag. 1,50 M. —
Viehhöfe und Schlachthöfe. Von Dr. Hirschberg-Berlin.
(Sonder-Abdruck aus dem statistischen Jahrbuch deutscher
Städte.) —
Gemeinfassliche Anweisung zur Verhütung einiger Krank¬
heiten des Rindes. Auf Veranlassung der Königl. Versicherungs¬
kammer verfasst von Professor Alb recht. München bei Gottes¬
winter. —
Der Ecchinococcus multilocularis in Tirol von Dr. A. Posselt.
Leipzig bei F. C. W. Vogel. 1,50 M. (Sonderabdruck aus dem
Archiv für clinisclie Medicin Bd. 59). —
Die Amöben, insbesondere vom parasitären und cultnrellen
Standpunkt von Sanitätsrath Dr. Behla. Berlin bei Hirschwald.
Untersuchungen über die Werthbestimmung des gewöhnlichen
Tuberkulins. Aus dem Kgl. Institut für Serumforschung und
Serumprüfung, von Prof. Dönitz. Abdruck aus dem klinischen
Jahrbuch Bd. VH. Jena bei G. Fischer. —
Verzeichniss empfehlenswerter Werke über Landwirtschaft,
Gartenbau und Forstwesen der Verlagsbuchhandlung Paul Parey
1900. Ein hübscher Katalog, interessant gemacht durch Bei¬
gabe wohlgelungener Porträts fast sämmtlicher Autoren. Da
sich darunter eine ganze Anzahl Thierärzte befinden, so hätte
neben Gartenbau und Forstwirtschaft allenfalls aüch die Thier¬
heilkunde auf dem Titel genannt werden dürfen. —
Der Zucker in seiner Bedeutung für die Volksemährnng.
Von Dr. Theodor Jaensch. Sechstes Tausend. Berlin, bei
Parey. 1900. —
E. Merck, Darmstadt. Bericht über das Jahr 1899. Ans¬
gegeben Januar 1900. Der Bericht des bekannten chemisch-
pharmaceutischen Institutes giebt eine Uebersicht über die
pharmacotherapeutischen Neuheiten des verflossenen Jahres. —
Ueber die Gefahr der Verbreitung derTuberculose
dürch die Kuhmilch und Massregeln zur Abwehr dieser Gefahr.
Vier Vorträge im milch wirtschaftlichen Verein. Von Plehn,
Kühnau, Waldeyer und Weigmann. Herausgegeben vom
Geschäftsführer des Vereins, Oeconomierath Boysen. Leipzig
bei Heinsius Nachfolger, 1900. Das Wesentliche des Inhalts
ist den Lesern der B. T. W T . bereits durch Kühnaus Ver¬
öffentlichungen bekannt geworden. Die Broschüre verdient alle
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276
Beachtung und weitgehendste Verbreitung namentlich auch in
landwirtschaftlichen Kreisen. —
Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung zur Heilung
und Eiforschung der Tollwuth am Institut für lnfectionskrank-
heiten zu Berlin im Jahre 1898. Von Dr. Marx. Abdruck
aus dem klinischen Jahrbuch. Jena bei Gustav Fischer, 1890.
Ans dem Inhalt wird in der B. T. W. ein Referat gebracht
No. 23.
Wohnsltzverinderungea, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die
Thierärzte Arthur Metscb - München nach Tölz als bezirks¬
thierärztlicher Assistent und K. Tiburtius von Berlin nach Cosel
(Schlesien).
Todesfälle: Hellberg, Bezirksthierarzt in Sulzbach, Raab,
Stabsveterinär a. D. in Regensburg, Thomas, Oberrossarzt a. D.
in Glogau.
BERLINER THTERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
werden. —
Zeitschriften.
Zeitschrift für Pferdekunde und Pferdezucht. Redigirt vom Be¬
zirksthierarzt Bos8ert-Wiirzburg. Organ der Pferdezucht-
Vereine bezw. des pfälzischen Rennvereins, des Vereins zur
Förderung der Traberzucht in Bayern, des württembergischen
Pferdezuchtvereins und der bayerischen Campagne-Reiter¬
gesellschaft. Jährlich 2,85 Mk.
Wir sind gebeten worden, auf diese bereits im 14. Jahrgang
erscheinende gut redigirte Zeitung aufmerksam zu machen.
Zeitschrift für Ziegenzucht. Herausgegeben von Dr. Nörner
in Berlin. Leipzig bei Richard Carl Schmidt. Erscheint seit
1. April 1900 monatlich, klein Octav. Postzeitungsliste 8672a.
Preis 60 Pfg. für das Halbjahr.
Rundschau auf dem Gebiete über Fleischbeschau, des Schiacht- und
Viehwesens. Centralorgan zur Vertretung der in diesen Berufen
thätigen Beamten. Redigirt von Dr. Bündle. Verlag von
Philipp Miinch-Berlin. Erscheint seit 1. Mai 2 Mal monatlich in
Gross-Quart-Forraat zum Preise von 1,25 M. quartaliter.
Neue Eingänge.
(Besprechung Vorbehalten.)
Die Unfruchtbarbeit des Rindes, ihre Prsache und Bekämpfung,
von Prof. Dr. Zschokke in Zürich. Zürich bei Ovoll Fiissli 1900.
4,40 M, .
Friedberger u. Fröhner. Lehrbuch der speciellen Pathologie
und Therapie. Fünfte Auflage. Stuttgart bei Enke, 1900.
Personalien.
Ernennungen etc.: Die comm. Kreisthierärzte Beicour in
München-Gladbach, Böttcher in Ueckerralinde, Eicke (pract.
Thierarzt) in Rastenburg, Matzki in Kempen i. P., Melde in
Marburg, Migge in Osterode (Ostpr.), Müggenburg in Grimmen,
Müller in Horka, Kr. Rothenburg (Scble.s.), Ruhs in Weissensee
(Thüringen), Wolpers in Heinsberg definitiv zu Kreisthier¬
ärzten. — Die Thierärzte Ali Iburg-Beinum für Arolsen und
Wodarg-Grätz für die Kreistbierarztstelle in Schwerin a. W.
zu commissarischen Kreistbierärzten. — Jänel, Kreisthieravzt in
Trachenberg in gleicher Eigenschaft nach Neumarkt (R.-B. Breslau)
versetzt. — Den Departementsthierärzten Baranski-Stralsund,
Brietzmann-Köslin, lloltzhaucr-Lüneburg, Dr. Kl osterkemper-
Osnabrück, Voss-Aurich und Wallmann-Erfurt ist die Bearbeitung
der Veterinärsachen bei der Präsidialabtheilung der betr. Königlichen
Regierung übertragen worden.
In Bayern: K. Engel, Bezirksthierarzt in Kaufbeuren zum
pragmatischen Bezirksthierarzt daselbst, die Districtsthierärzte
S. Liebl-Dorfen (Oberbay.) in Neustadt a. S. (Unterfr.) und
K. Schönle-Aub in Pegnitz zu Bezirksthierärzten. Thierarzt
Ferd. Diem-Markt Redwitz zum Districtsthierarzt in Greding
(Mittelfrank.) Ferner die Bezirksthierärzte Ilillerbrand-Freising
nach Wasserburg und Joh. Stonger-Königshofen i. Gr. nach
Würzburg versetzt.
Gewählt: Thierarzt Otto Meier zum Assistenzthierarzt am
Schiachthof in Graudenz.
Approbationen in Berlin: Die Herren Friedrich Giese, Paul
Grosseit, Nicolai Ilohwii, Otto Simon.
Yacanzen.
(Näheres über die Vacanzen mit abgelanfener Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreiothlerarztotellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Cassel: Gersfeld (600 M.), (erneut ansgeschrieben,)
Gesuche innerhalb 4 Wochen an den Regierungspräsidenten.
— R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich Kreiszuschuss).
— Stolp (Nord) (erneut ausgeschrieben) mit dem Amtssitz in Glowitz.
Gesuche an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Köln: Waldbröl
(neuerrichtet) (600 M. Gehalt, 200 M. aus Kreismitteln, 810 M. für
Beaufsichtigung der Viehmärkte). Bewerbungen bis 18. Juni an den
Regierungspräsidenten.
Deutsch-Südwest-Afrika: Für das Kaiserliche Gouverne¬
ment vorläufig zur comm. Beschäftigung 2 approb. Thierärzte zum
sofortigen Antritt (6000 M. Anfangsgehalt, Wohnung etc. Hin- und
Rückreise; 1000 M. Ausrüstungsgelder; 3 Jahre Verpflichtung).
Bewerb, an die Kolonialabtheilung des Auswärtigen Amtes.
b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Aachen: Montjoie. —R.-B. Köln: Rheinbach. — R.-B. Wies¬
baden: St. Goarshausen.
Sanltltsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Cottbus: Schlachthofassistcnzthierarzt bis 1. October (Beschäftigung
diätarisch, vierteljähr. Kündigung; 1500 M. p. a.). Bewerbungen
an den Magistrat. — Klingenthal und Nachbargemeinden: Thier¬
arzt für die wissenschaftliche Fleischbeschau. (Untersuchungs¬
gebühren und ein zu vereinbarendes Fixum. Ausserdem 800 Mk.
staatliche Beihilfe, ca. 600 Mk. Untersuchungsgebühren für Pferde-
scblachtungen). Bewerbungen an den Getoeinderatb in Klingenthal.
— Neheim: Schlachthofdirector zum 1. Juni er. (2000 M. Wohnung etc.
Privatpraxis.). Bewerb, an den Magistrat. — Pausa und Nachbar¬
gemeinden: Thierarzt für Fleischbeschau. (Bis 1903 eine amtliche
Beihülfe von 800 Mk. und von den Stadtgemeinden 300 Mk.) Bewerb,
bis 18. Juni er. an den Stadtgemcinderath in Pausa. — Wamsdorf,
Bez. Leipzig: Thierarzt fllr Fleiscbschau in W. und in den Nachbar¬
gemeinden. Meid, an den Gemeindevorstand. — Zwickan:
2. Schlachthofthierarzt zum 1. Juni (1800 M. Wohnung etc.)
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Cassel: 3. Schlachtbofthierarzt. — Düsseldorf: 2. Assist enz-
thierarzt. — Eberswalde: Schlachthofinspector. — Frankfurta. 0.:
Schlachthofdirector zum 15. Juni er. — Johanngeorgenstadt
und Nachbargemeinden: Thierarzt für Fleischbeschau. — Königs¬
wartha i. S.: Thierarzt für Fleischbeschau. — Lunzenau: Thierarzt
für Fleischschau. — Mülhausen (Eisass): Schlachthofverwalter.—
Pössneck: Thierarzt für Fleischbeschau. — Wanne: Schlachthof¬
vorsteher. — Pritzerbe: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleisch¬
beschau. — Wetter (Ruhr): Thierarzt"für Fleischbeschau.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt. — Peiskretscham (Ober-Schles.): Thier¬
arzt. Bewerbungen beim Magistrat. — Schönbaum (Danzig).
— Sold au (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt — Mengering¬
hausen (Waldeck): Thierarzt. — Rhinow (R.-B. Potsdam):
Thierarzt. Schloppa (Westpr.): Thierarzt sofort, (ca. 1000 M. aus der
Fleischbeschau). Meid, an den Magistrat. — Schwarzenberg i. S.:
Thierarzt für Fleischbeschau u. Praxis. — Sonnenburg: Thierarzt—
Suclze (Mecklb.): Thierarzt (300 M. Fixum aus der Stadtkasse).
Bewerbungen an den Magistrat. — Weilerbach, Bez.-A. Kaisers¬
lautern : Thierarzt (750 Mark Beihülfe). Meid, bis 15./6. an den Bürger¬
meister. — Wolkenstein: Thierarzt für Praxis und Fleischschau.
'Verantwortlich für nen Inhalt (csch Inscratenthoil): Prot Dr. Schm<z ln Berlin. — Vorlag and Eigenthnm von Richard Scboets ln Berlin. — Druck von W. BQxensteln, Berlin
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Die „Berliner Thlerirstliche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in St&rke von mindestens l'/i Bogen- Dlcselbo
ist cn beziehen durch den Buchhandel, dio Post (No 1068)
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard
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Mk. 6, - pro Vierteyahr.
Berliner
Originalbcitrige werden mit 60 Hk. für den Bogen honorirt
Alle Manuscripte, Mitthellungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr Schmaltz,
Berlin, thlcr&rztlicbo Hochschule, NW-, Luisonstrasse 66.
Correcturen, Recensiona-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoet *, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 24 . Ausgegeben am 14. Juni.
Inhalt: Die thierärztlichen Approbationen im Jahre 1898/99. — Litfas: Heilung einer veralteten totalen Zertrennung
der Bengesehnen durch Beschlag. — Referate: Kasselmann: Kryptorchismus beim Schwein. — Kleine Mittheilungen. —
Schulze: Untersuchungen über die Strahlenpilzformen des Tuberculoseerregers. — Korn: Weitere Beiträge zur Kenntniss
der säurefesten Bacterien. — Miessner: Die Drüsen des dritten Augenlides einiger Säugethiere. — Tagesgeschichte:
Verschiedenes.— Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr.
— BUcheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen.
n:«
ink.» innoinn
uic und di zuibiicii Mp|ii uuauuncii iiii jaiii e iooo/oo.
(April—April).
Liste.
Lfd.
No.
Namen
Geburts¬
oder Heimatsort
Bundesstaat
bezw. Provinz
Lfd.
No.
Namen
Geburts¬
oder Heimathsort
Bundesstaat
| hezw. Provinz
47
48
49
Kaut, Hermann
Klopsch, Max
Knutb, Paul
Breslau
Guben
Miltzow
Schlesien.
Brandenburg.
Pommern
1
I. I
1 Altmann, Alfred
n Preussen.
1 Dresden
Königr. Sachsen
50
51
52
Krembzow, Ernst
Krüger, Berthold
Krynitz, Walter
Schönfeld
Friedr. Willielmsihal
Berlin
Schlesien
Pommern
Berlin
2
Altmann, Max
Fraii8tadt
| Posen
53
Lange, Friedr. Ernst
Ludwigslust
Mecklbg.-Schwerin
3
Arndt, Paul
Kl. Ellguth •
Schlesien
54
Laffert, Gustav
Lehmann, Paul
Nöblin
Pommern
4
Bauer, Franz
Racendowo
Posen
55
Schmorlsch
Schlesien
5
Bauer, Otto
Mühlhausen
Prov. Sachsen
56
Leipziger, Erwin
Saarbrücken
Rheinprovinz
6
Beckedorf, Heinrich
1 Gehrden
Prov. Hannover
57
Lemm, Josef
Düren
Rheinprovinz
7
Bergfeld, Friedrich
Essen
Rheinprovinz
58
Lewin, Hans
Merseburg
Prov. Sachsen
8
Bertram, Wilhelm
; Ablshausen
Braunschweig
59
Liebig, Otto
Fraustadt
Posen
9
ßiermann, Richard
Berlin
Berlin
60
Lieblich, Albert,
Buer
Hannover
10
Bierthen, Emil
1 Düsseldorf
Rheinprovinz
61
Loeb, Karl
Karlsruhe
Baden
11
Biesterfcldt, Julius
1 Heepen
Westfalen
62
Löffler, Karl
! Oberröblingen
Prov. Sachsen
12
Bischoff, Georg
Sachsendorf
Brandenburg
63
; Logemann, Fritz
Wehringhausen
Westfalen
13
Block, Feodor
Westercappeln
Westfalen
64
Lossow, Walther
Masurhöfchen
Ostpreussen
14
Blunk, Richard
Slate
Mecklbg.-Schwerin
65
Luchhau, Paul
Stettin
Pommern
15
Bordiert, Richard
Hiselitz
| Prov. Sachsen
66
Maertens Walther,
Wettin
Prov. Sachsen
16
Dahine, Theobald
Berlin
Berlin
67
Mever, Ernst
Schuppinnen
Ostpreussen
17
Dezelsky, Hermann
Jabloncz
Pommern
68
Meyer, Paul
Barmen
Rheinprovinz
18
Draheim, Wilhelm
Blumenhagen
I Brandenburg
69
Meyer, Julius
Ilerzlake
Hannover
19
Dreyer, Carl
Prislich
Mecklbg.-Schwerin
70
Meyer, Franz
Dincklage
Oldenburg
20
Ehlers, Karl
Grasdorf
Hannover
71
Miethe, Karl
Burglehn
Brandenburg
21
Förster, Carl
Breitenworbis
Prov. Sachsen
72
Mucha, August
Ober-Lazisk
Schlesien
22
Fromme, Anton
Kirchborchen
Westfalen
73
Müller, Willy
Berlin.
Berlin
23
Garlof, Friedrich
Wiendorf
Mecklbg.-Schwerin
74
Nabel, Heinrich
Schöningen
Braunschweig.
24
tho Gempt, Johann
Hollich
Westfalen
75
Naumann, Emil
Hamburg.
Hamburg
25
Geraut, Alwin
Oebisfelde
Prov. Sachsen.
76
Neubauer, Josef
Seehurg
Ostpreussen.
26
Glaesmer, Kurt
Landsberg
Brandenburg.
77
Pabst, Heinrich
Wiesloch
Baden.
27
Greiser, Oskar
Lauenbrück
Hannover.
78
v. Parpart, Walther
Jankow-przygoda
Posen.
28
Grix, Ernst
Schöneberg
Brandenburg.
79
Petersen, Ernst
Segebcrg
Schleswig.
29 j
Gumholdt, Oskar
Mohrungen
Ostpreussen.
80
Pfefferkorn, Hugo
Langendreer
Westtalen.
30 1
Günther, Friedrich
Brennken
Ostpreussen.
81
Philipp, Gustav
Plaue
Brandenburg.
31 1
Hagenstein, Friedrich
Lippehne
Brandenburg.
82
Plath, Max
Neustettin
Pommern.
32 |
Hansen, Boetius
Deetzbüll
Schleswig.
83
Platvoet, Bernhard
Ascheberg
Westfalen.
33 i
Hansen, Adher
Winum
Schleswig.
84
Plessner, Max
Berlin.
Berlin
34 1
Heidenreich, Albert
Reichen
Schlesien.
85
Promnitz, Bruno
Schönhausen
Prov. Sachsen.
35
Heilmann, Louis
Berlin.
Berlin
86
Purtzel, Otto
Könitz
Westpreussen.
36
Heinen, Alois
Doveren
Rheinprovinz.
87
Rabert, Wilhelm
Schapdetten
Westfalen.
37
Hemmerling, Oskar
Berlin.
Berlin
88
Rachfall, Adolf
Berlin.
Berlin
38 |
Hennig, Ernst
Ratibor
Schlesien.
89 |
Rahnenfiihrer, Friedr.
Gr.-Friedrichsgrab.
Ostpreussen.
39 1
Hermeyer, August
Dornum
Hannover.
90
Raebiger, Hans
Görlitz
Schlesien.
40
Heuer, Paul
Düsseldorf
Rheinprovinz.
91 1
Reichert, Franz
Wülfershausen
Bayern.
41
Hintze, Robert
Grabow a. 0.
Pommern.
92
Reimer, Franz
Schleswig
Schleswig.
42
Hohlwein, Emil
Limburg a. d. Lahn
Hessen-Nassau.
93
Reineck, Karl
Wetzlar,
Rheinprovinz.
43
Hutb, Johann
Köln
Rheinprovinz.
94 I
Riedlinger, Reinhold
Sigmaringen
Hohenzollern
44
Jäger, Alfred
Neumarkt
Schlesien.
95 |
Rüther, Rudolf
Brilon
Westfalen.
45
Jucke!, Willy
Posen.
Posen
96' '
Rusche, Wilhelm
Meitzendorf
Prov. Sachsen.
46 |
Kalcher, Max
Stankaiteu
Ostpreussen,
97
Sauvan, Franz
Königsberg
Ostpieussen
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278
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 24.
Lfd.
No.
Namen
Geburts¬
oder Heimatsort
Bundesstaat
bezw. Provinz
98
Scheidling, Bruno
Pasewalk
Pommern
99
Schipke, Älbrecht
Wilschkowitz
Schlesien
100
Schmidt, Johannes
Erfurt
Prov. Sachsen
101
Schmidt, Otto
Erfurt
Prov. Sachsen
102
Schnitzler, Eduard
Boslar
Rheinprovinz
103
Schröder, Karl
Warin
Mecklenb.-Schwer.
104
Schulz, Ernst
Schwedt a 0.
Brandenburg
105
Schulz, Karl
Berlin
Berlin
106
Schnitze, Bernhard
Weisenlich
Posen
107
Schwarz, Alfred
Hannover
Hannover
108
Schweitzer, Wilhelm
Frankfurt a. M.
Prov. Iless.-Nassau
109
Sebauer, Robert
Münchowshof
Pommern
110
Seebach, Carl
Naschendorf
Mecklenb.-Schwer.
111
Seiler, Franz
Rastatt
Baden
112
Seile, Paul
Breslau
Schlesien
113
Semmner, Oskar
Sentkowßky, Kasimir
Ogkeln
Prov. Sachsen
114
Skarlin
Westpreussen
115
Siegwart, Richard
Pyritz
Pommern
116
Sonnenberg, Emil
Neustettin
Pommern
117
Spängler, Georg
Gerach
Bayern
118
Stammeyer, Bernhard
Mühlhausen
Prov. Sachsen
119
Stang, Valentin
Niederbronn
Eisass
120
Straues, Jakob
Niederrodenbach
Hessen-Nassau
121
Thal, Heinrich
Kesten
Rheinprovinz.
122
Thieringer, Hermann
Ludwigsburg
Württemberg.
123
Tietjens, Wilhelm
Münden
Hannover.
124
Töllner, Wilhelm
Jethausen
Oldenburg.
125
Traugott, Wilhelm
Dürrenberg
Prov. Sachsen.
126
Treyse, Friedrich
Artlenburg
Hannover.
127
Tribess, Gustav
Polzin
Pommern.
128
Unterhössel, Paul
Broich
Rheinprovinz.
129
Volland, Georg
Plötz
Pommern.
130
Wenders, Gustav
Sevelen
Rheinprovinz.
131
Westphale, Josef
Osterbergen
Hannover.
132
Wiegering, Karl
Wiegels, Wilhelm
Heinum
Hannover.
133
Lüneburg
Hannover.
134
Winter, Karl
II.
Rees
In Bayern.
Rheinprovinz.
1
Ade, Alfred
Kempten
Bayern
2
Befelein, Karl
Schweinfurt
3
Bühlmann, Hugo
Wernberg
yy
4
Duetsch, Nikolaus
Landshut
5
Ebersberger, Philipp
Roding
}J
6
Geiger, Heinrich
Kleinfischlingen
>|
7
Herrmann, Wilhelm
Kulmbach
V
yy
8
Kränzle, Eduard
Röfingcn
9
Kürschner, Karl
Schweinfurt
10
Lechle, Rudolf
Simbach
11
Martin, Otto
Stiftswald
12
Morschhäuser Karl
Mitgenfeld
13
Ohler, Karl
Lachen
11
14 !
Probst, Georg
Langenzenn
15 1
Rabus, Fritz
Straubing
yy
16
Schaffer, Anton
Ruhmannsfelden
17
Schiller, Adalbert
Ettenbeuren
18
Schmid, Michael
Deminingen
Württemberg
19 ,
Schricker, Karl
Passau
Bayern
20
Strobel, Max
Bayreuth
21
Wind, Otto
Augsburg
/*
yy
22 |
Wucher, Oskar
Windsheim
V
Lfd.
No.
Namen
Geburts-'
oder Heimatsort
Bundesstaat
bezw. Provinz
23
Männel, Friedrich Kurt
Freiberg
Kgr. Sachsen.
24
Nyberg, Karl A. A.
Abo
(Fiqland)
25
Opel, Ehrhardt Ferd.
Thurnau.
Bayern.
26
Riedel, Heinrich
Volpersdorf.
Scnlesien.
27
Roemer, Franz K. K.
Posen.
Posen.
28;
Schmidt, Nicolaus,
Hettenleidelheim.
Bayern.
29
Schnioffsky, Friedr. W.
Werder.
Preussen.
30
Schulze, Friedrich B.
Dresden.
Kgr. Sachsen.
31
Schumann, Johannes P.
Grimma.
yy
32
Stöhr, August Herrn.
Olschienen.
Ostpreussen.
33
Thienel, Max,
Plauen i. V.
Kgr. Sachsen.
34
Trolldenier, Paul F. A.
Blankenburg a. H.
Braunschweig.
35
Weber, Paul Ewald
Naundorf.
Kgr. Sachsen.
36 ;
Zeiller, Jacob,
Mischenried.
Bayern.
37
Ziegert, Franz R. Th.
I Klonczen.
?
38 j
Zietzschmann, Emil H.
Beiersdorf.
Kgr. Sachsen.
39 !
Zürn, Johannes F. H. |
Leipzig.
u
IV. In W ürttemberg.
1
Deimler, Konrad
Nürnberg
Bayern.
2
Diener, Paul i
Stuttgart
Württemberg.
3
Fürst, Franz |
Buchen
Baden.
4
5
6
7
8
9
10
Klacger, Friedrich
Lamparter, Alfred
Nieberle, Karl
Schmidt, Gustav
Schönweiler, Karl
Spang, Allred
Stolpp, Wilhelm
I Stuttgart
. Stuttgart
! Blaubeuren
■ Nördlingen
i Ellwangen
Königheim
; Heidenheim
V. ln Hessen.
Württemberg.
Württemberg.
Württemberg.
Bayern.
Württemberg.
Baden.
Bayern.
1
Brechtei, Karl
Nürnberg
Bayern.
2
Goehler, Ludwig
Karlsruhe
Baden.
3
Grottenmüller, Theodor München
Bayern.
4
Gundel, Leonhard
Tauberzell
Bayern.
5
Haack, Karl
Emskirchen
Bayern.
6
Hardtmann, Richard
Esslingen
Württemberg.
7
Heckei, Otto
München
Bayern.
8
Lemgen, Anton, Dr.med.
Andernach
Rheinprovinz.
9
Meissner, Hans
Ilötz
Bayern.
10
Pfaff, Georg
Bockenheim
Hessen-Nassau.
11
Reiff, Johann
Kaltenmengers.
Rheinprovinz.
12
Reinheimer, Daniel
Kaiserslautern
Bayern.
13
Schaich, Adam
Bischofsbeim
Bayern.
14
Schick, Heinrich
Eichloch
'?
15
Starck, Paul
Rheydt
Rheinprovinz.
16
Telle, Alfred
Speyer
Bayern.
17
Thon, Heinrich
Klarenthal
Facit.
Hessen Nessau.
Die Zahl der Approbirten beträgt 222,
d. s. 36 mehr als
1897/98 und 44 mehr als 1898/99. Bisher kamen überhaupt
nur 3 Jahre mit über 200 Approbationen dem Berichtsjahre un¬
gefähr gleich, nämlich 1890/91, 1893/94 und 1894/95 (227).
Die Zahl der Approbationen hat in Deutschland betragen vom
1. April 1887 ab 143, 185, 173, 216, 196, 196, 217, 227, 194,
178, 186, 222, d. s. in 12 Jahren einschliesslich des Berichts¬
jahres 2333 neue Thierärzte.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
III. Im Kö
Auer, Konrad August,
Barthel, Karl G. R. W.
Bayer, Franz
Beiling, Karl
Bierig, Johannes
Boecfe, Karl Arthur
Dinter, Alfred Adam
Döhler, Felix Robert
Durst, Franz Joseph,
Eisen, Otto E. T.
Fischer, Hermann A.
Georgi, Wilhelm Albert
Haertig, Franz Max
Heel, Xaver Hermann
Hellsberg, Arthur E. G.
Hofmann, Karl J. A.
Holzhauer, Arthur
Jahn, Richard Theodor
Kirsten, Friedrich A.
Klemm, Otto Johannes
Kraft, Karl A. E
Lutz, Eduard P. L.
nigreich Sac
jDachsbach
Seidau
Memmingen
Karlsruhe
Lampertswalde
Kockwitz
Schönwalde
Werdau
Kempten
Nürnberg
Voitersreuth
Gottleuba
Corba
Speyer,
Helsingsfors
Alsfeld
Forst
Dresden
Diemitz
Pausa
Pillkallen
Grafenstaden
h s e n.
1 Bayern.
! Kgr. Sachsen.
Bayern.
Baden.
Kgr. Sachsen.
?
Preussen.
Kgr. Sachsen.
Bayern.
»
Böhmen.
Kgr. Sachsen.
Bayern.
(Finland)
Grh. Hessen.
Brandenburg.
Kgr. Sachsen.
Prov. Sachsen.
Kgr. Sachsen.
Ostpreussen.
An den beiden preussischen Hochschulen haben sich im Be¬
richtsjahre 134 Candidaten die Approbation erworben gegen 114
bezw. 116 in den Voijahren. Das sind 60 pCt. der Approbirten
gegen 61, 65, 71 pCt. in den Vorjahren. Davon entfallen auf
Berlin (laut Jahresbericht) 97 = 43 pCt. (Vorjahr 45, sonst stets
über 50 pCt.) der Gesammtzahl und 72 pCt. (Vorjahr 73 pCt,)
der in Preussen approbirten. Auf Hannover entfallen demnach
37 Approbationen, zwei weniger als in Dresden.
Unter den übrigen Hochschulen steht diesmal Dresden an
erster Stelle mit 39 Approbationen gegen 25 und 28 in den
Vorjahren. München ist sich mit 22 fast gleich geblieben
(23 und 16), Stuttgart mit 10 Approbationen (16 und 12) ist
von Giessen überholt worden. Dort sind diesmal 17 Candidaten
approbirt worden, gegen 8 bezw. 6 und noch weniger in den
früheren Jahren.
Unter den 222 Approbirten waren aus Preussen 128 (Vor-
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14. Juni 1900
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
279
jahre 108, 152, 127, 128) = 57°/ 0 . (Vorjahre 60 und 67%);
aus Bayern 43 (sonst etwa 20) = 19%, aus Sachsen 15,
Württembergs, Baden 7, Mecklenburg-Schwerin6, Braunschweig 3,
Oldenbuug 2, Grossh. Hessen, Hamburg und Eisass je 1. Von
4 Deutschen ist der heimathliche Bundesstaat wegen mangel¬
hafter Angabe nicht ermittelt; 3 Approbirte waren Ausländer.
Die 128 Preussen vertheilen sich auf die Provinzen wie
folgt: Rheinprovinz 17, Provinz Sachsen 15, Pommern 13,
Schlesien und Hannover je 12, Ostpreussen und Brandenburg
i(ohne Berlin) je 10, Berlin allein und die Provinz Westfalen
je 9, Posen 7, Hessen 5, Schleswig 4, Westpreussen 2, Hohen-
zollern 1; bei 2 Preussen ist die Heimathsprovinz nicht ersicht¬
lich. Darunter sind diesmal auffällig viele Rheinländer und
Pommern, während die Provinzen Schlesien, Sachsen, Hannover
wie stets mit die meisten Thierärzte entsenden. Im Ganzen
sind der Osten (63) und der Westen (incl. Provinz Sachsen 65)
gleich betheiligt.
An den preussischen Hochschulen sind approbirt 115 Preussen,
19 Nichtpreussen, worunter 7 Süddeutsche. In München wurden
ausser einem Württemberger nur Bayern approbirt; in Dresden
14 Sachsen, 8 Bayern, 8 Preussen, je 1 Badener, Braun¬
schweiger, Hesse, 3 Deutsche ohne nähere Feststellung und
3 Ausländer; in Giessen 9 Bayern, 5 Preussen, je 1 Badener
und Württemberger, 1 unbekannt; in Stuttgart 5 Württemberger,
3 Bayern und 2 Badener.
Von den Preussen wurden mithin 89 pCt. in Preussen
approbirt, von den Sachsen 93 pCt. in Sachsen; von den
Württembergern 62 pCt. in Württemberg, von den Bayern da¬
gegen nur 48 pCt. in Bayern, die Uebrigen namentlich in Giessen
und Dresden. Fast ausschliesslich auf das engere Heimathland
beschränkt sich, wie stets, die Hochschule zu München, wo nur
ausnahmsweise ein Nichtbayer die Approbation erwirbt. Die
gleichmässigste Mischung zeigt Dresden, wo neben Sachsen eben
so viel Süddeutsche als Norddeutsche erscheinen, die Zahl der
Nichtsachsen übrigens erheblich überwiegt (64 pCt. der Appro¬
bationen). Bemerkenswerth ist der Zuzug von Bayern nach
Giessen. Man darf überhaupt gespannt sein, wie sich die
Giessener Frequenz gestalten wird, wenn erst die jetzige Re¬
organisation voll zur Wirkung gelangt.
Heilung einer veralteten totalen Zertrennung der
Beugesehnen durch Beschlag.
Von
Utfas-Rahenau,
Thlrrarxt.
Am 14. September 1899 wurde mir von dem Ritterguts¬
besitzer M. in Eckersdorf eine etwa 8 Jahr alte braune Stute
vorgestellt. Derselben waren angeblich vor zwei Monaten mit
der Grasmähmaschine am rechten Hinterfusse die Sehnen bis
auf den Knochen durchgeschnitten, auch sollte erhebliche Blutung
bestanden haben. Dieses Pferd hatte der Besitzer ausheilen
lassen, während er das Nebenpferd sofort tödten liess, da es sich
auf beiden Hinterbeinen die Beugesehnen durchschnitten hatte.
Das mir vorgestellte Pferd sollte jetzt auch getödtet werden auf
Grund nachstehenden Befundes.
Im Stand der Ruhe steht das Pferd meistens auf allen vier
Hufen regelrecht. Zum Herumtreten genöthigt, fällt es sofort
mit dem rechten hinteren Fesselkopf bis auf den Boden, während
die Sohle des Hufes nach vorn zeigt, so dass sie fast senkrecht
steht. Dieselbe Erscheinung tritt ein, wenn das Pferd herum¬
geführt wird, wobei das Bein im nach innen convexen Bogen
nach vorn geführt wird, doch kann es bei ganz lang¬
samem Gehen bisweilen noch die Hufsohle auf den Boden auf¬
setzen, dieselbe kippt aber bei der Belastung sofort in die Höhe.
Dieser Zustand soll sich angeblich in den letzten 3 Wochen
bis zu dem hohen Grade ausgebildet haben, wie ich ihn fand.
Im Uebrigen ergab die Untersuchung Muskelschwund der rechten
Kruppenseite, ausserdem befand sich etwa im oberen Drittel der
hinteren Seite des rechten Schienbeins eine etwa hühnereigrosse
ziemlich derbe Narbe im Verlauf der Beugesehnen. Dieselbe
war an der Oberfläche noch nicht völlig verheilt. Irgendwelche
Schmerzhaftigkeit war nicht nachzuweisen, ebenso wenig äusserte
das Pferd Schmerzen, wenn es beim Gehen oder Stehen auf
weichem Boden oder der Streu mit der Fesselschopfwarze den
Erdboden berührte.
Es gelang mir, den Besitzer zu überreden, vorläufig vier
Wochen das Pferd behandeln zu lassen, unter der Bedingung,
dass er es, wenn sich nicht die geringste Besserung zeigen
würde, schlachten Hesse. Zuerst wurde dem Pferde ein Hinter¬
eisen folgender Art aufgelegt: Das Hufeisen wurde etwa doppelt
so lang als normal gemacht, im vorderen Theile regelrecht
zngepa88t, im hinteren Theile aber etwa zwei Zoll nach dem
Verlassen des Tragerandes zu einer 8 cm breiten und 1,5 cm
dicken Platte zusammengeschweisst, deren letzte drei Zoll
wurden im Bogen abwärts gerichtet, so dass die Bogenhöhe
etwa 2 cm betrug. Das Pferd bekam einen Laufstand, in welchem
nur etwa fusslang gehacktes Stroh als Streu benutzt wurde, um
ein Verwickeln oder Hängenbleiben mit der schwachen Glied¬
masse möglichst zu verhindern. Nachdem sich das Pferd
gewöhnt hatte, mit diesem Hufeisen zu gehen, erhielt es am
25. September ein neues Hufeisen von etwa der dreifachen
Huflänge, etwa 43 cm lang. Mit diesem Hufeisen ging das
Pferd, dessen Gehfähigkeit sich zusehends besserte, bis zum
24. October, dann wurde das zuerst beschriebene Hufeisen
aufgelegt. Am 22. November wurde ein Hufeisen derselben
Art, nur etwa 10 cm länger als der Tragerand, mit Schraub¬
stollenlöchern versehen, wegen des Winters, da das Thier schon
leichtere Arbeiten verrichten musste, anfgeschlagen. Endlich
am 20. December konnte das Pferd schon mit einem ge¬
wöhnlichen Hufeisen beschlagen werden. Von diesem Tage
an ist das Pferd, ebenso wie die andern, zu jeder schweren
Arbeit (Düngerfahren, Stein- und Ziegelfuhren) auf sehr
bergigem Terrain benutzt, und zeigt, abgesehen von der
noch immer bestehenden eigenartigen Weise des Vorführens
des Schenkels, bis heute weder bei der Arbeit noch bei der
Ruhe eine Abweichung in der Thätigkeit beider Beine.
Zur Behandlung sei noch bemerkt, dass nach Abheilen der
Narbe, dieselbe täglich zweimal mit Jodkalisalbe 3—5 Minuten
lang intensiv massirt, und in der ersten Zeit auch bandagirt
wurde.
Ich halte dieses Leiden für eine Functionsstörung der Inner¬
vation, umsomehr, da mit fortschreitender Narbenbildung zweifels¬
ohne ein allmählicher Druck auf die nächstliegenden Nerven
(Sohlennerven) ausgeübt wurde, der in zunehmendem Masse die¬
selben atrophisch machte.
Zu dem Hufeisen bemerke ich noch, dass dasselbe wegen
seiner Schwere, da das grösste etwa 3 kg wog, mit zehn
Hufnägeln befestigt wurde, welche zwar fest angezogen,
aber mit etwa 1 cm langen Nieten nur umgenietet wurden;
ebenso wurden möglichst beim "Wechseln des Beschlages die
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 24.
alten Nagellöcher benutzt, so dass am 20. December der
Huf selbst ohne die geringste Beschädigung dastand.
Leider habe ich noch keine Gelegenheit gehabt, einen ähn¬
lichen Zustand am Vorderbein behandeln zu können, in welchem
Falle die Behandlung allerdings etwas modificirt werden müsste,
trotzdem der Grundgedanke derselbe bleiben dürfte, wie vor¬
liegend.
Referate*
Kryptorchismus beim Schwein.
Von Kasselmann.
(DUch. T. W. 1900, 10 u. 11.)
Der Kryptorchismus des Schweines sowie die Kastration der
Binneneber ist für den praktischen Thierarzt wichtig genug,
trotzdem aber in thierärztlichen Lehrbüchern fast ganz über¬
gangen. Die Operation wird zwar von praktisch erfahrenen
Thierärzten viel ausgeführt, dürfte aber, weil nicht Gegenstand
des Unterrichtes, vielen Jüngeren unbekannt sein, weshalb K.
seine Erfahrungen darüber mittheilt. Beim Schwein kommt
Kryptorchismus am häufigsten vor. Das Vorkommen liegt zunächst
in Rasseeigenthümlichkeiten. Da die Erscheinung speciell bei
bestimmten Rassen häufig ist, so waren früher, als das alte
westiälische Landschwein gezogen wurde, in Westfalen die Fälle
sehr selten, wie alle erfahrenen Schweinezüchter versichern.
Seitdem jedoch dieser Schlag mit frühreifer englischer Rasse
gekreuzt ist, hat die Zahl der Binneneber stetig zugenommen,
gegenwärtig derartig, dass oft in einem Wurf 3 bis 4 männliche
Ferkel Kryptorchiden sind. Der Kryptorchismus scheint auch
vererblich zu sein, indem sich gewisse Eber in ihrem ganzen
Zuchtbezirk durch den häufigen Kryptorchismus in der Nachzucht
bemerklich machen, ohne dass übrigens diese Eber selbst
Kryptorchiden zu sein brauchen. Umgekehrt fand K. einen Eber,
der sich bei der Kastration als einseitiger Kryptorchide erwies,
während er vorher mit Erfolg, und ohne Binneneber zu erzeugen,
gedeckt hatte. Wie von Cadöac etc. auch für den Hengst als
Regel angegeben, so ist auch beim Schwein häufiger der linke
Hode retinirt. K. fand unter 153 49 % links, 41 % rechts,
10 % beiderseit. Oefters fand K. bei Ebern, die ihm als
Kryptorchiden zugeführt wurden und im Hodensack thatsächlich
nur einen Hoden hatten, den zweiten nicht in der Bauchhöhle,
sondern an einer aussergewöhnlichen Stelle hinten (Ektopia
testiculi); so z. B. in der Schamgegend (da, wo also beim Pferd
der Hode liegt) oder seitlich in der Leistengegend oder gar an
der Kniefalte oder unter der Haut an der Innenfläche eines
Hinterschenkels oder in der Nähe der Schlauchöffnung, einmal
sogar links an den Knorpeln der falschen Rippen. Dieser Hode,
beim Hmonatlichen Eber gefunden, hatte die Grösse einer stark
geballten Faust. Ein sogenannter inguinaler Kryptorchismus
(Zurückbleiben ira Leistenkanal) kommt beim Eber anscheinend
nicht vor.
Die Kastration der Kryptorchiden wird am besten im Alter
von 5 bis 6 Wochen vorgenommen. 3 Wochen und 5 Monate
sind die jedoch weniger empfehlenswerthen Grenzen. Diätetische
Vorbereitung ist nicht unbedingt nöthig, aber vortheilhaft (Ent¬
ziehung der letzten Mahlzeit). Man lege das Thier auf einen
Tisch, lasse eine Person Vorderfüsse und Kopf, die andere die
Hinterbeine ergreifen. Ist etwa bei einseitigem Kryptorchismus
der im Hodensack liegende Hode schon vor längerer Zeit ent¬
fernt, so ist es oft schwer, zu unterscheiden, auf welcher Seite
der verborgene Hode liegt. (Ist keine Spur einer Narbe mehr
zu finden, so ist es eventuell unmöglich.) Ist festgestellt, an
welcher Seite Kryptorchismus und dass nicht etwa eine blosse
Ektopie vorhanden ist, so werden die Haare in der oberen
Flankengegend an der Seite des verborgenen Hodens abgeschoren.
Desinfection ist vollständig überflüssig. K. hat seit vielen Jahren
ohne Antiseptik mindestens ebenso gute Erfolge wie früher, wo
er noch vorsichtig aseptisch verfuhr. Man muss auch bedenken,
dass ein einfaches Abspülen mit Desinfektionsmitteln keine
Antiseptik bedeutet. Nun wird, ganz wie bei der Ovariotomie
der Sauen, ein 4 bis 5 cm langer Schnitt durch die Haut bis
auf die Muskulatur geführt, den K. parallel zur Wirbelsäule stellt,
was ihm für den Verschluss der Muskel wunde vortheilhaft er¬
scheint. Die Muskulatur wird bei 5 bis 8wöchentlichen Thieren
mit steif gehaltenem Zeigefinger saromt Peritoneum durchstossen.
Dies gelingt besonders gut in dem Augenblick, wo das Thier
zum Schreien die Bauchmuskulatur anspannt, wenn man den
Stoss etwas schräg nach vorn, etwa auf den Mittelpunkt des
Zwerchfells richtet und mit dem Finger im Stosse eine kratzende
Bewegung nach vorn macht. Dabei wird auch Taschenbildung
am besten verhindert. Bei Thieren von 3 Monaten und darüber
empfiehlt es sich auch, die Muskulatur zu durchschneiden, das
Peritonaeum mit der Pincette zu fassen und mit der Scheere
einzuschneiden.
Nach Eröffnung der Bauchwand wird mit beiden Zeigefingern
die Wunde erweitert, was von grosser Wichtigkeit ist. Dann
wird mit dem eingeführten Zeigefinger die Bauchhöhle nach
allen Richtungen abgesucht. Meist findet man den Hoden in der
Flankengegend direct hinter den Nieren an der Wirbelsäule
oder nahe dem vorderen Schambeinrand. Er flottirt am Samen¬
leiter frei in der Bauchhöhle oder hängt an einer 1 bis 2 cm
langen Bauchfellfalte. Manchmal liegt er recht versteckt und
in vereinzelten Fällen tief in der Beckenhöhle vollständig ein¬
gekeilt. Letzteres dürfte erst bei dem Widerstand des
Schweines, dem Schreien und dem Pressen der Bauchdecken
eingetreten sein. Es ist immerhin möglich, den Hoden mit der
Niere zu verwechseln, welche bei jungen Schweinen mehr
rundlich und nicht, wie bei älteren, bohnenförmig ist und auch
der Wirbelsäule recht lose anliegt. In dieser Beziehung ist
also einige Vorsicht erforderlich.
Der gefundene Hode wird mit dem Finger an der Bauch¬
wand entlang nach der Wundöffnung geschoben. Ist der Hode
an dieser, so wird das bisher nach hinten ausgezogene Hinter¬
bein nach vorn gebracht, wodurch die Wundränder schlaff
werden und der Hode leicht aus der Wunde heraustreten kann.
Während dieser Beförderung des Hodens sträuben sich die
Thiere stark, sodass der Hode dabei leicht dem Finger
entschlüpfen kann oder mit ihm Darmschlingen aus der Wunde
dringen. Letzteres ist bedeutungslos und hat nie nachtheilige
Folgen. Ist der Hode ans der Bauchwand herausgebracht, so
wird der Samenstrang mit dünnem Bindfaden oder mehrfach
doppelt genommenem Zwirnsfaden unterbunden und l / 2 cm von
der Unterbindung entfernt abgeschnitten, der Stumpf in die
Bauchhöhle versenkt, und die Hantwundfe (nicht auch die Muskeln)
durch fortlaufende oder Knopfnaht geschlossen. Nachbehandlung
ist überflüssig; die Hefte fallen in der nächsten Woche von
selbst aus. Nur soll das Thier in den ersten Tagen isolirt
werden, weil andere Schweine die Wunde benagen.
Bei Thieren von über 4 Monaten kann man mit dem Zeige¬
finger den Hoden nicht mehr erreichen. Hier muss der Schnitt
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14. Juni 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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so lang sein, dass man eventuell mit der ganzen Hand in die
Bauchhöhle eindringen kann. Bei beiderseitigem Kryptorchismus
kann man am jungen Schwein in der Regel beide Hoden von
einer Oeffnung aus erreichen. Bei grösseren Thieren ist dies
nicht möglich. Man kann aber hier den zweiten Einschnitt
gleich hinter dem ersten ohne Gefahr anlegen. Das letztere
wird man auch dann thun, wenn man sich in der Seite des
Kryptorchismus (s. oben) getäuscht haben sollte. Es kann Vor¬
kommen, dass der Hode überhaupt nicht gefunden wird, weil er
noch zu klein ist. Man beende dann die Operation, veranlasse
den Besitzer, auf das etwaige weitere Auftreten von Geschlechts¬
trieb zu achten und, wenn dies der Fall, wieder zu kommen.
In 4 pCt. der Fälle fand sich kein Hode, auch nicht bei der
späteren Schlachtung. Hier müsste es sich also um Monorchismus
handeln (falls nicht etwa unbekannterweise beiderseitige
Kastration erfolgt war). Die Mortalität bei kastrirten
Binnenebern beträgt etwa 2 pCt. Einklemmung des Darms in
die Operationswunde oder Taschenbildung im Bauchfell sind die
Ursachen. Darauf muss also besonders Rücksicht genommen
werden.
Der verborgene Hode ist stets bedeutend kleiner als der
normal liegende, welk, schlaff und blass. Das Gewicht beträgt
ca. y 3 des normalen. Der Unterschied ist um so grösser, je
älter das Thier war. Krankhafte Veränderungen des Hodens
hatK. nie gesehen. Häufig dagegen findetsiclivaricöseErweiterung
im Plexus pampiniformis, der sich anfühlt wie ein „Knäul Würmer“.
Die mikroskopische Untersuchung ergiebt Schwund des
Drüsenepithels, Füllung der Hodenschläuche mit Fetttröpfchen,
unzweifelhaft ein Product der fettigen Degeneration der Epithel¬
zellen. Uebrigens zeigt auch der normale Hode des jungen
Schweins fettige Umwandlung oder Fettbildung in den Epithel¬
zellen, die jedoch beim Eintritt der Geschlechtsreife aufhört.
Es dürfte diese Erscheinung den Schweinen eigentümlich
sein.
Kleine Mittheilnngen.
Angeborene beiderseitige Netzhautablösung bei einem Fohlen.
Das Fohlen zeigte gleich bei der Geburt Unsicherheit im
Benehmen, stiess überall an und konnte das Euter nicht finden.
Die Untersuchung ergab auf beiden Augen Ablösung der Netz¬
haut ohne Entzündungserscheinungen. Der Besitzer versicherte,
dass die Augen des Fohlens immer klar gewesen seien. Die
Mutterstute dagegen hat am rechten Auge öftere Entzündungen
gehabt und ist hierauf seit 4 Jahren blind. Auch am linken
Auge zeigte dieselbe schon Trübungen des Glaskörpers. Das
Fohlen wurde im Alter von drei Wochen getödtet. Die Section
bestätigte die Diagnose. Die Chorioidea war überall mit grau¬
gelbem Flor bedeckt, die Retina in beiden Augen total abgelöst,
nur noch an der Papille und am Ciliarkörper befestigt. Der
Glaskörper war beiderseits verflüssigt, dieLinse leicht aus der Lage
zu drücken. Es ergiebt sich aus vorliegendem Fall zweifellos,
dass die Mutterstute an periodischer Augenentzündung leidet
und das Fohlen bereits intrauterin eine schwere beiderseitige
Chorioiditis bestanden hat. Die Beobachtung spricht für den
infectiösen Character der Mondblindheit.
(Sächs. Veterinärber. 98.)
Nahtstorne in der Linse beim Pferd.
Unterrossarzt Gerd eil macht in der Ztschr. f. Veterinärk.
November 1898 folgende Mittheilungen. Bei einigen Pferden
des litthauischen Dragonerregiments wurden, und zwar auf beiden
Augen, folgende Erscheinungen beobachtet. Bei direct auffallendem
Licht liess die Linse eine Dreitheilung erkennen. Das Centrum
lag im Scheitelpunkt der Linse, die Grenzen der drei Theile
bildeten zusammen ein Y, sie erschienen dunkel. Im übrigen
bestand eine gleichmässige schwache Trübung der Linse, die
nach dem Centrum des Nahtsterns hin zunahm. Bei seitlich
einfallendem Licht fiel ein perlmutterähnlicher Glanz auf. Eine
eigentliche Linsentrübung war jedoch nicht festzustellen, da der
Augenhintergrund klar zu Tage trat und Sehstörungen durchaus
nicht Vorlagen. Oberrossarzt Lübke bestätigt diese Be¬
schreibung und fügt hinzu, dass er mit Rossarzt Zimmermann
schon seit 1892 bei einer grossen Zahl von Fohlen, Remonten
und alten Pferden diese Linsensterne beobachtet habe. Fossius
erklärt in seinem Grundriss der Augenheilkunde des Menschen
das Zustandekommen dieser Figur. Eine krankhafte Erscheinung
scheint es jedenfalls nicht zu sein. Immerhin ist die Frage
interessant, ob die Erscheinung Consequenzen, namentlich pro
foro haben könnte.
Mastdarmpoiyp beim Pferde.
Fröhner theilt in der Mtssch. f. Th. Folgendes mit. Ein
Pferd wurde in die Klinik eingestellt, weil es angeblich an
Mastdarmvorfall litt. Die Untersuchung ergab aber, dass etwa
30 cm vom After entfernt an der unteren Mastdarmwand eine
kindskopfgrosse, gestielte, schmerzlose Geschwulst mit glatter
Oberfläche sass, welche sich aus dem Mastdarm durch den After
herausziehen liess. Der Stiel war etwa 4 Finger dick, der
Schleimhautüberzug der Geschwulst geschwollen und mit
croupÖ8em Belag versehen. Am stehenden Pferde wurde der
Stiel im ganzen durch eine elastische Ligatur fixirt, dann wurde
hinter der Ligatur der Stiel durchstochen und in 2 Hälften
abgebunden; darauf der Tumor exstirpirt und der Stumpf mit
den Ligaturen zurückgeschoben. Eine Nachblutung trat nicht
ein, ebenso wenig spätere Belästigungen. Die exstirpirte
Geschwulst erwies sich als ein Myxofibrom.
Absoesshaken.
Um einen geöffneten Abscess für die Nachbehandlung offen
zu halten, kann man ihn tamponiren oder drainiren, wodurch
jedoch der Zweck oft unvollkommen erreicht wird. Braatz
(Ctrlbl. f. Chir.) hat daher sogen. Abscesshaken construirt, welche
die Wundränder stets klaffend machen sollen. Von einer hori¬
zontalen Schliesse gehen zwei Anfangs darauf senkrechte, weiter¬
hin aber nach aussen geschweifte Fortsätze ab, wodurch ein
festes Haften des Hakens garantirt sein soll. Die Haken¬
anwendung kann auch mit Drainage combinirt werden. Für die
tiefere Drainage verwendet B Spiralröhren. Werden Gummi¬
röhren angewendet, so spaltet er sie der Länge nach auf, was
einen besseren Abzug gewähren soll. Die Haken werden von
Dröll aus Mannheim bezogen.
(Mitthlg. aus Fröhner’s Monatsh.)
Die federnden hohlen Steokstollen, Patent Philipp!.
In den Mtsh. f. Th. bespricht Prof. Eberl ein die von
Branscheid und Philippi in Remscheid im vorigen Winter
in den Handel gebrachten patentirten federnden hohlen Steck¬
stollen, deren nähere Beschreibung hier unterbleiben kann.
E. gelangt zu folgendem Urtheil, nachdem er die Stollen
1* Jahre in der Benutzung beobachtet hat: Die Hohlstollen
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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No 24.
gehen niemals verloren, brechen nicht und beschweren wegen
ihrer Leichtigkeit nicht das Eisen. Die Anfertigung der
Stollenlöcher im Eisen erfordert so wenig besondere Sorgfalt,
dass sich event. auch im Eisen vorhandene Löcher benutzen
lassen. Einsetzen und Auswechseln der Stollen bietet keine
Schwierigkeiten und lässt sich ausführen, ohne dass die Zehen¬
gelenke des Pferdes in Anspruch genommen würden. Die Stollen
halten so lange wie massive und bleiben bis zur völligen Ab¬
nutzung scharf und wirksam. Sie können als Ersatz für
stumpfe Stollen auch im Sommerbeschlag verwendet werden.
Kronentritte und dergl. sind bei Verwendung dieser Stollen
nicht beobachtet worden.
Untersuchungen über die Strahlenpilzformen des
Tuberculoseerregers.
Von Dr. Otto Schulze.
(Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten XXXI. Bd. 1. Heft.)
Auf Veranlassung von Prof. Lubarsch prüfte Autor
die von Babes und Levaditi, sowie von Friedrich gemachten
Untersuchungen über die Strahlenpilzformen des Tubercelbacillus
nach und suchte die Bedingungen, unter denen es zur Bildung
der Keulenform kommt, genauer zu ergründen.
Die zu den Versuchen benutzten Culturen waren von ver¬
schiedener Herkunft und auch ungleicher Virulenz. Eine Cultur
stammte von Prof. Lubarsch, sie war von tubercnlösen Meer¬
schweinchen gezüchtet; eine zweite war von Prof. Ostertag
überlassen; eine dritte stammte aus dem Reichsgesundheitsamte;
eine vierte war aus dem Kral'sehen Laboratorium in Prag be¬
zogen; die fünfte endlich aus einem Krankenhause Berlins.
Die Versuche erstreckten sich theils auf intra-arterielle,
theils auf locale Impfungen. Die intra-arterielle Injection ergab
im Wesentlichen eine Bestätigung der von Friedrich gemachten
Beobachtungen. Autor konnte auch vor dem 15. Tage keine
Strahlenpilzformen nachweisen, jedoch fanden sich im Gegen¬
satz zu Friedrich sogar nach 30—52 Tagen strahlenförmige
Herde an. Letztere Erscheinung begründet Schulze durch
seine zahlreich gemachten Serienschnitte von verschiedenen
Stellen.
Die Versuche von Babes und Levaditi wurden in der
Weise abgeändert, dass bei localer Impfung ins Gehirn, die von
Reinculturen abgekratzten Tubercelpilzklümpchen mittels ausge¬
glühter Platinnadel subdural eingebracht wurden. Das Er-
gebniss war eine vollkommene Bestätigung der Angaben Babes’
und Levaditi's. Nur in zwei Punkten bemerkte Verf. Ab¬
weichungen. Einmal waren die Herde nicht so gross, wie die
Abbildungen von Babes zeigen, und der Kranz von Kolben ist
häufiger kleiner. Dieser Unterschied soll in der Einführung von
geringeren Mengen Tubercelpilze liegen. Zweitens wurden die
Strahlenpilzformen und Keulenbildung früher beobachtet, als sie
nach Babe8 zu erwarten waren. Nach Schulze treten diese
Formen schon nach 14 und 16 Tagen auf. Durch die Weigert--
sche Färbung und die abweichende Impfmethode gelang es dem
Autor, diese Bildung innerhalb der angegebenen Frist zu erzielen.
Von Tubercelimpfungen in der Leber Hessen sich nach 24 und
nach 40 Tagen in den Tuberceln weder strahHge Herde noch
einzelne Kolben auffinden.
Das Ergebniss aller Versuche ist folgendes: „In allen
Organen, in denen nach Einimpfung von Tubercelpilzen
die Tuberculose localisirt bleibt, finden sich während
eines Zeitraumes von 14 — 50 Tagen die Tubercelpilze
theils in Form von Stäbchen, theils in Form der
Actinomycesähnlichen Herde. Die Ausbildung dieser
Herde ist verschieden hinsichtlich Grösse, Form und
Auftretens. Am wenigsten sicher und am spärlichsten aus¬
gebildet erscheinen sie in Leber und Hoden, während sie in
Gehirn und Niere stets erscheinen.
Als beste Färbungsmethoden empfehlen sich die Anwendung
von Gram-Weigert’, Friedrich’sche Doppelfärbnng und
Birch-Hirschfeld’sche Färbung für Actinomycespilze. Was
das optische Verhalten dieser Bildungen anbelangt, so sind die
Kolben stark lichtbrechend, sobald sie eine erhebliche Grösse
erlangt haben. Bei mässiger Abblendung konnte man im aufge-
hellten Präparat die Keulen als ungefärbte Gebilde erkennen.
Ueber ihr mikrochemisches Verhalten muss mitgetheilt werden,
dass sie in Wasser, Alkohol, starken Alkalien und Säuren unlös-
Uch sind, also in diesem Punkte mit den Actinomyceskolben
übereinstimmen.
Auch bei den mit Vogeltuberculose gemachten Versuchen
wurden die Strahlenpilzherde gefunden. Dass die Kolbenbildung,
sowie die Strahlenpilzformen auf eine Verunreinigung mit anderen
Pilzen zurückgeführt werden müssten, wie Bostroem meint,
hat Autor widerlegt, indem er z. B. reine Schimmelpilze mit
einimpfte. Das Resultat ergab nun, dass beide Pilzarten ganz
gesondert von einander wachsen oder die eine verhindert die
andere überhaupt am Wachsthum. Der Erreger der Tuber¬
culose gehört nach diesen Forschungen zu den echten Faden¬
pilzen. Autor wünscht, dass die Bezeichnung „Tubercelbacillus“
demnacli durch „Tubercelpilz“ ersetzt wird. —“ J.
Weitere Beiträge zur Kenntniss der säurefesten
Bacterien.
Von Dr. Otto Korn.
[An* dem hygien. Institut der Universität Freiburg I. B.]
(Centralbl. f. Bact. und Paras. 1900. XXVII B 14/15.
Das häufige Auffinden von säurefesten Bacterien in der
Butter und auch in anderen Medien, drängt die Frage auf, ob
Beziehungen bestehen zwischen den in anderen Medien vor¬
handenen säurefesten Bacterien und den in der Milch gefundenen,
zumal es sich darum handeln musste, die Frage klarzustellen:
gelangen die säurefesten Bacterien durch gelegentliche Beimischung
mit dem Milchschmutz in die Milch, oder werden sie von dem
Euter ausgeschieden, nachdem sie mit dem Futter aufgenommen
worden sind? — Bei diesen Untersuchungen fand K. einen
neuen säurefesten Spaltpilz, welchen er Mycobacterium
lacticola d friburgense nennt. Verf. giebt den Sections-
befund eines Meerschweinchens an, welchem 4 ccm Butter intra-
peritoneal injicirt wurden und welches nach 34 Tagen getödtet
war: In der Leber zahlreiche erbsengrosse, zum Teil verkäste
Knoten. An der Curvatura major des Magens aus kleineren
und grösseren Knollen bestehende Masse. Am hinteren Ende der
Milz ein fast erbsengrosser Knoten mit homogener weissUcher
Schnittfläche. Die Nieren sind oedematös geschwollen, die
Rinde ist grauweiss, die Marksubstanz geröthet. Herderkrankungen
sind nicht bemerkbar. Im Zwerchfell einzelne feste Knoten
von Linsengrösse. In den Organen der Brusthöhle hirsekorn-
grosse Knötchen. Aus sämmtlichen scheinbar tuberkulös er¬
krankten Organen Hessen sich Bacterien erhalten, den Tuberkel¬
bacillen sehr ähnlich und nach Ziehl-Neelson gut färbbar.
Die BaciUen hielten in Reincultur eine Entfärbung in 10%
Salpetersäurespiritus von 3 Minuten gut aus.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Mycobacterium
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14. Juni 1900.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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lacticola «) friburgense und den bisher bekannten säure¬
festen Pseudotuberkelbacillen besteht darin, dass es bei dem
ereteren ebensowenig, wie bei den echten Tubercelbacillen
gelingt, deutlich sichtbare Gelatinestichkulturen bei Zimmer¬
temperatur zu erhalten. Ein sehr günstiger Nährboden für den
Korn’sehen Bacillus ist die Milch, in welcher er in Grösse
und Form dem Erreger der Tuberkulose sehr ähnelt.
Es gelang nicht, weisse Mäuse zu inficiren, ebensowenig
Tauben und Hühner, dagegen waren Kaninchen nicht refraetär.
Bei den mikroskopischen Untersuchungen der Organe durch
Prof. Sata aus Osaka (Japan) enthielten mehrere dieser
Knötchen spärliche, grosse, mehrkernige Riesenzellen, welche
in Grösse und Kernanordnung genau dasselbe Bild boten, wie
echte Tuberculose. J.
Die Drüsen des dritten Augenlides einiger Sängethiere.
Von H. Miessner, Berlin.
Archiv t Thierblkd. 1900. H. 2 n. 5.
Der Verf. stellte gelegentlich einer früheren Arbeit fest,
dass in der Benennung der Drüsen des dritten Augenlides eine
grosse Willkür herrsche. Harder entdeckte die nach ihm
benannte Drüse beim Hirsch vor 200 Jahren. Seit dieser Zeit
Bind diese Untersuchungen nicht wieder nachgeprtift, ein
Umstand, welcher den Verf. veranlasste, den Begriff der
Harder’sehen Drüse und Nickhautdrüse zunächst beim Hirsch
sowohl anatomisch als histologisch genauer festzulegen. Beide
Drüsen sind häufig mit einander identificirt worden. Die Unter¬
suchungen haben jedoch ergeben, dass es sich um zwei ganz
verschiedene Drüsen handelt, welche von einander getrennt sind
Sie unterscheiden sich nicht nur durch ihre Lage und Gestalt,
sondern auch durch ihren histologischen Bau. Die Har der’sehe
Drüse enthält reichliches Bindegewebe, welches die einzelnen
Alveolen trennt. Diese sind nach dem tubulo-acinösen Typus
gebaut. In den Drüsenzellen lagern zahlreiche Fetttröpfchen,
eine Zellmembran ist nicht nachweisbar. Der Kern lagert im
Centrum der Zelle. Bei der Nickhautdrüse wird vorwiegend
die acinöse Form beobachtet. Die Acini sind durch sehr feine
Sepien von einander getrennt; die Zellmembran tritt scharf
hervor. In den Zellen sind wenig oder keine Fetttröpfchen, die
Kerne sind basalwärts gerückt.
Die Grössenverhältnisse beider Drüsen erweisen sich von
einander abhängig, sodass mit abnehmender Grösse der Nick¬
hautdrüse die Har der’sehe Drüse zunimmt und umgekehrt.
Pferd, Rind, Schaf, Ziege, Reh, Hund, Katze, Iltis, die keine
Harder’sehe Drüse haben, weisen eine sehr grosse Nickhaut¬
drüse auf, und beim Hirsch, Damhirsch, Schwein, Kaninchen,
Hasen, Igel und Maus nimmt die Nickhautdrüse immer mehr ab
je grösser die Harder’sehe Drüse wird. Meerschweinchen und
Ratten, denen die Nickhautdrüse fehlt, haben eine verhältniss-
mässig grosse Harder’sehe Drüse.
Im Laufe der Untersuchungen haben sich weitere
bemerkenswerthe Resultate herausgestellt:
1. Die Harder’schen Drüsen des Hirsches und Dam¬
hirsches haben zwei Ausführungsgänge.
2. Das Reh hat keine Harder’sehe Drüse, dagegen eine
wohl entwickelte Nickhautdrüse.
3. Die Harder’sehe Drüse der Hausmaus gleicht der
weissen Partie der entsprechenden Drüse des Kaninchens, die
Harder'sehe Drüse der Feldmaus der rothen Partie.
4. Der Hase hat ebenso wie das Kaninchen eine Glandula
'acrimalis interior aufzuweisen.
5. Beim Iltis findet sich neben der Nickhautdrüse eine der
Orbitalis des Hundes gleichende Drüse.
6. Der Maulwurf besitzt weder einen Blinzknorpel noch eine
Nickhaut- und Harder’sehe Drüse.
Tagesgeschichte.
Abiturientenexanen und Schulreform.
Der Reichstag hat am Dienstag seine langwierige und
arbeitsreiche Tagung geschlossen, ohne dass die zur Berathung
stehenden Petitionen, darunter die betreffs des Abiturienten-
examens der Thierärzte, noch zur Verhandlung gelangt wären.
Es ist dies dem Reichstag in Anbetracht der Jahreszeit
gewiss nicht zu verargen und es ist dies für unsere Sache
auch gar kein Fehler. Denn jetzt nach dem Flottengesetz
hätte das Abitnrientenexamen der Thierärzte wohl nur ein sehr
geringes Interesse erweckt und dadurch hätte selbst ein
günstiges Votum des Reichstages nur an Werth für uns ein-
büssen können. Bis zum Herbst wird auch die Stellung der
Reichsregierung und anderer Ausschlag gebender Factoren sich
noch vollständiger geklärt haben, namentlich da dann auch die
Beschlüsse der Schulconferenz bereits einer Prüfung unterzogen
sein können.
Der Kernpunkt dieser Beschlüsse soll nach den Meldungen
der Tagespresse ja der sein, dass allen drei verschiedenen neun-
klassigen Schulen — Gymnasium, Realgymnasium und Ober¬
realschule — die gleiche Berechtigung zu allen Universitäts¬
und Hochschulstudien gewähren soll.
Man kann über diesen Beschluss unzweifelhaft verschiedener
Meinung sein. Es erscheint z. B. mehr als fraglich, ob dieses
Gemisch verschiedener Vorbildungssysteme unter den Studirenden
ein und derselben Wissenschaft sich nicht als sehr nachtheilig
erweist, von dem Einfluss auf das Niveau der geistigen Erziehung
und allgemeinen Bildung überhaupt ganz abgesehen.
Aber das wird man zugeben müssen, dass für unsere
Angelegenheit ein vortheilhafterer Beschluss, als die ausnahms¬
lose Zulassung zu allen Studien, gar nicht gefasst werden konnte.
Viele Thierärzte werden, des unheilvollen Einflusses der ersten
Schulconferenz eingedenk, der neuen mit höchstem Misstrauen
entgegengesehen und sich mit banger Sorge gefragt haben, ob der
Accident von 1892 sich wiederholen werde und wir, abermals
anscheinend dem Ziele nahe, wieder durch die Schulreform zum
Scheitern gebracht werden sollten. Es hätte uns gar nichts
schlimmeres passiren können, als wenn man z. B. für uns
allein im Gegensatz zur Medicin Oberrealschüler, wenn auch als
Abiturienten, für zulässig erachtet hätte.
Jetzt wird durch die Verallgemeinerung der Berechtigung
das Abiturientenexamen vielleicht überhaupt etwas entwerthet,
aber damit wird seine Einführung für uns nur erleichtert und
wir wären dann immerhin vom Hauptübel, von dem Zurück¬
stehen gegen andere, vom Zuzug der Entgleisten befreit.
Schmaltz.
Gerichtsverfahren betr. Anzeige des Seucbenverdachtes.
Der folgende Fall ist vielleicht, namentlich für jüngere
Collegen nicht ohne Interesse, indem er zeigt, wie leicht ein
practischer Thierarzt in seiner Thätigkeit mit den Gerichten in
Berührung kommen kann.
Am 13. November vorigen Jahres wurde ich von einem
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284
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 24.
Heuerling in M. gebeten, seine Kuh zu untersuchen, die allem
Anschein nach einen Fremdkörper im Schlunde habe. Bei
meiner Untersuchung konnte ich nun constatiren, dass wirklich
ein harter Gegenstand unterhalb des Kehlkopfes fühlbar war.
Da aber keine Tympanitis bestand, beschloss ich bis zum
anderen Tage mit der Behandlung zu warten, wenn nicht bis
dahin vielleicht schon von selbst Heilung eingetreten sei, was
iph hier schon häufiger beobachtet habe. Am folgenden Tage
war jedoch der Zustand noch derselbe und nunmehr bemerkte
ich in der Maulhöhle, besonders an der Zungenspitze, be¬
deutende Epitheldefecte, und da mir diese Erscheinungen Ver¬
dacht auf Maul- und Klauenseuche erweckten, fragte ich den
Besitzer, ob er ein Thier seines Bestandes kürzlich gekauft, ob
ein Händler im Stall gewesen, oder ob er auf einem Markt
gewesen sei. Als dieses alles verneint wurde, und so jede
Möglichkeit einer Infection ausgeschlossen schien, liess ich den
Verdacht fallen, besonders da die Seuche hier sehr selten auf-
tritt und vor zwei Jahren zum letzten Mal in einem Fall hier
vorgekommen war. Ausserdem war nur ein Thier erkrankt,
trotzdem noch zwei im selben Stall direct daneben standen. Auch
waren die Klauen intact.
Zwei Tage darauf benachrichtigte mich der Besitzer, dass
ein zweites Stück seines Bestandes unter denselben Erscheinungen
erkrankt sei. Bei meiner nunmehrigen zweiten Untersuchung
constatirte ich den Ausbruch der Maul- und Klauenseuche und
erstattete ungesäumt die ärztliche Anzeige.
Einige Tage darauf stellte der beamtete Thierarzt des
hiesigen Kreises Anzeige gegen mich beim Landrathsamt, wegen
Vergehens gegen das Reichsviehseuchengesetz. Danach sollte
ich die vorgeschriebene Anzeige des Seuchenverdachts um mehr
als 24 Stunden verzögert haben, die Seuche verschleppt und in
einem Fall dieselbe überhaupt nicht zur Anzeige gebracht haben.
Wegen des ersten Punkts „die Anzeige des Verdachts des
Seuchenausbruchs um länger als 24 Stunden verzögert zu haben“
wurde von der Staatsanwaltschaft zu Münster gegen mich An¬
klage erhoben.
In der Verhandlung vor dem Schöffengericht zu Tecklen¬
burg wurde ich kostenlos freigesprochen mit der Begründung,
dass ich den Verdacht des Seuchenausbruchs am 14. noch nicht
gehabt hätte, denselben aber sofort zur Anzeige gebracht hätte,
als ich ihn für begründet erkannte. Gegen dieses freisprechende
Erkenntniss wurde vom Amtsanwalt Berufung eingelegt, welche
jedoch von der Strafkammer zu Münster verworfen worden ist.
Die Begründung der endgültigen Freisprechung war Folgende:
Im Reichsviehseuchengesetz § 9 heisst es:
Zur sofortigen Anzeige sind auch die Thierärzte verpflichtet,
wenn sie von dem Ausbruch der nachbenannten Seuchen oder
Erscheinungen unter dem Viehbestand, welche den Verdacht
eines Seuchenausbruchs begründen, Kenntniss erhalten. (Im
Gegensatz zum Besitzer, der von allen verdächtigen Er¬
scheinungen Anzeige erstatten muss). Wenn der Verdacht der
Maul- und Klauenseuche nun auch wirklich bestanden habe, so
sei derselbe doch mir nicht begründet erschienen und in
Folge dessen müsse Freisprechung erfolgen.
Wenn nun die Verhandlungen auch mit meiner kostenlosen
Freisprechung endeten, so tragen solche Angelegenheiten doch
nicht dazu bei, das Ansehen des thierärztlichen Standes zu
heben. Und dessen bedürfen wir grade hier so dringend,
besonders da hier noch mehrere Curpfuscher ihr Wesen oder
vielmehr ihr Unwesen treiben, die selbstverständlich ihre helle
Freude daran haben, dass auch ein approbirter Thierarzt wegen
Seuchenvergehens vor Gericht gestellt wird.
Westercappeln, 25. 4. 1900. F. Block,
Thierarzt.
Gewiss ist es besser, wenn solche Gerichtsverhandlungen,
auch freisprechende, sich nicht ereignen. Aber dies kann nicht
erstrebt werden mit dem Verlangen an den Kreisthierarzt, dass
derselbe seinerseits die Anzeige wegen anscheinender Contra-
vention nicht erstattet; denn das ist einfach seine Pflicht. Es
ist vielmehr rathsain, dass der behandelnde Thierarzt lieber zu
vorsichtig ist und jede, auch nur entfernt verdächtige Erscheinung
seinerseits zur Anzeige bringt, mögen nun die Umstände noch
so sehr gegen die Berechtigung des Verdachts zu sprechen
scheinen. Der vorliegende Fall ist ja gerade in letzterer Hinsicht
lehrreich. S.
Conferenz.
Im Reichsgesundheitsamt soll bereits in allernächster Zeit
eine Conferenz stattfinden, welche die nunmehrige Regelung der
Einfuhr von Fleisch über die Reichsgrenze zum Gegenstand
haben wird. Die Reglementirung der inländischen Fleischschau, wo
eine solche noch nicht besteht, wird jedenfalls aber noch längere
Vorbereitungen erfordern.
Antrag des Brandenburger Vereins.
In dem Antrag des Brandenburger Vereins, am Schluss des
in voriger Nummer, pag. 273 veröffentlichten Protocolles, muss
es heissen: die Abgabe von Reincultnren an Nichtärzte (statt
den Nichtärzten) verbietet.
Jubiläum.
Sein öOjähriges Jubiläum als Thierarzt feiert am 20. d. Mts.
der Kreisthierarzt C. Fr ick in Rawitsch. Derselbe wurde am
20. Juni 1850 bei der Mobilmachung als Thierarzt zur Garde-
Artillerie eingezogen.
Vertheilung der Aerzte In Deutschland.
(D. med. Woch.)
Die Zahl der Aerzte in Deutschland betrug am 15. October 1899
26 689 (gegen 25 757 im Vorjahre). Es treffen also bei einer
Einwohnerzahl von 52 251 917 Einwohnern auf 1 957 Einwohner
1 Arzt, auf 10000 Einwohner 5,1 Aerzte.
Im Jahre 1886 betrug die Zahl der Aerzte 16 292 bei einer
Bevölkerungszahl von 46 840 587 also 1:2875 und 3,4:10000.
Die Zahl der Aerzte hat sonach um 63,8 pCt., die Einwohner¬
zahl Deutschlands um 11,5 pCt. zugenommen.
Auf die wichtigsten Einzelstaaten vertheilt, gestaltet sich
das Verhältniss:
1886
Zahl der
1899
Zahl der
1886 1899
Zahl der
Zunahme der
Aerzte
Ein¬
wohner
Aerzte
Ein¬
wohner
Aerzte
Aerzte
zu Ein¬
wohnern
Aerzte
zu Ein¬
wohnern
Preussen . .
Bayern . . .
Sachsen . .
Württemberg.
Baden . . .
Hessen . . .
Eisass-
Lothringen .
28 313 833 9347
5 416 1801973
3179168 1156
1 994 849 614
1 600 839 685
956 170 414
1 563 145 496
31 855123 16 103
5 797 414 2 947
3 783 014 1 968
2 080 898 870
1 725 470 1 027
1 039 388 661
1 641 220 766
1 :3029 1 : 1978
1:2745 1 :1967
1 :27501: 1922
1:3248,1:2392
1 :2336 1 : 1680
1:2309 1 :1572
1:3151 1:2140
72,3%,
50,3%,
70,2".
41,7%
59,1%
59,6%
54,4%
Die stärkste Zunahme fand somit in Preussen, die geringste
in Württemberg statt.
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14. Jnni 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
285
In den deutschen Städten mit über 100000 Einwohnern
gestaltete sich die Zahl der Aerzte und deren Verhältnis zur
Zahl der Einwohner wie folgt:
1886
1899
Berlin . . .
1320 000
1193
1:1106
1 833 147
2314
1: 725
Hamburg . .
518 712
319
1:1624
675 351
544
1:1241
Mönchen . .
260 005
333
1: 780
411001
637
1: 640
Leipzig. . .
170076
214
1: 794
399 963
411
1: 973
Breslau. . .
299 405
273
1:1096
373 166
510
1: 732
Köln ....
161 270
135
1:1194
3C0 047
330
1: 974
Düsseldorf
115 183
79
1:1458
176 025
158
1:1114
Königsberg .
151177
141
1:1072
172 796
256
1: 675
Charlottenburg
—
—
—
160 000
308
1: 513
Stuttgart . .
125 906
127
1: 991
158 321
200
1: 792
Strassburg
112 220
118
1: 949
135 313
215
1: 629
Halle . . .
—
—
—
116 304
203
1: 573
Dortmund . .
—
—
—
111 232
77
1:1445
Krefeld . . .
—
—
—
107 278
60
1:1787
Am reichsten ist also Charlottenburg mit Aerzten versehen
(1:513), es folgt dann Halle, Strassburg, München etc. Es
zeigt sich hier einerseits der Einfluss der Universitäten an einer
auffallend grossen, der Einfluss der Krankenkassen in grossen
Industriecentren an einer geringen Anzahl von Aerzten. Der
Durchschnitt beträgt 1:1063.
Die Bevölkerung hat sich in Berlin um 38,8 pCt., in
München um 58,7 pCt. die Zahl der Aerzte in Berlin um 93,9 pCt., j
in München um 91,3 pCt. vermehrt.
Auf 100 qkm wohnen im Deutschen Reiche im Durchschnitt
4,94 Aerzte und zwar am dichtesten in Sachsen (13,13), am
wenigsten dicht in Bayern (3,88).
Es ergiebt sich aus diesen Zahlen, dass die Zahl der Aerzte
in Deutschland in den letzten 13 Jahren in viel stärkerem Masse
gewachsen ist als der Zunahme der Bevölkerungsziffer entspricht,
und dass namentlich der Zugang in den grossen Städten ganz
unverhältnissmässig gross ist. Unter solchen Umständen ist die
ungünstige Lage des ärztlichen Standes leicht erklärlich.
General-Versaimnlang des thierärztllchen Vereins der Regierungsbezirke
Stettin-Stralsund
am 24. Juni 1900, Vormittags 11 Uhr
im Victoria-Hotel zu Stettin.
Tages-Ordnung:
1. Geschäftliches. Kassenbericht. Wahl des Vorstandes. Auf¬
nahme neuer Mitglieder.
2. Vortrag: Die Pferdezucht Pommerns und die Körordnung. Herr
Fetting-Pyritz.
3. Mittheilungen aus der Praxis.
Die Herren Mitglieder des Vereins für den Regierungs¬
bezirk Cöslin werden gleichzeitig freundlichst eingeladen.
Nach der Sitzung' gemeinschaftliches Mittagessen unter
Theilnahme der Damen.
Müller, Falk,
Vorsitzender. Schriftführer.
Oeffentliches Veterinär wesen.
(Mi11hei1ungen für
Seuchenstatistik und Yeterinärpolizei.
Massregein betr. Maul- und Klauenseuche.
Betr. den Verkehr mit Handeisschweinen aus der Provinz Posen
ist unterm 25. Mai er. für den R.-B. Posen folgendes angeordnet
worden: 1. Personen, welche Schweine zum Verkauf auf Märkte
bringen oder 2. welche sich mit dem Vertrieb gewerbsmässig be¬
fassen, haben ein acht Tage geltendes Ursprungszeugniss vor¬
zuweisen. Letztere haben ausserdem die zum Transport nach
Schlesien bestimmten Schweine kreisthierärztlich untersuchen
zu lassen. Diese Untersuchung hat im Falle des Ankaufs der
Schweine auf Märkten vor dem Verlassen des Marktortes, im andern
Falle vor der Verladung zu erfolgen, und wird hierüber ein
drei Tage geltendes Gesundheitszeugniss ausgestellt. Die Kosten
fallen dem Händler zur Last. — Desgl. ist durch Bekannt¬
machung vom 1. Juni er. für den R.-B. Breslau über denselben
Gegenstand folgendes bestimmt worden: Nach Ablauf der Geltungs¬
dauer der vorgeschriebenen siebentägigen Beobachtung für aus
Posen stammende Schweine treten wiederum die polizeilichen
Anordnungen vom 18. Januar 1898 in Kraft. Danach ist die
Einfuhr auf dem Landwege nur über die von den Landräthen
namhaft gemachten Einbruchsstationen bei festgesetzten Unter¬
suchungszeiten zulässig. Von dem Eintreffen der Transporte in
den Einbruchsstationen muss der beamtete Thierarzt mindestens
sechs Stunden vorher Mittheilung in Händen haben. Die Einfuhr
ist ausserdem an die Bedingungen geknüpft, dass ein Ursprungs¬
attest (acht Tage Gültigkeit), Gesundheitsattest (drei Tage
Gültigkeit) und Farbenstempelung der Schweine am linken Ohr
auf Grund der Untersuchung vorhanden ist. Bei Vorhandensein
von Seuche, bei Seuchenverdacht oder wenn die Stückzahl der
Veterinärbeamte.)
Schweine nicht mit den Attesten übereinstimrat, wird Stall- bezw
Gehöftsperre verhängt.
In Bayern ist laut Bekanntmachung vom 19. Mai er. rück¬
sichtlich der Abnahme der Maul- und Klauenseuche in der
Schweiz die Einfuhr von Zuchtrindern und Zuchtziegen aus
der Schweiz wiederum gestattet: 1. den Landwirthen für
eigenen Bedarf oder den Händlern, wenn sie Einzelaufträge von
denselben nachweisen, 2. wenn bei der Einfuhr ein höchstens
sechs Tage altes Attest vorgelegt wird, ans welchem ausser dem
genauen Nationale und Gesundheitszustand der Thiere hervorgehen
muss, dass innerhalb der letzten 30 Tage im Ursprungsort und
seiner Umgebung kein Fall von Maul- und Klauenseuche auf¬
getreten ist, 3. wenn die Thiere nachweislich kein Maul- und
Klauenseuche gebiet (ausgenommen mit der Eisenbahn bei directem
Transport) passirt haben und 4. wenn die Untersuchung der
Thiere zu Bedenken keinen Anlass giebt. Aehnliche Er¬
leichterungen sind auch in dieser Angelegenheit in Württemberg
und El8a88-Lothringen geschaffen. Desgleichen sind im Königreich
Sachsen im Hinblick auf den erheblichen Rückgang der Maul- und
Klauenseuche die verschärften Massregeln (Dresd. Journal No. 65)
ausser Wirksamkeit gesetzt worden.
R.-B. Wiesbaden: Landespolizeiliche Anordnung vom 8. Mai er.:
1. Das mit der Eisenbahn eingeführte Klauenvieli muss vor der
Entladung kreisthierärztlich untersucht werden, ausgenommen,
wenn ein höchstens 48 Stunden altes kreisthierärztliches Gesund¬
heitsattest über den in seinem Bestände unveränderten
Transport vorgelegt wird. 2. Nach Feststellung der Seuchen¬
freiheit müssen die Thiere entweder unter Polizeiaufsicht ge¬
schlachtet oder einer sechstägigen Quarantäne unterworfen werden.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 24.
286
Die Ankunft des Transportes ist der Ortspolizei des Bestimmungs¬
ortes sechs Stunden vorher anzuzeigen. 8. Die Quarantäne kann
in einem gesonderten Observationsraum oder in einem schon
benutzten Stalle durchgemacht werden; in letzterem Falle unter¬
liegen aber alle im Stalle sonst noch befindlichen Thiere der
sechstägigen Observation. 4. Darauf dürfen die Thiere erst nach
nochmaliger Untersuchung und nur mit landräthlicher Erlaubnis
entfernt werden. 5. Dieselben Bestimmungen finden auf das au^
Landwegen in den R.-B. eingebrachte Vieh Anwendung. Hierbei
gilt als Untersuchungsort der zuerst berührte Ort des R.-B.
Die vorherige Anmeldung der Ankunft des Transports hat gleich¬
falls sechs Stunden vorher zu erfolgen. Die Benachrichtigung
des beamteten Thierarztes muss mindestens 24 Stunden vorher be¬
wirkt werden. Nach Ablauf der Observation nochmalige Unter¬
suchung. Zur unmittelbaren Schlachtung mittels Wagen oder
Bahn in öffentliche Schlachthäuser eingeführte Thiere werden von
diesen Bestimmungen nicht berührt.
Im R.-B. Hildeshelm ist laut Bekanntmachung vom 21. Mai er.
der Handel mit Klauenvieh im Umherziehen für die
Mehrzahl der Kreise untersagt.
In Belgien ist die Einfuhr und Durchfuhr von Rind- und
Schafvieh aus der Argentinischen Republik wegen Herrschens
der Maul- und Klauenseuche in derselben verboten.
Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuohe in Preuaaen am 31. Mal 1900.
Regierungsbezirk
Die Seuch
Kreisen
e herrschte
in
Gemeinden
(Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht:
Königsberg.
3
3
0,73
Danzig.
3
3
2,38
Marienwerder.
1 10
27
11,98
Potsdam.
10
40
15,46
Frankfurt.
4
15
5,51
Stettin.
10
24
12,79
Köslin.
4
9
4,66
Stralsund.
3
9
10,10
Posen.
7
10
3,03
Bromberg.
6
9
4,04
Breslau.
8
10
2,63
Liegnitz.
5
6
2,13
Oppeln.
3
4
1,46
Magdeburg.
13
54
37,50
Merseburg.
5
7
3,02
Erfurt.
1
1
17,06
Schleswig ......
2
4
1,87
Hannover .
5
11
17,48
Hildesheim.
7
16
22,09
Lüneburg .
5
11
7,46
Stade .
2
2
2,75
Osnabrück .
2
2
3,57
Aurich.
1
1
2,92
Münster.
2
3
11,19
Minden.
2
2
3,92
Arnsberg.
3
3
3,52
Cassel.
6
7
4,18
Wiesbaden.
6
8
8,55
Koblenz.
2
2
1,91
Düsseldorf.
8
11
25,58
Köln.
3
6
16,89
Trier.
7
11
9,76
Aachen.
1
1
2,56
Hohenzollern-Sigmaringen
1
2
15,74
Summa:
160
333
—
Naobwelaang Ober den Staad der Viebaeuoben Im Deutschen Reiche
am 31. Mai 1900.
Es waren am 31. Mai 1900 in nachstehenden Regierung*
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
PreuBsen: R.-B. Marienwerder, Berlin, Potsdam, Frank¬
furt, Liegnitz, Oppeln, Hildesheim, Stade, Düsseldorf je 1 Kreis
bezw. 1 Gemeinde. R.-B. Posen 4 (4). R.-B. Bromberg 3 (4).
— Bayern: R.-B. Oberbayern 1 (2). R.-B. Niederbayern Pfalz
je 1 (1). Württemberg: Donaukreis 2 (2). Baden: Landes-
commissariat Constanz, Mecklenburg-Strelitz, Anhalt, Be¬
zirk Lothringen je 1 (1).
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 6 (14). R.-B. Niederbayern
5 (7). R.-B. Pfalz 5 (6). R.-B. Oberpfalz 3 (4). R.-B. Ober¬
franken 6 (11). R.-B. Mittelfranken u. Unterfranken je 8 (101.
R.-B. Schwaben 8 (17). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 2 (3).
Kreishauptm. Dresden 4 (6). Kreishauptm. Leipzig 3 (3).
Kreishauptm. Zwickau 5 (12). Württemberg: Neckarkreis
11 (16). Schwarzwaldkreis 10 (20). Jagstkreis 6 (13). Donau¬
kreis 14 (26). Baden: Landescomm. Konstanz 6 (9). Landescomm.
Freiburg 7 (16). Landescomm. Karlsruhe 2 (3). Landescomm.
Mannheim 4 (5). Hessen: Provinz Starkenburg 2 (2). Provinz
Oberhessen 5 (13). Provinz Rheinhessen 2 (3). Mecklenburg-
Schwerin: 6 (12). Sachsen-Weimar: 3 (7). Braunschweig:
4 (21). Sachsen-Meiningen und Altenburg: je 2 (2).
Gotha 1 (4). Anhalt: und Bezirk Unter-Elsass je 3 (3). Lippe:
2 (3). Bezirk Ober-Elsass 2 (4). Waldeck, beide Reuss und
Bezirk Lothringen je 1 (1).
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Magdeburg 3(3). R.-B. Merseburg 2(3).
R.-B. Arnsberg 1 (1) Sachsen: Kreishauptm. Zwickau 2 (2).
D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest):
Preussen: R.-B. Königsberg 3 (4). Danzig 2 (6). Marien¬
werder 3 (7). R.-B. Potsdam 7 (11). R.-B. Frankfurt 5 (5).
R.-B. Stettin 3 (6). R.-B. Stralsund 1 (2). R.-B. Posen 8 (17).
R.-B. Bromberg 3 (9). R.-B. Breslau 14 (46). R.-B. Liegnitz
11 (26). R.-B. Oppeln 5 (12). R.-B. Schleswig 2 (3). R.-B.
Hannover und Arnsberg, je 3 (3). R.-B. Cassel 4 (4). R.-B.
Wiesbaden 1 (2). R.-B. Düsseldorf 3 (4). R.-B. Merseburg,
Hildesheim, Trier je 2 (2). R.-B. Köslin, Magdeburg, Osnabrück,
Münster je 1 (1). Bayern: R.-B. Oberbayern und Ober-Pfalz
je 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Dresden 1 (1). Baden:
Landescomm. Mannheim 1 (3). Braunschweig: 1 (2). Waldeck
1 (1). Lippe 2 (2).
Demgegenüber zeigte der Senchenatand am 15. Mai folgende
Veränderungen: Mit Rotz waren ausserdem die R.-B. Gum¬
binnen und Aurich verseucht; er trat im Ganzen in 29 Ge¬
meinden — 2 Gemeinden mehr auf. — Die Maul- und Klauen¬
seuche war in den preuss. R.-B. Osnabrück Aurich, der hess.
Prov. Starkenburg erloschen, wogegen sie in Mecklenburg-Strelitz
1 (4), Herzogth. Oldenburg 1 (1), Schwarzburg-Sonderhausen 1 (1)
und Hamburg 1 (1) constatirt wurde. — Die Lungenseuche
hatte -f 2 Gemeinden, im Ganzen 11 ergriffen ; der R.-B. Arns¬
berg war seuchenfrei. —Von Schweineseuche (Schweinepest)
waren die preuss. R.-B. Köslin, Merseburg, Münster, Kreishauptm.
Dresden, Landescomm. Mannheim, Waldeck, Lippe frei, dagegen
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14. Juni 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
287
die R.-B. Gumbinnen 1 (1), Prov. Oberhessen 1 (3) Mecklenburg-
Schwerin 1 (1), Gotha, Schaumburg-Lippe mit je 1 (1) und
Hamburg mit 2 (2) von dieser Seuche betroffen.
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen.
Die Maul- und Klauenseuche ist auf dem Central-Viehhof zu
Berlin, sowie in Nürnberg, Passau und Hamburg erloschen. In
Sachsenhausen bei Frankfurt a. M. ist sie unter Kälbern am
8. Juni ansgebrochen und am 11. erloschen.
Fleisch schau und Yiehverkehr.
Berlin: Auszny au« dem Fleischschaubericht für Monat Mai 1900.
A. Schlachthof.
Rinder j
Kälber
Schafe
Schweine
Geschlachtet und untersucht
13 975
18 819
31216
74 971
Ganz beanstandet ....
428
112
11
468
Ueberhaupt mit Tuberculose
behaftet.
3 896
60
1
3139
Davon gänzlich verworfen .
179
6
1
121
„ sind zur Sterilisation ge¬
eignet befunden worden:
128
15
201
„ teilweise verworfen . .
1 |
—
—
Also vollständig freigegeben
3 588 !
39
—
2 817
Mit Trichinen behaftet. . .
— '
—
21
Mit Finnen behaftet . . .
56
1
34
Stark finnig, technisch ver¬
wertet .
2
9
Finnig und wässerig, tech¬
nisch verwertet . . . .*
2
Schwach finnig sind zur
Kochung geeignet befunden
worden.
54
1
25
Ausserdem wegen Behaftung
mit Kalkconcrementen, mul¬
tiplen Blutungen u. s. w. sind
gekocht verwertet . . .
—
1
i
40
An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei
Rindern 6578 Stück, bei Kälbern 130 Stück, bei Schafen 1642 Stück,
bei Schweinen 13023 Stück.
B. Untersuchungsstationen.
Rinder¬
viertel ,
Kälber
Schafe i
Schweine
Untersucht.
21017 ;
12186 1
2 250
14 359
Beanstandet.
80
67
5
11
Wegen Tuberculose wurden
beanstandet.
33
4
Davon sind zur Sterilisation
geeignet befunden worden:
11
4
Mithin gänzlich verworfen .
22 !
—
—
—
Mit Trichinen behaftet. . .
— 1
—
-.
—
Mit Finnen behaftet. . . .
4
—
—
—
Davon schwach finnig sind
zur Kochung geeignet be¬
funden worden.
4
j
Unter dem eingefllhrten Fleisch waren 1333 dänische Rinder¬
viertel, 54 dänische Kälber und 65 Wildschweine.
Berlin, den 6. Juni 1900. Der städtische Oberthierarzt
Reissmann.
Die Controls der Fleischbeschau«* in England.
In England ist das System der Laienfleischbeschauer bisher
fast ausschliesslich in Geltung gewesen. Zu dem Posten als
„Meat-Inspector“ konnten Personen aller möglichen Berufsarten
gelangen. Erst seit den Vorschlägen der letzten Tuberculose-
Coramission, welche dahin lauten, dass zur Durchführung einer
einheitlichen Fleischbeschau es unbedingt nothwendig ist, von
den Fleischbeschauern eine bestimmte Qualification zu verlangen,
wendet man der Ausbildung dieser Leute mehr Aufmerksamkeit
zu, worüber in der B. T. W. bereits berichtet worden ist.
Die Aufsicht und Controlle über die Fleischbeschauer liegt dem
| Medical-Officer, d. h. dem beamteten Arzte der betreffenden Be¬
hörde ob. Wiederholt vorgekommene Fehlgriffe bei der Be-
urtheilung von kranken Thieren, die in der zweiten Instanz von
dem Medical-Officer vorgenommen wurden, haben die Behörden
zu der Ansicht bekehrt, dass die Aerzte nicht die geeigneten
Contr&llbeamten für die Fleischbeschauer abgeben. ^ Aus diesem
‘ Grunde hat die Glasgower Gemeindevertretung am vergangenen
Montag beschlossen, die Fleischbeschauer, welche bisher dem
; Arzte des Gesundheitsamts unterstellt waren, in Zukunft dem
I Thierarzt der Veterinär-Abtheilung zu unterstellen. Dieser
Anfang zur Aenderung der Fleischbeschauorganisation in Eng¬
land dürfte für die einheitliche Durchführung der Fleischbeschau
.von nicht zu unterschätzender Bedeutung sein. K.
Bücheranzeigen und Kritiken.
Fröhner, Lehrbuch der Arzneimittellehre für Thierärzte. Fünfte,
neubearbeitete Auflage. 1900. Verlag von Ferdinand Enke-
Stuttgart.
Im Jahre 1889 kam Fröhner mit seiner Arzneimittellehre
heraus, heute hat sich bereits die fünfte Auflage als nöthig er¬
wiesen. Das Buch ist zweimal ins Russische übertragen und
auch in Ungarn ist es durch eine Uebersetzung in die Landes¬
sprache den Fachmännern allgemein zugänglich gemacht worden.
Aus diesen Thatsachen kann ohne Weiteres gefolgert werden,
dass sich die Arzneimittellehre einer grossen Beliebtheit erfreut.
Der Verfasser ist unablässig bemüht gewesen, sein Werk
zu verbessern und mit den Fortschritten auf pharmacologischem
Gebiete in Einklang zu bringen. Bei der vorliegenden Auflage
machten sich vielfach Ergänzungen durch die Neubearbeitung
des deutschen Arzneibuches erforderlich. Sodann wurde die
grosse Zahl neuer Arzneimittel einer Prüfung unterworfen und
es wurden diejenigen ausgelesen, welche sich in der Veterinär¬
heilkunde bewährt haben. Nahezu 200 neue Mittel sind seit
1896 auf dem Markte erschienen, doch wird nur eine verhältniss-
inässig sehr kleine Zahl eine bleibende Erwerbung für den
Arzneischatz bilden. Verf. zählt im Ganzen acht Mittel und die
neuen Silberpräparate auf.
Die durch pliarmacologische und klinische Arbeit erweiterten
Erfahrungen über die Heilwirkung bereits bekannter Arznei¬
mittel ist gebührend berücksichtigt worden.
Die neue Auflage, welche sich ihren Vorgängerinnen würdig
anschliesst, darf einer warmen Aufnahme in den Fachkreisen
sicher sein.
Katalog der instrumentenfabrik für Thiermedicln und Landwirtschaft
von H. Hauptner Berlin 1900. Im Selbstverlag.
Zur Jahrhundertwende veröffentlichte Paul Parey in der
Landwirtschaftlichen Presse ein Gedenkblatt mit den Porfcraits
von 100 „Förderern der Landwirtschaft“ aus dem Reich der
Gelehrsamkeit und der Praxis. Unter diesen Portraits fand sich
auch dasjenige von Hauptner senior, als Anerkennung, dass
er sich durch Einführung nützlicher Instrumente um die Land¬
wirtschaft verdient gemacht habe. Wenn es sich um eine
ähnliche Zusammenstellung von Förderern der Thierheilkunde
Digitized by
288 BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 24.
handelte, so würden die beiden Hauptner, Vater und Sohn,
mit noch grösserem Rechte auch unter diesen einen Platz ein¬
zunehmen haben.
Denn die Firma Hauptner hat sich um die thierärztliche
Chirurgie verdient gemacht, indem sie zuerst das thierärztliche
Instrumentarium auf eine Stufe brachte, die hinter der Voll¬
kommenheit humanmedicini8cher Instrumente nicht zurückblieb.
Vor allem aber hat sie auch anregend gewirkt, indem sie bereit¬
willig eine sehr grosse Zahl von Thierärzten erdachter Con-
structionen, häufig ohne Rücksicht auf ihre vermuthliche Gang¬
barkeit, zur Ausführung brachte und practisch vervollkoramnete.
Ohne dies wäre wohl manches Instrument unausgeführt geblieben.
Die Firma hat sich auch stets als thierärztliche Instrumenten-
Fabrik bezeichnet. Es kann uns daher nur freuen, wenn sie
als solche sich mit der Zeit einen Weltruf erworben hat und
wenn z. B. auf der Weltausstellung zu Paris die Anordnung der
gesammten Abtheilung für medicinische etc. Instrumente dem
jüngeren Chef dieser Firma übertragen worden ist.
Für eben diese Weltausstellung hat die Firma Hauptner
den oben genannten Catalog hersteilen lassen, der die bisherigen,
bereits durch ihre Ausstattung, namentlich die zahlreichen Ab¬
bildungen, rühmlichst bekannten Cataloge noch übertrifft und auf
dessen Werth hier besonders hingewiesen werden soll.
Einen besonderen Schmuck hat die Firma, zweifellos mit
grossem Aufwand, diesmal dem Catalog gegeben durch Einfügung
von sehr hübsch arrangirten, nach photographischen Aufnahmen
hergestellten Abbildungen sämmtlicher thierärztlicher
Lehranstalten der Welt, verbunden mit kurzen Angaben über
den Status der Anstalt. Im Hinblick auf diese höchst in¬
teressante und werthvolle Beigabe hat Prof. Doepler jun. eip
sinnreiches Titelblatt für den Catalog gez^icliget, welches die
thierärztlicha Wissenschaft als weitschattenden Baum darstellt,
dessen knorrige Wurzeln die Namen der im 18. Jahrhundert
gegründeten alten Thierarzneischulen tragen, während die Namen
der jüngeren Anstalten in der Laubkrone verzeichnet sind.
Schmaltz.
Neue Eingänge.
(Besprechung Vorbehalten.)
Dr. H. ven Haag, Ministerialdirector: Das bayerische Gesetz
betr. die Pferdeversicherungsanstalt vom 15. April 1900. München
bei C. H. Beck.
Herter-Burechen : Zwei Seuchengänge von ansteckendem Ver-
kalben. Leipzig bei Heinsius Nachfolger.
Prof. Hess-Bern. Bericht der Commission der Gesellschaft
Schweizerischer Thierärzte für eine Revision der eidgenössischen
Vorschriftenbetreffend Viehseuchenpolizei. BernbeiStämpfli&Co.
Professor Vogel-Stuttgart: Specielle Therapie und Diätetik der
innerlichen Thierkrankheiteu. Lieferung 2. Vollständig in
4 Lieferungen ä 4 M. Stuttgart bei Schick har dt & Ebner.
Personalien.
Ernennungen etc.: Die Thierärzte Nieber-Gommern und Rand¬
bahn -Krotoßcliin sind als Sanitätsthierärzte bei der Meierei. Bolle
in Berlin und Thicrarzt K. Klein in Lennep definitiv als Schlacbt-
hofinspektor, Schragenheim als städt. Thierarzt in Zwenkau
(Sachs.) — angestellt
Approbationen: in Berlin: Die Herren Paul Abendroth, Wilhelm
Bieser, Alfonsus Heimann, Alfred Hoffmann, Paul Keil,
August Laps, Peter Scheuer, Wilhelm Schmidt, Franz
Ti ns chert, Ladislaus Wesolowski.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die Thier¬
ärzte Otto Eisen (1898) als bezirksthierärztlicher Assistent nach
Pfaffenhofen, Gelbke nach Radeburg (Sachs.), K. Haack von Gross-
Bieberau nach Höchst i. 0.
Yacanzen.
(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufenor Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreisthlerarztstellon etc.: a) Nen ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Cassel: Gersfeld (600 M.), (erneut ausgeschrieben,)
Gesuche innerhalb 4 Wochen an den Regierangspräsidenten.
— R.-B. Köln: Waldbröl (neuerrichtet) (600 M. Gehalt, 200 M. aus
Kreismitteln, 810 M. für Beaufsichtigung der Viehmärkte). Be¬
werbungen bis 18. Juni an den Regierungspräsidenten.
Deutsch-Südwest-Afrika: Für das Kaiserliche Gouverne¬
ment vorläufig zur comm. Beschäftigung 2 approb. Thierärzte zum
sofortigen Antritt (6000 M. Anfangsgehalt, Wohnung etc. Hin- und
Rückreise; 1000 M. Ausrüstungsgelder; 3 Jahre Verpflichtung).
Bewerb, an die Kolonialabtheilung des Auswärtigen Amtes.
b) Nach Ablaut der Meldefrist noch anbesetzte Stellen:
R.-B. Aachen: Montjoie. — R.-B. Cöslin: Bütow und Stolp(Nord)
— R.-B. Köln: Rheinbach. — R.-B. Wiesbaden: St. Goarshausen.
Sanitätsthierarztstellen: a) Nen ausgeschriebene Stellen:
Cottbus: SchlachtbofassiBtenztbierarzt bis 1. October (Beschäftigung
diätarisch, vierteljähr. Kündigung; 1500 M. p. a.). Bewerbungen
an den Magistrat. — Dresden: Mehrere Hilfsthierärzte bei der
städt. Schlachtvieh- u. Fleischbeschau znm 1. Juli er. (2100 M
V 4 jähr. Kündigung; Verpflichtung zn mindestens ljähr. Dienstzeit.)
Gesuche mit Zeugnissen etc. bis 18. Juni bei der Direktion.
Klingenthal und Nachbargemeind^p: Thierarzt fUr die wissen¬
schaftliche Fleischbeschau. (Untcrsuchungsgebübren nnd ein zu
vereinbarendes Fixum. Ausserdem 800 Mk. staatliche Beihilfe,
ca. 600 Mk. Untersuchungsgebühren für Pferdeschlaehtungen). Be¬
werbungenanden Gemeinderath in Klingenthal. — Pausa und Nachbar-
gomeinden: Thierarzt für Fleischbeschau. (Bis 1903 eine amtliche
Beihülfe von 800 Mk. und von den Stadtgemeinden 300 Mk.) Bewerb,
bis 18. Juni er. an den Stadtgemeinderath in Pausa.— Warnsdorf,
Bez. Leipzig: Thierarzt für Fleischschau in W. und in den Nachbar¬
gemeinden. Meid, an den Gemeindevorstand. — Zwickau:
2. Schlachthofthierarzt zum 1. Juni (1800 M. Wohnung etc.)
b) Nach Ablani der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Cassel: 3. Schlachthofthierarzt. — Düsseldorf: 2. Aasisfenz-
thierarzt. — Eberswalde: Schlachthofinspector. — Frankfnrta.0.:
Schlachthofdirector znm 15. Juni er. — Johanngeorgenstadt
und Nachbargemeinden: Thierarzt für Fleischbeschau. — Königs-
wartba i. S.: Tbierarzt für Fleischbeschau. — Lunzenau: Thierant
für Fleiscbschau. — Mülhausen (Eisass): Schlachtbofverwalter. —
— Neheim: Schlachthofdirector. — Pössneck: Thierarzt für
Fleischbeschau. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Pritzerbe:
Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Wetter (Ruhr):
Tbierarzt für Fleischbeschau.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt — Peiskretscham (Ober-Schles.): Thier¬
arzt. Bewerbungen beim Magistrat. — Schönbaum (Danzig).
— Sold au (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Eickel: Thjerarzt. — Mengering¬
hausen (Waldeck): Thierarzt. — Rhinow (R.-B. Potsdam):
Thierarzt. Schloppa (Westpr.): Thierarzt sofort, (ca. 1000 M. aus der
Fleischbeschau). Meid, an den Magistrat — Schwarzenbergi. S.:
Tbierarzt für Fleischbeschau u. Praxis. — Sonnenburg: Tbierarzt—
Suelze (Mccklb.): Thierarzt (300 M. Fixum aus der Stadtkasse).
Bewerbungen an den Magistrat — Weilerbach, Bez.-A. Kaisers¬
lautern: Thierarzt (750 Mark Beihülfe). Meid, bis 16./6. an den Bürger¬
meister. — Wolkenstein: Tbierarzt für Praxis nnd Fleischschau.
Verantwortlich fUr d«D Inhalt (exeL Inj erat enth eil): Prot Dr. Schmaltz ln Berlin. — Verlag nnd Eigen th am von Richard Scho et z ln Berlin. — Druck von W. BQxenatain, Berlin
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Die „Berliner Thlerfntllche Wochenncbrift“ erscheint
wöchentlich in St&rke von mindestens l'/i Bogen. Dieselbe
ist so bestehen durch den Bnchhandel, die Post (No 1083)
oder durch die Verlsgsbnchhsndlung von Richard
Sohoets, Berlin NW, Luisenstrasse M, zum Preise von
Mk. 6, - pro Vierteljahr.
Berliner
Originslbeitrige werden mit 60 Hk* für den Bogen honorirt
Alle Msnuscripte, Mittheilnngen und redactlonellen An¬
fragen beliebe man zn senden an Prof. Dr. Schmalts,
Berlin, thlerSrzUiche Hochschale, NW, Luisenstrasse 66.
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. B. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard 8choet~, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 25 . Ausgegeben am 21. Juni.
I n h a11: Mark«: Die 14. Wanderausstellung der D. L.-G. in Posen. — Müller: Erfahrungen mit Carboibehandlung bei
Starrkrampf der Pferde. — Referate: Hoffmann: Die beste Kastration der Hengste. — Eggebrecht: Operation des
grauen Staars auf beiden Angen. — Kal ko ff: Tödtliche Kolik durch Spulwürmer. — Anger: Bin Fall von Bryoniavergiftung.
— Plotti: Vergiftung mit Schierling. — Tronette: Vergiftungen durch Ranunculus acer. — Antiaphthen. — Kleine
Mittheilungen. — Hesse: Ein nenes Verfahren zur Züchtung des Tabercelbacillus. — Tagesgeschichte: Nachruf Schell. —
Zar Lage. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau
und Viehverkehr. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen.
Die 14. Wanderausstellung der D. L.-G. in Posen.
Von
Marke-Posen.
Zucbtdlrector.
Die am 7. Juni d. J. in Vertretung des Präsidenten der
deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft Sr. Königlichen Hoheit
des Prinzen Friedrich Heinrich von Preussen durch Se.
Königliche Hoheit den Prinzen Joachim Albrecht von
Preussen eröffnet« 14. Wanderausstellung, ist am 12. Juni
d. J. Abends geschlossen worden. Die Ausstellung führte ihrer
Bestimmung gemäss die landwirtschaftliche Production und
ihre vielseitigen Hülfsqnellen im Wettstreit aus allen Gauen
Deutschlands zusammen. Wenn die Deutsche Landwirthschafts-
Gesellschaft es sich zur Aufgabe stellt, ohne directe Staats-
unterstiitzung die Landwirtschaft mit allen Mitteln der Theorie
und Praxis sachlich zn fördern, so hat sie für Posen durch die
14. Wanderausstellung ihre Aufgabe glänzend gelöst. Der Im¬
puls, welchen die belehrende Wirkung der Schau auf die
Tausende von Besuchern natnrgemäss ausgeübt hat, ist von
höchster Wichtigkeit für den Fortschritt der landwirtschaft¬
lichen Production, besonders auf dem Gebiet der Thierzucht und
vorzüglich in den östlichen Provinzen. Hierzu kommt noch,
dass die Ausstellung unsere Landsleute aus allen Theilen
des deutschen Vaterlandes in stattlicher Anzahl in die Stadt
und in die Provinz Posen geführt hat, und sie darüber belehrt
worden sind, dass in dem früheren alten Polen, in dem sprich¬
wörtlich nichts zu holen, die Dinge doch ganz anders liegen,
als man sichs für gewöhnlich denkt. Haben Stadt und Provinz
gewetteifert, den lieben Gästen den Aufenthalt so angenehm als
möglich zu machen, so ist der Eindruck, den Posen anf unsere
Gäste gemacht hat, sicher von nachhaltigstem Einfluss auf die
culturelle und nationale Entwicklung unserer Provinz. Hierin
lag der Schwerpunkt der Schau: Berichtigung des Vomrtheils
über Posen und demzufolge verstärkter Zufluss deutscher
Intelligenz und deutschen Fleisses in den Ostmarken. An
den Ausstellungen der Deutschen Landwirthschafts - Gesell¬
schaft interessirt uns Thierärzte in erster Linie die Thier-
ausstellnng.
Auf dem sehr übersichtlichen Platz, welcher von 75 000
zahlenden Personen besucht wurde, war die Maschinenabtheilung
die bisher am stärksten beschickte. Die Thieransstellnng war
der Zahl nach eine mittlere, namentlich in der Pferdeausstellung.
In der Rinderabtheilung waren 240 Thiere mehr gemeldet als
zugelassen worden sind. Die Schafausstellung gehörte zu den
grössten unter den 14 Wanderausstellungen der D. L.-G.. Die
Schweine-, Fisch- und Geflügelausstelllung hielten sich etwas
unter dem Durchschnitt.
Der östlichen Lage des Schauortes entsprechend, überwog in
der Pferdeaasstellung, die mit 371 Pferden beschickt war, das
Warmblut. Die meisten edlen Halbblutpferde hatte Posen ge¬
stellt, demnächst Ost- und Westpreussen. Kaltblütige Arbeits¬
pferde waren aus Schleswig-Holstein, aus der Rheiuprovinz, aus
Posen und der Provinz Sachsen ausgestellt. Hierzu kamen
20 Remonten, 50 Militärpferde und 12 Pferde, welche in Ge-
■brauchsprufungen vor Wagen und unter dem Reiter gezeigt
wurden. Der Znchtehrenpreis wanderte, wie je kanm anders zu
erwarten war, an das Gestüt Weedern in Ostprenssen, welches
mit die besten Pferde ausgestellt hatte. Trotzdem wurde die
grosse silberne Medaille für die Sammlung von Remonten der
Pempowoer Zucht des Herrn Dr. von Hansemann zugesprochen.
Die Sammlung der Westpreussischen Stutbuchgesellschaft war
in Form, Ausgeglichenheit und Adel eine ganz hervorragende,
und hatten die Preisrichter bei so ebenbürtiger Concurrenz eines
schwierigen Amtes zu walten. Erfreulich war der Umstand,
dass unsere Posener Züchter, selbst eine Anzahl Bauern, in der
Pferdezucht trotz ungünstiger Aufzuchtverhältnisse mit Ost- und
Westpreussen erfolgreich in Concurrenz getreten sind. Wer die
Posener Schan besucht hat, wird den Eindruck gewonnen haben,
dass die Zucht des Militärpferdes in den östlichen Provinzen,
den sog. Remonteprovinzen, bestens besorgt wird. Viele Land-
wirthe sind nun mit dem staatlichen Zuchtplan in den Remonte¬
provinzen nicht zufrieden, und der Ruf nach mehr Masse im
Pferd wird täglich lauter. Die Gestütsverwaltung sucht diesen
Wunsch bei uns in Posen durch Aufstellung von schweren
Oldenburger Hengsten entgegenzukommen. Diese genügen aber
den Ansprüchen anscheinend nicht, denn der Import von Hengsten
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290
BERLINER TH1ERAKZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 25.
der schweren englischen Schläge (Clydesdale, Shire) und bel¬
gischen Schlages nimmt im Osten von Jahr zn Jahr zu. Aus
diesem Grunde schien mir auch die Beschickung der Posener
Schau mit den vielen kaltblütigen Hengsten den Zweck zu haben,
den Ankauf bezw. Absatz schwersten Materials im Osten und
auch nach Russland hinüber weiter anzuregen. Die meisten
Kaltblüter hatte der Verband der Schleswiger Pferdezüchter¬
vereine gestellt. Ich glaube annehmen zu können, dass diese
an sich ausgezeichneten Pferde nicht das Ideal der östlichen
Rübenböden sind, und dass im Osten das schwere englische und
belgische Blut zu Kreuzungen mit den leichten Landstuten
mehr am Platze ist und ein für besondere Verhältnisse
brauchbares Pferd liefert. Die jungen Kaltblutzuchten Posens
behaupteten sich ehrenvoll neben den alten Ausstellern
vom Rhein, aus Sachsen u. s. w. Der Züchterehrenpreis für
Arbeitspferde fiel an Herrn Carl Meulenbergh-Hofetadt
(Rheinprovinz) für eine von den früheren Schauen bekannte
Stute Domina.
In der Rinderabtheilung waren unter 801 Stück die Tiefland¬
rinder mit fast 700 Stück am stärksten vertreten. Aus den
grossen norddeutschen Zuchtgebieten brachte Posen fast 200,
Ostpreussen 137, Pommern 76, Hannover 70, Schleswig-Holstein 60,
Westpreussen 47 u. s. w. Shorthorns waren 34 Stück aus¬
gestellt. Die Höhenrinder, welche mit 84 Stück zur Stelle
waren, hatte nur Posen selbst ausgestellt. Hiervon gehörten
70 Stück zum grossen Fleckvieh und hatte unter diesen
70 Thieren die Simmenthaler Herdbuchgesellschaft 45 Thiere
ausgestellt. Für diese errang die Herdbuchgesellschaft einen
Sammlungspreis, 19 Geldpreise, 4 Anerkennungen, 1 Sieger¬
ehrenpreis und 2 Preise für Sammlungen von Einzelzüchtern.
Die relativ junge Züchtung des Fleckviehs in Posen hat sichen¬
den Beweis erbracht, dass das grosse Fleckvieh in der Tiefebene
seine Formen und Leistungen sicher zu vererben im Stande ist,
und dass es bei geeigneter Aufzucht mit dem auf Höhenböden
gezüchteten Fleckviehrind in ernstliche Concurrenz treten kann.
Unter dem Posener Fleckvieh der Herdbuchgesellschaft gefielen
besonders die weiblichen Thiere und die Ausgeglichenheit der
Sammlung.
Besonders stark beschickt war die Abtheilung der schwarz-'
und graubunten Tieflandrinder (Ostfriesen, Holländer, Jever¬
länder) mit ca. 400 Stück. Hier fiel der Zuchtehrenpreis an
die hervorragende Zucht des Herrn Schumann in Tykrigehnen
(Ostpreussen). Die ausgezeichneten Züchter der ostpreussischen,
westpreussischen, pommerschen Herdbuchgesellschaft, der Verein
ostfriesischer Stammviehzüchter im Norden, der Jeverländische
und Neustädter Herdbuchverein, die Posener Holländer-Herdbuch¬
gesellschaften hatten sich in dieser Gruppe mit einer Anzahl
hervorragender Einzelzüchter in scharfem Wettstreit vereinigt.
Den ersten Preis für die Sammlung von Herdbuchgesellschaften
sprachen die Preisrichter der ostpreussischen Herdbuchgesellschaft
für Holländer zu, den zweiten Preis der westpreussischen Herd¬
buchgesellschaft und schliesslich eine Anerkennung der jungen
Holländer Herdbuchgesellschaft in Posen. Was besonders von
den beiden ersteren Gesellschaften in Form, Leistung, Adel und
Ausgeglichenheit gezeigt wurde, musste das Auge jedes Kenners
neidlos entzücken. Gleich vorzüglich war die Sammlung des
Jeverländischen Herdbuchvereins in Hohenkirchen, welche mit
einem ersten Sammlungspreis bedacht wurde sowie die mit einem
zweiten Preis ausgezeichnete Sammlung des Neustädter Herdbuch-
vereins in Neustadt.
Die Netzbrucher Herdbuchgesellschaft im Netzbruch trug
eine Anerkennung nach Hans. Interessant war die 28 fache
Concurrenz in der Classe Sammlung von Einzelzüchtern. Hier
siegte wiederum die Herde des Herrn Schum an n-Tykrigehnen.
In der Gruppe des Wesermarschschlages concurrirten in erster
Linie die Thiere der Oldenburger Herdbuchgesellschaft Posen nnd
Posener Einzelzüchter mit solchen aus Oldenburg, insbesondere mit
den Thieren des Oldenburger Wesermarschherdbuchvereins Ober¬
hammelwarden. Sowohl die Posener Oldenburger-Herdbuchge¬
sellschaft als auch der Wesermarschherdbuchverein errangen
einen ersten Sammlungspreis. Den Züchterehrenpreis erhielt Herr
Oeconomierath Lorenz-Pianowo (Posen) für seine ausge¬
zeichnete Sammlung. Die ganze Abtheilung des Wesermarsch¬
schlages war bis auf einzelne Exemplare sehr gut beschickt und
zeigte unter den 126 Nummern nur wenige Thiere, welche
züchterisch nicht vollwerthig waren. Im grossen Durchschnitt
war jedenfalls die Abtheilung der Ostfriesen, Holländer, Jever¬
länder besser als die des Wesermarschschlages. Die Abtheilnng
der rothbunten Tieflandschläge des Rheinlands, Westfalens, Ost¬
frieslands, ferner der rothbunten holsteinischen Schläge und
schliesslich des rothen schleswigschen Viehs (Angler und Nord-
schleswiger) waren mit 108 Nummern würdig vertreten. Zn
erwähnen ist unter den ausgestellt gewesenen Tieflandschlägen
noch das schlesische Rothvieh. Hier concurrirte der Verband
der Rothviehstammherden der Landwirthschaftskammer für
Schlesien mit einigen Posener Züchtern. Es ist gewiss den
Thatsachen entsprechend, wenn ich anführe, dass keine Gruppe
der ganzen Ausstellung so wenig Ausgeglichenheit im Typus zeigte
als, gerade die des schlesischen Rothviehs. Meiner Ansicht nach
werden die schlesischen Züchter noch viele Jahre gebrauchen,
wenn sie ihre Stammherden consolidiren-und die Form einheitlich
herauszüchten w-ollen, die ihnen als Ideal vorschwebt. Es ist
mir das eine bittere Wahrheit, da ich die Aufgabe habe, neben
anderem mit dem Material der Schlesier einen grossen Theil der
bäuerlichen Züchter Posens vorwärts zu bringen.
Die Gesellschaft Deutscher Shorthorn-Züchter hat ohne andere
Concurrenz auf der Posener Schau sehr gut ausgestellt.
Bei den Schafen waren 500 Merinos und 314 Thiere der
englischen Schläge ausgestellt. Von den Merinos gehörten 262
zur Kammwoll-, 144 zur Tuchwoll- und 84 Stück zur Stoffwoll-
richtnng. Posen und Brandenburg standen hinsichtlich der Zahl
der Beschickung gleich. Ihnen folgten mit reichlicher Zahl die
übrigen Provinzen des nordöstlichen Deutschlands, mit Ausnahme
von Ostpreussen, und schliesslich die Provinz und das Königreich
Sachsen. Die meisten Fleischschafe stellte Schlesien (84 Stück)
demnächst Posen (60 Stück). Es erübrigt noch anzuführen,
dass die Abtheilung Schafe ganz hervorragend gut beschickt
war und dass von den Züchterehrenpreisen einer an die Bell¬
schwitzer Herde des Grafen Brünneck und zwei solche Preise
an Herrn Mehl auf Poburke bei Weissenhöhe (Posen) fielen.
Von den Schweinen gehörte die Hälfte zu den weissen
Edelschweinen (Yorkshire), demnächst waren vertreten veredelte
Landschweine und schwarze Schweine (Berkshire, Poland-China)
Die altrenommirten Zuchten, welche sich fast alljährlich auf den
Schauen der D. L.-G. ein Rendezvous geben, waren hier würdig
vertreten und schlugen die neuen Concurrenten aus dem Felde.
Der Züchterehrenpreis fiel an Herrn Brauer in Tenever bei
Hemelingen.
Unter den Ziegen fanden wir, wie auf allen Schauen, die
Thiere des Pfungstädter und Heppenheimer Ziegenztichtervereins
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21. Juni 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
291
bestens vertreten, und erhielt der Heppenheimer Ziegenzucht-
Verein den Züchterehrenpreis.
Geflügel, Kaninchen und eine interessante Fischerei¬
abtheilung vervollständigten das Bild der Ausstellung in Posen.
Wenn nun das Endresultat der Posener Schau ein ganz vor¬
zügliches genannt werden kann und die D. L.-G. einen über Er¬
warten guten Erfolg in jeder Beziehung gehabt hat, so ist das
Erreichte der mühevollen Opferwilligkeit vieler Mitglieder der
D. L.-G., vieler Behörden und der Stadt und Provinz Posen in
erster Linie zu danken. Die Posener Ausstellung an sich war
das Zugstück der Tage vom 7.—12. Juni. Unsere an Natur¬
schönheiten arme Provinz konnte ihren Gästen nur die Aus¬
stellung und gastliche Aufnahme bieten. Die Zahl der Unter¬
haltungen und Vergnügungen war natnrgemäss eine sehr be¬
schränkte. Die Ausstellung mit den fesselnden Vorführungen
im grossen Ring boten Tags über genügend Anregung. Wir
Thierärzte fanden uns aber zu gemeinsamer Geselligkeit ausser¬
halb der Ausstellung wie immer zusammen.
Eine officielle Begrüssung der Thierärzte mit ihren Damen
leitete am Abend des 6. Juni bei Dümke durch den Departe¬
mentsthierarzt und Veterinär-Assessor Heyne unsere geselligen
Veranstaltungen ein. Ara Sonntag fand eine Festsitzung des
Thierärztlichen Provinzial-Vereins für Posen statt. Im Anschluss
daran wurde ein Rundgang mit Damen durch die Ausstellung
vorgenommen, dem sich ein Diner von fast 100 Theilnehmera
in der Loge am Nachmittag anschloss. Wetter und Stimmung
waren gleich heiter, so dass der Abends folgende Coramers eine
fröhliche Corona im Saale des neuen Schlacht- und Vieh¬
hofes vereinigte. Bunte Reihe war die Parole und dieses
war den „alten Herren“ verhängnisvoll, denn kaum nach Er¬
öffnung? der ‘Fidelitas brachte ein lustiger Walzet die Damen
so in Bewegung, dass die Herren derselben folgen mussten.
Die Kneiptafel decorirte bald die Wände, und bis zu sehr weit
vorgeschrittener Stunde soll die Tanzerei vorgehalten haben.
Was von einzelnen „Durchgängern“ nachher noch gesehen
wurde, konnte die Nacht mit ihren Fittichen nicht mehr liebevoll
bedecken. Hoffentlich bleiben allen Theilnehmera die Posener
Tage nur in angenehmer Erinnerung, und rufe ich den lieben
Collegen zu „auf frohes Wiedersehen in Posen auf der nächsten
Wanderausstellung der Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft
im Jahre 1920.“
Erfahrungen mit Carbolbehandlung bei Starrkrampf
der Pferde.
Von
Otto Möller-Sonneberg,
Heraogl. AmUthierarrt.
Am 22. Mai d. J. konnte ich bei einem starken fünfjährigen
Dänen des Porzellanfabrikbesitzers Herrn E. in St. Starrkrampf
feststellen, der sich bereits über den ganzen Körper verbreitet
hatte. Zwischen die Schneidezähne liessen sich noch drei Finger
einführen. Weiches Futter (gekochter Hafer, weiches, Heu,
Grünfutter, Mehl- und Kleientränke) wurde langsam, unf i ^
genügender Quantität aufgenommen. Mastdarmtemper?,tur 37,70 C.
Am oberen Halsrand, in der Kummetlage, bestand eine etwa
markstückgrosse wunde Scheuerstelle.
Ich telegraphirte sofort an die Höchster Farbwerke um eine
Dosis Starrkrampfheilserum; am 23 bekam ich die wenig tröst¬
liche und zugleich befremdende Antwort, dass die Werke
,,momentan vorrathslos“ seien! Ich wandte mich darauf an die
Merck’sche Apotheke in Darmstadt und erhielt umgehend das
gewünschte Serum in flüssiger Form, das ich am 23 Nachmittags
injicirte.
Ara 28. war der Zustand derselbe; der Krampf schien eher
etwas zugenommen zu haben; ein unangenehm quatschendes
Geräusch bei der Futteraufnahme war schon ausserhalb des
Stalles hörbar.
Am 31. Mai war insofern eine Besserung eingetreten, als
der Krampf in den Muskeln der Hinterextremitäten nachzulassen
begann.
Als ich noch mit der Untersuchung des qu. Patienten be¬
schäftigt war, wurde mir ein weiteres Pferd aus L., dem dortigen
Glasmeister M. gehörig, zugefdhrt, das ebenfalls mit Starrkrampf
behaftet war; der Zustand Hess sich schon auf 50 Schritte
Entfernung einwandsfrei diagnosticiren. Temperatur 37,5° 0.
Tetanus in sämmtlichen sichtbaren Körpermuskeln, der Trismus
gestattete die Einführung zweier Finger zwischen die Schneide¬
zähne, Patient hatte noch am Tage zuvor gearbeitet, war etwa
drei Wochen vorher an einem Vorderbein vernagelt worden.
Ich schlug die Anwendung des Heilserums vor; der Eigentümer
aber übergab das Pferd dem Abdecker, da er in seiner Familie
im verflossenen Jahre bereits insofern eine üble Erfahrung
gemacht hatte, als sein Neffe (nach einer Verletzung durch einen
Holzsplitter am Finger) an Tetanus verstorben war.
Da, getroffener Vereinbarung gemäss, der Abdecker frei
über den etwa 16jährigen Wallach verfügen durfte, beschloss
ich,- 1 einer Anregung in der No. 22 vom 31. Mai 1900 der
B. T. W. folgend, das Thier als Versuchsobject zu benutzen,
und'Hess vom 2. Juni ab alle drei Stunden eine 5 Grammspritze
de^‘ officinellen Aqu. carbolisata, im Ganzen 75 g subcutan an
Hai* und Schulter injiciren. Der Abdecker erzählte mir, •*
an den Injectionsstellen localer Schweissausbruch zu beob
gewesen wäre, der sich später über Hals und Sch’ achten
iiltcr vör-
breitet habe; den letzten Injectionen habe Patient r .
widefrsetzt.
Das Allgemeinbefinden sei danv ei» '
dass er das Thier am 9. d. M v an b'
verkauft habe. Leider habe ich P
..ass
sich energisch
so gutes geworden,
vjrumziehende Zigeuner
, , . »ii . atienten aus den Augen
verloren und kann über de^ weite’’ ■ c ,. , , , „ . ,
, t . . * e -Schicksal desselben nichts
mehr berichten.
Doch nun nrü* zum er8ten Patienten! Am g d Jf
waren die Ersch <jtnunge r. de8 Starrkrampfes an den Hinter .
extremitäten, Schleife, längs der Rückenwirbelsäule und
am a s a A ganz geschwunden. Hingegen fühlten sich die
Kaumus ^ die Halsbeuger, .Schultermuskeln und Muskeln der
oeine noch steinhart an (besonders die Beuger am Vor-
• anP -J, so dass der Patient buchstäblich nicht mehr im Stande
' var, sich von der Stelle zu rühren.
Ich beschloss daher, auch in diesem Falle noch die be¬
schriebenen Carbolsäureinjectionen in Anwendung zu bringen.
Die Injectionen begannen am Mittag des 8. d. M., auch hier
wurden 75 g der offizineilen Lösung verbraucht.
Am 13. besuchte ich meinen Patienten wieder, liess ihn
aus dem Stalle herausführen (das Laufen auf der harten Basalt¬
strasse ging, da der Wallach barfuss war, ziemlich schlecht)
und in eine etwa 50 m lange und 10 m breite Box bringen,
und konnte mich an den ausgelassenen Sprüngen des fast voll¬
ständig genesenen Thieres ergötzen! Es waren fast sämmtliche
Erscheinungen der gefürchteten Krankheit verschwunden, nur
fühlten sich die Beuger an den Verarmen noch etwas hart an.
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292
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 25.
Futter- und Getränkeaufnahme waren normal geworden, Patient
legte sich nieder, stand olme Beschwerden auf und wälzte sich
in der Box.
Ich will nicht verfehlen hier noch anzuführen, dass an vier
Injectionsstellen (15 wurden ausgeführt innerhalb 45 Stunden)
etwa taubeneigrosse, mässig feste, auf Druck etwas schmerz¬
hafte, rundliche Anschwellungen auftraten und dass am Bauche
ein grösseres Oedera vorhanden war. Letzteres soll sich Tags
zuvor auch auf die Unterbrust erstreckt haben.
Es sei mir noch gestattet, einen dritten Fall von Starr¬
krampf mit letalem Ausgang zu beschreiben.
Am 10. d. M. wurde mir ein Fall von Starrkrampf bei
einem russischen Schimmel des Selterswasserfabrikanten Sch. in
H. gemeldet. Die Anamnese ergab, dass der ca. 15jährige
Wallach noch am 9. d. M. zu einer etwa 25 Kilometer langen
Fahrt über die Höhen des Thüringer Waldes benutzt wurde,
dass er am Mittag des 9. angeblich sein Futter noch verzehrt,
am Abend des 9. und am Morgen des 10. nichts mehr gefressen
und auch kein Getränk mehr aufgenommen hatte. Patient wurde
kurz vor Pfingsten vernagelt und ging einige Tage lahm.
Ich untersuchte das Thier am Morgen des 11. d. M. Der
Wallach litt so hochgradig an allgemeinem Starrkrampf, dass
er, aus der Stallthüre geführt, schon zusammenstürzte; der
Trismus war so stark ausgebildet, dass die Schneidezähne auf-
einandergebissen wurden und nicht von einander entfernt werden
konnten. Trotzdem liess ich einen Versuch mit Injektion des
offizineilen Aqu. carbolisata machen. Nachdem die erste 5 Gramm¬
dosis injicirt war, (wobei die Nadel der Canüle noch unter die
Haut rutschte und stecken blieb) stellte sich hochgradige Auf¬
regung, allgemeiner Schweissausbruch, frequentes Atmen und
Zittern ein; Patient stürzte schliesslich zu Boden und verendete
in der Nacht vom 11./12., ohne dass die Injektion wiederholt
werden konnte. Die Temperatur betrug am Morgen des
11. d. M. 37,0° C. und stieg gegen Abend auf 41,8° C. Der¬
artig rapid auftretende und in kürzester Frist sich über den
ganzen Körper verbreitende Krankheitsfälle dürften wohl aus¬
nahmslos letal endigen; auf der anderen Seite kann aber nicht
geleugnet werden, dass die Carboibehandlung den Verlauf der
beiden zuerst geschilderten Fälle günstig beeinflusst hat. Ich
übergebe diese Schilderung der Oeffentlichkeit mit dem Wunsche,
dass der eine oder andere der Herren Collegen veranlasst werde,
seine diesbezüglichen Erfahrungen bekannt 2 U geben.
Referate«
Die beste Kastration der Hengste.
Von Prof. H offmann-Stuttgart.
(Mtah. f. T. Bel. 11, Heft 8.)
Krolikowsky hat 1898 in der Zeitschrift f. Thiermed. noch
die Kastration mit Kluppen mit Hilfe seiner neu konstruirten
Kluppenzange empfohlen. Jetzt kommt man mehr und mehr
dazu — und auch H. vertritt diese Ansicht entschieden —, dass
das Kastriren mit Kluppen veraltet ist.*) Bei der Auswahl der
Methode sind zwei Punkte bezw. Ziele massgebend: Sichemng
gegen Blutung und Sicherung gegen Infection. Inzwischen hat
sich auch Krolikowsky dem angeschlossen, indem er in der
*) Im Brandenburger thierärztlichen Verein hielt Marstall-Ober-
Rossarzt Dr. Töpper einen Vortrag über denselben Gegenstand,
der demnächst veröffentlicht wird.
Oesterr. Mtsschr. Nr. 1, 1900 ebenfalls das Verlassen der Kluppen¬
kastration empfiehlt.
K. kommt jetzt auf das Abquetschen, wofür er ein neues
Instrument konstruirte. H. kann sich dem mit Rücksicht auf
die Blutungsgefahr nicht anscliliessen, so hübsch auch sonst die
Methode sein mag. Schon vor Jahren hatte Vennerholm in
Stockholm in noch etwas eleganterer Form ungefähr dasselbe
wie Krolikowsky gemacht, nämlich eine Abreissung des Samen¬
strangs durch eine besonders konstruirte Zange. Vennerholm
hat aber diese Methode selbst wieder verlassen und ist zu dem
Abdrehen zurückgekommen.
H. erklärt die Methode des Abdrehens für die beste.
Krolikowsky findet, dass das Abdrehen schlecht aussieht und zu
lange dauert. Dies kann sich jedoch nur auf Abdrehen mit der
Hand beziehen. Das Drehen mit einer guten Zange sieht gut
aus und dauert nicht lange. Das Abdrehen ist auch bequemer
für den Operateur und bietet grössere Sicherheit. Bei der
Torsion brauchen nicht mehr als die Fingerspitzen blutig gemacht
zu werden. Freilich, die alte Methode des Abdrehens mit der
Hand oder auch blos mit Zangen, ohne das von Hoffmann
konstruirte Torculum (vgl. B. T. W. Jahrgang 1895, Nr. 34), bezw.
ein ähnliches Instrument ist nicht gut, weil man nicht weiss,
wo der Samenstrang abreisst. Zum Quetschen des Samen¬
stranges sind die verschiedenen konstruirten Zangen von Möller,
von Bayer, von Vennerholm, die französische und die von
Hoffmann wohl alle gut. Es muss nur noch eben das In¬
strument zum Absetzen des Samenstranges (Torculum etc.) hin¬
zukommen. Der aseptischen Kastration durch Torsion mit zwei
Zangen und Hoffmann’s Torculum und schliesslich Abreissen kann
zur Zeit jedermann beipflichten, da die nötliige Sicherheit und
Einfachheit gewährleistet ist.
H. fügt noch folgende Bemerkungen hinzu. Beim Kluppen
wird das Samenstrangstück stundenlang gequetscht, sodass es
absterben muss; es wird dann vom Nebengewebe abgestossen.
Da es aber nicht aseptisch war, so bietet es Gelegenheit zu
Infectionen, Samenstrangfistelbildung u. s. w. Beim Abdrehen
dagegen stirbt nur ein ganz kleiner Theil des Samenstrangs ab:
der grösste Theil des Stumpfes, in dem sich ein Thrombus ge¬
bildet hat, wird wieder so weit in die Circulation einbezogen,
dass er sich in einen Narbenstrang umwandelt. Das Zunähen
der Wunde nach dem Absetzen des Testikels hält H. für fehler¬
haft, weil die seröse tunica vaginalis secernirt, sodass eine
Ansammlung von Serum sich bilden muss, wenn nicht ein grosses
Drainrohr eingelegt wird. Ist die Flüssigkeit vollkommen
aseptisch, so kann sie freilich resorbirt werden. Doch besteht
immerhin die Gefahr einer Infection, und die offene Wund¬
behandlung ist die beste. Kragerud (vgl. B. T. W. Jahrg. 1900, Nr. 1
sah nach der Kastration einen Vorfall der Scheidenhaut entstehen.
H. glaubt, dass dieser Zufall nur dann eintrete, wenn man den)
Schnitt nicht mitten am Hodensack parallel der Raphe, sondern
seitlich und zudem noch schräg anlegt, sodass Dartos und
Vaginal*« eine sackartige Ausbuchtung bilden, in der vorher
der Hode (gelegen hatte. Sammelt sich dann doch noch etwas
Blut, so wird dadurch die Vaginalis aus der Wunde hervorgebläht,
sodass es aussi-sht wie ein Darmvorfall. Die Sache ist aber
bedeutungslos. Man braucht nur das Scrotum zu ergreifen und
etwas nach abwärts zu drücken, dann fällt das Coagulum
heraus, und die Vaginalis zieht sich wieder zurück, oder man
schneidet sie einfach mit der Scheere ab. ■
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21. Juni 1900.
Operation des grauen Staars anf beiden Angen.
Von Unterrossarzt Eggebrecht.
(Zeltschr. f. Vet. April 1900)
Ein 18jähriges Dienstpferd war auf beiden Augen an Staar
erblindet. Die Ursache desselben blieb unbekannt, E. machte
die Staaroperation. Das Pferd wurde vollständig narkotisirt,
jedes Auge vor der Operation mit 2 procentiger Atropinlösung
behandelt, der Bulbus mit 5 procentiger Cocainlösung instillirt.
Dann wurde der Bulbus mit einer Pincette erfasst, die Staar-
nadel auf der Grenze zwischen Cornea und Sklera 2 bis 3 mm
von ersterer hinter der Iris in der Richtung nach dem inneren
Augenwinkel zwischen Iris und Linse eingefuhrt. Ein massiger
Druck mit der Nadel genügte, die bestehende Verwachsung
zwischen Linsenkapsel und Iris zu lösen und die Linse nach der
unteren Hälfte des Bulbus zu drücken. In dieser Lage wurde
die Nadel 30 Sekunden gehalten und dann vorsichtig heraus¬
gezogen. Die Linse wurde nicht mehr sichtbar, und es trat
eine starke Erweiterung der Pupille ein. Nachdem das andere
Auge ebenso behandelt war, wurde das Pferd jn eine verdunkelte
Box gebracht; die Augen wurden mit einem Stück Leinwand
Überbunden, welches mit reinem Wasser angefenchtet wurde.
In den nächsten Tagen bestand Pupillenerweiternng und starker
Thränenfluss. Das Augeninnere erschien als eine gleichmässig
getrübte bläulich-weisse Masse. Lichtempfindlichkeit war nicht
nachzuweisen. Nach 8 Tagen waren beide Linsen in ihre
ursprüngliche Lage zurückflottirt. Schliesslich trat ein völliger
Verschluss der Pupille beiderseits ein. Der Erfolg der Operation
war also ein durchaus negativer.
Tödtliche Kolik durch Spulwürmer.
Von Oberrossarzt Kal ko ff.
(ZUchr. f. Vet. 1899.)
Ein altes Remontepferd verendete unter einem Kolikanfall.
Das Sectionsergebniss war Folgendes: Im freien Raum der
Bauchhöhle zwischen allen Därmen verstreut grosse und mittel¬
grosse lebende Spulwürmer. Der Dünndarm an einer faustgrossen
Stelle durchbrochen; die Oeffnung mit Spulwürmern ausgefüllt.
Der Durchbruch führte nicht zwischen die Gekrösblätter, sondern
in den freien Raum der Bauchhöhle. Aber auch zwischen den
GekröBblättern fanden sich zw r ei mit Parasiten und Darminhalt
gefüllte Höhlen. Nach Herausnahme des barms zeigte sich,
dass am parietalen Bauchfell überall mittelgrosse und aus¬
gewachsene Spulwürmer in Bündeln von 5 — 20 Stück hingen,
and zwar so, dass Kopf und Schwanz frei waren, während um
die Mitte des Leibes ein Streifen des durchbohrten Bauchfells
geschlungen war. Im Ganzen wurden 32 solcher Wurmbündel
gezählt. Der ganze Darm war mit Würmern vollgestopft, so¬
gar im Magen fanden sie sich. Ihre Zahl muss auf mindestens
1200 geschätzt werden. In allen Organen bestanden Zeichen
der Blutleere.
Der Befund lässt sich nicht anders deuten, als dass die
Einwanderung der am Bauchfell sitzenden Würmer schon bei
Lebzeiten stattgefunden hat. Denn ihre Befestigung am Bauch¬
fell war eine sehr innige; auch fanden sich an demselben leichte
Auflagerungen und Verdickungen, an der Aussenfläche des
Dünndarms wahrnehmbar, welche wohl als Durchbruchspunkte
angesehen werden müssen. Der Tod wurde natürlich durch den
Darmdnrchbruch bewirkt. Auch bei zwei Sectionen von Fohlen
musste als Todesursache Dünndarmverstopfung durch Spulwürmer
festgestellt werden.
293
Ein Fall yon Bryoniavergiftung.
Von A. S. Anger, M. R. C. V. S.
(Vet Kecord 1899 No. 591.)
Die kirschrothen Beeren der Zaunrübe, Bryonia dioica,
(Cucurbitaceae) sind als giftig bekannt. Dass die Pflanze auch
Pferden schädlich werden kann, lehrt nachstehender Fall. Bei
einem Besitzer erkrankten 7 Pferde eines 13 Stück 'starken Be¬
standes. 6 Pferde zeigten eine allgemeine Steifheit in den
Beinen ähnlich wie bei Hufentzündung. Der Zustand musste
jedoch auf eine Affection der Muskeln bezogen werden, denn die
Plantararterien zeigten keine vermehrte Pulsation. Das 7. Pferd,
eine 9 Jahre alte Stute, lag am Boden. Aufgetrieben verhielt
sich dieselbe wie ein halb gelähmtes Pferd; die Pulszahl betrug
84, die Temperatur war leicht vermehrt. Sichtbare Schleim¬
häute nicht verändert, Appetit gut. In den andern 6 Fällen
waren Puls und. Temperatur normal.
Diese Krankheitserscheinungen sollen durch die Aufnahme
von Bryonia dioica, welche Pflanze bei Reinigung eines
Gartens in grossem Mengen abgeschnitten und in die Pferde¬
koppel geworfen worden war, verursacht worden sein. Nach
dem Auftreten der ersten Symptome hatte der Besitzer der
Pferde Kleietränke und Physics verabreicht. Ausserdem wurden
ärztlich verordnet Einreibungen der Muskeln mit Embrocation
und Senfspiritus. Die am schwersten erkrankte Stute wurde
erfolgreich mit Cantharidenpflaster behandelt.
Die erkrankten Pferde wurden hierauf bald wieder
arbeitsfähig.
Vergiftung mit Schierling.
Von Dr. G. B. Plotti.
(Clin, vot 1.899, H. 13)
Die Untersuchung einer achtjährigen Kuh aus einem Bauern¬
stalle ergab nachstehende Erscheinungen: Heftige Gastro-Enteritis,
trockener, harter, mit einer Schleimschicht bedeckter Koth,
intermittirende Kolikschmerzen, vermehrte Empfindlichkeit in der
Bauchgegend, Muskelkrärapfe, Herzklopfen, unregelmässige, ober¬
flächliche Athmung. T. 37,8. Ausserdem zeigte die Kuh
Speichelfluss. Diese Erscheinungen bekundete auch noch eine
zwölf Jahre alte Kuh und ein acht Monate altes Kalb des
fünf Haupt starken Bestandes. Die schwerkranke Kuh verendete
nach zwei Tagen. Nach Eröffnung des Kadavers zeigte sich
der Dünndarm fast schwarz gefärbt, der Darminhalt war flüssig,
das Blut geronnen und schwarz. Die Hirnhäute befanden sich
im Congestivzustande, in den Ventrikeln seröser Erguss, Oedem
des Gehirns und des Rückenmarks.
Aus den klinischen Erscheinungen und aus den anatomischen
Veränderungen folgerte der Verf., dass die Kuh an einer Ver¬
giftung durch schädliche Pflanzen gelitten haben müsse. Bei
der hiernach angestellten Untersuchung des Futters wurden in
demselben grosse Mengen von Aethusa minor und Conium
maculatum gefunden.
Einige Tage später erkrankten sämmtliche Stallinsassen
unter den angeführten Erscheinungen, da der Besitzer, entgegen
dem Rathe des Verf., das mit Schierling gemischte Futter im
frischen Zustande weiter verabreicht hatte.
Die kranken Kühe erhielten innerlich Wein, Branntwein,
Gerbsäure, die Körperoberfläche wurde mit einer Mischung von
Camphorspiritus 10, Terpentinöl 7 und Ammoniak 3 eingerieben.
Nach dieser Medication trat eine geringe Besserung ein.
Epileptiforme Krämpfe, gefolgt von Muskelzittern und Er¬
schlaffung hielten dagegen länger an und wichen allmälig unter
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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No 25.
BERLINER THIERÄRZTLICIIE WOCHENSCHRIFT.
294
innerlicher Anwendung von Natr. bicarbonic. und Acid. tannic.
in Milch, sowie von Clystiren mit Natrium bicarbonicum-Lösung.
Die Thiere frassen wieder aber ruminirten nicht. Dieselben
verendeten schliesslich an allgemeiner Entkräftung.
Vergiftungen durch Rannncnlus acer.
Von Trouette-Dellys.
(Revue vtl., 1. IV. 1900.)
Zwölf Kühe hatten auf einer Wiese geweidet, auf welcher
zahlreiche Ranunkeln standen. Die Erscheinungen waren:
geringgradige Meteorisation, Sistirung der Rumination, Fülle
des Ruinen, blutige Diarrhöe, schwacher Puls, Herzschläge nach
Zahl und Stärke vermindert, Sinken der Temperatur,
Knirschen der Zähne, schwere Eingenommenheit, kurz einer
acuten toxischen Gastro-Enteritis. Die zwölf Kühe gingen ein,
ebenso ein Ochse, der dieselben Erscheinungen gezeigt hatte.
Bei der Section fand T. im Rumen eine ungeheure Menge
Ranunkelblätter.
Antiaphthen.
Im Wochenblatt für Landwirtschaft, herausgegeben von der
Kgl. Württembergi8chen Centralstelle für Landwirtschaft, wird
vor dem Ankauf des Antiaphthens, das ein Heil- und Präventiv-
mittel gegen die Maul- und Klauenseuche sein sollte, gewarnt
auf Grund einer vom Kgl. Medicinalcollegium zu Stuttgart vor¬
genommenen Untersuchung. Das Mittel wird in fester und
flüssiger Form in den Handel gebracht. Bei der festen Form
beträgt der Geldwerth des Stoffes 20 Pf. pro Kilo, während die
Blechbüchse etwa 50 Pf. bis 1 M. werth sein dürfte, der Handels¬
preis dagegen ist 3,50 M. pro Kilo. Bei der flüssigen Form
wird die Literflasche mit 5,50 M. verkauft, während der Geld¬
werth 20 Pf. beträgt.
Kleine Mittheilnngen.
Chronischer Schuiterrheumatismus.
Districtsthierarzt Hei eck schreibt in der Wschr. f. Th.
In zwei Fällen wurde die bekannte Morphium-Atiopin-Behandlung
angewandt. Das eine Pferd, ein 12 Jahre alter Hengst, war
Bchon als unheilbar verkauft worden. Das Thier belastete in
Ruhe abwechslungsweise den Fuss, um ihn dann wieder durch
Vorstellen ausruhen zu lassen. Nirgends waren Schmerz¬
empfindungen festzustellen. Vom Huf bis zur Schulter keine
pathologischen Veränderungen. Dabei zeigte sich das Pferd
ausgesprochen schulterlahm. Es belastete den Fuss völlig in
der Bewegung, konnte ihn aber nicht so weit und so hoch vor¬
wärts führen. Nach der Injection traten die bekannten un¬
angenehmen Aufregungserscheinungen ein. Ein Heilerfolg wurde
nicht erzielt. Ebenso wenig trat ein solcher bei einem zweiten
Pferde ein, das unbedingt ebenfalls mit Schuiterrheumatismus
behaftet war.
Zur Spatentstehung und -Behandlung.
Im Schw. Arch. (Bd. 40, H. 4) veröffentlicht Thierarzt
Hess einen Aufsatz, in welchem er sich die Entstehung des
Spats mit Rücksicht auf die anatomisch-physiologischen Ver¬
hältnisse des Sprunggelenks klar zu legen sucht. Wenn, sagt
er, in der eigentümlichen Sprunggelenksmeclianik ein für den
Spat disponirendes Moment herausgefunden werden kann, so ist
es die rotationshindernde Einrichtung desselben. Ausserdem
kommt in Betracht das Federn des Gelenks, welches durch die
excentrische Anheftung vornehmlich der kurzen Seitenbänder
bedingt ist. Das kurze mediale Seitenband trägt zum Federn
am meisten bei und wird stark beansprucht. Wesentlich in
Betracht kommt sein stärkerer Schenkel, der sich an das Fersen¬
bein anheftet, von dem jedoch auch Faserzüge zum Os cunei-
forrae primum et secundum überspringen, indem sie sich direct
an das ligamentum interosseum zwischen diesem und dem
Calcaneus anschliessen. Das Os cuneiforme primum et secundum
bezw. die Insertionsstelle der genannten Bänder ist der locus
minoris resistentiae. Für die Behandlung des Spats sollte daher
an Stelle der Dnrchschneidung des medialen Sehnenschenkels
vom Tibialis anterior eine Durchschneidung des Ligamentum
interosseum zwischen Calcaneus und Os cuneiforme treten,
wobei freilich die Frage bleibt, ob diese Operation j raktisch aus¬
führbar wäre.
Thellweise Zerreissung der Achillessehne.
Ein schweres Zugpferd wurde im angestrengten Zuge plötzlich
erheblich lahm. Es stellte später unter starker Senkung der
Kruppe und starker Beugung des Sprunggelenks den rechten
Hinterschenkel weit vorn unter den Leib, wobei das Fessel¬
gelenk überkötete.* Belastung des Fusses wurde vermieden, ein
Dnrchdriicken des überköteten Fessels war nicht zu erreichen.
Der gesunde Hinterschenkel wurde hinten herausgestellt und
trug allein die Last. Nachdem das Pferd 14 Tage lang ohne
Besserung gestanden hatte, wurde es geschlachtet. Dabei zeigte
sich eine theilweise Zerreissung der Achillessehne dicht oberhalb
des Calcaneus, von dem ein bohnengrosses Stück mit abgerissen
war. Die Zerreissung bestand derart, dass die der Tibia zu¬
gelegene Hälfte der Sehne eingerissen, die der Haut zugelegene
Partie dagegen erhalten war.
(Corpsrossarzt Hell, Ztschr. f. Vet.)
Zerreissung der Beugesehnen an beiden HlnterfDesen.
Thierarzt Rekate theilt in der Dtsch. Th. Wschr. No. 47
folgende Beobachtung mit. Bei einem Pferde waren Krön- und
Hufbeinbeuger an beiden Hinterfüssen gerissen, und zwar in
Höhe des Ringes, mit dem die Kronbeinbeugesehne dem Huf¬
beinbeuger in Höhe der Sesambeine umgiebt. Das Pferd stand
so, dass die Fesselgelenke den Boden berührten, und mithin die
Volarfläche der ganzen Zehen dem Boden direct auflag. Nach
der Schlachtung des Pferdes ergab sich folgender Befand:
Bindgewebige Verdickung oder Atrophie der Sehnen war nicht
vorhanden gewesen. Auch an den Sehnenscheiden und der
Gleitfläche der Sesambeine keine Spuren chronischer Erkrankung.
Das Zerreissen ist also unzweifelhaft durch gewaltsame Ein¬
wirkung erfolgt und, wenn dem Vorbericht zu glauben ist, da¬
durch herbeigeführt worden, dass das Pferd auf abschüssigem
Wege in schneller Gangart plötzlich parirt wurde, worauf es
sofort mit einem Hinterfuss und wenige Schritte darauf mit
dem anderen niederbrach. Die Sehnenenden waren pinselartig
aufgefasert. — Hiernach ist der sogenannte Fesselbeinbeuger an¬
scheinend intact gewesen, wenigstens wird von dessen Ver¬
letzung nichts erwähnt. Es wäre dies ein Beweis, dass der
Fesselbeinbeuger an sich nicht imStande ist, das völlige Durch¬
knicken des Fesselgelenks bis auf den Erdboden herab zu
verhindern.
Ein nenes Verfahren zur Züchtung des Tube rcelbaci Nus.
Von Dr. W. Hesse.
(Zeitschrift f. Hygiene u. Infectionskrankheltcn. XXXI. Bd. 1899.)
Die bisherigen Methoden der Züchtung und Isolirung von
Tubercelbacillen hatten damit zu kämpfen, dass der Tubercel
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295
BERLINER THIERÄRZTLICITE WOCHENSCHRIFT.
21. Juni 1900.
bacillus anf den bekannten Nährböden langsam wächst, dass
schnellwuchernde Bacterien ihn leicht überwachsen, dass die
Uebertragung anf das Thier nicht zweifelsohne ist. —
Hesse hat nun in dem gebräuchlichen Nähragar das Pepton
durch den Nährstoff Heyden ersetzt. Der Nährstoff Heyden
ist ein lösliches Albumin, welches eine Zwischenstellung
zwischen coagulirtem Albumin und Somatose einnimmt. Auf
einem so zubereiteten Nährboden gedeiht der Tubercelbacillus
ausserordentlich gut und zeigt namentlich schon in den ersten
Stunden seines Aufenthalts auf demselben, bei Bruttemperatur,
eine grössere Zahl von Doppelbacillen und kleinsten Colonien,
überhaupt zeigen sich die Präparate viel reicher an Bacillen
und Colonien, dagegen ärmer an Einzelbacillen. Nimmt man
von Zeit zu Zeit Klatschpräparate, so findet man eine Zunahme
der Bacillenzüge mit characteristischer (paralleler) Anordnung
der Bacillen.
Dieser Nährboden setzt sich folgendermassen zusammen:
Nährstoff Heyden 5 g, Kochsalz 5 g, Glycerin 30g, Agar-
Agar 10, Normallösung von Krystallsoda (28.6 : 100) 5 ccm,
destillirtes Wasser 1000 g. Jess.
Tagesgeschichte.
t
Am 9. Juni ist zu Bonn der frühere Departementsthierartz
für den Regierungsbezirk Köln, Professor Arnold Schell im
79. Lebensjahre verschieden.
Im Jahre 1821 zu Stolberg geboren, hat er nach Absol-
virung des thierärztlichen Studiums in Berlin 1844 die Appro¬
bation und im darauf folgenden Jahre bereits das Fähigkeits-
zeugni8s für die Anstellung als beamteter Thierarzt in Preussen
erlangt. Als Feld seiner practischen Thätigkeit wählte Schell
seine Heimathsprovinz. Hier war er zunächst in Köln unter
dem damaligen Departements-Thierarzt Sticker thätig und ver¬
waltete später die Kreisthierarzt-Stelle des Kreises Kempen.
1850 wurde ihm die Kreisthierarztstelle Für die Kreise Bonn
und Rheinbach übertragen, die er bis zum Jahre 1895 inr.e
gehabt hat. Daneben war er als Lehrer an der landwirthschaft-
lichen Academie in Poppelsdorf thätig. Nachdem Schell im
Jahre 1856 die damals für Departementsthierärzte vorgeschriebene
Staatsprüfung bestanden hatte, erfolgte seine Ernennung zum
Departementsthierarzt für den Regierungs-Bezirk Köln. Allen
diesen Aemtern hat sich der Dahingeschiedene mit seltener
Pflichttreue und Hingebung gewidmet. Seine Thätigkeit als
thierärztlicher Lehrer der rheinischen Landwirthe, sowie sein
Wirken auf veterinärpolizeilichem Gebiete waren ausserordent¬
lich segensreich. Wie sehr dies auch von Seiten der König¬
lichen Staatsregierung anerkannt worden ist, erhellt aus der
Thatsache, dass ihm bei dem im Jahre 1895 erfolgten Aus¬
scheiden aus seiner kreisthierärztlichen Stellung der Rothe
Adler-Orden HI. Classe mit der Schleife verliehen wurde.
Sein Lehrberuf brachte Schell in nahe Beziehungen zur
rheinischen Landwirthschaft, an deren Vereinsthätigkeit er regen
Antheil nahm. Das wohlbegründete Ansehen, welches er in
diesen Kreisen genoss, kam durch seine mehrere Jahrzehnte
wiederholte Wahl zum Director der Local-Abtheilnng Bonn des
landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreussen zum Ausdruck.
Ungleich grösser sind jedoch die Verdienste, die sich Schell
auf thierärztlichem Gebiete erworben hat. Der rege Geist,
welcher ihm bis an sein Lebensende erhalten blieb, und die
Gründlichkeit, mit der er dem Studium der Literatur oblag,
liessen ihn stets auf der Höhe seiner Wissenschaft finden. Der
gerade Sinn und seine gewinnende Liebenswürdigkeit machten
ihn daher zum Berather der jüngeren Thierärzte. Ohne be¬
sonders hervorzutreten, hat er doch stets für alle thierärztlichen
Bestrebungen ein warmes Herz und, wenn es sein musste, eine
offene Hand gehabt. Ein besonderes reges Interesse widmete
der Verstorbene dem thierärztlichen Vereinswesen. Jahrzehnte¬
lang hat er dem Verein rheinpreussischer Thierärzte als Prä¬
sident bezw. Ehrenpräsident vorgestanden und denselben in
der preussiBchen Central Vertretung und im deutschen Veterinär¬
rath würdig vertreten.
Mit Schell ist einer jener ausgezeichneten älteren Collegen
aus dem Leben geschieden, auf deren Schultern der thierärzt¬
liche Stand aus der Unansehnlichkeit früherer Jahrzehnte zu
geachteter Stellung emporgetragen worden ist. Die deutschen
Thierärzte werden ihm daher ein liebevolles Andenken be¬
wahren. Lothes.
Zur Lage.
Wohl noch niemals ist ein in frischer Entwicklung be¬
griffener Stand in seinem ganzen Gefüge nachhaltiger bewegt
gewesen, als der thierärztliche im gegenwärtigen Zeitabschnitte.
Mit ängstlicher Spannung wartet Alt und Jung, der Professor
so gut als der Studirende, die Eltern sowohl als der vor die
Wahl gestellte Jüngling, wie sich die Intelligenz im deutschen
Volke zu der Frage stellen wird, ob eine vollkommenere Schul¬
vorbildung zum Zweck eines breiteren wissenschaftlichen Ausbaues
des thierärztlichen Berufes sowohl in seinem Fache als in seinen
Vertretern nöthig ist oder nicht, mit anderen Worten, ob der
thierärztliche Stand sich weiter entwickeln kann oder ob er
nicht nur verkümmern, sondern (dem wird der Kenner der Ver¬
hältnisse unbedingt beipflichten) sich von jetzt ab wieder zurück¬
bilden muss. Von den fernstehenden einzelnen Berufsarten kann
man wohl kaum erwarten, dass sie das nöthige Verständniss Für
die gedachte Frage ohne weiteres besitzen. Von den Volks¬
wirtschaftslehren], den Hygienikern, vor allem aber den deutschen
Landwirten, deren Capitalvermögen heute zu einem sehr grossen
Theile in den steigend bewerteten Viehbeständen steckt, dürfte
man auf eine wohldurchdachte Ansicht über die beregte Frage
hoffen. Darauf vertrauend, hat sich denn auch der deutsche
Veterinärratli, dem planvoll die Leitung der in Fluss befindlichen
Angelegenheiten von den deutschen Thierärzten übertragen
worden ist, an die Vertreter der deutschen Landwirthschaft ge¬
wendet, unter anderem auch an die eben geborene Landwirth-
schaftskammer für Rheinpreussen, zwecks Einholung eines dies¬
bezüglichen Gutachtens bezw. Angabe ihrer Stellung zur Sache.
Diese ist ergangen und mir fällt es als eine traurige Aufgabe
zu, im Reich verkünden zu müssen, dass die rheinische Land-
wirthschaftskammer sich gegen eine Erhöhung der Sclml-
vorbildung ausgesprochen hat. Als Gründe hat sie angegeben:
1. die längst widerlegte BeFürchtung, es möchten zu wenig
Thierärzte sich unter der veränderten Vorbildung heranbilden
und 2. es sei noch nicht erwiesen, ob ein weiterer wissenschaft¬
licher Ausbau der Thierheilkunde ohne abgeschlossene Schul¬
bildung nicht möglich wäre. Dem ersten Einwande liegt
ersichtlich die Ansicht zu Grande, dass heute schon zu wenig
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296
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 25.
Thierärzte vorhanden sind. In dieser Frage muBs scharf unter¬
schieden werden zwischen Gegenden nicht nur, sondern auch
solchen Besitzern, die sich aus Ueberzeugung und in allen
Fällen an den Thierarzt wenden, oder die ihn nur ganz selten
zu Rathe ziehen, dann aber zur Minute zur Hand haben möchten.
Der ausgesprochene gewerbliche Beruf des Thierarztes und
dessen zerstreut liegendes Arbeitsfeld lassen sofort das Irrige
einer so allgemein erhobenen Klage erkennen, doch auch ziffer-
mässig kann sie widerlegt werden. Von den beamteten Thierärzten
ausgehend, ist festzustellen, dass heute auch nicht ein einziger
Kreis in der Rheinprovinz unbesetzt ist. Jeder dieser Herrn
betreibt so viel Praxis, als an ihn herantritt, zählt demnach zu
den im Ganzen in der Rheinprovinz vorhandenen 282 pract. Thier¬
ärzten. Es entfallen somit z. B. von den insgesammt gezählten
1 541826 Rindern und circa 180 C00 Pferden praeter propter
5 500 Rinder und 640 Pferde auf je einen Thierarzt.
Wem diese Ziffern zu hoch erscheinen, der mag daran er¬
innert sein, dass das Pfuscherwesen im Rheinlande noch ziem¬
lich unterstützt wird, ich möchte behaupten bei den vermögenden
Besitzern mehr als im Volke, das sein durch nichts getrübter
natürlicher Verstand auf den Thierarzt hinweist. Unter Berück¬
sichtigung dieser und anderer thatsächlicher Verhältnisse
kommen also wohl heute schon nicht mehr denn 2 400 Rinder
und 320 Pferde für je einen Thierarzt in Betracht. Wenn ich,
was hier auch überflüssig ist, unterlasse, andere Gegenden zum
Vergleich heranzuziehen, so thue ich es desshalb, weil mir ein
viel besserer Massstab zur Beurtheilung der Frage, ob diese
Zahl hinreichend ist, zur Verfügung steht, nämlich, weil ich
aus Erfahrung weiss, wieviele freie Stunden die meisten Thier¬
ärzte in der Rheinprovinz haben.
Selbstredend spielen Terrainverhältnisse in erschwerender
oder mildernder Hinsicht hierin eine nicht zu unterschätzende
aber auch für absehbare Zeiten nicht zu ändernde Rolle, so
dass thatsächlich in manchen Gegenden ein Mangel an Thier¬
ärzten sich fühlbar einstellen mag. In zweiter Linie aber
kommt das Persönliche dieser Herrn, der Kampf um die Stellung
in Betracht.
Aufgewachsen in dem erhebenden, kräftigen, befreienden
Odem, welcher sie an der Stätte der Wissenschaften zur Zeit
ihrer Studien umgab, müssen die jungen Leute später täglich
erleben, wie man ihnen bei jeder Gelegenheit die Luft aus den
Segeln abzufangen trachtet. Das Zwitterverhältniss des Thier-
arztes in der beamteten sowohl als der gesellschaftlichen Stellung
bringt es mit sich, dass so mancher Unberufene an ihm zu
reiben sich versucht. Je kleiner aber der Wohnort, desto
heftiger platzen die Geister auf einander. Wenn die jungen
Thierärzte also zögern, mangels geeigneten Anschlusses in
kleineren Orten sich nieder zu . lassen, so fällt die Schuld auf
die Urheber zurück. Weiterhin verdienen die Thatsachen, so
unverständlich sie an sich auch sind, hier an’s Licht gezogen zu
werden, dass nämlich weitere Fühlung mit den Landwirthen
hier in der Rheinprovinz für die Thierärzte nicht besteht, als
in so weit die Behandlung kranker Thiere sie mit sich bringt.
Von Körungen, Zuchtbestrebungen, der Theilnahme am land¬
wirtschaftlichen Unterricht sind sie so gut wie ausgeschlossen,
Aufmunterung zu eingehenden Untersuchungen seltener Krank¬
heitsfälle wird ihnen wohl nie zu Theil, in der so werthvollen
Statistik leisten nur die beamteten Thierärzte rücksichtlich der
Senchen etwas. Kein Wunder also, wenn falsche Ansichten
über Können, Wissen, Aufgaben und Werth der Thierärzte
Platz greifen. Die alten Collegen haben sich in diese Zustände
mit der Zeit hineingefunden, und sie haben sie ertragen, weil man
von Jahr zu Jahr auf Besserung der Verhältnisse gehofft hat.
Die jüngeren Thierärzte aber, und das mögen die Landwirtke
beherzigen, werden sich hüten, bei Fortdauer dieser misslichen
Zustände zu einer Carriere anzurathen, die jungen Leuten so
wenig Befriedigung gewährt. Diese Wendung der Dinge muss
aber zum Schaden der Landwirthschaft um so intensiver und
rascher eintreten, als in dem mächtig aufstrebenden deutschen
Reiche Berufsarten in Hülle und Fülle vorhanden sind. Wenn
nun auch noch behauptet wird, es sei nicht erwiesen, ob ein
weiterer wissenschaftlicher Ausbau ohne volle Schulbildung „nicht
möglich“ (!) wäre, ein Einwurf, der der gesammten deutschen
geistigen Erziehung Hohn spricht, so ist damit dem Verkennen des
Werthes und der Bestrebungen der Thierärzte die Krone auf¬
gesetzt.
Wird die Klage der rheinischen Landwirthe über „zu wenig
Thierärzte“ schon insofern zur Anklage, als man mit Fug und
Recht behaupten kann, dass von jener Seite noch nicht die
geringste Anstrengung gemacht worden ist, um mehr Thierärzte
heranzuziehen, so sage ich: Welcher junge Mann hat noch Lust,
Thierheilkunde zu studiren, wenn ihm vorher gesagt ist: Dein
Stand muss stets in einer inferioren Stellung bleiben! — In
welch’ eine andere Beleuchtung und Beurtheilung aber würde
die rheinische Landwirthschaft vor der Oeffentlichkeit sich gesetzt
haben, wenn der beregte Kammerbeschluss z. B. folgender-
massen geheissen hätte: „In den Viehbeständen des Rheinlandes
steckt, besonders seit die Rindviehzucht und die Zucht des
belgischen werthvollen Pferdes sich in Zahl und Güte zu heben
beginnt, ein Capital, das nicht genug gehütet werden kann.
Noch eine grosse Reihe verderblicher, zweifellos ansteckender
Krankheiten, die unsere Bestände Jahr aus Jahr ein beeinträch¬
tigen oder wie z. B. durch das Kälbersterben gar in Frage
stellen, harren neben den gleich wichtigen Fragen der Thier¬
hygiene noch ihrer Aufklärung. Wir sind desshalb zu der An¬
sicht gekommen, dass eine weitere Ausbildung der Thierheilkunde
auch in ihren Beziehungen zu den verschiedensten Krankheiten
der Menschen sowohl als dem Gesammtwohle mit allen Mitteln
zu erstreben ist.“ Das hiesse doch eine Brücke geschlagen für
event. Fälle und keine directe Gegnerschaft gezeigt in einem
Augenblicke, wo es sich um das Wohl eines ganzen Standes
handelt. Es wäre den Gegnern der Landwirthschaft bewiesen
worden, dass auch diese die Intelligenz für sich in Anspruch
nimmt, dass nicht ein anderswo scliiffbrüchig gewordener junger
Mann gerade gut genug ist, ein landwirtschaftliches Fach zu
ergreifen, sondern dass auch sie nach höherer Ausbildung ihrer
Hülfskräfte ringt, dass der’intellectuelle, weltbeherrschende Geist
auch in ihr den Vorrang haben soll, kurz dass, wie ein so
tiefdenkender klarer Kopf, wie Excellenz v. Miquel auf
der landwirtschaftlichen Ausstellung in Posen kürzlich aus¬
zusprechen wieder Veranlassung genommen hat: dass der Land¬
wirthschaft nur dadurch geholfen werden kann, wenn sie be¬
strebt ist, sich und ihre Hülfsfacher wissenschaftlich immer
weiter auszugestalten. Wenn wir Thierärzte uns hier selbst
höher einschätzen, als uns durch diesen Beschluss rheinischer
Landwirthe zu Unrecht zu Theil geworden ist, so tuen wir
es in voller Objectivität. Die eigenen Erlebnisse haben uns
gezeigt, dass in Kreisen, in denen ein Thierarzt in früheren
Zeiten sein Dasein nie fristen konnte, durch geeignetes Auf¬
treten und gewissenhafte Wahrung der Stellung neben wissen-
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21. Juni 1900.
BERLINER TRIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
297
schaftlicher Auffassung seines Berufes diese Stellung sich
Dank dem Vertrauen des Publikums zu dessen Nutzen ge¬
hoben hat, ein Beweis dafür, dass Wissenschaft und Thierheil-
knnde sich recht gut verträgt. Die Zeit und die Erfahrungen
haben uns Allen aber gezeigt, wo die Lücken ih der thierärzt¬
lichen Ausbildung zu suchen sind, haben die Ansichten geklärt
über die W’ege, die der thierärztliche Stand zn seiner Ver¬
vollkommnung zu betreten hat. Es ist der stärkere Geist, den
wir verlangen, damit er die Materie besser beherrschen soll, der
überall, wo er gehegt und gepflegt wird, die Früchte der Arbeit
schneller und besser reifen lässt. Stichhaltige Gründe gegen
unsere Bestrebungen giebt es einfach nicht; ein jeder, der
heute noch ins Feld geführt wird, läuft auf den Werth jenes Aus-
sprnches hinaus: Es ist doch schliesslich gleichgültig, ob ich
weiss, dass die Erde sich um die Sonne dreht oder umgekehrt.
Darum sprechen wir es hier in vollem Bewusstsein der
Tragweite aus: Die Männer, so hoch ehrenwerth sie sein mögen,
die diesen misslichen Beschluss gefasst haben, sind nicht ge¬
nügend berathen gewesen, sind sich nicht klar - geworden, dass
der Thierarzt ein Banquier in der Landwirtschaft ist, dem in
Folge dessen täglich ein grosses Capital durch die Finger geht,
das er verschleudern aber auch nutzbringend verwalten kann.
Sie können unmöglich die Anforderungen kennen, die an das
erfolgreiche Studium der Thierheilkunde gestellt werden, haben
es unterlassen, sich die wirkliche in der Zukunft liegende volks¬
wirtschaftliche Bedeutung der Thierheilkunde vor Augen zu
führen. Der Beschluss hat viel rheinische Gemütlichkeit an sich,
welche die Gründlichkeit gern auf dem Boden der Gläser, aber
nicht in der nüchternen Beurteilung der Thatsachen sucht. Alte,
in Ehren weiss gewordene Collegen, deren Herz so warm für
die Landwirtschaft geschlagen hat, dass jüngere Collegen sich
zu neuer Neigung erwärmen konnten, haben mit Thränen in den
Augen in diesem Beschlüsse einen grossen Theil Lebensarbeit ge¬
fährdet gesehen und haben der Verbitterung über die syste¬
matische Verkennung berechtigter und eigner Interessen seitens
einiger Vertreter der Landwirtschaft in ihrem Herzen
Raum gegeben. — Als uneigennützige Freunde der Landwirt¬
schaft haben wir uns zu dieser Aussprache gedrängt gefühlt und
geben uns der Hoffnung hin, dass dadurch vielleicht Mancher
Einkehr in sich selbst hält, und eine Läuterung der Ansichten
Platz greift. Es ist ja nicht unmöglich, dass, angeregt durch
den Widerspruch der Parteien irgend ein wissbegieriger Mann,
vielleicht ein Abgeordneter, sich durch eingehenderes Studium
des beregten Gegenstandes, am empfehlenswertesten in Ver¬
bindung mit einem ihm näher bekannten Thierarzte eine uns
geneigtere Stellung einnimmt. Man sollte es fast mit Bestimmt¬
heit erwarten.
Wenn wir aber bei dieser Abhandlung Verhältnisse in den
Bereich unserer Betrachtungen gezogen haben, die von Collegen
schmerzlich empfunden werden mögen, so ist *zu bedenken,
dass Wahrheit oft bitter schmeckt. Wir haben es in der
1 Ueberzeugung getan, dass das ständige Beschönigen doch zu keiner
Aenderung führt. Gewöhnt, den Finger auf die schmerzende Wunde
zu legen, scheuen wir nicht es an uns selbst zu thun in der Hoffnung,
dass es heilt. Es handelt sich ja für uns um „Sein oder Nichtsein“.
Andererseits streben wir aber auch nicht darnach, zu denen ge-
t rechnet zu werden, die sich den Ruf der Klugheit dadurch zu
erringen suchen, dass sie zu Allem, was über sie ergeht,
schweigen. Im Gegenteil, wir haben noch immer gesehen, dass
eine offene Kritik gute Früchte getragen und ein freies Wort
den Mann geehrt hat. Schmitt.
Erklärung.
Als ich den „netten Brief' der Redaction der B. T. W.
mit der Bitte um Veröffentlichung übergab, enthielt ich mich
jeder persönlichen Aeusserung und auch eines Commentars, weil
nicht der auf meine Person gerichtete Angriff, sondern das ab¬
fällige und gehässige Urteil über die Kreisthierärzte überhaupt
für die Leser der B. T. W. von Interesse sein konnte, und
weil der einleitende Vorgang an sich harmlos und unbedeutend
war. Es war damals und ist noch heute meine Meinung,
dass persönliche Differenzen oder Gehässigkeiten nicht in ein
angesehenes Blatt gehören. In der in Nr. 23 der B. T. W.
erschienenen Erwiderung sind nun aber Angaben gemacht, welche
den Unparteiischen leicht den Eindruck gewinnen lassen können, als
wäre der Ackergutsbesitzer Pape-Nelkow in der That so belehrt
worden, wie es Herr Dischereit in seinerUebereilung angenommen
hat. Zur Vermeidung dieser falschen Auffassung sehe ich mich
zn einer kurzen Darstellung des tatsächlichen Vorganges ver¬
anlasst. Herr Pape erkundigte sich bei mir, ob er ein verkauftes
Pferd zurücknehmen müsse, wenn es „Windschnapper“ sei. Ich
belehrte ihn, dass „Luftkoppen“ ein Hauptmangel sei und er ein
hiermit behaftetes Pferd wiederzunehmen habe; nach seiner
Beschreibung scheine mir aber das fragliche Pferd garnicht
Luftkopper zu sein, er möge sich über den vom Käufer gerügten
Fehler ein tierärztliches Attest geben lassen. Auf seine Frage,
ob ich zwecks Untersuchung des Pferdes nach Steckelsdorf (von
Genthin er. 28 km, von Ratenow er. 4 km) reisen wolle,
erwiderte ich ihm, dass er vorläufig die Kosten sparen und das
Attest abwarten möge. Ich muss hier bemerken, dass mir
damals schon bekannt war, dass Herr D. bei dem Amtmann B.
die Praxis ausübt. Wenn nun Pape in seinem Brief ohne die
geringste Insinuation meinerseits aus „tierärztlich“ ein „kreisthier¬
ärztlich“ gemacht hat, so dürfte die Schuld hieran und die Ver¬
antwortlichkeit hierfür nicht bei mir liegen. Pape hat sicherlich
von der Tragweite seines „schweren Verbrechens“ keine Ahnung
gehabt. Reinshagen, Kreistierarzt.
Genthin, den 19. Juni 1900.
Oeffentliches Veterinärwesen.
(Mittheilungen für
Senchenstatistik and Yeterinärpolizei.
Verordnung betreffend Viehhandel.
Im Reg.-Bez. Breslau sind unter dem 1. Juni er. zwei Ver¬
ordnungen in Kraft getreten, welche in Ergänzung früherer Be¬
stimmungen die Einfuhr von Schweinen aus Posen in den Reg.-Bez.
Breslau regeln.
Veterinärbeamte.)
Danach werden für die Einfuhr auf Landwegen bestimmte
Einbruchstationen und Untersuchnngszeiten in den Kreisen
Guhrau, Militsch, Namstau und Gross-Wartenberg festgesetzt.
Die Transporte sind den betr. Kreisthierärzten mindestens
6 Stunden vorher zur Untersuchung anzumelden. Die Einfuhr
ist an folgende Bedingungen geknüpft. Vorlage von Ursprungs-
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298
BERLINER THIE RÄRZ TLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 25.
attesten aus seit mindestens 14 Tagen früher freien Orten, Bei¬
bringung eines Gesundheitsattestes des für den Ursprungs¬
ortszuständigen beamteten Thierarztes, auf Grund dessen zugleich
der letztere die Thiere mit einem Farbenstempel am linken Ohre
hat versehen zu lassen. Die Ursprungszeugnisse gelten 8, die
Gesundheitszeugnisse 3 Tage. Bei der Untersuchung zwecks
Einfuhr in den Bezirk Breslau hat der untersuchende beamtete
Thierarzt die Gesnndbefundenen Schweine mit einem Farben¬
stempel am rechten Ohre versehen zu lassen.
Reg.-Bez. Münster: Controls der Viehbestände.
Eine Verordnung vom 11. Mai 1900 bestimmt folgendes:
Jeder Besitzer hat ein Controlbuch (nach Muster) über seinen
Rinder- und Schweine-Bestand zu führen, ans dem der augen¬
blickliche Bestand jederzeit ersichtlich ist, Transportausweise
der von auswärts bezogenen Thiere sind anfzubewahren. Bei
Weidegang sind die vorgeschriebenen Eintragungen im Control¬
buch zu machen. Kann ein Viehbesitzer sein Controlbuch nicht
selbst führen, so hat er seinen Besitz an Rindern und Schweinen
beim Gemeinde-Vorsteher*) anzumelden, desgleichen alle Anlässe,
welche Eintragungen in dem Controlbuch bedingen. Die Auf¬
bewahrung des Controlbuches bleibt Sache des Besitzers. Die
Controlbücher sind vor dem Gebrauch vom Amtmann (Amtsvor-
steher) abzustempeln, welcher auch neue Exemplare aushändigt.
Den Polizeibeamten, beamteten Thierärzten und deren Ver¬
tretern, sowie den Beamten der Verwaltung der indirecten
Steuern („welche hiermit zu Hülfsbeamten der Polizei bestellt
werden“) sind die Controlbücher behufs Revisionen der Viehbe¬
stände zur Einsicht vorzulegen. Alle Weiden müssen am Ein¬
gang die Namen des Besitzers oder Pächters tragen. Zuwider¬
handlungen werden nach §§ .66 No. 1 und 2 und § 67 dee
Viehsenchengesetzes bestraft.
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen.
Ausbruch und zugleich Erlöschen ist am 17. er. gemeldet
aus Sachsenhausen bei Frankfurt a. M. (Ueberständer-Rinder),
sowie ein Ausbruch vom 16. unter Schweinen im Schlacht-
Viehhof zu München.
Thierseuchen im Auslande.
Maul- und Klauenseuche in Süd-Afrika.
In Capstadt eingetroffene Viehsendungen aus Argentinien
wurden, wie „The Standard“ meldet, ebenfalls mit Maul- und
Klauenseuche behaftet befunden. Bei der Landung eines, ver¬
seuchten Transports ereignete sich der kaum glaubliche Vorfall,
dass die in einem Kraal untergebrachten Rinder, welche sofort
abgeschlachtet werden sollten, den Einzäunungsdraht durch¬
brachen, entwichen und sich unter die Heerden von Capfarmern
mischten. Die Seuche ist in Folge dessen auch unter diesen
Beständen ausgebrochen und breitet sich immer mehr aus. Vom
11. Juni er. ab ist die Einfuhr aus Argentinien und Uruguay
in die Capcolonie verboten.
Ein Nutzen der Rinderpest.
Nach einer Mittheilung in der „Blömfontein Post“ hat die
Rinderpest, welche so schwere Verwüstungen in Süd-Afrika
angerichtet hat, den Erfolg gezeitigt, dass die Orte, welche
vorher unter der Tsetse-Fliege zu leiden hatten, jetzt voll¬
kommen frei von dieser lästigen Plage sind, weit die in Folge der
*) Die armen Gemeinde-Vorsteher! S.
Rinderpest gefallenen Rinder und Wildthiere mitsammt der
Fliegeubrut vernichtet worden sind.
Belgien I. Quartal 1900.
Zahl der Krankheitsfälle an: Milzbrand 110, Rauschbrand 63;
Wuth 54, darunter 2 Katzen, ausserdem als verdächtig getödtet
22 Hunde, 9 Katzen und 1 Schwein; Rotz 6, ausserdem wurden
75 Schlachtpferde für rotzkrank befunden, darunter 51 aus Eng¬
land und 1 aus Frankreich stammend; die Maul- und Klauen¬
seuche herrschte im Januar in 110, im Februar in 65 und im
März in 49 Gemeinden. Schafräude wurde im Januar bei 101
Thieren festgestellt. Von der bösartigen Klauenseuche wurden
im März 30 Schafe befallen. Lungenseuche ist nicht aufgetreten.
Norwegen I. Quartal 1900.
Die Zahl der Krankheitsfälle betrug: Milzbrand im Januar
28, im Februar 38, im März 21; bösartiges Catarrhfieber des
Rindviehs 24 bezw. 34 bezw. 23; Schweinerothlauf 41 bezw. 25
bezw. 30; Rauschbrand 3 bezw. 3 bezw. 2; Schweinediphtherie
— bezw. 14 bezw. —; Bradsot 10 bezw. 1 bezw. 3.
Russland HI. Quartal 1899.
Die Zahl der Erkrankungsfälle betrug (nach wenig über¬
sichtlicher Zusammenstellung):
Milzbrand
Tollwuth
Rotz
Maul- und
Klauen¬
seuche*)
■ «
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Schafpocken
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Schweine¬
seuchen
Rinderpest
Oatseeprovinzen
440
181
5
393
8
Polen ....
West-(Wei88-)
953
71
296
101 312
258
—
150
4 010
—
Russland . .
2 047
—
—
3 348
—
903
—
—
—
Kleinrussland
934
—
4819
206
—
—
—
Südrussland . .
1 999 123
3 261
10 506
—
10 932
1669
4 552
—
Nordrussland
1021
—
—
—
—
_
_
—
Grossrussland .
7 259
148
87
3 393
—
3 955
317
1 414
—
Ostrussland . .
5 731
49
196
5 513
1 759
4 826
641
140
—
Kaukasus. . .
673
—
6 053
—
1033
—
—-
—
Transkaukasien
Asiatisches
650
—
_
1 586
72
_
—
8811
Russland . .
4 286
—
—
5 541
5 631
2 986
—
25 694
*) Gesammtzahl der Thiere in den betroffenen Gehöften.
Fleischschau and Yiehyerkehr.
Deutsohe, englische und amerikanische Stimmen znm FMsohbesohaugeeetz.
Das Fleischbeschaugesetz, welches in der vom Reichstag
angenommenen Fassung bereits die Zustimmung des Bundesraths
gefunden hat, giebt in der in- und ausländischen Presse noch
vielfach Anlass zu Besprechungen. Deutscherseits sind es vor
allen die Bündler, welche mit dem Einführparagraphen des
Gesetzes nicht zufrieden sind. In ihrem Sinne hätte die Fleisch¬
einfuhr gänzlich verboten werden müssen, ein Wunsch, den
man wohl begreifen kann, wenn man einen Blick auf die
Entwickelungszahlen der Fleischeinfuhr und der Packindustrie
Amerikas wirft. In einem kürzlich vom Bureau of Statistics in
Washington herausgegebenen Bericht ist die Zahl der in den
Packhäusern der westlichen Staaten verarbeiteten Schweine im
Jahre 1872/73 auf 5916000 Stück angegeben, während im Jahre
1898/99 23651695 Schweine zu Schweinefleischproducten ver-
Digitized by
Google
21. Juni 19U0.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
299
arbeitet worden sind. Das bedeutet eine Steigerung von über
300 Procent in 27 Jahren. Diese ständige amerikanische
Ueberproduction muss auf die Erschliessung von Absatzquellen
Bedacht nehmen, und so weit möglich, wird Amerika sich die
EinfuhrerlaubnisB des § 12 des Fleischbeschaugesetzes zu Nutze
machen. Um so mehr wird Amerika mit der inländischen
Production in Wettbewerb treten können, weil es seine Producte
infolge der billigen, rationellen Mästung und der Centralisation der
Verarbeitungsgelegenheiten an Productionsorte des Rohmaterials
seine Fleischwaaren zu niedrigem Preise mit Profit abgeben kann.
Begünstigt wird der amerikanische Wettbewerb noch durch das
Verlangen unserer Industriebevölkerung nach gerade diesen
Schweinefleischproducten, fettem Speck, Schinkenspeck, Pökel¬
fleisch. Zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit der arbeitenden
Bevölkerung ist es nothwendig, dass die Industriebevölkerung
dieses Fleisch zu einem ihrem Arbeitsverdienst entsprechenden
Preise erhalten kann. Das ist beim amerikanischen Speck u. s. w.
wohl möglich, oder leichter möglich als beim inländischen fetten
Speck u. s. w., weil die Productionskosten, in Anlass der theuren
Futterstoffe, hohen Grundrente n. s. w. zu erheblich sind. Eine
Erschwerung der Einfuhr der genannten Producte würde dem¬
nach unsere industrielle Bevölkerung schädigen, ohne unserer
Landwirthschaft entsprechenden Nutzen zu bringen. Der Vortheil,
welcher den Viehzüchtern und Mästern aus dem Verbot der
Einfuhr von Büchsenfleisch, Wurst, Pökelfleisch unter 4 kg er¬
wachsen wird, wird sich erheblicher erweisen, als die Agrarier
geneigt sind, anzunehmen, weil gerade diese Waaren mehr
oder minder als Zubrod genossen oder zur Fabrikation von
Fleischwaaren verwendet wurden. Der Preis dieser Waaren
an und für sich höher wird von der besser situirten Bevölkerung
gezahlt. Hört jetzt die Concnrrenz der ausländischen, minder-
werthigen Waare auf, so wird der sogenannte Abfall der
Schlachtthiere im Werthe steigen und dementsprechend auch
das ganze Schlachtthier dem Viehzüchter und Mäster besser
bezahlt werden. Bei der Herstellung junger, frühreifer Schlacht-
waare wird der Landwirth prosperiren, und hat er hier auch nicht
die Concnrrenz des ausländischen Producenten zu fürchten.
Stimmen, welche diesen Gang der Ereignisse anzeigen, sind auch
bereits laut geworden. Es sind die Importeure von Lebern,
Zungen und die Wurstfabrikanten. Mit aller Macht suchen diese
eine Aenderung des eintretenden Verhältnisses herbeizuführen.
Bezeichnend ist es, dass sie die Unterstützung der grossen
Masse der Schlächter nicht finden, aus oben angeführten Gründen
wird dies leicht erklärlich. Auch sonst scheinen die Schlächter
bei Erlass des Gesetzes auf Qualitätsverbesserung der Fleisch-
producte, Wurst, hinwirken zu wollen, indem sie für ein Verbot
des Wurstfärbens eintreten.
In kaufmännischen Kreisen sieht man dem Erlass des Ge¬
setzes und der Vollzugsbestimmungen erwartungsvoll entgegen.
Am meisten besprochen wird hier die Frage der Uebergangs-
bestimmungen, d. h. die Weitergestattung der Einfuhr von Büchsen¬
fleisch, Lebern, Zungen auf Grund der vor Erlass des Gesetzes
legitim abgeschlossenen Contracte. Das Aeltesten-Collegium der
Berliner Kaufmannschaft, die deutschen, englischen und
amerikanischen Importeure und die Gesandtschaften Amerikas
und Englands sind diesbezüglich bereits vorstellig geworden.
Bezüglich der eventuell von Seiten Amerikas und Englands zu
erwartenden Repressalien schreibt „Glasgow Herald“, dass von
England derartige Massnahmen nicht ergriffen werden würden,
weil dieselben den'Handelsprincipien Englands zuwider laufen
würden, was Amerika thun wird, muss abgewartet werden.
Einen Ausblick in dieser Beziehung bieten vielleicht die
Ansichten der amerikanischen Packer, welche wir in „Chicago
Drovers’ Journal“ wiedergegeben finden. Mr. Nelson Morris
sagte: „Das Gesetz schneide einen grossen, werthvollen Handel
in Büchsenfleisch, Pökelfleisch und Würsten ab, die etwaige Zu¬
lassung von frischem Fleisch wäre nicht von Belang“. Swift & Co.
denken, dass die Massnahmen sich grösstentheils gegen Russland
und Dänemark richten werden, welche Länder nach Deutschland
ein grosses Geschäft in frischem Schweinefleisch, Schinken,
Abfall und Stückenfleisch gehabt haben. Präsident W. H.
Thompson vom Chicago Live Stock Exchange denkt, die Deutschen
werden bald zu der Einsicht kommen, dass Deutschland das
amerikanische Fleisch nothwendiger braucht, als Amerika
Deutschlands Handelsartikel. Bei Armour & Co. findet man den
Gedanken, dass ein werthvoller Handel von Fleischprodukten
gestoppt wird, aber im Ganzen wird die Massregel in Amerika
nicht zu sehr gefühlt werden, weil Deutschlands Bestimmungen
bezüglich der Fleischeinfuhr sich bereits mehr und mehr dem
Einfuhrverbot genähert haben, namentlich bezüglich der Einfuhr
von frischem Fleisch haben die amerikanischen Packer in Deutsch¬
land nichts werden können. Die letztere Ansicht scheint in aus-
und inländischen Kreisen die überwiegende zu sein und stimmt
auch mit den Ausführungen überein, die ich bereits vor einiger
Zeit in dieser Zeitung ausgesprochen habe. Kühnau.
Sterilisation der tobercoiöeen Milch. Verwendung dee Fleisches und der
tuberoulöseo Organe nach vorheriger Sterilisation.
Von Professor Gallier-Lyon.
(Journal a Lyon 31. 1. 1900.)
Kochen und Sieden sterilisiren Milch und Fleisch, welche
Tabefcelbacillen. enthalten; an 100« annähernde Temperaturen
geben dasselbe Resultat, wenn sie genügend lang zur An¬
wendung kommen. Wenn aber die Milch eine grosse Zahl
Tubercelbacillen enthält, so sind Temperaturen von 70, 75, 80
und 85° vielleicht ungenügend, um eine gute Sterilisation zu
erzielen.
G. hat Ferkeln eine bacillenreiche Milch intraperitoneal
injicirt, die sechs Minuten lang auf 70, 75, 80, 85 und 90° er¬
wärmt worden war. Fast alle Thiere, die mit Producten be¬
handelt worden waren, die Temperaturen von 70 resp. 75° aus-
gesetzt waren, starben tuberculös. Einige der Thiere, die auf
80 resp. 85° erhitzte Milch erhalten hatten, zeigten ebenfalls
Tuberculose. Dagegen blieben die Thiere, die nur mit auf 90°
erhitzter Milch behandelt waren, bis auf eins gesund.
Zwei Ferkel, die täglich fünf Mahlzeiten von je vier Litern
Milch' und einem Geliack von tuberculösem Material erhielten,
die vorher durcheinander gerührt und während 20 Minuten auf
75° erwärmt wurden, erkrankten an Tuberculose. Die Milch der
tuberoulösen Thiere muss also zum Sieden gebracht werden, wenn
sie consumirt werden soll.
Andererseits hat G. einem jungen Schweine vom 26. Mai 1899
ab in zehn Mahlzeiten ungefähr 12 kg tuberculose Materien
verabreicht, die bei 110° sterilisirt und mit 150 ccm Euterculin
vermengt worden waren. Am 11. Januar 1900 war das Thier,
das nie krank zu sein schien, in gutem Mastzustand. Die
zufällige Aufnahme von sterilisirten tuberculösen Organen kann
also keine Vergiftung veranlassen und ist keine Gefahr zu
befürchten vom Consum des Fleisches und der Organe tuber-
culöser Thiere, wenn sie gut gekocht sind, auch -wenn sie einige
Läsionen zeigen.
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300
Bücheranzeigen und Kritiken.
Handbuch der vergleichenden Anatomie der Hausthiere. Neunte
Auflage der Gurlt’schen, später von Leisering und Müller
bearbeiteten Anatomie. Neubearbeitet von Ellenberger und Baum.
Berlin 1900. Verlag von August Hirschwald.
Das altbekannte Werk hat schon in der vorigen Auflage
wirklich wesentliche, d. h. principielle Aenderungen erfahren,
die sich durchweg als Verbesserungen darstellten. Die Autoren
sind dabei aber nicht stehen geblieben, sondern haben auch die
vorliegende Auflage noch um vieles Werthvolle bereichert.
Das Princip ihrer Darstellung, dem ich meinerseits nur voll¬
kommen beitreten kann und das ich für den practischen thier¬
ärztlichen Unterricht für das allein anwendbare halte*), ist folgendes:
Jeder grosse Abschnitt wird eröffnet mit einer kurzen all¬
gemeinen Darstellung des Essentiellen. Es folgt die Specialbeschrei¬
bung des Pferdes, dann (auf jene Bezug nehmend und desshalb
entsprechend gekürzt) diejenige der einzelnen übrigen Hausthiere.
Namentlich die obengenannten allgemeinen und die dem Rind,
Schwein und Hund gewidmeten Gapitel sind nun in der neuen Auf¬
lage noch wesentlich verbessert worden. Die letzteren könnten
freilich noch um vieles ausführlicher sein, aber gerade für ein Lehr¬
buch, für den Studenten, ist das Gebotene eben richtig abgemessen.
Die neue Auflage kommt übrigens noch deswegen besonders
gelegen, weil sie zugleich die anlässlich des Badener Congresses
nach langen Vorarbeiten beschlossene neue Nomenclatur ent¬
hält. Dem Uebereinkommen gemäss haben die Autoren an den
wenigen Stellen, wo sie eigene Namen bevorzugen, die be¬
schlossenen „Commissionsnamen“ in Klammer beigefugt.
Selbst die Verlagsbuchhandlung hat etwas gethan, indem
sie eine Anzahl neuer Abbildungen genehmigt hat.
So wird also das Erscheinen der neuen Auflage dem Buche
wie seinen Lesern zu statten kommen. Schmaltz.
Meyer’8 Kleine« Conversationslexicon- Sechste gänzlich um¬
gearbeitete und vermehrte Auflage, 2700 Seiten, 168 Tafeln,
80000 Stichworte. 3 Bände ä 10 M.
Für diejenigen, welche sich ein grosses Conversationslexicon
nicht beschaffen wollen, ein vollständig ausreichendes Nach-
schlagebuch, dessen Raumbeschränkung nicht durch Verringerung
der Zahl der Stichworte, sondern lediglich durch knappere
Fassung der einzelnen Artikel herbeigeführt ist.
Prof. Pott: Der Formalismus in der Landwirthschaftliohen Thierzucht.
Sonderabdruck aus der „Wiener landwirthschaftlichen Zeitung“,
1900 Wien. Die Streitschrift des Verfassers ist unseren Lesern
aus früheren Referaten bekannt. Die Broschüre beschäftigt
sich mit der gegen die erste Publication erwachsenen Polemik.
Personalien.
Ernennungen etc.: Dr. Ströse, Oberthierarzt der Btädt. Fleisch¬
beschau in Hannover, zum Hilfsarbeiter im Kaiserlichen Gesundheits¬
amt in Berlin; Polizeithierarzt Fr. Grebe zu Cöln zum com.
Kreisthierarzt für Rbeinbach.
*) In den Vorlesungen bin ich noch weiter gegangen; Lh lese
Anatomie des Pferdes für das erste Semester nnd gesondert davon
vergleichende Anatomie der Hausthiere für das dritte, was sehr gut
durchführbar ist Ich halte es für viel zu schwierig, von vornherein
für den Anfänger alle Objecte in einer Vorlesung nebeneinander zu
stellen. Unser anatomischer Unterricht verfolgt denselben Zweck,
wie der der Mediciner, practische Aerzte zu erziehen, und darf daher
nicht vom Standpunkte des Zoologen aufgefasst werden. S.
No. 26.
In Bayern: Joseph Bodenmüller, Bezirksthierarzt in Erlangen
pragmatisch angestellt. Die Zuchtinspectoren A. Hengen-Kaisers¬
lautern, E. Meister-Bayreuth und Joh. Schmid-Ansbach unter
Belassung in ihrer bisherigen Thätigkeit als Zuchtinspector zu
Bezirksthierärzten extra statum.
Gewählt: Schlachthofvorsteher Ehrle in Viersen zum Schlacbt-
hofinspector in Frankfurt a. 0., Holzapfel, Districtsthierarxt in
Waldkircben (Niederbayern), zum städtischen Thierarzt in Lössnitz
(Sachsen), H. Lange (Haltern) zum Schlachthofdirector in Neheim,
Jakob Semmler-Bitsch (Lothringen) zum Schlachthofdirector in
Zweibrücken (Pfalz), Thierarzt Staubitz zum Sanititsthierarzt
in Dresden-Löbtau (VUI. Fleischschaubezirk).
Wohnsltzverlnderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die
Thierärzte Klingelstein von Fürstenwalde nach Berlin, A. Rande¬
rath als bezirksthierärztl. Assistent nach Füssen an Stelle des
bisherigen Assistenten R. Ungiert.
In der Armee: Die Rossärzte Schmidtchen (Lehrschmiede
Dresden) und Uh lieh (48. Art-Rgt.) gegenseitig versetzt
TodesfUle: Departementsthierarzt a. D. Professor Schell-Bonn;
Ferd. Schregel, erster Schlachthofthierarzt zu Cöln.
Yacanzen.
(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Krelsthlerarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Cassel: Gersfeld (600 M.), (erneut ausgeschrieben,)
Gesuche innerhalb 4 Wochen an den Regierungspräsidenten.
— R.-B. Köln: Waldbröl (neuerrichtet) (600 M. Gehalt, 200 M. aus
Kreismitteln, 810 M. für Beaufsichtigung der Viehmärkte). Be¬
werbungen bis 18. Juni an den Regierungspräsidenten.
Bayern: Districtsthierarztstelle in Waldkirchen Bez.-A. Wolf¬
stein (ca. 1000 M.) Bewerb, an das Bezirksamt.
Deutsch-Südwest-Afrika: Für das Kaiserliche Gouverne¬
ment vorläufig zur comm. Beschäftigung 2 approb. Thierärzte zum
sofortigen Antritt (6000 M. Anfangsgehalt, Wohnung etc. Hin- und
Rückreise; 1000 M. Ausrüstungsgelder; 3 Jahre Verpflichtung).
Bewerb, an die Kolonialabtheilung des Auswärtigen Amtes.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Aachen: Montjoie. — R.-B. Cöslin: Bütow und Stolp(Nord)
— R.-B. Wiesbaden: St. Goarshausen.
Saaitfttsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt bis 1. October (Beschäftigung
diätarisch, Vierteljahr. Kündigung; 1500 M. p. a.). Bewerbungen
an den Magistrat. — Erfurt: Schlachthofassistenzthierarzt (2000 M.)
Meldungen an den Magistrat. — Halle: Assistenzthierarzt am
Schlacht- und Viehhof sofort (1800 M. Dienstwohnung). Meldungen
an den Director.
b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Casse 1: 3. Schlachthofthierarzt. — Dresden: Mehrere Hilfsthierärzte.
— Eberswalde: Schlachthofinspector. — Johanngeorgenstadt
und Nachbargemeinden: Thierarzt für Fleischbeschau. — Königs¬
wartha i. S.: Thierarzt für Fleischbeschau. — Klingenthal. —
Lunzenau: Thierarzt für Fleischschau. — Mülhausen (Eisass):
Schlachthofverwalter. — Pausa. — Pössneck: Thierarzt für
Fleischbeschau. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Pritzerbe:
Thierarzt für Schlachtvieh-und Fleischbeschau. — Wamsdorf.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt — Peiskretscham (Ober-Schles.): Thier¬
arzt. Bewerbungen beim Magistrat. — Schönbaum (Danzig).
— Sold au (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Eickel. — Mengeringhausen
(Waldeck). — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.).
— Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze (Mecklb.).
— Wolkenstein.
Besetzt: Kreisthierarztstelle in Rheinbach. — Sanitätsthierarzt-
stelle in Neheim.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Verantwortlich fOr des Inhalt (excL Inseratenthell): Prot Dr. Schmält» in Berlin. — Verlag nnd Elgeathom von Richard Scboetz ln Berlin. — Druck tqp W. BQxenjtein, Berlin
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Die „Berliner Ttaiertntilehe Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich ln Stärke von mindestens li/. Bogen. Dieselbe
ist *u beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1068)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
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Berliner
Original bei träge werden mit 60 Hk. fflr den Bogen honortrt
Alle Manuscripte, Mittheilungen (ind redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. 8chmalte,
Berlin, thlerärztlicbe Hochschule, NW, Luisenstrasse 66.
Correcturen, Recenslons-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heransgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. B. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard ächoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
1 BB ^ —SWSWP^—I L B———
Jahrgang 1900. M 26 . Ansgegeben am 28. Jnni.
Inhalt: Bernhardt: Ueber die periodische Augenentzündung der Pferde. — Maler: Jahrbach der deutschen Land¬
wirtschafts-Gesellschaft. — Zur Richtigstellung. — Referate: Christiani: Infectiöser Catarrh der Luftwege. — de Mia:
Die Hämatinurie bei den Rindern in den Niederungen des Po. — Rabus: Tropon. — Silberschmidt: Ueber eine nene pathogene
Streptothrlxart. — Friedmann: Erfahrungen über die Kindermilch nach Backhaus. — Tagesgeschichte: Die Liquidationen
beamteter Thierärzte in Preussen. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinär¬
polizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Bücberanzeigen and Kritiken. — Personalien. — Vaoanzen.
Ueber die periodische AugenentzUndung der Pferde.
Von
Dr. L Berahardt-Gudwallen,
Könlgl. Geatfltthierarzt.
Die periodische Angenentzündung des Pferdes ist eine
Krankheit, über deren Entstehung, Ursache der Verbreitung,
Bekämpfung und Vererbung selbst in Fachmännerkreisen die
verschiedensten Ansichten herrschen. Dass dies sich so verhält,
ist zwar bedauerlich, es ist aber den Thierärzten, die sich schon
viel mit dieser Frage beschäftigt haben, daraus kein Vorwurf
zu machen. Die ungenügende Klärung der Ansichten über dieses
Leiden ist dem Umstand zuzoschreiben, dass nicht hinreichend
Material zur Verfügung steht, das in allen Stadien der Krankheit
genau pathologisch-anatomisch untersucht werden könnte. Denn
es gehören grosse Geldmittel dazu, um dieses Material zu be¬
schaffen, Geldmittel, welche die private Leistungsfähigkeit
einzelner Forscher übersteigen; der Staat aber hat sich noch
nicht entschlossen können, für diesen speciellen Zweck ein
Uebriges zu thnn. Ich hege auch Zweifel an dem Vorkommen
so ideal angehauchter Pferdebesitzer, die aus reinem Interesse
für diese Frage ihrem Pferde ein frisch erkranktes Auge heraus¬
nehmen Hessen, denn die dadurch herbeigeführte Entwerthung
des Thieres stünde in keinem Verhältnis zn dem directen Nutzen,
den sie selbst von dieser Operation erwarten dürften, da dieser
zunächst nur der Allgemeinheit zu gute käme. Trotz aller
dieser Schwierigkeiten wollen wir das Studium dieser interessanten
Krankheit nicht vernachlässigen und einstweilen noch den bisher
eingeschlagenen Weg der Beobachtung weiter wandeln, indem
wir unsere Wahrnehmungen und Gedanken mittheilen zur An¬
regung für- nnd Ergänzung durch andere.
Unter der periodischen, oder besser gesagt, inneren Augen¬
entzündung in ihrer acuten Form verstehen wir eine spontan
auftretende Entzündung der Regenbogen- und Aderhaut mit
Exsudatbildung verschiedenen Charakters: fibrinös, fibrinös-eitrig
nnd von solchem beider Arten, dem mitunter noch Blut bei¬
gemischt ist. Dieses Exsudat setzt sich gewöhnlich in der
vorderen Angenkammer ab. Es kann durch dasselbe auch eine
Verklebung der Hinterfläche der Iris mit der Vbrderfläche der
Linsenkapsel stattfinden. Verbunden mit diesen Erscheinungen
ist immer ein Bindehautkatarrh, dessen Product in leichten
Fällen reichlich seröse, in schweren serös-schleimige Flüssigkeit
ist, die sich im Lidsack ansammelt, weil die Lider krampfhaft
geschlossen werden. Diese selbst sind geschwollen, die Cornea
ist wie mit Fett beschmiert und weist zahlreiche kleine Defecte vom
Umfang feiner Sandkörner auf, sie kann auch partiell infiltrirt
sein. Die Pupille ist immer stark verengt, mitunter zu einem
schmalen Spalt zusammengezogen und hat oft eine ganz unregel¬
mässige Form. Die Iris erscheint auf ihrer Vorderfläche stark auf¬
gelockert nnd heller gefärbt. Nach der künstlichen Erweiterung der
Papille mittelst Atropin schimmert der Augenhintergrund gelblich¬
grün, Linse und Glaskörper erscheinen gequollen, gallertig, die
papilla optica diffus röthlich. Mit diesen Erscheinungen setzt
die Krankheit ein. Da meistenteils keine Verletzung am Auge
oder in der Umgebung desselben zn sehen ist, auch sonstige
Umstände unbekannt sind, die das plötzliche Einsetzen der
Krankheit erklären würden, so hat man als Ursache davon schon
die verschiedensten Dinge beschuldigt: feuchtes, multriges Futter
feuchte, dampfe Ställe, undurchlässigen Boden, plötzlichen
Witterungsumschlag, Erkältung, sumpfige Gegenden, bestimmte
Pferdeschläge, die dazu neigen, besonders Kreuzungen, rheuma¬
tische Diathese, Vererbung, Verwundungen, Ursachen, welche
eine Stauungshyperämie im Kopf herbeiführen, Miasma, Contagium,
Infection durch einen Pilz, der auf der Cornea wuchert nnd sie
mit seinem Mycel durchbohrt, Micrococcen, malariaähnliche
Plasmodien, Parasiten, die mit dem Trinkwasser aufgenommen
werden, Infection durch einen Hengst, der mit dem Uebel be¬
haftet ist, Rhabditisformen, die auf dem Blutweg in das Auge
gelangen etc.
Wer öfters derart erkrankte Pferdeaugen zn untersuchen
Gelegenheit hat, und zwar in den allerersten Anfängen des
Leidens, wo noch kein Exsudat sich gebildet hat oder nur in sehr
spärlichen Flocken, dem fällt es auf, dass Anfälle, bei denen das
Exsudat rein fibrinös ist, oft von einem zum andern Tag sich
so bessern können, dass änsserlich keine sichtbaren Spuren der
überstandenen Krankheit zn sehen sind.
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802
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT
No. 26.
Auch solche Erkrankungen, bei denen das Exsudat fibrinös-
eitrig ist, können nach einigen Tagen bei passender Behandlung
verschwinden, ohne grössere Läsionen zu hinterlassen, oder es
bleiben nur solche Gewebsveränderungen in Linse und Glas¬
körper zurück (Starpunkte, leichte wolkige Trübungen), welche
die Sehkraft nicht dauernd und bedeutend beeinträchtigen. Die¬
jenigen Fälle aber, bei denen das Exsudat von vorn herein mit Blut
vermischt ist und in schweren Wolken die vordere Augenkammer
anfüllt, bedeuten eine bedenkliche Erkrankung des Augeninnern.
Totale Trübung der Linse und des Glaskörpers, Verflüssigung
des letzteren, Ablösung der Netzhaut bleiben gewöhnlich zum
dauernden Andenken zurück. Demnach muss die Entzündung
der Iris und Chorioidea durch einen Reiz hervorgerufen sein,
der in seiner Wirkung die verschiedensten Abstufungen auf¬
weist. Das Fernsein jeder gröberen Verletzung des Auges und
seiner Umgebung beweist, dass der Entzündungsreiz nicht von
aussen kommen kann. Demnach kann das schädliche Agens nur
auf dem Wege der Blutbahn ins Auge gelangt sein. Man könnte
an Micrococcen oder Bacterien denken, aber diese Infectkms-
stoffe begnügen sich nicht, wenn sie einen so schönen Nähr¬
boden wie das Augeninnere gefunden haben, mit der Erzeugung
der gewöhnlich bei dieser Krankheit beobachteten pathologischen
Erscheinungen. Sie würden durch rapide Vermehrung ganz
andere Zerstörungen im Augeninneren hervorrufen, als wie man
sie gewöhnlich, auch nach heftigen Anfällen von Mondblindheit,
zu beobachten Gelegenheit hat. Zudem müssten dann diese
Anfälle regelmässig im Anschluss an Druse, Brustseuche etc.
wahrzunehmen sein, was nach den seitherigen Erfahrungen in
diesem Umfang nicht der Fall ist. Ausserdem haben directe Ueber-
impfungen des Inhalts kranker Augen in gesunde zu keiner An¬
steckung geführt, wie Versuche von Schwarznecker und
Schütz bewiesen haben. Das entzündungserl'egerid'C
Agens trägt also den Character eines aseptischen
Fremdkörpers an sich, der durch seine Gegenwart eine
Störung in den Circulationsverhältnissen der Ader-
und Regenbogenhaut erzeugt. Die entzündliche Hyperämie
dieser Theile ist die Nothwehr gegen das Eindringen des Fremd¬
lings, der unter allen Umständen unschädlich gemacht werden
muss. Es kommt nun ganz darauf an, wer stärker ist. Kann
der Eindringling schnell aufgelöst werden, dann verläuft der
Entzündungsprocess rasch und ohne dauernden Schaden. Das
in Folge der Entzündung ausgeschiedene fibrinöse Exsudat wird
resorbirt, und mit der Zeit tritt in den übrigen Organen des
Augeninnern wieder ein verhältnissmässig normaler Zustand ein.
Ist der Fremdkörper aber zäherer Natur, müssen Lencocyten
auswandern, um ihn zur Auflösung oder Einkapselung zu bringen,
dann weist das Exsudat schon einen mehr eiterähnlichen Cha¬
racter auf, und in der Linse und dem Glaskörper werden, wenn
der Anfall vorbei ist, immer kleine Merkmale (Punkte, wolkige
Trübungen, Pigmentflecke auf der vorderen Linsenkapsel) Zurück¬
bleiben. Sieht man aber gleich zu Anfang des Anfalls mit Blut
vermischtes, fibrinös eitriges Exsudat in schweren dichten
Wolken die vordere Augenkammer anfüllen, dann kann man
darauf schliessen, dass der ins Auge verirrte Fremdkörper so
zäher Natur ist, dass die natürlichen Hülfsmittel des Organismus,
die ihm in dem Entzündungsprocess gegeben sind, nämlich auf¬
zulösen oder einzukapseln, einfach versagen, d. h. sie werden
mit dem Feind erst Herr, wenn die angerichteten Zerstörungen
so gross sind, dass eine restitutio ad integrum nicht mehr
möglich ist, denn so zarte Gewebe, wie diejenigen der Linse
und des Glaskörpers müssen unter einer länger andauernden,
local begrenzten Entzündung in ihrer Nachbarschaft irreparable
Veränderungen erleiden, wie jeder einsehen wird, dem der Ver¬
lauf derartiger Vorgänge bekannt ist. Ich glaube, es dürfte
nicht unrichtig sein, die innere Augenentzündung unter dem
Gesichtspunkt der Einheilung*) von Fremdkörpern anzu¬
sehen, denn so werden uns die sich im Augeninnern ab¬
spielenden Processe am besten verständlich. Solche Anfälle
können sich erfahrungsgemäss in ganz kurzer Zeit wiederholen,
es können aber auch Jahre hingehen, ehe es wieder dazu kommt,
und manchmal ist überhaupt kein Anfall mehr zu beobachten.
Um eine Erklärung dafür zu finden, müssen wir unsere Auf¬
merksamkeit dem muthmasslichen Fremdkörper zuwenden, der
auf dem Wege der Blutbahn ins Auge gelangt.
Darüber sind alle Beobachtungen einig, dass die Mondblind-
heit besonders gerne in Gegenden vorkommt, die undurchlässigen,
sumpfigen Boden haben oder viel unter Ueberschwemmungen
leiden. Es wäre demnach anzunehmen, dass die Pferde mit
dem auf solchem Boden gewachsenen Futter oder mit dem
Trinkwasser Parasiten allerkleinster Art, einzellige Lebewesen,
wie sie Will ach in den Augen von Mondblinden nachgewiesen
hat, in sich aufnehmen, und dass diese dann vom Verdauungs-
tractus aus ihren Weg durch die Lymphbahnen in die Blutbahn
finden. Dass diese Möglichkeit gegeben ist, lässt sich nicht
von der Hand weisen, besonders in solchen Gegenden, wo Stuten
mit ihren Fohlen, oder junge Pferde auf Plätzen weiden, in
deren Nähe mit Absicht ein Tümpel sich findet, aus dem sie
nach Belieben ihren Durst löschen können. So kann man es in
Ostpreussen überall sehen. Und doch kommen in Anbetracht
der grossen Anzahl Pferde, die dort aufgewachsen, verhält¬
nissmässig wenig Fälle von periodischer Augenentzündung
vor. Es drängt sich einemabcr ganz Vön ftelbät itetf Gedänke
auf, dass das schädliche Agens ein Stoff sein muss, der in der
Blutbahn vorhanden zu irgend einer beliebigen Zeit von seinem
Lieblingssitz losgerissen und in das Auge verschwemmt werden
kann —, (notabene, wenn ein von Natur aus weites Gefässnetz
im Auge dies gestattet, und der Fremdkörper nicht schon an
einer Stelle abgefangen wird, wo die Reizerscheinungen, die er
verursacht, gar nicht zur Beobachtung kommen, oder nur eine
mehr oder minder heftige Conjunctivitis durch ihn erzeugt wird.
Denn da das Gefässgebiet des Auges und seiner Umgebung mit
einander zusammenhängt und Störungen in einem oder dem anderen
Theil auch an den übrigen sich geltend machen, je nach der
Intensität der Einwirkung, so lässt sich so am ungezwungensten
das häufige Entstehen von Conjunctiviten bei Pferden erklären,
für deren Auftreten man sonst absolut keine Deutung hat, wenn
man nicht gerade Erkältung, das Wetter oder sonstige Um¬
stände indifferenter Art beschuldigen will) — wenn man in
Betracht zieht, dass viele Pferde, die ihr ganzes Leben unter
den denkbar günstigsten hygienischen Bedingungen zubringen
(Gestütpferde), oft in vorgerücktem Alter noch Anfälle von
Mondblindheit durchmachen.
Bölling er hat nachgewiesen und andere Forscher haben
es bestätigt, dass 90—94 pCt. aller Pferde mit Wurmaneurysmen
der Eingeweidearterien behaftet sind. Diese Veränderungen
werden gerade durch die Jugendformen des Strongylus armatus
erzeugt. Meines Erachtens liegt es sehr nahe, die Mondblindheit
der Pferde mit diesem Parasiten in Zusammenhang zu bringen.
*) von Biingner; Ueber Fremdkörpereinheilung (Pflügers
Archiv).
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28. Juni 1900.
BERLINER THIERÄUZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Das ganz unvermuthete Einsetzen der Krankheit, auch bei
Pferden, die unter gesundheitlich absolut günstigen Bedingungen
leben, und die rein willkürliche Wiederholung in den unregel¬
mässigsten Zeiträumen sprechen Für eine Ursache, die immer
vorhanden ist und die sich zur Geltung bringen kann, wenn der
Znfall es will. Diese Bedingungen treffen auf den Strongylus
armatus und seine Lebensweise im Pferdekörper zu; der Parasit
hat seinen bevorzugten Wohnsitz an bestimmten Stellen der
Blntbahn, seine Jugendformen, innerhalb der Blutbahn ab¬
gesetzte Eier oder Stoffwechselprodncte sind so klein, dass sie
auch in enge Gefässgebiete, wie z. B. die des Auges ver-
schwemmt werden können.
Wenn dies nur selten vorkommt, so ist es, wie ich glaube,
die Probe aufs Exempel, denn warum sollte gerade das Auge
immer das Ziel dieser im Blutstrom mitgeführten Körper sein,
wo ihnen doch der ganze Körper mit seinen Organen zur Ein¬
wanderung offen steht. Ich habe schon einige Fälle zu be¬
obachten Gelegenheit gehabt, die mich bestärkten einen Zu¬
sammenhang zwischen periodischer Augenentzündung und dem
Parasitismus von Strong. armatus anzunehmen. Ein Absatzfohlen
war schwer erkrankt unter Symptomen, die mir bekannt sind
als hervorgerufen durch Auswanderung von Strongylus armatus-
Brut aus dem Darm. Nach einigen Tagen war es wieder ge¬
sund. Ich machte den Besitzer, der mich zu Rath gezogen
hatte, sogleich darauf aufmerksam, dass, wenn einmal das eine
oder andere Auge thränen sollte, er gleich Atropin einträufeln
müsse. Im Laufe von 5 Monaten hat das Fohlen drei Anfälle
periodischer Augenentzündung dnrchgemacht. Die dauernden
Veränderungen, die zurückgeblieben sind, bestehen nur in leichter
wolkiger Trübung der Linse, äusserlich, d. h. ohne Augenspiegel,
ist dem Auge kaum etwas anzusehen. ...
Nach diesen Ausführungen dürfte es keine Zumuthnng an
die Sachverständigen sein, den Parasitismus des Strong. armatus
im Pferdekörper als Ursache der periodischen Augenentzündung
für wahrscheinlich erscheinen zu lassen. Zur völligen Beweis¬
führung fehlt freilich noch manches Glied in der Kette der
Gründe, weil überhaupt über die Lebensweise und Lebens¬
bedingungen des Strongylus armatus selbst noch manches nicht
absolut sicher gestellt ist. Zugleich mit der Klarlegung dieser
Verhältnisse wird auch die Frage entschieden werden, wie sich
die für das Pferd so verhängnissvolle Augenkrankheit weiter
verbreitet und am besten bekämpft wird. Wir sind daher zu¬
nächst noch auf mehr diätetische Massregeln zur Verhinderung
des Uebels angewiesen, so lange wir keine Mittel gefunden
haben, die mit unbedingter Zuverlässigkeit den Strong. armatus
ans dem Pferdekörper beseitigen und den Parasiten allmählich
ganz ausrotten. Ich halte dafür, dass in Gegenden, wo die
Pferdezucht intensiv betrieben wird, als bestes Vorbengnngs-
mittel gegen die Mondblindheit die Anlegung von genügend
grossen Rossgärten auf hochgelegenem Ackerboden sein dürfte.
Dieser Boden wäre mit Klee oder anderen angesäten Futter¬
kräutern zu bestellen und, wenn die Weide im Rossgarten er¬
schöpft ist, den Pferden solches Futter von anderen Aeckern
durch Ochsen zuzufahren. Ich schlage letztere Beförderungsart
deshalb vor, weil der Parasit erfahrungsgemäss beim Rind nicht
vorkommt und somit nicht durch den Koth dieser Thiere auf
den Boden des Rossgartens ausgestreut wird, von wo er dann
mit dem Futter von den Pferden anfgenommen werden könnte.
Das Tränken wäre zu bestimmten Zeiten aus aufgestellten
Trögen zu bewerkstelligen, die durch ein gutes Brunnenwasser
3Ö3
gespeist würden. Jeder Tümpel oder Bodenvertiefungen, wo
sich solche bilden könnten, müssten in dem Rossgarten beseitigt
werden durch Auffüllung mit gutem Ackerboden.
Aufs engste verknüpft mit der Frage der Bekämpfung der
periodischen Augenentzündung ist diejenige bezüglich der Ver¬
erbung dieser Krankheit Auch darüber gehen die Ansichten
weit auseinander, und selbst an solchen Orten, wo man in dieser
Beziehung genaue Beobachtungen machen kann, wie z. B. in
Gestüten, kann man von den Sachverständigen die verschiedensten
Urtheile hören. Und es ist in der That schwer zu entscheiden,
wie weit beim Entstehen der Mondblindheit die Vererbung
schuld sein könnte, und wie weit es die gemeinsamen Lebens¬
bedingungen sind, unter denen sich alle Pferde eines Gestüts
befinden. Für die Pferdezucht im Allgemeinen und für Land-
und Zuchtgestiite ganz besonders, ist es aber von grösstem
Interesse, zu wissen, ob ein Beschäler, der an periodischer
Augenentzündung gelitten hat, von der Zucht ausgeschlossen
werden muss. Es kommt vor, dass ein Zuchthengst, der lange
Jahre mit bestem Erfolg in seinem Beruf gewirkt und Fohlen
gezeugt hat, die bezüglich Exterieur und Leistung nichts zu
wünschen übrig Hessen und von denen auch nicht bekannt
wurde, dass sie in besonderer Weise von Augenleiden heim¬
gesucht wurden, noch in späteren Jahren von Mondblindheit
betroffen wird. Müssen nun die Producte, die nach dieser
Krankheit von ihm stammen, absolut mit diesem fluchwürdigen
Leiden belastet sein? Ich kann mich auf Grund meiner Be¬
obachtungen und der theoretischen Erwägungen, die ich im
Lauf dieser Mittheilnngen dargelegt habe, nimmermehr dazu
entschliessen, dies anzunehmen. Um aber auch den diesen Ver¬
hältnissen ferner stehenden Sachverständigen auf Grund von
statistischen Notizen einen Anhalt für sein Urtheil zu bieten,
gebe ich im folgenden die in Trakehnen vorgekommenen Fälle
von periodischer Augenentzündung bekannt, die ich vor drei
Jahren in den Krankheitsberichten, Stutbüchern und Auctions-
Ugtejn zusammengesucht und verfolgt habe, um auf dieser Basis
zu eruiren, inwiefern die Vererbung bei diesem Leiden eine
Rolle gespielt haben könnte.
T. Mutterstuten mit bedeutenden Augenfehlern in Folge
periodischer Augenentzündung.
Name Zahl der Nachkommen Angenfehler
June.
Allbekannte....
Gernot (rechts blind)
Drude.
Schildwache . . .
Instanz .
Atzung . ... .
Hydra.
Pereskie
Palla . .
Jageilona
Tuscia
Hnronin .
Hispaniola
6
7
4
3
4
8
8
11
Keine
1 Fohlen, vor der Er¬
krankung der Mutter
geboren, hatte perio¬
dische Angenentzün¬
dung, wurde ljährig
verkauft
Keine
2 ohne, 1 mit Angen¬
fehler
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804
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 26
Name Zahl der Nachkommen Angenfehler
Marine. 11 1 mit Angenfehler.
stammen von einem Hengst Paschal, der
wegen periodischer Angenentzündung aus-
rangirt wurde. Sie waren geboren znr Zeit,
da der Hengst noch gesund war. Die
Mütter dieser Stuten haben keine Angen¬
fehler, von beiden Stuten stammt je
1 Fohlen mit gesunden Augen.
2. Stuten ohne Augenfehler mit mondblinden Nach¬
kommen:
Atokia. 2 1 mit Augenfehler
(Vater und Mutter
gesunde Augen)
Ango. 2 1 Jährling, do.
Erdmuth. 3 eine 3jährige Stute,
do.
Panama. 9 8 haben gesunde
Augen, 1 Jährlings¬
hengst mondblind.
(Vater und Mutter
haben gesunde Augen)
3. Zuchthengst mit periodischer Augenentzündung.
Paschal, am rechten Auge Staarfleck in Folge periodischer
Augenentzündung im Jahre 1888 nach der Deckzeit. Von den
GO Nachkommen sind nur Damantine und Dalmatica, welche vor
seiner Erkrankung geboren sind, mit periodischer Augenentzündung
behaftet. Er wurde verkauft und weiter zur Zucht benutzt.
Ziehen wir den Schluss aus diesen Notizen! Für eigent¬
liche Vererbung von Mondblindheit kämen nur die Mutterstuten
Hydra, Marine und Hispaniola in Betracht. Jede von ihnen
hat ein Fohlen, was später an periodischer Augenentzündung zu
leiden hatte. Zwei von ihnen haben aber noch je 10 und eine
noch 2 Nachkommen mit gesunden Augen, ein Umstand, der an
und für sich schon gegen eine Vererbung der Krankheit von
mütterlicher Seite spricht, auch wenn man zur Unterstützung
dieser Behauptung die übrigen 12 mondblinden Mutterstuten mit
ihren 57 mit gesunden Augen ausgestatteten Nachkommen nicht
in Betracht zieht. Ferner finden wir, dass 4 Mutterstuten mit
gesunden Augen je einen Nachkommen mit Augenfehler in Folge
periodischer Augenentzündung haben, die Väter dieser Thiere
haben gesunde Augen, ebenso die 12 übrigen Nachkommen dieser
Mütter. Auch diese Umstände scheinen die Vererbung auszu-
schliessen. Die 60 Nachkommen des Hauptbeschälers „Paschal“
mit Ausnahme von Damantine und Dalmatica haben alle gesunde
Augen. Diese beiden Stuten sind 2 Jahre vor der Erkrankung
ihres Vaters geboren. Man könnte also höchstens von einer
Vererbung der Disposition zur Erkrankung sprechen, die in
einem weiten Gefässsystem des Auges zu suchen sein dürfte.
Nach seiner Ausrangirung wurde der Hengst privatim noch
zur Zucht verwendet. Von dem Besitzer habe ich 10 Jahre
später auf eine diesbezügliche Anfrage den Bescheid erhalten, dass
der Hengst noch viele vorzügliche Producte geliefert habe, die
alle mit gesunden Augen ausgestattet waren. Die Angaben
sprechen alle gegen eine directe Vererbung des Leidens.
Bezüglich der Therapie desselben ist die frühzeitige Er¬
kennung der Krankheit änsserst wichtig. Die nicht zu schweren
Anfälle können so in kurzer Zeit coupirt werden. Von meiner
Annahme ausgehend, dass es sich um einen Einheilungsprocess
handelt, suche ich in erster Linie die durch den Reiz erzeugte
Damantine . .
Dalmatica . .
Exsudation zu beschränken, indem ich sofort eine 2% Atropin¬
lösung in den Conjunktivalsack einträufle. Durch die Er¬
weiterung der Iris wird eine Verklebung derselben mit der Linsen-
kapsel verhütet und die Exsudation beschränkt, da durch eine
Verkleinerung der Irisfläche mechanisch ein Druck auf die in
ihr enthaltenen Gefässe ausgeübt wird. Zur Beschleunigung
der Resorption des vorhandenen Exsudats und zum Zweck der
schnellen Einheilung des Fremdkörpers werden feuchtwarme
Umschläge applicirt, um die Blutcirculation im Auge recht lebhaft
zu gestalten. Je intensiver diese wirken, um so schneller der
Erfolg, und um so mehr ist Hoffnung vorhanden, dass durch
die eventuell zurückbleibenden pathologisch-anatomischen Ver¬
änderungen die Sehkraft nicht allzuerheblich beeinträchtigt wird.
Jahrbuch
der deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft.
Herausgegeben vom Directorium, Band 14, 1899.
Besprechung von Ualer-Neckarbischofshein,
Tblerarat
In der äusseren und inneren Ausstattung seinen Vorgängern
gleich, bringt auch das 1899er Jahrbuch der deutschen Land¬
wirthschafts-Gesellschaft eine interessante Uebersicht über deren
umfassende Thätigkeit im verflossenen Geschäftsjahre. Was
zunächst die Entwicklung der Gesellschaft anbelangt, so belief
sich die Mitgliederzahl am 1. October 1899 auf 12 788 (-f- G46);
das Capitalvermögen betrug am 31. December 1898 1 182 050,75 M.
(+ 107 825,83 M.).
Bei der — wie immer — zu Berlin stattgehabten Winter¬
versammlung (Februar 1899) wurde sowohl in der Haupt¬
versammlung, als auch in den Sitzungen des Gesammtausschusses
wie den einzelnen Abtheilungen (Dünger-, Ackerbau, Thierzucht¬
abtheilung u. s. w.) wiederum eine rege Thätigkeit entfaltet.
So hielt in der Hauptversammlung u. A. Herr von Winterfeld-
Karwe einen Vortrag darüber, wie die Schweinezucht und
-Haltung ertragreich zu gestalten sei. Als Zuchtziel empfahl er
hierbei die Züchtung des weissen deutschen Edelschweines und
des Berkshireschweines, wie sie die deutsche Hochzucht aus
den englischen Schlägen geschaffen hat, und zwar sowohl zu
Kreuzungen unter sich als auch mit den deutschen Land¬
schlägen. Weiter rieth er dringend zur ausgiebigsten Bewegungs¬
gelegenheit der Zuchtthiere, also Weidegang, und endlich wies
er ziffermässig auf rationellere Aufzucht und Fütterung hin.
In dem Gesammtausschnss berichtete Herr Dr. Aereboe,
der Geschäftsführer der Buchstelle der deutschen Landwirth¬
schafts-Gesellschaft, über die Rentabilität der Viehhaltung. Seine
reichlich mit Zahlen gespickten Ausführungen gipfelten in dem
Hinweis, auch in der Landwirthschaft dem Rechnungswesen
einen grösseren Spielraum als bisher zu gewähren.
In der uns hier naturgemäss am meisten interessirenden
Thierzuchtabtheilung wurden zunächst Schaufragen erledigt.
Dann gelangte zur Mittheilung, dass das grosse Werk: „Das
deutsche Rind“ von Dr. Lydtin und Professor Dr. Werner
als Heft 41 der „Arbeiten“ der deutschen Landwirthschafts-
Gesellschaft erschienen ist. Ferner soll auf Anregung des Herrn
Landes-Oeconomieraths von Mendel-Steinfels-Halle a. S. der
Frage der sachentsprechendsten Ernährung und Haltung des
Zuchtviehs näher getreten werden. Das Problem sei wohl bei
der Milchviehhaltung bereits wissenschaftlich gelöst, aber hin¬
sichtlich der Zuchtviehhaltung harre es noch der Lösung. Mit
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38. Juni 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
305
der Zunahme der Reinzuchtbestrebungen und den damit ge¬
steigerten Viehwerthen werde diese Frage immer akuter. Es
wurde deshalb ein Unterausschuss gebildet, der bis zur October-
tagung Grundsätze und Arbeitsplan für diese Untersuchung unter
Mitwirkung von Thierzüchtern feststellen soll.
Geh. Regierungsrath Professor Dr. Werner berichtete in
der gleichen Sitzung über die von ihm im Auftrag der Deutschen
Landwirthschafts - Gesellschaft 1898 begonnene Revision der
Zöchtervereinigungen. Die Ziele der Revision gehen dahin, zu
prüfen, ob die Vereinigungen auch allen den Verpflichtungen
nachgekommen sind, welche sie Für ihre Anerkennung als
dauernde Züchtervereinigungen der Deutschen Landwirthschafts-
Gesellschaft gegenüber eingegangen sind. Diese Verpflichtungen
bestehen in genauester Führung der Heerdbücher, des Ab¬
stammungsnachweises wegen, Verwendung der wirklich an¬
gekörten Bullen zum Decken der angekörten Mutterthiere,
genaue Beaufsichtigung des Probemelkens, Revisionen der
gekörten Thiere, Zeitpunkt der Revisionen derselben u. s. w. |
Von den 15 geprüften Zuchtvereinigungen, welche sämmtlich
Norddeutschland angehörten, hat nur eine einzige den gestellten
Anforderungen entsprochen. Bei der Wichtigkeit aller dieser
Massnahmen behufs Hebung der Viehzucht werden die Revisionen
fortgesetzt.
Gutsbesitzer Herter-Burschen sprach über die Ergebnisse
der bisherigen Schlachtversuche der Deutschen Landwirthschafts-
Gesellschaft. Endlichr eferirte noch Dr. N. Halle über das Kenn¬
zeichen der Zuchtthiere, eine Frage, die mit der Ausdehnung
der Zuchtgenossenschaften in den letzten Jahren immer mehr
Beachtung verdient.
Er hob die Anforderungen an ein practisch verwerthbares
zuverlässiges Kennzeichen hervor und besprach die verschiedenen
bestehenden Systeme wie Tätowiren, Kerben, Ohrmarken
u. 8. w. Auf seine Anregung wurde ein Preisausschreiben über
die brauchbarste Art des Kennzeichnens der Zuchtthiere,
besonders für Rindvieh und Schweine erlassen. Es sei bemerkt,
dass diese Preisfrage von Herrn Benno Martiny - Berlin
gelöst und als Heft 46 der „Arbeiten“ der Deutschen Land-
wirthschafts-Gesellschaft erschienen ist. Verfasser bespricht
darin alle Kennzeichnungsmethoden des In- und Auslandes für
Vierfüssler, Geflügel und Fische. Die einzelnen bildlich dar¬
gestellten Kennzeichen werden dann auf ihre practische An¬
wendbarkeit besprochen und weitere Winke für die Zukunft
gegeben.
Wie immer, nimmt die Besprechung der Hauptthätigkeit
der Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft, die alljährlich
stattfindende Winterausstellung, den • grössten Raum des Jahr¬
buchs ein. Die 1899 er Ausstellung fand bekanntlich vom
8.—13. Juni in Frankfurt a. M. statt, lieber die Ergebnisse
der Thierschauen wurde s. Zt. in dieser Zeitschrift berichtet.
Es kann desshalb an dieser Stelle darüber hinweggegangen
werden. Nur soviel sei bemerkt, dass die Ausstellung beschickt
war mit 322 Pferden, 1228 Rindern, 214 Schafen, 463 Schweine,
74 Ziegen, 967 Stück Geflügel, 81 Kaninchen u. s. w. Es
gelangten 110099 M. Geldpreise und 349 andere Preise
(Medaillen, Diplome u. s. w.) zur Vertheilung. Trotz des zahl¬
reichen Besuches schloss auch sie mit einem Deficit ab.
Von Oekonomierath Junghans (Hochburg, Baden) wurden
wiederum zahlreiche Messungen und Wägungen an den aus¬
gestellten Schweinen vorgenommen. Er kam hinsichtlich der
Messungen zu dem Ergebniss, dass besonders grosse Thiere
meistens eine verhältnissmässig zu geringe Länge haben, bei den
kleinen Thieren ist es dagegen umgekehrt. Sauen hatten in allen
Abtheilungen durchschnittlich bessere Maasse wie Eber.
Mit der Winterausstellung waren, wie immer, auch Sitzungen
der einzelnen Abtheilungen verbunden. In der Thierzucht¬
abtheilung berichtet u. a. Professor Dr. Eggeling-Berlin über
den Stand und die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche,
wobei er namentlich auf die bedeutsamen und vielversprechenden
Forschungen von Löffler und Hecker hinwies. Er empfahl ein¬
heitliche und strengere veterinärpolizeiliche Massnahmen gegen
den Viehhandel. Das Direktorium solle in dieser Hinsicht bei
den einzelnen Landesregierungen vorstellig werden. In der sich
anschliessenden Discussion wurde besonders auf die Sammel¬
molkereien als Ansteckungsherde hingewiesen und empfohlen,
die Magermilch erst nach geschehener Erhitzung auf 90° C.
weiter zu verabfolgen. Zuchtdirektor Marks-Posen hob die
günstige Wirkung der Quarantainemassregeln hervor.
In der auch uns Thierärzte interessirenden Geflügelzüchter¬
versammlung wurde von den Rednern theilweise unter An¬
führung von gewichtigen Zahlen, die Nothwendigkeit der Hebung
der deutschen Geflügelzucht im Gegensätze zum Auslande be¬
tont. Das Ziel könne aber nur durch Errichtung von Geflügel¬
züchterverbänden und Verkaufsgenossenschaften erreicht werden.
Es mag bemerkt werden, dass die Wanderausstellung welche
dieses Jahr in Posen war, 1901 in Halle a./S. und 1902 in
Mannheim stattfinden wird.
Von interessanten im verflossenen Geschäftsjahr erschienenen
„Arbeiten“ der D. L. G., die im Jahrbuch auszugsweise wieder¬
gegeben werden, seien ausser den bereits oben angeführten
noch erwähnt: Heft 37, Prüfung der „Thistle“-Melkmaschine,
yop Jieuuo Martiny-Berlin. In Heft 42 der erste Rundgang der
landwirtschaftlichen Winterausstellung in Deutschland 1887 bis
1898 von Bernhard Wölbling wird der befruchtende und segens¬
reiche Einfluss der Ausstellungen auf alle Zweige der Land¬
wirtschaft, namentlich hinsichtlich der Thierzucht und des
Gerätebaus dargelegt. Dr. Simon von Nathusius-Breslau be¬
richtet in Heft 43 über die von ihm an Hengsten der
preussischen Landgestüte vorgenommenen Messungen und
Wägungen. Die so gewonnenen Zahlen lassen interessante
Schlüsse zu. Heft 45 beleuchtet Deutschlands Vieh- und
Fleischhandel, I. Theil, Deutschlands Aussenhandel mit Vieh
und Fleisch von Dr. W. Schultze-Berlin.
Es folgt der Inhalt der Aufsätze und der Abhandlungen
in den „Mitteilungen“ sowie derjenige der Berichte der land-
und forstwirtschaftlichen Sachverständigen bei den Kaiserlichen
Vertretungen im Auslände; die Satzungen und das Namen-
verzeichniss der Leitung der Gesellschaft vom 1. Oktober 1899
bis 30. September 1900. Den Schluss bildet ein vollkommenes
Inhaltsverzeicimiss der Veröffentlichungen der D. L. G. vom
Mai 1884 bis December 1899.
Der Leser wird die vielseitige und belehrende Chronik nur
mit Befriedigung aus den Händen legen.
Znr Richtigstellung.
Nachdem die „Leipziger Neuesten Nachrichten“ eine Notiz
gebracht haben, dass der hiesige practische Arzt, Dr. med.
Garlepp, gegen die Borna’sche Krankheit der Pferde Phenacetin
mit gutem Erfolge in 18 Fällen angewendet und ich gleich gute
Resultate mit dem Mittel erzielt haben soll, sehe ich mich an
| dieser Stelle zu einer Berichtigung veranlasst, in der Annahme,
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 26.
306
dass diese Notiz von mehreren Collegen gelesen worden ist.
Die von mir an genanntes Blatt eingesandte Berichtigung ist
bis heute trotz wiederholter Aufforderung nicht erschienen.
Ich habe das Phenacetin angewendet in Fällen leichteren und
schwereren Grades und festgestellt, dass dasselbe allein an¬
gewendet niemals Erfolg gehabt hat. In Verbindung mit
subcutanen Einspritzungen von Terpentinöl und Verabreichung
von Carlsbader Salz habe ich dagegen im Anbeginn der Krank¬
heit recht gute Erfolge gehabt. Von einer erfolgreichen Be¬
handlung der Krankheit kann aber nur die Rede sein, wenn das
Leiden richtig und frühzeitig erkannt wird. Nach meinen Be¬
obachtungen handelt es sich bei jenen angeblichen Erfolgen
nichtum die eigentliche Borna’sche Krankheit, bei deren Feststellung
nur ein darin sehr erfahrener Thierarzt massgebend ist.
Referate*
Infectiöser Catarrh der Luftwege.
Von Oberrossarzt Christiani.
(Ztschr. f. V., Mal 1900.)
Dieckerhoff hat das Verdienst, den alten Sammelbegriff
„Influenza“ beseitigt und in drei wesentliche Krankheiten, Brust-
seuche, Pferdestaupe bezw. sog. Rothlaufseuche in der Armee und
Scalma zerlegt zu haben. Man hat sich seither bemüht, jede
seuchenartig auftretende fieberhafte Erkrankung, bei der die
Athmungsorgane betheiligt waren, in eine der drei Typen unter¬
zubringen. Es ist aber die Auseinanderkennnng der einzelnen
Krankheitsformen keineswegs leicht, und es kann vor allem
keinem Zweifel unterliegen, dass ausser jenen drei Typen noch
andere Krankheitsformen existiren, welche früher der Influenza
zugezählt wurden. Dies sind vor allem die infectiösen Catarrhe,
welche zeitweilig, namentlich in der Armee beobachtet worden
sind und bis jetzt noch häufig als gelinde Form von Brustseuche
oder Pferdestaupe angesprochen wurden. Diese infectiösen
Catarrhe unterscheiden sich in Character, Verlauf und Unge¬
fährlichkeit so wesentlich von jenen schweren Seuchen, dass
man auf sie im Dienstbetrieb keine Rücksicht zu nehmen
brauchte. Deshalb hat die Klarstellung des Wesens dieser
Catarrhe eine erhebliche practische Bedeutung. Zu diesem
Zwecke beschreibt Christiani einen Seuchengang unter den
Pferden des 24. Dragonerregiments. Ende März 1899 trat bei
meist schlechter Witterung unter den jüngeren Pferden ein
akuter Luftröhren catarrh, in der Hauptsache durch Husten
characterisirt, auf. Am 30. März zeigte eine alte Remonte
ausser Husten auch erhebliche Allgemeinerkrankung, die am
folgenden Tage verschwunden war, um nach 8 Tagen wieder¬
zukehren. Dieses Pferd hatte anfangs 1897 die Brustseuche
typisch überstanden. Am 2. April erkrankte eine andere alte
Remonte unter brustseucheähnlichen Erscheinungen mit 40,6
Temperatur. Nach 2 Tagen war die Erscheinung verschwunden.
Von einer Isolirung der hustenden Pferde musste bei ihrer
Anzahl Abstand genommen werden; soviel als möglich kamen
sie ins Freie. Am 4. April wurde die Matratzenstreu be¬
seitigt, der (übrigens vorzügliche) Stall desinficirt und ven-
tilirt. Die Ausbreitung des Catarrhs wurde dadurch nicht auf¬
gehalten; der Catarrh ging von der vierten Escadron auch auf
die anderen über. Bei der fünften erkrankte auch ein Pferd hoch
fieberhaft mit wochenlanger Gelbfärbung der Conjunctiven. Bei
den meisten erkrankten jüngeren Pferden war auch die Fress¬
lust vermindert. Der Husten wurde in kalter zugiger Luft
manchmal quälend, bei gleichmässiger Temperatur weniger. Am
stärksten husteten die Pferde, die in der Nähe der Stallthür
standen. Fieber trat nur unter besonderen Umständen auf,
wenn angesteckte Thiere Anstrengungen oder der Witterung
preisgegeben wurden. So zeigte sich bei einem Pferde, das
beim Exerciren noch ganz gesund erschienen war, Nachmittags
eine Temperatur von 41°, die am folgenden Morgen wieder zur
Norm gesunken war. Unter gleichen Verhältnissen bekam ein
anderes Pferd eine Lungenentzündung, die rechtsseitig und
ebenso ausgesprochen wie bei Brustseuche war, aber schon
binnen 4 Tagen völlig zurückgebildet war. Die meisten vom
Catarrh ergiiffenen Pferde boten folgendes Bild: Husten,
Appetitmangel, etwas verringerte Theilnahrae; bei 5von35 erhöhte
Temperatur von geringer Dauer bis zu 12 Stunden. Bei diesen
wurden am Beginn Schüttelfrost, d. h. Muskelzittern und ge¬
sträubtes Haar beobachtet. Der Appetit stellt sich meist schon
am zweiten oder dritten Rrankheitstag wieder ein. Die Con-
jnnctiven waren meistens roth gefärbt, die Defäcation meist etwas
verzögert, der Puls nicht wesentlich beschleunigt bei zusammen¬
gezogener Arterie. Eine gewisse Herzschwäche erschien, ver¬
schwand aber bald. Am längsten hielt der Husten an; doch
wurde auch er bald lockerer und seltener. Die volle Genesung
erfolgte in längstens zwei Wochen. Hiernach hat dieser Catarrh
weder mit Pferdestaupe, noch mit Scalma irgendwelche Aehn-
lichkeit. Der Infectionsstoff haftet und verschleppt sich offen¬
bar sehr leicht; die Incubation kann nur ganz kurze Zeit dauern.
Die Desinfection blieb, wie gesagt, ohne jeden Einfluss. Bei
der Beurtheilung des Wesens dieser Erkrankung ist zu beachten,
dass ein grosser Theil der Pferde zwei Jahre vorher eine Brust¬
seucheinvasion überstanden hatte. Im Sommer 1896 hatte ein
Catarrh, welcher dem hier beschriebenen gapz, Jvhplipji war*, die.
erste, zweite, dritte und fünfte Escadron befallen. Als die
damals isolirte vierte Escadron nach Ueberstehen einer Brust¬
seucheepidemie in das allgemeine Casernement übersiedelte,
setzte bei ihr im Juni 1897 der Catarrh ebenfalls ein, ohne siet
von hier aus nun wieder auf die übrigen Escadrons ausznbreiten.
Die Pferde, die eben erst an Brustseuche erkrankt gewesen
waren, litten in ganz gleicher Weise wie diejenigen, w'elche die
Brustseuche nicht gehabt hatten. Im Jahrs 1899 endlich wmrden
die Pferde des Regiments von der Pferdestaupe und unmittelbar
anschliessend daran auch von der Brustseuche heimgesucht. Es
folgten also unmittelbar aufeinander drei verschiedene Seuchen¬
gänge, die alle unter den Begriff „Influenza“ fielen — der beste
Bew-eis, dass es sich thatsächlich um ganz verschiedene Krank¬
heiten handelt. Dabei haben 5 Pferde erheblich an allen dreien
gelitten, 14 an der Brustseuche und an dem infectiösen Catarrh,
24 an Pferdestaupe und Brustseuche. Diejenigen Pferde, welche
an dem infectiösen Catarrh erkrankt gewesen sind, wmrden vor¬
zugsweise auch von der Brustseuche befallen. Der Beginn des
infectiösen Catarrhs erfolgte beim Regiment übrigens bald nach
dem Reiterfeste zu Frankfurt a. M., wo Pferde fast aller be¬
rittenen Truppen des XI. Armeecorps zusammengekommen waren.
Und ebenso traten bald nach diesem Fest noch unter zwei
anderen Regimentern Fälle des infectiösen Catarrhs auf.
Alle diese Umstände beweisen, dass der infectiöse Catarrh
eine bisher noch nicht speciell bezeichnete eigenartige Er¬
krankung ist, die mit den anderen Typen nichts zu thun hat
und eine dauernde Immunität nicht hinterlässt, und die durch
den schnellen und stets gutartigen Verlauf charakterisirt ist
Erforderlich ist nur kurz dauernde Schonung der Thiere und
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28. Juni 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
307
Schutz gegen Erkältung, namentlich gegen kalte Luftströmung
im Stalle. Die Ventilation lässt sich mit dem sehr nützlichen
Bewegen in freier Luft nicht vergleichen.
Die Uämatinnrie bei den Rindern in den Niederungen
des Po.
Von Dr. Umberto de Mia.
(II nuovn Errolnni 1900 H. S.)
Das „Blutharnen“ der Rinder kommt an einigen Orten der
Poniederung endemisch vor. Verf. beobachtete die Krankheit
hauptsächlich in Ariano, Porto Tolle n. s. w., wo ausgedehnte,
nicht culturfähige Länderstrecken und Sümpfe mit stagnirenden
Gewässern vorhanden sind.
Als Ursache der Krankheit ist in Italien ein Microparasit
nachgewiesen worden, der sich im Blute der frisch erkrankten
Rinder befindet. Wird einem fiebernden Rinde, welches noch
nicht mit Chinin behandelt ist, etwa 18 Stunden nach dem Aus¬
bruch der Krankheit eine Blutprobe entnommen, so lassen sich
nach der von Marchiafava und Celli bei der Malaria des
Menschen angegebenen Untersuchungsmethode in vielen rothen
Blutzellen 3—4 kleine glänzende, protoplasmatische Massen er¬
kennen. Dieselben haben eine runde, unregelmässige und zu¬
weilen auch langgestreckte Gestalt, wobei das eine Ende zu¬
gespitzt, das andere abgerundet sein kann.
Die Uebertragung der Krankheitserreger soll durch Mücken
stattfinden. Von anderer Seite werden Futter von sumpfigen
Wiesen oder Trinken fauligen Sumpfwassers als Ursachen der
Krankheit bezeichnet.
Die Symptome bestehen in Temperatursteigerung von 39 bis
41,5° C. Sichtbare Schleimhäute blass, Herzschlag stark
pochend, Futteraufnahme und Wiederkäuen vermindert oder auf¬
gehoben. Der Harn' iiat die Farbe des schwarzen Kaffee und
enthält grosse Mengen an Eiweiss und Hämoglobin.
Die Krankheit tritt fast immer in einer acuten Form auf,
selten wird ein subacuter Verlauf beobachtet, der Tod tritt hier¬
nach in 2—3 bezw. in 5—8 Tagen ein. Bei gutartigem Verlauf,
welcher in den vergangenen Jahren selten war, erholen sich die
Rinder in 15—20 Tagen. Rückfälle sind selten.
Die Obductionen ergeben eine bedeutende Vergrösserung
der Milz. Die Leber hat gewölmlich eine normale Form, die
Nieren sind zuweilen vergrössert. Die Blase enthält dunkeln
Harn. Das Blut ist wässrig.
Verfasser behandelte die Krankheit mit intratrachealen In-
jectionen von Chinin, hydrobroraic. 3,0, Antipyrin. (»,0, Aqua
destill. 30,0, welche je nach der Intensität der Krankheit alle
8 bis 12 bis 24 Stunden wiederholt wurden.
Ausserdem wurden verordnet: Enzianwein zur Unter¬
stützung der Kräfte, Natr. bicarbonic. um die Eliminirung des
Hämoglobins durch die Nieren zu begünstigen, Natr. sulfuric.
um Constipation zu verhüten und Ferr. sulfuric. zur event. Be¬
kämpfung der Diarrhoe.
Bei dieser Behandlung wurden von zwölf kranken Rindern
neun Stück geheilt. Merkwürdiger Weise entwickelte sich bei
vier geheilten wenige Tage nachher der Tetanus, an welcher
Krankheit drei Stück zu Grunde gingen. Es wird angenommen,
dass dieselbe bei den Injectionen mit der Hohlnadel eingeimpft
wurde, da weder diese noch die Haut an der Injectionsstelle
desinficirt worden waren.
In prophylactischer Beziehung wäre gegen die Krankheit
zu empfehlen: Entfernung der Rinder von sumpfigen Weiden
und ans der Nähe stagnirender Gewässer. Zur Abwehr der
Mücken könnten die Lieblingssaugstellen derselben am Rinder¬
körper mit Benzin, Petroleum, Creolin oder Carbolsäure u. s. w.
bestrichen werden.
Tropon.
Von Districtsthierarzt Rabus.
(Wichr. f. Th.)
Die Troponwerke zu Mülheim a. Rh. stellen aus animalischen
und vegetabilischen Eiw'eissstoflfen ein Nährpräparat her, welches
neben Somatose, Nutrose und Plasmon eine Rolle auch in der
menschlichen Diätetik spielt.*) Rabus hat nun versucht, das
Tropon auch bei Thieren diätetisch zu verwenden, namentlich
in solchen Fällen, wo die Verhinderung einer rein mechanischen
Reizung in der Magen- und Darnnvand angezeigt war, z. B. bei der
Stuttgarter Hundeseuche, bei chronischen Magen-Darmkatarrhen,
als Kräftigungsmittel bei ganz jungen Hunden, in der Rekon-
valescenz, nach schwächenden Diarrhöen. Er ist mit den Er¬
folgen zufrieden gewesen. Das Tropon wird als chemisch reines
Eiweiss bezeichnet und enthält jedenfalls davon 90 bis 97 pCt.
In der für thierärztliche Zwecke geeigneten 100 g-Packung
kostet dieses Quantum 70 Pf. Gegeben wird % bis 1 Esslöffel
früh, mittags und abends in Milch oder mit Kakao verrührt oder
in das Futter. Der Stoff wird in der Regel gern genommen.
. Ueber eine neue pathogene Streptothrixart.
Von Silberschmidt.
Glornalc doll* Roalo Soclctä Ital. dTgiene 1899, H. 12, ex Annales de rinnt. Paateur.
Die neue Streptothrixart wurde aus der Lunge einer Ziege
isolirt, welche mit tuberculösen Affectionen behaftet zu sein
schien. Der Microparasit ist unbeweglich und färbt sich nicht
immer in gleicher Weise, im Allgemeinen nehmen frische Cul-
turen die Farbe leichter an. Mit der Gram’schen Methode
tritt 1 eine Entfärbung nicht ein. Derselbe erscheint in Form
von mehr oder weniger langen Fäden, welche mehr oder weniger
verzweigt sind und zeigt eine besondere Sporenbildung. Er
wächst bei Zimmertemperatur in allen Nährmedien, das Wachs-
thumsoptiraum liegt bei 33 bis 37°; bevorzugte Nährböden sind
zuckerhaltige Bouillon und Kartoffeln,
Öie beschriebene Streptothrixart ist pathogen für Kaninchen,
Meerschweinchen, Mäuse und vermag bei diesen Thieren Abscesse
und Knötchen zu erzeugen, welche eine gewisse Aehnlichkeit
mit den Krankheitsproducten der Microorganismen aus der
Klasse der Pseudotuberculose haben.
Erfahrongen Uber die Kindermilch nach Backhaus.
Von Dr. Friedmann.
(Der Klodrr-Arzt. Zeitschrift für Kinderhellkundo, X. Jabrg, Heft 9)
Die vielfache Unmöglichkeit der Säuglingsernährung durch
Mutter- resp. Ammenmilch infolge der zunehmenden Unfähigkeit
oder Unlust der Mütter zum Stillen einerseits und der mit der
Aramenhaltung verbundenen Nachtheile anderseits hat zur
Anpreisung einer grossen Zahl aller möglichen Säuglingsnährmittel
geführt. Indessen hat den Bedürfnissen des Practikers, ein Nähr¬
mittel zu haben, welches nicht nur zum Gedeihen des gesunden
Kindes beiträgt, sondern vor allem auch gleichzeitig Heilmittel
für die geschwächten Digestionsorgane des Kindes ist, keines der
vielen Nährmittel genügt.
*) Das animalische Eiweiss zu diesem und ähnlichen Nahrungs¬
mitteln soll gewonnen weiden aus überseeischem Dörrfleisch, welches
angeblich unter der Bezeichnung „Dungstoff “ und in einem dement¬
sprechenden Aussehen eingeführt wird. Die Richtigkeit dieser Behaup¬
tung vermögen wir nicht zu konstaf iren: es wäre aber doch interessant,
wenn über diese Art von Fleischeinfunr einmal eine Aufklärung er¬
folgte, die die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der genannten Be¬
hauptung einwandsfrei feststellte.
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308
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 26.
Erßt neuerdings ist in der Kindermilch nach Professor
Backhaus ein solches Mittel gefunden worden, dessen
sehr interessante Herstellnngsweise nach Angabe des Verfassers
folgende ist: „Unter Innehaltung peinlicher Reinlichkeit beim
Melken wird von besonders gut gehaltenen Kühen eine Milch
gewonnen, die durch die Centrifuge in Rahm- und Magermilch
geschieden wird. Durch Zusatz von Trypsin wird in letzterer
ein Theil des schwer verdaulichen CaseYos in das leicht ver¬
dauliche Albumin übergeführt und das überschüssige Casein
durch Lab ausgefällt. Hierauf wird Wasser, Rahm und Milch¬
zucker zugesetzt und zwar in drei ansteigenden Procentgraden,
so dass drei verschieden gehaltvolle Milchsorten resnltiren.
Sorte I ist für jange, Sorte II für ältere Säuglinge bestimmt,
Sorte III für das spätere Alter.“
Den ersten glänzenden Erfolg hatte der obengenannte Ver¬
fasser bei seinem eigenen Kinde, dessen frühere fortwährende
Dyspepsien seit der Ernährung mit Backh aus Sorte I nicht
nur augenblicklich verschwanden, sondern auch einer blühenden
Gesundheit Platz machten. Verfasser hat dann bei fast allen
Krankheitszuständen des kindlichen Verdauungstractus, in allen
Altersstufen vom Neugeborenen bis in das zweite Lebensjahr
hinein Backhaus-Milch verabreichen lassen. Natürlich
müssen zuvor die schweren dyspeptischen Erscheinungen durch
entsprechende Behandlung bezw. Schonung geschwunden sein.
Unter den 27 Fällen, über die Verfasser verfügt, hatte derselbe
nur dreimal Misserfolg, in den übrigen 24 Fällen aber mit der
therapeutischen Verabreichung der Backh aus-Milch die besten
Erfolge zu verzeichnen. In jenen drei Fällen lag der Misserfolg
theils an der verständnislosen Wartung der Mütter, theils an
dem mangelhaften Verschluss einer Flasche. Auf Grund seiner
Erfahrungen empfiehlt Fr. die Backhaus-Milch als zuverlässiges
Nähr- und Heilmittel überall da, wo Muttermilch nicht geboten
werden kann.
Tagesgeschichte.
Die Liquidationen beamteter Thierärzte in Preussen.
Von Hoehne-Grünberg.
Angeregt durch die Besprechung der in ihrer Anwendung
des Ges. vom 9. Juli 1872 sich kreuzenden Erlasse des Herrn
Min. f. L. und des Herrn Min. f. G. u. M., betr. Benutzung von
Kleinbahnen durch Kreisärzte und Kreisthierärzte, in No. 5 dieses
Jahrganges, erachte ich es im Interesse der beamteten Thier¬
ärzte in Preussen für berechtigt und erwünscht, auf die
im Vergleich zu früher jetzt abweichende Behandlung, welche
den thierärztlichen Liquidationen seitens der festsetzenden Be¬
hörden zu theil wird, hinzuweisen.
Wer, wie Schreiber dieses, schon mehrere Decennien im
»Staatsdienst gestanden, wird die Beobachtung gemacht haben,
dass, bevor die Departementsthierärzte als ständige Hilfsarbeiter
bei den Regierungen eingestellt wurden, die Liquidationen der
Kreisthierärzte seitens der festsetzenden Behörden wenig Be¬
achtung fanden; sie wurden — de minimis non curat praetor
— allerwärts von Regierangssecretären geprüft und festgesetzt.
Rückfragen, Monita oder gar Abstriche (w’enn es sich nicht grade
um Berichtigungen von Entfernungen handelte) gehörten zu den
grössten Ausnahmen. Auch das so misstrauisch betrachtete
Tagebuch B. vermochte eine Aendernng in der geschäftlichen
Erledigung nicht herbeizuführen.
Diese setzte erst ein, nachdem den Departementsthierärzten
die Prüfung der Liquidationen zngestanden wurde.
Allmonatliche, langwierige und wiederholte Rückfragen und
schliesslich Abstriche an ihren Liquidationen belehrten die
Kreisthierärzte, dass das Ges. vom 9. Juli 1872 fortan in ganz
anderem Geiste auf letztere zur Anwendung gebracht wurde.
Ganz neue Auslegungen desselben ermöglichten Kürzungen, an
die bisher niemand gedacht hatte.
Eine gewissermaassen verhängnisvolle Bedeutung für der¬
artige Revisionen gewann anscheinend ein Schriftchen, betitelt
„Veterinär-Gebühren“ von Dammann, Geh. expedirender
Secretär etc. im Min. f. L. bei Parey, Berlin. Das Schriftchen
besteht ans einer Sammlung von Verfügungen von allen mög¬
lichen Behörden Pretissens an alle nur erdenklichen Beamten¬
klassen Nimmt man sich die Mühe, dasselbe kritisch und vor-
urtlieilsfrei durchzulesen, so fällt zunächst auf, dass die
meisten dort als Commentare zum Ges. vom 9. Juli 1872 heran¬
gezogenen Verfügungen sog. Bescheide an einzelne
Behörden sind, welche einen concreten Fall betreffen,
und denen die verfügende Behörde nicht die Wichtigkeit
allgemeiner Nachachtung beimass, um sie als Circularerlasse
allen Behörden bekannt zu geben: es fällt ferner auf, dass Ver¬
fügungen dort zu finden, erlassen über Vorgänge, welche mit
den vom Ges. v. 9. März 1872 betroffenen Beamten nicht die
entfernteste Beziehung haben. Ein in der preussiseben
Dienstpraxis bereits erfahrener Beamter wird die Broschüre acht¬
los bei Seite legen. Denn Verfügungen und Erlasse, die
einer Dienststelle nicht speciell zur Nachachtung zu¬
geschrieben und die nicht im Ministerialblatt zur all¬
gemeinen Nachachtung publicirt werden, existiren für
diesen eben nicht. Unstreitig hätte der Verfasser als er¬
fahrener Beamter (Geheimer expedirender Secretär) diesem Grund¬
sätze Rechnung tragen und alle Verfügungen und Bescheide fort¬
lassen sollen, welche sich nicht speciell auf die vom Ges. v. 9. März
1872 betroffenen Beamten bezogen, bezw. welche nicht allgemeine
Nachachtung erheischten; er hätte dann wenigstens nicht den
Schaden und die Verwirrung damit angerichtet, die in der Folge
thatsächlich vielfach entstanden sind. Oder sollte das Werk¬
ehen, dessen Zweck nicht recht klar ist, überhaupt einer den
Thierärzten ungünstigen Tendenz entsprungen sein? Wenn man
die Auswahl der Erlasse betrachtet, könnte sich einem fast die
Vermnthung aufdrängen. Eine ansgedehnte Betrachtung dieses
Schriftchens durch Herrn Departementsthierarzt Peters in
No. 18, 1896 dieser Wochenschrift, die m. A. n. weit über die
Bedeutung desselben hinausging, scheint die Aufmerksamkeit
überdiemassen auf dasselbe gelenkt zu haben. Jedenfalls sind
seitdem dessen Ausführungen bei Prüfung der thierärztlichen
Liquidationen in extenso zur Anwendung gekommen, obwohl das¬
selbe durch nichts als Unterlage für dienstliche Massnahmen quali-
ficirt war. Denn meines Wissens ist niemals eine Verfügung
ergangen, welche die Dam mann sehe Schrift für den Dienst¬
gebrauch empfohlen hat, geschweige gar anordnete, dieselbe auf
Staatskosten anzuschaffen und den Behörden zur Verfügung zu
stellen. Somit lag nicht die geringste Veranlassung vor, diese
Schrift für den Dienstgebrauch zu benutzen.
E s ist soweit gegangen, dass verschiedene
Ministerialverfügungen nothwendig wurden, um die
eingerissenen Irrthiimer und Deutungen wieder aus-
zumerzen. Die in den letzten zwei Jahren ergangenen, diesen
Gegenstand berührenden ministeriellen Verfügungen haben das
deutungsfreie Ges. v. 9. März 1872 als alleinige Richtschnur für
Benrtheilung thierärztlicher Liquidationen wieder zu Ehren ge¬
bracht, und damit ist obige Schrift als überflüssig gekennzeichnet.
Ich möchte nur auf einige Beispiele hinweisen: Nur kurz
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28. Juni 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
309
sei erwähnt, dass der oben citirte allgemeine Erlass betr.
Kleinbahnen vielleicht wesentlich mit dadurch veranlasst worden
ist, dass vereinzelt schon vorher von departementstliierärzt-
licher Seite die bis dahin nicht geübte amtliche Benutzung vonKlein-
bahneu herbeigeführt worden war, was in den betreffenden Berichten
über Benutzbarkeit von Kleinbahnen Erwähnung finden musste.
Ein anderes Beispiel: Ein Kreisthierarzt vertritt amtlich
einen Nachbarcollegen, dessen Geschäftsbetrieb seine fast täg¬
liche Anwesenheit im Nachbarkreis fordert. Es werden ihm die
Kosten der täglichen Hin- und Rückreise in die Nachbarkreis¬
stadt mit dem Bemerken abgesetzt, dass er, um der Staatskasse
Kosten zu sparen, nicht in seinem Wohnorte, sondern im benach¬
barten Kreise hätte nächtigen sollen. Der doch wohl berechtigte
und unwiderlegliche Einwand, dass man von den 6 M. Tagegeld
unmöglich auch noch Nachtlager an fremden Orten bestreiten
könne und dass die tägliche Anwesenheit am eigenen Wohnorte
sowohl des Erwerbes wegen als auch um die Eingänge in
Empfang zu nehmen geboten sei, wurde unberücksichtigt
gelassen. Es ist da doch die Frage erlaubt, wo denn die Ver¬
fügung steht, welche den Departementsthierarzt zu einer
derartigen Berechnung zwingt.
Einem anderen Collegen wurde der Reiseplan vom Departe- |
mentsthierarzt vorgeschrieben für die Untersuchung von
Pferden, welche periodisch von der Militärbehörde für Mobil¬
machungsfälle besichtigt und notirt werden. Dabei waren auch
mehrere Uebernachtungen an fremden Orten vorgesehen, obgleich
der College ohne Schwierigkeit jeden Tag seinen Wohnsitz er¬
reichen konnte. Die Departementsthierärzte resp. die fest¬
setzenden Behörden überhaupt dürfen doch nicht vergessen,
dass den Kreisthierärzten in dieser Hinsicht nicht zn-
gemnthet werden kann, was man im Interesse der Staatskasse
von jedem vollbesoldeten pensionsberechtigten Staats¬
beamten allerdings zu fordern berechtigt ist? Man darf
nicht vergessen, dass der Kreisthierarzt, wie der Herr
Minister im Abgeordnetenhause bedauernd erklärte,
auf den Erwerb angewiesen ist.
Wo blieb nun dieser von hoher Stelle ausdrücklich als be¬
rechtigt und nothwendig anerkannte Erwerb jenes durch solche
Anordnungen beschränkten Collegen?
Wie wohltlmend sticht doch das Eintreten jenes Regierungs-
medicinalraths für das materielle Interesse Beiner Physiker hiervon
ab, der da erklärte, die Prüfung von Trichinenschauern könne
den Collegen von der andern Facultät, den Kreisthierärzten, nicht
übertragen werden, weil dadurch den ersteren die Prüfungs¬
gebühren, also Einnahmen verloren gingen! Schwer mit dem
Grundsatz der privaten Erwerbsnothwendigkeit vereinbar war
es auch, dass die Kreisthierärzte 8 Tage nach einer Stadt zum
bacteriologisehen Cursus commandirt und ihnen als Entgelt
Hin- und Rückreise und täglich 6 M. bewilligt wurden. Ich
habe nicht gehört, dass Schritte gethan worden sind, um hierfür
eine besondere Remuneration oder Beihülfe zu erwirken.
Ein anderer folgenschwerer Punkt: Der bekannte Erlass
des Herrn Ministers aus dem Jahre 1888, der die Führung von
Tagebüchern anordnet und Vorkehrungen trifft, damit in den
Ausgaben für Veterinärpolizei, soweit die Kreisthierärzte in
Frage kommen, möglichst Sparsamkeit geübt werde, ordnet u. A.
an, dass die Landräthe die eingehenden Aufträge sammeln sollen,
damit diese thunlichst auf Rundreisen erledigt werden können.
Dass der Herr Minister das Wort Rundreise einfliessen Hess, j
sollte in Bezug auf die Festsetzung der Liquidationen von I
gewiss nicht beabsichtigter Bedeutung werden. Denn „im
Dammann“ (nicht zu verwechseln mit dem Geh. Regierungsrath)
findet sich eine Verfügung an irgend eine Behörde, wonach bei
Rundreisen die Kilometerzahl nur einmal nach oben abgerundet
wird. Offenbar hat diese Verfügung gar keine Be¬
ziehung zum Gesetz vom 9. Juli 1872, denn dieses kennt
nur Hin- und Rückreisen; was auf Rundreisen zu erledigen
ist, kann stets auch auf Hin- und Rückreisen erledigt werden;
es ist somit nur ein Spiel mit Worten. Die Anwendung jener
Verfügung auf die thierärztlichen Liquidationen ist meiner
Ansicht nach ungesetzlich. Hier zwei Beispiele: Reise von A
nach B 10 km Bahnweg. weiter nach C 6 km Landweg, weiter
nach D 2 km Landweg, zurück nach B 2 km Landweg. Nach
dem Wortlaut des Gesetzes sollten diese 10 km Landweg auf
16 km abgerundet werden, dem steht aber die „Rundreise“
entgegen; es waren ja in C und D Dienstgeschäfte erledigt worden,
folglich kommen nur 10 km Landweg in Ansatz. Ein anderes
Beispiel: Zwei Aufträge sind zu erledigen, der eine Bahnweg,
der andere Landweg, beide Ziele vom Wohnorte aus zu
erreichen. Der zweite Zielort liegt 4 km Landweg entfernt,
wofür laut Gesetz für 10 km zu liquidiren wären; dem stellt
aber die voraufgegangene oder sich anschliessende Bahnfahrt, die
„Rundreise“ entgegen; es kommen daher nur 8 km Landweg in
Rechnung. Schliesst sich im ersteren Falle an die Bahnfahrt
eine Landreise über 2 km aber unter 3 km Entfernung an, und
war am Zielorte der Bahnfahrt nicht gleichzeitig ein Dienst¬
geschäft zu erledigen, so werden anstandslos 2 X 8 km Land¬
weg bewilligt. Wo bleibt bei einer derartigen Rechnerei denn
schliesslich die vernünftige Ueberlegung. Die vom Gesetzgeber
wohl erwogene und in guter Absicht festgelegte Abrundung auf
8 km bei Entfernungen über 2 km aber unter 8 km entspringt
der Erfahrung, dass in solchen Fällen die Aufwendungen für
Fuhrwerk fast immer den Satz für 1 Meile betragen und der
Liquidant bei Berechnung der ^tatsächlichen Entfernungen
unter 8 km nur Geld zusetzen würde. Eine rectificirende
Verfügung des Herrn Ministers ist noch nicht ergangen; offenbar
haben die Collegen es noch nicht der Mühe für werth erachtet,
hierüber Beschwerde zu führen.
Noch ein Punkt:
Der § 5 des Gesetzes vom 9. Juli 1872 überlässt dem Be¬
amten die Wahl zwischen Tagegeldern und den im § 3 genannten
Gebühren. Zufälligerweise findet sich nun im „Dammann“ eine
Verfügung, welche besagt, dass der Beamte Gebühren und Tage¬
gelder nicht zugleich liquidiren kann. Missverstandener Fiscalis¬
mus con8trniren nun daraus folgendes: Bei Beaufsichtigung
eines Viehmarktes und bei Ausführung einer Dienstreise an ein
und demselben Tage muss der Beamte entweder die Gebühren
für die Marktbeaufsichtigung oder die Tagegelder für die Dienst¬
reise streichen oder besser er repartirt für den Marktunternehmer
und für Fiscus. Obgleich der § 5 keinen Zweifel aufkomraen
lässt, um welche Gebühren es sich handelt, so ist doch aus der
Besprechung in No. 5 dieser Zeitschrift zu entnehmen, dass in
n 23. Juni 1880
Bezirken, m den stark nach § 17 des Gesetzes vom jj a j
gearbeitet wird, eine Beschneidung von Gebühren und Tage¬
geldern vorgenommen wird.
Das Gesetz vom 9. Juli 1872 bietet für solchen Handel
keine Unterlage. Es wäre daher eine Aufklärung für solche
Eingriffe sehr erwünscht.
Bedenken begegnet es auch, dass darauf ausgegangen wird,
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310
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 26.
ans dem Tagebuch B Anhalt zu gewinnen, um Abstriche im
Tagebuch A zu ermöglichen und gewisse Vortheile aus dem Ge-
sammtbetriebe des Kreisthierarztes für die Staatskasse zu er¬
spähen?
Der Kreisthierarzt könnte unter diesen Umständen es vor¬
ziehen, der Staatskasse die dem Staat thatsächlich geleistete
Arbeit voll zu liquidiren und lieber dem Marktunternehmer oder
Privatmann seine Liquidation zu schenken.
Ist es denn überhaupt berechtigt, die Einnahmen des auf
den Erwerb angewiesenen Kreisthierarztes zu controliren und
zu beschneiden? Ich würde kein Wort verlieren, wenn der
Kreisthierarzt auskömmlich besoldet und pensionsberechtigt wäre
oder wenn ihm wie dem Gerichtsvollziehern ein Mindest¬
einkommen amtlicher Bezüge garantirt wäre. Aber weder das
Eine noch das Andere ist der Fall. Das scheint aber mehr
und mehr in Vergessenheit zu gerathen.
Es ist, wie Zeichen lehren, nicht anzunehmen, dass an hoher
Stelle die Absicht besteht, die durch das Gesetz vom 9. Juli 1872
gewährleisteten Rechte zu schmälern oder die pro rata bezahlten,
auf Tagesverdienst angewiesenen Beamten ungünstig zu be¬
handeln.
Es müssen nur die unteren Instanzen nicht dieser An¬
nahme folgen, sich nicht bloss durch möglichste Sparsamkeit
ein Verdienst erwerben wollen, sondern der mit anderen Beamten
gar nicht zu vergleichenden Stellung der Kreisthieräzte Rechnung
tragen. Die Aufgabe, Unrichtigkeiten in den Liquidationen
entschieden auszumerzen, bedeutet nicht zugleich die Auf¬
gabe, die Gebühren überhaupt nach Möglichkeit durch un¬
günstige, rein fiscalische und noch dazu auf apokryphe Quellen ge¬
stützte Deutungen zu drücken. Die Kreisthierärzte dürfen viel¬
mehr erwarten, dass die Departementsthierärzte auch bty, [den
Liquidationen sich auf einen den Kreisthierärzten günstigen
Standpunkt stellen, soweit nicht klare Verfügungen zu anderer
Stellungnahme zwingen. Es wird auch der dienstlichen Stellung
dieser Beamten entsprechen, durch geeignete Vorstellungen
unablässig die Abstellung von Härten gerade auch im Rechnungs¬
wesen zu erstreben. Gewiss tragen Viele diesen Gesichtspunkten
Rechnung, aber es geschieht noch nicht allgemein und deshalb
ist es nützlich, die Nothwendigkeit einer gleichmässigen und
collegialen Behandlung, vor allem aber den Umstand zu betonen,
dass auf die Kreisthierärzte nicht anwendbar ist (dem Buch¬
staben und dem Sinne nach), was für vollbesoldete Beamte gilt.
Andernfalls würde den Kreisthierärzten schliesslich nichts
Anderes übrig bleiben, als jede zweifelhafte Festsetzung ihrer
Gebühren, und handelte es sich nur um wenige Mark, auf dem
Wege der Beschwerde bezw. durch Herbeiführen von richter¬
lichen Erkenntnissen zum Austrag zu bringen, bis die gegen¬
wärtige, vielfach beliebte, geschraubte Auslegung des Gesetzes
beseitigt ist, welche wesentlich die Dammann’sche Schrift
erzeugt hat.
Jibillen.
Am 12. Mai bezw. 20. Juni d. J. feierten die Herren
Kreisthierärzte Reinemann zu Krotoschin und Frick
zu Rawitsch in voller geistiger und körperlicher Frische ihr
50 jähriges Jubiläum als Thierarzt (Herr Re ine mann) bezw.
als Staatsbeamter (Herr Frick).
Herr Kreisthierarzt Friedrich, Wilhelm, Adolf Reinemann
wurde am 3. Mai 1827 in Schlawa, Reg.-Bez. Liegnitz, geboren.
Er studirte in Berlin vom 15. October 1846 bis 15. März 1850
Thierarzneikunde. Am 12. Mai 1850 erhielt er die Approbation
als Thierarzt mit dem Prädikat „sehr gut“ und im Jahre 1854
das Fähigkeitszeugniss für die Anstellung als Kreisthierarzt
ebenfalls mit dem Prädikat „sehr gut“.
Nach Absolvirung des Staatsexamens bis zur Mobilmachung:
im Jahre 1850—51 hielt er sich bei seinen Eltern in Schlawa
auf und Hess sich am 1. April 1852 als practischer Thierarzt
in Graetz nieder. Am 1. Occober 1873 wurde er zum Kreis¬
thierarzt des Kreises Schroda und am 1. April 1895 zum Kreis-
thierarzt des Kreises Krotoschin ernannt, woselbst er auch z. Z.
noch thätig ist. Im Januar 1899 wurde ihm der Rothe Adler Orden
IV. Classe Allerhöchst verliehen.
Herr Kreisthierarzt Karl, Gottlieb, Theodor Frick wurde
am 11. September 1829 zu Berlin geboren.
Nachdem er vom Herbste 1847 bis Juni 1850 Thierarznei¬
kunde im Berlin studirt hatte, trat er am 21. Juni des letzteren
Jahres bei der Garde-Fuss-Artillerie in den Militärdienst als
Thierarzt ein und verblieb daselbst bis zum 18. März 1851.
Alsdann besuchte er wiederum, und zwar während sechs Monaten,
die damalige Thierarzneischule zu Berlin und bestand daranf
die Prüfung als Thierarzt. Vom November 1851 bis 1865 war
er als Rossarzt in der combinirten Festungs-Artillerie-Abtheilun?
in Luxemburg thätig und von da ab nach einander als Kreis¬
thierarzt in Montjoie (von 1865—1867); Gelsenkirchen (von
1867—1877), Beutlien in O.-Schl. (von 1877—1881) und während
eines Jahres als stellvertretender Departementsthierarzt in Aachen.
Seit dem 1. Mai 1881 ist er Kreisthierarzt des Kreises
Rawitsch. Er besitzt die Kriegsdenkmünze pro 1870/71.
Im Dienst gewissenhaft und unermüdlich, von königstreuer
und patriotischer Gesinnung, haben die beiden Herren Collegen
sich nicht nur das volle Vertrauen der Behörden, mit welchen
sie amtlich verkehrten, erworben, sondern es auch 'verstanden,
die besondere Hochachtung, Liebe und Werthschätzung ihrer
Mitmenschen in hohem Masse sich zu erwerben.
Herr College Reinemann hatte bei seiner grossen Be¬
scheidenheit Niemandem von seinem Jubiläum Mittheilung ge¬
macht. Erst nachdem schon einige Tage vorher ein Glückwanscb-
Telegramm von den Herren Rossärzten des Leib-Husaren-Beg.
No. 1, bei welchem sein Sohn als Oberrossarzt thätig ist, ein¬
gegangen war, erfuhren die nächsten Angehörigen von dem
bevorstehenden Freudentage. Der verehrte College nahm daher
auch nur im engsten Familienkreise die Glückwünsche der
Seinigen entgegen. Später gratulirte dann auch noch der thier-
ärztliclie Provinzial-Verein für Posen auf telegraphischem Wege.
Herrn Collegen Frick bewies der Jubel tag, wie sehr er
auch ausserhalb seiner Familie geliebt und geachtet wird, ln
der Morgenstunde wurde ihm von der Capelle des 50. Regiment«
ein Ständchen dargebracht. Herr Bürgermeister Krakau über¬
brachte ihm unter Ueberreichnng eines prächtigen Rosen-
Arrangemeuts an die Gattin des Jubilars, Glückwünsche vom
Magistrat und den Stadtverordneten. Auch der Magistrat von
Bojanovo sandte einen Glückwunsch. Der Herr Landrath gratn-
lirte im Namen des Kreises. Der thierärztliche Provinzial-
Verein für Posen sandte ihm herzliche Glückwünsche auf tele¬
graphischem Wege. Die Loge und auch die übrigen Vereine,
denen Herr College Frick angehört, gedachten seiner in herz¬
lichster Weise. Im Ganzen gingen gegen 200 Gratulationen ein.
darunter ein Telegramm vom Grossh. luxemburgischen Ackerbau¬
verein, dessen Ehrenmitglied der Jubilar ist.
Der thierärztliche Provinzialverein wird demnächst zu Ehren
beider Jubilare ein Festessen veranstalten.
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28. Juni 1900.
Mögen die bewährten Herren Jubilare noch lange in voller
Rüstigkeit und Frische ihres Amtes walten nnd ihnen ein recht
glücklicher Lebensabend beschieden sein!
Posen, im Juni 1900. Heyne.
Amtliche Einführung des hundertthelügen Thertnemetere.
Ein Erlass des Cultnsministeriums vom 7. Juni besagt
Folgendes: Gemäss den Bestimmungen für Thermometerprüfung I
311
vom 25. Januar 1898 sind vom 1. Januar 1901 ab alle Thermo¬
meter mit Rüanmurscala von der Prüfung ausgeschlossen. Des¬
halb und um überhaupt die Wärmemessung einheitlich zu gestalten,
sollen in allen öffentlichen Kranken- und Badeanstalten sowie
allen höheren Schulen bis zum Ablauf dieses Jahres die 80-
theiligen überall durch lOOtheilige (Celsius) Thermometer er¬
setzt werden.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
OelFentliches Veterinärwesen.
(Mittheilungen für
Senchenfttatistik und Yeterinärpolizei.
Berichtigung.
In No. 25, pg. 298 ist eine Verordnung ans dem Reg.-Bez.
Münster mitgetheilt, betr. seitens der Viehbesitzer zn führende
Controlbücher. Diese Verfügung ist nicht, wie irrthümlich an¬
genommen, für den ganzen Regierungsbezirk Münster ergangen,
sondern bezieht sich nur auf die innerhalb des Grenzbezirkes
des Hauptzollamtes zu Vreden gelegenen Theile der Kreise
Borken und Ahaus, betrifft also nur ein kleines Gebiet.
UndespolizeilioHe Anordnung.
In Verfolg der Declaration vom 9. April 1896 (Ausserordent¬
liche Beilage zu No. 16 des Amtsblattes für 1896) zur landespolizei-
licheD Anordnung vom 6. December 1895, betreffend die Abwehr
gegen die Einschleppung der Maul- und Klauenseuche in den
diesseitigen Regierungsbezirk durch das aus anderen Reichs-
theilen stammende Vieh (Ausserordentliche Beilage zu No. 49
des Amtsblatts für 1895), bestimme ich, dass die Vorschriften
der vorbezeichneten landespolizeilichen Anordnung sich auf das aus
nachbenannten Reichstheilen: 1. aus den preussischen Regierungs¬
bezirken Magdeburg, Merseburg, Erfurt, 2. aus den bayerischen
Regierungsbezirken Oberbayern, Pfalz, Oberpfalz, Oberfranken,
Mittelfranken,- Unterfranken, Schwaben, 3. ans den sächsischen
Kreishauptmannscbaften Bautzen, Dresden, Leipzig, Zwickau,
4. aus den württembergischen Kreisen Neckarkreis, Schwarz wald¬
kreis, Jagstkreis, Donaukreis, 5. aus den badischen Landes-
commi88ariaten Konstanz, Freiburg, Karlsruhe, Mannheim, 6. aus
den hessischen Provinzen Starkenburg, Oberhessen, Rheinhessen,
7. aus dem Grossherzogthum Sachsen-Weimar, 8. aus dem Gross¬
herzogthum Oldenburg, 9. aus dem Herzogthum Braunsclweig,
10. aus dem Herzogthum Sachsen-Meiningen, 11. aus dem Herzog¬
thum Sachsen-Altenburg, 12. aus dem Herzogthum Sachsen-
Coburg-Gotha, 13. aus dem Herzogthum Anhalt, 14. aus dem
Fürstenthum Schwarzburg-Rudolstadt, 15. aus dem Fürstentum
Waldeck, 16. aus dem Fürstenthum Reuss ältere Linie, 17. aus
dem Fürstenthum Reuss jüngere Linie, 18. ans den Reichs¬
landen Elsass-Lothringen, im Regierungsbezirk Bromberg zur
Entladung mit der Eisenbahn gelangende Rindvieh bis auf
weiteres beschränken.
Bromberg, den 6. Juni 1900.
Der Regierungs-Präsident.
Fleischschau nud Viehverkehr.
Ueber die Flelsohproduotion Australiens
lesen wir in. der „Colonialen Zeitschrift“, Leipzig, Bibliogra¬
phisches Institut:
In den lebhaften Debatten, die znr Zeit über die Einfuhr
fremden Fleisches geführt werden, ist fast nur von dem amerika¬
nischen Fleischexporte die Rede, nnd man hat den Fleischhandel
der australischen Kolonien, der sicherlich doch eines grossen
Aafschwungs fähig ist, fast ganz ausser Acht gelassen. Der
gewaltige Viehreichthum Australiens, der trotz wirtschaftlich
schwerer Verluste durch Dürren den Züchter zw'ingt, sich nach
Märkten für diese Ueberschüsse umzusehen, hat schon jetzt einen
Verkehr zwischen dem fünften Erdtheil und England ins Leben
gerufen, der sich bereits zu einem recht bedeutsamen Faktor
Veterinärbeamte.)
für beide Theile ausgestaltet hat. Noch vor 18 Jahren hielt es
niemand für möglich, Rind- oder Schaffleisch anders über weite
Entfernungen zu schaffen, als in Gestalt von Büchsenfleisch,
aber dies fand in England nur w'enig Anklang. Der erste erfolg¬
reiche Versuch mit der Verschiffung von gefrorenem Fleisch
nach England wurde im Jahre 1881 von Neu-Süd-Wales aus
gemacht, und seitdem hat der Handel einen immer grösseren
Umfang Angenommen.
Aber Neu-Süd-Wales, welches den ersten Anstoss zu diesem
Handel gab, ist längst von Nen-Seeland und Queensland über¬
flügelt worden. In Neu-Seeland betheiligen sich daran eine
Anzahl von Aktien-Gesellschaften, die auf beiden Inseln 2t Ge¬
frierwerke besitzen, die im Stande sind, jährlich 21 Millionen
Schafe einzufrieren. Die Insel ist in der Lage, den Schlacht¬
bänken jährlich wachsende Mengen von Thieren zuzuführen, da
ihre Heerden nicht unter Dürren zu leiden haben, die oft mehrere
Jahre hinter einander den Viehbestand decimiren. So hat z. B.
nach den amtlichen Veröffentlichungen vom 31. März dieses
Jahres der Viehbestand in Neu-Süd-Wales in Folge der Dürren
des le’tfcteri Jahres um 10888 Pferde, 146055 Rinder, 4927490
Schaft nnd 17270 Stück Milchvieh abgenommen — Külinan.)
Die Ausfuhr von gefrorenen Schafs- und Lammkörpern, so¬
wie von gefrorenem Schaf- und Rindfleisch aus Neu-Seeland be-
werthete sich im Jahre 1898 auf £ 1689756, während die ge¬
summte australische Ausfuhr von gefrorenem Fleisch den Betrag
von 2^18611 £ erreichte. Den zweiten Platz nimmt Queensland
mit einer Ausfuhr von 676698 £ ein, doch besteht die Ausfuhr
vornehmlich aus gefrorenem Rindfleisch. Gerade die Queens¬
länder zeigen grosse Rührigkeit im Anfsuchen von Absatz¬
gebieten, so sandte die Regierung 1897 einen Agenten nach
Deutschland, um die Importfirmen zu veranlassen, die Einfuhr
des amerikanischen Büchsenfleisches durch den australischeu
Artikel zu ersetzen. Diese Bemühungen sind nicht ohne Erfolg
geblieben.
In Neu-Süd-Wales hat der Fleischhandel nicht den Frfolg
gehabt, den man erwartete. Man züchtete hier, wie auf dem
ganzen australischen Continent fast ausschliesslich Merino*, da
aber deren Fleich im Handel durchschnittlich l 1 /* Penny für das
Pfund weniger werth ist, so hat man in den letzten Jahren An¬
strengungen gemacht, solche Thiere zu züchten, die für Wolle
und Fleisch gleich gate Nutzungseigenschaften besitzen. Das
ist auch erreicht worden. Nun hat aber der Schafbestand der
Colonie in den letzten Jahren seit 1891 infolge der Dürren um
20/ ! 2 Millionen Stück abgenommen, und so ist auch die Ausfuhr
gesunken, trotzdem sie sich im Jahre 1898 etwas erholte und
331044 £ erreichte, während zugleich der Export von Büchsen¬
fleisch auf 270794 £ stieg.
Von den übrigen australischen Kolonien ist nur Victoria zn
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 26.
erwähnen. In Victoria sind die grossen Weideländereien (cnns)
anfgetheilt und in Ackerbaufarmen uragewandelt worden. Der
Boden ist theils für den Körnerban, theils znm Anbau von
Futterpflanzen für die in dieser Kolonie sehr intensiv betriebene
Milchwirtschaft verwendet worden, und so hat der Handel mit
Fleischconserven keinen grossen Aufschwung nehmen können.
Immerhin wurden 1898 für 121117 £ gefrorenes und für 47412 £
Büchsenfleisch nach England verschifft.
Die gesammte Ausfuhr der vier in Frage kommenden Länder
wird für 1898 auf 3716526 £ angegeben, wovon 2818611 auf
gefrorenes Fleisch und 897916 auf Büchsenfleisch entfallen.
Das neue Ortsstatut für Berlin
die Anstellung und Versorgung der Communalbearaten be¬
treffend, ist jetzt mit Zustimmung der Stadtverordneten¬
versammlung vom Magistrat erlassen worden. Zu den städtischen
Betriebs-Verwaltungen im Sinne des § 8, Absatz 2 des Gesetzes
vom 30. Juli 1899 werden unter anderen Verwaltungen die
Markthallen und der Vieh- und Schlachthof einschliesslich
der Fleischbeschau gerechnet. Sämmtliche Beamte der ge¬
nannten Betriebs-Verwaltungen gelten, falls in ihrer Anstellangs¬
urkunde nichts anderes festgesetzt ist, als auf Kündigung än-
gestellt. Ira Interesse der ganzen Organisation der Berliner
Fleischbeschau muss die Forderung als unbedingt berechtigt an¬
erkannt werden, dass ein bestimmter Procentsatz der städtischen
Thierärzte unkündbar mit Pensionsberechtigung angestellt wird.
Eine Verwaltung wie die Fleischbeschau, bei der von der
Urtheilsfähigkeit des einzelnen Beamten die Ausführung des Be¬
triebes in so hohem Masse abhängt, muss einen Stamm von
tüchtigen, erfahrenen Beamten haben, um eine richtige Ent¬
scheidung in jedem Fall herbeizuführen. Hierauf rechnen wird
die städtische Verwaltung aber nur können, wenn sie für eine
lebenslängliche Sicherstellung ihrer Beamten, speciell der hier
in Betracht kommenden städtischen Thierärzte sorgt. Bei den
beträchtlichen Werthen, welche das jährlich beanstandete Fleisch
repräsentirt, hat die gesammte Landwirthschaft und der Staat
ein hohes Interesse an der umsichtigen Handhabung der
städtischen Fleischbeschau Berlins, und sollte auch von dieser
Seite aus auf die städtische Verwaltung Berlins den obigen
Ausführungen entsprechend eingewirkt werden. K.
Bücheranzeigen und Kritiken.
Die Untersuchung von Nahrungsmitteln, BenussmlttHn und Gebrauch«- j
gegenständen. Practisches Handbuch für Chemiker, Medicinal- j
beamte, Pharmaceuten, Verwaltungs- und Justizbehörden etc.
von Professor 6ustav Rupp. Laboratoriums-Vorstand der Gross-
herzogl. Bad. Lebensmittelprüfungs-Station der technischen Hoch¬
schule in Karlsruhe. Mit 122 in den Text gedruckten Abbildungen
und vielen Tabellen. II. Auflage. Heidelberg. Carl Winter’s
Universitätsbuchhandlung. 1900.
Die zweite Auflage des Rupp’schen Handbuche» i s t gttfäis
den Vereinbarungen der vom Kaiserl. Gesundheitsamt seinerzeit
einberufenen Commission deutscher Nahrungsmittelchemiker neu
bearbeitet; und auch speciell zum Gebrauch der Nahrungdmittel-
untersnchungsstationen bestimmt. Besonders eingehend sind die
Wein- und Wasserprüfungen abgehandelt Bei den den: Thier¬
arzt interessirenden Abschnitten Milch und Fleisch vermisse ich
Angaben über den Nachweis gekochter Milch und über dfe Fest¬
stellung des Glykogengehalts, auch beim Trichinenkapitel> ist die
Abbildung herzlich schlecht, während sonst gerade auf die
Wiedergabe sorgfältiger Abbildungen Wßrth gelegt ist. Die
mitgegebenen gesetzlichen Bestimmungen betreffen, abgesehen
von den Reichsgesetzen, die badischen Verhältnisse und dürften
die dort ansässigen Thierärzte das Werk zur Orieptirung
benutzen können. Kühnau.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Corps-Rossarzt a. D. Hahn-Coblenz, bisher
beim VIII. Armee-Corps, ist der Kronenorden HI. CI. verliehen worden.
Ernennungen eto.: Gewählt: E. Ahlburg, comm. Kreisthierarzt
in Arolsen, nebenamtlich zum Scblachthausinspector daselbst, Thier¬
arzt Dettmann- Wittstock zum Schlachthausinspector daselbst
Approbationen: In Berlin die Herren Fritz Kleiner, Theodor
Möhring, Richard Pieth, Wilhelm Roloff, Joseph Soffner,
Gustav Thun, Bruno Winkler.
Wohn8itzver&nderungen, Niederlassungen etc.: Die in No. 25 ge¬
meldete Uebersiedelung des Thierarztes Klingelstein nach Berlin
ist nur eine vorübergehende.
In der Armee: Die Rossärzte Gfesensc hlag (Remontedepot
Gudwallen) und Laabs (18. Drag.-Rgt.) zu Oberroseärzten befördert,
letzterer unter Versetzung zum 9. Drag.-Rgt. — Versetzt: Tetzner,
Oberrossarzt vom 9. Drag.-Rgt, als Inspicient zur Militär-Rossarzt-
schule, Blunk, Unterrossarzt vom 15. Hus.-Rgt zum 18. Drag.-Rgt.
Vacanzen.
(Näheres über die Vacanzen mit abgelanfener Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreisthlerarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
In Bayern: Zuchtinspectorstelle für den Zuchtverband für Fleck¬
vieh in Niederbayern mit dem Wohnsitz in Landshut (3500 M.,
1500 M. Reiseaversum). Gesuche bis 15. Juli an den Verbands¬
vorsitzenden Fuchd. — In Sachsen: Assistentenstelle bei der
pbysiolog. Abth. der Dresdener Hochschule (1200 M., steigend bis
1500 M., Wohnung etc.). Bewerbungen an die Direction.
b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Aachen: Montjoie. — R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B.
Köln: Waldbröl. — R.-B. Cöslin: Bütow und Stolp(Nord) — R.-B.
Wiesbaden: St. Goarshausen.
Saaltltsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Erfurt: SchlachthofassisteDzthierarzt (2000 M.). Meldungen an den
Magistrat — Freiberg (Sachs.): Thierarzt am Schlachthof der
Fleischerinnung (2000 M„ keine Praxis). Bewerbungen bis 30. Juni
an den Stadtrath. — Grätz (Posen): Schlachthofinspector (1500M.,
Wohnung etc., Privatpraxis in dienstfreier Zeit). Bewerbungen an
den Magistrat. — Halle: Assistenztbierarzt am Schlacht- und
Viehhof sofort (1800 M. Dienstwohnung). Meldungen an den Direetor.
— Haltern: Sanitätsthierarzt (1200 M. aus der Fleischschau, 800M.
Zuschuss, Privatpraxis). Bewerbungen an den Bürgermeister bis
15. Juli.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Cassel: 3. Schlachthofthierarzt — Dresden: Mehrere Hilfsthierärzte.
— Eberswalde: Schlachthofinspector. — Pössneck: Thierarzt für
Fleischbeschau. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Pritzerbe:
Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Wamsdorf.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdshnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt — Peiskretscham (Ober-Schles.): Thier¬
arzt Bewerbungen beim Magistrat. — Schönbaum (Danzig).
— Sold au (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Eickel. — Mengeringhausen
(Waldeck). — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.)
— Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze (Mecklb).
— Wolkenstein.
Verantwortlich fftr den Inhalt (exoL InaerateatheU): Prot Dr. Schmal ta ln Berlin. — Verlas und Bigenthum von Richard gehört* in Berlin, — Prvc* t<?xi W. BtUCMtrtn, Berlin
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Die „Berliner Thierärztliche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in StArke von mindestens 1*/, Bogen. Dieselbe
ist zu beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1082)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoctz, Berlin NW., Luisenstrasse 38, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Origlnalbeiträge werden mit 60 Mk. für den Bogen honorirt.
Alle Manuscrlpte, Mittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe mau zu senden an Prof. Dr. Schmält»,
Berlin thierärztliche Hochschule, NW., Lulsenstrasxe 50.
Correcturen, Recensions-Rxemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz- Berlin.
Verantwortlicher Redactenr.
De Bruln Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel Zündet
Professor Oberthierarzt Departemcntatblerarzt Kreisthierarzt Departementsthierarzt Veterinärassesaor Professor Landes-lnsp. f. Tbierxucht Kreisihlerarzt
Utrecht. Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 27 . Ausgegeben am 5. Juli.
Inhalt: Schmaltz: An unsere Leser. — Rickmann: Der Erreger der I’ferdesterbc (Horsesickness Paardziekte). — Hoffmann:
Der Operationstisch in der chirurgischen Klinik zu Stuttgart. — Referate: Röder: Ueber die Verwendbarkeit von
Jodeiweissverbindungen (Eigone) in der thierärztlichen Praxis. — Rabow und Galli-Valcrio: Icbthoform. — Ueber die in der
Armee gebräuchlichen Antiseptica. — Vosshage: Zur Statistik des Kehlkopfpfeifens. — TagesgBschichte: Aufruf. —
XXXIII. General-Versammlung des thierärztlichen Vereins für die Provinz Posen. — Staatsveterinärwesen. — Fleischschau
und Viehverkehr. — Thierhaltung und Thierzucht. — Personalien. — Vacanzen.
An unsere Leser.
Das Decennium, auf welches die Berliner thierärztliche
Wochenschrift (B. T. W.) zurückblickt, hat das Gebiet, des
thierärztlichen Berufes um Vieles bereichert.
Der ärztlichen Kunst ist die Besiegung vordem unheilbarer
Krankheiten gelungen und die thierärztliche Praxis hat mit
diesem schönen Triumph ihre Stellung als Kern des Ganzen, als
Grundveste des tierärztlichen Ansehens gewahrt.
Die Bacteriologie ist für die Thiermedicin bedeutungsvoll
geworden und hat immer mehr thierärztliche Forschung auf sich
gezogen.
Dem Staatsveterinftrwesen hat sich ein Feld von vorläufig
unabsehbarer Weite eröffnet, nachdem der Zug der Zeit die
Landwirtschaft dazu geführt hat, selber die gesetzlich geordnete
Bekämpfung möglichst vieler Infectionskrankheiten anzustreben.
Die Fleischschau ist endgiltig den Thierärzten erobert; ihr
wissenschaftlicher Ausbau und ihre practische Durchführung
nimmt immer mehr Kräfte in Anspruch.
Diese Fächer sind specialistische; ihre Entwickelung aber
führt sie über den Kreis der Specialisten hinaus. Bei den Auf¬
gaben der Zukunft, der allgemeinen Fleischschan, der Tuberculose-
bekämpfung, Milchcontrole u. 8. w. ist eine Mitwirkung aller
practischen Thierärzte im weitesten Sinne unentbehrlich. Seuchen¬
bekämpfung, Nahrungsmittelcontrole und Bacteriologie werden
daher mehr und mehr in den Vordergrund des allgemeinen thier¬
ärztlichen Interesses gerückt werden.
Der Entwickelung der Dinge muss auch eine Zeitschrift —
und sie zuerst — Rechnung tragen. Es reifte daher der Plan,
der Redaction der B. T. W. neue und umfassendere Kräfte zu-
zufiihren, namentlich jedem Specialfache der thierärztlichen
Gesammtwissenschaft einen Specialisten zu sichern, der mit der
ständigen Bearbeitung anch dieV erantwortnng dafür übernehme,
dass alle Erscheinungen seines Gebietes einer sachkundigen Be¬
achtung und Behandlung unterzogen werden.
Meine schwere Erkrankung im vorigen Jahre hat mich in
letzter Linie veranlasst, die Durchführung jenes Planes nicht
länger aufzuschieben.
i Die B. T. W. ist bis heute in einem stetigen und über-
| raschenden Wachsthnm geblieben und hat allmählich eine Ver-
I breitung und Bedeutung erlangt, welche selbst unter den
medicinischen Zeitschriften nur sehr wenige haben. Ein solches
Unternehmen darf nicht einer persönlichen Krisis ausgesetzt
' werden und daher nicht in dem Grade von dem Schicksal eines
Einzelnen abhängig sein, wie die B. T. W. bisher thatsächlich
i von mir abhängig gewesen ist. Jene Erkrankung, deren schliess¬
lich günstiger Ausgang kaum noch mehr als ein Zufall war,
hat es mich als eine gebieterische Nothwendigkeit erkennen
' lassen, einen Theil nicht bloss der Arbeit, sondern auch der
moralischen Verantwortung auf Andere zu übertragen und so
nicht allein die B. T. W. inhaltlich noch vielseitiger und voll¬
kommener gestaltet, sondern sie auch gegen jeden persönlichen
Zufall sichergestellt zu sehen.
Leider vermochte ich zu den damit verbundenen Aendernngen
die Zustimmung des Herrn Geheimrath Dr. Dieckerhoff nicht
zu gewinnen. Derselbe hat vielmehr bei der Inangriffnahme
jenes Planes am 1. April seinen Austritt aus der B. T. W. mit
Ablauf des Quartals erklärt. Der Austritt ist somit am 1. Juli
erfolgt. Obwohl Herr Geheimrath Dieckerhoff kontract-
mässig an der Leitung und Redaktion der B. T. W. sich über¬
haupt nicht betheiligte, war seine repräsentative Persönlichkeit
eine Zierde und seine Mitarbeiterschaft, die er in Original¬
artikeln der B. T. W. widmete, für diese eine Ehre. Ich bedaure
daher sein Ausscheiden aufrichtig.
In der neuen Redaction, deren Gesammtheit sich mit
der heutigen Nummer zum ersten Mal den Lesern der B. T. W.
vorstellt, hat Dr. Peter, der bereits der Redaction angehnrte,
speciell meine Stellvertretung übernommen. Seine Arbeiten liegen
im übrigen auf practisch-thierärztlichem Gebiet.
Mit Dr. Lothes haben sich Departementsthierarzt Peters
und Veterinärassessor Prensse vereint zu einer gemeinsamen
vervollkommneten Bearbeitung der Veterinärpolizei. Diese wird
als „Staatsveterinärwesen 11 im engeren Sinne künftig einen
eigenen Abschnitt in der B. T. W. einnehmen. Ihre gemein¬
samen Ziele haben die 3 Bearbeiter pag. 322 besonders besprochen.
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314
BERLINER TlllERARZTLICUE WOCHENSCHRIFT.
No. 27.
Im Uebrigen hat die laufenden Redactionsgeschäfte für diesen
Abschnitt speciell Veterinärassessor Preusse übernommen.
Fleischschau, Milchcontrole und Viehhandel, soweit
sie das allgemeine Interesse in Anspruch nehmen und daher in
den Rahmen der B. T. W. hineingehören, bilden ebenfalls einen
besonderen Abschnitt, welcher vom hamburgischen Oberthierarzt
Kühn au redigirt wird, dessen ständiger Mitarbeit sich die
B. T. W. übrigens schon zu erfreuen hatte.*)
Professor Dr. Schlegel, Leiter des thierhygienischen
Instituts der Universität zu Freibnrg im Breisgan ist als thier¬
ärztlicher Bacteriologe in die Redaction eingetreten und
ebenso ist es gelungen, einen mit der süddeutschen Thier zu cht-
Organisation vertrauten Mitredacteur in dem kgl. bayerischen
Landesinspector für Thierzucht, Dr. Vogel, zu gewinnen.
Professor de Bruin-Utrecht hat die Anregung gegeben, die
Geburtshülfe bei Hausthieren einer grösseren Aufmerksamkeit
und mehr specialistischen Bearbeitung zu würdigen, als der¬
selben allgemein bisher zu Theil geworden ist. Er erschien
durch seine eignen Arbeiten am besten berufen, diese Anregung
selbst zu verwirklichen.
Auf Referate über alle geeigneten thierärztlichen Publi¬
kationen wird nach wie vor besonderer Werth gelegt werden.
Die besonders wichtige und schwierige Durchsicht der fremd¬
sprachlichen Literatur bezw. die Referate aus derselben
hat Kreisthierarzt Zündel aus Mühlhausen i. E. für die gesammte
französische und Dr. Peter für die englische und italienische
Literatur übernommen. Auch für die Beachtung der dänischen,
holländischen und russischen Literatur ist gesorgt.
Die deutsche thierärztliche Literatur wird grösstentheils von
Kreisthierarzt Ne vermann-Bremervörde, die medicinische, soweit
deren Berücksichtigung möglich und erforderlich ist, durch
Dr. J e s 8 - Charlottenburg und Kreisthierarzt Franke-Mülheim
referirt. Uebrigens werden die Herren Referenten alle sich
durch Namensunterschriften als Verfasser der einzelnen Referate
kennzeichnen.
Das Programm der B. T. W. bleibt im Uebrigen das alte.
Dem practischen Thierarzte soll sie in möglichst gedrängter
Form von allen Vorgängen auf unserm Berufsgebiet, soweit sie
allgemeines Interesse haben, Kunde geben. Das Gleichgewicht
zwischen den einzelnen Specialfächern aufrecht zu erhalten, wird
meine Aufgabe sein. Keines wird einseitig überwiegen und
den Platz, der anderen bisher zugemessen war, beeinträchtigen.
Falls das Material für das öffentliche Veterinärwesen mehr
Raum erfordert, als ihm der gemeinsame Rahmen in der
Wochenschrift zuweist, wird diesem Bedürfnis durch Beilagen,
welche die B. T. W. selbst nicht belasten, Rechnung getragen
werden. Eine dauernde Umfangsvermehrung der B. T. W.
selbst ist jedenfalls nicht beabsichtigt. Ganz abgesehen vom
Preis würde eine Vergrüsserung des Lesestoffes z. Z. weder
dem Bedürfniss der Mehrzahl der Thierärzte noch dem Masse
der zum Lesen verfügbaren Zeit Rechnung tragen.
Die B. T. W. wird nach wie vor die Interessen des thier-
ärztlichen Ge s am mt st an des besprechen und nach bestem Wissen
und Gewissen zu fördern suchen. Je mehr mit dem Wachsthum
der thierärztlichen Wissenschaft eine Verzweigung derselben,
eine Specialisirung sich ansbildet, um so mehr wächst die Gefahr
*) Material für die Abschnitte „Staatsveterinärwesen“ und
„FleiBchschau“ kann ebensowohl an den Herrn Preusse bezw.
Herrn KUhnau direct oder an mich gesandt werden.
einer Abzweigung einzelner Kategorien, eines Zerfalles in
Interessengruppen. Ein wie schwerer Schaden für den thier¬
ärztlichen Stand das wäre, braucht nicht erörtert zu
werden. Deshalb erwächst Jedem die ernsteste Pflicht,
jener Gefahr auf das Entschiedenste vorzubeugen. Jedes ein¬
seitige Hervorkehren von Gruppen-Interessen ist daher aus-
zuschliessen, bezw. zu bekämpfen. Wir haben alle im Gesammt-
interesse Pflichten Einer gegen den Anderen. Gegebenenfalls
wird ein ohne Erregung geführter Meinungsaustausch am besten
zum Ziele führen. Die tagesgeschichtliche Rubrik der B. T. W.
hat einem solchen immer offen gestanden, sofern nur Ge¬
hässigkeit vermieden und die nöthige Form concedirt war.
Ich bin immer der Meinung gewesen, dass (falls obige Bedingung
gewahrt bleibt) eine Kritik selten schadet, aber häufig nützt,
mag sie nun berechtigt oder unberechtigt sein. Auch in letzterem
Fall ist sie oft ein Wegweiser und giebt ja überdies die beste
Gelegenheit zur Widerlegung. Die Möglichkeit öffentlicher Ans¬
sprache wirkt wie das Sicherheitsventil am Kessel; sie verhindert
am besten, dass sich Missvergnügen heimlich bis zu explosiver
Spannung verdichtet. Die B. T. W. wird Meinungsäusserungen
stets Raum gewähren und nicht beanspruchen, bloss ihre Meinung
zur Geltung zu bringen. Auch die Redacteure untereinander
können verschiedener Meinung sein und sind in ihren Aeusserungen,
dit. sie mit ihren Namen decken, gegeneinander frei. Es ist
dies das beste Mittel gegen Einseitigkeit. Es giebt nur eine
unbedingt inneznhaltende Richtschnur: Förderung der thier¬
ärztlichen Wissenschaft und Wirksamkeit, Förderung der
Gesammtheit des thierärztlichen Standes, beides im thunlichen
Anschluss an die Interessen der Landwirtschaft, unter dankbarer
Anerkennung des Guten und freimütiger Darlegung des
Fehlenden.
Die B. T. W. hat von vornherein sich bemüht die Mit¬
arbeiterschaft der practischen Thierärzte zu gewinnen und hat
dies auch erreicht. Auch dieser Tendenz wird sie treu bleiben
und mit gutem Recht, mit bester Hoffnung. Denn unter mancherlei
Trübem ist eine der erfreulichsten Erscheinungen die unverkenn¬
bare Thatsache, dass das wissenschaftliche Streben auf allen
Specialgebieten der Thiermedicin sich namentlich auch in derjungen
Generation mehr und mehr verallgemeinert, dass die Zahl der
freiwilligen Arbeiter sich vermehrt, dass „draussen in der Praxis“
immer mehr werthvolle Errungenschaften gewonnen werden,
unzweifelhaft schon ein Erfolg der gründlicheren wissenschaft¬
lichen Durchbildung derjenigen, die überhaupt das Ziel
erreicht haben. Desshalb wird es an Mitarbeitern nicht
fehlen, nicht der B. T. W., nicht dem thierärztlichen Beruf.
Neben die Aelteren werden sich die Jungen stellen. Unserer
Zukunft wollen wir fest vertrauen!
Für die Redaction der B. T. W.
Schmaltz.
Der Erreger der Pferdesterbe (Horsesickness
Paardziekte).
Von
Rossarzt Riokmann,
Dcutsch-Südwestafrika.
Nachdem ich Ende vergangenen Jahres nach langer Zeit
im Verein mit Herr Rossarzt Kaesewurm auf dem bacterio-
logischen Institute des Schutzgebietes wieder an das Studium
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5. Juli 1Ö0Ö.
feERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
der Pferdesterbe lierangehen konnte, sehe ich mich veranlasst,
einen Theil der Arbeit, den Erreger der Pferdesterbe betreffend,
als vorläufige Mittheilung bekannt zu geben. Ueber Geschichte
der Pferdesterbe, ihre klinischen und pathologischen Erscheinungen
und diverse Impfversuche sowie diesbezügliche Resultate werden
wir nach Aufarbeiten des vorhandenen Materials eine gemein¬
schaftliche Arbeit im Druck erscheinen lassen.
Der Umstand, dass mit der Impfung von Blut, welches
einem sterbekranken Pferde, Maulthiere, Maulesel oder Esel zu
beliebiger Zeit nach Einsetzen der ersten fieberhaften Er¬
scheinung entnommen worden ist, regelmässig bei einem gesunden
Thiere dieser Gattung Sterbe erzeugt wird, lässt die Behauptung,
dass das Blut der Träger des Infectionsstoffes ist, als selbstver¬
ständlich erscheinen.
Wird virulentes Blut durch ein Chamberlandfilter
geschickt, so ist das Filtrat nicht infectionsfähig, wie es zuerst
Dr. Eddington-Erahamstown und dann ich nachgewiesen haben.
Daraus resultirt, dass entweder die Blutkörperchen die Träger
des Infectionsstoffes sein müssen, oder der Infectionsstoff frei im
Blute, aber zuih Passiren des Chamberlandfilters zu gross ist.
Diese Ergebnisse veranlassten mich, auf die Blutunter¬
suchung das Hauptaugenmerk zu richten. Es standen mir in
dieser Sterbezeit 29 sterbekranke Pferde zur Verfügung. Neben
der von Plehn und Schütz in verschiedener Ausführungsweise
angegebenen Methylenblau-Eosin — und der Ehrlichschen Häma-
©
©
toxylin-Alaun-Eosin-Färbung habe ich mit der Zie mann sehen
Methylenblau-Eosin-Färbung entschieden die besten Präparate
erzielt. Bei letzterer Färbung ist das Verhältniss von 1 Theil
1 pCt. wässeriger Methylenblaulösung zu 6 Theilen 0,1 pCt.
wässeriger Eosin-Lösung in circa l / 3 stündiger Einwirkung der
Mischung auf das Präparat am günstigsten.
Schon 3—4 Tage nach der Impfung findet man inner- und
ausserhalb der rothen Blutkörperchen kleinste Punkte von
dunkelblauer Farbe. In der Mehrzahl enthält das rothe Blut¬
körperchen nur eins dieser Körner, doch findet man des Oefteren
auch deren zwei. Die Grösse derselben ist verschieden. Bald
sind sie peripher, bald central gelagert und zeigen oft eine
längliche Form. Beim Auf- und Niederschranben des Tubus
erscheint die. Mitte der Körner stärker lichtbrechend, während
der periphere Theil dunkel bleibt. Die Blutkörperchen selbst
sind nicht verändert. Nach weiteren 1—2 Tagen findet sich
schon neben diesen, karyochromatophilen Körnern, — wenn ich
der von PI ehn in der deutschen med. Wochenschr. 1899 No. 28—30
gegebenen Bezeichnung folgen darf, — in den rothen Blutkörper¬
315
chen ein rundes Scheibchen, welches eine deutliche Blaufärbung
angenommen hat. Die Blanfärbung ist meistens eine totale,
doch habe ich in einigen Fällen auch beobachtet, dass lediglich
die periphere Zone blau gefärbt war, die Blaufärbung nach dem
Centrum allmählich abnahm nnd der Mittelpunkt selbst keine
Färbung zeigte, sondern von stark lichtbrechender Eigenschaft
war; diese letzteren Gebilde machten auf mich den Eindruck von
Bläschen, welch’ letztere Bezeichnung ich allgemein beibehalten
möchte. Auch diese Gebilde scheinen auf die rothen Blutkörper¬
chen nur geringen Einfluss auszuüben. Der Durchmesser der
runden Bläschen beträgt y 4 —‘/ 5 desjenigen der rothen Blut¬
körperchen.
Mit fortschreitender Krankheit vermehren sich sowohl die
Körner als auch die Bläschen. Während erstere zahlreich auch
ausserhalb der rothen Blutkörperchen zu finden sind, findet man
letztere fast nur innerhalb. In sehr wenigen Fällen sah ich
dieselben anch ausserhalb und führe diesen Befund auf den
Zerfall von rothen Blutkörperchen zurück od^r auf Auswanderung
des Bläschens, zumal in Fällen hochgradiger Krankheit viele
rothe Blutkörperchen zu finden sind, welche theils vergrössert
und verblasst erscheinen nnd fast immer Vacuolen erkennen
lassen.
Sowohl bei den innerhalb der rothen Blutkörperchen liegenden
als auch besonders bei den frei zu findenden Bläschen scheint ein
central gelegener kleinster Kern vorhanden zu sein, dessen Existenz
ich aber nicht als feststehend behaupten möchte. Bei diesen frei¬
liegenden Bläschen konnte ich mehrfach die Zusammenlagerung
von 2 bis 3 derselben constatiren, die in einer Reihe wie Perlen
eines Rosenkranzes zusammenhingen und deren Grösse von
1 bis 3 in geringem Grade abnahm.
Die Anzahl der weissen Blutkörperchen erleidet allmählich
eine bedeutende Abnahme.
Betreffs weiterer Wuchsformen möchte ich kein vor¬
eiliges Urtheil abgeben, sondern nur noch Folgendes berichten;
Bei drei sterbekranken Pferden habe ich im Blute, welches kurz
vor dem Tode entnommen war, innerhalb der rothen Blut¬
körperchen Gebilde gefunden, welche theils dem Apiosoma
bigerainum entsprachen, theils mit den Parasiten der verschiedenen
Menschen-Malarien die grösste Aehnlichkeit besitzen; letztere
Verwandtschaft tritt infolge weiterer Untersuchungen mehr in
den Vordergrund. Betreffs der letzteren drei Fälle konnte ich
bei mehreren sehr grossen, fast das ganze rothe Blutkörperchen
ausfüllenden Parasiten deutlich nach erfolgter Ziemann’scher
Färbung ein grosses röthliches Chromatinkorn erkennen, welches
durch eine achromatische Zone mit dem gekörnten Protoplasma
zusammenhing. Eine Täuschung meinerseits liegt nicht vor, da
ich sowohl in Afrika als auch auf dem Institut für Infektions¬
krankheiten zn Berlin unter R. Koch’s Leitung mich mit der
Menschen-Malaria beschäftigt habe.
In welchen Zusammenhang die Vermehrung der Körner,
Scheiben etc. mit dem Zustandekommen des Fiebers zu bringen
ist, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Es hat aber den
Anschein, als ob mit fallender Temperatur die Untersuchung des
Blutes die meisten Bläschen ergiebt.
Ob es gestattet ist, nach diesen Befunden im Verein mit
den klinischen und pathologisch-anatomischen Erscheinungen eine
Identität der Menschen-Malaria mit Pferdesterbe zu behaupten,
wie es von Oberarzt Dr. Kuhn lediglich auf Grund der Krankheits¬
geschichte und seiner Impfungen gegen Pferdesterbe und Malaria
geschehen ist, lasse ich vorläufig dahin gestellt. Dass ein Zo-
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BERLINER THIERABZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 27.
316
sammenhang zwischen beiden Kranklieiten existirt, kann wohl
angenommen werden und höchstwahrscheinlich wird es sich um
einen Generationswechsel handeln; der maligne Charakter der
Pferdesterbe und die Befunde erinnern an die pemiciösen
Malarien. Sehr bemerkenswerth ist eine von Plehn in der
deutschen med. Wochenschrift 1899, No. 28—30 erschienene
Arbeit über die Grundformen der Malariaparasiten, zumal eine
Reihe von Berührungspunkten darin enthalten sind. Leider
etand mir nur ein Auszug dieser Arbeit (Dieudonnd) zur
Verfügung.
Ich erblicke in der Pferdesterbe eine der perniciösen Malaria
des Menschen ähnliche oder nahe verwandte Krankheit.
Die wenigen beigefügten Zeichnungen von Herrn Rossarzt
Kaesewnrm mögen zur Illustration dienen.
Der Operationstisch in der chirurgischen Klinik
zu Stuttgart.
Von
Professor Hoffmann.
Die wesentlichsten Forderungen des vom konischen Stand¬
punkt ans aufgestellten Programms für den Operationstisch um¬
fassen folgende Punkte:
1. Kippbarkeit der Tischplatte um eine wagerechte Achse
t
derart, dass das Pferd an die senkrecht stehende Platte heran¬
geführt, mit Riemen an derselben befestigt und dann mit dem
Tisch ohne Gefahr von Verletzungen in die horizontale oder
nach rückwärts geneigte Operationslage umgelegt und ebenso
wieder aus dieser mechanisch aufgerichtet werden kann.
2. Grosse Kippgeschwindigkeit, bei vollkommen stossfreiem
Gang der Maschine, um das Thier durch die Schnelligkeit des
Vorganges derart zu überraschen, dass für das Kippen selbst
eine beschränkte Fesselung durch Anschnallen von Kopf und
Rumpf genügt und die Füsse erst festgezogen werden, nachdem
das Pferd bereits durch das mechanische Niederlegen in eine ver-
hältnissmässig hilflose Lage versetzt ist, die seinen Widerstand
gegen die nachfolgende vollständige Knebelung bricht und so
Selbstverletzungen durch heftiges Sträuben ausgeschlossen sind.
3. Drehbarkeit der Tischplatte um eine senkrechte Achse.
4. Senkrechte Beweglichkeit durch Heben und Senken.
5. Zuverlässige und leichte Handhabung aller Bewegungen
mit vollkommener Beherrschung der Geschwindigkeiten und der
Ruhelagen.
6. Einfache, leicht rein zu haltende Constructionsformen
und bequeme Zugänglichkeit aller Theile.
Die technische Lösung der Aufgabe führte zur Ausführung
der nachstehend beschriebenen hydraulischen Anlage, welche
sowohl im Grundgedanken wie in allen Einzelheiten erstmals
für den vorliegenden Zweck erdacht ist und folgende Vorzüge
in sich vereinigt.
1. Kippen, Heben, Senken und Schwenken der Tischplatte
mit Hülfe eines einzigen centralen Stützkolbens in Verbindung
mit der Steuerung durch einen einfachen Handhebel, dessen
leichte Einstellbarkeit nicht nur die Geschwindigkeiten der ver¬
mittelten Tischbewegungen zuverlässig regelt sondern auch
Bremsen und Festhalten der Last in jeder beliebigen Lage
pünktlich vermittelt.
2. Handhabung der Anlage von einem beliebigen Standort
im Operatiousraum, abseits des .Tisches, der einen freien Heber¬
blick über die Vorgänge bietet.
3. Entbehrlichkeit einer besonderen Betriebsmaschine durch
unmittelbaren Anschluss des hydraulischen Apparates an eine
vorhandene öffentliche Druckwasserleitung, die auch für die son¬
stigen Bedürfnisse einer Pferdeklinik zur Verfügung stehen muss.
4. Vollkommenste Erfüllung der hygienischen Anforderungen
hinsichtlich der antiseptischen Reinigung der Anlage, weil Zahn¬
räder und Triebwerke mit Fugen und unzugänglichen Stellen,
in denen sich Blut, Eiter, Fäulnisserreger und Krankheitsträger
ansammeln können, hierbei vermieden werden.
5. Durchweg nach aussen abgeschlossene, glatte Construc¬
tionsformen und allseitig freie Zugänglichkeit der nur von unten
abgestützten Tischplatte.
G. Günstigste Vereinigung der arbeitenden und der stützen¬
den Maschinentheile bei grosser Geschwindigkeit für die zu
bewältigenden, beträchtlichen und umfangreichen Lasten, weil
der hydraulische Cylinder mit seinem Kolben durch geeignete
Wahl seines Querschnitts sowohl die Tragkraft wie die Ge¬
schwindigkeit beliebig hoch anzunehmen gestattet und gleich¬
zeitig eine ( ausserordentlich solide Führung und Stützung für
alle Lagen und Bewegungen des Tisches bietet.
Der gusseiserne hydraulische Cylinder ist im Fundament auf
eingemauerten schmiedeeisernen Trägern freihängend abgestützt
und ragt nur mit seinem Kopf, der die Stopfbüchsendichtung
für den nach oben austretenden Druckkolben enthält, über den
Betonfussboden des Operationssaales hervor. Zum Verhüten von
Rostansätzen ist der gusseiserne Kolben mit einer starken
Kupferschicht überzogen und gleitet im Cylinderkopf in Bronze¬
führungen.
Die kräftige schmiedeeiserne Tischplatte von etwa 2,2 m Länge
und 1,85 m Höhe schmiegt sich in flacher Krümmung einiger-
massen dem Thierkörper an und ist durch eine besondere seit¬
liche Auskragung ausreichend verbreitert, um auch für den vor¬
stehenden Pferdekopf noch eine geeignete feste Auflagerung zu
gewinnen, ohne die Gesammtabmessungen und ihr Gewicht stö¬
rend zu vergrössern. Die ganze Auflagefläche ist durch runde
und längliche Löcher durchbrochen und auf der Rückseite mit
zahlreichen Klemmschrauben versehen, die zum Durchziehen und
Festhalten der Gurte und Stricke dienen, mit denen der Thier¬
körper gegen die Platte gezogen wird.
Die horizontale Kippachse der Platte durchdringt einerseits
zwei kräftige Scharnirbänder auf der Rückseite und ist anderer¬
seits am Rande des Kolbenkopfes in zwei Böcken derart ausser¬
halb der Kolbenachse einseitig gelagert, dass bei hochstehendem
Kolben die ganze Tischplatte senkrecht frei herabhängt und
diese Stellung durch ihr Eigengewicht selbstthätig einnimmt.
Am unteren Plattenrande befinden sich auf der Rückseite
zwei Laufrollen, die sich mit ihren Umfangsnuten gegen eine
eiserne Stütz- und Führungsbahn in einer muldenförmigen Ver-
tiefung des Betonfussbodens vor dem Tisch legen. Durch die
senkrecht aufwärts gekröpften Enden dieser Führungsbahn wird
die Platte in ihrer senkrechten Stellung an der unteren Kante
nach rückwärts abgestützt und dadurch gehindert, oben nach
vorn umzukippen. Die flach gekrümmte Fortsetzung der
Schienen in der Fussbodenmulde zwingt aber die Platte beim
Senken des Kolbens unten nach vorn auszuweichen und ver¬
mittelt dadurch selbstthätig und zwangläufig das beabsichtigte
Kippen der Platte zum Niederlegen des Pferdes, sobald man
durch den Steuerapparat Wasser aus dem Cylinder entweichen
lässt, das unter dem grossen Kolbengewicht und der aufrnhenden
Last rasch ausströmt. Die eigenartige Verbindung der Theile
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5. Juli 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
317
veranlasst durch das Sinken des stützenden Kippscharnirs mit
dem niedergehenden Kolben bei dem gleichzeitigen seitlichen
Ansgleiten der unteren Tischkante auf der Rollenführungsbahn
anfänglich eine ausserordentlich rasche Winkeländerung, die
aber gegen Ende, beim Uebergang der Platte in die wagerechte
Lage, sich stark verzögert. Dadurch wird, unter vollständig
zwangläufiger Beherrschung der
Bewegung mittelst des Steuer¬
apparates, der Forderung in voll¬
kommenster Weise genügt, dass
der wesentlichste Theil der Kipp¬
periode, welcher das Thier am
meisten beunruhigt, sich in
wenigen Sekunden vollzieht,
während der Abschluss des Vor¬
ganges durchaus sanft und stoss-
frei erfolgt. Zur weiteren
Sicherung dieses Zieles ist dafür
gesorgt, dass die Tischplatte
sich in der Anlaufperiode bis zum
Eintritt der vollen Maschinen¬
geschwindigkeit eine kurze
Strecke geradlinig an den senk¬
rechten Enden der Rollen¬
führungsschienen niedersenkt
und die plötzliche Kippbewegung
erst im vollen Lauf ein tritt,
während der Kolben gegen Ende seines Niederganges den Steuer¬
hebel selbstthätig in die Mittellage zurückdrängt und durch die
hierbei auftretende Bremsung der Maschine die Sanftheit, mit
welcher der Kippvorgang in die Ruhelage übergeht, noch steigert.
Der umgekehrte Vorgang vollzieht sich, wenn Drupkwasser
unter den Kolben tritt. Nieder- „
kippen und Aufnchten des Ope¬
rationstisches erfordert hiernach
nur das Einstellen der hydrau¬
lischen Steuerung mittelst eines
Handhebels auf Abfluss oder
Einströmen des Druckwassers
in den Hnbcylinder, und die
hierfür aufzuwendende Kraft
kann mit einem Finger geleistet
werden, da die Steuerung als
entlasteter Kolbenschieber aus¬
geführt ist. Eine siebfdrmige
Abstufung der Durchflussquer¬
schnitte im Stenerapparat ver¬
hütet Btossweises Anwachsen
der eingeleiteten Geschwindig¬
keiten und vermittelt beim Um¬
steuern ebenso sanfte Brems¬
wirkungen. Sobald die Steu¬
erung in die Mittellage zu¬
rückgeführt wird, sperrt sie
kommen ab und stützt dadurch
lieh und, bis zu einer Veränderung der Steuerstellung, wie auf
einer vollkommen starren Unterlage zuverlässig ab.
Diese Abstützung und die freie Drehbarkeit des Kolbens in
seiner Stopfbüchsendichtung gestatten ferner den Tisch leicht
mit der Hand um seine senkrechte Cylinderachse zu schwenken.
Fiy. 1. Beschreibung s. pag. 319.
Fig. 2. Beschreibung s. pag. 319.
den Was8erdurchflus8 voll-
den Tischkolben augenblick-
Kuppelt man ferner die Platte in horizontaler Lage durch
eine am Kolbenkopf angebrachte Klemmvorrichtung mit letzterem,
so hebt und senkt sich der Tisch mit wagerechter Platte beim
Ein- oder Ausströmen von Druckwasser und gestattet mit dem¬
selben Steuerhebel, der auch zum Kippen dient, das Einstellen
auf jede gewünschte Höhe.
Aus der wagerechten Lage
lässt sich der Tisch in die nach
rückwärts geneigte mit Hilfe
einer kleinen tragbaren Ergän¬
zungsstütze bringen, die im
Wesentlichen aus einer dreh¬
baren Schraubenspindel mitGriff-
stern, einem kugelförmigen Kopf
und einem I förmigen Fuss be¬
steht, dessen senkrechter Stutzen
die Spindel aufnimmt, während
die horizontalen Schenkel in
Stirnzapfen endigen, deren Lager¬
pfannen in den Betonfussbodeu
eingelassen sind. Stellt man die
Stütze mit ihren Fusszapfen auf
den Boden und schraubt sie nach
oben auf passende Länge, bis
sie mit ihrem Kopf in eine ent¬
sprechende Pfanne aufderunteren
Fläche der Tischplatte — bei
horizontaler Lage der letzteren — hineingepresst wird, so hat ein
Senken des Kolbens die Neigung des Tisches nach der entgegen¬
gesetzten Seite, d. h. wenn die Stütze vorn steht, nach hinten zur
Folge. Die Zapfenanordnung der Stütze gestattet dieser, der Kipp-
bewegnngselbstthätigzufolgen, ohne an Stützsicherheit einzubüssen.
Um bei dieser umgekehrten
Kipplage das Abgleiten des
Pferdes von der Platte zu ver¬
hüten, wird vorher eine breite,
mit Holz belegte Rückenstütze
in den Tisch eingesetzt.
Der tiefste Punkt der Fuss-
bodenmulde ist zum Abführen des
Spülwassers und aller Opera¬
tionsflüssigkeiten, Eiter, Blut,
Sublimat u. s. f. benützt.
Ausser dem in einfachster
Weise zu bedienenden Stener¬
apparat, der alle Bewegungen
und Ruhelagen vermittelt, ge¬
hören zu der Anlage nur noch
wenige Hilfsgeräthe, nämlich:
1. Ein abnehmbares Fuss-
brett an der Tischplatte, auf wel¬
ches das Pferd zum Anschnallen
geführt wird, nnddieimVereinmit
einer im Fundament durch Scharniere befestigten eisernen Boden¬
klappe die muldenförmige Vertiefung des Fnssbodens bei auf¬
rechter Tischstellung überdeckt, so dass das Pferd auf ebenem
Untergrund an den Operationstisch heran- und wieder fortgeiührt
wird. Die Bodenplatte weicht beim Kippen selbstthätig aus; das
Fussbrett wird für die Operation vom Tisch abgenommen, um
den Operateur nicht zu behindern, und erst wieder mit Bolzen
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318
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 27
angesteckt, wenn der Tisch zur Entfernung des Thieres zurück¬
gekippt werden soll.
2. Die bereits erwähnte tragbare Schraubenspindel für die
Rückwärtsneigung der Platte.
3. Ausreichende Zahl von Gurten und Stricken zum Fesseln
des Pferdes, sowie die
ebenfalls schon erwähnte
Rückenstütze.
4. Eine kleine, voll¬
ständig eingekapselte
Schneckenradwinde auf
der oberen Rückenseite
der Tischplatte mit einer
kurzen Hakenkette, die
über einer Leitrolle in der
Mitte der Plattenkante
nach vorn überhängt
und zum Anspannen
eines breiten Bauch¬
gurtes dient, mittelst
dessen das Pferd bei der
ersten vorläufigen Be¬
festigung zum Umkippen
besonders wirksam an
der Platte festgehalten
wird, ohne es besonders
zu beunruhigen.
5. Zwei schmiedeeiserne hohle Säulen, deren gusseiserne,
genutete Füsse in Führungen auf dem Fussboden von hinten gegen
den Tisch vorgeschoben werden können, und in verschiebbaren
Muffen nach vorn anskragende, scheerenartig gekuppelte Arme aus
Gasrohr tragen. Diese
beherrschen die Tisch¬
platte von oben und
dienen zum Aufziehen und
Festbinden der Extremi¬
täten des Thieres in be¬
liebiger Spreizlage.
6. Kleinere, versetz¬
bare, niedrige Fuss-
stützen, die ähnlich wie
die Rückenstütze direct
in die Plattenschlitze ein¬
gesetzt werden können.
Die ganze Anlage
ist mit Einschaltung eines
Windkessels und einer
Luftschleuse, zur Er¬
neuerung der Luftfüllung
desselben, unmittelbar an
die städtische Wasser-
leitungangeschlossen, die
6 Atra. Druck liefert.
Windkessel und Steuerung haben an der einen Wand des
Operationssaales Aufstellung gefunden und stehen mit der
Maschine durch eine unterirdisch, in einem kleinen Tunnel ver¬
legte Rohrleitung und durch das Steuergestänge für die Selbstab¬
stellung in Verbindung, so dass auch diese Theile, w'ie die er¬
forderlichen Absperr-, Entwässerungs- und Entlüftungsventile frei
zugänglich sind, ohne dass der Operationsraum dadurch beengt wird.
Fig. 3. Beschreibung s. pag. 310.
Die Tragkraft des Operationstisches ist für 1000 kg Nutz¬
last berechnet und bewältigt diese in Wirklichkeit kaum zu er¬
wartende Grenzbelastung, ausser dem Eigengewicht des Kolbens
und der schweren Platte, das mit allem Zubehör etwa 1600 kg
beträgt, nach den vorgenommenen Versuchen mit Leichtigkeit, ohne
dass die grossen Massen¬
bewegungen die gering¬
sten Stö8se verursachen.
Im Nothfall würde bei
einem nicht zu scheuen
Thier eine Person ge¬
nügen, um alle Vor¬
bereitungen zur Operation
und diese selbst allein
anszuführen.
Die allgemeinen An¬
forderungen für die
Leistungsfähigkeit und
Gebrauchsweise des Ope¬
rationstisches sind von
Professor Hoffmann, in
dem Eingangs initge-
theilten Programm zu¬
sammengefasst. Die lei¬
tenden Grundgedanken
der technischen Aus¬
führung und der all-
von Ad. Ernst, Professor
Fig. 4.
gemeine Constructionsplan rühren
an der Technischen Hochschule zu Stuttgart her, der Seitens
der Königl. Domänendirection auch mit der weiteren Berathung
und mit der Prüfung der Ausführung betraut war. Die Aus¬
führung selbst ist in der
Maschinenfabrik von G.
Kuhn in Stuttgart-Berg
erfolgt, deren Ingenieur
Hermann Höflinger
die constructiven Einzel¬
heiten und Werkstatt¬
zeichnungen ausarbeitete.
Schon die angestellten
Proben haben er¬
geben, dass die Anfor¬
derungen an die Ope¬
rationshalle, die Ope-
rationsmaschiue und
die Ausrüstung voll¬
kommen und in allen
Theilen erfüllt sind,
und seitdem die Ein¬
richtung in vollem Ge¬
brauche ist, werden die
grossen Vortheile täglich
Beschreibung s. pag. 319. mehr erkannt.
Der Vorstand der chirurgischen Klinik in Stuttgart ist durch
diese Einrichtung in den Stand gesetzt, jederzeit bei Tag
oder Nacht mit ganz w r enig Hilfspersonal, eventuell
auch ganz allein, ein Pferd niederzulegen und es mit
wenig Personal ja erforderlichenfalls sogar ganz allein
und ohne jede Assistenz aseptisch operiren zu können.
Erst mit dieser vollkommenen Einrichtung und Ausstattung
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5. Juli 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
319
des Operationssaales an der neuen chirurgischen Klinik zu
Stuttgart hat der gröBseste Fortschritt der Chirurgie, dieAntiseptik
und Aseptik seinen eigentlichen Einzug in die Thierheilkunde
gehalten.
Flfl.l: Tischplatte aufrechtstehend, von hinten gesehen,
mit den im Fassboden vcrschiebbarenSäulen, deren scheerenartig
angeordnete und beliebig verschiebbare und verstellbare Arme
zum Befestigen der Extremitäten des zu operirenden Thieres be¬
stimmt sind, sobald der Tisch in horizontaler Lage darunter steht
und ein oder mehrere FUsse des Pferdes nach oben gespreizt werden
sollen.
Der dnnkle Cylinder unmittelbar vor der Tischplatte
ist der hydraulische Druckkolben, an dessen Kopf die Platte
in einem kräftigen Scharnir hängt Von der dem Beschauer
zugewendeten Kolbenkopfkante gehen die Kuppelschienen
aus, welche bei wagerechter Tischlage in die geschlitzten
Klemmkörper aut der oberen Plattenkante eingreifen
und die feste, undrehbare Verbindung zwischen Kolben und
Tisch vermitteln, sobald die zugehörigen Klemmschrauben in
der Eingrifflage angezogen werden. Dicht über dem Fussboden
sind links und rechts die Stützrollen für die Kippleitbahn sichtbar,
welche sich gegen die senkrecht aufwärts gerichteten Enden der
im Uebrigen verdeckten Bahn legen. Zwischen Tisch und Anbinde-
säulen sind Hilfsausrüstungstbeile niedergelegt.
Fi||. 2 : Die Abbildung giebt die Verhältnisse unmittelbar
vor dem Umlegen des Operationstisches wieder, mit der Be¬
festigung des Pferdes an der aufrecht stehenden Platte
durch den breiten Bauchgurt, einen langen Riemen, derden Rumpf
von der Brust bis zum Hinterschenkel festzieht, und einen Halsriemen.
Die Füsse bleiben vollständig frei beim Niederlegen. Die Be¬
festigung lässt sich in kurzer Zeit bewerkstelligen. Das Fuss-
trittbrett am Tisch und die davor liegende eiserne Boden¬
klappe sind mit Linoleum belegt, um das Pferd vor dem Aus¬
gleiten zu schützen und klapperndes Geräusch beim Auftreten zu
vermeiden, das das schreckhafte Thier leicht beunruhigen würde.
Vor dem Umkippen des Tisches werden die seitlichen Aufhänge¬
schienen des Trittbrettes durch Hcrausziehen der oberen Steck¬
bolzen gelöst, so dass das Brett beim Kippen selbstthätig nach
unten herabklappt. Der hydraulische Steuerhebel, durch
welchen der Kippvorgang vermittelt wird, befindet sich abseits
vom Tisch an der rechten Wand des Operationssaales und ist des¬
halb in der Aufnahme nicht sichtbar.
Fifl.3 : Die Tischplatte mit dem aufgeschnallten Pferde
ist in horizontaler Lage mit dem Kopf des hydraulischen
Stützkolbens fest verkuppelt und mannshoch gehoben, wie
die im Vordergrund stehende männliche Figur erkennen lässt, die in
dieser Stellung zufällig den Kolben selbst verdeckt. Die grosse
Hubhöhe gewährt den Vortheil, dasB man die Klemmvorrichtungen
der BefestigungBgurte auf der Unterseite der Tischplatte bequem
nachzieben und prüfen kann. Zur Operation wird der Tisch
auf geringere Höhe zurückgesenkt und kann in jeder be¬
liebigen Stellung ohne besondere Hemmvorrichtung und
Stütze durch die hydraulische Steuerung festgehalten
werden. Hierzu hat man nur den (an der Saalwand befindlichen)
Steuerhebel auf seine Mittellage einzustellen, um die Wasser¬
säule unter dem Druckkolben abzusperren. Die Abbildung lässt
unter Anderem auch die muldenförmige Vertiefung im Beton-
fussboden mit der kurvenförmigen Schienenbahn für die
Kippleitrollen der Tischplatte erkennen, die, unterhalb der
vorderen Plattenkante angebracht, sich auf diese Bahn auflegen,
wenn der Tisch mit dem Kolben auf regelrechte Höhe zurück¬
gesenkt wird.
Flg. 4: Tischplatte, mit dem aufgeschnallten Pferde
nach rückwärts geneigt mit hoebgebundenem rechten
Hinterfuss des Thieres in der Operationslage für eine
Castration. Die Aufnahme ist in einer Operationspause gemacht.
Das der Operation unterworfene, hier der Abbildung dienende Thier
ist ein 6jähriger Halbbluthengst und nicht narkotisirt.
Da das Thier sich in zwar gefesselter, aber bequemer Lage befindet,
so ist es vollkommen ruhig.
Referate«
Ueber die Verwendbarkeit von Jodeiweissverbindungen
(Eigone) in der thierärztlichen Praxis.
Von Prof. Dr. Röder, Dresden.
BerUner Archiv 1900, Bd. 26 H. 4/b.
Dr. Dietrich gelang es, Eiweissverbindnngen mit Jod
und Brom darzustellen und belegte diese Verbindungen mit dem
Namen Jod- und Brom-Eigone. Die Präparate, in welchen
die beiden Metalloide intramolecular gebunden sein sollen, werden
als Ersatz für die Jod- bezw. Bromalkalien empfohlen.
Verf. machte eine Reihe Versuche mit den Jod-Eigonen, von
denen durch die chemische Fabrik zu Helfenberg bei Dresden
drei Präparate in den Handel gebracht werden: Jod-Eigon
(Albamen jodatum), Jod-Eigon-Natrium (Natr. jodo-
albuminatura) und Pepto-Jod-Eigon (Peptonum jodatum).
Das Jod-Eigon (früher «-Eigon) enthält 20 pCt. Jod und ist
unlöslich in Wasser. Es kann als Ersatzmittel für Jodoform in
der Wundbehandlung Verwendung finden. Eine Wunde mit be¬
deutendem Substanzverlust, welche Verf. beim Pferde mit Jod-
Eigon behandelte, heilte ohne Eiterung binnen 4 Wochen. Im
unteren Mundwinkel.befind sich eine Tasche, welche zwischen
zwei Muskeln hinein verlief und durch eine Gegenöffnung mit
Gummirohr , drainirt werden musste. Der Theil der Wunde,
welcher mit 2procentiger Lysollösung ausgerieselt wurde, eiterte
im Gegensatz zu der übrigen Wundfläche stark und verzögerte
die Heilung.
Nach Dietrich wird vom Jod-Eigon in der Wunde freies
Jod abgespalten, welches sofort durch andere Eiweissstoffe wieder¬
gebunden wird. Gleichzeitig macht sich das Auftreten von Jod-
wasserstoffiBäure bemerkbar. Auf diesen Eigenschaften — Ab¬
spaltung von Jod in statu nascendi und Bildung von Jodwasser¬
stoffsäure •— soll die desinficirende Kraft des Präparates beruhen.
Verdünnungen desselben von 1: 10 mit Talcum ergaben bei ihrer
Verwendung gleich gute Resultate. Das Jod-Eigon-Natrium
(a - Eigon - Natrium) bewährte sich in wässeriger Lösung
oder in Pulverform zu 10 bis 15 g pro dosi, ev. 2 mal täglich,
innerlich bei der Brustseuche und bei der Haemoglo-
binämie (Lumbago) des Pferdes. Ein im Reconvalescenz-
8tadium der Brustseuche befindliches Pferd behielt verhältniss-
mässig lange Zeit eine fortdauernde frequente Respiration. So¬
bald die Behandlung mit Jod-Eigon-Natrium einsetzte, fiel die
Athmung6frequenz von 36 auf 18 Züge in der Minute. Das
Mittel wurde in diesem Falle in Pillenform mit Pulv. Rad.
Altbaeae verabreicht. — Zwei Fälle von Lumbago kamen[_in
5 bis 7 Tagen zur Heilung, wobei insgesammt 65 bezw. 60 g
Jod-Eigon-Natrium verbraucht wurden.
Für schwere Fälle empfiehlt R. den intratrachealen Gebrauch
des Mittels in Lösungen von 10:100.
Besonders geeignet erscheinen die Jod-Eigone auch noch
gegen die Aktinomykose, weil dem Körper in kurzer Zeit ver-
hältnissmässig viel Jod auf unschädliche Weise zugeführt werden
könne. Die Dosis für Rinder ist die gleiche als für Pferde.
Für Hunde wird je nach der Grösse die Einzeldosis auf 0,2
bis 1,0, die Tagesdosis auf 0,5 bis 2,0 angegeben. Zum internen
Gebrauch bei Hunden wird der Zusatz eines Geschmacks-
corrigens empfohlen (Extr. Malti oder Syrupus).
Eine Salbe aus Albumen jodatum 2 bis 5 pCt. mit Ugt.
Paraffin, ist bei Ulcus corneae zu gebrauchen.
Ueber das Pepto-Jod-Eigon (Peptonum jodatum) hat R.
Erfahrungen bisher nicht gesammelt.
Ichthoform.
Von Prof. Rabow und Galli-Valerio.
(Tber. Mon»tsh.)
Das Ichthoform, von der Ichthyol-Gesellschaft hergestellt,
wurde von den Autoren einer näheren Prüfung unterzogen, weil
es eine Verbindung von Formalin und Ichthyol ist. Alle
Formalin-Verbindungen haben sich aber in einer Weise bewährt,
dass die Hoffnung berechtigt war, dass auch dieses Mittel sich
wirksam erweisen würde. Die Verfasser legten sich folgende
Fragen vor: 1. Welchen Einfluss hat Ichthoform auf die Entwicklung
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 27.
820
von Bacterien and Hyphomyceten? 2. Welchen Werth hat es
als Desodorans? 3. Wie wird es von Thieren vertragen?
4. Wie wirkt es anf den Menschen? Alle diese Fragen wurden
an der Hand von Versuchen eingehend geprüft, und es zeigte
sich, dass das Ichthoform ein ganz vorzügliches Desinficiens und
Desodorans, dabei aber vollkommen unschädlich für Mensch
und Thier ist. In Dosen von 2—3 g pro die erwies es sich
als gutes Darmdesinficiens. Die Autoren glauben das Mittel zu
weiteren Versuchen empfehlen zu dürfen.
Ueber die in der Armee gebräuchlichen Antiseptica.
(ZUchr. f. Vet. Juni 1900.)
Besonders die Zahl der Trockenantiseptica hat sich ver¬
mehrt. Das Jodoform ist sichtlich znrückgedrängt, wird jedoch
bei schweren Verletzungen und operativen Eingriffen in der
Armee immer noch am meisten gebraucht und dient gewisser-
massen zum vergleichsweisen Gradmesser für die Wirksamkeit
der übrigen Antiseptica. Unter diesen ist das Tannoform als
billig, secretionsbeschränkend und schorfbildend bei oberfläch¬
lichen, das Airol als Paste bei genähten Wunden und das
Glutol bei Sehnenscheidenwunden ganz besonders beliebt. Gegen¬
über diesen Mitteln tritt die grosse Zahl aller anderen Wund¬
streumittel völlig zurück. Unter den flüssigen Antiseptica hat
sich das Bazillol Anerkennung erworben.
Dem Dermatol werden ganz besondere Vorzüge nachgerühmt.
Thioform wird nur vereinzelt, Xeroform ebenfalls viel weniger
angewandt.
Das Tannoform und Glutol sind bekanntlich beide Formalin¬
derivate. Das Formalin selbst, d. h. eine 35procentige wässrige
Formaldehydlösung, wird rein und verdünnt erfolgreich angewandt
bei Strahlkrebs, Hufverletzungen, Hnfknorpelfistel, Strahlfäule und
Hauterkrankungen in der Fesselbenge.
Das Tannoform wurde in der Wundbehandlung und innerlich
angewendet. Es hat vor allen Dingen den Vorzug grösster
Billigkeit. Die Wunden bedecken sich mit einem trockenen
Schorf und heilen meist ohne Eiterung. Wegen der aus¬
trocknenden Wirkung ist es auch als Streupulver für nässendes
Ekzem, 1:2 Talcum, anzuwenden. Füchsel wendet folgende
Mischung an: Tannoform und Borsäure Sä als Pulver. Tanno¬
form und Talcum 1:2. Tannoform-Collodium 1:10. Tanno¬
form mit Vaseline als Salbe 1 : 10. Unter Verbänden ist nach
Frank dem Jodoform deswegen der Vorzug zu geben, weil das
Tannoform zu harte Krusten bildet, die die Wunden reizen und
bei Verbandwechsel sich nur durch längeres warmes Baden ent¬
fernen lassen. Bei Diarrhoe wurde es in zwei Fällen erfolgreich
verwandt (20 g in ein Stück Schwarzbrot eingeknetet).
Das Glutol ist trotz seines hohen Preises zu häufigem Ge¬
brauch gekommen. Nach Frank entfaltet es die hervorragendste
desinficirende und secretionsbeschränkende Wirkung und ist
namentlich bei Sehnenscheidenwunden allen anderen Desinficientien
vorzuziehen. Dem schliessen sich andere Berichterstatter an.
Das Bacillol ist in der Armee vielfach an Stelle des Lysol
und Creolin getreten. Es wurde in 5 procentiger Lösung zur
Stalldesinfection benutzt, stellte sich dabei erheblich billiger als
jene anderen beiden Mittel, da das Kilo Bacillol nur 1 M., Lysol
2,4 M., Creolin 3 M. kosten. Auch in der Wundbehandlung ist
es 1$ procentig mit gutem Erfolge benutzt worden.
Die Pikrinsäure ist ganz besonders bei Verbrennungen all¬
gemein empfohlen als schmerzstillend und epithelbildend. Kuske
probirte es mit Erfolg bei einer starken Verätzung der Hinter¬
gliedmassen und Bauchhaut durch Kalk. Es bestand bei dem
betreffenden Ochsen hohes Fieber. Nach gründlicher Reinigung
mit lauwarmem Wasser wurden täglich zweimalige Waschungen
mit l'i procentiger Pikrinsäurelösung angewandt mit offensicht¬
lichem Erfolge.
Das Pyoctanin ist noch im Gebrauch geblieben und wird
namentlich bei Mauke gelobt. Es wird hier als 4 procentige
Lösung täglich dreimal aufgepinselt unter Trockenverband oder
auch als 10 procentige Lösung oder in Salbenform gebraucht,
selbst bei tiefergehenden Leiden wie Strahlfäule u. dergl.
Zur Statistik des Kehlkopfpfeifens.
Von Repetitor Vosshage.
(DUch. Th. W. 84.)
Es herrscht die Anschauung, dass bei Wallachen das Kehl¬
kopfpfeifen häufiger vorkomme als bei Stuten. Dieckerhoff
hat das Pfeifen 1878 bis 1891 bei 30 Hengsten, 975 Wallachen
und 451 Stuten constatirt. Vosshage liefert nun eine Statistik
aus der Klinik der hannoverschen thierärztlichen Hochschule
vom Jahre 1880 bis 1899 incl. In diesem Zeitraum wurden
eingestellt 427 Hengste, 8965 Wallache und 3764 Stuten.
2 / 3 aller Pferde waren also Wallache. Von diesen zusammen
13156 Pferden wurden 1178 als Kehlkopfpfeifer befunden und
zwar 25 Hengste, 904 Wallache und 249 Stuten. Danach ent¬
fallen 76,7 pCt. aller Kehlkopfpfeifer anf die Wallache. Dies
ist also ein höherer Procentsatz als deijenige, den die Gesammt-
zahl der eingestellten Pferde ausmacht. Noch klarer wird die
Thatsache, wenn man die Procentzahl der Kehlkopfpfeifer auf
die Zahl der eingestellten Pferde nach den Geschlechtern aus¬
rechnet. Unter den Hengsten fanden sich danach 5,8 pCt,
unter den Stuten 6,6 pCt. und unter den Wallachen 10,1 pCt.
Kehlkopfpfeifer. Demnach verhält sich die Zahl der Kehlkopf¬
pfeifer beim männlichen und weiblichen Geschlecht wie 3:2.
Nun sind ja allerdings nicht alle der oben aufgeführten ein¬
gestellten Pferde auf Kehlkopfpfeifen untersucht worden. Be¬
rücksichtigt man nnr diejenigen, welche von vornherein zum
Zwecke der Kehlkopfsuntersuchung oder unter dem Verdacht
des Kehlkopfpfeifens eingestellt wurden, so wurden untersucht
1449 männliche Thiere, davon 929 Roarer, und 524 weibliche,
davon 249 Roarer. Demnach waren von den untersuchten
männlichen 64 pCt., von den untersuchten weiblichen Thieren
47 pCt. Kehlkopfpfeifer. Auch bei dieser Berechnung kommt
also, wenn auch nicht ganz, so doch ziemlich das gleiche Ver¬
hältnis heraus. Es ergiebt sich demnach, dass das Kehlkopfpfeifen
bei männlichen Thieren und zwar speciell bei den Wallachen
im Vergleich mit den Stuten im Verhältnis von 12:8 bis 9
auftritt.
Tagesgeschichte.
Aufruf.
Die Petitions-Commission des Deutschen Reichstages hat
bekanntlich die Petition des Deutschen Veterinärrathes, betreffend
Einführung des Abiturientenexamens für die thierärztliche Vor¬
bildung berathen und dem Vorschläge des Referenten Prof.
Hoffmann entsprechend beschlossen, dem Plenum die Ver¬
weisung derselben an den Reichskanzler zur Berücksichtigung
zu empfehlen. Im Herbste wird die Entscheidung sein. Damit
die Verhandlung im Plenum dem Beschlüsse der Petitions-
Commission entsprechend ausfällt, wird es noth wendig sein,
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5. Juli 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
821
möglichst viele Reichstagsabge ordnete von der Nothwendigkeit
des Abiturientenexamens für die Thierärzte zn überzeugen.
Unsere Aussichten sind nicht schlecht und unsere Hoffnungen
sind bedeutend gewachsen, seitdem bekannt geworden ist, dass
in dem vom Kaiserlichen Gesundheitsamte eingeforderten Gut¬
achten die Berechtigung unserer Forderung anerkannt wird.
Ich fordere deshalb nochmals alle Collegen im Reiche auf,
sich den Abgeordneten ihres Wahlkreises, wenn sich irgend
dazu Gelegenheit bietet, zu nähern und dieselben für unsere
Sache zu gewinnen zu suchen.
Collegen! werden wir jetzt, unserem Ziele nahe, nochmals
zurückgewiesen, so ist unsere Sache für längere Zeit verloren.
Für alle Collegen muss deshalb bei jedem Gespräche mit einem
Abgeordneten das ceterum censeo sein: „Die Einführung des
Äbitnrientenexamens für die thierärztliche Vorbildung ist eine
unabwendbare Nothwendigkeit.“
Dr. Esser,
Präsident des Deutschen Veterinärrathes.
XXXIII. General-Versammlung des thierärztliehen
Vereins für die Provinz Posen.
Am Sonntag den 10. Juni, dem vierten Tage der land-
wirthschaftlichen Wanderausstellung, hielt der thierärztliche
Verein der Provinz Posen im Restaurant Dümke eine von fast
sämmtlichen Mitgliedern und einer grossen Zahl von Gästen be¬
suchte Festsitzung ab.
Der Vorsitzende, Herr Veterinär-Assessor Heyne, eröffnete
die Sitzung mit folgenden Worten:
„Meine Herren! Gestatten Sie, dass ich Sie zunächst Alle,
die Herren Gäste sowohl, wie die Herren Mitglieder unseres
Vereins, herzlichst willkommen heisse.
Sie sind heute nach Posen gekommen, um die landwirth-
scbaftliche Ausstellung in Augenschein zu nehmen und um in
dieser Stadt noch einige fröhliche Stunden zu verleben. Die
Ausstellung wird uns unter der bewährten Leitung des Herrn
Collegen Marks gezeigt werden und ich gebe dem Wunsche
und der Hoffhung Ausdruck, dass Sie dieselbe voll befriedigen wird.
Nach dem Rundgange durch die Ausstellung findet, und
zwar um 4 Uhr, in den Räumen der Loge, Grabenstrasse, ein
Diner statt und um 8 Uhr Abends im Restaurant des neuen
städtischen Schlacht- und Viehhofes ein Commers. Meine Herren!
Wenig nur ist es was wir Ihnen bieten, aber — dessen können
Sie versichert sein — das Wenige kommt von Herzen!
Und so wünsche ich denn, dass Sie sich Alle, namentlich
aber unsere verehrten Herren Gäste, recht wohl bei uns fühlen
mögen, damit der heutige Tag Ihnen stets in angenehmer und
lieber Erinnerung bleibt.“
Hierauf gedenkt der Vorsitzende des im October vorigen
Jahres im Alter von 28 Jahren verstorbenen Vereinsmitgliedes,
Schlachthofdirectors Winter zu Bromberg. Die Anwesenden
erheben sich von ihren Sitzen. Welches Mass von Anerkennung
sich der Verstorbene trotz seiner grossen Jugend in seiner ver¬
antwortungsreichen Stellung zu erwerben gewusst habe, beweise
der überaus ehrenvolle Nachruf der Stadt Bromberg (diese
Zeitschrift 1899, S. 536).
Weiter theilt der Vorsitzende mit, dass zwei Vorstands¬
mitglieder, der stellvertretende Vorsitzende Departementsthierarzt
Peters (Bromberg) und der Schatzmeister Thierarzt Herzberg
(Posen) durch schwere Erkrankung verhindert sind, der Sitzung
beizuwohnen. Auf seinen Vorschlag drückt der Verein beiden
Herren telegraphisch sein schmerzliches Bedauern aus und
wünscht ihnen recht baldige Genesung. Schon wenige Stunden
später konnte der Vorsitzende den telegraphischen Dank beider
Herren und ihren Wunsch für ein weiteres kräftiges Gedeihen
des Vereins verlesen.
Zur Tagesordnung theilt der Vorsitzende das Ausscheiden
der Herren Mueller (Pieschen), Zugehör, Rauschert,
Liesenberg und Dr. Felisch aus dem Verein mit. Mit dem
Austritt des letztgenannten Herren erlischt dessen Mandat als
Delegirter zur Centralvertretung. Die erforderliche Neuwahl
wird auf die Tagesordnung der nächsten Generalversammlung
gesetzt werden.
Nach Bewillkommung der neuaufgenommenen Mitglieder
Herren Heinick, Wodarg, Kurschat und Sprenger und
Erledigung einiger geschäftlicher Angelegenheiten ertbeilt der
Vorsitzende dem Zuclitdirector Marks (Posen) das Wort zum
zweiten Gegenstand der Tagesordnung: „Beschlussfassung über
eine eventuelle Abänderung bezw. Ergänzung der Statuten
behufs Erlangung der Rechtsfähigkeit des Vereins“. Herr Marks
begründet in kurzen Worten die Nothwendigkeit der Er¬
langung der Rechtsfähigkeit. Der Verein tritt seinen Aus¬
führungen bei, beschliesst demgemäss und beauftragt den
Vorsitzenden, einen Entwurf der abgeänderten oder ergänzten
Statuten zu entwerfen und der nächsten Generalversammlung
vorzulegen.
Nachdem der Vorschlag, die nächste Versammlung im Herbst
abzuhalten, angenommen ist, und Herr Marks in Kürze den
Plan für den Besuch der Ausstellung entworfen hat, schliesst
der Vorsitzende die Sitzung um 7,12 Uhr.
Unter der liebenswürdigen Führung des Herrn Collegen
Marks, der mit gerechtem Stolz auf die Frucht seiner lang¬
jährigen Arbeit und unermüdlichsten Fleisses blicken konnte,
unternahmen die Anwesenden in Begleitung der Damen einen
Rundgang durch die Ausstellung. Was die Posener Viehzucht
geleistet hat, wie sie alle Erwartungen übertroffen hat, ist den
Lesern dieser Zeitschrift aus den Tageszeitungen genügend bekannt
geworden. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass das
thierärztliche Arbeit ist, dass es ein Thierarzt ist, der die
zielbewusste Arbeit der Posener Züchter leitet, und dem die
Landwirthschaft das erfreuliche Ergebniss dieser letzten Aus¬
stellung zum grossen Theil verdankt.
Nachdem Jeder nach Bedürfniss und Neigung seinen Wissens¬
drang befriedigt hatte, fanden sich die Theilnehmer mit ihren
Damen um 4 Uhr in der Loge zu einem gemeinsamen Diner
zusammen, das in überaus heiterer Stimmung verlief.
Nach dem Kaiser-Toast, welcher durch den Herrn Vor¬
sitzenden ausgebracht wurde, begrüsste Herr College Jacob-
Posen die erschienenen Gäste, worauf Herr College Dr. Grund¬
mann-Dresden mit herzlichen Dankes Worten erwiderte. Herr
College Roskowski-Fraustadt hielt dann noch eine launige
Rede auf die Damen, welche in grosser Zahl zum Diner er¬
schienen waren.
Den frohen Tag beschloss ein Festcommers im Restaurant
des Schlacht- und Viehhofes, dem das äusserst zahlreich vertretene
schöne Geschlecht die Weihe gab.
Denselben eröffnete Herr Veterinär-Assessor Heyne mit
folgenden Worten: Hochgeehrte Festversammlung 1 Es drängt uns
nach guter, deutscher Sitte zunächst unseres erhabenen Schirm¬
herren zu gedenken! Ich fordere Sie auf, mit mir auf das Wohl Sr.
Majestät, unseres geliebten Kaisers Wilhelm H. einen urkräftigen
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322
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 27.
Salamander zn reiben. Die Gläser rasselten und in einem
Schlage fuhren sie auf die Tische dröhnend nieder. Die Musik
(vom Feld-Art.-Rgt. No. 20) intonirte: „Heil Dir im Siegerkranz“,
und mit Begeisterung stimmte die ganze Corona ein. — Nach
dem das erste Allgemeine: „Deutschland, Deutschland über Alles“
gestiegen und dann noch manch’ schönes Lied gesungen war,
übernahm Herr College Bermbach-Schroda das Präsidium und
die „Fide!ita8“ begann. Nach Beendigung derselben wurde dann
auch noch wacker Terpsichoren gehuldigt, wodurch die Corona
bis in die frühen Morgenstunden gefesselt wurde.
So endete mit Gesang und Tanz das schöne Fest, das wohl
jedem Theilnehmer eine liebe Erinnerung sein wird.
Staatsveterinärwesen.
Geehrte Herren Collegen!
Bereits im Jahre 1892 (conf. B. T. W. 22. Sept. 1892,
No. 39) wurde von Peters der Versuch unternommen, ein Organ für
beamtete Thierärzte zu schaffen, in welchem durch gegenseitige
Aussprache und Belehrung das Staats-Veterinärwesen eine ein¬
heitliche Richtung in seinen wichtigsten Endpunkten erhalten
sollte. Es ist allerdings bislang nur bei einer Sammlung von
Bestimmungen verblieben, deren Studium auf die Dauer das
Interesse verlieren muss. Der Gedanke, eine besondere selbst¬
ständige Zeitschrift für Veterinärbearate zu gründen, ist zwar
verfolgt worden, aber an unüberwindlichen Hindernissen, von
denen besonders die ünancielle Seite nicht das kleinste war,
gescheitert.
Für uns dürfte es sich nun zunächst um die Beantwortung
der Frage handeln: Ist ein Organ für uns Vertreter des Staats-
Veterinärwesens nothwendig? Nach unsern Erfahrungen, und
wir glauben, wir befinden uns hierbei im Einverständnis mit
den meisten von Ihnen, muss diese Frage mit einem vollen Ja
beantwortet werden.
Das Staats-Veterinärwesen spielt sich zum grössten Theil
in der Oeffentlichkeit ab, es bleibt nicht im engen eigenen
Rahmen, sondern weite Kreise haben ein Interesse an der Hand¬
habung desselben. Es ist daher mehr wie jeder andere Zweig
unserer Wissenschaft einer weiten öffentlichen Kritik — sei es
berechtigter oder unberechtigter Art — unterworfen, und dieses
umsomehr, je intensiver die Handhabung desselben wird. Wenn¬
gleich auch das Staats-Veterinärwesen seinen wesentlichsten
Stützpunkt in der Wissenschaft findet, so versagt diese doch,
wenn die practische Seite mehr in den Vordergrund tritt und
beispielsweise bei der Maul- nnd Klauenseuche, den Schweine-
senchen u. s. w. die Empirie vor einer exacten wissenschaftlichen
Grundlage das Uebergewicht erlangt. In solchen Fällen ist
ein Austausch der Erfahrungen unbedingt nothwendig, umsomehr
als durch das bestimmte Auftreten einzelner Seuchen in manchen
Gegenden mehr Erfahrungen und reifere Urtheile gezeitigt
werden, als in solchen Gegenden, wo ihr Auftreten nur zeit¬
weise erfolgt. Es fehlt aber für diesen Zweck an einem Fach¬
organ, an einer Sammlung von Erfahrungen für uns beamtete
Thierärzte. Der an sich gering bewerthete Veterinärbericht
hat sich dieser Aufgabe entsagt und die stereotype Beantwortung
der 16 Fragen des Begleitberichts zur Viehseuchenstatistik ent¬
behrt des belebenden Geistes. Dieses Material yerschwindet in
dem Rahmen einer Verwaltung, ohne Nutzen in dem an¬
geregten Sinne für die Allgemeinheit zu haben und ohne weitere
Anregung zu fördern.
• Wir Vertreter des Staats-Veterinärwesens haben aber alle
Veranlassung, hus auf unserem Gebiete zusammenzuschliessen,
unser Können zu prüfen und zu verbessern und Schäden zu be¬
seitigen. Fortschritte und Aufklärungen in den uns nahe¬
stehenden Gebieten, z. B. der Medicin und Landwirtschaft, ge¬
reichen uns zum Nachtheile, wenn wir Stillstehen. Wenn
beispielsweise der Einführung des Milzbrand-Entschädigungs¬
gesetzes vom 22. 4. 92. von hoher Seite entgegengestellt wird,
dass die Unsicherheit der Erkennung des Milzbrandes durch
beamtete Thierärzte der Einführung des Gesetzes entgegen¬
stände, so trifft uns hiermit ein schwerer Vorwurf, dem Mir im
Interesse der Sache und des Standes durch Beweise des Gegen-
theils und Zurückweisung solcher Behauptung entgegenzutreten
haben. Wenn unsere Thätigkeit bei der Bekämpfung der Maul¬
und Klauenseuche in der Oeffentlichkeit abfällig kritisirt wird
und im Reichstage sogar Seitens eines Abgeordneten die, An¬
deutung der Leute wiederholt wird, dass solche Verfügungen ja
nur im Interesse der Thierürzte gemacht wären, damit diese ihre
Praxis erweitern könnten; die Bauern müssten zahlen, damit dir
Thierärzte ein gutes Qeschäß machten u. s. w. *) — so ist ja an
sich ein solcher Vorwurf lächerlich, er giebt uns aber an einer
solchen Stelle gesprochen, ebenso wie. der Vorschlag: Land-
wirthe zur Bemessung von Sperren etc. mit heranzuziehen, Ver¬
anlassung, jederzeit voll und ganz unsere Aufgabe zu erfüllen
und weder durch übertriebene Sorgfalt noch durch Nach¬
lässigkeit Schaden zu stiften.
Es harret unserer noch sehr viel auf dem Gebiete des
Staats-Veterinärwesens. Wie weit ab vom richtigen Wege
scheinen nicht die Massregeln zur Bekämpfung der Schweine¬
seuchen zu liegen, wie viel Verschiedenheiten birgt und wird
die Durchführung der Fleischschau noch mit sich bringen, wenn
es jetzt schon schwierig wird, eine gleichmässige Beurtheilung
derselben zu erlangen? Wie verschieden sind die Anforderungen
auf dem Gebiete des Hufbeschlags, in dessen Prüfnngs-
Commissionen dem Kreisthierarzte der Vorsitz eingeräumt ist.
wie viel Verschiedenheiten bestehen nicht im Liquidationswesen
u. s. w. u. s. w. Alle diese Verschiedenheiten lassen sich durch
Gesetze und Erlasse sowie Instructionen nicht ausgleichen und
wenn sie noch so eingehend wären. Ein Meinungsaustausch
unter Sachverständigen oder ein leitender Artikel eines Fach¬
organs bewirkt mehr wie die bestgewollten Instructionen, und
nichts fordert die Kritik mehr heraus, als ungleiche Anwendung
gesetzlicher Bestimmungen.
In Erkenntniss des hieraus sich ergebenden Bedürfnisses
und der oben erwähnten Anregung folgend, beabsichtigt die
B. T. W., anlässlich einer Neuordnung ihrer Redaction, für eine
specialistische und vervollkommnete fachschriftliche Bearbeitung
des Veterinärwesens zu sorgen und Raum zu schaffen. Eine
solche kann nur von Fachmännern ausgehen und ist daher von
uns drei der Redaction angehörigen Depärtementsthierärzten
übernommen worden.
Ohne den übrigen Inhalt der B. T. W. in seiner bisherigen
Gestalt zu beeinträchtigen, ist dem Staatsveterinärwesen eine
eigene Rubrik eingeräumt, welche je nach Bedarf durch be¬
besondere Beilagen erweitert werden soll. Da sich das Material
f
*) 181. Sitzung S. 5109. Verhandlungen des Reichstags.
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5. Juli 1900.
nicht annähernd berechnen lässt, so können diese Beilagen vor¬
läufig nur zwanglose sein, wobei eine Weiterentwicklnng nach
Massgabe des znfliessenden Stoffes im Ange behalten werden
wird. Dafür wird die Mitarbeit der beamteten Thierärzte von
entscheidender Bedeutung sein.
In vorstehendem Sinne laden wir daher die Herren Coli egen
ein, unser Vorhaben im Interesse der Sache nnd im Interesse
des Standes zn unterstützen.
Bromberg, im Juni 19C0.
Peters. Preusse. Lothes.
Fleischschau und Viehhandel.
Von Kühnau.
Der Vieh- und Fleischverkehr Dänemarks.
Das Fleischbeschangesetz wird auch den Aussenhandel
Dänemarks mit Fleischproducten wesentlich alteriren. Während
früher Dänemark das Fleisch fast ausschliesslich in lebendem
Zustande ausführte, haben es die Ende der 80er und Anfang
der 90er Jahre von Seiten Deutschlands nnd Englands er¬
gangenen Einfuhrverbote zn Wege gebracht, dass sich Dänemark
mehr und mehr der Fabrikation von Fleischproducten zuwandte
und diese exportirte. Vor 13 Jahren wurden die ersten
Genossenschaftsschlachtereien ins Leben gerufen, und heute
werden bereits 25 mit 54 000 Mitgliedern gezählt, welche im
Jahre 1899 fast ein Drittel des gesammten Viehbestandes im
ungefähren Werthe von 30000 000 Kronen vom Leben zum
Tode beförderten.
Der Viehwechsel verkehr mit anderen Ländern nimmt
von Jahr zu Jahr aus angeführten Gründen an Umfang ab, ersicht¬
lich wird dies, wenn man die Zahlen der letzten drei Jahre mit
einander vergleicht:
Einfuhr
1899
1898
1897
Stück
Stück
Stück
Pferde
7 026
l 6 761
1 J 7
5 851
Füllen
23
17
Ochsen u. Kühe
941
100
3 658
Kälber
189
34
1510
Schafe u. Lämmer
1 484
**) 9
6 531
Schweine
50
22
1 289
Ferkel
4
1
865
Ausfuhr
Pferde
18 549
13 745
19 646
Fullen
1 333
1 613
1 154
Ochsen u. Kühe
37 549
35 772
80 067
Kälber
187
294
1093
Schafe u. Lämmer
2 469
2 644
6 250
Schweine
4
16
186
Ferkel
142
1
Hauptsächlich sind die lebenden Thiere nach Deutschland
ausgeführt worden. Im Vergleich zu dem Viehbestand Däne¬
marks — 1898 wurden 449 264 Pferde, 1743 440 Rinder,
1074 413 Schafe, 1 178 514 Schweine gezählt — muss die
Lebendvieh-Ausfuhr als sehr gering bezeichnet werden. Bei
der Einwohnerzahl von 2172 380 (1890) ist der Productions-
überschuss thatsächlich auch viel höher, derselbe muss aber in
Folge der Einfuhrbeschränkungen namentlich Deutschlands und
Englands in halb oder ganz verarbeitetem Zustande abgestossen
werden, wie aus folgender Uebersicht hervorgeht.
*) Von Schweden, russische Pferde- **) Von Schweden.
323
1899 1898 1897
Fleischeinfuhr
Mill. Pfd.
Mill. Pfd.
Mill. Pfd.
Speck und Schinken
frisch
0.05
0,02
0,3
gesalzen u. geräuchert
2,4
3,2
2,1
Rindfleisch, frisch
0,1
0.03
0,5
gesalzen u. geräuchert
0,8
1,0
0,7
Schaffleisch, frisch
0,1
0,02
0,2
gesalzen u. geräuchert
1,0
0,7
0,4
Würste, Zungen etc.
2,8
2,5
2,5
Fett und Flohmen
14,3
15,6
0,2
Oleomargarin
14.5
12,1
13,2
Butter
12,9
9,8
9,9
Margarine
5,0
4,6
4,7
Eier
1,3
1,1
1,3*)
Fleischausfuhr
Speck u. Schinken frisch
2,7
1,2
0,2
gesalzen u. geräuchert
141,4
116,6
119,7
Rindfleisch, frisch
31,5
23,5
8,7
gesalzen n. geräuchert
1,7
1,2
1,2
Schaffleisch, frisch
1,0
0,5
0,8
gesalzen n. geräuchert
0,04
0,04
0,06
Würste, Zungen etc.
14,4
12,2
8,0
Fett und Flohmen
2,5
1,6
2,4
Oleomargarin
0,5
0.5
0,8
Butter
122,4
121,4
106,1
Margarine
0,3
0,1
0,2
Eier
15,1
13 2
12,2*)
Von dem ausgeführten Fleisch gingen 1899,
was das frische
Rindfleisch anbetrifft, 7 /io nac ^ Deutschland, ,8 /ioo nach England
und »’/ioo nach Norwegen, Speck und Schinken in der Haupt¬
masse nach England. Aus dem raschen Steigen der Fleisch¬
ausfuhrzahlen kann man ermessen, wie Dänemark sich in kurzer
Zeit in der Umarbeitung der Rohproducte zurechtgefnnden hat,
ja, dass das Land beflissen ist, minderwerthige Producte, wie
Fett, Flohmen u. s. w., heranzuziehen und dafür die besser-
werthigen Producte, wie Butter, auf dem Weltmarkt zu ver-
äussern. Billiger Speck und billige Butter geht nicht so wenig
ans Amerika nach Dänemark, und die besseren Qualitäten werden
hinwiederum nach England und Deutschland ausgeführt.
Der Uebergang von dem Lebendviehhandel zur Herstellung
von Molkerei- und Fleischproducten ist den Dänen wesentlich
durch das billige Beziehen des Viehfntters vom Auslande er¬
leichtert worden. Amerika ist auch hier der Hauptlieferant
Die Einfuhr betrug 1896 6939845 Scheffel, 1897 18109701 und
1898 16874943 Scheffel Mais und 1897 55958939 Pfund, 1898
155121048 Pfund Oelkuchen, auch die Einfuhr von Kleie hat
beträchtlich zugenommen. Die intensive Umarbeitung der
billigen Rohmaterialien in Fleisch, Butter n. s. w. hat den
Dänen die Möglichkeit gewährt, die Producte trotz der Ausfuhr¬
unkosten doch noch mit Profit zu verwerthen, und wenn man
sich die Anpreisungslisten ansieht, muss man sich wundern, was
alles exportirt worden ist. Es giebt da Schweine- und Rinder¬
herzen, gesalzene Schweinsleber, Schweineliesen, Schweine-
micker, gehacktes und ungehacktes Rindfleisch, Ochsenzungen,
Schweinebacken, Schweinsschultern, Schweinshäuche, Schweine¬
nieren, Schweinsraürbebraten u. s. w. Die Einfuhr dieser Fa¬
brikate ist nach dem Inkrafttreten des Fleischschaugesetzes
wohl fast gänzlich unterbunden und Dänemark muss sich für
*) Anm. Millionen Snese (ä 20 Stück).
BERLINER THIERÄRZTLICH E WOCHENSCHRIFT.
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324
diese Fleischproducte einen ansserdeutschen Markt suchen. Diese
einschneidende Wirkung des Fleischbeschaugesetzes hat die
Importeure und Wurstfabrikanten sich neuerdings Zusammen¬
schlüssen und mit einer Eingabe an den Bundesrath wenden
lassen, um wenigstens die Einfuhr von gesalzenen Lebern und
gesalzenen Zungen, welche zur Herstellung der billigen Leber¬
und Zungenwurst verwendet werden, offen zu halten. Ktihnau.
Thierhaltung und Thierzucht.
Die deutsche Pferdezucht.
Heft 49 der „Arbeiten der deutschen Landwirthschafts-
Gesellschaft“ behandelt die Verbreitung der Pferdeschläge in
Deutschland. Die Abhandlung stützt sich auf die Angaben von
Behörden und Sachverständigen. Mit Rücksicht hierauf ist der
in ihr enthaltenen Statistik eine grössere Bedeutung beizumessen,
als dies bezüglich der bisher in dieser Frage angestellten
statistischen Erhebungen der Fall sein konnte.
Das Werk hat die allgemein übliche Eintheilung der Pferde¬
schläge nach Warm- und Kaltblut in der Hauptsache bei¬
behalten. Nach demselben stellt sich das Verhältnis vom
Wannblut zum Kaltblut in den einzelnen Landestheilen wie folgt.
Warmblut Kaltblut
1. Posen. 95,77 3,30 pCt.
2. Ostpreussen. 90,69 5,11 „
3. Westpreussen. 94,76 5,24 „
4. Oldenburg mit Bremen. 84,89 8,79 „
5. Schleswig-Holstein mit Hamburg . 85,20 11,07 „
6. Bayern. 87,33 12,34 „
7. Pommern. 80,82 15,82 „
8. Mecklenburg mit Lübeck .... 74,00 21,27 „
9. Brandenburg . 71,55 24,81 ,,
10. Schlesien. 70,83 28,07 „
11. Hannover mit Braunschweig . . . 64,60 27,50 „
CHE WOCHENSCHRIFT.
No. 27.
12. Württemberg mit Hohenzollern .
. 57,93
42,07 pCt.
13. Westfalen mit Lippe.
. 54,86
41,04 ,.
14. Thüringen.
. 56,85
42,20 ..
15. Hessen-Nassau mit Waldeck . .
. 50,00
47,26 ..
16. Hessen (Grossherzogthum) . . .
. 49,28
49,78 .,
17. Baden.
. 44,98
54,66
18. Provinz Sachsen mit Anhalt . .
. 34,15
63,85 „
19. Königreich Sachsen.
. 28,82
69,81 „
20. Elsass-Lothringen.
. 20,25
79,20 „
21. Rheinprovinz.
. 15,45
81,38
Die Angaben für Bayern sind nicht ganz zutreffend, da die
Pinzgauer-Kreuzungen zu den Warmblütern gerechnet worden sind.
Von grossem Interesse sind auch die in der Abhandlung
enthaltenen Angaben über die Hengsthaltung im deutschen Reiche.
Die Gesammtzahl der in Deutschland vorhandenen Zucht¬
hengste beläuft sich hiernach auf 4758 Warmblüter und 2284
Kaltblüter; von ihnen wurden gedeckt nahezu 325 000 Stuten,
die 8,9 pCt. des gesammten Pferdebestandes ausmachen. Auf
10 000 warmblütige Stuten entfallen im Durchschnitt des Reiches
19 Deckhengste, auf 10000 kaltblütige 22, und zwar stehen in
Ostelbien 19 Warmblüter 28 Kaltblütern, in Westeibien 18 : 15,
in Süddeutschland 19 : 32 gegenüber.
Den Reichsdurchschnitt von 20 Deckhengsten auf 10000
ländliche Pferde erreichte Ostelbien. Westelbien aber bleibt um
4 Hengste zurück, welche Zahl in Süddeutschland wieder über
den Durchschnitt hinaus gehalten wird. Unter den einzelnen
Ländern steht Schleswig-Holstein mit 32 Hengsten auf 10000
ländliche Pferde obenan, hierauf folgt Elsass-Lothringen mit 30.
Bayern mit 27, Hessen-Nassau mit 25, Mecklenburg mit 24,
Ostpreussen und Posen mit je 22 u. s. w., den geringsten Be¬
stand an Hengsten hat das Königreich Sachsen mit 10, Thüringen
mit 11, das Grossherzogthum Hessen mit 12 auf 10000 länd¬
liche Pferde überhaupt.
Personalien.
Ernennungen etc.: Gewählt: Thierarzt Plath-Köln zum Scblacht-
hofdirector in Viersen als Nachfolger des in Frankfurt a. 0. in
gleicher Eigenschaft gewählten Schlacbthofdireetor Ehrle; Dehne,
AmtBthierarzt in Eibenstock zum stiidt. Thierarzt in Oelsnitz i. V.
— Zu Cantonalthierärzten: Die Thierärzte Schulte für den Canton
Diedenhofen (Wohnsitz in Hagendingen) und Spchner für den
Canton Fange (Wohnsitz Remilly). — An der Rothlauf-Impfanstalt
in Prenzlau ist als Nachfolger von Dr. Joest Thicrarzt Helfers
zum Director und Thierarzt von Sande als Assistent angestellt.
Approbationen: in Berlin die Herren Georg Griemberg, Albert
Harimann, Paul Knauer, Roland Krause, Heinrich Küthe,
Eduard Perl, Paul Wnuck.
Wohnoitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die
Thierärzte H. Schröter nach Pritzerbe, Joh. Strauss als Polizei¬
thierarzt nach Hamburg, A. Mord vorübergehend nach Glogau.
In der Armee: Thierarzt Krenz-Ziillchow zum Rossarzt des
BeurlaubtenBtandes befördert. — Liebscher, Oberrossarzt vom
2. Garde-Ul.-Rgt. und Schroeder, Rossarzt im 12. Ul.-Rgt. in den
Ruhestand versetzt.
Vacanzen.
(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufeucr Meldefrist
8. die vorhergehenden Nummern.)
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
In Bayern: Zuchtinspectorstelle für den Zuchtverband für Fleck¬
vieh in Niederbayern mit dem Wohnsitz in Landshut (3500 M.,
1500 M. Reiseaversum). Gesuche bis 15. Juli an den Verbands¬
vorsitzenden Fuchj. — In Sachsen: Assistentenstelle bei der
physiolog. Abth. der Dresdener Hochschule (1200 M., steigend bis
1500 M., Wohnung etc.). Bewerbungen an die Direction.
b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Aachen: Montjoie. — R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-1».
Köln: Waldbröl. — R.-B. Cöslin: Bütow und Stolp(Nord) — R.-B.
j Wiesbaden: St. Goarshausen.
Sanltfitsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
| Erfurt: Schlachthofassistenzthierarzt (2000 M.). Meldungen an
den Magistrat. — Grätz (Posen): SchlachthofinBpector (1500 M.,
I Wohnung etc., Privatpraxis in dienstfreier Zeit). Bewerbungen an
; den Magistrat. — Halle: Assistenzthierarzt am Schlacht- und
Viehhof sofort (1800 M. Dienstwohnung). Meldungen an den Director.
— Haltern: Sanitätathierarzt (1200 M. aus der Fleischschau, 800M.
; Zuschuss, Privatpraxis). Bewerb, an den Bürgermeister bis 15. Joli.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Cassel: 3. Schlachthofthierarzt. — Dresden: Mehrere Hilfsthierftrzte.
— Eberswal de: Schlachthofinspector. — F r<e i b e r g (Sachs.): Thier-
j arzt am Schlachthof der Fleischerinnung. — Pössneck: Thierarxt
für Fleischbeschau. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau
(Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Eickel. — Mengeringhausen
(Waldeck). — Peiskretscham (Ober-Schles.). — Rhinow (R.-B.
Potsdam). — Schloppa (Westpr.) — Schwarzenberg i. S. —
Sonnenburg. — Suclze (Mecklb.). — Wolkenstein.
Verantwortlich ftr den Inhalt (excL Inaeratentheil): Prot Dr. Schmälte ln Berlin. — Verlag and Eigenthum von Richard Sohoeta in Berlin. — Druck von W. BQienateln, Berlin
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Dl* „Berliner Thlerlrztlicbe Wochennchrlfl“ erichelnt Ortglnalbeitr&ge werden mit 60 Hk. fUr den Bogen honorlrt.
wöchentlich in Stärke von mindestens l 1 /, Bogen. Dieselbe Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An*
ist tu beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1082) ^ "TB Q fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard WW "«• B "■ Berlin tierärztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 66.
Schoetm, Berlin NW, Luisensirasse 36, tum Preise von «“m AR 1*1 ■ I I 1A I* Correcturen, Recensions-Ezemplare und Annoncen da-
Mk. 6,— pro Vierteljahr. U W \ J ■ I I I I R J B gegen an die Verlagsbuchhandlung,
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz-Berlin.
Verantwortlicher Eedacteur.
De Bniin KGhnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schiegel Dr. Vogel Zündel
Professor Oberthierarzt Departemcntsthierarst Kreisthierarzt Departementsthierarzt Veterinärassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthierarzt
Utrecht. Hamborg. Cöln. AngermUnde. Bromberg. Danzig. Freibnrg i. Br. München. Mülhausen i. E,
* Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900.
M 28 .
Allsgegeben am 12. Juli.
Inhalt: ToeppCr! Caatrations-Methoden mit neuen Instrumenten. — Referate: Willerding: Die weisae Ruhr der Kälber. —
Die Rotzkränkheit in dem Pferdebestande der Glasgower Tramway-Gesellschaft und die Mallelnprobe. — M’Fadyean: Die
Heilbarkeit der Rotzkrankheit — Kleine Mittheilungen. — Tageageschichte: Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen.
— Fleischschau und Viehhandel. — Personalien. — Vacanzen.
Caatrations-Methoden mit neuen Instrumenten.
Von
Dr. Toappsr-Berlin.
Vortrag, gehalten in der Frübjahrsversammlung des thierärztlichen
Vereins für die Provinz Brandenburg.
Meine Herren! Mit Recht mahnt Imminger in seinem
Vortrage über die amerikanischen Castrations-Methoden,
den er in der 71. Versammlung Deutscher Naturforscher und
Aerzte in München hielt, die jüngeren Collegen, das Neue, Gute
zu nehmen und nicht an der althergebrachten Schablone hängen
zu bleiben. Endlich solle man mit der umständlichen Kluppen¬
castration brechen. Dieselbe entspricht nicht den Grundsätzen
der A- und Antiseptik, sie stellt sogar nach meiner Ansicht
eine Tierquälerei dar. Beobachten Sie nur die Thiere
kurze Zeit nach der Kluppencastration, wie sie kratzen, sich
dehnen, nach dem Leibe umsehen und ihren Schmerz kund¬
geben. Fast gar keine Schmerzen haben die Thiere
dagegen nach der Castration durch Ahdrehen; darum weg
mit der Kluppencastration, die auch nicht die geringsten
Vortheile vor verschiedenen anderen Castrations-Methoden
besitzt 1
Seit einigen Jahren besitzt die Firma Hauptner-Berlin
die Liebenswürdigkeit, mir alle neueren Instrumente, die in das
Bereich der Castration gehören, zur Verfügung zu stellen und
mich zu bitten, dieselben zu prüfen und zu benrtheilen.
Im April v. J. bekam ich den Auftrag, auf einem Rittergute
in der Nähe von Breslau 18 ein, zwei, drei und vieijährige
Hengste und zwei Cryptorchiden zu castriren. Dies gab Gelegen¬
heit, die von dem Oberrossarzt und Gestütinspector Matthias in
Trakehnen construirten Castrationszangen zu prüfen. Matthias
war ebenso wie ich seiner Zeit in Copenhagen, um unter der
liebenswürdigen Leitung nnd Unterweisung von Prof. Sand die
Cryptorchidenoperation in praxi zu sehen nnd auszuführen. Bald
nach Absolvirung der Studien in Copenhagen constrnirte Matthias
die nebenstehenden Zangen. Dieselben stellen nur eine Ab¬
änderung der schon lange bekannten Sand sehen Castrations¬
zange dar. Die Sand sehe Castrationszange, die von Prof.
Möller zuerst in Deutschland eingeführt wurde, und dessen erstes
Exemplarich von der Firma Hauptner erhielt, war und ist bis
jetzt die beste Fixations- und Compressionszange, die
; wir besitzen. Sämmtliche andern Castrirzangen, wie die von
Tögl, die von Möller und Kaiser abgeändert wurde, von
i Williams, von Renault, von Vennerholm, von Bayer und
von Hoffmann construirten, drücken und quetschen den
Samenstrang breit. Hierdurch ist es nicht möglich, auf
sämmtliche Theile des Samenstrangs einen gleichmässigen Druck
anszuüben. Bei der Sand sehen Zange dagegen wird der Samen-
I sträng nicht breit gequetscht, sondern aufgerollt nnd kann in
Folge dessen sehr stark gepresst werden, was einen grossen
Vortheil bietet. Ausserdem ist es bei der Castration mit der
Sand sehen Zange durchaus nicht nöthig, dass ein Stnmpf,
worauf Hoffmann und ich früher auch grossen Werth legte,
unterhalb der Zange bleibt. Es ist bei Anwendung der Sand-
schen Zange vollständig gleichgültig, ob ein Stumpf bleibt oder
nicht; eine Blutung aus den Samenstranggefässen tritt nach
meinen Erfahrungen nie ein. Seit dem Jahre 1892 benutze ich
die Zange von Sand, habe mit derselben circa 1000 Hengste,
ich kann sagen jedes Alters castrirt und habe nie eine Nach¬
blutung gesehen, die ans den Samenstranggefässen kam.
Die Matthias’schen Zangen beruhen auf dem Prinzip der
Sand’schen Zange und sind diesen nachgebildet. Sie haben
bei der Castration, wie Matthias angiebt, den Vortheil, dass man
Fig. 1. Abbildung der Sand’sehen fange.
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326 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCH RIFT. _ No. 28.
die schwer desinficirbaren Finger nicht zum Abdrehen benutzt, nicht genügt. Ebenso habe ich mir znm Verschlüssen der
sondern die hierzu construirte Zange, die man viel leichter im Zange den Sand 'sehen Verschloss anbringen lassen, da man bei
Stande ist, steril zu halten. Meine Herren, vom theoretischen der Matthias’schen Zange bei nicht genügender Vorsicht sich
Standpunkte betrachtet, ist dies richtig. Ob dies jedoch in der leicht die Finger klemmt.
Praxis von so grossem Werthe ist, muss ich nach meinen Er- Die Castration mit den besprochenen Zangen führe ich jetzt
fahrungen bezweifeln, da der oberhalb der Compressionszange folgendermassen aus:
liegende (das Pferd immer liegend gedacht) und mit den Fingern Das Pferd wird mit dem dänischen Wurfzeug, das die grösste
in Berührung gewesene Theil des Samenstrangs doch entfernt Sicherheit gegen Unfälle bietet, niedergelegt und dann in der
wird. Der Werth der von Matthias construirten Zange zum Rückenlage operirt. Die von Fröhner bei Anwendung desselben
Abdrehen ist meines Erachtens darin begründet, dass man bei in einigen Fällen beobachtete Muskelentzündung ist mir vor
der Castration, wie ich sie jetzt ausführe, das Durchschneiden kurzer Zeit ebenfalls bei einem starken 5jährigen ostpreussischen
den Nebenhodenbandes sich erspart, und durch Abdrehen mit Beschäler in leichtem Grade vorgekommen. Dies lag nach
verdeckter Scheidenhaut ein Verschluss der Bauchhöhle herbei- meiner Ansicht aber in dem nicht genügend angezogenen Gurte,
geführt wird. Man würde nicht die Kraft besitzen, dies ohne der in Folge des ebenfalls schlecht befestigten Brustridmens sich
diese Zange zu thun ; und die breitquetschenden Castrationszangen nach hinten verschob und dem Hengste gestattete, Bewegungen
können die glatte gemeinschaftliche Scheidenhaut nicht so fest auszuführen, die bei festem, richtigem Anlegen des Gurtes nicht
halten, dass man sie hierdurch abdrehen kann. Die Beschreibung möglich gewesen wären. Die an der Kruppenmusculatur aufge-
der Operation, die ich mit offenem Hoden und bedeckter Scheiden- tretenen Anschwellungen verschwanden nach 4—5 Tagen und
haut (nach dem Vorgänge von Degive mit Kluppen) durch machten einer leichten Atrophie Platz, die sich aber ebenfalls
Abdijehen ae, usführwird das Nähere hierüber ergeben, | bedeutend gebessert und zu keiner Zeit weder Lahmheit
noch andere Nachtheile verursacht hat. Nach gehöriger
Reinigung und Desinfection des Operationsfeldes durch
Bürsten mit Seife, Lysolwasser, Abreiben durch Watte
mit l°/oo 50 er Sublimatalcohol, gutem Waschen der Hände
des Operateurs mit Lysolwasser, Abreiben mit demselben
Alcohol und Baden in l%o Chinosolwasser wird der linke
Hoden, wie bekannt, erfasst und 1—2 cm neben und parallel
derRaphe ein recht langer Hautschnitt gemacht, der aber
die gemeinschaftliche Scheidenhaut nicht verletzen darf.
Legt man den Hautschnitt weiter von derRaphe entfernt,
so entstehen stärkere Blutungen aus den Hautgefässen,
deren Grösse mit der Entfernung von der Raphe zunimmt.
Dann folgt der Schnitt durch die tunica vaginalis
communis am hinteren Ende des Hoden«. Derselbe darf nur
so gross sein, dass man den Hoden durchpressen
kann. Je kleiner derselbe ist, desto besser, denn dann
ist der intacte Theil der gemeinschaftlichen
Scheidenhaut um so grösser und bietet dem An-
Als ich auf dem Rittergute bei Breslau die Castrationen legen der Zange ein grösseres Angriffsfeld. Erfasst man nun
vornahm, hatte Oberrossarzt Bens-Breslau die Liebens- den Hoden und zieht ihn in die Höhe, so sieht man hoch
Würdigkeit mir zu assistiren. Zuerst operirten wir mit der oben den Samenstrang von der gemeinschaftlichen Scheiden-
S and 'sehen Zange nach Durchschneidung des Nebenhodenbandes haut in einer Länge von 5—10 cm bedeckt. Ueber diesen
und einfachem Abdrehen mit den Fingern. Dann wurden die Theil legt man nun so hoch wie möglich die Compressionszange
Matthias’schen Castrirzangen geprobt. Die Compressionszange und schliesst sie.
wurde, ohne vorher das Nebenhodenband zu durchschneiden, auf Die Compressionszange umschliesst nun die gemeinschaftliche
den Samenstrang gelegt und dann der darüber liegende Scheidenhaut und alle von derselben umgebenen Theile. Jetzt
Saraenstrang nebst Nebenhodenband mit der anderen Zange ab- wird der oberhalb der Compressionszange liegende Theil der
gedreht. Der Stumpf wurde aber hierbei ein bo grosser, dass den Samenstrang umschliessenden Scheidenhaut in die Abdreh-
wir schon die Absicht hatten, die Zangen als unbrauchbar bei zange genommen und zwar so, dass das Maul der Abdrehzange
Seite zu legen. Endlich kamen wir auf die Idee, die Com- dicht an dasjenige der Compressionszange gepresst wird. Dann
pressionszange hoch oben über die intacte Scheidenhaut zu wird auch die zweite Zange fest geschlossen. Den Hoden hängt
legen und mit der anderen Zange die Scheidenhaut vollständig man an den an der Zange hierzu angebrachten Haken, und jetzt
durch Drehung zu schliessen und zu entfernen. beginnt das Abdrehen. Dasselbe soll langsam geschehen. Nach
Als Compressionszange benutze ich die Sand’sche Zange, 3—4 Drehungen platzt circa 1 cm oberhalb der Compressions-
da sie eben denselben Zweck erfüllt wie die Matthias'sehe, mir zange die gemeinschaftliche Scheidenhaut in Form einer Rosette,
aber handlicher ist. Zum Abdrehen benutze ich die von j in deren Mitte sich bei weiteren Drehungen der Samenstrang
Matthias construirte, bei der auch der zum Aufhängen des ! meist ohne jeden Stumpf abdreht. Den oberhalb der Zange
Hodens angebrachte Haken sehr practisch ist. Das Maul der | liegenden Rest der Scheidenhaut bestreue ich mit Glutol und löse
Zange habe ich mir aber grösser machen lassen, da dasjenige i die Compressionszange. Dann entferne ich auf dieselbe Art den
der Matthias’schen zur Castration älterer Beschäler anderen Hoden.
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12 Juli 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
327
Nach der Castration schlage ich die Hantlappen jeder
Castrationswnnde nacheinander zurück, bestreue die Wundflächen
des Hodensacks mit Tannoform, lege die Wundränder neben¬
einander und bedecke die Wunde, damit dieselbe beim Aufstehen
nicht verunreinigt wird, mit Watte, die ich mit der Hand bis
zum Aufstehen des Pferdes festhalte.
50 nach dieser Methode operirte Hengste, von denen
20 1—3jährig, 30 dagegen 4—18jährig waren, heilten fast
ohne jegliche Schwellung und immer ohne Eiterung. Die
Nachbehandlung bestand nur darin, dass die Hengste gleich am
ersten Tage nach der Castration täglich Vormittags und ebenso
Nachmittags je eine Stunde geführt wurden, wobei Schritt- und
Trabbewegung abwechselten. In drei Fällen erfolgte nach acht
Tagen Stauung des Secretes und in Folge dessen Fieber bis zu
39,5°, das am nächsten Tage nach Oeffnung der Wunden
mit dem desinficirten Finger wieder zur Norm sank. Von dem
Ausspülen der Castrationswunden mit Desinfectionsflüssigkeiten
habe ich fast nie Vortheile gesehen. Oft trat nach demselben
starke Schwellung ein, die erst nach 3—4 Tagen abfiel. Spülte
man täglich, so blieb die Schwellung oft längere Zeit bestehen.
Die Unterhaut scheint die Flüssigkeit theilweise aufzusaugen
nnd so die Schwellung zu veranlassen.
Fig. 4.
Betrachtet man nach 2—3 Tagen die von der Castration
zurückgebliebenen Wunden, so findet man in der Regel ganz
geringe Schwellung, die nach oben nur bis zur Abdrehstelle sich
erstreckt. Erst einige Tage später stellt sich Anschwellung
der Samenstränge ein, in Folge deren die Pferde sich ungern
bewegen, steif und sogar lahm gehen. Trotzdem werden sie
durch Antreiben zur Bewegung veranlasst, da in 2—3 Tagen
dieser Zustand verschwindet. Die Wunden selbst sind mit einem
vom Tannoform herrührenden schwarzen Schorfe bedeckt. Häufig
tropft schwarzgefärbtes Serum aus denselben ab.
Das von Prof. Fröhner empfohlene Tannoform übertrifft
alle bei der Castration bis jetzt von mir angewandten Streu¬
pulver, ist billig, schützt durch den sich bildenden Schorf vor
Infection, unter dessen Schutz die Wunden ohne Eiterung
heilen.
Der unterhalb der Compressionszange (das Pferd stehend
gedacht) liegende übrig gebliebene Theil der gemeinschaftlichen
Scheidenhaut heilt in den meisten Fällen ein. In einigen Fällen
sah ich denselben nach 10—12 Tagen sich abstossen. Der
Verschluss der Scheidenhaut nach oben durch das Abdrehen
bleibt 4—5 Tage bestehen, wovon ich mich überzeugt habe.
Dann löst er sich. Sehr werthvoll ist das Abdrehen mit ver¬
deckter Scheidenhant bei Netzbrüchen. Man zieht das aus der
gemeinschaftlichen Scheidenhaut hervorgetretene Netz soviel wie
möglich hervor, legt dann über die Scheidenhant, in der der
Rest des Netzes eingeschlossen ist, die Zangen und dreht
dasselbe einfach mit ab. Dann entstehen auch nicht die nach
der Castration bei Netzbrüchen oft beobachteten Hodensackbeutel,
in denen ein Theil des Netzes sich befindet.
Die Ihnen vorgetragene Castrations-Methode hat folgende
Vortheile:
1. schützt dieselbe absolut sicher vor Nachblutungen aus
den Samenstranggefässen;
2. erfolgt durch Verschluss der gemeinschaftlichen Scheiden¬
haut Verschluss der Bauchhöhle;
3. kann daher weder Vorfall der Scheidenhaut noch der des
Netzes eintreten. Ob der Verschluss ein so fester ist, dass auch
Darmtheile nicht hervortreten können, weiss ich nicht, da mir
dies in den letzten 10 Jahren nicht vorgekommen ist. Jedenfalls
würde ich diese Castrations-Methode da empfehlen, wo ein
erweiterter Leistencanal vorhanden ist.
Doch ein altes Sprichwort sagt: Das Bessere ist der Feind
des Guten, und so ist auch diese Operations-Methode bald nach
ihrer Entstehung von einer anderen besseren überflügelt.
Kommen wir zu dem Vortrage von Imminger zurück.
Imminger prüfte zwei amerikanische Ecraseure, nämlich 1.
den nach Taber-Mails construirten, zu beziehen von John
Reinere & Co. zu New-York zu dem Preis von 13 Dollars
und 2. den sogenannten Scheerenecraseur (Emasculator), von
Hausmann und Dünn in Chicago für 40 M. zu beziehen.
Die Anwendung des ersteren geschieht nach Imminger
in der Weise, dass beide freigelegten Hoden in die
Schlinge genommen und etwas gequetscht werden. Dann erst
werden etwas unterhalb der gequetschten Stelle die Hoden
durch rasche Drehungen des Schraubenecraseurs entfernt.
Beim Scheerenecraseur wird jeder freigelegte Hoden
einfach durch Druck entfernt. Imminger warnt aber vor
Zerrungen und räth, die Tunica dartos (soll wohl Tunica
vaginal, co mmuni s heissen) nicht mit in den Ecraseur zu
nehmen, da sonst der Druck zu scharf wird.
In No. 8 der B. T. W. Jahrgang 1900 beschreibt Thierarzt
A. Möller-Hamburg unter dem Titel „Weiteres über neuere
americanische Castrationsmethoden“ vier ihm bekannte Emascu-
latoren unter Beifügung sehr guter Abbildungen. Wir finden
dort 1. den Emasculator von Hausmann und Dünn in Chicago,
2. den Emasculator von John Reynders & Co. in New-York,
3. den Emasculator nach Ned Farrish, ebenfalls angefertigt
von John Reynders & Co. und 4. den Emasculator von Charp
& Smith in Chicago. Möller hatte während seiner mehljährigen
Praxis in Amerika Gelegenheit, den Emasculator bei einem zwei¬
jährigen Traberhengst zu erproben. Auch Möller quetschte
erst den Samenstrang 1cm oberhalb der eigentlichen Abklemmungs¬
stelle kräftig, um dann die eigentliche Abklemmung langsam
unter ständigem und regelmässigem Druck zu vollziehen.
Es entstanden keine Blutungen und der Hengst wurde bereits,
nachdem er täglich eine Stunde im Schritt bewegt war. am
fünften Tage zu Spazierfahrten wieder eingespannt.
Anfang Mai d. J. brachte der Hof-Oberthierarzt der kaiser¬
lichen Marställe in Wien, Herr Kleinschrodt, Herrn Collegen
Duvinage einen Emasculator mit, der genau dem von der
Firma Hauptner gearbeiteten entspricht, jedoch kräftiger ist, und
den College A. Möller sub No. 1 in der B. T. W. abbildet.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 28.
College Kleinschrodt hat mit demselben ca. 20 Hengste ohne
jegliche Blutung castrirt. Bei einem alten Hengste, der getödtet
werden sollte, schnitt er beide Hoden mit dem Emasculator
ohne jegliche vorherige Desinfection und ohne Blutung ab. Nach
acht Tagen, als der Hengst getödtet wurde, war die Vernarbung
des Stumpfes vollständig beendet.
Nach der Castration ist nichts unangenehmer sowohl für den
Thierarzt als für den Besitzer als eine Nachblutung. Um sicher
zu sein, dass dieselbe nicht eintritt, glaube ich, meine Herren,
dadurch einen guten Ausweg gefunden zu haben, dass ich bei
Anwendung des Emasculators die Sand’sche Compressionszange
zu Hülfe nehme. Es entstehen dann absolut keine Blutungen,
die Operation geschieht äusserst schnell und exact und ist das
denkbar Einfachste, was ich bis jetzt gesehen habe.
Die Castration wird nun folgendermassen ausgeführt: Es
wird ein langer, ausgiebiger Hautschnitt parallel und 1 cm
neben der Raphe ohne Verletzung der tunica vaginalis communis
gemacht. Dann folgt ein kleiner Einschnitt in die Scheidnehaut
am hinteren Ende des Hodens. Der Hoden wird durchgepresst,
erfasst und in die Höhe gezogen. So hoch wie möglich wird
dann über die gemeinschaftliche Scheidenhaut die
Sand’sche Zange gelegt und geschlossen. Dieselbe braucht von
Niemand gehalten werden, sondern wird auf einen Schenkel
des Pferdes gelegt. Unterhalb der Sand’sehen Zange umfasse
ich mit dem Emasculator, indem ich denselben fest an die
Zange drücke, (die Schraube nach oben gewendet) die gemein¬
schaftliche Scheidenhaut und den von derselben umschlossenen
Samenstrang. Durch langsamen regelmässigen Druck
schliesse ich den Emasculator, wodurch der Hoden entfernt wird.
Dies dauert Vs Minute und kann nach Belieben noch langsamer
geschehen. Beim Oeffnen des Emasculator zieht sich der ge¬
presste Samenstrang und die tunica vaginalis communis in einer
Breite von Va cm aus demselben. Den unterhalb der Sand’-
schen Zange befindlichen Stumpf bestreue ich mit Glutol und
entferne dann auch die Zange. Hierauf wird in derselben
Weise der andere Hoden entfernt. Da die tunica vaginalis mit
dem Samenstrang in die Sand’sche Zange genommen wird dicht
oberhalb der Stelle, wo sie sich fester mit der tunica dartos
verbindet, kann sich der Samenstrang, da er gewissermassen an
die Scheidenhaut angepresst ist, nicht in die Höhe ziehen. Nach
vollendeter Castration sieht man daher, wenn man die beiden
Hautlappen der Castrationswunde zurückschlägt, den Stumpf
vor sich liegen nnd kann sich dabei überzeugen, dass auch
kein Tropfen Blnt dem Stnmpfe entquillt. Leicht ist es dann
auch, die Blutungen aus den Hautgefässen durch Zudrehen mit
der Pean’schen Pincette zu stillen. Nothwendig ist dies nicht,
doch empfehlenswerth, da dann selbst bei ganz alten Hengsten
kein Tropfen Blut aus der Castrationswunde kommt. Die Wund¬
höhle sowohl wie auch die äussere Fläche des Hodensackes bt-
pudere ich dann mit Tannoform, decke etwas Watte, die ich
mit der Hand festhalte, darüber und lasse dann den Hengst
aufstehen.
Nach dieser Methode habe ich bis jetzt 7 einjährige Hengste,
eingerechnet das Werfen und die Desinfection in 60 Minuten
castrirt. Die Hengste wurden, da sie das Anbinden nicht ge¬
wohnt waren, sofort in einen grossen Hof gelassen und trabten
munter davon. Nach der Castration sämmtlicher Thiere über¬
zeugte ich mich nochmals, dass keine Nachblutung entstanden
war. Es floss auch nicht ein Tropfen Blut mehr aus den
Wunden.
Die Abquetschung des Samenstranges unter der gemein¬
schaftlichen Scheidenhaut vereinfacht die Operation dadurch,
dass das Nebenhodenband nicht durchschnitten werden braucht.
Bei der früheren Methode des Abdrehens wurde dies regel¬
mässig gemacht. Geschah hierbei die Durchschneidung des
Nebenhodenbandes nicht dicht am Nebenhoden, sondern tiefer,
so verletzte man eine kleine Arterie, aus der dann manchmal
unangenehme Nachblutungen erfolgen. Ein Vorfall der Scheiden¬
haut kann nicht eintreten, da dieselbe von dem Emasculator mit
fortgenommen wird. Nach dem Hautschnitte und dem kleinen
Schnitte in die gemeinschaftliche Scheidenhaut wird nun noch die
Sand’sche Zange angelegt, und der Hoden mit dem Emasculator
entfernt.
Vielfach wurde ich gefragt, weshalb ich nicht gleich mit
verdeckter Scheidenhaut operirte, ohne dieselbe zu öffnen.
Zunächst bietet die Ablösung der tunica vaginalis communis
von der tunica dartos und Haut so viel Mühe nnd dauert so
lange, dass man 2 Hengste in der Zeit operirt. Ferner bin
ich durch Oeffnen der tunica vaginalis communis im Stande, mich
zu überzeugen, dass in derselben ausser dem Samenstrange
keine Netz- oder Darratheile liegen.
Der Emasculator kostet bei Hauptner in der jetzigen Aus¬
führung 26,50 M. Der in Wien fabricirte war stärker ge¬
arbeitet. Um denselben für jegliches Alter von Hengsten bei
der Castratiou zu benutzen, würde ich rathen, denselben von
der Firma Hauptner stärker anfertigen zu lassen.
Referate*
Die weisse Ruhr der Kälber.
Von Dr. Willerding-Berlin.
berliner Archiv 1900 H. 1 u. 2.
Der Aufsatz beginnt mit einer gedrängten Beschreibung
der klinischen Symptome der fraglichen Krankheit. Darauf
wird ein ausführliches Bild der pathologisch-anatomischen Ver¬
änderungen entworfen, von denen Nachstehendes hervorzuheben
ist: Cadaver stark abgemagert. Mastdarm zuweilen prolabirt.
Die Schleimhaut des prolabirten Stückes schwarzroth geschwollen.
Anämische Beschaffenheit der Unterhaut nnd der Organe. Blut
dünn und wenig geronnen. Im freien Raum der Bauchhöhle
etwas klare seröse Flüssigkeit, welche ovale Bacterien enthält.
Darnitheile fast weiss, häufig fleckweis geröthet mit subperi¬
tonealen Blutungen besetzt. Nabelarterien nicht verändert. Der
vierte Magen enthält geronnene Milch, manchmal schwimmen
die Milchcoagula in einer sauerriechenden, wolkenähnlichen
Flüssigkeit. Die geschwollene Schleimhaut hat eine schmutzig
graue oder schmutzig gelbrothe oder auch dunkelrothe Farbe.
Die Falten sind oft der Sitz kleiner Blutungen und hämor¬
rhagischer Erosionen. Vielfach ist die Submueosa und auch die
Muscnlaris mit seröser Flüssigkeit durchtränkt. Im Labmagen
ovale Bacterien oder kürzere Stäbchen mit abgerundeten Enden,
theils längere Bakterienformen einzeln und reihenweise an¬
geordnet.
Dünndarm zusammengezogen, enthält eine geringe Menge
dünne, etwas schleimige weissgelbe oder graue mit Gasblasen
durchsetzte, übelriechende Flüssigkeit. Schleimhaut geschwollen
und graugelb gefärbt, häufig fleckweise oder diffus geröthet und
mit kleinen Blutungen besetzt, Peyer’sche Drüsen geschwollen.
Die Schleimhaut hat einen schleimigen, grauen, schmierigen
Belag. Der Dickdarm hat ähnliche Veränderungen aufzuweisen.
Sein Inhalt ist dünnbreiig, grauweiss, übelriechend.
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12. Juli 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
329
Der Belag der Dünn- und Dickdarmschleimhaut besteht aus
Epithelien, lymphoiden Zellen, wenig Fettkügelchen und drüsigen
Gebilden aus der Schleimhaut, Schleim- und rothen Blutkörperchen,
hauptsächlich aber aus Bacterien, unter denen die ovalen
Formen vorherrschen. Dieselben finden sich auch sehr reich¬
lich in den Lieb erkühn'sehen Drüsen. Unter dem Epithel
und in den Spalträumen des Gewebes liegen die Bacterien in
Häufchen, in den grossen Gefässeu einzeln. Gekröslymphdrüsen
geschwollen, auf dem Durchschnitt braunroth, häufig mit
kleinen Blutungen besetzt. Ovale Bacterien in den Gefässen
der Lymphdrüsen.
Dieselben Bacterien sind auch in Ausstrichpräparaten aus
der Milz, Leber, Galle, den Nieren, dem Herzblut und den
Exsudaten u. s. w. nachzuweisen.
An Milz, Leber, Nieren im Allgemeinen keine besonderen
Veränderungen.
Lungen lufthaltig. In den Pleurasäcken wenig helles klares
Exsudat. Ebenso im Herzbeutel. Derselbe zeigt zahlreiche
kleine Hämorrhagien.
Gehirn mehr oder weniger stark hyperämisch, in letzterem
Falle gewöhnlich kleine submeningeale Blutungen.
Im Vordergründe der Veränderungen steht hiernach Magen-
Darmkatarrh oder Entzündung und Septikaemie mit
Begleiterscheinungen.
Das ovale Bacterium wird als Ursache der weissen Ruhr
der Kälber betrachtet. Es wurde 1891 von Jensen aufgefunden
und durch eine Reihe einwandsfreier Versuche als ursächlicher
Erreger ermittelt.
Ohne näher auf die gründlich berichteten morphologischen,
culturellen, tinktoriellen u. s. w. Eigenschaften desselben näher
einzugehen, sei nur erwähnt, dass nach Monti undVeratti das
RuhrbaCterium mit dem Bacterium coli commune verwandt sein
soll. Es gelang, beide Arten auf künstlichem Wege in einander
überzuführen. Eine solche Umwandelung wäre in Folge be¬
stimmter Einflüsse auch im Körper denkbar. Jensen ist daher
der Meinung, das das normal im Darm vorhandene Bacterium
coli durch Alteration der Darmschleirahaut (in Folge von Er¬
kältung, ungeeigneter Ernährung etc.) in die Blutbahn ein-
zudringen vermöge, und dass die einmalige Passage durch
das Kalb genüge, dem Microben pathogene Eigenschaften zu
verleihen. Durch die weitere Ueberführung desselben von
Kalb zu Kalb nehme die Virulenz zu und befestige sich mehr
und mehr.
Mit dieser Auffassung stimmt überein, dass die Kälberrubr
oft in Beständen auftritt, wo eine Einschleppung der Seuche
nicht nach gewiesen w erden konnte.
Die Verschleppung des Infectionsstofies vollzieht sich durch
die Entleerungen der kranken Kälber, welche durch Gerätli-
8chaften, durch die Fussbekleidungen des Wartepersonals u. s. w,
im Stalle verstreut werden. Das Contagium ist fixer Natur und
nur durch directe Berührung mit den Vehikeln des Infections-
stoffes übertragbar. Deshalb ist bei Bekämpfung der Krankheit
das grösste Gewicht auf Reinhaltung und Desinfection der
Stallungen zu legen.
Verf. hält die Verbreitung einer gemeinfasslichen Belehrung
über diese Krankheit unter den Landwirthen für sehr empfehlens-
werth. Denn vielfach werde noch angenommen, dass die Krank¬
heit nicht infectiös sei sondern durch Verbitterung zu gehaltreicher
oder schädlicher Stoffe an die Mutterthiere entstehe.
Die Rotzkranklieit in dem Pferdebestande der
Glasgower Tramway-Gesellschaft und die Mallelnprobe.
(Journal of comp. Path. u. Therap. Bd. XIII, Thl. I, 1900.)
Die Tramway-Gesellschaft in Glasgow besitzt 4439 Pferde,
welche in 11 Depots untergebracht sind. Im Jahre 1894 hat
die Aufstellung der Depotbestände stattgefunden.
Im September 1895 und im März und November 189G wurden
3 isolirte Rotzfälle in 3 verschiedenen Ställen durch die klinische
Untersuchung eruirt. In jedem Falle fand eine Anzeige bei der
Polizeibehörde statt, welche die Bestände sorgfältig überwachen
liess, zunächst aber keine weiteren Schritte unternahm. Schliess¬
lich wurden die Nebenpferde der rotzkranken Thiere der Mallein¬
probe unterworfen, wobei eine Reaction nicht beobachtet wurde.
Es war somit anzunehmen, dass eine weitere Infection nicht
eingetreten war.
Im November 1896 sollten 230 Pferde von einer anderen
Gesellschaft übernommen werden. Dieselben wurden vor der
Uebernahme mit Mallein geprüft, wobei zwei Pferde reagirten
und nach der hierauf augeordneten Tödtung die Veränderungen
der Rotzkrankheit zeigten. Eine spätere zweimalige Unter¬
suchung der übrigen 22.s Pferde mit Mallein ergab keine weitere
Reaction, und es hat sich auch nach Verlauf von 2*^ Jahren
kein Rotzverdacht herausgestellt.
Im Juli 1899 wurde im Coplahill-Depot der Gesellschaft
wieder ein rotzkrankes Pferd ermittelt und bald darauf noch
zwei Stück. Es wurde nunmehr im Verein mit der Ortspolizei¬
behörde der Beschluss gefasst, den ganzen Bestand des Depots,
734 Pferde, mit Maliern zu untersuchen. Die Probe ergab bei
74 Pferden eine Reaction, welche sämmtlich getödtet wurden.
Von diesen erwiesen sich nur 10 Stück bei der Obduction als
nicht rotzig. Es wird bemerkt, dass bei der Mehrzahl der
übrigen getödteten Pferde die Veränderungen in einem sehr
frühen Stadium sich befanden, da nur einige wenige Knötchen
entdeckt werden konnten. Nach dem Ergebniss im Coplahill-
Depot wurden nun auch die Pferdebestände der anderen Depots
theilweise mit Mallei'n geprüft. Im Ganzen wurden von
93 reagirenden Pferden 81 bei der Tödtung als rotzkrank
befunden.
Die Gesellschaft beschloss nunmehr von der weiteren Ver¬
tilgung der reagirenden Pferde abzusehen, zumal da sich die
afticirten Pferde anscheinend sämmtlich in den frühesten Stadien
der Krankheit und in einem vorzüglichen Nährzustand befanden.
Beide Umstände schienen die besten Vorbedingungen für eine
Heilung der Krankheit durch wiederholte Mallei'ninjectionen zu
bilden. Zunächst wurden zehn Pferde, welche reagirt hatten, mit
Einwilligung der Behörde isolirt aufgestellt und 23 Tage nach
der ersten Malleineinspritzung mit der gleichen Dosis behandelt
mit dem Resultat, dass nur bei vier Pferden eine Reaction ein¬
trat. Als einen Monat später die Behandlung zum dritten Mal
wiederholt wurde, entstand überhaupt keine Reaction mehr.
Hiernach wurden die Pferde wieder in den Dienst gestellt.
Zwei spätere Untersuchungen mit Mallei'n erzeugten ebenfalls
keine Reaction.
Nun wurden noch die übrigen 3572 Pferde der Gesellschaft
mit Mallei'n geprüft, wobei 238, also nahezu 7 pCt., reagirten.
Der Bestand des Coplahill-Depots, welcher wieder in gleicher
Weise untersucht wurde, lieferte zehn neue Reactionen, obwohl
diese Pferde bei der vorerwähnten Probe keine typische
Temperatursteigerung gezeigt hatten. Alle reagirenden Pferde,
278 an der Zahl, wurden in einem Stalle des Depot Dalmarnock
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 28
aufgestellt und in Intervallen von drei Wochen mit Mallein be¬
handelt. Die Behandlung ergab nachstehendes Resultat:
1. Einspritzung.*278 Reactionen
3.
4 .
5.
6 .
7.
49
9
5
2
1
0
Vier Pferde zeigten im Verlauf der Injectionen klinische
Symptome der Rotzkrankheit und mussten getödtet werden.
Die pathologisch-anatomischen Veränderungen bestätigten in jedem
Falle das Vorhandensein der Krankheit.
Ein anderes Pferd, welches auf drei hintereinander folgende
Einspritzungen reagirt und darauf zweimal nicht reagirt hatte,
musste getödtet werden, weil es nicht mehr diensttauglich war.
Bei der Obduction desselben wurden in den Lungen eine Anzahl
translncider Flecke gefunden, an welchen früher Rotzknötchen
ihren Sitz gehabt haben mochten. Einige Knötchen zeigten
noch das charakteristische Aussehen der Rotzlaesionen, doch be¬
günstigte der Befund die Annahme, dass ein Heilprocess in
Wirkung getreten war.
Der Pferdebestand der Gesellschaft soll von jetzt ab alle
drei Monate mit Maliern untersucht werden.
Die vorstehenden Heilversuche bedürfen noch recht oft der
Wiederholung und näheren Prüfung. Es wäre vor Allem wünschens¬
wert^ dass Fälle benutzt würden, in denen das Vorhandensein
der Rotzkrankheit vorher einwandsfrei festgestellt ist.
Die Heilbarkeit der Rotzkrankheit.
Von J. M’Fadyean, London.
Jour», of comp. I*ath. and Therap. Bd. XUI Th. 1, 1900. ..
Einem alten Wallach, welcher auf dem linken Hinterbeine
die charakteristischen Veränderungen des Hautrotzes zeigte,
wurde am 4. November 1898 eine gewöhnliche Dosis Mallein
unter die Haut gespritzt, worauf eine typische Reaction eintrat.
Um zu ermitteln, welchen Effect die Anwendung allmählich ge¬
steigerter Dosen in langen Intervallen haben würden, erhielt
der Wallach am 15. November zunächst 6 ccm (d. i. die sechs¬
fache Normaldosis des englischerseits zu diagnostischen Zwecken
in Gebrauch befindlichen Malleins). In den darauffolgenden
15 Stunden stieg die Temperatur von 39,4°C auf 41 °C, ausser¬
dem machte sich eine deutliche Störung im Allgemeinbefinden
und eine erhebliche Schwellung am Injectionsort bemerkbar.
Weitere Injectionen wurden vorgenommen am
26. Nov., 10 ccm Mallein, Temperatur steigt von 38,3 °C auf 41°,
6. Dec. 20 ccm mit gleichem Resultat,
14. „
40 „ Temperaturmaximum
40,5 °C,
20. „
BO „
40,4 OC,
28. „
100 „
39,4 OC,
13. Jan.
1899 120 ccm „
40,2 OC.
Bis zum 10. Febr. wurde mit den Injectionen ausgeset 2 t,
und in dieser Zeit heilten die rotzigen Veränderungen am linken
Hinterbein vollständig ab und die Anschwellung desselben
verschwand.
Die Injection einer Normaldosis (1 ccm) englischen Malleins
am 10. Febr. ergab keine Spur einer Reaction. Die Körper¬
wärme, welche 38,3 °C betrug, änderte sich nicht in den nächsten
24 Stunden.
Der Versuch mit 1 ccm Mallein wurde am 27. März mit
dem gleichen Ergebniss wiederholt.
Am 6. und 24. April erhielt das Pferd je 100 ccm Mallein
mit dem Effect, dass die Temperatur von 38,4 bis auf 39,8 bezw.
von 38,2 auf 39,4 stieg.
Hiernach wurde angenommen, dass das Pferd vollständig
geheilt sei. Denn die äusseren Erscheinungen der Rotz¬
krankheit waren gänzlich verschwunden, und nach der Injection
einer Normaldosis Mallein entstand keine Reaction, während bei
der lOOfachen Quantität eine Wirkung zu constatiren war wie
bei einem gesunden Pferde nach der Einspritzung einer
solchen Dosis.
Am 13. Juni wurde dem Versuchspferd virulenter Rotzeiter
aus dem Testikel eines Meerschweinchens intravenös und sub-
cutan beigebracht, worauf sich ausser einer leichten Anschwellung
in der Haut an der Injectionsstelle keine äusserlich wahrnehm¬
baren Anzeichen des Rotzes entwickelten.
Dagegen ergab die Einspritzung von je 1 ccm Mallein am
23. Juni, 7. und 22. Juli und 17. August in jedem Falle eine
typische Reaction mit starker Anschwellung an der Injectionsstelle.
Es ist mithin anzunehmen, dass das Pferd in Folge der
künstlichen Infection von Neuem erkrankt war nnd dass die
Immunität hiernach nur einen geringeren Grad erreicht hatte.
Am 14. September war die Reaction auf die Malleinprobe
wieder geringer und am 12. October war nur eine kleine Tempe¬
ratursteigerung bei Wiederholung der Probe zu beobachten.
Am 22. October starb der Wallach an einer acuten exsuda¬
tiven Pleuritis. Dieselbe war nicht rotziger Natur, wie dnrch
Impfung von Meerschweinchen und Culturversuche nachgewiesen
wurde.
Die Lungen enthielten einige Dutzend gerstenkorngrosser
Knoten mit opaken, weissen Centren.
Ein Meerschweinchen, welchem eins dieser Knötchen in das
subcutane Bindegewebe geschoben wurde, starb 14 Tage später
an einer unbekannten Ursache. Verfasser nimmt an, dass der
Tod des Meerschweinchens nicht mit der Wirkung des Rotz¬
virus in Verbindung zu bringen sei, da weder an der Inoculations-
stelle noch an irgend einem Organ eine Veränderung der Rotz¬
krankheit nachznweisen war.
Ein Rückblick auf die Versuchsreihe ergiebt, dass das Pferd
anscheinend durch die fortgesetzte Injection grosser Mallein¬
dosen in langen Zeitinterwallen vom Rotz geheilt wurde. Es
soll jedoch aus den vorstehenden Mittheilungen noch nicht
gefolgert werden, dass Maliern einen curativen Einfluss auf die
Krankheit ausübt.
Kleine Mittheilungen.
Ein Fall von Aktinomykose des Euters der Kuh.
Maxwell constatirte an einem Kuheuter 6—8 harte, wohl
begrenzte Knoten von Haselnuss- bis Hühnereigrösse. Einige
lagen oberflächlich, andere inmitten der Drüsensubstanz.
Die Autopsie, microscopische Untersuchung und Cultur¬
versuche ergaben unzweifelhaft das Vorhandensein von
Aktinomykose.
Der Fall zeigt, dass Euterknoten nicht immer auf Tuber-
cnlose zu beziehen sind, und dass Aktinoraycespilze event. auch
in der Milch Vorkommen können, womit eine Uebertragung auf
Menschen oder Thiere nicht ausgeschlossen ist.
(Veterinary Journal u. Clin. vet. 1899, H. 15.)
Primäre Aotioomycooe des Testikels.
Im British Medical Journal theilt Dr. D’Olier nach'
stehenden Fall mit:
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12/- Juli 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
331
Ein 35jähriger Mann, der immer auf dem Lande gelebt doch
niemals Landwirtschaft betrieben hatte oder mit Ställen u. s. w.
in irgend einer Weise in Berührung gekommen war, consultirte
den Ref. wegen einer Anschwellung des linken Samenstranges,
welche sich angeblich seit drei Monaten entwickelt hatte.
Patient war verheiratet, Vater von zwei gesunden Kindern und
sonst vollständig gesund. Die Untersuchung ergab eine harte,
cylindrische, schmerzlose Anschwellung am linken Samenstrang
von der Grösse einer Haselnuss, etwa einen Zoll vom äussern
Banchring entfernt, ferner eine kleine Hydrocele des Samen¬
stranges und hauptsächlich Vergrösserung des Testikels. Drüsen
nicht geschwollen, Herz, Lungen, Nieren etc. gesund.
Die Veränderung wurde als ein chronischer Entzündungs-
process tuberculösen Urspiungs betrachtet und durch Excision
des Hodens und des verdickten Samenstranges entfernt. Bei
der sachgemässen mikroskopischen Untersuchung der excidirten
Anschwellung fanden sich typische Actinomycespilze und die von
ihnen verursachten Gewebswucherungen. Die Wunde heilte per
primam bei innerlicher Medication von 5 g Jodkali p. die. Die
Jodkaliumbehandlung wurde drei Monate hindurch fortgesetzt.
Sie bekam dem Patienten voi trefflich. Derselbe hatte nach
dieser Zeit ein sehr gesundes Aussehen und bedeutend an Gewicht
zugenommen. (Vet. Record 1899, No. 599.)
Hodentuberculose bei einem Bullen.
Ein elf Monate alter Shorthornbulle bekundete seit einiger
Zeit Krankheitserscheinungen. Das Deckhaar war gesträubt,
die Fresslust mangelhaft, die Rumination unregelmässig. Der
rechte Testikel war stark vergrössert und schmerzhaft. Der
Umfang desselben nahm mehr und mehr zu und der Ernährungs¬
zustand des pullen ging immermehr zurück, sodass die Castration
desselben beschlossen wurde. Schon am Tage nach der Operation
frass der Balle besser als seit Wochen. Derselbe fütterte sich
in knrzer Zeit so gut, dass er an den Schlächter verkauft
werden konnte.
Der kranke Hoden wog vier Pfund. Er war von blass-
röthlichgelber Farbe und von gelbgrauen Herden durchsetzt,
welche aus krümeliger, käsiger Masse bestanden. Verkalkung
bestand in den Herden nur im geringen Grade. Director
Williams erklärte nach mikroskopischer Untersuchung die Ver¬
änderungen für Tuberculose.
Es wurde noch festgestellt, dass der Bulle die von ihm
besprungenen Kühe nicht befruchtet hatte.
(A. S. Laurie. Vet. Journal, 1898, H. 277.)
Tuberculose bei Katzen.
Im allgemeinen wird geglaubt, dass die Carnivoren einen
hohen Grad von Immunität gegen Tuberculose besitzen. Spon¬
tane Tuberculose bei Hunden und Katzen soll ziemlich selten
sein, obwohl diese Thiere in engem Verkehr mit Menschen
leben und vielfach von ungekochtem Fleisch und roher Milch
ernährt werden.
Verf. hat nun in der letzten Zeit drei kranke Katzen unter¬
sucht, welche hauptsächlich nachstehende Symptome zeigten:
Abmagerung, Trägheit, wechselnden Appetit, unregelmässige
Temperatur von 103—105° F., Schmerzempfindung bei der Per¬
cussion des Thorax und angestrengte Athmung.
Zur Obduction kamen zwei von diesen Katzen. Bei dem
einen Cadaver waren beide Lungen hepatisirt, die Bronchial¬
drüsen vergrössert, und die Lungenpleura war verdickt. Die
andere Katze zeigte eine weniger ausgebreitete Lungenaffection,
vergrösserte Mesenterialdrüsen und Knötchenbildung an den Bauch-
eingeweiden. In den Lungenläsionen wurden Tubercelbacillen
nachgewiesen. Bei einer Katze, welche dem Verf. durch einen
Arzt zugeschickt wurde, fanden sich im Nasenausfluss Tubercel¬
bacillen. Mithin erscheint es nicht ausgeschlossen, dass auch
die Katzen eine Quelle für die menschliche Tuberculose dar¬
bieten können. (Vet. Rec. 1899.)
Labmagentuberculo8e.
Schlachthofdirector Rieck fand im Labmagen eines mit
allgemeiner Tuberculose behafteten Rindes nahe dem Pylorus
eine beetartige, brettharte Verdickung von 4 bis 5 cm Dicke,
in der glatten, der Geschwulst fest aufsitzenden Schleimhaut
mehrere Geschwüre, in der speckigen Subraucosa massenhafte
käsige Knötchen, welche zahlreiche Tubercelbacillen enthielten.
* (Sächs. Veterinärber. 98.)
Eine Reue Färbung für Tuberkelbaoillen.
M. Dorset empfiehlt den Farbstoff Sudan HI., welcher
unlöslich in Wasser ist; dagegen löst sich derselbe mit rother
Farbe in Alkohol, ätherischen Oelen, Chloroform und Xylol.
Das Verfahren nimmt nachstehenden Verlauf. Schnitte
werden 10 Minuten lang in einer gesättigten Lösung von
Sudan HI. in 80 procentigem Alkohol belassen und hierauf
5 Minuten in 70 procentigem Alkohol ausgewaschen. Die
Bacillen erscheinen bei der Untersuchung roth gefärbt. Der
Farbstoff soll eine specifische Affinität für Tuberkelbacillen haben,
da derselbe angeblich andere Mikroorganismen nicht färbt.
(Vet. Journal 1899, No. 294).
Nachweis von Tuberkeibacillen In Flüssigkeiten.
E. W. Hammönd (Montreal Med. Journal) giebt nach¬
stehende einfache Methode an: 15 ccm Flüssigkeit werden mit
5 pCt. krystallisirtem Phenol vermischt, 15 Minuten centrifugirt
und die überstehende Flüssigkeit abgegossen. Der Niederschlag
wird mit 3 ccm einer 5 proc. Aetzkalilösung tüchtig durch¬
geschüttelt und die Mischung zwei bis drei Minuten der Ruhe
überlassen. Alsdann wird mit Wasser auf 15 ccm aufgefüllt
und abermals 20 Minuten centrifugirt. Nach dem Abgiessen
der überstehenden Flüssigkeit folgt die mikroskopische Unter¬
suchung des Niederschlages, in welchem die Bacillen leicht
nachzuweisen sind. Die Vereinfachung des Verfahrens besteht
darin, dass die Extraction mit Aether wegfällt. (Thierärztl.
Centralbl. 1900. No. 12.).
800 Fälle der Chloroformnarkose bei Hunden.
Von F. Hobday, F. R. C. V. S., London.
(Journ. of. comp. I’ath. and Therap., Bd. XIII, Thl. 1, 1P00).
lieber 500 Chloroformnarkosen an Hunden ist schon früher
in dieser Zeitschrift berichtet worden. Nur bei einem Hunde
trat in Folge der Narkose der Tod ein; zwei andere Hunde
zeigten Vergiftungssymptome, erholten sich aber bei geeigneter
Behandlung wieder. Von den in diesem Aufsatz weiter auf¬
geführten Fällen 501 bis 800 ereignete sich zweimal Chloro¬
formtod. Die 800 Narkosen mit Chloroform ergeben mithin
3 Todesfälle, von denen zwei durch die Obduction ihre Erklärung
fanden und 9 Fälle, in denen Anzeichen einer Gefahr auftraten.
Aus diesem Ergebniss folgert Verfasser, dass das Chloroform als
Anästheticum bei Hunden nicht so gefährlich ist als noch immer
vielfach geglaubt wird.
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332
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 28.
Tagesgeschichte.
In der No. 26 der B. T. W. befindet sich ein von Herrn
Kreisthierarzt Höhne in Grünberg verfasster Artikel über „Die
Liquidationen beamteter Thierärzte in Preussen“, welcher von
einem sonderbarem Misstrauen gegen die Departements-Thierärzte
inspirirt ist. Da dieser Artikel viele unzutreffende Ansichten
und Auffassungen enthält und somit geeignet ist, irrige An¬
schauungen über einen Theil der Thätigkeit der Departements-
Thierärzte zu verbreiten, so will ich Folgendes zu diesem Gegen¬
stände anführen:
Her College Höhne hält den Zustand, wie er früher be¬
standen hat, gegenüber dem jetzigen geradezu für einen
paradiesischen. Früher unterlagen die kreisthierärztlichen Liqui¬
dationen der Revision der Regierungssekretäre, sonst kümmerte
sich Niemand um dieselben. Diese machten auser in Bezug auf
die Entfernungen nur sehr selten Abstriche oder Beanstandungen.
Dies sollte der Thätigkeit der Departements-Thierärzte Vor¬
behalten bleiben. Hierzu ist nun zunächst zu bemerken, dass
dieser idyllische Zustand, wie ihn Höhne schildert, nicht überall
bestanden hat, Höhne hat hierin vielleicht besonders Glück
gehabt. In manchen Bezirken bestanden sogar in Folge dieser
nebensächlichen Behandlung der kreisthierärztlichen Liquidationen
recht unerfreuliche Zustände, deren Wiederkehr sich die be¬
treffenden Kreisthierärzte kaum wünschen dürften. Sodann hat
die Regierung auch wohl eingesehen, dass eine Controle der
Liquidationen, wie die vorgenannte, eben keine richtige Controle
sei und das Ministerium bestimmte daher schon zu dem Erlass vom
27. Oktober 1888, welcher von der Fassung der Tagebücher
handelt, dass die Prüfung dieser Tagebücher unter Zuziehung
des Departements-Thierarzte8 zu erfolgen habe. Die Letzteren
wurden hiernach angehalten, eine gewissenhafte materielle
Prüfung der Tagebücher, aus denen die vierteljährlichen
Liquidationen zusammen gestellt wurden, vorzunehmen. Dem
Sekretär verblieb nur noch die rechnerische Prüfung. Die
materielle Prüfung musste stattfinden, ganz gleichgiltig, ob der
Departements-Thierarzt Decernent bei der Regierung war oder
nicht. In letzterem Falle haftete er dem Regierungspräsidenten
für die Richtigkeit und Gewissenhaftigkeit seiner Prüfung mit '
seiner Person, in ersterera Falle ausserdem noch mit seinem
Geldbeutel. An diesem Zustande hat der neue Min.-Erlass vom
10. Februar 1897 nichts geändert.
Bei dieser Prüfung hat der Revisor darauf zu achten
dass bei Ausführung der Dienstreisen möglichst das Interesse
der Staatskasse gewahrt worden ist und dass hierbei die gesetz¬
lichen und ministeriellen Vorschriften, sowie die Bestimmungen
der Oberrechnungskammer, ein Institut, welches Höhne wohl¬
weislich ganz ausser Betracht lässt, beobachtet worden 6ind.
Es ist ja leider richtig, dass die Kreisthierärzte in ihrem
Einkommen zum grossen Theil auf die Einnahmen aus den
Dienstreisen angewiesen sind; dies darf aber keinen Grund dafür
abgeben, bei Ausführung der Dienstreisen und Aufstellung der
Liquidationen das Interesse der Staatskasse gänzlich ausser
Acht zu lassen. Wenn auch die Kreisthierärzte ein solches
Interesse nicht kennen, es kann ihnen dies ja im Grunde ge¬
nommen gar nicht so sehr verargt werden, die Departements-
Thierärzte, die berufenen Revisoren, müssen dies aber kennen
und darnach ihre Thätigkeit einrichten, da sie sonst einmal sehr
unangenehme nähere Bekanntschaft mit der bereits erwähnten
Oberrechnungskammer machen könnten. Letzteres Institut ist
überhaupt sehr zu beachten, und wenn verschiedene höheren
Orts erlassene Vorschriften nicht immer das pekuniäre Interesse
der Kreisthierärzte im Auge gehabt haben, so ist sicherlich
hierfür meistens der Wille dieser obersten Revisionsbehörde
massgebend gewesen. Der Herr College Höhne irrt sich
daher durchaus, wenn er annimmt, dass die an den Liqui¬
dationen gemachten Abstriche etc. durch irgend eine sonderbare
Idee des Departementsthierarztes veranlasst werden, welcher
dies nur thut, um diesen oder jenen Kreisthierarzt einmal
ordentlich zu ärgern. Im Uebrigen möchte er auch bedenken,
dass das Revidiren der Tagebücher nicht zu den angenehmsten
und „exemplum demonstrat“ auch nicht zu den dankbarsten Be¬
schäftigungen der Departements - Thierärzte gehört. Dieselben
wissen sehr wohl, dass die Kreisthierärzte bis jetzt leider noch
nicht zu den vollbesoldeten pensionsberechtigten Staatsbeamten
gehören und dass sie auf den Erwerb angewiesen sind. Dieser
Umstand dürfte wohl auch für jeden einzelnen Departements¬
thierarzt massgebend sein, bei der Prüfung der kreisthierärzt¬
lichen Liquidation weitgehendste Rücksicht obwalten zu lassen,
soweit ihm das die gesetzlichen und ministeriellen etc. Vor¬
schriften erlauben.
Herr College Höhne führt als wohlthuendes Beispiel das
Eintreten eines Regierungs - Medicinalraths für das materielle
Interesse seiner Physiker an, welches er darin erblickt, dass
der Medicinalrath erklärt haben soll, die Prüfung von
Trichinenschauern könne den Kreisthierärzten nicht über¬
tragen werden, weil dadurch den Physikern Einnahmen verloren
gingen. Was diese Angelegenheit nun mit den Liquidationen
beamteter Thierärzte zu thun hat, ist nicht recht ersichtlich,
wenn man nicht die Tendenz einer derartigen Anführung ins
Auge fasst. Höhne macht hierdurch den Departements - Thier¬
ärzten den Vorwurf, dass sie Kein Wohlwollen den Kreisthier¬
ärzten gegenüber hesässen, sondern dass sie ihre Stellung wo¬
möglich noch dazu benutzten, die materiellen Interessen derselben
zu drücken.
Dass ein solcher Vorwurf durchaus unberechtigt ist, brauche
ich wohl nicht näher auszuführen. Derselbe ist aber nicht nur
unberechtigt sondern geradezu unbegreiflich und muss auf das
Entschiedenste zurückgewiesen werden. Gerade in der Frage der
Trichinenschauerprüfungen haben doch die Departementsthier¬
ärzte bewiesen, dass ihnen das Interesse der Kreisthierärzte
sehr am Herzen liegt. Dass in einzelnen Bezirken die Prüfungen
der Trichinenschauer ganz oder theilweise auf die Kreisthierärzte
übergegangen sind, ist doch wohl zweifellos dem Einfluss der
betreffenden Departementsthierärzte allein zuzuschreiben. Dass
dies noch nicht allen gelungen ist, liegt leider in den Verhält¬
nissen begründet. Es ist nicht so leicht alte, seit Jahrzehnten
eingewurzelte Gebräuche so sans fa^on umzuändern.
Doch nun zurück zu den Liquidationen. Höhne erwähnt in
seinem Artikel des Oefteren ein kleines Schriftehen des Geheimen
expedirenden Secretärs Dam mann, betitelt,, Veterinär-Gebühren“.
Er schreibt diesem Schriftchen eine verhängnissvolle Bedeutung für
die Revisionen der Tagebücher zu. Dies ist nun ganz und gar nicht
der Fall. In diesem Schriftchen sind zweifellos eine Anzahl
Incorrectheiten enthalten, die irrige Anschauungen erwecken
können. Dasselbe ist aber ganz gut brauchbar, w-enn man sich
über die Daten ministerieller etc. Bestimmungen informiren
will. Bei der Prüfung der Tagebücher werden dann aber diese
selbst zu Rathe gezogen, nicht die Erläuterungen von Dam mann.
Von einer durch diese erzeugte, „vielfach beliebte, geschraubte
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12. Juli 1900.
Auslegung des Gesetzes“ kann demnach keine Rede sein. Es ist J
demnach ganz unberechtigt den Departementsthierärzten einen
derartigen Vorwurf zu machen.
Was nun die von Höhne erwähnten speciellen Fälle an¬
betrifft, so ist Folgendes hierzu zu bemerken:
Dass ein Kreisthierarzt, der einen benachbarten Collegen
zu vertreten hatte, nicht die täglichen Kosten für die Hin- und
Rückreise von seinem Wohnort in den Nachbarkreis bewilligt
erhielt, mag eine im Vorliegenden vielleicht nicht berechtigte
Härte gewesen sein. Denn selbst nach den Bestimmungen der
Oberrechnungskammer können solche Hin- und Rückreisen be- 1
zahlt werden, wenn sie ausreichend begründet sind und die Be- j
gründung in der Liquidation ausgesprochen ist. Weshalb soll
nun aber wieder der Departementsthierarzt im vorliegenden
Falle der schuldige Theil für die Nichtbewilligung gewesen '
sein? Wenn derselbe Decernent ist, muss er allerdings die !
Verfügungen entwerfen; ehe diese aber herausgehen, müssen j
sie durch die Hand des Ober-Regierungsraths der Präsidial- j
Abtheilung und event. auch noch durch die Hand des Präsidenten |
selbst gehen. Jeder derselben ist berebhtigt, Aenderungen der Ver- I
fügungen nach eigenem Ermessen vorznnehmen. Wäre es denn
so unmöglich, dass im vorliegenden Falle einer dieser beiden
Herren die Nichtbewilligung der Kosten für die Hin- und Rück- 1
reise aus irgend welchen Gründen ausdrücklich gewünscht hat?
Höhne erwähnt sodann die Rundreisen. Nach einer Be¬
stimmung des Herrn Landwirtschafts- und Finanzministers muss
bei Rundreisen die Kilometerzahl am Schlüsse aufgerechnet werden, !
es können hier nun Fälle Vorkommen und Höhne hat solche
construirt, in denen die Schlusssumme nicht die bei einfachen !
Reisen zugelassenen Höhe von 16 km erreicht und dann doch nicht !
auf 16 abgerundet werden darf. Solche Fälle dürften aber wohl i
nur selten Vorkommen, in der Regel wird bei Zusammenrechnung !
der Schlusssumme die Minderzahl nur ein oder wenige Kilometer l
betragen gegenüber der Zahl, welche bei Abrundung jeder ein¬
zelnen Entfernung herauskomrat. Höhne giebt es selbst zu, !
dass die Collegen es noch nicht der Mühe für werth gehalten
haben, hierüber Beschwerde zu führen. Ueber die gesetzliche
333
Berechtigung dieser ministeriellen Vorschrift will ich mich mit
Höhne nicht streiten. Die Departementsthierärzte sind gehalten,
dieselben bei Prüfung der Tagebücher zu beachten.
Was nun die Bestimmung anbetrifft, dass beamtete Thier¬
ärzte für solche Tage, an welchen sie dienstliche Verrichtungen
gegen Bezug von Gebühren vornehmen, für andere Dienst¬
geschäfte Tagegelder nicht zn beanspruchen haben, gleichviel
ob die Gebühren der Staatskasse oder einer Gemeinde resp.
einer Privatperson zur Last fallen, so beruht diese auf einer
Specialentscheidung des Herrn Landwirthschaftsministers an einen
Landdrost in der Provinz Hannover und datirt vom 31. Mai 1883.
Dieser Erlass steht aber im Ministerialblatt und ist daher nach
der eigenen Auslegung des Höhne allgemein giltig. Im Uebrigen
ist der Wortlaut dieses Erlasses so klar und deutlich, dass
nicht erst „missverstandenerFiskalismus“ besondere Construktionen
hieraus zu machen braucht. Wenn ein beamteter Thierarzt
einen Viehmarkt revidirt, ausserhalb seines Wohnortes, und er¬
hält hierfür Gebühren, die so hoch sind oder höher wie die
ihm sonst zukommenden Tagegelder, so darf er für ein anderes
Dienstgeschäft an demselben Tage Tagegelder nicht mehr
liquidiren. Dasselbe trifft auch für dienstliche Geschäfte anderer
Art zu. Ich will zugeben, dass diese Bestimmung im Interesse
der Kreisthierärzte recht bedauerlich ist, da sie nun aber existirt,
so müssen wir uns damit abfinden und die Departements-Thier¬
ärzte sind verpflichtet sie bei Prüfung der Tagebücher zu be¬
achten und das Tagebuch B mit dem Tagebuch A hiernach
zu vergleichen.
Auf die weiteren Erörterungen des Herrn Collegen Höhne
will ich hier nicht näher eingehen. Ich wollte nur zeigen, wie
unberechtigt die Vorwürfe desselben gegen die Departements-
Thierärzte sind. Hoffentlich habe ich ihn und diejenigen, welche
seinem Artikel zugestimmt haben, von der Nichtberechtignng
dieser Vorwürfe überzeugt. Ich knüpfe hieran nur noch die
Bitte, dass Herr College Höhne in Zukunft der Thätigkeit der
Departements-Thierärzte, insofern sie sich auch auf die Prüfung
der Tagebücher erstreckt, etwas mehr Vertrauen entgegen
bringen möge. Preusse.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Staatsveterinärwesen.
Von Preusse.
Veterinflrberlchte.
Nach dem Ministerial - Erlass vom 15. November 1887
müssen die Kreisthierärzte alljährlich einen das Kalenderjahr
umfassenden Veterinärbericht dem Departementsthierarzt ein¬
reichen, welcher dieselben mit einem zusammenfassenden Be¬
richt an die technische Deputation für das Veterinärwesen weiter¬
zusenden hat. Diese Berichte sollen enthalten alle Erfahrungen
und wissenschaftlichen Beobachtungen auf dem Gebiete der an¬
steckenden Krankheiten der Hausthiere, sowohl der anzeige¬
pflichtigen, als auch der nicht anzeigepflichtigen. Ferner können
d^rin anfgenommen werden Beobachtungen über sporadische
Erkrankungen und schliesslich, was auf dem Gebiete der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und desStaatsveterinärwesensBemerkens-
werthes vorgefallen ist. Aus dem Umfang des für diese Berichte
vorgeschriebenen Programms ist zu ersehen, dass dieselben eine
seltene Fülle von Material enthalten müssen, welches auf andere
Weise unmöglich geschaffen werden könnte. Und in der That
ist das in den Veterinärberichten enthaltene Material geradezu
ein kostbares zu nennen, denn bei aller Hochachtung vor den
wissenschaftlichen Forschungen unserer Gelehrten bleibt doch
das auf wissenschaftlicher Grundlage gesammelte* praktische
Erfahrungsmaterial in Bezug auf Werthschätzung sehr oft er¬
haben über der Doctrin. Es muss freilich zugegeben werden,
dass in den Berichten neben vielem Werthvollen auch
manches Minderwertige, selbst Werthlose, ja sogar auch
falsche Beobachtungen und Anschauungen enthalten sind.
Daher ist auch die sorgfältige Sichtung und Bearbeitung des
Urmaterials durch die Departementsthierärzte vorgeschrieben
worden. Leider linden diese Jahresveterinärberichte nicht die
nöthige Würdigung und Beachtung, die sie auf Grund ihres In¬
halts eigentlich verdienen. Die Herren Geh.-Räthe Esser und
Schütz unternehmen es zwar alljährlich, unter dem Titel „Mit¬
theilungen aus den amtlichen Veterinärsanitätsberichten“ das
Wichtigste aus denselben wiederzugeben. Diese Bearbeitung des
so werthvollen Materials muss jedoch als eine unzureichende
bezeichnet werden.
Der Bericht aus dem Jahre 1898 ist erst kürzlich im vierten
und fünften Doppelheft des Archivs für Thierheilkunde, Jahr¬
gang 1900, erschienen, also reichlich spät. Derselbe umfasst
den Raum von 54 Druckseiten, hiervon müssen in Abrechnung
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334
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT
No. 28
gebracht werden 14 Seiten mit Zahlen aas den sämmtlichen
Schlachthäusern Preussens, betr. das Vorkommen der Tuberculose
und der Trichinen und Finnen, eine völlig überflüssige Zugabe,
da dasselbe auch bereits anderwärts gelesen werden kann, so
dass also Für den Textinhalt der Veterinärberichte nur 40 Druck¬
seiten übrig bleiben. Wenn man bedenkt, dass dies ein Extract
aus den Berichten aus 36 Regierungsbezirken und 549 Kreisen
sein soll, so kann man wirklich nur von einer homöopathischen Gabe
sprechen, welche der Oeffentlichkeit in diesen ,,Mittheilungen etc.“
dargeboten wird. Alles übrige nicht veröffentlichte Material
verschwindet auf Nimmerwiedersehen in den Akten. Früher
wurde auf diese „Mittheilungen aus der Praxis“ doch noch
mehr Werth gelegt. Da erschienen dieselben in besonderen,
viel umfangreicheren Heften, ein solches Heft umfasste 80 bis
100 Seiten. Heute bilden dieselben nur ein Appendix zum
Archiv für Thierheilkunde, dazu bestimmt, um den hin und
wieder etwas mageren Stoff in dieser Zeitschrift zu vermehren
und letztere selbst etwas interessanter zu machen. Im Re¬
gierungsbezirk Danzig ist noch die Einrichtung getroffen, dass
eine Abschrift des Generalveterinärberichts alljährlich bei den
Kreisthierärzten circulirt, damit dieselben wenigstens auf diese
Weise erfahren, was im Regierungsbezirk Interessantes vor¬
gefallen ist.
Um nun das alljährlich in den Berichten znsammenfliessende
grosse und werthvolle practische Material für die Allgemeinheit
besser zugänglich zu machen, und um die viele Mühe und Arbeit,
welche in diesen Berichten steckt, nicht umsonst gethan sein
zu lassen, empfiehlt es sich, eine umfangreichere Bearbeitung
des gesammten Stoffes eintreten zu lassen, als wie dies in den
letzten Jahren geschehen ist. Am geeignetsten hierzu ist die
Veröffentlichung eines möglichst umfassenden Auszuges hr : be¬
sonderen Heften, wie dies früher der Fall war. Als Anhängsel
zum Archiv behandelt zu werden, ist für diese Berichte-durchaus
unzweckmässig.
Alles, was auf medicinischem Gebiet Interessantes
in den Regierungsbezirken vorgekommen ist, wird in 3jährigen
Zwischenräumen durch den Regierungs-Medicinalrath zusaramen-
gestellt und veröffentlicht. Ich bin weit davon entfernt, diesen
Zustand als einen idealen anzusehn. Mit der Behandlung jedoch,
welche den Veterinärberichten der beamteten Thierärzte zu Theil
wird, ist dieses Verfahren in keiner Weise in Vergleich zu ziehen.
Verordnungen, betr. Einfuhr von Vieh, Fle-sch eto.
Die Regierungspräsidenten in Breslau und Oppeln haben
unter dem 16. bezw. 17. Juni d. J. die Einfuhr von frischem
Schweinefleisch sowie von allen Zubereitungen aus Schweine¬
fleisch, mit Ausnahme des gargekochten Schweinefleisches und
des ausgeschmolzenen Schweinefettes, aus Serbien verboten.
Nach dem letzten vom 22. Juni ausgegebenen Verzeichnisse
herrscht die Lungenseuche in keinem der in der Anl. A. des
deutsch-österreichischen Viehseuchen-Uebereinkommens genannten
Sperrbezirke mehr.
Die Regierung der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika
hat für die Einfuhr von Vieh neue Bestimmungen getroffen,
welche am 1. März d. J. in Kraft getreten sind. Demnach sind
für die Einfuhr von Pferden, Eseln, Mauleseln, Rindern, Schafen,
anderen Wiederkäuern und Schweinen besondere Häfen bestimmt
worden, in denen die einzuführenden Thiere einer thierärzt¬
lichen Untersuchung und einer Quarantäne unterworfen werden.
Für Pferde, Esel, Maulesel ist indess nur eine Untersuchung
jedoch keine Quarantäne vorgeschrieben. Rinder unterliegen
einer Quarantäne von 90 Tagen, bevor sie eingelassen werden;
Schafe, andere Wiederkäuer und Schweine einer solchen
von 15 Tagen. Schlachtvieh kann auch ohne Quarantäne
zugelassen werden, jedoch nur mit solchen Beschränkungen, wie
sie der Chef des „Bureau of Animal Industry“ für nöthig hält,
um eine Einschleppung der Seuchen in die Vereinigten Staaten
zu verhüten. Rinder, Schafe und andere Wiederkäuer bedürfen
für die Einführung eines Ursprungszeugnisses, welches den Ort
derHerkunft angiebt und bescheinigt, dass dieser im letzten Jahr frei
von Lungenseuche, Maul- und Klauenseuche, Milzbrand, Rinderpest
oder anderen ansteckenden Krankheiten gewesen ist, für Schweine
frei von Maul- und Klauenseuche, Schweineseuche, Schweine¬
pest und Rothlauf. Auch werden noch besondere Erklärungen
des Verkäufers, des Importeurs oder der Commissionaire verlangt,
welche ein Gleiches besagen und durch welche bescheinigt wird,
dass das eingeführte Vieh keine inficirten Distrikte passirt hat
oder sonst irgendwo der Ansteckung ausgesetzt gewesen ist.
Der Versand muss in reinen, desinficirten Wagen oder Schiffen
erfolgen. In den Quarantäneanstalten muss alles über sechs
Monate alte Rindvieh mit Tuberkulin geimpft werden. Re-
agirende Thiere werden, wie auch solche, die an ansteckenden
Krankheiten leiden, geschätzt und abgeschlachtet. Die Ver¬
ordnung enthält dann noch genaue Vorschriften über die Be¬
handlung des Viehs in den Quarantäneanstalten und über den
sonstigen Betrieb in denselben.
Auch die Regierung von Kapland hat unter dem 21. April d. J.
eine Verordnung erlassen, welche die Einfuhr von Rindvieh auf
dem Seewege regelt. Dieselbe soll am 1. August d. J. in Kraft
treten. Diese Verordnung richtet sich speciell gegen die Tuber¬
culose. Sie fordert den Nachweis der Tuberculosefreiheit durch
Vorlegung eines Impfattestes, oder im Falle dieses nicht vor¬
gelegt werden kann, ist eine Quarantäne vorgesehen, während
welcher eine Tuberculinimpfung auszuführen ist. Im Falle einer
Reaction wird das betreffende Thier vom Quarantänerath
getödtet.
Thierseuchen im A «lande. I. Quartal 1900.
Schweden.
Die Zahl der mit Milzbrand verseuchten Ställe betrug 17
bezw. 10 bezw. 16; mit Rauschbrand 3 bezw. 2 bezw. 4; mit
Schweinepest (Schweineseuche) — bezw. — bezw. 2.
Niederlande.
Erkrankungsfälle wurden gezählt: an Milzbrand im Januar 18.
Februar 13, März 22; Rotz 5 bezw. 2 bezw. 4; Maul- und
Klauenseuche 1767 bezw. 725 bezw. 612; Räude der Einhufer
und Schafe 317 bezw. 575 bezw. 378; Schweinerothlauf und
Schweineseuche 9 bezw. 8 bezw. 8; bösartiger Klauenseuche der
Schafe 36 bezw. 16 bezw. 11.
Schweiz.
An Milzbrand gingen ein im Januar 13, Februar 11, März
15 Stück; an Rauschbrand 12 bezw. 8 bezw. 17. Wegen Rqtz
wurden getödtet 8 bezw. 14 bezw. 30; als der Tollwuth ver¬
dächtig im März 28 Thiere. An Maul- und Klauenseuche
erkrankten bezw. waren verdächtig Ende Januar 564 Thiere in
35 Gemeinden, Ende Februar desgl. 469 in 22 Gern., Ende
März 308 in 18 Gern. An Rothlauf der Schweine incl. Schweine¬
seuche waren erkrankt Ende Januar 14, Ende Februar 28
Ende März 30 Thiere.
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12. Juli 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
335
Fleischschau und Viehhandel.
Von KUhnau.
Die AusfOhrungsbestlmmungen zum Fleischschaugesetz.
Nach der gleichzeitig mit dem Fleischschaugesetz vom
Reichstag angenommenen Resolution sollen die Bestimmungen
über die Untersuchung des ausländischen Fleisches mit dem
Tage der Verkündigung des Gesetzes in Kraft treten. Dem
entsprechend wird von den Reichsbehörden fleissig an den
Vollzugsbestimmungen über die gesundheitliche Controle des
ausländischen Fleisches gearbeitet. Zu einer am 29. Juni er.
im Kaiserlichen Gesundheitsamt stattgefundenen Con-
ferenz waren neben Verwaltungsbeamten der verschiedenen
Reichsämter und Ministerien thierärztliche Sachverständige aus
Preussen, Bayern, Sachsen und den Hansestädten, sowie Inter¬
essenten der in Betracht kommenden Handelskreise einberufen,
um ihre Meinungen darzulegen. Die Schwierigkeit der Materie
bedingt, dass die Ausarbeitung der Bestimmungen längere
Zeit in Anspruch nimmt. In landwirtschaftlichen und
Schlächterkreisen ist die Frage aufgeworfen, ob Fleisch¬
extra ct im Sinne des Gesetzes als Fleisch zu bezeichnen ist.
Wie die „Allg. Fleischer-Zeitg.“ in ihrer Nummer vom 2. Juli er.
selbst ausführt, ist es nach dem § 4 des Gesetzes nicht an¬
gängig, Fleischextract, Fleischpepton, Fleischgallerte, Snppen-
tafeln und dergl. als Fleisch zu begreifen; nach den dem Gesetz¬
entwurf beigegebenen Motiven ist von der Unterstellung des
Flei8chextracts u. s. w. unter das Gesetz so lange abzusehen,
als der Bundesrath es nicht ausdrücklich bestimmt. Die Be¬
gründung geht dabei von der Ansicht aus, dass sich die Noth-
wendigkeit einer Controle vor ihrer Zulassung zum Nahrungs¬
mittelverkehr bisher nicht sichtbar gemacht hat. Die Fleischer-
Zeitung ist anderer Ansicht und bittet, dass der Bnndesrath
schon in den Ausführungsbestimmungen zum Fleischschaugesetz
das Fleischextract für Fleisch erklären und demgemäss von der
Einfuhr ausschliessen möge. Am Schluss wird die Hoffnung
ausgesprochen, dass auch der Fleischer-Verbandstag in
Nürnberg sich dafür aussprechen möge.
Die Wiesbadener Conferenz der preussischen
Landwirthschaftskammern hat beschlossen, dass alle
Kammern für nachstehende Forderungen eintreten:
1. Bezüglich der Beschau des ausländischen Fleisches:
lieber die Untersuchung des Pökelfleisches sind bestimmte Vor¬
schriften zu erlassen, welche anordnen: a) dass nicht Stich¬
proben genommen werden, sondern dass jedes einzelne Stück
untersucht wird; b) dass die Untersuchung sich stets sowohl
darauf zu erstrecken hat, ob das Fleisch genügend gepökelt als
auch darauf, ob es gesundheitsgefährlich ist.
2. Bezüglich der Beschau des inländischen Fleisches:
a) die erwachsenden Kosten dürfen nicht den Landwirthen zur
Last gelegt, sondern müssen auf breitere Schultern (Staat)
übertragen werden, b) Die Entschädigungsfrage ist durch die
Schaffung öffentlich-rechtlicher Schlachtvieh-Versicherungs-Ein¬
richtungen unter Heranziehung von öffentlichen Mitteln zu
regeln, c) Für die Verwerthung des zwar minderwerthigen,
aber für den Genuss noch zulässigen Fleisches ist Fürsorge zu
treffen (Kochanstalten, Freibänke).
Die Forderungen, bezüglich der Beschau des inländischen
Fleisches haben gewiss ihre Berechtigung, und sind in diesem
Sinne bereits auch bei der Berathung der Gesetzes-Ausführungen
gemacht worden. Bezüglich der Controle des aus¬
ländischen Fleisches ist zu bedenken, dass es sich in erster
Linie um gesundheitliche Maassnahmen handelt, welche in Frage
kommen. Was in dieser Hinsicht gefordert werden kann, ist
bereits im Gesetz bestimmt formulirt. Ueber den Rahmen des
Gesetzes sollten die Ausführungsbestimmungen nicht hinaus¬
gehen, wenn überhaupt die practische Möglichkeit einer Fleisch¬
einfuhr bestehen bleiben soll. Später, wenn durch Mehrproduction
von Vieh oder Erleichterung der Einfuhr von lebendem Vieh
Ersatz geschaffen ist, lassen sich unbedenklich die Bestimmungen
über die Einfuhr von Fleisch schärfer anziehen. Nach ameri¬
kanischen Quellen sollen die Bestimmungen deB Fleischschau¬
gesetzes am 5. October in Kraft treten. K.
Berlin: Auszug aus dem Flelsoheohauberioht für Monat Juni 1900.
A. Schlachthof.
Rinder j
Kälber
Schafe
Schweine
Geschlachtet und untersucht
12 059
13 969
39 176
61 264
Ganz beanstandet ....
311
74
16 !
396
Ueberhaupt mit Tuberculose
behaftet.
2 888 |
48
4
2 638
Davon gänzlich verworfen .
m j
9
2 !
84
„ sind zur Sterilisation ge¬
eignet befunden worden:
90 1
12
2
158
„ theilweise verworfen . .
1 |
— 1
—
—
Also vollständig freigegeben
2 686
27
—
2 396
Mit Trichinen behaftet. . .
— 1
— '
— :
9
Mit Finnen behaftet . . .
53
2
— 1
48
Stark finnig, technisch vor-
werthet.
3
_
29
Finnig und wässerig, tech¬
nisch verwerthet ....
6
_
Schwach finnig sind zur
Kochung geeignet befunden
worden.
44
2
i
j
19
Ausserdem wegen Behaftung
mit Kalkconcrementen, mul¬
tiplen Blutungen u.s.w. sind
gekocht verwerthet . . .
1
1
34
An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei
Rindern 5540 Stück, bei Kälbern 93 Stück, bei Schafen 1953 Stück.
B. Untersuch'ungsstationen.
Rinder¬
viertel
Kälber
Schafe
Schweine
Untersucht.
16 827
'10109 ]
2 515
1 11292
Beanstandet.
Wegen Tuberculose wurden
56
19 !
| '
—
13
beanstandet.
Davon sind zur Sterilisation
16
'
—
4
geeignet befunden . . .
4
— i
—
2
Mithin gänzlich verworfen
12
— i
—
2
Mit Trichinen behaftet. . .
—
— j
i —
Mit Finnen behaftet. . . .
Davon schwach finnig und
zur Kochung geeignet be-
1
| _ 1
j
funden.
—
; —
—
| —
Unter dem eingeführten Fleisch waren 1003 dänische Rinder¬
viertel, 51 dänische Kälber und 86 Wildschweine.
Berlin, den 6. Juli 1900. Der städtische Oberthierarzt
Reissmann.
Zur Verwendung der Schlachthof-Conflecate.
Veranlasst durch die in der Berliner Kochanstalt für be¬
anstandetes Fleisch vorgekommenen Unregelmässigkeiten macht
ein Interessent in Stück 11 der Mittheilungen der deutschen
Landwirthschaftsgesellschaft den Vorschlag, die Confiscate zu
Fleischextract zu verarbeiten. Dem in vieler Beziehung
interessanten Aufsatz entnehmen wir Folgendes:
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836
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 28.
In Berlin sind vom 1. April 1898 bis 31. März 1899
1775 geschlachtete Rinder, 3238 Schweine, 86 Kälber, 8 Schafe
nnd 16 259,5 kg Rindfleisch zum Kochen und Sterilisiren über¬
wiesen. Wenn man nun das Rind mit 250 kg Fleischgewicht
rechnet, so würden etwa rund 672 800 kg beanstandetes Fleisch
der Koch- bezw. Pökelanstalt übergeben worden sein. Für das
vom 1. April 1900 bis ebendahin 1901 aufkommende Fleisch,
dessen Menge wahrscheinlich noch grösser ausfallen wird, sind
nun je dreimal Gebote von 279 000 M. und 226 000 M. und als
siebentes Gebot 110 00 M. abgegeben worden. Bekannt gegeben
ist nicht, welche Werthe dabei den einzelnen Fleischsorten
beigelegt worden sind, doch ist in früheren Jahren für das Fett
und das fette Fleisch der Schweine ein bei weitem höherer Preis
(50—60 Pfg. für 1 kg) angelegt worden, als für das zum
Dämpfen bestimmte Rind- und Schweinefleisch, welches nur mit
25—30 Pfg. bewerthet wurde.
In dem in der Beilage zu Stück 23 (1899) der vor-
bezeichneten Mittheilungen von dem landwirthschaftlichen Sach¬
verständigen in Buenos-Aire8 veröffentlichten Aufsatz: „Der
Betrieb in der Liebig’schen Fleisch extractfabrik in Fray Bentos“
wird angegeben, dass bei der Bereitung des Fleischextractes
das knochenfreie Fleisch in Stücke geschnitten, dann von Hack¬
maschinen zu einem Mus, ähnlich wie zur Dauerwurstbereitung,
zerkleinert und darauf mit einer gleichen Menge Wasser zu
einer starken Brühe verkocht wird. Diese wird dann vom
Fette befreit, vom ausgekochten Fleisch abgeschöpft und in
Vacuumapparaten eingedickt. Dabei geben 40 kg Fleisch 1 kg
Extract.
Im Grosshandel wird nun das Fleischextract von Liebig
mit 6,50 M., andere Marken mit 5 M. für ein Pfund englisch
abgegeben. Da 56 Pfund engl. = 25,5 kg sind, wird sich das
Kilogramm der geringsten Fleischextractsorten auf UM. stellen,
das Kilogramm Fleisch sich also mit 27,5 Pfg. verwerthen. Eb
fehlen in dem angezogenen Berichte alle Werthangaben über
die dabei aufkommenden Fette und über das übrigbleibende ge¬
trocknete Fleischfuttermehl. Nimmt man an, dass das Fett die
Herstellungskosten deckt, 40 kg Fleisch als Rückstand 10 kg
Fleischmehl lassen sollen, das sich mit 9 M. für 50 kg bewerthet,
dann würde sich die Ausnutzung von 1 kg frischen Fleisches noch
um 4,5 Pfg., also von 27,5 auf 32 Pfg. erhöhen. Nun sind
während der Verpachtung der Berliner Kochanstalt in den
Jahren 1895/1896 für das zu übernehmende Dampf- und Koch¬
fleisch durchschnittlich 30 Pfg. geboten, aber in Wirklichkeit
nur 22 Pfg. gezahlt worden (siehe No. 5 der „Allg. Fleischer¬
zeitung“ von 1897), die Verwerthung des beanstandeten Fleisches
würde also durch Herstellung von FleiscVextrat eine erheblich
höhere sein, als damals gezahlt worden ist. Wenn nun heute
für im Mindestfall auf kommende 672 800 kg Fleisch und Fett
279000 M. von dem Höchstbietenden, 226 000 M. von dem
mittleren und 110 000 M. von dem Mindestbietenden geboten ist,
so würden sich demgegenüber die 672 800 kg durch Fleischextract-
fabrication zu 32 Pfg. für 1 kg mit 215 296 M. verwerthen,
sich mit dem mittleren Gebot also etwa decken, dem Höchst¬
gebot aber nahe kommen, wenn man berücksichtigt, dass die
beanstandeten Fette sehr viel höher sich bewerthen, als das
magere tuberculöse Rindfleisch.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Kreisthierarzt Frick in Rawitsch ist der
Rothe Adlerorden IV. Klasse, dem Oberamtsthierarzt Dentler-
Wangen das Ritterkreuz II. Klasse des Friedrichsordens verliehen I
worden.
Ernennungen etc.: Thierarzt Wegner zum Kreisthierarzt in
Namslau. — Dr. D o en ecke-Sch wiebus auf Lebenszeit mitPensions-
berechtigung als Scblachthofinspector angestellt
In Bayern: Bezirksthierarzt a. D. Ludwig Schöberl von
Marktheidenfeld (Unterfranken) znm Schlachthausthierarzt in Löwitz,
Königr. Sachsen. Der Director des städtischen Schlacht- und Vieh¬
hofes zu Augsburg, Johannes Schneider, wurde als beamteter Thier¬
arzt mit den Befugnissen eines Bezirksthierarztes staatlich bestätigt.
— Als pragmatische Staatsdiener wurden ernannt: Die Bezirks¬
thierärzte Friedrich Schneider-Augsburg, Ludwig Westermaier-
Aichacb, Rudolf Küffner-Weilheim, Mathias Dom-Waldmünchen,
Otto Hei chlin ge r-Wegscheid, Karl Hofer - Ebermannstadt, Karl
Schilffarth-Stadtamhof, Friedrich Birnbaum-Bamberg, Engelbert
Vogg-Rehau, Otto Schwenk-Zusmarshausen, Kaspar Rogg-Burg-
lengenfeld, Johann Neuwir th-Kemnath, Karl Dennhard-Krumbacn,
Victor Kugler-Kötzting, Karl Härtle-Alzenau, Johann Stenger-
Würzburg, Max Durocher-Berneck, Wilhelm Diccas - Schongau,
Heinrich Krug-Brückenau, Josef Fischer-Tölz, Gottfried Besen¬
beck-Mellrichstadt, Max Etzinger-Viechtacb, Johann Windiscb
Altötting, Philipp Korb-Hammelburg und Andreas Markert-Berg¬
zabern. — Der Districtsthierarzt August Lösmeister in Steingaden
wurde zum Districtsthierarzt in Dorfen gewählt.
Approbatienen: in Hannover: die Herren Friedrich Eilert und
Bernhard Hartwig.
Promotionen: Thierarzt Noack-Hanau von der philosophischen
Facultät in Marburg zum Dr. phil.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen eto.: Verzogen: Die
Thierärzte Nicolaus Bruns von Bojanowo (Pos.) nach Weferlingen
(Sachs.), Knuth-Berlin nach Fray Bentos (Uruguay), Schneider
von Salem (.Bad.) nach Oppenau. — Thierarzt Eberle hat sich in
Erbenheim (Wiesbaden), Thierarzt R. Prösch (Schwarzenbek) in
Krotoschin (Pos.) niedergelassen.
In der Armee: Befördert: Rossarzt Prenzel im 1. Ul.-Rgt zum
Oberrossarzt; die Unterrossärzte Hack vom Leib-Garde-Hus.-Rgt.
und Rode von der Art-Schiessschule unter Versetzung zum 15. bezw.
14. Hus.-Rgt. zu Rossärzten.—Versetzt: Die Oberrossärzte Barth vom
89. Art-Rgt. zum 2. Drag.-Rgt., Troester vom 1. Ul.-Rgt. zum 39. Art.-
Rgt., letzterer unter Belassung in seinem Commando bei der Militär-
Rossarztschule. Die Rossärzte Rassau (Kiautschou) zum 18/Drag.-
Rgt., Werner vom 14. Hus.-Rgt. zum 39. Art.-Rgt., Nothnagel
vom 11. Trainbat- zum 6. Drag.-Rgt, Aulich vom 13. Hus.-Rgt.
zum 25. Trainbat., Woite (Militär-Lehrschmiede in Frankfurt a. M.)
zum 13. Hus.-Rgt, Michaelis vom 15. Hus.-Rgt. zum 11. Trainbat.
— In den Ruhestand: Liebscher, Oberrossarzt vom 2. Garde-
Ul.-Rgt. und Schröder, Rossarzt im 12. Ul.-Rgt
In Württemberg: Dr. Lutz, Rossarzt im 49. Art-Rgt., zum
Oberrossarzt im Regiment und Thieringer, Unterrossarzt im
19. Ul.-Rgt., zum Rossarzt im 26. Drag.-Rgt. ernannt.
Im Beurlaubtenstande sind zu Rossärzten befördert: Die
Unterrossärzte d. Res. Dr. Langershausen (Bez.-Comm. Gotha),
Stenzei (Hameln), Hänsgen (Wismar), Kreuz (Stettin).
Todesfälle: Bezirksthierarzt a. D. Gottfried Leeb in München.
Yacanzen.
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Aachen: Montjoie (erneut ausgeschrieben) (600 M. Gehalt,
300 M. Stellenzulage, 600 M. Kreiszuschuss, (ev. Ihr Beaufsichtigung
des Schlachthofes weitere 800 M.) Bewerber bis 5. August er. an
das Landrathsamt zu Montjoie.
b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Köln: Waldbröl. — R.-B. Cöslin:
Bütow und Stolp (Nord) — R.-B. Wiesbaden: St. Goarshausen.
Sanitltsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Erfurt: Schlachthofassistenzthierarzt (2000 M.). Meldungen an
den Magistrat. — Gr ätz (Posen): Schlachthofinspector (1500 M.,
Wohnung etc., Privatpraxis in dienstfreier Zeit). Bewerbungen an
den Magistrat. — Halle: Assistenzthierarzt am Schlacht- und
Viehhof sofort (1800 M. Dienstwohnung). Meldungen an den Director.
— Haltern: Sanitätathierarzt (1200 M. aus der Fleischschau, 800M.
Zuschuss, Privatpraxis). Bewerb, an den Bürgermeister bis 15. Juli.
— Köln: Schlachthofthierarzt (2500 M. steigend bis 4300 M. 6 Monat
Probezeit bei 4 wöchentl. Kündigung. Ruhegehalt Keine Praxis).
Bewerber an den Oberbürgermeister. — Salzwedel: Schlachthof¬
vorsteher zum 1. October. (Anstellung zunächst probeweise gegen
vierteljährl. Kündigung. Keine Praxis. 2000 M., Wohnung etc.)
Meid, bis 20. Juli an den Magistrat — Stettin: 3. Schlachthof
thierarzt zum 1. September er. (2400 M. pensionsberecht Einkommen,
von 3 zu 3 Jahren um 300 M. steigend bis 3300 M.) Bewerbungen
bis 6. August er. an den Magistrat
Privatstellen: 1900 bekannt gegebene: Eickel. — Mengering¬
hausen (Waldeck). — Peiskretscham (Ober-Schles.). — Rhinow
(R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.) — Schwarzenberg LS.—
Sonnenburg. — Suelze (Mecklb.). — Wolkenstein.
Per8onalverzeichnl88 des deutschen Veterinärkalenders.
Die Herrn Collegen werden gebeten, etwa gewünschte Correcturen
gefl. bald der Verlagsbuchhandlung R. Schoets mitzutheilen.
Veratmvortli h für den Inhalt (oxcL Inseratenteil): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schootz in Berlin. — Druck von W. Büxenstein, Berim-
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Die „Berliner Thlerlrztllche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich ln Stärke von mindestens l 1 /, Bogen. Dieselbe
tat zu beziehen durch den Buchhandel, dlo Post (No. 1082)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
8choeti, Berlin NW., Lnisenstrasse SO, zum Preise von
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Berliner
Originalbeltrtge werden mit 60 Hk. für den Bogen honorirt.
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactlonellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmalts,
Berlin thierirztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 50.
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gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz-Berlin.
Verantwortlicher Redacteor.
De Brulii KDhnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel Zündel
Professor Oberthierarzt Departementsihierarct Kreisthierarzt Departementsthierarzt Veterinärassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthierarzt
Utrecht Hamborg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Jahrgang 1900.
Ausgegeben am 19. Juli.
Inhalt: Riokmann: Das Wesen der „Pferdesterbe“. — Jost: Phimosis beim Pferde. — Prayon: Ueber Tropon. — Knoll: Hirn¬
befand bei einer Kuh. — Litfas: Fremdkörper in der Haube. — Referate: Zur Bekämpfung des seuebenbaften Ver-
kalbens. — Gm ein er: Die therapeutische Bedeutung des Liquor cresoli saponatus. — Radicaloperation einer Hernia umbili¬
calis. — Ebertz: Die Ergebnisse der neuen Untersuchungen über Maul- und Klauenseuche. — Höricourt und Rieh et:
Behandlung der Tuberculose des Hundes mit ausschliesslicher Fleischkost. — Fettick: Ist der Harn der Thiere unter
physiologischen Verhältnissen eiweisshaltig? — Desgrez: Ueber die Zersetzung des Chloroforms im Organismus. — Tages-
geschichte: Kurzer Bericht über die 26. ordentl. Generalversammlung des thierärztl. Vereins im Herzogthum Braunschweig. —
Die Anstellung der Berliner Schlachthofthierärzte. — DaB Aufblühen des Veterinärwesens in Russland in den letzten Jahren.
— Verschiedenes. — Thierhaltung und Thierzucht. — Personalien. — Vacanzen.
Das Wesen der „Pferdesterbe“.
Von
Rickmann
Roziarzt ln Deutsch SQdwest-Afrika.
(Vergl. No. 27 der B. T. W.)
Zu der im Windhoeker Anzeiger No. 6, Jahrgang 1900 er¬
folgten Publication über Pferdesterbe, möchte ich, obschon ich
dieses Blatt nicht zu den wissenschaftlichen Fachschriften, wo¬
hin die Erstveröffentlichung wissenschaftlicher Forschungen in
erster Linie zu richten wäre, rechnen kann, in vorläufiger Mit¬
theilung dennoch Stellung nehmen, damit beim Erscheinen dieser
sensationellen Nachrichten nach Uebernahme in heimische Blätter
mein Standpunkt gekennzeichnet ist. Der Autor des obigen
Artikels, welches die von Oberarzt Dr. Kuhn nnd Oberstabsarzt
Dr.Lülbert verfochtenen Behauptungen znr öffentlichen Kenntniss
bringt, ist nicht angegeben. Mir ist dieser Umstand gleichgültig,
znmal ich mich in Folgendem nur mit der Sache selbst be¬
schäftigen möchte.
Während einige in diesem Artikel gemachte Angaben seit
langem bekannt sind, erscheinen folgende als ganz neu: Identi-
ficirung der Malaria des Menschen nnd der Sterbe des Pferdes,
Uebertragung der Krankheit durch Moskitos von Mensch zn Pferd
ond umgekehrt, endlich die Heil- und Schutzimpfung.
Ueber den Werth oder Unwerth der Impfungen selbst möchte
ich zur Zeit kein endgültiges Urtheil abgeben, da dieselben erst
in letzter Zeit znr practischen Anwendung kamen nnd in Folge
dessen die Dauer der Beobachtung der Impflinge eine zn kurze
ist. Zum mindesten ist aber auch diese Frage noch lange nicht
vollständig gelöst.
Die Malaria, sowohl die tertiane, quartane als die pemieiöse
kommt ansser in Afrika in vielen Ländern auch anderer Erd-
theile, in Amerika, Asien, Südrussland, Italien vor. Obschon in
diesen Gebieten Pferde leben und Pferdezucht betrieben wird,
ist andererseits aber von Pferdesterbe nichts bekannt; diese
Krankheit ist vielmehr der Litteratur zufolge lediglich Afrika
Vorbehalten.
Z. B. in Südrussland, einem Malariagebiet, ist auch die
I Pferdehaltnng so ziemlich dieselbe wie in Deutsch Südwest-
Afrika, aber die Sterbe unbekannt. Von Australien werden
alljährlich viele Pferde nach Java, Sumatra etc., malariareichen
Gebieten, verbracht; doch erliegen diese Thiere nicht der Sterbe.
Aus Argentinien, in welchem Lande Malaria bekannt aber
Sterbe anbekannt ist, wurden im Jahre 1898 Pferde and Maul¬
esel in unser Schutzgebiet importirt Dieselben haben stark
unter der Sterbe zu leiden und erschienen für diese Krankheit
j empfänglicher, als die einheimischen Thiere, welche wohl einen
| gewissen Grad ererbter nnd ferner theilweise erworbener Immu-
! nität besitzen.
Wäre Malaria nnd Sterbe identisch, so müsste in diesen
anderen Ländern auch die Sterbe bekannt sein, znmal es an
den Moskitos, welche bei dem fraglichen Stoff die Ueberträger
sein sollen, nicht mangelt.
Bezüglich der Indentität beider Krankheiten gebe ich folgende
Impfversnche an: Ich habe mich mit 1 ccm virulenten Sterbe-
! blntes snbentan geimpft nnd gleichzeitig ein Pferd mit derselben
Dosis. Ich bin bis heute, nach circa 3 Monaten, fieberfrei geblieben,
, während das Pferd am 11. Tage nach der Impfang an typischer
| Sterbe verendete. Darauf hin hat sich Rossarzt Käsewurm,
mein Mitarbeiter in Sterbeforschung mit 2 ccm und ein anderer
Mann mit 1 ccm Sterbeblot, dessen Virulenz bei Impfung von
1 Pferden erwiesen war, freiwillig impfen lassen; es erfolgte kein
! Fieber nnd durch die Blutuntersuchungen in diesen drei Fällen
konnten Malariaparasiten irgend einer Art heim Menschen nicht
nachgewiesen werden.
Ich selbst bin für Malaria empfänglich und habe des
Oefteren darunter zn leiden gehabt, während die beiden anderen
j bisher malariafrei and erst kürzere Zeit im Lande sind.
Wenn nun behauptet wird, dass durch Moskitos die
Sterbe des Pferdes auf Menschen als Malaria übertragen wird,
und bei den vorstehenden Impfungen das in quantitativer und
qualitativer Hinsicht gleichwerthige Material heim Pferd zwar
die Sterbe, jedoch beim Menschen keine Malaria erzeugt hat, so
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338
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 29.
dürfte die obige Behauptung bezüglich der Uebertragung, zugleich
aber auch die Annahme der Indentität als hinfällig erscheinen.
Den Gegenversuch, d. h. Verimpfung von Malariablut auf
Pferde und somit Erzeugung von Sterbe, konnte ich selbst aus
Mangel an Malariablut nicht ausführen. Derselbe ist meines Er¬
achtens nach Angaben in der vorhandenen Litteratur auch über¬
flüssig. Denselben zufolge ist es wohl gelungen, durch Impfungen
mit virulentem Blut die Malaria von Mensch zu Mensch zu über¬
tragen, aber nach den neueren Arbeiten von Koch und Co Ile
nicht von Mensch zu Thier.
Folgende Beweisführung dürfte noch angezeigt erscheinen:
Ein Moskitonetz wird über einen malariakranken Menschen ge¬
spannt, und nachdem darin Moskitos, welche am kranken Menschen
gesaugt haben, vorhanden sind, wird das Moskitos enthaltende
Netz vorsichtig über ein einwandsfreies Pferd gespannt, sodass
diese Insekten vom Pferde Blut saugen. Das Ergebniss dieses
Versuches und des entgegengesetzten, d. h. Moskitos mit Blut
von sterbekranken Pferden zur Einwirkung auf gesunde
Menschen gebracht, würde nicht nur bezüglich des Indentitäts-
Nachweises werthvoll sein, sondern gleichzeitig den Nachweis
erbringen für die Behauptung, dass Moskitos die Ueberträger sind.
Bisher beruht diese Theorie nur auf Annahmen und mit dem¬
selben Rechte kann meine Behauptung, dass Moskitos nicht die
Ueberträger der Sterbe von Pferd zu Pferd sind, sondern die
Entstehung der Sterbe auf Einflüsse, welche bei gemeinsamen
Weidegang im Boden, an den Gräsern etc. zu suchen sind, auf¬
recht erhalten werden.
Welche Art der Malaria bei der Identificirung von Sterbe
und Malaria gemeint ist, sagt der ungenannte Autor des oben
erwähnten Artikels nicht Da es nur eine Art der Sterbe
giebt, in dem Artikel aber Sterbe und Malaria identisch sein
sollen, so könnte es, logisch gedacht, auch nur eine Art det
Malaria geben. Diese gerechtfertigte Schlussfolgerung er¬
scheint nach den neuesten Malariaforschungen etwas über¬
raschend. Für diese Behauptungen war lediglich die Beobach¬
tung der pathologischen und hygienischen Erscheinungen und
Zufälligkeiten massgebend. Wenn ich als Praktiker dieselben
auch sehr hoch schätze und bei Stellung der Diagnose als un¬
entbehrlich betrachte, so ist zur Identificirung von Malaria und
Sterbe doch der Nachweis der betreffenden Erreger im Blute
nothwendig. Dieser Nachweis ist bisher noch nicht erfolgt.
Die von mir diesbezüglich ausgeführten Blutuntersuchungen und
die in meinem ersten Artikel (No. 27 der B. T. W.) angegebenen
Befunde rechtfertigen in genetischer Hinsicht nicht die vom
Autor angenommene Gleichstellung beider Krankheiten. Die
Pferdesterbe ist zwar ebenso, wie die verschiedenen Malarien
des Menschen, zu den Blutkrankheiten zu rechnen und äussert
sich speciell in pathologisch - anatomischer Hinsicht in Ver¬
änderungen der verschiedensten Organe. Gemäss vielen Sec-
tionen habe ich mich aber nicht zu der hier herrschenden Auf¬
fassung, dass die Sterbe der Pferde mit einer specifischen
Lungenentzündung zu vereinbaren sei, emporschwingen können,
sondern habe in den meisten Fällen gegen Ende der Krankheit
nur Lungenoedem constatiren können.
Phimosis beim Pferde.
Von
H. Jost-Göttingen,
Assistent am Thieraranel-Institnt
Mitte Mai wurde in das hiesige Thierarznei-Institut ein
Pferd (Wallach) mit dem Vorberichte eingestellt, dass dasselbe
seit einigen Wochen geringgradige Kolikerscheinungen zeige und
fortgesetzt, meistens aber erfolglos, auf Harnentleerung dränge.
Hin und wieder, nach oft einviertelstündigen Anstrengungen, werde
tropfenweise oder in dünnem, mattem Strahle Urin in geringer
Menge entleert Auf Befragen bemerkt der Besitzer weiter,
das Thier sei vor diesem Leiden innerlich nie krank gewesen,
nur im Februar dieses Jahres habe man es auf thierärztliche
Anordnung hin wegen eines Hufleidens eine Zeit lang in die
Hängegurte bringen müssen. Dass sich diese Vorrichtung trotz
sorgsamer Beobachtung häufig nach hinten verschoben und als¬
dann den Schlauch mit eingeklemmt habe, gestand der Besitzer
unter dem Zusatze ein, die oben angegebenen Erscheinungen
seien bei dem Pferde erst einige Wochen nach dem Entfernen
der Hängegurte beobachtet worden und hätten sich von Tag zu
Tag verschlimmert.
Vor der manuellen Untersuchung des Harnapparats wurde
das Pferd einen Tag lang in der Spitalklinik beobachtet und
hierdurch die Anamnese des Besitzers insoweit bestätigt gefunden,
als der Patient fast ohne Unterbrechungen mit den Hinterbeinen
hin und her trippelte, Bich nach den Seiten hin umsah, zum
Harnablassen ausstreckte und in dieser Stellung unter heftigem
Drängen solange verharrte, bis nach etwa 10—15 Minuten
tropfenweise gelblichtrüber, stark riechender Urin in un¬
bedeutender Menge abging. Trotz unausgesetzter Beobachtung
ist hierbei ein Ausschachten niemals wahrgenommen worden. Das
sonstige Befinden des Thieres, insbesondere die Fresslust und
der Kothabsatz, waren normal; eine Steigerung der Körper¬
temperatur konnte nicht festgestellt werden.
Die Exploration per rectum ergab, dass die Blase stark
gefüllt war; beim Druck auf dieselbe äusserte das Thier
Schmerzen, ohne dass in Folge des Druckes Urin entleert
wurde. Blasensteine waren, soweit sich dies an der voll¬
gefüllten Blase überhaupt feststellen liess, nicht vorhanden,
ebensowenig ergab sich beim Abtasten der Harnröhre irgend
welcher Verdacht auf Steine in derselben. Abnorme Anfüllungen
der oberen Abschnitte der Urethra konnten nicht wahrgenommen
werden. Abgesehen davon, dass vom unteren vorderen Rande
der äusseren Schlauchfalte fast ununterbrochen trüber Urin ab¬
tropfte, der, aufgefangen, nach dem Eintrocknen auf einer Glas¬
platte einen sandartigen Niederschlag hinterliess, zeigten sich
an der Vorhaut bei der vorläufigen äusseren Besichtigung
keinerlei Abnormitäten.
Mit Rücksicht auf die starke Spannung der Blase wurde
das Pferd alsdann mit grösster Vorsicht niedergelegt und das
Praeputium einer eingehenden Untersuchung unterworfen. Beim
Eingehen in die äussere Schlauchfalte mit der trichterförmig
zugespitzten Hand zeigte sich der vordere Theil der Oeffnung
der Vorhaut bedeutend verengt. Nachdem die Hand mit Mühe
in die Falte eingezwängt war, stiess man halbhandtief auf eine
totale Verwachsung des hinteren Abschnittes der Vorhautfalte,
die einem Diaphragma ähnlich den Weg nach hinten zur Eichel
vollständig verlegte, nach vorn aber mit der inneren Wandung
der Vorhaut eine becher- oder taschenförmige Aushöhlung bildete.
Infolgedessen war der directe Abfluss des Urins nach der Ent¬
leerung aus der Hararöhrenöffnung in der Weise gehemmt, dass
sich zwischen Eichel und der Verwachsung der Vorhaut eine
Art Reservoir für denselben gebildet hatte.
Auf dem Boden der zuerst erwähnten Vorhauttasche fühlte
man von vorn aus fast in der Mitte eine kleine Oeffnung, die
mit einer krümligen Masse bedeckt war. Nach Umstülpung
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19. Juli 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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des vorderen äusseren Randes der Vorhaut konnte der Grund
dieser Tasche so weit hervorgezogen werden, dass eine Be¬
sichtigung möglich war. Die im Centrum befindliche Oeffnung
war nur so gross, dass man eine gewöhnliche Sonde einführen
konnte; der Rand des Loches war nach hinten zu eingezogen,
und sternförmig gingen von hier aus nach der Peripherie hin
wulstige, breite Narben, die allmählich in den Seitenwänden
der Tasche verliefen. Beim Einfuhren einer Hohlsonde in die
Oeffnung sickerte Urin hervor, der in der Rinne der Sonde
einen griesartigen Niederschlag hinterliess. Mit dem geknöpften
Bistouri und mit Hülfe der Scheere wurde nunmehr von der
mittleren Oeffnung aus nach oben, insbesondere aber nach unten
die Verwachsung etwa fingerlang gespalten. Hierbei entleerte
sich ungefähr % 1 Urin von der bereits beschriebenen Be¬
schaffenheit, welcher sich zwischen der nun zum Vorschein
kommenden Eichel und der Verwachsung angestaut hatte. Die
innere Fläche der Wandung des durch die Spaltung freigelegten
abnormen Behälters war rauh und der Grund desselben mit
mehr oder weniger grossen Partikelchen von Harngries bedeckt.
Der letztere bestand, wie die Untersuchung ergab, aus
Krystallen von phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia, die sich in
Folge der Harnzersetzung gebildet hatten. Nachdem die Höhle
gründlich ausgespült und die Eichel durch Lospräpariren der
Vorhaut vollständig freigelegt war, wurde seitlich vom ersten
Schnitt und in der ganzen Länge derselben je 1 cm breit das
vernarbte Gewebe der Vorhaut weggeschnitten und alsdann, um
eine Wiederverwachsung der Wundränder zu verhindern, die
letzteren mittels Catgut so an die nachbarliche Haut geheftet,
dass sie ungefähr 3 cm auseinanderklafften. Eichelsteine, die
sich in Folge der Stauung des Urins hätten ablagern können,
waren nicht vorhanden.
Gleich am Tage der Operation konnte das Pferd den Urin,
wenn auch unter einigen Schmerzen so doch im kräftigen Strahle
entleeren. Der zeitweise aufgefangene Urin war noch etwa
eine Woche hindurch sehr reich an Harnsedimenten, woraus
sich vielleicht die noch vorhandene Schmerzhaftigkeit bei der
Harnentleerung erklären lässt; nunmehr, nach Verlauf von etwa
14 Tagen, ist eine vollständige Heilung des Patienten eingetreten.
Die Phimosis, welche sich hier als eine totale Verwachsung
der Vorhautfalte darstellte, kann, nach der Anamnese zu
schliessen, nur dadurch herbeigeführt worden sein, dass die im
Februar dieses Jahres bei dem Hufleiden in Anwendung
gebrachte Hängegurte die Vorhaut gequetscht bezw. wund¬
gerieben hatte und die wunden Flächen alsdann, unterstützt durch
den Druck der Gurte, bis auf die kleine Oeffnung, aus welcher
sich vor der Operation der Urin spärlich entleerte, an einander
gewachsen waren.
Ueber Tropon.
Von
Prayos-Düsseldorf.
Thterarzt.
In No. 26 der B. T. W. wird unter „Tropon“ erwähnt, dass
das animalische Eiweiss zu diesem Präparate aus überseeischem
Dörrfleisch, dem sog. Dungstoff, genommen werden soll. Dieser
Dungstoff, der auch unter dem Namen „Fleisch-Düngemehl“ in
der Landwirtschaft vielfach gebraucht und aus minderwerthigem
überseeischen Fleisch, Schlachthausabfällen u. s. w. hergestellt
wird, findet nach genauerer Erkundigung zur Bereitung des
Tropons keine Verwendung. Der animalische Theil des Tropons
wird vielmehr aus südamerikanischem Fleisch hergestellt, welches
gemahlen und getrocknet in Faserform eingeführt wird, nachdem
ihm die Extractivstoffe und ein Theil des Fettes (zur Fabrikation
von Fleischextracten) bereits entzogen sind. Die Fleischfasern
sollen lediglich aus bestem Ochsen-Muskelfleisch genommen
werden, für dessen gesunde Beschaffenheit garantirt wird.
„Tropon“ habe ich in meiner Hundepraxis in zahlreichen
Fällen angewandt und die besten Resultate damit erzielt. Bei
chronischen Dannleiden, bei allgemeiner Abmagerung, bei von
Geburt schwächlichen, bei rhachitischen und anaemischen jungen
Hunden, namentlich Racehunden, hat sich das Präparat gut be¬
währt. Eine hervorragende Wirkung beobachtete ich aber bei
der Hundestaupe, sowohl während der Krankheit selbst als auch
im Reconvale8cenzstadinm. Bedingung ist, das Tropon regel¬
mässig längere Zeit hindurch zu verabreichen in täglichen Dosen
von zwei (Morgens und Abends) bis drei (Morgens, Mittags and
Abends) Theelöffeln je nach Grösse und Alter. Das Pulver
wurde theils in Milch oder Wasser gelöst verabreicht, theils
wurde dasselbe trocken mit der Nahrung vermischt. Niemals
war ich genöthigt, die Lösung einschütten zu müssen; in einigen
Fällen leckten die Thiere sogar das trockene Pulver mit Vorliebe
aus der Hand auf.
„Somatose“, womit in einzelnen, vergleichshalber an-
gestellten Fällen ebenfalls gute Resultate erzielt wurden, ist
wegen des hohen Preises zur Verwendung in der thierärztlichen
Praxis nicht geeignet, während der Preis des Tropons seiner
Verwendung in der Veterinärmedicin nicht im Wege steht; der
jedem Packet aufgedruckte Preis beträgt in 100 g Packung 60 Pf.
(nicht, wie in No. 26 der Wochenschrift angegeben ist, 70 Pf.).
Interessant sind auch die Versuche, welche seitens der
Troponwerke bei Pferden mit Tropon angestellt wurden. Man
hatte nur Pferde von sehr schlechter Constitution gewählt, die
theils schlechte Fresser waren, theils trotz guten Fressens
mager und schwächlich blieben. Das Tropon wurde in steigenden
Dosen bis zu 400 g pro die in dickem Kleienbrei gegeben und
gern genommen. Nach 14tägiger Verabreichung hatten die
Pferde nicht nur ein besseres Aussehen erlangt, sondern es war
auch eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit und Kraft eingetreten,
ein sicherer Beweis, dass das Tropon sich direct in Muskel¬
substanz umgesetzt hatte.
Die erwähnten günstigen Resultate bei Hunden wie bei
Pferden berechtigen wohl dazu, das Tropon als ein auch für
die Veterinär-Praxis werthvolles Diäteticum zu betrachten, und
dürfte die gute Wirkung des Präparates namentlich bei der
Hundestaupe, wohl auch zu weiteren Versuchen bei acuten
Infectionskrankheiten der Pferde, wie Brustseuche und Influenza,
Veranlassung geben.
Hirnbefund bei einer Kuh.
Von
Knol! - Prenzlau,
Schlachthof-Inapector.
Auf den hiesigen Schlaclithof wurde eine Kuh, auf einem
Wagen liegend, eingebracht. Nachdem das Thier vom Wagen
geschafft und in den Stall geführt war, verfiel es sogleich in
einen schlafähnlichen, comatösen Zustand, wobei die Vorderfdsse
beinahe einknickten und der Kopf abwärts sank. Bei geöffneten
Augenlidern war an den Pupillen nichts besonderes zu bemerken.
Nach Aussage des Viehhändlers hatte das Thier zu Hause tob¬
süchtige Anfälle gehabt und war in die Krippe gestiegen.
Athmung, Herzschlag und Tempenatur waren nicht vermehrt.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 29.
Dieses Verhalten gab natürlich Veranlassung, nach der
Schlachtung neben sämmtlichen Organen besonders das Gehirn
einer genaueren Besichtigung zu unterziehen. An den Ein-
geweiden der Brust- und Bauchhöhle war nichts abnormes fest¬
zustellen. Nachdem jedoch die Schädeldecke gelöst war, fand
sich zwischen den beiden Gehirnhäuten ein grosser doppel¬
wandiger Echinokokkus vor, der sich mit leichter Mühe unversehrt
aus seiner Umgebung herausheben liess. Derselbe hatte an der
rechten Seite einen Druck auf das Grosshirn ausgeübt; nach
vorn war der Riechkolben gänzlich geschwunden. Auch die
Schädeldecke selbst zeigte Veränderungen. Das Stirnbein war
auf der rechten Seite an einer Stelle fast durchsichtig. Die
Fingereindrücke (impressiones digitatae) waren hier geschwunden
und der Knochen glatt. Ueberhaupt war die Schädelhöhle sowie
ihr äusserer Umfang rechts grösser als auf der linken Seite.
Durch diesen Befund waren die bei Lebzeiten der Kuh
beobachteten Erscheinungen hinreichend aufgeklärt.
Fremdkörper in der Haube.
Von
Litfas-Rahenau.
Thierarzt.
Am 16. October 1899 stellte mir der Besitzer 0. Z. in
O.-Naundorf eine Kuh vor, welche angeblich seit zwei Tagen an
Appetitmangel litt. Ich stellte Fremdkörper im Magen fest und
rieth zur Schlachtung, was dem Besitzer sehr unangenehm war.
Derselbe holte ohne mein Wissen einen anderen Collegen, der
durch die Aeusserung: „ . . . wenn er jeden derartigen Patienten
wollte schlachten lassen, müsse er viele schlachten lassen“, den
Besitzer in seiner Abneigung dagegen bestärkte.
Am 7. März 1900 wurde schliesslich unter meiner Auf¬
sicht die inzwischen völlig abgemagerte Kuh geschlachtet.
Einige sulzige Stellen am Fett der äusseren Magenfläche be¬
stärkten mich in meiner Diagnose bezüglich eines verschluckten
Fremdkörpers. Endlich nach langem Suchen fand sich ein
runder etwa 3 cm langer Drahtnagel in einer der senkrecht-
stehenden Netzfalten der Haube so fest eingerostet, dass
man, den Nagel an einem Ende angefasst, die ganze Haube
daran in die Höhe heben konnte. Nachdem der Nagel ge¬
waltsam aus der Oeffnung herausgerissen war, zeigte sich die
Falte an der Stelle auf das doppelte verdickt, schwielig und
an der Durchtrittstelle des Nagels mit Rost ausgekleidet. Der
Nagel selbst zeigte sich an der fraglichen Stelle mit einer
etwa 1 mm dicken Rostschicht umgeben.
Höchst auffällig ist bei diesem Befund folgendes: Da
die Diagnose von vornherein feststand, so kann der Fremd¬
körper nicht später als am 16. October in das Thier gelangt
sein. In dieser langen Zeit hat derselbe 1. gar keine weiteren
nachweisbaren Verletzungen hervorgerufen und 2. nirgends
zur Eiterbildung Veranlassung gegeben.
Ausserdem dürfte für forensische Zwecke die Dicke der
Rostschicht, welche den Nagel umgab, von Interesse sein.
Referat e*
Zar Bekämpfung des seuchenhaften Yerkalbens.
Unter No. 27 der Schriften des deutschen milchwirthschaft-
lichen Vereins hat der bekannte Züchter Herter-Burschen unter
dem Titel „Zwei Seuchengänge von ansteckendem Verkalben“
eine Broschüre veröffentlicht, welche folgenden Hergang be¬
handelt: H. hat schon in den 80er Jahren seuchenhaften
Abortus in seinem erheblichen Rinderbestande gehabt. Als im
Jahre 1897 von Neuem Fälle von unzweifelhaftem Abortus auf¬
traten, wandte sich H. an das landwirtschaftliche Ministerium,
welches den Herrn Prof. Ostertag veranlasste, den Herter-
schen Stall zu Erforschungen hinsichtlich des Abortus zu be¬
nutzen. Herr Herter erwarb sich dabei das Verdienst, ohne
Rücksicht auf wirtschaftliche Verhältisse den Stall zu den
von Ostertag für notwendig erklärten Versuchen und Maass¬
nahmen gänzlich zur Verfügung zu stellen. Er hat nunmehr
seinerseits die Resultate veröffentlicht. Sympatisch berührt es,
wie vorweg erwähnt sein mag, dass Herr Herter die Erfolge
der tierärztlichen Thätigkeit gerade bei der Bekämpfung ge¬
wisser, eine allgemeine Calamität bedeutender Rinderkrankheiten
voll anerkennt und sowohl den ausländischen (französischen,
dänischen), als auch den einheimischen Forschern (speciell Prof
Ostertag) warmes Lob zollt.
Die ersten Verdienste um die ärztliche Erforschung des
seuchenhaften Abortus hat sich Bräuer-Annaberg erworben,
der durch Impfungen 1873 bis 1882 die früher vermutete An¬
steckungsfähigkeit nachwies. Allgemein bekannt ist das von
ihm vorgeschlagene Behandlungsverfahren, bestehend in Ein¬
spritzungen von Carbolsäure während des 5. bis 7. Trächtigkeits¬
monats unter die Haut der Lende. Diese Carbolinjectionen sind
vielfach früher auch von Herter vorgenommen worden. Das
Urteil über ihre Wirksamkeit fiel verschieden aus; im All¬
gemeinen werden dieselben jetzt für nicht specifisch wirksam
gehalten. In neuerer Zeit haben sich namentlich Sand und
Bang sowie Nocard um die Erforschung des infectiösen Abortus
verdient gemacht. Es wurde festgestellt, dass es sich um einen
Gebärmutterkatarrh speciflscher Art handelt, welcher die ver¬
frühte Loslösung der Frucht bewirkt.
Zunächst wurde die Forderung aufgestellt: peinlichste Des-
infection des Stalles, sorgfältigste Beseitigung der Abgänge bei der
Geburt und der toten Frucht, Reinigung der äusseren Genitalien
bezw. auch der Scheide bei den weiblichen Thieren u. s. w.
Sand hob als practisch bedeutsame Erfahrung hervor, dass
nach zwei- oder dreimaligem Verkalben die betreffenden Kühe
immun zu werden scheinen, und dass es sich daher nicht
empfiehlt, wie vielfach geschieht, die Kühe, welche einmal ver-
kalbt haben, schleunigst von der Zucht auszuschliessen und
neue einzuführen, sondern dass man im Gegentheil, um das
spontane Aufhören des Abortus herbeizuführen, den alten
Bestand erhalten müsse. Bang hat an seine wissenschaft¬
lichen Forschungen ebenfalls einen practisch ausserordentlich
wesentlichen Hinweis geknüpft. Er sagte nämlich bereits, dass
man den Stier bisher zu wenig ins Auge gefasst habe. Der
specifische Abortuskatarrh biete eine grosse Aehnlichkeit mit
dem menschlichen Tripper, und dieB könne auch auf den An¬
steckungsmodus hinweisen. Bisher sei man geneigt gewesen,
für den Abortus eine kurze Incubation anzunehmen. Nun wisse
man aber, dass der Gebärmutterkatarrh durchaus schleichend
sein könne und dass somit der Annahme nichts entgegenstehe,
dass die Einverleibung des Ansteckungsstoffes schon bei der
Conception erfolge.
Dieser letzte Hinweis ist es nun in der That, der durch
die Versuche im Herter’schen Stall seine vollkommene Bestäti¬
gung erfahren hat. Der Seuchengang verlief wie folgt: 1897,
nachdem 10 Jahre lang kein Fall von Verkalben yorgekommen
war, wurde ein neuer Zuchtviehstamm angeschafft. Es wurden
10 hochtragende Kühe, 5 noch nicht gedeckte Färsen und ein
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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zweijähriger Stammbulle aus der Wilstermarsch eingeführt.
Unter früher gekauften Milchkühen, die eigentlich an den
Fleischer gehen sollten, befanden sich zwei Kühe von guter
Figur und gutem Milchertrag, und es wurde beschlossen, diese
von dem Wilstermarschbullen decken zu lassen und zu behalten.
Eine davon war von einem fremden Händler unmittelbar
nach dem Gebühren gekauft worden. Der Bulle deckte nun sie,
die anderen Kühe und die 5 Wilstermarschenfärsen sowie die
Wilstermarschkühe, nachdem sie gekalbt hatten, und zwar im
November 1897. Im Januar 1898 wurden 10 frisch melkende
Holländer gekauft, von denen eine bereits belegt war,
während die anderen von dem Herter’schen Bullen gedeckt
worden.
Im Mai 1898 begann das Verwerfen. Zunächst verwarfen
zwei Wilsterfärsen und am 15. Juni jene vom fremden Händler
gekommene, zum Verkauf bestimmt gewesene Kuh. Bemerkt
soll vorweg werden, dass sowohl bei den Wilsterfärsen als bei
den Wilsterkühen und bei den Holländern das Verkalben auf¬
trat. Dagegen trug die eine Holländer Kuh, welche schon ge¬
deckt in den Stall gekommen und daher mit dem Wilsterbullen
nicht in Berührung gekommen war, regelmässig aus, obwohl sie
zwischen verwerfenden Thieren stand. Die Umstände werfen
ein helles Licht auf die Quelle des Ansteckungsstoffes und seine
Verbreitung. Es ist danach nicht zu bezweifeln, dass jene von
einem fremden Händler gekaufte Kuh den Ansteckungsstoff bei
sich getragen hat. Von ihr inficirte sich der frisch importirte
Wilstermarschbulle, und dieser steckte nunmehr diejenigen Kühe,
welche von ihm besprungen wurden, an. Der Bulle übertrug
also den Ansteckungsstoff, während eine Verbreitung von Kuh
zu Kuh nicht stattfand, wie daraus hervorgeht, dass die eine
schon bedeckt gekaufte Kuh normal kalbte, obwohl sie zwischen
verwerfenden Thieren stand. Auch wurden noch zwei im vierten
Monat tragende Kühe gekauft und in den Stall gestellt, um sie
absichtHch der Ansteckung auszusetzen. Ohne jede Desinfection
wurden sie neben Kühe gebunden, welche verkalbt hatten, und
trotzdem haben beide zur rechten Zeit gesunde Kälber geworfen.
Wenn schon das Auftreten der Seuche klare Schlüsse zu¬
lässt in dem Sinne, dasB von dem Bullen die Ansteckung aus¬
ging, so giebt der Verlauf der therapeutischen Massnahmen eine
unumstössliche Gewissheit, indem er jene Schlüsse vollkommen
bestätigt. Entgegen den früheren Anschauungen nämlich hat,
nachdem einmal der Verdacht auf den Bullen gelenkt war,
Herter jede Desinfection unterlassen, den Dünger liegen lassen,
die Reinigung der Genitalien der Kühe nicht vornehmen
lassen n. s. w., dagegen mit peinlichster Sorfalt den Schlauch
des Bullen und die Gebärmutter der verkalbenden Kühe be¬
handeln lassen. Bei dem Bullen wurde 4 Wochen lang täglich
zweimal der Schlauch mit 1 / 2 p r °centiger Lysollösung ausgespritzt,
was sich das Thier übrigens ganz ruhig gefallen liess, und
ausserdem wurde bei den Kühen mit derselben Lysollösung die
Gebärmutter ausgespritzt; denn es ist klar, dass Reinigungen
der äusseren Genitalien nicht genügen können, wenn der An¬
steckungsstoff in der Gebärmutter seinen Sitz hat. Lediglich
durch diese Massnahmen ist man der Seuche so vollständig Herr
geworden, dass sämmtliche zugelassenen Kühe regelmässig wieder
gekalbt haben. Es hat sich dabei gezeigt, dass diejenigen
Thiere, welche vorher verworfen haben, ganz unbedenklich
wieder zur Zucht verwendet werden können, wenn, und das ist
die Hauptsache, die Gebärmutter in der angegebenen Weise
desinficirt worden ist.
Die Verhältnisse haben also in Bestätigung jenes Hin¬
weises von Bang gezeigt, dass der Hauptverbreiter der Seuche
jedenfalls das männliche Thier ist. Ob daneben noch in anderer
Form eine Einwanderung der Bacillen durch die Scheide statt¬
finden kann, scheint mindestens zweifelhaft und jedenfalls von
geringer practischer Bedeutung. Gelegentlich der wissen¬
schaftlichen Prüfung hat sich übrigens ergeben, dass sich die
Ziege zur sicheren und schnellen Feststellung des seuchen-
haften Abortus als Versuchsthier besonders empfiehlt. Bringt
man einer tragenden Ziege Abortenschleim in die Scheide, so
verwirft dieselbe nach einigen Wochen, womit dann rasch Auf¬
klärung geschaffen ist. Weiteren Versuchen bleibt die Fest¬
stellung Vorbehalten, ob der abortirende Gebärmutterkatarrh
auch nicht tragende Kühe, wenn sie von inficirten Stieren ge¬
deckt werden, befällt.
Auf Grund der Ergebnisse und Versuche im Herterschen
Stall wird Folgendes empfohlen;
1. Jeder neu angekaufte Deckstier, wenn man seine Ver¬
gangenheit nicht absolut genau kennt, soll durch Einspritzen
von % prozentiger Lysollösung in den Schlauch desinficirt werden.
In solchen Ställen, wo der Bulle auch fremde Kühe belegt^
empfiehlt es sich, ihn nach jedem solchen Sprunge in gleicher
Weise zu desinficiren. Schwierigkeiten macht dies gar nicht.
In den ungarischen Landgestüten wird ja auch jedem Hengst,
der eine fremde Stute gedeckt hat, der Schlauch sofort mit
Sublimatlösung gewaschen. Ist der Bulle erst krank, so müssen
die Desinfektionen 4 Wochen lang täglich zwei Mal ausgeführt
werden.
2. Bei Kühen, welche tragend gekauft sind, hat eine Lysol¬
ausspritzung der Scheide keinen Zweck, da der Ansteckungsstoff
sich in der z. Z. geschlossenen Gebärmutter befindet. Dagegen
ist es von wesentlichem Nutzen, bei frisch melkenden Thieren,
so lange der Muttermund noch offen ist, eine Desinfektion der
Gebärmutter und Scheide vorzunehmen. So lange eine Kuh
einen Scheidenausfluss hat, darf sie nicht zur Zucht benutzt
werden, weil sie den Bullen inficiren kann. Weitgehende
Desinfectionen des Stalles sind überflüssig. (Immerhin empfiehlt
es sich schon aus allgemeinen Gründen der Reinlichkeit, wenn
man auch die abortirenden Thiere nicht aus dem Stalle zu ent¬
fernen braucht, nachher den Dünger von dem betr. Stand weg¬
zunehmen und die Abgänge sorgfältig zu beseitigen. D. R.)
3. Herter wünscht, dass der seuchenhafte Abortus unter
die Seuchen mit Anzeigepflicht gestellt werde, dass von Märkten
alle Kühe mit Scheidenausfluss verwiesen würden, dass eine etwa
einzuführende thierärztliche Controle der Thiere auf Euter¬
tuberkulose sich gleichzeitig auf die Vorbeugung gegen Abortus
erstrecke und dass die Thierzuchtgenossenschaften ihre Stiere
und auch die Mutterthiere der Genossenschafter mit Rücksicht
auf diesen Punkt beaufsichtigen lassen.
Die therapeutische Bedeutung des Liquor Cresoli
s&pon&tns.
Von Gmeiner.
(Wichr. f. Tb. No. 21, 1900.)
Bei dem Sublimat trotz seiner vorzüglichen desinficirenden
Eigenschaften bestehen zwei Nachtheile: die Giftigkeit und die
Zersetzbarkeit. Auch die Carbolsäure hat die früher in sie ge¬
setzten Erwartungen nicht ganz erfüllt, wobei ebenfalls ihre
Giftigkeit wesentlich in Betracht kam. Dies hat zur Unter¬
suchung anderer Phenole geführt. Die zunächstliegenden sind
die Methylphenole oder Cresole. Die drei theoretisch mögliche
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 29.
342
Cresole, das Ortho-, Meta- und Paracresol, finden sich in den
zwischen 188 und 202° siedenden Fractionen des Steinkohlen-
theers. Sie zeichnen sich gegenüber der Carbolsäure durch ge¬
ringere Giftigkeit und stärkere antiseptische Wirkung aus.
Versuche sind namentlich gemacht von Hüppe, Laplace und
Fränkel. Letzterer fand, dass die bei niedrigeren Tempera¬
turen siedenden Producte eine viel höhere Wirksamkeit gegen
Microorganisraen haben als die höher siedenden. Eine 0,3 pro-
centige Lösung einer Cresol-Schwefelsäuremischung tödtet in
5 Minuten Staphylococcus aureus, den Streptococcus des Ery¬
sipels und den Bacillus pyocyaneus, was bei Carbol erst in
15 Minuten erfolgt. Auch wirken die Cresolverbindungen
weniger ätzend. Starke Rotzculturen wurden von Hammer
mit 0,5 procentiger warmer Lösung durch Uebergiessen getödtet.
Im Verhältniss von 1: 300 zu Blutserum zugesetzt, verhindert
Cresol das Wachsen der Milzbrandsporen nach Behring.
Hüppe gelangt zu folgendem Schluss: 0,3 procentige Cresol-
lösung genügt allen Anforderungen der Asepsis, 0,5 procentige
allen solchen der Antisepsis. Letztere Lösungen vernichten
schon in 5 Minuten die widerstandsfähigsten Infectionskeime.
Die Cresolwirkung ist 4 Mal stärker als die der Carbolsäure.
Bei 0,5 procentiger Lösung ist eine Vergiftungsgefahr völlig
ausgeschlossen.
In den letzten Jahren sind eine ganze Menge Präparate in
den Handel gekommen, deren Wirksamkeit auf ihrem Cresol-
gehalt beruht. Das sind: Anytol, Creolin, Cresolin, Lysol,
Sanatol, Saprol, Desinfectol, Izol, Cresochin. Sapocarbol. Meist
handelt es sich um Emulsionen geringer Cresolmengen in Harz¬
seifenlösungen bei überwiegender Gegenwart werthloser Kohlen¬
wasserstoffe. Der Gehalt an wirksamem Cresol kann in diesen
Körpern grossen Schwankungen unterworfen sein, während die
Beimengungen wirkungsloser Substanzen wechseln. Daher haben
diese Mittel auch keine gleichmässige Wirkung. Im deutschen
Arzneibuch ist das Cresolum crudum aufgeführt, eine gelbbraune
brenzlige, neutrale, leicht in Weingeist und Aether, in Wasser
nicht völlig lösliche Flüssigkeit. Nach dem Arzneibuch soll in
derselben 80 bis 90 pCt. wirksames Cresol enthalten sein. Dies
kann in folgender Weise geprüft werden: Werden 10 ccm Cre¬
solum crudum mit 50 ccm Natronlauge und 50 ccm Wasser ge¬
schüttelt, so sollen nach längerem Stehen nur wenig Flocken
sich abscheiden; darauf Zusatz von 30 ccm Salzsäure und 10 g
Natriumchlorid. Danach soll die ölartige sich oben sammelnde
Cresolschiclit 8 bis 9 ccm betragen. Cresolum crudum, mit dem
gleichen Theile Kaliseife erwärmt, giebt den officinellen Liquor
Cresoli saponatus, der mit destillirtem Wasser eine klare, hellgelbe
Lösung, bei gewöhnlichem Brunnenwasser etwas Trübung giebt.
Diese Lösung eignet sich sehr gut zur Desinfection von In¬
strumenten. Ausserdem ist nach dem Obigen der Liquor Cresoli
saponatus ein vorzügliches Antisepticum, dessen Zusammen¬
setzung leicht controlirt werden kann. Der Preis ist zumTheil
geringer als bei anderen Präparaten. Es dürfte eine 1 procentige
Lösung für Asepsis, 2 procentige für Reinigung der Hände und
Instrumente und Behandlung unreiner Wunden und 4 procentige
Lösung für Stalldesinfectionen ausreichen.
Radicaloperation einer Hernia umbilicalis.
Ein Jährlingsfohlen war erfolglos mit der Kluppenmethode
behandelt worden und wurde dem Verf. von weither (18 engl.
Meilen) zwecks einer radicalen Behandlung zugeführt. Das
Fohlen wurde einige Tage mit Milch ernährt und erhielt ein
Abführmittel. Zur Operation wurde das Thier niedergelegt und
chloroformirt. Unter aseptischen Massnahmen ging dann die ver-
hältnissmässig einfache Operation vor sich. Nach Reposition
der Eingeweide deB Bruchsackes wurde zunächst die Haut in
der Längsrichtung an der entsprechenden Stelle gespalten. Der
Peritonealsack war zum Theil mit der Haut verwachsen. Der¬
selbe wurde sorgfältig geöffnet, die Ränder der Umbilicalöffnung
wurden blutig geritzt und mit sterilisirter Seide zusammengenäht.
In gleicher Weise wurde darauf die Haut genäht. Die Nach¬
behandlung bestand in Waschungen mit Creolinlösung. Es folgten
noch einige Tage Milchdiät. Dann wurde dünnes Haferschrot
beigegeben und nach einer Woche wieder feste Nahrung ver¬
abreicht. Die Heilung der Operation s wunde ging ohne
Complication von statten und der Nabelbruch war vollständig
beseitigt. (The Veterinaiian, November 1898.)
Die Ergebnisse der neuen Untersnchungen über Hanl-
und Klauenseuche.
Von C. Ebertz.
(Archiv f. Thierhlk. 1900 H. *—3.)
Verf. bespricht zunächst in übersichtlicher Form die all¬
gemein bekannten Resultate, welche bei den Forschungen über
die Natur und das Verhalten des Aphthenseuche-Contagiums
seit 1897 herausgekommen sind und giebt der Meinung Aus¬
druck, dass die gesetzlichen Bestimmungen hiernach wohl einer
Aenderung bezw. einer Erweiterung bedürften. Da u. A. die
Versuche einwandsfrei dargethan hätten, daBS Hunde und Katzen
den Ansteckungsstoff verschleppen könnten, so wäre das freie
Umherlaufen dieser Thiere in verseuchten Orten zu verbieten.
Die Beobachtungsdauer für abgesperrte Viehbestände müsse sich
mindestens auf 10 Tage erstrecken u. s. w.
Der zweite Theil des Aufsatzes beschäftigt sich im Wesent¬
lichen mit einer kritischen Betrachtung des Löffler’schen und
des Heck er’sehen Impfverfahrens, welche darin gipfelt, dass
beide Methoden in ihrer gegenwärtigen Gestalt für eine practische
Verwendung nicht geeignet sind.
Behandlung der Tnberculose des Hundes mit
ausschliesslicher Fleischkost.
Von Höricourt und Richet.
(Journal de Lyon, April 1900.)
H. und R. verfolgen seit 11 Jahren therapeutische Studien
betr. die Tnberculose. Bis jetzt sind 328 Hunde als Versuchs-
thiere verwendet worden. Die Thiere werden inficirt durch
intravenöse Inoculation von virulenter Cultur von menschlicher
Tnberculose in flüssigem Nährmittel. Die Dosis beträgt l / 10 ccm
pro kg Körpergewicht. Der Verlauf der auf diese Weise hervor,
gerufenen tuberculösen Affection ist sehr regelmässig; nach den
Beobachtungen bei 40 als Zeugen benutzten Hunden beträgt die
Mortalität nach zwei Monaten 100 pCt., die mittlere Dauer der
erzeugten Erkrankung ist 30 Tage.
Drei bis vier Tage nach der Inoculation zeigt das
Thier einige Störungen (Traurigkeit, leichte Abmagerung), es
scheint aber bald wieder zu gesunden, der Appetit ist sehr rege.
Nach 14 Tagen macht die Krankheit Fortschritte, das Thier
magert schnell ab, obwohl der Appetit fortbesteht, mitunter sogar
übertrieben ist. Gegen Ende verschwindet der Appetit, die ge¬
nommenen Nahrungsmittel werden erbrochen. Der Gesammt-
gewichtsverlust beträgt am Todestage 25 pCt., d. h. ungefähr so
viel wie bei ausgehungerten Thieren.
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Google
19. Juli 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
348
Bei der Section wird die Lunge, die oft allein erkrankt ist,
am meisten mit Tuberkeln besetzt vorgefunden, in zweiter Linie
die Leber, in viel selteneren Fällen die Milz. Nur ganz aus¬
nahmsweise enthalten der Darm oder die Nieren tuberculöse
Granulationen.
Der regelmässige Gang der künstlichen Infection gestattet
die Wirkung jeder therapeutischen Behandlung genau zu be¬
obachten. Mit ausschliesslicher Fleischkost ergaben die Versuche
bei 22 in vier Serien inoculirten Hunden, von welchen zwölf als
Zeugen dienten und eingingen, Folgendes: Von zehn Thieren,
die nar Fleisch erhielten, blieben fünf am Leben und zwar
dauerte das Leben nach der Inoculation:
1. Serie 2. Serie 3. Serie 4. Serie
Zeugen. 92 31 37 28 Tage
Mit Fleisch gefütterte Thiere 513 188 253 123 „
durchschnittlich somit 240 Tage bei den mit Fleisch ernährten
Thieren, gegen 41 Tage bei den Zeugen. Das Verhältniss ist 1: 6.
Es bestätigen die Versuche somit ganz die Wirksamkeit der
kräftigen Ernährung und zwar die Ernährung mit rohem
Fleisch bei Tuberculöse.
R. nimmt an, dass die Sättigung der lebenden Zellen
mit irgend einer nährenden Substanz dieselben geeignet macht,
der Wirkung von medicamentösen oder toxischen Substanzen
zu widerstehen and glaubt, dass die Ptomaine, Albumine
und zahlreiche, theilweise noch nicht bestimmte Extrativ-
stoffe, die sich im Fleische vorfinden, in den Organismus ein-
dringen und die lebenden Zellen stark imprägniren. Diese
Zellen werden dadurch allmälig refractär gegen die Imprägnirung
mit anderen Substanzen, somit gegen die toxische Wirkung der
Gifte. Die mit den Extractivstoffen des Fleisches resp. mit
den DigestionBproducten des Fleisches gesättigten Zellen können
sich also gegen die Einwirkung der Tuberculosetoxine ver-
theidigen.
Im weiteren Verlauf ihrer Versuche haben R. und H. fest¬
gestellt:
1. dass das gekochte Fleisch nicht den Werth des rohen
Fleisches hat. Das Kochen, wahrscheinlich in Folge der Coagu-
lirung gewisser albnminoider Fermente, zerstört ganz oder
theilweise den therapeutischen Werth der Fleischernährung;
2. dass der wirksame Theil des Fleisches der im Wasser
lösliche ist, denn trennt man die Fleischpnlpa vom Muskelplasma,
so constatirt man, dass letzteres allein sich wirksam erweist;
3. dass inflcirte und nicht behandelte Thiere, die sich in
weitvorgeschrittenem Krankheitsstadium befinden, und deren
Tod nahe bevorsteht, mit rohem Fleisch wieder zum Leben
gebracht werden können;
4. dass das Plasma nicht durch intensive Ernährung wirkt,
die therapeutische Wirkung des Plasma scheint lediglich in
einer Inmmnisirung zu bestehen, ähnlich dem Effect der intra¬
venösen Injection von animalen Producten.
Ist der Harn der Thiere unter physiologischen
Verhältnissen eiweisshaltig?
Von 0. Fettick.
(Zeltachr. f. Thlermed. 1899, H. 4 n. 5.)
Sima der hat in der gleichen Zeitschrift (1897, H. 7) über
1(X) Harnuntersuchungen geschrieben, welche er bei gesunden
Pferden, Rindern, Schafen, Ziegen, Schweineu und Hunden vor¬
genommen hat. Als Ergebniss der Untersuchungen wurde fest¬
gestellt, „dass Eiweiss ein constanter Bestandteil des Harnes
von Thieren ist“.
Fettick ist durch Untersuchung des Harnes bei 22 Pferden,
6 Rindern und 19 Hunden zu einem anderen Resultat ge¬
kommen. Der Harn wurde dialysirt und undialysirt verwendet
und gleich Simader mit dem Posener’schen Verfahren unter¬
sucht. Hierbei zeigte sich, dass der nicht dialysirte Harn, nach
Posener behandelt, dieEiweissreaction ergab, in dem dialysirten
Harn jedoch nicht einmal Essigsäure - Ferrocyankalium eine
Fällung erzeugte.
Der im Harn auf Essigsäure entstehende Niederschlag ist
hauptsächlich ein Nucleoalbumin (andere behaupten Mncin), dessen
vollständiges Ausscheiden durch die Harnsalze verhindert wird.
Werden diese durch Dialyse entfernt, so giebt der Harn mit
Essigsäure die Eiweissreaktion nicht mehr.
Die Schlussfolgerung Simaders kann also nicht als
erwiesen erachtet werden.
(Jeher die Zersetzung des Chloroforms im Organismus.
Von D e s g r e z,
(Bericht d. Acadömle d. lolencea, 15X1. 1899. Ref. des Recnall. 15/IX. 1896.)
D. weisst nach, dass Chloroform durch Kalilauge in Kohlen¬
oxyd und Wasser zersetzt wird nach der Formel
CHC1* + 2 KOH = 2 KCl -f H,0 -f CO + C1H.
und dass das Kohlenoxyd nachgewiesen wird durch das
Berthold’sche Reagens oder durch die Absorption durch Kupfer-
chlorßr. Da die allgemeine Reaction des Organismus alcalisch ist,
denkt D., dass vielleicht die mögliche Bildung von Kohlenoxyd die
effective Ursache der Anästhesirunfälle ist, da die Analyse des
verwendeten Chloroforms regelmässig kein verdächtiges Product
finden liess. Ein Versuch beim Hunde liess diese Vermuthung
als begründet erscheinen, denn die Bildung des Kohlenoxyd wurde
nachgewiesen nicht durch das Spectroscop, sondern durch den
Grisonmeter vonGrdhaut, welcher den Nachweis von Vsoooo Kohlen¬
oxyd in der Luft gestattet. Wenn man den Versuch beim Hunde
auf einen Menschen von 65 kg Körpergewicht ausrechnet, so ist
zu constatiren, dass eine zweistündige Anästhesie 26 ccm Kohlen¬
oxyd producirt, diese geringe Menge ist aber nach Gröhant ge¬
nügend, um Störungen im Organismus zu verursachen.
Tagesgeschichte.
Kurzer Bericht über die 26. ordentl. General¬
versammlung des thierärztl. Vereins im Herzogthnm
Braunschweig
am 10. Juni d. J.
Die Versammlung war von 24 Theilnehmern besucht.
Der Verein zählte im vorigen Jahre 37 Mitglieder. Frei¬
willig ausgetreten ist der Thierarzt Frede in Dettum; gestorben
sind die Collegen Freund in Pabstorf und Hoffmeister in
Semmenstedt. Neu aufgenommen in den Verein wurden die
Herren: Ehlers-Braunschweig, Förster-Lesse, Homann-
Braunschweig, Krüger-Stadtoldendorf, Dr. Miethe-Wolfen-
büttel und 0ehr-Bleckenstedt.
Die Vereinscasse zeigte im vorigen Jahre einen Baar-
bestand von
M. 316,10
Die Einnahmen betrugen . . . „ 94,30
Die Ausgaben „ . . . „ 269,08
Ueberschuss: M. 141,32
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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 29.
344
Für die Verausgabung einer Unterstützung von 50 M. an
die Wittwe eines verstorbenen Vereinsmitgliedes wurde dem
Rechnungsführer nachträglich Indemnität bewilligt.
Bei Erledigung eingesandter Schriftsachen wurde beschlossen,
mit dem Allgem. deutschen Versicherungs-Verein zu Stuttgart
einen Vertrag wegen Versicherung seiner Mitglieder ab-
zuschliessen.
Hiernach hält Kreisthierarzt Behrens einen fesselnden
Vortrag über die Bekämpfung einer Rotzepidemie im Kreise
Peine. Aus der Geschichte dieses Falles hebt der Vortragende
recht instructive Beispiele leichter Uebertragbarkeit der
Krankheit auf andere Pferdebestände hervor und weist darauf
hin, wie rotzige Schwellungen der Unterkieferdrüsen nach dem
Abscediren wieder vollständig zurückgebildet werden könnten.
Hinsichtlich der Differentialdiagnose betont der Referent die
Fälle, in welchen die äussere Haut, ähnlich wie bei Fliegen¬
stichen, mit bohnen- bis wallnussgrossen Beulen übersät ist.
Diese persistirten, ohne dass es jemals zur Abscedirung käme.
Auf diese Beulenbildung, welche mit Rotz nichts zu thun haben,
und welche durch Confluenz mitunter sehr umfangreich erscheinen
können, kam später Kreisthierarzt Saacke zurück und erwähnte,
dass in den von ihm beobachteten Fällen eine wachsartige
Degeneration der Muskulatur der linken Herzvorkammer fest¬
gestellt wurde. Auch KreiBthierarzt Schräder hat mehrere
solcher Fälle beobachtet und erinnert sich bestimmt, dass in
einigen derselben eine Erkrankung des Herzens vorhanden war.
Zum Schluss folgte ein Vortrag des Kreisthierarztes Dr.
Oehmke über das seuchenartige Verkalben der Kühe. Der
Vortragende giebt zunächst eine ausführliche Uebersicht über
die neueren Forschungen hinsichtlich der Aetiologie des Leidens
und geht sodann zur Behandlung desselben über. Zur Be¬
kämpfung der Seuche werden bactericide Ausspülungen des
Uterus der Kühe, welche abortirt haben, wie auch des Schlauches
der zum Decken benutzten Stiere empfohlen. Eine Isolirung
der Kühe soll nicht unbedingt erforderlich sein.
Wegen vorgerückter Tageszeit musste der letzte Theil
des Programms ausfallen.
Die Anstellung der Berliner Schlachthofthierärzte.
Schon in No. 26 hat Kühn au darauf hingewiesen, dass
nicht nur im Interesse der Schlachthofthierärzte, sondern wegen
der geordneten Handhabung der Fleischschau das neue Orts¬
statut von Berlin hinsichtlich der Anstellung der Sanitätsthier¬
ärzte gewisse billige Ansprüche berücksichtigen müsse.
Hierzu ist noch Folgendes mitzutheilen: Das Ortsstatut,
welches nach Massgabe des neuen Communalbeamtengesetzes
die Anstellungsbedingungen der Communalbeamten regelt, ist
von der Berliner Stadtverordneten - Versammlung bereits am
31. Mai beschlossen, jedoch noch nicht in Kraft getreten, da es
der Genehmigung des Herrn Oberpräsidenten unterliegt.
Dieses Statut bestimmt u. A. Folgendes: Der Vieh- und
Schlachthof einschliesslich der Fleischschau gehört zu den
städtischen Betriebsverwaltungen. Sämmtliche Beamte der
Betriebsverwaltungen gelten, falls in ihrer Anstellungsurkunde
nichts Anderes vermerkt ist, als auf Kündigung angestellt.
Diese Beamten haben jedoch, wenn ihnen nach zehnjähriger ununter¬
brochener Dienstzeit gekündigt wird, auch wenn sie nicht dienst¬
unfähig sind, Anspruch auf Pension und Relictenversorgung.
Die städtischen Thierärzte werden also demnach auf
Kündigung angestellt, während die meisten Städte ihre feste An¬
stellung beschlossen haben. Indessen man könnte immer noch
wenigstens einen Fortschritt darin erblicken, dass ihnen endlich
Pensionsberechtigung zugesprochen wird, — wenn dem so
wäre!
Das Statut enthält jedoch noch eine Bestimmung, welche die
Pensionsberechtigung illusorisch macht. Es giebt nämlich einen
§ 8, welcher besagt, dass die Wohlthat der Peifsionsberechtigung
keine Anwendung findet, „auf diejenigen Personen, welche
mittelst Privatdienstvertrages“ angestellt werden.
Dieser Weg ist aber bei der Anstellung der jüngeren Thier¬
ärzte durchweg gewählt worden und demgemäss wären z. Z.
von 43 städtischen Thierärzten 22 im Privatdienstvertrag an¬
genommene nicht penBionsberechtigt.
Das ganze Statut und namentlich dieser § 8 fordert daher
den entschiedensten Widerspruch heraus.
Die Fassung des Communalbeamtengesetzes hat ja leider
sehr enttäuscht. Dasselbe ist von der in Preussen so vielfach
hervortretenden Bevorzugrung des Bureaus durchtränkt. Die
Bureaubeamten sind ausnahmslos nach dem Gesetz pensionsf&hig;
die Leute dagegen, die mit wissenschaftlicher oder technischer
Ausbildung in den städtischen Betrieben arbeiten, sind dem
Wohlwollen der Communen überlassen. Warum eigentlich
Schreiben und Rechnen einen solchen Vorzug vor Wissenschaft
und Technik gemessen, ist ja schwer zu verstehen, aber es ist
einmal Gesetz.
Die meisten Communen schätzen nun aber ihre Techniker
selber zu hoch, um ihnen nicht auch dieselben Wohlthaten, wie
den Schreib- und Zahlen-Menschen (deren Verdienste übrigens
auch nicht unterschätzt werden sollen) einzuräumen. Auch die
Thierärzte werden in den meisten Communen nach diesem Grund¬
satz der Billigkeit behandelt.
In Berlin sind dagegen von jeher die Thierärzte nicht gut
gestellt worden. Dass der Berliner Freisinn, welcher so unge¬
heuer liberal in den Beamtenbesoldungen denkt, sobald nur das
Staatssäckel in Anspruch genommen wird, in seinem eigenen
Hause anders wirthschaftet, haben auch andere Beamtenkategorien
schon erfahren (vgl. Volksschullehrer). Aber hinsichtlich der
Fleischschau scheint doch der Grund in dem Mangel an Ver-
ständniss für diese ganze Einrichtung zu liegen. Die Berliner
Fleischschau-Organisation bleibt ja — gewiss nicht durch Ver¬
schulden ihrer Techniker — unzweifelhaft zurück. Einrichtungen
wie z. B. die Berliner Kochanstalt sind nicht geeignet, von
dem die ganze Schlachtvieh- und Fleischbeschau betreffenden
„städtischen Betriebe“ anderwärts, wo man es besser versteht,
eine hohe Meinung zu erwecken. Wenn der Decernent der
städtischen Fleischschau (ein Stadtrath) sich einmal unter den
kleineren Städten des Landes umsehen wollte, so würde er
bemerken müssen, dass man da Manches lernen kann.
Würde in Berlin der ernste Wille vorhanden sein, auch in
der Fleischschau etwas Musterhaftes, wie hier so vieles Andere
mnsterhaft ist, zu schaffen, so würde man die Bedeutung der
Thätigkeit der Tliierärzte nicht so unterschätzen können. Man
würde auf die Qualität dieser Männer den höchsten Werth legen
und sich nicht damit begnügen, dass ja doch um jede Steile
Bewerber genug da sind.
Bei den eigenartigen Verhältnissen des ungeheuren Betriebes
der städtischen Fleischau gerade von Berlin kommt es mehr,
denn wo anders, darauf an, deren Ausführung in die Hände
von Männern zu legen, welche nicht bloss durch allgemein«
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19. Juli 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
345
Kenntni88 und Tüchtigkeit hervorragen, sondern auch in den
örtlichen Vörhältnissen sich sicher fühlen durch eine langjährige
Erfahrung in denselben. Hier mehr, wie anderwärts, thut es
noth, eine Anzahl tüchtigster Kräfte in Lebensstellungen festzu¬
halten. Insofern liegt dabei nicht ein persönliches thierärztliches,
sondern ein öffentliches Interesse vor. Die Berliner Fleischschau
ist nicht eine häusliche Angelegenheit Berlins. Eine so von
Fremden dnrchfluthete Stadt hat andere Rücksichten zu nehmen
und zu bedenken, dass hygienische Mängel ihren Ruf vor der
ganzen Welt gefährden.
Die Berliner Fleischschau hat, was die Thierärzte anlangt,
bisher ihre Schuldigkeit gethan, weil die Beamten auf eine
richtige Regelung der Verhältnisse hofften. Wenn dieses
Statut in Kraft tritt und der Privatdienstvertrag zur Herrschaft
gelangt, dann werden die thierärztlichen Fleischschaubeamten mehr
und mehr aus jüngeren Zugvögeln sich rekrutiren, die einige
Jahre in Berlin lernen, um nachher Lebensstellungen in der
Provinz aufzusuchen. Die Fleischschau kann nicht gut dabei
fahren. Desshalb und und aus Billigkeitsrücksichten ist zu
wünschen und zu hoffen, dass das neue Ortsstatut von
Berlin die behördliche Genehmigung nicht erhält, wenn
nicht wenigstens die missbräuchliche Anwendung jenes § 8 auf die
Sanitätsthierärzte ausgeschlossen wird. Schraaltz.
Das Aufblühen des Teterlnarwesens in Russland in
den letzten 25 Jahren.
Von Thierarzt K. F. Pawpertow.
(Aus der Zeitschrift der Orlower thierärztlichen Gesellschaft 1896.)
Uebersetzung von Kreisthierarzt Dlugay-Filehne.
Es ist an der Zeit, jetzt zu zeigen, dass das thierärzt¬
liche Personal des Gouvernements Orel in eine besondere
Phase der Selbstständigkeit der Wissenschaft und der Vereins-
thätigkeit tritt, denen zu dienen es sich vorgenommen hat.
Das Zustandekommen der thierärztlichen Vereine zeigt einen
Fortschritt des Veterinärwesens und sein zielbewusstes und stand¬
haftes Streben. Das Veterinärwesen in Russland begann im All¬
gemeinen und speciell im Gouvernement Orel als ein wissen-
schaftlich-practisches Fach im Kleinen und vervollkommnete
sich und blühte nach und nach auf. Früher war es, wie bekannt,
ausschliesslich ein Handwerk in der Hand der Schmiede und
Conovale (umherreisender Pfuscher).
Dieses Aufblühen des Veterinärwesens sei es erlaubt, jetzt
in Kürze zu überblicken, um die Stufe klar zu übersehen, bis
auf welche sich diese Entwicklung vervollkommnete.
Die Gründung der Thierheilkunde und ihr Aufblühen in
Russland begann unter lauter unangenehmen Bedingungen. In
den Veterinärinstituten gab es keine erfahrenen Lehrer, und
desshalb gingen die Schüler mit begrenzten Kenntnissen ins
Leben. Das Leben im Allgemeinen und speciell die Grund¬
besitzer forderten practische Kenntnisse von den ausgebildeten
Thierärzten, und diese kannten nur eine Theorie und diese nur
dürftig. Deshalb trat der grösste Theil der allgemeinen Land-
und Stadtbehörden den thierärztlichen Repräsentanten mit
grösstem Skepticismus entgegen, und man liess sie nicht auf
den angebahnten Weg der öffentlichen Thätigkeit.
Die Regierungsvertreter betrachteten ebenfalls die Thier¬
heilkunde als eine Wissenschaft, ohne die man auskommen
könnte, und die nur in besonderen, extraordinären Fällen zur
Anwendung kam. Deshalb gab es in Russland wenig Thier¬
ärzte. Die Regierung sorgte für ein bis zwei Thierärzte
für ein Gouvernement, und die Thätigkeit auch dieser war
gering. Im Gestütswesen und den Regimentern waren aus¬
gebildete Veterinäre; doch ihre. Thätigkeit hatte einen rein
häuslichen Character bei den angeführten Behörden und ihr
Einfluss auf die Viehzucht in Russland war mehr als begrenzt.
Dazu übertrug man die Aufsicht über die Thierseuchen der all¬
wissenden Polizei und den Kreisärzten. Die Behandlung
sporadischer Krankheitsfälle bei den Hausthieren traf man
vollends in den Händen der Conovale. In Folge dessen war
Russland eine terra incognita in Bezug darauf, was Gutes
und Schlechtes in unserer Viehhaltung geschah. Die Polizei,
die Kreisärzte und auch die Thierärzte waren besorgt, die
Gegenwart von Thierseuchen vor den höheren Verwaltungs¬
behörden zu verbergen und schrieben überall hin, dass bei ihnen
alles günstig stehe. Schliesslich erwachte die allgemeine
Erkenntniss der ländlichen Besitzer in Hinsicht auf die Nütz¬
lichkeit der Thierheilkunde; es entschlossen sich viele Land¬
stände, Thierärzte für die öffentliche Thätigkeit heranzuziehen.
Diesen neuen Leuten kam es zu, aufzudecken, dass ganz
Russland nicht günstig steht, nicht nur, was sporadische Er¬
krankungen, sondern was die Thierseuchen anbetrifft.
Diese Neuigkeit lenkte die Aufmerksamkeit der Kreis- und
Regierungsbehörden auf sich. „Das kann nicht sein“, dachte
man überall, „dass man bei uns in der Viehzucht unsauber vor¬
geht“. Das Resultat dieser Entdeckung war eine erhebliche
Verstärkung des thierärztlichen Personals in neu begründeten
Stellen bei der Regierung und den Kreisen. An Stelle eines oder
zweier Thierärzte im Gouvernement erschienen 10—20. Dieses
ergiebige Personal entdeckt auch eine Menge ansteckender
Krankheiten bei den Hausthieren. Auf den Tabellen der Jahres¬
abschlüsse beginnen Zahlen über Rinderpest, Rotz, sibirische
Jaswa (Milzbrand), Räude, Rauschbrand, Diphtherie, Influenza
eine Rolle zu spielen, von welchen früher keine Rede war und
man nicht glaubte, dass sie in Russland existirten.
Seit dieser Zeit beginnt die regelrechte Sanitätsorganisation
der Thierheilkunde in den Gouvernements.
Anfangs wurden die Veterinäre durch die Kreislandstände
zngezogen und wurden auch in anderen, benachbarten Kreisen
ihres Gouvernements nicht behindert. Aber später erkannten
die Veterinäre und die Landstände (Kreise), dass eine solche
Veterinäreinrichtung ungeeignet ist, dass der Veterinär eines
Kreises eine schwache Einzahl ist im Kampfe gegen die Epi-
zootien. Deshalb entstand später die Gouvernementseinrichtung
mit besonderem Veterinärbureau und einem besonderen thier¬
ärztlichen Repräsentanten bei der Gouvernementsbehörde. In
diese Phase thierärztlicher Selbstständigkeit kamen schon viele
Gouvernements. Alle Landstände schlugen diesen Weg der
Organisation des Veterinärwesens ein und kamen damit
einen grossen Schritt vorwärts. Sie legten mit Hülfe der in
dem Gouvernement zerstreuten Posten ihrer Veterinäre den
Anfang zur veterinärpolizeilichen Statistik, entdeckten weite
Rotzherde und verstanden es, sie zu unterdrücken. Sie er¬
forschten die gewaltige Epizootie der sibirischen Jaswa (Milz¬
brand) und schwächten sie nach Erkennung ihrer nächsten Ur¬
sache während einiger Jahre des Kampfes bis zum bekannten
Minimum ab. Sie erkannten die Gewalt der rechtzeitig ge¬
stellten Diagnose bei der Rinderpest, der Verwaltungsrevisionen
und der Quarantänen, und nach Verlauf weniger Jahre solchen
Kampfes säuberten sie Russland von der Rinderpest soweit, dass
diese Seuche nur zeitweise in noch sehr entfernten Gegenden
Russlands aufflackerte.
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346
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 29.
Ausser den rein sanitären Angelegenheiten machten die
Landstände den Thierärzten die Feststellung und Behandlung
anderer ansteckender und sporadischer Erkrankungen bei Haus-
thieren zur Pflicht mit der Forderung, über diese Thätigkeit
Bericht zu erstatten.
Andere Landstände gingen, wenngleich noch nicht viele,
weiter und gründeten thierärztliche Ambulanzen und stationäre
Heilanstalten. Viele Veterinäre rechnen bei sich schon jetzt an
5000 kranke Thiere aufs Jahr, und die Mehrzahl der Castra¬
tionen ging von den Conovalen auf die thierärztlichen Practiker
über. Der Arzeneiverkauf wurde unter Verbilligung der
Arzneien für Thiere geregelt.
Die herausgegebenen thierärztlichen Statistiken, die den
schlechten Gesundheitstand der landwirtschaftlichen Thiere nach¬
wiesen, regten die städtischen Behörden zur Errichtung von
Schlachthäusern unter strenger thierärztlicher Controle des ge¬
schlachteten Vrehes an. Hier wurde eine Menge infectiösen
Fleisches aufgedeckt, welches nicht zur Nahrung für Menschen
zugelassen, sondern als unbrauchbar und schädlich vernichtet
wurde.
Schliesslich gingen viele Landstände noch einen Schritt
weiter, indem sie eine Landesviehversicherung auf Gegenseitig¬
keit gründeten. Eine Viehversicherung erkannte man schon
längst als unerlässlich, und in Folge dessen übernahmen einzelne
Versicherungsgesellschaften die Versicherung der Thiere gegen
ansteckende Krankheiten. Aber die theure Agentur zwang diese
Gesellschaften, ihre Unternehmung aufzugeben. Die Landstände
fundirten diese Angelegenheit besser und eröffneten von
Anfang eine Versicherung gegen ansteckende Krankheiten und
dann gegen alle Todesfälle, abgesehen von denen, die dnrch die
Schuld des Besitzers herbeigeführt wurden.
Das Aufblühen der öffentlichen Thierheilkunde bewerk¬
stelligte die Regierung. Sie stellte Instructionen und Gesetze
her, gab viele Circulare heraus und forderte streng die Aus¬
führung derselben durch die Polizei, Landstände und die Vete¬
rinäre. Sie regte die Landstände an und erhöhte auf ihre
Rechnung die Zahl der Veterinäre, wo sie nothwendig wurden.
Sie war besorgt für die Verbesserung der thierärztlichen Aus¬
bildung, gab den Veterinärinstituten Mittel zur Gründung von
Kliniken und Laboratorien. Die Thierheilkunde machte als
Wissenschaft in Russland einen grossen Schritt vorwärts. Es
erschienen einige Specialjournale, es kamen in russischer Sprache
viele Uebersetzungen, durch welche das thierärztliche Personal
seine Kenntnisse ergänzen konnte. Die Veterinärinstitute er¬
richteten mit Unterstützung der Regierung und Landstände
bacteriologische Stationen, welche den bereits angestellten Aerzten
ihre Tliüren öffneten, damit sie die Lücken ihrer früheren
Ausbildung, als die Bacteriologie noch im Anfangsstadium war,
ergänzten. Die Landstände beeilten sich, ihre Veterinäre zur
Ausbildung in der Bacteriologie in die Veterinärinstitute zu
schicken. Die russischen thierärztlichen Journale begannen
eifrigst die russischen Veterinäre mit der westeuropäischen thier¬
ärztlichen Literatur bekannt zu machen.
In der jetzigen Zeit sind die Veterinäre in ihrem Fache
schon soweit selbstständig und tüchtig, dass die früher übliche
Zuziehung der Menschenärzte zur Entscheidung in thierärztlichen
Fragen für kurios gilt. Dort, wo das Veterinärwesen an die com-
petente Stelle gesetzt wurde, nahm die Regierung den Kreis¬
ärzten die Verpflichtung zur Bereisung der verseuchten Orte ab
und übergab überhaupt diese Angelegenheit ihren oder den Kreis¬
thierärzten.
Alle diese Veränderungen im Veterinärfach vollzogen sich
in Russland in nicht mehr als 25 Jahren, und jetzt ist in
Bezug auf die Veterinärpolizei Russland fast auf derselben Stufe
wie Westeuropa, welches aufhören wird, die Auswechselung
unserer Hausthiere mit verschiedenen Producten, welche es
liefert, zu hemmen.
Und so kam in kurzer Zeit Russland in Bezug auf die Vieh¬
zucht auf den geebneten, rationellen Weg, welchen die civi-
lisirten Länder längst eingeschlagen hatten. Der Einfluss aller
Konovale, klugen Leute, alten Weiber auf die Viehzucht begann
allmählich zu verschwinden, obgleich diese Macht der Finsteraiss
noch kräftig ist, und man sie nur durch Erleuchtung vernichten
kann.
Zum Schluss sei es erlaubt, darauf aufmerksam zu machen,
dass kein Wissen still stehen darf, sondern dass es Verjüngung
und Vervollkommnung fordert. Deshalb strebe auch das Vete¬
rinärfach, obgleich sehr viel geschehen ist, nach immer grösserer
Erweiterung seines Gesichts- und Wirkungskreises, dem immer
noch manehes fehlt.
Ein Mahnruf Virchow’s an die Mitarbeiter mediciniseher Zeitschriften.
(Virchow* Archiv.)
„Obgleich ich schon viel häufiger, als mir lieb war, Mah¬
nungen an die schreibenden Collegen gerichtet habe, so zwingen
mich doch herbe Erfahrungen aus neuerer Zeit zu dem noch¬
maligen Versuche einer bestimmenden Einwirkung in Bezug auf
Gewohnheiten der Schriftsteller, welche schädliche Folgen haben.
Blosse Rechthaberei liegt mir gänzlich fern.
Vorausschicken will ich die Erklärung, dass meine An¬
sprache sich nicht an solche Collegen wenden soll, welche ein
Buch oder eine selbstständige Broschüre oder lose Blätter
schreiben; diese mögen ihren Gewohnheiten nach Belieben nach¬
gehen. Meine Warnungen gelten nur für die eigentliche Jour¬
nalistik, vorzugsweise für Wochen-, Monats- und Vierteljahrs-
Schriften, welche in bestimmten Zeiträumen und dann in einer
gewissen Stärke erscheinen und für einen bestimmten Preis ab¬
gegeben werden. Hier ist die Rücksicht auf die Abonnenten
entscheidend für den Umfang der Publikation und für die
schnellere oder langsamere Folge der einzelnen Hefte (Liefe¬
rungen). Darnach richtet sich wiederum ein grosser Theil des
Einflusses, den das Journal erlangt.
Wer diese Vordersätze anerkennt, wird auch die Noth-
wendigkeit zugeben, dass nicht bloss der Redakteur und Ver¬
leger sich bemühen müssen, die Abonnements - Preise und die
Publikations-Zeiten einzuhalten und die Stärke der einzelnen
Hefte, Lieferungen und Bände nicht willkürlich - zu erweitern.
Daraus folgt auch für die Mitarbeiter der Zwang, sich einer
knappen Schreibweise zu bedienen, um von dem gegebe¬
nen und nicht wesentlich zu überschreitenden Raum nicht einen
ungebührlichen Antheil vorwegzunehmen. Dabei ist Alles zu
vermeiden, was für die Darstellung und Beweisführung entbehr¬
lich ist. Das ist aber erfahrungsgemäss sehr schwer zu er¬
reichen. Die Details der Krankengeschichten, Sec-
tions- und Versuchsberichte werden nicht selten in einer
Ausdehnung und in einer Zahl gegeben, welche für den Zweck
der Verdeutlichung und Beweisführung nicht erforderlich ist, ja
welche die Lektüre nur für wenige Leser schmackhaft oder
überhaupt möglich erscheinen lässt. Die neuerlich aufgekommene
Sitte, umfangreiche und zugleich wenig lehrreiche Einzelheiten
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19. Juli 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
347
in Tabellen vorzuführen, bringt sowohl für den Drucker, als
für den Leser grosse Schwierigkeiten. Zusammenfassende Ueber-
sichten würden recht häufig genügen; sie lassen sich durch
genaue Zahlen-Angaben so beweisend gestalten, dass man auf die
Details jedes einzelnen Falles leicht verzichten kann, zumal
wenn einzelne, besonders illustrative Beispiele beigefügt werden.
Grossere Journale können sich vor der verschwenderischen Con-
sumption von Raum höchstens dadurch retten, dass sie diese
Details in kleinerer Schrift geben, aber auch das betrachten manche
Mitarbeiter, namentlich Anfänger, als eine Zurücksetzung und
verwahren sich gegen eine Wiederholung.
Dazu kommen die für unbetheiligte Personen so schwer zu
ertragenden Prioritäts * Streitigkeiten, welche so leicht zu
vermeiden wären, wenn jeder Autor sich darauf beschränkte, die
authentischen Angaben in Substanz mitzutheilen, und wenn er
nicht die Gelegenheit benutzte, eine in der Regel höchst un¬
vollständige, nicht selten ungenaue Musterung der Literatur,
selbst nur aus zweiter, dritter oder noch weiter zurückliegender
Hand, vorzunehmen. Wie oft wird der werthvolle Raum
dazu benutzt, um Citate zu häufen, welche zu verificiren der
Verfasser nicht einmal für nöthig erachtet hat! Und doch
spricht mancher in seinen Citaten, wie wenn er die Original¬
quellen selbst auf das Genaueste studirt hätte! Dabei verschlech¬
tert sich leicht der Ton der Schriftstücke, statt objectiv und
höflich zu sein, zusehends, bis er einen verletzenden Charakter
angenommen hat.
Man möge diese Klagen eines alten und viel geplagten
Redacteurs mit einiger Geduld aufnehmen und darin den Aus¬
druck lange zurückgehaltener, möglich tief begründeter Erregung
erkennen. Sie haben nur den Zweck, unsere Journalistik von
den Auswüchsen und Abwegen fernzuhalten, die uns in der
medicinischen Fachpresse immer häufiger begegnen. Solche Aus¬
wüchse sollten beschnitten werden; sie haben für die Gesammt-
heit keinen Werth, sie dienen nur der Eigenliebe ihrer Urheber.
Je mehr wir unsere Elaborate condensiren, je sorg¬
fältiger wir sie auf das Objective, Thatsächliche und
wenn möglich Neue beschränken, umsomehr werden
sie dazu beitragen, nicht nur den alten Ruhm unserer
Literatur aufrechtzuerhalten, sondern auch den ein¬
zelnen Autoren eine allgemein anerkannte Stellung
zu sichern.
Mein heutiger Wunsch geht also dahin, dass die Mitarbeiter
des Archivs sich stets vor Augen halten möchten, dass sie für
eine Zeitschrift in dem eben skizzirten Sinne schreiben, und
dass der Redacteur durch äussere Verhältnisse gezwungen
ist, gewisse Beschränkungen, zumal in dem für die einzelne
Arbeit zu bewilligenden Raum eintreten zu lassen.“
Jnbii&wn.
Der Bezirksthierarzt Strebel zu Freiburg in der Schweiz,
einer der erfolgreichsten Vertreter der thierärztlichen Praxis,
weitbekannt durch seine umfassende schriftstellerische Thätig-
keit, feiert sein 50 jähriges Berufsjubiläum. Das Schweizer
Archiv, zu dessen fleissigsten Mitarbeitern der Jubilar gehört,
bringt dessen Porträt. (Heft 3, 1900).
Hannover.
Der Director der städtischen Fleischschau, welcher, zunächst
mit sechsmonatlichem Urlaub als Hülfsarbeiter in das Kaiserliche
Gesundheitsamt berufen worden ist, ertheilte den demonstrativen
Unterricht in der Fleischschau an der thierärztlichen Hochschule
in Hannover. Dieser Unterricht ist nunmehr dem Schlachthof-
director Rekate, Leiter des Schlachthofes zu Linden vor
Hannover, übertragen worden.
Peraoaailen.
Der bisherige Assistent am hygienischen Institut der thier¬
ärztlichen Hochschule zu Berlin, Knuth, ist von der Liebig
Company für Fray Bentos in Uruguay engagirt worden, mit
Verpflichtung zu einer 2—3jährigen Dienstzeit. Die Aufgabe
des Genannten besteht darin, für die ungeheuren Rinderheerden,
welche der Gesellschaft gehören, die geeigneten hygienischen
Massnahmen zu treffen und ausbrechende Seuchen zu bekämpfen.
Es ist erfreulich, dass die Gesellschaft, obwohl sie ihren Sitz in
London hat, sich einen hygienischen Berather unter den deutschen
Thierärzten gesucht hat. —
Dem Vernehmen nach ist Departementsthierarzt Sch arm er
leider durch ein Augenleiden gezwungen, in den Ruhestand zu
treten. Zu seinem Nachfolger boII Kreisthierarzt Wassmann
zu Berlin bestimmt Bein.
Thierhaltung und Thierzucht.
üinterwälder Rindvieh im Saargebiet.
In der Dtsch. T. W. schreibt Dr. Will ach in Louisenthal
a. d. Saar über die Einfuhr des im Schwarzwalde südlich vom
Feldberge heimischen Hinterwfllder Rindviehschlages in das
Bergmannsgebiet der Saar. Er hat sich für die Einführung
dieser Thiere persönlich in weitgehender Weise interessirt, da
er die Hinterwälder Kuh für die Verhältnisse der Bergleute als
ganz besonders geeignet erkannte. Es ist ein kleiner Viehschlag,
gelb oder rothscheckig mit weissen Abzeichen, gefälliger Körper -
form, 1,5 bis 1,20 m hoch, 280 bis 400 k schwer, die Kälber
bei der Geburt 18 bis 20 k. Das Euter ist kräftig, die Frucht¬
barkeit gross, das Kalben meist leicht, der Milchreichthum ist
beachtenswerth und beträgt pro anno über 2000 bis 2400 1.
bei gutem Fettgehalt. Auch die Mastfähigkeit ist gut und das
Fleisch durchwachsen und wohlschmeckend. Kräftige Gliedmassen
und Musculatur machen die Thiere auch zum Zugdienst geeignet.
Die Tuberculose ist dort äusserst selten, und namentlich ist die
Genügsamkeit hervorzuheben; denn eine Hinterwälder Kuh frisst
nur halb so viel als eine grosse Simmenthalerin. So scheint
die Hinterwälder Kuh recht die Kuh des kleinen Mannes zu
sein. W. fand bei seinen Bestrebungen zur Einführung dieser
werthvollen Kuh in das Saargebiet bei der Arbeiterbevölkerung
Verständniss, bei den Viehhändlern natürlich Opposition, die
sogar zu Verdächtigungen führte und gerichtliche Verhandlungen
nothwendig machte.*) Trotzdem ist es Dr. Willach gelungen,
eine Zuchtgenossenschaft für Hinterwälder Vieh im Saargebiet
zu gründen, die sich eigene Stiere angeschafft hat. In kaum
12 Monaten sind 330 Stück einschliesslich 7 Stiere bestellt und
eingeführt. Der geringe Einkaufspreis, das geringe Futter-
bedürfhiss und der gute Milchertrag setzen viele Arbeiterfamilien,
die sich bishermit Ziegen behalfen, in den Stand, eine Kuh zu halten.
Da gerade im Saargebiet ein buntes Durcheinander von Rindern
vorhanden ist, die namentlich für die Bergarbeiter alle ungeeignet
sind, wie denn auch die jahrelange Einfuhr von Simmenthaler
oder Glarner Vieh keine Erfolge zeitigte, so ist die Einfuhr des
Üin terwälder Viehs, die übrigens unter Vermeidung jedes
*) Diese Angriffe werden anscheinend in überaus scharfer Weise
fortgesetzt, so in der Landwirtbscb. Zeitscbr. f. d. Rheinprovinz
vom 13. Juli.
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348
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 29.
Zwischenhandels erfolgt ist, eine Massnahme, welche der
arbeitenden Bevölkerung des dortigen Industriebezirks zum
Segen gereichen dürfte.
Die Zebrabastarde des Prof. Ewars.
Dio Telegonie, Beeinflussung der Nachkommenschaft eines
Mutterthieres durch das erste es befruchtende Vaterthier, hat in
landwirtschaftlichen Kreisen vielfach Anhänger gefunden. Dass
dem nicht so ist, zeigen die vom Prof. Ewars unternommenen
Kreuzungsversuche zwischen Pferd und Zebra. Die Producte
dieser Versuche waren auf der Ausstellung der englischen Land-
wirthschaftsgesellschaft in York und erregten besonderes Auf¬
sehen. Vor Allem ist die kastanienbraune Ponystute Valda nebst
ihren drei Nachkommen, Nestor, einem Zebrabastard, geboren
1898, Hector, stammend von einem Vollbluthengste, geboren 1899
und Birgus, einem Zebrabastard von diesem Jahre, geeignet, die
Theorie der Telegonie ins Wanken zu bringen. Von diesen
tragen der erste und dritte deutlich die Merkmale des Zebras,
während der zweite ^in reiner Pony ist. Die anderen aus¬
gestellten Pferde und Zebrabastarde dienen zur Bestätigung.
Trotzdem die Stuten zuerst von Zebrahengsten gedeckt worden
sind, zeigen doch die später von Pferdehengsten herstammenden
Fohlen keine Spur von Zebrablut. Die Zebrabastarde sind leicht
zähmbar und damit rückt die Frage ihrer Verwendung in den
Vordergrund. Die Zebra sind unempfänglich für die Tsetse¬
fliege, und darum werden die Zebrabastarde, dieselbe Eigen¬
schaft vorausgesetzt, in Süd-Afrika ausgezeichnet zur Ver¬
wendung kommen können.
Live Stock Journal.
Etwas vom Anspannen der Zuchtbullen.
Von Fröbner-Fulda.
(Allgem. Ceutralztg. f. Thleizucht 1900 No. 22)."
Fröhner will nach seinen Ausführungen durch das Heran¬
ziehen der Zuchtbullen zur Arbeit dieselben für eine längere
Zeit der Viehzucht nutzbar machen, indem er von dem nicht
mehr neuen Gedanken ausgeht, dass die Abschaffung der Zucht¬
bullen in der Regel ihren Grund hat: 1. weil dieselben zum
Deckgeschäft zu schwer werden; 2. keinen Geschlechtstrieb mehr
zeigen, und 3. bösartig werden. Diese unwillkommenen Zufälle
lassen sich durch Arbeit oft beseitigen, bezw. hintanhalten.
Zudem sind die Zuchtthiere bei der vorgeschlagenen Verwendung
weniger der Tuberculosegefahr ausgesetzt. 1
Ein fiusserst praktischer Apparat, um bol Feuersbrünsten dhs Vieh
vor dem Einbrennen zu schützen, ist von einem Norweger con-
struirt worden. Derselbe ermöglicht es alle Thiere mit einem
einzigen Griff von der Kette zu lösen. Es ist eine nach der
Länge der Ständereihe abgepasste Stange, die vorwärts und
rückwärts geschoben werden kann. Bei jedem Stand ist .an der
Stange ein Haken befestigt, in den die Kette eingehakt wird.
Schiebt man nun die Stange zurück, so löst sich die Kette vom
Haken und die Thiere sind alle mit einander frei. Derselbe
Apparat kann auch an den sämmtlichen Ausgängen und Reserve¬
thoren angebracht werden, so dass auch diese mit einem kleinen
Handgriff alle auf einmal zu öffnen sind. Der Apparat ist
bereits bei mehreren Bränden als praktisch befunden worden.
Da der Erfinder keine anderen als nur thierfreundliche Interessen
fiir die Sache hat, hat er es verschmäht, Patent darauf zu
suchen. C. Mjoen.
Personalien.
Ernennungen etc-: Dr. Seybold, seither Assistent am patholog.
Institut der Thierärztl. Hochschule in Stuttgart, zum Oberamtsthier¬
arzt fUr Stuttgart Amt mit dem Wohnsitz in Plieningen.
Gewählt: Thierarzt Veith-Salzwedel zum Schlachthoftbier-
arzt in Hannover.
Berichtigung: Bezirksthierarzt a. D. Luitpold Schöberl
(s. No. 28) ist nicht zum Schlachthausthierarzt in Löwitz, sondern
zum Stadtthierarzt in Zwönitz (Sachsen) gewählt worden.
Promotion: Thierarzt Carl Vaerst zum Dr. med. vet. von der
Universität (Veterinärfacultät) zu Bern.
Approbationen: in Berlin: Die Herren Henri Doiseau, Carl
HobBtetter, Albert Piltz und Heinrich Zarnack.
Wohnsltzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Thierarzt J. Engel¬
mann hat sich in Langen (Kr. Offenbach), Dr. Jacoby in Zinten
(Ostpr.) niedergelassen.
In der Armee: versetzt: Guhrauer, Unterrossarzt im 5. Hus.-
Rgt. von Stolp nach Schlawe. Hemberger, Stabsveterinär de*
2. Chev.-Rgts., unter Verleihung des Titels Corps-Stabsveterinär in
den Ruhestand.
Yacanzen.
(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R-B. Aachen: Montjoie (erneut ausgeschrieben) 600 M. Gehalt,
300 M. Stellenzulage, 600 M. Kreiszuscbuss, (ev. für Beaufsichtigung
des Schlacbthofes weitere 800 M.) Bewerbungen bis 5. August er.
an das Landrathsamt zu Montjoie. — R.-B. Oppeln: Gross-Strehlitz
(600 M.) zum 1. October er. Bewerb, bis 10. August er. an den
Regier ungspräsi den ten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen;
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Köln: Waldbröl. — R.-B. Cöslin:
Bütow. — R.-B. Wiesbaden: St. Goarshausen.
Sanltltsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachthof zum 1, Oct er. (24QJLM,
steigend bis 3600 M.). Bew. bis 1. Sept. an den Senator Dr. Don and t.
— Grätz (Posen): Schlachthoflnspector (1500 M., Wohnung etc.,
Privatpraxis in dienstfreier Zeit). Bewerbungen an den Magistrat
— Haltern: Sanitätsthierarzt (1200 M. aus der Fleischschau, 800M.
Zuschuss, Privatpraxis). Bewerb, an den Bürgermeister bis 15. Juli.
— Köln: Schlachthofthierarzt (2500 M. steigend bis 4300 M. 6 Monat
Probezeit bei 4wöchentl. Kündigung. Ruhegehalt Keine Praxis).
Bewerber an den Oberbürgermeister. — Königsberg (Ostpr.):
Schlachthofthierarzt zum 1. Oct. er. (2000 M. Wohnung etc., 6wöcb.
Kündigung). Bewerb, bis 24. August er. beim Director. — Salz wedel:
Schlachthofvorsteher zum 1. Oct (Anstellung zunächst probeweise
gegen vierteljährl. Kündigung. Keine Praxis. 2000 M., Wohnung etc.)
Meid, bis 20. Juli an den Magistrat — Stettin: 3. Schlachthof¬
thierarzt zum 1. September er. (2400 M. pensionBberecht Einkommen,
von 3 zu 3 Jahren um 300 M. steigend bis 3300 M.) Bewerbungen
bis 6. August er. an den Magistrat. — Wollstein (Posen): Schlacht-
hofinspector zum 1. Oct. er. (1200 M. Wohnung etc. PrivatpraxiB
in dienstfreier Zeit) Bewerb, an den Magistrat
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Cass el: 3. Schlachthofthierarzt. — Dresden: Mehrere Hilfsthierärzte.
— Eberswalde: Schlachthoflnspector. — Freiberg (Sachs.): Thier¬
arzt am Schlachthof der Fleischerinnung. — Pössneck: Thierarzt
fllr Fleischbeschau. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt — Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Eickel. — Mengeringhausen
(Waldeck). — Peiskretscham (Ober-Schles.). — Raguhn: Thier¬
arzt zu Ende August, (ca. 750 M. Nebeneinkommen aus der Fleisch-
schau). — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.) —
Schwarzenberg i. S. — Sonnenbnrg. — Suelze (Mecklb.). —
Wolkenstein.
Besetzt: Kreisthierarztstelle in Glowitz (Kreis Stolp).
Verantwortlich für den Inhalt (oxcL Inserat enthoil): Prof. Dr. Schmaltz ln Berlin. — Verlag und Eigen th um von Richard Schoots in Bcrliu. — Druck von W. B Uz enstein, Berlin
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Beiblatt
der
Berliner Thierärztlichen Wochenschrift
zu No. 29 am 19. Juli 1900.
Inhalt: Staatsveterinfirwesen : Kampf gegen dieTuberculose. — Einfuhr- und Handels-Bestimmungen. — Seuchenstand in Deutschland
im Monat Juni. — Stalldesinfection. — Fleischschau und Viehhandel: Gesetz vom 3. Juni 1900 betr. die Schlachtvieh- und
Fleischbeschau. — Verschiedenes. — Fleischerverbandstag. — Londoner Viehmarkt. — Seuchen und Fleischschau. —
Aus dem englischen Unterhaus. — Die Unterscheidungsmerkmale des Büffelfleisches vom Rindfleische.
Staatsveterinärwesen.
Von Preusse.
Die Bek&mpfang der Tnbercalose.
Während die verschiedensten Regierungen redlich bemüht
sind, die Tubercnlose der Rinder von ihren Grenzen fern zu
halten, wie dies auch aus den zahlreichen Verordnungen
ersichtlich ist, so verlautet doch Nichts über ernstliche Ver¬
anstaltungen, die zur Bekämpfung der Krankheit im Innern
des Landes selbst, besonders auch bei uns in Deutschland,
getroffen werden. Wie die zahlreichen Schlachthofberichte
allein schon ersehen lassen, ist die Gefahr, welche unseren
Viehbeständen durch die Tubercnlose droht, in stetigem Zu¬
nehmen begriffen. Insbesondere trifft dies für die Schweine-
tuberculose zu. Damit im Zusammenhänge steht auch die
Gefahr, welche aus der Thiertuberculose dem Menschen erwächst.
Wenn auch von verschiedenen Seiten, neuerdings wieder von
amerikanischen Forschern, Viehzüchtern und Milchwirthen die
Identität der thierischen und menschlichen Tubercnlose be¬
stritten wird, so dürfte doch Angesichts der Ergebnisse der
exacten wissenschaftlichen Forschungen in der Tuberculosefrage
und der unzweideutigen Erfahrungen auf diesem Gebiete hierauf
kein besonderes Gewicht zu legen sein. Es muss zugegeben
werden, dass eine wirksame Bekämpfung der Thiertuberculose
zu den schwierigsten Problemen gehört, welche die Veterinär¬
wissenschaft noch zu lösen hat.
Dies sollte uns jedoch nicht zu einem Dolce far niente auf
diesem Gebiete verleiten. Es ist daher höchst erfreulich, dass
sich in jüngster Zeit das Interesse für die Tuberculose-
bekämpfnng in den betheiligten Kreisen wieder zu regen be¬
ginnt.
In der No. 5 der B. T. W. ist bereits der Entwurf eines
Reichsgesetzes, betr. die Abwehr und Unterdrückung derEuter-
tuberculose veröffentlicht worden, welchen der deutsche milch-
wirthschaftliche Verein entworfen hat, und welcher* dem Reichs¬
kanzler vorgelegt werden sollte. Dieser Gesetzentwurf wurde
später etwas modifleirt auch in dem Heft 7 des 10. Jahrgangs
der Zeitschritt für Fleisch- und Milchhygiene veröffentlicht.
Es ist zu bemerken, dass nur die zuletzt veröffentlichte Form
als einigermassen brauchbar angesehen werden kann.
Preusse hat über den Kampf gegen die Tuberculose und
speciell den oben erwähnten Vorschlag eines Gesetzentwurfes
kürzlich einen Vortrag in der Landwirthschaftskammer
für WeBtpreussen gehalten, dessen Inhalt hier wiedergegeben
werden soll:
Der Vortragende hatte schon früher an gleicher Stelle auf
die Nothwendigkeit einer Bekämpfung der Rindertuberculose
hingewiesen. Freilich eignet sie sich nicht zur Unterstellung
unter das Viehseuchengesetz; aber der Erlass eines Special¬
gesetzes ist dringend zu empfehlen. Dabei muss vor allen
Dingen die Anzeigepflicht für äusserlich auffällige Tuberculose
und namentlich für Eutertuberculose eingeführt werden. Mit
letzterer hatte sich der deutsche milchwirthschaftliche Verein
kürzlich beschäftigt und beschlossen, dass diese als die
gefährlichste Form zunächst gesetzlich zu bekämpfen sei. Im
Prinzip kann man mit einem solchen schrittweisen Vorgehen
einverstanden sein, ohne das weitere Ziel aus dem Auge zu
verlieren. Bei der Eutertuberculose enthält die Milch den
Ansteckungsstoff in concentrirtester Form und ist deshalb be¬
sonders gefährlich für die Jugend, die menschliche wie die
thierische.
Dass die Milch tuberculöser Thiere Ansteckungsstoffe
enthalten kann, ist seit Langem bekannt. Die früheren Ver¬
suche haben jedoch die Frage nicht entschieden, ob alle Formen
bezw. welche tuberculöse Milch liefern. In dieser Richtung hat
zuerst namentlich Bang seine Versuche angestellt, dem sich
zahlreiche andere angeschlossen haben. Von Interesse sind auch
die Versuche der englischen Commission für Tuberculoseforschung.
Dies« haben ergeben, dass die Milch der Kühe, welche zwar
tuberculös, aber eutergesund waren, keine Tuberculose er¬
zeugen konnte, dass dagegen die Eutertuberculose ein
hochgradig gefährliches Product liefert. Es kann jedoch auch
die Milch von Kühen, die, wenn auch eutergesund, doch mit
generalisirter Tuberculose behaftet sind, gelegentlich einmal
geiährlich werden. In letzter Zeit sind besonders die exacten
und umfassenden Versuche von Ostertag hervorzuheben.*)
Auf Grund derselben hat Ostertag die These aufgestellt, dass
die Milch von Thiereu, welche lediglich auf Tuberculin reagiren,
aber keine augenfälligen Krankheitserscheinungen zeigen und
ein gesundes Euter besitzen, eine ganz unschädliche Milch
liefern. (Zn den Impfversuchen wurden nicht weniger als
526 Meerschweinchen verwendet.) Preusse möchte nicht ganz
so weit gehen, insofern, als immerhin eine gelegentliche Giftigkeit
auch solcher Milch möglich ist, wie auch die Ostertagschen
Versuche in einem Falle bewiesen haben und wie durch andere
Versuche dargethan ist, er giebt jedoch zu, dass die Gefahr eine
geringe ist.
Mit den Versuchen stehen die practischen Erfahrungen im
Einklang. Die Reichsstatistik beweist, dass unter 100 Fällen
von Tuberculose 1,62 pCt. Eutertuberculose sind. In Wirklichkeit
dürfte der Procentsatz etwas höher sein, 2 bis 3 pCt.; die all¬
gemeine Tuberculose beträgt etwa 8 pCt. Dass die Hauptquelle
der Infection im ersten Lebensjahr die Milch ist, ist nicht zu
bezweifeln. Im Regierungsbezirk Danzig befanden sich unter
*) Dieso Versuche sind von Ostertag im Juniheflt und noch¬
mals ausführlicher im Septemberheft der Ztschr. f. Fl.- u. Milchh.
von 1899 veröffentlicht. Der wesentliche Inhalt derselben ist in
der B. T. W. 1899 pag. 425 referirt.
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2
den Jungrindern bis zn 4 Jahren 18,8 pCt. tubercnlöse, unter
den Rindern über 4 Jahre 41 pCt. Die Fälle von Tubercnlöse
verdoppeln sich also in Folge Zusammenlebens von tuberculösen
Thieren. Tuberculöse Kälber unter 6 Wochen giebt es 0,34 pCt.
Vom Kalb zum Jungvieh vermehrt sich also die Tubercnlöse um
das 50fache, während sie sich in späterer Zeit nur verdoppelt.
Diese ausserordentliche Häufung in den ersten Lebensjahren,
vom Kalbe ab gerechnet, kann also nicht allein auf dem
Zusammenleben mit Tuberculösen beruhen, muss daher auf die
Milchnahrung in den ersten Monaten zurückgeführt werden.
Preusse unterzieht dann den vom milchwirthschaftlichen
Verein eingereichten Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung
der Eutertuberculose, der auch in No. 5 der B. T. W. mit-
getheilt worden ist, einer kritischen Besprechung. So dankens-
werth derselbe ist, fehlt ihm zunächst die Anzeigepflicht für
Eutertuberculose. Die vorgesehenen periodischen Untersuchungen
können dafür einen Ersatz nicht bieten, zumal die Ausführung
derselben Schwierigkeiten begegnen werde. Der Besitzer von
Milchkühen darf auch der Verantwortung nicht ganz enthoben
werden. Es dürfte auch unmöglich sein, die nöthige Anzahl
Sachverständiger für diese periodischen Untersuchungen zu
Anden. Im Kreise Marienburg befinden sich z. B. G Monate
lang 20 000 Milchkühe auf der Weide: wie sollte man es
machen, dieselben alle drei Monate einmal zu untersuchen,
zumal die Milch selbst auf Bacillen untersucht werden soll?
Auch der Titel „Bekämpfung der Eutertuberculose“ trifft insofern
nicht zu, als die Bestimmungen sich zweckmässig auch auf die
allgemeine Tuberculöse erstrecken. Preusse empfiehlt daher
folgende Modification: 1. Anzeigepflicht für alle Fälle von all¬
gemeiner Tuberculöse mit augenfälligen Krankheitserscheinungen
und von Eutertuberculose, 2. sachverständige Untersuchung der
Viehbestände, bezügl. deren Anzeigen sub 1 erstattet werden
und Bezeichnung aller als tuberculös oder tuberculoseverdächtig
erklärten Thiere. Die Milch dieser Thiere ist, sofern sie in
ihrer Substanz verändert ist, vom Consum auszuschliessen oder
auf 85° zu erhitzen. 3. Trennung der Gezeichneten von den
Gesunden und Ausschliessung ersterer von der Zucht. 4. Zwangs¬
schlachtung binnen wenigen Monaten unter Gewährung einer
Entschädigung. 5. Desinfection der von den kranken Thieren inne¬
gehabten Stände. G.PeriodischeNaclirevision. —Preusse empfiehlt
mithin, von vornherein nicht bloss einen Theil der Tuberculöse
herauszugreifen sondern die Bekämpfung der gesammten Krank¬
heit vorzunehmen und ein Specialgesetz zur Bekämpfung der
Tuberculöse überhaupt zu erlassen. Für ein solches Gesetz
wären im Uebrigen die von dem milchwirthschaftlichen Verein
aufgestellten allgemeinen Grundsätze durchaus zu acceptiren.
Einfuhr von Vieh und Fleisch.
Ein gleiches Einfuhrverbot von Schweinefleisch etc.
aus Serbien, wie es die Regierungspräsidenten in Breslau und
Oppeln erlassen haben, ist auch unter dem 22. Juni er. für das
Königreich Sachsen erlassen worden.
Das Ministerium für Elsass-Lothringen hat unter dem
15. Juni d. J. angeordnet, dass die nach der Verordnung vom
2G. Mai 1899, betreffend die veterinärpolizeiliche Controle der
Ein- und Durchfuhr von Thieren dem Bezirks-Präsidenten über¬
tragenen Befugnisse und Obliegenheiten auf das Ministerium
übergehen. Damit ist diese Angelegenheit für Elsass-Lothringen
einheitlich geregelt, was als ein wesentlicher Vortheil bezeichnet
werden muss.
19. Juli 1900.
Bei der Einfuhr von Zuchtrindern und Zuchtziegen aus der
Schweiz nach Bayern wird in Folge einer Anordnung des
bayrischen Ministeriums des Innern vom 26. Juni d. J. für die
Zukunft von der Bedürfnissfrage im Einzelnen abgesehen und
von den Händlern der Nachweis von Einzelaufträgen von Land-
wirthen oder Züchtern nicht mehr verlangt, da die Maul- und
Klauenseuche in der Schweiz in weiterem Rückgang begriffen ist.
Die österreichische Regierung hat unter dem 9. Juni d. J.
auf Grund des Artikels 5 des Viehseucheniibereinkomraens die
Einfuhr von Rindvieh in ihre Länder aus den von der Lungen¬
seuche betroffenen preussischen Regierungs-Bezirken Magdeburg,
Merseburg und Arnsberg, sowie der sächsischen Kreishauptmann¬
schaft Zwickau verboten.
Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche.
Der Regierungspräsident in Liegnitz hat unter dem 31. Mai
d. J. unter Aufhebung der amtspolizeilichen Anordnung vom
6. Januar 1898 eine neue Verordnung erlassen, welche folgende
Bestimmungen enthält:
Alles in den Regierungsbezirk sowohl auf der Eisenbahn
als auch auf Landwegen eingeführte Klauenvieh muss vor dem
Abtrieb vom Bahnhof bezw. an dem ersten von dem Transport
berührten Ort des Bezirks aratsthierärztlich untersucht werden,
ausgenommen sind solche Transporte, die innerhalb der letzten
72 Stunden in den Regierungsbezirken Breslau oder Oppeln
thierärztlich untersucht und inzwischen in ihrem Bestände nicht
verändert worden sind. Zn Handelszwecken bestimmte Schweine
dürfen nicht getrieben werden.
Für einzuführende Rinder sind polizeilich beglaubigte
Ursprungszeugnisse erforderlich, welche den Nachweis darüber
enthalten, dass dieselben aus Orten stammen, die seit mindestens
14 Tagen seuchefrei sind.
Für die Einführung von Schlachtvieh in öffentliche Schlacht¬
häuser finden vorstehende Bestimmungen keine Anwendung.
Falls das eingeführte Vieh mehrere Tage zum Verkauf ge¬
stellt wird, ist die Untersuchung am 3. und 6. Tage zu wieder¬
holen.
Für Vieh, welches seuchekrank oder seucheverdächtig be¬
funden wird, finden die Bestimmungen des § 66 der B. N. J v
27. 6. 95 Anwendung.
Die Kosten der Untersuchung des Händlerviehs tragen die
Händler und Unternehmer, für das von Privatpersonen eingeführte
Vieh die Staatskasse.
Das nicht auf Viehmärkten zum Verkauf gestellte Vieh
darf vor der durch den beamteten Thierarzt erfolgten Feststellung
der Unverdächtigkeit nicht verkauft werden.
Ebenfalls unter dem 31. Mai 1900 hat der Regierungs¬
präsident in Liegnitz eine landespolizeiliche Anordnung, betreff.
Massregeln gegen Schweineseuchen, erlassen, welche mit der
entsprechenden Anordnung für den Regierungsbezirk Breslau
von 18. Januar 1898 fast wörtlich übereinstimmt. Letztere ist
in No. 4 u. 5 der Mittheilungen für Veterinärbeamte, Gratis¬
beilage zur B. T. W. 1898, veröffentlicht. Hinzugekommen ist
nur noch eine Bestimmung über die Controle der für die auf
dem Landwege eingeführten Schweine erforderlichen Control¬
bücher durch die Ortsbehörde. Dieselbe betrifft hauptsächlich
die in den eingeführten Schweinebeständen seit der letzten
Untersuchung eingetretenen Veränderungen.
Schliesslich hat der Regierungs-Präsident in Liegnitz eben¬
falls unter dem 31. Mai 1900 noch eine landespolizeiliche
Anordnung erlassen, welche Bestimmungen über die Untersuchung
BEIBLATT der BERLINER THIERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
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19. Juli 1900. BEIBLATT der BERLINER THIERARZTLICIIEN WOCHENSCBRIFT. 3
and weitere Behandlung der aus dem Regierungsbezirk Posen
and dem Regiernngsbezirk Liegnitz eingefühlten Schweine ent¬
hält. Dieselbe ist gleichlautend mit der unter dem 1. Juni er
für Breslau erlassenen Anordnung, deren wesentlicher Inhalt in
der No. 25 der B. T. W. S 297 wiedergegeben worden ist.
Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preusaen am 30. Juni 1900.
Regierungsbezirk
Die Seuche
ii
Kreisen
herrschte
Gemeinden
(Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht: i
Danzig.
3 !
7
5,56
Marienwerder.
7
16
7,07
Berlin .
1
1
— 1
Potsdam.
10
62
23,%
Frankfurt.
4
10
3,67 I
Stettin.
7
26
13,86 1
Köslin.
5
11
5,69 '
Stralsund.
. 2
9
10,19
Posen.
5
6
1,82
Bromberg.
5
9
4,04
Breslau.
4
4
1,05
Liegnitz.
2
2
0,71
Oppeln.
2
2
0,71
Magdeburg.
12
43
29,86
Merseburg.
5
6
2,59
Hannover.
5
8
12,71
Hildesheim.
6
19
26,24
Lüneburg.
1
4
2,71
Stade .
1
1
1,37
Osnabrück.
1
1
1,78
Münster.
1
1
3,73
Minden.
4
5
9,80
Arnsberg.
2
2
2,35
Cassel.
8
10
5,93
Wiesbaden.
3
6
6,41
Koblenz.
1
1
0,95
Düsseldorf.
6
7
16,27
Köln.
1
1
3,37
Trier.
7
8
7,09
Aachen.
1
2
5,12
Hohenzollern-Sigmaringen
2
2
15,74
Summa:
124
292
—
Nachweisung Ober den Stand der Viehseuchen Im Deutschen Reiche
am 30. Juni 1900.
Es waren am 30. Juni 1900 in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Berlin, Marienwerder, Oppeln, Hildesheim,
Stade, Minden und Düsseldorf je 1 (1). R.-B. Potsdam 2 (2).
R.-B. Posen 3 (5). R.-B. Bromberg 3 (7). — Bayern: R.-B.
Oberbayern 1 (2). R.-B. Niederbayern 1 (1). Sachsen: Kreis-
hauptm. Zwickau 2 (2). Ferner württ. Donaukreis, bad. Landes-
comm. Constanz, Anhalt und Bezirk Lothringen je 1 (1).
Hessen: Provinz Oberhessen 1 (2).
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 4 (5). R.-B. Niederbayern
4 (6). R.-B. Pfalz 5 (6). R.-B. Oberpfalz 1 (1). R.-B. Ober¬
franken 4 (4). R.-B. Mittelfranken 3 (3). R.-B. Unterfranken 1 (2).
R.-B. Schwaben 7 (13). Sachsen: Kreishauptm. Dresden 1 (1).
Kreishauptm. Leipzig 3 (4). Kreishauptm. Zwickau 5 (7).
Württemberg: Neckarkreis 5 (7). Schwarzwaldkreis 9 (12).
Jagstkreis 5 (5). Donaukreis 12 (18). Baden: Landescomm.
Konstanz 3 (4). Landescomm. Freiburg 6 (13). Landescomm.
Karlsruhe 1(1). .Landescomm. Mannheim 2 (4). Hessen: Pro¬
vinz Oberhessen 3 (3). Mecklenburg-Schwerin: 6 (18).
Sachsen-Weimar: 3 (5). Braunschweig: 3 (13). Sachsen-
Meiningen: 2 (5). Anhalt: 3 (3). Reuss j. L.: 1 (2). Lippe:
3 (8). Bezirk Ober-Elsass 4 (5). Bezirk Lothringen 1 (2).
Mecklcnburg-Strelitz, Sachsen-Altenburg und Reuss
ä. L. je 1 (1).
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Magdeburg 2 (2). R.-B. Merseburg
2 (7). R.-B. Arnsberg 1 (1) Sachsen: Kreishauptm. Zwickau
1 ( 1 ).
D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest):
Preussen: R.-B. Königsberg 2-(3). Danzig 2 (6). Marien¬
werder 4 (10). R.-B. Potsdam 4 (5). R.-B. Frankfurt, Merse¬
burg, Hannover, Lüneburg je 2 (2). R.-B. Stettin 5 (11). R.-B.
Köslin 1 (2). R.-B. Stralsund, Magdeburg, Münster, Koblenz
je 1 (1). R.-B. Posen 11 (21). R.-B. Bromberg 5 (8). R.-B.
Breslau 13 (41). R.-B. Liegnitz 14 (48). R.-B. Oppeln 3 (11).
R.-B. Schleswig und Düsseldorf je 3 (4). R.-B. Hildesheim 3 (5).
R.-B. Arnsberg 6 (6). R.-B. Cassel 3 (3). R.-B. Wiesbaden 2 (5).
R.-B. Trier 1 (3). Bayern: R.-B. Ober-Pfalz und Mittelfranken
je 1 (1). Baden: Landescomm. Mannheim 2 (5). Hessen:
Provinz Oberhessen 1 (2). Mecklenburg-Schwerin, Braun¬
schweig, Schaumburg-Lippe und Bezirk Lothringen je
1 (1). Sachsen - Meiningen: 1 (2). Waldeck: 2 (4).
Lippe: 1 (5).
Ueber Deslnfectlon von Viehstillen giebt ein von den vereinigten
dänischen Landwirthschaftsvereinen verbreitetes Circular prak¬
tische Vorschriften. Die Desinfection, die mindestens zwei Mal
jährlich vorgenommen werden muss, geschieht nicht mit Chlor¬
kalk, da dessen Geruch schädlich auf die Milch wirkt, sondern
auf folgende Weise: Nach gründlicher Reinigung d*s ganzen
Raumes wird der obere Theil der Wände und Tragpfeiler
gekalkt, der untere Theil bis zu 2 Ellen über dem Erdboden
mit braunem Theer oder mit Carbolineum bestrichen, event.
auch mit einer Mischung von Petroleum und Steinkohlentheer
oder mit einer Lösung von 5 Theilen Terpentinöl und 1 Theil
Leinöl. Krippen, Futtergänge und Thüren werden mit koch-
heissem 3 proc. Seifenwasser abgewaschen oder mit 2 proc.
Caibollösung. Die Fugen zwischen den Steinen des Fussbodens
werden aufgekratzt und mit Kalkmilch übergossen — eine
öldicke Mischung von Kalk und Wasser — worauf frischer Kies
geschüttet wird. Sehr empfiehlt es sich, den Fussboden un¬
durchdringlich zu machen durch eine dünne Cementschicht.
Schaufelgang und Urinrinne werden, nachdem sie mit heissem
Seifenwasser ausgescheuert sind, mit 2 proc. Carbollösung nach¬
gespült. C. Mjoen.
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen etc.
Die Seuche ist ausgebrochen am 16. Juli in Hamburg unter
Schweinen des Viehhofes und in Dresden desgl.
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19. Juli 1900.
BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
Fleischschau und Yiehhandel.
Von KUhnau.
Gesetz, betr. die Schlachtvieh- und Fleischbeschau.
Vom 3. Juni 1900.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König
von Preussen etc.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung
des Bundesraths und des Reichstages was folgt:
§ I. Rindvieh, Schweine, Schafe, Ziegen, Pferde und Hunde,
deren Fleisch zum Genüsse für Menschen verwendet werden
soll, unterliegen vor und nach der Schlachtung einer amtlichen
Untersuchung. Durch Beschluss des Bundesraths kann die
Untersuchungspflicht auf anderes Schlachtvieh ausgedehnt werden.
Bei Nothschlachtungen darf die Untersuchung vor der
Schlachtung unterbleiben.
Der Fall der Nothschlachtung liegt dann vor, wenn zu
befürchten steht, dass das Thier bis zur Ankunft des zuständigen
Beschauers verenden oder das Fleisch durch Verschlimmerung
des krankhaften Zustandes wesentlich an Werth verlieren werde
oder wenn das Thier in Folge eines Unglücksfalls sofort getödtet
werden muss.
§ 2. Bei Schlachtthieren, deren Fleisch ausschliesslich im
eigenen Haushalte des Besitzers verwendet werden soll, darf,
sofern sie keine Merkmale einer die Genusstauglichkeit des
Fleisches ausschliessenden Erkrankung zeigen, die Untersuchung
vor der Schlachtung und, sofern sich solche Merkmale auch bei
der Schlachtung nicht ergeben, auch die Untersuchung nach der
Schlachtung unterbleiben.
• Eine gewerbsmässige Verwendung von Fleisch, bei dejfi
auf Grund des Abs. 1 die Untersuchung unterbleibt, ist verboten.
Als eigener Haushalt im Sinne des Abs. 1 ist der Haushalt
der Kasernen, Krankenhäuser, Erziehungsanstalten, Speise¬
anstalten sowie der Haushalt der Schlächter, Fleischhändler,
Gast-, Schank- und Speisewirthe nicht anzusehen.
§ 3. Die Landesregierungen sind befugt, für Gegenden und
Zeiten, in denen eine übertragbare Thierkrankheit herrscht, die
Untersuchung aller der Seuche ausgesetzten Schlachtthiere an¬
zuordnen.
§ 4. Fleisch im Sinne dieses Gesetzes sind Tlieile von
warmblütigen Thieren, frisch oder zubereitet, sofern sie sich
zum Genüsse für Menschen eignen. Als Theile gelten auch die
aus warmblütigen Thieren hergestellteu Fette und Wurste,
andere Erzeugnisse nur insoweit, als der Bundesrath dies
anordnet.
| 5. Zur Vornahme der Untersuchungen sind Beschaubezirke
zu bilden; für jeden derselben ist mindestens ein Beschauer
sowie ein Stellvertreter zu bestellen.
Die Bildung der Beschaubezirke und die Bestellung der
Beschauer erfolgt durch die Landesbehörden. Für die in den
Armeekonservenfabriken vorzunehmenden Untersuchungen können
seitens der Militärverwaltung besondere Beschauer bestellt
werden.
Zu Beschauern sind approbirte Thierärzte oder andere
Personen, die genügende Kenntnisse nachgewiesen haben, zu
bestellen.
§ 6. Ergiebt sich bei den Untersuchungen das Vorhanden¬
sein oder der Verdacht einer Krankheit, für die die Anzeige¬
pflicht besteht, so ist nach Massgabe der hierüber geltenden
Vorschriften zu verfahren.
§ 7. Ergiebt die Untersuchung des lebenden Thieres keinen
Grund zur Beanstandung der Schlachtung, so hat der Beschauer
sie unter Anordnung der etwa zu beobachtenden besonderen
Vorsichtsmassregeln zu genehmigen.
Die Schlachtung des zur Untersuchung gestellten Thieres
darf nicht vor der Ertheilung der Genehmigung und nur unter
Einhaltung der angeordneten besonderen Vorsichtsmassregeln
stattfinden.
Erfolgt die Schlachtung nicht spätestens zwei Tage nach
Ertheilung der Genehmigung, so ist sie nur nach erneuter Unter¬
suchung und Genehmigung zulässig.
§ 8. Ergiebt die Untersuchung nach der Schlachtung, dass
kein Grund zur Beanstandung des Fleisches vorliegt, so hat der
Beschauer es als tauglich zum Genuss für Menschen zu erklären.
Vor der Untersuchung dürfen Theile eines geschlachteten
Thieres nicht beseitigt werden.
§ 9. Ergiebt die Untersuchung, dass das Fleisch zum Genüsse
für Menschen untauglich ist, so hat der Beschauer es vorläufig
zu beschlagnahmen, den Besitzer hiervon zu benachrichtigen
und der Polizeibehörde sofort Anzeige zu erstatten.
Fleisch, dessen Untauglichkeit sich bei der Untersuchung
ergeben hat, darf als Nalirungs- oder Genussmittel für Menschen
nicht in Verkehr gebracht werden.
Die Verwendung des Fleisches zu anderen Zwecken kann
von der Polizeibehörde zugelassen werden, soweit gesundheitliche
Bedenken nicht entgegenstehen. Die Polizeibehörde bestimmt,
welche Sicherheitsmassregeln gegen eine Verwendung des Fleisches
zum Genüsse für Menschen zu treffen sind.
Das Fleisch darf nicht vor der polizeilichen Zulassung und
nur unter Einhaltung der von der Polizeibehörde angeordneten
Sicherungsmassregelh in Verkehr gebracht werden.
Das Fleisch ist von der Polizeibehörde in unschädlicher
Weise zu beseitigen, soweit seine Verwendung zu anderen
Zwecken (Abs. 3) nicht zugelassen wird.
§ 10. Ergiebt die Untersuchung, dass das Fleisch zum Ge¬
nüsse für Menschen nur bedingt tauglich ist, so hat der Be¬
schauer es vorläufig zu beschlagnahmen, den Besitzer hiervon
zu benachrichtigen und der Polizeibehörde sofort Anzeige zu
erstatten. Die Polizeibehörde bestimmt, unter welchen Sicherungs-
massregeln das Fleisch zum Genüsse für Menschen brauchbar
gemacht werden kann.
Fleisch, das bei der Untersuchung als nur bedingt tauglich
erkannt worden ist, darf als Nahrungs- und Genussmittel für
Menschen nicht in Verkehr gebracht werden, bevor es unter
den von der Polizeibehörde angeordneten Sicherungsmassregeln
zum Genüsse für Menschen brauchbar gemacht worden ist.
Insoweit eine solche Brauchbarmachung unterbleibt, finden
die Vorschriften ‘des § 9 Abs. 3—5 entsprechende Anwendung.
| II. Der Vertrieb des zum Genüsse für Menschen brauch¬
bar gemachten Fleisches (§ 10, Abs. 1) darf nur unter einer
diese Beschaffenheit erkennbar machenden Bezeichnung erfolgen.
Fleischhändlern, Gast-, Schank- und Speisewirthen ist der
Vertrieb und die Verwendung solchen Fleisches nur mit Ge¬
nehmigung der Polizeibehörde gestattet; die Genehmigung ist
jederzeit widerruflich. An die vorbezeichneten Gewerbetreiben¬
den darf derartiges Fleisch nur abgegeben werden, soweit ihnen
eine solche Genehmigung ertheilt worden ist. In den Geschäfts¬
räumen dieser Personen muss an einer in die Augen fallenden
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BEIBLATT der BERLINER THIERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
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19. Juli 1900.
Stelle durch deutlichen Anschlag besonders erkennbar gemacht
werden, dass Fleisch der im Absatz 1 bezeichneten Beschaffen¬
heit zum Vertrieb oder zur Verwendung kommt.
Fleischhändler dürfen das Fleisch nicht in Räumen feilhalten
oder verkaufen, in welchen taugliches Fleisch (§ 8) feilgehalten
oder verkauft wird-
§ |2.*) Die Einfuhr von Fleisch in luftdicht verschlossenen
Büchsen oder ähnlichen Gefässen, von Würsten und sonstigen Ge¬
mengen aus zerkleinertem Fleische in das Zollinland ist verboten.
Im Uebrigen gelten für die Einfuhr von Fleisch in das Zoll¬
inland bis zum 31. December 1903 folgende Bestimmungen:
1. Frisches Fleisch darf in das Zollinland nur in ganzen
Thierkörpern, die bei Rindvieh, ausschliesslich der Kälber, und
bei Schweinen in Hälften zerlegt sein können, eingeführt werden.
Mit den Thierkörpern müssen Brust- und Bauchfell, Lunge,
Herz, Nieren, bei Kühen auch das Euter, in natürlichem Zu¬
sammenhänge verbunden sein; der Bundesrath ist ermächtigt,
diese Vorschrift auf weitere Organe auszudehnen.
2. Zubereitetes Fleisch darf nur eingeführt werden, wenn
nach der Art seiner Gewinnung und Zubereitung Gefahren für
die menschliche Gesundheit erfahrungsgemäss ausgeschlossen
sind oder die Unschädlichkeit für die menschliche Gesundheit in
zuverlässiger Weise bei der Einfuhr sich feststellen lässt. Diese
Feststellung gilt als unausführbar insbesondere bei Sendungen
vou Pökelfleisch, sofern das Gewicht einzelner Stücke weniger
als vier Kilogramm beträgt; auf Schinken, Speck und Därme
findet diese Vorschrift keine Anwendung.
Fleisch, das zwar einer Behandlung zum Zwecke seiner
Haltbarmachung unterzogen worden ist, aber die Eigenschaften
frischen Fleisches im Wesentlichen behalten hat oder durch ent¬
sprechende Behandlung wieder gewinnen kann, ist als zube¬
reitetes Fleisch nicht anzusehen; Fleisch solcher Art unterliegt
den Bestimmungen in Ziffer 1.
Für die Zeit nach dem 31. December 1903 sind die Be¬
dingungen für die Einfuhr von Fleisch gesetzlich von Neuem zu
regeln. Sollte eine Neuregelung bis zu dem bezeichneten Zeit¬
punkte nicht zu Stande kommen, so bleiben die im Abs. 2 fest¬
gesetzten Einfuhrbedingungen bis auf Weiteres massgebend.
§ 13. Das in das Zollinland eingehende Fleisch unterliegt
bei der Einfuhr einer amtlichen Untersuchung unter Mitwirkung
der Zollbehörden. Ausgenommen hiervon ist das nachweislich im
Inland bereits vorschriftsmässig untersuchte und das zur unmittel¬
baren Durchfuhr bestimmte Fleisch.
Die Einfuhr von Fleisch darf nur über bestimmte Zollämter
erfolgen. Der Bundesrath bezeichnet diese Aemter sowie diejenigen
Zoll- und Steuerstellen, bei denen die Untersuchung des Fleisches
stattfinden kann.
*) Der § 12 des Gesetzes entspricht dem § 14a des von der
ReicbsLigscommission ursprünglich beschlossenen Entwurfes, der in
der Beilage zu No. 9 der „B. T. W.“ vom 1. März er. mitgetbeilt
worden ist. Die No. 1 des Gesetzes-Paragrapben entspricht wörtlich
den Cominissionsbeschluss. Die wesentliche Aenderung enthält der
erste Satz des Gesetzesparagraphen. Im § 14a des Commissions¬
beschlusses lautete derselbe: „Die Einfuhr von eingepöckeltem
oder sonst zubereitetem Fleisch, ausgenommen Schweine¬
schinken, Speck und Därme, von Fleisch in hermetisch verschlossenen
Büchsen oder anderen Gefässen, von Würsten und sonstigen Ge¬
mengen aus zerkleinertem Fleisch in das Zollinland ist verboten“.
Aus der Streichung des oben gesperrten Satzes aus dem Einfuhr¬
verbot ergiebt sich dann die No. 2 des Gesetzesparagraphen,
welche die nunmehr principiell zulässige Einfuhr von zubereitetem
Fleisch regelt.
§ 14 . Auf Wildpret und Federvieh, ferner auf das zum Reise¬
verbrauche mitgeführte Fleisch finden die Bestimmungen der
§§ 12 und 13 nur insoweit Anwendung, als der Bundesrath dies
anordnet.
Für das im kleinen Grenzverkehre sowie im Mess- und Markt¬
verkehr des Grenzbezirks eingehende Fleisch können durch An¬
ordnung der Landesregierungen Ausnahmen von den Bestimmungen
der §§ 12 und 13 zugelassen werden.
§ 15. Der Bundesrath ist ermächtigt, weitergehende Ein¬
fuhrverbote und Einfuhrbeschränkungen, als die im §§ 12 und 13
vorgesehen sind, zu beschliessen.
§ 16. Die Vorschriften des § 8 Abs. 1 und der §§ 9 bis 11
gelten auch für das in das ZoUinland eingehende Fleisch. An
SteUe der unschädlichen Beseitigung des Fleisches oder an Stelle
der polizeilicherseits anzuordnenden Sicherungsmassregeln kann
jedoch, insoweit gesundheitliche Bedenken nicht entgegenstehen,
die Wiederausfuhr des Fleisches unter entsprechenden Vorsichts¬
massnahmen zugelassen werden.
§ 17. Fleisch, welches zwar nicht für den menschlichen Ge¬
nuss bestimmt ist, aber dazu verwendet werden kann, darf
zur Einfuhr ohne Untersuchung zugelassen werden, nachdem es
zum Genüsse für Menschen unbrauchbar gemacht ist.
§ 18. Bei Pferden muss die Untersuchung (§ 1) durch
approbirte Thierärzte vorgenommen werden.
Der Vertrieb von Pferdefleisch sowie die Einfuhr solchen
Fleisches in das Zollinland darf nur unter einer Bezeichnung er¬
folgen, welche in deutscher Sprache ^ ag Fleisch als Pferdefleisch
erkennbar macht.
Fleischhändlern, Gast-, Schank- und Speisewirthen ist der
Vertrieb und die Verwendung von Pferdefleisch nur mit Ge¬
nehmigung der Polizeibehörde gestattet; die Genehmigung ist
jederzeit widerruflich. An die vorbezeichneten Gewerbetreibenden
darf Pferdefleisch nur abgegeben werden, soweit ihnen eine
solche Genehmigung ertheilt worden ist. In den Geschäfts¬
räumen dieser Personen muss an einer in die Augen faUenden
Stelle durch deutlichen Anschlag besonders erkennbar gemacht
werden, dass Pferdefleisch zum Vertrieb oder zur Verwendung
kommt.
Fleischhändler dürfen Pferdefleisch nicht in Räumen feil¬
halten oder verkaufen, in welchen Fleisch von anderen Thieren
feilgehalten oder verkauft wird.
Der Bundesrath ist ermächtigt, anzuordnen, dass die vor¬
stehenden Vorschriften auf Esel, Maulesel, Hunde und sonstige,
seltener zur Schlachtung gelangende Thiere entsprechende An¬
wendung finden.
§ 19, Der Beschauer hat das Ergebniss der Untersuchung
an dem Fleisch kenntlich zu machen. Das aus dem Ausland
eingeführte Fleisch ist ausserdem als solches kenntlich zu
machen.
Der Bundesrath bestimmt die Art der Kennzeichnung.
§ 20. Fleisch, welches innerhalb des Reichs der amtlichen
Untersuchung nach Massgabe der §§ 8 bis 16 unterlegen hat,
darf einer abermaligen amtlichen Untersuchung nur zu dem
Zweck unterworfen werden, um festzustellen, ob das Fleisch
inzwischen verdorben ist oder sonst eine gesundheitsschädliche
Veränderung seiner Beschaffenheit erlitten hat.
Landesrechtliche Vorschriften, nach denen für Gemeinden
mit öffentlichen Schlachthäusern der Vertrieb frischen Fleisches
Beschränkungen, insbesondere dem Beschauzwang innerhalb der
Gemeinde unterworfen werden kann, bleiben mit der Massgabe
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BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
19. Juli 1900.
unberührt, dass ihre Anwendbarkeit nicht von der Herkunft des
Fleisches abhängig gemacht werden darf.
§ 21. Bei der gewerbsmässigen Zubereitung von Fleisch
dürfen Stoffe oder Arten des Verfahrens, welche der Waare eine
gesundheitsschädliche Beschaffenheit zu verleihen vermögen,
nicht angewendet werden. Es ist verboten, derartig zubereitetes
Fleisch aus dem Ausland einzuführen, feilzuhalten, zu verkaufen
oder sonst in Verkehr zu bringen.
Der Bundesrath bestimmt die Stoffe und die Arten des
Verfahrens, auf welche diese Vorschriften Anwendung finden.
Der Bundesrath ordnet an, inwieweit die Vorschriften des
Abs. 1 auch auf bestimmte Stoffe und Arten des Verfahrens
Anwendung finden, die eine gesundheitsschädliche oder minder-
werthige Beschaffenheit der Waare zu verdecken geeignet sind.
§ 22. Der Bundesrath ist ermächtigt,
1. Vorschriften über den Nachweis genügender Kenntnisse
der Fleischbeschauer zu erlassen,
2. Grundsätze aufzustellen, nach denen die Schlachtvieh-
und Fleischbeschau auszuführen und die weitere Behandlung des
Schlachtviehs und Fleisches im Falle der Beanstandung statt¬
zufinden hat,
3. die zur Ausführung der Bestimmungen in dem § 12 er¬
forderlichen Anordnungen zu treffen und die Gebühren für die
Untersuchung des in das Zollinland eingehenden Fleisches fest¬
zusetzen.
§ 23. Wem die Kosten der amtlichen Untersuchung (§ 1)
zur Last fallen, regelt sich nach Landesrecht. Im Uebrigen
werden die zur Ausführung des Gesetzes erforderlichen Be¬
stimmungen, insoweit nicht der Bundesrath für zuständig erklärt
ist oder insoweit er von einer durch § 22 ertheilten Ermächtigung
keinen Gebrauch macht, von den Landesregierungen erlassen.
| 24. Landesrechtliche Vorschriften über die Trichinen¬
schau und über den Vertrieb und die Verwendung von Fleisch,
das zwar zum Genüsse für Menschen tauglich, jedoch in seinem
Nahrungs- und Genusswerth erheblich herabgesetzt ist, ferner
landesrechtliche Vorschriften, die mit Bezug auf
1. die der Untersuchung zu unterwerfenden Thiere,
2. die Ausführung der Untersuchungen durch approbirte
Thierärzte,
3. den Vertrieb beanstandeten Fleisches oder des Fleisches
von Thieren der im § 18 bezeichneten Arten
weitergehende Verpflichtungen als dieses Gesetz begründen, sind
mit der Massgabe zulässig, dass ihre Anwendbarkeit nicht von
der Herkunft des Schlachtviehs oder des Fleisches abhängig ge¬
macht werden darf.
| 25. Inwieweit die Vorschriften dieses Gesetzes auf das
in die Zollausschlüsse eingeführte Fleisch Anwendung zu finden
haben, bestimmt der Bundesrath.
§ 26. Mit Gefängniss bis zu sechs Monaten und mit Geld¬
strafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit einer dieser
Strafen wird bestraft:
1. wer wissentlich den Vorschriften des § 9 Abs. 2, 4, des
§ 10 Abs. 2, 3, des § 12 Abs. 1 oder des § 21 Abs. 1, 2 oder
einem auf Grund des § 21 Abs. 3 ergangenen Verbot zuwider¬
handelt;
2. wer wissentlich Fleisch, das den Vorschriften des § 12
Abs. 1 zuwider eingeführt oder auf Grund des § 17 zum Genüsse
für Menschen unbrauchbar gemacht worden ist, als Nahrungs-
der Genussmittel für Menschen in Verkehr bringt;
3. wer Kennzeichen der im § 19 vorgesehenen Art fälschlich
anbringt oder verfälscht, oder wer wissentlich Fleisch, an welchem
die Kennzeichen fälschlich angebracht, verfälscht oder beseitigt
worden sind, feilhält oder verkauft.
§ 27. Mit Geldstrafe bis zu 150 M. oder mit Haft wird
bestraft:
1. wer eine der im § 26 No. 1 und 2 bezeichneten Hand¬
lungen aus Fahrlässigkeit begeht;
2. wer eine Schlachtung vornimmt, bevor das Thier der in
diesem Gesetze vorgeschriebenen oder einer auf Grund des § 1
Abs. 1 Satz 2, des § 3, des § 18 Abs. 5 oder des § 24 angeordneten
Untersuchung unterworfen worden ist;
3. wer Fleisch in Verkehr bringt, bevor es der in diesem
Gesetze vorgeschriebenen oder einer auf Grund des § 1 Abs. 1
Satz 2, des § 3, des § 14 Abs. 1, des § 18 Abs. 5 oder des § 24
.angeordneten Untersuchung unterworfen worden ist;
4. wer den Vorschriften des § 2 Abs. 2, des § 7 Abs. 2, 3,
des § 8 Abs. 2, des § 11, des § 12 Abs. 2, des § 13 Abs. 2
oder des § 18 Abs. 2 bis 4, ingleichen, wer den auf Grund des
§ 15 oder des § 18 Abs. 5 erlassenen Anordnungen oder den
auf Grund ' des § 24 ergehenden landesrechtlichen Vorschriften
über den Vertrieb und die Verwendung von Fleisch zuwider¬
handelt.
§ 28. ln den Fällen des § 26 No. 1 und 2 und des § 27
No. 1 ist neben der Strafe auf die Entziehung des Fleisches
zu erkennen. In den Fällen des § 26 No. 3 und des § 27 No. 2
bis 4 kann neben der Strafe auf die Einziehung des Fleisches
oder des Thieres erkannt werden. Für die Einziehung ist
es ohne Bedeutung, ob der Gegenstand dem Verurtheilten gehört
oder nicht.
Ist die Verfolgung oder Verurtheilung einer bestimmten
Person nicht ausführbar, so kann auf die Einziehung selbst¬
ständig erkannt werden.
§ 29. Die Vorschriften des Gesetzes, betreffend den Ver¬
kehr mit Nahrungsmitteln, Genussmitteln und Gebrauchsgegen¬
ständen vom 14. Mai 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 145) bleiben
unberührt. Die Vorschriften des § 16 des bezeichneten Gesetzes
finden auch auf Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des
gegenwärtigen Gesetzes Anwendung.
§ 30. Diejenigen Vorschriften des Gesetzes, die sich auf
die Herstellung der zur Durchführung der Schlachtvieh- und
Fleischbeschau erforderlichen Einrichtungen beziehen, treten mit
dem Tage der Verkündigung dieses Gesetzes in Kraft.
Im Uebrigen wird der Zeitpunkt, mit dem das Gesetz ganz
oder theilweise in Kraft tritt, durch Kaiserliche Verordnung mit
Zustimmung des Bundesraths bestimmt.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift
und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Neues Palais, den 3. Juni 1900.
(L. S.) Wilhelm.
Fürst zu Hohenlohe.
; Protest gegen das Einfuhrverbot von lebendem Vieh aus Amerika.
Wie „American Exchange“ mittheilt, hat sich Mr.
j Springer, der Präsident der National Live Stock Association
! nach Washington begeben, um gegen das Einfuhrveibot
Deutschlands gegen lebendes Vieh aus Amerika zu protestiren.
Die Organisation vertritt an Interessen über 600 000 000 Dollars
und ist die grösste Vereinigung dieser Art auf der Erdn.
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19 . Juli 1900.
BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
7
Der Fleischverbrauch in Pari«.
Nach dem „Journal“ der „Chambre Syndicale de la Boucherie
de Paris“ konsumirte Paris im Jahre 1899 354 515 Rinder,
180 719 Kälber, 1933 409 Schafe (meist kleine Thiere) und
464 253 Schweine. Gegen das Vorjahr ergiebt sich eine Zu¬
nahme von 23 000 Rindern und 26 530 Schafen, aber bei den
Schweinen eine Abnahme von 53 428 Stück. Das vermehrte
Angebot von Rindern zog ein Sinken der Preise fiir Rindfleisch
nach sich, Hammelfleisch stieg etwas im Preise. Hervorgehoben
wird die Thatsache, dass die Zufuhr von ausländischem Fleisch
unbedeutend war und gratuliren sich die Franzosen, dass sie im
Stande sind, den Markt mit inländischem Fleisch zu versorgen und
bezüglich der Fleischversorgung vom Anslande unabhängig sind.
Die Reinlichkeit In den deutschen Schlachthäusern.
In englischen Fachblättern cursirt die Notiz, dass der
Führer der Centrumspartei kürzlich den Ansspruch gethan hat,
dass er sowohl in amerikanischen als auch deutschen Schlacht¬
häusern gewesen sei. In den ersteren sei der Geschäftsbetrieb
ein viel sauberer als in deutschen Schlachthäusern. Herr
Dr. Lieber mag so unrecht nicht haben, denn auch schon
anderen Besuchern von Schlachthäusern ist es aufgefallen, dass
die Stadtväter namentlich in manchen kleineren Schlachthäusern
mit der Bewilligung des nöthigen Reinigungspersonals und
-materials recht sparsam umgehen.
Bund der Trichinen- und Fleischbeschauer.
Der VIII. Bundestag findet am 15. und 16. Juli in Magde¬
burg statt. Auf der Tagesordnung stehen u. A. Berathungen
über die durch das Fleisclischaugesetz bedingten Folgen für die
Fleisch- resp. Trichinenschauer an Orten ohne öffentliche Schlacht¬
höfe und die Frage, ob die Trichinenschauer an den Schlacht¬
höfen nach dem Communalbeamtengesetz vom 30. Juli 1899
Pensionsberechtigung erlangen.
Der Gedanke, Kaninchenfleisch als Votksnahrungsmittel zu ver¬
werten, hat den Anstoss gegeben zur Gründung eines Vereins
für Kaninchenzucht. In einer von diesem Verein jetzt gegründeten
Zeitschrift für Kaninchenzucht wird die eindringliche Aufforderung
an die Landwirthe gerichtet, Kaninchenzucht im grossen Mass-
stabe zu betreiben. C. M.
Der 23. deutsche Fleischerverbandstag.
Zu dem Verbände, welcher am 11. und 12. Juli d. J. in
Nürnberg tagte, gehören fast 32 000 selbständige Fleischer¬
meister. Folgende Gegenstände, welche dort zur Verhandlung
kamen, haben auch ein weiteres thierärztliches Interesse. Lebhaft
wurde dafür eingetreten, dass die in der Kaiserlichen Ver¬
ordnung, betreffend die Hauptmängel und Gewährfristen
beim Viehhandel unter § 2 Absatz 2 nicht mit als Hauptmängel
aufgeführten Krankheiten des Rindviehs an Finnen und Gelb¬
sucht in diese gesetzliche Bestimmung mit aufgenommen
werden. Den Zusatz von Meat Preserve zu Hack- und
Schabfleisch hält der Verbandstag für einen Fortschritt der
Fabrikation und unentbehrlich. Das Gutachten des Reichs¬
gesundheitsamtes sei nach dem fachgemässen Urtheil des Ver¬
bandes nicht zutreffend. Der Verkauf gefärbter Wurst soll
für das deutsche Reich gleichmässig gestattet oder ver¬
boten werden. Der Bundesrath soll dringend um Abänderung
der Bestimmungen über die Desinfection der Eisenbahn¬
wagen (mit Carbol) ersucht werden. Das Fleischschau¬
gesetz findet nicht den Beifall des Verbandstages, weil die
Hausschlachtungen ausgenommen und die Einfuhr von Pökel¬
fleisch gestattet ist. Für die berechtigten Forderungen des
Fleischergewerbes soll nach wie vor mit allen Mitteln ein¬
getreten und das Publikum über die Beschaffenheit und Gefahren
der ausländischen Fleischwaaren aufgeklärt werden. Gegen
die Einfuhr von Zungen und Lebern wird mit grosser
Mehrheit Stellung genommen. Für Pferdefleischwurst soll
die Deklarationspflicht eingeführt werden. Beantragt werden
wird die Aufhebung der zollfreien Fleisch-Einbringung
im kleinen Grenzverkehr. Von der Einberufung eines
internationalen Fleischer - Congresses wird vorläufig
Abstand genommen. Für die Abfassung eines Lehrbuches
für den Foribildungsunterricht im Fleischergewerbe wird
ein Preis von 300 M. ausgesetzt.
Das Schlachtvieh- und Fleischbeschaugesetz vom
3. Juni 1900 ist in der No. 163 des „Deutschen Reichs-
Anzeigers“ Berlin (SW., Wilhelmstrasse 32) vom 11. d. Mts.
(Einzelnummer käuflich für 25 Pf.) veröffentlicht worden. Die
Vorschriften des Gesetzes, die sich auf die Herstellung der zur
Durchführung der Schlachtvieh- und Fleischbeschau erforderlichen
Einrichtungen beziehen, treten mit dem Tage der Verkündigung
des Gesetzes in Kraft. Im Uebrigen wird der Zeitpunkt, mit
dem das Gesetz ganz oder theilweise in Kraft tritt, durch
Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesraths be¬
stimmt werden.
Der Londoner Viehmarkt, die Seuchen und die Fleischschau.
Der inländische Markt wurde nach dem Bericht des Cattle
Markets Committ. im Jahre 1899 mit 88 858 Rindern, 3 232
Kälbern, 580 626 Schafen, 38 Schweinen und 13 799 anderen
Thieren beschickt, während an den ausländischen Markt
167 162 Rinder und 294 013 Schafe gebracht wurden. Die Zu¬
fuhr zum inländischen Markt ist gegen das Vorjahr beträcht¬
licher gewesen, die Zufuhr von lebendem Vieh zum ausländischen
Markt hat nicht unbeträchtlich abgenommen. Neben der all¬
gemeinen Viehabnahme in den Vereinigten Staaten von Nord-
Amerika wird für die Abnahme der Zufuhr von ausländischem
Vieh hauptsächlich der Grund herangezogen, dass im Anfang
des Berichtsjahres die Viehtransportschiffe von der Regierung
zu Zwecken des spanisch-amerikanischen Krieges gebraucht
und in der zweiten Hälfte des Jahres wiederum von der eng¬
lischen Regierung die Schiffe aus Anlass des südafrikanischen
Krieges zu Truppentransporten verwendet worden sind.
Der Seuchen- und Fleischschaubericht, welcher von
Mr. James King erstattet worden ist, zählt 5 Fälle von Rotz
auf, welche bei 4 zu Geschäftszwecken dienenden Pferden und
einem zum Verkauf gestellten Pferde festgestellt wurden. In
den ersten 4 Fällen wurde von der Stadt eine Entschädigung von
40 M. gewährt. Die Ställe, wo die Pferde gestanden hatten,
wurden desinficirt und die darin befindlichen Pferde unter Ob¬
servation gestellt. In einem Stall kam ein erneuter Ausbruch
vor. Von den auf dem Markt verkauften Pferden, im Ganzen
11 413 Stück wurden kurz nach dem Verkauf anderswo 2 Pferde
mit der Rotzkrankheit behaftet befunden. Ermittelungen nach
den ursprünglichen Eigenthümern und Ställen wurden eingeleitet,
um die Rotzherde aufzudecken und zu tilgen. Ferner wurde
ein Thierarzt zur Untersuchung der Markt-Pferde angestellt.
Die Obduction bei einem von der Polizei getödteten, der
Tollwuth verdächtigen Hunde wurde ausgeführt und ergab,
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dass der Hund an einem epileptischen Anfall gelitten haben
müsse.
Bei einem aus einem gesperrten Bezirk eingesandten
Schwein wurde Schweinepest festgestellt.
Von den in den Schlachthäusern geschlachteten
Thieren wurden verworfen: 695Kühe, 16 Starken, 11 Ochsen,
7 Bullen, 12 Kälber, 162 Schafe, 34 Lämmer und 63 Schweine,
ausserdem von 117 Kühen, 2 Starken, 3 Ochsen, 1 Kalb, 5 Schafen,
2 Schweinen einzelne Theile. Von Krankheiten gaben Anlass
znr Verwerfung: Tuberculose bei 483 Thieren, Wassersucht bei
382, Verenden beim Transport bei 91, Abmagerung bei 63,
Entzündung bei 25, Erstickung bei 22, Verletzungen bei 19,
Zersetzung bei 11, Actinomykose bei 8, Parasiten bei 4, Bauch¬
fellentzündung bei 4, Unverkäuflichkeit bei 3, Abscesse bei 3,
Blutvergiftung bei 3, Gelbsucht bei 3, Gelenkentzündung bei 2,
Schweinepest, Urticaria, Gebärfieber, Krebs bei je 1 Thier.
Gegen das Vorjahr sind 447 Thiere mehr beschlagnahmt. Unter
den tuberkulösen Kühen waren viel abgemolkene Milchkühe, und
hält King dieses Vorkommen der Tuberkulose unter den Milch¬
kühen für äusserst bedenklich bezüglich der Milchversorgung.
Die Lokalbehörden und Farmer sollten Schritte thun, um die
Ausbreitung der Tuberkulose unter den Milchviehbeständen zu
bekämpfen. Kühn au.
Viehseuchendebatte Im englischen Unterhause.
In der Sitzung des „House of Commons am 22. Juni d. J.
wurde der Landwirthschaftsminister Mr. Long gelegentlich der
Bewilligung seines Gehalts, wegen der Schweinepest- und Maul¬
und Klauenseuchebekämpfung angegriffen. In seiner Erwiderung
legte Mr. Long dar, dass die Erfolge bezüglich der Tilgung
der Schweinepest in England durchaus als befriedigend
bezeichnet werden müssen. Während die Entschädigungskosten
sich im Jahre 1897/98 auf £ 125 OOO beliefen, betrug die Summe
im Jahre 1899/1900 £ 78 700. An Ausbrüchen wurden im
Jahre 1898/99 24 000 festgestellt, dagegen im Jahre 1899/1900
21 000. In den 16 Wochen des laufenden Jahres betrugen die
Ausbrüche etwas über 1000, während sich in der gleichen
Periode des Vorjahres 1370 ereigneten. Die Erfolge zeigen,
dass in der Bekämpfung nicht nachgelassen werden darf, um
eine Ausrottung dieser verderblichen Seuche herbeizuführen.
Die befeindeten Massnahmen gegen die Maul- und
Klauenseuche seien durchaus geboten gewesen. Beim Auf¬
decken eines Seuchenherdes muss ein umfangreiches Gebiet
gesperrt werden, damit die Viehbewegung von hier aus nach
den Häuptmärkten inhibirt werde. Das Niederschlagen des
Ausbruchs werde hierdurch wesentlich beschleunigt, wie der
Verlauf des Ausbruchs gelehrt habe. Der Ansicht, dass durch
das Ueberbordwerfen der an Maul- und Klauenseuche ein¬
gegangenen Wiederkäuer und wieder an Land Spülen der
Cadaver die Seuche verschleppt werden könne, müsse er
auf Grund der Gutachten entgegentreten. Das Seewasser
wirke desinficirend und vernichte den Ansteckungsstoff. I
19. Juli 1900.
Die Unterscheidungsmerkmale des BQiretflelscbes vom Rindfleische.
Von Franz Puntigam und Carl Halusa.
(Thierärztl. Centralbl. 1900 H. 8).
Ueber die Kennzeichen des Büffelfleisches sind in den meiston
Lehrbüchern der Fleischbeschau keine erschöpfenden Angaben
gemacht. Die Verff. haben sich deshalb bemüht, die besondern
Eigenschaften des Büffelfleisches näher zu charakterisiren und
zusammenzustellen, um den Verwechselungen dieses Fleisches
mit Rindfleisch vorzubeugen. Die Untersuchungen beziehen sich auf
den vom indischen Büffel abstamraenden gezähmten Büffel.
Im frischgeschlachteten Zustande ist das Büffelfleisch im
allgemeinen dunkler (rothbraun) als das Rindfleisch, dagegen
haben junge Büffel blassrothes Fleisch, welches an frischen Schnitt¬
flächen einen lebhaft violettschillernden Glanz besitzt.
Das Büffelfleisch ist grobfaserig und hat einen moschus¬
ähnlichen Geruch, der beim Kochen stärker hervortritt. Wird
dasselbe in mit Schwefelsäure ungesäuertem Wasser gekocht, so
macht sich ein übler, an Rinderdünger erinnernder Geruch be¬
merkbar. Gekochtes Büffelfleisch ist zähe.
Der Hautmuskel des Büffels bildet einen etwa 4 Finger
breiten Streifen. Das Fett des Büffels ist auffallend weiss und
fühlt sich beim Zerreiben zwischen den Fingern trocken und
klebrig an. Diese werden dabei nicht fettig. Das Fett lagert
nicht wie beim Rinde zwischen den Muskelbündeln sondern
zwischen den Muskeln ab. Die Eigenschaften des Fettes haben die
Bedeutung charakteristischer Merkmale.
Weitere Kennzeichen sind: Wenig entwickeltes Nierenfett,
weisses Knochenmark, feine und spröde Knochen. Die
Röhrenknochen sind kürzer und ihre compacte Substanz ist
dünner und spröder als beim Hausrinde. Die Rippen des Büffels
sind breiter und flacher gewölbt als die des Hausrindes. Die Quer¬
schnitte der unterenRippentheile haben beimRinde biconcave Seiten¬
linien, beim Büffel sind die Seitenflächen an dieser Stelle der Rippen
dagegen fast parallel. Das Rinderbecken hat eine ausgehöhlte
obere Schambeinfläche, beim Büffelbecken ist die obere und
untere Fläche dieser Knochen eben. Die Darmbeinsäule ist bei
der Büffelkuh stark gebogen, sodass der Beckeneingang sich der
Form eines Kreises nähert. Wegen dieser günstigen Formation
des Beckens sollen Schwergeburten bei den Büffelkühen selten
Vorkommen. Bei den zwangsweisen Paarungen von Kühen und
Büffelstieren sollen die büffelähnlichen Köpfe der Producte fast
stets Geburtshindernisse bilden, weil der Beckeneingang der
Kuh eine elliptische Form hat. Die Darmbeinschaufeln des
Büffelbeckens sind breiter als beim Rinde und stark nach aussen
gerichtet.
Als hauptsächlichste Erkennungszeichen sind aus dieser
Beschreibung hervorzuheben die eigenthümliche Beschaffenheit
des Fettes und Knochenmarkes. Bei Beurtheilung von fettfreien
Stücken liefert die Schwefelsäureprobe einen ziemlich sicheren
Anhalt.
BEIBLATT dkr BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
Berlin, Druck von W. Uüxenstein
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Die berliner Thlerlntllche Wochenschrift“ erxcheint
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Alle Manuseripte, Mittheilungen und rodactionellen An¬
fragen beliebe man tu senden an Prof. Dr. Schmält»,
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Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz-Berlin.
Verantwortlicher Bedactear.
De Braln Köhwui Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZOndel
Professor Obertbierarxt Departementsthlerarzt Krelsthierarzt Departementsthierarzt Veterlntrassessor Professor Landes-Insp. f. Tblerzncht Krelsthierarzt
Utrecht Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900.
Ausgegeben am 26. Juli.
Inhalt: Kühnau: Gefahr, Erkennung und Bekämpfung der Eutertuberculose. — Referate: Nocard: Zur postmortalen
Diagnose der Tollwuth. — Babös: Die beschleunigte Diagnose der Tollwuth durch die microscopische Untersuchung des
Bulbus des heissenden Hundes. — Eber: Ueber das Airol. — Pisenti: Die Desinfection des Conjunctivalsackes mit Hülfe
eines neuen Instrumentes. — Kleine Mittheilungen. — Tagqsgesohichte: Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. —
Fleischschau und Viehhandel. — Personalien. — Vaoanzen.
Gefahr, Erkennung und Bekämpfung der
Eutertuberculose.
Von
KDhnau-Hamburg.
Oberthierarzt.
i
Die Tuberculose der landwirtschaftlichen Hansthiere wurde |
ein Gegenstand ernstester Aufmerksamkeit, als experimentell
festgestellt worden war, dass die Krankheit durch Fütterung
and Impfung auf andere Thiere übertragen werden konnte und
die Ursache der menschlichen und thierischen Tuberculose eine j
einheitliche war. Wenn auch Dr. Theobald Smith*) von der
Harvard-Universität erklärt, dass gewisse Unterschiede zwischen |
den Tuberkelbacillen des Menschen und denjenigen des Rindes (
existiren und dass nach seinen Forschungsergebnissen diese
beiden Bacillenarten keineswegs identisch sind, so dürfte doch
die Thatsache der Uebertragungsmöglichkeit der Tuber- |
culose von Thier auf Mensch und umgekehrt feststehen
and hieran nicht zu rütteln sein. Diese Thatsache bildet ein
Hauptmoment bei der jetzigen Bewegung zur Bekämpfung der
Tuberculose als Volkskrankheit durch prophylactische Mass¬
nahmen und kam erst jüngst wieder gelegentlich der Tuberculose-
Congresse zu Neapel und Glasgow znm Ausdruck. Bei den
Verhandlungen zu Neapel brachte G. Marcone**) zur
Sprache, dass er die Milch der neapolitanischen Kühe znm
Gegenstand genauer experimenteller Untersuchungen gemacht
habe. Durch Ueberimpfung der Milch von 126 Kühen auf Meer¬
schweinchen erhielt er in einem Viertel der Fälle in Bezug
auf Tuberculose positive Resultate. Ein Ergebniss, welches
die Gefahren des Milchgennsses um so eindrucksvoller zur Er- i
kenntniss kommen lässt, wenn man bedenkt, dass in Neapel die j
Kühe von Hans zu Haus getrieben und gemolken werden, in Folge
dessen der Genuss kuhwarmer Milch in jener Stadt recht ver¬
breitet ist. M. tritt warm für die Tuberculinimpfung der Kühe
ein. Cozzolino will auch das Personal der betreffenden
*) Milchzeitung 1900. No. 21.
**) Deutsche Medicinische Wochenschrift 1900 No. 20.
Stallungen von Zeit zu Zeit ärztlich untersucht haben. Gnaldi
berichtet über die Tuberculin-Impfungen in Rom, welche dort
nach einem localen Reglement vor sich gehen. Der Procent¬
satz der Rindertnberculose in Rom beträgt mit grosser Regel¬
mässigkeit 6—7 pCt. Gnaldi führt als Beispiel der Ueber¬
tragungsmöglichkeit der Rindertuberculose auf den Menschen an,
dass in einer Meierei Roms ein Junge an Tuberculose starb;
sämmtliche 15 Kühe der Meierei wurden tuberculös befunden.
Jemma theilte seine Milchfütterungsversuche mit. Er versetzte
sterilisirte Milch mit Tubercelbacillen, die durch eine 25 Minuten
lange Einwirkung einer Temperatur von 100°C abgetödtet
waren und fütterte damit Kaninchen. Die Thiere gingen zu
Grunde, während ControUkaninchen, die sterilisirte Milch aUein
erhielten, am Leben blieben. Redner zieht daraus den Schluss,
dass die Milch von Kühen, die auf Tuberculin reagiren, selbst
gekocht nicht genossen werden darf*). Cazzella befürwortet
bei ausgesprochener Tuberculose Vernichtung des Fleisches der
betreffenden Thiere unter Schadloshaltung der Besitzer. Die
staatliche Entschädigung der Besitzer tnberculösen Viehs wird
auch von Plechl empfohlen.
Auch bei den Berathnngen in Glasgow*) wurde auf die
Gefahr der Uebertragung der Tuberculose durch den Genuss von
Fleisch und Milch tuberculöser Thiere Bedacht genommen und
zur Abwendung dieser Gefahr Resolntionen angenommen, welche
die Errichtung von öffentlichen Schlachthäusern und Fleischschau-
äm^ern, die Einführung einer einheitlichen Fleischbeschau für
inländisches und ausländisches Fleisch durch befähigte Sach¬
verständige, zweckmässig eingerichtete Milchviehställe mit un¬
durchlässigem Fussboden, genügender Wasserversorgung zum
Reinigen, gutem Abfluss, einer Düngerstätte in genügender Ent¬
fernung vom Stall, einem Mindestluftraum von 600 Cubikfnss
für jedes erwachsene Thier, einem bestimmten Mindestplatz für
jedes erwachsene Thier, sowie ausreichendem Licht und Ventilation,
*) Auf die Zahlenverhältnisse der todten Bacillen scheint keine
Rücksicht genommen zu sein.
**) Meat. Trades Journal No. 629, 17. Mai 1900.
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850
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 80.
periodische thierärztliche Untersuchung des Milchviehs, An¬
wendung der Tuberculinimpfung bei verdächtigen Kühen und
Ausmerzung besonders der eutertuberculösen Kühe fordern.
In Anregung, welche der Deutsche Milchwirthschaftliche
Verein bezüglich der gesetzlichen Bekämpfung der Eutertuber-
culose am Schlüsse des vorigen und Anfang dieses Jahres
gegeben hat, haben sich auch die deutschen landwirtschaftlichen
Vereinigungen eingehend mit der Behandlung der Eutertuber-
culose beschäftigt und hat die Landwirthschaftskammer
der Provinz Brandenburg in ihrer Vollversammlung am
15. März 1900 nach einem Referat des Herrn Assistenten Knuth-
Berlin einen Beschluss gefasst, dass die Eutertuberculose der
Kühe und die Tuberculose des Rindviehs, welche durch bemerk¬
bare Abmagerung erkenntlich ist, unter das Viehseuchengesetz zu
stellen sind.
Die Herdbuchgesellschaft*) zur Verbesserung des
in Ostpreussen gezüchteten Holländer Rindviehs hat
beschlossen, die Bekämpfung der Eutertuberculose und der
übrigen klinischen Formen der Tuberculose bei ihren Zuchtvieh¬
beständen in Angriff zu nehmen. Die Thiere der Bestände sollen
regelmässig von einem Thierarzt untersucht werden, von ver¬
dächtigen Thieren Milch- und Eutergewebsproben entnommen
und in einem eigens dazu hergerichteten Laboratorium untersucht
werden. Die Milch der verdächtigen Thiere darf nur in ge¬
kochtem Zustande verwerthet werden. Die tuberculös befundenen
Rinder sollen ausgemerzt, das Jungvieh mit gekochter Milch
ernährt und auf angeborene Tuberculose durch Tuberculin-Impfung
geprüft werden.
Diesen Bestrebungen liegen namentlich die thatsächlichen
Feststellungen zu Grunde, welche bezüglich der Gefahr
der Eutertuberculose von den Autoren gegeben worden sind-
Besonders klärend hat in dieser Beziehung ein Versuch**) ge¬
wirkt, welcher im Sommer 1898 im hygienischen Institut der
thierärztlichen Hochschule zu Berlin zur Ausführung gelangte.
In der ersten Versuchsreihe wurden 22 Meerschweinchen mit
Milchmengen von einer eutertuberculösen Kuh, in denen Tubercel-
bacillen nachgewiesen waren, im Gewicht von 0,05 g bis 300 g
einmal gefüttert. Alle Versuchsthiere, welche mehr als 15 g
Milch erhalten hatten, erkrankten an Fütterungstuberculose. In
der zweiten Versuchsreihe wurden 30 Meerschweinchen mit Milch
von derselben Kuh in Mengen von 10 g bis herunter zu 0,00001 g
intraperitoneal geimpft. Bei der 7 Wochen später vorge¬
nommenen Tödtung wurden alle Versuchsthiere als tuberculös
befunden. Ein Resultat, welches so recht geeignet ist, den
hohen Grad der Infectiosität der Milch einer eutertuberculö'sen
Kuh zu veranschaulichen. Bestätigt wird dieses Ergebniss durch
die Beobachtungen, welche gelegentlich der Ausübung der Fleisch¬
beschau an den Schlachthöfen gesammelt und in den Statistiken
niedergelegt sind. Oftmals sind weit über 60 pCt. der Schweine,
welche mit Molkereiproducten aus Sammelmeiereien gemästet
wurden, mit Tuberculose behaftet befunden worden. Von mir
selbst sind wiederholt Fälle beobachtet und mitgetheilt worden,
wo Sendungen von Schweinep aus Genossenschaftsmeiereien,
welche mit rohen Molkereiproducten gefüttert waren, bei der
Schlachtung im Hamburger Schlachthof bis zu 90 pCt. mit
Fütterungstuberculose behaftet befunden worden waren. Ein
sehr krasses Beispiel, welches im Frühjahr dieses Jahres sich
*) Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene 1900, No. 9.
**) Ebendaselbst.
ereignete und mir Gelegenheit zu weiteren Feststellungen und
Versuchen gab, möge folgen.
Am 8. und 9. April d. J. gelangte im Hamburger Schlachthof
ein Posten von 80 Schweinen zur Abschlachtung, unter dem bei
der Untersuchung nach der Schlachtung 76 Stück Schweine mit
Tuberculose behaftet befunden wurden und zwar 8 Stück so
hochgradig, dass sie gänzlich beschlagnahmt werden mnssten.
Alle tuberculösen Schweine zeigten Veränderungen in den
Unterkieferlymphdrüsen, in den Gekrösdrüsen und zum Theil
auch in der Leber, der Milz, der Lunge und den Knochen.
Die ältesten Veränderungen betrafen die Unterkieferlymph-
und die Mesenterialdrüsen. Die Veränderungen in der
Leber, Milz, Lunge u. s. w. waren embolischer Natur. Es
handelte sich demnach um eine ausgeprägte Fütterungstuber¬
kulose. Der Transport Schweine stammte aus einer Sammel¬
molkerei in Schleswig-Holstein. Die Ermittelungen ergaben,
dass in der Meierei ständig etwa 300 Schweine in Posten von
60 bis 80 Stück gemästet wurden. Als Futter wurden Mais,
Gerste, pasteurisirte Magermilch und rohe Molken verabreicht.
Letztere in ziemlicher Menge, da mit der Meierei eine be¬
deutende Käserei verbunden ist. Nahe lag es nun, die Molken
als Träger des Ansteckungsstoffes zu beschuldigen. Dem
Rechnung tragend, wurden in der Meierei sofort Vorkehrungen
getroffen, die Molken nur noch in pasteurisirtem Zustande zur
Verfütterung zu bringen. Bei der näheren Besprechung und
Untersuchung des Falles ergab sich aber noch ein Umstand,
der wahrscheinlich Anlass zu der kollossalen Ausbreitung der
Tuberkulose unter dem Schweinebestand gegeben hat; um so
mehr ist darauf zu schliessen, als ein zwei Monate früher
fertig gestellter Posten Schweine ebenfalls im Hamburger
Schlachthofe zur Abschlachtung gelangte und bei der Unter¬
suchung keine auffällige Behaftung mit Tuberculose hatte er¬
kennen lassen. Nach Absendung dieses Transports war von
dem Besitzer der Meierei ein neuer Arbeiter eingestellt worden,
dem das Reinigen der Centrifugen übertragen war. Dieser
Arbeiter hatte nun nach Beendigung des Centrifugirens nicht,
wie Vorschrift war, erst die Restmilch ablaufen lassen und dann
den Centrifugenschlamm entfernt und verbrannt, sondern er hatte,
noch während die Milch in der Centrifuge war, den Schlamm gelöst
und mit der Restmilch zusammen den Schweinen als Futter ge¬
geben. Da beim Ausschleudem der Milch bekanntlich der Centri¬
fugenschlamm mit Vorliebe die etwa in der Milch enthaltenen
Tuberkelbacillen in sich aufnimmt, ist es erklärlich, dass der
Centrifugenschlamm ausserordentlich geeignet ist, durch Ver¬
fütterung die Tuberculose zu übertragen. Demgemäss ist ja
auch fast überall schon die Anordnung getroffen, dass der Centri¬
fugenschlamm verbrannt wird. Auch in der Meierei war dies
strenge Vorschrift aber in Folge Unachtsamkeit des Arbeiters
nicht zur Ausführung gelangt. Wenn nun auch der Besitzer
der Meierei sofort Vorkehrungen traf, um in Zukunft die Ueber-
tragungsmöglichkeit durch Milchabfälle auszuschliessen, so lag ihm
doch daran zu erfahren, ob und welche seiner Lieferanten tuber-
culöse Milch lieferten und in Folge dessen unterstützte er mich
bei den weiteren Versuchen*) durch Uebersendung von Milch¬
proben von seinen sämmtlichen 45 Lieferanten. Ich erhielt die
*) Auch Herrn Stabsthierarzt Völlers, Herrn Collegen Glage
und dem Geschäftsführer des Deutschen Milchwirthschaftlichen Ver¬
eins, Herrn Oeconomierath Boysen will ich an dieser Stelle für
ihre bereitwillige Unterstützung meinen besten Dank abstatten.
Kühnau.
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26. Juli 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICUE WOCHENSCHRIFT.
351
Proben am 24. April. Dieselben worden centrifugirt nnd Rahm-
and Bodensatz microscopisch anf Tuberkelbacillen untersucht.
Die Auffindung von Tuberkelbacillen in der Milch gelang nicht,
was auch nicht zu verwundern ist, wenn man bedenkt, dass die
Proben dem Gesammtgemelk von Beständen, aus 20 und mehr
Kühen bestehend, entnommen waren. Das Rahm-Bodensatz-
gemenge jeder der 45 Proben wurde am 25. April je einem
Meerschweinchen in einer Menge von 1—2 g in die
Bauchhöhle gespritzt. Von den 45 Meerschweinchen
gingen in den ersten Tagen nach der Impfung 6 Stück
an einer Bauchfellentzündung zu Grunde, wodurch leider
das Ergebniss der Versuche etwas getrübt wird. Die übrigen
lebten aber alle über 14 Tage bis zu 7 Wochen, zu welcher
Zeit die Tödtung der noch lebenden 33 Meerschweinchen vor¬
genommen wurde. Für 39 Bestände dürfte demnach die Impfung
massgebende Resultate gezeitigt haben. Von den 39 Meer¬
schweinchen zeigte ein nach 14 Tagen gestorbenes nnd ein am
15. Juni getödtetes Tuberculose des Bauchfells, der Gekrös- und
Lendendrüsen, der Leber, der Milz und der Lungen. Tubercel-
bacillen konnten unschwer nachgewiesen werden. Zehn Meer¬
schweinchen und zwar drei am 18 resp. 19. Mai gestorbene und
7 am 15. Juni getödtete wiesen pseudotuberculose Veränderungen
in den Gekrösdrüsen nnd zum Theil auch in der Leber und
Milz anf. In Ausstrichen und Culturen Hessen sich säurefeste
Stäbchen, wie sie Lydia Rabinowitsch beschrieben hat, nach-
weisen. Ein am 11. Mai gestorbenes Thier zeigte Necrose der
Bauchdecken und eitrige Lungen- Brust- und Bauchfellentzündung.
Ein am 25. Mai eingegangenes Thier hatte einen Abscess an
der Bauchwand und Eiterherde in der Leber. Unter den am
15. Juni getödteten Meerschweinchen wurde noch eins mit Leber-
abscesseri und eins mit einem Lungenabscess behaftet befunden.
Als Ursache in allen diesen Fällen Hessen sich Eitercoccen nacli-
weisen. Letztere Ergebnisse haben wohl ihren Grund in der
nicht mehr frischen Beschaffenheit der Milch. Die restirenden
23 am 15. Juni getödteten Meerschweinchen Hessen Krankheits¬
erscheinungen nicht erkennen. Tabellarisch geordnet stellt sich
das Ergehniss der Impfung folgendermassen dar:
^ Zu früh tot Ergebniss
inf. Bauchfellentzündung verwertlibar von
45 6 = 13 % 39
Tuberculös Pseudotuberculös And. Krankh. Gesund
2 = 6 % 10 = 25 % 4 = 10 % 23 = 59 %
Der Versuch lehrt, dass es erforderlich ist, die Milch
möglichst frisch zu veriinpfen und zu den Impfungen mehr als
ein Meerschweinchen für jede Milchprobe zu nehmen. Ferner
dass in 25 pCt. der Milchproben säurefeste Stäbchen Vorkommen
können, welche bei der intraperitonealen Impfung das Bild der
Pseudotuberculose hervorrufeu und endlich, dass trotzdem Sammel¬
milch, jeder einzelnen Wirthschaft, zu den Impfungen verwandt
ist, zwei Meerschweinchen, 6 pCt. tuberculös erkrankt sind.
Der Bestand, aus dem die Milchprobe stammte, mit der
das am 9. Mai an Tuberculose gestorbene Meerschweinchen
geimpft worden war, setzte sich aus 21 Kühen zusammen. Jede
Kuh wurde gemolken und 2 g Milch je einem Meerschweinchen
in die Bauchhöhle gespritzt. Auch hier gingen zwei Meer¬
schweinchen in den ersten Tagen nach der Impfung an Bauchfell¬
entzündung ein. Die übrigen 19 Meerschweinchen wurden vier
Wochen nach der am 25. Mai erfolgten Impfung getödtet. Die
Obduction ergab bei einem Thier Tuberculose des Bauchfells,
der Leber, der Milz, bei vier Thieren wiederum 25 pCt. Pseudo¬
tuberculose der Leber und bei einem chronische Bauchfell¬
entzündung. Die übrigen 13 Thiere wurden frei von Krankheits¬
erscheinungen befunden.
Die unter liebenswürdiger Mitwirkung des Herrn Collegen
Masch in Wüster vorgenommene Untersuchung des Milch-
viehbestandes ergab, dass unter den 21 Kühen 2 euter¬
kranke Kühe sich befanden. Die eine zeigte eine Verödung des
linken hinteren Euterviertels, das Viertel ist verkleinert, derber,
ohne Knoten und die Lymplidrüsen sind nicht vergrössert. Die
andere Kuh, gelbroth, 8 Jahr alt, war die Lieferantin der Milcli¬
probe, mit der das mit Tuberculose behaftet befundene Meer¬
schweinchen geimpft worden war. Dieselbe hat nach Aussage
des Besitzers allmählich immer weniger Milch gegeben, dabei
sei das Euter ganz schief geworden, jetzt gebe nur noch der
rechte vordere Strich ergiebig Milch. Die anderen drei Viertel
sind etwas vergrössert und fühlen sich hart und knotig an, be¬
sonders die oberen Parthieen der beiden hinteren Viertel, die
Euterlymphdrüsen sind vergrössert und fühle« sich hart an.
Drei Striche geben wenig Milch, der rechte vordere Strich noch
reichlich normal aussehende Milch. Die mit dieser Milch ge-
iihpften Meerschweinchen werden nach drei Wochen getödtet
und tuberculös befunden. Die Diagnose Eutertuberculose ist
somit gesichert.
Der zweite Milchviehbestand, aus dem die Probe des
Gesammtgemelkes stammte, mit welcher das Meerschweinchen
geimpft war, welches bei der sieben Wochen nach der Impfung
erfolgten Tödtung tuberculös befunden worden ist, setzte sich
aus 22 Kühen zusammen. Hier konnte Herr College
Mascli schon bei der einfachen Besichtigung eine euter-
tuberonlöse Kuh herausfinden. Das ganze Euter der gelben
8 jährigen Kuh ist characteristiscli vergrössert nnd fühlt
sich knötchendurchsetzt und hart an, besonders stark
vergrössert ist das rechte vordere Euterviertel. Eine Schmerz¬
haftigkeit ist nicht vorhanden. Die Euterlymphdrüsen und die
Kniefaltenlymphdrüsen der linken Seite sind stark vergrössert,
hart und höckerig. Die beiden vorderen Striche geben- nur
etwas wässeriges Secret, das mit Flocken untermischt ist. Die
beiden hinteren Striche, der rechte Strich mehr als der linke,
geben bei jedem Melken noch ca. 8 1 Milch, die scheinbar
normale Beschaffenheit zeigt. Die Kuh, welche sich sonst in
gutem Nährzustande befindet, hustet zeitweise matt und rauh.
Bei der Untersuchung der Lungen lässt sich ein erschwertes
Athmen feststellen.
Tn dem Bodensatz der centrifugirten Eutersecretproben sind
Tuberkelbacillen durch mich anfgefunden worden. Mit der Milch
geimpfte Meerschweinchen (vier Stück) werden bei der drei
Wochen nach der Impfung erfolgten Tödtung mit Tuberculose
des Netzes, der Gekrösdrüsen, der Leber und Milz, in einem
Falle auch Nieren, Lunge behaftet befanden. In Ausstrichen
Tuberkelbacillen unschwer nachweisbar.
Somit auch hier die Diagnose Eutertuberculose gesichert.
Nach dem Bericht des Besitzers hat derselbe die Kuh
bereits im vorigen Jahre gekauft und da schon bemerkt, dass
ein Vorderviertel des Enters sich hart anfühlte und wenig Milch
gab; nach dem im Februar erfolgten Kalben habe die Vergrösserung
des Euters allmählich immer mehr zugenommen. Die Milch-
secretion der beiden vorderen Viertel ist nahezu versiegt,
während die hinteren Striche noch reichlich Milch geben.
Der von mir unternommene Versuch an der Hand
der Beobachtungen, welche bei Ausübung der Fleisch-
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852
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 30
schau in den Schlachthäusern gemacht werden, die
Ansteckungsquellen der Tuberculose aufzudecken,
hat seine Schuldigkeit gethan. Nicht nur ist der
Molkereibesitzer auf Fehler in seinem Betriebe auf¬
merksam gemacht worden und hat Vorkehrungen zur
Abstellung derselben treffen können, sondern durch
die Verimpfung von Milchproben der einzelnen Liefe¬
ranten, Verimpfung der Milch jeder einzelnen Kuh
des Bestandes, dessen Gesammtgemelk sich als in-
fectiös erwiesen hatte, und Untersuchung der ver¬
dächtigen Bestände sind die eutertuberculösen Kühe
ermittelt worden, welche die Gesammtmilch inficirt
haben und zwar so wirksam, trotzdem die Milch der
beiden Kühe mit der Milch von nahezn 800 anderen
Kühen vermischt worden ist, dass die mit den un"
gekochten Molkereiabfällen gefütterten Schweine in
95 Procent der Fälle tuberculös geworden sind.
Die Schlussfolgerungen des Versuchs zeigen:
1. Die grosse Gefahr der Milch entertuberculöser Kühe,
selbst bei weitgehender Vermischung mit anderer Milch.
2. Die Ermittelungsmöglichkeit der eutertuberculösen Kühe.
a) durch Untersuchung und Verimpfung der Milchproben.
b) durch blosse klinische Untersuchung.
Beide Wege sind gangbar und sollten ohne Verzug be¬
treten werden, um die grosse Gefahr, welche die Eutertuber-
culose der Kühe bezüglich der Uebertragung der Tuberculose
durch Milchgennss auf den Menschen und die Thiere in sich
schliesst, zu beseitigen.
Eine wirkliche Beseitigung der Gefahr wird nur zu erzielen
sein, wenn die eutertuberculösen Kiihe ohne Verzug abgeschlachtet
werden. Diese Forderung bedingt eine Schadloshaltung des
Besitzers der eutertuberculösen Kühe. Die Entschädigung muss
ans allgemeinen Mitteln gewährt werden, wenn von Staatswegen
die Ausrottung der Eutertuberculose in die Wege geleitet
werden soll. Der Staat kann sich aber dieser Forderung nicht
mehr entziehen, denn für die Bekämpfung der Tuberculose des
Menschen und für die Sanirung der Viehbestände ist das drin¬
gende Bedürfhiss von Massnahmen gegen die Eutertuberculose
der Kiihe von den verschiedensten Seiten dargelegt und findet
durch obigen Versuch eine neue Stütze.
Die Massnahmen, welche zur Abwehr und Unter¬
drückung der Eutertuberculose der Kühe geeignet er¬
scheinen, hat der Deutsche Milchwirthschaftliche Verein zu¬
sammengefasst und dem Reichskanzler nebst einer Denkschrift
eingereicht. Wie wir vernehmen, liegt der Entwurf dem Kaiser¬
lichen Gesundheitsamt bereits zur Begutachtung vor.
Das Ermittelungsverfahren bei der Eutertuber-
culose kann sich nicht auf die Anzeigepflicht beschränken,*)
denn der schleichende Verlauf der Krankheit bringt es
mit sich, dass die Veränderung dem Besitzer nicht so
sehr in die Augen fällt und bis zum Verdachtschöpfen
kann die Milch der betreffenden eutertuberculösen Kuh schon
viel Unheil angerichtet haben. Entweder müssen die Milch¬
proben der Bestände untersucht werden oder jede einzelne Kuh
muss klinisch untersucht werden, und bei Verdacht Milchproben,
*) Höchstens könnte dem in der Jnli-Nummer des „Veterinarlan“
von Mr. Gilruth-New-Zealand gemachten Vorschläge zugestimrat
werden, jede Eutererkrankung zur Anzeige zu bringen, damit der
Controlthierarzt baldmöglichst feststellen kann, ob es sich um Enter-
tuberculose handelt oder eine harmlose Eutererkranktmg vorliegt.
oder mittelst einer Harpune entnommene Eutergewebsstückchen
weitergeprüft werden. Die Tuberculinprobe kann eventuell
mit herangezogen werden, indessen giebt sie ein sicher verläss¬
liches Resultat, namentlich bei älteren Kühen, nicht. Nach den
Ergebnissen der Tuberculin-Impfung in den Seequarantänen werden
unter den Kühen, welche auf die Impfung nicht reagirt haben,
bei der Abschlachtung noch 17 bis 20 pCt. mit Tuberculose be¬
haftet befunden. Der hohe Procentsatz von Tuberculose unter
dem Vieh, welches nicht reagirt hat, ist sicher schuld an den
schlechten Erfahrungen, welche man bei Anwendung des Tuber-
cnlin8 als Tilgungsmittel in grossen Milchviehbeständen gemacht
hat. Tuberculinimpfung ist wohl ein gutes Orientirungsmittel,
aber auf Grund des Ergebnisses der Tuberculinimpfung allein die
Tilgungsmassnahmen in grossen, wechselnden Viehbeständen zu
basiren, ist nicht zu empfehlen. Kleinere Bestände dagegen, wo
wenig Ankauf, meistens Ergänzung durch Aufzucht statthat’
lassen sich durch Tuberculinimpfung verhältnissmässig leicht von
der Tuberculose befreien. Der Werth des Tuherculins als
Orientirungsmittel über die Ausbreitung der Tuberculose im All¬
gemeinen ergiebt sich aus einer neuen Zusammenstellung von
Bang.
Die Tuberkulin-Impfungen Dänemarks.
1. Gesammtübersicht.
Bestände
Anzahl der geprüften
Thiere
Zeitperiode.
Im
Ganzen
zum
ersten
Mal
goprOft
im
Ganzen
I c
davon 1 g
reagirt O
1 *-
1 0.
April 1893 bis Juni 1894 . . .
327
327
8 401
3 362 40,0
Juni 1894 bis October 1895 . .
1873
1645
44 902
17 303, 38,5
October 1895 bis Mai 1896 . .
930
749
20 791
6 622 31,9
Mai 1896 bis Juni 1897 . . .
[7816
3012
84 897
21668 25,5
Juni 1897 bis Mai 1898 . . .
2165
65 788
15 642 23,8
Mai 1893 bis Januar 1899 . .
1454
618
35533
7 725 21,7
Januar 1899 bis Januar 1900 .
1293
543
33 568
6 759 20,1
2. Reaktionsprocente nach dem Alter der Thiere.
Zeitperiode
Bis
V, Jabr
1 Jahr
2 Jahre
Ueber
2'/ a Jahre
April 1893 bis Jnni 1894
16,6
35,3
43,7
50.4
Juni 1894 bis Octbr. 1895
15,3
28
39,5
49,2
Octbr. 1895 bis Mai 18%
9,3
23,1
32,5
42,5
Mai 1896 bis Jnni 1897 .
10,6
19,1
27,6
34
Juni 1897 bis Mai 1898 .
10,7
18,7
23,2
31,3
Mai 1898 bis Januar 1899
9,7
16,8
21,5
28,3
Jan. 1899 bis Jan. 1900 .
7,9
14,9
19,1
26,8
Wenn auch Bang an den Werth des Tuberculins für
Tilgungszwecke der Tuberculose im Allgemeinen festhält, so
empfiehlt er doch auch gegen die Eutertuberculose besondere
Massnahmen und diese decken sich mit den auch von mir vor¬
geschlagenen. Meiner Ansicht nach ist aber unbedingt daran
festzuhalten, dass die Ausrottung der Eutertuberculose in den
Vordergrund gestellt werden muss. Nach und nach sind dann
auch die anderen Formen der thierischen Tuberculose einzubegreifen.
Für den Nachweis der Tnberkelbacillen in der
Milch sind meist Anreicherungsmethoden nothwendig, wie sie
von Schranck, Thörner, Ilkewitsch, Scheurlen, Ober¬
müller und Hammond angegeben sind. Hammond setzt zu
der Milch acid. phenyl. absol. im Verhältniss von 100:5. Dann
füllt man 15—30 ccm dieser Mischung in zwei Behälter und
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Stö. Juli 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
353
centrifugirt 15 Minuten lang, giesst die obenstehende Flüssigkeit
ab und versetzt den übrigen Theil mit 3 ccm einer 5 proc.
Lösung von Kal. caust. Dies Gemisch schüttelt man ordentlich
durcheinander, lässt es darauf 2—3 Minuten stehen und giebt
15 ccm aqu. dest. hinzu, centrifugirt das Ganze ca. 20 Minuten
lang, entfernt sodann die 15 ccm der oberen Flüssigkeit und
kann nun das am Grunde sich absetzende Material untersuchen.
Will man es ganz von Kali caust. befreien, so verdünnt
und centrifugirt man es noch mehrfach. Die Färbung
der Deckglaspräparate mit Carbolfuchsin, Entfärbung mit
Schwefelsäure und Gegenfärbung mit Methylenblau ist
wohl am meisten in Gebrauch und zur Kenntlichmachung
der Tuberkelbacillen geeignet. Zur Impfung in die Bauchhöhle
der Meerschweinchen benutzt man am besten das Rahm-Bodensatz¬
gemenge der centrifugirten Milch in Quantitäten von etwa 2 g.
Die Impftnberculose bei den nach drei bis sieben Wochen ge-
tödteten Meerschweinchen ist charakterisirt durch Serosen-
tuberculose, besonders des Netzes, und nicht scharf umschriebene
Herde in der Leber, Milz, Lungen, Lymphdrüsen, während bei
der Pseudotubercnlose der Process stürmischer verläult, Serosen-
tuberculose nicht vorhanden und die Herde in den Drüsen, der
Leber und Milz mehr scharf abgesetzt, und der Inhalt der Herde
mehr eiterähnlich ist. Die als Ursache der Pseudotuberculose
bekannten säurefesten Stäbchen zeigen auf Gelatine ein schnelles
Wachsthum. Die einzelnen Stäbchen sind Kürzer und dicker als
die Tubercelbacillen.
Bei der klinischen Untersuchung der Kühe ist vor
allen Dingen der Vorbericht zu beachten, dass die Euter¬
veränderung sich allmählich eingestellt hat, ohne dass scheinbar
die normale Beschaffenheit der Milch, abgesehen von der etwa
verringerten Menge, gelitten hat. Bei der Untersuchung des
tuberculösen Euters fällt vor Allem die Vergrösserung ins Auge.
Meist ist die Massen Zunahme auf ein oder beide hintere Euter¬
viertel beschränkt, besonders sind die hinteren, oberen Theile,
welche am schlechtesten ausgemolken werden, zuerst betroffen.
Aber auch die vorderen Viertel können zuerst betroffen sein. An
den noch gesunden Theilen des Euters ist eine compensatorische
Hypertrophie zu bemerken. Die erkrankten Partkien sind nicht
vermehrt, warm, nicht geröthet und nicht schmerzhaft. Nur bei
massenhafter Infection kann wie Harms angiebt, das Euter
aufangs geschwollen und schmerzhaft erscheinen; entschieden
ist das aber ein seltenes Ereigniss. Beim Durchfühlen des
Euters merkt man die harte, derbe mitunter brettartige Con-
swtenz. Dabei ist diese nicht gleichmässig, sondern härtere
und weichere Parthieen wechseln ab. Erstere treten als Knoten
von verschiedener Grösse in Erscheinung, die Oberfläche des
Euters hat dadurch ein mehr oder minder höckeriges Aussehen.
An den vorderen Vierteln bemerkt man auch ein deutliches
Abheben der kranken Parthie von der Bauchwand. Die kranken
Euterparthien geben dabei noch eine scheinbar normale Milch in
ziemlicher Menge, nur bei den stark veränderten Eutern ist das
Sekret wässerig mit Flocken untermischt. Die Feststellung der
Eutertuberculo8e wird dadurch wesentlich gefördert, dass die
Euterlymphdrüsen und bei Erkrankung der vorderen Theile des
Euters auch die Kniefaltenlympkdrüsen vergrössert, hart und
höckrig sind.
Die Sicherung der Diagnose geschieht durch die Milch¬
untersuchung oder durch die Harpunirung der tuberculösen
Parthieen des Euters. Die Harpunirung, von Nocard zuerst
empfohlen, ist ohne Schwierigkeit ausführbar. Am besten habe
ich eine Nocard’sche Harpune mit langer, lannzettförmiger Spitze
verwendet. Neuerdings ist nach Angaben von Herrn Collegen
Masch und mir von der Firma Hauptner eine Harpune con-
struirt worden, die sich leicht desinficiien lässt und die Er¬
langung eines Eutergewebsstückes sichert, ohne dass man einen
Hautschnitt zu machen braucht. Werden die nöthigen Cautelen
beobachtet, so sind schädliche Folgen für das harpunirte Euter
nicht zu befürchten. Abwaschen des Euters mit Seifenwasser
und nachheriges Abreiben mit Alkohol ist für die Desinfection
genügend. Die Harpune ist vor dem Gebrauch abzukochen.
Harpunen mit kurzer dicker Spitze sind nicht verwendbar, weil
sie die Haut ohne Einschnitt nur schwer durchdringen und
eventuell abbrechen können, namentlich bei irgend welcher
drehenden Bewegung. Das harpunirte Gewebsstück liefert
Material zu histologischen Untersuchungen und zu Ausstrich¬
präparaten. In den Ausstrichen aus Massen, die aus tuber¬
culösen Parthieen stammen, lassen sich unschwer Tubercelbacillen
nachweisen. Bei anderen infectiösen Mastiten findet man die
diesen Krankheiten eigentümlichen Austeckungsstoffe.
Die Milch der verdächtigen Kühe darf nur nach vor¬
heriger Erhitzung auf 85° C. verwertet werden. Ist die Be-
haftung mit Eutertuberculose bei einer Kuh festgestellt,
so darf die Milch nicht mehr zur menschlichen Nahrung
verwendet werden. Ihre Verwendung ist auf Grund des
Nahrungsmittelgesetzes zu verbieten, besonders da neuere
Versuche ergeben haben, dass auch Milch mit abgetödteten
Tuberkelbacillen schädliche Folgen nach sich ziehen kann.
Der Besitzer kann die eutertuberkulösen Kühe mästen
und zur Abschlachtung verkaufen. Aus allgemeinen Interessen
empfiehlt sich aber, dass die eutertuberculösen Kühe möglichst
schnell ausgemerzt wei den, und darum muss der Staat eingreifen.
Die Abwehr und Unterdrückung von Eutertuber-
culose muss gesetzlich geregelt werden. Das Ermittelungs-
Verfahren muss genau vorgeschrieben werden. Die eutertuber-
culös befundenen Kühe sind nach ihrem Fleischwerth nicht nur,
sondern auch nach ihrem Werth als Milchkuh zu schätzen, und
I
der durch den Verkauf des Fleisches nicht gedeckte Werth ist
ganz oder theilweise aus bereitstehenden Mitteln zu entschädigen.
Privatversuche, wie sie jetzt die ostpreussische Heerdbuch-
gesellschaft, die kaiserliche livländische gemeinnützige und
öconomische Societät u. A. machen, können wohl klärend wirken,
aber nur das gemeinsame Vorgehen gegen die Eutertubeiculose
im ganzen deutschen Reiche kann zum Ziele fühlen.
Referate*
Zur postmortalen Diagnose der Tollwuth.
, Von Piof. Nocard-Alfort.
(Franz. Acad£mie do mödeiine 17. 4. 1900. — Kecueil 93. C. 1900.)
' Für den Thierarzt ist die postmortale Diagnose der Toll¬
wuth von der grössten Bedeutung; von der Genauigkeit dieser
Diagnose kann das Leben der gebissenen Personen abhängen.
Wenn es sich um einen Hund handelt, der an Tollwuth
im natürlichen Verlauf der Krankheit verendet ist, giebt die
Section gewöhnliche Merkmale, die auf das Vorhandensein der
Krankheit schliessen lassen. Oft, auch bei dem durch die Krank¬
heit verendeten Thiere, fehlen diese Sections-Erscheinungen
gan?, so dass der Thieravzt. wenn er das Thier nicht lebend
gesehen hat, wenn er die Entwickelung des Leidens nicht hat
verfolgen können, unmöglich mit Bestimmtheit sagen kann, ob
der Hund tollwuthkrank war oder nicht.
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354 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 30.
Dieser negative Befund bei der Obduction, welcher selten bei
den Thieren ist, die die Krankheit in ihrem ganzen Verlauf
durchgemacht haben, ist viel häufiger bei solchen Thieren, die im
Verlauf der Krankheit getödtet worden sind. Es ist bekanntlich
bei der Section von Thieren, die auf der Strasse getödtet
wurden, weil sie Personen oder Thiere gebissen hatten, gewöhn¬
lich keine der typischen Erscheinungen der Toliwnth zu finden,
was um so schlimmer ist, als es sich meist um ganz unbekannte
Thiere handelt, über deren Verhalten vor dem Unfall nichts
zu erfahren ist. Aus der Abwesenheit jeder sichtlichen
Laesion auf das Nichtvorhandensein der Tollwuth zu scliliessen,
heisst die gebissenen Personen von jeder Behandlung abhalten
und sie der Krankheit aussetzen. So sind in den letzten Jahren
verschiedene Personen an Tollwuth gestorben, weil der negative
Befund bei der Section des heissenden Thieres sie in eine falsche
Sicherheit versetzt hatte.
Andererseits gestattet die Inoculation des Bulbes, sich mit
Sicherheit auszusprechen, ob der Hund tollwuthkrank war oder
nicht. Leider ist das Resultat nicht vor 14—20 Tagen zu
erfahren, und wäre es unvorsichtig, dasselbe abzuwarten, bevor
man die gebissenen Personen behandeln lässt. In den meisten
Fällen käme die Behandlung zu spät; es muss, in Ermangelung
eines beschleunigteren diagnostischen Verfahrens, die gebissene
Person in Zweifelsfällen stets anfgefordert werden, sich der stets
unschädlichen Kur zu unterwerfen.
Hieraus erhellt, mit welchem Interesse die Thierärzte die
Mittheilnngen der Herren van Gebuchten und Nölis gehört
haben und mit welchem Eifer sie sich bemüht haben, nicht die
Richtigkeit der von erfahrenen Specialisten erwähnten Thatsacheu
zu controliren, sondern die Anwendung der von ihnen vor¬
geschlagenen Methode in der Praxis zu prüfen. Wenn es
richtig wäre, dass man in allen Fällen und in wenigen Stunden
mit Bestimmtheit sagen könnte, dass ein Hund tollwuthkrank
ist oder nicht, so wäre alles erreicht; vielen Opfern könnte man
das Angstgefühl, das viele beherrscht, wenn sie gebissen worden
sind, den Zeitverlust, die Unkosten und die mit der Behandlung
verbundenen Unannehmlichkeiten ersparen. <
An der Existenz der von van Gebuchten und Nelis au
den cerebrospinalen Ganglien des tollwuthkranken Hundes be¬
schriebenen Läsionen und an der Wiiklichkeit der von Babes
in den Cadavern constatirtenAlterationen ist nicht zu zweifeln;
man muss sich aber fragen:
1. ob diese, bei dem an Tollwuth verendeten Hunde con-
stanten Läsionen auch der Tollwuth eigen sind;
2. ob sie nicht bei anderen, die nervösen (’entren er¬
greifenden infectiösen Krankheiten Vorkommen;
3. ob sie ausgesprochen genug sind, um in allen Perioden
der Krankheit jeden Zweifel auszuschliessen. Denn man darf
nicht vergessen, dass der Speichel des tollwuthkranken Hundes
von Anfang au virulent ist, bevor die Krankheit sich durch irgend¬
welches Symptom äussert, und zwar 24—48 Stunden vorher.
(Versuche von Nocard und Roux.)
Ist dies nicht der Fall, dann verliert die so einfache und
so rasch anszuführende Methode von van Gebuchten und
Nelis jede practische Bedeutung; der Zweifel würde fortbestehen
und wie bisher, müsste der Thierarzt jede von einem auch nur
leicht verdächtigen Hunde gebissene Person dringend auffordern,
sich behandeln zu lassen.
ln dieser Beziehung haben die Herren Ctiille und Vallee
von der Thierarzneischule Versuche angestellt, die folgendes
Resultat hatten.
Die Versuche haben entsprechend den Weisungen des van
Gebuchten und NtHis sich auf die plexiformen Ganglien des
Pneumogastricus erstreckt. Nach Fixirnng mittelst Sublimat,
Härtung in Alcohol und Aceton, Inclusion in Paraffin wurden die
Schnitte mit Unna's polychromem Blau gefärbt und in Grübler's
Mischung differencirt.
Bei neun an Tollwuth verendeten Hunden wurden die von
van G. und N. beschriebenen Alterationen der nervösen
Zellen und der endothelialen Kapsel vorgefunden; selb.'t
in den weniger alterirten Theilen der Ganglien waren die
endothelialen Kapseln der Sitz einer bemerkenswerthen leuco-
cytären Infiltration. In den von gesunden oder an verschiedenen
Affectionen eingegangenen Hunden herrührenden Ganglien i&t
bis jetzt nichts ähnliches bemerkt worden.
Um festzustellen, ob diese Läsionen sich frühzeitig entwickeln
und ob sie bei Hunden, die im Verlauf der Krankheit getödtet
werden, gefunden werden, wurden sechs Hunde inficirt, wobei
thunlichst die Bedingungen der natürlichen Infection ei füllt
wurden. Jedes Thier erhielt in den Musculus semitendiuosus
einen halben Cubikcentimeter einer mit dem Bulbus eines an
natürlicher Tollwuth verendeten Hundes präparirten Emulsion.
Die Impflinge sollten in den verschiedenen Perioden der Krank¬
heit getödtet werden.
Heute, dreiundsechzig Tage nach der Inoculation sind
drei Thiere noch gesund; die drei anderen sind an Tollwuth
erkrankt und wurden kurz oder lang nach den ersten Symptomeu
getödtet.
Bei dem ersten sehr alten Hunde dauerte die Incubation
17 Tage. Er wurde 17 Stunden nach dem Auftreten der
ersten Symptome und ganz zu Beginn der Paralyse getödtet.
Die Untersuchung der plexiformen Ganglien des Pneumogastricus
ergiebt, dass die Zellen frei sind; auf einigen Schnitten und auf
ganz vereinzelten Punkten können kleine Herde von pericap-
sulärer Infiltration bemerkt werden.
Der zweite Hund zeigte ausgesprochene Tollwuth nach
23 tägiger Incubation. Die plexiformen Ganglien sind absolut
gesund.
Beim dritten Hund dauerte die Incubation 32 Tage. Zwölf
Stunden nach Eintritt der Paralyse wurde das Thier getödtet.
Die ganglionären Laesiouen waren auffallend, die Hälfte der Zellen
war zerstört, die Ganglien in ihrer Gesammtheit mit Leucocyteu
iufiltrirt. Andererseits wurden die Ganglien eines Schäferhundes
untersucht, der mehrere Hunde und zahlreiche Schafe gebissen
hatte und im Verlauf eines Anfalles getödtet wurde. Die gan¬
glionären Laesionen waren unbedeutend; kaum dass hier und da
etwas pericapsuläre Infiltration zu bemerken war; es wäre un¬
möglich gewesen, auf die Untersuchung der Schnitte hin allein sich
auszusprechen, ob das Thier an Tollwuth erkrankt war. Und
doch war klinisch die Diagnose sicher, und ergab die Inoculation
des Bulbus bei den geimpften Kaninchen. Aus den Unter¬
suchungen der Ms. Cuille und Vallee schliesst N., dass die
histologische Diagnose bei Tollwuth nicht sicherer ist als die
Sections-Diagnose. Ist das Resultat positiv, was stets der Fall sein
wird, wenn der Hund im natürlichen Verlauf der Krankheit ein¬
geht, • dann kann man mit Bestimmheit das Vorhandensein der
Krankheit aussprechen; ist das Resultat negativ, was häufig ist.
wenn der Hund kurz nach dem Beissen getödtet wird, darf man
sich nicht für die Abwesenheit der Tollwuth ausprechen; die
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26. Juli 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
355
Diagnose bleibt unsicher, und es ist wie bisher stricte Pflicht
des Thierarztes, die gebissenen Personen zu veranlassen, sich
der Pasteurschen Behandlung schleunigst zu unterwerfen.
Die beschleunigte Diagnose der Tollwuth durch die
microscopische Untersuchung des Bulbus des beissendeu
Hundes.
Von B a b 6 s.
Franzftnisclio Acadi'iuie de mldeciue, 10. 4. 1900. Referat de* Keoueil, 15. 0. 1900 und
den Repertoire de polire sanitaire vforrinaire 15. 6. 1900.)
Die microscopische Untersuchung des Markes des heissen¬
den Hundes muss nach B. als eines der besten Mittel der be¬
schleunigten Diagnose der Tollwuth betrachtet werden. Im Bulbus
und im Marke bemerkt man beim tollwuthkranken Hunde eine
besondere centrale oder peripherische Verlagerung der chroma¬
tischen Substanz des Cellularprotoplasma. Man findet darin
vasculäre Degeneration, totales Verschwinden der chromatischen
Elemente, Verlust der Verlängerungen, progressive Veränderung,
bisweilen Verschwinden des Kernes, Vergrösserung des peri-
cellulären Raumes und Einwanderung, nicht nur in diesen Raum
sondern auch in die Nervenzelle, von embryonären Elementen
und gleichzeitig von besonderen kleinen hyalinen, bräunlichen,
theilweise metachromatischen Körperchen, die von einer blassen
Zone umgeben sind, Einzelne Nervenzellen sind von einer
breiten Zone von embryonären Zellen umgeben und bilden auf
diese Weise Noduli, die B. als Tollwuthknötchen (nodules
rabiques) bezeichnet.
Gleichzeitig besteht immer iui Bulbus der tollwuthkranken
Hunde eine Erweiterung der Blutgefässe, die stellenweise durch
aus Leucocyten gebildete Thromben versperrt sind oder durch
gleich grosse Elemente, die aber kleine, oft gestreckte, braune,
metachromatische, hyaline, angehäufte oder in Stern resp. in
Kronenform gereihte Körperchen enthalten, oder durch fieie
Granulation und durch Fibrin.
Diese throinbosirten Gefässe geben zu Haemorrhagien Anlass;
sie sind von breiten Zonen von embryonären Zellen umgeben, die,
wenn auch diffus, im Grundgewebe der grauen Substanz reichlich
gefunden werden. In gewissen Fällen ist aber die graue Sub¬
stanz damit so durchsetzt, dass man eine acute Entzündung vor
sich hat, mit blauen Flecken, die davon herrühren, dass Nerven¬
zellen ohne chromatische Substanz sind. Ziiudel.
Ueber das Airol.
Von Prof. W. Eber.
iZeitftchr. f. Thiermed. 1898. H. 5).
Das Jodoform dürfte trotz der vielen Ersatzmittel, welche
uns die Neuzeit gebracht hat, noch heute das gebräuchlichste
Wundstreupulver sein. Weder sein penetranter Geruch, noch
der Umstand, dass es bei den behandelten Patienten hart¬
näckiges Hautekzem und allgemeine Vergiftungserscheinungen
hervorrufen kann, haben dem Pulver die Popularität genommen.
Die Jodoformersatzmittel lassen sich in jodhaltige und jod¬
freie eintheilen. Von letzteren haben in der Thierheilkunde die
grösste Verbreitung gefunden Pyoctanin, Dermatol, Thioform
und Glutol. Die jodhaltigen Mittel sind auf die Verwendung des
Loretins beschränkt geblieben. Zu den Bestandtheilen des Airols
gehört ebenfalls Jod. Das Mittel ist ein Wismuth-jodid-gallat, kann
als ein jodirtes Dermatol (Bism.subgallicnm)betrachtet werden.
Es bildet ein graugrünes voluminöses Pulver, welches geruch- und
geschmacklos und lichtbeständig ist. In feuchter Luft zersetzt
es sich, wobei freies Jod abgespalten wird. Dieser Vorgang
findet auch auf Wundflächen statt, wodurch das Airol eine jodo-
formähnlichc Wirkung entfaltet. Ausserdem hat es (wie alle
Wismuthpräparate) eine secretbeschränkende Eigenschaft.
Es tödtet Cholerabacillen in Culturen; andere Microben
werden in ihrem Wachsthum nur gehemmt. Die toxische Wir¬
kung ist nicht so stark als beim Jodoform; der Tod erfolgt
durch WismuthVergiftung.
Die Anwendung des Präparates als Streupulver geschieht
entweder pur oder mit Talcum vermischt 1: 10. Weiter werden
gebraucht Airolsalbe 1 :10 Ugt. Paraff., Airolstäbchen 1 : 10 Olei
Cacao, Airolglycerin: Airol. 5,0, Glycerin. 35,0, Aq. dest.
10,0 und schliesslich Airolgaze.
Verfasser verwendete nur das Pulver bei etwa 158 chirur¬
gischen Patienten. Aus seinen Beobachtungen ist Nachstehendes
hervorzuheben. In allen Fällen machte sich die secretions-
•I
beschränkende Eigenschaft des Airols auffallend bemerkbar. Die
Eiterung ist unter einem Airolverbande d. R. n. völlig aus¬
geschlossen. Die Granulationen sind im Allgemeinen etwas
duukeler als bei Jodoformgebrauch. Die Epithelüberdeckung
hat niemals einen Stillstand erfahren. Wundekzerae und andere
Allgemeinerkrankungen sind beim Airolgebrauch niemals vor¬
gekommen. Die Heilung per primam ist durch Airol stets
begünstigt.
Das Mittel hat demnach Eigenschaften, welche ihm vor dem
Jodoform den Vorzug geben. Es ist jedoch noch erheblich
theurer als das letztere.
Die Desinfection des Conjunctivalsackes mit Hülfe
eines neuen Istrnmentes.
Von Prof. Pisenti in Perugia.
1 (Nuova Ercolanl 1900 No. 1.)
Durch zahlreiche Versuche an Hunden und Kaninchen,
sowie durch Erfahrungen bei Pferden hat P. die Ueberzeugung
gewonnen, dass trotz peinlichster Desinfection der Augenlider
und des Conjunctivalsackes eine völlige Asepsis an diesen
Theilen bei dem gewöhnlichen Verfahren nicht zu erreichen ist.
Diese Erkentniss gab die Veranlassung zur Herstellung eines
einfachen spatelartig geformten Instrumentes, mit dem das obere
Augenlid aufgehoben und der Conjunctivalsack ausgespült werden
kann. Dasselbe ähnelt dem Augenlidspanner von Desmarres
mit dem Unterschied, dass es hohl ist und am breiten Ende,
welches unter das obere Augenlid geschoben wird, Löcher be¬
sitzt, durch die die desinficirende Flüssigkeit ausströmt. Der
Augeuspülapparat hat drei Ersatzstücke von verschiedener
Grösse je nach der Weite der Lidspalte bei den verschiedenen
Thieren. Auf das in eine Röhre ausgehende freie Ende wird
ein Guramischlauch aufgeschoben, der mit einem Gefäss in Ver¬
bindung steht, welches die Desinfectionsflüssigkeit enthält. In
dem röhrenförmigen Theil befindet sich ein Hahn zur Reguliiung
der Stärke des Flüssigkeitsstromes. Derselbe dringt vermöge
Anordnung der Ausflusslöcher bis zum oberen Winkel des Con¬
junctivalsackes vor. Eine Verletzung des Auges ist wegen der
besonderen Form und Beschaffenheit des Instrumentes aus¬
geschlossen.
Zum Ausspülen genügen beim Hund 200 ccm, beim Kalb
und Fohlen 400 ccm, beim Rind oder Pferd 600 bis 1000 ccm
Flüssigkeit. Am besten bewährten sich Lösungen von Hydr.
bijodat., Hydr. bichlorat. und von Formalin.
Das Q uecksilberbijodat ist zuerst in Alcohol zu lösen
und dann mit Wasser zu verdünnen. Zu empfehlen ist nach¬
stehende Formel:
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356
No. 30.
BERLINER THIERÄRZTL
Hydrarg. bijodat. 0,05
Alcohol 15,0
Aqua 1000,0
Ebenso wirksam sind Sublimatlösungen von 1:5000.
Eine Sublimatpastille, ä 1 g, wird in 5 1 Wasser aufgelöst. Das
Instrument ist nach dem Sublimatgebrauch in Wasser gründlich
abzuspülen, da auch die vorerwähnte schwache Lösung die
Metalltheile angreift und die Vernickelung beschädigt.
Formal in wird nach dem Vorgänge von Valude in Ver¬
dünnungen von 1 : 10 000 verwendet. Doch auch diese schwachen
Lösungen sollen im Auge zuweilen noch Reiz und Entzündung
erzeugen, so dass das Sublimat vorzuziehen ist.
Kleine Hittheilnngen.
Katalepsie beim Pferde.
Unteirossarzt Hennig schreibt in der Ztschr. f. Vet.,
März 1900: Am 10. November erkrankte ein 7jähriges Pferd
unter eigenthümlichen Erscheinungen, indem es plötzlich mit ge¬
strecktem Kopf und Hals und unfähig zur Futteraufnahme vor
der Krippe stand. Bei der Untersuchung fand sich die ganze
Muskulatur starr, sodass das Pferd nicht ein Bein hoch heben
konnte und völlig unbeweglich war. Das Hautgefühl war ver¬
loren, die Augenlider halb geschlossen und unbeweglich, die
Ohren standen ebenso unbeweglich wagerecht zum Kopf. Tempe¬
ratur 37,3, Atlimung 10 Mal, Puls 75 Mal in der Minute. Das
Pferd bekam eine Morphiuminjection und wurde am ganzen
Körper frottirt. Eine Stunde später konnten ganz geringfügige
Bewegungen ausgeführt werden. Bald liess sich das linke Bein
hoch heben, etwa mit dem Gefühl, als ob man ein dünnes
spanisches Rohr biegt. Beim Loslassen sank das Bein langsam
wieder zur Erde, ohne in vollkommene Streckung zurückzugehen.;
vielmehr wurde nur die Zehe etwas belastet. Erst 1V* Stunden
später war ein langsames Seitwärtstreten möglich. Am nächsten
Morgen war das Pferd völlig munter, nur die Bewegungen
noch etvyas träge; an den Muskeln nichts Abnormes. Beim
gelengentlichen Besuch nach 14 Tagen zeigte sich das Pferd
ganz normal.
Zwerchfell 8 krSmpfe.
Rossarzt Ebertz theilt in der Ztschr. f. Vet. folgende Be¬
obachtung mit. Eine Remonte hatte Vormittags das Futter mit
regem Appetit verzehrt und erkrankte zwei Stunden später
unter kolikähnlichen Symptomen. Eine Stunde später bot sich
das ausgeprägte Bild des Zwerchfellskrampfes. Der Puls war
bei weicher Arterie fast unfühlbar. Es bestand starker Schweiss¬
ausbruch und angstvoller Blick. Der Körper wurde ruckweise
20 bis 25 Mal in der Minute erschüttert, besonders heftig in
der linken Flanken- und Unterrippengegend. Grosswendt hat
diese Erscheinung treffend mit electrischen Schlägen verglichen.
Die Stösse sind von dumpfem, klappendem Geräusch begleitet.
Die Art der Athmung und des Pulses lässt sich dabei gar nicht
feststellen. Die Conjunctiven waren tief dunkelroth gefärbt.
Es wurde dem Pferde eine Morphiuminjection gemacht. Zwei
Stunden später Hessen die Krämpfe nach, die Conjunctiven be¬
gannen abzublassen. Es wurden 60 bis 70 schwache Pulse, die
aussetzend waren, gezählt. Die Stösse wurden seltener und
minder heftig. Nach einigen Stunden war das Pferd gesund.
Wahrscheinlich handelt es sich um eine reflectorische Erregung
des Nervus pkrenicus.
Reizung der Intercostainerven.
Bekanntlich erkranken oft Pferde auf der Rennbahn und bei
der Truppe nach grossen Ansti engungen plötzlich. Sie können
niTF, WOCHENSCHRIFT.
schwer weiter und stehen gespreizt. Der Thorax wird über¬
natürlich ausgedehnt, die Rippenwand festgestellt, der Hals
tief und der Kopf gestreckt gehalten. Die Thiere zeigen
Schmerzen bei Berührung der Brustwand und stöhnen schon bei
dem Versuch einer Bewegung. Wendungen sind nur im grossen
Bogen möglich. Die Zahl der Athemzüge ist auf 30 bis 80 er¬
höht; die Auscultation giebt' nichts Abnoimes; die Temperatur
ist normal, das Sensoi ium frei, der Blutumlauf etwas beschleunigt.
Nach 4 bis 24 Stunden sind die Thiere gesund. Augenscheinlich
handelt es sich um eine Reizung der Intercostainerven. Die
Verwechselung mit acuten Krankheiten ist schon durch die
normale Körpertemperatur ausgeschlossen.
(Sächs. Veterinärber. 98).
Pustulöse ansteckende Hauterkrankung.
Rossarzt Christ berichtet in der Ztschr. f. Vet.: Bei einem
Pferde eines Trainbataillons wuiden bei einer Besichtigung in
der Umgebung des Afters mehrere linsen- bis bohuengrosse,
wunde Hautstellen beobachtet, und die Besichtigung aller Pferde
ergab, dass 30 derselben an einer ähnlichen Erscheinung litten.
Bei einem im October neu eingestellten Pferde fanden sich an
derselben Stelle weissliclie runde Narben, sodass von diesem
Pferde wahrscheinlich die Uebertragung ansgegangen war,
welche wohl mit dem Putzen bewirkt wurde. In den Anfangs¬
stadien entstanden gelbe Stecknadelknopf- bis linsengrosse
Schorfe, unter denen rothe flache Wundflächeu zu Tage traten.
Die Heilung erfolgte von selbst in 2—3 Wochen.
Schlunddivertikel.
Bei der Section eines Pferdes fand sich die Speiseröhre vor
der Einmündung in den Magen derartig erweitert, dass man
vom Magen aus beide Fäuste einführen konnte. In der
erweiterten Partie war eiue Futterstauung eingetreten. Die
hierdurch bewirkten Brechanstrengungen hatten zu einer Ver¬
schluckpneumonie geführt, welche den Tod bedingte. (Corps¬
rossarzt Pötschke, Ztschr. f. Vet. 1899.)
Gtheimmittel gegen Maul- und Klauenseuche.
Warnung.
Von der Floraapotheke in Frankfurt a. M. wird ein vom
Rittergutspächter Georg Lyding zu Hoheneiche erfundenes,
angebliches Schutz- und Heilmittel gegen Maul- und Klauen¬
seuche unter dem Namen „Lyding’s Aphthentheer, Präservativ- und
Heilmittel der Maul- und Klauenseuche“ vertrieben.
Nach der in dem chemischen Laboratorium des K. Württem-
bergischen Medicinalcollegiums vorgenommenen Untersuchung
des von der genannten Apotheke bezogenen Mittels besteht das¬
selbe aus Holztheer geringer Qualität, vermischt mit 3 pCt. ge¬
pulvertem chlorsaurem Kalium. Der Zusatz von chlorsaurem
Kalium verleiht dem Präparat nicht,- wie in der dem Mittel bei¬
gegebenen Broschüre behauptet wird, einen Gehalt an „Sauer¬
stoff im Status nascens“. Ein Gehalt an uascirendem Sauerstoff
ist überhaupt nicht zu erkennen. Das Mittel wird znm Preis
von 4 Mk. per Kilo geliefert, wozu noch 95 Pfg. für Porto und
Packung kommen, während sein wirklicher Geldwerth auf 50 Pfg.
per Kilo anzuschlagen ist.
Nach sachverständigem Ermessen kann dem untersuchten
Mittel ein Vorbauungswerth gegenüber der Maul- und Klauen¬
seuche überhaupt nicht beigelegt werden, und auch der Heil¬
werth erhebt sich nicht über den des gewöhnlichen Theers.
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BERLINER TIIIERÄRZTLICIIE WOCHENSCHRIFT.
357
26 Juli 1900.
Tagesgescliichte.
Aufblühen des Veterinär-Instituts zu Giessen.
Nach dem Ausweis über die Frequenz im Sommer-Semester
hatte die Universität Giessen 855 immatriculirte Studenten.
Davon gehörten der medicinischen, als der zweitstärksten, Facnltät
264 an und von diesen waren 110 Veterinärmediciner, (darunter
übrigens Ya Bayern). Die Studenten der Veterinärmedicin
machten also über 40% der Mediciner und fast 13% der
Gesammtfrequenz ans. Andrerseits hat das Giessener Institut
damit die thierärztliche Hochschule zu Stuttgart erreicht, welche
in diesem Sommer-Semester ebenfalls 110 Studenten zählt.
Vor einigen Jahren hatte Giessen eine Frequenz von ca.
20 und man sprach viel vom Eingehen des für Hessen unnützen
Institutes. Dem gegenüber steht jetzt eine Wandlung, die das
Veterinär-Institut zu Giessen mit einem Schlage zu einer be¬
achtenswerten Kraftentwicklung im Wettkampf der tierärzt¬
lichen Hochschulen befähigt hat
Dieser Umschwung zeigt zunächst, dass keine Stätte für
Forschung und Unterricht überflüssig ist und leichten Herzens
entbehrt werden kann, dass jede vielmehr zur Entfaltung einer
erspriesslichen Wirksamkeit geeignet ist, wenn nur für die
richtige Bebauung des Bodens durch tüchtige Männer gesorgt ist.
Sie zeigt ferner, dass Freigebigkeit für academische Institute reich¬
liche Früchte trägt, nicht bloss für die Wissenschaft, sondern
auch für das wirthschaftliche Gedeihen des betr. Institutes.
Der dem Umschwung vorangegangene Tiefstand zeigt aber auch,
wie eine durchaus lebensfähige Einrichtung durch allzu langes
Kleben am Alten, durch Verzögerung zeitgemässen Fortschrittes
in die Gefahr des Zugrundegehens geräth. Wenn etwas, so
braucht eine Hophschnle eine stetige, ungehemmte und un¬
verzögerte freie Weiterentwicklung und nichts ist so nothwendig,
als das sorgsame Spähen nach den Anzeichen des Stillstandes
und die Abwehr seiner ersten Anfänge.
Für die Veterinärwissenschaft ist jede Arbeitsstätte ein
thenres Gut, ihre Erhaltung also ein hoher Gewinn; für den
thierärztlichen Stand aber ist das Wiederanfbliihen des Giessener
Veterinär-Instituts eine Freude und Genugtuung. Nicht allein,
dass die Veterinärmediciner in Giessen, wenn sie so erheblich
die ganze Universitäts- und namentlich die Facultäts-Freqnenz
beeinflussen, alsbald eine ganz andere Rolle spielen werden,
als früher. Vor Allem ist es erfreulich, dass den Veterinär-
medicinern eine medicinische Facnltät erhalten bleibt, in der sie
Bürgerrecht haben und wo sie den, mit dem Namen ihrer eigenen
Wissenschaft bezeichneten academischen Grad erwerben können,
während im Uebrigen in Folge der neuen Promotionsbestimmungen
gerade die medicinischen Facnltäten den Veterinärmedicinern
fortab gänzlich verschlossen bleiben.
Wir sind überzeugt, dass besonders dieser Umstand zu noch
weiteren Steigerungen des Zuzuges von Veterinärmedicinern
nach Giessen führen wird, namentlich wenn durch Verall¬
gemeinerung der Maturitas die Berechtigung zur Promotion in
Giessen nicht mehr auf eine kleine Zahl von Thierärzten be¬
schränkt sein wird. S.
Aus Sachsen.
Für Bauten an thierärztlichen Unterrichts-Instituten werden
jetzt in Sachsen erhebliche Mittel aufgewendet. Die thierärzt¬
liche Hochschule, an der in den letzten Jahren schon viele
bauliche Verbesserungen stattgefunden haben, erhält von Neuem
600 000 M. fnr Erweiterung der Kliniken, Ställe und Arbeits¬
räume für Hygiene.
Namentlich aber erhält Leipzig ein neues Veterinärinstitut.
Anch dies bedeutet (siehe Giessen) eine erfreuliche Wieder¬
belebung, denn bekanntlich war schon der Beschluss gefasst,
die zum landwirthschaftlichen Institut der Universität gehörige
Veterinärklinik ganz eingehen zu lassen. Dem neuberufenen
Professor Eber ist es dagegen gelungen, eine Neueinrichtung
des ganzen Veterinärinstitutes anzubahnen, durch welche das¬
selbe baulich alle ähnlichen übertreffen wird. Die ausgeworfene
Bausumme beträgt ca. 400 000 M. Insgesammt erhält das land¬
wirtschaftliche Institut, der Landesnniversität (einschliesslich
des Veterinärinstituts) 1,2 Millionen zu Bauzwecken. Die Be¬
willigung seitens des Landtages ist erfolgt.
Sein 50jähriges Jubiläum feierte am 15. Juli Herr
Bezirksthierarzt a. D. Bräu er, bekannt durch seine verdienst¬
lichen Arbeiten auf dem Gebiet der practischen Heilkunde. Der
Jubilar lebt am Orte seiner ehemaligen dienstlichen Thätigkeit
Annaberg und steht im 70. Lebensjahre. Von S. Maj. dem König
wurde ihm anlässlich des Jubiläums der Titel und Rang als
Commissionsrath verliehen.
Naturforscher-Versammlung in Aachen.
Vom 16—22. September 1900.
Die Programme der 72. Versammlung deutscher Natur¬
forscher und Aerzte sind soeben versandt worden. Geschäfts¬
führer sind Geheimer Regierungsrath Prof. Dr. Wüllner,
Sanitätsrath Dr. Mayer, Privatdocent Dr. Polis (Schriftführer)
und Bankdirector Senff. Für die 37. Section Thierheilkunde
sind Einführende bezw. Schriftführer: Departementsthierarzt
Dr. Schmidt, Lothringerstr. ICO, Schlachthofdirector Bockel-
mann, Metzgerstr. 20 und Kreisthierarzt Jannes, Steiukaul-
strasse 3 zu Aachen.
Vorläufige Eintheilung: Sonntag Abends im Curhaus Be-
grüssung der Gäste. Montag, den 17. September er. allgemeine
Sitzung im Curhaus. In dieser Sitzung soll ein Rückblick auf
die Entwicklung der Naturwissenschaften und Medicin im
19. Jahrhundert gegeben werden Es werden reden Prof,
van t’Hoff (Berlin) über die Entwicklung der Physik, Chemie etc.,
Prof. Hertwig (Berlin) desgl. über Biologie, Prof. Nannyn
(Strassburg) desgl. üben innere Medicin mit Bacteriologie und Hy¬
giene, Prof. Cliiari (Prag) über Pathologie und äussere Medicin*).
Dienstag: Abtheilungssitznngen. Mittwoch: u. A. gemein¬
same Sitzung der medicinischen Hauptgrnppe, bei der Prof.
Verworn (Jena) und Dr. Nisse (Heidelberg) über die Neurosen¬
lehre sprechen werden. Donnerstag: Abtheilungssitzung. Freitag:
Zweite allgemeine Sitzung, wobei n. A. Prof. v. Drygalski,
der Führer der künftigen deutschen Südpolexpedition über diese
sprechen wird. Am Sonntag: Ausflüge in die Eifel.
Für die Veterinärraedicinische Gruppe sind als Redner
bereits vorgemerkt: Prof. Imminger, Prof. Kaiser, Dr. Stein¬
bach, Kreisthierarzt Vater. (Rendezvous: Hotel Kaiserhof,
Hochstrasse 2/4.).
Veterinärmedicinischer Congress zu Paris.
7.—11. September.
Auf das Stattfinden des Congresses ist bereits No. 14 pag. 166
hingewiesen worden. Hier folgt ein Auszug des Programmes:
Verhandlungsgegenstände: Ursprungs- und Gesundheits¬
schein; Thiersenchenfonds; Gründe für Fleischbeschlagnahmen;
Pferdezucht und Reorganisation der Gestüte; die Rolle der
*) Es wird auffallen, dass die glänzende Entwicklung der
Chirurgie nicht einen eigenen Darsteller gefunden hat.
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358
BERLINER TI1IERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 30
Thierärzte im landwirtschaftlichen Unterricht; Beziehungen
des Abdeckereiwesens za Fleischschau und Veterinärpolizei.
Der Congress ist national, begrüsst aber gern Nicht¬
franzosen als Mitglieder mit beratender Stimme. Anmeldungen,
denen 10 Frcs. beizufügen sind, sind zu richten an einen der
folgenden Herren Veterinäre: Larmet-Besan^on, Rossignol-
Melun, Mo re au-Paris (rue de Vaugirard 380, Schatzmeister),
Morot-Troyes (Aube). Präsident ist der Senator Darbot,
Veterinär zu Langres.
In der deutschen tierärztlichen Wochenschrift macht Dr.
Goldbeck noch auf einige Umstände aufmerksam, welche beim
Besuch der Ausstellung event. zu beachten wären. In den
Tagen vom 7. bis 11. September findet zugleich eine inter¬
nationale Pferdeausstellung statt. Wer französische Rinder
kennen lernen will, hat hierzu jeden Montag und Donnerstag
von 7—10 Uhr Gelegenheit auf dem Viehmarkt la Vilette, dicht
bei Station pout de flandre der Ringbahn. Die Academie zn
Alfoi t besucht man am Besten mittelst Seine-Dampfer. In der
Ausstellung selbst findet der Thierarzt das beruflich Inter¬
essante in der landwirtschaftlichen Abtheilung, Classe 35—42
der Gruppe VII, sowie in der Gruppe III, Classe 16, Medicin
und Chirurgie (Instrumente). Arzneikästen für Militärveteri¬
näre finden sich auch in Gruppe 18, Classe 121, Truppen-
Hvgiene. Endlich, last not least, echtes Münchner giebt es
u. A. nahe der Port Saint Denis, rue Blondei bei Zimmer.
Staatsveterinärwesen.
Von Preu8«e.
Höhe der Verluste durch Maul* und Klauenseuche.
Nach der sächsischen landwirtschaftlichen Zeitung hat die
Landwirtschaftskammer für Sachsen umfassende Erhebungen
darüber anstellen lassen, welche Verluste die Aphthenseuche
verursacht habe. Der Bericht ist in der landwirtschaftlichen
Wochenschrift für die Provinz Sachsen von Dr. Schmidt ver¬
öffentlicht und erstreckt sich auf 309 Gehöfte, wo die Erhebungen
nach einheitlichem Plan vorgenommen wurden. Die Verluste
an Schweinen, Ziegen und Schafen blieben ausgeschlossen. Die
Berechnungen erstreckten sich auf 13 250 Stück. Der durch
die Erkrankungen den Besitzern erwachsene Schaden belief sich
auf 1425 036 M., betrug also durchschnittlich für ein Thier
107,5 M. Dieser Gesammtverlust setzt sich aus folgenden Posten
zusammen, welche sich bei den einzelnen Thieren durchschnitt¬
lich in folgender Höhe berechnen: Werthverminderung 57 M., Todes¬
fälle auf die Herde vertheilt 1,89 M. pro Stück, Minderwerth
beim Verkauf 6,23 M., Ausfall an Milch, auf alle Thiere vertheilt
16 M. (auf die Milchkühe allein berechnet, betrug der Milch¬
ausfall durchschnittlich 37 M. pro Stück), Ausfall an Arbeits¬
leistung 19 M., Düngerverlust 1,50 M., besondere Unkosten 3,83 M,
therapeutische Massregeln 1,75 M. Die WerthVerminderung, der
Hauptposten also, musste allerdings schätzungsweise ermittelt
werden, ist jedoch keinenfalls zu hoch angenommen, da der
baare Erlös der nach * der Seuche verkauften Thiere noch
geringer war, als geschätzt wurde. Legt man die zuverlässig
ermittelte Zahl von 107 M. pro Haupt zu Grunde, so hat die
Provinz Sachsen allein im Jahre 1899 einen Schaden von
20 Millionen durch die Maul- und Klauenseuche erlitten, worin
wie gesagt die Verluste an erkrankten Schafen und Schweinen
(2060C0 bezw. 69000 Stück) nicht einbegriffen sind.
Einfuhr von Vieh und Fleisch etc.
Auch die Regierung vonWürtteinberg hat unter den 28. Juni
d. J.ein Einfuhrverbot für Schweinefleisch etc. aus Serbien erlassen.
Das von der Regierung von Elsass-Lothringen erlassene
Ein- und Durchfuhrverbot für Rindvieh und Ziegen aus der
Schweiz ist unter dem 18. Juni d. J. dahin gemildert worden,
dass nunmehr die Einfuhr von Zuchtrindern und Zuchtziegen für
Landwirthe, Züchter, landwirtschaftliche Vereine oder Händler
zugelassen ist unter der Bedingung, dass die Thiere nach¬
weislich bei dem Transport keine verseuchten Gebiete passirt
haben, es sei denn, dass sie in geschlossenen Wagen ohne Um¬
ladung oder Zuladung bis zur Grenze transportirt werden.
Ebenso muss die thierärztliche Untersuchung zu Bedenken keine
Veranlassung geben.
Auf Verfügung der österreichischen Regierung sind
die an der bayeiischen Grenze gelegenen Grenzzollämter in
Neuhausen, Seiberstrasse und Vollman für den Viehverkehr
geschlossen worden. Ebenso ist der kleine Grenzverkehr mit
Wiederkäuern und Schweinen entlang des Gebiets der sächsischen
Gemeinde Erlbach nach Böhmen verboten worden.
Tuberculose.
Annest hat Versuche gemacht, welche den Gehalt der
Margarine an Tubercelbacillen feststellen sollten. Er injicirte
in 28 Fällen jedesmal einem Paar Meerschweinchen 5 ccm
verflüssigte Margarine. Er konnte liierbei nur in einem Falle
Impftubercnlose nachweisen. In einem anderen Falle fand er
einen Bacillus, der dem Tubercelbacillus in seinen Eigen¬
schaften und in den Veränderungen an den Organen des Thieres
sehr ähnlich war und der dem Bacillus der Pseudotuberculose.
wie er von Rabinowitsch auch in der Butter gefunden wurde,
entsprach. Somit ist also auch die Margarine nicht als ein stets
tuberculosefreies Nahrungsmittel zu bezeichnen.
Nachweisung über den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche
am 15. Juli 1900.
Gegenüber dem Seuchenstand am 30. Juni er. ist Folgendes
zu bemerken:
Der Rotz ist ausser in den bereits verseuchten Regierungs¬
bezirken noch im R.-B. Königsberg 1 (1) aufgetreten. Der
bayr. Regierungsbez. Niederbayern war inzwischen seuchefrei
geworden. In Sachsen sind neu hinzugekommen Kreishauptm.
Bautzen 1 (1) und Dresden 1 (1). Es waren im Ganzen
35 Gehöfte in 29 Gemeinden von dieser Seuche betroffen. —
Die Maul- und Klauenseuche ist in den prenss. R.-B. Stade,
Osnabrück und Koblenz erloschen, dagegen im R.-B. Königs¬
berg 1 (2) neu aufgetreten. In Sachsen ist die Kreishauptm.
Bautzen 1 (1), ausserdem die hess. Provinz Rheinhessen 1 (2)
als verseucht aufzuführen. Sachsen-Altenburg und Reuss ä. L.
waren dagegen frei. — Die Lungenseuche ist ferner im R.-B.
Arnsberg 1 (1) zum Ausbruch gekommen, so dass nunmehr im
Ganzen 8 Gehöfte in 8 Gemeinden ergriffen sind. — Die
Schweineseuche erlosch in den R.-B. Köslin, Magdeburg.
Münster, Koblenz, im bayr. R.-B. Mittelfranken, in Saelisen-
Altenburg, Schaumburg-Lippe und Bez. Lothringen, war aber im
R.-B. Erfurt 1 (1), sowie in dem bayr. R.-B. Oberbayern 1 (1),
in der Kreishauptm. Dresden 1 (1) zu constatiren.
Verzeichnis der durch Maul- und Klauenseuche verseuchten Landetttelle.
In Verfolg der Declaration vom 9. April 1896 (Ausserordent¬
liche Beilage zu No. 16 des Amtsblattes für 1896) zur landespolizei-
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26. Juli 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
359
liehen Anordnung vom 6. December 1895, betreffend die Abwehr
gegen die Einschleppung der Maul- und Klauenseuche in den
diesseitigen Regierungsbezirk durch das aus anderen Reichs-
theilen stammende Vieh (Ausserordentliche Beilage zu No. 49
des Amtsblatts für 1895), bestimme ich, dass die Vorschriften
der vorbezeichneten landespolizeilichen Anordnung sich auf das aus
nachbenannten Reichstheilen: 1. aus den preussischen Regierungs¬
bezirken Magdeburg, Merseburg, Erfurt, 2. aus den bayerischen
Regierungsbezirken Oberbayern, Pfalz, Oberpfalz, Oberfranken,
Mittelfranken, Unterfranken, Schwaben, 3. aus den sächsischen
Kreishauptmannschaften Bautzen, Dresden, Leipzig, Zwickau,
4. aus den württembergischen Kreisen Neckarkreis, Scliwarzwald-
kreis, Jagstkreis, Donaukreis, 5. aus den badischen Landes-
commissariaten Konstanz, Freiburg, Karlsruhe, Mannheim, 6. aus
den hessischen Provinzen Starkenburg, Oberhessen, Rheinhessen,
7. aus dem Grossherzogthum Sachsen-Weimar, 8. aus dem Herzog¬
thum Braunschweig, 9. aus dem Herzogthum Sachsen-Meiningen,
10. aus dem Herzogthum Sachsen-Altenburg, 11. aus dem
Herzogthum Anhalt, 12. aus dem Fürstenthura Waldeck, 13. aus
dem Fürstenthum Reuss ältere Linie, 14. aus dem Fürsten¬
thum Reuss jüngere Linie, 15. aus den Reichslanden Eisass-
Lothringen, — im Regierungsbezirk Bromberg zur Entladung
mit der Eisenbahn gelangende Rindvieh bis auf Weiteres be¬
schränken.
Bromberg, den 6. Juli 1900.
Der Regierungs-Präsident.
Maul- und Klanenseuohe auf Viehhöfen etc.
Nach längerem Stillstand sind in der dritten Juli-Woche
wieder eine grössere Anzahl von Seuche-Ausbrüchen auf Vieh¬
höfen etc. vorgekommen, die allerdings meist schon wieder er¬
loschen sind. Es sind gemeldet Ausbruch und Erlöschen aus
Sachsenhausen bei Frankfurt a. M. vom 19. er., Berlin 18.—21. er.,
Dresden 20.—23. er., Cöln 17.—22. er. Noch unerloschene
Ausbrüche bestehen in: Mülhausen i. E., erster Ausbruch am 17.,
erloschen; Wiederausbruch am 23. er.; in Magdeburg seit
19. Juli; in Nürnberg seit 20. Juli.
Fleischschau und Viehhandel.
Von KDhnau.
Kann die Landwirtschaft Deutschlands das zur
Ernährung von Deutschlands Bewohnern erforderliche
Fleisch erzeugen?
Geheimer Oeconomierath v. Langsdorff-Dresden hat in
der „Zeitschrift des landwirthschaftl. Vereins für Rheinpreussen“
No. 15, angeregt durch die Reichstags-Debatten über das Fleisch¬
schaugesetz, eine Berechnung veröffentlicht, um darzuthun, dass
die inländische Fleischproduction fähig ist, oder leicht so ge¬
steigert werden kann, um den deutschen Fleischverbrauch zu
decken.
Der Fleischbedarf richtet sich, wie v. Langsdorff
ausführte, nach der Zahl der Einwohner und dem durchschnitt¬
lichen Jahresverbrauch auf den Kopf der Bevölkerung; v. L. be¬
rechnet die Bevölkerung Deutschlands am 1. Juli 1899 auf
54 170000 Seelen. — Nach demVermehrungscoefficienten 1,02 pCt.
weiter berechnet, hatte die Einwohnerzahl am 1. Juli 1900
55 253 400 erreicht. — Der Jahresverbrauch ist nur für Rind-
und Schweinefleisch in Rücksicht gezogen, weil hinsichtlich
dieser beiden Fleischarten verlässliche Angaben für Baden und
Sachsen vorhanden sind, und bei der Einfuhr diese Fleischsorten
hauptsächlich in Betracht kommen. Der Jahresverbrauch hat
in Sachsen im Jahre 1899 pro Kopf der Bevölkerung 26,3 kg
Schweinefleisch und 15,3 kg Rindfleisch, zusammen 41,6 kg be¬
tragen. Da der Verbrauch in Baden dem Sachsens gleichkommt,
will v. L. die Zahlen auch für das gesammte Reich gelten lassen,
obgleich sie seiner Meinung nach eher zu hoch als zu niedrig
veranschlagt sind.*) Der Jahresbedarf für die gesammte Be¬
völkerung Deutschlands erforderte demnach im Jahre 1899
14 246 710 De. Schweinefleisch und 8 288 010 De. Rindfleisch.
Die Deckung des Bedarfs geschieht durch den Procent¬
satz des inländischen Viehbestandes, welcher innerhalb des
Jahres zur Abschlachtung gelangt und durch die Jahreseinfuhr
von lebendem Vieh und Fleisch, v. L. rechnet nun, dass am
t. December 1897 16 621 127 Stück Schlachtschweine zur Ver¬
fügung standen, welche 13 534 077 De. Fleisch lieferten. Bis
zum 1. Juli 1899 hatte sich der Schweinebestand, gemäss der
jährlichen Vermehrung zwischen 1893 bis 1897 von 4,31 pCt. um
rund 6 pCt. vergrössert, wodurch 861 544 De. Schweinefleisch
mehr vorhanden waren. Die verfügbare Schweinefleischmenge
belief sich demnach auf 14 395 621 De., während nur 14246710 De.
gebraucht wurden. Der Schweinefleischbedarf sei demnach durch
inländische Production mehr als gedeckt. Rinder wurden am
1. December 1897 bis 18 490 772 gezählt. Durchschnittliche
Vermehrung pro Jahr 1,22 pCt., mithin bis 1. Juli 1899 1,9 pCt.
Für die Berechnung legt v. L. demnach einen Bestand von
18 842 100 Stück Rinder zu Grunde. Schätzungsweise werden
hiervon geschlachtet 20 pCt. Kälber, 10 pCt. Jungvieh, 50 pCt.
Zuchtbullen, 33 1 / 3 pCt. Ochsen und 15 pCt. Kühe. Die Rindfleisch¬
erzeugung würde also 7 542 430 De. betragen. Von dem Bedarf
müssten demnach noch 745 580 De. gedeckt werden. Die Mehr¬
einfuhr an Rindern ergiebt 494 745 De. Fleisch und die Mehr¬
einfuhr von Rindfleisch 245 140 De., so dass dadurch die Fehl-
production ausgeglichen scheint.
Der Rindfleischbedarf wird nach v. L. zu 91,20 durch in¬
ländische Production, zu 5,97 durch Einfuhr lebender Rinder
und zu 2,83 pCt. durch Einfuhr von Fleisch geschlachteter
Rinder gedeckt. Nach v. L. hält es nicht schwer, die inländische
Rindviehproduction so zu steigern, dass auch die fehlenden
8,80 pCt. des Bedarfs völlig gedeckt werden.
Die Schweinehaltung ist nach einer Zusammenstellung
über die Anzahl der Thiere in den verschiedenen Theilen des
Reiches auf 1000 ha landwirtschaftlich benutzten Geländes,
die v. L. beigegeben hat, noch einer sehr starken Zunahme
fähig, und meint v. L., dass die Zufuhr sowohl von Fleischwaaren,
wie auch von lebenden Schweinen durchaus entbehrlich ist.
Der Ansicht des Herrn v. Langsdorff kann, so weit es
die Schweine betrifft, die Berechtigung nicht abgesprochen
werden, wenn es auch zu denken giebt, dass, trotzdem der
Schweinefleischbedarf durch die inländische Production gedeckt
sein soll, noch 65602 lebende Schweine und an Schweinefleisch,
Schinken, Speck und Würsten u. s. w. insgesammt 453 923 De.
im Jahre 1899 eingeführt worden sind. Ferner hätte auch der
Schweineschmalzverbrauch und die Schmalzeinfuhr bei der Be-
*) Der Gesammtfleischverbrauch wurde bei den Berathungen
gelegentlich der Fleischnoth im vergangenen Jahre auf 42 kg ge¬
schätzt. Die königl. statistische Gesellschaft hat den Jahres¬
verbrauch in England für 1896—98 auf 132 Pfund pro Kopf be¬
rechnet und zwar 78 Pfund inländisches und 54 Pfund ausländisches
Fleisch.
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360
trachtnng berücksichtigt werden müssen. Auch das ist zu er¬
wähnen, dass ein Theil des Schweinefleischzuwachses noth-
wendig gewesen ist, um das Schaffleischmanco, denn bekanntlich
hat der Schafbestand in den letzten 25—30 Jahren um 57 pCt.
abgenommen, zu ersetzen. Indessen lässt sich die Schweine¬
haltung steigern, weil Mästung und Fütterung nicht besonders
schwer erfüllbare Anforderungen stellen und bei der grossen
Fruchtbarkeit der Schweine eine eventuelle Decimirung durch
Seuchen nicht so sehr zu fürchten ist. Anders aber bei den
Rindern; die Erfordernisse der Nahrung, Ranhfutter, Weide,
sind viel schwieriger zu beschaffen, weil die zunehmende Be¬
völkerung die Landwirtschaft auch zur Erzeugung von anderen
Producten, Milch, Brotfrucht, Gemüse u. s. w. drängt. Man
denke nur, dass die Einwohnerschaft Deutschlands sich jetzt
schon jährlich um über ein Million Seelen vermehrte. Deren
Bedarf an landwirtschaftlichen Erzeugnissen wird man ermessen
können, wenn man sich klar macht, dass der Bevölkerungs-
No. 30.
Zuwachs mehr als die Einwohnerzahl Hamburgs und im nächsten
Jahr vielleicht schon soviel als die Einwohnerzahl Berlins ans¬
macht. Die Vermehrung der Bevölkerung und damit auch der
Bedarf an Nahrungsmitteln wächst aber von Jahr zu Jahr,
ausserdem gestaltet sich die Lebensweise des Einzelnen immer
luxuriöser, der Fleischverbrauch per Kopf der Bevölkerung
steigt von Jahr zu Jahr. Das sind Gründe genug, um sich
bezüglich der Fleischversorgung nicht gänzlich vom Auslande
abzuschliessen. Bis zu einem gewissen Grade muss das Inland
bezüglich der Nahrungsmittelversorgung allerdings unabhängig
vom Auslande sein, damit es nicht, sowie z. B. jetzt bei der
Verproviantirung der Truppen auf Schwierigkeiten stösst und
den Bedarf vom Auslande zu beziehen gezwungen ist. Jedes
Land soll sich aber Nahrungsmittelquellen offen halten, auf die
es im Nothfall, wie z. B. bei Missernten zurückgreifen kann,
um so mehr, wenn der erforderliche Bedarf so wie so schon nur
zu hohen Preisen im Inlande zu decken ist. Kühn au.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Personalien.
Yacanzen.
Auszeichnungen etc. Dem Stadtdireclionsthierarzt Saar in
Stuttgart wurde bei der seinem Ansuchen gemäss erfolgenden Ver¬
setzung in den bleibenden Ruhestand das Ritterkreuz I. Klasse des
Friedrichsordens verliehen.
Ernennungen eto.: In Bayern: Hermann Sand, Bezirksthierarzt
inüffenheim, pragmatisch, Districtsthierarzt Chr. Eckardt-Otterberg
zum Zuchtinspector für das pfälzische Fleckvieh mit dem Wohnsitz
in Landau, Heinrich Grün, bisher Bezirksthierarzt in Kulmbach,
in gleicher Eigenschaft in Königshofen, Max Notz, bisher Bezirks¬
thierarzt in Friedberg, in gleicher Eigenschaft in Freising und ferner die
Thierärzte Heinrich Geiger-Stadtlauringen in Waldkirchen (Nieder¬
bayern), Dr. Kirchmann-Ichenhausen in Lauingen (Schwaben),
Georg Lenz-Erbendorf in Aub (Unterfranken) als Districtsthierärzte
und der Schlachthausthierarzt Martin Ammer Schläger-Aschaffen¬
burg als beamt Tbierarzt für die Stadt Aschaffenburg mit den Be¬
fugnissen eines Bezirksthierarztes — angestellt Eduard Schmidt,
Bezirkstbierarzt in Nürnberg, in den Ruhestand versetzt.
Polizeithierarzt H. Baebiger-Hamburg wurde zum Leiter des
bacteriologischen Instituts der Landwirthscbaftskammer der Provinz
Sachsen gewählt.
In der Armee: Zur Dienstleistung bei dem ostasiatischen
Expeditionscorps sind commandirt: a) zum ostasiatischen Reifer¬
regiment Oberrossarzt Bergemann, bisher im 11. Ul.-Rgt. Und
Rossarzt Loth, bisher im 46. Art.-Rgt. b) Zum ostasiatiscben
Feld-Art.-Rgt. Oberrossarzt Hussfeld, bisher im 24. Art. Rgt
und die Rossärzte Schlie, bisher im 62. Art.-Rgt., Carl, bisher im
23. Art.-Rgt. und Unterrossarzt Oelhorn, bisher im 3. Hus.-Rgt.,
letzterer unter Beförderung zum Rossarzt, c) Zur Munitions-
colonnen-Abtheilung Rossarzt Zinke, bisher im 12. Hus.-Rgt.
und Unterrossarzt Hohl wein, bisher im 13. Hus.-Rgt., letzterer
unter Beförderung zum Rossarzt, d) Zur Proviantcolonne I Unter¬
rossarzt Gläsmer, bisher im Leib-Garde-Hus.-Rgt., e) zur Proviant¬
colonne II Unterrossarzt Heuer, bisher im 5. Ul.-Rgt, letztere beiden
unter gleichzeitiger Beförderung zum Rossarzt, f) Zum Pferde¬
depot Rossarzt Haneke, bisher im 59. Art.-Rgt.
Approbationen: in Berlin die Herren Gustav Bask, Paul
Elling, Friedrich Holzwarth, Friedrich Jäger, Hermann Köhl,
Gustav Kuhn, Paul Luckmann, Otto Scheferling, Adolph
Wendler.
Wohnsitzverfinderungen, Niederlassungen: Verzogen: Die Thier¬
ärzte Carl Angerstein von Sternberg nach Grevesmühlen (Mecklbg.),
Jul. Lenz von Wetzlar nach Plaue (Havel), P. Scheuer nach
Römhild, Tiburtius von Cosel nach Themar (Thüringen). — Thier¬
arzt Otto Eisen hat sich in Legau bei Memmingen, Hesselbach in
Pössneck (Thüring.), Moumalle in Tribsees, Ernst Zincke in Ein¬
siedel bei Chemnitz (i. S.) — niedergelassen.
Todesfall: Thierarzt Gentzen in Tribsees.
Kreisthlerarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Aachen: Montjoie (erneut ausgeschrieben) 600 M. Gehalt,
300 M. Stellenzulage, 600 M. Kreiszuschuss, (ev. für Beaufsichtigung
des Schlachthofes weitere 800 M). Bewerbungen bis 5. August er.
an das Landrathsamt zu Montjoie. — R.-B. Oppeln: Gross-Strehlitz
(600 M.) zum 1. October er. Bewerb, bis 10. August er. an den
Regierungspräsiden ten.
Bayern: Zuchtinspektorstelle bei dem Verband für bayr.Rothvieh
mit dein Wohnsitz in Weiden zum 1. Oktober er. (3500 M. und
1500 M. Reiseaversum.) Bewerbungen bei dem Vorsitzenden Pfister
in Ullersricht bei Weiden.
b) NaebAblauf der Meldefrist aooh uah**ö£zte-S teilen:
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Köln: Waldbröl. — R.-B. Cöslin:
Bütow. — R.-B. Wiesbaden: St. Goarshausen.
Sanltitsthlerarzt8tellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen;
Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachtbof zum 1. Oct. er. (2400 M.,
steigend bis 3600 M.). Bew. bis 1. Sept. an den Senator Dr. Don andL
— Cassel: Schlachthofassistenzthierarzt sofort (1800 M. 3 monat¬
liche Kündigung.) Bewerbungen an den Director. — Grätz
(Posen): Schlachthofinspector (1500 M., Wohnung etc., Privat-
praxis in dienstfreier Zeit). Bewerbungen an den Magistrat —
Königsberg (Ostpr.): Schlachthofthierarzt zum 1. October er.
(2000 M. Wohnung etc., 6 wöchentliche Kündigung). Bewerbungen
bis 24. August er. beim Director. — Stettin: 3. Schlachthof¬
thierarzt zum 1. September er. (2400 M. pensionsberecht Einkommen,
von 3 zu 3 Jahren um 300 M. steigend bis 3300 M.) Bewerbungen
bis 6. August er. an den Magistrat. — St. Wendel: Schlachthof¬
verwalter (Bewerbungen mit Gehaltsansprüchen bei freier Wohnung
bis 1. September er. an den Bürgermeister). — Wollstein (Posen):
Schlachthofinspector zum 1. Oct er. (1200 M. Wohnung etc. Privat¬
praxis in dienstfreier Zeit). Bewerb, an den Magistrat.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
— Eberswalde: Schlachtbofinspector. — Haltern: Sanitäts¬
thierarzt. — Köln: Schlachthofthierarzt. — Salzwedel: Schlacbt-
hofvorsteher. — Wanne: Schlachtbofvorsther. — Wamsdorf.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt. — Scbönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Eickel. — Mengeringhansen
(Waldeck). — Peiskretscham (Ober-Schles.). — Raguhn: Thier¬
arzt zu Ende August, (ca. 750 M. Nebeneinkommen aus der Fleisch-
schau). — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Römhild: Thierarzt,
(ca. 1200 M. Fixum, ausserdem Einnahmen aus der Trichinenschau,
Privatpraxis) Bewerbungen an den Bürgermeister. — Schloppa
(Westpr.) — Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze
Mecklb.). — Wolkenstein.
Verantwortlich für den Inhalt (excL Ina erat on theil): Prot Dr. Schmaltz ln Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Scboetz in Berlin. — Druck von W. BUxonateia, Berlin
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Die „Berliner Thierärztliche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in Stärke von mindestens D/j Bogen. Dieselbe
ist zu beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1082)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Üichard
Scboots, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von
Mk. 6,— pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeiträge werden mit 50 Hk. ftlr den Bogen honorlrt
Alle Manuscripte. Mittheilungen und redartionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. I)r. SchmalU,
Berlin thierärztliche Hochschule. NW., Luisenstras-e 56.
Correcturen, Recensions-Exctnplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Sclimaltz-Berlin.
Verantwortlicher Redacteur.
De Bruin KDhnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZOndel
Professor Oberthicrarzt Departementsthierarzt Kreisthierarzt Departement-thlerarzt Veterinärassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kroisthlorarzt
Utrecht Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag: von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900.
Ausgegeben am 2. August.
Inhalt: Peter: Ueber die endovenöse Injection von Jodkalium- und Protargollösungen. — Pflanz: Eine neue Impf-
spritze für Rothlauf- bezw. Schweineseuchen Impfungen. — Schilnhoff: Thermometer-Fixator. — Referate:
Shervy und Bull: Eine neue Schafkrankheit in Australien. Caseous Lymphadenitis oder Caseous Lymphatic glands (Pseudo-
Tuberculosis). — Prettner: Experimente Uber die Infectiosität des Bacillus der Schweineseuche. — Pader: Enteritis als Folge
einer Nabelinfection bei einem neugeborenen Füllen. — Pion: Ueber einen Fall extra-uteriner Gravidität bei einem Schafe. —
Gerosa: 15 Fälle von Ncurectomie der Plantarnerven. — Therapeutische Notizen. — Höbrant: Ueber die Veränderungen bei
der Tollwuth des Hundes und die pathologisch-anatomische Diagnose dieser Krankheit. — Tagesgeschichte: Erledigung der
Kleinbahnfrage. — Neues Reglement für die thierärztliche Staatsprüfung im Grossherzogthum Baden. — Rothlauf-Impfnngen. —
Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — Fleischschau und Viehhandel. — Personalien. — Vacanzen.
Ueber die endovenöse Injection von Jodkalium- und
Protargollösungen.
Von
Dr. Peter-Angcrinünde.
Von den Wegen, welche dem Therapeuten zur Einführung
seiner Heilmittel in den kranken Körper zu Gebote stehen,
ist die Einverleibung durch die Venenblutbalm ans naheliegenden
Gründen bisher nur im beschränkten Maasse benutzt worden.
Die gedachte Methode ist seit dem 16. Jahrhundert bekannt,
zu welcher Zeit sie bereits den Aerzten dazu diente, dem durch
starke Blutverluste gefährdeten Patienten das frische Blut eines
gesunden Menschen zuzuführen, am die drohende Todesgefahr
abznwenden. Ausser der Transfusion von Blut, dessen Stelle
später mit gleichem Erfolg durch 0,6 procentige Kochsalzlösung
substituirt wurde, hat die humane Mediciu zur Heilung von
Krankheiten von der intravenösen Injection so gut wie keinen
Gebrauch gemacht, sie bevorzugte hierzu vielmehr die spätere
Entlecknng der subcutanen Einspritzungen.
So blieb die endovenöse Application von Arzneimitteln fast
ausschliessliche Domäne der Veterinärmedicin. Doch auch bei
den Thierärzten führte sich diese Methode nur langsam und
zögernd ein.
Aus dem Anfänge des verflossenen Jahrhunderts ist die
intravenöse Anwendung der Tinct. Veratri gegen den Dumm¬
koller überliefert, worden, welche Viborg mit Hilfe des
Help er’sehen Trichters in die Venenhahn einführte. Die
Schwierigkeit dieses Verfahrens und die stürmische Reaction,
welche die Einspritzung von 6 bis 8 g der Tinctur auslöste,
waren nicht geeignet, diesem Verfahren Freunde zu erwerben.
Unmittelbar nach der Injection zeigen sich beim Pferd Störung
der Athmnng mit exspiratorischer Apnoe, Brechan¬
strengungen und Schweissausbruch, welche 3 bis 4 Stunden
andanern*).
*) Dieckerhoff, Spec. Pathologie und Therapie 1892, I. Bd.,
2. Aufl., p. 647.
Die Erfindung der Hohlnadel brachte eine wesentliche Ver-
. einfachung in der Technik der in Rede stehenden Applications-
1 methode, so dass nun auch Versuche mit anderen Mitteln ge¬
macht worden.
An Stelle der Tinct. Veratri ist später, mit geringem
Erfolge, das Veratrin. sulfuric. (0,04 bis 0,08 g) benutzt worden.
Zur Herbeiführung der Narkose bei widerspenstigen Pferden
i wurde die intravenöse Anwendung des Chloralhydrates ver¬
sucht. Vennerholm*) berichtet, dass 50 bis 60 g des Mittels,
! in Wasserlösung angewendet, Periphlebitis und Tlirombosirung
i der Jugnlaris erzeugen können. Fröhner und Pfeiffer**),
welche diese Versuche nachprüften, bekamen ebenfalls in einigen
Fällen Thrombosirung und Obliteration der Jugularis bezw. der
l Hirnblutleiter. So kam es, dass das Verfahren fortdauernd mit
j Misstrauen betrachtet wurde.
Erst die glückliche Idee Dieckerhoff’s, das Baryum
j chloratum gegen die Kolik der Pferde direct in die Blntbahn
einzuspritzen, hat der Methode gleichsam zur Popularität ver¬
holten. Dieckerhoff vermehrte seitdem die kleine Zahl der
! endovenösen Mittel noch um das Argentum colloidale, mit dem
er den Morbus maculosus des Pferdes erfolgreich bekämpfte.
Die Arzneimittel eignen sich zur endovenösen Application,
wenn sie nach Möller’s Angaben***) folgende Eigenschaften
haben:
1. Das Mittel muss eine echte Lösung darstellen und ist
vor der Anwendung zu tiltriren.
2. Es muss sich mit dem Blute vermischen; Fette,
Oele etc. sind deshalb von dieser Anwendungsweise auszu-
schliessen.
3. Die injicirte Flüssigkeit darf keine erheblichen Zer¬
setzungen, namentlich keine Gerinnung des Blutes her¬
beiführen, woraus folgt, dass Säuren, concentrirter Alkohol,
scharfe Laugen etc. zu vermeiden sind.
*) Fröhner, Lehrbuch der Arzneimittellehre 1900, p. 35.
**) 1. c.
***) Lehrbuch der Chirurgie 1899. I. Bd., p. 555.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 81.
4. Die Anwendung eines Mittels als intravenöse Injection
setzt voraus, dass es in kleinen Quantitäten wirke, weil
man grosse Mengen von Flüssigkeit nicht ohne Bedenken in
die Blutbahn einführen könne.
Ausserdem verlangt Möller, dass die verwendeten Lösungen
vor der Injection steril zu machen und auf Blutwärme zu
bringen seien.
Diese Vorbedingungen für die intravenöse Andwendbarkeit
eines Mittels gelten von 1 bis 3 ohne Einschränkung, und auch
die weiteren Forderungen sind im allgemeinen wohl berechtigt.
Abweichungen sind aber keineswegs ausgeschlossen.
Ueber die Flüssigkeitsmenge, welche einem Thiere
mit vollem Blutgehalt. in den Gefässbaum auf einmal in-
fundirt werden kann, existiren meines Wissens nur von einer
Seite bestimmte Angaben. Bose und V4del in Montpellier*)
haben im Jahre 1896 ermittelt, „dass die massige Injection
einer 5 bis 7 promill. Kochsalzlösung, welche mehr als das
Dreifache der gesammten Blutmenge beträgt, frei von
jeder immediaten und späteren Gefahr für das Thier ist.“ Die¬
selben geben an, dass sie 86 bis 261 ccm pro kg und 15 bis
87 ccm pro Min. injicirt und bei den Versuchsthieren nach¬
stehende Reactionserscheinungen beobachtet haben: „Frequenz
und Energie des Herzens wird gesteigert, wobei der Blutdruck
unverändert bleibt. Die rectale und peripherische Temperatur
erhöhen sich um 2° und fallen innerhalb 2 bis 3 Stunden auf
die Norm zurück. Starker Harnabsatz ohne Hämaturie und
Albuminurie. Es zeigen sich Speicheln, Diarrhoe und etwas
Schüttelfrost gegen Ende der Injection. Anderweitige Störungen
traten nicht ein.“
Dass die beiden Forscher ihre Lösungen vorher steril
gemacht und auf Blutwärme gebracht haben ist anzu¬
nehmen, in dem mir zur Verfügung stehenden Referat jedoch
nicht angegeben.
Dass diesen Vorschriften beim Gebrauch kleiner Flüssig¬
keitsmengen jedoch nicht haarscharf Rechnung getragen
werden muss, beweist die Chlorbaryumtherapie.
Nach meiner approximativen Schätzung habe ich seit der
Dieckerhoffschen Entdeckung im Jahre 1895 bei einer zwei¬
jährigen Thätigkeit in der medicinischen Klinik in Berlin und
später in der Praxis mindestens 1000 Injectionen (durchschnitt¬
lich also vier Injectionen pro Woche) gemacht und bin in
keinem Falle von dem einfachen Verfahren abgewichen, welches
Geheimrath Dieckerhoff vorgeschrieben hat. Ich führe stets
auf meinen Ausfahrten einige gut verschlossene Fläschchen mit
abgewogenen Chlorbariumdosen von je 0,5 g bei mir, welche bei
eventuellem Gebrauch mit dem klaren Brunnenwasser desjenigen
Ortes, an dem ich mich gerade befinde, gelöst, dann mit einer
entsprechenden Quantität desselben Wassers ohne weitere Vor¬
bereitungen eingespritzt werden. Trotzdem das Wasser der
meisten Oertlichkeiten meines Bezirks je nach dem Kalkgehalt
bei Herstellung der Lösung eine mehr oder weniger starke
milchige Trübung annimmt, haben sich noch keine Störungen
bei den behandelten Thieren bemerkbar gemacht. Locale oder
allgemeine Folgen septischer Art habe ich darnach ebensowenig
entstehen sehen, und es ist auch in dieser Beziehung niemals
Klage geführt worden.
Folgen wir den Lehren von Bose und V6del (1. c.), so
sind die Lösungen mit gewöhnlichem Wasser den Lösungen mi t.
*) Congrös m6dical de Nancy. Annales de möd. vöt. Berlin.
Thierärztl. Wochenschr. 1896 p. 631.
destillirtem Wasser vorzuziehen, denn diese Autoren sahen nach
den intravenösen Injectionen von destillirtem Wasser sogar in
schwachen Dosen eine toxische Wirkung eintreten,
während das gewöhnliche Wasser in jeder Menge nur reichliches
Harnen ohne Hämaturie veranlasst«, eine leichte febrile Reaction
von y 2 bis 1 0 verursachte und die Blutkörperchen viel weniger
alterirte, so dass es im Nothfalle an Stelle der physiologischen
Kochsalzlösung zu intravenösen Injectionen benutzt werden
könnte.
Auch der Fortfall der Erwärmung der Chlorbaryumlösungen
bis zur Bluttemperatur hat nach meinen Erfahrungen und meines
Wissens ebenso anderweitige Nachtheile nicht gehabt.
Ganz mechanisch habe ich mir das Verfahren angewöhnt,
das Fläschchen beim Lösen der Substanz in der Hand einzu-
schliessen und auch die gefüllte Spritze durch die Handwärme
ein wenig höher zu temperiren. Ich möchte aber ausdrücklich
erwähnen, dass die Einspritzungen ohne diese Vorsicht gleich
gut ertragen werden. Anders dürfte es sich mit der Infusion
grösserer Flüssigkeitsmengen verhalten. Ich habe bei einigen
Versuchen, die ich hier kurz mittheilen möchte, und in denen
1 bis 1,5 1 Flüssigkeit auf ein Mal in die Jugularis eingeführt
wurden, abgekochtes Wasser von 36—38° benutzt.
Die kleine Anzahl der Versuche kann den Anspruch auf
Vollständigkeit nicht machen, dieselben sollen nur zu weiteren
Experimenten anregen.
Gestützt auf die theoretische Anschauung, dass die Gebär¬
parese im Wesen als eine Autointoxication anzusehen sei und
auf die Erfahrung, dass das Jodkalium gegen diese Krankheit
eine überraschende Heilwirkung ausübt, wollte ich das Mittel
versuchsweise bei der Lumbago des Pferdes probiren, welche
Krankheit bekanntlich von mehreren Autoren in letzter Linie
ebenfalls auf eine abnorme Spaltung von Eiweissstoffen und
Bildung von Toxinen (Leucomaine) znrückgeführt wird.
Ein Unterschied bestände nur insofern, als bei der Gebär¬
parese die Toxine nach der neuen Theorie im Euter, bei der
Lumbago in den Muskeln entstehen. In beiden Fällen aber
werden die Toxine von ihren Bildungsstätten an das Blut ab¬
gegeben. Wie nach der allgemeinen Annahme die abnormen
Spaltung8producte bei der Gebärparese durch Jod unschädlich
gemacht werden, so schien mir die Möglichkeit nicht aus¬
geschlossen, dass in die Blutbahn gebrachtes Jod vielleicht die
schädlichen Producte der regressiven Metamorphose des Stoff¬
wechsels bei Lumbago ebenfalls binden oder oxydiren könne.
Versuch 1.
Um zunächst die zur intravenösen Injection geeignete Jod¬
kaliumlösung zu ermitteln, infundirte ich am 5. October 1898
einer 18- bis 20jährigen innerlich gesunden Fuchsstute, welche
wegen unheilbarer Beinleiden zur Tödtung bestimmt war, 5 g
Jodkalium in 1000 g Wasserlösung, auf einmal in die rechte
Jugularis. Hierzu wurde die Dieckerhoff’sehe Aderlass¬
hohlnadel benutzt, in welche ich nach dem Einstechen den durch
einen dünnen Kautschuckschlauch mit einem Glas-Irrigator ver¬
bundenen Catheter von Schmidt-Kolding mittelst schmalen
Gummipapierstreifens luftdicht einfügte.
Der Irrigator, in welchem Bich die Lösung befand, wurde
von einem Gehilfen etwa in Ohrenhöhe des Pferdes gehalten,
so dass die Flüssigkeit ungefähr */« m Fallhöhe hatte.
Es bedarf kaum der Erwähnung, dass zur Vermeidung
einer Luftembolie die beschriebene Vereinigung beider Hohl¬
kanülen erst stattfand, während ihre Hohlräume mit Blut bezw.
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2. Angast 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
368
Jodkaliumlösung gefällt waren, also während beide Flüssigkeiten
ans ihren Gefässen ausströmten.
Der Stand der Flüssigkeit liess sich im Glasgefäss bequem
beobachten, so dass beim Sinken des Flüssigkeitsspiegels in das
Niveau der Ausflussöffnung die Nadel aus der Vene mit einem
Zug entfernt werden konnte, ebenfalls um dem Eintritt von Luft
möglichst vorzubeugen.
Nach der Injection frisst das Pferd sofort Heu mit regem
Appetit und verhält sich wie ein normales Pferd.
10 Minuten später wird eine Blutprobe aus der linken
Jugulari8 entnommen und in einem Cylinder aufgefangen.
Nach 15 Minuten setzt die Fuchsstute eine kleine Menge
trüben, eiercognacähnlichen Urin ab. Ein Zeichen einer Gesund¬
heitsstörung ist überhaupt nicht wahrzunehmen. Puls, Athmung
und Temperatur verhalten sich nach wie vor der Injection nor¬
mal: P. 36, A. 6—8, T. 37,8.
Versuch 2.
Am 6. October Infusion einer wässerigen Jodkaliumlösung von
10:1000 in die linke Jugularis, worauf sich ebenso wenig eine Ver¬
änderung im Befinden der Stute einstellt, als Tags vorher. In dem
vom ersten Tage aufgestellten Cylinder mit Blut hat sich die
Abscheidung des Blutfaserstoffes vollzogen. An dem Blutserum
kann eine Abnormität in der Färbung oder eine sonstige Ver¬
änderung nicht wahrgenommen werden.
Die Verwendung einer Lösung von 15: 1000 am 7. October
führte sofort lebensgefährliche Erscheinungen herbei. Die
Untersuchung des Pferdes vor der Injection ergiebt, dass
Functionsstörungen irgend welcher Art nicht eingetreten sind.
Auch das Sernm einer Blutprobe vom 6. October hat ein nor¬
males Aussehen.
Nach dem Einstechen der Dieckerhofl’schen Aderlasshohl¬
nadel in die rechte Jugularvene strömt das Venenblut in normaler
Beschaffenheit hervor. Kaum ist jedoch in der Hohlnadel der
Schmidt'sehe Katheter befestigt, durch welchen die Lösung zu-
fliesst, so steigt das Blut durch den Kantschuckschlauch in das hoch¬
gehaltene Glasgefäss empor und lagert sich in dicker Schicht am
Boden desselben in die Jodkaliumlösung. Offenbar hat sich die
Jugularis durch Gerinnung des Blutes unter der Einstichstelle ver¬
schlossen, und das vom Kopfe herab centripetal strömende Blut
überwindet den Druck der Flüssigkeitssäule und steigt in die
Glasflasche hinauf. Der Apparat wird sofort ausser Betrieb ge¬
setzt und die Hohlnadel herausgezogen. Da die Stute keine
erheblichen Veränderungen der Athmung und des Pulsschlages
zeigte, setzte ich nach einer etwa 10 Minuten langen Pause den
Apparat unter der thrombosirten Stelle auf derselben Seite in
der Vene an, jedoch mit dem gleichen ungünstigen Resultat,
worauf ein weiterer Versuch eingestellt wurde.
Nach Verlauf von 5 Minuten beginnt das Pferd zu zittern.
Es bekundet alsbald eine starke in- und exspiratorische Dyspnoe,
einen beschleunigten Puls (80 pr. Min.), schwankt und fällt
nieder. An der Erde liegend schlägt es mit den Beinen und
sieht sich wiederholt mit angstvollem Blick nach dem Leibe um.
Beim Eintritt dieser Erscheinungen wird die Stute sofort durch
Bruststich getödtet.
Die Obduction ergiebt eine partielle Thrombose der vorderen
Aorta, vollständige Thrombose der rechten Jugularis. An ver¬
schiedenen Stellen des Rumpfes befanden sich in der Unterhaut
mehrere Blutergüsse von Handtellergrösse und ein kleinerer Blut¬
austritt im Dünndarm. Die Organe, insbesondere die Nieren, sind
normal beschaffen.
Die Versuche berechtigen hiernach zur Ableitung nach¬
stehender Schlussfolgerungen:
1. Pferde können die intravenöse Einverleibung
0,5 bis lproc. Jodkaliumlösungen ohne Störungen der
Gesundheit ertragen.
2. Die Menge der auf einmal zu injicirenden Sub¬
stanz ist noch nicht festgestellt. 5 g und 10 g rufen
in den vorstehend angegebenen Verdünnungen keine
Krankheitserscheinungen hervor.
3. l,5proc. Lösungen führen den Tod durch Ge¬
rinnung des Blutes herbei. (Fortsetzung folgt.)
Eine neue Impfspritze
für Rothlauf- bezw. Schweineseuchen-Impfungen.
Von
Pflanz-Kreuzburg, O.-Schl.
Kreisthierarzt.
Das Impfen grösserer Schweinebestände ist mit den bisher
construirten gewöhnlichen kleinen Spritzen sehr mühsam und
kostet bei der Störrigkeit der Schweine besonders der hier zu
Lande heimischen, stark mit polnischem Blut gemischten Rassen
eine grosse Zahl Injectionscanülen.
Selbst bei grosser Uebung und Vorsicht ist es oft unver¬
meidlich, dass beim Einführen der Spritze in die Canüle letztere
durch die geradezu blitzartigen Bewegungen, welche die
Schweine mit gewisser Berechnung meist in dem genannten
Augenblick ausführen, abgebrochen werden.
Mit dem Abbrechen der Nadel ist jedes Mal auch ein Ver¬
lust von Serum bezw. Culturen verbunden.
Ein weiteres Erschwerniss ist mit dem Festhalten, besonders
d^r'halbgrossen Schw'eine verbunden.
Viele Thiere lassen sich ja die Injection ohne jedes Fest¬
halten gefallen, jedoch bei den meisten muss Gewalt angewendet
werden; hierbei ist es nicht immer leicht, ein grösseres,
kräftiges Schwein zu fixiren.
Weiter wird durch das fortwährende Eintauchen der Irapf-
spritze in das Serum dieses sowohl, als auch die Spritze selbst,
verunreinigt, wozu die klebrige Beschaffenheit des ersteren sehr
viel beiträgt.
Um nun diesen eben geschilderten Missständen abzuhelfen,
habe ich eine Spritze construirt, die den billig zu stellenden
Anforderungen vollständig entspricht. Dieselbe ist folgender-
massen eingerichtet:
Der Inhalt der Spritze beträgt 200 g; am unteren (Aus¬
fluss-) Ende ist ein Gummischlauch von 1 m Länge mit einem
sehr engen Lumen angeschraubt, der seinerseits wiederum die
ebenfalls durch eine Schraube befestigte Canüle trägt.
Der Stempel der Spritze ist dreieckig und ist jede der
drei Seiten mit einer besonderen Scala versehen; die eine ist
auf 3 g, die zweite auf 5 g, die dritte auf 8 g ausgetheilt.
Ausserdem ist der Stempel mit der üblichen Stellschraube ver¬
sehen.
Wenn ich nun einen Bestand zu impfen habe, giesse ich
die Spritze voll, schraube den Schlauch auf und stelle die
Schraube je nach der Grösse des Schweines auf 3 oder 5 oder
8 bezw. 10 ==» 2 X 5 oder 15 = 3 X 5 g.
Wenn z. B. in einer Bucht 5 grössere Schweine vorhanden
sind, so gehe ich mit nur einem Menschen, gewöhnlich dem
Wärter in dieselbe, lasse die Schweine in eine Ecke treiben
und steche nun dem ersten die Nadel hinters Ohr, ohne das-
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864
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 81.
selbe halten zu lassen. Gewöhnlich reagirt das Thier garnicht
darauf, zuweilen läuft es nur ein paar Schritte weiter. Dies
hat jedoch garnichts zu bedeuten, da der lange Schlauch Spiel¬
raum genug gestattet; ich gehe dann ruhig hinter dem Schweine
her und drücke während dessen den Stempel bis zur Schraube ein.
Das Schwein wird gezeichnet und die nächsten werden in
derselben Weise behandelt.
Für die Injectionen der Culturen habe ich eine zweite, ähn¬
liche Spritze mit 20 g Inhalt. Die dreieckige Gestalt des
Stempels und die somit sehr übersichtliche Eintheilung machen
das Stellen der Schraube sehr bequem, sodass das ganze Impf¬
geschäft ungemein schnell und einfach abgewickelt wird.
Die Spritze hat folgende in die Augen fallende Vortheile:
1. Absolute Sauberkeit, da das Serum gleich für 20 bis 30
Schweine auf ein Mal in die Spritze aufgenommen wird.
2. Eine bedeutende Ersparniss an Serum. Durch das häufige
Einziehen vermittels der kleinen Spritzen geht viel verloren,
auch wird die Einstellung bei den kleinen Spritzen meist nicht
so genau ausgeführt, besonders wenn man 15 g einzuspritzen
hat, die nur 10 g enthaltende Spritze also nochmals zur Hälfte
gefüllt werden muss, wird in der Eile, um mit dem schon sehr
unruhigen Schweine schnell fertig zu werden, meist 1 bis 2 g
mehr genommen als nöthig; das bedeutet aber jedes Mal 10 bis
15 Pfennig. Bei der hier beschriebenen Spritze ist die Dosirung
ganz genau, und es geht nicht ein Tropfen verloren.
4. Grosse Beschleunigung des Impfgeschäftes, dabei ( be¬
quemes Handhaben. Der Operateur braucht sich kaum zu
bücken, auch kommt er mit dem Schweine nicht fortwährend in
so nahe Berührung, sodass anch die Garderobe nicht so
„schweinemässig*- zugerichtet wird.
Die Spritze (200 g mit 3 Scalen) ist patentamtlich ge¬
schützt und durch die Firma Hauptner-Berlin für den Preis
von 36,50 M. incl. Canülen, Schlauch und Etui, zu beziehen.
Die Spritze (20 g Inhalt) für Culturen kostet 12,50 M.
Thermometer-Fixator.
Von
SchOnhofT-Cleozo 1
Thierarzt.
Von der Instrumentenfabrik H. Hauptner, Berlin, ist nach
meinen Angaben ein Thermometer-Fixator — Preis 1,50. M —
angefertigt worden, welcher in der Thermometrie eine wesent¬
liche Erleichterung schafft.
Ein einziger Handgriff lässt in den Haaren der Kruppe das
Instrument befestigen, und bleibt ein event. bei einer Defaecation
heransgeworfeue8 Thermometer unversehrt an einem Faden daran
hängen. Bei unruhigen Thieren ist dieser Vortheil ein besonders
angenehmer. Namentlich bei den Temperatur-Aufnahmen betr.
Tuberculin-Impfung ist die Anwendung des Thermometer-Fixators
eine ausserordentliche Erleichterung, da ein Thierarzt mit nur
einem Gehilfen eine beliebige Anzahl Impflinge durchaus sicher
controliren kann.
Referate«
Eine neue Schafkrankheit in Australien.
Caseons Lymphadenitis oder Caseons Lymphatic glands
(Psendo-Tnbercnlosis).
Von Chervy und Bull, Melbourne, bei Stillwelt & Co, 1899.
(Intercolonial Medial Journal of Auitralia vom SO. Mai 1809.)
Auf den Schlachthöfen von Melbourne wurden seit drei bis
vier Jahren bei manchen Schafen eigenthümliche typische Ver¬
änderungen der Lymphdrüsen beobachtet.
Man fand dieselben bis zur Grösse eines Hühnereis und
mehr vergrössert; sie fühlten sich wie ein starkwandiger, mit
Flüssigkeit gefüllter Sack an; Inhalt gelbgrün und fast flüssig,
Kapsel fest und dick. Zuweilen ist der Inhalt weniger flüssig
und ähnelt dann sehr der käsigen Materie erweichter tuber-
culöser Heerde. Bricht eine Anschwellung in der Nähe der Haut
auf, so bleibt nach Ausfluss des Inhaltes eine derbwandige
Abscesshöhle.
Zumeist findet man nur zwei oder drei Drüsen erkrankt
und zwar am häufigsten die praescapularen und die ober¬
flächlichen inguinalen Lymphdrüsen; dann folgen, je nach der
Häufigkeit, die scrotalen, die tiefen Beckenlymphdrüsen und
diejenigen des Thorax; zwei oder drei Mal wurden die Lymph¬
drüsen der Niere betroffen gefunden, nie aber die der Leber
oder des Gekröses. Kleine Knoten verkalken zuweilen oder
bilden kleine Fibrinknötchen.
Das microscopische Bild der Knötchen ist im Allgemeinen
Folgendes:
Im Mittelpunkt befinden sich anfangs kleine Rundzellen, die
bald erweicht und käsig werden. Dann folgt eine sehr dichte
Zone von Leukocyten, die ihrerseits von einer breiten Schicht
weitmaschigen Bindegewebes, in dessen Maschen kleine Rund¬
zellen liegen, umgeben ist. Das Knötchen als Ganzes ist von
den zusamipengepressten Zellen des Organs, das es beherbergt,
umgeben und von diesen nochmals durch eine Rundzellenschicht
abgegrenzt. Aeltere Knoten im subcutanen Bindegewebe haben
eine derbe Aussenschicht. Riesenzellen sind nicht nachgewiesen.
In der rundzellenhaltigen Bindegewebschicht findet man, in
mehr oder weniger grossen Klümpchen vereinigt, die Bacillen.
Zur Erlangung von Reinculturen derselben wurden Emulsionen
von bacillenhaltigem Material Meerschweinchen subcntan iiyicirt;
die Thiere starben nach 25 Tagen. Aus ihrer Milz wurden
Reinculturen auf Agar erhalten. Auch aus den Knötchen von
Schafen und Meerschweinchen gelang dies.
Die Bacillen sind kurzovale Stäbchen von 7 // Länge und
1^—2 fi Breite. Kürzere Formen kommen namentlich in älteren
Culturen vor. Sie sind leicht färbbar mit Anilinfarben (Carbol-
fuchsin), geben aber die Farbe leicht wieder ab; nach der
Gram'sehen Methode lassen sie sich nicht entfärben. Eigen¬
bewegung ist nicht beobachtet.
Geeignete Nährböden sind Agar und Blutserum, Wachs¬
thumsoptimum 37 0 C.
In AgarauBgussplatten bilden die tiefen Colonien kleine
weisse Pünktchen, während die oberflächlichen, ebenfalls weissen
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2. August 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
365
Colonien eine Ansdehnung von \ Zoll im Durchmesser, einen
erhabenen Mittelpunkt, granulirte Oberfläche und einen gekerbten
Rand haben. Die Oberfläche jeder Colonie zeigt ferner con-
centrisch angelegte, wellige, dem Rande parallele Linien. Die
Culturen zeigen beim Berühren mit der Platinnadel eine eigen-
thümliche Brüchigkeit. Verreibt man etwas Culturmaterial mit
Wasser und fertigt einen Ausstrich an, so findet man die Stäb¬
chen — wie auch in den obenbeschriebenen Knötchen —, zu
kleinen Klümpchen verklebt; ganz isolirte Bacterien sind selten,
öfter findet man sie noch paarweise hintereinandergeheftet,
ähnlich den Diplococcen. In Agarstichculturen erschienen nach
48 Stunden kleine weisse Pünktchen längs des ganzen Stiches,
während an der Oberfläche langsam ein umfangreicher weisser
Bacterienrasen wächst; die tiefen Colonieen fliessen nie zu¬
sammen.
Agarau88trichculturen entwickeln sich in derselben Weise
wie die oberflächlich gelegenen Culturen einer Ausgussplatte.
Auf Glycerinagar ist das Wachsthum weniger günstig,
Colonien auf Blutserum besitzen eine characteristische gelbe
Farbe. Auf Kartoffeln ist ein langsames, auf Gelatine gar kein
Wachsthum erzielt. Auf Kartoffeln entstehen feuchte, weisse
Rasen. In Bouillon bildet sich auf der Oberfläche eine weisse
Schicht, während sich langsam die ganze Flüssigkeit stark
trübt. Die Trübung setzt sich unter vollständiger Klärung der
Flüssigkeit ab, die oberflächliche Schicht bleibt wochenlang be¬
stehen. Nach 3—4 Wochen reagirt die Bouillon stark alkalisch.
Die pathogene Wirkung des Bacteriums ist bis jetzt nur
an Meerschweinchen und Schafen erprobt. Bei ersteren rufen
grosse Dosen der Reincultur (5—6 Platinösen voll) den Tod
hervor und zwar in weniger als 24 Stunden unter Bildung
eines heftigen localen Oedems. Spezialveränderungen an Leber
and Milz fehlten. — Eine Oese voll Material tödtet die Thiere
in 4—7 Tagen; es entstehen kleine, weiche, käsige Knötchen
im Unterhautbindegewebe der Impfstelle, den regionären Lymph-
drüsen und in inneren Organen; aus den Knötchen können
wieder Reinculturen gewonnen werden.
Die Verimpfung noch kleinerer Dosen oder käsigen Materials
aus den bei Schafen natürlich vorkommenden Knötchen verur¬
sachen die chronische Form der Krankheit: Sichtbare Erkrankung
nach 14 Tagen, stetige Gewichtsabnahme, Tod nach 4 Wochen
unter gänzlicher Erschöpfung. Bei der Section werden oft
7 ,—\ Zoll dicke Knoten in Leber, Lunge, Milz und Gekröse
gefunden.
Zuweilen bildet sich auch nur ein lokaler Abscess.
Durch Passage durch mehrere Meerschweinchen nimmt die
Virulenz des Contagiums zu.
Schafe sind für die Infection bedeutend empfänglicher;
1 kleine Oese Reinkultur verursacht einen grossen lokalen Abscess
mit hohem Fieber und wochenlangem Kranksein. 2 Oesen Kultur
in Wasser emulgirt und subcutan injiciert, tödteten einen
grossen Hammel. Sectionsbefund: ausgedehnte Eiterungen im
Anschluss an die Impfstelle im subcutanen Gewebe; Ver-
grösserung der regionären Lymphdrüsen; Leber trübe, Milz
weich und brüchig; reichliche secundäre Knötchen in den inneren
Organen.
Ein zweiter, in derselben Weise geimpfter Hammel war
12 Tage lang krank und erholte sich dann langsam. Bei der
nach 40 Tagen vorgenommenen Autopsie wurden ähnliche Lymph-
drü8enveränderungen gefunden, wie bei natürlich erkrankten
Thieren. Innere Organe gesund.
Bezüglich des Auftretens der Seuche ist zu bemerken,
dass sie periodisch beobachtet ist und dass die Boden¬
verhältnisse eine Rolle zu spielen scheinen. Die Krankheit
besteht in mehreren Colonieen. Bei stark verseuchten Herden
sind 15—70 pCt. des Bestandes erkrankt. Das Gesammt-
befinden der Thiere scheint unter der Krankheit keineswegs zu
leiden, da einige der meisterkrankten Herden in vorzüglicher
Condition sind. Weitaus am häufigsten erkrankten die Schaf¬
böcke, weniger die Schafe; Lämmer sind von der Krankheit fast
ausgenommen.
Am Schluss ihrer Arbeit stellen die Verfasser Betrachtungen
an über die Identität ihres Bacteriums mit dem von Preisz 1891
in Budapest isolirten Bacterium, das er von einem Lamm ge¬
wonnen und mit dem er ganz ähnliche Impfversuche erzielt
hatte. Jener nannte die Krankheit Pseudotuberculose der Schafe,
weil es möglich war, bei Meerschweinchen und Kaninchen durch
Impfung mit menschlichem Sputum Erscheinungen hervorzurufen,
wie sie jener Krankheitserreger zu produciren im Stande war.
Ausser der angeführten Arbeit sind in Sydney Unter¬
suchungen angestellt worden, die zu ähnlichen Resultaten führten.
Die Untersuchungen in Melbourne werden fortgesetzt.
Eine wesentliche Gefahr fürs Aus- und Inland liegt nach
Angabe der Sachverständigen bis jetzt nicht vor. Knell.
Experimente fiber die Infectiosität des Bacillus der
Schweinesenche.
I> .
Von Mathias Prettner-Prag
(Zeitachr. f. Fleisch- u. Milchhygiene X. JO.).
Die verschiedenen Angaben über die Infectiosität des
B? Wsepticüs,'besonders die Publication des Thierarztes Täufer,
dass zwei Schlächtergesellen sich durch Bearbeitung eines
schweineseuchekranken Schweins ein pustulöses Exanthem zu¬
gezogen hatten, waren Anlass zu den Prettner’schen Ver¬
suchen. P. züchtete den B. suisepticus aus dem Herzblut eines
schweineseuchekranken Schweins. An der Hand des Wachs¬
thums und von Impfversuchen an Mäusen, Meerschweinchen,
Tauben sowie Schweinen wurde die Identität des Pilzes sicher¬
gestellt. Mit den Culturen des B. suisepticus wurden nun
Schweine, Meerschweinchen, Kaninchen, junge und ältere Hunde
theilb intraperitoneal oder subcutan geimpft, theils wurden sie
verfüttert oder in Hautwunden eingerieben. Endlich hat sich
P. selbst die Cultur in Schürfwunden seiner Hand eingerieben,
die Wunden heilten in kürzester Zeit ab, das Allgemeinbefinden
war nicht gestört.
Das Ergebniss seiner Versuche giebt P. in folgenden
Sätzen wieder:
1. Das empfänglichste Thier für den Schweineseuchebacillus
ist das Meerschweinchen und das Schwein.
2. Das infectiöseste Material ist das peritoneale Exsudat
der geimpften Thiere, welchem auch grosse Hunde, die schwer
zu inficiren sind, intraperitoneal geimpft, unterliegen.
3. Es gelingt nicht, mit diesem sehr infectiösen Materiale
durch Hautwunden oder porös die Versuchstiere zu inficiren.
4. Auch der Mensch kann mit dem B. suisepticus durch
Verletzungen an seiner Körperoberfläche nicht inficirt werden.
(Zur Aufklärung dieser Frage dürften noch weitere Experimente
erforderlich sein. D. R.).
Es ist anzunehmen, dass auch das Fleisch von schweine¬
seuchekranken Schweinen auf den Verdauungstractus keinen
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 31.
366
schädlichen Einfluss auszuüben im Stande ist. Es ist somit die
Zulassung des Fleisches zum Genüsse vom wissenschaftlichen
Standpunkte aus begründet.*).
Enteritis als Folge einer Nabelinfection bei einem
neugeborenen Füllen.
Von Pader.
(Rocuftil de mMecino v£t6rinaire, SO. Mai 1900.)
Ein Füllen erlag 10 Tage nach der Geburt einer starken
Diarrhöe. Bei der Section ergab sich, dass eine Nabelinfection
das Leiden verursacht hatte. Es war nämlich eine purulente
Peritonitis vorhanden, welche von der Nabelvene ihren
Ausgang genommen hatte (Omphalophlebitis umbilicalis
purulenta, sowie eine Polyarthritis). Der Verfasser meint, dass
dieses Füllen einer septischen Nabelinfection erlag, wovon die
Diarrhöe nur eine Erscheinung gewesen sei, und fragt, ob eine
analoge Infection nicht öfters die Ursache dieser tödtlich ver¬
laufenen Diarrhöe sein werde?
Der Referent gestattet sich hierzu zu bemerken, dass die
Nabelinfection die häufige Ursache des enzootischen Kälber¬
sterbens bei neugeborenen Kälbern ist, wobei Diarrhöe eine der
Erscheinungen ist. Poels (Bericht über die Kälberkrankheit in
den Niederlanden 1899) hat durch Experimente nachgewiesen,
dass die virulenten Colibacillen in hohem Masse das Vermögen
besitzen, vom Nabel aus Enteritis zu bewirken, ferner dass sie
vom Nabel aus schnell ins Blut gelangen können und eine
Mycosis generalis verursachen. Die Veränderungen in den
Därmen beginnen jedoch schon, ehe die Colibacillen aus dem
Blut in die Därme gedrungen sind, und die anfangs gesteigerte
Darmsecretion ist die Aeusserung einer Intoxication. Die
Diarrhöe kann sogar auftreten, bevor die Blutinfection Btatt-
gefunden hat, und die Colimycosis noch auf den Nabel und die
peritoneale Scheide beschränkt ist. M. G. d. B.
Ueber einen Fall extra-nteriner Gravidität bei
einem Schafe.
Von Pion.
(Recueil do m^decine v^törinairo, SO. Mal 1900.)
Pion demonstrirte in der Soc. centr. de müd. v£t. einen
von Morel beobachteten Fall extra-uteriner Gravidität bei einem
Schafe. Die Geschlechtsorgane waren völlig normal, ein breiter
Streifen des Mesometriums verband die fötale Cyste mit einem
der Gebärmutterhörner. Der Fötus und die Adnexa wogen 4 kg.
Die Frucht war ausgetragen und ganz behaart. Der Fruchtsack
war mit dem Peritoneum und dem Omentum verwachsen. Das
Mutterthier war ein fettes Schaf, das in dem Schlachthause zu
Vaugirard geschlachtet worden war. M. G. de Bruin.
15 Fälle von Nenrectomie der Plantarnerven.
Von Dr. G. Gerosa.
(Clin, vct 1900 No. 2i bis 27.)
Verf. will durch seine Mittheilungen nichts Neues bieten,
sondern nur einen Beitrag zur Statistik der fraglichen Operation
liefern und die Practiker zu gleichem Thun anregen. Denn
dieselben seien d. R. n. in der Lage, die Fälle länger als der
in der chirurgischen Klinik thätige Professor zu beobachten und
den Erfolg zu controliren. Daher würde diese Statistik geeignet
*) P. hat nur einen BacterieDStamm geprüft. Um die Frage
einwandsfrei zu lösen, hätte P. mehrere Bacterienstämme nehmen
müssen, da ebenso wie bei anderen Infectionskrankheiten auch wohl
bei der Schweineseuche die Krankheitskeime in einem Seuchen¬
gange viel virulenter sein können als wie in einem andern. D. R.
sein, über strittige Punkte der Anwendung, der Technik der
Operation u. s. w. Klarheit zu verschaffen.
Ohne auf die einzeln beschriebenen Fälle näher einzugehen,
seien die Conclusionen des Verf. aus seinen Operationen im
wesentlichen hier angeführt:
a) Die Neurectomie der Plantarnerven ist von einer gewissen
Erheblichkeit, weil sie die Sensibilität im Hufe aufhebt und
ihn einer geringeren Resistenz unterwirft, so dass sich leichter
als gewöhnlich traumatische und infectiöse Processe ausbilden
können, welche nicht frühzeitig ermittelt werden können, weü
das Symptom des Schmerzes fehlt.
b) Die Folgen der Neurectomie stehen in Beziehung zn
der Natur der Veränderungen, gegen welche die Operation ge¬
richtet ist. Im Allgemeinen macht das Vorhandensein einer
Entzündung am Hufe die Neurectomie nicht empfehlenswerte
Bei der chronischen Hufentzündung treten in mehr oder weniger
kurzer Zeit schädliche Folgen am operirten Hufe hervor. Bei
der acuten und subacuten Podotrochlitis sind schwere und un¬
heilbare Zufälle (Abstossung des Hornschuhes) nicht selten.
Bei der chronischen Podotrochlitis folgte Volumzunahme des
Hufes und Ausschuhen.
Die Neurectomie der Plantarnerven verursachte bei Ver¬
knöcherung des Hufbeinknorpels und bei Schale keine so
schweren Veränderungen; die curative Wirkung war jedoch
nicht vollständig, besonders wenn die Knochenauflagerungen sich
auf die vordere Seite des Fesselbeines erstreckten.
c) Die Operation darf nur in Vorschlag gebracht werden,
1) wenn die Beschaffenheit und Erheblichkeit der Läsionen einen
Erfolg von anderen Gurmethoden nicht erwarten lässt, 2) wenn
der Werth des Thieres nicht in Einklang steht mit einer langen,
kostspieligen oder zweifelhaften Behandlung.
Aus den Mittheilungen ist zu entnehmen, dass der Verf. im All¬
gemeinen schlechte Erfahrungen mit der Neurectomie gemacht hat.
Therapentische Notizen.
Zur Wirkung der Gelatine alt Blutstillungsmittel.
Von Dr. Baumeister.
(D. wed. Woch.)
Im Gegensatz zu anderen Autoren, welche bei Versuchen
über die hlutgerinnende Wirkung der Gelatine ein negatives oder
fast negatives Resutat erhielten, hat Verf. in seinen Fällen mit
der Gelatine einen fast durchweg günstigen Erfolg gehabt. Er
hat die Gelatine innerlich in Lösungen von 10:100, bezw. auch
äusserlich in Form von mit Gelatine getränkten Tampons in
3 Fällen von Blutung des Magendarmkanals, in mehreren Fällen
von Nasenbluten, von denen einer selbst nach kunstgerechter
Gazetamponade nicht stand, ferner in einem Falle von paren¬
chymatöser Blutung aus der Fingerkuppe nach Abschneidung der
Fingerbeere, sowie schliesslich in einem Falle von profaser
Blutung aus der Gebärmutter angewandt und stets prompte
Wirkung gesehen. Nur in einem Falle von Lungenblntung, in
dem die Verhältnisse für die Blutstillung relativ ungünstig lagen,
stand die Blutung bei täglichem Gebrauch von 10—20 g Gelatine
erst nach 8 Tagen. Verf. gelangt auf Grund seiner Beobachtungen
zu dem Schluss, dass die Gelatine ein zweifellos gerinnnngs-
förderndes Mittel ist, welches bei oberflächlicher Anwendung
durchaus keinen Schaden verursacht. Bezüglich der Bubcutanen
Darreichungsweise müssen weitere Beobachtungen erst ergeben,
ob sie unter allen Umständen ebenfalls unschädlich ist, oder ob
vielleicht nicht das Bestehen bestimmter Erkrankungen, z. B.
Herz- und Nierenerkrankungen, dieselbe contraindicirt
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2. August 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
367
Peronin als locales Anaestheticum.
Nach v. Mering ist Peronin ein gutes Ersatzmittel des
Morpbinm. Die inneren Dosen sind 2 bis 3 mal höher als die
des Morphium, also 2 Mb 4 cg. Das Mittel soll wirksamer, dabei
weniger schädlich sein. Bufalini stellte weitere Versuche mit
dem Mittel an und fand, dass es ausser einem Narcoticum ein
vorzügliches locales Anaestheticum ist. 2 Mb 3 Tropfen
einer 1 bis 2 proc. Lösung in warmem Wasser (30—35° C)
in den Conjunctivalsack geträufelt, sollen sofort vollkommene
Anaesthesie der Hornhaut bewirken, welche mehrere
Stunden dauert. (M. med. Woch.).
Aloohoi als Gegengift bei Carbolsäure.
AnlässlichmehrererMittheilungenvonCarbolsäurevergiftungen
macht das Journal of the Am. med. Ass. neuerdings auf die
von Phelps beobachtete und untersuchte Wirkung des Alcohols
als Gegengift der Carbolsäure aufmerksam. Nach dessen An¬
gaben wirkt die unmittelbar folgende Anwendung des Alcohols
nicht nur bei Aetzungen der Haut und offenen Wundböhlen in
der Weise, dass Eiterherde ohne jede schädliche Folgewirkung
mit concentrirter Carbolsäure ansgespritzt und die Hände mit
95 proc. Lösung gewaschen werden können, sondern es wird
auch das Verschlucken der Carbolsäure durch sofortiges Trinken
von Alcohol paralysirt.
Als Schutzmittel gegen die Fliegenplage beim Vieh
bewährte sich nachstehende Mischung:
01. Caryophyll. . 3,0
01. Lauri
Tinct. Eucalypti aa 5,0
Alcohol .... 130,0
Aqua. 200,0
Journal of Comp. Med. and Vet. Archives 1899.
Campher als Antidat gegen Carbolsäure.
Dr. Alvarez empfiehlt bei Vergiftung eines Menschen
100 g Campheröl als Gegengift zu geben. Nach einer Stunde
tritt Besserung ein und in kurzer Zeit ist der Patient voll¬
ständig geheilt. (Journal of comp. Med. and Vet. Arch. 1899.)
Pneumo-Enteritis Infectiosa der Hühner.
behandelt Gnittard mit nachstehender Mischung: Campli.,
Acid. tannic., Acid. carbolic. aa 2,0, Alcohol. 16,0, Aqua 50.
Zunächst werden Campher und Gerbsäure in Wasser gelöst,
hierauf Carbolsäure und Wasser zugefügt und stark geschüttelt.
Je nach dem Alter der Hühner werden 1—3 TheelöfFel ein
bis zwei Mal täglich 3—4 Tage hindurch verabreicht.
Die kranken Hühner sollen alle gesund werden.
Das Heilmittel kann auch als Präservativ bei gesunden
Hühnern Verwendung finden. (Clinica vet. 1900 ex Progres
vet. 1899.)
Ueber die Veränderungen bei der Tollwuth des Hundes
und die pathologisch - anatomische Diagnose dieser
Krankheit.
Von G. H 6 b r a n t.
(Annales do MM. v6t. 1900, H. 2.)
Die Diagnose der Tollwuth am todten TMer hat bekannt¬
lich ihre grossen Schwierigkeiten, weil die Krankheit keine
specifischen Veränderungen augenfälliger Form hinterlässt. Auch
die histologischen Untersuchungen der nervösen Centralorgane
haben keine bestimmten Ergebnisse gebracht. Dagegen hat
NMis im vergangenen Jahre eine Arbeit publicirt, in welcher
er raittheilt, dass die peripherischen cerebrospinalen und sym¬
pathischen Ganglien durch das Wuthvirus constante und tief¬
gehende Veränderungen erleiden. Dieselben bestehen in
Atrophie, Einwanderung von neugebildeten Zellen in
die Nervenzellen und Zerstörung derselben. Die Arbeit
von Nölis ist durch die Königliche Academie der Medicin in
Belgien preisgekrönt worden.
Verf. hat die Ergebnisse Nölis nachgeprüft und bestätigt
dieselben. Die hauptsächlichsten Veränderungen zeigt das
Ganglion plexiforme (Plexus gangliformis de Willis et de
Vieussens h.). Dasselbe ist beim Hund spindelförmig, bei
grossen Hunden kann es die Länge von einem Centimeter er¬
reichen. Es liegt an dem Vagus kurz nach seinem Austritt aus dem
Foramen jugulare und berührt das obere Halsganglion. Dieses
liegt am Sympathicus, ist röthlich und hat eine eiförmige Gestalt.
Die Aufsuchung des Ganglion ist ziemlich leicht. Nach
Abnahme der Haut und Muskeln, welche die laterale Fläche des
Kehlkopfes bedecken, trifft man über diesem auf den gemein¬
samen Stamm des Vagus und Sympathicus, welcher nach oben
bis zum Flügel des Atlas verfolgt wird. Hier gabelt sich der
Stamm: der stärkere Ast ist das Ganglion plexiforme, der feinere
führt das obere Halsganglion.
Das fragliche Ganglion wird zwecks histologischer Unter¬
suchung wenigstens 12 Stunden in Alcohol absolutus und hierauf
eine Stunde lang im Xylol oder Chloroform gelegt, worauf Ein¬
bettung in Paraffin erfolgt. Die Schnitte werden nach der
Methode von Niss’l gefärbt.
Tagesgeschichte.
•'Der Geheime Regierungs- und Vortragende Rath im
Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten Küster
ist zum Geheimen Ober-Regierungsrath ernannt worden.
Erledigung der Kleinbahnfrage.
Den nachfolgend mitgetheilten Beschluss des Staats¬
ministeriums werden die beamteten Thierärzte mit besonderer
Freude lesen:
Beschluss, betreffend die Reisekosten der Medlcinalbeamten bei Benutzung
von Kleinbahnen. St M. Nr. 2120.
Der Beschluss vom 25. Oktober 1898, betreffend die Be¬
nutzung von Kleinbahnen bei Dienstreisen der Staatsbeamten
— St. M. Nr. 4175 — findet auf diejenigen Beamten, welche
unter den § 2 des Gesetzes, betreffend die den Medicinalbeamten
für die Besorgung gerichtsärztlicher, medicinal- oder sanitäts¬
polizeilicher Geschäfte zu gewährenden Vergütungen vom 9. März
1872 (G. S. S. 265) fallen, solange die Besoldungsverhältnisse
dieser Beamten nicht anderweitig geregelt sind, nur mit der
Massgabe Anwendung, dass auch bei den darnach ausschliesslich
auf Kleinbahnen oder theils auf solchen theils auf Landwegen
zurückzulegenden Reisen Zu- und Abgangsgebühren, also für
Reisen auf Kleinbahnen überhaupt dieselben Entschädigungen
wie für Reisen auf Eisenbahnen oder Dampfschiffen nach den
durch Art V. Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Reisekosten
und Tagegelder der Staatsbeamten vom 21. Juni 1897 (G. S.
S. 193) aufrecht erhaltenen älteren Vorschriften zu gewähren sind.
Berlin, den 16. Juli 1900.
Königliches Staatsministerium,
gez. v. Miquel. Frhr. v. Hammerstein. Schönstedt.
Brefeld. v. Gossler. Graf v. Bülow. v. Tirpitz. Studt.
Frhr. v. Rheinbaben.
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368
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT
No. 31.
Nenes Reglement för die staatsthierärztliche Dienst-
Prüfung im Grossherzogthnm Baden.
Vom 17. Mai 1900.
Unter Aufhebung der Verordnung vom 11. September 1879
(Gesetzes- und Verordnungsblatt Seite 726) wird mit Wirkung
vom 1. Juni 1900 bestimmt:
§. 1. Thierärzte, welche eine Stelle im staatsthierärztlichen
Dienste bekleiden wollen, haben sich einer besonderen Prüfung
zu unterziehen.
Die Prüfung wird von einer von dem Ministerium des
Innern zu ernennenden Commission abgelegt.
§. 2. Gesuche um Zulassung zur Prüfung sind bei dem
Ministerium des Innern spätestens auf den 1. September jeden
Jahres einzureichen. Diesen Gesuchen sind beizuschliessen:
a) der thierärztliche Approbationsschein des Candidaten;
b) der Nachweis über eine mindestens dreijährige Ausübung
des thierärztlichen Berufs im Grossherzogthum. In diese
Zeit kann die Verwendung des Candidaten als Einjährig-
Freiwilliger im Veterinärdienste der Armee sowie der
Besuch einer Hochschule zwecks weiterer fachlicher Fort¬
bildung eingerechnet werden; jedoch darf hierdurch die
obige Frist um nicht mehr als l'/a Jahre verkürzt werden;
c) der Nachweis des Besuchs des* alljährlich am thier¬
hygienischen Institut der Universität Freiburg stattfindenden
Vorbereitungskurses für den staatsthierärztlichen Dienst
§. 3. Die Prüfung zerfällt: 1 in die Vorprüfung und 2. in
die Hauptprüfung.
§. 4. Die Vorprüfung besteht in der schriftlichen Aus¬
arbeitung je einer Aufgabe aus der Veterinärpolizei, der
gerichtlichen Thierheilkunde, der Gesundheitspflege^und
der Zucht der landwirthschaftlichen Hausthiere mit besonderer
Berücksichtigung der Reichs- und Staatsgesetze und Verordnungen,
sowie der inländischen Verhältnisse.
Die Vorarbeiten werden am Wohnsitze des Candidaten mit be¬
liebiger Benützung literarischer Hülfsmittel gefertigt; letztere bind
in der Ausarbeitung zu nennen. Drei Monate nach Empfang der Auf¬
gabe sind die Arbeiten an das Ministerium des Innern einzusenden.
§. 5. Sind sämmtliche Vorarbeiten eines Candidaten genügend
ausgefallen, so wird derselbe zur Ablegung der Hauptprüfung
einberufen.
Diese besteht aus: einem practischen, einem mündlichen und
einem schriftlichen Theil.
§. 6. Im practischen Theil hat der Candidat
1. microscopische Untersuchungen auszuführen;
2. ein lebendes Thier mit Bezug auf eine veterinärpolizeilich
oder forensisch wichtige Krankheit oder auf seine Zucht¬
tauglichkeit zu untersuchen und über den Fall einen
mündlichen Vortrag zu halten;
3. ein todtes Thier unter Beachtung der für polizeiliche und
gerichtliche Fälle geltenden Regeln ganz oder theilweise
zn öffnen und den Befund zu Protocoll zu dictiren.
§. 7. Im mündlichen Theil der Hauptprüfung hat der Candidat
Fragen aus der Veterinärpolizei, der gerichtlichen Thierheil¬
kunde, der Gesundheitspflege, der Zucht der landwirthschaft¬
lichen Hausthiere und der Fleischbeschau zu beantworten.
Dieser Theil der Prüfung hat für jeden Candidaten min¬
destens eine Stunde zu dauern.
§. 8. Im schriftlichen Theil der Hauptprüfunghat der Candiiiat
unter Aufsicht und ohne Benutzung von Hülfsmitteln je eine
Frage aus den vorgenannten Gebieten der Staatsthierheilkande
innerhalb einer Frist von vier Stnnden schriftlich zu bearbeiten.
Hierbei soll der Candidat die nöthige Fertigkeit in den Formen
und der Darstellung geschäftlicher Mittheilungen aus dem Amts-
kreise eines Bezirksthierarztes darthun.
§. 9. Ein Candidat, welcher in einem der drei Theile der
Hauptprüfung nicht mindestens die Durchschnittsnote „genügend“
erhält, gilt als nicht bestanden.
§. 10. Ueber den Verlaufder Prüfung wird ein Protocoll geführt.
Ueber das Ergebniss der Prüfung fasst die Commission nach
collegialer Berathung und Abstimmung Entschliessung. Hierbei
kommen die Censuren vorzüglich, gut, genügend und ungenügend
zur Anwendung.
Am Schlüsse des Protocolls ist die Aeusserung der Prüfungs¬
commission über den Gesammtausfall der Prüfung beizufugen.
Die Prüfungscommission unterbreitet ihre Entschliessung
dem Ministerium des Innern, das diejenigen Candidaten, welche
eine der drei erstgenannten Censuren erlangt haben, für die
Anstellung im staatsthierärztlichen Dienst als befähigt erklärt
und deren Namen im Staatsanzeiger veröffentlicht.
§. 11. War das Ergebniss der Prüfung ungenügend, so ist eine
einmalige Wiederholung derselben zulässig.
Falls das Ergebniss der Hauptprüfung ungenügend war,
kann die Wiederholnng der Vorprüfung erlassen werden, wenn
den Arbeiten derselben die Note „gut“ ertheilt worden ist
§. 12. Vor dem Beginn der Hauptprüfung sind die Prüfungs¬
gebühren mit 30 Mark bei der Expeditur des Ministeriums des
Innern zu erlegen.
Bei einer etwaigen Wiederholung der Prüfung kann die
nochmalige Bezahlung der Prüfungsgebühren nachgesehen werden.
Karlsruhe, den 17. Mai 1900.
Grossherzogliches Ministerium des Innern.
Eisenlohr. Vdt. M. Hess.
Rothlaaf-Iöipfangen.
Der Brandenburger thierärztliche Verein hat bekanntlich
(Antrag Hesse) für die nächste Sitzung der thierärztlichen
Centralvertretung den Antrag zur Berathung gestellt, dass die
Verwendung von Rothlauf-Reinculturen den Nichtthierärzten ver¬
boten werden soll. Diese Forderung ist gewiss berechtigt und
berührt eine Frage, die für die Thierärzte fast verhängnissvoll
zu werden droht.
Dabei ist es nun sehr interessant, dass die Notbwendigkeit
eines derartigen Verbotes bereits von einer preussischen Regierung
erkannt worden ist. Der Regierungspräsident von Bromberg hat
unter dem 27. Juli 1896 (Amtsbl. No. 31) eine Polizei-Verordnung
erlassen, die mit folgendem Satz beginnt: Gegen Rothlauf
und Milzbrand dürfen Thiere nur von approbirten
Thierärzten geimpft werden oder von den Eigenthümern
der Thiere, sofern diese die Impfung selbst vornehmen. Anderen
Personen ist dieses Impfen verboten (bei Strafe von 60 M. etc.).
Wenn dies in der Provinz Posen, wo übrigens viel ge¬
impft wird, durchführbar ist, so kann es anderwärts erst recht
nicht auf Schwierigkeiten stossen. Solche wären übrigens
auch nicht entscheidend. Eine gesetzliche oder landes¬
polizeiliche Regelung der Thier - Impfungen ist, wie sich
diese Seite der Thiermedicin entwickelt hat, unentbehrlich
geworden. Ebenso gut, wie die Pocken - Impfung den
Aerzten Vorbehalten ist, obwohl es dabei nur auf gutes
Impfmaterial ankommt und in der Technik nicht leicht etwas
versehen werden kann, ebenso gehören die Thierimpfungen den
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2. Angast 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
869
Thierärzten. Das Object kann einen Unterschied nicht recht-
fertigen. Die Thierimpfungen sind keine Privatsache der Be¬
sitzer, sondern betreffen weitgehende öffentliche Interessen, nach¬
dem sie eine so allgemeine Bedentnng, speciell beim Rothlauf,
gewonnen haben. Daraas erwächst die Nothwendigkeit einer
staatlichen Fürsorge für dieselben, welche sich in erster Linie
auf die Ausführung und das ausführende Personal erstrecken muss.
Dabei kann der Staat Laien neben Thierärzten, etwa wie
in der Fleischschau, als gleichberechtigt nicht anerkennen. Es
ist das ja auch in der Fleischschau nur ein sehr übler Nothbehelf,
damit allein begründet, dass für das tägliche Kleingeschäft
unmöglich jedesmal Thierärzte auf grössere Entfernungen citirt
werden können und andererseits die Thierärzte nicht bloss der
Fleischschau wegen so dicht beieinander sitzen können.
Dieser begründete Einwand fällt beim Impfen vollständig
weg. Hier handelt es sich nicht um täglich wiederholte Einzel¬
fälle. Die Impfungen finden nur einmal oder einige Male in be¬
stimmten Jahreszeiten statt und können dann massenweise vor¬
genommen werden. Zu einigen Impftagen im Jahre kann ein
Thierarzt in jeder Gegend erlangt werden; das Impfen einer
grösseren Menge macht auch eine Reise bezahlt, ohne dass die
repartirten Kosten dann für den einzelnen Besitzer zu hoch wären.
Es besteht also weder die Nothwendigkeit noch überhaupt
ein Grund, Laien heranzuziehen. Wohl aber bestehen sehr viele
Gründe dagegen. Das Impfen ist eine ärztliche Handlung, die
Sachkunde, Gewissenhaftigkeit und Verantwortungsgefühl ver¬
langt. Davon besitzt der Mediziner, der die möglichen Folgen
auch kleiner Nachlässigkeiten kennt, ein grösseres Maass als
auch der gewissenhafteste Laie, der geneigt ist, über „Kleinig¬
keiten“ hinwegzusehen, weil er deren Bedeutung nicht ab¬
zuschätzen vermag. Das Schweineimpfen ist mühsamer als das
Kinderimpfen, und es kann bei jenen leichter etwas versehen
werden, als bei diesen. Die dann eintretenden Misserfolge
discreditiren die Impfung und lähmen die Privat-Initiative,
während es im öffentlichen Interesse liegt, dass diese immer
mehr belebt und verallgemeinert wird (da die richtige Impfung
unzweifelhaft ein Segen ist, von ihrer zwangsweisen Durch¬
führung aber wird abgesehen werden müssen).
Ist schon die Gefahr, dass Laien die Impfung ungenau aus-
fnbren und das Vertrauen zu dieser untergraben, Grund genug,
so macht eg die Art des speciell beim Rothlauf zur Verwendung
gelangenden Impfstoffes m. A. n. geradezu unmöglich, dass bei
staatlicher Regelung der Impfung, die eben desshalb nicht wird
vermieden werden können, Nichtthierärzten die Impfung gestattet
bleiben kann. Die Hoffnung, ein genügend wirksames Serum
zu construiren, welches die nachherige Anwendung von virulenten
Culturen zur Immunitätserzeugung entbehrlich machen könnte,
hat sich nicht erfüllt; es ist dazu auch keine Aussicht. Zur
Rothlauf-Impfung gehört also der veritable Ansteckungsstoff.
Die Medicin hat ein Recht zu fordern, dass das Hantiren
mit solchen Stoffen als ein Vorrecht der ärztlichen Kunst ge¬
wahrt werde, sowohl im Interesse des Publicums, dem Gefahren
erwachsen, als auch mit Rücksicht auf die Kunst selbst, die
wenigstens in Einigem doch ein Privileg gegenüber der Unkunst
behalten muss. Wenn der Verkehr mit Giften allgemein
durch strenge Vorschriften geregelt und dabei den Apothekern
eine besondere Vertrauensstellung eingeräumt ist, so ist es lern
nur entsprechend, dass auch der Verkehr mit bacteriellen Giften
einer Beschränkung unterworfen wird und dass dabei den Aerzten
die' Nichtärzte nicht gleichgestellt werden.
Das muss schliesslich auch von anderer Seite, wenn auch
vielleicht nicht immer gern, zugegeben werden. So schreibt
Dr. Reinhardt, Beamter der Landwirthschaftskammer der
Provinz Sachsen, der mit der Impfung vertraute Landwirth
könne die Impfung wohl ausführen, aber die thierärztliche
Uebung und der Verkehr mit Bacillen mache es doch rathsam,
den Veterinär mit der Impfung zu betrauen.
Schliesslich darf man auch den Billigkeitsgrund geltend
machen. Thierärztliche Arbeit hat die Rothlauf-Impfung ge¬
schaffen und sie sollte daher auch als ein Stück thierärztlicher
Wissenschaft anerkannt und als solche den Thierärzten reservirt
bleiben. Es macht einen mehr als sonderbaren Eindruck, wenn
aus landwirtschaftlichen Vereinen (im Bezirk der westpreussischen
Kammer) berichtet wird: Herr Wander-Hufschmied Thoms
hielt einen Vortrag über Hufbeschlag und sprach darauf über
Schweine-Impfung mit Susserin. Dabei soll dieser „Impf¬
techniker“ noch dazu in Berlin ausgebildet worden sein.
Während so auf der einen Seite den Thierärzten die Noth¬
wendigkeit erwächst, sich des Eindringens von Laien und
der Erziehung einer neuen Art von Pfuschern zu erwehren,
zeigt sich andererseits hier und da eine gerade entgegengesetzte
Erscheinung, die ebenfalls Widerspruch hervorrufen muss. Es
sind dies Anzeichen der Meinung, als ob das Impfen in den
kreisthierärztlichen Geschäftskreis einbezogen, oder wenigstens
die Kreisthierärzte dabei in den Vordergrund gestellt
werden sollten. Dazu besteht gar keine Veranlassung
und gar keine Berechtigung. Auch bei staatlicher
Regelung würde die geordnete gleichberechtigte Mitwirkung
aller approbirten Thierärzte zu Grunde zu legen sein. Auch
jeder Arzt ist berechtigt, Impfscheine auszustellen. Die vor-
bfeügeUde Impfung ist ja auch eine Handlung der Heilkuüst,
nicht' der Veterinärpolizei; der Arzt, nicht der Beamte kommt
dabei in Frage. Sachkundig und vertrauenswürdig ist natürlich
der Privatarzt so gut wie der Beamte. Unterscheidungen
müssen dem Publicum überlassen bleiben. Ueberhaupt verlangt
die Billigkeit und der Ausgleich aller Interessen, dass der be¬
amtete Thierarzt dem Privatthierarzt in seine Praxis nicht allzu¬
sehr und ohne zwingenden Grund von Amtswegen hineinkommt.
(Das würde z. B. besonders auch zu berücksichtigen sein, wenn
die allgemeine regelmässige Revision der Viehbestände wegen
Tuberculose eingeführt werden sollte. Bei dieser Maassregel
müssten unbedingt die Privatthierärzte allgemein ebenso, wie die
Kreisthierärzte, d. h. im Bereich ihrer Praxis, mitwirken.)
Es liegt die Bekanntmachung eines schlesischen
Landrathes vor, welche die Gemeinden zur Rothlauf-Impfung
auffordert. Dabei wird gesagt, der kgl. Kreisthierarzt sei bereit
zu impfen; er sei auch bereit, Personen, welche die Impfung
erlernen wollten, auszubilden. Es empfehle sich, dass die Ge¬
meinden solche Personen ausbilden Hessen und ihnen eine Impf¬
spritze zur Verfügung stellten. Eine Quantität SusBerin koste
so und so viel etc.
Es ist den Privatthierärzten des Kreises nicht zu verdenken,
wenn sie sich durch eine solche Bekanntmachung beschwert
fühlen. Denn dieselbe erweckt den Anschein, als ob Privatthier¬
ärzte gar nicht existirten und der Kreisthierarzt allein für die
Impfung in Betracht kommen könne. Es ist gewiss dankens-
werth, wenn eine Behörde das Publicum auf die Bedeutung
hygienischer Maassregeln aufmerksam macht. Dies muss aber
geschehen, ohne dass dabei der Anschein eines Eingriffes in
die Ausübung des ärztlichen Gewerbes entsteht. Ebenso ist
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870
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 31.
die Erwähnung einzig des Snsserins in dieser Hinsicht be¬
fremdend. Es giebt mehrere Sorten von Serum, die nach dem¬
selben Princip hergestellt und angewendet werden. Die Wissen¬
schaft. deren Urtheil hierin massgebend ist, hat anerkannt, dass
das Serum verschiedener Fabriken zur Immunisirung gleich-
werthig ist. Unter diesen Umständen besteht für eine Behörde
kein Anlass, die Einführung eines bestimmten Fabrikats vor
anderen durch aiptliche Aeusserungen zu fördern.
Endlich giebt die Aufforderung des Landrathes, die Ge¬
meinden möchten Irapftechniker durch den Kreisthierarzt ausbilden
lassen, zu denken. Sie zeigt, dass das Laien-Impfen schon für
ganz selbstverständlich gehalten, nach den vorhandenen Thier¬
ärzten gar nicht mehr gefragt wird. Wir müssen daher ohne Ver¬
zug an die Behandlung dieser Frage herantreten. Schmaltz.
Jubiläum.
(Aua Sportkreisen elngesandL)
Am 2. August feiert ein schlichter und durch seine
Thätigkeit inmitten des Vollbluts weit und breit bekannter
Mann, Herr Oberrossarzt Ködix zu Hoppegarten seinen 50. Ge¬
burtstag und sein 25jähriges Jubiläum als Thierarzt. Auf
eine reiche gesegnete Thätigkeit in seiner Praxis kann er
blicken, denn so manch’ werthvollen Vollblüter hat er gerettet
und ihn wieder fix für die Rennbahn gemacht, manch’ über¬
raschend richtige und von grossem umfangreichen Wissen
zeugende Diagnose hat er gestellt, Beinbrüche vorzüglich ge¬
heilt und manchem erst betrübt dreinschauenden Rennbahn-
besucher verschaffte er durch glückliche Kuren wieder freudige
Mienen.
Als junger Soldat zog er 1870 mit ins Feld und kehrte
aus dem glorreichen Feldzuge, für seine Tapferkeit und Ent¬
schlossenheit geschmückt mit dem Eisernen Kreuze, zurück. Er
stand dann bei den verschiedensten Regimentern als Ross- und
OberrosBarzt, bis man in Folge der vorzüglichen Kuren, die er als
Vorsteher der Breslauer Lehrschmiede und als Kreisthierarzt in
Grünberg ausgeführt hatte, aufmerksam geworden, ihn nach
Hoppegarten, dem Sitze des Rennsports bei Berlin, berief. Und
wahrlich, der Unionclub konnte keine bessere Wahl treffen,
keinen unermüdlicheren, pflichteifrigeren Beamten finden als den
Jubilar, welcher am 2. August in aller Stille seinen Freuden-
und Ehrentag begeht. Seine Kuren und das stete Wohlbefinden
des Hoppegartener Vollblutes haben es bewiesen. Wir be-
grüssen ihn daher zu diesem Freudentage und wünschen,
dass er dem Unionclub als hervorragender Beamter und uns
als lieber College und Freund seinen Mitmenschen noch lange
erhalten bleiben möge. Sein Ruhm mehre sich und dringe weit
über Deutschlands Grenzen, das Vollblut behalte seinen sorgenden
Vater, und Deutschland diesen bewährten und altgedienten
Soldaten.
Staatsveterinärwesen.
Von Preusse.
Bekämpfung von Viehsenehen.
Der Polizei-Präs ident'in Berlin hat unter dem'6. Juni er.
eine landespolizeiliche Anordnung betr. die Beschickung des.
städtischen Viehhofes in Berlin durch Wiederkäuer und Schweine
erlassen. Dieselbe bestimmt, dass die mit der Eisenbahn in
den Monaten April bis einschl. September von 5 Uhr Morgens
ab, in den Monaten Oktober bis März von 6 Uhr Morgens ab
zugeführten oder die daselbst früher eingetroffenen, aber noch
nicht ausgeladenen, sowie die bei Tage und bei Nacht von
Bahnhöfen, Berliner und auswärtigen Milchwirtschaften auf
Fuhrwerken zugeführten Wiederkäuer und Schweine nur unter
tierärztlicher Aufsicht entladen bezw. nach vorangegangener
tierärztlicher Untersuchung in die Stallungen des Viehhofs oder
in die Verkaufshallen eingestellt werden dürfen. Schafe, welche
ohne Aufsicht bei Tage und bei Nacht zu Fuss zugetrieben
werden, sind zunächst in besondere und zu diesem Zwecke be¬
stimmte Ställe einzutreiben, in denen die Untersuchung vorge¬
nommen wird, bevor sie in die Schafstallungen oder in die
Verkaufshallen eingestellt werden. Der beamtete Thierarzt,
welcher die Aufsicht über die Ausladungen hat, kann gestatten,
dass die mit demselben Eisenbahnzuge eingetroffenen Thiere
in die Rampenbuchten ausgeladen und in diesen untersucht
werden.
Der Regierungs-Präsident in Hildesheim hat das unter dem
21. Mai d. J. erlassene Verbot des Handels mit Wiederkäuern
und Schweinen im Umherziehen bis zum 1. Oktober d. J. ver¬
längert. Gleichzeitig hat er unter dem 14. Juli d. J. eine
landespolizeiliche Anordnung erlassen, welche den Personen,
welche sich gewerbsmässig mit dem An- oder Verkauf von
Wiederkäuern und Schweinen beschäftigen, sowie den Ange¬
stellten und Beauftragten das Betreten fremder Gehöfte,
Stallungen und Weiden ohne ausdrückliche Erlaubnis des Be¬
sitzers oder seines Vertreters verbietet. Für durch Maul- und
Klauenseuche verseuchte Stallungen und Weiden ist der Zutritt
nur dem Viehbesitzer, dem Wartepersonal und dem Thierarzt
gestattet. Andere Personen bedürfen hierzu der Erlaübniss der
Ortspolizeibehörde Personen, welche sich in verseuchten
Stallungen befunden haben, dürfen während einer dreitägigen
Frist fremde Stallungen nicht betreten, ausser wenn sie sich
zuvor einer gründlichen Desinfection unterworfen und die Kleider
gewechselt haben. Zuwiderhandlungen sind unter Strafe gestellt.
Vorgenannte landespolizeiliche Anordnung muss als eine
recht zweckmässige bezeichnet werden. Erfahrungsgemäss wird
in den bei weiten meisten Fällen die Maul- und Klauenseuche
durch Personen verschleppt, und kommen hierbei Viehhändler
und Fleischer, sowie deren Beauftragte in erster Linie in Be¬
tracht. Die Besitzer selbst sind oft sehr leichtfertig, indem sie
Jedem den Zutritt zu ihrem Vieh gestatten, und auch oft selbst
oder ihre Angehörigen durch Besuche auf verseuchten Gehöften
ihr eignes und das Vieh ihrer Nachbarn in Gefahr bringen.
In anerkennenswerther Weise hat zwar schon die neue Seuchen¬
instruction vom 27. Juni 1895 im § 63 besondere Bestimmungen
erlassen, doch sind dieselben oft wirkungslos, da es an einer ge¬
nügenden Handhabe mangelt, die dagegen verstossenden Personen
zur Bestrafung zu ziehen. In Folge dessen sind besondere Ver¬
ordnungen, wie die vorgenannte Hildesheimer von grossem
Werth, die jedoch in praxi insofern leider eingeschränkt wird,
als eine ausreichende Controle über die Ausführung der be¬
treffenden Vorschriften in vielen Fällen nicht ausgeübt wird
und auch nur schwer ausführbar ist.
Gesetz, betr. Entschädigung für Seuchenveriuste In Sachten.
Unter dem 8. Juni er. ist im Königreich Sachsen das
Gesetz, betr. Entschädigung für Verluste an Gehirn-Rücken¬
marksentzündung der Pferde und an Maul- und Klauenseuche der
Rinder in Kraft getreten.
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2. August 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
871
Die Entschädigungspflicht bei Pferden umfasst alle Falle
von Gehirnentzündung, ohne Rücksicht anf specifischen Charakter.
Der Entschädigungsanspruch ist binnen 48 Stunden anznmelden.
Ansser den bekannten Ursachen eines Fortfalles der Ent¬
schädigung wird letztere auch nicht gewährt fiir solche Thiere,
die an den Folgekrankheiten der Grundleiden starben und dann,
wenn das Grundleiden nach der Einfuhr in das Königreich
innerhalb vier Wochen bei Pferden und 14 Tage bei Rindern
ausbricht. Die Entschädigungen werden durch besondere Um¬
lagen aufgebracht.
Stand der Maul- und Klaueneeuehe in Deutschland.
Die Maul- und Klauenseuche zeigt in Deutschland zur
Zeit stark abnehmende Tendenz. Am 15. Mai waren noch 792
Gemeinden und 1911 Gehöfte verseucht, am 31. Mai 627 Ge¬
meinden und 1727 Gehöfte, am 15. Juni 575 Gemeinden und
1499 Gehöfte, am 30. Juni 475 Gemeinden und 1374 Gehöfte,
am 15. Juli endlich nur noch 425 Gemeinden und 1361 Gehöfte.
Die Anzahl der verseuchten Gemeinden hat demnach in den
letzten 2 Monaten um 46 pCt., die der Gehöfte um fast 30 pCt.
abgenommen. An dieser Abnahme sind besonders die süd¬
deutschen Staaten betheiligt. In Bayern beträgt der Rückgang
. 50 pCt., in Württemberg sogar 70 bezw. 80 pCt., desgl. in
Baden gegenüber dem Seuchenstand am 15. Mai 1900. Gänzlich
erloschen ist die Maul- und Klauenseuche z. Z. in Oldenburg,
Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, Schwarzburg-Sonders-
hausen, Schwarzburg-Rudolstadt, Waldeck, Reuss ältere Linie,
Schaumburg-Lippe, Lübeck, Bremen und Hamburg. Auch in
Prenssen hat sie wesentlich an Ausdehnung verloren. Eine
stärkere Verseuchung weisen zur Zeit nur noch die Regierungs¬
bezirke Potsdam, Frankfurt a. 0., Magdeburg und Hildesheim
auf. Gänzlich frei von Seuche waren am 15. Juli die Regierungs¬
bezirke Gumbinnen, Berlin, Erfurt, Schleswig, Stade, Osnabrück,
Aurich, Koblenz und Aachen. Eine erheblichere Ausbreitung
zeigt die Seuche zur Zeit auch noch in Mecklenburg-Schwerin.
Vergleicht man obige Zahlen mit den Zahlen der entsprechenden
Zeit des Jahres 1899, in welcher die Seuche allein in Preussen
in 318 Kreisen und 2402 Gemeinden und in ganz Deutschland
in 581 Kreisen und 3445 Gemeinden herrschte, so ist in diesem
Jahre ein sehr erfreulicher Rückgang der Seuche zu verzeichnen,
der voraussichtlich in der nächsten Zeit auch noch weiter an-
halten dürfte. Somit würden wir auch bald an das Ende einer
der umfangreichsten Seuchenperioden der letzten Jahrzehnte
gelangt sein, welche für die deutsche Landwirtschaft ganz enorme
Schädigungen veranlasst hat.
Ergebnisse der Tuberoullnimpfüngen In den Seequarant&neanstalten.
Im ersten Quartal 1900 wurden in die See-Quarantäne¬
anstalten zu Hamburg, Altona-Bahrenfeld, Tönning, Hvidding,
Apenrade, Flensburg, Kiel, Lübeck und Rostock-Warnemünde
12 554 dänische Rinder eingeführt; ausser diesen waren noch
584 Stück vom Vorquartal her ungeimpft verbliebene, also ins-
gesammt 13 138 Rinder vorhanden. 6 Stück hiervon mussten
vor der Impfung nothgeschlachtet werden bezw. starben, und
1192 blieben ungeimpft. Die übrigen 11 940 Thiere wurden der
Tuberculinprobe unterworfen. Das Resultat war Folgendes:
11 764 Stück erwiesen sich als tuberculosefrei, 176 Stück gleich
1,5 pCt. wurden als tuberculös erkannt. In öffentliche Schlacht¬
häuser wurden in dem gleichen Zeiträume aus den Quarantäne¬
anstalten 11 781 Stück durch die Impfprobe als unverdächtig
erkannte Binder eingeführt. Von diesen erwiesen sich 10 148
als gesund und noch^l633 = 13,9 pCt. als tuberculös.
Einfuhrverbote etc.
Weitere Einfuhrverbote für frisches Schweinefleisch etc. aus
Serbien in Folge herrschender Schweineseuche daselbst sind unter
dem 23. Juni er. von dem Regierungs-Präsidenten in Liegnitz
und unter dem 1. Juli von dem Ministerium des Innern in
Bayern erlassen worden.
Das Ministerium des Innern in Württemberg hat in gleicher
Weise wie das Ministerium in Bayern Erleichterungen bezüglich
der Einfuhr von Zuchtrindern und Zuchtziegen aus der Schweiz
insoweit eintreten lassen, als in Zukunft von der Prüfung der
Bedürfnissfrage abgesehen und von den Händlern nicht mehr
verlangt wird, dass sie Einzelaufträge von Landwirthen oder
Züchtern nachweisen.
Der schweizerische Bundesrath hat dagegen beschlossen,
das October 1899 erlassene Verbot der Einfuhr von Klauenvieh
aus Deutschland aufzuheben. Die Einfuhr ist vom 6. August
ab wieder gestattet.
Fleischschau und Yiehhandel.
Von KOhnau.
Verordnung Aber die theilweise Inkraftsetzung des
Gesetzes, betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau
vom 3. Juni 1900.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser,
König von Preussen u. s. w.
verordnen auf Grund des § 30 Absatz 2 des Gesetzes, betreffend
die Schlachtvieh- und Fleischbeschau vom 3. Juni 1900 (Reichs-
gesetzbl. S. 547) im Namen des Reichs, mit Zustimmung des
Bundesraths, was folgt:
Der § 12 Abs. 1 des Gesetzes *), betreffend die Schlacht¬
vieh und Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900 (Reichsgesetzbl.
S. 547) tritt am 1. October 1900 in Kraft. Gleichzeitig treten
die Vorschriften des § 26 No. 1, 2 des § 27 No. 1 und der
§ 28, 29 in Kraft, soweit sie die Zuwiderhandlungen gegen den
§ 12 Abs. 1 und das Verbot betreffen, Fleisch, das den Vor¬
schriften des § 12 Abs. 1 zuwider eingeführt worden ist, als
Nahrungs- oder Genussmittel für Menschen in Verkehr
zu bringen.
Urkundlich unter Unserer Höchst eigenhändigen Unterschrift
und beigedrücktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Travemünde, den 30. Juni 1900.
(L. S.) Wilhelm.
Graf von Posadowsky.
Die Milch, ihre Eigenschaften nnd Zusammensetzung.
Von Dr. Klimmer.
Archiv f. wiaienschaftl. Thierhlk. 1900 J. 1.
Verfasser bemerkt in der Einleitung, dass die Milchkontrole
unzureichend sei, dass sich dieselbe zumeist auf die Ermittelung
von Verfälschungen und Bestimmung des Fettgehaltes beschränke.
Die gefährlichstenMilchschädlichkeiten seien nicht durch chemische
Reaktionen zu ermitteln, sondern vielfach nur durch thier-
ärztliche Untersuchung der Milchthiere. Die Milchcontrole müsse
daher eine vorwiegend thierärztliche und zugleich staatliche
werden. Für die Möglichkeit der Durchführung werde der Be¬
weis durch zahlreiche Privatunternehmen geliefert.
*) Dieser Absatz lautet: Die Einfuhr von Fleisch in luftdicht
verschlossenen Büchsen oder ähnlichen tiefässen, von Würsten oder
sonstigen Gemengen aus zerkleinertem Fleisch in das Zollinland ist
verboten.
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372
K. unterzieht sich nun (1er dankenswerthen Aufgabe, aus
dem Gebiete der Milchkunde alles Wissenswerthe übersichtlich
zusammenzhstellen. Der vorliegende Aufsatz enthält einen
Ueberblick über die physikalischen Eigenschaften und die
chemische Zusammensetzung der Milch, die physiologischen
Schwankungen im procentischen Fettgehalte und namentlich der
Fettmenge, sowie über deren Abhängigkeit von den verschiedenen
inneren und äusseren Bedingungen. In zwei weiteren Abhand¬
lungen sollen die Milch Verfälschungen und deren Nachweis bezw.
die Ziele und Aufgaben der Milchhygiene folgen.
Der Verfasser hat bei der Beschreibung der physikalischen
Eigenschaften und der chemischen Bestandtheile der Milch die
Resultate der neueren Untersuchungen aus den verschiedenen
Fachzeitschriften, Lehrbüchern u. s. w. zusammengetragen und
in knapper Form wiedergegeben. Ausführlich werden die
physiologischen Schwankungen im Fettgehalt beschrieben,
welchen die Milch nach Individualität, Rasse, Alter, Laktations¬
periode, sexueller Erregung, Art und Zeit des Melkens, Be¬
wegung, Fütterung und Haltung der Milchthiere unterworfen ist.
Den grössten Einfluss auf den Milchertrag und die Zu¬
sammensetzung der Milch hat die Fütterung. Jeder Futter¬
wechsel macht sich in dieser Hinsicht bemerkbar. Aus den
Untersuchungen von Lookeren geht hervor, dass der Weide-
gang, d. h. die Grünfütterung am raschesten und intensivsten
auf die Milchproduktion einwirkt. Bezüglich der Milchbeschaffenheit
bei Schlempefütterung bemerkt Verfasser: „Es sei eine
weit verbreitete Meinung, dass Schlempemilch dünn, wenig
nahrhaft, schwer verdaulich und gesundheitsschädlich sei.
Girard behauptet sogar, dass mit dieser Milch ernährte Kinder
No. 31.
verkümmerten und bald der Schwindsucht ve. fielen.“ Dagegen
bemerkt Verfasser, dass ein sicherer Beweis für die Schäd¬
lichkeit der Milch von Thieren, welche mit massigen Mengen
unverdorbener Schlempe gefüttert werden, noch nicht erbracht
ist. Mittlere Schlempegaben setzen den Prozentgehalt der Milch
an Trockensubstanz und Fett nicht herab. 20 bis 501 Schlempe
können pro Tag und Kopf ohne Nachtheil für die Milchprodnktion
verfüttert werden.
Milchpulver können die Milchsekretion nicht steigern.
Manche zwecks günstiger Beeinflussung der Milchproduktion
verabreichte Arzneimittel gehen in die Milch über und können
dieselbe verschlechtern oder zum menschlichen Genuss ungeeignet
machen.
Da die genannten Faktoren, welche die Schwankungen im
Fettgehalt bedingen,, in einem grösseren Bestand nicht alle
Kühe gleichzeitig treffen, wird die von denselben erhaltene
Sammelmilch verhältnissmässig nur geringe Unterschiede des
Fettgehaltes zeigen. Anders liegt die Sache bei kleinem Milch-
wirthschaften!
Fleischmann hat auch in einer grossen Kuhherde von
108 Haupt der milchwirthschaftlichen Versuchsstation in Raden
Schwankungen im Fettgehalt zwischen 2,776 und 4,216 Prozent
beobachtet.
Die Zu- und Abnahme des Fettgehaltes vollziehen sich ge¬
wöhnlich allmälig. Selten sind plötzliche erhebliche Schwan¬
kungen. Nach einer Mittheilung von Völker gab eine Guernseykuh
am Morgen Milch mit 1,97 Prozent, abends mit 5,60 Prozent
Fett. Am nächsten Tage hatte die Milch zu den gleichen
Zeiten einen Fettgehalt von 3,64 bezw. 5,66 Prozent.
BERLINER THIERÄRZTLICI1E WOCHENSCHRIFT.
Personalien.
Ernennungen etc.: Dem Schlachthofinspector Simon in Görlitz
ist der Titel Schlachthofdirector verliehen worden
Approbationen: in Berlin: die Herren Paul Abel und Julius
Karstens.
Wohnsitzver&nderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt
Elsässer nach Berlin als Volontärassistent am Hygienischen
Institut der Thierärztlicben Hochschule.
In der Armee: Versetzungen etc.: Die Rossärzie Gaucke
vom 4. Ul.-Rgt. zum 16. Art.-Rgt., Grötz von der Lehrschmiede in
Königsberg znr Lehrschmiede in Frankfurt a. M. und Pätz vom
16. Art-Rgt. zur Lehrschmiede in Königsberg. Henze, Rossarzt
d. L., der Abschied bewilligt. An Stelle des Rossarztes Rassau
(s. No. 28) ist ausser dem Unterrossarzt Eggebrecht (s. No. 10)
noch der Unterrossarzt Hellmuth (24.Drag.-Rgt. in Darmstadt) zur
Verfügung des Reichs-Marineamtes gestellt und zur Dienstleistung in
Kiautschou commandirt. — In Bayern: Brinkmann, Unterveterinär
im 3. Chev.-Rgt., zum Veterinär, sowie die Unterveterinäre der Res.
Dr. Joest (I München), Schöpperl (Regensburg), Lünemann (I
München) und Wu cherer(Ansbach) zu Veterinären der Res. befördert.
Yacanzen.
Kreisthierarztatelien etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Aachen: Montjoie (erneut ausgeschrieben) 600 M. Gehalt,
300 M. Stellenzulage, 600 M. Kreiszuschuss, (ev. für Beaufsichtigung
des Schlachthofes weitere 800 M). Bewerbungen bis 5. August er.
an das Landrathsamt zu Montjoie. — R.-B. Düsseldorf: Landkreis
Krefeld zum 1. August er. (600 M.) Bewerbungen bis 20. August er.
an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Oppeln: Gross-Strehlitz
(600 M.) zum 1. October er. Bewerb, bis 10. August er. an den
Regierungspräsidenten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Köln: Waldbröl. — R.-B. Cöslin:
Bütow. — R.-B. Wiesbaden: St. Goarshausen.
Sanltltsthlerarztstelien: a) Neu ausgeschriebene Stellen;
Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachthof zum 1. Oct. er. (2400 M.,
steigend bis 3600 M.). Bew. bis 1. Sept. an den Senator Dr. Don and l
— Cassel: Schlachthofassistenzthierarzt sofort. (1800 M. 3monat¬
liche Kündigung.) Bewerbungen an den Director. — Graudenz:
Assistenzthierarzt am Schlachthof (1800 M., Wohnung etc.; 4 wöch.
Kündigung). Meid, bis 20. Aug. er. an den Magistrat. — Gr ätz:
(Posen): Schlachthofinspector (1500 M., Wohnung etc., Privat¬
praxis in dienstfreier Zeit). Bewerbungen an den Magistrat. —
Stettin: 3. Schlachthofthierarzt zum 1. September er. (2400 M.
pensionsberecht. Einkommen, von 3 zu 3 Jahren nm 300 M. steigend
bis 3300 M.) Bewerbungen bis 6. August er. an den Magistrat. —
St. Wendel: Scblachthofverwalter (Bewerbungen mit Gehalts¬
ansprüchen bei freier Wohnung bis 1. September er. an den Bürger¬
meister). — Wollstein (Posen): Schlachthofinspector zum 1. Oct. er.
(1200 M. Wohnung etc. Privatpraxis in dienstfreier Zeit). Bewerb,
an den Magistrat.
b) Nach Abi au i der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
— Eberswalde: Schlachtbofinspector. — Haltern: SanitätB-
thierarzt. — Köln: Schlachtboftbierarzt. — Königsberg (Ostpr.):
Schlachthofthierarzt zum 1. October er. — Salzwedel: Schlacht-
bofvorsteher. — Wanne: Scblacbthofvorsteher. — Wamsdorf.
Privatstellen : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt. — Schönbaura (Danzig). — Soldau (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Bojanowo in Posen: Thierarzt
(1200 M. Fixum aus der Schlachtviehbeschau; Praxis), Bewerbungen
sofortanden Magistrat. — Eickel. — Mengeringhausen(Waldeck)
— Peiskretscham (Ober-Schles.). — Ragnbn: Tbierarzt zu Ende
August, (ca. 750 M. Nebeneinkommen aus der Fleischscbau). —
Rhinow (R.-B. Potsdam). — Römhild: Thierarzt. — Schloppa
(Westpr.) — Schwarzenberg i. S. — Sonnenbarg. — Saelze
Mecklb.). —Wolkenstein.
\ orantvrortlich für den Inhalt (excl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schznaltz in Berlin. — Verlag und Eigentum von Richard Scboetz in Berlin. — Druck von W. Büxonslein, Berlin
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Die „Berliner Thlerärztllcho Wochenecbrlfl“ crechelnt
wöchentlich in Stärke von mindesten* V/ t Rogen. Dieselbe
ist tu belieben durch den Buchhandel, die Tost (No. 1082i
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoctx, Berlin NW., Luisenstrnsse SO, zum Preiso von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Orlglnalbelträge werden mit 60 Mk. für den Bogen honorirt.
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellcn An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. l»r. Schmält»,
Berlin thierärzlliche Hochschule. NW., Iuiiscnstras'-e f»«>.
Correcturon, Recensions-Exetnplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz-Berlin.
Verantwortlicher Redacteur.
De Bruln Kühnau Dr. Lothe« Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schiegel Dr. Vogel ZOndel
Professor Oberthierarzt Departemcntsthlerant Kreisthicrnrzt DepartemonUthierarzt Veterinärassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kroisthierarzt
Utrecht Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. MUlhausen i. E.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900.
M 32 .
Ausgegeben am 9. August.
Inhalt: Peter: Ueber die endo venöse Inj ec tion von Jodkali um- und Protargollösungen. (Fortsetzung). — Dopheide: Zur Behand¬
lung der influenzakranken Pferde. — Referate: Leblanc et Bitard: Polyarthritis post partum bei der Kuh. —
Al brecht: Nachkrankheiten der Gebürparese. — Duschanek: Zur Silbertborapie des Petechialfiebers bei Pferden. — AndreaerDie
Verletzungen des Sehorgans mit Kalk und ähnlichen Substanzen. —Büchner: Natürliche Schutzeinrichtungen des Organismus
lind deren Beeinflussung zum Zweck der Abwehr von Infectionserregern. — Die intracerebrale Verimpfung des Wuthvims. —
Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Stockfleth. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — Fleischschau
und Viehhandel. — Thierhaltung und Thierzucht. — BUcherbesprechungen. — Personalien. — Vacanzen.
Ueber die endovenöse Injection von Jodkalium- und
Protargollösungen.
Von
Dr. Peter-Angerraünde.
(Fortsetzung.) i
Behandlung der Lumbago mit lodkaliumlösung.
1. Fall. Ara 7. November 1898 bot sich Gelegenheit, die
Jodkaliumlösung bei einem lumbagokranken Pferde zu erproben.
Es war eine 7 bis 8jährige branne Stute des gewöhnlichen Land- |
Schlages von mittlerer Schwere, welche wegen einer Lahmheit |
3 Tage im Stalle gestanden hatte. Die Stute wurde an dem
feuchten und nebligen aber warmen Novembermorgen zum Rüben-
fahren nach dem von ihrem Stall 2 km entfernten Bahnhofe be¬
nutzt. Als der Wagen am Ziele angelangt war, brach die Stute '
zusammen und war nicht wieder zum Anfstehen zu bringen. Sie j
musste auf einer Schleife in den Stall zurücktransportirt werden. !
Bei meiner Ankunft Nachmittags 1 Uhr liegt das Pferd auf
der rechten Seite, die Beine steif von sich gestrekt; die Kruppen-
nmskeln sind gespannt and fest. P. 56, kräftig; A 25, nicht ,
erschwert. Sensorium frei, Conjunctiva stark geröthet, all- i
gemeiner Schweissansbruch. Mit Hilfe von 8 kräftigen Männern
wird ein vergeblicher Versuch gemacht, das Pferd aufzurichten.
Es kann sich weder mit den Vorder- noch mit den Hinterbeinen
stutzen.
Medication. Täglich 3malige Verabreichung von 50 g j
Natr. bicarbonic. und Einreibung von 01. Terebinth. mit Spiritus
1:2. Ausserdem sofort eine einmalige Infusion von 10 g
Jodkaliumlösung in 1500 g abgekochtem Wasser von 38°. Hier- i
auf machte sich eine kleine Elevation des Pulses auf 60 Schläge !
und der Athmung auf 35 Zuge bemerkbar. Eine weitere
Aendemng in dem Krankheitszustande trat nicht ein. 15 Minuten
später wurde eine Chlorbarynmdosis von 0,25 g applicirt, welche i
die gewöhnliche Wirkung hervorbrachte.
Der weitere Krankheitsverlauf und die Behandlung am
7. November gestalteten sich, gemäss den glaubwürdigen Mit-
theilungen des Besitzers, wie nachstehend angegeben:
Um 4 Uhr Einguss von 50 g Natr. bicarbonic. mit 30 g
Extr. Aloes mit Wasser.
Gleichzeitig wird ein Hängeapparat vermittels Sack in der
von Dieckerhoff beschriebenen einfachen Art construirt und
versucht, das Pferd durch 2 an der Decke des Stalles ange¬
brachte Rollen hochzuwinden. Diese Bemühungen hatten schliess¬
lich gegen 5 Uhr Abends Erfolg. Auf die Beine gebracht, setzt
die Stute zunächt Harn von der Farbe des schwarzen Kaffees
ab. Nach kurzer Zeit erfolgt eine weitere Entleerung von Urin,
welcher bereits eine hellere Farbe angenommen hat. Bei der
3. Harnentleerung ist die Farbe normal.
Um 9 Uhr Abends wird der Gurt unter dem Pferde wegge¬
nommen, damit es sich wieder legen kann. Es erhält sich
jedoch die Nacht hindurch in aufrechter Stellung, und so finde
ich dasselbe auch noch am 8 November Nachmittags 2 Uhr.
Die State bekundet bei der Untersuchung ein munteres
Verhalten, wiehert nach andern Pferden nnd hat eine rege
Fressinst, P. 50, kräftig, Arterie voll, A. 20, ohne Anstrengung,
T. 38, 1. Die Spannung der Kruppenmusculatur ist vollständig
gewichen. Dieselbe zeigt ihre gewöhnliche Elastizität. Die
sichtbaren Schleimhauttheile sind normal.
Die Stute geht beim Führen ohne Schwanken aus dem
Stalle auf den Hof. Die Wendungen werden mit Leichtigkeit
ausgeführt. Die Bewegung der Beine erfolgt vollständig normal,
sowohl im Schritt als im Trabe. Bei letzterer Gangart stolpert
das Pferd 2 mal mit dem rechten Vorderfusse. Das Stolpern
dürfte anf eine schmerzhafte Quetschung der Haut an der
vorderen Fläche des Carpalgelenkes zurückzuführen sein, welche
sich die Stute beim Niederfallen während des Ausbruchs der
Krankheit zugezogen hatte. Auch die vordere Fläche des linken
Carpalgelenkes zeigt eine markstückgrosse Abschürfung mit
Quetschung.
Jch bin weit davon entfernt, an diesen Fall übertriebene
Schlussfolgerungen von der Heilwirkung des Jodkaliums bei
Lumbago zu knüpfen, denn die Autoren berichten, dass die
Heilung auch spontan innerhalb 24 Stunden eintreten kann.
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374
Insbesondere darf auch nicht ignorirt werden, dass die von
Dieckerboff eingeführte Anwendung des Natr. bicarbonic. in
vielen Fällen ausgezeichnete Dienste gethan hat.
Ferner mahnt ein zweiter weniger günstig verlaufener Fall,
dessen objective Beschreibung ich dem sachverständigen Urtheil
noch unterbreiten möchte, zu einer kühleren Auffassung.
2. Fall. Am 24. November 1898 wurde ich um die Be¬
handlung eines an Lumbago erkrankten schweren Arbeitspferdes
(brauner Wallach, 12 Jahre alt, belgischer Abstammung) ersucht.
Der sehr gut genährte Wallach hatte laut Vorbericht seit
Sonnabend den 19. November im Stalle gestanden und war täglich
mit 10 Pfund Hafer nebst reichlicher Beigabe von Heu und
Stroh gefüttert worden.
Am 24. November zog derselbe mit drei anderen Pferden
Morgens im Göpel. Nach einiger Zeit will der Wallach nicht
mehr vorwärts gehen und knickt mit den Hinterbeinen ein. In
den Stall gebracht, schont derselbe zunächst das rechte Hinter¬
bein, nimmt später eine gespreizte Stellung an und sinkt gegen
9 Uhr Vormittags auf die Streu nieder.
Bei der Untersuchung um 11 Uhr liegt dss Pferd auf der
rechten Seite und schwitzt am ganzen Körper. Die Hinterfüsse
sind lang weggestreckt, die Vorderbeine angezogen. Augen¬
bindehaut stark geröthet. P. 80, A. 24, T. 37,5, Darmbewegung
abgebrochen. Wiederholter Abgang von Darmgasen, einmalige
Entleernng von dünnem breiigem Koth. Ein Aufrichtungsversuch
mit Hilfe von zehn Mann gelingt nicht.
Behandlung. 50 g Natr. bicarbonic. in einer Flasche
Wasser. Einreibung der Kruppe mit einer Mischung von
Spiritus camphorat., Spirit, saponat., Liq. Ammon, und Spirit, aa.
Um 12 Uhr Infusion von 10 g Jodkalium in 1,5 Liter
abgekochten Wassers gelöst in die linke Jugularvene.
Nach einiger Zeit contrahirt der Wallach den Brustkinnladen¬
muskel und die benachbarten Muskeln und verhindert das Zu¬
strömen der Jodkaliumlösung in die Vene. Bei einem neuen
4 cm unterhalb angelegten Einstich wiederholt das Pferd das
gleiche Manöver. Auch an der rechten Drosselvene vereitelt
dasselbe durch beständige Contraction der genannten Muskeln
die vollständige Einführung der Lösung, so dass nach meiner
Schätzung nur etwa 3 / 4 der Jodkaliumdosis = 7,5 g in die
Blutbahn gelangt sind.
Um 1 Uhr trocknet der Schweiss ab. P. 60, A. 16, T. 37,8.
Es wird versucht, mit Hülfe eines improvisirten Gurtes das
Pferd aufzurichten, dasselbe stützt sich jedoch nur auf die
Vorderbeine, die Hinterbeine werden nicht angesetzt.
3 Uhr. Pferd hat ein munteres Auge, langt nach Heu und
frisst mit Passion. Bei einem Aufrichtungsversuch benutzt es
die Hinterbeine etwa eine Minute zum Stützen und fällt dann
wieder nieder.
P. 66, A. 20, T. 38,8. Verabreichung von 50 g Natr.
bicarbonic. Um 4 Uhr liegt der Wallach ruhig athmend mit
geschlossenen Augen langgestreckt am Boden.
Dem Bericht des Besitzers nach ist das Pferd am
24. November Abends aufgerichtet worden und hat eine Stunde
lang in einem Hängegurt gestanden.
Am 25. November wird dasselbe in meiner Gegenwart,
nachdem es in eine zum Aufstehen geeignete Lage gebracht ist,
aufgehoben, der rechte Hinterfuss wird nicht belastet. Hierauf
erfolgt, angeblich das erste Mal seit der Erkrankung, Entleerung
von kaffeeschwarzem Harn in dünnem Strahl. Application von
No. 32
zwei Dosen Chlorbaryum zu je 0,25 g und 50 g Natr. bicarbonic.
in Wasser.
Am 29. November berichtet der Besitzer, dass eine erheb¬
liche Besserung nicht eingetreten sei. Das Pferd stehe zwar
auf, wenn kräftig nachgeholfen werde und halte sich etwa fünf
Stunden im Hängegurt, habe auch einmal eine Stunde ohne
Apparat gestanden, jedoch wolle es das rechte Hinterbein noch
nicht gebrauchen. Der Harn habe erst am 27. November eine
hellere Farbe gezeigt.
Nach einer kurzen schriftlichen Nachricht ist der Wallach
am 12. December 1898 verendet. Leider wurde mir keine
Gelegenheit gegeben, die Obduction zu machen.
Ich will diesen Fall hier nicht kritisch untersuchen, und
stelle es der objectiven Beurtheilung anheim, ob nach diesen
Erfahrungen Erfolge von der Jodkaliumtherapie bei der Lumbago
erwartet werden können.
Bemerkenswerth ist, dass nach einem soeben im Berliner
Archiv erschienenen Aufsatz, Prof. Dr. Röder in Dresden*) den
gleichen Gedanken verfolgte. Röder versuchte ebenfalls durch
die Wirkung des Jods beim Kalbefieber und die homologe
Aetiologie dieser Krankheit mit der Lumbago veranlasst, ein
von Dr. K. Dietrich in die Therapie eingeführtes Jodpräparat,
welches als Ersatz für die Jodalkalien empfohlen wird. Dieses
Präparat ist eine wasserlösliche Verbindung von Jodeiweiss und
Natrium (Natrium jodalbuminatura) und wird von der chemischen
Fabrik in Helfenberg bei Dresden hergestellt.
Dieselbe benannte das Mittel a-Eigon-Natrium, hat aber diese
Bezeichnung, inhaltlich einer vor etwa acht Tagen versandten
kleinen Broschüre*), jetzt in „Jod-Eigon-Natrium“ um¬
gewandelt.
R. wandte das Präparat bei der Hämoglobinämie des
Pferdes (Lumbago) seit December 1899 in einer Anzahl von
Fällen hauptsächlich per os in Einzeldosen von 10—15 g (30 bis
45 g pro die) an und hatte zufriedenstellende Erfolge. In
schweren Fällen war mit dieser Behandlung ebensowenig etwas
anszurichten, wie mit andern gegen die Krankheit empfohlenen
Mitteln. In zwei Fällen, deren Verlauf ausführlich mitgetheilt
wird, trat bei einem Gesammtverbrauch von 60—bezw. 65 g
Jod-Eigon-Natrium vollständige Heilung innerhalb sieben und
fünf Tagen ein.
Bei Fall 1 wurde auch eine wässerige Lösung des Mittels
von 10: 100 in die Trachea injicirt. Verf. empfiehlt diese
Applicationsweise in schweren Fällen zum Zwecke einer
schnelleren Wirkung.
Zu versuchen wäre, ob auch die endovenöse Anwendung
des Natr. jodoalbuminatum zulässig ist. Es könnten analog dem
Kal. jodatum vielleicht zunächst Lösungen von 0,5 bis 1 pCt
verwendet werden.
Ich hoffe in kurzer Zeit das Resultat einiger diesbezüg¬
licher Versuche mittheilen zu können.
Im Anschluss an diese Ausführungen möchte ich noch mit
einer kurzen Betrachtung an die Schmidt’sche Behandlung
der Gebärparese anknüpfen.
Nach Ermittelung der Thatsache, dass 10 g Jodkalium in
lproc. Lösung beim Pferde gefahrlos in das Gefässsystem ein¬
geführt werden können, dürfte die homologe Anwendung des
*) Archiv für wissenschaftl. und pract. Thierbeilkunde 1900.
Bd. 26, Heft 4-5.
*) Die therapeutischen Erfolge der Jod- und Brom-Eigone.
3. Aufl., Mai 1900.
BERLINER T111ERÄRZTL1CHE WOCHENSCHRIFT
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9. August 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
3?5
Mittels auch beim Rinde zulässig sein. Es ist nicht aus¬
geschlossen, dass die Heilung des Milchfiebers bei vor¬
geschritteneren Fällen durch endovenöse Anwendung des Jod¬
kaliums noch sicherer sich vollziehen würde, weil das Jod in
statu nascendi auf die im Blutplasma suspendirten Toxine zur
Wirkung käme. Auch würden bei diesem Verfahren die nicht
selten in Folge der Euterinjection auftretenden Mastitiden ver¬
mieden werden können. Der Versuch steht noch, aus und ich
empfehle, denselben bei Gelegenheit ins Werk zu setzen. Ich
bin bisher nicht dazu gekommen, weil die kleinen Besitzer, bei
welchen ich im verflossenen Jahre ausnahmslos Milchfieberfälle
zu behandeln hatte, die Blutinfusion nicht gestatten wollten und
ich durch einen Fehlschlag des Versuchs den guten Ruf, welchen
die jetzt übliche Kalbefieberbehandlung sich in meiner Praxis
errungen hat, nicht aufs Spiel setzen wollte. Ein Grossgrund¬
besitzer dürfte die Ausführung des Versuchs eher zulassen.
Eine interessante Mittheilung über die Therapie des Milch¬
fiebers, welche Dr. Aronsohn in No. 19 der B. T. W. vom
10. Mai d. Js. macht, kann ich hierbei nicht übergehen. Derselbe
hat von Januar bis April d. Js. 14 Fälle durch Infusion von
17, bis 2 1 abgekochten reinen Wassers, welches in einigen Fällen
mit einem kleinen Theelöffel Kochsalzes versetzt war, be¬
handelt und angeblich 13 Fälle geheilt.
Aus diesem Ergebniss will A. ableiten, dass nicht die
chemische Wirkung des Jods, sondern nur das mechanische
Moment des Druckes im Euter, welchen das injicirte Flüssig-
keitsquantum auf die secernirende Drüse ausübt, die Heilung
bewerkstellige. Das Wesen der Krankheit bestehe mithin nicht
in einer Autointoxication, sondern nur in einer Gehirnanämie,
welche durch starke Blutableitung nach dem Euter bedingt sei.
Näher auf diese neue Hypothese einzugehen, verbietet
mir meine heutige Aufgabe. Doch erscheint mir diese Auf¬
fassung schon deshalb sehr zweifelhaft, weil sich die Aus¬
bildung von dauernden Lähmungen einzelner Gliedmaassen,
welche wohl Jeder, der eine Anzahl Fälle zu behandeln hatte,
nach Abheilung der Krankheit beobachten konnte, durch eine
blosse Circulationsstörung im Gehirn nicht erklären lässt.
A. giebt auf Grund seiner Theorie den Rath, bei hochgradig
comatösen Fällen, welche das Eintreten einer Gehirnapoplexie
befürchten lassen, durch intravenöse Einführung von 4 bis G 1
physiologischer Kochsalzlösung in die Jngularis möglichst schnell
eine Füllung der HirngefUsse herbeizuführen.
Würde dieser zu infundirenden Wassermenge an Stelle
des Kochsalzes die übliche Jodkaliumdosis von 10 g hinzu¬
gefügt, so würde der vorsichtige Therapeut beiden Hypothesen
gerecht, und der Erfolg müsste ihm in jedem Falle sicher sein.
Die Technik des beschriebenen Verfahrens der Infusion
wird vereinfacht, wenn statt der Zusammenfügung der
Dieckerh off sehen Hohlnadel und des Schm i dt’sehen Katheters
eine Hohlnadel benutzt wird, deren Ausflussende in eine
Birne ausläuft, auf welche der dünne Kautschukschlauch luft¬
dicht anfgestreift werden kann.
Die zur Verwendung kommenden Instrumente und Utensilien
bestehen demnach in der modificirten Di eckerhoff sehen Hohl¬
nadel, einem dünnen Kautschuckschlauch, mit dem ein Glas¬
trichter aber besser ein litergrosses Glasgefäss (welches in
Gestalt der bekannten Irrigatoren am Boden konisch wird und
in eine Röhre ausgezogen ist) verbunden ist, damit der Stand
der Flüssigkeit von dem Operateur stets selbst im Auge be¬
halten werden kann. Die Benutzung eines Irrigators hat weiter
den Vorzug, dass die Flüssigkeiten unter einem gleichmässigen
Druck in die Vene einfliessen, und dass eine langsame Ent¬
leerung statthat, während man beim Gebrauch des Trichters in
der steten Sorge sein muss, dass der Gehilfe das Zugiessen der
Lösung im richtigen Augenblick versäumen und Luft durch den
Apparat in die saugende Vene eindringen kann.
Die Mitfuhrung von Glasbehältern zu den Besuchen auf dem
Lande ist lästig, und es würden zumal Radfahrer häufig nur noch
mit Scherben in der Tasche am Ziele ihrer Reise ankoramen.
Ich habe mir desshalb in den beiden beschriebenen Fällen einen
Irrigator hergestellt, indem ich faute de mieux von einer leeren
Sektflasche oder gewöhnlichen Weinflasche den Boden ab¬
sprengte, in den Hals der Flasche einen vorher von einem
Glasröhrchen durchbohrten Korken fest einfiigte und die Ver¬
bindungen, wie der Küfer früher bei guten Weinen verfuhr, mit
Siegellack dichtete. Dieser improvisirte Irrigator, den man auch
in kochendem Wasser steril machen kann, genügte meinen Zwecken
vollkommen. (Schluss folgt.)
Zur Behandlung der influenzakranken Pferde.
Von
Theodor Dophelde-Zülpicb,
Thierarzt.
Die Influenza fuhrt oft zu recht erheblichen Verlusten, nnd
selbst wenn die Pferde wieder gesund werden, so bedürfen sie
noch Wochen zu ihrer Erholung, und nicht selten erkranken sie
dann noch an den sogenannten Nachkrankheiten. — Diese Um¬
stände sind daher geeignet, die Influenza zu einer mit Recht
gefürchteten Krankheit zu machen.
Eine Behandlung, welche sich auf Beseitigung der Krank¬
heitsursache, der Bacterien, richtete, ist bis jetzt nocli nicht
durbhgeführt. Vielfach wird von einer innerlichen Behandlung
überhaupt abgesehen.
Ehler und Zürn hat auf die Verabreichung von Carbol-
sänre 1,0 in 100 Theilen Wasser bis zu 3,0, täglich zwei- bis
dreimal zu geben, aufmerksam gemacht. Auch die Einathmung
von Carbolnebeln ist als nützlich empfohlen worden. Die ge¬
nannten Dosen sind nur, wohl wegen der Furcht vor Ver¬
giftungen, sehr klein bemessen.
Ich möchte nun einen Fall mittheilen, der mir auf eine
günstige Wirkung der Carbolsäure, in richtiger Form und Menge
angewendet, hinzudeuten scheint.
Ich übergehe hier das Krankheitsbild des Patienten der
ersten vier Tage, sowie auch die Behandlung desselben in dieser
Zeit, nnd bemerke nur, dass der Zustand sich von Tag zu Tag
verschlimmerte. Das Pferd steht am fünften Tage theil-
nahmlos da, hält den Kopf etwas gesenkt und die Augen¬
lider geschlossen. (Lichtscheu.) Der Abfluss von Thränen
ist ziemlich reichlich. Die Conjunctiven sind geröthet und
gelblich verfärbt. Die Zahl der Pulse beträgt 90—92, die der
Athemzüge 48—50 pro Minute. Die Art. maxill. ist schwach
gefüllt zu fühlen, die Pulswelle elend, mitunter unfühlbar. Bei
jedem auf die Brustwandungen angebrachten Druck stöhnt
Patient. Das Bläschengeräusch in den unteren Hälften der
Lungenflügel ist aufgehoben und der Percussionston vollständig
leer. Die Atlimung ist angestrengt und die Bewegung der
Bauchdecken leicht pumpend. Die innere Körpertemperatur be¬
trägt p. an. gemessen 40,1—40,2° C.
Die Prognose war also zweifellos schlecht, und ich beschloss,
mit Einverständniss des Besitzers, einen Versuch mit Carbol¬
säure zu machen.
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376
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 32.
Der Stall, in dem das Pferd stand, war gut und geräumig;
für Reinigung wurde noch dadurch gesorgt, dass der Fussboden
abgegraben und durch frischen Sand ersetzt wurde. Ich gab
nun folgende, vom Besitzer genau befolgte Vorschriften: Fenster
und Stallthür sind auszuheben und die Oeffnungen mit lockerer
grober Sackleinewand zu verhängen, so dass frische Luft fortwährend
einströmen kann. Im Stalle sind die Wände mit heissem Carbol-
wasser zu besprengen; vor dem Pferde sind die ganze Nacht
anhaltend Carbol-Wasserdämpfe zu entwickeln und ist darauf zu
achten, dass das Pferd dieselben stets einathmet. Es sind in 5 1
kochendes Wasser 100 g Carbolsäure zu schütten, und das Wasser
durch Hineinlegen glühender Eisenbolzen möglichst kochend
zu erhalten. Zum Zwecke der Durchführung dieser Behandlungs¬
weise waren dem Besitzer 2 kg krystallisirte Carbolsäure des
Nachmittags um 6 Uhr eingehändigt worden.
Am darauffolgenden Tage Morgens 9 Uhr war ich durch
den Zustand des Pferdes überrascht. Eine solche Besserung,
wie dieselbe hier bei dem Pferde in einer Zeit von 15 Stunden
nach 12 Stunden hindurch andauerndem Einathmen von Carbol-
Wasserdämpfen eingetreten war, musste bei jedem Laien und
sogar bei jedem Sachverständigen ein Staunen erregen. Die
Zahl der Athemzüge war auf 24, die der Pulse auf 54 pro
Minute zurückgegangen. Die Augen waren geöffnet und die
Absonderung derselben sehr vermindert. In gleicher Weise war
das Exsudat in der Brusthöhle über die Hälfte zurückgegangen, und
die Schmerzhaftigkeit der Brustfellentzündung ganz verschwunden.
Die innere Körpertemperatur betrug 38,5° C. Dabei zeigte das
Pferd eine Munterkeit, als ob es nie schwer erkrankt ge¬
wesen sei.
Der Besitzer hatte in 12 Stunden zur Entwickelung der
Carbolnebel l 1 /^ kg krystallisirte Carbolsäure verbraucht. Auf
mein Befragen, wieviel Carbolsäure er auf einen Eimer Wasser
(zu 5 1) gebraucht habe, gab derselbe lächelnd die Antwort,
„ich habe es stark gemacht, stärker als Sie gesagt haben, ich
habe dem Pferde auch noch ein Leintuch über den Kopf ge¬
hängt und den Eimer unter das Tuch gestellt; so musste es den
Dampf gehörig einathmen; es hat ihm nichts geschadet“.
Die Carbolnebel wurden schwächer noch an diesem und dem
folgenden Tage angewandt. Nach zwei weiteren Tagen wurde
das Pferd wie vorher zu den Feldarbeiten benutzt. Einer
Schonungszeit bedurfte es nicht, auch traten sonstige Nach*
theile später nicht hervor.
Leider bin ich nicht in der Lage, mittheilen zu können,
welche Stärke die Carbolnebel hatten. Ebenfalls muss ich die
Frage offen lassen, wieviel Carbolsäure Patient in den 12 Stunden
anfgenommen hat. Soviel ist jedenfalls als sicher anzunehmen,
dass es eine ansehnliche Quantität gewesen sein muss, über
welche folgende Berechnung immerhin einigen Anhalt geben
dürfte: Besitzer hat in 12 Stunden 1500 g krystallisirte Carbolsäure
zur Entwickelung von Carbolnebeln verbraucht. Bei 20 g auf
1 1 Wasser müssten also 75 1 Wasser bis zum Kochen erhitzt
und mit glühendheissen Bolzen heiss erhalten werden. Patient
athmete 50 mal in der Minute und nahm unter dem Leintuche
die Dämpfe mit jedem Athemzüge gewiss reichlich auf. Nahm
Patient mässig gerechnet mit jedem Athemzüge 0,1 an conden-
Birtem Wasserdampf (Wasser) auf, so macht das in der Minute
6 g Wasser, in der Stunde 360 g. Dies giebt in 12 Stunden
12 X 360 = 4320 g. Darnach würde das Pferd in den
12 Stunden ungefähr 4*/ 2 1 Wasser mit circa 90 g Carbol in
sich aufgenommen haben. Ich glaube jedoch nicht fehl zu
gehen, wenn ich die aufgenommene Menge Carbolsäure höher
veranschlage, da der Besitzer wahrscheinlich die Vorschrift in
der Concentration überschritten und den Carbolnebel wohl
doppelt so stark gemacht hatte, so dass das Pferd bis 180 g
Carbol aufgenommen haben dürfte.
Der Fall zeigt, dass auf dem Wege des Einathmens durch
die Lungen grosse Mengen Carbolsäure ohne Nachtheil sich
einverleiben lassen. Obwohl ferner aus einem solchen Fall noch
kein Schluss gezogen werden kann, so ist doch die Beeinflussung
der Krankheit durch die Carbolsäure kaum abzuweisen und die
Beobachtung jedenfalls zu weiteren Prüfungen anregend.
Es wären dabei freilich noch manche Fragen zu lösen, z. B.
1. in welchem Grade müsste das Lungengewebe mit Carboldampf
gesättigt werden, um den Ansteckungsstoff genügend zu schwächen;
2. wie lange müsste die Einwirkung dauern; 3. in welcher Weise
Hesse sich die nothwendige Menge ohne Schädigung des Thieres
einverleiben. In letzterer Beziehung wäre die intratracheale
Anwendung in Erwägung zu ziehen. Versuche bei günstiger
Gelegenheit resp. an werthlosen Pferden werden sich machen
lassen.
Aus dem Grunde übergebe ich meine Beobachtung der
Oeffentlichkeit mit dem Wunsche, dass dieselbe weiter verfolgt
werden und sich dabei ein Nutzen ergeben möchte.
Referate«
Polyarthritis post partum hei der Kuh.
Von P. Leblanc et Bitard.
(Le progrö* v£t6rlnaire 1900, No. 21.)
Diese Polyarthritis wurde zuerst von Saussol 1816 be¬
schrieben; später haben sie viele andere beobachtet. Moussu gab
1894 eine ausgezeichnete Darstellung, wobei er eine exsudative
und plastische Form unterschied. Diese Arthritis muss nach der
Ansicht der obengenannten Verfasser von der anderen Arthritis
unterschieden werden, weil sie nie purulent ist. Paule au, der
800 Fälle beobachtete, fand nie Eiter in den kranken Gelenken.
Aetiologie. Die Krankheit befällt besonders Kühe, welche
ein- oder zweimal gekalbt haben, und zwar 90 pCt. nach Abortus.
Paule au sah die Krankheit stets dann auftreten, wenn die Geburt
schwierig und die Nachgeburt zurückgeblieben war. Furlanette
sucht die Ursache in einer Retention der Lochien.
In obigem Artikel werden zwei Fälle dieser Arthritis be¬
schrieben: I. Fall. Die Kuh ist 7 Jahre alt; die Geburt erfolgte
leicht, die Nachgeburt wurde zeitig ausgestossen. Acht Tage
nach der Geburt bekam die Kuh einen Prolapsus vaginae; der
Besitzer reponirte die entzündete Scheide. Zwei Tage darauf
zeigten sich an dem Thiere folgende Erscheinungen: Temperatur
40°, Puls 80° C., Athmung tief und arythmisch, aus Cervix und
Vagina rinnt eine purulente, röthliche Flüssigkeit. Die Milch war
normal. Das rechte Ellbogengelenk, das rechte Kniegeleuk
und die linke, hintere Sesamscheide waren geschwollen und sehr
schmerzhaft.
Zehn Tage nach der Geburt hatte sich der Zustand sehr
verschlimmert; das Thier frass nicht mehr, stöhnte und konnte
seine Glieder nicht mehr bewegen. Die Kuh, welche sehr ab¬
gemagert war, wurde nun geschlachtet, 15 Tage nachdem sie
gekalbt hatte.
Die Obduction ergab wenig Veränderungen in den Ein-
geweiden; nur die Leber war parenchymatös entzündet, ausser¬
dem war eine Perimetritis mit Infiltration des Parametriums
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9. August 1900.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
377
vorhanden, der Uterus enthielt etwas dicken, bräunlichen Eiter,
der Cervix uteri war theilweise gangränös. Die Vagina war
entzündet, ebenso die Urethra und die Mueosa der Harnblase.
Die Kmppenmu8keln waren serös infiltrirt.
An den erkrankten Gelenken zeigte sich eine Arthritis
plastica, in der Gelenkhöhle keine Synovia, wohl aber Pseudomem¬
branen; der Knorpel hatte sich hie und da losgelöst. Das rechte
Ellbogengelenk umgab eine bedeutende subcutane Infiltration,
in dem Gelenke befand sich eine gelbe, fibrinöse Masse, nur
adhärent, wo der Knorpel nsurirt war.
Die bacteriologische Untersuchung der Pseudomem¬
branen und des Gewebes, das von der Synovialis abgeschabt
wurde, wies einen Bacillus und einen Diplococcus nach, die sich
zwar in Anilinfarbstoffen färbten, jedoch die Färbung nach
Gram nicht annahmen.
H. Fall. Eine Kuh, 13 Jahre alt, hatte im 8. Monat ein
Dunstkalb geworfen. Nach der Geburt zeigte sich eine stinkende
Vaginalflüs8igkeit. Eine Untersuchung, welche 12 Tage nach
der Geburt stattfand, ergab folgendes: Temperatur 39,8°, Puls 85;
Cervix uteri so sehr geschlossen, dass nur 2 Finger
eingefiihrt werden können; stinkende, dünne Uterusflüssigkeit,
vermischt mit necrotischen Fetzen, fliesst ab; die vordem Fessel¬
gelenke und die grosse Sesamscheide am linken Vorderbeine
sind stark angeschwollen und schmerzhaft. Am 19. Tag nach
der Geburt verendete das Thier.
Die Autopsie ergab Lungenemphysem und multiple Eiter¬
herde ; in der rechten Lunge einen grossen Eiterherd. Das Herz
war normal. Die Leber enthielt nebst einem grossen ichorösen
Herd etwa zehn kleine Absesse. Die verdickte Uterusmucosa
zeigte eine granulirende Fläche. Die Veränderungen in den
Gelenken waren dieselben wie im 1. Fall. In beiden Fällen
bestand die Behandlung darin, dass der Uterus mit Borsäure-
lösung und Lysollösung desinficirt und innerlich Glaubersalz
und Natrium salicylicum gegeben wurde. Die erkrankten Gelenke
wurden mit Camphersalbe behandelt.
Ausser Moussu hat auch Vogel (Repertorium der Thier¬
heilkunde 1886, S. 257) und Strebei (Schweizer Archiv Bd. 36,
Heft 2) eine ausführliche Darstellung dieses Falles gegeben.
M. G. d. B.
Nachkrankheiten der Gebärparese.
Von Prof. Al brecht.
Wochenschrift für Thierhellkunde und Viehzucht No. 26 und 27.
Als Nachkrankheiten bei der Gebärparese beobachtete
Albrecht:
I. Indigestion mit den bekannten Erscheinungen.
Der Zustand ist unbedenklich, kann aber mehrere Tage
dauern; einmal 11 Tage lang beobachtet. Entziehungsdiät,
Massage des Wanstes, Klystiere und innerlich Natriumsulfat
und Tinct. Veratri bringen regelmässig Heilung.
2. Fortdauer einer partiellen Parese nach dem Verschwinden
der Gehirnstörungen.
Einzelne Thiere vermögen sich nach Eintritt normaler
psychischer Thätigkeit tagelang nicht zu erheben. Der Zustand
dauerte einmal 7, einmal 9 Tage lang. In beiden Fällen trat
Heilung ein.
Albrecht hält die Schlachtung nach „ein paar Tagen“ für
verfrüht, verwirft auch die Aufhebeversuche, weil die noch
vorhandene minimale Innervation dadurch erschöpft wird. Er¬
heben sich die Thiere nicht auf Application des Inductions-
stromes, so ist es ihnen überhaupt unmöglich. Behandlung:
Massage, passive Bewegungen in den Gelenken, abwechselnd
kalte und warme Umschläge auf Kreuz und Lenden.
3. Lungenemphysem ist höchst selten aber schon während
des comatösen Stadiums festgestellt. Ursache: starke In¬
anspruchnahme der Lunge durch die häufigen Aufstehversuche
im Anfangsstadium.
4. Abbiegung des Halses nach einer Seite und zwar nach
der, wohin diese Theile während der Krankheit gelagert waren.
Verfasser nimmt als Ursache die andauernde Dehnung der
Mu8culatur zugleich mit der dabei bestehenden Behinderung der
Circulation an. Dauer der Abbiegung 36—72 Stunden. Be¬
handlung: Anlage von zwei dem Halse seitlich angepassten
Brettern; manchmal genügte auch öfteres Zurückbiegen des
Halses nebst Massage.
5. Entzündliche Anschwellungen am Unter- und Oberschenkel.
Manchmal treten hei der theilweisen Zerreissung des Fersenbein¬
streckers (Gastrocnemii) ähnliche Functionsstörungen auf mit
ödernatösen, schmerzhaften, höher temperirten Schwellungen.
Während Guillebeau und Hess (Schweiz. Arch. 1895, S. 135)
in zwei Fällen ähnlicher Erkrankungen Necrose der Musculatur
feststellten, hält Albrecht eine theilweise Zerreissung der
Gastrocnemii bezw. eine Quetschung der Muskulatur beim Liegen
für vorliegend, beschreibt auch einen Fall, wo der ganze
Symptomenkomplex an einem völlig geheilten Thiere ganz
plötzlich bei Annäherung eines Hundes und dadurch veranlasstes
rasches Aufspringen eintrat.
6. Euterentzündungen hat Verfasser einige Male als Nach¬
krankheit beobachtet und vermuthet, dass dieselben traumatischen
Ursprungs (Druck beim Liegen) sind. Dreistündliches Aus¬
melken und Camphor-Lysolsalbe genügten zur Heilung.
, Nevermann.
Zur Silbertherapie des Petechialfiebers bei Pferden.
(ThlorirztL Centralbl. 1900. No. 10 u. 12.)
Duschanek in Prag theilt seine Erfahrungen mit,
welche er mit den intravenösen Injectionen des Collargols beim
Morbus maculosus der Pferde gemacht hat. Es bot sich dem
Referenten Gelegenheit, kurz hintereinander fünf Krankheitsfälle
mit dem gedachten Verfahren zu behandeln. Trotzdem das
Mittel genau nach Vorschrift angewandt wurde und die Patienten
während ihrer Krankheit unter sachverständiger Beaufsichtigung
beständig verblieben, endeten alle Fälle letal zwischen dem
fünften und zwölften Behandlungstage. Der Tod trat ein nach¬
dem bei zwei Pferden je 3,5 g und bei drei Pferden 4,5 g
bezw. 5 g bezw. 6 g Collargol in Einzeldosen von 0,5 g ver¬
braucht worden waren.
Dieses ungünstige Ergebniss veranlasst Dnschanek vor
der Anwendung des Mittels beim Morbus maculosus zu warnen.
Bezüglich des benutzten Präparates, welches direct aus der
chemischen Fabrik von Heyden in Radebeul bezogen wurde,
wird bemerkt, dass die von andern Berichterstattern beobachtete
leichte Löslichkeit desselben fehlte, denn vier, sechs, acht, ja
zwölf Stunden nach Bereitung der Lösung war noch ein unlös¬
licher, erheblicher, metallischer Bodensatz vorhanden.
Zu diesen Mittheilungen äussert sich die Leitung der
genannten Fabrik in No. 12 des Thierärztlichen Centralblattes
dahin, dass die Misserfolge Duschanek’s nicht in der Unwirk¬
samkeit des Collargols an und für sich ihre Erklärung finden,
sondern darin, dass das benutzte Präparat zweifellos vor
der Injection unwirksam geworden sei. Das Collargol sei
ausserordentlich empfindlich und werde schon bei häufigem
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378
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 32.
Oeffnen der das Präparat enthaltenden Flasche dnrch Berührung
mit Licht and Luft mehr oder weniger schwer löslich. Zu
berücksichtigen sei anch, dass Spuren einer Sublimatlösung,
welche etwa noch von vorhergehenden Injectionen in der Spritze
zurückgeblieben wären, die Zersetzung des Collargols und
dessen Unwirksamkeit ebenfalls herbeiführen könnten, eine Er¬
fahrung, welche neuerdings von Dieckerhoff oder Werler
gemacht worden sei. Bei Herstellung der Lösung sei daher
wie nachstehend zu verfahren: „Man giebt das Collargol in
ein 8orgfältigst gereinigtes Fläschchen mit reinstem destillirten
kalten Wasser und lässt es einige Zeit stehen, bis die Stücke weich
geworden sind. Dann schüttelt man das Gefäss kräftig bis die
Lösung vollzogen ist. Von einem geringen verbleibenden
Bodensatz muss abgegossen werden. Die Lösung ist stets
frisch zum Gebrauch anzufertigen. Concentrirten Lösungen
(1:50—200), welche anfbewahrt werden sollen (vor Licht zu
schützen!), wird zweckmässig etwa 1 pCt. Eiweiss zugesetzt.
Hühnereiweis8 und Glycerin zu gleichen Theilen hält sich lange.“
Die Verletzungen des Sehorgans mit Kalk nnd
ähnlichen Substanzen.
Von Dr. Andreae.
Für den Praktiker von Wichtigkeit ist die vom Verfasser
durch gründliche Studien erlangte Kenntniss, dass bei allen
Arten von Kalkverletzungen des Auges das sofortige und reich¬
liche Ausspülen des verletzten Organes mit gewöhnlichem
Wasser nicht allein durchaus unschädlich und darum unbedenklich
ist, wenn nur das Wasser hinreichend rein und in genügender
Menge angewandt wird, sondern dass dieses Verfahren sogar
zum Theil das einzige thatsächlich wirksame und practisch ver¬
wendbare Abwehrmittel gegen die drohende Gefahr dauernder,
schwerer Hornhauttrübungen ist, welches nicht frühzeitig genug
zur Anwendung kommen kann und unter allen Umständen so¬
lange fortgesetzt werden muss, wie sich noch Reste von Kalk
auf der Conjunctiva und Cornea befinden, die sich auf diese
Weise überhaupt beseitigen lassen.
Mit der Scheu vor Wasseranwendung bei Kalkverbrennungen
des Auges, die dem theorisirenden Bedenken entsprang, das
Wasser müsse durch die Verbindung mit dem Kalk dem Auge
erst recht schaden, mit dieser Scheu muss also definitiv
gebrochen werden. Die Anwendung des Wassers, am besten in
Strahlform, muss allerdings sehr reichlich sein.
Natürliche Schutzeinrichtungen des Organismus
und deren Beeinflussung zum Zweck der Abwehr von
Infectionserregern.
Vortrag gehalten von H. Büchner auf der Versammlung der
Naturforscher und Aerztc zu München.
(D. med. Woch. 45/99.)
Das Blut muss als das hauptsächlichste antibacterielle
Schutzmittel im Körper angesehen werden. Die bei der Abwehr
von Infectionserregern wirksamen Stoffe des Blutes, die sog.
Alexine, sind nach den neuesten Ergebnissen der Forschung
offenbar als eine Art von Verdauungsenzymen aufzufassen. Die¬
selben sind im Stande, Bacterien ebenso gut aufzulösen, wie
fremde rothe Blutkörperchen, und die Leucocyten, von denen
die Alexine stammen, sind ebenfalls befähigt, verdauende, auf¬
lösende Wirkungen auszuüben, eine Eigenschaft, die in der Ein¬
schmelzung von Geweben bei Eiterungsvorgängen, in der
Resorption von Catgut in aseptischen Wunden etc. zu Tage
tritt. Die Grundlage für das practische Eingreifen liegt nun in
einer richtigen Beurtheilung der Function des Blutes. Das Blut
vereinigt in sich beim Warmblüter eine ganze Reihe von
Wirkungen. Ausser der Zufuhr assimilirbarer Nahrungsstoffe in
die Gewebe, wirkt das Blut durch seinen Gehalt an Verdauungs¬
enzymen, welche im Sinne der Resorption thätig sind, und zwar
am stärksten gegen fremdartige, zellige Gebilde und dann gegen
nicht haltbare Gewebsneubildungen wie z. B. den Callas bei
Knochenfracturen. Diese resorptiven, auflösenden, das Krank¬
hafte und die Krankheitserreger einschmelzenden und be¬
seitigenden Wirkungen sind bisher unterschätzt worden. Mit
Berücksichtigung dieser Wirkungen hat Bier durch Blutstauung
Heilung von Knochen- und Gelenktuberculose, von acutem nnd
chronischem Gelenkrheumatismus erzielt. Unter Alcoholverbänden
— eine Art Priessnitz’scher Verband, wobei statt Wasser
96 pCt. Alcohol verwendet wird — heilen die heftigsten Zell¬
gewebe- und Lymphgefässentzündungen, Furunkel, Abscesse etc.
Und der Grund dieser auffallend raschen Heilung liegt in der
verstärkten Blutzufuhr, in der rascheren und stärkeren Durch¬
blutung der Organe, welche durch den Alcohol veranlasst wird,
nicht etwa in seiner desinficirenden Wirkung. So ist es auch
eine bekannte Thatsache, dass die Zahncaries, d. h. schlechte,
abbröckelnde, schmerzhafte Zähne, durch täglich zweimaliges
Putzen mit Alcohol wieder beseitigt werden kann. Auch dies
beruht nur auf der verstärkten Blutzufuhr, die der Alcohol
veranlasst. Neuerdings wird auch der Alcoholverband bei
Knochen- und Gelenktuberculose verwandt. Verf. führt einen
verzweifelten Fall an, der bereits zur Operation bestimmt war,
und der unter Alcoholverband glatt heilte. Verf. drückt die
Hoffnung aus, dass zweifellos noch andere Krankheitsformen
sich finden werden, die dnrch Alcoholverbände zur Heilung zu
bringen sein werden, dass die Medicin von den jetzt klar
liegenden resorptiven und heilenden Wirkungen des Blutes eine
immer zweckmässigere und wirksamere Anwendung machen wird.
Die histologischen Laesionen der Toliwuth.
Von van Gebuchten und Nelis.
(Belgische Acadtmlo de m£declne 1900, Referat de* ltccuoil vom 15. Juni 1900.)
Der Tollwuthvirus übt seine schädliche Wirkung vorzugs¬
weise in den peripherischen cerebro-spinalen und sympathischen
Nervenganglien aus.
Diese schädliche Wirkung des Tollwuthvirus äussert sich
durch eine reiche Pullulirung der Zellen der endothelialen
Capsel, die in ihrem Gefolge die Zerstörung einer mehr oder
weniger grossen Anzahl von nervösen Zellen mit sich bringt
In dieser Beziehung ist der Vergleich eines Durchschnitts
eines normalen spinalen Ganglion (vom Hunde) und einem
solchen von einem an Toliwuth verendeten Thiere ganz besonders
beweisbringend. Während in eraterem die voluminösen nervösen
Zellen, dicht aneinander gedrängt, die endotheliale Capsel, die
ihnen reservirt ist, ganz ausfullen, sieht man im erkrankten
Ganglion, dass eine grosse Anzahl von nervösen Zellen ver¬
schwunden und durch Anhäufungen von kleinen runden Zellen
ersetzt sind, welche mehr oder weniger deutlich von dem um¬
liegenden Theile getrennte Zellennoduli bilden. Die noch
bestehenden nervösen Zellen zeigen in ihrem Protoplasma und
in ihrem Kern ausserdem noch verschiedene Laesionen. Beim
Kaninchen und beim Hunde sind die Laesionen immer deutlicher
ausgeprägt in den cerebralen als in den spinalen Ganglien.
Am empfindlichsten ist der Ganglion nodosus des Vagus.
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9. August 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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380
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 32.
Eifers und seiner Tüchtigkeit, mit welchen er sein Amt an der
alten Schule verwaltet hatte, als Rector an der neuen
„Veterinär-og Landbo-Höiskole“ ernannt und ihm über¬
tragen wurde, ausser der Leitung der ambulatorischen Klinik,
zugleich auch Vorlesungen über die chirurgischen Krankheiten
und über Geburtshülfe za halten. Mit dieser Anstellung war
einer seiner grössten Wünsche erfüllt worden; denn sein sehn¬
lichstes Verlangen bestand darin, Gelegenheit zu bekommen,
während seines ganzen Lebens seine Kenntnisse und seine Kräfte
dem Dienste der Schule und der Wissenschaft, die er liebte, zu
weihen. Und in Wahrheit kann von ihm gesagt werden, dass
er an dieser Schule gearbeitet hat wie Einer, der sich der
Verantwortlichkeit voll bewusst ist, die auf dem raht, welchem
die Ausbildung von Jüngeren für ihre zukünftige Lebensstellung
anvertraut ist.
Als Lehrer hat er deshalb einen bedeutenden Einfluss auf
die Ausbildung, und nicht zum wenigsten auf die practische
Ausbildung derjenigen Thierärzte gehabt, die zu seiner Zeit von
der dänischen Veterinärschule abgegangen sind, und seine
Schüler werden ihm stets dankbar sein für die Ausbeute, welche
sie unter seiner Anleitung gehabt haben. Als Berufsgenosse
war er der liebenswürdigste College, stets erbötig zu helfen
mit Rath und That und anderer Fehler mit Milde zu bedecken.
Den Nothleidenden reichte er gern eine liülfreiche Hand. Als
Secretär und später als Vorsitzender des dänischen thierärzt¬
lichen Vereins, den er im Jahre 1849 mitbegründet hatte, war
Stockfleth derjenige, der während und ausserhalb der Ver¬
sammlungen des Vereins die meisten und die anstrengendsten
Arbeiten zu verrichten hatte. Und endlich geschah es nach seinen
Vorschlägen, dass der Jubiläumsfond der dänischen Veterinär¬
schule errichtet wurde. Schaut man zurück auf dieses sein weit
umfassendes Wirken, so ist es leicht verständlich, dass er von
seinen dänischen Berufsgenossen sehr geliebt und hoch ge¬
achtet wurde.
Aber auch ausserhalb Dänemark’s hatte Stockfleth’s Name
einen guten Klang. Es war ganz natürlich, dass dieser leb¬
hafte und sehr begabte Mann, der bereits durch seine in der
periodischen Litteratur veröffentlichten Abhandlungen über
veterinäre Gegenstände im Auslande bekannt war, auf seinen
vielen mit öffentlicher Unterstützung vorgenommenen Reisen
in Deutschland, Frankreich, England, Schweden und mehreren
anderen Ländern die Aufmerksamkeit der fremden Fachgenossen
auf sich lenken musste. Allein am meisten hat doch das von
Stockfleth ausgearbeitete Handbuch der Veterinär-Chirurgie,
das durchweg das Gepräge seiner scharfen Denkart und reichen
Erfahrung trägt, dazu beigetragen, nicht blos sein eigenes,
sondern auch das Ansehen der dänischen Veterinärschule im
Auslande zu befestigen. Als Beweis dafür, welches günstige
Urtheil über diese seine Arbeit im Auslande gefällt wurde,
kann ich anführen, dass der nun verstorbene Prof. Hering an
der thierärztlichen Hochschule in Stuttgart, einer der kundigsten
Veterinäre der damaligen Zeit, in einem Briefe an Prof.
Stockfleth, den Letzterer mich gleich beim Empfange lesen
liess, die rühmendste Anerkennung über seine Arbeit aus¬
sprach und ihn dringend ersuchte, das Werk in deutscher
Uebersetzung herauszugeben, indem er ihm seinen Beistand
zur Beschaffung eines Verlegers zusagte.
Die Thätigkeit dieses eifrigen und tüchtigen Mannes hat
auch auf mehrfache Weise öffentliche Anerkennung gefunden.
So wurde er im Jahre 1869 zum Ritter des St. Olafs-
Ordens und im selben Jahre zum Professor ernannt. An¬
lässlich der Hundertjahrfeier der dänischen Veterinärschule
wurde er als Ehrenmitglied der Veterinärgesellschaften za
Dorpat und zu St. Petersburg aufgenommen und zum Ritter
vom Dannebrog ernannt, und beim Feste der Kopenhagener
Universität im Jahre 1879 wurde er zum Ehrendoctor der
raedicinischen Fakultät promovirt.
Bei seinem Tode errichteten dänische Thierärzte ein Er¬
innerungslegat, das seinen Namen trägt, und endlich haben
dänische Thierärzte ihm jetzt das Denkmal errichtet, welches
wir in Gegenwart dieser Versammlung enthüllen werden (die
Hülle fällt).
Möge nun dieses Denkmal, das bei den Aelteren unter uns
seine wohlbekannten Züge in die Erinnerung zurückruft, und
das an dem Platze, wo Professor Stockfleth so oft in seinem
rastlosen Wirken gefunden wurde, errichtet ist, bis in ferne
Zeiten zum ehrenvollen Gedächtniss dieses Mannes hier stehen.
Im Namen des Comites habe ich den dänischen Thierärzten
einen Dank darzubringen für die Bereitwilligkeit, mit welcher
sie ihren Beitrag zur Aufführung dieses Denkmals für Professor
Stockfleth beigesteuert haben, und an unsern hochgeehrten
Minister der Landwirthschaft, Herrn Hoflägermeister Friis,
habe ich einen Dank abzustatten für die Zuvorkommenheit, mit
welcher Seine Excellenz als damaliger Director der Hochschule
unser Gesuch an das Ministerium um Erlaubnis zur Errichtung
dieses Monuments auf dem Grund der Hochschule unterstützt
hat. Herrn Bildhauer Andersen bringe ich den Dank des
Comitäs für die Sorgfalt, mit welcher er seinen Künstlersinn
angewandt hat auf die Arbeit, die ihm anvertraut war, und die
er so zu allgemeiner Zufriedenheit ausgeführt hat. Und endlich
bitte ich den fungirenden Director der Hochschule, Herrn
Veterinärphysicus Prof. Dr. med. Bang, darum, im Namen der
Hochschule dieses Monument entgegen zu nehmen, hoffend, dass
sie dasselbe in Zukunft hegen und pflegen werde.“
Der derzeitige Director der Hochschule, Prof. Bang, er¬
widerte folgende Worte:
„Im Namen der Hochschule werde ich mit Freuden dieses
schöne Denkmal entgegen nehmen, und ich gelobe, dasselbe in
Achtung und Ehren zu halten.
Es sind die Thierärzte Dänemarks, welche dieses An¬
denken errichtet haben, um den kommenden Geschlechtern ein
sichtbares Zengniss zu geben von der tiefen Erkenntlichkeit,
die sie diesem Manne gegenüber hegten, dem Manne, dessen
Wirken eine so grosse Bedeutung für den Stand gehabt hat:
und alle dänischen Thierärzte empfinden heute eine grosse
Freudigkeit darüber, dass es ihnen gelungen ist, dieses Werk
zu Stande zu bringen.“
Aber auch die Hochschule als solche theilt diese
Empfindungen. Auf ihrem Grund ist das Denkmal errichtet und
zwar mit Recht; Professor Stockfleth war ein ausgezeichneter
Lehrer. Die glückliche Verbindung von wissenschaftlichem Eifer
und Begabung mit hervorragender practischer Tüchtigkeit.,
welche er besass, ist zu seiner Zeit von der grössten Bedeutung
gewesen und zwar dafür, dass die veterinäre Abtheilung
der Hochschule den Zweck erfüllen konnte, welchen man sich
setzte, als die alte Veterinär schule hierher verlegt wurde. Aber
auch für eine glückliche Verwirklichung der Idee, welche der
Verknüpfung zwischen der Veterinärschule und dem landwirt¬
schaftlichen Unterrichte zu Grunde lag, hat Stockfleth grosse
Bedeutung gehabt. Er hat nicht blos durch Ausbildung wissen-
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9. August 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
881
schaftlicher und practisch tüchtiger Thierärzte der Landwirth-
schaft indirect genützt; auch direct hat er dies gethan und
zwar als eifriger Lehrer vieler Generationen der Studirenden
der Landwirtschaft. Und zu seinen Collegen der anderen
Facultäten unserer Lehranstalt stand er in der allerbesten Be¬
ziehung. Von allen war er geachtet und bei allen beliebt, und
das grosse Ansehen, welches er mit Recht genoss, trug dazu
bei, einen Glanz über die Hochschule zu verbreiten. Auch von
Seiten der Hochschule soll bei dieser Gelegenheit erschallen
ein: „Ehre sei seinem Andenken!“
Am Schlüsse brachte Stockfleth’s Bruder im Namen der
Familie dem Stande der dänischen Thierärzte und dem Comit4
einen Dank für die Ehre, die dem Andenken seines verstorbenen
Bruders erwiesen worden.
Personalien.
Herr Geheimrath Dr. Lydtin ist anlässlich des Besuches,
den die Abordnung der deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft
der Weltausstellung in Paris abstattete, von der Societü des
Agriculteurs de France zum Ehrenmitglied ernannt worden,
i Diese Auszeichnung wurde, wie bemerkt zu werden verdient,
ihm allein zu Theil.
Der dem ostasiatischen Expeditionscorps angehörige Ober¬
rossarzt Hussfeldt ist zunächst zum Pferde - Ankauf nach
Argentinien abgegangen.
Eingesandt
Mit Bezug auf das Eingesandt „Jubiläum“ in No. 31 der
B. T. W. gestatte ich mir zu bemerken, dass der oder die mir
unbekannten Einsender aus Sportkreisen mit meinen früheren
und jetzigen Verdiensten nicht recht vertrant zu sein scheinen.
Jeder Mensch kann wohl einige Complimente vertragen, aber
die dort vorgebrachten sind in ihrem Uebermaass doch geeignet,
Jemanden, dem auch nur ein bescheidenes Maass von Bescheiden¬
heit noch nicht abhanden gekommen ist, zu alteriren. Da ich
jedoch überzeugt bin, dass es nicht in böser Absicht geschehen
ist, so sei dem oder den geehrten Einsendern verziehen.
Koedix.
Staatsveterinärwesen.
Von Preusse.
Benutzung der Kleinbahnen.
In voriger Nummmer ist bereits ein Beschluss des Staats-
ministeriums, betr. die Reisekosten der Medicinalbeamten bei Be¬
nutzung von Kleinbahnen vom 16. Juli 1900, mitgetheilt worden.
In diesem Beschluss sind im Gegensatz zu dem Staatsministerial-
beschluss vom 25. October 1898 den Medicinalbeamten Zu- und
Abgangsgebühren bei der Benutzung von Kleinbahnen zugestanden
worden. Der Staatsministerialbeschluss vom 16. Juli 1900 ist
augenscheinlich durch die verschiedene Behandlung hervor¬
gerufen worden, welche die Herren Minister für geistliche etc.
Angelegenheiten und für Landwirthschaft etc. in Bezug auf die
Dienstreisen den Kreisphysikern und Kreiswundärzten einerseits
und den beamteten Thierärzten andrerseits haben angedeihen
lassen. Im Artikel I § 4 No. III des Gesetzes vom 21. Juni 1897
ist gesagt, dass die Bestimmung darüber, unter welchen Um¬
ständen die Beamten bei ihren Dienstreisen Kleinbahnen zu be¬
nutzen haben und welche Reisekostenvergütungen in solchen Fällen
zu gewähren sind, durch das Staatsministerium erfolgt. In Aus¬
führung dessen hatte das Staatsministerium unter dem
25. Oktober 1898 beschlossen, dass die Staatsbeamten verpflichtet
sind, bei ihren Dienstreisen vorhandene Kleinbahnen, welche zur
Personenbeförderung dienen, zu benutzen und dass sie dafür die¬
selben Entschädigungen wie für Reisen auf Eisenbahnen oder
Dampfschiffen erhalten, mit der Ausnahme, dass bei Reisen,
welche ausschliesslich auf Kleinbahnen oder theils auf Klein¬
bahnen theils auf Landwegen zurückzulegen sind, Zu- und Ab¬
gangsgebühr nicht gewährt wird. Jedoch können in den be-
zeichneten Fällen die durch Zu- und Abgang nachweislich ent¬
stehenden besonderen Ausgaben ohne Rücksicht auf die Höhe der
insgesammt aufgewandten Reisekosten zur Erstattung liquidirt
werden.
Der Königl. Beschluss bestimmte ferner, dass bei Reisen,
die theils auf Kleinbahnen, theils auf Eisenbahnen oder Dampf¬
schiffen zurückgelegt werden, Zu- und Abgangsgebühren ebenso
gewährt werden wie bei Reisen auf Eisenbahnen. Ist für eine
Reise, die mit der Kleinbahn hätte zurückgelegt werden können,
ein Fuhrwerk, eine Eisenbahn oder Dampfschiff benutzt worden,
so kann die hierfür zuständige Entschädigung gewährt werden,
wenn die Benutzung der Kleinbahn im Interesse einer an¬
gemessenen Erledigung der Reise ungeeignet gewesen ist. In
vier Liquidation sind die Gründe für diese Nichtbenutzung der
Kleinbahn anzuführen.
Zu diesem Beschlüsse des Staatsministeriums haben die
Herren Minister der Finanzen und des Innern unter dem
25. December 1898 einen Ansführungserlass ergehen lassen,
welcher uns besonders auch den Begriff Kleinbahnen festlegt.
Darnach sind unter Kleinbahnen diejenigen Schienenver¬
bindungen zu verstehen, welche nach dem Gesetz über
Kleinbahnen und Privatanschlussbahnen vom 28. Juli 1892
als Kleinbahnen gelten. Hierzu gehören auch alle Arten
Strassenbahnen. Da aus Art. V des Gesetzes vom 21. Juni
1897 nur die Anwendbarkeit des Art. I §§ 1 und 4
No. I und H für die Medicinalbeamten, nicht aber No. Iü,
welcher Absatz von den Kleinbahnen handelt, ausgeschlossen
wird, so musste zunächst angenommen werden, dass der Staats-
ministerialsbeschluss vom 25. October 1898 für alle Beamten¬
kategorien, also auch für die Medicinalbeamten Giltigkeit hatte,
zumal in diesem Beschluss keinerlei Beamtenkategorien ausge¬
nommen waren. Dieser Ansicht hatte sich auch der Herr
Minister für Landwirthschaft in dem Erlass vom 21. August
1897 angeschlossen. Derselbe ist in No. 5 der B. T. W. 1900
veröffentlicht. Der Herr Minister der geistlichen etc. Angelegen¬
heiten war jedoch anderer Ansicht. In Folge Beschwerde eines
Kreisphysikus hat derselbe im Einverständnis mit dem Herin
Finanzminister durch Erlass vom 26. September 1899 (eben¬
falls veröffentlicht in No. 5 der B. T. W. 1900) entschieden,
dass, da die Anwendbarkeit des Gesetzes vom 21. Juni 1897 auf
die Medicinalbeamten ausgeschlossen ist, in der Berechnung
ihrer Reisecompetenzen nichts geändert worden sei. Die
Berechnung von Reisekosten für Dienstreisen, welche
mit Kleinbahnen zurfickgelegt werden können, sei nach
wie vor nach den für Landwege geltenden Sätzen zuzulassen.
Bei dieser Verschiedenheit der Beurtheilung konnte daher
diese Angelegenheit nur durch einen neuen Staatsministerial¬
beschluss geregelt werden, was nunmehr durch den Beschluss
vom 16. Juli d. J. geschehen ist. Dieser Beschluss gilt nun
für alle Medicinalbeamte, beamtete Aerzte und beamtete Thier¬
ärzte. Derselbe hebt auch die vorhin erwähnte Entscheidung
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382
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 32.
auf, wonach die beamteten Thierärzte bei Reisen, die auf Klein¬
bahnen zurückgelegt werden können, die für Landwege geltenden
Sätze liquidiren dürfen. Nach dem Erlass der Minister für
Finanzen und des Innern vom 6. Oktober v. J. sind Kleinbahnen
als Eisenbahnen anzusehen. Da nun die Beamten durch frühere
Ministerialbestimmungen v. 11. September 1848 (M. Bl. S. 365),
15. September 1856 (M. Bl. S. 218) und 31. Mai 1881 (M. Bl. S. 163),
gezwungen sind, von allen Beförderungsmitteln das mindest kost¬
spielige auszuwählen und für Reisen, welche auf Eisenbahnen
oder Dampfschiffen zurückgelegt werden können, nur die für
Eisenbahn- und Dampfschiffreisen zulässigen Sätze zu liquidiren,
so sind die beamteten Thierärzte auch genöthigt, bei vorhandenen
Kleinbahnen nur die Eisenbahnsätze zu liquidiren. Der Beschluss
vom 25. Oktober 1898, der grundsätzlich auch heute noch für
die Medicinalbeamten gilt, gestattet hierin allerdings die Aus¬
nahme, dass bei vorhandener Kleinbahn auch Landfuhrwerk
benutzt und liquidirt werden kann, wenn die Benutzung der
Kleinbahn im Interesse einer angemessenen Erledigung der
Reise ungeeignet gewesen ist. Letzterer Fall wird häufiger
vorliegen, da die schlechten Verbindungen auf den Kleinbahnen
eine schnelle und auch richtige Erledigung oft nicht zulassen
dürften und diekreisthierärztlieben Dienstgeschäfte im Allgemeinen
stets der Eile bedürfen.
Somit ist nunmehr auch für die beamteten Thierärzte diese
recht empfindliche Härte beseitigt, die um so fühlbarer war, als
die beamteten Thierärzte zur Zeit immer noch die ihnen für
Dienstreisen feststehenden Gebühren nicht nur als Entgelt für
verauslagte Kosten, sondern auch als einen nicht unwesentlichen
Theil ihres Einkommens betrachten müssen.
Einfuhrverbote etc.
Auch Baden hat unter dem 27. Juni 1900 ein Einfuhrverbot
für Schweinefleisch etc. aus Serbien erlassen.
Bayern hat, nachdem die Maul- und Klauenseuche in den
angrenzenden böhmischen Bezirken erloschen ist, den Wirth-
8chaftsbesitzem in den Grenzbezirken entlang der bayerisch¬
böhmischen Grenzstrecke die Einfuhr von Nutz- und Zuchtvieh
aus Böhmen für den eigenen Wirthschaftsbedarf unter den be¬
kannten Bedingungen wieder gestattet.
Dagegen hat die Statthalterei von Böhmen wegen Aus¬
bruchs der Maul- und Klauenseuche in der sächsischen Ge¬
meinde Johanngeorgenstadt die Schliessung der Grenzzollämter
Wittigsthal und Breitenbach für den Verkehr mit Wiederkäuern
und Schweinen verhängt und den kleinen Grenzverkehr mit
den genannten Thiergattungen entlang des Gebiets der Ge¬
meinde Johanngeorgenstadt eingestellt.
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen eto.
Erloschen ist die Seuche am 24. Juli in Magdeburg, 25. Juli
in Mülhausen i. E., 30. Juli in Nürnberg, 2. August in München.
Aus Essen a. d. Ruhr ist vom 31. Juli Ausbruch und Erlöschen
gemeldet. — In Berlin war die Seuche am 31. Juli auf dem
Schlachtviehhofe unter Schafen ausgebrochen, hier am 3. August
erloschen, ist jedoch am 4. August ebenda unter Ueberständen
von Schweinen aufs Neue constatirt worden. In Hamburg ist
die Seuche unter Schweinen am 5. August ausgebrochen.
Thleraeuohen im Auslände. I. Quartal 1900.
Frankreich.
Von Lungenseuche wurden im Januar 19, im Februar 18,
im März 16 Gemeinden betroffen; geschlachtet wurden 119,
geimpft 428 Thiere. Milzbrand herrschte im Januar in 27, im
Februar in 22 und im März in 31 Ställen. Wegen Rotz wurden
in den Berichtsmonaten 114 bezw. 168 bezw. 122 Pferde ge-
tödtet, verseucht waren 58 bezw. 64 bezw. 69 Ställe. Die Zahl
der angemeldeten tollen Hunde belief sich auf 188 bezw. 230
bezw. 304. Die wuthkranken Hunde vertheilten sich auf 96
bezw. 116, bezw. 142 Gemeinden in 35 bezw. 36 bezw. 38
Departements. Maul- und Klauenseuche trat in 729 bezw. 569
bezw. 774 Gemeinden auf. In 40 bezw. 75 bezw. 19 Heerden
wurden Schafpocken, in 14 bezw. 18 bezw. 27 Heerden Schaf¬
räude constatirt. Rauschbrand trat in 67 bezw. 52 bezw. 72
Ställen auf. Rothlauf der Schweine wurde in 8 bezw. 9 bezw. 8
Departements beobachtet. In 27 bezw. 16 bezw. 12 Beständen
wurde die ansteckende Lungen- und Darmentzündung der
Schweine festgestellt.
Dänemark.
Die Zahl der verseuchten Thierbestände betrug in den
Monaten Januar, Februar und März: an Milzbrand 8 bezw. 10
bezw. 14; an Maul- und Klauenseuche 3 bezw. 5 bezw. 1; an
Rothlauf der Schweine 143 bezw. 100 bezw. 105; an chronischer
Schweinediphtherie im März 2; an Rückenmarkstyphus der Pferde
3 bezw. — bezw. 8; an bösartigem Katarrhalfieber des Rind¬
viehs 7 bezw. 7 bezw. 7.
Fleischschau und Viehhandel.
Von Kühnaii.
Zar Aasffihrang des Reichsflelschschaagesetzes.
Die Veröffentlichung des Reichsfleischschaugesetzes setzt
zunächst die Verordnungen in Kraft, die sich auf die Her¬
stellung der zur Durchführung beziehungsweise Functionirung
der Schlachtvieh- und Fleischschau erforderlichen Einrich¬
tungen beziehen. Mit diesen Anordnungen wird sich nunmehr
der Bundesrath und die einzelnen Landesregierungen zu be¬
fassen haben. Durch kaiserliche Verordnung ist bereits das
Inkrafttreten des Einfuhrverbots für Wurst, Büchsenfleisch und
sonstige Fleischgemenge auf den 1. October d. J. verkündigt.
Weiter ist zu erwarten, dass baldigst die Instruction des Bundes¬
raths für die Einfuhr und Untersuchung des ausländischen
frischen und zubereiteten Fleisches herauskommen wird. Vor
allem ist es hier das Pöckelfleisch, dessen Zubereitung und
Untersuchung in der Presse Anlass zu Erörterungen giebt. Pie
Landwirthschaftskammern wollen nur das Pökelfleisch zur Ein¬
fuhr zulassen, zu dessen Pökelung (Conservirung, Färbung) keine
anderen Stoffe als Salz und Salpeter verwandt sind. Die An¬
wendung von anderen Conservirungsmitteln (Borax, Borsäure.
Formalin, Salicyl u. a. m.) soll verboten werden. Formalin und
Salicyl wird zur Conservirung vqu Pökelfleisch wohl kaum ver¬
wandt. Dagegen ist Borsäure zur Conservirung von aus¬
ländischen Lebern benutzt worden, wie neuerdings noch wieder
ans einem Gerichtsfall in Hamburg erhellt, über welchen die
D. Fl.-Z. in No. 60 berichtet. Eine Familie war nach dem
Genuss von Blutwurst erkrankt. In der Wurstprobe wurde Bor¬
säure nachgewiesen. Der Verfertiger der Wurst stellte in Ab¬
rede, Borsäure beigemischt zu haben, wohl aber habe er aus¬
ländische Leber zur Bereitung der Wurst benutzt. Die Con-
servirung der ausländischen Lebern mittelst Borsäure sei ihm
nicht bekannt gewesen. Der Angeklagte wurde freigesprochen.
Wenn auch eine geringe Menge Borsäure nicht gesundheits-
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9. August 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
383
schädlich wirkt, so steht doch fest, das der fortgesetzte Genuss
selbst von geringen Mengen Borsäure Gesundheitsstörungen
hervorrufen kann. Das Verbot der Verwendung der Borsäure
za Conservirungszwecken dürfte deshalb zu erwarten sein.
Anders aber ist die Sache beim Borax. Die Gesnndheits-
schädlichkeit von geringen Mengen Borax nach dem Genuss ist
bisher nicht’ sicher gestellt, zudem wird Borax in der Heilkunde
bei Nierenkrankheiten und in der Rinderpflege innerlich ver¬
wandt, ohne dass schädliche Folgen bisher beobachtet worden
sind. Die Verwendung von Borax spielt andererseits in der
Fleischconservirung eine bedeutende Rolle. Im Meat Trades-
Journal v. 26. Juli giebt ein Fachmann an, dass 30 Procent
der amerikanischen Waare boracirt ist. Er schildert die Zu¬
bereitung des amerikanischen Pökelfleisches folgendermaassen.
Speck und langgeschnittene Schinken werden vorerst gesalzen
und dann in Borax verpackt. Kurzgeschnittene Schinken werden
in Salzbrühe gepökelt und vor der Verpackung mit Boraxlösung
besprengt. Borax wird somit nur äusserlich zur Conservirung
der mildgesalzenen Schinken und Pökelfleischstücke benutzt.
Während die stark gesalzenen Fleischstücke ohne Borax in
Salz verpackt werden. Ohne Borax wäre ein Transport der
amerikanischen mildgesalzenen Schweinefleischstücke nach
Deutschland unmöglich. Wird daher in den Ausführungs¬
bestimmungen ein Verbot der Verwendung von Borax generell
ausgesprochen, so könnte Amerika nur stark gesalzenes Pökel¬
fleisch senden. Derartiges Pökelfleisch entspricht dem Geschmack
des heutigen Publicums nicht mehr, mithin würde sich dann die
Einfuhr von Pökelfleisch aus Amerika verringern. Eine andere
Möglichkeit ist die, dass die Verwendung des Borax zu Con¬
servirungszwecken verboten, dagegen die Zulassung des Ver¬
packungsmaterials der gesalzenen Schinken u. s. w. nicht be¬
anstandet wird. Haben die Ausführungsbestimmungen einen
derartigen Inhalt, so wird der amerikanische Fleischexport da¬
durch nicht berührt.
Finnenkrankheit beim Menschen.
R. Richter berichtet in der Prager medicinischen Wochen¬
schrift No. 16 u. 17 über einen Fall von Cysticercen im Rücken-
raarke des Menschen. Tn einem tödtlich verlaufenen Falle von
allgemeiner Cysticercenerkrankung fanden sich auch in der
Rückenmarkssubstanz selbst zwei Finnenblasen, ein äusserst
seltener Befund.. M. M. W.
Thierhaltung und Thierzucht.
Thierzuchtinspectsren.
Zum Zwecke der Förderung der Rindviehzucht bestehen in
Bayern gegenwärtig elf Zuchtverbände und zwei Herdbuchgesell¬
schaften, welche gleichartig organisirt sind und ihren Wirkungs¬
kreis über das Verbreitungsgebiet je eines Viehschlages bezw.
über einen Regierungsbezirk ausdehnen.
Bei neun von diesen Züchtervereinigungen liegt die tech¬
nische Leitung und Geschäftsführung in den Händen eigener
Zuchtinspectoren, welche von den Verbänden mit Genehmigung
des königl. Staatsministeriums des Innern, das auch Gehalt und
Reisekosten der Inspectoren bestreitet, angestellt sind.
Bis zum 1. October dieses Jahres werden auch die übrigen
vier Verbände eigene Inspectoren erhalten, zwei davon sind
bereits ernannt. Zur Zeit sind alle Zuchtinspectorstellen in
Bayern mit Thierärzten besetzt, und besitzen die sieben ältesten
derselben den Rang bezw. die Rechte der Bezirksthierärzte;
die vier dienstältesten von diesen sieben Inspectoren sind dieser
Tage zu pragmatischen Bezirksthierärzten extra statum mit dem
Titel „Königlicher Zuchtinspector“ ernannt worden. V.
Weldefettvleh-Airasteilung in Husum.
Husum, einer der bedeutendsten Fettviehmärkte Deutschlands,
von dem grosse Sendungen Vieh speciell nach Berlin, Hamburg
und den rheinischen Märkten gehen, wird am 15. und 16. October
eine Weidefettvieh-Ausstellung in seinen Mauern beherbergen.
Internationale Viehausstellung in Chicago.
Vom 1. bis 8. December 1900 soll im Dexter Park Amphi¬
theater, Union Stock Yards, Chicago eine internationale Vieh¬
ausstellung stattfinden. Die Ausstellung soll Zuchtvieh, Mast¬
rinder, -schafe und -Schweine, Magervieh, sowie Zugpferde um¬
fassen. Ferner ist beabsichtigt, die Methoden und Einrichtungen
der Packhäuser, die Verwerthung der Nebenproducte, welche
beim Schlachten gewonnen werden, Probeschlachtungen, die
belehrend bezüglich der Fütterung wirken sollen, die Art und
Weise der Ausführung der Fleischschau, die Unter¬
suchung der lebenden Thiere, Fütterungseinrichtungen, Schaf¬
waschmethoden den Besuchern vor Augen zu führen. Dem Aus-
stellungs - Comitö gehören Mitglieder der sämmtlichen Vieh¬
züchter-Vereinigungen Amerikas an. Bereits ist in Aussicht
genommen, jährlich derartige Ausstellungen zu veranstalten, um
die ausländischen Züchter zu veranlassen, ihr Zuchtvieh in
Amerika auf den Markt zu bringen, so dass die amerikanischen
Züchter die Auswahl im Lande haben und nicht mehr gezwungen
sind, das Ausland zu bereisen, um den Bedarf an Zuchtvieh
zu decken.
Zur Fiochfütterung.
Füttert man Bachforellen lange mit Warmblüterfleisch, so
verlieren sie ihren Wohlgeschmack und den Metallglanz der
Schuppen sammt der charakteristischen Pnnktirnng. Dagegen
empfiehlt Scheidlin als Fischfuttermittel einen Kaltblüter, den
Frosch. Freilich muss man die Frösche abhäuten, das Fleisch
mit gelb gerösteter Kleie fein zermahlen und mit etwas frischen,
gesunden Malzkeimen vermengen. Dies Futter giebt man in
mundgerechter Brockengrösse mit auf gesundem Fleische er¬
brüteten Fliegenmaden. Abgehäutete Frösche halten sich in
einfacher Salzlake gepökelt Monate lang, auch an der Luft ge¬
trocknet fast ein Jahr. Gepökelte werden vor der Verwendung
in warmem Wasser abgewaschen, getrocknete in heissem Wasser
gequellt. Vor dem Pökeln kann man die Frösche auch in Lein¬
wandsäckchen eine Minute lang in kochendes Wasser tauchen
und dadurch pasteurisiren. Als unzweckmässig wird noch die
Fütterung der Karpfen mit Lupinen bezeichnet, die ebenfalls
den Schuppen-Goldglanz und den Wohlgeschmack zum Schwinden
bringe. (Centrlztg. f. Th. 1900).
Altersbestimmung bei Karpfen.
In der Ztschr. f. Fl. u. Milchh., Jahrgang 1897, war gesagt,
es solle sich das Alter eines Karpfens dadurch feststellen lassen,
dass man eine Seitenschuppe nimmt, sie sorgfältig in Alkohol
reinigt und gegen das Tageslicht hält. Beim einsömmrigen
Karpfen solle dann in der Mitte der Schuppen ein glänzend¬
heller Punkt erscheinen, der sich in jedem folgenden Sommer
mit einem Ringe umgiebt, so dass aus der Zahl der Ringe das
Alter bestimmt werden könne. Zu dieser Mittheilung sind weitere
Aeusserungen nicht erfolgt. Es wäre interessant, zu erfahren,
ob hierfür weitere Bestätigungen beigebracht werden können.
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•m
Bücherbesprechungeil.
Exterieur des Pferdes.
Unter den neueren Publicationen über Exterieur und Be-
urtheilnng der Pferde nehmen zwei Arbeiten eine bevorzugte
Stelle ein, so dass es wichtig genug erscheint, in dieser Wochen¬
schrift die practischen Thierärzte darauf aufmerksam zu machen.
Zunächst gehört hierher die im Cyclus der Vorträge für Thier¬
ärzte von Prof. Schneidemühl (Leipzig, A. Felix) erschienene
Arbeit vom Gestiitsdirector F. v. Chelchowski, „Ueber die
Grundzüge für die Beurtheilung der Pferde auf Leistungs¬
fähigkeit“ (Preis 1,50), worin die von dem Franzosen Herbin
in seinem Werke „Etudes hippiqites“ gegebenen Lehren in be¬
rechtigter Weise vertreten und in der für den practischen Thier¬
arzt nöthigen Kürze und Präcision abgehandelt werden. Den
practischen Beweis für diese Lehren liefert das Heft 43 der
Arbeiten der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft, betitelt:
„Die Hengste der königlich preussischen Landgestüte 18% bis
1897“ von Dr. Simon von Nathusius. Es sind darin die
Messungen von 2443 preussischen Hengsten und zwar nach
Höhe des Widerrüsts und der Kruppe, Beinlänge, Brusttiefe,
-Breite, -Umfang, Rumpflänge, Röhrenbeinumfang angegeben, so
dass es sehr leicht fällt, an der Hand der Thatsachen die
Herbin’sehen Lehren zu prüfen und bestätigt zu finden. Beide
Arbeiten möchten in keiner thierärztlichen Bibliothek fehlen.
Dr. Ellinger.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Kreisthierarzt Ott-Ansbach ist gleich¬
zeitig mit seiner Versetzung in den Ruhestand der Verdienstorden
vom hl. Michael IV. Klasse verliehen worden. *
Ernennungen: Wassmann, Kreisthierarzt in Berlin, zum Departc-
mentsthierarzt in Liegnitz ernannt; als dessen Nachfolger nach Berlin
versetzt Kreisthierarzt Seiffert-Cbarlottenburg; für letzteren der
Polizeithierarzt Sielaff-Berlin comm. zum Kreisthierarzt in Charlotten¬
burg ernannt; Thierarzt Marder znm comm. Kreisthierarzt in Glowitz
(Kreis Stolp Nord).
In Bayern: Die jetzt officiell bekannt gegebene Ernennung der
Zuchtinspectoren zu pragmatischen Bezirksthierärzten extra statum ist
bereits in No. 1 mitgetheilt worden. — Joseph Bauer, Districtsthier-
arzt in Roththalmünster, zum Zuchtinspeclor bei dem Verband für
Fleckvieh in Niederbayern mit dem Wohnsitz in Landshut
Gewählt: Rehfeldt, Rossarzt a. D., zum städtischen Thier¬
arzt in Friesack (Mark), Thierarzt F. Stephan zum Scblachtbof-
assistenzthierarzt in Erfurt. Dev zum Districtsthierarzt in Wald¬
kirchen (Niederbayern) gewühlte Districtsthierarzt Heinrich Geiger
hat die Stelle nicht angetreten.
Examina: Kall mann, städt. Thierarzt in Berlin, wurde von der
medicinischen Facultät der Universität in Bern zum Dr. med. vct.
promovirt.
Approbationen: in Berlin: die Herren Carl Manleitner,
Otto Nie mann, Albert Rahne, Ludwig Theinert. — In München:
die Herren Johann Bichlmaier, Fritz Gierer, August Knorr,
Max Kreutzer, Theodor Mayr, Rudolph Pertenharamer, Joseph
Rösch, Georg Schrüfer, Paul Speiser, Michael Steiger, Florian
Vicari, Friedrich Wildhagen, Karl Zimmermann.
Das Examen als beamtete Tbierärzte bestanden in Berlin
die Thierärzto Dr. Finkenbrink-St. Vieth (Eifel), Karl Petersen-
Segeberg, Gustav Pilger-Kirn, Otto Schmidt-Hirschberg (Schlacht¬
hot), Franz Szillat und Joseph Weber.
WohnsitzverSnderungen, Niederlassungen etc. Thicrarzt Carl Geiger
hat sich in Oberstdorf (Sonthofen) niedergelassen.
In der Armee: Für den erkrankten Rossarzt Carl ist der zum
Rossarzt beförderte Unterrossarzt Kal eher zum Expeditionscorps
nach China commandirt worden.
No. 32.
Befördert: Nothnagel, Rossarzt im 6. Drag.-Regt, zum Ober¬
rossarzt im Regiment. Freude, Unterrossarzt im 13. (Königs)
Ul.-Regt., unter Versetzung zum 1. Garde-Feld-Art.-Regt. zum Ross¬
arzt. — Gross, Einj.-Frw. im 13. Drag.-Reg., znm einj.-freiw. Unter
ros8arzt. Die Unterrossärzte der Res. Haferburg und Meyer
(Bez. Comm. Neuhaldensleben) und Pilimann (Bez. Comm. II,
Bochum) zu'Rossärzten der Res.
Versetzt: Petsch, Oberrossarzt im 2. Garde-Feld-Art.-Regt,
zum 2. Garde-Ul.-Regt., Rossarzt Meier vom 1. zum 2. Garde-
Feld - Art. - Rgt. — Loewner, Oberrossarzt im 3. Kür.-Regt.,
zur Vertretung des technischen Vorstandes der Lehrschmiede in
Königsberg, des Oberrossarzt Schlacke; Mummert, Rossarzt
im 21. Art.-Reg., mit der Wahrnehmung der Oberrossarztgeschäftc
znm 3. Kiir.-Regt. commandirt.
Vacanzen.
(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufencr Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ansgeschriebene Stellen:
R.-B. Düsseldorf: Landkreis Krefeld zum 1. August er. (600 M )
; Bewerbungen bis 20. August er. an den Regierungspräsidenten. —
R.-B. Oppeln: Gross -Strehlitz (600 M.) zum 1. October er. Be¬
werb. bis 10. August er. an den Regierungspräsidenten.
In Bayern: 4 neue Bezirksthierarztstellen in Aibling (Ober¬
bayern), Hotheim (Unterfranken), Ob erviechtach (Oberpfalz) und
Schwabmünchen (Schwaben) zum 16. September 1900. Gesuche
an das. kgl. Staatsministerium des Innern sind bei den bezw.
Regierungen, Kammer des Innern, bis 15. August er. einzureichen.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Aachen: Montjoie — R.-B., Cassel: Gersfeld. — R.-B. Köln:
Waldbröl. — R.-B. Cöslin: Btitow. —R.-B. Wiesbaden: St. Goars¬
hausen.
Sanltltsthierarztsteilen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachthof zum 1. Oct. er. (2400 M.,
steigend bis 3600 M.). Bew. bis 1. Sept. an den Senator Dr. Don and t
— Cassel: Schlachthofassistenzthierarzt sofort. (1800 M. 3monat¬
liche Kündigung.) Bewerbungen an den Director. — Cottbus:
Schlachthof-Assislenzthierarzt zum 1. Oct. er. Bewerb, mit Gehalts-
ansprüchen sofort an den Magistrat. (Anstellung diätarisch bei
vierteljähriger Kündigung.) — Dresden: Hilfsthierarzt am Schlacht¬
hof (2100 M., 3 monatliche Kündigung, Verpflichtung zu mindestens
1 jähr. Dienstzeit) Bewerb, bis 18. August er. an den Director der
Fleischschau. — Graudenz: Assistenzthierarzt am Schlachtbot
(1800 Mark, Wohnung etc.; 4 wöch. Kündigung). Meldungen bis
20. August er. an den Magistrat. — Gr ätz: (Posen): Schlachthof¬
inspector (1500 M., Wohnung etc., Privatpraxia in dienstfreier
Zeit). Bewerbungen an den Magistrat — St. Wendel: Schlachthof¬
verwalter (Bewerbungen mit Gehaltsansprüchen bei freier Wohnung
bis 1. September er. an den Bürgermeister). — Wollstein (Posen):
Schlachthofinspector zum 1. Oct er. (1200 M. Wohnung etc. Privat¬
praxis in dienstfreier Zeit). Bewerb, an den Magistrat
b) Nach Ablaui der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
— Eberswalde: Schlachthofinspector. — Haltern: Sanitäts¬
thierarzt. — Köln: Schlachthofthierarzt. — Königsberg (Ostpr.):
Schlachthofthierarzt zum 1. October er. — Salzwedel: Schlacht¬
hofvorsteher. — Stettin: 3. Schlachthofthierarzt zum 1. September.
— Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. —
Mengcringhausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schles.)
— Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Römhild. —
Schloppa (Westpr.) — Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg.
— Suelze Mecklb.). — Wolkenstein.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Verantwortlich för den Inhalt (excl. ln.icratentheil): I’rof. Dr. Si-hmaltz in Berlin. — Verlag und Elgcnthum von Richard Scboetz in Berlin. Druck von W. Büienstcin. Tterlin
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Die „Berliner Thlerlrxtltche Wochenichrlft“ erscheint Originalbeltrfge werden mit GO Mk. für den Bogen hooorirt.
wöchentlich in Starke ron mindestens IV, Bogen. Dieselbe Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactioneilcn An¬
ist in belieben durch den Buchhandel, die Post (No. 1083) *■ % fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält»,
oder durch die Verlagsbuchhandlung ron Richard J W »-» I /\-m Berlin thierirztliche Hochschule, NW., Luisenstras»e 66.
Schoots, Berlin NW., Luisenstrasse 5<J, inm Preise von ■ M_jk I I ■ ■ m ü Correctnren, Recensions-Exempiare und Annoncen da-
Mk. 6,— pro Vierteljahr. I H J | B B i I ^ V B gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz- Berlin.
Verantwortlicher Redacteor.
De Brulii Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusso Dr. Schlegel Dr. Vogel Zündet
Professor Oberthierarst Departemcntslhierant Kreisthierarzt Departementsthierarzt Veterinärassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kroisthiurant
Utrecht Hamborg. Cöln. Angermünde, Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen L E.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 33. Ausgegeben am 16. August.
Inhalt: Peter: Ueber die endovenöse Injection von Jodkalium- und Protargollösungen. (Schluss). — Michalik: Spontane
Heilung einer Schlund-Wunde. — Bory: Zange zum Festhalten der Schweine bei der Impfung. — Referate:
Leclainche und Vall6e: Studien Uber Rauschbrand. — Elliot: Erfahrungen über Osteo-Porosis. — Conrtial und Carougeau:
Osteoporose resp. „Kleiekrankheit“ beim Pferde. — Adrian: Zur chirurgischen Behandlung der verhärteten Gallen. —
Guillebeau: Ueber Haarballen aus dem Uterus von Kühen. — Klimmer: Ueber Milcbverfälschnngen und deren Nachweis. —
Frantzius; Ueber die Art der Conservirung und die Virulenzdauer des Markes toller Thiere. — Nntall: Ueber die Rolle der
Insekten bei der Verbreitung parasitärer Krankheiten. — Tagesgeschichte: Protocoll der 57. Versammlung des Vereins
Thüringer Tbierärzte am 20. Mai 1900 im Hdtel „Weisses Ross“ zn Erfurt. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. —
Fleischschau und Viehhandel. — Personalien. — Vacanzen.
(Jeber die endovenöse Injection von Jodkalium- und
Protargollösungen.
Von
Dr. Peter-Angermünde.
(Schloss).
Behandlung des bösartigen Catarrhalflebers mit Protargeliöaung.
Meine Versuche erstreckten sich auch auf ein Mittel ans
der Reihe der neuen Silberpräparate. Nachdem von Dieckerhoff
gezeigt worden war, dass sich das Argentum colloidale
Cred6 in 1 proc. Lösung zu intravenösen Injektionen bei Pferden
eigene und gegen den Morbns macnlosus vorzügliche Dienste
leiste, wurde dasselbe in der gleichen Weise mit Erfolg auch
gegen das bösartige Catarrhalfieber der Rinder durch Meissner-
Schafstädt angewendet. Bald darauf gelang es David in Nanen
ebenfalls einen Wiederkäuer dnreh intravenöse Injektionen mit
Collargol von der fast ausnahmslos tödtlichen Krankheit zn
heilen. Als mir, im Besitz dieser Kentnisse, am 29. Mai v. Js.
wieder ein typischer Fall des bösartigen Catarrhalflebers bei
einer gutgenährten 4jährigen Knh des Domininms Schönerm.
vor Augen kam, wollte ich das Experiment nachmachen. Die
Apotheke in A. hatte jedoch Collargol nicht vorräthig, so dass ich
mich entschloss, an Stelle desselben das vorhandene Protargol
zu versuchen. Das Mittel hat sich seit den Empfehlungen
Neisser’s in Breslau einen grossen Ruf erworben, der in meinen
Augen noch erhöht wurde durch den trefflichen Bericht des
Herrn 0. R. Gi es ecke*) über die ausgezeichneten antiseptischen
Eigenschaften des Präparates bei eitrigen und jauchigen Wnnden,
welchen ich zwei Tage vorher in der vorjährigen Versammlung
des Brandenburger Thierärztlichen Vereins gehört hatte.
1. Fall. Ich liess mir deshalb 250 g einer 1 proc. Lösung
in deetillirtem Wasser bereiten und filtriren, um dieselbe der
Knh ain folgenden Tage intravenös einzuspritzen. Dieselbe
zeigte aib 30. Mai nachstehendes Krankheitsbild: Gestränbtes
Deckhaar, Kopf gesenkte Haltung, Lichtscheu, Thränenflnss,
*) Bert. Thierärztl. Wochenschr. 1899 No. 26.
Schmerzempfindung in den Augen (Schütteln mit dem Kopfe).
Conjunktivitis und Keratitis.
Aus beiden Nasenöffnungen copiöser, grangrünlicher Aus¬
fluss, Schnieben bei der Ein- und Ausathmung, übeler Geruch
| aus dem Manl, stellenweise Abstossnng des Epithels an der
Innenfläche der Lippen. Znngenrücken pappige, trockene Auf¬
lagerungen, welche übelriechend sind. Athmung etwas ange¬
strengt, Athmung 16 mal, Puls 50 Schläge in d. Min., Temperatur
39,7; Futter wird verweigert; Wasser dagegen häufig getrunken.
Pansen- und Darmbewegungen, sowie Kothabsatz vorhanden.
Nach genügender Erwärmung der Lösung auf dem Wasserbade
wurde die Injection mit der 20 g haltenden Dieckerhoff’schen
Chlorbaryumspritze ins Werk gesetzt. Bei der 4. Spritze kam
die Lösung in schwach röthlicher Färbung durch die Hohl¬
nadel ans der Vene zurtickgeflossen, ein Zeichen, dass dieselbe
durch Thrombose centripetal verstopft war. Unterhalb der
Einstichstelle war demgemäss auch ein fingerlanger und daum-
dicker festweicher Strang in der Vene zu fühlen. Hierauf
wurde die weitere Einspritzung sofort ausgesetzt. Die Kuh
I beknndete bald darauf Angstgefühl und eine geringere Steigerung
| der bereits vorhandenen Dyspnoe; diese Erscheinungen gingen
! aber nach kurzer Zeit vorüber, und es trat derselbe Zustand
; wie vor der Injection ein.
Es stellte sich später heraus, dass die Lösnng in Folge eines
Irrthums nicht 1 sondern 2 Procent Protargol enthielt, und dass
i hierdurch Gerinnung des Venenblutes bedingt wurde. Die Kuh
1 hatte demnach mit 80 g 2 proc. Lösnng 1,6 Protargol erhalten.
Bei dem nächsten Besuche am 1. Juni konnte ich einen
I erheblichen Rückgang der Krankheit constatiren. Thränenfluss
und Lichtschein hatten nachgelassen. Die Angenlieder wurden
weit geöffnet. Die Cornea zeigte eine rauchige Trübung.
| Nasenausfluss geringer. Das inspiratorische Schnieben war ver-
i schwanden. Die Athmung war ruhig und gleichmässig nnd
wiederholte sich 20 mal pr. Minute. P. 72, T. 40,3.
Geringgradige Speichelabsonderung. Allgemeinbefinden besser.
I Die Kuh frisst frische Luzerne.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 33.
Der Rest der Lösung wurde durch Zusatz einer gleichen
Menge destillirten Wassers verdünnt, und von dieser nunmehr
lproc. Lösung 40 g in die linke Jugularvene injicirt, worauf
Complicationen nicht mehr beobachtet wurden. Die Kuh erhielt
mithin an diesem Tage noch 0,4 g im Ganzen also 2 g Pro-
targol. Die Abheilung der Krankheit ging weiter gleichmässig
vor sich und vollzog sich binnen 5—6 Tagen vollständig.
2. Fall. Einen 2. sehr vorgeschrittenen Krankheitsfall be¬
handelte ich in gleicher Weise Ende April d. Js. auf der
Gräflich R.’schen Domaine G.
Eine 5 Jahre alte schwere Kuh, friesischer Kreuzung, war
angeblich seit 8 Tagen krank.
Bei der Untersuchung am 25. 4. bekundete die Kuh nach¬
stehende Erscheinungen: Thränenfluss, Lichtscheu, Conjunctivitis
und Keratitis. Nasenausfluss von gelblich klarer zähflüssiger
Beschaffenheit mit Blutstreifen und schmierigen croupartigen
Massen gemischt. Pigmentirte Haut des Flotzmaules stellen¬
weise abgestossen und mit eiterartigen Producten bedeckt A. 20,
inspirator. Dyspnoe, P. 72 T. 40,4 Schüttelfrost, Fresslust unter¬
drückt, Koth trocken. Milch versiecht. Kuh liegt dauernd.
Am 26. April bekundet die Kuh hochgradige in- und ex-
spirat. Dyspnoe. A. 28, P. 96. T. 39,8. Hals und Kopf sind
weit nach vorn gestreckt. Augen meist geschlossen. Hornhaut
bis auf ein schmales oberes Segment grauweiss getrübt. Die
Kuh ist sehr erregbar und fällt auf die Vorderknie nieder, so¬
bald sie zwecks Application der intravenösen Ipjection bei den
Hörnern gefasst wird.
Es tritt zugleich ein heftiger Hustenanfall ein, wobei dicke
Fibrinschwarten aus den unteren Nasenöffnungen ausgestossen
werden. Nachdem der Kuh 140 g einer 0,75 proc. Protargol-
lösung gleich 1,08 Substanz intravenös mit der Injectionsspritze
beigebracht sind, tritt schweres apnoisches Athmen auf. Nach
acht Minuten Athmung leichter, 40 mal pro Minute, nach
25 Minuten Athemzüge wie vor der Einspritzung. Thrombose
der Drosselvene nicht vorhanden. Nunmehr wird die Tracheo¬
tomie ausgeführt, worauf die Kuh zunächst ein sehr aufgeregtes
Verhalten kandgiebt und unter Verdrehen der Augen und ab¬
normem Emporheben des Kopfes niederfällt und dann ruhig
athmend auf der Seite liegen bleibt.
Am 27. April morgens ist die Kuh aufgestanden, sie trinkt
Wasser und athmet ruhig. Eine Stunde später wird dieselbe
todt im Stalle gefunden. Die Canüle ist aus der Trachea lier-
au8geschlüpft, und es mag hierauf schnell Erstickung ein¬
getreten sein. Diese Vermuthung dürfte auch durch die nach¬
stehenden Veränderungen, welche bei der Obduction der Kuh
erhoben wurden, ihre Bestätigung erhalten.
Der Cadaver zeigt einen mittelguten Nährzustand. Con-
junctiva, Ueberzug des Blinzknorpels ziegelroth, Maulschleim¬
haut und Zunge blauroth gefärbt.
Peritoneum, Dünndarmgekröse und Dickdarmserosa haben
im Allgemeinen eine bläulichrothe Farbe, im Uebrigen sind die
serösen Häute der Bauchhöhle glatt und glänzend. Lage der
Baucheingeweide normal. Dieselben weisen keine erheblichen
Veränderungen auf.
Milz scharfe Ränder, normale Grösse, Gewebe nicht ver¬
ändert. Leber wenig vergrössert, Ueberzug blauroth, Parenchym
schwach getrübt. Nieren normal gross, cyanotische Färbung.
Lunge lufthaltig, schwarzroth gefärbt namentlich die rechte
Hälfte. In den vordem Lappen der linken Lunge einige hasel¬
nussgrosse käsige Heide. In den Bronchialdrüsen stecknadel¬
knopfgrosse Herde von der gleichen Beschaffenheit. Die kleinen
Bronchien enthalten feinblasigen Schaum. In den vorderen
Lappen der Lunge stark Anschoppung von Blut. Die Herz¬
kammern sind erweitert und mit schwarzrothen Coagula aus¬
gefüllt. Brust- und Lungenfell normal
Luftröhren und Kehlkopfschleimhaut schwarzroth, letztere
besonders an den Giesskannen - Kehldeckelfalten stark ge¬
schwollen und mit croupösen Massen bedeckt. Die Nasen¬
schleimhaut ist mit einer continuirlichen, zwei Millimeter dicken
weissgelben Schwarte bedeckt, welche alle Recessus der Nasen¬
muscheln und Nasengänge gleichsam austapezirt.
Obwohl der vorstehende Krankheitsfall letal verlief, so ist
derselbe doch nicht im Stande, dem Protargol einen Heüeffect
beim bösartigen Catarrhalfieber ganz abzusprechen. Das vor¬
geschrittene Stadium der Krankheit machte eine Heilung von
vornherein zweifelhaft. Die Symptome hatten dagegen am Tage
nach der Injection zweifellos von ihrer Intensität verloren. Und
der Tod ist nachweislich durch Asphyxie in Folge Herans-
schlüpfens des Tracheotubus eingetreten.
Dass das Protargol in der zuletzt verwendeten Lösung und
Menge bei der Veneninjection keine Übeln Folgen bat, wurde
auch bei einem Pferde mit Morbus maculosus erprobt.
Diese Krankheit hatte Bich in dem fraglichen Falle bei
Beginn der Behandlung bereits ebenfalls in einem Grade aus¬
gebildet, welcher nur eine schlechte Prognose zuliess.
Am 11. Juni 1899 wurden dem Patienten, einem dänischen
Wallach, 100 g Sol. Protargol. 0,75:100,0 eingespritzt.^ Eine
Complication irgendwelcher Art wurde durch die Einspritzung
nicht herbeigeführt.
Am 14. Juni war neben den vorhandenen Erscheinungen
und Veränderungen noch jauchiger Zerfall der Haut und Unter¬
baut am linken Sprunggelenk aufgetreten. Der Patient be¬
kundete hohes Fieber. Die Wiederholung der Injection ver¬
mochte die beginnende Jauchevergiftung nicht hintenanzuhalten
und nach Verlauf einiger Tage ging der Wallach ein.
Obwohl die intravenöse Anwendung des Protargols sich
noch im Stadium des Versuchs befindet, ist aus den vorstehenden
Mittheilungen zu folgern
1. Dass 0,75 proc. wässerige Lösungen von Protargol
in einmaliger Dosis von 100 g bei Rindern und Pferden
ohne Schaden in die Blutbahn eingespritzt werden
können;
2. dass eine Heilwirkung des Präparates beim bös¬
artigen Catarrhalfieber des Rindes nicht von der Hand
zu weisen ist.
Intravenöse Injection von Jod-Eison-Natrlra.
Nachdem mir die Beschaffung eines Versuchsobjektes schnell
gelungen ist, kann das Ergebniss der endovenösen Prüfung des
Natrium jodoalbuminatum den vorstehenden Mittheilungen passend
noch angehängt werden.
Das benutzte Versuchsthier ist ein schlecht genährter, fast
werthloser, 18 bis 20 Jahre alter Ponywallach, welcher von
einer mageren Weide kommt und ein Gewicht von etwa 4 Centner
hat. Derselbe ist mit einem hochgradigen Lungenemphysem und
chronischer Bronchiectasie behaftet. Die Athmung ist in der
Ruhe angestrengt und vollzieht sich 20 Mal in der Minute.
Die Inspiration erfolgt unter sichtlicher Erweiterung der Nasen¬
löcher und bei der Exspiration werden die Bauchmuskeln an¬
gespannt, so dass sich längs den falschen Rippen eine seichte
Rinne markirt und der After um V 4 cm nach hinten vorgeschoben
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16 August 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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wird. Bei der Auscultation der Brustwandungen sind in den
unteren Abschnitten der Lunge trockene Rasselgeräusche wahr¬
zunehmen. Die Percussion ergiebt einen vollen hellen Schall.
Der Pony hustet häufig. Der Husten ist kurz, matt und leer.
Durch die Nasenöffnungen wird mit den Hustenstössen zuweilen
eine dicke, grauweise, eiterähnliche Masse zu Tage gefördert.
Die sichtbaren Schleimhäute sind normal, die Maxillardrüsen sind
nicht geschwollen. Der Pulsschlag ist normal, kräftig und er¬
folgt 40 Mal in der Minute. Die Innentemperatur lässt sich
wegen einer Lähmung des Afters nicht genau bestimmen. Doch
folgt ans dem lebhaften Verhalten des Ponys und aus seiner
regen Fresslust, dass eine acute innere Krankheit bei demselben
nicht vorhanden ist.
Am 27. Juni Abends 7 Uhr wurde dem Pferd '/< 1 Blut
entzogen und darnach die Infusion einer Lösung von 5 g Natr.
jodo albinatum und 1000 g destillirten Wassers in die rechte
Jugularis vorgenommen. Die Operation ging schnell und leicht
von statten, eine Gerinnung des Blutes trat nicht ein. Dagegen
zeigten sich alsbald nachstehende Erscheinungen.
Nach 3 Min. entwickelt sich eine schwere in- und ex-
spiratorische Dyspnoe. Die Athemzahl steigt jählings auf 60.
In allen Lungenabschnitten können durch die Auscultation
giemende und pfeifende Bronchialgeräusche constatirt werden.
Es treten wiederholt tuffocatorische Hustenanfälle auf. Der
Pul8 beträgt 140. Die Maxillararterie fühlt sich wie ein voller
and harter Strang an. Der Spitzenstoss des Herzens ist in der
regio cordis deutlich fühlbar. Die Herztöne sind kaum von
einander zu unterscheiden.
Es erfolgt Abgang von Koth und Darmgasen. Nach
23 Min. wird Urin von normaler Beschaffenheit entleert, wobei
die Ruthe nicht wie gewöhnlich ausgeschachtet wird. A. u. P f
unverändert. Blick stier. Conjunctiva ziegelroth, Nasen- und
Maulschleimhaut cyanotisch. Nach 50 Min. Arterie weniger
gefüllt als vorher. P. 130; A. 48, tracheale Rasselgeräusche.
Häufiges Schütteln mit dem Kopfe in Folge Hustenreiz.
Nach 60 Min.: Puls kaum fühlbar. Ohren, Nasenrücken
und Extremitäten verhältnissmässig kalt, Muskelzittern. Athmung
nimmt weiter in ihrer Frequenz ab (32 Züge p. M.). Der in
ungewöhnlicher Art abgesetzte Harn ist klar und hellroth
gefärbt.
Nach 85 Minuten trinkt der Wallach einen halben Eimer
Wasser. Aus der linken Jugularis wird mit einer mittelstarken
Hohlnadel eine Blutprobe entnommen, welche eine schwarzrothe
Farbe und eine niedrigere Temperatur hat als die gewöhnliche
Blutwärme beträgt.
9 Uhr Abends, also zwei Stunden nach der Infusion, nimmt
der Pony etwas Heu an. Die Symptome haben sich nicht
wesentlich verändert.
26. Juni Mittags. Athmung 32 Mal p. M. und noch er¬
heblich angestrengt: Trompetenartige Erweiterung der Nasen¬
löcher, Heben und Senken der Rippen, Afterbewegung.
Im Laufe des Tages wird häufig Harn in normaler Weise
entleert und viel Wasser getrunken.
Die gestern aufgefangenen Blutproben sind normal ge¬
ronnen und haben klare Sera geliefert. Das von der Blutprobe
vor der Infasion gewonnene Serum hat eine normale hellgelbe
Farbe, dagegen ist das Serum des nachher entzogenen Blutes
selbst in der verhältnissmässig dünnen Schicht von dem Quer¬
schnitt eines Reagensröhrchens roth gefärbt wie Himbeer-
limonade.
Am 28. Juni abgezapftes Blut erzielt ein Serum, welches
goldgelb anssieht und bei durchfallendem Licht einen röthlichen
Reflex hat.
2. Juli. Athmung und Puls sind auch heute noch nicht
auf das zuerst beschriebene Stadium zurückgegangen. Die
Dyspnoe und die abnormen Lungengeräusche sind noch in
ziemlich hohem Grade vorhanden. Trotzdem bekundet das Pferd
ein munteres Verhalten und frisst gut. Der Nährzustand hat
sich erheblich gebessert. Das Haar ist glatt anliegend und
glänzend.
3. Juli. A. 28, P. 60. Zustand sonst unverändert. Um
6 & Uhr Abends wird dem Ponywallach eine gleichartige Lösung
von Jodcalium (5 g J C auf 1000 g Wasser) in die rechte Ju¬
gularis infundirt, wonach nicht die geringsten Störungen auf-
treten. Unmittelbar nach der Operation setzt der Pony die
vorher unterbrochene Futteraufhahme fort. Die Athmungszahl
beträgt 5 Minuten später, 32 Züge und der Pols zeigt 66 Schläge
in der Minute. Die Blutwelle in der Maxillararterie ist nur ein
wenig höher als vorher. Eine Steigerung der in Folge des
Lungenemphysems bleibend vorhandenen dyspnoischen Athmung
tritt nicht ein. Die sichtbaren Schleimhäute bleiben normal.
Es finden mehrmals Entleerungen wässerigen Urins und
von Darmgasen statt. Eine Stunde nach Einverleibung der
Jodkaliumlösung aus der linken Jugularvene hat das entleerte Blut
in jeder Hinsicht normale Eigenschaften und das von demselben
erhaltene Serum zeigt keine Veränderungen, insbesondere nicht
in der Farbe.
Der eine Versuch dürfte genügen, um die Unbrauchbarkeit
des Jod-Eigon-Natriums zu intravenösen Iejectionen darzuthun.
Denn es bewirkt bereits in der benutzten 0,5 proc. Lösung eine
massenhafte Zerstörung von rothen Blutzellen, welche sich durch
hophgradige Haemoglobinämie und Haemoglobinurie dokumentir^
und das Thier durch den rapiden und starken Verlust an
athmung8fähigem Blut dem Erstickungstode nahebringt. Ver-
muthlich geht die blutzersetzende Eigenschaft von dem Jod-
componenten des Präparates aus. Dasselbe soll nach den An¬
gaben seines Darstellers nur etwa 15 Proz. Jod enthalten. Das
Mettalloid scheint jedoch nicht, wie behauptet wird, intramole-
cular gebunden zu sein, sodass bei der Vereinigung des Jod¬
eiweissnatriums mit dem Blute freies Jod unmittelbar zur Wirkung
kommt und den Blutzerfall herbeiführt.
In diesem Umstande dürfte, von dem hier fraglichen Ge¬
sichtspunkte aus betrachtet, ein principieller Unterschied zwischen
den löslichen Jod-Eigonen und den Jodalkalien zu finden sein.
Eine wechselseitige Substituirung der Mittel bei der intravenösen
Applikation ist mithin ausgeschlossen.
Die Anwendbarkeit des Jodkaliums zum intravenösen Ge¬
brauch hingegen, erscheint in einem um so günstigeren Lichte,
als dieses Medikament selbst bei dem in seiner Lungen und
Herzthätigkeit hochgradig geschädigten Versuchsthier eine
Aenderung deB vorhandenen Gesundheitszustandes nicht her¬
vorbrachte.
Spontane Heilung einer Schlund-Wunde.
Von
Michalik-Lötzen,
KreUthierarzt.
Im Februar ds. Js. wurde ich von einem Besitzer, dem schon
ein Fohlen an Druse eingegangen war, zur Behandlung eines
anderen schwer kranken Fohlens mit dem Vorbericht gerufen,
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388
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 33.
dass es schon seit einigen Tagen garnicht gefressen und in den
letzten Tagen an furchtbarer Athemnoth gelitten habe; auch
habe sich eine Geschwulst am Halse gebildet, welche inzwischen
erweicht wäre und von ihm heute morgen aufgeschnitten wurde,
worauf sich Eiter und Fnttermassen aus derselben entleerten.
Uei meiner Untersuchung fand ich das Fohlen sehr abge¬
magert, es athmete angestrengt und röchelnd, an der linken
Seite hatte es etwa 15 cm vom Kehlkopf entfernt in der Gegend
der Jugular-Rinne eine reichlich doppelt-faustgrosse harte An¬
schwellung, auf welcher eine wenig glatte etwa 3 cm lange
Schnittwunde zu sehen war; beim Hereinfassen in diese Wunde
fühlte man einen Hohlraum, welcher mit feingekauten fest¬
sitzenden Futtermassen ausgefüllt war. Ich versuchte nach
Möglichkeit, die Futtermassen mit den Fingern und der Korn¬
zange herauszuschaffen, was mir aber nur unvollkommen ge¬
lang, da die Höhle zu gross war. Weil die Entfernung der
Futtermassen nicht möglich war, konnte ich auch nicht fest¬
stellen, ob noch Eitermassen in der Wunde sich befanden. Bis
zum Schlunde konnte ich mit dem Finger auch nicht der weiten
Entfernung wegen Vordringen, man merkte aber, dass die Höhle
beim Schlucken von Futter sich mit neuen Massen füllte. Es
handelte sich in diesem Falle also entweder um einen Druse-
Abscess, der in der Wandung des Schlundes gesessen hatte, und
nach dessen Oeffnnng die Schlundwandung zerrissen war; oder
möglichenfalls hatte auch der Besitzer bei Oeffnung des Abscesses
den Schlund verletzt, was aber in Berücksichtigung der ana¬
tomischen Verhältnisse kaum anzunehmen war.
Ich hielt eine Heilung nicht gut für möglich und rieth zur
Tödtung. Da der Besitzer aber Alles versuchen wollte, empfahl
ich ihm, die Abscess-Höhle durch langsame Ausspülungen mit
y 2 pCt. Creolin-Wasser vermittels eines Irrigators täglich mehr¬
mals auf das Sorgsamste zu reinigen und dem Fohlen als Nahrungs¬
mittel etwas Milch und Mehlbrühe zu geben, von welchem ich
annahm, dass doch Etwas beim Schlucken in den Magen gelangen
würde. Nach zwei Tagen kam der Besitzer mit dem Bericht,
dass das Fohlen fast nichts saufen wollte, und die Flüssigkeit
auch alle aus der Abcess-Wunde ausflösse, es lange sehr nach
Futter, aber auch dieses käme alles aus der Wunde heraus, die
Athemnoth habe einigermassen aufgehört.
Nun rieth ich, mit Rauhfutter zu versuchen, ob es vielleicht
hiervon etwas abschlucken könnte. Schon nach drei-Tagen be¬
kam ich den Bericht, dass es jetzt mit dem Fohlen besser
ginge, der grösste Theil des Rauhfutters, auch Häckselfutter,
werde abgeschluckt, aus der Wunde falle nur wenig heraus.
Später berichtete mir der Besitzer dann noch, dass das
Fohlen ganz gesund geworden sei, schon nach etwa zehn Tagen
sei beim Schlucken weder Futter noch Flüssigkeit entleert; all¬
mählich habe sich auch die zurückgebliebene Anschwellung voll¬
ständig verloren.
Zange zum Festhalten der Schweine bei der Impfung.
Von
Bury-Marggrabowa,
Thierarzt.
Welche Unbequemlichkeiten und welchen Zeitaufwand das
Bändigen und Festhalten der Schweine zum Zwecke der Impfung
mit sich bringt, dürfte wohl Jedem, der Impfungen in grösserem
Umfange auszuführen hat, bekannt sein. Das Anlegen eines
Stranges um den Oberkiefer hinter den Hauern hat sich bis
dahin als die beste Art der Bändigung bewährt. Aber auch
dabei ist es oft recht schwierig, den sich meistentheils sträuben¬
den Thieren die Schnauze vermittelst des Stranges, an dem sich
eine Schleife befindet, zu öffnen und durch Zuziehen der Schleife
den Strang am Oberkiefer zu befestigen.
Um diesem Uebelstande abzuhelfen, hat Kreisthierarzt
Michalik-Loetzeu eine Zange anfertigen lassen, die in gleicher
Weise wie der Strang am Oberkiefer hinter den Hauern an¬
gelegt wird, jedoch den erheblichen Vortheil hat, dass sich die¬
selbe viel einfacher anlegen lässt als ein Strang, da der Ober¬
kiefer mit der Zange ohne vorherige Oeffnung der Schnauze
von oben her umfasst wird. Die Zange ist derartig construirt,
dass die Zangenarme nach unten und aussen gehen, und jeder
Arm in einem nach vorn und innen gebogenen Knopf endigt.
Dadurch nun, dass die Thiere beim Anlegen derselben stets
nach rückwärts drängen, legen sich die Armenden, die in Folge
ihres Knopfes und ihrer Krümmung nach vorn und innen nicht
nach vorn abrutschen können, hinter den Hauern fest, und es
kann ein Mann das Thier ebenso wie mit einem Strange an
den Schenkeln der Zange, die eine Länge von ungefähr 30 cm
haben, ohne Mühe zur Impfung festhalten. Eine Verletzung
der Thiere durch die Zange ist ausgeschlossen. Ruhige Thiere
lassen sich dieselbe von ihrem Fütterer, ohne dass sie gehalten
werden brauchen, anlegen, unruhige Thiere müssen an den
Ohren gehalten werden. Bei den meisten Thieren, schon, von
50 Pfund an, kann die Zange zur Anwendung gelangen.
Ich habe diese Zange verschiedentlich bei meiuen Impfungen
gebraucht, ihre Vorzüge also kennen zu lernen Gelegenheit
gehabt, weshalb ich dieselbe allen Collegen, die Impfungen aus¬
zuführen haben, warm empfehlen kann. Ich bin überzeugt, dass
dieselbe für jeden Thierarzt ein unentbehrliches Instrument
werden wird.
Die Instrumentenfabrik von H. Hauptner-Berlin wird
diese Zange demnächst für den Preis von 8,50 Mark bezw. bei
grösserem Umsatz von 7,50 Mark in den Handel bringen.
Referate.
Studien über Rauschbrand.
Von Leclainche und Vall6e.
(Annnl. <1. lTnstitut I’astcur. 1900.)
Ueber das Rauschbrandvirus sind noch nicht alle Wider¬
sprüche aufgeklärt. Die Verfasser bemühten sich daher, die
Bacteriologie des Rauschbrandes von Neuem zu controlliren.
Schwierig ist es, vollkommene Reinculturen des Bacillus zu er¬
halten; überaus häutig ist der Oedembacillus zugegen, der sehr
oft eine Verunreinigung bewirkt. Es empfiehlt sich, nach einigen
Passagen durch den Meerschweinchenkörper das Virus anf
Meerschweinchen und Kaninchen zu übertragen. Wenn nur das
Meerschweinchen allein stirbt, bringe man unmittelbar nach dem
Tode vier bis fünf Tropfen Herzblut auf den Nährboden. Der
Rauschbrandbacillus ist streng anaerob. Verfasser empfehlen
Züchtung im luftleeren Raum in Martinscher Bouillon. Nach
zwölf Stunden zahlreiche bewegliche Stäbchen mit beginnender
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16. August 1900. BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 389
Sporenbildung, nach drei Tagen fast nur Sporenform, vom
zweiten Tage ab saure Reaction. Die Giftigkeit und Wider¬
standsfähigkeit der in dieser Bouillon gezogenen Cnlturen ist
grösser. In den Ranschbrandgeschwülsten von Meerschweinchen
besitzen die Bacillen entweder Sporen oder nicht; letzteres bei sehr
rasch sterbenden Thieren. Die serösen Höhlen enthalten gerade
Stäbchen, die dünner sind als in den Geschwülsten, oft zu dreien
oder vieren immer gleich langen zusammenliegen und niemals Sporen
bilden. In den Cnlturen gleichzeitig regelmässige Stäbchen und
solche Bacterien, die durch lichtbrechende Sporen verschiedene
Gestalt angenommen haben. Der Rauschbrandbacillus färbt
sich sehr gut mit Nikolleschem karbolsauren Gentiana-Violett
(gesättigte alcoliolische Lösung von Gentiana-Violett 10 zu
1 procentigem Karbolwasser 100). Er erhält bei Behandlung nach
Gram-Nikolle die Farbe.
Bei der Prüfung der Virulenz sind die meisten Forscher
durch Verunreinigungen mit dem Oedembacillus beeinträchtigt
worden. Die Verfasser fanden bei den wie oben gezüchteten
Culturen, dass ein bis fünftägige in Dosen von drei bis vier Tropfen
intramusculär und subcutan Meerschweinchen in 18—24 Stunden
tödteten; selbst 15 tägige Cnlturen weniger als 1 ccm verimpft
tödten noch Meerschweinchen. Die natürliche Immunität der
Kaninchen ist keine absolute. Manche sterben, wenn man
ihnen 2—4 ccm in die Muskeln injieirt, andere bleiben
dabei gesund. Es entsteht dann eine Geschwulst, die total von
dem malignen Oedem verschieden ist. Bei intravenöser Impfung
sterben Kaninchen an Intoxication.
Die Bildung eines Toxins ist schon von Roux nachgewiesen.
In Martin scher Bouillon wird es am stärksten und erreicht am
15. Tage das Maximum, um dann rasch nachznlassen. lsolirung
des Toxins ist nur durch Filtriren möglich, wobei jedoch ein
grosser Theil im Filter zurückgehalten wird. Die Toxinwirkung
lässt sich am besten controlliren durch Impfung virulenter
Culturen anf solche Thiere, welche durch Pferde-Immunserum
gegen das Rauschbrandvirus selber immunisirt sind. Das Serum,
obwohl stark bactericid, schützt nicht gegen das Toxin, und
Meerschweinchen sterben an letzterem in 15—80 Tagen. Das
Toxin wird selbst durch 115° Erhitzung nicht zerstört, da¬
gegen durch Luftzutritt stark alterirt. Seine physiologische
Wirkung ist sehr verschieden. Bei acuter Wirkung herrscht
Coma und Temperaturabfall vor, bei chronischer Abmagerung
und Kachexie.
Es bestanden Meinungsverschiedenheiten über die Wider¬
standsfähigkeit des frischen Virus, d. h. des aus Rauschbrand¬
geschwülsten gepressten Saftes gegenüber der Hitze. Kitasato
meinte, dass 20 Minuten lange Erwärmung auf 65° die Wirkung
überhaupt aufhebt. L. und V. sammelten den Saft der Mnskel-
anschwellung für sich und die im benachbarten Bindegewebe
vorhandene Flüssigkeit ebenfalls für sich und erhitzten beide
eine halbe Stunde auf 65°. Durch Impfung und Cultivimng
zeigte sich;' dass der Muskelsaft Lebensfähigkeit und Virulenz
bewahrt, die seröse Flüssigkeit dagegen öfter steril wird, nicht
immer. Der Mnskelsaft enthält nämlich immer Bacterien mit
Sporen, die seröse Flüssigkeit die letzteren meistens nicht.
Die Sporen werden durch eine Erhitzung von 100° in wenigen
Minuten zerstört, während eine zweistündige Erhitzung auf
80° sie noch intact lässt. Diejenigen Umstände also, welche
die Sporenbildung hemmen, beeinflussen die Widerstandsfähigkeit
des Virus gegenüber der Erwärmung. Die Sporen ohne Toxin
tödten nicht. Da nun das Toxin schon bei 75° seine negativen
cheraotactischen Eigenschaften verliert, so können die Sporen
durch zweistündige Erwärmung auf 85° vom anhaftenden Toxin
befreit werden und bleiben dann bei der ITeberimpfung auf
Meerschweinchen wirkungslos.
Zur Erhaltung von Sporen in grosser Menge empfehlen
Verf. Folgendes: Die sporenhaltigen Culturen bilden nach drei
Tagen einen Bodensatz. Man entfernt die Flüssigkeit und
ersetzt sie durch neue Bouillon, in welcher wieder Wachsthum
und Bodensatzbildung statt hat. Schliesslich bildet sich ein
dicker Satz, der Millionen enthält. Erhitzt man solche Culturen,
so rufen Impfungen keine Wirkung hervor. Meerschweinchen
vertrugen davon 4 ccm, was etwa 20 Millionen Sporen entspricht.
Trotzdem haben die Sporen selbst ihre Lebensfähigkeit bewahrt.
Denn überträgt man sie in Bouillon, so geben sie sehr virulente
Culturen. Nur im Organismus wachsen sie nicht aus, da sie
von den Phagocyten aufgelöst werden. Fügt man ihnen dagegen
eine Quantität Toxin zu, so verfallen sie nicht der Phagocytose
Das Toxin schützt demnach die Sporen vor den Phagocyten.
Alle Umstände, welche die Phagocytose hindern, müssen also die
Entfaltung des Virus begünstigen. Sie wird auch bewirkt durch
einen Zusatz von Milchsäure zu den reinen Sporen, ebenso wenn
man die reinen Sporen mit ganz feinem, sterilem Sande
znsammenbringt. In beiden Fällen entsteht Rauschbrand. Es
zeigte sich auch, dass ganz harmlose Bacterien wie ein nicht
pathogener Streptokokkus den Ausbruch des typischen Rausch¬
brandes befördern, wenn sie den reinen Sporen zugesetzt werden.
Das Hauptergebnis ist also, dass der Rauschbrandbacillus ein
wirksames Toxin producirt, welches für sich allein schwere
Erscheinungen und den Tod hervorruft, dass die reinen d. h.
vom Toxin befreiten Sporen im Organismus nicht auskeimen
und daher keine Infection bewirken, dass aber alle Umstande,
welche die Phagocytose hemmen oder verhindern, die Infection
auch mit reinen Sporen begünstigen bezw. herbeiführen.
(Referat von Casper in der Deutsch, thierärztl. Wochenschr.)
Erfahrungen über Osteo-Porosis.
Von H. B. Elliot M. R. C. V. S., Hilo, Insel Hawai.
(Journal of Comp. Path. u. Thcrap. Dec. 1899).
Im allgemeinen wird diese Krankheit selten beobachtet.
In gewissen Gegenden Nordamerikas und in einzelnen Land¬
strichen Europas tritt dieselbe gelegentlich häuflger auf, in den
Küstenländern Australiens dagegen soll sie im besonders vor¬
herrschenden Grade existiren.
Auch auf der Insel Hawai fordert die Osteoporosis nach des
Autors Schätzung alljährlich mindestens 100 Opfer. Der
District 0 dieser Insel ist sehr feucht und hat einen jährlichen
Regenfall von 150 Zoll. Die andern Districte sind dagegen
trocken und werden selten durch Regen begünstigt. Im O-District
ist die Krankheit vorherrschend und zwar vertheilen sich die
Fälle gleichmässig auf Niederungen und hoch gelegenes Land,
wo das Thermometer gelegentlich den Gefrierpunkt erreicht.
Die Pferdezucht ist deshalb in dem Regendistrict fast gänzlich
anfgegeben. Die wenigen Fohlen, welche daselbst noch gezogen
werden, verfallen beinahe sämmtlich der Krankheit ehe sie die
Volljährigkeit erreichen.
Die geologische Formation ist vulkanischer Art, einige
Krater sind noch in Thätigkeit.
Die Nahrung für die Pferde wird hauptsächlich aus Amerika
beschafft und besteht aus Heu, Hafer, Kleie und Gerste; das
einheimische Futter besteht nur aus Gras und den Blättern des
Zuckerrohrs. Einige Pferde werden nur trocken gefüttert,
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390
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 33.
andere erhalten Gras als Beifutter. In trockenen und feuchten
Bezirken ist jedoch die Fütterung im Allgemeinen gleich. Ver¬
fasser ist aus diesem Grunde nicht der Ansicht, dass die Oste¬
oporose durch einen Mangel gewisser Salze in den Futter¬
stoffen verursacht werde, was seit 40 Jahren fast allgemein an¬
genommen worden sei. Weder junge kräftige Pferde noch alte
abgetriebene Klepper würden von der Krankheit verschont, ob¬
wohl Fohlen im Allgemeinen häufiger erkrankten.
Maulthiere sind für dieselbe weniger empfänglich als Pferde,
eine Beobachtung welche allerdings auch für andere Krank¬
heiten zutrifft. Bemerkenswerth erscheint, dass kleine Thiere
eine höhere Empfänglichkeit besitzen als grosse, dass aber die
Krankheit hier gewöhnlich einen milden Verlauf nimmt.
Zwei vom Verf. behandelte Shettland-Ponys befinden sich
in ausgezeichneter Condition und sind seit ihrer Erkrankung
vor vier Jahren völlig dienstbrauchbar geblieben. Einheimische
Pferde erkranken ebenso leicht als importirte.
Ob äussere Verletzungen etc. eine Prädisposition für Osteo¬
porose schaffen, konnte nicht sicher ermittelt werden, doch
entwickelt sich dieselbe häufig nach Wunden an den Glied¬
massen, an den Augen, im Maul und am Huf, insbesondere in
denjenigen Ställen, in welchen die Krankheit endemisch ist.
Auch nach den Operationen des Brennens und der Neurotomie
wurde die Entstehung der Osteoporose beobachtet.
In den beiden Ställen einer Pflanzung nahe bei der Stadt
Hilo ereigneten sich zu gleicher Zeit 16 Fälle von Osteoporose,
während in den Nachbarpflanzungen nur dann und wann ein
Pferd erkrankte.
Aus diesen Beobachtungen will Verf. die specifische Natur
der Krankeit ableiten. Ihr Auftreten sei, wie die Mehrzahl der
Krankheiten microbischen Ursprungs, an Thermometerschwan¬
kungen und Aenderungen der atmosphärischen Verhältnisse
geknüpft. Die Osteoporose sei eine Ortsseuche und ihre Ent¬
stehung könne etwa wie die des Tetanus erklärt werden. In
einem Stalle wurde beobachtet, dass die einem osteoporotischen
Pferde benachbarten Stallgenossen von der Krankheit ergriffen
wurden.
Verf. giebt der Meinung Ausdruck, dass die Osteoporose
nur die Einhufer befalle und dass die in der Literatur be¬
schriebenen osteoporotischen Erkrankungen der Wiederkäuer auf
anderer ursächlicher Grundlage beruhen dürften.
Die ausführlich beschriebene Symptomatologie der Krankheit
bietet nichts Neues.
Bei der Behandlung leisteten die verschiedensten Medi-
oamente, welche zur Anwendung kamen, keinen wesentlichen
Vortheil, dagegen führte eine Ortsveränderung aus dem feuchten
in einen trockenen District häufig auch noch in vorgeschrittenen
Krankheitsfällen Heilung herbei.
Osteoporose resp. „Kleiekrankheit“ beim Pferde.
Von Courtial und Carougeau.
(Journal de Lyon, 30. Juni 1900.)
Das betr. Thier konnte kein Heu fressen; dieses wurde
nach jeder Mahlzeit zu Ballen zerkaut in der Krippe vorgefunden.
Seit mehreren Monaten zeigte das Thier ausserdem Lahm¬
heit. Befund: Der Allgemeinzustand ist schlecht; das Thier ist
mager, schwach, schwer beweglich. Am Kopfe fällt die Rundung
und die Verdickung der Gesichtspartie auf; der Kopf erscheint
im Ganzen sehr vergrössert. Auf Druck zeigt das Thier leichten
Schmerz. Die Zähne stehen regelmässig.
Die Section zeigte, dass die hauptsächlichsten Laesionen
das Skelett betrafen. Sämmtliche Kopfknochen sind ergriffen,
besonders aber die Kiefer, die besonders in der Breite stark
verdickt sind. Das Periost ist röthlich gefärbtundleicht abtrennbar.
Nach Entfernung desselben erscheint die Knochenoberfläche
rauh und körnig und zeigt zahlreiche Löcher, durch welche
Gefässe eindringen. Ueberall ist das Knochengewebe schwammig;
die Dichtigkeit hat stark abgenommen. Microscopisch untersucht
erweist sich das Knochengewebe porös, die HäversBchen Canäle
sind sehr erweitert und bilden breite Lacunen. Die
chemische Untersuchung ergiebt das Vorwiegen der organischen
Substanzen, die Mineralsalze sind jedoch unter sich im ge¬
wöhnlichen Verhältniss geblieben.
Die aetiologischen Bedingungen dieser in Frankreich häufig
beobachteten Krankheit sind überall dieselben. Sie betrifft aus¬
schliesslich Thiere, die lange Zeit vorwiegend mit Kleie oder
anderen Mehlabfällen gefüttert worden sind.
Zur chirurgischen Behandlung der verhärteten Gallen.
Von Adrian.
(Journal de Lyon, 30. Juni 1900.)
Es handelte sich um ein Pferd, das hinten eine verhärtete
Fesselgalle hatte. Dieselbe war heiss, gespannt und beim Be¬
tasten sehr hart. Da das Thier bereits gebrannt worden war,
wurde es niedergelegt, die Galle vermittelst eines Einschnittes
von ca. 4 cm geöffnet und entleert, worauf die Wunde vernäht
und ein Verband angelegt wurde. Nach 5 Tagen war der Gang
wesentlich besser und belastete das Thier den operirten
Fnss. Nach 14 Tagen wurde der Verband entfernt. Die Galle
war verkleinert, aber immer noch hart und schmerzhaft. Nach
der Indienstnahme des Thieres wuchs die Galle wieder und
hatte bald ihr erstes Volumen wieder erreicht.
lieber Haarballen ans dem Uterus von Kühen.
Von Alfred Guillebeau in Bern.
(Schweiler Arctair Bd. XLII, Heft 3.)
Stehler holte bei einer Kuh, welche im achten Monat
trächtig war, mit ziemlicher Anstrengung ein todtes Kalb. In
den Fruchthüllen befanden sich acht Haarballen. Sie hatten die
Gestalt abgeflachter Kugeln von 8—10 cm Durchmesser und
4 cm Dicke. Sie bestanden aus wirbelförmig angeordneten,
etwa 5 cm langen normalen Kälberhaaren, welche mit Talg
und Spuren von Meconium verklebt waren. Ihr Gewicht betrug
100—160 Gramm.
Der Verfasser bemerkt ferner, dass Mathis und Matrion
zwei ähnliche Fälle erwähnen. Mathis meint, dass die Fort¬
pflanzung der Pansenbewegung auf den Uterusinhalt ein Rollen
des Schlammes in letzterem Organe veranlasse, nachdem vorher
die Haare des Fötus durch Maceration ausgefallen sind und die
Spannung der Uterns wand sich vermindert hat.
Dass Haarballen sich in der Amnionflüssigkeit befinden, ist
ein seltener Fall. Ausser dem hier beschriebenen ist noch ein
sehr interessanter Fall bekannt, den Köhler im Repertorium der
Thierheilkunde, 1879, S. 296 mittheilt, wobei 84 Haarballen ver¬
schiedener Grösse gefunden wurden. Uebrigens scheint dieses
Vorkommniss meistens mit einer Hypertrichosis beim Kalbe in
Verbindung zu stehen. Nach der Ansicht von Röckl deutet
die Bildung von Haarballen bei congenitaler Hypertrichosis
unzweifelhaft auf eine bestehende Gestationsperistaltik hin.
Van Klaveren fand nach der Embryotomie bei einem grossen
Kalbe (die Trächtigkeitsdauer betrug 365 Tage), 16 Haarballen
und viel Lanugo. Der Durchmesser der Haarballen betrug
5-6 cm. M. G. d. B.
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16. August 11)00.
BERLINER THIERÄRZTLTOHE WOCHENSCHRIFT.
391
Ueber Milch Verfälschungen und deren Nachweis.
Von Dr. Klimmer-Dresden.
Arch. f. wiitemchaftl. und prallt. Thlerhlk. 1900, H. 2 uud 3.
Dieser Aufsatz bildet gleichsam die Fortsetzung über die
Eigenschaften und Zusammensetzung der Milch, welche
im ersten Heft des Archivs dieses Jahrgangs von dem Verf.
besprochen worden sind.
Die Verfälschungen betreffen entweder die Vollmilch, den
Rahm oder die Magermilch.
Die gewöhnlichsten Fälschungen der Vollmilch werden be¬
stehen: 1. in Beigabe von abgerahmter Milch, 2. in ein¬
fachem Wasserzusatz, 3. in Wasserzusatz zur ab¬
gerahmten Milch. Die übrigen Fälschungen: Beimengung von
Conservirungsmitteln oder von fremdartigen Stoffen (Stärke,
Mehl, Eiweiss, Leim, Gummi, Dextrin, Zucker, Salz, Gips, Kreide,
Eigelb, zerriebener Himsubstanz, fremdartiger Fette u. s. w.)
kommen verhältnissraässig selten vor.
Beim Rahm sind die Fälschungen an der Tagesordnung,
denn einem fettarmen Rahm lässt sich durch Stärke, Eigelb,
Mehl u. s. w. leicht ein besseres Aussehen und ein höherer
Fettgehalt geben und eine polizeiliche Controle dieses Milch-
productes ist fast nirgends vorgeschrieben.
Die Verfälschung der Magermilch durch Wasserzusatz
kam früher häufiger vor als jetzt, weil die Milch vielfach zur
schnelleren und vollkommeneren Abrahmung vor Einführung der
Centrifugen mit Wasser versetzt wurde. Dagegen haben die
Beanstandungen wegen zu geringen Fettgehaltes zugenommen,
ein Umstand, welcher darauf zurückzuführen ist, dass das Fett
bei dem heutigen Entrahmungsverfahren weit gründlicher aus¬
geschieden werden kann.
Für Voruntersuchung der Marktwaare acceptirt Verf. die
Feser’schen Grundsätze:
1. Die Milch muss in allen sinnlich wahrnehmbaren Eigen¬
schaften den Charakter der normalen Milch darbieten (Farbe,
Geruch, Geschmack, Nagelprobe).
2. Sie soll amphotere Reaction zeigen, alcalische allein
deutet auf Zusätze; sauere auf baldige Gerinnung.
3. Ihr specifisches Gewicht liege innerhalb normaler Grenzen
1,029—1,034 bei ganzer, 1,032—1,040 bei abgerahmter Milch.
4. Ihr Fettgehalt betrage bei ganzer Milch nicht unter
3 Procent.
5. Bei Verdacht auf Mehl- und Stärkezusatz werden einige
Tropfen Jodtinktur einer kleinen Probe Milch beigegeben; ein¬
tretende Bläuung bestätigt den Verdacht.
Zur Bestimmung des specifischen Gewichtes ist das aerometrische
Verfahren mit dem Laktodensimeter am besten geeignet.
Schwierigkeiten und Mühe macht die Ermittelung des Fettgehalts.
Bei der marktpolizeilichen Controle wird noch faute de mieux
das ungenaue optische Fettbestimmungsverfahren angewandt.
Die beste Methode hat Feser angegeben (Laktoskop).
Die Bestimmung des Fettgehaltes zu forensischen Zwecken
erfolgt entweder durch das gew'ichtsanalytische Verfahren,
welches auf Abscheidung und Wägung des Fettgehalts beruht
oder durch das aerometrische Verfahren von Soxhlet oder
das massanalytische Laktokrit- oder Centrifugen-Ver-
fahren.
Die Aufstellung eines Mindestfettgehaltes der Vollmilch zur
Ausübung der Milchcontrole muss sehr vorsichtig behandelt
werden, wenn nicht Härten und Ungerechtigkeiten aus dieser
Vorschrift für die Milchproducenten entspringen sollen. Denn
ohne Wissen und Verschulden des Besitzers kann sich durch
unbekannte Einflüsse der Fettgehalt der Milch eines Viehstapels
binnen kurzer Zeit ändern.
Dass auch die Stallprobe keinen sicheren Ausweis liefern
kann, ob mit einer Verkaufsmilch bezüglich des Fettgehaltes
Veränderungen vorgenommen worden sind, hat Verf. bereits in
seinem ersten Aufsatze durch Zusammenstellung einer kleinen
Statistik dargelegt. Eine Gnernseykuh lieferte z. B. Morgens
eine Milch mit 1,97 pCt., Abends mit 5,60 pCt., am folgenden
Tage Morgens mit 3,64 und Abends mit 5,66 pCt. Fett.
Hiernach ist von der Forderung eines bestimmten
Fettgehaltes überhaupt abzusehen. Empfehlenswerth ist da¬
gegen der Vorschlag Kirchner’s,die Ergebnisse der bei den
verschiedenen Milchsorten in Beziehung auf Fettgehalt
gemachten amtlichen Ermittelungen mit dem Namen
der verschiedenen Milchlieferanten bekannt zu machen,
so dass der Käufer in den Stand gesetzt wird, den Fettgehalt
selbst zu controliren. In dieser Weise könnte sich der Consument
gegen ITebervortheilung schützen und unter den Producenten
würde eine fruchtbringende Concurrenz angeregt.
Ueber die Art der Conservirang and die Yiralenzdaaer
des Markes toller Thiere.
Von Dr. J. Frantzius-Tiflis (Kaukasus).
Verf. bemängelt die in dem preussischen Ministerial-Erlass
vom 22. Juli v. J. gegebene Vorschrift über die Einsendung von
Cadavertheilen wuthverdäcbtiger Thiere an das Institut für In-
fectionskrankheiten in Berlin behufs experimenteller Feststellung
der Wutb. An der bezüglichen Stelle des Erlasses heisst es,
dass „zur experimentellen Bestimmung derTollwutb bei Thieren,
von denen Menschen gebissen wurden, nach erfolgter Obduction
des Thieres durch den beamteten Thierarzt der Kopf sammt
Hals von der Polizeibehörde mit Eilpost, im Sommer thnnlichst
in Eis verpackt, der Direction des Instituts in Berlin einzusenden
ist.“ Diese Art der Aufbewahrung und Versendung des Gehirns
und Rückenmarks, welche zu den Experimenten allein verwendet
werden können, bezeichnet Verf. bei grossen Entfernungen uhd
bei starker Hitze als unbrauchbar. Im Institut zu Tiflis sind nun
über die verschiedenen Conservirungsmethoden Versuche angestellt
worden, die erwiesen haben, dass sich das Virus genügend lange
hält, wenn Theile des Rückenmarks oder des Gehirns in Wasser
oder Glycerin eingelegt werden. Die Virulenzdauer des im Wasser
autbewahrten Gehirns toller Hunde währte 88 Tage. Rückenmark
wuthkranker Thiere wurde in sterilem Wasser oder auch Glycerin
in dicht verkorkten Gläschen probeweise per Post von Tiflis nach
dem 3000Werst entfernten Samarkand an den Veterinärarzt Selytzky
gesandt und von diesem durch Verimpfung an Kaninchen unter¬
sucht. Obwohl das Impfmaterial zwei Wochen unterwegs war,
erwies es sich noch virulent. Ein Stück Gehirn eines tollwuth-
kranken Hundes, welches von Nowa-Alexandrowska im trans-
caspischen Gebiete nach Tiflis geschickt wurde und 26 Tage bei
hoher Sommertemperatur (bis 60° C.) unterwegs war, erzeugte
bei der Verimpfung das charakteristische Bild der Strassenwuth.
Nach diesen Versuchen dürfte es keinem Zweifel unterliegen,
dass die Einsendung des Kopfes und Halses eines wuthverdäch-
tigen Thieres zur experimentellen Bestimmung der Tollwuth über¬
flüssig ist. Es genügt, die Mednlla oblongata des verdächtigen
Thieres freizulegen und ein Stückchen derselben in einem mit
sterilem Wasser oder Glycerin gefüllten Fläschchen, welches in
einem Holzgehäuse verpackt wird, der Impfstation zuzuschicken.
Es wäre wünschenswert!^ dass die erwähnte bei uns gütige
Bestimmung abgeändert würde, denn es ist in vielen Fällen nicht
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392
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 33.
möglich, an Ort und Stelle eine bo dichte Verpackung des Kopfes
und des Halses eines frisch obducirten Thieres herzustellen,
dass später nicht Blut aus der Kiste abtropft Die Annahme
derartiger Sendungen wird bekanntlich von der Post verweigert.
Ausserdem wäre das beschriebene Verfahren der Versendung
weniger umständlich und billiger.
Ucber die Rolle der Insekten bei der Verbreitung
parasitärer Krankheiten.
Vortrag, gehalten von Nutall in der British Medic. Associat.
(I). MimI. Ztg.)
Die Rolle, die die Insekten bei der Verbreitung parasitärer
Krankheiten spielen, kann eine passive oder active sein, und es
kann sich um Krankheiten handeln, die durch bacterielle oder
thierische Parasiten verursacht werden. Betreffs der passiven
Rolle bei bacteriellen Krankheiten stehen die gewöhnlichen
Stubenfliegen obenan. Mit ihrer Nahrung können sie pathogene
Keime in ihren Verdanungskanal aufnehmen und jene dann beim
Menschen auf Verletzungen der Haut oder Schleimhäute oder auf
Nahrungsmitteln deponiren. Es ist erwiesen, dass auf diese Weise
Anthrax, Pest, Cholera, Typhus und Oplithalmieen verbreitet
werden. Eine active Rolle bei bacteriellen Krankheiten spielen
vorzugsweise die blutsaugenden Fliegen. Es ist sehr wahr¬
scheinlich, dass durch deren Bisse häufig Anthrax, Erysipel,
Septicaemie und Pyaemie übertragen werden. Bei der Ueber-
tragung thierischor Parasiten können die Insekten eine passive
Rolle spielen, wenn sie von einem Wirth der in ihnen enthaltenen
Parasiten verschlungen werden, eine active Rolle, wenn sie
diesem Wirth ihren Parasiten mittels des Rüssels direkt inoculiren.
Die Insecten können aber auch, ohne Zwischenwirth zu
sein, eine passive Rolle spielen, wenn sie Eier von tkierisehen
Parasiten aufnehmen (Bandwurm, »Spulwurm) und auf der mensch¬
lichen Nahrung deponiren, eine active Rolle, wenn sie den
Parasiten aufnehmen und selbst inoculiren. In letzterer Be¬
ziehung ist besonders die Tsetsefliege gefährlich.
Tagesgeschichte.
Die Flei8chnahning der Chinesen.
Die Verproviantirung unserer nach dem fernen Osten ent¬
sandten Truppen hat umfassende Vorkehrungen erfordert. Der
in- und ausländische Fleischmarkt ist in Anspruch genommen
worden, um den Bedarf an frischem und präservirtem Fleisch für
die Transporte zu decken. So lange die Ausreise dauert, sind
unsere Truppen genügend mit Fleisch und Fleischkonserven ver¬
sorgt. Schwieriger dürfte die Beschaffung des benöthigten Fleisch¬
quantums in China selbst sein, weil ein grosser Tlieil der
Chinesen, vorzugsweise die ärmeren Klassen, Vegetarianer sind.
Die wohlhabenden Classen sind wohl dem Fleischgenuss nicht
abgeneigt, wenn auch hier ihnen ihre Religion im Wege steht.
Der Buddhismus lehrt bekanntlich die Seelenwandernng und
darum sind die Chinesen nach ihrer Ansicht beim Fleischessen
immer der Gefahr ansgesetzt, vielleicht ihren ehemals treuesten
Freund zu verzehren. Ueber die Fleischleckerbissen, welche den
Chinesen zur Verfügung stehen, finden wir Aufklärung in dem
Buche „China“ von Professor Douglas. Wiedergegeben ist die
Preisliste eines chinesischen Speisehauses, welches folgende
Fleischarten aufzählt:
Katzenfleisch, eine Schale.40 Pfg.
Schwarzes Katzenfleisch, eine kleine Schale 20 „
Wein, ein Glas.12 Pfg.
Wein, ein kleines Glas.G „
Schwarzes Hundefett 1 1 ' 3 Unze .... IG „
Schwarze Katzenaugen, ein Paar ... IG „
Natürlich ist nach gewissen Zuchten von Katzen und
Hunden grosses Verlangen und setzen die Schlachtet je nachdem
die Preise fest. Ebenso wie wir unsere Lammsaison haben,
haben die Chinesen ihre Hundesaison; denn es besteht in einigen
Theilen des Landes der Gebrauch, Hundefleisch zu essen, um
sich gegen die kommende Hitze zu festigen. Eine Bluraenlese
der Speisen, welche man in China vorgesetzt erhalten kann,
giebt ein Menu wieder, welches in „Chinese Sketches“ von
Mr. Giles mitgetheilt wird.
Haifischflossen mit Krebssauce.
Taubeneier, gedämpft mit Pilzen.
Geschnittene Seeschnecken in Hühnerbrühe mit Schinken.
Wildente mit Shantung-Kohl.
Gebackener Fisch.
Schweinefettklümpchen in Reismehl gebacken.
Gedämpfte Lilienwurzeln.
Hühnerbrei mit Schinken.
Gedämpfte Bambnssprossen.
Gedämpfter Schellfisch.
Gebackene Fasanenschnitte.
Pilzbrühe.
Pudding.
Gesüsste Ente.
Streifen von entbeinten Hühnern, gebacken in Oel.
Gekochter Fisch, mit picanter Sauce.
Gesiedete Hammelfleischklösse, gebacken in Schweinefett.
Die Mannigfaltigkeit der Gerichte scheint der Absicht zu
entspringen, dem verschiedenen Geschmack der Gäste Rechnung
zu tragen.
Soweit feststeht, sind die Chinesen ferner die Pioniere des
Schweinebratens. Die Ueberlieferung hierüber berichtet: In
alten Zeiten stand das Schwein in schlechtem Gerüche und kein
Einziger würde den Gedanken gefasst haben, Schweinefleisch zn
essen; da brannte einem Chinesen, welcher ein Schwein hielt,
das Haus ab. Das darin befindliche Schwein wurde geröstet.
Den Nachbarn stieg der Geruch des gebratenen Schweins in die
Nase, und dies war Lockung genug, um das Schweinefleisch zu
kosten. Die Kostenden fanden Geschmack daran, und der Gebrauch,
Schweine in Hütten zu rösten, verbreitete sich bald durch ganz
China und selbst zu den anderen Nationen drang der Ruhm
des Schweinebratens.
Schliesslich darf nicht vergessen werden, dass auch der
Frosch eine Delikatesse ist, welche der Chinese liebt, und der
Schlächter muss immer eine genügende Menge dieser Thiere
zur Auswahl haben.
Protocoll der 57. Versammlung des Vereins Thüringer
Thierärzte am 20. Mai 1900 im Hotel „Weisses Ross“
zu Erfurt.
Der Einladung zur Versammlung folgten nachstehende Mit¬
glieder: Dr. Künneinann, Wegener, Dr. Ellinger, Conze
Steuding, Krüger, Winbeck, Rettig, Hans, Oberländer.
Rulis, Bernhardt, Loewel, als Gast Oberrossarzt Körner.
Die Versammlung wurde 11 Uhr durch den Vorsitzenden
Departementsthierarzt Wallmanu eröffnet.
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16. August 1900.
Zu Punkt 1. der Tagesordnung:
Es wurden die Entschuldigungsschreiben der nicht er¬
schienenen Mitglieder verlesen, sodann eine Einladung zur
72. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Aachen.
Der Antrag auf Entsendung eines Delegirten wurde abgelehnt.
Ferner sind eingegangen zwei Bände Referate des VII. inter¬
nationalen thierärztlichen Congresses, welche der Bibliothek ein¬
verleibt werden.
Sodann kam ein Gesuch des Collegen Steuding um Ent¬
hebung von seinem Amt als Schriftführer wegen seines leidenden
Zustandes zur Verlesung. Die Versammlung bittet ihn in Rück¬
sicht auf die Unterstützung durch den zweiten Schriftführer das
Amt weiterzuführen.
Von weiteren Eingängen ist zu erwähnen:
Entwurf einer „Polizeiverordnung betr. den Verkehr mit
Kuhmilch“ für die Stadt Erfurt, welcher zur Verlesung gelangt.
Punkt 2. der Tagesordnung:
Es gelangt das Protocoll der 56. Versammlung zur Verlesung
und wird genehmigt.
Punkt 3. der Tagesordnung:
College Ellinger beantragt Zwangsbeitritt des Vereins
Thüringer Thierärzte zur thierärztlichen Unterstützungskasse
und motivirt seinen Antrag in längerer Anseinandersetzung.
Nach kurzer Debatte wird über den Antrag abgestimmt und
durch Stimmenmehrheit wird derselbe abgelehnt.
Punkt 4. der Tagesordnung:
Hinsichtlich Besprechung einzelner auf die Gewährschaft beim
Viehhandel bezüglicher Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches
übernimmt College Ellinger ein kurzes Referat, besonders über
die §§ 459, 492, 446. Nach längerer Debatte wird auf Antrag die
Discussion geschlossen mit dem Zusatz, dass der betr. Punkt wegen
seiner Wichtigkeit auf die nächste Tagesordnung gesetzt wird.
Punkt 5. der Tagesordnung:
Mittheilungen aus der Praxis. Es gelangten verschiedene
interessante Fälle aus dem Gebiete der Fleischbeschau zur
Besprechung.
Hierauf wurde die Versammlung geschlossen.
Im Anschluss hieran fand ein Essen statt, zu dem noch die
Damen erschienen waren. Launige Reden und scherzhafte Vor¬
träge hielten die Versammelten bis in die späten Abendstunden
fröhlich beisammen.
Der stellvertretende Schriftführer:
Loe wel.
Seuchencurae für die Oberamtsthierärzte in Württemberg.
Wie in andern Bundesstaaten, so ist auch in Württemberg
Vorsorge getroffen für die Fortbildung des amtsthierärztlichen
Personals, jedoch mit dem Unterschied, dass der gesammte
Aufwand für Lehrkräfte und Lehrmittel auf die Staatskasse
übernommen und ausserdem noch jedem von Amts wegen ein-
berufenen Carstheilnehmer ein Staatsbeitrag von 100 M. zu den
Kosten seines Unterhalts gewährt wird.
Nachdem seit dem Jahre 1887 sämmtliche beamteten Thier¬
ärzte zu je zwölftägigen bacteriologischen Uebungen eingezogen
waren, wurde im letzten Jahre die Erweiterung dieser Curse
zu einem Seuchencurs versuchsweise eingeführt. Der Versuch
ist zur vollen Zufriedenheit ausgefallen, so dass heuer wieder¬
holt ein Seuchencurs abgehalten wurde und eine alljährliche
Wiederholung des zwölftägigen Cnrses, zu dem je sechs Ober¬
amtsthierärzte einberufen werden, zu erwarten steht, bis sämmt-
393
liehe Oberamtsthierärzte mit den neuesten Errungenschaften
der thierärztlichen Wissenschaft practisch bekannt gemacht
worden sind.
Der Cursus erstreckt sich auf folgende Lehrgegenstände:
I. Vorträge über klinische Diagnostik der ein veterinär¬
polizeiliches Interesse bietenden Seuchen, verbunden mit De¬
monstrationen.
II. Vorträge über pathologisch - anatomische Diagnostik
dieser Seuchen mit Demonstrationen und Uebungen in der
Sectionstechnik.
Bei diesen Vorträgen und Demonstrationen wird den Bedürf¬
nissen der Praxis besonders Rechnung getragen. So gelangten
heuer z. B. am lebenden und todten Tiere zur Demonstration:
Milzbrand und Rauschbrand beim Rinde, Tollwuth beim Hunde,
Rotz beim Pferde, Tuberculose beim Rinde, Schweineseuche und
Schweinepest, sowie Geflügelcholera. Auch wurde die Schaf¬
räude am lebenden Thier demonstrirt.
III. Bacteriologische Uebungen und Demonstrationen, wobei
in erster Linie die bacteriologische Diagnostik des Milzbrandes
betrieben wird. Die Cursisten haben hierin alle einschlägigen
Arbeiten, wie Fertigung und Untersuchung mikroskopischer
Präparate, Impfung und Untersuchung von kleinen Versnchs-
thieren sowie Züchtung auf künstlichen Nährböden, selbst zu
erlernen. Auch die Verpackung von Milzbrandmaterial zum
Versand einschliesslich der Anfertigung von Ausstrichen zu ge¬
dachtem Zwecke, wird geübt. Die bekannten Erreger der
übrigen Thierseuchen werden dagegen nur in den Kreis der
bacterioscopischen Uebungen gezogen, während die Impfung und
Untersuchung von kleinen Versuchsthieren sowie die Züchtung
auf künstlichen Nährböden hinsichtlich dieser Seuchen nur vom
Lehrer demonstrirt werden.
IV. Vorträge und Demonstrationen der hauptsächlichsten
diagnostischen und prophylactischen Impfungen mit Uebungen. In
diesem Jahre wurden Tuberculinimpfungen in einem grösseren
landwirtschaftlichen Betriebe vorgeführt, wobei gleichzeitig die
Bekämpfung der Tuberculose nach dem Bang’sehen Verfahren
an Ort und Stelle demonstrirt wurde. Ausserdem gelangten
Schutzimpfungen gegen Milzbrand nach Pasteur und Schutz¬
impfungen gegen Schweinerothlauf nach der Lorenz’scheu
Methode an einer grösseren Anzahl von Tliieren zur Ausführung.
Nach Demonstration der einzelnen Impfungen durch den be¬
treffenden Lehrer wurde den Cursisten Gelegenheit geboten,
selbst die Impfung an mehreren Tliieren auszuführen.
Als Lehrer für Lehrgegenstand I fungirten Prof. Dr.
Gmelin und Docent Dr. Zwick, für Lehrgegenstand II und III
Prof. Lüpke und für Lehrgegenstand IV Regierungsrath Beiss-
wänger am kgl. Medicinalcollegium. Reinhardt.
Veterinftrdien8t-Ver8taatlichung in Ungarn.
Das ungarische Amtsblatt vom 10. Juli er. bringt das Gesetz
über die Verstaatlichung des Veterinärdienstes in Ungarn. Das
Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1901 in Kraft.
Jubiläum.
Der erste Inspecteur des Militär-Veterinärwesens, General-
Major v. Diebitsch, befand sich unter den 10 Generalen, welche
am 9. August dieses Jahres den Tag feiern konnten, an dem
sie vor 60 Jahren in die Armee eingetreten waren. Derselbe
wurde bei Errichtung der Inspection des Militär-Veterinärwesens
1873 zum Inspecteur ernannt und 1880 als General zur
Disposition gestellt.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 33.
Staatsveterinärwesen.
Von Preusse.
Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preussen am 31. Juli 1900.
Regierungsbezirk
Die Seuche herrschte
in
Gemeinden
Kre,!en (Gutebez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez)
waren
verseucht:
Königsberg.
1
2
0,48
Gumbinnen.
1
1
0,25
Danzig.
1
6
4,76
Marienwerder.
4
11
4,86
Berlin .
1
1
—
Potsdam.
7
45
17,39
Frankfurt.
5
G
2,20
Stettin.
5
12
6,39
Köslin.
2
4
2,07
Stralsund.
2
2
2,24
Posen.
2
2
0,60
Bromberg.
5
8
3,59
Breslau.
6
7
1,84
Liegnitz.
1
1
0,35
Oppeln.
5
7
2,49
Magdeburg.
11
52
36,11
Merseburg.
6
12
5,19
Hannover .
4
7
11,12
Hildesheim.
4
17
23,48
Lüneburg .
2
2
13,56
Münster.
2
2
7,46
Minden.
4
4
7,84
Anisberg.
1
2
2,35
Cassel.
5
5
2,99 ,
Wiesbaden.
1
1
1,06
Düsseldorf.
6
6
13,95
Köln.
1
1
s,s1'
Trier.
2
2
1,77 '
Summa:
97
228
—
Nachweisung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche
am 31. Juli 1900.
Es waren am 31. Juli 1900 in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Berlin 1. R.-B. Potsdam 3 (4). R.-B-
Posen 2 (2). R.-B. Bromberg 3 (G). R.-B. Oppeln 3 (3).
R.-B. Merseburg, Hannover, Hildesheim, Arnsberg und Düssel¬
dorf je 1 (1). Bayern: R.-B. Oberbayern 2 (3). Sachsen:
Kreishauptm. Dresden 2 (2). Kreishauptm. Zwickau 1 (1).
Württemberg: Donaukreis, Anhalt, Bezirk Lothringen
je 1 (1).
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 4 (4). R.-B. Niederbayern
4 (6). R.-B. Pfalz 1 (1). R.-B. Oberpfalz 5 (5). R.-B. Ober¬
franken 6 (12). R.-B. Mittelfranken 5 (7). R.-B. Unterfranken 1 (1).
R.-B. Schwaben 11 (43). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 2 (2).
Kreishauptm. D r egden 3 (9). Kreishauptm. Leipzig 2 (2).
Kreishauptm. Zwickau 4 (G). Württemberg: Neckarkreis
5 (8). Schwarzwaldkreis G (6). Jagstkreis 3 (4). Donaukreis
11 (14). Baden: Landescomm. Freiburg 4 (7). Landescomm.
Karlsruhe 1 (1). Landescomm. Mannheim 2 (2). Hessen: Pro¬
vinz Oberhessen 1 (1). Prov. Rheinhessen 2 (3). Mecklen¬
burg-Schwerin: 5 (32). Sachsen-Weimar: 1 (5). Brann-
schweig: 4 (12). Sachsen-Meiningen und Lippe je 2 (3).
Anhalt und Bez. Lothringen je 3 (6). Bez. Untereisass 2 (2).
Bezirk Ober-Elsass 1 (2). Sachsen-Altenburg, Coburg-
Gotha, Schwarzburg-Rudolstadt und Reuse ä. L. je 1 (1).
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Magdeburg 2 (2). R.-B. Merseburg
2 (4). R.-B. Arnsberg 1 (1).
D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest):
Preussen: R.-B. Königsberg 2 (2). Danzig 2 (4). Marien¬
werder 3 (4). Potsdam 4 (5). Frankfurt 3 (9). Stettin 5 (10).
Köslin 3 (6). Stralsund, Merseburg, Lüneburg, Münster, Köln,
Trier je 1 (1). Posen 12 (28). Bromberg 5 (8). Breslau
7 (27). Liegnitz 10 (28). Oppeln 4 (11). Schleswig 4 (8).
Hannover und Hildesheim je 3 (8). Arnsberg 4 (G), Cassel
2 (7). Wiesbaden 2 (2). Düsseldorf 3 (3). Bayern: R.-B.
Ober-Bayern 1 (1). R.-B. Niederbayern 1 (7). Sachsen:
Kreishauptm. Dresden 1 (1). Baden: Landescomm. Mannheim
1 (2). Braunschweig: 2 (2). Sachsen-Meiningen: 1 (2).
Waldeck: 3 (5). Lippe: 2 (8). Mecklenburg-Schwerin,
Hamburg und Bez. Obereisass je 1 (1).
Vieh-EinfUhr aus der Sehweiz.
An Stelle der Bekanntmachungen vom 1. Mai 1900 und
26. Juni 1900, betreff. Vieheinfuhr auB der Schweiz, hat die
bayerische Regierung im Hinblick auf die fortdauernd günstige
Gestaltung der Seuchenverhältnisse in der Schweiz unter dem
30. Juli 1900 bezüglich der Einfuhr von Schweizer Rindvieh und
Ziegen eine erneute Bekanntmachung erlassen. Unter derselben
ist die Ein- und Durchfuhr von Rindvieh und Ziegen aus der
Schweiz gestattet, wenn die Thiere an der Grenzeingangsstelle
bei der Untersuchung durch den bayerischen Controllthierarzf
gesund befunden worden sind, und wenn für jedes Thier bezw.
für jeden Transport ein Ursprungs- und Gesundheitszeugniss
vorgewiesen wird, welches nicht länger als 6 Tage vor der
Einfuhr ausgestellt ist und die Bescheinigung des schweizerischen
Viehinspectors enthält, dass die Thiere aus einer seuchefreien
Gegend, in der seit mindestens 30 Tagen kein Seuchenfall unter
der betreffenden Viehgattung vorgekommen ist, stammen und
selbst frei von einer seuchenhaften Erkrankung sind.
Für jedes Stück Rindvieh ist ein besonderes Zeugniss zn
erbringen; für Ziegen genügen Gesammtzeugnisse, auf diesen
müssen jedoch die einzelnen Thiere so bezeichnet sein, dass
eine Prüfung der Identität ermöglicht wird. Für das zu Zucht¬
zwecken bestimmte eingeführte Rindvieh wird das für den inneren
Verkehr in der Schweiz vorgeschriebene Ursprungs- und Ge¬
sundheitszeugniss des Viehinspectors als ausreichend angesehen.
Die Kosten der Untersuchung des Viehs an der Grenze trägt
der Einführende.
Ausserordentliche Beihüifen bei Viehverlusten In Folge Maul- und
Klauenseuche.
Der bayerische Landtag hat 30000 M. bewilligt, damit un¬
bemittelte Viehbesitzer, welche einem örtlichen Viehversiche¬
rungsvereine nicht angehören können, bei Viehverlusten in Folge
Maul- und Klauenseuche eine ausserordentliche Beihilfe erhalten.
Die Bedingungen für eine derartige Beihilfe sind: 1. es werden
nur durch Maul- und Klauenseuche entstandene Unfälle ent¬
schädigt; 2. der Viehbesitzer muss unbemittelt sein; 3. er be¬
kommt nur dann eine Entschädigung, wenn er einem Ortsvieh¬
versicherungsvereine nicht angehören kann, weil ein solcher
nicht vorhanden ist.
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16. August 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICUE WOCHENSCHRIFT.
395
Seequarantlne für dänisches Vieh In Bremen.
Bremen wird sich demnächst den Städten anschliessen,
welche Seequarantäne- Anstalten für ausländisches, besonders
dänisches Vieh erb aut haben. Die bremische Anstalt soll speciell
als Mittelglied für den Viehverkehr aus Dänemark nach den
rheinischen Industriegegenden dienen.
Vieheinführverbot Argentiniens gegen Frankreich.
Auf dem Dampfer Pampa von Havre wurden bei der Ankunft
in Buenos Ayres unter den überbrachten 50 Bullen Erscheinungen
der Maul- und Klauenseuche festgestellt; in Folge dessen erliess
die argentinische Regierung gegen Frankreich ein Vieheinfahr¬
verbot.
Th!er8euohen im Aaslande.
Italien. I. Quartal 1900.
Milzbrand wurde festgestellt bei 683 Thieren, Rauschbrand
bei 72 Thieren und ausserdem in einer Gemeinde in mehreren
nicht genau bekannt gewordenen Fällen. An Tollwuth er¬
krankten 68 Hunde und 11 andere Hausthiere. Rotz (Wurm)
kam in 77 Fällen zur Anzeige, Maul- und Klauenseuche in
11 563 und in mehreren zahlenmässig nicht angegebenen Fällen.
Von Schafpocken gelangten 16, von Pferderäude 2, von Schaf-
räude 18 815 Fälle zur Feststellung. Schweineseuchen wurden
bei 531 Thieren constatirt.
Oesterreich. II. Quartal 1900.
Die Zahl der verseuchten Ortschaften belief sich am Ende
der einzelnen Monate des Berichtsquartals auf 5 bezw. 5 bezw. 5
beim Milzbrand; — bezw. — bezw. 2 beim Rauschbrand;
20 bezw. 21 bezw. 19 bei Tollwuth; 15 bezw. 20 bezw. 20 bei
Rotz; 94 bezw. 78 bezw. 54 bei Maul- und Klauenseuche;
10 bezw. 9 bezw. 6 bei Pocken; 62 bezw. 49 bezw. 19 bei
Bläschenan88chlag; 27 bezw. 28 bezw. 23 bei Räude; 21 bezw.
47 bezw. 119 bei Schweinerothlauf; 7 bezw. 22 bezw. 43 bei
Schweinesenche (Pest). Lungenseuche und Rinderpest sind
nicht anfgretreteu.
Bestimmungen der Capcdenie für die Viebelnfuhr.
Vom 1. August 1900 ab'muss jedes Stück Vieh, welches in
die Capcolonie eingeführt werden soll, von einem Attest eines
beamteten Thierarztes des Herkunftlandes begleitet sein, in
welchem bescheinigt wird, dass das Thier vor der Verschiffung
der Tuberculinprobe unterzogen worden ist und nicht eine
Reaction gezeigt habe, welche das Thier der Behaftung mit
Tuberculose verdächtigt. Die Landung wird nur gestattet, wenn
das Thier frei von ansteckenden oder infectiösen Krankheiten
befanden worden ist. Beim Fehlen des Attestes muss das Thier
in die Quarantänestation gebracht werden, wo es der Impfang
mit Tuberculin durch den Regierungsthierarzt unterworfen wird.
Zeigt das Thier nach der Impfung eine Reaction, welche das¬
selbe der Tuberculose verdächtigt, so muss es vernichtet werden.
Die Kosten trägt der Besitzer. Auf Schlachtvieh, welches zur
sofortigen Abschlachtung bestimmt ist, finden die Bestimmungen
Ier Tuberculin-Impfung keine Anwendung, aber diese Thiere
nässen bei der Landung untersucht und zur menschlichen
iahmng tauglich befunden werden.
Hau!- and Klauenseuohe auf Viehhilfen.
In Berlin nnd Hamburg ist die Seuche am 10. bezw.
. August erloschen. Ausbrüche, die aber bereits wieder er¬
loschen sind, erfolgten in der Bericlitswoche in Mainz am 8. und
in Nürnberg am 9. August.
Berichtigung.
In dem Artikel über Benutzung der Kleinbahnen sind folgende
Druckfehler zu berichtigen: Es muss heissen im 2. Absatz der
fragliche Beschluss (statt:d. königl.); pg. 381 Spalte 2, Zeile 18
vom 21. August 1899 (statt 97); pg. 382 Zeile 1 „beamtete
Aerzte“ (statt Thierärzte) und in Zeile 21 „ausreichende Er¬
ledigung“.
Fleischschau und Viehhandel.
Von KOhnau.
Flelsohbeschaugesetze im Auslande.
Seitdem Deutschland mit Erlass eines Fleischschaugesetzes
voran gegangen ist, kommt auch in anderen Ländern diese Frage
der Gesetzgebung mehr in Fluss.
In Dänemark liegt ein Gesetzentwurf, der für das ganze
Land eine obligatorische Fleischschau einführen will, dem
Reichstag bereits zur Beschlussfassung vor. Gegenwärtig be¬
findet sich der Entwurf im Stadium der Commissionsberathung.
Ein Mitglied der Commission bereist zur Zeit Deutschland unter
Führung des dänischen Veterinär-Consulenten Arup, um sich
über die Notliwendigkeit nnd Art und Weise der Ausübung der
Fleischschau in Städten mit öffentlichen Schlachthäusern und
den Landgemeinden zu unterrichten.
In der Schweiz referirte Prof. Zschokke in der Ver¬
sammlung des landwirtschaftlichen Vereins des Cantons Zürich
über die Notwendigkeit der obligatorischen Fleischschau. Die
Forderungen sind bereits im Jahre 1898 von Prof. Hess, ge¬
legentlich eines Vortrages im Verband schweizer Metzger-
raeister in folgenden Sätzen zusammengefasst:
1. Eine einheitliche Regulirnng der Fleischbeschau ist un¬
erlässlich im Interesse der Volkswohlfahrt, des reellen Handels,
der Viehversicherung und der Viehseuchenpolizei.
2. In jeder Gemeinde soll ein patentirter Thierarzt oder
ein patentirter Laienfleischinspector amten. Die Fleischschan
ist auszudehnen auf lebende und kranke Thiere, Geflügel, Wild-
pret, Conserven, sowie Fische und Wurstwaaren.
Im Verein mit den landwirtschaftlichen Kreisen soll die
Einführung der obligatorischen Fleischbeschau in der Schweiz
angestrebt werden.
In England beschäftigte sich der Fleischerverband bei
seiner letzten Zusammenkunft mit den immer mehr überhand¬
nehmenden Auswüchsen in der Fleischbeschau, Unkenntniss der
Laienfleischbeschauer, ja sogar der wissenschaftlich gebildeten
Organe dieses so wichtigen Amtes (in England liegt die Leitung
der Fleischbeschau noch meist in den Händen der Aerzte. — D.R.),
falsche Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, Schwer¬
fälligkeit des behördlichen Eingreifens u. s. w. Es wurde be¬
schlossen, bei der Regierung Abänderungen resp. Ergänzungen
der Fleischbeschaubestimmungen zu beantragen.
KDhlwagen.
Von der dänischen Regierung sind Versuche unternommen
worden, um festzustellen, welche Art des Eisenbahntransportes
rasch verderbliche Güter am besten an Ort und Stelle bringt.
Zur Verwendung gelangten gewöhnliche, weiss gestrichene Eisen¬
bahnwagen ohne Isolirraum, einige mit Eiskühlung versehene
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 33.
38B
Wagen mitlsolirraum, von denen einer mit einer nenen Venti¬
lator-Einrichtung versehen war, und ein Wagen mit Ammoniak¬
kühlung. Die Versuche haben ergeben, dass eine künstliche
Kühlung der Eisenbahnwagen nothwendig ist, um das frische
Fleisch über gewisse Entfernungen (die Versuche wurden
zwisdbidn Gopenhagen und Berlin ausgeführt) so zu transportiren,
dass es'in gesundem, befriedigendem Zustande’änkommt. Mit der
künstlichen KiÖ>lnng muss eine'Ventilation* verbunden sein. Der
Eisvei^iAuch TsV-ungefä^r--derselbe’, ob Ventilation vorhanden
ist oder nicht. Der Verlust des Fleisches an Gewicht ist ge¬
ringer, wenn gekühlt und ventilirt wird. Die Ausgaben für den
Verbrauch von Ein in der warmen Saison werden mehr als auf¬
gewogen durch den geringeren Gewichtsverlust des Fleisches.
Die geeignete Temperatur und der richtige Grad von Feuchtig¬
keit kann nur erhalten werden, wenn, die Ventilation • passend
eingerichtet ist. . - • . . '
Berlin: Auezag tue dem Fieischschauberioht für Monat Juli 1900.
. A. Scblächthöf.
Rinder
Kälber
Schafe
Schweine
Geschlachtet und untersucht
12618
•12902
42 413
61066
Ganz beanstandet • . «•
318
• 35
24
481
Ueberhanpt mit Tuberculöse
behaftet ; . . .
2 746
' 36
3
3129
Davon gänzlich verworfen- .
' 153
' 4
—
: 111
(, sind zur Sterilisation ge-
'
eignet befunden worden:
66
- 9
’ 3
222
„ theilweise verworfen ... .
1
, —
—
—
Also' vollständig freigegeben
2 526.
23
—
2 796
Mit Trichinen behaftet . / .'
—
—
—
•* 10
Mit Finnen behaftet . . 4
t •
59'
1
24
/
Rinder
Kälber ,
Schafe
! 8chweine
Stark finnig, technisch ver¬
wertbet .......
1
7
Finnig und wässerig, tech¬
nisch verwerthet ....
1
Schwach finnig, zur Kochung
geeignet befunden . . .
58
17
Ausserdem wegen Behaftung
mit Kalkconcrementen, mul¬
tiplen Blutungen u. s. w. sind
zur Kochung geeignet be¬
funden .
|
1
44
An einzelnen Organen und Tbeilen wurden beanstandet: bei
Rindern 5105 Stück, bei Kälbern 150 Stück, bei Schafen 3679 Stück,
bei Schweinen 13 713 Stück.
B. Untersuchnngaatationen.
Rinder¬
viertel
Kälber
1 Schafe
Schweine
Untersucht.
16 515 !
6 432
| 3 722
10 713
Beanstandet.
Wegen Tuberculöse wurden
74
41
j 1 j
I
6
: beanstandet.
Davon sind zur Sterilisation
36
—
—
geeignet befunden . . .
21
—
— |
—
Mithin gänzlich verworfen .
i5 ;
— !
—
—
Mit Trichinen behaftet. . .
— [
—
—
Mit Finnen behaftet. . . .
Davon schwach finnig, zur
—
—
Kochung geeignet befunden
— !
—
—
—
Unter dem eingefübrten Fleisch waren 787 dänische Rinder,
viertel, 2 dänische Kälber und 90 Wildschweine.
Berlin, den 6. August 1900. Der städtische Oberthierarzt
I. A.: Henschel.
Personalien.
Ernennungen etc.r Prof. Dr. Vogel an der Thierärztl. Hochschule
in Stuttgart ist seinem Ansuchen gemäss in {len Ruhestand versetzt
worden . .. .
Gewählt: Thierarzt William Feuereissen, bisher bezirks-
thierärztl. Assistent in Grimma, zum' städt. Thierarzt bei der Fleisch¬
beschau in Dresden.
Approbationen-: in München die Herren Bruno Lange, Oscar
Orth, Otto Vöik.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen: Thierarzt G. Bischoff-
St. Goar hat sich in Boppard a. Rh. niedergelassen.
Todesfälle: Kreisthierarzt Perlelt in Lauban.
Yacanzen.
(Näheres Uber die Vacanzen mit abgelaufcncr Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreiethierarztatellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Düsseldorf: Landkreis Krefeld zum 1. August er. (600 M.)
Bewerbungen bis 20. August er. an den Regierungspräsidenten. —
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Aachen: Montjoie — R.-B., Cassel: GerBfpld. — R.-B. Köln:•
Waldbröl. — R.-B. Cöslin: BUtow. — R.-B. Oppeln: .Gross-Strehlitz
(600 M.) zum 1. October er. — R.-B. Wiesbaden: St. Goarshansen.
Sanltätsthlerarztotellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Bremen (Stadt): 3. Thierarzt hm Schlacbthof zum 1. Oct. er. (2400 M.,
steigend bis 3600 M.). Bew. bis 1. Sept. an den Senator Dr. Don and t.
— Cassel: Schlachthofassistenzthicrarzt sofort (1800 M. 3monat¬
liche Kündigung.) Bewerbungen an den Director. — Cottbus:
Schlachthof-Assistenzthierarzt zum 1. Oct. er. Bewerb, mit Gehalts¬
ansprüchen sofort an den Magistrat. (Anstellung difitarisCh bei
vierteljähriger Kündigung.) — Ducren: Sehlaehthofdirektor. (3600 M.
Wohnung etc. Zunächst dreimonatliche Kündigung.) Bewerbungen
Wb 25. er. an den Bürgermeister. — Graudenz: Assistenzthierarzt
am Schlachthof. (1800 Mark, Wohnung etc.; 4 wöch. Kündigung).
Meldungen bis 20. August er. an den Magistrat — Grätz: (Posen):
Schlachthofinspector (1500 M., Wohnung etc., Privatpraxis in
dienstfreier Zeit). Bewerb, an den Magistrat — Königsberg i. Pr.:
Schlachthofthierarzt zum 1. Oct. er. (2000 M., Wohnung etc. oder
300 M. Wohnuugsentschädigung; 6wöch. Kündigung.) Bewerbungen
bis 24. August an den Director. — Ottweiler (Bez. Trier): Schlacbt-
hausverwalter (1700 M. Gehalt, ca. 800 M. aus der Fleischbeschau;
Wohnung etc.) Bewerb, bis 5. 9. an das Bürgermeisteramt —
St. Wendel: Schlachthofverwalter (Bewerb, mit Gebaltsansprüchen
bei freier Wohnung bis 1. September er. an den Bürgermeister). —
Wolgast: Schlachthofverwalter zum 1. October er. (2400 Mark
Wohnung etc.; 6 Monate Probedienstzeit) Bewerb, bis 31. er. an
den Magistrat. — Wollstein (Posen): Schlächthofinspector zum
1.. Oct er. (1200 M. Wohnung etc. Privatpraxis in dienstfreier Zeit).
Bewerb!.an den Magistrat
b)NachAblanlderMeldefrist noch unbesetzte Stellen:
— Eberswalde: Schlächthofinspector. — Haltern: Sanltäts-
thierärat — Köln: Schlachthoftbierarzt — Königsberg 1 (Ostpr.):
Schlaohtbpfrhierarzt zum 1. October er. — Salzwedel: Schlacht¬
hofvorsteher.— Stettin; 3. Schlachthofthierarzt zum 1. September.
— Wanne: Schlachthofvorsteher. — Warnsdorf.
Privatsteilen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. —
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. —
Mengeringhausen (Waldeck) — Peiskretscham (Ober-Schles.)
— Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Römhild. —
Schloppa (Westpr.). — Schwarzenberg i. S. — Sonnenbarg.
— Suolze Mccklb.). — Wolkenstein.
Besetzt; Sänftätstbierarztstelle in Dresden.
Vci7m(wortlicti für den Inhalt (oxel.; In»cr»tcnihoil): Prot Dr. Schmalta in Berlin, — Verlag tfad El'genthnm ton Richard-Scboetr ln Berlin. — Druck yon W. BOxonitdn, BerTin
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Die „Berliner Thlerlrctllche Wochenschrift“ erscheint Origln*lbeitrlge werden mit 60 Mh. fUr den Bogen honorirt.
wScbentlich in Stärke von mindesten* l*/j Bogen. Dieselbe Alle Menuscripte, Mittheiiungen und redactionellen An-
iit au beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1082) WM' ^ “■ Q fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmalti,
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard ■ W _ I _ Berlin thierbrztliche Hochschule. NW, Luisenstrasxe 56.
gchoets, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von ■ m W® H I Correcturen, Recensions-Ezemplare und Annoncen da-
Mk. 5,— pro Vierteljahr. B W ^ J B B B | | 17 | gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz-Berlin.
Verantwortlicher Redactenr.
Oe Bruin KOhnau Dr. Lothe« Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZQndel
Professor Oberthierarzt Departementsthierarzt Krcisthierarzt Departementsthierarzt Veterinirassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthierarzt
Utrecht Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. 34 . Ausgegeben am 23. August.
Inhalt: de Bruin: Laparotomie als Explorativopcration bei Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane. — Kolanus:
Ein Mechanismus zur Verhinderung des Wirbelsäulenbruches bei einem gelegten Pferde. — Graefe: Ausge¬
breitete chronische Bauchfellentzündung mit Eiterung. — Referate: Der Kampf gegen die Tuberculose in den Ver¬
einigten Staaten von Amerika. — Baldoni: Ans der chir. Klinik der Königl. Thierärztlichen Hochschule in Mailand. —
Gutbrod: Botryomykose des Augenlides. — Schelameur: Chondrom des Blinddarmes. — Alb recht: Fremdkörper in der
Rachenböhle des Hundes. — Schüller: Die Schalenbant des Hühnereies eine epithelhaltige Membran und ihre Verwendung
zur Ueberh'äutnng grannlirender Flächen. — Rivifere: Behandlung von Carcinomen mittelst Electricität. — Tagesgeschichte:
Bericht über die Versammlung des thierärztl. Vereins im R.-B. Köslin. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. —
Fleischschan und Viehhandel. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen.
Laparotomie als Explorativoperation bei Krankheiten
der weiblichen Geschlechtsorgane.
Von
N. 6. de Bruin.
Bei dem jetzigen Stand unserer Wissenschaft und der
Mittel zur Verhütung inficirender Einflüsse bietet das Oeffnen
der Bauchhöhle nicht mehr die Gefahren dar wie früher. Jetzt
ist es uns möglich, bei dem Rinde und den kleinen Hausthieren
die Laparotomie anszuführen, ohne das Leben des Thieres da¬
durch zu bedrohen. Unter Anwendung der aseptischen Vor¬
sorgen darf man auch in der veterinären Praxis den Baachschnitt
in einzelnen Fällen auch als ein diagnostisches Hilfsmittel be¬
trachten.
Es ist allerdings behauptet worden, dass man bisweilen zu
diesem diagnostischen Hilfsmittel greife, ohne vorher durch die
Gesamterscheinnngen zu einer richtigen Diagnose gekommen zu
sein. Auch ist die Frage gerechtfertigt, ob der Therapeut, da
er weiss, dass die Laparotomie in gewissem Sinne als ungefährlich
betrachtet werden darf, etwa nicht zu rasch zur Operation schreitet,
vielleicht ehe das Symptomenbild ihm dazu das Recht giebt.
Es kommen aber Fälle vor, wo die Erscheinungen uns be¬
rechtigen, Störungen in der Bauchhöhle zu vermuthen, und nur
die Laparotomie ans ermöglicht, die Diagnose sicher festzustellen.
Die Therapie kann dann im Anschluss daran eine rationelle sein,
oder der Befnnd kann uns bewegen, von einer zwecklosen Be¬
handlung abzusehen: Beides sind gewiss nicht zu verwerfende
Vortheile.
Ich versuche hier die Fälle vorzufiihren, bei denen diese
Operation sich empfiehlt.
Indicationen für die Knh.
1. Abscesse im Parametrium. Die rectale Exploration
kann es uns in vielen Fällen ermöglichen, eine Diagnose zu stellen,
allein nicht immer. Die Erscheinungen, wodurch diese Abscesse
sich andeuten, sind oft gering und nicht von der Art, dass man
daraus mit Sicherheit auf ihr Vorhandensein schliessen darf. Die
einzigen Erscheinungen sind meistens: Abraagemng der Kuh^'n
1 den ersten Wochen nach dem Kalben, schwaches Drängen und
schmerzhaftes Gefühl bei einem Druck gegen die Lendengegend.
Nicht immer ging eine schwere Geburt vorher; auch nach einer
normalen können Abscesse entstehen.
Die Infection geschieht meistens von der verwundeten
Cervix, selten vom Uterus aus. Der Sitz ist zwischen den
Platten des Mesometriums an dem concaven Rand des Gebär -
! mntterhornes oder mehr peripher gegen das Darmbein hin. In
ersterem Falle ist die Gebärmntterserosa in den Prozess hinein¬
gezogen und bedentend verdickt.
Obschon gewöhnlich ein einziger Abscess in der Grösse eines
Kopfes sich findet, kommt es doch häufiger vor, dass zahlreiche
Abscesse in dem Mesometrium nnd dem Beckenzellgewebe zer-
, streut liegen. In ersterem Falle ist Pnnction mit dem Trocar
längs der oberen Wand der Scheide möglich, in letzterem Falle
| ist sie wegen der zahlreichen Abscesse zwecklos.
Wenn bei vielfacher Abscessbildnng eine Polyarthritis oder
! eine metastatische Sehnenscheidenentzündung auftritt, so kann
man von einer Behandlung absehen.
2. Extra-uterine Maceration des Foetns. Bei der
Knh kommt dieses selten vor, mir wenigstens ist auch aus der
i Literatur nur ein einziger Fall dieser Art bekannt, nämlich der.
den Cocquet beschrieben hat. In diesem Falle war die Wand
j des Sackes, worin der Foetns lag, mit dem Colon verwachsen.
Nachdem die Fracht in Maceration übergegangen war, entstand
i im Colon eine Perforation, infolge deren Theile des Foetus mit
den Faeces entleert wurden. Bei Hunden kann nach der Torsion
j nnd Abschnürung einer Ampulle Mumification sowie Maceration
; der Frucht eintreten, wie dies bei Hasen häufig vorkommt.
Scheinbar hat man dann eine extra-uterine Maceration vor sich.
Es bedarf wohl keines Beweises mehr, dass bei der extra¬
uterinen Maceration des Foetns eine ausgedehnte Peritonitis
entsteht, in Folge deren verschiedene Organe verwachsen.
Dies kann aber auch bei einer intra-uterinen Maceration der
Fall sein. Die Uterusserosa kann mit der Harnblase, dem
Rectnm, dem Coecum und der Bauchwand verwachsen. Ebenso
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398
BERLINER THIERÄRZTLICHE W0CHEN8CHRIFT
No. 34.
kann Perforation auf verschiedene Weise eintreten, wie dies
beim Schafe mehrfach beobachtet wurde.
Die Diagnose kann nach der Explorativlaparotomie mit
Sicherheit gestellt werden; von einer Therapie kann jedoch
nur dann einiges Heil erwartet werden, wenn die Verwachsung
des Sackes, worin die Frucht macerirt ist, mit der Bauchwand
zu Stande gekommen ist, also die Laparotomie an einer Stelle
vorgenommen werden kann, wo eine genügende adhäsive Ent¬
zündung die Gefahr der Infection des noch intacten Peritoneums
ansschliesst.
3. Ovarialgeschwülste. Die Diagnose ist hier bei
rectaler Exploration meistens möglich. Bei der Kuh hat man
u. a. Cystome von enormem Umfang und bis zu 90 kg Gewicht
wahrgenommen, ferner Adenocarcinome und Sarcome von 1 bis
20 kg Gewicht (Kitt). Dieselben können bedeutende Circnlations-
störungen verursachen und den Tod durch innere Verblutung
herbeiführen. In vielen Fällen verrathen sich diese Tumoren
während des Lebens durch geringe Erscheinungen. Bisweilen
jedoch würde eine zeitige Untersuchung und operativer Eingriff
dem Besitzer das Thier noch gerettet haben.
Indicationen bei dem Hunde.
Das Feld für die Anwendung dieser Operation ist hier
grösser, und der Thierarzt wird bei diesem Thiere auch öfter
Gelegenheit haben, sie auszuführen. Bei der Kuh tritt
die Erhaltung des Werthes so sehr in den Vordergrund, dass
der Besitzer leicht dazu neigt, das Thier schlachten zu lassen;
bei dem Hunde wird oft alles mögliche versucht, um ihn am
Leben zu erhalten.
1. Tote Früchte bei einer geschlossenen Cervix.
In vielen Fällen lässt sich die Diagnose in Folge der Anamnesis
und der äusseren Erscheinungen stellen. (Zustand der Mammae,
Palpation des Bauches. Man beachte jedoch, dass bei Hunden
während der Brunst auch eine Lactation vorkommt.) Wenn das
erkrankte Thier wenig leidet, ist es rathsam, den Mumifications-
process abzuwarten. Wenn der Zustand jedoch so ist, dass
der Bauch gespannt, die Temperatur hoch und das Allgemein¬
befinden soporös ist, so sollte die Laparotomie sofort ausgeführt
werden. Bei ausgedehnter Perimetritis muss diese dann die
Einleitung zur Hysterectomie sein.
Die Früchte können jedoch auch in einer früheren fötalen
Periode absterben und Veränderungen erfahren, welche das
Leben des Mutterthieres bedrohen. In der 5. Woche der Gra¬
vidität kann aus verschiedenen Gründen der Tod der Früchte
erfolgen und darauf der gewöhnliche Mumificationsprocess, aber
auch Maceration eintreten. Letztere kann wieder eine chronisch
verlaufende Krankheit hervorrufen, welcher das Thier schliesslich
erliegt.
Die Diagnose intra vitam ist nicht immer leicht. Der
Eigeuthümer theilt uns gewöhnlich mit, dass die Mammae etwas
geschwollen und in den Zitzen Milch enthalten sei, dass das
Thier, nach seiner Meinung, dann einige Tage an Constipation
gelitten habe und seit dieser Zeit stets magerer geworden sei.
Bei der Palpation fühlt man in der Bauchhöhle die Ampullen
rosenkranzförmig liegen, welche sich zuweilen ziemlich weit
nach vorn erstrecken. An die Laparotomie, welche eine sichere
Diagnose ermöglichen kann, muss sich die Hysterectomie an-
schliessen, die wegen der oft vorhandenen Adhäsionen (Residuen
einer Perimetritis) nicht immer leicht ist.
2. Torsion einer oder mehrerer Ampullen. Der
Uterus divisus des Hundes hat eigentlich keinen Uteruskörper.
In der Nähe des Collums ist der Uterus in zwei Hörner getheilt.
Jedes Horn hat in trächtigem Zustande an 3—5 Stellen ampullen¬
förmige Erweiterungen, in denen die Früchte liegen. „ Zwischen
zwei Ampullen ist das Horn eingeschnürt. Diese anatomische
Eigenthümlichkeit ermöglicht es, dass eine oder mehrere Ampullen
sich um ihre Längsachse drehen.
Eine sichere Diagnose ist nur nach der Laparotomie möglich.
Wenn sich dabei ergiebt, dass in Folge der Torsion Perimetritis
und Gangrän des gedrehten Theiles entstanden ist, dann ist die
Resection des Gebärmutterhornes angezeigt.
3. Als einleitende Operation zur Cystopexie bei
einer Hernia perinealis.
Hendricks hat bei dem Hunde die Operation der Cysto¬
pexie, d. h. der Befestigung der Harnblase an die Bauchwand
in der Gegend des vorderen Schambeinrandes erfolgreich aus¬
geführt und dadurch eine Hernia perinealis geheilt. Es versteht
sich, dass nur dann, wenn die Blase den Inhalt des Bruchsackes
bildet, die Operation Erfolg hat; wenn Därme darin sind, hilft
sie nichts.
Auf unserem Gebiete ist die Anwendung der Explorativ-
Laparotomie beschränkt; sie kann jedoch viel mehr angewandt
werden. Ich erinnere z. B. nur an die Diagnose bei einer Darm¬
einschiebung mit darauf folgender causaler Behandlung, an die
Beseitigung einer Torsio uteri und die Diagnose bei hypo-
phrenischen Abscessen. Auch bei dem Hunde kann oft die Noth-
wendigkeit eintreten, diese Operation anzuwenden, z. B. wenn
durch Palpation des Bauches die Diagnose eines Fremdkörpers
sich nicht mit Sicherheit ergiebt.
Es braucht wohl kaum hervorgehoben zu werden, dass die
Explorativ-Laparotomie nur auf bestimmte Indicationen hin aus¬
geführt werden darf. Wenn der Therapeut sie jedoch ausführt,
ohne dass die Erscheinungen ihm dazu das Recht verleihen, so
können sich bisweilen unliebsame Zufälle ereignen.
Es ist überdies nothwendig, dass man am Cadaver sich nach
der Laparotomie in der Bauchhöhle zu orientiren lerne. Bei
dem Rinde benutzt man dabei Hand und Arm, bei kleinen Haus-
thieren genügt der Zeigefinger. Man kann dann, indem man mit
der andern Hand gegen den Bauch drückt, alle Theile des
Abdomens palpiren.
Ist bei der Operation Narcose nothwendig? Bei dem Rinde
sicher nicht; die Operation kann sogar an dem stehenden
Thiere mit genügender Fesselung vorgenommen werden. Hunde
kann man ebenfalls ohne Narcose operiren; übrigens würde
jedenfalls die Schleich’sche Infiltrations-Anästhesie der Chloro-
formnarcose vorzuziehen sein. Katzen werden am besten durch
Inhalation einer Mischung von Chloroform und Aether zn
gleichen Theilen in Narcose gebracht. Die oft schwierige
Fesselung dieser Thiere macht eine allgemeine Anästhesie
wünschenswerth. Die nachtheiligen Folgen dieser Mischung
sind für die Katzen nicht grösser als für andere Thiere.
Für die ruhige Operation ist es sogar nothwendig, dasB sie sich
in völliger Narcose befinden.
Ein Mechanismus zur Verhinderung des
Wirbelsäulenbruches bei einem gelegten Pferde.
Von
Kolanut-Festenberg,
Thtnrant
Im December verflossenen Jahres bekam ich ein Pferd,
Schimmelwallach, 16 Jahre alt, das an einer Zahnfistel litt, in
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23. Angast 1900.
Behandlung. Zwecks Operation musste dasselbe geworfen werden.
Ich bediente mich der deutschen Wurfmethode.
Das Legen ging ganz glatt vor sich. Kopf und Hals
wurden schon im Fallen von mir gilt zurückgenommen und dann
von zwei Männern in dieser Lage erhalten. Auch die bereit-
liegende Schenkelbremse wurde sofort und zwar so angelegt,
dass sich das betreffende H interbein in Flexionsstellung befand.
Ich hatte somit keine Vorsichtsmassregel ausser Acht gelassen,
und doch brach sich das Pferd kaum fünf Minuten nach dem
Legen, obgleich jeder seinen Posten gut vertrat, die Wirbelsäule
in der Gegend des ersten Lendenwirbels.
Während ich mit dem Maulgatter nach Brogniez die
Kiefer von einander entfernte und mit der Pristley-Smith-
Lampe die Zahnreihen nach sonstigen Mängeln ableuchtete,
sträubte sich das Pferd einen Augenblick lang in den Fesseln,
ein dumpfer Knall, ein schmerzlicher Aufschrei des Pferdes, und
es lag dann ganz ruhig da.
Trotzdem ich dieses Geräusch schon einmal gehört hatte,
ging es mir dem jungen Praktiker und Anfänger, durch
Mark und Bein. Ich sprang sofort auf, untersuchte den Rücken
und fand in der Gegend des ersten Lendenwirbels eine plötzliche
Biegung desselben. Passive Bewegungen der Hinterbeine fanden
keinen Widerstand. Das Gefühl war in der ganzen Nachhand
verloren. Nach der Abnahme der Fesseln erhob sich das Pferd
auf die Vorderbeine, blieb aber mit dem Gesäss auf dem Boden
sitzen. Das Pferd wurde an den Abdecker verkauft.
Trotzdem der Besitzer des Pferdes, der selbst zugegen war,
mir keine Schuld zumass, ging mir dieser Vorfall und das
deutsche Wurfzeug nicht aus dem Kopfe.
Ich dachte darüber nach, auf welche Weise wohl eine derartige
Gefahr, wenn nicht ganz beseitigt, so doch gemindert werden könnte.
Die Lösung des Problems wollte mir lange nicht gelingen,
bis ich endlich an einem Pferdescelett, das ich auf die Erde
legte, so wie ein geworfenes Pferd fesselte und mit Hülfe von
„Sc hm alt z: ossa extremitatum equi et insertiones musculorum
die richtige Winkelung der Beine herstellte, die haupt¬
sächlich in Frage kommenden Muskeln in Form von Linien
(Gummifäden) eintrug. Ursprung und Ansatz wurden dabei genau
berücksichtigt. (Muskeln des Rückens, des Beckens und der
Hintergliedmassen) und ihre Hubkraft mit einer angenommenen
Grösse berechnet. Natürlich vergass ich nicht die Hebel¬
wirkung der Scelettknochen und die Wirkungsrichtung der
Muskeln. Nachdem dies geschehen war, verlegte ich den Stütz¬
punkt der Hinterbeine um 80 cm rückwärts, und nun ergab sich, j
dass die Summe der Hubkraft dieser Muskeln nur noch 1 / a |
so gross war als zuerst. Ich schloss daraus, dass bei einem so
gefesselten Pferde, wo der Stützpunkt für die Hinterbeine nicht 1
mitten zwischen Vorder- und Hinterbeinen, sondern mehr rück¬
wärts liegt, die Gefahr des Wirbelbruches wesentlich gemindert
wird. Diesen Schluss wendete ich an.
Ich gab meinem deutschen Wurfzeuge zwei Haupt- und
zwei Neben8cbellen. Die Hauptschellen werden an den Vorder-
und Hinterfessel der entgegengesetzten Seite geschnallt, auf
die das Pferd gelegt werden soll. An dieselben schliesst sich
je eine Kette. An der Hinterfessel ist sie 4 m lang, an
der vorderen nur 2 m. Diese trägt an ihrem Ende einen stumpfen
Haken, der in die Glieder der Hinterkette passt.
Neu kommt hinzu eine aus drei Theilen zusammengesetzte
eiserne Stange. Der mittelste Theil ist 1,10 m lang und be¬
steht aus einem bogenförmigen Mittelstiick — die Spannungs- j
399
sehne ist 70 cm lang, die Spannung selbst flach — und, zwei
geraden Endstücken, welche je 20 cm lang sind. Diese tragen
an ihren äusseren und inneren Enden je ein würfelförmiges
Klötzchen, das in der Richtung der Längsachse des Ganzen von
einem Loche durchbohrt ist, welches innen mit Schrauben¬
gewinden versehen ist.
Die beiden Endtheile sind aus rundem Stabeisen gefertigt,
je f>. r ) cm lang, in ihrer ganzen Länge mit Gewinden und an
einem Ende mit einer Oese versehen, durch die die oben¬
erwähnten Ketten leicht doppelt hindurchgeführt werden können.
Die Dreitheiligkeit der Stange hat den Zweck, dass
dieselbe in ihrer Länge verstellbar sei; die Gewinde der End-
theile und der Klötzchenlöcher sind nämlich so eingerichtet,
dass bei fixirten Endtheilen und Drehen des Mitteltheiles um
die Längsachse nach rechts die Stange länger wird, die Endtheile
sich also herausschrauben und umgekehrt.
Anzuwenden ist das Wurfzeug auf folgende Weise
Die Nebenschellen werden auf der Seite angelegt, auf
welche das Pferd geworfen werden soll, die Hauptschellen auf
der anderen, und zwar die mit der kurzen Kette an dem Vorder-
fuss. Hierauf wird die Länge der Stange durch Hinein- oder
Heransschrauben der Endtheile der Entfernung vom Vorder-
zum Hinterfuss des zu werfenden Pferdes gleichgestellt und so
unter das Pferd gelegt, dass die eine Oese zwischen den
Vorderhufen und die andere zwischen den Hinterhnfen zu liegen
I kommt. Jetzt werden die Ketten geleitet, und zwar Vorder-
lind Hinterkette für sich, erst durch die Oese, dann durch den
Fesselring der betreffenden Nebenschelle, darauf zurück durch die
Oesennd endlich durch den Fesselring der Hauptschelle; die hintere
Kette wird nnn etwas angezogen, der Haken der vorderen
lnfiglidr-t w'eit in sie hineingehakt und nun erfolgt das Werfen
wie gewöhnlich.
Die Yerschlnssringe werden in ganz derselben Weise am
gelegt, nnr dass man hier zw'eier benöthigt. Sobald das Pferd
am Boden liegt, wird die Stange durch Drehen des Mittel-
stückes auf ihre grösste Länge eingestellt.
Das Pferd liegt, wenn ich mich der Ausdrücke bedienen
darf, vor- und rückständig. Ein Sträuben in den Fesseln
ist vollkommen unmöglich.
Schon beim Legen des Pferdes springen die Vortheile dieses
Wurfzeuges ins Ange:
1. hat man nicht so viel Kraft nothwendig, weil schon eine
geringe Leistung genügt; fällt doch die Diagonalzusammen-
zielmng der Vorder- und Hinterbeine vollständig weg,
2. ist die Erschütterung des Pferdes eine geringe, da es nicht
mit dieser Kraft niedergerissen werden muss,
3. kommt es zum Stolpern vor dem Fall garnicht, weil die Zeit
dazu nicht vorhanden ist, die durch die Diagonalzusammen-
ziehung der Vorder- und Hinterbeine gegeben wurde, und
4. kann man ruhig operiren, sowohl durch das Sträuben des
Pferdes nicht mehr gehindert, als auch in dem Bewusstsein,
dass ein Rückenbruch unmöglich ist.
Ich habe mit diesem Wurfzeug schon 30 Pferde geworfen;
kräftige Reitpferde sogar nur mit Hilfe zweier Männer und habe
nur gute Erfahrungen mit demselben gemacht, ich glaube daher
meinen verehrten Collegen zu nützen, wenn ich es der Oeffent-
lichkeit übergebe.
Die Herstellung des Wurfzenges wird wohl die Firma
H. Hauptner, mit der ich in Verbindung trat, übernehmen.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Digitized by
400
Ausgebreitete chronische Bauchfellentzündung
mit Eiterung.
Von
Graefe-Mügeln,
Thierarzt.
In meinem früheren Wirkungskreise wurde ich zu einem
erkrankten Pferde gerufen, welches schon wochen- ja monate¬
lang vergeblich behandelt worden war. Dasselbe eine 11jährige,
braune Stute belgischer Abkunft, war seit ca. 5 Monaten stets
matt bei der Arbeit, wurde von Tag zu Tag matter und träger,
nahm im Nährzustande ständig ab. Als ich auf das Rittergut
kam, theilte mir der Inspector mit, dass das Pferd bereits
verendet und nach der Abdeckerei in Frankenhausen a. Kyffh.
geschafft sei.
Die dort von mir vorgenommene Obduction ergab Folgendes:
Das parietale Bauchfell war entzündet, in seiner ganzen
Ausbreitung mit sämmtlichen in Berührung kommenden Bauch-
eingeweiden verwachsen. Nach der Trennung der Verwachsung
des Bauchfells mittelst eines scharfen Messers ergab sich,
dass die Verwachsung ca. 1 cm stark war. Dieselbe war aus¬
gedehnt über den Magen, den ganzen Dickdarm, die Nieren
und Leber. Die einzelnen Darmtheile waren unter einander
fest verbunden, hie und da waren Abscesse von Hühnerei-
und Wallnussgrösse mit theils dickflüssigem, theils verkästem
Eiter vorhanden. Die Trennung der sehnigen Membran zwischen
den einzelnen Darmtheilen geschah mittelst Messers. Letztere
hatte eine Dicke von 1—2 cm. Die natürlichen normalen
Verbindungen und Aufhängebänder der Baucheingeweide zeigten
keine anatomischen Veränderungen. Die Bauchspeicheldrüse
war gänzlich vereitert. Der Eiter war übelriechend, theils
breiig, theils schon verkäst.
Besonders auffällig verändert war die Leber. Sie wog
34 Pfund; die Länge von der Spitze des linken Leber-
jappens über die Mitte gemessen bis zur Spitze des rechten
Leberlappens betrug 32 cm, die Breite in der Mitte gemessen
vom oberen bis zum unteren Rande der Leber betrug 21 cm,
die Dicke in der Mitte der Leber 16 cm.
In der Brusthöhle war nichts Abweichendes zu finden. Die
Lunge war im Ausathmungs-Stadium.
Hinsichtlich der Ursache bezw. des Beginns der Erkrankung
war nur zu ermitteln, dass das beteffende Pferd im März bei
kaltem Wetter ein Darmleiden, vielleicht auch Bauchfell¬
entzündung gehabt hatte, die durch Priessn itz’ sehe Umschläge
bekämpft und scheinbar geheilt worden war. Nach 8 Tagen
Ruhe wurde das Pferd wieder zur Arbeit verwendet, wurde aber
seitdem leicht matt und zeigte fortwährend oben erwähnte Er¬
scheinungen und ständige Abmagerung.
Bef er at e«
Der Kampf gegen die Tubercnlose in den Vereinigten
Staaten von Amerika.
(Veterlnary Review 1899 H. <.)
Das in Chicago erscheinende Blatt „Tribüne“ hat an die
Regierungen der einzelnen Staaten der Union nachstehende
Fragen zur Beantwortung gerichtet:
Welche Schritte hat der Staat gegen die Ausrottung der
Tubercnlose der Rinder, insbesondere der Milchkühe unter¬
nommen? Welche Wirkung haben die erlassenen Vorschriften
gezeigt? Welche Geldsumme hat der Staat für diesen Zweck
angewiesen? Haben die Behörden die Machtbefugnis, ohne Ein-
No. 34.
willigung der Rindviehbesitzer die Tuberculinprobe anzuwenden?
Haben Städte Verbote gegen den Verkauf von Milch erlassen,
welche von nicht tuberculosefreien Thieren stammt? Welche
Ausbreitung hat die Tuberculose beim Rindvieh gewonnen, so¬
fern weder vom Staate noch von städtischen Behörden Sclmtz-
massregeln gegen die Seuche ergriffen worden sind?
Aus den eingegangenen Berichten, welche von den ent¬
sprechenden Hauptstädten der Staaten eingeganghen sind, ist
Folgendes hervorzuheben.
Springfield, Illinois: Die Tuberculinprobe wurde in diesem
Staate bis zum 1. Juni vorigen Jahres bei 1200 Haupt Rindvieh
ausgeführt. Ueber 12 pCt. der untersuchten Rinder reagirten
und wurden geschlachtet. Der letzte Landtag bewilligte eine
Summe von 20000 Mk. zur Entschädigung der Eigentümer,
welche Verluste in Folge der Schlachtung tuberculoseverdächtiger
Rinder haben. Vom 1. Juni ab nahm das Viehzuchtamt des
Staates die Untersuchungen in die Hand. Dasselbe hat bereits
1000 Haupt Rinder in seinen Büchern verzeichnet, welche mit
Tuberculin geprüft worden sind. An Entschädigung wurden 15,
25, 35, 50 oder 75 pCt. des Werthes bezahlt, je nach der Aus¬
breitung des Krankheitsprozessesf welcher bei der Schlachtung
ermittelt wurde.
Das Eingreifen des Viehzuchtamtes erfolgt auf Ansuchen
der Besitzer. Zunächst wird eine klinische Untersuchung der
Bestände angeordnet, und wenn diese hinreichenden Anhalt für
das Vorhandensein der Tuberculose ergiebt, wird die Tubercolin¬
probe angewendet.
Der Procentsatz der reagirenden Rinder war viel höher
als bei den Untersuchungen vor dem 1. Juni 1899. Von 358
Haupt zeigten 108 Stück eine typische Reaction und nach der
Schlachtung tuberculose Veränderungen.
Albany, New-York: Im Jahre 1894 wurde ein Gesetz ge¬
nehmigt, durch welches das Gesundheitsamt des Staates er¬
mächtigt wurde, gegen die Rindertuberculose vorzugehen. Die
Localbehörden versehen das Amt mit Anzeigen über inficirte
Heerden. Dieselben werden isolirt und ab geschlachtet, die Eigen¬
tümer entschädigt. Die hierzu vom Staate ausgeworfene
Summe überstieg in keinem Jahre 100000 Mk. und hat auch
schon nicht mehr als 40000 Mk. betragen. Im letzten Jahre
wurde überhaupt kein Geld zu dem fraglichen Zweck angewiesen.
Viele städtische Behörden verlangen von den Viehbesitzern,
welche die betreffenden Städte mit Milch versorgen, Gesundheits¬
atteste für jede Kuh.
Im ganzen Staate hat sich im letzten Jahre das Interesse
für die Bekämpfung der Rindertuberculose erheblich vermehrt.
Die Stadt Buffalo, New-York, hat auf das Betreiben des Sanitäts-
beamten Ernst Wende nachstehendes Verfahren eingeführt: Jede
Person, welche Milch verkauft, hat eine Karte zu lösen, auf
welcher der Name des Verkäufers verzeichnet steht. Auf diese
Weise wird eine vollständige Liste aller Milchproduzeuten er¬
langt. Diejenigen, welche ihre Kühe durch einen approbirten
Thierarzt untersuchen lassen und ein Attest desselben bei der
Behörde einreichen, werden öffentlich namhaft gemacht, während
die „Bestände der Molkereibesitzer, die keine thierärztliche
Kontrolle ausüben lassen, als „verdächtig“ gekennzeichnet werden.
Wenn irgend ein Händler sich weigert, seine Handelsmilch
untersuchen zu lassen, so wird sie für verdächtig erklärt und
der Verkauf derselben in der Stadt verboten.
Diese Methode soll ein zufriedenstellendes Resultat er¬
geben haben.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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23. August 19U0.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
401
Boston (Massachusetts) hat in den letzten vier oder
fünf Jahren die grössten Anstrengungen gemacht, die Rinder¬
tuberkulose zu unterdrücken. Jede Stadt besitzt ein bis zwei
Inspektoren, welche inficirte Rinderbestände ausfindig machen.
Die verdächtigen Rinder werden isolirt und mit Tuberkulin
untersucht. Diejenigen Stücke, welche reagiren, werden ge-
tödtet und verbrannt. Die Eigenthümer erhalten eine Ent¬
schädigungssumme. 1896 bewilligte die Gesetzgebung über
1 200000 M. für diesen Zweck. In dem genannten Jahre wurden
5198 tuberkulöse Rinder getödtet und etwa 692 824 M. Ent¬
schädigung gezahlt. 1897 wurde 1 Million M. ansgeworfen,
9991 Rinder mit Tuberkulin untersucht, 5275 getödtet und dafür
719 468 M. bezahlt. 1898 wurden nur 80000 M., dagegen 1899
wieder 300000M.für die Tilgung derRindertuberkulose hergegeben.
Vieh, welches ans andern Staaten eingeführt wird, wird in
Quarantäne gestellt. Uebertretungen des Statuts, welches die
Beschaffenheit der Milch vorschreibt, werden streng bestraft.
Harrisbnrg (Pennsylvanien) wendet jährlich zwecks
Ausrottung tuberkulöser Rinder 240000 M. auf. Die Tuberkulin¬
probe wird auf Verlangen der Besitzer ansgeführt. Für die ge¬
schlachteten Rinder werden 200 M. oder 100 M. Entschädigung
gezahlt, je nachdem sie ins Znchtregister eingetragen sind oder
nicht. Das Tuberkulin wird kostenfrei vom Gesundheitsamt des
Staates geliefert. 1898 wurden 14437 Stück untersucht und
von diesen 1348 geschlachtet. Die Milchuntersnchung in den
Städten wird nur oberflächlich betrieben.
Philadelphia: Diese Stadt hat ähnlich wie Buffalo seit
1894 ein Verzeichniss von allen Kiihbeständen aufgestellt, aus
denen Milch nach Philadelphia verkauft wird. Die mit Tuber¬
kulin untersuchten Kuhlieerden sind genau bezeichnet. Das Ver¬
zeichniss steht der Einsichtnahme des Publikums iederzeit offen.
Hartford. In Connecticut sind gegen die Tuberculose
keine besonderen Bestimmungen erlassen. Die Tuberculin-
probe wird nicht angewendet. Einzelne Städte verlangen die
amtliche Untersuchung aller Kühe, deren Milch an ihre
Bewohner verkauft wird. Die Gesetzgebung hat vor, ein
allgemeines Gesetz über diesen Gegenstand zu erlassen. Unter
den 207 000 Haupt Vieh des Staates soll die Tuberculose nicht
in einem hohen Grade verbreitet sein und eine Zunahme nicht
anfweisen.
Sacramento, Californien: Der Staat Californien hat im März
vergangenen Jahres eine Gesetzesvorlage angenommen, nach
welcher die Ausrottung der Tuberculose energisch in Angriff
genommen werden soll. 32000 M. sind zu diesem Zweck
bewilligt worden. Alle grossem Städte des Staates haben
durch Ernennung von Milchinspectoren begonnen, den Verkauf
der Milch einzuschränken, welche von Kühen herstammt, die
nicht tuberculosefrei sind. In einzelnen Bezirken sind beamtete
Veterinäre angestellt, deren Obliegenheit darin besteht,
erkranktes Vieh anszufotten. Diese, sowie die Sanitätsbeamten
haben die Befugniss, auch ohne Zustimmung des Eigenthümers die
Knhbestände mit Tnberculin zu prüfen.
St. Pani, Minnesota. In St. Paul, Minneaopolis und anderen
Städten dieses Staates müssen die Milchhändler Erlaubniss¬
scheine lösen, welche nur gewährt werden, wenn eine Be¬
scheinigung über den Gesundheitszustand der Kühe beigebracht
wird. Dem Staat ist die Machtbefugnis eingeräumt, verdächtige
Kühe der Tuberculinprobe zu unterwerfen, mögen die Besitzer
hierzu ihre Zustimmung geben oder nicht. Die Entschädigungen
für geschlachtetes Vieh tragen theils die Städte, theils die
Staatskasse. Der Staat kann jedem Händler den Verkauf von
Milch verbieten, wenn er krankes oder verdächtiges Vieh hat.
Indianopolis, Ind. In Indiana sind von Staatswegen Schritte
zur Bekämpfung der Tuberculose nicht unternommen worden.
Der Gouverneur will erst die Resultate in andern Staaten
abwarten, bevor er der gesetzgebenden Körperschaft eine
bezügliche Vorlage macht. In den Städten Indianopolis und
FortWayne ist der Milchverkauf nicht erlaubt, wenn die Milch
nicht von Kühen herrührt, die die Tuberculinprobe bestanden
haben.
Providence, R. J. Das Ackerbauamt des Staates Rhode
Island ist ermächtigt, für jeden Bezirk einen Commissionär zu
ernennen, welcher die Aufgabe hat, alle Kühe auf ihren
Gesnndheitszustand zu untersuchen. Dasselbe Ackerbauamt hat
volle Macht, inficirte Thiere schlachten zu lassen und über die
weitere Verwendung des Fleisches n. s. w. Verfügungen zu
treffen.
Des Meines, Jowa. Auch in diesem Staate wird ein leb¬
hafter Kampf gegen die Tuberculose betrieben, und die Ueber-
tretung der angeordneten Vorschriften wird durch schwere
Strafen geahndet. Es wird ein Gesetz vorbereitet, nach welchem
für jede Kuh beim Verkauf eine Bescheinigung über die statt¬
gehabte Tuberculinprobe beigebracht werden muss. Zu Ent¬
schädigungszwecken sind vorläufig 20 000 M. bewilligt.
Jefferson City, Missouri. Auf Antrag von zehn Ein¬
gesessenen eines Bezirks (County) können verdächtige Vieh¬
bestände der Untersuchung unterworfen und ohne Einwilligung
der Eigenthümer abgeschlachtet ~oder in Quarantäne gestellt
werden. Auch das importirte Vieh kann der Gouverneur einer
Beobachtungszeit unterwerfen lassen. Für getödtete erkrankte
Rinder entschädigt der Staat nicht über 120 M.
Fast alle Städte haben Vorschriften über die Inspection
der Milch und des Gesundheitszustandes der Milchviehbestände
erlassen.
Concord, New-Harapshire. Die Tilgung der Tuberculose
liegt in der Hand einer Commission, welche vom Staate ernannt
wird. Dieselbe hat die unbeschränkte Befugniss, die Tuberculin¬
probe zur Herausfindung des verdächtigen Viehs zu benutzen.
Die reagirenden Kühe werden geschlachtet und ihre Eigen¬
thümer aus der Staatskasse entschädigt. Der hierdurch ent¬
standene Aufwand erreichte in einem Jahre die Summe von
64 000 M.
Augnsta, Maine. In Maine sind drei Beamte beauftragt,
einzuschreiten, wo Tuberculose unter dem Vieh vermuthet wird.
Wer sich weigert, wird mit 400 M. Geldbusse oder 90 Tagen
Gefängniss oder mit beiden Strafen belegt. Thierärzte sind
befugt, tnberculosekrankes Vieh tödten zu lassen. Die Auf¬
wendungen für Entschädigung betragen jährlich 40 000 M. Die
Mehrzahl der Städte hat Milchinspectoren angestellt, welche
darauf zu sehen haben, dass Krankheiten unter den die Milch
liefernden Kühen nicht vorhanden sind.
Trenton, New-Jersey. In New-Jersey arbeitet eine Tuber-
culose-Comraission Hand in Hand mit dem Gesundheitsamt und
der Molkerei-Commission des Staates. Die tuberculös erkrank¬
ten Rinder werden getödtet, und den Eigenthüraern drei Viertel
des Werthes bezahlt, welcher von Sachverständigen abgeschätzt
worden ist. Die jährliche Entschädigungssumme beläuft sich
auf 20 000 M.
Helena, Montana. Der Staatsthierarzt hat die Berechtigung,
die Tuberculinprobe mit oder ohne Einwilligung der Viehbesitzer
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402 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 34.
anzuwenden. Aus dem allgemeinen Seuchenfonds, welcher auf
40000 M. nonuirt ist, werden die Eigenthümer entschädigt. Eine
systematische Beaufsichtigung der Molkereien besteht nicht.
Columbu8, 0. Das Viehznchtamt des Staates Ohio ist
autorisirt, ohne Zustimmung der Eigenthümer die Bestände unter-
snchen zu lassen. Der Staat gewährt für entstandenen Schaden
Entschädigungen. Die städtischen Behörden von Cincinnati,
Cleveland, Springfield, Dayton, Columbus u. s. w. haben Mass-
regeln getroffen, welche den Verkauf der Milch aus tubercnlösen
Beständen erfolgreich beschränken. Die den Viehbeständen des
Staates vor mehreren Jahren durch die Tuberculose drohende
Gefahr ist durch Abschlachtung der inficirten Heerden abge¬
wendet.
Madison, Wis. Das Gesetz verlangt, dass alle Binder,
welche als tuberculös erkannt sind, geschlachtet, und die Besitzer
mit zwei Dritteln des Werthes entschädigt werden. Die Tuberctilin-
proben nimmt der Staatsthierarzt auf Requisition der Ortspolizei
vor. Einige Städte schreiben den Milchlieferanten die Unter¬
suchung ihrer Kühe mit Tuberculin vor.
Lincoln, Neb. Nebraska hat keine besonderen Massregeln
zur Bekämpfung der Tuberculose getroffen. In den Städten
Omaha und Lincoln macht sich eine Agitation gegen den Ver¬
kauf von Milch nicht mit Tuberculin untersuchter Kinder
bemerkbar.
Santa Fe, N. M. Das Vieh-Gesundheitsamt in New-Mexiko
hat Vollmacht, tuberculoseverdächtiges Vieh in Quarantäne zu
stellen, mit Tuberculin zu untersuchen und schlachten zu lassen.
Atlanta, Georgia. Dieser Staat hat bisher gegen die Aus¬
breitung der Tuberculose nichts unternommen, weil die Krankheit
daselbst nicht so häufig Vorkommen soll als in den andern Staaten.
Lansing, Mich. Die Commission des Staates Michigan unter¬
sucht mit Tuberculin alle verdächtigen Kinder und schlachtet
die krank befundenen ab. Der Eigenthümer erhält für jedes
geschlachtete Stück 4 M. In den letzten beiden Jahren wurden
etwa 1000 Haupt abgeschlachtet, von denen ein grosser Theil
Milchkühe waren. Es wird angenommen, dass etwa 2 pCt. der
Kinder in Michigan tuberculös sind.
Olympia, Washington. Das Gesetz gestattet die Vernichtung
erkrankter Rinder durch den Staatsthierarzt mit und ohne Ein-
willignngder Eigenthümer. Der Aufsichtsbeamte der Molkereien
hat das Recht, Milch von kranken Thieren zu confisciren. Die
Tuberculose ist nur in geringem Grade verbreitet.
Charleston, West-Virginia. Tuberculosefälle kommen nur
in vereinzelten Heerden vor. Der Präsident des Ackerbau¬
amtes ist ermächtigt, mit ansteckenden Krankheiten behaftete
'l’hiere anszurotten.
Austin, Tex. In Texas herrschte vor einigen Jahren die
Tuberculose in den südlichen und westlichen Theilen des Staates.
Dieselbe wurde durch energisches Einschreiten unterdrückt und
soll n'-rgends mehr Vorkommen. Das Viehzuchtamt hat un¬
beschränktes Verfügungsrecht.
Kaleigh, N. C. Alle Milchkühe, welche in North Carolina
eingeführt werden, müssen mit Gesundheitsattesten versehen sein.
Tuberculose Erkrankungen sollen bei weniger als */ 4 Proz. der
Rinder Vorkommen.
Nashville, Tennessee. Das Gesundheitsamt hat Vollmacht,
verdächtiges Vieh zu untersuchen und auszuraerzen. Die Besitzer
werden entschädigt.
In den Staaten Kentucky, Missisippi, Kansas, Oklahoma,
Florida, Wyoming, Idaho, South Dakota, Arcansas, Nevada und
Virginia sind Specialgesetze gegen die Rindertuberculose nicht
erlassen.
Die vorstehenden Angaben genügen, um zu beweisen, dass
in Amerika di«- Gefahr, welche die Ausbreitung der Rinder¬
tuberkulose für die Viehbestände und für die menschliche
Gesundheit einschliesst, von den staatlichen und städtischen
Behörden gewürdigt, und dass von diesen ein ernsthafter Kampf
gegen diese Seuche ins Werk gesetzt worden ist Es ist evident,
dass uns Amerika in dieser Beziehung weit vorausgeeilt ist.
Neben den Massregeln des Staates ist vor allem das Bestrebeu
der grossen Städte anzuerkennen, ihren Einwohnern eine Milch
zu verschaffen, welche frei von den Keimen der Tuberculose
ist. Liesse sich diese Einrichtung in unseren Städte« nicht
ebensogut einführen? (D. Ref.)
Aus der chir. Klinik der Königl. Thierärztlichen
Hochschule in Mailand.
Beitrag zur Vernarbung von Wunden
durch Auflegen von Sch vammstückchen und durch Epithelialsaat.
Von Dr. A. Baldoni,
A-mMi-iiI untl rrivatdozrnt der Chirurgie.
Cliu. vcL 190U h. S—IC.
Zur Heilung von Substanzverlusten der Haut sind ver¬
schiedene Methoden angewendet worden. Ein besonderes Interesse
beansprucht die Auftragung klein geschnittener Schwammtheilchen
bezw. frischer Epithelzellen auf die Oberfläche der Hautwunden.
Des ersteren Verfahrens bedienten sich zuerst im Jahre
1881 Hamilton und später D’Ambrosio, welcher mit dem Mikrotom
geschnittene, 3 mm dicke Schwammstückchen, die genügend
lange in einer öproz. Phenollösung sterilisirt worden waren,
mittels eines leichten Druckverbandes auf dem Defect befestigte.
Der Verband wurde alle 2 bis 3 Tage erneuert und die noch
nicht adhärirenden Schwammtheilchen durch neue ersetzt. Wie
die Versuche anderer Forscher (Guermontprez, Pacinotti) er¬
geben haben, wird die Adhäsion durch vorhergehende minutiöse
Desinfection der Wundfläche wesentlich gefordert. Durch
abundante Eiterung werden die Schwammstückchen natürlich
sehr leicht wieder abgestossen. Die Operation glückt also eher
bei frischen als bei stark granulirenden Wundflächen.
Die vom Verf. bei Hunden und Pferden angestellten Ver¬
suche wurden hauptsächlich an frischen Hautdefecten vor-
genommen. Der Schwamm wurde vor dem Gebrauch wiederholt
in einer wässerigen Lösung von Salzsäure 10: 100 gewaschen,
um die vorhandenen Sandkörnchen zu entfernen, und hiernach
eine halbe Stunde lang im strömenden Wasserdampf bei 110°
sterilisirt. Es genügte, Stückchen von Vs bis 1 / 2 bis 2 /a cm Grösse
mit einer geraden Scheere von dem sterilisirten Schwamme ab¬
zuschneiden, unter aseptischen Cautelen ohne eine bestimmte
Anordnung auf die Wunde zu legen und diese mit je einem
sterilisirten Stück Guttaperchapapier, Gaze und Leinwand, welche
durch gewöhnliche Bindentouren fixirt wurden, zu bedecken.
ln Zwischenräumen von 4 oder 5, auch manchmal 8 Tagen
wurde der Verband gewechselt und die Wunde mit einer
schwachen Borsäurelösung oder mit sterilisirtem Wasser ab¬
gespült. Schon bei dem ersten Verbandwechsel hafteten die
Mehrzahl der Schwammstückchen fest. Wurden dieselben mit
der Pinzette abgerissen, so entstand Blutung.
Der Vorgang dieser Einpflanzung von Schwammstückchen
gestaltet sich im Wesentlichen wie nachstehend.
Bei frischen Wunden entsteht nach 12 Stunden eine
intensive Röthnng der Oberfläche, und um die Ränder der
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23. August 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
403
Schwammstückchen bis auf etwa 1 cm Breite macht sich eine
sehr zarte weisslicbgraue Schicht von fibrinösem Exsudat be¬
merkbar, welches dieselben auf den unterliegenden Geweben
fixirt. Bis zum 3. oder 4. Tage hat sich diese Schicht in
Grannlationsgewebe umgewandelt. Rasch bedeckt sich nunmehr
die ganze Wunde mit kräftigen Granulationen, während am
Rande eine bläuliche Zone von Epithelialgewebe entsteht, das
gegen das Centrum vordringt. Nach 15 bis 20 Tagen sind die
Schwammstüchen vollständig verschwunden nnd das Epithelial¬
gewebe hat sich über die ganze Fläche ausgebreitet. Nach den
histologischen Untersuchungen von D’Ambrosio werden die
Trabekeln der Schwammstückchen mit neuen Elementen, haupt¬
sächlich Riesenzellen, besetzt und auf diese Weise der Schwamm
allmählich durch nengebildetes Gewebe ersetzt. Pacinotti be¬
obachtete, dass innerhalb des Gebietes der lnoculation sich ein
umfangreicher Process der Neubildung von Blutgefässen etablirt,
welche ziemlich regelmässig vertheilt sind und untereinander
anastomosirend die Trabekeln zu umschlingen scheinen. Die
Vermehrung der epithelialen Elemente erfolgt durch kario-
kynetische Vorgänge.
Ueber die Resorption des Schwammes bestehen zur Zeit
nur Hypothesen. Auch die Ansichten über den Mechanismus
der lokalen Wirkung desselben in der Wunde sind nur
hypothetischer Natur. Verfasser vertritt die Meinung, dass
neben der mechanischen Wirkung hauptsächlich durch die Be-
standtheile des Schwammes, (0, H, C’, N, Jd, nnd P) ein be¬
sonderer chemischer Reiz ansgelöst wird, welcher die Zellen der
centralen und peripherischen Theile der Continuitätstrennung
zur Proliferation anregt.
Die Epithelialsaat hat Mangoldt im Jahre 1895 ein-
gefnhrt. Das Verfahren besteht darin, dass an einer fein¬
häutigen Körperstelle nach gründlicher Desinfection derselben
mit einem Rasirmesser oder besser mit dem Volkmann'sehen
Löffel Epidermiszellen bis auf den Papillarkörper abgekratzt
und über die zu behandelnde Wundfläche gestrichen werden.
Bei granulirenden Flächen sind mit einem scharfen Bistouri
frische Einschnitte zu machen. Die Saat, welche kreisförmig
ist, muss gegen Austrocknung mit impermeabelm Stoff, Gutta¬
percha oder Stanniol, bedeckt und durch einen Occlusiv-
verband fixirt werden. Vom 5. Tage nach der Anssaat ab
gerechnet, muss derselbe alle zwei Tage abgenommen und die
Wunde mit lauwarmer, sterilisirter, physiologischer Kochsalz¬
lösung abgespült werden.
Die geeignetste Stelle für die Gewinnung der Epithelzellen
ist bei Thieren die innere Schenkelfläche.
Am 5. Tage zeigt die Wunde eine gute Granulation und an
den Punkten, wo das Epithel aufgestrichen wurde, sind grau¬
gelbe Flecken von fibrinösem Exsudat wahrzunehmen.
Es bilden sich hier alsbald Inseln von neuem Epithel¬
gewebe, welches proliferirt und nach lf> bis 18 Tagen die
Wundfläche mit einer continnirlichen Schicht überzieht. Die
durch diese geführten microscopischen Schnitte lassen den
Charakter der normalen Haut klar erkennen, doch besitzt sie
natürlich keine Haare und keine Drüsen.
Die znr Aussaat bestimmten Einzelzellen können un¬
beschadet des Erfolges von verschiedenen Species entommen
werden.
Die Resultate, welche Verfasser mit beiden Methoden er¬
langt hat, werden in nachstehenden Schlusssätzen zusammen¬
gefasst:
1. Nach der Zeit, in welcher die Heilung erzielt wird, ist
die Epithelialsaat der Aufpflanzung von Schwammstückchen vor¬
zuziehen.
2. Die mit Schwammstückchen bestreuten Wunden heilen
viel schneller als die, welche mit Jodoform oder ohne rae-
dicamentöse Stoffe behandelt werden.
3. Mit der Methode Mangoldt erlangt man eine weiche,
nachgiebige Epidermisdecke, an Stelle des dicken festhaftenden,
starren Narbengewebes.
Botryomykose des Augenlides.
Von G. Gutbrod, städt. Thierarzfc in Selb.
(Wochenschrift f. Thierhoilkunde und Viohcucht No. 25.)
G. beobachtete bei einer 8jährigen Stute schweren Schlages
eine hühnereigrosse Schwellung des linken oberen Augenlides.
Das untere Augenlied nnd die Backe waren beschmiert mit
gelbem Exsudat, in dem körnige Bestandtheile zu erkennen
waren; Hornhaut leicht getrübt. Nach Umstülpen des oberen
Augenlides erblickte man eine Oberflächen-, Form- und Farbe¬
veränderung „genau wie wenn eine grossbeerige Traube der
weissen Johannisbeere reliefartig halb horvorstehen würde“.
Schleimhaut verdickt, gelblich und mit ca. 12 bis 15 beeren¬
artigen Erhebungen von verschiedener Grösse besetzt, von denen
die einen glatt, gelbröthlich, die anderen ranh, zerfressen, mit
puriformen Erweichungscentrum. Auf Druck entleert sich aus
manchem Knötchen theils röthliche, seröse Flüssigkeit, theils
molkenartiger Eiter mit klümprigen Bestandteilen.
Bei microscopischer Untersuchung wurde Botryomyces equi
im Eiter nachgewiesen.
Behandlung ist nicht erfolgt.
G. meint, dass die Infection durch Heustuub vermittelt sei,
wie ja auch nicht selten Haferspelzen und Grannenstücke in
der Conjunctiva und auf der Cornea betroffen würden.
Nevermann.
Chondrom des Blinddarmes.
Von Schclameur.
(Journal de Lyon, 30. 6. 1900)
Ein neu eingestelltes Pferd zeigte wenige Tage nach dem
Ankauf Digestionsstörungen, die einem Magen-Darmkatarrh,
wahrscheinlich verbunden mit Nephritis zugeschrieben wurden.
Sie nahmen zn, und erkrankte das Thier unter schweren Kolik¬
erscheinungen. In den folgenden acht Tagen legte sich das
Pferd nicht, der Allgemeinzustand blieb derselbe; die vom
Besitzer vorgenommene Grünfutterkur batte eine Diarrhoe zur
Folge, die nicht gestillt werden konnte und an welcher Patient
nach 48 Stunden einging.
Bei der Section war der Darm absolut leer; der Dünndarm
war normal, die Schleimhaut des Blinddarmes stellenweise über
6 Millimeter stark; im Blinddarmgrunde fand sich ein Tumor ein¬
geschaltet. Derselbe war maunskopfgross, hart nnd knorpelig; die
Masse bestand aus durch Bänder von fibrösem Gewebe fest an
einander geschlossenen Inseln, die sich microscopisch als hyaliner
Knorpel erkennen Messen.
Fremdkörper in der Rachenhöhle des Hnndes.
Von Prof. Alb recht.
(Wochonnchrlft f. Thierheilkunde nnd Viehzucht No. 26.)
Ein ranhhaariger Pintscher frisst nicht, hustet, zeigt Brech¬
reiz ; schreit häufig laut auf, besonders beim Aufstehen und Hin¬
legen. Der im Rachen vermuthete Fremdkörper wird trotz sorg¬
fältigster Untersuchung nicht gefunden; dagegen fallen die Röthe
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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 34.
404
der Rachenschleimhaut und die grossen Schmerzen beim Maul¬
öffnen und Niederdrücken der Zunge auf. Allgemeinbefinden
bessert sich rasch; Appetit kehrt wieder. Zwei Wochen später
tritt eine fluctuirende begrenzte Geschwulst an der Kehlkopf¬
gegend der linken Seite auf, und ans der geöffneten Abscess-
höhle wird eine Nähnadel hervorgezogen. Nevermann.
Die Sclialenhant des Hühnereies eine epithelhaltige
Membran und ihre Verwendung zur Ueberhäutung
granulirender Flächen.
Von Prof. Schüller.
(Monatsgehr. f. Unfallheilkunde.)
Hei Wunden, deren Bedeckung mit Haut auf natürlichem
Wege erschwert ist, wurde bisher allgemein das Transplantations¬
verfahren nach Reverdin und Thiersch gebraucht. Nun
giebt. es aber Fälle, bei welchen es sich verbietet, vom Patienten
selbst das Hautmaterial zu nehmen, und bei denen man auch
Bedenken hat, die Haut von einem anderen Menschen zn ent¬
nehmen. Für solche Fälle empfiehlt Verf. ein Ersatzmittel aus
dem Thierreiche, das jederzeit leicht und vollkommen aseptisch
zu beschaffen, ausserordentlich leicht anzuwenden ist, das
thatsächlich ein epithelhaltiges Material ist, welches in. richtiger
Weise verwendet, ausserordentlich leicht sein Epithel zur Ueber-
häutung granulirender Flächen äbgiebt. Das ist die Schalen¬
haut des Hühnereies. Die Verwendung der Schalenhaut des
Hühnereies erfolgt immer, wie in der D. Med. Ztg. berichtet
wird, in der Weise, dass von einem frischen Hühnerei nach
dem Zerbrechen der Schale und nach dem Ausfliessen von
Dotter und Eiweiss die der Kalkschale anhaftende Schalenhaut
rasch, aber ohne Berührung, Reibung oder Quetschung der
Innenfläche in möglichst grossen Stücken von der Kalkschale
abgelöst und sofort mit der inneren, dem Eiweiss zugewendeten
Seite auf die vorher gereinigte und mit sterilisirtem Mull
trocken getupfte Granulationsfläche aufgelegt und daselbst durch
einen einfachen Verband mit in Dampf sterilisirter Gaze und
Watte befestigt wird. Dass die Schalenhautstückchen die
Ränder der normalen Haut mitdecken oder berühren, ist nicht
erforderlich; Hauptbedingung ist das innige Anliegen auf der
Grannlationsfläche selber. Antiseptische Flüssigkeiten und Pulver
sind zu vermeiden, da dieselben die jungen Epithelien leicht zu
schädigen vermögen. Die Wunden müssen vollkommen aseptisch
sein, die Eiterung beseitigt und natürlich auch die Gewebs-
abstossung beendet sein. Beim Verbandswechsel, den Verf. meist
nach vier Tagen, einige Male aber auch schon früher vornahm,
lässt sich meist die Schalenhaut leicht abheben. Darunter
bemerkt man eine weissliche oder weisslichbläuliche Epithel¬
anlage. Die die Hautränder bedeckenden Stücke haften zu¬
weilen länger an. Bei kleineren Granulationsflächen kann dann
schon alles überbautet sein.
Behandlnng von Carcinomen mittels Electricitat.
Von Dr. J. A. Riviere-Paris.
Auf dem internationalen Congresse der medicinischen
Electrologie und Radiologie, welcher in Paris vom 27. Juli bis
zum 1. August 1900 abgehalten wurde, referirte Dr. J. A. Riviere
aus Paris über die Behandlung des Krebses und kam zn dem
Schlüsse, dass derselbe durch specielle mono- oder bipolarische
Ausströmungen hoher Spannung geheilt werden kann.
Die einsichtsvolle Anwendung dieser Ausströmungen bewirkt:
1. Eine thermo-electrisch-chemische Einwirkung, wodurch die
neoplastischen Gewebe ausgestossen werden, wenn man die
parasitäre Theorie zulässt, durch ihre actinischen Strahlen die
Micro-Organismen und ihre Toxine zn vernichten. 2. Eine
tropho-neurotisch heilende Wirkung, welche die lebensbedingenden
Processe zur Norm zurückfuhrt, gleichzeitig auch die Phagocytose
begünstigt, indem dadurch der allgemeine Gesundheitszustand
verbessert wird. R. fügt noch hinzu, dass die specielle Art
der elektrischen Behandlung den Rückfall heilt und verhütet,
wenn rechtzeitig eingegriffen wird.
Die Electricität, sagt er schliesslich, bleibt das einzige
anwendbare Mittel bei nnoperirbaren Geschwülsten.
Tagesgeschichte.
Bericht über die Versammlung des thierärztlichen
Vereins im Reg-Bez. Köslin.
Am 27. Mai hielt der thierärztliche Verein im Reg.-Bez.
Köslin in Lüdtkes Hotel zu Köslin seine erste Jahres-Ver¬
sammlung ab. An derselben nahmen folgende Mitglieder Theil:
Departements-Thierarzt Brietzmann-Köslin, Kreis-Thierarzt
Träger-Belgard, Kreis-Thierarzt Eichbaum-Stolp, Gelen-
Bärwalde, Sclilachthaus-Inspector Loeschke-Kolberg, Schlacht¬
haus - Inspector Nickel - Schlawe, Kreis - Thierarzt Paulat-
Rnmmelsburg, Petzsch-Schlawe, Kreis-Thierarzt Sahm-Bublitz,
Schum ach er-Köslin, Schlachthaus-Director Dr. Sch warz-
Stolp, Kreis-Thierarzt Simmat-Schlawe, Schlachthaus-Inspector
Tschauner-Köslin, Kreis-Thierarzt Ulrich-Lauenburg, Ober-
Rossarzt a. D. Weidefeld-Rügenwalde, Zeisler-Köslin, Kreis-
Thierarzt Swierzy-Kolberg und als Gäste die Herren Ober-
Rossarzt Reinhardt-Stolp, Kreis-Thierarzt Schnltze-Labes
und Schlachthaus-Inspector Drews-Bütow.
Nachdem der Vorsitzende, Departements-Thierarzt Brietz¬
mann, die Versammlung begrüsst und das Fernbleiben gerade
der jungen Col.egen sehr bedauert hatte, wurde Schlachthaus-
Inspector Drews-Bütow 8tatutenmässig als Mitglied aufgenommen.
Der Schrift- und Kassenführer Dr. Schwarz-Stolp erstattete
hierauf den Kassen- und Jahresbericht, nach welchem dem
Verein z. Z. 20 Mitglieder angehören. Nach Revision der Kasse
wurde Entlastung ertheilt. Alsdann erfolgte die Wiederwahl
des bisherigen Vorstandes durch Zuruf, desgl. diejenige der
Delegirten für den Veterinärrath und die Central-Vertretung.
Nach einem Bericht von Dr. Schwarz-Stolp über den gross-
artigen Verlauf des internationalen Congresses in Baden-Baden,
welchem derselbe als Delegirter beiwohnte, hielt Kreis-Thierarzt
Paulat-Rummelsburg einen sehr sorgfältig ansgearbeiteten und
höchst interessanten Vortrag „Ueber eine neuere Methode
der Spatbehandlnng“. An der sich hieran schliessenden
Discussion betheiligten sich vornehmlich Kreis-Thierarzt Ulrich,
der aus seinem reichen Erfahrungsschätze mancherlei Nützliches
mittheilte, Ober-Rossarzt a. D. Weidefeld und besonders Kreiß-
Thierarzt Schultze. Letzterer führte n. A. Folgendes ans:
„Hinsichtlich der Spatbehandlung möchte ich noch er¬
wähnen, dass ich das Brennen mit dem Stift seit langer Zeit
wieder aufgegeben habe, da ich zwar keine bösen Erfahrungen
aber auch keine Heilung erzielt habe. Nur ein Pferd, das
über Jahr und Tag lahm war, ist allerdings vollständig geheilt,
es geht als Officierdienstpferd schon dreiviertel Jahr. Ich ver¬
wende nur den V-Schnitt an der Innenseite des Sprunggelenks
und die Klemm’sche Spatoperation. Durch ersteren habe ich
viele Pferde vollständig hergestellt, die tadellos im Kutschwagen
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23. August 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
gehen, ebenso durch letztere, wenngleich bei dieser zuweilen
ein leicht tappender Gang, der aber nur einem sehr geübten
Auge auffällt, zurückbleibt. Für Arbeitspferde ist die Operation
entschieden zu empfehlen, eine grössere Menge spatlahmer
Pferde, die nur mühsam zu leichter Arbeit zu verwenden
und im Nährzustand vollständig zurückgekommen waren, sind
sehr brauchbare Arbeiter und wieder viel munterer im Tempe¬
rament geworden, auch haben sie sich nach der Operation bei
der Arbeit wieder sehr gut gefüttert. Nach meinen Erfahrungen
entsteht eine grosse Menge von Spatlahmheiten nach habituellem
Festhaken der Kniescheibe. Diese Beobachtungen habe ich so¬
wohl im Landgestüt wie auch früher im Hauptgestüt bei Fohlen
und Pferden gemacht, bei denen ich das erste Festhaken der
Kniescheibe beobachtete, und die ich auch später dauernd unter
Augen gehabt habe. Es erscheint begreiflich, dass der musc.
tibialis anticus (et peroneus tertius) vermöge seines sehnigen
Ursprunges am Oberschenkel, sowie wegen seiner Endigungen am
Sprunggelenk, Schienbein und inneren Griffelbein bei
obigem Leiden Reizungen und Beschädigungen am Sprung¬
gelenk hervorrufen kann. Für die Praxis bleibt es jedoch
gleichgültig, ob man sich die Entstehung des Spat nun durch
Zerrungen an den Endigungen dieses Muskels, an der inneren
und vorderen Sprunggelenksfläche und dadurch hervorgerufene
Knochenhautentzündung mit Knochenneubildung gegeben denkt,
oder ob man annimmt, dass bei dem Festhaken der Kniescheibe
die angespannten Sehnen und Muskeln abnormen Druck auf
einzelne Stellen der kleinen Gelenkflächen hervorrufen und so
die Entstehung einer inneren Gelenkentzündung bewirken.
Jedenfalls ist so erklärt, dass die Dnrchschneidung dieser
Muskeln und Sehnen den kranken Theilen Ruhe verschafft, und
dass eine Heilung dadurch erzielt werden kann. Auch bei der
Ausführung des V-Schnitt kann immer eine günstige Prognose
gestellt werden, wenn das Pferd unmittelbar nach der Operation
im Fessel gut durchtrat, wenn also die Sehnenendigungen der
beiden Muskeln am Sprunggelenk durchschnitten waren.“
An Stelle des Collegen Kr. Th. Spitz er- Dramburg, welcher
im letzten Augenblick am Erscheinen verhindert war, sprach Kreis¬
thierarzt Schnitze „Ueber die Maassnahmen gegen Ver¬
breitung der Maul- und Klauenseuche“ im Anschluss an
die Verhandlungen der General-Versammlung sämmtlicher der
Landwirthschaftskammer angegliederten landwirtschaftlichen
Vereine der Provinz Pommern zu Stettin am 28. März d. J.
An der hierauf folgendenDiscussion betheiligte sich ausser den
405
Collegen P au 1 a t und Eichbaum besonders 1 lepartements-Thierarzt
Brietzmann, welcher hervorhob, dass es an zweckmässigen An¬
ordnungen zur Bekämpfung der Seuche keineswegs fehle, nur
würden dieselben seitens der betheiligten Kreise nicht befolgt.,
so z. B waren die wenigsten Molkereien im Besitz von Milch-
Sterilisir-Apparaten, und gerade durch die Milch maul- und
klauenseuchekranker Thiere erfolge bekanntlich sehr leicht eine
Weiterverbreitung der Seuche.
Als letzter hielt Kreisthierarzt Träger einen Vortrag „ Ueber
Schweineseuche“ und führte eine Reihe von Fällen aus der
Praxis an, in denen „Darmkatarrh“ sich nachher als „Schweine¬
seuche“ herausstellte, das Sectionsresultat sogar in Berlin be¬
stätigt wurde. Bei der regen Discussion über dieses Thema hob
n. A. Departementsthierarzt Brietzmann hervor, dass die Schweine¬
seuche in Wirklichkeit viel häufiger vorkomme als gemeldet werde;
das bewiesen die zahlreichen aus Schlachthöfen zur Anzeige kom¬
menden Fälle.
Der Vorsitzende dankte allen Collegen für die rege Be¬
theiligung an den Arbeiten herzlichst.
An die Sitzung schloss sich ein gemeinsames Mahl unter
Betheiligung der Damen.
Der I. Vorsitzende: Der Schriftführer:
Brietzmann. Dr. Schwarz.
„Thierärztlicher Verein der Provinz Westfalen“.
Sitzung am 30. September 1900, Vormittags lD /4 Uhr im Hotel
Koch („Rheinischer Hof“) zu Hamm i. W.
Tagesordnung:
1. Geschäftliches: Verlesung des Protokolls der vor¬
jährigen Versammlung, Eingänge, Aufnahme neuer Mitglieder,
Rechnungslage und Zahlung der Beiträge. 2. Vorträge:
a) Erwerbung der Rechtsfähigkeit des Vereins; Neudruck der
Statuten und Abänderung derselben. (Ref. Herr Dep.-Th. Blome-
Awsberg); b) Kontrolle der Viehtranspoi te (Ref. Herr Kreis¬
thierarzt Ostermann-Herford); c) Tuberculose des Quarantäne¬
viehs. (Ref. Herr Kreisthierarzt Baldewein-Bielefeld). 3. Mit¬
theilungen aus der Praxis.
Wegen der Beschlussfassung über die Abänderung der
Statuten werden die Herrn Mitglieder des Vereins gebeten,
recht zahlreich zu erscheinen. Gäste willkommen.
Der Vorstand
i. A.
gez. Hinrichsen, Vorsitzender.
Lück, Schriftführer.
Veterinärinstitut in Bern.
Zum Professor für Chirurgie in der veterinär-medicini 3 chen
Abtheilung der Universität Bern ist der Director des eid¬
genössischen Hengstdepots in Avanches, Thierarzt Schwendimann,
ernannt worden.
Staatsveterinärwesen.
Von Preueee.
Verschiedene veterinärpolizeiliche Mittheilungen.
Zeitungsnachrichten zu Folge ist im Bezirk Wlndhoek die
Rinderpest in den beiden zuletzt festgestellten Seuchenherden
als erloschen zu betrachten, ohne dass diese Seuche eine
weitere Verbreitung angenommen hätte. Es ist festgestellt
worden, dass das im Jahre 1897 geimpfte Vieh zur Zeit noch
völlig immun ist. Bei dem neuerlichen Ausbruch wurde nur
Jungvieh von der Seuche betroffen. Im Bezirk Windhoek ist
desshalb mit der Impfung sämmtlichen nach der Rinderpest¬
epidemie geborenen Viehes begonnen worden. Die hierzu er¬
forderliche Galle haben die beiden letzten Seuchenherde ge¬
liefert. Die Seuche scheint aus dem Süden des Schutzgebietes
eingeschleppt worden zu sein, da von dort stammendes un-
geimpftes Vieh nach kurzer Anwesenheit im Bezirk Windhoek
erkrankte. In Folge dessen ist jede Einfuhr von ungeimpftem
Vieh aus dem Süden des Schutzgebietes nach dem Norden bis
auf Weiteres verboten worden.
Die Regierungen von Württemberg und Elsass-Lothringen haben
gleichfalls unter dem 1. August bezw. 31. Juli d. J. die Ein-
und Durchfuhr von Rindvieh und Ziegen aus der Schweiz wieder
allgemein gestattet. Die Ein- und Durchfuhr von Schafen und
Schweinen bleibt jedoch bis auf Weiteres verboten.
Die sächsische Regierung hat mit Rücksicht auf den
günstigen Stand der Maul- und Klauenseuche in Oesterreich den
Wirthschaftsbesitzern in den sächsischen Grenzbezirken die
Einfuhr von Rin lern aus Böhmen zu Nutz- und Zuchtzwecken
über folgende Einbruchsstationen gestattet: Zittau, Bodenbacfi-
Tetschen, Reitzenhein, Weipert, Schlösse! - Unterwiesenthal,
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406
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 34.
Wittigsthal-Johann-Georgenstadt, Klingenthal, Voitevsreuth nnd
Ebruth. Die Station Molden bleibt zur Zeit noch geschlossen.
Thierseuchen in Deutschland Im I. Quartal 1900.
Staaten
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„ Westpreussen
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23 413
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—
„ Brandenburg . .
335
95 251
57
69
—
21
91
57
3
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„ Pommern . . •
247
93 431
5
9
—
1
—
—
„ Posen ....
168|
35 2(9
35
85!
9
35
3
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—
„ Schlesien . . •
250!
34 186
96
113
13
39
22
49
1
—
„ Sachsen . . .
229'
52 713
38
45
1
1
20
79
16
876
„ Schleswig . . .
2°
2 481
11
13'
—
—
17
71
—
—
„ Hannover . . .
205i
15 811
18
21
3
12
13
58
57
3 284
„ Westfalen . . .
134'
9 016
58
61
2
2
5
9
13
1 328
„ Rbeinprovinz. .
382
34 665 105
136
5
11
56
410
83
3 561
Hohen z.-Sigmaringen
11
559
3
4
—
—
2
8
—
—
Preussen zusammen .
2168|415 904438
577
34j
126155
836172
9 530
Bayern.
612
25 622
35
37
2
2
42
219
54
3 379
Sachsen .
241
17 790
52
68
—
—
5
28
—
—
Württemberg....
342
22 760
52
55
—
—
80
335
37
3165
Baden.
115
11 856
13
16
—
23
80
6
157
Hessen.
99
7 339
16 16
—
—
20
112
6
9
Mecklenburg-Schwerin
41
3 640
—
—
—
—
—
—
2
5
Sachsen-Weimar . .
31
3 473
16
18
—
—
12
100
3
—
Mecklenburg-Strelitz .
7
4 624
-
—
—
—
—
—
—
—
Oldenburg .
9
142
—
—
—
—
1
9
—
—
Braunschweig . . .
54
6 398
8
11
—
-
1
5
8
377
Sachsen-Meiningen. .
13
451
2
2
—
—
3
11
4
14
Sachsen-Altenburg
12
818
3
3
—
—
—
-
—
—
Sachsen-Coburg-Gotha
16
1 752
2
3
2
5
2
20
3
Anhalt.
40
9 516
H
10
—
1
9
3
558
Schwarzburg-Sondersh
5
775
2
2
—
-
—
—
Schwarzbnrg-Rudolst
7
49
—
—
—
1
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—
—
Waldeck.
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Reuss ä. L.
6
261
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—
—
—
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—
—
Reuss j. L.
17
715
7
8
—
—
2
3
—
—
Schaumburg-Lippe. .
3
118
—
1 —
—
—
—
—
—
—
Lippe.
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2162
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—
—
1
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—
—
—
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—
—
—
—
—
—
Bremen.
3
569
—
1 —
—
—
—
—
—
Hamburg.
1
18
—
—
—
-
—
—
—
—
Elsass-Lothringen . .
184
8 442
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12
2
6
11
11
12
746
Deutsches Reich . . |3964|545 923;666 ; 839 401393641791 5 ) 313; 18 050
*) Die gefährdeten, d. h. auf den neubetroffenen Gehöften be¬
findlichen Bestände betrafen von den einzelnen Thiergattungen für
das Deutsche Reich berechnet: 217644 Rinder, 222553 Schafe,
848 Ziegen und 102978 Schweine. Hiervon kamen auf Preussen
139948 Rinder, 201535 Schafe, 1309 Ziegen und 73112 Schweine.
*) Unter den erkrankten Thieren befanden sich 27 Pferde,
754 Rinder, 55 Schafe und 3 Schweine; davon in Preussen 26 Pferde,
507 Rinder, 42 Schafe nnd 2 Schweine.
3 j Am Beginn des Quartals waren verseucht 31 Gemeinden (da¬
von 21 in Prcn8sen, je 2 Württemberg, Baden, Brannscbweig; je
1 in Sachsen, Sachsen-Weimar, Hamburg und Elsass-Lothringen.
Am Schluss des Quartals blieben verseucht 32 Gemeinden; davon
23 in Preussen, je 2 in Bayern, Württemberg, Elsass-Lothringen;
je 1 in Baden, Sachsen-Weimar, Braunschweig.
*) D. h. gefallene und getödtete Tbiere.
5 ) Unter diesen waren 49 Pferde und 1748 Rinder, davon in
Preussen 20 Pferde und 816 Rinder.
c ) D. h. bei Beginn des Quartals bereits verseuchte und im Laufe
des Quartals neubetroffene Gemeinden. (Die Stückzahl der Heerden
ist nur aus den neubetroffenen Gemeinden angegeben.) Von
An Rauschbrand gingen ein in den nachbenannteu
Staaten: Preussen 3 Pferde und 82 Rinder, wovon 16 Fälle
im R.-B. Schleswig, 15 in Münster, 14 in Düsseldorf, 12 in Wies¬
baden, 10 in Aachen, unter 10 in Breslau, Aurich, Arnsberg,
Kassel, Koblenz, Köln, Trier und Hohenzollern-Sigmaringen zu
verzeichnen waren; — Bayern 33 Rinder; Sachsen desgl. 2:
Württemberg desgl. 24; Baden desgl. 11; Hessen 3 Rinder,
12 Schafe, 1 Ziege; Sachsen-Meiningen 4 Rinder.
Von der Tollwuth wurden im Ganzen 266 Gemeinden be¬
troffen, die sich wie folgt vertheilen: in Preussen 236 (davon
65 im R.-B. Posen, 30 in Gumbinnen, 29 in Bromberg, 22 in
Marienwerder, je 21 in Königsberg nnd Oppeln, je 10 in Köslin und
Breslau, unter 10 in Danzig, Frankfurt, Stettin, Liegnitz,
Merseburg, Hildesheira, Kassel und Wiesbaden); in Bayern 13:
Sachsen 15, Sachsen-Coburg-Gotha 2.
Die Lungenseuche kam in Preussen, Sachsen und Anhalt
vor. In Preussen betraf sie die R.-B. Posen, Magdeburg und
Merseburg. Der R.-B. Posen, welcher mit 1 Gemeinde (1 Gehöft)
vom Vorquartal verseucht war, wurde seuchenfrei. Im R.-ß.
Merseburg wurde 1 Gemeinde (1 Gehöft) betroffen, die Seuche
hielt sich hier auch noch am Quartalsschluss. Der R.-B.
Magdeburg war wiederum am stärksten heimgesneht: 3 Ge¬
meinden (3 Gehöfte) waren hier schon vom Vorquartal ver¬
seucht, wozu im Laufe des Quartals weitere 5 Gemeinden
(17 Gehöfte) kamen; allerdings wurden 5 Gemeinden (16 Ge¬
höfte) senchefrei, jedoch verblieben noch am Quartalsschluss in
3 Gemeinden (4 Gehöften) Herde bestehen. — In Sachsen
wurde in der Kreishauptra. Zwickau (1 Gemeinde mit 1 Gehöft)
ein Seuchenherd constatirt, der noch am Ende des Quartals
vorhanden war. In Anhalt kamen Ausbrüche in 2 Gemeinden
(2 Gehöfte) vor, von denen jedoch 1 Gemeinde (1 Gehöft} noch
vor dem Quartalsschluss frei wurde.
Die Pferderäude befiel neu 193 Pferde incl. 3 Esel, von
denen 132 Stück auf Preussbn, 25 auf Bayern, 10 auf Württem¬
berg, 12 auf Elsass-Lothringen und 5 auf Baden entfielen.
Die Rothlauf8euche der Schweine kam in folgender
Verbreitung vor: Es erkrankten im Deutschen Reiche in 1210
neubetroffenen Gehöften (834 Gemeinden) 2200 Stück, von
denen 2018 gefallen oder getödtet sind. Anf Preussen
kamen davon in 1079 Gehöften 1981 Erkrankungsfälle, Sachsen
in 18 desgl. 35, Württemberg in 20 desgl. 22, Baden in 23
desgl. 30, Oldenburg in 2 desgl. 10, Braunschweig in 31 desgl.
62, während die Erkranknngsziffer in Bayern, Hessen, Mecklen¬
burg-Schwerin und- Strelitz, Sachsen-Weimar, -Meiningen, -Alten¬
burg, -Koburg-Gotha, Anhalt, Schwarzburg-Sondershausen, Lippe,
Bremen, Hamburg und Elsass-Lothringen unter 10 blieb.
An der Schweinesenche (Schweinepest) erkrankten in
Preussen in 419 neubetroffenen Gehöften (258 Gern.) 2527 Thiere.
Bayern in 12 Geh. 49, Sachsen in 11 Geh. 57, Württemberg in
2 Geh. 7, Baden in 6 Geh. 23, Mecklenburg-Schwerin in 4 Geh.
97, Braunschweig in 5 Geh. 62, Anhalt in 1 Geh. 54, Hamburg
in 11 Geh. 11, Elsass-Lothringen in 2 Geh. 42. Insgesammt
erkrankten im Deutschen Reich in 473 neubetroffenen Gehöften
(289 Gern.) 2929 Schweine, von denen 2416 fielen oder getödtet
wurden.
diesen Gemeinden blieben beim Quartalsschluss verseucht 289, wovon
135 in Preussen, 41 in Bayern, 23 in Württemberg, je 5 in Baden,
Hessen, Braunschweig, 3 in Sachsen Weimar nnd Anhalt, 2 in
Sachsen-Meiningen und Waldeck, 1 in Sachsen-Coburg-Gotha, 9 in
Elsass-Lothringen.
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23. August 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
407
Von Geflügelcholera wurden aus folgenden Bundesstaaten
Erkrankungsziffern angegeben: Preussen 1028; Bayern 439;
Sachsen 71; Württemberg ca. 182; Baden 37; Braunschweig
27, Sachsen-Altenborg 22; Hamburg 35; Elsass-Lothringen 74;
zusammen 1906, von denen 1730 verendeten.
Fleischschau und Viehhandel.
Von KDbnau.
Die Viehverhältnisse Englands im Vergleich zu
anderen Ländern.
Wenn England zum Ausgangspunkt genommen wird, so ist
der Grund darin zu suchen, dass seit langer Zeit in diesem
Lande sorgfältige jährliche Viehbestandaufnahmen statthaben,
während in vielen anderen Ländern, darunter auch Deutschland,
nur in mehr oder minder grossen Zeitperioden Viehzählungen
vorgenommen werden. Der Vergleich der aufeinanderfolgenden
Jahre giebt uns aber erst genügende Anhaltspunkte, um ein der
Wirklichkeit entsprechendes Bild der Viehbewegung in dem be¬
treffenden Lande zu konstruiren. Am besten veranschaulicht
wird dies durch die Betrachtung des „Board of Agriculture
Report for 1899“.
Wenn schon die Zunahme des Viehbestandes seit
1895 ständig angehalten hat, so ergiebt sich im Vergleich
zur Bevölkerung, dass auch hier seit 1897 eine Besserung
des Verhältnisses eingetreten ist. Es kommen auf 1000 Ein¬
wohner nunmehr 74 Milchkühe und 115 andere Rinder 1 , bei
einer Bevölkerung von 36024438 Ende 1899. Während der
Pferdebestand sich annähernd gleich geblieben ist, hat der
Rindviehbestand gegen das Vorjahr um 2,6 pCt., der Schaf¬
bestand um 1,9 pCt. und der Schweinebestand sogar um
7 pCt. zugenommen. In dem ganzen Königreich einschliesslich
Irland und die Canalinseln wurden für 1899 2028092 Pferde,
11344 696 Rinder, 31680225 Schafe und 4003589 Schweine ge¬
zählt. Die Viehpreise in England sind gegen das Vorjahr
gestiegen. Der Handel nach Lebendgewicht nimmt langsam
aber stetig zu. Für britische Rinder wurden für 100 Pfund
(engl.) Schlachtgewicht 35,70 bis 65,45 Mark, für britische
Schafe 47,60 bis 80,92 Mark bezahlt, während sich für ein¬
geführtes Fleisch die Preise für frisches Rindfleisch pro 100 Pfund
(engl.) auf 39,40 M. und für Schaffleisch auf 32,20 M. stellen.
Für bestes englisches Schweinefleisch wurden 44,63 bis 50,00 M.,
für geringes und ausländisches 38,25 bis 43,50 M. erzielt. Die
höchsten Preise wurden für englische Lämmer, nämlich 75 bis
92 Pfennige per Pfund angelegt.
Die Einfuhr von Rindern und Schafen hat abgenommen.
Die Rindvieheinfuhr ist auf die Zahlen von 1891 und 1892 zurück¬
gegangen. die Schafeinfuhr hat um 9 Procent abgenommen. Die
Mindereinfuhr von lebendem Vieh ist durch die Fleischeinfuhr
reichlich ausgeglichen. An lebenden Rindern und Schafen wurden
185000 Tonnen im Jahre 1899, gegen 209 000 Tonnen im Jahre
1898 eingeführt, dagegen frisches Fleisch im Jahre 1899
362000 Tonnen gegen 320000 Tonnen im Jahre 1898. Neben
dem frischen Fleisch wurden noch 502000 Tonnen zubereitetes
Fleisch eingeführt. Die Gesamratfleischeinfuhr bezifferte sich
auf 864000 Tonnen, ist somit mehr als viereinhalb mal so gross
als die Vieheinfuhr.
Im Vergleich zu anderen Ländern, die auch eine
jährliche Viehbestandaufnahme haben (Frankreich, Vereinigte
Staaten, Australien) ist die Viehzunahme in England reichlicher,
zumal, wenn man bedenkt, dass das Land, abgesehen von den
kleineren Ländern Holland, Belgien, Dänemark, schon dichter
mit Vieh als die übrigen Länder besetzt ist. Auf 1000 Acker
rechnet man in England 145 Stück Rindvieh, das will sagen:
die Besetzung hat in 30 Jahren um 23 pCt. zugenoinmen. In
Holland und Belgien zählt man jetzt 197 resp. 195 Rinder auf
1000 Acker, die Zunahme im selben Zeitraum beträgt hier nur
13 resp. 14 pCt. Allein in Dänemark hat sich der Viehbestand
seit 1870 um über 40 pCt vermehrt, und kommen jetzt dort
186 Rinder anf 1000 Acker.
Bei Schafen zeigt sich ein ähnliches Verhältniss. Auch
hinsichtlich dieser Thiere war die Zunahme in England reich¬
licher, und kommen jetzt 400 Schafe auf 1000 Acker. Von den
anderen Ländern folgen Bulgarien mit 290, Serbien mit 259,
Frankreich mit 164, Rumänien mit 155, Dänemark mit 115,
Spanien mit 107 und Ungarn mit 102 Schafen auf 1000 Acker.
Bei den übrigen Staaten sinkt die Zahl unter 100. Vergleicht
man den jetzigen Schafbestand mit der Anzahl der Schafe vor
30 Jahren, soweit als die vorliegenden Statistiken dies ermög¬
lichen, so ergiebt sich, dass in England die Abnahme nur
7V* pCt., in Belgien nicht weniger als 60 pCt., in Deutschland
37 pCt., in Ungarn 46 pCt. und in Dänemark 42 pCt. beträgt.
Notlrung der Preise für Schlachtvieh.
Der Wunsch der Landwirthe, in den Notirnngs-Commissionen
der Viehmärkte vertreten zu sein, hat durch Verfügung des
Ministeriums des Innern, der Landwirthschaft und des Handels
vom 9. Juli 1900 Erhörung gefunden. Der Erlass ordnet an,
dass an den grösseren Viehmärkten Preussens (Königsberg,
Danzig, Stettin, Berlin, Breslau, Magdeburg, Kiel, Hannover,
Frankfurt a. M., Dortmund, Coblenz, Düsseldorf, Essen, Elber¬
feld, Crefeld, Köln, Aachen, St. Johann) vom Regierungs¬
präsidenten Notirungs - Commissionen zu bilden sind. Die
Commissionen sind zusammenzusetzen ans einem Mitgliede des
Magistrats oder der Viehmarkt-Verwaltung als Vorsitzendem,
ans Vertretern der Landwirthschaft, des Viehhandels und des
Fleischereigewerbes und, wo erforderlich, einem Vertreter der
Ortspolizeibehörde. Eventuell kann für jede Viehgattung eine
besondere Commission gebildet werden. Die Ermittelung der
Preise erfolgt durch Umfragen Seitens der Mitglieder, die Fest¬
stellung der Preise kurz vor Schluss des Marktes. Die Notirung
erfolgt nach „Schlachtgewicht“ oder „Lebendgewicht“, je nach¬
dem, welche Form des Handels gebräuchlich ist, auch können
beide Arten nebeneinander aufgeführt werden. Es sind die
höchsten und niedrigsten Preise anzugeben, Ausnahmspreise nur
als solche. Die Preisangaben haben sich anf 50 kg Schlacht¬
gewicht (Lebendgewicht) zu beziehen. In dem Bericht sind
Angaben über die Anzahl der aufgetriebenen Thiere und über
Verkauf, sowie Tendenz des Marktes zu machen. Andere als
die amtlich ermittelten Preise dürfen von der Markt-Verwaltung
nicht veröffentlicht werden. Diese Anbahnung der Reform der
Viehmarktverhältnisse soll durch Anberaumung freier Conferenzen
der Markt-Interessenten von den Regierungspräsidenten weiter
gefördert werden.
$taat8unter8tützung an Schweinezuchtvereinigungen in Dänemark.
Nach der Ugeskr. f. L. hat das dänische Landwirthschafts-
ministerium 10000 Kronen als Beihilfe für Schweinezuchtvereiue
zur Verfügung gestellt, welche die Zucht von Gebrauchsthieren
zum Ziele haben, die den Anforderungen der Schweineschlach¬
tereien an ein Prima-Product und den allgemeinen Anforderungen
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408 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 34.
in Bezug auf Gedeihlichkeit, Widerstandsfähigkeit und Frucht¬
barkeit entsprechen. Der Zuschuss wird für einen bestimmten
Eber so lange gegeben, als er zur Zucht geeignet ist, und
zwar nur an Vereine mit mindestens acht Mitgliedern, die Be¬
sitzer von mindestens 20 gekörten Sauen sein müssen.
Der Eber muss reinbliitig von der grossen weissen York-
shirerasse abstammen. Er darf nicht eher zur Zucht verwendet
werden, als bis er zehn Monate alt ist. Die Sauen sollen mög¬
lichst zur dänischen Landrasse gehören und erst im Alter von
| neun Monaten zum Eber zugelassen werden. Die Zuchtsauen
müssen gekört und gezeichnet werden. Die Anzahl der für
einen Eber anzunehmenden Zuchtsauen darf nicht mehr als 50
betragen. Der Fütterer des Ebers hat eine Deckliste zu führen.
Die Nachkommenschaft soll mit der Nummer des Mutterthieres
bezeichnet werden. Ueber das Alter, Herkunft, Qualität bei
j der Ablieferung zum Schlachten ist Buch zu führen. Mindestens
. einmal jährlich sind die Bestände von der Aufsichtsbehörde zu
I revidiren.
Bücheranzeigen und Kritiken.
Neue Eingänge.
(Besprechung Vorbehalten.)
Schmaltz. Deutscher Veterinärkalender für das Jahr 1901,
herausgegeben in 2 Theilen. Berlin bei Richard Schoetz.
Preis 4 M.
Dr. Elllnger, Bezirksthierarzt in Dermbach. Vorschriften über
die Gewährleistung beim Viehhandel nach dem Bürgerlichen
Gesetzbuche, vorzugsweise für Landwirthe. 2. Auflage, Derm¬
bach 1900. Selbstverlag des Verf. Pr. 0,35 M.
J. Ehrhardt, Professor an der Thierarzneischule in Zürich:
Die Hundswuth, ihre Verbreitung und Bekämpfung. Aarau 1900
bei Emil Wirz. 1,80 M.
Personalien.
Auszeichnungen : Dem Departementsthierarzt Scharmer -Liegnitz
ist der Rothe Adlerorden IV. Kl. verliehen worden.
Ernennungen: Thierarzt Georg Francke definitiv zum Kreis-
tbierarzt in Mülheim a. Rh. und M. Just-Schkölen zum comm.
Kreisthierarzt in Waldbröl (R.-B. Köln). Grün, bisher Bezirks-
thtarärzt in Kulmbach, zum Bezirksthierarzt in Königshofen (Unter-
frank.). Die Thierärzte Wilhelm Ernst-Augsburg und Seiler zu
Assistenten am patbolog. Institut an der Thierärztlichen Hochschule
zu München bezw. Hannover, Hirsch, bisher Assistent a. d. med.
Klinik in Kassel, zum Kreisthierarzt für den Kreis Gersfeld, Oscar
Mahir-Egling zum thierärztlichen Assistenten bei der Polizeidirection
in München, Hans Meissner-Uflfenheim zumDistrictsthierarzt in Stein¬
gaden, G. Mo um alle zum Polizeithierarzt in Hamburg. — Volk,
Kreisthierarzt in Landshut, ist in den Ruhestand versetzt worden.
Gewählt: Thicrarzt Reil-Frankfurt a. M. zum Schlachthof¬
inspector in Köln a. Rh.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die Thier¬
ärzte August Knorr und Georg Schenklaus als bezirksthierärztliche
Assistenten nach Bruck bezw. München, Albert Marggraff von
Edenkoben nach Landau. — Thierarzt G. Bi sch off hat sich in
Boppard a. Rh., Carl Veidiger in Weilerbach Bez. A. Kaisers¬
lautern, Heinrich Wöhner-Haslach in Otterberg (Pfalz) niedergelassen.
In der Armee: Befördert zu Oberrossärzten: die RosBärzte Am¬
hoff im 25. Drag.-Rgt. und Hepp im 26. Drag.-Rgt., letzterer unter
Versetzung zum Rcmontedepot Breithülen. — Im Beurlaubten¬
stande: Braun, UnteiTossarzt d. Res. (Landw.-Bez. Rottweil),
zum Rossarzt d. Res. befördert. Langheinz, Rossarzt d. L. 1.
(Landw.-Bez. Biberach) ist der Abschied bewilligt.
R. Ulrich, Schlachthofinspector in Neumarkt i.Schl., hat sich zum
Dienst bei dem Expeditionscorps in China gemeldet und ist dem
Ostasiatischen Reiterregiment als Rossarzt überwiesen. Ra kette,
Rossarzt im 15. Art.-Rgt., zur Dienstleistung im Hauptquartier des
Grafen Waldersee commandirt
Todesfälle: Kreisthierarzt Bossert-Wlirzburg.
Yacanzen.
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Assistentenstelle am thierhygienischen Institut zu Freiburg i. Br.
zum 1. Oct. er. (1200 M. Gehalt). Bewerb, mit Zeugnissen an den
Vorstand.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Aachen: Montjoie. — R.-B. Cassel: Gersfeld. R.-B. Düssel¬
dorf: Landkreis Krefeld. — Waldbröl. — R.-B. Cöslin: Bütow. —
R.-B. Oppeln: Gross-Strehlitz (600 M.) zum 1. October er. — R.-B.
Wiesbaden: St. Goarshausen.
Sanltltsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachthof zum 1. Oct. er. (2400 M.,
steigend bis 3600 M.). Bew. bis 1. Sept. an den Senator Dr. Donandt.
— Cassel: Schlachthofassistenzthierarzt sofort. (1800 M. 3monat¬
liche Kündigung.) Bewerbungen an den Director. — Cottbus:
i Schlachthof-Assistenzthierarzt zum 1. Oct. er. Bewerb, mit Gehalts¬
ansprüchen sofort an den Magistrat. (Anstellung diätarisch bei
vierteljähriger Kündigung.) — Düren: Schlachthofdirektor. (3600M.
Wohnung etc. Zunächst dreimonatliche Kündigung.) Bewerbungen
bis 25. er. an den Bürgermeister. — Grätz: (Posen): Schlachthof¬
inspector (1500 M., Wohnung etc., Privatpraxis in dienstfreier Zeit).
Bewerb, an den Magistrat. — Halle: 2 Assistenzthierärzte zu sofort
bezw. 1 Octob. er. (1800 M. Wohnung etc.) Bewerbungen an den
Schlachthof. — Königsberg i. Pr.: Schlachthofthierarzt zum 1.
Oct. er. (2000 M., Wohnung etc. oder 300 M. Wohnungsentschädigung
6wöch. Kündigung.) Bewerbungen bis 24. August an den Director.
— Ottweiler (Bez Trier): Schlachtbausvferwalter (1700 M. Gehalt,
ca. 300 M. aus der Fleischbeschau; Wohnung etc.) Bewerb, bis
5. 9. an das Bürgermeisteramt. — Pausa: Thierarzt für den
Fleischbeschau-Bezirk. (Zunächst eine Beihilfe bis Ende Juni 1903
im Betrage von 1100 M. zugesichert.) Bewerbungen bis 5. Sept. er.
an den Stadtgemeinderath. — Rackwitz i. Pos : Thieraizt für
Schlachtvieh- und Fleiscbschau. (1200 M. Fixum. Privatpraxis)
Meid, beim Magistrat. — St. Wendel: Schlachthofverwalter (Bewerb,
mit Gehaltsansprüchen bei freier Wohnung bis 1. September er. an
den Bürgermeister). — Wolkenstein, Schlachthofthierarzt. (Zu¬
nächst bis 1903 Beihülfe von 700 Mark zugesichert.) Privatpraxis
gestattet. Bewerbungen an den Stadtrath. — Wollstein (Posen):
Schlachthofinspector zum 1. Oct. er. (1200 M. Wohnung etc. Privat¬
praxis in dienstfreier Zeit). Bewerb, an den Magistrat
b) Nach Abi au i der Meldefrist noch unbesetzte Stellen**
— Eberswalde: Schlachthofinspector. — Graudenz: Assistenz-
thierarzt am Schlachthof. — Haltern: Sanitätsthierarzt. — Köln:
Schlachthofthierarzt. — Königsberg (Ostpr.): Schlachthofthierarzt
zum 1. October er. — Salzwedel: Schlachthofvorsteher. —
Stettin: 3. Schlachthofthierarzt zum 1. September. — Wanne:
| Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. — Wolgast: Schlachthof-
j Verwalter zum 1. October er.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu-
: stadt). — Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotzenau
i. Schl. — Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen
(Kr. Pillkallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). —
Sold au (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. —
Mengeringhausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schles.)
— Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Römhiid. —
Scbloppa (Westpr.) — Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg.
— Suelze Mecklb.). — Wolkenstein.
I Besetzt: Kreisthierarztstelle in Waldbröl.
VerantworUich für den Inhalt (excL Inscratcntheil): Prof. Dr. Schinaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. Büxonslcin, Berlin
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Die „Berliner Thlerärxtllche Wocbeneehrlfl“ erscheint
wöchentlich in 8Uirke von mindestens l 1 /» Bogen. Dieselbe
ist in besiehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1083)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoet», Berlin NW., Luisenstrasse 5«, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeiträge werden mit 50 Mk. für den Bogen honorirt.
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionell.en An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält»,
Berlin thierärztlicho Hochschule, NW., Luisenstras-e 50.
Correcturen, Recensions-F.xemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz- Berlin.
Verantwortlicher Rcdacteur.
De Bruln KDhnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZQndel
Professor Obertbierarzt Departementsthierarzt Kreisthierarzt Departementsthietarzt Veterinärassessor Professor Landes-Insp. f. Tliierzucht Kreisthierarzt
Utrecht Hambarg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. 35 . Ausgegehen am 30. August.
Inhalt: Jackschath: Zur Symptomatologie und Pathogenese des essentiellen Bl ut harne ns der Ri nder. — Referate: Hutyra;
Tuberculinversuche bei Rindern. — Schneider & Bussard: Der Parasit der Beschälseuche. — Friedenthal: Ueber einen
neuen Nachweis der Blutsverwandtschaft zwischen Menschen nud Tbieren. — J. Eppinger: lieber eine Erkrankung an der
Schweiftraabe des Rindes. — Annett: Tubercle hacilli in milk, butter and margarine. — Künstliche Zähne heim Schaf. —
TagesgeBchichte: Protocoll der 46. General-Versammlung des thierärztlichen Centralvereins der Provinz, Sachsen, der an-
haltischen und thüringischen Staaten. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — Fleischschau und Viehhandel.—
Personalien. — Vacanzen.
Zur Symptomatologie und Pathogenese des
essentiellen Blutharnens der Rinder.
Von
Jackschath-Pollnow,
Thiorarzt.
Da die Krankheiten des Blntes bei dem Menschen wie bei
den Hansthieren immer mehr Forscher interessiren, and der
Umkreis der Forschungen auf diesem Gebiete ein immer grösserer
wird, die Ergebnisse derselben immer mehr Licht in dieses so
räthselhafte und interessante Gebiet hineintragen, so dass die
Frage der Hämatopathologie in medicinischen Kreisen eine
Tagesfrage geworden ist, so wagt auch der Schreiber dieses
Aufsatzes mit seinen auf ausgedehnten Stadien beruhenden
Beobachtungen hervorzutreten und dieselben dem Urtheile seiner
Fachgenossen zu unterbreiten. Diesem Aufsatze werden in
kürzeren und längeren Zwischenräumen folgende, weitere
Themata über denselben Gegenstand folgen:
1. Geschichte des essentiellen Blutharnens der Rinder und
der Krankheiten des Blntes überhaupt.
2. Zur Aetiologie des Blutharnens.
3. Das Schicksal des Blntes beim essentiellen Blutharnen
der Rinder.
4. Sectionsbefunde von am Blntharnen gefallenen Rindern.
5. Prophylaxe und Therapie des Blutharnens.
Bis in die neueste Zeit hinein wurde in sämmtliclieu
Lehrbüchern der Thierheilkunde die Ansicht vertreten, dass es
sich beim essentiellen Blutharnen des Rindes um eine Erkrankung
des Blutes handle, welche durch toxische bezw. infectiöse Ur¬
sachen, ja sogar durch rheumatische Einflüsse bedingt sein
können. Erst italienische Forscher, welche in ihrem Lande
mehr Gelegenheit finden, sich mit Krankheiten des Blutes zu
beschäftigen, da ja bekanntlich Italien das Land der Malaria par
excellence ist, hoben hervor, dass analog den Malariaparasiten
der Menschen, auch diesen ähnliche Parasiten, die „Malaria des
Rindes“ hervorrufen. Jedoch, was bei sämmtlichen Autoren, die
über diese Blutkrankheit des Rindes geschrieben, vermisst
I werden muss, ist die ungenaue und schwankende Beschreibung
der Symptome, welche sich nur in dem Symptome der Entleerung
blutigen Harnes deckt. Es giebt aber kaum eine zweite
Krankheit der Rinder, bei welcher man so präcis nnd genau
Symptome neben Symptome bestimmt darstellen kann, wie gerade
bei der Malaria des Rindes. Das soll die folgende Darstellung
lehren:
Das essentielle Blntharnen des Rindes ist an bestimmte
Oertlichkeiten (Wald- und Sumpfweiden von bestimmtem
Character) gebunden*). Ein jedes Rind kann auf einer der¬
artigen Weide erkranken. Jedoch erkranken die an Orts- und
Weide Verhältnisse gewöhnten alten Thiere selten, während junge
Thiere, die zum ersten Male die Weide betreten, leicht und
heftig von dem Leiden befallen werden. Am heftigsten aber
erkrankt neu eingebrachtes, fremdes Vieh, welches aus Gegenden
stammt, wo das Blutharnen nicht voi kommt. Dies wissen die
betreffenden Besitzer ganz genau und kaufen daher das Vieh im
Spätherbste resp. im Winter und wenn möglich, aus Gegenden,
die eine den „Blutharnweiden“ ähnliche Weide haben. Jedoch
wird der Zweck selten erreicht, weil die Ursache eben eine
infectiöse ist und eine Immunität nur in Folge eines Durch-
! seuchens eintreten kann. Dass jedoch auch Rinder, die einerseits
schon einige Jahre an derartige Weiden gewöhnt sind, anderer¬
seits die Krankheit schon durchgemacht haben, trotzdem an
essentiellem Blntharnen erkranken können, dafür liegen zahl¬
reiche Beobachtungen vor. Dann ist die Erkrankung aber immer
eine leichte. Der Verlauf der Seuche ist ein durchaus gesetz-
mässiger. Die Incubationszeit, während welcher das verderb¬
liche Agens wirkt, ist zu theilen in die Zeit der Aufnahme des
infectiösen Stoffes und die Zeit der beginnenden Blutdissolution
(Hämoglobinämie) bis zum Uebermasse derselben, wobei es dann
zur Hämoglobinurie kommt. Der zweite Theil der Incubations¬
zeit, während welcher die Blntdissolution bis zur eintretenden
Hämoglobinurie vor sich geht, braucht nur 24 Stunden zu
dauern. Während der Incnbationszeit bemerkt man an dem
*) Wird genauer ausgefübrt werden in der „Aetiologie d. Bl.‘
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410
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Nu. 35.
betreffenden Rinde eine gewisse Ermüdung, unregelmässige
Athraung, verminderte Fresslust, häufigere Aufnahme von Wasser,
Zurückbleiben hinter der Herde. Dann kommt es nach Ab¬
bruch dieser Zeit zum Entleeren blutigen Harnes. Neben der
Hämoglobinurie tritt dann am 2. und 3. Tage ein profuser
Durchfall auf, welchem am 4., oft am 5. Tage eine hartnäckige
Verstopfung folgt, bei der nur wenige trockene Kothmassen, oft
mit geronnenem Blnte vermischt, entleert werden. Der Harn
wird während dieser Zeit immer dunkler und schliesslich schwarz-
roth. Solange der Durchfall dauert, herrscht, um mit Hertwig*)
zu reden, der Zustand der Sthenie, der Erregung. Das er¬
krankte Rind ist hochgradig aufgeregt, drängt häufig auf Ent¬
leerung der Blase und des Mastdarms, ist in der Nierengegend
gegen Druck stark empfindlich und hält den Rücken gekrümmt.
Dann folgt zusammen mit der Verstopfung der Zustand der
„Asthenie“, die durch den furchtbaren Blutverlust in Folge der
Blutdissolution eintretende Erschöpfung. Das betreffende Thier
liegt andauernd und stöhnt, die Harn- und Kotentleerung sistirt,
die sichtbaren Schleimhäute werden gelb gefärbt und innerhalb
weiterer 2—3 Tage erfolgt der Tod. Dies characteristische
Bild des Blutharnes, welches deutlich für einen gesetzmässigen
Verlauf desselben spricht, habe ich in ca.160 Fällen sich in gleicher
Weise wiederholen sehen.
Die specielle Pathogenese der Krankheit hat man nach
meiner Ansicht folgender Maassen aufzustellen: Die Erreger**)
des essentiellen Blutharnens (man könnte den betr. Parasiten
als ein Haematozoon destruens bovis bezeichnen) dringen in die
Blutbahn ein und vernichten die rothen Blutkörperchen***). Mit
der stattfindenden Auflösung der rothen Blutkörperchen wird
das Blutplasma von dem frei gewordenen Hämoglobin geröthet,
wie man es an dem Serum des aus der Vena jngularis gelassenen
und zur Gerinnung gebrachten Blutes ausgezeichnet beobachten
kann. Ein Theil des aufgelösten Blutes fällt dem Stoffwechsel
anheim und wird • auf diesem Wege verbraucht, ein anderer
Theil wird zur Gallenbildung verwendet. So lange kann der
Vorgang noch als in physiologischen Grenzen sich haltend
betrachtet werden. Jedoch die Zerstörung der rothen Blut¬
körperchen schreitet weiter fort; der thierische Körper vermag
das in grossen Mengen entstehende Hämoglobin nicht mehr zu
halten und zu verwenden, und es tritt Hämoglobinurie ein.
Ferner bildet sich in der Leber überreichlich Galle (Hyper-
cholie), die schliesslich nicht ganz in den Darm abfliessen kann
und somit zur Resorption gelangt, ja es kommt sogar zu einer
Pfropfenbildung eingedickten Secretes in den Gallengängen, in
Folge dessen die Galle noch mehr stagnirt und um so reichlicher
resorbirt wird. Bei dieser Auflösung der rothen Blutkörperchen
darf jedoch die grösste Gefahr nicht übersehen werden. Diese
besteht darin, dass das Stroma der aufgelösten rothen Blut¬
körperchen sich zu einer zähen, klebrigen Masse mechanisch
vereinigt („Stromefibrin“ Landois) Dieses „Stromefibrin“,
welches in Klumpenform in dem Blute des kranken Thieres
umherkreist, verhält sich wie ein Fremdkörper und führt daher
in kleinen und kleinsten Gefässen zur Embolien- und Thromben-
bildung. Andererseits führt das in Mengen aufgelöste Hämo-
*) Besser wäre gesagt worden: mit „J. Brown'' (1735—88 1 )
welcher die Begriffe Sthenie und Asthenie zuerst in die theoretische
Medicin eingeführt und dieselben in einem System verarbeitet hatte.
Hertwig hat dies System für die Thierheilkunde, jedoch nicht
zu ihrem Nutzen, verwerthet
**) Siebe „Aetiologie d. Bl.“
***) Siehe „Schicksal des Blutes beim Bl.“
globin umfangreiche, ausgedehnte Gerinnungen im Blute herbei,
in dem es zahlreiche Leucocyten zur Auflösung bringt, aus
deren Zerfall die Fibringeneretoren (Gerinnungsbildner) hervor¬
gehen *). Durch diesen doppelten Gerinnungsprocess treten
heftige Circulationsstörungen und diesen folgende Functionsver¬
nichtungen einzelner Organe ein, und ist in diesen die Haupt¬
ursache des Todes des erkrankten Rindes gegeben. Dass diese
Gerinnung und Embolienbildung thatsächlich vor sich geht,
sehen wir nicht nur an Blutproben und an den dem Cadaver
eines Thieres entnommenen Präparaten**), sondern auch deut¬
lich schon intra vitam. Die Athemnoth auf der Höhe des
Leidens beweist, dass dem Blutserum in den Lungen Hinder¬
nisse gelegt sind. Am deutlichsten zeigt sich dies jedoch an dem
Verdauungsapparate und an dem Verhalten desselben beim leben¬
den Thiere. Woher denn der Durchfall und die nachfolgende Ver¬
stopfung? Der Darmkanal enthält den Plexus rayentericus, das auto¬
matische Bewegungscentrum des Darmes, zwischen longitudinaler
und circulärer Muskelschicht eingebettet. Alle Reize, die nun
demPlexus myentericus zugeführt werden, bedingen eine Peristaltik,
die schliesslich zu einer stürmischen Darmbewegung und zu
häufiger Kothentleerung führt. So sehen wir im ersten Krank¬
heitsstadium bei blutharnkranken Rindern, wie alle Viertel¬
stunden fast ohne Bauchpresse sich ein Strahl wässerigen Kothes
ergiesst, Die Ursache dieser „Dysperistaltik“ (nach Dyspnoe
gebildet) liegt in unserem Falle in einer Blutstauung, welche
durch Verstopfung der Gefässlumina der Darmkapillaren durch
Trümmer rother Blutkörperchen und durch Gerinnungsmassen
des Blutes herbeigeführt wird. Diese Blutstauung führt alg
Reiz zur „Dysperistaltik“. Die Reizung der Plexus myentericus
wird jedoch in Folge der anhaltenden Zerstörung der rothen
Blutkörperchen und der hierdurch fortschreitenden Embolien- und
Thrombenbildung immer heftiger und intensiver, und schliesslich
wird der hochgradig erregte Darm durch Ueberreizung zur
Ruhe gebracht; es tritt Darmparese ein, welche also hier durch
anhaltende Blutstauung herbeigeführt wird. Diese Dann¬
parese bedeutet nun Verstopfung, wie wir sie so eclatant an
einem kranken Rinde beobachten können, das schliesslich von
selbst garnicht mehr fähig, die im Mastdarm befindlichen Koth-
stücke durch Drängen herauszuschaffen, weil eben die Bauch¬
presse, nicht aber der Darm „mitdrängt“. Dieser Vorgang ist
bei dem essentiellen Blutharnen constant zu beobachten und
spielt sich so gesetzmässig ab, dass man allein nach dieser
Beobachtung die Diagnose „essentielles Blutharnen“ stellen kann.
Ferner tritt eine Verstopfung der Nierencapillaren ein und
entsteht hierdurch eine Entartung der Nierensubstanz.***) Weiter
ist anzunehmen, dass die bei den Blutharnen der Rinder oft
auftretende Steifigkeit in den Muskelpartien des Hintertheils
durch Verstopfung der Muskelcapillaren und nachfolgende theil-
weise Gerinnung des Myosins verursacht wird.f)
Schliesslich treten auch in Folge der anhaltenden und aus¬
gedehnten Blutstauungen Laesionen der betroffenen Gefftsse.
Zerreissungen derselben und Ergiessen des Blutes auf Schleim-
*) Ueber den experimentellen Nachweis dieser Tbatsache vgl.
Landois „Lehrbuch der Physiologie des Menschen“, 1895, S. 197.
**) cf. „Sectionsbefunde etc.“
***) cf. Sectionsbefunde u. s. w.
f) Unterbindung der Muskelarterien, sowie überhaupt Störungen
der Circulation in den Muskeln bewirken Muskelstarre. Liesse sich
nicht die Muskelstarre bei der Haemoglobinaemie des Pferdes
durch Verstopfung der Muskelkapillaren, wie es bei dem essentiellen
Blutharnen der Rinder geschieht, ohne Zwang erklären?
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30. August 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
411
häute und seröse Häute ein. So finden wir constant den Koth
eines schwerkranken Thieres mit geronnenem Blute vermischt
(sogen. Rückenblut der früheren Autoren, z. B. Rohlwes 1802,
welcher direct sagt, dass aus dem Blutharnen schliesslich das
„Rückenblut“ entstehe).
Der Tod des Thieres wird bedingt:
1. durch eine allgemeine Anaemie, eine Folge der aus¬
gedehnten Dissolatio sanguinis.
2. durch die zahlreichen Embolien der kleinen Gefässe,
Thrombosenbildung, Schädigung der Gefässwandungen, Transsuda¬
tionen. Ihre Folgen sind Functionsvernichtung sämmtlicher be¬
troffener Organe (Darm, Nieren u. s. w.).
3. durch Vergiftung des Thieres mit den aus den rothen
Blutkörperchen frei gewordenen Kaliverbindungen.
Als Schlussfolgerung ergiebt sich:
Das essentielle Blutharnen des Rindes stellt eine durch
Infection hervorgerufene, gesetzmässig verlaufende Haemoglobin-
aemie dar, welche in Folge der stattfindenden Blutdissolutionen
wichtige Lebensfnnctionen schädigen und hierdurch den Tod des
Thieres herbeifuhren kann.
Referate«
Tnberculinversuche bei Rindern.
Von Prof. Dr. Fr. Hutyra-Budapest.
OiHitxrli« ZoiUi-hr. f. Thii>rmr<1. 1900 Bd. 4, II. 1.
Der vom Verf. gelieferte Beitrag zur Tnberculosediagnostik
erstreckt sich auf ein Beobachtungsmaterial von 170 Haupt
Rindern nnd hat deshalb einen bedeutenden Werth für die Frage,
weil der Tuberculinprobe in jedem Falle das Ergebniss der
sorgfältig ausgeführten Obdnction gegenübergestellt ist.
Ans dem Gesammtergebniss der Untersuchung geht hervor,
dass unter den 150 Thieren reagirten:
init 1,5° oder mehr 41 St., hiervon tuberculos 38 St. = 93,5 pCt.
.. 1,0 1,40" 12 .. ., , 7 ., =58,3
.. 0,5- 0,9" 17 „ ., ,. 4 „ -- 23,5 .,
keine Reaktion bei 86 ., „ ,. 3 .. -= 3,4 ,,
In einer dem Aufsatz angehängten Tabelle sind die Rinder
einzeln nach Rasse. Alter, Geschlecht in fortlaufender Reihe auf¬
geführt nnd hinter jeder Nummer das Resultat der Tubercnlin-
probe und der Obdnction eingetragen.
Die Zusammenstellung ergiebt, dass 14 Stück der tuber-
culösen Rinder eine Temperaturerhöhung von 1,5°, welche im
Allgemeinen als Massstab für eine positive Reaction hingestellt
wird, nicht erreichten. Diese Beobachtung bestätigt wiederum
die bereits mehrfach von deutscher Seite constatirte Thatsache.
dass die Beurteilung der Reaction nach diesem Massstabe allein
ziemlich fehlerhaft ist. H. nimmt deshalb, wie bereits Oster¬
tag n. A. vorgeschlagen, in den zweifelhaften Fällen die
absolute Temperatursteigernng und die event. bei dem
Individuum eintretende Organreaction mit zu Hilfe und stellt
an der Hand seiner Versuche nachstehende Gesichtspunkte für
die Beurtheilung auf: „Als tuberculOs (inficirt) ist zu betrachten
jedes Thier
a) dessen Temperatur im Vergleich zur Temperatur vor
der Injection nach dem der Reaction entsprechenden Typus um
1.5" oder mehr, resp. über 40°. aber hierbei mindestens um
0,5° gestiegen ist;
b) dessen Temperatur sich um 1,0—1,4° erhöht und dabei
Erscheinungen einer organischen Reaction aufweist.
Dagegen liegt kein Grund zur Annahme der Tuberculose
vor, wenn die Temperatur höchstens um 1,4° gestiegen ist
39,5° jedoch nicht überschritten hat und gleichzeitig auch keine
organische Reaction zu beobachten war, vorausgesetzt, dass die
systematisch durchgeführte Untersuchung der betreffenden Thiere
keine pathologischen Veränderungen nachweist, die auf das Vor¬
handensein der Tuberculose Verdacht erwecken könnten.
Die zweimalige Temperaturmessung vor der Injection
(Morgen- nnd Abendtemperatur) ist zum Zweck der Diagnose
nicht unbedingt erforderlich, da die absolute Temperatursteigerung
bei weitem wichtiger ist als die relative Temperaturerhöhung.
Fünf Rinder, bei denen eine Temperaturdifferenz von 0,5—1,0°
constatirt wurde, erwiesen sich als tuberculos bei der Obduction.
Vier Thiere dieser Gruppe zeigten vor der Einspritzung eine
Temperatur von mehr als 39°, welche nachher bis 40° und
darüber stieg. Auf Grund dieser Erfahrungen glaubt Verfasser
annehmen zu können, dass eine Steigerung der Temperatur über
40°, falls die absolute Temperaturerhöhung 0,5° überschreitet,
bei mindestens 1 's Jahr alten Tieren, als positive Reaction zu
betrachten ist.
Die Untersuchung der 150 Fälle würde bei einer genauen
sämmtliche Nebenumstände berücksichtigenden Beobachtung,
worin auch die klinische Untersuchung einbegriffen ist, in
98,1 pCt. der Fälle eine richtige Diagnose ermöglicht haben.
Der Parasit der Beschälseuche.
Von Schneider und Bussard.
(Rpcueil, Ki'liruar, Mürz und April 1900.)
Schneider und Bussard haben bereits 1890 den von Rouget
als den Erreger der Beschälseuche bezeichneten Parasiten ans
der Gattung Trypanosoma im Blute von zwei Hengsten nnd
zwei Eseln, die an Beschälseuche erkrankt waren, vorgefunden.
Der Parasit ist nicht leicht zu finden, er fand sich in dem in
den Anschwellungen und den Hautlaesionen entnommenen Blut
vor. ist leicht zu färben, doch waren die Culturversuche resultat¬
los. Das Blut, auch wenn es ganz frei von Parasiten zu sein
scheint, das Sperma, der Vaginalschleim, die erweiterten Theile
des Rückenmarks sind virulent. Künstlich übertragen liess sich
die Krankheit auf Pferde, Esel, Hunde, Kaninchen, Ratten und
Mäuse. Die Impfung unter der Hand gelingt am besten. Die
Injection lässt sich auch erreichen durch das Belegen, die intra-
cranielle Inoculation oder durch Bepinseln der Vaginalschleim¬
haut oder der Conjunctnr mit virulenten Producten. Besonders
beim Hunde werden je nach der Widerstandsfähigkeit der Ver¬
suchstiere und der Anzahl der eingeimpften Parasiten mehr
oder weniger schwere Formen der experimentellen Krankheit
hervorgerufen. Schneider und Bussard unterscheiden vier
Perioden in der Entwickelung der Krankheit: 1. das Incubations-
stadium; 2. ein heisses Oedem, das an der Inoculationsstelle
schmerzhaft ist; oedematöse Infiltration des Bauches und der
Genitalien, Balanitis beim Hund, Vaginitis und bisweilen Abortus
bei der Hündin; eontiunirliches Fieber; 3. Abmagerung, Loco-
motionslösung, Auftreten der Hautläsionen, Arthritis, purulente
Conjunctivitis, ulceröse Keratitis. Endlich, in der vierten Periode,
hochgradige Cachexie, Paralyse oder plötzlicher Tod. Gewöhnlich
bedarf die Krankheit mehrere Wochen zu ihrer Evolution.
Schneider und Bussard sind der Ansicht, dass der von
ihnen erwähnte Parasit zweifellos der specifische Erreger der
Beschälseuche ist. Als diagnostisches Mittel empfehlen sie die
Impfung auf den Hund und die mikroskopische Untersuchung
des Blutes, das in der Nähe der Anschwellungen und der Haut¬
läsionen entnommen werden muss.
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412
Ueber einen neuen Nachweis
der Blutsverwandtschaft zwischen Menschen nndThieren.
Von Dr. Friedentbal.
(D. Med. Woch.)
Es ist bekannt, dass das Serum der einen Thiergattung die
Blutzellen einer anderen Thiergattung auflöst — in vitro sowohl,
wie im Gefässsystem selbst, wenn man Transfusionen von der
einen Thierart auf die andere macht. Nur bei einander sehr
nahe stehenden Gattungen findet das. nicht statt, insbesondere
nicht bei Blut solcher Species, die fruchtbare Bastarde liefern.
— Verf. hat nun zur Feststellung des Verwandtschaftsgrades
Menschenblut Affen eingespritzt und fand, dass dabei seine Zellen
im Gefässsystem der niederen Affen der Zerstörung anheim¬
fallen, dass sie dagegen in dem der anthropomorphen Affen
erhalten bleiben (Chimpanse, Gibbon, Orang). Verf. fand weiter¬
hin, dass Serum vom Katzenhai nicht die Blutzellen des Dornhais
auf löst, doch die des Rochens; Froschserum nicht die der Kröte,
doch die des Salamanders. — Die Blutzellen zerstörende Wirkung
des Serums scheint von in ihm enthaltenen Eiweisskörpern her-
znrühren, doch gelang Verf. eine genauere Feststellung nicht.
Bemerkenswert ist, dass dass Serum sich wie gegenüber den
Blutzellen so auch gegenüber den Spermatozoen einer anderen
Thierart verhält. Diese Untersuchungen systematisch durch¬
geführt dürften für die systematische Zoologie, besonders für
die Verwandtschaftsfrage von grosser Bedeutung werden.
Ueber eine Erkrankung an der Schweiftraube des Rindes
von J. Eppinger
Thicräritl. Cuntralbl 1899 S. 89.
Als Schweiftraube des Rindes wird in der Mittheilung ein
Hautsack bezeichnet, welcher durch einen runden Sehnenstrang
mit dem letzten Schweifwirbel verbunden ist. Der Strang ist
von einer Sehnenscheide umgeben, welche sich leicht entzündet
und ein wasserhelles Exsudat ausscheidet. An der Uebergangs-
stelle zum Schweiftraubenhautsack entsteht eine fluctuireude
Stelle. Der Schweif verhält sich hier wie ein viel gebrauchter
mürber Strang (?). Die mit der eigenartigen Erkrankung
behafteten Rinder sollen normalen Appetit zeigen und trotzdem
ganz erstaunlich abmagern.
Die Behandlung des Leidens erfolgt in der Weise, dass
au der bezeiclmeten weichen Stelle (vordere Schweiffläche) ein
4-5 cm langer Hautschnitt gemacht wird. Durch diesen tritt
bei Biegung des Schweifes an der betreffenden Stelle die prall
gefüllte Sehnenscheide in Gestalt eines wurmförmigen Sackes
hervor. Derselbe wird abgeschnitten oder eröffnet, wonach sich
die Heilung des Leidens innerhalb 6—8 Tagen von selbst
vollzieht.
Tubercle bacilli in milk, butter and margarine
von E. H. Annett.
(I.anrcl. 1900 159 p. Contrl.l. für I.. n. P. 1900 XXVII. 12-1.1.)
Verf. weist zunächst auf die Wichtigkeit der Tubercu-
linisation der Milchkühe hin. A. hat seine Untersuchungen auf
das Vorkommen von Tubercelbacillen in der Margarine gerichtet;
als Material benutzte er 36 Proben ans Berlin und 13 Proben
ans Liverpool, und zwar wurden die Berliner Proben den Meer¬
schweinchen intraperitoneal, die Liverpooler Proben subcutan
applicirt. 21 Berliner Proben scheiden wegen vorzeitigen Todes
der Versuchsthiere aus; von den noch verbleibenden 15 Proben
aus Berlin enthielt keine einzige echte Tubercelbacillen.
Bei 2 Meerschweinchen constatirte A. die von Koch in der
Wo. 35.
Butter beobachteten säurefesten tubercelähnlichen Stäbchen. —
Von den 13 Proben ans Liverpool enthielt eine echte Tubercel¬
bacillen. J.
Künstliche Zähne beim Schaf.
Dem Liverpool Journal of Commerce wird von einem
australischen Correspondenten berichtet, dass ein Heerdenbesitzer
in Hargreaves bei Mudgee mit grossem Erfolg versucht hat.
Zahnersatz für Schafe zu schaffen. Er besass einen werthvollen
amerikanischen Schafbock, welcher, in Folge des Verlustes der
Zähne, nur schwer die Nahrung zerkauen konnte. Er setzte
ihm künstliche Zähne ein, und seitdem konnte das Thier das
Futter gut durchkanen. Ein Versuch, der jedenfalls zu Nach¬
ahmungen anregt!
Tagesgeschichte.
Protocoll der 46. General-Versammlung des thier-
ärztlichen Centralvereins der Provinz Sachsen, der
anhaitischen und thüringischen Staaten,
welche am 13. Mai 1900 in Magdeburg abgehalten wurde.
Anwesend waren die Mitglieder:
Buhmann, Schlachthof-Thierarzt, Magdeburg; Colberg
Director des Schlacht- und Viehhofes, Magdeburg; Dem min
Städt. Thierarzt, Zerbst; Dolle, Thierarzt, Oschereleben
En der s, Kreis - Thierarzt, Weissenfels; Enke, Thierarzt
Schkeuditz; Ehrhardt, Kreis-Thierarzt, Stendal, Ernst, Hol
thierarzt, Quedlinburg; Dr. Felisch, Kreis-Thierarzt, Merseburg
Friedrich, Kreis-Thierarzt, Halle a. S.; Geldner, Sanitäts
Thierarzt, Burg b. M.; Goerold, Thierarzt, Hamersleben
Gotting, Kreis-Thierarzt, Aschersleben; Gundelach, Kreis
Thierarzt, Magdeburg; Haas, Kreis-Thierarzt, Zerbst; Hecker
Thierarzt, Halle a. S.; Hofherr, Kreis-Thierarzt, Herzberg
Holtzhausen, Thierarzt, Gr. Amraensleben; Dr. Kantorowicz
Thierarzt, Mühlberg a. E.; Kohl, Thierarzt, Lützen; Lange
Kreis-Thierarzt, Salzwedel; Lausche sen., Kreis-Thierarzt, Bitter
feld; Leistikow, Departements-Thierarzt und Veterinär-Assessor
Magdeburg, Liebrecht, Thierarzt, Zörbig; Meissner, Thier¬
arzt, Schafstädt; Mugrowski, Schlachthof-Director, Halberstadt:
Pirl, Landes-Thierarzt, Dessau; Rheinshagen, Kreis-Thierarzt,
Genthin, Richter, Thierarzt, Dessau; Ristow, Schlachthof-
Thierarzt, Magdeburg; Rössler, Kreis-Thierarzt, Cöthen;
Schlemmer, Thierarzt, Gröbzig; Schulz, Kreis-Thierarzt,
Neuhaldensleben, Schulze, Thierarzt, Bernburg; Sickert,
Kreis-Thierarzt, Egeln; Siebert, Thierarzt, Gardelegen;
Siebert, Thierarzt, Schönebeck; Sorge, Schlachthof-Inspector,
Stassfurt; Spuhrmann, Schlachthof-Director, Stendal; Stein,
Kreis-Thierarzt, Dessau; Wienke, Kreis-Thierarzt, Wittenberg:
Witte, Schlachthof-Director, Quedlinburg; Ziegenbein, Kreis-
Thierarzt, Oschersleben; Ziegenbein, Kreis-Thierarzt, Wolmir-
stedt.
Als Gäste waren anwesend die Herren: Prof. Dr. Oster tag
Berlin, Corps-Rossarzt Thietz, Magdeburg, Lewin, Schlachthof-
Thierarzt, Magdeburg, Michalski, Rossarzt, Magdeburg und
Rittergutsbesitzer Friedrichs -Niederdodeben.
Der stellvertretende Vorsitzende Herr Departements-Thier-
arzt Leistikow eröffnet mit herzlichen Begriissungsworten
um 10 Uhr die Versammlung.
Zur Aufnahme in den Verein hatten sich die Herren
Gerkens, Kreis-Thierarzt, Möckern nnd Ulrich, Thierarzt,
Ziesar gemeldet, dieselbe erfolgte einstimmig.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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30. August 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
413
Da der Cassenwart krankheitshalber nicht erschienen ist,
konnte der Cassenbericht nicht erstattet werden.
Zn Punkt 3 der Tagesordnung erhält Thierarzt Richter-
Dessau das Wort zu seinem Vortrag über „Hundeseuche“
und führt — wie folgt — aus:
Wie bekannt, verbreitete sich im Jahre 1898—1899 eine
Hundekrankheit seuchenhaften Verlaufes über mehrere Städte
Deutschlands. Die Krankheit schien ihren Anfang in Süd-
dentschland genommen zu haben und zog von da nach Mittel-
iind Norddeutschland.
Unabhängig von anderen in thierärztlichen Zeitschriften
veröffentlichten Mittheilungen wurde in Dessau seit Ende l)e-
cember 1898 eine Hundekrankheit beobachtet, welche durch ihr
seuchenartiges Auftreten von Monat zu Monat zunehmend eine
derartige Ausbreitung erlangt hatte, dass gegen 300 Hunde
thierärztlicherseits behandelt worden sind; es ist daher anzn-
nehmen, dass, da nach dortigen Verhältnissen erfalirungsgemäss
nur zu einem Drittel erkrankter Hunde ein Thierarzt zugezogen
wird, 800—900 Hunde von etwa 1300 versteuerten erkrankt
gewesen sind. Seit Ende November 1899 ist die Seuche,
welche ich kurzweg nach dem Beispiel von Klett und Albrecht
Hnndeseuche nennen will, in Dessau als erloschen zu betrachten.
Eine Verbreitung der Seuche über Dessau hinaus konnte
bis auf zwei Fälle in Vororten nicht bemerkt werden; in der
Stadt selbst trat die Krankheit in allen Theilen und Strassen
derselben, bei Luxus- und Gebrauchshunden, ohne jeden Rassen-
nnd Geschlechtsunterschied auf. Ebenso kam das Alter der
Thiere bei der Erkrankung nicht in Betracht; es konnte aber
festgestellt werden, dass ältere Hunde, speciell Stubenhunde,
in Folge ihrer Verweichlichung schwer erkrankten und auch
procentnaliter mehr eingingen, als jüngere oder mitteljährige.
Thiere im Alter bis zu einem halben Jahr schienen der Krank¬
heit ebenfalls leichter zu erliegen, iedoch verhältuissmässig
seltener zu erkranken.
Die Patienten wurden meist mit folgendem Vorbericht zu¬
geführt: Ohne recht nachweisbare Ursachen tritt Erkrankung
ein; grosse Hinfälligkeit, Unlust, Apathie, vollkommene Appetit¬
losigkeit und starke Abmagerung machen sich bemerkbar. Ein
auffallender Durst spec. nach Wasser, welches meist sofort
wieder erbrochen wird, stellt sich ein; ein stinkender, bestia¬
lischer Geruch entströmt der Maulhöhle, Es zeigt sich häufiges
Erbrechen zuerst glasigen, grünlichen Schleimes, später bräun¬
licher, in seltenen Fällen dunkelroth blutiger Massen. Blutiger
Durchfall oder Verstopfung, stets aber auffallend seltener Harn¬
absatz sind vorhanden. Bei Beginn der Erkrankung sind fast
immer Störungen der Bewegung zu verzeichnen, die später selbst
zu vollkommenen Lähmungen fuhren können.
Die Erscheinungen im Krankheitsbilde sind nun folgende:
Auffallend ist die grosse Mattigkeit und Unlust in der Bewegung;
Thiere, die früher auf das leiseste Zeichen, auf die geringste
Anregung ihres Herrn folgten, zeigen keinen Appell mehr.
Trotz der grossen Hinfälligkeit ist kein Schlaf vorhanden, die
Patienten liegen meist ruhig und unbeweglich unter Schweigen
oder leisem Wimmern, grosse Schmerzen verrathend mit offenen
Augen da. Ich konnte aber auch solche beobachten, welche fast
unbeweglich sich stundenlang stehend hielten. Hierbei ebenso
wie beim Vorführen zeigen die Patienten entweder nach oben
gekrümmten Rücken (Katzenbuckel), oder der Kopf wird nach
vorn und oben unter starker Streckung des Halses getragen
(Ortho-respet. Opisthotonus). Bei schweren Erkrankungen treten
die Schultermuskeln und die Muskeln der Nachhand unter fast
tetanischen Erscheinungen hervor. Häufig konnte neben den
eben geschilderten Symptomen durch die Contraction der geraden
Angenmuskeln Vorfall der Nickhaut constatirt werden. Bei
diesen tonisch-tetanischen Krämpfen — diese Erscheinungen
hierunter zu rechnen, dürfte man wohl in Versuchung gerathen —
hält sich das Thier meistens stehend und fällt dann, wenn die
Ermattung zu gross wird, um, bleibt jedoch unter derselben
Anspannung der Muskeln mit krampfhaft starren Gliedmassen
liegen. Derartig Erkrankte vermögen in den seltensten Fällen
abzuschlucken. Vorstehende Beobachtungen sind bei schweren
und schwersten Erkrankungen und im protahirten Verlauf der¬
selben zu beobachten. Im Anfang und bei leichteren Fällen
macht sich stets der Katzenbuckel und Schwäche der Nachhand,
ja selbst ein lähmungsartiger Zustand derselben, wie man es
bei schweren Obstructionen, bei nervöser Staupe sehen kann,
bemerkbar, jedoch mit Rücksicht auf letztere fehlen stets die
für diese characteristischen Zuckungen. Ohne Bewegungs¬
störungen setzt die Krankheit nach meinen Beobachtnngen nie
ein, und dann tritt das erste typische Erbrechen auf.
Das Haarkleid ist glanzlos und bei glatthaarigen Hunden
aufgebürstet. Es tritt später reichlich Epithelabschuppung ein, das
Unterhautbindegewebe ist wenig elastisch, erzeugte Hautfalten
bleiben stehen. Die Hautfarbe ist an den wenig behaarten
Körperstellen auffallend blass.
Die allgemeine Körpertemperatur ist heruntergedrückt:
Nase, Ohren, Rumpf und Gliedmaassen fühlen sich auffallend
kalt an, Schüttelfröste, ja Zähneklappern, wie ich bei Hunden
noch nie gesehen habe, werden beobachtet.
Ausfluss aus Nase und Augen fehlt; der bulbns oculi ist
glänzend, die Pupille erweitert. Die Konjunctivalschleimhaut
ist zu Beginn blass, und auch nach meinen Beobachtungen sind
die GefäsBe derselben, um den Klett’schen Ausdruck zu ge¬
brauchen, in schöner Verästelung kenntlich, später tritt dann
eine cyanotische Färbung ein.
Die Maulhöhle ist entweder sehr schwer in Folge der
straffen Anspannung der Muskeln zu öffnen, oder dieselbe wird
krampfhaft offen gehalten. Es entströmt derselben ein aasähnlich
stinkender Geruch, und die Schleimhaut hierselbst ist zum Be¬
ginn blass, später cyanotisch gefärbt. Häufig ist in Dessau,
ebenso wie in Stuttgart ein geschwüriger Zerfall derselben,
speciell gegenüber den Fang- und Backenzähnen sowie am
Gaumen in der Nähe des Kieferngelenkes constatirt worden. Zn
Beginn sind diese Geschwüre klein, mit glattem oder schwach
erhöhtem Rande und mit weissem Belage; in der Umgebung
derselben ist die Schleimhaut häufig auffallend blutleer und blass.
Später vergrössern sich diese Geschwüre, die Ränder sind zackig,
zerfetzt und zerrissen, der Belag wird grau und, wie Klett
treffend sagt, zunderähnlich. Auch konnte ich derartige Ver¬
änderungen, allerdings seltener, auf und unter der Zunge beob¬
achten.
In zwei Fällen wurde die vordere Hälfte der Zunge der¬
artig nekrotisch, dass der abgestorbene Theil mit der Scheere
entfernt werden musste. Maulschleimhaut sowie Zunge sind auf¬
fallend kühl und trocken. Fast stets ist eine höhere Röthung
selbst cyanotische Färbung, starke doppelte Querfaltenbildung
der Zungenschleimhaut neben mehr oder weniger dunkelgefärbtem
Belag festzustellen. Verschiedentlich wurde von Besitzern bei
Erhebung der Anamnese bemerkt, dass die Thiere nicht schlucken
könnten; auch ich habe dies bei Eingabe von Arznei und Bouillon
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414
beobachtet, nicht etwa, dass die Thiere dies nicht wollten, nein
selbst Wasser, wonach die Patienten gierig trachteten, konnte
nicht abgeschlnckt werden. Dieselben Beobachtungen machte
Klett.
Die Pulsfrequenz ist zu Beginn erhöht, der Puls ist klein;
später geht ev. die Zahl der Pulse selbst bei kleinsten Hunden
bis auf 30 Schläge herunter. Der Pulsschlag ist dann schwach,
wurmiörmig oder fadenziehend, ungleichmässig und unregelmässig.
Die Mastdarmtemperatur ist Anfangs nur wenig erhöht oder
normal, um bei letalem Ausgang stets subnormal zu werden.
Verschiedentlich konnte ich feststellen, dass die Temperatur bis
34,5 herunterging. Beim Einfuhren des Thermometers in das
Rectum zeigen hochgradig erkrankte Thiere starke Schmerzen.
Der Respirationsapparat zeigt bis zum tödtlichen Ausgange
keine auffallend krankhaften Erscheinungen. Die Athmung ge¬
schieht oberflächlich nnd ruhig; die Zahl der Atemzüge ist
meist normal.
Der Leib ist anfgeschürzt und dabei doch recht häufig voll
und gespannt. Die Palpation ist änsserst schmerzhaft; die
Thiere suchen durch starke Anspannung der Bauchmnsculatur
dem Drucke bei der Untersuchung Widerstand entgegen zu
setzen. Häufig lässt sich bei ganz leichter Palpation des
Magens Erbrechen, Würgen oder Rülpsen hervorrufen. Der
Magen ist leer und Schwellung desselben lässt sich nachweisen.
Im Darmkanal sind theilweise Kothstränge zu fühlen, häufig ist
jener aber leer. Meist ist die Harnblase prall gefüllt, und bei
Druck auf dieselbe entleert sich ein goldgelber Harn von
klarer Beschafienheit und ohne specilischen Geruch in grosser
Menge. Wo eine Abtastung der Leber möglich ist, wird die¬
selbe stets geschwollen vorgefunden. Die Percussion ergiebt
nichts Beinevkenswerthes, bei der Auscultation wurden häufig
gluckernde und klingende Geräusche wahrgenommen. Der Koth¬
absatz sistirt. entweder ganz und tritt nach einigen Tagen bei
Genesung wieder auf, oder es entsteht profuser und manchmal
blutiger Durchfall; in seltenen Fällen entleert der Patient brann-
rothen, derben Kotli mit blutig-schleimigem Ueberzuge.
In keinem Falle fehlt Erbrechen; es tritt dies, wie schon
erwähnt, sehr verschieden auf, indem entweder unter starkem
Würgen grünlich-glasiger, theilweise schaumiger Schleim oder
aber dunkelbraune bis dunkelrote, lackfarbene Massen in schweren
Krankheitsfällen unter starken Schmerzen entleert werden. Bei
Verabfolgung selbst kleiner und kleinster Mengen Wassers er¬
folgt sofort Erbrechen. Es ist oft nicht möglich, dasselbe zu
stillen, so dass die Thiere bis zum Eintreten des comatösen Zu¬
standes bald immerfort erbrechen oder Würgebewegungen machen.
Es sind nun zu unterscheiden: leichte, schwere und schwerste,
meist peracut verlaufende Fälle.
Leichte Fälle, meist in Genesung übergehend, zeigen folgende
Symptome: Gespannter Gang, Mattigkeit, Appetitlosigkeit, hohes
Durstgefühl, nicht häufiges Erbrechen ev. blutiger Durchfall,
stinkender Geruch aus der Maulhöhle, manchmal Geschwürs¬
bildung daselbst, Schmerzen in der Bauchhöhle. Die Thiere
reagiren meist noch auf Nadelstiche. Nach vier bis acht Tagen
tritt Besserung ein, die Patienten zeigen freiere Bewegung,
grössere Lebhaftigkeit nnd Appetit.
Schwere Fälle: Es treten die schon vorher geschilderten
schweren Verdauungsstörungen, Steifheit des ganzen Thieres
auf; Vorfall der Nickhaut; Schluckbewegung kann nur sehr
schwer ausgeführt werden. Sensorium stark benommen, unstill¬
bares Durstgefühl, anhaltendes Erbrechen selbst manchmal
No. 35.
blutiger Massen, Cyanose, Pupillenerweiterung ev. Erosionen
und Geschwürsbildung in der Maulhöhle, epileptiforme Krämpfe:
das Thier wird kalt, soporöser Zustand, Temperatur weit sub¬
normal, Coma, Tod. Verlauf zwei bis zehn Tage; ja selbst nach
vierzehn Tagen wurde noch tüdtlicher Ausgang beobachtet. —
Bei drei von diesen schweren Fällen konnte ich Taubheit der
Thiere festellen. Dass keine überaus schwere Benommenheit
diese Störung vortäuschte, bewies der eine wiedergenesene
Hund, welcher deshalb vergiftet werden musste. Bei diesen
drei Patienten waren speziell in der Gegend der Tonsillen
starke Geschwürsbildungen vorhanden. Ich nehme an, dass
von der Maulhöhle sich durch die Tuba Eustachii ein
krankhafter Process nach dem Ohre fortgesetzt hat. In mehreren
Fällen waren Blutungen in die vorderen Angenkammern fest¬
zustellen Pirl konstatirte in einem Falle eine sich hieran an¬
schliessende Hornhautentzündung. Todesfälle 70%*
Schwerste, peracut verlaufende Fälle: Stets tödtlich. Einige
Tage vor Ausbruch der Krankhoit ist Unlust, Magenverstimmung,
ev. Erbrechen bemerkbar, dann plötzlich stierer Blick, Wimmern,
Steifheit, Convulsionen, tonisch-klonische Krämpfe.
Nachkrankheiten waren wenige zu verzeichnen. Ausser den er¬
wähnten Ohren- und Augenerkrankungen wurde in einzelnen Fällen
eine entweder einseitige oder doppelseitige Lähmung der Nachhand
gemeldet. Häufiger war ein länger anhaltender Magendarm-
katarrh Folge der überstandenen Krankheit.
Therapie bei leichten Fällen: Ruhe, keine Aufregung,
Diät: Sehr wenig abgekochtes oder gar kein Wasser, Milch mit
Mehl, Graupen- oder Haferschleim, Bouillon mit Ei und rohem fein
geschabtem Fleische, Somatose je ein Theelöffel täglich, Tj opon
zwei bis drei Esslöffel pro die, Kakao oder Thee mit Milch,
Priessnitz’sche Umschläge, Klysma, leichte Massage auf die Blase,
später bei eintretender Besserung Pepsinwein in ganz kleinen
Mengen. Bei Erosionen in der Maulhöhle Ausspülungen mit
Kal. permanganic. 1 — 2 pCt.
Bei schweren Fällen sind neben obiger Behandlung, speciell
bei Erbrechen, zu versuchen Eispillen, Creosot mit Gummi
arabicum, Bismuth mit Gummi arabicum oder Oel, Tannin.
Eisenpräparate. Von Erfolg war zeitweise Morphium snbcntan.
Die Nachbehandlung bestand in Verabfolgung von Rhabarber-
tinctur, Pepsin und Salzsäure; bei Lähmungen wurde Massage.
Frottiren und Electricität in Anwendung gebracht.
Prophylaxe: Isoliren der erkrankten Hunde, sorgfältiges
Vernichten der Körperabgänge: abgekochtes Wasser, gute, leichte
Nahrung: Zurückhalten der Thiere an der Leine, um gegen¬
seitige Berührung zu verhüten. Bei Ausbruch der Krankheit
wären eventuell anzuwenden innerlich: Calomel mit Rhicinnsöl.
Natrium salicylicum, Creolin, Creosot, Bismuth.
Hierorts war die Aufregung über die Krankheit infolge ihrer
starken Ausbreitung eine grosse, so dass von Seiten der herzog¬
lichen Staatsregierung zur Beruhigung nnd Aufklärung eine
volksthümliche Belehrung über die Krankheit herausgegeben
wurde.
Klett-Stuttgart und Albrecht-München beschreiben in der
D. Th. W. 1899, No. 5—8 und 21 und 22 unter dem Namen
Hundeseuche eine Krankheit, welche mit der in Dessau auf¬
getretenen identisch ist, obwohl hierorts sich Abweichungen
verschiedener Symptome zeigten. Ebenso beschreibt Scheibel-
Frankfurt in der B. T. W. 1898, No. 7 und 8 eine Hunde-
krankeit, welche viele Aehnlichkeiten. aber auch Abweichungen
von der Dessauer Hundeseuche aufweist. Auf oben erwähnte
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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30. August 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
41f>
Anfsätze von Klett, Albrecht und Scheibel werde ich
später zurückkommen.
Was die Aetiologie anbetrifft, so wissen wir vorläufig gar
nichts und nur weitere Versuche können Aufklärung bringen,
ln dieser Hinsicht vermochten oben erwähnte Herren uns nur
Vennnthungen zu bieten. Dass die Krankheit etwa als eine
durch Yerffitterung von Hundekuchen hervorgerufene Massen¬
vergiftung zu betrachten sei, ist bereits in der B. T. W. negirt
worden, und auch die in Dessau gemachten Beobachtungen
können diesbezüglich zur Bekräftigung dienen.
Sectionsbefund: Meinerseits sind im ganzen 19 Seetionen
gemacht worden nnd bei allen waren fast dieselben pathologisch-
anatomischen Erscheinungen: Die Körperhöhlen leer, Bauchfell
in wenigen Fällen gering entzündet, meist intact. Harnblase
war stets prall gefüllt, Blut der grossen Hanptgefäsee und der
Pfortader meist schwarzroth-flüssig. Milz mehr oder weniger
geschwollen. Leber dunkelkirschroth, sehr blutreich, auf dem
Durchschnitt fenchtglänzend, das Lebergewebe geschwollen,
derb, Acini nicht zu erkennen, im Ganzen ist die Leber stark ver-
grössert, Gallenblase gefüllt, Galle dunkelgrün, dick. Nieren
blutreich, saftig, ohne weitere Veränderungen, Harnblase mit
klarem goldbemsteingelbem Harn ohne specifischen Geruch ge¬
füllt, Schleimhaut glatt und glänzend ohne entzündliche Ver¬
änderungen; Lungen schwammig, elastisch, knisternd, ohne
entzündliche Erscheinungen; Luftröhre und Bronchien mit dünn-
schaumigem, hellröthlichem Inhalt gefüllt. Herzbeutel ohne Ver¬
änderung, Herz prall gefüllt, grauroth. Magen enthält theil-
weise theerartiges flüssiges Blut. Die Magenschleimhaut bildet
häufig von der Cardia bis zum Pvlorus eine wurmartig ge-
wulstete, schw'arzrothe Fläche, doch ist auch hellere, graurothe,
respective graugelbe Färbung der Wülste vorhanden. Die
Schleimhaut des Zwölffingerdarms ist meist geschwollen und mit
zahlreichen rothen Längsstreifen injieirt; dazwischen lagern
häufig linsen- bis bohnengrosse blutige Heerde. An der Ein-
mündung88telle des Choledochus und Paucreaticus ist die Schleim¬
haut hoch geröthet und geschwollen.
Dünndarm: Schleimhaut geschwollen. Röthung an vielen
Stellen; gezackte Figuren quer durch das Darmlumen ver.
laufend bemerkbar. Lymphfollikel nicht zu erkennen. Die
paghinisclie Klappe ist am freien Rande grauschwarz. Die Blind¬
darmschleimhaut geschw'ollen, querfaltig meist ohne Blutungen
und Rotlistreifung. Mastdarmschleimhaut hinter der Ileocoecal-
klappe gering entzündet, dann aber bis zum Ende im Stadium der I
entzündlichen Schwellung; netzartiges Bild der Schleimhautfalten. !
Mesenterialdrüsen theilweise geschwollen. Häufig in der
Maulschleimhaut Erosionen.
Gelegentlich einer am 22. September 1899 von Herrn Landes¬
thierarzt Pirl ausgeführten Section eines Hundes wurde aus der
Gallenblase unter sterilen Bedingungen Galle entnommen, um diese
Tags darauf einem Versuchshund zu injicieren. Es wurde ein männ¬
licher Hnnd, Rattler, ein Jahr alt, in gutem Nährzustande befindlich,
mit 5 cbcm. Galle subcntan an der rechten Bauchdecke geimpft.
Mittags war an der Injectionsstelle geringes Oedem vorhanden,
der Hund war munter und frei von weiteren Krankheits¬
erscheinungen; Abends stellte sich Mattigkeit und Appetitmangel
ein, P. 130, A. 20, T. 39,8. Am 24. September früh Schüttel¬
frost, gekrümmter Rücken, Winseln, Schmerzhaftigkeit der
Bauchdecken. Oedem kleiner, Puls 140, A. 22, T. 40,2. Appetit¬
losigkeit während des ganzen Tages. Abends desselben Tages
Kothabsatz mit blutigem Schleim gemischt. T. 39,9, P. 150,
klein und schwach; das Tier sucht sich lange stehend zu halten,
Psyche frei. Am 25. September früh T. 3(1,8, A. 20, ober¬
flächlich, P. 00, schwach, fast nicht fühlbar. Beginnendes
l Coma, Speichelfluss, Brechbewegungen, Erbrechen, Zuckungen:
Mittags Val Uhr T. 35,1, Puls unftihlbar, Herzschläge 34 in der
Minute, Athmnng tief, 30 mal in der Minute. Klonischtonische
Krämpfe, hierbei dunkelgelber Haruabsatz, Kotli breiig, mit Blut
gemischt. Die sichtbaren Schleimhäute zeigen keine Gelb¬
färbung! Um 3 Uhr Nachmittags wurde das Tier im Todes¬
kampfe durch Stirnschlag getödtet, und es wurde sodann im
Beisein von Herrn Veterinärassessor Pirl Section gemacht.
Sectionsbefund: An der rechten Bauchdecke bis zum
Brustbein ödematöse Schwellung, entstanden durch die snb-
cutane Injection. Cavum der Brust- und Bauchhöhle leer. Darm¬
kanal grauröthlich, Blase fast leer. Nieren, Milz, Leber und
Gallenblase wie beim früheren Sectionshericht. Magenschleim¬
haut bis zum Phylorus geröthet, im Grunde stark in Falten
regenwurmartig gelegt, geschwollen. Zwölffingerdarm Schleimhaut
geschwollen, granrotli, stellenweise rosenroth gefleckt. Schleim¬
haut des Dünndarms geschwollen, anfgelockert, grauroth mit
schleimigem Belage. Dickdarmschleimhaut ähnlich wie im Dünn¬
darm verändert, lleocoecalklappe am Rande geröthet, Mast¬
darmschleimhaut auf der Höhe der Falten stärker geröthet, nach
dem Ende zu blutige Streifen. Mageninhalt schleimig, Dünn-
und Dickdarm fast leer. Gekrösdrüsen stark geschwollen. Die
Organe der Brusthöhle zeigen keine besonderen Veränderungen.
Das Herz ist grauroth, welk und schlaff. In der Maulhöhlc findet
sich nichts Besonderes.
Von der Galle dieses Thieres wurde nun ein Setterbastard,
etwa 4 Jahre alt, kräftiger Konstitution am 25. September
4 Uhr mit 2 cbcm Galle unter sterilen Cautelen an der rechten
Schulter geimpft. Am 25. September Abends betrug die
Temperatur 38,7, der Puls 100, die Athraung w r ar normal; am
26. September 8 Uhr früh war die Temperatur 39,1, PuIb 120,
Athmung 30, geringes Oedem an der Injectionsstelle. Mittags:
Temperatur 38,8, Puls 110, Athmung 30. Am 27. September
früh 8 Uhr: Temperatur 39, Puls 100, Athmung 30, Abends
Temperatur 39,2, Puls 110, Athmung 30. Appetit war weniger
gut. Am 28. September früh 8 Uhr: Niedergeschlagen, liegt
viel, Winseln bei Palpation der Bauchdecken, kein Kothabsatz,
kein Appetit. Temperatur 39,8, Puls 140, Athmung 42; Mittags:
Temperatur 39,8, Puls 140, Athmung 44. Abends: Temperatur
40,3, Puls 90, Athmung 30. Oedem schwillt ab. Am 29. Sep¬
tember früh 8 Uhr: vollkommen apathisch, kein Appetit, Durst;
Temperatur 40, Athmung 30, Puls 104. Mittags 3 Uhr:
appetitlos, hinfällig, Würgbewegungeu, Erbrechen, blutiger Durch¬
fall, Wimmern, starre Körperhaltung, liegend; Temperatur 39,
Puls 120, Athmung 40, Abends 9 Uhr: Temperatur 37,1, grosse
Hinfälligkeit. Am 30. September früh 8 Uhr: Temperatur 37,3,
hört auf Zuruf. Mittags: Temperatur 38,9, lebhafter; Abends:
Temperatur 40,6, unruhig. Am 1. October früh: Temperatur
38,6, nimmt etwas Mehlsuppe, zum Skelett abgemagert, Mittags
Temperatur 39,0; Abends: Temperatur 39,3, bewegt sich.
Ein Abscess, welcher sich an der Injectionsstelle entwickelt
hatte, wurde am 2. October geöffnet. Die Krankheitserscheinungen
waren geschwunden, eine Gelbfärbung der Schleimhäute hatte
nicht bestanden!
Culturen wurden durch Herrn Vet.-Ass. Pirl von dem
secirten Hnnd gezüchtet, welcher die Galle als Impfstoff für
das erste Versuchsthier abgab, ebenso von letzterem. Zwei
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416
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 35.
Mäuse und ein Kaninchen sind ferner mit den gewonnenen
Cnlturen geimpft worden nnd reagirten' insofern, als sich bei
diesen eine offenbare Erkrankung bemerklich machte, während
die anderen in demselben Käfig befindlichen Thiere gesund
blieben; eingegangen ist keines derselben.
DifTerentialdiagnose:
1. Einfache nicht toxische Magendarmentzündung tritt
nicht so häufig und epidemisch auf; Erscheinungen im Allgemeinen
ähnliche, doch ist meist ein acuter Verlauf vorhanden, schweres
Fieber, hartnäckige Verstopfung und ev. später profuse Diarrhöe.
2. Mycotische Magendarmentzündung: hohes Fieber, sehr
rasch auftretender Collaps; die Häufigkeit der Erkrankung könnte
nur durch ein als Massenfabrikat angewandtes Futter hervor¬
gerufen werden, Hundekuchen ist jedoch ausgeschlossen.
Für das seuchenhafte Auftreten kommen zwar folgende
Krankheiten wenig in Betracht, doch mögen sie in differential¬
diagnostischer Beziehung erwähnt werden:
3. Icterus kann ähnliche Erscheinungen hervorrufen;
Magendarmkatarrh, Erbrechen und dabei* grosse Hinfälligkeit
spec. bei I. gravis unter starkem Temperaturfall, jedoch ist
stets das Ausschlag gebende die Gelbfärbung der Schleimhäute,
des Harnes und Küthes.
4. Lebererkranknngen gehen einher mit gastrischen Allge¬
meinerscheinungen und event. Schwellung der Leber, haben
jedoch auch meist Icterus, Gelbfärbung des Kotlies, Harnes n. s. w.
im Gefolge.
f>. Acute Peritonitis: hohes Fieber, Auftreibung und
Ausdehnung des Hinterleibes, dabei stets auffallender Harndrang,
sehr rascher Verlauf.
6. Acute Nierenentzündung: Harnmenge vermindert event.
ganz aufgehoben, Palpation des Hinterleibes schmerzhaft, Katzen¬
buckel, steifer Gang, Lähmung oder Schleppen eines Hinter-
fusses, Verstopfung, Erbrechen, mittel- bis hochgradiges Fieber,
jedoch hydropische Schwellung der subcutis event. eklamptische
Zufälle u. s. w.
7. Vergiftungen: Phosphor, Arsenik, Strychnin kommen
ebeuso nur für einige Symptome der Krankheit in Betracht, wie:
8. Stomatitis ohne schwere Allgemeinerkranknngen ver¬
laufend und
0. Skorbut: Maulerkrankung; Blutungen in die Retina.
10. Stille Wuth, schwacher Gebrauch der Gliedmassen,
Lähmungen spec. des Schlingapparates.
11. Abdominaltyphus führt Klett in seiner Differential-
diagnose an. Fröhner ist der Ansicht, dass diese muthmassliche
Erkrankung wohl nur auf Verwechselungen mit Milzbrand,
mykotischer Darmentzündung oder «anderen septischen Erkran¬
kungen oder Vergiftungen beruhe. Auch Semmer’s Ansicht
sei in dieser Beziehung nicht zu billigen. Am Wesentlichsten
kommt aber, wie Klett ausführlich schreibt.
12. die Staupe zur Berücksichtigung, und zwar speciell
ilie intestinale Form derselben. Wir haben bei der Hundeseuche
ähnliche schwere Erkrankungen des Digestionsapparates, haben
nervöse Störungen, Lähmungen der Nachhand, krampfähnliche
und krampfhafte Zustände, jedoch fehlen hierbei stets die für
die Staupe typische Augenentzündnng, das Exanthem, hohes Initial¬
fieber, ferner Nasenausfluss, Husten, katarrhalische Pneumonie,
nervöse Zuckungen etc. Vor allen Dingen kommt in Betracht, dass
au der Hundeseuche im Gegensatz zur Staupe meist mitteljährige
und ältere Thiere erkrankten, welche bereits diese überstanden
hatten.
Versuche zur Uebertragbarkeit der Seuche wurden von
Scheibel auf die verschiedenste Art und in ausgiebigster
Weise gemacht, doch gelang es ihm ebensowenig wie Albrecht
die Erkrankung von Thier auf Thier zu übertragen. Auch
hierorts wurde vielfach beobachtet, dass Hunde, welche in einem
Raum oder Gehöft zusammen mit einem erkrankten Hunde ge¬
halten wurden, nicht inficirt wurden. (Schluss folgt.)
Französische« Wlltfirveterinflrwesen.
Die schon lange erhoffte Reorganisation des französischen
Militärveterinärwesens ist in letzter Stunde durch einen Be¬
schluss des Budgetausschusses der Kammer verzögert worden.
Der Ausschuss hat den vom Kriegsministerium als nöthig er¬
achteten Mehraufwand von 362 000 Francs (289 647 m) zu hoch
gefunden und hat Abstriche verlangt. Diesem Ansinnen hat die
Militärverwaltung entsprochen und hat dieselbe einen neuen
Entwurf «ausgearbeitet, nach welchem das Veterinärcorps folgende
Zusammensetzung erhält:
1 Veteiinaire principal de 1. classe
(Oberst).anstatt —
10 Veterinaires principaux de 2. classe
(Oberstleutnant). ,. 6
42 Veterinaires principaux de 3. classe
(Major). „ 15
184 Veterinaires de 1. classe (Ritt¬
meister) . „ 142
240 Veterinaires de 2. et de 3. classe
(Oberleutnant und Leutnant) „ 271
Der Entwurf unterscheidet sich von dem abgelehnten auch
durch die Verminderung der Zahl der Veterinäre 2. und 3. Classe,
von welchen 280 beantragt waren. Zum Berichterstatter ist
von der Budgetcomission der dem Entwurf günstige Abgeordnete
Raiberti ernannt worden, so dass die französischen Collegen
Aussicht haben im Jahre 1901 ihre Wünsche endlich erfüllt zu
sehen. Der bisherige Berichterstater war der radicalsocialistische
Abgeordnete Pelledan.
Weltausstellung In Paris.
Verleihung des Grand Prix an die Firma Hauptncr
in Berlin.
Wie in dieser Zeitschrift früher (vgl. No. 7 d. Jahrgangs)
berichtet wurde, übertrug der deutsche Reichscoramissar Herrn
Rudolf Hauptner die Organisirung der Gruppe „Medicin und
Chirurgie“ in der deutschen Abtheilung. In dieser Gruppe hat
die Firma Hauptner, vermöge ihrer vorzüglichen Leistungen,
alle Mitconcurrenteu, also auch die Fabrikanten human¬
chirurgischer Instrumente, siegreich aus dem Felde geschlagen.
Denn nach einer der Redaction zugegangenen Mittheilung
wurde der einzige Grand Prix in der Klasse „Medicin und
Chirurgie“ von dem internationalen Preisgericht, welches sich
aus 12 Aerzten, 1 Zahnarzt, 1 Thierarzt und 1 Fabrikanten
zusammensetzte, den thierärztlichen Instrumenten der ge¬
nannten Firma zuerkannt. Der Umstand, dass dieselben hier
mit human-chirurgischen Instrumenten der ersten Firmen in
Concurrenz standen, giebt Zeugniss, zu welcher Vollendung die
thierärztliche Instrumententechnik in den Händen der Herren
Hauptner allmählich gediehen ist.
Es ist bekannt, dass für Einführung neuer und für Ver¬
besserung bereits in Gebrauch befindlicher thierärztlicher
Instrumente keine Firma einen regeren Eifer und besseres Ver¬
ständnis gezeigt hat und dass dieses Streben schon oft darch
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30. August 1900. __BE RLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. ____ 417
Staatspreise, goldene and silberne Medaillen und Ehrendiplome be- , der gedachten Fabrik die Goldene Medaille fiir Apparate zur
lohnt worden ist. Dnrch den Spruch der internationalen Jury ist der ^ Thierzucht und -Pflege.
Firma Hauptner ein Platz in der vordersten Reihe der Instru- Wir begriissen diese ausgezeichneten Erfolge der Firma
mententechniker auf medizinischem Gebiete von jetzt ab gesichert. Hauptner mit aufrichtiger Freude und geben hiermit unser»
Auch in der Klasse „Landwirtschaft“ errangen dieLeistungen Glückwünschen warmen Ausdruck.
Staatsveterinärwesen.
Von Preusse.
Rundreise-Liquidationen.
Bezüglich der Liquidirung von Rundreisen der beamteten
Thierärzte scheinen noch viele Unklarheiten zu herrschen.
Namentlich offenbar auch die Ansicht, dass es sich hier nur
nm eine gewöhnliche Verfügung an irgend eine Behörde handelt,
deren Anwendung «auf die kreisthierärztlichen Liquidationen
sogar als ungesetzlich bezeichnet worden ist. Zur Klarstellung
dieser Frage sei Folgendes angeführt:
Die Bestimmung, dass bei Rundreisen der Beamten nur der
wirklich zurückgelegte Weg berechnet werden darf, ist schon
eine sehr alte. Die Königliche Verordnung vom 28. Juni 1825
besagt bereits im § 9, c:
„Wenn der Beamte mehrere commissarische Aufträge an
verschiedenen Orten nacheinander ausrichtet, so darf nicht die
ganze Entfernung vom Wohnorte bei jedem einzelnen Aufträge
besonders zur Liquidation gebracht, sondern es kann nur der
von Ort zu Ort wirklich zurückgelegte Weg berechnet werden.“
Diese Bestimmung wurde durch verschiedene Ministerial-Erlasse
vom 5. März 1850 und vom 24. October 1851 präcisirt. Der
Ministerial-Erlass vom 19. Februar 1867 besagt, dass rücksicht¬
lich der Dienstreisen nach verschiedenen Zielpunkten (so¬
genannten Rundreisen), bei welchen eine Hinreise und eine
Rückreise nicht erkennbar ist, es nicht zweifelhaft sein könne,
dass für jede solche Reise die Abrundung auf Viertelmeilen für
die von den betreffenden Beamten bis zur Rückkehr in seinen
Wohnort überhaupt zurückgelegten Entfernungen, je nach den
vorbezeichneten beiden C'ategorien von Transportmitteln (Eisen¬
bahn oder Landweg), nur ein Mal erfolgen darf. Das Gesetz
vom 24. März 1873 bezw. die Königliche Verordnung vom
15. April 1876 haben hierin insofern nur eine Aenderung ein-
treten lassen, als an Stelle der Viertelmeilen Kilometer getreten
sind und bestimmt wurde, dass bei Reisen von nicht weniger
als zwei Kilometer, aber unter acht Kilometer, die Fuhrkosten
,|iir acht Kilometer zu gewähren sind.
Der § 5 des genannten Gesetzes besagt:
„Die Reisekosten werden für die Hin- und Rückreise
besonders berechnet. Hat jedoch ein Beamter Dienstgeschäfte
an verschiedenen Orten unmittelbar nacheinander ausgerichtet,
so ist der von Ort zu Ort wirklich zurückgelegte Weg un-
getheilt der Berechnung der Reisekosten zu Grunde zu legen.
Diese Vorschrift ist durch das neue Gesetz betr. die Tagegelder und
Reisekosten der Staatsbeamten vom 21. Juni 1897 nicht geändert,
da nach Art. 1 desselben nur die §§ 1 und 4 des Ges. vom 24.
März 1873 bezw. des Art. 1 §§ 1 und 4 der Königl. Verordnung
vom 15. April 1876 abgeändert worden sind. Die Bestimmung
in Betreff der Rundreise der Beamten im § 5 des Gesetzes vom
24. März 1873 besteht also heute noch zu Recht. Nun könnte
ja der Einwand gemacht werden, dass diese Bestimmungen nicht
für Medicinalbeamten gelten, da diese nach einem besonderen
Gesetz liquidiren und nach Art. V, Absatz 2, des Gesetzes vom
i 27. Juni 1897 sogar ausdrücklich von den Vorschüssen über
Reisekosten für andere Beamte ausgeschlossen sind. Dies trifft
i jedoch für die Rundreise nicht zu. Da in dem Gesetz vom
9. März 1872 von Rundreisen nicht besonders die Rede ist, so
! gelten für die Medicinalbeamten ebenfalls die allgemeinen Vor-
i Schriften über Rundreisen. Hierüber belehrt der Erlass des
I Ministers der geistlichen pp. Angelegenheiten vom 21. De-
! cember 1875 (M. Bl. 1876 S. 4). In demselben ist gesagt,
dass Dienstreisen in allen Fällen, wo sie als Rundreisen gemacht
werden können, als solche ausgeführt werden müssen und nicht
als Einzelreisen liquidirt werden dürfen. Diese Vorschrift ist
i durch die Gesetze vom 9. März 1872 und 24. März 1873
nicht aufgehoben und fortgesetzt von den Behörden in An¬
wendung zu bringen. Was für die Medicinalbeamten im
Allgemeinen gilt, gilt insbesondere auch für die beamteten
Thierärzte. Hieran lässt auch der Erlass der Herren Finanz-
1 und Landwirthschaftsminister vom 16. Januar 1889, auf welchem
auf 8. 333 der B. T. W. 1900 Bezug genommen worden ist,
I keinen Zweifel. Nach den bestehenden gesetzlichen und
ministeriellen Vorschriften gilt also in Betreff der Rundreisen
der beamteten Thierärzte folgendes:
Bei Rundreisen zählt jede Dienstreise vom Verlassen des
Wohnorts bis zur Rückkehr in denselben nur als eine Reise.
! Eine Rundreise liegt nur vor, wenn z. B. ein Dienstgeschäft im
Westen des amtlichen Wohnorts und unmittelbar darauf ein
i solches im Osten mit Berührung des Wohnorts ansgefnhrt
worden ist.
Dienstreisen müssen in allen Fällen, wenn sie als Rund¬
reisen abgemacht werden können, als solche liquidirt werden.
Kommt der Beamte hierbei mit den Normalsätzen nicht ans, so
kann er die wirklichen Ausgaben liquidiren. Die Abrundung
' auf volle Kilometer darf bei Rundreisen für die von den betr.
! Beamten bis zur Rückkehr in seinen Wohnort überhaupt zuriick-
| gelegten Entfernungen je nach den Entfernungen (Eisenbahn,
Dampfschiff oder Transportmittel auf Landwegen) nur einmal
erfolgen.
Bei Berechnung der Gesammtentfernung der Rundreisen ist
jedes angefangene Kilometer für ein volles zu rechnen; beträgt
I die Gesammtentfernung weniger als 8 Kilometer, so sind die
! Reisekosten für 8 Kilometer zu vergüten. Bei Rundreisen von
mehr als 8 aber weniger als 15 Kilometer, steht den Liquidenten
ein Anspruch auf 16 Kilometer nicht zu, dagegen können sie,
wenn sie mit den reglementsinässigen Sätzen nicht auskommen,
die erweislich höheren Reisekosten liquidiren.
Fleischschau und Viehhandel.
Von Kflhnau.
Die Fleischeinfnhr unter der Wirkung des
Reich 8fleisehschange8etzes.
Die Fleischeinfuhr in den Vorjahren schwankte in ihren
Mengen je nach der Geschäftslage in Deutschland sowohl, als
auch in den anderen continentalen und überseeischen Ländern.
In diesem Jahre kommt noch ein weiteres Moment, welches
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 35.
durch die Verhandlungen des Reichsfleischschaugesetzes und
dessen Verkündigung, sowie dessen Inkrafttreten gegeben wird,
hinzu. Um festzustellen, ob thatsächlich bereits ein Einfluss
des Reichsfleischschaugesetzes auf die Fleischeinfuhr zu ver¬
zeichnen ist, müssen die bisher vorliegenden Einfuhrzahlen
unter Betracht genommen werden. Das Verhältnis der Einfuhr
von Fleisch in diesem Jahre zum Vorjahre wird durch nach¬
stehende Tabelle veranschaulicht:
Fleischeinfuhr im ersten Halbjahr 1900 resp. 1899 u. 1898.
Frisches Einfach zubereitetes
Rindfleisch Schweine- Hammel-
Rindfleisch
Schweine-
fleisch fleisch
fleisch
1900.
De*100kg De*100kg De*
100 kg De = 100 kg De = 100 kg
Januar
18 700
9 252
81
1 975
7 848
Februar
15 185
6 915
61
1929
6 407
März
16 334
5 132
45
1895
5716
April
11 724
3 698
40
1 865
5 522
Mai
13 001
2 972
52
2 453
6 006
Juni
9 148
2 075
60
2 352
6 184
Ziis. 1900
84 092
30 044
339
12 469
37 383
1899.
Januar
16 602
15141
64
2 245
10 926
Februar
18 330
12 783
62
2 239
9 217
März
18 778
8 932
56
1 892
10 265
April
15 765
6 352
45
2 095
9 020
Mai
15 020
6 355
47
1 775
8 619
Juni
13 012
5 872
49
1 289
7 808
Zub. 1899
97 507
55 434
323
11535
55 655
i. J. 1898.
57 989
67 960
426
9 371
43 498
Schinken
Speck
Würste Büchsenfleiseh
De — 100 k
g De - 100 kg De
= 100 kg De
- 100 kg
1900.
Januar
3 020
6 860
2 761
3 720
Februar
2 599
5 498
3 345
2 538
März
2013
6 657
3 536
2 895
April
2 599
7 578
4189
1 717
Mai
2 435
6156
5 643
3 624
Juni
1 715
4 299
4 154
9 034
Zub. i. J. 1900 14 381
37 048
23 628
23 528
1899.
Januar
4417
16 802
3 582
4 110
Februar
3 714
14 720
3 020
2 805
März
4 660
16 980
3128
2 662
Aril
4 561
18 802
4 145
2 407
Mai
4 037
17 489
4 367
2 690
Juni
4 454
13 965
5 213
2 250
Zus. i.J. 1899 25 845
98 758
23 455
16 924
i. J. 1898
1 29 746
140 989
17 451
18 241
Die Einfuhrzahlen zeigen gegen die Vorjahre im All¬
gemeinen einen recht erheblichen Rückgang. Die Einfuhr von
frischem Rindfleisch hat um 13,7 pCt., von frischem Schweine¬
fleisch um 45,8 pCt., von gesalzenem Schweinefleisch um
32,8 pCt., von Schinken nm 44,3 pCt. und von Speck um
02,4 pCt. abgenommen. Die Einfuhr von frischem Hammelfleisch
ist ungefähr gleich geblieben, im Uebrigen ohne Belang. Eine
Zunahme zeigt die Einfuhr gesalzenen Rindfleisches von 7,5 pCt.,
von Würsten 0,7 pCt. und von Büchsenfleisch 28,0 pCt. Der
bedeutende Rückgang der Fleischeinfuhr hat seinen Grund in
dem niedrigen Stand der Fleischpreise dieses Jahres. Beispiels¬
weise sind nach dem „Viertelsjahrsheft zur Statistik des
Deutschen Reiches“ für Ochsen und Schweine mittlerer Qualität
für 100 kg in M. gezahlt worden:
1900 1899
Januar Februar März Jan./März Oct./Dec.
a) Ochsen, junge fleischige, nicht ausgeraästete
und ältere ausgemästete:
Berlin . . .
. 118,5
117,5
116,4
117,5
118,5
Stettin . . .
. 111,7
113,0
105,0
109,9
—
Danzig . . .
. 58,0
58,3
55,5
57,3
57,1
Magdeburg
. 63,8
63,0
61,6
62,8
64,4
Köln ....
. 129,0
128,0
126,5
127,8
136,6
Frankfurt a. M.
. 127,4
125 3
125,3
126,0
130,2
Dresden . .
. 123,6
119,8
117,5
120,3
1224
Leipzig . .
. 133,6
128,0
1220
127,9
135,9
Chemnitz . .
. 123,0
119,3
116,5
119,6
125 3
Mannheim . .
. 134,4
b)
134,0
Schweine,
132,8
fleischige.
134,7
135,1
Berlin . . .
. 91,0
90,5
88,4
90,0
93,0
Stettin . . .
. 93,8
90.0
89,0
90,7
95,1
Danzig . . .
. 67,6
67,8
68,5
68,0
68,5
Magdeburg
. 95,9
95,8
93,2
95,0
96,7
Köln ....
. 95,8
94,5
93,3
94,5
96,0
Frankfurt a. M.
. 105,6
103,5
101,8
103 6
106,7
Dresden . .
. 98,0
96,3
94,3
96,2
99,5
Leipzig . . .
. 95,5
93,5
91,0
93,3
96,8
Chemnitz . .
. 95,2
93,3
93,5
94,0
96,6
Mannheim . .
. 104,4
104,0
101,0
103,1
108,1
Die Preise verstehen sich für Ochsen in Danzig und Magde-
bürg für Lebendgewicht, an den übrigen Plätzen für Schlacht¬
gewicht, für Schweine in Danzig für Lebendgewicht ohne Tara,
sonst für Lebendgewicht mit Tara oder Schlachtgewicht.
Diese niederwärts gehende Tendenz der Fleischpreise hat
besonders für Schweinefleisch bis tief in den Sommer hinein an¬
gehalten, jetz gegen den Herbst beginnen die Fleischpreise sich
zu erholen, namentlich für Rinder werden bessere Preise gezahlt
und wird aller Voraussicht nach diese Stimmung über den Herbst
hinaus andauern. Ein anderer Factor, der für die Mindereinfuhr
verantwortlich zu machen ist, ist das Anziehen der Fleischpreise
in England, in Folge des starken Bedarfs der Armee-Verwaltung
für die afrikanischen Truppen und in Folge des Einfuhrverbots
gegen argentinisches Vieh. Deutlich hervor tritt dieser Um¬
stand, wenn die Herkunftsländer der Fleischimporte in Rück¬
sicht gezogen werden.
Einfuhrländer und Einfnhrmengen.
Dänemark
49 445i
—
2 717 9129,
1 500|
482
481
Frankreich
2 463'
—
— |
_ _
—
—
Gr.-Britann.
— 1
—
—
— 3 289
—
—
—
—
Niederlande
27 809 24 321
82
560 813
2 809
3 001
3 620
—
Oestr.-Ung.
1 986
1 353 129
— 803
2 322
—
790
Russland
— .
3 673
—
1 167 -
—
—
—
—
Schweiz
2 146
—
— —
—
—
—
—
Uruguay
— ,
—
—
—
—
—
—
458
Ver. Staaten
von Amerika
114
7 631 22 738
7 506
32 821
17 525
15786
Brit. Austral.
_ |
— |
—
_ _
—
—
—
6 841
Dänemark
61 158
1899.
1 974 9 776
1 741
660
576
Frankreich
1 185;
64
—
_
—
—
—
—
Gr.-Britann.
—
55
—
— 2 807
—
—
—
Niederlande
30 191 47 637
67
964 —
2 304
4 455
3 678
—
Oestorr.-Ung.
| 1 547 11
1003
198
- 823
2 070
—
706
--
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30. August 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
419
Herkunft
| Frisches f
Gesalzenes
g* Schinken |
Speck
«
ta
u
53
■S
de
S 33
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Russland
_
5 656
|
1 056 —
_
_
_
_
Schweden
31
! —
! —
— i —
—
—
—
—
Schweis
2 887
1 —
—
— j —
—
—
—
—
Uruguay
—
1 —
1 —
i
—
—
—
—
Vor. Staaten
von Amerika
—
684
—
7 134 41 063
19414
92 632
17 601
11 655
Brit Austral.
—
—
—
—
—
—
—
4 021
Der voijährige Versuch, aus Schweden frisches Rind¬
fleisch zu importireu, ist in diesem Jahre nicht wiederholt
worden. Die Einfuhr von frischem Rindfleisch aus Dänemark
ist fast um den fünften Theil zurückgegangen, zum Tlieil wohl,
weil der englische Markt für dänisches Fleisch aufnahmefähiger
geworden ist, zum Theil aber auch, weil Dänemark sich mehr
und mehr der Milchwirthschaft und dem Molkereiwesen zu¬
wendet, und von der Aufzucht und dem Mästen von Ochsen
Abstand nimmt. Die Schwankungen der Rindfleischeinfuhr aus
den übrigen Ländern sind durch die schlechtere Geschäftslage
in Deutschland im ersten Halbjahr dieses Jahres zu erklären.
Frisches Schweinefleisch ist aus Frankreich und Gross¬
britannien in diesem Jahre überhaupt nicht eingeführt worden.
Die Einfahren aus den übrigen Ländern haben ganz bedeutend
nachgelassen. Allein aus den Niederlanden sind fast 50 pCt.
weniger eingeführt werden, auch hier dürfte England als besserer
Abnehmer den Hauptantheil haben. Gesalzenes Rindfleisch
ist im Durchschnitt etwas mehr eingefiihrt worden, namentlich
aus Dänemark, die vermehrte Kuhhaltung durfte hierfür heran¬
zuziehen sein. Gesalzenes Schweinefleisch, Schinken
und Speck haben in der Einfuhr ganz erheblich nachgelassen,
in der Hauptsache ist es Amerika, welches so wenig geschickt
hat. Die Schweinefleischeinfuhr ist fast um die Hälfte und die
Schinken- und Speckeinfuhr fast um zwei Drittel ihres vor¬
jährigen Betrages gesunken. Der Rückgang ist ein ständiger
gewesen nnd haben hieran die Verhandlungen und die Ver¬
kündigung des Fleischschaugesetzes nichts geändert. Die
Geschäftslage allein hat hier entschieden. In Amerika, England,
Dänemark zogen die Preise an, und wandte sich der Fleisch¬
export der Aussenländer besonders nach England. Ja hier war
die Geschäft8conjunctur so günstig, dass sogar Deutschland
wieder daran denken konnte, Schweine für den Export nach
England zu schlachten. Auch jetzt noch werden wöchentlich
in Altona 400—500 Schweine für England geschlachtet. Am
anffäUigsten ist die Zunahme der Einfuhrmengen bei den
Würsten nnd Büchsenfleisch bei dem Rückgang der übrigen
Fleischeinfuhren. Augenscheinlich tritt hier die Wirkung des
Fleischschaugesetzes bereits deutlich hervor, namentlich Amerika
hat mehr Wurst und Büchsenfleisch eingeführt, um dem
drohenden Einfuhrverbote zu begegnen. Dazu gesellen sich
Uruguay und Britisch-Australien und suchen den Amerikanern
den Markt streitig zu machen, was ihnen bei der überlegenen
Qualität ihrer Waare bereits ziemlich gelungen war. Hält
man die Einfuhrzahlen von Wurst und Büchsenfleisch neben
einander, so ergiebt sich, dass der Wurstimport vor dem In¬
krafttreten des Einfuhrverbotes besonders umfangreich sich nicht
gestalten durfte; bei der mangelnden Widerstandsfähigkeit der
Wurst gegen Verderbniss ist dies auch erklärlich. Demnach
dürfte bereits bald nach dem Inkrafttreten des Einfuhrverbotes
für Wurst für die in Deutschland gefertigte Wurst sich bessere
Aussicht auf Verwerthung eröffnen. Diesem Umstande Rechnung
tragend, haben sich auch die ausländischen, namentlich nieder¬
ländischen W T urstfabrikanten mit dem Einfuhrverbot abgefunden.
Da das Geschäft vom Auslande nicht mehr zu machen ist,
gehen sie mit der Absicht um, ihren Geschäftsbetrieb auf
deutsches Gebiet zu verlegen. Je nach der Geschäftsconjunctur
wollen sie entweder das für die Wurstfabrication benöthigte
Vieh in Deutschland kaufen und verarbeiten, oder sie decken
ihren Viehbtdarf im Auslande, schlachten an der Grenze, führen
das Fleisch nach Deutschland ein und verarbeiten die minder-
werthigen Fleischstücke zu Wurst, während sie die werthvolleren
Fleischstücke direct in den Verkehr geben.
Anders beim Büchsenfleisch, letzteres ist dem Verderben
nicht ausgesetzt. Es lässt sich stapeln und demnach hat nicht
nur seit Verkündigung des Gesetzes der Fleischimport, soweit
Büchsenfleisch in Frage kommt, eine bedeutende Zunahme zu
verzeichnen, allein im Juni d. J. sind 6784 Doppel-Centner über
300 pCt. mehr Büchsenfleisch eingefiihrt worden als im gleichen
Zeitraum des Voijahres, und dies trotzdem das Büchsenfleisch
gewaltig im Preise gestiegen ist. Der Preis ist von den
Chicagoer Firmen für Corned Beef von 1 Dollar 25 Cts. auf
1 Dollar 50 Cts. per Dutzend Pfundbüchsen erhöht worden,
und im Hamburger Freihafen ist das Pfund Biichsenfleisch
jetzt nicht unter 50 Pfg. unverzollt zu kaufen. Wenn auch
der Bestand der ausländischen Läger an Büchsenfleisch in
Folge des spanisch-amerikanischen Krieges, des Feldzuges in
.Südafrika und der Wirren in China fast gänzlich geräumt ist,
so dürften doch noch bis zum Inkrafttreten des Einfuhrverbotes
am 1. October bedeutende Mengen Büchsenfleisch eingeführt
werden. Der Bedarf der inländischen Bevölkerung an Büchsen¬
fleisch wäre somit auch nach dem Inkrafttreten des Einfuhr¬
verbots noch für einen längeren Zeitraum gedeckt. Besondere
Beachtung erheischt es, dass die Importeure damit rechnen,
dass trotz der erhöhten Preise das Biichsenfleisch mit Nutzen
abzusetzen ist. Unbedingt muss daher ein Bedürfhiss für den
Verbrauch von Büchsenfleisch vorliegen. Mag da die Ver-
proviantirung der Schiffe der abseits wohnenden Bevölkerung
oder andere Verhältnisse in Frage kommen, jedenfalls ist damit
unserer einheimischen Industrie ein Fingerzeig gegeben, sich
dieses Fabricationszweiges zu bemächtigen. Dem Vernehmen
nach ist auch bereits die Etablirung einer Fleischconserven-
fabrik in Hamburg in Aussicht genommen. Der Boden für ein
derartiges Urtemehmen ist durch das Reichfleischschaugesetz
sehr günstig vorbereitet und im Ausblick auf die ausländischen
Unternehmungen dieser Art auch sicher erfolgreich zu beackern,
wenn die Anlage in solchen Dimensionen geschieht, dass auch
alle Nebenproducte gut verwerthet werden können.
Die Veränderungen, welche die Fleischeinfuhr bisher bereits
unter der Wirkung des Reichsfleischschaugesetzes aufweist, sind
schon Vorbedeutung, dass das Gesetz für die einheimische
Landwirthschaft und Industrie von den segensreichsten Folgen
sein wird.
Zor Abänderung des Hchlachthansgesetzes.
Nachdem durch das Gesetz betreffend die Schlaclitvieh-
und Fleischbeschau vom 3. Juni 1900 der Untersuchungszwang
für das zum Genüsse für Menschen bestimmte Fleisch für den
Umfang des Deutschen Reiches eingeführt ist, haben die Be¬
stimmungen des Schlachthausgesetzes, soweit sie sich auf den
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420
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 35.
Beschauzwang und den Vertrieb des nicht im öffentlichen Schlacht¬
hause geschlachteten Fleisches beziehen, wenigstens vom ge¬
sundheitlichen Standpunkte aus ihre Bedeutung verloren. Dem¬
gemäss sollte nach Absicht des Entwurfs des Fleischbeschau¬
gesetzes Fleisch, das einmal untersucht war, an anderen Orten
nicht wieder untersucht werden dürfen, ausser zu dem Zwecke,
um festzustellen, ob das Fleisch verdorben war oder sonst eine
gesundheitsschädliche Veränderung seiner Beschaffenheit erlitten
hat. Der aus dieser Beschränkung zu erwartende Ausfall an
Gebühren für die Gemeinden, die öffentliche Schlachthäuser
errichtet haben, hat die Commission bewogen, für Gemeinden
mit Schlachthäusern eine Ausnahme zuzulassen. Es ist die Be¬
stimmung zugefügt worden, dass staatsrechtliche Vorschriften,
nach denen für Gemeinden mit öffentlichen Schlachthäusern der
Vertrieb frischen Fleisches Beschränkungen, insbesondere dem
Beschauzwang innerhalb der Gemeinde unterworfen werden
kann, mit der Massgabe unberührt bleiben sollen, dass ihre An¬
wendbarkeit nicht von der Herkunft des Fleisches abhängig
gemacht werden darf. Da nach dem Schlachthausgesetz die
unterschiedliche Behandlung des von auswärts bezogenen Fleisches
zugelassen ist, so ist beabsichtigt, eine Aenderung des Schlacht¬
hausgesetzes in der nächsten Tagung des Landtages herbei¬
zuführen. Die Behörden sind angewiesen, zu prüfen, inwieweit
die auf den Beschauzwang sich beziehenden Bestimmungen des
Gesetzes abgeändert werden müssen. Zugleich soll bei dieser
Gelegenheit die Aenderung, die der § 23 der Gewerbeordnung
erfahren hat, berücksichtigt werden. Der § 23 a. a. 0. gestattete
bisher der Landesgesetzgebung, für Bolche Orte in denen öffent¬
liche Schlachthäuser in genügendem Umfange vorhanden waren,
die fernere Benutzung bestehender und die Anlage neuer Privat¬
schlächtereien zu untersagen. Es erscheint allerdings geboten,
für Preussen die Aenderung nutzbar zu machen, die der § 23
der Gewerbeordnung durch die Novelle vom 30. Juni d. J. er¬
fahren hat. Hiernach ist es zulässig, die Benutznng bestehender
oder die Anlage neuer Privatschlächtereien auch dann zu ver¬
bieten, wenn das Schlachthaus im Bezirk einer unmittelbar be¬
nachbarten Gemeinde belegen ist. Eine entsprechende Aenderung
des Schlachthausgesetzes ist daher in Aussicht genommen.
Personalien.
Ernennungen etc.: Kommissionsrath Lungwitz, Leiter der Kgl.
Sächs. Lehrschmiede bei der Thierärztlichen Hochschule in Dresden
tritt am 1. October in den Ruhestand. Zum Nachfolger ist Bezirks¬
thierarzt Dr. Lungwitz-Grossenhain ernannt worden. Thierarzt
Simmermacher in Boppard a. R. zum coinm. Kreisthierarzt in
St. Goarshausen. Die Thierärzte Aug. Knorr - München und
G. Schenke-Ncunburg a. W. zu Assistenten bei Bezirksthierärzten
in Bruck bezw. in München. Thierarzt Anders-Bentben O.S. zum.
comm. Kreisthierarzt in Bütow.
‘Gewählt: Rossarzt a. D. Schroeder - Insterburg •'V.qAg
Schlachthausdirector in Eberswalde.
Wohnsitzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt
R. Herwig von Graetz nach Qnaritz, Kr. Glogau.
In der Armee: Befördert zu Oberrossärzten: die Rossärzte Am¬
hoff im 25. Drag.-Rgt und Hopp im 26. Drag.-Rgt., letzterer unter
Versetzung zum Remontedepot Breithülen. — Im Beurlaubten¬
stande: Braun, Unterrossarzt d. Res. (Landw.-Bez. Rottweil),
zum Rossarzt d. Res. befördert. Langheinz, Rossarzt d. L. 1.
(Landw.-Bez. Biberach) ist der Abschied bewilligt. — Bussmann,
Rossarzt in Gardelegen und Kal eher, Unterrossarzt in Potsdam sind
dem ostasiatiseben Feld-Artillerie Regiment als Rossärzte überwiesen.
R. Ulrich, Scblachthofinspector in Neumarkt i.Schl., hat sich zum
Dienst bei dem Expeditionscorps in China gemeldet und ist dem
Ostasiatiseben Reiterregiment als Rossarzt überwiesen. Ra kette,
Rossarzt im 15. Art.-Rgt., zur Dienstleistung im Hauptquartier des
Grafen Waldersee commandirt
Todesfälle: Thierarzt Baltzer-Wolgast Kreisthierarzt Fallcr-
Simmern.
Yacanzen.
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Kreisthierarztstelle des Kreises Sagan zum 1. XI. (600 M Gehalt)
Zeugnisse und Lebenslauf binnen 4 Woeben an den Regierungs¬
präsidenten in Liegnitz. Assistentenstelle am thierhygienischen
Institut zu Freiburg i. Br. zum 1. Oct. er. (1200 M. Gehalt). Bewerb,
mit Zeugnissen an den Vorstand.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Aachen: Montjoie. — R.-B. Düsseldorf: Landkreis Krefeld. —
R.-B. Cöslin: Bütow. — R.-B. Oppeln: Gross-Strehlitz (600M.) zum
1. October er. —
Sanitltsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlacbthof zum 1. Oct. er. (2400 M.,
steigend bis 3600 M.). Bew. bis 1. Sept. an den Senator Dr. Don andt.
— Cassel: Schlachthofassistenzthierarzt sofort. (1800 M. 3monat¬
liche Kündigung.) Bewerbungen an den Director. — Cottbus:
Scblacbtbof-Assistenzthierarzt zum 1. Oct. er. Bewerb, mit Gebalts¬
ansprüchen sofort an den Magistrat. (Anstellung diätarisch bei
vierteljähriger Kündigung.) — Düren: Schlachthofdirektor. (3600 M.
Wohnung etc. Zunächst dreimonatliche Kündigung.) Bewerbungen
bis 25. er. an den Bürgermeister. — Gr ätz: (Posen): Scblachthof-
inspector (1500 M., Wohnung etc., Privatpraxis in dienstfreier Zeit).
Bewerb, an den Magistrat. — Halle: 2 Assistenzthierärzte zu sofort
bezw. 1 Octob. er. (1800 M. Wohnung etc.) Bewerbungen an den
Schlachthof. — Königsberg i. Pr.: Scblacbthoftbierarxt zum 1.
Oct. er. (2000 M., Wohnung etc. oder 300 M. Wobnungsentschädigung,
6wöcb. Kündigung.) Bewerbungen bis 24. August an den Director.
— Ottweiler (Bez Trier): Schlachthausverwalter (1700 M. Gebalt,
ca. 300 M. aus der Fleischbeschau; Wohnung etc.) Bewerb, bis
5. 9. an das Bürgermeisteramt. — Pausa: Thierarzt für den
Fleischbeschau-Bezirk. (Zunächst eine Beihilfe bis Ende Juni 1903
im Betrage von 1100 M. zugesichert.) Bewerbungen bis 5. Sept. er.
an den Stadtgemeinderath. — Rackwitz i. Pos : Thierarzt für
Schlachtvieh- und Fleischschau (1200 M. Fixum. Privatpraxis.)
Meid, beim Magistrat. — St Wendel: Schlachthofverwalter (Bewerb,
mit Gebaltsansprücben bei freier Wohnung bis 1. September er. an
den Bürgermeister). — Wolkenstein, SchlachthoftbierarzL (Zu-
| nächst bis 1903 Beihülfe von 700 Mark zugesichert.) Privatpraxis
gestattet. Bewerbungen an den Stadtrath. — Wöllstein (Posen):
Schlachthofinspector zum 1. Oct er. (1200 M. Wohnung etc. Privat-
| praxis in dienstfreier Zeit). Bewerb, an den Magistrat
j b) Nach Ablaui der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Graudenz: Assistenzthierarzt am Schlachthot. — Haltern:
Sanitätsthierarzt. — Köln: Schlachtboithierarzt — Königsberg
(Ostpr.): Schlachthofthierarzt zum 1. October er. — Salzwedel:
Schlachthofvorsteber. — Stettin: 3. Schlachthofthierarzt zum
1. September. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf.
— Wolgast: Schlachthofverwalter zum 1. October er.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Aebach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotzenau
i. Schl. — Lamspringe. — Landeek (Westpr.). — Lasdehnen
(Kr. Pillkallen). — Murrhardt — Schönbaum (Danzig). —
Sold au (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. —
Mengeringhausen (Waldeck-) — Peiskretscham (Ober-Schles.).
j — Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.)
| — Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze Mecklb.).
I — Wolkenstein.
Besetzt: Kreisthierarztstellen in Gersfeld, St Goarshausen,
Sanitätsthierarztstelle in Eberswalde.
Verantwortlich für den Inhalt (excl. Inaeratenthcll): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag and Eigenthum von Richard 8cboetz in BerUn. — Druck von W. Bllxenstein, Berlin
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Die „Berliner Thierärztliche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in Stärke von mindestens l 1 /, Bogen. Dieselbe
ist su beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1088»
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
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Berliner
Originalbeltrtge werden mit 60 Xk. für den Bogen honorlrt.
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionelien An»
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmnltz,
Berlin thierärztliche Hochschule. NW, Luisenstrasse 56.
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Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz-Berlin.
Verantwortlicher Bedactenr.
De Bruln Kflhnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZBndel
Professor Oberthterarzt Departcmentsthlerarzt Kreisthierarzt Departementsthierarzt Veterinkrassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthierarzt
Utrecht Hambarg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freibnrg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900.
M 36 .
Ausgegeben am 6. September.
Inhalt: Schlegel: Arthritis et Tendovaginitis tuberculosa. — Jost: Krampf des Schlundes beim Pferde durch Trocken-
schnitzelfütterung. — Protocoll der 46. General-Versammlung des tierärztlichen Centralvereins der Provinz Sachsen, der
anhaitischen und thüringischen Staaten (Fortsetzung). — Referate: Dexler: Anatomische Untersuchungen über den Hydro-
cephalns acquisitns des Pferdes. — Tagesgeschichte: Die veterinär-medicinische Fakultät in Bern. — Verschiedenes. —
Staatsveterinärwesen. — Fleischschau and Viehhandel.— Personalien. — Vacanzen.
Arthritis et Tendovaginitis tuberculosa.
Von
Prof. Dr. RL Sohlegel-Freiburg i. Br.
(Aus dem tLlerhygienlxcheu Ins itut der Universität Freiburg i. Br.)
In seiner Veröffentlichung über die tuberculöse Gelenk-,
Sehnenscheiden- und Schleimbeutelentzündung beim Rinde *)
lenkte Herr Prof. Guillebeau in Bern die Aufmerksamkeit auf
die öfteren Vorkommnisse dieser Erkrankungen, nachdem dies¬
bezügliche kasuistische Beiträge und Beschreibungen schon von
meinem hochgeschätzten Lehrer, Herrn Geheimrath Siedam-
grotzky, Herrn Hess, Strebei, Ehrhardt, Cad^ac, Lucet
u. a. bekannt gegeben waren. Herr Guillebeau fand am
häufigsten das Hinterknie (Articulatio femoro-tibialis), ferner
das Carpal- und dann das TarBalgelenk erkrankt; von 33 durch
ihn untersuchten Fällen entfielen 23 auf das Hinterknie, 6 auf
den Carpns und 4 auf den Tarsus. Dabei erwiesen sich die
anatomischen Veränderungen characteristisch für diese Erkrankung:
Die erweiterte Gelenkkapsel, Sehnenscheide oder der Schleim¬
beutel enthält Fibrin, welches am Hinterknie besonders oft in
der Vagina genualis des Muse, extens. digit. ped. long. — ent¬
sprechend ihrer anatomischen Lage — vorkommt; die Synovial¬
zotten sind schwammig gewuchert; der Gelenkknorpel weist
Usuren von verschiedener Grösse und Tiefe auf, welche sich
mit Grannlationsgewebe erfüllen können. Verkäsung oder
Abscessbildang um das Gelenk ist ganz selten; dagegen besteht
um das Gelenk oder die Sehnenscheide meist Oedem.
Bei dem nachstehend skizzirten Fall von Gelenk- und
Sehnen scheidentuberculose**) überraschen neben den prägnanten
pathologischen Processen die ungeahnten, bislang nicht be¬
obachteten Localisationen der Erkranknngsherde, welche auf
der beigegebenen Zeichnung des Präparates illustrirt erscheinen.
Es handelt sich um eine ca. 8 Jahr alte, am betroffenen
Fussende nie mit Verletzungen behaftete Kuh, welche bei Leb-
*) Schweizer Archiv für Thierheilkunde, Heft 1, Jahrgang 1898.
**) Die liebenswürdige Ueberlassung des Präparates verdanke
ich Herrn Schlachthofinspector Metz-Freiburg i. Br.
/
a innere Strecksehne, b Fesselgelenk, c Kronengelenk (aufgetrieben),
d Ringbildung, e Fesselbeinbeuger, f Kronbeinbeugesehne, g Klauenbein¬
beugesehne, /i und y, Theilungswinkelderselben, h innerer (aufgeschnittener)
h t äusserer (uneröffneter) Schenkel des Kronbeinbeugers, i innerer
*, äusserer Ast des Klauenbeinbeugers, k k\ Är a Tubercelconglomerate, l durch
Bindegetcebswucherung hervorgerufene Sehnenscheidenverdickung nebst
einemTubercel, m Jungöse Wucherungen auf dem inneren Klauenbeinbeuger
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422
BERLINER THIERAliZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 36.
Zeiten schon über 1 fi Jahr angenfälliges Lahmgehen, eine
knochenharte Geschwulst an der Innenseite des Kronengelenkes
und Schwund der befallenen Schenkelmuskulatur zeigte und
dieserhalb als „Wnrstkuh“ dem Schlachtmesser überantwortet,
jedoch durch die Fleischbeschau Freiburg i. Br. vom mensch¬
lichen Genüsse wegen generalisirter Tuberculose ausgeschlossen
wurde.
Cadaver stark abgemagert; auf dem linksseitigen parietalen
Pleurablatt ausgedehnte, bis zweihanddicke, stark verkalkte,
tuberculose Auflagerungen, welche sich in geringerem Grade
auf dem correspondirenden pulmonalen Blatt vorfinden; in
beiden Lungen vereinzelte, bis apfelgrosse Cavernen; die
mediastinalen Lymphdrüsen durch tuberculöse Hyperplasie und
starke Verkalkung beiläufig faustgioss; Darmtuberculose; tuber¬
culöse Hyperplasie und Versteinerung der portalen Lymphdrüsen;
Tuberculose der rechten inneren Darmbeinlymphdrüse; hoch¬
gradige Uterustuberculose; Tuberculose der rechten Kniekehlen-
lymphdrüse. Ueberall alte verkalkte bis versteinerte Tnber-
culose, welche den Eindruck, als wäre sie in Abheilung be¬
griffen, macht.
Rechter Hinterfuss: (siehe die Abbildung) ist von den
Klauen bis zum Tarsus, namentlich aber auf der medialen Seite
des inneren Kronengelenkes diffus verdickt; die Bänder der
Phalangealgelenke hypertrophisch. Die Gelenkhöhlen derselben
enthalten, besonders im inneren Kronengelenk, vermehrte, leicht
geröthete, fibrinhaltige Synovia, durch welche die Gelenkkapseln
erweitert erscheinen. Die Synovialraembran ist glanzlos, rauh,
sammetartig im inneren Klauen gelenk, während auf der Wand
der Synovialis des inneren Kronen- und Fesselgelenkes ein
faserig-schwammiges, gelbliches Gewebe sitzt; an anderen
Stellen sind die Zotten erheblich gewuchert; ijn j/ineren
Kronengelenk hat sich ein in der Gelenkhöhle freiliegepder,
platter, faserig-schwammiger Gewebsfetzen von der gewucherten
Gelenkmembran abgelöst. Im Klauengelenk ist der Knorpel-
iiberzng an den Rändern geschwunden; im Kronen- und Fpssel-
gelenk hingegen finden sich zahlreiche, theils mehr seichte,
theils tiefgreifende, grosse Knorpeldefecte; der Knorpel des
Fesselgelenkes weist beispielsweise eine 2 cm lange, 9 mm breite
und mehrere Millimeter tiefe Usur auf; andere Usuren (im
Kronengelenk) sind rundlich bis oval und reichen bis in den
Epiphysenknochen hinein. Alle diese Knorpelsubstanzverluste
sind entweder (wie im Kronen- und Klauengelenk) durch weiche,
faserig-schwammige Granulationen ausgefüllt und zeigen wall¬
artig aufgewbrfene Ränder, oder aber die Knorpeldefecte sind
(wie im Fesselgelenk) durch harte, ungleichmässige Granulationen
eingedeckt und mit dünner, gelber Knorpelschicht überknorpelt.
In der Gelenkkapsel des Klauen- und Kronengelenkes sitzt dicht
neben der gemeinschaftlichen Strecksehne je ein bohnengrosser,
abgekapselter, verkalkter, gelber Tubercel. An den Seitenrändern
des Kronengelenkes befinden sich mehrere, bis mantelknopfgrosse
plattenartige Knochenanflagerungen, während am vorderen
unteren Fesselbeinrande eine etwa markstückgrosse, stellenweise
mehrere Millimeter tiefgreifende rareficirende Ostitis zu con-
statiren ist. An die schwammigen Wucherungen der Kronen¬
gelenkkapsel anschliessend setzen sich auf die vordere und
hintere Fesselbeinfläche ebensolche gelbe, faserig-schwammige,
unter den Streck- und Beugesehnen gelegene Gewebsmassen
fort, in welche kleinere und grössere verkalkte Tubercel ein¬
gelagert sind; dieselben enthalten in Schnitten spärlich Tubercel-
bacillen.
Die Kronbein- und Klanenbeinbeugesehne sowie deren
Sehnenscheiden sind zunächst vom Tarsus bis zu ihrer Theilungs-
stelle namhaft verdickt; bis zu einem Centimeter verdickt ist
die Sehnenscheide des Klauenbeinbeugers und an ihrer Innen¬
fläche mit eigenartig gelben, dichtstehenden, papillär-schwammigen
Zottenwucherungen besetzt; in der Vorderfläche dieser Sehnen¬
scheide befindet sich ein erbsengrosser, gelber, verkäster
Tubercel, in welchem Tubercelbacillen spärlich nachgewiesen
wurden; ein mit der Substanz desselben subcutan geimpftes
und nach Ablauf von 41 Tagen getödtetes Meerschweinchen
wurde mit ausgedehnter Miliartuberculose behaftet gefunden und
in dessen Organveränderungen Tubercelbacillen festgestellt.
Der cylinderförmige innere Ast des Kronbeinbeugers ent¬
hält wenig röthlich-flockige Synovialflüssigkeit; die Wand des¬
selben ist durch Bindegewebshyperplasie um 1—2 cm verdickt.
Auch die Sehne des inneren Astes des Klauenbeinbeugers ist
erheblich verdickt; sowohl der innere Schenkel des Kronbeinbengers
als auch derjenige des Klauenbeinbengers sind an der ganzen
Oberfläche und in ihrer ganzen Länge von zahlreichen, gelblichen,
villösen und fungösen Wucherungen bedeckt und durch diese
schwammigen Granulationen bald mehr partiell, bald diffus ver¬
wachsen. Der innere Zehenstrecker ist mit den fnngösen
Wucherungen der Krongelenkskapsel bis zur Hälfte der Dicke
durchsetzt und verwachsen; ferner sitzt in seiner Sehne an der
Vorderfläche des Kronenbeins ein bohnengrosser, gelber, ver¬
käster Tubercel. Der innere Ast der gemeinschaftlichen Streck¬
sehne ist stellenweise mit seiner Sehnenscheide verwachsen;
letztere beherbergt an der vorderen Fesselbeinfläche über der
Gelenkwalze zwei linsengrosse Tubercel.
In der Nachbarschaft der tuberculösen Gelenk- und Sehnen-
schejdenentzündung.lagern sich, traurige, und,knollige Congjommte
gelber, verkalter Tuberceln an, namentlich im Fettpolster zwischen
den Kronenbeinen, im Theilungswinkel des Kronen- und Klauen¬
beinbeugers, zwischen dem Kronengelenk und dem inneren Ast
des Klauenbeinbeugers, sowie endlich zwischen der Klauenbein¬
beugesehne und dem oberen Gleichbeinband dicht über den Sesam¬
beinen. Diese nesterweise gehäuften Tubercel sind in maschiges,
weisses Bindegewebspolster gebettet, welches von einem gelblich¬
serösen Oedem umgeben wird. Die laterale Seitenwand des
inneren Klauenbeins zeigt unregelmässige Ringbildung.
Die fungös gewucherte Synovialraembran des Kronengelenks
und der Sehnenscheide des Klauenbeinbeugers wurde hinsichtlich
der histologisch-bacteriologischen Verhältnisse in Schnittpräparateu
untersucht.
Die starke Wand Verdickung der Sehnenscheide ist durch
zahlreiche, nesterweise Einlagerungen von mononucleären und
polynucleären Rundzellen sowie von spindeligen Fibroblasten
zwischen die ursprünglichen Faserztige bedingt; an den Heber-
gangsstellen der Synovialis in die neugebildeten, oft centimeter-
langen Zotten ist starke Vascularisation zu verzeichnen. Die
aufsitzenden, geschlängelten und gekräuselten Zottenwucherungen
bestehen in der Mitte aus einer mehr zellarmen, fibrillären
Intercellularsubstanz, während die Zottenoberflächen zahlreiche
in der Längsrichtung streifig angeordnete Spindel- und Rund¬
zellen aufweisen. Die Spitzen der Zotten bestehen aus lauter
Granulationszellen. Tubercelbildung, Necrose, Verkäsung, eitrige
Infiltration fehlen hier gänzlich. Tubercelbacillen konnten in
diesen Schnitten zwischen den Zellkernen mit Sicherheit, aber
äusserst spärlich nachgewieseu werden, dagegen nicht in Deck¬
glasausstrichen.
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6. September 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
423
Dem gegenüber verhält sich das stark fangös gewucherte
Gewebe der Gelenkkapsel abweichend. Die Zotten enhalten nur
schmale, schwach fibrilläre Bindegewebszüge, hingegen überall
auffallend hervortretende kleinzellige Rundzellen und Fibro¬
blasten; in diesem namhaft gefässarmen Grundgewebe liegen
viele kleinste typische Miliartubercel; das Centrum derselben
weist zwar überaus selten beginnende Coagulationsnecrose, da¬
gegen zahlreiche Riesenzellen mit randständigen Kernen auf;
dieselben liegen in einer Zone dicht gehäufter epithelioider
Zellen, welche von einem schmalen Hof von sattgefärbten Leuco-
cyten umgeben sind. In diesen Tuberceln wurden nur in
Schnitten in spärlicher Anzahl Tubercelbacillen festgestellt,
während auch hier der Nachweis derselben in Deckglaspräparaten
nicht gelang.
Die beschriebene Gelenk- und Sehnenscheidentuberculose
stellt somit eine schwammige Gelenk- und Sehnenscheidenent¬
zündung, eine Arthritis bezw. Tendovaginitis fungosa siv.
granulosa dar, für welche die gelblichen, schwammigen Granu¬
lationswucherungen der Synovialhäute, die Usnrationen der
Knorpelflächen, das Fehlen von Necrose, Verkäsung, Eiterung
sowie die Multiplicität der Localisationen (in den 3 Phalangeal-
gelenken und in 4 anliegenden Sehnenscheiden) durchaus
characteristische Befunde präsentiren. Die Selmenscheiden-
tuberculose hat sich, wie aus der anatomischen Beschaffenheit
der Processe hervorgeht, secundär durch Uebergreifen der
fungösen Wucherungen von einem Gelenk auf die benachbarten
Sehnenscheiden entwickelt. Diese Gelenk- bezw. Sehnenscheiden¬
tuberculose ist nach Ausweis des Gesammtbefundes eine
metastatische, bei deren Entstehung wahrscheinlich ein mechanisches
Irritament mitspielte, demzufolge an den befallenen Theilen
des Fussendes für die im Körper circulirenden Tubercelbacillen
ein relativ günstiger Nährboden geschaffen wurde. Doch sind
offenbar weder Gelenke, noch viel weniger Sehnenscheiden
Prädilectionsstellen für eine günstige Entfaltung tuberculöser
Prozesse, da, wie auch der vorliegende Fall lehrt, der entzün¬
dungserregende Reiz der überaus spärlich vertretenen Tubercel¬
bacillen auf den Synovialmembranen der Gelenke und Sehnen¬
scheiden vorwiegend zur Bildung schwammiger Granulationen
führte, welche ebensowenig wie die eingelagerten Miliartubercel
Tendenz zur Necrose oder Verkäsung äussern, sondern die
tubercnlösen Erkrankungsherde schicken sich allenthalben zu
HeilungsVorgängen an.
Diese und weitere, später zu berichtende Untersuchungen
denten darauf hin, dass bislang die Arthritis und Tendovaginitis
tuberculosa des Rindes mit einer Reihe anderweitiger Gelenk-
bezw. Sehnenerkrankungen (bes. mit chronischem Gelenk¬
rheumatismus) confundirt wurde, und dass zweifellos nach An¬
wendung der Tuberculinprobe unbeachtet gebliebene Fälle von
namentlich primärer Gelenk- bezw. Sehnenscheidentuberculose
irrthümlich zu jener Gruppe der Fehldiagnosen gerechnet wurden,
bei welcher die Thiere zwar reagirten, aber scheinbar nicht an
Tuberculose litten.
Krampf des Schlundes beim Pferde durch Trocken-
schnitzelfütterung.
Von
H. Jcit,
Assistent am Thierarznei-Institut Göttingon.
Im Frülyahr d. J. wmrde dem hiesigen Thierarznei-Institute
an einem Nachmittage ein Pferd zugeführt, das nach dem Be¬
richte des Fuhrknechtes seit etwa zwei Stunden unter Schäumen
stark speichele und zeitweise beängstigende krampfhafte Schluck-
und Würgbewegungen mache. Am Morgen habe das Thier das
ihm wie gewöhnlich dargereichte Futter (Hafer, Häckerling und
Heu) noch gut gefressen und auch im Laufe des Vormittags
seine Arbeit, die nicht sehr anstrengend gewesen, ohne auf¬
fallende Erscheinungen verrichtet. Das Mittagsfutter sei aber
von dem Pferde verschmäht worden und anstatt zu saufen,
habe es in dem vorgehaltenen Wasser mit den Lippen nur
„geplätschert“ und die Krippe mit schaumigen Speichelmassen
verunreinigt. Der Knecht behauptete weiter, den Patienten
vom frühen Morgen bis zum Einstellen in die Spitalklinik nicht
einen Augenblick ohne Aufsicht gelassen zu haben, in Folge
dessen sei eine unbeobachtete Futteraufaahme oder eine mecha¬
nische Einwirkung von aussen, die man als Ursache dieser
plötzlichen Erkrankung hätte annehmen können, nicht gut
möglich. Aehnliche Erscheinungen wie die jetzt vorhandenen
seien bei diesem Pferde noch niemals beobachtet worden.
Patient zeigte eine steife vorgestreckte Haltung des Kopfes
und Halses und vermied ängstlich jede seitliche Drehung oder
Beugung dieser Körpertheile. Einer gewaltsamen Ver¬
änderung der Kopf- und Halsrichtung widersetzte es sich heftig.
Die Athmung war beschleunigt und die Nüstern weit geöffnet.
Der Blick erschien ängstlich. Aus den Nüstern sowohl als
auch aus der Mundhöhle entleerte sich schaumiger Speichel, der
sich ähnlich der Wirkung einer Arecolin-Einspritzung in grossen
Massen in dem Maule ansammelte und beim Oeffnen desselben
herausplatschte. Hierzu kam noch Schweissau6bruch in den
beiden Flankengegenden ohne Auftreibung oder sonstige Kolik¬
erscheinungen.
' Die durch die Widerspenstigkeit des Pferdes sehr erschwerte
Untersuchung der Maulhöhle ergab für die Diagnose keinen
Anhaltspunkt, dagegen lieferte die äussere Palpation der Kehle
und Schlundkopfgegend, insbesondere aber die der oberen Hals¬
partie des Schlundes, ausschlaggebende Anhaltspunkte für die
Feststellung der Krankheit. Schon beim leisesten Druck auf
den Kehlkopf stellte sich anhaltender heftiger Hustenreiz ein, durch
welchen Speichel- und Schleimmassen ausgeworfen wurden, und nach
welchem das Thier Kaubewegungen machte. Hierzu gesellten
sich bei diesem Drucke in kurzen Intervallen derartige Schling-
krätopfe, dass Hals und Kopf unter stossweisen überaus heftigen
i Contractionen der Muskeln eine gestreckte Haltung annahmen,
die gesammte Halsmusculatur sich alsdann steinhart anfühlte
und stark hervorwölbte, wobei das Thier durch Stöhnen grossen
Schmerz und Angst verrieth. Die obere Halspartie des
Schlundes zeigte in der linken Drosselrinne etwa handlang eine
cylindrische Schwellung, die sich während der Dauer der Krampf¬
anfälle ein wenig verschob und dann wieder in die ursprüng¬
liche Lage zurückkehrte. Beim Druck auf diese am stärksten
gespannte Stelle des Schlundes äusserte der Patient Schmerzen
und machte Brechversuche, die vorerst keine Entleerung von
Futtermassen zur Folge hatten.
Von dem vorgehaltenen Futter wurden nur wenige Bissen
genommen, die das Thier alsbald in Form von eingespeichelten
Ballen wieder ausstiess, nachdem es einen vergeblichen ängst¬
lichen Versuch gemacht hatte, den Maulinhalt hinabzuschlingen.
Ebenso floss das in geringen Mengen aafgenommene Wasser
wieder durch die Nase zurück. Die sichtbaren Schleimhäute,
insbesondere die der Nasenhöhle, waren intensiv geröthet. Die
I Körpertemperatursteigerung war unbedeutend.
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424
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 36
Auf Grund dieser Erscheinungen musste angenommen werden,
dass ein im Schlunde stecken gebliebener Bissen vielleicht von
allzu trockenem Kurzfutter diese Krampferscheinungen ver¬
ursachte. Als der hinzugezogene Besitzer den Fuhrknecht in
ein scharfes Verhör nahm, stellte es sich denn auch heraus,
dass das Pferd, während der Knecht mit dem Laden des
Wagens beschäftigt war, an einem in der Nähe befindlichen
Haufen Zuckerrüben-Trockenschnitzeln, die nicht eingeweicht
waren, gierig genascht hatte, worauf sich etwa eine Stunde
später die angeführten Erscheinungen einstellten. Die Annahme,
dass das Verzehren dieser Trockeuschnitzel einzig und allein
den Schlingkrampf durch Schlnndstenose veranlasse, fand ihre
Bestätigung durch die eingeleitete Behandlung, welche vorerst
in fortgesetzter Massage der ganzen Halspartie des Schlundes
bestand, wobei in Folge der hierdurch hervorgerufenen heftigen
Brechbewegnngen und Hustenanfälle eine Masse Particelchen
von aufgequollenen Trockenschnitzeln mit den Speichel- und
Schleimmassen heransgeschleudert wurden. Der steckengebliebene
Bissen wurde in Folge der häufig wiederholten Massage und des
Erbrechens immer kleiner und weicher, worauf auch die Krampf¬
anfälle allmählich seltener und weniger heftig wiederkehrten,
so dass nach Verlauf von etwa sieben Stunden, von Nachmittags
2 Uhr bis Abends 9 Uhr, der krankhafte Zustand als beseitigt
betrachtet werden konnte. — Die Anwendung des Schlundrohres
anstatt der Massage erschien in diesem Falle nicht dringend
nothwendig, da eine Auftreibung mit gefahrdrohenden Er¬
scheinungen nicht vorhanden war. — Die am nächsten Tage von
Seiten des Thieres mit grosser Vorsicht wiederbegonnene ; Auf¬
nahme von weichem Futter und Wasser war gering und hin
und wieder mit starkem Hustenreiz verbunden. Das Speicheln
und Schäumen dagegen hatte vollständig nachgelassen, ebenso
war die Empfindlichkeit an der betreffenden Schlundstelle nach
Beseitigung des Bissens verschwunden; die normale Fresslust
stellte sich jedoch erst nach Verlauf von etwa acht Tagen
ein, während die Hustenanfälle noch ungefähr vier Wochen
lang nach der Erkrankung anhielten und zu ihrer Beseitigung
die vorgeschriebene Behandlung einer Pharynxangina erforderten.
Bis heut, also nach Ablauf eines Vierteljahres, hat das betreffende
Pferd einen ähnlichen Anfall nicht wieder gehabt.
Das täglich von dem Besitzer an das Thier verabreichte
Futter und die in diesem Falle in Frage kommenden Trocken¬
schnitzel, welche ich am Tage nach der Erkrankung unter¬
suchte, waren von bester Qualität und frei von Schimmelpilzen.
Dessenungeachtet musste ich die Schnitzel wegen ihrer Trocken¬
heit und ihres feinen Schnittes als Ursache der Schlundstenose
und des hierdurch hervorgerufenen Krampfes betrachten, wenn¬
gleich auch weitere Fütterungsversuche, die ich mit diesem
Material an 15 zum Schlachten bestimmten Pferden eines
hiesigen Pferdeschlächters machte, nach dieser Richtung hin,
einen negativen Erfolg hatten. Einzelne Pferde verweigerten
bei diesen Versuchen, trotzdem ich alle Thiere vorher hatte
hungern lassen, die Aufnahme von Trockenschnitzeln ganz und
gar und die anderen, welche mässig oder gierig davon frassen,
zeigten nach dem Genüsse keinerlei bemerkenswerthe Er¬
scheinungen. Weiter erwähne ich hierzu, dass ein Grossgrund¬
besitzer in hiesiger Gegend seit etwa einem Jahre täglich drei
Pfund Trockenschnitzel pro Stück an seine Pferde verfüttert,
ohne bis jetzt irgendwelche diesbezüglichen nachtheiligen Folgen
wahrgenommen zu haben. Dagegen wird mir von einem sehr
erfahrenen Collegen versichert, dass er bei einem Fohlen einige
Stunden nach dem Naschen von Zuckerrüben-Trockenschnitzeln
ein ganz ähnliches Krankheitsbild beobachtet hatte, wie das von
mir beschriebene.
Protocoll der 46. General-Yers&inmlaug des thier¬
ärztlichen Central Vereins der Provinz Sachsen, der
anhaitischen and thüringischen Staaten
zu Magdeburg, am 13. Mai 1900.
(Fortsetzung.)
lieber die Hundeseuche.
Vortrag von Richter-Dessau.
(Schluss).
Pathogenese: Die erwähnten 3 Autoren sind im Allge¬
meinen der Ansicht, dass die Krankheit durch ein dem Blute
zugeführtes Virus, sei es auf welchem Wege, erfolgt. Die
Produkte dieses Virus oder dessen Anhäufung im Blute rufen
die Veränderungen hervor, welche nach Albrecht die Leistungs¬
fähigkeit des Herzens herabsetzen, entweder direct oder secundär
durch Reizung vom Nervensystem aus; es ist jedoch ein krank¬
hafter Zustand des Centralnervensystems anzunehmen; denn es
ist Schwäche vorhanden, wo noch kein Mangel an Nahrung oder
Verbrauch der dem Körper innewohnenden Kräfte entstanden
ist. Es ist z. B. Brechreiz da, wo eine Anfüllung des Magens
fehlt und dieser leer ist. — Klett vertritt die Ansicht, dass
das krankmachende Agens zuerst im Magen und Darm seinen
Sitz nimmt, von hier das Blut inficirt und dann die Nerven¬
störungen oder nach seiner Ansicht soporösen Zustände (pseudo-
paretische) hervorruft. — Scheibel fand stets bei seinen Unter¬
suchungen ein coliartiges Bacterium und wirft daher die Frage
auf: kann hierdurch wohl unter Berücksichtigung der durch
dieses Bacterium im Körper entstandenen Veränderungen eine
entsprechende Allgemeinerkranknng ausgelöst werden?
Albrecht geht von der Ansicht aus, dass die Frankfurter
Hundekrankheit mit der in München und Stuttgart beobachteten
nicht identisch sei. Wesentlich kommt hierbei allerdings der
Unterschied des Fiebers in Betracht; die allgemeinen Er¬
scheinungen aber dürften sich wohl, was das Wesen der Krank¬
heit anbetrifft, recht nahe stehen: plötzliche Erkrankung, grosse
Hinfälligkeit, starke Abmagerung in kurzer Zeit, Erbrechen,
Magendarmerkranknng, blutiger Kothabsatz, lähmungsähnliche
Erscheinungen oder selbst Lähmungen, die Erkrankung der
Lippen- und Backenschleimhaut.
Auch die Dessauer Hundeseuche passt nicht vollkommen in
den Rahmen der von Klett und Albrecht beschriebenen hinein,
und doch bin ich überzeugt, dass es dieselbe Krankheit ist, bei
welcher eben die einen oder anderen Symptome, wie ja auch
bei anderen Krankheiten, mehr oder weniger hervortreten.
Mir sind Fälle bekannt, wo in verschiedenen Ortschaften
sehr viele Hunde ohne überaus auffallende sonstige Symptome
an nervöser Staupe in ganz kurzer Zeit zu Grunde gingen,
während in benachbarten Gemeinden wiederum die Thiere
unter den Zeichen einer schweren Staupe — Magendarm-Ent¬
zündung — starben. Wäre es nicht möglich, dass diesem
analog in • Frankfurt. die Gastro - Enteritis haemorrhagica
stärker hervorgetreten ist, wie in Mühchen und Stuttgart, wäre
es nicht möglich, dass in Dessau die schweren starrkrampf-
ähnlichen Bewegungsstörungen : oder Lähmungserscheinangen
anderorts gegenüber sich mehr geltend gemacht hätten.
Klett nimmt an, dass der Krankheitserreger auch in der
Maulhöhle die Veränderungen, welche er im Gegensatz zu
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6 September 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 425
München und Dessau als specifische betrachtet, hervorrufen
muss. Berichtet nicht Scheibel über eine starke Schwellung
der Lippen- und Backenschleimhaut, also auch eine Entzündung
daselbst? Die starke Schwellung der Magenschleimhaut, die
wurmähnlichen Erhabenheiten derselben, sind in Dessau die¬
selben gewesen wie in Frankfurt. Ist es . nöthig, dass die
scheinbar in München gelinde aufgetretene Krankheit diese
sehweren Veränderungen hervorrufen musste? Ueber die
Seuchencadaver in Stuttgart fehlen leider die Berichte. In
Dessau wurde bei Sectionen wie auch in Frankfurt in den Lungen
und Bronchien dünnschaumiges hellrothes Blut gefunden.
Albrecht meint, da er dieses, sowie die starke Schwellung
der Magenschleimhaut nicht vorgefunden hat, beide Krankheiten
wären nicht identisch. Dessau und Frankfurt zeigen jedoch,
wie erwähnt, in dieser Beziehung dasselbe, ebenso wie Stutt¬
gart und Dessau gleiche Erscheinungen anderwärts aufweisen.
Pseudoparetische oder soporöse physische Lähmungen nennt
Klett die auftretenden Bewegungsstörungen. In Dessau aber
wurden noch, nachdem die Magendarmerkrankung und die Ver¬
änderungen in der Maulhöhle gehoben waren, vollkommene
paretische Zustände beobachtet, welche theilweise wochenlang
anhielten. Es ist daher wohl schwerlich anzunehmen, dass
pseudoparetische Zustände bestanden haben können. Die starr¬
krampfähnlichen Erscheinungen, welche verschiedentlich auf¬
zutreten pflegten, sind wohl mit derselben Berechtigung wie die
der lähmungsartigen Zustände auf eine Irritation des Nerven¬
systems zurückzuführen. Bei der Staupe treten ja auch neben
Lähmungszuständen krampfartige Zufälle ein, auch hier entsteht
durch Reizung des Centralnervenapparates in Folge des durch
den Staupeerreger producirten Giftes ein Niederdrücken resp.
eine Anregung der diesbezüglichen Centren. Es ist anzunehmen,
dass der Erreger der Hundeseuche dieselbe Eigenschaft hat. Auch
Scheibel hat festgestellt, dass die Thiere mit schwer be¬
weglichen Gliedmassen daliegen; wäre eine psychische Lähmung
hier vorhanden, so würden sich die Gliedmassen wohl leicht
bewegen lassen, in ihrer Lage verharren.
Ich möchte mir daher zum Schluss, was die Pathogenese
anbetrifft, zu bemerken erlauben:
Die Krankheit ist. contagiöser Natur. Es ist anzunehmen,
dass daB Virus, resp. dessen Producte im Blute eine Erkrankung
des Centralnervensystems hervorrufen, und dass der Wirksam¬
keit des Toxins entsprechend die einzelnen Centren ihre peripheren
Stämme zur Herabsetzung der einen und Anregung der anderen
Thätigkeit führen: so wäre es zu erklären, dass einerseits
Lähmungen, andererseits starrkrampfähnliche Zustände der
Körpermusculatur, einerseits Lähmung oder Herabsetzung der
Funktionsthätigkeit der Organe (Blase, Herz) andererseits
Erregung (Magen) bestehen.
Ergänzend zu diesem Vortrage zeigt Landes-Thierarzt Pirl-
Dessau von ihm angelegte Culturen aus Milz- und Herzblut
und zwar auf Agar und Gelatine — schräg und gerade. Dabei
ist festgestellt, dass sich die Culturen aus dem Herzblute am
besten entwickeln, dagegen fehlt die Entwickelung ganz von Blut
aus den Nieren. Auf Gelatine wachsen die Culturen langsamer
und verflüssigen dieselbe. Pirl hat bei seinen Versuchen
ein kleines Bacterium ähnlich dem Bacterium haemorr-
hagicum isoliren können. Bei der sich anschliessenden
Discussion führt Kreis-Thierarzt Gundelach aus, dass die Hunde¬
seuche von ihm auch in Magdeburg sehr häutig beobachtet sei
C51 Fälle). Die Symptome der Magdeburger Seuche stimmen nicht
genau mit denen in Dessau wahrgenommenen überein, vor allem
hat G. bei allen Hunden Erosionen in der Maulschleimhaut fest¬
gestellt und hält das Vorkommen der Geschwüre für pathognomisch.
Thierarzt Gaedke-Magdeburg hebt hervor, dass er die Ge¬
schwüre nicht bei allen Patienten habe feststellen können. Be¬
züglich der Therapie führt Gundelach aus, dass er sehr gute
Resultate mit Opium pulverat. Calomel aa 0.05 Sacch. alb. 1.0
erzielte: ferner hat er Fleischextract, schwarzen Kaffee mit
Cognac als wohlbekömmlich gefunden, während Rothwein nach
kurzer Zeit wieder erbrochen wurde.
Michalski hat die Krankheit durch Einreiben von Unguentum
Crede in Bohnengrösse auf die Innenfläche der Hinterschenkel
coupiren können. Zum Schluss hebt noch Landes-Thierarzt Pirl
hervor, dass, da die Verschleppung der Seuche durch die Hunde¬
ausstellung in Stuttgart wahrscheinlich sei, auch diese Aus¬
stellungen unter veterinär-polizeiliche Aufsicht zu stellen sind.
Hierauf ertheilte der stellv. Vorsitzende Herrn Prof. Dr.
Ostertag-Berlin das Wort zu seinem Vortrag: „Ueber die
Borna'sehe Krankheit.“
(Fortsetzung des Berichts folgt.)
Referate»
Anatomische Untersnchungen über den Hydrocephalns
acqnisitns des Pferdes.
Von Prof. H. Dexler.
Zeitichr. f. Thiermecl. 1899 H. 4 bis «.
Die Abhandlung beschäftigt sich mit den hochwissenschaft¬
lichen schwierigen Untersuchungen über die pathologisch¬
anatomische Grundlage der erworbenen Hydrocephalie des Pferdes,
wofütier der Verf. auch in der Veterinär-Sektion der Versammlung
deutscher Naturforscher und Aerzte zu München im September
des verflossenen Jahres berichtet hat (Vgl. das Autoreferat des
Verf. B. T. W. 1899 No. 43 p. 517).
DieUeberzeugung, dass bei der bisher geübten unvollständigen
Untersuchungsmethode des Hirns dummkollerkranker Pferde nur
unvollkommene Resultate herauskomraen konnten, veranlasst« den
Verf., an der Hand frischen Materials mit Hülfe der modernen
■ Untersuchnngstechnik den Gegenstand einer neuerlichen gründ¬
lichen Prüfung und Erörterung zu unterziehen.
Zunächst werden die anatomischen Befunde der verschiedenen
Autoren beim chronischen Hydrocephalns einander gegenüber¬
gestellt. Es stellt sich heraus, dass die Meinungen über die
pathologische Anatomie weit auseinander gehen. Den Unter¬
suchungsergebnissen desVerf. kommt am nächsten die Beschreibung,
welche Dickerhoff von den fraglichen Veränderungen gegeben
hat. 'Die Beobachtung desselben, dass der 4. Ventrikel nicht
dilatirt ist, sei ein wichtiger Hinweis auf die mechanischen
Momente, die beim Hydrocephalus in Aktion treten.
Die Untersuchungen beginnen mit einer minutiösen Be¬
schreibung der Anatomie der centralen Höhlen des normalen
Pferdehirns und der sie umschliessenden Hirnabschnitte.
Im normalen Zustande herrscht unter den einzelnen Ab¬
schnitten der Hirnkammern freie Verbindung. Denn das ganze
Höhlensystem kann vom Bulbus olfactorius oder vom Infundibulum etc.
aufgeblasen oder mit einer Flüssigkeit gefüllt werden. Selten
ist der Verbindungsgang zwischen den Seitenventrikeln und der
Höhle des Riechkolbens einer Seite obliterirt. Der Centralkanal des
Rückenmarkes ist ein 2—3 mm enger Kanal, welcher als Abfluss¬
rohr nicht in Betracht kommt. Gefärbte Flüssigkeiten verbleiben
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 36.
426
stundenlang ira vertikal gestellten Schädel, ohne dass durch den
im 2. Cervicalsegment durchschnittenen Centralkanal ein Tropfen
abfliesst. Eine wichtige Thatsache ist die, dass Flüssigkeiten,
welche unter einem den normalen Hirndruck nicht übersteigenden
Druck in die Seitenventrikel injicirt werden, durch seitliche
Oeffnnngen in der Decke der 4. Hirnkammer in die entsprechenden
Lymphcysternen gelangen und sich von da in den Snbarachnoideal-
ränmen des Gehirnes und Rückenmarkes weiter verbreiten. Es
steht mithin fest, dass zwischen dem Höhlensystem des Hirns
und den Subarachnoidealräumen eine Verbindung besteht.
Nunmehr theilt Verf. den genauen Befund von 8 Gehirnen mit,
welche von ausgesprochen dummkollerkranken Pferden hörrührten.
Das Untersuchnng8verfahren hatte nachstehenden Modus.
Die benutzten Pferde wurden grösstentheils durch Verbluten
getödtet. Beim Abschneiden des Halses wurde die aus den
Subarachnoidealräumen des Rückenmarks und des Gehirns ab-
fliessende Menge Cerebrospinalflüssigkeit gemessen, dann der
Angesichtstheil des Kopfes abgesägt, die Riechkolben freigelegt
und die Durchgängigkeit der Hirnventrikel geprüft. Letzteres
geschah durch Einfliessenlassen einer Mischung aus gleichen
Theilen einer 10 proceut. Formalinlösung und 3 procent. Chrom¬
kalilösung unter einem Drucke von 10—15 cm Wasser.
Die Mehrzahl der Gehirne wurde unter Zuhülfenahme von
Kälte im Schädel gehärtet. Hierzu wurde an den Ossa
parietalia, am Vordertheil des Sichelansatzes, am Infundibulum
und über dem Kleinhirn je ein grosses Trepanloch angebracht
und an diesen Stellen die Dura gespalten. Der so vorbereitete
ganze Schädel kam dann in die obenerwähnte Flüssigkeit, welche
täglich fünfmal erneuert wurde. Auch wurden die Bohrlöcher
täglich vermehrt, sodass die Conservirungsflüssigkeit allmälig
über die ganze Hirnoberfläche gelangen konnte, während -gfaieh-
zeitig die Hirnkammern immer neuen Zufluss erhielten. Hier¬
auf wurde das Präparat in MüUer’sche Flüssigkeit gelegt und
an einem kühlen dunkeln Orte aufgestellt. Dabei wurde in
8—10 Tagen das Cranium vollständig entfernt. Nach
6—10 Wochen wurde das Organ in Scheiben zerlegt. Beim
Nachlassen der kalten Witterung ist es nothwendig, die Hirn-
gefäB8e mit Müller-Formolgemisch zu injiciren und den Behälter,
in welchem die Härtung vorgenommen wird, 2 Wochen hindurch
in Eis zu stellen.
Bei dieser Behandlung wurden vorzügliche Resultate erhälten.
Aus den Befunden sind nachstehende Ergebnisse hdrvor-
zuheben.
Die Menge der aus den Subarachnoidealräumen des Rücken¬
markes und des Hirns erhaltenen Flüssigkeit war so verschieden,
dass ein Mittel nicht angegeben werden konnte. Veränderungen
der Hirnhäute fehlten. Die Schädelknochen zeigten nur in
2 Fällen eine pathologische Beschaffenheit.
An den Hemisphären war immer eine mehr oder weniger
grosse Vorwölbung der medialen Theile des Occipitalhirnes vor¬
handen, die unmittelbar über den Vierhügeln und vor der
Oeffnung des Kleinhirnzeltes ihre Lage haben.
Die Seiten Ventrikel hatten in 7—8 Fällen eine mässige
Erweiterung erlitten, die sich in vertikaler Richtung ausdehnte.
In den ünterhömern bestanden grössere oder kleinere Ver¬
wachsungen, die von der Verwachsung nicht betroffenen Theile
zeigten häufig eine ziemlich umfängliche Ektasirung. Das Septum
pellucidum stand stets senkrecht und war flach gespannt. Ependym
glatt, Plexus chorioid. von normalem Aussehen; Foramina
Monroi offen.
Die Hauptveränderungen im Zwischenhirn betrafen den
Boden und das Dach des 3. Ventrikels. Die Sehhügel zeigten
eine merkliche Abnahme in der Höhe, womit eine entsprechende
Längenabnahme des Kommissnrquerschnittes verbunden war, so¬
dass derselbe eine elliptische Form (statt der kreisförmigen)
angenommen hatte. Das Chiasma der Sehnerven war in zwei
Fällen an der dem Knochen anliegenden Seite platt gedrückt.
Der 3. Ventrikel zeigte in seinen WeitenVerhältnissen auf¬
fallende Veränderungen. Der ringförmige Raum war im hintern
untern Quadranten bis auf einen engen Kanal zusammengedrückt,
in vier Fällen war der Zugang vom basalen Halbring des
3. Ventrikels zum Eingänge in den Aquaeductus Sylvii ganz
verlegt. Der andere untere Quadrant war namhaft verbreitert,
sein Recessus infnndibuli durch das Emporsteigen der Hypophyse
obliterirt, sein Recessus optici manchmal ganz ausserordentlich
vergrössert.
Die allerschwersten Formveränderungen bestanden im
Mittelhirn. Dasselbe wurde in seiner Totalität merklich nach
rückwärts gegen das Kleinhirn verlagert und durch die Protrusion
des Occipitalhirnes in anterio-posteriorer Richtung auseinander¬
geschoben, gegen die knöcherne Schädelbasis niedergedrückt und
abgeflacht und ausserdem noch durch die peripheren seitlichen
Aeste der Protrusion von beiden Seiten her comprimirt Die
vorderen Vierhügel erhielten als Abdruck der Grosshirnprotrusion
eine quere Einsattelung. Alle Anomalien des Mittelhirns standen
zum Grade der Protrusion des Occipitalgehirns in einem geraden
Verhältnisse.
Die Crura cerebri hatten ihre strickartige Furchung ver¬
loren. Niemals fehlte eine Deformation des Aquaeductus Sylvü.
Die vorstehend beschriebenen pathologisch-anatomischen
Veränderungen erklärt Verf. als dffc Folge einer abnorm starten
Umfangsvermehrung des Grosshirns, welche eine pathologische
Erweiterung der centralen Höhlen zur Grundlage hat.
Die Vergrösserung des äusseren Umfanges des Grosshirns
wird erklärt: 1. aus der Verengung der subarachnoidealen Lymph-
räume; 2. aus der Aufblähung und Vortreibung der häutigen
Abschnitte der Ventrikel Wandungen in centrifugaler Richtung;
3. aus der Protrusion des Hemisphärentheiles, welcher der
Incisura tentorii cerebelli gegenüber liegt, und aus der dem
Grade der Protrusion entsprechenden Deformation des Mittel¬
und Rautenhirnes.
Die Protrusion ist eine symmetrische Wulstbildung an der
medialen und basalen Region des Occipitalhirnes, die sich mit
ihrer Convexität in den Kleinhirnraum des Schädels hineinwölbt,
histologisch aus Hirnrinde und weisser Marksubstanz besteht
und je nach der Grösse das Mittelhirn mehr oder weniger stark
deformirt. Diese Wulstbildung ist ein deutliches Zeichen für
die Umfangsvermehrung des Gehirns, das bei der steigenden
Volumzunahme zuerst die normalen Räume der knöchernen
Capsel ausfüllt und dann durch die Tentorialöffnung prolabirt.
Die in Folge des abnormen Druckes entstandene Vorwölbung
bezeichnet Verf. mit dem Namen Druckwulst und behauptet
auf Grund seiner Beobachtungen, dass bei der chronischen
acquirirten Hydrocephalie des Pferdes stets ein Druck¬
wulst des Occipitalhirns vorhanden sei.
Das anatomische Bild des Hydrocephalus wird trotz seiner
Verschiedenheit von drei Hauptveränderungen beherrscht: Der
Dilatation der Ventrikel des Zwischen- und Endhirns,
der Deformation des Mittelhirns und dem Druckwnlste.
Au der Hand dieses Befundes sucht Verf. nunmehr die Mechanik
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6. September 1900.
der Flüssigkeitsstauung bei der Hydrocephalie des Pferdes zu
erläutern. Dass diese Krankheit auf einer intraventriculären
DruckBteigerung der Cerebrospinalflüssigkeit beruht, entspricht
der Auffassung der meisten Autoren und wird auch durch die
vorliegenden Untersuchungen wieder bewiesen. Die durch den
Druckwulst erzeugte Zusammendrückung des Mittelhirns mit
consecutiver Obliteration des Aquaeductus ist als die Ursache der
Unterbrechung des absteigenden Flüssigkeitsstromes zu betrachten.
Hinsichtlich des Entstehungsmodus des Druckwulstes hat
Verf. zwei Auffassungen: 1. könne man in dem Druckwulste den
Effect einer abnormen, auf einer partiellen Insufficienz des Aquae¬
ductus Sylvii gegenüber der aus den Seitenkammern abfliessen-
den Cerebrospinalflüssigkeit beruhenden Hirnvergrösserung sehen.
Die Insufficienz sei zurückzuführen auf eine pathologische Ver¬
mehrung der Secretion des Liquor cerebrospinalis oder auf eine
individuelle Enge des Aquaeductus oder auf beide Coinponenten.
2. Bei dem erwiesenen Umstande, dass bei den physiologischen
Volumschwankungen des lebenden Gehirns der Blutdruck das
Primäre und die wenigstens zum grossen Theile auf ihm be¬
ruhenden Zu- und Abnahmen des Liquor cerebralis das Secnndäre
darstellen, sei es auch denkbar, dass der Druckwulst in seinen
ersten Anfängen nichts anderes ist, als das im Tode bestehen
gebliebene Zeichen einer durch den Blutdruck verursachten
UmfangsVermehrung des Gehirns. Die so bewirkte Dehnung
des Grosshirns dürfe nur um ganz Weniges über die Kapazität
des Schädelcavums hinausgehen, so erfolge eine Prolabirung
durch die Incisura tentorii, die so gering sein könne, dass sie
nur ein ganz geringes Herabdrücken der Vierhügelplatte und
damit eine ebenso geringe Verengung deB Aquaeductus
Sylvii mit sich bringt. Hiermit sei ein Circulus vitiosus ein¬
geleitet, der zu einer, bis zu einem gewissen Grade progressiven
Stauung in den Hirnkammern führen müsse.
Besonders aber müsse der krankhafte Zustand eingeleitet
werden, wenn ein andauernder abnormer Blutdruck wie bei
Dämpfigkeit, Herzschlechtigkeit u. s. w. abnorme Druck- und
Bewegungverhältnisse im Gehirne zur Folge habe. Es würden
sich bald kleine Prolapse des Occipitalgehirnes durch den
Isthmus tentorii bemerkbar machen, die zum Ausgangspunkt des
Druckwulstes führten. Wird nun durch die Wasserzunahme des¬
selben die Grenze der Zusammendrückung des Aquaeductes
überschritten, innerhalb welcher der von den Ventrikeln kommende
Lymphstrom ungehindert passiren kann, dann kommt zur
pulsatorischen Hirnschwellung noch eine durch die Anhäufung
der intraventrikulären Cerebrospinalflüssigkeit erzeugte weitere
Umfangsvermehrung des Hirnes, also eine secnndäre Vergrösse-
rung des Druckwulstes, und endlich totale Verlegung des
Aquaeductus. Demnach können sich die fraglichen Veränderungen
auch bei normaler Secretion der Cerebrospinalflüssigkeit
ausbilden.
Tagesgeschichte.
Die veterin&r-medicinische Faenlt&t in Bern.*)
Von Prof. Dr. Rubel!, Bern.
Am 21. Januar 1900 hat das Volk des Cantons Bern mit über
30000 Stimmen beschlossen: „Die Thierarzneischule in
*) Die Verhältnisse der muen veterinär medicinischen Facultät za
Bern, sowie das neue Promotionsstatut derselben haben für die
deutschen Thierärzte ein so allgemeines Interesse, dass wir den
obengenannten Aufsatz, aus dem Schweizer Archiv für Tbierheil-
knnde, unter Weglassung einiger weniger wichtigen Stellen im
Originaltext wiedergeben. D. R.
427
Bern wird mit der Hochschule verschmolzen und bildet
eine Facultät derselben.“ Durch das bezügliche Gesetz,
welches am 1. Mai 1900 in Kraft getreten ist, wird die bisherige
separate Thierarzneischule aufgehoben.
Die Erhebung der Thierarzneischule zur veterinär¬
medicinischen Facultät hat wesentliche organisatorische Ver¬
änderungen zur Folge, welche viele Standesangehörige interessiren
dürften und deshalb an dieser Stelle Erwähnung verdienen.
Bekanntlich ist die älteste Thierarzneischule diejenige in
Lyon und nach dem Muster der französischen höhern Unterrichts¬
anstalten, ohne Zusammenhang mit anderen wissenschaftlichen
Instituten, ins Leben gerufen worden. Dieses Vorbild wurde
in der Folge fast ausnahmslos in allen Staaten nachgeahmt, und
es bestanden zwischen den Universitäten und den Thierarznei¬
schulen keinerlei Beziehungen. Ausnahmen hiervon machten
Giessen und Bern. In Kopenhagen sind landwirtschaftliche und
thierärztliche Hochschule mit einander vereinigt, jedoch ohne
Anscifiuss an die Universität.
Die Berner Schule ist im Jahre 1806 gegründet worden,
nachdem Prof. Dr. med. Emmert schon im Jahre 1805 Vor¬
träge über Thierheilkunde gehalten hatte. Bei der Gründung
der Universität im Jahre 1834 wurde die Thierarznei¬
schule in dieselbe mit einbezogen und der medicinischen
Facultät als Abtheilung b zugeordnet. Leider traten in den
60er Jahren erhebliche Störungen in dieser Abtheilung ein, und
wohl hauptsächlich die sehr verschiedene Vorbildung, welche die
Aerzte und die Thierärzte in damaliger Zeit aufzuweisen hatten,
verhinderten ein fruchtbares Zusammenarbeiten, so dass im Jahre
1868 die Abtheilung b der medicinischen Facultät aus der Hoch¬
schule (der Universität) herausgenommen und unter besonderes
Geseftz gestellt wurde. Laut diesem Gesetz bestand nun eine
mit der Hochschule verbundene Thierarzneischule, an welcher
der Unterrichtscurs sechs Halbjahre umfasste. Die natur¬
wissenschaftlichen Fächer wurden auch ferner mit den Studirendeu
der Universität gemeinsam an der philosophischen Facultät besucht.
Ein i Lehrer hatte als Director über den gesammten Unterricht
und Idie Disciplin zu wachen und die Versammlungen der Lehrer
anzüordnen und zu leiten. Die auf eine Mittelschule zu¬
geschnittenen Gesetzesnormen konnten, wie leicht vorauszusehen
war, die Angehörigen einer Anstalt, deren Aufgabe nicht nur
in Belehrung angehender Thierärzte, sondern auch in der
Förderung der Wissenschaft besteht, nicht begeistern und waren
bald Gegenstand energischer Anfechtungen, deren Anfang der
frühere Director der Schule, weil. Prof. Dr. Pütz, (der spätere
hochverdiente Führer der preussischen Thierärzte) schon im
Jahre 1873 machte.
Genau 20 Jahre nach dem Vorstosse von Pütz begann das
Lehrercollegium der Thierarzneischule an der bestehenden
Ordnung neuerdings zu rütteln und konnte nun mit umfang¬
reicherem Material, als es zu Pütz’s Zeiten der Fall gewesen
war, den Feldzug unternehmen. Es wurde namentlich auf die
bedeutenden Steigerungen der Anforderungen an die Vorbildung
— in neuester Zeit Universitätsreife — des Thierarztes und
auf die sehr viel strengeren thierärztlichen Fachprüfungen hin¬
gewiesen. Ferner waren unterdessen die Thierarzneischulen
Deutschlands zu Hochschulen erhoben worden, was für eine
Höherstellung der Berner Schule als ein besonders ausschlag¬
gebender Grund verwerthet werden konnte. Und nicht weniger
wichtig für die Einverleibung der Thierarzneischule in die Hoch¬
schule war der Ausweis, dass eine grössere Anzahl Thierärzte
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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428
nach Ablegung ihrer Staatsprüfung weiterhin wissenschaftlich
thätig war und an der medicinischen oder philosophischen
Facultät promovirte. Alle diese Mitarbeiter haben dazn bei-
getragen, das Ansehen des thierärztlichen Standes in Kreisen
der Gebildeten zu steigern, und beim Düfchsehen der Ver¬
zeichnisse von deutschen Thierärzten kann mit Freuden con-
statirt werden, dass der Procentsatz unserer Berufsgenossen,
Welche sich eine Ehre daraus machen, an dem Fortschritt der
wissenschaftlichen Thiermedicin Antheil zu haben, ein recht an¬
sehnlicher ist.
Bei der Wahl nun, ob die Erhebung zur thierärzt¬
lichen Hochschule, wie es in Deutschland nnd in
anderen Staaten der Fall ist, oder zur veterinär-
medicinischen Facultät der Universität anznstreben
sei, war man in den bernischen Kreisen nicht einen
Augenblick im Zweifel. Es war allgemein die Ansicht vor¬
handen, dass eine wirksame und auf die Dauer befriedigende
Reorganisation der Thierarzneischule nnr in der Hebung der¬
selben zur veterinärmediciniBchen Facultät bestehen könne. Es
ergab sich dies schon aus dem bisherigen Zusammenhang der
Schule mit der Universität, denn die Thierarzneischüler be¬
suchten nicht nur die naturwissenschaftlichen Vorlesungen äeit
der Gründung der Schule gemeinsam mit den Studirenden der
Medicin, sondern 1884 auch die Physiologie. In seiner bezug*
liehen Eingabe hat das Lebrercolleginm der Thierarzneischule
sodann vorgeschlagen, in Zukunft auch die Vorlesungen der all¬
gemeinen Medicin, nämlich diejenigen über allgemeine Anatomie
(Histologie und Histochemie), Entwicklungsgeschichte, allgemeine
Pathologie, Bacteriologie, Medicinische Chemie, Toxicologie mit
der medicinischen Facultät za vereinigen. Dabei können die
Docenten an der veterinärmedicinischen Facultät von allgemein
medicinischen Fächern thunlichst entlastet werden und ihre Auf¬
merksamkeit in erhöhtem Grade speciell thierärztlichen Gebieten
znwenden, was für die practische Ausbildung der Thierärzte von
Wichtigkeit ist. Für alle Fächer) welche practische Curse
speciell thierärztlicher Natur erfordern, sind besondere Ver¬
treter an der veterinärmedicinischen Facultät nothwendig, wie
z. B. für die Anatomie, für die pathologische Anatomie, für die
Kliniken, für die Staatsthierheilkunde, für die Zootechnie und
Hygiene, für die Fleischschau etc. etc. Die übrigen Fächer
können ohne Nachtheil auch an anderen Fücultäten gehört
werden.
Besondere Gründe, welche für die Vereinigung der Thier¬
arzneischule mit der Hochschule sprechen, waren in genügender
Zahl vorhanden. Wir betonen vor allem den Werth der Zu¬
sammengehörigkeit von Lehrern und Studirenden verschiedener
Facultäten. Für die Förderung der Wissenschaft kann der
Verkehr mit Vertretern anderer wissenschaftlicher Berufsarten
nur günstig wirken und die gegenseitige Achtung erhöhen.
Nicht weniger nützlich dürfte der Einfluss eines grösseren
Bekanntenkreises von Gebildeten verschiedener Richtungen für
das practische Leben sein. Die Einrichtung der deutschen
Universität als wissenschaftliche Lehranstalt, die zur Aufnahme
von Jünglingen von 18—22 Jahren und darüber bestimmt
ist, hat sich denn auch seit mehreren hundert Jahren be¬
währt, nnd es besteht nicht das geringste Verlangen, die¬
selben zu ändern. Selbst in ärztlichen Kreisen, deren Facultät
eine grössere Zahl Hiilfs-Institute zur präctischen Ausbildung
dieser Gelehrten haben muss, ist der Wunsch nach Abtrennung
von der Universität nicht geäussert worden und die Ein-
No. 36
richtung der Bildungsanstalt als Fakultät bildete bis dahin
nicht das geringste Hinderniss für die grüridliche practische
Ausbildung des Arztes. Gerade so Wenig wird die Eigen¬
artigkeit des thierirtedicinischen Unterrichts Urtd die glückliche
Verbindung zwischen Wissenschaft und Praxis durch den
Facultätscharakter der veterinär-medicinischetl Schule beein¬
trächtigt, was ich entgegen der Behauptung von anderer Seite
hervorheben möchte. Für den Anschluss der thiermedicinischen
Fachschule an die Universität haben sich übrigens hervorragende
Staatsmänner, wie Dr. Schnyder (im grossen Rath des Cantons
Bern), grosse Gelehrte wie Voit etc. ausgesprochen. Es war
mit Rücksicht auf das allgemeine Urtheil eine für die bernischen
Thierärzte hocherfreuliche Nachricht, als in fast allen Fach¬
blättern die Worte des Prinzen Ludwig von Bayern, die
er am 21. December 1899 in der Plenarsitzung des bayrischen
Landwirthschaftsrathes gesprochen hat, die Runde machten. Der
Fürst halte die directe Anfügung der Thierheilkunde an eine
Facultät der Universität für höchst wünschenswerth, hiess es;
denn dies sei das beste Mittel um die Thierheilkunde, welche
seither im Vergleiche zu anderen wissenschaftlichen Bernfs-
zweigen ungerechtfertigterweise eine untergeordnete Stellung
eingenommen habe, thatsächlich zu der ihr gebührenden Werth¬
schätzung und Bedeutung zu bringen, was mit der an sich ja
wohlgemeinten Erhebung der thierärztlichen Lehranstalten zu
Hochschulen in ungenügender Weise gelungen sei. Diese hoch¬
herzigen und durchaus zutreffenden Worte unmittel¬
bar vor der Volksabstimmung über das bernische Gesetz,
war von günstiger Vorbedeutung, und wir konnten- ein solch
bedeutsames Vorgehen in benachbarten Landen als einen
weiteren wichtigen Grund zur Bildung der Facultät den unseligen
beifügen.
Die neu gegründete veterinär-medicinische Facultät bereitet
sich nun vor, den Interessen der Wissenschaft und des thier-
ärztlichen Berufes gerecht zu werden.
Die Organisation der veterinär-medicinischen Facultät be¬
ginnt mit der Aufstellung eines neuen Studienplanes. Lant
§ 23 des Hochschulgesetzes herrscht an der Universität voll¬
kommene Lehr- und Lernfreiheit. Nichts desto weniger glaubt
die Facultät durch das Aufstellen eines Studienplanes den
Studirenden einen Dienst zu erweisen, indem sie ihnen für die
zweckmässigste Eintheilung ihrer Studien einen Wegweiser in
die Hand giebt.
Der Studienplan sieht acht Semester vor, entsprechend der
neuen Verordnung über die schweizerischen Medicinalprüfnngen
vom 11. December 1899. In ihm sind vorerst alle Fächer an¬
gegeben, aus denen an den eidgenössischen Prüfungen examinirt
wird; ferner alle jene Hülfsfächer, welche für die gründliche
practische Ausbildung des Thierarztes unbedingt nothwendig
sind nnd endlich einige übrige Disciplinen, die der allgemeinen
medicinischen Bildung des Thierarztes werthvolle Unterstützung
bieten können, (vgl. B. T. W., Jg. 1900, pg> 199.).
Die Fächer sind vertreten zum Theil an der veterinär¬
medicinischen, zum Theil an der medicinischen und zum Theil
an der philosophischen Facultät.
Die erstere Facultät weist gegenwärtig sechs ordentliche
Professuren auf, nämlich diejenige für Anatomie, pathologische
Anatomie, innere Medicin, Chirurgie, Bujatrik und Staatsthier¬
heilkunde, Zootechnik und Hygiene.
Entsprechend der Theilung des bisherigen Lehrstuhles für
Bujatrik und Chirurgie, tritt auch eine Theilung der Kliniken
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BERLINER TälERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
6 September 1900.
ein, so dass nunmehr eine Klinik- fite inrter^ 1 Krankheiten und
eme chfrurgische Klinik im Thierspitäl gehalten werden. Die
ambulatorische Klinik wird in gewohnter Weise weitergeführt.
Nebst den ordentlichen Professuren ist eine Docentenstelle für
Fleischschaa errichtet worden.
Nach § 36 bis 39 des Hochschulgesetzes können in Zukunft
auch Privatdocenten an der veterinär - medicinischen Facnltftt
lehren. Wer dies zu thun wünscht, hat der Direction des Unter¬
richtswesens des Cantons Bern ein schriftliches Gesuch einzn-
reichen und in demselben die Fächer anzugeben, welche er zu
lehren wünscht.
Dem Gesuche sind beizulegen: a) ein curriculum vitae
(Schilderung des Lebenslaufes und des Bildungsganges); b) das
Doctordiplom und die Inauguraldissertation; c) eine Habilitations¬
schrift aus demjenigen Fache, über das der Petent zu lesen
wünscht; als solche darf die Doctordissertation nicht verwendet
werden.
Durch die Aufstellung dieses Reglements hat sich an der
Facultät mit Bezug auf die Gewinnung der Lehrkräfte eine
wesentliche Aenderung vollzogen. Die Zeiten sind noch nicht
lange vorbei, in denen die thierärztlichen Lehrer mehrere zum
Tlieil recht heterogene Fächer zu lehren hatten und ausser¬
ordentlich belastet waren, so dass ihnen zur Forschung und
erspriesslichen literarischen Thätigkeit wenig Zeit übrig blieb.
Und bis in die jüngste Zeit ist mit den Lehrkräften in nach¬
theiliger Weise umgesprungen worden, denn ein Lehrer musste
bald dies, bald jenes Fach übernehmen. S chm altz hat schon
anderswo darauf hingewiesen, dass ein Docent in seinen
Leistungen gehemmt ist, wenn er die Lehrfächer wie Röcke
wechseln muss. Dies waren ganz erhebliche Missstände. An
der Facultät kann sich also ein Docent nur für ein bestimmtes
Fach habilitiren und hat hierzu die nothwendigen wissenschaft¬
lichen Ausweise zu erbringen. In erwähnter Neuerung liegt
unbedingt ein grosser Fortschritt, indem von nun an, wie an
Hochschulen allgemein üblich, nur Fachlehrer wirken werden.
- Andererseits ist einleuchtend, dass bei der Besetzung frei
gewordener Lehrstühle die Auswahl von Professoren aüs der
Reihe von Privatdocenten leicht und sorgfältig geschehen kann.*)
Als fernere wichtige Neuerung bei der Facultätsorganisation
sei die Promotion erwähnt. Ein verhältnissmässig grosser Theil
von Aerzten und Studirenden der Medicin haben es von je her
als ihrer Wissenschaft schuldig und ihrem Ansehen würdig
erachtet, sich um academische Würden zu bewerben und zu
diesem Zwecke eine wissenschaftliche Arbeit auszufdbren: Nicht
weniger dürfte der Werth solcher Arbeiten für den Veterinär-
mediciner sein. Bei dem allgemein emsigen Arbeiten und Ringen
der Vertreter der Naturwissenschaften, seien es Botaniker,
Zoologen, Chemiker, Physiker oder Mediciner, dürfen die Thier¬
ärzte nicht fehlen. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen,
dass wir mit den Medicinern die Gesammtmedicin, mit den
Zoologen, Botanikern, Chemikern etc. die Naturwissenschaften
fördern helfen. Wenn wir dies thun, kommen wir unserer Auf¬
gabe nach, und wir können versichert sein, dass dann das An¬
sehen unseres Standes nicht geringer sein wird, als dasjenige
irgend eines anderen, trotz des Vorurtheils unmassgeblicher
Leute, die das geringere Ansehen des Thierarztes auf die
Ausübung seiner Berufsthätigkeit im Stalle zurückführen;wollen.
Für den Thierarzt hat die wissenschaftliche Ausbildung zudem
*) 'Ueber diesen Punkt bin ich abweichender Meinung und
werde dieselbe demnächst begründen. Schmaltz.
noch- besonderen Zweck. Es ist allgemein bekannt, -dass ge¬
fährlich erkrankte Leute von den Aerzten in der Regel in
ein Krankenhaus gewiesen werden; in Folge dessen kommen
solche Fälle mehrmals zur Beobachtung und werden Gegenstand
genauer wissenschaftlicher Untersuchung. Anders sind die Ver¬
hältnisse in der Thiermedicin, indem bei schwerer Erkrankung
die Thiere auf Anrathen des Thierarztes geschlachtet werden
und dadurch der Beobachtung in einem Thierspitäl entgehen.
Und nun läge es ganz bestimmt in der Aufgabe des be¬
treffenden Collegen, den Fall für die Wissenschaft durch eine
gedruckte Mittheilung auszubeuten. Allein den literarischen
Arbeiten erwachsen verschiedene Hindernisse. Nebst dem
häufigen Mangel an Zeit fehlt es oft auch an der nothwendigen
Uebung. Letztere kann durch Herstellung einer wissenschaft¬
lichen Arbeit unter Leitung eines Docenten erworben werden,
und die Kenntnisse der Handhabung verschiedener Methoden
zu experimentellen Untersuchungen sowie die Benrtheilung des
Werthes vorliegender Fälle für die Veröffentlichung stellen
Bereicherungen des Könnens dar, die für die thierärztliche
Praxis nur von Vortheil sind.
Reglement Uber die Ertheilung der DoctorwUrde durch die veterinlr-
medicinische Facultät zu Bern.
(8. Juni 1900.)
. § 1. Die Bewerbung um die Ertheilung der Doctorwürde er¬
folgt schriftlich beim Decan der veterinär-medicinischen Facultät.
Dem Gesuche sind beiznfiigen:
a) eine Dissertation von wissenschaftlichem Werth, gegründet
auf experimentelle Forschung, auf Beobachtung oder auf
kritische Bearbeitung bereits vorhandenen Materials;
b) ein curriculum vitae, aus dem besonders der Bildungsgang
des Doctoranden ersichtlich ist;
cj Belege über wissenschaftliche Vorbildung, naturwissen¬
schaftliche and veterinär-medicinische Studien.
§ 2. Die Prüfung der eingereichten Documente besorgen
Decan und Schriftführer, welche der Facultät hierüber ihr Gut¬
achten abzugeben haben. Für die Zulassung des Candidaten
sind zwei Drittel Stimmenmehrheit nothwendig.
§ 3. Die Begutachtung der Dissertation hat der Vertreter
des betreffenden Faches zu übernehmen. Zur Durchsicht der
Arbeit werden dem Referenten drei Wochen Zeit eingeräumt.
Hierauf wird die Dissertation, begleitet von dem motivirten
Votum des Referenten, bei sämmtlichen stimmfähigen Mitgliedern
der Facultät in Circulation gesetzt, wobei jedem Mitgliede eine
Frist von drei Tagen zur Einsicht gestattet ist.
§ 4. Die Annahme der Dissertation erfolgt auf Antrag des
Referenten. Hierzu genügt einfache Stimmenmehrheit.
Der Referent ist auf dem Titelblatt der gedruckten Disser¬
tation zu nennen.
§ 5. Die Dissertation darf als solche nicht vor dem münd¬
lichen Examen publicirt werden.
Ihre Veröffentlichung muss innerhalb Jahresfrist nach Ab¬
legung der mündlichen Prüfung stattfinden.
§ 6. Erachtet die Facu tät die Dissertation für genügend,
so wird der Bewerber zu der mündlichen Prüfung zugelassen.
Dieselbe umfasst: Anatomie und Embryologie, Physiologie,
pathologische Anatomie und allgemeine Pathologie, specielle
Pathologie und Therapie, Chirurgie und Hnfbeschlag, Pharma¬
kologie, Senchenlehre und Bacteriologie, Thierzucht und Hygiene.
Die Prüfung in einem Fache darf 20 Minuten nicht übersteigen
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Na. 36.
Sofort nach dem Examen ist dem Decan die Note schriftlich
und geheim zu übergeben. Die Noten werden abgestuft in: gut,
genügend und ungenügend. Die Ertheilung der Würde erfolgt
bei zwei Drittel Stimmenmehrheit.
§ 8. Der Doctortitel wird in der Form „Doctor medicinae
veteriuariae“, ohne Auszeichnung, ertheilt.
§ 9. Die Uebergabe des Doctordiplomes kann erst statt¬
finden, nachdem die Dissertation in 200 Exemplaren der Facultät
eingereicht worden ist.
§ 10. Ausserordentlicherweise kann die Facultät durch ein¬
stimmigen Beschluss aller ordentlichen Professoren ausgezeich¬
neten Männern von bedeutendem Verdienst in der Veterinär-
Medicin die Doctorwürde „honoris causa“ ertheilen. Diese
Ertheilung erfolgt, nachdem der Senat den Beschluss ge¬
nehmigt hat
§ 11. Die Gebühren für die Doctorprüfung betragen
Fr. 300 und Fr. 15 für den Pedell. Sie sind vor der Prüfung
zu entrichten.
Im Falle der Nichtannahme der Dissertation erhält der Be¬
werber diese Summen, nach Abzug der Kosten für den Referenten,
den Decan und den Schriftführer zurück.
In der neuen Organisation hat auch die Verwaltung eine
Veränderung erfahren. Die Aufsichtscommission und das
Directorat der Thierarzneischule sind aufgehoben worden. An
ihre Stellen treten Senat, Rector und Facultät. Die betreffenden
Vorschriften lauten: § 54. Die ordentlichen und ausserordent¬
lichen Professoren und diejenigen Docenten, welche einHonorar be¬
ziehen, bilden den academischen Senat, welcher unmittelbar
unter dem Erziehungsdepartement steht. Derselbe wählt all¬
jährlich den Rector etc.
Gegenwärtig hat die Universität Bern eine evangelisch¬
theologische, eine katholisch-theologische, eine juristische, eine
medicinißche, eine veterinär-medicinische und eine philosophische
Facultät, letztere mit zwei Abtheilungen, einer philosophisch-
philologisch-historischen und einer mathematisch-naturwissen¬
schaftlichen Abtheilung.
Den Vorsitz in jeder Facultät führt ein Decan, welcher
von derselben auf vier Jahre ernannt wird, jedoch nach Ver¬
floss dieser Zeit nicht wieder wählbar ist. Jeder Facultät liegt
im besonderen ob: Vorberathung über die Anordnung der Vor¬
lesungen in ihrer Abtheilung und Entwertung eines Lections-
planes, welcher der Genehmigung des Erziehungsdepartements
zu unterbreiten ist; Beaufsichtigung und Unterhaltung der ihr
an vertrauten Subsidiaranstalten; Ertheilung des Doctorgrades,
(das Diplom wird vom akademischen Senat ausgestellt).
Andere Neuerungen, welche nicht speciell den Unterricht
betreffen, können hier übergangen werden. Und auch über die
Bedeutung der Verbindung von thierärztlichen Lehranstalten
mit Universitäten für das Ansehen des thierärztlichen Standes
sollen keine weiteren Worte fallen, das Urtheil hierüber können
wir mit ruhigem Gewissen späteren Generationen überlassen.
Ungünstig wird dasselbe wohl nicht ausfallen, und wir vertrauen
auf die Worte, die der grosse Jenaer Naturforscher Ernst Haeckel
über seiner Institutsthüre angebracht hat: „ Impavidijrrogrediamur,
nunquain relrorsum!“
Irish Veterinary College-
In Irland wird eine neue thierärztliche Lehranstalt errichtet,
deren Lehrthätigkeit am 3. October er. beginnen soll. Die
Anlagen der Anstalt befinden sich in der Nähe von Ballsbridge.
Baoteriologisoher Ferien eure in München.
Der bacteriologische Feriencurs wird unter Leitung des
Unterzeichneten an der Münchener thierärztlichen Hochschule
in der Zeit vom 17. bis 28. September für die Herren Collegen aus
der Praxis unentgeltlich abgehalten werden. Anmeldungen wolle
man baldigst, wenn möglich bis 8. September, an unterfertigte
Adresse richten. Dr. Jos. Mayr,
Prosector an der thierärztlichen
Hochschule zu München.
Rhelnprenssischer Verein.
Die Herbstgeneralversammlung des Vereins Rheinpreussischer
Thierärzte findet am 19. September, Vormittags 11 Uhr im
Hotel Kaiserhof, Hochstrasse in Aachen, mit folgender Tages¬
ordnung statt:
1. Vereins- und Standes-Angelegenheiten.
2. Beschlussfassung über die Stiftung Schell.
3. Aus der Praxis.
Anmerkung: Herr Professor Degive aus Brüssel wird am
19. September, Vormittags, die Castration bei Cryptorchiden
hier ausführen.
Zu recht zahlreichem Erscheinen (auch mit Rücksicht auf
die gleichzeitig tagende Naturforscherversammlung) ladet
ergebenst ein.
Aachen, den 8. September 1900. Dr. Schmidt,
Vorsitzender.
Zwanglose Herbstversammlung der SohlaefatfaeftUerlrzte am
16. September 1900, Vormittags II Uhr im Schlaofatbofe zu Spaodaa.
Tagesordnung:
1. Besichtigung der Schlachthofanlage unter Führung des Herrn
Director Schubarth und geschäftliche Mittheilungen.
2. Besprechung über die Einwirkung des neuen Fleischschau-
gesetzeB auf den Betrieb der Schlachthöfe von Herrn
Director Schräder und Schubarth.
3. Discussion über die Einwirkung des neuen Communal-
beamtengesetzes.
4. Besprechungen über einheitliche Beanstandungen in den
Schlachthäusern und Festsetzung der nächsten Tagesordnung.
Der Vorsitzende
der Schlachthofthierärzte der Provinz Brandenburg.
Wulff.
Versammlung der Sanitätsthierftrzte der Provinz Saohseo eto.
Der CircularerlaBs des Herrn Ministers für Handel und
Gewerbe und des Herrn Ministers des Innern vom 27. Juli 1900
betreffend die Abänderung der Gesetze betr. die Errichtung
öffentlich ausschliesslich zu benutzender Schlachthäuser vom
18. März 1868 ....... .. „
~9~ M ä rz 188 1" gie * )t mir Veranlassung, die Herren Collegen der
Gruppe der Schlachthaus- und Sanitätsthierärzte des thier&rzt-
lichen Centralvereins der Provinz Sachsen, der thüringischen
und anhaitischen Staaten zu einer Besprechung am
Sonntag, den 16. September d. J. Vormittags 11 Uhr,
in Magdeburg, Königl. Hofbräu (Wuthe) Hasselbachstrasse 1 ,
einzuladen.
Gäste sind willkommen.
Magdeburg, den 4. September 1800.
Colberg
Obmann der Gruppe.
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6. September 1900. BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 431
Staatsveterinärwesen.
Von Preusae.
Nachweisung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche am
15. August 1900.
Gegenüber dem Seuchenstand am 31. Juli er. sind folgende
Aenderangen zu bemerken:
Der Rotz ist ausser in den bereits verseuchten Regierungs¬
bezirken noch in dem preuss. Reg.-Bez. Breslan 1 (1) auf¬
getreten. Insgesammt waren in 24 Gemeinden 31 Gehöfte von
dieser Seuche betroffen. — Die Maul- und Klauenseuche ist
neu aufgetreten in dem preuss. Reg.-Bez. Erfurt 1 (1), in Meck-
lenburg-Strelitz 1 (1); dagegen in den preuss. Reg.-Bez. Berlin
und Köln, dem bayr. Reg.-Bez. Pfalz, dem bad. Landescomm.
Karlsruhe, Provinz Oberhessen, Herzogth. Coburg und Sachsen-
Weimar erloschen. Insgesammt waren 450 Gemeinden und
1630 Gehöfte ergriffen. — Die Lungenseuche ist auf die
bereits verseuchten Regierungsbezirke beschränkt geblieben;
es waren zusammen 8 Gemeinden mit 10 Gehöften ergriffen. —
Die Schweineseuche (Pest) ist erloschen in den preuss. Reg.-
Bez. Köln und Trier, und in dem Bez. Ober-Elsass; neu auf¬
getreten im Reg. - Bez. Erfurt 2 (2), Koblenz und in den bayr.
Bezirken Pfalz und Oberpfalz je 1 (1), der Kreishauptmannsch.
Zwickau je 2 (2), Landescomm. Karlsruhe 1 (1), Herzogthum
Gotha 1 (4). In 216 Gemeinden waren 313 Gehöfte von dieser
Seuche betroffen.
VieheinfUhr etc.
Unter Abänderung der königl. sächsischen Verordnung
vom 18. Juni d. J. ist unter dem 2. August d. J. Seitens des
Ministeriums des Innern bestimmt, dass die Bewohner von nicht
mehr als 25 km (bisher 5 km) von der böhmischen Grenze
entfernt liegenden Ortschaften mit ihren eignen an den Pflug
oder an ein Fuhrwerk gespannten Thieren zum Zwecke land-
wirtli8chaftlicher Arbeiten oder in Ausübung ihres Gewerbes die
Grenze unter Beobachtung der bestehenden Zollvorschriften zu
jeder Stunde zu überschreiten berechtigt seien, ohne an die
sonst in jener Verordnung für die Einfuhr von Thieren des
Pferdegeschlechts gegebenen Vorschriften gebunden zu sein.
Auch die badische Regierung hat unter dem 30. Juli d. J.
mit Rücksicht auf den erheblichen Rückgang der Maul- und
Klauenseuche in der Schweiz das Verbot der Einfuhr von Rind¬
vieh und Ziegen aus diesem Lande wieder aufgehoben. Das
Verbot der Ein- und Durchfuhr von Schafen und Schweinen
bleibt jedoch bis auf Weiteres noch in Wirksamkeit.
R.-B. Bromberg: Verzeichniss der durch Maul- und Klauenseuche verseuchten
Landestheile.
In Verfolg der Declaration vom 9. April 1896 (Ausserordent¬
liche Beilage zu No. 16 des Amtsblattes für 1896) zur landespolizei¬
lichen Anordnung vom 6. December 1895, betreffend die Abwehr
gegen die Einschleppung der Maul- und Klauenseuche in den
diesseitigen Regierungsbezirk durch das aus anderen Reichs-
theilen stammende Vieh (Ausserordentliche Beilage zu No. 49
des Amtsblatts für 1895), bestimme ich, dass die Vorschriften
der vorbezeichneten landespolizeilichen Anordnung sich auf das aus
nachbenannten Reichstheilen: 1. aus den preussischen Regierungs¬
bezirken Magdeburg, Merseburg, 2. aus den bayerischen
Regierungsbezirken Oberbayern, Pfalz, Oberpfalz, Oberfranken,
Mittelfranken, Unterfranken, Schwaben, 3. aus den sächsischen
Kreishauptmann8cbaften Bautzen, Dresden, Leipzig, Zwickau,
4. aus den württerabergischen Kreisen Neckarkreis, Schwarzwald¬
kreis, Jagstkreis, Donaukreis, 5. aus den badischen Landes-
commissariaten Konstanz, Freiburg, Karlsruhe, Mannheim, 6. ans
den hessischen Provinzen Oberhessen, Rheinhessen, 7. aus
dem Grossherzogthum Sachsen-Weimar, 8. aus dem Herzog-
tlmm Brannschweig, 9. aus dem Herzogthum Sachsen-Meiningen,
10. aus dem Herzogthum Sachsen-Altenburg, 11. aus dem
Herzogthum Sachsen-Coburg-Gotha, 12. aus dem Herzogthum
Anhalt, 13. aus dem Fürstenthum Schwarzburg-Rudolstadt,
14. aus dem Fürstenthum Waldeck, 15. aus dem Fürstenthum
Reuss ältere Linie, 16. aus dem Fürstenthum Renss jüngere
Linie, 17. aus den Reichslanden Eisass-Lothringen, — im
Regierungsbezirk Bromberg zur Entladung mit der Eisenbahn
gelangende Rindvieh bis auf Weiteres beschränken.
Bromberg, den 8. August 1900.
Der Regierungs-Präsident.
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen.
Ein Ausbruch zu Berlin (Schlachtviehhof unter Schweinen)
vom 23. ist am 24. und ein Ausbruch zu Dresden vom 30. ist
am 31. August wieder erloschen. Ausserdem ist die Seuche am
22. August unter den Schweinen auf dem Schlachtviehhofe zu
München ausgebrochen.
Aphthentheer.
Gegen die in No. 25 pag. 294 der B. T. W. raitgetheilte, in dem
Laboratorium des königlich württembergischen Medicinal-
collegiums festgestellte Analyse des sogenannten Aphthentheers
protestiren der Verfertiger Ly ding, der Apotheker Dr. Loh¬
mann in Frankfurt a. M. und der Apotheker Dr. Welz in
Luzern mit der Behauptung, die Analyse müsse auf einem
Irrtlmm beruhen, da sie unrichtig sei; dementsprechend sei auch
die Folgerung hinsichtlich des Geldwertes des Mittels hinfällig.
Wir'müssen es den Genannten überlassen, die Richtigkeit ihrer
Behauptung darzuthun.
Fleischschau und Yiehhandel.
Von Kühnau.
i
Zur Ausführung des Flelschsohaugesetzes.
Der Bundesrath wird sich voraussichtlich bald nach seinem
Zusammentritt mit den Ausführungsbestimmungen zum Fleisch¬
beschaugesetze beschäftigen. Bekanntlich tritt das Verbot
der Einfuhr von Würsten und Büchsenfleisch bereits am 1. Oc-
tober in Kraft. Es lag in der Absicht der Regierung, gleich¬
zeitig auch das Einfuhrverbot für Pökelfleisch unter acht Pfund
in Kraft zu setzen, allein der Gedanke erwies sich als un-
practisch, solange nicht in Bezug auf die Grundsätze bei der
Untersuchung des frischen Fleisches eine Vereinbarung erzielt
ist. Es versteht sich von selbst, dass dieselben Grundsätze in
Anwendung zu bringen sind für das inländische wie das aus¬
ländische frische Fleisch. Pökelfleisch, das nicht genügend
durchpökelt ist, soll als frisches Fleisch behandelt werden. Es
wird sich, sobald diese Vereinbarung erzielt ist, nach der An¬
sicht der Regierung ermöglichen lassen, auch die übrigen Be¬
stimmungen des Gesetzes früher in Kraft zu setzen für das
ausländische, als für das inländische Fleisch, weil für jenes an
den Zolleinfuhrstellen bezw. an denjenigen Orten im Innern
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432 BERLINER THIERARZTLICITE WOCHENSCHRIFT. No. 36.
wohin das ausländische Fleisch unter Zollverschluss gelangen
darf, bereits die Untersuchungsorgane vorhanden sind, welche
für einen grossen Theil Deutschlands, insbesondere für das
platte Land, zur Durchführung der Fleischbeschau erst geschaffen
werden müssen. N. H. Z.
Kann ein Thierarzt als Fleischbeschauer zur Gewerbesteuer herangezogen
werden?
(Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts.)
Der Thierarzt N. ist als Fleischbeschauer in B. zugelassen.
Seine Thätigkeit als Fleischbeschauer wurde als Gewerbebetrieb
erachtet, und er wurde demgemäss zwangsweise vom 1. Juli 1897
ab zum Mittelsatze der Klasse IV von 16 M. zur Gewerbesteuer
veranlagt. Im Gegensatz zu den Vorinstanzen stellte das
Oberverwaltungsgericht den Kläger N. von der fraglichen Steuer
aus folgenden Gründen frei: § 4 No. 7 des Gewerbesteuer¬
gesetzes vom 24. Juni 1891 befreit von der Gewerbesteuer die
Ausübung des Berufs als Arzt und somit auch die Ausübung
des Berufs als approbirter Thierarzt. Alle diejenigen Thätig-
keiten, welche unter die Ausübung des Berufs als Thierarzt
fallen und sich nur als Ausfluss der berufsmässigen Thätigkeit
darstellen, sind daher von der Gewerbesteuer befreit. Die
berufsmässige Thätigkeit eines Thierarztes umfasst aber nicht
allein die Behandlung von Krankheiten der Thiere, sonderu
auch die Maassnahmen zur Vorbeugung von Thierseuchen und
von Uebertragung thierischer Krankheiten auf Menschen. Hierzu
gehört namentlich die Untersuchung von Thieren, insbesondere
solcher, welche zur menschlichen Nahrung bestimmt sind, auf
ihren Gesundheitszustand, und zwar vorzugsweise nach der
Richtung hin, ob der Genuss des Fleisches für die Menschen
gesundheitsschädlich ist. Eine solche allgemeine Untersuchung
des Fleisches kann — im Gegensätze zu der einseitigen und
beschränkten Untersuchung auf Trichinen, welche keine wissen¬
schaftliche Vorbildung erfordert — mit Zuverlässigkeit nnr von
einer mit entsprechender wissenschaftlicher Vorbildung ver¬
sehenen, in solchen Dingen geübten und erfahrenen Person,
insbesondere von einem Thierarzt, vorgenommen werden, und
gehört, soweit ein Thierarzt sich hiermit befasst, zu seiner
berufsmässigen Thätigkeit. Wenn demgemäss ein Thierarzt
zum öffentlichen Fleischbeschauer bestallt, oder für einen be¬
stimmten Bezirk als Fleischbeschauer zugelassen worden ist,
so bleibt seine in dieser Eigenschaft entwickelte Thätigkeit
nach wie vor eine Ausübung seines Berufs als Thierarzt.
(Allgem. Fl.-Z.)
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Corps-Rossarzt Qualitz vom X. Armec-
corps ist die Erlaubnis zur Anlegung des Ritterkreuzes II. Kl. des
Herzoglich braunschweigischen Ordens Heinrichs des Löwen er-
theilt worden.
Ernennungen etc.: Tbierarzt Theodor Bla im zum städtischen
Bezirks - Thierarzt in München; Thierarzt Job. Hansen - Trittau
(Holstein) zum Assistenten an der med. Klinik der Berliner Thier-
ärztlichen Hochschule; Tbierarzt Dr. Joest, vordem in Prenzlaa^aum
Leiter der bacteriolog. Abtheilung des pharmaceut Instituts Gans
in Frankfurt a. M. — Die Promotion des Dr Kallmann, städt.
Thierarzt in Berlin, zum Dr. med. vet. fand seitens der veterinär-
medicinscbon Facultät in Bern statt
Kreisthierarzt S ah n er von Sagan zum 1. Nobr. nach Lauban versetzt.
Wohnsltzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die
Thierärzte Bannasch von 1. Oct. er. ab als Einj.-Frw. nach Tempel¬
hof b. Berlin, Tinschert von Hirschberg nach Dittmannsdorf, Kr.
Neustadt i. Schles. — Thierarzt Zarnack hat sich in Trittau (Hol¬
stein) niedergelassen.
In der Armee: Für den zum Remontedepot Kalkreuth versetzten
RoBsarzt Stück ist der zum Rossarzt beförderte Unterrossarzt
Richter (bisher bei d. Escadr. Jäger z. Pferde) in das 28. Art.-Regt.
versetzt worden. — Zum ostasiatischen Expeditionscorps sind ferner
commandirt: Fritsch, Rossarzt im 3. Art.-Rcgt., zur Proviant-
colonne 3; Raffegerst, Rossarzt im 36. Art-Regt. zum ostasiat.
Feld-Art.-Regt. und Zwirner als Rossarzt zum Stab des ostasiat.
Bataillons schwerer Haubitzen. — Der Abschied ist bewilligt:
Behrens, Rossarzt d. L. II, sowie den Rossärzten Pittier vom
42. Art.-Regt., Suder v. 37. Art.-Regt. und Kiesel v. 18. Art-Regt
Yacanzen.
Kreisthierarztstellen ete.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Reg.-Bez. Liegnitz: Sagan zum 1. XI. (600 M. Gehalt). Zeugnisse
und Lebenslauf binnen 4 Wochen an den Regierungs-Präsidenten.
Assistentenstelle am tbierhygienischen Institut zu Freibnrg i. Br.
zum 1. Oct. er. (1200 M. Gehalt). Bewerb, mit Zeugnissen an den
Vorstand. — Assistentenstelle an der thierärztlichen Hochschule in
Dresden (1000 M., Wohnung etc.). Gesuche bis 15. Sept. an die
Direction.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Aachen: Montjoie. — R.-B. Düsseldorf: Landkreis Krefeld.—
R.-B. Oppeln: Gross-Strehlitz (600 M.) znm 1. October er.
SanltStsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen
Arys: Schlachthofverwalter zum 1. Oct. er. (1800 M. Wohnung etc.;
später ev. Gehaltserhöhung; Privatpraxis.) Gesuche bis 15. Sept. er.
an den Magistrat. — Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Scblachtbof
zum 1. Oct. er. (2400 M., steigend bis 3600 M.). Bew. bis 1. Sept. an
den Senator Dr. Donandt. — Cassel: Schlachtbofassistenzthierarzt
sofort. (1800 M. 3monatliche Kündigung.) Bewerbungen an den
Dircctor. — Cottbus: Schlachthof-Assistenztbierarzt zum 1. Oct. er.
Bewerb, mit Gehaltsansprüchen sofort an den Magistrat ' ( Anstellung
diätarisch bei vierteljähriger Kündigung.) — Gr ätz: (Posen):
Schlachthofinspector (1500 M., Wohnung etc., Privatpraxis in dienst¬
freier Zeit). Bewerb, an den Magistrat. — Halle: 2 Assistenz¬
thierärzte zu sofort bezw. 1 Octob. er. (1800 M. Wohnung etc.)
Bewerbungen an den Schlacbtliof. — Lübeck: Hilfsthierarzt am
Schlachthof. (2400 M. dreimonatliche Kündigung.) Bewerbungen
an die Schlachthofverwaltung. — Rackwitz i. Pos : Thierarzt für
Schlachtvieh- und Fleischschau (1200 M. Fixum. Privatpraxis.)
Meid, beim Magistrat. — Wolkenstein: Schlachthofthierarzt. (Zu¬
nächst bis 1903 Beihülfe von 700 Mark zugesichert. Privatpraxis
gestattet.) Bewerbungen an den Stadtrath. — Wollstein (Posen):
Schlachthofinspector zum 1. Oct er. (1200 M. Wohnung etc. Privat¬
praxis in dienstfreier Zeit). Bewerb, an den Magistrat
b) Nach Ablaul der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Düren: Schlachthofdirektor. — Graudenz: Assistenzthierarzt am
Schlachthof. — Haltern: Snnitätsthierarzt. — Köln: Schlachthof-
tbierarzt. — Königsberg (Ostpr.): Schlachthofthierarzt zum
1. October er. — Ottweiler (Bez Trier): Schlachthausverwalter. —
Pausa: Thierarzt für den Fleischbeschau-Bezirk. — Salzwedel:
Schlachtbofvorsteher. — Stettin: 3. Schlachthofthierarzt zum
1. September. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf.
— St. Wendel: Scblachthofverwalter. — Wolgast: Scblachtbof-
verwalter zum 1. October er.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotzenau
i. Schl. — Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen
(Kr. Pillkallen). — Murrhardt — Schönbaum (Danzig). —
Sold au (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. —
Mengeringbausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schlea.).
— Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.).
— Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze Mecklb.).
— Wolkenstein.
Verantwortlich für don Inhalt (ozcL Insoratonthcll): Prof. Dr. Scbmaltz in Berlin. — Vorlag und Eigenthum Ton Richard Sehoetz in Berlin. — Druck von W. Büzenslein, TVorlio
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Die „Berliner Thlerärxtllcho Wochenechrlfl“ erscheint
wöchentlich yi Stärke von mindestens l 1 /, Bogen. Dieselbe
ist tu beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1082)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von ltichard
Schoctz, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von
Mk. 6, — pro Vierteljahr.
Berliner
Origlnalbeiträge werden mit 50 Xk. fllr den Bogen honorlrt.
Alle Manuscriptc, Mittheilungen und rodactionelien An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält*,
Berlin thierärztiiehe Hochschule. NW., Luisenstrasse 5ii,
Correcturen, Hcccnsions-Kxeni|ilare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz-Berlin.
Verantwortlicher Kcdacteur.
De Bruin Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZQndel
Professor Oberthierarzt Dcpartementsthierarzt Kreisthicrar/.t Dcpartemenlsthierarzt Veterinärassessor Professor Landcs-Insp. f. Thierzucht Kreistliicrarzt
Utrecht. Hamburg. Cöln. Angerinünde. Bromherg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag von Richard Schoctz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 37 . Ausgegeben am 13. September.
Inhalt: Protocoll der 46. General-Versammlung des thierärztlichen Central Vereins der Provinz Sachsen, der anhaltisehen und thüringischen
Staaten (Fortsetzung). — Ostertag: Ucber die Borna’sche Krankheit. — Referate: Brante: Castration der Fohlen dnreh
Torsion. — Lignieres: Impfungsversucbc gegen Texasfieber. — Greiner: Erprobung der Lorenz’schen Schulzimpfungsmethode
gegen den Rothlauf der Schweine. — Cadeac: Fractur des Condylus externus humeri und Luxation des Ellenbogens beim
Hunde. — Tagesgcschichtc: Sitziingsprotocoll des Vereins der Thierärzte des Regierungsbezirks Wiesbaden. — Bericht
über die 41. Sitzung des Thierärztlichen Vereins in Westpreussen zu Danzig. — Verschiedenes. — Staats veterinärwesen. —
Fleischschau und Viehbandel.— Personalien. — Vacanzen.
Protocoll der 46. General-Versainmluiig des thier- i biiden und erzeugen in Bouillon — im Gegensatz zu den Eiter¬
ärztlichen Central Vereins der Provinz Sachsen, der ! Streptococcen — eine diffuse Trübung.
anhaltisehen und thüringischen Staaten Sämmtliche Versuchstiere des Laboratoriums verhalten sich
zu Magdeburg, am 13. Mai 1900. <len Erregern der Borna’schen Krankheit gegenüber völlig ab-
(Fortsetznng.) lehnend, und dadurch unterscheidet sich der Oster tag’sclie Befund
Ueber di6 Borna’sche Krankheit. I vondem von Johne erhobenen; denn der Streptococcus von Johne
Vortrag von Professor Dr. Ostertag. sei fiü ' Meerschweinchen pathogen. Ostertag bat auch niemals
Professor Ostertag referirte einleitend über die von I durch Verimpfung der Ccrebrospinalflüssigkeit kranker Pferde
Siedamgrotzky und Schlegel sowie von Johne ausgeführten Meor8chweinchen krank machen können > abgesehen von den
Untersuchungen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind j FftlIen ’ in welchen in FoI - e vou Decubitus die Cerebrospinal¬
sehr werthvoll. Siedamgrotzky und Schlegel stellten durch Aüssigkeit ausser den Erregern der Borna’schen Krankheit noch
sorgfältige Beobachtungen die klinischen Symptome, Johne durch 1 Eiterstreptococcen enthielt. Auch in einem zweiten Punkte kann
sachgemässe Sectionen den anatomischen Befund der Bornaschen Ostertag Johne nicht beitreten, nämlich hinsichtlich der
Krankheit fest. Der Kernpunkt der Untersuchungen lag aber in I Annahme der Verwandschaft und Aehnlichkeit der Erreger der
'der Klärung der Ursache der Krankheit. Hierin gingen die Borna’schen Pferdekrankhoit mit den Erregern der menschlichen
Folgerungen in den beiden Arbeiten auseinander. Wenngleich Cerebrospinalmeningitis; diese beiden Krankheiten haben weder
von Siedamgrotzky und Schlegel einerseits und von Johne aetiologisch noch klinisch noch pathologisch-anatomisch oder
andererseits Coccen gefunden wurden, so wichen dieselben doch I epidemiologisch in Betreff ihres Verbreitungsgebietes etwas mit¬
in ihren Eigenschaften wesentlich von einander ab. j einander gemein.
Deshalb war die Aetiologie der Bornaschen Krankheit durch Die Resistenz der Versuchsthiere des Laboratoriums war
erneute Untersuchungen zu prüfen. Hiermit ist Ostertag vom für die weiteren Arbeiten ein ausserordentliches Hemmniss.
Herrn Minister für Landwirtschaft betraut worden. Die ersten Denn es waren nunmehr alle Untersuchungen am Pferd auszu-
diesbezüglichen Untersuchungen wurden in Delitzsch und in führen, mit dem Sich nicht so leicht Massenexperimente aus-
Herzberg a. E. in Gemeinschaft mit den Kreisthierärzten | führen lassen, wie mit Mäusen, Kaninchen und Meerschweinchen.
Liebener und Hofherr ansgeführt. Hierbei fanden sich in Und das Arbeiten mit Pferden wurde noch dadurch ganz
Uebereinstimmung mit den Angaben Johnes in der Cerebrospinal- I ungemein erschwert, dass das Pferd auf die Erreger der
flüssigkeit Coccen, welche unbeweglich sind, nach Gram sich ent- Borna’schen Krankheit nur bei einer Einverleibungsart prompt
färben, auf Agar zuerst kümmerlich, später üppiger, am besten reagirt, nämlich bei der Einspritzung unter die harte Hirnhaut
aber stets im Condenswasser wachsen. Die Coccen zeigen sich auf dem von Johne genauer angegebenen Wege vom Hinter-
an den natürlichen Fundorten als Diplococcen von Semmelform; hauptsloche aus. Auf keine andere Art und Weise gelang die
sie wachsen aber auf künstlichem Nährboden zu kurzen Ketten sichere Infektion. Ostertags früherer Assistent Dr. Profe
von 6—9 Gliedern heran. Die Glieder theilen sich genau wie es hat zwar die sehr interessante Feststellung gemacht, dass man
Johne für den von ihm isolirten Diplococcus intracellnlaris be- durch häufig in kurzen Intervallen wiederholte Einspritzungen der
schrieben hat, sowohl in der Qner- als auch in der Längs- Bornastreptococcen in die Blutbahn ein der Bornaschen Krank¬
richtung der Kette. Die Borna-Streptococcen verflüssigen heit ähnliches Krankheitsbild erzeugen kann. Ein continuirlicher,
Gelatine nicht, sie wachsen auf sauren wie auf alkalischen Nähr- ! mit dem natürlichen übereinstimmender Krankheitsverlanf ergiebt
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434
sich aber nur bei der subduralcn Iiyection der Borna-
Streptococcen.
Durch subdurale Injection der Erreger der Borna'sehen
Krankheit gelingt es bei Pferden, eine tödtlich endigende
Borna’sche Krankheit zu erzeugen. Da dieser Weg unnatürlich
ist, wurden alle übrigen Infectionsmodi versucht: Fütterung, Ein¬
spritzungen in das Auge, die Ohren, die Nase, die Bauchhöhle,
durchweg aber ohne den gewünschten Erfolg. Es verhält sich
hier also ähnlich wie beim Rothlauf der Schweine, bei welchem
künstlich nur die intravenöse Injection sicheren Erfolg hat,
während der Versuch der Ansteckung auf dem natürlichen
Wege der Fütterung der Regel nach versagt.
Der Ansteckungsstoff der Borna’sehen Krankheit lässt sich
ausser auf Pferde auch auf Ziegen und Schafe übertragen, nicht
dagegen auf Rinder und Schweine. Die Empfänglichkeit der
Ziegen und Schafe ist aber viel inconstanter als diejenige des
Pferdes.
Merkwürdigerweise beschränkt sich das Vorkommen des Er¬
regers der Borna’8chen Pferdekrankheit auf die Schädel¬
höhlenflüssigkeit; nur in seltenen Fällen ist derselbe auch im
Blut, in der Leber und im Urin zugegen. Bei der bacteriologi-
sclien Untersuchung kann selbst gewandten Untersuchern der
Irrthum unterlaufen, dass die gewöhnlichen Eiterstreptococcen
für die Erreger der Borna’sehen Krankheit gehalten werden.
Die Eiterstreptococcen finden sich im Blut, im Harn, in Leber,
Milz, Nieren und auch im Gehirn solcher an der Borna’sehen
Krankheit erkrankten Pferde, welche gelegen und sich hierbei
Decubitus zugezogen haben.
Die Borna’sche Krankheit ist als eine Cerebrospinalmeningitis
bezeichnet worden. Diese Auffassung ist weder klinisch noch,
wie Johne schon dargethan hat und von Ostertag bestätigt
gefunden wurde, pathologisch-anatomisch begründet. Es handelt
sich vielmehr um eine bacterielle Intoxication des Central¬
nervensystems.
Mit der Feststellung des Krankheitserregers wäre nach
früherer Auffassung die bacteriologische Arbeit abgeschlossen
gewesen, jetzt nicht mehr. Heute betrachten wir die bacterio¬
logische Untersuchung nur als ein Mittel zum Zwecke der Be¬
kämpfung. Es wurde auch bei der Borna’sehen Krankheit
eine bacteriologische Bekämpfung (Einspritzung von Serum, von
normaler Gehirnsubstanz) versucht, indessen ohne Erfolg. Des¬
gleichen Hessen auch alle übrigen Versuche der Behandlung im
Stich, trotzdem alle ableitenden und desinficirenden Mittel des
Arzneischatzes zur Anwendung gekommen sind. Am meisten
scheint nach den vorliegenden Erfahrungen in frischen Fällen
noch Calomel in länger fortgesetzten kleinen Dosen (2 g pro die)
und die subcutane Einspritzung von Oleum Terebinthinae nach
Kohl-Lützen zu leisten.
Bei diesen ausserordentlich geringen therapeutischen Aus¬
sichten büeb nur der Versuch einer prophylactischen Be¬
handlung übrig.
Zu diesem Zwecke wurde durch an Ort und Stelle vorge-
noramene Untersuchungen festzustellen versucht, unter welchen
äusseren Verhältnissen die Borna’sche Pferdekrankheit auftritt;
denn, wenn hierüber Klarheit geschaffen werden konnte, bestand
die Aussicht, Vorkehrungen zur Verhütung der Krankheit zu
treffen.
Die angestellten Erhebungen haben ergeben:
1. dass die Borna’sche Pferdekrankheit eine Krankheit
des platten Landes ist,
No. 37.
2. dass sie an Orten mit guten Wasserverhältnissen wie
in den mit Wasserleitungen ausgestatteten Städten der ver¬
seuchten Bezirke nicht vorkommt,
3. dass sie von Thier zu Thier nicht übergeht, sondern nur
durch Zwischenträger übertragen werden kann.
Gleich bei den ersten örtlichen Erhebungen in der Umgebung
Naumburgs, in Cölledaund in Lützen, die mit den Herrn Griesor,
Borchardt und Kohl ausgeführt wurden, stellte es sich heraus,
dass die erkrankten Pferde mit Wasser aus Kesselbrunnen ge¬
tränkt worden waren, welche durch abnorme Zuflüsse aus den
Düngerstätten verunreinigt wurden. Hiermit in Ueberein-
stimmung berichtete Herr Kreisthierarzt Kloss in Eisleben, dass
in seinem Kreise die Borna’sche Krankheit nur in jenen Theilen
auftrete, in welchen noch keine Wasserleitungen beständen,
sondern die Pferde noch ans den alten, mangelhaften Hof¬
brunnen getränkt werden,
4. dass die Krankheit besonders gut (mit Klee) genährte
Pferde befällt, dass sie im Januar einsetzt, im Mai und Juni
ihren Höhepunkt erreicht, im Juli und August seltener wird und
im letzten Vierteljahr des Jahres völlig oder fast "völlig ver¬
schwindet.
Um über die örtlichen Verhältnisse, unter welchen die
Borna’sche Krankheit auftritt, ein grösseres Material zu erhalten,
genehmigte der Herr Landwirthschaftsminister, dass der frühere
Assistent Ostertags, Dr. Profö, nach Halle a. S. entsandt
wurde, um von dort aus mitten im verseuchten Bezirk die
Seuchengehöfte auf die Anzeige neuer Seuchenausbrüche zu
bereisen und Untersuchungsmaterial von den erkrankten Pferden,
von dem verabreichten Futter und Getränk zu entnehmen. Die
Untersuchungen bestätigten, dass das den Thieren verabreichte
Futter in der überwiegenden Zahl der Fälle von tadelloser
Beschaffenheit war, dass dagegen das den Patienten als Getränk
gegebene Wasser ohne Ausnahme die bekannten Symptome der
Verunreinigung auf wies (Ammoniak und salpetrige Säure). Aus
dem verunreinigten Kesselbmnnenwasser einiger Seuchengehöfte
gelang es auch Dr. Profe in dem von der sächsichen Land-
wirthschaftskammer eingerichteten Laboratorium, wie Professor
Ostertag selbst, die Erreger der Boma’schen Pferdekrankheit
rein zu züchten Sodann Hess sich ermitteln, dass die fraglichen •
Mikroorganismen in destillirtem und in reinem Leitungswasser zu
Grunde gehen, während sie in Wässern mit stickstoffhaltigen Ver¬
unreinigungen vorzüglich gedeihen. Ferner stellte Ostertag fest,
dass die Keime durch Austrocknen schnell absterben und deshalb
durch trockene Futtermittel nicht übertragen werden können,
während sie in feuchten Substraten bis zu 4 Wochen lebens¬
fähig bleiben können.
Hierauf gründet sich, wie genauer ausgeführt wurde, die
von Ostertag bereits 1899*) empfohlene Prophylaxe der
Borna’schen Krankheit: Beschaffung reinen Trink¬
wassers entweder durch Anlegung von abessinischen
oder Röhrenbrunnen oder von einwandfreien Wasser¬
leitungen. Denn es muss nach allen Ermittelungen angenommen
werden, dass die Ansteckung der Pferde mit den Erregern der
Borna’schen Krankheit durch verunreinigtes Trinkwasser erfolgt.
Vortragender constatirt, dass in dieser Hinsicht die Besitzer
verseuchter Gehöfte unter dem Zwange der örtHchen Ver¬
sicherungskassen eine erfreuliche Rührigkeit entfalten, und dass
daher wahrscheinlich schon nach Jahresschluss festzustellen sein
*) Landwirtschaftliche Wochenschrift für die Provinz Sachsen,
1899, No. 14.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT
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13. September 1900.
wird, ob die Borna’sche Krankheit von den mit gutem Trink¬
wasser versehenen bäuerlichen Gehöften ebenso fern bleiben wird
wie von den mit Wasserleitungen ausgestatteten grösseren
Städten des Regierungsbezirks Merseburg.
Nachdem vom stellv. Vorsitzenden dem Herrn Referenten
der Dank der Versammlung in treffenden Worten zum Ausdruck
gebracht war, wurde auch über diesen Vortrag die Discussion
eröffnet.
Zunächst bemerkt Dr. Felisch-Merseburg, dass sämmtliche
von ihm während seiner Amtsthätigkeit in Merseburg gesammelten
Erfahrungen dafür sprechen, dass die Borna’sche Krankheit Hin¬
durch verunreinigtes Wasser verbreitet wurde. Es musste
z. B. der sonst benutzte gute Brunnen der landwirtschaftlichen
Versuchsstation in Lauchstedt einer Reparatur unterzogen werden,
während welcher Zeit (ca. acht Tage) die vier auf dem Gehöfte
vorhandenen Pferde aus einem Kesselbrunnen getränkt wurden; am
achten Tage erkrankte ein Pferd schwer an Borna’scher Krank¬
heit und wurde getödtet.
In Merseburg sowie in allen Städten des Regierungsbezirks,
in denen Wasserleitung ist, tritt die Borna’sche Krankheit nicht
auf. Kohl-Lützen unterstützt die Ansicht voll und ganz
und führt zum Beweise dafür aus, dass in Lausen ebenso in
Markranstädt jedes Jahr 20—30 Fälle von Borna’scher Krankheit
bisher vorgekommen seien. Jetzt sei in der Nähe von Lausen
eine Wasserleitung für Markranstädt angelegt: seit dem Be¬
stehen der Wasserleitung sei die Krankheit in Markranstädt nicht
wieder vorgekommen, in Lausen bestehe dieselbe heute noch.
Kr.-Th. Griesor berichtet über einen Fall von Borna’
scher Krankheit, bei dem Pferde eines Besitzers, dessen Gehöft
an .der Grenze, der Naumburger Wasserleitung liegt, und der
aus einem Kesselbrunnen tränkt, während in Naumburg selbst
die Krankheit nicht beobachtet ist.
Aehnlich liegen die Verhältnisse für Halle a. S. und seine
Umgebung, wie Kr.-Th. Friedrich ausführt. In Halle war bei
einem Pferde eines Fuhrwerksbesitzers die Borna'sche Krankheit
festgestellt und zugleich ermittelt, dass das Thier auch ausser¬
halb getränkt worden war. Ein angeblich zweiter Erkrankungsfall
in Halle ist nicht amtlich festgestellt. Die später von Herrn
Prof. I)r. Oster tag an Ort und Stelle angestellten Recherchen
liessen es zweifelhaft erscheinen, ob Borna’sche Krankheit Vor¬
gelegen.
Auch führte Friedrich an, dass der Gutsbesitzer Wilde
in Rabatz einen Röhrenbrunnen angelegt und trotzdem wieder
einen Bornafall gehabt hätte. Die Anlage dieses sogenannten
Röhrenbrunnens war, wie sich bei der späteren Besichtigung
durch Herrn Professor Dr. Ostertag feststellen Hess, vollständig
falsch.
Friedrich hat — ebenso wie die übrigen Beobachter —
auch im Saalkreise eine Häufung der Fälle im 2. und 3. Quartal,
dagegen eine Beschränkung der Krankheit im 1. und 4. Quartal
festgestellt.
Ferner hat Friedrich seit Anfang d. Js. das Wasser ans
den Seuchengehöften Herrn Dr. Erdmann, Professor für an¬
gewandte Chemie an der Universität in Halle, zur Untersuchung
übergeben, durch dessen Analysen festgestellt wurde, dass
sämmtliche Wasserproben aus den verseuchten Gehöften sal¬
petrige Säure enthielten, also überaus stark verunreinigt ,waren.
Die Betrachtung der von Friedrich vorgelegten Karte, in
welcher die im Jahre 1899 und bis dato 1900 festgestellten
Fälle, bezw. verseuchten Ortschaften kenntlich gemacht waren,
435
ergiebt, dass von den 31 im Vorjahre verseuchten Ortschaften
in diesem Jahre (also bis Mitte Mai) bereits wieder 13 verseucht
sind, ausserdem sind in 10 Ortschaften, die in der Nähe der
altverseuchten liegen, neue Fälle festgestellt. In 20 in un¬
mittelbarer Nähe von Halle gelegenen Ortschaften herrscht die
Krankheit, während sie vor Halle halt macht.
Zum Schluss hebt Herr Professor Dr. Ostertag noch ein¬
mal hervor, dass nach dem jetzigen Erfahrungs- und Beobachtungs¬
material sowie auf Grund eingehender wissenschaftlicher
Arbeiten die Bekämpfung der Borna’schen Krankheit einzig und
allein durch Anlage von Röhrenbrunnen, d. h. durch Beschaffung
guten, reinen Wassers herbeigefühlt werden kann.
(Schluss des Berichts folgt.)
Referat e*
Castration der Fohlen durch Torsion.
Von Veterinär L. Brante-Lund (Schweden).
(Maancdsskrift für l>yrliif?cr XII, 3.)
Mitgetheilt von H. C. Fock, Ahrensbök.
Von allen an unseren Hausthieren ausgeführten Operationen
ist wohl keine mehr besprochen — besonders in den letzten
Jahren — als die Castration der Hengste. Die veraltete
Castrationsmethode mit Kluppen hat schon vor vielen Jahren
hier im Norden der Torsionsmethode weichen müssen, welche
unleugbar mit den Forderungen an eine chirurgische Operation
in unseren Tagen besser harmonirt.
Ans Prof. Sand’s interessantem Vortrage „Ueber die
Castrationsmethoden“ im thierärztlichen Verein zu Kopen¬
hagen am 3. September 1898 ging hervor, dass ca. 70 pCt. der¬
jenige« Thierärzte, welche Bericht eingesandt hatten, die
Torsionsmetbode angewendet hatten, und in Schweden gebraucht
sicherlich eine ebenso grosse Anzahl diese Methode bei Castration
der Fohlen. Ungeachtet die Mehrzahl der Thierärzte die
Torsionsmethode anzuwenden scheint, so hat es doch den
Anschein, als ob viele mit den Resultaten nicht ganz
zufrieden sind, wenn man nach der Discussion, die dem oben¬
erwähnten Vortrage folgte, urtheilen darf.
Prof. Vennerholm sagt, dass „das Ideal einer Castrations¬
methode diejenige sein müsse, welche am schnellsten aus¬
zuführen ist, welche dem Thiere die geringst möglichen
Schmerzen verursacht, welche die geringst mögliche Reaction im
Gefolge hat, welche Sicherheit gegen Nachblutung giebt und
welche keine Nachoperation erfordert.“ Hiergegen ist nichts
einzuwenden; da aber noch keine der bekannten Castrations¬
methoden alle diese Forderungen in einem solchen Grade wie
die Torsion hat erfüllen können, so werde ich die von mir ge¬
machten Erfahrungen hierdurch mittheilen.
Die Operation, welche sich ohne Zweifel am besten früh im
Frühlinge oder später im Herbste ausführen lässt, kann übrigens
auch zu einer anderen beliebigen Zeit vorgenommen werden. Viel¬
leicht ist der Herbst doch insofern die beste Zeit, weil der Haar¬
wechsel in dieser Zeit in der Regel nicht vorkommt. Uebrigens
ist auch das Frühjahr deshalb ganz passend, weil die Thiere
gleich nach der Operation ins Freie auf Weide kommen und sich
dort selbst Bewegung machen können. Vorbereitende Versnchs-
regeln sind nicht erforderlich, namentlich nicht für Fälle unter
einem Jahre. Jedoch muss man die Vorsicht beobachten, nicht
mehr als 5—6 Fohlen auf einmal zu castriren, um durch
neue Sterilisirnng der Instrumente keinen Aufenthalt zu be¬
kommen. Ferner habe ich kurz vor der Operation nie eine
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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436
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Nachgeburt abgeuummen oder ähnliche Arbeiten verrichtet,
wobei man sich besudeln kann, sondern habe stets ein neu¬
gewaschenes Operations-Hemd angezogen.
Die Instrumente, welche ich bei der Operation benutze, sind:
ein Messer mit Nickelschale, das zusammengeklappt werden
kann, eine gewöhnliche Krummscheere und die bekannten
Vennerholm’schen Torsionszangen. Diese Sachen habe ich
sämmtlich zu Hause in ein reines Handtuch eingewickelt, und
ich lasse sie 15 Minuten kochen, bevor ich sie zur Castration
benutze. Während der Operation werden die Instrumente in
einer lproc. Lysollösung aufbewahrt.
Das Pferd wird mittelst des Berliner Wurfzeuges auf die
linke Seite geworfen, entweder auf reines Stroh oder auf
einen Rasen. Das rechte Hinterbein wird frei gemacht, nachdem
zuvor eine Leine (Reif) um den Huf und eine Plate-longe um
den Unterschenkel geschlungen ist. Letztere erstreckt sich bis
zum Widerrist, von hier unter den Hals, weiter über die
Brust und schliesst unter dem Unterschenkel hinter der Achilles¬
sehne. Bevor die Plate-longe befestigt wird, beugt man die
Extremität mittelst der um den Huf gelegten Leine, welche an
der äusseren Seite des Unterschenkels ebenfalls hinter der
Achillessehne unter dem Unterschenkel, sowie an den Huf
zurück und wieder um den Unterschenkel läuft, um an diesen
befestigt zu werden. Mittelst der Plate-longe wird die stark
gebeugte Extremität so weit als möglich vorwärts gezogen und
darnach ebenfalls um den Unterschenkel befestigt, und beide
Leinen werden von einem Mann, welcher in der Lendengegend
des Pferdes niederkniet, mit der linken Hand festgehalten.
Derselbe Mann zieht mit seiner rechten Hand den Schweif gegen
das Kreuz. Auf diese Weise befestigt, hat das Pferd seine
Kraft verloren. Der Vortheil bei dieser Methode gegenüber dem
Fixiren des Beines im Fessel ist einleuchtend. Das Festbinden
um die Achillessehne wirkt wie eine Bremse, und da das Bein
ausserdem in gebeugter Stellung fixirt ist, so sind die
Kräfte fort, weil die Muskeln unter den ungünstigsten Ver¬
hältnissen wirken. Selbstverständlich wird hierdurch die Gefahr
vor Frakturen der Lende und des Femurs wesentlich ver¬
mindert.
Während des Befestigens der Extremität lasse ich einen
Assistenten die Umgebungen des Scrotums und die Innenseite
der Schenkel bis an die Sprunggelenke reinigen. Hiernach
wird ein feuchtes Handtuch um das rechte Sprunggelenk gebunden,
wodurch ich verhindere, dass Staub und dergleichen, sowie lose
Haare auf die Operationsstelle fallen. Diese wird jetzt mit
einer 3 proc. Lysollösung sorgfältig desinficirt.
Nachdem die Hände des Operateurs ebenfalls mit Lysol¬
wasser desinficirt worden sind, bücke ich mich nieder hinter
dem Pferd (jedoch nicht so, dass ich mich aufs Knie lege, denn
hierdurch wird leicht die rechte Schenkelpartie berührt und die
Wunde inficirt), und die Operation beginnt auf die gewöhnliche
Weise. Die Hautschnitte werden weit nach vorn angebracht,
denn hierdurch werden die Wundlippen sich dichter aneinander
legen, und eine möglicherweise von den Häuten oder von der
Hautwunde entstehende Blutung bekommt leichteren Abfluss.
Es ist deshalb kein Vortheil, die Schnitte zu klein zu machen.
Besonders sorge man dafür, dass die Wunde der Scheidenhaut
nicht zu klein werde, so dass sie sich hinten an dem Hu nt er¬
sehen Leitbande nach aufwärts faltet und eine Tasche bildet,
die dann leicht mit Blut oder Serum gefüllt wird und die Wnnd-
lippen getrennt hält, so dass eine Infection leichter vor sich
No. 37
geht. Der Schnitt wird deshalb so gross gemacht, dass der
Hoden mit Leichtigkeit nach oben gepresst werden kann;
darauf erfasst man den Samenstrang mit der linken Hand und
zwar gerade unterhalb des vorderen Theils des Nebenhodens,
so dass die Hand sowohl die Blutgefässe als auch den Samen¬
leiter umschliesst; das hintere Septum durch trennt man mittelst
einer Scheere oder eines Messers (ich gebrauche die Hände so
wenig wie möglich), worauf man das Band unmittelbar am
Nebenhoden durclischneidet. Wenn das Thier den Hoden zurück¬
hält (aufzieht), so warte ich einen Augenblick, bis der Hebe¬
muskel erschlafft und man mit Leichtigkeit den Hoden hervor¬
ziehen kann. Es ist von grosser Wichtigkeit, den Hoden nicht
mit Gewalt hervorzuziehen, denn durch forcirten Zug entstehen
sehr leicht Rupturen des Funiculus, welche die Ursache zn
Blutungen und darauf folgender Funiculitis abgeben. Auf die
frischen, nicht varicös erweiterten Blutgefässe legt man nun,
10—15 Centimeter gegen den Inguinalcanal hinauf, die Fixir-
zange, welche durch ein kräftiges Schieben des Ringes
geschlossen wird. Ungefähr 2 Centimeter von der Fixirzange
entfernt, legt man nun die Abdrehnngszange an, welche eben¬
falls gut geschlossen wird. Der Testikel wird auf den kleinen
Haken geheftet, die Torsionszange mit beiden Händen erfasst
und der Samenstrang so schnell als möglich abgedreht. Ist der
Samenstrang abgedreht, so schiebt man den Ring an der
Fixirzange zurück, öffnet die Arme der Zange und lässt den
Stumpf in den Inguinalcanal versinken ohne die Aus¬
spülung mit Desinfectionsmitteln anzuwenden. Aus leicht
erklärlichen Gründen kann ich möglicherweise hineingekommene
Keime nicht tödten oder fortspülen, und welchen Nutzen hat
da die Ausspülung? Diese giebt nur Veranlassung zu . einer
schädlichen Irritation der Gewebe.
Auf dieselbe Weise wird der andere Testikel entfernt, und
mittelst steriler Watte wird vorhandenes Blut aufgesaugt. Die
Hautwunde wird offen gelassen, aber mit Watte bedeckt,
während das Fohlen aus dem Wurfzeug gelöst wird. Darauf
erhebt das Thier sich, und ich lasse einen Mann den Schweif
halten, bis dieser aufgebunden worden ist.
Hinsichtlich der Nachbehandlung bemerke ich, dass der
Schweif drei bis vier Tage aufgebunden bleiben muss, damit
das Thier nicht mit demselben an die Wunde peitscht. Der
Stall wird rein gefegt und mit reinem Stroh gestreut, was
übrigens besonders in den ersten Tagen häufig geschehen muss.
Am ersten Tage nach der Operation wird das Fohlen bewegt.,
und dies wird täglich ein oder einige Male wiederholt und zwar
jedenfalls, es mag sich Geschwulst einstellen oder nicht. Kann
das Thier auf die Weide kommen, so ist in den meisten Fällen
keine andere Bewegung nöthig, besonders nicht für Füllen im
Alter von einem Jahr.
Was das Resultat der Operation betrifft, so stellt sich das¬
selbe, wie aus beigefügter tabellarischer Uebersicht ersichtlich,
sehr vortheilhaft. Von 366 castrirten Hengsten sind 290 ohne
Eiterbildung geheilt; bei diesen wurde nur selten etwas Oedem
beobachtet, sondern die Thiere zeigten sich, als seien sie gar
keiner Operation unterworfen gewesen. Jedoch erinnere ich,
dass ich bei einigen wenigen Stücken einen geringen Grad von
„Wasserbruch“ bemerkt habe.
Unter den übrigen Pferden ist, wie aus der Tabelle hervor¬
geht, neun Mal Blutung vorgekommen. In dem ersten Jahre
in beiden Fällen an der rechten Seite, vermuthlich w'eil ich die
Zange nicht hoch genug angelegt habe. Später ist die Blutung
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13. September 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
437
gewiss eine Folge von Beratungen (Rupturen) im Samenstrang
gewesen, hervorgerufen durch zu heftiges Ziehen am Hoden.
Uebersicht der mittelst Torsion castrirten Hengste.
Jahr¬
gang
Alter (Jahre)
Summa
!
Ohne Suppuration
geheilt
Geheilt mit Suppuration
Wurf¬
methode
Blutung
Prolapsus
funiculi
Prolaps des
Netzes
Infiammat.
Oedem
1
■§!
CO
a
o a
1
2
ältere
1893
22
17
1
40
31
2
1
—
6
—
Berliner
1894
24
27
3
54
47
1
1
1
4
—
Stuttgarter
1895
25
14
4
43
34
3
—
—
6
—
do.
1896
30
27
2
59
43
—
—
—
16
—
Berliner
1897
35
14
49
39
1
—
1
7
i
do.
1898
58
11
1
70
55
1
2
1
10
i
do.
1899
38
11
2
51
41
1
—
—
8
i
do.
Summa
366
290
9 ;
4
3
57
3
Dieses glaube ich zum Theil daraus schliessen zu dürfen,
dass Funiculitis sich fast sofort einfand. In keinem Fall ist die
Blutung ernstlicher Art gewesen; sie hörte auf, sobald ich eine
Leine vom Stallbaum aus hinten um das Pferd in den Ring der
Krippe band, wodurch dasselbe gezwungen wurde, mit den
Hinterbeinen so nahe zusammen als möglich zu stehen. Zwei
bis drei Tage nach der Operation sind die Blutcoagula aus¬
gespült worden, und die Wunden sind später durch Suppuration
geheilt.
Vier Fälle von Vorfall der Vaginal-Duplicatur sind
beobachtet, und, soweit ich es ermitteln konnte, als Folge davon,
dass die Tunica dartos sich nach hinten zusammengefaltet hatte.
Diese Complication hat in der Regel sich nach einigen Tagen
eingestellt, hatte aber immer Eiterbildung zur Folge.
Das Netz ist dreimal vorgefallen und zwar bei einjährigen
Füllen, aber fast stets einen Tag nach der Operation, nur in
einem Falle nach Verlauf von fünf Tagen. Irgend weitere
Unannehmlichkeiten habe ich hierdurch nicht gehabt; das Thier
ist mir zugeführt worden, das prolabirte Stück ist mit Catgut
ungefähr 3 cm innerhalb der Scrotalwunde unterbunden und
später abgeschnitten worden.
Unter der Rubrik inflammatorisches Oedem habe ich
alle diejenigen Thiere aufgeführt, bei welchen die eine oder
beide Wunden inficirt wurden, entweder während der Operation
selbst oder nach derselben. Selten gab sich dies eher als
6—10 Tage nach der Castration zu erkennen. In den ersten
vier Jahren wurden die Instrumente nicht gekocht, und es kam
deshalb oftmals schwerere Infection mit darauffolgendem hohen
Fieber und verminderter Fresslust vor. In allen denjenigen
Fällen, wo die Umgebung des Scrotnras angeschwollen war,
liess ich den Besitzer das Thier nach meinem Hause führen,
öffnete die Wunden und spülte sie aus, und zwar so hoch
hinauf wie nur möglich. Diese Behandlung Hess ich später den
Besitzer zweimal täglich wiederholen. In den letzten Jahren
spüle ich die Wunden nur in den Fällen aus, wo Fieber und
verminderte Fresslust sich eingefunden haben, und dann selten
mehr als einmal. Sollte ein Oedem im Hodensack entstehen,
so lasse ich den Besitzer einmal täglich mit zwei gut ge¬
reinigten Fingern die Wunden öffnen. Hiermit lasse ich ihn
fortfahren, bis sich Eiterbildung eingefunden nnd die Geschwulst
sich verloren hat. Vermeintlich nützt es nichts, lange
mit Ausspülen der Wunden fortzufahren; die Hauptsache ist,
dass man dem Serum und dem Eiter Abfluss verschafft, sowie
ferner, dass man nicht aufs Neue Sepsis herbeiführt. Wenn man
sich einige Routine in der Operation verschafft hat, und gut
gereinigte und desinficirte Instrumente anwendet, so gehört es
gewiss zur Seltenheit, dass der Samenstrang inficirt wird. Sollten
die Wunden während oder nach der Castration verunreinigt
werden, was sehr leicht angehen kann, und was ebenfalls un¬
möglich ist, unter allen Verhältnissen zu verhindern: so muss
man nicht so viel Aufhebens davon machen, sondern den Be¬
sitzer auf oben erwähnte leichte Weise behandeln lassen, die
zum Theil noch von den Tagen der Kluppenmethode her in der
Erinnerung der Leute lebt.
Cystenbildung im Vaginalsack gehört zu den mehr
selteuen Folgen. Sie entsteht dadurch, dass der eine oder
andere Mikroorganismus in den Scrotalsack gekommen ist und
hier eine chronische Entzündung, nachdem die Wunden geheilt
sind, unterhält Erst nach Verlauf von einem Monat bis sechs
Wochen, oder vielleicht nach einer noch längeren Zeit entsteht
die fluctuirende Geschwulst. Die Geschwulst wird am stehenden
Thiere mit Brenneisen geöffnet, der Inhalt entleert und die
Innenseite des Sackes mit dem kugelförmigen Brenneisen leicht
touchirt; es stellt sich darnach eine gutartige Eiterbildung ein,
und die Wunde heilt in etwa 10 Tagen.
lmpfnngsversnche gegen Texasfieber.
Von Ligniöres-Alfort.
(Rocueil, SO. Juli 1900.)
L. hat nachgewiesen, dass die in Argentinien unter dem
Namen „Tristeza“ bekannte Seuche nur eine Form des zuerst
von Smith und Kilborne beschriebenen Texasfiebers ist.
Verursacht wird die Seuche durch ein endoglobuläres Haeraa-
tozoon, das Pyroplasraa bigeminum. Die Seuche wird durch
Zecken verbreitet, deren Mütter sich vom Blute kranker Thiere
f
genährt haben. Die Sterblichkeit ist sehr gross und sehr selten
widerstehen erwachsene Thiere der Krankheit, es verleiht aber
das Ueberstehen eine sichere Immunität.
L. hat über die Aetiologie der Seuche, die Biologie des
Parasiten und die von ihm beobachteten Fälle eine reich mit
Zeichnungen und Photographien versehene Broschüre ver¬
öffentlicht. In dieser Broschüre ist aber, weil sie vor Beendigung
der Versuche zur Ausgabe gelangte, nicht angegeben, dass es
L. gelungen ist, noch vor seiner Abreise aus Bnenos-Ayres ein
Impfungsverfahren gegen die Tristeza zu finden. Die von L.
angestellten Versuche ergaben, dass die geimpften Thiere
ohne Nachtheil die Inoculation einer Dosis virulenten Blutes
vertragen, die die als Zeugen benutzten Thiere tödtete resp.
schwer krank machte.
Diese Versuche sind von grosser Bedeutung, da es das
erste Mal ist, dass gegen eine Haematozoenkrankheit geimpft
werden kann. Die Versuche werden im Laufe des Monats in
Alfort wiederholt werden, und hat die Societü centrale de medecine
veterinaire eine aus den Herren Moussu, Mollerean, Nocard
und Railliet bestehende Commission mit der Berichterstattung
beauftragt.
Erprobung der Lorenz’schen Schutzimpfungsmethode
gegen den Bothlanf der Schweine.
Von A. Gr ein er, k. k. Veterinär-Inspector.
(Tbler&rztl. Centralblatt 1900, H. 15.)
Die Versuche nahmen ihren Ausgang von der Thierärzt¬
lichen Hochschule in Wien, wo dieselben von Schindelka ge¬
leitet wurden. 7 Schweine im Gewicht von 19 bis 35 kg wurden
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BERLINER TllIERÄRZTI.ICHE WÖCIIENSCHR1FT.
No. 37.
Tagesgeschichte.
438
mit Impfstoffen erfolgreich immunisirt, welche direct von Lorenz-
Darmstadt bezogen waren. Ebenso gelang es, 50 Schweine ver¬
schiedener Gemeinden in 11 Höfen bäuerlicher Besitzer gegen
Rothlauf zu schützen. Impfrothlauf trat in keinem einzigen
Falle auf. 2 Schweine der zweiten Serie zeigten am vierten
Tage nach der Seruminjection eine stärkere Infiltration des
UnterhautbindegewebeB an der Einstichstelle. Diese Schweine
wurden nicht mit Cultur nach geimpft. Bei einem dieser Stücke
verbreitete sich die Anschwellung über den ganzen Vorder¬
körper und veranlasste einen letalen Ausgang. Als Todesursache
wurde malignes Oedem ermittelt. Das andere Schwein wurde
gesund. Die übrigen 54 Schweine zeigten nach der Impfung
keine Gesundheitsstörung und bestanden auch später die Ver¬
suche, welche zur Controle ihrer Immunität vorgenomraen wurden.
Drei Impflinge erlagen jedoch einer Schweinepestinfection.
Die modilicirte Lorenz'sehe Methode des Dr. Schreiber
aus Landsberg a. d. Warthe, welche auf Veranlassung des k. k.
Ackt rbauministerinms erprobt wurde, hatte keine so guten Re¬
sultate, wie das erstgenannte Verfahren. Denn es ereigneten
sich dabei „böse Impfzufälle“, die indess vom Verf. nicht näher
erläutert werden. Das Ackerbauministerium kam auf Grund
seiner Versuche zu dem Resultat, dass neben dem Lorenz’sclien
Originalserum, welches von der Landwirthschaftskammer der
Provinz Brandenburg in Prenzlau läbricirt werde, andere Schutz¬
sera nicht zu empfehlen seien.
In dem Aufsatze werden weiterhin eine Reihe Versuche an¬
geführt, welche darthun sollen, dass durch directe Injection von
virulenten Lorenz’schen Rothlaufculturen eine Infection bei
Schweinen nicht erzielt werde. Aus den Beobachtungen gehe
hervor, dass die Rothlaufschutzimpfung nach Lorenz als ge¬
fahrlos betrachtet werden könne.
Fractur des Condylus extemus humeri und Luxation
des Ellenbogens beim Hunde.
Von Prof. Cadöac.
(Journal «In I.yon, 30. 0. 1900.)
Ein Hund hatte sich in Folge eines Sprunges das linke
Vorderbein gebrochen. Die Fractur hatte ihren Sitz in der
Nähe des Ellenbogens. Das ganze Bein wurde vei mittelst Silicat¬
verband fixirt; nach fünfundzwanzig Tagen war jedoch keine
Consolidation erzielt und zeigte die innere Fläche des Ellen¬
bogens eine erhebliche Schwellung.
Die Bemühungen, die Fractur zur Heilung zu bringen, waren
vergebliche, weshalb zur Knochennaht Zuflucht genommen werden
sollte. Zu diesem Zwecke wurde die äussere Seite des Eilen¬
bogengelenkes incidirt, wobei constatirt wurde, dass das untere
Ende des Humerus abgewichen war und dass eine intra-articuläre
Fractur vorlag. Die Läsion wurde als unheilbar betrachtet und
das Thier getödtet. Die nähere Untersuchung ergab, dass der
Condylus externus vom Humerus abgetrennt war und dass dieser
Theil mit der radio-cubitalen Gelenkfläche in Verbindung ge¬
blieben war. Der Condylus war stark mit Granulationen über¬
wuchert und nur auf der externen Seite fand sich noch etwas
gesunder Knorpel vor. Der untere Condylus war am Humerus
geblieben, derselbe lag mehr nach hinten auf der inneren Seite
des Radius und des Cubitus. Auch dieser Condylus zeigte zahl¬
reiche Wucherungen besonders an seinem externen Rand. Auf
dem unteren Rand bemerkte man eiförmige knorpelige Flächen,
welche einer Knorpellage entsprachen, die sich auf der internen
Seite des Radius entwickelt hatte. Um das Pseudogelenk hatte
sich ein Kapselband entwickelt.
Zur Promotion in Bern.
Seit der Umwandlung der Thierarzneischule zu Bern in eine
veterinännedicinische Facultät mit Proraotionsrecht ist augen¬
scheinlich vielen deutschen Thierärzteu der Gedanke nahe¬
getreten, in Bern als Dr. med. vet. zu promoviren. Ganz mit
Recht, denn die Art der Promotion ist einwandsfrei, weil
den deutschen Anforderungen entsprechend. Abgesehen vom
Abitnrientenexaraen, von welchem ja deutsche Universitäten auch
absehen, verlangt man dasselbe, wie in Deutschland, eine
Dissertation und ein mündliches Examen.
Nun ist aber in Preussen durch Cabinetsordre vom
7. April 1897 die Führung eines ausserhalb Deutschlands er¬
worbenen Doctor-Titels von der Genehmigung des Cultusministers
abhängig gemacht. Ein prenssischer Thierarzt, der in Bern
promoviren wollte, hat deshalb vorher ein Gesuch resp. eine
Anfrage betr. der eventuellen Genehmigung an das Cultus-
Ministerium gerichtet. Darauf ist ihm folgender Bescheid zu-
gegangen:
Berlin, den 11. August 1!)00.
Auf die Eingabe rum 1. August d. J. erwidere, ich, dass
Ihnen die, Genehmigung zur Führung eines ausländischen thier-
ärztlichen Doctor-Titels in Preussen nicht in Aussicht gestellt
werden kann. Im Aufträge': Alt ho ff.
Wir wollen dahingestellt sein lassen, ob diese fürsorgliche
Anfrage von vornherein als zweckmässig anzusehen war, indem
sie nothwendigerweise eine principielle Entscheidung heraus¬
forderte. Der obenerwähnten Cabinetsordre liegt natürlich die
(sehr berechtigte) Absicht' zu Grunde, dem Cultusminister die
Prüfung jedes einzelnen Falles vorzubehalten, nicht aber ein
allgemeines Verbot ausländischer Doctortitel herbeizutühren.
Wir glauben, dass für die Genehmigung im Einzelfall nur die
Leistungen, durch die der Doctorgrad erworben ist, also die
Promotionsbedingungen und die Qualität der Dissertation ent¬
scheidend sein können. Der Dispens vom Abitnrientenexaraen
allein könnte einen Grund zur Verweigerung der Genehmigung nicht
bieten, da auch deutsche Universitäten solchen Dispens gewähren.
In dem obigen Bescheid liegt der Schwerpunkt natürlich in
dem Worte „thierärztlich“. Nicht die Genehmigung zur Führung
eines ausländischen Poctortitels im allgemeinen, sondern eines
ausländischen thierärztlichen Doctortitels wird grundsätzlich
abgelehnt. Nur einem thierärztlichen Doctortitel gegenüber
wird die Prüfung des Einzelfalles von vornherein für aussichtslos
erklärt.
Dieser Bescheid ist aber nicht überraschend, war vielmehr
vorauszusehen. Seit der Loslösuug des thierärztlichen Unter¬
richts aus dem Ressort des Cultusrainisteriums begegnet die
Thiermedicin in ihrem Ringen um einen Platz an der academi-
schen Tafel dort nicht nur einer strengen, sondern unverkenn¬
bar ungünstigen Auffassung. Ueberall, wo bei thierärztlichen
Angelegenheiten die Entscheidung der Unterrichtsverwaltung
mit ins Gewicht fiel, ist es den Thierärzten auffällig schlecht er¬
gangen. Es kami z. B. nicht zweifelhaft sein, wo der ,Schulantrag
Preussens“ von 1893, betr. die Verminderung der thierärztlichen
Vorbildung, seinen eigentlichen Ursprung hatte. Die Docenten
der thierärztlichen Hochschulen sind als blosse Titularprofessoren
ohne königliche Ernennung thatsächlich den Mittelschullehrern
gleichgestellt und von allen wirklichen academischen Professoren
abgesonderf. Nicht minder bezeichnend ist der Erlass, dass
bei Promotionen an deutschen Universitäten von Studien au
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439
BERLIN KR THIERÄR7.TLK ’IIK WOCHENSCHRIFT.
13. September 1900.
technischen und landwirtschaftlichen Hochschulen drei Semester
angereclmet werden müssen, während für Studien an thierärzt¬
lichen Hochschulen (und Forstacademien) dies nicht gilt. Alle
Achtung vor den Vorrechten der Universitäten; historisch-ehr¬
würdige Privilegien mögen unangetastet bleiben. Auch die tech¬
nischen Hochschulen mag der Zug der Zeit den anderen voran-
tragen. Aber das dürfen wir doch sagen: Mit den landwirth¬
schaftlichen Hochschulen halten die thierärztlichen den Vergleich
ans, in jeder Beziehung, was die Art der Wissenschaft, die
Wissenschaftlichkeit des Unterrichts und die Qualität von
Lehrern und Schülern anbetrifft. Zu ihrer Zurücksetzung gegen¬
über diesen academischen Anstalten liegt kein Grund vor.
Aber all? diese Thatsachen verrathen eben die Tendenz,
die thierärztlichen Hochschulen und die Thiermedizin aus dem
academischen Bereich thunlichst auszuscheiden. Auch dem obigen
Bescheid wird die Auffassung zu Grunde liegen, dass nicht so¬
wohl der ausländische, als der speciell veterinärmedicinische
Doctortitel zu beanstanden sei. Gegen den in Deutschland
(Giessen) erworbenen Dr. med. vet. lässt sich schlechterdings
nichts machen. Aber der im Ausland erworbene kann auf
Grund seiner Herkunft beseitigt werden und diese Befugniss wird
selbstverständlich benützt. Da die Befugniss selbst ganz
zweifelsohne und unanfechtbar ist, so hat natürlich ein Wider¬
sprach gegen ihre Anwendung gar keinen Zweck. Dagegen ist
für Manche, die promoviren wollen, diese Aufklärung vielleicht
ein Vortheil. Desshalb war es geboten, jenen Bescheid zu
veröffentlichen. Schmaltz.
Sitzungsprotocoll des Vereins der Thierärzte des
Regiernngsbezirks Wiesbaden.
Am 16. Juni er. hielt der Verein im Hotel Metropol zu
Wiesbaden seine 34. Generalversammlung ab, zu welcher ausser
den Collegen Dr. Augstein-Wiesbaden, Dr. Casper-Höchst,
Dr. Christmaun-Wiesbaden, Emmel-Hachenburg, Emmerich-
Weilburg, Heckelmann-Rennerod, Müller-Biebrich, Müller-
Höchst, Pitz-Eltville, Schlichte-Usingen, Staupe-Biedenkopf
und Dr. Thoms-Montabaur als Mitglieder noch sechs weitere
Thierärzte, sowie die Herren Regierungsrath Dr. Lewald,
Oeconomierath Müller und Landwirthschaftsinspector Reiser
als Gäste erschienen waren.
Mit dem Ausdrucke lebhaften Bedauerns darüber, dass eine
Erkrankung den derzeitigen Vorsitzenden, Herrn Professor Dr.
Leonhardt am Erscheinen verhindere, und dem Wunsche
baldiger Genesung desselben eröffnete der stellvertretende Vor¬
sitzende, Departements-Thierarzt Dr. Augstein um 11 Uhr die
Sitzung. Er berichtete zunächst, dass der Herr Regierungs¬
präsident, welcher mit hohem Interesse von der ihm unter¬
breiteten Tagesordnung Kenntniss genommen habe und nur
durch eine unvorhergesehene anderweite Verpflichtungfür denselben
Tag an dem persönlichen Erscheinen behindert worden sei, ihn
(den Vorsitzenden) beauftragt habe, der Versammlung seinen
Gruss zu entbieten, und dass derselbe sich über das Er¬
gebnis der Verhandlungen Vortrag halten lassen werde. Des
Weiteren bringt der Vorsitzende zur allgemeinen Kenntniss,
dass auch die Herren Landesdirector Sartorius und Ober,
regierungsratli Bake, welche ihn mit gleichfallsiger Ver¬
mittelung von Grüssen beauftragt hätten, gerne an der Sitzung
Theil genommen hätten, wenn sie nicht Beide in Urlaub
gegangen wären, dass ferner fast alle Landräthe des Bezirkes
wegen der mit dem Herrn Regierungspräsidenten gemeinsamen
anderweiten Verpflichtung für den Sitzungstag schriftlich
bedauert hätten, den sie lebhaft interessirenden Verhandlungen
fern bleiben zu müssen, und dass auch die Herren Regierungs¬
rath Schickert und Regierungsassessor Lex aus dienst¬
lichen Gründen genöthigt worden seien, noch im letzten Augen¬
blicke ihre Besuchsankündigungen zurückzuziehen.
Hiernach begrüsste Dr. Augstein die aus Collegen-Kreisen
erschienenen Gäste, gab den im ausdrücklichen Aufträge des
Herrn Landesdirector erschienenen Vertretern der Landwirth-
8chaftskammer Herren Oeconomierath Müller und Laud-
wirthschaftsinspector Reiser gegenüber der Hoffnung des
Vereins Ausdruck, dass die gegenwärtigen guten Beziehungen
zwischen den Vertretern der Landwirtschaft und den Thierärzten
nicht nur dauernd bestehen, sondern immer innigere und freund¬
schaftlichere werden mögen. Mit besonders warmen Worten
wendete er sich sodann an den Herrn Regierungsrath Dr.
Lewald, in welchem er nicht nur den Vertreter der Regierung
überhaupt, sondern gerade dasjenige Regierungsmitglied begriissen
konnte, welches in seiner Eigenschaft als Decernent für Polizei¬
sachen berufen ist, in veterinärpolizeilichen Angelegenheiten mit
dem grössten Tlieile der Vereinsmitglieder directen dienstlichen
Verkehr zu pflegen.
Zur Tagesordnung übergehend schlug sodann der Vorsitzende
vor, dass fortan von der Vorlesung des Protokolls Abstand
genommen werde, da dasselbe nach einem früheren Beschlüsse
in der Fachpresse zur Veröffentlichung komme und dort kritisirt
werden könne. Nach einstimmiger Annahme dieses Vorschlages
wurde der Versammlung von der Austrittserklärung des nach
Essen verzogenen Collegen Kahlert Kenntniss gegeben.
Ihren Beitritt zu dem Verein haben folgende elf Herren
Collegen angemeldet: Bnsch-Langenschwalbach, Eberle-Erben-
lieim, ’ Ilse-Battenberg, Kaiser-Frankfurt, Klein-Homburg,
Loderhose-Königstein, Luft-Homburg, Remy-Limburg, Stener-
wald-Nastätten, Thon-Frankfurt und Wenzel-Herborn. Säromt-
liche Herren wurden ohne Widerspruch anfgenommen und soweit
sie anwesend waren von dem Vorsitzenden mit der eindringlichen
Mahnung recipirt, nicht nur dem Namen nach Vereinsmitglieder
zu sein, sondern durch regen Sitznugsbesuch und ernste Mit¬
arbeit die hohen Ziele des Vereins erringen zu helfen.
Hiernach erhalten nach einander das Wort die Herren
Kreist.hierärzte Dr. Thoms-Montabaur und Emmeri ch-Weilburg,
von denen der erstere
„Ueber allgemeine Grundlagen für eine rationelle
Viehzucht“
und der zweite über
„Die Beaufsichtigung der Zuchtbullenhaltung im
Gebiet des ehemaligen Herzogthums Nassau“ sprachen.
Beide Vorträge, über welche ihrer inneren Zusammen¬
gehörigkeit wegen erst am Schlüsse des zweiten in eine gemein¬
same Debatte eingetreten wurde, erregten nicht allein wegen
der gewandten Form, in welche sie gekleidet waren, sondern
vor Allem wegen ihres classischen Inhaltes das lebhafteste
Interesse aller Anwesenden und führten zu einer äusserst an¬
geregten Discussion, in welche ausser den Collegen Müller-
Höchst, Dr. Christraann, Emmerich, Remy, Staupe und
Dr. Augstein auch die Herren Landwirthschaftsinspector
K eis er und Oeconomierath Müller auf das lebhafteste ein-
griffen. Da beide Vorträge auch für weitere thierärztliche
Kreise von Bedeutung sein dürften, so wurden die Herren
Referenten gebeten, ihre Manuscripte in der Deutschen thier-
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440
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 37.
ärztlichen Wochenschrift als dem derzeitigen Vereinsorgane zu
veröffentlichen, nachdem die Versammlung ihnen vorher noch
ihren besonderen Dank für die vortrefflichen Leistungen durch
Erheben von den Sitzen beknndet hatte.
Nach */ 4 ständiger Pause folgte sodann das mit allseitiger
Spannung erwartete Referat des Dr. Casper-Höchst über
„Die neuesten Fortschritte der Serumtherapie auf dem
Gebiete der Thierseuchenbekämpfung“.
Der beschränkten Zeit wegen zog Referent nur den
Schweinerothlauf, die Schweineseuche bezw. Schweinepest und die
Maul- und Klauenseuche in den Bereich seiner Betrachtungen und
schilderte in auch dem Laien verständlicher Form die Resultate,
welche die Serumtherapie bei der Bekämpfung dieser drei Seuchen
bereits geleistet hat, sowie die Aussichten, welche wir von der
nächsten Zukunft zu erwarten haben. (Auch dieser Vortrag soll
demnächst zur besonderen Veröffentlichung gelangen.)
In der Discussion, welche sich an das mit weit geringerem
Beifall wie die beiden vorherigen aufgenoramene Referat an-
anschloss, bestätigte Müller-Höchst die ausgezeichnete Wirkung
des Susserins und betonte besonders die hohe Bedeutung des¬
selben als Heilmittel, während Dr. Augstein an der Hand
seiner vieljährigen und reichen Erfahrungen in Ostpreussen auch
das Lorenz’sche Präparat für ein vorzügliches Mittel zur er¬
folgreichen Bekämpfung des Rothlaufs hinstellte und die Ver¬
dienste des Herrn Lorenz nach Gebühr würdigte.
Nachdem zum Schlüsse noch mit grosser Majorität be¬
schlossen worden, dass auch die nächste Versammlung wieder
nach Wiesbaden einberufen werden solle, wurde die Sitzung um
2i Uhr geschlossen.
Nach derselben fand unter Theilnahme mehrerer Damen
und sämmtlicher Gäste auf der Terrasse des Metropol-Hotels
ein opulentes Diner statt, welches in der angeregtesten Stimmung
verlief. Den Reigen der Toaste eröffnete der Vorsitzende
mit einem schwungvoll ausgebrachten Hoch auf den Verein,
während Dr. Casper die Gäste feierte und Müll er-Höchst dem
Vorstande den Dank der Versammlung für die nach jeder Rich¬
tung hin gelungenen Arrangements zum Ausdruck brachte.
Namens der Festgäste dankte Herr Regierungsrath Dr.
Lewald in längerer von Herzen kommender und von der Ver¬
sammlung mit grossem Beifall aufgenoramener Rede. Eine
stürmische Heiterkeit aber entfesselte der änsserst humoristische
Damentoast, durch welchen der neu aufgenommene College
Wenzel-Herborn sich als ausgezeichneter Festredner ein¬
führte. Bezüglich des weiteren inofficiellen Theiles genüge die
Mittheilung, dass ein am nächsten Vormittag angesetzter Früh¬
schoppen noch recht gut besucht war.
Dr. Augstein, Dr. Casper,
stellvertr. Vorsitzender. Schriftführer.
Bericht über die 41. Sitzung des Thierärztlichen
Vereins in Westpreussen zu Danzig.
Am 24. Juni 1900.
Vor der eigentlichen Vereinssitzung findet eine Sitzung der
Sterbekassenmitglieder statt. In derselben wird der bisherige
Vorstand wiedergewählt. Bei der Rechnungslegung ergiebt sich
ein Kassenbestand von 448,92 M.
Sodann werden nach Erledigung einiger geschäftlicher An¬
gelegenheiten die Collegen Falk-Elbing, Trautmann-Strass¬
burg in Westpr., Nethe-Rosenberg in Westpr., Naumann-
Zoppot als Vereinsmitglieder anfgenommen.
Nach Verlesung eines Schreibens des allgemeinen deutschen
Versicherungsvereins in Stuttgart betr. Haftpflichtversicherung
werden verschiedene Beschwerden gegen diese Gesellschaft vor¬
getragen. Dieselben sollen bei Gelegenheit der nächsten Sitzung
der Centralvertretung zur Besprechung gelangen. Die Ein¬
tragung des thierärztlichen Vereins in das Vereinsregister
gemäss den Bestimmungen des B. G. B. wird für nicht noth-
wendig erachtet und daher einstimmig abgelehnt. Bei der nun¬
mehr folgenden Neuwahl des Vorstandes wird der bisherige
Vorstand, Preusse-Danzig, Win ekler-Marienwerder, Fel-
baum-Graudenz und Görlitz-Dirschau einstimmig wieder¬
gewählt. Dasselbe geschieht bezüglich der bisherigen Delegirten
zum Veterinärrath und zur Centralvertretung, Preusse-Danzig
und Winckler-Marienwerder.
Es folgt Rechnungslegung. Der Kassenbestand beträgt
458,10 M. Die Rechnung wird von zwei Revisoren geprüft und
richtig befunden.
In Anbetracht seiner unvergleichlichen Verdienste um den
thierärztlichen Stand und die thierärztliche Wissenschaft wird
Geh. Ober-Regierungs-Rath Dr. Ly dt in zum Ehrenmitglied des
Vereins gewählt. Von dieser Wahl wird Herr Dr. Lydtin
telegraphisch benachrichtigt.
Der Vortrag „Schutzimpfung gegen Tollwuth“ musste
wegen Behinderung des Referenten, des Kreisthierarztes Paul-
Tuchel, ausfallen.
Sodann hielt Thierarzt Dr. Schmidt aus Elbing seinen
angekündigten Vortrag über „Verarbeitung besonders werth-
voller Schlachthofabfälle, mit Demonstrationen“. Dieser Vortrag
wird demnächst gesondert veröffentlicht werden.
An Stelle des ausgefallenen Vortrages des Kreisthierarztes
Paul-Tuchei referirte Kreisthierarzt Schoe neck-Marienburg
über seine Erfahrungen bei der Schutzimpfung gegen Schweine-
senche. Er habe im Jahre 1899 eine grosse Anzahl Schweine
mit Schutzserum aus Landsberg a. W. und ca. 400—500 Schweine
mit Heilserum geimpft. Anfänglich schienen diese Impfungen
von Erfolg zu sein, indem % der kranken Schweine durch
Impfung mit Heilserum wieder gesund wurde.
Im Früly'ahr dieses Jahres ergaben jedoch die Heilsemin-
impfungen ein sehr schlechtes Resultat, denn die Seuche zeigte
gerade nach der Impfung oft einen sehr bösartigen, acuten Ver¬
lauf. Die Impfungen mit Schutzserum konnten die Erkrankungen
auch nicht verhindern. Die Verluste, welche die Molkereipächter
erlitten haben, sind ganz enorme. Es sind deshalb schon Ein¬
gaben an den Herrn Minister gemacht worden, welche ein
besseres Studium der Seuche zwecks wirksamerer Bekämpfung
verlangten. In der Discussion bemerkt der Vorsitzende, dass
es auch noch andere Lungenerkrankungen bei Schweinen gäbe,
die nicht der Schweineseuche zugerechnet werden können, und
welche grösstentheils einen gutartigen Verlauf hätten. Die
Diagnose „Schweinesenche“ sei daher nicht immer einwandsfrei.
Derartige Lungenerkrankungen, wie sie auch mehrfach in der
Litteratur beschrieben worden sind, könnten allerdings das Bild
der Schweineseuche leicht Vortäuschen, sie sind aber nicht an¬
steckend und verursachen wohl auch nur selten den Tod des
betroffenen Thieres. Kays er-Pr. Stargard erwähnt, dass er
auch Fälle von gutartiger Schweineseuche gesehen habe, bei
welchen von ihm die Diagnose durch Impfung weisser Mänse
zweifelsfrei festgestellt worden ist. Brädel-Stuhm hatte an¬
fänglich auch gute Erfolge mit den Schutz- und Heilsenrm-
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
441
13. September 1900.
jmpfdngen. In diesem Jahre habe er jedoch 100 Schweine mit
250 M. Unkosten ohne jeden Erfolg geimpft. Er betont, dass
dnrch die Heilserumimpfungen die Seuche sehr leicht hingeschleppt
werden könne, da die Thiere doch nicht alle völlig ausheilen
und dann stets eine Infectionsquelle für neueingestellte Schweine
vorhanden sei.
Im Jahre 1901 feiert der Verein sein 25 jähriges Stiftungs¬
fest; es wird beschlossen dies in besonders feierlicher Weise zu
begehen. Der hierfür erforderliche Geldbetrag wird bewilligt.
Der unaufhörlich herniederrieselnde Regen machte leider
die beabsichtigte Dampferfahrt nach Zoppot unmöglich. Die
Theilnehmer an der Sitzung und eine grössere Anzahl von
Damen begaben sich daher mit der Bahn dorthin, um in dem
Knrhau8e noch einige Stunden bei Tisch gemeinsam zu verbringen,
bis die letzten Abendzüge den grössten Theil der auswärtigen
Theilnehmer wieder heim beförderten. Der Rest begab sich nach
Danzig zurück, um dort noch eine recht vergnügte Nachsitznng
abznhalten.
Prensse, Felbaum,
Vorsitzender. Schriftführer.
Frequenz der thierärztlichen Hochschulen in Deutschland.
Im abgelaufenen Sommer-Semester hatten die thierärztlichen
Hochschulen nachstehenden Besuch aufzuweisen: Berlin 491
(incl. 103 von der Militär-Rossarztschule Commandirten, jedoch
excl. der im 8. und höheren Semestern Studirenden und daher
nicht mehr immatricnlirten); München 336, Hannover 273.
Dresden 209, Stuttgart 114, Giessen 110. Die Gesammtzahl
der Studenten der Veterinärmedicin betrag also 1533.
Ordentliche Generalversammlung des Thierärztlichen Vereins
In Schleswig-Holstein
am 15. und 16. September 1900 in Kiel.
Tagesordnung:
1. Tag 15. September, Abends 7 Uhr, in „Muhls Hotel“ in
der Nähe des alten Bahnhofes.
a. Ueber Gesundheitsschädigungen durch Verfüttern künst¬
licher Futterstoffe an Thiere. Ref. Kreisthierarzt Voliers-
Altona.
b. Mittheilungen aus der thierärztlichen Praxis.
2. Tag 16. September, Morgens 8 Uhr, im .,Hotel Düstern- |
brook“, Düsternbrook No. 62.
I. Vereinsangelegenheiten.
1. Geschäftsbericht. 2. Aufnahme neuer Mitglieder.
3. Rechnungslegung und Voranschlag. 4. Unterstützungssachen.
5. Wahlen (von 2 Vorstandsmitgliedern, 1 Revisor nnd 2 De- |
legirten). 6. Anträge; vom Vorstande: „die Eintragung in das !
Vereinsregister resp. Statutenänderung betreffend“.
II. Vorträge.
1. Ueber Abdeckereiwesen. Ref. Kreisthierarzt Jensen-
Itzehoe.
2. Ueber Serumtherapie. Ref. Kreisthierarzt Struwe-Kiel.
IH. Gesellschaftliches.
Indem die Stadt Kiel nnd deren Umgebung viel Sehens-
werthes bietet und die Mitglieder unseres Vereins den Wunsch
zu erkennen gegeben haben, dem vorjährigen Beispiele weitere
folgen zu lassen, beehrt der Vorstand sich, die werthen Damen
der Herren Kollegen zur Tlieilnahme an folgenden Veranstaltungen
höflichst einzuladen und um zahlreiches gütiges Erscheinen zu
bitten. Programm: Mittags 12—12 l / 2 Uhr: Photographische
Aufnahme aller Theilnehmer im Garten des Vereinslokales
Düsternbrook No. 62. 12 1 / 2 Uhr: Gemeinschaftlicher Tischgang*
(Couv. 3 Mk.) 2 Uhr: Abfahrt der Gesellschaft mit einem Extra¬
dampfer von der Reventlou-Brücke nach Holtenau, in See und
nach Heikendorf, Wiederankunft in Kiel 7 Uhr. (Fahrpreis 1 Mk.)
Theilnehmern, die früher nach Kiel zurtickzukehren wünschen,
stehen die von Heikendorf halbstündig abfahrenden Personen¬
dampfer zur Benutzung. Aenderungen und Erweiterungen hierin
werden in der Hauptversammlung kundgegeben.
Der Vorstand.
I. A.: Eil er, Schriftführer.
Einladung zur 47. General-Versammlung des
thierärztlichen Central-Verelns der Provinz Sachsen, der anhaltisohen und
thüringischen Staaten
am Sonntag, den 7. October 1900
im Grand-Hotel Bode in Halle a. S.,
Magdeburgerstr. 65.
Tages-Ordnung:
1. Geschäftliches und Wahl des I. Vorsitzenden.
2. Kassenbericht und Rechnungslegung. (Ref.: Kr.-Th.
Thnnecke-Calbe a. S.)
3. Ueber Immunität. (Ref.: Prof. Dr. Disselhorst-
Halle a. S.)
4. Die Castration weiblicher Hausthiere. (Ref.: Kr.-Th.
L i e b e n e r - Delitzsch.
5. Statutenänderung.
6. Mittheilungen aus der Praxis und Unvorhergesehenes.
Gäste sind willkommen.
Die Verhandlungen beginnen 11 Uhr Vormittags; nach
Schluss derselben gemeinsames Mittagessen, zu welchem die
Anmeldungen bis zum 5. October an den Schriftführer erbeten
werden.
Leistikow, Friedrich,
stellvertr. Vorsitzender. Schriftführer.
Staatsveterinärwesen.
Von Preosoe.
Tollwutli.
Nach dem Runderlass des Herrn Ministers der geistlichen etc.
Angelegenheiten vom 21. Mai 1900 sind im Jahre 1899
287 Bissverletzungen von Menschen amtlich gemeldet worden.
Von diesen sind 2 = 0,7 pCt. an Tollwuth zu Grande gegangen.
Gegenüber 1898, 263 gebissene Personen und 9 Todesfälle gleich
3,4 pCt., bedeutet dies einen erheblichen Rückgang der Todesfälle.
Die Bissverletzungen betrafen 201 männliche und 86 weibliche
Personen. Die meisten Bissverletzungen kamen bei Personen
von 10—20 Jahren vor. Dieselben wurden hervorgebracht von
193 Hunden, 11 Katzen, 4 Rindern und 1 Schwein. Von diesen
209 Thieren wurde bei 150 Tollwuth zweifellos festgestellt und
zwar bei 83 durch die Obdnction, bei 67 ausserdem durch
Impfungen an Versuchsthieren im Institut für Infectionskrankheiten
in Berlin.
Bei 3 Thieren war die Diagnose zweifelhaft, bei 42 Thieren
bestand nur Wuthverdacht. 10 Thiere hatten sich der Fest¬
stellung der Seuche durch die Flucht entzogen.
Die meisten Verletzungen (176) hatten ihren Sitz an den
oberen Gliedmassen, 74 an den unteren Gliedmassen. Die Ver¬
letzungen kamen in 7 Provinzen vor; auf Schlesien entfallen
allein 121, Westpreussen 46, die übrigen vertheilen sich auf die
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442
Provinzen Posen, Ostpieussen, Sachsen, Pommern lind Branden¬
burg. In den weiter westlich gelegenen Provinzen kamen Biss¬
verletzungen durch wuthkranke Tliiere überhaupt nicht vor.
Von den Regierungsbezirken waren 15 betheiligt, darunter Oppeln
mit 50 Verletzungen, Breslau mit 52, Posen mit 28, Danzig,
Marienwerder und Merseburg mit je 23, die übrigen Bezirke
entsprechend weniger. In Betreff der einzelnen Monate ist ein
wesentlicher Unterschied in der Häufigkeit der vorgekommenen
Verletzungen nicht festzustellen. Die Monate Mai und August
stehen mit 35 Verletzungen obenan, April, Juni je 31, März 27,
Dezember 24, Juli 23, November 22, Februar 21, Januar und
September je 10 und Oktober 0. Es geht hieraus auch hervor,
dass in Betreff der Häufigkeit der Bissverletzungen ein Unter¬
schied in den Jahreszeiten nicht zu verzeichnen ist.
Von den Verletzten blieben 21» ohne ärztliche Behandlung,
von diesen starben 2 = 6,9 pCt. an Tollwuth. Die übrigen
Gebissenen wurden ärztlich behandelt, von 10 fehlt jedoch die
Angabe, wie sie behandelt worden sind.
Bei 37 Personen bestand die Behandlung in Ausbrennen,
Ausschneiden, Aetzen, antiseptischen Verbänden und Umschlägen;
231 wurden nach der Pasteur'sclien Methode schütz geimpft,
davon 1 in Krakau und 230 in Berlin.
Die Zahl der Schutzimpfungen nimmt alljährlich zu.
Während 1898 nur 28,3 pCt. der Verletzten geimpft wurden und
20,0 pCt. ohne Behandlung blieben, Hessen sich im Jahre 1899
80,5 pCt. der Verletzten impfen und nur 10,1 pCt. blieben un¬
behandelt. Die Folge davon ist auch der Rückgang der Todes¬
fälle an Wutli von 3,4 pUt. im Jahre 1898 auf 0,7 pCt im
Jahre 1899. Hierdurch ist die Wirksamkeit der Schutzimpfung
erwiesen.
Zum Schluss wird noch eines Falles Erwähnung gethan,
in welchem die Behandlung eines gebissenen Kindes unterblieb,
weil der geisteskrank gewordene Thierarzt den betreffenden Hund
bei der Obduktion für gesund erklärt hatte. Dieser Fall giebt
dem Herrn Minister Veranlassung, darauf hinzuweisen, dass die
Schutzimpfung nicht von dem Ergebniss der Obduktion abhängig
gemacht werden darf, sondern in jedem Falle so schnell als
möglich vorgenommen werden sollte.
Die dem Institut für Infectionskrankheiten angegliederte
Abtheilung für Schutzimpfungen gegen Tollwuth befindet sich
jetzt im Neubau des Institutes Berlin N. No. 89, Nordufer, Ein¬
gang von der Föhrerstrasse aus.
T ubercuiosebekSmpfung.
Der auf dem vorjährigen Berliner Tuberculosc-Congress
ausgesetzte Uongresspreis für die beste populäre Schrift über
die Tubercnlose als Volkskrankheit ist von dem Preisgericht
der von Pr. S. A. Knopf aus New-York verfassten Arbeit zu¬
gesprochen, deren Druck Seitens des Centralcomitees erfolgen wird.
Es waren im Ganzen 81 Arbeiten eingegangen.
Nachweisung Ober den Stand der Viehseuchen Im Deutschen Reiche
am 31. August 1900.
Es waren am 31. August 1900 in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) versendet:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Marienwerder, Berlin, Hannover, Hildes¬
heim, Minden, Liegnitz, Merseburg, Potsdam je 1 (1). R.-B. Posen
2 (3). R.-B. Bromberg 3 (0). R.-B. Breslau 2 (2). R.-B.
Oppeln 3 (4). R.-B. Arnsberg 2 (2). Bayern: R.-B. Ober-
bayem 1 (2). R.-B. Schwaben 1 (1). Sachsen: Kreishauptm.
Dresden und Zwickau je 1 (1). Württemberg: Ponankreis
No. 37.
1 (1). Baden: Landescomm. Freiburg 1 (1). Anhalt: 1 (1).
(Zusammen 33 Gemeinden.)
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. R.-B. Oberbayern 4 (5), Niederbayern 4 (6),
Oberpfalz 5 (12), Oberfranken 5 (9), Mittelfranken 2 (2), Unter¬
franken 1 (2), Schwaben 6 (45). Sachsen: Kreishauptm.
Dresden 3 (8), Zwickau 2 (9). Württemberg: Neckarkreis
1 (1), Schwarzwaldkreis 7 (9), Jagstkreis 5 (7), Donaukreis 7 (14).
Baden: Landescomm. Freiburg 3 (3). Hessen: Provinz Ober¬
hessen u. Rheinhessen je 1 (1). Mecklenburg-Schwerin: 5 (33).
Sachsen-Weimar: 1 (4). Mecklenburg-Strelitz: 1 (1).
Oldenburg: Fiirstenth. Birkenfeld 1 (1). Braunschweig:
3 (11). Sachsen-Meiningen: 1 (1). Anhalt: 5 (7). Eisass-
Lothringen: Bez. Unter-Elsass 3 (6), Ober-Elsass 1 (1), Lothringen
1 (1), (Zusammen incl. Preussen 424 Gern.)
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Magdeburg 1 (1), Merseburg 4 (4).
Arnsberg 1 (1). Sachsen-Weimar: 1 (1). (Zusammen 7 Ge¬
meinden.)
D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest):
Preussen: R.-B. R.-B. Königsberg 2 (8), Danzig 1 (3),
Marienwerder 4 (6), Potsdam 3 (8), Frankfurt 3 (9), Stettin 5(19).
Köslin 2 (5), Stralsund 1 (1), Posen 8 (18), Bromberg 2 (7).
Breslau 8 (19), Liegnitz 9 (18). Oppeln 8 (14), Merseburg 1 (1),
Erfurt 1 (3), Schleswig 2 (0), Hannover 4 (6), Hildesheim 2 (10),
Lüneburg 2 (2), Osnabrück 1 (1), Münster 1 (3), Arnsberg
7 (19), Cassel 2 (3), Wiesbaden 2 (2), Düsseldorf 3 (3).
Bayern: R.-B. R.-B. Ober-Bayern, Niederbayern je. 1 (1), Pfalz
2 (4). Baden: Landescomm. Karlsruhe 1 (1), Mannheim 2 (2).
j Hessen: Prov. Oberhessen 1 (2). Meckleiiburg-Sclivrerin:
1 (4). Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Lippe: je 1 (1).
Waldeck: 1 (2). Hamburg: 2 (3). (Zusammen 215 Gern.)
Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preussen am 31. Angust 1900.
Regierungsbezirk
Die Seuche herrschte
in
v •„ i Gemeinden
Kreisen (Gut8bcz)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez)
waren
verseucht:
Königsberg.
1
1
0,24
Gumbinnen.
1
2
0,51
Danzig.
3
5
3 96
Marienwerder.
4
18
7,95
Potsdam.
9
42
16,23
Frankfurt.
4
5
1,83
Stettin.
6
18
9,59
Köslin.
1
1
0,51
Stralsund.
4
5
5,Gl
Posen.
5
5
1,51
Bromberg.
G
9
4,04
Breslau.
2
o
0,52
Liegnitz.
5
G
2,13
Oppeln.
2
5
1,78
Magdeburg.
14
53
30,80
Merseburg.
9
10
4 32
Hannover .
2
2
3,18
Hildesheim.
7
17
23,48
Lüneburg .
3
3
2,03
Cassel.
4
7
4,18
Düsseldorf.
4
5
11,62
Trier.
1
2
1,77
Aachen.
1
1
2,56
Summa:
98
224
—
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT
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13. September 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
443
Fleischschau und Yiehhandel.
Von KQhnau.
Trlchinosis.
Im Anglist d. J. sind in Sangerhausen 50 Personen an
Tricliinosis erkrankt. Da keiner von den Erkrankten gestorben
ist, ist anzunehmen, dass das betreffende Schwein nur schwach
mit Trichinen durchsetzt gewesen ist. In dem Armfleisch eines
Patienten hat Dr. Panzer Trichinen nachgewiesen.
Ein- und Ausfuhr von Vieh und Fleisch Im lull 1900.
Einfuhr Ausfuhr
1900
1899
+
1900
1899
+
Pferde Stück
7 324
9 161
- 1837
739
567
+ 172
Maulthiere, Esel,
Maulesel Stück
113
76
+ 37
3
_
+ 3
Rinder „
16 389
15 149
+ 1240
759
563
+ 196
Schweine „
6 562
6 087
+ 475
370
793
— 423
Schafe „
173
373
- 200
10 545
6417
+ 4128
Ziegen „
31
37
- 6
1
6
- 5
Frisches:
Rindfleisch
dz 8 402
10104
- 1702
1672
959
+ 731
Schweinefleisch
„ 2 889
5 688
— 2799
167
60
+ 107
Hammelfleisch
„ 62
48
+ 14
104
229
- 125
Zubereitetes:
Rindfleisch
dz 1 759
1 569
+ 190
251
72
+ 179
Schweinefleisch
„ 4 232
6 409
-2177
574
76
+ 498
Schinken
„ 2 055
3 518
— 1463
2 345
1198
+ 1147
Speck
„ 5 719
13 852
— 8133
3 051
116
+ 2935
Würste
„ 4 188
5185
- 997
581
406
+ 175
Büchsenfleisch
„ 7 878
2 024
+ 5854
29
30
— 1
Fleischextract
„ 1142
597
+ 545
105
96
+ 6
Die Einfuhr, besonders von Fleisch zeigt gegen das Vor¬
jahr eine Abnahme, die ihren Grund in der verminderten Zufuhr
von Schweinefleisch aus den Vereinigten Staaten und den Nieder¬
landen hat. Die Mindereinfuhr von Pferden erklärt sich dadurch,
dass in Folge der Preissteigerung in Amerika von dort nicht
mehr so viel zu uns kommen. Die beträchtliche Zunahme des
Büchsenfleischimportes ist veranlasst durch das baldige Inkraft-
I treten des Einfuhrverbots. Besonders viel Fleischextract hat
Uruguay gesandt.
Die Ausfuhr zeigt gegen den gleichen Monat des Vor¬
jahres eine merkbare Belebung. Schafe und Schweine sind in
' geschlachtetem Zustand vermehrt nach England exportirt werden.
1 Ein anderer Theil der Fleischausfuhrmengen hat zur Ver-
| proviantirung der nach China entsandten Truppen gedient.
Zusammenstellung der Berichts-Ergebnisse
über das Aufflnden von Finnen bei den In öffentlichen Schlachthäusern eto. geschlachteten Rindern und Kälbern In Preussen in den Jahren 1898 und 1899.
ö
s
J
Provinz
Gesammtzahl
der
geschlachteten
Rinder j Kälber
davon
(Kol. 3 und 4)
waren
finnige
Rinder Kälber
Von den finnigen
Rindern und
Kälbern (Kol. 5
und 6) hatten
; bis zu |
. V . t * r ; 10 ' mehr
kalkte i, , , ,
Finnen, | 3 8
I finnig) 1
Von
finni{
und K
gar¬
ge¬
kocht
cn sch
jen Rii
ilbern
sind
durch¬
ge¬
pökelt
wach-
ldern
Kol. 8)
in
Kühl¬
räumen
aufge¬
hängt
An Rindern
und Kälbern
zusammen
wurden
technisch
verwerthet
oder ver¬
nichtet
Rinder Kälber
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12
13.
14.
1.
Ostpreussen.
40 964
51894
1898
590
4
350
235
9
9
102
124
7
2
2.
Westpreussen.
39178
65 796
607
3
431
158
21
30
37
91
52
—
3.
Brandenburg (einschl. Berlin) . .
223 734
242 681
1 528
23
604
922
25
814
62
31
32
5
4.
Pommern.
39 085
72 158
206
—
168
32
6
9
11
11
6
—
5.
Posen .
25 758
55 387
179
3
98
80
4
7
52
19
3
—
6.
Schlesien..
148 822
233 428
682
1
359
313
11
114
52
147
11
—
7.
Sachsen .
59 334
88 969
535
22
323
226
8
26
37
161
5
3
8.
Schleswig.
13170
23 631
116
4
77
43
—
2
40
—
—
—
9.
Hannover., .
41 471
62 455
343
—
197
145
1
88
18
36
1
—
10.
Hessen-Nassau.
61 126
71 897
294
2
189
112
3
16
32
58
15
2
11.
Westfalen.
77 732
137 269
107
1
24
65
19
10
34
7
18
1
12.
Rheinprovinz.
205 739
252 895
1 301
10
746
501
42
53
96
322
32
3
13.
Sigmaringen . .
1 525
2159
3
—
—
3
—
1
—
—
2
—
Summe
977 638
1 360 619
6 491
73
3 566
2 835
149
1 180
574
997
184
16
1.
Ostpreussen .
43 728
62 701
1899
455
6
258
201
2
17
71
113
2
2.
Westpreussen.
40 947
66 661
686
—
469
177
40
68
22
88
57
—
3.
Brandenburg (einschl. Berlin) . .
247 771
280 540
1423
14
499
911
27
589
256
58
44
4 '
4.
Pommern.
39 704
69 672
201
3
159
43
2
8
21
14
2
—
5.
Posen .
24 841
53 276
273
2
160
111
4
17
64
30
6
—
6.
Schlesien.
154 373
240 499
879
—
528
340
11
111
49
177
17
1
7.
Sachsen .
61439
90 054
653
18
371
286
14
22
44
216
16
1
8.
Schleswig.
17 292
25 622
100
12
82
24
6
—
21
3
5
1
9.
Hannover.
44 402
58 946
262
—
135
123
4
56
28
39
4
—
10.
Hessen-Nassau .
56 460
70 775
293
2
207
84
4
2
36
46
4
—
11.
Westfalen.
103 895
166 497
129
—
34
79
16
11
47
20
17
—
12.
Rheinprovinz.
206 062
253106
1515
4
878
619
22
53
97
469
22
1
13.
Sigmaringen.
963
1549
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
Summe
1 041 877
1 439 889
6 869
61
3 780
2 998
152
954
757
1 274
196
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444 BERLINER TIIIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 37.
Entscheidung des Kammergerichts.
Der Fleischer G. und der Gutsbesitzer Sch. waren auf
Grund des Publicandums von 1772 angeklagt worden, weil sie
die Haut nnd andere Theile eines „abgestandenen Thieres“ dem
Abdecker P. entzogen hätten. Das Schöffengericht zu Stargard
verurtheilte die Angeklagten zu einer Geldstrafe und die Straf¬
kammer erkannte auf Zurückweisung der eingelegten Berufung.
Das fragl. Thier, welches einen Genickbruch durch einen
Sturz in eine Grabe erlitten hatte, war in ein Schlachthaus
gebracht und nach Anhörung eines Thierarztes geschlachtet
worden. Gegen die verurteilende Entscheidung legte G.
Revision beim Kammergericht ein und behauptete, das Publicandum
bestehe nicht mehr zu Recht. Das Kammergericht hob die
Vorentscheidung auf und wies die Sache an die Vorinstanz
zurück. Die Strafkammer erkannte jedoch abermals zu Un¬
gunsten des G. und machte geltend, in Folge des Falles in die
•Grübe 6ei das Thier untauglich geworden und hätte au den
Abdecker abgeliefert werden müssen. G. legte abermals Revision
ein und behauptete, in Folge des Unfalles sei das verunglückte
Thier noch nicht als Nahrungsmittel untauglich geworden. Der
Strafsenat des Kammergerichts wies aber diesmal die Revision
mit der Begründung ab, dass das fragliche Thier nicht hätte
abgestochen und dem Abdecker entzogen werden dürfen; un¬
erheblich erscheine es, ob das Fleisch noch verwendbar
gewesen sei.
Fleischverbrauch im Königreich Sachsen 1899.
Die Zahl der versteuerten Schlachtstücke betrug 39 223
Ochsen, 187 398 andere Rinder nnd 1091 479 Schweine. Der
wirkliche Verbrauch bezifferte sich auf 62 811 500 kg Rind¬
fleisch und 113 953 200 kg Schweinefleisch. Bei einer mittleren
Bevölkerung von 4 004 700 Seelen entfiel auf den Kopf der
Einwohner ein Jahresverbrauch von 15,7 kg Rindfleisch und
28,5 kg Schweinefleisch; das sind gegen das Vorjahr mehr 0,5 kg
Rindfleisch und 2,3 kg Schweinefleisch.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Kreisthierarzt Rathke-Pyritz wurde der
Rothe Adler-Orden IV. Klasse verliehen.
Ernennungen etc.: Definitiv sind zu Kreisthierärzten ernannt:
Die comm. Kreisthierärzte Francke-Mühlheiin a. Rh., Dr. Fuchs-
Pr. Holland, Meyer-Lippstadt, Nippert-Cölleda, Pflanz-Kreuz¬
burg und Wcgner-Namslau. Versetzt ist der Kreisthierarzt Estor
von Krefeld nach Förde Kr. Olpe.
ln Bayern: Zu Bezirksthierärzten für die neu errichteten
Bezirksämter: Die Districtsthierärztc Clemens Kiderle-Prien in
Aibling (Oberbayern), Sebastian Schiitz-Oeltingen in Obervicchtach
(Oberpfalz), Joseph Bauer Guiünden in Hofheim (Unterfranken),
Hugo Pletzer-Schwabmüncben in Schwabmünchen (Schwaben).
Distriktsthierarzt Andreas Pfab-Plattling zum Districtsthierärzt in
Rotthal in ünster.
In Oldenburg: Tbierarzt Wenstrup, bisher in Langförden
zum Amtsthierarzt des Amtes Vechta in Oldenburg.
Gewählt: Thierarzt Bauermeister-Hannover zum Schlachthof¬
verwalter in Wolgast.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen: Verzogen: Thierarzt
Friedr. Meyer und Br. Winkler, beide zum 1. Oct. nach Berlin
als Einj.-Frw. im I. Garde-Art.-Rgt. bezw. 11. Gnrdc-Ul.-Rgt. —
Thierarzt Martin Herwig hat sich in Quaritz (Kr. Glogau),
G. Schrufer in Schwabmünchen niedergelassen.
In der Armee: Käppel, Rossarzt d. Ldw. II, Amtsthierarzt am
Schlachthof zu Leipzig, zum Oberrossarzt der Ldw. II. befördert. —
Meier, Rossarzt vom 2. Garde-Feldart.-Regt., Werner, Rossarzt
vom Feld-Art.-Regt. No. 39, Klingberg, Rossarzt vom Feld-Art.-
Regt. No. 8., — zu Oberrossärzten; Zembsch, Unterrossarzt vom
Drag.-Regt. No. 9, unter Versetzung zum Feld-Art. Regt. No. 59,
Mohr, Unterrossarzt vom Hus.-Regt. No. 9, unter Versetzung zum
Feld-Art.-Regt. No. 15, Pilwat, Unterrossarzt vom Kiir.-Regt. No. 3,
unter Versetzung zum Hus.-Regt. No. 17, Tilgner, Unterrossarzt
vom Ulan.-Regt. No. 7, unter Versetzung zum Feld-Art.-Regt. No. 62,
Weinhold, Unterrossarzt vom Ulan.-Regt. No. 8, unter Versetzung
zum Feld-Art.-Rcgt No. 18, Scheid, Unterrossarzt vom Leib-Kür.-
Regt. No. 1, unter Versetzung zum Feld-Art.-Regt. No. 46, Demien,
Unterrossarzt vom Leib-Hus.-Regt. No. 2, — zu Rossärzten; Kruse,
Koch, Matschke, Müller, Unterrossärzte der Res., zu Rossärzten
des Beurlaubtenstandes ernannt. — Troester, Oberrossarzt vom
Feld-Art.-Regt. No. 39, Rlickmann, Rossarzt vom Feld-Art.-Regt.
No. 15, zum Ulan.-Regt. No. 11, Pötting', Rossarzt vom Hus.-Regt.
No. 17, zum Feld-Art.-Regt. No. 75, zum Hus.-Regt. No. 12, Kurze,
Rossarzt vom Leib-Hus.-Regt. No. 2, zum Feld-Art.-Regt. No. 75
— versetzt. — Pfund, Oberrossarzt vom Leib-Drag.-Regt. No. 20,
auf seinen Antrag zum 1. September 1900 mit Pension in den Ruhe¬
stand versetzt.
Todesfälle: Die Bezirksthierärzte a. 1). Joseph Rötzer-Straubing
und Karl Theodor Weber-Lohr; Tbierarzt Baltzer-Wolgast
Vacanzen.
Kreisthierarztsteilen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Reg.-Bez. Liegnitz: Sagau zum 1. XI. (600 M. Gehalt). Zeugnisse
und Lebenslauf binnen 4 Wochen an den Regierungs-Präsidenten.
Districtsthierarztstelle in Ochsenhausen. (400—600 M.
Wartegeld; ausserdem Uebcrtragung der Fleischbeschau, des Unter¬
richtes an der Ackcrbarschule, der Beschälaufsicht gegen Ent¬
schädigung. Privatpraxis.) Bewerb, an den Gemeinderath.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R -B. Aachen: Montjoie. — R.-B. Düsseldorf: Landkreis Krefeld. —
R.-B. Oppeln: Gross-Strehlitz (600 M.) zum 1. October er.
Sanitätsthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Arys: Schlachthofverwalter zum 1. Oct, er. (1800 M. Wohnung etc.;
später cv. Gehaltserhöhung; Privatpraxis.) Gesuche bis 15. Sept. er.
an den Magistrat. — Halle: 2 Assistenzthierärzte zu sofort bezw.
1. Octob. er. (18C0 M. Wohnung etc.). Bewerb, an den Schlachthof.
— Hamburg: Polizeithierarzt sofort. (2500 M., 4 wöch. Kündig.).
Meid, an den Staatsthierarzt Völlers. — Lübeck: Ililfsthierarzt am
Schlachthof. (2400 M. dreimonatliche Kündigung.) Bewerbungen
an die Schlachthofverwaltung. — Rackwitz i. Pos : Thierarzt für
Schlachtvieh- und Fleischschau (1200 M. Fixum. Privatpraxis.)
Meid, beim Magistrat. — Wolkenstein: Schlachthofthicrarzt. (Zu¬
nächst bis 1903 Beihülfe von 700 Mark zugesichert. Privatpraxis
gestattet.) Bewerb, a. d. Stadtratb. — Zoppot: Schlachthofdirector
sofort. Meldungen bis 20. Sept. er. an den Gemeindevorsteher.
(2400 M., Wohnung etc., bedingte Ausübung der Privatpraxis).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachthof. — Cassel: Schlacht¬
hofassistenzthierarzt. — Cottbus: Schlachthof-Assistenzthierarzt z.
1. Oct. — Düren: Schlachthofdirektor. — Gr ätz: (Posen): SchJacht-
hofinspector. — Graudenz: Assistenzthierarzt am Schlachthof. —
Haltern: Sanitätsthierarzt. — Köln: Schlaehthofthierarzt. — Kö n igs-
berg (Ostpr.): Schlaehthofthierarzt zum 1. October er. — Ottwei ler
(Bcz Trier): Schlachthausverwalter. — Pausa: Thierarzt für den
Fleischbeschau-Bezirk. — Salzwedel: Schlachthofvorsteher. —
Stettin: 3. Schlaehthofthierarzt zum 1. September. — Wanne:
Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. — St. Wendel: Schlachthof¬
verwalter. — Wollstein (Posen): Schlachthofinspector zum 1. Oct. er.
Privatstellen : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotzenau
i. Schl. — Lamspringe.— Landeck (Westpr.). — Lasdehnen
(Kr. Pillkallen). — Murrhardt — Schönbaum (Danzig). —
Soldau (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. —
Mengeringhausen (Waldeck.) — PeiBkretscham (Ober-Schles.).
— Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.).
— Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze Mecklb.).
— Wolkenstein.
Besetzt: Sanitätsthierarztstelle in Wolgast.
Verantwortlich für den Inhalt (excl. Inscrntcntbcil): l’rof. I)r. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigcntlmm von Richard Schoctz in Berlin. — Druck von \Y. Bilscnstein. Berlin
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Die „Borliner Thierftrztliche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in Starke von mindestens 1'/, Bogen. Dieselbe
ist tn bestehen durch den Buchbancjel, die Post (No. 1083)
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fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltx,
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Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz- Berlin.
Verantwortlicher Kcdactenr.
De Bruln Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Pr wisse Dr. Schlegel Dr. Vogel Zilndel
Professor Obertbicrarxt Departements'hierarst Rreisihicrant Departementsthierarxt VeterlnSrassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthicrarzt
Utrecht. Hambarg. Cöln. Angermünde. Broraberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag: von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. J|2 38. Ausgegeben am 20. September.
Inhalt: Protocoll der 46. General-Versammlung des thierärztlichen Centralvereins der Provinz Sachsen, der anhaltischen und thüringische 11
Staaten (Schluss). — Hoehne: Die Rothlaufimpfungen mit Susserin und ihre Erfolge. — Paust: Ein Fall von
Milchfiober beim Schwein. — Referate: Trinchera: Wirkung des Hautmuskels gegen die primäre Vereinigung der Wund¬
ränder bei Hautwunden des Pferdes. — Casuistik der Tuherculose. — Taskcr: Influenza der Hunde. — Schmidt: Zur
Aetiologie und Therapie der Geburtsparese. — Prettner: Die Immunität des Rindes geges Kotz. — Rahts: Untersuchungen
über die Häufigkeit der Sterbefälle an Lungenschwindsucht unter der Bevölkerung des Deutschen Reiches und einiger anderer
Staaten. — Tagesgescliichte: Bermbach: Cultnraufgaben. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen (s. Beilage).—
Fleischachau und Viehhandel. — Personalien. — Vacanzen.
Protocoll der 46. General-Versammlung des thier¬
ärztlichen Central Vereins der Provinz Sachsen, der
anhaltischen und thüringischen Staaten
zu Magdeburg, am 13. Mai 1900.
(Schluss). i
lieber den infectiösen Scheidenkatarrh der Rinder.
Zn Punkt 5 der Tagesordnung (Mittheilungen aus der
Praxis) erbittet sich der Vorsteher des bacteriologischen !
Laboratoriums der Landwirthschaftskammer für die Provinz j
Sachsen, Herr Hecker -Halle das Wort und lenkt die Aufmerksam- j
keit anf das immer weitere Umsichgreifen des infectiösen
Scheidenkatarrhs der Rinder. Die Verluste an National- !
vermögen seien bedeutendere als wir im Allgemeinen annehmen,
sie summiren sich aus den Verlosten an Nachzucht, Mastergiebig¬
keit und Milchertrag.
Ans diesen Gründen sind veterinär-polizeiliche Maassnahmen
mindestens ebenso berechtigt wie gegen den Bläschenaus¬
schlag und daher im Interesse der Landwirtschaft energisch
anzustreben.
Die häufig vertretene Ansicht der Collegen, dass auch
bei dem Scheidenkatarrh der Schleim sauer reagirt, fand
Hecker auf Grund von 367 Einzeluntersnchungen durch- j
ans nicht bestätigt. Zur Feststellung der Reaction und zur
Herstellung microscopischer Präparate empfiehlt er folgende
von ihm angewandte Methode: Es wird eine ca. 15—20 cm
lange durch Erhitzen sterilisirte Glasröhre, deren vorderes
Ende mit einem sterilen Wattebausch geschlossen ist, in die
Scheide eingeführt, durch diese wird eine etwas längere gleich¬
falls sterilisirte Glasröhre gesteckt und, nachdem mit derselben
der Wattebausch ausgestossen ist, die Röhre beliebig tief in
die Genitalien eingeführt. Mit einer Drahtöse, an welcher daB
Reagenzpapier befestigt ist, kann jetzt mit Leichtigkeit auch |
aus tieferen und ohne Apparate unzugänglichen Theilen der
Schleimhaut die Reaction geprüft oder mittelst Platindraht
Material zu bacteriologischen Untersuchungen entnommen werden.
Die Reaction an den äusseren Schamtheilen hängt von zu vielen
Zufälligkeiten ab. Bei seinen bacteriologischen Untersuchungen
konnte Hecker einen specifischen Micrococcus isoliren (Micr.
Colpit. infect.), welchen er auch häufig im Schleim als
Diplococcus beobachtete.
Besonderes Augenmerk richtete Hecker auf die Unter¬
suchung der Bullen. Bei mehreren Bullen inficirter Viehbestände
konnten katarrhalische Entzündungs-Erscheinungen am Penis
oder am Praeputium konstatirt werden z. B. in den Gemeinden
Altendambach und Höngeda, wo noch Herr Stammeyer jun.
assistirte. Es gelang auch hier, den bezeichneten Micrococcus
zu eliminiren. Einspritzungen von Reinculturen desselben in
die Scheide von Kühen führten zu dem specifischen Scheiden¬
katarrh. Man könnte den Erreger daher vergleichen mit dem
Gonococcus hom.
Herr Professor Ostertag erklärt zu der Mittlieilung des
Herrn Hecker, dass diese ihn im höchsten Grade interessirte,
denn auch er habe sich mit dem fraglichen Leiden beschäftigt
und im vergangenen Wintersemester seine Versuche abge¬
schlossen. Ostertag ist im September 1898 vom Herrn Land-
wirthschaftsminister beauftragt worden, den damals im Kreise
Sangerhausen herrschenden ansteckenden Scheidenkatarrh zu
untersuchen. Mitte Oktober konnte die erste Untersuchung in
Gemeinschaft des Kreisthierarztes Martens ausgeführt
werden. Ostertag fand in den krankhaften Scheideabsonde¬
rungen einen Microorganismns, welcher in den Epithelzellen
lagerte, sich rein züchten liess und bei der im Anschluss
an die erste Reinzüchtnng vorgenomraenen Uebertragung auf
zwei Färsenkälber einen chronischen eitrigen Scheidenkatarrh
hervorrief. Ueber diese Versuche hat 0. im November 1898 an
den Herrn Landwirthschaftsminister berichtet und um Bereit¬
stellung von Mitteln zur Fortführung der Versuche gebeten.
Dieser Bericht ist der Landwirthschaftskammer der Provinz
Sachsen mitgetheilt worden. Die Mittel wurden für das Etatsjahr
1899 zur Verfügung gestellt. Sie dienten dazu, festzustellen,
ob der ansteckende Scheidenkatarrh auch auf andere Hausthiere
übertragbar ist und mit welchen Mitteln die Krankheit am
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44 6 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 38.
zweckmässigsten bekämpft werden kann. Die Versuche sind
abgeschlossen. Die Krankheit ist jetzt klinisch, bacteriologisch
und pathologisch-histologisch studirt. Nor die Behandlnngsversnche
führten noch zu keinem befriedigenden Ergebniss. Hier ist für
weitere Untersuchungen, die nur in der Praxis vorgenommen werden
können, ein dankbares Arbeitsgebiet. 0. stellt eine Veröffentlichung
seiner Untersuchungen in den Fröhner-Kitt’schenMonatsheften in
baldigste Aussicht und bemerkt, dass er die Erfahrungen
Hecker8 über auffällige Erkrankungen der Bullen nicht be¬
stätigen könne. Die Bullen übertragen die Krankheit, ohne
dass sie Krankheitserscheinungen zu zeigen brauchen. Sie
seien daher, wie bei der Bekämpfung des seuchenhaften Abortus
in jedem Falle vor und nach jedem Sprunge durch Ausspülen
der Vorhaut zu desinficiren, nachdem der Haarpinsel an der
Vorhaut abgeschnitten worden sei. Ferner richtet Herr Professor
Dr. Ostertag an Herrn Hecker einige Fragen über das Ver¬
halten des von ihm isolirten Microorganismus hinsichtlich seiner
Färbbarkeit, seines Wachsthumvermögens, damit über die Identität
ein Urtheil möglich sei.
Herr Hecker erwidert, dass ihm eine Beschreibung des
Bacteriums des Herrn Prof. Ostertag nicht bekannt geworden
sei, und kann daher nicht sagen, ob das von ihm gezüchtete
identisch ist mit dem Ostertag’schen. Er erwähnt, dass er wieder¬
holt offenkundig kranke Bullen, einmal sogar einen mit schorf¬
artigen Auflagerungen auf der Vorhaut gefunden habe, bestätigt
im Uebrigen die schwere Heilbarkeit des Leidens. Günstige
Erfolge hat er mit Creolin- und Lysolausspülungen, welche von
Tannin- und Alaunwasserinfusen abgelöst wurden, sowie von an¬
gesäuertem Chinosolwasser (1 : 500 — 1:1000) gesehen.
Nachdem noch die Tagesordnung zur nächsten Versammlung
festgestellt ist, schliesst der stellvertretende Vorsitzende die
Versammlung und dankt nochmals den Herren Referenten sowie
allen Kollegen, welche durch ihre Betheiligung an den Dis-
cii8sioneu reges Interesse an den Verhandlungen gezeigt haben.
Hierauf fand das gemeinsame Mittagessen, an dem eine
stattliche Anzahl Damen sich betheiligte, in dem festlich
geschmückten Saale des Magdeburger Hofes statt, wobei Küche
und Keller ihr Bestes boten und manche herrliche Rede vom
Stapel gelassen wurde.
Friedrich,
Schriftführer.
Gruppe der Schlachthof- und Sanitätethierfirzte.
Im Anschlüsse an die General-Versammlung des Central-
Vereins fand eine kurze Beratlmng der Gruppe der Schlachthof-
und Sanitätsthierärzte statt, an welcher sich dio Herren:
Geldner-Burg, Spuhrmann-Stendal, Sorge-Stassfurt, Klap-
hake-Zeitz, Mrugowski - Halberstadt, Witte - Quedlinburg,
Demmin-Zerbst, Colberg, Buhmann und Ristow-Magdeburg
betheiligten.
Auf Antrag des Obmanns der Gruppe, Direktor Colberg,
wird beschlossen, die nächste ausserordentliche Versammlung
der Gruppe im December oder Januar nächsten Winters in
Dessau abzuhalten. Für diese Versammlung wird folgende
Tagesordnung festgesetzt:
1. Besichtigung der Schlachthofanlagen.
2. Welche Abänderungen des preussischen Gesetzes, betreffend
die Errichtung öffentlicher, ausschliesslich zu benutzender
C vi vvh 18 - März 1868 ■ , . t, 1
Schlachthäuser vom 9 M ä rz 188 1 8m “ m “ es
neuen Reichsfleischschaugesetzes zweckmässig bezw. noth-
wendig? — Referent: Schlachthofdirector Geldner-Burg.
3. Die Gewährleistung beim Handel mit Schlachtthieren. —
Referent: Schlachthofdirector Klaphake-Zeitz.
4. Mittheilungen aus der Praxis der Fleischbeschau.
5. Unvorhergesehenes.
Director Colberg macht hierauf Mittheilung über das
unterm 3. Mai d. J. auf Grund des Gesetzes, betreffend die
Anstellung und Versorgung der Communalbeamten vom 30. Juli
1899, veröffentliche Ortsstatut, betreffend die Dienstverhältnisse
der Beamten und Angestellten der Stadt Magdeburg, soweit
dieses die im Betriebe des Schlacht- und Viehhofs beschäftigten
Personen betrifft.
Nach § 1 dieses Statuts werden die Beamten der Stadt
Magdeburg entweder auf Lebenszeit oder auf Kündigung ange¬
stellt. Die Anstellung erfolgt durch Aushändigung einer An¬
stellungsurkunde.
Auf Kündigung sind (§ 3), soweit nicht im einzelnen Fall
von den städtischen Behörden Anderes beschlossen wird, die
Beamten der nachstehenden städtischen Betriebsverwaltungen
anzustellen:
„Zu 4. diejenigen der Verwaltung des städtischen Schlacht-
und Viehhofs nebst der Fleischschau.“
Die Kündigung erfolgt (§ 5) stets auf Grund eines Magistrats¬
beschlusses.
Wird wegen der Kündigung nicht im einzelnen Falle mit
dem Beamten Anderes vereinbart, so darf dieselbe im Allgemeinen
nur mit vierteljährlicher Frist erfolgen. In Fällen einer groben
Pflichtwidrigkeit kann der Magistrat sofortige Dienstentlassung
verfügen, wobei das Gehalt bis zum Ablaufe der Kündigungsfrist
weiter zu zahlen ist.
Nicht als Beamte (§ 6) anzustellen, sondern nur durch
civilrechtlichen Dienstvertrag anzunehmen sind, soweit nicht im
einzelnen Falle die städtischen Behörden Anderes beschliessen:
„zu § 8 im Betrieb des Schlacht- und Viehhofs: Die Trichinen-
schauer, die Maschinenmeister und Maschinisten“.
Die städtischen Beamten, sowohl die auf Lebenszeit als
die auf Kündigung angestellten, jedoch nicht zur Probe, zu
vorübergehenden Dienstleistungen oder zur Vorbereitung an¬
gestellten, erhalten bei eintretender Dienstunfähigkeit Pension
(§ 7) nach Massgabe der gesetzlichen Bestimmungen — § 12
des Communalbearaten-Gesetzes vom 30. Juli 1899 —.
Denjenigen Personen, welche durch civilrechtlichen Dienst¬
vertrag gegen Jahresgehalt für den städtischen Dienst an¬
genommen sind — § 6 — wird, sofern nicht für einzelne von
ihnen oder einzelne Gruppen eine besondere Regelung ihrer Pension
durch Statut, Arbeitsordnung, Vereinssatzung oder Vertrag statt¬
gefunden hat, eine Pension nach Massgabe der für die Beamten
der Stadt Magdeburg geltenden Vorschriften in Aussicht gestellt
(§ 11), ohne dass ein klagbares Recht darauf eingeräumt wird.
Ausgenommen hiervon sind:
„zu b. die Trichinenschauer“.
An Stelle der im § 15 des Gesetzes vom 30. Juli 1899
vorgesehenen Versorgung erhalten die Wittwen und Waisen der
pensionsberechtigten Beamten und der besoldeten Mitglieder
des Magistrats Wittwen- und Waisengeld nach Massgabe
des Ortsstatuts betreffend Versorgung der Wittwen und Waisen
städtischer Beamter vom 28. Februar 1890 mit Nachtrag
vom 29. Januar 1898. Falls die danach zu gewährenden Be¬
züge an Wittwen- und Waisengeld hinter denjenigen Leistungen
Zurückbleiben sollten, die bei Anwendung der für die Wittwen
und Waisen der unmittelbaren Staatsbeamten geltenden Vor-
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20. September 1900.
Schriften unter Zugrundelegung des von dem Beamten im
Augenblicke des Todes verdienten Pensionsbetrages zu ge¬
währen sein würden, treten diese letzteren Leistungen an
die Stelle der aus dem vorbezeichneten Ortsstatut nebst Nach¬
trag sich ergebenden Bezüge (§ 12).
Die Zahlung des Gehaltes (§ 13) an die städtischen Be¬
amten — § 1 — erfolgt vierteljährlich im Voraus.
Magdeburg, den 21. Mai 1900.
Colberg, Ristow,
Obmann. Schriftführer.
Die Rothlaufimpfungen mit Susserin und ihre Erfolge.
Von
Hoehne-Grünberg,
Kreisthlerarst.
Die Vereinfachung der Schutzimpfung gegen Rothlauf, wie
sich solche nach dem Schütz’schen Verfahren gegenüber dem
von Lorenz — einmaliges Impfen gegenüber dem u. U. drei¬
maligen — als vortheilhaft und vor allen Dingen billiger
empfiehlt, musste ersterem bei gleich günstiger Wirkung einen
entschieden grösseren Anhängerkreis sichern. Hier in Schlesien
ist dies wenigstens der Fall, nachdem die Landwirthschafts-
kammer die Impfung mit Susserin empfahl und deren Aus¬
gestaltung durch billigere Abgabe des Impfstoffes etc. auf alle
Art und Weise förderte. Da nach Einführung dieser Impf¬
methode inzwischen ein Jahr verflossen, — seit Mitte Mai v. J. —
so dürfte es wohl am Platze sein, an der Hand der Impf¬
resultate die Brauchbarkeit der neuen Methode zu prüfen.
Die Impfung mit Susserin macht die Impflinge gegen Roth¬
lauf seuchenfest (immun).
Wird die Impfung allein mit Susserin ausgeführt, so ist die
Seuchenfestigkeit kurzfristig (ca. 4—5 Wochen), wird sie
aber gleichzeitig mit wirksamem Rothlaufgift, Rothlaufcultnr,
ausgeführt, so wird eine langfristige Seuchenfestigkeit —
mindestens sechs Monate — erzeugt; an Rothlauf erkrankte
Thiere genesen nach Einspritzen einer sog. Heildosis von
Susserin. Dieser Satz enthält das Programm der Susserin-
impfung. Das Programm hat nicht zu viel versprochen. Die
diesseitigen Erfolge seit Jahresfrist bestätigen dasselbe im
vollen Umfange. Ich habe bis heute 7 1 Susserin verbraucht,
mit jedem Liter habe ich im Durchschnitt ca. 185 Schweine
geimpft, also in Summa mindestens 1300 Schweine. Da ich mit den
Besitzern der geimpften Schweine in Verbindung blieb, insofern
mir jede Erkrankung der letzteren sofort gemeldet wurde, so bin
ich in der Lage, Folgendes als eigene Erfahrung zu verbürgen:
I. Die Schutzkraft der Susserinimpfung ohne Roth¬
laufgift währt nicht über fünf Wochen. Zu Anfang der
Impfung trug ich Bedenken, in Beständen, welche frisch durch Roth¬
lauf verseucht waren, die Impfung mit Rothlaufcultur auszuführen.
In drei Fällen ist nach Ablauf von fünf Wochen der Rothlauf
bei Schweinen aufgetreten, bei welchen vor jener Zeit die
Schutzimpfung mit Susserin vollzogen war. In der Folge habe ich
auch bereits verseuchte Bestände mit Susserin und Cultur geimpft
und zwar ohne jeden Nachtheil, ausgeschlossen natürlich notorisch
an Rothlauf erkrankte Schweine.
II. Die Immunität der mit Susserin und Cultur ge¬
impften Schweine dauert über sechs Monate. Von den
seit Anfang Juni v. J. geimpften ca. 1300 Schweinen ist bis
heute noch nicht eins an Rothlauf eingegangen. In zwei Fällen
erkrankten diese geimpften Schweine und zwar je eins nach
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Ablauf von sechs Monaten an dem sogenannten Flecken- oder
Hautrothlauf (Backsteinblattern Lorenz) mit Ausgang in
Genesung. In mehreren grösseren Beständen habe ich die Nach¬
zucht staffelweise geimpft und damit wiederholt den Stand-
thiereu Gelegenheit zur Infection gegeben, weil eine Trennung der
Impflinge absichtlich nicht stattfand; Infection ist nicht erfolgt.
Hl. Die Heilung erkrankter Thiere durch Einverleibung
einer Heildosis Susserin ist wiederholt versucht worden; sie
war überall da erfolgreich, wo die Kranken sich noch im ersten
Erkrankungsstadium befanden. Nach ca. 24 Stunden zeigte sich
als eigenthümliche Reaction eine schussweise auftretende und
nach kurzer Zeit abblassende Röthung der gesammten Haut,
namentlich auf dem Rücken, gleichzeitig krochen die Kranken
aus der Streu und verlangten Trank. Bei hochgradiger Ein¬
genommenheit des Kopfes, ausgebreiteter Röthung der Haut an
der Bauchseite und bei pumpendem Athmen verlief die Krankheit
trotz Heildosis tödtlich.
IV. Impfrothlauf oder andere unangenehme Zu¬
fälligkeiten sind bisher nicht beobachtet.
Nach den Erfahrungen von Schütz sollen die mit Cultur
geimpften Schweine bis 14 Tage nach dem Irapfstich
Rothlaufgift ausscheiden; auch die Beobachtung habe ich
bestätigt gefunden.
In zwei Fällen blieben je zwei und je ein Schwein eines
Bestandes ungeimpft; nach Ablauf von 14 bezw. 18 Tagen
trat bei beiden Parteien amtlich coustatirter Rothlauf bei den
nicht geimpften Thieren auf.
Ein Besitzer brachte seine Sau zu einem Eber, bei welchem
vor zehn Tagen die Schutzimpfung mit Cultur vollzogen war. Die
Sau erkrankte fünf Tage nach dem Besuch an amtlich constatirtem
Rothlauf. Es häufen sich ausserdem die Beobachtungen, dass
Rothlauf auf bisher seuchenfreien Gehöften ausbriclit, dessen
ursächlicher Zusammenhang mit voraufgegangenen Schutz¬
impfungen in der Nachbarschaft nicht abzuleugnen ist. Durch
Ratten und anderes Ungeziefer wird das Rothlaufgift ohne
Zweifel von Stall zu Stall verschleppt.
Die so wohlthätige Schutzimpfung birgt somit eine recht
ernst zu nehmende Gefahr für ungeimpfte Bestände
der Nachbarschaft. Erwägt man aber, dass jeder Rothlaufherd
durch Conservirung der Sporen die Möglichkeit bietet, nach
Jahresfrist wiederum Senchenausbrüche zu erzeugen, so wird
durch die Schutzimpfung einer dauernden Verseuchung bedenklich
Vorschub geleistet, zumal die Seitens des Entdeckers empfohlene
Stalldesinfection niemals zur Ausführung kommt.
Die Schutzimpfung ist hier in Schlesien ausserdem eine
wilde; die Landwirthschaftskammer giebt Susserin und Culturen
an jeden Besteller ab; dem hierorts blühenden Pfuscherthum
führt dieser Umstand äusserst günstigen Wind in die Segel.
Bricht sich aber erst die Ueberzeugung Bahn, dass mit der
Rothlaufcultur ungeimpften Schweinen die Seuche übertragen
werden kann, so ist einem gefährlichen Unfug für Rachezwecke
Thür und Thor geöffnet. Ein kürzlich festgestellter Fall,
wonach der gesammte Schweinebestand durch vorgeworfenes
gepökeltes Rothlauffleisch mit Rothlauf inficirt und vernichtet
wurde, giebt einen deutlichen Fingerzeig, was zu erwarten ist,
wenn erst die Kenntniss dieser Verhältnisse eine ausgebreitetere
sein wird. Der Schutzimpfung mit Rothlaufcultur schreibe ich
unbedenklich die Häufung und Zunahme des Rothlanfs im
hiesigen Kreise zu. Im Jahre 1898 sind vom 1. April bis
31. December durch Rothlauf verseucht 51 Gemeinden mit
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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73 Gehöften, im selben Zeitraum 1899 aber 91 Gemeinden mit
141 Gehöften.
Wenn ich auch zugebe, dass fortschreitende Erkenntniss
eine vermehrte Anzeige von seucheverdächtigen Fällen zur
Folge hat, so vermag diese allein solch Anschwellen von Zalilen
nicht herbeizuführen. Ausserdem aber weist der Index Für eine
gut geleitete Veterinärpolizei — die resultatlosen Untersuchungen,
bei welchen vermuthete Seuchenfälle nicht festgestellt wurden —
abfallende Zahlen auf im Jahre 1899 gegenüber 1898. An¬
gesichts dieser Thatsachen spreche ich wohl nicht zu viel aus,
wenn ich behaupte, die wilde uncontrollirte Schutzimpfung mit
Rothlaufgift ist geeignet, die Senchengefahr und Ausbreitung
des Rothlaufs zu erhöhen. Die in dieser Frage nicht gut be-
rathene Landwirtlischaftskammer von Schlesien beabsichtigte
die Schutzimpfung auf breitester Grundlage durchzuführen; die
Kreisthierärzte sollten die Trichinenschauer in der Hand¬
habung des Impfverfahrens unterrichten, damit jede Ortschaft, in
der Lage wäre, auf billigste und kürzeste Weise die Schutz¬
impfung auszuführen Der Plan wird aber zunächst erst
halb zur Durchführung gelangen; die Liegnitzer Regierung
hat Bedenken erhoben gegen die Unterweisung der Impfung mit
Cultur; erstere soll sich nur auf die Anwendung des Susserins
erstrecken. Ich wüsste aber nicht, wer den so unterrichteten
Trichinenschauer abhalten könnte, auch gleichzeitig den halben
Cubikcentimeter Cultur einzuspritzen; er braucht ja nur die
Vorschrift abzulesen und darnach zu handeln.
Ziehe ich aus Vorausgeschicktem die Consequenzen, so er¬
geben sich für die staatlichen Aufsichtsorgane, für die Veterinär¬
polizei, folgende Obliegenheiten:
Bei der unbestrittenen Schutzkraft der Schutzimpfungen
mit Susserin und Rothlaufcultur ist deren Anwendung, wo die
Verseuchung solche erheischt, mit allen zulässigen Mitteln zu
fördern ; bei ihrer Ausführung aber dürften folgende Maassregeln
dringend geboten erscheinen:
I. Die Impfung mit Cultur darf nur von staatlich ap-
probirten Fachmännern — Thierärzten — vorgenommen werden,
nur dadurch lassen sich Garantien schaffen, dass mit dem Roth¬
laufgift kein Missbrauch zum Schaden der Schweinehalter ge¬
trieben wird.
II. Jede Impfung mit Cultur ist vorher der zuständigen
Polizeibehörde anzuzeigen, welche ihrerseits verpflichtet wird,
solches zur öffentlichen Kenntniss zu bringen — zum Selbst¬
schutz der Nachbarn mit ungeimpften Beständen.
III. Nach jeder Schutzimpfung mit Cultur ist der beamtete
Thierarzt zu beauftragen, eine sachgemässe Stalldesinfection an¬
zuordnen, welche seinen Angaben gemäss am 15. Tage nach der
Impfung auszufiihren ist und deren sachgemässe Durchführung
er zu begutachten hat.
Die Bromberger Regierung ist für vorstehende Forderung
bereits vorbildlich. Im Jahre 1895 erliess sie eine Polizei¬
verordnung, wonach die Pasteur’sehen Schutzimpfungen, ohne
Ausnahme, nur von Thierärzten ausgeführt werden durften. Da
ein allgemeiner darauf zielender Ministerialerlass mangels sach¬
verständiger Initiative*) nicht zu erwarten ist, so wird es Sache
der Einzelregierungen sein, hierin Abhülfe zu schaffen.
*) Der in obigem ausgesprochene Vorwurf, dass die Sach¬
verständigen, d. h. also die Thierärzte, es an Initiative fehlen
Hessen, ist insofern nicht begründet, als die thierärztliche Central¬
vertretung bereits mit dieser Angelegenheit befasst ist. Vergl. auch
den Artikel in No. 23 pag. 273 und die Notiz No. 24 pag. 284 der
B. T. W. Schmaltz.
No. 38.
Ein Fall von Milchfieber beim Schwein?
Von
Paust-Dippoldiswalde i. S.
pr»ct. Thierarzt.
Obgleich Prof. Carsten Harms in seiner Geburtshilfe das
Vorkommen des Milchfiebers bei Schwein, Hund, Katze, Ein¬
hufer verneint, sei es mir erlaubt, eines Falles Erwähnung zu
tlmn, bei dem es sich meiner Ansicht nach zweifelsohne um
diese Krankheit handelte.
Speciell das Schwein betreffend, sagt Harms an der Stelle:
„Denn die Mittheilungen über die bei Schweinen erlebten Fälle
von Milchfieber sind nicht derart, dass ich dieselben als beweis¬
kräftig erachten kann!“
Obgleich es mir nun selbstredend fern liegt, den Ausspruch
dieses berühmten Praktikers anzweifeln zu wollen, so will ich
trotzdem des allgemeinen Interesses halber nachstehenden Fall
kurz mittheilen:
Patient ist eine ca. 1 Vs jährige Ferkelsau, die zum zweiten
Male geferkelt und zwar diesmal 12 Ferkel zur Welt gebracht hat.
Von diesen 12 Stück sind 4 todt zur Welt gekommen, die
übrigen 8 sind ausserordentlich munter. Am Donnerstag, 21. Juni,
hatte der Gebärakt stattgefunden, am Sonntag, 24. Juni, hatte mich
der Besitzer Herr Ernst Richter in Obermalter geholt. Vor¬
bericht des Besitzers: Die Sau ist etwa 1 */ a Jahr alt, Meissener
Landschwein, hat am 21. Juni ausserordentlich leicht geferkelt,
hat von Anfang an nur wenig Milch gehabt, zeigte sich jedoch
bis Freitag Abend im Ganzen munter (22. Juni). Von da ab
hat sie kein Futter aufgenommen, die Milch ist fast ganz ver¬
siegt; sie wurde sehr schwach, lag nun fortwährend, röchelte
und, so sagte er, „ich möchte die Nothschlachtung resp. die
Vorbesichtigung zu derselben anmelden.“ Status praesens: T.
38, 3 (unsicher, weil Besitzer bis kurz vorher Seifenwasserklystiere
applicirt hatte), ständiges Liegen, an 2 Stellen, Schulter und
Hüfte, stark durchgelegen, völlige Theilnahmlosigkeit, frequenter
kleiner Puls, sehr frequente Athmung unter Stöhnen; Ohren,
Rüssel kalt, äussere Körperwärme ungleich vertheilt, im Ganzen
kühl beim Betasten, völlige Sistirung der Defäcation. Mit
grosser Mühe aufgebracht, taumelt das Thier sehr stark im
Hintertheil und nach wenigen Minuten stürzt es wieder nieder.
Therapie: Snbcntane Injection hinter das linke Ohr von:
Rp.; Veratrin. sulfuric.0,02
Glycerin.5,0
ferner Rp.: Hydrarg. chlorat. mit. . . 2,0
D. t. dos. No. HI.
S. Die beiden ersten Pulver mit 01. Ricini und Mehl ver¬
rührt am selben Tage mit einem Holzlöffel auf die Zunge zu
streichen, das dritte Pulver ebenso am anderen Morgen zeitig.
Ferner 100 g 01. Ricini mit Buttermilch nach und nach ein¬
flössen. (NB. ein schweres Stück Arbeit, da man bei Schweinen
bekanntlich mit dem Eingeben äusserst vorsichtig sein muss.)
Der Schweinestall war im Rinderstall untergebracht und
trotz der grossen darin herrschenden Wärme hatte Besitzer das
Thier noch mit Decken zugedeckt, Strohbunde auf und vor den
Stall gelegt, um die „Zugluft“ die gar nicht da war, abzuhalten.
Diese Bedeckungsmittel wurden natürlich sofort entfernt.
Ausserdem Hess ich die Sau bei öfterem Umlegen stündlich mit
eiskaltem Essigwasser abwaschen.
Obiger Befund, sowie Behandlung ergaben sich Sonntag
Vormittag gegen 9 Uhr. Ich bat den Besitzer, der äusserst
hoffnungslos und ängstlich war, um Aufschub der Notschlacbtung
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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20. September 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
bis Abends gegen 9 Uhr. Er sollte mir dann Bescheid sagen,
ob Besserung eingetreten sei. Er kam auch und meldete mir
zur angegebenen Zeit einige Besserung des Zustandes.
Am Montag Morgen, wiederum gegen 9 Uhr ergab sich mir
folgender Befund: Hartes Misten, kleine, mit Schleim und Blut
überzogene Kothballen, hart wie Stein, doch ziemlich reichlich,
Puls und Athmung hedeutend ruhiger, freieres Sensorium wie
Tags zuvor. Das Thier stand von selbst auf, wühlte mit dem
Rüssel im Stroh, grunzte seine Pflegerin gutmüthig an, zeigte
Antheilnahme für die Umgebung und die kleinen Ferkelchen.
Um es kurz zu machen: Nach einigen Tagen trat die völlige
Wiederherstellung ein unter Rückkehr der Milch.
Hochinteressant war mir, beiläufig gesagt, folgender Um¬
stand : Direct neben dem Stall der Mutter war ein ebenso grosser
Raum als Kinderstube für die kleinen Ferkelchen, nur durch
eine leicht verstellbare, viereckige Oeffnung in der Wand von
einander getrennt. Da die Sau, wie schon erwähnt, von Anfang
an nur wenig Milch gehabt, musste man die kleinen, erst einige
Tage alten Ferkel künstlich ernähren.
Nun Hess ich nothgedrungen gleich am ersten Tage meines
Eingreifens, wegen der der Sau applicirten Medicaraente, die
Vordere
Wand.
Hintere
Wand.
acht Ferkel völlig isoliren. Die Besitzerin, eine sehr intelligente
Bäuerin klagte mir, es sei gerade, als habe sie acht
kleine Kinder zu verpflegen; sie hatte folgende, mir bis
dahin unbekannte, doch durchaus ebenso einfache als praktische
„Stellage“ angebracht: Denken wir uns einen langen (etwa
1 m), oben offenen viereckigen Kasten; die Hinterwand
zur Einlage der Bäuche von etwa fünf Milchflaschen halbkreis¬
förmig ausgesägt, die Vorderwand etwa in der Mitte zur Auf¬
nahme des Flaschenhalses ebenso oft kreisrund durchbohrt.
Auf jeder Flasche ein Hütchen. Nun sollte man das lebhafte
Getriebe der Kleinen sehen, wenn sie sich an die vollen
Flaschen andrängten. Die Besitzerin hatte die Thierchen
ziemlich leicht durch Liebkosungen und Hinhalten an die
„Lutsche“ an dies mir so interessante Saugen gewöhnt; ganz
prächtig sah es sich zu, wenn die kleinen Ferkel, war eine
Flasche leer, die ganze Reihe absuchten. Die individuelle
Intelligenz und die vis majoris zeigten sich bereits hier in
ganz charakteristischer Weise. Um einer eventuellen Ver¬
stopfung vorzubeugen, liess ich jeder Flasche etwas Milchzucker
zusetzen. Die Ferkelchen gediehen alle acht bis heute ganz
prächtig.
Doch — um auf die Mutter zurückzukommen: Könnte es
sich im vorliegenden Falle nicht um Milchfieber gehandelt
haben? Mögen die Collegen urtheilen; die Symptome lagen
darnach! Der ganze rasche Verlauf, ferner speciell: Festliegen
am Boden, Liegen platt auf der Seite mit ausgestreckten Ex¬
tremitäten, der Leib etwas aufgebläht, der Bulbus zurück-
449
gezogen, der Blick stier, die Conjunctiven bleich, die Respiration
flach und frequent, die Exspiration unter Stöhnen, Puls nur
klein und mit schwankender Frequenz, Ohren, Rüssel kalt,
Temperatur 38,3 (allerdings bei etwas offenstehendem After
gemessen), völlige Sistirung der Defäcation; auch Harn wurde
nicht abgesetzt, worauf der Besitzer mich extra aufmerksam
machte.
Ich glaube kaum, dass hier ein diagnostischer Irrthum
vorliegt.
Referate«
Wirkung des Hautmuskels gegen die primäre Vereinigung
der Wundränder bei Hautwunden des Pferdes.
Von Dr. A. Trinchera, Assistent u. Privatdocent der Chirurgie.
Clin. Vet. 1900 No. 7 hi* 12.
Der verschiedene Grad, in welchem die Wundränder bei
Continuitätstrennungen der Haut je nach der verletzten Körper¬
region auseinanderweicheu, regte den Verfasser au, nach den
Ursachen dieser Erscheinung zu forschen. Die Beobachtungen
ergaben, dass Hautwunden von gleicher Tiefe und sonstiger
Beschaffenheit um so mehr klaffen, je stärker der Hautmuskel
im Bereiche der Verletzung entwickelt ist. Wo derselbe aus
verhältni8smässig dicken und starken Muskellagen besteht und
ein lockeres Bindegewebe zur Unterlage hat, weichen die Ränder
weit auseinander (Schulter, Arm, Hals, Bauchwände etc.). An
Stellen dagegen, wo der Hautmuskel einen wenig entwickelten
Muskelkörper aufweist, klaffen die Wunden unerheblich und noch
weniger da, wo derselbe zu einer aponeurotischen Platte reducirt
ist, selbst wenn die Haut daselbst sehr beweglich ist (Vorarm,
Fessel). Hat das Bindegewebe unter der Aponeurose eine
straffe, dichte Beschaffenheit, so klafft die Wunde fast gar nicht,
auch wenn das Bindegewebe mit elastischen Fasern versehen ist.
An diesen Körperstellen geht die Vereinigung der Wund¬
ränder nach der Erfahrung am schnellsten vor sich.
Für den erwähnten Einfluss des Hautmuskels spricht auch
nachstehender Versuch: Wird die Haut für sich allein durch¬
schnitten, so klafft die Wunde nicht erheblich; nach der Durch¬
trennung des Hautmuskels dagegen weichen die Wundränder
unverhältnissmässig weiter auseinander. Die durchschnittenen
Muskelbündel, welche vermöge ihrer Elasticität zurückschnellen,
ziehen also die Haut mit sich fort.
Wenn nun schon durch diesen Umstand eine primäre Ver¬
einigung der Hautwunden beim Pferde schwierig ist, so wird
dieselbe geradezu verhindert durch die Beweglichkeit, welcher
die Wundränder in Folge der Contractionen des Hautmuskels
unterworfen sind. Man kann an den beweglichen Wunden be¬
obachten, dass ihre Ränder abwechselnd und unregelmässig an¬
gespannt werden und wieder erschlaffen, eine Erscheinung, die
bei unruhigen Pferden, besonders zur Sommerzeit in Folge der
Fliegenplage um so mehr ins Gewicht fällt.
Hiernach kommt der Verfasser zu der Schlussfolgerung,
dass der grössere Theil der Misserfolge, welche bei Behandlung
der Hautwunden des Pferdes beobachtet werden, hauptsächlich
dem Vorhandensein des enormen Hautmuskelapparates zu¬
zuschreiben ist.
Um nun den störenden Einfluss desselben möglichst anszu-
schliessen, hat Verfasser eine Reihe vou Versuchen ausgefulirt, in
welchen die Hantränder vor ihrer Vereinigung durch die Naht von
demHautmu8kel abgetrennt wurden. Die Trennung hatte ihre grösste
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 38.
450
Breite in der Mitte der Wunde je nach der Grösse 2,5 cm und
mehr und verringerte sich nach den Wundwinkeln beiderseitig
allmählich bis auf 1 cm. Die Wunden wurden im Uebrigen den
allgemeinen chirurgischen Regeln gemäss behandelt. Um die
Vereinigung der getrennten Gewebe in den Wundwinkeln nicht
zu stören, wurden bei Längswunden die verwendeten Drains
durch besondere Einschnitte, 2—3 cm von den Wundenden ent¬
fernt, unter der Haut in die Wunde ein- bezw. ausgeführt. Bei
Querwunden dagegen erfolgte die Application der Drains recht¬
winkelig zur Richtung der Wunde, und dieselben traten im Grunde
der durch die Abtrennung der Haut gebildeten Trichter an die
Oberfläche.
Obwohl in der angegebenen Weise die Immobilität des
Wundfeldes nicht vollständig erreicht wurde, heilten einfache
Wunden nunmehr per primam intensionem, ein Erfolg, der vorher
selten erzielt wurde.
Fast derselbe Effect ist zu erreichen, wenn der Hautrauskel
im Bereiche des Wundrandes auf einige Centimeter Breite
exstirpirt wird, doch ist bei grossen Wunden Mortificirung der
Hautränder zu befurchten.
Die Versuche des Verf. erstreckten sich weiter auf die
„Isolirung des Hautmuskels vom Wundfelde.“
1. Vollständige Isolirung durch zwei halbelliptische Ein¬
schnitte.
Dieselben gehen durch Haut und Hautmuskel, umgeben die
genähte Wunde von allen Seiten und vereinigen sich in der
Verlängerung der Wunde, 2—3 cm von den Wund winkeln entfeint.
Die Ränder der Einschnitte weichen in entgegengesetzter Richtung
auseinander, der innere Rand centripetal nnd der äussere
centrifngal. Die Abweichung kennzeichnet sich am stärksten
da, wo die Fasern des Muskels in der Querrichtung dnrchtrennt
sind. Aus der Verschiebung der Ränder sowohl in verticaler
als auch in longitudinaler Richtung ergiebt sich, dass 4
antagonistische gleiche Kräfte und zwar zwei nach der Längs¬
und zwei nach der Querrichtung bei dieser Veränderung thätig
sind (Parallelogramm der Kräfte). Je mehr sich diese Kräfte
das Gleichgewicht halten, desto geringer ist die Abweichung der
Ränder von einander.
Durch die Incisionen wurde das Wundfeld immobilisirt und
die im übrigen in der vorhergehend beschriebenen Weise be¬
handelten Wunden heilten auf dem ersten Wege, eine
Wunde heilte durch unmittelbare Adhaesion.
2. Totale Isolirung des Wundfeldes durch 4 parallele
Incisionen, welche sich in Gestalt eines Rechteckes vereinigen.
3. Unvollständige Isolirung durch 4 parallel und recht¬
winklig verlaufende und
4. durch 4 parallel und in Form des Rhombus verlaufende
Einschnitte, welche in beiden Fällen nicht bis zu ihrer Ver¬
einigung verlängert sind. In den beiden letzten Fällen wird
eine hinreichende Immobilisirung des Wundfeldes und gleichzeitig
der Vortheil erzielt, dass letzteres an 4 Punkten (in den Winkeln
der Incisionen) mit dem Hautmuskel in Verbindung bleibt. An
diesen Ecken und Hautbrücken macht sich bei den Contractionen
des Hautmuskels eine gewisse Beweglichkeit bemerklich, welche
jedoch die Ränder der isolirten Wunde nicht beeinflusst.
Die rhomboidale Isolirung ist der rechtwinkligen vorzu¬
ziehen, weil sie einen kleineren Hautbezirk einschliesst uud das
Anseinanderweichen der Schnittränder geringer ist.
5. Die unvollständige IsoliruDg des Wundfeldes durch zwei
parallel und quer zu den Fasern des Hautmuskels verlaufende
Incisionen hat denselben Effect, als wenn dasselbe durch ein
Rechteck umschlossen wäre. Die Immobilisirung vollzieht sich
ebenfalls im Sinne des Parallelogramms der Kräfte. Obwohl
Verfasser seine Versuche noch nicht abgeschlossen hat, so
kommt er doch auf Grund der bisher gewonnenen Resultate zu
nachstehenden Schlussfolgerungen:
a) Die Beobachtung nnd das Experiment lehren, dass der
Hauptfactor, welcher die primäre Vereinigung und im Allgemeinen
die Heilung der Hautwunden beim Pferde verhindert, der Haut¬
muskel ist.
b) Die gedachte Wirkung steht in directer Beziehung zur
Entwickelung, Structur und Ausdehnung dieses Muskels nnd zu
dem Vorhandensein seiner Verbindungen durch lockeres Binde¬
gewebe.
c) In den Körperregionen, in welchen der Hautmuskel
reducirt ist oder tiefe und radicale Veränderungen erfahren hat,
und wo das Bindegewebe spärlich und von straffer Beschaffenheit
ist, vermindert sich seine Wirkung im Verhältniss oder dieselbe
fällt ganz weg.
d) Wo der Hautmuskel fehlt, besteht gleichwohl eine ge¬
wisse Bewegung der Haut, die theils durch die Elasticität der
letzteren, theils durch die Contractionen des benachbarten Haut-
muskelabschnittes und theils durch die unterliegende Muscnlatur
bedingt wird; aber diese Bewegung ist nicht so ausgiebig nnd
energisch, nm die Adhaesion der Wnndflächen erheblich zu stören.
e) Der schädliche Einfluss des Hautmuskels ist grösser bei
Quer- als bei Längswunden.
f) Es empfiehlt sich daher beim Nähen von Wunden, die
Wnndränder von der Haut abzutrennen und die Haut direct mit
einander durch Näthe zu vereinigen.
g) Bei allen Hautwunden mit wenigen Ausnahmen ist die
Drainirung nicht ausser Acht zu lassen.
li) Wie die Untersuchungen erwiesen haben, heben die un¬
vollständige rechtwinkelige und rhomboidale Isolirung die ge¬
dachte Wirkung des Hautmuskels auf, doch entspricht dieses
Verfahren nicht den Forderungen der chirurgischen Praxis.
i) Die transversale Isolirung, unterstützt durch die Ab¬
trennung des Hautmuskels von den Hauträndern, stellt dagegen
ein sehr einfaches und den Anforderungen der Chirurgie durch¬
aus entsprechendes Verfahren dar. Und wenn dasselbe nicht
bei allen Wunden, noch in allen Körperregionen anwendbar ist,
so kann es doch bei den einfachen Schnittwunden Dienste leisten,
insbesondere bei denen, welche vom Chirurgen bei plastischen
Operationen angewendet werden.
Casuistik der Taberealose.
Zwei Fälle von Tuberculose bei Rinderföten. Thieme-
Berlin (Z. f. Fl. n. M-H. 1900. 9.) fand im Verlaufe von 14
Tagen unter 86, in der Gebärmutter tuberculöser Kühe ent¬
haltenen Föten zwei, welche mit. Tuberculose behaftet waren.
Der erste Fötus war 5 Monate alt, zeigte Knötchen in
Leber, Lunge, Portal-, Mittelfell-, Bronchial-, Schlundkopfdrüsen
nnd Milz, ausserdem enthielt die linke bohnengrosse Bugdrüse
verkäste Herde. In Ausstrichen Tuberkelbazillen nachgewiesen.
Die Mutter des Fötus hatte Tuberculose der Lunge, Leber, Milz,
Nieren, des Brust- und Bauchfells, sowie des serösen Ueberzugs der
Gebärmutter. Der zweite Fötus war 4 Monate alt und liess
tuberculose Veränderungen in Leber, Milz, Portal-, Mittelfells¬
und Gekrösdrüsen erkennen. Die Gebärmutter, in welcher
der Fötus mit seinen Hüllen eingebettet war, enthielt eitrige
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20. September 1900.
Flüssigkeit, in derselben zahlreiche Tubercelbacillen nachweisbar.
In der Schleimhaut nnd den Karunkeln fanden sich grade sichtbare
Knötchen. In Ausstrichen massenhaft Tubercelbacillen. Die
tuberculöse Erkrankung der Placenta wurde somit direct
nachgewiesen. Th. weist auf die Aehnlichkeit der Fälle mit
den Befunden bei von Fütterungstuberculose unterscheidbaren
Formen bei nüchternen und älteren Kälbern hin, die danach als
angeborene Tuberculöse zu registriren sind. Zum Schluss
macht Th. auf die Verkalknng der tuberculösen Herde, bei
dem erst 4 Monate alten Fötus aufmerksam.
Kreuzlähme in Folge von Tuberculöse des Lenden¬
markes beim Ochsen. Schmidt-Kulmbach (Wochenschr. f.
Th. u. Vz. 44. Jahrg. No. 20) fand bei einem wegen immer
schlimmer werdenden Kreuzlahme nothgeschlachteten Ochsen in
der Mitte des Lendenmarkes einen haselnussgrossen Tubercel,
ausserdem Lungentuberculose.
Beobachtungen an mit Tuberculin geimpften tuber¬
culösen Rindern. Linde-Bielefeld (Zeitschr. f. Fl. u. M.-H.
1900, 10) fand unter den aus Dänemark in den ersten fünf
Monaten d. J. eingeführten Rindern (meistens Kühe), welche be¬
kanntlich mit Tuberculin geimpft werden, und zur Einfuhr nur
zugelassen werden, wenn sie eine Impfreaktion nicht gezeigt
haben, trotzdem noch nach der Schlachtung 30 Procent tuber-
culös. Von diesen zeigte ausserdem ein ziemlich grosser
Procentsatz (17 Stück) frische generalisirte oder frische Serosen-
tuberculose. L. ist der Ansicht, dass die Ausbreitung der
Krankheit durch die Tuberculin-Impfung, wie auch beim Menschen
beobachtet ist, begünstigt wird.
Leptomeningitis et Encephalitis tuberculosa ein-
bolica. Martin-Erfurt (Zeitschr. f. Fl. u. Mh. 1900. 12) stellte
bei einem knapp einjährigen Rinde, welches dummkollerähnliche
Erscheinungen zeigte, ausser Tuberculöse der Lungen und
Bronchialdrüsen Veränderungen tuberculöser Natur an den Hirn¬
häuten und im Gehirn fest. Die Hirnhäute waren durch theil-
weise ineinanderfliessende, Stecknadelkopf- bis linsengrosse
Knötchen in mehrere mm dicke, undurchsichtige Membranen
von runzeligem Aussehen verwandelt. Bei Längsschnitten durch
verschiedene Regionen des Gehirns fiel ferner in der grauen
Substanz eine Menge bis erbsengrosser Herde von gelber Farbe
auf. In der weissen Substanz des Gehirns fanden sich tuber-
cnlöse Herde nicht. Es handelte sich um eine auf embolischem
Wege zu Stande gekommene tuberculöse Hirn- und Hirnhaut¬
entzündung.
Eutertuberculose der Ziege. Ledere und Deruelle >
in Lyon (Recueil de mdd. vet^rinaire 1900. 8) haben im Jahre
1899 von 3000 geschlachteten Ziegen 5 Stück wegen Tuberculöse
beanstandet. Darunter zwei an einem Tage. Neben generalisirter
Tuberculöse zeigte die eine Ziege auch viele verkäste Tubercel
im Euterparenchym. Die Scham und Cruraldrüsen waren gleich¬
falls tuberculös. Kühn au.
Influenza der Hnnde.
Von Tasker M. R. C. V. S.
The Vet Rec. 1899 H. 578.
Verfasser berichtet über eine seuchenartige Krankheit der
Hunde, welcher er den Namen „Influenza“ beilegt. Nachdem
Vorbild der älteren Schule theilt er die Krankheit in mehrere (6)
verschiedene Formen ein.
Im Wesentlichen sind nachstehende Erscheinungen zu beob¬
achten : Zunächst wird die Nase des Hundes heiss und trocken,
nach 2—3 Tagen zeigt sich ein lauter langgezogener Husten
451
ähnlich dem Niesen (Katarrhalische Form). Bald macht
sich Thränenflu8S und Nasenausfluss bemerkbar, zuerst wässrig
durchsichtig, dann weisslichgrau. Der Hund verweigert das
Futter und ermüdet leicht. Gewöhnlich tritt in diesem Stadium
Bronchitis auf (Pectorale Form).
Die Maulschleimliaut ist heiss und roth, Augenlidbindehaut
geröthet. Athmung angestrengt, niedriges zehrendes Fieber. Der
Zustand verschlimmert sich gewöhnlich in der Nacht von 12,30
bis 2,30 Uhr. Es ist deshalb wichtig, während der Nacht bei
dem Hunde zu wachen. Bei günstigem Verlauf tritt am zweiten
Tage dieses Stadiums eine leichte Besserung ein. Der Nasen¬
ausfluss lässt nach und hört am 8., 9. oder 10. Tage gänzlich
auf. Der Husten nimmt einen gewöhnlichen Charakter an, und
der Ausfluss aus den Augen vermehrt sich, je mehr die Nasen-
dejection abnimmt. Der Regel nach dauert die Reconvalescenz
noch eine Frist von 14 Tagen.
Ausser diesen beiden Formen wird weiter die gastrische
Form unterschieden. Der Hund wird von Erbrechen befallen.
Die erbrochene Masse besteht aus weissem oder gelblichem
Schaume. Bei Vernachlässigung dieses Zustandes entwickelt sich
die gastrisch-enteritische Form, welche auch selbstständig
entstehen kann. Dieselbe kennzeichnet sich hauptsächlich durch
blutiges Erbrechen und blutigen Durchfall. Der Hund geht unter
diesen Symptomen gewöhnlich in drei Tagen ein. Der in situ
befindliche Magen des Cadavers hat das Aussehen eines schoko¬
ladenfarbenen Tumors. Das viscerale Blatt des Peritoneums
kann diffus oder fleckweise geröthet sein oder es ist auch frei
von entzündlichen Veränderungen. Die Darmschleimhaut ist ge¬
wöhnlich gleichmässig entzündet und der Darm enthält gelatinöse,
schokoladenartige Massen von schwarzrother oder gelber Farbe.
Die Magenschleimhaut und der Mageninhalt sind ähnlich beschaffen.
Bei der paralytischen Form tritt Läkmnng der Hinter¬
beine zu irgend einer der genannten Formen.
Zum Ueberfluss bildet Verfasser auch noch eine transi¬
torische Form, bei welcher die Krankheitserscheinungen sich
nur im geringen Grade ausbilden und in einigen Tagen vorüber¬
gehen.
Der zweite Theil des Aufsatzes ist der Behandlung der
Krankheit gewidmet.
Ueber eine ähnliche Krankheit der Hunde in Brighton be¬
richtet in derselben Zeitschrift No. 566 H. Sessions F. R. C. V. S.,
welcher auch auf die in Deutschland beobachteten Epizootien
(Scheibel-Frankfurt und Klett-Stuttgart) Bezug nimmt.
Zur Aetiologie und Therapie der Geburtsparese.
Von Schmidt-Kulmbach.
(Wochenschrift für Thierh.- u. Viehzucht 1900. No. 29 und 80.)
Nach Aufzählung der bekannten Theorien über die Ursache
der Geburtsparese stellt S. die These auf:
„Die Geburtsparese wird erzeugt durch giftige Stoffwechsel-
producte, welche sich in der Colostralmilch bilden und in die
Säftemasse übergehen.“
Zur Begründung dieser Behauptung führt S. an, dass dies
Milchfieber wohl vor und nach der Geburt, aber nie vor Eintritt
der Lactation und auch nur in den ersten Tagen nach Beginn
der Lactation beobachtet werde. Die Gebärparese stehe also
in directer Beziehung zur Colostralmilch. Das Colostrum zeichne
sich durch einen sehr hohen Eiweissgehalt vor der normalen
Milch aus, was zu der Annahme berechtige, dass die Toxin¬
bildung in der Colostralmilch mit dem hohen Eiweissgehalt und
Zersetzung dieser Eiweissstoffe Zusammenhänge.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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452
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 38.
Die Resorption der Z ersetz ungs pro ducte fahre zur Parese
und zur Sistirung der Secretion der Milchdrüse.
Die Euterinfusionen hätten zur Folge:
1. eine Auswaschung der Toxine und der Colostrummilch,
2. Verhinderung der Resorption der Toxine und
3. Anregung der Drüse zur Secretion (? der Ref.)
Nevermann.
Die Immunität des Rindes gegen Rotz.
von Prettner-Prag.
(ThierSrztl. Centralbl. 1899 H. 36.)
Sacharow hat im Jahre 1893 die Unempfänglichkeit des
Rindes experimentell nachgewiesen. Nach Einspritzung von
je 1 g einer Aufschwemmung von Rotzbacillen unter die Haut
von drei Kälbern trat nur eine leichte Temperatursteigerung
ein (40,9 bezw. 40,2 C). In einem Falle bildete sich an der
Injectionsstelle ein Abscess, welcher Rotzkeime enthielt. Das
Kalb wurde 43 Tage nach der Einspritzung getödtet. Es zeigte
nicht die geringsten krankhaften Veränderungen an seinen
Organen, und in dem Organsaft Hessen sich mittels Culturverfahren
keine Rotzbacillen nachweisen. Auch die Obduction des andern
Kalbes ergab ein negatives Resultat.
Verf. wiederholte diese Versuche und injicirte am 26. Mai 1898
10 g einer Bouilloncultur von Rotzbacillen in die Ohrvene
eines Kalbes. Nach 24 Stunden zeigte sich dasselbe traurig
und fras8 wenig. Die Temperatur stand auf 39,6. Drei Tage
nach der Injection waren alle Krankheitserscheinungen ver¬
schwunden. Am 28. Juni 1888 erhielt das Kalb zum zweiten
Male 20 g einer virulenten Rotzcultur in die Ohrvene ein¬
gespritzt. Hiernach kamen 2 Stunden später Speichelfluss,
Athemnoth, kleiner kaum fühlbarer Puls, kalter Schweiss und
Gittern zur Beobachtung, Symptome, welche Verf. auf eine
Embolie zurückführt, die vermuthHch durch aneinanderhaftende
Bacillen verursacht wurde. Das Kalb erholte sich nach einigen
Tagen vollständig. Dasselbe wurde 2 Monate später getödtet.
Bei der Obduction waren rotzige Veränderungen nicht nach¬
zuweisen.
Dem andern Kalbe wurden im weitern Verfolg 10 g einer
virulenten Rotzcultur in den Banchfellsack und je 3 g in die
Hoden injicirt, ohne dass eine wesentliche Reaction eintrat.
Hiernach sind Kälber gegen experimentelle Rotzinfection immun.
Untersuchungen Aber die Häufigkeit der Sterbefälle
an Lungenschwindsucht unter der Bevölkerung
des Deutschen Reiches und einiger anderer Staaten.
Von Rahts.
(Arb. a. d Kali. GesnndheiUamt Band XIV., S. 480. Ref. i. Centr. f. Bact. u, Paraiiten-
knnde Bind XXV, No. 14.)
Nach den seit 1880 angestellten, zuverlässigen Angaben und
Ermittelungen ist die Schwindsuchtsterbeziffer (die auf je
1000 Lebende der Gesammtbevölkerung reducirte Zahl der Sterbe¬
fälle) geringer geworden und dadurch auch eine Verminderung
der jährlichen Sterbefälle in dem Alter von 15—60 Jahren ein¬
getreten.
In Preussen, Bayern, Sachsen ist im Alter von 15—60 Jahren
zur Zeit der ersten grossen Influenzaepidemie 1890 die grösste
Zahl Tnberculose-Sterbefälle zu verzeichnen, eine stetige Abnahme
ist seit 1893—1894 zu beobachten. In Württemberg, Baden,
Hessen, ElBass-Lothringen trat die höchste Sterbeziffer 1894 auf.
In England, den Niederlanden, Schweden, Dänemark hat die
Zahl der Schwindsuchtsterbefälle abgenommen, in Italien, Nor¬
wegen, Frankreich dagegen zugenommen. J.
Tagesgeschichte.
Cultur-Aufgaben.
Von
Bermbach-Schroda.
Als im Mai 1898 die Central-Vertretung der Thierärzte
Preussens, die es sich zur Hauptaufgabe gestellt hatte, die
Wünsche der beamteten Thierärzte zu forrauliren und an der
richtigen Stelle anzubringen, in Berlin tagte, glaubte Jeder von
uns, dass der Zeitpunkt nicht mehr fern sei, an welchem eine
Wandlung in den Verhältnissen der beamteten Thierärzte ein-
treten würde. Seitdem sind bereits mehr als zwei Jahre ins
Land gegangen, ohne dass man von einer Verwirklichung
unserer Wünsche irgend etwas gemerkt, oder auch nur gehört
hätte. Sehr optimistisch veranlagte Collegen haben hin und
wieder Nachrichten ausgestreut, denen zufolge die „billigen
Wünsche der Kreisthierärzte ihrer baldigen Verwirklichung
entgegen gehen sollten“, aber die Zeit, private Mittheilungen
gut informirter Parlamentarier u. s. w. haben gelehrt, dass die
Pessimisten in dieser Hinsicht das Richtige getroffen haben.
Mir liegt ein Brief eines kundigen Reichstagsmitgliedes vor,
in welchem es wörtlich heisst: „Im Uebrigen will ich Sie
darüber nicht im Unklaren lassen, dass weder in
Regierungs- noch in Abgeordneten-Kreisen eine sonder¬
liche Lust besteht, der Thierheilkunde und Allem,
was drum und dran hängt, zu helfen.“ Ganz in derselben
Weise — nur noch etwas präciser — hat sich mir gegenüber
auch ein anderer hochstehender Parlamentarier mündlich aus¬
gesprochen. Allmählich sind nun auch die Optimisten zur klaren Er-
kenntniss gekommen, und so kann man jetzt allenthalben fest¬
stellen, dass ein hoher Grad von Unzufriedenheit und Missmuth unter
den beamteten Thierärzten Platz greift. Niemand, der, von jedem
Interessenstandpunkt losgelöst, die Verhältnisse abseitig betrachtet
wird sagen können, dass diese Unzufriedenheit ungerechtfertigt sei,
denn die Lage der Kreisthierärzte gegenüber den
anderen Staatsbeamten ist, kurz gesagt, jämmerlich.
In der ersten Hälfte des Jahres 1898 ist in der B. T. W.
so viel und so erschöpfend über dieses Thema geschrieben
worden, dass es nicht verlohnt, denselben Gegenstand hier noch
einmal breit zu treten. Wer sich orientiren will, hat dort
reichlich Gelegenheit dazu! Ich will hier nur kurz die Anträge,
die damals von der Central-Vertretung angenommen wurden,
noch einmal ins Gedächtniss zurückrufen:
1. Erhöhung des Grundgehaltes auf 1200 M., steigend bis
1800 M.,
2. Erhöhung des Tagegeldsatzes von 6 auf 9 M.,
3. Pensionsberechtigung,
4. Rangerhöhung und
5. Ausserdem hatten die Departements-Thierärzte fiir sich
noch den Titel Veterinär-Rath und die persönliche Verleihung
des Ranges der Räthe IV. Classe beantragt.
Der Titel „Veterinärrath“ oder so etwas Aehnliches würde
den älteren Kreisthierärzten ebenso gut gefallen, wie den
Departements-Tbierärzten. Es kann nicht Jeder von uns
Departements-Thierarzt werden, und es ist auch nicht immer
gesagt, dass diejenigen, die es werden, gerade die besten sind.
Es liegt mir fern, irgend Jemandem auch nur im Geringsten zn
nahe zu treten, im Gegentheil muss ich bekennen, dass die¬
jenigen Departements-Thierärzte, mit denen ich in nähere Be¬
rührung zu kommen Gelegenheit hatte, entschieden zu den vor¬
züglichsten Elementen unter den beamteten Thierärzten zählen.
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20. September 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
453
Aber andererseits dienen die Kreisthierärzte auch mit
dem regsten Pflichteifer ihrem Vaterlande, und sie
sind deshalb im höheren Dienstalter einer derartigen
Auszeichnung wohl würdig. Die Zeitströmung ist leider
heute so, dass Jeder, der in der Gesellschaft eine Stellung ein¬
nehmen will, einen Rathstitel haben muss. Die Juristen werden
Regierangs-, Gerichts-, Anwaltschafts- oder Justizräthe, die
Mediciner Medicinal- oder Sanitätsräthe, die Philologen Schulräthe,
Professoren oder sonst etwas Gutes, ein ehrbarer Subalternbeamter
wird Rechnungs- oder Canzleirath, die Landwirthe werden Amts¬
oder Oeconomieräthe, die Kaufleute Commerzien- oderCommissions-
räthe, kurzum Jedermann wird Rath! — Nur wir bleiben
ewig Kreisthierärzte. Die Verleihung eines wohlklingenden
Titels kostet dem Staat garnichts, sie macht im Gegentheil nur über¬
zeugungstreuere Staatsbürger und bringt nebenbei noch Stempel¬
steuer ein, und der Veterinärbeamte würde seinen Pflichten um
so freudiger obliegen, wenn er die Aussicht hat, eines guten
Tages als Kreisthierarzt schlafen zu gehen, um am anderen
Morgen als Veterinärrath aufzustehen.
Aber so sparsam, wie mau uns besoldet, ist man auch in
der Austheilung von Ehren an uns.
0, diese fiscalische Sparsamkeit! Auch wir haben
Mancherlei davon merken müssen, so die Erlasse in Betreff
der Marktgebühren, Benutzung der Kleinbahnen, Zusammen¬
legung von Dienstreisen, die Aufforderungen an die Be¬
hörden, die amtlichen Aufträge soweit als angängig ein-
zuschränken u. s. w., u. s. w. Die Behörden glauben in Folge
all’ dieser Erlasse, sich nach oben hin am ehesten einen Stein
im Brett zu erwerben, wenn sie dem beamteten Thierarzt soviel
sie nur können abnehmen. Man hat manchmal den Eindruck,
als ob die Kreisthierärzte die reinen Versuchsobjecte
für die Fiscalitätsbethätigung aufwärtsstrebender
Beamter seien.
So ist es nicht gerade selten geworden, dass durch das
Gesetz strikte vorgeschriebene veterinär-polizeiliche Functionen
einfach unterbleiben, weil die betreffenden Polizeibehörden in
Folg:e der vielen Sparsarakeitserlasse es für das richtigste
halten, den Kreisthierarzt überhaupt nicht mehr zu requiriren.
Classisch und zugleich lehrreich dürfte nachfolgender Fall
sein: Im hiesigen Kreise war beabsichtigt, eine Kleinbahn zu
bauen. Von Seiten der nicht interessirten Kreiseingesessenen
wurden financielle Bedenken erhoben, so dass das Project zu
scheitern drohte. Der Landrath, der sich für das Zustande¬
kommen der Bahn sehr lebhaft interessirte, suchte auf die
Opponenten zum Theil auch dadurch einzuwirken, dass er
möglichste Sparsamkeit im Kreishaushalte zusicherte. Unnütze
Ausgaben sollten für die Zukunft vermieden werden. So bezöge
z. B. der Kreisthierarzt 600 Mark Kreiszulage, die unter Anderem
auch gespart werden könnten. Und siehe da, schon konnte man
in dem Entwurf zum Haushaltsanschlage für das laufende Jahr
Folgendes lesen: „Da der Kreisthierarzt für die Beaufsich¬
tigung der Viehmärkte jetzt von den Stadtgemeinden
besonders entschädigt wird (was früher genau ebenso der
Fall war. Anm. des Verf.), liegt zur Fortgewährung des
Zuschusses kein Grund mehr vor.
Durch die schleunige Verfassung und Uebersendung einer
Denkschrift an alle Kreistagsmitglieder habe ich es fertig
gebracht, von den gefährdeten 600 M. wenigstens 450 M. für
die Zukunft zu retten, jedoch habe ich bei dieser Gelegenheit
vielfach zu hören bekommen, dass ich doch Königlicher
und nicht Communal-Kreisthierarzt sei und mich
in Folge dessen auch vom Staate ausreichend be¬
solden lassen sollte. Was hätte ich wohl hierauf entgegnen
sollen?! — Man denke bei der obigen Begründung an den
bekannten und vielbesprochenen Ministerial-Erlass betr. Markt¬
gebühren, in Folge dessen wir genöthigt sind, viele Märkte
fast umsonst zu beaufsichtigen. Ich würde also in diesem
speciellen Falle, wenn der Antrag des Herrn Landrath durch¬
gegangen wäre (was sehr leicht hätte geschehen können, wenn
ich nicht durch einen Zufall noch rechtzeitig von dem Vorhaben
Kenntniss erhalten hätte), nicht nur ein Plus an zum Theil
unbezahlter Mehrarbeit gehabt haben, sondern ich hätte oben¬
drein noch — und das ist das Merkwürdige — wegen eben
dieser Mehrarbeit 600 M. Einnahmen eingebüsst. Aehnliche
Vorgänge werden sich vielleicht in nächster Zeit auch noch in
andern Kreisen abspielen.
Wenn man Angesichts solcher Vorgänge daran denkt, dass
die beamteten Thierärzte schon sehr lange vergeblich um die
Erfüllung ihrer berechtigten Forderungen ringen, so braucht
man sicherlich nicht viel Phantasie zu besitzen, um sich vor¬
stellen zu können, dass sich ein gewisses Gefühl der Er¬
bitterung bei den Kreisthierärzten eingenistet hat.
Man fragt sich, woher es kommt, dass man für uns nichts
thut, während die übrigen Beamten-Kategorien sich in reichem
Maasse der staatlichen Fürsorge erfreuen? —
Lieber Leser, es giebt noch eine ganze Anzahl von Leuten,
die sich unter einem Thierarzt etwas ganz Merkwürdiges vor¬
stellen, so eine Art Bassermann’sche Gestalt, deren Haupt¬
beschäftigung darin besteht, den dritten Mann beim Scat ab¬
zugeben und auf den Dominien ein Bündel Heu, einen Sack
voll Häcksel oder ein Quantum Hafer zu schnurren. Im ge¬
wöhnlichen Leben nennt man das „Botanisirengehen“. Jene
Leute gehören zum Theil zu denen, die nicht alle werden,
zum Theil zählen sie ganz exklusiven Gesellschaftsklassen
zu, die die Thierärzte nur von alten Ueberlieferungen oder
höchstens aus Fritz Reuter her kennen. Wenn man in
diesen Kreisen einmal Gelegenheit hat, einen Tliierarzt kennen
zu lernen, der durch Anstand, Bildung und Exterieur imponirt,
so glaubt man eine Ausnahme von der Regel, gleichsam einen
weissen Raben vor sich zu haben.
Diese Erfahrung wird mir eine grosse Anzahl von Collegen
bestätigen können. Hiergegen lässt sich natürlich nicht viel
thun, man muss sich halt mit den Göttern trösten, die auch
gegen gewisse Sachen vergeblich ankämpfen.
Einen directen activen Widerstand setzt unserm Streben
auch die sogenannte academische Welt entgegen. Man ist
eifersüchtig auf die eigne Ehre.
Wenn wir aber offen sein wollen, so müssen wir bekennen,
dass nicht das geringste Hemmniss für uns auch manche Collegen
bilden, von denen man nicht behaupten kann, dass sie die Inter¬
essen und die Ehre des thierärztlichen Standes dem Publicum
gegenüber zu wahren wissen. Wer viel in der Welt herum-
gekommen ist, kann in dieser Beziehung Etwas erleben! Merk¬
würdigerweise wiegen unter diesen die jüngeren Collegen vor.
Die Schuld liegt aber daran, dass diese Herren bei
ihrem Hinaustreten ins Leben nicht reif sind, eine
Stellung in der Oeffentlichkeit auszufüllen. Des
Uebels Wurzel liegt in der mangelhaften Vorbildung,
die sich gerade bei den Studirenden der Thierheil¬
kunde, die während ihres Studiums meist nur sehr
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454
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 38.
wenig Gelegenheit haben, sich im Umgänge mit Studi-
renden anderer Facultäten abznschleifen, häufig um
so fühlbarer macht. Hier kann nur die Einführung des
Abiturienten-Examens mit allen Consequenzen Wand¬
Gemeindevertretung von Zoppot. Die Mehrheit war der Ansicht,
dass es im Interesse der Besitzer und Einwohner liege, den
Thierarzt bei Erkrankungen ihres Viehs zuziehen zu können
und ihm deshalb die Ausübung der Privatpraxis gestattet
lung schaffen.
Wir haben es erlebt, dass bei der vorigjährigen Etats-
berathung die Maturitäts-Forderung für die Rossärzte unter
Hinweis auf die Herkunft der Studirenden abgelehnt wurde.
Ich kenne eine grosse Anzahl von Oberlehrern, Theologen,
Medicinern und selbst Juristen, die sich keineswegs einer vor¬
nehmen Herkunft oder des Genusses einer musterhaften Kinder¬
stube rühmen können. Und doch wird es Niemand einfallen,
aus diesem Grunde die Nothwendigkeit des Abitu¬
rienten-Examens für Jene zu negiren. Die Kinder armer
Leute würden sicherlich viel lieber hohe Verwaltungsbeamte,
Generäle oder sonst etwas Schönes, anstatt Thierärzte werden.
Weshalb übt man denn dort nicht die zarte Rücksicht,
dass man ihnen den Zugang zu diesen Laufbahnen auf
Kosten der Vorbildung etc. erleichtert?
Es ist klar, dass diejenigen jungen Leute, die es unter
schwierigen, sagen wir ärmlichen Verhältnissen bis zum Ab-
iturienten-Examen bringen, sicherlich nicht zu den schlechten
Elementen gezählt werden können. Für die Söhne reicher,
hochangesehener Eltern ist es keine so grosse Kunst, das Ab-
iturienten-Examen zu machen, aber gerade der arme junge Mann
muss Charakterstärke, Energie und Zähigkeit besitzen, wenn er
sich unter vielfachen Entsagungen bis zu diesem Ziel durch¬
schlagen will. Deshalb würden wir gerade, wenn es sich wirk¬
lich bewahrheiten sollte, dass nur die Söhne armer Eltern das
Studium der Thierheilkunde ergriffen, einen um so vorzüglichem
Nachschub zu erwarten haben.
Man hört nun häufig die Frage aufwerfen, was wir thun
sollen, um unser Ziel zu erreichen? — Was wir thun sollen,
steht schon in der Bibel geschrieben! „Klopfet an, so wird
Euch aufgethan werden“. — Wir dürfen nicht erlahmen,
unsere Bitten an geeigneten Stellen immer wieder zum Vortrag
zu bringen. Endlich wird man uns doch befriedigen wollen. Wie wir
anklopfen sollen, damit man uns aufthue, darüber werde ich viel¬
leicht Gelegenheit haben, mich an einer anderen Stelle zu äussern.
Professor Zürn f.
Der ehemalige langjährige Leiter des Veterinär-Instituts der
Universität Leipzig, Hofrath Professor Dr. Zürn, ist, nachdem
er vor Kurzem in den Ruhestand getreten war, zu Stadtsulza
gestorben. Schon seit Jahren war seine Thätigkeit durch
Bchwere Krankheit gelähmt.
Privatpraxis der Schlachthofthierärzte.
Die Frage, ob der Thierarzt und Director der Schlachthof-
Anlage auch Privatpraxis soll ausüben dürfen oder nicht, be¬
schäftigte bei der Erörterung der Anstellungsbedingungen die
werden solle. Höchst seltsam ist aber der Beschluss der Ge¬
meindevertretung, dass das Honorar, das dem Thierarzt für
seine Privatdienste zu leisten ist, in die Schlachthauskasse
zu fliessen habe, aus der ihm später eine entsprechende Ent¬
schädigung gezahlt werden solle. Allg. Fl. Ztg.
Eine ebenso neue wie reizende Idee der ehrsamen Gemeinde¬
vertretung von Zoppot, den Schlachthof-Inspector auch noch in
seinen dienstfreien Stunden für die Gemeindekasse, die augen¬
scheinlich aus den dortigen hohen Kurtaxen noch nicht genug
verdient, dienstbar zu machen. Denn darum handelt es sich doch
jedenfalls, dass von den Honoraren Procente einbehalten werden
sollen. Oder sollte man blos controliren wollen, ob der be-
neidenswerthe Schlachthofinspector nicht zu schnell Millionär
wird? Jedenfalls wird unter diesen Umständen der Schlacht¬
hofinspector in seinen Mussestunden sich besser aufs Scatspielen
verlegen, anstatt zu practiciren. Aber halt! Am Ende fliessen
in Zoppot die Scatgewinnste der Gemeindebeamten auch in die
Gemeindekasse? Es hätte das ja ungefähr dieselbe Berechtigung.
Nun, dann bleibt nur schleunige Flucht!
Schmaltz.
Frequenz der Deutschen Medicinischen Facultäten.
Winter 1898/99
Sommer 1900
Winter 1899/1900
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Summa
Berlin . . .
783
307
1090
914
397
1 311
909
437!
1346
Bonn . . .
318
19
337
240
12
252
237
^ 1
<1
244
Breslau . . .
350
14
364
313
8
321
240
20
260
Erlangen . .
140
176
316
160
165
325
154
145 1
299
Freibnrg . .
82
364
446
107
287
394
81
235'
316
Giessen. . .
86
143
229
79
136
215
67
97 1
164
Göttingen . .
175
50
225
174
48
222
155
45 j
200
Greifswald
298
25
323
—
—
318
261
27’
268
Halle . . .
200
45
245
197
44
241
221
4 1
225
Heidelberg
55
217
272
69
171
240
67
186
253
Jena ....
59
153
212
56
138
194
52
lio 1
162
Kiel ....
306
122
428
253
68
321
267
93-
360
Königsberg .
220
29
249
219
29
248
222
U7i
239
Leipzig. . .
299
287
586
315
328
643
299
3281
627
Marburg . .
224
50
274
217
53
270
180
44i
224
München . .
458
724
1 182
439
642
1081
462
636
1 098
Rostock . .
54
45
99
82
23
105
60
45-
105
Strassburg
163
161
324
172
163
335
170
145)
315
Tübingen . .
133
145
278
148
113
261
150
1211
271
Würzburg . .
176
451
627
198
452
650
176
376i
552
Zusammen
4 352
3 277j7 947
4 540, 3 334
7 874
4 430i 3 118.
7 548
Staatsveterinärwesen.
Siehe das Beiblatt dieser Nummer.
Fleischschau und Viehhandel.
Von Kühnau.
Die Fleischvergiftung In Bohnsdorf und GrOnau.
Durch die Tagesblätter und Fleischerzeitungen läuft eine
Notiz, wonach in den Orten Bohnsdorf und Grünau des Kreises
Teltow 140 Personen nach dem Genuss von Fleisch einer Kuh,
welche an Mastdarmvereiternng und Milchfieber gelitten Laben
sollte und nothgeschlachtet war, schwer erkrankt sein sollten.
Der die Kuh behandelnde Thierarzt soll das Fleisch mit der
Bedingung frei gegeben haben, dass das Fleisch nur in gekochtem
Zustande genossen werden dürfe. Entgegen dieser Bestimmung
sei ein Theil des Fleisches als Schabefleisch znr Verwendung
gelangt Nach dem Auftreten der Erkrankungen soll der
Fleischerinei8ter Sch. das Fleisch zur wiederholten Untersuchung
vorgelegt und der Thierarzt es abermals freigegeben haben.
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20. September 1900.
Zur Aufklärung des Falles theilt uns Herr College
Rieger in Köpenick folgenden Sachverhalt mit:
Am Mittwoch den 28. Angust d. J. untersuchte R. in Bolms-
dorf eine Kuh des Bauerngutsbesitzers L., welche früher ein
normales Quantum Milch geliefert hatte, seit ca. 8 Tagen aber
in Folge einer Euterentzündung wässerige Milch gegeben und
schlecht gefressen haben sollte. Zuerst sei das rechte hintere
Viertel erkrankt, der Process habe sich dann auf das andere
hintere und die beiden vorderen Viertel ausgedehnt. Das Euter
sei fleissig ausgemolken worden. Das Secret sei wässerig mit
Flocken untermischt gewesen.
R, ermittelte folgenden Befund. Das etwas matt, aber
nicht elend aussehende Thier ist fieberlos, setzt schmerzlos
etwas reichlich dünnen Koth ab. Pansenbewegungen normal.
Aus den drei zuerst erkrankten Eutervierteln entleerte R. ohne
SchmerzensäusBerung der Kuh Milch von normaler Beschaffen¬
heit. Die Viertel waren nicht geschwollen und vermehrt warm.
Bei Druck auf das vierte zuletzt erkrankte Viertel zeigte die
Kuh Empfindlichkeit, diese Abtheilung des Euters war etwas
vergrössert, derb und gab beim Melken wässerige, flockige
Milch. Nach R. handelte es sich demnach um eine im Ab¬
fallen begriffene Euterentzündung. R. verordnete eine
Eutersalbe und Ausmelken, sowie entsprechende Diät.
Am Mittag des folgenden Tages telephonirte der Besitzer,
die Kuh hätte immer noch nicht besser gefressen, und weil sie
ihm matter vorgekommen sei, hätte er die Nothschlachtung des
Thieres vornehmen lassen.
Das Fleisch der Kuh war gut ausgeblutet. Lunge, Herz,
Leber, Nieren normal; ebenso der Verdauungscanal bis auf eine
ca. 30 om vom After entfernte, ringförmige, ca. 8 cm breite
Stelle im Mastdarm. Die Stelle zeigte eine braune Ver¬
färbung, aber ohne Stauungs- oder Entzündungserscheinungen.
R. nimmt an, dass es Bich um eine Invagination, welche sich
von selbst wieder gelöst, gehandelt hat. Die Euterlymphdrüsen
waren vergrössert und durchfeuchtet. Die drei zuerst erkrankten
Enterviel tel liessen pathologisch - anatomische Veränderungen
nicht erkennen, das vierte bot das Bild einer geringen
parenchymatösen Entzündung. Inhalt der Milchcanäle flockiges,
wässeriges Secret. Fleisch und Fleischlymphdrüsen normal,
das Fleisch wie das einer mageren, aber nicht abgezehrten
Knh.
Auf Grund des Befundes lautete R.’s Gutachten: Das
Fleisch stammt von einer nothgeschlachteten Kuh, welche er
zwar tags zuvor, aber nicht unmittelbar vor der Schlachtung
gesehen hatte; es ist nicht vollwerthig, sondern minderwerthig,
da sich derartiges Fleisch in der Regel schlecht hält, leicht
verdirbt und dann der Genuss die menschliche Gesundheit
schädigen kann. R. rieth (Bohnsdorf hat eine Fleischschau amt¬
lichen Charakters nicht) deshalb ab, das Fleisch der fraglichen
Kuh noch abzugeben oder zu Dauerwaare zu verarbeiten; der
Verwendung in gekochtem Zustande bezw. dem Verkauf zum
Kochen ständen Bedenken nicht entgegen. Wären diese Vorsichts-
niassregeln nicht durchznführen, oder könnte der Schlächter
das minderwerthige Fleisch als solches nicht verwenden, so rieth
R. zur vollständigen Vernichtung.
Der weitere Verlauf war der, dass der Schlächtermeister
Sch. die Kuh von dem Besitzer für einen geringen Preis gekauft
hat und einen Theil des Fleisches an den Schlächtermeister Schl,
jji Grünau weiter gab. Beide haben das Fleisch nicht als
455
minderwerthig, sondern als vollwerthig und namentlich als
rohe8 Schabefleisch an ihre Kundschaft abgegeben. Es
erkrankten nun in Bohnsdorf und Grünau zusammen etwa
40 Personen (nicht 140) unter den Erscheinungen eines
Brechdurchfalls, Kinder z. Th. recht schwer; gestorben ist
glücklicherweise Niemand. Die Erkrankungen Hessen sich auf
den Genuss des rohen Schabefleisches zurückführen.
Noch bevor R. Kenntniss von den Erkrankungen hatte, kam
der Schlächtermeister Sch. zu R. und legte ihm eine Rinder¬
schulter mit dem Bemerken vor, dass das Fleisch von der frag¬
lichen Kuh stamme, und er deB Thierarztes Rath einholen wollte,
ob das Fleisch nicht auch zu Schabefleisch verwandt werden
könnte. Da das Fleisch mit der daran haftenden Bugdrüse in
Geruch, Farbe, Consistenz Abweichungen nicht bekundete,
äusserte sich R. dahin, wenn das fragliche Fleisch von der
kranken Kuh stamme, stände seiner Verwendung auch zu
Schabefleisch nichts entgegen. Nachdem R. von den Er¬
krankungen gehört hatte, ist er sofort zu Sch. gefahren und
hat ihn, sowie seinen Abnehmer vor dem Weiterverkauf des
Fleisches gewarnt. Bei den polizeilichen Recherchen wurde
noch bei Schl, ein Rest des Fleisches vorgefunden, hiervon zur
weiteren Untersuchung Proben entnommen und das übrige mit
Petroleum begossen und vergraben.
R. führt die Erkrankungen darauf zurück, dass das Fleisch
schnell in Fäulniss übergegangen und stark mit Praeserven
versetzt worden ist. Die Untersuchung wird zeigen, ob sich die
Ansicht R.’s bestätigt. Jedenfalls zeigt aber der mitgetheilte
Sachverhalt, dass sich die Angelegenheit wesentlich anders zu¬
getragen hat, als wie die Presse berichtet. Der Vorfall beweist
aber weiter, dass bei der Beurtheilung von Nothschlachtungen
mit äusserster Vorsicht zu Werke gegangen werden soll. Die
rein makroskopische Untersuchung reicht häufig nicht aus, es
muss vielmehr auch eine bacteriologische Untersuchung des
Fleisches vorgenommen werden, ob ein auffälliger Bacterien-
gehalt vorhanden ist. Die Forschungen nach dem Wesen der
Flei8chyergiftungen haben gelehrt, dass bei lädirter Oberfläche
der Haut oder Schleimhäute solche Bacterien in das Gewebs-
innere der Thiere einwandern können, welche, wenn derartiges
Fleisch besonders in rohem Zustande genossen wird, gesundheits¬
störende Wirkungen entfalten können. K.
Die neue Kühlanlage in Berlin.
Das der Vollendung entgegengehende städtische Kühl¬
haus auf dem Schweineschlachthof wird mit seinen 2552 Quadrat¬
metern bebauter Grundfläche, seinen drei Etagen und dem Keller
wohl eines der grössten Deutschlands und, da es gegen
l'/ 4 Millionen Mark kosten wird, auch eines der theuersten
sein. Das Kellergeschoss enthält nach einem Berichte der
„Allg. Fleisch.-Ztg.“, ausser der Eismaschine und den fünf
isolirten Kammern für die gesetzlich gestattete Unschädlich¬
machung schwachfinnigen Rindfleisches durch das Kälteverfahren
in 20 Kammern 152 Gement - Pökelbottiche von 1 bis l 2 / 3
Quadratmeter Grundfläche. Dieselben sind zu Gruppen in 20
Zellen von 4 bis über 10 Quadratmeter, zusammen 175 Quadrat¬
meter gross, vereinigt. Das Erdgeschoss enthält 98, das
Obergeschoss 116, zusammen also 214 Kühlzellen, von 3 bis
12V 2 Quadratmeter Grösse. Davon haben 44 Zellen eine Grund¬
fläche von 8 Quadratmetern, 68 eine Grundfläche von je vier
Quadratmetern, 40 eine Grundfläche von circa 12 Quadratmetern,
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 38.
456
zusammen 1478 Quadratmetern. Im zweiten Stock befinden
sich 52 Räucherkammern, von denen einige jetzt bereits
seit Wochen benützt werden und anscheinend vorzüglich
functioniren. — „Vorkühlräume“ mit etwas höherer Temperatur
(die im Gegensatz zu den Kühlzellen stets zugänglich sein
werden, während die Räume der Kühlzellen nur in den Früh-,
Mittags- und Abendstunden je 2 bis 3 Stunden geöffnet werden
dürften) bilden mit ihren vier Fahrstühlen die Vorhallen zu
den ZeUenränmen. Die beiden grossen Dampfmaschinen
mit ihren 400 Pferdekräften haben die Aufgabe, das Speise-
und Kühlwasser, = 120Cubikmeter pro Stunde aus dem Erdboden
heraufzubefördern, das gebrauchte Condens- oder Kühlwasser
auf die Reservoirs des obersten Stockwerkes zu befördern,
welche die Schlachthofanlage mit dem nöthigen Spülwasser ver¬
sehen sollen und die Electromotoren für die vier Fahrstühle,
die el ec tri 8 che Beleuchtung und die Kühlapparate zu
versorgen.
Berlin: Auszng aus dem Fleischeohauberioht für Monat August 1900.
A. S c h 1 a c h t h o f.
Rinder j
Kälber \
Schafe 1
Schweine
Geschlachtet und untersucht
14 304
14 599
43 468
67 759
Ganz beanstandet ....
Ueberhaupt mit Tubercnlose
274
52
27
500
behaftet.
2 700
40
2 900
Davon gänzlich verworfen .
108
3 '
2
100
„ sind zur Sterilisation ge-
eignet befunden . . .
75
7
1 i
271
„ theilweise verworfen . .
—
—
—
—
Also vollständig freigegeben
2 517
30
o
2 529
Mit Trichinen behaftet. . .
— ,
— i
—
7
Mit Finnen behaftet . . .
58 1
1 |
—
24
Rinder
Kälber
Schafe
Schweine
Stark finnig, technisch ver-
werthet.
1
9
Finnig und wässerig, tech¬
nisch verwerthet ....
Schwach finDig, zur Kochung
geeignet befunden . . .
57*)
1
15
Ausserdem wegen Behaftung
mit Kalkcoucrementen, mul¬
tiplen Blntungen u.b.w. sind
zur Kochung geeignet be¬
funden .
1
2
35
An einzelnen Organen un
d Theilen wurden beanstandet: bei
Kindern 4674 Stück, bei Kälbern 150 Stück, bei Schafen 2646 Stück,
bei Schweinen 9564 Stück.
*) ^2 Rinder schwachfinnig und zugleich tubcrculös).
B. Untersucbungsstationen.
Rinder¬
viertel
Kälber
Schafe
Schweine
Untersucht.
21 003
8 083 !
4115
10864
Beanstandet.
Wegen* Tnberculose wurden
26
13 i
1
22
beanstandet.
Davon sind zur Sterilisation
6
—
—
1
geeignet befunden . . .
—
—
—
—
Mithin gänzlich verworfen .
6
— ■
—
1
Mit Trichinen behaftet. . .
—
— 1
—
—
Mit Finnen behaftet. . . .
Davon sohwach finnig, zur
—
—
—
—
Kochung geeignet befanden
—
— |
—
Unter dem eingeführten Fleisch waren 1126 dänische Rinder¬
viertel, 4 dänische Kälber und 61 Wildschweine.
Berlin, den 7. September 1900. Der städtische Oberthierarzt
Reisonan«#-'
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Oberrossarzt Krüger im 6. Kilr.-Rgt. ist
der Rothe Adler-Orden IV. CI. und den Oberrossärzten Kranze im
2. Leib-Hus.-Regt. No. 2, Lüthens im 2. Kür.-Rgt. und Lppitsch
(Oberrossarzt a. D.), bisher im 6. Drag.-Rgt. der Kronen-Orden IV. CI.
verliehen worden.
Der Kreisthierarzt L. Scholtz-Gr. Strelitz (Schlesien) wurde
in Anerkennung seiner Verdienste um das Communalwescn zum
Stadtältesten ernannt.
Wohnsitzverfinderungen, Niederlassungen: Verzogen: Frascb,
Districtsthierarzt in Hayingen, als Stadtthierarzt nach Pfullingen; —
Sud er, Rossarzt a. D., von Insterburg nach Klingen thal i. Sachsen.
Todesfälle: Hofrath Professor Dr. Zürn.
Vacanzen.
(Näheres Uber die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Reg.-Bez. Liegnitz: Sagan zum 1. XI. (600 M. Gehalt). Zeugnisse
und Lebenslauf bienen 4 Wochen an den Regierungs-Präsidenten.
Bayern: Bezirksthierarztstelle in Kemnath. Gesuche bis
11. October er. an die bezw. Kreisregierung. Kammer des Innern.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Aachen: Montjoie. — R.-B. Düsseldorf: Landkreis Krefeld. —
R.-B. Oppeln: Gross-Strehlitz (600 M.) zum 1. October er.
Saaltltstblerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Halle: 2 Assistenzthierärzte zu sofort bezw. 1. Octob. er. (1800 M.
Wohnung etc.). Bewerb, an den Schlachthof. — Hamburg.
Polizeithierarzt sofort. (2500 M., 4 wöch. Kündig.). Meid,
an den Staatsthierarzt Völlers. — Lübeck: Hilfsthierarzt am
Schlachthof. (2400 M. dreimonatliche Kündigung.) Bewerbungen
an die Schlachthofverwaltung. — Rackwitz i. Pos.: Thierarzt für
Schlachtvieh- und Fleischschau. (1200 M. Fixum. Privatpraxis.)
Meid, beim Magistrat. — Wolkenstein: Schlachthofthierarzt. (Zu¬
nächst bis 1903 Beihülfe von 700 Mark zugesichert. Privatpraxis
gestattet.) Bewerb, a. d. Stadtrath. — Zoppot: Schlachthofdirector
sofort. Meldungen bis 20. Sept. er. an den Gemeindevorsteher.
(2400 M., Wohnung etc., bedingte Ausübung der Privatpraxis).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Arys: Schlachthofverwalter zum 1. Oct. er. — Bremen (Stadt):
3. Tbierarzt am Schlachthof. — Cassel: Schlachthofassistenz-
thierarzt. — Cottbus: Schlachthof-Assistenzthierarzt z. 1. Oct.
— Düren: Schlachthofdirektor. — Gr ätz: (Posen): Schlacht¬
hofinspector. — Graudenz: Assistenzthierarzt am Schlachthot. —
Haltern: Sanitätsthierarzt. —Köln: Schlachthofthierarzt —Königs¬
berg (Ostpr.): Schlachthofthierarzt zum 1. October er. — Ottweiler
(Bez Trier): Schlachthausverwalter. — Pausa: Thierarzt für den
Fleischbeschau-Bezirk. — Salzwedel: Schlachthofvorsteher. —
Stettin: 3. Schlachthofthierarzt zum 1. September. — Wanne:
Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. —St. Wendel: Schlachthof¬
verwalter. — Wollstein (Posen): Scblachthofinspector zum 1. Oct. er.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotxenau
i. Schl. — Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen
(Kr. Pillkallen). — Murrhardt — Schönbaum (Danzig). —
Soldau (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. —
Mengeringhausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schlen.).
— Raguhn. — .Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Weatpr.).
— Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze Mecklb.).
— Wolkenstein.
Verantwortlich fQr den Inhalt {excl. Ins erat enth eit): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schoetz ln Berlin. — Druck von W. BQxeneteiu, Berlin
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Beiblatt
der
ner Thierärztlichen Wochenschrift
zu No. 38 vom 20. September 1900.
wesen: Gesetz betr. die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten vom 30. Juni 1900. — Die
zeiliche Behandlung des Dungwassers bei der Maul- und Klauenseuche. — Dienstanweisung für die Bez.-Thierärzte
rzogthum Baden. — Polizei-Verordnung für den Iteg.-Bez. Cassel betr. Seuchcn-Verschleppung. — Revision der Vieh-
zei in der Schweiz. — Schweinepest-Tilgung in Oesterreich. — Vereinigte Staaten von Amerika. — Thierseuchen
. — Schaden der Maul- und Klauenseuche. — Empfänglichkeit des Karaeeles für die Rinderpest. — Wursteinfuhr
rkchr. — Nachrichten über Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen.
Staatsveterinärwesen.
Redigirt von Preusse.
r. die Bekämpfung gemeingefährlicher
nkheiten von 30. Jnni 1900.
Von Preusse.
< sich in dem vorgenannten Gesetz um Seuchen-
M- nschen handelt, so dürfte es doch interessiren
n dieser Stelle einer kurzen Besprechung zu
i die Bekämpfung ansteckender Krankheiten des
i in Preussen bisher die Vorschriften des
August 1835. In demselben sind Be¬
thalten über 1. Cholera, 2. Typhus, 3. Ruhr,
Masern, Scharlach und Rötheln, 6. contagiöse
.ng, 7. Syphilis, 8. Krätze, 9. Weichselzopf, 10. bös-
nid, Krebs, Schwindsucht und Gicht, 11. Toll-
adswuth), 12. Milzbrand, 13. Rotz und Wurm,
letzteren drei Krankheiten enthielt das Regulativ
mungen über Tilgung derselben bei Thieren.
die letzteren durch die neuere Viehseuchengesetz¬
te - : cussen seit 25, im Deutschen Reiche seit 20 Jahren
worden sind, bestehen die Vorschriften dieses
:iir die obengenannten Erkrankungen der Menschen
i h zu Recht. Das Reichsgesetz vom 30. Juni 1900
" bisherigen Vorschriften über Cholera und Pocken
aufgehoben. Dasselbe bezieht sich auf folgende
u: Aussatz (Lepra), Cholera (asiatische), Fleckfieber
is), Gelbfieber, Pest (orientalische Beulenpest) und
Olattetn). Wenngleich nun dieser erste Schritt der
-ctzgebung auf dem Gebiete der öffentlichen Gesnndheits-
• ifellos freudig zu begrüssen ist, so muss doch hervor¬
werden, dass die Beschränkung des Gesetzes auf die
■rgenannten Krankheiten die Bedeutung derselben für
lerung der öffentlichen Gesundheit sehr herabsetzt. Der
i der Aerzte ging mit Recht dahin, vor allen Dingen
ie einheimischen ansteckenden Krankheiten mit in den
n dieses Gesetzes aufzunehmen; dies scheiterte jedoch an
otschiedenheit, mit welcher die Staatsregierung eine der-
■ Erweiterung ablehnte. Diese Ablehnung war wohl be¬
tet in den Schwierigkeiten, welche bei dem polizeilichen
reifen in die privaten Verhältnisse der betroffenen Familien
landen wären.
Dies giebt sich auch in den Bestimmungen des gegen-
i-tigen Gesetzes kund, welches vielfache Milderungen und Ans¬
innen enthält, die ein energisches obligatorisches Einschreiten
l recht erschweren dürften. Das, was uns dieses Gesetz
ifceressant macht, ist die Thatsache, dass sich zahlreiche Be-
timmungen desselben die entsprechenden Vorschriften unseres
Üeiclisviehseuchengesetzes zum Muster genommen haben.
Dies gilt insbesondere in Betreff der Anzeigepflicht der
Ermittlung der Krankheit, der Entschädigungen und einiger all¬
gemeiner Vorschriften. Jeder Erkranknngs- und Todesfall an
einer der sechs genannten Krankheiten, sowie jeder verdächtige
Fall ist unverzüglich anzuzeigen. Im Gesetz sind die zur
Anzeige Verpflichteten näher angegeben. Dasselbe sagt nun
auch, dass landesrechtliche Bestimmungen, welche eine weiter¬
gehende Anzeigepflicht begründen, durch dieses Gesetz nicht
berührt werden. Ebenso bestimmt §. 48, dass landesrechtliche
Vorschriften über die Bekämpfung anderer, als der im §. 1 Abs. 1
genannten übertragenen Krankheiten durch dieses Gesetz nicht
berührt werden. Darnach bleibt also das Regulativ vom
8. August 1835 nach wie vor noch in Kraft. Der Bnndesrath
ist ermächtigt, die Anzeigepflicht auch auf andere als die erst¬
genannten sechs Krankheiten auszudehnen. Hierdurch ist dem
Bundesrath eine ähnliche Ermächtigung gegeben worden, wie
durch § 10 Abs. 2 des Reichsviehseucheugesetzes dem Reichs¬
kanzler in Betreff der Viehseuchen. Im Reichstag ist zwar
diese Bestimmung lebhaft bekämpft worden, besonders durch den
Abgeordneten Dr. Bö ekel, aber ohne Erfolg. Ob der Bundes-
rath von seiner Befugniss jemals Gebrauch machen wird, bleibt
abzuwarten.
In Betreff der Ermittelung der Krankheit ist hervorzuheben,
dass die betreffenden Bestimmungen dem beamteten Arzte eiqe
recht erhebliche Machtbefugnis einräumen. Hier ist zunächst
die aus dem Viehseuchengesetz übernommene Vorschrift zu er¬
wähnen, dass bei Gefahr im Vorzüge der beamtete Arzt schon
vor dem Einschreiten der Polizeibehörde die zur Verhütung
der Verbreitung der Krankheit zunächst erforderlichen Mass¬
nahmen anordnen kann. Bisher besass der beamtete Arzt eine
derartige Befugniss nicht. Es ist hier noch hinzugesetzt, dass
der Vorsteher der Ortschaft den von dem beamteten Arzte
getroffenen Anordnungen Folge zu leisten hat. Dem beamteten
Arzt ist auch der Zutritt zu den Kranken und zur Leiche zu
gestatten, soweit er es zur Feststellung der Krankheit für er¬
forderlich und ohne Schädigung der Kranken für zulässig hält.
Der behandelnde Arzt ist aber berechtigt den Untersuchungen
und besonders auch der Leichenöffnung beizuwohnen.
Von Wichtigkeit ist noch die Bestimmung, dass für Ort¬
schaften und Bezirke, welche von einer gemeingefährlichen Krank¬
heit befallen oder bedroht sind, von der zuständigen Behörde
angeordnet werden kann, dass jede Leiche vor der Bestattung
einer amtlichen Besichtigung (Leichenschau) zu unterwerfen ist.
Was nun die nach Feststellung einer ansteckenden Krank¬
heit zu treffenden Schutzmassregeln anbetrifft, so sind in dem
Gesetz nur ganz allgemein gehaltene Directiven enthalten.
Die Festsetzung specieller Wahrnahmen bleibt dem Bundcsrathe
überlassen. Auch hierin findet das Menschenseuchengesetz < in
Analogon in dem Viehseuchengesetz. Die §§. 12 bis 21 ent-
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BEIBLATT der BERLINER THIERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
20. September 1900.
halten diejenigen Vorschriften, welche bei Ausbruch von an¬
steckenden Krankheiten angeordnet werden können. Es ist in
denselben auch unterschieden worden zwischen kranken, krank-
heits- oder ansteckungsverdächtigen Personen. Für diese Per¬
sonen kann eine Beobachtung und auch Absonderung angeordnet
werden. Bei der Absonderung kranker Personen dürfen mit
denselben nur die zu ihrer Pflege bestimmten Personen, der
Arzt und der Seelsorger in Berührung kommen. Angehörige
und Urkundspersonen dürfen nur zur Erledigung dringender
und wichtiger Angelegenheiten Zutritt zum Kranken erhalten;
selbstredend müssen hierbei alle erforderlichen, die Weiterver-
breitung der Krankheit verhindernden Massnahmen getroffen
werden. Auch kann nötigenfalls die Ueberführung des Kranken
in ein Krankenhaus oder in einen anderen geeigneten Unter¬
kunftsraum angeordnet werden. Auf socialdemocratischen Wunsch
wurde hier noch der Zusatz gemacht, „falls der behandelnde
Arzt es ohne Schädigung des Kranken für zulässig erklärt“.
Es bedeutet dies eine nicht unerhebliche Abschwächung der
betreffenden Bestimmungen des ursprünglichen Gesetzentwurfs
Die übrigen Schutzmassregeln beziehen sich auf den Verkehr
mit Gegenständen, welche geeignet sind, die Krankheit zu
verbreiten, auf die Abhaltung von Märkten etc., auf die in
der Schifffahrt, Flösserei oder sonstigen Transportbetriebeu
beschäftigten Personen, auf den Schulbesuch, auf die Benutzung,
von Brunnen, tiefen Seeen, Wasserläufen, Wasserleitungen
Bade-, Schwimm-, Wasch- und Bedürfnisanstalten, auf die Be¬
nutzung inficirter Wohnungen und Gebäude und auf die Desin-
fection. Es können sodann erforderlichenfalls auch noch zur
Bekämpfung der Pest Massregeln zur Vertilgung und Fern¬
haltung von Ratten, Mäusen und anderem Ungeziefer angeordnet
werden. Nach §. 27 ist der Bundesrath ermächtigt, über die
bei der Ausführung wissenschaftlicher Arbeiten mit Krankheits¬
erregern zu beobachtenden Vorsichtsmassregeln, sowie über
den Verkehr mit Krankheitserregern und deren Aufbewahrung
Vorschriften zu erlassen. Die §§. 28 bis 34 enthalten Be¬
stimmungen über Entschädigungen, die sich mehrfach auch an
die betreffenden Bestimmungen des Viehseuchengesetzes anlehneu,
insbesondere auch darin, dass die Kosten der Entschädigungen
aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten sind, ein Zusatz, der erst
von der Commission gemacht worden ist. Wie diese Kosten
aufzubringen sind, bestimmt das Landesrecht. Es folgen sodann
allgemeine Vorschriften ohne wesentliches Interesse. In den¬
selben ist u. A. auch gesagt worden, dass an Stelle der beamteten
Aerzte im Falle ihrer Behinderung oder aus sonstigen dringenden
Gründen andere Aerzte zugezogen werden können.
Nach §. 43 soll in Verbindung mit dem Kaiserlichen Ge-
sundheits - Amt ein Reichs - Gesundheitsrath gebildet werden,
welcher das Gesundheits-Amt zu unterstützen hat. Auch ist er
befugt, den Landesbehörden auf Ansuchen Rath zu ertheilen.
Den Schluss des Gesetzes bilden Strafvorschriften.
Ob das Gesetz die von ihm gehoffte Wirkung haben wird,
bleibt abzuwarten. In erster Linie wird es darauf ankommen,
wie die Seitens des Bundesraths zu erlassenden Ausführungs¬
bestimmungen ausfallen werden.
Die seuchenpolizeiliche Behandlung des Dungwassers
bei der Maul- und Klauenseuche.
Von
A d. M ai e r-Neckarbischofsheim.
In dieser Zeitschrift wurde vor mehreren Wochen eines
Falles Erwähnung gethan, wonach ein Hofbesitzer entgegen
einem bestehenden Verbot des Abfahrens von „Dünger“-Jauche
Dungwasser aus seinem verseuchten Gehöft auf das Feld ge¬
fahren hätte. Die Staatsanwaltschaft hätte aber eine Straf¬
verfolgung abgelehnt. Daran anknüpfend wurde dann von der
Redaction hinzugefügt, dass von Seiten des Hofbesitzers ein
strafbares Vergehen gegen die Seuchenpolizei vorliege, denn
die Jauche sei auch zum Dünger zu rechnen. Der Ansteckungs¬
stoff der Maul- und Klauenseuche hafte sowohl an dem festen
(Streu) wie auch an dem flüssigen Dünger (thierischen Aus¬
scheidungen). Mit dem Ausfuhrverbot wollte der Gesetzgeber
beide Düngerarten treffen.
Dass diese Ansicht der B. T. W. die richtige ist und von
der Verwaltungsbehörde getheilt wird, möchte ich an einem
Fall aus meiner amtlichen Praxis darlegen (ich bin für einen
Theil des Bezirks mit den seuchenpolizeilichen Functionen be¬
auftragt).
Der Bürgermeister der Gemeinde H , woselbst wegen mittel¬
starker Verbreitung der Maul- und Klauenseuche die Ortssperre
angeordnet worden war, frag bei mir an, ob Landwirth K. daselbst
das DungwasBer aus dem gesperrten Gehöft abführen dürfe. Die
Jauche fliesse aus der übervollen Grabe auf die Strasse und
drohe in dem abschüssig gelegenen Orte sich zu verbreiten. Es
seien deshalb auch schon Klagen von Seiten der Nachbarschaft
eingegangen.
Nun sei hier bemerkt, dass nach der badischen Vollzugs¬
verordnung (vom 19. December 1895) zum Reichs-Viehseuchen¬
gesetz der täglich zu desinficirende Dünger bei Gehöft- bezw.
Ortsperre erst 14 Tage nach dem Erlöschen abgeführt werden
darf, und dass im vorliegenden Falle, wie erwähnt, die Seuche
noch nicht erloschen war. In der Annahme, dass unter Dünger
nur die StaUstreu zu verstehen sei, resp. der Gesetzgeber in
seinem Verbot nur diese gemeint habe, glaubte ich die bürger¬
meisteramtliche Anfrage bejahen zu können.
Durch Zufall kam die Angelegenheit zur Kenntniss der Be¬
hörde. Zum Bericht aufgefordert, erklärte ich Folgendes:
1. Abgesehen davon, dass § 62, Abs. 3 der Instruction zum
Reichsviehseuchengesetz eine zeitliche Beschränkung des Dünger¬
abführens nur unter gewissen, hier nicht zutreffenden Bedingungen
kennt, spricht der diesbezügliche Paragraph der badischen VoU-
zugsverordnung nur von Dünger. Von Jauche ist daselbst gar
keine Rede.
2. Angenommen, das Dungwasser könnte eine Seuchen¬
verschleppung bewirken, so wäre gerade im Falle K. der Ver¬
breitung der Maul- und Klauenseuche in H. Thür und Thor ge¬
öffnet worden. Die Überfliessende Jauche lief in die Nachbar¬
gehöfte und drohte, begünstigt durch die abschüssigen Strassen,
sich in immer grössere Theile des Ortes zu verbreiten. Dazu
kamen noch die täglichen Klagen der Angrenzer über dortige
Belästigungen.
3. Um allen Möglichkeiten vorzubeugen, war von mir an¬
geordnet worden, dass die Abfuhr nur in einem gut schliessenden
Fasse und mittelst des eigenen Pferdegespanns des Besitzers zu
geschehen habe.
4. Durch das von mir angeordnete tägliche Begiessen der
Stallstreu sowohl als auch der Düngerstätte mit abgelöschtem
Kalk war meines Erachtens für genügende Desinfection der
Jauche Sorge getragen worden.
5. Endlich glaubte ich bei dem nicht unbedeutenden
Düngerwerth der Jauche durch vorsichtiges Abführen dem ohnehin
schon durch die Seuche schwer geschädigten Eigentümer einen
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BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
20. September 1900.
gewissen Dienst zu erweisen. Andernfalls wäre dieselbe und
damit auch ein bestimmter Kapitalwerth nutzlos verloren
gegangen.
Die Antwort der Behörde lautete kurz folgendermassen;
Es wird anerkannt, dass im vorliegenden Falle durch den
Ablauf der Jauche auf die Strasse ein Missstand geschaffen
wurde, dem sofort abgeholfen werden musste. Die Jauche ist
aber ohne Zweifel zum Dünger zu rechnen, der (wie von mir
schon erwähnt) erst 14 Tage nach dem Erlöschen der Jauche
u. 8. w. abgeführt werden darf. Zu der sofortigen Abfuhr ist nach
§ 62 Abs. 3 der Instruction zum Reichsviehseuchengesetz aber
die polizeiliche Erlaubniss erforderlich, die nur von der Behörde
zu ertheilen ist. Das Gesuch des Eigenthümers hätte zu diesem
Zweck mit etwaigem gutachtlichen Bericht des Sachverständigen
genannter Stelle vorgelegt werden müssen
Es wird erwartet, dass in Zukunft danach verfahren wird.
Wenn auch der Handlungsweise des Herrn Collegen Maier
vom praktischen Standpunkte ans beigetreten werden muss, so
ist doch andererseits auch die Ansicht seiner Behörde als eine
durchaus richtige anzuerkennen. Dungjauche ist als ein
flüssiger Bestandtheil des Düngers zu diesem gehörig anzusehen
und veterinärpolizeilich demgemäss auch zu behandeln. Dem
stehen die Vorschriften des Gesetzes der zugehörigen Bundes¬
rathsinstruction nicht entgegen. Im § 26 des Viehseuchen¬
gesetzes heisst es: „Die unschädliche Beseitigung der Ka¬
daver etc., endlich der Streu, des Düngers oder anderer
Abfälle kranker oder verdächtiger Thiere.“ Unter
letzterer Bezeichnung fällt zweifellos auch die Dungjauche, die
ja wohl zum allergrössten Theil aus Urin besteht. In der
Desinfectionsanweisung heisst es im § 14 No. 2: „Dünger, Streu
und dergleichen aus Seuchenställen“. Sollte hier nicht auch
die Düngerjauche mit gemeint sein? Eine ähnliche Bestimmung
ist im § 10 No. 1 vorhanden. Aus alledem dürfte es nicht
zweifellos sein, dass auch die Düngerjauche den gleichen
veterinärpolizeilichen Vorschriften unterliegt, wie die festen
Bestandtheile des Düngers. D. R.
Dienstanweisnng für die Bezirksthierärzte im
Grossherzogthum Baden
vom 18. Mai 1900.
Stellung der Bezirksthierärzte.
§ l. Für jeden Amtsbezirk ist mindestens ein Bezirksthier¬
arzt bestellt.
Die Bezirksthierärzte unterstehen unmittelbar dem
Ministerium des Innern. Hinsichtlich ihrer Pflichten als Beamte
im Allgemeinen finden die einschlägigen Bestimmungen des Be¬
amtengesetzes vom 24. Juli 1888 sowie der hierzu erlassenen
Vollzugsvorschriften (landesherrliche Verordnung vom 27. De-
cember 1889) Anwendung.
§ 2. Die Bezirksthierärzte sind zur Ausübung der thier¬
ärztlichen Praxis und zur Betheiligung an literarischen Unter¬
nehmungen berechtigt, ohne dass sie hierzu einer besonderen
Genehmigung des Ministeriums bedürften. Inwieweit Bezirks¬
thierärzte in das GründungscomUi, den Vorstand, Verwaltungs¬
und Aufsichtsrath einer auf Erwerb gerichteten Gesellschaft ein-
treten dürfen, entscheidet das Ministerium des Innern.
§ 3. Der Bezirksthierarzt hat, so oft er sich von seiner
Wohnung entfernt, in dieser zu hinterlassen, wo er anzutreffen
sein werde.
Aus triftigen Gründen (dringende Familienangelegenheiten,
Consultationen und ähnliche Vorkommnisse) kann er sich ohne
Urlaub auf höchstens 3 Tage vom Amte entfernen, insofern dafür
Sorge getragen ist, dass die Besorgung der Dienstgeschäfte
keine Störung erleidet und das Bezirksamt von dem Weggehen
Kenntniss erhält.
Für eine länger als 3 Tage dauernde Entfernung vom Amte
ist bei dem Ministerium des Innern Urlaub zu erwirken. Der
Tag des Urlaubsantritts sowie die Wiederaufnahme der Dienst*
geschäfte sind jeweils dem Ministerium des Innern, dem Bezirks¬
amt sowie dem geordneten beziehungsweise besonders bezeich-
neten Stellvertreter anzuzeigen.
In Krankheitsfällen oder im Falle der Einberufung zum
Militärdienst oder der behördlich erfolgten Ladung zur Ver¬
nehmung als Zeuge oder Sachverständiger bedarf es keines
Urlaubs. Jedoch hat der Bezirksthierarzt in solchen Fällen dem
Ministerium so rechtzeitig Anzeige zu erstatten, dass, wenn er¬
forderlich, für anderweite Versehung des Dienstes gesorgt werden
kann. Auch ist für den Fall der Einberufung zu militärischen
Uebungen das Ministerium des Innern um eine Entschliessung
hinsichtlich der Abkömmlichkeit zu ersuchen.
Die Genehmigung des Ministeriums ist erforderlich, wenn
der Bezirksthierarzt beabsichtigt, sich zum Zwecke der Heilung
von einer Krankheit vom Amtssitze zu entfernen oder nach ein¬
getretener Heilung sich zum Zwecke der Erholung (Recon-
valescenz) noch einige Zeit von der Dienstbesorgung fern zu
halten.
§ 4. Die Bezirksthierärzte haben in allen Fällen, in
welchen sie als Sachverständige zur Hauptverhandlung von
Angeklagten auf Grund der diesen nach § 219 der Strafprocess-
ordnung zustehenden Befugniss unmittelbar geladen werden,
sowie in allen Fällen, in welchen Privatpersonen Gutachten
behufs Benützung im civil-, straf- und verwaltungsgerichtlichen
Verfahren von ihnen verlangen, hiervon jeweils rechtzeitig dem
Ministerium des Innern als der Vorgesetzten Dienstbehörde
Anzeige zu erstatten, damit geprüft werden kann, ob die Ver¬
nehmung beziehungsweise Erstattung des Gutachtens den dienst¬
lichen Interessen Nachtheil bereiten würde (§ 408 Absatz 2 der
Civilprocessordnung und § 24 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes
vom 5. August 1884 in der Fassung des Gesetzes vom
30. Mai 1899).
Aufgabenkreis der Bezirksthierärzte.
§ 5. Die Bezirksthierärzte sind berufen, bei der Hand¬
habung der Veterinärpolizei, der staatlichen Pflege der Gesund¬
heit und Zucht der landwirtschaftlichen Hausthiere sowie
einzelner Zweige der Gesundheitspolizei (Fleisch- und Milch-
lygieno, Abdeckereiw'esen) mitzuwirken und die Verwaltungs¬
behörden in diesen Angelegenheiten technisch zu berathen.
Auch haben sie den militärischen Pferdevorransterungen bei¬
zuwohnen und nach Massgabe der besonders getroffenen An¬
ordnungen bei der Pferdeaushebung mitzuwirken.
Seine Dienstgeschäfte hat der Bezirksthierarzt den bezüg¬
lichen Vorschriften gemäss mit Eifer, Pünktlichkeit, Gewissen¬
haftigkeit und strenger Uneigennützigkeit zu besorgen und sich
durch sein Verhalten in und ausser dem Dienste der Achtung
und des Vertrauens, die seine amtliche Stellung erfordern,
würdig zu erweisen.
Der Bezirksthierarzt ist Kraft seines Amtes berechtigt und
verpflichtet, in den oben bezeichneten Angelegenheiten bei dem
Bezirksarnte und den Ortsbehörden von sich ans Anträge zu
steilen, insbesondere wahrgenommene Uebelstände geeigneten
Falls unter gutächtlicher Aeusserung über die Mittel und Wege
zu deren Beseitigung zur Kenntniss der genannten Behörden zu
bringen. Ist er der Ansicht, dass seine Anträge nicht die ge¬
bührende Beachtung finden, so kann er eine höhere Ent¬
scheidung herbeifiihren.
§ 6. Der Bezirksthierarzt nimmt die Anmeldung neu zu¬
ziehender, die Abmeldung wegziehender practischer Thierärzte
entgegen und erstattet hiervon sowie von dem Ableben eines
im Bezirk ansässig gewesenen Thierarztes dem Ministerium des
Innern Anzeige.
Er hat die erstmals im Grossherzogthum zur Ausübung der
Thierheilkunde sich niederlassenden Thierärzte schriftlich auf
die Berufspflichten (Verordnung vom 12. Januar 1874, Gesetzes¬
und Verordnungsblatt Seite 10) besonders hinzuweisen, deren
persönliche Verhältnisse zu erheben und das Ergebniss unter
Anschluss einer Abschrift des ihm im Original vorzulegenden
Approbationsscheines dem Ministerium vorzulegen.
Auch hat er auf die Befolgung der veterinär- und sanitäts¬
polizeilichen Vorschriften durch die practischen Thierärzte,
Fleischbeschauer und Abdecker hinzuwirken und w r ahrgenomraene
Zuwiderhandlungen mit geeigneten Anträgen zur Kenntniss der
zuständigen Behörden zu bringen.
§ 7. Bezüglich solcher Personen, welche, ohne hierzu
approbirt zu sein, sich mit der Behandlung kranker Thiere be¬
fassen, haben die Bezirksthierärzte darauf zu achten, dass die-
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20. September 1900.
BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
selben sich nicht als Thierärzte bezeichnen oder sich andere
ähnliche Titel beilegen, durch die der Glaube erweckt wird, die
Inhaber derselben seien gepriitte Medicinalpersonen, und im
Znwiderhandlungsfalle Anzeige bei dem zuständigen Bezirks¬
amte zu erstatten.
Ebenso sind nichtapprobirte Personen, welche dem gesetz¬
lichen Verbote zuwider (§ 56a der Gewerbeordnung) die Thier¬
heilkunde im Umherziehen ausüben, zur Anzeige zu bringen.
Endlich ist darauf zu achten, dass derartige nicht approbirte
Personen nicht der Gewerbeordnung zuwider von einer Gemeinde
mit amtlichen Functionen betraut werden.
§ 8. Durch das Ministerium des Innern kann der Bezirks¬
thierarzt verpflichtet werden, die dem Staate gehörigen oder
mit staatlicher Unterstützung gehaltenen erkrankten Thiere
gegen eine angemessene Vergütung zu behandeln.
Ingleichen kann er mit der thierärztlichen Hilfeleistung
„ „ , , 26. Juni 1890
betraut werden, wenn auf Grund des Gesetzes vom ^
errichtete Viehversicherungsanstalten nicht in der Lage sind,
im Wege des Vertrags die in genanntem Gesetz vorgesehene
thierärztliche Hilfeleistung zu gewinnen oder wenn in einer Ge¬
meinde überhaupt auf anderem Wege privatthierärztliche Hilfe
nicht zu erlangen ist.
Auch ist er, wenn in Fällen dringender Gefahr Für Leben
oder Gesundheit erkrankter Thiere sofortige thierärztliche Hilfe
durch Privatthierärzte nicht zu erreichen ist, sowie auf Auf¬
forderung der Polizeibehörde bei Unglücksfällen zur thier-
ärztlichen Hilfeleistung verpflichtet.
Geschäfte im Einzelnen.
1. Bekämpfung ansteckender Thierkrankheiten.
§ 9. Erhält der Bezirksthierarzt durch eigene Wahr¬
nehmung oder in anderer zuverlässiger Weise von dem Ans¬
bruch oder dem Verdacht des Ausbruchs einer der Anzeige¬
pflicht unterliegenden Viehseuche Kenntniss, so hat er hiervon
dem zuständigen Bezirksamt, erforderlichen Falls mit dem
Anträge auf amtliche Feststellung des Seuchenausbruchs, Anzeige
zu erstatten.
Eine Untersuchung an Ort und Stelle hat der Bezirks¬
thierarzt dann vorzunehraen:
a) wenn er amtlich hierzu beauftragt wird,
b) wenn er sich am Seuchenort selbst befindet, oder
c) wenn nach seinem pflichthaften Ermessen Gefahr im Ver¬
züge liegt.
In eiligen Fällen kann derselbe schon vor dem polizeilichen
Einschreiten die sofortige vorläufige Einsperrung und Absonderung
der erkrankten und verdächtigen Thiere, nöthigen Falls auch die
Bewachung derselben anordnen. Die getroffenen vorläufigen An¬
ordnungen sind dem Besitzer der Thiere oder dessen Vertreter
entweder zu Protokoll oder durch schriftliche Verfügung zn
eröffnen (§ 12 Absatz 2 des Reichsviehseuchengesetzes.)
§ 10. Ueber das Ergebniss der Untersuchung und die vor¬
läufig angeordneten Schutzraassregeln hat der Bezirksthierarzt
dem Bezirksamt unverzüglich zu berichten und die weiter nöthigen
Schutzmassregeln zu beantragen.
In dem Berichte sind die seuchenkranken, die der Seuche
verdächtigen nnd diejenigen Thiere, welche, ohne Krankheits¬
zeichen wahrnehmen zu lassen, der Ansteckung verdächtig er¬
scheinen, in besonderen Gruppen aufzuführen und dabei an¬
zugeben, in welchen Räumlichkeiten die Thiere jeder Gruppe
untergebracht sind.
Auch ist dem Ministerium des Innern über den Ansbruch
einer jeden Seuche, den Verlauf, die Ausdehnung und das Er¬
löschen derselben Bericht zu erstatten.
Dem Bezirksthierarzt liegt es ob, darüber zu wachen, dass
die angeordneten Schutz- und Tilgungsmassregeln genau be¬
obachtet und richtig vollzogen werden. Zu diesem Zwecke hat
er den Ortspolizeibehörden die erforderliche Anleitung zu geben
und die Thierbesitzer über die Natur, die Ansteckungsfähigkeit
der Seuche, den Selbstschutz gegen dieselbe, die Wartung und
Pflege der kranken Thiere nnd die etwaige Uebertragbarkeit der
Seuche, auf den Menschen zu belehren und in Fällen von Ueber-
tretungen veterinärpolizeilicher Anordnungen dem Bezirksamt
Anzeige zu machen.
Hat eine Uebertragung der Seuche auf Menschen statt-
gefnnden, so ist dem 1 Bezirksarzt ungesäumt Mittheilung zn
machen.
Der Bezirksthierarzt hat Bedacht darauf zn nehmen, dass
er in dem Umgang mit seuchenkranken Thieren den Seuchen¬
ansteckungsstoff nicht verschleppt. Er hat daher nach Ver¬
lassen einer verseuchten Oertlichkeit beziehungsweise nach er¬
folgter Untersuchung eines mit einer übertragbaren Krankheit
behafteten Thieres sich, soweit erforderlich, zu desinficiren und
einen Wechsel der Kleider vorzunehraen, bevor er mit gesunden
Thieren in Berührung kommt.
§ 11. Pferde-, Rindvieh-, Schaf- nnd Schweinemärkte, die
von Unternehmern behufs öffentlichen Verkaufs in öffentlichen
oder privaten Räumlichkeiten znsammengebrachten Viehbestände,
öffentliche Thierschauen, die durch obrigkeitliche Anordnungen
veranlassten Zusammenziehungen von Pferde- und Viehbeständen,
Gastställe und Ställe von Viehhändlern unterstehen der veterinär-
polizeilichen Beaufsichtigung des Bezirksthierarztes.
In Ansehung der Ueberwachnng der Viehmärkte hat der
Bezirksthierarzt jedes einzelne Thier unmittelbar vor der Auf¬
stellung auf dem Marktplatze genau zu untersuchen und die Be¬
aufsichtigung auch nach erfolgtem Zutrieb während der ganzen
Dauer des Marktes fortznsetzen. Nur vollkommen unverdächtig
befundene Thiere dürfen auf den Markt zugelassen werden.
Sind Thiere ermittelt worden, welche an einer der Anzeige¬
pflicht unterliegenden Seuche leiden oder einer dieser Seuchen
verdächtig sind, so hat der Bezirksthierarzt sofort die Abson¬
derung und Bewachung der kranken nnd verdächtigen Thiere
durch die Ortspolizeibehörde nnd gegebenen Falls die Des-
infection der von diesen Thieren begangenen Wege und ein¬
genommenen Standplätze zu veranlassen, ferner festzustellen,
welche anderen für die Seuche empfänglichen Thiere mit den
senchekranken oder -verdächtigen in Berührung gekommen sind,
das Bezirksamt hiervon sofort in Kenntniss zu setzen und die
Anordnung der weiter erf irderlichen polizeilichen Schutzmass¬
regeln zu beantragen.
§ 12. In Ansehung des Viehverkehrs auf Eisenbahnen
steht dem Bezirksthierarzt die Ueberwachung der vorgeschriebenen
Reinigung und Desinfection von Eisenbahnwagen, der Verlade¬
rampen, Ein- und Ausladeplätze u. s. w. zu.
Zu diesem Behufe hat der Bezirksthierarzt, in dessen Dienst¬
bezirk sich eine Desinfectionsanstalt befindet, diese periodisch
ohne vorausgegangene Ankündigung zu besuchen, Belehrung über
das Desinfectionsverfahren zu ertheilen, sich über den pünktlichen
Vollzug der Vorschriften, den Zustand der Desinfections-
einrichtungen und die Beschaffenheit der Desinfectionsmittel zu
überzeugen und etwaige Mängel, die nicht sofort beseitigt werden,
dem Ministerium des Innern zur Anzeige zn bringen.
Wird ihm von der Ankunft eines WagenB der zur Be¬
förderung von Thieren, welche mit Rinderpest, Milzbrand, Maul¬
und Klauenseuche, Rotz oder Schweineseuche (Schweinepest)
behaftet oder einer dieser Seuchen verdächtig sind, gedient hat.
Nachriebt gegeben, so liegt ihm die Ueberwachung der Des¬
infection persönlich ob. Ueber den Vollzug ist dem Ministerium
zu berichten.
2. Förderung der landwirthschaftlichen Thierhaltung
und Thierzucht.
§ 13. Der Bezirksthierarzt ist insbesondere verpflichtet:
a. über die im Bezirk bestehenden Verhältnisse, welche
einen allgemein nachtheiligen Einfluss auf die Gesund¬
heit der landwirthschaftlichen Hausthiere oder einzelner
Gattungen ausüben, so über den Zustand der Weiden,
Tränken, sowie über die Behandlungs- und Fütterungs¬
weise n. s. w. sich zu verlässigen und auf Beseitigung
etwa wahrgenommener Mängel hinzuwirken;
b. auf die Förderung und Hebung der Thierzncht bedacht
zu sein und die in dieser Hinsicht bestehenden Ein¬
richtungen sowie den Vollzug der bezüglichen Vorschriften
zu überwachen;
c. Bich über die Ausübung des Huf- und Klauenbeschlags
im Bezirk zu verlässigen und eventuell nach Möglichkeit
auf dessen Verbesserung hinzuwirken;
d. auf Ansuchen der Direction des landwirthschaftlichen
Bezirksvereins in landwirthschaftlichen Besprechungen
belehrende Vorträge aus dem Gebiete der gesammten
Staatsthierheilkunde und der Thierzucht zu halten.
Im Besonderen hat er bei der Körung der männlichen
Znchtthiere, der alljährlich vorzunehmenden Farren-, Eber- und
Bockschau, der staatlichen Prämiirung von Zuchtthieren mitzu-
wirken und die mit staatlicher Unterstützung errichteten und
betriebenen Fohlen- nnd Jungviehweiden, sowie die Fütterung,
Haltung und Pflege der öffentlich zur Zucht aufgestellten Vater-
thiere zn beaufsichtigen.
Dem Bezirksthierarzt ist die Theilnahme an zum Ankauf
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20. September 1000.
BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
5
von Zuchtvieh bestimmten Commissionen zwar gestattet, jedoch
soll er die selbstständige Ausführung solcher Geschäfte ablehnen
und sich namentlich einer geschäftsmässigen und unberufenen
Empfehlung von Handels- und Zuchtstallungen enthalten.
3. Pflege der öffentlichen Gesundheit.
§ 14. Der Bezirksthierarzt ist zur Mitwirkung bei der
Ueberwachung des Verkehrs mit Fleisch und Milch berufen.
Die in § 2 des Reichsgesetzes vom 14. Mai 1879, den
Verkehr mit Nahrungsmitteln, Gennssmitteln und Gebrauchs¬
gegenständen betreffend, den Beamten der Polizei eingeräumten
Befugnisse des Betretens von Räumlichkeiten, in denen Nahrungs¬
mittel feil gehalten werden, und der Entnahme von Proben
stehen, insoweit es sich um Fleisch oder Fleischwaaren handelt,
auch den Bezirksthierärzten zu.
Im Besondern liegt ihnen die Aufsichtsführung über den Voll¬
zug der bestehenden Einrichtungen hinsichtlich der Fleisch¬
beschau, die Prüfung und Unterweisung der nicht thierärztlichen
Fleischbeschaner, sowie die veterinär- und beziehungsweise
sanitätspolizeiliche Ueberwachung des Betriebs der Schlacht¬
häuser, der Fleischläden und Fleischbänke ob.
Der Bezirksthierarzt hat vierteljährlich die ihm Seitens
der Fleischbeschauer einzasendenden Fleischbeschauberichte zu
sammeln und dem Grossherzoglichen statistischen Landesamt zu
übermitteln.
In Ansehung der unter polizeilicher Controle gestellten
Milchkuranstalten steht dem Bezirksthierarzt die Ueberwachung
der zur Milchgewinnung aufgestellten Kühe in Bezug auf die
Gesundheit, sowie die Art der Fütterung und die Beschaffenheit
der Futtermittel zu.
§ 15. Der Bezirksthierarzt ist verpflichtet, die Abdeckerei
zu beaufsichtigen, sich an den Berathungen der von den Ab¬
deckereiverbänden gewählten Commissionen (§ 4 des Gesetzes
vom 3. Juni 1899) zu betheiligen und sich über den Vollzug
der auf die Abdeckereien und Anstalten zur unschädlichen Be¬
seitigung von Thiercadavern bezüglichen Vorschriften zu ver¬
lässigen. Er hat die zn Abdeckern zu bestellenden Personen
zu prüfen, die Dienstführung der Abdecker fortgesetzt zu über¬
wachen, die ihm von den Letzteren vierteljährlich einzusenden¬
den Uebersichten über die Zahl der auf die Abdeckerei ver¬
brachten Thiere zu sammeln und dem statistischen Landesamt
mitzutheilen.
Jahresberichte.
§ 16. Der Bezirksthierarzt hat von zwei zu zwei Jahren
einen allgemeinen und jährlich einen besonderen Jahresbericht
nach den hierfür näher erlassenen Vorschriften zu erstatten und
bis zum 1. März des auf die Berichtsperiode nächstfolgenden
Jahres durch Vermittelung des Bezirksamts dem Ministerium des
Inneren vorzulegen.
Gebühren, Bureauaversum.
§ 17. Geschäftsgebühren für amtliche Verrichtungen kann
der Bezirksthierarzt nur in den durch die bestehenden Ver¬
ordnungen bezeichneten Fällen beanspruchen.
Dagegen erhält er bei Dienstgeschäften ausserhalb seines
Wohnorts Diäten, Reisekostenvergütung und bei Geschäften ausser¬
halb des Amtsbezirks seines Wohnorts Versäumnissgebiihren.
Zur Bestreitung des Aufwands für Schreibmaterialien bezieht
der Bezirksthierarzt ein Bureauaversum.
Die Kostenverzeichnisse sind — soweit nicht für einzelne
Fälle anders bestimmt ist — dem Bezirksamt vorzulegen,
welches deren Zahlungsanweisung nach Massgabe der hierüber
erlassenen besonderen Vorschriften vermittelt.
Die Vorlage an das Bezirksamt hat zu erfolgen:
a. bei Kostenverzeichnissen wegen Bekämpfung der Thier¬
seuchen jeweils alsbald nach beendigter Seuche;
b. bei Kostenverzeichnissen, welche die Haltung der Zuclit-
farren, Zuchteber und Zuchtböcke betreffen, jeweils zu¬
gleich mit dem Bericht über die Erledigung des bezüg¬
lichen amtlichen Auftrags;
c. hinsichtlich der Kostenverzeichnisse wegen Beaufsichtigung
des Viehverkehrs (Ueberwachung der Viehmärkte, polizei¬
liche Beobachtung des Handelsviehs, Untersuchung der
Schlachthäuser etc.) in der Regel vierteljährlich;
d. in allen übrigen Fällen jeweils alsbald nach Erledigung
des betreffenden Dienstgeschäfts.
fiescblftsformen, Geschlftstagebuch, Registratur, Inventar, Postsendungen.
§. 18. In dem schriftlichen Verkehr mit Behörden hat der
Bezirksthierarzt die hergebrachten Formen zu beobachten.
Die amtlichen Mittheilungen sind auf Papier von dem vor¬
geschriebenen Format, bei Berichten an höhere Stellen auf ganze
Bogen zn schreiben, mit Angabe des Ortes, des Jahres nnd
Tages der Abfassung, sowie mit einer Geschäftsnummer zu
versehen und deatlich zu unterschreiben.
Wird durch den Bericht ein dienstlicher Auftrag oder ein
dienstliches Ersuchen erledigt, so ist in demselben überdies auf
die Nummer und das Datum des Schriftstücks, in welchem der
Auftrag ertheilt oder das Ersuchen gestellt wurde, Bezug zu
nehmen.
§. 19. Der Bezirksthierarzt ist verpflichtet, ein Geschäfts¬
tagebuch nach gegebener Vorschrift zu führen, in das er alle
bei ihm eingehenden amtlichen Schriftstücke nach der Zeitfolge
ihres Einlaufs geordnet einträgt und seiner Zeit die Art der
Erledigung vermerkt.
Auf jedes bei ihm einlanfende amtliche Schriftstück hat er
den Tag des Einlaufs und die Nummer zu setzen, unter der
dasselbe in das Geschäftstagebuch eingetragen wurde. Das
Geschäftstagebnch ist alljährlich mit dem 31. December ab-
zuschliessen.
§. 20. Alle an ihn gelangenden, seine amtliche Thätigkeit
betreffenden Erlasse, Weisungen, Requisitionen, Anzeigen sowie
die Entwürfe seiner Berichte, veterinärpolizeilichen und gericht¬
lichen Gutachten, Zeugnisse und sonstigen Correspondenzen —
insoweit in Ansehung derselben Concepte gefertigt werden —
hat der Bezirksthierarzt in der nach Massgabe der erlassenen
Registraturordnung eingerichteten Registratur aufzubewahren.
Ansgeschiedene Acten sind an das Bezirksamt abzuliefern.
§. 21. Ueber die der Stelle zugehörenden Instrumente,
Dienstsiegel, Karten, Bücher und sonstigen Drucksachen ist ein
Inventar zu führen und fortwährend auf dem Laufenden zu
erhalten. Die gedachten Gegenstände sind als Staatseigenthum
sorgfältig aufzubewahren.
Am Schlüsse eines jeden Jahres ist über die Inventarisirung
der im Laufe desselben stattgehabten Zugänge unter Angabe
der Nummer nnd der Werthbeträge eine Gesammtanzeige an den
Grossherzoglichen Verwaltungshof zu erstatten.
§. 22. In Ansehung der Behandlung der Postsendungen
sind die Verordnungen des Grosshsrzoglichen Ministeriums der
Finanzen vom 18. September 1888 (Gesetzes- und Verordnungs¬
blatt Seite 574) und die Generalverfügung des Grossherzoglichen
Ministeriums des Innern vom 23. September 1888 Nr. 19113
raaassgebend.
Polizei-Verordnung fflr den Regierungsbezirk Cassel
betr. Seuchen-Verschleppung.
Zur Bekämpfung der Seuchenverschleppung unter den Haus-
thieren wird hiermit auf Grund des §. 137 des Gesetzes über
die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 und der
§§. 6, 12 und 13 der Verordnung vom 20 September 1867,
betreffend die Polizeiverwaltung in den neu erworbenen Landes-
theilen, nach erfolgter Zustimmung des Bezirksausschusses für
den R.-B. Cassel nachstehende Polizei-Verordnung erlassen:
§. 1. In allen öffentlichen, zur Einstellung von Vieh
benutzten Gaststallungen, Ausspannungen, Vieheinstellungen und
den zugehörenden Ein- und Durchfahrten, sowie in den Stallungen
der gewerbsmässigen Pferde- und Viehhändler hat regelmässig
an dem ersten Montag eines jeden Monats oder, falls dieser ein
gesetzlicher Feiertag oder ein Markttag ist, an dem darauf
folgenden Werktage bis spätestens 5 Uhr Nachmittags eine
gründliche Reinigung der Krippen, Futtertröge, Raufen, Tränk¬
eimer, Vorstellkrippen nnd aller sonstigen Stallgeräthschaften,
sowie der zum gewerbsmässigen Transport von Thieren benutzten
Fuhrwerke der Viehhändler stattzufinden.
Zu gleicher Zeit sind auch die Stallungen und Räumlich¬
keiten gründlich zu reinigen, insbesondere ist der Dünger und
das benutzte Streumaterial vollständig zu entfernen, der Boden
besenreiu zn machen und mit Wasser abzuspülen.
§. 2. Eine solche Reinigung (§. 1) ist auch an jedem
Tage, an welchem aus besonderer Veranlassung (Thierschauen,
Körungen, Viehauctionen etc.) eine grössere Vieheinstellung
stattgefunden hat, sowie in Marktorten nach jedem Viehmarkt¬
tage vorzunehmen.
Ist dieser Tag ein Sonnabend, so hat die Reinigung mög¬
lichst noch an demselben Nachmittage zu erfolgen, andernfalls
am nächsten Werktage.
§. 3. An dem ersten Montag eines jeden Vierteljahres hat
in den im §. 1 genannten Stallungen und Räumlichkeiten eine
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20. September 1900.
6 HEI BLATT der BERLINER THIERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
gründliche Desinfection in der Weise zu erfolgen, dass die
Stallwände, an welchen die Krippen stehen, und die Stand¬
bäume in einer Höhe bis zu 2/j m vom Fussboden, ferner die
Latirbäume, Holzverschläge, Futterraufen, Krippen, Vorstell¬
krippen und Fuhrwerke mit einem Kalkanstrich (ein Theil frisch
gelöschten Kalk auf zehn Ranmtheile Wasser) versehen werden.
Der Stallfussboden ist mit Kalkmilch abzuspülen; desgleichen
ist der ans den Stallungen und den Einfahrten entfernte und
angesammelte Dünger mit Kalkmilch gehörig zu begiessen.
§. 4. Für Stallungen, in denen ein besonders starker Vieh¬
verkehr stattfindet, insbesondere auch für die grösseren Vieh¬
händlerställe oder wo sonst ein besonderes Bedürfniss dazu vor¬
liegt, kann in Stadtkreisen durch die Polizeiverwaltung, in
Landkreisen durch den Landrath die in den §§. 1 und 3 vor¬
gesehene Reinigung bezw. Desinfection in kürzeren Zeitab¬
ständen angeordnet werden. Soweit in einzelnen Ortschaften
schon jetzt schärfere Bestimmungen bezüglich der Reinigung
und Desinfection in Geltung sind, werden diese durch die vor¬
stehenden Anordnungen nicht berührt.
§. 5. Pferde, welche mit erkennbaren Erscheinungen der
Druse, der Brustseuche (Rothlauf), des Rotzes oder der Räude,
Rindvieh, Schafe, Schweine und Ziegen, welche mit erkenn¬
baren Erscheinungen der Maul- und Klauenseuche,
Schweine, welche mit erkennbaren Erscheinungen der Roth¬
lauf krankheit, Schweineseuche (Schweinepest),
Schafe, welche mit erkennbaren Erscheinungen der Räude
oder der Pockenseuche behaftet sind, dürfen in öffentliche Gast¬
stallungen, Ausspannungen etc. nicht aufgenommen werden.
Ausnahmen von diesem Verbote sind in Nothfällen zulässig.
In allen Fällen, w r o die Einstellung kranker oder seuche¬
verdächtiger Tbiere erfolgt, gilt Folgendes:
a. Die Gaststallbesitzer und die Eigenthümer oder Begleiter
der Thiere sind verpflichtet, unverzüglich, spätestens jedoch
binnen fünf Stunden der zuständigen Ortspolizeibehörde
von dem Einstellen der erkrankten Thiere eine Anzeige zu
erstatten, worauf sofort, sobald es sich um eine der im
§. 10 des Reichsviehseuchengesetzes vom 23. Juni 1880
genannten Thierseuchen handelt, die Polizeibehörde die
Zuziehung des zuständigen beamteten Thierarztes zu veran¬
lassen hat.
b. Während der Dauer der Einstellung von kranken Thieren
dürfen andere Thiere in dieselben Räume nicht unter¬
gebracht werden.
c. Nachdem die erkrankten Thiere die Stallungen verlassen
haben, dürfen die betreffenden Räume nicht früher wieder
zur Einstellung von anderen Thieren in Benutzung genommen
werden, bis unter polizeilicher Ueberwaclmng eine nach den
Vorschriften der §§. 2 und 4 angeordnete Reinigung und
Desinfection stattgefunden hat,
§. 6. Alle in §. 1 bezeichneten Stallungen sind bis
zum 1. April 1902 mit einem festen Fussboden zu versehen.
Dieser ist herzustellen aus Asphalt oder Cement-Estrich oder
aus Ziegel- oder Feldsteinpflaster, dessen Fugen mit Cement-
Mörtel fest verstrichen sind.
Bis zu dem gleichen Zeitpunkte sind die zu den öffentlichen
Stallungen des §. 1 gehörigen Ein- und Durchfahrten mit einem
ordnungsmässig ansgeführten Steinpflaster zu versehen oder gut
zu chanssiren.
Abweichungen von den in Absatz 1 und 2 geforderten Her¬
stellungen können ausnahmsweise im Einzelfalle, wenn ein
besonderes Bedürfniss vorliegt, in Stadtkreisen von der Polizei¬
verwaltung, in Landkreisen von dem Landrath zugelassen werden.
§. 7. Den beamteten Thierärzten und den mit der Controle
beauftragten Beamten ist jederzeit der Zutritt zu den Stallnngen
zu gestatten.
§. 8. Zuwiderhandlungen werden — abgesehen von der
Befugniss der Polizeibehörde, die unterlassene Handlung auf
Kosten der Verpflichteten durch einen Dritten vornehmen zu
lassen — gegen den Inhaber des Gaststalles, der Ausspannung
etc. oder gegen dessen etwaigen Vertreter, im Falle des §. 6
unter a. auch gegen den die erkrankten Thiere Einstellenden
mit Geldstrafe bis zu GO Mark geahndet.
An Stelle der Geldstrafe tritt im Unvermögensfalle ent¬
sprechende Haftstrafe. (A. III. 6181.)
Cassel am 11. Juli 1900.
Der Regierungspräsident. Trott zu Solz.
Revision der Viehseuchenpol izei In der Schweiz.
Die dem schweizerischen Viehseuchenpolizei-Gesetz anhaften¬
den Mängel beschäftigten die Gesellschaft schweizerischer Thier¬
ärzte und den landwirtschaftlichen Verein des Cantons Zürich.
Aus den von den Professoren Hess und Zschokke erstatteten
Berichten ergiebt sich, dass folgende Abänderungen angestrebt
werden:
Die Viehseuchenbekämpfung soll nicht von einer Hand
aus, sondern von einer Commission, bestehend aus Thierärzten
und Landwirten, geleitet werden. Hess schlägt die Errichtung
eines unter fachmännischer Leitung stehenden eidgenössischen
Viehseuchen-Polizeiamtes vor, dem eine genügende Anzahl
cantonaler Viehseuchencommissare zu unterstellen sind.
Den letzteren fällt die Ueberwachung der veterinärpolizeilichen
Vorschriften an der Grenze und in den Cantonen, die Ermittelung
des Ursprungs vorkommender Seuchenfülle zu, dann die Controle
der vorzunehmenden Desinfection und sämmtliche Veterinär-
Massnahmen. An den tierärztlichen Hochschulen sollen
Seuchenversuchsstationen errichtet werden. Zu Vieh-
Inspectoren sind in erster Linie eidgenössisch patentirte
Thierärzte durch die Kantonsbehörde zu wählen. Einbezug der
Fleischbeschau in die Seuchenpolizei und bessere Re¬
gulirung des Abdeckerwesens wünscht Zschokke.
Das Viehhändlerwesen soll gewerbsmässig geregelt
werden und beim Handel mit Pferden, Rindern, Schafen, Ziegen
und Schweinen die Erbringung von Viehpässen uud Gesundheits-
certificaten vorgeschrieben sein.
Der Grenz verkehr sollte strenger geregelt werden. Die
Einfuhr sollte sofort unterbrochen werden, wenn Seuche bei ein¬
geführten Thieren nachgewiesen wird. Die richtige Regulirung
der Schlachtvieheinfuhr hätte zu umfassen: a) Genaueste
Untersuchung an der Grenze; b) Gestattung von nur directer Zufuhr
von ausländischem Schlachtvieh (kein Handel); c) Abfuhr von
der Bahn nur per Wagen, ev. nnr in Schlachthöfe mit Geleise¬
anschluss; d) die Schlachthöfe müssen Seuchehöfe besitzen, ohne
solche ist ein Stallbann absolut undurchführbar; e) Abschlachtung
der ausländischen Thiere innerhalb 2 bis 3 mal 24 Stunden. Die
eingeführten Thiere sollen einer Controle unterstellt werden.
Bezüglich der Bekämpfung neuer Thierseuchen werden
entsprechende Vorkehrungen zu treffen sein. Bei Maul- und
Klauenseuche ist erst vier Wochen nach dem Erlöschen der
Krankheit die Sperre aufznheben. Rotzverdächtige Pferde
sind zu malleinisiren. Bei Schweineseuche ist in schweren,
besonders acut auftretenden Fällen zu keulen. Für milz¬
brandverdächtige Thiere ist eine zehntägige Contumaz vor¬
zuschreiben. Bei Ranschbrand ist von der Stallsperre Abstand
zu nehmen, weil derselbe eine nicht von Thier zu Thier über¬
tragbare Bodenkrankheit darstellt. Weiter sind Massnahmen
gegen Geflügelcholera und hinsichtlich des veterinären Central¬
dienstes an den Landesgrenzen ausführlich erörtert und vor¬
geschlagen worden. Kühn au.
Die Schweinepest-Tilgung in Oesterreich.
Die Tilgung der Schweinepest in Oesterreich-Ungarn will
nach den jetzigen Bestimmungen so rechte Fortschritte nicht
machen. Beispielsweise waren nach dem Thierseuchen-Ausweis vom
7. Juli er. in Oesterreich 73 verseuchte Höfe mit 158 kranken und
9G5 der Ansteckung verdächtigen Schweinen vorhanden. Zur
Berathung durchgreifenderer Massnahmen hat am 3. Juli er. in
Wien eine Enquete getagt, an welcher.Delegirte der Ministerien.
Landwirthe und Thierärzte sich betheiligten. Die einzelnen
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20. September 1900. BEIBLATT der BERLINER TII1ERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
Bestimmungen der kaiserl. Verordnung vom 2. Mai 1899,
betreffend die Abwehr und Tilgung der Schweinepest, wurden
der Erörterung unterzogen. In erster Linie wurde die Er¬
richtung einer ständigen Ministerial-Commission an¬
geregt, in welcher ausser den Ministerien des Innern und des
Ackerbaues auch die des Handels und der Eisenbahnen ver¬
treten sein sollen. Weiter wurde einer energischeren Keulung
der kranken und verdächtigen Schweine und einer umfang¬
reicheren Entschädigung das Wort geredet. Nach Ansicht der
Sachverständigen ist sobald eine Tilgung der Seuche nicht zu
erwarten. Vom Sanitätsreferenten Dr. Deimer wird die Frage,
ob der Genuss des Fleisches von pestkranken Thieren
für die menschliche Gesundheit schädlich sei, bejaht.
Die kaiserl. Verordnung soll dahin abgeändert werden, dass
die Entschädigungsbestimmungen weiter gefasst und die Keulung
auf alle ansteckungsverdächtigen Schweine ausgedehnt wird.
Wiener Approv. Zeitg.
Vereinigte Staaten von Amerika.
Das Landwirthschafts-Depai tement der Vereinigten Staaten
hat unter dem 28. December v. J. neue, seit dem 1. März d. J.
in Kraft getretene Bestimmungen über die thierärztliche
Controle und Quarantäne von Pferden, Rindvieh, Schafen und
anderen Wiederkäuern sowie von Schweinen erlassen.
Die Verordnung des Landwirthschafts-Secretärs bezeichnet
die Hafenorte, durch welche allein Vieh in die Vereinigten
Staaten eingeführt werden kann, und macht einen Unterschied
hierin für solche Tliiere, die der thierärztlichen Untersuchung
und einer Quarantäne und für solche, die nur einer thier¬
ärztlichen Untersuchung unterliegen (§ 1).
Die Verordnung bezeichnet ausdrücklich die Thiergattungen,
die unter ihre Bestimmungen fallen und die Krankheiten, die
als „ansteckende Seuchen“ im Sinne der Verordnung anzusehen
sind (§ 2).
Für die Einfuhr von Thieren der in der Verordnung be-
zeichneten Art — soweit sie nicht aus Canada oder Mexiko ein-
geführt werden — gelten im Einzelnen der Verordnung zu Folge
nachstehende Bestimmungen:
Pferde unterliegen im Eingangshafen einer veterinärärzt¬
lichen Untersuchung. (Verordnung vom 27. Januar d. J.)
Rindvieh, Schafe und andere Wiederkäuer, sowie Schweine j
müssen von einer Bescheinigung der Behörde des Distriktes, in
dem sie während des letzten Jahres vor ihrer Verschiffung ge¬
standen haben, begleitet sein, aus der hervorgeht, dass in
diesem Bezirke während des letzten Jahres keine der näher
bezeiehneten Seuchen geherrscht haben (§ 3 b und c). Ferner
wird ein „Affidavit“ des Eigenthümers sowie des Importeurs
über näher bezeichnete Punkte verlangt (§3d). Diese Urkunden
müssen dem Zollerheber im Eingangshafen vorgelegt und von
diesem dem Inspector of the Bureau of Animal Industry über¬
geben werden (§ 3e).
Rindvieh unterliegt einer Quarantäne von 90 Tagen, vom
Tage der Charterung des Schiffes ab gerechnet, Schafe einer
solchen von 15 Tagen, vom Tage der Ankunft des Schiffes in
den Eingangshäfen an gerechnet (§ 4). Nur zur Schlachtung
im Eingangshafen bestimmtes Vieh unterliegt anderen Be-
stimmnngen (§ 4).
Alles über sechs Monate alte Vieh unterliegt — mit vor¬
stehender Ausnahme — der Tuberculin-Prüfung.
Für eine jegliche Viehseudnng — ausgenommen einer
Sendung von Pferden — sind zwei im § 9 näher bezeichnete
Erlaubnissscheine des Landwirthschafts-Secretärs erforderlich,
ohne deren Vorlegung kein amerikanischer Consul die für den
Transport erforderlichen Papiere beglaubigen darf. Die letzten
Paragraphen (§§ 10—30) der Verordnung treffen Bestimmung
über die Behandlung krank befundener Thiere (§ 10), über die
Desinfection der Transportschiffe und Gegenstände (§§ 11
und 12), über die Verbringung der Thiere in die Quarantäne-
Stationen (§§ 13—16) und über den Verkehr in den letzteren
(§§ 17-30).
Die Einfuhr von Rindvieh aus Deutschland direct in die
Vereinigten Staaten ist z. Zt. nicht gestattet.
Verordnungen der Einzelstaaten, die für die deutschen Vieh¬
züchter oder Exporteure von Interesse sein könnten, bestehen
z. Zt. nicht. _
Thierseuchen im Auslande II. Quartal 1900.
Belgien.
Zahl der Krankheitsfälle: Milzbrand 85; Rauschbrand 77;
Wuth 34, ausserdem 17 verdächtige Thiere getödtet; Rotz
(Wurm) 44, ausserdem in Schlachthäusern noch 35 Pferde, von
denen 24 aus England stammten. Mit Maul- und Klauenseuche
waren im April 56, im Mai 81 und im Juni 53 Gemeinden ver¬
seucht. Lungenseuche, Räude und bösartige Klauenseuche der
Schafe sind nicht aufgetreten.
Schweden.
Die Zahl der neu verseuchten Ställe betrug in den Berichts¬
monaten: an Milzbrand 17 bezw. 32 bezw. 35; an Rauschbrand
2 bezw. 4 bezw. 4.
Norwegen.
An Erkrankungen kamen in den Berichtsmonaten vor:
Milzbrand 47 bezw. 59 bezw. 52; Bösartiges Katarrhfieber des
Rindviehs 30 bezw. 32 bezw. 28; Schweinerothlauf 31 bezw. 40
bezw. 38; Rauschbrand im Mai fünf Fälle; Bradsot im April
ein Fall.
Dänemark.
Die Zahl der verseuchten Thierbestände betrug: an Milz¬
brand im April 8, Mai 8, Juni 5; Rothlauf derSchweine 106 bezw.91
bezw. 128; chron. Schweinediphtherie 7 bezw. 4 bezw. 4; bös¬
artiges Katarrhalfieber des Rindviehs 6 bezw. 5 bezw. 8.
Russland IV. Quartal 1899.
Zahl der Erkrankungen an:
Rinder¬
pest
Lungen¬
seuche
Milz¬
brand
Schaf¬
pocken
Maul- und
Klauen¬
seuche
Ostseeprovinzen
_
3
23
90
Polen ....
—
206
185
—
16555
West-(Weiss-)
Russland . .
46
1588
300
Kleinrussland
—
—
278
55
15 422
Südrussland . .
—
—
478
1518
20 740
Grossrussland .
—
42
461
1439
12125
Ostrussland . .
—
727
9ö9
2164
1416
Kaukasus . . .
—
—
163
244
31886
Transkaukasien
4 831
47
158
55
—
Asiatisches
Russland . .
14 525
1864
117
550
5 873
Ausserdem sind zahlenmässig nicht genau bekannt gegebene
Ausbrüche von Tollwuth, Rotz, Räude und von Schweineseuchen
vorgekommen.
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Thieraeuohen in den Niederlanden 1898-
Die Maul' und Klauenseuche wurde bei 11 023 Rindern von
1350 Beständen in 197 Gemeinden in 10 Provinzen festgestellt.
Schafe erkrankten 824 in 25 Gemeinden von 8 Provinzen;
Ziegen 11 in 7 Gemeinden von 4 Provinzen; Schweine 652 in
66 Gemeinden von 9 Provinzen. Von Rotz und Wurm sind
24 Fälle (gegen 76 im Vorjahre) in 5 Provinzen gemeldet,
ausserdem wurde diese Seuche festgestellt in den Gemeinde¬
schlachthäusern in Rotterdam und Amsterdam bei 22 bezw. 13
aus England eingeführten Pferden. Die Räude unter den Ein¬
hufern ist bei 8 Pferden (1 im Vorjahre) in 4 Provinzen er¬
mittelt worden. Von der Schafräude waren befallen 5181 Thiere
von 308 Herden in 93 Gemeinden von 10 Provinzen (im Vor¬
jahre 23625 Thiere von 243 Beständen in 74 Gemeinden von
9 Provinzen). Die bösartige Klauenseuche der Schafe ist in
24 Gemeinden von 6 Provinzen bei 887 Thieren (620 im Vor¬
jahre) aufgetreten. Schweinerothlauf herrschte in sämmtlichen
Provinzen; verseucht waren 155 Gemeinden, nachweislich er¬
krankt 974 Thiere; hiervon sind gefallen 371, geschlachtet 358,
geheilt 121, während von 124 der Verlauf dieser Seuche un¬
bekannt geblieben ist. Im Vorjahre waren 2001 Thiere in 168
Gemeinden erkrankt. Der Milzbrand ist aus sämmtlichen Pro¬
vinzen gemeldet; erkrankt sind 292 Rinder in 158 Gemeinden,
12 Pferde in 9, 18 Schafe in 5, zusammen 322 Thiere gegen
282 im Vorjahre. Betreffs der in dem Königlichen
Beschluss nicht genannten ansteckenden Thierkrankheiten
ist berichtet u. a. über Rauschbrand aus Nordbrabant,
Gelderland (östlich) und Oberyssel, Gelderland (westlich)
und Utrecht, Südholland, Nordholland, Friesland, Groningen und
Drenthe; ferner über Tuberculose (Perlsncht) aus 8 Provinzen.
Im Schlachthause in Rotterdam wurden im Berichtsjahre von
23 536 Rindern 2002 = 8,51 pCt., von 8549 Kälbern 29 =
0,34 pCt., von 893 Ziegen 1 = 0,11 pCt., von 30 980 Schweinen
861 = 2,78 pCt., im Schlachthause in Amsterdam von 36136
Rindern 4707 = 13,03 pCt., von 28051 Kälbern 74 = 6,26 pCt.,
von 44664 Schweinen 1603 = 3,59 pCt., 4 Pferde, 1 Schaf und
2 Ziegen tuberculös befunden. Milzbrandimpfungen sind in
34 Gemeinden 793 Rinder, 22 Pferde, 218 Schafe, 3 Schweine
unterworfen w'orfen; 6 Thiere sind nach den Impfungen an
Milzbrand gefallen. Sämmtliche Thiere wurden zweimal geimpft.
Rothlaufimpfungen mit Pasteurscher Lymphe sind in 2 Gemeinden
bei 9 bezw. 15 Schweinen ausgefüh t; mit Porcosan auf Ver¬
anlassung -der Regierung in 2 Gemeinden bei 1389 Schweinen
von 165 Eigenthümern, auf Veranlassung der Besitzer in 10 Ge¬
meinden bei 114 Schweinen von 18 Eigenthümern. Der Erfolg
der Impfung ist als ein sehr günstiger bezeichnet worden. Die
Einfuhr von lebendem Vieh in die Niederlande betrug 14784
Pferde, 327 Stück Rindvieh, 54 Schweine, 43201 Schafe und
Lämmer, 5 Ziegen, zusammen 58371 Thiere gegen 77776 im
Vorjahre. Aus Preussen wurden eingeführt 5581 Pferde,
15 Rinder, 2 Schweine, 43015 Schafe, 5 Ziegen. Die Ausfuhr
von lebendem Vieh aus den Niederlanden betrug 12349 Pferde,
43585 Stück Rindvieh, 5026 Schweine, 70595 Schafe und Lämmer,
1606 Ziegen, zusammen 133161 Thiere gegen 102297 im Vor¬
jahre. Nach Preussen wurden ausgeführt 7075 Pferde, 160 Stück
Rindvieh, 39 Schweine, 3 Schafe, 3 Ziegen.
20. September 1900.
Schaden der Maul- und Klauenseuche.
Vom Schaden der Maul- und Klauenseuche kann man
sich einen annähernden Begriff machen, wenn man den statistischen
Erhebungen, welche die sächsische Landwirthschaftskammer ver¬
anstaltete, folgt. Dem interessanten Bericht entnehmen wir
Folgendes:
In den Kreis der Berechnungen wurden 13 250 Stück im
Jahre 1899 verseuchtes Vieh einbezogen. Den Besitzern
erwuchs, soweit dies zahlenmässig nachgewiesen werden konnte,
ein Schaden von 1 425 036 M. oder pro Stück 107 M., welche
auf folgende Theile entfallen:
Werthverminderung 53,095 pCt. = 756 199,20 M.; Krepiren
nach der Seuche: 25 033 M.; Verkauf minderwertiger Thiere:
82 531,16 M.; Ausfall an Milch: 212 894,67 M.; Ausfall an
Arbeitsleistung: 250 570 M.; Ausfall an Stallmist: 23 889,20 M.;
besondere Unkosten; 50 808,55 M.; Thierarzt, Medicamente,
Desinfection: 23 110,70 M.
Der Bericht constatirt, dass auf Grund genauer Buch¬
führung Seitens landwirtschaftlicher Betriebe die Erhebungen
ziemlich zuverlässig seien.
Empfänglichkeit des Kameeles fDr die Rinderpest
Tartakowski ermittelte, dass die Kameele gegen die
Einimpfung des Rinderpestvirus, in Form von Milzpulpa oder
von Blut mit physiol. Kochsalzlösung verdünnt, nicht immun sind.
Von 6 geimpften Kameelen zeigten drei nur ein leichtes
Fieber von kurzer Dauer und die übrigen nach einer 7 tägigen
Incubation 2,5 bis 3° Temperaturerhöhung, Nasenausfluss,
Thränenfluss und characteristische Veränderungen an der Schleim¬
haut, den Lippen, Backen und der Zunge. Allgemeinbefinden
wenig alterirt. Die Krankheitserscheinungen verloren sich in
3 Tagen. Ein Kameel, welches infolge einer Unterkieferfistel
sich in einem geschwächten Zustande befand, erkrankte heftiger
und verendete unter allen Erscheinungen der Pest 18 Tage
nach der Infection. Bei der Autopsie wurden die Veränderungen
der Seuche festgestellt. Die Verimpfung von Blut dieses
Kameeles, welches 10 Tage nach der Inoculation entnommen
worden war, auf ein Kalb verursachte tödtliche Rinderpest.
Weiter wird mitgetheilt, dass durch Verimpfung von Rotz¬
kulturen auf ein Kameel dasselbe an Rotz erkrankte und nach
15 Tagenunter characteristischen Erscheinungen dieser Krankheit
einging. (Clin. vet. ex Rec. de M£d. Vet.)
Wursteinfuhrverbot Im Grenzverkehr.
In Verfolg des Verbots der Einfuhr von Wurst und Büchsen¬
fleisch verordnet die Königl. Regierung zu Aachen, dass vom
1. October er. ab Wurstwaaren, Schwartenmagen, gehacktes
Fleisch, Wurstabfälle u. s. w. nicht mehr zollfrei über die Grenze
gebracht werden dürfen. Reines Fleisch und Speck sind von
dieser Verordnung vorläufig nicht betroffen.
Nachrichten Ober Maul- und Klauenseuche an Viehhüfen.
Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in der Abtheilung
für Schweine ist gemeldet vom Schlacht-Viehhofe zu Nürnberg
am 8. und unter Ueberstände-Rindern in Mainz am 11. September;
in letzterem Falle erlosch die Seuche bereits am 13. er.
BEIBLATT der BERLINER TH1ERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
Berlin, Druck von VV. Uüxensteiu
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Die „Berliner Thlerirxtlicbe Wochen*chrlft“ enchelnt Orlginalbeitrlge werden mit GO Mk. für don Bogen honorlrt
wöchentlich in Stärke von mindestens l 1 /, Bogen. Dieselbe Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬
ist au beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1082) Q fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Scbmalts,
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Mk. 6 ,— pro Vierteljahr. B j | | | | | ^ J m gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz- Berlin.
Verantwortlicher Bcdactenr.
De Braln Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZQndel
Professor Oberthlerarzt Departementsthierarzt Kreisthierarzt Departementsthierarzt Veterinärassessor Professor Landes-lnsp. f. Tliierzucht Krcistliicrarzt
Utrecht. Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag: von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 39 . Ausgegeben am 27. September.
Inhalt: HofTmann: Durch Nadelbrennen geheilte Schalterlahmheit. — Peter: Behandlung des Milchfiebers durch
intravenöse Injection von Jodkalinmlösnng. — de Bruin: lieber Hydrops der Frnchthüllen des Rindes. —
Referate: Conway n. Francis: Texas-Fieber. — Ronsseu: Abfallen des Hufes in Folge von Neurcctomie. — Guillemain u.
Cadix: Behandlnng des Nageltritts mit reiner Milchsäure. — Görig: Primäre Actinomycnse des Hodens bei einem Bullen. —
Bauermeister: Ueber die wichtigsten bis jetzt bekannten Tulerculinc, ihre Herstellung und ihre Unterschiede. — Czerny:
Warum dürfen wir die parasitäre Theorie für die bösartigen Geschwülste nicht aufgeben? — Zur wissenschaftlichen Begründung
der Organtherapie. — Kleine Mitteilungen. — Tagesgeschichte: Rundreise-Liquidationen. — Geschichte und Erfolge des
Staatsveterinärwesens in England. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen — Fleischschau und Viehhandel. —
BUcheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen.
Durch Nadelbrennen geheilte Schulterlahmheit.
Von
Prof. L Hoffmann-Stuttgart.
Chronische Lahmheit, charakteristisch durch Nachziehen,
schleppenden Gang, Hangbeinlahmheit nach Möller, mit etwas
Atrophie beider Grätenmuskeln sowie der Anconäengruppe, bei
welcher die seither üblichen Mittel vergeblich angewandt wurden,
habe ich oft durch Nadelbrennen geheilt.
Die Art des Brennens ergiebt sich am besten aus der
Abbildung.
Ich habe mehrere Fälle in dieser Weise behandelt. Das
Brennen wird am besten am liegenden Pferde ausgefühlt.
Im Bereiche des Schulterblattes wird jede Glühnadel bis auf
den Knochen eingestochen, an den fleischigen Theilen ca. 3 cm ti> f.
Anch das Schultergelenk kann ohne Nachtheil angestochen werden.
Wie indolent das gesunde Schultergelenk gegen Verwundung
ist, habe ich früher schon gelegentlich eines Versuches kennen
gelernt. Um nachznweisen, dass die Weber’sche Theorie des
Gehens, dass nämlich der Luftdruck den Geienkkopf in der Pfanne
halte, falsch ist, habe ich, ohne antiseptische Vorsichtsmassregeln
einen dicken Troikar tief in das Schultergelenk eingestochen,
dann das Stilet entfernt, einige Synovia ausfliessen und das
Pferd mit der Hülse im Gelenk eine Zeit lang gehen lassen,
um noch Lnft dortselbst einzupumpen. Es wurde dadurch
das Gehen nicht im mindesten alterirt, und die Wnnde heilte
ohne irgend welche arzneiliche Behandlung oder chirurgische
Vorsichtsmassregeln per primam.
Bei dem Nadelbrennen selbst beachte ich Folgendes: die
ganze Fläche wird geschoren, rasirt, geseift, gebürstet, mit
Lysol abgespült, dann mit in Spiritus getränkter Gaze ab¬
gerieben. Der Spiritus wird mit Sublimatlösung abgewaschen, die
ganze Stelle mit Thioform gepudert und nachher mit einem
antiseptischen Handtuche bedeckt, so dass die zu brennende
Körperoberfläche auch während der Operation nicht mit der
Sand berührt wird. Bis einige hundert Nadeln eingestochen
sind, brauche ich eine verhältnissmässig kurze Zeit. Oefters
brennen wir zu Zweien gleichzeitig an einem Pferde. Ich achte
darauf, dass die Brennstichcanäle möglichst in gleich weit er Ent¬
fernung stehen und setze die Punkte reihenweise. Die gesetzten
Stiche werden laut gezählt. Da durch den Reiz des Brennens
in dem betreffenden Körpertheil, besonders in der Schulter, ein
starker Blutandrang entsteht, so hinten die später gesetzten
Stichcanäle ziemlich stark, wodurch die Arbeit etwas erschwert
wird. Es empfiehlt sich deshalb, gleich von Anfang an die
Operation zu beschleunigen. Das hervorquellende, manchmal
auch spritzende Blut wird mit einem grossen antiseptischen
Tuche etwas abgetnpft und frisches Thioform aufgepudert.
Abspülen wende ich während und nach dem Brennen nicht mehr
an, um nichts in die Stichcanäle einfliessen za lassen. Wenn
das Brennen fertig ist, übergiesse ich die gebrannte Fläche mit
Ichthyolcollodium. Nach dem Brennen wird das Pferd im Stande
nicht hochgebnnden, es bleibt aber stehen bis die Borken ab¬
gefallen sind.
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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 39.
Behandlung des Milchfiebers durch intravenöse
Injection von Jodkaliumlösung.
Von
Dr. Peter-Angermünde.
Dass die intravenöse Injection von schwachen Jodkalium¬
lösungen (0,5 bis 1,0 Procent) in grossen Quantitäten bei Kühen
ohne Gefahr fiir dieselben versucht und bei der Behandlung
des Milchfiehers mit Vortheil benutzt werden könne, habe ich
bereits an einer andern Stelle in dieser Zeitschrift ansgeführt*).
Soweit mir bekannt, ist der angeregte Versuch noch von
keiner Seite gemacht worden, sodass der nachstehende Fall der
Mittheilnng werth sein dürfte.
Am 7. September früh erhielt ich telegraphisch den Auftrag,
auf dem Gute W. eine milchfieberkranke Kuh zu behandeln. Die¬
selbe hatte angeblich vor 24 Stunden in normaler Weise gekalbt,
und die Nachgeburt war etwa drei Stunden post partum aus-
gestossen worden.
Die Kuh (ostfriesischer Sclilag, 5 bis G Jahr alt, circa
12 Centner schwer) zeigte einen guten Nährzustand. Die be¬
kannten Erscheinungen des Milchfiebers (Eingenommenheit des
Bewusstseins, paretische Zustände der Extremitäten und des
Digestionstractns, Muskelzittern, Abfallen der Körpertemperatur
(welche 38,3° C. betrug) hatten sich bei meiner Ankunft um die
Mittagszeit bis zu einem mittelhohen Grade ausgebildet.
Um 1 Uhr wurde der am Boden liegenden Kuh in der a. a. 0.
beschriebenen Weise eine Lösung von 10 g Kalium jodatum in
2000 g abgekochten und auf 38° C. abgekühlten Wassers auf
einmal im continuirlichen Strome in die rechte Jugularvene ein¬
geführt. Die Kuh wurde durch die Operation, welche etwa
10 Min. in Anspruch nahm, nicht wesentlich beunruhigt. Eine
Steigerung der Krankheitssymptome war nach der Injection weht
zu beobachten. Die Kuh konnte schon um G Ulir Nachmittags
ohne Hilfe aufstehen und Abends erschien dieselbe vollständig
gesund. Sie gab am nächsten Morgen 9 Liter Milch.
Der Fall lehrt, dass sich die Heilung der Gebärparese,
wie voranszusehen war, bei der intravenösen Injectionder
Jodkaliumlösung ebenso sicher vollzieht wie bei der
Euterinjection. Vielleicht werden sogar durch die directe
Einführung des Kal. jodat. in den Blutstrom die Toxine der
Krankheit in kürzester Frist unschädlich gemacht und eliminirt.
Weitere Beiträge werden hierüber bald Klarheit bringen. Mit
Sicherheit aber ist die Mastitis vermieden, welche nach der
Euterinjection nicht selten beobachtet wird.
Dem Vorkommen einer „Duplicität der Fälle“ ist es zu ver¬
danken, dass in meiner Praxis genau zur gleichen Zeit auf dem
Dominium St. eine Kuh an Milchfieber erkrankte. Ich vertraute
ihre Behandlung dem Herrn Collegen G. an, der nach der
Schmidt’schen Vorschrift 10g Kal. jodatum in das Euter
infundirte. Der Erfolg blieb auch hier nicht aus, doch kann
die Kuh in Folge andauernder Parese der Nachhand bis heute
(15. September) noch nicht aufstehen.
Die Krankheit soll gleichfalls nur in einem mittelhohen
Grade vorhanden gewesen sein. Mangels ausführlicher Angaben
über das Auftreten derselben u. s. w. vor der Behandlung können
in den vorstehenden Fällen Vergleiche zwischen der Heilwirkung
bei beiden Applicationsmethoden des Jodkaliums nicht angestellt
werden.
*; Vergl. B. T. W. 1900 No. 32 p. 375.
Ueber Hydrops der Fruchthüllen des Rindes.
Sammelreferat und eigene Untersuchungen
von
M. G. de Bruln,
Professor In Utrecht.
Dass Hydrallantois häufig bei dem Rinde vorkommt, ist
nach Kitts Ansicht dem Umstande zuzuschreiben, dass bei
diesem Thiere schon physiologische Faltenbildungen des Chorions
stattfinden, weil die Fruchthüllen eine viel grössere Oberfläche
haben als die Mucosaoberfläche des Uterus*). Wegen der
Torsion eines Theiles des Chorions und der Allantois tritt
Stauung ein und in Folge dessen Hydrops im Raum der Allan¬
tois. Diese sehr annehmbare Erklärung steht auch im Einklang
mit den Sectionsbefunden verschiedener Untersucher. So fand
Hess**) hochgradiges Oedem der Allantois, des Chorions und
der Placenta. Zweimal sah ich selbst ausser einer ausgedehnten
Pigmentbildung auf einem der Hörner des Chorions ein umfang¬
reiches sulziges Exsudat zwischen dem Chorion und der Allan¬
tois und zwar hauptsächlich von dem Theil der Fruchthüllen, der
in dem unbefruchteten Horn lag.
Es erhebt sich dabei die Frage, ob die ausserordentliche
Vermehrung der Flüssigkeit in der Allantois, — denn diese
kann 100—150 1 betragen, — keinen nachtheiligen Einfluss auf
die Circulation des Fötus ansübt. In einem Falle, den ich
früher mittheilte,***) fand sich bei dem Kalbe allgemeiner
Hydrops, nämlich Ascites, Hydrothorax, Hydropericardium,
sowie eine Endocarditis valvularis verrucosa, sowohl rechts als
links, und Stauungserscheinungen durch Urin in den Nieren.
Dieses Sectionsbild ist nicht schwer zu erklären. Wegen des
erhöhten Druckes innerhalb der Allantois entsteht auch erhöhter
Druck im Urachus und der Harnblase. In Folge dessen wird
der Abfluss des venösen Blutes durch die Artena umbilicalis
gehemmt; es entsteht Stauung in der hinteren Aorta und durch
den Ductus Botalli auch ira rechten Herzen. —
Gleichwohl wurden trotz Hydrallantois wiederholt normal
entwickelte Kälber geboren, wie sich aus den Mittheilungen von
Hess, Tapken und Kronburger ergibt. —
Das Allantoistranssndat reagirt schwach alkalisch. Die
Flüssigkeit enthielt in einem Falle kein Eiweiss, im zweiten
nur eine Spur, keine Oxalate, jedoch eine ziemliche Menge von
Chloriden. Das specifische Gewicht betrug 1,005.
Hydrops der Fruchthüllen kommt meistens vor, ohne
dass sich Hydrops bei dem Mutterthier findet. Dies ist auch
verständlich, wenn wir erwägen, dass die primäre Ursache der
Störung in einer Torsion der Fruchthüllen lag.
Die Erscheinungen bei Hydrallantois sind sehr
characteristisch. Nicht nur die ausserordentliche Ausdehnung
des Bauchest), sondern auch die rectale Exploration im An¬
schluss an die äussere Untersuchung (Palpation und Percussion)
kann die Diagnose an die Hand geben. Wer in dieser Hinsicht
noch sicherer gehen will, kann eine Probepunction in der rechten
Unterbauchgegend vornehmen. Auf einen Punkt wünsche ich aber
noch aufmerksam zu machen. Schon Harms hat die sehr
richtige Bemerkung gemacht, dass nur die ernsten Fälle der
Hydrallantois zur Behandlung kommen, diejenigen geringeren
Grades jedoch der Aufmerksamkeit entgehen. Ich glaube, dass
*) Monatshefte für praktische Thierheilkunde. Bd. IV S. 424.
**) Schweizer Archiv 1890. S. 205.
***) Tydschrift voor Veeartsenykunde en Veeteelt. Bd. 27 S. 1-
f) John Mc. Donald, M. R. €. V. S. The Veterinarian,
Juli 1897 (Jllustrated).
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27. September 1900.
wir sogar die doppelte Menge Flüssigkeit in der Allantois beim
Rinde nicht diagnosticiren können. Es kommen gegen das Ende
der Trächtigkeit viele Fälle vor, wobei der Umfang des Rauches
stets zunimmt, ja sogar für das Thier hinderlich ist, sodass es
abmagert. Vor der Geburt denkt der Besitzer, dass die Kuh
Zwillinge trage, allein nachdem eine grosse Menge Fruchtwasser
abgeflo8sen ist, wird doch nur ein Kalb geboren. Die Aus-
8tossung der Fruchthüllen wird in diesen Fällen wegen der lang¬
samen Involution des Uterus verzögert.
Die vaginale Exploration lässt uns in hochgradigen Fällen
dieses Leidens eine Erscheinung wahrnehmen, auf welche Hess
zuerst hingewiesen hat. Ueber der Portio vaginalis Uteri ist
nämlich die obere Wand der Scheide ballonförmig ausgedehnt,
so dass der convexe Theil in das Lumen der Scheide hineinreicht.
In den Fällen, die ich sah, fand ich den Cervix Uteri stets fest
geschlossen. Einen spontanen Partus prämaturus, wodurch auf
natürlichem Wege die Spannung in der Bauchhöhle aufgehoben
worden wäre, nahm ich bei dieser Krankheit nie wahr. Wo der
Uterus bedeutend ausgedehnt ist, gelingt es selten, weder durch
Stesse von aussen gegen die Bauchwand, noch durch Palpation
vom Rectum ans, die Frucht zu betasten.
Das sog. „Stossen des Kalbes" von der Aussenseite aus
muss vorsichtig geschehen, weil die Widerstandsfähigkeit der
Bauchwandung sehr abgenommen hat und leicht eine Ruptur
und in Folge dessen eine Hernia entstehen könnte. Auch eine
Losreissung des Musculus rectus abdominis vom Becken hat
man wahrgenommen.
Der erhöhte Druck in der Bauchhöhle ruft eine Reihe von
Erscheinungen hervor, welche stets bei Hydrallantois Vor¬
kommen. Da das Zwerchfell mehr nach vorn geschoben ist, so
wird die Athmung erschwert. Diese ist deshalb auch, weil
die Bauchmuskeln wenig mitwirken können, costal und ober¬
flächlich. Eine Folge davon ist es auch, dass solche Patienten
viel stehen und — falls sie sich legen — eine Lage auf dem
Brustbein mit nntergeschlagenen Knieen und Sprunggelenken
einnehmen. In heftigen Fällen erkennt man auch in den Venen
der Ohren sehr deutlich Stauungserscheinungen.
Die Temperatur kann sehr verschieden sein; sie wechselt
zwischen 39°—40,5° C. In einem Falle hatte ich Gelegenheit
zu beobachten, dass die Temperatur einen Grad Celsius sank,
nachdem 40 1 Allantoistranssudat abgezapft worden war.
Zu den genannten Erscheinungen kommt noch hinzu, dass
auch die Fresslust und das Wiederkauen abniramt und die Ab¬
magerung sehr bedeutend sein kann. Diese Abmagerung fällt
dem Besitzer erst nach Hervorrufung des künstlichen Partus
deutlich auf. Erst nachdem der Umfang des Bauches kleiner
geworden ist, treten die Umrisse des Kreuzes, der Lenden und
Rippen deutlicher hervor.
Die Prognose der Hydrallantois ist, wenn die Krankheit
noch nicht einen zu hohen Grad erreicht hat, günstig, falls
rationelle Hilfe geboten wird. Aber auch in diesem Falle
muss ganz besonders auf eine regelmässige Nachbehandlung
gedrungen werden, wenn das Resultat günstig sein soll. Bei
Kühen, welche wegen des enormen Umfanges ihres Bauches und
der bereits angefangenen Abmagerung nicht mehr anfstehen
können, muss die Vorhersage dagegen ungünstig lauten. Sie
sterben öfters während oder unmittelbar nach dem Partus.
Ueber die Behandlung sind die meisten Sachverständigen
einig. Nur eine Therapie kann das Thier noch retten, nämlich
Erregnng einer künstlichen Frühgeburt. Andererseits
459
ist aber auch die Frage berechtigt, ob man in denjenigen
Fällen, in denen die normale Geburt bald erwartet werden kann,
also im neunten Monat der Trächtigkeit, wo das Thier allmäh¬
lich dicker wird und noch gut frist, ob man dann nicht die
normale Geburt abwarten soll. — Jeder einzelne Fall muss
besonders für sich beurtheilt werden. Da, wo man Hydrallantois
diagnosticirt, das Thier täglich dicker wird und Athmungs-
beschwerden entstehen, kann nicht gewartet werden, auch wenn
die Kuli in einigen Wochen kalben sollte.
Die Erregnng des Partus praematurus geschieht am zweck-
mässigsten, indem man das Fruchtwasser erst abfliessen lässt.
Um letzteres zu bewirken, stehen uns zwei Wege offen, nämlich
entweder durch den Cervicalcanal oder durch die Bauchwand.
Ersterer Weg ist der einfachere und deshalb vorzuziehen. Man
kann versuchen, durch Bohrbewegungen mit einem Finger oder
einem Catheter durch den Canal zu kommen. Sehr oft jedoch
misslingt dies. Eine Verletzung des Cervicalcanals kann überdies
sehr nachtheilige Folgen haben und bei der bald darauffolgenden
Geburt puerperale Infection herbeifiihreu.
Den zweiten Weg bietet uns die Punetion der Banch-
wand. Mehrere Schriftsteller widerraten sie, weil man
nachtheilige Folgen davon gesehen habe. Meine Erfahrung
aber spricht dafür. Nie sah ich schädliche Folgen, wenn
die Punetion des Allantoissackes durch die Bauchwand lege
artis ausgeführt wurde. Wiederholt habe ich sie mit dem
Charlier’sehen Trokart, 0 cm vor dem rechten Arcus cruralis
vorgenommen. Es versteht sich, dass diese Operation unter
aseptischen Vorsorgmassregeln geschehen und der Trokart etwa
8 cm tief, in der Richtung nach vorn, eingestochen werden muss.
Nach Abfluss des Fruchtwassers zieht man ihn mit der rechten
Hatrd heraus, indem man mit den Fingern der linken Hand die
Bauchwand stark eindrückt.
Wieviel Transsudat soll man abfliessen lassen?
Cartwright*), der zuerst die Methode der Punetion in der
Bauchgegend anwandte, zapfte 100 Liter ab, Leimer**) 120,
Ymker***) etwa 30. In zwei Fällen, welche ich vergangenes
Jahr behandelte, liess ich durch den Trokart 60 resp. 40 Liter
Flüssigkeit abfliessen.
Die Zeit, welche zwischen der Punetion des
Allantoissackes und den ersten Wehen verläuft, kann
sehr verschieden sein. In dem von Leimer beschriebenen
Falle betrug sie einen Tag, bei Ymker 3, in den Fällen, die
ich behandelte, mindestens 5 und längstens 11 Tage. Je mehr
Fiuchtwasser abfliesst, desto eher werden die ersten Wehen
eintreten. Es ist also im Interesse des Thieres, den Eintritt
der Frühgeburt durch Abzapfen einer möglichst grossen Menge
Fruchtwassers zu beschleunigen; durch Anwendung von Secale
cornutum per os oder subcutan können die nach Abfluss des Frucht¬
wassers eintretenden Wehen unterstützt werden.
Nach der Punetion und dem partiellen Abfluss des Trans¬
sudates befinden sich die Thiere gleich viel besser, sie fressen
mehr, die Temperatur sinkt und sie legen sich wieder. Wenn
nun nach einigen Tagen die ersten Wehen eintreten, so öffnet
sich der Cervicalcanal sehr langsam. Meistens dauert es 12 bis
21 Stunden, ehe die Oeffnung genügend gross ist. Man übereile
*) Cartwright, The Veterinarian 1847 S. 9. und 612.
**) Leimer, Wochenschrift für Thierheilkunde u. Viehz. 1895.
S. 36.
***) Ymker, Tydschrift voor Veeartsenykunde en Veeteelt.
Bd. 23, S. 314.
BERLINER THIERARZTLICHE W0CI1ENSCHRIFT.
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460
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 39.
dies auch nicht, selbst wenn die Wasserblase innerhalb des
Cervix geborsten ist, denn es ist besser, dass der Uterus sich
langsam zusammenzieht. Es empfiehlt sich, gleich bei den
ersten Wehen Ergotin zu geben, und zwar spritze man eine
Mischung von 6 gr Ergotin (Extractum haemostaticum) mit
ebensoviel Glycerin und Wasser subcutan auf einmal ein.
Die Menge Wasser, welche nach dem Bersten der Wasser¬
blase bei jeder Wehe abfliesst, ist bisweilen erstaunlich gross.
Die Extraction des in der Regel kleinen Kalbes bietet trotz
der sehr schwachen Wehen wenig Schwierigkeiten dar. Da
keine oder nur eine ungenügende Achsendrehung der Frucht
stattgefunden hat, weil die Uteruscontractionen nicht direct auf
das Kalb einwirken konnten, so trifft man bei der Exploration
meistens die intra - uterine Lage an, nämlich eine Seitenlage,
wobei der Kopf und die Beine zurückgebogen sind.
Das Involutronsstadium bietet bei diesen Patienten die
grösste Gefahr dar. Der Besitzer glaubt, die Sache nun weiter
der Natur überlassen zu können. Vereinzelt mag dies auch
gut ablaufen, in der Regel bleiben jedoch die Fruchthüllen zu¬
rück, gehen in Fäulniss über und der Tod kann nach einigen
Tagen ziemlich plötzlich unter Lähmungserscheinungen eintreten
fpuerperale Saprämie).
Das Zurückbleiben der Nachgeburt rührt von der geringen
Contractilität des Uterus her, welche eine Folge seiner ausser¬
ordentlichen Ausdehnung ist, jedoch auch wegen einer (bei einzelnen
Cotyledonen) zu festen Verbindung zwischen Chorion villosum
und Mutterkuchen wird dies begünstigt. Letzteres entstand durch
die venöse Stauung bei der Torsion der Fruchthüllen.
Die Entfernung der Nachgeburt muss dann auch möglichst
schleunig herbeigeführt werden. Zu diesem Zwecke gebe man
am ersten Tage eine subcutane Einspritzung von 6 g Ergotin.
ln Folge dessen zieht sich der Uterus zusammen, sodass man
am zweiten oder dritten Tage im Stande ist, mit den Fingern
alle Cotyledonen zu erreichen. Die fötalen Placentae werden
dann auf die bekannte Weise von dem Mutterkuchen losgelöst.
Falls letzteres nicht möglich ist, so wende man statt dessen
Uterusirrigationen an. Dadurch kann man der Fäulniss Vor¬
beugen und eine langsame Losweichung der Placentae foetales
erzielen. Tägliche Irrigationen mit gekochtem Wasser, das auf
40° C. abgekühlt wird, erfüllen ihren Zweck ganz gut. Der
Uterus wird so ganz gehörig ausgespült und das eingeführte
Wasser sämmtlich wieder herausgelassen. Letzteres muss noth-
wendig geschehen. Auch Ausspritzungen mit 1 pCt. Natrium bicar-
bonicum-Lösung können empfohlen werden. Ich sah davon sehr
gute Resultate. Antiseptische Irrigationen mit Lysol-, Creolin-
oder Carboilösungen können unterbleiben. Eine tägliche, mecha¬
nische Reinigung des Uterus ist besser als eine vereinzelte
Anwendung von Antiseptica. Für die oft nach diesem Leiden
zurückbleibende Endometritis sind Ausspülungen mit 1 pCt.
Alaunlösung angezeigt. Die Reconvalescenz dauert bei diesen
Patienten meistens längere Zeit.
Ref er ate*
Texas-Fieber.
Mr. J. W. Conway und Mr. M. Francis haben letzthin
Forschungen über die Natur und Verhütung des Texasfiebers
angestellt, über welche vom United States Agricultural Department
ein Bericht herausgegeben ist, dem Folgendes zu entnehmen ist.
Die Versuche bewegten sich in drei Richtungen:
1. Versuche, um zu bestimmen, ob steriles Blutserum von
immunen Thieren bei anderen Thieren Immunität hervorruft.
2. Versuche, um Immunität bei Rindern durch Besetzung
mit Zecken zu erzielen.
3. Versuche, um die Rinder durch Bluteinimpfung zu im-
munisiren.
Die Versuche, welche mit sterilem Blutserum angestellt
worden sind, zeigen die Werthlosigkeit dieser Methode, vielmehr
ist der einzige Weg, um Immunität zu erzeugen der, dass man
die Thiere texasfieberkrank macht, entweder durch Inficirung,
durch Zecken oder durch Bluteinimpfung. 21 Jungrinder worden
mittelst Zecken inficirt. Von diesen starb nur ein Thier,
welches innerhalb des zwölften bis zwanzigsten Tages einem
acuten Anfall erlag. Das Thier war ein zwei Monat altes Kalb.
Eine schwere Erkrankung stellte sich bei zwei anderen Thieren
ein, und zwar bei einer zweiten Infection durch Zecken. Die
Thiere befanden sich indessen in einem schlechten Nährzustand.
Aus diesem Ergebniss muss der Schluss gezogen werden, dass
eine einmalige Inficirung durch Texaszecken nicht genügt, um
Immunität zu erzeugen. Der immunisirende Prozess ist ein
langsamer und allmählicher, er erfordert verschiedene Monate,
ja vielleicht ein Jahr bis zu seiner Vollendung. Die erste In¬
ficirung durch Zecken darf nur leicht sein und die folgenden
dürfen nicht in zu grossen Zwischenräumen ausgeführt werden,
damit die Thiere das der Inficiiung folgende Reactionsfieber
leicht überstehen. Die Kälber müssen während der Dauer der
Immunisirung gut genährt werden, sonst bleiben dieselben im
Wachsthum zurück, und schwere Zufälle können sich ereignen.
Die Bluteinimpfungen wurden auf einer breiteren Grund¬
lage vorgenommen. 1—2’/a ccm defibrinirten Blutes von an Texas¬
fieber erkrankten Rindern wurden bei jeder Impfung subcutan ein¬
gespritzt. Die erste Dosis war kleiner als die zweite und
folgenden. Die berichteten Fälle erweisen, dass das Reactions¬
fieber am achten oder nennten Tage nach der Impfung einsetzt.
Gewöhnlich dauert es nicht länger als vier Tage, zuweilen hält
es bis zum 15. Tage an. Die tägliche Durchschnittstemperatur
beträgt während der ersten Fieberperiode 104,5° F. (40,2° C.).
Gewöhnlich setzt eine zweite Fieberperiode am 25.—30. Tage
nach der Impfung ein und dauert sieben bis acht Tage. In der
Regel ist in der zweiten Periode das Fieber nicht so schwer als
in der ersten. Späterhin kommen noch weitere Fieberperioden
vor aber meist milde Formen. Hand in Hand mit den Be¬
obachtungen der Temperaturänderungen gingen Untersuchungen
über die Erscheinungen an den rothen Blutkörperchen.
In einer Versuchsreihe, bestehend aus sechs Thieren, war
der durchschnittliche Procentsatz der rothen Blutkörperchen
beim Anfang des Versuchs 38,3(?). Acht Tage nach der Impfung
war das Verhältniss auf im Durchschnitt 31,3 gefallen. Die
Zerstörung der rothen Blutkörperchen dauerte fort bis zum
15. Tage nach der Impfung und betrug der Procentsatz dann
23,3. Am 19. Tage nach der Impfung war die Temperatur
normal und der Procentsatz der rothen Blutkörperchen begann
langsam wieder zu steigen.
Die physiologischen Störungen während des Re-
actionsfiebers offenbarten sich als Appetitmangel, gelegent¬
liche Aufblähungen, Neigung, Dung zu fressen, Muskelschwäche
und Zittern. Bei den Thieren, von denen zuletzt die Rede war,
zeigten die Blutuntersuchungen den niedrigsten Procentsatz an
rothen Blutkörperchen am 39. Tage nach der Impfung, und
i zwar ereignete sich dies während der zweiten Fieberperiode.
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27. September 1900.
BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
4G1
welche am 28. Tage nach Beginn des Versuchs einsetzte. Der
niedrigste am 39. Tage beobachtete Procentsatz betrug 14 pCt.,
der höchste 26 pCt., im Durchschnitt 21 pCt. Einer erneuten
Bluteinimpfung wurden die Versuchsthiere am 77. Tage des
Versuchs unterzogen. Das Reactionsfieber war gering und es
machte sich nur eine leichte Zerstörung der rothen Blut¬
körperchen bemerkbar. Am 132. Tage wurde eine dritte In-
fection ausgeführt. Die Reaction war nur verschwindend
gering.
Die Besetzung der Rinder, welche zuerst am 7. Januar
1899 geimpft waren, mit jungen Zecken geschah am 5., 6.
und 27. Mai 1899. Während des Juni und Juli trugen die
Rinder Fieberzecken. Am 31. August wurde der Versuch
beendet. Die Temperatur und der Gehalt an rothen Blut¬
körperchen war zu dieser Zeit normal.
Die Ergebnisse des Versuchs zeigen, dass der Zerfall
der rothen Blutkörperchen mit dem Ansteigen der Temperatur
Hand in Hand geht, aber noch eiuige Zeit nachdem andauert,
wenn die Temperatur schon wieder gesunken ist. Zwischen
der ersten und zweiten Fieberperiode hebt sich der Gehalt an
rothen Blutkörperchen, während der zweiten Fieberzeit fällt er
wieder. Die Autoren schliessen, dass das Ueberstehen des
Fiebers und die Erwerbung der Immunität abhängt von dem
Vermögen des Thieres
1. das Wachsthum der Krankheitskeime zu hemmen,
2. die zerstörten rothen Blutkörperchen rasch zu ersetzen,
3. die zu Grunde gegangenen rothen Blutkörperchen rasch
los zu werden.
Junge Thiere überstellen darum die Impfung leichter als
ältere. Das günstigste Alter ist 8—12 Monate. Aeltere Thiere
haben unter dem Reactionsfieber schwer zu leiden, bekommen
Rückfälle und sterben dann. Zu junge Rinder können die in
Folge der Impfung einsetzenden Verdauungsstörungen nicht
leicht überwinden. Bleiben die Kälber bei der Mutter, so
können sie ohne Gefahr geimpft werden. Besonders ist auf die
Fütterung während der Dauer der Immunisirung Bedacht zu
nehmen. Die Nahrung muss kräftig sein, ohne die Eingeweide
zu stark zu belasten. Die Impfung ist am besten vorzunehmen
zu der Jahreszeit, wo das Thier nicht unter zu grosser Hitze
oder Kälte zu leiden hat. In den Gegenden, wo Texasfieber
herrscht, können die Rinder sicher immunisirt werden, wenn es
gelingt, sie während eines Zeitraumes von 60 Tagen nach der
Impfung zeckenfrei zu halten. Einige verhängnissvolle Zufälle
können sich ereignen, nachdem das Thier bereits scheinbar
immun ist, indessen gelingt es diese zu verhüten durch sorg¬
fältige Fütterung und Vermeidung jeder ungewöhnlichen Erregung
der geimpften Thiere. Kühn au.
Abfallen des Hufes in Folge von Neurectomie.
Von Brocq. Rousseu, Militär-Ycterinär in Vincennc3.
(Recui'il 30. VII. 1900.)
Von vielen Practikern wird die doppelte, oberhalb der Fessel
vorgenommene Nenrectomie als besonders gefährlich betrachtet,
da wiederholt Ausschnhen in Folge der Operation beobachtet
wird. Andererseits wird behauptet, dass der operative Eingriff
allein noch nicht genüge, um das Ausschuhen zu veranlassen, es
müsse eine mit Eiterung verbundene Laesion der unter dem
Home befindlichen Gewebe stattfinden, eventuell auch eine auf
Infection der Operationswunde zurückzuführende Phlebitis des
venösen Netzes der Blättchenschichte. Der von B. citirte Fall
ist insofern bemerkenswert!!, als das Ausschuhen ohne suppurative
Laesion des Podophylls geschah, nachdem die Operationswunde per
primam geheilt war.
Das betreffende Pferd war am 24. März 1900 wegen
chronischer Huflähme operirt worden. Die Haut war sorgfältig
abrasirt, mit Seife, Aether und Sublimat behandelt, die Instrumente
in Sublimat eingelegt worden. Der Nerv wurde innen und
aussen oberhalb der Fessel resecirt; die Operation ging rasch
von Statten ohne Zerrung des Nerven, die Wunden waren klein,
sie wurden mit je zwei Nähten verschlossen und nach sorg¬
fältiger Reinigung mit Jodoform bestreut; etwas Watte wurde
darüber gelegt, sodann Collodium aufgetragen und ein dichter
Verband angelegt. Nach fünf Tagen wurde der Verband abge¬
nommen, die Wunden waren per primam vernarbt, die Nähte
wurden entfernt. In der Folge wurden Douchen angewendet.
Am 18. April wurde das Thier, das vor der Operation stark
lahmte, entlassen; es lahmte nicht mehr. Nach zehn Tagen,
35 Tage nach der Operation, wmrde das Pferd wieder vor¬
geführt, es war inzwischen nur im Schritt bewegt worden. Die
Untersuchung ergab starke Lahmheit, Anschwellung der Fessel
und des Fesselgelenks, hohe Wärme des Hufes, eine äussere
Verletzung des Hufes wurde nicht gefunden. Am nächsten Tage
zeigten sich an der Krone an verschiedenen Punkten Ab¬
trennungen, ausserdem wölbte sich die Sohle am vorderen Rande
stark vor. In den folgenden Tagen nahmen die Entzündungs¬
erscheinungen zu, die Krone trennte sich ganz ab, der Kronen¬
wulst war enorm geschwollen und aus der Wunde trat mit Eiter
vermischtes Blut aus. An der Sohlenfläche war das Hufbein
durchgetreten. Am 11. Mai schuhte das Thier ganz aus, worauf
es getödtet wurde.
Der abgestossene Huf war bis auf die sieben Centimeter
lange halbmondförmige Sohlenfissur unverändert, die Horn¬
blättchen waren nahezu intact, an ihnen hingen zahlreiche Fetzen
der Fleischwand. Das ganze Fliesende war gangränös, die
Fleischwand bildete nur eine schmutziggraue, übelriechende, mit
in Verwesung begriffenen Blutcoagula vermischte Masse. Die
Zehe bildete nur noch einen erweichten Stumpf, die Beugesehne
war ganz zerstört, die Sehnenscheiden mit einem röthliclien Coagnlum
gefüllt, das Strahlbein mit schwarzen und rothen Punkten bestreut.
B. glaubt diese Störungen lediglich der Nenrectomie zu¬
schreiben zu müssen. In den ersten Tagen konnte allerdings
an acute Rehe gedacht werden, aber es wäre doch wahrschein¬
licher gewesen, dass dann beide Füsse erkrankt gewesen wären und
mit Vorliebe der nicht operirte Fuss, der während langer Zeit
allein die Last des Körpers zu tragen hatte. Das plötzliche und
hochgradige Auftreten kann nach B. nur der Störung der Er¬
nährung des Fusses zugeschrieben werden, denn die Operation
geschah aseptisch, was durch die Heilung per primam bewiesen
ist und eine äussere Verletzung fand nicht statt. Z.
Behandlung des Nageltritts mit reiner Milchsäure.
Von Guillemain und Cadix, Mil.-Veterinäre in Moulina.
(Recueil SO. 8. 00.)
G. & C. empfehlen folgende Behandlungsweise, von welcher
sie guten Erfolg erzielt haben. Der Huf wird sorgfältig mit
Sublimat gereinigt, die Wnndgegend verdünnt, das Horn um
die Wundgegend herum ganz entfernt. Die Sohle wird sodann
wagerecht gehalten und die Milchsäure ausgeschüttet. Nach
einigen Augenblicken wird in die Wunde, und zwar so tief als
möglich, ein kleiner Hanfwickel eingeführt, der vorerst in
siedendem Wasser ausgekocht, dann ausgedrückt und mit Milch¬
säure durchtränkt wurde. Ist die Lahmheit noch stark, so muss
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462
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 39.
der Fass in ein mit einer antiseptischen Lösung znbereitetes
Katiplasma gestellt werden, sonst genügt die Anwendung eines
leichten Schindelverbandes. Am nächsten Tage wird der ge¬
wöhnlich trockene Wickel entfernt und ein neues Milchsäurebad
vorgenommen. Um das Eindringen der Flüssigkeit zu er¬
leichtern, führt man eine Hohlsonde in den Wnndcanal ein. ln
schweren Fällen wird ein neuer Wickel eingeführt und der Fuss
wieder mit Kataplasmen behandelt. Zwei Bäder genügen in
der Regel. Ziindel.
Primäre Actinomyco.se des Hodens bei einem Bullen.
Von Görig-Karlsruhe.
(L>. Th. W. 1900. No. 81 )
Ueber primäre Actinomycose des Hodens bei Thieren linden
sich in der Litteratur bisher keine Aufzeichnungen. Beim
Menschen hat Dr. D. Olier (Ref. B. T. W. 1900, S. 330) einen
Fall beobachtet und durch Excision des Hodens und Verabreichung
von 5,0 gr Jodkali pro die geheilt.
Görig hatte Gelegenheit, bei einem 4jährigen Simmenthaler
Bullen obige Erkrankung zu beobachten.
Der tiefherabhängende rechte Testikel ist längsoval, etwas
plattgedrückt, bretthart und sehr schmerzhaft. Nach der
Schlachtung weist der Hoden folgende Masse auf: Länge 23 cm,
grösste Breite 12 cm, grösste Dicke 8 cm. Etwa in der Mitte
des Hodens linden sich zwei geschwürige Stellen, deren Ränder
bereits abgeheilt und narbig eingezogen sind. Auf Druck ent¬
leeren sich hier käsig-eitrige Massen, in denen man citronen-
gelbe, feine Körnchen bemerkt. Der grösste Theil des Hodens
ist zu einer grauweissen, derbschwartigen, bindegewebigen Masse
umgewandelt, die reichlich mit erbsen- bis wallnussgrossen
Eiterherden durchsetzt ist. Im Eiter finden sich citronengelbe
feine Körnchen, welche sich unter dem Microscope als typische
Strahlenpilzdrusen erweisen.
Als Eingangspforten des Pilzes müssen die oben erwähnten
Geschwürsflächen in der Haut angesehen werden, die als Traumen
(Stichwunden) einsetzten und die Infection des Hodens nach
sich zogen.
Im übrigen Körper keinerlei actinomycotische Veränderungen.
Nevermann.
Ueber die wichtigsten bis jetzt bekannten Tnbercnline,
ihre Herstellung und ihre Unterschiede.
Von Bauermeister, Assistent am pathologischen Institut
in Hannover.
(Bt-rl. Archiv 1900, 4-5.)
Der Aufsatz enthält eine Zusammenstellung und kurze
Characterisirung der Präparate, welche seit der Auffindung des
Koch’schen Heilmittels 1. aus Tubercelbacillencultnren
einschliesslich der Culturflüssigkeit, 2. aus isolirten
Tubercelbacillen, 3. aus der Culturflüssigkeit nach
Abfiltration der Tubercelbacillen gewonnen worden sind.
In einer 4. Gruppe schliessen sich die Tuberculoseheilsera
und Toxine an.
Um dem Leser eine Uebersicht über die zahlreichen Mittel
zu geben, welche dem Tuberculinum Kochii in einer 10jährigen
Periode nachgefolgt sind, sollen die vom Verfasser aufgestellten
Gruppen hierunter angeführt werden:
I. Gruppe (aus dem Tuberc. Kochii hergestellt):
Tuberculinum depuratnm Koch,
„ Hoffman,
,, purum Bombeion,
,, Hunter (Tuberculinose)
Tuberculinum Behring (Tub.)
Oxytuberculinum Hirschfelder.
II. Gruppe. Die Koch’schen Tuberculine T. A.. T. 0.
und T. R.
Tuberculinum He 11 mann,
„ Bujwid,
„ Bujwid (trocken),
Tuberculoplasmin Hahn (Büchner),
T. B. E. Klebs (Tubercelbacillenextract), die Ruppel’schen
Präparate T. S., T. Gl., T. D., Tb. R., die entfetteten Tuber¬
culine Ruppel’8 und das Tnberculosamin, die Beliring'sehen
Tuberculine und zwar Exsiccator. Tb., Alcohol. Tb. T. D. und
T. Dr., das wässrige Tuberculin Maragliano’s und seine
Derivate.
III. Gruppe. Antiphthisin Klebs,
Tuberculinum F. Ruppel,
„ F. Alcohol. 96proc. Ruppel,
,, F. dialys. Ruppel und
„ F. dialys. Behring.
IV. Gruppe: Das Behring’sche Tuberculose-Antitoxin.
Antituberculin von Viquerat.
Tuberculoseheilserum von Maragliano.
Die lange Reihe der Mittel, zu deren Darstellung die Ent¬
deckung des Tuberculin. Kochii den ersten Anstoss gegeben hat,
bietet einen deutlichen Beleg dafür, dass sich keines derselben
bei der Heilung der Tuberculose bewährt hat, zugleich aber ist
sie ein beredtes Zengniss für den Eifer und Fleiss, mit welchem
die Medicin nach der Erreichung dieser hohen Aufgabe hin¬
strebt.
Warum dürfen wir die parasitäre Theorie für die
bösartigen Geschwülste nicht aufgeben?
Von Czerny.
(Nach oiiiein Referat in d. mod. Woch.)
Nach den klinischen Erfahrungen muss eine Disposition
und eine Ursache für die Entstehung bösartiger Tumoren
vorhanden sein; als locale Dispositionen gelten chronische
Reizungen aller Art. Hautkrebse im Gesicht entstehen nach
C. fast nur bei Leuten, die Seife nie gebrauchen. Seltener
geworden ist nur der Lippenkrebs, wahrscheinlich weil das
Pfeifenrauchen aus der Mode kommt und die Zähne besser
gereinigt werden. An der Oberfläche der Haut oder Schleim¬
haut entstehen Krebse in der Regel an Stellen, die durch chron.
Entzündung oder Narben disponirt sind, oder an welchen Schmutz
oder Danninhalt für längere Zeit leicht haftet. Bis zu einem
gewissen Grade wirkt excessive Reinlichkeit prophylactisch.
Analog den entzündlichen Neubildungen, von denen die Tumoren
sich nicht scharf trennen lassen, nimmt C. an, dass wir auch
für die Tumoren ev. eine grosse Zahl verschiedener Geschwulst¬
erreger annehmen müssen. Die Fälle von Uebertragnng des
Krebses von einem Individuum auf das andere, die Implantations¬
metastasen, das relativ häufige Erkranken von Geschwistern
oder Eheleuten in der gleichen Wohnung bald hinter einander,
sind geeignet, um die parasitäre Theorie zunächst noch fest¬
zuhalten und gegen eine vorzeitige Unterdrückung derselben
durch hochverdiente Forscher (Ziegler, Nansen etc.) zu plaidiren.
Betreffs der Therapie der Krebse ist die operative Behand¬
lung immer weiter auszubilden, doch sind 75 pCt. aller Fälle
dem Messer nicht zugänglich; unvollständige Operationen be¬
schleunigen aber oft das Wachsthum und die Dissemination der
Krebse, während Chlorzinklösung oft noch bei inoperablen
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27. September 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
463
C'arcinomen gute Erfolge ergiebt. Auch Spontanriiekbildnug von
Geschwülsten wird beobachtet, und C. theilt entsprechende Be¬
obachtungen mit, wo selbst verzweifelte Fälle einer Heilung
zugänglich waren.
Zar wissenschaftlichen Begründung der Organtherapie.
Deutsche medicloische Wochenschrift.
In der Discussion über einen von Richter über das genannte
Thema in der Berl. med. Gesellschaft gehaltenen Vortrag be¬
merkt Virchow, dass die Bezeichnung „Organtherapie“ schon
von Rademacher gebraucht wurde. Er verstand unter Organ¬
heilmitteln solche, deren Wirkungen auf bestimmte Organe ge¬
richtet waren. V. hat damals eine Arbeit darüber veröffentlicht:
,Specifica und Specifisches“ und vertritt die darin niedergelegten
Ansichten auch noch jetzt. Eine gewisse Beziehung zwischen
Mitteln und Organen müsse wohl anerkannt werden, da die ver¬
schiedenen Mittel doch auf bestimmte Körpertheile besonders
einwirken. Was die jetzige Organtherapie betrifft, so sei die
Möglichkeit, dass sie von richtigen Anschauungen ausgeht, nicht
zu leugnen, allein der Zusammenhang mit der allgemeinen
pathologischen Lehre sei nicht erbracht. Für ihn habe die
Idee, die Wirkung eines Organes z. B. des Eierstockes lediglich
auf seinen Saft zurückzuführen, etwas Ungeheuerliches. Beim
Eierstock könnten doch höchstens die Zellen, nicht aber das
Stroma die wirksame Substanz enthalten, vielleicht sogar nur
die Graaf’sehen Follikel, welche allerdings sehr gering an Zahl
sind. Die Eierstöcke werden aber in ganzer Substanz ver¬
arbeitet zur Gewinnung der wirksamen Substanz. Die Mittei¬
lungen von Einpflanzungen fremder Ovarien in den Körper, die
dann ihre Thätigkeit dort fortsetzen, so dass sogar Schwanger¬
schaft entsteht, erinnern an die Märchen von 1001 Nacht. Seine
Phantasie reiche dazu nicht aus. Die Ovarien seien an Saft
recht arm, etwas reicher die Schilddrüse; wenig Saft enthielten
auch die Nebennieren. V. wünscht mehr Methode in der Art
der Untersuchungen. Vor Allem seien die activen Elemente von
den nichtactiven zu scheiden; die Organe, die wenig tätigen
Inhalt besitzen, lassen auch wenig Hoffnung, sie jemals wirk¬
sam zu verwerten.
Kleine Mittheilungen.
Lagerung des Herzens ausserhalb des Thorax.
Gelegentlich eines Besuches in Budapest zeigte mir der
Vorsteher des anatomischen Institutes, Herr Prof. v. Nädaskay,
ein mit der oben genannten interessanten Anomalie behaftetes
lebendes Kalb. Das sonst wohlgebildete und sich auch, aller¬
dings unter sorgsamer Pflege anscheinend ganz wohl be¬
findende Thier trägt das Herz unmittelbar vor dem Brust¬
eingang unter der Kehle. Der Hals besitzt an dieser Stelle
einen vermehrten Umfang jedoch keine Ausbuchtung. Auf das
weitere Lebensschicksal und den späteren anatomischen Befund
darf man gespannt sein. Das dortige anatomische Institut
besitzt übrigens schon ein Präparat derselben Abnormität. Doch
hatte das betreffende Thier die Geburt nicht überlebt. S.
lieber einen Fall von Insertion der Nabelschnur am Kopfe eines Kalbsfoetus.
Von Kutzky.
(Virch. Arcb. Bd. 147.)
Im Schädel eines fast ausgetragenen Kalbsfötus fand sich
eine fast kreisrunde Oeffuung, durch welche die Nabelschnur
mit den GefUssen der Hirnhäute in Verbindung stand, die hier
einen stark entwickelten Plexus chorioideus bildeten. Es ist 1
wahrscheinlich, dass die anfangs normal dem Nabel anhaftende
Nabelschnur durch amniotische Verwachsungen mit dem Schädel¬
dach in Gefässverbindung getreten und der mit dem Nabel ver¬
bundene Theil derselben später in Folge mechanischer Momente
atrophirt und verschwunden sei. Rathke hat einen gleichen
Fall früher mitgetheilt. (Fortschr. d. Med.)
Zur Behandlung schwer oonoipirender Stuten mit Natrium bicarbonicum.
Districtsthierarzt Sauer schreibt in der Woch.f. Th. No. 14:
Die von Dr. Grabensee (ref. B. T. W., Jg. 98, pag, 223.)
empfohlenen Einspritzungen einer5promill. Lösung von doppelkohlen¬
saurem Natron sind bezüglich ihrer Wirksamkeit neulich von
Mickley angezweifelt worden. S. konnte dieselben bisher nur in
drei Fällen an wenden. Die eine Stute hatte einmal ein Fohlen
gebracht und war sodann zwei Jahre güst geblieben und schon
viermal ohne Erfolg gedeckt. Die zweite Stute hatte im Vorjahr
gefohlt, im laufenden Jahre schon dreimal nachgerosst. Die dritte
Stute endlich war im Vorjahr güst geblieben und im laufenden
Jahr bereits fünfmal vergeblich gedeckt. In allen drei Fällen
wurden eine halbe Stunde vor dem Decken mit einer gewöhnlichen
Wundspritze die Einspritzungen ausgeführt, und es wurden alle
drei Stuten nach diesem Sprunge tragend.
lieber die Herkunft dee Colostrum.
In den „Fortschr. d. Med.“ 98, No. 13, äussert sich U n g e r
wie folgt: Czerny hat bereits bewiesen, dass die Colostrum¬
körperchen nicht epithelialen Ursprungs sind.*) U n g e r schliesst
sich dieser Ansicht an. Er hält die Colostrumkugeln für Lenco-
cyten, welche bei der fehlenden Milchabsonderung in die Drtisen-
räume eindringen und Michkügelchen aufnehmen. Daneben findet
sich eine zweite Zellsorte, welche die Fettreaction giebt. Dieses
sind nach U. verfettete Zellen von Talgdrüsen, welche dicht neben
den Milchkanälchen ausmünden (also nicht etwa zur Euter¬
substanz gehören). Die Mastzellen, welche beim Lactationsbeginn
ebenfalls vermehrt sind, sind auch nichts weiter als Leucocyten.
Verletzungen bei der Begattung.
Ein Stier erlitt im Moment des Abspringens einen Arm¬
beinbruch. Die versuchte Heilung wurde nicht vollständig.
Bei der nach acht Wochen erfolgten Schlachtung waren die
Knochenenden aber wieder verwachsen. — Eine Stute war vor
drei Tagen zum Hengst geführt, worden. Sie stellte sich häufig
zum Uriniren und wollte nicht fressen. In der oberen Wand
der Scheide über dein Muttermund fanden sich zwei 5—8 cm
lange, von vorn nach hinten verlaufende Wunden. Eine genauere
Feststellung der Tiefe der Wunden wurde absichtlich unterlassen.
Die Scheide wurde mit einprocentiger Lysollösung ausgespült und
die Bauchwand Priessnitz'sche Umschläge gemacht. Die All¬
gemeinerscheinungen verschwanden; ein geringer Ausfluss dauerte
vier Wochen. — Bei einer Kuh zeigte sich kurz nach dem
Sprunge ein kindskopfgrosser Scheidevorfall und heftige Wehen.
Bei einer anderen Kuh war durch den Sprung Bruch der vor¬
letzten Rippo sowie eines Lendenwirbelquerfortsatzes und der
Schwanzwurzel herbeigefiihrt worden. Alle drei Brüche heilten
ohne Behandlung.
(Mittheilung von Grimme-Melsungen inderDtsch. Th. Wschr.)
Verzehren der Nachgeburt.
Bei einer Kuh erfolgte 16 Tage, nachdem sie die Nach¬
geburt verzehrt hatte und an Appetitlosigkeit und Durchfall
erkrankt war, der Tod. Im Panseninhalt fanden sich mit dem
Futter verwickelt noch Massen der Nachgeburt. Die Todes¬
ursache war eine jauchige necrotisirende Lungenentzündung.
(Bez.-Thierarzt Dr. Lungwitz, Sächs. Veterinärber. 98.)
*) Vgl. B. T. W., Jg. 98, No. 38, pag. 450.
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464
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 39.
Tagesgeschichte.
Rundreise-Liquidationen.
Von Hoebne-Griinberg,
Kreisthierarzt.
In No. 35 d. B. T. W. sucht College Preusse seine An¬
sicht über obiges Tliema nach Möglichkeit nicht durch den
klaren Wortlaut des Gesetzes, wohl aber durch allerhand aus¬
gegrabene Verfügungen zu stützen; er schafft aber für die
entstandene Blösse eine Deckung kaum von der Grösse eines
Feigenblattes.
Dass die Behörde gehalten ist, im Interesse der Staatskasse
bei allen Ausgaben weise Sparsamkeit zu üben, das wird ihr
kein Staatsbürger verübeln wollen. Die Erlasse und Verfügungen,
wonach die Einzel- und Zielreisen der Kreisthierärzte möglichst
zu Rundreisen zu vereinigen seien, entsprechen allen Grund¬
sätzen der Billigkeit und zwar für beide Theile. Soweit wäre
Alles in Ordnung bis auf die Berechnung. Das Gesetz vom
9. März 1872 besagt, ,,dass Hin- und Rückreisen besonders
zu berechnen seien“. Dies spricht ein für die Medicinal-
und Veterinärbeamten erlassenes Specialgesetz ans. In dem
ein Jahr und 15 Tage später vollzogenen Gesetz vom 24. März
1873, giltig für alle Staatsbeamten, findet sich der Paragraph
über Rundreisen, der im ersteren fehlt. Dies ist ohne Zweifel
kein Zufall. Da wohl beide Gesetze zusammen vorbereitet sein
müssen, so bleibt nur die Annahme übrig, der Gesetzgeber habe
mit Absicht so gehandelt und zwar zu Gunsten einer Kategorie
von Beamten, welche betr. Besoldung und Pensionirnng eine
von den anderen Staatsbeamten abweichende Stellung einnehmen.
Und als die. Praxis ergab, dass das Gesetz vom 9. März 1872
Mängel zeigte, und dasselbe durch die Ergänzung vom 2. Februar
1881 abgeändert wurde, da Hess der Gesetzgeber die günstige
Gelegenheit vorübergehen, dasselbe durch den „Rundreise-Para¬
graphen“ aus dem Gesetz vom 24. März 1873 zu vervollständigen.
Als Entlastung für diese Verfehlung muss ich die damalige
dienstliche Erledigung der thierärztlichen Liquidationen be¬
schuldigen; diese wurden von Regierungssecretären geprüft nnd
festgesetzt. Als Richtschnur dienten ihnen das Gesetz und die
ihnen ad hoc zugeschriebenen Anweisungen. Es lag diesen
Beamten fern, Zeit und Mühe aufzuwenden, um obsolete Ver¬
fügungen auszugraben, nach solchen in den Archiven anderer
Dienststellen Nachforschungen anzustellen oder sie aus litera¬
rischen Producten aufzulesen. Ohne Zweifel kannte man damals
die complicirte Berechnung der Rundreisen noch gar nicht; —
mir ist diese erst aus der Peters’schen Besprechung von
„Damm an’s Veterinärgebühren“ bekannt geworden (No. 18,
Jahrgang 1896 der B. T. W.) —; es lag somit damals für die
Regierung keine Veranlassung vor, sich mit dieser weit aus¬
greifenden Frage zu beschäftigen.
So haben die Kreisthierärzte einige 20 Jahre liquidirt,
ohne von den Rnndreisebestimmungen Notiz zu nehmen, die
festsetzenden Behörden haben dasselbe gethan und die Ober¬
rechnungskammer hat trotzdem Nichts zu moniren gefunden!
Erst den Entdeckern der Rundreiseberechnung war es Vorbe¬
halten, diesen Mangel mit Hilfe eines anderen Gesetzes zu beheben.
Jede Rundreise lässt sich mühelos in eine Hin- und Rück¬
reise zerlegen; es liegt somit für die Revisionsbehörde keine
Veranlassung vor. auf Verfügungen von zweifelhaftem Werth
zurückzugreifen oder sich auf Bestimmungen eines für den
Fall nicht zuständigen Gesetzes zu berufen, um ihrer
Pflicht zu genügen. Das entlastende Berufen auf Nachachtung
ergangener Verfügungen darf einen Beamten nicht schrecken,
der es mit seinen Pflichten ernst nimmt uud sich seines Dienst¬
eides bewusst ist —; er handelt moralisch richtig, wenn er
Verfügungen, welche mit bestehenden Gesetzen collidiren, die
Nachachtung versagt!
Es dürfte sich nunmehr fragen: Ist der Wortlaut des
Gesetzes vom 9. März 1872 „Hin- und Rückreise ist
besonders zu berechnen“ durch später erlassene Ge¬
setze abgeändert und zwar aus dem einfachen Grunde,
weil letztere Bestimmungen enthalten, welche ersteren
fehlen? Da dies eine Rechtsfrage ist, so dürfte deren Beant¬
wortung allein dem Richter zustehen. Alle sonst aufgeführten
Vertügungen etc. sind für vorwürfige Frage werthlos; denn be¬
stehende Gesetze können durch ministerielle Inter¬
pretationen nicht abgeändert werden. Sache der Kreis¬
thierärzte dürfte es sein, diese Frage ehestens zum Austrag zu
bringen. Es dürfte wohl gestattet sein, die beamteten Thier¬
ärzte Preussens zu fragen: „Hat schon einer von Ihnen dieser-
halb Beschwerde beim Herrn Minister eingelegt nnd wie lautete
der Bescheid? Ich glaube kaum, dass der Herr Minister auf
dienstlichem Wege dieser Einzelheit näher zu treten veranlasst
worden ist.
Für mich erübrigt es sich, auf die Sache näher einzugehen.
Bevor nicht der ordentliche Richter entschieden, ist jeder Streit
hierüber ein solcher um Kaisers Bart.
Geschichte und Erfolge des Staatsveterinärwesens in
England.
(Board of Agriculturo Report for 1899).
Bis zur Einschleppung der Rinderpest im Jahre 1864 war
die Controle der Vieheinfuhr aus fremden Ländern in England
dem Privy Council unterstellt, welches von Zeit zu Zeit An¬
ordnungen erliess, deren Ausführung den Zollbehörden oblag.
Diese bestellten die nöthigen Thierärzte zur Untersuchung des
Viehs bei der Landung. In diesen Tagen gab es ein methodisches
Vorgehen beim Ausbruch von Seuchen nicht. Im Jahre 1865 in
Anlass der Verseuchung des Landes durch die Rinderpest wurde
ein „Veterinary Departement“ errichtet. Dasselbe setzte sich
zusammen ans einem kleinen Stab von Thierärzten zur Begut¬
achtung der einschlägigen Fragen und aus einer beträchtlichen
Anzahl von Beamten für das Schreibwerk und die Statistik. Das
Ganze unterstand dem Sekretär des Privy Council. Irgend
welche Anordnungen wurden von dieser Behörde nicht getroffen,
sondern dies blieb den Localbehörden überlassen.
Als einige Jahre später die Rinderpest getilgt war, wurde
die Beamtenzahl wieder verringert, indess blieb das „Veterinary
Departement“ an und für sich für den Zweck der Bekämpfung
anderer Thierkrankheiten bestehen. Die Behörde behielt ihre
Eigenschaft als rathgebende Institution soweit es das einheimische
Vieh betraf, bei, während die Verwaltungsmassnahmen den
Localbehörden und ihren Organen zufielen. Die Vieheinfnhr
aber stand unter der directen Controle des Departement, welches
auch die Thierärzte zur Untersuchung des eingeführten Viehs
auswählte. Nach wie vor unterstand diese Abtheilnng dem
Secretär des Privy Council. Im Jahre 1876 wurde der Posten
des Secretärs abgeschafft und das Veterinärwesen der directen
Controle des Chefs des Privy Council unterstellt.
Als 1877 die Rinderpest wieder eingeschleppt wurde, übte
das Departement zum ersten Mal die zur Bekämpfung der Senche
erforderlichen Verwaltungsfunctionen aus.
In nachstehender Weise wurde vorgegangeufEin Thierarzt
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27. September 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
46ö
des Departement, oder ein eigens angestellter Thierarzt, besuchte
die Gehöfte, wo der Ausbrach der Rinderpest vermuthet wurde,
und entschied, ob die Seuche existierte oder nicht. W irde der
Verdacht bestätigt, so wurde für das verseuchte Gehöft ein Laien-
Inspector bestellt, um die Isolirnng der Thiere, die Abschlachtung,
die Desinfection und andere getroffene Anordnungen persönlich
zu überwachen. Bei der fiühzeitigen Entdeckung der Krankheit
in diesem Falle wurde nur ein geringes Personal gebraucht und
in wenigen Monaten war man mit der Tilgung der Seuche fertig.
Seit dem Jahre 1877 ist die Seuchenbekämpfung in England
genau nach obigem Muster eingerichtet. Die Seuchenfeststellung
ist Obliegenheit der Thierärzte des Departement. Die Er¬
mittelung und das Abschlachten der der Ansteckung verdächtigen
Thiere, die Vernichtung der mit der Seuche behafteten Schlacht¬
stücke, der Verkauf der gesund befundenen zum Nutzen der
Regierung, die Isolirnng und Desinfection der verseuchten
Gehöfte, wie sie von den Veterinären vorgeschrieben wird, ist
Sache der Laien-Inspectoren. Bei der Tilgung der Rinder¬
pest, der Lungenseuche, Maul- und Klauenseuche, Schweinepest,
ist das System der Bekämpfung immer dasselbe gewesen. Der
Erfolg ist unverkennbar. Die Rinderpest, die Lungenseuche
und auch die Maul- und Klauenseuche sind in verhältnissinässig
kurzer Zeit getilgt worden. Ebenso waren alle erneuten Ein¬
schleppungen der Maul- und Klauenseuche nach kurzer Zeit er¬
ledigt. Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in diesem
Jahre in Yorkshire hat neuerdings den Beweis geliefert, dass
man durch energische, sorgfältige Maassnahmen der Seuche bald
Herr werden kann, dass aber jede schlaffe Behandlung des
Seuchenfalles sich durch Weiterumsichgreifen der Seuche bitter
rächt. Zur Zeit ist in England ein am 3. August er. ermittelter
Senchenfall eingetreten, bei dem es sich um die Verseuchung
von 8 Kühen und 1 Bullen handelt. Die Einschleppung der
Seuche ist nicht klar zu stellen gewesen. Man vermuthet durch
Vögel von Holland aus. Zur Unterdrückung des Falles sind
energische Maassnahmen getroffen und ist jede Viehbewegung !
in einem umfangreichen Sperrgebiet gestoppt worden.
Nicht so glänzend sind die Resultate bei Bekämpfung der j
Schweinepest. Trotzdem hier in gleicher Weise vorgegangen ;
wird, sind bisher rechte Fortschritte in der Tilgung der Seuche
nicht zu verzeichnen gewesen. Der Grund ist vielleicht darin ]
zu suchen, dass in England nur die Fälle als Schweinepest an- j
gesehen werden, wo es sich um Darmerkrankungen handelt, j
dass dagegen die Fälle, in denen nur Lungenerkrankungen be- I
stehen (Schweineseuche) ausser Betracht gelassen werden, j
Nicht nur veterinärpolizeilich sind die Schweinepest und i
j Schweineseuche gleich zu behandeln, sondern sic sind auch
i nach den Ergebnissen neuerer bacteriologischer Forschungen,
I wie solche namentlich von Mr. Gilrnth in Xew-Zealand
j (August-Nummer des Veterinarian) ausgeführt sind, Formen
! einer und derselben Krankheit und sollten als solche auch
gleichmässig bekämpft werden.
Abgesehen von dieser Krankheit, hat sich das englische
System der Seuchenbekämpfung, welche seit 1889 dem Agri¬
cultural Department des Board of Agriculture unterstellt ist,
vorzüglich bewährt und sollte das englische System auch in
Deutschland mehr Beachtung finden, damit endlich mal mit der
augenblicklich verderblichsten Seuche, mit der Maul- und
Klauenseuche, aufgeräumt wird. K.
Einladung zur 35. Generalversammlung des Vereins Kurhessischer Thierärzte.
Sonntag, den 7. October er., Vormittags lO'/s Uhr (präc.),
im Hotel „Casseler Hof“ in Cassel.
Tages-Ordn ung:
1. Geschäftliche Mittheilungen. Kassenbericht. 2. Revision
der Statuten und Vorschläge zurAenderung derVereinsbezeichnnng.
(Commissionsberichterstatter: Kreisthierarzt Stamm-Kirchhain.)
3. Zur Maturitätsforderung der Thierärzte. (Reichstagsab¬
geordneter, Geheimer Sanitätsrath Dr. Endemann-Cassel.j
4. Ueber Brennen und Brennmethoden. (Professor Frick-
Hannover). 5. Mittheilungen aus der Praxis: „Die Behandlung
der Mastitis“. (Professor Dr. Kaiser-Hannover.) 6. Neuwahl
des Vorstandes. 7. Wahl eines Delegirten für die Central-Ver-
tretung. 8. Aufnahme neuer Mitglieder.
Nach der Sitzung gemeinschaftliches Mittagessen mit Damen.
Am Sonnabend den 6. October Ausflug zur Besichtigung der
Wilhelmshöhe. Sammelpunkt: Pension und Restauration Laspe-
Wilhelmshöhe, Nachmittags zwischen 3—4 Uhr. Ebendaselbst
Abendessen. Es wird höflichst gebeten, die Anzahl derjenigen
Damen, welche sich an dem Ausfluge, bezw. an dem Mittagessen
den 7. October betheiligen werden, bis spätestens den 1. October
bei dem Unterzeichneten anzumelden.
Der Vorsitzende. Tietze, Veterinär-Assessor, Parkstrasse 9.
Einladung zu der am Sonntag, den 30. September 1900, 12 Uhr Mittags
zu Stolp In Mund’s Hotel stattflndenden Versammlung des thierfirztiiehen
Vereins im Reg.-Bez. Köslin.
Tages-Ordnung:
1. Vorträge: a) Discussion über das neue Fleischschau-
Gesetz, eingeleitet vom Vorsitzenden, b) Kreisthierarzt Eich-
baum-Stolp: „Ueber die sanitätspolizeiliche Benrtheilnng des
Nesselfiebers der Schweine“, c) Dr. Schwarz-Stolp: Ueber
den Erlass des Ministers für Handel etc. vom 27. Juni 1900“.
2. Mittheilungen aus der Praxis. 3. Besichtigung der Cadaver-
Verwerthungsanlage (Hartmann’scher Extractor) auf dem
Schlachthofe.
Um 3 Uhr gemeinschaftliches Mittagessen unter erbetener
Theiluahme der Damen. Gedeck 3 M. Anmeldungen der Ge¬
decke bis spätestens zum 27. September an den Unterzeichneten
Schriftführer erbeten.
Der Vorstand I. A.
Brietzmann, 1. Vorsitzender. Dr. Schwarz, Schriftführer.
Staatsveterinärwesen.
Von Preusse.
Badlsohes Gesotz betr. das Abdeckereiwesen.
Im Grossherzogthum Baden ist unter dem 3. Juni 1899 ein
Gesetz, das Abdeckereiwesen betreffend, erlassen worden. Im
Vollzug dieses Gesetzes ist nun unter dem 3. Mai d. J. eine
Ausführungsordnung und eine Dienstanweisung für die Abdecker
ergangen. Das Gesetz bestimmt im § 1, dass gefallene und
zur Beseitigung bestimmte Thiere, sowie die auf polizeiliche
Anordnung unschädlich zu machenden Thiercadaver von den
Besitzern einer der den polizeilichen Vorschriften entsprechenden
Abdeckereien überwiesen werden müssen.
Ausgenommen hiervon sind kleinere Hausthiere, wie Hunde,
Katzen, Lämmer, Zicklein, Milchschweine, Ferkel, neugeborene
Kälber und Fohlen. Die Gemeinden sind verpflichtet, eine dem
Bediirfniss entsprechende Anzahl von Abdeckereien zu errichten.
Zu diesem Zwecke haben sie einen oder mehrere Verbände mit
körperschaftlicher Berechtigung zu bilden. Welche Gemeinden
zu einem Verbände zu vereinigen sind, an welchen Orten Ab¬
deckereien errichtet werden müssen, bestimmt der Bezirksrath.
Derselbe bestimmt ferner den Abdecker, den ihm znkommenden
Gehalt oder den von ihm zu entrichtenden Pachtzins und die
Höhe der Gebühren und Vergütungen, welche der Abdecker zu
beanspruchen hat. Letzterer hat das Geschäft auf eigene
Rechnung zu betreiben. Dem Bezirksrath liegt es ferner ob,
die jährlich erwachsenen Kosten auf die betheiligten Gemeinden
zu vertheilen. Auch kann er mit ministerieller Genehmigung die
Errichtung von Cadaververarbeitnngs - Anstalten beschliessen,
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466
wozu allerdings die Zustimmung von % der Gemeinderäthe er¬
forderlich ist, sowie die Verpflichtung, dass die von diesen ver¬
tretenen Gemeinden mehr als die Hillfte der durch das Unter¬
nehmen entsprechenden Kosten aufzubringen haben. Zur Ver¬
tretung der Verbände sind Commissionen von drei bis fünf Ge¬
meindevertretern zu wählen. Zu diesen ist der Bezirksthierarzt
mit berathender Stimme hinzuzuziehen.
Die unmittelbare Aufsicht über die Abdeckereien und
Bezirke führt der Bürgermeister derjenigen Gemeinde, in deren
Gemarkung dieselben gelegen sind. Die Kosten, die durch Ein¬
richtung der Abdeckereien entstehen, können gegen 3 proc. Ver¬
zinsung aus der Staatskasse vorgeschossen werden. Zu den
Cadaververarbeitungsanstalten können Staatsbeiträge bewilligt
werden. Den Schluss des Gesetzes bilden Strafbestimmungen.
Die Ausführungsverordnung vom 3. Mai 1900 enthält zu¬
nächst die Bestimmung, dass durch Erlass bei den durch das Gesptz
dem Bezirksrath zugewiesenen Entschliessungen auch der Bezirks¬
arzt und der Bezirksthierarzt zu hören sind. Es folgen sodann
eine Reihe von Vorschriften über die Bildung und Organisation
der Abdeckereiverbände, ferner über die Anlage und Einrichtung
der Abdeckereien. Diese entsprechen den auch anderwärts ge¬
bräuchlichen Bestimmungen und besonders auch der Direction,
wie sie die preussische Regierung für die Anlage von Ab¬
deckereien gegeben hat. Die Abdeckereien sollen von ge¬
schlossenen Ortschaften mindestens zwei, von einzelnen be¬
wohnten Gebäuden mindestens 1 km, von Wegen mindestens
100 m und von Quellen, Wasserleitungen, Brunnen und Wasser¬
läufen jedenfalls sow'eit entfernt liegen, dass eine Verunreinigung
derselben ausgeschlossen ist. Auch in Betreff der Beschaffenheit
der Transportmittel für Cadaver sind Vorschriften gegeben.
Zu Abdeckern dürfen nur zuverlässige Personen bestellt
werden, welche ihre Befähigung durch eine vor dem Bezirks¬
thierarzt abzulegende Prüfung nachgewiesen haben. Sie sind
durch das Bezirksamt handgeliibdlich zu verpflichten. Die nächsten
Paragraphen enthalten Bestimmungen über die Behandlung ge¬
fallener und zu tödtender Thiere. sowie über den Betrieb der
Abdeckereien. Aus denselben ist hervorzuheben, dass ohne
Genehmigung des Bezirksthierarztes die Tödtung von Thieren,
sowie die zur Unschädlichmachung von Thieren und Thier-
theilen erforderliche weitere Behandlung nur in einer den
polizeilichen Vorschriften entsprechenden Abdeckerei vor¬
genommen werden dürfen. Die Besitzer gefallener oder mit
einer ansteckenden Krankheit behafteter, zur Beseitigung be¬
stimmter Thiere müssen der Ortspolizeibehörde Anzeige machen.
Bei nicht ansteckenden Krankheiten genügt eine Anzeige beim
Abdecker. Die Ortspolizeibehörde hat dem Abdecker sowie auch
dem Bezirksthierarzt Nachricht zu geben. Der Abdecker muss
die ihm überwiesenen Thiere innerhalb 12 Stunden abholen.
Diese Frist kann je nach Lage der Verhältnisse von der Orts-
polizeibehörde auf 24 Stunden ausgedehnt werden. Ueber die
Art des Transportes von Thieren mit ansteckenden Krankheiten
entscheidet der Bezirksthierarzt. Auch über die Anlage von
Wasenplätzen sind genaue Vorschriften gegeben. Die Frist, nach
deren Ablauf die Gruben auf den Wasenplätzen geöffnet w r erden
dürfen, bestimmt das Bezirksamt im Einvernehmen mit dem
Bezirkstliierarzt.
In Anschluss an die Ausführungsverordnung ist sodann auch
eine Dienstanweisung für die Abdecker erlassen worden. Die
letztere enthält auch Bestimmungen über die vor dem Bezirks¬
thierarzt abzulegende Prüfung.
No. 39.
Mit dem Erlass des hier in Rede stehenden Gesetzes geht
das Grossherzogthum Baden bei der Regelung einer hygienisch
so bedeutsamen Angelegenheit wieder voran. Hoffen wir, dass
andere Staaten, insbesondere auch Preussen, wo das Abdeckerei¬
wesen theilweise noch sehr im Argen liegt, dem badischen
Muster bald folgen werden.
Staatliche Unterstützung der Rothiaufimpfung in Bayern.
Eine bemerkenswerthe Verfügung in Betreff der Bekämpfung
des Schweinerothlaufs durch Impfung ist im vorigen Jahre unter
den 28. .Juli seitens des Staatsministeriums des Innern in Bayern
ergangen. Dieselbe bestimmt, dass zur Unterstützung der Roth-
laufsclnitzimpfnngen die Kosten für Beschaffung des Impfstoffes
seitens der Thierärzte bis auf weiteres versuchsweise auf die
Staatskasse übernommeu werden. Es wird sodann nicht die
Anwendung eines Impfstoffes empfohlen, sondern es wird sowohl
auf Höchster Rothlaufserum ..Susserin“, als auch auf das in
Prenzlau hergestellte Lorenz’sche Serum aufmerksam gemacht.
Es wird ferner noch auf die Impfstoffe hingewiesen, welche in
dem bacteriologischen Institut in Landsberg a. W., in dem
Laboratorium Pasteur in Stuttgart und von der internationalen
Porcosangesellschaft in Mannheim hergestellt werden. Den
Thierärzten bleibt die Wahl des Impfstoffes und des Impfverfahrens
überlassen.
Bei der hohen Bedeutung, welche heutzutage die Rothlauf-
schutzimpfungp.n für die Bekämpfung des Rothlaufs der Schweine
erlangt haben, ist eine derartige Verfügung wie die obige mit
Freuden zu begrüssen. Hoffentlich wird dieselbe auch in
anderen Staaten bald Nachahmung finden.
In Württemberg ist die Frage der Rothlanfschntzimpfung
übrigens schon seit längerer Zeit amtlich geregelt.
Fleischschau und Viehhandel.
Von Kühnau.
Zur Ausführung des Reichsfleischschaugesetzes.
Fleisohbeschauer.
Der § 22 des Reichsfleischschaugesetzes vom 3. Juni 1900
ermächtigt den Bundesrath, Vorschriften über den Nachweis
genügender Kenntnisse der Fleischbeschauer zu erlassen.
Zu Beschauern sind nach § 5 des Gesetzes approbirte
Thierärzte oder andere Personen, welche genügende Kenntnisse
nachgewiesen haben, zu bestellen.
Die Thierärzte sind nach den Bestimmungen des Gesetzes
nicht ohne Weiteres als Fleischbeschaner qualificirt, sondern
auch für diese kann der Bundesrath Vorschriften über den
Nachweis genügender Kenntnisse erlassen. Der Bundesrath
kann auch von den Thierärzten fordern, dass sie einen Vor-
bereitungscursus an einem öffentlichen Schlachthofe absolvirt
haben müssen, sofern sie als Fleischbeschauer bestellt werden
wollen. Wenn auch durch das abgelegte Staatsexamen bereits
Garantieen für eine ordnungsmässige Ausübung der Fleischschau
gegeben sind, so muss es doch in Betracht des Umstandes,
dass die Thierärzte als ausschliessliche Gutachter bei Noth-
schlachtungen herangezogen werden sollen, als durchaus
wünschenswerth erachtet werden, dass die Thierärzte, welche
sich mit der Ausübung der Fleischschau amtlich zu befassen
haben, den Nachweis erbringen, dass sie in der Technik der
Fleischschan und in der Beurtheilung des Schlachtviehs und
Fleisches Erfahrung besitzen. Diese Erfahrung kann aber nur
an einem grösseren Schlachthofe erworben werden. Wenn man
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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27. September 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Gelegenheit hat, Fleisch, welches von practischen Thierärzten
bereits untersucht ist, zu besichtigen, so kann man nicht so
sehr selten feststellen, wie mangelhaft bei der Untersuchung
des Fleisches verfahren worden ist, und dass die auf Grund des
Ergebnisses der Untersuchung beliebte Aburtheilung des Fleisches
mit dem thatsächlichen Befund durchaus nicht im Einklang steht.
Das Gefühl der Unsicherheit in Sachen Fleischschau wohnt
nicht so wenigen Thierärzten, welche sich ausschliesslich mit
der Praxis beschäftigen, selbst inne, und wiederholt ist mir von
solchen der Wunsch ausgesprochen worden, wenn sie mit der
Ausübung der Fleischscliau amtlich betraut werden sollten, vor¬
erst an einem Schlachthofe ihre Ausbildung in dieser Beziehung
zu vervollständigen. Nicht nur in ihrem eigenen Interesse
sondern auch im Interesse der producirenden Landwirtschaft und
des Consumenten ist ebenso von anderer Seite darauf hingewiesen
worden. Schmaltz hat vorgeschlagen, die Fleischschau dem
ersten Prüfungsabschnitt des Fachexamens als obligatorischen
Prüfungsgegenstand einzufügen. Ostertag hält die practische
Ausbildung des angehenden Thierarztes in der Fleischschau durch
einen mehrmonatlichen Uebungscursus auf einem grösserem
Schlachthofe für dringend erwünscht. Die Kgl. württembergische
Regierung fordert für die Zulassung zur amtsthierärztlichen
Prüfung den Nachweis einer mindestens zweimonatlichen ununter¬
brochenen und ausschliesslich ausgeübten Thätigkeit in einem
grösseren, unter geordneter veterinärpolizeilicher Controle stehen¬
den, öffentlichen Schlachthaus einer Stadt von mindestens 30000
Einwohnern und in der Untersuchungsstation einer solchen für
von auswärts eingeführtes Fleisch.
In Frankreich maeht das Polizeipräsidium zu Paris die An¬
stellung der Thierärzte als „Inspecteurs veterinaires de la
boucherie“ von dem Bestehen einer theoretischen und practischen
Prüfung abhängig. Die Aufnahme einer entsprechenden
Vorschrift über den Nachweis der praktischen Aus¬
bildung in der Fleischschau für die Thierärzte, welche
amtlich zu Fleischbeschauern bestellt werden sollen,
in die Ansführungsbestimmungen zum Fleischschau¬
gesetz ist im Interesse der einheitlichen, sorg¬
fältigen und rationellen Durchführung der Fleisch-
schau unerlässlich. Die Dauer des Vorbereitungscursus kann
auf 2—3 Monate beschränkt werden. Schon jetzt schickt die
elsass-lothringische Regierung junge Thierärzte, welche sich
später amtlich mit der Ausübung der Fleischschan zu befassen
haben, auf 3 Monate nach Hamburg zur Ausbildung in der
Schlachtvieh- und Fleischschau. Wenn man sieht, wie diese
Thierärzte in die Technik sich einarbeiten, sowie bezüglich der
Beurtheilung und weiteren Behandlung des Fleisches Erfahrung
sammeln, wird man erst das volle Verständniss für die Noth-
wendigkeit derartiger Vorbereitungscurse erlangen.
Die Vorschriften über die Ausbildung der Laienfleisch¬
beschauer kann der Bundesrath ebenfalls einheitlich erlassen.
Bestimmungen über die gleichmässige Ausbildung dieses Schau¬
personals sind durchaus nothwendig. Die Laienfleischbeschauer
sollen in der Hauptsache das gesunde Fleisch von dem kranken
trennen können, die weitere Behandlung des kranken Fleisches
ist Sache des Thierarztes. Der Laienfleischbeschauer soll nicht
mit Wissen überladen werden, zu dessen Verarbeitung und In-
sichaufnehmen seine Intelligenz nicht ausreicht. Das beste
Material, aus dem sich Laienfleischbeschauer heranbilden lassen,
sind die Schlachter. Diese wissen, welche einzelnen Theile zu
einem Thiere gehören und sind auch mit den belangreichen
467
Veränderungen des Fleisches schon vertraut, zumal jetzt in
den Fortbildungsschulen der Schlachter bereits Werth auf die
Ausbildung in dieser Hinsicht gelegt wird. Damit soll nicht
gesagt sein, dass auch andere intelligente Personen, vornehmlich
die bisherigen Trichinenschauer für den Beruf als Fleischschauer
sich nicht eignen. Der Unterricht muss theoretisch und practisch
sein und an einem grösseren Schlachthofe abgehalten werden, denn
nur hier haben die Schüler Gelegenheit, viel gesunde Thiei e und
gesundes Fleisch zu sehen. Sie können sich die physiologischen
Abweichungen, welche für die Beurtheilung unwesentlich sind,
einprägen. Sie haben Gelegenheit, kranke Thiere und krankes
Fleisch kennen zu lernen und die Unterschiede, welche dieses
im Vergleich zum gesunden Fleisch zeigt, ihrem Gedächtniss ein¬
zuverleiben. Ferner findet sich an den grösseren Schlachthöfen
wohl auch eine Sammlung von kranken Präparaten, an denen
ihnen die Krankheit erläutert werden kann. Die für den Unter¬
richt zur Verwendung kommenden Lehrbücher müssen leicht
fasslich geschrieben, klar und nicht zu umfangreich sein. Von
den vielen Lehrbüchern, welche erschienen sind, dürfte immer
noch Fischoeders Leitfaden bei entsprechender Umarbeitung
diesem Zweck am besten entsprechen. Das Johne’sche Buch
zeigt wohl eine vorzügliche Disposition und ausserordentlich
viel Wissenswerthes, indessen reicht das Verständniss des an¬
gehenden Fleischbeschauers für dasselbe nicht aus. Erst der
reifere Fleischbeschauer, welcher sich weiter belehren will, kann
das Johne’sche Buch mit Vortheil benutzen. Auch die spätere
Auflage des Simon’schen Werkes eignet sich für Unterrichts¬
zwecke nicht in dem Maasse, wie der „Fischoeder“. Die Dauer
des Unterrichts ist auf mindestens 4—6 Wochen zu bemessen,
denn die Untersuchung und Beurtheilung muss immer und immer
wieder geübt werden, bevor der richtige Griff, Blick und das
Verständniss erzielt worden ist. Bei der Prüfung ist auf die
Kenntniss der normalen Beschaffenheit des gesunden Fleisches
das Hauptgewicht zu legen. Daneben sind genügende Kenntnisse
über die Erscheinungen der Seuchen und die Krankheiten, welche
dem Fleisch eine verdorbene und gesundheitsschädliche Be¬
schaffenheit verleihen, zu verlangen. In dieser Weise aus¬
gewählte und vorgebildete Fleischbeschauer werden die ihnen
übertragenen Functionen zur Zufriedenheit erfüllen. . Da die
Schau sich nach dem Gesetz nur auf die gewerbsmässigen
Schlachtungen zu erstrecken hat, wird bei der engen Begrenzung
der Befugnisse der Laienfleischbeschauer die Hinzuziehung des
Thierarztes bei erheblich erkrankten Thieren oder erheblich
verändertem Fleisch sich ohne Schwierigkeit ermöglichen lassen.
Je mehr bei der Ausübung der Fleischbeschau thierärztlich vor¬
gebildete Sachverständige betheiligt sind, desto einheitlicher
wird sich die Durchführung der Fleischschau gestalten.
Uebersicht über das Verkommen and die sanitätspolizeiliche Behandlung
tuberculöser Sohiaohtthiere in den öffentlichen Schlachthäusern Bayerns
im Jahre 1899.
(Wochenschrift f. Thierheilkunde n \z. 1900 No. 53.)
Im Jahre 1899 wurden in den öffentlichen Schlachthäusern
Bayerns 92 120 Ochsen, 34 137 Bullen, 66 577 Kühe, 51 361 Jung¬
rinder, zusammen 244 195 Rinder, 503 527 Kälber, 771 716
Schweine, 121902 Schafe und Ziegen, insgesammt 1641340
Thiere geschlachtet. Unter diesen Thieren wurden 4090 Ochsen,
= 4,4 pCt (gegen 4,15; 4,0; 3,75; 3,6 pCt. in den Jahren
1898, 97, 96 und 95), 1247 Bullen = 3,6 pCt. (3,2; 3,2; 3,1
2,9), 8312 Kühe = 12,5 pCt. (12,3; 11,0; 10,6; 10,35), 1015
Jungrinder = 2,0 pCt. (1,7; 1,4; 1,4; 1,7) zusammen 14664 Rinder
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468
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 39.
6,0 pCt. (5,7; 5,2; 5,0), 274 Kälber 0,05 pCt. (0,05; 0,03;
0,2), 3157 Schweine 0,41 pCt. (0,35; 0,26; 0,22; 0,19) und
34 Schafe, sowie 8 Ziegen mit Tubercnlose behaftet befunden.
Von den tuberculösen Thieren wurden 3186 Ochsen (77,9 pCt.),
995 Bullen (79,8 pCt.), 5222 Kühe (62,8 pCt.), 757 Jungrinder
(74,6 pCt.) zusammen 10160 Rinder (69,3 pCt.), 45 Kälber
(16,4 pCt.), 2051 Schweine (65,0 pCt.) sowie 22 Schafe, darunter
5 Ziegen (64,7 pCt.), bankmässig freigegeben. 883 Ochsen
(21,6 pCt.) 240 Bullen (19,2 pCt.) 2731 Kühe (32,9 pCt.),
222 Jungrinder (21,9 pCt.) zusammen 4076 Rinder (27,7 pCt.)
221 Kälber (80,7 pCt.), 1044 Schweine (33,1 pCt.) sowie 7 Schafe
und 1 Z : ege (23,5 pCt.) wurden der Freibank überwiesen oder
zum Hausgebrauch zugelassen. 21 Ochsen (0,5 pCt.) 12 Bullen
(1,0 pCt.) 359Kühe (4,3 pCt.), 36 Jungrinder (3,5 pCt.) zusamipen
428 Rinder (3,0 pCt.), 8 Kälber (2,9 pCt.) 62 Schweine, (1,9 pCt.,)
2 Schafe und 2 Ziegen (11,8 pCt.) wurden gänzlich vernichtet.
Der Procentsatz der tuberculösen Thiere schwankte in den
einzelnen der 8 Regierungsbezirke Bayerns nicht unbeträchtlich.
Während so in Unterfranken nur 4,4 pCt. der Rinder tuberculös
befunden wurden, steigerte sich die Zahl in Niederbayern auf
10,0 pCt., bedingt durch den hohen Procentsatz der Tnberculose
unter den Kühen (20,3 pCt.) Die meisten tuberculösen Schweine
fanden sich in Mittelfrauken (0,72 pCt), während die Oberpfalz
nur 0,19 Procent ergeben hat. Das Verhältniss der Tubercnlose
unter den Kälbern schwankt nur von 0,01 pCt. in Unterfranken
und* Mittelfranken bis 0,08 pCt. in Oberbayern. Die meisten
Fälle von Schaf- und Ziegentuberculose sind in Schwaben gefunden
worden, nämlich 10 Schafe und 3 Ziegen (0,15 pCt.)
Bücheranzeigen und Kritiken.
Friedberger u. Fröhner, Lehrbuch der speoiellen Pathologie und
Therapie der Hausthiere. I. Band, 5. verbesserte und vermehrte Auf¬
lage. 1900. Preis 20 M. Verlag von F. Enke-Stuttgart,
Das vorliegende in den Fachkreisen des In- und Auslandes
rühmlichst bekannte Weik ist jetzt zum fünften Male einer
gründlichen neuen Toilette unterworfen worden. Vorläufig ist
der erste Band erschienen. Derselbe zeigt sich in der ge¬
wohnten guten Ausstattung. Die Eintheilung des Materials in
den feststehenden grossen Krankheitsgruppen hat keine wesent¬
lichen Aenderungen erfahren. Zur Entlastung des 2. Bandes
ist dev Abschnitt über Nervenkrankheiten in den ersten anf-
geuouimen worden.
Die von den Autoren gemachte Erfahrung, dass aus prac-
tischen Gründen die Infectionskrankheiten sich nicht vollständig
von den nicht infectiösen trennen lassen, hat sich wiedei^in
einem Falle dargethan. Denn die Borna’sche Krankheit, welche
einen senchenhaften Character hat, ist bei den Nervenkrankheiten
untergebracht.
Die Darstellungsweise, welche bei Abfassung der Kapitel
zur Anwendung kam, hat allgemein, insbesondere bei den
Studirenden soviel Anklang gefunden, dass keine Veranlassung
vorlag, Abänderungen vorznnehmen.
Das Anschwellen der pathologisch-therapeutischen Literatur
führte eine Umfangs Vermehrung des Buches herbei, welche aber
in engen Grenzen gehalten worden ist dadurch, dass nur die
wirklich werthvollen Arbeiten im Text verwerthet, während
alle andern nur als kurze Literaturangabe beigefügt wurden.
Auch an dieser Auflage ist zu constatiren, dass die Autoren
bestrebt gewesen sind, auf dem Gebiete der klinischen Wissen¬
schaft möglichst Vollkommenes zu bieten. Der bisherige Erfolg
des Lehrbuches dürfte daher für die weitere Zukunft gesichert sein.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Cantonalthierarzt Jaeger in Benfeld ist die
Rettungsmedaille am Bande and dem Professor Dr. Arnold, Docent
für Chemie an der hannoverschen thierärztlichen Hochschule, der
türkische Osmanie-Orden III. CI. verliehen worden.
Ernennungen: Dr. Fe lisch definitiv zum Departementsthierarzt
in Merseburg; Dr. Göhre - Rotenburg a. F. zum Bezirksthierarzt in
Gros8enhain (Sachs.).
Promotion: Thierarzt Karl Atbing von der philosoph. Facultät
in Rostock zum Dr. phil.
Wohnoitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Als Ein¬
jährig-Freiwillige treten am 1. Oct. er. ein die Tbierärzte Dr. Athing
beim 19. Drag.-Rgt. in Oldenburg; Hans Lucas beim 11. Feld-Art.-
Rgt. in Cassel und August Nagler beim 1. bayr. Feld-Art.-Regt. in
München. _
Vacanzen.
(Näheres Uber die Vacanzen mit abgelanfener Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreittbierarzfotellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Reg.-Bez. Liegnitz: Sagan zum 1. XI. (600 M. Gehalt). Zeugnisse
und Lebenslauf binnen 4 Wochen an den Regierungs-Präsidenten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R -B. Aachen: Blontjoie. — R.-B. Düsseldorf: Landkreis Krefeld.—
R.-B. Oppeln: Grosa-Streblitz (600 M.) zum 1. October er.
Sanitltsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Bahn: Thierarzt für Fleischbeschau zum 1. Oct. er. (ca. 2000 Mark
und Privatpraxis). Meid, an den Bürgermeister. — Dessau:
Schlachthof - Assistenzthierarzt sofort (1500 M., Wohnung etc.,
vierteljäbrl. Kündigung; event. feste Anstellung mit steigendem
Gehalt.) Bewerb, an die Direction. — Halle: 2 Assistenz¬
thierärzte zu sofort bezw. 1. Octob. er. (1800 M. Wohnung etc.).
Bewerb, an den Schlachthof. — Hamburg: Polizeithierarzt sofort.
(2500 M., 4 wöch. Kündig.). Meid, an den Staatsthierarzt Völlers. —
Königsberg i. Pr.: Schlachthofthierarzt zum 1. Oct. er. (2000 Mk.
Wohnung etc. oder 300 Mark Wohnungsgeld; 6wöch. Kündigung .
Bewerb, sofort an den Director. — Lübeck: Hilfsthierarzt am
Schlachthof. (2400 M. dreimonatliche Kündigung.) Bewerbungen
an die Schlachthofverwaltung. — Rackwitz i Pos.: Thieraizt liir
Schlachtvieh- und Floischschau (1200 M. Fixum. Privalpraxis)
Meid, beim Magistrat. — Wolkenstein: SchlachthofthierarzL (Zu¬
nächst bis 1903 Beihülfe von 700 Mark zugesichert. Privatpraxis
gestaltet.) Bewerb, a. d. Stadtrath.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Arys: Schlachthofverwaltcr zum 1. Oct. er. — Bremen (Stadt):
3. Thierarzt am Schlachthof. — Cassel: Schiachthofassistenz¬
thierarzt. — Cottbus: Schlachthof-Assistenzthicrarzt z. 1. Oct.
— Düren: Sclda« hthofdirektor. — Grätz: (Posen): Schlaclu-
hofinspector. — Graudenz: Assistenzthierarzt am Schlachthot. —
Haltern: Sanitätsthierarzt. — Köln: Schlachthofthierarzt. — Kuu igs-
berg (Ostpr.): Schlachthofthierarzt zum 1. October er. —- Ottwci Ier
(Bez Trier): Schlachthausverwalter. — Pausa: Thierarzt für den
Flcischbeschau-Bczirk. — Salzwedel: Schlachthofvorsteher. —
Stettin: 3. Schlachthofthierarzt zum 1. September. — Wanne:
Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. — St. Wendel: Scblachthof-
verwalter. — Wol lstein (Posen): Schlachthoflnspector zum 1. Oct. er.
— Zoppot: Schlachthofdirector.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotzenau
i. Schl. — Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen
(Kr. Pillkallen). — Lugau: Thierarzt zum 15. Dec. er. (2000 Mark.
Privatpraxis). Bewerb, bis 1. Oct. an den Gemeinderath. — Murr¬
hardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. —
Mengeringhausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schles.).
— Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.).
— Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze Mecklb.).
— Wolkenstein.
Verantwortlich fOr den Inhalt (excl. Inseratenteil): Prot Dr. Schmaltz in Borlin. — Verlag und Eigenthum von Richard 8choetz in Berlin. — Druck von W. Büxenstein, Berlin
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IM« „Berliner ThlerlrrtHcbo Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in Stärke von mindestens l 1 /, Bogen. Dieselbe
Ist sn beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1082)
oder durch die Verlagsbuchhandlung: von Richard
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Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactlonellen An*
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. 8chmaltz,
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fegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz- Berlin.
Verantwortlicher Redactenr.
De Broln Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peter« Preusse Dr. Sohlegel Dr. Vogel Zflndel
Professor Oberthierarzt Departcmontsihieranst Kreisthierarzt Departement'thlerarxt Veterinkrassesaor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthierarzt
Utrecht. Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freibarg i. Br. München. Mülhansen i. EL
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900.
M 40 .
Ausgegeben am 4. Octobcr.
Inhalt: Sohlegel: Zur Kenntniss der Sodomie. — Referate: Albrecht.: Einiges über Geburtshilfe bei kleinen Hunden. — Broden:
Recherches sur l’histog6n6se du tubcrcule et l’action curative de la tuberculine. — Herbert: Untersuchungen über das Vor¬
kommen von Tubekelbacillen in der Marktbutter. — Michellazzi: Experimentelle Untersuchungen über den Marasmus, welcher
in Folge der Ernährung mit sterilisirter Milch von tuberculösen Thieren entsteht — Guillemain u. Cadix; Anwendung des
Acetanilidins bei infectiöser Pneumonie. — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Versammlung der beamteten Thierärzte
des Reg. Bez. Münster im „Hotel Kaiserhof' zu Münster am 24. Juni 1900. — Versammlung Nordhannoverscher Thierärzte. —
Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — Fleischschau und Viehhandel. — Personalien. — Vacanzen.
Zur Kenntniss der Sodomie.
Von
Prof. Dr. M. Sohlegel in Freiburg i. Br.
(Aus dem thlerbygJeniicben Institut der Universität Freiburg i. Br.)
Hervorragendes gerichtsthierärztliches Interesse beanspruchen
alle Fälle von widernatürlicher Unzncht (§ 175 R. St. G. B.)
d. h. von beischlafähnlichen Handlungen, welche von Seiten
der Menschen mit Thieren begangen werden. Sodomia ist die
widernatürliche Befriedigung des Geschlechtstriebes von Männern
mit weiblichen Thieren oder die Benützung von männlichen
Thieren (Hunden) zur Befriedigung des weiblichen Geschlechts¬
triebes. Dieser Unzucht wurden schon in uralter Zeit nicht
nur die Bewohner von Sodoma und Gomorrha, sondern auch
das auserwählte Volk Gottes beschuldigt. Die bisherigen
Beobachtungen über das Vorkommen derartiger unzüchtiger
Handlungen dnrch Männer an weiblichen Hansthieren (Stuten,
Kühen, Ziegen, Hennen, seltener Hunden) sind jedoch sehr
spärlich, noch seltener aber scheinen dieselben zur gerichts¬
thierärztlichen Untersuchung zu gelangen; Hofmann*) erwähnt
ohne nähere Angaben einige hierher gehörige, von Terdieu,
Schauenstein and Kowalewsky publicirte Fälle. Desgleichen
veröffentlicht Prof. Gnillebeau**) mehrere derartige Fälle;
dieser Antor hebt hervor, dass die Schändung von Hennen
namentlich eine Zerreissung der Leber nebst innerer Verblutung
sowie bei rasch tödtlich endenden Fällen eine Erweiterung der
Kloake zur Folge hat, was auch für den nachstehenden Unter-
snchungsfall (cf. Sektionsbefund) zntrifft. Am seltesten jedoch tritt
die Sodomie von weiblichen Individuen mit männlichen Thieren
(und dann stets mit Hunden) in Erscheinung. Der Nachweis der
vollbrachten, verbotenen Cohabitation ist, falls der Thäter nicht
auf der That ertappt wird, meist überaus schwierig za er¬
st:) Prof. Dr. E. v. Hofmann, Lehrbuch der gerichtlichen
Medicin, Wien und Leipzig 1893. S. 177.
**) Prof- Dr. A. Guillebeau, über Verletzungen der Haus-
thiere dureh sexuell-psychopathische Menschen. Schweizer Archiv
für Thierheilkunde, Heft 1, Jabrg. 1899.
bringen, zumal es sich gemeinhin um sehr schlaue, geriebene
und völlig gesundeSnbjecte handelnderen scheusslicheGeschlechts-
verirmng in heruntergekommener Moralität und starkem
geschlechtlichen Drange begründet erscheint. Die Untersuchung
müsste zunächst den Nachweis von menschlichen Samenfäden in
der Scheide des missbrauchten Thieres znm Ziele haben; doch
gelingt dies nicht immer in gewünschter Weise und letzteren
Falls kann selbstredend der Verdacht der begangenen That nicht
ausgeschlossen werden; diagnostischen Werth besitzt ferner der
Fund von Federn (cf. Thatbestand), Haaren, Excrementen oder
Blutflecken von dem betroffenen Thiere an den Genitalien bezw.
den Kleidern des Thäters sowie die Feststellung von Verletzungen
an den Genitalien und deren Umgebung bei diesen Thieren.
Während jedoch Stuten und Kühen durch solche Thorheiten
wenig Gefahr erwächst, sind an Hühnern meist tödtliche Ver¬
letzungen za constatiren; letztere haben sich jetzt bei Hennen
als durchaus characteristische Befunde (cf. Schlusssatz des
2. Gutachtens) herausgestellt. Von diesem Gesichtspunkte ans
scheint es daher bei dem fühlbaren Mangel einschlägiger Mit¬
theilungen ganz am Platze, die beiden folgenden Gutachten
ungeachtet ihrer hässlichen Abscheulichkeit den interessirten
Experten zur Kenntniss zu bringen.
Gutachten in Strafsachen
gegen
K. S. N. von N.
wegen Diebstahls und widernatürlicher Unzucht.
Gemäss des Auftrages des Grossherzoglichen Amtsgerichts
in B. vom .4. IV. 00, No. 5953 ist der Unterzeichnete in obiger
Strafsache aufgefordert, das Cadaver eines Huhnes, an welchem
— wie der Verdacht besteht — in der Nacht vom 1. auf den
2. d. Mts. widernatürliche Unzucht verübt worden sei, einer
genanen anatomischen und microscopischen Untersuchung zu
unterziehen und das Ergehniss der Untersuchung nebst einem
Gutachten über das Vorliegen der bezeichneten strafbaren
Handlung sowie einer Begutachtung des Befundes unmittelbar
i an die Grossherzogliche Staatsanwaltschaft in 0. mitzutheilen.
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470
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 40
Sectionsbefund.
Das dem Unterzeichneten am 5. d. Mts. per Expres über¬
sandte, von demselben im thierhygienischen Institut der Universität
Freiburg i. Br. alsbald secirte und untersuchte Huhn ist ein
kräftig gebautes, gut genährtes, rebhuhnfarbenes, italienisches
Leghorn.
Aeussere Besichtigung: Kamm und Kehllappen auffallend
blass und welk. Federkleid nur in der Umgebung der Kloake
defect. In und unter der Haut der Körperoberfläche befinden
sich im Allgemeinen weder Verletzungen noch Blutungen, aus¬
genommen der Kopf und die Umgebung der Kloake; ersterer
zeigt am Hinterende des rechten Unterschnabelastes eine erbsen¬
grosse Blutung in der Unterbaut. Am Knochengerüst sind
nirgends Beschädigungen nachweisbar. Die stark klaffende
Kloake hält 2 l / 2 cm im Durchmesser; aus derselben hängt ein
30 cm langes Dünndarmconvolut 6 cm weit heraus; mit dem¬
selben sind die feuchten, zerzausten und z. T. ausgerupften
Federn in der Umgebung der Kloake verklebt. Die vogefallenen
Darmschlingnngen sind röthlich verfärbt, im Uebrigen nicht ver¬
letzt; im Fettgewebe des Gekröses derselben befinden sich
mehrere bis erbsengrosse Blutungen und einige Blutgerinsel sind
auf diesen Gekröstheil angeklebt. Die Haut und Unterhaut sind
3—4 cm weit rings um die Kloake herum von vielen kleinen
Blutunterlaufungen durchsetzt und intensiv geröthet. Todten-
starre aufgelöst. — Gefässe der Unterbaut und Musculatur blut¬
leer. Musculatur zwischen den rechtsseitigen Rippen leicht
serös blutig durchtränkt.
Innere Besichtigung: Leibeshöhle: Die Eingeweide, nament'
lieh der Darmkanal, sind nach der linken Seite hin verdrängt.
In der rechtsseitigen Hälfte der Leibeshöhle sind die Bauchluft¬
zellen zerissen, das Bauchfell und das Brustfell durch blutige
Durchtränkung stark geröthet und entzündet; auf dieser Seite
der Leibeshöhle befinden sich theils freiliegend, theils an die
umliegenden Eingeweide leicht angeklebt, mehrere erbsen- bis
bohnengrosse, rundliche, festweiche, schwärzlichgrüne Kothmassen,
mit welchen stellenweise geronnenes Blut vermischt ist. Die¬
selben liegen namentlich in der Nähe eines im hinteren Ende
des Mastdarmes sich befindlichen, schlitzförmigen Risses, welcher
an der Kreisfalte des Mastdarmes mit einer Breite von 2 l / 2 cm
beginnend, sich in der Längsrichtung des Darmes 4 l /j cm weit
nach vorn erstreckt und verengert. Die Ränder des Risses sind
glatt, blutig durchtränkt, und die Darmmusculatur an den
Wundrändern zusammengezogen. Schleimhaut des zerissenen
Mastdarmendes und des Kloakenraumes ist in ihrer ganzen
Ausdehnung mit zahlreichen, kleinen Blutungen durchsetzt,
überall heftig geröthet; Koth ist in diesen Theilen nicht vor¬
handen. — Die vordere Abtheilung der rechtsseitigen Leibes¬
höhle enthält eine grosse Menge dunkelkirschrothen, gut ge¬
ronnenen Blutes, welches besonders den um das Herz und um
die Leber herum gelegenen Raum anfüllt. Ein ausgebreitetes,
zusammenhängendes Blutgerinnsel liegt zwischen dem Herzen
und dem rechten Leberlappen, überzieht letzteren schalenartig
und breitet sich noch auf die rechtsseitigen Dünndarmschlingen
aus. — Die Leber ist blass, lehmfarben, nicht vergrössert. Am
vorderen Ende des rechten Leberlappens befindet sich ein 3 cm
tiefer und 2 cm breiter, klaffender Einriss, sodass die rechte
vordere Leberspitze nach der Körpermitte zu verschoben er¬
scheint; die Lebersubstanz ist auf der Rissfläche etwas breiig
zerquetscht und in der Rissspalte ist das oben erwähnte, die
rechte Leberhälfte und die an diese anschliessenden Darm¬
schlingen abgussartig umgebende Blutgerinnsel eingeklebt, welches
13 cm lang, 2—3 cm breit und bis l / 2 cm dick ist; die Schnitt¬
flächen der festweichen Leber sind graugelb, mässig fettig
glänzend, auffallend blutarm; die Läppchenzeichnung ist deutlich
sichtbar; auf einer Schnittfläche des linken Leberlappens be¬
findet sich eine erbsengrosse Blutung. — Die Milz ist von
normaler Grösse, blassbraunröthlich, erschlafft, Schnittfläche
hellbraun. — Schleimhaut des Drüsenmagens mit leicht ab¬
hebbarem Schleim bedeckt, verwaschen weiss (sonBt ohne Ver¬
änderung). Muskelmagen mit normalen Futterstoffen mässig
gefüllt; Oberhaut desselben leicht abziehbar, die Unterhaut
ohne Veränderung. Der gesammte Dannkanal ist mit massigen
Mengen normalen Speisebreies gefüllt, die beiden Blinddärme
sind durch Gase leicht gespannt. Die Schleimhaut des ganzen
Darmkanals bis zum hinteren Mastdarmabschnitt ohne Ver¬
änderung. — Geschlechtsorgane: der unverletzte Eierstock ent¬
hält eine grössere Anzahl zum Theil reifer Dotterblasen; der
darmförmige Eileiter ist zusammengezogen und leer; ebenso der
Eihalter und die Scheide; die Schleimhaut des Eileiters, des
Eihalters und der Scheide ist in ihrer ganzen Länge intact.
— Nieren: während die rechte Niere nicht verändert erscheint,
zeigt die linke Niere an der bauchwärts gelegenen Seite eine
erbsengrosse Blutung unter der Kapsel; die Schnittfläche beider
Nieren im Uebrigen ohne Sonderheit — Im Herzbeutel ist keine
abnorme Flüssigkeit; die Blutgefäse der Herzoberfläche sind
wenig gefüllt, Herzmuskel zusammengezogen; in beiden Herz¬
hälften nur wenig gut geronnenes Blut; Klappenapperat ohne
Sonderheit; die grossen Gefässstämme nahezu blutleer; Herz¬
muskelfleisch blassbraunröthlich, blutarm. — Lungen: im mittleren
Inspirationszustand befindlich, von ziegelrother Farbe und
elastischer Consistenz; an der Oberfläche der beiden vorderen
Lungenspitzen kleben mehrere grössere Blutgerinnsel und an
denselben Stellen finden sich auch blutige Durchtränkungen im
Lungengewebe. Die übrigen Lungentheile sind überall lufthaltig,
nicht verdichtet; die hellrothen Schnittflächen entleeren auf
Druck grössere Mengen schaumigen Serums; die Schleimhaut
der Luftröre und deren Aeste ist blutarm, blassröthlich. —
Organe des Kopfes und Halses: die Gaumenhöhle beherbergt
einen grösseren, graurothen, stark mit Blut untermischten
Schleimklumpen, welcher sich in die Gaumenspalte und die
Nasenhöhle fortsetzt; die Nasenschleimhäute sind hoch geröthet,
und die Ränder der vorderen Nasenöffnungen erscheinen mit
Blntwasser besudelt. Schleimhaut des Schlundes verwaschen
weiss; Inhalt des Kropfes besteht aus massigen Mengen normalen
Futterbreies (Mais, Körnern, Eierschalen); Schleimhaut des Kropfes
mit grauweissem, abspülbarem Schleime bedeckt, grauweiss. —
Schleimhaut des Kehlkopfes stärker geröthet. — Schädel¬
bedeckung und Schädeldecke ohne Beschädigungen; Schädelhöhle
ohne abnormen Inhalt; Gefässe der Gehirnoberfläche fast blut¬
leer; Gehirnsubstanz von normaler Farbe und Consistenz.
Mikroskopischer Befund.
Im Herzblut befinden sich ziemlich zahlreich nur Cadaver-
bacterien. — Um hinsichtlich des Verdachtes über die Anwesen¬
heit von menschlichen Samenfäden an den verletzten Stellen
eine Entscheidung abzugeben, sind im ganzen 15 mikroskopische
Präparate angefertigt und untersucht worden. Das Unter¬
suchungsmaterial wurde der Eileiterschleimhant, der Kloaken¬
schleimhaut, der Mastdarmschleimhaut, den Wundrändern des
Mastdarmrisses, den Koththeilen der Bauchhöhle und den kothig
und schleimig beschmierten Bauchfelle entnommen. Die von liein
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4. October 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Eileiter stammenden Präparate enthalten in massiger Anzahl
Samenfäden vom Hahn, erkenntlich an dem cylindrischen, halb¬
mondförmig gebogenen Kopfe. In 3 Präparaten, welche von
einer in der rechten Bauchhöhle in der Nähe des Mastdarmrisses
gelegenen Schleimflocke sowie von dem schmierigen Belag des
Bauchfelles hergestellt wurden, sind fünf Körperchen nachzu¬
weisen, welche mit den an dem bimförmigen Kopfe erkennbaren
Samenfäden des Mannes die grösste Aehnlichkeit zeigen; sie
weisen unter dem Mikroskop bei einer Vergrösserung von 1: 325
neben der bimförmigen Gestalt des Kopfes einen etwas ge¬
schlängelten Schwanzfaden und stärkeres Lichtbrechungsvermögen
sowie deutlichere Contouren auf, als die umliegenden sehr zahl¬
reichen, corpuskulären Bestandteile des Präparates; Eigen¬
bewegungen sind an denselben ebensowenig zu beobachten, wie
an den Samenfäden des Hahnes.
Nach den im Vorstehenden aufgeführten Feststellungen gebe
ich mein
Gutachten
wie folgt ab:
Es ist mit grösster Wahrscheinlichkeit anzu¬
nehmen, dass an dem fraglichen Huhne widernatür¬
liche Unzucht verübt worden ist.
Begründung.
Die oben beschriebenen krankhaften Veränderungen in dem
fraglichen Huhne bestehen hauptsächlich in stumpfen Quetschungen
massigen Grades, in Zerreissungen von inneren Organen und in
Blutungen; dieselben kommen fast ausschliesslich auf der rechten
Seite der Leibeshöhle vor, liegen in gerader Richtung vor¬
einander und stehen in fast ununterbrochenem Zusammenhang
untereinander. Alle Veränderungen sind ganz frisch und können
nach ihrem Aussehen und nach ihrer Beschaffenheit erst ganz
kurze Zeit vor dem Eintritt des Todes bei diesem Huhn ent¬
standen sein. Die gleichmässig vertheilten Blutunterlaufungen
in der rings um die Kloake hemm gelegenen Haut, die gleich-
inässigen, heftigen Röthungen auf der KloakeD- und Mastdarm¬
schleimbaut, ohne das Vorhandensein von wirklichen Verletzungen
bezw. Zusammenhangstrennungen, können nur durch nicht allzu
heftige, wiederholte Quetschungen bezw. Reibungen vermittelst
eines stumpfen, glatten, nicht allzu harten Gegenstandes von
gewisser Grösse verursacht worden sein. Nur durch Druck mit
einem derartig beschaffenen Gegenstände kann auch die Ein-
reissung der Mastdarmwand entstanden sein, und zwar während
des Lebens des Huhnes. Denn die Wundränder des schlitz¬
förmigen Risses des Mastdarmes sind blutig durchtränkt; sie
sind ferner weder zerfetzt, noch aufgefasert, sondern glatt, die
Einreissung erfolgte ferner nicht in der Querrichtung, sondern
in der Längsrichtung des Darmes und die Darmmuskeln sind
an den Wundrändern zusammengezogen. Der bezeichnete
Gegenstand wurde durch die Kloake, die rechtsseitige Mastdarm-
wand durchbrechend, ein wenig in schräger Richtung nach vorn
und rechts durch die rechtsseitige Leibeshöhle eingeführt,
•wobei dieser Gegenstand gleichzeitig mit dem Vordringen
Koththeile aus dem Mastdarm nach der Bauchhöhle mitfortriss,
die im Wege liegenden Luftzellen durchbrach und die Beratung
des rechten Leberlappens mit der nachfolgenden tödtlichen Ver¬
kantung bewirkte. Auf diesen zurückgelegten Weg des be-
Äeichneten Gegenstandes weisen das starke Klaffen der Kloake
die heftige, entzündliche Röthung der Kloaken- und Mastdarm-
Schleimhaut, die Verletzung der rechtsseitigen Mastdarmwand,
das Fehlen von Koth im zerrissenen Mastdarmabschnitt und die
471
Verschleppung und Ausbreitung dieses Kothes und von Blut in
der Bauchhöhle, das nur rechterseits mit Blut und Koth be¬
schmierte Bauch- und Brustfell, die Durchlöcherung der rechts¬
seitigen Bauchluftzellen, die Zerreissung des rechtsseitigen Leber¬
lappens, sowie die Verlagerung der Baucheingeweide nach der
linken Seite hin. Die Länge des eingeführten Gegenstandes
deckt sich beiläufig mit der zwischen Kloake und Leber
gelegenen, ca. 13 cm langen Entfernung, während die Dicke
desselben etwa 3—4 cm betragen haben dürfte. Da nun nach
physikalischem Gesetze jeder Druck Gegendruck erzeugt, so
wurden, als der beschriebene Gegenstand etwa auf gleichem
Wege aus der Bauchhöhle austrat, vorliegende Dünndarm¬
schlingen durch die von jenem künstlich geschaffene Oeffnung
herausgepresst. Während der Vollbringung fraglicher That
scheint das Huhn durch heftige Abwehrbewegungen, insbesondere
durch Schleudern mit dem Kopf oder in Folge des gewaltsamen
Festhaltens einige Schädigungen am Kopfe erlitten zu haben
(Blutunterlaufungen am rechten Schnabelende in der Nähe des
Ohres, Blutüberfüllung der Nasenschleimhäute bezw. Blutaustritt
aus denselben). Die Annahme, dass dieses Huhn von einem
Manne geschändet sein dürfte, erscheint auch durch den Umstand
gestützt, dass an den verletzten Stellen in der Bauchhöhle des
Huhnes den Samenfäden des Mannes gleichende Körperchen
nachgewiesen wurden.
Nach diesen Gründen musste ich mein Gutachten, wie
geschehen, abgeben.
Datum. Unterschrift.
Gutachten.
In Anklagesachen
gegen
K. S. N. von N.
wegen widernatürlicher Unzucht.
Gemäss des Auftrages Grossherzoglicher Staatsanwaltschaft
in 0. vom 8. IV. 00. — No. 7765 Tab. D. H. No. 249 — ist
der ganz ergebenst Unterzeichnete in obiger Anklagesache auf¬
gefordert, ein Gutachten unter Berücksichtigung der zugefertigten
Acten nebst zwei Fascikeln Beiacten über die Beschaffenheit
eines beigeschlossenen Ueberführungsstückes zu erstatten.
Thatbestand.
Eingangs meines letzten Gutachtens ist bei der Beschreibung
der Umgebung der Kloake des fraglichen Huhnes sowie durch
die Angaben des Gendarms J. (Acten, Bericht desselben vom
4. 4. 00, J. No. 531) festgestellt, dass die Federn in der Um¬
gebung der Kloake dieses Huhnes feucht und zerzaust und zum
Theil entfernt worden sind. Im Ofen, unter der Bettstatt und
hinter dem Nachttisch lagen im Zimmer des Thäters mehrere
Federn zerstreut.
Bei der körperlichen Untersuchung desselben fand Herr Grossh.
Bezirksarzt M. amHodensacke des K.S. N.haar- bezw.federähnliche
Gebilde angeklebt (Gutachten des Grossh. Bezirksarztes M.
vom 6. 4. 00, No. 466); dieselben konnten von der Hodensack¬
haut ohne Mühe entfernt werden; ihre Farbe entspricht nicht
der Farbe der Schamhaare des N., welche schwarze Farbe
haben. An den Kleidern des K. S. N. sind weder Huhnerfedern
noch -Flaum festzustellen gewesen.
Jene haar- bezw. federähnlichen Gebilde, welche mir von
Grossherzoglicher Staatsanwaltschaft zur Begutachtung über¬
mittelt wurden, habe ich untersucht und festgestellt, dass die¬
selben — mit Ausnahme eines einzigen, schwarzen, 2 1 2 cm
langen (Scham-) Haares — Flaumfedern darstellen, ich zähle
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472
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 40.
deren 7 Stück; beim Vergleiche derselben mit den in der Um¬
gebung der Kloake fraglichen Hnhnes sich befindlichen Flaum¬
federn fällt die augenscheinliche Uebereinstimmnng der Unter¬
suchungsfedern mit den genannten Hühnerfedern hinsichtlich
derGrösse, Form, Farbe und Beschaffenheit auf. Die Grösse der
Untersuchungsfedern entspricht etwa der Länge und Stärke der an
der Kloake stehenden Flaumfedern dieses Huhnes. Ihre Farbe
ist hellgrau, wie dies auch bei den Flaumfedern des Huhnes der
Fall ist, und ihre Beschaffenheit scheint offenbar mit der Structnr
dieser Hühnerflanmfedern übereinzustimmen.
Gutachten.
E 8 ist mit grosser Wahrscheinlichkeit anzu¬
nehmen, dass die an der Hodensackhant des K. S. N.
angeklebt gewesenen federähnlichen Gebilde von der
Umgebung der Kloake des fraglichen Huhnes her¬
rühren.
Begründung.
Aus vorstehendem Thatbestand geht hervor, dass der ver¬
haftete K. S. N. dem fraglichen Huhne — und zwar zwecks
besserer Vollbringung der Tliat wahrscheinlich vor derselben —
die dicht stehenden Flaumfedern um die Kloake herum zum
Theil ausgerupft hat, wobei von denselben im Gefieder welche
hängen blieben. Der Sachverständige, Herr Grossh. Bezirks¬
arzt M. hat nun am Hodensack des K. S. N. Flaumfedern
gefunden, welche nach meinen Feststellungen bezüglich der
Grösse, Form, Farbe und Beschaffenheit mit den in der Nähe
der Kloake dieses Huhnes stehenden Flaumfedern offenbar über-
einstiramen. Des Weiteren ist in der Begründung meines letzten
Gutachtens erwiesen, dass die dort beschriebenen Veränderungen
und tödtlichen Verletzungen desselben Huhnes nur durch einen
stumpfen, glatten, nicht allzuharten Gegenstand von mindestens
13 cm Länge und mindestens 3—4 cm Dicke — alles Eigenschaften,
wie sie keinem anderen Gegenstände, als dem männlichen
Gliede treffender zukommen — verursacht sein mussten. Es
lässt sich daher ungezwungen schliessen, dass der Thäter N.
das letztere durch die Kloake des Huhnes nach Zerreissung des
Mastdarmes in die Leibeshöhle bis zur Leber (cf. die Be¬
gründung meines letzten Gutachtens) eingeführt hat, wobei
gleichzeitig die Hodensackhaut mit den um die Kloake herum
sich befindlichen, schon losgerissenen Flaumfedern in Berührung
gerieth, sodass dieselben an dem Hodensack des K. S N. kleben
blieben.
Ausser den bislang aufgeführten Gründen, welche für die
thatsächliche Ausführung der unzüchtigen Handlung an diesem
Huhne Seitens des K. S. N. sprechen, sind noch beweisende
Momente aus den Beiacten zu entnehmen. Wie sich zunächst
aus dem Actenfascikel vom Jahre 1897 ergiebt, ist K. S. N.
schon im Jahre 1895 vom Grossh. Landgericht in K. wegen
Vornahme unzüchtiger Handlungen mit einem Mädchen unter
14 Jahren und wegen widernatürlicher Unzucht, verübt an
einem Huhn, zu 15 Monaten Gefängniss vorbestraft (Beiacten,
Fascikel 1897, Bl. 5, 13 und 57). Des Weiteren ist K. S. N.
vom Grossh. Landgericht in Kr. im Jahre 1897 wegen wider¬
natürlicher Unzucht, verübt in N., Amt B., an vier Hühnern mit
neun Monaten Gefängniss vorbestraft (Beiacten, Fascikel 1897, Bl.
55, 91/93). Drittens ist dieser K. S. N. im Jahre 1898 vom Grossh.
Landgericht in Kr. wegen widernatürlicher Unzucht, begangen
in W. bei Ph. mit einer Knh und einer Kalbin, zu vier Monaten
Gefängniss vorbestraft (Beiacten, Fascikel 1898, Bl. 11, 65/67
und 111/113). Da nun alle diese vorbestraften Handlungen des
K. S. N., bestehend in widernatürlicher, mit Thieren (nament¬
lich Hühnern) begangener Unzucht vollständig ihrem Wesen
nach mit der vorliegenden Beschuldigung des Angeklagten über¬
einstimmen, so kann es nach dieser Constellation der Verhält¬
nisse kanm einem Zweifel unterliegen, dass jener, seinem Hange
zur Verübung solcher Thaten fröhnend, auch das fragliche
Huhn in der oben angegebenen Weise geschändet hat. Diese
für den angeklagten K. S. N. erwiesene Manie zur fortgesetzten
sich aufs Neue immer wiederholenden Verübung des berührten
Vergehens ist in der Litteratur *) auch für Andere, im Uebrigen
ebenfalls völlig normale, ja in gewissen Beziehungen hervor¬
ragende Männer erwähnt, welche durch ihren grossen geschlecht¬
lichen Drang, verbunden mit tiefstehender Moralität, zu den¬
selben unzüchtigen Handlungen an Thieren getrieben wurden.
Auch die an dem fraglichen Huhn festgestellten krank¬
haften Verändernngen, wie Fehlen der Federn und
Hautröthung um die Kloake herum, starkes Klaffen
der Kloake, Mastdarm- und Leberzerreissung nebst
tödtlicher innerlicher Verblutung sowie Vorfall des
Darmes weisen in durchaus characteristischer Weise
auf die an diesem Huhn durch einen Mann verübte
widernatürliche Unzucht hin.
Datum. Unterschrift.
Der Angeklagte K. S. N. aus N. ist am 9. V. 00 von
der Strafkammer des Grossh. Landgerichts 0. wegen schweren
Diebstahls unter Annahme mildernder Umstände sowie wegen
V'ergehens wider die Sittlichkeit zu einer Gesammtstrafe von
einem Jahr und zwei Monaten Gefängniss, auf welche ein Monat
der erlittenen Untersuchungshaft angerechnet wurde, sowie zu
den Kosten des Strafverfahrens und des Strafvollzugs verurtheilt
worden; zugleich wurde gegen denselben auf Verlust der bürger¬
lichen Ehrenrechte auf die Dauer von fünf Jahren eikannt.
In den Urtheilsgründen erachtete der Gerichtshof folgende
Thatsachen für erwiesen:
Der am 6. Januar 1870 zu N. geborene, ledige, katholische
Schneider und Landwehrmann (Feldartillerie) K. S. N. spielte
am Sonntag, den 1. IV. 00 in B. in der Traube von abends
9—11 Uhr Karten und machte sich etwa um 3 / 4 1 Uhr nachts
mässig angetrunken, keinesfalls jedoch sinnlos betrunken, auf
den Heimweg, ging aber anstatt nach seiner Wohnung nach dem
Anwesen des Schuhmachers P. W., überstieg den 1,30 m. hohen
Lattenzaun, mit welchem der Hofraum des P. W. umschlossen
war, drang innerhalb des Hofes in den daselbst befindlichen,
mit einem Drahtgitter versehenen Htihnerfang durch die Thüre
ein und nahm aus dem verschlossenen Hühnerstall des P. W. ein
Huhn (italienisches Leghorn) im Werth von 6 M. heraus, indem
er das Drahtgitter und die Glasscheibe, mit welchen das
Hühnerstallfenster verschlossen war, eindrttckte und das Huhn,
welches mit fünf andern Hühnern und einem Hahn hinter dem
Fenster auf einer Stange sass, erfasste und herauszog. Dieses
Huhn verbrachte er auf seine Wohnung und nahm mit dem¬
selben auf seinem Zimmer beischlafähnliche Handlungen vor-
indem er sein Glied durch die Kloake des lebenden Huhnes
unter Zerreissung des Mastdarmes in die Leibeshöhle bis znr
Leber des Thieres einführte und dadurch das Crepiren des
Huhnes bewirkte. Das todte Huhn, mit Papierschnitzeln be-
*) Prof. Dr. A. Guillebeau, Ueber Verletzungen der Haus-
thiere durch sexuell psychopathische Menschen. Schweizer Archiv
für Tbierheilknnde, Heft 1, Jahrgang 1899, 8. 1—4.
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4. October 1900.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
473
deckt, versteckte er im Ofen seiner Stabe, wo es bei der Haus¬
suchung vom Gendarm J. aufgefunden wurde.
Hiernach hat sich der Angeklagte in zwei selbstständigen
Handlungen:
1. eines schweren Diebstahles im Sinne von § 242, 243,
Ziff. 2, R. St. G. B.,
2. eines Vergehens gegen § 175 R. St. G. B. schuldig
gemacht.
Referate«
Einiges über Geburtshilfe bei kleinen Hunden.
Von Prof. Albrecht-München.
(Zcitachr. f. Thiermed. 1899, H. 6.)
Es ist eine häufige Erscheinung, dass sich bei kleinen
Hündinnen relativ grosse Früchte ausbilden, welche zu Schwer¬
geburten Veranlassung geben können. Das Missverhältniss
zwischen der Grösse der Frucht und der Mutter wird dadurch
bedingt, dass sich grosse Rüden mit kleinen Hündinnen paaren.
Das Verfahren, welches Verfasser bei den fraglichen Schwer¬
geburten einschlägt, besteht darin, dass der Hündin zunächst
zwecks Anregung der Wehen heisse Umschläge um dem Bauch
gemacht werden. Ein leinenes Tuch wird in heisses Wasser
getaucht, ansgewunden und möglichst heiss um den Bauch
geschlagen, nebenbei werden Bauch und Uterus massirt. Gleich¬
zeitig können wehehtreibende Mittel gegeben werden, wie
Pulv. Secal. cornut., Extr. Secal. cornut., Cornutin, Chinin, Ex-
tract. Hydrast. canadensis. Es ist jedoch Verfasser nie gelungen,
mit einem dieser Mittel allein Wehen zu erregen.
Sobald nun unter der angegebenen Behandlung bei der
Hündin Wehen eintreten, wird dieselbe auf den Rücken gelegt
und durch Auflegung der flachen Hände auf die Bauchdecken
die Bauchmusculatur und damit indirect die Uteruswandung
gespannt, wodurch eine Unterstützung der Contractionen erzielt
wird. Wenn hierdurch der vorliegende Theil des Foetus nicht
in das Becken eintritt, so folgt nunmehr das Heranziehen des¬
selben mit Zange oder Haken. Die Anwendung von Draht¬
schlingen, welche Breulet und Defay empfohlen haben, ist bei
kleinen Hunden (Bologneserspitzen, Wachtelhunden etc.J wegen
der engen Beschaffenheit der Geburtswege, ausgeschlossen.
Muss zum Gebrauch der Zange oder des Hakens geschritten
werden, so ist nicht ausser Acht zu lassen, dass der Foetus
durch einen Gehilfen mit den Fingerspitzen gegen den Becken¬
eingang gedrückt und festgehalten wird. Dann versucht der
Operateur auf den mit Zange oder Haken erfassten Theil der
Frucht möglichst eine Schlinge zu schieben. Während des
Ziehens mit Zange, Haken oder an der Schlinge drückt der
Gehilfe den festgehaltenen Foetus caudalwärts des Mutterthieres.
Faule Hundefoeten lassen sich nur stückweise extrahiren.
Ist eine Frucht zu Tage gefördert, so ist der Uterus mit
einer Desinfectionsflüssigkeit auszuspritzen. Die noch in den
Eihäuten befindlichen lebenden Jungen werden hierdurch keines¬
wegs geschädigt.
Nunmehr muss abgewartet werden bis die nächste Frucht
an den Beckeneingang tritt. Es vergehen hierüber oft Stunden.
In der Zwischenzeit werden alle 20—30 Minuten heisse Um¬
schläge um den Bauch gemacht und eventuell Abortiva ver¬
abreicht. Auch die weiteren Jungen müssen in diesen Fällen
zu Tage gefördert werden. Nach Extraction der letzten Frucht
werden die Reste der Eihäute unter Anwendung streichenden
caudalwärts gerichteten Druckes auf die Bauchwandungen ent¬
fernt, der Tragsack ausgespült und desinficirt. Die Desinfections¬
flüssigkeit lässt sich bei Hunden leicht wieder entfernen, indem
man sie mit den Vorderbeinen aufrichtet.
Behufs rascher Contraction des Uterus spritzt Verf. zuletzt
noch heisse (45—50° C.) lproc. Creolinlösung ein, wobei gleich¬
zeitig die Bauchwand massirt wird.
Nur etwa ein Dritttheil der Hündinnen überstehen die
Schwergeburt. Ein grosser Theil geht durch Collaps innerhalb
24—36 Stunden zu Grunde. Die Ursache der Herzschwäche und
schliesslich eintretenden Herzlähmung ist nicht bekannt. Es ist
nicht ausgeschlossen, dass die Insnfficienz des Kreislaufs auf
eine centrale Gefässlähmung besonders im Splanchnicusgebiete
zurückzuführen ist, wodurch sich ein grosser Theil des Blutes
in dem erweiterten Strombett sammelt, das Herz nicht mehr
genügend gefüllt ist, der Blutdruck sinkt und die Thätigkeit
der Wärme erzeugenden Muskeln sich vermindert, sodass die
Körperwärme unter die Norm herabgeht. „Der unregelmässige
kleine Puls bei den Hündinnen, die geringe Füllung der Herz¬
hohlräume bei der Section“ und die Hyperämie der Hinterleibs¬
organe spricht dafür, dass der scizzirte Vorgang, welchen Rom¬
berg bei Infectionskrankheiten nachgewiesen hat, auch hier zu¬
trifft. Hiernach würde es empfehlenswerth sein, post partum
einen Compressionsverband des Abdomens und Infusion von
Kochsalzlösungen gegen die zu schnelle Abnahme des intra¬
abdominalen Druckes anzuwenden.
Einer speciellen Erwähnung wird des Falles gethan, bei
welchem Kopf und Vordertheil in einem und das Hintertheil
in dem anderen Horn des Uterus angetroffen werden, während
der Rücken des Jungen caudalwärts des Mutterthieres gerichtet
ist. Die Enstehung dieser abnormen Lage dürfte darauf zurück-
zufiihren sein," dass das Junge sich zunächst in der Kopfendlage
befindet, wegen seiner Grösse aber nicht in das Becken ein¬
treten kann und in Folge der treibenden Kraft der Wehen am
Beckeneingang vorbei in der Richtung des geringsten Wider¬
standes und zur Oeffuung des anderen Horns verschoben wird.
Die Entwickelung des Foetus ist in der Weise zu erreichen, dass
derselbe zunächst in Kopf- oder Steissendlage gebracht und dann
wie gewöhnlich verfahren wird.
Nicht selten ist auch, dass bei Hundegeburten der Kopf
vom Rumpfe des Jungen getrennt wird und im Uterus zurück¬
bleibt. Der Geburtshelfer hat dieses Missgeschick besonders zu
befürchten, wenn die Frucht faul ist. Es ist zu versuchen, den
abgerissenen Kopf mit den Fingern durch die Bauchdecken hin¬
durch gegen den Beckeneingang zu schieben, und zwar so, dass
die Nase caudalwärts gerichtet ist. Alsdann wird Ober- oder
Unterkiefer mit Zange oder Haken gefasst oder dieser wird in
den Kehlgang eingeführt und in den Choanen festgehakt und
der Kopf durch Anziehen entfernt. Es ist erforderlich, dass
während des Zuges ein Gehilfe den Kopf in der Richtung der
Beckenachse zurückschiebt.
Keeherches sur l’histogänfese da tabercale et l’aetion
eurative de la tubereuline.
Von A. Broden.
(Archive« de mödecine experimentale et d'anatomie pathologique T. XI. 99, Centralb.
f. B u. P. XXVI, 8. *42.)
Diese Untersuchungen erstrecken sich auf die histologische
Entwicklung des Tuberkels und auf den Kampf des Organismus
gegen den Bacillus bei Thleren, die mit Tuberculin behandelt
worden waren. Eine grosse Zahl von hervorragenden Histologen
wie Baumgarten, Ziegler, Klebs und andere nehmen an,
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 40.
474
dass die Entwicklung des Tuberkels ans dem Bindegewebe her¬
vorgeht, während Hiss, Hartin Hetschnikoff n. A. denselben
ans lymphatischen Zellen hervorgehen lassen. Als geeignetes
Gewebe zur Untersuchung hat Verf. das Netz des Meerschwein¬
chens, Hundes nnd der Ziege gefunden. Kräftige Cnlturen von
Tuberkelbacillen, welche vom Menschen stammten, wurden den
Hunden intraperitoneal injicirt Bei diesen Thieren bildet sich
zuerst ein Exsudat mit ausschliesslichen Leucocyten mit poly¬
morphen Kernen und lebhaft amoeboider Bewegung. Je nach
Concentration der Impfdosis findet man zwischen dem zweiten
und vierten Tage keine freien Bacillen mehr. Der grösste Theil
derselben ist in den Leucocyten eingeschlossen, der kleinere Theil
in den unbeweglichen Elementen. Nach einigen Tagen ver¬
schwinden die die Bacillen einschliessenden Leucocyten und man
findet Bacterien nur noch in den unbeweglichen Elementen.
Die Endothelzellen, welche sich mit den in der Tiefe ge¬
legenen Zellen vereinigen, absorbiren rasch die Tuberkelbacillen,
schwellen an nnd theilen sich, indem sie eine Neubildung pro-
dnciren, welche den Tuberkel bildet Die Neubildung ist in-
filtrirt und bedeckt von polymorphen Leucocyten, welche jedoch
nichts zur Bildung des Tuberkelgewebes beitragen. Bezüglich
der heilenden Wirkung des Tuberculins hebt B. hervor, dass die
Tubercel bei tuberculinisirten Hunden viel entwickelter waren,
als bei Controlthieren, man könne annehmen, die tuberculöse
Neubildung sei eine gfinstige Reaction des Körpers. Bei ge¬
impften Hunden waren die Bacillen im Tuberkel in geringer Zahl
und kurz, ein Zeichen, dass sie sich unter schlechten Lebens¬
bedingungen befinden.
Das Tuberculin erhöht die im Körper vorhandene Kraft, sich
gegen den Tubercelbacillus zu vertheidigen, indem er durch die
ruhenden Zellen eingeschlossen wird. Dr. Jess.
Untersuchungen über das Vorkommen von Tuberkel¬
bacillen in der Marktbutter.
Von A. Herbert.
(Centralbl. f. Bacterlol. u. Parasitcnk. U. XXVII. 10 —11. Hefl 1900.)
In 126 Butterproben, von denen 100 ans Württemberg
stammten, wurde nicht ein einziges Mal echte Tuberculöse nach¬
gewiesen, während säurefeste Pseudotubercelbacillen in
5 Proben nachweisbar waren. In Proben aus anderen Gegenden
war der Procentsatz wesentlich höher, so in 20 Proben aus
Berlin 8 mal, in 5 Proben aus München 4 mal. Verf. führte
den Nachweis der Bacillen nur durch den Thierversuch. Die
gefundenen entfärbungsfesten, bereits von Rabi nowitsch und
Petri beschriebenen Bacterien sind in Gestalt und Säure-
festigkeit dem Tubercelbacillus in der ersten aus dem Thier¬
körper gezüchteten Cultur sehr ähnlich. Beim Weiterzüchten
verschwindet diese Aehnlichkeit alsbald. Von stecknadelkopf¬
grossen Herden bildet sich ein sahniger Belag über die ganze
Fläche des schrägerstarrten Agars, ebenso tritt Farbstoffbildung
auf bis zum intensiven Ockergelb. Auch bei Thierversuchen
unterscheidet sich die Reaction, welche die Pseudotubercel-
bacillen hervorrufen, typisch von echter Tuberculöse; so findet
man bei jenen niemals die characteristische Structur des typischen
epitheloiden und Riesenzellentuberkels; die vorkommenden
epitheloiden und Riesenzellen kommen nicht in der characte-
ristischen Gruppirung des Tubercels vor. Eine Verkäsung fehlt,
dafür tritt eine centrale eiterartige Einschmelzung der Granulations¬
herde ein, wodurch sich der ganze Process mehr dem Rotz als der
Tubemilose nähert. Auch Hess sich in Alcohol-Schnittpräparaten
darthun, dass ein Theil der Bacterien Contrastfärbung annimmt
und nur ein Theil die specifische Färbung behält. Verf. stellte
an sich selbst Versuche an, welche die Unschädlichkeit des
Butterbacillus für den Menschen erwiesen. J.
Experimentelle Untersuchungen über den Marasmus,
welcher in Folge der Ernährung mit sterilisirter Milch
von tuberculösen Thieren entsteht.
Dr. Michellazzi hat im pathologisch-anatomischen Institot
der Universität Pisa über den genannten Gegenstand interessante
Untersuchungen angestellt, aus denen er nachstehende Schluss¬
sätze ableitet:
1. In die Milch eines tuberculösen Thieres geht das tuber¬
culöse Gift (Toxin) unverändert über.
2. Wird Milch eines tuberculösen Thieres tuberculosekranken
Thieren eingespritzt, so entsteht die characteristische fieber¬
hafte Temperatursteigernng, während die Milch eines gesunden
Thieres, wenn sie einem tuberculosekranken Thiere eingespritzt
wird, keine Reaction verursacht.
11. Die Milch einer tuberculösen Mutter wirkt toxisch bei
den Kindern, welche lange Zeit mit dieser Milch ernährt werden.
4. Die Sterilisation der Milch eines tuberculösen Thieres
bei 100° hat keinen absoluten practischen Werth, weil die
toxischen Producte des Tubercelvirus nicht unschädlich gemacht
werden, obwohl dieses selbst durch den hohen Hitzegrad ver¬
nichtet wird.
5. Die Milch eines tuberculösen Thieres, welche durch 100°
sterili8irt ist, bewirkt bei lange Zeit fortgesetztem Gebrauch
als Nahrungsmittel eine langsame, chronische Intoxication des
Organismus. (Supplemento de Policlinic. u. Clinica vet. 1900,
H. 15.)
Anwendung des Aeetanilidins bei infectiöser Pneumonie.
Von Guillemain und Cadix, Mil.-Veterinaire in Moulins.
(Recuell SO. 8. 1900.)
G. und C. haben das von Cadeac und Guinard empfohlene
Acetanilidin in Latwerge in Dosen von je 2 gr, zusammen pro
die von 10 gr, verabreicht. Die antithermische Action ist deutlich
hervorgetreten, ist aber oft nur flüchtig und unregelmässig, was
G. und C. der nicht genügenden Dosis zuschreiben. Dieselbe
sollte erhöht werden und wegen der raschen Elimination des
Arzneistoffes den ganzen Tag über zur Verwendung kommen.
Zündel.
Kleine Mittheilungen.
Verdorbene Kiele.
In einem Rinderstall erkrankten plötzlich neun Kühe auf¬
fällig, fünf leichter. Die hervorstechende Erscheinung war ein
starker Durchfall neben Appetitlosigkeit und erheblicher Ab¬
nahme der Milch. In dem Stalle war gekaufte Kleie verfüttert
worden. Zwei Kühe, welche dieselbe nicht erhalten hatten,
waren gesund geblieben. Hierauf wurde eine Untersuchung der
Kleie vorgenommen. Dieselbe enthielt 2 pCt. Sand und Erde;
in einem Kilogramm 120 Unkrautsamen, Milben, viele Micro-
organismen u. s. w. Die wenigen vorhandenen Kornradetheilchen
konnten die Ursache der Erkrankung nicht sein. Die Kleie
war vielmehr in Zersetzung begriffen und verdorben. Es wurde
dreimal Rothwein in Kamillenthee verabreicht, die Kleie weg¬
gelassen und gutes Heu nnd Gerstenschrot gegeben, worauf die
Krankheitserscheinungen verschwanden. Der Fall beweist wieder,
wieviel Unftig im Kleiehandel getrieben wird, und wie sehr es
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4. October 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 475
rathsam ist, statt die Kleie theuer zn kaufen, die Körner
selber zu schroten. (Sächs. Veterinärber. 1898.)
Mykotische Gastroenteritis bei Rindern.
Die Bezirksthierärzte Prietsch und Dr. Lungwitz be¬
obachteten häufig das Auftreten einer mykotischen Magen- und
Darmentzündung bei Rindern und Schweinen. Nach P. zeigte
sich die Erkrankung häufig im Frühjahr in den Dörfern der
Muldenaue; plötzliche, schnell tödtliche Erkrankungen nicht
selten mehrere in einem Stalle. Hohes Fieber, Schmerzen im
Bauch; anfangs Verstopfung, dann unstillbarer Durchfall; grosse
Schwäche; Tod oft schon nach 24 Stunden; Behandlung nutzlos.
Obductionsbefund: Hochgradige Magendarmentziindung. Die Ur¬
sache wurde stets im Verfüttern angefaulter Kartoffeln und
solchen Strohes gefunden, welches von im Vorjahr überschwemmt
gewesenen Feldern stammte. Futteränderung liess die Er¬
krankung aufhören. — Nach L. verliefen die Fälle so schnell,
dass oft Milzbrandverdacht auftauchte. Vergeblich wurden Be-
fallungspilze im Futter gesucht, obwohl nur Futterschädlichkeiten
die Ursache sein konnten. Man nennt die Erkrankung im dortigen
Bezirk „Schnelle Kröte“. (Sächs. Veterinärber. 1898.)
Tagesgeschichte.
Am 25. September er. ist der Wirkliche Geheime Ober¬
regierungsrath a. D. Benno Beyer, Ritter hoher Orden, bekannt
durch seine Amtstätigkeit als Vorsitzender der Königlichen
Technischen Deputation und Decernent für das Veterinärwesen
in Preussen, verstorben.
Versammlung der beamteten Thierärzte
des Beg.-Bez. Münster im „Hotel Kaiserhof“ zu Münster
am 24, Juni 1900.
Anwesend waren ausser dem Vorsitzenden, Departements¬
thierarzt und Veterinär-Assessor Hinrichsen, die Kreisthier¬
ärzte: Fürstenau-Ahaus, Schulte - Freckling - Ibbenbüren,
Langenkamp-Recklinghausen, Steinbach-Borken, Wilkens-
Warendorf, Diedrichs-Münster und Banniza-Dülmen; nicht
erschienen bezw. verhindert: Waltrup-Beckum, Dopheide-
Burgsteinfnrt und Ti 11 mann-Lüdinghausen.
Der Vorsitzende eröffnete die Versammlung mit herzlichen
Begrüssungsworten um 11 Uhr und machte zunächst einige An¬
gaben zur Herbeiführung einer grösseren Uebersichtlichkeit und
Kürze bei Ausfüllung der Spalte 2 des Tagebuches. Bezüglich
der Unzulässigkeit einer gleichzeitigen Liquidation von Tage¬
geldern und Gebühren bei Vornahme mehrerer auswärtiger
Dienstgeschäfte an einem Tage war man übereinstimmend der
Ansicht, dass darin für die auf Nebeneinnahmen angewiesenen
Kreisthierärzte eine grosse Härte liege, falls die Gebühren von
Privaten erhoben werden könnten, und dass in dieser Beziehung
eine Aenderung angestrebt werden müsste. Vom Vorsitzenden
wurde hierbei erwähnt, dass von einem Kreisthierarzte wieder¬
holt z. B. für die Beaufsichtigung von Viehmärkten oder für
die Untersuchung eines Pferdetransportes ausserhalb der
amtlich hierfür festgesetzten Zeit im Tagebuch B. Tage¬
gelder und für eine an demselben Tage im staatlichen Interesse
ansgeführte Obduction im Tagebuch A. Gebühren berechnet
worden seien. Zur Vermeidung von Abstrichen könnten in
solchen Fällen auch im Tagebuch B. anstatt der Tagegelder
Gebühren liquidirt werden. Sodann wurde die Quarantäne
des Handelsviehes zur Sprache gebracht, welche neuerdings
in den Rheinlanden von fünf auf sieben Tage verlängert worden
ist. Eine solche Quarantäne war auch im Reg.-Bez. Münster
durch Verfügung vom 14. Mai 1896 angeordnet, aber bereits am
17. April 1897 wieder aufgehoben worden, weil die Durch¬
führung dieser an sich zur Bekämpfung der Maul- und Klauen¬
seuche allerdings wohl geeigneten Massregel auf Schwierigkeiten
gestossen war, namentlich die vorhandenen Ausführungsorgane
zu einer wirksamen Controle nicht ausreichten.
Letztere wäre nur möglich gewesen durch eine Inanspruch¬
nahme der Controlthätigkeit der Veterinär- wie Polizeibeamten,
welche deren Kräfte erheblich hätte übersteigen und sie ihrer
anderweiten dienstlichen Thätigkeit hätte entziehen müssen.
In den Fällen, in welchen die Massregel durchgeführt worden
ist, wurden erhebliche Klagen der Betheiligten — vor Allem der
Händler — über die dadurch hervorgerufenen wirthschaftlichen
Schädigungen laut. Die durch die Quarantäne verursachte Ver-
thenerung des Handelsviehes dürfte aber weniger von den
Händlern, als von den Landwirthen getragen werden und somit
der Nachtheil für die Landwirtschaft durch den
immerhin noch recht zweifelhaften Erfolg bezüglich der Ver¬
hinderung der Weiterverbreitung der Viehseuchen nicht auf¬
gewogen werden können. Behufs Umgehung der Quarantäne
werden die Händler vielfach grössere Viehtransporte an der
Bahn ansammeln und direct an den Markt befördern, anstatt die
Thiere zunächst in den Stall oder auf die Weide zu bringen.
Im Anschluss hieran wurde vom Vorsitzenden empfohlen,
darauf hinzuwirken, dass die gemäss Regierungs-Verfügung vom
4. Mai 1899 beim Ausbruch der Maul- und Klauenseuche, des
Rotzes, der Lungenseuche oder der Schweineseuche (Schweine¬
pest) in einem Kreise auf Veranlassung des Landraths
zulässigen ausserordentlichen Stallrevisionen im
Interesse der Seuchenbekämpfung häufiger vorgenommen werden.
Aus der Versammlung wurden Bedenken dahin geäussert,
dass es für den beamteten Thierarzt peinlich sei, eventuell den
Landrath auf die Nothwendigkeit der Vornahme dieser ausser¬
ordentlichen Stallrevisionen aufmerksam zu machen bezw. eine
diesbezügliche Requisition einholen zu müssen, und aus diesem
Grunde hätten offenbar die fraglichen Beaufsichtigungen bislang
nicht häufiger stattgefunden.
In der Regierungs-Verfügung ist gesagt, dass die ausser¬
ordentlichen Revisionen der Ställe auf Veranlassung des Land¬
raths stattfinden können! Es wäre zur Beseitigung des vor¬
erwähnten Hindernisses bei der Seuchenbekämpfung demnach
zweckmässiger, wenn vorgeschrieben würde, dass die ausser¬
ordentlichen Stallrevisionen bei grösserer Seuchengefahr (nach
Massgabe des § 29 des Reichsviehseuchengesetzes bezw. des
Min.-Erlasses vom 15. October 1888) regelmässig auf Ver¬
anlassung des Landraths stattfinden müssen!
Damit würde eine Controle des Handelsviehs herbeigeführt,
deren Durchführbarkeit und Zweckmässigkeit keinem Zweifel
unterliegen kann. Nebenher müssten dann noch allgemeine
Vorschriften, betreffend den Bau und die Einrichtung, sowie die
periodische Desiufection der fraglichen Viehställe erlassen werden,
damit die beamteten Thierärzte auch die Desiufection derselben
anordnen können (§ 27, Abs. 3 und 4 des Reichsviehseuchen-
gesetzes), was bislang im Reg.-Bez. Münster nicht der Fall ist,
denn es soll hier, abgesehen von der Untersuchung der vor¬
handenen Thiere, bei den Revisionen lediglich auf die Rein¬
haltung und Desinfection der Ställe hingewirkt werden.
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476
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 40.
Bei der nun folgenden Besprechung der Schafräude wurde
allgemein das Badeverfahren als die rationellste Heilmethode
bezeichnet und auf den letzten diesbezüglichen Min.-Erlass vom
19. April 1900 hingewiesen, nach welchem das Fröhner’sche
Badeverfahren auch in solchen Fällen nachgeholt werden muss,
wenn die wegen ungünstiger Witterung etc. zunächst ein¬
geleitete Schmierkur ohne Erfolg geblieben ist.
Es ist also nicht ausgeschlossen, dass in manchen Fällen
vom Badeverfahren Abstand genommen wird, wenn der beamtete
Thierarzt nach Ablauf des Winters bei erneuter Besichtigung
einer im vorhergehenden Jahre räudigen Schafheerde keine
verdächtigen Erscheinungen mehr wahrgenommen hat. Da es
dem Besitzer aber möglich war, vorher einfach die sichtbar
kranken Schafe zum Schlachten zu verkaufen und die Stückzahl
durch Ankauf nicht räudiger Thiere wieder auf die frühere
Höhe zu bringen, so wäre die Räude bei einer solchen Heerde
in der Regel doch nur scheinbar erloschen. Deshalb erscheint
es dringend geboten, in dieser Beziehung stets sorgfältig nach¬
zuforschen, um event. auch in solchen Fällen das Badeverfahren
nachzuholen, obgleich bei der Untersuchung keine Spuren der
Räude nachgewiesen werden konnten. Demgemäss ist auch im
Schlusssätze des fraglichen Min.-Erlasses vorgeschrieben, dass
in jedem Falle, in dem die Anwendung des Badeverfahrens
unterbleibt, die Gründe genau angegeben werden müssen. Noch
besser dürfte es aber sein, einfach vorzuschreiben, dass keine
räudige Schafheerde für geheilt erklärt werden darf, bevor nicht
das Badeverfahren vorschriftsmässig zur Anwendung gelangt ist.
Zu den Schutzmassregeln beim Neuausbruch der
Maul- und Klauenseuche in einer bisher seuchefreien
Gegend, in welchem Falle nach der Aufhebung.des Min..-Er-
lasses vom IG. November 1893 neuerdings mehrfach nur das
verseuchte Gehöft abgesperrt worden war, bemerkte der Vor¬
sitzende, dass ein solches Verfahren nicht richtig und nicht
zweckmässig sei. Denn erfahrungsgemäss wäre der Ansteckungs¬
stoff meistens schon auf Thiere benachbarter Ställe übertragen
oder bei Verheimlichung der Seuchenausbrüche gar schon früher
in solchen Ställen vorhanden gewesen. Demgemäss dürfte es
sich empfehlen, in jedem Falle ein grösseres Beobachtnngsgebiet
zu bilden, was seines Erachtens auch sub IH des Min.-Erlasses
vom G. December 1H99 zum Ausdruck gebracht wurde. Getheilt
waren die Ansichten über die Ausfuhr von Zucht- und Nutz¬
thier en aus den Beobachtungsgebieten. Nach den Vorschriften
der §§ 59 a, Abs. 2 und G4, Abs. 3 der Bundesraths-Instruction
vom 27 Juni *^5 kann die Ausfuhr gestattet werden.
Zweckmässig wäre es offenbar, diese Erleichterung in
jedem Falle von einer Erklärung des beamteten Thierarztes ab¬
hängig zu machen, wie bei der Gehöftssperre (§ 59, Absatz 3
der B. R. J.)
Bezüglich der Marktcontrole wurde der Erlass einheit¬
licher Vorschriften als wünschenswerth bezeichnet, und zwar
nicht nur im Interesse der SeuchentilgUDg, sondern auch damit
den beamteten Thierärzten keine unbegründeten Vorwürfe in
dieser Beziehung gemacht werden könnten.
Schliesslich wurde von Wilkens die Frage aufgeworfen, ob
für Thiere, die an Wild- und Rin der seuche verendet wären,
eine Entschädigung aus der Provinzialkasse beansprucht
werden könnte.
ln veterinär-polizeilicher Beziehung soll freilich diese Seuche
wie Milzbrand behandelt werden (cfr. Beyer, Viehseuchen¬
gesetze, IV. Auflage, Seite 411), die Versammlung war jedoch
der Ansicht, dass dennoch bislang in Preussen für die an
Wild- und Rinderseuche eingegangenen Thiere eine Entschädigung
nicht beansprucht werden könnte, weil im Gesetze vom 22. April
1892 und den zugehörigen Reglements ausdrücklich nur Milz-
und Rauschbrand Erwähnung gefunden haben.
In Bayern wurde durch Verfügung vom 15. Juni 1892 die
Entschädigung auf Wild- und Rinderseuche ausgedehnt.
Nach Schluss der Versammlung hielt ein gemeinschaftliches
Mahl im „Kaiserhof' die Collegen noch einige Stunden in ge-
müthlicher Stimmung beisammen.
Der Vorsitzende: Der Schriftführer.
Hinrichsen. Diedrichs.
Versammlung Nordhannoverscher Thierärzte,
abgehalten zu Harburg am 25. August 1900.
Auf Einladung der in der vorigen Versammlung gewählten
Commission hatten sich am 25. August im Schützenpark zu
Harburg folgende Herren eingefunden: Schmidt-Stade, Holtz-
hauer-Lüneburg, Nicol-Geestemünde, Ehling-Winsen, Scheel-
Freiburg, Huxel-Osterholz, Sahlin g-Harburg, Holm-Harburg,
Ripke-Rotenburg, Simonsen-Oberndorf, Hr. Schöttler jun.-
Stade, Köser-Drochtersen, Luther-Dorum, Langhoff-Buxte-
hude, Timmroth-Ottersberg, Schöttler-Himmelpforten.
Nach Begrüssung der Erschienenen Seitens des Departements-
thierarztes Schmidt wurde über die auf der letzten Versamm¬
lung nicht erledigte Frage, betr. die Mitwirkung der Thierärzte
bei den Stutenschauen weiterberathen. Nachdem fast allseitig
betont war, dass es hier zur Zeit den Thierärzten nicht ver¬
gönnt oder doch sehr schwer gemacht wird, bei den Stuten¬
schauen einen auch nur bescheidenen, durch die Wichtigkeit der
in Betracht kommenden krankhaften Anlagen der Thiere, für
deren Beurtheilung sie zweifellos competent erachtet werden
müssen, voll gerechtfertigten Einfluss zu üben, fast alle Be¬
theiligten vielmehr das Gefühl gehabt haben, Seitens der
Commissionsmitglieder nur als wegen der Augenuntersuchung
nicht ganz entbehrliches Uebel angesehen zu werden, wurde
von der Versammlung einstimmig der Wunsch ausgesprochen,
dass fernerhin kein Kollege bei den hiesigen Stutenschauen mit-
wirken möge, so lange dem Thierarzt dabei nicht, etwa durch
Gewährung des Stimmrechtes, so viel Einfluss gesichert ist, wie
jedem Commissionsmitgliede.
Nach vertraulicher Berathung einer für die Oeffentlichkeit
nicht bestimmten Angelegenheit wurde dann einstimmig anstatt
der bisherigen lockeren Vereinigung ein Verein der Thierärzte
zwischen Unter-Elbe u. Weser gegründet und die Hoffnung aus¬
gesprochen, dass sich auch die nahe wohnenden Collegen der
nicht hannoverschen Gebiete anschliessen möchten.
In den Vorstand wurden gewählt:
Dep.-Thierarzt Schmidt als Vorsitzender, Kr.-Thierarzt Nicol
als Stellvertreter, Thierarzt Schöttler, Himmelpforten als Schrift -
u. Kassenführer, Kr.-Thierarzt Du well als Stellvertreter.
Der Vorstand wurde beauftragt, der nächsten Versammlung
Statuten zur Berathung vorzulegen. Als Zeit der nächsten
Versammlung wurde Ende Januar, als Versammlungsort Geeste¬
münde*) in Aussicht genommen.
*) Da sich nachträglich herausgestellt bat, dass für eiue Yer
Sammlung in Geestemünde die Züge sehr ungünstig liegen, ist vom
Vorstand als Ort der nächsten Versammlung Rotenburg in Aussicht
genommen.
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4. October 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 477
Die zur Berathung gestellte Frage, ob die Backsteinblattern
auch veterinairpolizeilich als Rothlauf zu behandeln seien,
wurde bejaht.
Der von Schöttler, Himmelpforten vorgezeigte und kurz
erläuterte Emasculator fand lebhaftes Interesse und liess den
Wunsch entstehen, auf der nächsten Versammlung einen Vortrag
über Castration vermittelst dieses Instrumentes zu hören.
Den Schluss der Versammlung bildete ein gemeinsames
Mahl, bei dem es recht heiter herging. Leider musste dann
ein Theil der Collegen bald aufbrechen, um ihren letzten Abendzug
zu erreichen.
Schmidt. Schöttler.
XXXIV. General-Versammlung des tierärztlichen Provlnzial-Verelna für
Posen am 21. October d. J. Vormittag II Uhr,
in den Räumen der Freimaurer-Loge, Grabenstrasse 25.
(Strassenbahn-Linie: Bahnhof-Damrastrasse oder Bahnhof-Dom.)
Tagesordnung.
1. Geschäftliche Mittheilungen. 2. Wahl eines Delegirten
für die Centralvertretung der thierärztlichen Vereine Preussens
an Stelle des ausgeschiedenen Herrn Kreisthierarztes Dr. Felisch-
Inowrazlaw. 3. Vorlage eines Entwurfes neuer Vereinsstatuten.
4. Ueber Schutzimpfungen gegen den Schweinerothlauf. Referent:
Herr Kreisthierarzt Dr. Foth-Wreschen. 5. Mittheilungen aus
der Praxis.
Nach der Sitzung findet ein Festessen — Couvert 4 M. —
zu Ehren der beiden Herren Jubilare, Kreisthierarzt Frick-
Rawitsch und Kreisthierarzt Reinemann-Krotoschin, statt,
zu welchem die Herren Collegen und deren Damen mit der
Bitte eingeladen werden, die Zahl der gewünschten Couverts
geiälligst bis spätestens 17. October d. J. dem Unterzeichneten
angeben zu wollen.
Posen im September 1900.
Heyne.
Thierärztlicher Verein zu Berlin.
Sitzung am Montag, den 8. October 1900, Abends 8 Uhr im
Rathskeller.
Tagesordnung:
I. Vereins-Angelegenheiten. Besprechung des Winter¬
vergnügens.
II. Vorträge. 1. Herr städt. Ober-Thierarzt Henschel.
Das Reichsgesetz, betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau.
2. Herr Professor Dr. Eberlein: Das Königliche Hauptgesttit
Graditz. 3. Mittheilungen ans der Praxis.
Gäste willkommen.
(gez.) Professor Dr. Eberlein, Neumann,
1. Vorsitzender. Schriftführer.
Verein schlesischer Thierärzte.
Die Herbstversararalung des Vereins kann erst am 4. No¬
vember d. J. stattfinden, da ein zur Sitzung geeignetes Local
in der statutenmässig vorgesehenen Zeit nicht verfügbar ist.
Arndt.
Berichtigung.
In dem Sitzungsprotocoll des thierärztlichen Vereins im
R.-B. Wiesbaden (No. 37 der B. T. W.) muss es am Anfang des
drittletzten Absatzes anstatt „In der Discussion, welche sich
mit weit geringerem Beifall .... anschloss“ heissen „mit
nicht geringerem Beifall etc.“.
Staatsveterinärwesen.
Von Preusse.
Nebenämter bezw. Nebenbeschäftigungen der beamteten
Thierärzte.
In Württemberg ist bekanntlich unter dem 29. März 1898
ein Gesetz, betr. die Dienstverhältnisse der Oberramtstliierärzte,
erlassen worden, durch welches die letzteren zu unmittelbaren
Staatsbeamten gemacht worden sind. Der Wortlaut dieses Ge¬
setzes ist in Beil. 3 des Jahrganges 1899 dieser Wochen¬
schrift abgedruckt. In Verfolg dessen ist nun Seitens des
Ministeriums des Innern in Württemberg unter dem 2. Mai
1900 eine Verfügung ergangen, welche von der Uebernahme
von Nebenämtern und Nebenbeschäftigungen, sowie dem Betrieb
von Gewerben durch die Oberamtsthierärzte handelt. Danach
findet der Art. 8 des Gesetzes vom 28. Juni 1876 betr. die
Rechtsverhältnisse der Staatsbeamten auch auf die Oberamts¬
thierärzte mit folgenden näheren Bestimmungen Anwendung:
Für die Uebernahme von Nebenämtern oder Neben¬
beschäftigungen mit fortlaufender Belohnung in Funktionen bei
Amtskörperschaften, Gemeinden oder Vereinen, zu welchem die
Oberamtsthierärzte dem Gesetze gemäss verpflichtet sind, ist
eine ministerielle Genehmigung nicht erforderlich, desgleichen
nicht, wenn es sich lediglich um Funktionen handelt, die im
Bereich der den Oberamtsthierärzten gestatteten Privatpraxis
liegen.
Bei Uebernahme von Lehraufträgen an landwirtschaft¬
lichen Unterrichtsanstalten und Lehrwerkstätten für Huf¬
beschlag, von Stellen eines staatlichen Beschälaufsehers, eines
Orts- oder Distriktsthierarztes, eines örtlichen Fleischbeschauers,
von Funktionen bei den landwirtschaftlichen Vereinen, Vieh¬
zuchtgenossenschaften und ähnlichen Veranstaltungen wird den
Oberamtsthierärzten die Genehmigung allgemein erteilt, vor¬
behaltlich des Widerrufs, wenn sich im einzelnen Falle Unzu¬
träglichkeiten ergeben sollten.
In allen anderen Fällen ist gemäss dem Art. 8 des Beamten¬
gesetzes vom 28. Juni 1876 die Genehmigung des Ministeriums
des Innern einznholen. In diesen Fällen ist Anzeige an das
Vorgesetzte Oberamt zu machen, welche dieselbe dem Ministerium
zur Entschliessnng vorzulegen hat. Derartige Anzeigen brauchen
nicht erfolgen bei Uebernahme von Nebenbeschäftigungen,
welche Functionen betreffen, zu denen die Oberaratsthierärzte
gesetzlich verpflichtet sind, Geschäften der tierärztlichen
Privatpraxis, wissenschaftlichen und schriftlichen Arbeiten,
ferner von Geschäften, welche mit der Verwaltung des Ver¬
mögens des Oberamtsthierarztes und seiner Familienangehörigen
Zusammenhängen, sowie Geschäftsbesorgungen für Verwandte
oder Verschwägerte in grader Linie und in der Seitenlinie bis
zum vierten Grad.
Die Uebernahme von Agenturen für Viehversicherungen ist
den Oberamtsthierärzten verboten.
Im Anschluss hieran interessirt es wohl, auf die in Preussen
gütigen diesbezüglichen Bestimmungen hinzuw'eisen :
Da die beamteten Thierärzte in Preussen unmittelbare
Staatsbeamte sind, so trifft für sie auch die A. K. 0. vom
13. Juli 1839 zu, welche besagt: „Kein Staatsbeamter darf
ein Nebenamt oder eine Nebenbeschäftigung, mit welcher eine
fortlaufende Remuneration verbunden ist, ohne vorgängige aus¬
drückliche Genehmigung derjenigen Centralbehörde übernehmen,
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478
BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 40.
welcher das Haupt- und das Nebenamt untergeben sind“. Weiter¬
hin wird bestimmt, dass Verabredungen, wonach ein Beamter,
um eine Nebenstelle oder Nebenbeschäftigung zu übernehmen,
sich in seinem Hauptamte, wenn auch auf eigene Kosten, ganz
oder theilweise vertreten lassen will, unzulässig sind.
Die A. K. 0. vom 20. November 1840 sagt nun, dass die
vorgehenden Bestimmungen nicht bloss Anwendung finden, wenn
ein unmittelbarer Staatsdiener ein anderes öffentliches Amt
übernehmen will, für welches eine zweite Centralbehörde con-
currirt, sondern auch dann, wenn ein solcher Staatsdiener ein
Amt bei einer Corporation oder Privatperson zu übernehmen
beabsichtigt. Bei Versetzung in eine andere Dienststelle bedarf
es erneuter Anfrage und Genehmigung zur Beibehaltung des
Nebendienstes (Res. v. 6. April 1840) Der Begriff „Nebenamt“
ist im weitesten Sinne zu verstehen und auf eine feste ver¬
waltende Thätigkeit im Dienste von Corporationen unter allen
Umständen mit zu beziehen. Der Genehmigung der Centralinstanz
bedarf es zur Uebernahme von Nebenämtern in allen Fällen,
zur Uebernahme von Nebenbeschäftigungen nur für den Fall,
dass mit der Letzteren fortlaufende Remunerationen verbunden
sind (Erlass vom 21. December 1886). Diese Vorschrift der
Einholung der Genehmigung bezieht sich auf Nebenämter und
Nebenbeschäftigungen im Allgemeinen. Es sind aber auch noch
eine Reihe von Sonderbestimmungen erlassen worden. So be¬
sagt der Staatsministerialbeschlnss vom 2. März 1851, dass es
für Staatsbeamte sowohl zur Annahme der Wahl als Gemeinde-
verordneter, als zur Uebernahme eines besoldeten oder un¬
besoldeten Amtes in einer Gemeideverwaltung der Genehmigung
der Vorgesetzten Dienstbehörde bedarf.
Eine solche Genehmigung ist dagegen nicht erforderlich zur
Annahme des Mandats als Kreistagsabgeordneter (Rescr. vom
25. Mai 1873, M Bl. S. 126).
Im übrigen sind nach § 78 der Städte-Ordnung vom 30. Mai
1853 bezw. § 65 der Landgemeinde-Ordnung vom 3. Juli 1891
die unmittelbaren Staatsbeamten berechtigt, Gemeindeämter ab¬
zulehnen. Da das Amt eines Waisenraths als ein Gemeindeamt
anzusehen ist, so treffen hier die gleichen Bestimmungen zu.
(Rescr. v. 19. Febr.1876.) Dagegen bedarf es keiner Genehmigung
zur Annahme des Amtes eines Aeltesten des Gemeindekirchen¬
raths. (Rescr. v. 15. Juli 1874.) Der § 22 der Vormundschafts¬
ordnung vom 5. Juli 1875, der übrigens durch die neueren Be¬
stimmungen im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht aufgehoben ist,
(s. § 1784), sagt: Wer ein Staatsamt etc. bekleidet, bedarf zur
Führung einer von dem Vormundschaftsgericht eingeleiteten
Vormundschaft der Genehmigung der zunächst Vorgesetzten Be¬
hörde. Dasselbe gilt für den Gegenvormund. Eine gleiche Be¬
stimmung ist auch im § 2 der Schiedsmanns-Ordnung vom
29. März 1879 enthalten, so dass also auch das Amt eines
Schiedsmanns nicht ohne Genehmigung angenommen werden darf.
Es ist fernerhin die Genehmigung erforderlich für die Function
des sogenannten Vicewirths, im Besondern, wenn die Beamten
dafür eine Gegenleistung in baarem Gelde oder mittelst freier
Wohnung etc. empfangen (Rescr. vom 12. August 1884).
Es sei sodann erwähnt, dass die Staatsbeamten auch zu
dem Betriebe eines Gewerbes der Erlaubniss ihrer Vor¬
gesetzten Dienstbehörde bedürfen, sofern nicht das Gewerbe
mit der Bewirtschaftung eines ihnen gehörigen ländlichen
Grundstückes verbunden, oder sonst durch gesetzliche Be¬
stimmungen ein anderes angeordnet ist. Die Erlaubniss muss
auch zu dem Gewerbebetrieb ihrer Ehefrauen, der in ihrer
väterlichen Gewalt stehenden Kinder, ihrer Dienstboten und
anderer Mitglieder ihres Hausstandes eingeholt werden (§ 19
Tit. II der pr. G. 0. vom 17. Januar 1845 und § 12 R. G. 0.).
Schliesslich ist noch darauf hinzuweisen, dass nach dem Gesetz
vom 10. Juni 1874 unmittelbare Staatsbeamte ohne Genehmigung
des Vorgesetzten Ressortministers nicht Mitglieder des Vorstandes,
Aufsichts- oder VerwaltungBraths von Actien-, Commandit- oder
Bergwerks-Gesellschaften sein und nicht in Comit^'s zur Gründung
solcher Gesellschaften eintreten dürfen. Eine solche Mitglied¬
schaft ist gänzlich verboten, wenn dieselbe mittelbar oder
unmittelbar mit einer Remuneration oder mit einem anderen
Vermögensvortheile verbunden ist.
Nach § 2 kann solchen unmittelbaren Staatsbeamten, welche
aus der Staatskasse eine fortlaufende Besoldung oder Remuneration
nicht beziehen oder welche nach der Natur ihres Amtes neben
dieser Besoldung noch auf einen anderen Erwerb hingewiesen
sind, (Medicinalbeamte u. s. w.), die Genehmigung, auch wenn
mit der Mitgliedschaft ein Vermögens vortheil verknüpft ist.
ertheilt werden, sofern die Uebernahme der letzteren nach dem
Ermessen des Vorgesetzten Ressortministers mit dem Interesse
des Staatsdienstes vereinbar erscheint. Die ertheilte Genehmigung
ist nach § 3 jederzeit widerruflich.
Die vorstehend genannten Bestimmungen treffen für alle
unmittelbaren Staatsbeamten, also auch für die Medicinalbeamten
zu. Die Letzteren, demnach also auch die beamteten Thier¬
ärzte, bilden nur insofern eine Sonderstellung, als sie vom
Staate eine auskömmliche Besoldung nicht erhalten und daher
auch auf den Erwerb aus der Praxis angewiesen sind. Dies
ist auch besonders in dem Gesetz vom 10. Juni 1874 zum
Ausdruck gebracht worden. Demnach gehört die thierärztliche
Privatpraxis nicht zu den Nebenbeschäftigungen der beamteten
Thierärzte und die Ausübung derselben bedarf keiner besonderen
Genehmigung. Selbstredend dürfen die Geschäfte der Privat¬
praxis nicht mit den Dienstgeschäften collidiren. Letzteren
gebührt zweifellos der Vorrang. Anders steht es nun mit den
vollbesoldeten beamteten Thierärzten, das ist die Mehrzahl der
Departements-Thierärzte. Diesen ist eine bedingungslose Aus¬
übung der Privatpraxis nicht gestattet, dieselbe bedarf, wo sie
ausgeübt wird, jedenfalls der Genehmigung. Was nun noch andere
im Bereiche des thierärztlichen Berufs stehende Geschäfte der
Kreisthierärzte anbetrifft, so fallen für die Genehmigung selbstredend
allesolche Geschäfte aus, welche auf Grund der seuchengesetzlichen
Bestimmungen von den Kreisthierärzten ausgeübt werden müssen,
auch wenn deren Remunerirung nicht aus der Staatskasse,
sondern aus Mitteln von Communen, Körperschaften oder Privat¬
personen erfolgt. Diese fallen eben nicht unter den BegTifF
„Nebenamt oder Nebenbeschäftigung“. Hier kann natürlich
auch von keiner Genehmigung die Rede sein. Hierunter gehört
auch die veterinärpolizeiliche Aufsicht über die öffentlichen
Schlachthäuser. Im Falle jedoch der Kreisthierarzt mit der Ver¬
waltung des Schlachthauses im Interesse des Eigenthümers
desselben betraut wird, so ist hierzu eine Genehmigung für den
ersteren erforderlich. Es ist ferner eine Genehmigung anch
erforderlich für die Annahme einer Lehrerstelle an einer land-
wirth8chaftliclien Unterrichtsanstalt oder an einer Hufbeschlag¬
lehranstalt. Bezüglich der Letzteren wird es allerdings in
vielen Fällen einer besonderen Genehmigung nicht bedürfen, da
meistens die Annahme der thierärztlichen Lehrerstelle an einer
Hufbeschlaglehrschmiede oder Fachschule Seitens des Kreis¬
thierarztes auf Veranlassung des Regierungs-Präsidenten erfolgt.
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4. Octobcr 1900.
BERLINER TIUERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
479
Die Ausübung der Fleischbeschau ist den Kreisthierärzten
selbstredend ohne vorherige Genehmigung gestattet, sofern
nicht hiermit eine fortdauernde Remuneration verbunden ist.
In diesem Falle dürfte gleichfalls eine Genehmigung er¬
forderlich sein.
Die bei Landwirthschaftskammern, Viehzuchtgenossen¬
schaften etc. seitens der Kreisthierärzte ausgeübten Neben¬
beschäftigungen sind zwar meist mit dem thierärztlichen Beruf
eng verknüpft, dieselben bedürfen jedoch dann der Genehmigung,
wenn sie mit einer fortlaufenden Remuneration verbunden sind.
Die Uebernahme von Agenturen von Vieh-Versicherungsgesell¬
schaften ist den beamteten Thierärzten gemäss dem Ministerial-
Erlass vom 3. Januar 1898 überhaupt verboten. Durch den Er¬
lass vom 5. Juli 1898 ist jedoch eine Betheiligung der beamteten
Thierärzte bei dem Betriebe der Schlachtviehversicherung zu¬
gelassen worden. Die Thätigkeit derselben hat sich jedoch nur
darauf zu erstrecken, dass sie gegen angemessenes Entgelt die
zur Aufnahme der Thiere erforderlichen thierärztlichen Unter¬
suchungen ausführen und die erforderlichen Atteste ausstellen.
Das Entgelt darf nur nach festen Sätzen für jede Untersuchung,
jedes Attest u. 8. w. bemessen oder als feste Vergütung für
einen bestimmten Zeitabschnitt festgesetzt werden.
Zur Ausübung dieser Thätigkeit ist die Genehmigung des
Regierungs-Präsidenten erforderlich.
Naohwelsaog Ober den Staad der Viehseuchen In Deutschen Reiche
am 15. September 1900.
[Die Zahlen hinter den Landestheilen bedeuten Kreise (und
Gemeinden).]
Gegenüber dem Seuchenstand am 31. August er. sind fol¬
gende Aenderungen zu bemerken:
Mit Rotz sind in 37 Gemeinden 50 Geh. verseucht. In
Prenssen ist der R.-B. Minden frei geworden, dagegen Erfurt 1 (1)
und Düsseldorf 1 (1) neu hinzugekommen. In Sachsen ist die
Seuche in der Kreishauptmannschaft Zwickau erloschen und dafür
die Kreishauptm. Leipzig 1 (1) als verseucht aufgefuhrt. — Die
Maul- und Klauenseuche ist neu aufgetreten in den preuss.
R.-B. Schleswig, Arnsberg je 1 (2), Minden, Koblenz, Köln je
1 (1) und erloschen im R.-B. Gumbinnen. Von anderen Bundes¬
staaten ist die sächs. Kreishauptm. Leipzig mit 2 (2), der bayr.
R.-B. Pfalz, bad. Landescomm. Konstanz, beide Reuss u. Hamburg
mit je 1 (1) neu betroffen, und nur Landescomm. Freiburg,
Prov. Rheinhessen u. Fürstenth. Birkenfeld seuchefrei geworden.
Insgesammt sind in 424 Gemeinden 1412 Geh. als verseucht ge¬
meldet. — Die LnngenBeuche ist ausser den bereits namhaft
gemachten noch im R.-B. Liegnitz 1 (1) constatirt worden.
Zur Zeit Bind 8 Gern. (8 Geh.) verseucht. — Die Schweine¬
seuche (Pest) ist in Preussen im Reg.-Bez. Merseburg und
Münster getilgt worden. Von anderen Bundesstaaten ist bayr.
R.-B. Oberpfalz, Mittelfranken, Unterfranken, sächs. Kreishauptm.
Bautzen u. Zwickau, württ. Neckarkreis, Bez. Obereisass mit
je 1 (1) neu betroffen und Prov. Oberhessen, Rheinhessen,
Braunschweig, Sachs.-Meiningen seuchefrei geworden.
Mail- und Klaqeaseacbe auf Schlaoht-Viehhöfen.
In Nürnberg ist die Seuche unter den Schweinen aof dem
Schlachthofe am 17. September er. wieder erloschen. Von
München ist unterm 24. Ausbruch mit gleichzeitigem Erlöschen
nnter Ueberständerindern und von Mainz unterm 27. ein Seuchen-
ausbmch gleichfalls unter Ueberständerindern gemeldet, welcher
am 28. wieder erloschen war.
Fleischschau und Yiehhandel.
Von Köhnau.
Uefaer die Leitung und Bebufaiohtigung der Schlachthäuser in Frankreich
durch Thierftrzte.
Kopp theilt in der „Rundschau“ 1900 No. 10 aus der dem
französisch nationalen thierärztlichen Congress in Paris 1900
von Carreau und H. Rossignol vorgelegten Druckschrift
„Organisation du Service sanitaire (Angers, Schmitt, Stran¬
de au) mit, dass in Frankreich die von Thierärzten geleiteten
Schlachthäuser die Ausnahme bilden. Nachdem vor 25 Jahren
Bordeaux als erste die Schlachthausleitung einem Thierarzt an¬
vertraute, folgte eine Reihe anderer Städte, darunter auch Paris.
In zahlreichen Städten wird der Thierarzt in den Schlacht¬
häusern nur gelegentlich zur Untersuchung zugezogen, während
für gewöhnlich Laienfleischschauer die Schau ausüben. Noch
andere Schlachthäuser entbehren jeder thierärztlichen Controle
und Leitung. Deshalb sind dem Congress folgende Schluss¬
sätze von den Referenten unterbreitet worden:
1. Es ist wünschenswert^ dass alle bedeutenderen Städte
die Leitung ihres Schlachthauses städtischen Thierärzten über¬
geben, die so gestellt werden, dass sie auf Privatpraxis ver¬
zichten können.
2. Es ist nöthig, dass alle Gemeinden, die ein öffentliches
Schlachthaus besitzen, dieseB unter die täglich vorzunehmende
Controle eines oder mehrerer Thierärzte stellen.
3. Es ist absolutes Erforderniss, dass diejenigen Schlacht¬
häuser, die einer thierärztlichen Controle entzogen sind, von
Staatswegen unter die Aufsicht eines oder mehrerer Thierärzte
gestellt werden.
Blutverwerthiing.
Die Albuminfabrik auf dem Berliner Schlachthof soll auf die
„Deutschen Peptonfutterwerke“ übergehen. Diese Gesellschaft
will das auf dem Schlachthof gewonnene Blut mit dem Magen¬
inhalt von Rindern und Schweinen nach einem neuen Verfahren
zu Futter verarbeiten. An Stelle des sogenannten Füllmaterials
bei der Blutmelassefutterbereitung, das in gemahlenen Hafer¬
hülsen oder anderen fettreichen Vegetabilien besteht, soll hier¬
nach der eingespeichelte, mit Magensaft imprägnirte, also pepto-
nisirte, aber noch nicht verdaute Inhalt des ersten Rindermagens
(zerkleinertes Heu) und des Schweinemagens (Gerstenschrot)
verwendet werden. Das Futter soll als Kraftfutter für Pferde
und Schlachtthiere dienen. Bevor ein Urtheil über das Futter
zu fällen ist, müssen erst die Ergebnisse von Fütterungs¬
versuchen abgewartet werden.
Unterricht In den Fachschulen der Fleischer.
Ein lobenswerthes Streben der Fleischer-Innungen ist
darauf gerichtet, den Fleischerlehrlingen eine gründlichere
theoretische und praktische Durchbildung zu theil werden zu
lassen. Der Obermeister Schmidt der Berliner Innung hat An¬
fang August wiederum einen Cursus, an dem sich bisher zwanzig
Lehrlinge betheiligen, eröffnet. Von einem Thierarzt der
städtischen Fleischschau werden den Lehrlingen die Thiere in
ihrem Zusammenhänge mit den inneren Organen vorgeführt, auch
werden sie im Anschluss daran über das Erkennen der ver¬
schiedenen Krankheiten als Tuberculose, Trichinen, Finnen und
deren Entwicklung u. 8. w. unterrichtet. Ausserdem erwerben
die Lehrlinge Kenntniss in der Zerlegung des Fleisches, in der
Beurtheilung des Werthes und der Qualität der einzelnen
Fleischstücke, ferner in der Herstellung aller Fleisch- und
Wurstwaaren, sowie Anwendung der verschiedenen Hilfs- und
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480
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
■.No. 40.
Conservirungsmittel. Jeder Lehrling, welcher zum Gesellen ge¬
sprochen wird, muss vorerst eine Prüfung ablegen. Auch die
Hamburger Schlächter-Innung hat einen Cursus im ersten Quartal
jeden Jahres eingerichtet, in dem die Lehrlinge von dem dortigen
Oberthierarzt über den Aufbau und die Lebensbedingungen der
Schlachtthiere, Einfluss der Gattung, des Geschlechts, des Alters,
der Aufzucht, der Mästung und der Rasse auf die Beschaffen¬
heit des Fleisches, Transportbedingungen des Schlachtviehs,
Schlachtmethoden, Fleischbeurtheilung, Aufbewahrungs- und
Conservirungsarten des Fleisches, Krankheiten der Schlacht¬
thiere, Veränderung des Fleisches nach der Schlachtung und
Vernichtung des nicht genusstauglichen Fleisches, sowie die in
Betracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen unterrichtet
werden.
Fleischbeschauer-Prüfung in England.
Bei der im letzten Monat stattgehabten Prüfung für
Nahrungsmittel-Inspectoren, zu welcher sich 6 Candidaten ge¬
meldet hatten, mussten folgende Fragen beantwortet werden:
1. Was ist der Hauptinhalt der verschiedenen gesetzlichen
Bestimmungen gegen den Verkauf von ungesunden und un¬
tauglichen Nahrungsmitteln?
2. Welche Theile der Schlachtstücke sind mit Rücksicht auf
Tuberculose zu untersuchen? Durch welche Erscheinungen be¬
kundet sich die Krankheit in den verschiedenen Theilen des
Schlachtstückes? Wie sind die verschiedenen Formen und Stadien
ihrer Entwickelung?
3. Welche thierischen Parasiten kommen in dem Fleisch
von Ochsen und Schweinen vor; welche erzeugen bei den
Menschen Krankheit? Woran erkennt man die Parasiten? Welche
Thiere unterliegen den parisitären Krankheiten am meisten?
4. Was für eine Prüfung ist anzuwenden, um die Schäd¬
lichkeit des Fleisches, sowohl im ganzen Schlachtstück als auch
in einzelnen Theilen, nachzuweisen?
5. Welches ist die normale Beschaffenheit der Lnngen,
Leber und Nieren eines Ochsen, Schafes und Schweines?
6. Welche Erscheinungen erwartet man zu finden in den
Lungen eines Ochsen,
a) der zu Tode verblutet ist,
b) der kurz nach dem Tode geblutet hat,
c) der überhaupt nicht geblutet hat, aber einige Stunden
nach dem Tode auf einer Seite gelegen hat?
7. Was für Unterschiede kennt man zwischen einem ge¬
schlachteten Kaninchen und einer Katze?
8. Beschreibung mit Skizzen der Einrichtung und Drainage
eines Muster-Schlachthauses;
9. Welche Schlachtmethoden beim Rind, Schaf u. s. w. werden
für die besten gehalten, und welches System der Aufbewahrung
der Schlachtstücke nach dem Schlachten zur Conservirung hat
sich am besten bewährt?
10. Welche Erhaltungsmittel werden gewöhnlich der Nahrung
und dem Getränk hinzugefügt? Welche und in welchen Mengen
sind sie gesundheitsschädlicli?
Personalien.
Ernennungen etc.: Reissmann, Oberthierarzt der Fleischschau in
Berlin, zum Director der städtischen Fleischschau daselbst.
— Dem Departementsthierarzt Schmidt ist mit seiner Versetzung
nach Stade das Decernat bei der Königl. Regierung übertragen
worden und Weiterführung der kreisthierärztlichen Geschäfte des
Kreises York. Die Bezirksthierärzte Karl Hofer-Ebermannstadt
und Joseph Neuwirth-Kemnath nach Friedberg bezw. Sulzbach
versetzt. — Dr. Ellinger-Dermbach nebenamtlich zum Lehrer für
Thierzucht an der landwirthschaftlichen Schule zu Marksuhl (Kr.
Eisenach), Thierarzt Zietzschmann (Donauescbingen) zum
Assistenten am pathol. Institut der Dresdener Thicrärztl. Hochschule.
Gewählt: Thierarzt K. Matt zum Schlachthofverwalter in
St. Wendel.
Wohnsitzverladerungen, Niederlassungen etc. Verzogen: Die Thier¬
ärzte Albrecht von Nauen nach Marzhausen b. Friedland (Leine),
Alfred Dinter von Canth nach Breslau, Fr. Dröge nach Neu¬
stadt a. Rübenberge b. Hannover, Jacobsen von Semmenstedt
(Braunschw.) nach Altona-Bahrenfeld, Hesselbach von Pössneck
nach Semmenstedt, J. Meyer (bisher Einj.-Freiw. in Celle) nach
Münder a. D., Schiel von Wandsbeck nach Hamburg, Stephan
Schmidt nach Rosenheim (Bay.) als bezirksthierärztl. Assistent,
Gustav Schmidt von Hofbeim nach Gemünden (Unterfranken),
0. Simon von Bremervörde nach Cbarlottenburg, Otto Schulze
und A. Schwarz als Einj.-Freiw. nach Magdeburg (Trainbat No. 4)
bezw. Hannover (Königs-Ul. No. 13).
In der Armee: Kirsten undThienel, einj.-frw. Unterveterinäre
im 2. bayr. Trainbat. in Würzburg, als active Unterveterinäre zum
2. Ul.-Reg. in Ansbach bezw. zum 6. Chevauxlegers-Regiment in
Bayreuth versetzt.
Yacanzen.
(Näheres über die Vacanzen mit ab gelaufener Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Krelsthlerarztstellen eto.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Reg.-Bez. Liegnitz: Sagan zum 1. XI. (600 M. Gehalt). Zeugnisse
und Lebenslauf binnen 4 Wochen an den Regierungs-Präsidenten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Aachen: Montjoie. —■ R.-B. Düsseldorf: Landkreis Krefeld. —
R.-B. Oppeln: Gross-Strehlitz (600 M.) zum 1. October er.
SanitltsthierarztstelleB: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Berlinchen (Neumark): Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau:
aus letzterer ca. 20°0 M. Einnahme. Bewerbungen sofort an den
Magistrat. — Lübeck: Hilfsthierarzt am Schlachthof. (2400 M. drei¬
monatliche Kündigung.) Bewerbungen an die Schlachtbofverwaltung.
— Rackwitz i. Pos.: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischschau.
(1200 M. Fixum. Privatpraxis.) Meid, beim Magistrat. — W olkenstein
Schlachthofthierarzt. (Zunächst bis 1903 Beihülfe von 700 Mark zu¬
gesichert. Privatpraxis gestattet.) Bewerb, a. d. Stadtrath.
b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen :
AryB: Schlachthofverwalter zum 1. Oct. er. — Bahn: Thieraxzt
für Fleischbeschau. — Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachthof.
— Cassel: Schlachthofassistenzthierarzt— Cottbus: Schlachthof-
Assistenztbierarzt z. 1. Oct. — Dessau: Schlachthof-Assistenzthier-
arzt. — Düren: Schlachthofdirektor. — Gr ätz (Posen): Schlacht¬
hofinspector. — Graudenz: Assistenzthierarzt am Schlachthof. —
— Halle: 2 Assistenzthierärzte. — Haltern: Sanitätsthierarzt —
Hamburg: Polizeithierarzt. — Köln: Scblachthofthierarzt.—Königs¬
berg (Ostpr.): Schlachthofthierarzt zum 1. October er. — Ottweiler
(Bez Trier): Schlachthausverwalter. — Pausa: Thierarzt für den
Fleischbeschau-Bezirk. — Salzwedel: Schlachthofvorsteher. —
Stettin: 3. Scblachthofthierarzt zum 1. September. — Wanne:
Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. — Wollstein (Posen):
Schlachthofinspector zum 1. Oct er. — Zoppot: Schlachthofdirector.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). —- Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotzenau
i. Schl. — Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen
(Kr. Pillkallen). — Lugau: Thierarzt zum ,15 Dec. er. (2000 Mark.
Privatpraxis). Bewerb, bis 1. Oct. an den Gemeinderath. — Murr¬
hardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. —
Mengeringhausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schlea.).
— Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Sebloppä (Westpr.).
— Schwarzenberg i. S.— Sonnenburg. — Suelze (Meeklb.).
— Wolkenstein.
Besetzt: Sanitäts-Thierarztstelle in St Wendel.
Verantwortlich für den Inhalt (excL Inseratenteil): Prot Dr. Schmalta in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schoetr ln Berlin. — Druck von W. BOxenateln, Berlin.
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wöchentlich in St&rke von mindestens 1*/, Bogen. Dieselbe
ist zu beziehen durch den Buchhandel, die Post (Mo. 1088)
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Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 4L Ansgegeben am 11. October.
Inhalt: Steinbach: Ist. zur Diagnose des Milzbrandes die Obduction erforderlich? — Anders: Ueber die Wirkung des
„Amyloform“. — Referate: Schmidt: Zur Aetiologie der senchenhaften Augenentzündungen der Rinder. — Nicolas: Die
Entzündungen des Uvealtractus beim Pferde. — Hobday: Laparotomie als diagnostisches Hilfsmittel. — Olt: Mastdarm¬
krebs beim Pferde. — Kitt: Carcinom des Eierstocks bei der Katze. — H. Markus: Ein Fall von Struma beim Pferde. —
Tagesgescbichte: Bericht über die in Aachen abgehaltene 72. Versammlung dcntscher Naturforscher und Aerzte. — Protocoll
der 2. ausserordentlichen Versammlung der Gruppe „Schlacbthof- und Sanitätsthierärzte“ vom thierärztlichen Centralverein für
die Provinz Sachsen, die anhaitischen und thüringischen Staaten, abgehalten am 16. September 1900 zu Magdeburg. —
Steinmeyer: Der practische Thierarzt als Fleischbeschaner. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — Fleisch¬
schau und Viehhandel. — Personalien. — Vacanzen.
Ist zur Diagnose des Milzbrandes die Obduction
erforderlich?
Vou
Dr. Steinbach-Trier,
Departementsthierarzt.
Vortrag, gehalten in der Abtheilung für Thierheilkunde
der Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Aachen
am 20. September 1900*).
M. H. Während des Spätsommers und Herbstes 1898 kamen
in den Gemeinden Manderscheid und Bettenfeld des Kreises
Wittlich zahlreiche Erkrankungen unter dem Rindvieh vor, die
durch ihren raschen, tödtlichen Verlauf an Milzbrand erinnerten
un l von dem zuständigen, inzwischen verstorbenen Kreisthierarzt
Dr. Hermes auf Grund der Obductionsbefunde und des Er¬
gebnisses der microscopischen Untersuchung auch für Milzbrand
erklärt wurden. Da sich jedoch nachher der Gedanke auf¬
drängte, diese Fälle seien wohl auf sog. bösartige Maul- und
Klauenseuche zurückzuführen, und deshalb der Landeshauptmann
der Rheinprovinz die betr. Entschädigungsansprüche be¬
anstandete, da ferner gegen Ende des Jahres 1898 auch zahl¬
reiche Milzbranderkrankungen ans den Kreisen Ottweiler nnd
St. Wendel zur Meldung gelangten, so wurde, nachdem ich am
1. November 1898 die Departementsthierarztstelle für den
Regierungsbezirk Trier übernommen hatte, mit Rücksicht auf
die gegen die Richtigkeit der Diagnosen erhobenen Einwände
und gleichzeitig zur Förderung des microscopischen Nachweises
der Milzbrandbacillen vom Regiemngspräsidinm zn Trier an¬
geordnet, dass die Kreisthierärzte in jedem Falle von Milzbrand
oder Milzbrandverdacht auf eine etwa 1 cm grosse Stelle eines
gut gereinigten Objectträgers in dünner Schicht einige Tropfen
Halsvenenblut oder Milzbrei bringen, dieses Material an der
Sonne oder in der Nähe eines Ofens trocknen, dann den Object¬
träger in eine kleine Pappmappe, wie sie zum Versenden von
Blut- oder dergl. Proben gebräuchlich sind, legen und nachher
untersuchen sollten. Sofern sie durch die microscopische Unter¬
suchung Milzbrandbacillen nachwiesen, sei die Probe in der
*) Vgl. hierzu auch die Tagesgeschichte Seite 486 dieser Nummer.
durch eine Schnur zn schliessenden Pappmappe nebst kurzem
Anschreiben in Briefumschlag dem Departementsthierarzt ein¬
zusenden, der ihnen das Ergehniss der Nachuntersuchung mit¬
theilen werde. — Hierzu bemerke ich ausdrücklich, dass es sich
bei der Nachprüfung nicht um ein Obergütachten im gesetzlichen
Sinhe, sondern, wie bereits erwähnt, nur darum handelte, die
bäeterioscopischen Nachweise des Milzbrandes zu fördern und
etwaige Einwände der Provinzialverwaltung g. F. zu ent¬
kräften. — Auf diese Weise kam ich in die Lage, mich mit
der Diagnose des Milzbrandes recht häufig beschäftigen zu
müssen. Die Kreisthierärzte zn Ottweiler und St. Wendel, in
deren Amtsbezirken der Milzbrand oft vorkommt, bat ich aus
später anzuführenden Gründen, mir jedesmal ein Probe Hals¬
venenblut zu schicken.
Meine Herren! Ich beabsichtige nun nicht, Sie mit einem
langen gelehrten Vortrage zn behelligen, schon deshalb nicht,
weil ich fürchten müsste, Ihnen nichts Neues sagen zu können,
ich habe nur vor, Sie auf einige Momente hinzuweisen, die bei
der Feststellung und Bekämpfung des Milzbrandes von practisclier
Bedentung sind. Nach den bisherigen Anschauungen und den
einschlägigen veterinärpolizeilichen Vorschriften stützt sich die
Diagnose des Milzbrands auf den Vorbericht, den anatomischen
Befand und die Ergebnisse der bacteriologischen Untersuchung.
Man findet die Zeichen einer aenten Allgemeininfection, ins¬
besondere trübe Schwellung der grossen Körperparenchyme
(Milz, Leber, Nieren, Scelett- und Herzmusculatur) sowie der
Magen- und Darmsohleimhant, bisweilen auch sulzige oder blutige
Extravasate und Infiltrate; der Dünndarm enthält in der Regel
Bchmutzigrothe Flüssigkeit, in den Herzkammern findet sich ge¬
wöhnlich gar kein oder nur ein wenig schmieriges, dickflüssiges
Blut, unter dem Endocard zeigen sich meist kleinere oder
grössere Ecchymosen, u. s. w. Wer häufig Obdnctionen milzbrand-
kranker Thiere auszuführen hatte, wird sich schon ohne micro¬
scopische Untersuchung eine bestimmte Ansicht über Milzbrand
oder Nichtmilzbrand auf Grund des macroscopischen Befundes
bilden können, indess ist der bacterioscopische Befund ent-
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482
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 41.
scheidend und deshalb die bezügliche Prüfung unerlässlich. Zu
dem Zwecke entnimmt man die Proben etwa in der Weise, wie
es die erwähnte Trierer Regierungsverfügung vorschreibt. In
solchen Proben erhalten sich die Milzbrandbacillen nach meinen
Ermittelungen acht Tage und länger. Hauptsache ist, dass man
reines Blut bezw. reinen Milzbrei etc. nimmt und nicht dick,
sondern in dünner Schicht aufträgt. Unmittelbar vor der Unter¬
suchung setzt man ein Tröpfchen destillirtes Wasser zu, fertigt
dann mit einer ausgeglühten, kräftigen Platinnadel einen Deck-
glasausstrich an, der zuerst lufttrocken werden muss, dann
dreimal durch die Spiritusflamme gezogen und nun mit */a
bis 3 procentiger wässriger Safraninlösung beschickt wird.
Die Farblösung muss die Schmierseite des Deckglases
ganz einnehmen und auf dieser binnen einer oder einer halben
Minute mindestens dreimal über der Spiritusflamme bis zum
Aufwallen erhitzt werden, wobei zu beachten ist, dass auch
während des Kochens die obere Fläche des Deckglases überall
mit der Farbflüssigkeit bedeckt bleibt. Dann wird mit Wasser
gründlich abgespült, das Deckglas, Schmierseite nach unten,
auf einen reinen Objectträger gelegt, mit Fliesspapier getrocknet
und bei Oelimmersion untersucht. Nach dieser von Olt in
Hannover angegebenen, Behr einfachen Methode zeigen sich die
Milzbrandbacillen so characteristisch gefärbt, dass sie mit
Sicherheit unter allen anderen Bacterien herausgefunden werden
können. Die Bacterienkerne des Milzbrandstäbchens färben sich
nämlich rothbraun, die sie umgebenden Plasmamassen quittengelb,
und das ganze Stäbchen ist mit einer feinen, rothbraunen Contur
umsäurat. Alle anderen Bacterien im Präparat erscheinen mehr
oder weniger roth. (Ende 1898 wurde regierungsseitig die
Doppelfärbnng nach Klett, später auf Grund inzwischen
gemachter Erfahrungen die Safraninfärbung nach Olt als einfacher
und gleich sicher empfohlen.) — Ich erwähnte schon, dass ich
die Kreisthierärzte zu Ottweiler und St. Wendel gebeten
hatte, mir thunlichst Proben von Halsvenenblut zu übersenden.
Ich that dies, weil erfahrungsgemäss die Zersetzung in den
oberflächlich gelegenen Gefässen am spätesten beginnt und hier
noch unveränderte Milzbrandbacillen sich finden, wenn sie im
Innern der Leiche bereits mehr oder weniger durch Fäulniss
verändert sind. Im Ganzen habe ich das Halsvenenblut von
115 Rindern untersucht, die auf Grund des Vorberichts der
äussern Besichtigung, des Obductionsergebnisses und des
bacterioscopisehen Befundes für milzbrandkrank erklärt worden
w r aren. In allen 115 Fällen habe ich das mir übersandte Hals¬
venenblut stets stark von Milzbrandbacillen bevölkert gefunden,
in keinem Falle von Milzbrand habe ich die Bacillen im Hals-
venenblute vermisst, auch dann nicht, wenn mehrere Tage
zwischen Tod und Entnahme der Probe bezw. Obduction ver¬
flossen waren. Obduction bezw. Probeentnahme hatte selten
am Todestage, meist am folgenden, häufig am zweitfolgenden,
selten erst am drittfolgenden Tage oder noch später stattge¬
funden. Ungezählte Male habe ich durch Impfung von Mäusen,
Kaninchen oder Meerschweinchen, sowie durch Herstellung von
Stich- und Plattenkulturen u. s. w. die mikroskopische Diagnose
bestätigt. Ich neige deshalb zu der Annahme, dass in jedem
Falle das Halsvenenblut von Milzbrandleichen zahlreiche Milz¬
brandbazillen enthält, und dass es genügen dürfte, da, wo Vor¬
bericht, die äusseren Erscheinungen u. s. w. für Milzbrand
sprechen, einen Tropfen Blut aus der Hals- oder einer anderen
Vene zu entnehmen und microscopisch zu untersuchen, um mit
Bestimmtheit Milzbrand feststellen zu können. Mit Rücksicht
auf vereinzelte in der Literatur mitgetheilte Fälle, in denen sich
Milzbrandbacillen nur an beschränkten inneren Körpertheilen
fanden, kann allerdings das Fehlen dieser Bacillen im Blute der
äusseren Venen nicht als völlig bindender Beweis dafür gelten,
dass kein Fall des Milzbrands vorliegt, doch darum handelt es
sich hier auch nicht, sondern um die Frage, ob im Falle eines
positiven Ergebnisses der bacterioscopischen Untersuchung des
Halsvenenblutes etc. von einer Obduction des betr. Thieres ab¬
zusehen sein möchte. Bei dem gegenwärtigen Stande des
Abdeckereiwesens im grössten Theile des Deutschen Reiches
kann erfahrungsgemäss die Zerlegung eines solchen Thieres zur
Zerstreuung von bacillenhaltigem Material führen und der Ver¬
breitung der Krankheitskeime Vorschub leisten, während die Ver¬
grabung des ganzen Thierkörpers die Zerstörung der Krank¬
heitskeime sichert, indem letztere bei der Fäulniss und bei dem
Mangel an Sauerstoffzutritt zu Grunde gehen, ohne Sporen
bilden zu können. In den zahlreichen Obductionen etc. liegt
vielleicht eine der Ursachen, weshalb der Milzbrand in den
letzten Jahren häufiger als in früherer Zeit aufgetreten ist. Da
die Vornahme von Obductionen milzbrandkranker Thiere, die in
ländlichen Bezirken meist auf freiem Felde, bei allen möglichen
Witterungsunbilden, ohne geschultes Abdeckerpersonal und unter
vielen sonstigen Schwierigkeiten stattfinden, auch den Obducenten
und das Hülfspersonal gefährdet, so erscheint aus veterinär-
und medicinalpolizeilichen Gründen, im Interesse der Be¬
kämpfung des Milzbrands wie zum Schutze der Thierärzte etc.
gegen Infection, die Frage der Prüfung werth, ob nicht nach
Massgabe der einschlägigen Vorschriften dann, wenn auf
Grund des Vorberichtes, der äussern Besichtigung und
des mikroskopischen Nachweises der Milzbrandbacillen
im Blute einer äusseren Vene die Diagnose des Milzbrands ge¬
sichert ist, von der Obduction Abstand genommen werden
dürfe. — Die Zerlegung eines verdächtigen Thieres ist im
Sinne (nicht nach dem Wortlaute) des § 13 des Reichs¬
viehseuchengesetzes nur dann erforderlich, wenn ohne diese
nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes keine Gewissheit
über den Ausbruch einer Seuche zu erlangen ist, und nach § 21
Absatz 2 des Preuss. Ausführungsgesetzes vom 12. März 1881
erfolgt die Untersuchung, soweit erforderlich, nach Oeffnung
des Cadavers. Ist also ohne Oeffnung des letzteren und ohne
Zerlegung Gewissheit über den Ausbruch des Milzbrands zu
erlangen, so ist die Obduction nicht erforderlich. § 5 der An¬
weisung zum Obductionsverfahren (Anlage B der Bundesraths¬
instruction vom 1895) sagt: die Obductionen haben
27. Juni
den Zweck, über den Ausbruch einer Seuche Gewissheit zu er¬
langen oder die Krankheit eines Thieres rücksichtlich der
Entschädigungsleistung festzustellen; — und § 27 dieser An¬
weisung lautet: In denjenigen Fällen, in denen es sich allein
darum handelt, durch die Obduction eines Thieres das Vor¬
handensein einer Seuche festzustellen, kann ein verkürztes
Verfahren in der Weise angewendet werden, dass zunächst
gewisse Theile oder Gegenden des Körpers untersucht werden.
Ist bei dieser Untersuchung ein positives Ergebniss nicht erlangt
worden, um den Krankheitszustand des Thieres in Beziehung
auf die Entschädigungsfrage festzustellen, so ist die Obduction
vollständig ausznführen. — Nach dem Sinne dieser Bestimmungen
dürfte es zulässig sein, dann, wenn durch die microscopische
Untersuchung des Halsvenenbluts eines nach Vorbericht und
äusserer Besichtigung milzbrandverdächtigen Thieres der Nach-
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11. October 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
weis des Milzbrands geliefert ist, von einer eigentlichen
Obdaction Abstand zn nehmen, dagegen ist es bestimmungs-
m&ssig geboten, die Obduction vorznnehmen, wenn bei Milzbrand¬
verdacht die microscopische Untersuchung des Halsvenenblutes
ein negatives Ergebniss hat. In solchen Fällen wird aber wohl
nur selten Milzbrand ermittelt werden und deshalb die Gefahr
für den Obdncenten, sowie für die Zerstreuung von Milzbrand¬
keimen nur gering sein. Wo aber ohne Obduction die Diagnose
des Milzbrands gesichert ist, da sollten bei dem gegenwärtigen
Stande des Abdeckereiwesens, das in ländlichen Bezirken schwer
zu bessern ist, auch die von Provinzial- nnd sonstigen Ver¬
bänden erlassenen Milzbrand-Entschädigungsordnungen mit dem
Nachweise der Krankheit ohne Obduction sich begnügen und
dahin wirken, dass durch immer gründlichere Schulung der
Veterinärbeamten in der Bacterioscopie und sonstige geeignete
Mittel diagnostische Irrthümer thunlichst ausgeschlossen werden.
Die vielfach jetzt schon übliche Mitnahme des Microscops
u. s. w. nach dem betr. Gehöfte bezw. Orte würde allerdings,
wie bereits in Württemberg geschehen, dem beamteten Thierarzt
zur Pflicht zu machen sein. — Die Gebühren für Erhebung des
Vorberichts, die äussere Besichtigung, die Probeentnahme, die
microscopische Untersuchung und das Gutachten Hessen sich in
Preussen auf Grund des § 3 No. G des Gesetzes vom 9. März 1872
kraft § 10 dieses Gesetzes auf 12 M. bemessen.
Ueber die Wirkung des „Amyloform“.
Von
Anders-Bütow,
comm. Kreisthlerarzt.
Es handelt sich um Gangrän der Haut im Bereiche beider
Hüftgelenke in Folge DurchHegens bei einem sechsjährigen
Bernhardinerhunde männlichen Geschlechts, welcher an hoch¬
gradiger nervöser Staupe litt.
Ueber beiden Hüftgelenken war die Haut im Umfange eines
silbernen Fünfmarkstückes nach ihrer Mortification abgestossen,
und hatte der Defect in Folge des Einschmelzungsprocesses eine
trichterförmige Beschaffenheit angenommen. Der Grund des
Trichters Hef linkerseits in einen daumenlangen und federkiel¬
starken Fistelcanal aus, welcher nach vorn, innen und unten
über die Vorderfläche des Oberschenkelbeins führte. Rechts
reichte der Defect von der Höhe des Gelenkes mehr nach ab¬
wärts, und lag die Aussenfläche des Oberschenkelbeins frei zu
Tage. Bei beiden Defecten waren die Ränder unregelmässig,
stark entzündlich gereizt, der Grund missfarben, höckrig und
sonderte ein chocoladenfarbiges bis blutig missfarbiges,
pestilenzialischriechendes, wässrig-schleimiges Product ab. Es
bestand hochgradiges Fieber in Folge Resorption septischer
Stoffe. Das Allgemeinbefinden war sehr schlecht. Ferner be¬
stand Apathie, hochgradiger Schwächezustand, allgemeine Ab¬
magerang, völlige Lähmung beider Hintergliedmassen, völlige
Empfindungslosigkeit im Bereich der ganzen hinteren Körper-
bälfte.
Es wurde, soweit es die Wundbehandlung betraf, zunächst
ein Luftkissen angeordnet, in dessen Vertiefung abwechselnd die
gangränösen Stellen gelagert wurden. Peinlichste Säuberung
des Patienten nach den Excretionen, Reinigung der Wunden und
des beschriebenen Canals mit 10 pCt. Sublimatlösung und nach¬
trägliches Abtupfen mit trockenem Wattetupfer, endlich reichliches
Bepudern der Wundstellen mit Amyloform, 5 mal täglich.
483
Der Erfolg war ein ausserordentlich günstiger. Schon am
folgenden Tage war ein Abnehmen der Wundsecretion,
Rückgang des Fiebers, Geruchlosigkeit des Secretes,
Aufhören der Zerfalltendenz und Röthung des Grundes der
Wunden zu bemerken, und wurden bei weiterer genauester Be¬
folgung der angegebenen Behandlungsmethode meine Erwartungen
im vorliegenden Falle in der That übertroffen.
Der schnelle Rückgang des Fiebers unter dem Einflüsse der
Wundheilung und der .anderweitigen Therapie ermögHchte bald
die Anwendung des Inductionsstromes zur Beseitigung der
Paraplegie. Nach Abheilung der Wunden, welche wegen der
erheblichen Defecte nnd der nicht gänzlich aufzuhebenden
Ernährungsstörungen der umgebenden Haut in Folge der Druck¬
wirkung beim Liegen doch drei Wochen in Anspruch nahm,
besserte sich unter hydrotherapeutischer Behandlung und Massage
die Lähmung und die starke Muskelatrophie allmählich, sodass
Patient sehr bald die Fähigkeit, die Vorhand aufzurichten,
endlich auch die Fähigheit, sich zu erheben und stark schwankend
im Schritt zu bewegen, erlangte. Bis zur völHgen Beseitigung
der nervösen Störungen verging indess eine Frist von fünf
Monaten. Innerhalb der letzten zwei Monate war die Behandlung
auf wöchentlich fünfmaliges Abbürsten der hinteren Körperhälfte
mit Spir. frument. eingeschränkt worden.
Hinzufugen möchte ich noch, dass ausser der sehr günstigen
Heilwirkung die Geruchlosigkeit und der Preis des Präparates
weitere empfehlende Momente für dessen Verwendung darstellen.
Referate«
Zur Aetiologie der senchenhaften Angenentzündnngen
der Rinder.
Von Schmidt-Dresden.
(Berl. Archiv 1900 H. C.)
Verf. beobachtete in zwei kleinen Rinderbeständen Augen¬
entzündungen, die im Wesentlichen unter den Erscheinungen
einer serösen Conjunctivitis und einer Trübung der Cornea
einsetzten. Nach einigen Tagen bildete sich im Centrum der
Cornea ein gelber Eiterfleck, wobei die Bindehaut einen gelbUch-
weisslichen, eitrigen Schleim (?) absonderte. Hierauf entstand
um den höckerig und geschwiirig gewordenen Eiterfleck ein
Vascularisationsring, und an der Stelle des Geschwürs bildete
sich unter Abnahme der Corneatrübung eine grauweisse Narbe.
Das Augeninnere blieb im Allgemeinen normal. Nur in einigen
Fällen enthielt die vordere Augenkammer ein flockiges grau¬
gelbes fibrinöses Exsudat, welches der Iris auflag, ohne dass
dieselbe entzündlich verändert war. Die Erkrankungen waren
sämmtlich gutartig und blieben auf ein Auge beschränkt.
Aus den geschwürigen Hornhautstellen hat der Verf. den
Staphylococcus pyogenes albus rein gezüchtet und glaubt
deshalb, diesen Eitererreger als das ursächliche Agens der
fraglichen Augenentzündung ansprechen zu können. Dieser
Annahme werde durch den Umstand eine Stütze gegeben, dass
die betr. Kuhställe mit Eitercoccen inficirt waren. In dem
einen Stalle hatte eine Kuh gestanden, welche an Decubitus
der Carpalgelenke und der rechten Hüfte litt und schliesslich
unter starken Eiterentleerungen an Pyämie zu Grunde ging.
Auch der andere Stall hatte wochenlang eine mit eitriger
Quetschung der Carpalgelenke behaftete Kuh beherbergt. Als
prädisponirendes Moment für das Eindringen der Eiterkeime
in die Bindehaut und Cornea wird in den vorbeschriebenen
Fällen eine durch staubhaltiges Maschiuenstroh erzeugte serös-
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484
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 41.
katarrhalische Conjunctivitis angenommen, welche bei zwei
Dritteln des Bestandes nachgewiesen werden konnte.
Die Impfversnche mit Staphylococcen-Reinculturen an den
gesunden Augen von zwei Kaninchen und einem Kalbe fielen
negativ aus.
Nach der gründlichen Desinfection der Ställe und
Vernichtung der Eitererreger kamen Neuerkrankungen nicht
mehr vor.
Der Verf. will die seuchenhaften Äugenerkrankungen g e .
trennt wissen in:
1. Keratitis s. Kerato-Conjunctivitis acuta infectiosa, Augen¬
staupe, Augenseuche der Rinder. Dieselbe kommt in der heissen
Jahreszeit vor und wird durch einen spec. Microorganismus ver¬
ursacht, der leicht übertragbar und noch unbekannt ist.
2. Seuchenhafte Augenentzündung, welche zu jeder Jahres¬
zeit auftreten und durch verschiedenartige Schädlichkeiten
(pflanzliche Parasiten: eitererregende Bacterien, Schimmelpilze;
thierische Parasiten: Filarien und Distomen; chemische Schädlich-
keitsn: kalkhaltiger, salzhaltiger Staub, stark ammoniakalische
Luft etc.; physikalische Schädlichkeiten: Sonnenlicht, Wind,
Hitze; diätetische Schädlichkeiten) bedingt sein kann.
Die Entzündungen des Uvealtractns beim Pferde.
Von Dr. Nicolas, Militärveterinär in Bordeaux.
(Soc. centralo de mM. vMrintlrt, SO. 8. 1900. Ref.: Prof. Almy-Alfort.''
Nach eingehender anatomischer Beschreibung des Uveal-
tractus (Iris, Ciliarkörper und Chorioidea), wobei dem Filtrations¬
winkel, den Iris und Ciliarkörper einerseits, Sclera und Cornea
andererseits bilden, eine besondere Studie zu Theil wird, er¬
wähnt N., dass in Folge seiner vasculären Natur der Uveal-
tractus sehr zu Entzündungen neigt; von ihm hängt die Er¬
nährung des gesammten Auges fast ausschliesslich ab, haupt¬
sächlich diejenige der gefässlosen Organe, wie Linse und
Glaskörper. N. beschreibt sodann die Symptomatologie der
acuten Irido-Cyclitis, die subacute Irido-Cyclitis, die chronische
Irido-Cyclitis und ihre Complicationen: grauer Staar, Lage Ver¬
änderungen der Linse, Glaucom, Ablösungen der Netzhaut,
Oedem und Atrophie der Papille. Er erwähnt die Seltenheit
des Glaucoms (2 Fälle auf 200 Irido-Cycliten), die er der
besonderen Disposition der Filtrationswinkel zuschreibt. Sodann
beschreibt N. die diffuse und die disseminirte Chorioiditis.
Nach Beschreibung der pathologischen Anatomie der diversen
Laesionen behandelt N. die pathologische Physiologie und die
Aetiologie derselben. Bezüglich letzterer theiltN.die Entzündungen
des Uvealtractns ein iu idiopathische, symptomatische (von
Infectionskrankheiten wie Pneumonie, Typhoid), traumatische and
sympathische. Die symptomatischen Entzündungen neigen nicht
zu Recidiven, die idiopathischen Entzündungen hätten aber eine
sichtliche Praedisposition dazu, ohne jedoch dass diese Recidive
absolut nothwendig seien.
Die Diagnose jeder uvealen Entzündung ist nach N. leicht,
die Prognose hängt in erster Linie von der Schwere der
Laesionen ab, in zweiter Linie von der Möglichkeit eines
Recedives. Die Behandlung besteht hauptsächlich in Atropin-
einträuflungen, bezüglich welcher N. die Verwendung von Tropfen¬
zählern empfiehlt. N. erwähnt sodann als nützlich: Aderlässe
an der Gesichtsvene, warme Umschläge, die Iridectomie und
subconjunctivale Injectionen von Qnecksilbercyanid. i
Bezüglich der periodischen Augenentzündung und der internen
Ophthalmie schreibt N., dass diese Erkrankungen, die in evidenter
Beziehung zu den Uvealentzündungen stehen, nicht als Krank¬
heiten für sich betrachtet werden können, weil ihnen die ana¬
tomische Basis fehlt und weil ihre Diagnose sich nur auf
secundäre Erscheinungen stützt. Sie sollten deshalb unter diesen
Bezeichnungen gestrichen werden und den Formen der Irido-
Cyclitis und der Chorioiditis Platz machen, deren anatomische
Diagnose sicher ist, wenn auch die Aetiologie unsicher bleibt.
Daher sollte die Bezeichnung periodische Augenentzündung aus
der Reihe der Hauptmängel verschwinden. Alle oder nur
einzelne Erkrankungen des Uvealtractns als Hauptmängel zu
bezeichnen, hätte nur Uebelstände zur Folge; nur einzelne Er¬
krankungen als redhibitorisch anzunehmen würde die Anwendung
des Gesetzes zur Willkür gelangen lassen, da die klinischen
Formen derselben Krankheit nichts Mathematisches haben;
sämmtliche Erkrankungen als Hauptmängel zu betrachten,
würde ohne Grund die Handelsgeschäfte ganz wesentlich ein¬
schränken. Uebrigens könnteu die Alterationen des AugeB viel
leichter und schneller als alle anderen Krankheiten zur Evidenz
gebracht werden, so dass es nicht nöthig erscheint, denselben
einen besonderen Schutz durch die Aufnahme in die Reihe der
Hauptmängel zu gewähren. Z.
Die Laparotomie als diagnostisches Hilfsmittel
von Hobday F. R. C. V. S
(V«t. Record 1900 No. C30.)
Die in No. 34 der B. T. W. erschienene Arbeit des Prof,
de Bruin hat den Verfasser veranlasst, seine Erfahrungen über
die Laparotomie zu veröffentlichen. Es wird empfohlen, die
Operation mehr als bisher in solchen Fällen anzuwenden, in
denen krankhafte Zustände der Bauchhöhle vermuthet werden.
Bei den kleineren Thieren und beim Geflügel bringt die
Laparotomie keine besondere Gefahr mit sich, sofern nur
den Grundsätzen der Antisepsis Rechnung getragen wird. Von
den grossen Thieren ist das Peritoneum des Pferdes empfind¬
licher als dasjenige des Rindes, doch hat die Eröffnung der
Bauchhöhle beim Pferde nach Einführung eines brauchbaren
Operationstisches nur noch in einer Minderzahl von Fällen durch
Infection einen letalen Ausgang zur Folge. Es werden vom
Verf. summarische Angaben über Laparotomien bei 26 Pferden,
25 Rindern, 200 Hunden und Katzen etc. gemacht, welche zum
Theil rein diagnostischen Zwecken dienten. Der andere Theil
galt Radical Operationen von Leisten- und Bauchbrüchen,
Enterotomien, Cryptorchidencastrationen, Ovariotomien, Rumeno-
tomien etc.
Von der Gesammtzahl der angeführten Fälle sind nur
5 Thiere an Peritonitis eingegangen, und in jedem Falle liess
sich die Ursache der Infection ermitteln. Von anderen tödt-
lichen Complicationen, welche infolge der Operation eintreten
können, sind zu erwähnen: Excessive Blutungen, Piolaps der
Eingeweide und Tod durch Erschöpfung.
Durch vorsichtige Wahl der Operationsstelle und den Ge¬
brauch von Klemmpincetten kann einer lebensgefährlichen
Blutung genügend vorgebeugt werden. Prolapsus des Darmes
wird verhütet dadurch, dass die operirten Thiere möglichst in
Ruhe gehalten und dass denselben kleine Rationen verabreicht
werden. Der Tod durch Erschöpfung hängt im Allgemeinen von
einem mangelhaften Kräftezustand des Patienten und bis zu
einem gewissen Grade von der Dauer und Schwere der
Operation ab.
Weiter ergeht sich der Verf. in Aufzählung der chirur¬
gischen Regeln und antiseptischen Massnahmen, welche bei einer
so eingreifenden Operation zu beobachten sind: Abrasiren der
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11. October 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
486
Haare an der Operationsteile, Abwaschen derselben nach
der Reihe mit warmem Wasser and Seife, einer antiseptischen
Flüssigkeit, Aether nnd dann wieder mit einem Antisepticum.
Alle Instrumente, welche mit der Wunde in Berührung kommen,
müssen durch Kochen sterilisirt und die Hände des Operateurs
gründlich desinfiicirt sein. Derselbe sollte darauf vermeiden,
einen nicht sterilisirten Gegenstand zu berühren. Die Wunde
ist mit sterili8irter Seide zu nähen und mit einer elastischen
antiseptischen Gelatine zu bedecken (Jodoformcollodium). Die
Hefte werden nach 10 Tagen entfernt.
So lange keine Infection vorhanden ist, sucht das Thier
nie die Wunde zu berühren. Die Ursache der Reizung und
der Hauptgrund, warum Thiere die Wunde beständig belecken
oder scheuern, soll die Ansammlung vou Eiter in derselben
bilden.
Mastdarmkrebs beim Pferde.
Von Prof. Olt.
(Dtecli. Th. W. 1900, Nr. 11.)
Dem pathologischen Institut wurde das Rectum eines
5jährigen wohlgenährten Pferdes übersandt. Das Thier musste
getödtet werden, weil Geschwülste den Mastdarm unwegsam
machten. 26 cm weit in das Rectum hinein war die Schleim¬
haut mit oberflächlich verhorntem Plattenepithel belegt. In
dieser abnormerweise hantartig gestalteten Schleimhaut lagen
Inseln normaler Mastdarmschleimhaut scharf abgegrenzt.
15 cm vom After entfernt nnd von hier aus 20 cm ins Innere
reichend, fanden sich aus Knoten bestehende gürtelförmige Ge¬
schwülste, die z.Th. zerklüftet und angefressen, geschwürig waren.
Die 9 cm dicke Mastdarmwand bestand auf dem Durchschnitt aus
kleineren bis hühnereigrossen, derben, grauen, in straffes Binde¬
gewebe eingelagerten Knoten. Die Muscularis war vor dem mit
Neubildungen besetzten Theil auf das Vierfache verdickt, im Be¬
reich der Geschwülste selbst grösstentheils atrophisch. Inter¬
essant war, wie an den Rändern der normalen Schleimhautinseln
die LieberkühnschenKrypten haarscharf sich abgrenzten gegenüber
der cutanen Umgebung, während sonst im Bau der Schleimhaut
ein Unterschied nicht bestand. Die Geschwülste stellten einen
Plattenepithelkrebs dar.
Es bestehen hier zwei Zustände neben einander. Zunächst
der abnorme Typus der Mastdarmschleimhaut, die jedoch innerhalb
dieses Typus ganz normal als cutane Schleimhaut entwickelt
war, sodann der Krebs, der entsprechend dem abweichenden
Schleimhauttypus, nicht wie sonst Cylinderzellenkrebs, sondern
Plattenepithelkrebs war. Es darf angenommen werden, dass das
Embryologische des Schleimhauttypus zur Entstehung des
Carcinoms disponirte.
Carcinom des Eierstocks bei der Katze.
Von Kitt.
(Mt*h. f. T. 11, 7.)
Eierstockskrebs bei Hausthieren ist selten. Nach C'asper
(Pathologie der Geschwülste bei Thieren) sind einwandsfreie
Mittheilungen darüber wenig vorhanden. Bei Hühnern ist das
Carcinom öfter, bei Pferden und Hunden vereinzelt von Krüger,
Benjamin und Kitt beobachtet. Der letztere hat nun ein
Präparat von der Katze bekommen. Der Tumor war ein
Conglomerat von derben Knollen, in den das linke Uterushorn
hineinreichte. Auf dem Durchschnitt zeigte derselbe speckiges,
derbes Gewebe mit einer centralen Höhle und einem Ansatz
kleinerer Cysten. Das rechte Uterushorn und der rechte Eierstock
waren normal. Auf dem Bauchfell befanden sich dieselben rein-
weissen Geschwulstknollen. Am parietalen Blatt des Peritoneums
sassen ganze Reihen daumendicker Geschwülste. Die Leber
war mit ähnlichen bis nussgrossen Knoten versehen. Eine Anzahl
derselben war derb und weiss, andere mehr röthlich, weicher
und fluctuirend, viele in veritable Cysten verwandelt. Die Milz
hatte keine Neubildungen. In der linken Niere befanden sich
ein halbes Dutzend kleiner Knoten, ebenso in allen Lappen der
Lungen bis erbsengrosse Knoten, auf dem Brustfell keine.
Mikroskopisch bestanden die Knoten aus Ballen und Sprossen
von Epithelien vom Habitus der Granulosazellen des Eierstocks,
die in einem spindelzelligen Stroma eingebettet waren, sodass
das ganze etwa den Habitus der Eierstocksstruktur wiederholte.
Die metastatische Carcinomatose erstreckte sich, wie aus Obigem
hervorgeht, auf Bauchfell, Leber, Lungen und Nieren. Die
Lymphdrüsen waren frei, was unter Anderem von vornherein
gegen Tuberculose sprach. Interessant ist, dass Netz und
Gekröse nur soweit Knoten trugen, als das Peritoneum mit dem
Tumor in direktem Contact lag. Die Metastasen können vom
Gekröse aus durch die Pfortader der Leber und von da der
Lunge und Niere zugeführt sein. Andererseits kann auch durch
directen Venendurchbruch vom Eierstock her das Blut mit Keimen
beschickt worden sein.
Efn Fall von Struma beim Pferde.
Von H. Markus-Amsterdam.
(Zeitschr. f. Thiermed. 1900. 8. 3/S.)
Der seltene Fall wurde in der Reichsthierarzneischule zu
Utrecht beobachtet und betraf eine 15 jährige Fuchsstute. Die¬
selbe zeigte unterhalb des Larynx dicht an der Trachea einen
fast faustgrossen, harten, mit der Haut verschiebbaren Tumor.
Die Geschwulst hatte schon seit Jahren bestanden und allmählich
an Grösse zugenommen. Eine Beeinträchtigung der Gesundheit
des Pferdes hatte jedoch dadurch nicht stattgefunden. Die
Neubildung wurde von Professor de Bruin ohne Schwierigkeiten
auf operativem Wege entfernt und die histologische Unter¬
suchung derselben dem Verfasser überlassen. Er constatirte,
dass die Geschwulstmasse mit einer fibrösen Kapsel umgeben
war nnd auf dem Durchschnitt aus einzelnen Lappen ziemlich
homogenen Gewebes bestand. Zur microscopischen Unter¬
suchung wurden kleine Stückchen aus der Oberfläche als auch
aus dem Centrum der Neubildung in Formaldehydlösung
gehärtet, ungefärbt in Paraffin eingebettet und nach dem
Schneiden mit Hämatoxylin nach van Gieson gefärbt.
Die oberflächliche Musterung der Präparate mit schwacher
Vergrö8serung (Zeiss, Obj. A, Oc. 2) liess in den Schnitten
eine grosse Zahl deutlich begrenzter Höhlungen erkennen, die
mit homogener Substanz gefüllt waren. Diese Begrenzungen
bestanden, wie mit Hilfe stärkerer Vergrösserung (Obj. E, Oc. 2)
ermittelt wurde, aus einer Schicht runder, zuweilen mehr oder
minder länglicher, zuweilen einigermassen cnbischer Zellen mit
grossem Kern. Wo die Zellschicht zerstört war, bestand das
Zwischengewebe der Höhlungen augenscheinlich aus einem
hyalinen Bindegewebestreifen. Das Innere der Hohlräume bildete
eine gleichmässige homogene Masse.
Aus diesem Befund und durch den Sitz der Geschwulst
wurde erkannt, dass der Tumor infolge einer Veränderung der
Schilddrüse zu Stande gekommen war. Uebermässige Colloid-
bildung in den Drüsenfollikeln, krankhafte Proliferation der
Epithelien und Neubildung hyaliner, bindegewebiger Grund-
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486
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No 41
Substanz sind die Hauptkennzeichen des Gewächses, welches
Colloidkropf oder nach der Virchow'sehen Nomenclatur Struma
follicularis genannt wird.
Tagesgeschichte.
Bericht über die in Aachen abgehaltene
72. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte*).
In reichem Flaggenschmuck prangte die alt-ehrwürdige
Kaiserstadt, um die Gesellschaft deutscher Naturforscher und
Aerzte zu begrüssen. Die Lage des Versammlungsortes brachte
es mit sich, dass die Theilnehmerzahl nicht wie sonst eine grosse
war, sondern hinter derjenigen der vorhergehenden Versammlungen
erheblich zurückblieb.
Ihren Anfang nahm die Versammlung am Vormittag des
16. September mit den Sitzungen des Vorstandes, des wissen¬
schaftlichen Ausschusses und der Hauptgruppen, an die sich
Nachmittags ein Begrüssungsessen im Burtscheider Kurhause
anschloss. Am Abend fand eine zwanglose Zusammenkunft im
Kurhause zu Aachen statt.
Die am 17. September abgehaltene erste allgemeine Sitzung
leiteten Begrüssungsreden ein. Zunächst bewillkommnete der
Vorsitzende der Aachener naturwissenschaftlichen Gesellschaft
die Versammlung und brachte im Anschluss daran das von
letzterer mit grosser Begeisterung aufgenommene Kaiserhoch
aus. Darauf begrüssten die Versammlung Oberregierungsrath
Böhm im Namen des Regierungspräsidenten, Oberbürgermeister
Veitmann als Vertreter der Stadt Aachen und Prof. Dr. von
Mangoldt im Namen der technischen Hochschule. Der Ober¬
präsident der Rheinprovinz hiess die Versammlung auf tele¬
graphischem Wege herzlich willkommen. Der erste Vorsitzende,
Geheimrath Prof. Dr. von Leube, dankte sodann für die dar¬
gebrachten Wünsche und verlieh der Hoffnung Ausdruck, dass
sich die diesjährige Tagung der Gesellschaft würdig ihren Vor¬
gängerinnen anschliessen möchte.
Den wissenschaftlichen Theil der Sitzung leitete ein Vortrag
des Prof. Dr. van t’Hoff-Berlin über die Entwickelung
der exakten Naturwissenschaften ein. Er beleuchtete
zunächst den dem vergangenen Jahrhundert zu verdankenden
physikalischen Grundsatz, dass die Gesammtarbeitsmenge un¬
abänderlich, und dass es nur möglich sei, die eine Art der
Arbeit in die andere umzuwandeln. Von diesem Gesichtspunkte
aus erläuterte Redner alsdann die mechanische Wärmetheorie
sowie die Erscheinungen des Schalles, des Lichtes und der
Electricität. Bei der Besprechung der Chemie behandelte H. das
Grundgesetz von der Erhaltung der vorhandenen Menge jeder
besonderen Materienart und würdigte gebührend die Fortschritte
auf dem Gebiete der Analyse und der Synthese, bei deren Er¬
langung neben der Physik die Mathematik gute Dienste leistete.
Durch die Ergebnisse der von dem Vortragenden in der Folge
erörterten Forschungen auf dem Gebiete der Astronomie, Meteoro¬
logie und Geologie gelangte die Wissenschaft des 19. Jahr¬
hunderts zu einer richtigeren Auffassung der Vergangenheit
und Zukunft des Erdballes.
Geheimrath Prof. Dr. Hertwig-Berlin sprach über die
Entwickelung der Biologie und skizzirte zunächst die
grossen Errungenschaften der microscopischen Forschung, um
sich sodann mit der Hauptfrage der Entwickelungslehre des
19. Jahrhunderts, der natürlichen Entstehung der Organismen¬
welt des Näheren zu befassen.
*) Siehe auch den Vortrag von Dr. Steinbach auf S. 481 die3. Nr
Bei der kritischen Beleuchtung des Darwinismus wies
Redner darauf hin, dass die Descendenz- und noch mehr die
Selectionstheorie sich in vielen Dingen auf dem unsichern
Boden der Hypothese bewegen und stellte die Schwierigkeiten,
mit welchen die Forschung zu kämpfen hat bei dem Versuch,
sich aus den spärlichen Resten vorweltlicher Thiere ein Bild
von der Vorfahrenkette eines heute lebenden Organismus zu
machen, in das rechte Licht. Nach H.’s Ansicht ist die Ent¬
stehung der Organismenwelt aus natürlichen Ursachen ein
ausserordentlich verwickeltes und schwieriges Problem. Selbst
der durch seine Schrift über „die Allmacht der Natur¬
züchtung“ bekannte Forscher Weismann wäre zu dem Ge-
ständniss genöthigt gewesen, dass wir den Beweis, dass eine
bestimmte Anpassung durch Naturzüchtung entstanden sei, für
gewöhnlich nicht erbringen könnten. In dem wissenschaftlichen
Streite, mit welchem unser Jahrhundert schliesst, will der Vor¬
tragende wohl unterschieden wissen zwischen Entwickelungs¬
lehre und Selectionstheorie, da beide auf einem sehr ver¬
schiedenen Grund und Boden stehen. Selbst wenn die
Darwin’sche Hypothese weggeweht würde, bliebe die Ent¬
wickelungslehre noch stehen, wo sie stehe. Bei der Uebersicht
der Fortschritte auf physiologischem Gebiet ging Redner auf
die Nothwendigkeit des Thierversuchs und auf die in ver¬
schiedenen Richtungen durch denselben herbeigeführten Ent¬
deckungen ein und wandte sich gegen die Antivivisections-
bewegung. Als besonders erfolgreich in unserm Jahrhundert
bezeichnet der Vortragende die chemische und physikalische
Richtung der Physiologie, die mit den Namen Helmholtz,
du Bois-Reymond, Claude Bernard, Ludwig u. a. ver¬
knüpft sei, betonte dabei aber gleichzeitig, dass die Vorherrschaft
der chemisch-physikalischen Richtung znr Folge hatte, dass von
den Physiologen mit Vorliebe Gebiete, die einer chemisch¬
physikalischen Forschungsweise zugänglich waren, bearbeitet,
andere dagegen, wie die Physiologie der Entwickelung und
Zeugung u. s. w. fast ganz unbeachtet gelassen wären. Letzterer
nahmen sich die Anatomen, Zoologen und Botaniker an, indem
sie in die Lebenserscheinungen der Zelle, des Protoplasma und
des Zellkerns tiefer eindrangen, den geheimnissvollen Be-
fruchtungsprocess in allen seinen Phasen aufklärten und für
das Problem der Vererbung die Fundamente schufen. So er¬
starkte neben der chemisch-physikalischen Schule der Physiologie
eine anatomisch-biologische Richtung, welche durch die micro-
scopische Forschung unsern Einblick in das Leben zu vertiefen
suchte. Letztere Richtung wird nach Ansicht des Redners im
neuen Jahrhundert berufen sein, die materialistisch-mechanistische
Lehre, wonach die Erforschung des Lebens nichts anderes ist,
als ein chemisch-physikalisches Problem, ebenso unzulänglich zn
erweisen und einzuschränken, wie die chemisch-physikalische
Richtung der Physiologie die Herrschaft des Vitalismus auf¬
gehoben hat.
Am Schlüsse seiner Ausführungen bezeichnete H. die
Wissenschaft als ewig in ihrem Quell, unbegrenzt nach Zeit
und Raum in ihrer Wirksamkeit, unermesslich in ihrem Umfang,
endlos in ihrer Aufgabe, unerreichbar in ihrem Ziel. Besonders
gelte dies von der Biologie, der Wissenschaft vom Leben. Ihre
Aufgabe sei eine der schwierigsten. Ihr Gebiet dehne sich
nach allen Richtungen ans und trete mit den verschiedensten
anderen Wissenschaften in engere Beziehungen. In der einen
Richtung auf Chemie und Physik gestützt, werde sie zur Bio¬
chemie und Biophysik, in entgegengesetzter Richtung gewinnt
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11. October 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
487
sie wieder Fühlung mit den Geisteswissenscbaften, mit Psycho¬
logie und Sociologie, mit Ethik nnd Religion. Materielle und
geistige Welt würden durch sie in Verbindung gebracht. Nach
Ansicht des Vortragenden wird die Biologie im neuanbrechenden
Jahrhundert, wenn ihre Vertreter frei von dogmatischen Fesseln
jeder Art das Reich des Unerforschten in das Reich der mensch¬
lichen Erkenntniss umzuwandeln fortfahren, an der inneren
Cultur des Menschengeschlechts in hervorragender Weise mit¬
zuwirken berufen sein und letzteres auf eine höhere Stufe
intellectueller Einsicht, sowie socialer und moralischer Lebens¬
haltung heben. Sie wird so die Zeit mit herbeiführen helfen,
in der die grossartigen Fortschritte, die das 19. Jahrhundert
auf chemisch - physicalischem Gebiete durch die technische Be¬
herrschung der Naturkräfte gebracht hat, kommenden Gene¬
rationen erst zu vollem Segen gereichen.
Prof. Dr. Naunyn-Strassburg leitete seinen Vortrag „Ueber
die Entwickelung der inneren Medicin (einschl. Hygiene
nnd Bacteriologie) im 19. Jahrhundert“ mit einem kurzen Rück¬
blick auf die Medicin der früheren Jahrhunderte ein und be¬
schäftigte sich alsdann eingehend mit der theoretisirenden Spe-
culation, welche die Medicin am Anfänge des 19. Jahrhunderts
beherrschte. Das Erscheinen des Lehrbuches der Physiologie
von Johannes Müller war nach N. der Anlass dazu, dass die
deutsche Medicin sich plötzlich wieder ihres naturwissenschaft¬
lichen Blutes bewusst wurde und dass die zu neuem und zwar
naturwissenschaftlichem Leben erw .eilte Heilkunde ihre physio¬
logische Grundlage betonte. Von grösster Bedeutung für die
innere Medicin war die Einführung der Auscultation in die
physicalische Diagnostik durch Laennec, sowie die selbst¬
ständige Entwickelung und die führende Rolle der pathologischen
Anatomie, die mit den Namen Rokitansky und Virchow auf’s
Innigste verknüpft sind. Das Selbstständigwerden der patho¬
logischen Anatomie war der erste Anstoss zur Gliederung der
Heilkunde in zahlreiche Einzeldisciplinen, die die deutsche
Medicin in die von ihr eingenommene führende Stellung ge¬
bracht hat.
Mit dem Auftreten der Bacteriologie, des bedeutendsten
unter den jüngeren Zweigen der Heilkunde begann die ätio¬
logische Periode der inneren Medicin. Nach der Ansicht des
Vortragenden hat kein anderer Zweig der wissenschaftlichen
Heilkunde so unmittelbare nnd grossartige therapeutische Erfolge
gezeitigt, wie die Bacteriologie; die Bedeutung der mittlerweile
zur Asepsis entwickelten chirurgischen Antisepsis ist unerreicht
und die Serumtherapie, die in einem Siegeslauf von unerreichter
Schnelligkeit die Welt erobert hat, ist nichts anderes als die
practisch gewordene Immunitätslehre.
Des Weiteren hob N. hervor, dass auch die Diagnostik ge¬
waltige Fortschritte zu verzeichnen hätte, und erinnerte an den
Nachweis des Tubercelbacillus im Answurf, des Cholerabacillus
in den Dejcctionen, sowie an die Bedeutung, welche gewisse
chemische Reactionen z. B. die Diazobenzolreaction für die Be-
urtheilung gewisser fieberhafter Krankheiten, die Gerhardt’sche
Reaction für gewisse Fälle von Zuckerruhr haben. Viel
wichtiger sind nach seiner Ansicht jedoch die zahlreichen
neuen diagnostischen Methoden, welche man dem 19. Jahr¬
hundert verdankt. N. constatirt dabei die interessante Tliat-
sache, dass alle diese neuen diagnostischen Methoden, mit Aus¬
nahme der ältesten, der Auscultation, vom Augenspiegel bis zu
den Röntgenstrahlen sich an den Gesichtssinn wenden. Die
Entwickelung der modernen Diagnostik geht demnach dahin,
mehr und mehr das Gesicht, den sichersten und ergiebigsten
unserer Sinne, zur Geltung zu bringen.
Ara Schlüsse seiner Ausführungen wies N. darauf hin, dass
der Aufschwung der deutschen Medicin mit unserem nationalen
Aufschwung Hand in Hand gegangen ist, ohne dessen Folge zu
sein. Ersterer ist nicht gebunden an den Geist einiger oder
weniger Männer, sondern erwachsen auf dem unerschöpflichen
Boden des Volksgeistes, der auch für das angebrochene Jahr¬
hundert eine gute Ernte gewährleistet.
In dem letzten Vortrage behandelte Prof. Dr. Chiari-Prag
das Thema „Die Entwickelung der Pathologie mit Be¬
rücksichtigung der äusseren Medicin“.
Am Nachmittag um 4 Uhr begann die Bildung nnd Er¬
öffnung der 38 Abtheilungen, von denen 21 der medicinischen
und 17 der naturwissenschaftlichen Hauptgruppe angehörten.
Die Sitzungen der Abtheilung „Thierheilkunde“ fanden
in einem Saale der gewerblichen Fachschule statt. An den¬
selben nahmen Theil: Schlachthof - Director Albert-Iserlohn,
Schlachthof - Director Bockelmann-Aachen, Sanitätsthierarzt
Boisinger - Aachen, Assistent Huth-Poppelsdorf, Professor
Imming e r- München, Kreisthierarzt-Assistent J an n e s - Aachen,
Thierarzt Dr. Jelkm ann-Frankfurt a. M., die Thierärzte
Klingenstein und Klinkenberg-Aachen, Departementsthier¬
arzt Dr. Lothe8-Köln, Prof. Lüpke-Stuttgart, Departements¬
thierarzt Dr. Schmidt-Aachen, Departementsthierarzt Dr.
Steinbach-Trier, Kreisthierarzt Vater-Eupen, Thierarzt
Weinberg-Aachen, Thierarzt Wenders-Aldekerk nnd Ross¬
arzt Zöllner-Bonn.
Die Eröffnungssitzung leitete der Einführende der Ab¬
theilung Departementsthierarzt Dr. Schmidt. In derselben
wurde Prof. Lüpke zum Präsidenten der folgenden Sitzung und
Director Bockeimann zum Schriftführer gewählt.
(Fortsetzung folgt.)
Protocoll
der 2. ausserordentlichen Versammlung der Uruppe
„Schlachthof* und Sanitatsthierärzte“ vom thierärzt-
lichcn Central verein für die Provinz Sachsen, die
anhaltisehen und thüringischen Staaten, abgehalten am
16. September 1900 zu Magdeburg.
Anwesend waren die Mitglieder: Geldner-Burg, Spnhr-
mann-Stendal, Witte-Quedlinburg, Sorge-Stassfurt, Colberg,
Bolle, Ristow-Magdeburg und als Gäste: Departements¬
thierarzt undVeterinär-Assessor Leistikow-Magdeburg, Schlacht-
hofdirector Kleinschmidt-Erfurt, Rettig-Nordhausen, Bartels-
Gardelegen, Barnau-Tangerraünde, Thierarzt Friedrich-
Niederndodeleben und Schlachthofthierarzt Lorenz-Magdeburg.
Director Colberg eröffnet um ll^Uhr die Sitzung, indem
er die Anwesenden begrüsst und besonders den Gästen für ihr
Erscheinen den Dank der Gruppe ausspricht. Einleitend bemerkt
er sodann, dass bereits auf der Versammlung des Centralvereins
am 13. Mai d. J. bei Festsetzung der Tagesordnung für die
nächste ausserordentliche Sitzung der Gruppe in Dessau von
seiner Seite folgendes Thema eines Referats in Vorschlag ge¬
bracht und Seitens der Gruppe angenommen worden sei:
„Welche Abänderungen des preussischen Gesetzes, betreffend
die Errichtung öffentlicher, ausschliesslich zu benutzender
Schlachthäuser vom y ^ 18gl sind in Folge des neuen Reichs¬
fleischschaugesetzes zweckmässig bezw. nothwendig?“
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488
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 41.
Im Juli d. J. ist nun ein Circularerlass der zuständigen
Herren Minister an die Herren Regierungspräsidenten folgenden
Inhalts ergangen:
„Die Vorschrift des § 1 des dem § 23 der Gewerbeordnung
entsprechenden Gesetzes, betreffend die Errichtung öffentlicher
ausschliesslich zu benutzender Schlachthäuser vom 3
ist bisher dahin ausgelegt worden, dass der Erlass des Verbots
der ferneren Benutzung bestehender und der Anlage neuer
Privatschlächtereien für eine Gemeinde auch dann zulässig sei,
wenn das öffentliche Schlachthaus nicht in dem Gemeindebezirke
selbst, sondern in dem Bezirk einer benachbarten Gemeinde be¬
legen sei. Diese mit dem Wortlaute des Gesetzes nicht ganz
übereinstimmende Auslegung ist aus der Erwägung hervor¬
gegangen, dass sie geboten sei, wenn die Wirksamkeit des
Schlachthausgesetzes nicht lahm gelegt und die auf die Er¬
richtung öffentlicher Schlachthäuser gerichteten Bestrebungen
der Gemeinden gefördert werden sollten; sie war geradezu
unerlässlich in den Fällen, wo einer einzelnen Gemeinde inner¬
halb ihres Bezirks ein zur Errichtung des Schlachthauses
geeigneter Platz nicht zur Verfügung stand, oder wo Gemeinden,
welche für sich allein zur Errichtung eines Schlachthauses
nicht leistungsfähig waren, mit anderen Gemeinden die Er¬
richtung eines gemeinsam zu benutzenden Schlachthauses ver¬
einbart hatten.
Der Strafsenat des Kammergerichts hat, nachdem er früher
diese Auslegung des § 1 a. a. 0. für zulässig erklärt hat,
neuerdings dahin entschieden, dass der Schlachthauszwang von
einer Gemeinde nur beschlossen werden könne, wenn das
Schlachthaus im Bezirk der Gemeinde selbst belegen sei. Die
aus dieser Rechtsprechung für die Durchführung des Gesetzes
zu befürchtenden uachtheiligen Folgen lassenes gerathen erscheinen,
dem § 1 a. a. 0. diejenige Fassung zu geben, welche der durch
das Gesetz, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung
vom 30. Juni 1900 geänderten Fassung des § 23 der Gewerbe¬
ordnung entspricht. Wir beabsichtigen daher, eine ent¬
sprechende Abänderung des Gesetzes vom 18. März 1868 in die
Wege zu leiten.
Eine Aenderung des Gesetzes ist aber noch aus einem
anderen Grunde nothwendig. Nach § 20 Absatz 2 des Gesetzes,
betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau vom 3. Juni 1900
(Reichs-Gesetzblatt Seite 547) bleiben landesrechtliche Vor¬
schriften, nach denen für Gemeinden mit öffentlichen Schlacht¬
häusern der Vertrieb frischen Fleisches Beschränkungen, ins¬
besondere dem Bescliauzwang innerhalb der Gemeinde unter¬
worfen werden kann, mit der Massgabe unberührt, dass ihre
Anwendbarkeit nicht von der Herkunft des Fleisches abhängig
gemacht werden darf.
Bei der hiernach gebotenen Aenderung des § 2 des
,, . 18. März 1868 . , . .
Gesetzes vom - —- wird zn prüfen sein, ob und m-
9. März 1881
wieweit, abgesehen von der gegenstandslos gewordenen
Vorschrift im § 2 Absatz 1. Ziffer 1 a. a. 0. für die
Beibehaltung der übrigen Bestimmungen ein Bedürfniss vorliegt
Sie wollen daher nach Anhörung der Vorstände derjenigen Ge¬
meinden, welche ein öffentliches Schlachthaus errichtet haben,
berichten, welche Abänderungen für den § 2 a. a. 0. angezeigt
erscheinen.
etwa als abänderungsbedürftig erwiesen haben. Hierbei ist
dem Bezirksausschüsse Gelegenheit zur Aeusserung zu geben“.
Dieser Circnlarerlass gab die Veranlassung zur heutigen
Versammlung, zu welcher an mehrere Leiter von Schlachthof¬
anlagen und an andere Thierärzte, unter Anderem an Herrn
Professor Dr. Ostertag, Schlachthofdirector Hausburg und
Oberthierarzt Reissmann-Berlin Einladungen ergangen waren.
Viele der geladenen Herren haben mit Bedauern aus ver¬
schiedenen Gründen ihr Erscheinen absagen müssen. Auch die
Gruppe der Sanitätsthierärzte des thierärztlichen Vereins der
Provinz Brandenburg, welche ebenfalls am heutigen Tage in
Spandau versammelt ist, hat wegen der Kürze der Zeit den
Ort der Versammlung leider nicht mehr ändern können, um mit
unserer Gruppe gemeinsam zu berathen, wie es von Herrn Pro¬
fessor Dr. Ostertag angeregt worden war.
Zur Sache erhält dann Herr Schlachthofdirector Geldner-
Burg das Wort. Dieser giebt zunächst einen Ueberblick über
das Reichsfleischschaugesetz vom 3. Juni 1900 und die in Frage
kommenden Paragraphen des preussischen Schlachthofgesetzes
vom und knüpft hieran den Wunsch, dass das
9. Marz 1881 r ’
Schlachthofgesetz im Interesse der Gemeinden möglichst in
seiner Fassung bestehen bleiben und nur einige Erweiterungen
erfahren möge.
Director Colberg stellt hierauf die einzelnen Paragraphen
des Schlachthofgesetzes, soweit eine Aenderung geboten er¬
scheint, zur Discussion, an welcher sich die Herren Leistikow,
Colberg, Kleinschmidt, Geldner, Spuhrmann, Barnau
und Ri stow betheiligen.
Es wird empfohlen;
1. Dem § 1 des Schlachthofgesetzes diejenige Fassung zu
geben, welche der durch das Gesetz, betreffend die Abänderung
der Gewerbeordnung vom 30. Juni 1900, geänderten Fassung
des § 23 der Gewerbeordnung entspricht, und wie es auch der
Circularerlass andeutet.
§ 23 der Gewerbeordnung lautet: „Der Landesgesetzgebung
bleibt Vorbehalten, die fernere Benutzung bestehender und die
Anlage neuer Privatschlächtereien in solchen Orten, für welche
öffentliche Schlachthäuser in genügendem Umfange vorhanden
sind oder errichtet werden, zu untersagen“.
Die Redaction des Paragraphen bleibt den zuständigen
Landesbehörden überlassen.
2. Den § 2 Absatz 1 Ziffer 1, welchen der Circularerlas«
für gegenstandslos bezeichnet, empfiehlt die Versammlung im
Interesse der Schlachthöfe dringend als zweckmässig bestehen
zu lassen, um in Orten mit Schlachthäusern, in denen der
Schlachtzwang auch auf die Privatschlachtungen ausgedehnt ist,
die Untersuchung der Sclilachtthiere, deren Fleisch ausschliess¬
lich im eigenen Haushalt des Besitzers verwendet werden soll,
beibehalten zu können. Würde § 2 Absatz 1 Ziffer 1 gestrichen,
so würden Private mit Rücksicht auf die Bestimmungen des § 2
des Reichsfleischschaugesetzes nicht gezwungen werden können,
im öffentlichen Schlachthause ihre Schl ach tthiere untersuchen
zu lassen, obgleich sie gesetzlich gezwungen werden können,
dort zu schlachten. Welchen Rückschritt in der Fleischbeschan
dieser Umstand für viele Gemeinden bedeuten würde, braucht
wohl nicht erst erörtert zu werden!
Schliesslich ersuchen wir Sie, anzuzeigen, ob und welche
anderen Bestimmungen des Gesetzes sich bei ihrer Anwendung
Ausserdem würde in kleinen Orten ein nicht unerheblicher
Ausfall an Untersuchungsgebühren für die Schlachthöfe ent-
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489
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
11. October 1900.
stehen, mithin deren Rentabilität in Frage gestellt werden und
andererseits den Durchstechereien mit untersuchtem Fleisch in
Städten Thiir und Thor geöffnet werden, welchen keine Aufsichts¬
organe wirksam entgegentreten könnten.
3. Die Bestimmungen des §. 2 Abs. 1 Ziffer 3 sind im
Sinne der Bestimmungen des §. 2 Absatz 3 des Reichsfleisch¬
schaugesetzes auf den Haushalt der Kasernen, Krankenhäuser
Erziehungsanstalten, Gefangenenanstalten, Armenhäuser und ähn¬
licher Anstalten, sowie auf den Haushalt der Schlächter, Fleisch¬
händler, Gast-, Schank- und Speisewirthe auszudehnen, um hier¬
durch Umgehungen der Untersuchung bei eingeföhrtem Fleisch
zu verhindern.
4. Im §. 2 Absatz 1 Ziffer 6 sind hinter den Worten „Das
Fleisch von Schlachtvieh, welches sie“ die Worte „oder andere
Personen“ hinzuznfdgen. Nach dem bisherigen Wortlaut des
Gesetzes können Fleischer und Fleischhändler das von auswärts
eingeführte und untersuchte frische Fleisch aufkanfen, weiter
veräusBern und verarbeiten. Hierdurch wird aber das Publikum
getäuscht. Dasselbe glaubt, weil es bei einem am Orte an¬
sässigen Schlächter kauft, Fleischwaaren und frisches Fleisch
von Thieren zu erhalten, die im öffentlichen Schlachthofe ge¬
schlachtet sind, während es in Wirklichkeit nur von auswärts
eingeführte8 Fleisch erhält, dessen Beurtheilung bei der Unter¬
suchung immer eine zweifelhafte bleiben wird. Dieser auf
Täuschung des Publikums hinzielende Geschäftsgebrauch hat
sich in grösseren Städten derart eingebürgert, d;iss es dort
immer eine ganze Anzahl von Schlächtern und Fleischhändlern
giebt, welche nur zum Schein hin und wieder im Schlachthof
schlachten oder ein im Schlachthause geschlachtetes Thier
kaufen, im Uebrigen aber ausschliesslich von auswärts ein-
gefiihrtes Fleisch, welches sie selbst nicht einführten, verkaufen
und weiter verarbeiten.
5. Im §. 2 Absatz 2 ist hinter den Worten „was Kleinvieh
anbelangt, in unzertheiltem Zustande vorzulegen ist“; gemäss
§. 12 Ziffer 1 Absatz 2 des Reichsfleischschaugesetzes einzu¬
schalten: „mit den Thierkörpern müssen Brust- und Bauchfell,
Lunge, Herz, Nieren, bei Kühen auch das Euter im natürlichen
Zusammenhänge verbunden sein.“ Hierdurch wird es möglich
sein, das von auswärts in die Städte eingeführte, vorher meist
von Laien untersuchte Fleisch annährend beurtheilen zu
können.
6. Bei den übrigen Paragraphen des Schlachthofgesetzes
hält die Versammlung Abänderungen nicht für zweckmässig und
nothwendig.
Herr Schlachthofdirector Geldner-Burg erwähnt noch
einige Zweideutigkeiten und Mängel des Reichsfleischschau¬
gesetzes, so 1. Die Frage der Anstellung der Beschauer, welche
nach § 5 von den Landesbehörden erfolgen soll. 2. Die Be¬
handlung des bedingt tauglichen Fleiches, über welche nach
§. 10 die Polizeibehörden zu bestimmen haben. 3. Dass bei
§. 12 Ziffer 1 Absatz 2 zu den mit dem eingefiihrten Fleische
vorzulegenden Organen noch bei Kühen die Gebärmutter und
bei Rindern Kopf n»d Zunge gefordert werden müssten.
Auf diese Punkte ging die Versammlung der vorgerückten
Zeit wegen nicht näher ein und stellte deren Besprechung in
einer der nächsten Sitzungen in Aussicht.
Colberg, Ristow,
Obmann. Schriftführer.
Der practische Thierarzt als Fleischbeschauer*).
Von
A. Steinmeyer-Weissenfels,
Tliierarzt.
In der No. 39 der B. T. W. schreibt Herr Kühn au,
Ober-Thierarzt in Hamburg, wie folgt:
„Die Thierärzte sind nach den Bestimmungen des Gesetzes
nicht ohne Weiteres als Fleischbeschauer qualificirt, sondern
auch für diese kann der Bundesrath Vorschriften über den
Nachweis genügender Kenntnisse erlassen.
Der Bnndesrath kann auch von den Thierärzten fordern,
dass sie einen Vorbereitungscursns an einem öffentlichen Schlacht¬
hofe absolvirt haben müssen, sofern sie als Fleischbeschauer
bestallt werden wollen“ etc.
Ob der Bnndesrath die Thierärzte ohne Weiteres als Fleisch¬
beschauer für qualificirt erachtet, ist Sache des hohen Bundes¬
raths und seiner bernfenen Rathgeber und Sachverständigen.
Jedenfalls haben die practischen Thierärzte, denen der
schwierigste und verantwortungsvollste Theil der Fleischbeschau,
die Begutachtung des Fleisches etc. nothgeschlachteter Thiere
obliegt, auf jeden Fall mehr Erfahrung und Verständniss in
der Fleischbeschau, als Herr Kühn au gelten lassen will.
Am besten dient der Thierarzt sich, wenn er alles ihm be¬
denklich erscheinende Fleisch etc. einfach beanstandet, denn er
ist damit der Verantwortung enthoben. Seinem Volke und
Vaterlande dient der Thierarzt am besten, wenn er denselben
möglichst viel an Nationalvermögen erhält.
Dass die practischen Thierärzte vor Uebernahme der Fleisch¬
beschau in einem (möglichst grösseren) Schlachthofe hospitiren,
halte ich auch für sehr wiinschenswerth. Meines Erachtens
Herrn Collegen Steinmeyer stimme ich darin vollkommen
bei, dass gerade jetzt, wo die AusfUhrungsbestimmungen zum Reichs-
fleischscbangesetz in der Ausarbeitung begriffen sind, auch die
practischen Thierärzte ihre Wünsche äussern mögen; wenn der
Bundesrath erst die AusfÜiirungsbestimmungen verabschiedet bat,
dürfte es zu spät sein. Die Gebührenfrage hat ja Herr Stein¬
meyer bereits angezogen, nur sei bemerkt, dass für die Gebühren¬
festsetzung, soweit die Schau des inländischen Fleisches in Frage
kommt, der Bundesrath nicht zuständig ist, sondern die Gebühren¬
ordnung den einzelnen Landesregierungen überlassen ist.
Soweit die eine Seite, nun zur andern. Herr Steinmeyer
sagt selbst, dass den practischen Thierärzten der schwierigste und
verantwortungsvollste Theil der Fleischbeschau, die Begutachtung
des Fleisches u. s. w. der nothgeschlachteten Thiere obliegt, ferner
dass auch er einen Vorbereitungscursus für die practischen Thier¬
ärzte an einem (möglichst grösseren) Schlachthofe vor Uebernahme
der Fleischbeschau für wünschenswerth halte, nur will er denselben
auf ein bis zwei Wochen beschränkt wissen, ja, wenn die Unkosten
ersetzt würden, würden die practischen Thierärzte gern, wie Herr
Steinmeyer sagt, an einem Schlachthofe hospitiren.
Das ist doch im Grossen und Ganzen eine Zustimmung zu
meinen Ausführungen, mit deneu ich mich übrigens genau auf dem
Boden der Beschlüsse des letzten internationalen thierärztlichen
C'ongresses bewege. Auch in diesen wird eine achtwöchige Tbätig-
keit in der Fleischbeschau an einem grösseren SchlacLthofe für die
Qualification als beamteter Thierarzt gefordert und gelegentlich
der Verhandlungen des Congresses, sowie im Juniheft seiner Zeit¬
schrift hat auch Professor Ostertag sich dabin ausgesprochen,
die Prüfungsvorschriften für die zu approbirenden und
die künftigen beamteten Thierärzte derart zu gestalten,
dass nur solche Sachverständige zu ihren verantwort¬
lichen Stellungen zugelassen werden, welche sich auch
in der Fleischschau über hinreichende practische
Kenntnisse ausgewiesen haben.
Die Nothwendigkeit einer practischen Durchbildung in der
Fleischbeschau dürfte allseitig anerkannt werden, ebenso dass hierzu
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 41.
genügen aber ein bis zwei Wochen vollständig, denn wir
practischen Thierärzte haben bisher jede Gelegenheit oft und
gern benutzt, um von unseren Collegen im Schlachthofe zu lernen.
Ein Cursus von mindestens drei Monaten für den practischen
Thierarzt und von vier bis sechs Wochen für den Laienfleisch-
beschauer und dann — hat der Thierarzt prompt zu erscheinen,
wenn ihn" der Herr Laienfleischbeschauer citirt. Eine angenehme
Perspective für uns practische Thierärzte. Werden denn die
practischen Thierärzte, diese, wie es scheint, quantit^ negligeable
im Reich, endlich aus der Hypnose erwachen und auch einmal
mindestens acht Wochen (2—3 Monate, wie ich gesagt habe) er¬
forderlich sind. Es fragt sich nur, ob man den Nachweis der
practischen Durchbildung von den jetzigen practischen Thierärzten
vor der Bestallung zum Fleiscbbeschauer verlangen kann. Herr
Steinmeyer ist der Ansicht, dass dann der grossen Mehrzahl der¬
selben die Betheiligung an der Fleischbeschau unmöglich gemacht
wird. Dem sei entgegengehalten, dass jetzt schon ältere Thierärzte,
wie Ostertag sagt, durch Besuche von Schlachthöfen sich für ihre
zukünftigen Aufgaben auf dem Gebiete der Fleischbeschau mit
anerkennenswerthem Eifer vorbereiten. So schwierig, wie Herr
Steinmeyer hinstellt, dürfte es demnach nicht sein, den Nachweis
der practischen Thätigkeit an einem grösseren Schlachthofe in der
Fleischbeschau zu erbringen. Im Uebrigen könnten durch Ueber-
gangsbestimmungen für die jetzigen practischen Thierärzte Er¬
leichterungen geschaffen werden, aber grundsätzlich sollte die
Bestallung der Thierärzte zur Ausübung der Fleischbeschau von
dem Nachweis einer genügenden practischen Durchbildung abhängig
gemacht werden. Kühn au.
Wünsche änssern? Wollen sie noch immer die Rolle der ver-
| schämten Armen spielen?
Wenn die Erwerbsverhältnisse des practischen Thierarztes
| in Folge der Nothlage der Landwirtschaft, der zunehmenden
( Concurrenz etc. immer schwieriger geworden sind, wenn wir
heute nur Pflichten und ganz minimale Rechte haben (zum
Beschlagen eines Pferdes z. B. ist der Befähigungsnachweis
erforderlich; die viel, viel schwierigere Ausübung der Thier-
j heilkunde steht nicht nur jedem unbescholtenen Staatsbürger,
sondern jedem Individuum ohne die geringste Gegenleistung an
den Staat frei), so sind wir selbst schuld daran. Warum sollte
die hohe Staatsregierung einem durchaus ehrenwerthen und durch
und durch patriotischen Stande ihre Hilfe nicht angedeihen
lassen, wenn sie darum gebeten wird? Wenn wir jedoch keine
Wünsche änssern, können wir auch nicht verlangen, dass uns
geholfen wird. Gern würden wir drei Monate an einem Schlacht¬
hofe hospitiren, aber wer ersetzt uns unsere Unkosten, wer
besorgt unsere Praxis?
Tierärztlicher Verein zu Berlin.
Der Thierärztliche Verein zu Berlin hat seine Sitzungen
für das laufende Wintersemester auf Montag, den 8. Oktober,
5. November, 3. Dezember, 7. Januar, 4. Februar, 4. März und
1. April festgesetzt. Die Tagesordnung der einzelnen Sitzungen
wird vorher rechtzeitig in der B. T. W. bekannt gegeben werden.
I. A.: Neumann, Schriftführer.
Staatsveterinärwesen.
Von Preusse.
Rinderpest in Schanghai.
Zeitungsnachrichten zu Folge soll unter dem von der
deutschen Commission für die Truppen angekauften Schlachtvieh
in Schanghai die Rinderpest ausgebrochen sein.
Einfuhr von Vieh nach Oesterreich-Ungarn.
Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht ein Verbot der Einfuhr
von Rindvieh in die Länder des Reichsraths aus den Lungen¬
seuchesperrgebieten Liegnitz, Magdeburg, üerseburg, Arnsberg
im Königreich Preussen und aus dem Grossherzogthum Sachsen-
Weimar. Dieses Verbot tritt an Stelle des Verbots vom
11. September 1900.
Versuche über Maul- und Klauenseuohe im Kaiserlichen Gesundheitsamt.
Im Reichsgesundheitsamt werden die Versuche über die
Ansteckungsfähigkeit erhitzter Milch klauenseuchekranker Kühe,
sowie die weitere allgemeine Erforschung der Maul- und Klauen¬
seuche noch fortgesetzt. Da zu diesem Behufe es nothwendig
ist, überwiegend mit Lymphe zu arbeiten, die von spontan frisch
erkrankten Thieren stammt, so ist die Regierung zu Anhalt
durch den Herrn Reichskanzler ersucht worden, die beamteten
Thierärzte anzuweisen, über frische Ausbrüche der Seuche in
grösseren Beständen dem Gesundheitsamt telegraphische Mit¬
theilungen zu machen. Hierbei ist auch zu bemerken, ob für
den ersten oder zweiten folgenden Tag Aussicht auf Lymphe¬
entnahme vorhanden ist.
Naohweiaung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiohe
am 30. September 1900.
Es waren am 30. September 1900 in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Marienwerder 2 (3) R.-B. Berlin 1.
R.-B. Potsdam 2 (2). R.-B. Frankfurt 2 (2). R.-B. Posen 3 (4).
R.-B. Bromberg 3 (G). R.-B. Breslau 1 (1). R.-B. Oppeln 4 (4).
R.-B. Merseburg 1 (1). R.-B. Hannover 1 (l). R.-B. Hildesheim 2 (2).
R.-B. Arnsberg 1 (1). R.-B. Düsseldorf 1 (1). Bayern: R.-B.
Oberbayern 1 (2). R.-B. Schwaben 1 (1). Sachsen: Kreishauptm.
Dresden 1 (1). Kreishauptm. Leipzig 1 (1). Kreishauptm.
Zwickau 2 (2). Württemberg: Donaukreis 1 (1). Baden:
Lande8comm. Freiburg 1 (1). Anhalt: 1 (1). Eisass-
Lothringen: Bez. Ober-Elsass 1 (1) [= 40 Gemeinden].
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. R.-B. Oberbayern 8 (15), Niederbayern 1 (1),
Oberpfalz 7 (11), Oberfranken 5 (9), Mittelfranken 3 (3), Unter¬
franken 7 (12), Schwaben 11 (71). Sachsen: Kreishauptm.
Bautzen 1 (1), Dresden 2 (2), Leipzig 2 (3), Zwickau 4 (7).
Württemberg: Neckarkreis 3 (4), Schwarzwaldkreis 5 (9),
Jagstkreis 1 (1), Donaukreis 7 (17). Baden: Landescomm.
Constanz 2 (2), Freibnrg 1 (1), Mannheim 1 (l). Hessen:
Provinz Oberhessen 5 (15). Mecklenburg-Schwerin: 7 (21).
Sachsen-Weimar: 1 (7). Mecklenburg-Strelitz: 1 (1).
Braunschweig: 3 (18). Sachsen-Meiningen: 1 (1).
Anhalt: 4 (4). Schwarzburg-Sondershausen: 1 (2).
Schwarzburg-Rudolstadt, beide Reuss, Hamburg je 1 (1).
Elsass-Lothringen: Bez. Lothringen 2 (2) [= incl. Preussen
514 Gemeinden].
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Liegnitz 1 (1), R.-B. Magdeburg 1 (1).
R.-B. Merseburg 2 (2), Anhalt: 1 (1) [= 5 Gemeinden].
D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest):
Preus8en: R.-B. R.-B. Königsberg 3 (12), Danzig 2 (2),
Marienwerder 2 (3), Potsdam 5 (8), Frankfurt 5 (10), Stettin 6 (12),
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11. October 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
491
Köslin 3 (6), Stralsund 1 (1), Posen 6 (15), Bromberg 3 (9),
Breslau 9 (29), Liegnitz 9 (18). Oppeln 5 (18), Merseburg 3 (3),
Hannover 4 (8), Hildesheim 1 (5), Lüneburg 1 (1), Arns¬
berg 5 (7), Cassel 2 (2), Wiesbaden 3 (5), Düsseldorf 4 (4).
Bayern: R.-B. Ober-Bayern 1 (1), Pfa’z 2 (2). Baden:
Landescomm. Karlsruhe und Mannheim je 1 (1). Hessen:
Prov. Storkenberg 1 (1). Mecklenburg-Schwerin: 1 (1).
Sachsen-Altenburg: 2 (2). Waldeck: 1 (1). Lippe: 3 (7).
Hamburg: 1 (1). [= 196 Gemeinden].
Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preusaen am 30.September 1900.
Regierungsbezirk
Die Seuche herrschte
in
Kreisen
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez)
waren
verseucht:
Königsberg . .
1
1
0,24
Danzig . . .
2
2
1,58
Marienwerder .
6
24
10,61
Potsdam . . .
9
38
14,69
Frankfurt . .
2
2
0 73
Stettin . . .
6
23
12,26
Köslin....
2
5
2,58
Stralsund . .
2
10
11,22
Posen . . . .
3
3
0 91
Bromberg . .
4
11
4,94
Breslau . . .
1
1
0,26
Liegnitz . . .
3
4
1,42
Oppeln . . .
1
1
0,35
Magdeburg . .
11
53
36,80
Mersebnrg . .
9
12
5,19
Schleswig . .
1
2
0,93
Hannover . .
1
1
1,58
Hildesheim . .
5
16
22,09
Lünebnrg . .
3
11
7,46
Minden . . .
1
1
1,96
Arnsberg. . .
1
3
3,52
Cassel....
12
23
13,75
Wiesbaden . .
5
8
8,54
Coblenz . . .
1
1
0 95
Düsseldorf . .
4
5
11,62
Cöln . . . .
1
l 1
3,37
Trier . . . .
4
6
5,32
Aachen . . .
1
1
2,56
Summa:
102
| 269
Fleischschau und Viehhandel.
Von KBhnau.
Kothrückstände im Wurstdarme, Wurstschinutz.
Dr. Schilling in Leipzig veröffentlicht in der „Deutschen
Medicinisclien Wochenschrift“ vom 13. September 1900 das
Ergebnis» von Versuchen, welche er zur Bestimmung der in
den Därmen zurückbleibenden Schmutzmenge angestellt hat.
Aufmerksam auf diese Kothrückstände wurde er durch Pilz¬
wucher äugen, welche sich in den Nischen und Buchten von
Rothwurst vorfanden. Schon mit blossem Auge Hessen sich in
diesen Buchten pflanzliche Gebilde erkennen, deren Natur nicht
zweifelhaft sein konnte. Weitere Wahrnehmungen an den in den
D arm h an dl ungen feilgebotenen Därmen Hessen erkennen, dass
bei der Spülung und Reinigung der Därme in den Kutteleien
der Schlachthäuser nicht so wenig Fäcalrückstände am Darm
haften bleiben, welche sich in Gestalt von Strohfetzen, Getreide¬
samenspelzen und körnigem Detritus dem Auge darboten. Gut
zu demonstriren sind diese Rtickbleibsel an auf Glas aus¬
gebreiteten Darmtheilen vom Rind und vom Schwein. Das
Durchschnittsgewicht dieser nicht entfernten Schmutzmenge
beträgt nach den Ermittelungen Schillings, welche er an
frischen Därmen anstellte, im trockenem Zustande:
bei 1 m Schweinsdünndarm etwa 0,33 g
„ 1 m Schweinsdickdarm aber 0,530 g
„ 1 m Rindsdünndarm 0,275 g
„ 1 m Rindsdickdarm 0,666 g.
Der durch die Eintrocknung von Schweinefäces ermittelte
Wassergehalt von 89,3 pCt hinzugerechnet, ergiebt:
2,16 g Kothrückstände in 1 m Schweinsdünndarm
4,98 g „ „ 1 m Schweinsdickdark
2,47 g „ „ 1 m Rindsdünndarm
5,00 g „ „ 1 m Rindsdickdarm.
Das sind wirklich nicht geringe Mengen von Koth, die der
Consument bei dem Gemessen von Wurst ganz oder theilweise
mit verz ilirt, je nachdem die Wursthaut mit gegessen, aus¬
geschabt oder abgezogen wird. Durch das gewöhnliche Reinigen
und Schleimen der Därme lassen sich die anhaftenden Koth-
iuengen nicht entfernen. Nur gründliche, mit grossem Zeitver¬
lust verbundene Spülung und accurates Abschalen der Mncosa,
sowie hart - bis an den Darm herangehendes Abtrennen des
Mesenteriums ist im Stande, die haftenden Schmutzmengen zu
verringern. Denkt man, dass mancher Arbeiter täglich ein 10
bis 15 cm langes Stück Roth- oder Leberwurst isst, so con-
sumirt er mit dem Fleisch in acht Tagen etwa 4—5 g Schmutz,
oder in einem Monat etwa 20 g. Erregt schon diese Vorstellung
einen grossen Widerwillen, so wird die Sache noch bedenklicher,
wenn man erwägt, dass auch die im Koth enthaltenen Pilze
und etwaige Krankheitserreger mit der Wurst genossen werden
können. VieUeicht ist mancher FaU von Wurstvergiftung hier¬
auf zurückzuführen. Schilling sagt am Schlüsse seiner Ab¬
handlung, dass von direct durch die Verunreinigung der Därme
auf Menschen übertragbaren Krankheiten nur wenige, im Darm
ablaufende in Betracht kommen, fragt aber gleichzeitig, ob die
Veterinärmedicin darüber Aufschluss geben kann?
Nun Nematodenlarven finden sich genügend in der
Darmwand, und wird auf die Ausscheidung solcher Därme von
Seiten der Fleischschau noch nicht genügend Gewicht gelegt,
weil Schädigungen der Gesundheit des Menschen durch dieselben
bisher nicht bekannt geworden sind. Oster tag will nur die
in stärkerem Grade mit Wurmknoten behafteten Därme als
hochgradig verdorbenes Nahrungsmittel behandelt wissen, während
in geringeren Graden die Entfernung der Knoten den Gewerbe¬
treibenden unter eigener Verantwortlichkeit überlassen bleiben
muss, da die Knötchen erst bei der gewerbsmässigen Zubereitung
der Därme deutlich zu Tage treten. Darmentzündungen
dürfen dem Auge des Fleischschauers nicht entgehen, und hat
der Befund ihre Ausschliessung zur Folge. Anders aber bei
weniger auffälligen Darmerkrankungen. Erinnert sei an die ka¬
tarrhalischen Affectionen des Darmes, die Erkrankung
des Darmes bei leichten Fällen von Rothlauf, Schweinepest
und ganz besonders bei Tuberculose; ja meist ist bei letzterer
überhaupt nicht eine Erkrankung des Darmes nachweisbar und
doch müssen sich nach Lage des Falles Unmassen von
Tubercelbacillen im Darm finden. Man denke nur an die vielen
Fälle von Fütterungstuberculose beim Schwein; man denke
daran, dass bei Lungentuberculose der Rinder und Schweine die
nach oben beförderten Tubercelbacülen meist nicht nach aussen
gelangen, sondern abgeschluckt werden und in den Darm
kommen. Nach den Untersuchungen Schillings werden bei
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492
BERLINER TUIERÄRZTEICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 41.
tuberculösen Thieren nicht so wenig Tuberkelbacillen an den als Nahrungsmittel ausschliessen, namentlich aber bei
Darmwänden mit dem Schmutz haften bleiben. In wie weit Schweinen, wo die Anzeichen der Fütterungstuber-
dieselben infectiös sind, dürfte sich wahrhaftig lohnen zu er- j culose vorliegen, denn hier ist der Verdacht sehr rege, dass
forschen. Jedenfalls sollte man aber bei vorgeschrittener l die Schweine mit dem Futter noch bis zuletzt Mengen von
Tuberculose derThiere die Därme von der Verwendun g Tubercelbacillen in sich aufgenommen haben. K.
Personalien. |
Auszeichnungen: Dem Departementsthierarzt Oemler-Merse- j
bürg und Kreisthierarzt a. D. Scholtz-Gr. Strehlitz (Ober-
schles.) ist der Rothe Adlerorden IV. CI. und dem Commissions-
ratb Lungwitz, Docent für Hufbeschlag in Dresden, bei seinem
Uebertritt in den Ruhestand das Ritterkreuz II. CI. des königl. Sächs.
Verdienstordens verliehen worden. — Geheimer Oberregierungs¬
rath Dr. Lydtin in Baden-Baden ist von dem thierärztlichen Verein in
Westpreussen zu seinem Ehrenmitgliede, Veterinärassessor Dr. Stein¬
bach, Departements- und Kreisthierarzt in Trier, von dem thier¬
ärztlichen Verein der Provinz Westfalen zum Ehrenpräsidenten er¬
nannt worden.
Ernennungen etc.: Thierarzt Waldemar Bonatz-Goldberg zum
interimist Kreisthierarzt in Montjoie. Thierarzt A. Joachim zum
Assistenten am thierhygienischen Institut der Universität Frei¬
burg i. Br. Dem Prosector Nelke an der Thierärztlichen Hoch¬
schule in Hannover ist die Verwaltung der Kreise Nienburg und
Neustadt a. R. übertragen. — Gewählt: Die Thierärzte Erdwin
Funck zum 3. Sanitätsthierarzt am Schlachthof in Bremen, Komra-
Jastrow zum Schlachthofdirector in Zoppot.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die
Thierärzte Assmann von Halle nach Gr. Lissa bei Klitzschmar,
J. Baehr von Heinsberg nach Dormagen bei Neuss, Göttsch als
Einj.-Freiw. im 45. Feld-Art.-Rgt. nach Bäbrenfeld b. Altona, Lechle
von Dacbsbach nach Plattling (Nied.-Bayem), Lemm nach Berg- j
heim (Rbld.), Fritz Schulz von Meissen nach Halle (Schlachthof),
Timmroth von Ottersberg nach Charlottenburg. — Thierarzt Fritz
Pflanz hat sich in Wohlau, Nie. Schmidt in Grünstadt (Pfalz)
niedergelassen.
Veränderungen in der Armee: Preussen: a) Beförderungen:
Hentrich, Rossarzt im 44. Art.-Regt. unter Versetzung zum
67. Art.-Regt. zum Oberrossarzt. — Zu Rossärzten die Unter¬
rossärzte Baumann vom 8. Art. - Regt, unter Versetzung zum
44. Art.-Regt., Belitz im 9. Drag.-Regt., Dorn er im 14. Drag.-
Regt,, Graening vom 4. Kilr.-Regt, unter Versetzung zur Feld-
Art.-Schiessschule, Lehmann vom 11. UI.-Regt, unter Versetzung
zum 9. Art.-Regt., Mann vom 10. Hus. - Regt unter Ver
Setzung zum 3. Art.-Regt, Scholz vom 14. Hus. - Regt, unter
Versetzung zum 16. Ul.-Regt., Schwinzer vom 1. Leib-Hus.-Regt.
No. 1 unter Versetzung zum 36. Art.-Regt., Timm vom 2. Garde-Ul.-
Regt. unter Versetzung zum 42. Art.-Regt. — Zum einj.-freiw. Unter¬
rossarzt der Einj.-Freiw. Ti mm ermann im 10. Art.-Regt.
b) Versetzungen: Brose, Oberrossarzt vom 67. Art.-
Regt., zum 20. Drag.-Regt — Die Rossärzte Gilfrich vom
14. zum 22. Drag. Rgt., Jacob vom 22. Drag.-Rgt. zum 15. Train bat.,
Schulz vom 75. Art.-Regt. zum 12. Hus. - Regt., Wilczeck vom
9. Art.-Regt. zum 2. Ul.-Regt. — Die Unterrossärzte Perl vom
46. Art.-Regt, zum 16. Drag.-Regt., Fischer vom 16. Art.-Regt. zum
3. Kür.-Regt., Pieth vom 1. Art.-Regt. zum 8. Ul.-Regt., Dudzus
vom 1. Garde-Art.-Regt. zum 3. Hus.-Regt., Günther vom 6. Art.-
Regt. zum 1. Leib-Kür. Regt., Keil vom 19. Art.-Regt. zum 5. Ul.-
Regt., Möbring vom 50. Art.-Regt. zum 9. Hus.-Regt., Belitz vom
33. Art.-Regt. zum 9. Drag.-Regt., Küthe vom 27. Art.-Regt. zum
24. Drag.-Regt., Soffner vom 42. Art.-Regt. zum 2. Leib-Hus.-Regt.
No. 2, Glasomersky vom 4. Garde-Art.-Regt. zum 3. Garde-Ul.-Regt.,
Bergfeld vom 6. Ul.-Regt, zum 11. Hus.-Regt., Theinert vom
18. Art-Regt., Griemberg vom 2. Art.-Regt und Hoffmann vom
11. Art.-Regt. zum 14. Hus.-Regt., davon 2 Unterrossärzte für die
vom 1. October ab neu errichteten Escadrons Jäger zu Pferde,
Wnuck vom 72. Art.-Regt. zum 1. Leib-Hus.-Regt. No. 1.
c) Commandos: Oberrossarzt Loewn er und Rossarzt Mummert
treten von ihren Commandos zu ihren Truppentheilen zum 3. Kür.-Regt.
bezw. 21. Art.-Regt. zurück. Wilden, Oberrossarzt im 16. Hus.-
Regt, für das laufende Wintersemester als Inspicient zur Militär-
Rossarztschule commandirt Karl, Rossarzt vom Ostasiat Feld-
Art.-Regt., ist dem 23. Art.-Regt. überwiesen.
Abgang: Rossarzt Schröder vom 12. Ul.-Regt, und Unter¬
rossarzt George vom 67. Art.-Regt.
Bayern: a) Beförderungen: Zu Stabsveterinären: Die
Veterinäre Graf vom 2. Ul.-Regt. in diesem Regt; Müller
vom 2. Trainbat. im 2. Feldart. - Regt Im Beurlaubten¬
stande: Zu Veterinären die Unterveterinäre Albert Marggraff
(Landau); Christian Wirth (Kempten); Heinrich Jakob (I. München);
Albin Missbach (Würzburg). In der Landwehr I. Aufgebots: Der
Unterveterinär Hermann lleel (Landshut).
b) Versetzungen: Die StabsveterinäreEck 1, vom 2. zum 6.Feld-
Art.-Regt.; Grüner von der Equitationsanstalt zum 7. Feldart.-Regt.;
Prechtel vom 2. Ulan.-Reg. zum 8. Feldart.-Regt. — Die Veterinäre
Zeiller, vom 4. Feldart-Regt. zum 5. Cbev.-Regt.; Baumgart,
vom 1. zum 3. Feldart.-Reg.; Sippel vom 3. und Trunk vom 4.
zum 6. Feldart.-Regt.; Steinbrüchel vom 1. zum 7. Feldart.-Regt.;
Rössert vom 2. zum 8. Feldart.-Regt.; Backmund vom 5. Chev.-
Regt. zum 2. Train-Bat.; Zölch vom 2. schw. Reiter-Regt zum
3. Train-Bat.; Göbel, commandirt zur Militär-Lelirschmiede, vom
3. Feldart.-Regt. zur Equitationsanstalt.
c) Commandos. Der Veterinär Achleitner des 1. sebw.
Reiter-Rgts. vom 1. October d. J. auf die Dauer von 2 Jahren als
Assistent zur Militär Lebrschmiede commandirt.
Yacanzen.
Kreitthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Reg.-Bez. Liegnitz: Sagan zum 1. XI. (600 M. Gehalt). Zeugnisse
uud Lebenslauf binnen 4 Wochen an den Regierungs-Präsidenten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
R.-B. Düsseldorf: Landkreis Krefeld. — R.-B. Oppeln: Gross
Strehlitz (600 M.) zum 1. October er.
Sanltätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Berlinchen (Neumark): Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau:
aus letzterer ca. 2000 M. Einnahme. Bewerbungen sofort an den
Magistrat. — Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt sofort. Bewerb,
unter Angabe der Gehaltsansprüche an den Magistrat. Beschäftigung
diätarisch; vierteljährl. Kündigung. — Lübeck: Hilfsthierarzt am
Schlachthof. (2400 M. dreimonatliche Kündigung.) Bewerbungen an
die Schlachthofverwaltung. — Mainz: Schlachthofthierarzt sofort
(4200 M.; Wohnung etc.; 6 wöchige Kündigung). Bewerbungen mit
Qualilicationsnacbweis zum beamt. Thierarzt für Hessen bis 20. Oct.
an die Bürgermeisterei. — Rackwitz i. Pos.: Thierarzt für Schlacbt-
! vieh- und Fleischschau. (1200 M. Fixum. Privafpraxis.) Meid, beim
Magistrat. — Wolkenstein Scblacbthofthierarzt. (Zunächst bis 1903
Beihülfe von 700 Mark zugesichert. Privatpraxis gestattet.) Bewerb,
a. d. Stadtrath.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬
stadt). — Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotzenau
i. Schl. — Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — LaBdebnen
(Kr. Pillkallen). — Lugau: Thierarzt zum 15. Dec. er. (2000 Mark.
Privatpraxis). Bewerb, bis 1. Oct. an den Gemeinderath. — Murr-
bardt — Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. —
Mengeringhausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schles.).
— Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.).
— Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze (Mecklb.).
— Wolkenstein.
Besetzt: Kreis-Thierarztstelle in Montjoie. Sanitäts-
Thierarztstellen in Bremen und Zoppot.
Verantwortlich für den Inhalt (cxcL Inacratcnthoil): Prot Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Scboots ih BerU». Pruch von VV. BOxeostcin, Berlin.
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Die „Berliner Thierimliche Wochenschrift“ erechelnt Orifinalbeltrige werden mit 60 Mk. für den Bogen bonorirt.
wöchentlich in Stkrke von mindestens l*/j Bogen. Dieselbe Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionollcn An¬
ist ru bexiehen durch den Buchhandel, die Poet (No. 1082) "0 0 fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält»,
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard ■ -m Berlin tblerirztliche Hochschule, NW., I.uisenstraase 5t>.
Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von H I ■ W ■ Correcturen, Rocensions-Exemplare und Annoncen da-
Mk. 5,— pro Vierteljahr. B 9 \ J ■ 1 B I 1 l V I gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Seit mal tz -Berlin.
Verantwortlicher Redacteur.
De Bruln KGhnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel Zünde!
Professor Obcrthierarzt Departenicntsihiorarzt Kreisthicrarzt Departementsthierarzt Veterin&rassessor l’rofcssor Landes-Insp. f. Thierzucht Krcisihicrarzt
Utrecht Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Jahrgang 1900.
M 42 . Ausgegeben am 18. October.
Inhalt: Bericht iiher die 72. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Aachen. — Schroeder: Eine zweigo-
theilte Gallenblase. — Referate: Eigneres: Impfversuche gegen Texasfieber. — Vennerholm: Tropoeoca'in, ein neues locales
Anästheticum, nebst einigen Worten über locale Anästhesie. — Sobelsohn: Das Baeillol als Desinficiens und Wund¬
heilmittel. — Almquist: Zur Bhagocytose. — Tagesgeschichte: Bermbach: Culrur-Aufgaben. — Lolioff: Der practische
Thierarzt als Fleischbeschauer. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — Fleischschau und Viehhandel. —
Personalien. — Vacanzen.
Bericht
über die 72. Versammlung deutscher Naturforscher
und Aerzte in Aachen.
(Fortsetzung und Schluss.)
Am Vormittag des 18. September demonstrirte Prof. Imminger-
Miinchen die Castration mit dem Emasculator an einem D/ajährigen
Hengstfohlen sowie an einem Eber.
Die am Nachmittag des 18. September stattfindende Ab-
theilungs-Sitznng eröffnete der Vorsitzende Prof. Lüpke-Stnttgart
und ertheilte zunächst Prof. Imminger das Wort. Dieser
erläuterte kurz die am Vormittag gezeigte Castrationsmethode
und besprach im Anschluss daran die dabei verwandten
Instrumente. Er empfahl den von Haussmann & Dünn in
Chicago angefertigten Emasculator, der nach seiner Ansicht
gegenüber dem neuerdings in Deutschland angefertigten den
Vorzug verdient. Des Weiteren hob Redner hervor, dass der
Erfolg der Operation nicht nur von guten Instrumenten, sondern
auch von der richtigen Anwendung der letzteren, sowie von der
richtigen Lage des zu castrirenden Thieres abhängig sei.
I. operirt in der Rücken* oder Seitenlage; er wäscht regel¬
mässig das gereinigte Operationsfeld mit Aether und lässt die
Operationswunde mit 3proc. Sublimatsalbe nachbehandeln. Bei
richtiger Ausführung der Castration treten nach den bisher von
dem Vortragenden gesammelten Erfahrungen weder Eiterungen
noch Samenstrangfisteln auf.
Bei der sich an den Vortrag anschliessenden Discnssion
frug Weinberg-Aachen an, ob insbesondere bei älteren
Hengsten nach der Castratiou mit dem Emasculator nicht leicht
Nachblutungen eintreten? Nach I.’s Ansicht ist dies zwar nicht
ausgeschlossen. Bei den von ihm ausgeführten Castrationen,
welche Hengste im Alter bis zu 17 Jahren betrafen, sind
Blutungen, denen er im Uebrigen keine grosse Bedeutung bei¬
legt, nicht vorgekommen.
Der Vorsitzende wies darauf hin, dass I. über die Vor-
ereitung und die Nachbehandlung der Castraten wenig gesagt
habe. Nach seinen Beobachtungen legt gerade hierauf der
Chirurg der Stuttgarter Hochschule das Hauptgewicht. Bei der
Errichtung des neuen Operationssaales dieser Anstalt ist daher
den Forderungen der Antiseptik und Aseptik in weitestem
Umfange Rechnung getragen worden.
Es schloss sich daran der nachfolgende Vortrag:
Ueber Rauschbrand *)
von Kreisthierarzt Vater- Eupen.
Die ersten klinischen Beschreibungen über Rauschbrand
sind von Walraff 1856 gegeben und die die Aetiologie
begründenden Forschungen 1875 von Feser und Boilinger
bahnbrechend geworden. Für das Reichsviehsenchengesetz ist
dennoch eine Trennung vom Milzbrand nicht ausschlaggebend
gewesen. Der Rauschbrand ist erkannt als Bodenkrankheit,
aber unabhängig von geologischen und meteorologischen Ver¬
hältnissen, d. h. von den Gesteinsunterlagen, bezw. von der
Menge der Niederschläge oder dem Barometerstände. Verant¬
wortlich sind vielmehr die in verschiedener Dicke und Dichtig¬
keit auf die Humusschicht folgenden geologischen Schichten zu
| machen. Analog dem Malariafieber kann die äussere Temperatur
, und die Veränderung des Grundwassers bewirken, dass die dem
austrocknenden oder aufgelockerten Boden entsteigende Luft
die Pilze mit nach oben reisst, und dass dieselben durch den
Wind fortgeführt nnd auf Pflanzen niedergeschlagen werden.
Die Bacillen müssen subcutan oder mit dem Futter in den
Thierkörper gelangen. Fütterungsversuche haben auffallende
i negative Resultate ergeben. Verletzungen der Maul- oder In-
testinal8chleimhaut oder Indigestion werden dem Bacillus das
Eindringen erleichtern. Subcutane Wunden sind selten nach¬
weisbar; hierorts können die festgestellten Fälle dem die Weiden
umzäunenden Stacheldraht indirect zugeschrieben werden.
Dass die Anlage bei Rindern sich auf das jugendliche Alter
! von 4 Jahren beschränkt, ist nur allgemein zu nehmen,
*) Autoreferat des Herrn Vortragenden.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 42
Kälber von 4 Monaten und in Rauschbrand-Districten einheimische
Kühe bis über 6 Jahren erliegen ebenfalls der Krankheit.
Der Ranschbrand endet stets letal; angeblichen Genesungen
liegen Fehler in der Diagnose zu Grunde. Der Bacillennach¬
weis ist massgebend. Bei der Intestinalform fehlen während
des Lebens Geschwülste; Muskelsaftproben aus etwa vorhandenen
Geschwülsten können wohl Bacillen liefern, die aber mit Oedem-
bacillen zu grosse morphologische Verwandtschaft besitzen. Die
specifischen sporenhaltigen Rauschbrandbacillen entwickeln sich
erst 12—24 Stunden nach dem Tode. Sehr häufig ist man auch
enttäuscht, keine Bacillen im lebenden Gewebe nachweisen zu
können. Pergamentartige, trockene oder brandige Beschaffenheit
der Haut kommt bei dem kurzen Verlauf garnicht vor.
Für die Differentialdiagnose kommen Milzbrand, malignes
Oedem, Hautemphysem, Lähmung und innere Verblutung in Be¬
tracht. Auch manche Fälle von Kalbefieber führen zur Ver¬
wechselung mit Rauschbrand. Indessen schliessen die patho¬
logisch-anatomischen Veränderungen resp. der bacteriologische
Befund Zweifel aus.
Bezüglich des Geburtsrauschbrandes — einer Septicaemia
puerperalis mit Emphysembildung — ist die Unterscheidung
vom echten Rausclibrand sowohl in klinischer, pathologisch-ana¬
tomischer, wie bacteriologischer Beziehung sehr schwer. Beide
kommen in denselben Districten vor. Klinisch durch hohes
Fieber, Traurigkeit, Schwellung, Rauschen und blutrothe Ver¬
färbung der sichtbaren Geschlechtstheile bis zum Euter und über
Kreuz und Schenkel ausgezeichnet, ist er pathologisch-anatomisch
durch hämorrhagische und sulzig gallertige Einlagerungen,
braunschwarze Muskelveränderung vom echten Rauschbrand
nicht zu unterscheiden. Inhalt der Geschlechtstheile ohne pene¬
tranten Geruch, Schleimhaut, Submucosa und Muscularis gelockert,
ödematös mit Hämorrhagien durchsetzt. Aehnliche Veränderungen
sind im subperitonealen Gewebe zu verfolgen, Bauchhöhlenin¬
halt kann blutigroth erscheinen. Die Bacillen können als
Varietät von Oedembacillen und Rauschbrandbacillen charac-
terisirt werden. Nach dem Gesetz vom 22. April 1892 für die
Rheinprovinz erfolgt keine Entschädigung, aus Opportunitäts¬
gründen empfiehlt sich entschieden die Subsummirnng wegen der
eigenthümlichen Uebereinstimmung in jeglicher Weise.
Echte Rauschbrandbacillen sind im Muskelsafte, im serös¬
blutigen Transsudate der Körperhöhlen, in der Galle reichlich,
im Blute sehr spärlich vertreten. Der Rauschbrandbacillus ist
exquisit anaerob, bildet in den Geweben Gase und entwickelt
24—48 Stunden nach dem Tode endständige Sporen. Mit der
Sporenbildung hört die Eigenbewegung auf. Ueppige Sporen-
nachproduction wird in langsam getrocknetem Fleische con-
statirt. Das Virus besitzt grosse Resistenz gegen äussere
Einwirkungen; nach Kitt werden die Rauschbrandkeime
durch strömenden Wasserdampf nicht getödtet, sondern nur ab¬
geschwächt. Meerschweinchen sind gegen Rauschbrandimpfling
besonders empfindlich, Kaninchen fast immun. Die erste Rein-
cultur ist in schwach reagirender Hühnerbouillon gelungen.
Kitasato hat nach seinem Aneroidzüchtungsverfahren mit
der Wasserstoffmethode Rauschbrandbacillen in Meerschweinchen¬
bouillon gezüchtet. Später haben Kitasato und Kitt auch auf
festem Nährboden gezüchtet und durch reducirende Substanzen
im Nährsubstrat das Wachsthum befördert.
Schon Feser und Bollinger hatten erkannt, dass der
Rauschbrand zu den impfbaren Infectionskranklieiten gehört. In
den letzten Jahren haben besonders Arloing, Cornevin und
Thomas, andererseits Kitt rege Thätigkeit entwickelt, um für die
Praxis einen Impfstoff zur Erzeugung von Immunität herzustellen.
Bei der intravenösen Impfung erzielt man nach einer un¬
gefährlichen Allgemeinerkrankung nachfolgende Immunität; die
Ausführung ist jedoch in der Praxis mit grossen Gefahren ver¬
knüpft und umständlich. Später wählte man zur Impfung die
Schwanzspitze; es kam zur Verwendung bei der ersten Impfung
das auf 100°, bei der zweiten Impfung das auf 85° abgeschwächte
aber stärker wirkende Virus. Kitt hat einen geeigneten Impf¬
stoff durch Einwirkung strömender Wasserdämpfe hergestellt,
dessen einmalige subcutane Verimpfung Immunität verleiht; er
hofft durch gleichzeitige oder vorherige Serumtherapie die Impf¬
rauschbrandgefahren abzuschwächen, denn bei Schafen ist es
gelungen, mit dem Serum immunisirter Schafe andere an Rausch¬
brand erkrankte Tliiere zu heilen. Die Studien von Leclainche
und Vallee haben ergeben, dass Rauschbrandbacillen ein wirk¬
sames Toxin produciren, welches für sich den Tod hervorruft,
die vom Toxin befreiten Sporen bewirken allein im Organismus
keine Infection. Die Bildung des Toxins schützt die Sporen vor
der zerstörenden Thätigkeit der Phagocyten. Die Sporen können
durch zweistündige Erwärmung auf 85° vom anhaftenden Toxin
befreit werden. Nach den verschiedenen Methoden sind seitdem
in vielen Rauschbrandgegenden Impfungen bei Rindern im Grossen
ausgeführt. Die hier und da aufgetretenen kleinen Impfzufälle,
wie geringe Störungen des Allgemeinbefindens, Complicationen
am Schwanzende, waren ohne erhebliche Bedeutung. Das sta¬
tistisch geordnete und vorgetragene Material der Impfergebnisse
in den einzelnen Ländern beweist, dass die Schutzimpfung den
Thieren eine ausreichende Schutzkraft von 12—14 Monaten ver¬
leiht und Verluste von 0,75 bis höchstens 1 pCt. in sich schliesst.
Der in der Schweiz im Frülyahr 1896 entstandene grössere
Verlust an Impfrauschbrand bei Injection in der Schultergegend
wird wohl in der Verwendung eines stärkeren Impfstoffes zur Er¬
langung höherer Schutzkraft seine Erklärung finden. Am meisten
immunisirend, aber auch am gefährlichsten ist die Kitt’sche
Trockenimpfung hinter der Schulter; weniger günstig, aber be¬
deutend ungefährlicher als die Impfung an der Schulter, ist die
Kitt ? sche Reinculturimpfung und die zweimalige Impfung am
Schwänze mit abgestuften Impfstoffen. Die befriedigenden Impf-
resultate haben im Canton Bern und in Baden zu der Verfügung
geführt, dass seit 1884 resp. 1895 für mit Rauschbrand be¬
haftetes Rindvieh Entschädigung nur gewährt wird, wenn der
Besitzer nachweist, dass die Thiere der Schutzimpfung unter¬
zogen worden sind.
Für die Vornahme der Präventivimpfung seien die Jahres¬
zeiten mit mittlerer Temperatur am geeignetsten. Zum
Impfen müssen Rinder von bis 2 Jahren gelangen. Die
Viehbesitzer seien über die hohe Bedeutung des Rauschbrand¬
schutzverfahrens genügend aufzuklären, aber auch auf die mög¬
lichen Gefahren aufmerksam zu machen, um einem für weitere
Versuche sehr lähmenden allgemeinen Abschrecken gegen Impfen
vorzubeugen. In Anbetracht des localisirten Auftretens, der
relativ geringen Gefahr directer Uebertragung sei der Rausch¬
brand eine derjenigen Infectionskrankheiten, die durch Schutz¬
impfung erfolgreich bekämpft werden können. Jeder Impf¬
versuch deckt wieder neue Gesichtspunkte auf, die entweder
Modification des Inoculationsverfahrens oder die Zubereitung der
Impfstoffe mit sich brächten. Aus den jetzigen Erfahrungen sei
zu schliessen, dass die Impfung keine wesentlichen Nachtheile
für die Impflinge herbeiführt und der Verlauf zu Gunsten der
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
495
18. October 1900.
Schutzimpfung spricht. Seitens der Regierung, der Land-
wirthschaftskammeni und von den Thierärzten seien der unver¬
kennbaren Vortheile wegen Anregungen zu Schutzimpfungen zu
geben.
Am 19. September leisteten die Theilnehmer der Veterinär-
Seetion einer Einladung des Vereins rheinpreussischer
Thierärzte zur Herbstversainmlung über die in nächster
Nummer berichtet werden wird, Folge. Vorher demonstrierte
Professor Degive aus Brüssel in der Aachener Reitbahn die
Kryptorchlden-Castration.
In der dritten Abtheilungs-Sitzung, die am 20. September
unter dem Vorsitze von Dr. Jelkmann-Frankfurt a. M. ab-
gehalteu wurde, behandelte Departementsthierarzt Dr. Steinbach-
Trier in einem eingehenden in der vorigen Nummer der B. T. W.
bereits veröffentlichten Vortrage das Thema: Ist zur Milzbrand¬
diagnose die Obductien erforderlich? Der Vortragende erachtet die
Obduction der Leiche nur dann für nothwendig, wenn die micro-
scopi8che Untersuchung des Halsvenenblutes ein negatives Er¬
gebnis liefert.
Im Verlaufe der sich an den Vortrag anschliessenden leb¬
haften Discussion betonte Dr. Schmidt-Aachen die Notli-
wendigkeit der Obduction der unter milzbrandverdächtigen Er¬
scheinungen verendeten Thiere und wies darauf hin, dass man
in vielen Fällen schon durch die macroscopische Untersuchung
der Organe zu einer sicheren Diagnose gelangen könnte.
Prof. Lüpke vertrat einen vermittelnden Standpunkt, in¬
dem er Bich nicht generell gegen die Obduction aussprach, die¬
selbe aber in einzelnen Fällen für entbehrlich erachtete. Er
warnte davor, sich bei der Milzbrandfeststellung ausschliesslich
auf das Resultat der microscopischen Untersuchung zu ver¬
steifen, da eine specifische und absolut sichere Färbemethode
für Milzbrandbacillen nicht existirt. Für die Anfertigung der
Präparate empfahl L. das Ausstreichen mit der Stahlnadel und
zum Färben eine dünne Gentianaviolettlösung. (Stuttgarter
Methode). Er hält eine 12 procentige Stammlösung des Farb¬
stoffes vorräthig. Die verdünnten Lösungen werden von Fall zu
Fall im Verhältnis von 1 : 10 angefertigt und nach gemachtem
Gebrauche beseitigt. Mit der Olt’schen Safraninfärbung erzielte
La. keine günstigen Ergebnisse. Nach seiner Ansicht lässt ins¬
besondere bei älteren Kadavern die Kapselfärbung im Stiche,
da auch eine Reihe anderer Bacillen gleich dem Milzbrand¬
erreger eine Plasmahülle zeigen. Die Kapselfärbung ist daher
nicht selten der Anlass zu einer irrthümlichen Diagnose. Zur
Entnahme der Blutproben empfiehlt L. bei frischen Thierleichen
die Ohrvene, bei alten das Herz.
L. hält die Obduction des Cadavers nur dann für über¬
flüssig, wenn sich in der entnommenen Blutprobe nur eine Art
sich gleichmässig färbender Bacterien mit den morphologischen
Eigenschaften der Milzbranderreger vorfinden. Zum Versandt
von Material erwiesen sich gekochte Kartoffeln, zwischen die
nach dem Zerschneiden die Blutprobe gebracht wurde, sowie
Kartoffelscheiben in schwedischen Streichhölzerschachteln ver¬
packt, als besonders zweckmässig.
Dr. Steinbach glaubt von Prof. Lüpke bezüglich der
Olt’schen Färbemethode missverstanden worden zu sein. Ihm
sei das von L. erwähnte Verfahren bisher nicht bekannt gewesen.
Nach den guten Erfahrungen, die er mit Safranin gesammelt,
möchte St. dieses nicht mehr entbehren. Zum Zweck der Ent¬
scheidung der von ihm aufgeworfenen Frage sei festzustellen,
ob Vorbericht, äussere Besichtigung des Cadavers und micro-
scopiBclie Untersuchung des Blutes zur Begründung der Seuchen¬
diagnose ausreichen? Im Bejahungsfälle würde auf die Ob¬
duction der Leiche verzichtet und der Veterinär-Polizei damit
ein grosser Dienst erwiesen werden können.
Prof. Lüpke hebt nochmals hervor, dass die von ihm an¬
gewandte Färbung mit verdünnter Gentianaviolettlösung über
der Flamme an Einfachheit nichts zu wünschen übrig lässt und
die Plasmahülle vollständig zur Geltung bringt.
Kreisthierarzt Vater hält neben der microscopischen Unter¬
suchung des Blutes nach Olt, mit der er ebenfalls gute Er¬
fahrungen gemacht hat, die Obduction des Cadavers für noth¬
wendig. Er weist darauf hin, dass der verstorbene Prof. Rabe
stets mehrere Färbemethoden bei der Untersuchung von Milz¬
brandmaterial anwandte, bevor er seine Entscheidung traf. Nach
V.'s Ansicht bietet die Milzbrandfeststellung oft so grosse
Schwierigkeiten, dass er auf die Obduction zur Sicherung der
Diagnose nicht verzichten möchte. Er weist dabei auf die
Schwierigkeiten hin, die der microscopischen Diagnose, nament¬
lich bei dem längeren Liegen der Cadaver erwachsen.
Dr. Lothes schliesst sich diesen Ausführungen an und
erachtet zur wenn auch nur theilweisen Beseitigung der mit der
Obduction der Milzbrandleichen verbundenen Gefahren eine
landesgesetzliche Regelung des Abdeckereiwesens für unbedingt
nothwendig.
Prof. Lüpke weist demgegenüber auf die Schwierigkeiten
einer Regelung des Abdeckereiwesens hin. So lange letztere
noch nicht erfolgt, solle man daher auf die Obduction der Milz-
brandcadaver, soweit angängig, verzichten.
Dr. Steinbach schliesst sich dem an und stellt die
geregelten Abdeckereibetriebe grösserer Städte den primitiven
Einrichtungen auf dem platten Lande gegenüber.
Dr. Lothes ist sich der Schwierigkeiten einer landes¬
gesetzlichen Regelung des Abdeckereiwesens wohl bewusst, hält
dieselbe aber unter Hinweis auf Baden dennoch für in abseh¬
barer Zeit erreichbar. Bei Anwendung der erforderlichen Vor¬
sicht hält er auch unter den derzeitigen Verhältnissen die mit
der Obduction von Milzbrandcadavern verbundenen Gefahren
für den Obducenten nicht für besonders gross und weist darauf
hin, dass gegenüber den zahlreichen alljährlich von Thierärzten
ausgeführten Milzbrandobductionen die Infectionen von Menschen
doch relativ selten seien.
Der Vorsitzende dankte alsdann dem Vortragenden für den
erstatteten Bericht und hebt im Anschluss daran hervor, dass,
so wünschenswerth die Einschränkung der Milzbrandobductionen
auch sein möge, es ausserordentlich schwierig sein dürfte, eine
Grenze zwischen den Fällen zu ziehen, in denen die microscopische
Untersuchung genügt und denjenigen, bei welchen ausserdem
die Obduction des verdächtigen Cadavers stattzufinden hat.
Er empfiehlt daher zu der Frage bei dieser Gelegenheit keine
Stellung zu nehmen. Entgegen dem Wunsche des Referenten
wurde daher ein Beschluss über die von ihm aufgeworfene Frage
nicht gefasst.
Prof. Lüpke sprach darauf „Zur Diagnose der Wiidseuche des
Hir8chwiides.“ Er wies einleitend darauf hin, dass die Wildseuche
zu den Infectionskrankheiten gehört, bei welchen das Kraukheits-
gift im Blute kreist. Die besten Beobachtungen über diese
Seuche sind von Bollinger in dem Königlichen Wildpark an
der Iller angestellt worden. Nach Ansicht des Letzteren kommen
die bei den an Wild- und Rinderseuche erkrankten Rindern
regelmässig anftretenden grossen Anschwellungen an Kopf und
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496
Hals beim Hirschwilde nicht vor. L. hat die Cadaver mehrerer
in dem Wildpark Josephsinst (Hechingen) an der Seuche ge¬
fallener Hirsche obducirt und konnte dabei, entgegen den
Beobachtungen von Bollinger, die fraglichen in der Unterhaut
liegenden Anschwellungen feststellen. An dem einen Cadaver
befanden sich dieselben am unteren Ende des Halses sowie am
Unterschenkel. Die Anschwellungen waren flach und daher leicht
zu übersehen. Beim Einschneiden erwies sich die Unterhaut an
diesen Stellen sulzig infiltrirt.
Des Weiteren bespricht der Vortragende die von Bollinger
geschaffene Eintheilung der Wildseuche in die exanthematische,
intestinale und pulmonale Form. Er hält dieselbe für nicht gerade
glücklich gewählt, da bei ein und derselben Erkrankung meist
mehrere Formen vertreten sind.
Für die Feststellung der Seuche besonders wesentlich ist
das rapide Sterben der Thiere in grösseren Wildbeständen. In
Folge des schnellen Verlaufes ist über das eigentliche Krank¬
heitsbild Genaueres nicht bekannt. Da sich die kranken Thiere
verkriechen, so sind die Cadaver schwer aufzufinden. Genaue
Obductionsbefunde von wildseuchekranken Hirschen enthält die
Literatur nicht. Gerade mit Bezug auf diese Seuche lassen nach
L.’s Ansicht die Lehrbücher der speciellen Pathologie uns viel¬
fach im Stiche.
Was die Uebertragung der Seuche anbelangt, so ist dabei
zu beachten, dass das Auftreten derselben in die heissesten
Sommermonate fällt. Schneidemühl nahm daher an, dass die
Uebertragung des Krankheitsgiftes durch Fliegen vermittelt
würde. L. erachtet dies nicht als zutreffend, indem er darauf
hinweisst, dass die Ohren des durch ihn obducirten Hirschwildes
in Folge von Fliegenstichen wund waren, ohne dass man an den¬
selben irgend welche Schwellung constatiren konnte. Auf den
Anschwellungen des einen der von ihm obducirten Cadaver traf
der Vortragende die Schaflausfliege an. Er untersuchte das
lnsect und verimpfte die Eingeweide mit Erfolg auf Mäuse-
L. neigt daher zu der Annahme, dass die Uebertragung des
Krankheitsgiftes durch Schaflausfliegen, die noch nach dem Tode
des wildseuchekranken Thieres an der Haut haften bleiben, ver¬
mittelt wird. Bei der Obduction sind im Falle der Erkrankung
der Unterbaut die Bindegewebslamellen an den betroffenen
Stellen leicht abhebbar und mürbe. Sind keine Anschwellungen
in der Unterhaut vorhanden, so findet man eine Lungenentzündung
oder eine folliculäre bzw. haemorrhagische Darmentzündung.
Nachdem der Vorsitzende dem Referenten im Namen der
Versammlung für seine interessanten Ausführungen gedankt hatte,
schloss er die Abtheilungssitzung, sowie die Tagung der Veterinär-
Section und ertheilte Bockelmann-Aachen das Wort. Dieser
dankte im Aufträge des verhinderten Einführenden der Veterinär-
Section und Namens der Aachener Thierärzte den Theilnehmem
für ihr Erscheinen.
In der der zweiten allgemeinen Sitzung (gemeinschaftliche
Sitzung der naturwissenschaftlichen Gruppe) voranfgehenden
Geschäftssitzung, die Geh. Rath Prof. Dr. von Leube-Würzburg
leitete, wurde Hamburg als Tagungsort der nächstjährigen Ver¬
sammlung gewählt.
In den nicht durch Sitzungen ausgefüllten Stunden und
insbesondere an den Abenden war durch die Veranstaltungen
des Ortsausschusses für entsprechende Unterhaltung gesorgt.
Am 20. September fand eine Rundfahrt der Damen der Mit¬
glieder durch Aachen und seine Umgebung statt, zu welcher
von Privaten die Equipagen zur Verfügung gestellt worden waren.
No. 42.
An demselben Tage wurde ein Ausflug nach „Rothe Erde“ zur
Besichtigung der Anlagen des Aachener Hüttenwerks unter¬
nommen, an dem sich die Mitglieder sehr zahlreich betheiligten.
Zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt, von denen wir hier nur
den Dom mit seinen Schätzen und das Rathhaus mit dem
Krönungssaale der deutschen Kaiser erwähnen wollen, hatten die
Theilnehmer freien Zutritt.
Die Abendvergnügungen nahmen am 19. September mit dem
offlciellen Festmahle ihren Anfang. Dasselbe fand im grossen
Concertsaale des Kurhauses statt und hatte sich unter Berück¬
sichtigung der geringen Zahl (900) der eingeschriebenen Theil¬
nehmer eines recht guten Besuches zu erfreuen. Ihm folgte am
Abend des 20. September ein von dem verstärkten Aachener
Männer-Gesang-Verein veranstaltetes Concert, dem sich ein Ball
anschloss. Am darauffolgenden Tage gab die Stadt Aachen ihren
Gästen einen Commers, auf welchem ihnen der Abschiedstrunk
gereicht wurde. L.
Eine zweigeteilte Gallenblase.
Von
Carl Sohroeder- Leipzig,
st&dtlacher Thierarzt.
Im hiesigen Schlachthofe fand ich bei einem ca. 8 Wochen
alten, sehr gut genährten Kalbe eine zweigetheilte Gallenblase
(vesica fellea bipartita), deren Vorkommen in der mir zugänglichen
Literatur bisher nicht erwähnt ist. Nur Berndt hat im Berl.
Archiv XIX. S. 320 eine doppelte Gallenblase beschrieben, die
er bei der Section einer Kuh gefunden hat. Auch Ellenberger
und Schütz berichten darüber. (Jahresbericht über die
Leistungen auf dem Gebiete der Veterinär-Medicin, XIH, S. 156).
Die Kalbsleber hatte keine Veränderungen aufznweiseu,
sondern glich in Gestalt, Grösse, Consisteuz, Farbe und innerer
Einrichtung vollkommen einer normalen. An der hinteren Fläche
des rechten Leberlappens lag die strotzend gefüllte Gallenblase,
die sich aus zwei Lappen zusammensetzte. Beide Lappen waren
gleich gross; der unterste weite Theil derselben, der sogenannte
Grund war paarig vorhanden, kurz abgerundet und ragte gleich-
mässig über den unteren Leberrand hervor. Dort, wo beide
Lappen zusammenstiesen, befand sich ein tiefer Einschnitt. Der
Körper, der den mittleren Theil der Gallenblase bildet, lag mit
der hinteren Wand frei, mit seiner vorderen dagegen in der
für die Gallenblase bestimmten Grube. Der oberste Theil der
Blase, der sogenannte Hals, führte in den Gallengang. Die
Entfernung des Grundes der Blase von Ende des Halses betrug
12 cm, während der Einschnitt in die Blase vom Gallengang
9 cm entfernt war. Die Gallenblase selbst war, wie eine normale,
von einem serösen Ueberzuge überzogen, dem die Muskelschicht
und dann die Schleimhaut folgte. Letztere war im Innern der
beiden Lappen in viele kleine Falten gelegt und hatte so die
grösste Aehnlichkeit mit einem äusserst fein verzweigten Netze.
Referate*
Impfversuche gegen Texasfieber.
(CummlHBlonsbericht der 8oc. centrale de mid. v6t, Ref. Moubru, SS. Juli 1900.1
In der Juniversammlung der Soci6t£ centrale hatte Professor
Nocard, wie in No. 37 pag. 437 der B. T. W. referirt wurde, die
von Rep. Ligniäres vorgenommenen Untersuchungen über Texas¬
fieber (Tristeza, parasitäre Hämoglobinurie des Rindes etc.)
geschildert und beantragt eine Commission zu ernennen, die
über das von Lignieres erfundene Impfverfahren auf Grund
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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18. October 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
497
effectiver Versuche Bericht erstatten sollte. Die Commission
bestand ans den Herren Mollerean, Monssn, Nocard und
Railliet. Die Impfversuche wurden in Gegenwart der Com¬
missionsmitglieder vorgenommen nnd zwar wurden fünf Rinder
hierzu verwendet. Zwei Kühe (No. 1 und No. 4) hatte
Ligni^res bei seiner Rückkehr aus Argentinien mit der natür¬
lichen Krankheit geimpft. Beide Thiere waren in gelinder
Weise erkrankt, so dass sie als immunisirt betrachtet werden
konnten. Zwei Kühe (No. 2 und No. 3) waren am 5. Juli dem
von Ligni6res empfohlenen Impfverfahren unterworfen worden,
wobei sie nur eine vorübergehende leichte Hyperthermie gezeigt
hatten. Das fünfte Rind (ein ausgewachsenes Thier) sollte als
Zenge dienen nnd war keiner Behandlung unterworfen worden.
Am 15. Juli erhielten die fünf Thiere subcutan je 5 Cubic-
centimeter virulentes Blut injicirt. — Die beiden Kühe No. 1
und 4, die von einer gelinden ersten Erkrankung geheilt waren,
zeigten keine Störung, der Appetit blieb vorzüglich, die
Temperatur war absolut regelmässig; die Injection hatte somit
auf beide Thiere keine Wirkung. — Die beiden Kühe No. 2
nnd 3 haben sich wie die beiden anderen benommen; die
Temperatur blieb immer regelmässig und normal; die Schutz¬
impfung war somit von vorzüglicher Wirkung, da die Versnchs-
thiere nicht die genügende Störung zeigten. Beim Bullen war
in den ersten fünf Tagen keine Störung zu bemerken, die
Temperatur schwankte regelmässig zwischen 38 und 39 Grad,
der Appetit war gut. In der Nacht vom fünften auf den
sechsten Tag stieg aber die Temperatur von 38,3 auf 40,4; der
Appetit verschwand fast vollständig, aber trotz dieser heftigen
Reaction blieb das Thier munter und kräftig, der Harn hatte
noch seine normale Farbe.
Am 22. Juli stieg die Temperatur auf 40,7, das Thier ver¬
weigerte jedes Futter und war mehr niedergeschlagen; der Harn
war leicht gefärbt, im Blute befanden sich aber nur wenig
Haematozoen.
Am 23. stieg die Temperatur auf 41,2; das Thier war äusserst
deprimirt und verweigerte jede Futteraufnahme. Der Harn war
roth und wurde braun an der Luft; die Untersuchung des Blutes
ergab die Anwesenheit von zahlreichen piriformen Haematozoen.
Die von Nocard vorgenommene Zählung der Blutkörperchen
ergab um 2 Uhr Nachmittags 3 200 000, d. h. weniger als die
Hälfte der normalen Zahl, um 6 Uhr nur noch 1 100 000. Nach
anderen Versuchsthieren zu schliessen, die in der Hyperthermie
mit denselben Erscheinungen wie der Versuchsstier verendeten,
glanbten die Commissionsmitglieder, dass das Thier noch in der
Nacht verenden würde. Wider Erwarten blieb der Zustand am
24. stationär. Das Thier verweigerte immer noch das Futter,
es hatte starke Verstopfung, das Flotzmaul war sehr trocken,
der Harn noch dunkler als am Tage vorher, die Blutkörperchen¬
zählung ergab nur noch 370000 rothe pro Cubicmillimeter.
Im Blute fanden sich weniger Parasiten, dieselben waren nicht
mehr piriform, sondern mehr abgerundet. Die Temperatur
dagegen war um nahezu drei Grad gefallen, von 41,2 auf 38,3.
Am 25. Juli war das Thier wesentlich besser, die Temperatur
betrug 38,4, das Flotzmaul war frisch, das Thier nahm Getränke
auf und suchte zu fressen. Es schien, dass es genesen würde.
Da die natürliche Krankheit, die in Argentinien grosse Verluste
verursacht, auch nicht immer letal verläuft, ist der günstige
Ausgang heim Versuchstiere nicht besonders auffallend. Von
Wichtigkeit ist aber, dass die Versuche ohne Zweifel nach¬
gewiesen haben, dass das von Lignieres gefundene Impf¬
verfahren absolut wirksam ist. Die beiden Impflinge sind nicht
im geringsten Grade in ihrem Befinden gestört worden, während
das Controlthier so schwer erkrankte, dass sein Eingehen er¬
wartet wurde. In practischer Beziehung dürfte die Demonstration
genügen. Z.
Tropococain, ein neues locales Anästheticum, nebst
einigen Worten über locale Anästhesie.
Von Prof. John Vennerholm-Stockholm.
(Zeltschr. f. Thiermed. 1900 8. 2/3.)
Das Tropococain ist seit etwa 7 Jahren bekannt und von
Giesel aus einer in Java wachsenden Erythroxylonart dargestellt
worden. Das Präparat sollte das Cocain in der localen Anästhesie
ersetzen, war aber bisher zu theuer. Durch ein neues von
Merck-Darmstadt erfundenes Verfahren der Darstellung ist der
Preis nur noch ein wenig höher als der des Cocains. Das
Tropococain wird in einer 6,2 procentigen Kochsalzlösung gelöst
und hat, steril gemacht, eine grosse Haltbarkeit. Eine sterilisirte
Lösung von Tropococain 0,3 -f- Natr. chlorat. 0,06 -f- Aq.
destl. 10 bleibt in einer dicht verschlossenen Glasflasche
l l / 2 Jahre lang unverändert. Das Mittel ist ferner 3 mal weniger
giftig als Cocain. Verf. hat das Tropococain in 23 Fällen zur
localen Anästhesie verwendet und ermittelt, dass es ungefähr
in dem gleichen Grade wirkt, als das Cocain. Die injicirten
Lösungen waren 3 proc. und lOproc.
In der Veterinär-Chirurgie wird sich das Mittel nicht eher
allgemein einführen, als bis sein Preis noch wesentlich billiger
geworden ist.
Zum Zweck der localen Anästhesie wurde vom Verf. bisher
nur Cocain in 3proc. Lösungen angewendet, wobei sich heraus¬
stellte, dass die Dosis für ein Pferd zwischen 10 — 15 cg nnd
1 g variirte. Bei der Neurectomie der Plantarnerven genügten
in der Regel 15 cg, um die Haut reactionslos zu machen. Die
freigelegten Nervenstämme gelingt es erst nach wiederholter
Benetzung mit dem Mittel zu anästhesiren.
Die Ausführung der Castration mit localer Betäubung ist
ebenfalls versucht worden. Bei älteren Hengsten war die Wir¬
kung ungenügend, dagegen genügte bei einjährigen Hengsten
die Injection von je 50 cg an 5 Einstichstellen zu beiden
Seiten des Hodensackes.
Mit der Schl eich’sehen Infiltrationsmethode wurden keine
guten Erfahrungen gemacht. Die Anästhesie soll hierbei neben
der Einwirkung des sehr verdünnten Mittels durch den Druck
der reichlichen Injectionsflüssigkeit auf die sensiblen Nerven¬
endigungen erzielt werden. Bei dieser Methode sind viele
Einstichstellen erforderlich; die Gewebe werden ferner in eine
Art ödematösen Zustand versetzt, dass die anatomische Lage
von Gefässen und Nerven verändert und dadurch die Orientirung
erschwert wird.
Die Cocainipjection eignet sich sehr gut bei der Application
des Brenneisens. Es ist 3—5 Minuten nach der Injection zu
warten, ehe die Operation beginnen darf.
Bei der Diagnose von Lahmheiten wurde von der Cocain¬
einspritzung über die Medianus- und Tibialiszweige am Fessel¬
gelenk Gebrauch gemacht, um die Empfindlichkeit im Hufe zu
schwächen. Tritt hierauf eine Verringerung der Lahmheit ein,
so ist ein diagnostischer Anhalt für das Vorhandensein einer
Podotrochilitis gegeben. Die Versuche in dieser Richtung er¬
weisen sich jedoch als wenig versprechend, besser werden Podo-
dermatitiden durch solche Injectionen beeinflusst.
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498 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 42.
Die Verlängerung der Localwirkung des Cocains zu diagno¬
stischen Zwecken suchte Verf. dadurch zu erreichen, dass er
vor der Injection einen elastischen Schlauch über dem Carpal-
bezw. Tarsalgelenk anlegte und denselben 3—5 Minuten nach
dem Einspritzen des Mittels entfernte.
Das Bacillol als Desinficiens und Wundheilmittel.
Von Joh. Sobelsohn-Wien.
(Ocstorr. Monatsschrift f. Tbicrhcilkunilc 1000, H. 8.)
Bei einem dreivierteljfthrigen ausschliesslichen Gebrauch
des Mittels in der geburtshilflichen Praxis ist Verf. zu dem
gleichen Resultate wie Junginger gekommen, nämlich dass das
Bacillol jedem anderen Desinfectionsraittel zu diesem Zweck
vorzuziehen sei. Nicht minder gut hat sich dasselbe bei der
Wundbehandlung bewährt. Das Bacillol besitzt vor anderen
Desinficientien eine Reihe Vorzüge und wird daher in der Medicin
eine dauernde Verwendung finden. Die dunkelbraune Flüssigkeit
hat einen leicht theerartigen Geruch und ist in Lösungen klar.
Das Mittel ist gänzlich ungiftig und greift weder die Instrumente
noch die Hände des Operateurs an. Die keimtödtende Wiikung
des Präparates ist in 2—3 proc. Lösungen vorzüglich.
Ein nicht zu unterschätzender Vorzug ist auch der billige
Preis des Bacillols. Es eignet sich deshalb in 5 proc. Lösung
zur Desinfection grosser Räume und Stallungen.
Schliesslich ist das Mittel auch bei der Behandlung der
Hunde- und Pferderäude mit Erfolg zur Anwendung gekommen.
Zur IMiagocytose.
Von Prof. E. Almquist.
(Zeitschrift f. Hygiene u. Infectlonskrankh. XXXT, I). Heft.)
Almquist hat seine Untersuchungen an Schwein- und
Kaninchenblut angestellt. Um die Leucocyten zu erhalten, wird
geschlagenes, frisches Blut centrifugirt. Nacli 5—10 Minuten
setzt sich ein klares Serum ab.
Die Blutkörperchen sammeln sich am Boden mit den Leuco¬
cyten als oberste Schicht. Die gewonnenen Leucocyten waren
meistens mononucleär, sie wurden in Serum aufgeschwemmt und
zu 3 cm dieser Aufschwemmung eine Platinöse Bacterien zu¬
gesetzt. Dieses Gemisch wurde verschieden lange mit ver¬
schiedener Tourenzahl centrifugirt. Hierbei zeigten sich meistens
die polynucleären Leucocyten von Bacterien gefüllt, gleichgültig,
ob das Gemisch zur Herabsetzung der activen Protoplasma¬
bewegung abgekühlt war oder nicht. Diese Verhältnisse zeigten
bei verschiedenenBacterienarten keine wesentlichen Differenzen;
so verwendete Verfasser Pyogenes aureus und albus, Diphtherie¬
bacillen, Coli commune, Typhusbacillus, Sporen von Anthrax und
Henbacillus etc.
Auch durch Schütteln mit der Hand erreicht mau denselben
Effect, wodurch erwiesen wird, dass dem Centrifugiren dabei
ein Einfluss nicht zukommt. Diese Fähigkeit besitzen aber nicht
nur die lebenden Leucocyten. Almquist verwendete einen Tag
altes Blut und konnte keinen Unterschied gegen frisches con-
statiren.
Auch die ganz glatten Conidien von Penicillinm glaucnm
haben die Fähigkeit, Bacterien an ihrer Oberfläche festzuhalten.
Wurde einer Aufschwemmung von solchen Conidien eine
prodigio8us-ähnliche Bacterienart zugesetzt und alsdann durch
Filtrirpapier filtrirt, so blieben die meisten Stäbchen mit den
Conidien auf dem Filter. Diese Stäbchen producirten einen
rothen Farbstoff. Kurze Zeit nach der Aufschwemmung waren
Keimlinge und Mycelfäden rothgefärbt. Jess.
Tagesgeschiclite.
f
Am 25. September ist der Wirkliche Geheime Ober-
Regierungsrath a. D. Benno Beyer zu Berlin aus dem Leben
geschieden.
Der beste Theil dieses Lebens ist der Organisation und
Förderung des preussischen Veterinärwesens und des thierärzt¬
lichen Standes gewidmet gewesen. Denn volle 20 Jahre, von
1876—1896 war der Verstorbene der Decernent für das Veterinär¬
wesen im preussischen Ministerium für Landwirtschaft etc.
und diese Zeit war an grossen Ereignissen reich. Nachdem
1872 das Veterinärwesen dem landwirtschaftlichen Ministerium
unterstellt worden und bereits 1875 das preussische Vieh¬
seuchengesetz geschaffen worden war, das seinen weiteren
Ausbau im Reichsviehseuchengesetz von 1880 fand, war das
Veterinärbeamtenthum neu begründet und auf eigene Füsse ge-,
stellt; es galt nun dessen Dienst zu organisiren. Zugleich
war 1878 die Erhöhung der thierärztlichen Vorbildung auf
Primanerreife durchgeführt und schon in den nächsten Jahren
begann sich die Wirkung dieser Massregel, im Leben der
Thierarzneischulen, zu zeigen. Auch das Militär-Veterinärwesen
war aus seiner Misere heraus und in eine neue Epoche ein¬
getreten, indem die Reform von 1873 den Militärthierärzten eine
würdigere Stellung gegeben hatte. Ein neues Leben ging —
unter der Wirkung dieses Fortschrittes auf allen Seiten — durch
den thierärztlichen Beruf, dessen Vertreter sich im deutschen
Veterinärrath zusammenschlossen. Eine rechte Blütezeit war
gekommen für das Veterinärwesen, die ihren Höhepunkt 1887
erreichte, als unter dem Zusammenwirken aller Kräfte die
Thierarzneischulen zu Hochschulen erhoben wurden und man
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18. October 1900.
an diese äussere Umgestaltung die frohesten Hoffnungen auf
eine innere Reform knüpfen durfte, Hoffnungen, die der Erfüllung
freilich noch harren.
In jener bedeutsamen Zeit konnte der Geheime Rath Beyer
seine Thätigkeit entfalten. Nicht allein zwar hat er jene Er¬
folge errungen. Ein Grösserer stand neben ihm, Unterstaats-
secretär Marcard, der selber zuerst das Decernat für das
Veterinärwesen innegehabt hatte und diesem Gebiet auch ferner
seinen Einfluss und seine specielle Thätigkeit erhielt. Aber
Jedermann, der die Verhältnisse einigermassen kennt, wird wissen,
wie sehr in allen Angelegenheiten die Thätigkeit, dieUeberzeugung,
das Wohlwollen des Decernenten ins Gewicht fallen mussten, und
wird danach den grossen Antheil bemessen, den der Geheimrath
Beyer an den namentlich im Decennium 1877 bis 1887 geradezu
erstaunlichen Fortschritten des Veterinärwesens genommen hat.
Sein Werk ist in erster Linie die Regelung des
Dienstes der beamteten Thierärzte, für die auch das von ihm
verfasste Buch massgebend geworden ist. Es ist gewiss be¬
zeichnend für seine Gesinnungen gegenüber der Vete¬
rinärwissenschaft, dass er in der Vorrede zu der ersten
Auflage dieses Buches (1881) schrieb: „Die Reglements über
die Prüfungen der Thierärzte werden auch weiteren Kreisen von
den hohen Anforderungen Kenntniss geben, welche an die Aus¬
bildung der Thierärzte, insbesondere der beamteten, gestellt
werden und dadurch, wie der Herausgeber hofft, dazu beitragen,
dem thierärztlichen Studium in noch höherem Masse die ihm
gebührende Würdigung aller Berufsklassen zu erwerben und ihm
tüchtige Jünger aus allen Landestheilen zuzuführen.“
Sein besonderes Interesse galt den thierärztlichen Bildungs¬
anstalten. Es war eine harte und schwierige Zeit, die nicht
ohne heftige persönliche Zusammensfcösse verlaufen konnte, als
gegen das Directorat und für die Hochschulreform gefochten
wurde. Es war da sehr viel Kaltblütigkeit, Objectivität und
auch Nachsicht erforderlich, um eine klare Beurtheilung der
Sache und der Personen zu erlangen und zu bewahren. Die Hal¬
tung, welche in jener Zeit der Geheimrath Beyer, vielleicht
theilweise unter Unterdrückung eigner Sympathieen, beobachtete,
musste bei Jedermann höchste Achtung und Bewunderung erregen.
Damals entfalteten die thierärztlichen Vereine eine energische,
dem Ministerium gewiss nicht allenthalben genehme Agitation.
Dies hinderte den Verewigten nicht, das Streben gerade der
thierärztlichen Standesorganisation durchaus anzuerkennen. Noch
in seinen Abschiedsworten 1896 hob er besonders hervor, dass die
thierärztlichen Vereine der von ihnen verfolgten Aufgabe, Hebung
des Standes von innen heraus, trefflich gerecht geworden seien.
Der Verstorbene war von der Nothwendigkeit überzeugt,
den thierärztlichen Beruf durch Einführung des Abiturienten¬
examens zu entwickeln. Er ist es gewesen, der 1892, gelegent¬
lich eines Rectorats-Festmahles, mittheilte, dass diese Verbesserung
seitens der betheiligten Ministerien Annahme gefunden habe. Die
tiefe Bewegung in seiner Stimme liess dabei erkennen, wie sehr dieser
Herzenswunsch der Thierärzte dem Redner selber am Herzen lag.
Als dann Geheimrath Beyer 1896 aus dem Amte schied,
da ist ihm seitens der preussischen Thierärzte ein herzlicher
Abschied bereitet worden, wie es wohl nicht gerade ge¬
wöhnlich zu geschehen pflegt. Er konnte scheiden
mit dem ihm sicherlich wohlthuenden Gefühl, dass diejenigen,
deren Berufsgeschicke ihm anvertraut gewesen waren, mit Dank¬
barkeit seiner gedächten.
Diese Dankbarkeit, die sich damals so allgemein kundgab,
499
wurzelte nicht bloss in der Anerkennung des sachlichen Ver¬
dienstes, sondern ebensosehr in persönlicher Verehrung. Mir
ist der Verewigte ein Wohltliäter gewesen, wie kein anderer
Mann, und wieviel Thierärzte schulden persönlich ihm gleichenDank.
Wenn er auch nicht jede Bitte erfüllen konnte, wenn auch die
persönliche Begegnung ganz in der dienstlichen Gemessenheit
blieb, immer schied man mit dem Gefühl, nicht nur einem
gerechten und wohlwollenden Vorgesetzten gegenüber gestanden
zu haben, sondern auch einem mitfühlenden Menschen. Ein
Blick in sein vornehmes, liebenswürdiges Gesicht zerstreute
Beklommenheit, erweckte Vertrauen und der warme Hauch von
Güte, der ihn umwehte, nahm die Herzen gefangen.
So hat er das Beste sich verdient im Amt und als er
ledig der Last des Amtes wurde, war ihm das Beste zu
wünschen, dass er sich in glücklichen Verhältnissen heiterer
Ruhe recht lange freuen möge. Das ist ihm nicht vergönnt ge¬
wesen; zu früh kamen Leiden und Tod und das erfüllte uns
mit schmerzlicher Trauer. Nun er in Frieden ruht, wollen wir
das Beste, was wir habeu, unsere Liebe, ihm bewahren über
das Grab hinaus. Der Geschichte der Thiermedicin aber gehört
sein Name an, der mit einer Epoche glänzenden Aufschwungs
untrennbar verbunden bleibt. Schmaltz.
Cultur-Aufgaben.
Von
Bermbach-Schroda.
Anlässlich des letzten unter der obigen Ueberschrift in No. 38
dieser Wochenschrift erschienenen Artikels sind mir aus Collegen-
kreisen zahlreiche freundschaftliche und liebenswürdige Zu¬
schriften zugegangen, für die ich an dieser Stelle meinen
herzlichsten Dank ausspreche. Man wird beim Lesen dieser
Briefe isofort von den Gedanken erfüllt, dass die thatenlustige
und bewährte Dankbarkeit, w-elche den Thierärzten von Alters
her eigen war, auch heute noch nicht von ihnen gewichen und
jederzeit bereit ist, sofort in die Erscheinung zu treten, wenn
es sich auch nur um kleine unscheinbare Dinge handelt, die
zum Besten des Allgemeinwohls geschehen.
Ja, die Thierärzte verstehen es, sich dankbar zu
erweisen. Im verflossenen Decennium hatten sie mehr wie
einmal Gelegenheit, ihre Dankbarkeit öffentlich zu bethätigen;
zuletzt bei der Aufstellung einer Büste für den verstorbenen
Unterstaatssecretär v. Marcard. Wir haben dort bewiesen,
dass wir nicht nur die Unsrigen, sondern auch Andere, die
ein warmes Herz und eine wohlwollende Thätigkeit für den thier¬
ärztlichen Stand bekunden, gebührend zu ehren wissen. Dieses
Streben, uns dankbar zu erweisen und das Verdienst zu würdigen,
hat sich gegen früher noch um Nichts vermindert, und in der
Aula der thierärztlichen Hochschule ist noch für manche Büste
Platz. Deshalb, lieber Leser, wer Du auch seiest, zeig’, was
Du kannst. Wir werden auch Dir, wenn Du ihn verdienen willst,
den Kranz um die Schläfe winden.
Die mir zngeschickten Briefe haben aber fast alle auch
noch einen andern, weniger angenehmen Beigeschmack. Sie
enthüllen dem Leser eine endlose Kette von Beleidigungen, die
die Thierärzte bei öffentlichen oder privaten Gelegenheiten,
ohne dass sie zum Theil in der Lage waren, hiergegen etwas
zu thun, über sich haben ergehen lassen müssen. Bei manchen
Schreibern scheint das Mass bis zum Ueberlaufen voll zu sein.
Sie befinden sich in einem Seelenzustande, der sie fähig zu
machen scheint, die empfangenen Beleidigungen zu Klumpen
geballt auf die ganze Gesellschaft zurück zu schlendern. Und
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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500
es timt doch gerade noth, in manchen Dingen, die man nicht
andern kann, einen gewissen Gleichmutli nnd die nöthige
Lehensphilosophie an den Tag zu legen und zuweilen daran
zu denken, dass wir einst alle Staub werden. Das
Schimpfen und Grollen helfen allein aber sicherlich
nichts. Wir müssen uns ernstlich bemühen, eine Um¬
wälzung in unseren Verhältnissen herbeizuführen.
In meiner letzten Veröffentlichung erwähnte ich, dass gemäss
Mittheilungen von Abgeordneten in Regierungskreisen keine
sonderliche Lust vorhanden sei, der Thierheilkunde anfzuhelfen.
Es würde nun sehr kurzsichtig sein, nur an die uns
Vorgesetzte ministerielle Behörde zu denken, wenn
von „Regierungskreisen“ gesprochen wird. Die König¬
liche Staatsregierung setzt sich bekanntlich aus den Vertretern
aller Ressorts zusammen, und sie alle haben bei derartigen
Fragen ein gewichtiges Wort mitzureden. Gemäss
meiner Kenntniss von der Sachlage kann ich die Collegen nur
bitten, die felsenfeste Ueberzeugung zu haben, dass
unsere Vorgesetzte Behörde im landwirtschaftlichen
Ministerium von der zweifellosen Absicht durch¬
drungen ist, unsere Sache zu fördern, und es würde
ein bitteres Unrecht sein, wenn wir dieses Wohlwollen
nicht dankbar anerkennen wollten. Aber eine Angelegenheit
von einer derartigen weittragenden Bedeutung lässt sich nicht
so ohne Weiteres gegen den Widerstand der andern Ressorts
durchdrücken. Es sind aber zu viele Hindernisse, die uns in
den Weg gelegt werden, fortzuräumen, und unsere Sache
ist es, unsere Behörde in ihrem Streben zn unter¬
stützen. Schöne Worte und wohllautende Petitionen
haben hierbei nur einen geringen Werth, wir müssen
vielmehr thatsächliches Material sammeln und den
massgebenden Factoren an die Hand geben. Vorbildlich
in dieser Hinsicht, wenn auch nicht immer in der Form zu
billigen, sind die statistischen Erhebungen, die der bekannte
Hilfslehrer Dr. Schröder zum Zwecke der Verbesserung der
Lage der Oberlehrer angestellt und in Broschüren-Form ver¬
öffentlicht hat. Petitionen ohne statistische Unterlagen sind
vollständig werthlos. Wem von uns, wenn er Ministerial-
director oder etwas Aehnliches wäre, würde es denn
schwer fallen, einfache Petitionen durch einige glatte Worte
über die schöne und einträgliche Stellung der petitioniren-
den Beamten und über deren unberechtigte Unzufriedenheit und
dergleichen mehr im Handumdrehen unter den Tisch zu be¬
fördern? Wenn dagegen genaues statistisches Material vorliegt,
so wird es selbst dem Gewandtesten nicht gelingen, über
dasselbe so ohne Weiteres zur Tagesordnung überzugehen.
Wir können aber unmöglich erwarten, dass Leute, die
kein persönliches Interesse an einer Verbesserung der
kreisthierärztlichen Stellung hegen, sich der Mühe
unterziehen, das nöthige Material beizubringen. Das
ist Sache der thierärztlichen Vertretung!
Ermittelungen der gedachten Art werden am zweckmässigsten
mittelst Fragebogen angestellt, die den beamteten Thierärzten
zur gewissenhaften Beantwortung übersandt werden müssen.
Für die Aufstellung dieser Fragebogen können natürlich hier nur
allgemeine Gesichtspunkte angedeutet werden, und zwar sind
dabei keine auch noch so geringfügig erscheinende Dinge, die
auf die Verhältnisse Bezug haben, ausser Acht zu lassen. In
erster Reihe jedoch sind Erhebungen anzustellen über den
Bildungsgang der einzelnen Beamten, ihre informatorische Be-
No. 42.
schäftigung nach Ablegung der Staatsprüfung, das Alter ihrer
Anstellung, über die durchschnittliche Höhe der Dienstbezüge
nach Abzug der entstandenen Unkosten, durchschnittliche Zahl
der Tage, die für amtliche Thätigkeit aufgewendet wird, Ein¬
nahmen aus Privatpraxis, Einbusse an privaten Einnahmen, welche
der Beamte in Folge seiner amtlichen Stellung erfährt, Häufigkeit
des Vorkommens der auf den Menschen übertragbaren Thier¬
krankheiten, Unfälle und Gebrechen, die bei der Ausübung des
Dienstes entstanden sind und deren eventuelle Folgen, namentlich
im Bezug auf vorübergehende oder dauernde Beeinträchtigung
in der Berufsthätigkeit. Dann auf die Familien-Verhältnisse
übergehend wäre es von Wichtigkeit zu erfahren, welche Er¬
ziehung der Beamte in Folge seiner Stellung seinen Kindern zu
geben in der Lage ist, ob und inwiefern die Angehörigen für
die Zukunft sicher gestellt sind und eventuelle Höhe der zn
leistenden Prämien für Lebens- und Unfallversicherung und unter
welchen Verhältnissen im Amtsbezirk etwa vorhandene Hinter¬
bliebene verstorbener beamteter Thierärzte leben. Ausserdem
müssen statistische Erhebungen über das Sterblichkeitsverhältniss
im Vergleich zu andern Beamten-Kategorien angestellt werden.
Die Sterblichkeit innerhalb eines Standes wird ermittelt nicht
im Vergleich zur Gesammtsterblichkeit, da bei der letzteren die
hohe Sterblichkeit im Säuglingsalter, die, soviel ich weiss, etwa
26 pCt. ausmacht, mitgezählt ist. Die Berechnung erfolgt
vielmehr von dem Lebensalter ab, in welchem der
Durchschnitt der Mitglieder eines Standes in die Be¬
rufsthätigkeit, also hier in das Amt als Kreisthier¬
arzt, eintritt, da die kränklichen und schwachem Elemente
schon vorher durch Tod in Abgang kommen und in Folge dessen
auf die Gesamratheit entfallen und nicht speciell der Sterblichkeit
innerhalb eines Standes gegenüber gestellt werden können. Bei
jeder andern Berechnung muss natürlich jeder einzelne
Stand eine beträchtliche Untersterblichkeit aufweisen.
Die obigen Andeutungen lassen ungefähr ahnen, wie viel
und wie werthvolles Material auf diese Weise ge¬
sammelt und verarbeitet werden könnte, und hier dehnt
sich ein weites Gebiet vor uns aus, das ein dankbares und
ergiebiges Arbeitsfeld für die thierärztliche Central-
Vertretung darstellen würde. Ja, ja, Central-Ver-
tretung, wie schön würde es sein, wenn Du mit einem
derartigen Material in der Hand an die gesetzgebenden
Körperschaften herantreten und sagen könntest: „Hier,
Cultur-Aufgaben, die dringend ihrer baldigen Lötung harren ! 1
Der practisehe Thierarzt als Flelsehbesehaner.
Von
LohofT-Croesen a. 0.
Städt Thierarzt.
Herr College Steinmeyer sagt in seiner Betrachtung in
der vorigen Nummer dieser Wochenschrift mit Recht: „Seinem
Volke und dem Vaterlande dient der Thierarzt am besten, wenn
er denselben möglichst viel an Nationalvermögen erhält“. Gerade,
um diesen Grundsatz*) bei Ausübung der Fleischbeschau be-
thätigen zu können, ist es erforderlich, dass der practisehe
Thierarzt sich gründlich an einem Schlachthofe vorbereitet,
bevor er selbst die Fleischbeschau ausübt. Jeder Thierarzt,
welcher schon Jahre lang die letztere ausgeübt hat und mal
daran geht, seine fleischbeschauliche Thätigkeit in den ersten
*) Im Allgemeinen wird der gut geschulte Fleischbeschaaer
zwar mehr Organe beanstanden, als der minder geschulte, er wird
aber mehr an Fleischwerth erhalten, als der letztere.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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18. October 1900.
BERLINER THIERARZTLIC'HE WOCHENSCHRIFT.
Monaten seiner Wirksamkeit einer kritischen Nachrevision zu
unterziehen, weiss das — bei nur einiger Selbsterkenntnis —
voll zu würdigen. Gerade nach Einführung des Reichsfleischschau¬
gesetzes kommt es darauf an, dass auch der practische Thierarzt
in der practischen Fleischbeschau gut vorbereitet ist; denn er
kommt nicht nur selbst in die Lage, die Fleischbeschau aus-
zuüben, er boII auch im Stande sein, die abgegebenen Gutachten
der Laienfleischbeschauer mit Sicherheit zu rectificiren; er soll
auch Letztere unterweisen, wie das jetzt schon in manchen
Gegenden geschieht, woselbst die Laienfleischbeschauer Ver¬
sammlungen veranstalten, zu welchen Thierärzte eingeladen und
über Dinge aus der practischen Fleischbeschau um Rath gefragt
werden. Gerade, weil die Laienfleischbeschauer zu Beginn ihrer
Thätigkeit noch viele Fehler machen werden, wird der Thierarzt
bald nach Einführung des Gesetzes häufig zu Rathe gezogen
und als Obergutachter bestellt werden. Um dieser Aufgabe
gerecht werden zu können, müssen die practischen Thierärzte
sich unbedingt vorher an einem Schlachthofe in den Untersuclmngs-
methoden practisch geübt haben.
Ich will nur auf die Sicherheit im Auffinden sämmtlicher
Lymphdrüsen, wie sie besonders bei Beurtheilung des Fleisches
tuberculöser Thiere erforderlich ist, und auf die Rinderfinnen¬
untersuchung hinweisen; denn gerade bei Beanstandung tuber¬
culöser Thiere und bei Feststellung der Lebensfähigkeit oder
des Abgestorbenseins der Rinderfinnen wird der practische Thier¬
arzt häufig als Obergutachter zugezogen werden. Der Laien-
fleischbeschaner, welcher sich die Fertigkeiten in der Unter¬
suchung tuberculöser Thiere angeeignet hat, wird sehr bald
merken, ob sein Obergutachter — der Thierarzt — bei der
Nachuntersuchung unsicher ist, weiss doch auch der intelligente
501
Fleischer, welcher seine Fleischerzeitung — in den Fleischer¬
zeitungen werden bekanntlich häufig Fragen der Fleischbeschau
berührt — fleissig liest, zu beurtheilen, ob ein Thierarzt in der
Ausübung der Fleischbeschau Sicherheit besitzt, ln Orten, welche
kein öffentliches Schlachthaus besitzen, pflegen manche Fleischer
mit Vorliebe bei der Untersuchung der geschlachteten Thiere
zugegen zu sein, sie wollen eben sehen, ob der Fleischbeschauer
eine Confiscation vornimmt; man kann den Fleischer in seinem
Privatschlachthause ja auch nicht daran hindern, dass er bei der
Untersuchung sich hinter dem Fleischbeschauer aufstellt und
die Handlungen desselben genau verfolgt.
Zu wünschen ist nur, dass die Ausbildung in der Fleisch¬
beschau — speciell der Laienfleischbeschaner — eine einheitliche
ist, was natürlich nicht der Fall sein kann, wenn, um ein Bei¬
spiel herauszugreifen, an dem einen Schlachthofe die Lymph¬
drüsen bei Schweinen angeschnitten werden, an dem anderen
aber nicht, als ob die Schweinetuberculose so weit weniger ge¬
fährlich wäre als die Rindertuberculose.
Sitzung des thierärztliohen Vereins der Regierungsbezirke Stettin und
Stralsund
am 28. October 1900, Vormittags 11 Uhr in Anklam, Loge.
Tagesordnung:
1. Geschäftliches, Aufnahme neuer Mitglieder.
2. Mittheilungen aus der Praxis.
3. Besichtigung des Kleemann’schen Pastenrisirap-
parates in der Anklamer Genossenschaftsmolkerei (im
Betrieb.)
Nach Schluss gemeinsames Essen mit Damen.
Der Vorstand.
Baranski, Vorsitzender. Falk, Schriftführer.
Staatsveterinärwesen.
Von Preusse.
Plctolin.
Im Kaiserlichen Gesundheitsamt sind eine Reihe von Unter¬
suchungen vorgenommen worden, um ein zuverlässiges Verfahren
zu entdecken, mittelst dessen Ratten und sonstiges Ungeziefer
vertilgt werden können. Die Versuche, welche vom Regierungs-
Rath Professor Dr. Kos sei angestellt worden sind, haben einen
ausgezeichneten Erfolg gehabt. Die Gesellschaft für flüssige
Gase, Raoul Pictet zu Berlin, hat hierzu dem Gesundheits¬
amt Pictolin zur Verfügung gestellt. Dasselbe stellt ein Gemenge
von flüssigen Gasen dar, dessen Hauptbestandteil schweflige
Säure ist, und daher wegen seines stechenden Geruchs dem
Menschen nicht etwa durch unabsichtliche Einatmung gefährlich
werden kann. Durch Einbringung der Flüssigkeit in ein Zimmer,
in welchem sich graue Ratten und Mäuse in Drahtkörben
befanden, gelang es, diese in wenigen Minuten zu tödten. Auch
Wanzen, welche sich in einem mit Gaze verschlossenen Reagenz¬
glase befanden, starben durch die Einwirkung des Gases,
während Fliegen zwar betäubt wurden, sich nachträglich aber
wieder erholten. Unter Aufsicht des Hafenarztes Dr. Nocht
zu Hamburg wurden nun auch Versuche in Schiffen angestellt;
hierbei gelang es gleichfalls, die in den Schiffsräumen befindlichen
Ratten durch Einleitung von Pictolin zu tödten.
Es liegt auf der Hand, dass diese Versuche eine hohe
practische Tragweite haben. Bisher ist es noch mit keinem
Mittel gelungen eine zuverlässige Ausrottung der Ratten herbei-
zuführen. Weder ist es gelungen — wie bei Mäusen — durch
Rattenreinculturen eine tödtliche Seuche unter den Ratten her-
vorznrufen, noch hat die Anwendung von Gift, welchem auch
mancherlei andere Schwierigkeiten entgegenstehen, zu irgend
welchen nennenswerthen Erfolgen geführt.
Die Anwendung des Pictolins wird sich dagegen einfach,
zweckmässig und gefahrlos gestalten. Auch Wohnungen, Speise¬
räume, Keller u. s. w. können durch Pictolin von Ratten, Mäusen
und anderem Ungeziefer befreit werden.
Schliesslich sei noch erwähnt, dass es auch gelang, auf
einem Gute wilde Kaninchen durch Eingiessen des Pictolins in
die Zugangsöffnungen der Baue zu tödten, bo dass seine An¬
wendung an Stelle anderer Gase als Tilgungsmittel auch für
diese und andere Thiere, die der Feldwirthschaft schädlich sind,
in Betracht zu ziehen ist.
Entschädigung bei Gehlrn-Riickenmarks-Entzündung.
Zur Ausführung des Gesetzes vom 12. Mai 1900, betr. die
Gewährung von Entschädigung für an Gehirn-Rfickenmarksent-
zündung, bezw. an Gehirnentzündung umgestandene Pferde und
für an Maul- und Klauenseuche gefallenes Rindvieh (s. B. T.
W., S. 370) hat das Ministerium des Innern in Sachsen unter
dem 14. Mai 1900 Folgendes bestimmt:
1. Auf die nach diesem Gesetz zu beurtheilenden Ent¬
schädigungsfälle, insbesondere auch soweit es sich um die
Feststellung der Entschädigungen und um die Aufbringung der
erforderlichen Deckungsmittel handelt, findet alles Dasjenige
sinngemässe Anwendung, was wegen Gewährung von Ent¬
schädigung für nach dem Reichs-Viehseuchengesetz getödtete
Thiere in der Verordnung vom 4. März 1881 und im Anschluss
liieran sonst noch im Verordnungswege bestimmt worden ist.
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502
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 42.
2. Ist die Anmeldung des Enscliädigungsansprnches — § 3 des
Gesetzes —, soweit mittlere und kleine Städte bezw. Landgemeinden
in Betracht kommen, nicht bei der Ortspolizeibehörde selbst,
sondern bei der derselben Vorgesetzten Amtshauptmannschaft
erfolgt, so ist hieraus ein Grund zur Versagung der Ent¬
schädigung herzuleiten.
Ermittelungen über Rothlauf-impfungen.
In Braunschweig ist jetzt auch durch eine Verfügung des
Ober-Sanitäts-Collegiums vom 31. Mai 1900 angeordnet worden,
dass über die Erfolge der verschiedenen Methoden der Schutz¬
impfung gegen den Rothlauf der Schweine Ermittelungen an¬
gestellt werden sollen. Die Thierärzte des Herzogthums sind
daher aufgefordert worden, über die Ergebnisse der von ihnen
ausgeführten Rothlanfschutzimpfungen nach Ablauf des Jahres
zu berichten. Für die Berichterstattung ist ein besonderes
Tabellenschema vorgeschrieben worden, welches im Allgemeinen
dem alle Vierteljahre von den preussischen Kreisthierärzten aus¬
zufüllenden Schema entspricht.
Auch im Herzogthum Anhalt ist eine Verfügung an die
Kreisdirectionen erlassen worden, wonach Ermittelungen über
das Ergebniss der Rothlanfschutzimpfungen angestellt werden
sollen. Es sollen nicht nur die beamteten Thierärzte, sondern
auch andere praktische Thierärzte über ihre Beobachtungen
um eine Berichterstattung ersucht werden. Der Verfügung ist
ein Tabellenschema beigefügt, nach welchem die Berichterstattung
bis zum Jahresschluss zu erfolgen hat.
Tubercuiinimpfungen In Bayern.
Im Königreich Bayern sind im Jahre 1899 in 676 Gehöften
mit 8266 Rindern 3322 Stück, ferner einzeln weitere 1173
Handelsthiere, zusammen 4495 Stück Rindvieh mit Tnberculin
geimpft worden. Von diesen zeigten 1137 (25,3 pCt.) vor der
Impfung klinische Erscheinungen der Tubercnlose. Das Ergebniss
der ersten Impfung war negativ bei 2679 Thieren, zweifelhaft
bei 187, positiv bei 1629; nach der zweiten Impfung negativ
bei 43, zweifelhaft bei 6, positiv bei 13. Von den geimpften
Thieren wurden 358 geschlachtet, von denen 105 einen negativen,
13 einen zweifelhaften und 240 einen positiven Impferfolg gezeigt
hatten. Von den ersteren 105 wurden nach der Schlachtung 6
(5.7 pCt.) tuberculös, 97 (92,4 pCt.) frei von Tuberculose
befunden, während der Befund bei 2 (1,9 pCt.) zweifelhaft oder
unbekannt war; von den 13 mit zweifelhaftem Erfolg geimpften
Thieren erwiesen sich 5 als tuberculös, 7 frei von Tuberculose,
1 zweifelhaft oder unbekannt, während von den 240 mit positivem
Erfolge geimpften Thieren 230 (98,8 pCt.) tuberculös, 4 frei
von Tuberculose und 6 mit unbestimmtem Befunde waren.
Vleheinfuhr aus Dänemark.
Die Landquarantäneanstalt in Hoidding ist vom 15. Oktober
bis 1. December d. J. für die Einfuhr von mageren Ochsen
im Alter unter 4 Jahren unter der Bedingung wieder geöffnet,
dass die bei den Tubercuiinimpfungen reagirenden Thiere, soweit
die Rücksendung nach Dänemark nicht möglich ist, in der An¬
stalt geschlachtet werden und dass das nach der veterinär¬
polizeilichen Untersuchung für den menschlichen Genuss geeignete
Fleisch dieser Thiere nach den in Preussen geltenden Grund¬
sätzen in den Verkehr gebracht wird, mit der weiteren Mass-
gabe, dass in dieser und in der für das nächste Frülyahr in
Aussicht genommenen Einfuhrperiode zusammen nicht mehr als
<>000 Thiere eingefiihrt werden dürfen.
Die Maul- und Klauenseuche In England
breitet sich immer mehr aus; seit Februar bis Anfang September
haben 14 Ausbrüche festgestellt werden können. Die Thatsache,
dass die Ausbrüche sich in weit von einander entfernten Orten
ereigneten, lässt die Vermuthnng auf kommen, dass die Ver¬
seuchung weit ausgedehnter ist, als die amtlichen Feststellungen
ergeben. Das Landwirthschaftsamt weist unter dem 13. Sep¬
tember d. Js. die Localbehörden an, mit äusserster Sorgfalt auf
verdächtige Fälle zu achten und sofort zu berichten. An in
Argentinien gelandetem englischen Zuchtvieh will man Er¬
scheinungen der Maul- und Klauenseuche festgestellt haben; in
Folge dessen hat die argentinische Regierung die Einfnhr von
Rindern und Schafen aus Grossbritannien verboten. Da auch
Deutschland Zuchtvieh aus England erhält, dürfte die Ausbreitung
der Maul- und Klauenseuche in England ernsteste Beachtung
erheischen. K-
Fleischschau und Viehhandel.
Von KQhnau.
Zur Ausführung des Reichsfleischschaugesetzes.
Petition des Deutschen Fleiicher-Verbandes.
Der Vorstand des Deutschen Fleischerverbandes hat unter
dem 18. September 1900 an den Bundesrath eine Eingabe ge¬
richtet, in welcher er darauf hinweist, dass zu den in §. 12
Abs. 1 des Gesetzes aufgezählten Theilen, welche bei der Fleisch-
einfuhr behufs Ermöglichung einer zuverlässigen Untersuchung
mit den Thierkörpern in natürlichem Zusammenhänge verbunden
sein müssen, noch der Kopf, die Gebärmutter und bei
Kälbern der Nabel hinzngefügt werden möge. Der Kopf sei
nicht zu entbehren, weil die Kaumuskeln der Lieblingssitz der
Finnen wären, die Gebärmutter, weil selbst bei jauchiger Gebär¬
mutterentzündung das Fleisch noch längere Zeit ein einwandfreies
Aussehen behält und doch Gesundheitsschädigungen nach dem
Genuss beim Menschen hervorrufen kann, schliesslich der Nabel
bei Kälbern, wegen der jauchigen Nabelentzündung, weil das
Fleisch der damit behafteten Thiere selbst dann noch gefährlich
ist, wenn es durchgekocht ist.
Fenier wird in der Eingabe die Behauptung ausgesprochen,
dass das aus Amerika eingeführte mittelst Borpräpa¬
raten conservirte Fleisch als frisches Fleisch ver¬
wendet werden kann und deshalb angeordnet werden möge, dass
derartig conservirtes Fleisch als zubereitetes Fleisch im Sinne
des Gesetzes nicht angesehen wird.
Zeitpunkt des Inkrafttretens.
Amerikanischen Quellen zufolge sollen die Bestimmungen
für die Untersuchung des ausländischen Fleisches am 1. Januar
1901 in Kraft treten. Nach Auslassungen in der „N. Allgem. Ztg. -i
ist ein bestimmter Termin für das Inkrafttreten der Be¬
stimmungen für die Untersuchung des aus- resp. inländischen
Fleisches noch nicht in Aussicht genommen. Die Ausarbeitung
der Ansführungsbestimmungen, der Beschaffung des Fleischschau¬
personals und der Fleischschaneinrichtungen dürfte noch längere
Zeit in Anspruch nehmen, so dass die Einführung der in¬
ländischen Fleischschau nicht vor dem Frühjahr nächsten Jahres
zu erwarten ist.
10. Internationaler Congrets für Hygiene und Demographie in Paris.
Aus den Verhandlungen interessirt besonders das Referat
Barriers über die einheitliche Gestaltung der Fleischbeschau.
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18. October 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
503
Gustav Barrier behandelt die Frage, wie die Ueberwachnng
der Schlachthäuser und die Fleischbeschau zweckmässig
einheitlich zu gestalten ist. Besonderes Interesse haben von
den Leitsätzen Barriers diejenigen, welche sich auf inter¬
nationale Vereinbarung und die Begutachtung des vom
Auslande eingeführten Fleisches beziehen. An erster Stelle
verlangt Barrier, dass die Regierungen der einzelnen Länder,
jede für ihren ganzen Bereich, eine allgemeine pflichtmässige
und gleichförmige Fleischbeschau einrichten; diese hat sich auf
alle Schlachtthiere und auf alles Fleisch, gleichviel welcher
Herkunft, und ohne Unterschied der Art der Verarbeitung, sowie
auf die Verarbeitungs- und Verkaufsstellen zu erstrecken. Im
Interesse der Wissenschaft, der Gesundheitspolizei und der
Wirthschaftspolitik ist es wünschenswerth, dass eine internationale
Commission Grundsätze für eine einheitliche amtliche Statistik
der Ergebnisse der Fleischbeschau aufstellt. Was eingeführtes
Fleisch betrifft, so fordert Barrier, dass der Fleischbeschau
des Einfuhrlandes 1. die Rinder wenigstens in Vierteln, die
Schweine wenigstens in Hälften und kleineres Vieh ganz vor¬
zulegen ist, 2. dass die wichtigsten Organe des eingeführten
Schlachtviehes noch mit den Theilen Zusammenhängen müssen,
zu denen sie anatomisch gehören. Alles eingeführte Fleisch !
muss mit einem Zeugniss versehen sein, woraus hervorgeht,
wo, wann und von wem es untersucht worden ist. Am Be¬
stimmungsorte ist die Untersuchung zu wiederholen.
Aerztllohe PHnciplen bei der BeurtheUimg der Schädlichkeit coneervirter
Nahrungsmittel.
(Deutsche) Med. Wochcnschr. No. <0, 1900.)
Liebreich-Berlin wendete sich auf dem XIII. internationalen
medicinischen Congress zu Paris gegen den Uebereifer, der sich
in neuerer Zeit in der Bekämpfung conservirter Nahrungsmittel
geltend macht und dabei die chemischen Fortschritte, die auf
diesem Gebiete gemacht worden sind, vollkommen verkennt.
Ohne conservirte Nahrungsmittel lässt sich eine Bevölkerung
nicht ausreichend ernähren, sie repräsentiren für dieselbe einen
grossen öconomischen Werth. Die Kritik, die an den Conser-
virungsmethoden geübt ist, ist eine rein theoretische und würde,
wenn sie gesetzgeberische Kraft erlangt, all diese werthvollen
Nahrungsmittel vernichten. Eine Conservirungsmethode darf
erst dann verboten werden, wenn ihre Gesundheitsschädlichkeit
nachgewiesen ist. Eines solchen Beweises ermangelt es aber
meist. Wenn ein Nahrungsmittel, wie Fleisch, Milch u. s. w.
durch Chemiealien vor Zersetzung geschützt ist, oder wenn aus
den Nahrungsmitteln Präparate hergestellt werden, welche als
Ersatz der Muttersubstanz dienen können, so wird die chemische
Untersuchung zunächst zu constatiren haben, ob und wie weit
der Nahrungswerth erhalten ist. An die medicinische Prüfung
richtet sich die Anforderung, zu bestimmen, inwieweit die theil-
weise oder ganz conservirte Substanz plus den angewandten
Mitteln zur Ernährung ohne Schädigung der Gesundheit ver-
werthet werden kann. Die Prüfung darf nicht einseitig ge¬
schehen. Pharmakologen, Hygieniker und Aerzte müssen sich
dazu vereinigen. Man hat Substanzen von grossem Werthe
ohne Grund misscreditirt, wenn sich z. B. beim Thierversuche
geringe abnorme Wirkungen auf Blutdruck oder Circulation
zeigten oder ein Kranker, ein Kind, eine geschwächte Person
sie zuf&llig nicht gut vertragen hat. Aus solchen einzelnen
Beobachtungen werden unberechtigte allgemeine Schluss¬
folgerungen für Gesunde abgeleitet, denen die Substanzen als
Nahrung dienen sollen. Da kann man dahin kommen, fast alle
Nahrungsmittel zu verbieten, da z. B. Senf, Trüffeln, Käse,
rohes Obst u. dergl. oft gelegentliche Gesundheitsschädigungen
hervorrufen. Die Prüfung der Toleranz an Kranken kann nicht
als allgemein gültiger Massstab betrachtet werden. DaB Kochsalz
selbst kann solch theoretischen Irrlehren nicht Stand halten. Ein
österreichisches Gutachten ist neuerdings soweit gegangen, an
sich unschädliche Conservirungsmethoden zu verwerfen, weil sie
dazn führen könnten, die für die Erhaltung von Nahrungsmitteln
nothwendige Sorgfalt zu vernachlässigen! Liebreich erwähnt
zum Schluss die Borsäure-ConBervirungsmethode, welche nach
seinen eigenen Untersuchungen auch den strengsten Anforderungen
zu genügen vermag und allen Versuchen, ihr schädliche Neben¬
wirkungen zuzuschreiben, erfolgreich widerstanden hat. Auch
andere Conservirungsverfahren sollten nach den gleichen ge¬
schilderten Principien einer Revision unterzogen werden, damit
gerechte legislatorische Massnahmen sich treffen lassen.
Berlin: Auszug aut dem Flelsohtohauberieht für Monat September 1900.
A. Schlachthof.
Rinder j
Kälber
Schafe
Schweine
Geschlachtet und untersucht
16 941
12 207
40 237
67 739
Ganz beanstandet ....
337
46
19
401
Ueberhaupt mit Tuberculose
behaftet.
3 237
52
4
2 938
Davon gänzlich verworfen .
124
3
2
68
„ sind zur Sterilisation ge¬
eignet befunden . . .
79
2
1
213
„ theilweise verworfen . .
—
—
—
—
Also vollständig freigegeben
3 034
47
1
2 657
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
—
9
Mit Finnen behaftet . . .
!<6*)
3
—
36
Stark finnig, technisch ver-
werthet.
7
21
Finnig und wässerig, tech¬
nisch verwerthet ....
4
*
Schwach finnig, zur Kochung
geeignet befunden . . .
83
3
15
Ausserdem wegen Behaftung
mit Kalkconcrementen, mul¬
tiplen Blutungen u. s. w. sind
zur Kochung geeignet be¬
funden .
22
An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei
Rindern 7171 Stück, bei Kälbern 218 Stück, bei Schafen 3439 Stück,
bei Schweinen 12669 Stück.
*) 2 Rinder zugleich tuberculös.
B. Unters u ch u ngsstatio non.
Rinder¬
viertel
Kälber
Schafe
Schweine
Untersucht .......
20 991
8 289
3111
10 643
Beanstandet.
Wegen Tuberculose wurden
66
16
1
2
8
beanstandet.
Davon sind zur Sterilisation
31
—
—
3
geeignet befunden . . .
13
—
—
3
Mithin gänzlich verworfen .
18
— .
—
—
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
--
—
Mit Finnen behaftet....
Davon schwach finnig, zur
4
—
—
—
Kochung geeignet befunden
4
—
-•
—
Unter dem eingeführten Fleisch waren 1372 dänische Rinder¬
viertel, 23 dänische Kälber und 89 Wildschweine.
Berlin, den 8. Oktober 1900. Der städtische Oberthierarzt
Reissmann.
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504 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 42.
Congress für öffentliche Gesundheitspflege in Aberdeen.
Der Anfang August abgehaltene Congress beschäftigte sich
insbesondere auch mit der Frage der Fleisch- und Milchhygiene.
Die Beschlüsse betonen die Nothwendigkeit einer wirksamen
Fleischschau. Zweckmässig werde die Fleischsch an so organisirt,
dass an der Spitze ein Thierarzt stehe, dem ein Bacteriologe und
eine genügende Anzahl von Laien-Fleischbeschauern beizugeben
sei. ln jeder Stadt sei ein Schauamt zu errichten. Das gesund
befundene Fleisch sei durch Stempel kenntlich zu machen.
Bezüglich der Milch wird empfohlen, die Milch microscopisch
zu untersuchen und durch Verimpfung zu prüfen, sowie das
Publikum immer wieder zu ermahnen, die Milch vor dem Genüsse
aufznkochen. In der Thier ärztlichen Abtheilung hielt Mr.
James, M’Phail-Edinburgh einen Vortrag über „Pseudo-Tuber-
culose.“ Er warnte davor, jede käsige Degeneration, welche mit
Kalkeinlagerung einhergeht als Tuberculose anzusehen. Ferner
empfiehlt er, die mit Coccidiose behafteten Kaninchen zu bean¬
standen, weil auch die Menschen an Coccidiose erkranken und eine
Uebertragnng durch Kaninchenfleisch nicht ausgeschlossen ist.
Bezüglich der Pseudo-Tuberculose bei Schafen erwähnt
M’Phail, dass er die Krankheit nur in den Hafenorten bei
geschlachteten Schafen, die aus Amerika stammten, gefunden
habe. Die käsigen Knoten in den Lungen dieser Schafe werden
durch Pflanzenstaub veranlasst. Die Krankheit scheine sich
nur bei schwächlichen Thieren zu entwickeln. Die Lungen
seien zu beanstanden. Mr. Peter Moir sprach über „Die Rolle
der niederen Thiere bei der Uebertragnng von Krankheiten“.
1
; Von Wuth, Rotz und Tuberculose ausgehend, wendete er sich
i zu den Krankheiten, die durch Mosquitos und die Tsetsefliege
verursacht werden, und wies auf die Gefährlichkeit der Ratten
bezüglich Uebertragung der Pest hin. Zum Schluss berichtet
er über Tuberculin-Impfungen in der Umgebung von Edinburgh.
1 Fast 50 pCt. der Milchkühe reagirten.
. Trichinose.
In Sangerhausen, Reg.-Bez. Merseburg, sind während der
j zweiten Hälfte des Monats August d. J. 54 Erkrankungen bei
j erwachsenen Personen und zwei bei zwölfjährigen Kindern zur
i ärztlichen und behördlichen Kenntniss gelangt, welche sämmtlich
die Kennzeichen der Trichinose boten. Eine microscopische
Feststellung der Krankheit war jedoch bis zum 27. August nicht
1 erfolgt. Fast sämmtliche erkrankte Personen, unter denen sich
zwölf weibliche befanden, sind Arbeiter einer Maschinenfabrik,
I welche mit Vorliebe Hackfleisch zu gemessen pflegten. Auch
! der Fleischermeister, von welchem die Erkrankten Fleisch be¬
zogen haben wollten, ist erkrankt, ebenso dessen Schwägerin:
im Uebrigen wohnen und arbeiten viele der Erkrankten in der
Nähe dieser Schlächterei. Todesfälle sind bisher nicht vor-
I gekommen, die Erkrankungen sollen nur leicht sein, viele leicht
Erkrankte haben ärztliche Hülfe nicht in Anspruch genommen.
! Die Untersuchung darüber, ob dem Fleischbeschauer oder dem
Schlächter die Schuld an diesen Erkrankungen beiznmessen ist,
i ist im Gange. P.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Oberrossarzt a. D. Liebsch er -Berlin
ist der Kronenorden IV. KI. verliehen worden.
Ernennungen etc.: Zu Professoren an der thierärztlichen Hoch¬
schule zu Stuttgart sind ernannt der bisherige Prosector Dr. Zwick
für ambulatorische Klinik, Geburtshülfe. Fleischbeschau, Scuclien-
lehre und Veterinärpolizei, und der Oberamtstliierarzt Dr. 1'cbelc.
bisher zu Oehringen, für die Klinik der kleinen Haustliiere. Arznei¬
mittellehre, Allgein. Therapie, Hufkunde. Am Veterinärinstitut der
Universität Leipzig Thierarzt Hans Zürn zum Instituts-Assistenten
und Thierarzt Richter zum klinischen Assistenten. — In Bayern:
Hans Stautner, Districtsthierarzt in Riedenburg zuin Zuchtinspector
beim Zuchtverband für bayrisches Rothvieh in der Oberpfalz mit dem
Wohnsitz in Weiden; zu llistrictsthicrärzten die Thierärzte Siegmund
Graf-Wörth a. D. in Riedenburg, Ponader-Aibling in Prien,
Joseph ZissIer-Amberg bezw. Dorfen in Erbendorf. Eduard Maier,
Districtsthierarzt in Hemau (Oberpfalz) wurde auf Ansuchen dieser
Stelle enthoben.
Die Thierärzte Rahnenführer und Randhahn sind mit «ler
Vornahme der Impfgeschäfte in der Quarantäneanstalt Hvidding
betraut worden.
Versetzt: Die badischen Bezirksthierürzte Dörrwächter von
Karlsruhe nach Neustadt, Zundel von Konstanz nach Mülllieiin und
Ein Wächter von Neustadt nach Konstanz.
Gewählt: Die Thierärzte J. Brandmann - Ottweiler zum
Sanitätsthierarzt in Haltern, Otto Kirsch zum Hilfsthierarzt am
Schlachthof in Lübeck, Martin Sohr zum Hilfstliierarzt bei der
Fleischschau in Dresden. Dem Schlachthofverwalter Theodor Pahlc-
Ingolstadt wurde der Titel Schlachthofdirector verliehen.
Approbationen: In Berlin die Herren: Fritz Adelmann, Max
Bartel, Ernst Born, Paul Diestelow, Johannes Dippel, Wilhelm
Franz, Richard Ilaferkorn, Albert Hübner, Max Piper,
Christian Riis, Otto Schliep, Walter Tiefenbach.
WohneitzverSnderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die Thier¬
ärzte R. Borchert von Minden nach Stendal als Einj.-Frw., P.
Diestelow nach Bremen, Heinrich Doiseau nach Freiburg als
Volontärassistent am thierhygien. Institut, Kocppen von Neu-Barnim
nach Werneuchen, Koschwald von Berlinchon nach Berlin, Christian
Maderer nach Hemau, Rusche von Magdeburg nach Zell a, d. Mosel,
Sebauer von Bromberg nach Münchowshof bei Thurow i. Pomm.,
Spring von Hilders nach Jade (Oldenburg), Michael Steiger nach
Neustadt a. II. als bezirksthierärztlichcr Assistent, P. Unterhössel
vor München nach Erlangen, Wicndieck von Karlsruhe (Schlacht-
hof) nach Minden i. W. —Thierarzt E. Petersen hat sich in Alt-
Rahlstedt, ‘F. Tin schert Jn Stommeln bei Köln. Zieschank in
Ries» niedergelassen.
Todesfälle: Thierarzt Hansen-Werneuchen, Bezirksthierarzt a. D.
Peschel-Riesa, Districtsthierarzt E. Chr. Weber-Grünstadt (Pfalz).
Vacanzen.
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Reg.-Bez. Coblenz: Simmem (600 M. und 450 M. Stellenzulage).
Bewerbungen bis 10. November er. an den Regierungspräsidenten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Reg.-Bez. Düsseldorf: Landkreis Krefeld — Reg.-Bez. Liegnitz:
Sagan. — Reg.-Bez. Oppeln: Gross-Strelitz.
Sanitätsthierarztstellen : ai Neu ausgeschriebene Stellen:
Berlinchcn (Neumark): Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau:
aus letzterer ca. 2000 M. Einnahme. Bewerb, sofort an den Magistrat
— Mainz: Schlachthofthierarzt sofort (4200 ;M.; Wohnung etc.:
6 wöchige Kündigung). Bewerb, mit Qualificationsnachwcis zum
beamteten Thierarzt für Hessen bis 20. Oct. an die Bürgermeisterei.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Arys: Schlachthofverwalter zum 1. Oct. er. — Bahn: Thierarzt für
Fleischbeschau. — Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachthof. —
Cassel: Schlachthofassistenzthierarzt. — Cottbus: Schlaehthof-
Assistenzthierarzt sofort. — Dessau: Schlachthofassistenzthierarzt.
— Düren: Schlachthofdirector. — Grätz (Posen): Schiachthof-
Inspector. — Graudenz: Assistenzthierarzt am Schlachthof. —
Halle: 2 Assistenzthierärzte. — Hamburg: Polizeithierarzt. — Köln:
Schlachthofthierarzt. —Königsberg (Ostp.): Schlachthofthierarztzuin
1.i>ct.er. — Ottweiler (Bez.Trier): Schlachthausverwalter. — Pausa:
Thierarzt für den Fleischbeschaubezirk. — Punitz i. Pos.: Tbier-
arzt für Schlachtviehbeschau (1200 M.; ausserdem Praxis.) Bewer-
bungenanden Magistrat.— Raekwitzi. P.: Thierarzt für Schlachtvieh-
und Fleischschau. — Salzwedel: Schlachthofvorsteher. — Stettin:
3. Schlachthofthierarzt zum 1. September. — Trier: Hilfsthierarzt ani
Schlachthof sofort bezw. bis 1. Dezember er. (2100 M., Vierteljahr.
Kündigung; Verpflichtung zu 1 jähr. Dienstzeit.) Bewerbungen bis
25. Oct. er. an den Oberbürgermeister. Wanne: Schlachthofvorstelier.
— Wamsdorf. — Wolkenstein: Schlachthofthierarzt. — Woll¬
stein (Posen): Schlachthofinspector zum 1. October er.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbacli (Kr. Neustadt/'.
— Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotzenau i. Sold.
— Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.i.
1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. —
Mengeringhausen (Waldeck.) — Peiskretscbam (Ober-Scbles.'i.
— Raguhn. — Rliinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.).
— Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze (Mecklb.).
Besetzt: Sanitäts-Thierarztstellen in Haltern u. Lübeck
Verantwortlich für den Inhalt (excl. Inscratenthoil): Prof. I)r. Schmält* in Berlin. — Verlag und Kigentbum von Richard Scboels in Berlin. — Druck von W. Büxenstcln, BorHn.
Digitized by UjOOQie
Die „Berliner Th'*rärrtHche Wochenschrift“ erscheint Originalbeitrtge werden mit 50 Hk. för den Bogen honortrt.
wScbentlich ln St&rhe von mindestens l>/t Bogen. Dieselbe Allo Manuscripte, Mittheilungen und redactlonellen An-
Ist *u besichen <lurch den Buchhandel, die Post (No. 1088) £ fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält*,
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard J J yv _• ■ _ . Berlin thierärztliche Hochschule, NW., Luisenstrasne 66.
Schoot», Berlin NW., Luisenstrasse 36, anm Preise von m m M-M W® I I |l Ajk V* Correcturen, Recensions-Ezemplare und Annoncen da-
Mk. 5,— pro Vierteljahr. M W 8 ] M I I ■ I ■ gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz-Berlin.
Verantwortlicher Kedacteur.
De Bruln KOhnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZQndel
Profeasor Oherthierarst Departemcntsihlerant Kreisthierarzt Departementathierarzt Veterin&rassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Krelsthlerarzt
Utrecht Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900.
Ausgegeben am 25. October.
Inhalt: Eliinger: Das brandige Absterben der Schwanzspitze bei den Hausthieren. — Pflanz: Das Pflanz’sche Em-
bryotom. — C. MjoBn: Ueber die Zunahme der Beri-Berikrankbeit auf europäischen Schiffen. — Grfife: Nieren¬
stein bei einem Pferde. — Referate: Kasselmann: Ueber abscedirende Spätentzündungen. — Braeker: Eine folgen¬
schwere Complication des Zitzenschnittes. — Rosolino: Der seuchenartige Abortus der Kühe und die Phenolinjectionen nach
Bräuer. — Zinkpaste mit Zucker in der Dermatotherapie. — Strebei: Hinterkieferncuralgie beim Pferde. — Pader: Filariose
des Aufhängebandes (Fcsselbeinbeugers) beim Pferde. — v. Rätz: Leberegcl in der Milz des Schafes. — Rüge: Die Diagnose¬
färbung der Malariaparasiten. — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Protocoll über die Herbst-Generalversammlung
des Vereins Rheinprenssischer Thierärzte am 19. September im Hotel Kaiserhof in Aachen. — Verschiedenes. — Staats-
veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehhandel. — Personalien. — Vacanzen.
Das brandige Absterben der Schwanzspitze bei
den Hausthieren.
Von
Dr. EHInger-Dermbach.
Während meiner mehljährigen Thätigkeit in einer fast aus¬
schliesslich Rinderzucht treibenden Gegend sind mir zahlreiche I
Fälle von brandigem Absterben der Schwanzspitze besonders
bei Kühen und Kalbinnen bekannt geworden. Da das Leiden
in der thierärztlichen Literatur bisher nur eine geringe Be¬
achtung gefunden hat, so habe ich es für interessant gehalten,
meine dies betreffenden Beobachtungen zu veröffentlichen nnd
die diesbezüglichen literarischen Notizen znsammenzustellen.
Begriff des Leidens: Mit dem Namen brandiges Ab¬
sterben der Schwanzspitze (Sterzwnrm, Sturzwurm, Zahlwnrm,
Strohwnnn, Wolfskrankheit, Beinfrass des Schweifes, Sterzsenche)
belegt man eine Erkrankung des Schwanzes, die an der Spitze
desselben beginnt, allmählich nach der Mitte des Schwanzes zn
vorschreitet, häufig mit einem Allgemeinleiden des Körpers ver¬
gesellschaftet ist, mindestens aber mit dem örtlichen Tode
(Nekrose mit Aasgang in Mnmification, Gangraen nnd Sphacelus)
der ergriffenen Gewebe endigt.
Vorkommen: Das Leiden wurde bereits zu Anfang des
19. Jahrhunderts beobachtet, sowohl vereinzelt als auch gehäuft
auftretend (and dann für seuchenhaft gehalten). In hiesiger
Gegend (Rhöngebirge) ist das Leiden relativ häufig bei weib¬
lichen Rindern, — nicht beobachtet bei Ochsen.
Aetiologie: Die ursächlichen Verhältnisse sind noch nicht
genügend ergründet worden. Nach den bis jetzt gesammelten
Erfahrungen muss angenommen werden, dass die für die Ent¬
stehung des Brandes allgemein geltenden Ursachen auch bei
diesem Leiden im Spiele sind. Hiernach (cf. Froehner, all¬
gemeine Chirurgie, 1896, Seite 78) ist die mechanische Unter¬
brechung der Blntcircnlation eine der häufigsten Ursachen und
es kann namentlich die Qnetschnng des Schwanzes bei engem
Zusammenstehen der Kühe durch Darauftreten Seitens einer
stehenden auf den Schwanz einer liegenden Kuh za Gefässver-
letznngen nnd zn Gewebszertrümmernngen fuhren. Es ist das
um so eher möglich, wenn die Thiere bereits eine gewisse
Steifigkeit im Kreuz und schwerfälliges Aufstehen bekunden
(cf. Symptome).
Aber auch chemische Ursachen können dem Leiden zu
Grunde liegen. Mit Vorliebe stellt sich dasselbe in Ställen ein,
die unsauber gehalten sind, ungenügenden Jaucheabfluss und
mangelhafte Körperpflege der Insassen erkennen lassen. Es ist
da nicht unmöglich, dass das vorhandene Ammoniak seine
zerstörende Wirkung entfaltet. Diese Wirkung kann durch
Einstreu von Aetzkalk nnd Ka'fnit zwecks Diingerconservirung er¬
höht werden*). Dass auch zahlreiche Infectionserreger sogenannte
brandige Entzündungen verursachen können, ist bekannt (Nekrose¬
bacillen). — Anf den Ergotismus gangraenosns in seiner Aus¬
dehnung auf den Schwanz komme ich weiter unten zu sprechen.
„Häufig wirken auch“, sagt Froehner, „mehrere Ursachen gleich¬
zeitig ein. Namentlich der Druckbrand entsteht oft nach relativ
geringfügigen mechanischen Insulten, wenn gleichzeitig eine
schwere Allgemeinerkrankung, namentlich eine Erkrankung des
Circnlationsapparates (Fieber, Septicaemie, Blutkrankheiten,
Anaemie, Kachexie, Herzkrankheiten, allgemeine Schwäche vor¬
handen ist.“ Interessant und in vergleichender Hinsicht wichtig
ist auch die Entstehung des im Gefolge von Rückenmarkskrank¬
heiten beim Menschen auftretenden symmetrischen Brandes.
Und in der That, bei genauer Untersuchung und Beobachtung
der Patienten kann man die eine oder die andere Complication
feststellen. Anf das Zusammentreffen von Sterzwurm mit Rücken¬
marks- resp. Sacralnervenerkrankung (Festliegen) hat bereits
Block (cf. B. T. W, 1891 Seite 215) hingewiesen. Ich komme
darauf zurück. Ich möchte schliesslich nicht unerwähnt lassen,
dass der in hiesiger Gegend theils gebräuchliche Name Stroh-
wurm die Ursache des Leidens in einer mehr als nöthigen
Verabreichung von Stroh ohne die gegnügenden Proteine
sucht. Es kann nicht geleugnet werden, dass bei dergestalt
fehlerhaft und nicht in dem richtigen Nährstoffverhältnis8
*) Vergl. Stutzer, Leitfaden der Düngerlehre, 1899, S. 39.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT
No. 43.
506
ernährten Thieren häufig eine gewisse Schwäche and Trägheit
der Circnlation, die sich namentlich bei vorhandener Trächtigkeit
einstellt, zeigt. Wenn das Leiden in früheren Jahrzehnten zu
den Anthraxformen (Milzbrand-Carbunkeln) gerechnet and somit
anch aetiologisch in gleiche Linie gestellt worden ist, so gilt dieser
Standpunkt heute als völlig verlassen. Und das mit Recht. —
Pathologische Anatomie: Das Leiden beginnt mit einer
Circulationsstörung in der Haut und geht auf das Unterhaut¬
zellgewebe, die Schweiffascie, die Schweifmuskeln, die inter¬
vertebralen Knorpelschichten über. Die Circulationsstörung
äussert sich dergestalt, dass zunächst eine Anaemie vorhanden
ist, die in Folge ihres längeren Bestehens zu einer mangel¬
haften Ernährung der Haarpapillen und zum Haarausfall führt.
Im weiteren Verlaufe wird die Haut trocken, schorfig und leder¬
artig, lässt sich verschieben, während sie bei gesunden Thieren
straff aufliegt, erscheint kalt und zuletzt gefühllos. Die
Schwanzspitze wird weich. Es tritt Nekrose der Haut ein, ein
Zustand, den man passend als Mumification bezeichnen kann.
Im Anschluss hieran entwickelt sich unter der Haut zumeist
Gangraen, da das Eindringen von täulnisserregenden Spalt¬
pilzen in die abgestorbene Haut sehr erleichtert ist. Diese
faulige Zersetzung geht einher mit der Bildung von stinkender
Brandjauche und mit der Zerstörung der Structur und Er¬
weichung bis zur Verflüssigung der festen Gewebe (excl.
Knochen). Die Zwischenknorpelscheiben atrophiren. Die Muscu-
latur erscheint graugrün bis schwarzgrün, aufgequollen, so dass
die leidende Partie des Schwanzes verdickt ist.
Der gangraenöse Zerfall kann sich rasch oder auch nur
allmählich ausbreiten. Es kann eine Abgrenzung gegen das
gesunde Gewebe zu Stande kommen. Die Möglichkeit dieses
allerdings seltenen Ausganges ist abhängig von dem Äufhören
der Vermehrung der Fäulnisspilze und von der Reaction der
Gewebe. Die Entzündung an der Grenze des brandigen Theiles
kann zur Lossstossung des Letzteren führen (Sequestration,
Schwanzabfall). Ueber den Zusammenhang dieser Gangraen
mit den Erkrankungen der im Bereiche liegenden Nervenäste
und mit den auch von mir häufig beobachteten Paraplegieen der
Nachhand bleiben weitere Untersuchnugen abzuwarten.
Symptome: Die Krankheit kann oft wochenlang bestehen,
ohne (namentlich bei fehlender Schwanzpflege) bemerkt zu
werden. Die Störungen des Gesammtorganismns sind zu Anfang
des Leidens nur schwer und auf Grund genauer Untersuchung
bemerkbar. Sobald die Schwanzmusculatur erkrankt, treten
Störungen in der Schwanzbewegung auf. Von diesem Zeit¬
punkte ab bemerkt man oft auch ein schwerfälliges Herumtreten
und Aufstehen der Thiere, Erscheinungen, die sich bis zum
vollständigen Festliegen steigern können (Zahl der Be¬
obachtungen 14). — Dabei handelt es sich zumeist um in der
Ernährung zurückgegangene und vernachlässigte Thiere. Die
erkrankte Stelle des Schwanzes ist weich und in der Regel
etwas verdickt. Der Tod erfolgt durch Kachexie.
Differentialdiagnose: Dem vorstehend beschriebenen
Leiden gleichen nur wenige andere Krankheitsprocesse. Wichtig
ist das Vorkommen einer Gangraen der Schwanzspitze bei der
Vergiftung durch Secale cornutum (Ergotismus gangraenosus).
Dieser Gangraen ist auf die Störung der Circulation in
Folge einer hyalinen Thrombose der peripheren Arterienäste
zurückznführen. Wenn wir in der Literatur nachsuchen, so
finden wir, dass KowalewBki (Ellenberger-Schütz, Jahres¬
bericht IV S. 137) beobachtete, wie nach Verfütterung von
Roggen, welcher */$ Mutterkorn enthielt, 20 Rinder von Ergo¬
tismus befallen wurden. Es kam zur Nekrose der Haut, Sehnen,
Bänder und Knochen bis zum Krongelenk, bei einigen auch
der Schwanzspitze und zum Abfallen dieser Theile. In ver¬
schiedenen Staaten Nordamerikas, so berichtete Salmon (amerik.
Veterinärbericht 1884 S. 21) und Law (Lydtin, thierärztliche
Mitteilungen 1877 Jahrgang XH S. 153), herrschte im Jahre
1884 eine Mutterkornepizootie unter den Rindern nach dem
Genüsse von Heu, welches theils aus Elymus virginicus, theils
aus Agrostis vulgaris bestand und auf 75 Gewichtstheile 1 Theil
Mutterkorn enthielt. Neben anderen Erscheinungen erfolgte
brandiges Absterben der Haut und selbst der ganzen Fussenden
bis zum Fesselgelenk, auch der Schwanzspitzen, Ohren und
Zitzen.
Von der Nekrose der Schwanzspitze ist ferner zu trennen
die zu den Wundinfectionskrankheiten gehörende subcutane nnd
intermusculäre Phlegmone des Schwanzes in Folge der Lungen¬
seuche-Impfung. Indess kann auch im Anschluss an diese eine
ausgedehnte Gewebsnekrose eintreten.
Prognose. So lange das Leiden die Musculatur noch
nicht erreicht hat, sich auf die Haut beschränkt und keine
Erkrankung des GeBammtorganismus besteht, ist die Prognose
günstig. Bestehen bereits Bewegungsstörungen, Kreuzschwäche
oder gar Paraplegie, dann ist das Thier verloren.
Therapie: In leichteren Fällen und namentlich dann,
wenn die Gangraen nur geringgradig ist, genügt eine Scari-
fication der erkrankten Stelle und Einreibung von Kochsalz als
fäulnisswidriges und auf die Aenderung der Blutvertheilung ein¬
wirkendes Mittel. Auch die Anwendung von Terpentin ist in
Folge seiner stark desinficirenden Wirkung anzurathen. Nach
erfolgter Einreibung wird ein regelrechter Verband angelegt.
Bei der Erkrankung der Musculatur und Zwischenknorpelscheiben
ist die Amputation des erkrankten Schwanztheiles nothwendig
und erfolgt nach den Regeln der Chirurgie. Ist der Ernährungs¬
zustand des Thieres mangelhaft, dann ist namentlich die Ver¬
abreichung von Lein- und Rapskuchen — in Folge ihres Gehaltes
an Kalk und Phosphorsäure 4,9: 20:1000, auch an Protein und
Fett — anzurathen und von günstiger Wirkung. Eine innerliche
Medicamentation ist meist zwecklos.
Vergleichend-Historisches und Literarisches: Nach
den Angaben von Hering in seinem Lehrbuch der speciellen
Pathologie und Therapie, 1849, Seite 303, ist der Sterzwurm
(Gangraena caudae epizootica) eine seltene Krankheit. Im
Jahre 1817 herrschte die Krankheit in grösserer Ansdehnung
in Württemberg, so dass las Kgl. Medicinalcolleginm eine dies-
betreffende Belehrung für nothwendig erachtete. Hering hält den
Beinfrass an den Schweifwirbeln für die wichtigste Erscheinung.
Rychner beschreibt in seiner Bujatrik, 1841, Seite 215
den Sterz wurm als Caries centralis vertebrarum caudae.
Albert, (Vollständiges Handbuch der gerichtlichen Thier¬
heilkunde, Hanau, 1840), ein Mediciner, meint: Sterz wurm trete
sporadisch und epidemisch auf und pflanze sich durch Ansteckung
weiter fort. Die Krankheit trete meist in Folge des Faulfiebers,
der Rinderpest und der Ruhrseuche in der Reconvalescenz auf.
Cumländer erzählt in Gurlt und Hertwigs Magazin
d. g. Th. XXXIH, Seite 329, dass seiner Zeit in Finland sogar
amtliche Massregeln gegen den Sterzwurm ergriflen wurden.
Möller (Chirurgie, Seite 526) scheint den Sterz wurm auf
Verunreinigung des Schwanzes mit Mist und heftiges Schlagen
mit demselben zurückzuführen.
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25. October 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
507
Eppinger (Ueber eine Erkrankung der Schweiftraube des
Rindes; im thierärztl. Centralblatt 1899 S. 562) sah ebenfalls den
Sterzwurm in Verbindung mit rapider Abmagerung und führt
das Leiden auf rein mechanische Einwirkung zurück.
Block-Oesede beschreibt in der B. T. W. 1891 S. 215 den
Sterz wurm als eine Stallkrankheit der weiblichen Rinder und
sah ihn in Begleitung von Lähmung der Hinterhand.
Aehnliche pathologische Processe kommen bei Pferd und
Hund vor in Gestalt von Phlegmonen im Anschluss an das
Coupiren und an Quetschungen des Schwanzes.
Interessant ist auch das brandige Absterben des Schwanzes
bei Ferkeln. Dr. Nörner schreibt in seiner pract. Schweine¬
zucht S. 179: Das Schwänzchen wird von der Spitze an schwarz,
vertrocknet, mumificirt gewissermassen und fällt schliesslich ab,
ohne dass die kleinen Ferkel irgendwelche Krankheitserscheinungen
zeigen. Nörner giebt die Möglichkeit zu, dass Erfrieren die
Ursache war, (Congelatio gangraenosa). Nach der Ansicht
anderer Schweinezüchter sollen durchfällige Entleerungen eine
ätzende Wirkung haben und Nekrose des Schwanzes ver¬
ursachen. Vorbeugungsmittel soll die Einreibung der Schwanz¬
wurzel mit Fett oder Speck sein. Ein weiteres diesbezügliches
Referat bringt die Allgemeine Ceutralzeitung für Thierzncht 1900
S. 601, wo es heisst:
Eine Krankheit der Ferkel in Rumänien.
Ich hatte, schreibt der Ingenieur-Agraam Medzadourian in
Xo. 29 des Journal d’agricnlture pratiqne, Jahrgang 1900,
Gelegenheit, 1898 einen sehr eigenthümlichen Krankheitsfall in
den Schweineställen der Domänen von Baja—de—Arama und
der Farmen von Glogova zu beobachten.
Als ich sie besuchte, nahm ich die Verkürzung der Schwänze
von vier Ferkeln wahr; ich erkundigte mich bei dem Schweine¬
hirten, der mir versicherte, dass eins dieser Thiere die
schlechte Gewohnheit habe, die Schwänze seiner Gefährten zu
benagr-n.
Ich Hess diese Ferkel isoliren, fand aber bei einem zweiten
Besuche zwölf dieser Thiere, deren Schwänze auf verschiedene
Längen eingestutzt waren. Ich beobachtete nun diese Er¬
scheinung, die mir das Resultat einer Erkrankung zu sein schien,
genauer und verfolgte den Verlauf der Krankheit bei 64 Thieren.
Die Sehwanzspitze färbte sich schwarz, und es erschien eine
brandige Stelle, welche sich in zehn, zwölf, fünfzehn oder sieb¬
zehn Tagen über den ganzen Schwanz verbreitete.
Die Lufttemperatur übt einen gewissen Einfluss auf die
Entwicklung der Krankheit aus.
Im dem Masse, wie die Krankheit die oberen Theile des
Schwanzes erfasst, vertrocknen die unteren Theile und fallenab.
Selten zeigten sich selbst bei kraftlosen Thieren die
brandigen Flecke auf der Haut.
Die Kranken schienen nicht zu leiden; sie liefen umher und
frassen wie gewöhnlich.
Einige Waschungen mit Petroleum, denen einige Ein¬
reibungen mit Vaseline folgten, gestatteten mir in einigen Tagen
den Verlauf dieser ansteckenden Krankheit aufznhalten. Nach
dieser so einfachen Behandlung hörte die Krankheit, sich zu
entwickeln, auf, so dass nach vollständiger Heilung der Ferkel
man Individuen ohne Schwanz oder nur mit der Hälfte oder
einem Viertel des Schwanzes vor sich hatte; einige hatten auch
nur die Schwanzspitze verloren.
Ich glaube, dass das Auftreten dieser Krankheit der
stagnirenden Mistjauche zuzuschreiben ist, weil, nachdem der
Schweinestall vollständig ausgebessert und desinficirt worden,
die Krankheit nicht wieder erschienen ist.
Zur Behandlung des Leidens mit Petroleum bemerke ich
als Referent, dass Petroleum auch beim Sterzwurm des Rindes
hier oft angewendet wird und in leichten Fällen (lediglich bei
Erkrankung der Haut) Hilfe bringt infolge seiner anaesthe-
sierenden und dem Terpentin ähnlichen Eigenschaften.
Das Pflanz’scha Embryotom.
Von
Pflanz-Krcuzburg O.-S.
KreUtbierarzt.
Ueber mein Embryotom habe ich an dieser Stelle des
Oefteren geschrieben und über die an dem Instrumente vor¬
genommenen Verbesserungen berichtet.
Dasselbe hat sich wie sobald kein
anderes neueres thierärztliches In¬
strument vorzüglich bewährt und darf
für den Thierarzt mit lebhafter geburts¬
hilflicher Praxis als unentbehrlich gelten.
Nachdem ich den Vertrieb des Instruments
mehr als zwei Jahre selbst bewirkt habe,
ist derselbe seit Beginn dieses Jahres
auf die Firma H. Hanptner, Berlin NW.
übertragen worden, worauf ich die Herren
Collegen zur Vermeidung der noch öfter
an mich gelangenden Anfragen und Be¬
stellungen und des dadurch entstehenden
Zeitverlustes hierdurch aufmerksam
machen möchte. Dass ich die Her¬
stellung und den Vertrieb des In¬
strumentes aufgegeben habe, hat seinen
Grund einerseits in den enormen Preis¬
steigerungen des Rohmaterials, die eine
Lieferung zu dem bisherigen Preise un¬
möglich machten, andererseits in dem all¬
seitig geänsserten Wunsche, das In¬
strument in einer den übrigen thier-
ärztliöhen Instrumenten gleichwerthigen
Ausführung hergestellt zu sehen. Ich
habe deshalb den patentamtlichen Schutz
an die Finna H. Hanptner, Berlin
abgetreten, von der mein Embryotom in
der Folge allein bezogen werden kann.
Die Fabrik hat dem Instrument gerällige
Formen gegeben und das Gewicht
wesentlich verringert und zwar dadurch,
dass Stahlrohren an Stelle der bisherigen
Eisenröhren zur Anwendung kommen.
In seiner neuen eleganten Gestalt (siehe obenstehende Abbildung)
hat das Instrument auf der Pariser Weltausstellung das Interesse
der ausländischen Collegen als original-deutsches Instrument in
besonderem Masse erweckt.
Ich hoffe, dass das Embryotom auch ferner den Collegen
gute Dienste leisten möge und auch die Lust an der Geburts¬
hilfe, diesem so dankbaren Zweig der thierärztlichen Wissen¬
schaft, dem leider viele junge Collegen aus Bequemlichkeit noch
zu wenig Beachtung schenken, immer mehr erwecken möge.
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508
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 43.
Ueber die Zunahme der Beri-Berikrankheit
auf europäischen Schiffen.
Von
C. Mjoön.
Die Klagen über das zunehmende Umsichgreifen der Beri-
Beri anf norwegischen Schiften hat die norwegische Regierung
jetzt veranlasst, ernstlich Schritte zu thun gegen diese stets
wachsende Gefahr. Vor einiger Zeit wurde daher ein nor¬
wegischer Arzt, Specialist in Schiffshygiene, ausgesandt mit dem
Aufträge, Untersuchungen über Ursache und Wesen dieser
unheimlichen Krankheit anzustellen. Ein interessanter Bericht
über seine Beobachtungen ist nun veröffentlicht. Er giebt
darin eine Uebersicht über das, was man bis jetzt weiss von
dieser Krankheit, die der modernen Wissenschaft so viele
Räthsel aufgegeben hat, und über die im Publikum die wider-
streitendsten Meinungen herrschen.
Beri-Beri ist bekanntlich eine Tropenkrankheit, die sowohl
Eingeborene wie Fremde befällt und oft epidemisch anftritt.
Mattigkeit, Lähmungen, Schmerzen und Wasseransammlungen
sind die Symptome der Krankheit, die oft nach wenigen Tagen,
ja sogar Stunden zum Tode führt.
Als Ursache wird häufig schlechte Ernährung angeführt,
durch fett- und albuminarme Speisen, wie Fisch, Reis etc.
Dieser Theorie, die besonders von holländischen Gelehrten
gepflegt wird, widerspricht jedoch die Thatsache, dass meist
junge, kerngesunde und wohlgenährte Menschen von Beri-Beri
angegriffen werden.
Andere Theorien sehen Erkältung, Feuchtigkeit, jähen
Temperaturwechsel für directe Ursache an. Doch sind diese
zum grössten Theil verlassen.
Nach Mauson und Scheubev ist Beri-Beri eine Infections-
krankheit, und auf dieser Theorie baut der norwegische Arzt
seine Beobachtungen auf, die er kurz so zusainuienfasst:
,,Beri-Beri ist eine miasmatische Krankheit und als solche
wesentlich an Erdreich gebunden, entwickelt sich jedoch auch
auf anderem Nährboden, in Häusern, Schiffen etc. Sie verlangt
Wärme und Feuchtigkeit für ihre Entwicklung und kann über¬
tragen werden durch Menschen und leblose Gegenstände.
Schlechte Ernährung und Erkältung wirken nicht als ursächliche
sondern einzig und allein als prädisponirende Momente.“
Warum nun die norwegische Handelsflotte, wie statistisch
nachweisbar, mehr als andere der Krankheit ausgesetzt ist,
erklärt sich Dr. Kreyberg auf folgende Weise: Die Krankheit
greift die Menschen meist erst nach mehrmonatlicher Seefahrt
an, und wird zweitens befördert durch schlechte hygienische
Zustände. Die norwegische Flotte benutzt unverhältnissmässig
viele Segelschiffe. Nun bleiben diese, wie bekannt, erstens viel
länger unterwegs, und erfreuen sich zweitens keiner besonders
gepflegten Hygiene. Hier der einfachste Grund.
Es ist bei dem Zunehmen und der Bösartigkeit der Beri-
Beri von allergrösster Bedeutung, durchgeführte prophylactische
Massregeln zu ergreifen. So wie Pest, Lepra und Cholera ihre
Quarantäne haben, so sollte auch Beri-Beri als epidemische
Krankheit behandelt werden: Die. grösste Vorsicht bei dem
Verkehr der Mannschaft mit inficirten Häfen, die grösste
Vorsicht bei der Einführung von Nahrungsmitteln aus den
inficirten Häfen.
Diese beiden Momente sind wesentlich bei der Verhütung
der Krankheit.
Ausserdem gelten natürlich die allgemeinen hygienischen
Grundregeln, besonders scharfe Controlle des Trinkwassers, das
nur in gekochtem Zustande genossen werden darf.
Ist bereits Infection an Bord, so treten die gewöhnlichen
Isolations- und Desintectionsmassregeln in Kraft. Die Kranken
sollen wenn möglich, Kojenplätze auf Deckzugewiesen bekommen,
und, an Land gekommen, auf luftige, hochgelegene Knrstätten
gebracht werden.
Nierenstein bei einem Pferde.
Originalmittheilung
von
Gräfe -Mügeln,
Thirrarzt.
Bei einem Pferde, welches seit längerer Zeit Harubeschwerden
und Schmerzen bei Druck auf die rechte Lendengegend gezeigt
hatte und unter den Erscheinungen heftiger Kolik verendet war,
wurden neben Entzündung des Darmes und des Bauchfelles
folgende Veränderungen der rechten Niere gefunden: Der
Versuch, die Niere in der üblichen Weise flach zu durchschneiden,
scheiterte daran, dass das Messer alsbaid nach Dnrchtrennnng
Xierenstein einer Stute, tien icht 435 y
vom dünnen Rande überall auf eine harte Masse stiess. Als die¬
selbe blossgelegt war, erwies sie sich als ein Stein, der mit
seinem kuglig platten Kern das Nierenbecken ausfüllte und mit
beerenartigen Auswüchsen, die ihm fast das Aussehen einer
Weintraube gaben, bedeckt war. Der nebenstehend abgebildete
Stein wog 435 gr und bestand in der Hauptsache aus kohleu-
saurern Kalk; daneben aus etwas Kieselsäure, phosphorsanrer
Magnesia und phosphorsaurem Kalk.
Referat e*
Ueber abscedirende Spätentz&ndungen.
Von KaBselmann-Greven i. W.
I). Th. W. No. 26 iiml 27.
K. berichtet über zwei Fälle von Abscessbildungeu am
Samenstrang bei Wallachen.
I. Bei einem 7jährigen Wallach, der im 2. Lebensjahre nach
der Brennmethode castrirt worden und in Folge der Castration
lange krank gewesen war, bildete sich in der Scrotalgegend
ein grosser Abscess. Durch Einstich wurden über l 1 ', Liter
Eiter entleert, worauf rasch Heilung eintrat.
II. Ein Tjähriger Wallach weist am rechtsseitigen Samen¬
strange eine hühnereigrosse, harte, schmerzhafte Geschwulst
auf, ohne dass Schwellung der Umgebung oder Fistelbildung vor-
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25. Ociober 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
509
handen sind Die Castration soll vor 6 Jahren erfolgt sein.
Drei Wochen später hat sich ein grosser Abscess gebildet, der
durch Einstich eröffnet wird. Drei Wochen später hat sich
abermals ein Abscess entwickelt nnd nach weiteren 14 Tagen
ein dritter.
Das erst vor kurzem gekaufte Thier wird darauf an den
Vorbesitzer znrückgegeben; dort sollen sich noch mehrere Abs-
cesse gebildet haben.
K. sieht diese Eiterungsprocesse ätiologisch und genetisch
als wirkliche „Recidive“ an, welche durch pyogene Mikro¬
organismen, die von der Castration her in den Geweben zurück¬
geblieben sind und ihre Virulenz jahrelang bewahrt haben, ver¬
ursacht werden.
Der Verfasser führt eine Reihe von Beobachtungen aus der
Human-Medicin an, wo Coccen in osteomyelitischen Abscessen
ihre Virulenz 30 ja 35 Jahre lang bewahrten. (Curt Müller.
Centralbl. für Bact. B. XIV. S. *247, Krause, Fortschritte der
Medizin 1894, April, Schmitzler, Centralbl. für Bact. B. XV. u. A.)
Ferner sah M. Mayer (Zeitschrift für Medicinalbeamte 1898
p. 430) ein Recidiv an einem 5y 2 Jahre reizfreien Hornhaut- ,
fleck mit Schmerzen, Rötung, Thränen und frischer Trübung der .
Hornhaut, die den alten Fleck rautenförmig umschloss.
Nach Brunner (Corresp. f. Schweizer Aerzte, Jahrg. 1896,
Nr. 5—7) machte eine Armschusswunde 2y 2 Jahre lang nach der
Heilung nicht die geringsten Beschwerden, wonach plötzlich
brettharte, starke Schwellung und Rötung des Armes anftraten.
Die Operation wies einen quer durch den Arm führenden Kanal
(den alten Schusskanal) nach, in dessem Eiter Coccen nach¬
gewiesen worden, die sich bei Kultur mit Impfung vollvirulent
erwiesen.
Ein ähnliches Verhalten ist bei den Erregern des mensch¬
lichen Thyphns durch Werth (I). med. W. 1892 No. 21) nach¬
gewiesen. Desgleichen führt Gluck (I). med. W. 1899) die
häutigen Recidive beim Erysipel des Menschen auf in den
Lymphbahnen deponirte Streptococcen zurück.
Jensen stellte fest, dass ein an Staupe erkrankter Hengst,
der neben den bekannten Erscheinungen eine schmerzhafte An¬
schwellung der Hoden gezeigt hatte, nach Abheilung der Staupe
die meisten von ihm gedeckten Stuten ansteckte. Selbst noch
nach D/a Jahren bezeigt der Hengst diese Ansteckungsfähigkeit.
K. führt diese Erscheinung auf in den Hoden in lebens¬
fähigem Zustande aufgespeichertes und mit dem Sperma über¬
tragenes Contagiam zurück.
Der Verfasser nahm die Laparotomie vor bei einer Kuh
wegen Pansenüberladung; Pansen mit Muskel wunde schlossen
sich in wenigen Tagen, die Hautwunde eiterte nnd heilte erst
in 3*/2 Wochen. 2 Jahre später bildete sich ein grosser Abscess
in der Narbe und nach weiteren 4 Jahren abermals ein gänseei-
jgrosser Eiterherd; auch in der Zwischenzeit sollen kleinere
Abscesse spontan durchgebrochen und verheilt sein.
Aehnliche Beobachtungen kann man nach der Ovariotomie
weiblicher Schweine machen (auch nach der Castration von
alten Ebern. D. Ref.). K. will auch die bei Rindern in der
>Iabelgegend anftretenden Abscesse mit dem bösen Nabel des
Kalbes in Verbindung bringen und durch liegengebliebene Eiter¬
erreger erklären, (verschluckte Fremdkörper? d. Ref.)
Endlich zieht Kasselmann für die Genese der Brustbeule
und der periodischen Angenentzündnng der Pferde die Theorie
der latenten Keime heran.
Als Ursache für das Wiederfreiwerden der Krankheitskeime
werden Traumen, heftige Muskelcontractionen, Erkältung und
psychische Erregungen („psychisches Trauma“, nach Strümpell)
angeführt. Ne v ermann.
Eine folgenschwere Complication des Zitzenschnittes.
Von Thierarzt Braeker, Assist, bei A. Merk.
Schweizer Areh. f. Th. II. XLII 3. H.
Bei einer trächtigen Kuh werden wegen Zähmelkigkeit an
allen 4 Zitzen nach vorhergegangener Desinfection mittelst
Zitzenlanzetten Krenzschnitte ausgeführt; die entstandenen
Wunden werden mit Carboloel betupft, 3 Tage später ist an
allen Zitzen hochgradige Entzündung, strangartige Verdickung
des Zitzenkanales nnd heisse schmerzhafte Vergrösserung der
Euterdrüsen mit Entleerung wässriger, flockiger Flüssigkeit
eingetreten.
Nach weiteren 3 Tagen sterben die Zitzen brandig ab,
Allgemeinbefinden sehr schlecht, Oedembildung unter dem Bauche
bis über den Nabel hinaus. Es wird die Schlachtung vorge¬
nommen. Die Section ergiebt brandiges Absterben der Zitzen
und einzelner Drüsenpartieen. Nach Merk sollen diese Zitzen¬
operationen sehr gerne Veranlassung zu infectiösen Enter¬
entzündungen geben und M. schliesst daraus auf besondere
Disposition der Zitzenschleimhaut zur Aufnahme von Infections-
erregern. Nevermann.
Der seuchenartige Abortus <ler Kühe und die Phenol-
injectionen nach Bräner.
Von Dr. R. P. Rosolino.
Clin. vet. J900 No. 37.
Im Jahrgang 1899 der Clinica vet. No. 24 bis 2G hat R.
eine Reihe eigener Erfahrungen mit der Bräuer’schen Behandlung
des se ichenhaften Verkalbens der Kühe mitgetheilt und fügt in
dem vorliegenden Aufsatz weitere Fälle hinzu, die ihm von einem
Collegen Dr. B. Po zur Verfügung gestellt werden. Nach dem
Resultate dieser Mittheilnngen hat sich die Bräuer’sche Methode
gut bewährt. Zur Sicherung des Erfolges wird empfohlen, die
Injectionen nicht nur in der Trächtigkeitsperiode eines Jahres
zu machen, sondern dieselben in den folgenden Jahren zu wieder¬
holen. R. injicirt 20 ccm der 2-proc. Carbollösnng etwa 5 cm
hinter dem Schulterblatt, nachdem die Haare an der Injections-
stelle abrasirt und dieselbe mit 5 proz. Carbollösung desinficirt
worden ist. Ist in dem Bestände bereits ein Fall von Verkalben
anfgetreten, so folgen die Einspritzungen in Zwischenzeiten von
8 zu 8 Tagen und noch weniger Zeit aufeinander.
Zinkpaste mit Zucker in der Dermatotberapie.
Nachstehende von Hodara empfohlene Paste hat eine sehr
schnelle anstrocknende, epidermisbildende, heilende Wirkung und
ist deshalb bei feuchten vesicnlären Ekzemen, bei Impetigo,
zur Verheilung oberflächlicher Geschwüre voltheilhaft zu ver¬
wenden :
Vaselin nnd Lanolin . . . . aa 20,0
Glycerin. „10,0
Sacchar. alb.„ 20,0
Sulfur. Sublimat, .„ 10,0
Zinc. oxydat.. 20,0
M. f. pasta.
(Clin. vet. ex. Journal des mal. ent. et syphil.)
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510
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 43.
Hinterkieferneuralgie beim Pierde.
Von M. Strebel-Freiburg i. Schw.
Schweizer Arch. f. Th. B. XLU S. U.
Strebei hat Gelegenheit gehabt, ein Halbdntzend Fälle von
Hinterkieferneuralgie, d. h. Neuralgieen im Verbreitungsbezirke
des hinteren Trigeminusastes zu beobachten und beschreibt die
Krankheitserscheinungen wie folgt:
Athmung, Puls und Temperatur, sichtbare Schleimhäute normal.
Das Maul lässt sich nur in beschränktem Masse öffnen, wie
bei leichterem Trismus; stärkeres Oeffnen verursacht grosse
Schmerzen. Presst man von innen und aussen mit den Fingern
gegen den hintern Kieferrand in der hinteren Winkelregion, so
offenbart das Thier grosse Schmerzen, die bis zum Kiefergelenke
reichen. Die Schmerzen sind intensiver an der äusseren als
an der inneren Kieferfläche. Eine materielle Grundlage der
hochgradigen, lokalen Empfindlichkeit lässt sich nicht auffinden
insbesondere liegt kein eigentlicher Trismus, keine Ostitis, kein
Zahnleiden, noch eine Myositis oder Adenitis vor.
Den tetanoformen Zustand der Kaumuskel deutet Str. als
Reflexfolge der Hyperästhesie.
Behandlung: Einreibung mit Mischung von 01. Hyoscyami
und Ugt. einer, bezw. 01. Hyosc. und Chloroform; Umlegen
eines wärmenden Verbandes. ln 4—5 Tagen trat stets
Heilung ein. Nevermann.
Filariose des Aufhängebandes (Fesselbeinbeugers)
beim Pferde.
Von Pader, Mil.-Vet. in Nimes.
(Soc. centr. de iiied. v«t. 30. 8. 1900.)
Die betr. Arbeit zerfällt in drei Abtheilungen, einen
historischen Ueberblick, eine Beschreibung der Parasiten, eine
Beschreibung der Laesionen und ihrer Folgen.
Bezüglich der Historik bemerkt Prof. Railliet-Alfort, dem
das Referat über die Arbeit zugefallen war, dass sämmtliche
Autoreu die Entdeckung des Parasiten Dr. Bleiweiss-Wien
zuschreiben. Es habe aber Hugh Ferguson in einer Nummer
des Veterinarian von 1811b die Laesionen erwähnt und von ihnen
angegeben, dass Prof. Rigot-Alfort, dem er sie gezeigt habe,
sie als parasitären Ursprungs bezeichnet habe.
Bezüglich des Parasiten selbst hat P. den Wurm nur dann
ganz erhalten können, wenn er sich im losen Bindegewebe anf-
hielt; aus der Sehne selbst hat er nur ziemlich lange Fragmente
herauspräpariren können, die allerdings den beiden Endtheilen
angehörten. Nach P. ist der Wurm keine Spiroptera, sondern
eine wirkliche Filaria, welcher der Name Filaria reticulata
(Diesing) Creplin zukommt. In letzter Zeit sind übrigens die
Professoren Naumann-Toulouse und Railliet-Alfort getrennt
zu derselben Anschauungsweise gelangt.
P. hat seine Untersuchungen auf das Aufhängeband be¬
schränkt und führt an, dass schon bei makroskopischer Unter¬
suchung eine eigenthümliche Anschwellung der Sehne zu be¬
merken ist, mit Höhlen innerhalb derselben und bisweilen
wirklichen Parasitenknoten.
In der Gegend von Nimes ist nach P. die Filariose des
Aufhängebande8 bei 80 pCt. der Pferde, Esel und Maulthiere
zu beobachten und stellt sich die Frage, ob eine so häufige
Erkrankung uns deshalb unbekaunt blieb, weil sie belanglos ist.
P. beantwortet jedoch die Frage mit nein. Denn er stellt fest,
dass eine Reihe der erkrankten Sehnen bereits beim lebenden
Thiere der Sitz einer deutlich bemerklichen Anschwellung sind,
die gewöhnlich als „Zerrung“ betrachtet werden mögen, ohne
dass beim Cadaver die sorgfältigste Untersuchung die Spur
eines TraumaB entdecken lässt. Dies zeigt, wie sehr man bei
einer Sehnenzerrung vorsichtig in der Diagnose sein soll;
ausserdem stellt sich die Frage, ob bei bestätigter reeller
Zerrung die parasitäre Alteration nicht die erste Veranlassung
zur Zerrung war. Ans seinen gewissenhaft zusammen gestellten
Statistiken beweist P., dass die Filariose des Aufhängebandes
die Sehnenzerrungen merklich begünstigt und zwar besonders
die Zerrungen des Kronbeinbeugers.
Da man bis jetzt den Entwickelungsgang der Filaria
reticulata nicht kennt, ist die Angabe einer präcisen Prophylaxe
noch unmöglich. Allem Anscheine nach hat auch diese Art
einen Zwischenwirth, ein Insect oder eher irgend einen Süss-
wasserkrebs. Bezüglich der Behandlung ist man nicht besser
daran, und abgesehen von der von Cagny empfohlenen
subcutanen Anwendung des Terpentinöls, empfiehlt sich die
Enthaltung von irritirenden Mitteln und Beschränkung auf
Donchen und Massage, nebst Anwendung von mechanischen
Hülfsraitteln, um die Spannung der Sehne zu vermindern, Alles
bei völliger Ruhe des Patienten. Ziindel.
Leberegel in (1er Milz des Schafes.
Von Prof. Dr. St. von Rätz-Budapest.
(Ocntralblatt für Bacteriologle, Paraiitenkuuüe und Infection*kraiikbriten
XXVI. Bd. Sn. 20/81).
Das verhältnissmässig seltene Vorkommen von Leberegeln
in der Milz unserer Hausthiere veranlasste Autor zur Ver¬
öffentlichung eines von ihm gemachten Befundes.
In der Literatur ist nur ein Fall über das Auftreten von
Distomum hepaticum in der Milz eines Hausthieres, und zwar
in der einer Kuh, bekannt, der von Luc et (Recueil de med. vet.
Serie VII T. VII 1890 pag. 549) beschrieben ist. Die an den
Verfasser eingesandte Milz zeigte folgende Veränderungen: Die
Länge der Milz beträgt 10,5 cm, die grösste Breite 7,5 cm, die
Dicke 3,5 cm. Die Ränder sind abgerundet und stumpf. In
der Nähe des oberen Endes sieht man eine 3 cm lange und
2,5 cm breite, eiförmige, geschwulstartige Anschwellung, deren
Grenzen verwaschen sind. Die Milzkapsel ist hier grauweiss
und 1 mm dick. Die Oberfläche dieser geschwulstartigen An¬
schwellung ist glatt und fühlt sich nach dem Rande zu hart an,
während die Erhöhung elastisch ist. Der Durchschnitt ist uneben.
In dem aus grauweissem Bindegewebe gebildeten Reticulnm sind
mehrere hanfkorngrosse Höhlen, in der Mitte aber eine hasel¬
nussgrosse zu sehen. Sämmtliche Höhlen sind mit einer gelb¬
braunen Masse und einer trüben Flüssigkeit gefüllt. In der
haselnussgrossen Höhle befindet sich ein entwickeltes Exemplar
von Distomum hepaticum. Verfasser nimmt an, dass der Parasit
von dem Leberparenchym aus unter die Glisson’sche Kapsel ge¬
langt und nach deren Zerreissnng in die Bauchhöhle eindringt,
oder aber unter der Serosa weiter wandernd in die durch die
Duplikatur des Peritoneums gebildeten Ligamente der Leber ge¬
langt. und durch sie unter die Serosa des Magens und der Milz
eintritt. Anderseits kann auch angenommen werden, dass der
wandernde Leberegel aus dem Stamme der Pfortader ausnahms¬
weise auch in die Vena gastro-lienalis resp. in die Vena splenica
gelangen kann, um sich dann in irgend einem dünnen Ast
derselben festznsetzen und dort die pathologischen Veränderungen
erzeugt. J.
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25. October 1900.
Die Diagnosefärbung der Malariaparasiten.
Von Dr. Reinhold Rüge.
Dentiche Medicinischo Wochenschrift XXVI. Jahrgang Nr. 28.
Bevor Rn ge auf die Diagnosefärbung selbst eingeht, schickt
er einige Bemerkungen über die Art und Weise der Anfertigung
von Blutpräparaten voraus. Er macht darauf aufmerksam, dass
sorgfältige Herstellung des Präparates besonders bei der Diagnose¬
färbung der Malariaparasiten von grösster Bedeutung ist, da
die Kernfragmente zerquetschter weisser Blutkörperchen Malaria¬
parasiten Vortäuschen oder die von ihren rothen Blutkörperchen
losgerissenen Parasiten Formen annehmen können, in denen sie
nicht mehr mit Sicherheit zu erkennen sind. Rüge empfiehlt
zur Anfertigung folgendes von Jan eso und Rosenberger an¬
gegebenes Verfahren (Archiv für klinische Medicin Band XXI
S. 449): Man streicht mit der hohen Kante eines gut gereinigten
Deckgläschens derart an dem der Fingerkuppe aufsitzenden
Bluttropfen entlang, dass die untere Kante vom Blut benetzt
wird und sich zugleich an der hinteren (unteren) Fläche des
Deckgläschens ein 1—2 nun breiter Blntstreif bildet. Das Deck¬
gläschen wird nun mit der unteren blutbeschickten Kante in
einem Winkel von 45 pCt. auf den Objectträger aufgesetzt, so
dass die hintere (untere) Fläche nach rechts sieht. Das Blut,
das der hinteren unteren Fläche anhaftet, kommt auf diese Art
in Verbindung mit dem Objectträger, das Deckgläschen wird
nach links auf dem Objectträger entlang geschoben, und das
Blut so ohne jeden Druck ansgebreitet. Die so angefertigten
Präparate lässt man bis zu einer halben Stunde in absolutem
Alcoliol liegen.
Als Färbeart selbst wandte Rüge die altbekannte Methylen¬
blaufärbung an. Mangel an Platz und aufs äusserste beschränkte
Reagentien an Bord veranlassten ihn, die Diagnosefärbnng
möglichst einfach zu gestalten, wobei die folgende Methode vor¬
zügliche Bilder lieferte: zu 100 ccm Wasser setzt man 0,2 Soda
und erhitzt. In die kochende Flüssigkeit schüttet man 0,3 Methylen¬
blau med. pur. Höcht, lässt erkalten, filtrirt 48 Stunden später,
und die Lösung ist zum Gebrauche fertig. Sie sieht in dünnen
Schichten violett aus. Man giesst etwas von der Mischung auf
das Präparat und spült sofort mit Wasser wieder ab. Das
Präparat erscheint dann macroscopisch mattviolett. Die rothen
Blutkörperchen färben sich gelbgrün bis blaugrün, die Ring¬
formen der Malariaparasiten schwarzblau, die grossen Parasiten¬
formen graublau bis dunkelblau, je nach der Dauer der Ein¬
wirkung der Farblösung, die Kerne der weissen Blutkörperchen
intensiv blau.
Obige Methode giebt jedoch gute Resultate nur bei Blnt-
präparaten bis zu einem Alter von vier Wochen. Zum Färben
frischer'und alter Präparate ist die Herstellung einer 1 procentigen
Methylenblaulösung in der oben angegebenen Weise erforderlich.
Wer eine starke Färbung der rothen Blutscheiben beim Unter¬
suchen vorzieht, kann die 1 procentige Methylenlösung selbst bei
frischen Präparaten unverdünnt anwenden. Dr. Jess.
Kleine Mittheilungen.
Epulis carcinomatosa beim Pferd.
In der Dresdener Klinik wurde bei einem 20jährigen
Wallach eine Neubildung in der Maulhöhle festgestellt. Die¬
selbe trat aus der Manlspalte hühnereigross hervor, war grösser
als eine Mannsfaust und sass an Stelle der oberen Schneide¬
zähne rechts, welche selber nicht mehr vorhanden waren. Auch
«die linke Zange war schon stark gelockert. Durch die unteren
Schneidezähne waren necrotische Eindrücke in der Geschwulst
511
hervorgebracht. Die microscopische Untersuchung ergab Car-
cinom. (Sächs. Veterinärber. 98.)
Carclnom bei der Kuh.
Bei einer 14 jährigen Kuh, die nothgeschlachtet worden
war, fand sich hinter der rechten Niere eine kegelkugelförmige,
schwarz marmorirte, markweiche, mit einer dünnen Kapsel um¬
gebene Geschwulst, die im Pathologischen Institut zu Dresden
als Carcinoma medulläre erkannt wurde. In der Lunge und den
Bronchiallymphdrüsen gänseeigrosse feste Neubildungen.
(Bezirksthierarzt Dr. Lungwitz, Sächs. Veterinärber 98.)
Das Hygrom am Vorderknie des Rindes.
Von M. Strebei-Freibnrg.
(s. liwHaor. Archiv. 11. XL1I, H. 4.)
Strebei beobachtet das Hygrom am Vorderknie des Rindes
erheblich öfter links als rechts, was durch das häufigere Stützen
der Thiere auf das linke Knie beim Aufstehen und Niederlegen
verursacht sein soll.
Frische und kleinere Hygrome eröffnet Strebei nicht,
sondern behandelt mit event. wiederholten scharfen Einreibungen.
Grössere und ältere Hygrome werden eröffnet, entleert und ver-
| bunden oder nach der Eröffnung sofort scharf eingerieben.
Sehr warm empfiehlt Strebei auch das Ziehen eines Eiter¬
bandes durch die Geschwulst. Das Haarseil wird mit verdünnter
Jodtinctnr oder einer leicht reizenden Salbe bestrichen.
Nevermann.
Kleekrankheit.
In einem Bestände von fünf Pferden erkrankten die drei
alten Thiere schwer, während die beiden Fohlen gesund blieben.
Die Patienten standen schlafsüchtig auf der Wiese, nahmen
zeitweilig das Maul voll Gras, ohne dieses abzuschlucken, und
zeigten’ ein Benehmen wie bei subacuter Meningitis. In der
citronengelben Maulschleimhaut grosse Epitheldefecte, wider¬
licher Geruch. Der Gang war taumelnd; besonders trat ein
wässriger Durchfall hervor. Die Pferde waren seit längerer
Zeit lediglich mit Klee (Trifolium hybridnm) gefüttert worden.
Die Krankheit musste als eine Darmmycose aufgefasst werden.
Die Behandlung bestand in Aussetzung der Kleefütterung, Ver¬
abreichung von Hafer, Brot und Heu, Calomel, Karlsbader Salz
und Ausspritzungen des Maules. Am dritten Tage starb das
eine Pferd plötzlich. Die beiden anderen erholten sich wieder.
(Thierarzt Michael-Lugau, Sächs. Veterinärber. 1898).
Mykotische Magendarmentzöndung bei Pferden.
Bez.-Thierarzt Schmidt macht in der W. f. Thierheilkunde
folgende Mittheilungen. In einem Stall erkrankten gleichzeitig
3 Pferde. Sie lagen und zeigten kolikähnliche Erscheinungen
bei 40—41,8 Fieber, starke Eingenommenheit und Hinfälligkeit.
Als Ursache wurde schlecht gewonnenes und mit Pilzen verun¬
reinigtes Heu verrauthet. 2 Pferde wurden gesund, 1 verendete.
Die Section ergab hochgradige Entzündung der Schleimhaut des
Magens und des Darmkanals. Die Magenschleimhaut war stark
geschwollen, graugelb und glasig, mit punktförmigen und grösseren
Blutungen besetzt. Die Darmschleimhaut ähnlich. Der Inhalt
dünnflüssig, schleimig und mit Blut versetzt. Bei Rindern traten
in einigen Stallungen ähnliche Erkrankungen auf, die sich nach
Futterwechsel alsbald besserten.
Vergiftung durch verdorbene RunkelrDben.
In einer Schafheerde, welcher grosse Quantitäten von an-
gefaulten Runkelrüben 3 Tage hindurch als Nahrung verabreicht
worden waren, traten Massenerkrankungen auf. Viele Schafe
BERLINER THTERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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512
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 43
verendeten zwischen dem 4. bis 12. Tage, obwohl das Verfüttern
der Rnnkeln bereits am 4. Tage eingestellt worden war. Hei
der Obduction wurde ausgebreitete Peritonitis und acute Enteritis
festgestellt.
In einem andern Falle erkrankten 500 Haupt Rindvieh,
welche 3 Tage hindurch auf einem Felde geweidet wurden, das
mit welken Zuckerrübenblättern bedeckt war, an Tympanitis.
8 Stück starben. (Clin. vet. ex Recueil agricole 1900.)
Vergiftung von Ziegen durch Taxus baccata.
Zwei Ziegen erkrankten, die eine unter starker Auftreibung.
Diese wurde geschlachtet, da sie schon subnormale Temperatur
zeigte. Hei der Section wurde ausser acutem Milztumor nichts
Krankhaftes gefunden. Das Fleisch der Ziege wurde von der
Familie des Besitzers aufgegessen. Wahrend die eine Ziege
geschlachtet wurde, ting die andere an, immer stärker auf-
zntreiben. Der Puls war kaum fühlbar und schlug 50 mal in
der Minute. Die Temperatur stand auf 38. Der Leib war nicht
schmerzhaft, der Gang taumelnd, so dass das Thier öfters
zusammenbrach. Es zeigte einen schlafsüchtigen Zustand. Hier
wurde der Pansenstich gemacht und dabei zeigten sich an dem
Trokar grüne Nadeln, die von Taxus baccata herrührten. Nun¬
mehr wurde festgestellt, dass die Ziegen eine alte Guirlande
aufgefressen hatten. Der Trokar blieb 24 Stunden unter Auf¬
sicht liegen. Es wurden Einschüttungen von Leinsamenschleim
und Glaubersalz verabreicht. Dieses Thier wurde gesund.
Gebärmuttervorfall bei einer Stute.
Hei einer Stute war ein vollkommener Vorfall der Gebär¬
mutter entstanden, den der Besitzer selbst vergeblich zu
reponiren versucht hatte. Es war bereits eine sehr starke
Schwellung mit zahlreichen oberflächlichen Einrissen vorhanden.
Nach gründlicher Reinigung mit warmem Wasser wurde der
Uterus längere Zeit kalt berieselt, Blutung und Schwellnng
dadurch bekämpft. Die Reposition Hess sich dann verhältniss-
mässig leicht bewerkstelligen; doch musste des Drängens wegen
der Uterus durch eingeschobenen Arm 2 Stunden lang fest-
gehalten werden. Das Pferd erhielt 0,5 g Morphium und 50 g
Chloralhydrat im Klystier. Da die Blutung nicht stand, auch
das Drängen nicht nachliess, wurde der Uterus gründlich mit
Lysollösnng ausgespfilt und mit fest znsammengeschnürten in
Lysollösung getränkten und mit einander verbundenen Jutewatte¬
bäuschen tamponirt, dann ein Trachtenzwinger vorgelegt und
gut befestigt. Das Drängen liess nach, und die Stute begann
zu fressen. Am nächsten Morgen wnrden die Tampons entfernt.
Der Uterus wurde 8 Tage lang mit Lysol ausgespült. Es
bestand in den ersten Tagen eine geringfügige Temperatur-
Steigerung. (Rossarzt Michaelis, Ztschr. f. Vet. 1899).
Betheiligung der Schilddrüse bei Infecti onskrankheiten.
Roger und Garnier (Presse m^dic., Münch, med. Woch.)
haben festgestellt, dass die Schilddrüse in vielen Fällen von
acuten Infectionskrankheiten macroscopische und microscopische
Veränderungen, wie die anderen parenchymatösen Organe aufweist.
Tagesgeschichte.
Protocoll über die Herbst-General Versammlung des
Vereins Rheinprensiscber Thierärzte am 19. September
im Hotel Kaiserhof in Aachen.
Anwesend waren die Mitglieder: Dr Schmidt-Aachen,
Dr. Lothes-Cöln, Bongartz-Bonn, Esser-Jülich, Nehrhanpt-
Cöln, Hiinerbein-Geilenkirchen, Kob er-Erkelenz, Klinken -
berg-Aachen, Wolfers-Heinsberg, Jannes-Aachen, Wenders-
Altenkerk, Rieh t er-Siegburg, Deller ich-Euskirchen, Vater-
Eupen, Otte-Vowinkel, Schmitz-Mülheim, Koll-Koblenz.
van Strafen-Dinslaken, Dr. Flatten-Cöln, Lipp-Romers-
kirehen, Stelkens-Straelen, Daweke-Düren, Bockeimann-
Aachen, Weinsberg-Aachen. Als Gäste Professor Degive-
Briissel, Albert-Iserlohn, Huth und Zöllner-Bonn, Dr. Jelk-
mann-F rankfurt, Professor L ü p k e - Stuttgart.
Der Vorsitzende Dr. Schmidt-Aachen eröffnete nach
11 Uhr unter herzlicher Begriissung die Versammlung und
machte in Erledigung des 1 Punktes der Tagesordnung —
Vereins- und Standesangelegenheiten — die Mittheilung von dem
überaus grossen Verlust, den der Verein in dem letzten Viertel¬
jahr dadurch erlitten habe, dass zwei seiner ältesten nnd
sehr verdienten Mitglieder ihm durch den Tod entrissen wnrden:
Herr Professor Schell, der langjährige und tüchtige Vorsitzende,
und Herr Kreisthierarzt Faller in Simmern. Er bittet die Ver¬
sammlung zum ehrenden Andenken an die Dahingeschiedenen
sich von ihren Sitzen zu erheben. (Geschieht.)
Dann erinnert der Vorsitzende daran, dass von den Ver¬
einsstatuten keine Formulare mehr vorräthig seien, und es sich
bei dieser Gelegenheit empfehlen dürfe, die Statuten zeitgemäss
zu gestalten. Es wurde zur Vorbereitung dieser Frage eine
Commission ans den Herren Dr. Lothes, Nehrhaupt und
Dr. Flat teil gewählt, die in der nächsten Generalversammlung
Bericht erstatten wollen. Zum 2. Punkte der Tagesordnung.
Beschlussfassung User die Stiftung Schell eitheilt der Vor¬
sitzende das Wort dem Schriftführer Bongart z-Bonn, der etwa
Folgendes ansführte:
Herr Professor Schell, unser hochverehrter Ehrenpräsident,
hat uns während seines langen Lebens ein Beispiel von Pflicht¬
treue, Berufseifer nnd liebenswürdiger CoUegialität gegeben.
Den Aelteren von uns ist bekannt, mit welchem Eifer und
grossem Erfolge er die Geschicke des Vereins geleitet hat.
mit welchem Geschick er denselben sowohl im Veterinärrath
wie in der Centralvertretung zu vertreten wusste; wie alle
seine Bestrebungen darauf hinzielten, den Stand zu heben, die
thierärztliche Wissenschaft zu fördern und wahre Collegialität
zu pflegen. Der Tod hat seinem verdienstvollen Wirken ein
Ziel gesetzt ! Aber auch nach seinem Tode sollen die Mitglieder
unseres Vereins, wie alle Thierärzte des engeren Heimathlandes
an seinen letztwilligen Verfügungen erkennen, wie sehr ihm der
Verein am Herzen gelegen, wie er um das Wohl aller seiner
Mitglieder besorgt gewesen ist. In seinem Testamente, das ich
abschriftlich vor mir habe, befindet sich folgende Bestimmung:
„Ich schenke die Summe von 20,000 Mark zu dem Zwecke,
dass aus den Zinsen dieses Capitals in Noth gerathene Thier¬
ärzte oder Wittwen von Thierärzten unterstützt werden sollen.
Ich bestimme jedoch, dass nur Rheinprenssische Thierärzte oder
Wittwen solcher Thierärzte Unterstützung aus diesen Fonds,
welche den Namen Schellstiftung führen soll, gewährt, werden
sollen. Nur für den Fall, dass in einem oder mehreren Jahren
das Zinserträgniss für Rheinprenssische Thierärzte oder Witt¬
wen nicht oder nicht ganz zur Verwendung kommen soUte, kann
der ersparte Ertrag auch für andere preussische Thierärzte oder
Wittwen von solchen verwandt werden. Die Verleihung von
Unterstützungen aus dieser Stiftung soll durch eine Commission
erfolgen, welche von dem Verein Rheinpreussischer Thierärzte
zu wählen ist. Sollte dieser Verein sich auflösen, so soll eine
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513
25. October 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
solche Commission von den Vorständen der dann in der Rhein¬
provinz bestehenden thierärztlichen Vereinen gewählt werden.
Die sonstige Verwaltung und Anlage des Stiftungscapitals über¬
trage ich zunächst dem Vorstande des thierärztlichen Vereins
für Rheinprenssen.
Sie sehen, meine Herren, dass bei zweckentsprechender An¬
lage des Capitals der Verein für die Zukunft in der Lage sein
w’ird. 6—800 Mark jährlich Unterstützung gewähren zu können.
Es wird nun zunächst erforderlich sein, dass der Verein be-
schliesst, die Stiftung im Sinne des Testators übernehmen und .
verwalten zu wollen und dass er dann eine Commission zur
Verwaltung einsetzt. Ich bin fest überzeugt, dass sie dem
Vorschläge znstimmen, ja, ich weiss bestimmt, dass das An¬
denken dieses edel denkenden Collegen nicht nur bei uns in
Ehren gehalten werden wird, sondern dass in ferner Zukunft
manche Familie das Andenken desselben segnen wird.
Die Versammlung wählt in diese Commission die Herren
Dr. Lothes, Nehrhaupt und Dr. Flatten, sämmtlich in
Cöln. Die Verhandlung über diesen Gegenstand wurde notariell
beglaubigt und dem Schriftführer zur weiteren Veranlassung
überwiesen.
Vor der Generalversammlung hatte Herr Professor Degive-
Hrüssel einen Cryptorchiden castrirt, welcher Operation alle
(.'(»liegen beiwohnten. Die Methode ist in der Litteratur bekannt
und es darf nur hervorgehoben w erden, dass die Operation meister¬
haft ausgefülirt wurde. Herr Degive verfehlte nicht, die
Operation mit eingehender Erklärung zu begleiten, wodurch das j
Interesse der Zuschauer noch mehr gefesselt wurde. In der j
Sitzung gab Herr Professor Degive eine eingehende Be- .
Schreibung aller bei dieser Operation sowohl, wie auch bei der |
Castration der Kühe von ilun benutzten Instrumente, die von
Her Versammlung mit hohem Interesse entgegen genommen
wurde. Alle Instrumente Degives zeichneten sich vortheilhaft
aus durch ihre leichte Handlichkeit und zweckentsprechende
(Gestalt und Grösse.
Inzwischen war die zur Sitzung in Aussicht genommene
Zeit verstrichen, und es wurde das gemeinsame Mittagsmahl i
eingenommen, an welchem sich eine stattliche Anzahl Damen j
betheiligte. Der erste Toast, vom Vorsitzenden ansgebracht, galt
Seiner Majestät, unserm allergnädigsten Kaiser; Dr. Jelkmann
feierte die Damen, während Bongartz die Gäste hochleben
liess und Herrn Professor Degive den Dank der Versammlung
isnin Ausdruck brachte. Letzterer erwiderte in einer längeren, I
mit Humor gewürzten Rede, sein Hoch galt dem Verein und
dessen Vorsitzenden.
Nach beendigter Mahlzeit wurden die Sehenswürdigkeiten
der Stadt in Augenschein genommen und gegen Abend das
Kaiserhotel aufgesucht, wo eine gemüthliche Sitzung die Collegen
luit den Damen noch manche Stunde in angenehmer Weise
verleben liess.
Zur Anstellung der Schlachthof leiter.
Wie die „Allg. Fleischer Zeitg.“ mittheilt, ist der in Nord-
liausen angestellt gewesene Schlachthof-Vorsteher Vömel, der i
wegen definitiver Anstellung gegen den Magistrat geklagt hatte,
vom Oberlandesgericht mit seiner Klage definitiv abgewiesen
worden.
0berland«tallmel8ier a. D. Lüderitz.
In Hannover ist am 17. October der ehemalige königlich
preassische Oberlandstallmeister, Generallieutenant z. D. Karl
Philipp Lüderitz im 84. Lebensjahre gestorben. Er war
Hannoveraner von Geburt, gehörte ursprünglich der Kgl. han¬
noverschen Cavallerie an und wurde als Major Remonte-Director.
1867 trat er als Oberstlieutenant in die preussische Armee, wurde
Präses einer Remonte - Ankaufs - Commission und, zum Oberst
befördert, im Jahre 1871 Oberlandstallmeister. Als solcher
avancirte er zum Generalmajor und erhielt 1883 den Character
als Generallieutenant. 1887 schied er aus seiner Stellung aus.
Geheimrath Koch.
Geheimrath Robert Koch ist von seiner grossen ausser-
europäischen Studienreise nach anderthalbjähriger Abwesenheit
zurückgekehrt. Die Reise hatte ihn zunächst nach Italien, dann
nach Batavia und Neil-Guinea geführt. (Zeitungsmeldung.)
Einladung zur 61. Generalveraammlung des thierärztlichen Vereins
für die Provinz Brandenburg
am Sonntag, den 4. November, Vorm. 11 Uhr
im Hotel de Rome Linden- und Charlottenstrassen-Ecke.
Tagesordnung:
Geschäftliche Mittheilungen. Kassenbericht.
Zur Aufnahme sind gemeldet die Herren SÖffner zu Vietz
und Isert zu Prenzlau.
Besprechung über die Eintragung des Vereius unter Zuziehung
eines Juristen.
Besprechung über die Bestellung der Thierärzte zu Fleisch¬
beschauern.
Vortrag von Dr. Schreiber Landsberg über Bekämpfung der
Schweineseuche und Schweinepest.
Was giebt es Neues in der Thiermedicin? (zwanglose Mit¬
theilungen).
Nach der Sitzung, etwa um 3 Uhr, Diner, wozu die Theil-
nalimc der Damen erbeten ist. Nach Tisch wird getanzt. Es
ist wegen des Arrangements dringend erwünscht, dass die vor¬
aussichtliche Theilnahme mit Angabe der Zahl der tanzenden
Herren und Damen bis Freitag, 2. November, dem Unter¬
zeichneten mitgetheilt wird. Der Vorstand
i. A. Schmaltz.
Herbst-Versammlung de3 Vereins schlesischer Thierärzte
in Breslau am 4. November 1900 Vormittags ‘/all Uhr
in den Festsälen des Palast-Restaurants N. Schweidnitzerstr. 16.
Tages-Ordnung.
1. Vereinsangelegenheiten (Vorstandswahl, Delegirteu-Er-
satzwahl, Rechnungslegung u. A.).
2. Praktische Erfahrungen bei der Rothlaulimpfung. Kreis-
Thierarzt Graul.
3. Besprechung gerichtlicher Fälle aus der Praxis seit Ein¬
führung des B. G.-B. Eingeleitet durch Kreis-Thierarzt Ehricht.
4. Verschiedenes.
Gegen 2 Uhr Diner (ohne Damen) ä Couvert 3 M. Nach¬
her gemüthliche8 Beisammensein. Gäste willkommen.
Der Vorstand.
Beschränkung der Kurpfuscherei In Hamburg.
Verordnung zur Ausführung des § 8 der Hamburger
Medicinalordnung:
1. Oeffentliche Anzeigen von nicht approbirten Personen,
welche sich mit Ausübung der Heilkunde befassen, sind ver¬
boten, sofern sie über Vorbildung, Befähigung oder Erfolge der
genannten Personen zu täuschen geeignet sind, oder prahlerische
Versprechungen enthalten.
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514
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 48.
2. Die öffentliche Ankündigung von Gegenständen, Mitteln, I
Vorrichtungen und Methoden, welche zur Verhütung, Linderung j
oder Heilung von Menschen- oder Thier-Krankheiten bestimmt !
sind, ist verboten:
1. falls den Gegenständen, Mitteln, Vorrichtungen oder |
Methoden besondere, über ihren Werth hinausgehende Wirkungen
beigelegt werden oder das Publikum durch die Art ihrer An- !
preisung irregeführt oder belästigt wird, oder
2. falls die Gegenstände u. s. w. ihrer Beschaffenheit nach
geeignet sind, Gesundheitschädigungen hervorzurufen.
Handelt es sich um Geheimmittel oder Geheimkuren, so ist
deren öffentliche Ankündigung unter allen Umständen, einerlei
ob die unter 1 und 2 genannten Bedingungen zutreffen, ver¬
boten.
Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 150 M. oder
entsprechender Haft bestraft. Senatserlass vom 1. Juni 1900.
Staatsveterinärwesen.
Von Preusse.
Seachenstatistik und Yeterinärpolizei.
Viehverkehr zwischen Bayern und Oesterreich.
Das Ministerium des Innern in Bayern hat auf Grund von
Artikel 1 und 2 des deutsch-österreichischen Viehseuchen-Ueber-
einkommens unter dem 27. September 1900 eine Bekanntmachung,
betr. die thierärztliche Untersuchung der zur Einfuhr gelangenden
Thiere des Pferdegeschlechts, erlassen.
Darnach ist die Einfuhr von Pferden, Eseln, Maulthieren
und Mauleseln von Oestereich-Ungarn nach Bayern nur nach
vorheriger Untersuchung an der Grenze durch den bayrischen
Controllthierarzt gestattet, vorausgesetzt, dass sie hierbei gesund
befunden wurden. Die Einfuhr ist nur auf die an den Kreis-
regierungen bestimmten Eintrittsstationen beschränkt. Bei der
Einfuhr ist ein von der Ortsbehörde des Herkunftsortes be¬
scheinigtes Ursprungszeugniss vorzulegen. Auf demselben muss
ein Gesundheitsvermerk eines staatlich beauftragten Thierarztes
enthalten sein. Das Zeugniss muss in deutscher Sprache aus¬
gestellt oder demselben mußs eine amtlich beglaubigte,'deutsche
Uebersetzung beigefügt sein. Ans dem Zeugniss muss die
Herkunft der Thiere und der bis zur Eintrittsstation zurück¬
gelegte Weg bestimmt ersichtlich sein. Die thierärztliche
Bescheinigung muss sich auch dahin erstrecken, dass am Her¬
kunftsorte und in dessen Nachbargemeinden innerhalb 40 Tagen
vor der Absendung eine auf Thiere des Pferdegeschlechts über¬
tragbare anzeigepflichtige Seuche nicht geherrscht hat. Die
Zeugnisse, welche 8 Tage Giltigkeitsdauer haben, sind an der
Grenze durch den bayrischen Controlthierarzt zu prüfen. Sind
die Zeugnisse in Ordnung und sind die einzuführenden Thiere
unverdächtig befunden, so ist dem Einführenden ein Einfuhr¬
erlaubnisschein auszustellen. Thiere mit ansteckenden Krank¬
heiten oder die einer solchen verdächtig sind, ferner Thiere,
die mit kranken oder verdächtigen Thieren zusammen befördert
oder sonst in Berührung gekommen sind, müssen von der Ein¬
fuhr zurückgewiesen werden. Für die Untersuchung eines jeden
Thieres ist eine Gebühr von 1,50 M. zu entrichten. Der Thier¬
arzt erhält für seine Dienstleistungen die jeweils festgesetzten
Gebühren aus der Staatskasse.
Bei Rennpferden, welche von oder nach Rennplätzen zur
Einfuhr gelangen, bedarf es einer thierärztlichen Untersuchung
nicht, sobald das Ursprungszeugniss das Visum und den Stempel
des kleinen Jockeyclubs für Oesterreich, bezw. des Budapester
Magyar-Covaregylet für Ungarn trägt.
Es bedarf ferner keiner thierärztlichen Untersuchung an der
Grenze und keines Ursprungszeugnisses bei den nach Bayern
zurückkehrenden Thieren, welche Bewohnern bayrischer Gemeinden
gehören, sofern die Rückkehr nach Bayern innerhalb 8 Tagen
erfolgt.
Die Bewohner von nicht mehr als 25 km von der Grenze
entfernt liegenden Orten können die Grenze zu jeder Zeit mit
ihren eigenen, an den Pflug oder an ein Fuhrwerk gespannten
Thieren überschreiten, jedoch nur zum Zwecke landwirtschaft¬
licher Arbeiten oder in Ausübung ihres Gewerbes unter Be¬
obachtung der bestehenden Zollvorschriften.
Der Verkehr der Grenzbewohner mit Weidepferden beinisst
sich lediglich nach den bestehenden Zollvorschriften.
Einfuhr von Heu und Stroh aus Russland.
Der Regierungspräsident in Gumbinnen hat unter dem
19. September d. J. auf Grund des Rinderpestgesetzes und der
zugehörigen Instruction unter Aufhebung der früheren Ver¬
ordnungen vom 20. August 1893 und 12. Januar 1897 nach¬
stehende landeBpolizeiliche Anordnung erlassen:
§ 1. Die Einfuhr von Heu und Stroh aus Russland ist
verboten, soweit nicht nachstehende Ausnahmen nachgelassen sind.
§ 2. Das nachweislich aus den russischen Grenzdistricten
stammende Heu und Stroh darf in losem d. h. nicht gepresstem
Zustande, aber nur für den Gebrauch der Einwohner der
deutschen Grenzdistricte eingeführt werden.
§ 3. Sobald zuverlässig bekannt wird, dass in Ortschaften
des russischen Grenzdistrictes Thierseuchen, insbesondere Maul¬
und Klauenseuche, Lungenseuche, Milzbrand oder Rotz herrschen,
ist die Einfuhr von Heu und Stroh aus diesen Orten, soweit
sie an sich nach § 2 gestattet ist, von den Landräthen der
benachbarten preussischen Grenzkreise zu untersagen.
§ 4. Heu und Stroh in gepresstem Zustande, auch wenn
es nicht aus den Grenzdistricten stammt, wird zur Durchfuhr
durch das deutsche Reich auf dem Schienenwege unter der
Bedingung zugelassen, dass der Transport unter Plomben¬
verschluss in geschlossenen oder bedeckten Wagen erfolgt.
§ 5. Strafbestimmungen.
§ 6. Vorstehende Anordnung tritt mit dem Tage nach
ihrer Publication im Regierungs-Amtsblatt in Kraft.
Polizeiliche Beschränkung des Abdeckerei-Betriebes.
Das Oberverwaltungsgericht hat durch Entscheidung vom
10. Januar 1900 anerkannt, dass die Polizeibehörde berechtigt
ist, den Besitzern von Abdeckereien das Kochen des Fettes und
der Knochen gefallener oder wegen Krankheit getödteter Thiere
auf ihren Abdeckereigrundstücken zu verbieten. In dem con-
creten Falle, der hier Gegenstand des Streites war, hatte der
Besitzer einer Abdeckerei in einem Kessel, dessen Druckrohr
unmittelbar ins Freie führt, Fett und Knochen von Thieren zu
den verschiedensten Tageszeiten ausgekocht. Die Polizei hatte
ihm dies unter Strafandrohung untersagt. Der Besitzer klagte
hiergegen bis in die höchste Instanz. Nach dem Urtheil des
0. V. G. kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Polizei¬
behörde das Auskochen nur deshalb verboten hat, weil hierdurch
Gerüche verbreitet werden, durch welche die Gesundheit der
Bewohner der umliegenden Häuser gefährdet und die Leichtigke it
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
515
25. October 1900.
des Verkehrs auf der bei dem Abdeckereigrundstück befind¬
lichen öffentlichen Strasse beeinträchtigt wird. Es sei nicht
Sache der Polizei, dem Besitzer einer Abdeckerei solche Ein¬
richtungen vorzuschreiben, welche geeignet sind, diese polizei¬
widrigen Wirkungen des Auskochens zu beseitigen. Ist letzterer
im Stande, solche Einrichtungen zu treffen (Kafillapparat, An¬
bringung von Hauben und Abzugsrohren, welche die Dämpfe in
die Feuerung leiten etc.), welche die obenerwähnten Missstände
aufheben, so könne ihm das Anskochen von Fett etc. polizeilich
nicht verboten werden. Im vorliegenden Falle hatte sich der
Kläger auch auf sein Abdeckereiprivilegium berufen. Das
0. V. G. erkennt jedoch an, dass dasselbe ihn nicht vor dem in
der polizeilichen Verfügung zum Ausdruck gelangten polizei¬
lichen Einschreiten zu schützen vermag.
Viehelnftibr In Hviddlng.
Bezugnehmend auf die in No. 42 der B. T. W. veröffentlichte
Bekanntmachung, betreffend die Fleischausfuhr aus Dänemark
über die Landquarantäneanstalt Hvidding, ist noch mitzutheilen,
dass der Herr Minister für Landwirtschaft anfänglich bestimmt
hat, dass von einer Verteilung der Gesammtzahl von 6000 Stück
Ochsen auf die beiden nächsten Einfuhrperioden einstweilen ab¬
gesehen wird, da die Einführzahlen zu sehr geschwankt haben,
nm die Angelegenheit mit Sicherheit beurtheilen zu können.
Maul- und Klauenseuche an Viehhöfen etc.
In Sachsenhausen bei Frankfurt a. M. und in München ist
die Maul- und Klauenseuche am 8. bezw. 10. October erloschen.
Auf dem Centralviehhof zu Berlin ist sie unter Rindern am
20. er. ausgebrochen.
Fleischschau und Viehhandel.
Von KOhnau.
Zur Abänderung des preuesischen Schlachthausgesetzes
hat man jetzt auch in Kreisen des Fleischergewerbes Stellung
genommen. In einer längeren Ausführung der „Internat. Fl. Ztg.“
Nr. 82 erklärt man sich mit der beabsichtigten Erweiterung des
§ 1 nur dann einverstanden, wenn bei dem Bestehen von
öffentlichen Schlachthofanlagen in Nachbarorten die Befugniss
der Behörde den Schlachtzwang anznordnen auf die Fälle
beschränkt wird, wo eine übermässige Erschwerung des
Geschäftsbetriebes nicht statthat. Den für gegen¬
standslos gehaltenen § 2, Absatz 1, Ziffer 1 wünschen auch die
Fleischer beizubehalten, damit im öffentlichen Schlachthof
auch die Hausschlachtungen dem Untersuchungszwange
unterworfen werden können. Von der Nachbeschau des
eingeführten frischen Fleisches soll generell Abstand ge¬
nommen werden, höchstens sei, um den Inlandsverkehr nicht zu
erschweren und bei den guten Erfahrungen, welche man in
Sachsen mit dem Fallenlassen der Nachschau gemacht hat, eine
gebührenfreie Centraluntersuchung am Platze. Stellen
sich hierbei Unregelmässigkeiten hinsichtlich des unter¬
suchten, aus bestimmten Bezirken stammenden Fleisches heraus,
so soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass aus diesen
Gegenden herrührende Fleisch einer Nachschau zu unter¬
werfen, wofür die Kosten deckende Gebühren erhoben werden
können. Ziffer 3 (siehe No. 41 der B. T. W.) soll im Sinne
des Reichsfleischschaugesetzes abgeändert werden. Die das
g-esonderte Feilbieten des Fleisches betreffenden Z. 4
und 5 werden für gegenstandslos gehalten. Die bei Z. 6
von den Thierärzten beantragte Abänderung findet nicht den
Beifall der Fleischer. Die Abänderung soll des Inhalts sein,
dass die ortsansässigen Fleischer innerhalb einer Bann- .
weite von 50 km nicht schlachten oder schlachten lassen
dürfen und dass die Einfuhr von Fleisch zum Zwecke des
Engroshandels verboten werden kann. Von der Vor¬
schrift einer bestimmten Grösse der Fleischstücke (§ 2
Absatz 2) und Beibringung gewisser Organe wollen die
Fleischer nichts wissen, höchstens könnte dies für die eventuelle
Nachschau verlangt werden. Die Gebühren sollen die Kosten
nicht übersteigen. § 11 des Gemeindeabgabengesetzes soll
ausBer Wirksamkeit gesetzt werden.
Grenzverkehr mit Fleisch.
Mit dem am 1. October d. J. in Kraft getretenen Einfuhr¬
verbot von Wurst und Büchsenfleisch ist auch die zollfreie
Einbringung dieser Fleischwaren in Stücken bis zu 2 kg in-
hibirt worden. Die Bedeutung, welche der Grenzverkehr mit
Fleisch, namentlich in Süddeutschland angenommen hatte, erhellt
am besten aus den ausländischen Zeitungsstimmen, welche sich,
wie z. B. die Baseler Metzgermeister, die sogar eigene Filialen
an der Grenze hatten, bitter über das Aufhören des Grenz¬
verkehrs mit Wurst beklagen. Da bis zum Inkrafttreten der
Untersuchungsbestimmungen für ausländisches Fleisch im Grenz¬
verkehr die Einfuhr von frischem Fleisch in Stücken bis zu
2 kg noch erlaubt ist, hat sich jetzt noch der Fleischerverband
in Sachsen mit einer Petition an die Regierung gewandt, dass
diese Einfuhr von gesundheitlich nicht controlirbarem Fleisch
verboten werden möge. Nach statistischen Angaben sollen 1899
zollfrei in Stücken bis zu 2 kg 13722 Ctr. Rindfleisch und
39690 Ctr. Schweinefleisch über die Grenze gebracht sein, und
zwar allein in Sachsen meistens aus Oesterreich.
BerloM Aber die Schlachtvieh- und Fleischbeschau Im Königreich Saohsen
für das Jahr 1899.
Edelmann’s Bericht, welcher das aus 36 Städten ein¬
gelaufene Material zu einer sehr werthvollen Zusammenstellung
verarbeitet, erwähnt zunächst, dass die Fleischschaugesetzgebung
im Königreich Sachsen im Jahre 1899 zum Abschluss gelangt
ist. Am Schlüsse des Berichtsjahres standen 800 geprüfte
Fleischbeschauer zur Verfügung. In Kraft trat die allgemeine
Schlachtvieh- und Fleischbeschau sowie die staatliche Schlacht¬
viehversicherung am 1. Juni 1900.
Geschlachtet wurden im Königreich Sachsen 1317 659
Schlachtthiere, gegen das Jahr 1898 hat somit die Anzahl
der Schlachtungen um 115 727 Stück = 9,62 pCt. zugenommen,
Von den Thieren sind 15 272 nothgeschlachtet worden. Die
Nothschlachtungen bei den Rindern sind um 198 Stück zurück¬
gegangen, haben dagegen bei den Schweinen sich um 3392 Stück
vermehrt. In den 36 Städten sind 1001388 Thiere geschlachtet
und untersucht worden.
Von 106 104 Rindern
tauglich
103 342
bedingt tauglich
2231 2,10 pCt.
untauglich
531 0,50 pCt.
»i
248 627 Kälbern
247 956
39ä
0,15 pCt.
274 0,11 pCt.
»
154 991 Schafen
154 894
69
0,04 pCt.
28 0,01 pCt.
4146 Ziegen
4 112
17
0,41 pCt.
17 0,41 pCt.
V
479 465 Schwein.
474 286
4932
1,02 pCt.
247 0,05 pCt.
7J
5 187 Pferden
5153
—
—
34 0,65 pCt.
»
468 Hunden
461
—
—
7 1,49 pCt.
Tuberculose bei den Rindern 29,76 pCt., bei den Kälbern
0,25 pCt., bei den Schafen 0,06 pCt., bei den Ziegen 0;6 pCt.,
bei den Schweinen 3,03 pCt., bei den Pferden 0,17 pCt. und
bei den Hunden 0,21 pCt.
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516
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 43
Finnen bei 496 Rindern (0,46 pCt.), 1 Kalb und 72
.Schweinen (0,01 pCt.).
Von den finnigen Rindern wurden 35 Stück nach Entfernung
der mit Finnen besetzten Theile für tauglich, 459 für bedingt
tauglich erklärt, und zwar wurde das Fleisch von 306 Rindern
in rohem Zustande und von 153 Rindern in gepökeltem oder
gekochtem Zustande auf der Freibank verkauft, 2 Rinder sind
für untauglich erklärt und vernichtet worden. Das finnige Kalb
wurde gekocht auf der Freibank verkauft. Von den finnigen
Schweinen wurden 2 Stück nach Entfernung der finnigen Theile
für tauglich erklärt. 6 Stück wurden in rohem, 30 Stück in
gekochtem Zustande und von 30 Stück nur das Fett in aus¬
geschmolzenem Zustande auf der Freibank verkauft, während
4 Stück gänzlich vernichtet wurden.
Trichinen wurden bei 23 Schweinen (0,004 pCt.) fest¬
gestellt, im Voijahre 0,006 pCt. Von den Hunden waren 4 Stück
(1,253 pCt.) trichinös. Die Nachprüfungen der Trichinen¬
schauer führten in acht Fällen zur Amtsentsetzung, wegen
Unzuverlässigkeit im Dienste. Ein Schauer stand in dem Ver¬
dachte, zwei von ihm trichinös befundene, in der Nähe seiner
Wohnung aufgezogene Schweine selbst inficirt zu haben.
Schweinefleischversand nach Italien.
Nach einem am 18. September d. J. in Wirksamkeit getretenen
Erlass ist die Einfuhr von gesalzenem, geräuchertem oder sonst
conservirtem Schweinefleisch in Italien nur gestattet, wenn die
Sendung von einem Gesundheitsattest des Ursprungsortes be¬
gleitet ist.
Serbiens Vieh- und Fleischexport.
Nach der serbischen Statistik wurden im Jahre 1899 aus
Serbien ausgeführt 71625 Rinder, davon 71400 Stück nach
Oesterreich-Ungarn, die übrigen nach Rumänien, 87 465 Schweine,
davon 87 310 nach Oesterreich-Ungarn, 78 361 Schafe, davon
43 320 nach der Türkei, 21 186 nach Oesterreich-Ungarn, 3572
Pferde und Esel nach der Türkei und Bulgarien, 696 798 Stück
Geflügel, davon 690 771 nach Oesterreich-Ungarn und 2753887 kg
Fleisch und geschlachtetes Geflügel, wovon 2 255 969 kg nach
Oesterreich-Ungarn.
Personalien.
Ernennungen etc.: In Bayern: Zu Kreisthierärzten bei der K.
Regierung, Kammer des Innern, die Bezirksthierärzte Max Wimmer-
Vilsbiburg für Niederbayem, Sigm. Beichhold - Bruck für Mittel¬
franken, Friedr. Schnei der-Augsburg flir Unterfranken. Zu Bezirks¬
thierärzten Adolf Schmidt, städt. Thierarzt in Kulmbach, für Kulm¬
bach; SebastianMayer, Districtsthierarzt in Grönenbach flirLandsberg
(Oberbayern); Georg Niederreuther, Districtsthierarzt in Kipfen-
berg, für Ebermannstadt; Wucherer, bisher bezirksthierärztlicher
Assistent in Ansbach, für Bruck. Oberwegner-Ellingen zum
Districtsthierarzt in Oettingen, Max Manz (Buchau) zum Distticts-
thierarzt für Buchau und Nachbargemeinden. Martin Reuter,
Bezirksthierarzt in Karlstadt, nach Nürnberg (Landbezirk) versetzt.
— In Württemberg: Der stellvertret. Oberamtsthierarzt Häbe.le
zum Oberamtsthierarzt in Blaubeuren.
Gewählt: Thierarzt Karl Kluge-Königshoven (Bez. Köln)
zum Sanitätsthierarzt für den Amtsbezirk Plauen i. V. und zum
stellvertretenden wissenschaftlichen Fleischbeschauer im Stadtbezirk
Reichenbach, (Wohnsitz in Reichenbach).
In der Armee: Zum ostasiatischen Expeditions-Corps versetzt:
Zwirner, Rossarzt vom 2. Ulanen-Regiment zum Bataillon schwerer
Feldhaubitzen; Unterrossarzt Kal eher, unter Beförderung zum
Rossarzt zum Feldartillerie-Regiment. Rossarzt Carl von diesem
Regiment zum immobilen Verhältniss zurückgetreten.
Approbationen: In Stuttgart die Herren H. F. Conradi, J. Edel,
Fr. Hoffmann, A. Joachim, P.Kienzl, A. Müller, F.Pfersdorf,
H Reichert, A. Schmehle, Fr. Schmerg,P. Simon und J. Welte.
Wohnoitzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die Thier¬
ärzte Dr. Heffter-Filehne vorübergehend nach Berlin, Wilh.
Hermeyer nach Dornum (Ostfr.), Huss, bisher Assistent des
Landesthierarztes für «Elsass - Lothringen, als Einj.-Freiw. im
51. Feld-Art.-Rgt. in Strassburg eingetreten, Martin (Colmar) nach
München (bacteriolog. Institut von Prof. Kitt), Pfersdorf (Mühl¬
hausen) als Volontär am Schlachthof nach Hamburg, Sebauer
von Münchowshof nach Bad Polzin (Pommern), Stein ge ns von
Rödingen nach Bedburg, Thieme (Schlettstadt) als Einj.-Freiw. im
3. bayr. Feld-Art-Rgt. nach München.
Todesfälle: Göhring, Kreisthierarzt a. D. in # Stolp.
Yacanzen.
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Reg.-Bez. Coblenz: Simmem (600 M. und 450 M. Stellenzulage).
Bewerbungen bis 10. November er. an den Regierungspräsidenten.
— Reg.-Bez. Hannover: Springe zum 1. Jan. 1901 (600 M.). Meid,
bis 25. Nov. er. an den Regierungspräsidenten.
b'l Nach Ablauf der Meldefrist noch nnbesetzte Stellen:
Reg.-Bez. Düsseldorf: Landkreis Krefeld. — Reg.-Bez. Liegnitz:
Sagan.
Sanitätsthierarztsteilen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Berlinchen (Neumark): Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau;
aus letzterer ca. 2000 M. Einnahme. Bewerb, sofort an den Magistrat
— Mainz: Schlachthofthierarzt sofort (4200 M.; Wohnung etc.;
6 wöchige Kündigung). Bewerb, mit Qualificationsnachweis zum
beamteten Thierarzt für Hessen bis 20. Oct an die Bürgermeisterei.
— Oelsnitz (Sachsen): Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleisch¬
beschau zum 1. Januar 1901. (3500 M. Anfangsgehalt; Pension in
Aussicht; Praxis in der Stadt und in den Vororten.) Gesuche bis
31. October an den Stadtrath.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Arys: Schlachthofverwalter zum 1. Oct. er. — Bahn: Thierarzt für
Fleischbeschau. — Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachthof.—
Cassel: Schlachthofassistenzthierarzt — Cottbus: Schlachthof-
Assistenzthierarzt sofort. — Dessau: Schlachthofassistenzthierarzt.
— Düren: Schlachthofdirector. — Grätz (Posen): Schlachtbof-
Inspector. — Graudenz: Assistenzthierarzt am Schlachthof. —
Halle: 2 Assistenzthierärzte. — Hamburg: Polizeithierarzt — Köln:
Schlachthofthierarzt. — Königsberg (Ostp.): Schlachthofthierarzt zum
1. Oct.er. — Ottweiler (Bez. Trier): Schlachthausverwalter. —
Punitz i. Pos.: Thierarzt für Schlachtviehbeschau (1200 M.;
ausserdem Praxis.) Bewerbungen an den Magistrat. — Rackwitz
i. P.: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischschau. — Salz¬
wedel: Schlachthof - Vorsteher. — Trier: Hilfsthierarzt am
Schlachthof sofort bezw. bis 1. Dezember er. (2100 M., vierteljähr.
Kündigung; Verpflichtung zu 1 jähr. Dienstzeit.) Bewerbungen bis
25. Oct. er. an den Oberbürgermeister. Wanne: Schlachthofvorsteher.
— Wamsdorf. — Wolkenstein: Scblachthofthierarzt — Woll¬
stein (Posen): Schlachthofinspector zum 1. October er.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neustadt).
— Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl.
— Lamspringe. — Lande^k (Westpr.). —Lasdehnen (Kr. Pill-
kallen). — Murrhardt. — Schönbaura (Danzig). — Soldau (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. —
Mengeringhausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schles.).
— Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.).
— Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze (Mecklb.).
— Wadern (Bez. Trier): Thierarzt zum 19. November er. (Fixum
600 M. und 280 M. für Ueberwachung der Märkte.) Bewerbungen
bis 10. November an den Bürgermeister.
Besetzt: Kreisthierarztstelle in Gross-Strelitz.
Verantwortlich für den Inhalt (excl. Inserat onthell): Prof. Dr. Schmalt7 in Borlin. — Verlag und Klgenthum von Richard Schootz in Berlin. — Druck von W. BOscustein, Berlin
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Die „Berliner Thlerärxtllche Wochenschrift“ erscheint Orlglnelbeltrlge werden mit GO Mk. für den Bogen honorirt.
wöchentlich ln Stärke von mindestens l 1 /,Bogen. Dieselbe Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬
ist zu beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1088) ”■ Q fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmalta,
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard a I — __ Berlin thiertrztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Schootz, Berlin NW., Luisenstrasse S6, zum Preise von I m m M I I ■ I M k Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da-
Mk. 5,— pro Vierteljahr. B W \ J M ■ ■ I I U gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz- Berlin.
Verantwortlicher Redacteur.
De Bruln Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZOndel
Professor Oberthierarzt Departements!hicrarzt Kreisthierarzt Dopartementsthierarzt Veterinirassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthierarzt
Utrecht. Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag: von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900.
M 44 .
Ausgegeben am 1. November.
Inhalt: Hoffmann: Die Hypnose bei den Thieren. — Referate: Vcnnerhohn und Bayer: Ncurectomic gegen Spatlahnihcit. —
Bouchct: Behandlung des Icterus und der acuten l'ebennüdung des Hundes. — Näf: Entcrotomic beim Hunde. — Borella:
Feber die Anwendung des MallcYns zur Diagnose der Rotzkrankheit. — Marx: Zur Theorie der Pasteurschen Schutzimpfung
gegen Tollwuth. — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Ellingcr: Ein bemerken»werther Vorgang auf dem Gebiete
der landwirtschaftlichen Thierzucht. — Wünsche bezüglich unserer künftigen Fleischbeschau. — Protocoll der General¬
versammlung des tierärztlichen Vereins für die Reg.-Bez. Stettin und Stralsund vom 24. Juni 1900. — Verschiedenes. —
Staatsveteri.närwesen. — Fleischschau und Viehhandel. — BUcheranzeigen und Kritiken. — Personalien. —
Vacanzen.
Die Hypnose bei den Thieren.
Von
Prof. L HofTmann.
Die Erscheinungen der geheimnisvollen Kräfte der Seele,
die bei aufgehobenem Bewusstsein bei dem Menschen za be¬
obachten sind, die Träume, der Nachtwandel, der magne- I
tische Schlaf und die Be¬
herrschung des Mediums
durch den Magnetiseur,
die kannte man wohl seit den
ältesten Zeiten auch bei den
Thieren, aber die früher da¬
mit angestellten Experimente,
wie sie etwa Hansen und
Bollert und A. vorgeführt
haben, dienten mehr dazu, die
Schaulust zu befriedigen, oder
sie wurden Leichtgläubigen
gegenüber ansgeführt, um sie
auszubeuten, wie dies z.B. von
Cagliostro und Anderen,
auch von Messmer mit
seinem thierischen Magnetis¬
mus nicht ganz einwandsfrei
zu Heilzwecken, geschehen ist.
Auch der B a 11 a s a’sche Huf be-
schlag ist ganz auf Messmer’s Fig. 1.
Theorie begründet.
Eine wissenschaftliche Erklärung dieser Erscheinungen
wurde erst in neuester Zeit möglich durch die Fortschritte der
Technik, durch das Microscop, die Anwendung der Elektricität
und durch antiseptische Operationen, durch welche es den
Physiologen gelungen ist, das Centralnervensystem des
Gehirns zu durchforschen und die Art und Weise seiner
Leistungen festzustellen.
Wie man einem an der Hand der Autorität mit verbundenen
Augen Wandelnden plötzlich, in ihm fremder Umgebung, das
Licht geben kann, so dass er erstaunt eine neue Welt erblickt,
so haben die Experimente der Berliner Physiologen Fritsch
und Hitzig, sowie nachher die anderer Gelehrter, Ferrier’s,
Goltz’, Munk’s und Anderer für die wissenschaftliche Erklärung
des Geschehens der Gehirn-
fnnctionen gewirkt; den
Physiologen folgten die
Psychiatriker auf dem
Fusse, und die Juristen
wandeln etwas schwerfällig
hinterher dieselben Bahnen.
Die frühere Annahme von
einer Seeleneinheit ist
hierdurch gründlich gestört
worden, und es ist er¬
wiesen, dass ein Th eil
von Gehirnfunctionen
ausfallen kann, dass aber
das Individuum doch noch
ganz regelrecht zu er¬
scheinen vermag, solange
nicht gerade diejenigen
Leistungen verlangt werden,
deren Centrum zerstört ist.
Aehnlich wie an einer
Spieldose, an der ein
Zahn ausgebrochen ist, wodurch dann jedesmal ein Ton
ausfällt, so ist die Thätigkeit des theilweise gestörten Central¬
nervensystems zu erklären.
Mit diesen physiologischen Erkenntnissen wären aber noch
nicht die gesammtenErscheinungen des Wunders, besonders
die der Krankenheilungen — durch Händeauflegen und
Gebet — zu erklären gewesen, sondern es musste noch die Er-
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518
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT
No. 4L
kenntni8S des Wesens der Massage als hauptsächlichste
Wirkung des peripheren Nervensystems hinzutreten.
Versuchen wir diese Vorgänge kurz zu definiren:
Thierischer Magnetismus nach Messmer oder Heil¬
wirkung durch Händeauflegen und Gebet besteht aus:
1. Hypnose, 2. Suggestion und 3. Massage.
Die Hypnose ist Ein¬
schläferung des Bewusstseins
einer ziemlich willenlosen, R '
schwächlichen Person.
Die Suggestion ist ein
Befehl an die im hypnotischen
Schlafe sichbeiindendePerson,
die gewöhnlich das Befohlene
befolgt wie ein Traumwandler.
Die Massage besteht
in Drücken, Streichen etc.,
wodurch gewisse schmerz¬
hafte Zustände sehr rasch
zum Verschwinden gebracht
werden können.
Die systematische An¬
wendung der Hypnose
undSuggestion,sowie der
Massage ist in der Me- _
dicin und Thiermedicin Fig. 3.
Gemeingut geworden und,
um eine Probe von der Wirkung der H y p n o s e an denThieren zu
geben, haben wir zu den Abbildungen folgende Erklärung zu geben:
Figur I. Ein alter sehr kräftiger Zuchthahn, ausserordent¬
lich lebhaft, der sehr viel kräht und nach seinen Hühnern lockt
von der Plymouth-Rokrasse, wurde für das Experiment gewählt.
Derselbe wird auf einem festgestellten eisernen
Tischchen mit Glasplatte durch den Hypnotiseur
derart niedergehalten und festgedrückt, dass
die Beine des Hahnes am Leibe unterge¬
schlagen und die Flügel an den Körper fest¬
gedrückt sind. Kopf und Hals sind gerade
nach vorne gezogen und auf die Tischplatte
niedergedrückt. Bei dieser Lagerung muss
das Thier ganz bequem liegen und es muss
namentlich das Athmen und der Blutlauf
gänzlich ungehindert vor sich gehen können,
es müssen aber die Hände des Hypnotiseurs
so anliegen, dass sie bei den mehrmaligen
heftigen Versuchen des Thieres, sich zu be¬
freien, jedes Losewerden eines Körpertheiles:
Kopf, Fiisse oder Flügel verhindern, und der
Leib des Vogels muss von den Fingern wie
von Spangen umfasst sein. Dabei dürfen aber
die Hände nicht drücken sondern nur parat
sein gegen etwaiges Sträuben. Vollkommene Fig.
Ruhe der Umgebung begünstigt den Erfolg.
Nach drei bis sieben Minuten Festhaltens ist der Hahn voll¬
kommen ruhig und widerstandslos geworden und, dass er bei
offenen Augen in Tiefschlaf versunken ist, zeigt sein deutlich
hörbares Schnarchen. Puls, Athmen und Temperatur lassen
keine Abweichungen erkennen.
Fig. H. Der Hypnotiseur löst ganz leise und ohne im
mindesten eine stossende oder ruckartige Bewegung zu erzeugen
seine Hände von dem Hahn, der nun im Tiefschlafe wie todt
da liegt. Wenn nun mit der nöthigen Vorsicht irgend ein
Körpertheil gefasst und hoch gehoben und wieder losgelassen wird,
so sinkt dieser Theil wie an einem leblosen Körper zurück, ja
man kann nun mit dem hypnotisirten Thiere die merkwürdigsten
Experimente ausführen, ohne dass es erwacht, wie die
weiteren Figuren beweisen.
Fig. IH. Der Hypno¬
tiseur fasst ganz vorsichtig,
am besten mit Daumen und
zwei Fingern, den Hahn an
einem Fusse oberhalb der
j r . Zehen und zieht den Fuss
allmählich in Streckstellung:
/ K.JI nach und nach wird der
Körper desselben so hochge¬
hoben, bis der ganze Vogel
endlich frei schwebt und
dabei mit dem Kopfe abwärts
baumelt, ja man kann
jetzt mit demselben einige
Schwingungen ausführen,
ohne dass er erwacht. Grosse
Vorsicht erfordert aber dann
das Niederlcgen, es muss
Fig. 4. zuerst der Kopf dann der
Hals und nach und nach der
übrige Theil so auf die Unterlage gebracht werden, dass der
Vogel ohne Erschütterung weiter schlafen kann.
Fig. IV. Der Hypnotisirende fasst den Hahn an einem
Flügel und hebt ihn hoch. In der Abbildung kommt der Tief¬
schlaf des Vogels sehr characteristisch zum Ausdruck. Der
hypnotisirte Hahn verhält sich ganz wie ein
frischgeschlachteter Vogel. Das Nieder¬
legen muss auch hier sehr vorsichtig ausge¬
führt werden.
Ebenso kann der am Kopfe, Kamm und
dem Bart von hinten her gefasste Vogel
frei hochgehoben werden und bleibt in dieser
Situation eines Gehängten im Tiefschlafe.
Da aber bei dieser Art Hochhaltung un¬
vermeidlich ist, dass durch den Zug des
schweren Körpers die zum Kopfe führenden
Blutgefässe ziemlich stark gedrückt werden, so
erfolgt nach einiger Zeit eine convulsiviscbe
Flügelbewegung und, wenn jetzt nicht eine
rasche Niederlegnng erfolgt, so kann auch ein
Erwachen eintreten, was aber nur auf Wunsch
des Hypnotiseurs zu erfolgen hat.
Fig. V zeigt den aus der Hypnose er¬
wachenden Hahn. Das Erwecken gelingt in
•7. der Regel ziemlich leicht dadurch, dass man
den Vogel an seinem Kopfe anbläst oder
ihn dort mit kaltem Wasser bespritzt. Oefters erfolgt das
Erwachen allmählich, wie auch in der Abbildung der halb¬
wache Hahn noch eine ruhige, halbhockende Stellung ein¬
nimmt, manchesmal aber erfolgt es auch plötzlich und der Emst
der Zuschauer, die durch das Experiment selbst zum Theil
hypnotisirt werden, löst sich jedes Mal in schallende
Heiterkeit auf, wenn der Hahn, der nach länger dauernder
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1. November 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
519
Hypnose das Bewusstsein wieder bekommt, mit höchst ver¬
wundertem Gesichtsausdruck seine Umgebung betrachtet.
Meistens suchen dann die Thiere zu fliehen, aber es kommt
auch vor, dass sich einzelne sofort hoch aufrichten, mit den
Flügeln schlagen und mächtig krähen. Sobald die hypnotisirt
gewesenen Hähne wieder in ihre gewohnte Behausung zurück¬
gebracht sind, so krähen sie regelmässig längere Zeit sehr viel.
Ein Nachtheil für die Thiere ist durch das Experiment nicht
vorhanden.
Referate«
Nenrectomie gegen Spatlahmheit.
Von J. Venncrholm und Prof. Dr. Bayer.
Zeitschrift für Thlemiediclo 1900, Heft 5.
Die von Bosi-Bologna im Jahr 1898 eingeführte Behandlung
der Spatlahmheit mittels gleichzeitiger Nenrectomie der Nn.
tibialis und peroneus findet jetzt vielfache Nachahmung.
Vennerholm giebt deshalb eine ausführliche Behandlung
der topographischen Anatomie der Operationsstellen und des
Verfahrens und weist auf die Schwierigkeiten beim Aufsuchen
der beiden Nerven und auf die möglichen Complicationen bei der
Operation hin.
Gewöhnlich heilt der Tibialisschnitt per primam, der
Peroneusschnitt hat dagegen meist eine stärkere Reaction zur
Folge. Bei normalem Verlauf der Wundheilung kann das Pferd
nach 3 Wochen wieder bewegt werden; werden die Wunden
inficirt, so können bis zur Heilung 4—6 Wochen vergehen.
Als mögliche Folge der Neurectomie ist zu erwähnen die
Exungulation. Dieselbe soll dem Referat nach nicht im un¬
mittelbaren Zusammenhänge mit der Operation stehen und nicht
von vasomotorischen oder trophischen Störungen in der Huf¬
lederhaut abhängen, sondern bei Infection der Wunde oder
später hinzutreten. Es ist weiter bei einem bedeutenden
Procentsatz der operirten Pferde eine geringere Festigkeit
in der betreffenden Gliedmasse beobachtet worden. Manchmal
entsteht nach der Operation Hahnentrittbewegung.
Amputationsneurome, welche Lahmheit verursachen
und zu einer erneuten Operation zwingen, sind ebenfalls be¬
obachtet worden. V. theilt 24 Fälle mit, welche vom De-
cember 1898 bis 20. März 1900 in der Klinik zu Stockholm
behandelt worden sind, und knüpft daran die Bemerkung, dass
die erworbenen Erfahrungen zu weitern Versuchen auffordern.
Ein zuverlässiges Urtheil über den Werth der Operation könne
zunächst noch nicht abgegeben werden.
Bayer berichtet in derselben Zeitschrift über 45 Doppel-
neurectomien wegen Spat. Das Resultat war bei 28 Pferden
sehr gut, eines dieser Pferde schuhte nach 5 Monaten aus,
vermuthlich in Folge eines schlechtgerichteten Eisens. 12 Pferde
wurden mit gutem Erfolg operirt, d. h. sie waren zur Arbeit
brauchbar, aber der Gang liess zu wünschen übrig. Bei
drei Pferden entwickelte sich Zuckfuss. Bei einem Pferde
trat keine Besserung ein, weil die Lahmheit nach der Section
auf eine ausgebreitete Usur der Kniegelenkknorpel zurück¬
zuführen war.
In_3 Fällen glückte eine Heilung per primam an beiden
Operationsstellen, im Uebrigen nur am Nerv, tibialis.
In der Zahl der operirten Pferde sind 13 Pferde einer
Transportfirma inbegriffen, die völlig dienstunbrauchbar waren
und durch die Operation wieder arbeitsfähig gemacht wurden.
Nur bei 3 Pferden entwickelten sich Folgeleiden, welche eine
Ausmusterung der Thiere nothwendig machte.
B. hat demnach mit der Doppelneurectomie bei Spat ganz
zufriedenstellende Resultate gehabt. Die Heilung beanspruchte
nicht längere Zeit als Brennen und Blästern.
Behandlung des Icterus und der acuten Uebermüdung
des Hundes.
Von Bouchet-Creil.
(Soci6t6 ceutrale de m6d. vöt6rlnalre, 80. Juli 1900.)
Ref. Prof. Nocard.
B. erinnert zunächst an die Gefährlichkeit des Icterus beim
Hunde; auf 60Patienten, die er von 1896 zu behandeln Gelegen¬
heit hatte, konnte er nur zwei retten. Er hat sämmtliche Opfer
obducirt und bei zwei Dritteln der Fälle hat er keine entzünd¬
liche Erscheinungen auf der Schleimhaut des Magens, des
Duodenum und des Ductus choledoclms wahrgenommen. Selbst
wenn der Zwölffingerdarm heftig entzündet war, ist der Gallen¬
gang frei gewesen; beim geringsten Druck auf die Gallenblase
entleerte sich deren Inhalt in den Darm. Die Theorie, wonach
der Icterus der Verstopfung des Choledochus zuzuschreiben ist,
wäre hiernach nicht begründet. Für B. beruht die Ursache des
Icterus des Hundes, den er dem Icterus gravis des Menschen
an die Seite stellt, in einer coli-bacillären Infection. Er
erinnert zur Begründung seiner Ansicht an das von Bose
und Nedel ausgeführte Experiment, wobei die Iiyection einer
reinen Cultur von Bacterium coli Stumpfsinnigkeit, inter-
mittirenden Puls, Diarrhoe, dann Collapsus und Tod zur Folge
hat, Erscheinungen, die sich alle beim Hundeicterus wieder¬
finden. B. erinnert sodann an die Beobachtungen und Versuche
von Chanssart, Hanot, Gilbert, Girode, Dominici,
Fournier, Chärrin, Roger etc., welche bewiesen, dass die
Colibacillen die häufigsten Parasiten der Gallenwege sind und
dass sie die wichtigste Rolle in den von der Leber ausgehenden
Infectionen und Intoxicationen spielen. B. selbst hat die grosse
Frequenz und die Häufigkeit des Bacterium coli in der Galle
und in der Leberpulpa der von ihm secirten icterischen Hunde
festgestellt.
Hiervon ausgehend hat B. versucht, den Icterus des Hundes
durch „Waschungen des Blutes“ zu behandeln und nimmt er zu
diesem Zweck, intravenös, intraperitoneal, hauptsächlich aber
subcutan starke, lauwarme Inj ectionen vor einer 7%o wässerigen
Kochsalzlösung, welcher er pro Liter 2 g Casein und Natrium
benzo'fceum zusetzt. Pro Kilogramm Körpergewicht werden
20 bis 30 der Lösung injicirt; Injectionen werden täglich (ein-
oder zwei Mal) wiederholt bis zur Heilung.
B. hat schöne Erfolge erzielt; auf 17 an Icterus erkrankte,
erwachsene Hunde sind in Folge dieser Behandlung 14 geheilt
worden. Von den drei eingegangenen Hunden ist der eine
bereits in der Agonie gewesen, als er behandelt wurde;
der zweite litt an interstitieller Nephritis, so dass die Niere,
was für die Behandlung hauptsächlich ist, nicht zur Aus¬
scheidung dienen konnte; beim dritten war die Leber durch
den bei der intraperitonealen Injection benutzten Troicar verletzt
worden.
Bei jungen Hunden, bei welchen der Icterus als Begleit¬
erscheinung der Staupe auftrat, war der Erfolg der Blutwaschung
gering. Von acht behandelten Thieren verendeten sieben. B.
glaubt, dass die ungenügende Resistenziähigkeit der jungen
Thiere daran Schuld ist, Nocard glaubt eher, dass die Misch-
infection eher zu beschuldigen ist.
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620
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 44.
Die acute Uebermiidung der Jagdhunde ist von B. in gleicher
Weise behandelt worden; von 15 schwer erkrankten Hunden ist
nur einer verendet. Z.
Enterotomie beim Hunde.
Von Thierarzt Näf in Hausen.
(Schwelt. Arch. f. Th., XLH, 4. H.)
Ein junger Jagdhund hat eine Glaskugel von 3 cm Durch¬
messer verschluckt. Drei Wochen später Erkrankung; heftiges
Erbrechen selbst bei geringer Wasseraufnahme regelmässig,
kein Kothabsatz trotz Drängen.
Patient wird tief narcotisirt; 17 cm hinter Sternum, 2 i /j cm
links von der Linia alba laparotomirt. Nach Herausnahme der
Kugel Darm durch Lambert’sclie Nath geschlossen. Muskel¬
wunde mit Catgut, Haut mit Seide genäht. Innerlich Opium.
Heilung per primum ohne Störung. Nevermann.
Ueber die Anwendung des Malleins zur Diagnose der
Rotzkrankheit.
Von Dr. Borella Alete.
(Clinica vot. 1900, H. 10.)
Bei der Obduction eines an Kolik eingegangenen Pferdes
wurden krankhafte Veränderungen ermittelt, welche mit den
pathologischen Producten der Rotzkrankheit Aehnlichkeit hatten.
Prof. Piana, dem kranke Organtheilchen zugesandt wurden, be¬
stätigte die rotzige Natur der Veränderungen.
Hiernach wurden 9 Pferde, welche mit dem rotzkranken
50 Tage in einem Stalle gestanden hatten, zur Tödtung
bestimmt. Verf. beschloss nun diese Pferde zuvor der Mallei'n-
probe zu unterwerfen und hatte bei dem Versuche nachstehendes
Resultat:
Pferd
No.
Mittlere
Temperatur in den
beiden letzten
Tagen vor der
Impfung
Höchste
Temperatur
20 Stunden nach
der Injection
Differenz
zwischen den
beiden
vorangehenden
Temperaturen
1
37,1
38,4
1,3
2
38,5
39,1
0,6
3
37,1
38,9
1,8
4
37,6
39,0
1,4
5
37,6
39,2
1,6
6
37,4
40,0
2,6
7
37,3
39,3
2,0
8
37,5
39,8
2,3
9
37,1
38,5
1,4
Nach diesem Ergebniss erklärte Verf. die Pferde 6, 7, 8
für rotzkrank, 3 und 5 für stark verdächtig, 1, 4, 9 für ver¬
dächtig und Pferd No. 2 als unverdächtig. Das letztere wurde
ausserhalb geschlachtet und gesund befunden. Von den übrigen
im Schlachthause von Mantua geschlachteten Pferden zeigte
nur eines (No. 7) rotzige Veränderungen (Lungenrotz), die
andern Pferde wiesen keine Spur der Krankheit auf.
Mithin erwies sich das Mallein in diesem Falle als ein sehr
unsicheres Mittel zur Feststellung der Rotzkrankheit.
Zur Theorie der Pasteur’schen Schutzimpfung
gegen Tollwnth.
Von Stabsarzt Dr. Marx.
(Dtach. Medicln. Wochenschrift, XXVI. Jahrgang, Heft 29.)
Das bei der Pasteur’schen Schutzimpfung gegen Tollwuth
benutzte sogenannte Virus fixe wird gewonnen durch sub¬
durale Infection von Kaninchen mit dem Gehirn eines an Strassen-
wuth verendeten Hundes und Fortimpfung von Kaninchen auf
Kaninchen oder, nach dem Vorgänge von Babes, von Kaninchen
auf Meerschweinchen, dann wieder auf Kaninchen u. s. w. bis
zu mehreren hundert Passagen. Das Wesentliche der Technik
der Pasteur'schen Schutzimpfung besteht in der Injection von
mehrere Tage hindurch getrocknetem und dadurch ganz oder
fast avirulent gewordenem Mark von an Virus fixe zu Grunde
gegangenen Kaninchen und im allmählichen Uebergeheu zu
frischerem d. h. virulenterem Mark.
Diesem Pasteur’schen Trocknungsverfahren zur
Seite steht die Dilutionsmethode von Högyes. Högyes
erziehlt die von Pasteur durch Trocknung bewirkte Keim-
verminderung durch entsprechende Verdünnung des frischen
Marks und allmähliches Uebergehen im Verlaufe der Immunisirung
zu stärkeren Concentrationen. (Dilutionen von 1: 10000 bis
höchstens 1: 100, meist zwischen 1: 5000 bis 1: 1000). Beide
Methoden, das Pasteur’sche Trocknungsverfahren sowie die
Dilutionsmethode, sind ohne Differenz in den Resultaten mit
bestem Erfolge angewandt worden.
Die durch die Impfung erzielte Immunität ist eine aus¬
schliesslich active. Direct schützende Stoffe wohnen dem Mark
nicht inne, im Gegentheil ist in dem Gehirn von an Virus fixe
verendeten Thieren freies Gift, das nicht an den Wuthmicrobeu
gebunden ist, nachgewiesen worden, und Gehirnemulsionen solcher
Thiere zeigen nach Elimination der Microben durch Filtration
tödtliche Wirkung. Der schlagendste Beweis für die rein active
Immunität ist der Erfolg der Dilutionsmethode von Högyes,
bei welcher in Folge der starken Verdünnung die Menge von
primären Schutzstoffen eine so minimale ist, dass selbst, wenn
Spuren solcher fertigen Schutzstoffe im Mark vorhanden wären,
sie bei dieser Methode nicht zur Geltung kommen könnten.
Das Zustandekommen dieser Immunität erklärt Högyes in
der Weise, dass das allmähliche Zuführen des Toxins des Virus
fixe die Nervenzellen des Centralnervensystems an Lyssatoxin
gewöhnt, mit diesem imprägnirt und sie gegen später von der
Bissstelle aus eindringende Lyssamicroben lyssatoxinfest macht.
Wäre obige Theorie richtig, so bliebe unaufgeklärt, weshalb
nicht auch mit Strassenwuth nach der Pasteur’schen Methode
erfolgreich immunisirt werden könnte. Handelte es sich ferner
um eine allmähliche Gewöhnung der Nervenzellen, so wäre kein
Grund vorhanden, weshalb bei Ueberschwemmung des Körpers
mit grösseren Menpen frischen virulenten Virus Erkrankung in
Folge der Schutzimpfung ausbleibt.
Das Zustandekommen der Immunität scheint doch complicirter
zu sein und wird von Marx in folgender Weise gedeutet: Die
durch das langsame Wandern des Microben zum Centralnerven¬
system bedingte lange Incubationszeit der Wuth beim Menschen
lehrt, dass der primäre Wutherreger, der Erreger der Strassen¬
wuth, den keimvernichtenden Kräften des menschlichen Organis¬
mus gegenüber recht resistent ist. Diese Resistenz geht nun
durch die Kaninchenpassagen, die aus ihm den Microben des
Virus fixe machen, verloren. In Folge dieser herabgesetzten
Resistenz wird das lebende, aber durch die Kaninchenpassagen
modificirte Wuthvirus, ehe es das Centralnervensystem erreichen
kann, abgetödtet. Der nun frei werdende Inhalt der abgetödteten
und der Auflösung verfallenden Wuthmicroben übt den noth-
wendigen, die Immunität hervorrufenden Reiz auf die Organe
aus, welche dazu berufen sind, die specifischen Antikörper der
Lyssa zu produciren.
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1. November 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
521
Die Immunität würde somit in ähnlicher Weise zu Stande
kommen wie nach Schutzimpfungen mit abgetödteten Typhus-,
Cholera- oder Pestbacterien, nur dass mau bei der Wnth nicht
im Stande ist, die Abtödtung des lebenden Virus in vitro vor¬
zunehmen, ohne auch zugleich die immunisirenden Substanzen
zu vernichten. Diese Arbeit des Abtödtens kann in der er¬
forderlichen schonenden Weise hier nur der Organismus selbst
leisten. Ferner wird wohl gleichzeitig mit dem an den lebenden
Microben gebundenen Gift freies Toxin in ganz beschränktem
Masse gegeben, welches jedoch bei der so erheblichen Ver¬
dünnung des Markes, ganz besonders bei der Dilutionsmethode,
an dem Zustandekommen der Immunität keinen erheblichen An-
theil heben kann.
Je grösser die Menge des freigewordenen Giftes, desto höher
der Grad der erworbenen Immunität, und diese wird um so
früher nach der Behandlung den Höhepunkt erreicht haben, je
früher der Organismus mit grossen Mengen Microben, d. h. mit
frischerem Mark überschwemmt worden ist. Dr. Jess.
Kleine Mittheilnngen.
Thrombose der Achselarterie.
Rossarzt Wo 11 mann macht in der Ztschr. f. Vet. folgende
Mittheilung. Ein neunjähriges Pferd zeigte im Stande der Ruhe
nichts besonderes und auch beim Gehen im Schritt und Trab
keine Bewegungsstörungen. Sobald das Thier aber eine Viertel¬
stunde im Trab gefahren war, fing es an, mit dem rechten
Vorderfuss zu straucheln, konnte die betr. Gliedmasse schliess¬
lich nicht mehr in die Höhe heben und schleppte dieselbe mit
der Zehe auf dem Boden, sodass es zu stürzen drohte.
Der ganze Körper war mit Schweiss bedeckt, die rechte
Schulterpartie bis zur Mitte des Unterarms dagegen fast
gänzlich trocken. Die Athmung war dabei sehr beschleunigt.
Die Unterai mstrecker zeigten eine eigenartige zitternde Be¬
wegung. Die Pulsation der Fussarterie war nur schwach. Nach
10 Minuten Ruhe verschwanden diese Erscheinungen, doch blieb
eine gewisse Schwäche zurück. Da sich bei der Bewegung
immer derselbe Befund ergab, so war die Diagnose: Thrombose
der Achselarterie nicht zweifelhaft. Der Besitzer wünschte
einen Versuch zur Behandlung. Das Pferd wurde täglich zwei¬
mal mässig bewegt und im Trinkwasser Jodkali verabreicht.
Nach 14 Tagen ergab sich bei einer Untersuchung, dass das
Thier auf beiden Augen erblindet war. Die lichtbrechenden
Medien waren völlig durchsichtig. Entzündliche Erscheinungen
bestanden nicht. Auch die Bewegungsstörung hatte sich so
verschlimmert, dass das Pferd, welches jetzt getödtet werden
werden sollte, kaum noch zur Schlachtstätte geführt werden
konnte. Bei der Section fand sich in der rechten Achselarterie
ein 17 cm langer Thrombus, der bis in die Arteria brachialis
reichte und deutlich geschichtet war. In dem gemeinschaft¬
lichen Stamm der Kopfarterien war kurz vor der Theilungs-
steile ein grauer Fleck in der Intima zu finden ohne einen
Thrombus. Die Ursache der plötzlichen Erblindung wurde nicht
aufgeklärt.
Leberzerreiuung durch amylolde Degeneration.
Rossarzt Kröning schreibt in der Ztschr. f. Vet. März 1900:
Bei einem Pferde, welches schon seit 10 Jahren bei demselben
Besitzer war, wurde seit drei Monaten eine allgemeine Gesund¬
heitsstörung, Trägheit, Abmagerung und Appetitmangel be¬
obachtet. Das Thier war 16 Jahre alt. Das Gehen fiel ihm
schwer. Die äussere Untersuchung der inneren Organe ergab
keine locale Veränderung. Der Gesammteindruck war jedoch
der der Cachexie in Folge innerer Blutung. Das Pferd erholte
sich etwas unter entsprechender Diät, bis es eines Tages in
Folge eines Seitensprunges plötzlich in die Kniee stürzte und ver¬
endete. Bei der Obduction fand man einen Bluterguss von 10
bis 12 Ltr. in die Bauchhöhle, welcher aus der Leber stammte,
die einen 6 cm langen Riss hatte. Die Leber war 10,5 kg
schwer, teigig, hell graubraun und ausgeblutet. Die Schnitt¬
fläche zeigte ein marmorirtes, speckig glänzendes Aussehen und
theilweise bröckelige Beschaffenheit. Die Untersuchung ergab
amyloide Degeneration.
Tagesgeschichte.
Ein bemerkenswerther Vorgang auf dem Gebiete der
landwirtschaftlichen Thierzucht.
Besprochen von
Dr. Ellinger-Dermbach,
Gros»h. 8. Zuchtirmpector.
Es ist allgemein bekannt, dass in den letzten zehn Jahren
auf dem Gebiete der landwirthschaftlichen Thierzucht die Mass¬
nahmen, welche der einzelne Züchter zu treffen hat, darin eine
ganz wesentliche Unterstützung erfahren haben, dass eine Ver¬
einigung der einzelnen Züchter zu Züchterverbänden (Zucht¬
genossenschaften, Herdbuch-, Viehzüchtervereinen) für nöthig ge¬
halten wurde-und eingetreten ist. Die Zahl solcher Vereinigungen
schätze ich auf etwa 1000. Diese corporativen Massnahmen
verursachten aber für die Genossenschaftsleitung (Vorstands¬
mitglieder) einen erheblichen Aufwand an Zeit, Kraft und Geld,
den-nicht Jeder bringen wollte und konnte, und so ging man
denn zur Anstellung von Beamten über, welche unter der Be¬
zeichnung von Thierzuclitinspectoren oder ähnlichen Titeln
die Geschäfte zu führen und ihre ganze Zeit und Kraft ihrem
Berufe zu widmen haben.
Während nun in Süddeutschland, unter der Führung unseres
hochverdienten Geh. Ober-Regierungsraths Dr. Lydtin, zunächst
in Baden die Thierzuchtleitung den Thierärzten zugewiesen
wurde, und während auch in Bayern unter Dr. Vogels Leitung
Thierärzte als Zuchtinspectoren herangezogen wurden und auch
in Zukunft herangezogen werden sollen, ist Norddeutschland
diesem Beispiele nicht gefolgt. Die Spalten der B. T. W. er¬
zählen ja genugsam von dem Misstrauen und dem Widerstande,
den norddeutsche Landwirthe der Mitwirkung der Thierärzte in
Thierzuchtangelegenheiten entgegengebracht haben und noch
vielfach entgegenbringen, wenn auch zugegeben werden mag, dass
es einzelnen Thierärzten gelungen ist, sich Anerkennung als
Berather auch auf dem Gebiete der Thierzucht zu verschaffen.
Bei den privaten Vereinigungen bleibt es nun aber nicht mehr.
Es haben sich auch die Staatsregierungen zur erfolgreichen
Durchführung ihrer Bestrebungen auf thierzüchterischem Gebiete
zur Anstellung von Zuchtinspectoren veranlasst gesehen.
„Mit diesem Schritte ist für die Lehrstätten die Aufgabe
erwachsen, Specialisten für diesen nenentstandenen Beruf aus¬
zubilden“, sagt Professor Ramm in der Allgemeinen Central¬
zeitung für Thierzucht 1900, Seite 632.
Und in der That ist bereits in Preussen ein Entwurf zu
einer Prüfungsordnung für Thierzuchtinspectoren vorbereitet
und wird wahrscheinlich dem kgl. preuss. Ministerium für Land¬
wirtschaft etc. zur Genehmigung vorgelegt werden.
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522
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 44.
Dieser Entwurf ist mir durch die Güte des Herrn Director
Frhr. v. d. Goltz in Poppelsdorf-Bonn zugänglich geworden, nnd
es werden hiernach bereits an der landwirthschaftlichen Academie
Prüfungen vorgenommen. Der Entwurf lautet:
Entwurf zu einer Prüfungs - Ordnung für Thierzucht¬
inspectoren.
Studirende, welche sich der Thätigkeit eines Thierzucht¬
inspectors oder Wanderlehrers für Thierzucht widmen wollen, können
zu einer besonderen Prüfung in thierzüchterischen Fächern zuge¬
lassen werden.
Diese Prüfung hat den Charakter einer Zusatzprüfung zu der
Abgangsprüfung für Landwirthe oder zu der Prüfung für Lehrer
der Landwirtschaft an Landwirthschaftsschulen. Zu ihr können
daher nur solche Candidaten zugelassen werden, die eine jener
beiden Prüfungen bereits bestanden oder sieh dazu gemeldet haben.
Die Zulassung zu der Prüfung wird von einer genügenden prak¬
tischen Vorbildung des Examinanden abhängig gemacht; über das
Vorhandensein derselben entscheidet in jedem einzelnen Falle die.
Prüfungskommission.
Die Prüfungscommission besteht aus dem Director der Academie
als Vorsitzendem, sowie den Lehrern für Thierzucht, für Thier¬
physiologie und für Veterinärwissenschaft.
Die Prüfung ist lediglich eine mündliche. Sie erstreckt sich auf:
1. Anatomie und Physiologie der Haussäugethiere,
2. Allgemeine Thierzuchtlehre,
3. Besondere Thierzuchtlehre (Pferde-, Rindvieh-, Schweine-,
Schaf-, Ziegen- und Geflügelzucht),
4. Einrichtung von Heerdbiiehern, Zuchtvereinigungen, “Aus-
stellungs- und Prämiirungswcsen,
5. Ansteckende Krankheiten, Krankheiten und Pflege junger
Thicre und Geburtshülfe,
6. Volkswirtschaftliche Aufgaben der Thierzucht.
Die für jedes einzelne Fach zu erteilenden Prödicatc sind
ebenso wie die bei den bereits bestehenden landwirtschaftlichen
Prüfungen abgestuft. Gleich wie bei diesen, so kann auch für die
Prüfung von Thierzueht-Inspcctoren ein Gesammt-Prädicat erteilt
werden.
Das Zeugnis» wird in der Regel als Zusatz dem Zeugnis» des
vorher bestandenen landwirtschaftlichen Examens mit der Bemerkung
beigefügt: „Herr.hat durch das Examen den Nachweis
geliefert, dass er mit den für den Beruf eine» Thierzucht-lnspectors
erforderlichen wissenschaftlichen Grundlagen vertraut ist.“
Bei der Meldung zur Zusatzprüfung sind von dem Examinanden
20 M. an Gebühren zu entrichten.
Die Prüfung für Thierzueht-Inspcctoren wird Bich erstrecken auf:
I. Anatomie und Physiologie der llaus-
säugeth iere:
1. Die Ernährungslehre und die Entwickelung
der Leibesfrucht.
2. Anatomie als Grundlage für da» Ver¬
ständnis» der physiologischen Functionen
der Organsysteme und auch als Grund¬
lage der Bewegungslehre.
3. Physiologie in Beziehung zur Gesundheits¬
pflege und Hygiene.
Literatur.
Wolffs Fütterung der landw. Nutzthicre. (Thaer-Bibliothek.)
Kaiser: Anatomie.
Professor Dr. Hagemann will den Candidaten ein Exemplar
seines demnächst erscheinenden Buches über Anatomie der
llausthiere, soweit es in Reindruck und Correctur vorliegt,
zwecks .Studiums zur Benutzung übergeben.
II. Allgemeine Thierzuchtlehre.
Theorie der Vererbung, Reinzucht,
Kreuzung, Inzucht.
III. Besondere Thierzuchtlehre. Examinator:
(Pferde-, Rindvieh-, Schweine-, Schaf-, Professor Dr."
Ziegen- und Geflügelzucht.) Ramm.
IV. Einrichtung von Herdbüchern, Zucht¬
vereinigungen, Ausstellung»- und Prä-
mirungswesen.
Literatur.
Zu 11. Settegast: Allgemeine Thierzucht.
„ III. Ist in den Vorlesungen im Allgemeinen hinreichend
ausführlich behandelt.
Peter Petersen: Ziegenzucht in Deutschland.
Pribyl’s Geflügelzucht.
„ IV. Martiny: Stammbuchführung aller Länder.
„ Kennzeichnen der Zuchtthiere. (Arbeiten der
deutschen Landw irthsehafts-Gesellschaft.)
Ramm: Rindermerkhuch.
Fischer, Dr. Max: Leitfaden der Thierzuchtlehre.
Müller, Robert: Thierproductionslehre.
V. Ansteckende Krankheiten; Krankheiten i Examinator:
und Pflege junger Thiere, Gebnrtshülfc, 1 Kreisthierarzt
Hufbeschlag, Hufpflege. j Bongartz.
Examinator:
Professor Dr.
llagemann.
Literatur.
Haubner’s Veterinärpolizei.
Beyer: Seuchengesetzgebung.
Harms: Geburtshülfe.
Lungwitz oder Hartmann: Huf beschlaglehre.
Ueber Krankheiten der jüngeren Thiere findet sich das Er¬
forderliche in jedem Lehrbuch der landwirthschaftlichen Thier¬
heilkunde; Haubner, Richter, Zorn, Zipperlein ete.
VI. Volkswirthschaftliche Aufgaben der
Thierzucht:
Stellung und Bedeutung der Viehhaltung in
dem landwirthschaftlichen Betrieb. Bedeutung
der landwirthschaftlichen Viehhaltung für die
Volkswirthschaft. Deutsche Viehstatistik. Ein-
und Ausfuhr von Erzeugnissen der Viehhaltung.
Zölle auf Vieh und thierische Producte. Ge¬
nossenschaftswesen in Anwendung auf die
Viehhaltung. Viehversiehcrungswesen.
Literatur.
von der Goltz: Landwirthschaftliche Betriebslehre.
von der Goltz: Vorlesungen über Agrarwesen und Agrarpolitik.
Interessant ist für uns Thierärzte, dass die Prüfung zum
Thierzuchtinspector nur in Verbindung mit dem Examen
zum Landwirthschaftslehrer oder mit der landwirthschaft¬
lichen AbgangBprüfung abgelegt werden kann. Würde diese Be¬
dingung Norm, dann wäre in Preussen das Zuchtinspectorat
Monopol der Landwirthe und die Thierärzte hätten das Nach¬
sehen. Ich glaube vorläufig nicht, dass die Absicht besteht,
Thierärzte, welche Lust und Liebe und Interesse zur Mitwirkung
in der Thierzucht bekunden, fernzuhalten, meine vielmehr, dass
unsere vorhandenen Interessen nur bekundet werden müssen.
Doch dazu ist es höchste Zeit. Es gilt zu handeln!
Ich bemerke noch, dass auch in Leipzig dasselbe der
Fall ist.
Die Bestimmungen der Erweiterungsprüfung zu I und II daselbst
lauten:
§ 1. Die I. landwirthschaftliche Staats- und die II. landwirth¬
schaftliche Diplom-Prüfung können durch die Prüfung, Betreffend
„Befähigungsnachweis für die Thätigkeit als Zuchtinspector
(Wanderlehrer für Thierzueht)“
ergänzt werden.
§ 2. Die Prüfung ist mündlich und erstreckt sich auf
1. die allgemeine Thierzuchtlehre (eingehend zu behandeln).
2. die besondere Thierzuchtlehre, namentlich auf das speeielle
Züchtungsverfahren, auf Rassekenntniss, Heerdbuchführung,
Prämiirungs- und Körungswesen und Methodik in der
Förderung der Züchtung,
3. das allgemeine Veterinärwesen, namentlich auf die haupt¬
sächlichsten Seuchen und Heerdekrankheiten.
§ 3. Für jedes Fach w ird eine besondere Censur ertheilt. Die
Abstufung der Censuren ist dieselbe wie bei der Diplomprüfung.
§ 4. Das dem Examinanden zu ertheilcnde Zeugniss wird von
dem Vorsitzenden und einem zweiten Mitgliede der Prüfungs¬
kommission unterzeichnet.
§ 5. An Gebühren sind 30 M. zu entrichten.
Wünsche bezüglich unserer künftigen Fleischbeschau.
Herr Oberthierarzt Ktihnau - Hamburg, hat in seinen be¬
züglichen Ausführungen in No 39 der B. T. W. den § 5 des
ReichBfleischBchangesetzes vom 3. Juni 1900 so gedeutet, als
ob die approbirten Thierärzte zur Ausübung der Fleischschan
vorerst noch speeielle Fachkenntnisse erwerben müssten.
§ 5 Abs. 3 lautet wörtlich:
„Zn Beschauern sind approbirte Thierärzte oder andere
Personen, die genügende Kenntnisse nachgewiesen haben, zu
bestellen.“
§ 22 lautet:
„Der Bundesrath ist ermächtigt:
1. Vorschriften über den Nachweis genügender Kenntnisse
der Fleischbeschauer zu erlassen.“
Nach meinem Dafürhalten ist nur eine Auslegung der
beiden Paragraphen zulässig, nämlich die, dass der Nachsatz,
„die genügende Kenntnisse nachgewiesen haben“, bloss auf
Examinator:
Geh. Reg.-Rath
Professor Dr.
Frhr. von der
Goltz.
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1. November 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
523
„Personen“, also die Laienfleischbeschauer zu beziehen ist; be¬
stärkt wird diese meine Auffassung dadurch, dass in § 5 den
„Thierärzten“ das Prädikat „approbirte“ ausdrücklich und meiner
Ansicht nach absichtlich beigelegt ist. Hier steht „approbirte“
gewissennassen dem Nachsatz „die genügende Kenntnisse
nachgewiesen haben“, gegenüber.
§ 22 ist ein Folgeparagraph zu § 5 und mithin, wie die
völlig übereinstimmende Ansdrucksweise beweist, nur auf die
Laienfleischbeschauer zu beziehen.
Die Fassung des Gesetzes lässt daher nicht ohne Weiteres
den Schluss zu, dass die „approbirten Thierarzte“, falls ihnen
die Functionen eines beamteten Fleischbeschauers übertragen
werden sollen, vorerst genügende Specialkenntnisse in der
Fleischschau nachweisen müssen.
Immerhin müssen wir practischen Thierärzte auch die ver-
liängnissvolle Auslegung des Herrn Oberthierarzt Kühn au im
Auge behalten und, wie ein Mann, gegen die Möglichkeit einer
erneuten Schmälerung unserer Existenzen energisch Front
machen. Wissen wir denn überhaupt, sobald unsere Approbation
für die Ausübung der Fleischschau nicht genügen sollte, was
man zur Erreichung der Qualification von uns verlangt? Herr
Oberthierarzt Kühn au nimmt die Absolvirung eines mindestens
zweimonatlichen Vorbereitungscursns an einem öffentlichen
Schlachthanse hierzu an. Wer bürgt uns aber dafür, wenn
überhanpt ein nachträglicher Nachweis specieller Kenntnisse
von uns verlangt werden sollte, ob derselbe nicht vor einer
Prüfungscommission erbracht werden muss? Wie kann bei
dieser Ungewissheit der Lage der practische Thierarzt schon
beim Inkrafttreten des Gesetzes gerüstet dastehen?
Das Reichsfleischschaugesetz hat nicht in letzter Linie den
Endzweck verfolgt, auch dem platten Lande die Segnungen der
Hygiene zu Theil werden zu lassen. Ganz anders malt sich
aber hier das Bild für den die Fleischbeschau besorgenden
Thierarzt wie in einer Stadt mit Schlachthaus. In Anatomie
nnd pathologischer Anatomie hat der Thierarzt durch die Fach¬
prüfung genügende Kenntnisse erlangt und in die Praxis häufig
nmgesetzt. Die technischen Einrichtungen eines Schlachthauses
berühren ihn vorerst nicht. Was soll da für denselben ein
mindestens zweimonatlicher Vorbereitungscursus an einem öffent¬
lichen Schlachthause, der höchstens für Collegen, die sich der
Schlachthauspraxis speciell zuwenden, angezeigt ist?
Die NothSchlachtungen vollends sind von der Praxis erst
recht unzertrennlich. Hier ist der practische Thierarzt der
berufene Beurtheiler nnd nicht der Schlachthofthierarzt. Ersterer
hat die Behandlung geleitet, die einzelnen Krankheitsstadien
kennen gelernt, die Nothschlachtung angeordnet und der
Schlachtung selbst in der Regel noch beigewohnt. Letzterer
bekommt meistens gesundes oder höchstens mit chronischen
Krankheiten behaftetes Vieh zur Beurtheilung. Ist hier eine mehr¬
jährige practische Erfahrung nicht weit höher anzuschlagen, als
ein mehrmonatlicher Vorbereitungscursus an einem Schlachthause?
Die Verantwortung für die Beurtheilung eines noth-
geschlachteten Thieres nimmt jeder approbirte Thierarzt mit
seinen ihm zur Verfügung stehenden Kenntnissen voll und ganz
und auch freudig auf sich. Haben denn die mit den approbirten
Thierärzten seither bei Nothschlachtungen gemachten Erfahrungen
Abänderungen nöthig gemacht? Die seltenen Fälle von Fleisch¬
oder Wurstvergiftung, haben sie sich nicht durchweg als Ver¬
gehen gegen das Nahrungsmittelgesetz enthüllt? Ist, wenn
wirklich einmal etwas vorkam, ein ganzer ehrenhafter Stand
für die Fahrlässigkeit eines Einzelnen verantwortlich? Wozu
also dieser in die Existenzen zahlreicher practischen Thierärzte
tiefeingreifende Abänderungsvorschlag?
Weit entfernt davon, jede Autorität der Sanitätsthierärzte
in Fleischbeschaufragen im Allgemeinen zu leugnen, muss es als
eine berechtigte Forderung der practischen Thierärzte betrachtet
werden, dass die Uebergangsbestimmungen des ausführenden
Reichsfleischschaugesetzes die bereits mehrere Jahre in der
Praxis thätig gewesenen Thierärzte in duldsamster Weise
berühren. Den Löwenantheil könnten sonst beim Streite im
Lager die Laienfleischschauer leicht davontragen!
Herrstein, den 13. October 1900. Beckhard,
pract. Thierarzt.
Anmerkung zu obigem Artikel.
Die Auslegung von Gesetzen ist eine eigene Sache,
gemeinhin geben erst die Ausfnhrungs- und Vollzugs Vorschriften
darüber Aufschluss, welche Deutung den einzelnen Gesetzes¬
paragraphen beizumessen ist. Auch beim Reichsfleischschau¬
gesetz dürfte erst die zu erwartende Bnndesraths-Instruction
Aufschluss geben, ob nur die von Herrn Collegen Beckhard
beliebte Auslegung der § 5 nnd § 22 des Gesetzes möglich
war. Mir schien es angebracht, einmal auf die andere Möglichkeit
der Auslegung der fraglichen Paragraphen hiuzuweisen und im
Anschluss daran den Standpunkt, welchen ich bezüglich der
Ausbildung des Fleischschaupersonals einnehme und der, wie
ich glaube, durch die Macht der Thatsachen genügend erhärtet
ist, zu skizziren. Württemberg, Hessen und Baden fordern
bereits von ihren beamteten Thierärzten den Nachweis einer
mindestens zweimonatlichen practischen Thätigkeit in der
Fleis<jhschan an. einem Schlachthof, und Professor Edelmann
stellt in seinem Congressbericht sogar die Bedingung auf, dass
die jungen Thierärzte mindestens ein Jahr lang in einem
grösseren Schlacht- und Viehhofe mit einer geordneten guten
Fleischschau thätig sein sollten, und sagt weiter, dass bei einer
derartigen Fortbildung allmählich auch die practischen Thierärzte
des flachen Landes allen Ansprüchen gerecht werden können,
welche die fortschreitende Fleischschan-Wissenschaft, sowie
Gemeinde- und Staatsbehörden in wachsendem Masse an die
Thierärzte zu stellen berechtigt sind. Gerade die Stellung,
welche der Thierarzt gegenüber dem Laienfleischschauer hin¬
sichtlich der Beurtheilung des Fleisches der tuberculösen und
der nothgeschlachteten Thiere einnehraen soll, erheischt eine
sorgfältige Durchbildung des die Fleischschau ausübenden
Thierarztes, besonders auch, weil derselbe in vielen Fällen als
Obergutachter hinzngezogen wird. Durchaus soll nicht bestritten
werden, dass diese Durchbildung von dem Thierarzt auch in
der Praxis erworben werden kann und erworben worden ist.
Aber Herr Beckhard rechnet selbst mit einer raehijährigen
Erfahrung, und gerade hierin liegt die Schwäche seiner Beweis¬
führung. Soll derjenige Thierarzt, welcher die Erfahrung nicht
besitzt, ohne Weiteres als wissenschaftlicher Fleischschauer zu¬
gelassen werden? Ich glaube, das dürfte weder dem Consumenten
noch dem Producenten des Fleisches gegenüber zu rechtfertigen
sein. Um die Lücke, welche durch mangelnde Erfahrung gegeben
ist, auszufüllen, ist aber die Thätigkeit an einem grösseren
Schlachthofe während einer Zeit von mindestens zwei Monaten
durchaus geeignet. Darum dürfte den Vorschlägen, welche sich
in dieser Richtung bewegen, ihre Berechtigung nicht abzu¬
sprechen sein. Darum aber auch der Standpunkt, dass bei den
Thierärzten, welche die nöthige Erfahrung sich durch mehr-
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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 44.
524
jährige practische Thätigkeit angeeignet haben, von der Er¬
bringung des Nachweises der practischen Durchbildung in der
Fleischschau während der Uebergangsperiode abgesehen werden
kann. Kühnau.
Protocoll der Generalversammlung des thierärztlichen
Vereins für die Reg.-Bez. Stettin und Stralsund vom
24. Juni 1900.
Abgehalten iin Victoria-Hotel zu Stettin.
Der stellvertretende Vorsitzende, Herr Dr. Wolter eröffnet
und leitet die Sitzung. Anwesend sind die Herreu: Breden-
feld-Lales, Böttcher-Ueckermiinde, Diimmel-Swinemiinde,
Erdmann-Anklam, Falk-Stettin, Fetting-Pyritz, Hinniger-
Greifenhagen, Kasten-Stettin, Krenz-Züllchow, Krüger-
Langenhagen, Lorenz-Stettin, Mörlin-Greifenhagen, Reims-
feld-Anklam, Scharf-Löcknitz, Schultze-Labes, Schu¬
macher-Stettin, Stühr-Misdroy, Zilm-Stargard i. Pomm.,
Zühl-Stargard i. Pomm.
Der bisherige erste Vorsitzende, Herr Veterinär-Assessor
Müller, hat sein Fernbleiben wegen Krankheit entschuldigt
und bedauert wegen seines Alters und seiner angegriffenen
Gesundheit, die Verhandlungen nicht leiten zu können. Herr
Müller, der seit Frühjahr 1899 Ehrenmitglied ist, wird zum
Ehrenvorsitzenden ernannt.
Demnächst fand die Aufnahme neuer Mitglieder, der Herren
Thierarzt Berliner-Loitz, Kreisthierarzt Lorenz-Stettin,
Thierarzt Heineraann-Pölitz und Thierarzt Stöhr-Misdroy
statt.
Die Neuwahl des Vorstandes ergab folgendes Resultat:
Departementsthierarzt Baranski-Greifswald, erster Vorsitzender,
Dr. Wolter-Stettin und Lorenz-Stettin Stellvertreter, Reims¬
feld-Anklara Kassenwart, Falk-Stettin Schriftführer.
Die Rechnungslegung durch den Kassenwart ergab einen
Bestand von 315 M. Der Jahresbeitrag von 6 M. soll bei¬
behalten werden. Die nächste Sitzung soll in Anklam statt-
tinden.
Herr Fetting-Pyritz hält sodann Vortrag über: Pferde¬
zucht Pommerns und die Körordnung. Der Vortrag soll
ausführlich zur Veröffentlichung gelangen; wir beschränken uns
deshalb kurz auf nachstehende Ausführungen:
Unsere pommersche Pferdezucht bietet ein sehr buntes
Bild. Wenn auch die Bodenverhältnisse Pommerns recht ver¬
schieden sind, so sind die Schläge noch vielseitiger. Dies wird
auch zum Ausdruck gebracht in der Haltung der Hengste in
den Königlichen Gestüten. So sind in Labes bei 161 Hengsten
15 Rassen vertreten. Die Vertheilung der Rassen ist nicht
immer eine zweckentsprechende, oft gehören die vier oder fünf
Hengste einer Station, wie z. B. in Pyritz, ebensoviel ver¬
schiedenen Rassen an. Von einer Zuchtrichtung kann dabei
natürlich nicht die Rede sein. Die Nachzucht wird ein wirres
Durcheinander, ein Misch-Masch aller möglichen und unmöglichen
Rassen. Anderswo ist es ähnlich. Das Pferd, ein Product der
Scholle, soll den heimischen Verhältnissen möglichst entsprechen,
daher sollte auf schwerem Boden auch vorwiegend ein schweres
Arbeitspferd gezüchtet werden. Durch solche zusammen¬
gewürfelte Rassen, wie oben erwähnt, geht dem weniger
intelligenten Züchter das Verständniss für die Entwickelung der
Zuchten auf heimatlichem Boden noch mehr verloren. Wo aus
wirtschaftlichen Gründen Reinzucht nicht betrieben werden
kann, weil die Beschaffung von Zuchtmaterial zu theuer, da
muss durch zielbewusste Kreuzung der Landstuten mit guten,
schweren, kaltblütigen Hengsten mehr Masse erzielt werden.
Die schweren englischen Schläge sind gleichfalls aus Kreuzungen
hervorgegangen, auch die Amerikaner sind dem Streben nach
mehr Masse gefolgt und prodnciren durch Kreuzung eine Menge
schwerer Arbeitspferde, deren Concurrenz auf unsere heimische
Pferdezucht ungünstig wirkt. Die bisherigen practißchen
Erfolge, die man bei der Besetzung der Deckstationen durch
so verschiedenartiges Zuchtmaterial erzielte, sind massig, oft
Carricaturen. Hier muss mehr einheitlich vorgegangen werden,
und namentlich müssten die Landwirthschaftskammern noch
mehr als bisher, die Directiven in der Viehzucht bestimmen und
die Zuchten organisiren. Wenn im Allgemeinen die Resultate
bisher minderwerthige seien, so müsse andererseits das eifrige
Bestreben der Pferdezuchtvereine hoch anerkannt werden. In
Pyritz besteht ein solcher Verein, der es sich zur Aufgabe
gemacht hat, den Verhältnissen des Kreises und seiner Um¬
gegend Rechnung zu tragen.
Dieser Verein züchtet nur schweren Schlag. Besonders
bewährt haben sich in der Weiterzucht schwere Ardenner. Nach
solchen Thieren sei immer Nachfrage. So erzielten z. B. Pyritzer
Ackerbürger für fünljährige Pferde eigener Züchtung 1000 M.
und mehr, Preise, welche sie früher nicht annähernd kannten.
Redner verbreitete sich dann noch eingehend über die
Körordnung, bei welcher Gelegenheit er namentlich die mangel¬
hafte thierärztliche Mitwirkung kritisirte.
Für den interessanten Vortrag wurde Herrn Fetting reich¬
licher Beifall gezollt.
In der Debatte vertrat Herr Gestüts-Inspector Schultze-
Labes den Standpunkt, welchen das Königliche Landgestüt in
der Frage der Mitwirkung bei der poramerschen Pferdezucht
einnimmt, pflichtete dem Vortragenden auch in einigen Punkten
bei. Leider waren die Ausführungen des Herrn Schnitze
wegen Zeitmangels auf das kürzeste Mass beschränkt.
Aus der Praxis wird berichtet:
Schumacher-Stettin hat bei Kalbefieber mit dem Sclimidt-
Kolding’schen Verfahren gute Erfolge gehabt; dasselbe bestätigt
Reimsfeld-Anklam, der 90pCt. geheilt hat. Er bemerkt jedoch,
dass man rechtzeitig gerufen werden müsse. Auch Fetting-
Pyritz pflichtet dem bei, er trägt einen Fall vor, bei dem sich
nach fünf Tagen noch Morbus maculosus einstellte, den er mit
Arg. Crede ohne Schwierigkeiten beseitigt habe.
Lorenz-Stettin berichtet, dass er sämmtliche Fälle von
Zungen-Actinomycose in seiner Praxis mit Jodkalium geheilt
habe. Er giebt täglich 10 g auf zwei Mal und setzt nach
14 Tagen mit der Behandlung wegen des auftretenden Jodismus
aus, um sie nach weiteren 14 Tagen in derselben Weise fort¬
zusetzen, wenn noch keine Heilung eingetreten ist. Hinniger-
Greifenhagen bestätigt die guten Resultate bei Anwendung von
Jodkalium.
Hierauf bespricht Lorenz das bekannte Verfahren der
Landwirthschaftskammer, Rothlauf-Impfstoffe an Laien abzugeben.
Er hebt hervor, dass ein derartiges Verfahren dem Seuchen¬
gesetz eigentlich Hohn spräche; denn während durch dieses
bezw. die betreffende landespolizeiliche Anordnung über Schweine¬
seuchen Schutzmassregeln gegen den Rothlauf vorgeschrieben
würden, werden Laien Rothlauf-Culturen in die Hand gegeben
und könne durch unvorsichtige Handhabung derselben die
Seuche direct weiterverbreitet und Rothlaufheerde geschaffen
werden. Lorenz ist der Ansicht, dass es unbedingt erforderlich
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1. November 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
525
sei, hiergegen energisch Front zu machen nach dem Beispiele
des thierärztlichen Vereins der Provinz Brandenburg. Er stellt
den Antrag, die Centralvertretung ebenfalls zu ersuchen, an
massgebender Stelle dahin vorstellig zu werden, dass Impfstoffe
künftig nur an Thierärzte abgegeben werden dürfen. Dieser
Antrag wird angenommen und der Vorstand beauftragt, das
Weitere in die Wege zu leiten.
Ueber besondere Erfolge bei der Rothlauf-Impfung berichten
noch Fetting-Pyritz und Stöhr-Misdroy.
Nach Schluss der Sitzung fand ein gemeinschaftliches Essen
mit Damen statt. Falk.
Thlerärztlioher General-Verein für die Provinz Hannover.
Am Sonntag den 28. Oktober hat die Generalversammlung
in der thierärztlichen Hochschule zu Hannover stattgefundenen.
Neben Berathungen über Statuten-Fragen, namentlich Aenderung
der für die Wittwenkasse bestehenden Vorschriften, umfasste
die Tagesordnung namentlich einen Vortrag des Herrn Dr.
Brücher senior über Kreuz- und Lenden-Lähme, sowie patho¬
logisch-anatomische Demonstrationen des Professor Olt.
Ehrung.
Am 21. October er. wurde dem Departementsthierarzt a. D.,
Herrn Scharmer zu Liegnitz von den Kreisthierärzten seines
Bezirkes eine kunstvoll ausgeführte Dankadresse überreicht.
Wegen eines schweren Augenleidens war Herr Scharmer leider
zu frühzeitig (im Juli er.) genöthigt, aus dem Staatsdienste zu
scheiden. Seine collegialische Gesinnung und sein verdienst¬
volles Wirken, namentlich wenn es sich um die Wahrung der
Standesinteressen handelte, fand in der ihm überreichten Adresse
gebührenden und anerkennenden Ausdruck. Durch diese ihm
bezeugte Ehrung war Herr Scharmer tief ergriffen und
sprach in bewegten Worten den abgeordneten Kreisthierärzten
seinen innigsten Dank aus.
Breslau.
Die neubegründete ausserordentliche Professur für Veterinär¬
wissenschaft am landwirtschaftlichen Institut der Universität
ist dem bisherigen Kreisthierarzt Dr. Peter zu Angermünde
übertragen worden.
Staatsveterinärwesen.
Redigirt von Preusse.
Uebertragung der Lungenseuche des Rindes dnreh
Personenverkehr.
Von
Peters-Bromberg.
Obwohl die thierärztliche Literatur nicht unerwähnt lässt,
dass die Lungenseuche des Rindes auch mittelbar übertragen
werden kann, so dürfte es doch im allgemeinen Interesse sein,
einwandsfreie Fälle, in denen eine mittelbare Uebertragung statt-
gefunden hat, zur Kenntniss der betheiligten Kreise zum Zwecke
des Erlasses vorbeugender Schutzmassregeln zu bringen. Aus
diesem Grunde gestatte ich mir einen solchen zur Verfügung
stehenden Fall zu veröffentlichen:
Seit ca. 15 Jahren war die Lungenseuche des Rindes im
diesseitigen Bezirke nicht beobachtet, als sie am 23. Januar 1899
bei einem nothgeschlachteten Ochsen in Folge der in der Stadt
K. durch Polizei-Verordnung eingeführten Fleischschau fest¬
gestellt wurde. Das Thier entstammte einem 174 Haupt haltenden
Bestände des Rittergutes L. und zwar einer Stallabtheilung, in
welcher Arbeitsochsen, einige Stiere und einige Milchkühe unter¬
gebracht waren. Woher und auf welche Weise die Seuche
überhaupt eingeschleppt ist, ob durch eingeführte Zugochsen,
ob durch zugekaufte Milchkühe oder durch Personenverkehr in
Folge der vom Auslande (Russland, woselbst die Lungenseuche seit
Jahren in den angrenzenden Gouvernements herrscht) bezogenen
Arbeiter, ist nicht bestimmt ermittelt worden. Dass die Seuche
aber in dieser Stallabtheilung zuerst vorhanden gewesen ist,
wurde dadurch erwiesen, dass bei der Ausräumung des Gesammt-
bestandes hier die ältesten Krankheitserscheinungen gefunden
wurden. Die Seuche musste auch nach den Sectionsergebnissen
der ältesten Fälle (kopfgrosse Sequester) und in Rücksicht auf
die Einschleppungsmöglichkeiten seit October 1898 also seit
ca. drei Monaten unerkannt dort geherrscht haben. Der Gesammt-
bestand wurde nach V-fa Monaten des Bestehens der Seuche,
also im März 1899 zum Zwecke der Abschlachtung ausgeführt
und getödtet.
Am 19. Mai 1899 wurde bei einem dem Bromberger Schlacht¬
hause mittelst Wagen zngefuhrten Arbeitsochsen ebenfalls die
Lungenseuche festgestellt. Das Thier entstammte dem 281 Haupt
Rindvieh enthaltenden Amte Kr. und war angeblich wegen
j allgemeiner Schwäche zum Zugdienste nicht mehr zu verwenden
gewesen. Die Seuche ist auf diesem Gute ebenfalls durch Aus¬
schlachtung des gesammten Bestandes des Hauptgutes unterdrückt
I worden.
Die Erhebungen über die Einschleppung dieses zweiten
Falles lieferten nun Folgendes:
Ein Viehverkehr zwischen beiden Besitzungen hatte nicht
stattgefunden, wohl aber ein Personenverkehr. Der Besitzer
des zuerst verseuchten Gutes L. war nach dem Tode des Be¬
sitzers von Amt Kr. Curator des letzteren Gutes geworden und
hatte während 23 Tage vom 1. Januar bis zum 23. Januar 1899
(dem Tage der Feststellung der Seuche auf seinem Gute) öfter
auf dem Gute Kr. verkehrt und auch zugestandenermassen
zwecks wirtschaftlicher Dispositionen in den Viehställen von Kr.
I sich aufgehalten und war auch sonst mit den Viehbeständen
des Amtes Kr. in Berührung gekommen. Da solches, wenn
nicht besondere Umstände vorliegen, in der Regel in ganz
harmloser Weise geschieht, so konnte auch nicht festgestellt
werden, wie oft und unter welchen Umständen er die Viehställe
des Amts Kr. betreten hatte, ob er insbesondere einen Kleider¬
wechsel vor dem Verlassen seines Gutes vorgenommen hatte,
oder ob er in einem oder anderem Falle direct von dem Besuche
seines Viehstalles nach dem Amte Kr. gefahren war u. s. w.
Die Entfernung beträgt zu Wagen ca. 1 Stunde. Jedenfalls
war der Besitzer von L. seit dem 23. Januar nicht mehr mit
dem Viehbestände in Kr. in Berührung gekommen. Ausser dem
Besitzer von L. war auch der Oberinspector von Amt Kr. zwecks
Einholung von Instructionen und zwar auch zur Zeit des
Herrschens der Seuche in L. gewesen, dass er aber mit den
erkrankten Thieren in Berührung gekommen war, konnte nicht
festgestellt werden und war auch nach Lage des Falles nicht
anznnehmen. Als Thatsache muss demnach den angestellten
weitgehenden Ermittelungen entsprechend bei völligem Ausschluss
jeden Viehverkehrs zwischen beiden Gütern angenommen werden,
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526
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 44.
dass ein Personenverkehr die Seuche von einem zum anderen
Gute übertragen hat.
Nicht uninteressant ist auch die Mittheilung des Besitzers
von L., der annimmt, dass die Seuche von dem mit Arbeits¬
ochsen besetzt gewesenen Stalle nach dem mit Mastvieh be¬
setzten Stalle durch Katzen übertragen ist. Er will bemerkt
haben, dass eine Stallkatze sich von einem lungenseuchekranken
Ochsen lecken und kurze Zeit darnach dasselbe in dem ca. 20 m
entfernten Stalle von einem Mastochsen wiederholen liess;
das letztere Thier wurde frisch erkrankt befunden.
Obgleich nun die wissenschaftliche Erfahrung eine mittel¬
bare Uebertragung der Lungenseuche kennt, ist diesem Umstande
in der Bundesrath-Instruction zum Reichsviehseuchengesetze doch
nur sozusagen nebenbei Rechnung getragen. Denn nur der § 15
der Anlage A zu der Instruction des R V. G., betreffend das
Desinfectionsverfahren, bestimmt, dass diejenigen Personen,
welche mit kranken oder verdächtigen Thieren, mit Cadavern
oder Cadavertheilen in Berührung gekommen sind, beim Ver¬
lassen des Seuchenstalles oder des Gehöftes oder der Schlacht¬
ställe die Hände, die Kleider und das Schuhwerk, oder sofern
sie baarfuss gehen, die blossen Fiisse gründlich zu reinigen
und das Schuhwerk mit Wasser abzubürsten haben.
An und für sich werden nun „Anlagen“ zu gesetzlichen
Bestimmungen in der Regel nicht gelesen, es liegt auch dem
Verwaltungsbeamten das Studium dieser Anlagen gerade sehr
fern, weil die Desinfectionsanordnung ihn nichts angeht, und
komischer Weise finden sich diese Schutzmassregeln betreffend
den Personenverkehr bei der Lungenseuche gerade unter den
Bestimmungen, welche am Schlüsse der Seuche bei der
Desinfection gegeben werden, statt am Kopfe der Bestimmungen
zu stehen, wo sie bereits am Tage der Feststellung der Lungen-
senche mit Vortheil und zwar nicht vom beamteten Thierarzt,
sondern von den leitenden Polizeibeamten gebraucht werden.
Für eine künftige Abänderung der Bundesrath-
Instruction dürfte sich daher eine bessere Beachtung
dieser Schutzmassregel gleich denen über Heu, Stroh,
Gehöft, Weide und Stall und eine bessere Placirung
derselben empfehlen.
In vorliegenden Fällen wurde den Sperrmassregeln auch
bezüglich des Personenverkehrs mit bestem Erfolge dadurch
der entsprechende Nachdruck verliehen, dass vom Ausbruche
der Seuche bis zur Abnahme der Desinfection ein Gendarm auf
deu betreffenden Gütern stationirt wurde.
Schliesslich soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Fleisch¬
schau in beiden Fällen prompt ihre Schuldigkeit gethan hat.
Denn nach Lage beider Fälle wäre ohne Zweifel nicht nur die
Seuche längere Zeit unerkannt geblieben, wenn die Thiere nach
Orten ohne Fleischschau eingeführt worden wären, was durch
besondern Zufall bei dem aus Kr. stammenden Thiere im zweiten
Seuchenfalle verhindert wurde, sondern die Seuche wäre auch
weiter verbreitet worden, wenn nicht der glückliche Zufall die
mehr oder weniger nothgeschlachteten Thiere in Städte mit
Fleischschau geführt hätte.
Verzeichnis* der durch Maul- und Klauenseuche verseuchten Landestheile.
In Verfolg der Declaration vom 9. April 1896 (Ausser¬
ordentliche Beilage zu Nr. 16 des Amtsblatts für 1896) zur
landespolizeilichen Anordnung vom 6. Dezember 1895, betreffend
die Abwehr gegen die Einschleppung der Maul- und Klauen¬
seuche in den diesseitigen Regierungsbezirk durch das aus
anderen Reichstheilen stammende Vieh. (Ausserordentliche Bei¬
lage zu Nr. 49 des Amtsblatts für 1895), bestimme ich, dass die Vor¬
schriften der vorbezeichneten landespolizeilichen Anordnung sich
auf das aus nachbenannten Reichstheilen: 1. aus den preussischen
Regierungsbezirken Magdeburg, Merseburg, 2. aus den bayerischen
Regierungsbezirken Oberbayern, Oberpfalz, Oberfranken, Mittel¬
franken, Unterfranken, Schwaben, 3. aus den sächsischen Kreis¬
hauptmannschaften Bautzen, Dresden, Leipzig, Zwickau, 4. aus
den württembergisehen Kreisen Neckarkreis, Schwarzwaldkreis,
Jagstkreis, Donaukreis, 5. aus den badischen Landes-
commissariaten Constanz, Freiburg, Mannheim, 6. aus den
hessischen Provinzen Oberhessen, Rheinhessen, 7. aus dem
Grossherzogthum Sachsen-Weimar, 8. aus dem Herzogthum
Braunschweig, 9. aus dem Herzogthum Sachsen-Meiningen,
10. aus dem Herzogthum Anhalt, *11. aus dem Fürstenthum
Schwarzburg-Sondershausen, 12. aus dem Fürstenthum Schwarz¬
burg-Rudolstadt, 13. aus dem Fürstenthum Waldeck, 14. ans
dem FürBtenthnm Reuss ä. L., 15. aus dem Fürstenthum Reuss j. L.,
16. aus den Reichslanden Elsass-Lothringen im Regierungsbezirk
Bromberg zur Entladung mit der Eisenbahn gelangende Rind¬
vieh bis auf Weiteres beschränken.
Bromberg, den 8. Oktober 1900.
Der Regierungspräsident.
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen.
Erloschen ist die Seuche auf dem Centralviehhof in Berlin.
Fleischschau und Viehhandel.
Von KDhnau.
Das Schiachthauswesen In Oesterreich.
Ministerialrath B. Sperk liefert in dem anlässlich der
Pariser Weltausstellung herausgegebenen Werke „Soziale Ver¬
waltung in Oesterreich am Ende des 19. Jahrhunderts“ einen
Beitrag zur Entwicklung des Schlachthauswesens in Oesterreich.
Die vom allgemein sanitären Standpunkte und auch wirthschaftlich
gerechtfertigte Errichtung öffentlicher Schlachthäuser war noch
in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch in Oesterreich
nur ausnahmsweise von Vertretungen der grösseren städtischen
Gemeinwesen anerkannt worden. In der Regel war es den
Gewerbetreibenden überlassen geblieben, sich die für jeden
Einzelnen ungleich kostspieligeren Schlachtstätten und Eis¬
keller u. 8. w. in den beliebigen Theilen der Städte herzustellen
und so gut es ihnen eben möglich war in Stand zu halten.
Daraus ergab sich für die Schlachter der sehr fragliche Vortheil,
dass zum Nachtheile der Consumenten ihr Betrieb den Organen
der Sanitäts-Verwaltung mehr entrückt wurde. Oeffentliche,
in jener Zeit errichtete Schlachthäuser boten in ihrer Ein¬
richtung, dem Fehlen von Eishäusern, Stallungen, Häutemagazinen
u. s. w. soviel Mangelhaftigkeit in Bezug auf sanitäre und
veterinärpolizeiliche Anforderungen dar, dass ein Anreiz zur
Nacheiferung dadurch nicht gegeben werden konnte. Selbst die
erst vor 30 Jahren erbauten Schlachthäuser, welche bereits mit
cementirten oder überhaupt undurchlässigen Fussböden, guter
Canalisirung, Ventilation, Stallungen, sogar mit besonderer
Secirkammer, mit Viehwaagen u. s. w. ausgestattet waren,
wurden noch mit ziemlicher Gleichgültigkeit hingenommen und
blieben sehr vereinzelt. Als aber die technischen Fortschritte
es ermöglichten, das Natureis entbehrlich zu machen und durch
Luftkühlung, wie Herstellung von Kunsteis eine ungleich bessere
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1. November 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Conservirung des Fleisches zu erreichen, trat auch in dieser
Richtung erfreulicher Wandel in Oesterreich ein, und derselbe
macht sich bereits allenthalben, wo eine fortschrittlich gesinnte
Gemeinde-Verwaltung für die Wahrung der Interessen der
Consumenten wie der Gewerbetreibenden Sinn und Thätigkeit
entwickelt, und die Schlachter mit dem Griffel in der Hand auch
die Vortheile ihres Gewerbes zutreffend zu calculiren verstehen,
als ein Wetteifer in der Errichtung zeitgemäss ein¬
gerichteter, öffentlicher Schlachthäuser bemerkbar.
Die neuesten Schlachthäuser beschränken sicli nicht blos auf
die Schlachthallen mit den bequemsten maschinellen Einrichtungen
und Schlachtmethoden, die maschinellen Kühlanlagen, Gas oder
elektrische Beleuchtung aller Räume, die nothwendigen Stallungen,
Häutetrockenräume und Magazine, Fettschmelzerei, Darmputzerei,
Blutverwerthnng, sondern bringen auch Digestoren zur Ver-
werthung solchen Fleisches in Anwendung, welches bisher wegen
Behaftnng mit Finnen, Tubereulose dem Wasenmeister über¬
wiesen werden musste. Die Schlachthäuser sind auch mit be¬
sonderen Schienensträngen ausgerüstet, um das Schlachtvieh im
Waggon bis zu den Schlachthofstallungen überführen und
mögliche Seuchenverschleppungen unter das einheimische Vieh
hintanhalten zu können; ja man bestellt sogar schon ein eigenes
städtisches Schlachterpersonal, um den Gewerbetreibenden auch
in dieser Beziehung eine Erleichterung bieten zu können oder
stellt demselben neben Arbeitskleidern ein bequemes Bad zur
Verfügung, damit auch den Anforderungen der Hygiene ent¬
sprochen wird.
Oeffentliche Schlachthäuser bestehen gegenwärtig (ohne
maschinelle Kühlanlage): In Niederösterreich 6 (in Wien 4)
Oberösterreich 2, Salzburg 1, Steiermark 6, Kärnten 2, Krain 3,
Küstenland 5, Tirol-Vorarlberg 8, Böhmen 03, Mähren 40,
Schlesien 6, Galizien 92, Bukowina 1, Dalmatien 1; mit
maschineller Kühlanlage: In Niederösterreich 3 (2 in Wien*
und 1 in Wiener - Neustadt*, OberÖsterreich 1 (Linz*), Steier¬
mark 1 (Graz*), Böhmen 0 (Prag*, Pilsen*, Laun*, Asch*,
Wainsdon*, Karlsbad*), Mähren 5 (Biünn*, M.-Ostran*, Olmütz*,
Kremsier*, Znaim*), Schlesien 1 (Troppau*). Die Schlacht¬
häuser der mit Sternchen versehenen Orte sind mit Schienen¬
strängen verbunden, desgleichen die von Budweis in Böhmen
mul Bohen in Steiermark.
Ein- und Ausfuhr von Vieh und Fleisch im August 1900.
Einfuhr
+
Ausfuhr
+
1900
1899
1900
1899
Pferde Stück
8 340
9 491 -
1151
735
807
_
72
Maulthierc,
Esel,
Maulesel
Stück
140
119 +
21
10
—
+
10
Rinder
>>
17 154
17 318 —
194
623
461
+
162
Schweine
6 079
6160 -
91
171
267
96
Schafe
94
433 —
339
6 795
7524
—
729
Ziegen
>>
50
43 +
7
28
7
+
21
Einfuhr Ausfuhr
Frisches:
Rindfleisch dz 9 981 13136 — 3152 1 784 1144 + 640
Schweinefleisch „ 4 948 7 684 — 2736 149 55 + 94
Hammelfleisch „ 74 71 + 3 98 98 -f —
Zubereitetes:
Rindfleisch dz 2071 1 772 -j- 299 122 88 + 34
Schweinefleisch „ 3 920 6 358 — 2438 83 74 + 9
Schinken „ 1 588 2 899 — 1311 2 776 1629 + 1147
Speck „ 5 718 18 407 — 12689 821 99 + 722
Würste „ 3 919 5 742 — 1823 708 414 + 294
liiichscufleiseh „ 5 333 2 557 + 2776 17 13 + 4
Fleischextraet „ 698 837 — 739 62 58 + 4
Die Einfuhr ist sowohl beim lebenden Vieh wie auch beim
Fleisch nicht unbeträchtlich hinter dem Vorjahre zurückgeblieben.
Beim Schinkenversandt hat sogar die Ausfuhr mehr betragen
als die Einfuhr. Veranlasst ist die Mindereinfuhr durch die
Steigerung der Fleischpreise auf dem Weltmarkt, besonders in
den Vereinigten Staaten, hier sind die Schweinefleischpreise
gegen das Vorjahr uni über 14 pCt. gestiegen.
Die Ausfuhr von Rindern hat etwas zu, von Schafen ab¬
genommen. Fleisch ist mehr als im Vorjahr, aber weniger als
im Vormonat ausgeführt worden. Die Steigerung der Schweine¬
fleischpreise in Deutschland hat die Schlachtung von Schweinen
zum Export nach England unlohnend gemacht.
Der Fleiechbedarf der Truppen in China.
Die in China versammelte internationale Armee bedarf zu
ihrer Verpflegung ganz bedeutender Mengen Fleisch, welches
zum grössten Theil aus Amerika und Australien bezogen wird.
Einen Begriff des erforderlichen Quantums erhält man, wenn
man die Aufträge vernimmt, welche die amerikanischen und
australischen Packer bekommen haben. Die amerikanische
Regieriing hat beispielsweise in Chicago 1 000 000 Pfund frisches,
| gesalzenes und conservirtes Fleisch bestellt. Nach dem „Drovers
Journal“ sollen geliefert werden:
96 000 Pfund BHchsenfleisch
48 000 „ Roastbeef
600000 „ Durchwachsener Speck
25 000 „ Fetter Speck
3 600 ,, Hackfleisch
50 000 „ Schmalz in 5 Pfunddosen
I 200 ,, Schweinspfoten
5 400 „ Würste
9 (XX) ,, Rinderzungen.
Das Fleisch muss nach Angabe und unter Aufsicht der Re¬
gierung hergerichtet werden und dem tropischen Klima wider¬
stehen. Der Preis für das Fleisch beträgt annähernd $ 225 OOO.
Das Fleisch soll über San Francisco nach Manila und dem Orient
gesandt werden.
Gleichzeitig hat die englische Regierung 50 000 Pfund
Schinken bestellt. Andere grosse Ordres liegen vor für Cape
Nome, Clondyke und Deutschland.
ttücheranzeigen und Kritiken.
A. Lungwitz und P. Schmidtchen, Zeichenvorlagen für Hufbeschlag-
Fachschulen. Preis 7,50 M. G. Schönfeld’s Verlagsbuchhandlung,
Dresden. 1900.
Die Zeichenvorlagen bieten ein vortreffliches Unterrichts¬
mittel für den Hufbeschlag. Denn durch das Nachmalen von
Oliedmassen, Hufen, Eisen u. s. w., welche meist schematisirt
und mit einfachen Linien dargestellt sind, schult der angehende
Reschlagschmied das Auge für die Beurtheilung von Stellungen
Huf- und Eisenformen und lernt die Fehler am Beschlag leichter
erkennen. Die Unterweisung im Zeichnen sollte demnach an
einer Hufbeschlag-Fachsclmle in keinem Falle fehlen.
Die Vorlagen. 30 an Zahl, können für diesen Zweck bestens
empfohlen werden.
An den Militär-Lehrschmieden Preussens wird die Mehrzahl
der Figuren, welche auf den Tafeln enthalten sind, schon seit
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 44.
achtziger Jahren als Material für die Zeichenstunde der Truppen-
schmiede benutzt. Die Darstellung von beschlagenen Hufen in
der Manier, welche Tafel 25 und 26 zeigt, wurde bereits von
Kösters im Jahre 1892 angewendet (vgl. Die Besichtigung
des Pferdes mit Rücksicht auf die Ausführung des Hufbeschlages.
Zeitschr. f. Veterinärkunde, 1892.).
Es ist das Verdienst der Herausgeber, die für den Beschlag¬
unterricht nützlichen Zeichnungen gesammelt, in gefälliger Form
dargestellt und in einer systematischen Reihenfolge wieder¬
gegeben zu haben.
Neue Eingänge.
(Besprechung Vorbehalten.)
Friedberger und Fröhner: Lehrbuch der speciellen Pathologie
und Therapie der Hausthiere. V. Aufl. 2. Band. Stuttgart
bei Enke.
Bayer und Fröhner: Handbuch der thierärztlichen Chirurgie
und Geburtshülfe. V. Band. Thierärztliche Augenheilkunde von
Prof. Bayer. Ca. 500 Seiten mit 262 Abbildungen und 11
farbigen Tafeln. Wien bei Braumüller.
Kitt: Lehrbuch der pathologischen Anatomie der Hausthiere
II. Auflage, 1. Band. Stuttgart bei Enke.
Martin-Zürich: Lehrbuch der Anatomie der Hausthiere; er¬
scheint an Stelle des Frankschen, in der V. Aufl. des bereits von
Martin bearbeiteten Handbuches. Vollständig in 10 Lieferungen
ä. 4 Mark. Lieferung 1, Stuttgart bei Schickhardt & Ebner.
HofTmann-Stuttgart: Das Buch vom gesunden und kranken
Hunde. Lehr- und Handbuch über das Ganze der wissenschaft¬
lichen Kynologie. 550 Seiten. Wien bei Moritz Perles.
Brand, Oberrossarzt a. D.: Selbstunterricht in der Pferde-
kenntniss. 4. Aufl. Neudamm bei J. Neu mann.
Grossbauer, Hufbeschlaglehrer an der thierärztlichen Hoch¬
schule in Wien: Der Hufbeschlag. 230 Seiten mit 205 Abbil¬
dungen. Wien bei Braumüller.
Ehrhardt, in Zürich. Die Hundswuth, Aarau bei Wien.
100 Seiten.
Gamer: Die Sprache der Affen. Ans dem Englischen über¬
setzt von Prof. William Marshall. 200 Seite. Kleiuoctav.
Leipzig bei Seemann Nachfolger.
Dr. Dade: Zum Schutz der deutschen Pferdezucht. Heft I.
Die Materialien für die deutsche Handelspolitik, herausgegeben
vom deutschen Landwirthschaftsrath. Berlin bei Parey.
Wey!: Oeffentliche Massnahmen gegen ansteckende Krank¬
heiten mit besonderer Rücksicht auf die Desinfection. 220 Seiten.
Jena bei Gustav Fischer.
Kirchner, Geheimer Medicinalrath: Bissverletzungen durch
tolle Thiere. 1899. Derselbe Verlag.
Marx: Thätigkeit der Abtheilung für Heilung und Erforschung
der Tollwutli am Institut für Infectionskrankheiten in Berlin.
Derselbe Verlag.
Course in Surgical Op^rations for Veterinary Students and Prac-
titioners by Pfeiffer Williams. Englische (amerikanische)
Uebersetzung des Cursus der Operationslehre von Prof. Pfeiffer-
Giessen. Verlag von R. Schötz-Berlin.
Carus Sterne: Werden und Vergehen. (Besprechung des
Werkes ist erfolgt). Heft 14 ist erschienen.
Personalien.
Ernennungen: Kreisthierarzt Dr. Peter-Angermünde zum Pro¬
fessor extraordinarius an der Universität Breslau.
In Bayern: Zu pragmatischen Bezirksthierärzten die Bezirksthier-
ärzfei Friedrich Lehn er-Parsberg, Gottlieb Schumann-Hilpoltstein
und Hermann Staudinger-Lohr. Die Verwaltung der Bezirksthier¬
arztstelle in Vilsbiburg ist dem Thierarzt Karl Rau scherübertragen.
Approbationen: in Berlin die Herren Berthold Erlanger,
Waldemar Holtz, Alfred Jerke, Heinrich Kallenbach, Albert
Littv, Carl Markwardt, Arthur Pfefferkorn.
Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in Berlin die
Thierärzte Wilhelm Grothc-Nowawes, Wilhelm Grupe-Berlin,
Hermann Hogrcfe, Rossarzt,-Rendsburg, Richard Homp-St Goar,
Emil Kriiger-Lobsens, Gustav Meyer-Diepholz, Emil Schmidt-
Düben, Gotthold Schwabe-Ebeleben, Konstantin Weber-Soegel.
Wohnsitzverlnderungen, Nederlaosungen etc.: Verzogen: Die Thier¬
ärzte Wilhelm Franz nach Arnstadt (Thür.), J. Graf von Culin a.W.
nach Rackwitz (Posen), 0. Ilarder-Culin vorübergehend nach Bad
Suderode, F. Kleiner nach Ncu-Trebbin (Kr. Ober-Barnim), Paul
Meyer (Bannen) nach Elberfeld, C. Ni eher nach Raguhn (Anhalt),
Simader nach Kulmbach.
Yacanzen.
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Reg.-Bez. Coblenz: Simmern (600 M. und 450 M. Stellenzulage).
Bewerbungen bis 10. November er. an den Regierungspräsidenten.
— Reg.-Bez. Hannover: Springe zum 1. Jan. 1901 (600 M.). Meid,
bis 25. Nov. er. an den Regierungspräsidenten.
b)NachAblauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Reg.-Bez. Düsseldorf: Landkreis Krefeld. — Reg.-Bez. Liegnitz:
Sagan.
Sanltfitsthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Graudenz: Assistenzthierarzt sofort (2100 M. möbl.Wohnung etc.):
4 wöchentliche Kündiguug; Bewerbungen an den Magistrat
— Oelsnitz (Sachsen): Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleisch¬
beschau zum 1. Januar 1901. (3500 M. Anfangsgehalt; Pension in
Aussicht; Praxis in der Stadt und in den Vororten.) Gesuche bis
31. October an den Stadtrath.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen
Arys: Schlachthofverwalter. — Bahn: Thierarzt für Fleischbeschau.
— Beuthen (Oberschles.): Schlachthofassistenzthierarzt (2100 M.
steigend bis 3300 M. Wohnung etc.; viertelj. Kündigung). Bewerb,
bis 25. Nov. er. — Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachthof. —
Cassel: Schlachthofassistcnzthicrarzt — Cottbus: Schlachthof-
Assistenzthierarzt sofort — Dessau: Schlachthofassistenzthierarzt.
— Düren: Schlachthofdirector. — Grätz (Posen): Schlachthof-
Inspeetor. — Halle: 2 Assistenzthierärzte. — Köln: Schlachthof¬
thierarzt. — Königsberg (Ostp.): Schlachthofthierarzt. — Mainz:
Schlachthofthierarzt. — Ott weil er (Bez. Trier): Schlachthaus¬
verwalter. — Pössneck: Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau (aus
letzterer 1200 M.; ausserdem ca. 7u0 M. aus der Trichinenschau:»
Bewerb, bis 15. Nov. er. — Punitz i.Pos.: Thierarzt für Schlachtvieh¬
beschau (1200 M.: ausserdem Praxis.) Bewerb, an den Magistrat. —
Salzwcdcl: Schlachthof - Vorsteher. — Trier: Hilfsthierarzt am
Schlachthof sofort bezw. bis 1. Dezember er. (21 CO M., Vierteljahr.
Kündigung; Verpflichtung zu 1 jähr. Dienstzeit.) Bewerbungen bis
25. Oct. er. an den Oberbürgermeister. —Wanne: Schlachthofvorsteher.
— Wamsdorf. — Wolkenstein: Schlachthofthierarzt. — Woll¬
stein (Posen): Schlachthofinspector.
Privatstelle.i: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neustadt).
— Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck:
(Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pillkallen). — Murrhardt. — Schön
bäum (Danzig). — Soldau (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene :Bojanowo. — Eickel. — Festen¬
berg Bez. Breslau. — Mengeringhausen (Waldeck.) — Peis-
kretscham (Ober - Schics.). — Rhinow (R.-B. Potsdam). —
Schloppa (Westpr.). — Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg.
— Suelze (Mecklb.). — Wadern (Bez. Trier): Thierarzt zum
19. November er. (Fixum 600 M. und 280 M. für Ueberwachung
der Märkte.) Bewerbungen bis 10. November an den Bürgermeister.
Wolgast i. Pom.: Thierarzt.
Besetzt: Sanitätsthierarztstellen in Bcrlinchen und Rack¬
witz (Pos.). Privatstelle in Raguhn.
Verantwortlich für den Inhalt (oxel. Infloratentbeil): Prof. Pr. Schmält* in Berlin. — Verlag und F.igcnthum von Richard Scboctz iu Berlin. - Druck vou W. Büxonsteta, Berlin
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Die „Berliner 'TM«r4rrtUehe WochenichrUl“ ericbelnt
wöchentlich ln Stirne von mindestens l>/ f Bogen. Dieselbe
ist su bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 106»
oder dureh die Verlagsbuchhandlung von Richard
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Mk. 6,— pro Vierteljahr.
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Ortginalbeitrige werden mit 00 Bk. für den Bogen lionorirt.
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellon An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält»,
Berlin tliierfirztllche Hochschule. NW., Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recensions-Exemplnre und Annoncon da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz-Berlin.
Verantwortlicher Bedactenr.
De Brüte KOhoao Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZOndel
Professor Oberthierant Departementsthierarzt Professor Departementsthierarzt Veterlnfirassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Krelsthlerarzt
Utrecht Hamburg. Cöln. Breslan. Bromberg. Danzig. Freibnrg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 45 . Aiisgegeben am 8. November.
I n halt: Blume: Ein neuer Apparat zur Verhütung und Heilung des Prolapsus uteri et vaginae. — Teetz: Quecksilber¬
vergiftung beim Pferde. — Rheioheimer: Castration einer Stute. — Klssuth: Therapie des Tetanus durch Schreck.
— Referate: Lucet: Die emphysematose Frucht Das Dunstkalb. — Kasselmann: Ueber die Bedeutung der Luftinfcction
bei den wichtigsten Thierseuchen und über die Massregeln gegen die Gefahr dieser Infection. — Kirchner: Ueber die Biss-
verletzungen von Menschen durch tolle oder der Tollwuth verdächtige Thiere in Preussen während des Jahres 1899. —
Tagesgeschichte: Centralvertretung der thierärztlichen Vereine Preussens. — Gründung eines Vereins preussischer Kreis¬
thierärzte. — 61. Generalversammlung des thierärztlichen General-Vereins für die Provinz Brandenburg am 4. November. —
Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — Fleischschau und Viehhandel. — Thierhaltung und Thierzucht. —
Personalien. — Vacanzen.
Ein neuer Apparat zur Verhütung und Heilung des
Prolapsus uteri et vaginae.
* Von
A. Blume.
Groiaherzogl. Oldenb. Landesthierarzt.
Die Herren Collegen möchte ich auf einen neuen Apparat
aufmerksam machen, welcher als „keulentörmiger Halter gegen
Uterus- and Scheidenvorfall“ bezeichnet werden kann.
Der Apparat kann mit gleich gutem Erfolge gegen Pro¬
lapsus und Inversio uteri wie auch gegen Prolapsus vaginae
in Anwendung gebracht werden. Er füllt in dieser Hinsicht
geradezu eine Lücke in dem thierärztlichen Instrumentarium
ans, denn es fehlte bisher ein derartiges Instrument, welches
auf sichere und relativ einfache Weise die Heilung resp. Ver¬
hütung dieser schwierig zu behandelnden Krankheiten er¬
möglichte.
Die Trachtenzwinger, Draht- und andere Nähte, Vorfall¬
bandagen verhindern wohl das Hervortreten der Vagina und
des Uterus aus dem Körper — obgleich auch nicht in jedem
Falle sicher —, erschweren aber den Urin- und Kothabsatz,
quetschen empfindliche Partieen am Enter etc. und machen
Ausspülungen und das Abfliessen von Flüssigkeiten aus dem
Uterus, so lange sie befestigt sind, schlechthin unmöglich.
Ausserdem lassen sie bei innerlichen Um- und Einstülpungen
gänzlich im Stiche.
Diese aufgezählten Mängel kommen bei Anwendung des von
mir construirten Apparates vollkommen in Fortfall. Derselbe
besteht, wie aus der Abbildung ersichtlich, aus folgenden drei
Theilen:
a) aus einem hohlen, keulenförmigen, mit feinen Löchern ver¬
sehenen Endstücke vom Durchmesser einer starken Faust;
b) aus einer hohlen Röhre von ca. 3 cm Durchmesser, die
sich mit dem Endstücke a durch ein Schraubengewinde
fest vereinigen lässt. Die etwa 60 cm lange Röhre ist
den anatomischen Verhältnissen entsprechend gebogen, zu
*/ 4 ihrer Länge mit einem weichen, elastischen Gummi-
überzuge versehen und trägt am hinteren Ende seitliche
Oesen zur sicheren Befestigung,
c) aus einem mit ähnlichen seitlichen Oesen versehenen
Schraubengewinde, welches auf dem keulenförmigen End¬
stücke selbst befestigt werden kann.
Die Gesammtlänge des Apparates beträgt über 90 cm, das
Gewicht nur 1,75 kg.
Die Anwendung ist nun höchst einfach, indem der Apparat
mit dem geschlossenen Ende voran, soweit es sich thun lässt,
in die Geburtswege geschoben wird; bei der Inversio uteri
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530
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT
No. 45.
completa unmittelbar nach erfolgter Reposition der heraus¬
gedrängten Theile.
Näheres darüber findet sich in der jedem Apparate bei¬
gegebenen kleinen Broschüre.
Der Uterus wird dadurch, dass das keulenförmige Ende des
hohlen Halters tief in den Thierkörper selbst eingeführt wird,
— also gleichsam die Stelle des zur Reposition unentbehrlichen
menschlichen Armes vertritt —, so zu sagen von selbst in
die normale Lage gebracht und darin erhalten. Die Spitze des
trächtig gewesenen Uterushornes, welche wegen der nicht aus¬
reichenden Länge des Armes nur unvollständig zurückgebracht
werden kann, schiebt sich bei dem starken Drängen des Thieres
über den glatten Kolben hinweg, — ähnlich wie ein Handschuh-
tinger über das zugehörige Glied gestreift wird.
Die passende Länge des Instrumentes verhütet ferner, dass
es durch übermässiges Drängen des Thieres herausgepresst
wird. Das aus der Schamspalte hervorragende enge Rohr lässt
dabei Koth- und Harnabsatz ungestört vor sich gehen, der
Halter kann sogar Tage lang in dem Thierkörper verbleiben,
ohne dass die Bewegungsfreiheit in merklicher Weise gehindert
wird. Bei jedem erheblicheren Drängen des Thieres lässt sich
beobachten, wie die wegen ihrer leichten Zersetzlichkeit so
ausserordentlich gefährlichen flüssigen Inhaltsstoffe des Trage¬
sackes, oft mit Blut und Harn vermischt, in stärkerem oder
schwächerem Strome aus der Rohröffnung herausschiessen; die
häufigen lebensgefährlichen Infectionen durch diese faulenden
Substanzen werden dadurch erfolgreich unterdrückt.
Gefördert wird der Heilungsprocess natürlich durch reich¬
liche Berieselungen, welche durch einen, in den hohlen Apparat
eingelegten Gummischlauch mit daraufgestecktem Trichter in
bequemster Weise applicirt werden können. Die siebförmig
über das keulenförmige Endstück des Halters vertheilten feinen
Löcher ermöglichen sowohl eine allseitige energische Berührung
der Organwandnng mit den infundirten Desinfectionsmitteln als
auch den jeder Zeit sich von selbst regulirenden Ab- und Zufluss
von Flüssigkeiten.
Besonders hervorgehoben soll werden, dass der birnen¬
förmige Kolben a, verbunden mit dem Schlussstücke c, sich als
unübertreffliches Pessarium zur Heilung des in manchen
Gegenden seiner Häufigkeit und Hartnäckigkeit wegen als wahre
Calamität betrachteten habituellen Scheidenvorfalles be¬
währt hat. Sogar sechs und acht Monate alte Fälle, welche
die Kühe beinahe werthlos machten und als unheilbar angesehen
wurden, gelang es, durch längere Anbringung obigen Apparates
dauernd zu heilen.
Für die Viehzüchter und die von dem Sitze des Thierarztes
weiter entfernt wohnenden Landwirthe ist ausserdem von
grösster Bedeutung und Wichtigkeit die mehrfach erprobte und
nach Obigem auch klar einleuchtende Thatsache, dass die gerade
am häufigsten kurz nach der Geburt drohenden Gebärmutter¬
vorfälle durch rechtzeitige Einführung dieses Apparates über¬
haupt ganz und gar verhütet werden können. Nicht minder
vorteilhaft scheint es mir für den Thierarzt zu sein, wenn er
nach einer glücklich ausgeführten schweren Geburt ruhig nach
Hause fahren kann und nicht fürchten darf, nach kurzer Zeit
unverhofft dieselbe Tour und eine vielleicht schwierigere und
bösere Arbeit machen zu müssen.
Nachdem ich mich von der hervorragenden Brauchbarkeit
des Instrumentes und von der Zuverlässigkeit der Methode in
mehr als 60 gut verlaufenen Fällen verschiedenster Art über¬
führt habe, — während ich vordem häufig die Erfahrung machen
musste, dass die behandelten Thiere entweder eingingen oder
durch Nachkrankheiten erhebliche Werth Verminderung erlitten —,
empfahl ich die Anschaffung des Apparates. Derselbe wird
Jeden gerade durch die Einfachheit seiner Handhabung von den
jetzigen mühsamen, für die Thiere schmerzhaften und nicht ein¬
mal zuverlässigen Behandlungsarten abbringen und schon nach
der ersten richtigen Anwendung auch von der Richtigkeit der
von mir gemachten vorzüglichen Erfahrungen überzeugen.
Der Apparat ist in sehr gediegener und dauerhafter Aus¬
führung — vernickelt — nebst ausführlicher Gebrauchsanweisung
bei der Firma H. Hauptner, Berlin, N;W., Luisenstr. 53,
zum Preise von 26,00 M. erhältlich.
Quecksilbervergiftung beim Pferde.
Von
Teetz-Warin (Mcckl.).
Auf dem Gute Klein-Warin nahm ich am 25. Mai 1900 einen
veredelten, sechs Jahre alten, braunen Wallach wegen Spat¬
lahmheit mit deutlicher Auftreibung am rechten Hinterbein in
Behandlung. Da aber das Sprunggelenk am linken Hinterbein
auch nicht ganz rein zu sein schien, und längeres Stehen bei
der Behandlung doch nöthig war, wurde beschlossen, auch dieses
Bein in dem bekannten Dreieck an der Innenseite des Sprung¬
gelenks gleich miteinzureiben. Ich gab dem Besitzer zu dem
Zwecke aus meiner Apotheke von einer etwa zehn Monate
alten reinen Bijodatsalbe (1: 5 Fett) 44 Gramm mit der-Weisung,
die Hälfte der Salbe sofort auf beide Sprunggelenke vertheilt
je zehn Minuten lang tüchtig einzuieiben und am nächsten Tage
die etwa ausgeschwitzte Salbe noch einmal einzureiben; die
zweite Hälfte der Salbe sollte nafch Verlauf voü einer Wochd
in derselben Weise verbraucht werden. Ausserdem sollte nach
jedem Einreiben das Pferd zwei Tage lang bochgebunden stehen
bleiben. Stallruhe sechs Wochen.
Am 31. Mai, also fünf Tage nach erfolgter erster Ein¬
reibung, wurde ich schleunigst nach Klein-Warin gerufen, weil
das Pferd augenscheinlich sehr krank sei.
Bei meinem Eintreffen finde ich das fragliche Pferd in
einer geräumigen und luftigen Box in dem grossen Viehhause
stehen, in dem sich aber keine Kühe befinden.
Sofort auffallend ist ein fast über den ganzen Körper aus¬
gebreiteter nässender Ausschlag.
Nach dem Vorberichte ist die Application der ersten Hälft«
der Salbe (etwa 30 Gramm) in der von mir angeordneten Weise
vorgenommen worden. In der Zwischenzeit ist das Pferd, ab¬
gesehen von einer leichten Unruhe nach dem Einreiben, voU-
ständig munter gewesen, während der letzten Nacht jedoch habe
sich dieser Ausschlag eingestellt, und das Pferd wolle auch nicht
fressen oder saufen.
Die Untersuchung ergiebt Folgendes: Schleimhant in der
Maulhöhle ist blass und trocken. Conjunctiva ziegelroth, ebenso
Schleimhaut der Nase. Athmung angestrengt, 36 Athemzüge in
der Minute, Bronchialathmen, Herztöne rein, schwach hörbar,
68 Pulse in der Minute, die kaum fühlbar sind. Die Temperatur
kann nicht aufgenommen werden, weil das Pferd sich alle
Augenblicke bemüht, an der Wand den Körper zu scheuern.
Der über den ganzen Körper vertheilte nässende Ansschlag
macht sich auf der linken Körperseite stärker bemerkbar. Die
Haare auf der linken Backe von der Schläfengegeüd bis zum
Maulwinkel und Ganasche sind feucht und aufgebürstet; beim
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8. November 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
581
Darüberstreichen bleibt die Mehrzahl an der Handfläche haften.
Am Halse befinden sich wenige ähnliche Stellen von geringem
Umfange.
Die ganze Umgebung des Widerristes jedoch und die obere
Schultergegend zeigen die beschriebenen Erscheinungen. Die
herausgetretene Flüssigkeit ist in mehreren langen dünnen
Streifen bis zum Ellbogen resp. Vorderknie herabgelaufen. Auch
in der ganzen Länge der Streifen kann man durch einfaches
Darüberfahren mit der Hand die Haare abstreifen, gleichsam
als ob durch die herabgelaufene Flüssigkeit die Haare von ihrer
Wurzel gelockert wären. Am Widerrist und in der Sattellage
können so eine ganze Reihe thaler- bis handtellergrosse haar¬
lose Stellen geschaffen werden. Die Haut an diesen Stellen ist
nässend und hat blaurothe Farbe. Ich versuchte zufällig, auf
den Rippen eine Hautfalte zu bilden; hierbei bemerkte ich, dass
diese eine auffallende Dicke besitzt; und dass das Pferd sowohl
hierbei als auch beim Darüberstreichen grosse Schmerzen äussert.
Weiteren derartigen Versuchen weicht das Pferd heftig aus und
zieht dabei die Haut resp. Unterhant und Hautmuskel in dicken
Wülsten zusammen.
Der Bauch und auch die Abschnitte der Kruppe zeigen
Ausschlag wie oben, nur dass hier die Haare etwas fester
sitzen. Deutlich sichtbar ist ferner der Ausschlag an den
Beinen im Bereiche der Beugeflächen der Gelenke. Auffallend
ist merkliches Zittern des Kopfes und Halses. Bei plötzlichem
Klappern mit dem Wassereimer erschrickt das Pferd regelmässig,
Es besteht massiger etwas übelriechender Durchfall.
Wennschon ich an ein Bestehen von Quecksilbervergiftung
dachte, beschloss ich doch, vorerst eine abwartende Behandlung
einzuleiten und mich genauer zu informiren, da ein ähnlicher
Fall mir noch nicht vorgekommen war. Ich liess an diesem
Tage das Pferd dreimal vollständig abreiben mit zusammen
600 g Spirit, camphorat.
Beim Nachschlagen der Literatur fand ich nun in den
Schätz’sehen Jahresberichten von 1898 unter Vergiftung bei
Pferden der preussischen Armee pg. 155 zwei Fälle, die ganz
ähnliche Symptome zeigten, und die auch nach Einreibung von
Ugt. Hydrarg. bijodat. auftraten.
Am nächsten Tage besuchte ich den Patienten wieder.
Das Befinden ist besser. Der Juckreiz hat nachgelassen;
der Ausschlag hat sich nicht weiter verbreitet; das Nässen ist
geringer geworden. Die Conjunctiva ist weniger roth, die
Athmnng weniger angestrengt, es sind nur noch 20 Athemzüge
und 48 Pulse zu zählen. Das Pferd hat etwas Hafer gefressen
und auch gesoffen.
Es werden auf zweimal 10 g Snlfur mit Kalmus eingegeben
und die haarlosen noch nässenden Stellen mit Tannoformstreu-
pulver bepudert.
Nach drei weiteren Tagen ist das Pferd wiederhergestellt;
nach drei weiteren Wochen haben sich die haarlosen Stellen
mit allerdings etwas dunkler gefärbten Haaren bedeckt.
Selbstverständlich benutzte ich zu der nach 14 Tagen
gegebenen zweiten Einreibung nicht wieder Bijodatsalbe sondern
Ugt. cantharid. 1: 4.
Eine etwaige Verwechselung mit Urticaria ist nach meiner
Ansicht auf Grund der obigen Symptome in diesem Falle voll¬
ständig ausgeschlossen, zumal ich Urticaria bei Pferden auch in
den verschiedensten Stadien schon sehr häufig gesehen habe.
Castration einer Stute.
Von
Rhelnheimer-Lambsheim,
Thierarxt.
Eine dem Oeconomen Sch. in B. gehörige acht Jahre alte
Stute zeigte in letzter Zeit so hochgradige Erscheinungen von
Nymphomanie, dass sie schliesslich für den Besitzer vollkommen
untauglich wurde. Da derselbe das werthvolle Thier nicht um
einen geringen Preis dem Pferdeschlächter überlassen wollte und
kurz vorher in einer Nachbargemeinde ein Pferd desselben
Leidens wegen in bereits stark abgemagertem Zustande dem
Wasenmeister übergeben worden war, so war Herr Sch. leicht
dazu zu bewegen, die Stute castriren zu lassen.
Dieselbe wurde zunächst drei Tage vor der Operation diät
gehalten. Während ich am gleichen Tage im selben Gehöfte
mit dem Castriren eines Hengstes beschäftigt war, liess ich
Messer und Kettenecraseur (von Hauptner) in einer Blechwanne
auskochen; gleichzeitig wurde die Scheide der gut gespannten
Stute, der ich 0,5 Morph, hydrochlor. subcutan injicirt hatte,
mit l%oiger Sublimatlösung ausgespült, die Vulva sowie die
Umgebung derselben mit gleicher Lösung peinlich sauber ab¬
gewaschen. Nachdem der Mastdarm ausgeräumt war, behandelte
ich meine beiden Arme ungefähr zehn Minuten lang mit Seifen¬
wasser, Alcohol und Sublimatlösung und schritt dann zur Operation.
Sobald ich die obere Wand der Scheide vor dem orificium externum
genau in der Medianlinie bis zum Bauchfell durchschnitten hatte,
drängte das Thier so heftig, dass das Rectum ca. 15 cm weit
vorfiel, so dass ich die Operation behufs Reposition desselben
unterbrechen musste. Als diese geschehen war, ging es an
eine neuerliche Desinfection der Arme, und dann wurde der
Bauchfellüberzug der Scheide rasch mit dem Zeigefinger durch-
stossen und der Riss in der Scheide soviel erweitert, dass ich
mit der Rechten in die Bauchhöhle eindringen konnte.
Das Auffinden der Ovarien ist, wenn man sich an den Körper
und die Hörner des Uterus hält, sehr leicht. Der linke Eierstock
zeigte nun vollständig normale Verhältnisse, während der rechte
um das Doppelte vergrössert war. Ich entschloss mich deshalb,
nur letzteren zu entfernen. Da ein Einführen des Ecraseurs
wegen der nachgiebigen Kette, solange sich mein Arm in Scheide
und Bauchhöhle befand, nicht möglich war, hängte ich die Kette
des Ecraseurs um den Daumen und führte sie so ein. Die
Kette wurde nun mit den Fingern um den Eierstock gelegt und,
nachdem festgestellt war, dass sich sonst nichts in derselben
befand, der Ecraseur durch einen Gehülfen in Thätigkeit gesetzt.
Der abgetrennte Eierstock wurde dann mit der Hand entfernt
und zeigte cystoide Degeneration.
Gleich nach der Operation wurde dann die Stute ungefähr
‘/a Stunde spaziren geführt, worauf sie mit normalem Appetit
ihr vorgesetztes Wasser und Heu mit Häcksel aufhahm. Ich
liess dem Thiere, obwohl sich nicht die geringsten Er¬
scheinungen einer Peritonitis zeigten, dann drei Tage lang
Hydrarg. chlorat. m. mit Natr. sulf. in kleineren Dosen reichen und
die Bauchwand mit Spirit, camphor. einreiben. Bereits acht Tage
nach der Castration wurde die Stute wieder zur Arbeit ver¬
wandt, und obwohl nur ein Ovarium entfernt wurde, waren alle
Symptome der Nymphomanie verschwunden, so dass die Operation
als vollständig gelungen betrachtet werden muss.
Ich habe nun in nächster Zeit weiter Gelegenheit, drei Stuten
mit denselben Erscheinungen zu castriren, und werde auch
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532
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 45.
darüber berichten. Jedenfalls werde ich aber unter allen Um¬
ständen dann beide Eierstöcke entfernen.
Therapie des Tetanus durch Schreck.
Von
Ki88uth-Guhrau,
Kreisthierarzt.
In zwei Fällen von Tetanus mit schwerem Trismus konnte
ich eine auffallend günstige Beeinflussung des Krankheitsverlaufes
durch einen im Stall abgefeuerten starken Schuss constatiren.
Der Gedanke an sich ist durchaus nicht neu und die Erklärung
für die günstige Wirkung einer Verordnung, die sonst bei Tetanus
contraindicirt ist, dürfte auch nicht schwierig sein. Das
klinische Bild des Starrkrampfes ist eben, wie der Name schon
sagt, ein Krampf, die meisten Skeletmuskeln befinden sich im
Zustande hochgradiger Spannung; und wie jede Spannung, wenn
die sie bewirkende Ursache ad maximum ansteigt, zur Explosion
führen muss, so auch hier: Durch die plötzliche, auf das hoch¬
gradig sensible Thier unvermittelt einwirkende Detonation geht
die Spannung sogar über das Höchstmass hinaus, hier giebts
kein Biegen, der Krampf wird gebrochen. Ein Irrthum in der
Diagnose war in beiden Fällen vollständig ausgeschlossen. Die
Patienten gelangten zur Behandlung, als das Bild des Tetanus
mit allen Schattirungen bereits ausgeprägt war. Im Falle No. 1
wurde erst eine dreitägige Behandlung mit Morphium und
Chloral bei absoluter Ruhe im dunklen Stall vorgenommen,
Wirkung ziemlich Null.
Die unmittelbar nach dem Schuss — blinder, starker Schuss
aus der spaltförmig geöffneten Stallthür — zur Beobachtung
gelangende Wirkung war folgende: Patient, welcher vorher
vollständig steif dastand, brach plötzlich zusammen, um schon
nach wenigen Sekunden ohne sichtbare Beschwerde aufzustehen.
Das Thier zeigte grosse, nur kurze Zeit andauernde Erregung,
konnte aber die Gliedmassen, wie auch Kopf und Hals fast
normal bewegen. Der Trismus war regulär erschossen. Im Falle
No. 2 frass das Thier nach dem Schuss einen ganzen Arm voll Heu,
zwar noch etwas langsam, jedoch ohne sichtbare Schluck¬
beschwerden. Desgleichen wurde ein halber Eimer Kleietrank
aufgenommen. Vollständige Genesung nach etwa 14 tägiger
Stallruhe, während der ersten 3 Tage — nach dem Schuss —
aus Vorsicht noch Chloral per anum.
Im Falle No. 1 erholte sich Patient etwas langsamer, und
es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die vorherige medicamentöse
Behandlung daran Schuld war (Dieckerhoff). Das Thier
zeigte einige Wochen nach der Behandlung noch einen etwas
gespannten Gang, hat später aber jeden Tag gearbeitet, während
im Fall No. 2 schon nach 14 Tagen jede Spur der Krankheit ver¬
schwunden war.
Referate*
Die emphysematose Frucht. Das Dunstkalb.
(De l’emphysöme gönöral du Foetus chez la vache.)
Von A. Lucet.
(Le Progr^s vfterinaire 1900. Nr. 11, 12, 13 u. 14.)
Lucet beschreibt in einem recht ausführlichen Artikel die
beim Rinde dann und wann vorkommende emphysematose Frucht.
Nach seiner Ansicht geht die Frucht erst etwa im 7. Monat
der Gravidität in Fäulniss über; oft jedoch am Ende derselben
gegen die Zeit der Geburt. In früheren Stadien der Gravidität
erfolgt, falls die Frucht im Uterus abstirbt und die Ausstossung
verhindert wird, Mumification oder Maceration.
Der Verfasser ist im Gegensatz zu der bis heute herrschen¬
den Ansicht vieler Anderer der Meinung, dass das Emphysem
auch bei geschlossenem Cervix und ohne Zutritt von
Luft in den Uterus entstehen könne. Der Uterus vertritt
dann nur die Stelle eines feuchten Brutofens, welcher in hoher
und constanter Temperatur gehalten wird. In manchen Fällen
ist eine Zurückhaltung der todten Frucht 12—15 Stunden lang
genügend, ein Emphysem hervorzurufen; in andern Fällen
dauert es länger.
Lucet vermuthet, dass die wichtigen Veränderungen,
welche in der Frucht vor sich gehen, durch bestimmte niedere
Organismen verursacht werden. Diese gelangen entweder auf
dem Wege der Circulation oder vom Darmkanal aus in die
Frucht.
In den meisten Fällen erliegt die Kuh ziemlich bald nach
der Geburt. Der Tod ist mehr eine Folge der Intoxication
durch Fäulnisstoxine, welche in der emphysematösen Frucht
enstanden sind, als der Infection durch niedere Organismen.
Der Verfasser fand bei der bacteriologischen Unter¬
suchung, die er anstellte, vier Arten von Bacillen, von welchen
er eine nicht zu isoliren vermochte. Die drei andern werden
sehr ausführlich in Bezug auf ihre Eigenschaften auf künst¬
lichem Nährboden beschrieben.
Die Minimaltemperatur, in der sie wachsen, ist 10—12 °C.,
das Maximum 42°, das Optimum liegt zwischen 25° und 35°.
Sie gedeihen recht gut auf Gelatine, ohne diese flüssig zu
machen, ferner in Bouillon und den gebräuchlichen Laboratoriums¬
nährböden, sowohl neutralen als alkalischen, sogar auf sauren
Media. Sowohl in festen als flüssigen Nährböden produciren
sie Gas.
Keiner der Bacillen bildet Sporen. Die Bacillen werden bei
70° innerhalb 5 Minuten in Flüssigkeiten getödtet.
Auch in Milch können sie gezüchtet werden, wobei diese
gerinnt. Das Gerinnen der Milch ist eine Folge davon, dass
der Nährboden durch die Bacteriencultur sauer wird. Alle drei
Bacillen bilden Indol. In zuckerhaltiger Bouillon bildet sich
reichlich Gas. Schwefelwasserstoff bildet sich nicht.
Der Verfasser hat schliesslich mit Rücksicht auf die Patho¬
genität genannter Bacillen Versuche gemacht, indem er Kaninchen
und Meerschweinchen subcutan, intravenös und intraperitoneal
impfte. Diese Versuchsthiere reagirten nicht. Filtrirte und
sterili8irte Culturen, welche in einer Menge von 5,67 und 8 ccm
in die Ohrvenen der Kaninchen eingespritzt wurden, blieben
wirkungslos. M. G. d. B.
Ueber die Bedeutung der Lnftinfeetion bei den
wichtigsten Thierseuchen und über die Massregeln
gegen die Gefahr dieser Infection.
Von EL Kasselmann - Greven i. W.
(Zeitschrift für Thierraoiiicin 1900. Heft 2 bis 5.)
In dem von fleissigem Literaturstudium zeugenden 1. Theil
der Arbeit wird die Bedeutung der Luftinfection nachstehender
Seuchen erörtert: Rindertuberculose, Rotz, Milzbrand, Rausch¬
brand, Rinderpest, Pockenseuche der Schafe, Lungenseuche der
Rinder, Pferdestaupe, Schweineseuche, Druse, Brustseuche, Maul¬
und Klauenseuche.
Der 2. Theil beschäftigt sich mit den Massnahmen, durch
welche den Gefahren der Luftinfection am wirksamsten vor¬
gebeugt werden kann.
Diese Massregeln werden in drei Gruppen zerlegt: 1. Mass¬
regeln die die Aufnahme der in der Luft befindlichen Infections-
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8. November 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
533
keime verhindern. 2. Massregeln, die den Eintritt von Infections-
keimen in die Luft verhindern. 3. Massregeln, wodurch die in
der Luft schon vorhandenen Infectionskeime daraus entfernt
bezw. darin vernichtet werden.
Die Aufnahme der Infectionskeime aus der Luft wird am
wirksamsten durch die Trennung der erkrankten Thiere von
dem gesunden Bestände verhütet. Mit der Separirung hat sich
selbstverständlich auch eine gesonderte Wartung und Pflege zu
verbinden. Die zweite Gruppe von Massnahmen kann sich nur
auf Thiercadaver erstrecken, in welchen sich der Ansteckungs¬
stoff noch eine Zeit lang nach dem Tode lebend erhält, denn
den Eintritt von Seuchenkeimen aus lebenden Thieren in die
Luft können wir nicht verhindern.
Todte, mit ansteckenden Krankheiten behaftete Thiere müssen
zeitig vergraben oder verbrannt werden. Träger des Contagiums,
Futterstoffe, Stallutensilien, Dünger, Kleider n. s. w. sind, soweit
sie werthlos sind, ebenfalls zu verbrennen oder die Ansteckungs¬
fähigkeit ist ihnen durch natürliche Mittel: Luft, Austrocknen
oder auf chemischem oder thermischem Wege zu nehmen. Da
pathogene Organismen aus flüssigen Medien oder von feuchten
Oberflächen nicht in die Luft geführt werden können, ergiebt
sich die Nothwendigkeit, alle Hantirungen, welche Staub machen,
wie Reinigen der Krippen, Gänge, Wände u. s. w., möglichst auf
nassem Wege vorzunehmen.
Was speciell die „Tröpfcheninfection“ betrifft, so reicht
dieselbe nach den Untersuchungen Flügge’s gewöhnlich nicht
über 1 m Raumlänge hinaus.
Diese Thatsache sollte auch für die Viehbesitzer die Auf¬
forderung bilden, die Thiere vor zu grosser Annäherung im
Stalle zu hüten und dafür zu sorgen, dass bei der Aufstellung
die Köpfe 1 Meter weit von einander entfernt sind.
Die in dritter Linie geforderte Vernichtung der Luftkeime
ist nicht zu ermöglichen, doch ist die Gefahr der Luftinfection
im Freien erfahrnngsgemäss nur gering und bewegt sich in
engen Grenzen. In geschlossenen Räumen bedingen dagegen
die in der Luft suspendirten Seuchenkeime viel leichter eine
Ansteckung. In den Ställen ist deshalb reichlicher Luftwechsel
erforderlich. Je schlechter die Ventilationseinrichtungen in den
Ställen beschaffen sind, desto schneller und sicherer erfolgen
die Infectionen.
Verfasser weist darauf hin, dass die Tuberculose der Rinder
in den Regierungsbezirken Münster und Osnabrück deshalb
selten sei, weil diese Thiere nicht in geschlossenen Ställen
untergebracht seien. Die Kühe sind daselbst, gemäss der Ein¬
richtung des niedersächsischen Hauses, zu beiden Seiten der
Tenne aufgestellt, dass sie mit den Köpfen nach dem freien
Raume der Tenne gerichtet sind. Diese ist durch das grosse
viertheilige Einfahrtsthor nach aussen abgeschlossen, welches
den grössten Theil des Jahres offen steht und daher einen
steten Wechsel der Aussenluft mit der Stallluft gestattet.
Diesem Umstande wird es zugeschrieben, dass in den genannten
Gegenden die Rindertuberculose eine „unbekannte Krankheit“ ist.
An dem Vernichtungskampfe der pathogenen Organismen
nimmt weiter anch das Licht seinen Antheil. Den Stallungen
darf deshalb der Zutritt des Tageslichtes nicht zu sehr verkürzt
werden.
Von den chemischen Luftdesinfectionsmitteln kommen Chlor
und Brom und in neuester Zeit das Forraalin in Dampfforra in
Betracht.
Ueber die Bissverletzungen von Mensehen durch tolle
oder der Tollwuth verdächtige Thiere in Prenssen
während des Jahres 1899,
Von Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Kirchner.
(Klinische» Jahrbuch VII. Bd. SeparaUbdruck.)
Von demselben Verfasser erscheint seit 1897 alljährjich
eine statistische Uebersicht der im Laufe eines Jahres durch
tolle oder tollwuthverdächtige Thiere gebissenen Menschen.
Seit 1891 sind in Prenssen insgesammt 1207 Personen von
tollen resp. tollwuthverdächtigen Thieren gebissen, von welchen
37 = 3,07 pCt. an Tollwuth starben und zwar hat die Mortalität
der Gebissenen von 5,13 pCt. im Jahre 1891, zu 1,05 pCt. im
Jahre 1899 abgenomraen. Diese wesentliche Abnahme
der Mortalität ist zurückzuführen auf die segensreiche
Thätigkeit des Impfinstituts gegen Tollwuth in Berlin (Institut
für Infectionskrankheiten).
Die meisten Bissverletzungen kommen in Schlesien (121) vor,
dann folgt Westpreussen (46), Posen (37), Ostpreussen (26),
Sachsen (24), Pommern (19), Brandenburg (14), — wobei die
Zunahme in den letzten drei Provinzen besonders imponirt, in
diesen Provinzen stieg die Zahl der Bissverletzungen von
1897 : 12 auf 57 im Jahre 1899. — Von den 102 Kreisen, in
denen Tollwuthbisse vorkamen, stossen 34 an die Grenze, und
zwar 18 an die russische, 11 an die österreichische, 3 an die
königlich sächsische; auf diese Grenzkreise fallen 124 = 42,16 pCt.
aller Bisse. In die Monate Mai und August fallen die meisten
Bissverletzungen, die geringste Zahl in den October.
Die 287 vorgekommenen Verletzungen sind von 209 Thieren
verursacht und zwar 193 durch Hunde, 11 durch Katzen, 4 durch
Rinder, 1 durch Schwein. Von diesen 209 Thieren erwiesen sich
150 als mit Sicherheit toll. — Von den 287 Verletzten waren
70 pCt. männlichen und 30 pCt. weiblichen Geschlechts; die
Mehrzahl der Bissverletzten stand im Alter von 5—15 Jahren.
Der Sitz der Verletzungen war bei 15 am Kopf, bei 7 am Hals
oder Rumpf, bei 176 an den oberen, bei 74 an den unteren
Extremitäten.
Von den 15 Kopfbissen starben 6,7 pCt., von den 7 Rumpf¬
bissen starb keiner, ebenso auch nicht von den 176 Verletzungen
der oberen Gliedmassen und den 74 an den unteren Gliedmassen,
dagegen starb von den 15 Fällen, in denen der Sitz der Ver¬
letzung nicht angegeben war, einer; dagegen hatten 1897 und
1898 Kopfverletzungen 25 pCt., Handverletzungen 5,1 pCt., Ver¬
letzungen der oberen 3 pCt., der unteren Extremitäten 1,6 pCt.
Mortalität. Diese günstige Abnahme der Gefährlichkeit der
Wuthbisse ist auf die Thätigkeit der Abtheilung für Pasteursche
Schutzimpfung des Instituts für Infectionskrankheiten zurück^
zuführen, in welcher 231 Personen geimpft wurden, von denen
nicht einer starb. Nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahre
starben von 104 nicht ärztlich behandelten Gebissenen 6,7 pCt.,
von 297 ärztlich Behandelten, nicht geimpften 3,0 pCt., von
315 Geimpften kein einziger. Eine bessere Bestätigung
der Vorzüglichkeit des Pasteurschen Verfahrens wird wohl
Niemand verlangen. Dr. Jess.
Tagesgeschichte.
Centralvertretung der thierärztlichen Vereine Prenssen«.
Vorläufige Mittheilung.
Der Vorsitzende der Central-Vertretung, Herr Geheimrath
Dr. Esser-Göttingen wird auf den 15. December er. eine
Plenar-Versammlung der thierärztlichen Central-Vertretung ein-
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534
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 45.
berufen. Die Tagesordnung wird demnächst bekannt gemacht
werden; etwaige Anmeldungen für dieselbe würden daher um¬
gehend Herrn Geheimrath E s s e r zu übersenden sein. Gleichzeitig
muss nach dem Statut des Unterstützungsvereins eine General-
Versammlung des letzteren stattfinden, wozu der Vorsitzende des¬
selben, Herr Veterinärassessor Preusse, einberufen wird.
Gründung eines Vereins preussischer Kreisthierärzte.
Allen preussischen Kreisthierärzten ist nachstehendes
Circular zugegangen:
Geehrter Herr College!
Um Einigkeit in den persönlichen wie dienstlichen An¬
gelegenheiten zu erzielen, ist es erforderlich, einen
„Central-Verein preussischer Kreisthierärzte“ zu
gründen, und werden Sie hierdurch gebeten, Ihre Mit¬
gliedschaft bei dem Unterzeichneten bis zum
6 November anznmelden. Beiträge werden nur zur
Deckung der Unkosten, als Drucksachen und Porto, er¬
hoben. Die erste Versammlung soll möglichst in den
Tagen in Berlin stattfinden, an welchen die Centr.-Vertr.
d. th. Vereine Preussens ihre Sitzungen in Berlin hat, und
werden die Einladungen an die angemeldeten Mitglieder
bis Mitte November unter Angabe der Tagesordnung er¬
gehen. Ein solcher Verein kann nur mit Erfolg wirken,
wenn alle Kreisthierärzte Mitglieder sind.
Mit colleg. Gruss I. A.: Thunecke (Calbe a. S.).
Eingeweihten kommt dieser Versuch einer Sonder-Organi-
sation der Kreisthierärzte nicht überraschend. Dass ein der¬
artiger Plan bestand, war bekannt. Ihm jetzt, wo er hervor¬
tritt, schon mit einem fertigen Urtheil begegnen zu wollen,
wäre verfrüht. Aber die Erscheinung an sich ist bedeutungs¬
voll genug, um von vornherein die ernsthafteste Beachtung
und eine objective Würdigung zu erzwingen.
Ob der gegenwärtige Augenblick sehr günstig ist, kann
zweifelhaft erscheinen. Wir stehen vor der folgenschwersten
Entscheidung. Die thierärztliche Welt hält den Athem an und
lauscht auf die Kunde, die bald genug aus dem Reichstag kommen
muss, auf die Entscheidung über das Abiturientenexamen.
Alles, muss ich gestehen, scheint daneben vorläufig neben¬
sächlich. Und jene Entscheidung (mag sie eine präcise sein
oder nicht, wir werden daraus genug erkennen) wird entscheidend
sein für den Geist und die Stimmung im thierärztlichen Stande
auf Jahrzehnte hinaus. Es pflegt für das Wesen eines Vereins
bedeutungsvoll zu sein, auf welchem Boden er wächst, ob Zu¬
friedenheit und Zuversicht oder Verdrossenheit und Verzweiflung
an seiner Wiege stehen. Das ist für uns jetzt alles im Nebel,
und deshalb hätte man wohl besser die Klärung abgewartet.
Andererseits hat aber vielleicht die Absicht bestanden,
(und diese lässt sich begründen) der nächsten Plenar-Versammlung
der Central-Vertretung eine Thatsache vorzuführen, deren
Bedeutung sich bereits abschätzen liesse. Denn je nachdem
dieser Verein sich auf einen kleineren Kreis von Mitgliedern
beschränkt oder allgemeinen Anklang findet, wird die Central-
Vertretung mit ihm zu rechnen haben.
Das ist unzweifelhaft, dass der Verein mit der Central-
Vertretung in Concurrenz tritt und dass seine Gründung ein
Zeichen von Unzufriedenheit mit jener ist.
Der deutsche Veterinärrath soll alle deutschen Thierärzte
zusammenfassen und verhindern, dass Landesgrenzen sie
trennen. Die preussische Central-Vertretung soll alle preussischen
Thierärzte Zusammenhalten und verhüten, dass sie sich nach
Gruppeninteressen sondern. Kann sie diese Aufgabe gegenüber
einem wesentlichen Theil des thierärztlichen Standes nicht
mehr erfüllen, würden sich mehrere Provinzen oder würden sich
Berufsgruppen anssondern, so würde der Central-Vertretung die
Daseinsberechtigung entzogen, jedenfalls ihre bisherige Bedeutung
beeinträchtigt. Der Fall oder mindestens die Gefahr der Aus¬
sonderung der Kreisthierärzte liegt vor, sobald sie einen eigenen
Centralverein gründen.
Ob gerade die Kreisthierärzte Grund haben, mit der Central¬
vertretung unzufrieden zu sein, oder aber ob sie für sich allein
mehr werden erreichen können, kann hier dahingestellt bleiben.
Das eine ist Sache des eigenen Gefühls, das andere würde die
Zukunft zu erweisen haben. Gewiss ist, dass die beamteten
Thierärzte gerade in der Centralvertretung eine grosse Rolle
gespielt haben und dass ihre Angelegenheiten da gewiss nicht
zuletzt behandelt worden sind. Doch konnte man seit längerer
Zeit die Rede hören: „Die Centralvertretung besteht wohl aus
Departementsthierärzten, aber nicht aus Kreisthierärzten, und
diese befinden sich jetzt in einer ganz anderen Lage als wir“.
Die Richtigkeit dieses Satzes wird nicht bestritten werden
können. Die Departementsthierärzte sind jetzt als pensions¬
fähige und besoldete Beamte thatsächlich in einer anderen
Lage. Daraus folgt aber doch nicht, dass sie deswegen weniger
als früher bereit und geeignet seien, kreisthierärztliche Interessen
zu vertreten. Dass aber dieser Punkt bei der Gründung des Ver¬
eins in Frage gekommen ist, ist wahrscheinlich.
Nun wäre es aber nicht allein unrichtig (weil nutzlos),
sondern auch unberechtigt, der beabsichtigten Gründung ent¬
gegenzutreten mit subjectiven Einwänden und Empfindungen,
sei es vom Standpunkte der Centralvertretung, sei es von dem
des Departementsthierarztes aus. Die Vereinsgründung an sich
ist frei; die Motive sind Internum der Veranstalter. Die
Oeffentlichkeit hat nur die Frage zu erörtern, ob der Verein
nachtheilig ist oder ob er einen Nutzen gewähren kann, wenn
nicht für die Allgemeinheit der Thierärzte, so doch für die
unmittelbar Betheiligten.
Da muss zugegeben werden, dass die Kreisthierärzte aller¬
dings ihre eignen Angelegenheiten am freiesten verhandeln
können, wenn sie unter sich sind. Es muss auch zugegeben
werden, dass sogar die officielle Entgegennahme von Eingaben,
welche die Verhältnisse der beamteten Thierärzte betrafen,
formellen Bedenken begegnet ist, weil an den Beschlüssen auch
Thierärzte in anderen Stellungen mitgewirkt hatten.
Wenn aber die Nützlichkeit eines separaten Vorgehens
der beamteten Thierärzte (seien es nun Departements- und
Kreisthierärzte oder letztere allein) in ihren eignen Angelegen¬
heiten nicht principiell bestritten werden kann, so kommt es für
die übrigen Mitglieder des thierärztlichen Standes nur daranf
an, die für die Gesammtheit möglichen Nachtheile zu verhindern.
Ein Nachtheil für die Gesammtheit wäre der Verlust einer
Gesammtvertretung. Der muss verhindert werden, aber dafür
giebt es verschiedene Wege. Am sichersten wird das erreicht
nicht dadurch, dass das Neue feindlich oder absprechend be¬
handelt wird, sondern dass die Zeichen der Zeit beachtet und
die alten Formen neuen Zuständen angepasst werden.
Wenn die beamteten Thierärzte ihre Sachen allein, nicht
auf der Plenarversammlung der Centralvertretung verhandeln
wollen, so haben die anderen Berufsgruppen auch keine Ver¬
anlassung, in der Berathung ihrer Specialangelegenheiten die
beamteten Thierärzte mitreden zu lassen. Dann wäre also die
logische Folge, dass auch ein Centralverein der Sanitätsthier¬
ärzte und ein Centralverein der Privatthierärzte sich
bildet. Die Sanitätsthierärzte haben Neigung zur Separation
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8. November 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
685
schon lange bekundet, und in den Kreisen der Privat¬
thierärzte macht sich eine ziemlich allgemeine Verstimmung
darüber geltend, dass in der Central-Vertretung fast nur Be¬
amte sitzen und dass die reinärztlichen Angelegenheiten vom
öffentlichen Veterinärwesen zu sehr zurückgedrängt werden.
Zufrieden ist also eigentlich Niemand mehr. Ist dann die
Organisation noch richtig? Diese Frage heischt eine Prüfung.
Der Zug der Zeit ist eben die Specialisirung auch in der
Interessenvertretung. Trotzdem die Gemeinsamkeit zu wahren,
bleibt die Aufgabe aller wahrhaften Freunde des thierärztlichen
Standes. Dieselbe wird erschwert, aber nicht unausführbar.
Auch wenn Kreis-, Sanitäts- und Privatthierärzte sich wirklich
sondern wollen, bleiben ihnen gemeinsame Güter, und es sind
die theuersten von allen. Deshalb bedürfen sie nach wie vor
der gemeinsamen Berathung und Vertretung.
Ich möchte meine Meinung dahin zusammenfassen: Unbedingt
unerschütterlich muss für uns die Zusammensetzung der Pro¬
vinzial- oder, sagen wir, der Localvereine sein. Diese müssen
alle Thierärzte umfassen, und wer auf ihre Zersplitterung in
Interessengruppen hinarbeitet, ist, bewusst oder unbewusst ein
Verräther an der thierärztlichen Sache. Denn in diesen Vereinen
wird der persönliche Zusammenhang gewahrt, ohne den der
Stand einfach zerfallen müsste; das ist die Hauptaufgabe und das
Hauptverdienst dieser Vereine. Ausserdem ist im kleineren Kreise
die beste Gelegenheit gegeben zum Meinungsaustausch zwischen
den Vertretern verschiedener Berufsspecialitäten.
Wenn aber ausserhalb der gemischten Provinzial- bezw.
Localvereine sich allgemeine Specialistenvereine bilden, so kann
dies berechtigt sein und braucht — die bona fides in dieser
Beziehung natürlich unbedingt vorausgesetzt — nicht zur Zer¬
splitterung des Standes führen, sobald auch diese Organisationen
nach wie vor in der Centralvertretung ihren Zusammenschluss
finden. Dieser Zusummenschluss ist unentbehrlich Für die Existenz
des thierärztlichen Gesammtstandes und sachlich begründet darin,
dass trotz alles Specialistenthums genug Gegenstände für gemein¬
sames Rathen und Handeln bleiben.
Die Centralvertretung kann in jedem Falle dieser Aufgabe
gerecht bleiben; nur ihre Zusammensetzung, die ja nicht ihr
Wesen ausmacht, müsste sie dann modificiren. Wie, das braucht
heute noch nicht erörtert zu werden. Ob die Central-Vertretung
sich zu einer solchen Aenderung durch die Gründung des Central- ,
Vereins der Kreisthierärzte veranlasst sehen wird, das wird
wesentlich davon abhängen, wie weit der letztere Anklang findet.
JedenfaUs wird die nächste Plenarversammlung Gelegenheit
geben, diese Angelegenheit bereits zu besprechen. Unser Wahl¬
spruch muss sein „Zusammenhalt um jeden Preis“, und die
Centralvertretung wird gewiss, ihrer Stellung gemäss, in dem
Streben danach mit gutem Beispiele vorangehen.
Schmaltz.
61. Generalversammlung des thierärztlichen General¬
vereins für die Provinz Brandenburg am 4. November.
Die stark besuchte Versammlung ehrte zuerst das Andenken
ihrer Todten. Drei besonders werthe Mitglieder hatte der Verein
seit seiner letzten Sitzung durch den Tod verloren, den Ober¬
rossarzt a. D. Thomas zu Glogau (1870 approbirt), den Kgl.
Marstall-Oberrossarzt a. D. Suder (1859 approbirtj und den
Kreisthierarzt a. D. Mann zu Landsberg a. W. Letzterer,
1846 approbirt, zählte'[zu den Senioren des Vereins. Suder
hat denVerein mitbegründet, Mann gehörte ihm seit 30 Jahren,
Thomas seit 16 Jahren an. Ehre ihrem Andenken!
Neu aufgenommen wurden die Thierärzte Söffner zu Vietz
und Isert zu Prenzlau. Die Versammlung nahm dann den
Kassenbericht entgegen. Das dem Geheimrath Lydtin anläss¬
lich seiner Wahl zum Ehrenmitglied ausgestellte kunstvolle, in
einem Lederband ruhende Diplom wurde von den Anwesenden
unterzeichnet. Es wurde der Wunsch ausgesprochen, die Samm¬
lung für die Büsten von Gurlt, Hertwig und Spinola von
Vereinswegen zu unterstützen und bedauert, dass der Verein
zur Zeit daran behindert sei, weil man noch immer im Unklaren
darüber sei, ob der Für den Badener Congress gezeichnete
Garantiefonds werde in Anspruch genommen werden. Es wird
die endliche Regelung dieser Angelegenheit verlangt.
Der Verein beschäftigte sich sodann mit der Eintragung in
das Vereinsregister nach Massgabe des B. G.-B. Rechtsanwalt
Pincus, als juristischer Berather, wies nach, dass die Ein¬
tragung für einen Verein, der keine wirtschaftlichen, sondern
ideale Zwecke verfolge und nur ein kleines Vermögen besitze,
unnöthig sei. Einige geringfügige Aenderungen der Statuten
würden genügen, um das Fortbestehen ganz in der bisherigen
Weise auch gegenüber dem B. G.-B. zu sichern. Der Verein
beschloss demgemäss, von der Eintragung, mit der immerhin
Unbequemlichkeiten (Statuten-Genehmigung) verbunden sind, bis
auf Weiteres abzusehen.
Dr. Schreiber, Director des Serum - Instituts zu Lands¬
berg a. W. hielt einen längeren, sehr interessanten Vortrag
über den Stand seiner Versuche zur Bekämpfung der Schweine¬
seuche und-Pest Dieser Vortrag erscheint demnächst in derB.T. W.
Kreisthierarzt Graffun der, wies darauf hin, was an¬
gesichts der Erscheinungen der Neuzeit die Thierärzte zu ver¬
fechten hätten. Der Zug der Zeit gehe keineswegs dahin, die
Selbstständigkeit der tierärztlichen Wissenschaft, welche vor
20 Jahren gewonnen sei, weiter zu entwickeln. Ernste An¬
zeichen lägen vor, dass diese Selbstständigkeit neuen Gefähr¬
dungen ausgesetzt sei und an gewissen Stellen nicht gebührend
anerkannt werde. Er betone nur die amtliche Bevorzugung von
Medicinem in der Thierseuchenforschung; neuerdings seien so¬
gar Medicinalbeamte beauftragt worden, die Herstellung der
Serumpräparate für Thierseuchen zu controliren. Dies sei
doch mindestens eine tierärztliche Angelegenheit, ebenso wie
die Revision der Sciachthäuser, die neulich in einem gewissen
Bezirke auch ein Medicinalrath habe vornehmen wollen. Redner
empfiehlt, dass die Central-Vertretung diese Punkte beachten möge.
Die grösste Antheilnahme widmete die Versammlung der
Berathung über die Frage, unter welchen Bedingungen
die Thierärzte mit der Fleischbeschau zu betrauen
seien. Kreisthierarzt Lehmann-Kalau leitete die Besprechung
ein und wies die in der B. T. W. von Kühn au ausgesprochene
Ansicht sehr entschieden zurück. Der § 5 könne unmöglich
so verstanden werden, dass auch die Thierärzte noch einen be¬
sonderen Nachweis von Kenntnissen führen sollten. Unzweifel¬
haft sollten sie vielmehr den Personen, die eines solchen Nach¬
weises bedürften, gerade gegenübergestellt werden. Vor Allem
aber sei die Forderung einer besonderen Ausbildung im Schlacht¬
hofe sachlich ganz unbegründet, und es sei unverständlich, wie
ein Thierarzt eine solche Forderung aufstellen könne. Schlacht¬
hausbetrieb und Landfleischbeschau sei zweierlei. Im Schlachthof
sollte der junge Thierarzt sich vorbereiten, wenn er selber
später einen Schlachthof leiten solle. Die Landfleischbeschau
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536
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 45.
aber sei einfach Untersuchung thierischer Cadaver auf krank¬
hafte Zustände, und es wäre ein ungeheures Testimonium pauper-
tatis für das Studium der Thiermedicin, wenn dasselbe zu dieser
nicht specialistischen, sondern allgemein medicinischen Aufgabe
nicht befähigen sollte. Ueberdies seien in der Landfleisch¬
beschau die schwierigsten Fälle die Nothschlachtungen, welche
in Schlachthäusern, namentlich grösseren, gar keine Rolle spielen.
Aber selbst wenn die Fleischschau, was gar nicht der Fall sei, den
Thierärzten wirklich neue Aufgaben stellte, so wäre das auch noch
kein Grund, von ihnen einen besonderen Befähigungsnachweis zu
verlangen. Verlange man denn einen solchen von den Richtern, denen
das B. G. B. doch unvergleichlich mehr neue Aufgaben gebracht
habe. Man verlange das nicht, weil man wisse, dass Jemand,
der durch ein Studium das allgemeine Verständniss für ein Fach
gewonnen habe, auch neue Erscheinungen seines Gebiets ohne
fremde Nachhülfe verstehen lerne. So befähige das allgemein
medicinische Verständniss auch den Thierarzt ohne besondere
Nachbildung hundertmal besser dazu, die Landfleischbeschau
ausznüben, als ein Laie durch noch soviel Schlachthofausbildung
dazu befähigt werden könne.
Die ganze Versammlung trat, nicht ohne eine gewisse
persönliche Erregung, den Ausführungen des Redners bei.
Professor Schmaltz betonte, dass er die AnsichtKühnau’s
in keiner Beziehung theile. Dagegen könne er es nur für
nützlich erachten, dass Kühnau seine Ansicht öffentlich aus¬
gesprochen habe, anstatt sie etwa bloss in irgend einer Com¬
mission zu äussern. Indem er sie der Oeffentlichkeit und Kritik
übergeben habe, sei die breiteste Bahn für ihre Widerlegung
freigegeben. Sachlich hielt es der Redner für ganz unberechtigt,
von den Thierärzten für die Landfleischbeschau noch eine Vor¬
bereitung im Schlachthause zu verlangen. Das hiesse ja, 'die
Thierärzte auf dieselbe Stufe mit den Laien zu stellen. Die
specielle Schlachthoftechnik solle garnicht auf die Landfleischschau
übertragen werden. Einzelne Nichtwisser gebe es überall.
Wem acht Semester Studium kein Wissen gebracht hätten, dem
würden auch acht Wochen im Schlachthaus nichts helfen. Wer
aber wirklich Medicin studirt habe, der müsse unbedingt als
ausgebildeter Fleischbeschauer gelten, denn das Studium begreife
die Kenntniss der pathologischen Anatomie in sich. Er könne
absolut nicht verstehen, was die Landfleischschau Anderes ver¬
lange, als jede gewöhnliche Obdnction. Ein Arzt als solcher
müsse doch als fähig gelten, Obductionsbefunde anfzunehraen.
Das derzeitige Studium sei überdies bereits den Anforderungen
der Fleischschau angepasst; es sei jedenfalls dafür zugesohnitten,
practischen Bedürfnissen zu entsprechen. Wenn man zukünftig
als allgemeinen Grundsatz aufstelle, dass das theoretische
Studium durch ein practisches Jahr ergänzt werde, dann könne
dabei auch die Fleischschau berücksichtigt werden. Aber so
lange man ohne jedes Practicum, bloss auf Grund seines
Studiums, den jungen Arzt auf Lebende loslasse, könne man
doch unmöglich für Cadaver mehr verlangen.
^Auch die anwesenden Sanitätsthierärzte stimmten in den
wesentlichen Punkten jenen Ausführungen bei. Die Ver¬
sammlung beschloss — und zwar einstimmig — folgende Re¬
solution, dem Vorstand deren eventuelle Weiterverwendung
überlassend:
1. Der Verein erklärt, dass seiner Ansicht nach durch den
klaren Wortlaut des § 5 des Fleischschaugesetzes die
Thierärzte als Personen, die durch ihr Studium den Nach¬
weis der Kenntnisse bereits erbracht haben, in Gegensatz
zu allen übrigen Personen gestellt werden sollen und dass
daher der auf letztere bezügliche Satz unmöglich auch
auf die Thierärzte bezogen werden kann.
2. Der Verein protestirt einstimmig und entschieden dagegen,
dass von den Thierärzten ausser ihrer Approbation noch
ein besonderer Nachweis der Befähigung zur Ausübung
der Landfleischbeschau verlangt werde.
3. Der Verein hält es für unbedingt erforderlich, dass in die
Commissionen, denen die Berathung der Bundesraths-
Bestimmungen betr. Ausführung des Fleischschaugesetzes
obliegen wird, nicht bloss technische Vertreter der gross¬
städtischen Fleischschan, sondern auch Vertreter des
ländlichen thierärztlichen Geschäftskreises berufen werden
S.
Thierärztlicher Verein zu Berlin.
Protocoll-Auszug
über die am Montag, den 8. October 1900, im Rathskeller
abgehaltene Sitzung.
Der Herr erste Vorsitzende eröffnet mit einer Begrüssungs-
ansprache an die zahlreich erschienenen Gäste und Mitglieder
8# Uhr die Sitzung.
Das Protocoll der Mai-Sitzung wird verlesen und genehmigt.
Die Versammlung beschliesst, von der Veranstaltung eines
Wintervergnügens in diesem Jahre Abstand zu nehmen. Ferner
wird der Vorstand beauftragt, für die correspondirenden Mit¬
glieder des Vereins Diplome anfertigen zu lassen sowie die
neuen Vereins-Satzungen in Druck zu geben.
Im n. Theil der Tagesordnung fällt der Vortrag des Herrn
Collegen Henschel „Reichsgesetz betr. die Schlachtvieh- und
Fleischbeschau“ besonderer Umstände wegen aus.
Herr Professor Dr. Eberlein hält sodann seinen an¬
gekündigten Vortrag: „Das königliche Hauptgestüt Graditz“.
Vortragender giebt zunächst einen Ueberblick der Landespferde¬
zucht und des Gestütswesens im Allgemeinen und schildert so¬
dann die historische Entwickelung von Graditz. Nach ein¬
gehender Beschreibung der Anlagen und des Betriebes an der
Hand von Kartenmaterial führt er die Hauptbeschäler dieses
Gestüts erläuternd vor.
Der Vortrag findet reichen Beifall, und schliesst sich an
denselben eine angeregte Discussion, an der sich namentlich
Herr College Dr. To epp er betheiligt.
Nach Erledigung des Theils H der Tagesordnung „Mit¬
theilungen aus der Praxis“ wird die Sitzung 11 ft Uhr ge¬
schlossen. Neu mann, Schriftführer.
General-Versammlung des Vereins der Thlerfirzte des Regierungsbezirks
Düsseldorf
am 11. November h. a. Vormittags 11 Uhr im Hotel Heck,
Düsseldorf, Blumenstrasse.
Tages-Ordnung: 1. Jahresbericht. 2. Aufnahme neuer
Mitglieder. 3. Tuberculin und seine Anwendung zu diagnostischen
Zwecken. Ref. Herr Thierarzt Martin. 4. Schweineseuche.
Ref. Kreisthierarzt Dr. Keuten. 5. Mittheilungen aus der Praxis,
besonders Erfahrungen, betreffend das neue Bürgerliche Gesetz.
Nach Schluss der Sitzung gemeinsames Mittagsmahl, das
Gedeck zn Mk. 3,00. Um zahlreiches Erscheinen bittet
Der Vorstand. I. A.: Fr. Bettelhaenser.
Semesterreier der im Jahre 1883 in Berlin approbirten Studirenden der
Thierarztllchen Hochschule.
In diesen Tagen wurde in Berlin ein ebenso seltenes, als schönes
Fest gefeiert. Das Studiensemester 1883 beging am 19, 20. u. 21. X.
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8. November 1900.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
537
die Feier des ersten Wiedersehens nach der Approbation. Man
hatte das Jahr 1900 als .ein Jahr von Bedeutung für diese
Zusammenkunft gewählt. Es fanden sich, zum grössten Theil
mit ihren Damen, 19 Thierärzte ein, welche im Jahre 1883 aus I
der Militär-Rossarztschule hervorgegangen waren,‘und von denen
sich noch 6 im activen Dienst als Oberrossärzte befinden. Der
damalige Inspicient, Herr Oberrossarzt Naumann vom Garde-
Kürassierregiment war mit seiner Gattin der Einladung zu dem
Feste gefolgt. Ausserdem war als Gast Herr Departements-
Thierarzt Koschel nebst Gemahlin erschienen.
Die Feier bestand in einer Begriissung mit anschliessendem j
Commers im Spatenbräu, Friedrichstrasse, am 19. October, Abends i
7 % Uhr, in einem Festdiner am 20. October, Mittags 2 Uhr, in
den Räumen des „Englischen Hauses“ in der Mohrenstrasse und .
in einem musikalischen Frühschoppen am 21. October im
Etablissement Kistenmacher in der Richard-Wagnerstrasse.
Die Freude des Wiedersehens am Begriissungsabend war '
eine überaus herzliche, da die Meisten in dem Zeitraum von j
17 Jahren sich nicht wiedergesehen hatten. Manches Glas
wurde bei dieser Gelegenheit im Austausch der Erinnerung aus ;
der Studienzeit geleert, und kräftig erklangen die altbekannten j
Studentenlieder unter Musikbegleitung und Mitwirkung der J
Damen. Das Diner im „Englischen Hause“ verlief in grossartiger
Weise, wobei die altbewährte Küche und der Keller des Herrn ;
Hu st er, sowie eine vorzügliche Musikkapelle das Ihrige bei¬
trugen. Mit einer Polonaise und einigen Tänzen endete dieser
Festtag. Der am 3. Tage stattfindende Frühschoppen, welcher um
1 lVa Uhr begann, endete erst Nachmittags gegen 4 Uhr, nach¬
dem man den lucullischen Genüssen eines kalten Büffets in
ausgedehntem Masse zugesprochen hatte. Eine Wagenfahrt
nach dem Victoria-Park beendete die offizielle Feier.
Das ganze Fest verlief in der schönsten Weise, und einem
jeden Theilnehmer, besonders auch den Damen werden diese
Tage des Wiedersehens alter Freunde und Bekannten zeitlebens
in Erinnerung bleiben. Einstimmig wurde beschlossen, im Jahre
1908 die 25 jährige Jubiläumsfeier in gleicher Weise zu be¬
gehen, und es wurde allseitig die Hoffnung ausgesprochen, dass
bei dieser Feier nicht ein 1883er fehlen möge. B.
Württemberg.
Den württembergischen Oberamtsthierärzten ist durch Ent-
schliessung des K. Ministeriums des Innern vom 6. October d. J.
die Führung von Dienststempeln mit dem württ. Wappen und
der Umschrift: „K. Württ. Oberamtsthierarztstelle N. N.“ ein¬
geräumt worden. Es wird damit zum Ausdruck gebracht, dass
die Oberamtsthierarztstelle eine selbstständige, allerdings dem
Oberamt subordinirte Geschäftsstelle ist.
Staatsveterinärwesen.
Redigirt von Preuste.
Bekämpfung der Schweinepest (Schweineseuche) in Oesterreioh.
Im Anschluss an die in Nr. 38 der B. T. W. veröffentlichte
Notiz über Massregeln gegen die Schweinepest (Schweineseuche)
in Oesterreich wird mitgetheilt, dass nunmehr unter dem
15. September d. J. eine Kaiserliche Verordnung erschienen ist,
welche verschiedene Abänderungsbestimmungen der Verordnung
vom 2. Mai 1899 betr. die Abwehr und Tilgung der Schweine¬
pest (Schweineseuche) enthält. Ans derselben ist Folgendes
hervorzuheben: Um die Seuche möglichst schnell zu tilgen, sind
die seuchekranken, die seucheverdächtigen und die ansteckungs¬
verdächtigen Schweine zu tödten. Unter den letzteren werden
solche Schweine verstanden, welche innerhalb der letzten 40 Tage
in nicht völlig abgesonderten Stallungen, auf Weideplätzen, beim
Treiben, beim Transport auf Eisenbahnen, Schiffen oder Fuhr¬
werken mit pestkranken Schweinen in Berührung gekommen sind.
Ist eine weitere Verbreitung der Seuche nicht zu befürchten,
insbesondere wenn es sich um werthvolles Zuchtmaterial handelt,
so kann von der Tödtung Abstand genommen werden, wenn
dieselben 40 Tage seuchesicher abgesondert und unter thier¬
ärztliche Beobachtung gestellt werden.
Für nach der Tödtung pestfrei befundene Schweine wird
aus der Staatskasse Entschädigung gewährt. Diese Entschädigung
beträgt für Schlachtschweine 95 pCt. des pro kg berechneten
durchschnittlichen Marktpreises, der im vergangenen Monate in
der Hauptstadt des betreffenden Landes für geschlachtete
Schweine aller Qualitäten amtlich notirt war; für Nutzschweine
nach Massgabe eines Werthtarifs, welcher von der politischen
Landesbehörde nach gepflogenem Einvernehmen mit der officiellen
landwirtschaftlichen Corporation vierteljährlich, unter Berück¬
sichtigung der Altersclassen und sonstigen preisbestimmenden
Unterschiede pro kg festzusetzen ist. Für Zuchtschweine unter
weiterer Hinzurechnung eines Zuschlages von 25 pCt.
Die Klassificirung in Schlacht-, Nutz- oder Zuchtschweine
erfolgt durch die Seuchencommission (§18 des Thierseuchen¬
gesetzes). Nutzschweine sind alle nicht in die Categorie der
Schlachtschweine fallenden, zur Zucht nicht mehr tauglichen
Schweine, sowie Schnittlinge und nicht zur Zucht bestimmte
Ferkel und Jungschweine.
Für nach dem Schlachten pestkrank befundene Schweine
wird eine Entschädigung von 50 pCt. des wie vorerwähnt er¬
mittelten Entschädigungsbetrages aus der Staatskasse geleistet.
Zu dieser Kaiserlichen Verordnung sind nun noch seitens der
Ministerien des Innern, der Justiz, des Handels, der Eisenbahnen
und des Ackerbaus genauere Ausführungsbestimmungen erlassen»
worden. Dieselben enthalten Vorschriften über die Anzeige¬
pflicht, die Vornahme der Untersuchungen durch den Amtsthier-
arzt, und von Erhebungen desselben in Gemeinschaft mit dem
Gemeidevorsteher über den Zustand der Schweinebestände der
einzelnen Wirthschaftsgehöfte der Ortschaft bezw. der zunächst
gefährdeten Theile derselben; ferner Vorschriften über die vor-
zunehraenden Tödtungen, und über die Isolirung und Beobachtung
solcher ansteckungsverdächtigen Schweine, deren sofortige
Tödtung nicht unbedingt nothwendig ist. Diese sind sofort mit
unverwischbaren Kennzeichen zu versehen. Es folgen dann
Bestimmungen über die Beseitigung der Cadaver pestkranker
Schweine. Bei Abstandnahme von Tödtungen ansteckungsver¬
dächtiger Schweine sind die betreffenden Vorgänge der poli¬
tischen Landesbehörde zur Entscheidung vorzulegen. Hinsicht¬
lich des Auftretens der Schweinepest etc. bei unter Beobachtung
stehenden ansteckungsverdächtigen Schweinen gelten dieselben
Vorschriften, wie beim ersten Auftreten der Seuche. Werden
ansteckungsverdächtige Schweine nach 40 tägiger Beobachtung
gesund befunden, so sind sie dem freien Verkehr zu
übergeben.
Auch in Betreff der Verwerthung getödteter Schweine
sind Vorschriften gegeben. Ist die Verwerthung gesunder zum
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538
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 46.
Con8um zugelassener Schweine in der verseuchten Gemeinde
selbst möglich, so ist dieselbe im Wege der öffentlichen Ver¬
steigerung eventuell auch des freien Verkaufs durchzuftihren.
Anderenfalls sind die Schweine unter bestimmten Vorsichts-
massregeln entweder lebend nach Orten mit Schlachthäusern
zu befördern, oder im geschlachteten Zustande nach vollstän¬
digem Erkalten nach geeigneten, nicht zu weit entfernten
Consumorten und Uebernahmestellen. Zum Schluss folgen dann
noch eingehende Vorschriften über die Art und Weise der vor¬
zunehmenden Cla8sificirung der zu entschädigenden Schweine
und über die Gewährung der Entschädigung selbst.
Vorstehende Bestimmungen sind für die Bekämpfung der
Schweinepest (Schweineseuche) im Allgemeinen als zweckmässig
zu bezeichnen. Die Ausnahmen, die unter gewissen Umständen
in Betreff der ansteckungsverdächtigen Schweine gemacht worden
sind, dürften jedoch weniger zweckentsprechend sein, da er-
fahrungsgemäss namentlich bei den mehr chronischen, latent, ver¬
laufenden Formen der Seuche eine 40 tägige Beobachtung nicht
ausreicht, um nach dieser Zeit jede Weiterverbreitung der Seuche
zu verhüten. Es empfiehlt sich, in Betreff der Tödtung an¬
steckungsverdächtiger Schweine keine Ausnahmen zuzulassen,
sondern auch diese sammt und sonders möglichst bald der
Schlachtbank zuzuführen. Bei Erlass der demnächst bei uns zu
erwartenden gesetzlichen Massnahmen zur Bekämpfung der
Schweineseuche (Schweinepest) wird hoffentlich dieser Punkt
Berücksichtigung finden.
Naohweisuag Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Relohe
am 15. October 1900.
[Die Zahlen hinter den Landestheilen bedeuten Kreise
(und Gemeinden).]
Gegenüber dem Seuchenstand am 30. September er. sind
folgende Aenderungen zu bemerken.
Mit Rotz sind in 48 Gemeinden 59 Gehöfte verseucht. In
Preussen sind freigeworden R.-B. Frankfurt, Merseburg. Neu
verseucht R.-B. Gumbinnen 1 (1) und Münster 2 (2). In Sachsen
ist die Seuche ausgebrochen in der Kreishauptmannschaft
Chemnitz 1 (1), in Bayern im R.-B. Niederbayern, ferner in
Mecklenburg-Schwerin 1 (1) und in Braunschweig 1 (1).
Die Lungenseuche ist in Anhalt erloschen; sie herrscht
noch in Preussen in 6 Gemeinden, 107 Gehöften.
Die Maul- und Klauenseuche ist erloschen in Preussen
in den R.-B. Hannover und Münster, in Bayern in dem R.-B.
Schwaben und in Hamburg. Neu constatirt wurde sie in Bayern
im R.-B. Pfalz 1 (1), in Hessen in der Prov. Starkenburg 1 (1),
in Sachsen-Coburg-Gotha im Herzogthum Gotha 2 (2) und in
Waldeck 1 (2). Die Seuche herrscht noch in 708 Gemeinden
und 2158 Gehöften.
Neuausbrüche von Schweineseuche sind festgestellt in
Preussen in den R.-B. Erfurt 1 (1), Stade 1 (1), Köln 1 (1),
Trier 2 (2), in Bayern in den R.-B. Oberpfalz 1 (1) und Mittel¬
franken 1 (1), in Oldenburg im Herzogthum Oldenburg 1 (1),
Anhalt 1 (1); erloschen ist die Seuche in Baden, Landescom.
Karlsruhe und in Hamburg. Sie herrscht noch in 210 Gemeinden
und 282 Gehöften.
Maal- und Klauenseuche auf Viehhöfen.
Die Seuche ist am 29. October in Sachsenhausen aus¬
gebrochen und erloschen.
Fleischschall und Viehhandel.
Von Kibnau.
Die «taatliohe Schlaehtviehveraicherung Im Königreich Saohsea.
(Deutsche thlerirztllche Wochenschrift No. M.)
Von landwirtschaftlicher Seite wird lebhaft dafür agitirt,
dass mit dem Inkrafttreten des Reichsfleischschaugesetzes gleich¬
zeitig Einrichtungen getroffen werden, die bezwecken, die Vieh¬
besitzer für die durch Beschlagnahme von Schlachtthieren auf¬
kommenden Verluste schadlos zu halten. Ein Vorbild für eine
derartige Einrichtung ist die am 1. Juni d. J. in Kraft getretene
Schlachtviehversicherung im Königreich Sachsen, über welche
Prof. Dr. Edelmann in der D. Th. W. berichtet. In Verfolg
des Gesetzes v. 2. Juni 1898 ist eine Zwangsversicherung
eingerichtet. Ersetzt werden die durch Ungeniessbarkeits- oder
Minderwerthserklärung des Fleisches entstehenden Verluste.
Die Beiträge werden auf die Gesammtheit der schlachtenden
Viehbesitzer gleichmässig vertheilt. Der Staat steuert 25 Procent
der Beiträge bei und setzt die Höhe der Beiträge alljährlich
fest. Als Unterlage für die Berechnung dient die Entschädigungs¬
summe des Vorjahres. Nicht vergütet werden die Schäden,
welche durch Beschlagnahme einzelner Theile entstehen, ferner
die Beanstandung von Fleisch wegen Tuberculose, wenn sich
die Rinder während der letzten 9 Monate, Schweine während
der letzten 6 Monate, jüngere Thiere von der Geburt an vor
der Schlachtung nicht im sächsischen Staatsgebiet befunden
haben und endlich, wenn der Besitzer sich weigert, ihm an Dritte
zustehende Enschädigungsansprtiche an die Versicherungsanstalt
abzutreten. Der Entschädigungsanspruch kann ganz oder theil-
weise zurückgewiesen werden, wenn der Besitzer des Schlacht-
thieres die Krankheit bei Lebzeiten absichtlich oder durch
grobes Verschulden herbeigeführt hat, beziehentlich die Heilung
nicht versucht hat.
Dem Versicherungszwange unterliegen über 3 Monate
alte Rinder und Schweine. Ausgeschlossen bleiben Thiere der
bezeichneten Gattungen, die innerhalb Monatsfrist vor der
Schlachtung aus einem aussersächsischen Staate eingeführt worden
sind, die Thiere für welche auf Grund reiche- oder landes¬
gesetzlicher Vorschriften Entschädigungen bereits von anderer
Seite gewährt werden und endlich solche Thiere, welche sich
bei Lebzeiten als ungeeignet zur menschlichen Nahrung er¬
weisen.
Die Verwaltung und Vertretung der Versicherung erfolgt
durch die Brandversicherungskammer in Dresden. Der Ver¬
waltungsausschuss besteht aus einem Mitgliede der Brand¬
versicherungskammer als Vorsitzendem, einem Mitgliede der
Commission für das Veterinärwesen, zwei vom Landesculturrathe
und fünf von den landwirtschaftlichen Kreisvereinen zu
wählenden Viehbesitzern. Als Sachverständiger der Ver¬
sicherungsanstalt fungirt ein Amtsthierarzt.
Bei der Schadenvergütung wird der Schlachtwerth des
Thieres zu Grunde gelegt. Dieser wird nach dem Schlacht¬
gewicht und einem vierteljährlich vom Verwaltnngsausschuss für
das Kilogramm Fleisch einer jeden Thiergattung festzustellenden
Durchschrittspreise bestimmt und dann um die noch verbleibenden
Werthe an Fleisch, Fett, Haut u. 8. w. bezw. bei Verwertung
auf der Freibank um den aus diesen Theilen erzielten Reinerlös
gekürzt. Der Restbetrag entspricht dem tatsächlichen Verlust,
der dem Besitzer von der Versicherungsanstalt mit 80 Prozent
entschädigt wird.
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8. November 1900.
Die Schädenfeststellung erfolgt durch einen aus zwei
Viehbesitzern und einem Thierarzt bestehenden Ortsschätzungs-
ausschuss. Gegen den Ausspruch desselben kann der Versicherte
Beschwerde erheben. Richtet sich diese gegen die ganze oder
theilweise Zurückweisung des Entschädigungsanspruches, so ent¬
scheidet hierüber endgültig der Verwaltungsausschuss der Ver¬
sicherungsanstalt. Richtet die Beschwerde sich gegen die Höhe
der Entschädigungssumme, so entscheidet der Bezirksschätzungs¬
ausschuss, welcher aus dem Bezirksthierarzte resp. dessen
Vertreter als Vorsitzendem und zwei aus der Mitte der Vieh¬
besitzer zu wählenden Sachverständigen sich zusammensetzt.
Die Höhe der Versicherungsbeiträge ist für die Zeit
vom 1. Juni bis 31. Dezember d. J. schätzungsweise festgesetzt.
Der Beitrag ist 5 M. für ein weibliches Rind, 4 M. für ein
männliches Rind und 75 Pfg. für ein Schwein. Die Einziehung
erfolgt durch die Steuerstellen, sowie auch durch die Cassen-
verwaltung der Schlachthöfe.
Beitragspflichtige sind diejenigen, welche versicherungs¬
fähiges Vieh schlachten oder schlachten lassen. Die Anmeldung
und der Versicherungsbeitrag muss vor dem Schlachten, resp.
bei einer Nothschlachtung vor dem Zerlegen des Thieres bei
der zuständigen Stelle erfolgen.
Nichtbeitragspflichtige haben bei der Anmeldung eines
Thieres zur Schlachtung einen Befreiungsschein vorzulegen. Als
Nachweis für die Ausstellung eines Befreiungsscheines dienen der
Gemeindebehörde: 1. bei Begründung des aussersächsischen
Ursprungs von Thieren ein amtliches Ursprungszeugniss; 2. wenn
das Thier bereits bei Lebzeiten als ungeeignet zur menschlichen
Nahrung sich darstellte, eine schriftliche Bescheinigung eines
wissenschaftlichen Fleischbeschauers (Thierarztes); 3. in Fällen,
wo schon auf Grund reichst oder landesgesetzlicher Bestimmungen
Entschädigungen gewährt werden, die schriftliche Bescheinigung
der Ortspolizeibehörde oder des Bezirksthierarztes.
Die Anmeldung eines Schadenfalles muss unter Bei¬
fügung der Beitragsquittung und des Beanstandungsscheines
innerhalb 24 Stunden bei der Gemeindebehörde erfolgen. Bei
Anspruch auf Entschädigung stellt der Ortsschätzungsausschuss
den Schaden fest. Beschwerden gegen das Schätzungsergebniss
sind dem Ortsschätzungsausschuss sogleich oder der Gemeinde¬
behörde innerhalb 24 Stunden zu übermitteln. Die Beschwerden
sind durch Beläge zu begründen.
Bei Anerkennung der Entscheidung des Ortsschätzungs¬
ausschusses wird nach Einreichung des ProtocoUes und der
Nachweise der Entschädigungsbetrag von der Versicherungs¬
anstalt dem Versicherten durch die Gemeindebehörde resp.
Cassenverwaltung der Schlachthöfe ansgezahlt.
Die Arbeiten, die den Fleischbeschauern bei Durch¬
führung der Schlachtviehversicherung zufallen, können ohne
grossen Zeitverlust nebenamtlich erledigt werden. Im Wesent¬
lichen handelt es sich um die Controle der Anmeldung der
Scblachtthiere zur Versicherung und der ordnungsmässigen
Beitragsleistung. Bei Beanstandungen von Fleisch hat der
Fleischbeschauer dem Besitzer des Schlachtthieres einen Be¬
anstandungsschein auszustellen. In diesem ist der Untersuchungs¬
befund unter Hervorhebung der richtigen und für die Beurtheilung
des Fleisches massgebenden Umstände einzutragen.
Einfuhr vor Wurst und BQchsenfleiseh Im Grenzverkehr.
Das badische, sowie das elsass-lothringische Ministe¬
rium des Innern hat von der in § 14 2 des Reichsfleischschau-
539
gesetzes ertheilten Ermächtigung Gebrauch gemacht und be¬
stimmt, dass das Verbot der Einfuhr von Büchsenfleisch
und Wurst im kleinen Grenzverkehr nicht Platz
greifen soll, da nach dem Zolltarif die zollfreie Einfuhr solchen
Fleisches (in Mengen bis zu 2 kg) für die Grenzbewohner
zulässig sei.
Thierhaltung und Thierzucht.
Das Bayerische Pferdeversicherongs-Gesetz.
Unter dem 15. April d. J. ist in Bayern ein Gesetz betreff,
die Pferdeversicherungsanstalt erlassen worden, welches am
1. November d. J. in Kraft treten soll. Dieses Gesetz enthält
folgende Bestimmungen:
Für das Königreich Bayern wird eine öffentliche Pferde¬
versicherungsanstalt auf Gegenseitigkeit errichtet. Diese Anstalt
hat ihren Sitz in München, ihre Verwaltung wird der kgl. Ver¬
sicherungskammer übertragen mit der Bezeichnung „Kgl. Ver-
sichernngskammer, Abtheilung für Pferde Versicherung“. Die Anstalt
setzt sich zusammen aus den zu einem Landesverband vereinigten
Pferdeversicherangsvereinen, welche das Normalstatut ange¬
nommen und auf Ansuchen die Aufnahme in die Anstalt erhalten
haben. Der Austritt ist jedem Verein nach voransgegangener
dreimonatlicher Kündigung gestattet. Die Pferdeversicherungs¬
vereine beruhen auf Freiwilligkeit und Gegenseitigkeit, ihre
Bildung erfolgt für den Bezirk einer oder mehrerer Gemeinden.
Im Falle die Pferdebesitzer nicht selbst einen Verein gründen,
kann die Gemeindeverwaltung die Errichtung eines Pferde Ver¬
sicherungsvereins in die Wege leiten. Auf Verlangen von
wenigstens 10 Pferdebesitzern ist sie hierzu verpflichtet. Die
Organisation der Vereine und deren Verhältnis zu den Ver¬
sicherten wird durch das Normalstatut geregelt. Die Anstalt
und die zugehörigen Vereine besitzen die Rechte öffentlicher
Körperschaften. Die Anstalt übernimmt die Deckung der Hälfte
der zu leistenden Entschädigung, die andere Hälfte ist von den Ver¬
sicherungsvereinen aufzubringen. Die Schadenfestsetzung erfolgt
durch die Vereine nach Maassgabe des Normalstatuts. Die
betreff. Verhandlungen sind der Anstaltsverwaltung vorzulegen,
welche sie zu prüfen hat. Ansprüche auf Entschädigung, welche
in Folge Umstehens oder der Tödtung eines Pferdes wegen Un¬
brauchbarkeit gegen Dritte entstehen, gehen an den Verein
bezw. die Anstalt im Betrage der zu leistenden Entschädigung
über. Bei Verletzungen des Gesetzes oder des Normalstatuts
Seitens der Vereinsorgane kann die Anstalt die Auszahlung der
Entschädigung ganz oder theilweise ablehnen. Hierüber ist
Beschwerde an das Schiedsgericht der Anstalt zulässig. Im
Falle die Mittel zur Deckung des der Anstalt zur Last fallenden
Entschädigungsaufwandes nicht ausreichen, werden von den
einzelnen Vereinen entsprechend der Versicherungssumme Bei¬
träge erhoben. Pferde, für welche eine besondere Gefahr der
Beschädigung oder Abnutzung besteht, können von der Ver¬
sicherung ausgeschlossen oder es können höhere Beiträge nach
bestimmten Gefahrenklassen verlangt werden.
Am Schlüsse des Versicherungsjahres wird der von den
einzelnen Vereinen zu leistende Beitrag festgesetzt. Soweit
verfügbare Vereinsmittel nicht bestehen, wird dieser Beitrag auf
die einzelnen Mitglieder vertheilt. Derselbe kann zwangsweise
eingezogen werden. Der Anstalt wird ans Staatsmitteln ein
Stammkapital von 500 000 M. zngewiesen. Ausserdem erhält
sie einen jährlichen Staatszuschuss von 40 000 M. Aus den
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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540
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 45.
Zinsen des Stammcapitals und den Beitrittsgebühren ist ein
Reservefonds zu bilden, dessen Zinsen zur theilweisen Deckung
des Jahresaufwandes der Anstalt zu benutzen sind. Die Anstalt
führt die Aufsicht über die ihr beigetretenen Vereine, sie ist
berechtigt, bei Nichtbefolgung ihrer Anordnungen Ordnungs¬
strafen bis zu 10 M. zu verhängen. Auch können Vereine bei
fortgesetzten Verstössen gegen das Gesetz und das Normal-
Statut zeitweise ausgeschlossen werden. Das Versicherungsjahr
beginnt mit dem 1. November. Ein aus den Kreisausschüssen
der landwirtschaftlichen Vereine eines jeden Regierungs-Be¬
zirkes und dem bayerischen Landwirthschaftsrath gewählter
Ausschuss, zu welchem Seitens des Staates ein Commissar ab¬
geordnet wird, wird der Anstaltsverwaltung beigegeben. Dieser
hat über Aenderungen des Normalstatuts, den Erlass von Nach¬
trägen zu demselben sowie über die zeitweise Ausweisung von
Vereinen sein Gutachten abzugeben. Auch kann er über sonstige
Angelegenheiten gehört werden.
Zur Entscheidung von Streitigkeiten in Betreff der Ent¬
schädigung wird ein Schiedsgericht gebildet, welches aus drei
Mitgliedern und drei Ersatzmännern jedes Jahr aus der Mitte
des Ausschusses gewählt wird.
Das für die Pferdeversicherungsvereine vorgeschriebene
Normalstatut enthält Bestimmungen über: 1. Einrichtung, Ver¬
waltung und Auflösung der Vereine, 2. Eintritt, Austritt und
Ausschluss der Pferdebesitzer, 3. Gegenstand der Versicherung,
4. Aufstellung des Versicherungswerthes und des Versicherungs¬
buches, 5. Anzeige, Erhebung und Festsetzung des Schadens,
6. thierärztliche Behandlung der Pferde, Tödtung derselben in
Folge Unbrauchbarkeit, 7. Entschädigungsleistung, 8. Verlust
des Entschädigungsanspruchs, 9. Verwertbung der umgestandenen
und getödteten Pferde, 10. Beitrittsgebühren und Beiträge,
11. Entscheidung der Streitigkeiten zwischen den Vereinen und
den Versicherten.
Das vorgenannte bayerische Gesetz bedeutet einen grossen
Fortschritt auf dem Gebiet des Viehversicherungswesens. Leider
ist auch damit keine Zwangsversicherung verbunden. Für die
bayerischen Thierärzte dürfte dasselbe jedoch immerhin nicht
unbedeutende Vortheile mit sich bringen, insbesondere auch zur
Hebung des Ansehens des thierärztlichen Standes in Bayern
wesentlich beitragen. Preusse.
Ergebnisse der Viehzählung in 6rossbritamien
v. 4. Juni 1900.
1900
1899
1898
Zu- resp. Abnahme
Stück
Stück
Stück
Stück
Procent
Milchkühe
2 620 901
2 671 260
2 587 190
— 50 359
- 1,9
Rinder (2 Jahr)
1 372 532
1 341 310
1381 595
+ 31222
+ 2,3
„ (1-2J.)
1460 808
1388 511
1345 844
+ 72 297
+ 5,2
„ (unter 1 J.)
1 350 929
1 394 639
1307 735
— 43 710
- 3,1
Zusammen
6 805 170
6 795 720
6 622 364
+ 9450
-4- tu
Zucbtscbafe
10 350 326
10 460 837
10 137 932
-110511
- i,i
Schafe (1 Jahr)
5 963 869
6 040 600
6 203 858
— 76 731
- 1,3
„ (unter 1J.) 10 278 031 10 737 317
10401404
— 459 286
— 4,3
Zusammen
26 592 226 27 238 754 26 743 194
— 646 528
— 2,4
Zuchtsauen
332 521
375 911
362 200
— 43390
— 11,5
Andere Schweine 2 049 411
2 247 902
2089 395
—198 491
- 83
Zusammen
2 381 932
2 623 813
2 451595
— 241 881
- 9,2
Personalien.
Ernennung: Schlaehthofdirector Dr. Günther zum Kreisthierarzt
in Rothenburg a. Fulda ernannt.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die
Thierärzte Ad. Assmann von Gr. Lissa nach Dresden, Baller¬
meister von Hannover nach Wolgast, I*. Diestelow nach
Naugard i. I’onuu. (Schlachthof), Gerant von Tempelhof als kreis-
thierärztl. Assistent nach Königsberg (Neumark), Gerth von Lauen¬
burg i. Ponnu. nach Berlin, Hettenhausen (Kreisthierarzt) von
Xanten nach Neuenahr, Jilluff nach Bublitz i. Poumi., Herrn.
Nabel nach Barmen (Schlachthof), Schiefner nach Bremen. —
Thierarzt Bö ekel hat die Stelle für Fleischbeschau in Bahn und
L. Evers, Rossarzt a. D. desgl. in Arys übernommen.
Todesfälle: Mann, Kreisthierarzt a. D. zu Landsberg a. W.
(approbirt 1846) und Sudcr, Kgl. Marstall-Oberrossarzt a. D.
zu Berlin.
Veränderungen in der Armee: Befördert: Schwebs, Unter¬
rossarzt im 4. Drag.-Rgt., unter Versetzung zum 12. Ul.-Rgt. zum
Rossarzt und Greggcrs, Unterrossarzt der Res., zum Rossarzt der
Res. — Versetzt: die Oberrossärzte Re ine mann vom 1. Leib-
Hus.-Kgt. No. 1 und Pieczynski vom 3. Hus.-Rgt. gegenseitig.
Belitz, Rossarzt im 9. Drag.-Rgt., zum 11. Ul.-Rgt. Rüther,
Unterrossarzt im 3. Garde-Art.-Rgt., zum 7. Ul.-Rgt.
Yacanzen.
(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Reg.-Bez. Coblenz: Simmern (600 M. und 450 M. Stellenzulage).
Bewerbungen bis 10. November er. an den Regierungspräsidenten.
— Reg.-Bez. Hannover: Springe zum 1. Jan. 1901 (600 M.). Meid,
bis 25. Nov. er. an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Potsdam:
Angcrmiinde. Bewerbungen bis 20. Nov. an den Regierungs¬
präsidenten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Reg.-Bez. Düsseldorf: Landkreis Krefeld.
Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Graudenz: Assistenzthierarzt sofort (2100 M. möbl. Wohnung etc.):
4 wöchentliche Kündigung; Bewerbungen an den Magistrat.
Lauen bürg: Schlachthofvorsteher (1800 M. steigend bis 2700 M.
Wohnung etc. 500 M. Caution). Bewerb, an den Magistrat. —
Meseritz: innerhalb 3 Monate zu besetzen (1500 M. Anfangs-
I gehalt. Privatpraxis). Bewerb, bis 20. Nov. — Pössneck: Thier-
I arzt für Praxis und Fleischbeschau (aus letzterer 1200 M.; ausserdem
1 ca. 700 M. aus der Trichinenschau). Bewerb, bis 15. Nov.-crv •••
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Beuthen (Oberschles.): Schlachthofassistenzthierarzt — Düren:
Schlachthofdirectar. — Grätz (Posen}: Schlachthofinspector. —
Köln: Schlachthofthierarzt. — Königsberg (Ostpreusen): Scblacht-
hofthierarzt — Mainz: Schlachthofthierarzt — Ottweiler (Bezirk
' Trier): Schlachthausverwalter. — Oelsnitz (Sachsen): Thierarzt für
Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Punitz i. Pos.: Thierarzt für
Schlachtviehbeschau (1200 M.: ausserdem Praxis.) Bewerb, an den
Magistrat — Salzwedel: Schlachthof-Vorsteher. — Trier: Hilfs¬
thierarzt am Schlachthof. — Wanne: Schlachthofvorsteher. —
1 Wamsdorf. — Wolkenstein: Schlachthofthierarzt — Woll¬
stein (Posen): Schlachthofinspector.
I Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neustadt).
— Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck
! (Westpr.). —Lasdebnen (Kr. Pillkallen). — Murrhardt — Schön¬
baum (Danzig). — Soldau (OstprA
1900 bekannt gegebene :Bojanowo. — Eickel. — Festen¬
berg Bez. Breslau. — Jade (Oldbg.): Thierarzt — Mengering¬
hausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schles.). — Rhinow
(Reg.-Bez. Potsdam). — Schloppa (Westpr.). — Schwarzen¬
berg i. S. — Sonnenburg. — Suelze (Mecklb.). — Wadern
I (Bez. Trier): Thierarzt zum 19. November er. (Fixum 600 M. und
280 M. für Ueberwachung der Märkte). Bewerb, bis 10. November
i an den Bürgermeister.
Besetzt: Kreisthierarztstelle in Sagan. Sanitätsthier¬
arztstellen in Arys und Bahn. Privatstelle in Wolgast
I Mitthelhmg.
Die letzte Nummer der B. T. W. scheint einem Theil der
geehrten Abonnenten verspätet zngegangen zu sein. Sämmtliche
durch die Post direct zu versendenden Exemplare sind jedoch
! von hier aus gleichzeitig und rechtzeitig expedirt worden. Um
die Feststellung der Ursache zu ermöglichen, werden die Herren,
welche die Nummer verspätet erhalten haben, gebeten, Reclazna-
| tionen an ihre Poststelle zu richten und dabei den Poststempel
der Berliner Abfertigungsstelle anzugeben,
i Richard Schoetz, Verlagsbuchhandlung-.
Vrmntwortlii'h für den Inhalt (cicl. Inseratcntheil): Prof. Dr. Schmal,7 in Berlin. — Verlag und Eigonthum von Richard Schoots ln Berlin. — Druck von W. B fix enstein, Berlin
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Die „Berliner Thlerlrztllche Wochenschrift“ erscheint Originalheiträfte werden mit BO Xk. für den Rogen honorlrt.
wöchentlich in Stärke von mindestens I ■ , Bugen. Dieselbe Alle Manuscripte. Mitthcilun?en und rednctionellun An¬
ist tu belieben durch den Buchhandel, die Bost (No. 10*2) f frapen beliebe mau zu senden an Brof. Dr. Schmält»,
oder durch die Verlapiliiichhandlunp von Kiehard I __ Berlin thieriirztliche Hochschule. NW, Luisenstrasse 56.
Schoctz, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von ■“m £_■ I I ■ ■ Corrccturen, Heconsions-Exeinplaro und Annoncen da-
Mk. 5,— pro Vierteljahr. ■ P I j | | | | | B gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Sclimaltz-Berlin.
Verantwortlicher Rcdactenr.
De Bruin KUhnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel Ziindel
Professor Oberthierarzt Departementsihierarzt Professor Departeiuentsthicrarzt Veterinärassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kroisthierarzt
Utrecht.’ Hamburg. Cöln. Breslau. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 46 . Ausgegeben am 15. November.
Inhalt: Foth: Tannofonn. — Tempel: Aus <ler Praxis fiir die Praxis. — Originalmittheilungen. — Mjöen : Die Fischerci-
untersuchungen des norwegischen .Staatsschiffes „Michael Sars“. — Referate: Nocard und Rossignol: Versuche
über die Dauer der Inenbatiou der Tulterculose des Rindes und das Alter der tuberculöscn I.aesionen. — Mathis: Prolapsns
vaginae bei dem Hund. — Marx: Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung zur Heilung und Erforschung der Tollwuth am
Institut für Infectionskrankheiten zu Berlin im Jahre 1899. — Biirner: Ueher die Vcrtheilung intratracheal injieirter Flüssig¬
keiten. — Tagesgeschichte: ('ultur-Aiifgaben. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen und Fleischschau siehe
Beiblatt. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen.
Tannoform.
Von
Dr. Foth.
Seit zwei Jahren habe ich 5*/ 2 kg Tannoform (E. Merck)
in der Praxis verbraucht. Mithin ist jetzt bereits ein Urtheil
gerechtfertigt.
Die grössten Dienste hat mir das Präparat als Stypticnm
bei Kälbern geleistet. Ich gab es zweistündlich theelöffehveise
(gestrichen) mit dünnem Schleim oder Wasser geschüttelt. Die
heftigsten Diarrhoeen hörten in der Regel nach zwei bis drei
Gaben auf. Früher gab ich das Tannalbin mit recht gutem Er¬
folge. Das Tannoform wirkt jedoch entschieden zuverlässiger
und schneller hei kleinerer Dosimng. Opiumzusatz ist bei Kälbern
nnnöthig.
Die Pferde litten im letzten Jahre in meinem Wirkungs¬
kreise ganz ungewöhnlich häufig au äusserst heftigen acuten
Wagen- und besonders Darmcatarrlien. Die Erkrankungen setzten
mit kolikartigen Symptomen ein nnd führten zu profnsen, ausser¬
ordentlich erschöpfenden Durchfällen. Wenn die Thiere ohne
Behandlung blieben oder, was noch häufiger war, von den Be¬
sitzern nnd guten Freunden als vermeintliche Koliker falsch
behandelt wurden, gingen sie in wenigen Tagen, zum Scelett
abgemagert, unter dem Bilde völliger Erschöpfung zu Grunde.
Bei diesen Erkrankungen haben mir grosse Dosen Tannoform
(100—-150 g pro die, eventuell mehrere Tage hintereinander)
mit Opiumpnlver die besten Dienste geleistet. Sehr bemerkens-
werth war die Wirkung des Tannoforms in einem Fall, von
augenscheinlicher mycotischer Darmentzündung bei dem Pferde
eines Obergrenzcontroleurs, die unter anhaltender, höchst er¬
schöpfender, heftigster profuser, wässriger, auf der Höhe der
Krankheit blutig-wässriger Diarrhoe verlief. Nach fünf Tagen
wurde der Koth breiig und allmählich fest. Das aufs Aeusserste
abgemagerte völlig kraftlose Thier fing bereits am vierten Tage
an zu fressen nnd erlangte allmählich sein früheres Aussehen
ziemlich wieder. Im Verlauf des Darmleidens entwickelte sich
übrigens noch eine heftige Hufrhehe.
Bei den heftigen, mit ausgebreiteten Gährungsprocessen im
Danncanal verlaufenden und ausserordentlich erschöpfenden Dnrch-
, füllen, die im vorigen Jahre in meinem Wirkungskreise eine
I sehr gefürchtete Complication der Maul- und Klauenseuche dar-
i stellten, war auf der Höhe der Krankheit Tannoform ebenso wie
I alles Uebrige nutzlos. Auf einem Rittergute waren, als ich
gerufen wurde, vier bayerische Arbeitsochsen gleichmässig sehr
schwer erkrankt. Die schon aufs Aeusserste abgemagerten
Thiere standen mit gespreizten Hinterbeinen und stiessen mit
grossem Lärm in kurzen Pansen ausserordentlich stinkende Gase
aus dem After. Von Zeit zu Zeit wurden wässrige Massen
spritzend entleert. Am nächsten Tage stand bei allen bereits
der After offen und die Gase entleerten sich, mit flüssigen
| Massen abwechselnd, mit langgezogenem heftigen gurgelnden
| Getöse. Hier war nichts mehr zn retten.
In den Fällen dagegen, wo ich rechtzeitig geruff*!! wurde,
genügten in der Regel 250 bis 300 g in Einzeldosen von 50 g
mit Opiumpulver, um dickbreiigen Koth zn erzielen. Die Thiere
genasen in vier bis sechs Tagen bei entsprechender weiterer
, Behandlung.
In der Wundbehandlung habe ich das Tannoform recht oft
benutzt, schon weil es stets zur Hand war, und zwar für sich
allein und mit Jodoform, Acid. boric., Amyl. tritic., Magnes.
nst. etc., je nach dein gewollten Zweck. Es erzeugt gut deckende
Schorfe, eignet sicli vorzüglich zur Behandlung der Mauke, der
nässenden Ekzeme an allen Körpertheilen, der traumatischen
superficiellen Dermatitis in den Beugeflächen der Gliedmassen,
übertrifft aber die übrigen gebräuchlichen Mittel nicht in be-
i merkenswerther Weise, wie ja überhaupt hier auf fleissige
und sorgfältige Behandlung mehr ankomrat, als auf die Wahl
der Mittel.
i Der verhältnis8mässig niedrige Preis (75 Pf. für 25 g in
Originalbeuteln mit aufgedrucktem Verkaufspreis) kommt seiner
i vielseitigen Verwendung sehr zu Statten.
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542
Aus der Praxis für die Praxis.
Tracheotomie gegen Dämpfigkeit, Neurectomie nnd
americanische Castrationsmethode.
Von
C. Tempel-Bornstadt i. .Sa.,
Thierarzt.
I. In den letzten drei Winterhalbjahren herrschte in der
hiesigen Gegend nnter den Pferden eine seuchenhafte Bronchitis
mit subacutem Verlauf, welche bald das Bild von der Influenza
erysipelatosa, bald das vom Skalma bot. Dieselbe trat bisweilen
so mild auf, dass sie nicht eher bemerkt wurde, als bis die
Pferde dämpfig waren. Wechselnder Appetit, leichtes Husten
und ein paar Tage Schüttelfrost waren oft die einzigen Er¬
scheinungen. Mit wiederkehrendem Appetit und nach Schonung
während einiger Tage glaubten die Besitzer Alles beseitigt.
Doch nach einer Zeit von drei Wochen bis einem Vierteljahre
oder bei Häufungen im Stalle noch früher kamen die Besitzer
endlich, um Rath zu holen, weil ihre Pferde so kurz athmeten
und so oft husteten. Meist war dann schon ein chronischer
Catarrh der Luftwege eingetreten, der allen gebräuchlichen
Arzneimitteln (auch die bekannten italienischen gegen Dämpfigkeit
wie Strychnin, Secal. cornnt. mit Sacchar. lact. wurden in
ca. 15 Fällen mit meist nur vorübergehendem Erfolge probirt)
nnd in allen ihren Anwendungsformen — innerlich, äusserlich,
Inhalationen, intralaryngealen Injectionen — nicht weichen wollte.
In frischen Fällen genügte meist schon eine 14- bis 28 tägige
Ruhe allein zur Wiederherstellung, in chronischen bewirkte selbst
eine Ruhe von einem Vierteljahre wenig oder garnichts. Ein
solches Pferd mit chronischem Catarrh, der zu einer so hoch¬
gradigen Dämpfigkeit geführt hatte, wie ich sie wenig gesehen
habe, veranlasste mich nach etwa achtwöchiger, vergeblicher
Behandlung, den Luftröhrenschnitt zur Milderung des Leidens
zu versuchen. Mit Schleichscher Infiltrations-Anästhesie ist
derselbe ja schmerzlos und ohne besondere Zwangsmittel in ganz
kurzer Zeit leicht ansgeführt (Tracheotubus No. 2259 von
Hauptner). — Bei diesem Patienten, welcher erst nur noch
mühsam über den Hof zu gehen vermochte, besserte sich in
ungefähr dreiviertel Jahren der Zustand so, dass von einem Catarrh
oder gar schwerem Athmen garnichts mehr zu merken war, die
Canüle heraus- und das betreffende Thier wieder zum Traben
genommen werden konnte.
Infolge dieses überraschenden Erfolges habe ich gegen die
Dämpfigkeit jeder Art — wie sie mir nur immer in Behandlung
kam und sogar einmal noch nach vierjährigem Bestehen — in
weiteren dreizehn Fällen und neulich auch mein jüngerer Bruder,
Thierarzt in Dahlen, in ein paar Fällen den Luftröhrenschnitt
mit Erfolg ausgeführt. Ich lasse die Thiere nach der Tracheo¬
tomie sofort weiter arbeiten und halte vor Allem auf möglichst
tägliche Bewegung. Ohne jeglichen Schutz vor der Oeffnung
des Tracheotubus nnd bei jedem, auch dem allerschlechtesten
Wetter und Winde, von früh bis Abends haben einige Pferde
gearbeitet; eine Lungenentzündung oder andere Nachtheile haben
sich dabei nicht eingestellt. Es tritt eine so bedeutende Schleim¬
absonderung auf, dass einige Zeit hindurch wohl täglich bis ein
Liter Schleim durch die Kanüle entleert wird. Vielleicht nur
dadurch kann man sich erklären, dass schlechtes Wetter, eis¬
kalte Luft den Lungen nicht schaden und dämpfige Pferde nicht
ausserordentlich viel husten müssen. Die Reinigung der Kanüle
überlasse ich von Anfang an dem Besitzer. Dieselbe muss in
der ersten Zeit täglich zwei Mal und zuletzt je nach dem Aus-
No. 46.
fluss blos alle 8—14 Tage geschehen. Von den vierzehn Fällen
habe ich eine Verschlimmerung des Zustandes bei einem Pferde
mit acuter Bronchitis erhalten und gar keinen Erfolg gesehen
bei einem Patienten mit wahrscheinlicher Verwachsung beider
Pleurablätter. In den übrigen Fällen ist, soweit ich sie in der
letzten Zeit gesehen habe, die Gebrauchsfähigkeit erhöht, bezw.
ganz bedeutende Besserung erzielt worden. Diese setzt jedoch
erst augenfällig mit dem Aufhören des Auswurfes ein. Dieser
Behandlung förderlich ist: zeitweise geringe Gabe von Liq. Kal.
arsenicos. und Weidegang bezw. Fütterung des Rauhfutters vom
Boden aus nebst möglichst frischer Stallluft.
H. Ein weiterer, ob seiner Nützlichkeit vielumstrittener
Punkt der Neuzeit ist die Neurectomie.
Ich habe dieselbe bisher in neun Fällen augewendet. Drei
Mal bei Fussrollenentzündung, die jeder Behandlungsweise mit
theils einvierteljähriger Schonung spotteten, zwei Mal bei Spat,
je ein Mal bei ausgeheiltem Nageltritt bis wenigstens ins Strahl¬
bein, vielleicht auch Hufgelenk mit nachfolgender starker Lahm¬
heit, bei Krongelenkentzündung mit Knochenauftreibnng aussen
(trotz dreijähriger, verschiedenseitiger Behandlung war die
Lahmheit bestehen geblieben und sehr hochgradig geworden),
bei Schale rings um das Krongelenk und bei Zwanghuf mit
Hufknorpelverknöcherung einseitig. Davon habe ich angewandt:
Neurectomie des Nerv, medianus mit N. ulnaris drei Mal, des
Nerv, tibialis mit N. peroneus, beider Volarnerven und eines
Volarnerven je zwei Mal.
Was den Erfolg anbelaDgt, so habe ich mit Ausnahme der
obigen beiden letzten Fällen stets Erfolg gehabt und keinen
Nachtheil gesehen. Die Pferde gehen zum Theil schon zwei
Jahre und mitunter auch Trab. Das Pferd mit Schale ging ein
Vierteljahr gut; dann stellte sich jedoch — meiner Ansicht
nach in Folge von zu grosser Anstrengung des Beugeapparates
— eine heftige Sehnenentzündung ein, sodass ich das betreffende
Thier töten liess. Bei dem Pferde mit Zwanghuf und Hnf-
knorpelverknöcherrng wollte ich noch auf der anderen Seite den
Nervenschnitt ausführen, stiess jedoch auf Widerstand des Be¬
sitzers, sodass dieser Fall streng genommen nicht mitzählen kann.
Jedenfalls ist mir der Nervenschnitt ein sehr bewährtes
Mittel, unbrauchbare Pferde oft noch lange gebrauchsfähig zu
erhalten, nnd ein Mittel, das nur ein Thierarzt ausführen kann.
Er muss aber auch stets als letzte Massregel aufgespart bleiben.
Nützt selbst das Nadelbrennen (am einfachsten mit dem Patent-
Flammenstrahl-Apparat von Hauptner No. 1421 ausgeführt)
nichts, so möchte ich stets noch zur Neurectomie rathen und
zwar gleichzeitig wegen etwaiger Folgekrankheiten mit der
Mahnung, vorn lieber die schwierigere Operation am Medianus
und Ulnaris auszuführen. Bei Schale- und Hufknorpelverknöche¬
rung ist jedenfalls die Operation, wie auch von anderen Seiten
schon mehrfach betont, nur von zweifelhaftem Erfolge gekrönt.
Zu beachten ist ferner dabei, dass die Bewegung des Patienten
wenigstens bezw. möglichst vom dritten Tage an zu erfolgen
hat und die Verwendung des Thieres, mit Schonung natürlich,
schon nach 14 Tagen beginnen kann. Ich habe z. B. bei einem
Pferde zunächst die Doppelneurectomie in Folge von Spat auf
dem einen Beine, acht Tage darauf auf dem anderen gemacht
und vierzehn Tage nachher das Thier wieder zur Arbeit be¬
nutzen lassen.
HI. Ueber die neuerdings auch viel behandelte Frage der
Castrationsmethode mit dem Emasculator — von Hauptner,
Berlin — kann ich nur in vier Fällen berichten.
BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT
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15. November 1900.
BERLINER THIERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
543
In allen diesen war fast vollständige Heilung nach acht
Tagen eingetreten. Es betraf drei einjährige Fohlen und einen
kleinen Ziegenbock. In den meisten Fällen habe ich jedoch
auch beobachtet, dass nach dem Abquetschen noch ein paar
Tropfen Blut herausrannen, und in einem Falle habe ich sechs
Stunden nach der Operation eine sehr unangenehme Nachblutung
erhalten. Da jedoch solche Blutungen nach jeder Operations-
raethode Vorkommen können, werde ich künftighin den Emas-
culator bei grossen Thieren stets wieder benutzen, vielleicht
jedoch mit Anwendung der Sand’schen Zange, bei kleinen
Thieren aber wie bisher einfach den ganzen Hodensack mit der
elastischen Schnur abbinden.
Bemerken möchte ich noch, dass sich der Emasculator sehr
gut bei Samenstrangtistein verwenden lässt, wenn man mit den
Fingern bohrend in der Tiefe arbeitet uud grössere Gewebs-
packete nicht abdrehen kann. Dieselbe quetscht man einfach
und ohne Gefahr ab.
Originalmittheilungen.
Zur Therapie des Hufkrebses.
Von Marten« -Sangerhausen.
Kreinthicrarzt.
Im vorigen Jahre wandte ich bei einem Pferde mit Huf¬
krebs, welches seit langen Monaten von mir und meinem Assi¬
stenten mit vielen bisher gebräuchlichen Mitteln vergeblich be¬
handelt war, eine öprocentige Lösung von Kal. bichromic. an.
Ich war überrascht von der ausserordentlich schnellen und
sicheren Heilung durch dieses Mittel, das ich seitdem in noch
zw'ei Fällen von Hufkrebs mit gleich gutem Erfolge benutzt
habe. Ebenso leistete das angegebene Mittel bei eiterig¬
jauchigen Processen in der Huflederhant vorzügliche Dienste.
Sollte einer der Gollegen auf Grund dieser Notiz die An¬
wendung des Kal. bichromic bei Huf krebs versuchen, so würde
es mich interessiren, über das Resultat etwas zu erfahren.
Absterben der Schwanzspitze,
Von Fettln q - Pyritz.
Tbierarxt.
Zu dem Artikel von Ellinger kann ich mittheilen, dass
ich das Absterben der Schwanzspitze in diesem Frühjahr auf
dem Dominium P. bei vier Kühen beobachtet habe. Die Kühe
waren nur leicht bezw. im mittleren Grade an Maul- und Klauen¬
seuche erkrankt. Aufstallung, Körperpflege und Haltung über¬
haupt waren tadellos. Es kann somit das Absterben der
Schwanzspitze nur einer specifischen Wirkung der Maul- und
Klauenseuche zugeschrieben werden.
Ueber Milzbrand.
Von Kissuth-Guhrau, Kreisthierarzt.
Wie schnell unter Umständen das Milzbrandvirus wirkt,
mag folgender, wohl nicht ganz uninteressanter Fall zeigen:
Ein Dominium des Kreises Guhrau erhielt aus Ostpreussen
60 Stück Binder zur Mast. Die Thiere wurden Vormittags
9 Uhr beim Ausladen auf der Endstation völlig gesund befunden,
um 11 Uhr wurden sie auf eine Koppel getrieben, wo sie mit
grosser Gier — sie hatten unterwegs nichts bekommen —
fr assen. Nachmittags 2 Uhr verendete ein Thier, nachdem es
sich kurze Zeit vorher auffallend unruhig benommen, drei
andere erkrankten ebenfalls unter den in Milzbrandgegenden
bekannten Erscheinungen, von denen noch weitere zwei ebenfalls
verendeten. Die am nächsten Tage Vormittags vorgenommene
Section wie auch die bacteriologische Untersuchung ergaben
Milzbrand.
Die Erklärung für diesen peraouten Verlauf kann nur in
dem Umstande zu finden sein, das infolge des 24 ständigen
Fastens während des Transportes die Resorption der mit dem
Futter aufgenommenen Sporen von dem halbleeren Darm ans
eine sehr energische und vollkommene war, und dass — wie
nach anhaltender trockener und heisser Temperatur oft be¬
obachtet worden — die Sporen in grossen Mengen zur Aufnahme
gekommen sein mussten.
Die Fischereiuntersuchungen des norwegischen
Staatsschiffes „Michael Sars.“
Professor Nansen’s Theorien
Von
Dr. J. Alfred MJÖen.
Der norwegische Staat hat — wohl schon im Hinblick auf die
demnächst beginnenden internationalen Fischereiforschungen,
zu deren Hauptsitz man vielleicht Norwegen zu bestimmen
denkt, ein prächtiges Dampfschiff ausgerüstet, das jetzt seine
ersten wissenschaftlichen Streifzüge im Eismeer und der nörd¬
lichen Nordsee beendet hat. An diesen hat sich auch Professor
Nansen betheiligt.
Von diesen Expeditionen sind werthvolle Resultate und
Entdeckungen zu verzeichnen, was die geographischen, hydro¬
graphischen und zoologischen Verhältnisse dieser Meerestheile
anbelangt. Besonders ist es Professor Nansen geglückt, seine
im vorigen Jahr auf dem Berliner Kongress vorgebrachten Theorieen
von der Oceanographie des Eismeeres zu bestätigen und zu
ergänzen.
Nansens Hypothesen über die Meeresströmmungen weckten
auf dem geographischen Kongress allgemeines Aufsehen. Er
behauptete nämlich, dass die Richtung und Stärke der Meeres¬
strömungen hauptsächlich auf Erhöhungen im Meeresboden
beruhe, und ergänzt jetzt jene Hypothesen durch die Beobachtung,
dass der Golfstrom trotz der constanten oceanographischen
Verhältnisse starken Temperatur-Veränderungen unterworfen sei.
Die Beobachtungen, die man vom „Michael Sars“ gemacht hat,
haben ergeben, dass der Golfstrom in diesem Sommer längs
der norwegischen Küste weit niedrigere Temperatur gehabt hat,
als in früheren Jahren. Die Folge davon war ein kalter,
unfruchtbarer Sommer.
Umgekehrt hat der s. g. Irmingerstrom, der Island’s West¬
küste berührt, eine um mehrere Grade höhere Temperatur
gehabt als früher, und dort war der Sommer mild und warm.
Diese Beobachtungen, von dem Einfluss der Temperatur¬
schwankungen in den warmen Meeresströmungen auf die
klimatischen Verhältnisse des Landes haben eine ungeheure
Bedeutung. Professor Nansen behauptet, dass man in nicht
zu ferner Zeit, durch die Messungen der Ströme wird Voraus¬
sagen können, ob der kommende Sommer kalt oder warm,
feucht oder trocken wird, was für das wirthschaftliche Leben
von unschätzbarem Werthe sein wird.
Neben diesen hydrographischen Beobachtungen war der
Hauptzweck der Expedition: „Die Untersuchungen des Thier¬
lebens im Meer unter den verschiedenen Temperaturver¬
hältnissen“.
Mit den neuen von Professor Nansen selbst construirten
Instrumenten hat man die merkwürdigsten Uebergänge zwischen
den kalten und warmen Strömen constatirt. In den Tiefen des
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514
No 4r,
BERLINER TI11ERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Meeres scheiden sich die Strömungen haarscharf von einander
ab, fast wie Metalladern in den Bergen. Und jede Temperatur
hat ihre Pflanzen- und Thierleben für sich.
Die Strömungen vom nördlichen Eismeer z. B. führen
Algensamen mit sich. Sobald diese Samen mit der latenten
Lebenskraft in den warmen Golfstrom hineinkommen, entwickeln
sie sich mit einer unbeschreiblichen Fruchtbarkeit. Die abge¬
storbenen Theile der Algen sinken nieder und bilden in tieferen
Schichten Nahrung für kleine Krebse, die wieder ihrerseits dem
Dorsch zur Nahrung dienen. Während dieses Sinkens treffen
jedoch die Algenreste leicht auf eine kältere Strömung, die sie
am Weiterrücken hindert. An dieser Grenze zwischen der
kalten und der warmen Wasserschicht bildet sich daher eine
überaus reiche Ansammlung dieser Algen, infolge davon auch
von Krebsen und wieder infolge davon an Fischen. Hier tliut
man die reichsten Fänge. Diese ganze Ansammlung von
Pflanzen, Krebsen und Fischen, die von einander abhängig
sind, wird nun von den warmen Strömen mitgerissen bis zu
den Küsten, wo die Fische in dem engen Gedränge sich ver¬
mehren und gefangen werden.
Nansen meint, dass gegründet auf diese Beobachtungen man
die Wanderungen der Fischschwärme an den Meeresströmungen
müsse Voraussagen können. Diese Theorie wird bestätigt durch
die letzten Beobachtungen des „Michael Sais“, die heute
telegraphisch berichtet werden.
Die Versuche, die man gemacht hat, haben zum ersten
Mal nachgewiesen, dass dieselben Fische die längs der Küsten
Vorkommen, auch in grossen Mengen mitten im Meere, selbst
im tiefen Weltmeer verkommen.
Es wird vermuthlich eine wichtige Aufgabe der geplanten
internationalen Fischereiforschungen, an denen auch Deutschland
sich betheiligen will, werden, dieses weiter zu verfolgen.
Referate*
Versuche über die Dauer der Iiieubation der
Tuberculose des Kindes und das Alter der tuberculösen
Laesionen.
Von l’rof. Nocard-Alfort und Rossignol-Melun.
(Ilevuc völt-rinaire, 1. Xov. 1900.;
Das neue französische Gesetz über Währschaft der Tuber¬
culose verlangt den Nachweis der Existenz der Krankheit beim
Verkäufer. Um hierfür eine Basis zu erhalten, hat die Societe
de medecine veterinaire pratique folgende Versuche vornehmen
lassen.
Zehn Rinder und zwei Milchkühe der Fleckviehrasse wurden
angekanft und einer Tuberculinprobe unterworfen, damit er¬
krankte Thiere von vornherein nicht zur Verwendung kamen.
Vier Tage später wurden vier Rinder (Loos I) der tuberculösen
Infection durch die Digestionswege ausgesetzt, dadurch dass
ihnen in der festen und in der flüssigen Nahrung tubercnlöses
Material aus tuberculösen Rinderlungen verabreicht wurde. Vier
Rinder (Loos II) wurden durch Inlialirungen von tuberculösem
Staub in die Respirationsorgane der Infection ausgesetzt. Den
beiden Milchkühen (Loos 111) wurde eine Emulsion von tuber¬
culösem Material in die Milchgänge injicirt; einem Rinde (Loos IV)
wurde diese Emulsion intratracheal, dem letzten Rinde (Loos V)
dieselbe intravenös injicirt.
Die Temperatur wurde bei allen Thieren täglich zwei Mal
abgenommen, ausserdem wurde alle sechs Tage eine Tuberculin¬
probe vorgenommen zur möglichst annähernden Feststellung des
Zeitpunktes, an welchem die Thiere zu reagiren beginnen.
Nach 30 Tagen wurde je ein Thier der Loose I, II und III
und die beiden Thiere der Loose IV und V, nach 45 Tagen
wiederum je ein Thier der Loose I und II und das letzte des
Looses III, die anderen später getödtet und secirt.
Der Bericht über die Versuche besagt :
1. Dass die Ingestion in Bezug auf die Ansteckung viel
weniger wirksam ist als die Inhalation. Trotz der enormen
Menge der eingenommenen tuberculöseD Materien ist ein Rind
gesund geblieben; die drei anderen erkrankten ferner in
so geringem Grade, dass bei dem einen die vom Tuberculin
angezeigte Laesion nicht gefunden wurde, die beiden anderen
hatten nur minimale Laesionen. Auch ein Kalb, das von seiner
Geburt an die sehr bacillenreiche Milch der beiden Versuchskühe
getrunken hatte, war nur in geringem Grade iuficirt.
Die Incubationsdauer hat zwischen 32 und 48 Tagen betragen.
2. Der Respirationsapparat bildet den gewöhnlichsten und
wirksamsten Weg der tuberculösen Infection. Die Versuche
haben annähernd dasselbe Resultat, wenn das tuberculose Material
in Form von trockenem Staub inhalirt wird oder in Form von
feinen flüssigen Partikeln, in welchem die Bacillen snspendirt
sind, wie es der Fall ist, wenn ein tubercnlöses Thier in der
Umgebung gesunder Thiere hustet resp. sich ausprustet.
Die Incubationsdauer hat zwischen 19 und 32 Tagen betragen.
Die traeheale lnjection hatte nicht die von einzelnen er¬
warteten Erfolge. Die Lungen sind in keiner Weise iuficirt
worden. Es erklärt sich dies dadurch, dass die Flüssigkeit nie
in die Alveolen gelangt, die lnjection erreicht nur die kleinen
Bronchien. Die Energie des phagocytäreu Widerstandes der
Bronchialschleimhaut ist aber bekannt, und sind trotz ihrer un¬
geheuren Zahl die injicirten Bacillen von den Phagocyten um¬
ringt und mit ihnen im Expectorationsschleim ausgeworfen worden.
Selbst bei den durch Inhalation trockenen oder feuchten
Staubes inficirten Kühen sind die Bronchien, die Bronchiolen
und die Lungenalveolen der Infection entgangen. Die Tuberkel¬
knoten hatten ihren Sitz lediglich unter der Pleura oder an der
Peripherie der Lobuli im interstitiellen Gewebe. Es hat sich
wahrscheinlich jeder tuberculose Herd um einen Phagocyten
gebildet, die von der Bronchialschleimhaut kommend wieder in
den Lymphstrom gelangt waren, nach lern sie einen oder mehrere
Koch’sehe Bacillen aufgenommen hatten.
3. Im Gegensatz zur Bronchialschleimhaut vertheidigt sich
die Schleimhaut der Milchgänge schlecht gegen microbielle
Injectionen und namentlich gegen den Koch'seheu Bacillus. Die
Versuche — und ähnliche, die bei Milchziegen vorgenommen
wurden — zeigen, dass von allen Geweben des lebenden Orga¬
nismus die Milchdrüse das beste Culturmedium für den Tuber-
culosebacillus bildet. Die Versuche zeigen auch, dass die vou
einzelnen Autoren geleugnete primäre Tuberculose des Euters
möglich ist, sie zeigen auch die Wirklichkeit der tuberculösen
Intoxication; die beiden Versuchskühe, die kurz vor dem Tode
geschlachtet wurden, hatten keine organische Laesion, welche
die Vorgefundene hochgradige Cachexie erklären könnte. Bei
beiden Kühen war die lncnbation sehr kurz und zwar dauerte
sie drei Tage bei der einen, dreizehn Tage bei der
anderen Kuh.
4. Die intravenöse lnjection ist wie immer, wenu in t
virulenten Stoffen gearbeitet wird, die schwerste und schleunigtsc
Infectionsmethode gewesen. Für die Praxis ist aber hieraus
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545
15. November 1900. BERLINER THIERÄRZTL!
kein nützlicher Schluss zu ziehen. da die Tubemilose nicht !
auf diesem Wege erlangt wird.
f>. Bei keinem der Versuchstiere - und dies ist in
practischer Beziehung von grosser Bedeutung — sind, auch bei
der küizesten Incubationsdauer und beim schleunigsten Krank¬
heitsverlauf, Erweichungen oder Verkalkungen der Laesionen
eingetreten, die beim tuberculösen Rinde sonst Regel sind.
Im Allgemeinen kann aus den Versuchen geschlossen werden,
dass die Incubationsdauer, die vom Tage des Eintritts des
Contagiums in den Organismus bis zum Tage, an welchen er
seine Einwirkung durch die Tuberculinrcaction äusserte, berechnet
wurde, sehr vei schieden ist. In den Versuchen, bei welchen
die Infectionschancen aufs Aeusserste erhöht waren, betrug sie
19 bis 3*2 Tage bei Inhalationsinfection, 32 bis 48 Tage bei
Ingestionsin jection.
Es ist sicher, dass bei natürlicher Infection die Incubations¬
dauer bedeutend länger ist. Wenn demnach eine neu¬
gekaufte Kuh innerhalb .‘50 Tagen nach dem Verkauf
auf Tubercnlin reagirt, so ist der Thierarzt voll be¬
rechtigt, zu erklären, dass aller Wahrscheinlichkeit
nach die Kuh vor dem Verkaufe inficirt war.
Bezüglich des Alters der tuberculösen Laesionen haben die
Versuche keinen vollständigen Erfolg gehabt, es kann aber,
wenn die Laesionen erweicht oder verkalkt sind, auch
wenn sie noch so begrenzt und vereinzelt auftreten, der
Thierarzt mit Bestimmtheit erklären, dass sie seit
länger als fünfzig Tagen bestehen. Z.
Prolapsus vaginae bei dem Hund.
Von Mathis.
(.Imiraal de mi-dcrilic vcti-rinftire «'t «lo Znuterhnic. Juillot, 1!MJ().i
Mathis beschreibt in einem ausführlichen Artikel die Ur¬
sachen, die Erscheinungen und die Behandlung dieses bei dem
Hunde vielfach vorkommenden Leidens. Ei - unterscheidet zwei
Grade: Der Prolapsus vaginae, welcher während der Brunst
auf tritt, ist meistens ersten Grades; er verschwindet meistens
von selbst wieder binnen 15—20 Tagen. Bei dem Prolapsus
zweiten Grades erfolgt keine spontane Heilung; er wird viel¬
mehr meistens ärger und oft treten noch Complicationen dabei
auf. Die Entzündung der ausgestülpten Scheide und die Ein-
schniiiung des schmalen Theiles davon durch die Vulva ver¬
ursachen eine bedeutende Verdickung aller Lagen, wodurch die
Reposition erschwert wird und Gefahr für Infection entsteht.
Der Prolapsus kann überdies ln‘i jeder Brunst und nach
jeder Geburt auftreten.
In Bezug auf die Behandlung wird angerathen, zuerst die
Reposition und die Retention zu versuchen. Bei der Reposition
muss besonders darauf geachtet werden, dass man die Falte,
welche sehr oft znrückbleibt, mit den Fingern so weit wie
möglich wegstreicht. Pessaria und Bandagen sind als Mittel
zur Verhütung eines neuen Prolapsus nicht empfehlenswert!!,
ebensowenig die Vulvanaht, welche bald ausreisst. Vielleicht
ist es besser, die Vagina zu tamponiren und dann die Vulva
zii heften, wie Müller empfiehlt.
In einem Falle, wo es nicht gelang die Umstülpung zuriiek-
znhalten, hat Wende die blutige Operation angewandt. Nach der
Laparotomie in der Linea alba zog er den Uterus nach vorne,
um die Vagina an ihre Stelle zu schaffen. Darauf wurde der
Uterus mit drei besondern Oatgutnähten an die Bauch wand
geheftet. Es trat vollkommene Genesung ein.
Falls die Reposition unmöglich oder die Vagina bedeutend
I CHK WO C HEN SCHRIFT.
verletzt ist, muss die Amputation vorgenommen werden. Mathis
zieht die elastische Ligatur allen Ligaturen vor. Es ist jedoch
nöthig. sich vorher davon zu überzeugen, dass sich keine Ein¬
geweide in dem vorgcstiilpten Tlieile befinden, besonders bei
dem Prolapsus des zweiten Grades. Bei der eventuellen Ver¬
wachsung der Intestina genügt es nicht, den Hintertheil auf¬
zuheben und die Masse in das Becken zurückzudrängen. Um
sich zu überzeugen, dass keine Eingeweide in die Ligatur
kommen, wird in die Scheidewand ein Einschnitt gemacht bis
durch das Peritoneum. M. G. d. B.
Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung zur
Heilung und Erforschung der Tollwuth am Institut
für Infectionskrankheiten zu Berlin im Jahre 1899.
Von Oberarzt Dr. Marx.
(Kliiiisclii-i .Fahrlmch VII. B«1. 1000 Separatabdruck.)
Von 384 Patienten verstarb ein Patient am 12. Tage der
Behandlung an Tollwuth, bei einem 9jährigen Mädchen brach
am 6. Tage nach der Entlassung die Wuth aus, ebenso er¬
krankte ein 4jähriges Mädchen am 14. Tage nach Abschluss der
Schutzimpfung, 2 Patienten wurden bereits mit ansgebrochener
Wuth eingeliefert und starben. Bei 0,27 pCt. der Be¬
handelten erwies sich die Schutzimpfung als erfolglos.
In 359 Fällen handelte es sich um Hundebisse, in 8 Fällen um
Bisse von Katzen, in 4 Fällen von Pferden, 9 Patienten hatten
sich bei der Behandlung von wnthkranken Rindern inficirt, ein
Laboratoriumdiener war von einem mit Strassenwuth infteirten
Kaninchen im Stadium der rasenden Wuth gebissen, 2 Patienten
inficirteu sich bei der Obduction eines an Tollwuth eingegangen
Mädchens, 1 Patient bei der Obduction eines wuthverendeten
Schweins. — Den Todesfall der beiden Mädchen von 4 und
9 Jahren, trotz frühzeitiger Schutzimpfung, erklärt man sich
mit der experimental festgestellten Thatsache, dass, je jünger
die Individuen sind, um so kürzer die Incubationszeit
der Tollwuth ist. — Man hat deshalb ein von Bujwid an¬
gegebenes intensiveres Verfahren benutzt, um eine frühere
Immunität zu erreichen: dieselbe wird bei schweren Ver¬
letzungen, nahe dem Centralnervensystem, angewendet; so giebt
man bei dem Bujwidschen Verfahren schon am 8. Tage 2 tägiges
. Mark, während man nach der bisherigen Methode solches erst
am 14. Behandlungstage verabreichte.
Bei 282 experimentell untersuchten Fällen waren 200 Fälle
gleich 81,7 pCt. positiv, bei 19 untersuchten Köpfen gleich 7,6 pCt.
wurde Wuth ausgeschlossen, 27 Köpfe gleich 10,7 pCt. waren
verfault. Die meisten Patienten stammten aus Schlesien (84),
dann folgte Westpreussen mit 48 Patienten, aus Sachsen
(Königreich) stammten 98 Patienten, ln Bayern hat die Toll¬
wuth zugenommen, gegen 2 Patienten im vorigen Halbjahr waren
im Frühjahr 26 Patienten eingeliefert. Besonders durchseucht
sind die östlichen Grenzen, besonders die böhmische, und von
hier aus tritt erst die Infection der centralen Theile Deutsch¬
lands ein. Dr. Jess.
Ueber die Vertheilung intratracheal injicirter
Flüssigkeiten.
Von M. Bärner in Dresden.
(Berliner Archiv, 1900. H 1. u. 2 )
Die vom Verfasser bei Pferden angestellten Versuche ver¬
folgten den Zweck, zu ermitteln a) wohin die injicirte Flüssig¬
keit durch die Einspritzung gelangt, b) wohin sie durch Lungen-
beweguhg, Flimmerthätigkeit u. 8. w. befördert wird. Die er-
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Berliner thierärztliche Wochenschrift?.
Ho. 46
546
langten Resultate sind in nachstehenden Schlusssätzen zusammen¬
gefasst.
1. Die Ausbreitung einer intratracheal injicirten Flüssig¬
keit ist zum Theil abhängig von der physicalischen Beschaffen¬
heit derselben.
2. Während und unmittelbar nach der Injection folgt die
Flüssigkeit lediglich dem Gesetz der Schwere.
3. Von der Einspritzung selbst werden nur geringe Theil-
bezirke und zwar vorwiegend der Bezirk des ersten Bronchial¬
astes und die Spitzenlappen betroffen.
4. Die grössere Menge der injicirten Flüssigkeit scheint
nach der linken Lunge zu fliessen.
5. Ruhige In- und Exspiration sind während der Injection
anscheinend ohne bemerkenswerthen Einfluss, dagegen scheint
die intensivere Inspiration heim Husten ausstreuend zu wirken.
6. Die Respiration tritt erst nach der Injection in Wirk¬
samkeit insofern, als sie einzelne in der Trachea und ihren
Hauptästen liegeden Partikel der injicirten Materie nach tieferen
Lungenparthien führt.
7. Grössere Theile der Lunge oder tiefer gelegene Parthien
derselben gewissermassen zu berieseln, dürfte erst bei Injection
ungeeignet grösserer Flüssigkeitsmengen möglich sein.
8. Kranke Lungenparthien können durch Injection am
stehenden Thier mit einiger Sicherheit nur erreicht werden,
wenn sie im Bezirk des ersten Bronchialastes oder in den
Spitzenlappen liegen. Befinden sie sich an anderen Stellen, so
unterbleibt wegen Mangels der Respiration und Wimperbewegung
daselbst der Transport dahin. Es kann also nur die Wirkung
der Arzneimittel von gesunden Gegenden aus in Betracht
kommen.
Tagesgeschichte.
Cnltnr-Aufgaben.
Von Bermbach-Schroda.
Der aufmerksame Beobachter der Vorgänge, die sich in
unserm Staate abspielen, hat manchmal Gelegenheit, sich dar¬
über zu wundern, wie wenig Interesse die Thierärzte selbst
Vorgängen, die sie sehr nahe berühren sollten, zu widmen
scheinen. So war z. B. im März d. J. in den grösseren Zei¬
tungen eine Allerhöchste Cabinets-Ordre vom 9. März 1900 ver¬
öffentlicht, deren zweiter Absatz folgenden W T ortlaut hatte:
Zugleich genehmige Ich, dass Zahlmeister, die den
obersten drei Gehaltsstufen angehören und sich nach jeder
Richtung in ihrer Stellung bewährt haben, vom Kriegs'
minister zu Ober-Zahlmeistern befördert werden. Die
Ober-Zahlmeister haben auf den Epaulettes und Achsel¬
stücken zwei goldene Rosetten zu tragen.
Diese Cabinets-Ordre ist für die Gesammtheit der Tiner¬
ärzte nicht ohne Bedeutung, denn bis jetzt waren die Zahl¬
meister ranglich und auch in Bezug auf äussere Abzeichen den
Ober-Rossärzten gleich gestellt. Wenngleich dieses Verhältniss,
wie es bis dato bestand, schon sehr beklagenswerth war, weil
von den Zahlmeistern irgend eine höhere als Elementar-
Schulbildung nicht gefordert wird, während man von den Ober-
Rossärzten das Zeugniss der Reife für Prima, die Ablegung der
thierärztlichen Fachprüfung und die erfolgreiche Absolvirung
des Oberrossarzt-Cursns, in welchem an die Theilnehmer hoch
gespannte Anforderungen gestellt werden, verlangt, so ist jetzt
ein Missverhältniss zwischen den genannten Be amten kategoricn
entstanden, für dessen Bezeichnung man schweilich ein passendes
Eigenschaftswort wird finden können. Die Zahlmeister werden
jetzt nämlich mit Recht behaupten, dass sie den Ober-Rossärzten
im Range überlegen sind, da in der Cabinets-Ordre ausdrücklich
von einer Beförderung die Rede ist, und diese Ueberlegenheit
im Range kann ihnen Jedermann auf den Schultern ablesen.
Man wolle sich nun daran erinnern, dass einige Zeit vor Aus¬
gabe der betreffenden Cabinets-Ordre der Reichstags-Abgeordnete
Professor Hoffmann sich in dankenswerter Weise für die
Rossärzte ins Zeug gelegt und unter Anderm auch eine Rang¬
erhöhung für dieselben beantragt hatte. Wenn man will, kann
man in dem dieser Cabinets-Ordre zu Grunde Regenden Vor¬
schlag des Kriegsmiuisteriums eine Antwort auf den Antrag
Hoffmann erblicken, und vom Gesichtspunkte dieser Erwägung
aus betrachtet gewinnt die ganze Sache einen etwas eigentüm¬
lichen Anstrich.
Manchmal hat man den Eindruck, als wenn den Rossärzten
der Armee von ihren Collegen im Civil nicht genügend Auf¬
merksamkeit zugewendet würde, denn es ist sonst nicht recht
verständlich, wie die vorhin erwähnten Vorgänge, trotzdem sie
schon über ein halbes Jahr zurückliegen, in der Fachpresse so
ohne Weiteres ignorirt werden konnten. Die Stellung der Ross¬
ärzte in der Armee hat einen ganz bedeutenden Einfluss auf
die Stellung, welche den Thierärzten in der GeseUschaft ein¬
geräumt wird, denn heute legen die besser situirten Landwirte
und academisch gebildeten Beamten Gewicht darauf, Officier des
Beurlanbtenstandes zu sein, und diese Männer taxiren natürlich
die Thierärzte im Allgemeinen nach der Stellung, die dieselben
als Rossärzte beim Militär einnehmen. Wer Rossarzt oder Ober¬
rossarzt des Beurlaubtenstandes ist, kann bei Officierszusammen-
künften regelmässig die Beobachtung machen, dass er mit neu¬
gierigen Blicken von den übrigen Herrn gemustert wird, schon
allein deshalb, weil die Bezeichnung „Rossarzt“ so etwas Eigen¬
tümliches an sich hat, und weil die Rossärzte durch ihre schmuck¬
lose todte Uniform unter den übrigen bunten prächtigen Uniformen
recht unangenehm auffallen.
Ich habe immer bemerkt, dass, wenn ein Thierarzt bei
irgendwelcher Gelegenheit die Uniform als Rossarzt anlegen
muss, Jedermann begierig ist, nachzusehen, was für Abzeichen
er auf den Schulterklappen trägt. Diese Neugierde kann man
billigerweise Niemanden verargen, denn beim MiRtär trägt jeder
Officier oder Beamte die Abzeichen seines Ranges sehr deutRch
auf der Schulter ausgeprägt. In den Schulterabzeichen hat
man gleichsam eine Auskunftstelle geschaffen, die Jedem, der
sich dort orientiren will, über die Stellungsverhältnisse der betr.
Militärperson ganz zuverlässige Aufschlüsse ertheilt.
Wir leben in Deutschland, wie man zu sagen pflegt, in
einem Militärstaate, und die Stellung, welche ein Stand als
solcher beim MiRtär einnimmt, ist im Allgemeinen ausschlag¬
gebend für die Abwägung der Ehren, die man dem einzelnen
Mitgliede dieses Standes im Civilleben zu Theil werden lässt.
Ich bin überzeugt, dass, wenn unser hochherziger Kaiser,
den Gott erhalten möge und der sein Volk liebt und Gerechtig¬
keit für dasselbe will, über die Verhältnisse genau orientirt
würde, die Remedur nicht lange auf sich warten liesse.
Die Rossärzte können als Militär-Personen Nichts für der¬
artige Bestrebungen thun. Als die richtige Stelle muss viel¬
mehr die tierärztliche Central-Vertretung angesehen werden,
und der einzig richtige Weg, etwas in dieser Hinsicht zu er¬
reichen, dürfte in einer Immediat-Eingabe oder Nachsuchung einer
Audienz bei Sr. Majestät dem Kaiser zu suchen sein, da wir
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15. November 1900.
BERLINER THIERÄRZTLtCHE WOCHENSCHRIFT.
547
nach den Vorgängen des letzten Jahres nicht hoffen dürfen, bei
dem Kriegsministerinm auf grosse Gegenliebe za stossen.
* *
*
Uns Allen wird es noch erinnerlich sein, dass vor einigen
Jahren einer der höchsten Reichsbeamten vor gewissen Intriguen,
die man gegen ihn gesponnen hatte, in die Oeffentlichkeit
flüchtete. Eine solche Flacht in die Oeffentlichkeit wäre den
Thierärzten auch dringend anznrathen, denn bis jetzt haben
wir es nicht verstanden, die Oeffentlichkeit entsprechend der
Bedentnng der Veterinär-Medicin für unser Thun and Streben
zu interessiren. Wenn beispielsweise die Schuhmacher- oder
Töpfergesellen in Berlin oder sonstwo eine Versammlung ab¬
halten, so kann man am nächsten Tage alles, was dort geschehen
ist, sehr genau in fast allen grössern Zeitungen lesen, während
man selbst von grossen thierärztlichen Versammlungen so gut
wie garnichts in der Tagespresse gedruckt findet. Es scheint
so, als wenn die thierärztlichen Corporationen die Tagespresse
in vornehmer Zurückhaltung ignoriren und abwarten wollten,
dass die Presse mit dem ergebenen Ersuchen um die Ver¬
günstigung, Berichterstatter entsenden zu dürfen, an sie heran¬
treten sollte. Darauf werden wir allerdings wohl lange warten
können, denn man muss nicht etwa glauben, dass die Zeitungen
immer besondere Berichterstatter in die betr. Versammlungen,
Congresse etc. entsenden. Nein, für die Berichterstattung sorgen
in der Regel die Vereine selbst, indem mit irgend welchen
Blättern Abmachungen darüber vereinbart sind.
Es liegt kein Grund vor, anzunehmen, dass z. B. die
Deutsche Tageszeitung, die Deutsche Zeitung, die Schlesische
Zeitung, die Berliner Neusten Nachrichten und andere Blätter
ähnlicher Richtung den Abdruck von Referaten über thierärzt¬
liche Angelegenheiten ablehnen sollten, um so weniger, als die
betr. Blätter voraussetzen dürfen, dadurch unter den Thierärzten
eine grössere Zahl von Abonnenten zu bekommen.
Mit der Oeffentlichkeit ist es so ein eignes Ding. Sie entfaltet
manchmal eine riesige Macht, und wer sie in der richtigen Weise aus¬
zunützen versteht, für den ist sie von unschätzbarem Werth. Am
meisten schneidet sich aber in sein eignes Fleisch, wer sie verachtet.
* *
*
Wenn wir die Oeffentlichkeit für uns interessiren wollen,
so müssen wir auch umgekehrt mehr als bisher den öffentlichen
Angelegenheiten unsere Aufmerksamkeit widmen, namentlich
wenn diese Angelegenheiten in das Gebiet der Veterinär-Medicin
übergreifen. So schön und anerkennenswerth die ruhige be¬
scheidene Arbeit im einsamen Kämmerlein im Allgemeinen auch
sein mag, so wenig ist es in manchen Dingen angezeigt, sein
Licht unter den Scheffel zu stellen, denn der schöne Spruch
vom Sichselbstemiedrigen und Erhöhtwerden hat heute im öffent¬
lichen Leben nur noch eine ganz zweifelhafte Gültigkeit. Es
findet sich eben so leicht nicht Einer, der uns Thierärzte erhöhen
will, und desshalb müssen wir es selbst versuchen. Ein Jeder
von uns muss sich bemühen, dieser Aufgabe nach bestem Können
gerecht zu werden, indem er immer daran denken soll, dass
das Thun und Lassen der Thierärzte von dem Publicum mit
einer gewissen Vorliebe zum Gegenstand der Kritik gemacht
wird. Es erscheint daher rathsam, in Bezug auf Dinge, die
den äusseren Menschen betreffen, immer den goldenen Mittel¬
weg zu wandeln und im gegebenen Augenblick, je nach Er¬
forderniss, entweder die speciell thierärztliche oder auch die
allgemein wissenschaftliche Bildung, die von Rechts wegen ein
Jeder von uns in hinreichendem Masse haben soll, in den Vorder¬
grund zu schieben. In der Veterinär-Medicin giebt es so viele
hübsche Sachen, mit denen man selbst dem gebildeten Publicum
imponiren kann, wenn man es nur versteht, sie auch für den
Laien interessant und verdaulich zu machen. Besonders der
beamtete Thierarzt hat hierzu reichlich Gelegenheit, indem er
hin und wieder in den grösseren landwirthschaftlichen Vereinen
allgemein interessante Fragen vom volkswirthschaftlichen und
sanitären Standpunkte aus behandelt. Die vorherige Aus¬
arbeitung und das Memoriren derartiger Vorträge verursacht
allerdings einige Mühe, aber dafür wird der Erfolg, je mehr
Sorgfalt auf die Arbeit verwendet worden ist, um so schöner
sein. Dem gebildeten Landwirth liegt garnichts daran, im
Bezug auf die Behandlung von Thierkrankheiten vom Thier¬
arzt klug gemacht zu werden, es ist ihm viel werth¬
voller, Fragen, die ihn eng berühren, vom national-öcono-
mischen oder allgemein wissenschaftlichem Standpunkt be¬
handelt zu sehen; und solcher Fragen giebt es heute in Hülle
und Fülle. Ja, es erscheint sogar als eine unabweisbare Pflicht
für die Thierärzte, namentlich die beamteten, das betheiligte
Publikum auf Gefahren, die der Bevölkerung und den heimath-
lichen Viehbeständen aus Thierkrankheiten erwachsen können,
aufmerksam zu machen. Ich erinnere, um ein Beispiel heraus-
zngreifen, nur an die Eutertuberculose der Kühe. Wer die
schönen, überaus lehrreichen und interessanten Arbeiten
Kühn aus über diesen Gegenstand in No. 5 und 30 dieses Jahr¬
ganges der B. T. W„ gelesen hat, muss es eigentlich für seine
Pflicht und Schuldigkeit erachten, in geeigneter Weise die Auf¬
merksamkeit der Landwirtschaft und des milchconsumirenden
Publicums auf die Gefahren, welche Beiden aus dieser Krankheit
drohen, hinzulenken und die Oeffentlichkeit mobil zu machen,
damit die Kranheit auf dem Wege der Gesetzgebung getilgt
werde. Fragen von ähnlicher Bedeutung tauchen immer von
Neuem am veterinär-medicinischen Horizonte auf. Mau muss es
nur verstehen, sie zu erfassen und ihre Bedeutung dem
interessirten Publikum vor Augen zu führen. Das wird weder
dem Einzelnen noch der Gesammtheit zum Schaden gereichen,
und Du, lieber Leser, wirst das wohlthuende Gefühl haben,
Deiner Aufgabe als Cultur-Mensch gerecht geworden zu sein.
* *
*
Man kann sich die Veterinär-Medicin vorstellen als eine
schöne, kraftvolle Gestalt, die umherwandelt und guten Samen
ausstrent. Uns, den Thierärzten, liegt es ob, dafür zu sorgen,
dass der Boden zur Aufnahme des Samens gut bereitet ist.
Der Hausvater aber ist der Staat. Sowie nun der Landmann
sich nicht auf seinen Nachbar verlässt, dass dieser für ihn die
Arbeit thnn werde, sondern seinen Acker liebt und stets um den¬
selben beschäftigt ist, so muss auch ein Jeder von uns nach Kräften
dahin arbeiten, dass der ausgestreute Samen auf fruchtbaren
Boden falle. Und wenn dann zur Zeit der Ernte der Hausvater
kommt und sieht, dass unser Acker reiche Früchte trägt, so
wird er mit uns zufrieden sein und uns den Lohn für unsere
Arbeit nicht vorenthalten können.
Ein Mahnruf.
Zeiten der Entwicklung, wie die des thierärztlichen Standes
kann man wohl nicht unzutreffend vergleichen denen, in welchen
der Wein gährt. Und je besser der Saft, desto sachkundigeren
Händen muss er anvertraut werden; je aufwallender es in seinem
Innern vor sich geht, desto sicherer lässt sich darauf schliessen,
dass entwicklungsfähiger Stoff vorhanden ist. Und an ihm, bei
dem der Küfer keine Mühe hat, den sprudelnden Wein in
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548
Banden zu halten, erlebt er grosse Freude. Wenn aber gar der
ungestüme Geselle seine Fesseln bricht, dann klagt der Besitzer,
er habe einen werthvollen Tropfen verloren.
So steht es mit dem menschlichen Streben. Der, dem trüben
Safte klärend entsteigenden, die Nase kitzelnden Kohlensäure
gleich, müssen alle die Gedanken, wie sie ans den Tiefen der
unergründlichen Werkstatt des menschlichen Gehirnes aufsteigen,
beachtet und gesammelt werden, weil sie zur Klärung der Sach¬
lage beitragen.
Nun kommt es mir vor, als ob eine solche, sprudelnde Kraft
in der letzten Zeit bei unseren Bestrebungen nach Verbesserung
unserer Standesverhältnisse nicht mehr genug hervorträte. Ich
habe die Empfindung, als ob gerade, in den Kreisen, in welchen
das Streben der Weiterentwicklung die kräftigsten Wurzeln hat,
diese am allerwenigsten zum Ausdruck käme. Und die Angst
ist es, die mich zur Feder greifen lässt, dass vielleicht wirklich
dort ( ich meine die thierärztlichen Praktiker) die Kraft erlahmt
und die Hoffnung auf Besserung unserer Verhältnisse anfgegeben
sei. Unendlich selten vernimmt man ja auch ein Lebenszeichen
von dort her, sogar wenig hört man davon sagen, dass dieser
oder jener practische Thierarzt mit Hinsicht auf die Standes¬
entwicklung hat von sich sprechen machen.
Ich verkenne nicht die stille, dankeswerthe Pionierarbeit,
die darauf ausgeht durch Fleiss und persönliche Tüchtigkeit den
thierärztlichen Stand im Ansehen zu heben, aber was ich so
selten entdecke, das ist eine gerade aus diesen Kreisen hervor¬
gehende und darum um so elementarere, vorwärts treibende.
Kraft, die von unten kommend, sich mit unwiderstehlicher Wucht
nach oben fortpflanzend, dort schliesslich zum endgültigen Handeln
führen muss.
Wer ist denn berufener, so frage ich, als die practischen
Thierärzte, die (in beneidenswertem Gegensätze) als freie, un¬
abhängige deutsche Männer die Wahrheit und ihren Willen
äussern und ohne Gefahr vertreten können! Nicht darin liegt
ein Erfolg, dass möglichst viele Vereine gegründet werden,
sondern dass das erlösende Wort überhaupt gesprochen wird.
Recht wird man mir darin geben müssen, dass, so oft eine
Stimme laut wird, es fast immer die der schon längst be¬
kannten und bewährten Rufer im Streite ist. Ich weise
hin auf den letzten öffentlichen Appell des Herrn Prof.
Schmaltz. In ihm muss zwischen den Zeilen gelesen werden.
Gerade er aber hat mir das Mass meiner Gefühle voll gemacht, nm
wieder einmal die Posaune zu fassen, damit ihr Schall erklinge
bis in die fernsten Winkel unseres Vaterlandes, auf dass er sich
einschmeichle in das zart besaitete Gernüth der Einzelnen wie
das Glöcklein, das Lohengrin zu Else von Brabant ruft, aber
auch gleich dem grollenden Donner an Jupiters Zorn gemahnend
die Schläfer anfriitteln, ihnen kündend, dass es für Jeden
dringend geboten ist, abzulassen von der bisher betretenen
Bahn der stillen Duldsamkeit und sich aufzuraffen zu kraft¬
vollstem Handeln. Es gewinnt sonst wirklich das Ansehen, als
ob nur Vereinzelte eine Aenderung wollten. Wer aber die
thierärztlichen Versammlungen besucht, weiss, dass jede Ansicht,
nur diese nicht zutrifft. Vieles giebt es ja auch noch zu thnn
und Vieles muss anders als bisher betrieben werden. In der
äusseren Form unserer Vertretungen haben wir uns allerdings
bereits geeinigt. Aber was wir noch nicht gethan. dass ist ge¬
prüft, ob das Vorhandene noch den veränderten Zeiten entspricht.
Anlangend die Central-Vertretung und den deutschen Veterinär¬
rath, so muss bei aller Hochachtung .zugegeben werden, dass
No. 46
doch hier Aenderung nothwendig ist wenn auch nur im Sinne
einer Ergänzung bezw. Weiterung. Es kann nicht weggeleugnet
werden, dass in der Thatsaehe der Zusammensetzung dieser
(Korporationen die freie Bewegung zum Theil eingeschränkt ist.
Leider aber, so muss ich in weiterer Ausführung meines Ge¬
dankens sagen, sind unsere ersten Männer von Rang und Geist
Beamte und wenn ich dies heute schon, natürlich vom Stand¬
punkte dieser Abhandlung aus bedauere, so denke ich mit
Schrecken an die kommenden Zeiten, wenn diese Blüthenlese
unserer Wissenschaft einst dem Leben den schuldigen Tribut
entrichtet haben wird. Es fehlt an Nachwuchs; kommt es doch
fast gar nicht mehr vor, dass Ehre und Rang und damit Ein¬
fluss an thierärztlichen Personen verliehen werden. Schmerzlich
empfindet dies die. ganze thierärztliche Welt. Als ob wir keine
Verdienste hätten! Wenn also, wie bemerkt,- n. m. A. in der
Zusammensetzung unserer Vertretung ein unläugbarer Nachtheil
besteht, so ist es nöthig zu erwägen, inwiefern hier Abhülfe ge¬
schaffen werden kann und dass dies baldigst geschieht. Wenn
Herr Geheimrath Lydtin ansspricht, was auch ich auf der
Pariser Weltausstellung schmerzlich empfunden, dass die thier-
ärztliche Wissenschaft als Ganzes nicht vertreten war, so fällt
der Voiwurf auf die thierärztliche Welt selbst zurück; hätten
wir uns gemeldet, wir wären berücksichtigt worden.
Mein Vorschlag geht daher dahin, im Anschluss an die
Centralstelle oder selbstständig eine „Geschäftsstelle“ zu
schaffen, die spähend nur darauf bedacht ist, für uns „Geschäfte“
zu machen, d. h. dass wir uns bemerkbar machen, selbst auf
den Vorwurf hin, sich des Geistes des Ghetto bedient zu haben.
Ich meine eine Stelle, die im Sinne Aller, die sich Thierarzt
nennen, Propaganda treibt, um uns in die Oeffentlichkeit zu
bringen, damit, was Herr Geheimrath Lydtin auch beklagt,
die öffentliche Meinung von der Existenz und dem Bernfe der
Thierärzte mehr Kenntniss erhält. So steht es für mich zweifellos
fest, dass Artikel wie der des Herrn Dr. Toepper in der „Woche“
uns mehr Freunde bringen, als manche langathmige Bittschrift.
Vergessen wir nicht, was der berühmte Rechtsgelehrte Treitschke
an einer Stelle sagt: Bei aller Sympathie für die Bestrebungen
socialer Fortschritte muss der Staat dem Grundsätze huldigen,
nicht zu herrschen, sondein der Entwickelung der Gesellschaft
zu folgen. Also wenn eine beträchtliche Quote des Volkes eine
freiere Entwickelung der Thierheilknnde erst einmal will, so
wird zu mindesten von Seiten unserer Staatsverwaltung die
Bemerkung fallen müssen, dass dem von hier aus nicht nur
nichts im Wege steht, sondern dass es sogar gerne gesehen
wird etc.
Wir Thierärzte behaupten stets, unser Stand schreite vor¬
wärts Nun dann erwachsen uns auch neue Aufgaben. Zu ihnen
gehört unbedingt — nur bitte ich, ob der Kühnheit meiner Be¬
strebungen, nicht den Kern zu übersehen — dass allmählig an¬
gefangen wird, dem Thiere eine andere Beachtung zu ver¬
schaffen, womit unbedingt zusammenhängt, dass wenigstens
unsere grösseren Hausthiere, die mit Verstand und Gefühl be¬
gabt sind, in Zukunft nicht mehr wie z. B. bei Thierquälereien
als einfache Sachen angesehen werden. Die Thierheilknnde
ist es doch auch, die sich mit ihren (Konsequenzen wie ein Keil
zwischen die veraltete in Märchen uns überkommene Welt¬
anschauung und die heutige schiebt. Und sie hat Wurzeln
gefasst, so tief, dass jede menschliche Mühe an ihrer Ausrottung
scheitern wird, und ihnen aber entspriesst langsam und sicher
der Baum der wahren Erkenntniss der Welt. .Sind wir Thier-
BERLINER TUIERÄRZTLIOHE WOCHENSCHRIFT.
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15. November 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT
549
ärzte darum nicht mitberufen, diesem Stämmchen Nahrung zu
zuführen, um sein Wachsthum zu fördern! Oder sollen wir das
wieder Anderen überlassen, Fernstehenden!
Man kann nicht das Urtheil über uns fällen, dass wir
hasteten lind unberechtigte Wege gingen, denn wir haben es
lange anders versucht. Im anderen Sinne soll alko diese un¬
abhängige Geschäftsstelle für uns eintreten. Sie soll in Zahlen
sammeln, was die Curpfuscherei jährlich schadet: das Herz
kommt ja leider heute noch nicht zu seinem Rechte, wenn davon
die Rede ist, was die Thiere durch falsche Behandlungen er¬
leiden müssen. In Ziffern soll sie der Landwirtschaft die Werthe
vorrechnen, welch durch die von einem Thierarzte erfundene Be¬
handlung des Milchfiebers erhalten bleiben, in populären zweck¬
dienlichen Artikeln über das Wesen und die Ziele der Thier¬
heilkunde soll sie sich der Kenntniss des Publicums nähern,
Preisaufgaben stellen für diese und jene Sachen, damit auch
dem Ehrgeiz bei beamteten und practischen Thierärzten ein
Platz zu Theil wird, den Staat soll sie aufklären über seine
Pflichten, mit besonderer Aufmerksamkeit die Vorgänge an ge¬
fährlichen Orten beobachten — ich erinnere an den über Nacht
heraufbeschworenen Entwurf über die Prüfung der Zucht¬
inspectoren, der, von einem Einzelnen zu unserer Kenntniss
gebracht, geradezu beschämend für unsere Aufmerksamkeit
ist. Hätten wir uns schon früher darüber gefragt, ob
unsere Standesvertretung auch zeitgemäss und genügend ist,
wir Thierärzte hätten sicherlich heute schon einen gewaltigen
Vorsprung in unserer Bestrebung und lebten nicht mehr in
z. Th. unbekannten und dunklen Räumen. So unschön, als es
sich auch anhören mag, so richtig ist die Behauptung! es kann
nicht genug critisirt werden. Wollen wir nicht vergessen, dass
das Interesse, welches das grosse Publicum an den Thierärzten
hat, bei der überwiegenden Mehrzahl ein sehr entferntes ist und
dass man auf leicht zu erklärende Unkenntniss unserer ver-
vollkommneten Berufstüchtigkeit stösst.
Wenn die Sorge um das anvertraute Wohl und die auf¬
opfernde Thätigkeit des practischen Thierarztes sowohl als des
beamteten an sich genügen würden, um in den Augen des
Publicums die Schätzung zu Wege zu bringen, so müsste sie
längst zu unseren Gunsten entschieden sein. Es muss aber
auch hier künstlich nachgeholfen werden, wie bei mancher An¬
sicht und manchem Urtheil.
Darum auf, Commilitonen! Lasset die tägliche Arbeit nicht
Herr werden über die Sorge um höhere Güter, die wir nur, zu
einer Linie zusammengeschlossen, erreichen können! Trete Jeder |
an seinen Posten, um seine Pflicht als deutscher, freier Mann
zu thun, vertrauend auf die Gerechtigkeit der Sache, um die
wir. eingedenk des Spruches unseres geliebten Herrscherhauses
..Jedem das Seine“ nicht verzweifeln wollen. Er rüttele aber
auch, wenn es einmal sein muss, an den Ketten des Vorurtheils,
deren Klang ein modernes Ohr nicht mehr hören kann. Es
muss dem Volke zum Bewusstsein gebracht werden, welcher
Werth und welche Kraft in uns Thierärzten steckt und welcher
Verlust der Volkswirtschaft erwächst, wenn dieser Beruf nicht
auf das intensivste ausgenutzt wird. Schmitt-Kleve.
Gründung eines Central-Vereins preussischer
Kreistliierärzte.
In der vorigen Nummer der B. T. W. ist das von mir an
alle Kreistliierärzte Preussens gesandte Circular zur Gründung
eines Central-Vereins preussischer Kreistliierärzte abgedruckt
und eingehend besprochen.
Aus dieser Besprechung geht unzweifelhaft hervor, dass
Herr Prof. Schmaltz in der Gründung eines solchen Vereins
eine Opposition gegen die C.-V. der th. V. Pr. sieht. Wie dies
möglich, ist mir unverständlich; denn ehe der Verein nicht
seine Grundsätze aufgestellt und darüber Beschluss gefasst,
kann doch gar nicht von einem Zweck in diesem Sinne ge¬
sprochen werden. Wesshalb sollen die Kreisthierärzte Preussens,
die doch sicher eine Sonderstellung einnehmen, sich nicht
zu einem Central-Verein zusammenthun? Dies kann doch nie¬
mals der Gesammtheit schaden. Es unterliegt keinem Zweifel,
dass die Kreisthierärzte ihre Wünsche und Ansichten am besten
in einer Versammlung von Gleichgestellten zum Ausdruck
bringen können, und dass auch in den Local- und Provinzial-
Vereinen Kreistliierärzte stets nur in verschwindend kleiner
Zahl vorhanden sind, die nicht erwarten dürfen, dass alle Mit¬
glieder sich für ihre speciellen Wünsche begeistern. Die
Sanitätsthierärzte haben sich längst zu Sondervereinen zu-
sammengethan, da sie einsehen mussten, dass die Allgemeinheit
an ihren Bestrebungen nicht den nöthigen Antheil nahm; aber
diese Collegen sind nicht etwa desshalb aus ihren Provinzial-
Vereineu ansgetreten; und ich meine, es kann auch wohl Nie¬
mand in der Aufforderung zum Beitritt zu einem Central-Verein
preussischer Kreisthierärzte die Folgerung lesen, dass die Kreis¬
thierärzte nun aus ihren Local- resp. Provinzial-Vereinen aus¬
treten sollen, und kann von einer „versuchten Zersplitterung“
absolut nicht die Rede sein. Herr Prof. Schmaltz glaubt,
dass sich unter den Kreisthierärzten eine gewisse Unzufrieden¬
heit bemerkbar mache, weil die Wünsche der Ersteren noch
nicht berücksichtigt wären. Ich glaube nicht, dass viele von den
Collegen die Central-Vertretung dafür verantwortlich machen,
und auch ich, der ich nun schon mehrfach die Ehre gehabt
habe, als Delegirter des thierärztlichen Central-Vereins der
Provinz Sachsen etc. der Central-Vertretung der thierärztlichen
Vereine Preussens anzugehören, erkläre offen, dass die Central-
Vertretung wohl keine anderen Schritte zur Erfüllung der von
den Kreisthierärzten gestellten Wünsche thun konnte. Ich glaube
aber, dass die Zusammensetzung der Central-Vertretung für die
Kreistliierärzte keine günstige ist, und desshalb eine erneute
Anregung nicht stattgefunden hat. Ans diesem Grunde halte
ich es für zweckmässig, dass die Kreistliierärzte sich zu einem
Sonderverein zusammenthun und ihre speciellen Wünsche immer
wieder zum Ausdruck bringen. Werden dieselben dann von der
Central-Vertretung genügend unterstützt, so liegt gar kein
Grund zur Unzufriedenheit vor, selbst wenn nichts erreicht
würde.
Ob nun der gegenwärtige Zeitpunkt geeignet ist, einen
Central-Verein preussischer Kreistliierärzte zu gründen, möchte
ich dahin beantworten, dass ein solcher Verein doch absolut
nicht hemmend in das Geschick der Frage, ob Maturitas oder
nicht, eingreifen kann. Der Verein wird jedenfalls Fragen von
Wichtigkeit über dienstliche und persönliche Verhältnisse der
Kreistliierärzte eingehend besprechen und dann die formulirten
Wünsche an geeigneter Stelle zum Vortrag bringen. Einzelheiten
über das Verhalten des neu zu gründenden Vereins sind vor
der Hand noch garnicht zu entscheiden; diese können doch erst
nach reiflicher Besprechung in einer Versammlung zum Beschluss
erhoben werden. Eins möchte ich aber als sicher hinstelleu,
nämlich, dass die von einem Central-Verein preussischer Rreis-
thierärzte anfgestellten Wünsche und gefassten Beschlüsse doch
mehr Beachtung linden werden, als wenn sich nur einzelne
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050
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Nu. 46.
C’ollegen daran betheiligen, nnd deshalb möchte ich auch noch
an dieser Stelle alle diejenigen Collegen, welche ihre Mitglied¬
schaft zu dem zu gründenden Verein noch nicht angemeldet
haben, bitten, dies nunmehr zn thnn; denn auch ich gehe von
dem Grundsatz aus: „Concordia res parvae crescunt, discordia
maximae dilabuntur.“ Thnn ecke.
Anmerkung.
Den obigen Artikel, der meinen vorläufigen Standpunkt
doch nicht ganz richtig auffasst, muss ich mit einigen Be¬
merkungen begleiten.
Betreffs des Zeitpunktes der Gründung habe ich nirgends
ausgesprochen, dass die Gründung in den Gang der bevor¬
stehenden Ereignisse eingreifen werde. Ich meinte nur, für
den neuen Verein selbst wäre es vielleicht vortheilhafter gewesen,
wenn seine Gründung nach Klärung der Lage und nicht in einer
Zeit allgemeiner Unsicherheit erfolgt wäre. Ferner habe ich
nirgends auch nur andeutungsweise die Befürchtung aus¬
gesprochen, dass die Kreisthierärzte ihres Centralvereins wegen
aus den Provinzialvereinen austreten könnten. Betreffs des
Verhältnisses zur Centralvertretung habe ich nicht gesagt und
auch nicht einmal angedeutet, dass der Verein den Zweck der
Opposition gegen die Centralvertretung habe.
Ich habe nur gesagt: 1. dass die Thatsache der Gründung
an sich zeige, dass man mit der Centralvertretung nicht zu¬
frieden sei, 2. dass die natürliche Folge eine Concurrenz des
Vereins mit der Centralvertretung sein müsse. Beide Sätze
sind unbestreitbar.
Den ersten giebt auch Herr College Thun ecke schliesslich
selber zu, indem er sagt: „Ich glaube aber, dass die Zusammen¬
setzung der Centralvertretung für die Kreisthierärzte keine
günstige ist; aus diesem Grunde halte ich es für zweckmässig,
dass die Kreisthierärzte sich zu einem Sonderverein zusammen-
thun“. Nun also! Das nenne ich Unzufriedenheit mit der
Centralvertretung. Worin dieselbe besteht, habe ich gar nicht
gesagt. Dass Niemand die Centralvertretung dafür verantwortlich
machen wird, dass die Kreisthierärzte noch nicht haben was sie
wünschen, das halte ich für selbstverständlich.
Der Verein wird ferner, wie auch Herr College Thunecke
sagt, seine Wünsche formuliren und dieselben eventuell an
massgebender Stelle zum Ausdruck bringen. Bisher hatte die
C. V. diese Aufgabe. Dies ist also wohl Concurrenz.
Dabei habe ich aber weder jene Unzufriedenheit für un¬
begründet noch diese Concurrenz für unzulässig erklärt. Und
wenn Herr College Thunecke frägt, „Warum sollen die Kreis¬
thierärzte sich nicht in einem Central-Verein zusammen thun“,
so gebe ich ihm ganz recht. Gewiss, warum sollten sie nicht,
wenn sie selber es für nöthig halten. Es wäre ganz falsch,
auch seitens der Departementsthierärzte, etwa einen Einfluss
dagegen aufbieten zu wollen. Freiheit muss herrschen in unseren
Bewegungen, soviel an uns selber liegt.
Ich habe nur constatirt, dass diese Bewegung bedeutungs¬
voll ist, (das wird Herr College T. selbst nicht bestreiten
wollen) und dass sie Consequenzen haben muss. Ich habe nicht
gesagt, dass die C. V. sich gegen den neuen Verein stellen
muss, sondern im Gegentheil, dass sie ihm wird Rechnung
tragen müssen.*) Mehr kann der Verein doch nicht verlangen.
Ich glaube also, dass Herr College Thunecke mich nicht ganz
richtig verstanden hat. Schmaltz.
*> Vergl. unten Tagesordnung der Ceutral-Vertretung.
Tageanrdavag
für die VII. Plenar-Vertammluag der Central-Vertretnag de« thlerlrztüobea
Verein Preuttens
zu Berlin am 15. December 1900.
1. Geschäftliche Mittheilungen des Präsidenten.
2. Beauftragung eines Künstlers mit der Anfertigung der Büsten
von Gurlt, Hertwig und Spinola.
3. Ueber die Stellung und Besoldung der Kreisthierärzte.
4. Die Stellung der Thierärzte in der Thierzucht (Prüfung als
Thierzucht-Inspector, Mitgliedschaft bei den Körcommissionen,
ungleiche Festsetzung der Diäten seitens der Provinzial-
Verwaltungen).
5. Empfiehlt sich anlässlich der bevorstehenden Aenderung des
Schlachthausgesetzes eine Eingabe an den Landtag betreffs
der Stellung der Schlachthofthierärzte?
6. Die Nothwendigkeit des Verbotes der Impfungen mit virulenten
Culturen durch Laien.
7. Programm für eine staatliche anzuerkennende thierärztliche
Standesvertretung.
8. Besprechung über die Zusammensetzung der Centralvertretung.
9. Besprechung über Erfahrungen mit dem Stuttgarter Ver¬
sicherungsverein.
Die Referenten, sowie Ort und Beginn der Sitzung werden
demnächst sowohl in der thierärztlichen Presse als durch den
Herrn Delegirten besonders zugehende Einladungen bekannt
gegeben werden.
Die Verhandlungen werden, wenn erforderlich, am Sonntag
den 16. December fortgesetzt werden. Die Anberaumung der
Sonntagssitzung wird nach Bedarf und im Einvernehmen mit
dem Herrn Vorsitzenden des Unterstfitzungsvereins erfolgen.
Der Präsident der Central-Vertretung
Dr. Esser,
Geheimer Medicinalrath.
Unterstützungs-Verein für Thierärzte.
Gemäss § 6 des Statuts findet im Anschluss an die Sitzung
der Delegirten zur Centralvertretung der thierärztlichen Vereine
Preussens am Sonntag, den 16. December 1900 eine Versammlung
der Mitglieder des Unterstützungsvereins für Thierärzte statt,
wozu sämmtliche Herrn Mitglieder hiermit eingeladen werden.
Tagesordnung: 1. Rechenschaftsbericht, 2. Beschlussfassung
über die Eintragung des Vereins in das Vereinsregister
und damit in Verbindung stehende Statutenänderung.
Der Ort und die Zeit der Versammlung wird später bekannt
gemacht werden. Preusse, Vorsitzender.
Bekanntmachung.
Da neuerdings viele Collegen den Wunsch ausgesprochen
haben, die s. Z. dem Reichstage etc. überreichte „Begründung
der Nothwendigkeit des Abiturienten-Examens“ als Grundlage
für Besprechung mit Abgeordneten und einflussreichen Persön¬
lichkeiten zu besitzen, so habe ich von diesen Begründungen
mit durch die Ereignisse gebotenen Ergänzungen eine neue
Auflage drucken lassen. Dieselbe steht zur kostenfreien
Versendung an die Herrn Collegen bereit. Bestellungen bitte
ich mit Postkarte an mich zu richten. Ich bitte jedoch nur
soviel Exemplare, als zu obigem Zweck durchaus erforderlich
sind, zu verlangen.
Der Schriftführer des deutschen Veterinär-Rathes
und der preussischen Centralvertretung.
Dr. Schmaltz.
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551
15. November 19U0. BERLINER THIERÄRZTL
Verein der SchlachthofUilerärzte der Rheinprovinz.
Einladung zn der am ‘25. November 1900, Vormittags 11 ! / 2 Uhr,
zu Köln a. Rh. im „Alten Präsidium* 4 , Schildergasse 84 statt¬
findenden XVII. Versammlung.
Tagesordnung:
1. Geschäftliche Mittheilungen, Erstattung des Berichtes
über die letzte Versammlung. 2. Kassenbericht. 3. lieber Er¬
fahrungen im Kühlhausbetriebe, Referent Ingenieur Musmacher-
Köln (Fortsetzung des Referates der letzten Versammlung).
4. Ueber den Otte’schen Vernichtnngsapparat, Referent Roolf-
Essen. 5. Mittheilungen aus der Praxis. P>. Tag und Ort der
nächsten Versammlung. 7. Verschiedenes.
Nach der Sitzung gemeinschaftliches Mittagsmahl (Gedeck
2,50 M.).
Köln, den 3. November 1900.
Der Vorstand I. A. Goltz, 1. Schriftführer.
XXXV. Generalversammlung des Vereins der Thierärzte des
Reg.-Bez. Wiesbaden
am Samstag den 24. November 1900, Vorm. 11 Uhr,
im „Rhein-Hotel* 4 zu Wiesbaden, Rheinstrasse.
Tages-Ordnung:
1. Vereinsangelegenheiten (Vorstandswahl, Delegirtenwahl,
Kassenbericht. 2. Aufnahme neuer Mitglieder. 3. Vorträge:
a) Die Fleischbeschau in Hessen-Nassau und das Reichsfleisch¬
schaugesetz. Referent: Kreisthierarzt Müller-Höchst a. M.
b) Einiges über die letzte Maul- und Klauenseuche-Invasion.
Einleitendes Referat von Departements-Thierarzt Dr. Augstein-
Wiesbaden. 4. Vorschläge für die nächste Versammlung und
Wahl des Ortes derselben. 5. Mittheilungen aus der Praxis.
Um 2 Uhr gemeinsames Mittagsmahl. Gäste sind will¬
kommen. Anmeldung der Gedecke (Preis 3 M.) bis spätestens
22. November er. an Herrn Depart.-Thierarzt Dr. Augstein-
Wiesbaden, Moritzstrasse 21, erbeten. I. A.:
Dr. Casper, Schriftführer.
Lebewohl.
Da es mir nicht möglich ist, vor meiner Uebersiedelung
nach Wiesbaden (am 1. December ds. Js.) bei den Collegen des
hiesigen Bezirkes mich persönlich zu verabschieden, so sage ich
Allen auf diesem Wege herzlich „Lebewohl 44 .
Liegnitz, im November 1900. Scharnier.
Nachruf.
Am 31.0ctober ist der Königliche Kreisthierarzt Hermann
Waltrup im Alter von 55 Jahren nach längerem Leiden zu
Kessenich bei Bonn gestorben. Bisher kräftig und gesund,
stellte sich bei ihm im Laufe dieses Jahres eine hochgradige
Nervosität (Neurasthenie) ein, so dass er Urlaub nehmen musste.
Seit 1867 war er als praktischer Thierarzt in Beckum thätig
und im Jahre 1873 wurde ihm als Nachfolger seines Vaters
die Verwaltung der dortigen Kreisthierarztstelle übertragen.
Waltrup war ein fleissiger und gewissenhafter Mann
hochgeachtet in seinem Wirkungskreise als erfahrener Prak¬
tiker und als Beamter ein liebenswürdiger und freundlicher
College. Ich persönlich hatte während meines kurzen Hierseins
wiederholt Gelegenheit, ihn als solchen kennen zu lernen.
Unser Verein hat in ihm ein langjähriges treues Mitglied ver¬
loren. Wir werden das Andenken des Todten in Ehren bewahren.
Münster, im November 1900.
Für den Verein westfälischer Thierärzte:
Hinrichsen.
,ICHE WOCHENSCHRIFT.
Veterinfir-A8«e«oor WolfTsche Stlpendien-Stlftung.
An einen Studirenden der Thierheilkunde ist zum 2. Januar
1901 für zwei Semester ein Stipendium von 300 Mk. zu ver¬
geben. Berücksichtigt werden nur solche Studirende, welche
das Abiturientenexamen auf einem Gymnasium oder Real¬
gymnasium abgelegt und sich moralisch gut geführt haben.
Bei der Verleihung kommen vorzugsweise Studirende in
Betracht:
a) Die eine Blutsverwandschaft mit der Familie des Stifters
nachzuweisen vermögen,
b) Nachkommen folgender Freunde des Stifters:
1. des in Göhren, auf Rügen verstorbenen Hotelbe¬
sitzers Borgmeier,
2. des zu Wusterhausen geborenen Rentiers Otto
Gericke,
3. des zu Finkenstein in Westpr. geborenen Chemikers
Wilhelm Lindner,
4. des zu Calcar geborenen und verstorbenen Thier¬
arztes Gustav Siebert,
c) Söhne von Thierärzten.
Den bis zum 20. December 1900 an den Vorstand, z. H.
des Geheimen Regierungs-Raths, Professors Dr. Schütz in
Berlin (Luisenstrasse 56) einzureichenden Bewerbungen sind
beizufiigen:
a) beglaubigte Abschrift des Maturitätszeugnisses,
b) Führnng8atte8t,
c) vorkommenden Falles der Nachweis der Zugehörigkeit
zu den vor unter a bis c bezeichneten Categorien.
Berlin, den 11. November 1900.
Der Vorstand.
Staatsveterinärwesen
und
Fleischschau
siehe im Beiblatt dieser Nummer.
Bticheranzeigen und Kritiken.
Die Hufkrankheiten des Pferdes. (Mit Ausnahme der Krank¬
heiten der Horncapsel). Von Professor Dr. Eberlein-Berlin: Als
Abtheilung des Handbuches der thierärztlichen Chirurgie und
Geburtshülfe von den Professoren Bayer und Fröhner er¬
schienen vor kurzer Zeit die Hufkrankheiten des Pferdes, be¬
arbeitet von Professor Dr. Eberlein-Berlin. Obwohl bis jetzt
nur der erste Theil derselben zur Ausgabe gelangt ist, so ist
man doch sehr wohl im Stande, ein Urtheil hierüber zn ge¬
winnen. Jedenfalls ist aus dem ersten Theile zu ersehen, dass
Bayer und Fröhner in dem jungen Berliner Professor der
Thierheilknnde einen würdigen Mitarbeiter gefunden haben, zu dem
wir Herrn E. nur Glück wünschen können, so exact, so ein¬
gehend und übersichtlich ist alles Hierhergehörende berücksichtigt,
das Wichtige von dem weniger Werthvollen durch Druck her¬
vorgehoben und getrennt. Durch seine Stellung als Leiter der
Poliklinik der thierärztlichen Hochschule zu Berlin steht dem
Verfasser ein äusserst vielseitiges grosses Beobachtungsmaterial
zur Verfügung. Als Vorsitzender der Prüfungs-Commission für
den Hnfbeschlag im Bereiche der Stadt Berlin ist dem Ver¬
fasser Gelegenheit geboten, Einsicht in die thatsächlichen prak¬
tischen Verhältnisse des Hufbeschlages zn gewinnen. Endlich
hat der Verfasser sich nicht nur durch viele eigene wissen¬
schaftlichen Arbeiten über verschiedene Krankheiten des Hufes.
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55*2
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 46.
Operationen etc sondern auch durch .solche, die aus seinem La¬
boratorium hervorgegangen sind, einen Namen in der t.hierärzt¬
lichen wissenschaftlichen Welt erobert, so dass die Güte der
Bearbeitung vorauszusehen war.
Bei der Untersuchungs-Methode des Hufes beginnt der Ver¬
fasser mit der allgemeinen Betrachtung des Pferdes im Stande
der Knhe und in der Bewegung mul geht dann nach der In-
spection des kranken Schenkels, der Stellung der Schenkel und
der Zehen, der Untersuchung der Pulsation auf die eigentliche
Untersuchung des Hufes über. Zu letzterer gehören der
Tasterzirkel zum Messen des Hufes, die Hufhämmer und
die verschiedenen Hufnntersuehungszangen. Bei Anwendung
derselben empfiehlt Verfasser den Studirenden nach meiner An¬
sicht auch mit Recht, die Visitirzange zuerst an der äusseren
Tracht anzusetzen und dann allmälig über den ganzen
Huf mit Abständen von 1- 2 cm bis zur inneren Trachte
fortzufahren, während nach Möller und Bayer die Unter¬
suchung dort beginnen soll, wo der Sitz des Leidens
nicht vermuthet wird, welche Entscheidung besonders für
Anfänger, nicht immer leicht ist. Dann folgen die Untersuchung
der Hufknorpel, der Ballen, des Strahlpolsters, der Knochen,
Gelenke und Bänder der Zehe, die Prüfung des Wundsecretes,
Eiters und der Jauche, und schliesst das Capitol mit der Unter¬
suchung des Hufes und der Zehe durch die Röntgen'schen
Strahlen, einem Gebiete, dessen Aufschluss für die Zwecke
der Thierheilkunde wir hauptsächlich den äusserst werthvollen
Untersuchungen des Verfassers zu danken haben. Jetzt folgen
die Hufoperationen, bei denen die Vorbereitung der Instrumente
und des Verbandzeuges, die Vorbereitung des Operationsfeldes,
die Operation am stehenden Pferde, die künstliche Blutleere,
die locale Anästhesie, das Niederlegen des Pferdes, Ausbinden
der Füsse, die Narcose, Desinfection des Operationsfeldes, die
verschiedenen Huf-Instrumente wie Rinnmesser, Hornheber,
Schnabelzange, die vom Verfasser construirten Hufsägen, die
Lorbeerblattform-Messer, das Verbandmaterial, die Verband¬
technik, Verbandschutz und -Wechsel, Verbandeisen etc. durch
vorzügliche Abbildungen illustrirt, gesonderte Abschnitte bilden.
Hieran schliesst sich der Begriff und die Eintheilung der
Hufkrankheiten. In folgender Reihenfolge sollen dieselben
bearbeitet werden: 1. Die Krankheiten der Huflederhaut.
2. Krankheiten der Hufknorpel. 3. Krankheiten des Strahl¬
polsters. 4. Krankheiten der Sehnen der Zehe. 5. Krankheiten
der Knochen der Zehe und 6. Krankheiten der Gelenke und
Bänder der Zehe. Den Krankheiten der Huflederhaut wird die
Anatomie und Physiologie der Huflederhaut vorausgeschickt.
Dann wendet sich der Verfasser zu den Verletzungen der Hnf-
ledcrhaut, denen II. die Quetschungen der Huflederhaut, die Stein¬
gallen, III. die Entzündung der Huflederhaut, Pododermatitis,
Begriff, Formen und Eintheilung derselben und zwar 1. Podo¬
dermatitis serosa, 2. Pododermatis haemorrhagica, 3. Pododer-
matis suppurativa superficialis und suppurativa profunda, folgen
und den Beschluss der ersten Abtheilung bilden.
Die Reichhaltigkeit des Inhaltes, die Sorgfalt in der Be¬
arbeitung, die Beigabe von 67 scharfen und sehr guten Figuren,
die das Verständniss der Abhandlung bedeutend erhöhen, be¬
rechtigen uns zu den Schlüssen, die Hufkrankheiten des Pferdes
von Prof. Dr. Eberlein mit zu den besten wissenschaftlichen
Erzeugnissen zu rechnen, die in dem Handbuche der thierärzt¬
lichen Chirurgie von Prof. Bayer und Fröhner erschienen
sind. To epp er.
Personalien.
Ernennungen: Gewählt: Thierarzt Lcdsclibor zum Assistenz-
| thicrarzt in Zabrze.
Examina: Approbationen: in Berlin die Herren Heinrich
Meyer und Otto Traut mann.
Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in München:
i Hans Wucherer, bezirksthierärztlicher Verweser in Bruck;
| Hans Utitbrod, Distrietsthierarzt in Selb: Wilhelm Ahrens,
Polizeithierarzt in Hamburg: Göttlich Bernhard, practiseher Thier¬
arzt in Dinkelscherben; Karl Rauscher, bezirksthierärztlicher Ver¬
weser in Vilsbiburg; Reinhard Bossle, Thierarzt und Schiachtlnif-
verwalter in Neunkirchen, Regierungsbezirk Trier; Richard
| Lammert, Polizeithierarzt in Hamburg; Joseph Sepp, bezirks-
| thierärztlicher Assistent in Kempten; Karl Stein brenn er. Distriets-
! thicrarzt in Lauterecken; Edwin Gntmayr, städtischer Thierarzt
j in München; Franz Bruckmann. Veterinär im k. 3. Chevauxlegers-
j Regiment in Dicuzc; Armin Fcser, I. elinischer Assistent an der
j kgl. thierärztlichen Hochschule in München: Max Madel, bezirke-
: thierärztlicher Assistent in Erding: Magnus Schmidt, practiseher
j Thicrarzt in Stadtilm, Schwarzburg-Rudolstadt; Franz Dorn, Vete¬
rinär im k. 4. Chev.-Regiment in Augsburg; Friedrich Löhe. Thier¬
arzt in llelsbnrg irr Meiningen:* Eugen <r-roM r Dt*trict«- und <’ontrol-
j thicrarzt in Berchtesgaden; Albert Marggraff, practiseher Thicrarzt
in Landau i. Pfalz* Anton Martensen. Polizeithierarzt in Hamburg:
Peter Schneider. Veterinär im k. 1. Chev.-Regiment in Nürnberg:
Karl Geiger, bczirksthierärztlichcr Assistent in Sonthofen:
Dr. Albert Schmidt, practiseher Thicrarzt in Trotha, Halle a. S.:
Alfred Heini. Distrietsthierarzt in Bisehofsheim v. Rh.: Georg
, Gröning, Polizeithierarzt in Hamburg: Franz Schäflein. Districts-
; thicrarzt in Schöllkrippen; Georg Sch öppe rl, bczirksthierärztlichcr
i Stellvertreter in Sulzbach: Gustav Bosse, Polizeithicrarzt in Ham¬
burg: Hermann Selimid, Veterinär im k. 2. Feld-Art-Regiment in
; Wiirzhurg* August Reisinger, Distrietsthierarzt in Amorbach:
| Joseph Zisslcr, Distrietsthierarzt in Erbendorf.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc-: Verzogen: Die
I Thierärzte Döhrer von Gerstlingen nach Eisenach, tho Gempt
nach Hollieh bei Bnrgsteinfurt, J. Hansen von Leerdt als Einj.-
1 Freiw. nach Rendsburg. Lange von Gnesen nach Jastrow (Westpr.'
Todesfälle: Thicrarzt Rogge jun. in Nowawes bei Potsdam.
Yacanzen.
(Näheres über die Vaeanzen mit abgelaufeuer Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.)
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
i Rcg.-Bcz. Hannover: Springe zum 1. Jan. 1901 (600 M.). Meid,
j bis 25. Nov. er. an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Potsdam:
' Angermünde. Bewerbungen bis 20. Nov. an den Regierungs¬
präsidenten. R.-B. Liegnitz: Sagan wird zum 1. Decbr. frei.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Reg.-Bez. (.'oblenz: Simmern. — Reg.-Bez. Düsseldorf: Landkreis
Krefeld.
Sanitätsthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Elbing: Assistenztlderarzt am Seblachthof (Privatpraxis gestattet).
[ Bewerb, mit Gelialtsansprüchcn innerhalb 4 Woeli. an den Magistrat. —
I Graudeuz: Assistenztlderarzt sofort (2100 M. möbl. Wohnung etc.):
j 4wöchentliche Kündigung; Bewerbungen an den Magistrat. —
Hartha i. Sachs.: Sanitätsthierarzt (2500 M., Privatpraxis.). Be¬
werbungen bis 15. November. — Lanenburg: Schlachthofvorstehcr
(1S00 M. steigend bis 2700 M. Wohnung etc. 500 M. Uaution .
Bewerb, an den Magistrat. — Meseritz: innerhalb 3 Monate zu
1 besetzen (1500 M. Anfangsgebalt. Privatpraxis). Bewerb, bis 20. Nov.
; — Pössncek: Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau (aus letzterer
1 1200 M.; ausserdem ea. 700 M. aus der Trichinenschau ). Bewerb,
i bis 15. November er.
Privatstellen: llojanowo. — Eickel. — Festenberg (Breslau
! — Jade (Oldenb.). — Marggrabowa (1400 M. Fixum für Schlacht-
hof und Fleischbeschau). — Mengeringhausen (Waldeck). —
| Peiskretseham tOb.-Schles.j. — Rhinow (Potsdam). — Schloppa
j (Westpr.) — Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelz»-
; i. Mcckl. — Wadern (lt.-B. Trier, . K 80 M. für Märkte). —
Verantwortlich für den Inhalt (excl. Iusnratculhoii): l’rof. Dr. Schmal tz in Koriin. — Verlag und Eigenthum von Richard Scboctz in licrliu. - Druck von W. Büxenstein, Berlii.
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Beiblatt
der
Berliner Thierärztlichen Wochenschrift
zu No. 46 yom 15. November 1900.
Inhalt: StMtsveterinflrwesen : Herzogthmn Anhalt. Polizei-Verordnung, das Abdeckereiwesen und das Verfahren mit Viehcadavern betr. —
Preussen: Polizeiverordnung betr. Abdeckereiwesen. — R.-B. Potsdam, (Jänseeinfuhr betr. — Vieheinfuhr aus Oesterreich nach
Süddeutschland. — Maul- und Klauenseuche. — Seuchenstatistik: Thierseuchen in Deutschland. II. Quartal 19U0; Stand
vom 31. Oetober. — Thierseuchen im Auslande. — Flelschachau und Viehhandel: Oeffentliche Schlachthäuser in kleinen Städten.
— Gesundheitsschädigungen durch Büchsenfleisch. — Die täglichen Schwankungen des Fettgehaltes der Milch. — Der Congress
für Hygiene und Demographie in Paris. — Gültigkeit örtlicher Bestimmungen über den Fleischhandel. — Berlin: Auszug
aus dem Fleischschaubcricht. — Fleischproduction. — Neue (,'onservirungsmethoden für Fleisch. — Conservirung von Fleisch
_durch Electricität. — Petition zur Abänderung des Schlachthausgesetzes._
Staatsveterinärwesen.
Redigirt von Preutae.
Herzogthnm Anhalt.
Polizei-Verordnung, das Abdeckereiwesen und das Verfahren mit
Viehcadavern betreffend.
Auf Grund der §§ 20 und 23 des Gesetzes über die Polizei¬
verwaltung vom 1. Juli 1864 (No. 31 der Gesetz-Sammlung für
das Herzogthnm Anhalt) wird Folgendes verordnet:
I. Allgemeine Vorschriften, betreffend die unschädliche
Beseitigung thierischer Cadaver und Cadavertheile.
§ 1.
Jeder Besitzer eines gefallenen oder eines getödteten Haus-
thieres, dessen Fleisch nicht zum Genüsse für Menschen be¬
stimmt oder hierzu nicht geeignet ist, ist verpflichtet, den Ab¬
decker behufs Abholung des Cadavers sofort zu benachrichtigen
oder, falls der Abdecker die Abholung ablehnt, das Cadaver un¬
gesäumt nach Massgabe der darüber bestehenden Vorschriften
in unschädlicher Weise zu beseitigen.
Die gleiche Pflicht liegt demjenigen ob, welcher in Ver¬
tretung des Besitzers der Wirthschaft vorsteht.
§ 2 .
Liegt bei gefallenen oder getödteten Thieren (auch Klein-
thieren, vergl. § 11) der Ansbruch oder Verdacht einer den
Besitzer nach Massgabe der seuchenpolizeilichen Bestimmungen
zur Anzeige bei der Ortspolizeibehörde verpflichtenden an¬
steckenden Krankheit vor, so darf das Cadaver nur mit
Genehmigung dieser Behörde unter Beobachtung der veterinär¬
polizeilichen Vorschriften beseitigt werden.
§ 3 .
Bis zur erfolgten Wegschaffung hat der Besitzer für die
unschädliche Aufbewahrung des Cadavers Sorge zu tragen.
Zu diesem Zwecke ist dasselbe aus der Nähe von Thieren
zu entfernen und in einem umschlossenen Raume oder doch so
bedeckt aufzubewahren, dass eine Berührung desselben durch
andere Thiere — auch Ungeziefer — verhütet wird.
§ 4.
Beim Wegschaffen sind die Cadaver so zu bedecken und
zu verwahren, dass dieselben auch während des Transportes
nicht sichtbar sind und weder Theile noch feste oder flüssige
Abgänge verloren werden können.
§ 5 .
Für die ungesäumte Beseitigung der Cadaver von Thieren,
deren Eigenthümer nicht bekannt ist, hat die betreffende Orts¬
polizeibehörde Sorge zu tragen.
§ 6-
Die Gemeinden und selbständigen Gutsbezirke haben zur
Ausführung der polizeilich angeordneten Tödtung und Obdnction
senchenkranker oder -verdächtiger Thiere sowie zur unschädlichen
Beseitigung der Cadaver die nöthigen Hülfsmannschaften und
Transportmittel bereit zu stellen.
Von der Hülfeleistnng bei Obductionen und bei der Be¬
seitigung der an einer auf Menschen übertragbaren Krankheit,
insbesondere an Milzbrand, Tollwuth oder Rotzkrankheit ge¬
fallenen oder getödteten Thiere sind Personen, welche offene
Verletzungen an unbedeckten Körperstellen — Händen, Armen,
Fussen — haben, auszuschliesseu.
§ 7.
Das Abhäuten, Zerlegen nnd Ausnutzen der Cadaver darf,
sofern es in Gemässheit der gesetzlichen Bestimmungen über¬
haupt zulässig ist, nur auf den Abdeckereien stattfinden. Aus¬
nahmen bedürfen der besonderen polizeilichen Genehmigung.
Das Weggeben gefallener oder getödteter Thiere (§ 1) oder
von Theilen derselben an andere Personen als die Inhaber von
Abdeckereien ist verboten.
§ 8 .
Cadaver, deren Ausnutzung reichs- oder landesgesetzlich
verboten, bezw. deren unschädliche Beseitigung reichs- oder
landesgesetzlich geboten ist, müssen, sofern ihre Zerstörung
i nicht gemäss polizeilicher Verordnung mittelst Dampfkochapparat
(Sterilisator) in einer Dampfabdeckerei des Kreises zu erfolgen
hat, durch Anwendung hoher Hitzegrade (Kochen bis zum Zer¬
fall der Weichtheile, trockene Destillation, Verbrennen) oder
sonst auf chemischem Wege sofort unschädlich beseitigt und,
wenn dies nicht ausführbar ist, vergraben werden (§ 9).
Bei dieser unter polizeilicher Ueberwachung auszuführenden
unschädlichen Beseitigung sind die Anordnungen des beauf¬
sichtigenden Polizeibeamten genau zu befolgen.
§ 9 . •
Muss die Beseitigung der Cadaver aus veterinärpolizeilichen
Gründen oder, weil deren Ueberfiihrung nach einer Abdeckerei
1 nicht ausführbar ist, durch Vergraben bewirkt werden, so darf
i dies nur mit Genehmigung und unter Aufsicht der Ortspolizei¬
behörde auf dem dazu bestimmten Verscharrungsplatze (vergl.
§ 10) geschehen. Hierbei muss die Oberfläche der Cadaver von
einer, vom Rande der Grube abgerechnet, mindestens 1 Meter
— bei Geflügel t/a Meter — starken Erdschicht bedeckt nnd
vor dem Zuwerfen der Grube mit Aetzkalk überschüttet oder
mit Kalkmilch, Petroleum, Creolin oder dergleichen gehörig be¬
gossen werden, sofern nicht, wie z. B. bei Milzbrand, weiter¬
gehende Vorschriften massgebend sind.
Darf das Cadaver vor dem Vergraben abgehäutet werden,
so muss dies ohne Verzug auf dem Verscharrungsplatze ge-
I schehen. Mit der Haut ist in solchen Fällen nach der Vorschrift zu
I verfahren, welche der Abdecker zu befolgen hat(vergl. §18 Abs. 1.).
§ 10 .
Die Gemeinde- und Gntsbezirke sind verpflichtet, für sich
I oder in Gemeinschaft mit einem oder mehreren benachbarten
i Bezirken einen Nothverscharrungsplatz anzuweisen und, sobald
i er in Gebrauch genommen wird, mit einer festen, mindestens
! 2 Meter hohen Einfriedigung (Lattenzaun, Drahtgeflecht) so zu
• versehen, dass ein Eindringen oder Ab weiden des Platzes durch
Vieh wirksam verhindert wird. Als Zugang muss ein festes,
verschliessbares Thor vorhanden sein. Auf dem benutzten Ver¬
scharrungsplatze ist eine Tafel mit der Aufschrift aufzustellen,
welche das Abschneiden und Aufbewahren von Futter daselbst
verbietet.
Verscharrungsplätze sind an entlegenen Stellen in genügender
Entfernung von menschlichen Wohnungen, Gehöften, Stallungen,
öffentlichen Wegen, Wasserentnahmestellen, Gewässern, sowie
Vieh-, Tummel- oder Weide-Plätzen und so herzustellen, dass
die Verscharrungsgruben daselbst mindestens D/j Meter tief und
frei von Grundwasser angelegt werden können.
Zur Anlegung neuer Verscharrungsplätze ist die kreis¬
polizeiliche Genehmigung nach Anhörung des Kreisthierarztes
erforderlich.
! § ll*
Auf gefallene oder getödtete kleinere Hausthiere, wie Schaf-
und Ziegenlämmer, Ferkel, Hunde, Katzen, Federvieh, sowie
todtgeborene Thiere finden vorstehende Bestimmungen (§§ 1—10),
soweit dies nicht durch besondere gesetzliche oder polizeiliche
Vorschriften angeordnet ist, keine Anwendung. Jedoch hat der
Besitzer für ungesäumte Hinwegschaffung und unschädliche Be¬
seitigung derselben an abgelegener, von der Polizeibehörde ge¬
nehmigter Stelle Sorge zn tragen.
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2 BEIBLATT der BERLINER THIERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 15. November 1900
§ 12.
Das Ausgraben verscharrter Thiercadaver oder Theile der¬
selben darf nur mit polizeilicher Genehmigung nach Anhörung
des beamteten Thierarztes erfolgen.
§ 13.
Die Beseitigung gefallener oder getödteter Thiere durch
Verbringen in Flüsse, Gräben. Jauchegruben, Düngerstätten etc.
sowie das Liegenlassen derselben im Freien ist verboten.
Ebenso dürfen Bestandtheile von Cadavern, wie Blut und
sonstige Abgangsflüssigkeiten, nicht in stehende oder fliessende
Gewässer oder auf Wege, sowie Gehöfte und Grundstücke
Anderer geleitet oder verbracht werden.
II. Besondere Vorschriften für den Betrieb des
Abdeckereigewerbes und für die Abdecker.
§ 14.
Beim Tödten der Thiere, sowie beim Wegschaffen, Ab¬
häuten, Zerlegen, Ausnutzen gefallener oder getödteter Thiere
hat der Abdecker sowie das in seinem Geschäftsbetriebe thätige
Personal je nach Verschiedenheit des Falles die darüber be¬
stehenden gesundheits- und veterinärpolizeilichen Vorschriften
genau zu befolgen.
In Ausübung seines Gewerbes und wegen Instandhaltung
seiner Geräthe und Gewerberäume untersteht derselbe der Auf¬
sicht der Polizeibehörde, des Kreisthierarztes und des Landes¬
thierarztes, deren Weisungen er Folge zu leisten hat.
§ 15 .
Jeder Abdecker ist verpflichtet, der Aufforderung zur Ab¬
holung des Cadavers eines innerhalb des Kreises gefallenen oder
getödteten bezw. zu tödtenden Thieres — ausserhalb seines
Wohnsitzes jedoch mit Ausnahme der im § 11 genannten Klein-
thiere —, sofern er die Ausführung des Auftrags nicht sofort
ablehnt, ungesäumt nachzukommen.
Handelt es sich um die Abholung von Cadavern, die in
Folge polizeilicher Verordnung den Dampfabdeckereien zuzn-
führen sind, so haben die Besitzer anderer Abdeckereien die
Abholung abzulehnen.
§ Iß-
Das \\ egschaffen der Cadaver muss mittelst festen, undurch¬
lässigen, verschlossenen, mit Metallbeschlag im Innern ver¬
sehenen Kastenwagens bewirkt werden und zwar muss der
Wagen beim Transport nach oben durch einen Deckel oder eine
Decke so geschlossen sein, dass kein Theil der Cadaver sichtbar
ist, und dass Thiere mit dem Cadaver nicht in Berührung
kommen können.
Der Transport nach der Abdeckerei hat ohne jede unnöthige
Unterbrechung zu erfolgen; der Wagen und die verunreinigten
Geräthe sind nach jedesmaligem Gebrauche zu desinficiren.
Die Cadaver kleiner Thiere können mit entsprechend ein¬
gerichteten anderen Transportmitteln weggeschaft werden.
§ 17 .
Beim Abholen (Wegschaffen) der Cadaver darf der Ab¬
decker keine Hunde zur Begleitung mit sich führen, auch darf
er Viehställe nur soweit betreten, als dies zur Ausübung der
ihm obliegenden Beschäftigung nothwendig ist.
§ 1 «.
Bei zulässiger Ausnutzung der Cadaver etc. ist Nach¬
stehendes zu befolgen:
Die Häute müssen, sofern ihre Abgabe nicht unmittelbar
an eine Gerberei erfolgt, in einem der Zugluft ausgesetzten
Raume zum Trocknen aufgehängt oder eingesalzen oder durch
Einlegen in Kalkmilch und dergleichen desinficirt werden.
Haare, Hufe und Klauen gefallener Thiere sind, bevor sie
an dritte Personen abgegeben werden dürfen, zu trocknen oder
zu desinficiren.
Fleisch, Fett und sonstige Theile von gefallenen oder zu
Abdeckereizwecken getödteten Thieren dürfen weder roh noch
zubereitet zur menschlichen Nahrung weggegeben oder ver¬
wendet werden.
Zum Füttern von Schweinen oder anderen Hausthieren,
deren Fleisch zur menschlichen Nahrung Verwendung findet,
darf Fleisch ans Abdeckereien nur in gekochtem Zustande weg¬
gegeben oder daselbst benutzt werden.
Die durch Kochen, Ausschmelzen oder eine andere gleich-
werthige Unschädlichmachung und Verarbeitung der Cadaver
f§ 8 Abs. 1) gewonnenen Producte können zu technischen oder
ökonomischen Zwecken frei verwerthet werden.
Blut und sonstige Abgangsflüssigkeiten, welche nicht in die
•Senkgrube bezw. in den Dampfkochapparat geleitet werden, sind
ebenso wie der Magen- und Darminhalt vor eintretender Fäulniss
durch Vermischen mit Kalkmilch zu desinficiren und zu Dünger
zu verarbeiten oder anderweit unschädlich zu machen.
§ 19.
Das Halten von Hausthieren im Bereiche der Betriebs¬
stätte des Abdeckereigehöftes ist verboten.
§ 20 .
Thiere, welche dem Abdecker zur Tödtung übergeben werden,
hat derselbe alsbald unter Vermeidung jeder Quälerei zu tödten.
§ 21 .
Auf dem Abdeckereihofe dürfen Cadaver oder Cadavertheile
nicht umherliegen. Auch ist durch Reinhaltung und häufige
Desinfectionen Seitens des Abdeckers dafür zu sorgen, dass eine
Entwickelung iibeler Gerüche und Dünste thunlichst ver¬
hindert wird.
§ 22.
Jeder Abdecker hat ein mit fortlaufenden Seitenzahlen und
Nummern zu versehendes Verzeichniss in übersichtlicher Weise
zu führen, welches nach dem nachstehenden Muster anzulegen
ist und polizeilich abgestempelt sein muss, bevor es in Gebrauch
genommen werden darf. In dieses Verzeichniss sind über alle
lebend oder todt in die Abdeckerei eingeholten Thiere die
nüthigen Angaben in den einzelnen Spalten mit Tinte einzu¬
tragen. Das Verzeichniss ist der Polizeibehörde sowie dem
beamteten Thierarzt auf Verlangen vorzulegen und dem letzteren
nach Ablauf des Kalenderjahres zur Zusammenstellung einzu¬
reichen.
III. Schlussbestimmungen.
§ 23.
Den Polizeibehörden und beamteten Thierärzten liegt es ob,
die Aufsicht über den Vollzug der vorstehenden Bestimmungen
zu führen und von Zeit zu Zeit sowohl in den Abdeckereien,
wie auch auf den Verscharrungsplätzen Revisionen vorzunehmen.
§ 24.
Alle den vorstehenden Bestimmungen zuwiderlaufenden frü¬
heren Vorschriften, namentlich die Verordnungen vom 0. No¬
vember 18G5 (Anh. Ges.-Samml. Nr. 85) und vom 20. Juni 1883
(Anh. Ges.-Samml. Nr. 054) werden hiermit aufgehoben.
§ 25.
Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Bestimmungen werden,
soweit nicht reichs- oder landesgesetzlich eine höhere Strafe
verwirkt ist, mit Geldstrafe bis zu 30 Mk. oder verhältniss-
inässiger Haft bestraft.
§ 20 .
Diese Polizei-Verordnung tritt am 1. October 1900 in Kraft.
Dessau, den 9. Juni 1900.
Herzoglich Anhaltische Regierung,
Abtheilnng des Innern.
Mertens.
Muster zu § 22.
Verzeichniss
der in der Abdeckerei des zu
eingeholten oder eingelieferten Cadaver und Thiere während
des Jahres
c
o
Datum
der Abholung oder
Einlieferung
Des Thierbesitzers oder
dessen Vertreters
Des
Jahr Monat Tag
Name
Wohnort
1
2 | 3 4
5
0
7 ! 8
l
!
Thieres
Alter
(ungefähr)
Ge¬
schlecht
Krankheit cv.
Todesursache
soweit diese
bekannt
Einbringung
des Thieres
todt lebend
Bemerkungen
des Polizeibeamten
und beamteten
Thierarztes über
das Ergebnis* der
Revision
9
10
11
12 | 13
14
1 :
|
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15. November 11)00. BEIBLATT i.ku BERLINER THIER ÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 3
Runderlass zu vorstehender Polizeiverordnung.
An 1. die Herzoglichen Kreisdirectionen und
2. die Polizei-Verwaltungen der vier Hauptstädte.
Indem wir auf die von uns unterm 9. Juni d. J. — No. 1089
der Gesetz-Sammlung — erlassene und am 1. October d. J. in
Kraft tretende Polizei-Verordnung, das Abdeckereiwesen und
das Verfahren mit Viehcadavern betreffend, verweisen, bestimmen
wir im Anschluss derselben hiermit Folgendes:
1. Zur Neuanlage einer Abdeckerei ist in jedem Falle unsere
Genehmigung einzuholen.
2. Behufs Abstellung mangelhafter Zustände in den vor¬
handenen Abdeckereien hat die etc. u. A. mit Nachdruck darauf
hinznwirken,
a. dass im Betriebsgebäude der Abdeckerei eine genügende
Einrichtung zum Kochen der Cadaver vorhanden ist;
b. dass der Fussboden des Arbeitsraumes wasserdicht
(cementirt, asphaltirt) ist und ein hinreichendes Gefälle
nach der zur Aufnahme von Cadaverflüssigkeiten etc.
bestimmten Stelle (Senkgrube bezw. Sterilisator) besitzt;
c. dass die Wände dieses Raumes auf wenigstens 2 m Höhe
wasserdicht und so hergestellt sind, dass sie durch
Abwaschen vollständig gereinigt und desinficirt werden
können;
d. dass die Decke des Arbeitsraumes vollständig dicht ist;
e. dass, soweit nicht die Einleitung von Cadaverflüssig¬
keiten etc. in den Sterilisator (Dampfabdeckereien)
geschieht, eine mit dem Arbeitsraume durch eine dichte
Rinne in Verbindung stehende undurchlässige und voll¬
ständig verdeckt zu haltende Senkgrube vorhanden ist,
welche, sobald sich Inhalt darin angesammelt hat, zu
leeren und mit geeigneten Stoffen (Aetzkalk, Chlor¬
kalk etc.) zu desinficiren ist;
f. dass behufs hinreichender Versorgung mit Wasser im
Gehöfte eine Wasserleitung oder ein Brunnen vorhanden
ist, aus welchem jedoch das Wasser zum Trinken für
Menschen oder Tliiere nur daun benutzt werden darf,
wenn dessen Lage und die Art der Wasserentnahme
eine Verunreinigung durch Abgänge aus der Abdeckerei
ausschliesst;
g. dass zur Vornahme von Obductionen ein geeigneter
Tisch, sowie Wasserbehälter und Reinigungsgeräthe vor¬
handen sind;
h. dass die im Gehöft etwa vorhandenen Hunde nicht frei
umherlaufen, sondern an die Kette gelegt oder in einem
besonderen Raume (Zwinger) gehalten werden;
3. Zu § 5 der Verordnung machen wir aufmerksam, dass
die Ortspolizeibehörde wegen der Wegschaffung von Cadavern
herrenloser Tliiere in geeigneter Weise Vorsorge zu treffen und
daher den ausserhalb des Sitzes der Ortspolizei gelegenen
Gemeinde- und Gutsvorständen ein für allemal eine entsprechende
Weisung zu ertheilen hat.
4. Zum Schlusssatz des § 7 der Verordnung ordnen wir
an, dass die polizeiliche Genehmigung Seitens der Ortspolizei-
behörde nur ausnahmsweise dann ertheilt werden darf, wenn die
von dem Thierbesitzer vorher anzugebende Art der beabsichtigten
Ausnutzung nach Lage der gesetzlichen und polizeilichen Vor¬
schriften überhaupt zulässig ist, eine ansteckende Krankheit
oder der Verdacht auf eine solche bei dem gefallenen oder
getödteten Thiere mit Sicherheit auszuschliessen ist, und wenn
nach pflichtmä88igein Ermessen der Polizeibehörde keine Gefahren
und Belästigungen für das Publicum durch die Ausnutzung ent¬
stehen können.
Ist nach den vorhandenen Umständen anzunehmen, dass die
Verwendung zu dem vom Thierbesitzer angegebenen technischen
oder öconomi8chen Zwecke nicht erfolgen wird, oder kommt
derselbe den ihm aufgegebenen Verpflichtungen nicht oder nicht
vollständig nach, so hat die Ortspolizeibehörde die Beseitigung
des Cadavers etc. nach Massgabe der einschlägigen Vorschriften
sofort anzuordnen und für sachgemässe Durchführung derselben
zu sorgen.
In zweifelhaften Fällen haben die Oltspolizeibehörden die
Genehmigung zu versagen bezw. sofort den Ausspruch eines
Thierarztes einzuholen und ihrer Entscheidung zu Grunde zu
leg-en.
Wird die Ausnutzung genehmigt, so haben die einschlägigen
Vorschriften der Verordnung als Richtschnur zu dienen.
Alle nicht zur Ausnutzung kommenden Theile des Cadavers
sind nach den von der Ortspolizeibehörde zu treffenden An¬
ordnungen ohne Verzug vorschriftsmässig zu beseitigen.
5. Zu § 8 Absatz 2 der Verordnung: Die Anordnungen
des beaufsichtigenden Polizeibeamten erstrecken sich auch auf
die Art der etwaigen Zerstückelung des Cadavers, auf die Dauer
des nothwendig werdenden Kochens und auf die Massnahmen
bei der Einbringung des Cadavers in die Grube. Ist der be¬
amtete Thierarzt hierbei zugegen, so hat der Polizeibeamte
dessen Vorschläge zu hören und zu beachten.
6. Zu § 9 d. V.: Nach erfolgter ordnungsmässiger Ver¬
scharrung des Cadavers ist die festzuschlagende oder festzu¬
stampfende Oberfläche der Grube entweder durch Aufwerfen
eines Erdhügels oder durch Auflegen von Steinen hinreichend
kenntlich zu machen.
7. Zu § 10 d. V.: Zur Anlage eines Verscharrungsplatzes
ist sandiger oder kiesiger Boden vorzuziehen. Quellenreiches
Gelände und feuchter Thonboden sind thunlichst zu meiden.
8. Zn § 16 d. V.: Wie die Cadaver kleiner Thiere, so
können auch Theile von Cadavern mit entsprechend ein¬
gerichteten dichten kleinen Transportmitteln weggeschafft werden.
9. Zu § 22 d. V.: Den Abdeckern ist aufzugeben, dass sie
das zu führende Verzeichniss über zwei Bogenseiten anzu¬
legen und dasselbe binnen 14 Tagen nach Ablauf jedes Kalender¬
jahres dem beamteten Thierarzt des Kreises einzureichen haben.
10. Die Abhaltung von Revisionen in den Abdeckereien
und auf den Verscharrungsplätzen durch die Ortspolizeibehörden
ist zu controliren.
11. Zu § 25 d. V.: Unter Hinweis auf Art. 144 des
Polizei-Strafgesetzbuchs ist zu beachten, dass bei Contra-
ventionen der Abdecker höhere Strafen eintreten.
Für Herzogi. I Die der pp. unterstellten Ortspolizeibehörden
Kreisdirektionen. J sind hiernach entsprechend anzuweisen.
Dessau, den 25. September 1900.
Herzogliche Anhaitische Regierung, Abtheilung des Innern,
v. Brunn.
Preussen: Polizeiverordnung betr. Abdeckereiwesen.
Der Regierungs - Präsident in Lüneburg hat unter dem
30. April d. J. eine Polizeiverordnung, betr. die Behandlung von
Thiercadavern und den Betrieb des Abdeckereigewerbes erlassen.
Danach ist jeder Besitzer eines gefallenen oder ohne den
Zweck der Nutzung als Schlachtvieh getödteten Stückes Vieh
verpflichtet, binnen 24 Stunden entweder einem Abdecker oder
einer concessionirten Düngerfabrik behufs Abholung des
Cadavers Anzeige zu machen.
Will er die Thätigkeit eines Abdeckers nicht in Anspruch
nehmen, so muss er das Cadaver selbst unschädlich beseitigen.
In letzterem Falle ist dem Guts- bezw. Gemeindevorsteher bezw.
der Ortspolizeibehörde von der Beseitigung des Cadavers An¬
zeige zu machen und ihren Anordnungen Folge zu leisten.
Die Abhäutung und Ausnutzung der Cadaver darf unter
bestimmten Vorsichtsmassregeln erfolgen:
1. Die hiermit beschäftigten Personen dürfen keine Ver¬
letzungen an Händen und Armen haben:
2. Die Häute müssen getrocknet oder in Kalkmilch ein¬
gelegt oder gesalzen werden, sofern sie nicht direct an eine
Gerberei abgeliefert werden.
3. Seimen, Fleisch, Knochen etc. von Thieren mit ansteckenden
Krankheiten müssen vor weiterer Anwendung gekocht bezw.
geschmolzen werden. Cadaver, deren Ausnützung nicht be¬
absichtigt ist, müssen durch Verbrennen oder tiefes Umgraben
unschädlich beseitigt werden.
Die Verscharrung muss auf öffentlichen Verscharrungs¬
plätzen erfolgen, wo solche vorhanden sind; sonst auf solchen
Plätzen, die genügend weit von Wohngebäuden, Ställen, Weiden,
Gewässern, Brunnen etc. entfernt liegen.
Beim Transport von Thiercadavern darf kein Theil sichtbar
sein, auch dürfen andere Theile noch Abgänge verstreut werden.
Blut und andere Abgänge dürfen nicht in Gräben, Flüsse,
Brunnen etc. geleitet werden.
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BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
15. November 1900.
Gemeinschaftliche Verscharrungsplätze sind zu umfriedigen.
Auf ihnen darf weder Vieh weiden noch Viehfutter geworben
oder anfbewahrt werden.
Die gewerbsmässige Zerlegung derCadaver darf nur in gesetz¬
lich concessionirten Abdeckereien erfolgen. Hiervon können nur
bei weiter Entfernung des Fallortes, ungünstigen Wegeverbindungen
oder sonstigen Hinderungsgründen Ausnahmen gemacht werden.
Fleisch etc. darf aus Abdeckereien zur menschlichen Nahrung
nicht weggegeben werden, als Hunde- etc.- Futter nur im ge¬
kochten Zustande.
Das Halten von Schweinen auf Abdeckereien ist verboten.
Der Schluss der Verordnung enthält Vorschriften über die
Transportmittel der Abdecker, die polizeiliche Controle der
Abdeckereien, Führung eines Buches und Strafbestimmungen.
R.-B. Potsdam, GSnseeinfuhr hetr.
Der Regierungs-Präsident in Potsdam hat unter dem 13.
September d. J. eine landespolizeiliclie Anordnung, betr. die Ueber-
wachung von Gänseentladungen, erlassen, welche am 15. September
in Kraft getreten ist. Hiernach sind die Besitzer der auf den
Bahnhöfen in Neutrebbin und Sützing, Kreis Oberbarnim, zur
Entladung gelangenden Gänse bis auf Weiteres verpflichtet, die
Thiere bei der Ausladung durch den Kreisthierarzt des Kreises
Oberbarnim untersuchen zu lassen. Dem Kreisthierarzt ist die
Ankunft der Gänse 24 Stunden vorher anzuzeigen; die Aus¬
ladung darf nur in Gegenwart des Kreisthierarztes erfolgen.
Letzterem ist jede von ihm geforderte Auskunft über Herkunft
etc. der Gänse zu geben. Ueber die Untersuchungen ist Seitens
des Kreisthierarztes ein Buch zu führen, welches Angaben über
den Besitzer, das Ergebniss der Untersuchung, die Herkunft
und den Verbleib der Thiere enthalten muss. Ueber jeden bei
der Untersuchung festgestellten Seuche- oder Seucheverdachtsfall
ist nach Anordnung der erforderlichen Massnahmen sofort dem
Landrath in Freienwalde, sowie der Ortspolizeibehörde Anzeige
zu erstatten. Regelmässige Untersuchungstage, an welchen die
Kosten der Untersuchungen der Staatskasse zur Last fallen, im
Falle die Gänse auf Bestellung geliefert werden, sind Montag,
Mittwoch, Donnerstag und Freitag jeder Woche. In allen
anderen Fällen und an den anderen Tagen hat der Besitzer
(Händler, Unterhändler, Begleiter, Führer) diese Kosten zu
tragen. Die letzteren werden mangels einer gütlichen Einigung
auf 4 Mk. für die Wagenladung Gänse festgesetzt.
Vleheinftihr aus Oesterreich nach Süddeutschland.
Nachdem die Maul- und Klauenseuche in Vorarlberg in
einem für den inländischen Viehbestand bedrohlichen Umfange
herrscht, hat das Ministerium des Innern in Bayern unter
dem 22. October 1900 auf Grund des § 7 Abs. 1 des Reichs¬
viehseuchengesetzes und Art. 6, Abs. 2 der deutsch-österreichisch¬
ungarischen Viehseuchenübereinkommens angeordnet, dass die
den Wirthschaftsbesitzern in den Grenzbezirken gegen Vorarl¬
berg zustehende Befugniss zur Einfuhr von Nutz- und Zucht¬
vieh aus Vorarlberg im Interesse des Schutzes des einheimischen
Viehbestandes zeitweilig zurückgezogen wird.
Die k. Regierung von Schwaben und Neuburg ist daher
angewiesen worden, die Einstellung der thierärztlichen Grenz-
controle für die Einfuhr von Nutz- und Zuchtvieh aus Vorarlberg
zu verfügen.
Die Ertheilung von Dispensen für das vor Bekanntgabe
der Massregel bereits gekaufte Nutz- und Zuchtvieh wird auf
die Dauer von acht Tagen anheimgestellt.
Eine Verfügung gleichen Inhalts hat auch das Ministerium
des Innern in Württemberg unter dem 26. October 1900 erlassen.
Maul- und Klauenseuche.
In gleicher Weise wie in Anhalt (vergl. B. T. W. S. 490)
sind auch in Mecklenburg-Schwerin die Bezirksthierärzte an¬
gewiesen worden, vor frischen Ausbrüchen der Maul- und
Klauenseuche in grösseren Beständen dem Kaiserl. Gesundlieits-
amte schleunige telegraphische Anzeige zu machen und gleich¬
zeitig zu bemerken, ob für den ersten oder zweiten folgenden
Tag Aussicht auf Entnahme von Lymphe vorhanden ist.
Es wird auch daraaf aufmerksam gemacht, dass die vielfach
zur Beschleunigung des Seuchenverlaufs angewandte Maul-
Impfung verhindert sein muss, wenn der betreffende Bestand
zur Lymphe-Entnahme als geeignet bezeichnet werden soll.
Senchenstati stik.
Thierseuchen in Deutschland Im li. Quartal 1900.
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*) Die gefährdeten, d. h. auf den neubetroffenen Gehöften be¬
findlichen Bestände umfassten in Deutschland 76 184 Rinder, 87 276
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15. November 1900. BEIBLATT dek BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 5
An Ranschbrand gingen ein in den nachbenannten
Staaten: Prenssen 106 Rinder und 6 Pferde, (R.-B. Münster
25 Rinder, Düsseldorf 20, Aachen 11, Arnsberg 10; Schleswig,
Stade, Osnabrück, Aurich, Minden, Cassel, Wiesbaden, Coblenz,
Trier weniger als 10. Die sämmtlichen Pferde kamen auf den
R.-B. Arnsberg. Bayern 57 Rinder; Sachsen desgl. 1; Württem¬
berg desgl. 23; Baden desgl. 12; Hessen 12 Rinder und 21 Schafe;
Sachsen-Meiningen desgl. 5; Elsass-Lothringen desgl. 4; Sachsen-
Altenburg, -Coburg-Gotha, -Weimar je 1 Rind.
Von der Tollwuth wurden betroffen in 4 Staaten 248 Ge¬
meinden, und zwar in Prenssen 199 Gemeinden (davon im R.-B.
Posen 41, Gumbinnen 35, Marienwerder 29, Königsberg 26,
Bromberg 16, Breslau 12, Köslin 11; Danzig, Potsdam, Frankfurt,
Stettin, Liegnitz, Oppeln, Merseburg und Münster weniger als 10).
Bayern 22 Gemeinden; Sachsen desgl. 17; Schwarzburg-Sonders-
liausen desgl. 10. Getödtet wurden im Ganzen 220 Hunde,
2 Katzen, 2 Pferde, 14 Rinder, 2 Schafe, 4 Schweine; ausserdem
als der Ansteckung verdächtig 654 Hunde, 25 Katzen und
61 herrenlose wnthverdächtige Himde^_
Die Lungenseuche kam in Preussen, Sachsen und Anhalt
vor. ln Preussen betraf sie die R.-B. R.-B. Magdeburg, Merseburg
und Arnsberg. In letzterem war nur 1 Gemeinde (1 Gehöft) vor¬
übergehend verseucht; wogegen R.-B. Magdeburg mit 3 Gemeinden
(4 Gehöfte) und Merseburg mit 1 Gemeinde (1 Gehöft) bereits
vom Vorquartal her betroffen waren. Dazu kamen im R.-B.
Magdeburg im Laufe des Quartals noch Nenausbrüche in 2 Ge¬
meinden (2 Gehöfte) und anderseits Erlöschen in 3 Gemeinden
(4 Gehöfte), sodass die Seuche sich im R.-B. Magdeburg am
Schluss des Quartals noch in 2 Gemeinden (2 Gehöften)
erhielt. Der R.-B. Merseburg hatte bei Beginn des Quartals
bereits 1 verseuchte Gemeinde (1 Gehöft); hierzu kamen im
Laufe des Quartals sogar 8 neuverseuchte Gemeinden (9 Gehöfte),
sodass am Schluss des Quartals nach Erlöschen der Seuche in
2 Gemeinden (3 Gehöften) immer noch 7 Gemeinden (7 Gehöfte)
verseucht blieben. — Im Kgr. Sachsen war die Kreishauptm.
Zwickau mit 1 Gemeinde (2 Gehöften) schon vom Vorquartal her
verseucht; dazu kam in 1 Gemeinde (1 Gehöft) ein Nenausbrnch,
anderseits in 1 Gemeinde (2 Gehöften) Erlöschen der Seuche,
sodass am Schluss 1 Gemeinde (1 Gehöft) betroffen blieb. — In
Schafe, 1468 Ziegen und 36417 Schweine, in Preussen 46816 Rinder,
72 746 Schafe, . k 60 Rinder und 26 671 Schweine.
*) In ganz Deutschland waren erkrankt 31 Pferde, 853 Rinder,
51 Schafe. 31 Schweine und 1 Ziege; hiervon kamen auf Preussen
29 Pferde, 558 Rinder, 24 Schafe und 30 Schweine.
3) Zn Beginn des Quartals waren in Deutschland verseucht
32 Gemeinden und zwar in Preussen 23, in Bayern, Württemberg
und Elsass-Lothringen je 2, in Baden, Sachsen-Weimar und Braun¬
schweig je eine.
4 ) D. h. gefallene und auf polizeiliche Anordnung oder auf
Wunsch des Besitzers getödtete Thiere.
4 ») Die Verluste kamen in einer, bereits seit dem vorigen
Quartal verseuchten Gemeinde vor.
5 ) Diese Rubrik umfasst Rinder und Pferde.
6 ) I). h. Summe der, im Beginn des Quartals bereits verseuchten
und der im Laufe des Quartals neu hinzugekommenen Gemeinden.
In der Provinz Brandenburg und in der Rheinprovinz handelt es
sich nur um Gemeinden, die schon im vorigen Quartal verseucht
waren. — Am Schluss des Quartals blieben 291 Gemeinden ver¬
seucht, davon in Preussen 176, in Bayern 36, in Württemberg 26,
in Baden 5, in Hessen 9, in Mecklenburg-Schwerin 2, in Sachsen-
Weimar 3, in Braunschweig 9. in Sachsen-Meiningen 3, in Sachscn-
Goburg-Gotha 4, in Anhalt 2, in Waldeck 12, in Lippe 1 und in
Elsass-Lothringen 6.
Anhalt erlosch im Berichtsquartal der in 1 Gemeinde (1 Gehöft)
bestehende Seuchenherd.
Die Pferderiiude befiel im Ganzen 122 Pferde. Davon
kamen auf Prenssen 96, Bayern 7, Württemberg 5, Baden 9,
Sachsen-Altenburg 2; Mecklenburg - Schwerin, Oldenburg und
Elsass-Lothringen je 1 Erkrankung.
An der Schweineseuche (Schweinepest) erkrankten in
den Bundestaaten Preussen 5624, Sachsen 31, Mecklenburg-
Schwerin 24, Elsass-Lothringen 18, und Bayern, 'Württemberg,
Baden, Braunschweig, Sachsen-Coburg-Gotha, Hamburg weniger
als 10, im ganzen Reiche 5722 Schweine, von denen 4780 ge¬
fallen oder getödtet sind.
Das Auftreten der Roth lauf seuche der Schweine wird aus
folgenden Staaten gemeldet: Preussen 8287, Bayern 52, Sachsen
137, Württemberg 100, Baden 160, Hessen 82, Mecklenburg-
Schwerin 10, Sachsen-Weimar 64, Mecklenburg-Strelitz 35, Olden¬
burg 11, Braunschweig 186, Anhalt 41, Waldeck 20, Schaumburg-
Lippe 41, Lippe 47, Elsass-Lothringen 112 und Sachsen-Mei¬
ningen, -Altenburg, -Coburg-Gotha, Renss j. L., Bremen, Ham¬
burg nnter 10 Fälle. Im ganzen Reiche = 9412 Erkrankungen
von denen 8352 Thiere starben bezw. abgethan wurden.
Erkrankungen an Geflügelcholera sind gemeldet worden
von Preussen 2652, Bayern 405, Sachsen 7, Württemberg ca. 1395,
Baden 1059, Hessen 29, Braunschweig 69, Sachsen-Altenburg 46,
Hamburg 4, Elsass-Lothringen 271 zusammen in Deutschland 5937,
wovon 5226 tödtlich endeten.
Pockenseuche der Schafe und Rinderpest sind nicht auf¬
getreten.
Nachweitung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche
am 31. October 1900.
Es waren am 31. October 1900 in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. R.-B. Gumbinnen 2 (3). Marienwerder
2 (5). Berlin 1. Potsdam 2 (2). Frankfurt 2 (2). Köslin 1 (1).
Posen 4 (4). Bromberg 3 (6). Breslau 2 (2). Oppeln 4 (5).
Merseburg, Hannover, Hildesheim, Münster, Arnsberg und
Düsseldorf je 1 (1). Bayern: R.-B. Oberbayern 1 (2).
Niederbayern 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Dresden 1 (1).
Leipzig 2 (2). Chemnitz 1 (1). Zwickau 1 (1). Württemberg:
Donaukreis 1 (1). Baden: Landescomm. Freiburg 2 (2).
Mecklenburg-Schwerin: 1 (1). Anhalt: 1 (1). Bez. Ober-
Elsass 2 (2) [= 52 Gemeinden mit 62 Gehöften].
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. R.-B. Oberbayern 8 (15), Niederbayern 1 (1),
Oberpfalz 6 (18), Oberfranken 9 (25), Mittelfranken 3 (6), Unter-
franken 7 (10), Schwaben 16 (113). Sachsen: Kreishauptm.
Dresden 1 (1), Leipzig 3 (4), Zwickau 2 (3). Württemberg:
Neckarkreis 2 (2), Schwarzwaldkreis 4 (7), Jagstkreis 3 (3),
Donaukreis 6 (18). Baden: Landescomm. Constanz 1 (1),
Freiburg 1 (1). Hessen: Provinz Starkenburg 1 (2), Ober¬
hessen 5 (31). Mecklenburg-Schwerin: 8 (38). Sachsen-
Weimar: 2 (7). Mecklenburg-Strelitz: 1 (1). Oldenburg
Herzogth. Oldenburg: 1 (1). Braunschweig: 5 (33).
Sachsen-Meiningen: 1 (3). Herzogth. Gotha: 1 (2).
Anhalt: 4 (11). Schwarzburg-Sondershausen: 1 (1).
Waldeck: 2 (4). Reuss j. L.: 1 (2). Bremen: 1 (1). Bez.
Lothringen: 3 (3) [= 781 Gemeinden mit 2778 Gehöften].
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6
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. R.-B. Liegnitz 1 (1), Magdeburg 2 (4),
Merseburg 1 (2) [= 7 Gemeinden mit 7 Gehöften].
D. von Schweinesenche (incl. Schweinepest):
Preussen: R.-B. R.-B. Königsberg 4 (13), Danzig 3 (5),
Marienwerder 4 (7), Potsdam 4 (6), Frankfurt 4 (5), Stettin 7 (16),
Köslin 2 (3), Stralsund 2 (2), Posen 11 (29), Bromberg 4 (7),
Breslau 11 (32), Liegnitz 7 (11). Oppeln 7 (14), Magdeburg 1 (1),
Merseburg 4 (4), Schleswig 2 (2), Hannover 2 (4), Hildesheim
2 (2'), Lüneburg 2 (2), Stade 1 (1), Münster 1 (1), Arnsberg
4 (9), Cassel 1 (1), Wiesbaden 2 (2), Düsseldorf 4 (4),
Köln 1 (1), Trier 1 (1). Bayern: R.-B. Nieder-Bayern, Unter¬
franken je 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Dresden 1 (1),
Leipzig 1 (1), Chemnitz 2 (3), Zwickau 1 (2). Hessen: Prov.
Oberhessen 1 (1). Mecklenburg-Schwerin: 1 (1). Olden¬
burg: Herzogth. Oldenburg 1 (1), Fürstenth. Lübeck: 1 (1),
Anhalt: 1 (1). Waldeck: 2 (2). Lippe: 3 (9) [= 210 Ge¬
meinden mit 265 Gehöften].
Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preusaen am 31. Oktober 1900.
Regierungsbezirk
Die Seuche
in
Kreisen |
herrschte
Gemeinden
(Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht:
Königsberg . .
2 1
2
0,48
Gumbinnen . .
2
4
0,51
Marienwerder .
5
12
5,30
Potsdam . . .
9 |
72
27,83
Frankfurt . .
1
1
0 36
Stettin . . .
4
19
10,12
Köslin....
1
1
0,51
Stralsund . .
4
14
15,71
Posen ....
3
4
1.21
Bromberg . .
5 1
6
2 69
Breslau . . .
3
3
7,89
Liegnitz . . .
3
5
1,77
Magdeburg . .
14
106
73,61
Merseburg . .
13
35
15,13
Schleswig . .
1
1
0,46
Hannover . .
1 !
1
1,58
Hildesheim . .
6
20
27,62
Lüneburg . .
9
23
15.60
Münster . . .
1 1
1
3,73
Minden . . .
1 1
1
1,96
Arnsberg. . .
3 i
5
5,88
Cassel....
13 |
42
25,11
Wiesbaden . .
11
21
22 43
Cobicnz . . .
1
3
2,87
Düsseldorf . .
3 1
3
6,97
Cöln . . . .
3
3
10,13
Trier . . . .
1
5
4 43
Summa:
123 ]
413
Thlerreuohen im Ausiande ii. Quartal 1900.
Frankreich.
Von Lnngenseuche wurden im April 13, im Mai 9 und im
Juni 8 Gemeinden betroffen; geschlachtet wurden wegen dieser
Seuche 26 bezw. 16 bezw. 36 und geimpft 92 bezw. 71 bezw.
154 Rinder. — Milzbrand herrschte in 32 bezw. 42 bezw. 28
Ställen. — Wegen Rotz wurden 136 bezw. 133 bezw. 148 Pferde
getödtet, verseucht waren 70 bezw. 85 bezw. 78 Ställe. — Die
Zahl der gemeldeten tollen Hnnde belief sich auf 256 bezw. 267
bezw. 231 Stück. — Die wuthkranken Hunde vertheilen sich
15. November 1900.
auf 119 bezw. 137 bezw. 129 Gemeinden in 39 bezw. 43 bezw.
41 Departements. — Maul- und Klauenseuche trat in 1443 bezw.
1715 bezw. 1912 Gemeinden auf. — In 12 bezw. 9 bezw.
6 Herden wurden Schafpocken, in 9 bezw. 16 bezw. 10 Herden
Schafräude festgestellt. — Rauschbrand trat in 59 bezw. 50
bezw. 61 Ställen auf. Rothlauf der Schweine wurde in 10 bezw.
9 bezw. 11 Departements beobachtet. — Die ansteckende
Lungen-Darmentzündung der Schweine gelangte in 5 bezw. 45
bezw. 24 Beständen zur amtlichen Feststellung.
Niederlande.
Es wurden folgende Erkrankungsfälle festgestellt: Von
Milzbrand im April 20, Mai 23, Juni 13; Rotz 7 bezw. 11 bezw. 7;
Maul- und Klauenseuche 641 bezw. 1 146 bezw. 2 645; Räude
der Einhufer und Schafe 249 bezw. 141 bezw. 14; Rothlauf der
Schweine und Schweinesenche 9 bezw. 26 bezw. 34; bösartige
Klauenseuche der Schafe 42 bezw. 104 bezw. 21.
Schweiz.
An Milzbrand gingen ein im April 9, Mai 14, Juni 10:
Ransehbrand 16 bezw. 15 bezw. 80; Tollwuth 11 bezw. 2 bezw.
16 (und 15 verdächtige); Rotz 5 bezw. 2 bezw. 3. Mit Maul¬
und Klauenseuche waren versencht Ende April 189 Thiere in
14 Gemeinden, Ende Mai 295 in 14 Gemeinden, Ende Juni 617
in 10 Gemeinden; Schafräude trat im Mai in 1 Heerde auf.
Rothlauf der Schweine (incl. Schweineseuche) wurde bei 83
bezw. 83 bezw. 204 Schweinen festgestellt.
Thierseuchen In Dänemark im Jahre 1899.
Es sind festgestellt: Milzbrand in 144 Beständen von sämmt-
lichen Aemtern (mit Ausnahme von zweien); Rotz in 4 Be¬
ständen von 2 Aemtern; getödtet wurden 6 rotzkranke Pferde,
ausserdem 5 rotzverdächtige, welche frei von Rotz befunden
wurden; Maul- und Klauenseuche in 1 Bestand bei 15
Rindern; Rückenmarkstyphus in 27 Beständen von 14 Aemtern
mit 36 erkrankten Thieren; es fielen 22, getödtet wurden 4;
bösartiges Katarrhfieber des Rindviehs in 86 Beständen
von 14 Aemtern; es erkrankten 107 Thiere, fielen 29, wurden
getödtet oder geschlachtet 27; Schweinediphtherie in ver¬
schiedenen Beständen von 6 Aemtern; Rothlauf der Schweine
(chronische und acute Form) in sämmtlichen Aemtern, aus¬
genommen Kopenhagen Stadt, in 2904 Beständen; es erkrankten
4292 Thiere, wovon 1337 = 31,2 pCt. fielen bezw. getödtet
wurden; bösartige Lungenentzündung der Pferde 2518
Fälle (247 gefallen und getödtet); senchenhaftes Katarrh¬
fieber unter den Pferden 344 Fälle (25 gefallen und ge¬
tödtet), Druse 6194 (183), Räude der Pferde 53, Hiihner-
cholera 1847.
Viehseuchen in Grossbritannien im Jahre 1899.
Der Milzbrand ist in 44 Grafschaften von England, 5 von
Wales und 18 von Schottland aufgetreten. Bei den 534 neuen
Ausbrüchen sind erkrankt 634 Rinder, 69 Schafe, 253 Schweine
und 30 Pferde. Das meiste Rindvieh erkrankte in England (426),
und hier in den Grafschaften Lincoln, Parts of Lindsey (46)
und Norfolk (31).
An der Tollwuth erkrankten in Grossbritannien 9 Hunde
(England 1, Wales 8) in 4 Grafschaften; ausserdem wurden
daselbst 61 ansteckungsverdächtige Hunde getödtet.
Fälle von Rotz-Wurmkrankheit sind 1472 in 32 Graf¬
schaften von England, sowie 3 von Schottland festgestellt. Die
meisten Fälle ,kamen in England (1269) und hier in der Graf¬
schaft London (896) vor.
BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
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15. November 1900. BEIBLATT der BERLINER TIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 7
Die Lungenseuche wurde im Berichtsjahre in Grossbritannien
nicht beobachtet.
An Räude sind 33 2G0 Schafe bei 2050 Ausbrüchen in
79 Grafschaften erkrankt. Hiervon entfallen auf England 23 702,
Wales 8003, Schottland 1555.
Das Schweinefieber ist in 71 Grafschaften, und zwar 48
von England, 10 von Wales und 13 von Schottland aufgetreten.
Als erkrankt oder an der Ansteckung verdächtig wurden
30 797 Schweine abgeschlachtet, davon 26 475 in England,
1294 in Wales und 3028 in Schottland.
Oesterreich III. Quartal 1900.
Es waren folgende Orte verseucht: mit Milzbrand am
31. Juli 10, am 31. August 19, am 30. September 10; mit
Rauschbrand 4 bezw. 11 bezw. 5; mit Tollwuth 15 bezw. 16
bezw. 17; mit Rotz 16 bezw. 17 bezw. 18; mit Maul- und
Klauenseuche 72 bezw. 88 bezw. 91; mit Pocken 5 bezw. 7
bezw. 7; mit Bläschenansschlag 12 bezw. 5 bezw. 8; mit Räude
16 bezw. 13 bezw. 15; mit Schweinerothlauf 216 bezw. 129
bezw. 17; mit Schweinepest (Schweinesenche) 30 bezw. 43
bezw. 17. Lungenseuche und Rinderpest sind nicht aufgetreten.
Fleischschau und Viehhandel.
Rcdigirt von Kühnaii.
Oeffentliche Schlachthäuser in kleinen Städten.
Zur Durchführung einer geordneten Fleischschau sind
öffentliche Schlachthäuser von grösster Bedeutung. Diese
Erkenntniss, sowie die sonstigen mannigfachen Vortheile, welche
die öffentlichen Schlachthäuser in sanitärer und auch wirt¬
schaftlicher Hinsicht bieten, hat in vielen Städten Deutschlands
zur Errichtung von öffentlichen Schlachthäusern geführt. Die
grossen Städte sind mit wenigen Ausnahmen fast alle mit
derartigen Anlagen versehen. Auch ein grosser Theil der
kleineren Städte, wie Schwarz (Zeitschrift f. Fleisch- n. Milch-
hyg'iene, Oktoberheft) angiebt, von Städten mit unter 6000 Ein¬
wohnern in Preussen 122, Bayern 28, Württemberg 40,
Baden 49, Reichslande 57 sind mit öffentlichen Schlachthäusern
ansgestattet. Immerhin giebt es nach einer von Schwarz auf-
gestellten Liste allein in Preussen noch 500 Städte und Flecken,
die sich, obgleich ihre Einwohnerzahl zwischen 2000 und 6000
beträgt, einer Schlachtanlage nicht erfreuen. Wenn in diesen
Orten bisher das Bedürfnis, ein öffentliches Schlachthaus zu
besitzen, nicht besonders hervorgetreten ist, so steht zu er¬
warten, dass sich diese Sachlage mit der Durchführung des
Reichsfleischschaugesetzes ändert. Die Ausübung der Fleisch-
schan, die Verwerthung des bedingt tauglichen Fleisches, die
Conservirnng der geschlachteten Thiere sind Anlass genug, um
gerade in kleineren Orten der Errichtung eines Schlachthauses
näher zu treten. Bei den sich entspinnenden Berathungen über
den Ban der Anlage dürfte der die Fleischschan ausübende
Sachverständige, der Thierarzt der Stadt, des Kreises, ein ge¬
wichtiges Wort mitznreden haben.
Neben anderen Fragen handelt es sich in erster Linie um
die Rentabilität der Anlage. Häufig ist in dieser Hinsicht,
namentlich in kleineren Gemeinden, die Schlachthäuser besitzen,
bei der Feststellung des Projects nicht mit der erforderlichen
Sorgfalt vorgegangen worden. Anerkennenswerth ist es, dass
ans diesem Grunde Direktor Dr. Schwarz-Stolp i. P. mit einem
Techniker zusammen ein vollständiges Bauproject aus¬
gearbeitet hat. Das Project hat dem Landwirthschaftsminister
zur Prüfung Vorgelegen und ist dasselbe als practisch und
empfehlenswert!! befunden worden.
Da in kleinen Städten gewöhnlich nur an den beiden den
Wochenmarktstagen vorausgehenden Tagen geschlachtet zu
werden pflegt, so würde in einer Stadt von durchschnittlich
3 380 Einwohnern und einer Jahresschlachtung von 418 Rindern
1 178 Stück Kleinvieh und 1 027 Schweinen auf eine tägliche
Schlachtung von 4 Rindern, 12 Stück Kleinvieh und 10 Schweinen
Bedacht zu nehmen sein. Schwarz hat diese Zahlen seinem
Projecte zu Grunde gelegt. Er berechnet die Kosten für den
Platz, der am besten quadratisch, mit einem massiven Zaun
umgeben, und zum grössten Theil gepflastert sein muss, auf
3 900 Mark. Das Hauptgebäude in der Mitte des Grund¬
stücks enthält den Schweinebrühraum, den Schlachtplatz für
Rinder, Kleinvieh und Schweine, einen gemeinsamen Stall, Dung¬
haus, Kaldaunenwäsche, Kesselhaus und das gleichzeitig als Frei¬
banklocal dienende Polizeischlachthaus, ausserdem ein Geschäfts¬
zimmer, Umkleidezimmer für Fleischer und darüber eine aus zwei
Zimmern und Küche bestehende Aufseher-Wohnung. An Neben¬
gebäuden sind projectirt: ein Wagehänschen, ein Pferdeausspann¬
stall mit Schuppen zur Unterfahrt, Abortanlage, Kohlenschuppen,
Grube für den Stalldünger und Kläranlage. Die Gesammt-
kosten dieser Anlage würden sich auf ca. 39 500 M. belaufen.
Ein Kühl hau 8 ist nicht vorgesehen, indessen ist dies heutzu¬
tage bei einer Schlachtanlage kaum zu entbehren und würden
sich, sofern nur ein Aufbewahrungsraum für Fleisch vor¬
handen ist, die Kosten für die Anschaffung einer Kühlmaschine
so mässig gestalten, dass dieserhalb bei der Projectimng der
Schlachthausanlage nicht Abstand genommen werden sollte.
Des Vergleichs halber möge hier noch die Beschreibung
einer Schlachtanlage nebst Kosten- resp. Rentabilitätsberechnung
gegeben werden, welche in Paramaribo errichtet ist und von
S. de Lange in der „Tijdschrift f. Veeartsenijkunde en Veeteelt“,
27. Bd., 4. H., 1900 als zweckmässige Anlage für kleine Plätze
hingestellt wird. Der Platz ist rechteckig und gänzlich ein¬
gefriedigt. Das Hauptgebäude 24 m lang und 10,5 m breit.
Der Boden ist cementirt und führt im Mittelgang eine Rinne,
in welche die Röhren von der Hälfte des Daches das Regen¬
wasser hineinbringen. Das Wasser der anderen Hälfte wird
von einem hochgestellten Reservoir anfgefangen. Diese Ein¬
richtung sowie ein Reservoir, das durch einen Brunnen gespeist
wird, sorgen für eine gründliche Durchspülungsmöglichkeit.
Die Wände des Gebäudes sind aus harten Holzbrettern*).
Das Dach ist wegen der Feuersgefahr mit Schiefer abgedeckt.
Im Schlachtranm sind 5 Schlachtplätze für Rinder vorgesehen.
Für das Aufhängen, Dnrchsägen u. s. w. sind 12 Plätze
vorhanden. Der Transport erfolgt durch Winden, die eine
Ueberführung des Thieres nach den verschiedenen Plätzen ge¬
statten. Aussen am Gebäude befindet sich die Kaldaunenwäsche,
welche getheilt ist. In der einen Hälfte eiffolgt die erste Ab¬
spülung der Geweide durch Flusswasser, in der zweiten die
gründliche Nachwaschung durch Quellwasser, welches mittelst
einer Pumpe gewonnen wird. Der Abfluss beider Räume fuhrt
zum Hanptabflussrohr. Ferner sind 2 Ställe, einer für 20 Rinder
*) Anm. Auch in Dänemark habe ich Schlachthäuser mit
Wänden aus Holz angetroffen, zweckmässig waren diese insofern
eingerichtet, als sie jalousieartig geöffnet und geschlossen werden
konnten. Im Schlachthaus wurde dadurch ein regulärer Luftstrom
erzeugt, der fiir die C'onscrvirung des Fleisches sehr günstig war.
D. R.
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8 BEIBLATT der BERLINER THIEBARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 15. November 1900.
und einer für Schweine vorhanden. Ein sich an das Haupt¬
gebäude anschliessender Mittelbau enthält ein Geschäftszimmer
für den Aufseher, einen Aufbewahrungsraum für das Inventar,
einen Raum für die Arbeiter und einen Raum für das übrige
Personal. An den Mittelbau schliesst sich die in Brühraum und
Hängeraum getheilte Sch lacht halle für Schweine. Ausser¬
dem befindet sich am Eingang eine Wohnung für den Portier,
ferner eine Dunggrube und Kläranlage. Das Abflusswasser
gelangt in den Fluss.
Die Kosten dieser Anlage werden von Lange an¬
gegeben und belaufen sich die Errichtungskosten auf fr. 15000.
Die Einnahmen betragen pro Monat: Schlachtgeld für 90 Rinder
d fr. 2 = fr. 180. GO Schweine d fr. 1 = fr. 60, zusammen im
Monat fr. 240 oder im Jahr fr. 2880. Die Ausgaben (die
Kosten der Fleischschau werden, weil so wie so erforderlich,
nicht mitberechnet) belaufen sich pro Monat für 3 Arbeiter auf
fr. 110, Unterhalt auf fr. 50, Bureaukosten auf fr. 5, zusammen
auf fr. 165 oder fr. 1980 im Jahr. Für die Verzinsung und
Amortisirung bleiben sonach fr. 900 übrig. Der gleiche Betrag
ergiebt sich anch, wenn man nicht eine Stückgebühr, sondern,
was Lange für viel richtiger hält, eine Gewichtsgebühr zu
Grunde legt und zwar schlägt er vor für die Rinder (Schlacht¬
gewicht) pro Kilogramm 2 cent. und für Schweine 2V> Cent.
Die Rentabilität der Anlage ist dann gesichert und ist der
Betrag an Schlachtgeld so minimal, dass eine Vertheuerung des
Fleisches dadurch nicht herbeigeführt wird.
Sowohl die Betrachtung von Schwarz, wie auch von
S. Lange sind angethan, der Errichtung von öffentlichen
Schlachthäusern in kleinen Städten Vorschub zu leisten. Bei
einer Würdigung dieser beiden Projecte wird manche Be-
rathung bezüglich der Erbauung einer öffentlichen Schlachthof¬
anlage eher zum Abschluss gelangen, als wenn Zahlen er¬
wachsen, die jedes weitere Eingehen auf das Schlachthaus-
project unmöglich erscheinen lassen. K.
Gesundheitsschädigungen durch Bixchsenfleisch.
Auf dem 10. internationalen Congress für Hygiene und
Demographie in Paris sprach sich Prof. Dr. L. Vaillard über
Zufälle, welche durch Büchsenfleisch veranlasst werden können
nach „The Lancet“ folgendermassen aus: Die Herrichtung
von Büchsenconserven geschieht auf einfache, rasche Weise.
Das Fleisch wird zunächst ungefähr eine Stunde lang gekocht.
Die Brühe wird dann vom Fleisch getrennt und concentrirt, so
dass sie kalt geworden eine harte Gallerte bildet. Fleisch nnd
Gallerte werden zusammen in Büchsen gefüllt, die nach einem
nochmaligen Sterilisationsprocess dicht verlöthet werden. Die
Temperatur während des Sterilisirens beträgt 110—115° C und
dauert der Process gewöhnlich eineinhalb Stunden.
Ueber die Einwirkung der Büchsenfleischnahrung
auf die Civilbevöikernng ist schwer Aufschluss zu bekommen,
leichter gelingt dies bei der Armee und Marine. Die französische
Armee consumirt jährlich 3 000 000 Büchsen, die die Rationen
für fünf Mann enthalten. Die 15 000 000 Rationen Büchsen¬
fleisch haben nur 1897 201 und 1898 198 Erkrankungsfälle
hervorgerufen, von denen einer tödtlichen Ausgang nahm. Die
veranlassten Krankheitserscheinungen lassen sich in zwei
(Iruppen theilen: 1. Verdauungsstörungen verschiedener Art, die
gewöhnlich zwei bis sechs Stunden nach dem Genuss des
Fleisches eintreten und ohne Fieber verlaufen, 2. in der Mehr¬
zahl der Fälle Verdauungsstörungen, die unter dem Bilde einer
fieberhaften Magen- nnd Darmentzündung verlaufen nnd nach
einer Incubationszeit von 12—15 Stunden nach dem Genuss des
Fleisches einsetzen. Die Erscheinungen sind viel schwerer als bei
der ersten Gruppe nnd in den Entleerungen findet sich zuweilen
Blut. Anzeichen einer chemischen, namentlich Bleivergiftung
sind in diesen Fällen nicht vorhanden, ebensowenig Zersetzungs¬
erscheinungen an dem genossenen Fleisch. Auch das Alter der
Fleischconserven spielt keine Rolle, denn Millionen von Büchsen
sind 5 und 6 Jahre alt, bevor sie geöffnet und ihr Inhalt ver¬
speist wird. Professor Vaillard ist der Ansicht, dass das Krank¬
heitsgift im Fleisch selbst enthalten gewesen sein muss und es
ist anzunehraen, dass das Fleisch in diesen Fällen von einem
Thiere stammt, welches übertrieben oder krank gewesen ist.
Die lebenden Krankheitskeime sind in diesem Büchsenfleisch
durch die Sterilisation wohl abgetödtet, nicht aber die von ihnen
bereits gebildeten giftigen Substanzen. Möglich ist auch, dass
die Büchsen nicht luftdicht verschlossen gewesen sind, dass
Zersetzungskeime hinein gelangt sind und eine Zersetzung des
Fleisches herbeigeführt haben. In diesen Fällen wird zuweilen
der Versuch gemacht, das Fleisch zum zweiten Mal zu sterili-
siren. Weiter kann die Sterilisation nicht sorgfältig durch¬
geführt worden sein, dann treibt in Folge der Gasentwicklung
der Boden der Büchse bekanntlich auf, um diese Büchsen zu
verwerthen, bohrt man sie mit einem feinen Drillbohrer an, setzt
sie von Neuem dem Sterilisationsprocess aus und schliesst das
kleine Loch durch ein wenig in die Augen fallendes Körnchen
Loth. Bei diesen Rettungsversuchen sind auch die lebenden
Keime abgetödtet, aber nicht die von ihnen producirten Gifte
vernichtet. Einiges derartiges Fleisch zeigte bei der micro-
scopischen Untersuchung soviel todte Bacterienleiber, dass man
glauben konnte eine künstliche Cultur vor sich zu haben. Das
Fleisch kann chemische Zersetzungsproducte enthalten ohne den
geringsten Zersetzungsgeruch an sich zu haben. Einiges
Büchsenfleisch, welches gut zu sein schien, tödtete bei sub-
cutaner Impfung Meerschweinchen, indessen übte es bei der
Verfütterung eine schlimme Einwirkung nicht aus. Dringend
8ind weitere Versuche, mit Büchsenfleisch, welches Krankheit
hervorgerufen hat, zu empfehlen. Wenn auch die Gefahr des
Genuses von Büchsenfleisch nicht übertrieben werden soll, so
sind die gemachten Erfahrungen doch Mahnung genug, die
Büchsenfleischfabrikation streng zu überwachen, damit nur ge¬
sundes Fleisch verwandt und die Sterilisation einwandsfrei aus¬
geführt wird. K.
Die täglichen Schwankungen des Fettgehaltes der Milch
Auf dem Congress für öffentliche Gesundlieitsflege in
Aberdeen im letzten Monat hielt Mr. R. Gl egg einen Vortrag
über die von ihm nnd Mr. Hendrick ausgeführten Untersuchungen
zur Feststellung des Fettgehalts der Milch. Proben des Ge-
sammtgemelkes von verschiedenen Milchviehbeständen dienten
als Prüfungsobjecte. Die Fettwerthe der Proben gingen nicht
weit auseinander, aber die Milch einer einzelnen Kuh zeigte
bezüglich des Fettgehaltes viel erheblichere Schwankungen,
nicht nur von Zeit zu Zeit oder Tagen sondern anch bei den
verschiedenen Melkzeiten des Tages. Die Morgenmilch kann
ganz andere Beschaffenheit aufweisen als die Mittags- und
Abendmilch. Mr. King Edinburgh fand, dass die Morgenmilch
in jener Stadt nur halb so viel Fett enthielt als die Mittags¬
und Abendmilch. Bei einer Stallprobe sei dieser Umstand sehr
zu beachten. Die Forderung eines bestimmten Fettgehalts sei
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15. November 1900. BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 9
berechtigt, natürlich sei bei der Festsetzung desselben zu be- Die privaten Schlachthäuser bilden in dichtbevölkerten Gegenden
achten, dass die Kühe im kalten Norden nicht eine Milch besonders in der Umgegend grosser Städte, wie Paris, eine stete
gleicher Qualität produciren als die Kühe im sonnigen Süden. Gefahr, w-eil hier alles ungesunde und minderwerthige Fleisch
Der normirte Fettgehalt sei nur für einen bestimmten Bezirk zusammenkommt. Die vorsichtigen Communen, welche Schiacht¬
zu fordern. Die Ermittelung des Fettgehalts auf Aus- hänser und Fleischbeschau eingerichtet haben, müssen darunter
Stellungen sei unzweckmässig, weil das Befinden der aus- leiden. Aber auch in diesen wird die Fleischbeschau sehr ver-
gestellten Kühe nicht ungestört sei. Gl egg und Hendrick schieden behandelt, oft streng, oft lax. Hiergegen hilft nur ein
haben die Milch, welche innerhalb 24 Stunden von Farmern in Gesetz, welches eine allgemeine obligatorische und einheitliche
der Umgegend von Aberdeen gewonnen wurde untersucht. Die Fleischbeschau vorschreibt. Dieselbe würde noch erleichtert und
Proben stammten aus Beständen bis zu 50 Kühen. Die wirksamer werden, wenn sich verschiedene Staaten hieran
Kühe wurden dreimal täglich gemolken. In England und Süd- gemeinsam betheiligten. Es sei dies bedingt durch zahlreiche
Schottland ist die Praxis im Gebrauch, die Kühe zweimal täglich politische, öconomische und sanitäre Berührungspunkte, ins-
zu melken und beziehen sich die meisten Analysen auf zwei- besondere durch den wechselseitigen Verkehr mit Vieh und
maliges Melken. Die besten Zahlen enthalten die jährlichen Fleisch. Eine derartige internationale Uebereinkunft sei nicht
Veröffentlichungen Mr. Droop Richmond’s von der Aylesbury unmöglich, wenn sie auf eine kleine Zahl nothwendigster Dinge
Dairy Company. Hiernach hatten im Jahre 1898 von 14 000 beschränkt werde. Bei Abfassung der Handelsverträge wäre
Milchproben die Morgengemelke 3,63 pCt. und die Nachmittags- hierzu günstige Gelegenheit,
gemelke 4,04 pCt. Fett, im Sommer war der Durchschnitt
niedriger. Glepp und Hendrick fanden bei den wenigen Be¬
ständen, wo zweimal gemolken wurde, Morgens mehr Fett als
Nachmittags in der Milch. Die Morgenrailch enthielt 3,91 pCt.
und die Nachmittagsmilch 3,61 pCt. Fett. Beim dreimaligen
Melken ermittelten sie im Durchschnitt Morgens 3,48 pCt.,
Mittags 3,92 pCt. und Abends 3,81 pCt. Fett. Die Zahlen nisse in der Fleischbeschau ungenügend. Die Kenntnisse der
stimmen mit den in Deutschland ermittelten Zahlen so ziemlich die Fleischbeschau Ausübenden müssen sich auf die ver¬
überein. Der höchste Procentsatz Fett (7,6 pCt.) fand sich bei schiedensten Gebiete erstrecken. Der Unterricht hierin könne
einer Kuh, welche Abführmittel einbekommen hatte. Eine andere nur von Thierärzten ertheilt werden, auch sei eine besondere
junge erkrankte Kuh hatte in der ermolkenen Milch 8,15 pCt. Prüfung erforderlich.
Fett, 14 Tage später war der Procentgehalt auf 3,58 pCt. her- Die Privatschlachthäuser seien zu unterdrücken, die Er-
untergegangen. Der niedrigste Procentsatz, welcher gefunden richtung öffentlicher Schlachthäuser nothwendig. Ref. lässt sich
wnrde, war 1,7 pCt., im Durchschnitt zeigte das tägliche Gemelk nun darüber näher aus, wie letztere beschaffen sein müssen. Es
der Kuh aber über 3 pCt. 10 Procent der Proben zeigten sind dies bekannte, überall geforderte Bedingungen. Da viele
Morgens höheren Fettgehalt, dreimal soviel zeigten höheren I ett- Gemeinden bisher aus Sparsamkeit, aus Furcht vor den Fleischern
gehalt am Nachmittag und ebensoviel am Abend. Nur 5 Procent 0( j er aus Gleichgültigkeit die Erbauuug öffentlicher Schlacht-
der Proben zeigten beständigen Fettgehalt. Die Ursachen, häuser unterlassen haben, könne nur das Gesetz helfend ein-
wodurch der verschiedene Fettgehalt bedingt wird, sind noch greifen.
nicht aufgeklärt. Sir Charles Cameron hält es nach seinen Es müsse für alle Gemeinden über 5 000 Einwohner ein
Untersachungen für Recht, 2,7 Procent Fett und 8,5 Procent öffentliches Schlachthaus gefordert werden. In Gemeinden unter
nicht fettige, feste Bestandtheile zu fordern. K. 5 qqq Einwohnern würde man die Beibehaltung von privaten
Schlächtereien gestatten können unter bestimmten Bedingungen
Der Congress für Hygiene und Demographie zu Paris. un( j un t er Einhaltung bestimmter obrigkeitlich festgehaltener
Auf dem 10. internationalen Congress für Hygiene und Schlachtzeiten. Kleinere Gemeinden, welche in einer gewissen
Demographie in Paris 1900 wurde auch über das Thema ver- Entfernung von einer grösseren gelegen sind (etwa 8—10 km),
handelt „Ansführungsbedingungen zur Verallgemeinerung und müssen gezwungen werden, sich mit den benachbarten zur Er-
, Vereinheitlichung der Fleischbeschau in den öffentlichen Schlacht- richtung eines gemeinsamen Schlachthauses zu vereinigen.
häusern, den Privatschlächtereien und den zur Zubereitung und Was nun die Frage anbetrifft, wem man die Beschau an-
zum Verkauf bestimmten Anstalten“. Referenten waren Prof, vertrauen sollte, so müsse hervorgehoben werden, dass die
Barrier in Alfort und Schlachthausdirector Morot in Troyes. Thierärzte zur Ausübung der Fleischbeschau am geeignetsten
Ersterer führte etwa Folgendes aus: seien. Doch sei auch hier eine mindestens jährliche Vor-
Obg’leich schon viel in Bezug auf Fleischbeschau und bereitungszeit an einem grossen Schlachthause erforderlich.
Errichtung öffentlicher Schlachthäuser geschehen sei, so fehle es Viele kleinere Communen könnten nun einen Thierarzt nicht
doch noch an einer einheitlichen Organisation. Die Wohlthaten bezahlen, für diese sowohl, als auch für solche Gemeinden, in
der Fleischbeschau müssen auf alle Länder, alle Schlachtthiere, denen eine andere Regelung der Angelegenheit nicht möglich
auf alle Zubereitungs- und Verkaufsanstalten ausgedehnt werden, sei, würden auch empirische Fleischbeschauer zuzulassen sein.
Die Congresse haben hierzu den Regierungen die nöthigen Diesen würden nur sehr beschränkte Machtbefugnisse zuzu-
Directiven zu geben und gemeinsame Principien aufzustellen, erkennen sein, sie müssten in grossen Schlachthäusern vor-
Die bisherige Willkür müsse beseitigt werden. bereitet und durch Thierärzte geprüft werden. Die höhere
Ref. kommt hierauf auf diebetreffenden Verhandlungen des Instanz müsse Letzteren überlassen bleiben. Die empirischen
Badener Congresses im Jahre 1899 zu sprechen und nimmt Fleischbeschauer seien unter die Controle des nächsten Amts-
Bezug- auf die Referate von Edelmann, Kjerrulf, Postolka. thierarztes zu stellen. Letzterem müsse über alle Fälle, in
Die Vorschriften über die Fleischbeschau müssen auf wissen¬
schaftlicher Basis beruhen, welche durch die Erfahrung bestätigt
sei. Es gebe noch verschiedene Krankheiten ohne sichtbare
Erscheinungen, bei denen das Fleisch, wahrscheinlich in Folge
Anwesenheit von Toxinen, selbst noch im gekochten Zustande
schädliche Eigenschaften besitze. Daher seien empirische Kennt
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10
BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
15. November 1900.
denen das Fleisch nicht gesund erscheint, berichtet werden.
Die Anstellung empirischer Fleischbeschauer sei nur ein Noth- ;
behelf, doch sei dieser immer besser als gar nichts. Bouley
uud Nocard hätten dieselbe bereits 1878 auf dem internatio¬
nalen hygienischen Congress in Paris vorgeschlagen. In Belgien
und Deutschland functioniren empirische Fleischbeschauer zur
Zufriedenheit. Auch die x\cademie de medecine in Paris und
der vorjährige Congress in Baden-Baden hätten die Nothwendig-
keit der Anstellung derselben anerkannt. Die empirischen
Fleischbeschauer müssten unterrichtet werden über die elemen¬
tare Grundlage der Anatomie und Physiologie der Hausthiere,
Gesundheits- und Krankheitszeichen bei denselben, die Methoden
der Prüfung des Fleisches, die Technik des Schlachtens und
des Zertheilens, die Principien für die Beschlagnahme von
Fleisch, Kenntniss der Gesetze, der Reglements u. s. w. Den
Thierärzten müsse Vorbehalten bleiben die Nachprüfung bei
Beschlagnahme, die Marktbeaufsichtigung, die Aufsicht über die
Viehhöfe, die Direction der Schlachthäuser und die Controle des
Beschaudienstes.
Nur gestempeltes Fleisch dürfe zum Consum zngelassen
werden. Referent lässt sich dann des Näheren über die sanitäts¬
polizeiliche Behandlung des auswärtigen (viandes foraiues) und
des ausländischen Fleisches (viandes d’importation) aus. Für
Beides sei vorzuschreiben, dass R'nder und Pferde nur in
Vierteln, Schweine in Hälften, andere Thiere im Ganzen ein¬
geführt werden dürfen. Die wichtigeren Organe müssen im
natürlichen Zusammenhang verbleiben. Auswärtiges Fleisch
müsse von dem Zeugniss eines angestellten Fleischbeschauers
begleitet sein. Für das ausländische Fleisch seien Ursprungs¬
zeugnisse von Thierärzten, die hierzu besonders beauftragt
seien, beizubringen.
Nicht zum Genuss geeignetes Fleisch sei zu vernichten oder
zu denaturiren. Ref. empfiehlt sodann die Einrichtung der
Freibänke für das nicht in den freien Verkehr zuzulassende,
aber immerhin noch geniessbare Fleisch. In Frankreich be¬
stehen Freibänke noch nicht. Ein solches Institut liege im
Interesse der Consumenten sowohl, als auch der Landwirthe.
Der Badener Congress habe auch die Notlnvendigkeit derselben
anerkannt. In denjenigen Ländern, in welchen Freibänke noch
nicht bestehen, müssen sie errichtet werden.
Als weitere Nothwendigkeit bezeichnet Ref. die Errichtung
einer allgemeinen und obligatorischen Schlachtviehversicherung.
Hierdurch würden die in Orten ohne öffentliche Schlachthäuser
und Fleischbeschau so häufig vorkommenden heimlichen Schlach¬
tungen von krankem Vieh vermindert werden.
Zum Schlüsse geht Referent auf die Bedingungen ein, unter
denen Zubereitungs- und Verkaufsanstalten für Nahrungs¬
mittel errichtet werden dürfen. Diese beziehen sich besonders
auf Luft, Licht, Reinlichkeit, Beschaffenheit der Fussböden und
der Wände, Abwässerung. Auch diese Anstalten müssen einer
sacligemäs8en Ueberwachung unterstellt werden.
Morot führte zu diesem Thema etwa Folgendes aus:
Eine mehr oder weniger vollkommene allgemeine Fleisch¬
beschau sei nur in wenigen europäischen Ländern durchgeführt.
In den meisten Ländern bestehe dieselben nur in einer ge¬
wissen Zahl von Gemeinden. Frankreich gehöre zu den Ländern
der zweiten Gattung. Die Gemeinden mit öffentlichen Schlacht¬
häusern und Fleischbeschau wären nicht geschützt gegen die
ohne solche. Die Beschau würde vielfach ganz willkürlich aus¬
geführt. Hierdurch entständen häufig Conflicte zwischen den
Beschauern und den Thierbesitzern
Zur Verhinderung des Consums von ungesundem Fleisch
und zur Bekämpfung ansteckender Thierkrankheiten müsse eine
obligatorische Beschau in allen Orten, in denen Schlachthäuser,
Abdeckereien, Cadaververwerthuugsanstalten etc. bestehen, ein¬
geführt werden.
Die erwähnte Beschau sei immer möglich in öffentlichen
Sclilachthäusern, sie müsse durch besonders vorbereitete, hierzu
angestellte Thierärzte erfolgen. Die Ausübung der Privatpraxis
müsse denselben in allen Gemeinden über 15000 Einwohnern
untersagt werden.
Die thierärztlichen Beschauer müssen einer Verwaltungs¬
und technischen Controle unterworfen werden, bestehend aus
einer ministeriellen thierärztlichen Direction mit einem Chet-
veterinär für jedes Departement. Denselben müsse auch ein
wissenschaftliches Laboratorium zur Verfügung stehen.
Privatschlachthäuser seien allmählich abzuschaffen. Referent
verlangt für jede Gemeinde von mindestens 3000 Einwohnern
ein öffentliches Schlachthaus und die Errichtung gemeinsamer
Schlachthäuser für kleinere Gemeinden, sowie die Errichtung
einer gemeinsamen Abdeckerei für jeden Kreis.
Alle Thiere müssen vor und nach dem Schlachten unter¬
sucht werden. Die thierärztliche Beschau müsse methodisch,
allgemein und vollständig sein. Sie erfordere ein genügend ge¬
schultes Personal.
Bei den Einhufern müssen Luftröhre, Kehl- und Schlnnd-
kopf, Maulhöhle und Nasenhöhlen besichtigt werden zwecks
event. Constatirung des Rotzes, bei den Rindern und Schweinen
auch die im Zusammenhang herausgenommene Zunge.
Referent geht dann noch näher auf die Art der Untersuchung
ein, wie sie für die verschiedenen Thiere gefordert werden
müsse. Die Ausführungen desselben enthalten nur Bekanntes.
Nach der Beschau sei das Fleisch abzustempeln. Das regel¬
mässig beschaute Fleisch könne von einer in eine andere Ge¬
meinde gebracht werden, wenn es gestempelt und mit einem
Ursprungszeugniss versehen sei. Das nicht untersuchte Fleisch
dürfe nur in ungeteiltem Zustande im Zusammenhang mit den
wichtigsten Eingeweiden in andere Orte, in denen Fleischbeschau
besteht, untersucht werden.
Wurst, conservirtes Fleisch und Fleischwaaren anderer
Art müssen mit Ursprungszeugnissen versehen sein, aus denen
hervorgehe, dass das dazu verwendete Fleisch untersucht
worden ist. Waaren, welche nicht den erwähnten Bedingungen
entsprechen, dürfen zur Ausfuhr nach anderen Orten nicht zu¬
gelassen werden.
Zum Verkauf von minderwertigem, aber nicht gesundheits¬
schädlichem Fleisch müssen Freibänke errichtet werden, die
einer besonderen sanitären und polizeilichen Controle zu unter¬
stellen seien. Es wird hier insbesondere zu verkaufen seiu:
schwachfinniges Fleisch, nachdem es entweder 3—4 Wochen in
Salz gelegen oder im Kühlhaus gehangen hat oder gekocht
worden ist, das Fleisch von gut genährten tuberculösen Thieren,
das Fleisch von Thieren, welche in Folge verschiedener Zufälle
oder Krankheiten geschlachtet werden mussten und selbst nicht
wesentlich verändert ist, Fleisch abgemagerter nicht kachektischer
Thiere, Fleisch mit unangenehmem Geruch (Binneneber etc.). In
den Schlachthäusern müsse auf ausreichende Kühlanlagen
Bedacht zu nehmen sein, sowie auf Sterilisations- und Ver¬
nichtungsapparate.
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15. November 1900. BEIBLATT df.u BERLINTU THIERÄRZTLICHEN WOf'HENSrilRIFT.
11
Bis die Fleischbeschau durch Thierärzte organisirt sei,
wird man in solchen Orten, in denen Thierärzte nicht alle i
Schlachtungen überwachen können, provisorisch empirische
Fleischbeschauer anstellen können, welche genügende Kenntnisse
besitzen müssen. Dieselben müssen unter thierärztlicher Controle
stehen. Sie dürfen nur völlig unverdächtige und gesunde Thierc
untersuchen und abstempeln. In allen Fällen von Krankheit t
oder Krankheitsverdacht sei der Thierarzt zuzuziehen.
Die thierärztliche Beschau der Schlachtthiere und der für
die Abdeckereien bestimmten Thiere müsse durch ein besonderes
Gesetz geregelt werden, wie dies bereits in Belgien, Luxemburg,
Baden, Prenssen, Sachsen etc. der Fall ist. Die Ausführung» -
bestimmnngen eines solchen Gesetzes müssen auch eine all¬
gemeine, einheitliche Festsetzung der Grundsätze enthalten,
wonach bei der Beschlagnahme von zum menschlichen Genüsse
ungeeignetem Fleische zu verfahren sei. Pr. i
Gültigkeit örtlicher Bestimmungen über den Fleischhandel.
In dem Ortsstatut, betreffend die Einführung des Schlacht- ,
Zwanges, die Handhabung der Fleischschau und die Errichtung i
einer Freibank in Z. war im § 5 Abs. 9 gesagt: „Das Hausiren 1
mit frischem Fleisch ist verboten“. Das Königl. sächsische '
Ministerium des Innern hat die Streichung dieses Satzes an- [
geordnet, da weitergehende Beschränkungen des Gewerbebetriebes ^
im Umherziehen, als solche sich in §§ 50 und 50a der Gewerbe- |
Ordnung aufgeführt finden, im Wege des Ortsgesetzes nicht zu- |
lässig erscheinen. 1
Nach § 50b Absatz 2 können andere Gegenstände und j
Leistungen ausser den in den §§ 50 und 50a anfgeführten aus i
Gründen der öffentlichen Sicherheit, sowie zur Abwehr und !
Unterdrückung von Seuchen nur durch Beschluss des Bundesraths I
und in dringenden Fällen durch Anordnung des Reichskanzlers |
nach Einvernehmen mit dem Ausschuss des Bundesraths für
Handel und Verkehr für den Umfang des Reiches oder für
Theile desselben auf bestimmte Dauer von dem Gewerbe- (
betrieb im Umherziehen ausgeschlossen werden. Pr.
Berlin: Auszug aus dem Fieischschaubericht für Monat Octobcr 1900.
A. Sc
1 1 a c h t h o f.
Rinder
Kälber
Schafe
Sch weim
<Geschlachtet und untersucht
18 713
12 032
40 607
76 454
Ganz beanstandet ....
33G
78
12
405
17überhaupt mit Tuberoulose
behaftet.
3 469
32
—
3 337
I_>avon gänzlich verworfen .
135
8
—
70
sind zur Sterilisation ge-
eignet befunden . . .
66
15
—
183
theilweise verworfen . .
—
—
—
—
Alto* vollständig freigegeben
3 268
8
—
3 084
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
9
Mit Finnen behaftet . . .
101
1
—
51
Stark finnig, technisch vor-
werthet.
—
—
—
20
finnig und wässerig, tecli-
nisch verwerthet ....
1
—
—
—
Schwach finnig, zur Kochung
geeignet befunden . . .
101
1
—
31
Au»8<mlein wegen Bchaftung
mit Kalkconereiuenten, mul¬
tiplen Blutungen u.s. w.sind
zur Kochung geeignet be-
ftinden.
—
—
1
36
An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei
Hindern 7888 Stück, bei Kälbern 170 Stück, bei Schafen 5160 Stück,
.bei Schweinen 13255 Stück.
B. Unters u c
himgs
s t a t i o
n e n.
Rinder¬
viertel
Kälber
Schafe
Schweine
Untersucht ..:....
24 633
10 838
i 3 036
11 415
Beanstandet.
Wegen Tubcreulose wurden
125
3*1
—
7
beanstandet.
Davon sind zur Sterilisation
41
—
—
2
geeignet befunden . . .
10
—
—
—
Mithin gänzlich verworfen .
31
—
—
—
Mit Trichinen behaftet. . .
—
--
*)
Mit Finnen behaftet....
Davon schwach finnig, zur
8
—
—
—
Kochung geeignet befunden
8
—
—
Unter dem eingeführten Fleisch waren 1381 dänische Rinder¬
viertel. 10 dänische Kälber, 5 dänische Schafe und 85 Wildschweine.
Berlin, den 0. November 1900. Der städtische Oberthierarzt
lieissnian n.
Flei8Chproduction.
Major Craigie kam in einer Ansprache, welche er in
seiner Eigenschaft als Präsident der „Economic Science and
Statistical Section of the British Association“ in Bradford hielt,
zu nachstehender Betrachtung:
Die. wachsenden Erfordernisse der 40 000000 Einwohner
Englands, welches zum grossen Theil auf die Einfuhr von Fleisch
ans anderen Ländern angewiesen ist, haben Untersuchungen
darüber veranlasst, in wie weit sich die einheimische Production
noch steigern Hesse. Schon vor einem halben Jahrhundert hat
Sir James Caird darauf hingewiesen, dass die Besserung in den
Erwerbsverhältnissen der unteren Klassen die Nachtrage nach
Fleisch, Milch, Butter ungeahnt steigern würde. Thatsächlich
berechnete (Taigie das per Einwohner erforderliche Fleisch¬
quantum auf 132 Pfund, während es 30 Jahre früher nur
100 Pfund betrug. Die einheimische Production hat der ver¬
mehrten Nachfrage nicht Genüge leisten können, und während
Caird 1808 noch sagen konnte, die Menge des eingeführten
Fleisches macht nur den neunten Theil des inländischen Bedarfs
ans, so beträgt jetzt der Antheil des Auslandes mehr als zwei
Fünftel. Um diesen gewachsenen Bedürfnissen gerecht zu
werden, müsste die englische Landwirtschaft nur für die
Getreideproduetion 0 000000 Aecker mehr und für die Fleisch-
produetion weitere 17 000 000 Aecker mehr zur Verfügung
stellen können. Major Craigie glaubt nicht, dass England zu
dem bereits unter Cultnr gehaltenen Land, noch 23 000 000
Aecker hinzufügen kann. Es sind dies gewaltige Zahlen, die
ein Bild davon geben, wie enorm die Production in einem
halben Jahrhundert gesteigert werden muss, um den wachsenden
Bedürfnissen der zunehmenden Bevölkerung Rechnung zu tragen.
Neue Con8ervirungemethoden für Fleisch.
Jetzt wo der Herstellung und dem Vertrieb von Fleisch-
conserven in Deutschland wieder mehr das Wort geredet wird,
tauchen eine Reihe von neuen Conservirungsmethoden auf, welche
eine längere Haltbarkeit, besonders des frischen Fleisches, ver¬
bürgen sollen. Ihre Anwendbarkeit und ihren Nutzen wird
man aus der Beschreibung theils entnehmen, theils ans den ge¬
machten Erfahrungen erschliessen können.
Emmerich-München schlägt als gutes Conservirungs-
verfahren vor: aseptische Schlachtung, Besprengung der Schnitt¬
flächen mit Eisessig und Einpackung der Fleischstücke in
stcrilisirtes Sägemehl.
*) 2 auiericanischc Schinken.
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12 BEIBLATT der BERLINER THIERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 15. November 1900.
Das Lamver’sche Verfahren, welches für nach China ver¬
sandte Fleischwaaren in Anwendung gekommen sein soll, besteht
darin, dass das zu conservirende Fleisch zunächst mit einer
Fettschicht umhüllt und dann in eine gelatineartige, erhärtende
Masse (wahrscheinlich Formalingelatine) eingeschlossen wird.
Dies Verfahren ist auch von anderer Seite versucht, wegen der
Mängel aber wieder aufgegebeu worden.
Das Verfahren, welches sich ein argentinischer
Ingenieur hat patentiren lassen, will die Luft in den Fleisch¬
kammern sterilisiren, so dass das Fleisch, welches in diesen bei
einer Temperatur von 10° C. über dem Gefrierpunkt aufbewahrt
wird, sich längere Zeit halten soll. Eine Sendung Fleisch ist
auf diese Weise behandelt von Argentinien nach England ver¬
schifft worden. Bei der Ankunft in Liverpool war die Sendung
zum Theil verdorben. Die Schuld wird allerdings einem Fehler
in der Anwendung des Systems beigemessen.
In Australien macht man Versuche die Salzpökelung durch
Zuckerpökelnng zu ersetzen. K.
Conservirung von Fleisch durch Electricitfit.
Das von dem Ingenieur Carl Paulitzschky erfundene
Verfahren besteht darin, dass das zu conservirende Fleisch in
einem luftdicht verschliessbaren Behälter auf bezw. zwischen
Netzen aus Zinkdraht, perforirten Blechen, doppelten Metall¬
netzen mit dazwischen gebettetem Holzkohlenpulver oder
anderem die Electricität gut leitenden Material aufgeschichtet
und nach Evacuirung des Behälters der Einwirkung eines die
genannten Netze durchfliessenden, constanten, gleichgerichteten,
electrischen Stromes, welcher eine Electrolyse der Flüssigkeiten
thatsächlich nicht herbeiführt, unterworfen wird. Die Einwirkung
soll genügen, die vorhandenen FäulniBsorganismen in einen
Zustand zu versetzen, in welchem eine Vennehrung derselben
und somit die Bildung der sonst als Zersetzungsproducte auf¬
tretenden übelriechenden Kohlenwasserstoffe verhindert wird.
Falls sich aber diese dennoch in geringer Menge bilden sollten,
so werden sie durch den Strom in ihre Elemente, Kohlenstoff'
und Wasserstoff, zerlegt, von welchen der erstere in Folge des
Luftabschlusses resp. Verhinderung des Zutrittes von Sauerstoff
keine schädliche Wirkung auf das zu conservirende Material
ausübt, während der schädliche Wasserstoff durch das metallische
Netzwerk absorbirt wird. Da nun das Metall erst bei dem Er¬
hitzen im luftleeren Raume den aufgenommenen Wasserstoff
wieder abgiebt, so kann letzerer während des Conservirungs-
verfahrens keinerlei schädliche Wirkung ausüben. Sämmtliche mit
den zu conservirenden Materien in Berührung kommenden Metall-
theile sind verzinnt. In Wien angestellte Versuche, Wurstmasse
zu conserviren, sollen günstig ausgefallen sein. K.
Petition zur Abänderung des Schlachthausgesetzes.
In Verfolg der Versammlungsbeschliisse vom 15. Sept. d. J.
haben die Herren Schlachthofdirectoren Wulff-Kottbus, Ehrle-
Frankfurt a. 0., Burggraf-Guben und Seefeld-Küstrin im
Aufträge der Vereinsgruppe der Schlachthausthierärzte
der Provinz Brandenburg an den preussiscben Landtag
eine Petition zur Abänderung des Schlachthausgesetzes vom
18. März 1868 und 9. März 1881 gerichtet.
Bezüglich des § 1 d. G. wird folgende Fassung beantragt:
„In denjenigen Gemeinden, für welche in genügendem Um¬
fange eine Gemeindeanstalt zum Schlachten von Vieh (öffent¬
liches Schlachthaus) errichtet ist, ist durch Gemeindebeschlnss
anzuordnen, dass innerhalb des ganzen Gemeindebezirks das
Schlachten sämmtlicher Gattungen von Vieh, die im § 1 des
Reichsgesetzes, betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau,
näher bezeichnet sind, sowie gewisse, mit dem Schlachten in
unmittelbarem Zusammenhang stehende, bestimmt zu bezeichnende
Verrichtungen ausschliesslich in dem öffentlichen Schlachthause
resp. den öffentlichen Schlachthäusern vorgenommen werden
müssen.
Die Beibehaltung des § 2 Ziffer 1 wird dringend befürwortet
und ferner beantragt, hinter „eine Untersuchung“ einzufugen:
„durch thierärztliche Sachverständige unter Mitwirkung von
geeigneten Hiilfsbeamten, die gemäss § 5 des Reichsgesetzes,
betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau genügende
Kenntnisse nachgewiesen haben.“
Für die Nothwendigkeit der Nachuntersuchung (Ziffer 2)
werden folgende Gründe angeführt: Belästigung und pecuniäre
Opfer seien unbedeutend, eine Controle, ob das Fleisch in¬
zwischen verdorben oder gesundheitsschädliche Beschaffenheit
angenommen hätte, würde beim Fehlen der Nachuntersuchung
unmöglich sein. Betrügerische Stempelungen, pflichtwidrige Unter¬
suchungen, Unterschleife und Unterschiebungen könnten nicht
controlirt werden, die Mängel der ländlichen Fleischbeschau
würden nicht anfgedeckt werden. Eine ausführliche Begründung
ist beigegeben. Empfohlen wird die Ausdehnung der Nachunter¬
suchung auf alles eingeführte Fleisch mit Ausnahme des zum
eignen Gebrauch des Consnmenten bestimmten Fleisches, welches
ihm durch die Post oder Bahn zugestellt wird. Die Gebühren
sollen in die Schlachthofkasse fliessen. Ziffer 4, 5 und 6 des
§ 2 des S.-G. sind beizubehalten. Des Weiteren wird es für
richtig gehalten, die Fassung des § 2 so zu formen, dass die
Anordnung des Untersuchungszwanges erfolgen muss, und
dass nur gestattet ist, ganze Thiere einzuführen, und dass mit
diesen Brust- und Bauchfell, Lunge, Herz, Nieren, Euter, Leber,
Milz und Gebärmutter in natürlichem Zusammenhänge sind.
Auch das zubereitete und conservirte Fleisch sollte dem
Untersnchungszwange unterworfen werden. Ferner soll im
Schlachthausgesetz deutlich ausgesprochen werden, dass das
Kühlhaus ein integrirender Bestandteil des Schlachthauses ist.
Wünschenswert sei eine einheitliche Regelung des Unter¬
suchungsmodus, der Verwertung des bedingt tauglichen und
Beseitigung des untauglichen Fleisches. Endlich wird darauf
hingewiesen, dass die Untersuchung nur bei Tageslicht oder
gutem künstlichen Licht vorgenommen werden dürfe und dass
die Anstellung der Schlachthausthierärzte gesetzlich geregelt
werden möge. K.
Berlin, Druck vou W. Büxenstein
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Die „Berliner ThierlrztUche Wochenachrifl* erieheint Originalbeitrige werden mit 60 Bk. für den Bogen lionorlrt
wöchentlich in Stärke von mindestem l 1 /* Bogen. Dieielbe Alle Mannicripte, Mitthellungen and rednctionellen An-
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School», Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise ron B“m ■ ■ ■ ■ Correcturen, Recensiona-Exemplare und Annoncen da-
Mk. 5,— pro Vlerte(jahr. B W \ J B B M | | 1 y | gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz- Berlin.
Verantwortlicher Redactenr.
De Bruln Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel Zündel
Professor Oberthierarzt Departementsthierarzt Professor Departementsthietarzt Veterinlrassesaor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthierarzt
Utrecht. Hambarg. Cöln. Breslau. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900.
M 47 .
Ansgegeben am 22 . November.
Inhalt: Liebener: Ueber die Kastration der Kühe und der übrigen weiblichen Hausthierc. — Felbaum: Ueber die Ab¬
gabe virulenter Culturen an Laien. — Martens: Ergänzung meiner Mittheilung über die Therapie des Huf¬
krebses. — Referate: Leimer: Gehirn-und Rückenmarkshautentzündung der Pferde in Niederbayern 1899/1900. — Klimmer:
Ziele und Wege der Milchhygiene. — Rix: Hysterectomie bei dem Hunde. — Westpbal, Wassermann und Maikoff:
Ueber den infectiösen Character und den Zusammenhang von acutem Gelenkrheumatismus und Chorea. — Tagesgeschichte:
Protocoll der 47. Generalversammlung des thierärztlichen Centralvereins der Provinz Sachsen, der anhaitischen und thürin¬
gischen Staaten am. 7. October 1900 in Halle a. S. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — Fleischschau und
Viehhandel. — Vieh Versicherung. — Personalien. — Vacanzen.
Ueber die Castration der KUhe und der übrigen
weiblichen Hausthiere.
Vortrag und Verhandlung auf der 47. General-Versammlung
des thierärztlichen Central-Vereins der Provinz Sachsen,
der anhaitischen und thüringischen Staaten.
(Siehe pg. 559.)
I. Vortrag des Herrn Kreisthierarzt Liebener.
Die ursprüngliche Absicht, nur über die Castration der
Kühe zu sprechen, ist anf Wunsch des Herrn Vorsitzenden er¬
weitert. Es sollen auch die Castrationen der übrigen weiblichen
Hansthiere erwähnt werden, wenn anch nicht so ausführlich, wie
das zuerst allein beabsichtigte Thema.
Als anlässlich der Bornaschen Krankheit Herr Professor Dr.
Ostertag wiederholt auch im Delitzscher Kreise anwesend war,
sprach er mit mir eingehend über das Verschneiden der Kühe und
führte die Operation mit glücklichem Verlauf in meinem Beisein
aus. Das veranlässte mich, mir die erforderlichen Instrumente
von Hauptner kommen zn lassen und wiederholt Kühe zu
castriren.
Die Operation ist sehr alt und die Castration weiblicher
Thiere erwähnen schon die thierärztlichen Schriftsteller Anfang
des vorigen Jahrhunderts. — Die weiblichen Geschlechtsorgane
bestehen ans den Eierstöcken, den Fallopischen Röhren, der
Gebärmutter, der Scheide und dem Wurf. — Die anatomischen
Verhältnisse setze ich als bekannt voraus.
Bei der Castration müssen die Eierstöcke ans der Bauch¬
höhle herausgenommen werden, und kann dies auf verschiedenen
Wegen geschehen, und zwar durch die Flanke, durch die Scheide,
durch die weisse Linie und durch den Mastdarm. — Die Ope¬
ration durch die Flanke kann bei allen Hausthieren, die durch
die Scheide und den Mastdarm nur bei grösseren und die durch
die weisse Linie nur bei kleineren Thieren vorgenommen werden.
Die Castration der Kühe wird zum Zwecke der grösseren
Mastfähigkeit und zur Verlängerung der Milchperiode ansgeführt.
Früher operirte man nur durch die Flanke, verlor dabei jedoch
viele Thiere, und erst nachdem Charlier die Castration durch
die Scheide angeblich mit grossem Erfolge ausgeführt hatte,
gewann dieselbe unter Thierärzten und Landwirthen wieder viel
Anhänger. Von den neueren hervorragenden Schriftstellern hat
Ostertag in Fröhner-Kitt’s Monatsheften eine der aus¬
führlichsten Arbeiten über die Operation geliefert. — Hiernach
bezeichnet das Charlier’sehe Verfahren der Castration durch
die Scheide einen bedeutsamen Wendepunkt, da es dieser auch
vortrefflich verstanden hat, durch blendende Verheissungen be¬
sonders das Interesse der Landwirthe zu erregen. Nach Char-
lier’s Ausführungen soll der Milchertrag bei castrirten Kühen
auf jährlich 3200 Liter steigen, während nicht castrirte unter
denselben Verhältnissen nur 1700 Liter liefern; daneben sollen die
castrirten wahre Fleisch- und Fettfabriken werden. — Allerdings
sollten von 264 operirten Kühen acht eingegangen sein, doch
werde dieser Verlast von dem Milch- und Fleischgewinn bei den
anderen bedeutend überwogen. In den 50er und 60er Jahren
ist dann auch viel castrirt worden, und verschiedene thier-
ärztlicbe and landwirtschaftliche Vereine haben sich seitdem
eingehend mit der Operation beschäftigt.
Stellenweise wurden die Verlustziffern aber doch zu gross
und es ging der Castration der Kühe, wie vielen anderen Ope¬
rationen; sie kam in Vergessenheit und wurde höchstens bei
stiersüchtigen Thieren ausgeführt. — Erst mit der aseptischen
Wundbehandlung eröffneten sich günstigere An- und Aussichten
für die Castration, und Ostertag fragt mit Recht, ob es nicht
möglich wäre, durch Beobachtung der Desinfectionsvorschriften
bei einem gegen gewöhnliche Wundinfection so widerstands¬
fähigen Thiere wie dem Rinde die Verluste bei der Ovariotomie
vollkommen zu verhindern? Kann diese Frage bejaht werden,
so eröffnen sich für die Castration der Kühe zweifellos neue
Aussichten.
Der Eingriff durch die Scheide ist jedenfalls als vortreff¬
licher Operationsmodus zu bezeiclinen, weil die Durchführung
der Asepsis leicht ermöglicht ist. — Die Hauptschwierigkeit des
aseptischen Operationsverfahrens besteht beim Thiere in der Un¬
möglichkeit, einen gut schliessenden Verband anzubringen. Diese
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554
Schwierigkeit liegt bei der Charlier’schen Castration nicht vor,
weil die künstlich geschaffene Wundfläche durch die lange Scheide
von der Aussen weit abgeschlossen und gröberen Verunreinigungen
nnter gewöhnlichen Verhältnissen ganz unzugänglich gemacht
wird. Der Operateur hat nach Ostertag somit den Erfolg in
der Hand, wenn er während der Operation es an der nöthigen
Desinfection des Operationsfeldes, seiner Anne und Instrumente
nicht fehlen lässt.
Ostertag castrirte in einer Milchknranstalt in Berlin
12 Kühe nach der Charlier’schen Methode. Zwei Mahlzeiten
vor der Operation erhalten die Thiere kein Futter und am
Abend zuvor einen Glycerinclystir, um die hinteren Darm¬
abschnitte zu entleeren. Unmittelbar vor der Operation wird
der Wurf und seine ganze Umgebung mit der Unterfläche des
Schwanzes mit Seifenwasser abgebürstet und dann mit 3proc.
Creolinwasser abgespült. Die Instrumente werden gründlich
desinficirt und der Operateur und sein Gehülfe, der die Instru¬
mente reicht, desinficirt Hände nnd Arme sorgfältigst nach vor¬
heriger Reinigung mit Bürste und Seife. Die Scheide wird
durch Ausspülen desinficirt, indem durch die eingeführte Hand
alle Theile derselben gleichmässig benetzt werden. Sämmtliche
Manipulationen in der Scheide und Bauchhöhle werden mit dem
rechten Arme vorgenommen, und derselbe vor wiederholtem Ein¬
gehen desinficirt. Nachdem die Eierstöcke entfernt sind, wird
die Scheide nochmals ausgespült und werden die spärlichen
Blutgerinnsel entfernt.
Ostertag durchsclmitt die Scheide nicht ganz, sondern nur
die Mucosa und den grössten Theil der Muscularis; der Rest
der letzteren und die Serosa wurde durch raschen Stoss mit
dem Finger durchbohrt. Ich halte dieses Verfahren für sehr
rathsam, weil der Mastdarm meistens unmittelbar vor dem
Scheidengewölbe tief in die Beckenhöhle hinein hängt und mit
dem Messer leicht verletzt werden kann; mir ging es in einem
Falle so. Es empfiehlt sich ferner, die Oeffnung in der Scheide
so gross zu machen, dass man mit der ganzen Hand eingehen kann.
An Instrumenten genügt zur Operation ein Bistouri cach£
und der Scheidenspanner von Harms, sowie die Colin’sche
Castrirzange No. 2481 und 89 des neuen Hanptner’schen
Catalogs.
Die zu operirenden Kühe werden von einigen Männern ge¬
halten; die Thiere stehen meistens ruhig. Man macht die
Scheidenöffnung in der beschriebenen Weise, sucht die Eierstöcke,
fixirt mit der rechten Hand die Gebärmutter und dreht mit der
linken die in die Zange gebrachten Ovarien durch mehrere feste
Wendungen ab.
Die Operation dauert etwa 15 Minuten, eine Nachbehandlung
ist kaum möglich. Bei glücklichem Verlauf stehen die Kühe
kurze Zeit mit etwas gekrümmtem Rücken und zeigen weniger
Appetit, auch geht der Milchertrag meistens in den, ersten
Tagen einige Liter herunter.
Die von Oster tag beschriebenen 12 Castrationen verliefen
glücklich, und wenn auch nur bei einem Theil der Thiere die
Milchproduction günstig beeinflusst wurde, so räth Ostertag,
schon der leichteren Mästbarkeit halber, namentlich bei den oft
werthlosen Bullerinnen, zur möglichst häufigen Vornahme der
Castration.
Genau nach dem beschriebenen Verfahren castrirte ich
zunächst 2 Kühe, die Tags darauf geschlachtet wurden. Die
Operation ging glatt von Statten, an der Scheidenwunde fand
sich jedesmal ein etwa faustgrosses Blutcoagulum.
No. 47.
Mitte October v. J. operirte ich dann auf einem Rittergute
5 Kühe, die 5 bis 6 Wochen zuvor gekalbt hatten, bei einer
6ten führte ich die Operation nicht zu Ende, da ich den Mast¬
darm anschnitt. Böse Folgen stellten sich bei diesem Thiere
aber nicht ein. Die übrigen fünf frassen zunächst etwas mangel¬
haft; bei vier Thieren verloren sich diese kleinen Störungen
(noch etwas Milchverlnst und gekrümmter Stand) bald wieder.
Die fünfte Kuh frass aber nicht wieder, zeigte hohes Fieber,
über 41 Temperatur, und musste am vierten Tage geschlachtet
werden; starker Peritonitis etc. halber liess sich deren Fleisch
zum menschlichen Genuss nicht mehr verwerthen.
Von den vier glücklich operirten Kühen ging nach langen
Wochen eine an den Folgen eines wegen Tympanitis nöthig
gewordenen Pansenstichs ein; die anderen drei haben eine
tägliche Milchzunahme nicht gebracht, melken aber heute nach
Jahresfrist jede noch etwa 9—10 Liter. Diese günstige Er¬
scheinung ist jedenfalls der Castration zuzuschreiben, auch Bind
die Kühe fett geworden. Genaue Messungen und Wägungen
sind trotz meines wiederholten Ersuchens nicht angestellt. Der
Besitzer hat mir aber wiederholt vorgehalten, dass der Nutzen
auch nicht annähernd so gross sei, als der Schaden durch den
Verlust der einen Kuh.
Jedenfalls rathe ich, sich zu der Operation nicht zu drängen,
ist dieselbe aber nicht abznlelmen, so muss man den Besitzer
auf die immerhin bestehende Gefahr hinweisen; denn die Er¬
fahrung lehrt, dass uns nur zu leicht etwaige Verluste in die
Schuhe geschoben werden.
Referent spricht dann noch kurz über die Castration der
Stuten, die wohl nur einen historischen Werth haben, sowie ein¬
gehender über die der Hündinnen und weiblichen Schweine und
schliesst seinen Vortrag unter dem Danke der Versammlung.
II. Mittheilung des Herrn Kreisthierarzt Friedrioh.
Bei der sich anschliessenden Discussion theilt Kreis-
Thierarzt Friedrich-Halle seine in den letzten Wochen ge¬
machten Erfahrungen über die Castration der Kühe mit.
Fr. hatte auf Anregung eines Landwirthes, welcher eine
Abhandlung des Collegen Falk-Oranienburg in der Fühling-
schen landwirtschaftlichen Zeitschrift gelesen hatte, im August
mit der Castration von Kühen begonnen.
Es wurde zunächst am 29. August er. eine Probecastration
an einer fetten Kuh vorgenommen, welche ebenso wie die
übrigen vier operirten Kühe nicht durch Futterentziehung,
sondern nur durch Glycerinklystier von 30 g ca. 12 Stunden
vor dem Eingriff vorbereitet war.
Die Kuh zeigte kurz nach der Operation wenig Fresslust,
stand mit gekrümmtem Rücken und brüllte am ersten Tage
häufig. Am nächsten Tage war das Thier wieder vollständig
normal und lieferte bis zu der am 5. September (7 Tage später)
erfolgten Abschlachtung das vorherige Milchquantum.
Bei der Untersuchung war die Scheidenwunde vollständig
verheilt, in der Gebärmutter geringes Blutcoagulum, Bauchfell
vollständig intact.
Durch diesen günstigen Verlauf ermuntert, castrirte Fr.
bei demselben Besitzer am 7. September 6 weitere Kühe. Bei
4 Kühen, von denen die eine wiederum häufig brüllte, stellte sich
am zweiten Tage der Appetit nach und nach wieder ein, während
zwei Thiere einige Tage garnicht fressen wollten, jedoch auch
diese erholten sich wieder. Bei den letzten beiden Kühen war
die Scheidenwunde nach 8 Tagen noch nicht verheilt, während sie
bei den übrigen vier in dieser Zeit vollständig geschlossen waren.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT
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rol-Kübo
22. November 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRIET.
Vier Wochen nach erfolgter Castration hat eine Kuh die
volle Milchmenge wieder, während bei einer 1 Liter, bei
zweien 3 Liter und bei den letzten beiden sogar 4 Liter Milch
täglich fehlen.
Durch obiges wenigstens quoad vitam günstige Resultat
wurde die Verwaltung einer grossen Milchviehhaltung veranlasst,
die in Rede stehende Operation durch Friedrich vornehmen
zu lassen.
Es wurden am 18. September er. 5 Kühe castrirt, bei der
sechsten konnte die Operation nicht zu Ende geführt werden,
da der Mastdarm verletzt wurde. Diese ist ohne jede Behandlung
der Wunde und ohne etwaige Diät gesund geblieben.
Von den fünf castrirten Kühen hat eine gar keine Krankheits¬
erscheinungen gezeigt und ist auch die Milchmenge dieselbe ge¬
blieben. Eine Kuh musste 20 Stunden nach der Castration wegen
innerer Verblutung nothgeschlachtet werden. In der Nacht vom
20. bis 21. September wurde die Schlachtung bei einer anderen Kuh
nothwendig, auch diese hatte erhebliche Mengen geronnenen
Blutes in der freien Bauchhöhle und leichte Bauchfellentzündung.
Hochgradige Bauchfellentzündung zeigte sich bei der am
21. September nothgeschlachteten dritten Kuh.
Da die vierte der erkrankten Kühe am 28. September noch
Verdauungsstörungen zeigte, so wurde auch diese noch ge¬
schlachtet. Bei derselben wurden jedoch auf hiesigem Schlacht¬
hofe Krankheitserscheinungen an der Gebärmutter und dem
Bauchfell nicht wahrgenommen, sodass anzunehmen ist, dass
sich diese noch erholt hätte; immerhin mussten aber von den
fünf castrirten Kühen drei nothgeschlachtet werden.
Da die Vorbereitung des Operateurs betr. Desinfection der
Hände, Arme, Instrumente etc. sowie die Reinigung der betr.
Thiere in beiden Wirthschaften die gleiche war, so erblickt
Friedrich den Grund des Misserfolges in der zweiten Wirt¬
schaft in dem Kraftfuttergemisch.
Während nämlich die Kühe des ersten Bestandes folgendes
Futter erhielten: 3 Pfd. Maisschrot, 3 Pfd. Palmkernmehl,
2 Pfd. Erdnusskuchen, 2 Pfd. Malzkeime, 6 Pfd. Trockenschnitzel,
wurden die anderen Thiere mit folgender Futtermischung ver¬
sorgt: 3k — 4 Pfd. Baumwollensaatmehl, 1 % Pfd. Reismehl,
2 Pfd. Kleie, 2 Pfd. Malzkeime, 1' 2 Pfd. Melasse, 25 Pfd. saures
Rübenkraut, 50 Pfd saure Rübenschnitzel.
Ein Grund für die heftige Blutung könnte auch darin zu
suchen sein, dass die Kühe des zweiten Bestandes erst ca.
4 Wochen vor der Castration gekalbt hatten, während die
ersteren bereits 3—4 Monate gemolken wurden.
Auch Friedrich schliesst sich den Ausführungen Liebener’s
an, dass die Castration der Kühe immerhin eine gewisse Ge¬
fahr für die Thiere involvirt und nicht ohne Weiteres zu
empfehlen ist.
Kreisthierarzt Hofherr theilt mit, dass auch er vor 6 bis
8 Jahren einige Kühe castrirt habe, empfiehlt den Ecraseur zur
Entfernung der Eierstöcke und hat auch seinerseits wesentliche
Erfolge durch die Castration nicht erzielt, obgleich er Verlust
durch Tod nicht zu verzeichnen hat.
III. Mittheilung des Herrn Kreisthierarzt Sickert.
Sehr interessant und beachtenswerth waren die Mit¬
theilungen des Kreisthierarztes Sickert-Egeln, derselbe führt
Folgendes aus:
Angeregt durch einen in der Landwirthschaftlichen Presse
veröffentlichten Aufsatz des Thierarztes Falk in Oranienburg,
in welchem die Castration der Kühe und die damit verbundenen
öconomischen Vortheile geschildert werden, Hess der Gutsbesitzer
R. in W T . am 22. Januar d. J. 5 Kühe durch den genannten
Collegen castriren. Die Operation nahm einen günstigen Ver¬
lauf. Die Thiere äusserten während einiger Tage nach der
Operation nur zeitweises Drängen, Hessen aber in der Fress¬
lust nicht nach; nur bei den Kühen No. 70, 71 und 81 der Ta¬
belle stellte sich im Laufe der Monate Scheiden- und Gebär¬
mutter-Vorfall ein, welcher bei 2 Kühen (No. 71 und 81) den
Verkauf derselben im Monat October nöthig machte.
uz
70
71
79
80
81
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Durch¬
schnitt:
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77
78
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Ctr.
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Ctr.
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19,5
18,0
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15,5 16,1
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14.6
14,25
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12,2
12.15
7,25 Liter
70
10
10
10
90
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50
9
30
10
50
-f 40 Pfd.
13,514.5
12,5
12,6 13,0
13,0
14,2
13,5
12,75
9,3
—
4,2 von
71
8
40
8
60
9
30
9
—
—
-f 60 Pfd.
17,019,0
20,0
17,25 17,2
16,4
15,7
15.25
12,4
12,1
11,75
5,25 von
79
9
9
20
8
50
8
20
8
30
— 70 Pfd.
16.5
15,0
11,5
14,6 16,2
15,2
15,1
13.6
14,0
13,0
12,75
3,75 von
80
8
40
9
—
9
50
9
20
9
40
-f 100 Pfd.
16,0 15,5
17.0
16,0 14,8
13,5
14,5
13.6
13.1
11,2
—
4,8 von
81
9
20
10
10
9
70
9
60
—
—
-f 40 Pfd.
."2.5
82,0
78,0
75,95 77,3
72,2
74,1
70,2
65,15
57,8
25,25 Liter
Summa:
45
10
47
80
46
50
45
30
—
-j- 170 Pfd.
Ab- und
16.5
16,4
15,6
15,19 15.17
14,45
14.82 14.04
15,03 11,56
5,05 Liter
Zunahme:
9
02
9
56
6
30
9
06
-f 34 Pfd.
+
54
—
24
—
24
18,048,0'16,5
14,6 16,6
15,0
14,5
15,4
15,0
15,8
14,2
3,8 Liter
69
9
20
10
10
20
10
—
9
60
+ 40 Pfd.
12,5
13,544,5
14,25 14,1
12,4
12,9
11,5
10,75
9,0
—
3,5 von
77
9
80
10
10
9
90
10
—
—
4 - 20 Pfd.
21,0
24,0 27,0
22,0 20,8
19,5
19,3
16,75
17,5
17,3
15,4
5,6 von
78
10
10
10
30
10
30
10
40
10
40
-f 30 Pfd.
14,5
14,516,0
14,25jl4,8
13,0
12,7
12,25 10,4
10,2
9,1
5.4 von
82
8
80
9
80
10
60
10
90
10
70
4 - 190 Pfd.
11,0
14,018,0
15,6 *12,1
15,4
13,9
11,75
12,6
9,7
9,5
1.5 von
83
11
20
12
80
13
20
14
—
—
4 - 280 Pfd.
77,0 84,0
88,0
80,7 78,4
75,3
73,3
67,75
66,0
62.0
—
19,8 von
Summa:
49
10
53
—
54
20
55
30
—
—
4 - 560 Pfd.
!
Durch¬
15,4 16,8
17,6
16,1 45,68 15,06
14,66
19,55
13,2
12,4
3,96 von
schnitt:
9
82
10
60
10
34
11
06
—
—
-f 112 Pfd.
Zunahme:
+
78
+
24
+
32
Digitized by
656
Um nun den Werth oder Unwerth der Castration genau
prüfen zu können, Hess der Besitzer auf meine Veranlassung
zu den castrirten Kühen noch 5 niehtcastrirte Kühe (Control-
Kiihe) stellen, welche in gleicher Weise gefüttert und behandelt
wurden.
Vorstehende Tabelle veranschaulicht nun die gewonnenen
Resultate der Milchprodnction und der Gewichtszunahme bei
jedem einzelnen Thiere und in Summa. Bemerken will ich, dass
siimratliche 10 Kühe neumilchend waren und 4 bis 6 Wochen
vorher gekalbt hatten.
Die Tabelle enthält 3 Probe-Melkungen, und zwar 2 vor
der ausgeführten Castration, eine 3 Tage später. Die übrigen
Milchraessungen sind jeden Donnerstag in der Woche vor¬
genommen worden und in der Tabelle monatsweise zusammen¬
gestellt.
Das Wägen der Thiere hat am 2. Februar begonnen und
ist dann von 8 zu 8 Wochen wiederholt worden.
Die Milchmessungen erlitten bei 2 castrirten Kühen (No. 71
und 81) und bei einer Control-Kuh (No. 77) durch Verkauf
dieser Thiere zur Schlachtbank im Monat September Unter¬
brechung, während das Wägen dieser 3 Kühe und einer zweiten
Control-Kuh (No. 83) aus gleicher Veranlassung im Monat
October nicht mehr zu verzeichnen war.
Die in der Tabelle verzeichneten Ergebnisse sowohl der
Milchmessungen, als auch der Wägungen schliessen zu Un¬
gunsten der Castration ab, da die castrirten Kühe vom Beginn
bis zum Schluss der Messungen in Summa 25 Liter (pro Kopf
5,05 Ltr.), die nichtcastrirten Kühe dagegen nur 19,8 Ltr.
(pro Kopf 3,96 Ltr.) verloren haben. Im Gewicht haben die
castrirten Kühe 170 Pfd. (pro Kopf 34 Pfd.), die nichtcastrirten
dagegen 560 Pfd. (pro Kopf 112 Pfd.) zugenommen.
Nach den Ausführungen vonLiebener, Friedrich, Hofherr
und Sickert steht der Erfolg der Castration der Kühe in keinem
Verhältnisse zu der eventuellen Gefahr.
Ueber die Abgabe virulenter Culturen an Laien.
Von
Felbaum-Graiulcnz,
Kreisthiernr/.I.
In letzter Zeit ist mehrfach auf die Abgabe von Rothlauf-
Culturen an Laien hingewiesen und geschildert worden, welche
Folgen durch nachlässiges und böswilliges Umgehen damit entstehen
können. Es ist nachgewiesen, dass die geimpften Thiere 8 bis
14 Tage lang Rothlaufbacillen ausscheiden. Sie sind also
veterinärpolizeilich als krank an Rothlauf zu behandeln.
Jetzt hat im Kreise Graudehz ein Besitzer Milzbrand-
culturen aus Stuttgart bezogen und seine Rinder selbst geimpft.
Andere, auf deren Gütern der Milzbrand häufig vorkommt, haben
die Absicht geäussert, seinem Beispiel zu folgen. Nach der
Impfung wurde eine ganze Anzahl Thiere nicht unerheblich
krank; verendet ist keins. Dass die geimpften und besonders die
stark reagirenden Thiere eine ifilzbrand-Infection durchmachten,
also krank an Milzbrand waren, ist doch klar. Eine Desinfection
der Ställe wird natürlich nicht vorgenommen, die Thiere sind
ja geschützt, die Milch der kranken Thiere wird wie sonst in
eine Sammelmolkerei geliefert; es verbietet das eben Niemand,
denn die Behörde erfährt nichts. Ein solches Verfahren ver-
stösst aber gegen die Restimmungen des Seuchengesetzes und
die Instruction. Denn ein Unterschied, ob die Tiere auf natiir-
Hchem Wege oder künstlich inficirt sind, wird im Gesetz nicht
No. 47.
gemacht. Der § 31 des Seuchengesetzes spricht von „Thieren,
welche an Milzbrand erkrankt oder der Seuche verdächtig sind“.
Eins von Beiden trifft bei den geimpften Thieren aber sicher zu.
Es wäre aus veterinärpolizeilichen Gründen also zu fordern,
dass die Thiere, die mit den Reinculturen des Erregers einer
Seuche geimpft werden, als krank an dieser Seuche angesehen
und behandelt werden. Zuerst und vor allen Dingen wäre die
Anzeigepflicht für derartige Impfungen einzuführen, damit die
Behörde in die Lage kommt, das Erforderliche veranlassen zu
können.
Bei dem freien Verkauf von Milzbrand - Bacillen - Culturen
kommt aber für die Behörde neben der veterinärpoUzeilichen
Seite die Sorge um Leben und Gesundheit der Menschen in
Frage. Die Abgabe von stark wirkenden chemischen Mitteln
ist wegen dieser Fürsorge allen möglichen Beschränkungen unter¬
worfen. Ein gewissenhafter Apotheker wird nicht ein Recept
mit 0,01 gr Morphium ohne ärztliche Verordnung wiederholen
und jedem Beliebigen nicht einmal für 10 Pfennige Rattengift
verkaufen, auch nicht gegen Giftschein, wenn ihm die Person
nicht zuverlässig erscheint. Bei der brieflichen Geschäftsver¬
bindung, wie sie zwischen den Impfstoff-Instituten und ihren
Abnehmern besteht, kann schliesslich Jeder Milzbrandculturen
in Hunderten von ccm beziehen, unberechenbaren Schaden an-
richten und Dutzende von Menschen gefährden. Wir Thierärzte
haben die Pflicht, die Behörden auf diese Gefahr aufmerksam
zu machen, und unsere Centralvertretung wird sich nicht nur
den Dank aller Thierärzte erwerben, sie wird im Interesse des
allgemeinen Wohls handeln, wenn sie an geeigneter Stelle für
diese nothwendigen Forderungen eintritt. Mag der Landwirth
die Flasche mit Rothlauf-Serum stets zu Hause haben, um es
jederzeit selbst anwenden zu können, virulente Culturen von
Seuchenerregern gehören nur in die Hand des Arztes.
Ergänzung meiner Mittheilung über die Therapie
des Hufkrebses.
Von
Marteiw-Sangerhausen.
Kreisthierarzt.
Von verschiedenen Seiten habe ich bereits Schreiben erhalten,
worin ich gebeten werde, die Art und Weise der Anwendung
der in No. 46 der B. T. W. angegebenen Lösung von Kal.
bichromic. mitzutheilen. Ich gebe in Folgendem eine kurze Be¬
schreibung der höchst einfachen und bequemen Methode. Mittelst
Rinnmessers und scharfen Löffels (letzteres Instrument eignet
sich besonders hierzu) wird vor Allem der Grund des Hufkrebses
freigelegt, indem das Horn von den Rändern über die Grenzen
des Processes hinaus vorsichtig entfernt wird. Ferner sind die
harten und abgestorbenen Theile der krebsigen Neubildung bis
auf die weichen und leicht blutenden Partien fortzunehmen, wo¬
bei Verletzungen und Blutungen möglichst zu vermeiden sind.
Nachdem man so die erkrankten Theile von allen Seiten frei¬
gelegt hat, bepinselt man dieselben mit der betr. Lösung und
drückt einen damit durchtränkten Wattebausch darauf. Auf
diesen wird Werg und Leder gelegt und das Ganze mittelst
abnehmbaren Deckeleisens zusammengepresst, damit ein Druck¬
verband hergestellt wird. Alle 2 bis 3 Tage wird der Huf des
Pferdes, welches auf trockenen Wegen arbeiten kann, nach¬
gesehen und dabei die harten und abgestorbenen Theile entfernt.
Die Heilung ist mir bei dieser Behandlungsweise bei 3 Pferden
in einigen Wochen gelungen.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT'.
Digitized by VjOOQie
22. November 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICIIE WOCHENSCHRIFT.
557
Bei lebhafter Secretion des Hufkrebses wird man vielleicht
das erste Mal zweckmässig Plumb. nitric. anwenden können,
um eine rasche Austrocknung zu erzielen. Im Uebrigen wirken
die sehr scharf trocknenden und ätzenden Mittel wie Fonnalin,
Salpetersäure, Liqu. caustique Vivier etc. nach meinen Erfahrungen
nicht gut, da in der Regel unter dem harten Schorf der Process
unter Bildung von schmierigen, stinkenden Massen fortdauert.
Referate*
Gehirn- und Rückenmark sh aiitentzündiing der Pferde
in Niederbayern 1899/1900.
Vortrag auf der Generalversammlung niederbayerischer Thierärzte
in Passat! am 8. Juli 1900.
Von Distrietsthierarzt Lcimer-Gcesselhöring.
L. hat mittelst Fragebogen Erhebungen angestellt, die
Folgendes ergeben haben:
In 13 Bezirken erkrankten 638 Pferde in 200 Ställen,
150 Ortschaften und 100 Gemeinden = 0,8 pCt. des gesammten
Pferdebestandes. In mehreren Stallungen erkrankten mehrere
Pferde hintereinander.
Junge, vollsaftige, gut genährte Thiere neigten am meisten
zur Erkrankung; Saugfohlen litten niemals daran, jedoch er¬
krankten 1 / 2 j } Um£ e Fohlen und selbst 28jährige Pferdegreise
nicht selten. Das Geschlecht scheint keinen Einfluss aus-
zuiiben.
Die Mortalitätsziffer beträgt 85—95 pCt.; vollständige
Genesungen sind sehr selten, etwa 8,4 pCt.; Nach- und Folge¬
krankheiten als Dummkoller, Erblindung, Lähmungen, Schwäche
der Nachhand häufig, so dass der grösste Theil der „durch-
gebrachteu“ Patienten nicht mehr das Futter werth ist. Der
Schade ist somit ein grosser, und dürfte sich der Verlust fin¬
den Regierungsbezirk Niederbayern auf rund 200 000 M. belaufen.
Am meisten betroffen sind die Bezirke: Mainburg, Rotten¬
burg, Kehlheim und Abensberg, wo auch das Sterblichkeits-
verhältniss am höchsten — 90 -96 pCt.
Leimer giebt dann eine ausführliche Beschreibung der von
ihm beobachteten Krankheitserscheinungen. Der Verlauf ge¬
staltet sich sehr verschieden, so dass zuweilen einige Stunden
genügten, um den Tod herbeizuführen und andererseits die
Thiere sich 3—4—8 Wochen hielten, um schliesslich doch elend
nmznkommen. In günstigen Fällen trat nach einigen Wochen
Besserung ein, die dann meist anhaltend war; jedoch machten
auch Recidive oder plötzliche Apoplexie im Reconvalescenz-
stadium die Hoffnungen zunichte.
Bei älteren fieberlosen Pferden und bei solchen, die früh¬
zeitig in Behandlung kamen, war die Aussicht noch am günstigsten.
Dagegen starben verkannte, zu Arbeitsleistungen gewaltsam an¬
getriebene insbesondere jüngere Thiere sehr bald. Verfasser betont
unter Hinweis auf die Hindernisse, die bei dem Practiker auf dem
Lande einer rechtzeitigen und genauen Autopsie entgegenstehen,
dass die Sectionserscheinungen nichts Neues boten. Er selbst ist
trotz häufiger Sectionen selten so glücklich gewesen, „characte-
ristische Entzündungserscheinungen“ festzustellen. L. trennt die
in Niederbayern als Schlafsucht oder „subacute Gehirnentzündung“
diagnosticirte Krankheit in: 1. einfache Gehirn- resp. Gehirnhaut¬
entzündung und 2. complicirte Gehirn-Rückenmarksentzündung.
Ob auch in Niederbayern die sog. Borna’sche vorliegt,
lässt L. dahingestellt, wenn „ja“, so ist dieselbe in einer etwas
milderen Form aufgetreten.
Jedenfalls handelt es sich um eine Infectionskrankheit, die
ein genaues, wissenschaftliches Studium verlangt, speciell
auch in Bezug auf ihre Ursache.
L. nimmt an, dass es sich um einen spec. Krankheitserreger
handelt, dass aber die von den meisten Berichterstattern an¬
genommenen Ursachen : einelange Stallruhe, Leguminosenfütterung,
schlechte Stallungen etc. als Gelegenheitsursachen, theil-
weise wahrscheinlich als Träger des Krankheitskeimes zu
betrachten und nicht als rein nebensächliche Dinge angesehen
werden dürfen. Interessant in ätiologischer und prophylaktischer
Hinsicht ist die Angabe von Münich-Straubing, dass in einem
Stalle mit schlechtem Jaucheabfluss die Krankheit jährlich regel¬
mässig auftrat und stets tödtlich endete. Nach Herausreissen
des Stallbodens und Abgraben des mehrere Meter tief mit
Jauche durchtränkteu Bodens ist die Krankheit niemals wieder
aufgetreten.
Bezüglich des Ansteckungsstoffes fasst L. seine Beobachtungen
wie folgt zusammen:
1. Incubationsstadium 1—5 Wochen.
2. der Krankheitserreger gelangt wahrscheinlich mit dem
Futter oder Trinkwasser in den Körper und befällt
vornehmlich junge, mit Leguminosen mastig gefütterte,
ausgeruhte Thiere in schlecht ventilirten Ställen mit
schlechtem Jauclieabflnss.
3. Das Contagium ist fixer Natur, nicht leicht übertragbar,
an gewisse Stoffe bezw. Localitäten gebunden.
4. Ansteckung von Thier zu Thier wurde nicht beobachtet.
Zum Schluss betont Verfasser, dass die Therapie ziemlich
machtlos ist, und verweist auf die ausgezeichnete diesbezügliche
Abhandlung von Vogel in seiner Therapie und Diätetik.
Ziele und Wege der Milchhygiene.
Von Dr. Klimmer.
(Archiv für wisaenvchaftl. u. pruct. Tliicrhoilkd. 1900 S. ß.)
Verf., welcher sich schon durch mehrere in dieser Zeitschrift
referirte Aufsätze als fleissiger und gewandter Schriftsteller auf
dem Specialgebiete der Milchkunde hervorgethan hat, bespricht
in der vorliegenden Arbeit die Aufgaben der Milchhygiene.
Wichtiger als die gewöhnliche polizeiliche Milchcontrole,
welche den fast ausschliesslichen Zweck verfolgt, die Consnmenten
vor pecuniärer Benachtheiligung zu schützen, ist die Bewahrung
vor sanitären Schäden, welche aus dem Milchgenuss erwachsen
können. Die Milch kann gesundheitsschädlich sein, wenn sie
pathogene Microorganismen oder chemische Gifte enthält.
Diese Schädlichkeiten werden nach den Allgemeinen und
praetischen Gesichtspunkten eingetheilt, in solche, welche der
Milch A. im Euter, B. nach dem Melken von aussen bei¬
gemengt werden.
Zu A. Die Absonderung fehlerhafter oder durch ihren
Genuss die menschliche Gesundheit schädigender Milch kann ver¬
anlasst sein:
1. durch eine Erkrankung der Milchthiere an Infections-
krankheiten (Tnberculose, Aphthenseuche, Milzbrand, Toll-
wnth), welche auf Menschen übertragbar sind;
2. durch eine Erkrankung der Kühe an Infectionskrankheiten
(Lungenseuche, Eutererkrankungen, fieberhafte Leiden im all¬
gemeinen und Krankheiten des Verdanungsapparates) welche auf
den Menschen zwar nicht übertragbar sind, aber zu einer
Bacterienbeimengung und einer Aenderung der chemischen Zu¬
sammensetzung der Milch führen;
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No 47
558
3. durch Aufnahme chemischer Gifte Seitens der Kühe und
Ausscheidung der Gifte mit der Milch.
Zu B. Die Milch kann nach dem Melken eine gesundheits¬
schädliche oder ekelerregende Beschaffenheit annehmen durch
Beimengung 1. belebter Stoffe (Saprophyten, pathogene Bacterien)
2. unbelebter Stoffe (Milchschmutz, chemische Gifte und Riech¬
stoffe).
Nach gründlicher Betrachtung der angeführten Sätze und
Beleuchtung der Gefahren, welche bei dem Milchgenuss zu be¬
achten sind, verbreitet sich Verf. über die Mittel und Wege,
welche am wirksamsten die Gesundheit der Consumenten zu
schützen vermögen. Er empfiehlt zu diesem Zweck eine vom
Staate gesetzlich anzuordnende obligatorische Milch- und
Milchviehbeschau.
Dieselbe könne wirksam allein durch tliierärztliche
Inspectoren ausgeiibt werden. Denn die unteren Polizei¬
organe, welchen die Auswahl der zu untersuchenden Milch¬
proben jetzt im Allgemeinen obliege, vermöchten nur sehr wenige
und nur die direct ziemlich wahrnehmbaren Milchschädlichkeiten
zu erkennen. Sachverständige Chemiker und Bacterio-
logen könnten die krankmachenden Ursachen in den Milch¬
proben häufig nur schwer, oftmals zu spät und in vielen Fällen
überhaupt nicht constatiren.
Sehr oft würde erst bei der Untersuchung der Milchthiere,
ihrer Haltung, Fütterung n. 8. w. ein richtiges Urtheil über
die Beschaffenheit der Milch gewonnen werden können. Hier¬
nach würden als geeignete Sachverständige in dieser Frage nur
die Thierärzte fungiren können. Von diesen Erwägungen aus¬
gehend, haben u. A. eine Anzahl Molkereien in der Schweiz und
die Kopenhagener Milchversorgungsanstalt thierärztliche In¬
spectoren angestellt. Die Einrichtung bewährte sich nach den
Jahresberichten dieser Anstalten aufs Beste.
Bei der Einführung einer obligatorischen Milch- und Milch¬
viehbeschau wäre Nachstehendes zu berücksichtigen.
1. Die Anzeigepflicht aller Euter- sowie inner» Krankheiten
der Hansthiere ist anzuordnen. Die Milch der erkrankten Thiere
ist während der Dauer der Krankheit im Allgemeinen vom
menschlichen Genüsse anszuschliessen.
2. Alle Milchkühe sind mit Tuberculin zu impfen und
klinisch auf Tuberculose zu untersuchen. Ausschluss der Kühe
mit klinischen Erscheinungen der Tuberculose von der Milch-
prodnction. Verkauf der Milch von Kühen, welche reagirt haben
und klinische Erscheinungen der Krankheit nicht zeigen, unter
Declaration und dem Hinweis, dass diese Milch nur in gekochtem
Zustande als menschliches Nahrungsmittel zu verwenden ist.
3. Die Milch maul- und klanenseuchekranker Thiere ist im
rohen Zustande vom Verkehr als menschliches Nahrungsmittel
anszuschliessen, im gekochten Zustande unter Declaration nur
dann zu verwenden, wenn sie ein normales Aussehen hat.
4. Milch von Thieren, welche an Milzbrand, Tollwuth, i
Lnngenseuche oder an Erkrankungen des Euters leiden, ist !
vom menschlichen Genüsse ausznschliessen, das Gleiche gilt auch j
von der Milch derjenigen Thiere, welche mit giftigen oder stark j
wirkenden Arzneien behandelt sind. Die Entscheidung über die
Verwendung der Milch, welche von Thieren mit Krankheiten
des Verdaunngscanals oder mit fieberhaften Leiden abgesondert
wird, ist den thierärztlichen Inspectoren zu überlassen.
5. Colostralmilch darf einige Tage vor und sechs Tage
nach dem Kalben nicht zum menschlichen Genuss zugelassen !
Werden,
f>. Milchkühe sind in geeigneter Weise zu füttern und zu
putzen. Namentlich ist für Reinlichkeit des Euters, Schwanzes,
Mittelfleisches, der Lenden und Schenkel zu sorgen.
Personen, welche an Krankheiten leiden, die durch den
Milchgenuss auf die Consumenten übertragbar sind oder mit
derartig erkrankten Personen in unmittelbare Berührung kommen,
ist das Betreten der Knhställe und Milchränme ohne Genehmigung
des beamteten Arztes nicht erlaubt. Gegebenen Falles kann
der Verkauf der Milch aus dem betr. Gehöft oder Geschäft auf
die Dauer der Ansteckungsgefahr untersagt werden.
8. Die Hände des Stallpersonals müssen vor dem Melken
gereinigt werden.
9. Der Stall soll hell, gut ventilirt und beschleust sein.
10. Die Milch ist nach dem Melken möglichst bald aus dem
Stalle zu bringen und abzukühlen.
11. Die Milchaufbewahrungsräume dürfen nicht als Wohn-
oder Schlafstätteu benutzt werden.
12. Die Milchgefässe sind nach jedem Gebrauch gründlich
zu reinigen. Die Aufbewahrung der Milch in kupfernen,
messingenen, zinkenen oder thönernen Gefässen mit schechter
Glasur, sowie in eisernen mit bleihaltiger Emaille ist verboten.
13. Der Zusatz chemischer Conservirnngsmittel zur Milch
ist untersagt.
14. Jede bittere, schleimige, aussergewöhnlich gefärbte,
gesäuerte, verdorbene oder sonst durch ihre Beschaffenheit Ekel
erregende Milch ist vom Verkehr ausznschliessen.
15. Obige Bestimmungen sind auf Rahm, Magermilch, Butter,
Käse u. s. w. in sinngemässer Weise zu übertragen.
Die thierärztlichen Inspectoren haben die Gehöfte öfters,
etwa alle 14 Tage zu controliren.
Die ortspolizeiliche Untersuchung der Milch auf Ver¬
fälschungen kann neben der obligatorischen Milchviehbeschan in
der Weise fortbestehen, wie sie heute ausgeübt wild, oder sie
kann auch, wie Ostertag vorschlägt, den mit der Ueberwachung
des Milchverkehres betrauten Thierärzten übertragen werden.
Mit dieser Bestimmung würde ein weiterer kostspieliger
Ueberwachnng8apparat gespart und zugleich der Vortheil
gewonnen, dass die Thierärzte die bei Fälschungen üblichen
Ausreden von nenmelkenden Kühen, schlechtem Fntter n. s. w.
sofort zu widerlegen und hierdurch die Achtung der Fälscher
vor der Sachkenntniss der controllirenden Beamten zu erhöhen
vermöchten (Vogel).
Zn einer gründlichen Lösung aller dieser Aufgaben gehöre
ein genügend vorgebildetes Personal. Die klinische Ausbildung
an den thierärztlichen Hochschulen müsse daher auf diesen
Wissenszweig mehr Gewicht legen. Denn nicht allein die
thierärztlichen Inspectoren zur Untersuchung der Milch sondern
jeder praktische Thierarzt müsse mit diesem Gegenstände ver¬
traut sein, da er bei Ausübnng seiner Praxis täglich Gelegen¬
heit habe, im Dienste der Milchhygiene segensreich wirken zu
können und ausserdem in den meisten Milchfragen vor Gericht
der zuständigste Sachverständige sei.
Hysterectomie bei dem Hnnde.
Von C. J. Rix.
(Tlie Journal nf ■■omparative l’atliolojrv a ui Theraponlic* Sept<>ml>cr 1900.)
Rix nahm die Ovario-Hysterectomie bei einem Hunde vor,
bei dem der Partus schon 12 Stunden gedauert hatte und alle
Versuche zur Extraction durch den Geburtsweg fehl schlugen.
Die Früchte waren zu gross. Die Operation geschah unter anti¬
septischen Vorsorgmassrcgeln in der Linea alba: der Einschuitt
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22. November 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
559
war 7,5 cm lang. Der Uterus enthielt zwei Früchte, von welchen
noch eine lebte. Das Mutterthier genas wieder.
Der Verfasser theilt keine Einzelheiten für seinen Operations¬
modus dieser Hysterectomie mit. Das ist schade, weil gerade
in der Veterinärliteratur die Fälle der Hysterectomie nicht häutig
veröffentlicht werden. Es wäre wünschenswert^, dass gerade
mancherlei Einzelheiten gesammelt würden, damit sich daraus
ergebe, welche Operation den Vorzug verdiene: die extraperi¬
toneale Stnmpfbehandlung oder die mit Senkung des Stumpfes.
M. G. d. B.
Ueber den infectiösen Charaeter and den Zusammenhang
von acutem Gelenkrheumatismus und Chorea.
Von Westphal, Wassermann und Malkoff.
(Berl. kl. Wschr. 99. CentralbUtt f. Bart. u. Paras. XXVI. No. 21.)
Bei einer 19jährigen Patientin, welche im Januar an acutem
Gelenkrheumatismus erkrankt war, zeigten sich Anfang Februar
die ersten choreatischen (Veitstanz-) Bewegungen; nachdem das
Krankheitsbild sich rasch verschlimmert hatte, verstarb Patientin
am 24. Februar im Collaps. Westphal entnahm Blut aus dem
Herzen, Pericardialfliissigkeit, Stücke der Mitralis mit endoear-
ditischen Auflagerungen, Stücke ans Milz und Gehirn. Wasser¬
mann gelang es zum ersten Male bei diesem Falle von
Chorea postrheumatica, aus Blut, Gehirn und Herzklappen einen
Mikroorganismus zu züchten, welcher in geringer Menge in
die Blutbahn von Thieren gebracht, bei diesen eine mit hohem
Fieber und multiplen Gelenkaffectionen einhergehende,
meist tödtliche Krankheit hervorruft.
Es waren alle Gelenke ohne Ausnahme bei den ver¬
schiedenen Thieren erkrankt, neben diesen Krankheitsherden
findet sich in den Sehnenscheiden und Schleimbeuteln eine
starke Exsudatansammlung. Tn dem Gelenkcxsudat ist der
Mikroorganismus stets zu finden: überträgt man denselben von
hier auf andere Thiere, so erkranken diese wieder an acuter,
multipler Gelenkentzündung.
Der Erzeuger dieser acuten, fieberhaften Polyarthritis ist ein
Streptococous. Man hat bekanntlich die Streptococcen schon
längere Zeit mit dem acuten Gelenkrheumatismus in Zusammenhang
gebracht. Im Blut und im Gewebe erscheint der Erreger als
Diplocoecus. Das Wachsthum geschieht nur bei hoher Alcalesceuz
und hohem Peptongehalt (2 pCt. Pepton chapoteant). Jess.
Tagesgeschichte.
Protocoll der 47. Generalversammlung des thierärzt¬
lichen Central Vereins der Provinz Sachsen, der anhai¬
tischen und thüringischen Staaten am 7. October 1900
in Halle a. S.
Anwesend waren die Mitglieder:
Thierarzt Beck er-Salzmünde; Schlachthof-Director Bier¬
bach-Naumburg; Kreisthierarzt Busch-Torgau; Schlachthof-
Director Colberg-Magdeburg; Kreisthierarzt Enke-Halle a. S.;
Thierarzt Enke-Schkeuditz; Hof-Tliierarzt Ernst-Quedlinburg:
Departements - Thierarzt Dr. Felisch - Merseburg: Thierarzt
Fieweger-Göthen; Kreisthierarzt Friedrich - Halle a. S.;
Thierarzt Friedrichs - Niederndodeleben; Kreisthierarzt
Gundelach - Magdeburg: Kreisthierarzt Griesor - Naumburg;
Kreisthierarzt Haas-Zerbst; Thierarzt Hecker-Leipzig; Kreis¬
thierarzt Hofherr-Herzberg a. E.; Thierarzt Jünger-Weissen-
t'els; Thierarzt Dr. Kantorowicz-Mühlberg a. E.; Schlachthof-
Director Klaphake - Zeitz; Kreisthierarzt Kloos - Eisleben;
Kreisthierarzt Koepke - Liebenwerda; Thierarzt Kohl-Lützen;
Kreisthierarzt Kühn-Zeitz; Thierarzt Lauche jun.-Bitterfeld;
Departements - Thierarzt und Veterinär - Assessor Leistikow-
Magdebnrg; Kreisthierarzt Liebener - Delitzsch; Thierarzt
Meissner - Schafstädt; Assistenz - Thierarzt Müssemeyer-
Halle a. S.; Schlachthof-Director Mrugowski - Halberstadt:
Schlachthof-Director Ollmann-Dessau; Thierarzt Pasch-Benken-
dorf; Hof-Thierarzt Richter - Dessau; Kreisthierarzt Rössler-
Cöthen; Thierarzt Schlemmer-Gröbzig; Thierarzt Schroeder-
Eilenburg; Kreisthierarzt Sickert - Egeln; Thierarzt Siebert-
Schönebeck; Thierarzt S ieb er t - Aschersleben; Schlachthof - In¬
spector Spnhrmann - Stendal: Kreisthierarzt Tannebring-
Querfurt; Schlachthof-Director Trautwein - Eisleben; Kreis¬
thierarzt Thunecke-Calbe a. S.; Thierarzt Uhde-Kalbe a. M.;
Thierarzt Wilhelm - Brelma; Schlachthof-Director Witte-
Quedlinburg; Thierarzt Worch-Löbejün; Kreisthierarzt Ziegen¬
bein - Oschersleben; Kreisthierarzt Ziegenbein - Wolmirstedt.
Als Gäste waren erschienen die Herren: Assistenz-Thier¬
arzt Arndt-Halle a. S.; Oberrossarzt Bose-Halle a. S. und
Assistenz-Thierarzt IIeyne -Eisenberg.
Der stellvertretende Vorsitzende, Departements - Thierarzt
Leistikow, eröffnet die Versammlung um lD /4 Uhr und gedenkt
nach Begrimsong der Anwesenden zweier dem Verein durch
den Tod entrissener Mitglieder — des Departements-Thierarztes
a. D. Professor Schell (Ehrenmitglied) und Schlachthof-
Directors Hewig-Torgau — deren Andenken die Versammlung
in üblicher Weise ehrt.
Ferner theilt der stellvertretende Vorsitzende mit, dass
sich die Collegen Berenz, Borchert, Just und Veith wegen
Fortzuges abgemeldet, dagegen die Herren Kreisthierarzt
Nippert-Cölleda, Schlachthof-Director Reimers- und Schlacht-
hof-Thierarzt Weisshnhn-Halle a. S. zur Aufnahme in den
Verein gemeldet haben. Die genannten Collegen werden ein-
stimmig aufgenommen.
Der bisherige Vorsitzende, Herr Departements - Thierarzt
Oemler, hat, wie ans einem an den Verein gerichteten, durch
Verlesung bekannt gegebenen Schreiben hervorgeht, sein Amt als
Leiter des Vereins mit der Begründung niedergelegt, er halte es im
Interesse des Vereins für erforderlich, dass der Vorsitzende in¬
mitten der beruflichen Thätigkeit stehe und dass er (Oemler)
diese Bedingung nach seiner Pensionirung nicht mehr erfülle.
Departements - Thierarzt Leistikow vermag zwar diese
Gründe nicht als stichhaltig und zwingend anzuerkennen und
bedauert den Oemler’schen Entschluss lebhaft, hat aber bei
seinen Versuchen, den bisherigen Vorsitzenden zum Verbleiben
zu bewegen, keinen Erfolg.
Leistikow hebt noch hervor, dass Oemler dem Vereine
seit dessen Gründung im Jahre 1877 und zwar ständig im Vor¬
stande angehörte, dass er stets eifriges und treues Mitglied war
und die Sitzungen nur versäumt hat, wenn ihm Krankheit das
Erscheinen verbot.
Leistikow beantragt Herrn Oemler durch Ernennung
zum Ehrenmitglied zu ehren und ihm hierdurch die Dankbarkeit
und Anhänglichkeit des Vereins auszudrücken. Dieser Antrag
wird freudig begrüsst und einstimmig angenommen.
Darauf wird Leistikow zum Vorsitzenden und an dessen
Stelle zum stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Felisch, zu Dele-
girten für die Centralvertretung werden Colberg, Dr. Felisch,
Leistikow, Liebener und Thunecke ernannt.
Auf Antrag des Thierarzt Hecker beschliesst der Verein
bei der Centralvertretung dahin vorstellig zu werden, dass das
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Abgeben von Milzbrand- und Rothlanfculturen zu Impfzwecken
an Laien durch ministerielle Verfügung verboten werden möge,
um etwaigen Missbrauch zu verhüten.
Als Beitrag zur Anschaffung der Büsten von Gurlt,
Spinola und Hertwig werden als I. Rate 250 M. und als
Unterstützung für die Wittwe eines verstorbenen Collegen
50 M. aus der Vereinskasse bewilligt. Dieselbe befindet
sich dank der geschickten Führung des Kassirers Thun ecke
in sehr günstigen Verhältnissen. An Baarvermögen ist nach
den Ausführungen der Kassenrevisoren Kreisthierarzt Ziegen¬
bein und Thierarzt Uhde ein Bestand von 2590,02 M. vor¬
handen, und ausserdem noch 592 M. Aussenstände. Gemäss
dem Anträge der Revisoren wird dem Kassirer Entlastung er-
theilt und demselben zugleich Dank und Anerkennung seitens
des Vereins durch den Vorsitzenden ausgesprochen.
Punkt 3 der Tagesordnung fällt w'egen Nichterscheinens
des Referenten aus.
Nunmehr erhält Kreisthierarzt Liebener-Delitzsch das
Wort zu seinem Vortrage: Die Castration weiblicher Hausthiere.
— Dieser Vortrag, sowie die anschliessenden Mit/heilungen sind
am Kopfe dieser Kammer veröffentlicht. —
Zu Punkt 5 der Tagesordnung: Aenderung der Vereins¬
statuten beantragt Dep.-Th. Dr. Felisch unter näherer Be¬
gründung die Vorberathung einer Commission, in welcher die
Herren Leistikow, Dr. Felisch, Colberg und Pirl gewählt
wurden, zu übertragen.
Zum Schluss der Verhandlungen erwähnt noch Kreisthier¬
arzt Friedrich den ungünstigen Verlauf bei einem gemäss des
Ministerialerlasses vom 6. Juni 1H88 vorgenommenen Bade¬
verfahren behufs Tilgung der Schafräude. Es erwies sich das
Creolin-Pearson in dem verordneten Procentsatze (0 l / 2 Liter
Creol. auf 250 Liter Wasser) als zu stark, denn die in diesem
Vorschriftsmässig bereiteten, lauwarmen Bade ganz vorsichtig
gehaltenen Schafe gingen wenige Minuten nach dem Bade unter
Vergiftungssymptomen zu Grunde. Der Tod durch Abschlncken
von Badeflüsssigkeit oder durch Ersticken ist nach dem
Sectionsergebnisse bestimmt ausgeschlossen. Durch die Unter¬
suchung des Herrn Prof. Tcreg-Hannover, welchem eine Probe
des verwendeten Creolin-Pearson unter Mittheilung des Sach¬
verhaltes übersandt war, wurde festgestellt, dass dieses Creolin
einen Gehalt von 04.5 pCt. Phenolen besass, während — wie
Herr Prof. Tereg in liebenswürdiger Weise weiter mittheilte,
der Phenolgehalt des Creolin - Pearson zwischen 10—58 pCt.
schwankt. Es kam demnach bei dem erwähnten Bade ein
äusserst wirksames Creolin-Präparat zur Anwendung, wodurch
sich die intensive Wirkung von der Haut aus in einfachster
Weise erklärt.
Kreisthierarzt Haas giebt ebenfalls an, durch Creolin-
Bäder zwei Schafe unter Vergiftungserscheinungen verloren zu
haben, rühmt aber im l’ebrigen den guten Erfolg dieses Ver¬
fahrens.
Ferner tlieilt Kreisthierarzt Friedrich noch mit, dass er
im Jahre 1899 in zwei Rindviehbeständen nach 4‘/ 2 bezw.
5*/ 2 Monaten sämmtliche Thiere wiederum mit Maul- und Klauen¬
seuche behaftet fand, und zwar waren einzelne Thiere bei dem
zweiten Male heftiger erkrankt als zuvor.
Nachdem noch die Tagesordnung für die Frühjalirs-
versamralung —
1. Ueber Immunität Ref. Prof. Dr. Disselhorst,
2. Statutenänderung (Commissionsvorlage),
No. 47.
3. Mittheilungen über die im Jahre 1898 auf polizeiliche
Anordnung im Reg.-Bez. Magdeburg ausgeführten
Zwangs-Impfungen gegen Lungensenche. Ref. Dep.-Th.
Leistikow —
festgestellt war, schliesst der Vorsitzende die Verhandlungen
um 21/4 Uhr.
Um 3 Uhr vereinigten sich die Mitglieder in dem herrlichen
Saale des Grand Hotel zum gemeinsamen Mittagessen.
Leistikow, Friedrich,
Vorsitzender. Schriftführer.
Angebliche Aenderung in der Organisation des Militfir-Veterinfirweseos.
Die Deutsche thierärztliche Wochenschrift reproducirt aus
dem thierärztlichen Central-Anzeiger (No. 21) eine Nachricht,
für deren Richtigkeit sie jedoch nicht einstehen zu können er¬
klärt. Danach soll nicht blos eine Aenderung der Gehälter,
sondern die ganze Organisation des Militär-Veterinärcorps Gegen¬
stand eingehender Prüfung gewesen sein. Man soll vor Allem
die Nothwendigkeit erkannt haben, die Vorbedingungen zum
Eintritt in die Militär-Rossarztschule zu verändern. Die
Aspiranten sollen erst ein halbes Jahr als Einjährig-Freiwillige
mit der Waffe dienen und dann sofort zur Militär-Rossarztschule
einbernfen werden. Danach würde anscheinend nicht bloss anf
die dreijährige Dienstzeit, sondern auch auf den Lehrschmiede-
cursu8 verzichtet (V). Ausserdem soll der Uebertritt von Unter-
rossärzteu der Reserve in den activen Dienst möglichst er¬
leichtert werden. Ob, wird hinzugefügt, die Ausführung dieser
Aenderungen schon „in naher Zukunft“ möglich sein wird, hängt
von verschiedenen Voraussetzungen ab. — Soweit die Quelle.
Die angeblich in Aussicht gestellte Aenderung würde
so sehr den längst gehegten und ausgesprochenen Wünschen
der Thierärzte entsprechen, dass die Befürchtnng naheliegt,
es möchten diese Wünsche die Väter der Gedanken
in jener Nachricht gewesen sein. Wäre dieselbe freilich
zu bestätigen, so wäre das ein unverhofftes grosses Glück.
Das Abiturientenexamen und der einjährig-freiwillige Dienst
der Militärthierärzte, das wären die zwei Grundpfeiler, anf
denen sich im neuen Jahrhundert ein thierärztlicher Stand
von ganz anderem Ansehen aufbauen würde ein Stand, wie wir
ihn uns seit Jahrzehnten gedacht haben. Was den Zeitpunkt
der Erfüllung anlangt, so thut auch eine Staatsbehörde wohl,
sich, auch im eignen Interesse, das „bis dat, qui cito dat‘‘ recht vor
Augen zu halten; rasches Handeln hat doppelte Wirkung. Aber
es wäre schon viel werth, wenn auch erst im Princip die
Durchführbarkeit jener Aenderung anerkannt wäre. Wenn man
freilich diese Verbesserung nur in Aussicht stellte, um dafür
das Abiturientenexamen kaltblütig abzulehnen, so hiesse das sich
zu theuer bezahlen lassen.
Andererseits verlautet, die vom Kriegsministerium befür¬
wortete Gehaltserhöhung lasse sich in diesem Jahre nicht
realisiren; China sei Schuld. Wir Thierärzte haben schon ein
ausgesuchtes Glück! Hatten wir einmal eine Constellation von
Ministern, die das Abiturientenexamen für annehmbar erkannten,
wie 1892, da kam die Schulreform und gab den Gegnern
willkommene Gelegenheit, die schon gewonnene Stellung erfolg¬
reich anzugreifeu. Und jetzt, wo die Militärthierärzte sich
der Aussicht auf gute Gehälter freuen konnten, verderben diese
Aussicht scheinbar die chinesischen Boxer. Und wann dann die
günstige Gelegenheit wieder kommt, das weiss Niemand. Nun
vielleicht aber liegt zwischen den Nieten doch auch für uns
einmal das grosse Loos. S.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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22. November 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 561
Nachruf.
Ara 25. October verschied nach kurzem Krankenlager der
Königliche Kreisthierarzt Heinricli Konrad Riecheln.ann in
Harburg a. E. Geboren am 1. October 1826 in Wilhelmsberg,
Landkreis Harburg, besuchte er nach erlangter Vorbildung die
Thierarzneischule in Hannover, erwarb hier im October 1851
die Approbation als Thierarzt und liess sich in seinem Heiinaths-
orte zur Ausübung der Praxis nieder, wobei er gleichzeitig die
Bewirthschaftung seines Hofes versah. Bei der Einrichtung von
Kreisthierarztstellen in de?f Provinz Hannover im Jahre 1872
wurde Riechelmann, dem das Vertrauen der Behörden und
der Bevölkerung in hohem Maasse zur Seite stand, als einer
derjenigen Thierärzte mit auserwählt, welche man mit der
Führung der kreisthierärztlichen Geschäfte betraute, ohne dass
sie das Examen für Kreisthierärzte abgelegt hatten. Im
October 1873 erfolgte seine definitive Ernennung und Anstellung
als Kreisthierarzt für die Kreise Harburg (Stadt und Land) und
Winzen, in welcher Stellung er bis wenige Wochen vor seinem
Tode unermüdlich mit Fleiss und Treue gewirkt hat. Trotz
der in den letzten beiden Jahren erheblich zunehmenden körper¬
lichen Gebrechlichkeit erledigte der Entschlafene die ziemlich
umfangreichen Amtsgeschäfte mit geistiger Regsamkeit und
einer zähen Hartnäckigkeit, die jede körperliche Schwäche über-
| wand. Zuletzt trat jedoch auch hier ein Versagen ein und es
ist für den Dahingeschiedenen als eine glückliche Lösung zu be¬
zeichnen, dass der Tod ihn seinem Wirkungskreise entzogen hat!
Wir, die beamteten Thierärzte des Regierungsbezirks
Lüneburg, welche ihm persönlich näher gestanden haben, werden
1 dem Entschlafenen stets ein ehrendes Andenken bewahren.
Holtzhauer, Departementsthierarzt.
Central-Verein preussischer Kreisthierärzte.
Einladung zu der am 14. December er. Nachmittag 2 Uhr
im Hotel zu den vier Jahreszeiten in Berlin, Prinz Albrecht-
strasse 9 stattfindenden Versammlung.
Tagesordnung: 1. Gründung des Vereins, 2. Vorstands¬
wahl, 3. Statuten-Berathung, 4. Verschiedenes. Thun ecke.
Stiftungsfest.
Die Berliner Landsmannschaft Franconia feiert in diesem Jahre
ihr 50jähriges Stiftungsfest, dem natürlich besonderer Glanz ver-
i liehen werden soll. Die Festlichkeiten beginnen am Donnerstag
den 29. November mit einem Empfangsabend auf der Franken¬
kneipe, Novalisstrasse HI, und dauern bis Sonntag, den 2. De-
| cember. Der grosse Commers findet am Sonnabend statt.
Staatsveterinärwesen.
Redigirt von Preusse.
Tubercuiin.
Durch Erlass des preuss. Ministers für Lamlwirthschaft,
Domänen und Forsten v. 29. October d. J. sind den Regierungs¬
präsidenten neue Grundsätze für die Beurtheilung der Reaction
bei der Tuberculinprobe zur Mittheilung an die beamteten und
Privatthierärzte ihres Bezirkes zugegangen. Dem Erlass vom
29. Juli 1886 mitgetheilt in Theil 10, Jahrgang 1896 B. T. W.)
war eine Belehrung über die Bedeutung und Bekämpfung der
Rindertuberculose beigefügt, in welcher unter Ziffer 9 gesagt war:
a) Die Temperatur des geimpften Thieres übersteigt die
höchste vor der Impfung festgestellte Temperatur um 1,5° C
und darüber. In diesem Falle ist das Vorhandensein der Tuber-
culose mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
b) Die Differenz beträgt weniger als 1,5 0 C. In diesem
Falle ist mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass das Thier
frei von Tuberculose ist.
Nachdem in der inzwischen verflossenen Zeit das Tuber¬
cuiin in bedeutendem Umfange zur Ermittelung der Tuberculose
bei Rindern angewendet worden ist, und die geimpften Thiere
in einer grossen Zahl von Fällen nach der Schlachtung auf das
Vorhandensein tubercnlöser Veränderungen haben geprüft werden
können, hat sich herausgestellt, dass mehrfach auch solche
Rinder mit Tuberculose behaftet waren, bei welchen der
Temperaturanstieg nach der Einspritzung des Tubercnlins weniger
als 1,5 u G betragen hatte, und dass andrerseits diejenigen
Rinder, bei denen die Temperatur, trotz einer Steigerung um
1,5° C, die normale Bluttemperatur nicht überschritten hatte,
von Tuberculose frei waren.
Es konnte somit an den bisherigen Grundsätzen für die
Beurtheilung der Tuberculinprobe nicht festgehalten werden.
Die zur gutachtlichen Ae.isserung veranlasste technische
Deputation für das Veterinärwesen hat erklärt: „dass nach dem
jetzigen Stande der Wissenschaft alle diejenigen Rinder, bei
denen die innere Körpertemperatur nach der Einspritzung von
! Tubercuiin erheblich über die Norm steigt, als reagirend und
i wahrscheinlich tuberculüs angesehen werden müssten, ferner,
dass die obere Grenze der normalen inneren Körpertemperatur
der Kälber bis zu 6 Monaten 40° C. und bei älteren Rindern
39,5° C. betrage und dass die Tuberculinprobe bei Thieren,
deren Temperatur die normale übersteigt, nicht verwendbar sei.
Demgemäss werden an Stelle der vorerwähnten Bestimmungen
der Tubercnlin-Impfiiistruction folgende Vorschriften erlassen:
a) Als reagirend und demnach als tuberculoseverdächtig
sind diejenigen Rinder anzusehen, welche vor der Einspritzung
keine 39,5° C. überschreitende Körpertemperatur aufweisen und
bei denen die Körperwärme nach der Einspritzung des Tuberculins
über 39,5° C. steigt, sofern der Unterschied zwischen der
höchsten vor und nach der Einspritzung ermittelten Temperatur,
mindestens 1° C. beträgt.
b) Bei Kälbern im Alter bis zu 6 Monaten begründet eine
Steigerung der inneren Körperwärme nach der Tuberculin-
| einspritzung über 40° C. den Verdacht auf Tuberculose, wenn
| der Temperaturunterschied mindestens 1° C. beträgt.“
Ob mit dieser neuen Vorschrift für die Beurtheilung der
i Tuberculiureaction das Richtige getroffen worden ist, muss vor¬
läufig dahin gestellt bleiben, jedenfalls kann das tils sicher an¬
genommen werden, dass auch die Beurtheilung nach den vorstehen¬
den Grundsätzen noch Fehlresultate zeitigen wird. So werthvoll
auch die Anwendung des Tuberculins bei der Diagnostik der
für unsere Viehbestände verderblichsten Krankheit ist, so muss
doch anerkannt werden, dass sich die Wirkung dieses Präparats
nicht durch eine bestimmte mathematische Regel ausdrücken
lässt, die für alle Fälle zutrifft. Wie schwer es ist, eine solche
Regel anfzustellen, ergeben die von den verschiedenen Seiten
für die Beurtheilung der Reaction aufgestellten Grundsätze,
welche in Bezug auf die Höhe des Temperaturunterschiedes,
die niedrigste und höchste Temperaturgrenze, Anfang, Dauer
und Ende der Reaction n. s. w. nicht unwesentlich differiren.
Immerhin wird es von den Thierärzten Preussens dankbar an¬
erkannt werden müssen, dass ihnen Anhaltspunkte, welche
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562
sich aas einer vielseitigen, mehrjährigen, wissenschaftlichen Er¬
fahrung ergeben haben, an die Hand gegeben worden sind, nach
denen sie, namentlich bei den Tuberculinimpfungen grösserer
Bestände, ohne wesentliche Mühe ihr Urtheil werden abgeben
können. Es schliesst dies jedoch nicht aus, dass im einzelnen
Falle nach wie vor auch andere Momente für die Beurtheilung
der Tnberculinreaction werden berücksichtigt werden müssen.
P.
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen.
Auf dem Schlachtviehhof München Ausbruch und Erlöschen
am 17. November.
Fleischschau und Viehhandel.*)
Redigirt von Kühnau.
Ueber Fleischbeschau!
Von Veterinär-Assessor Georges-Gotha.
Die dringende Nothwendigkeit der obligatorischen Fleisch¬
beschau wird kein klar denkender Mensch mehr leugnen können,
nachdem die Zunahme der menschlichen Erkrankungen durch
den Genuss von Milch oder Fleisch kranker Thiere
statistisch nachgewiesen worden ist. Vorzüglich das eminente
Vorwärtsschreiten des Würgengels: „Tubercnlose“ bei Menschen
und Thieren und anderer auf den Menschen übertrag¬
barer Thierkrankheiten (Bandwnrmplage durch Rinderünnen etc.)
lässt, bei dem thatsächlich jetzt überwiegenden Roh ge nass des
Fleisches unserer Schlachtthiere, sei es als Hackfleisch, oder
Cervelatwurst, Schinken, Magerspeck, kurz, aller mit ver¬
schiedenen Namen bezeichneten, meist nur leicht angeräucherten
rohen Fleischsorten, eine Uebertragung von Thierkrankheiten
auf Menschen jetzt mehr wie früher nicht wegleugnen.
Wenn nun diese Thatsachen feststehen, wenn sämmtliche Sach¬
verständigen darüber einig sind, dass eine sorgsame Beschau
unserer schlachtbaren Hausthiere aus obigem Grunde un¬
umgänglich nothwendig ist, um gesunde Menschen zu erhalten,
so kann man kaum begreifen, wie das neue Reichsfleischschan-
Gesetz ein so ungenügendes und den guten Zweck vollständig
durchlöcherndes Machwerk geworden ist.
Von den vielen Millionen von Schlachtthieren, welche
jährlich im deutschen Reiche geschlachtet werden, wird vielleicht
nur der dritte Theil von Fleischern für das Publicum ge¬
schlachtet, die anderen zwei Drittel sind Hausschlachtungen.
Und diese Hausschlachtungen sollen nunmehr, ohne sach¬
verständige Controle, dem Hauptstamm der Bevölkerung,
dem Bauer, dem Arbeiterstande, dem Handwerker, dem kleinen
Mann etc. mit-üll ihren schweren Nachtheilen für die Gesundheit
derselben anheimgegeben werden? Es ist kaum zu glauben,
wie kurzsichtig diejenigen gewesen sind, welche gegen alle
Bestrebungen der Sachverständigen die Untersuchung der
Hausschlachtungen zu Falle gebracht haben. Ein Beispiel ans
meiner langjährigen Praxis mag dies erläutern:
Im Herzogthum Gotha besteht seit ca. zehn Jahren die
obligatorische Fleischbeschau aller Schlachtungen. In jedem
Orte des Landes, in dem ein staatlich controlirtes Schlachthaus
nicht besteht, sind je nach Bedürfnis zwei bis sechs Fleisch-
beschaner, die zugleich Trichinensucher sind, angestellt. Jedes
Schlachtthier, vom Pferd bis zur Ziege, wird vor und nach dem
Schlachten besichtigt und nach bestehenden Vorschriften be-
*) Meinungsäusserung zu obigem Artikel Vorbehalten. D. Red.
No. 4?.
handelt. Die Fleischbeschauer haben über ihre Thätigkeit
Bücher zu führen und jedes Resultat einer Schlachtung, znm
Zweck jährlicher Statistik, genau einzutrageu und letztere am
Ende des Jahres einzureichen. Die Controlbücher, welche
gleichlautend neben den Fleischschaubüchern zu führen sind,
werden alle Halbjahre den Bezirksthierärzten zur Durchsicht
eingereicht, die Fehler corrigirt und in einer Hauptversammlung
besprochen, in welcher auch die etwaigen Neuerungen auf dem
Gebiet der Fleischbeschau vorgetragen werden.
Zu Anfang hatte sich die ländliche Bevölkerung gegen die
Untersuchung der Hausschlachtungen ebenfalls gewehrt, da sie
Eingriffe in ihre häuslichen Rechte besorgten. Bald aber, als
sie auf die Blasen, Knötchen und anderen Gebilde von den
Fleischbeschauern aufmerksam gemacht wurden, als ihnen der
gefährliche und ekelerregende Character der unzähligen Parasiten
und Gebilde in den Organen der Schlachtthiere mehr und mehr
bekannt wurde, als die Tubercnlose beim Rind und Schwein
immer mehr zunahm, als durch die Bezirksthierärzte auf die
Gefährlichkeit des Fleisch- und Milchgennsses tuberculöser
Thiere, auf Septicämie, Pyämie aufmerksam gemacht werden
musste, - trat ein merklicher Umschwung ein, und Niemand
hatte mehr Einwendungen gegen die Fleischbeschau ; man be¬
zahlte gern und willig die geringen Gebühren von 15 Pf. für
Ziege, 25 Pf. für Schwein, Schaf, 50 Pf. für das Rind.
Hier schlachtet der Bürger im Hanse, es schlachtet fast
jeder Bauer, der Arbeiter, der Tagelöhner, kurz Jeder, der es
nur halbwege kann. Aber der Bauer schlachtet nicht nur für seine
Haushaltung, sondern für alle die Städter, die nicht selbst
schlachten, auch für die höchsten Kreise. Banemwnrst und
Bauernschinken ist nach Ansicht der Leute viel schmackhafter,
viel nahrhafter, viel besser und auch billiger als Fleischerwaare.
Bis jetzt konnte auch Jedermann ohne Bedenken von diesen
Prodncten gemessen; sie waren gewissenhaft untersucht. Tnber-
culose, Septicämie, Eiterfieber, kurz .alle infectiösen und nicht
infectiösen Krankheiten, alle ekelerregenden Gebilde und Para¬
siten der Reihe nach waren mit den Organen entfernt und
vollständig von der Zubereitung ausgeschlossen; es konnte keine
Wurst und kein Schinken und Speck etc. etc. verkauft werden,
der nicht von vollständig gesunden Thieren stammte. Jede
nothgeschlachtete Kuh etc. blieb in dem Orte, wo sie geschlachtet
war, und durfte nur gargekocht genossen werden.
Wie mag dies nun nach Einführung des Reichsgesetzes
werden, wenn die Untersuchung der Hausschlachtungen auf¬
gehoben werden soll? Wer übernimmt die Garantie, ob auch
dann noch diese Schlachtungen eine Gewähr der Unschäd¬
lichkeit darbieten? Was der von da ab ohne Controle
Schlachtende in seinem Hause mit seinem Hausschlachter
macht, entzieht sich jeder Beurtheilung. Ob das Thier Fieber
hat oder nicht, ob es gemäss Besichtigung der Lymphdriisen
gefährlich für den menschlichen Genuss wäre oder nicht, ob die
Lungen, Lebern, Nieren voller Parasiten sind oder nicht, ist
dem Hausschlachter und Besitzer unbekannt und auch einerlei,
vorzüglich, wenn für den Verkauf geschlachtet wird, den wieder
Niemand controlirt. Was haben bis zur Zeit die Fleisch¬
beschauer alles gefunden und verworfen. Lungen und Lebern
voller Hülsenwürmer, oft im Gewicht bis zu 90—100 Pfund,
Haarwürmer, Fadenwürmer, Egeln, Eiterhöhleu, Tuberceln in
allen Formen, Neubildungen, Strahlenpilze, Finnen jeder Art
u. s. w. Dies Alles wird mit Eintritt der jetzigen Reichs¬
bestimmung unentdeckt bleiben.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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22. November 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
563
Aber noch schlimmere Zustände können sich entwickeln.
Die Septicaemie ist bei unseren Schlachtthieren garnicht so
selten, und werden leider bei Haus- und Nothschlachtungen von
den Taxatoren der Viehkassen und den Hausschlächtern, da die¬
selben urtheilslos sind, dem Genuss freigegeben. Es werden
wieder viel mehr Massenerkrankungen auftreten. Wer wird ein
gutgenährtes Rind, welches tuberculöse Bugdrüsen, tuberculöse
Herde in den Knochen hat, wohl als Hausschlachtung verwerfen?
Es wird mit Rumpf und Stumpf halb roh genossen, und zwar
von Jung und Alt. So giebt es hunderte von Beispielen.
Es kann aber auch Vorkommen, dass in Manöverzeiten
ganze Abtheilungeu von Soldaten, die einquartirt werden, unter
solchen Zuständen zu leiden haben, ebenso Menschenmengen bei
Kirmessen und sonstigen Festlichkeiten. Sicher ist, dass es statt
besser, viel schlimmer wird.
Es wäre zu hoffen, dass wenigstens diejenigen Staaten, die
eine vollständige Fleischbeschau haben, dieselbe in derselben
Weise behalten können und dass nach und nach die Reichs¬
regierung zu dem Entschluss gelangt, die Hausschlachtungen
ebensfalls zur Beschau heranzuziehen, wenn es jetzt nicht noch
geschieht, ehe das fragl. Gesetz in Kraft tritt.
Was in einem kleinen Staate möglich ist, sollte doch im
grossen deutschen Reiche auch möglich sein!
Eine besonnene Ueberlegung in landwirtschaftlichen Kreisen
sollte aber sicher gegen die Ausscheidung der Hausschlachtungen
von der Fleischbeschau energisch Front machen. Die unzähligen
Mengen der mit Eingeweidewürmern behafteten Lungen, Lebern,
Herzen, Nieren und anderen Thiertheilen, welche alljährlich als
direct schädlich, gefährlich oder ekelerregend für Menschen bei
Ausübung der Fleischbeschau verworfen werden müssen, reprä-
sentiren ein Capital von Millionen Mark. Durch Unschädlich¬
machung dieser Parasiten aber werden nach und nach die Ur¬
sachen der Erzeugung solcher pathologischen Zustände der Thiere
und deren Organe mehr und mehr beseitigt und es wird die
Zeit nicht mehr fern sein, wo diese Millionen Mark der Land¬
wirtschaft erhalten bleiben. Sollte Niemand der Herren Agrarier
an diese Zukunft gedacht haben?
Ueberlässt man die anerkannt grösste Zahl der Schlach¬
tungen, die Hausschlachtungen, wieder den Besitzern, ohne
sachverständige Controle, so wird der alte Schlendrian, alles zu
verwerten, wieder Platz greifen, die kranken ekelerregenden
Gehänge kommen wieder in die Rothwurst, die Tuberculöse und
die Finnen wieder in die Cervelatwurst und die Schinken etc. etc.,
das ganz Schlimme wird den Hunden vorgeworfen, diese erzeugen
wieder die Bandwurmplage, aus deren Eiern die Hülsenwürmer
und all das Unglückszeug entsteht, welches jetzt verworfen wird.
Der alte Jammer ist wieder da.
Viehversicherung.
Sitzungsbericht. (Auszug.)
Auf Einladung der Direction der Perleberger Vieh-
versicherungs-Gesellsch-aft zu Perleberg vereinigten sich am
25. October, Vormittags 11 Uhr im kleinen Saale des Reichs¬
postamts zu Berlin folgende Herren:
1. Seine Excellenz Staatssecretär von Podbielski,
2. Min.-Director, wirkl. Geh. Ober-Reg.-Rath Dr. Hermes,
3. Geh. Ober-Reg.-Rath Küster,
4. Reg.-Rath Hoffmann,
5. Reg.-Rath von Gehring von der Regierung Potsdam,
6. Königlicher Versicherungsrevisor de Niem,
7. Assessor Dr. Roesicke, Vorsitzender des Bundes der
Landwirthe,
8. Plaskuda, Director des Bundes der Landwirthe,
9. Oberleutnant a. D. Tschirner, v. Bund d. Landwirthe,
10. Ritterschaftsdirector von Saldern-Perleberg,
11. Königlicher Oberamtmann Ring-Düppel,
12. von Hülsen, von der Landw.-Kammer Brandenburg,
13. Ehrlich, „ „ „ Sachsen,
14. Eberl, „ „ „ Posen,
15. Pastor Meienschein von der Landw.-Kammer Cassel,
16. Gans Edler Herr zu Putlitz, Vorsitzender des Ver¬
waltungsraths der Perleberger Viehversich.-Gesellschaft,
17. Kr au 8 e, Director der Perleb. Viehversich.-Gesellschaft, —
um über den weiteren Ausbau des gesainmten Viehversicherungs¬
wesens auf Grundlage der Gruppen- und Verbands-Versicherung
der Perleberger Viehversicherungs-Gesellschaft zu berathen.
Unter dem Vorsitz Sr. Excellenz von Podbielski wird
die Sitzung um ll 1 /* Uhr eröffnet und erläutert der Vorsitzende
des Verwaltungsraths der „Perleberger“, Herr Baron zu
Putlitz in eingehender, sachlicher Weise den Aufbau und die
Vorzüge der jahrelang gründlich erprobten Gruppen- und
Verbands Versicherung, welche in folgenden Punkten ihren Aus¬
druck finden:
1. Versicherung und damit Prämienzahlung sowie Ent¬
schädigung von den jeweiligen wahren Werthen; Ver¬
meidung der Erhebung von unberechtigten Schaden¬
ansprüchen.
2. Richtige Gefahrenklassen in Folge des Systems der
Beitragserhebung.
3. Verbilligung der Verwaltungskosten durch die Mitarbeit.
4. Zusammenschluss zu Verbänden und damit bester Aus¬
gleich, welcher den Ortsviehversicherungs-Vereinen fehlt.
5. Beste Lösung der Rückversicherungsfragen durch den
Zusammenschluss der Verbände in der Gesellschaft.
Besonders hervorzuheben ist die Art der Mitarbeit, wodurch
die billigen Prämien erreicht werden und welche in den andern
Systemen nicht in dem Maasse ihren Ausdruck finden kann.
Ein gewissenloses Herantreten der Versicherten an den Verband
(wie bei den bisherigen Ortsviehversicherungen mit Rück¬
deckung) nur in dem Gefühl, „nun, nehmen wir nichts für uns
ans den Mitteln, so nehmen sich doch die Anderen und wir
haben das Recht, zuerst für uns zu sorgen“, ist hier gänzlich
ausgeschlossen.
Von einer Generaldiscussion wird abgesehen und auf Vor¬
schlag des Vorsitzenden, Excellenz von Podbielski, be¬
schlossen, folgende Punkte eingehend zu berathen.
1. Ist eine Viehversicherung nothwendig?
2. Wie denken sich die Herren den organischen Aufbau
derselben.
3. Die Schlachtviehversicherung.
4. Die Tuberculin-Impfversicherung.
Frage 1 wird unter allgemeiner Anerkennung der Be¬
strebungen und Arbeiten der Perleberger Vieh-Versicherungs¬
gesellschaft einstimmig für sämmtliche Viehbesitzer bejaht, nach¬
dem Herr Directer Krause an der Hand eingehender und lang¬
jähriger Statistik nachgewiesen hat, dass eine Trennung des
Grossgrundbesitzes vom Mittel- und Kleingrundbesitz in gesonderte
Verbände nicht im Interesse der allgemeinen Verbilligung der
Prämien liegt.
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564
fcEßLlNEß tHIERÄRZTUCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 47.
Zur Frage 2 wird einmüthig anerkannt, dass es zweckmässig
ist, die Viehversicherung organisch aufzubauen und dass hierfür
das bei der „Perleberger“ eingeführte System der Gruppen- und
Verbandsversicherung das geeignete Mittel ist, zumal in Aussicht
genommen ist, den Landwirthschaftskammern weitgehende Mit¬
wirkung und Controle einzuräumen.
Zum Punkt 3 „Schlachtviehversicherung“ fordert ein Herr
Verstaatlichung der Schlachtviehversicherung, die Vertreter der
„Perleberger“ die freiwillige Schlachtviehversicherung, möglichst
ungetrennt von der Viehlebensversicherung, während mehrere
Herren Wünsche dahingehend äussern, dass Zwangs-Schlacht¬
viehversicherung eingeführt wird, welche nicht vom Staate,
sondern von privaten Anstalten unter Staatsaufsicht zu leiten ist.
Die Einwirkung der Gruppen-Versicherung auch auf die
Schlachtviehversicherung, welche, wie allgemein anerkannt wird,
von der „Perleberger“ vollkommen reorgauisirt ist, hat sich der¬
artig gezeigt, dass die in Gruppen Versicherten mit der Hälfte
der Prämien, welche die Einzel-Versicherten zu zahlen haben,
für die Schlachtvieh-Versicherung reichen.
Nach den sachlichen Ausführungen des Herrn Director Krause
wird weiter allgemein anerkannt, dass die Viehversicherung nur
dann billig geboten werden kann, wenn sie in allen Zweigen
zusammen von einer Anstalt betrieben wird. Die Schlacht¬
viehversicherung arbeitet am billigsten im Verein mit der Vieh¬
lebensversicherung. So kann die Rinder- und Schweine-Vieh-
lebens-Versicherung nur billig geboten werden, wenn eine schnelle
und gute Verwerthung vorgenommen wird. Eine solche Ver-
werthung ist aber nur im Verein mit einer gut organisirten
Schlachtviehversicherung möglich.
So vereinigt ergänzen sich die einzelnen Abtheilungen und
arbeiten daher jede mit derartig niedrigen Prämien, wie sie
getrennt nicht geboten werden können. Daher liegt es im all¬
gemeinen Interesse, dass die einzelnen Unterabtheilungen der
Viehversicherung nicht von einander getrennt werden, sondern
zusammen bleiben.
Einmüthigkeit herrscht unter den Versammelten ferner da¬
rüber, dass die Doppelversicherungen in der Schlachtvieh¬
versicherung zu untersagen sind, überall Freibänke eingerichtet
werden und eine Anleitung für möglichst gleichmässige Fleisch¬
beschau gegeben wird.
4. Die Tuberculin-Impfversicherung wird in Rücksicht auf
das Tuberculin, als noch nicht absolut sicheres Beweismittel,
zur Zeit noch nicht als im allgemeinen Interesse liegend,
erachtet.
Personalien.
Ernennungen: in Bayern: F. Xaver Petzenhauser, Districts-
thierarzt in Moosburg zum Bezirksthierarzt in Keiunath; Wilhelm
Reindl, Bezirksthierarzt in Rosenheim, pragmatisch angestellt;
A. Steger, Bezirksthierarzt in Dachau, in den Ruhestand versetzt.
— Zu Distrietsthierärzten die Thierärzte Heinrich Geiger-Stadt-
lauringen in Otterberg (Pfalz), Karl Sehricker-München in Grönen;
bach, Johann Seuberling-Euerdorf in Euerdorf (Unterfr.).
Gewählt: Thierarzt Kurt Lange zum Sehlachthof-Assistenz¬
thierarzt in Graudenz.
Approbationen: in München die Herren Wilhelm Eilhauer,
Max Hamberger, Franz Hein, Joseph Luginger, Matthäus
Miller und Joseph Szaley, letzterer aus Ungarn.
Wohnsitzver&nderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die
Thierärzte Alfred Alt mann nach Trendelburg (Bez. Cassel)-
0. Beutler als Assistent am anatom. Institut der thierärztl. Hoch¬
schule nach Hannover; F. Gierer als bezirksth. Assistent nach
Ludwigshafen; 0. Orth als bezirksth. Assistent nach Bad Kissingen;
Max Piper-Dalldorf nach Cottbus (Schlachthof); Paul Simadcr-
Stuttgart als bezirksthierärztl. Assistent nach Kulmbach. — Thier¬
arzt Otto Eisen-Nürnberg hat sich in Legau (Bez.-Amt Memmingen),
und B. Lange in Schönfliess (N.-M.) niedergelassen.
In der Armee: Zu Rossärzten des Beurlaubtcnstandes sind be¬
fördert: die Unterrossärzte Meissner (Landw. I Landwehrbezirk
Grossenhain), Schneiderlieinze (Res. Dresden II), Auerbach
(Res. Plauen), Fischer (Res. Wurzen), Katzfuss und Neumann
(Res. Dresden II), Zieger (Res. Wurzen), Michael (Res. Chemnitz II),
Kramer (Landwehr 1, Zittau), Göllnitz (Landw. I, Dresden II),
Gleich (Res. Bautzen).
Todesfälle: Georg Hermann, Bezirksthierarzt in München.
Vacanzen.
(Näheres Uber die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist
s. die vorhergehenden Nummern.).
Kreisthierarztstelien etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Reg.-Bez. Hannover: Springe zum 1. Jan. 1901 (600 M.). Meid,
bis 25. Nov. er. an den Regierungspräsidenten.
In Sagan erfolgt der Stellenwechsel zum 1. Decbr., es ist jedocli
über die Stelle bereits verfügt, (cf. No. 45.)
b)NachAblauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Reg.-Bez. Coblenz: Simmern. —- Reg.-Bez. Düsseldorf: Landkreis
Krefeld. — R.-B. Potsdam: Angermünde.
Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Elbing: Assistenzthierarzt am Schlachthof (Privatpraxis gestattet).
Bewerb, mit Gehaltsansprüchen innerhalb 4 Woch. an den Magistrat —
| Lauenburg: Schlachthofvorsteher (1800 M. steigend bis 2700 M.
Wohnung etc. 500 M. Caution). Bewerb, an den Magistrat
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Beuthen (Oberschles.): Schlachthofassistenzthierarzt. — Düren:
Schlachthofdirector. — Hartha i. Sachs.: Sanitätsthierarzt —
Köln: Schlachthofthierarzt. — Königsberg(Ostpreusen): Schlacht¬
hofthierarzt. — Mainz: Schlachthofthierarzt. — MeBeritz: Schlacht¬
hofthierarzt. — Otteiler (Bezirk Trier): Schlachthausverwalter. —
Oelsnitz (Sachsen): Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleisch¬
beschau. — Pössneck-: Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau.—
Punitz i. Pos.: Thierarzt für Schlachtviehbeschau. — Salz¬
wedel: Schlachthof-Vorsteher. — Trier: Hilfsthierarzt am Schlacht¬
hof. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf —Wolken¬
stein: Schlachthofthierarzt — Wollstein (Posen): Schlachthof¬
inspector.
Privatsteilen : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neustadt).
— Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck
(Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pillkallen). — Murrhardt. — Schön¬
baum (Danzig). — Soldau (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. — Festen¬
berg Bez. Breslau. — Jade (Oldbg.): Thierarzt — Marggrabowa
(Kreis Oletzko): Thierarzt, welcher zum 19. Januar 1901 die vet-
techn. Aufsicht des Schlachtliofes zu übernehmen hat (Hierfür aus
städtischen Mitteln 60ü M., ausserdem bei Uebernahme der Lebend¬
beschau weitere 200 M.; sowie 600 M. wiederruflichen Kreiszuschuss.)
Bewerb, bis 10. Dec. er. an den Kreisausschuss. — Mengering¬
hausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schles.). — Rhinow
(Reg.-Bez. Potsdam). — Schloppa (Westpr.). — Schwarzen¬
berg i. S. — Sonnenburg. — Suelze (Mecklb.). — Wadern
(Bez. Trier): Thierarzt zum 19. November er. (Fixum 600 M. und
280 M. für Ueberwachung der Märkte). Bewerb, bis 10. November
an den Bürgermeister.
Besetzt: Sanitätsthierarztstelle in Graudenz.
Berichtigung: In dem Artikel von Tempel No. 46, pg. 542,
vierte Zeile von unten muss es zweimal heissen „so“ statt „nicht“.
Verantwortlich für Jon Inhalt (exel. Iuscratenthcll): l'rof. I)r. Schmält/ in liurliu. — Verla" und Kigenthum von Richard SchootE iu Ucriiu. - Druck von W. Büxenstein, Berlin
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Die „Berliner Thlerirztliche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in St&rkc von mindestens l*/, Bogen. Dieselbe
ist zu beziehen durch den Buchhandel, die l’ost (No. 1082)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Hichard
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Mk. 6 , — pro Vierteljahr.
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Originalbeitrftge werden mit 50 Hk. für den Bogen honorirt
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
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gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
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Verantwortlicher Redacteur.
De Bruln Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel Zündel
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Utrecht. Hamburg. Cöln. Breslau. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. M 48 . Ausgegeben am 29. November.
Inhalt: Hecker: Angeborene Buekelbiidiing. — Zinke: Chinesische Rinder. — Foth: Rothlaufsehutziinpfungen. —
Jüngers: Mittel zur Behandlung der Maul- und Klauenseuche. — Referate: Zürn: Die Pferde Südafrikas und deren
gefährlichste Krankheiten, insbesondere die Malaria. — llitsson: Ein Fall von Peroinelus abraeliius in hundesitziger Lage
bei einem Füllen. — Strebe!: Hochgradiger Selieidenvorfall und dessen sehr leichte Reponirung bei der Kuh. — Leopold:
Untersuchungen zur Actiologie des Careinoms und über die pathogenen Blastomyccteu. — Strebcl: Meine Erfahrungen mit
der Lichtthcrapie. — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Protocoll der 34. Generalversammlung des thieritrztliclien
Provinzial-Vereins für Posen. — Bericht über die Versammlung des thierärztlichen Vereins im Reg.-Bez. Köslin zu Stolp
am 30. September 1900. — Verschiedenes. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen.
Angeborene Buckelbildung.
Mitgetheilt von Hecker-Leipzig.
Das hier porträtirte Pferd ist jetzt ca. 12 Jahr alt und ein
gutes Arbeitspferd. Es hat sich sogar zur Zucht brauchbar
erwiesen. Der Buckel ist angeboren und seit der Geburt unver¬
ändert. Ein komischer Zufall, zugleich höchst lehrreich fiir die
Genese des Aberglaubens, ist es, dass die Mutter des Buckel-
pferdes im hochtragenden Znstand vor einem mit Bär, Affen
nnd Kameel umherziehenden Gauklertrupp gescheut hatte und
durchgegangen war. Natürlich hatte sie sich nun an dem
Kameel versehen und auf ihrem Erzeugnis ist der Kameelshöcker
erschienen. Es wäre ganz vergeblich, dies dem Besitzer des
Wunderthiers ausreden zu wollen.
Uebrigens befindet sich im Mnseum des pathologischen
Instituts der Berliner Hochschule das Scelett eines ebenfalls
bucklig geborenen Pferdes.
Chinesische Rinder.
Von
Zinke,
Koxsar/.t.
Die Rinder, welche in den Häfen Chinas auf den Markt kommen,
sind recht klein. Ihre Grösse beträgt 1 m 10 cm bis 1 m 20 cm.
Das Gewicht schwankt zwischen zwei bis drei Centnern. Die
häufigsten Farben sind braun, gelb und schwarz. Der Rumpf ist
im Verhältnis zu den Beinen tief. Ein Ochse von 1,15 m Grösse
misst bis znr Unterbrust 50 cm, von da bis zum Widerrist 65 cm.
Der Kopf ist gerade (53 cm lang). Das Auge verräth Gutmütig¬
keit. Die Hörner sind mässig lang und im Bogen nach vorn gewölbt.
Der Hals ist knrz (32 cm lang). An der Grenze von Hals
und Widerrist befindet sich ein Fleischwulst, welcher das Ans¬
sehen eineB Buckels hat. Alle Thiere haben einen langen
Triel, derselbe hängt tief zwischen den Vorderbeinen herab.
Die Entfernung von Schulter bis Darmbein beträgt bei
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT
No. 48.
1,15 m Grösse 65 cm, während die Schulter 18 und die
Kruppe 35 cm lang ist. Das Becken liegt etwas schräg und
erscheint von hinten schmal und hüftig. Der Schwanz ist hoch
angesetzt und reicht fast bis zum Boden. Die Beine sind
verhältnissmässig schwach. In den Strassen Singapores sieht
man etwas grössere und stärkere Zugochsen. Die Hörner
derselben sind ungefähr so lang als wie der Kopf und
stehen divergirend nach oben. Der Höcker anf dem Widerrist
ist stärker ausgeprägt. Die Rinder aus Tsingtau sind im Rücken
etwas breiter, - der Buckel auf dem Widerrist wird durch zwei seit¬
liche Wulste ersetzt, welche nicht so markant hervortreten.
Die chinesischen Rinder sind mager, schlachten sich aber
bei den verhältnissmässig schwachen Knochen einigermassen.
Rothlaufschutzimpfungen.
Von
Dr. Foth.
Vortrag, gehalten in der Sitzung des thierärztlichen Provincial-
vereins zu Posen am 21. October 1900*).
Meine Herren Collegen! Als ich im vorigen Jahre die
Ehre hatte, an dieser Stelle meine Anschauungen über das
Wesen des Schweinerothlaufes zn entwickeln, kam ich zu dem
Schluss, dass die Bekämpfung der Seuche nur dann Aussicht
auf vollen und dauernden Erfolg haben werde, wenn sie auf
dem Boden der Hygiene von einer sachkundig geleiteten, ziel¬
bewussten und energischen Veterinärpolizei durchgeführt werde.
Hierin, nicht in den Impfungen, erblickte ich den Schwerpunkt
in dem Kampf gegen den Rothlauf. Nichts desto weniger be-
grüsste ich, wie Ihnen erinnerlich ist, natürlich die Schutz¬
impfung mit Freuden, wenn ich in ihr auch nicht das Tilgungs¬
mittel par excellence, wohl aber ein überaus werthvolles Hülfs-
mittel zur Unterdrückung der Seuche und zur Erhaltung und
Hebung unserer Schweinezucht erblickte. Ich hatte damals
etwa 4000 Schweine mit Prenzlauer und Landsberger Impf¬
stoffen geimpft und im Grossen und Ganzen ein zufrieden¬
stellendes Resultat erzielt. Doch waren auch Misserfolge auf¬
getreten, die wohl geignet waren, den enthusiastischen Eifer,
mit dem das Neue nur zu oft aufgenommen zu werden pflegt,
etwas abzukühlen und die Frage aus dem Bereich unbestreitbarer
Wahrheiten wenigstens wieder in das Niveau des der Kritik
Zugänglichen herabzurücken. Die nachfolgende Discussion ergab
denn auch eine wahre Blumenlese von Misserfolgen aller Art.
Die beiden wesentlichen Anforderungen, denen eine gute
Impfmethode genügen soll, sind doch:
1. dass sie bei geringster Impfgefahr eine sichere Immunität
für die Dauer der Mastzeit verleiht, und
2. dass sie als Nothimpfung verwendbar ist und den Roth¬
lauf zum sofortigen Erlöschen bringt.
Dass alles dies mit möglichst wenig Umständen und Kosten¬
aufwand verbunden sein muss, ist eine beiläufige, doch wirt¬
schaftlich wichtige Frage.
Die erste, wichtigste Forderung schien im vorigen Jahre
im Grossen und Ganzen leidlich erfüllt zu sein. Doch konnte
ich schon damals über vereinzelte Fälle berichten, wo die Im¬
munität ausgeblieben war.
Die Brauchbarkeit der Methode als Nothimpfung erlitt
indess schon damals eine sehr wesentliche Einschränkung inso-
*) Da ich am Erscheinen behindert war, hatte Herr Kreisthier-
arzt Prieur (Jarotschin) die Güte, den Vortrag zu verlesen.
Dr. Foth.
fern, als die combinirte Serum- und Cnlturimpfung sich beim
heftigen Herrschen des Rothlaufs als ungeeignet erwies. Da¬
gegen lieferte die getrennte Impfung in solchen Fällen bessere
Resultate.
Leider bin ich durch die Erfahrungen des letzten Jahres
in meinen Zweifeln an der Zuverlässigkeit der Methode noch
mehr bestärkt worden.
Meine Herren! Von all unseren vielverheissendenForschungs¬
ergebnissen des letzten Jahrzehntes sind doch die Rothlauf¬
schutzimpfungen so ziemlich das Einzige, was eine wirkliche
practische und nationalöconomische Bedeutung erlangt hat. Um
so mehr haben wir daher, sollte ich meinen, allen Grund, der
Frage dauernd unsere grösste Aufmerksamkeit zuzuwenden und
alle Fehler und Mängel zur Sprache zu bringen, damit die
Mittel zu ihrer Verhütung gefunden werden.
Ich habe seit meinem voijährigen Vortrag wieder nahezn
5000, genau 4909 Schweine geimpft. In der Hauptsache wurden
Landsberger (4067 Schweine) zum kleineren Theil auch Prenzlauer
(368) und Höchster (477 Schweine) Impfstoffe verwendet.
Die Impfungen wurden in der Hauptsache (bei 4357 Schweinen)
als Schutzimpfung und nur bei 552 Stück als Nothimpfung aus¬
geführt. Bei jenen kam die Simultanimpfung, bei diesen die
getrennte Impfung zur Anwendung.
Es wurde Folgendes beobachtet:
I. Nothimpfungen.
1. Auf dem Gute Str.brach am 15. Juli vorigen
Jahres der Rothlauf in äusserst heftiger Weise aus. In wenigen
Tagen starben 8 Schweine. Impfung am 19. Juli, nur mit
Serum (Landsberg) und zwar mit Rücksicht auf etwa schon
erfolgte Ansteckung durchweg mit etwa der anderthalbfachen
bis doppelten Dosis. Innerhalb der nächsten 4 bis 12 Stunden
erkrankten und starben 4 grosse 1 bis l 1 /, Jahre alte Schweine,
die die grössten Serummengen erhalten hatten, unter allen Er¬
scheinungen heftigsten Rothlaufs. Die Section ergab die
characteristischen Veränderungen des Rothlaufs. Zwei Tage
nach der am fünften Tage folgenden I. Culturinjection starben
noch 2 Läufer.
2. Bei einem Ansiedler des Dorfes B.brach der Roth¬
lauf Ende Juni vorigen Jahres aus. Es starben bis dahin 5 Stück.
Impfung nur mit Serum (Landsberg) am 5. Juli. Innerhalb der
nächsten 4 Tage erkrankten nach und nach 5 Stück an Roth¬
lauf. Hiervon konnten 4 noch durch sofortige Einspritzung der
fünffachen Serummenge gerettet werden, das fünfte jedoch starb.
3. Auf dem Gute Xi.trat etwa Mitte Februar d. J.
der Rothlauf in heftigster Weise auf. In 5 Tagen starben
9 Schweine. Am 23. Februar Impfung mit Serum (Prenzlau,
bezogen von der Landwirthschaftskammer Posen). Am Tage
nach der Einspritzung starb ein Schwein an Rothlauf. Es war
bei der Impfung anscheinend noch ganz gesund gewesen.
4 andere, die bereits das Morgenfutter versagt hatten, ohne
sonst wie krank zu erscheinen, konnten auch durch fünf-
bis sechsfache Serumgaben nicht mehr gerettet werden.
Die anderen 8 Bestände, in denen noch Nothimpfungen,
theils mit Landsberger, theils mit Höchster Impfstoffen vor¬
genommen wurden, kamen weniger in Betracht, weil es sich
hier nur um sporadische Rothlaufausbrüche handelt Auf einigen
Gütern waren die Bestände sogar schon früher einmal geimpft.
Die Nothimpfung wurde nur vorgenommen, weil unter den Ge¬
impften wieder Rothlauf aufgetreten war (s. weiter unten).
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29. November 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
567
DerWerth der Nothimpfung, wenigstens mit Landsberger
and Prenzlauer Impfstoffen ist mithin nur sehr problematisch.
(Mit dem Susserin sind mir derartige Zufälle zwar nicht be¬
gegnet, doch ist die Zahl der damit geimpften Schweine (477)
nur klein. Auch wurde es in schwereren Fällen noch nicht
angewandt.)
Die Erkrankungen des Falles I in Str.die in ihrem
Verlauf ganz den Eindruck einer Vergiftung machten, sind so
sonderbar, dass die für die übrigen Fälle vielleicht zutreffende
Erklärung eines zu niedrigen Titres des Serums schlechterdings
nicht verfängt. Uebrigens erinnere ich an die Mittheilungen
des Herrn Collegen Marks in unserer vorjährigen Sitzung. Es
waren damals 17 Schweine, die auch nur mit Serum (aus
Prenzlau) geimpft waren, bald nachher unter allen Erscheinungen
des Rothlanfs gestorben. Die Sectionen sind damals, soweit mir
erinnerlich, von den Herren Marks und Kettritz gemeinschaft¬
lich ausgeführt worden.
Wie man diese Zufälle erklären will, ob als Intoxicationen,
die unter dem Bilde des Rothlanfs ablaufen, oder sonstwie, und
wie man sich die Entstehung der etwaigen specifisch giftigen
Stoffe in dem Serum denken will, ist zunächst völlig belanglos.
Vorläufig genügt vollständig die Thatsache, dass unter noch nicht
aufgeklärten Umständen die Einspritzung von Serum Landsberger
und Prenzlauer Provenienz den Tod unter allen Erscheinungen
des Rothlaufes zur Folge haben kann. Es bleibt hierbei ganz
gleichgültig, ob es sich hier umRothlauf sensu stricto handelt,
d. h. ob in den Cadavern Rothlaufbacillen nachgewiesen werden
können oder nicht. Wesentlich ist nur, dass der Tod unter den
klinischen Erscheinungen und mit den pathologischen Ver¬
änderungen des Rothlanfs auffallend schnell nach der Serum-
ii\jection eintrat, nm so schneller, je grösser die Dosis war, und
dass die Schweineseuche sicher ausgeschlossen war.
II. Schutzimpfungen.
Weil ich mit den Nothimpfungen schlechte Erfahrungen
gemacht hatte, empfahl ich in meinem Wirkungskreise mit allem
Nachdruck die rechtzeitige Vornahme der Schutzimpfung.
Um allen etwaigen Einwänden vorzubeugen, muss ich
Folgendes vorausschicken:
In jedem Fall, sowohl bei Noth- wie bei Schutzimpfungen,
habe ich die Impfstoffe stets zu jeder Impfung besonders und
fast immer direct an die betreffenden Besitzer schicken lassen,
die über die Aufbewahrung unterrichtet waren. Dadurch wurden
Verwechslungen vermieden. Die Culturen zu den zweiten
Impfungen wurden ebenfalls nach 14 Tagen stets frisch geschickt,
so dass sie immer höchstens zwei bis drei Tage alt zur Ver¬
wendung kamen. Ich muss anerkennen, dass die Landsberger
Anstalt meinen oft sehr dringlichen Wünschen in dieser Hinsicht
sehr bereitwillig und prompt entsprach.
Die Impfspritzen besassen Duritgummidichtungen. Sie wurden
nach dem Gebrauch stets sofort in zwei gesonderten Gefässen
mit reinem kaltem Wasser ausgespritzt und später zu Hause
in destillirtem Wasser gekocht, ebenso die Canülen. Die
Serumspritze ist mit einem rothen Band auffallend gekenn¬
zeichnet. Bei der Impfung halte ich darauf, dass die Spritzen
nebst den zugehörigen Impfstoffen stets von zwei Personen ge¬
halten und zugereicht werden, um Verwechslungen und vor
allem eine Verunreinigung der Culturspritze durch das Serum
zu verhüten. Aus demselben Grunde habe ich selbst stets über
den linken Arm ein zum Theil angefeuchtetes Handtuch ge¬
schlungen, an dem ich stets nach der Serum- und vor der
Cultnrinjection die etwa mit Serum beschmutzten Finger reinige.
Es sind ja bei den Impfungen so vielerlei scheinbar unbedeutende
Nebenumstände zu beachten, deren Ausserachtlassung den ganzen
Erfolg in Frage stellen kann. So kann nicht dringend genug
empfohlen werden, den lächerlichen Gummischlauch fortzuwerfen
und Sorge zu tragen, dass die Canülen so fest und saugend auf
die Spritze passen, dass sie nur sehr schwer wieder abzulösen
sind. Dann ist man auch sicher, dass kein Impfstoff daneben
geht. Ferner müssen die Culturen selbstverständlich vor schäd¬
lichen Temperatureinflüssen, vor allem aber vor Tageslicht und
noch mehr vor Sonnenlicht bewahrt und natürlich vor dem Ge¬
brauch sehr gründlich geschüttelt werden. Wo Verwechslungen
möglich sind, lasse ich ferner jedes Schwein sofort nach der
Impfung mit einem Farbenzeichen versehen.
Ich bemerke ausdrücklich, dass alle diese Vorsichtsmass-
regeln in peinlichster Weise beobachtet wurden. Es ist eine
beliebte Gepflogenheit der Impfstoffinstitute, den Grund für
etwaige Misserfolge in Versehen bei der Impfung zu suchen.
Ich möchte daher nicht unterlassen, zu betonen, dass gerade
jemand, der sehr viel impft, alle diese Handgriffe automatisch
mit unfehlbarer Selbstverständlichkeit und Zuverlässigkeit aus¬
führt. Jeder Practiker weiss das. Nur den Anfängern passiren
Versehen.
Bei den Schutzimpfungen nun (4357 Schweine) trat nur
ein einziges Mal, Anfang Januar d. J., auf dem Gute 0.
Impfrothlauf in leichter Form auf, sonst passirte nirgends
etwas. Im Gegentheil fiel mir auf, dass sich in keinem Be¬
stände auch nur die geringste Reaction zeigte, obgleich ich
anstatt der von der Landsberger Anstalt empfohlenen Culturdosis
von l /a hezw. 1 ccm stets 1 bezw. 2 ccm einspritzte.
Im Laufe des Sommers traten nun aber Todesfälle an Rothlauf
in den im Winter und Frühjahr geimpften Beständen auf.
1. Auf dem Gute Str., einem alten Rothlaufherd,
demselben, wo voriges Jahr die Nothimpfung so glänzend ver¬
sagte, wie ich Ihnen vorhin schilderte, wurde diesmal vor¬
sichtigerweise schon im April die Schutzimpfung vorgenommen.
Es wurden alle Schweine des Bestandes geimpft. Um Missver¬
ständnissen vorzubeugen, betone ich ein für alle Mal, dass alle
von mir geimpften Schweine ausser der Serumeinspritzung noch
zwei Culturinjectionen erhielten, gleichgültig ob es sich um
Impfungen mit Landsberger, Prenzlauer oder Höchster Impf¬
stoffe handelte.
Etwa zwei Monate später, Mitte Juni, brach dann der Roth¬
lauf in dem Bestände aus. Er trat genau so heftig auf wie
früher. In kurzer Zeit starben von den 31 Schweinen des
Gutes 11 Stück. Mithin hat sich die Impfung mit Landsberger
Impfstoff auf dem Gute Str.weder als Noth- noch als
Schutzimpfung auch nur im Geringsten bewährt.
2. Auf dem Gute G.. ebenfalls einem alten
Rothlaufherd, wurden im November v. J. 45, und von März bis
Anfang April 70 Schweine geimpft. Impfstoff Landsberg. In
den Monaten Mai und Juni starben hiervon im Ganzen 13 Schweine
an Rothlauf, und zwar gleichmässig von beiden Posten.
3. In einer grösseren Wirthschaft des Dorfes Ska.
wurden Ende April bis Anfang Mai 52 Schweine, grösstentheils
auf der Mast stehende 1 bis 2 Ctr. schwere und schwerere
Thiere, geimpft. Impfstoff Landsberg. Im Juli starben 15 Stück
an Rothlauf.
4. Auf dem Gute Stani.starb von 67 im Februar—März
geimpften Schweinen im Juli 1 Stück.
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668
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 48.
5. Auf dem Gate Gal.starben 3 im Mai geimpfte
Schweine im Angust an Rothlanf.
6. Auf dem Gate Zö . . . . starben von 57 im Jnli vorigen
Jahres geimpften Schweinen 5 Stück im Mai d. J. an Rothlanf.
Ob die Zahl der Misserfolge hiermit erschöpft sein wird,
werde ich erst nach der Rückkehr von meiner Urlanbsreise er¬
messen können.
In den Fällen 2, 4, 5 and 6 warde einem weiteren Umsich¬
greifen der Seache darch nochmalige Impfang der Bestände
and zwar im Fall 2, 4, 5 mit Susserin, in Fall 6 mit Lands¬
berger Impfstoff vorgebeugt. Dem Besitzer des Gats Str. (1)
war die Last zu weiteren Versuchen vergangen. Auch musste
ich ihm nach dem voijährigen Misserfolge selbst abrathen.
Der Schriftwechsel mit der Landsberger Anstalt verlief er-
gebnisslos. Die Anstalt lehnte zunächst jede Entschädigung mit
der Begründung ab, dass auch die beiden anderen Institute keine
Entschädigung gewährten. Ferner betonte sie, dass sie keinerlei
Verantwortung träfe, da ihre Impfstoffe staatlich geprüft würden.
Auf meine Anfrage, ob sich diese Prüfung etwa auch auf die
Culturen bezöge, musste sie mir natürlich verneinenden Bescheid
geben. Da ich meine Zeit besser verwenden konnte, brach ich
den aussichtslosen Schriftwechsel ab.
Es lag natürlich nahe, die Schuld an den Vorkommnissen
nicht sowohl in einem zu niedrigen Titre des Serums, als viel¬
mehr in einer zu geringen oder ganz fehlenden Virulenz der
Culturen zu suchen. Denn die Verwendung geringwerthigen
Serums hätte doch bei gleichzeitiger Einspritzung virulenter
Culturen nothwendigerweise zu Impfrothlauf führen müssen. Es
war natürlich nicht mehr möglich, diese Annahme für die w'eit
zurückliegenden Impfungen zu beweisen. Wohl aber konnten
die zu den laufenden Impfungen eintreffenden Culturen geprüft
werden. Darunter befanden sich häufig solche, die sich durch
ausserordentlich schwache, mehrfach auch durch ganz fehlende
Bacterientrübung auszeichneten. Ich untersuchte diese Culturen
und sandte dann, um mir einen einwandsfreien Zeugen zu
sichern, eine solche 50ccm-Cultur sofort nach ihrem Eintreffen
an das hygienische Institut der Thierärztlichen Hochschule in
Berlin. Herr Prof. Dr. Ostertag hatte die Güte, die bacterio-
logische Prüfung mittelst des Mikroskops der Cultur und des
Tliierversuchs vornehmen zu lassen, die zu dem interessanten Er¬
gebnis führte, dass die Cultur überhaupt keine Spur von
Rothlaufbacillen, weder von lebenden noch vontodten, enthielt.
Hiernach wird meine Vermuthung, dass alle jene Fälle
fehlender Immunität auf unbrauchbare Cultur zurückzuführen
seien, wohl zutreffen.
So bin ich denn in meiner Praxis jetzt glücklich bei
der dritten und letzten Bezugsquelle, der Vereinigung
deutscher Schweinezüchter angelangt. Wie ich schon er¬
wähnte, habe ich mit dem von dieser gelieferten Susserin und
den dazu gehörigen Culturen bisher 477 Schweine geimpft. Es
handelt sich theils um Noth-, theils um Schutzimpfung. Die von
den Versendern vorgeschlagene sprunghaft steigende Dosirung
habe ich nicht mehr beachtet, nachdem ich mich überzeugt
hatte, dass es auch anders geht. Dadurch wird die Impfung
bei kleinen Ferkeln erheblich billiger. Ich verimpfe das Susserin
stets in derselben Dosirung, wie die anderen Sera, 1 ccm pro
10 Kilo mit der Maasgabe, dass ich den Vorschriften ent¬
sprechend nach oben hin verhältnissmässig weniger injicire und
jedenfalls niemals über 15 ccm. gebe. Die vorgeschlagene Cultur-
dosis von l / 2 ccm habe ich eingehalten, einige Versuche haben
mir aber gezeigt, dass auch 1 ccm ohne Schaden vertragen
wird. Stets aber habe ich nach 14 Tagen noch eine zweite
Culturinjection (von 1 ccm) folgen lassen, obgleich die Ver¬
triebsstelle das für unnöthig erklärt.
Die Impfungen hatten in keinem Falle eine Reaction zur
Folge. Ferner sind Rothlauffälle in den mit Susserin geimpften
Beständen bisher nicht vorgekommen. Ich muss aber hervor¬
heben, dass meine ersten Susserinimpfungen erst in den Monat
Juni, die meisten aber erst in den Juli und August fallen.
Jedes Urtheil über den Werth der Susserinmethode wäre hier¬
nach also verfrüht. — Bemerkt zu werden verdient noch, dass
ich bei den Untersuchungen überschüssiger Culturgläschen regel¬
mässig sehr zahlreiche Rothlaufbacillen, mehrfach aber auch
Staphylococcen in geringer Menge fand. Eine an das hygienische
Institut der Thierärztl. Hochschule zu Berlin zusammen mit
einer Landsberger geschickte Cultur, beide von gleichem Alter,
lieferte dasselbe Ergebniss, und tödtete weisse Mäuse in 4 Tagen,
während die Landsberger, an Rothlaufbacillen sehr arme Cultur,
die Mäuse in 6 Tagen tödtete.
Die geschäftliche Erledigung der Bestellungen geschieht
pünktlich, die Verpackung und vor allem der Verschluss der
Culturgläschen sind jedoch mangelhaft. In beiden stellt die
Lieferstelle noch Verbesserungen in Aussicht.
Mittel zur Behandlung der Maul- und Klauenseuche.
Vorläufige Mittheilung.
Von
Jungers-MUhlhausen i. Eis.
Seit Jahren habe ich mich mit dem Studium der Maul- und
Klauenseuche beschäftigt, mit dem Endziel, ein Heil- bezw.
Schutzmittel zu finden. In letzterer Beziehung bin ich zu
keinem Resultat gelangt. Alle Impfversuche u. s. w. schlugen
fehl. Dagegen bin ich zufällig und nebenbei auf ein Arznei¬
mittel (oder vielmehr eine Composition) gestossen, welches einen
mich überraschenden Einfluss auf die Krankheit selber ausübte.
Das Mittel wird snbcutan in Dosen von 5—20 g injicirt.
Ich habe dasselbe planmässig in mehr als 200 Fällen an¬
gewendet. Die Schmerzen verschwinden danach bald und die
Heilung bezw. Vernarbung von Wunden vollzieht sich auffällig
rasch. Bei frühzeitiger Anwendung gelangen schwerere Er¬
scheinungen überhaupt nicht zur Entwicklung. Vielleicht lässt
sich also durch eine vorherige Injection ein eigentlicher Aus¬
bruch der Krankheit ganz verhindern. Ich kann noch hinzu¬
fügen, dass das Mittel billig sein wird. Weitere Mittheilungen
zu machen, bin ich derzeit wegen schwebender Verhandlungen
nicht in der Lage.
Referate«
Die Pferde SQdafricas und deren gefährlichste
Krankheiten, insbesondere die Malaria.
Von Hofrath Professor Dr. Zürn.
(Zeitschr. f. Thlermed. 1900, H. 2/3.)
Das Capferd ging aus einer Kreuzung des von den ersten
Colonisten Südafricaa (1656) aus Holländisch-Ostindien ein¬
geführten Javapferdes mit südamericanischen oder aus Persien
und Indien bezogenen Pferden hervor. Um diesem Product
mehr Masse zu geben, führten die angesiedelten Holländer dem¬
selben holländisches und ostfriesisches Blut zu, und als die
Engländer ihre Herrschaft in Südafrica begründet hatten, machte
sich auch beim Capferd der züchterische Einfluss des englischen
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29. November 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
569
Pferdes geltend. So bildete sich nach und nach bei den süd-
africanischen Pferden ein einheitlicher Typus heraus. Die
wesentlichsten Merkmale des Capferdes sind nachstehende:
Grösse 156—158. Kopf gross und verhältnissmässig leicht, Hals
schlank mit concaven unterm Rand. Rücken hoch, Kruppe kurz
und nach allen Seiten abschüssig, lange, schräg gestellte
Schulterblätter, lange Vorarme und Unterschenkel bei kurzen
Schienen. Den Capferden fehlen die Hornwarzen (Kastanien)
an den Hintergliedmassen häufig.
Das Capferd eignet sich am besten für den leichten Reit¬
dienst und kann wie das verwandte Burenpferd die grössten
Strapazen ertragen. Das Pferd des Orange-Freistaates ist
158—160 cm gross und auch zum leichten Zugdienst geeignet.
Es ist ein wenig hochbeinig aber ebenfalls zäh und ausdauernd.
Ein sehr geschätztes Transport- und Reitthier in Südafrika
ist auch der Basuto-Pony. Derselbe ist nur 150 cm hoch, kurz¬
beinig, langrumpfig, stark, sicher gehend auf zerklüfteten
Pfaden. Der Basuto reitet fast nur Trab und Galopp und ver¬
langt von seinem Pony oft übermässige Leistungen. Es wird
ein Beispiel angeführt, nach welchem ein Pony in 13 Stunden
etwa 131 km zurückgelegt hat.
Das Kaffernpferd ist klein und in Folge schlechter Pflege
verkümmert. Es soll das Aussehen des arabischen und persischen
Pferdes haben.
Von den Krankheiten der südafricanischen Pferde wird
zunächst ein Leiden genannt, welches mit „Pink-eye“ bezeichnet
wird. Dasselbe ist vermuthlich mit der Pferdestaupe (Roth-
laufseuche) identisch. Verfasser übersetzt den Ausdruck mit
„Blinzelauge“. Hierauf folgt eine Besprechung der malaria¬
artigen Krankheiten, welche durch verschiedene Fliegenarten
übertragen und von Blutparasiten aus dem Protozoünreiche ver¬
ursacht werden.
Von den schädlichen Fliegen ist besonders die Tsetsefliege
(Glossina morsitans) gefürchtet, unter deren Stichen Pferd, Rind,
Schaf, Kameel und Hund zu leiden haben. Diese Fliege trägt eine
Protozoe weiter, welche zu dem Genus Trypanosoma gehört.
Der Blutschmarotzer macht nach Dionisi nnd Grassi seine erste
Entwickelung in einem warmblütigen Wirbelthier durch. Der
definitive Wirth ist ein wirbelloses Thier (Fliegen, Mücken,
Mosqnitos, Zecken), in welchem durch Copulation die reifen
Protozoen entstehen, welche in die Wand des Mitteldarmes
ihres Wirthes wandern, sich dort einkapseln und innerhalb der
Kapsel Sporozoi'den bilden.
Ob der in Südafrica die Pferdebestände heimsuchenden
„Pferdesterbe“ eine malariaartige Ursache zu Grunde liegt, steht
noch nicht fest, kann aber nicht ganz von der Hand gewiesen
werden. Pferde, welche die Krankheit überstehen, erwerben sich
bekanntlich eine starke Immunität.
Weiter werden bei den südafricanischen Pferden noch be¬
obachtet: das maligne Oedem, der Milzbrand, die bösartige
Druse (Nieuwe Dikkop-Ziekte). Die Rotzkrankheit ist vor
IO Jahren aus Europa eingeschleppt worden.
Der letzte Abschnitt des Aufsatzes beschäftigt sich mit der
Vorbeuge und Heilung der Malariakrankheiten der Thiere.
Ein Fall von Peromelus abrachins in hnndesitziger Lage
bei einem Füllen.
Von IIu88on.
(Juurual de m£docino vötörinaire ot do Zootecbnfe. Juin 1900.)
Husson beschreibt seine Hülfeleistung bei der Geburt
eines Füllen. Der Kopf kam mit den Hufen der beiden Hinter- 1
beine in das Becken, die Vorderbeine fehlten. Nachdem der
Schaack’sche Geburtshalfter um den Kopf gelegt war, wurden
die Hinterbeine soweit zurückgeschoben, dass die Beugeflächen
der Fesseln gegen die vordere Wand des Schambeines standen.
Darauf wurden die Hinterbeine mit der Hand nach vorn gesetzt,
während zugleich am Kopf gezogen wurde. Das Füllen wurde
nun unter ziemlich grosser Zugkraft geboren; es lebte, starb
jedoch nach einer Minute. Die Stute genas. Von den beiden
Vorderbeinen war bei einem nur das Schulterblatt vorhanden,
bei dem andern das Schulterblatt und noch ein rudimentärer
Humerus. M. G. d. B.
Hochgradiger Scheidenvorfall und dessen sehr leichte
Reponirnng bei der Kuh.
Von M. Strebei.
(Schweizer Archiv für Thierbeilkunde Bd. XLII. Heft 6.)
Strebei behandelte jüngst einen sehr hochgradigen Fall
von Scheidenprolapsus, wobei die ganze Scheide mit dem Mutter¬
munde ausserhalb der Vulva lag. Der Vorfall hatte einen
Umfang von 2 Menschenköpfen. Das Thier drängte heftig. —
I Die Kuh wurde nun hinten hoch gestellt, die Scheide mit kaltem
Wasser gereinigt und mit einem langen, breiten, weichen Leinei -
tuche umhüllt. Die beiden Tuchenden wurden von zwei Ge-
hülfen nach abwärts umgedreht, zuerst leise, dann stets kräftiger,
während eine dritte Person einen kalten, starken Wasserstrahl
auf das Tuch goss. Der Operateur drückte den Vorfall mit den
Händen zusammen.
Nach anderthalb Minuten konnte die Scheide bequem reponirt
werden. Die Vulva wurde mit Messingbändchen geschlossen.
M. G. d. B.
Untersuchnngeu znr Aetiologie des Carcinoms und
über die pathogenen Blastomyceten.
Von G. Leopold.
(Arch. f. Gyn. 01. Band, 1. Heft. Ref. in Fortschr. d. Mod. B. 18, H. 41.)
L. konnte mit Hülfe eingehender Untersuchungsmetboden
(es wurden mehrere Hundert Carcinome untersucht) im frischen
Geschwulstgewebe Gebilde feststellen, die er für Blastomyceten
hielt. Von vier bösartigen Neubildungen des Menschen gewann
er ebenfalls Reinculturen gährungsfähiger Blastomyceten. Von
fünf mit frischem menschlichen Krebsgewebe angestellten Ueber-
tragungsversuchen auf Thiere fielen zwei positiv aus. 1. Nach
Einpflanzung in die Bauchhöhle beim Kaninchen entstand eine
atypische epitheliale Neubildung in der Lunge (Zeitdauer 4 Jahre,
5 Monate). 2. Bei einer gleichfalls intraperitoneal inficirten
Ratte bildete sich ein Adenosarkom in der Schenkelbeuge (Zeit¬
dauer 61 Tage). Nach Einspritzung einer aus menschlichem
Ovarialcarcinom gewonnenen Blastomycetencultur in die Hoden
von 5 weissen Ratten entstanden in einem Falle multiple Rund-
zellensarcome in der Bauchhöhle, au3 denen es wiederum gelang,
Blastomyceten in Reinkultur zu züchten. Fr.
Meine Erfahrungen mit der Lichttherapie.
Von Dr. H. Strebei.
(DeuUuho Medio. Wocheunohr. XXVI Xr. 27 u. 2K.>
Die Krankheitszustände, bei denen Strebel als leitender
Arzt einer grösseren „Elektrischen Lichtanstalt“ das Licht¬
wärmeverfahren angewendet hat, und seine Erfahrungen auf
diesem Gebiete sind folgende:
Beim Rheumatismus trat bereits nach 2—5maliger Be¬
handlung im Lichtkasten Besserung von kürzerer oder längerer
Dauer oder auch vollständiges Verschwinden der Schmerzen
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570
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 48.
ein; schwerere Fälle haben trotz energischer Behandlung gar
keine Besserung erfahren. In gleicher Weise standen bei der
Gicht einer geradezu frappirenden, schnellen, günstigen Reaction
wiederum äusserst resistente Fälle gegenüber; eine auffällige Beein¬
flussung vorhandener Gelenksteifigkeiten hat Strebei bisher noch
nicht f eststellenkönnen. Bei Nephritis sind specifische Heilwirkungen
nicht beobachtet worden. Einen deutlichen, ständigen Rück¬
gang des Eiweissgehaltes hat Strebei niemals constatiren können,
wohl aber Schwankungen sowie das Ausbleiben einer Erhöhung
desselben durch Fleischgenuss und Alcohol bei gleichzeitiger
Lichtbehandlung. Günstiger wurden durch die Lichtwärme¬
behandlung die Herzleiden beeinflusst. Die durch die strahlende
Wärme bedingte Ableitung des Blutes nach der Haut führte
zur ausgiebigen Entlastung der inneren Organe, die gesteigerte
Schweissproduction zur Entwässerung des Körpers und damit
zur verminderten Anstrengung des Herzens. Oedeme in Folge
von Herzleiden wurden in allen Fällen günstig beeinflusst, in
denen die Patienten — Oedematöse schwitzen schwer — leicht
zur Schweissbildung geneigt waren. So wurde in einem Falle
von Oedem beider Beine, bei dem eine neunwöchige medicamentöse
Behandlung fruchtlos geblieben war, nach 5 Lichtbädern völlige
Abschwellung der Beine erzielt. Den grössten Erfolg zeitigte
die Lichttherapie bei der Zuckerkrankheit. Strebei behandelte
neben anderen einen Fall, bei welchem seit 10 Jahren Diabetes mit
einem Zuckergehalt von 6,7% bestanden hatte. Unter ausgiebiger
Lichtbehandlung und innerlicher Verabreichung von Salicylsäure
ging bei gemischter Kost und Alcohol der Zuckergehalt innerhalb
4 Wochen auf 0,1% zurück. Später stieg in Folge einer dem
Patienten von anderer Seite verordneten reinen Pflanzenkost
der Zuckergehalt innerhalb 3 Wochen wieder auf 5%; die aber¬
mals angewandte Lichttherapie setzte auch diesmal wieder
innerhalb 3 Wochen den Zuckergehalt auf 2,5% und schliesslich
auf 0,1% herab. Bei der Fettleibigkeit und Fettsucht hat die
energisch durchgeführte Lichtwärmebehandlung ohne ängstliche
Kostauswahl stets zu einer deutlichen Gewichtsabnahme geführt.
Bei mangelhafter Beschaffenheit des Blutes in qualitativer und
quantitativer Beziehung führte sie nicht nur zur Vermehrung der
Zahl der Blutkörperchen, sondern auch zur Steigerung ihres
Gehaltes an Blutfarbstoff. Bei acuten katarrhalischen Zuständen
der Bronchien zeigte sich die Behandlung mit Lichtbad und
localer intensiver Bestrahlung äusserst wirksam, auch chronische
Katarrhe der Athmungsorgane wurden sehr günstig beeinflusst, be¬
sonders die mit Emphysem verbundenen in oft frappirender Weise.
Von den zahlreichen Nervenkrankheiten wurden vor Allem die
Neuralgieen stets günstig beeinflusst. Frische Fälle reagirten
meist unerwartet schnell und günstig, andere gingen jedoch nur
langsam zur Besserung über. Dass manche resistente Fälle
überhaupt nicht zum Heilungsabschluss kamen, schreibt Strebei
dem Uebelstande zu, dass die Patienten die Behandlung aus
pecuniären Gründen vor der Zeit abzubrechen gezwungen waren.
Ueber die Heilkraft der Lichttherapie bei der Syphilis hat
Strebel seine Versuche noch nicht abgeschlossen; das all¬
gemeine Lichtwärmeverfahren wie die locale Behandlung mit
concentrirtem, thunlichst kaltem Lichte haben zusammen bei
den bisher behandelten Fällen Vorzügliches geleistet. Den
besten Beweis für die Heilkraft der reinen Lichtstrahlen lieferte
die Behandlung von Wunden und Geschwüren. Zur hervorragend
bactericiden Kraft des Lichts gesellte sich die Steigerung des
localen Gefässtonus, die Reizung der Protoplasmathätigkeit und
damit die Neubildung und der Ersatz der verloren gegangenen
Gewebe, weniger durch Einlagerung von heterogenem Binde¬
gewebe als violmehr durch Proliferation des homogenen Gewebes.
Dr. Jess.
Kleine Mittheilnngen.
Pestmlttel.
Das W. T. B. berichtet aus Paris: Der aus Indochina
zurückgekehrte Dr. Yersin vom Institut Pasteur habe einem
Mitarbeiter des Matin erklärt, dass er glaube ein wirksames
Mittel gegen die Rinderpest gefunden zu haben, mit dem von
ihm hergestellten Serum werde man nunmehr in der Lage sein,
der Seuche sofort Einhalt zu thun. (?)
Communlcation der Pleurasäcke.
Gray führt im „Journ. of comp. path. a. therap.“ über
diese Frage Folgendes aus. Während einer Pleuritis besteht
eine Communication beider Pleurasäcke nicht, höchstens noch
im Beginn der Erkrankung. Verschiedene Thoracozentesen
ergaben, dass die ausgelassenen Flüssigkeiten beiderseits ver¬
schiedene Beschaffenheit hatten. Es ist auch leicht verständlich,
dass die sich bildenden falschen Membranen die kleinen nor¬
malen Löcher des Mediastinums schnell verklebt.
Bildung8anomalieu beim Schwein.
Görig beschreibt in der Dtsch. th. Wschr. No. 13, 1899
folgenden Fall: Die beiden Unterkieferäste waren in der Mittel¬
linie nicht vereint und von der dritten Prämolare ab derartig
im Bogen auswärts, aufwärts und einwärts gedreht, dass die
Schneidezähne sich gegenüberstanden. Der Zungenkörper war
gemeinschaftlich, die Zungenspitze jedoch gespalten. Auch im
Körper liess sich eine Spaltung der Zungenmusculatur durch
die Schleimhaut durchfühlen; jede Hälfte hatte nahezu die
Grösse einer gewöhnlichen Schweinezunge entsprechenden Alters.
Dass es sich nicht um eine doppelte Anlage handelte, ging
daraus hervor, dass z. B. die Papillae circumvallatae nur eben
an jeder lateralen Seite sassen. Ausserdem fand sich eine
gelappte Gallenblase und eine sogenannte Verdoppelung der
linken Niere, welche aus zwei Theilen bestand, die durch ein
gemeinsames lang ausgezogenes Nierenbecken und einen Harn¬
leiter zusammenhingen. (Dies wird übrigens auf dem Schlacht¬
hof öfter beobachtet.) Am interessantesten ist der Unterkiefer-
und Zungenbefund. Die Unterkieferspaltung ist ja leicht er.
klärlich, da der Unterkiefer überhaupt aus zwei Theilen besteht-
Die Zunge entsteht nach den Untersuchungen von Dnrsy
aus einer bilateralen symmetrischen Anlage, und zwar aus je
einem zum Unterkiefer gehörigen und einem hinteren Abschnitt.
Köllicker dagegen nimmt an, dass die Zunge als einfacher
nnpaarer Körper entsteht. Die Vorgefundene Spaltung der
Zunge scheint zu Gunsten der ersten Ansicht zu sprechen.
Gurlt erwähnt (pathologische Anatomie, Missbildungen) übrigens,
dass Rudolfi bei einem Schwein ebenfalls einen gespaltenen
Unterkiefer und eine gespaltene Zunge fand.
Die Beziehungen zwischen Hoden und Prostata.
Die Frage, in welchen Beziehungen der Hoden zur Prostata
steht, ist bekanntlich deshalb wichtig, weil die Vorsteherdrüse
bei älteren Leuten sich häufig vergrössert und man in der
Castration ein Mittel, die Vergrösserung zum Schwinden zu
bringen, gefunden zu haben glaubt. Es ist möglich, dass die
Veränderung der Prostata im Zusammenhang steht mit dem
Ausfallen der Hodenfunction resp. einer inneren Secretion aus
den Hoden, die allerdings nur vermuthet werden kann. Anderer¬
seits könnten auch Nervenleitungen zwischen Hoden und Pro-
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29. November 1900.
8tata bestehen. Fl oder ns hat in der Dtsch. Ztschr. f. klin.
Chir., Bd. 45, Untersuchungen darüber veröffentlicht. Er fand,
dass die beiderseitige Exstirpation der Hoden bei infantilen
Individuen im jugendlichen Alter einen Wachsthumsstillstand
der Prostata zur Folge hat. Die bei Prostatahypertrophie
älterer Individuen vorgenommene Entfernung des Hodens hat
nicht immer eine Volumenverminderung der Prostata zur Folge,
und namentlich bringt die einseitige Castration nicht immer eine
Umfangabnahme des Prostatalappens derselben Seite zu Wege.
UeberzShlige Milz bei einem Fohlen.
Von James Chalmers.
Vet. Rec. 1899 No. 589.
Ein Fohlen, welches angeblich seit seiner Geburt periodische
Koliksclimerzen geäussert hatte, wurde vom Verf. zum 1. Mal
am 14. August untersucht. Dasselbe bekundete ein sehr trauriges
Verhalten, zeigte alle Symptome der Kolik und machte unauf¬
hörlich Versuche, Koth abzusetzen. Es gelang ihm jedoch
innerhalb 9 Tagen nur wenige harte, mit dickem weissen Schleim
überzogene Kothballen hervorzupressen. Am 23. August ver¬
endete das Fohlen. Bei der Obduction fand sich am Anfang des
Rectum8 eine Art Tumor, welcher bei näherer Betrachtung das
Aussehen einer Milz hatte und auch auf dem Durchschnitt
diesem Organ glich. Im Innern des Gebildes befand sich eine
Höhle, welche mit dem Darmlumen in Verbindung stand.
Letzteres war an dieser Stelle gänzlich obliterirt, so dass der
Darminhalt durch die Höhlung passiren musste. Der Zugang
vom Darm aus hatte die Weite, dass der kleine Finger ein¬
geführt werden konnte, der Ausgang war wesentlich enger.
Die Höhle hatte die Grösse einer halben Citrone und enthielt
eine kleine Quantität von Sand und Ingesta.
Prof. Mc. Fadyean, welcher das Object näher untersuchte,
bestätigte, dass es eine Milz sei. Dieselbe war einen Fuss
lang, 4 Zoll breit und 1 V4 Zoll dick und übertraf an Grösse
die normale Milz, welche ihren Sitz an der gewöhnlichen Stelle
am Magen hatte.
Tagesgeschichte.
Protocoll der XXXIV. Generalversammlung des thier-
ärztlichen Provinzial-Vereins für Posen,
am 21. October 1900, abgehalten in den Räumen der
Freimaurer-Loge zu Posen.
Nach herzlichen Begrüssungsworten seitens des Rendanten
des Vereins, Herrn Thierarzt Herzberg, macht dieser den
in grosser Anzahl Versammelten die Mittheilnng, dass der Vor¬
sitzende, Herr Veterinär-Assessor Heyne, zu seinem lebhaftesten
Bedauern verhindert sei, an der heutigen Sitzung theilzuuehmen,
da er wegen Krankheit genöthigt sei, das Bett zu hüten. Er
habe ihm — Redner — den ausdrücklichen Auftrag gegeben,
den Anwesenden herzliche Grüsse und den beiden Herren
Jubilaren, Herrn Kreisthierarzt Frick und Herrn Kreisthierarzt
Reinemann, die besten Glückwünsche zu übermitteln. Auch
wünsche er den heutigen, interessanten Verhandlungen einen
guten und erfolgreichen Verlauf! Ferner sei auch der stell¬
vertretende Vorsitzende, Herr Departements-Thierarzt Peters,
sowie der Schriftführer Herr Dr. Foth durch Krankheit am
Erscheinen verhindert. Beide Herren haben auf telegraphischem
Wege ihrem Bedauern über ihr Nichterscheinen Ausdruck ge¬
geben und ebenfalls die herzlichsten Glückwünsche für die
beiden Herren Jubilare übersandt.
Nachdem die Versammlung von der Abwesenheit der ge-
671
nannten drei Vorstandsmitglieder mit lebhaftem Bedauern Kennt-
niss genommen, übernimmt Herr Kollege Herzberg den Vorsitz
und Herr Kreisthierarzt Prieur das Amt des Schriftführers.
Herr Herzberg verliest sodann, zum ersten Gegen¬
stände, „Geschäftliche Mittheilungen“ übergehend, Dank¬
schreiben der Herren Kollegen Frick und Reinemann für
die ihnen anlässlich ihres 50jährigen Jubiläums Seitens des
Vereins im Juni d. J. übersandten Glückwünsche und theilt mit,
dass Herr Thierarzt Klaeger wegen Verzuges aus der Provinz
Posen aus dem Verein ausgeschieden sei. Dagegen seien fünf¬
zehn Mitglieder, und zwar die Herren Heinick, Wodarg,
Kurschat, Sprenger, Dosse, Baum, Wagner, Stauf,
Dr. Magdeburg, Neubauer, Bauer H, Matzki, Gutfeld,
Poer8ch, Dr. Profe, im Laufe dieses Jahres neu aufgenommen,
und 4 weitere Herren, nämlich die Herren Zinnecker, Doege,
Platsch eck, Luchhau haben ihren Beitritt zum Verein an¬
gemeldet. Mit diesen hätte dann der Verein die stattliche Zahl
von insgesammt 76 Mitgliedern!
Bezugnehmend auf ein Rundschreiben des Herrn Vorsitzenden
an die Mitglieder des Vereins, vom 8. September v. J., be¬
treffend Besprechung der Angelegenheit über die Forderung des
Maturum als Vorbedingung iür das thierärztliche Studium mit
den Reichstagsabgeordneten der diesseitigen Provinz, erinnert
Herr Herzberg die anwesenden Mitglieder nochmals daran,
wegen der Wichtigkeit der Sache das Nothwendige möglichst-
bald zu veranlassen, da der Reichstag demnächst zusammentreten
und über die bezeichnete Frage voraussichtlich verhandeln werde.
Der Herr Vorsitzende (Veterinär-Assesor Heyne) habe bereits
im Juli d. J. den in seinem Kreise wohnenden Abgeordneten die
Nothwendigkeit der Maturität für das Studium der Veterinär¬
medizin persönlich vorgetragen und von diesen, dem Reichstags¬
abgeordneten Cegielski sowohl, wie dem Landtagsabgeordneten
Motty, in liebenswürdigster Weise die bestimmte Zusicherung
erhalten, mit allen Kräften für das Abiturientenexamen eintreten
zu wollen! Auch habe Herr Veterinär-Assessor Heyne
im März d. J. eine Abhandlung über diese Angelegenheit ver¬
fasst, welche als Leitartikel im Posener Tageblatt zur Ver¬
öffentlichung gelangt sei.
Jeder College müsse das Seinige thun, um diese Sache zu
einem für uns günstigen Abschluss zu bringen!
Zum zweiten Gegenstände der Tagesordnung, Wahl eines
Delegirten für die Centralvertretung der thierärzt¬
lichen Vereine Preussens an Stelle des ausgeschiedenen
Herrn Kreisthierarztes Dr. Felisch, schlägt Herr Herz¬
berg, dem Wunsche des abwesenden Herrn Vorsitzenden
entsprechend, vor, den Schriftführer, Herrn Dr. Foth, zu
wählen. Der Vorschlag wird mit grossem Beifall anfgenommen
und Herr Dr. Foth zum Delegirten gewählt.
Zum dritten Gegenstände der Tagesordnung, Vorlage
eines Entwurfs neuer Vereins-Statuten, liest Herr
Herzberg das vom Herrn Vorsitzenden unter Mitwirkung
eines Rechtsanwalts gefertigte neue Statut vor. Das Statut,
welches zur Erlangung der Rechtsfähigkeit des Vereins dem
hiesigen Amtsgericht vorgelegt werden soll, wird einstimmig
angenommen und der Vorsitzende ersucht, das weiter Er¬
forderliche zu veranlassen.
Es kommt sodann als vierter Gegenstand der Tagesordnung
derVortrag des Herrn Dr. Foth über Schutzimpfungen gegen
den Schweinerothlauf,*) durch Herrn Prieur zur Verlesung:
*) Siehe zweite Seite dieser No.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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572
BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 48.
In der Discussion über den mit grossem Beifall aufge¬
nommenen Vortrag heben die Herren Bermbach-Schroda
und Elschner - Kolmar hervor, dass es schwer sei, die
Culturen der betreffenden Impfstoffe entsprechend zu prüfen;
HerrElschner betont, dass auch durch microscopische Prüfung
der Nachweis der Rothlaufbacterien nicht leicht sei, bezw.
nicht immer gelinge.
Die Discussion erstreckt sich auch auf die Incubationszeit
des Rothlaufs und auf die Wirkung der Bacillen durch Toxine.
Die Impfung mit Culturen solle, wie Herr Jacobi-Pleschen
meint, die Incubationsdaner, die gewöhnlich auf drei Tage an¬
genommen wird, abkürzen.
Herr Marks-Posen bemerkt, dass der Vertrieb von
Reinculturen an Laien, wie er Seitens der Vereinigung der
deutschen Schweinezüchter notorisch erfolge, verboten werden
solle. Es möge sich damit event. eine Commission befassen,
welche in dieser Angelegenheit beim Herrn Minister vor¬
stellig werde, dass ein Verbot der Abgabe von Reinculturen
an Laien erlassen werde. In diese Discussion greift auch
Herr Schick-Wollstein ein. Derselbe giebt Erfahrungen über
Impfungen in einem grösseren Bestände an, wo nach der
Rothlaufimpfung sich veritable Schweineseuche zeigte und grosse
Verluste an dieser Seuche eintraten.
Herr Jacob äussert sich ebenfalls über die Nothwendigkeit
des Verbotes des Vertriebes der Reinculturen von Rothlauf an
Laien.
Herr Prienr-Jarotschin spricht sodann über die von ihm
beobachteten Ausbrüche von Schweineseuche nach Impfung gegen
Rothlauf im grösseren Bestände.
Herr Elschner-Kolmar betont, dass man sich strikte
nach den Verordnungen der Impfanstalten richten müsse;
überdies empfehle er besonders das Susserin.
Auf Anfrage des Herrn Schick, betr. Abheilung der
Schweineseuche, erwidert Herr Jacob, dass eine Abheilung der
Schweineseuche nie vorkomme, dass immer sogen, abgeheilte
Schweineseuchenherde zu Neuinfectionen über kurz oder lang
Veranlassung gäben. Er spricht dann über notorische Heil¬
erfolge der Impfung bei Rothlauf und über die reelle Wirkung
der Schutzimpfung, zu welcher er nur Prenzlauer Serum und
Culturen verwende.
Herr Bertelt-Ostrowo bestreitet, dass Schweineseuche
nicht abheile. Dem widerspricht Herr Jacob entschieden; der¬
selbe behauptet, dass nur eine totale Ausrottung aller Schweine
die Schweineseuche tilgen könne. Dasselbe behauptet auch
Herr Schick.
Der Antrag des Herrn Marks, den Vertrieb der Rein¬
culturen von Rothlauf unter Controle zu stellen, w’ird einstimmig
angenommen.
Die Versammlung beschliesst, die nächste Versammlung
wieder in Posen abzuhalten. Der Termin soll vom Vorstande
festgesetzt werden.
Als Lokal für fernere Versammlungen wird die Loge zu Posen
in Vorschlag gebracht; ein Beschluss wurde jedoch nicht gefasst.
Zum Schluss erfolgt der Bericht des Herrn Rendanten über
das Vereins-Vermögen.
Nachdem die zu Revisoren ernannten Herren Jacob und
Bertolt die fasse einer eingehenden Prüfung unterzogen und
dieselbe in Ordnung befunden haben, wird die Entlastung be¬
antragt und von der Versammlung ertheilt.
Um 2 Vj» Uhr Nachmittags Schluss der Sitzung.
Inzwischen hatten sich die zu Ehren der Herren Jubilare
erschienenen Damen in den Logenräumen eingefunden, woselbst
bald darauf das Festessen begann.
Den Reigen der Toaste eröffnet* Herr Herzberg mit
einem Toast auf den Kaiser. Dann folgte die Ansprache und
Beglückwünschung an den erschienenen Jubilar, Herrn Collegen
Frick, die, vom Herrn Vorsitzenden verfasst, verlesen wurde.
„Möge es Ihnen“, so schloss dieselbe, „vergönnt sein, noch
lange in gleicher Gesundheit, Rüstigkeit und geistiger Frische,
wie wir Sie heute noch vor uns sehen, segensreich zu wirken.
Möge es Ihnen beschieden sein, dereinst die letzten Tage Ihres
arbeitsreichen Lebens in stiller Ruhe gemessen zu können und
in dem Glücke Ihrer Kinder und Enkel reichen Lohn und hohe
Freude zu finden. Möge kein Unfall Ihnen diese Freude ver¬
kümmern, keine Wolke den Abend Ihres segensreichen Lebens
trüben!“
Ein donnerndes Hoch wurde dem Herrn Jubilar dargebracht,
ein Hoch, welches Zeugniss ablegte von der Hochschätzung und
grossen Beliebtheit, welcher sich derselbe bei seinen Collegen
allgemein erfreut!
Herr Frick dankte tiefbewegt.
Herr Schick schlug darauf die Absendung eines Glück¬
wunschtelegramms an Herrn Reinemann vor, (was auch geschah)
und toastete auf die Damen der Herren Jubilare, indem er
dabei dem Bedauern Ausdruck gab, dass dieselben dem Fest¬
essen nicht beiwohnen konnten.
Nachdem dann noch Herr Roskowsky eine Ansprache an
die Damen im Allgemeinen gehalten, auf welche Herr Herzberg
in humorvoller Weise erwiderte, blieben die Herren Festtheil-
nehmer und deren Damen noch längere Zeit mit dem Jubilar
vereinigt und, nachdem die Tafel aufgehoben war, trennte man
sich mit dem Bewusstsein, einen recht schönen und vergnügten
Tag verlebt zu haben
Der Vorsitzende. Der stellvertr. Schriftführer.
I. V.: Herzberg, Prieur.
Rendant.
Bericht über die Versammlung
des thierärztlichen Vereins im Reg.-Bez. Köslin zu Stolp
am 30. September 1900.
Der thierärztliche Verein im Regierungsbezirk Köslin hielt
seine Herbstversammlung am 30. September in Mund’s Hotel za
Stolp ab.
Es waren erschienen: Departements-Thierarzt Brietzmann-
Köslin, Schlachthof-Inspektor Drews-Bütow, Kreis-Thierarzt
Eichbaum-Stolp, Schlachthof-Inspector Nick el-Schlawe, Kreis-
Thierarzt Pan lat-Rummelsburg, Kreis-Thierarzt Sahm-Bublitz,
Kreis-Thierarzt Simnat-Schlawe, Schlachthof - Direktor Dr.
Schwarz-Stolp, Kreis - Thierarzt Spitz er-Dramburg, Kreis-
Thierarzt Swierzy-Colberg, Schlachthof-Direktor Oberrossarzt
a. D. Weidefeld-Rügenwalde und als Gäste Kreis-Thierarzt
Anders-Bütow, Oberrossarzt Reinliardt-Stolp nnd>Rossarzt
Träger-Stolp. Entschuldigt hatten sich die Kollegen: Kreis-
Thierarzt Marder-Glowitz, Thierarzt Schumacher-Köslin,
Schlachthof-InspektorTschanner-Köslin und Thierarzt Tetzsch-
Schlawe.
Nach Begrüssung der Versammlung durch den Vorsitzenden,
Departements-Thierarzt Brietzmann, und erfolgter Aufnahme
des Kollegen Anders-Bütow in den Verein, gab der Vorsitzende
einen kurzen Ueberblick über die Geschichte der Thierheilkunde
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29 November 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
B78
und gedachte besonders der Männer, denen unsere Wissenschaft
ihre heutige Stellung verdankt. Der Vortragende ging dann
über zu dem ersten Thema der Tagesordnung „Besprechung des
neuen Fleischschaugesetzes“, an welches sich eine rege Discussion
knüpfte, an der sich vornehmlich Eichbaum, Spitzer und
Dr. Schwarz betheiligten.
Der den zweiten Punkt der Tagesordnung bildende Vortrag
von Kreistierarzt Eichbaum - Stolp: „Wie gestaltet sich
die veterinärpolizeiliche Behandlung des Fleisches
nesselfieberkranker Schweine, wenn wir die Aetiologie
dieser Krankheit berücksichtigen?“ sei hier im Auszuge
wiedergegeben.
Die Schweineseuchen sind noch nicht lange erforscht, und
es bleibt auf diesem Gebiete noch viel zu forschen übrig. Am
bekanntesten ist uns die Rothlaufseuche geworden, haupt¬
sächlich in Folge der vielen Experimente, welche nach der Ent¬
deckung Lorenz’ bezüglich radikaler Therapie gemacht sind.
Demnach sind: 1. Rothlauf im engeren Sinne; 2. Rouget
blanc der Franzosen (acute, fieberhafte Rothlaufseuche ohne
Verfärbung der Haut); 3. chronischer Rothlauf mit oft folgender
und tödtlich werdender Endocarditis valvularis verrucosa; 4. diffuse
nekrotisirende Hautentzündung und Hautbrand; 5. Backstein¬
blattern und 6. Nesselfieber der Schweine aetiologisch alle
Rothlauf. Ausserdem kann der Schweinerothlauf noch latent
verlaufen. — Alle diese Behauptungen wurden durch einzeln
angeführte und genau beschriebene Beobachtungen aus der Praxis
des Referenten begründet. Besonders interessirte ein Fall: In
einem Schweinebestande herrschte Rothlauf, anscheinend latent,
denn alle Thiere waren, soweit sich wahrnehmen Hess, gesund.
Aus diesem Bestände wurden nach mehreren Orten zugleich
Ferkel verkauft. Sämmtliche verkauften, jedenfalls durch Trans¬
port, Klima- und Futterwechsel weniger widerstandsfähig ge¬
wordenen Thiere gingen innerhalb 24 Stunden an acuter
Rothlaufseuche ein, während der Restbestand gesund blieb. Es
wurden sodann die gerichtlichen Folgen dieser Angelegenheit
beleuchtet und die neue Gewährfrist für Rothlaufseuche der
Schweine (Kaiserl. Verordnung vom 27. 3. 99) in Berücksichtigung
solcher Thatsachen als viele Angriffspunkte bietend hingestellt.
Die meisten Beobachtungen hinsichtlich der Aetiologie der ver¬
schiedenen Seuchenformen machte Referent gelegentlich der
verschiedenartigen Impfungen gegen Rothlaufseuchen und zog
hieraus den Schluss, dass 1. die Virulenz und 2. die Menge des
vom Schweinekörper aufgenommenen Rothlaufcontagiums die
schwerere oder gelindere Krankheitsform allein bedingen, und
begründete dies durch seine Beobachtungen. Die Virulenz ist
oft schnell und auffallend wechselnd. Die Vorgänge, welche in
dieser Beziehung in der Natur sich abspielen, bedürfen noch
sehr der Forschung.
Wenn aber Nesselfieber eine Rothlaufform ist, so enthält
das Fleisch der hieran erkrankten Schweine Rothlaufcontagium.
In Folge dessen ist die Forderung zu stellen, dass das Fleisch
solcher Thiere veterinärpolizeilich genau so behandelt
wird, wie das derjenigen, welche an irgend einer andern Form
des Rothlaufs erkrankt sind. Sani tütspolizeilich sind nur die
Quaddeln als „verdorbene Essware“ zu entfernen.
An der sehr lebhaften Diskussion über den mit grossem
Beifall aufgenommenen Vortrag betheiligten sich besonders
Brietzmann, Spitzer, Weidefeld, Schwarz und Paulat und
wurde besonders über zahlreiche Impferfolge und auch Miss¬
erfolge berichtet.
Für den folgenden Vortrag von Dr. Schwarz-Stolp
„Ueber den Erlass des Ministers für Handel etc. vom
27. Juni 1900“ war das Interesse nicht so sehr rege, da ausser
dem Referenten nur noch 4 Kollegen von Schlachthöfen an¬
wesend waren. Da von den in Frage kommenden Städten mit
Schlachthöfen die betreffenden (zum Theil von den bezüglichen
Schlachthof-Vorständen ausgearbeiteten) Berichte bereits an die
Regierung abgegeben waren, so w r urde von der Aufstellung be¬
sonderer Sätze abgesehen.
Als letzter Punkt der Tages-Ordnung erfolgte die Be¬
sichtigung der neuen Cadaver-Verwerthungs-Anlage
auf dem Städt.-Schlachthofe unter Leitung des Unter¬
zeichneten Schriftführers. Die Anlage, ein Hartmannscher
Extractor (System Hartmann - Treber - Trocknung)
neuester Construction ist in dem Kellergeschoss des für Kälte¬
erzeugung- und Düngerhaus gemeinsamen neuen Gebäudes unter¬
gebracht und besteht aus 2 hellen grossen Räumen, in deren
einem die eigentlichen Apparate Platz gefunden haben, während
der andere als „Beanstandungs- und Obductionsraum“ dient.
Es werden nur die auf dem Schlachthofe vom Genuss für
Menschen ausgeschlossenen Cadaver und Cadavertheile sowie
geronnenes Blut, Hallenkehricht u. s. w. verarbeitet. Zu
diesem Zwecke erfolgt die Füllung der den Haupttheil des
Apparates darstellenden Trommel (Recipient) vom Dunghause
aus mittelst eines bis in die Trommel reichenden Trichters.
Die Anlage, welche nach den Plänen des Referenten ausgeführt
ist, fand den Beifall sämmtlicher Anwesenden. An anderer
Stelle, und nachdem mehr Betriebserfahrungen zu Gebote stehen,
soll ausführlich über die Anlage berichtet werden; doch sei
hier bereits bemerkt, dass die Rentabilität nicht zweifel¬
haft ist, vielleicht sogar noch ein kleiner Ueberschuss bleibt,
während gleichzeitig der Hauptzweck, die Entlastung der Kessel¬
feuerung von den zu verbrennenden Confiscalien, erreicht
würde.
Ein frugales Mahl in dem Versammlungslokal vereinte als¬
dann die Theilnehmer mit den Damen.
Brietzmann, Dr. Schwarz,
I. Vorsitzender. Schriftführer.
Nochmals die sonderbare Stellung der Landwlrthschaftskammer für die
Rheinprovinz quoad abitnrium.
Allgemein hat s. Z. die in mehr wie einer Hinsicht sonder¬
bare Antwort der rheinischen Landwirthschaftskammer, bezüglich
Stellung zum Abitnrium als Vorbedingung für das Studium der
Veterinär-Medicin, in thierärztlichen Kreisen Aufsehen und Be¬
fremden erregt.
Ich nahm daher Veranlassung, der Sache etwas näher zu
treten, und stattete einem Herrn, von dem ich voraussetzen
durfte, dass er in die Sache eingeweiht wäre und der als
langjähriges Vorstandsmitglied verschiedener grossen landwirt¬
schaftlichen Corporationen und als hervorragender Landwirth
mit den einschlägigen Verhältnissen durchaus vertraut ist, einen
Besuch ab, um über fragl. Antwort zu reden.
Zunächst bemerke ich, dass dieser Herr voll und ganz für
das Abitnrium als Vorbedingung zum thierärztlichen Studium
ist, in der Ueberlegung, dass die Thierärzte gar nicht genug
vorgebildet sein könnten, um ihre verantwortungsvolle Stellung
zu Nutz und Frommen der Landwirtschaft gleich von vorn¬
herein richtig zu erkennen, und weil es kein anderes Mittel
gäbe, die unfähigen und schiffbrüchigen Elemente, die der Land¬
wirtschaft mehr schädlich als nützlich seien, fernzuhalten. Er
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374
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 48.
theilt also ganz die Ansicht, die von jedem sachkundigen
Menschen als richtig anerkannt werden muss. Auch ist betr.
Herr der Ueberzeugung, dass kaum irgend ein Abgeordneter
zur Kammer am Niederrhein anderer Ansicht sei als er.
Aus der gepflogenen Unterredung halte ich mich zu
folgenden Schlüssen, die zugleich die Erklärung für die Ent¬
stehung der sonderbaren Antwort geben, berechtigt:
1. dass die Frage, bezügl. Vorbildung zum thierärztlichen
Fachstudium nicht auf der Tagesordnung gestanden hat, also
ein allgemeiner Kammerbeschluss nicht gefasst werden konnte
und somit von einer Antwort der Landwirthschaftskammer
eigentlich gar keine Rede sein kann;
2. dass kein Abgeordneter des Niederrheins um seine
Meinung gefragt wurde, obwohl doch gerade der Niederrhein
mit seiner ganz bedeutenden Viehzucht dazu berufen erscheint,
in dieser gerade ihn am meisten interessirenden Frage gehört
zu werden;
3. es muss daher angenommen werden, dass bei Abgabe
der Antwort nur die Ansicht eines oder einiger ohne Zweifel
sonst hervorragenden Männer zum Ausdruck gebracht ist, die
in dieser Frage jedoch nichts weniger als competent erscheinen;
4. darf ich annehmen, dass, wenn qu. Frage noch vor das
Plenum der Kammer kommen sollte oder sonst sich Gelegenheit
dazu bietet, die gegenteilige Ansicht der Landwirthe des
Niederrheins gegenüber dem Beschlüsse resp. der Antwort der
Landwirthschaftskammer zam Ausdruck gebracht werden wird.
Es dürfte vielleicht sich der Mühe lohnen, wenn die Central-
Vertretung auch etwaige andere nicht zu verstehenden ab¬
lehnenden Antworten auf ihre Genesis hin prüfen wollte.
Vielleicht sind auch diese auf dieselbe oder ähnliche Art
und Weise entstanden. Gustav Siebert,
pract. Thierarzt.
Georg Hermann f.
Ein tragisches Geschick hat sich soeben erfüllt, indem einer
der hervorragendsten unserer bayerischen Collegen, der königl.
Bezirksthierarzt für den Verwaltungsbezirk München I, Herr
Georg Hermann dahier am 10. ds. Mts. nach langem, qual¬
vollem Leiden in der Blüthe seiner Jahre aus diesem Leben
abberufen wurde. Georg Hermann war geboren am 31. März
1864 zu Windsbach, bezog nach beendeten Gymnasialvorstndien
im Jahre 1881 die k. Centralthierarzneischule zu München und
erhielt an dieser im Jahre 1885 die thierärztliche Approbation.
Nach Erfüllung seiner Militärpflicht im kgl. 1. Chevanxlegers-
Regimente fungirte Hermann einige Monate lang als Assistent
seines Vaters, des kgl. Bezirksthierarztes Rudolf Hermann
in Schwabach und hierauf vom 1. November 1886 bis 1. Novem¬
ber 1888 als klinischer Assistent an der kgl. Centralthierarznei-
schule München. Am 2. November 1888 übernahm Hermann
die Districtsthierarzt8telle Schillingsfürst, welche er bis zum
30. Juni 1889 bekleidete; hierauf trat er als städtischer Thier¬
arzt in den Dienst der Stadt Schwabing und nach deren Ein¬
verleibung in die kgl. Haupt- und Residenzstadt München in
den Dienst der letzteren. Als städtischer Thierarzt in München
erhielt Hermann unterm 25. Juni 1891 die Befugnisse eines
Bezirksthierarztes; vom 16. November 1892 an wurde ihm auf
Ansuchen die Stelle des Bezirksthierarztes für den Verwaltungs¬
bezirk München I verliehen und ferner durch Entscliliessung
des kgl. Staatsministeriums des Innern für Kirchen- und Schul¬
angelegenheiten, vom gleichen Tage an die Leitung des ambula¬
torisch-klinischen Unterrichtes an der kgl. thierärztlichen Hoch¬
schule als Nebenfunction übertragen. Das Präsidium der kgl.
Regierung von Oberbayern betraute Hermann mit der ver¬
tretungsweisen Führung des Veterinärreferates an der kgl.
Regierung bei Verhinderung des kgl. Kreisthierarztes; in den
Jahren 1898 und 1899 gehörte Hermann der amtsthierärzt¬
lichen Prüfungskommission als Mitglied an und hielt im Winter¬
semester 1899/1900 aushilfsweise an der kgl. thierärztlichen
Hochschule Vorlesungen über gerichtliche und polizeiliche Thier¬
heilkunde.
Schon die Vielseitigkeit der Verwendung in so wichtigen
Stellungen beweist, welch’ hohen Ansehens und Vertrauens sich
Hermann allerwärts erfreute, und er hat dies auch vollauf
verdient. In Hermann verbanden sich die schönsten mensch¬
lichen Eigenschaften mit gediegener, allgemeiner und fachlicher
Ausbildung zu einem harmonischen Ganzen, welches ihn als
Zierde unseres Standes erscheinen liess. Die vielseitige Thätig-
keit als praktischer und amtlicher Thierarzt wie als Lehrer gab
ihm Gelegenheit, sein reiches Wissen und Können weit über
seinen engeren Wirkungskreis hinaus zu bekunden, sein persön¬
liches Auftreten, sein lauterer, offener Character, seine un¬
bestechliche Wahrheitsliebe, sein köstlicher, nie verletzender
Humor und seine glückliche Beredsamkeit gewannen ihm auch
ausserhalb der Berufssphäre in allen Schichten der Bevölkerung
zahlreiche wahre Freunde und Anhänger. So kam es denn,
dass an Hermann trotz seiner Jugend wiederholt das Ansinnen
erging, die Vertretung seiner Mitbürger in öffentlichen Corpora-
tionen zu übernehmen, und dass er noch im heutigen Frühjahre
von den vereinigten Collegien der kgl. Haupt- und Residenz¬
stadt München als stellvertretendes Mitglied des oberbayrischen
Landrathes gewählt wurde.
Schien es nach alledem, als sollte Hermann, welcher sich
seit seiner am 26. April 1893 mit Fräulein Amalie Baumeister
vollzogenen ehelichen Verbindung des glücklichsten Familien¬
lebens erfreute, eine glänzende Laufbahn beschieden sein, so
wurde diese Hoffnung leider nur allzubald zerstört. Schon
seit Beginn des letzten Winters fiel es seinen Angehörigen
und Freunden auf, dass der junge, früher kraftstrotzende Mann
körperlich zusehends abnahm, und dass er seinen Berufs¬
pflichten nur mehr mit Aufbietung aller Willenskraft nach-
kommen konnte. Diese Wahrnehmung gab umsomehr zu Be¬
sorgnissen Anlass, als Hermanns Vater im Alter von 59 Jahren
einem langwierigen, bösartigen Darmleiden erlegen war. Nur
mit Mühe gelang es, unseren lieben Freund und Collegen zu
bewegen, dass er sich einer ärztlichen Untersuchung unterzog;
er ahnte offenbar, dass diese ihm eine traurige Gewissheit
bringen würde. Ende Juni w’urde von befreundeter ärzt¬
licher Seite das Vorhandensein einer Neubildung im Mast¬
darme festgestellt, und nun entschloss sich Hermann mit
der ihm eigenen Energie sofort den einzigen Schritt zu
tlmn, welcher möglicherweise Rettung bringen konnte;
dieser Entschluss erforderte um so grösseren Heroismus,
als Hermann damals an der Schwelle der Beförderung stand,
welcher er aller Wahrscheinlichkeit nach entsagen musste,
wenn er längere Zeit an das Krankenlager gefesselt blieb.
Eine am 2. Juli 1. J. im städtischen Krankenhause r/I. von
Hofrath Dr. Brunners Meisterhand ausgeführte schwierige
Operation überstand Hermann glücklich, und es schien, als
sollte der schwere Eingriff, welcher den Kranken zunächst
von den quälendsten Schmerzen nnd der unmittelbar drohenden
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29. November 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
575
Lebensgefahr befreite, von länger dauerndem, gutem Erfolge
sein; allein nur zu bald zeigte sich, dass die von Anfang an
höchst ungünstig gestellte Prognose ihre volle Berechtigung
hatte. Das Uebel breitete sich nach kurzem, von sichtlicher
Hebung des Allgemeinbefindens begleitetem Stillstände mit
unheimlicher Schnelligkeit aus, und nun begann für den
Kranken neuerdings eine Zeit schwerer Leiden. Was ärztliche
Kunst und aufopferndste Pflege zur Linderung desselben beizu¬
tragen vermochten, geschah, aber bei der Natur der Krankheit
konnte der Erfolg nur gering sein, und es bedurfte der ganzen
Willenskraft und Seelenstärke des armen Collegen, lange Wochen
hindurch die furchtbaren Schmerzen fast ohne ein Wort der
Klage zu ertragen; so erschien denn der am 10. d. M. ein¬
getretene sanfte Tod als willkommener Erlöser des stillen
Dulders.
Der Verlust, den die schmerzgebeugte Gattin, die treuen
Geschwister und die übrigen Verwandten des Verblichenen zu
betrauern haben, ist ein unersetzlicher; mögen die hartgeprüften
Hinterbliebenen einigen Trost finden in dem Gedanken, dass
auch wir, die Freunde und Collegen des allzufrühe und unter
so traurigen Umständen Dahingeschiedenen diesen Verlust nicht
minder schwer empfinden, und dass das Andenken an Georg
Hermann bei Allen, die ihn kannten stets ein ehrenvolles und
gesegnetes bleiben wird.
München, im November 1900.
Schwarzmaier, k. Kreisthierarzt.
Nachruf.
Am 11. November verschied hierselbst nach langem Leiden
im soeben vollendeten 78. Lebensjahre der Regiments-Thierarzt
a. D. Ludwig Rohling.
Sein Tod hat nicht nur inmitten der Thierärzte, sondern
auch in weiteren Kreisen tiefe Trauer hervorgerufen.
Er war einer unserer besten, dem wir jederzeit mit grösster
Achtung begegneten.
Biederkeit und gerader Sinn, Aufrichtigkeit im Umgänge
mit Jedermann, dabei bescheiden und selbstlos — das waren
die Grandzüge seines Characters.
Er genoss vermöge seiner umfangreichen practischen, na¬
mentlich operativen Kenntnisse allseitiges Vertrauen, das ihm
solange erhalten geblieben ist, bis seine körperlichen Kräfte den
Dienst versagten und er sich in ein bescheidenes Privatleben
zurückzog.
Unserem Vereine hat er treu gedient mit Rath und That.
Als Röhling vor fünf Jahren das Fest seines 50jährigen
Jubiläums begehen konnte, wurde er in Würdigung seiner viel¬
fachen Verdienste zum Ehren-Mitgliede unseres Vereins ernannt.
Noch bis zum letzten Athemzuge hat er für thierärztliche
Fragen stets ein grosses Interesse bekundet und persönlich habe
ich häufig Gelegenheit gehabt, zu hören, wie wohlthuend es ihn
berührte, mit Collegen über Vergangenes zu plaudern.
Nun ruht er aus nach einem arbeitsreichen Leben, welches
ihm Glück und Segen in so reichlicher Fülle gespendet hat.
„Möge er in Frieden rahn!“
Wir beklagen in dem Todten einen wahrhaften Freund und
Collegen, dessen wir, wenn und wo auch sein Name genannt
wird, stets in Ehren gedenken wollen.
Cassel, 20. November 1900.
Im Namen des Vereins Kurhessischer Thierärzte
Tietze, Vorsitzender.
Central-Vertretung.
Im November 1888 ist von der Central-Vertretung pp. be¬
stimmt worden, dass jeder ihr angeschlossene Verein für jedes
seiner ordentlichen Mitglieder einen einmaligen Beitrag von
75 Pfg. an die Kasse der Central-Vertretung entrichten soll.
Dieser Verpflichtung haben bisher nur die Vereine der Provinzen
Sachsen, Hannover, Ostpreussen und Brandenburg, der Verein
des Regierungsbezirks Köslin und der ehemalige Verein der
beamteten Thierärzte des Regierungsbezirks Magdeburg ent¬
sprochen. Die Herren Vorsitzenden der übrigen Vereine er¬
laube ich mir daher, wie dies schon wiederholt in den Sitzungen
der Central-Vertretung geschehen ist, dringend zu ersuchen,
alsbald die Zahlung der schon so lange rückständigen Beiträge
veranlassen zu wollen.
Trier, den 25. November 1900.
Der Kassirer der Central-Vertretung der
thierärztlichen Vereine Preussens
Dr. Steinbach.
Central-Vereln preussischer Kreisthierärzte.
Einladung zu der am 14. December er., Nachmittags 2 Uhr,
im Hotel zu den Vier Jahreszeiten in Berlin, Prinz Albrecht-
strasse 9, stattfindenden Versammlung.
Tagesordnung:
1. Gründung des Vereins.
2. Vorstandswahl.
3. Statuten-Beratlmng.
4. Verschiedenes.
Thunecke.
Bticheranzeigen und Kritiken.
Trattato di Tecnica e Terapeutica Chirurgica generale e speciale
degli Animali Domestici. Vol. n. Tecnica e Terapeutica
Chirurgica Speciale. Testa e Tronco del Dott. N. Lanzlilotti
Buonsanti, Professore di Chirurgia etc. Milano, 1897.
Der erste Band des im grossen Stile angelegten Werkes
erschien im Jahre 1888 und behandelte die allgemeine Chirurgie.
Der vorliegende zweite Band enthält die specielle Chirurgie des
Kopfes und Rumpfes und in einem dritten Bande sollen nach
dem Plane des Verfassers die Krankheiten der Extremitäten
erledigt werden.
Das weite Gebiet der chirurgischen Krankheiten des Kopfes
und Rumpfes der Hausthiere wird auf 1056 Seiten dargestellt.
Die übersichtliche und klare Anordnung des sehr reichen Inhaltes
lässt sich mit der musterhaften Einrichtnng des chirurgischen
Institutes der thi er ärztlichen Hochschule zu Mailand in Parallele
bringen, an dessen Spitze der Verfasser seit langen Jahren
steht. In dieser Stellung war es ihm möglich, ein umfassendes
Material zu sammeln und alle Methoden der operativen Praxis
bei den Hausthieren zu erproben. Dieser langjährigen Erfahrung
entspricht die Reichhaltigkeit der Capitel, in welchen auch
viele originelle Methoden der chirurgischen Behandlung geboten
werden. Es ist hervorzuheben, dass jedem Abschnitt ein voll¬
ständiges Verzeichniss der auf den Inhalt bezüglichen Publi-
cationen vorangestellt ist. Ein Vorzug ist auch darin zu er¬
blicken, dass über die Anlegung und Einrichtung von Ver¬
bänden an den einzelnen Körpertheilen in besondern Capiteln
eingehende Beschreibungen geliefert werden. Jede Verbandform
wird durch instractive Figuren vor Augen geführt. Bei
schwierigen Operationen wird eine genaue Topographie der
regio operat. vorausgeschickt.
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576
BERLINER THIERÄRZTLICHE W0CHEN8CHRIFT.
No. 48.
Das Buch ist in leicht fasslicher Sprache geschrieben, so-
dass eine nutzbringende und erfolgreiche Lectüre desselben
auch schon mit geringer Kenntniss des Italienischen betrieben
werden kann. Die Orientirung und das Verständniss werden
durch 528 Zinkotypien erleichtert, welche grösstentheils in
originaler Ausführung im Texte vertheilt sind.
Der vorliegende Band erfüllt somit alle Anforderungen einer
wissenschaftlichen Chirurgie, und das vollendete Werk dürfte
somit eine Zierde der Veterinär-Literatur bilden.
Werke über die Gewährleistung beim Viehhandel.
Es sind folgende Werke der Redaction zugestellt worden,
deren eingehendere Besprechung uns des Raumes wegen un¬
möglich ist: 1. von Rechtsanwalt Dr. Hirsch und Oberamts¬
thierarzt Nagel beide in Ulm. Verlag von Kohlhammer in
Stuttgart. Erschienen ist der erste (juristische) Theil 200 Seiten
Gross-Octav.
2. Von Rechtsanwalt Meissner-Würzburg, hübsch aus¬
gestattet, 160 Seiten klein Octav, Schweitzer Verlag München.
3. Von Oberamtsrichter Bab 1-Straubing, zweite Auflage
120 Seiten Duodez. Verlag Palm & Enke, Erlangen. Die
beiden vorgenannten kleinen Werke haben ausschliesslich Juristen
zu Verfassern, werden also für Juristen und Laien bestimmt sein.
Das unter 3 genannte enthält auch die bayerische Vieh-Ver¬
sicherungs-Gesetzgebung, Körordnung etc.
4. Vom Bezirksthierarzt Dr. Ellinger-Derrabach (Grossh.
Sachsen-Weimar) 68 Seiten klein Octav, Preis 35 Pfg. Selbst¬
verlag.
5. Rathgeber beim Viehhandel von Kreisthierarzt Bischnff-
Falkenberg, Oberschlesien. Verlag bei Bartelt ebenda. 11 Seiten
klein Octav, gut ausgestattet.
6. Vom Districtsthierarzt Beck in Heidenheim. 40 Seiten
Duodez. Verlag von Palm & Enke, Erlangen. — Die unter
4—6 genannten Broschüren sind für den Gebrauch des Land¬
manns bezw. Thierbesitzers überhaupt geschrieben und erfüllen
ihren Zweck alle drei in practischer Weise.
Personalien.
Ernennungen etc.: Gewählt: Tliierarzt A. Weich eit zuin
Sanitätsthierarzt in Berlincheu.
Approbationen: ln Berlin die Herren: Arthur Düring, Alfred
Eichler, Paul Voigt.
Promotion: Thierarzt Karl Schulz von der philosophischen
Faeultät in Rostock zum Dr. phil.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die Thier¬
ärzte Born von Berlin nach Leipzig, F. Durst als bczirkstliier-
ärztlicher Assistent nach Aniberg, Otto Manegold nach Breslau,
Dr. Karl Schulz von Rostock nach Berlin. — An Stelle des
Thierarzt Geiger hat sich Tliierarzt Theodor Grottenmüllcr-
Baunach in Stadtlauringen niedergelassen.
I.i der Armee: Dem Rossarzt d. L. 2. Kuders ist der Abschied
bewilligt worden.
Todesfälle: Kreisthierarzt Heck in Lippstadt.
Vakanzen.
Kreisthierarztstellen etc.: Nach Ablauf der Meldefrist noch
unbesetzte Stellen: Reg.-Bez. Coblenz: Simmcrn. — Reg.-Bez.
Düsseldorf: Landkreis Krefeld. — R.-B. Hannover: Springe. —
R.-B. Potsdam: Angenuündc.
Sanit&tsthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Elbing: Assistenzthierarzt am Schlachthof (Privatpraxis gestattet).
Bewerbungen mit Gehaltsansprüchen innerhalb 4 Wochen an den |
Magistrat. — Lauenburg: Schlachthofvorsteher (1800 M. steigend 1
bis 2700 M. Wohnung etc. 500 M. Caution). Bewerb, an den *
Magistrat. ;
b) NachAblauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Beuthen (Oberschles.): Schlachthofassistenzthierarzt. — Düren:
Schlachthofdirector. — Hartha i. Sachs.: Sanitätsthierarzt. —
Köln: Schlachthofthierarzt. — Königsberg(Ostpreusen): Schlacht¬
hofthierarzt. — Mainz: Schlachthofthierarzt. — Meseritz: Schlacht-
hofthierarzl. — Ottweiler (Bezirk Trier): Schlachthausverwalter. —
Oelsnitz (Sachsen): Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleisch¬
beschau. — Pössneck: Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau.—
Punitz i. Pos.: Thierarzt für Schlachtvieh beschau. — Salz¬
wedel: Schlachthof-Vorsteher. — Trier: Hilfsthierarzt am Schlacht¬
hof. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. — Wolken -
stein: Schlachthofthierarzt — Woliste in (Posen): Schlachthof¬
inspector.
Privatstelien: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neustadt).
— Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck
(Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pillkallen). — Murrhardt — Schön¬
baum (Danzig). — Soldau (Ostpr.).
1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. — Festen¬
berg Bez. Breslau. — Jade (Oldbg.): Thierarzt. — Marggrabowa
(Kreis Oletzko). — Mengeringhausen (Waldeck.) — Peis-
kretscham (Ober-Schles.). — Rhinow (Reg.-Bez. Potsdam). —
Scliloppa (Westpr.). — Schwarzenberg i. S. — Sonnen¬
burg. — Suelze (Mecklb.). — Wadern (Bez. Trier): Thierarzt
zum 19. November er. (Fixum 600 M. und 280 M. für Ueberwachung
der Märkte). Bewerb, bis 10. November an den Bürgermeister. —
Wolgast: Tliierarzt (ca. 6000 M. Einkommen).
Besetzt: Kreis thierarztstelle in Kleve.
Nach Schluss der Redaction eingelaufen.
Thierzucht.
In No. 21 der ,,Landwirtschaftlichen Zeitschrift für die
| Rheinprovinz“ befindet sich folgende Bekanntmachung: „Die
i Unterzeichnete Landwirthschaftskammer beabsichtigt, zwei Vieli-
j zucht-Inspectoren anzustellen, die eine gründliche wissen-
] schaftliehe Ausbildung mit genügender practischer Erfahrung
! auf dem Gebiete der Viehzucht vereinigen. Die Höhe des Ge-
I haltes bleibt weiterer Vereinbarung überlassen. Bewerbungen
j mit ausführlichem Lebenslauf, Studiengang und Gehaltsansprüchen
| sind zu richten an die
Landwirthschaftskammer der Rheinprovinz in Bonn.“
Wie wir von unterrichteter Seite erfahren, werden Be¬
werbungen von Thierärzten eventuell Berücksichtigung finden:
wenigstens bestand bis vor Kurzem in massgebenden Kreisen
; die Absicht, die zunächst geplante eine Stelle unter der Hand
mit einem Thierarzte zu besetzen. Wir können daher im
Standesinteresse nur wünschen, dass sich möglichst viele Collegen,
die längere Zeit in der Praxis gestanden haben, um die aus¬
geschriebenen Stellen bewerben.
Thierärztlicher Verein zu Berlin.
Einladung zur Sitzung am Montag, den 3. December 1900,
Abends 8 Uhr im Rathskeller.
Tagesordnung:
I. Vereinsangelegenheiten.
1. Aufnahme-Gesuch des Herrn Collegen l)r. Bündle.
2. Vervollständigung der Satzungen.
3 Besprechung der VII. Plenar-Versammlung der Central-
Vertretung der thierärztlichen Vereine Preussens.
4. Neuwahl des Vorstandes und der Delegirten für die
Central-Vertretung und den Veterinärrath.
II. Vortrag, Herr Oberrossarzt a. D. Giesecke: Der Einfluss
des Hufraechanismus auf den Verlauf der Hufkrankheiten.
IH. Mittheilungeu aus der Praxis.
Der Vorstand.
I. A.: Neumann, Schriftführer.
Verantwortlich fUr den Inhalt (excl. Inseratcnthoil): I'rof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schootz in BorUn. — Druck von W. BQxenstein, Berlin
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Die „Berliner Thicrärxtliche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in Stärke von mindestens 1*' ? Bogen. Dieselbe
ist ru beziehen durch den Hnrlilinmlel. die l’ost (No. 1082t
oder durch die Ycrlncsli'u-liliniiilliin;- von Hichard
Schoctz, Berlin NW., Luisenstrasse 30, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeitrige werden mit 50 Bk. für den Bogen lionorirk
Allo Manuscripte, Mittheilitngen und redactioneilen An¬
fragen boliebo man zu senden an Prof. Dr. Sehinaltz,
Berlin thierärztliche Hochschule, NW., Luiscnstrasse 56.
Corrccturen, Iteeensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz-Berlin.
Verantwortlicher Redacteur.
De Bruin Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel Zündel
Professor Oberthierarzt Departcmentsihicrnrzt Professor Dcpartcment-thiciarzt Veterinürassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreb thierarzt
Utrecht. Hamburg. Cöln. Breslau. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900. 49 . Ausgegeben am 6. Deccmber.
Inhalt: Graul: Praktische Erfahrung hei der Rothlaufimpfung. — Meier: Feststellung des Milzbrandes und Be¬
seitigung der Milzb randcadaver. — Referate: Rossel und Weber: lieber die Haemoglobinurie der Kinder in Finland.
— Morgan: Ticks and Texas fever. — Steger: Massenerkrankungen beim Rindvieh. — Huber und Eisen: Jodkalium bei
Lebercirrlmse. — Monsarrat: Inversin et Prolapsus Uteri. — Jarvein: lieber die Ursache des acuten Milztumors bei Ver¬
giftungen und acuten Infectionskrankheite». Physiologische Funktion der Milz. — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte:
VII. Plenar*Versammlung der Central-Vertretung der thierärztlichen Vereine Preussens zu Berlin. — Herbst-Sitzung des Vereins
schlesischer Thierärzte in Breslau. — Verschiedenes. — Personalien. — Vacanzen.
Praktische Erfahrung bei der Rothlaufimpfung.
Vortrag gehalten in der Herbst - Versammlung des
Vereins schlesischer Thierärzte
von
Graul-Oppeln.
KrcUthii’rarzt.
(Vergleiche das Protocoll pg. 5Hf> dieser Nummer.)
Feber den Werth der Schutzimpfung gegen den Rotlilauf
der Schweine ist in der letzten Zeit soviel geschrieben und ge¬
sprochen worden auch an dieser Stelle, dass ich alle allgemeinen
Gesichtspunkte heute übergehen und mich gleich zu den Fragen
wenden kann, die mich veranlasst haben, hier zu sprechen.
Diese Fragen sind: 1. Die der wirklichen Dauer des
Impfschutzes, 2. die der Entschädigung für Impf¬
verluste und 3. die Frage der Laienimpfung.
M. H. Die Impfung nach Pasteur und die mit Porcosan
werden zur Zeit, wo uns bessere Methoden und bessere Impf¬
stoffe reichlich zur Verfügung stehen, nur noch von einer kleinen
Anzahl von Thierärzten angewandt, sodass diese Methoden ausser
Betracht bleiben können. Die anderen Methoden, die Lorenz’sche
und die mit Höchster Susserin bezw. nach Schütz sind in ihrem
Wesen ja fast identisch. Beide haben die Impfung mit Serum
und Cultur, Lorenz mit enger bestimmten Dosierungen, Schütz
mit weiteren Dosen. Beide wenden jetzt die Simultanimpfung
an, Lorenz mit dem Unterschiede, dass bei Znchtthieren eine
zweite Culturdosis nach 12—14 Tagen eingespritzt wird. Beide
versprechen durch ihre Methoden eine längere Immunität. Wie
lange hält nun aber diese Immunität vor?
Bekannt ist, dass durch die Einspritzung von Serum allein,
— die Herkunft desselben ist dabei gleichgültig — eine Immu¬
nität gegen die Rothlaufinfection nur für einige Wochen er¬
reicht wird; diese Zeit wird im Maximum 5 Wochen nicht über¬
schreiten. Die Serumimpfung findet als Nothimpfung zuweilen
noch Anwendung in bereits verseuchten Bestünden, wo mit Rück¬
sicht auf eine etwa schon stattgefundene Tnfection die Cult-ur-
injeetion vermieden wird. Dass diese Nothimpfung unzweck¬
mässig ist, leuchtet ein, denn die Kosten derselben stellen sich
dadurch, dass die erkrankten und die inficirten Thiere die so¬
genannte Heildosis d. h. die doppelte, dreifache oder noch
i höhere Dosis erhalten müssen, event. theurer als die Schutz¬
impfung (Culturserumimpfung), und die Immunität ist un-
| genügend, weil zu kurz. Was nützt dem Besitzer, der mit der
Impfung wartet, bis er den Rothlauf unter seinen Schweinen hat,
was nützt dem die schöne Heilwirkung des Lorenz’sclien oder
Schütz’schen Serums, wenn das gerettete Schwein hernach plötzlich
I an der Endocarditis eingeht oder er gezwungen ist, um dem
j vorzubengen, ein Zuchtthier vor der Zeit oder ein Mastschwein
nachher zu schlachten?
Durch die Verbindung von Serum- und Culturinjection wird
l ein längerer Impfschutz erzielt. Nach dem von der Breslauer
Landwirthschaftskammer herausgegebenen und dem Serum bei¬
gelegten Flugblatte soll diese Immunität nach der Simultan-
! impfang mit Susserin-Cultnr betragen 5 bis 7 Monate, also im
Mittel 6 Monate. Dieser Impfschutz von 6 Monaten wird ge¬
nügen für Schweine, die zur Mast gehalten werden, denn da
unsere frühreifen Schweinerassen mit etwa 10 Monaten schlacht¬
reif sind und die Impfung vor dem Alter von 8 bis 12 Wochen
j kaum erforderlich ist, weil die Ferkel höchst selten an Rothlauf
erkranken, so wird das Mastschwein das Ende seiner Immunität
nicht lange überleben. Auch die Lorenz’sche Methode erkennt
I jetzt die Simultanimpfung mit nur einmaliger Culturinjection für
j Mastschweine als hinreichend an. In einem, in den Veröffent¬
lichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes erschienenen Er¬
lass des Württembergischen Staatsministeriums heisst es wört-
! lieh: Das Impfverfahren wird heuer in der Weise vereinfacht
werden, dass die erste Culturinjection gleichzeitig mit der
i Seruminjection erfolgt, sodass bei Mastschweinen nur eine ein¬
malige, bei Zuchtschweinen nur eine zweimalige Impfung statt-
! findet.
Dieser Impfschutz von 6 Monaten Dauer wird leider nicht
j immer erzielt. Ich selber habe in meinem Kreise die Erfahrung
machen müssen, dass in einem Gehöfte, wo fast alljährlich der
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578
Rothlanf auftrat (Schule), die beiden nach Schütz geimpften
Schweine 6 bis 7 Wochen nach der Impfung an typischem Roth-
lauf erkrankten, das ersterkrankte ist verendet, das zweite
wurde durch eine Heildosis gerettet. In einem anderen Falle
musste ein Schwein genau 3 Monate nach der Impfung wegen
Rothlauferkrankung nothgeschlachtet werden. Auch aus anderen
Kreisen, so aus dem Kreuzbnrger, sind mir verschiedene der¬
artige Fälle berichtet worden. Ich nehme an, dass in diesen
Fällen die betreffenden Thiere zu kleine Culturmengen oder zu
alte Culturen erhalten haben und somit der durch die Serum¬
wirkung allein erzielte Schutz zu kurz war. Erkrankungen an
Rothlanf nach 6 Monaten kommen häufig vor und sind für den
Thierarzt nicht überraschend, wohl aber für den Besitzer; denn
die meisten Besitzer erwarten, dass der Impfschutz wenigstens
ein Jahr dauern wird. Ich habe jedes Mal überraschte Gesichter
gesehen, wenn ich erklärte (ich habe mit Susserin geimpft),
dass der Schutz nur 5 bis 7 Monate dauere.
M. H. diese Fehlschläge dürften sich in Zukunft dadurch
vermeiden bezw. verringern lassen, dass man die Schweine vor
der Impfung sondert in solche, die zur Mast und solche, die zur
Zucht bestimmt sind. Die Mastschweine impft man, wenn möglich,
erst im Alter von drei Monaten und mit nicht zu kleiner Cultur-
dosis; man kann sich bei diesen auf eine Culturinjection be¬
schränken. Ich möchte hier gleich erwähnen, dass ich einmal
durch eine Verwechselung der Spritzen einem Läuferschweine
von vielleicht 70—80 Pfund eine Dosis von 5 g Cultur einge¬
spritzt habe. Da ich den Irrthum sofort bemerkte, so spritzte
ich demselben noch eine zweite Dosis Serum ein und das
Thier blieb gesund.
Für Zuchtthiere genügt eine Immunität von sechs Monaten
nicht. Jeder Schweinezüchter will, wenn er schon impfen lässt,
einen dauernden Impfschutz haben und diesen möglichst billig.
Hier sitze ich zur Zeit noch mit der Impfung nach Schütz
mit Susserin fest. Nicht so bei der Lorenz’schen Methode.
Nach Lorenz werden die Zuchtthiere ohne Rücksicht auf das
Alter (am besten freilich als Ferkel wegen der Serumersparniss)
simultan geimpft, dann lässt man nach 14 Tagen eine zweite
stärkere Culturinjection folgen und erzielt damit einen Impfschutz
der ein ganzes Jahr Vorhalten soll und angeblich auch eine
stärkere Immunität. Dieses letztere ist besonders wichtig, denn
es setzt uns in den Stand, die Zuchtthiere weiterhin durch
blosse Injectionen von Culturen in dauernder Immunität zu er¬
halten, ohne nochmals die tlieure Seruminjection geben zu
müssen. Was diese Ersparniss an Serum ausmachen kann, will
ich an einem Beispiel beweisen. Herr College Siemssen in
Krappitz impft seit mehreren Jahren alljährlich mehrere 1000
Schweine nach Lorenz. Derselbe hat in diesem Jahre auf
einer Herrschaft einige 50 im vergangenen Jahre bereits ge¬
impfte Zuchtthiere nur mit Culturen nachgeimpft und mit bestem
Erfolge. Das bedeutet bei 50 alten Schweinen, die sonst je
15 g Susserin hätten erhalten müssen, allein einen Gewinn von
rund 50 Mark. In dem bereits erwähnten Erlasse des Württem-
bergischen Staatsministeriums wird für bereits geimpfte Thiere
im zweiten Jahre die blosse Culturimpfung ausdrücklich vorge¬
schrieben und der Preis für diese auf 50 Pfg. festgesetzt.
M. H. Wie schon gesagt, hier sitze ich mit dem Susserin
fest. Ueber dasselbe fehlen derartige ins Einzelne gehende
Vorschriften leider noch, es erscheint mir in dieser Hinsicht
die Methode, ich möchte fast sagen, noch etwas unfertig. In
den Vorschriften für die Susserinimpfung wird das Haupt-
No. 49.
gewicht auf die Serumimpfung, auf die Heilimpfung und damit
auf den Serumverkauf gelegt. Nur so nebenbei wird eigentlich
die Schutzimpfung mit Cultur erwähnt und angegeben, dass sich
damit ein Impfschutz von 5—7 Monaten erzielen lässt. Ja, soll
denn der Züchter, dessen Bestand der Rothlauflnfection aus¬
gesetzt ist, alle 6 Monate seinen Bestand wieder impfen lassen,
und ist jedesmal auch bei der zweiten und dritten Impfung die
theure Seruminjection durchaus nöthig? Genügt nicht die
billige Culturinjection? Sehen Sie sich die Vorschriften für
das Susserin an, darüber wird nichts gesagt. Vor circa drei
Wochen impfte ich in einem Bestände, den ich im Frühjahr
mit Susserin geimpft hatte, mehrere neugekaufte Zuchtthiere.
Ich muss offen gestehen, ich war in Sorge, wie die Sache ab¬
laufen würde, denn da die Zeit von 6 Monaten herum war, so
waren die anderen Thiere vor der event. Ansteckung durch die
frischgeimpften nicht mehr sicher. Zum Glücke blieben alle
gesund. Ich bin übrigens der Ansicht, dass sich die Methode
mit Susserin ebenso anwenden bezw. ausbauen lassen wird wie
die Lorenz’sche. Es ist Sache der Farbwerke, sich hierüber zu
äussern und event. Versuche anzustellen, ob sich die Immunität
nicht bis auf ein Jahr verlängern lassen wird und ob nicht die
zweite Seruminjection entbehrt werden kann. Denn der practische
Thierarzt kann diese Versuche nicht auf eigene Gefahr und
eigene Kosten anstellen, besonders da die Seruminstitute beim
Zahlen von Entschädigungen mehr als zugeknöpft sind.
Damit wären wir bei dem zweiten Punkte, den ich zur
Besprechung Vorbringen wollte, dem der Entschädigung für
Impfverluste angelangt.
M. H. Jeden Fehlschlag in der Praxis ist das Publicum
nur zu sehr geneigt, dem behandelnden Thierarzt in die Schuhe
zu schieben, desshalb soll der Thierarzt nicht mehr Verant¬
wortung auf sich laden, als er nöthig hat. Es ist bei dem
ganzen Impfgeschäft schon unangenehm genug, wenn der durch die
Impfung versprochene und erwartete Impfschutz nicht da ist,
wenn die Schweine trotz derselben nach drei oder vier Monaten
oder noch eher an Rothlanf erkranken und verenden. Der be¬
treffende Besitzer wird für die Gründe des Fehlschlags schwer
zugänglich sein und die Impfung wird in Misscredit kommen.
Einen Ersatz für solche Verluste, die durch das Ausbleiben des
Impfschutzes entstehen, kann man billiger Weise nicht ver¬
langen, denn der Verlust beträgt doch nur die Kosten der
Impfung, die der Mann umsonst bezahlt hat.
Anders verhält sich die Sache aber mit den Verlusten, die
unmittelbar nach der Impfung, also durch die Impfung selbst
entstehen. Für den betroffenen Besitzer ist es ein schlechter
Trost zu wissen, daBS die Impfverluste weit über 1 pCt. be¬
tragen. Er wird sich an seinen Thierarzt halten und lieber
auf alle Erklärungen als auf eine klingende Entschädigung ver¬
zichten. In den meisten Fällen, die in der Literatur bekannt
geworden sind, ist ja eine vollständige und bestimmte Erklärung
für die entstandenen Verluste nicht erfolgt. Die Seruminstitute
beschuldigen gewöhnlich den betr. Impfer mit falscher Dosirung,
zu kleinen Serum- oder zu grossen Culturdosen oder sonstigen
Fehlern beim Impfen, besonders auch bereits vorhanden gewesener
Rothlauf-Infection. Ich möchte hier übrigens rathen, Cultur und
Serum stets aus derselben Quelle zu beziehen, damit nicht etwa
bei Verlusten von dem einen Lieferanten das Serum, vom anderen
die Cultur beschuldigt werden kann.
Von einem grösseren derartigen Verluste ist in diesem
Jahre der Kreisthierarzt in Grottkau betroffen worden. Dem-
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT
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BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
5?9
6. December 1900.
selben sind im Monat August in einem Dorfe, wo eine grössere
Anzahl von Schweinen geimpft wurde, bei einem Besitzer vier
halbfette Schweine nach der Impfung verendet. Eins derselben
starb ‘/ 2 Stunde, zwei weitere nach zwei Stunden und das vierte
innerhalb 24 Stunden nach der Impfung. Die Thiere waren
angeblich vor der Impfung ganz gesund und die Impfstoffe —
Cultur und Susserin — von der Breslauer Kammer einige Tage
vor der Impfung bezogen worden. Eine plausible Erklärung
für den Fall ist nicht da. Herr College Schirmeisen wird
uns über die Einzelheiten näheren Aufschluss geben können.
Wie ich gehört habe, ist die Breslauer Kammer wegen dieser
Verloste um eine Entschädigung angegangen worden; der betr.
Besitzer hat aber keinen Pfennig erhalten. Von der Prenzlauer
und Landsberger Anstalt sollen in einzelnen Fällen Ent¬
schädigungen gezahlt worden sein. Es ist auch recht und billig,
dass diejenigen Institute, die den Gewinn für die Impfstoffe
einstecken auch für die Verluste aufkommen.
Diese Entschädigungsfrage müsste bis zur nächsten Impf¬
saison geregelt werden. Da die Centralvertretung in Berlin
auch zu dieser Frage Stellung nehmen will, so ist zu bedenken,
ob wir in dieser Sache isolirt Vorgehen sollen oder die An¬
gelegenheit bei der Centralvertretung zur weiteren Veranlassung
in Anregung bringen. Ohne einen gelinden Druck von Seiten
der Thierärzte werden sich die Seruminstitute zu einer Ent¬
schädigung kaum verstehen, deshalb müssen wir diesen Druck
ausüben, denn wir sind diesmal in der angenehmen Lage, dass
wir nicht zu bitten brauchen, sondern fordern können.
Eventuell könnte man ja auch an die Kammer herangehen
und diese für unseren Zweck zu gewinnen suchen. Wir Thier¬
ärzte bekommen bei dem directen Bezüge von den Höchster
Farbwerken einen Rabatt von 10 pCt. Bei dem Bezüge durch
die Kammer wird uns ein solcher nicht gewährt, es ist deshalb
wohl anzunehmen, dass der Kammer von den Farbwerken diese
Vergünstigung nicht zugestanden wird? Wenn wir nun anstatt
die Impfstoffe von den Instituten direct zu beziehen und die
bewilligten Procente selbst einzustecken, uns hier verpflichten,
unseren gesammten Bedarf durch die Kammer zu beziehen und
zu Gunsten der Entschädigung den Rabatt der Kammer zu über¬
lassen, so dürfte dieselbe leicht in der Lage sein, die ent¬
stehenden Verluste zu decken. Der Rabatt beträgt pro Liter
6 M., das macht bei doch sicher 500 Litern Serum im Jahre
ca. 3000 M. allein für Schlesien, eine ganz stattliche Summe,
die genügen würde, alle Verluste zu entschädigen. Sollte die
Kammer dafür nicht zu haben sein, so Hesse sich vielleicht eine
tierärztliche Centrale einrichten, die den Serumbezug leitete
und gleichzeitig die Schadenersatzansprüche regnlirte.
Das sind selbstverständlich nur Vorschläge, am Ende lässt
sich die ganze Frage bei genügendem Entgegenkommen der
Seruminstitute auch in viel einfacherer Weise erledigen.
Ich komme endlich zum dritten und letzten Punkte meines
Programms, dem der Laienimpfung. Ich erkläre von vorn herein,
dass ich auf dem Standpunkte stehe, die Impfung ist Sache der
Thierärzte. Dass man uns nicht allzuviel giebt, daran sind wir
ja gewöhnt, wir wollen uns aber nicht gutwillig das Wenige
nehmen lassen, das wir besitzen. Selbstverständlich will ich
dem Schweinebesitzer nicht verwehren, seine Schweine in ge¬
sunden und kranken Tagen mit jedem Serum zu impfen, das
ihm gefällt. Das ist sein gutes Recht, das ich ihm in keiner
Weise verkümmern will. Etwas ganz anderes ist das aber mit
der Cnlturimpfung. Die Cultur ist ein Gift, und dieses gehört
in die Hand des Sachverständigen. Durch den freien Verkehr
mit virulenten Culturen wird allem möglichen Unfug Thor und
Thür geöffnet.
Was nun das Institut der Laienimpfer anbelangt, so möchte
ich fragen, hat nicht unsere Provinz Thierärzte genug, um die
Impfung durch sachverständige Hände zu leiten; ich glaube
mehl 1 als genug. Man soll mir nicht sagen, dass der Thierarzt
zu spät kommt, um erkrankte Schweine noch impfen zu können,
das wird dem Laienimpfer doch auch passiren können. Ich bin
auch der Ansicht, wie ich vorhin bereits gesagt habe, dass der
Schweinebesitzer seine Schweine impfen lassen soll, so lange
sie noch gesund sind. Bildet man besondere Laienimpfer aus,
so werden damit einfach Pfuscher gezüchtet, und ich denke
Pfuscher haben wir hier in Schlesien schon jetzt zur Genüge.
Will man die Laienfleischbeschauer dazu heranziehen, so macht
man diese dadurch vom Publikum abhängig und noch viel un¬
zuverlässiger als sie schon sind. Ich habe ein paar Hundert
Laienfleischbeschauer ausbilden und prüfen sehen, ich sehe sie
in meinem Kreise und in anderen in ihrer Thätigkeit, und ich
versichere Sie, meine Herren, dass eine stetige und strenge
Controle nöthig ist, um diese Leute zu gewissenhafter Arbeit
anzuhalten und vor unüberlegten oder falschen Handlungen zu
bewahren. Wozu diese Laienirapferei führt, dazu hier ein Bei¬
spiel : In diesem Sommer theilte mir ein solcher Laienimpfer
und Fleischbeschaner gelegentlich mit, er habe da und da ein
rothlaufkrankes Schwein geimpft, aber die Seuche nicht erst an¬
gezeigt, weil die Schweine wieder gesund geworden seien. Wo
bleibt da die gesetzliche Seuchentilgung? Ich bin der Ueber-
zeugung, dass die Laienimpfer im kurzer Zeit keinen Fall von
Rothlanfseuche mehr zur Anzeige bringen werden, wo sie be¬
handelt bezw. geimpft haben. Sie werden sich doch die Kund¬
schaft nicht verderben wollen.
In einem Kreise des Oppelner Bezirkes ist für den ganzen
Kreis eine Schweineversicherung eingeführt und ebenso für den
ganzen Kreis das Institut der Laienimpfer eingeführt worden.
Wie mir mitgetheilt worden ist, sind von diesen in diesem Jahre
etwa 780 Schweine geimpft worden (theils mit Cultur und
Susserin, theils mit Susserin allein), davon sind ca. 30 Stück
gefallen, also 4 Procent, kein allzuglänzendes Resultat.
M. H. Vielleicht ist es noch nicht zu spät, um die
Impfung uns Thierärzten zu erhalten. Ich möchte deshalb Vor¬
schlägen, auch zu dieser Frage Stellung zu nehmen, wie das
ja auch von anderen Vereinen schon geschehen ist, und die
Angelegenheit der Centralvertretung zur weiteren Verfolgung
zu unterbreiten.
Das ist Alles, was ich heute zur Besprechung Vorbringen
wollte, es wird mich freuen, wenn meine Ausführungen Ihre
Zustimmung finden.
Feststellung des Milzbrandes und Beseitigung der
Milzbrandcadaver.
Von
Meier-Ketzin.
Thierarzt.
In den letzten Jahren ist in den thierärztlichen Vereinen
und Zeitschriften wiederholt die Frage erörtert worden, ob zur
Feststellung des Milzbrandes die Obduction erforderlich sei,
oder ob es genüge, in einer dem uneröffneten Cadaver ent¬
nommenen Blutprobe die Milzbrandbacillen nachzuweisen. Die
Ansichten hierüber gingen auseinander. Auf der Versammlung
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No. 49.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
deutscher Naturforscher und Aerzte zu Aachen hat sich nun
der Departementsthierarzt Dr. Steinbach dahin ausgesprochen,
dass man, wenn durch die microscopisclie Untersuchung des
Blutes Milzbrand nachgewiesen sei, von einer Eröffnung des
Cadavers absehen sollte. Dieser Ansicht muss ich auf Grund
reichlicher Erfahrung durchaus beistimmen. In hiesiger Havel¬
niederung sind Erkrankungen an Milzbrand nicht selten, und
habe ich mich daher oft, theils in privater, theils in amtlicher
Thätigkeit mit demselben beschäftigen können. In jedem
einzelnen Falle habe ich die Diagnose Milzbrand auf Grund des
Nachweises von Milzbrandbacillen im Blute gestellt, und zwar
habe ich die Blutuntersuchungen stets am uneröffneten Cadaver
vorgenommen. Durch die später von dem zuständigen Kreis¬
thierarzt oder auch häufig von mir selbst amtlich ausgeführte
Obduction wurde der microscopisclie Befund immer bestätigt.
Ebenso habe ich mich bei einem negativen Befund der Blut¬
untersuchung überzeugen können, dass auch die Obduction
Milzbrand nicht ergab. Untersucht habe ich im ungefärbten
Präparat. Das Auffinden der Milzbrandbacillen war leicht, was
sich dadurch erklärt, dass die Untersuchung des Blutes fast
immer kurz nach dem Tode und wohl niemals später als
24 Stunden erfolgte, so dass Fäulnissbacterien gewöhnlich noch
nicht aufgetreten waren. Ich möchte überhaupt empfehlen, bei
frischem Milzbrandblut im ungefärbten Präparat zu untersuchen,
da die in Haufen zusammenklebenden Blutkörperchen mit den
glashellen dazwischen liegenden Milzbrandstäbchen ein so
characteristisches Bild geben, dass eine Verwechselung kaum
möglich ist. Nur beim Auftreten einzelner Bacillen, was selten
ist, oder bei bereits eingetretener Fäulniss schreite man zur
Färbung.
Ich bin der Ansicht, dass Irrthümer bei der Untersuchung
des frischen und ungefärbten Blutes weniger leicht Vor¬
kommen können, als bei der Untersuchung von mit Fäulniss¬
bacterien durchsetztem Blut im gefärbten Präparat. Daher
ist es von der grössten Wichtigkeit, dass die Untersuchung
eines unter Milzbrandverdacht verendeten Thieres sobald
als möglich stattfindet. Bei plötzlichen Todesfällen oder Noth-
schlachtungen pflege ich in meiner Praxis das Microscop stets
mitzunehmen, um eine Untersuchung des Blutes gleich an Ort
und Stelle ausführen zu können. Die Blutprobe entnehme ich
durch einen Einstich unterhalb des Afters resp. der Scheide, weil
hier die Haut besonders fein ist. Ein bestimmtes Blutgefäss an-
zusclmeiden empfehle ich nicht wegen des unnützen Abfliessens
einer grösseren Menge von Blut. Dass durch den Nachweis der
Milzbrandbacillen die Diagnose Milzbrand mehr gesichert wird
als durch die bei der Obduction sich vorfindenden pathologisch¬
anatomischen Veränderungen, kann nicht bestritten werden.
Gewiss wird der erfahrene Practiker Milzbrand in der Regel
auch ohne Microscop feststellen können, aber es kommen Fälle
vor, wo die Veränderungen nicht derart sind, dass mit Be¬
stimmtheit Milzbrand festgestellt oder ausgeschlossen werden
kann. Es giebt eine ganze Reihe von Krankheiten (acute
Gastro-Enteritis nach Aufnahme von verdorbenem Futter, Hitz-
schlag, bösartige Maulseuche etc.), die im Krankheitsverlauf
und im Obductionsbefund dem Milzbrand ähnlich sein können.
Andererseits treten zuweilen die characteristischen Erscheinungen
des Milzbrandes sowohl am lebenden als am todten Thier so
wenig hervor, dass man über die Art der Krankheit ein sicheres
Urtheil nicht gewinnt.
Hier entscheidet allein der microscopisclie Befund. Wenn
gar — wie ich es gesehen habe — auf einem Gehöft, wo öfter
Milzbrandfälle Vorkommen, bei ausbrechender Maul- und Klauen¬
seuche apoplectische Todesfälle sowohl durch Milzbrand als durch
Maulseuche entstehen, wer wollte dann noch ohne raicroscopische
Untersuchung eine eiuwandsfreie Diagnose stellen? Es muss
demnach in erster Linie der microscopisclie und erst in zweiter
der macroscopische Befund massgebend sein. Dass auch mal
bei der Blutuntersuchung, wenn diese verhältnissmässig spät er¬
folgt, Irrthümer Vorkommen können, ist nicht zu leugnen, aber
entschieden weit seltener als ohne diese. Deshalb ist beim
Milzbrand eine Untersuchung des Blutes gesetzlich zu
fordern und die Diagnose vom Nachweis der Milzbrand¬
bacillen abhängig zu machen. Wenn aber diese Bacillen
meist ohne Oeffnung des Cadavers nachzuweisen sind, wozu dann
noch zum Ueberfluss die Obduction, die ja doch den Befund
nur bestätigen, aber niemals ändern kann, und die sowohl die
Gefahr der Inficirung für den die Section Ausführenden als auch
die Möglichkeit der Verschleppung des Ansteckungsstoffes ein-
schliesst?
Am uneröffneten Cadaver ist eine unschädliche Beseitigung
leichter ausführbar als am geöffneten, wo das Abfliessen von
Flüssigkeiten unvermeidlich ist. Hier könnte der Einwand er¬
hoben werden, dass in den Provinzen, in denen Todesfälle von
Milzbrand entschädigt werden, die Obduction erforderlich sei, um
festzustellen, ob das Thier nicht noch an einer anderen tödtlichen
oder unheilbaren Krankheit, welche die Entschädigungspflicht
ausschliesst, gelitten habe. Das Gesetz über Entschädigung der
an Milzbrand gefallenen Thiere vom 22. April 1892 schliesst aber
auch in solchem Falle die Entschädigung nicht aus. Daher
sollte das Gesetz die Eröffnung milzbrandverdächtiger
Cadaver nur dann fordern, wenn durch die micro-
scopisclie Untersuchung einer dem uneröffnetenCadaver
entnommenen Blutprobe kein sicheres Resultat erzielt
wird, aber in den Fällen, wo Milzbrandbacillen sich
mit Bestimmtheit nachweisen lassen, von der Section
absehen. Die Zahl der dann noch vorkommenden Sectionen
dürfte sehr gering sein. Wünschenswerth würde es ferner sein,
im Interesse der möglichst schnellen Vornahme der Blutunter¬
suchung und der Beseitigung der Cadaver, dass, namentlich in
den von Milzbrand öfters heimgesuchten Gegenden, bei grosser
Entfernung vom Wohnsitz des betreffenden Kreisthierarztes, der
am nächsten wohnende Thierarzt amtlich zugezogen würde.
leb komme nun zur Beseitigung der Milzbrandcaflaver.
Nach dem Gesetz sollen die Cadaver durch hohe Hitzegrade
oder, wenn dies nicht möglich, durch Vergraben unschädlich be¬
seitigt werden. In welcher Weise letzteres zu geschehen hat,
ist im Gesetz vorgeschrieben. Das Verbrennen ist entschieden
das beste Vernichtungsmittel, aber in der Praxis wohl sehr selten
ausführbar. Auch durch Vergraben, wenn es streng nach den
gesetzlichen Vorschriften ausgeführt wird, lässt sich eine einiger-
massen sichere Beseitigung des Ansteckungsstoffes herbeiführen.
Aber mit welchen Schwierigkeiten ist ein ordnungsmässiges Ver¬
graben des Cadavers oftmals verbunden 1 Ein allen Anforderungen
genügender Verscharrungsplatz ist entweder schwer oder gar
nicht zu beschaffen. Da der Milzbrand in den Flussniederungen,
die alljährlich überschwemmt werden, am häufigsten aufzutreten
pflegt, so ist in den betreffenden Ortschaften im Frühjahr ge¬
wöhnlich ein so hoher Wasserstand, dass die mit einem Meter
Erdschicht bedeckten Cadaver im Wasser liegen. Betrachten
wir zuerst jedoch das Hinausschaffen der Cadaver nach dem oft
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6. Dccember 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
581
weit entfernten Verscharrungsplatz. Dasselbe erfolgt auf Brettern,
Leitern, Schleifen, Schlitten etc., auf denen das Cadaver befestigt
ist. Dass hierbei ans den natürlichen Körperhöhlen Flüssigkeit
ansfliessen und die Wege verunreinigen kann, liegt auf der Hand.
War das Thier nothgeschlachtet und hatte eine Eröffnung statt¬
gefunden, dann lässt sich ein Verschütten von Blut kaum ver¬
hindern, und auf dem ganzen Transportweg sind Blutspuren
nachzuweisen. Das polizeiliche Ueberwachen beim Hinaus¬
schaffen der Cadaver kann meist gar nicht stattfinden, weil die
Besitzer das todte Thier sofort auf eigene Hand vom Stall nach
dem Verscharrungsplatz geschleift haben. Also die Gefahr der
Verschleppung des Ansteckungsstoffes liegt vor. Noch grössere
Missstände treten zuweilen beim Verscharren auf. Sind die aus¬
geworfenen Gruben mit etwas Wasser gefüllt, dann wird das¬
selbe durch das hineingeworfene Cadaver und durch die Sand¬
masse nach oben gedrückt, so dass bei der zngeschiitteten Grube
der Ansteckungsstoff bis in die obersten Erdschichten gespült
wird. Ein Gleiches kann eintreten, wenn bei vorschriftsmässig
angelegter Grube durch das Hineinschaffen des schweren Cadavers
die Erdschicht der stark belasteten Grubenwand nachgiebt, was
im Sandboden vorkommt, und nun zugleich mit dem Cadaver in
die Grube stürzt.
Dann kommt das Cadaver auf der hineingefallenen Sand¬
schicht zu liegen, und die Eindeckung wird nun nicht tief genug.
Eine Erhöhung der Cadavergrube über den Erdboden kann die
Tiefe der Grube nicht ersetzen. Aber auch bei einer geordneten
Verscharrung ist eine Verschleppung der Milzbrandsporen
möglich. Es ist bewiesen, dass sich sowohl beim Liegen des
Milzbrand-Cadavers an der Luft als auch in der Grube bei
entsprechender Wärme Milzbrandsporen entwickeln können und
viele Jahre lang ihre Lebensfähigkeit behalten. Durch ver¬
schiedene Ursachen können nun die Sporen von der Tiefe
an die Oberfläche befördert werden. Abgesehen von der Ver¬
schleppung durch Würmer trägt ein Niclitbeachten der gesetz¬
lichen Bestimmungen die Hauptschuld. Die Verscharrungsplätze
sollen eingefriedigt werden. Das geschieht wohl zuweilen,
aber, während für eine ordnungsmässige Einfriedigung auf eine
lange Reihe von Jahren Sorge zu tragen wäre, ist in der Regel
die Einzäunung bald wieder verschwunden, der aufgeworfene
Hügel ist durch Witterungseinflüsse geebnet und als Begräbniss-
stelle nicht mehr kenntlich. Wird dann später wieder ein
Cadaver beseitigt, dann trifft man schliesslich beim Auswerfen
der Grube auf ein verwestes Cadaver und befördert die Milzbrand¬
sporen an die Oberfläche.
In Gegenden mit gutem Boden sind unbebaute, zur Ver¬
scharrung von Milzbrandcadavern geeignete Plätze knapp, und
wird meist die Sandscholle — die einzige auf der ganzen Feld¬
mark — zur Verfügung gestellt. Diese dient aber auch zum
Abfahren von Sand zum Bauen und zum Streuen der Gehöfte
und Stallungen, und bietet deshalb reichlich Gelegenheit zur
Verschleppung der Milzbrandsporen. Das Dienstpersonal, das
von den vergrabenen Milzbrandcadavern oft nichst weiss, oder,
-wenn es davon Kenntniss hat, sich nicht darum kümmert, nimmt
den Sand dort weg, wo die Anfahrt am besten und das Auf¬
laden am bequemsten ist. So giebt es noch eine ganze Reihe
von Möglichkeiten, die bei der Milzbrandverschleppung eine
Kölle spielen können, z. B. Einmiethen von Futtermitteln auf
dem Verscharrungsplatz, Weiden der Thiere, Abfahren von Sand
zvr Wiesenmelioration u. s. w. Nur eins möchte ich noch be¬
sonders hervorheben, nämlich die Fortführung der Sporen durch
die Luft Hierin erblicke ich die grösste Gefahr. Ich er¬
wähnte bereits, dass die Verscharrungsplätze meist auf Sand¬
plätzen anzutreffen sind. Bei trockenem, stürmischem Wetter
bilden dann diese mächtige Staubwolken, die durch den Wind
über die Felder getrieben werden und die etwa oberflächlich
liegenden Milzbrandsporen mit fortführen. Jeder Sachverständige
muss zngeben, dass dem heutigen Verscharrungssystem Mängel
anhaften, so dass selbst bei gewissenhaftester Befolgung der
gesetzlichen Verordnungen eine sichere Beseitigung des An¬
steckungsstoffs nicht erzielt wird.
Manchem werden die obigen Möglichkeiten der Verbreitung
des Ansteckungsstoffes etwas gesucht und meine Ausführungen
als zu dick aufgetragen erscheinen, und doch entsprechen die¬
selben meinen Erfahrungen.
Ein Beseitigungsverfahren ausfindig zu machen, das allen
Anforderungen genügt, dürfte sehr schwierig sein. Wohl aber
lässt sich meiner Ansicht nach das bisher übliche System durch
ein besseres ersetzen. Das Verbrennen und Zerkochen zerstört
den Ansteckungsstoff sicher, daher müssen wir hiervon soweit
irgend thunlich Gebrauch machen. An Ort und Stelle ist dies
allerdings nicht möglich, sondern es kann nur auf den Ab¬
deckereien geschehen. Wenn die Milzbrandcadaver im ge¬
schlossenen, mit Zinkblech ausgeschlagenen Wagen, der jedes
Abfliessen von Flüssigkeit verhindert, zur Abdeckerei befördert
werden, so kann dort in geeigneten Kochapparaten und unter
Controle die Vernichtung des Cadavers sicher ausgeführt werden.
Am besten würden zum Transport Wagen zu benützen sein,
welche das Cadaver ungetheilt aufnehmen können.
Da jedoch gegenwärtig noch die Obduction des Cadavers
erforderlich ist, so kann die Fortschaffung des zerlegten Thieres
auch in einem entsprechend abgeschlossenen Kastenwagen ge¬
schehen. Von der Zweckmässigkeit dieser Methode habe ich
mich seit Jahren in vielen Fällen überzeugen können. In einem
benachbarten Kreise besitzt nämlich eine Abdeckerei einen von
der Regierung geprüften Kochapparat zur Vernichtung von Milz-
brand-Cadavern und ist ihr zugleich die Berechtigung ertheilt
zum Abholen der Milzbrand-Cadaver im geschlossenen Wagen.
Der Polizeibehörde stand es frei, die Cadaver vergraben oder
durch den betreffenden Abdecker abholen zu lassen. Letzteres
ist auf mein Anrathen ausnahmslos geschehen. War die Beseitigung
der Cadaver amtlich mir übertragen, so bin ich folgendermassen
verfahren: Das Hinausschaffen der Cadaver aus dem Gehöft,
wenn es nicht bereits geschehen war, unterblieb. Die Obduction
wurde meist an der Stelle, wo das Cadaver lag, vorgenommen.
Der Abdecker, welcher mit dem verschlossenen Wagen zur
Stelle sein musste, lud nach beendeter Section Alles auf den
Wagen; desgleichen wurde das mit Blut besudelte Erdreich auf
den Wagen geworfen. Nach Beseitigung des Cadavers wurde
die Lagerstätte mit einer starken Kalk- oder Chlorkalklösung
dick begossen und mit derselben der Erdboden gehörig durch¬
tränkt. Stroh wurde verbrannt. Hiermit war die Beseitigung
des Cadavers erledigt. Das Verfahren ist einfach und in der
Vernichtung des Ansteckungsstoffes sicherer als das Vergraben.
Durch das Unterbleiben des Hinausschaffens der Cadaver kann
der Ansteckungsstoff vom Gehöft nicht verschleppt werden.
Abgesehen von der Desinfection des Stalles etc. hat man nur
für eine gründliche Desinfection der Obductionsstätte Sorge
zu tragen, die sich durch Begiessen mit einer stark wirkenden
Desinfections-Flüssigkeit bei einiger Sorgfalt sicher erzielen
lässt. Welche Kosten verursacht nun solche Beseitigung des
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582
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 49.
Cadavers? Gar keine, im Gegentheil, es werden Kosten erspart,
nämlich die, welche das lästige Hinansschaffen und Vergraben
des Thieres erforderte. Die Cadaver werden seitens der Ab¬
deckerei kostenlos abgeholt und dies geschieht selbst aus Ort¬
schaften, die meilenweit von der Abdeckerei entfernt nnd ausser¬
halb des betreffenden Abdeckereibezirks liegen. Die Ausnutzung
der Cadaver wiegt eben die Unkosten auf. Würde es demnach
nicht zweckmässig sein, wenigstens in den Gegenden, wo Milz¬
brand ständig vorkommt, die Abdeckereien zu verpflichten, die
Cadaver im geschlossenen Wagen abznholen und in vorschrifts-
mässigen Apparaten zu zerkochen? Sicher werden, wie obiger
Fall beweist, auch ohne Regierungsverfügung sich einzelne Ab¬
deckereien das Nötliige beschaffen, wenn ihnen eine Verwerthung
der Milzbrand-Cadaver gestattet wird. Wenn es nüthig wäre,
würde auch jeder Besitzer gern den Abdecker für das Abholen
entschädigen, weil ihm Arbeit und Kosten erspart bleiben. Nur
dürfte es dann nicht, wie hier, den Polizeibehörden freigestellt
werden, die Cadaver abholen zu lassen, sondern es müsste ihnen
zur Pflicht gemacht werden. Die Bedenken, dass auch that-
sächlich auf der Abdeckerei eine ordnungsmässige Vernichtung
des Cadavers stattfindet, so dass eine Verschleppung von An¬
steckungsstoff nicht stattfinden kann, lassen sich durch eine
Ueberwachung beseitigen. Ich glaube, dass diese Art der
Cadaverbeseitigung der bisherigen vorzuziehen ist, sie würde
allerdings noch besser sein, wenn beim Nachweis von Milzbrand¬
bacillen die Obduction des Cadavers unterbleiben könnte und
die Ueberfulirung des ungeöffneten Cadavers nach der Abdeckerei
in einem zweckentsprechenden Wagen geschehen würde.
Re f e r a t e.
Ueber die Haemoglobinurie der Binder in Finiand.
Von Reg.-Rath Prof. Dr. Kosscl und Oberarzt Dr. Weber.
(Arbeiten a. d. KaUerl. Gesundheitsamto Bü. XVII Heft 2. 1900.)
Verf. betonen zunächst, dass die Haemoglobinurie als Seuche
in den verschiedensten Ländern vorkomme, so als Texas¬
fieber in Nordamerika, als redwater fever in Südafrika, als
Tristezza in Argentinien, als Tick fever in Australien.
Smith und Kilborne (Centralbl f. Bact. Bd. XIII.) erkannten
die Ursache der Haemoglobinurie in einem auf den rothen Blut¬
körperchen vegetirenden Parasiten, sie stellten fest, dass die
Zecken die Fähigkeit, Haemoglobinurie zu erzeugen, auf ihre
Nachkommen zu vererben vermögen. Reg.-Rath Prof. Kos sei
wurde durch Erlass des Staatssecretairs des Innern vom
14. Juni 1899 nach Finiand geschickt, um die dort unter den
Rindern auftretende Haemoglobinurie zu studiren, als deren Ur¬
sache Kropius und von Hellens (Arch. d. m. exp. et d’ana-
tomie pathol., 94) Parasiten auffanden, welche nach ihrer An¬
sicht mit dem von Smith gefundenen Pyrosama bigeminum
identisch sind.— Kossel nahm seine Untersuchungen inLovisa
und Heinävesi vor unter Mithülfe des Kreisthierarztes Castren
und des Freiherrn Dr. 0. von Hellens. In Finiand ist die
Haemoglobinurie seit langer Zeit einheimisch, und zwar tritt sie
fast ausschliesslich während der Weideperiode und besonders
bei sehr heisser Aussentemperatur auf. Werden Rinder in ver¬
seuchte Gegenden eingeführt, so erkranken sie mit wenigen
Ausnahmen und gehen an der Krankheit ein, ebenso tritt die
Krankheit in gesunden Gegenden auf, sobald Thiere aus ver¬
seuchten Gebieten dorthin gebracht werden. Besonders schwer
sind die Erkrankungen bei Kühen, leichter bei Kälbern — Im¬
munität wird durch Ueberstehen der Krankheit nicht erworben.
Die klinischen Erscheinungen sind Fressunlust, Sinken der
Milchmenge, hohes Anfangsfieber, beschleunigter Puls und Re¬
spiration, profuse Diarrhöen, portweinähnliche Beschaffenheit des
Urins. Mortalität 30—50 pCt. Die Obduction ergiebt öde-
matöse Dnrchtränkung der Subcutis und icterische Färbung der¬
selben, Herzmuskel gelbbraun, Milz stark vergrössert, das Pa¬
renchym zerfliesslich, von dunkelrother Farbe. Rindensubstanz
der Nieren verbreitert und trübe, die Leber auf der Schnitt¬
fläche icterisch, von gelb und roth gesprenkelter Zeichnung.
Die Blutkörperchen in der Milz, der Leber und den Nieren
waren mit zahlreichen Parasiten von Scheibenform besetzt. Die
Blutpräparate zur Untersuchung der Parasiten wurden mit
Alcohol absolutus fixirt und mit alcalischer Methylenblaulösung
gefärbt. In frischen Fällen waren die Blutkörperchen besetzt
mit einem oder mehreren rundlichen Gebilden von Ve Blut¬
körperchengrösse. Da der Farbstoff an der Peripherie stärker
tingirt hatte als in der Mitte, erschien die Figur ringförmig. —
Ausser diesen waren noch auf den Blutkörperchen weidenblatt-
oder birnenförmige, zu zweien liegende, blaugefärbte Parasiten
zu beobachten. Diese finländischen Parasiten sind plumper
als die des Texasfiebers und nicht so zahlreich, auch sind die
bimförmigen Doppelparasiten kleiner als die von R. Koch in
Ostafrika beobachteten; morphologisch stimmen sie überein mit
den rumänischen, italienischen und argentinischen Parasiten. —
Mit der Romanowskyschen Färbemethode (Die Färbung
wird zur Tinction der Malariaplasmodien verwendet, sie geschieht
nach Ziemann: Ein Theil 1 pCt. Methylenblaulösung (Methylen¬
blau medicinal. pur. Höchst) und 6 Theile 0,1 pCt. Eosin A.-G.
Höchst mischen, in dieser Lösung 30—40 Minuten färben.
Chroraatin roth, Protoplasma blau. Anm. d. Ref.) erscheint der
Ringrand roth, der Rest blau, bei den Doppelparasiten sind die
Pole roth gefärbt. Als Therapie werden Gaben von 15—20 g
Chin. Sulfur, verwendet. Auch die Zecken frage hat Verf.
ventilirt, er fand auf fast jedem Rinde Zecken, welche als
Ixodes reduvius bestimmt wurden, leider scheiterte der Versuch,
die Zeckenlarven auf Rindern zur Entwickelung zu bringen, so-
dass nicht festgestellt wurde, ob Ixodes die gleiche Rolle spielt,
wie Rhipicephalus annulatus s. Ixodes bovis beim Texasfieber.
Dr. Je8 8.
Ticks and Texas fever.
Von H. A. Morgan.
(Bulletin of the Agricult. Station Louisiana Ctbl. f. B. u. P. XXVIII 2.)
Bei Rindern wurden von Morgan vier Arten Zecken be¬
obachtet: 1. Boophilus bovis Riley, 2. Amblyomma unipunctata
Pack, 3. Derraacentor americanus Linn. 4. Ixodes ricinus Linn.
Smith und Kilborne wie auch R. Koch constatirten, dass
Boophilus bovis das Texasfieber zu übertragen vermag, während
Amblyomma unipunctata und Dermacentor americanus hierzu
nicht im Stande sind. Ixodes gelang es nicht auf Rindern zur
Entwicklung zu bringen, sodass diese Versuche resultatlos ver¬
liefen, und zwar erklärt Morgan dies damit, dass Ixodes die
beiden ersten Entwicklungsstadien auf einem anderen Thiere
durchmacht nnd erst im 3. Stadium auf dem Rinde vorkommt.
Auch Ixodes wird voraussichtlich das Texasfieber zu übertragen
im Stande sein, jedoch wird noch ein Zwischenwirth wahrschein¬
lich dabei eine Rolle spielen. Neuerdings sind Versuche gemacht,
das Vieh der vom Texasfieber freien Nordstaaten vor dem Trans¬
port nach den Fiebergegenden durch Impfung mit Blut immuner
Thiere zu schützen. Das Resultat dieser Versuche soll ein
günstiges sein. Jess.
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6. December 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
583
Massenerkranknngen beim Rindvieh.
Von Districtsarzt Fritz Steger in Buchloe.
(W. f. Th. u. V. 1900. No. 38 u. 39.)
Steger beobachtete in der Marktgemeinde Waal nnd
Buchloe in den Jahren 1896, 1897 und 1899 eine Reihe von
Massenerkrankungen, deren Symptome genau mit der von
Dieckerhoff, B. II Seite 226 u. ff. beschriebenen „Endemischen
Schlundkopflähmung“ übereinstimmen, dass von einer Wieder¬
gabe der Krankheitserscheinungen hier abgesehen werden kann.
Insgesammt erkrankten in 7 Ställen 57 Rinder, 4 Pferde
nnd 1 Schwein, wovon 31 Rinder nnd das Schwein noth-
geschlachtet wurden, 4 Pferde nnd 1 Rind starben, während
die übrigen Thiere sich nur ganz langsam erholten. In 1 Falle
wurde das Fleisch von 3 in einem Gehöfte geschlachteten
Kühen im Nachbaranwesen ausgehauen, worauf sämmtliche
3 Kühe dieses Besitzers ebenfalls so schwer erkrankten, dass
sie gleichfalls der Schlachtbank verfielen.
In 3 Fällen starben die Thiere innerhalb 24 Stunden unter
furchtbarem Röcheln an Erstickung. Meist fanden die
Schlachtungen am 5. Tage statt. Halten die Thiere 5—8 Tage
ans, so darf man auf Genesung rechnen. Die Reconvalescenz
beträgt 14 Tage bis 6 Wochen.
Die Futter- und Wasseruntersuchung, sowie die zahlreichen
Obductionen haben kein Licht in das Dunkel der Krankheit und
ihrer Aetiologie zu bringen vermocht, so dass man auf die An¬
nahme eines Miasmas angewiesen ist; Vergiftung ist aus¬
geschlossen. Das Fleisch wurde in allen Fällen ohne Schaden
gegessen. Therapeutisch wird empfohlen: Warmhalten, Ein¬
reibungen und Umschläge in der Schlundkopfgegend, Darreichung
von warmen Getränken, Alcohol, Coffein und Eserin.
Derartige Erkrankungen sind öfter beobachtet und mit
Ausnahme der Beobachtung von Schwarzmeier-Traunstein
(B. T. W. 1891. S. 391) auch bei Dieckerhoff (1. c.) auf¬
gezählt. Nevermann.
Jodkalinm bei Lebercirrhose.
Von Bezirksthierarzt A. Huber und Assistent 0. Eisen.
(W. f. Th. und Vieh*., 44. Jahrg., No. 34.)
Verfasser haben im Ganzen 26 Pferde mit L. behandelt,
davon 11 Pferde mit Jodkali. Geheilt wurden von denen mit
Jodkali behandelten Thieren 8, gestorben ist 1 Patient an
Fremdkörperpneumonie, nachdem die Erscheinungen der Leber¬
cirrhose bereits behoben waren; geschlachtet wurden 2 Pferde.
Es wurden 30,0 einer frisch bereiteten Lugol’schen Lösung
zwei bis drei, ja vier Mal injicirt in Zwischenräumen von zwei
bis drei Tagen. Wiederherstellung ist zu erwarten, wenn bei
der zweiten Injection leichte Besserung des Sensoriums ein¬
getreten ist, so dass sich die Patienten die Einspritzung nicht
mehr so ruhig gefallen lassen wie zuerst.
Ein Fall wurde innerhalb acht Wochen recidiv, Patient be¬
findet sich aber nach abermaliger Injection auf dem Wege der
Besserung.
Nach diesen Erfahrungen erscheint ein günstiger Einfluss
des Jodkaliums wahrscheinlich, so dass immer wieder zu Ver¬
suchen mit dieser (Imminger’schen) Methode gerathen werden
kann. Wichtig ist, dass die Patienten frühzeitig zur Behand¬
lung kommen. Man versäume nicht, den Besitzer auf den Jod¬
schnupfen aufmerksam zu machen. Nevermann.
Inversio et Prol&psus nteri
von F. Monsarrat.
(Recueil de Mddeclne y§t£rlnaire 15. Octobre 1900.)
Der Artikel von Monsarrat über die Behandlung des Pro¬
lapsus Uteri erregt besonders wegen der Art und Weise, wie
der Patient während der Reposition des vorgefallenen Uterus
auf den Beinen gehalten wird, unsere Aufmerksamkeit. Der
Verfasser sagt mit Recht, dass diejenige Position, wobei der
Hintertheil sehr hoch steht, der Reponirung am günstigsten ist.
Bei einem Thiere, das hinten steht und vorne auf den Knieen
liegt, ist die Operation besonders leicht. Um dies zu erreichen,
lässt er die Kuh erst aufstehen, befestigt dann an der Basis
des Schwanzes eine Schnur, so breit wie ein kleiner Finger»
knüpft daran ein Seil und befestigt dieses wieder an einen
Balken oder Ring an der Decke. Dadurch wird das Hintertheil
in die Höhe gehalten. Die Vorderbeine lässt er aufheben, so-
daßs die Kuh auf die Kniee sinkt.
Nun wird der Uterus gereinigt, desinficirt und von 2 Ge¬
hilfen auf einem Leintuch in die Höhe gehalten. Hierauf findet
die Reposition statt, welche in dieser Position des Thieres sehr
leicht zu bewerkstelligen ist.
Monsarrat erzielte mit dieser Methode stets binnen
10 Minuten das erwünschte Resultat, auch wenn die Behandlung
erst 6—8 Stunden nach der Entstehung des Vorfalles stattfand.
Hierbei drängt sich jedoch die Frage auf, ob eine solche
Befestigung des Schwanzes dem Thiere nicht schadet. Der
Verfasser erklärt, dass er nie irgend welche nachtheiligen Folgen
beobachtet habe. Am folgenden Morgen sei am Schwänze ein
geringes Oedem zu sehen und etwas schmerzhafte Haltung;
dieses verschwinde jedoch binnen einigen Tagen ohne Be¬
handlung.
Wenn der vorgefallene Uterus zurückgeschafft ist, wendet
er weder Pessaria noch eine Vulvanaht an.
Ehe Monsarrat überhaupt die Reposition beginnt, lässt er
eine erwärmte Schale bereitstellen mit einer 2proc. Lysollösung,
die in kochendem Wasser hergestellt und bis auf 35—40° C.
abgekühlt worden ist. Sodann knüpft er 10—12 reine, ge¬
brauchte Servietten (weil diese weicher sind) zusammen, taucht
sie in die Lösung und lässt sie darin liegen, bis der Uterus
reponirt ist.
Nach der Reposition werden die Hände gewaschen, dann
mit der einen Hand die Servietten in den Uterus geschafft, um
diesen zu tamponiren, mit der andern die nach aussen hängenden
Servietten ausgedrückt. Nun wird eine Bandage angelegt und
der Tampon 2—3 Stunden im Uterus belassen. Dann werden
die Servietten langsam und vorsichtig herausgezogen und die
Bandage wieder angelegt. Monsarrat erzielte mit dieser
Methode sehr gute Resultate. M. G. d. B.
Ueber die Ursache des acnten Milztumors bei Ver¬
giftungen nnd acnten Infectionskrankheiten. Physio¬
logische Funktion der Milz'.
Von Georg Jarveih, Priv.-Doc. a. der Kaiserl. Militär-Mcd.
Akademie in St. Petersburg.
(Virchowg Arch. 101, 3 Ref. in d. Deutlichen Medlzlnal-Zeitung Nr. 81, 1900.)
Verfasser hat durch Einverleibung von Blutgiften (chlor-
saures Kali und Natron, Toluylendiamin) bei Hunden nachge¬
wiesen, dass, wie nach Beobachtungen bei der Malaria zu ver-
muthen war, die acute Volumzunahme der Milz parallel geht
mit der Verminderung der Zahl der rothen Blutkörperchen. Da
die zu Grunde gehenden Blutkörperchen von den Pulpazellen
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584
aufgenommen werden, scheint es, dass von ersteren ein speci-
fischer, Hyperaemie und Hyperplasie auslösender Reiz auf die
Milz ausgeübt wird. Gifte, welche die rothen Blutkörperchen
nicht zerstören, bewirken keinen Milztumor.
Bei den theils mit, theils ohne Milztumor verlaufenden
acuten Infectionskraukheiten ist nach Ansicht d. Verf. das Vor¬
handensein oder Fehlen desselben ein Kriterium für eine be¬
stehende Blutdissolution. Pie Milz hat demnach die Aufgabe,
das Blut von pathologisch zu Grunde gegangenen Blutkörperchen
zu befreien.
Es dürfte ihr dieselbe Rolle auch für den physiologischen
Blutkörperzerfall zukommen. Fr.
Kleine Mittheilungen.
Concretionen in den Luftsacken.
W. A. Dellagana M. R. C. V. S. beschreibt einen seltenen
Fall von Luftsackconcretion, welchen er zu Bangkok in Siam bei
einer australischen Stute beobachtet hat. Das Pferd stand mit
gespreizten Vorderbeinen, langgestrecktem Kopf im Stalle und
athmete unter grosser Anstrengung. Es konnte weder Futter
noch Getränk aufnehmen. Das Trinkwasser kam durch die
Nasenöffnungen wieder zurück. Bei Betastung der Ohrendrüsen¬
gegend waren beiderseitig harte Anschwellungen zu fühlen, welche
massigem Druck nicht auswichen. Husten war nicht vorhanden,
die Temperatur zeigte eine geringe Steigerung, (101° F = 38,3°C).
Die Stute starb bald nach der Untersuchung, ehe eine Behandlung
eingeleitet worden war. Bei der Obduction wurden starke ent¬
zündliche Veränderungen am hinteren Abschnitt der Zunge, um
die hinteren oberen Nasenöffnungen, im Pharynx und Larynx
festgestellt. Die Luftsäcke waren buchstäblich mit erbsen- bis
haselnussgrossen Concretionen und Eiter vollgestopft. Die
Inhaltsmassen füllten einen gewöhnlichen Stalleimer von 3 Gallonen
(ca. 14 Liter) Capacität. Der Eiter war dick und sahnen¬
artig, ohne putride Eigenschaften. Die Lungen befanden sich
im Congestionszustande, und die Kopfschleimhäute hatten eine tief-
rothe Farbe. Nach dem Urtheile des Verf. ist die Stute
zweifellos an Asphyxie verendet.
Aus dem Bericht ist nicht ersichtlich, warum dem Erstickungs¬
tode nicht durch sofortige Ausführung der Tracheotomie vor¬
gebeugt wurde. (Journal of Comp. Path. and Therap. 1898
Vol. XI Part. 3.)
Arterio8derose beim Pferd.
Rossarzt Krüger beschreibt in der „Zeitschrift für Veterinär¬
kunde“, Juni 1898, folgende beiden Beobachtungen. Bei einem
Pferde, welches vorher nie krank gewesen und dann nach vor¬
aufgegangener Kolik plötzlich zusammengestürzt und verendet
war, fand sich: Erhebliche Verdickung und Verkürzung der
Mitralis, starke Herzhypertrophie, Arteriosclerose der Aorta.
Unmittelbar oberhalb der unveränderten halbmondförmigen
Klappe sass eine bohnengrosse Verdickung, scheinbar von un¬
versehrter Intima überzogen, 10 cm darüber eine zweite, und
zwischen beiden Verdickungen befanden sich zwei Defecte von
mehreren" Centimetern Länge, wo das Endothel ganz fehlte und
z. Th. scharf kantige, linsengrosse knöcherne Platten lagen. Die
wallartigen Ränder der Defecte waren ebenfalls verknöchert. —
Ein zweites Pferd ging nach längerem Kranksein an hoch¬
gradiger Abmagerung und Entkräftung zu Grunde, ohne dass
bei Lebzeiten ein Herzfehler festgestellt werden konnte.
Obductionsbefund: Verdickung der Ränder der dreizipfligen
No. 49.
Klappe. Im Aortenanfang innerhalb der halbmondförmigen
Klappe 2 warzenartige Wandverdickungen, bohnengross, mit
schmaler, scharf begrenzter Basis aufsitzend und hart wie
Knorpel. Auch in einer der Ventiltaschen sass eine solche
Verdickung. Andere krankhafte Veränderungen waren nicht zu
finden.
Herzruptur.
Bei zwei schwächlichen Algäuer Kühen in einem Gehöft
wurde eine Ruptur an der Grenze der Herz Vorkammern in
Querrichtuug beobachtet, ohne dass die Ursache hätte festgestellt
werden können.
(Bezirksthierarzt Prietsch, Sächs. Veterinärber. 98.)
Emboli8Che Kolik beim Füllen.
Ein Jährling erkrankte plötzlich heftig an Kolik und starb
nach 30-stündiger Krankheitsdauer. Bei der Section fand sich
ein 2 m langes Leerdarmstück hämorrhagisch geschwollen, in
der Mitte seines Laufs quer durchrissen und seine zuführenden
Blutgefässe mit federkieldicken Gerinnseln, die stellenweise ent¬
färbt, grösstentheils aber frischrot waren, prall gefüllt. Aneurysma
der vorderen Gekrösarterie mit wandständigem Thrombus.
(Corpsrossarzt Hell, Ztschr. f. Vet.)
Knochentuberculose.
Schlachtliofdirector Ri eck fand bei einer gut genährten
Kuh am linken Bug eine mannskopfgrosse Geschwulst. Die¬
selbe rührte her von Tuberculose des Armbeinkopfes. Die ver¬
dünnte Knochenrinde umschloss in maschigem Knochengerüst
Hohlräume, die mit graurothem, schwammigem, käsig-kalkige
Herde enthaltendem Gewebe ausgefüllt waren. Die Umgebung
des Gelenks bestand aus mächtigen harten Geschwulstmassen.
Bezirksthierarzt Prietsch fand bei einem verkrüppelten
Schweine eine starke Verkrümmung der Wirbelsäule und an
fünf Wirbeln tuberculöse Herde. Der Körper des zehnten
Rückenwirbels war fast ganz zerstört.
(Sächs. Veterinärber. 98.)
Tagesgeschichte.
YII. Plenar-Versammlung
der
Central-Vertretung der thierärztlichen Vereine
Preussens zu Berlin.
Hotel zu den vier Jahreszeiten, Prinz Albrechtstrasse,
am 15. December 1900.
Tagesordnung:
1. Geschäftliche Mittheilungen des Präsidenten.
2. Beauftragung eines Künstlers mit der Anfertigung der Büsten
von Gurlt, Hertwig und Spinola.
3. Ueber die Stellung und Besoldung der Kreisthierärzte.
Referent: Kreisthierarzt Bermbach.
4. Die Stellung der Thierärzte in der Thierzucht (Prüfung als
Thierzucht-Inspector, Mitgliedschaft bei den Körcommissionen,
ungleiche Festsetzung der Diäten Seitens der Provinzial-
Verwaltungen etc.). Referenten: Departements-Thierarzt Dr.
Lothes und Zuchtdirector Marks.
5. Empfiehlt sich anlässlich der bevorstehenden Aenderung des
Schlachthausgesetzes eine Eingabe an den Landtag betreffs
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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6. December 1900.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
585
der Stellnng der Schlachthofthierärzte? Referent: Schlacht-
hofdirector Schräder -Brandenburg.
6. Die Nothwendigkeit des Verbots der Impfungen mit virulenten
Culturen durch Laien. Referenten: Geheimer Medicinalrath
Dr. Esser und Kreisthierarzt Dr. Foth.
7. Programm für eine staatlich anzuerkennende thierärztliche
Standesvertretung. Professor Dr. Eberlein (für den eventuell
verhinderten Departementsthierarzt Peters) und Veterinär¬
assessor Preusse.
8. Besprechung über die Zusammensetzung der Centralver¬
tretung, Referent: Prof. Dr. S chm altz.
9. Besprechung über Erfahrungen mit dem Stuttgarter Ver¬
sicherungsverein.
10. Wahl des Vorstandes und Antrag auf Aenderung des § 4
der Statuten.
Die erste Sitzung beginnt am Sonnabend um 9 Uhr
Vormittags.
Für Sonnabend Abend ist ein Diner in Aussicht genommen.
Die Verhandlungen werden, wenn erforderlich, am Sonntag
dem 16. December fortgesetzt werden. Die Anberaumung der
Sonntagssitzung wird nach Bedarf und im Einvernehmen mit
dem Herrn Vorsitzenden des Unterstützungsvereins erfolgen.
Am Freitag Abend Zusammentreffen der Ankommenden im
Hotel zu den vier Jahreszeiten.
Hierdurch lade ich die Herren Delegirten der in der
Central-Vertretung vereinigten thierärztlichen Vereine zu der
Versammlung ein, mit dem ergebenen Ersuchen, eine Legitimation
mit Angabe der derzeitigen Mitgliederzahl ihres Vereins bei
Beginn der ersten Sitzung dem Schriftführer vorzulegen. (Vergl.
das am Schluss des letzten Sitzungsberichtes abgedruckte
Statut.)
Der Präsident der Central-Vertretung
Dr. Esser,
Geheimer Medicinalrath.
Unterstützungs-Verein für Thierärzte.
Gemäss § 6 des Statuts findet im Anschluss an die Sitzung
der Delegirten zur Centralvertretung der thierärztlichen Vereine
Preussens am Sonntag, den 16. December 1900 eine Versammlung
der Mitglieder des Unterstützungsvereins für Thierärzte statt,
wozu sämmtliche Herren Mitglieder hiermit eingeladen werden.
Tagesordnung: 1. Rechenschaftsbericht, 2. Beschlussfassung
über die Eintragung des Vereins in das Vereinsregister
und die damit in Verbindung stehende Statutenänderung.
3. Vorstandswahl.
Die Versammlung tagt im Hotel zu den vier Jahreszeiten,
Prinz Albrechtstrasse, Berlin. Die Stunde des Beginns wird
ebenda am 15. December Abends bekannt gemacht.
Preusse, Vorsitzender.
Herbst-Sitzung des Vereins schlesischer Thierärzte
in Breslau
am 4. November 1900.
Die Sitzung fand im Palast-Restaurant, Neue Schweidnitzer
Strasse No. 16, statt und wurde um 11 y 4 Uhr durch den Vor¬
sitzenden, Departementsthierarzt Dr. Arndt eröffnet.
Tagesordnung: 1. Vereinsangelegenheiten (Delegirten-
Ersatzwahl, Rechnungslegung u. A.).
2. Praktische Erfahrungen bei der Rothlauf-Impfung. Kreis-
tliierarzt Graul-Oppeln.
3. Besprechung gerichtlicher Fälle aus der Praxis seit Ein¬
führung des B. G.-B. Eiugeleitet durch Kreisthierarzt Eh rieh t-
Neurode.
4. Verschiedenes.
Anwesend waren 58 Mitglieder: Angenheister-Breslau,
Dr. Arndt-Oppeln, Arndt-Landeshut, Bischoff-Falkenberg,
Bröske - Zabrze, Büttner - Peterwitz, Eekelt - Trachenberg,
Ettrich-Naumburg, Frei gang-Patschkau, Fülbier-Freiburg,
Graul - Oppeln, Häring - Sohrau, Haertel-Gr. Wartenberg,
Hartmann-Rawit8ch, Hentschel-Oels, Hocke-Frankenstein,
Hey-Namslau, Karger - Hirschberg, Kattner-Neustadt,
Kindler-Canth, Kissuth-Guhrau, Klipstein-Jauer, Knauff-
Trebnitz, Koschel-Breslau, Lütkemüller-Lublinitz, Mahlen¬
dorff-Breslau, Dr. Marks-Ohlau, Müller-Horka, Nowag-
Sprottau, Pflanz I-Kreuzburg, Pflanz n*Wohlan, Pietsch-
Ratibor, Pittier-Schweidnitz, Riedel-Neisse, Rückner-Glatz,
Rust-Breslau, Sage-Zabrze, Scharsich-Striegau, Schilling-
Breslau, Schirmeisen-Grottkau, Schliwa-Brieg, Schmidt-
Oppeln, Schmidtke - Münsterberg, Schönfeld - Leobschütz,
Dr. Schubertli-Liegnitz, Schwintzer-Oels, Siegert-Tarno-
witz, Siemssen-Krappitz, Dr. Soehngen-Wohlau, Sporleder-
Breslau, Stöcker-Lüben, Strähler-Breslau, Sturm-Rybnik,
Tappe-Beuthen, Vallbracht-Zülz, Wancke-Haynau, Witt-
linger-Neumarkt, Zimmermann-Cosel.
Sieben Gäste: Bens-Breslau, Dinter-Breslau, Gödel-
Breslau, Kolbe-Breslau, Riedel-Neumarkt, Roth-Breslau,
St rauch-Breslau.
Der Vorsitzende Dr. Arndt macht Mittheilung von dem
Hinscheiden eines Vereinsmitgliedes, des Kreisthierarztes Perlett-
Lauban; sein Andenken wird in der üblichen Weise geehrt.
Ihren Austritt aus dem Verein wegen Wegziehens aus dem
Bezirk haben angemeldet die Herren: Anders-Beuthen, Scholz-
Gr.-Strehlitz und Schragenheira-Breslau.
Es gelangt sodann ein Schreiben des Departeraents-Thier-
arztes a. D. Scharmer-Liegnitz zur Verlesung, in welchem
derselbe erklärt, wegen seines Augenleidens sein Amt als
II. Vorsitzender niederlegen und aus dem Verein ausscheiden zu
müssen. Dr. Arndt setzt auseinander, dass Scharnier zwar
nur eine kurze Reihe von Jahren seine Kräfte dem Verein habe
widmen können, dass er aber in dieser Zeit viel für den Verein
gethan habe und demselben auch seine hervorragend vornehme
Gesinnung bethätigt habe, wie sie besonders seine engeren
Collegen im Liegnitzer Bezirk von ihm gekannt hätten. Er
schlage deshalb vor, um Scharmer dem Verein zu erhalten
und ihm die Dankbarkeit desselben zu beweisen, ihn zum Ehren¬
mitglied desselben zu ernennen. Der Vorschlag wird einstimmig
durch Zuruf angenommen und der Vorsitzende beauftragt, das
neue Ehrenmitglied sofort telegraphisch von der erfolgten Wahl
in Kenntniss zu setzen.
Riedel-Neisse stellt darauf den Antrag, das Vereinsmitglied,
Schlachthof-Director Schilling-Breslau wegen seiner besonderen
Verdienste um den Verein zum Ehren-Präsidenten zu ernennen.
Nachdem Dr. Arndt in wannen Worten die erhebende
Thätigkeit Schillings in dem Verein gebührend gewürdigt hatte,
erfolgte die Wahl gleichfalls durch einstimmigen Zuruf.
Nach kurzen, gerührten Dankesworten des Gewählten er¬
folgt die Aufnahme von 8 neuen Mitgliedern, nämlich die der
Herren: Büttner-Peterwitz, Kieler-Rybnik, Nowag-Sprottau,
Pflanz jr.-Wohlau, Pittler-Schweidnitz, Schmidt-Hirschberg,
Schoenfeld - Leobschütz, Vallbracht-Zülz. — Der ans-
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586
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 49.
geschiedene Kreisthierarzt Gü ekel-Münsterberg hat schriftlich
seinen Wiedereintritt angemeldet.
Der Kassenwart Wittling er giebt eine Uebersicht über
die Umsätze der Kasse im abgelaufenen Jahr und über den
augenblicklichen Bestand der Kasse, der mit über 2000 Mark
als ein sehr günstiger freudig begrüsst wird.
Nachdem der Vorsitzende dem Kassenwart für die vorzüg¬
liche Verwaltung seines Amtes den Dank der Versammlung aus¬
gesprochen hat, wird zu den Wahlen geschritten. Die Ver¬
sammlung lehnt die Zettelwahl ab und es werden durch ein¬
stimmigen Zuruf die ausscheidenden Mitglieder des Vorstandes,
Dr. Arndt als Vorsitzender, Dr. Marks als Schriftführer und
Wittlinger als Kassenwart wiedergewählt. Für den aus¬
geschiedenen II. Vorsitzenden Scharmer wird in derselben Art
Departements-Thierarzt Koschel-Breslau gewälilt. Bei der
hierauf folgenden Wahl der Delegirten für die Central-Vertretung
wird Dr. Marks als Ersatzmann für Scharmer und ein dem
Verein statutengemäss zustehender 5. Vertreter, W T ittlinger,
neu erwählt, nachdem Tappe zu W.’s Gunsten auf seine Wahl
verzichtet hatte.
Zu Punkt II der Tagesordnung sprach Graul-Oppeln über
Rothlauf-Impfung*). Seine Ausführungen sind im Wesentlichen
in folgenden Sätzen zusammenzufassen: 1. Die Impfung mit Susserin
und Cultur erzeugt für Zuchtschweine eine zu kurze Immunität
und ihre Dauer entspricht öfter nicht den versprochenen 5—7
Monaten. Zuchtschweine sind daher ausschliesslich nach Lorenz
zu impfen.
2. Die allgemeine Einführung der Impfung wird in Frage
gestellt durch die bei allen Verfahren vorkommenden Verluste,
es müsste dahin gewirkt werden, dass für Impfverluste Ent¬
schädigung gewährt würde, wozu sich die Lieferanten bisher
nicht verstehen konnten. Am besten könnten hierzu diejenigen
Procente verwendet werden, die den Thierärzten und vielleicht
auch der Kammer gewährt wurden.
3. Mit der Impfung sind ausschliesslich Thierärzte zu be¬
trauen. Culturen dürfen Laien überhaupt nicht in die Hand ge-
gegeben werden. Die Ausbildung von Laien-Impfern ist zu
verwerfen.
Dr. Arndt dankt dem Vorredner für seine interessanten
Ausführungen, welche zum Theil ganz neue Gesichtspunkte er-
öffneten; er schliesst sich denselben voll und ganz an und betont,
dass bei der Rothlauf-Impfung eine Scheidung in vorwiegende
Productions-Gebiete, wie Ober-Schlesien, und vorwiegende Con-
sumptions-Gebiete, wie Mittel- und Nieder-Schlesien, stattfinden
müsse, da für erstere die Vorbeugung, für letztere die Heilung
das Wichtigste sei. Die Entschädigungsfrage sei hoch be¬
deutungsvoll für die ganze Impffrage und die Idee, dieselbe
durch Verwendung der Ersparniss-Procente zu lösen, äusserst
sympathisch zu begrüssen. — Die Abgabe von Cultnren an
Laien und die Ausbildung von Laien-Impfern sei zu verwerfen.
Lütkemüller-Lublinitz hat grosse Erfahrungen auf dem
Impfgebiet; er hat im letzten Jahre nur mit Landsberger Serum
und Culturen gearbeitet, bei einem Bezüge von über 400 Mark
in diesem Zeitabschnitt. Er ist dazu gekommen, nur noch frische
Culturen mit einem Höchstalter von 8 Tagen zu gebrauchen,
weil bei Verwendung von älteren ihm die Immunität kürzer und
schwächer zu sein schien. Im Herbst des Vorjahres simultan
und mit 2. Cultur geimpfte Bestände habe er in diesem Frühjahr
Siehe 1. Seite dieser Nummer.
nach Ablauf von 7 Monaten mit blosser Cultur ohne Misserfolg
wieder geimpft. Dagegen seien in zwei Beständen nach Serum
und nur einmaliger Culturimpfung Schweine nach 2 bezw.
2 1 / 2 Monaten an Rothlauf eingegangen.
Tappe-Beuthen hat von Misserfolgen mit Susserin zu be¬
richten. Ein Laien-Impfer, Fleischbeschauer, der ihm als
intelligent und zuverlässig bekannt ist, hatte in 2 Ortschaften
simultan geimpft. Sämmtliche Schweine erkrankten nach 3—14
Tagen an chronischem Rothlauf und gingen alle nach einer
Krankheitsdauer bis zu 45 Tagen ein, trotzdem bei mehreren
noch ein Heilversuch mit Serum gemacht wurde. Er selbst habe
in einem Bestände bei 3 Impflingen Erkrankungen gehabt, in
einem Bestände von 26 Stück sei nichts vorgekommen.
Siemssen-Krappitz hat sehr viel geimpft und zwar mit
Prenzlauer und Landsberger Präparaten, und hat nur gute Er¬
fahrungen gemacht, auch mit der blossen Cultur - Nachimpfung
der im Vorjahr geimpften Zuchtschweine. Pflanz-Kreuzburg hat
in iy 2 Jahren circa 3000 Schweine mit Susserin geimpft. Im
Vorjahre habe er nur gute Erfahrungen gemacht und in seinen
Veröffentlichungen in der B. T. W. das Susserin gepriesen, jetzt
stehe er aber auf einem anderen Standpunkte, da er in diesem
Jahre in kurzer Zeit eine grosse Reihe von Fehlschlägen gehabt
habe. Viele Schweine, auch in nicht verseuchten Beständen,
wären einige Stunden nach der Impfung eingegangen. In einem
Falle seien alle circa 30 Stück simultan geimpften Schweine
erkrankt, einige davon nach 3—4 Tagen eingegangen. Nach
Simultan-Impfung seien nach einigen Monaten, aber innerhalb
der versprochenen Immunitäts-Dauer, gleichfalls mehrere Impflinge
an Rotlilauf eingegangen.
Tappe warnt vor der Simultan-Impfung, da er infolge von
Besprechungen mit Collegen za der Ansicht gekommen ist, dass
die meisten Verluste auf diese Methode der gleichzeitigen Serum-
und Cultur-Injection entfielen.
Dr. Marks-Ohlau berichtet gleichfalls über einen Fall von
chronischem Rothlauf bei Susserin-Impfung. College G. impfte
mit Serum und Cultur, nach 14 Tagen mit 2. Cultur. Von den
13 Impflingen erkrankten 11 an chronischem Rothlauf von denen
9 nach bis 6 wöchentlicher Krankheitsdauer eingingen, 2 wegen
Kümmerns nach mehreren Monaten getödtet werden mussten, ln
diesem Falle mnsste wohl die 1. Cultur zu schwach oder über¬
haupt unwirksam gewesen sein und die nur schwach immuni-
sirende Wirkung des somit gewissermassen bei der ersten
Impfung allein verwendeten Serums habe der 2. Impfung zwar
noch den Ausbruch des acuten Rothlaufs verhindert, aber den
Rothlauf in chronischer Form im Gefolge gehabt. Schweine¬
seuche sei ausgeschlossen gewesen, da nur Hautröthungen,
Schwäche und Abmagerung zu beobachten waren, absolut keine
Erscheinungen von Darm und Lunge, und da die 3 nicht ge¬
impften Thiere des Bestandes, Ferkel im Alter von 2 Monaten
gesund blieben. — Der Hauptwerth bei der Impfung sei auf
die Frische und den Vollwerth der Culturen zu legen. Die
Breslauer Kammer schreibe eine Maximal-Verwendungszeit von
4 Wochen für dieselben vor. Vergleicht man hiermit die Mit¬
theilungen von Dr. Foth in der Mai-Sitzung 1899 des Posener
Vereins über die Prüfung von Culturen, wonach 14 tägige Cul¬
turen meistens, 8 tägige noch mitunter ihre Entwicklungs¬
fähigkeit auf Gelatine schon eingebüsst hatten, so wird man
wohl in der Annahme nicht fehlgehen, dass die Fehlschläge
meist auf die grössere oder geringere Virulenz der Culturen zu¬
rückzuführen seien.
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6. December 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
587
Rust-Breslau ist gleichfalls von dem früheren guten Urtheil
über die Impfung mit Susserin nach schlechten Erfahrungen in
diesem Jahre zurückgekommen. Auch er habe die meisten Miss¬
erfolge bei der Simultan-Impfung beobachtet und müsse daher
vor dieser Form der Impfung warnen. Für die Vorbeuge
empfehle er das Lorenz’sche Verfahren, für die Heilung Sus-
serin. Ein Theil der Fehlschläge sei sicher auf ein Miss-
verhältniss zwischen der Virulenz des Serums und der der Cul-
tur zurückzuführen. Daher auch das Bestreben der Fabriken,
den Titre des Serums möglichst zu erhöhen.
Pflanz glaubt auch nicht mehr recht an die Heilung des
Rothlaufs durch Susserin; die meisten derartigen Fälle wären
auf die anch ohne Einspritzung in Genesung übergehenden Back¬
steinblattern zu beziehen.
Dem widerspricht Rust, der zahlreiche Heilungen von evi¬
denten Rothlauffällen beobachtet hat, die ohne Susserin sicher
tödtlich verlaufen wären. Diese Beobachtung wird von den
Collegen aus der Versammlung durch mehrfachen Zuruf bestätigt.
Haertel-Gr.Wartenberg theilt einen Fall mit, in welchem
von 3 mit Susserin und Cultur geimpften Schweinen 2 nach
4 Tagen an Rotlilauf eingingen.
Schirmei8en-Grottkau hat ca. 2000 Schweine mit Susserin
ohne Verluste geimpft. Am 22. August impfte er simultan in
einer Ortschaft in 5 Gehöften 34 Schweine, in einer anderen in
einem Gehöft 23 Schweine. Von den 5 geimpften Schweinen
des einen Bestandes, die vor der Impfung gesund waren, sind
3 innerhalb ’/a—2 Stunden, eins nach 2 Tagen eingegangen, das
5. frass mehrere Tage schlecht, wurde aber wieder gesund. Die
Cadaver der 3 Schweine waren vollkommen weiss. Serum und
Cultur waren 2 Tage vorher von der Kammer bezogen. Für
die 5 Schweine war ein frisches Culturgläschen angebrochen
worden; weitere Thiere sind mit dieser Cultur nicht geimpft
worden. Sch. muss ausschliesslich die Cultur beschuldigen.
Ein Gesuch um Entschädigung wurde von der Kammer
abgelehnt.
Fülbier-Freiburg impfte im Mai 1899 bei mehreren Be¬
sitzern insgesammt 43 Schweine; Serum und Cultur hatte er
5 Tage vorher von Landsberg erhalten. Neun Schweine des
Besitzers B. wurden mit 9 ccm einer am Impftage laut Her¬
stellungsvermerk genau 4 Wochen alten Cultur geimpft, der
Rest von 1 ccm wurde mit einer frischen 5 tägigen Cultur ver¬
mischt bei Besitzer Fr. verbraucht.
Die ca. 3 Monate alten Ferkel bei B. zeigten l / 2 Stunde
nach der Injection mehr oder minder schwere Lähmungs - Er¬
scheinungen, 3 Stück verendeten nach 2 Stunden. Bei den
übrigen verschwanden die Lähmungen bis zum 10. bezw. 12.
Tage; doch verendeten 2 am 16. Tage, später noch 2, die letzten
2 wurden nach 4 bis 5 Monaten als hochgradige Kümmerer ge¬
schlachtet. Die Schweine bei Fr. zeigten eine Stunde nach der
Impfung Erbrechen, Abgeschlagenheit; keine Todesfälle. Bei
den anderen Impfungen am selben Ort keine Erkrankungen.
F- beschuldigte die Cultur, besonders im Hinweis auf das Er-
g^bniss der Impfung bei Fr., bei welcher nur ein Theil ver¬
dorbener Cultur verwendet worden war. Landsberg ging auf
Entschädigungs-Ansprüche nicht ein.
F. richtete nun sein besonderes Augenmerk auf die Culturen
and fand Folgendes: Er erhielt von der Breslauer Kammer
zwei Mal faulige Culturen, ein Mal Culturen mit trüben, dicken,
ein Drittel der Cultur füllenden, durch Schütteln nicht zu be¬
seitigenden Flocken; eine grössere Anzahl von Gläsern war
ohne Herstellungs-Vermerk. Von der Vereinigung der Schweine¬
züchter erhielt er zwei anscheinend zugeschmolzene, in Wahr¬
heit offene Culturgläser.
Die Culturen seien ein so difficiles Product, dass Laien
das Verständniss für das Umgehen mit denselben nicht bei¬
gebracht werden könne. Daher würde bei Ueberlassung der
Herstellung, des Vertriebes und der Verwendung der Culturen
an Laien sehr bald das ganze Impfverfahren völlig discreditirt
sein. Zu fordern wären: Einrichtung einer Centralstelle unter
bacteriologischer Leitung, Abgabe von mit Herstellungsvermerk
versehenen Culturen nur an Thierärzte.
Dr. Arndt fasst das Resultat der Debatte in folgenden
Sätzen zusammen: 1. Kein einziges Impfverfahren ist vollkommen
zuverlässig, bei allen Methoden sind Verluste vorgekommen,
doch nicht in einem Umfange, dass dadurch der Werth der
Impfung illusorisch wurde. 2. Die Dauer der Immunität ist noch
nicht einwandsfrei festgestellt. 3. Entschädigungen für Impf-
verluste werden bisher meist nicht gewährt.
Rust spricht gegen die Ausbildung von Laienimpfern, die
zugleich eine Reihe von Pfuschern heranbilden heisse; wenn
wir auch keine eigentliche Resolution in diesem Sinne fassen
wollten, so müssten wir doch wenigstens unsern Standpunkt zu
der Frage genau festlegen.
Dr. Arndt theilt mit, dass die Oppelner Regierung der
Anregung der Breslauer Kammer gegenüber bezüglich der Aus¬
bildung von Laien-Impfern einen durchaus ablehnenden Stand¬
punkt eingenommen habe.
Dr. Marks unterstützt die Ausführungen von Rust bezüg¬
lich der Ablehnung der Ausbildung von Laien-Impfern und führt
weiter aus, dass wir uns ganz besonders scharf gegen die Ab¬
gabe von Culturen an Laien wenden müssten. Ueberall bestehen
Polizeiverordnungen, welche in der peinlichsten Weise darauf
abzielen, eine Weiterverbreitung des Ansteckungsstoffes des
Schweinerothlaufs zu verhindern, überall wird die Beseitigung
und Vernichtung der Ansteckungsstoffe nicht allein unter polizei¬
licher Aufsicht, sondern stets nur nach Anordnung des Sach¬
verständigen. des beamteten Thierarztes, ausgeführt; ja, zur Be-
urtheilung der ausgeführten Desinfections - Arbeiten muss der
Sachverständige zugezogen werden — und nun werden selbst
dem ungebildetsten Laien die Rein-Culturen, das Extract des
Ansteckungsstoffes, zu beliebigem Schalten und Walten in die
Hand gegeben? Das ist die reine Ironie auf das Seuchen¬
gesetz! ! Wir Beamteten, die wir unseren Lebenszweck in der
Erkennung und Tilgung der Seuchen sehen, die wir uns für
diesen Beruf Jahre lang vorgebildet haben, und die wir doch
wissen dürften, wie wir mit Ansteckungsstoffen umgehen müssen,
wir werden liebevoll und dringlich daran erinnert, uns beim
Verlassen der Seuchengehöfte gründlich zu desinficiren, damit
wir nicht selbst Vermittler des Ansteckungsstoffes werden —,
Du aber, Laie! nimm die Culturen, Dir traue ich zu, dass Du
damit umzugehen verstehst.
Allgemeine Zustimmung der Versammlung folgte den Aus¬
führungen.
Punkt HI der Tagesordnung wird wegen Abwesenheit des
Referenten, der sich wegen dringender Behinderung schriftlich
entschuldigt hatte, fallen gelassen.
Dem Kassenwart wird nach Mittheilung der Revisions-
Commission (Lütkemüller und Tappe), dass die Rechnungs¬
legung geprüft und richtig befunden sei, Decharge ertheilt.
Drei Vereinsmitglieder werden auf Antrag des Kassenwartes
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588
BERLINER THIERÄRZTLICI1E WOCHENSCHRIFT.
Nu. 4M.
wegen wiederholter Nicht-Innehaltung ihrer Zahlungsverpflich¬
tungen aus der Mitglieder-Liste gestrichen.
Schluss der Sitzung 2 Uhr.
An dem folgenden Diner betheiligten sich fast alle Besucher
der Sitzung und blieben dann fröhlich commercirend bis in die
Abendstunden beisammen. Der Schriftführer:
Dr. Marks.
Fünfzigstes Stiftungsfest der Franconia.
Am 30. November waren fünfzig Jahre vergangen, seit die
Franconia, die Zweitälteste Landsmannschaft, an der alten
Berliner Thierarzneischule begründet wurde. Das Stiftungsfest
wurde in glanzvoller Weise gefeiert und verlief Dank der vor¬
züglichen Anordnungen, ohne irgend welche Trübung hoch¬
befriedigend. Am 29. November fand ein Festmahl mit an¬
schliessendem Ball statt. Bei diesem wurden zahlreiche Ge¬
schenke überreicht, alle sinnig und hübsch gewählt, grossentheils
prächtig: Paradeschläger, gestiftet vom Carteil, prachtvolle
Humpen, darunter hervorragend einer als Geschenk der Nor-
mannia-Hannover, ein sehr schöner Credenzschrank von Frauen
und Töchtern der Franconen und Anderes. Eine besonders
erfreuende Gabe war eine Büste des um die Franconia so sehr
verdienten, verstorbenen Directors der Berliner Fleischschau
Dr. Hugo Hertwig, gestiftet von Braunschweiger und Anhalter
alten Herren. Die Tochter Hertwigs, Frau Professor Oster¬
tag, und die Frau Professor Schmaltz, als Tochter des ver¬
storbenen A. H. Franconiae Rabe, weihten Fahnenbänder.
Der Festcommers erfreute sich eines grossen Besuchs. Es
mögen wohl 400 Theilnehmer gewesen sein. Alle Cartell-
Landsmannschaften waren selbstverständlich vertreten. Der ganze
Berliner R. S. C. nahm reichen Antheil. Dass die Zahl der er¬
schienenen alten Herren aus Nah und Fern eine sehr grosse
war, versteht sich von selbst. Namentlich hatte die Franconia
aber die grosse herzliche Freude, ihren Begründer und ersten
Senior Klingmüller, Kreisthierarzt zu Strehlen in Schlesien, in
ihrer Mitte zu sehen, der in fast jugendlicher Frische die Freuden,
Ehrungen und Anstrengungen des Festes von Anfang bis zum
Ende durchkostete. Vom Lehrkörper der thierärztlichen Hoch¬
schule gehören nicht weniger als drei, Ostertag, Regen¬
bogen und Schmaltz, selber dem „Grünen Carteil“ an; ausser¬
dem aber waren Herr Geheimrath Wittmack und Herr Pro¬
fessor Eberlein so liebenswürdig, dein Feste ihre Theilnahme
zu schenken. Die Festrede zu Ehren der Franconia hielt Pro¬
fessor Schmaltz.
Am Sonntag fand ein Wagenzug durch die Sieges-Allee,
Linden und andere Hauptstrassen Berlins statt. Derselbe bestand
aus 60 Wagen, machte sich imposant und war durch A. H.
Klingner-Berlin vorzüglich vorbereitet und schneidig geleitet.
Mit einem fröhlichen „Exbummel“ in den Grunewald am Montag
endete das schöne Fest. S.
Militaria.
Wir erfahren zuverlässig, dass die in No. 47 der B. T. W.
referirten, uns jedoch — zu unserem Bedauern — sogleich zweifel¬
haft erscheinenden Nachrichten über Reorganisation des Militär-
Veterinärwesens jeder positiven Grundlage entbehren.
Dagegen hat sich — leider — die von uns ebenda mit-
getheilte Nachricht von dem Scheitern der Gehaltsaufbesserung
durch Erscheinen des Reichs-Etats bestätigt. Derselbe enthält
von Gehaltsaufbesserung kein Wort.
Personalien.
Ernennungen etc.: Thierarzt Bury zum comm. Kreisthierarzt in
Bereut; Kreisthierarzt Noltc nach Sagau versetzt. — In Bayern:
Thierarzt Otto Müller (Dürkheim) zum Bezirksthierarzt für das
neu errichtete Bezirksamt Rockenhausen. Zu Districtsthierärzten
die Thierärzte Bernreuter (Weismain) in Ellingen (Mittelfranken),
Heinrich Hundsberger (Straubing) in Waldkirchen (Niederbayern),
Eugen Panzer (Burghaslach) in Kipfenberg (Mittelfranken), Joseph
Sepp (Scliweinfurt) in Egling (Oberbayern).
Gewählt: Die Thierärzte Otto Remmelc (Ludwigshafen a.Rh.)
zum Schlachthausassistenzthierarzt in Landau und F ra n z T i n s c h e rt
(Stommeln) zum Hilfsthierarzt in Trier.
Promotion: Thierarzt Görig von der vet.-medicin. Facultät in
Bern zum Dr. med. vet.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die
Thierärzte Hans Burger nach Aidenbach (Bayern), Otto Burkart
nach München, Karl Feldhofen nach Vehlingen, Amt Bonndorf
(Baden), G. Gröning nach Bern (Schweiz), K. Kramer vorüber¬
gehend nach Bad Neundorf, Pferdsdorf nach Strassburg i. E..
C. l’omayer als bezirksthierärztl. Assistent nach Weilheim.
K. Sentkowski von Winzig nach Soldau (Ostpr.).
Todesfälle: Karl Krautheim-Mindelheim, Bezirksthierarzta. 1).
Vacanzen.
Kreisthierarztsteiien etc.: Nach Ablauf der Meldefrist noch
unbesetzte Stellen: Reg.-Bez. Coblenz: Simmern. — Reg.-Bez.
Düsseldorf: Landkreis Krefeld. — R.-B. Hannover: Springe. —
R.-B. Potsdam: Angermünde.
Sanitätsthierarztsteilen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Lauenburg: Schlachthofvorsteher (1800 M. steigend bis 2700 M.
Wohnung etc. 500 M. Caution). Bewerb, an den Magistrat. —
Neidenburg: Schlachthausverwalter zum 1. Januar 1901 (3 monat¬
liche Kündigung; 1500 M. Wohnung etc.; Privatpraxis in dienst¬
freier Zeit; 500 M. Caution.) Bewerbungen an den Magistrat. —
Treuen: Sanitätsthierarzt (ca. 2500 M. aus der Fleischschau; Privat¬
praxis.) Bewerbungen bis 20. Dezember an den Bürgermeister.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Beuthen (Oberschles.): Schlachthofassistenzthierarzt. — Düren:
Schlachtbofdircctor. — Elbing: Assistenzthierarzt am Schlachthof.
— Hartha i. Sachs.: Sanitätsthierarzt. — Königsberg (08t-
preusen): Schlachthofthierarzt. — Mainz: Schlachthofthierarzt. —
Meseritz: Schlachthofthierarzt. — Ottweiler (Bezirk Trier):
Schlachthausverwalter. — Oelsnitz (Sachsen): Thierarzt Für
Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Pössneck: Thierarzt für
Praxis und Fleischbeschau. — Punitz i. Pos.: Thierarzt für
Schlachtviehbeschau. — Salzwedel: Schlachthof-Vorsteher. —
Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. — Wolkcnstein:
Schlachthofthierarzt. — Wo 11 stein (Posen): Schlachthofinspector.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neustadt).
— Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck
(Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pillkallen). — Murrhardt. — Schön¬
baum (Danzig).
1900 bek an nt gegebene :Bojanowo. — Eickel. — Festen¬
berg Bez. Breslau. — Jade (Oldbg.): Thierarzt. — Marggrabowa
(Kreis Oletzko). — Mengeringhausen (Waldeck.) — Peis-
kretscham (Ober-Schles.). — Rhinow (Reg.-Bez. Potsdam). —
Schloppa (Westpr.). — Schwarzenberg i. S. — Sonnen¬
burg. — Suelze (Mecklb.). — Wadern (Bez. Trier): Thierarzt
zum 19. November er. (Fixum 600 M. und 280 M. für Ueberwachung
der Märkte). Bewerb, bis 10. November an den Bürgermeister. —
Wolgast: Thierarzt (ca. 6000 M. Einkommen).
Besetzt: Kreisthierarztsteiien in Berent und Sagan. —
Sanitätsthierarztstelle in Trier. Privatstelle in Soldau.
Nach Schluss der Redaction eingelaufen.
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen.
Ausbrüche, die jedoch bereits wieder jerloschen, sind ge¬
meldet aus Magdeburg 30. 11. bis 9. 12. und aus Mainz 27. 11.
Verantwortlich für ilcn Inhalt (excl. Inrcratentheil): Prof. Dr. Schtnaltr. in Berlin. — Verlag und Elgcnttium von Richard Schoelz in Berlin. — Druck von W. Büxenstein, Berlin
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Beiblatt
der
Berliner Thierärztlichen Wochenschrift
zu No. 49 vom 6. December 1900.
Inhalt: Staatsveterinärwesen: Gesetz. betreffend die Entschädigung für an Milzbrand, Ranschbrand und Schweinerothlauf gefallene Thicrc
im Grosshcrzogthum Hessen. — Rechtsprechung. — Verordnungen. — Landespolizeiliche Anordnung. — Seuchenstatistik. —
Thierseuchen im Ausland III. Quartal 1900. — Tubereulose. — Massregeln gegen Tuberculose in Norwegen. — Zur Diagnose
der Maul- und Klauenseuehe. — Fleischschau: Freibankwesen. — Feber die Zulässigkeit des Wurstfärbens. — Untersuchungen
über das Vorkommen von Tubercclbacillen im Hackfleisch. — Folter die Einwirkung des Natriumsulfit auf den Fleischfarbstoff.
— Fleisch mit Naphtalingeschmack. — Minderwerth der Scrumsehweine. — Handel nach Lebendgewicht für Schlachtvieh. —
Die zollfreie Einfuhr von Fleisch im (Jrenzverkehr. — Ein- und Ausfuhr von Vieh und Fleisch im »September 1900. — Die
Ausfuhr von gefrorenen Kaninchen aus Ncu-Süd-Wales im .fahre 1899. — Schiachtviehversicherung. — Abdeckerei-Privilegien.
Staatsveterinärwesen. gesetzte höchste Entschädigungssumme um mindestens ein Fünftel
Redigirt von Preusse.
Gesetz, betreffend die Entschädigung für an Milzbrand,
Rauschbrand und Schweinerothlauf gefallene Thiere
im Gros8herzogthnm Hessen.
Vom Regierungsblatt 1900 No. 71.
24. Sept. 1900
Ernst Ludwig von Gottes Gnaden Grossherzog von
Hessen und bei Rhein etc. etc.
Wir haben mit Zustimmung Unserer getreuen Stände ver¬
ordnet und verordnen hiermit, wie folgt:
Artikel 1. Für gefallene oder getödtete, mit Milzbrand
oder Ranschbrand behaftete Pferde, Esel, Maulthiere, Maniesei,
Rinder, Schafe und Ziegen, sowie für gefallene oder getödtete,
mit Rothlauf behaftete Schweine wird, vorbehaltlich der im
Artikel 4 und 5 bezeichnten Ausnahmen, Entschädigung gewährt.
Artikel 2. Die Entschädigung beträgt für Thiere des
Pferdegeschlechts, Rinder, Ziegen, Schafe und Schweine vier
Fünftheil des gemeinen Wcrthes. Für Pferde soll die Ent¬
schädigung den Betrag von G00 M., für Rindvieh von 400 M.,
für Schweine von 80 M., für Ziegen von 20 M. and für Schafe
von 15 M. nicht übersteigen.
Die Artikel 3 und 4 entsprechen den dieshex ii glichen Vor¬
schriften in den §§ :)H—C4 des Jlcichsciehseuchengesehes.
Artikel 5. Für Gemeinden oder Kreise, in denen der Milz¬
brand, Ranschbrand oder Schweinerothlanf einheimisch ist, kann
angeordnet werden, dass seitens der betreffenden Communal-
verbände Einrichtungen getroffen werden, welche eine gründliche
und unschädliche Beseitigung der Cadaver Gewähr leisten.
Im Falle des Widerspruchs entscheidet, wenn es sich um
eine Gemeinde handelt, nach Artikel 48 II 2 der Kreisordnnng
der Kreisausschnss, wenn es sich um einen Verband handelt,
der Provincialausschuss. Auch kann in letzterem Falle die
Leistung des Ersatzes der Hälfte der Aufwendungen (Artikel 11)
von der Befolgung der Anordnung abhängig gemacht werden.
In solchen Gemeinden in welchen ein häufiges Auftreten
des Ranschbrandes beobachtet wird, kann von Unserem Mini¬
sterium des Innern für damit behaftete Rinder im Alter von
6 Monaten bis 2 Jahren die Entschädigungsleistung davon ab¬
hängig gemacht werden, dass die fraglichen Thiere von dem
Besitzer in den letzten 12 Monaten dem beamteten Thierarzte
znr Schutzimpfung angeineldet und, w’enn hierzu aufgefordert
wurde, zur Impfung vorgeführt worden sind.
Die gleiche Anordnung mit gleicher Wirkung kann nach
Feststellnng des Rothlaufs unter den Schweinen eines Gehöftes,
eines Ortstheiles oder Ortes für die Dauer der nächsten 6 Mo¬
nate mit der Massgabe getroffen werden, dass alle innerhalb
eines Gehöftes, Ortstheiles oder Ortes befindlichen Schweine zur
Schutzimpfung angemeldet nnd vorgeführt werden.
Artikel fi handelt von der Feststellung von Seuchenausbrürhen
gemäss §§ 12 und W des Ifeichsnehseurhengesetxes.
Artikel 7. Die zu leistende Entschädigung wird bei mit
Milzbrand oder Ranschbrand behafteten Thieren durch Schätzung
festgestellt. Dieselbe erfolgt durch eine Commission, welche
aus dem Kreisveterinärarzte, bezw. seinem Stellvertreter und
zwei Ortsschätzern besteht. Die Schätzung durch die Com¬
mission kann unterbleiben bei Ziegen und Schafen, wenn der
Ortspolizeibeamte und der beamtete Thierarzt oder deren Stell¬
vertreter übereinstimmend bekunden, dass der Werth der zu
entschädigenden Thiere, die im Artikel 2 für dieselben fest¬
übersteigt.
In dringlichen Fällen kann an Stelle des Kreisveterinär¬
arztes ein practischer Arzt zngezogen werden.
Für jede Gemeinde werden nach Anhörung der Gemeinde¬
vertretung von dem Kreisausschusse zwei Schätzer und zwei
Stellvertreter auf die Dauer von drei Jahren ernannt.
Die Schätzer und ihre Stellvertreter sind ebenso wie ein
in dringlichen Fällen an Stelle des Kreisveterinärarztes zu¬
gezogener practischer Thierarzt zu beeidigen.
Bei mit Rothlauf behafteten Schweinen ist der gemeine
Werth nach den für das Cadavergewicht im Voraus allgemein
festgesetzten Preisen zu ermitteln. Die Festsetzung dieser
Preise erfolgt kreis- oder ortsweise ein- oder mehrmal im Jahre
durch eine von dem Kreisausschnss zu wählende Commission von
3 Mitgliedern, welche zu beeidigen sind.
Wegen des Ausschlusses von der »Schätzung gelten die
Bestimmungen des Artikels 4 des Gesetzes vom 13. Juli 1883,
die Ausführung des Reichsviehseuchengesetzes betreffend, aus¬
genommen die Ziffer 5 jenes Artikels.
Artikel 8. Die Schätzung ist von dem Betheiligten
(Artikel 4) bei der Ortspolizeibehörde zu beantragen und von
dieser zn veranlassen Dieselbe benachrichtigt auf erfolgten
Antrag unverzüglich den Kreisveterinärarzt, bezw. seinen Stell¬
vertreter und die Ortseinschätzer. Zn der »Schätzung ist der
Betheiligte von der Ortspolizeibehörde einzuladen. Die Schätzung
erfolgt nach dem gemeinen Werth, und zwar ohne Rücksicht
auf den Minderwerth, den die Thiere dadurch erleiden, dass sie
mit einer der genannten Seuchen behaftet sind oder waren.
Hat sich bei der Feststellung des Krankheitszustandes eines
Thieres, für welches Entschädigung in Anspruch genommen
wird, ergeben, dass dasselbe noch mit einer anderen unheilbaren,
aber nicht unbedingt tödtlichen Krankheit behaftet war, welche
eine Werthverminderung bedingt, so ist die Schätzung unter
Berücksichtigung dieses Umstandes zu wiederholen.
Die Commission benachrichtigt den Betheiligten von dem
Ergebniss der Schätzung und übergiebt das Schätzungsprotocoll
mit dem thierärztlichen Befundbericht der Ortspolizeibehörde
zur Vorlage an das Kreisamt behufs Veranlassung der Aus¬
zahlung der Entschädigungssumme.
Artikel 9. Gegen die Festsetzung der Entschädigungs¬
summe steht sowohl dem Betheiligten, w r ie dem Kreisamte binnen
einer Woche die Berufung an den Kreisausschuss, gegen dessen
Entscheidung die Berufung an den Provinzialaussclmss zu,
welcher endgültig entscheidet.
Der Kreisausschnss, bezw. der Provinzialausschuss entscheidet
sowohl über die Frage, ob eine Entschädigung, wie darüber, in
welcher Höhe sie zu leisten sei.
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Artikel 10. Für Bezirke, in denen Sammelwasenmeistereien
oder »Sammelabdeckereien bestehen, kann die Werthfestsetzung
auch in diesen Anstalten durch Schätzer aus den nächstgelegenen
Orten oder durch für die Anstalt besonders bestellte Schätzer
erfolgen.
Artikel 11. Die Entschädigungen und die in dem Fest-
stellnngsverfahren, sowie die durch die Ausführung der Schutz-
impfnngen entstehenden Kosten werden von der Kreiskasse
getragen.
Die Hälfte der Aufwendungen wird dem Kreise nach Ablauf
des Rechnungsjahres von der Staatskasse ersetzt.
Der Kreistag kann beschlossen, dass die vom Kreise zu
tragende Hälfte der Aufwendungen ganz oder znm Theil auf die
Viehbesitzer ausgeschlagen werden soll.
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2
BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
6. December 1900.
Die Kosten, welche durch die Beschaffung von Impfstoffen
und Irapfapparaten für die in Gemässheit dieses Gesetzes vor¬
zunehmenden Schutzimpfungen erwachsen, trägt der Staat.
Artikel 12. Hat der Kreistag den Ausschlag auf die Vieh¬
besitzer beschlossen, so ist der Beitrag derselben nach Massgabe
der Zahl der von ihnen gehaltenen Thiere zu leisten.
Der Ausschlag erfolgt getrennt nach:
a. Thieren des Pferdegeschlechts, b. Rindvieh, c. Ziegen, i
d. Schafen, e. Schweinen.
Für den Besitzstand sind die im Anschluss an die vor¬
hergegangene allgemeine Viehzählung erfolgten Aufnahmen
massgebend.
Thiere, welche dem Reich, den Bundesstaaten oder einem
landesherrlichen Gestüte angehören, sowie das in Schlachtvieh¬
höfen und öffentlichen Schlachthäusern aufgestellte Schlachtvieh
blejben bei der Beitragserhebung ausser Betracht.
Im Uebrigen gilt für Thiere, welche sich in fremdem Ge¬
wahrsam befinden, als Besitzer der Besitzer des Gehöfts oder
der Weide, auf welchen die Thiere untergebracht sind.
Artikel 13 betrifft die Ausführung des Gesetzes.
Anweisung betreffend die Ausführung des obigen Gesetzes sowie die beim
Auftreten des Rauschbrandes und Schweinerothlaufs zu ergreifenden
veterinSrpolizeiiichen Massnahmen.
Auf Grund des Artikel 13 des obengenannten Gesetzes und
des § 1 der Bundesrathsinstruction vom 27. Juni 1895 zur Aus¬
führung des Reichsgesetzes über die Abwehr und Unterdrückung
von Viehseuchen haben wir das Nachstehende bestimmt:
Massnahmen gegen den Rauschbrand.
§ 1. Alle in der erwähnten Bundesrathsinstruction für den
Milzbrand getroffenen Vorschriften (Seite 26 und ff. der amtl.
Handausgabe von 1895) finden auch auf die Fälle des Rausch-
brandes mit der Massgabe Anwendung, dass die Abhäutung der
Cadaver von Thieren, welche mit Rauschbrand behaftet oder
dieser Seuche verdächtig sind, in einer unter veterinärpolizei¬
licher Aufsicht stehenden Abdeckerei gestattet ist, welche Ein¬
richtungen für eine genügende Desinfection der fraglichen Häute
besitzt. Die Häute, welche sofort nach der Abhäutung dem Des-
infectionsverfahren unterworfen werden müssen, dürfen erst nach
Beendigung desselben aus den Räumen der Abdeckerei entfernt
und unter Ausschluss der Ueberlassung an einen Dritten nur
unmittelbar an eine Gerberei zur alsbaldigen Verarbeitung ab¬
geliefert werden.
§ 2. Diejenigen Kreisämter, in deren Kreisen der Rausch¬
brand im Laufe eines Jahres wiederholt unter dem Rindvieh
aufgetreten ist, haben nns nach vorheriger Verständigung mit
dem Kreisveterinäramte längstens bis zum 1. März des darauf
folgenden Jahres diejenigen Gemeinden berichtlich anzugeben,
in welchen die Ausführung der Rauschbrand-Schutzimpfung auf
Grund des Artikels 5 Abs. 3 des Gesetzes für zweckdienlich zu
erachten ist. Dabei ist zugleich anzuzeigen, wie viele Thiere
nach dieser Vorschrift in jedem der fraglichen Gemeindebezirke
zur Impfung voraussichtlich vorzuführeu sind.
Ueber die geimpften Rinder, welche dauernd durch Täto-
wiren oder in sonst geeigneter Weise zn kennzeichnen sind, ist
von der betreffenden Bürgermeisterei eine Liste aufzustellen
und dem Kreisveterinäramte zuzustellen.
Massnahmen gegen den Schweinerothlauf.
§ 3. Die Besitzer von Schweinen sind nach der Bekannt¬
machung des Reichskanzlers vom 16. Juli 1895 (Reichs-Gesetz¬
blatt von 1895 Seite 420) verpflichtet, von dem Ausbruch des
Rothlaufs unter ihren Schweinebeständen und von allen ver¬
dächtigen Erscheinungen unter denselben, welche den Ausbruch
dieser Seuche befürchten lassen, sofort der Ortspolizeibehörde
Anzeige zu machen und die kranken oder verdächtigen Schweine
von Orten fernzuhalten, an welchen die Gefahr der Ansteckung
anderer Schweine besteht.
Die gleichen Pflichten liegen denjenigen Personen ob, welche
nach § 9 Abs. 2 und 3 des Reichsviehseuchengesetzes (Seite 8
der amtlichen Handausgabe von 1895) zur Anzeige beim Aus¬
bruche der in § 10 dieses Gesetzes genannten Viehseuchen und
beim Verdacht derselben verpflichtet sind.
§ 4. Die Ortspolizeibehörde hat von der ihr gemachten
Anzeige, oder von der auf anderem Wege erhaltenen Kenntniss
von dem Ausbruch oder dem Verdacht eines Ausbruchs des
Schweinerothlaufs das Kreisveterinäramt unverzüglich, wenn
möglich unter Benutzung des Telegraphen oder des Telephons,
zu benachrichtigen (§ 12 des Reichsviehseuchengesetzes) und
an das Grossherzogliche Kreisamt zu berichten.
§ 5. Die an Rothlauf erkrankten Schweine unterliegen der
Stallsperre, die der Seuche verdächtigen Schweine der Gehöft¬
sperre.
Als verdächtig gelten alle Schweine, welche mit rothlauf-
kranken Schweinen in demselben Gehöfte oder in derselben
Heerde sich befinden oder in den letzten fünf Tagen sich be¬
funden haben.
§ 6. Zum Zwecke sofortiger Abschlachtung kann die Aus¬
fuhr rothlaufverdächtiger Schweine nach benachbarten Orten
oder nach in der Nähe befindlichen Eisenbahnstationen zur
Weiterbeförderung nach öffentlichen oder privaten Schlacht¬
häusern von der Ortspolizeibehörde unter der Bedingung gestattet
werden, dass die Schweine stets zu Wagen oder auf solchen
Wegen transportirt werden, welche von Schweinen aus seuchen¬
freien Gehöften nicht betreten werden.
Die Ortspolizeibehörde des Schlachtorts, welcher jedesmal
die Zuführung solcher Schweine rechtzeitig vorher anzuzeigen
ist, hat Sorge zu tragen, dass die Schlachtung derselben als¬
bald erfolgt und polizeilich überwacht wird.
§ 7. An Rothlauf erkrankte Schweine dürfen nur in dem
betreffenden Seuchengehöfte geschlachtet werden. Das noch für
geniessbar erkannte Fleisch geschlachteter rothlaufkranker
Schweine darf nur in gar gekochtem Zustande abgegeben werden.
§ 8. Ist der Rothlauf in einem Schweinebestande fest¬
gestellt, so ist der Besitzer unter ausdrücklichem Hinweis auf
Artikel 5 Abs. 4 des Gesetzes von der Ortspolizeibehörde auf¬
zufordern, bei Meldung des Verlusts des Anspruchs auf Ent¬
schädigung die zur Zeit in dem Seuchengehöfte gehaltenen und
die innerhalb 6 Monaten in dasselbe zugehenden Schweine, in¬
sofern letztere nicht nachweislich in den vorhergegangenen
vier Monaten geimpft worden sind, sofort durch Vermittelung
der Ortspolizeibehörde dem beamteteten Thierarzt zur Impfung
anzumelden und nach entsprechender weiterer Aufforderung zu
stellen.
Die gleiche Massnahme ist je nach den vorliegenden Ver¬
hältnissen auch auf die Nachbargehöfte oder auf alle Gehöfte
auszudehnen, aus welchen Schweine zu einer verseuchten Heerde
getrieben worden sind. Ebenso ist bezüglich des ganzen Orts
oder des betreffenden Ortstheils zu verfahren, wenn es sich um
einen Ott oder Ortstheil handelt, in welchem der Rothlauf all¬
jährlich unter den Schweinen aufzutreten pflegt.
Die Ausführung der Impfung in verseuchten und verseucht
gewesenen Beständen hat stets so bald als thunlich statt¬
zufinden.
Ueber die geimpften Schweine, welche in geeigneter Weise
dauernd zu kennzeichnen sind, ist von der betreffenden Bürger¬
meisterei eine Liste aufzustellen und dem Kreisveterinäramte
zuzustellen.
§ 9. Die an Rothlauf eingegangenen Schweine müssen,
wenn nicht ihre Ablieferung in eine Abdeckerei erfolgt, auf dem
Wasenplatz verscharrt werden. Das Gleiche hat mit den nicht
zur Verwendung kommenden Theilen geschlachteter rothlauf¬
kranker Schweine zu geschehen.
Das Fett gefallener oder getödteter rothlaufkranker
Schweine darf zu technischen Zwecken unter geeigneten Vor-
sichtsmassregeln und unter polizeilicher Aufsicht ausgeschmolzen
werden.
§ 10. Der Rothlauf unter den Schweinen eines Gehöfts,
Orts oder Ortstheils gilt als erloschen, und die angeordneten
Massnahmen der §§ 5 und 6 sind aufzuheben, wenn nach dem
letzten Todesfall an Rothlauf oder nach der Abheilung des
letzten Erkrankungsfalles 14 Tage verflossen sind.
Verfahren zur Feststellung der Entschädigung
für an Milzbrand, Rauschbrand und Schweinerothlauf
gefallene Thiere.
§ 11. Die Schätzer und deren Stellvertreter sind gemäss
Abs. 3 und 4 des Artikels 7 des Gesetzes alle 3 Jahre vom
Kreisausschusse zu wählen und vor erstmaliger Ausübung ihrer
Thätigkeit vom Kreisamt zu beeidigen. Fällt innerhalb dieser
Zeit ein Schätzer oder ein Stellvertreter weg, so ist alsbald
für Ersatz zu sorgen.
Die von dem Kreisausschuss auf Grund des Abs. 5 des
Artikels 7 des Gesetzes gewählte und vom Kreisamt beeidigte
Commission zur Festsetzung der Preise, nach welchen für das
Cadavergewicht gefallener oder getödteter rothlaufkranker
Schweine Entschädigung zu gewähren ist, hat diese Preise dem
Kreisamte alsbald nach ihrer Festsetzung jeweils mitzutheilen,
welches sie im Kreisblatte zu veröffentlichen und das Kreis-
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BEIBLATT der BERLINER THIERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
6. December 1900.
veterinäramt davon in Kenntniss zu setzen hat. Wird in Folge
Steigens oder Sinkens der Schweinepreise eine Abänderung
jener Preise nötliig, so hat die Commission diese aus eigener
Initiative oder auf Anordnung des Kreisamts vorzunehmen und
sie dem Letzteren mitzutheilen.
Die Festsetzung der Preise hat nach dem nachstehenden
Schema zu erfolgen:
für die ersten 10 kg des Cadavergewichts ä kg .... Pf.
>> das 11. bis 20. ,, „ ,, » » .... „
tt » 21. „ 40. „ „ „ „ .... ,,
M M ^1. » 60. ,, „ ,, M I) .... ,,
n. s. w. von 20 zu 20 kg.
§ 12. Ist auf Grund des Artikels 8 Abs. 1 des Gesetzes
für ein Thier Entschädigung beantragt worden, so hat die Orts¬
polizeibehörde alsbald die Festsetzung des Werthes desselben
in der (durch Art. 7 des Gesetzes) vorgeschriebenen Weise zu
veranlassen.
Da es für die Schätzung verendeter Thiere nur der ein¬
fachen Besichtigung des Cadavers durch die Schätzer bedarf,
so ist zur Kostenersparniss dafür Sorge zu tragen, dass diese
Besichtigung jedesmal vor Entfernung des Cadavers aus dem
Seuchengehöft vorgenommen wird, falls nicht die Schätzung ein¬
facher und billiger in einer Sammelabdeckerei stattfindet (Ges.
Art. 10). Die Schätzung seitens des beamteten Thierarztes
kann für sich allein abgegeben werden.
Ueber jeden Entschädigungsfall (Abs. 1) ist eine Urkunde
nach dem dieser Anweisung beigefügten Formulare aufzunehmen
und dem Kreisamte mit dem gemäss der §§ 1 und 36 bis 39
der Anlage B zur Bundesraths-Instruction vom 27. Juni 1895
(Seite 78 und 91—93 der amtl. Handausgabe von 1895) bei
der Obduction aufzunehmenden Protocoll (Befundbericht Art. 8
des Ges.) vorzulegen.
Bestehen über die Krankheit Zweifel, so hat das Kreisarat
alsbald ein thierärztliches Obergutachten einzuziehen (§ 40 der
Anlage B zur Bundesraths-Instruction Seite 93 der amtlichen
Handausgabe von 1895 und § 3 der hessischen Ausführungs¬
verordnung zum Reichsvieliseuchengesetz vom .12. März 1881
(Seite 94 der amtl. Handausgabe von 1895).
§§ 13—15 enthalten nebensächliche Bestimmungen.
Zuziehung practischer Thierärzte.
§ 16. Die Zuziehung eines practischen Thierarztes an
Stelle des Kreisveterinärarztes zur Schätzung und Obduction
eines zu entschädigenden Thieres, zur anderweitigen Festsetzung
der Entschädigungssumme für ein solches und zu den gemäss
§ 8 dieser Anweisung vorzunehmenden Rothlauf-Tmpfungen darf
nur auf kreisamtliche Anordnung geschehen. In solchem Falle
ist der zuzuziehende practische Thierarzt vom Kreisamt vor
Beginn seiner Thätigkeit von allen einschlägigen Bestimmungen
in Kenntniss zu setzen und eidlich zu verpflichten. Das Kreis¬
amt hat hiervon der Ministerialabtheilung für öffentliche Ge¬
sundheitspflege berichtliche Mittheilung zu machen.
§ 17. Die Kosten für Beschaffung der Impfstoffe bei den
auf behördliche Anordnung vorgenommenen Rauschbrand- und
Rothlauf-Impfungen trägt die Staatskasse. Die nöthigen Impf¬
stoffe werden bis zur Errichtung einer staatlichen Rothlauf-
Impfanstalt von dem Referenten unserer Abtheilung für Öffent¬
liche Gesundheitspflege, Obermedicinalrath Dr. Lorenz, her¬
gestellt und den Kreisveterinärärzten und den mit der Aus¬
führung von Rothlauf-Impfungen betrauten practischen Thier¬
ärzten zugesandt werden. Die nach Vorstehendem abgegebenen
Impfstoffe dürfen anderweitig nicht, verwendet werden. Die
Thierärzte haben über die Verwendung derselben Buch zu
führen.
Bestellungen auf Rothlauf-Impfstoffe sind direct an die oben
bezeichnete Stelle zu richten. Von derselben werden besondere
Bestellkarten ausgegeben werden. Die durch unser Ausschreiben
vom 8. April 1899 zu Nr. M. J. 4210 Amtsblatt Nr. 3 ein¬
geführten Postkarten können Verwendung finden.
§ 18. Die zu den Rauschbrandimpfungen nöthigen Impf¬
spritzen und eine Tätowirzange werden von unserer Abtheilung
für öffentliche Gesundheitspflege den Kreisveteriuärärzten nach
Bedürfni8s zur Verfügung gestellt werden. Abgesehen hiervon
wird jedem Kreisveterinäramt zu den Rothlaufimpfungen eine
Impfspritze und ein Tätowirhammer geliefert. Die Instrumente
gehören zum ordentlichen Inventar. Die Kosten für Instand¬
haltung derselben, sowie für etwa nöthige Reparaturen und für
die Beschaffung von Ersatztheilen hat der Kreisveterinärarzt
zu tragen.
Diejenigen practischen Thierärzte, welche mit der Aus¬
führung von Rothlaufimpfungen allgemein beauftragt werden,
erhalten auf Ansuchen die gleichen Inventarstücke unter den¬
selben Voraussetzungen wie die Kreisveterinärärzte.
§ 19. Die Rauschbrandimpfnngen sind Pflichtgeschäfte der
Kreis veterinärärzte.
§ 20. Für die vollständig und gleichzeitig an einem Orte
ausgeführten Rothlaufimpfungen erhält der Thierarzt bei aus¬
wärtigen Geschäften neben den vorschriftsmässigen Tagegeldern
bei Impfungen von 50 Schweinen oder weniger das Stück
25 Pfg., für jedes weitere Stück 10 Pfg.
Das zum Festhalten der zu impfenden Thiere nöthige
Personal hat der Besitzer zu stellen.
§§ 21—23 enthalten Kostenbestimmungen, § 24 Ausserkraft-
setxung älterer Bestimmungen.
Anmerkung der Redaotion.
Vorstehendes Gesetz mit Ausführungsanweisung ist in Bezug
auf den Schweinerothlauf als ein erfreulicher Fortschritt zu be¬
zeichnen. Es enthält den einzig gangbaren Weg zur wirksamen
Bekämpfung dieser Seuche, obligatorische Schutzimpfung und
Entschädigung. Dasselbe ist zweifellos auf die Initiative des
Herrn Ober-Medicinalrathes Dr. Lorenz zurückzuführen, wir
können daher diesen um die Erforschung und Bekämpfung des
Schweinerothlaufs so hochverdienten Herrn Collegen zu dem
Erlass dieses Gesetzes nur beglückwünschen, indem wir die
Hoffnung daran knüpfen, dass auch andere deutsche Bundes¬
staaten auf dem von dem Grossherzogthum Hessen angegebenen
Wege bald nachfolgen werden.
Weshalb aber in das vorerwähnte Gesetz nicht gleichzeitig
auch die Schweineseuche (Schweinepest) mitaufgenommen ist,
ist nicht recht erklärlich.
Rechtsprechung.
Das Hünfelder Kreisblatt schreibt am 27. November:
„Eine bedeutsame Entscheidung, die in weitesten Kreisen das
lebhafteste Interesse hervorrufen wird, fällte dieser Tage das
Schöffengericht in Burghaun. Eine Anzahl Handelsleute waren
beschuldigt, diejenigen Polizeiverordnungen übertreten zu haben,
die der Herr Regierungspräsident in Cassel auf Grund des Gesetzes
über die allgemeine Landes-Verwaltung vom 30. Juli 1883 behufs
Abwendung der Seuchengefahr erlassen hat. Diese Bestimmungen
ordnen bekanntlich an, dass die Händler über ihr Vieh bestimmt
vorgeschriebene Listen führen, dieselben bei Ausübung ihres Be¬
rufs stets mit sich führen müssen, dass Kälber nicht getrieben,
sondern gefahren werden Bollen, dass der Viehstall der Händler
monatlich zweimal durch den Kreisthierarzt auf Kosten der Händler
nachgesehen werden muss u. dergl. Die Bestimmungen sind er¬
lassen auf Grund des § 18 des Viehseuchengesetzes vom 1. Mai
1894, der zulässt, dass die Polizeibehörden auf Grund der Seuchen¬
gefahr und während der Dauer derselben gewisse näher bezeichnete
Schutzmassregeln treffen dürfen. Der Verstoss einiger Handelsleute
gegen die vom Herrn Regierungs-Präsidenten erlassenen Anord-
nugen — sie hatten die angeordneten Listen nicht richtig und voll¬
ständig geführt — trug ihnen eine Anklage wegen Vergehens gegen
§ 328 des St.-G.-B. ein, das nur mit Gefängnissstrafe gesühnt
werden kann. Das Schöffengericht erkannte auf Freisprechung,
weil es gedachte Verordnungen des Herrn Regierungspräsidenten
nicht als rechtsgültig erlassen anerkennen konnte. Im gleichen
Sinne hat sich in einem gleichen Fall das Schöffengericht in Fulda,
sowie das Oberlandesgericht in ihren Urtheilen ausgesprochen. Die
Gerichte nahmen an, dass die Polizeiverordnungen nur dann Gültig¬
keit haben, wenn sie aus Anlass des Ausbruchs einer Seuche
erlassen sind; nicht dagegen halten sie es für zugelassen, Ver¬
ordnungen, wie die vorliegenden, auf ganz unbestimmte Dauer und
über den ganzen Regierungsbezirk zu erlassen. — Hoffentlich treten
die höchsten Instanzen, die sich mit dieser Sache noch zu befassen
haben werden, diesen Urtheilen bei, damit die Händler von den
lästigen, das Geschäft hemmenden Bestimmungen befreit werden.“
Wenngleich die oben wiedergegebenen Erkenntnisse als
recht bedauerlich im Interesse einer wirksamen Seuchen¬
bekämpfung angesehen werden müssen, so erscheinen die¬
selben, streng juristisch genommen, doch nicht ganz ungerecht¬
fertigt, im Falle sich die in den angefochtenen Polizei-Ver¬
ordnungen enthaltenen Bestimmungen auf den § 18 bezw.
die darin citirten §§ 19—29 des Reichsviehseuchengesetzes be¬
ziehen. Im § 18 heisst es: „im Falle der Seuchengefahr und
für die Dauer derselben können u. s. w.“ Die Anwendung der
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BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
6. December 1900.
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genannten Paragraphen hat daher eine bestimmte Seuchengefahr
zur Voraussetzung und dürfen die diesbezüglichen Vorschriften
auch nicht für immer, sondern nur für die Dauer der Seuchen¬
gefahr erlassen werden. Nun kann man ja sagen: eine Seuchen¬
gefahr liege zur Zeit, so lange es in Deutschland überhaupt
Maul- und Klauenseuche gäbe, immer vor. Von diesem Stand¬
punkt aus Hessen sich die fragl. Polizei-Verordnungen auch recht-
fertigen, zumal in dem neuen Seuchengesetz vom 1. Mai 1894
der Hinweis auf § 14, der früher im § 18 vorhanden war und
welcher die Anordnung der Vorschriften in den §§ 19—20 noch
mehr einschränkte, weggefallen ist. Es ist demnach auch
möglich, dass die höheren gerichtlichen Instanzen diese Frage
von dem letzteren Standpunkte aus beurtheilen und die Polizei-
Verordnungen des Regierungs-Präsidenten in Cassel für rechts¬
gültig erklären. Meines Erachtens nach bedarf es jedoch für
die Erklärung der Rechtsgültigkeit der Bestimmungen in den
fragl. Verordnungen nicht solch einer immerhin etwas gesuchten
Deduction. Diese Bestimmungen sind zweifellos rechtsgültig,
wenn sie bezogen werden auf § 17 des Reichsviehseuchengesetzes
vom 1. Mai 1894 bezw. § 7 des preuss. Ausfiihrungsgesetzes
vom 12. März 1881 und auf § 50b der Reichsgewerbeordnung
in der Fassung des Gesetzes vom 6. August 1890. Die darin
enthaltenen Gesetzesvorschriften bieten Handhaben genug, um
etwaige Bestimmungen, wie sie von den vorgenannten Schöffen¬
gerichten beanstandet worden sind, mit rechtsgültiger Wirksam¬
keit in Anwendung bringen zu können. Schliesslich würden
sich auch durch die Bezugnahme auf § 6 des Polizei-Gesetzes
vom 11. März 1850 eine ganze Menge polizeilicher Vorschriften
rechtfertigen lassen, welche sonst nirgends wo anders unter¬
zubringen sind. Pr.
Verordnungen.
Der Regierungs-Präsident in Frankfurt a. 0 . hat unter dem
11. October d. J. eine landespolizeiliche Anordnung erlassen,
welche die amtsthierärztliche Untersuchung des in den Re¬
gierungs-Bezirk eingeführten Klauenviehs verlangt und zwar
sowohl des mittelst der Eisenbahn, als auch des auf Landwegen
eingeführten Viehs, Letzteres, sofern es nach Ablauf des vierten
Tages noch nicht verkauft ist. Ausgenommen von der Unter¬
suchung bleiben nur die in ein öffentliches Schlachthaus mittelst
Eisenbahn eingebrachten Transporte und Zuchtschweine in
Käfigen. Die Besitzer müssen den beamteten Thierarzt von
dem Eintreffen der Viehsendung benachrichtigen. Ueber die
erfolgte Untersuchung ist eine Bescheinignng anszustellen. Die
Kosten der Untersuchung sind für die zum öffentlichen Ver¬
kauf eingeführten Viehsendungen von den Händlern, in allen
anderen Fällen von der Staatskasse zu tragen.
Nachdem der Regierungs-Bezirk Gumbinnen längere Zeit
hindurch frei von Maul- und Klauenseuche gewesen ist, trat die¬
selbe in der zweiten Hälfte des Monats October wieder an
mehreren Stellen auf. In Folge dessen hat der Regierungs¬
präsident unter dem 28. October wiederum eine landespolizei¬
liche Anordnung für den Umfang des Regierungs-Bezirks, ins¬
besondere aber der Kreise Sensburg und Lötzen erlassen, welche j
die Ausführung von Wiederkäuern und Schweinen aus dem ver- I
seuchten Gebiete gewissen Beschränkungen unterwirft, das
Treiben von Vieh und den Hausirhandel mit demselben in diesem
gänzlich verbietet, und den Verkehr von Personen auf den
Seuchengehöften sehr einschränkt. In den genannten Kreisen
ist die Abhaltung von Viehmärkten untersagt. Aus dem Sperr¬
gebiet darf ungekochte Milch nicht weggegeben werden. Zum
Genuss für Menschen kann das Weggeben ungekochter Milch
gestattet werden. Die betreffenden Besitzer haben jedoch über
die Namen der Empfänger der Milch und die täglich an Jeden
derselben abgegebenen Menge ein Verzeichniss zu führen. Tritt
bei einem dieser Besitzer die Seuche auf, so wird diese Erlaubniss
zurückgezogen. Die Vorhöfe der Sammelmolkereien und die
Rampen, auf welchen die Milchkannen abgesetzt werden, sind
täglich durch Abspülen mit Wasser gründlich zu reinigen. Die
Milchkannen sind mit heisser dreiprocentiger Sodalauge in der
Molkerei zu reinigen.
Landespolizeillohe Anordnung.
Iu Verfolg der Declaration vom 9. April 1896 (Ausser¬
ordentliche Beilage zu Nr. 16 des Amtsblatts für 1896) zur
landespolizeilichen Anordnung vom 6. December 1895, betreffend
die Abwehr gegen die Einschleppung der Maul- und Klauen¬
seuche in den diesseitigen Regierungsbezirk durch das aus
anderen Reichstheilen stammende Vieh (Ausserordentliche Bei¬
lage zu Nr. 49 des Amtsblatts für 1895), bestimme ich, dass die Vor¬
schriften der vorbezeichneten landespolizeilichen Anordnung sich
auf das aus nachbenannten Reichstheilen: 1. aus den preussischen
Regierungsbezirken Magdeburg, Merseburg, 2. aus den bayerischen
Regierungsbezirken Oberbayern, Oberpfalz, Oberfranken, Mittel-
franken, Unterfranken, Schwaben, 3. ans den sächsischen Kreis-
hanptraannschaften Bautzen, Dresden, Leipzig, Zwickau, 4. aus
den württembergischen Kreisen Neckarkreis, Schwarz waldkreis,
Jagstkreis, Donaukreis, 5. aus den badischen Landes-
commissariaten- Constanz, Freiburg, Mannheim, 6. aus den
hessischen Provinzen Starkenburg, Oberhessen, 7. aus dem
Grossherzogthum Sachsen-Weimar, 8. aus dem Grossherzogthum
Oldenburg, 9. aus dem Herzogthum Braunschweig, 10. aus dem
Herzogthura Sachsen-Meiningen, 11. aus dem Herzogthum Sachsen-
Coburg-Gotha, 12. aus dem Herzogthum Anhalt, 13. aus dem
Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen, 14. aus dem Fürsten¬
thum Schwarzburg-Rudolstadt, 15. aus dem Fürstenthum Waldeck,
16. aus dem Fürstenthum Reuss ä. L., 17. aus dem Fürstentlmm
Reuss j. L., 18. aus den Reichslanden Elsass-Lothringen im
Regierungsbezirk Bromberg zur Entladung mit der Eisenbahn
gelangende Rindvieh bis auf Weiteres beschränken.
Bromberg, den 10. November 1900.
Der Regierungspräsident.
Conrad.
Senchenstatistik.
Nachweisung über den Stand der Viehseuchen im
Deutschen Reiche am 15. November 1900.
[Die Zahlen hinter den Landestheilen etc. bedeuten Kreise (und
Gemeinden).]
Gegenüber dem Seuchenstand am 31. October er. sind fol¬
gende Aenderungen zu bemerken:
Mit Rotz sind in 56 Gemeinden 71 Gehöfte verseucht.
Erloschen ist die Seuche im R.-B. Frankfurt, Merseburg und
Münster. Neuausbrüche sind coustatirt worden im R.-B. Königs¬
berg 1 (2), Liegnitz 1 (1), Magdeburg 1 (1), Erfurt 1 (1).
Die Lungensenche ist annähernd in gleicher Ausdehnung:
geblieben, es sind noch 7 Gemeinden (7 Geh.) verseucht
Die Maul- und Klauenseuche ist erloschen in der sächs.
Kreishanptm. Dresden, in Mecklenburg-Strelitz, Schwarzburg-
Sondershausen; weitere Ausbrüche sind festgestellt in den preuss.
R.-B. Oppeln 2(2), Erfurt 1(1), Stade 1 (1), Osnabrück 2(2), Aachen 1
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6. December 1900.
BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
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(2), Hohenzollern-Sigm. 2 (2), sächs. Kreishauptm. Bautzen 2 (2)
und Bezirk Unter-Elsass 1 (1). Insgesammt sind 787 Gemein¬
den mit 2461 Gehöften verseucht.
Neuausbrüche von Schweineseuche sind vorgekommen:
in den preuss. R.-B. Berlin, Erfurt, den bayr. R.-B. Oberbayern,
Pfalz, Schwaben je 1 (1), Oberfranken 1 (4); erloschen ist
dieselbe im R.-B. Cassel, Trier, Kreishauptm. Dresden, hess.
Provinz Oberhessen, Oldenburg. Fürstenth. Lübeck und Anhalt.
Im Ganzen sind 205 Gern, mit 275 Gehöften betroffen.
Thieraeuchen Im Auslande. III. Quartal 1900.
Grossbritannien.
An Milzbrand erkrankten 219 Thiere in 43 Grafschaften,
wovon auf England 168, auf Wales 16 und auf Schottland
35 Erkrankungen kamen. An Rotz (Wurm) erkrankten in
England 455 Thiere in 20 Grafschaften, in Schottland desgl. 5
in 1 Grafschaft. Die Erkrankungsziffer an Maul- und Klauen¬
seuche betrug in England 25 Stück, in Wales 77 Stück. Die
Zahl der wegen Schweinefieber geschlachteten, erkrankten und
ansteckungsverdächtigen Schweine betrug in England 2529,
Wales 48, Schottland 45. Von Tollwutli wurden befallen in
Wales 2 Hunde und ein anderes Hausthier; ausserdem wurden
3 ansteckungsverdächtige Hunde getödtet. Die Lungenseuche
ist nicht aufgetreten. Von Schafräude wurden in England 32,
in Wales 5, in Schottland 2 Ausbrüche coustatirt.
Schweden.
Die Zahl der neuverseuchten Ställe belief sich in den drei
Berichtsmonaten bei Milzbrand auf 26 bezw. 22 bezw. 16, bei
Kauschbrand auf 9 bezw. 8 bezw. 7.
Ungarn.
Nach den wenig übersichtlichen Zusammenstellungen waren
verseucht mit Milzbrand Ende Juli 79, Ende August 97, Ende
September 76 Ortschaften; mit W’uth 87 bezw. 85 bezw. 85;
mit Rotz 84 bezw. 77 bezw. 70; mit Maul- und Klauenseuche
2 bezw. 2 bezw. 2; mit Lungenseuche —; mit Blattern 2 bezw.
6 bezw. 9; mit Bläschenausschlag —; mit Räude 169 bezw. 124
bezw. 87; mit Schweinerothlauf 289 bezw. 255 bezw. 189; und
mit Schweineseuche 1166 bezw. 1329 bezw. 1145.
Tuberculose.
Im Reichs - Gesundheitsamt ist ein Tuberculose-Merkblatt
ansgearbeitet und veröffentlicht worden, welches im Hinblick
auf den gemeinnützigen Zweck, Verhütung der Tuberculose, die
allerweitgehendste Verbreitung verdient. Dasselbe enthält An¬
gaben über das Wesen der Tuberculose, die Art der Ansteckung,
persönliche Schutzmassregeln, zu denen einmal Massregeln gegen
den Erreger der Tuberculose selbst, sodann aber auch Mass¬
regeln zur Kräftigung des Körpers gerechnet werden. Ferner
enthält das Merkblatt Rathschläge für besonders gefährdete
Personen und Rathschläge für erkrankte Personen.
Dieses Merkblatt besitzt insofern auch ein veterinäres
Interesse, als in demselben darauf hingewiesen wird, dass die
Ansteckung der Tuberculose auch durch ungekochte Milch, bei
ungenügender Fleischschau auch durch Fleisch tuberculöser
Thi ere, welches in den Verkehr gelassen und vor dem Genuss
nicht genügend durchgekocht wurde, erfolgen kann. Es wird
der Rath ertheilt, Milch und Fleisch vor dem Genuss gründlich
zu kochen. Sodann enthält das Merkblatt auch Angaben über
die Thiertuberculose. Es wird mitgetheilt, dass die Tuber¬
culose bei Rindern meistens als Lungen-, bei Schweinen meistens
als Halsdrüsen- oder Darmtuberculose auftritt, bei jenen also
durch Einathmung, bei diesen durch das Futter, namentlich durch
Centrifugen-Schlamm und nicht abgekochte Magermilch auf¬
genommen wird. Als geeignete Tilgungsmassregeln werden an¬
geführt: allmähliche Ausmerzung der tuberculösen Rinder, vor
Allem der mit sichtbaren Zeichen der Krankheit (tuberculöse
Euterknoten, Husten mit Abmagerung und rauhem Haar u. dergl.)
behafteten, bei Kindermilchwirthschaften und für die Zucht aber
auch aller sonst auf Tuberculineinspritzung fiebernden Thiere;
Trennung der Kälber von den tuberculösen Müttern, reichliche
Bewegung der Kälber und des Jungviehs, möglichst auch der
älteren Thiere in freier Luft, Verwendung nur gekochter Milch
und Molkereirückstände bei Fütterung der Schweine, Aus-
schliessung tuberculöser Personen, namentlich solcher mit
Auswurf von der Viehwartung; Reinhaltung der Ställe.
Diesen Massregeln dürfte wohl zugestimmt werden können.
Das Tuberculose - Merkblatt ist im Verlage von Julius
Springer in Berlin N. erschienen, der Preis eines Exemplars
beträgt 5 Pfg., 100 kosten 3 Mk., 1000 Exemplare 25 Mk.
Maasregeln gegen Tuberculose In Norwegen.
In Norwegen werden jetzt energischere Massregeln gegen die
Verbreitung der Tuberculose getroffen, als vielleicht in irgend
einem andern der europäischen Länder.
Das neue, kürzlich in Kraft getretene Tuberculosegesetz
macht es den Aerzten zur Pflicht, alle Fälle von Tuberculose
anzumelden und die Patienten in gesonderten Anstalten unter¬
bringen zu lassen.
Als eineConsequenz dieses neuen äusserst streng gehandhabten
Tuberculosegesetzes ist auch die neueste Verordnung des Veterinär-
directors zu betrachten, die als Rundschreiben an sämmtliche
Güter und Bauernhöfe abgegangen ist.
Die Milch von den Gütern, bevor sie zur städtischen
Molkerei gesandt wird, soll durch einen Pasteurisirungsapparat
gehen, wo sie 10 Minuten lang bis zu mindestens 85° erhitzt wird.
Die Gefässe, in denen die Milch versandt wird, müssen
jedesmal mit kochendem Wasser, am besten mit Dampf, gereinigt
werden, besonders die Centrifugen in den Molkereien sind mit
grösster Sorgfalt zu behandeln. Der Abfall und Schlamm in
den Centrifugen soll nicht wieder verwendet, sondern abgekratzt
werden. Die in den Molkereien beschäftigten Arbeiter sollen
zur peinlichsten Sauberkeit an ihrer Person angehalten werden.
C. Mjoen.
Zur Diagnose der Maul- und Klauenseuche.
In der Herbstversammlung der Yorkshire Veterinary Medi¬
cal Society lenkte Professor Williams-Edinburgh die Aufmerk¬
samkeit auf einen Irrthum in der Diagnose, welcher in Perth-
shire sich kurze Zeit vorher ereignet hatte. In der Grafschaft
war unter den Schafheerden eine Hautkrankheit aufge¬
treten, welche von den Regierungssachverständigen für Maul¬
und Klauenseuche erklärt worden war. Professor Williams,
welcher hinzngezogen wurde, fand in drei Schafheerden die er¬
wähnten Krankheitserscheinungen, welche für Symptome der
Maul- und Klauenseuche gehalten wurden. Die Krankheit offen¬
barte sich in Form von Flecken an der Fusskrone, an den
Schenkeln bis über den Ellbogen und über die Sprunggelenke,
rund um die Lippen bis zu den Augen hin und am Grunde der
Ohren, aber in keinem Fall zeigte sich irgend eine Läsion im
Maul. Die Krankheit ergriff nur die Lämmer, obgleich auch
viele ältere Schafe und auch Rinder sich in den betreffenden
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Weiden befanden. Er erkannte die Krankheit als einen
pustulösen Ansschlag, der als „Impetigo labialis et coronalis“
bekannt ist und von Professor Dick als „crown scab“ bezeichnet
worden ist, hervorgerufen wird er durch die Nässe und den
üppigen Wuchs des Grases, auf dem die Thiere geweidet
werden. Die Krankheit beginnt in Form von kleinen rothen
Pünktchen, welche blasenartiges Aussehen annehmen und schnell
vereitern. Die Pusteln trocknen zu einer Kruste ein, welche
lose auf der Haut liegt, und wenn entfernt, eine geröthete Haut
zum Vorschein kommen lassen, die mitunter mit etwas Eiter
bedeckt ist. Rund um den Klauensaum und an den Beinen die
gleichen Erscheinungen. In einigen Fällen ist die Eiterung
mehr diffus, so dass sich die Hornklaue von der Fleischklaue
ablöst und eine schwere Lahmheit in Erscheinung tritt.
Kiihnau.
Fleischschau.
Redigirt von KOhnau.
Freibankwesen.
Die Verwertlmng des bedingt tauglichen Fleisches stösstin
grösseren Städten auf besondere Schwierigkeiten nicht. In
diesen Städten giebt es ein oder mehrere Freibanklocale, die sich
der Frequenz eines festen Kundenkreises erfreuen. Willige
Abnehmer für das bedingt taugliche Fleisch sind meist in der
Ueberzahl vorhanden, höchstens nur zu gewissen Zeiten, wenn
besondere Geldknappheit herrscht oder die Witterung dem
Fleischconsum abhold ist oder schliesslich der Abfall der Con-
fiscate ein besonders grosser ist, hänfen sich Vorrätlie an, die
hinsichtlich der Verwerthung Bedenken erregen würden, wenn
dieselben nicht in den Kühlräumen aufbewahrt werden könnten
bis zum Eintreten einer besseren Geschäftslage, welche ge¬
wöhnlich nicht lange auf sich warten lässt.
In mittleren und kleinen Städten, besonders wenn in
denselben wenig industrielle Betriebe vorhanden sind oder gar
ein Freibanklocal fehlt, begegnet der Absatz des minderwerthigen
Fleisches Schwierigkeiten. Nach dem Berichte des Ver¬
waltungs-Ausschusses der Anstalt für staatliche Vieh¬
versicherung in Sachsen hat allerdings die Verwerthung
des nicht bankwürdigen Fleisches in allen Schlachthöfen, sowie
in Städten mit Freibank keine Schwierigkeiten gemacht und
sind die Ergebnisse der Freibank durchaus befriedigend ge¬
wesen. Dagegen sagt Herr Thierarzt Poetting in Braun¬
schweig, dass der Verkauf des bedingt tauglichen Fleisches
nach dem Zeitpunkte der Ueberweisung auf die Frei¬
bank Uebelstände herbeiführen kann. Wird z. B.
jetzt eine alte, magere Kuh, deren Fleisch im Werthe sehr
niedrig steht, auf die Freibank verwiesen und 10 Minuten später
ein fetter Ochse, dessen Fleisch im Werthe bedeutend höher
steht, so wird zuerst das magere Thier und später das fette
verkauft. Hängen nun 4 bis 5 Thiere auf der Freibank, dann
kann oft das gute Thier, wenn die Abnahme zu gering ist, ver¬
derben und wird dem Abdecker überwiesen, während das magere
verkauft wird. Wiederholt sich dieser Fall oft, so muss dadurch
ohne Zweifel ein nicht zu unterschätzender Verlust entstehen.
Ferner sagt Herr Poetting, dass durch das Vorhandensein nur
einer einzigen Verkaufsstelle der Verkauf resp. Umsatz nicht
gefordert, das Fleisch oft alt und unansehnlich wird und da¬
durch den Ankauf verleidet. Den beim Fehlen oder einer un-
practischen Organisation der Freibänke sich ergebenden Verlust,
6. December 1900.
schätzt Poetting, wenn derselbe sich auch nur auf y 2 bis 3 / 4
Procent des 5 bis 6 Milliarden Mark betragenden Werthes unseres
Viehstandes beziffert, auf Millionen von Mark. Zur Abhülfe macht
Poetting folgende Vorschläge:
1. Eröffnung von mehreren Freibankstationen (an ver¬
schiedenen Stellen der Stadt).
2. Eintheilung des Ladens in drei kleine nebeneinander¬
liegende Abtheilungen mit der Ueberschrift: Qualität I, Preis . . .,
Qualität H, Preis . . . und Qualität III, Preis ...» damit der
Käufer in der Lage ist zu wählen, von welcher Qualität er
kaufen will.
3. Einlieferung des Fleisches nach Gewicht. Was nicht
verkauft wird oder verdirbt, wird bei der Abrechnung ab¬
gezogen.
4. Controle der Freibankstationen durch einen vereideten
Beamten. Schluss und Oeffnung der Stationen zu einer be¬
stimmten Zeit. Aufbewahrung der Schlüssel zu denselben auf
dem Polizeibureau.
Die Vermehrung der Verkaufsgelegenheiten in der be¬
treffenden Stadt hat gewiss etwas für sich, aber die Controle
gestaltet sich, wie auch aus den Vorschlägen von Poetting zu
ersehen ist, ungleich schwieriger. Die Entfernungen in einer
mittleren oder kleinen Stadt sind auch nicht so bedeutend, dass
die Käufer den Weg nach dem Freibanklocal zu scheuen hätten.
Schliesslich würden die Mehrkosten den zu erwartenden Nutzen
wesentlich beeinträchtigen. Ein anderer Vorschlag, der in
dem sächsischen Entwurf eines Ortstatuts, die Errichtung einer
Freibank betr. enthalten ist, vermag die Verwerthung des nicht
bankwürdigen Fleisches viel eher zu sichern, gerade auch für
Landgemeinden mit dünner Bevölkerung, wo der Verkauf
in Folge des Vorurtheils und anderer Umstände auf nie geahnte
Schwierigkeiten stösst, die Verwerthung nur zu sehr niedrigen
Preisen oder überhaupt nicht erfolgen kann. So lange eine
Fleischbeschau nicht bestand oder besteht, war für die Besitzer
des minderwerthigen Fleisches eine Absatzmöglichkeit immer
vorhanden. Das Fleisch verschwand in den grossen Bevölkerungs-
centren. Anders aber, wenn dem Fleisch das Kainsmerkmal der
Minderwerthigkeit aufgedrückt und die Verwerthung an den Ort
gebunden wird. In dem sächsischen Entwurf ist nun die Mög¬
lichkeit vorgesehen, dass in dem Freibanklocal eines
Ortes auch das nichtbankwürdige Fleisch verkauft
werden kann, welches in anderen Orten resp. Fleisch¬
schaubezirken geschlachtet worden ist. Damit ist
zwiefach geholfen, die Landbevölkerung welche das minder-
werthige Fleisch nicht gebrauchen kann oder nicht kaufen
will, kann das Fleisch loswerden und die Bevölkerung
der Industriecentren, welche das minderwerthige Fleisch
gebrauchen kann und gerne kauft, hat Gelegenheit, billiges
Fleisch zu erhalten. Die Verwerthung des Fleisches kann da¬
mit durchaus in geordnete Bahnen geleitet werden. Freibänke
in Industrieorten werden immer Bedarf für nicht bankwürdiges
Fleisch haben. Hier können auch mit Leichtigkeit die Freibank¬
einrichtungen getroffen werden, welche für die Verwerthung des
Fleisches vortheilhaft sind, z. B. die Aufstellung von Sterilisa¬
toren. In den grossen Städten hat sich ja der Verkauf des
Freibankfleisches in gekochtem Zustande durchaus bewährt. Dem
Fleisch ist durch die Sterilisation nicht allein eventuell die
Gesundheitsschädlichkeit sicher genommen, sondern es ist gleich¬
zeitig dadurch als minderwerthig declarirt und für die Arbeiter¬
bevölkerung verwendbarer geworden. Die Zubereitung des
BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
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6. Deccmber 1900.
BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
7
Mahles gestaltet sich für die Hausfrau des Arbeiters viel einfacher
und namentlich billiger, besonders jetzt bei den hohen Kohlen¬
preisen. Alle diese angezogenen Umstände sprechen dafür, dass
man der Verwerthnng des bedingt tauglichen Fleisches in der
angedeuteten Richtung mehr Aufmerksamkeit schenkt, zumal
jetzt, wo in den zu erwartenden Vollzugsvorschriften zum Reichs¬
fleischschaugesetz auch Bestimmungen über die sanitätspolizei¬
liche Behandlung des bedingt tauglichen Fleisches enthalten
sein dürften. Kühn au.
Ueber die Zulässigkeit des Wnrstfärbens.
Pr. Lebbin erörtert die Frage des Wurstfärbens in der
„Deutschen Wurstfabricanten-Zeitung“, weil seiner Meinung
nach die Sachverständigen entweder den Kernpunkt der An¬
gelegenheit nicht verstanden oder aber für eine vorgefasste
Meinung nachträglich Gründe gesucht haben. Gefärbt wird seit
einem halben Jahrhundert, indess ist die allgemeine Anwendung
von Farbstoffen jüngeren Datums. Während früher die Schweine
mit Leguminosen, Kleie, Kartoffeln, Magermilch gefüttert wurden,
erhalten sie jetzt Kraftfuttermittel, Meiereiabfälle und dergleichen,
um sie rascher an den Markt zu bringen. Die frühere Fütterungs¬
art lieferte Fleischschweine, die jetzige Speckschweine. Bei
letzteren findet sich ein farbstoffreiches Muskelfleisch nicht, darum
sucht der Wurstfabricant, dem Geschmacke des Publicums
Rechnung tragend, die Farbstoffdifferenz durch Zusatz von
Carminlösung auszugleichen. In ganz analoger Weise wird vor¬
gegangen bei der Butterfabrication, bei der Zuckerbereitung und
bei Herstellung von anderen Nahrungsmitteln.
Eine Verfälschung würde nur dann vorliegen, wenn eine
Verschlechterung der Waare oder die Vorspiegelung einer
besseren Beschaffenheit bewirkt würde. Eine Verschlechterung
tritt nicht ein, die Vorspiegelung einer besseren Beschaffenheit
kann bestehen in dem Bestreben, eine Waare von besserer
Qualität, als sie besitzt, erscheinen zu lassen oder etwas zu
verdecken. Das farbstoffreiche Rohmaterial sei nicht mehr zu
beschaffen, das heutige Schweinefleisch sei blass in der Farbe,
darum könne durch seine Auffärbung der Anschein nicht erweckt
werden, dass die zur Zeit beste Qualität noch besser erscheinen
soll. Mit demselben Rechte Hesse sich behaupten, die gelbe
"Novemberbutter sei verfälschte Maibutter. Erst wenn wieder
für die Wurstfabrication farbstoffreiches Schweinefleisch zur
Verfügung stände, würde der Fabricant, der blasses Fleisch für
dunkleres ausgebe, eine Fälschung begehen. Hat der Farbstoff
den Zweck, etwas zu verdecken, dann liegt eine Verfälschung
vor. Das setze aber voraus, dass nachgewiesen wird, dass
etwas und was verdeckt worden ist und dass der zu ver¬
deckende Umstand bereits beim Zusatz des Farbstoffs vorhanden
war. Ist aber der Umstand, z. B. das Verderben der Wurst,
erst nach dem Färben eingetreten, so liegt beim Verkauf der
Wurst eine strafbare Handlung vor wegen Verkaufs verdorbener
Wurst, nicht aber wegen Verkaufs gefärbter Wurst. Es bleibt
somit nur derjenige Fall der Wurstfärbung als Nalirungsmittel-
fälschung übrig, bei welchem von vornherein der Farbstoff die
Aufgabe hatte (ob mit oder ohne Erfolg ist gleichgültig), einen
vorhandenen Fehler zu verdecken.
* *
*
Dr. Lebbin hätte Recht, wenn seine Voraussetzung zuträfe,
at>er dies ist nach ausgedehnten Fütterungsversuchen, welche in
der Centralversuchsfarm in Ottawa, Canada, an Schweinen aus-
g-eführt wurden, nicht der Fall. Die Farbe des Muskelfleisches
und die Beschaffenheit des Speckes hängt nicht allein von der Art
der Mästung ab, sondern auch von dem Alter der Schweine.
Als ein Ergebniss der Versuche hat sich heransgestellt, dass
die Schweine, welche bei der Abschlachtnng unter (5 Monat sind,
bei jeder Mästungsart einen weichen Speck und blasses Fleisch
liefern, erst bei Schweinen im Alter von über 7 Monaten ist die
Art der Mästung von erheblicherem Einfluss. Infolge dieser Er¬
fahrungen wird in Canada darauf hingearbeitet, nur Schweine
zur Abschlachtung zu bringen, welche ein Alter von mindestens
7 Monaten erreicht haben. Bei den Bauernschweinen, welche
in Deutschland in dem Alter von 7—9 Monaten zur Abschlachtung
gelangen, lässt sich ebenfalls die Beobachtung machen, dass die¬
selben ein farbstoffreicheres Fleisch und festeren Speck liefern,
als die jung geschlachteten Schweine. Es ist also immer noch
in Deutschland ein besseres Rohmaterial vorhanden, als
Dr. Lebbin annimmt, deshalb treffen seine Ausführungen nicht
zu, und muss das Färben der Wurst als eine Verfäl¬
schung im Sinne des Nahrungsmittelgesetzes angesehen werden.
Untersuchungen über das Vorkommen von Tuberccl-
bacillen im Hackfleisch.
(Di-utscho Mod. Wocheimctar. 1900 No. 44.)
Dr. Schumburg, Oberstabsarzt I. CI. und Privatdocent
in Hannover, hat den aus Hackfleisch ausgepressten Fleischsaft
durch Verimpfung auf Meerschweinchen auf den Gehalt von
Tubereelbacillen geprüft. In der ersten Versuchsreihe wurden
24 Meerschweinchen mit dem Saft aus 12 im Norden Berlins auf-
gekauften Hackfleischproben geimpft, 3 starben in den ersten
Tagen an Staphylococcen-Infection. Alle übrigen Thiere blieben
gesund. Tn der zweiten Versuchsreihe gelangte der Boden¬
saft aus dem centrifugirten Fleischsaft zur Verimpfung. Von
29 Meerschweinchen, welche mit den Producten von 29 ver¬
schiedenen in Hannover und Linden zusammengeholten Hack¬
fleischproben geimpft worden waren, starben 13 Stück sehr bald
nach der Injection an Bauchfellentzündung. Die Ursache war
in den meisten Fällen eine sehr virulente Proteusart. Der hohe
Procentsatz dieser Todesfälle ist zurückzuführen auf die bereits
im Fleisch eingetretenen Zersetzungsvorgänge. Die Versuche
wurden im Juli angestellt. Die übrigen Thiere blieben gesund,
wurden f>—7 Wochen nach Anstellung der Versuche getödtet und
frei von tuberculösen Erscheinungen befunden.
Schum bürg schliesst, dass die Gefahr der Tuberculose,
welche uns von frischem, rohem Fleische droht, eine viel
geringere als diejenige ist, in welche wir uns durch den Genuss
ungekochter Milch oder ihrer Derivate begeben, zumal wenn
das Fleisch von gut untersuchten Thieren und aus sauberen
Läden stammt. Erheblichere Bedeutung für die Gesundheit des
Consumenten misst Sch. den nicht wahrnehmbaren Zersetzungs¬
vorgängen besonders in der heissen Jahreszeit bei, weil so viele
seiner Meerschweinchen in Folge dessen an Bauchfellentzündung
zu Grunde gingen. K.
lieber die Einwirkung des Natriumsulfits auf den Fleischfarbstoff.
Auf der letzten Naturforscher - Versammlung erörterte
Prof. Jahuke die Zulässigkeit des Zusatzes von Natriumsulfit zu
den Nahrungsmitteln. Gerichtsseitig liegen soviel Verurtheilungen
als Freisprechungen vor. Bei Beurtheilung des Zusatzes kommt
in Betracht: 1. Ist die gewöhnlich verwendete Menge Natrium¬
sulfit (0,1—0,2%) dem menschlichen Organismus schädlich oder
nicht? 2. Wird dem Hackfleisch durch diesen Zusatz eine
bessere äussere Beschaffenheit verliehen, als es ohne diesen
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BEIBLATT dek BERLINER THIERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT.
6. December 1900.
haben würde? 3. Ist das mit Natriumsulfit versetzte Hackfleisch
länger haltbar, als solches ohne Natriumsulfit? 4. Ist das
Natriumsulfit als Conservirungsmittel anzusehen oder nicht?
Redner stellt fest, dass nach den vorliegenden Literaturangaben
das Natriumsulfit als Gift angesehen werden müsse, dass dieses
Salz als Conservirungsmittel nicht gelten könne, sondern
lediglich als Mittel zur Auffrischung der Farbe. Wenn auch
der Fäulni88geruch bei mit Natriumsulfit versetztem Hackfleisch
weniger rasch auftrete, so unterdrücke dasselbe doch keineswegs die
Entwickelung von Bacterien und Schimmelpilzen. Bei der Ein¬
wirkung des Salzes auf die Fleischfaser komme es zu einer
Oxydation des Farbstoffes in der Art, dass es mehr hellroth
erscheine. Hierfür spreche die Thatsache, dass mit Natriurasulfit
versetztes Fleisch, welches nach einiger Zeit der Aufbewahrung
im Innern nicht farbig geworden sei, nach Vertheilung an der
Luft wieder die rothe Farbe annehme. Die Beurtheilung der
Gesundheitsschädlichkeit gehöre zur Competenz des Arztes.
Fielsoh mit Naphtalingeschmack.
(TijdHchrift v. Vceartsenijke. Vootcelt 27. TS», 0. Ablfrg.)
Hoefnagel, Director des Utrechter Schlachthofes be¬
richtet über das Fleisch einer Kuh. welches gesundes Aussehen
hatte, beim Kochen und Braten unangenehm roch und beim Ge¬
messen schlecht schmeckte. Durch chemische Untersuchung und
Vergleich wurde festgestellt, dass Geruch und Geschmack gleich
dem von Naphtalin war. Die Ermittelungen ergaben keinen An¬
haltspunkt, wo die Kuh das Naphtalin aufgenommen haben konnte.
Minderwerth der Serumschweine.
Die Serumgesellschaft in Landsberg a. W. schlachtet jahr¬
ein, jahraus grosse Mengen von Schweinen, welche vorher einen
bezw. mehreren Impfprocessen unterzogen worden sind, um das
Blutserum der geschlachteten Impfthiere zur Serumbereitung zu
gebrauchen. Fleisch und Blut sind bisher immer für den Ver¬
kauf und Handelsbetrieb freigegeben worden, weil der wissen¬
schaftlichen Erfahrung zu Folge das Fleisch und das frische
Blut vollkommen unschädlich für den menschlichen Genuss
sind. Die Fleischer-Innung zu Landsberg will sich nun mit
einer Eingabe an den Magistrat wenden, in welcher die Forderung
vertreten wird, dass nicht nur die Schweine, welche auf die
Impfung so heftig reagiren, dass sie nothgeschlachtet werden
müssen, sondern alle geimpften Thiere, welche zur
Schlachtung kommen, der Freibank überwiesen werden
sollen. Die Forderung in dieser Form wäre überaus weitgehend,
denn der Bedarf der Serumgesellschaft beträgt per Jahr viele
tausende von Schlachtthieren.
Handel nach Lebendgewicht für Schlachtvieh.
Das Ministerium des Innern von Bayern hat an die
Königlichen Regierungen und Kammern des Innern eine Ent-
schliessnng erlassen, in der dem Handel nach Lebendgewicht
das Wort geredet und bei Neugenehmigung von Viehmärkten
gemäss § 30, Absatz II der Vollz.-V.-O. vom 29. März 1892 zur
R.-Gew.-O. (G.-V.-Bl. S. 61), soweit thunlick, empfohlen wird,
nach Benehmen mit den betheiligten Interessenvertretungen von
Anfang an durch entsprechende Auflagen, sowohl die Ein¬
führung des Handels nach Lebendgewicht für Schlacht¬
vieh, als auch eine möglichst zuverlässige Preisnotirnng
durch eine besondere Marktcommission zu sichern.
Die zollfreie Einfuhr von Fleisch im Grenzverkehr.
Wie zuverlässig verlautet, ist von der Regierung im
„Wirtschaftlichen Ausschuss“ eine Erklärung abgegeben worden,
aus der geschlossen werden kann, dass die Bevorzugung, die
der Grenzverkehr bisher insofern geniesst, als Fleischstücke im
Gewicht bis zu 2 kg zollfrei eingeführt werden können, nach
Einführung des neuen Zolltarifs in Fortfall kommen wird.
Ein- und Ausfuhr von Vieh und Fleisch Im September 1900.
Einfuhr Ausfuhr
1900
1899
+
1900
1899
+
Pferde Stück
8 901
10 345
_
-1 444
768
719
4- 49
Maulthiere, Esel,
Maulesel Stück
94
59
-f 35
—
3
-
- 3
Rinder „
23 012
15 26i
4-7 744
747
453
-
4 294
Schweine „
6 327
6 358
-
- 31
378
260
-
-118
Schafe „
177
181
_
- 4
5 780
5387
_
-393
Ziegen „
265
204
4- 61
24
23
_
- 1
Frisches:
Rindfleisch
dzll 379
15 103
-
-3 724
1573
1201
4
4372
Schweinefleisch
»j
6 428
7 587
-j
4 841
13t
81
4
k 53
Hammelfleisch
91
104
97
4
- 7
115
171
- 56
Zubereitetes:
Rindfleisch
dz
2 084
1 916
4- 168
82
65
4
- 17
Schweinefleisch
99
3 900
6 900
-
-3 000
84
61
- 23
Schinken
9 »
1751
2662
-
- 911
1478
1402
- 76
Speck
99
6 667
16 527
-
-9 860
457
148
4
-309
Würste
99
5417
4 931
4
- 486
479
405
-
- 74
Buchsenfleisch
99
13 329
3 375
-|
-9 954
8
16
-
- 8
Fleischextract
»
503
469
- 34
142
142
+ -
Die Einfuhr der Rinder hat gegen das Vorjahr wie auch
gegen den Vormonat eine erhebliche Zunahme erfahren, veranlasst
durch beträchtliche Mengen von Kühen, die aus der Schweiz und
Oesterreich kamen. Auch Ochsen und Jungvieh sind namentlich
aus Oesterreich-Ungarn mehr eingeführt worden. Beim Fleisch
zeigt sich gleich den Vormonaten eine Mindereinfuhr, nur
Büchsenfleisch, welches in diesem Monat zuletzt importirt werden
konnte, weist grosse Zahlen auf. In den ersten neun Monaten
des Jahres 50 068 dz. gegen 24 880 dz. im Jahre 1899.
Die Ausfuhr zeigt gegen den gleichen Monat des letzten
Jahres nicht besondere Abweichungen.
Die Ausfuhr von gefrorenen Kaninchen aus Neu-SQd-Wales Im Jahre 1899.
Die Ausfuhr von gefrorenen Kaninchen überstieg die Aus¬
fuhr von gefrorenen Hammeln ans Neu-Süd-Wales im Jahre
1899 ganz bedeutend. Während letztere sich mit 1,25 MiUionen
Dollar bewerthete, stellte sich die Kaninchenausfuhr auf über
4 Millionen Dollar. Die gefrorenen Kaninchen gingen zumeist
nach London, wo dieselben den belgischen Hasen wegen ihres
billigen Preises erfolgreich Konkurrenz machen.
(The National Provisioner.)
Schlachtviehversicherung.
Der deutsche Landwirthschaftsrath hat sich in seiner
am 30. November d. J. stattgehabten Ausschnsssitzung auch über
die Nothwendigkeit der Einführung öffentlicher Schlachtvieh-
Versicherungen in den Bundesstaaten nach dem Inkrafttreten
des R. Fl. G. beschäftigt.
Abdeckerei-Privilegien.
Als vor 12 Jahren der städtische Schlachthof in Spandau
errichtet wurde, ordnete der Magistrat an, dass sämmtliches
für unbrauchbar befundene Fleisch an Ort und Stelle, und zwar
durch Verbrennen in der Maschinenfeuerung zu vernichten sei.
Der Abdeckereibesitzer erhob aber auf Grund seiner Privilegien
Anspruch auf das verworfene Fleisch, und als ihm dasselbe
dauernd vorenthalten wurde, klagte er gegen die Stadt auf Ent¬
schädigung. Der Process hat fünf Jahre gedauert und ist vom
Magistrat durch alle Instanzen verfolgt worden. Das Reichs¬
gericht hat, ebenso wie alle Vorinstanzen, den Anspruch des
Abdeckereibesitzers als berechtigt anerkannt und den Magistrat
kostenpflichtig verurtheilt, au den Kläger 21000 Mark
zu zahlen nebst den gesetzmässigen Zinsen. Seit Kurzem
wird der Abdeckerei auf Beschluss der städtischen Behörden
das unbrauchbare Fleisch bereits wieder ausgeliefert.
UerJin, Druck voa W. liüxenstein
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Dl« „Berliner Thlerirxtllche Wocheruch rlfl“ erscheint Origintlbeitrtge werden mit 60 Nk. für den Bogen honorlrt.
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Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz-Berlin.
Verantwortlicher Redacteur.
De Bruln Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Sohlegel Dr. Vogel Zünde!
Professor Oberthierarst Departementsthierarzt Professor Departementsthierarzt Veterinärasscssor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthierarzt
Utrecht. Hamburg. Cöln. Breslau. Bromberg. Danzig. Freiburg I. Br. München. Mülhausen I. E.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900.
M 50 . Ausgegeben am 13. December.
Inhalt: Schreiber: Beiträge zur Bekämpfung der Schweineseuche und Schweinepest. — Tagesgeschichte: Was giebt
es Neues in der Thiennedicin? — Standesangelegenheiten. — „Cultur-Aufgaben“. — Die Krisis naht! — Verschiedenes. —
Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen.
Beiträge zur Bekämpfung der Schweineseuche und
Schweinepest.
Vortrag, gehalten im Verein der brandenburg. Thierärzte
am 4. November 1900.
Von
Dr. Sohreiber-Landsberg,
Diroctor de« bacterlolog. Inst. d. Serum-desellscliaft.
Meine sehr geehrten Herren!
Nachdem bereits über Jahresfrist seit meinen ersten Mit¬
theilungen über die Bekämpfung der Schweinesenche und
Schweinepest durch Sernmimpfnng verstrichen ist, erheischt es
noch, meine Arbeiten und Versuche darüber im Einzelnen be¬
kannt zn geben. Die ersten Untersuchungen datiren vom Herbste
des Jahres 1898 her nnd sind ans der reichen Gelegenheit zur
Beobachtung der Schweinesenche am Schlachthofe nnd ans dem
Kreise Landsberg entsprangen.
Die allzugrosse Verworrenheit in der älteren Literatur über
Schweinesenche nnd Schweinepest bestimmte mich, dieselbe, so
g^ut als angängig, ganz ausser Acht zn lassen, und mich nnr
auf meine eigenen Untersuchungen zu verlassen, welche ich an
die einwandsfreie nnd classische Arbeit von Pr ei sz-Budapest
anknüpfte. Meine Beobachtungen stützten sich daher in der
Hauptsache auf rein experimentelle Studien, welche in drei
Abtheilungen zerfallen:
1. in pathologisch-anatomische,
2. in bacteriologische Untersuchungen und
3. in ImpfVersuche.
Wenn im Nachfolgenden von Schweinesenche oder Schweine¬
pest die Rede ist, so sind in den betreffenden Organen nicht
nur durch die microscopische Untersuchung die betreffenden
Erreger, der Bacillns suisepticus bez. Bacillus suipestifer auf-
gefnnden worden, sondern die Diagnose ist auch durch Ver¬
impfung von Material an empfängliche Versnchsthiere mit nach¬
folgender Rein-Züchtnng der Bacterien gesichert worden.
1. Pathologisch-anatomische Untersuchungen.
IMeselbten erstrecken sich auf Schweine, welche entweder
als anscheinend gesunde Thiere (Schlachtwaare) im Schlacht-
J hause zn Landsberg geschlachtet wurden oder wegen Seuchen-
j verdachtes zur Nothschlachtnng kamen, nnd ferner auf Thiere
i bez. Organtheile, welche mir durch Herrn Kreisthierarzt
! Gra ff ander ans unserem Landkreis nnd durch Herrn De-
' partementsthierarzt Dr. Arndt-Oppeln aus Schlesien freundlichst
überwiesen worden.
; Bei Wiedergabe der Untersuchongsergebnisse trenne ich
<?!% Sphweineseuclie scharf von der Schweinepest nnd erwähne
I ausdrücklich, wenn beide Krankheiten neben einander gefunden
i wurden.
a) Befunde bei den im Schlachthaus geschlachteten und mit
j Schweinesenche behafteten Schweinen.
1,5 pCt. der Schlachtwaare wurde mit chronischer Scliweine-
seuche behaftet gefunden, dagegen konnte Schweinepest niemals
I festgestellt werden. Im Leben nnd änsserlich war an diesen
j Thieren absolut nichts bemerkbar, und nur ausnahmsweise
wurde bei näherer Nachforschung von geringgradigem Husten
berichtet. Die Schweine gehörten durchweg der Yorkshire-Rasse
an und repräsentiren unser veredeltes Fleischschwein mit feiner
Haut nnd fast ohne Behaarung, sie sind sehr zart, nicht voll-
; ständig ausgemästet, ohne Fettansatz aber vollfleischig und
etwa 7—9 Monate alt nnd 180—200 Pfd. schwer. Die Er¬
krankungen betrafen in der Hauptsache nur die Lungen, speciell
deinen Ränder, und traten stets läppchenweise und scharf
: abgegrenzt auf. In % der Fälle fand ich nur einen Vorder¬
lappen ergriffen, gewöhnlich den rechten, dann kamen der
Häufigkeit nach beide Vorderlappen, die Mittellappen, seltener
die Hinterlappen und von diesen wieder am häufigsten der
rechte. Die Laugen sind an den erkrankten Stellen nicht zu¬
sammengefallen, gewöhnlich dunkelroth, derb. Die Plenra habe
ich stets entweder in diesem Bereiche oder in der ganzen
Ausdehnung und dann auch das Perikard mit einem sammet-
: artigen fibrinösen Belag überzogen und häufig an diesen Partieen
| mit der Rippenplenra mehr oder weniger fest verwachsen ge-
| fanden. Unter diesem Belag ist die Lnngenplenra matt, getrübt,
j nnd mit stecknadelkopfgrossen Blutungen besät. Beim Durch-
; schneiden des Lungengewebes hört man stets ein deutliches
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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT
No. 50.
590
Knirschen, die Schnittfläche ist in der Mehrzahl dieser Fälle
körnig, trocken und bunt, selten schmierig und dann entleert
sich auf Druck eine trübe, rothe oder granrothe bis gelblicli-
weisse Flüssigkeit. Es sind deutlich verschiedene Herde zu
erkennen, bald dunkelroth, bald mehr grauroth oder grau. Das
in rother oder grauer Hepatisation befindliche Gewebe liegt
immer bunt durcheinander und häufig kommen auch von mit
Fibrinpfropfen ausgestopften Bronchien ausgehende bis walnuss¬
grosse bröcklige oder käsige Knoten abgestorbenen Gewebes
(Sequester) vor. Das interlobuläre Bindegewebe ist gewöhnlich
verbreitert und gelbsulzig infiltrirt.
Diese krankhaften Veränderungen, welche bekanntlich
patholog.-anatom. als croupöse Pleuro-Pneumonie und speciell
als nekrotisirende Broncho-Pneumonie bezeichnet werden, sind
in allen Fällen gefunden worden nur mit dem Unterschiede,
dass sie einmal ausgebreiteter als das andere Mal waren, wie
überhaupt die Hochgradigkeit ebenso wie die Virulenz der
daraus gezüchteten Bacterien sehr schwankte.
Neben dem Befunde an der Pleura, dem Pericard und in den
Lungen waren auch stets die bronchialen und mediastinalen
Lymphdrüsen mehr oder weniger stark markig geschwollen, zu¬
weilen mit stecknapelkopf- bis erbsengrossen grau-gelben
necrotischen Herden durchsetzt, die aber in diesen Fällen
niemals verkäst waren. In einzelnen Fällen waren auch die
pharyngealen und retropharyngealen sowie die Bugdrtisen er¬
griffen. Trotz peinlichster Untersuchung war ausserdem an
solchen erkrankten Thieren absolut nichts weiter zu finden,
vor allen Dingen waren die Bauchorgane tadellos rein und die
zugehörigen LvmphdrÜBen in keinem Falle geschwollen.
Zufolge dieser fast stets übereinstimmenden Befunde ist
eigentlich die Diagnose der Schweineseuche nicht schwer und
gewöhnlich sofort zu stellen.
Unter den vielen hunderten untersuchten Fällen war nur
ein einziger exceptioneller Fall, der hier besonders erwähnt und
beschrieben werden soll. Es handelte sich um ein etwa 2 Jahre
altes Mutterschwein im Gewicht von ca. 3 Centnern. Aeusserlich
war absolut nichts Verdächtiges zu bemerken. Beim Eröffnen
der Brusthöhle war die Lunge in ihrer ganzen Ausdehnung fest
mit den Rippen verwachsen und nur schwer herauszulösen.
Die ganze Pleura war mit einer sulzig-speckigen Schwarte
überzogen, an der Auflagerungsfläche befanden sich zahlreiche
schwarzrote Blutflecken, während sich peripher nach den Ver¬
wachsungsstellen mit den Rippen hin solides Bindegewebe ge¬
bildet hatte. Den gleichen Ueberzug wiess auch das Pericardium
auf und war sowohl mit dem Herzen als auch mit dem
Mediastinum fest verwachsen. Die bronchialen und mediastinalen
Lymphdrüsen waren stark geschwollen, braunroth und saftreich.
In den Lungen war trotz peinlichster Zerlegung und Unter¬
suchung nicht die geringste Veränderung zu finden, ebenso
waren alle anderen Organe und speciell die Bauchhöhle durch¬
aus gesund. Obwohl diese pathologisch-anatomischen Ver¬
änderungen nichts Speciflsches für Schweineseuche hatten und
die Diagnose zweifelhaft Hessen, so ergab die Impfung von
grauen Mäusen mit sulzigem Material und aus den Blutflecken
deutlich Schweineseuche, ja sogar ziemlich virulente, denn die
Impfthiere verendeten schon nach 24 Stunden.
Während ich bei den Schlachtschweinen in den 2 Jahren
meiner Untersuchungen nur die pectorale Form der Schweine-
seuchc, wie eben beschrieben, und niemals Schweinepest ge¬
funden habe, so habe ich bei den nun folgenden Untersuchungen
daneben auch die exanthematische und intestinale Form, sowie
auch die Schweinepest constatiren können, freilich habe ich
letztere als solche, für sich allein bestehend, bis jetzt bei den
nahezu tausend Fällen noch nicht ein einziges Mal gesehen.
b) Befund der wegen Seuchenverdachtes nothgeschlachteten
Schweine.
Sämmtliche wegen Seuchenverdachtes nothgeschlachteten
Schweine wurden auch thatsächlich mit der Schweineseuche be¬
haftet gefunden, und 3 Stück litten ausserdem noch an Schweine¬
pest. Die Thiere stammten zumeist aus Stallungen der Um¬
gegend, in denen die Schweineseuche stationär ist, und die
dafür bekannt sind. Vor allen Dingen sind es zwei Gehöfte,
welche trotz peinlichster Sorgfalt, nachdem auch die Ställe ab¬
gerissen und scheinbar nach allen hygienischen Regeln mit
allem Comfort neu aufgerichtet worden sind, die Schweineseuche
nicht loswerden. Die Schweine boten schon im Leben ein
verdächtiges Aussehen. Die Haut entbehrte des eigentümlichen
Glanzes, sie war trocken, die Hare waren struppig, die Brust
tonnenförmig und der Hinterleib aufgeschürzt. Der Gang war
steif und die Gelenke verdickt. Bei der Schlachtung wurden
regelmässig alle die bereits geschilderten Erscheinungen der
croupösen Pleuro-Pneumonie, speciell der necrotisirenden Broncho-
Pneumonie gefunden, nur mit dem Unterschiede, dass die Ver¬
änderungen viel ausgedehnter waren. Die Lungen waren fast
total ergriffen, brettartig, sodass nur noch wenig respiratorisches
Gewebe übrig war, und mit der Brustwand verwachsen. Die
Lymphdrüsen waren sämmtlich mehr oder weniger geschwollen
und mit Blutungen durchsetzt. Auch die Bauchorgane waren
durchgängig ergriffen. Die Schleimhaut des Magens und Dünn¬
darmes befand sich im Zustand katarrhalischer Entzündung, der
Dickdarm war seltener und dann nur leicht ergriffen. Die
Leber war gewöhnlich geschwollen und parenchymatös degenerirt,
ebenso waren Milz und Nieren geschwollen und höher geröthet,
blutreicher ; es bestand vornehmlich eine acute diffuse Nephritis.
Alle zugehörigen Lymphdrüsen waren geschwollen, saftreich,
aber ganz vereinzelt mit Blutungen durchsetzt. Nur in Aus¬
nahmefällen konnte eine Peritonitis mit fibrinösem Character
geringgradiger Natur nachgewiesen werden.
Ein etwas anderes Bild boten jene drei Fälle, wo bei
erfolgter Nothschlachtung neben der Schweineseuche auch die
Schweinepest gefunden wurde. Die Thiere waren abgemagert,
mit eigenthümlich spitzem Kopf, tonnenförmiger Brust und
heranstretenden Rippen. Die Haut war trocken, spröde, mit
eigenthümlichem, kleieartigem Belag bestreut, namentlich an dem
Rücken entlang, die Haare waren struppig. Die Lungen
waren zwar fast in ihrer ganzen Ausdehnung ergriffen, doch
waren sie nicht so stark vergrössert und die Consistenz nicht
so derb. Die Erscheinungen der Pleuro-Pneumonie bezw.
necrotisirenden Broncho-Pneumonie waren auch alle vertreten,
jedoch gesellte sich zu der Necrose der Bronchien auch noch
Gangrän, welche von einem Bronchus aus auf das angrenzende
necrotische Lungengewebe übergegriffen hatte. Es traten
Walnuss- bis hühnereigrosse Cavernen auf, welche eine mit
Gewebsfetzen gemengte, übelriechende Flüssigkeit enthielten.
Um den gangränösen Herd befand sich fast stets eine schwarz-
rothe Zone, welche von einer demarkirenden Entzündung her¬
rührte. In allen Fällen waren die Lymphdrüsen geschwollen
und die bronchialen Lymphdrüsen mit rothbraunen Flecken
besetzt. Besonders interessante und marcante Veränderungen
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13. December 1900.
BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
591
wurden aber nun am Digestionsapparat gefunden. Schon in der
Mundhöhle vereinzelt und auf der Zungenschleimhaut, dann
auch im Schlunde fanden sich rundliche gelbe oder gelbbraune,
umschriebene trockene Auflagerungen, während die übrigen
Schleimhautpartieen im Zustande des chronischen Catarrhes
sich befanden. Ebensolche Veränderungen fanden sich auch
im Magen und ab und zu auch kleine punktförmige Blutungen
unter der Schleimhaut, namentlich der Fundusregion. Der Dünn¬
darm befand sich im Zustand des acuten Catarrhs mit ver¬
schiedenen Ekchymosen besonders in den tieferen Schichten der
Schleimhaut und in den Peyer’schen Plaques. Bei der Unter¬
suchung des Dickdarmes waren schon äusserlich gelbgraue
Knötchen und Knoten zu erkennen, welche verstreut der Darm¬
wand aufsassen. Das Darmrohr selbst besass nicht mehr die
gewöhnliche Elasticität sondern war mehr oder weniger starr
und verdickt. Nach Eröffnung des Dickdannes traten die schon
äusserlich sichtbaren Knoten als in das Lumen hineinragende
erbsen- bis walnussgrosse gelbe Geschwüre oder Knöpfe mit
aufgeworfenen, necrotischen, zerfressenen Rändern hervor.
Central sassen in den sogen. Boutons käsige, bröcklige, auch
mehr breiige Massen. Die übrige Darmschleimhaut befand sich
im Stadium der croupösen und käsigen Darmentzündung, nament¬
lich war die Ileo-coecal-Klappe ein derber Wulst mit zerklüfteter
Oberfläche. Der Darminhalt bestand in der Hauptsache aus
dünnbreiigen gelben oder gelbweissen, zähen, übelriechenden
Massen. Die venösen Gefässe des Gekröses und Netzes waren
prall gefüllt und die Lymphdrüsen geschwollen dabei aber derb
und fest, auf dem Durchschnitt blass und stets käsig zerfallen.
Die Leber war vergrüssert, lehmfarben. Die Milz im Allgemeinen
unverändert, dafür waren aber wieder die Nieren vergrössert,
lehmfarben oder gelbfleckig. Eine Peritonitis oder irgend welche
Verklebungen habe ich bei diesen drei Fällen nicht finden können.
c) Untersuchung des eingeschickten Materials.
Das von Herrn Kreisthierarzt Graffunder zur Verfügung
gestellte Material stellte im Wesentlichen hochgradige Schweine¬
seuche dar mit Erscheinungen, die sich mit den später zu er¬
wähnenden im Allgemeinen deckten. Aus der Unmenge Material,
was untersucht wurde, sind nur zwei Fälle besonders bemerkens¬
werte und interessant.
1. Ein Fall ganz acuter Schweineseuche. In einem Bestand
von drei Schweinen versagte plötzlich eines davon im Gewicht von
ca. 50 bis 60 kg das Futter. Nach 24 Stunden war dasselbe todt,
ohne irgend eine andere krankhafte Erscheinung gezeigt zu
haben. Die Section ergab zahlreiche punktförmige Blutungen
im Lungenparenchym und auf dem Epicard, hämorrhagische
Entzündung des Dünndarmes und subseröse Blutungen auf der
Milz. Die Haut des Schweines war geringgradig fleckig liell-
roth, aber sonst waren absolut keine Veränderungen weiter zu
finden. Die bacteriologische Untersuchung und diagnostische
Impfung ergab hochgradige Schweineseuche. An dem Tage nun,
an welchem dieses Schwein verendet war, versagte auch schon
das zweite sein Futter, dieses Thier wurde dann schnell mit
Septicidin geimpft und genass auch wieder, worüber ich im
dritten Theil berichten werde.
2. Ein Fall von scheinbar selbstständiger Schweinepest.
Es handelt sich um ein etwa vier Monate altes, abgemagertes
Ferkel. Die Haut war trocken und mit zahlreichen zum Theil
ziemlich ausgebreiteten Borken bedeckt. After mit gelbem
breiigen sehr stinkenden Koth besudelt. Die Section der Brust¬
höhle ergab ausser Schwellung sämmtlicher Lymphdrüsen absolut
nichts, besonders war die Lunge tadellos gesund. Bei Eröffnung
der Bauchhöhle trat gleich das dickwandige, starre Rohr des
Dickdarmes entgegen, und es schimmerten schon gelbe Knoten
durch die Serosa. Das Peritoneum war hochgradig entzündet.
Das Gekröse war mit Blutungen durchsetzt, die Lymphdrüsen
hart, geschwollen, im Innern verkäst. Der Magen zeigte die
Erscheinungen des chronischen Magenkatarrhs. Die Schleimhaut
des Dünndarmes war verdickt und enthielt verschiedene bis
linsengrosse, graue necrotische Stellen.
Der Dickdarm, durch die hochgradige käsige Entzündung
in seinem Lumen verengt, stellte ein derbes Packet von necro¬
tischen Wülsten und Geschwüren dar, sodass absolut keine
normale Darmwand mehr zu finden war. Die Leber war an¬
scheinend normal, die Milz war blutreich, etwas geschwollen.
Die Nieren zeigten wieder eine graugelbe Beschaffenheit, das
Parenchym war getrübt. Das Bild war deutlich Schweinepest,
aber es wurden wie immer verschiedene Mäuse mit Material aus
dem Darm, den Lymphdrüsen, der Milz und den Nieren geimpft.
Das Resultat davon war überraschend. Die mit necrotischen
Darmtheilen geimpften Mäuse blieben gesund, während die mit
Milz geimpften Mäuse schon am zweiten Tage und zwar an dem
Bac. suisepticus, also an Schweineseuche verendeten, denn so¬
wohl in der Milz wie auch im Herzblut der Versuchstiere waren
massenhaft die bipolar sich färbenden Bacillen enthalten. Die
mit Lymphdrüsensaft geimpften Mäuse starben erst am sechsten
und achten Tage, und es wurde in deren Blut nur der Bacillus
suipestifer gefunden. Die beiden mit Nierensubstanz geimpften
Mäuse starben früher als die Pest-Mäuse, es wurden aber in
dem Blute verschiedene Bacterien aufgefunden.
Durch die freundliche Vermittelung des Herrn Departements¬
thierarzt Dr. Arndt-Oppeln wurden mir aus einem ganz ge¬
fährlichen Seuchenherd Schlesiens drei Ferkel eingeschickt, eins
davon war ca. 14 Tage, die beiden anderen ca. 6 Wochen alt.
Alle drei waren mit ganz hochgradigen Veränderungen sowohl
der Seuche wie der Pest behaftet. Die Schweinchen waren
zum Scelett abgemagert, mit zahlreichen Geschwüren und
Schorfen am Rüssel, an den Augen, über den Körper hin und
am After bedeckt. Auffallend war an einem Ferkel eine etwa
2 cm lange, zerfressene Wunde an der linken Backe, anfangs
glaubte ich, sie rühre von einem Biss her, doch die weitere
Untersuchung ergab auch Hautnecrose durch Schweinepest. Die
Sectionen brachten alle nur möglichen Befunde der Schweine¬
seuche und Schweinepest, wie sie nur immer beschrieben worden
sind: Diffuse und umschriebene Necrosen und diphtheritische
Entzündungen der Mundhöhle, Zunge, des Schlundkopfes,
Schlundes, Magens und Dünndarms, hochgradige käsige Darm¬
entzündung mit gewaltigen Boutons im Dickdarm, fibrinöse
Peritonitis, chronischen Nasenkatarrh, diphtheritische Ent¬
zündungen in der Luftröhre, eitrige Bronchitis, necrotisirende
Bronchopneumonie mit Gangrän und Sequestern, fibrinöse Pleu¬
ritis und Pericarditis. Ferner parenchymatöse Hepatitis und
Icterus, parenchymatöse Nephritis, acute Milzschwellung sowie
acute hämorrhagische Schwellung der Lymphdrüsen.
Die Scliweinesenche und Schweinepest tritt in jenem Bezirk
derartig gefährlich auf, dass die jungen Ferkel schon am fünften
Tage nach der Geburt offensichtlich erkranken und dann auch
rapid hinsterben, sodass die Schweinezucht absolut unmöglich
wird. Aus diesem Material habe ich die virulentesten Bacterien
gewonnen, die es überhaupt nur geben kann und wovon ich im
zweiten Theile näher berichten werde.
Digitized by
Google
592
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 50.
Aus den pathologisch-anatomischen Untersuchungen des sehr
zahlreichen Materials ergiebt sich nun, dass die Schweineseuche
weit verbreitet ist und ausserordentlich häufig auftritt und dass
dieselbe in den Schlachthäusern in einer mehr gutartigen oder
richtiger abgeschwächten Form zur Beobachtung gelangt. Die
Schweinepest dagegen, welche in der Hauptsache das Bild der
käsigen Darmentzündung bietet, kommt allein wohl ganz selten
vor, sondern immer mit der Schweineseuche zusammen, auch hat
es, nach den pathologischen Veränderungen zu schliessen, den
Anschein, als ob die Pestläsionen stets älteren Datums gewisser-
massen primär wären. In Anschluss will ich nun gleich von
drei Versuchen berichten, die mir über folgende zwei Fragen
Aufschluss geben sollten:
1. kann man Schweineseuche und Schweinepest jeden Augen¬
blick sicher experimentell erzeugen, und
2. stehen beide Krankheiten in einem gewissen Verhältniss
zu einander.
1. Versuch: Von vier etwa sechs Wochen alten Ferkeln
werden drei zu gleicher Zeit subcutan geimpft, das vierte bleibt
als Controlthier umgeimpft. Ferkel I erhält 5,0 ccm einer zwei
Tage alten Bouilloncultur des Bac. suisepticus, n 5,0 ccm einer
gleichen Cultur des Bac. suipestifer und III je 5,0 ccm von
beiden Culturen in die Gegend der Kniefalten eingespritzt. An
den Impfstellen entstanden zuerst haselnussgrosse Knoten, welche
aber bald wieder verschwanden. Nur bei Ferkel II (Pestferkel)
blieb der Knoten länger bestehen und es bildete sich ein etwa
bleistiftstarker Strang nach der entspr. Leistendrüse aus. Nach
ca. drei Wochen waren auch diese beiden Veränderungen ver¬
schwunden. Die Körpertemperaturen betrugen:
vor der Impfung . . . .1: 39,5, II: 39,1, III: 39,4, IV: 39*7
Die Impfung erfolgte 9,45 Uhr Vormittag.
Temp. Abends 6 Uhr . .
40,6
40,0
40,7
39,4
11
am nächsten Morgen
40,3
39,4
40,4
39,3
11
Abends 6 Uhr . .
40,3
39,9
41,0
39,7
11
am folgend. Morgen
39,7
39,5
40,0
39,3
11
am vierten Tage .
39,5
39,5
39,7
39,5
V
am fünften Tage .
39,6
39,1
39,5
39,9
und von da an traten keine •beachtenswerthen Temperatur¬
schwankungen mehr ein, aber es war doch eine deutliche Reaction
zu coii8tatiren.
Die Ferkel, welche ja nur Milch bekamen, hatten nach der
Impfung weder eine Mahlzeit versagt noch schlechter gefressen,
sie gediehen vielmehr so ausgezeichnet, dass wir sie mästeten
und nach ca. 5V 2 Monaten mit einem Gewicht von 160 und
180 Pfund schlachteten. Sie wurden hierauf genau untersucht,
aber es fand sich dabei nicht die geringste Schwellung bez.
Veränderung. Das Resultat war also vollständig negativ.
2. Versuch: Von zwei ebenfalls 6 Wochen alten Ferkeln
erhält das eine (I) auf der rechten Seite zwischen der 5. und
6. Rippe intrathoracal 0,5 ccm einer 2 Tage alten Seuchen-
Bouilloncultur, das andere (ü) intraperitoneal 0,5 ccm einer
gleichalterigen Pestcultur An der Impfstelle war nichts zu
sehen, nur litt das Seuchenferkel unmittelbar nach der Impfung
an starker Dyspnoe, erholte sich aber bald wieder. Temperatur
vor der Impfung: I. 39,1; II. 39,6.
I.
II.
Temperatur Abends n. d. Impfung
40,7
41,0
„ am nächsten Morgen
41,0
40,7
„ „ 3. Tage
41,5
40,7
ii 4. „
40,5
40,4
I. H.
Temperatur am 5. Tage 41,5 40,3
die Temperatur 41,5 Grad erhält am 6. Tage 40,4
sich bei I bis zum Tode. „ 7. „ 40,8,
in welchen Grenzen die Temperatur bis zur Tödtung schwankte.
Das Seuchenferkel versagte zwei Tage lang nach der
Impfung die Milch und magerte zusehends ab, auch fing es an vom
3. Tage ab zu husten. Zum Scelett abgemagert, verendete es
genau 8 Tage nach der Impfung. Das Pestferkel dagegen frass
zwar alle Tage seine Ration, nahm aber nicht an Gewicht zu.
14 Tage nach der Impfung wurde dasselbe getödtet.
Die Section des Seuchenferkels ergab: Lungen in ihrer
ganzen Ausdehnung mit den Rippen und Herzbeutel total ver¬
wachsen und mit einer ca. 5 mm dicken, gelbsulzigen eitrig¬
käsigen Schwarte bedeckt, ebenso der Herzbeutel. Unter der
Serosa befinden sich zahlreiche punktförmige Blutungen.
Lungenparenchym durchaus normal. Sämtliche Körperlymph-
drüsen sind geschwollen, die bronchialen und mediastinalen mit
braunrothen Blutflecken durchsetzt. Sonst keine Veränderungen.
Aus den subpleuralen Blutungen und den Lymphdrüsen ergaben
sich Reinculturen des Bac. suisepticus.
Die Section des Pestferkels ergab in der Brusthöhle keine
Veränderungen. Bauchhöhle: Peritoneum glatt und glänzend.
Seröser Ueberzug des Dick- und Dünndarmes, des Magens, der
Leber und der Milz war mit hanfkorn- bis haselnussgrossen,
derben, gelbweissen Knoten besät. Dieselben waren auf der
Durchschnittsfläche deutlich verkäst. Alle zugehörigen Lymph¬
drüsen waren geschwollen und enthielten im Innern ebenfalls
käsige Herde. Im Darmcanal sowie im Parenchym der Leber,
Milz und Nieren wurde nichts gefunden. Aus den käsigen
Knoten und Drüsen konnten Reinculturen des Bac. suipestifer
angelegt werden.
3. Versuch: Von 3 ca. 8—10 Wochen alten Ferkeln
wird I mit 0,5 ccm Seuchencultur, n mit 0,5 ccm Pestcultur
subcutan geimpft, IH bleibt als Controlthier. I und II bleiben
wie IH vollständig gesund, versagen keine Mahlzeit und nehmen
gut zu. Nach 14 Tagen nun werden alle 3 Ferkel mit Lungen-
und Darmmaterial eines an hochgradiger Schweineseuche ver¬
endeten Schweines möglichst gleichmässig gefüttert. Das
Controlthier fängt 2 Tage darauf an schlecht zu fressen,
nimmt nicht mehr gut zu und bekommt das Aussehen eines
seuchenkranken Schweines. Die Ferkel I und II dagegen bleiben
gesund. Nach abermals 14 Tagen werden nun diese beiden mit
1,0 ccm Seuchencultur intraperitoneal geimpft. No. I bleibt
ganz gesund, während No. II (vorher mit Pest geimpft) am
5. Tage stirbt. Die Section ergiebt fibrinöse Peritonitis durch
den Bac. suisepticus. Hierauf werden auch die Ferkel I und in
getödtet. I wird ganz gesund befunden, dagegen leidet No. IH
an chronischer Schweineseuche, fibrinöser Pleuro-Pneumonie der
beiden vorderen Lungenlappeu und cliron. Darmentzündung.
Diese 3 Versuche beweisen, dass Schweineseuche und
Schweinepest durch intrathoracale bez. intraperitoneale Im¬
pfungen sicher experimentell zu erzeugen sind, wahrscheinlich
ebenso auch durch Verfütterung kranker Organtheile. Durch
snbcutane Verimpfung von virulenten Reinculturen habe ich
weder Schweineseuche noch Schweinepest hervorrufen können.
Versuch 3 lehrt aber noch, im Verein mit den Sections-
befunden lb und c, dass beide Krankheiten wahrscheinlich in
gewissen Beziehungen zu einander stehen und zwar, dass
Schweine, welche die Schweinepest überstanden haben, garnicht
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13. December 1900.
oder nur ganz kurze Zeit gegen die Seuche immun sind, während
umgekehrt Tliiere, die die Schweineseuche Überstunden haben,
eine dauernde Immunität gegenüber der Schweinepest besitzen
und ferner, dass Thiere, welche an Schweinepest erkrankt sind,
eine besondere Disposition für Schweineseuche haben.
(Fortsetzung folgt).
Tagesgeschichte.
Was giebt es Neues in der Thiermedicin?
Aus der Sitzung des Vereins brandenburg. Thierärzte v. 4. Nov. d. J.
Von Graffunder-Landsberg a. W.
Meine Herrn Collegen! Nachdem unser verehrter Herr
Präsident zum ersten Male diesen Punkt 7 auf die heutige
Tagesordnung gesetzt hat, spreche ich den Wunsch aus, dass
derselbe in Zukunft auch ständig auf unserer Tagesordnung
bleiben möchte.
Ich nehme nun für heute Abstand, irgend ein neues fach¬
wissenschaftliches Thema zu behandeln, sondern ich wollte mir nur
im Hinblick auf die im Laufe des nächsten Jahres zu erwarten¬
den, unseren Stand betreffenden grossen Entscheidungsfragen
einige Mittheilnngen und Bemerkungen gestatten. Zugleich
sollen diese Bemerkungen auch an die in nächster Zeit statt¬
findende Centralvertretung gerichtet sein. Ueber die weiteren
Forschungen in der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche
ist zunächst zu berichten, dass die Forschungen im Kaiserlichen
Gesundheitsamte z. Z. fleissig fortgesetzt werden.
Zweitens sind bereits im vorigen Jahre vom Gesundheits¬
amte allein und in diesem Jahre in Gemeinschaft mit dem
landwirtschaftlichen Ministerium Untersuchungen über die
Hämoglobinurie der Kinder in Angriff genommen worden. Be¬
kanntlich richten sich die Forschungen dieser Waidweideseuche
in aetiologischer Beziehung auf die Mitwirkung gewisser Ixoden¬
arten, ähnlich wie beim Texasfieber.
Drittens werden im Kaiserlichen Gesundheitsamte Unter¬
suchungen mit der Milch tubercnlös kranker Kühe angestellt.
Viertens ist die Controle der Fabrication der Schutzsera
gegen Rothlauf, Schweineseuche und Geflügelcholera unter das
Cultusministerium gestellt worden. Der zuständige Regierungs-
medicinalrath und Kreisphysikus habe die Controle auszuüben,
der beamtete Thierarzt nur den betreffenden Thierbestand zu
überwachen.
Fünftens wollen auch einzelne Medicinalbeamte die öffent¬
lichen Schlachthäuser revidiren, wie sie überhaupt die Aufsicht
über die Trichinenbeschaner auch in Zukunft weiter ausüben
möchten.
Dieses, meine Herren, ist vorläufig genug Neues.
Dass das Kaiserliche Gesundheitsamt oder das Institut
für Infectionskrankheiten sich auch mit der Erforschung der
Thierseuchen befasst, ist ganz natürlich und gerechtfertigt,
aber es wäre doch wünschenswerth, dass auch thierärztliche
Forscher nicht blos vorübergehend zu diesen Untersuchungen
herangezogen werden, sondern dauernd als ständige Leiter oder
ordentliche Mitarbeiter in diese Abtheilnng eingestellt würden.
Bereits hat Geheimrath Schütz auf dem vorjährigen Badener
Congresse diesen Vorschlag gemacht. Ich hebe dieses haupt¬
sächlich darum hervor, als die Zeit nicht mehr fern sein wird,
wo im Reichsgesundheitsamte eine besondere Abtheilung für die
Thierseuchenforschung eingerichtet werden dürfte. Denn unsere
tliierärztlichen Docenten an den Hochschulen sind derartig mit
593
ihren Lehrfächern überhäuft, dass sie wenig Zeit für solche
zeitraubenden mühevollen Forschungen übrig haben dürften.
Was nun die Controle der Serumbereitung gegen Thier¬
seuchen durch Mediciner anbetrifft, so muss man sich erstaunt
die Frage vorlegen, was haben die Mediciner mit dieser speciell
rein thierärztlichen Frage zu thun? Was haben die Mediciner
für ein Interesse daran, wie Thierschutzserum gegen eine Thier¬
krankheit gewonnen wird?
Ich habe keine Antwort dafür. Man muss annehmen, dass
man in gewissen Kreisen überhaupt keine Thierärzte kennt, d. h.
Thierärzte in dem Sinne mit bacteriologischen Kenntnissen.
Man müsste doch in Fällen, wo es sich um rein veterinäre
Angelegenheiten handelt, die zuständigen Deportkammerthier¬
ärzte mit solchen Controlen betrauen.
Wie zugethan man uns übrigens an einer Stelle zu sein
scheint, geht schon aus dem Verbot des thierärztlichen Berner
Doctortitels hervor. Wie Sie sich erinnern, habe ich bereits
vor zwei Jahren an dieser Stelle auf die Absicht der Mediciner
hingewiesen, sich in rein thierärztliche Angelegenheiten hinein¬
zumischen, um eine entscheidende Stimme zu erlangen.
Ich komme nun zu einem anderen Punkte, bezüglich der
Aussichten des langersehnten Abiturientenexamens.
Es erübrigt sich hier auf eine weitere Besprechung über
die Nothwendigkeit der Maturitas für das thierärztliche Studium
näher einzugehen, da dieses Thema seit Jahren genügend durch-
gearbeit ist. Ich will nur hervorheben, dass sich die Einführung
der Maturität in Frankreich und Belgien glänzend bewährt hat,
wie wir aus den vorjährigen Verhandlungen des Badener Con-
gresses über die Erweiterung des thierärztlichen Unterrichts
• gehört haben. Nicht unerwähnt lassen, möchte ich den treffenden,
allessagenden Ausdruck von Professor Malkmus, welcher lautet:
„Im Grossen und Ganzen aber ergiebt sich die be-
dauernswerthe Thatsache, dass die Ausbildung der Thier¬
ärzte, weder in wissenschaftlicher noch in practischer Be¬
ziehung den grossen und raschen Fortschritten der Wissen¬
schaft und Technik, sowie den umfassenden Anforderungen
der speciellen Heilkunde, der Gesundheitspflege der land¬
wirtschaftlichen Nutzthiere, sowie der öffentlichen Vete¬
rinär- und Sanitätspolizei Schritt zu halten vermochte.
Dieser Thatsache vermögen sich weder die Regierungen,
noch die Landwirthe, am wenigstens gar die Thierärzte
selbst zu verschliessen“,
damit, m. H., ist alles gesagt und begründet.
Trotz dieser treffenden Gründe finden sich in gewissen
Kreisen immer noch Stimmen, welche diese Nothwendigkeit der
besseren Vor- und Ausbildung der Thierärzte nicht anerkennen
wollen. Ich erinnere nur an die vorjährigen Auslassungen des
Vertreters des Kriegsministeriums, über die Vorbildung der Ross¬
ärzte, sowie an die Beschlüsse der Landwirthschaftskammer für
die Rheinprovinz.
Wir Thierärzte haben die Ueberzeugung gewonnen, dass
wir den jetzigen Anforderungen nach jeder Richtung hin
nur daun genügen können, wenn uns die geforderte Vor¬
bildung zugestanden wird. Wir haben auch zu unserer
directen Vorgesetzten Behörde das Vertrauen, dass unsere Be¬
strebungen daselbst unterstützt werden, da wir doch lediglich
das Interesse nicht nur der Landwirtschaft, sondern auch des
ganzen Staates verfolgen und fördern wollen. Bekanntlich
sprechen aber bei den Entscheidungen solch hochwichtiger
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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594
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 50.
Fragen auch noch andere Factoren mit, sodass heute noch gar-
nicht abzusehen ist, wie diese Entscheidung ansfallen wird.
Zunächst dürfte sich noch der nächste Reichstag mit uns
zu beschäftigen haben. Es war desshalb die Aufforderung unseres
Herrn Präsidenten der Centralvertretung, uns mit den Ab:
geordneten der einzelnen Kreise direct in Verbindung zu setzen,
sehr richtig und zweckmässig. Es ist unsere Pflicht, jedem der
Herren Abgeordneten nicht nur ein Exemplar der gedruckten
Begründung zu überreichen, sondern auch den Zweck unserer
Bestrebungen richtig und klar auseinanderzusetzen, und ich
glaube, wir werden durchweg williges Gehör finden. Aber auf
eine Thatsache möchte ich noch aufmerksam machen. Es wäre
möglich, dass man vorläufig für sämmtliche Thierärzte das
Abiturientenexamen einzuführen, keine Neigung zeigte, sondern
dieses nur für solche Thierärzte, die die. Veterinärbearaten-
Laufbahn einschlagen wollen, als Vorbedingung machen wollte.
Wenigstens habe ich derartige Vorschläge aus verschiedenen
landwirtschaftlichen Kreisen gehört. Es wäre auch nicht un¬
möglich, dass dieser Vorschlag im Reichstage ebenfalls zur
Sprache käme, denn die Thatsache steht fest, dass wohl alle
landwirtschaftlichen Kreise derselben Ansicht sind, dass minde¬
stens den beamteten Thierärzten nicht nur eine bessere Lebens¬
stellung, sondern auch die denkbar vollkommenste Ausbildung
gewährt werden müsse, weil die Anforderungen an diese
Categorie von Jahr zu Jahr steigen.
M. H. Mögen Sie nun über die nur bedingungsweise ge¬
währte, erhöhte Vorbildung der Thierärzte denken, wie Sie
wollen, ich stehe hier auf dem Standpunkte, immer nehmen,
was uns angeboten wird, das Weitere kommt von selbst nach.
Ebenso trifft es auch bei der angestrebten Verbesserung der
Stellung der beamteten Thierärzte zu. Vorläufig soll, dem
Vernehmen nach, den beamteten Thierärzten ein höherer Rang
mit einem Titel nach entsprechender Dienstzeit zugebilligt
werden, was unbedingt für das Ansehen und die Stellung dieser
wichtigen Beamten categorie sich als nothwendig erwiesen hat.
Dieses ist zunächst das Wichtigste, was vorläufig erreicht
werden kann. Das Uebrige, was noch wünschenswerth für die¬
selben wäre, wird dann mit der Zeit auch noch nachkommen.
Zum Schluss, m. H., möchte ich mich also dahin resumiren:
Meine Worte sollen zunächst darauf hinausgehen,
dass wir Thierärzte auf der Hut sein müssen, unsere
thierärztliche Wissenschaft als eine minderwerthige, ab¬
hängige und unselbstständige behandeln zu lassen.
Hiergegen muss Front gemacht werden, und dazu ist in
erster Linie unsere Centralvertretnng berufen, energisch ein¬
zutreten. Im Falle der Nichterfüllung unserer lediglich im
landwirthschaftlichen und staatlichen Interesse gestellten Wünsche
und Bestrebungen halten wir es für unsere Pflicht, darauf hin¬
zuweisen,
dass auch diejenigen Kreise, welche den gerechten Be¬
strebungen der Thierärzte entgegen wirken, die Ver¬
antwortung dafür übernehmen mögen, wenn die Leistungen
der Thierärzte zum Schaden der deutschen Landwirtschaft
und des ganzen Staates Zurückbleiben.
Standesangelegenheit«!].
Von G. Meier-Ketzin, pract. Thierarzt.
In Nr. 46 der B. T. W. führt Herr Kreisthierarzt Schmitt-
Kleve darüber Klage, dass die practischen Thierärzte nur so
unendlich selten ein Lebenszeichen von sich geben und an der
Standesentwickelung keinen regen Antheil nehmen. Er greift
zur Posaune, um die Schlafenden zu ermuntern, und laut er¬
schallt sein Ruf: praktische Thierärzte vor! Auch von anderer
Seite ist uns Practikern dieser Vorwurf gemacht worden und
zugleich an uns die Aufforderung gerichtet, jetzt, wo die be¬
amteten und die Sanitäts-Thierärzte ihre Wünsche in Vereinen
und in der Presse geäussert hätten, doch auch mit unsern
Wünschen an die Oeffentlichkeit herauszutreten. Unser Schweigen
könne leicht so gedeutet werden, dass die practischen Thier¬
ärzte keine besonderen Wünsche hätten. Den Vorwurf „des
Schlafens“ müssen wir auf uns sitzen lassen und können den¬
selben mit unserer Arbeit in der Praxis nicht widerlegen.
Leider treten die practischen Thierärzte nur allzu selten zum
Kampf vor die Front, sie scheinen es vorzuziehen, langsam
hinterher zu marschiren und in aller Gemüthsrnhe die Ent¬
wickelung der Dinge abzuwarten.
Gewiss hat auch der practische Thierarzt seine Sonder¬
wünsche, aber ich kann nicht zugeben, dass gerade der jetzige
Zeitpunkt der geeignetste ist, mit denselben hervorzutreten.
Augenblicklich haben wir nur einzig und allein den Wunsch,
als Vorbildung für unser Studium das Abiturientenexamen ein¬
geführt zu sehen. Hiergegen treten alle Specialwünsche zurück.
Die Gründe für die Nothwendigkeit einer erhöhten Vorbildung sind
aber schon so vieltach besprochen und namentlich vom Veterinär-
Rath so klar und überzeugend auseinandergesetzt worden, dass
wirklich kein Grund vorliegt, dass nun auch noch die Privat¬
thierärzte die begründete Forderung erheben, dass auch für sie
das Abiturientenexamen unbedingt nothwendig sei. Ist eben
für unsere Wissenschaft Maturität erforderlich, so ist sie es in
erster Linie für die Praxis, denn sie bildet die Grundlage der
Thierheilkunde. Es ist allerdings nicht zu leugnen, dass sich in
letzter Zeit unter uns Thierärzten die Ansicht immer mehr
verbreitet, die thierärztliche Praxis sei etwas Nebensächliches
und Untergeordnetes. Alles hastet nach beamteten Stellen und
scheint in der Ausübung der Praxis keinen Gefallen und keine
Befriedigung zu finden. Man pflegt den praktischen Thierarzt
etwas geringschätzig anzusehen als einen, der es eben nur bis
zum „Practischen“ hat bringen können.
Und so kommt es, dass wir immer mehr im Hintergrund
verschwinden. Dem gegenüber muss auf das Entschiedenste be¬
tont werden, dass gerade die Ausübung der practischen Thier¬
heilkunde das beste und dankbarste Feld der Veterinärmedicin
ist, und wer auf diesem tüchtig zu arbeiten versteht, der wird
auch Freude an seinem Beruf haben, und die Achtung und An¬
erkennung seiner Mitbürger wird ihm nicht versagt bleiben. In
der Brust kann er das befriedigende Gefühl tragen, am Wohl
des Volkes mitzuarbeiten und ein nützliches Mitglied der mensch¬
lichen Gesellschaft zu -sein. Die Erforschung und Heilung der
Thierkrankheiten und somit die Erhaltung des im Viehstand
steckenden Nationalvermögens waren wohl die Triebfedern, die
zur Gründung von Thierarzneischulen führten, und wenn wir
heute in der Behandlung kranker Thiere unsere Hauptaufgabe
nicht erblicken, dann befinden wir uns nicht mehr auf richtiger
Bahn, dann wird unser Stand an Ansehen und Bedeutung ver¬
lieren, woran selbst das Abiturientenexamen Nichts ändern kann.
Nach unseren Leistungen in der Praxis wird der Werth der
Thierheilkunde in erster Linie bemessen werden; daher ist die
beste Vorbildung und der gründlichste Fachunterricht für den
practischen Thierarzt gerade gut genug. Es sind freilich
Stimmen laut geworden, nur für den beamteten Thierarzt das
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13. December 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
595
Abiturientenexamen zu verlangen, für den practischen Thierarzt
es aber bei der gegenwärtigen Vorbildung zu belassen. Von Thier¬
ärzten sind solche Ansichten bis jetzt nicht geäussert, sondern
einmüthig bekämpft worden. Eine solche Lösung wäre die denk¬
bar schlechteste, weil sie eine unheilvolle Spaltung der Thier¬
ärzte bedingt und einen Rückschritt in der Thierheilkunde zur
Folge haben würde. Nachdem der thierärztliche Stand die
Nothwendigkeit des Abiturientenexamens unanfechtbar nach¬
gewiesen und jeden dagegen erhobenen Einwand als unbegründet
zurückgewiesen hat, hält er an dem Grundsatz fest „Alles oder
Nichts“.
Neues Material zur Begründung unserer Forderung lässt
sich nicht mehr herbeischafFen, ist aber auch nicht nöthig, denn
das vorhandene genügt für den, der unserem Stande aufhelfen
will; wo es aber am guten Willen fehlt, da ist auf Belehrung
doch nicht zu rechnen.
Nur auf drei Punkte, die man gegen das Abiturientenexamen
vorgebracht hat, möchte ich hier noch eingehen, nämlich
1. dass sich nicht genug junge Leute dem Veterinär-
Studium widmen würden,
2. dass mit der Erhöhung der Vorbildung auch eine Er¬
höhung der thierärztlichen Gebühren verbunden sein
würde und
3. dass man zu gebildete Thierärzte erziehen würde, die
sich scheuen „Hand anzulegen“.
Welchen Hindernngsgrund das Maturum zum thierärztlichen
Studium abgeben soll, ist mir nicht klar, da doch schon jetzt,
obgleich eine geringere Vorbildung zum Studium genügt, sich
eine ganz ansehnliche Zahl von jungen Leuten findet, die sich
mit dem Abiturientenexamen in der Tasche dem Studium der
Thierheilkunde zuwenden. Was ist es denn, das diese Abitu¬
rienten, denen fast jeder Beruf offen steht, zu unserm Studium
zieht? Unsere sociale Stellung gewiss nicht, diese könnte nur
abschreckend wirken! Es ist Neigung, Lust und Liebe zu
diesem Studium und auch wohl die Aussicht, sich in nicht allzu
langer Zeit eine leidlich gute Existenz zu verschaffen. Geben
etwa andern Berufsarten mehr Anwartschaft auf gesicherte
Lebensstellung als Thierheilkunde? Ich glaube kaum. Ueber-
füllung herrscht heut fast in jedem Beruf, und Bind die Aus¬
sichten auf Erwerb in unserm Fach oft günstiger als in manchem
andern Beruf. In der Medicin ist die Ueberfüllung entschieden
grösser als bei uns, und sind die Aussichten der jungen Mediciner
keineswegs besser als die der Veterinär-Mediciner. Es ist doch
statistisch nachgewiesen, dass sich die Thierärzte wirtschaftlich
besser stehen als die Aerzte. Ja, aber die Beschäftigung mit
Thieren ist nicht Jedermanns Geschmack! Das ist richtig, aber
der Umgang mit kranken Menschen ebensowenig! Und doch
widmen sich viele diesem Beruf. Andere haben wieder Gefallen
an Thieren und ihnen sagt das Studium der Thierheilkunde
mehr zu als das der Menschenheilkunde. Das ist eben Ge¬
schmackssache, und darüber lässt sich nicht streiten. Die Cadaver-
eröffnung oder die Untersuchung der Auswurfsstoffe beim
Menschen verletzt unser ästhetisches Gefühl genau so — viel¬
leicht noch mehr — als die Ausführung dieser Verrichtung bei
Thieren. Unangenehmes bietet das ärztliche Studium ebenso,
wie das thierärztliche. Daher liegt doch gar kein Grund vor
zu der Annahme, dass Abiturienten dem Studium der Veterinär-
Medicin fern bleiben und lieber Medicin studiren werden. Sind
nicht viele thierärztliche Professoren ursprünglich Aerzte ge¬
wesen? Beschäftigen sich nicht gewärtig die grossen medici¬
nischen Forscher sowohl aus eigenem Antriebe als auch auf
staatliche Anordnung mit dem Studium der Thierkrankheiten?
Und da sollte sich der Abiturient für dieses Studium „zu schade“
halten? Alle unsere Cavallerieofficiere, die Sportsleute, die
Thierzüchter und Landwirthe müssen sich in ihrem Beruf viel
mit Thieren befassen, und bisher hat hierin noch Niemand etwas
„Nichtstandesgemässes“ gefunden. Warum will man denn die
Thätigkeit des Thierarztes mit anderen Massstab messen? Das
Vorurtheil gegen die Thierärzte wird erst dann schwinden,
wenn von denselben dieselbe Vorbildung verlangt wird, wie von
anderen gelehrten Berufen.
Darum gab man uns diese nothwendige Vorbildung. Dass
dann auch das thierärztliche Material ein besseres werden wird,
liegt auf der Hand und ist schon hinlänglich erörtert worden.
Alle die Schiffbrüchigen, die „der Noth gehorchend, nicht
dem eigenen Triebe“ ihre Zufluchtsstätte zur Thierheilkunde
nehmen, werden dann von diesem Studium ferngehalten und
durch solche ersetzt, die sich mit Lust und Liebe diesem Berufe
zuwenden. Ist es nicht ein Widersinn, wenn man sich auf der
einen Seite beklagt, dass die Leistungen der Thierärzte nicht
genügen, während man auf der anderen Seite die von den
Thierärzten zum Studium als absolut nothwendig erkannte und
gewünschte Vorbildung verweigert? Man lasse den thierärzt¬
lichen Stand nicht halb im Sattel hängen, sondern setze ihn
fest hinein, dann wird er auch zeigen, dass er reiten kann.
Eine Erhöhung der thierärztlichen Gebühren wird die ge¬
steigerte Vorbildung nicht zur Folge haben. Welcher gewichtige
Unterschied sollte denn in den Lebensbedürfnissen des jetzigen
und des zukünftigen Thierarztes liegen? Wir wollen doch heut
auch ein anständiges Dasein führen und für die Zukunft unserer
Familie sorgen!
Wie im Handel Angebot und Nachfrage die Preise be¬
dingen, so bestimmt diese in der ärztlichen Praxis zum guten
Theil die Concurrenz.
Klagen über zu hohe Forderungen der Thierärzte sind auch
wohl selten laut geworden, weil die Thierärzte mit den Thier¬
besitzern in der Regel in bestem Einvernehmen leben und daher
nicht übermässige und unverdiente Bezahlung beanspruchen.
Jeder Arbeiter ist seines Lohnes werth, und daher müssen auch
wir einen unseren Leistungen entsprechenden Lohn fordern.
Wir halten es für durchaus gerechtfertigt, dass die Landwirth-
schaft für ihre Producte einen Preis zu erzielen sucht, der sie
existenzfähig macht, und weiter verlangen wir für uns auch
nichts. Es ist je selbst auf Seiten der Landwirthe schon darauf
hingewiesen, dass die Gebühren der Thierärzte denen der Aerzte
fast gleich sind. Ein Mehr ist ausgeschlossen. Selbst eine
neue Gebührenordnung für Thierärzte würde die Preise in der
Praxis nicht ändern, denn nicht das Gesetz, sondern die Con¬
currenz und unser eigenes Recht- und Billigkeitsgefühl werden
den Massstab für unsere Forderungen abgeben. Die Aerzte
haben ja jetzt eine neue Gebührenordnung erhalten, aber ich
möchte den in einer kleinen Stadt und auf dem Lande practi-
cirenden Arzt sehen, der hiernach liquidirt!
Ich komme nun zum dritten Einwand, dass die Thierärzte
mit Abiturientenexamen zu gebildet sind, um selbst „Hand an¬
zulegen“.
Eine nette Empfehlung für Euch arme Collegen, die Ihr
im Besitz dieses Zeugnisses seid! Wenn dem so wäre, so
würde es allerdings zu beklagen sein, denn es ist in der
thierärztlichen Praxis zuweilen erforderlich, selbst zuzugreifen,
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596
BERLINER TUIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 50.
mit dem Anordnen allein ist oft wenig getlian. Aber bisher
galt doch immer der Grundsatz „Arbeit adelt“! Ich erinnere
mich nicht, irgendwo gelesen zn haben, dass Arbeiten eine
Schande ist. Wenn unser Leben köstlich ist, so ist es Mühe
und Arbeit, singt schon der Psalmist. Sollte dies heut nicht
mehr zutreffen, oder ist unter Arbeit nur die geistige zu ver¬
stehen? Mit Recht beklagt man sich darüber, dass einige Thier¬
ärzte sich scheuen, gelegentlich auch mal selbst Hand an¬
zulegen aus Furcht, sich zu beschmutzen oder von dem kranken
Thier beschädigt zu werden. Das sind aber sicher nicht die
Thierärzte, die sich aus Neigung diesem Beruf gewidmet haben,
denn diese haben sich in der Regel über den zukünftigen
Beruf, bevor sie sich demselben widmeten, genau orientirt und
wissen, was von ihnen verlangt wird. Ich behaupte, dass
gerade die erhöhte Vorbildung wesentlich dazu beitragen wird,
jene Thierärzte zu beseitigen, die sich mit der Ausübung der
practischen Thierheilkunde nicht recht befassen mögen. Wer
Gefallen daran findet, stets in Lackstiefeln mit Handschuhen
und Cylinderhut einherzustolziren, der wird auch keine Lust
zum thierärztlichen Studium haben und würde sicher auch hier
seine Existenz nicht finden. Ein etwaiges Beschmutzen der
Hände und Kleidungsstücke in der Ausübung des Berufs wird
aber für keinen vernünftigen Menschen einen Grund bilden,
einer Carriere zu entsagen, die ihm sonst zusagt und die ihm
eine seinen Kenntnissen entsprechende, gesicherte Lebensstellung
verspricht. Der geachtetste Stand in unserem Staat ist der
Offizierstand, und wie bestaubt und beschmutzt kehren unsere
Offiziere oft heim vom Exerzierplatz, ohne hierdurch an An¬
sehen zn verlieren! Wasser, Seife und ein Wechsel der
Kleidung führen schnell eine Aenderung im Aeusseren herbei.
Da wir Thierärzte diese Mittel ja auch kennen und in der
Regel auch besitzen, so können wir nöthigenfalls unser Exterieur
leicht rehabilitiren, so dass wir in jeder guten Gesellschaft
erscheinen können. Es giebt thatsächlich keinen stichhaltigen
Grund, den mau gegen die Einführung des Abiturientenexamens
anführen könnte. Alle Einwände erscheinen gesucht und nur
dazu dienen zu sollen, unsere Wünsche als unerfüllbar hin¬
stellen zu können.
Der ganze thierärztliche Stand hält unerschütterlich daran
fest, dass eine gedeihliche Weiterentwickelung der Thierheilkunde
nur dann möglich ist, wenn als Vorbildung für das thierärztliche
Studium das Abitnrientenexamen gefordert wird.
Weihnachten ist vor der Thür; als artige, gut gesinnte
Kinder des Reichs haben die Tliierärzte ihren einzigen Weinachts¬
wunsch, der dem Staat nicht einmal Kosten macht, bescheiden
eingereicht und hoffen nun zuversichtlich, unter dem Weihnachts¬
baum ein Geschenk zu finden mit der Aufschrift „Abiturienten¬
examen für Thierärzte“. Neben diesen Hauptwunsch haben wir
practischen Tliierärzte noch einige andere Wünsche, die aber
nicht von so einschneidender Bedeutung sind und die alle mit
Kosten nicht verbunden sind. Nur eins will ich hier kurz er¬
wähnen: Wir wünschen, dass die curative Praxis wieder mehr
in den Vordergrund tritt und das der Wirkungskreis des
practischen Thierarztes nicht allzusehr durch seuchenpolizeiliche
Bestimmungen eingeengt wird. Man beschneide doch den
Stammbaum der Thierheilkunde nicht zu stark, damit er lebens¬
fähig bleibt, man gönne ihm dem zu seiner freien Entwickelung
nothwendigen Platz und lasse ihm Licht und Sonnenschein, denn
gerade er bedarf dessen in hervorragen Masse!
Zum Schluss noch ein Wort über die beabsichtigte Gründung
eines „Central-Vereins preussischer Kreisthierärzte“. Ich
persönlich kann die Nothwendigkeit eines solchen Central-
Vereins nicht einsehen. Wenn Herr Kreisthierarzt Thunecke
sagt, dass die Kreisthierärzte ihre Wünsche und Ansichten am
besten in einer Versammlung von Gleichgesinnten znm Ausdruck
bringen können, so muss ich dem beipflichten. Dasselbe würde
für einen Central-Verein der Sanitätsthierärzte oder der practischen
Tliierärzte ebenso gelten. Wenn aber Herr Thunecke weiter
sagt, dass ein solcher Verein der Gesammtheit niemals schaden
kann, so möchte ich dies nur bedingungsweise unterschreiben.
Solange diese Centralvereine der einzelnen Berufsgruppen nur
solche Wunsche und Angelegenheiten behandeln, die einzig und
allein die betreffende Berufsgruppe angehen, können sie nur
nützen, aber niemals schaden.
Leider sind jedoch die Wünsche und Interessen der einzelnen
Gruppen oftmals in sich nicht so abgeschlossen, dass andere
hierdurch nicht berührt würden. Es können sich sogar diese
Wünsche diametral gegenüberstehen. Was dann? Sind nicht
schon Wünsche laut geworden, das ganze Impfgeschäft in die
Hände der Kreisthierärzte zu legen, oder auch dasselbe Laien
zu übertragen? Strebt man nicht danach, möglichst viele an¬
steckende Krankheiten unter das Seuchengesetz zu bringen?
Ist nicht erst jüngst die Meinung aufgetaucht, die Befähigung
zum practischen Thierarzt genüge nicht zur Ausführung der
Fleischbeschau? Wenn solche Fragen in den Centralvereinen
der Specialgruppen verhandelt werden, wer bürgt denn dafür,
dass zum Nachtheil Anderer nicht einseitige Beschlüsse gefasst
werden? Kann es da nicht leicht zum erbitterten Kampf der
Centralvereine gegeneinander kommen? Jeder würde natur-
gemä88 seine Interessen verfechten. Man wird mir entgegnen,
Angelegenheiten, die eine andere Berufsgruppe mitberühren, sind
von der Besprechung ausgeschlossen. Nun Thatsache ist doch,
dass obige Wünsche geäussert wurden, und wer will es hindern,
dass solche Anträge wieder gestellt werden? Wenn sie auch
abgelehnt werden, so wird doch der Samen des Misstrauens
und der Zwietracht zwischen die einzelnen Gruppen gelegt
werden. Ich habe die Befürchtung, dass das Gute, was Herr
Thunecke mit der Gründung eines Central-Vereins für Kreis¬
thierärzte bezweckt, leicht ins Gegentheil Umschlagen kann, so
dass er später bedauern muss, diesem Kinde das Leben gegeben
zu haben. Es sollte doch jetzt jeder Schritt ängstlich vermieden
werden, der auch nur den Schein einer Zersplitterung des thier¬
ärztlichen Standes in sich birgt. Fest aneinander geschlossen
wollen wir zuerst unsere gemeinsamen Angelegenheiten aus¬
fechten und dann an die Specialwünsche gehen. Hierzu diene
uns unsere bestehende Central-Vertretung.
Sie bietet uns bei richtiger Zusammensetzung die beste
Gewähr dafür, dass die Specialangelegenheiten nicht einseitig
behandelt werden. Jeder mag hier seine Wünsche Vorbringen,
die, falls sie gerechtfertigt erscheinen, eine allseitige Unter¬
stützung finden werden. Wir practischen Thierärzte können ja
wohl auch nicht behaupten, dass bisher unsere Interessen von der
Centralvertretung besonders wahrgenommen sind, aber dennoch
würde ich die Gründung • eines Central - Vereins practischer
Tliierärzte entschieden bekämpfen. Auf Betreiben des Herrn
Prof. Schmaltz ist auf die Tagesordnung der demnächst
tagenden Central - Vertretung eine Besprechung über die Zu¬
sammensetzung derselben gesetzt, und es ist zu hoffen, dass es
ihm bei seinem dankenswerthen entschlossenen Eintreten für die
Einigkeit der Tliierärzte nicht schwer fallen wird, die Ceutral-
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Vertretung so zu reorganisiren, dass Licht und Schatten gleich-
mässig vertheilt ist. Alle Berufsgruppen müssen in derselben
vertreten sein im annähernd gleichen Verhältniss. Niemand
jedoch wird eine schablonenhafte, der Grösse der Specialgruppen
entsprechende Zusammensetzung der Centralvertretung fordern
wollen, denn einerseits müssen wir doch annehmen, dass es jeder
Vertreter für seine Pflicht halten wird, die Interessen der Thier¬
ärzte insgesamrat wahrzunehmen, andererseits dürften sich auch
wohl in der einen oder anderen Gruppe mehr Collegen finden,
die ein allseitiges Vertrauen geniessen und sich für dieses Amt
hervorragend eignen. Im festen, unerschütterlichen Zusammen¬
halten und Zusammenwirken liegt unsere Kraft, die Zer¬
splitterung in Interessengruppen kann zur Ohnmacht führen.
„Cultur-Aufgaben“.
Von I)r. Goldstcin-KönigsliUtte.
Die Herren Bermbach und Schmitt haben in der vorigen
Nummer mit ihren sehr verdienstlichen, freimüthigen Hinweisen
auf das, was uns Noth tliut, sicherlich sehr vielen von uns
Thierärzten „aus der Seele“ gesprochen. Die gegen uns er¬
hobenen Vorwürfe der Gleichgültigkeit selbst den Fragen gegen¬
über, die uns sehr nahe berühren sollten, und der Selbster¬
niedrigung gegenüber allen übrigen academischen Berufskreisen
müssen leider als berechtigt anerkannt werden. Es ist durch¬
aus wünschenswerth, dass besonders wir Privat-Thierärzte, die
wir doch an der Erhöhung des socialen Niveaus unseres Standes
das grösste Interesse haben, etwas mehr als bisher daran mit-
arbeiten und nicht die ganze Arbeit der Centralvertretung über¬
lassen. Die in weitesten Kreisen des Publicums, selbst in
medicinischen, bestehenden mittelalterlichen Anschauungen über
das Studium und den Beruf des Thierarztes würden sicherlich
bei der von Herrn Bermbach angeregten fleissigeren Be¬
nützung der Tagespresse und Zeitschriften behufs Veröffent¬
lichung populär - wissenschaftlicher Abhandlungen, Erörterung
von Standesfragen und durch Belehrungs-Vorträge in Vereinen
allmählich zeitgemässeren Auffassungen Platz machen.
Darüber sind wir uns wohl Alle einig, ob wir nun Privat-,
Kreis-, Sanitäts- oder Militär-Thierärzte sind, dass unser nächstes
grosses Ziel, dessen Erreichung für die Zukunft unseres Standes
von der grössten Wichtigkeit ist und die ungetlieilte Mit¬
arbeit jedes Einzelnen von uns erfordert, die Einführung
der Maturität ist und bleiben muss.
Solange wir dieses Ziel nicht erreicht haben, hätte
ich für meine Person (ich muss es offen bekennen) mit viel
grösserer Freude z. B. von der Gründung eines Centralvereins
Deutscher Thierärzte zur Erreichung der Einführung der
Maturität Kenntniss genommen, als von der beabsichtigten
Gründung eines Centralvereins preussischer Kreisthierärzte.
Die Krisis naht!
Von Beckhard-Herrstein,
pract. Thierarzt.
Das Seuchengesetz eröffnete bei seinem Inkrafttreten den
volkswirthschaftlichen Kreisen unseres deutschen Vaterlandes
eine hohe Perspective; das lang erstrebte Ziel einer einheitlichen,
principiellen Bekämpfung der Viehseuchen war erreicht; ein
durchschlagender Erfolg schien gesichert. Dank der vorzüg¬
lichen Organisation wurde durch die Anwendung der gesetzlichen
Schutzmassregeln in Bezug auf viele Seuchen viel gebessert,
mehr aber harret noch der Lösung. Obenan stehen in letzterer
Hinsicht die bisherigen Misserfolge in Bezug auf die Maul- und
Klauenseuche. Gerade diese allenthalben grassirende Epizootie
ist es, die dem Seuchengesetze bisher in eclatantester Weise
Hohn gesprochen hat. Es haben eben annähernd zwei Decennien
der Forschung und Sperre die nur noch gemeinhin mit dem
Namen der „Seuche“ bezeichnete Infectionskrankheit nicht ein¬
zudämmen vermocht. Das giebt zu denken. Die vielen Millionen
zur Bekämpfung derselben, der Tribut der Landwirthscliaft sage
ich ausdrücklich, sollen sie ohne practischen Nutzen für die
letztere ausgegeben sein? Nicht nur in den Kreisen der inter-
essirten Volksschichten hat sich eine tiefe Abneigung gegen die
bisherige Art und Weise der Bekämpfung der Seuche geltend
gemacht, die Regierung selbst vermag den Protesten der Volks¬
vertretung gegen die bisherigen rigorosen Massregeln nicht mehr
länger Stand zu halten. Die nächste Zukunft muss Klarheit
darüber bringen, ob die von Schütz und Hecker verheissenen
Impfungen practischen Nutzen haben werden oder nicht. Auch
in vielen beamteten thierärztlichen Kreisen ist der Kampf gegen
die Maul- und Klauenseuche längst als fruchtlos erkannt und
nicht wenige derselben widmen deshalb mit Recht der Therapie
der Krankheit eine gegen früher erhöhte Aufmerksamkeit.
Zur Berufsfreudigkeit gehört neben der Genugthuung, seine
Pflicht erfüllt zu haben, auch eine gewisse innere Befriedigung
über erzielte Erfolge. Gewiss soll nicht bestritten werden,
dass der beamtete Thierarzt bei der Vielseitigkeit seines Berufes
diese innere Befriedigung finden kann. Gerade die wirksame
Bekämpfung anderer Seuchen ist es, die ihm diese Befriedigung
gewährt; doch diese Seuchen sind im Vergleiche zur Maul- und
Klauenseuche im Allgemeinen bedeutend seltener und können
den Verdruss, den die letztere so oft bringt, nicht im Ent¬
ferntesten aufwiegen. Die Körgeschäfte sind gleichfalls aus
bekannten Gründen vorerst nicht dazu angethan, grosse Freude
am thierärztlichen Berufe finden zu lassen. Es bleibt also nur
noch die Praxis übrig, und gerade diese stimmt in Folge des
Pfuscherthums den Thierarzt nichts weniger als berufsfreudig.
Wenn auch der beamtete Thierarzt durch seine amtlichen
Functionen in sogenannten Seuchengängen in hohem Masse in
Anspruch genommen ist, ja sogar in diesen Zeiten von Seiten
der Landwirthe in Bezug auf Thierbehandlung im Allgemeinen
angegangen zu werden pflegt, wird dessen ungeachtet auch er
zu den Freuden der thierärztlichen Praxis nur selten hinzugezogen.
Also auf allen Gebieten ein gewisses berechtigtes Gefühl der Un¬
zufriedenheit.
Lediglich dieser Stimmung haben wir practischen Thierärzte
es zu verdanken, dass neuerdings wieder mehr rein thierärztliche
Angelegenheiten in der Fachpresse zur Sprache kommen. Für
uns practische Thierärzte ist damit der Zeitpunkt gekommen,
im Kampfe gegen das Pfuscherthum die Führung zu übernehmen
und in collegialem Vereine mit allen Berufsgruppen unseres
Standes, bessere Verhältnisse für die Ausübung der thierärzt¬
lichen Praxis zu erstreben.
Mit Recht nennt Schmitt-Cleve in No. 46 der B. T. W.
die practischen Thierärzte die stärksten Wurzeln des Standes,
denn aus ihnen hat sich, so lange Regen und Sonnenschein hold
waren, ein lebenskräftiger Baum entwickelt. Der Boden, auf
dem der Baum einst gesetzt ward, war so gut, dass er Jahr¬
zehnte lang keiner künstlichen Düngung bedurfte; er fand
genügend Nährstoffe zur stolzen Weiterentwicklung in der Natur
vor; doch der beste Boden wird unfruchtbar, wenn aller Nähr¬
werth durch die starken Wurzeln aus ihm ausgesaugt ist, wenn
Regen und Sonnenschein fehlen; die Wurzeln trocknen, das
Wacli8tknm des zum Halbriesen gewordenen Baumes steht still,
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598
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 50.
die Aeste werden dürr, das Beschneiden der Aeste zum Zwecke
der Weiterentwicklung nützt nichts, der Baum muss von den
Wurzeln aus frische künstliche Nahrung erhalten, die Sonne
muss ihm wieder lachen, sonst geht er endlich zu Grunde.
Die idealen, blos auf die Hebung des ganzen
Standes gerichteten Bestrebungen der alten Thierärzte,
jene stützenden Zierden und Säulen der Wissenschaft,
mussten allmählich eine gewisse Einbusse erleiden; es hatte sich
eben ans den einfachen, aber starken Wurzeln ein in mehrere
Disciplinen verästelter Baum gebildet, es entstanden neben den
practischen Thierärzten noch zwei Gruppen mit ihren Special-
iuteressen, die beamteten Thierärzte und die Sanitätsthierärzte.
Diese bedurften zu ihrer gebührenden Entwickelung ganz be¬
sonderer Pflege und Wartung, die ihnen auch, dank der rast¬
losen Mitarbeiterschaft der Grössen unseres Standes sowohl wie
der gesammten thierärztlichen Welt neidlos zu Th eil wurde.
Viele Wünsche sind auch hier noch zu befriedigen, doch bevor
dies einmüthig geschehen kann, müssen erst die Wurzeln wieder
frische Nährstoffzufulir erhalten, sie können den Baum sonst
nicht mehr lebensfähig erhalten.
Grosses wurde zwar auch noch in den Zeiten der Speciali-
8irung selbst erstrebt und erreicht; ich erinnere an die Maturitäts¬
frage, die Erhebung der Thierarzeneischulen zu Hochschulen, die
Einreihung der Rossärzte in die Klasse der höheren Militär¬
beamten etc., Ereignisse und Fragen, an denen der ganze thier¬
ärztliche Stand ein gleiches Interesse hat. Unter eignen Ent¬
behrungen haben auch die practischen Thierärzte jene Gesammt-
aufgaben nach besten Kräften fördern helfen, daneben aber auch
den zeitlichen Entwickelungsphasen der Specialgruppen niemals
hindernd im Wege gestanden. Das Schaffen und Ringen der
thierärztllthen Welt concentrirte sich eben auf vieles Andere
von höchster Wichtigkeit. Es wäre thöricht und falsch, den
practischen Thierärzten als solchen die Schuld an ihrer heutigen
Lage selber zuzuschreiben. Selbst der lauteste Appell wäre
sicherlich in diesen Zeiten ungehört verhallt. Wenn die Be¬
strebungen der alten Thierärzte, das Pfuscherthum zu beseitigen,
erfolglos geblieben sind, so wäre es in jener epochemachenden
jüngsten Vergangenheit ohne die Mithülfe der übrigen Special¬
gruppen, die nur für Specialfragen begeistert waren und die
tüchtigsten Vertreter unserer Wissenschaft unterstützend zur
Seite hatten, erst recht aussichtslos gewesen, auch in dieser
hochwichtigen Frage Abhülfe zu schaffen. Den Vorwurf der
Erlahmung ihrer Kräfte müssen die practischen Thierärzte
jedenfalls aufs Entschiedenste zurückweisen; blos in Duldsamkeit
haben sie verharrt, weil sie selbstlos genug waren, die Pläne
Anderer durch eigene nicht zu durchkreuzen.
Dass neuerdings die Nothlage der practischen Thierärzte
von competenter Seite anerkannt wird, ist für uns ein be¬
deutender Schritt vorwärts. Der offene Kampf gegen das
Pfuscherthum kann beginnen.
Die Thierärzte müssen von jetzt ab beweiskräftiges Material
zu durch die Pfuscher verursachten Thierquälereien sammeln,
dasselbe in der Fachpresse unter genauer Beschreibung und
Namens- wie Ortsbenennung veröffentlichen. Die Presse selbst
muss hierzu genügend Raum gewähren, jeder Thierarzt muss
für seinen Theil dafür Sorge tragen, dass besonders markante
Fälle in den zuständigen Localblättern erscheinen. Wird dies
eine Zeit lang systematisch betrieben, so kann die Wirkung
nicht ausbleiben. Das Publicum wird allmählich belehrt werden,
die Volksvertretung wird sich für die haltlosen Zustände inter-
essiren und eine Abänderung des Gesetzes, dass nicht nur vor¬
sätzliche, sondern auch fahrlässige Thierquälerei bestraft wird,
herbeizuführen suchen. Ist dies erreicht, ist viel erreicht.
Wohlan denn, frisch ans Werk! Noch längere Unthätigkeit
wäre gleichbedeutend mit Energielosigkeit. Der Zeitpunkt zum
Handeln ist auch für uns practische Thierärzte gekommen.
Die nächste Plenarversammlung muss auch für uns etwas
bringen. Wir hoffen zuversichtlich darauf!
Die Abiturientenfrage im Reichstage.
Durch den letzten Schluss der Session sind alle Beschlüsse
der Petitionscommission, welche noch nicht im Plenum berathen
waren, hinfällig geworden. Die Petition betr. Abiturienten¬
examen muss dem Reichstag noch einmal überreicht und zu¬
nächst in der Petitions-Commission noch einmal berathen werden,
ehe sie zur Verhandlung im Plenum gelangt. Die Ueberreichung
ist erfolgt. Der Petition ist das Material zur Begründung bei¬
gefügt, welches die vorige Petition begleitet hatte und
welches auch den Collegen zu Agitationszwecken gedruckt zur
Verfügung gestellt worden ist. Diese Begründung hat jedoch
bei ihrem diesmaligen Neudruck durch die Umstände gebotene
Ergänzungen erfahren. Namentlich sind die genauen statistischen
Beläge für die Wirkung des Abituriums resp. überhaupt der
Erhöhung der Vorbildung im Auslande beigebracht und ein¬
gehend der Versuch widerlegt, die österreichischen Verhältnisse
zur Beurtheilung der unsrigen zu verwerthen. Die Verhandlung
iu der Petitionscommission dürfte nach Weihnachten erfolgen.
Das Begründungs - Material wird, sobald die Berathung im
Plenum bevorsteht, von hier aus an alle Mitglieder des Reichs¬
tages *) vertheilt.
Eine frühere Vertheilung hätte keinen Zweck, weil dann
das Material in den Papierkorb wandern und bis zur Berathung
längst vergessen sein würde.
Es könnte die Frage entstehen, ob die Schulreform, welche
wieder aufgelebt ist, unsere Frage beeinflussen oder ihre Lösung
verzögern könnte. Nun, beeinflussen kann eine Werthminderung
des Abiturientenexamens (denn eine solche bedeutet die Gleich¬
berechtigung der Ober-Realschulen) unsere Angelegenheit eigent¬
lich nur günstig. Die Entscheidung zu verzögern braucht sie
keineswegs. Denn unser Wunsch gipfelt in dem Satz: „Für die
Thierärzte dieselbe Vorbildung, wie für die Menschenärzte“,
d. h. gleiche Vorbildung für alle Mediciner. Dieser Grundsatz
kann anerkannt werden, ganz unabhängig von der Frage, ob
diese Mediciner sich aus Gymnasial-, Real-Gymnasial- und Ober-
Realschul-Abiturienten recrutiren können resp. unter welchen
Bedingungen auch letztere zugelassen werden könnten. Für
uns aber handelt es sich nur um die Anerkennung eben jenes
Grundsatzes. S.
Thierfirzte als Fleischbeschau er.
Der thierärztliche Verein für den Regierungsbezirk Wies¬
baden hat sich der von dem Brandenburger Verein beschlossenen
Resolution (vgl. No. 45 pg. 536) in allen Punkten angeschlossen.
Nachruf.
Nach langem, schwerem Leiden starb im Alter von 65
Jahren am 27. October 1900 der Königliche Marstall-Oberross-
*) Dcsshalb hätte es keinen Zweck, wenn Collegen sich
Exemplare der Begründung bestellen wollten, bloss um sie Ab¬
geordneten einzusenden. Nur wenn sie dieselbe bei einer Unter¬
redung zur Grundlage ihrer Ausführungen benutzen, kann dadurch
eine Mitwirkung ausgeübt werden.
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13. December 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
599
arzt Franz Sud er. Mit dem Entschlafenen ging ein thaten-
reiches Leben zu Ende.
Geboren am 23. December 1835 zu Beeskow, als Sohn eines
Thierarztes, besuchte er zuerst die dortige Stadtschule und er¬
hielt durch seinen späteren Stiefvater, der Lehrer in Beeskow
war, ausgezeichneten Privat-Unterricht.
Am 1. October 1854 trat Suder, um die Militärrossarzt¬
laufbahn einzuschlagen, beim 3. Ulanen-Regiment in Beeskow
in den Dienst. Schon am 1. October 1855 wurde er zur da¬
maligen Thierarzneischule in Berlin einberufen und studirte an
derselben vom October 1855 bis Mai 1859 Thierheilkunde. Wie
fleissig und strebsam der Verstorbene schon in seinen jungen
Jahren war, geht wohl deutlich daraus hervor, dass er sich
während des Studiums schon im Jahre 1856 durch ein Examen
am Friedrich-Werderschen Gymnasium das Zeugniss für Secunda
erwarb. Hiernach wurde es ihm erst gestattet, sieben Semester
zu studiren und dann gleich sein Staatsexamen als Thierarzt
erster Klasse mit dem Prädicat „gut“ zu machen. Am 1. Mai 1859
wurde er Curschmied beim 3. Husaren Regiment in Rathenow
und blieb als solcher beim Regiment bis zum 7. Juli 1860.
Vom 7. Juli 1860—1868 diente er beim Magdeburgischen Dragoner-
Regiment No. 6. Am 8. Juni 1864 wurde er zum Militär-Ross-
arzt und am 1. Mai 1866 zum Stabsrossarzt befördert. In diese
Zeit fällt ein Vorgang, der entscheidend für das ganz weitere
Leben des Verstorbenen wurde. Suder besuchte in Gemein¬
schaft mit Dominik im Jahre 1863 die in Milkel vom Grafen
Einsiedel errichtete Musterschmiede, in der der englische
Hufbeschlag damals eine Pflegstätte fand. Hier bildete er sich
zu einem tüchtigen Kenner des Hufbeschlages aus und erwarb
sich die Freundschaft und Protection des Grafen Einsiedel.
Graf Einsiedel war es auch, der, als Dominik von seiner
Stellung als Rossarzt beim Königlichen Marstall in Berlin zum
Militär zurücktrat, Suder so angelegentlich dem damaligen
Oberstallmeister Sr. Majestät des Königs, von Rauch, empfahl,
dass ihm im Jahre 1868 die Stellung eines Marstallrossarztes
übertragen wurde. Den Feldzug 1866 machte Suder bei der
Main-Armee mit, den Feldzug 1870/71 als Marstallrossarzt im
grossen Hauptquartier Sr. Majestät unseres grossen Königs
und Kaisers Wilhelm I.
Während dieses Feldzuges wurde Suder ganz besonders
dadurch geehrt, dass ihm der Grossherzog von Baden das
Ritterkreuz n. Klasse mit Schwertern des Badischen Ordens
vom Zähringer Löwen verlieh. Ausser diesem Orden besass
der Entschlafene noch das Erinnerungskreuz von 1866, die
Kriegsdenkmünze von 1870/71, den Königlichen Kronen- und
Rothen Adlerorden. Im Jahre 1885, als durch den damaligen
Obermeister Warnke die Fachschule für Schmiede errichtet
wurde, empfahl Professor Dieckerhoff Suder als Lehrer für
dieselbe. Keine Wahl ist so fruchtbringend, von so grossem
Nutzen für die Berliner Schmiedeinnung gewesen, wie diese.
Die jetzige jüngere Generation der Berliner Schmiede verdankt
Suder ihre theoretische und practische Ausbildung im Huf¬
beschlag. Er war Mitglied der Prüfungs-Commission für Huf¬
schmiede in Berlin und gab auch das Lehrbuch des Hufbeschlages
zum Gebrauche für Innungs-Fachschulen heraus. Im Hufschmied
veröffentlichte er im Jahre 1888 zwei Abhandlungen: 1. „Ueber
Verwendung von Hufeinlagen“, 2. „Das Preisschmieden und die
Hufbeschlags - Ausstellung auf der Wander - Ausstellung der
deutschen Landwirthschafts - Gesellschaft zu Breslau“ und im
Jahre 1892 „Das Platteneisen“.
Als im Jahre 1893 der damalige Marstall-Oberrossarzt Dr.
Alb recht starb, rückte Suder in diese Stelle auf. Schon im
Jahre 1895 wurde er von einem Schlaganfall heimgesucht, der
ihn zwang im Jahre 1897 in den Ruhestand zu treten.
Suder war im Leben immer ein einfacher, bescheidener
und selbstloser Mann, der einen sehr noblen, vornehmen Cha-
racter, Aufrichtigkeit im Umgänge mit Jedermann, Biederkeit
und geraden Sinn besass. Fast nie versäumte er in seinen
gesunden Jahren die Sitzungen des Berliner thierärztlichen
Vereins und wirkte auch in diesen anregend, indem er in un¬
eigennützigster Weise seine reichen, werthvollen Erfahrungen
im Bereiche der Praxis und des Hufbeschlags zum Besten gab.
Der Berliner thierärztliche Verein ehrte seine Verdienste da¬
durch, dass er ihn zu seinem Ehrenmitgliede ernannte.
Leider war es ihm nicht vergönnt, seinen Lebensabend nach
einem so thatenreichen Leben im Kreise der Seinigen in Glück
und Zufriedenheit zu verbringen. Ein an den Schlaganfall sich
anschliessendes schweres langes Leiden verhinderte ihn, seinem
ihm lieb gewordenen Berufe nachzugehen. Ruhe er aus nach
seinem arbeitsreichen Leben, möge ihm die Erde leicht werden.
Wir aber wollen, so oft sein Name genannt wird, seiner in
Ehren gedenken.
Im Namen des Berliner thierärztlichen Vereins.
Dr. Toepper.
Berichtigung.
Im Beiblatt zu No. 41 der Berliner thierärztlichen Wochen¬
schrift vom 6. December 1900 befindet sich eine Mittheilung
über „Minderwerth der Serumschweine“ und ist speciell die
Serum-Gesellschaft in Landsberg a. W. dabei erwähnt.
Die Unterzeichneten erklären hiermit, dass jene Mittheilung
völlig aus der Luft gegriffen ist, da erstens die Serum-Gesell¬
schaft seit ca. 2 Jahren überhaupt keine Schweine mehr schlachtet
und zweitens die Schlächter-Innung zu Landsberg a. W. zu der
Frage der Beurtheilung von Fleisch immunisirter Thiere in
keiner Weise jemals Stellung genommen hat und von der ganzen
Angelegenheit überhaupt nichts weise.
Landsberg a. W., den 7. Dezember 1900.
(gez.) Hafenrichter, (gez.) Br. Schreiber.
Schlachthausdirector. Director des Bacteriologischen
Instituts der Serum-
Gesellschaft m. beschr. Haftg.
Bücheranzeigen und Kritiken.
Arnold, Prof. Dr. C. Repetitorium der Chemie X. Auflage 1900.
Das Arnold’sche Repetitorium, welches namentlich den Thierärzten,
welche in Hannover studirt haben, genauer bekannt ist, feiert in
diesem Jahre ein Jubiläum; es erscheint die zehnte Auflage.
Es spricht der Umstand, dass seit 1884, in welchem Jahre
im November die erste Auflage ausgegeben wurde, nunmehr
schon die zehnte Auflage erscheinen kann, dafür, dass das Buch
sich seinen Leserkreis gesichert hat; durchschnittlich war alle
zwei Jahre eine Auflage nöthig. In dem Jahre 93/94, 96/97 und
99/1900 war der Absatz so gross, dass in jedem Jahre eine
Auflage erschien. Dieser Umstand hatte zur nothwendigen Folge,
dass das Repetitor, stets ergänzt und verbessert werden konnte,
sodass der Mediciner die für ihn wichtigen und interessanten
neuen Körper verzeichnet findet.
Einer besonderen Empfehlung bedarf ein so eingeführtes
Buch nicht. Der Verf. hat trotz vielfacher Umarbeitung stets
die Uebersichtlichkeit und Kürze der Darstellung gewahrt.
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600
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 50.
Aach in seiner äusseren Ausstattung' hat das Buch eine
Verbesserung erfahren und einen geschmackvollen, modernen
Einband erhalten. I)r. Jess.
Das Gesetz betr. die Beklmpfung gemeingefährlicher Krankheiten.
Guttentags Sammlung deutscher Reichsgesetze. Da
das erste Menschen-Seuchen-Gesetz, welches am 30. Juni 1900
in Kraft getreten ist, für den Mediciner im Allgemeinen und
speciell auch für die beamteten Thierärzte von besonderem
Interesse ist, so sei auf das obengenannte, vom Regierungsrath
Burkhardt, Mitglied des Kaiserlichen Gesundheitsamtes,
herausgegebene Werkelten (120 Seiten Sedez. Preis 1,40 Mk.)
aufmerksam gemacht. Dasselbe enthält nicht nur das Gesetz,
sondern auch die Materialien desselben mit gutem Sachregister.
J.-B. Bailiiere et Als, äditeurs. Catalogue gäniral: Der Catalog
umfasst auf 100 Seiten Werke der Medicin, Naturgeschichte,
Thiermedicin, Landcultur, Physic, Chemie und Industrie mit
Sachregister. Er wird kostenfrei an Jedermann versandt, der
denselben par carte postale double, Karte mit Rückantwort, bei der
oben genannten Buchhandlung, Paris, rue Hautefenille 19, bestellt.
Formular zu schriftlichen Kaufverträgen beim Viehhandel. Heraus¬
gegeben von der Braun'sehen Hofbuchhandlung in Karlsruhe.
Die Formulare, jedenfalls von competenter Seite aufgestellt,
sind poetisch und enthalten alle Eventualitäten. Auf der
Rückseite ist die Hauptmängelliste und eine kurze Belehrung
aufgedruckt. Da es dringend wünschenswert!! und eine
Aufgabe der Thierärzte ist, namentlich die Landbevölkerung
zu dem schriftlichen Kaufvertrag beim Viehhandel zu erziehen,
was nur mittelst vorgedruckter Formulare erreicht werden
kann, so sei auf diese Karlsruher Ausgabe solcher Formulare
empfehlend hingewiesen. 1000 Stük (;\ ein Blatt Folio) kosten
22,50 Mark.
Richter, Polizeithierarzt in Falkenberg in Sachsen. Vortrag
über die Gewährleistung beim Viehhandel. 2. Auflage Preis 50 Pfg.
Practisch für den Landwirth.
Neue Eingänge.
(Besprechung Vorbehalten.)
Fröhner: Lehrbuch der Toxikologie für Thierärzte, Zweite
Auflage. Stuttgart bei F. Enke.
Gutenäcker: Die Hufkrankheiten des Pferdes. Mit 106
Abbildungen 480 Seiten. Stuttgart bei F. Enke.
Jew, Dr. Paul-(Charlottenburg): Compendium der Bacterio-
logie und Blutserumtherapie. 100 Seiten. Klein Octav. Ge¬
bunden. Verlag von Richard Schoetz.
Meyer’e Conversationslexikou Band 20, Supplement, für
1899/1900.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Thierarzt August Dunker in Hannover ist
der Königliche Kronenorden IV. CI. verliehen worden.
Ernennungen: (Baden): Thicrarzt Metzger-Flirtwangen zum Ver¬
band sinspcctor bei der staatlichen Nachversicherung. Die Bezirks-
thierürzte Iluber-St. Blasien und Mcltzer-Oberkirch gegenseitig
versetzt.
Approbationen: in Berlin die Herren Leopold Fricke, Norbert
Friedemann, Kino Reichardt, Wilhelm Taubitz; in Hannover
die Herren Louis Diez, Heinrich Jungklaus u. Albert Oelkers.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen: Verzogen: die Thier¬
ärzte J. Albrecht-Marghausen bei Friedland a. d. Leine nach
Hann. Münden (Schlachthof), Franz von Arnstadt nach Wreechen,
Karl Kramer vorübergehend nach Bad Nenndorf (nicht Neundorf,
vgl. No. 49), Curt Roth von Breslau nach Leipzig.
In der Armee: Die Unterrossärzte der Res. Baumhüfener
Kerlen, Kupfer. M. Michael-Stollberg, Schmidt, Sebriever
Strohe zu Rossärzten der Res. befördert. — Porath, Rossarzt
im 17. Drag.-Rgt. in den Ruhestand versetzt.
Todesfälle: Kreisthierarzt a. 1). Friedrich Bauer-Schmalkalden
Thicrarzt Otto Harder - Culm a. NW, Kreisthierarzt Waltrup
Beckum (NVcstf.). _
Yacanzen.
Kreisthierarztsteilen etc.: Nach Ablauf der Meldefrist noc h
unbesetzte Stellen: Reg.-Bez. Coblcnz: Simmern. — Reg.-Bcz.
Düsseldorf: Landkreis Krefeld. — R.-B. Hannover: Springe. —
R.-B. Potsdam: Angermünde.
Sanitätsthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Lauen bürg: Schlachthofvorsteher (1800 M. steigend bis 2700 M.
Wohnung etc. 500 M. C'aution). Bewerb, an den Magistrat. —
Neidcnburg: Schlachthausverwalter zum 1. Januar 1901 (3 monat¬
liche Kündigung; 1500 M. Wohnung etc.; Privatpraxis in dienst¬
freier Zeit; 500 M. Caution.) Bewerbungen an den Magistrat —
Solingen: Schlachthofdirector (3000 M. und C00 M.) Miethsent-
schädigung, event. freie NVohnung etc. Anstellung voraussichtlich
zum 1. Mai auf 12 Jahre: keine Praxis.) Bewerb, bis 15. Januar a.
d. Oberbürgermeister. — Treuen: Sanitätsthierarzt (ca. 2500 M. aus
der Fleischschau; Privatpraxis). Bewerbungen bis 20. Deceinber an
den Bürgermeister.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Beuthen (Oberschles.): Schlachthofassistenzthierarzt. — Düren:
Schlachthofdirector. — Elbing: Assistenzthierarzt am Schlachthof.
— Hartha i. Sachs.: Sanitätsthierarzt. — Königsberg (Ost-
preusen): Schlachthofthierarzt. — Mainz: Schlachthofthierarzt. —
Meseritz: Schlachthofthierarzt. — Ottweiler (Bezirk Trier):
Schlachthausverwalter. — Oelsnitz (Sachsen): Thierarzt für
Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Pössneck: Thierarzt für
Praxis und Fleischbeschau. — Punitz i. Pos.: Thierarzt für
Schlachtviehbeschau. — Salzwedel: Schlachthof-Vorsteher. —
Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. — Wölkenateini
Schlachthofthierarzt — Wollstein (Posen): Schlachthofinspector.
Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neustadt).
— Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck
(Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pillkallen). — Murrhardt. — Schön¬
baum (Danzig).
1900 bek an nt gegebene :Bojanowo. — Eickel. — Festen¬
borg Bez. Breslau.— Jade (Oldbg.): Thierarzt. — Marggrabowa
(Kreis Oletzko). — Mengeringhausen (Waldeck). — Peis-
kretscham (Ober-Schles.). — Rhinow (Reg.-Bez. Potsdam). —
Schloppa (Westpr.). — Schwarzenberg i. S. — Sonnen¬
burg. — Suelze (Mecklb.). — Wadern (Bez. Trier): Thierarzt —
NVeilerbach (720 Mk. Fixum). Gesuche bis 26. December an das
Bürgermeisteramt
Besetzt: Privatstelle in NVolgast.
Warnung vor einem Schwindler.
Nach übereinstimmenden Angaben von dem Collegen
Sieber, z. Zt. in Weimar, und dem Unterzeichneten, versucht
ein angeblicher Thierarzt, Namens Jüngers aus Mülhansen im
Eisass von Collegen Unterstützungen zu erbitten.
Da nach Auskunft der Polizei in Mülhausen dieser Mann
nicht identisch ist mit dem dortigen Schlachthof-Director
gleichen Namens, so seien alle Collegen vor diesem Schwindler
gewarnt und werden dringend ersucht, ihm seine anscheinend
falschen Legitimationen und unrechtmässig angeeigneten Karten
von Collegen abzunehmen und ihn der Polizei zu übergeben.
Signalement: Kleiner, schwächlicher Mann mit Glatze,
ungefähr 40 Jahre alt, mit Spitzbart; angethan mit einem
schwarzen Hut und einem schäbigen, graugelben Ueberzieher
mit Sammetkragen. Eugen Gerlach
Schlachthof-Director.
Verantwortlich fUr den Inhalt (excL Inseratontheil): Prof. Dr. Scbmaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schooti in Berlin. — Druck von W. Bflxenstein, Berlin
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Die „Borllner Thterlrztllche Wochenschrift“ erscheint Origin»lbcltr*ge werden mit 60 Mk. für don Bogen honorlrt
wöchentlich ln 8tkrke von mindesten* 1*/» Bogen. Diesolbe Alle Manuscripto, Mitthellungen und redactionellen An¬
ist in beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1082) ~m £ fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard ■ "■ -wk Berlin thierärztlicho Hochschule, NW., Luisenstrasse 5G.
8 chootz, Berlin NW., Luisenstrasso SÄ, zum Preise von V*l I I I I-* ■ Correcturen, Recensions-Ezemplare und Annoncen da-
Mk. 5,— pro Vierteljahr. B W ^ J B B m | | ^ ^ I gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz -Berlin.
Verantwortlicher Eedactenr.
De Bruln Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel Zündet
Professor Oberthierarzt Departementsthierarzt Professor Departementsthierarzt Vetcrinärasscssor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthierarzt
Utrecht. Hamburg. Cöln. Breslau. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1900.
M 51 .
Ausgegeben am 20. December.
Inhalt: Schreiber: Beiträge zur Bekämpfung der Sch weincseuclic und Sch weinepest. (Fortsetzung und Schluss).— Referate:
Wassermann: Feber neue Versuche auf dem Gebiete der Serumtherapie. — Troester: Auszug aus dem Bericht über das
Ergebniss der im Winter 1899/19C0 vorgenommenen Impfungen gegen Brustseuche der Pferde. — Eine neue färberisehe Dar¬
stellung der sogenannten Kapseln der Milzbrandbazilion. — Jodkalium-Infusionsapparat. — Spindler: Uebor die externe An¬
wendung des Tannoform. — Ueber Kühlpasten. — Tagesgeschichtc: Central-Vertretung der thierärztlichen Vereine
Preussens. — Neuordnung des ärztlichen Studiums. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — Fleischschau und
Viehhandel. — Personalien. — Vacanzen.
Beiträge zur Bekämpfung der Schweineseuche und
Schweinepest.
Vortrag, gehalten im Verein der brandenburg. Thierärzte
am 4. November 1900.
Von
Dr. Sohreiber-Landsberg,
Dircctor «los hartcriolog. Inst. d. Senim-lit-svllschnft.
(Fortsetzung und Schluss).
2. Bacteriologis che Untersuchungen.
Meine nun folgenden bacteriologischen Untersuchungen sind
stets im Anschluss an die eben beschriebenen patholog.-
anatomischen Studien vorgenommen worden und basiren auf
dem Forschungsresultate von Preisz, dass Schweineseuche und
Schweinepest zwei gänzlich verschiedene Krankheiten sind, von
denen die erstere durch den Bacillus suisepticus und die letztere
durch den Bac. suipestifer hervorgerufen wird. Ich gebe die
Untersuchungen in folgender Reihenfolge wieder:
a) Nachweis der Bacterieu,
b) Virulenz derselben,
c) Immanisirungsergebnisse.
a) Nachweis der Bacterien.
Wie schon Eingangs erwähnt, ist der Nachweis der
Bacterien nicht bloss durch die raicroscopische Untersuchung,
Bondern vor allen Dingen durcli Impfung empfänglicher Ver-
Buchsthiere und durch Züchtung von Rein-Cnlturen erfolgt. Der
einfache microscopische Nachweis vermittelst Deckglaspräparate
ans Blut oder Gewebssaft ist durchaus unzuverlässig und
ungenau, da die Bacterien der Schweineseuche und Schweinepest
im Allgemeinen kein so characteristisches Anssehen besitzen,
dass sie ohne Weiteres von anderen ähnlichen Bacterien heraus¬
zukennen sind, und dann finden sich gerade in necrotischen
Gewebsstücken eine Menge gewöhnlich harmloser Organismen,
die unseren Bacillen auf das Haar gleichen.
In der Hauptsache wurden graue Hausmäuse mit Partikel¬
chen oder Gewebssaft aus dem pathologisch veränderten Organe
subcutan geimpft. Dnrch die unendlich vielen diagnostischen
Impfungen hat sich auch ergeben, dass gerade die graue Haus¬
maus ein sehr empfängliches and vor allen Dingen bequemes
Versnchsthier für die Bacterien der Schweineseuche ist. Ob-
! wohl die Hausmaus auch für Pest empfänglich ist, so ist sie
es doch nicht in dem Masse wie gegen Schweineseuche, sodass
Ungenanigkeiten dadurch nicht ausgeschlossen bleiben. Weisse
! Mäuse scheinen eine gewisse Widerstandsfähigkeit gegenüber
beiden Bacterien zu besitzen, wenigstens waren die damit er-
I zielten Resnltate nngleichmässig nnd unzuverlässig.
Um aber einwandsfreie, sichere Resultate zu gewinnen, ist
in aller erster Linie die Wahl des Impfmaterials von ausschlag-
j gebender Bedeutung. Es ist sowohl Für die Diagnose der
{ Schweineseuche wie für die der Schweinepest durchaus nicht
! immer gleichgültig, aus welchen Partien der veränderten Organe
das Impfmaterial gewonnen wird. Ich habe gefunden, dass man
Für die chronische Schweinesenche stets sichere Resnltate erzielt,
| wenn die Mäuse mit frischem Exsudat oder mit Blutflecken-
I Partikelchen aus frischen hämorrhagischen Infarcten und aus
der Demarcationszone geimpft werden. Unsicher dagegen werden
j die Resultate bei Verimpfung von Material ans den Lymph-
drüsen, und ganz fraglich bei Verwendung von necro tischen
' bezw. verkästen Tlieilchen, obwohl man in Deckglas¬
präparaten selbst darin die eigenthümlichen Bacterien auffinden
kann. Ich bin der Ueberzeugung, dieselben werden in jenen
abgestorbenen Partieen durch ihre eigenen Stoffwechselproducte
abgetödtet.
Anders verhält es sich bei der Schweinepest, hier erhält
man ganz sichere Resultate durch Verimpfung von Stückchen
aus veränderten Lymphdrüsen, namentlich den Gekrösdrüsen,
und aus nekrotischen Darm tlieilchen, dagegen aber nicht
aus Geschwüren, Boutons und verkästen Darmpartieen.
Was nun die isolirten Bacterien anbetrifft, so war es bei
| der Schweineseache jener bekannte, bipolar sich färbende, aus
I der Gruppe der Septicaemia haemorrhagica, welchen Preisz als
I Bac. suiseptiens bezeichnet; bei der Schweinepest ein kurzer,
| dicker zur Gruppe der Typliusbacterien gehöriger Bacillus, den
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602
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT
No. 51.
Preisz Bacillus suipestifer nennt. Während der Bacillus suisep-
ticu8 im Blute und der Milz der Versuchstiere in ganz fabel¬
hafter Menge aufzufinden ist, so ist der Bacillus suipestifer
darin nur äusserst spärlich vertreten. Auf unseren gewöhnlichen
künstlichen alcalischen Nährböden gedeihen beide Bacterien
gleich gut und zeigen ein mehr oder weniger characteristisches
Wachsthum, wobei namentlich zu erwähnen ist, dass beide die
Gelatine nicht verflüssigen. Im Gelatinestich tritt der Bacillus
suisepticus anfangs in Form durchscheinender hyaliner Körnchen
auf, die später zu einem Faden Zusammenflüssen, der Bacillus
suipestifer aber tritt gleich in einem mehr milchigen continuir-
lichen Streifen auf. In Peptonbonilion, namentlich aus Pferde¬
fleisch, vermehrt sich der Bacillus suipestifer ganz rapid, trübt
dieselbe stark und bildet hin und wieder ein dünnes Häutchen
auf der Oberfläche, der Bacillus suisepticus dagegen lässt die
Bouillon durchscheinend, trübt sie nicht so stark, doch habe ich
niemals einHäutchen aufder Oberfläche bemerken können, höchstens
einen Ring am Rande des Glases. Während der Bacillus
suisepticus im hängenden Tropfen unbeweglich ist, ist der Bac.
suipestifer zufolge seiner zahlreichen Geissein beweglich. Der
Nachweis dieser Geissein ist ein sehr wichtiges diagnostisches
Merkmal für den Bac. suipestifer, doch ist deren Darstellung
ungeheuer schwierig und in der Praxis mit unseren jetzigen
Mitteln, glaube ich, überhaupt undurchführbar. Am sichersten
erscheint mir noch die Geisselfärbung nach van Erraengem.
b) Bei der Prüfung der Virulenz des Bacillus suisepticus
und suipestifer sowie der Empfänglichkeit von Thieren dafür habe
ich noch das Bacterium der Geflügelcholera hinzngenommen,
welches ich aus frischer Gänsecholera gewann, um festzustellen,
ob dasselbe von dem Bacterium der Schweineseuche verschieden
ist, denn beide rechnet man ja zur Gruppe der Bacterien der
Septicaemia haemorrliagica.
Gleichwie die pathologisch-anatomischen Befunde bei der
Schweineseuche und Schweinepest so variirte auch die Virulenz
der daraus gezüchteten Bacterien. Die mit Schweineseuche ge¬
impften Controlmäuse verendeten durchschnittlich nach 36 bis
60 Stunden, gewöhnlich bis 48 Stunden, und nur die aus dem
ganz virulenten Material, vornehmlich aus Schlesien, gezüchteten
Bacterien tödteten graue Mäuse regelmässig in weniger als
24 Stunden. Die Schweinepest dagegen wirkte bedeutend lang¬
samer, sodass die Mäuse erst nach 6 bis 9 Tagen zu Grunde
gingen, auch konnte die Virulenz durch fortwährendes Weiter-
irapfen von Maus zu Maus nicht höher gebracht werden. Zum
Vergleich der Virulenz des Bacillus suisepticus, des Bacillus
der Hühnercholera und des Bacillus suipestifer wurden stets
gleiche Mengen gleichalteriger Bouillonculturen verwendet, wozu
ich eine Normal-Platinöse gebrauchte, die im Durchschnitt
0,005 g fasste. Graue Mäuse mit einer Normal-Oese des
Bacillus suisepticus geimpft, starben constant in 22—24 Stunden,
mit gleicher Menge von Geflügelcholera nach 18 Stunden,
während die mit 0,005 g Schweinepestcultur geimpften Haus¬
mäuse überhaupt nicht zu Grunde gingen und es bedurfte erst
der dreifachen Menge, bis dieselben am 9.—10. Tage darnach
verendeten. Durch häufiges Weiterimpfen von Maus zu Maus
habe ich die Virulenz des Bacillus suisepticus so gesteigert,
dass derselbe die gleiche Wirkung, wie die Geflügelcholera
entfaltete, und noch 0,0001 g der Schweineseuche und Geflügel¬
cholerakultur wirkten immer in 18 Stunden auf eine 20 g schwere
Hausmaus tödtlich.
Ausser an Mäusen wurde an Meerschweinchen, Kaninchen
und Tauben die Empfänglichkeit für jene 3 Bacterien arten
geprüft. Bei subcutaner Verimpfung von Schweineseuche und
Geflügelcholera an Meerschweinchen entstand immer an der
Impfstelle ein Abscess, der gewöhnlich in einigen Tagen nach
aussen aufbrach, die Thierchen magerten dabei ab, aber er¬
holten sich gewöhnlich wieder, der Tod trat ganz selten ein.
Gegen Schweinepest sind die Meerschweinchen bei subcutaner
Verimpfung sehr empfänglich, sie sterben durchschnittlich daran
nach 6—8 Tagen.
Gegen die intraperitoneale Impfung aber sind die Meer¬
schweinchen für alle drei Micro Organismen ganz gleichmässig
und höchst empfindlich, so dass ich die intraperitoneale Impfung
von Meerschweinchen als die beste und sicherste Controle für
die Bacterien der Schweineseuche und Schweinepest empfehlen
kann, denn der Tod tritt sicher nach 12—24 Stunden ein. Auch
die Kaninchen sind gegen Schweineseuche und Geflügelcholera
gleich empfindlich und verenden ebenfalls innerhalb 24 Stunden,
dagegen wirkt die Schweinepest auf Kaninchen nicht so rapid,
sondern es vergehen bis zum tödtlichen Ausgange gewöhnlich
3—6 Tage. Für Tauben ist die Wirkungskräftigkeit des Bac.
suisepticus wie der Geflügelcholera gleich gross, diese verenden
nach Verimpfung beider immer innerhalb 18 Stunden.
Unsere grösseren und grossen Hausthiere wie Schafe,
Rinder und Pferde sind gegen die Erreger der Schweineseuche,
Schweinepest und Geflügelcholera sehr empfindlich. Bei subcutaner
Verimpfung von Bouillonculturen der Schweineseuche und Geflügel¬
cholera entstehen an der Impfstelle mächtige Oedeme und aus¬
gedehnte Eiterungen, dabei ist der Eiter sehr dünnflüssig. Bei
subcutaner Verimpfung von Pestculturen entstehen keine
Oedeme und Eiterungen, sondern Necrosen. Ueberall, wohin
der Pestbacillus gelangt, stirbt das Gewebe necrotisch ab,
und es tritt bei Eröffnung ein ganz furchtbarer Geruch entgegen.
Wird aber die Haut nicht geöffnet und werden die Gewebsfetzen
nicht entfernt, dann tritt Verkäsung ein, die Herde werden
abgekapselt und es entsteht nach etwa 4 Wochen ein Sequester.
Die intravenöse Impfung, selbst minimaler Mengen, wirkt ganz
rapid und es treten schwere Störungen auf, die im Allgemeinen
für alle drei Thiergattungen gleich sind. Sofort nach der In-
jection macht sich eine Puls- und Athembeschleunigung bemerkbar,
die Schleimhäute werden cyanotisch. Die Darmperistaltik wird
erhöht und es treten häufige dünnflüssige Defäcationen ein.
Etwa eine halbe Stunde darauf zeigt sich Mnskelzittern über den
ganzen Körper, die Köpertemperatur steigt beim Pferd bis auf
40,3°, beim Rind auf 42° C. Die Thiere versagen 3—8 Stunden
nach der Impfung immer das Futter, sind unruhig, werfen sich
hin und stöhnen. In schweren Fällen treten 24 Stunden darnach
Paresen der motorischen Nerven namentlich des Kopfes auf, Steifig¬
keit, Kreuzschwäche und die verschiedensten Lahmheiten in Folge
Thrombosen, Sehnenscheidenentzündungen und Gelenkaflectionen.
In einem Falle ist sogar die Zerreissuug der Hufbeinbeuge¬
sehne beobachtet worden. Endlich traten acute und peracute
Gehirnwassersuchten mit dummkollerartigen Erscheinungen auf.
Ueber 50 pCt der Thiere gingen zu Grunde. Ein drei Jahre
altes Fohlen mit 2,0 ccm einer Bouilloncultur des Bacillus
suisepticus geimpft, verendete ohne characteristische Krank¬
heitserscheinungen nach acht Stunden. Die Section ergab zahl¬
reiche bis hanfkorngrosse Blutungen auf allen serösen Häuten,
in der Lunge, Leber, Milz und Nieren. Die daraus gezüchteten
Bacillen stellen den Grundstock meiner virulentesten Bacterien
dar, welche durch Verimpfung an Schweine und Meerschweinchen
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20. December 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
603
auf das höchste Mass der Virulenz gebracht wurden, so dass
noch ein Millionstel ccm innerhalb 14 — 16 Stunden bei den
Versuch8thieren den Tod hervorruft. Selbst die virulenteste
Geflügelcholera aus genuinen Fällen bleibt an Virulenz hinter
diesen Culturen zurück.
In Folge dessen halte ich diesen Mikroorganismus nicht
mehr für den gewöhnlichen Bacillus der Schweineseuche, sondern
bezeichne ihn als Bacillus septicaemiae haemorrhagicae und
gebrauche ihn zu meinen Immunisirungsversuchen und zur
Gewinnung des mit dem Namen Septicidin benannten Serums.
Was nun ferner den Bacillus suipestifer anbetrifft, so sind
darüber meine Versuche noch nicht abgeschlossen, vorläufig will
ich nur erwähnen, dass ich ihn auf Grund aller Befunde
sicher für identisch mit dem Bang’schen Necrosebacillus halte.
c) Immunisimng8-Versuche.
Glücklicherweise hat sich s. Zt. Voges stark geint, als er
behauptete, es sei keine Immunität gegenüber der Schweine¬
seuche und Schweinepest zu erzielen. Schon Preisz macht in
seinen, Studien über diese beiden Krankheiten auf das Schutz¬
impfungsverfahren mit Serum von Schweinen, welche beide
Krankheiten überstanden haben, aufmerksam. Ich habe mich
seit dem Herbste des Jahres 1898 damit beschäftigt, Schafe,
Rinder und Pferde zu immunisiren, um ein wirksames Serum
aus deren Blute zu gewinnen. Anfangs besass ich freilich ver-
hältnissmässig nur wenig virulente Culturen, so dass es mir
nicht gelang, selbst nach vielen und recht grossen Culturmengen
ein einigermassen wirkungskräftiges Serum zu erhalten. Erst
mit der Erlangung virulenter Culturen glückte es, ein Serum
mit einem Titre ähnlich dem des Rothlaufserums zu gewinnen,
so dass 0,015 g davon im Stande waren, eine graue Maus vor
dbt Wirkung einer gleichzeitig ein ge spritzten tödtlichen Dosis
einer Seuchencultur zu schützen. Mit diesem Serum führte ich
meine ersten Impfungen an Schweinen in Landsberg selbst aus,
welche derartig glückten, dass ich es wagen konnte, damit
Anfangs März 1899 an die Oeffentlichkeit zu treten. I)a aber
das blosse Serum nur eine kurz andauernde passive Immunität
bewirkte, so fügte ich zur Schutzimpfung noch schwache Seuchen-
cultnren hinzu und zwar in dem Verhältnis, dass gleiche
Mengen Serum auch gleiche Mengen Culturen parallelisirten.
Leider hatte ich mit dem Serum in der Praxis wenig Glück, da
sowohl Thierärzte als auch Besitzer die Prüfungen desselben an
hochgradig erkrankten Schweinen Vornahmen. Ich hatte Mühe, den
nnn folgenden Sturm zu besänftigen, indem ich darauf hinwies,
dass selbst das wirksamste Serum nicht im Stande sei, die
durch die chronische Form zu arg destruirten Organe wieder
in gesunde umzuwandeln. Inzwischen gelang es mir noch den
Titre des Serums auf 0,01 zu erhöhen, so dass also in einem
ccm Serum zehn Immunisirungseinheiten enthalten waren.
Nachdem ich das Hauptaugenmerk auf die Impfung mit Schntz-
serum gelenkt hatte, wurden auch recht schöne Erfolge damit
erzielt, welche meine Angaben bestätigten. Ferner erwies sich
das Schutzserum ähnlich dem Tuberculin als Diagnosticnm, in¬
dem die mit Schweinesenche oder Schweinepest behafteten
Schweine innerhalb 24 Stunden durch Versagen dss Futters
und Steigerung der Körpertemperatur um 1 0 darauf reagirten.
Im Herbst vorigen Jahres wurde mein Serum auch gegen
die Geflügelcholera geprüft, und es hat sich dabei gezeigt, dass
dasselbe auch dagegen schützt und sogar bereits erkranktes
Geflügel zu heilen vermochte. Besonders in verseuchten Be¬
ständen hat das Serum ganz vorzügliche und augenfällige Er¬
folge erzielt. Freilich gegen chronische Geflügelcholera ist
es machtlos. Durch die vielen günstigen Resultate aufmerksam
geworden, hat das Ministerium für Landwirtschaft im vorigen
Winter die Prüfung desselben angeordnet. Bei diesen Versuchen,
denen ich in Schlesien mit beiwohnte, hatte sich nun wieder
ein Uebelstand des Schutzserums herausgestellt, nämlich dass
dasselbe sich nur im frischen Zustande wohl als schutzbringend
erwies, während es nach einigen Tagen seine Wirkungsfähigkeit
verloren hatte. Das Serum einerseits wirkte auf die darin
enthaltenen Bakterien agglutinirend, und andererseits tödtete die
behufs Haltbarmachung zugefügte Carbolsäure die Bacterien
auch noch ab. In der Praxis endlich gesellte sich noch als
drittes Uebel hinzu, dass es wiederholt vorkam, dass schon
inficirte Thiere mit bacterienhaltigem Schutzserum geimpft
wurden und dann natürlich die Erkrankungen ruhig fortschritten
bez. den Tod beschleunigten. In Folge dessen habe ich im Früh¬
jahr dieses Jahres auch das Schntzserum wieder zurückgezogen
und die Schutzimpfung genau wie diejenige gegen Rothlauf
probirt. Der Erfolg war augenscheinlich, und es wird seitdem
nur Serum abgegeben und zur Schutzimpfung gesunder Thiere
Seuchenreinculturen. Freilich muss ein Unterschied zwischen
der Schutzimpfung gegen Rothlauf und der gegen Schweineseuche
und Schweinepest gemacht werden. Die Simultanmethode ist
für die Schweineseuche und Schweinepest im Allgemeinen wohl
kaum möglich, da es so ungeheuer schw r er ist, sicher festzustellen,
welche Thiere bereits erkrankt bez. inficirt sind und welche
nicht. Ich rathe deshalb stets nur zur getrennten Impfung und
ferner auch, die Culturen frühestens am 10. Tage nach der
Serumimpfung zu verabfolgen, weil bekanntlich die Tncubations-
zeit für die Schweineseuche im Minimum 5 Tage beträgt.
„■ Seit dieser Zeit sind bei richtiger Durchführung der Impfung
keine Klagen mehr eingelaufen und die Impfungen versprechen
ebenso allgemein zu werden, wie diejenigen gegen Rothlauf. Ich
kann aber nun auch die Impfungen mit bestem Gewissen empfehlen,
zumal zur Bekämpfung der so überaus verbreiteten und mit
grossen Verlusten auftretenden Schweineseuchen für den Thier¬
arzt ein reiches Arbeitsfeld erwächst, das uns die Landwirtschaft
dankbar macht. Allerdings will ich noch vor einem Fehler den
Uebereifrigen warnen, ja nicht schon inficirte bezw. erkrankte
Thiere mit Culturen zu impfen, denn Schweine, die einmal von
der Schweineseuche bezw\ Schweinepest geheilt sind, bleiben
dauernd geschützt, und es bedarf keiner Verlängerung der
Immunität mehr. Heute bin ich weiter in der Lage, mittheilen
zu können, dass ich den Titre des Septicidins um das zehnfache
zu erhöhen vermochte, so dass nnn in 1 ccm Serum 100 Immuni¬
sirungseinheiten enthalten sind, anstatt zehn wie früher. Es
werden auch die Erfolge dementsprechend ansfallen.
3. Impf-Versuche.
Von den vielen ausgeführten Impfversuchen will ich nur
zwei anführen,
1. Den bereits erwähnten Fall acuter Schweineseuche, wo
von drei Schweinen eines von ca. 50—60 kg verendet war,
und ein anderes wieder das Futter versagte. Dieses sowie
das anscheinend noch gesunde Thier erhielten je 10 ccm
Septicidin. Die Temperatur des kranken betrug zur Zeit
der Impfung 40,8, die des gesunden 39,3. Obwohl das
kranke Schwein 24 Stunden nach der Impfung noch keine
Nahrung aufnahm, war doch das Fieber auf 40,2 gefallen, und
am zweiten Tage nach der Impfung fing es wieder etwas an
zu fressen: Am vierten Tage war das Thier vollkommen
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 51.
gesund, auch erkrankte keines von beiden mehr, trotzdem dass
dieser Besitzer jedes Jahr seine Schweine an acuter Schweine¬
seuche verloren hatte.
2. An vier ca. 30 Pfund schweren Ferkeln wurde klinisch
die Schweineseuche festgestellt. Dieselben zeigten ein struppiges
Aussehen, graue, trockene Haut und husteten ziemlich stark.
Jedes bekam 3,0 ccm Septicidin eingespritzt. Fünf Tage danacli
liess schon bei zweien der Husten nach und sie fingen an
wieder besser zu fressen. Da die beiden anderen keine
Besserung erkennen Hessen, erhielten sie am fünften Tage noch¬
mals je 3 ccm Serum. Das eine von diesen verendete am zweiten
Tage darauf und die Section ergab hochgradige Schweineseuche.
Die Lungen waren total ergriffen, brettartig. Das andere Ferkel
besserte sich aber nach der zweiten Injection von Tag zu Tag i
zusehends, sodass alle drei 14 Tage darauf, völlig gesund
wieder, verkauft werden konnten.
Obwohl ich noch nicht am Ende meiner Versuche angelangt
bin, so glaube ich doch, damit ein Bild meiner Untersuchungen
entwickelt zu haben.
Zum Schluss will ich nur noch auf einige Momente einer
Erfolg versprechenden Bekämpfung der Schweineseuche und
Schweinepest kurz eingehen.
Da die Schweineseuche und Schweinepest miasmatiscli-
contagiöse Seuchen sind und bereits eine ungeahnte Ausbreitung
gefunden haben und jährlich viele Millionen durch die bewirkten
Verluste fordern, ja sogar in manchen Gegenden die Schweine¬
zucht in Frage stellen, so kann nur ein zielbewusstes Handeln
nicht ohne gewisse Rigorosität von Erfolg begleitet sein.
Es ist Aufgabe der Veterinärpolizei, dass die Anzeigepflicht
für jeden Fall von Schweineseuche und Schweinepest stricte
durchgeführt wird, wobei namentlich den Schlachthäusern ein
besonderer Aufklärungsdienst zngewiesen werden muss. Ferner
ist in den Schweinezuchten eine strenge thierärztliche Controle
namentlich der Elternthiere unerlässlich. Drittens Anordnung
der Tödtung ev. Abschlachtung aller offensichtlich erkrankten
Schweine und Entschädigung dafür. Viertens Verbot der Schweine¬
haltung auf Abdeckereien, Verbot des Hausirhandels, sowie des
Schweinehandels aus solchen Zuchten, Gehöften oder Stallungen,
wo innerhalb Jahresfrist wiederholt die Schweineseuche oder
Pest festgestellt wurde. Fünftens die Empfehlung der Schutz¬
impfung durch die Thierärzte schon für die Ferkel im Alter von
14 Tagen. Schutzimpfung der Zuchtthiere.
Endlich eine in bestimmten Zwischenräumen zu wieder¬
holende rationelle Desinfection.
Es werden sich ja zu Anfang, wie wir es nicht anders
gewöhnt sind, die Landwirtschaft, Züchter und Händler von
Schweinen gehörig dagegen sträuben, und es gilt, allen unseren
Einfluss geltend zu machen, dass wir nur das Interesse der
Landwirtschaft verfolgen. Wenn wir aber die ersten Erfolge ver¬
zeichnen werden, wird dieselbe damit zufrieden sein und wir können
dann auf die gebührende Würdigung unseres Standes rechnen.
Laxheit freilich und ungerechtfertigter Optimismus, weil die
Seuchen scheinbar augenblicklich in keinen so verheerenden
Zügen auf treten, und weil man sich verschiedentlich einbildet,
es gäbe auch sporadische Fälle, ist absolut ungerechtfertigt und
schadet uns und der Landwirtschaft in jeder Beziehung.
Referate«
Ueber neue Versuche auf dem Gebiete der Seram-
therapie.
(Aus dem Institut für Infectionskrankheiten.)
Von Prof. Dr. A. Wassermann.
(Deutsche ined. Wochenschrift 1900, Seite 2R5.)
Verfasser betont mit Recht die auffallende Thatsache, dass
nach Behrings Diphtherieheilserum es anderen Sera nicht ge¬
lungen ist, in der gleichen Weise bei anderen Infections¬
krankheiten zu wirken. Der Unterschied des Diphterie- und
Tetanusserum von der Menge der übrigen nicht populären Sera
ist der, dass die genannten Sera ein specifisches Gegengift ent¬
halten, ein Antitoxin, also antitoxisch wirken, während die
Sera gegen Cholera, Typhns-Pneumonie und die Unzahl der
durch Streptococcen bedingten Krankheiten bacterieid wirken
müssen, also im lebenden Organismus, ohne diesen selbst zu
schädigen, die Bacterien aufzulösen haben, etwa wie Wachs in
heissem Wasser verschwindet. — R. Pfeiffer hat eingehend
über die Ursache dieser geringen Wirksamkeit der specifisch
bactericiden Sera gearbeitet, besonders bei Typhus und Cho¬
lera — es gelang ihm aber nicht, wesentliche Erfolge mit seinem
bactericiden Cholera- und Typhusserum, welches von maximal
immunisirten Thieren stammte, zu erzielen. Eine wunderbare
Erscheinung, denn im Blute von Menschen, welche Typhus
überstanden haben, treten dieselben bactericiden Körper auf,
welche auch in dem Heilserum vorhanden waren, es steht ausser
Zweifel, dass diese Körper bei dem Zustandekommen der Typhns-
heilung eine hervorragende Rolle spielen.
Wassermann hat nun in dieser Richtung eigene Unter¬
suchungen angestellt und zunächst beobachtet, dass die bacte¬
riciden Sera nur solange eine bestimmte Wirkung entfalten;'als
die Infection sich in gewissen Grenzen hält, ist diese über¬
schritten, so nützt es nichts, grosse Dosen von Serum zu in-
jiciren, die Infection schreitet unbeirrt fort. — Es gelingt, wie
Verfasser hervorhebt, nicht bei einem Typhus-Immunserum,
welches in Menge von tyiooo ccm die Wirkung von 2 mg Typhus-
cultur beim Zusammenmischen aufhebt, denselben Effect bei
6 mg Cultur mit der dreifachen Serummenge auszulösen; ist
eine bestimmte Menge Infectionsstoff überschritten, dann kann
man soviel Immunserum, wie man will, zusetzen, die Thiere
sterben sämmtlich. Das betreffende Thier kann so mit Immun¬
serum überschwemmt sein, dass man mit dem Peritonealexsudat
der Leiche ein anderes Thier schützen kann, aber stets nur
gegen eine bestimmte Menge, darüber hinaus versagt das
Serum in jeder Menge.
Ehrlich, Bordet-Morgenroth haben grundlegende Stu¬
dien über die Wirkungsweise der bactericiden Sera gemacht
und betont, dass zwei Stoffe zum Abtödten und Auflösen der
Bacterien gehören. Der eine Körper ist der Immun- oder
Zwischenkörper, der andere der Endkörper oder Comple-
raent, dieser letztere stellt eine Art verdauendes Ferment dar.
— Der Immunkörper verbindet den Endkörper mit der Bacterien-
zelle. Der bacterienlösende Endkörper ist in jedem nor¬
malen Organismus im Blute enthalten, dagegen ent¬
steht der Zwischenkörper erst bei der Immunisirung oder
bei dem natürlichen Ueberstehen der Infektions¬
krankheit. —
Nun wir diese Verhältnisse klar übersehen, müssen wir
dem Verfasser Recht geben, wenn er sagt, dass das bacterien-
tödtende Serum, um eine Wirkung zu erzielen, auf zwei Körper
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20. December 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
605
Rücksicht nehmen muss, einmal auf den Zwischenkörper, welcher
in dem Immnnsemm vorhanden ist und bei der vorbereitenden
Immunisirnng entstanden ist, zweitens aber muss das zu hei¬
lende oder zu schützende Thier auch genügende Mengen End¬
körper in seinem Blute aufweisen. Ist eine dieser Substanzen
nicht vorhanden, so kommt eine Heilung nicht zu Stande.
Bisher hat man doch nur grosse Mengen Zwischenkörper in
den zu heilenden Organismus injicirt, sich aber um die vor¬
handene Menge von Endkörpern gar nicht gekümmert. Aus
diesen Arbeiten übersehen wir doch mit einem Male ganz klar,
warum wir das den Zwichenkörper enthaltende Immunserum in
noch so grossen Mengen ohne Wirkung injiciren können — es
fehlt in dem zu heilenden Organismus der Endkörper, welcher
die Bacterienzelle löst; über diesen verfügt der Organismus nur
in bestimmter Menge, ist diese aufgebraucht, so kann kein
Quantum Immunserum etwas nützen. Wassermann hat nun
im Verfolg der Ehrlich’sclien Arbeiten gleichzeitig mit dem
Immunserum frisches Serum nicht vorbehandelter Thiere
injicirt. —
Aber, und nun kommt der springende Punkt: nicht jedes
beliebige Serum eines nicht vorbehandelten Thieres enthält
das zu dem Zwischenkörper passende Complement,
erst das Experiment kann unter den verschiedenen Thierarten
das zu dem Zwischenkörper passende Complement (Endkörper)
anffinden. — Wie schwierig diese Aufgabe aber ist, erhellt
aus folgendem Versuch: Um die Wirksamkeit eines Immun-
serums bei Meerschweinchen zu erhöhen, könnte man einfach
Serum nicht vorbehandelter Meerschweinchen hinzusetzen, da
dieses doch gewiss passende Endkörper enthalten muss, aber
die Versuche zeigen, dass die Endkörper im Serum derselben
Thierspecres ausserordentlich leicht zn Grunde gehen — es
muss also die geeignete Thierart durch das Experiment
erst ausfindig gemacht werden! Wassermann hat
Meerschweinchen mit Typhus inficirt und zu dem Typhus-
Immun8eram frisches, normales Rinderserum hinzugefügt.
Die Meerschweinchen erhielten zuerst 3 Oesen Typhuscultur,
intraperitoneal, nach y 2 Stunde 0,5 ccm Typhus-Immunserum
(Pfeiffer), intraperitoneal, mit 4 ccm frischem Rinderserum ge¬
mischt. Diese Thiere blieben am Leben, während diejenigen
ohne Zusatz von Rinderserum, trotz Typhus-Schutzserum, zu
Grunde gingen! —
Es enthält also das Rinderserum den für den im Typhus-
Immunserum enthaltenen Zwischenkörper passenden bacterien-
lösenden Endkörper. Dr. Jess.
Aaszug aus dem Bericht über das Ergebniss der im
Winter 1899/1900 vorgenommenen Impfungen gegen
Brustseuche der Pferde.
Von Oberrossarzt C. Troester.
ZeiUchr. f. Veterinlrk. XII. Jahrg. No. 7 (Juli I9CO).
Bei Beginn der Impfungen gegen Brustseuche wurden
50,0 Blutflüssigkeit verwandt, womit zwar ein gewisser Schutz
erreicht wurde, der aber von zu kurzer Dauer war und nicht
mit der Sicherheit eintrat, die zn einer wirksamen Bekämpfung
der Seuche erforderlich ist.
Es wnrden daher die Versuche mit steigenden Mengen
fortgesetzt und Troester ist schliesslich bei dem Zehnfachen
des Anfangsquantums, also 500 g angekommen. Es hat sich
dabei ergeben, dass die Dauer des durch solche Impfungen er-
theilten Schutzes mit der Menge der Impfflüssigkeit zunimmt
und bei 500 g etwa 40 Tage beträgt.
Diese Annahme wird gestützt durch die Betrachtungen an
42 Pferden, wovon 6 nachträglich erkrankten und zwar je 1
nach 32, 41, 47, 50, 65 und 77 Tagen. Vier dieser Thiere
waren absichtlich zwischen schwer Kranke gestellt worden, um
die Schutzkraft der Impfung zu prüfen.
Bei den nichtgeimpften Pferden ging die Seuche ohne
Unterbrechung weiter, um nach längerer Zeit ihr natürliches
Ende zu linden.
Wenn so die Ergebnisse wohl geeignet sind, zu weiteren
Versuchen in dieser Richtung anzuregen, so schränkt allerdings
die grosse Menge des Impfstoffes die Anwendbarkeit des Ver¬
fahrens wesentlich ein. Um 60 Pferde (ungefähr die Zahl der
Ansteckungsfähigen einer Schwadron) zu impfen, ist das Blut
von 15 Reconvalescenten erforderlich. Zur Erreichung dieser
Zahl aber muss die Seuche schon ziemlich lange geherrscht
haben, und der Pferdebestand ist so verseucht, dass an eine er¬
folgreiche Bekämpfung der Seuche nicht mehr zu denken ist.
Dem Bezüge des Impfstoffes aus anderen Beständen steht
aber die Schwierigkeit des Transportes entgegen; auch scheint
längeres Aufheben den Impfstoff zu schädigen.
Da wurde das von Wassermann angegebene Verfahren
(Deutsche medic. Wochenschr., 1900, No. 18) zur Verstärkung
der Wirksamkeit eines Serums bekannt, welches darin besteht,
dass man demselben eine gewisse Menge von ganz unwirksamen
Serum zusetzt. Es lag also nahe, zu versuchen, durch Zusatz
unwirksamer Blutflüssigkeit die Immunisirungskraft des Pferde¬
blutplasmas zu erhöhen oder bei Erhaltung der Wirksamkeit die
Menge des Impfstoffes zu vermindern.
Tr. machte nach Analogie von Impfungen bei anderen
Krankheiten einen Zusatz inactiven Plasmas von 0,8 pCt., er¬
niedrigte ferner willkürlich die Menge des Impfstoffes von 500
auf 200 g, und will später noch weiter bis auf 100 herunter¬
gehen, da mit dem kleineren Quantum die Impfungen sich früh¬
zeitiger und viel leichter ausführen lassen.
Das Plasma wurde etwa eine Stunde vor der Impfung her¬
gestellt, die Beimischung des inactiven Antheiles unmittelbar
vor der Impfung ausgeführt. Die Einsprizung der 200 g erfolgte
vor der Brust mit einem Einstich.
In dieser Weise wnrden 61 Pferde der 14. Artillerie-Bri¬
gade geimpft, der gesammte noch gesunde Bestand. Davon er¬
krankte ein Thier nach fünf Tagen, war also schon zur Zeit
der Impfung inficirt (200 gaben auch ohne Verstärkung Impf¬
schutz für etwa 14 Tage) und eins nach 42 Tagen.
Ebenso wurden 58 Pferde der 5. Escadron des Dragoner-
Regiments No. 19 geimpft, die auch bis jetzt gesund blieben.
Allerdings waren hier nur die benachbarten Ställe verseucht.
So war der Stand im März d. Js.; die inzwischen bei
mehreren Hundert Pferden ausgeführten Impfungen,
über die später zu berichten sein wird, haben die
Brauchbarkeit dieser Methode bestätigt.
Troester nennt zum Schluss unser derzeitiges Arbeiten
noch ein Umhertappen im Dunkeln und erwartet Besserung
hierin erst von der Feststellung der Ursache der Krankheit.
Da aber die Auffindung des Erregers der Brustseuche eine sehr
schwierige Aufgabe ist, beanspruchen die Schutzimpfungen noch
immer unser Interesse, zumal sie jetzt anfangen für die
Praxis nutzbringend zu werden.
Endlich empfiehlt Troester mit einer nach Wassermann
durch Zusatz von unwirksamem Blutplasma activirten Blutflüssig¬
keit Heilversuche zu machen. Nevermann.
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Ö06 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 51.
Eine neue färberische Darstellung der sogenannten
Kapseln der Milzbrandbacillen.
(Zeitsohr. f. i-lin. Milehbygieno 1900, Dccembcr.)
Herr Polizeithierarzt Wolf Raebiger-Hamburg ging bei
der Inangriffnahme seiner Versuche von dem Gedanken aus, bei
Darstellung der Präparate die Fixation durch die Flamme zu
umgehen und durch ein Härtungsverfahren zu ersetzen. Wolf
Raebiger entdeckte in dem Formalin das geeignete Mittel.
Durch Herstellung von Formalinfarben kann man gleichzeitig
Fixation und Färbung erzielen.
Zur Bereitung der Farbe schütte man käufliches For¬
malin (40 pCt.) auf Gentianavioletpulver, rühre die Masse um
und lasse sie einige Stunden z. B. über Nacht stehen. Weil
Formalin Gentianaviolet kräftig auflöst, nehme man etwa das
Verhältniss 15—20 g G. auf 100 bis 150 g F. Die Farbe ist
gut, wenn sich nicht alles aufgelöst hat. Die so kalt gesättigte
Forraalinfarblösung wird filtrirt, was nur langsam von statten
geht, und ist sogleich gebrauchsfertig. Formalingentianaviolet
ist eine dickliche, glycerinartige Flüssigkeit mit goldig schim¬
mernder Oberfläche. Die Farbe ist gut haltbar.
Die Färbung der Ausstrichpräparate geschieht nach¬
dem sie lufttrocken geworden sind, und zwar ohne vorherige
Erwärmung. Eine Ueberfärbung findet nicht statt. Nachdem
das Präparat abgespült, ist es für die Untersuchung fertig. Die
Milzbrandbacillen zeigen sich in den so behandelten Präparaten
in ihrer characteristischen Form, nebst den Kapseln ohne all
und jede Schrumpfung (in wunderbarer Schärfe, wie ich mich
selbst überzeugen konnte. — D. Ref.). Gleichzeitig werden
selbst Milzbrandsporen durch die Formalinfarblösung spätestens
in \: t Minute sicher abgetheilt. In faulendem Material genügt
selbst der Nachweis eines einzigen MilzbrandbacillumiFür
Massenuntersuchungen kommt man vielleicht mit Zrifhülfe-
nahnie des Flambirens schneller fort, aber den feineren Ban der
Bacterien wird man entschieden mit Wolf Raebigers For¬
malinfarbe am besten ergründen können. Kühn au.
Jodcaliuiii-Infiisioiisapparat.
(Tlik'riirztl. fYiitrallilatt 1900 Xr.
Der Apparat, welcher vom Thierarzt Stampfl in Wilhelms¬
burg (Oesterreich) construirt worden ist, besteht aus einer
weithalsigen Flasche, die etwa 1000 ccm Inhalt hat und mit
einem doppelt durchbohrten Kautschukpfropfen verschlossen ist.
In der einen Bohrung steckt ein kurzes, in der andern ein
langes Glasrohr, das bis auf den Boden der Flasche reicht. Mit
dem kurzen Glasiohr ist ein ca. 2 in langer Gunimischlanch
verbunden, an dessen freiem Ende ein Infusionscathcder an¬
gebracht ist. Der Gummischlauch wird durch einen Quetseh-
liahn vei schlossen.
Zum Gebrauch wird der Apparat mit einer Lösung von
10 g Jodcalinm in 800 g Wasser gefüllt und darauf nach Ver¬
schluss mit dem Kautschukj.tropfen umgekehrt, dass letzterer
nach dein Boden gerichtet ist. Nach Oeft'nung des Sperrhahnes
steigt Luft durch das lange Rohr in die Flasche und die
Flüssigkeit fliesst durch den Katheder ab und kann mit Hülfe
desselben in die Zitzen iniündirt werden.
Um die Jodcaliumlösung gleichmässig auf die Euterviertel
vertheilen zu können, ist die Flasche mensurirt, sodass die ab¬
geflossene Quantität abgelesen werden kann.
Der Apparat hat weiter den Vorzug, dass die steril be¬
reitete Jodcaliumlösung möglichst keimfrei bleibt, wenn das
lange Glasrohr mit einem Wattepfropfen verschlossen wird.
Eine Infection de3 Euters wird auf diese Weise möglichst ver¬
mieden.
Den Apparat kann sich jeder Thierarzt selbst leicht her-
steilen.
Ueber die externe Anwendung des Tannoform.
Von Spindlcr-Wien.
(Thierärzll. (Vntralblatt 1900, No. 20.)
Das Tannoform, eine Verbindung des Tannin mit Formal¬
dehyd, gehört zu den besten Streupulvern, die wir heute be¬
sitzen. Verf. rühmt die ausgezeichneten desinficirenden, des-
odorisirenden, adstringirenden und schorfbildenden Eigenschaften
des Mittels. Die Ungiftigkeit, Geruchlosigkeit und der billige
Preis sichern dem Pulver eine ausgebreitete Anwendung in der
Veterinärpraxis. Wunden an Körperstellen, wo sich kein Ver¬
band anlegen lässt, werden nach dem Reinigen und Abwaschen
mit einer Desinfectionsfliissigkeit mit Tannoform bestreut, worauf
sich ein gleichmässiger Schorf bildet, unter welchem sich die
Heilung vollzieht. Lässt sich durch die Kruste noch Absonde¬
rung wahrnehmen, so wird das Verfahren täglich wiederholt bis
auf Fingerdruck Wundsecret nicht mehr hervorquillt. Bei
üppiger Granulation wird dem Tannoform Alaun zugesetzt.
Druckschäden nehmen einen günstigen Verlauf bei Behandlung
mit einer Salbe bestehend aus Tannoform und Adeps Lanae im
Verhältnis von 1 : 4—5. Erfolgreich lässt sich das Mittel auch
gegen Mauke und Geschwüre verwenden. Ueberraschend ist die
Wirkung beim Ekzema rubrum oder madidans des Hundes.
Mittels Zerstäuber wird in diesem Falle soviel Pulver auf¬
getragen bis die Oberfläche vollkommen trocken ist, das Ein¬
stäuben wird täglich wiederholt, ohne den Schorf zu entfernen.
Durchschnittlich pflegt in 5 Tagen Heilung einzutreten. Eiterige
und selbst hämorrhagische Fälle dieser Dermatitis heilen schnell
bei dieser Behandlung.
Ueber Kiihlpasten.
iMtlift. f. i>r. Dermatol«. .10. Allg. Mo«l. Crntz. 49 1900.)
Unna empfiehlt Kühlpasten von folgender Coraposition:
Zinci oxvdati 15,0 j Adipis lanae 20,0
Snlfuris 15,0 01. rap. 10,0
Terr. silic. 10,0 Aqu. destill. 30,0
Mf. P.
Ugt. lenient. 10,0
Amyli 5.0
Magnes. carbon. 2,5
Aqu. destill. 5,0
M. adde
! Vaselin. 5,0
Pasta Zinci mollis in drei Stärken:
01. Lini 20,0 25,0 20,0
Aqu. Calcis 20,0 25,0 20,0
Zinci oxydati 30,0 15,0 40,0
Cretae prop. 30,0 25,0 20,0
Zu der Pasta Zinci mollis wird zur Schmerzlinderung Opium,
Extr. Cannabis, Cocain zugesetzt, zur Herabsetzung des Juck¬
reizes 01. cadin., Menthol, Thymol. Sie findet passend Ver¬
wendung bei nässenden Eczemen, Verbrennungen zweiten Grades
und allen artificiellen Dermatitiden. Dr. Jess.
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20. Deceuiber l'JUU.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
607
Tagesgeschichte.
Central-Vertretung der thierärztlicheu Vereine
Preussens.
Vorläufiger Privatbericht.
Von Schmaltz.
Die VII. Pleuar-Versammlung der iin Jahre 1886 von Pütz
zur Förderung rein preussischer Standesfragen begründeten
Central-Vertretung trat am 15. December in Berlin unter dem
Vorsitz des Geheimen Medicinal-Rathes Prof. Dr. Esser zu¬
sammen. Vertreter waren mit 63 Stimmen alle preussischen
thierärztlichen Vereine mit Ausnahme der Regierungsbezirks-
Vereine von Aachen und Trier, sowie des Vereins der Schlacht¬
hausthierärzte des Regierungsbezirks Arnsberg.
Die Verhandlungen nahmen zwei Tage in Anspruch, wobei
die erste Sitzung 8 Stunden währte. Trotzdem wäre viel¬
leicht die Erledigung der sehr starken Tagesordnung noch
schwieriger gewesen, wenn nicht, im Gegensatz zu anderen
Sitzungen, eine gewisse Neigung, die Erörterungen abzukürzen,
vorhanden gewesen wäre. Dies erklärte sich einmal aus der
Thatsache, dass die wichtigsten Berathungsgegenstände bereits
in früheren Sitzungen erschöpfend verhandelt worden waren
und diesmal gewissermassen nur einer Superrevision unterzogen
wurden. Unverkennbar trat aber auch noch ein anderer Grund
hervor. Es scheint mit uns Thierärzten jetzt so zu stehen, wie
mit den Franzosen. Diese starren, nach dem bekannten Aus¬
spruch, hypnotisirt nach dem Loch in den Vogesen und lassen
dadurch ihren Blick von anderen Dingen ablenken. Wir con-
centriren unsere ganze Theilnahme, unsere ganze Hoffnung und
Leidenschaft auf die Dinge, die da kommen sollen im Reichstag.
In dem Gefühl, dass dort die wahre Entscheidung über Alles
liegt, bleibt vorläufig unser Interesse bei anderen Vorgängen
und Erörterungen ein oberflächlicheres, als sonst.
Trotzdem gelangte die Versammlung zu ganz befriedigenden
Resultaten. Der ofücielle Bericht wird veröffentlicht werden.*)
Heute sollen nur die Beschlüsse nebst einer kurzen Zusammen¬
fassung mitgetheilt werden.
Der Präsident eröffnete die Versammlung mit einem Hoch
auf S. Majestät und gab sodann einen Geschäftsbericht. Die
Beschlüsse der vorigen Versammlung seien sämmtlich erledigt,
bis auf zwei Punkte, die staatlich anzuerkennende thierärztliche
Standesvertretung und die Stellung der Thierärzte in der Thier¬
zucht. Diese beiden Gegenstände befinden sich nochmals auf
der diesmaligen Tagesordnung.
Nach einem Bericht von Schmaltz wird beschlossen, wegen
der Ausführung der Büsten von Gurlt, Hertwig und Spinola
nunmehr die einleitenden Schritte zu thun und dieselben nach
Massgabe der einlaufenden Mittel nach einander in der obigen
Reihenfolge hersteilen zu lassen. Vorerst soll mit dem Bild¬
hauer Dammann, dem Schöpfer der Directoren-Büsten in der
Aula zu Hannover, darüber verhandelt werden.
Darauf wurde der wichtigste Punkt 6 der Tagesordnung
„Nothwendigkeit des Verbotes der Impfungen mit virulenten
Culturen durch Laien“ vorweggenommen. Nach den Referaten
vou Esser und Foth und nachdem von mehreren Seiten Aus¬
dehnung der zu fassenden Resolution auf Tuberculin etc.
empfohlen war, wurde von Esser folgende allgemein gefasste
*) In der B. T. W. wird die Veröffentlichung mit der ersten
Nummer des neuen Jahrganges beginnen, da sie im laufenden Jahre
ganz nicht mehr zu Ende geführt werden könnte und eine Ver-
theilung des Berichts auf 2 Jahrgänge allgemeinen redactionellen
Gepflogenheiten widersprechen würde.
Resolution empfohlen und einstimmig angenommen: Ver¬
sammlung beschliesst: dem Herrn Minister eine Denk¬
schrift zu überreichen, mit der Vorstellung, dass eine
baldige gesetzliche Regelung dieser Materie dringend
erwünscht sei.
Zugleich wurde bekannt, dass dieser Gegenstand vom Herrn
Minister bereits der technischen Deputation zur Berathung zu¬
gewiesen sei. Die Denkschrift der C.-V. kann also erwünschtes
Ergänznngsmaterial liefern und wird schleunigst zu erstatten sein.
An zweiter Stelle wurde über Punkt 8 der Tagesordnung
„Zusammensetzung der C.-V.“ verhandelt. Dieser Gegenstand
stand in einem gewissen Zusammenhang mit der Gründung eines
besonderen Vereins der Kreisthierärzte. Am Tage vorher hatte
sich diese Gründung unter dem Titel „Verein der beamteten
Thierärzte“ vollzogen. Es waren zwar nur ca. 40 Mitglieder
in der constituirenden Versammlung anwesend gewesen, dagegen
hatten sich 200 zum Beitritt gemeldet. Der Begründer und
Vorsitzende dieses Vereins, Kreisthierarzt Thun ecke, hatte
nun bei der Plenarversammlung der C.-V. mündlich den Antrag
gestellt, den Verein unter die von der C.-V. vertretenen Vereine
aufzunehmen.
Der Referent Schmaltz verbreitete sich im Allgemeinen
über die im thierärztlichen Stande herrschende, an sich grossen-
theils berechtigte Unzufriedenheit, über die neuerdings gemachten
Vorschläge zu energischerer Förderung thierärztlicher Be¬
strebungen, über die Empfehlung der politischen Tagespresse
zu Agitationen und endlich über die, ebenfalls der Unzufrieden¬
heit entspringenden Versuche zu Neubildungen in der Standes¬
organisation. Er warnte eindringlich vor Zersplitterung in
Berufsgruppen. Kreisthierärzte, Sanitätsthierärzte, Privatthier¬
müssten in Provincial- bezw. Bezirks-Vereinen Zusammenhalten.
Die Provincialvereine müssten der „rocher de bronce“ sein für die
Standesorganisation. Diesen Standpunkt nehme er nicht etwa
neuerdings gegenüber dem Verein der Kreisthierärzte ein; den¬
selben habe vielmehr schon 1895 die C. V. scharf präcisirt in
einer Resolution, welche sich gegen die damals angebahnte Ab¬
splitterung der Sanitätsthierärzte richtete. Damals habe die C. V.
abg^lehnt, künftig noch Sondervereine von Berufsgruppen anzu¬
erkennen. Darauf fussend, könne sie das auch jetzt nicht thun.
Um aber in anderer Form allen Wünschen zu genügen, bean¬
trage er (der Referent), die besonderen Delegirten-Mandate zur
C. V. überhaupt abzuschaffen und zu beschliessen, dass in der
Plenar-Versamralnng der C. V. jedes Mitglied der gemischten
(Provincial-, Bezirks-) Vereine Sitz und Stimme habe. Dann
könnten soviel Kreisthierärzte etc., als nur immer wollten, in der
C. V. ihre Interessen vertreten.
Der Referent blieb mit diesem Antrag jedoch fast allein.
Die Versammlung lehnte denselben mit erdrückender Majorität
ab und ebenso lehnte sie es ab, den Verein der beamteten
Thierärzte, sowie den Verein rheinpreussischer Schlachthof¬
thierärzte den durch die C. V. repräsentirten, alle Berufs¬
gruppen umfassenden, Vereinen gleichzustellen*). Schmaltz
machte darauf, um jedenfalls den Frieden zu wahren, den
Vermittlungsvorschlag man möge neben den nach bisherigem
Modus von Provinzial- etc. Vereinen gewählten Delegirteu
noch je 10 Kreisthierärzte, Sanitätsthierärzte und Privatthier¬
ärzte als besondere Interessenvertreter als Delegirte zur C. V.
*) Der einzige in der C. V. vertretene Specialisten-Verein ist
der Verein der Schlachthofthicrärzte des Beg.-Bez. Arnsberg, welcher
derselben bereits angehörte, bevor sie den obenerwähnten Beschluss
von 1895 fasste.
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608
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 51.
ernennen und deren Präsentation den genannten Berufsgruppen
überlassen. Esser schlug vor, im Ausschuss der C. V. jeder
der drei Gruppen speciell einen Sitz zu reserviren.
Angesichts der unverkennbaren Schwierigkeiten beantragt
Malkmns, behufs reiflicher Erwägung die Abstimmung über
diese Anträge auf den nächsten Sitzungstag zu vertagen, was
geschah. Am folgenden Tage erklärte Thunecke für seine
Person, den Antrag auf Entsendung von Delegirten zur C. V.
seitens des Vereins beamteter Thierärzte fallen zu lassen. Da¬
mit wurde auch der letztgenannte Antrag Schmaltz über¬
flüssig. Dem Verein rlieinpreussischer Schlachthofthierärzte soll
anheimgegeben werden, behufs seiner Vertretung in der C. V.
Anschluss an den rheinischen Provinzialverein zu nehmen.
Darauf wurde der Ausschuss neu gewählt. Als Präsident,
Schriftführer und Kassirer wurden Esser, Schmaltz und
Heyne einstimmig wieder in den Ausschuss gewählt, während
gemäss dem Vorschläge Essers als Beisitzer ein Kreisthierarzt,
ein Schlachthofthierarzt und ein Privatthierarzt, nämlich
Thunecke, Colberg und Brücher, gewählt wurden.
Zugleich wurde eine Resolution Malkmus einstimmig an¬
genommen: „C.-V. wünscht, dass die ihr zu gehörenden
Vereine sämmtliche, ihnen der Mitgliederzahl nach zu¬
stehenden Delegirten-Mandate einzeln besetzen und
dabei alle Interessengruppen berücksichtigen“. Mit
der Befolgung dieser Resolution würde in der That jede etwaige
Unzufriedenheit mit der Zusammensetzung der C.-V. unterbunden.
Es liegt jetzt an den einzelnen Vereinen, diesen der Billigkeit
entsprechenden Wunsch zu befriedigen.
Damit war die „brennende“ Tagesfrage in einer Weise er¬
ledigt, der hoffentlich Niemand bei ruhiger Erwägung das ernste
Streben nach Gerechtigkeit und Einigkeit wird versagen können.*)
Zu Punkt 7 der Tagesordnung, der danach verhandelt
wurde, referirten Eberlein und Preusse. Auf der VI. Ver¬
sammlung hatte Peters die allgemeine Anregung gegeben, nach
einer staatlich anzuerkennenden Standesvertretung zu
streben. Jetzt sollte der Art der Ausführung näher getreteten
werden. Eberlein befürwortete Thierärztekammern ohne
Disciplinarbefugniss, Preusse staatliche Anerkennung unserer
jetzigen Vereins-Organisation, etwa nach bayerischem Muster.
Die Majorität stellte sich auf Seite Preusse’s, wählte im
Uebrigen auf Eberl ei n’s Vorschlag eine Commission (Esser,
Brücher, Peters, Preusse, Schmaltz, Thunecke) zur weiteren
Bearbeitung.
Ich möchte hier privatim die Meinung aussprechen, dass die
Kammer-Vertretung, namentlich die Disciplinar-Befugniss, wie
man an den Aerzte-Karamern sieht, Schattenseiten hat, dass
aber die Anerkennung der jetzigen Vereine ohne Zwangsbeitritt
formelle Schwierigkeiten haben dürfte. Es wird Aufgabe der
Commission sein, die Frage der Ausführbarkeit massgebend auf¬
zuklären. Erweist sich die Anerkennung der Vereine schon formell
als unthunlich, so würde eine folgende Plenar-Versammlung natür¬
lich auf die Kammern zurückkommen können. Als eilig kann diese
Angelegenheit um so weniger behandelt werden, als vor etwaiger
Einrichtung officieller Vertretung sich die wohl sicher auch
dem thierärztlichen Stande bevorstehenden Reformen vollzogen
haben müssen.
Darauf folgte die Behandlung von Punkt 3 der Tages¬
ordnung „Stellung und Besoldung der Kreisthierärzte“. Es griff
*) Bezüglich aller weiteren Begründungen etc. muss der officielle
Bericht abgewartet werden.
die Ueberzeugung Platz, dass der Medicinal-Reform, die durch
den diesjährigen Etat bekanntlich abgeschlossen werden wird,
eine Veterinär-Reform wohl unmittelbar folgen werde. Eben
desshalb aber sei es nothwendig, von inzwischen neu auf¬
getauchten Gesichtspunkten aus die Beschlüsse der letzten Ver¬
sammlung nochmals zu prüfen. Referent Bermbach gelangte
zu der Ansicht, dass jene Beschlüsse an einigen Stellen un¬
zulänglich gewesen seien und befürwortete die Annahme folgender
Grundsätze für die Stellung der Kreisthierärzte: Gehalt 1200 bis
2400 M.; Tagegelder für den ganzen Tag 12 M., für den halben
Tag bis zu 6 Stunden Dauer 9 M.; Pensionsberechtigung von
einem fingirten Einkommen bis zu 4800 M.; Versetzung in die
erste Klasse der Subalternbeamten mit Verleihung des persön¬
lichen Ranges der V. Klasse nach einer Anzahl von Dienstjahren
und als Auszeichnung Verleihung eines einfachen Rathstitels.*)
Die Versammlung acceptirte diese Grundsätze. Nur wurde
beschlossen, das Höchstgehalt auf 3000 M. anzugeben und, falls
sich eine Anrechnung von Nebenbezügen auf die Pension als
unthunlich erweisen sollte, eine weitere Erhöhung des Grund¬
gehaltes zu beantragen, da die Gewährung auskömmlicher
Pensionen mit das Wesentlichste sei und gerade hierin Gleich¬
stellung mit anderen Beamten verlangt werden dürfe. Die Ver¬
sammlung beschloss, in einer Eingabe dem Herrn Minister
ihre Wünsche nach Massgabe der oben genannten
Sätze darzulegen. Andere Schritte wurden zur Zeit nicht
als zweckmässig erachtet. Nur wurde Bermbach mit der Ein¬
sammlung der von ihm seiner Zeit augeregten Statistik beauftragt.
Ueberdie Thierzuchtfrage referirten Lothes nndMarks.
Es wurde folgende Resolution beschlossen: 1. Das thierärzt¬
liche Staatsexamen ist bezüglich der Berechtigung der Prüfung
als Thierzuchtinspector gleich zu erachten. 2. Ben Thier¬
ärzten ist Sitz und Stimme in den Kör- und Prämiirungs-
Commissionen einzuräumen. 3. Den der Central - Vertretung
angehörenden Vereinen ist eine weitgehende Berücksichtigung
der Thierzuchtfragen zur Pflicht gemacht.
Die Frage, ob sich angesichts der bevorstehenden Aender ung
des Schlachthausgesetzes eine Eingabe an den Landtag, betr.
der Stellung der Sanitätsthierärzte empfehle, wurde vom
Referenten Schräder und von Colberg im Ganzen verneinend
beantwortet. Schräder empfahl einen anderen Weg, indem er
nachwies, dass auf Grund der Ausführungsanweisung zum
Communalbeamtengesetz die Aufsichtsbehörde eingreifen könne.
Colberg schloss sich dem im Allgemeinen an. Zudem sei ja
an den Landtag schon eine Petition erstattet. Eine Eingabe
an den Herrn Minister zwecks Einwirkung auf die Aufsichts¬
behörden wird daher als das Zweckmässigste empfohlen. Die
Versammlnng beschliesst demgemäss. Sie beschliesst ferner,
uach einem Vorschläge Colberg’s, einen Fragebogen, ähnlich
dem für die Kreisthierärzte von Bermbach entworfenen, an die
Schlachthöfe zu versenden, um die Anstellungsverhältnisse der
Schlachthofthierärzte festzustellen. Mit der Eingabe an den
*) Dies hat natürlich zur Voraussetzung, dass zunächst die
Departementsthierärzte Veterinär-Käthe werden. Ob man sie
zu Regierungs- u. Veterinär - Räthen macht, oder einfach zu
Veterinär-Räthen, unter Gleichstellung mit den Bauräthen etc., mag
dahingestellt bleiben. Der Rathstitel aber muss es jedenfalls sein.
Jeder andere wäre eine Verschlechterung statt einer Verbesserung.
Dies ist auch die allgemeine Meinung der Departementsthierärzte.
Die Bezeichnung „Veterinär-Rath“ ist die gegebene. Sie ist als
persönlicher Titel schon eingeführt in Baden und Mecklenburg.
Dass auch eine Körperschaft diesen Namen führt ist kein Hinder¬
niss; andernfalls würde der Deutsche Veterinärrath seinen Namen
gern ändern.
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20. December 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
609
Herrn Minister soll jedoch auf das Ergebniss dieser Enquete
nicht gewartet werden.
Schliesslich wurde noch das Verhalten des Stuttgarter
Vereins (Unfallversicherung) mit einigen Beispielen belegt,
welche die Versammlung zu der Ueberzeugung brachten, dass
die durch den Vertrag angestrebten Vergünstigungen für die
Thierärzte illusorisch seien, dass desshalb der Vertrag beim
Ablauf (1902) nicht wieder erneuert werden solle und es jedem
Thierarzt überlassen bleiben müsse, sich seine Versicherungs-
Gesellschaft selbst auszuwählen.
Arndt dankte dem Präsidenten Esser für seine Leitung
der Geschäfte und seine selbstlose Hingabe an die thierärztliche
Sache. Esser fand für die Versammlung ein schönes Schluss¬
wort. Ich bin, sagte er, wohl heute der Aelteste. Da will ich
schliessen mit dem Wort des alten Attinghausen: Seid
einig, einig, einig!
Bei dem Festmahl brachte Koschel in köstlichen Versen
einen Toast auf die „Vieharzneikunst“ aus, der in seiner
drolligen, freilich auch mit bittrer Satyre gemischten, Wahrheit
allgemeinen Jubel hervorrief.
Im Anschluss an die Centralvertretung hielt der thierärzt¬
liche Unterstützungs - Verein unter Preusses Vorsitz seine
Sitzung ab. Er nahm den günstigen Kassenbericht entgegen, be¬
schloss einstimmig die Eintragung in das Vereins-Register, ge¬
nehmigte die dazu nöthigen Statuten-Aenderungen und votirte
dem Vorsitzenden Preusse und dem Kassirer Heyne seinen
Dank für die vortreffliche Geschäftsführung.
Die segensreichen Wirkungen dieses Institutes beginnen
sich bereits zu zeigen. Leider sind die Mittel noch klein.
Mögen Alle es sich angelegen sein lassen, die Aufmerksamkeit
Anderer auf den Unterstützungsverein zu lenken. Neulich hat
der Departementsthierarzt Schell dem rheinischen Verein
20 000 Mark vermacht. Assessor Wolff schenkte der thier¬
ärztlichen Hochschule zu Berlin 12000 Mark; auch eine andere
Stiftung wird bekannt. Sollten nicht alle solche Zuwendungen
den hochherzigen Absichten der Geber am besten dienen, wenn
sie dem Unterstützungsverein zugewendet würden? Gewiss giebt
es Viele, welche in der Lage sind und beabsichtigen, Theile
ihres Vermögens für die Zukunft gemeinnützigen Zwecken dienst¬
bar zu machen. Ihnen sei der Unterstützungs-Verein ans Herz
gelegt. Bayern hat eine thierärztliche (allerdings mit Staats¬
hülfe gegründete) Unterstützungskasse mit einer halben Million.
Da wäre ein edler Wettstreit wünschenswerth.
Neuordnung des ärztlichen Studiums.
Dem Bundesrath ist der Entwurf einer Bekanntmachung,
betreffend die Approbation als Arzt zugegangen. Die Vorlage
soll an Stelle der Bekanntmachung über die ärztliche Prüfung
vom 2. Juni 1883 treten, deren § 2 lautet: „Die Approbation
wird Demjenigen ertheilt, welcher die ärztliche Prüfung voll¬
ständig bestanden hat.“ Diese Fassung soll durch folgende
neue ersetzt werden:
„Die Approbation wird Demjenigen ertheilt, welcher die
ärztliche Prüfung vollständig bestanden und den Bestimmungen
über das practische Jahr entsprochen hat.
Der ärztlichen Prüfung hat die Ablegung der ärztlichen
Vorprüfung vorherzugehen.
Die Zulassung zu den Prüfungen und zum practischen Jahre
sowie die Ertheilung der Approbation sind zu versagen, wenn
schwere strafrechtliche oder sittliche Verfehlungen vorliegen.“
In der Begründung der Vorlage wird u. A. gesagt: Die
gesteigerten Ansprüche, welche die moderne raedicinische
Wissenschaft an die Ausbildung der Aerzte stellt, sowie daneben
die Mängel, welche bei der practischen Handhabung der unter
dem 2. Juni 1883 ergangenen Bestimmungen über die ärztliche
Prüfung und über die ärztliche Vorprüfung sich fühlbar gemacht
haben, lassen es wünschenswerth erscheinen, die schon seit
längerer Zeit schwebende Revision jener Prüfungsordnungen
nunmehr zur Erledigung zu bringen. Der zu diesem Behuf auf-
gestellte neue Entwurf einer Bekanntmachung über die Appro¬
bation als Arzt, in welchem die bisher getrennten Vorschriften
für die ärztliche Vorprüfung und fiir die ärztliche Prüfung zu
einer einheitlichen Verordnung znsararaengefasst sind, enthält
gegenüber dem geltenden Rechtsznstande folgende wesentliche
Aenderungen.
1. Verlängerung der Studienzeit. Die Zunahme des
Lehrstoffes in sämmtlichen Disciplinen und die Nothwendigkeit.,
Specialfächer, welche in den letzten Jahren an Bedeutung ge¬
wonnen haben, in den Lehrplan einzufügen, andere Lehrzweige
— vor Allem die Irrenheilkunde — in erweitertem Maasse zu
berücksichtigen, lassen es unmöglich erscheinen, das gesammte
Gebiet der Medicin in neun Semestern gründlich in sich auf¬
zunehmen. Die Verlängerung des Universitätsstudiums ist des¬
halb allseitig als nothwendig anerkannt. Was das Maass der
Verlängerung betrifft, so ist die Zeit von fünf Jahren für ge¬
nügend erachtet worden, namentlich auch mit Rücksicht auf die
in dem Entwürfe weiterhin vorgesehene Einführung eines ein¬
jährigen practischen Vorbereitungsdienstes nach Abschluss der
wissenschaftlichen Ausbildung.
2. Einführung eines „practischen Jahres“. Nach Ablegung
der ärztlichen Prüfung sollen die Candidaten unter den Augen
erfahrener und bewährter Aerzte noch einen practischen Vor¬
bereitungsdienst durchmacben und von dessen ordnungsmässiger
und vorwurfsfreier Zurücklegung wird die Ertheilung der Appro¬
bation abhängig gemacht.
3. Vermehrung und anderweitige Gliederung des Prüfungs-
stoffes. Anatomie und Physiologie sind als wesentliche Grund¬
lagen der wissenschaftlichen Vorbildung festgehalten worden
und haben insofern noch eine stärkere Betonung ihrer Bedeutung
erfahren, als für die Zulassung zur Vorprüfung der Nachweis
über die Theilnahme an den Präparirübungen, während zweier
Halbjahre und an dem microscopisch-anatomischen sowie an
einem physiologischen Practicum während eines Halbjahres,
ferner der Nachweis über den Besuch einer Vorlesung über
toppgraphische Anatomie verlangt werden. Ferner ist den
Speciälrächern mehr Rechnung getragen und die gerichtliche
Medicin und die Geschichte der Medicin stärker betont als
bisher.
4. Anderweite Bewerthung der Prüfungsfächer. Bei
der Ermittelung der Gesammtcensur wird die Censur für die
anatomische Prüfung mit fünf, diejenige für die physiologische
mit vier, die Censur für die physikalische und chemische Prüfung
je mit zwei multiplicirt, diejenigen für die Prüfungen in Zoologie
und Botanik je einfach gerechnet und die Summe durch fünfzehn
getheilt.
5. Festsetzung der Prüfungsgebühren. Die Gebühren
für die gesammte Vorprüfung werden von 36 auf 90 Mk. er¬
höht, der Betrag für die ärztliche Prüfung von 206 auf 200 Mk.
herabgesetzt.
6. Aenderung der Zulassungsbedingungen. Die Zu¬
lassung der Abiturienten der Realgymnasien und der Oberreal¬
schulen zu den medicinischen Prüfungen ist unter bestimmten
Voraussetzungen ausdrücklich ausgesprochen.
7. Vorkehrungen zur Beschleunigung der Prüfungen.
Um künftig eine Verschleppung der Prüfungen, wie sie unter
den jetzigen Vorschriften möglich ist und auch thatsächlich in
erheblichem Umfange stattgefunden hat, wirksamer vorzpbeugen,
hat der Entwurf eine Reihe neuer Bestimmungen getroffen. Für
den Fall des Nichterscheinens oder nicht rechtzeitigen Erscheinens
zur Prüfung kann z. B. der Candidat des ganzen Gebührenbe¬
trages für verlustig und ausserdem in der Prüfung oder in
einzelnen Fächern für nicht bestanden erklärt werden. (B. L. A.)
Dass eine Neuregelung der ärztlichen Organisation im
Werke war, ist seit lange bekannt gewesen. Dass dieselbe jetzt
verwirklicht wird, ist für die Veterinärmedicin ein Vortheil,
denn es kann dadurch die endliche Durchführung einer Reform
des Studiums der Veterinärmedicin nur angeregt und erleichtert
werden.
Der Gesetzentwurf enthält zwei besonders bedeutungsvolle
Punkte, die unbedingt auch die Neugestaltung des veterinär-
medicinischen Studiums beeinflussen werden.
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610
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 51.
Das Sensationelle ißt die Zulassung der Abiturienten des
Realgymnasiums und der Oberrealschule zum Stndinra der
Medicin „unter bestimmten Bedingungen“. Ich persönlich halte
die „Gleichberechtigung“ der drei Schnlen für einen unverein¬
baren Widerspruch mit ihrer thatsächlichen inneren Ungleichartig¬
keit. Indessen uns darf es nur lieb sein, wenn dadurch die
Exclusivität des medicinischen Studiums verringert wird. Unser
Streben nach der Maturität kann dadurch nur erleichtert werden.
Die practisch wichtigste Neuheit ist die Einführung des
„practischen Jahres“ als Ergänzung des Studiums, eine Ein¬
richtung, die unbedingten Beifall verdient und die wir sicher
ebenfalls nachahmen oder vielmehr wieder beleben werden, denn
wir hatten dieselbe bekanntlich schon früher in Bayern.
Die Verlängerung der Studiendauer auf 10 Semester kann
verschieden beurtheilt werden. Sechs Jahre Ausbildung ist reich¬
lich. Indessen werden auch wir jedenfalls auf 8 Semester gehen.
Zu bedauern ist, dass die Reform der Examina unvollständig
geblieben ist. Viele Autoritäten haben dringend befürwortet,
Anatomie und Physiologie in einem Mittelexamen zn isoliren
und beide Fächer sowohl aus dem Physicum als aus dem Staats¬
examen herauszunehmen. Ich halte diese Entlastung beider
Examen für sehr nützlich. Leider schwindet jetzt auch für die
Veterinärmedicin die Aussicht, diese Verbesserung zu erreichen.
Schiualtz.
Thierärztliche Hochschule zu Berlin.
Der Professor Eggeiing zu Berlin ist für die Amtsperiode vom
I. Januar 1901 bis dahin 1904 zum Rector der Königlichen Thierärztlichen
Hochschule zu Berlin ernannt worden.
Diese Nachricht wird, wie weiter nicht begründet zu
werden braucht, Alle, die es mit den thierärztlichen Hochschulen
gut meinen, mit herzlichster Freude erfüllen. S.
Abiturientenexamen.
Der Ausschuss der Posener Landwirthschaftskammer hat
sich für das Abitnrientenexamen ausgesprochen.
f
Der Kreisthierarzt Niebel ist, als ein Opfer der Wissen¬
schaft, gestorben. Er ist einer Rotzinfection erlegen, die er
sich bei wissenschaftlichen Versuchen zngezogen hatte.
Staatsveterinärwesen.
Redigirt von Preusae.
Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preussen am 30. November 1900.
Regicru ngsbezirk
Die Seuche
i:
Kreisen
! herrschte
n
Gemeinden
(Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden 1
(Gutsbez.)
waren
verseucht:
Königsberg.
1
1
0,25
Gumbinnen.
3
9
2,54
Marienwerder.
5
11
4,84
Potsdam.
9
58
22,41
Frankfurt.
1
1
0,37
Stettin.
5
14
7,46
Köslin.
2 i
3
0,15
Stralsund.
4 ;
17
19,08
Posen.
4 i
5
1,52
Bromberg.
3
5
2,25
Breslau.
6
10
2,63
Liegnitz.
4
7
2,49
Oppeln.
2
3
1,07
Magdeburg.
12
80
55,56
Merseburg.
11
36
15,57
Schleswig.
1
1
0,47
Hannover .
2
3
4,77
Hildesheim.
5
13
17,96
Lüneburg .
7
36
24,42
Stade .
2
2
2,75
Osnabrück .
2
2
3,57
Münster.
3
3
8,77
Minden.
1
2
3,92
Arnsberg .
1
1
1,18
Cassel.
7
15
8,97
Wiesbaden.
4
5
5,34
Coblenz.
3
5
4,79
Düsseldorf.
8
11
25,58
Cöln.
4
4
13,51
Trier.
1
1
0,89
Aachen.
3
3
7,69
Hohenzoilern-Sigmaringen
2
3
23,62
Summa:
128
370
—
Nachweisung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche
am 30. November 1900.
Es waren am 30. November 1900 in nachstehenden Regiernngs-
; bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
1 Preussen: R.-B. R.-B. Königsberg 3 (0). Gumbinnen 1 (1).
Marienwerder 2 (5). Berlin 1. Potsdam 3 (3). Stettin 1 (1).
Köslin 1 (1). Posen 3 (3). Bromberg 3 (3). Breslau 2 (2).
Liegnitz 2 (3). Oppeln 2 (3). Hannover 1 (i). Hildesheini 1 (i).
Arnsberg 3 (3). Düsseldorf 1 (1). Bayern: R.-B. Oberbayern,
i Niederbayern, Pfalz, Mittelfranken je 1 (1). Sachsen: Kreis-
i hauptm. Dresden 1 (1). Leipzig 2 (2). Zwickau 1 (1). Baden:
I Lande8comra. Freiburg 1 (2). Mecklenburg-Schwerin,
| Anhalt: 1 (1). Bez. Ober-Elsass 2 (8) [= 58 Gemeinden mit
77 Gehöften].
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
i Bayern: R.-B. R.-B. Oberbayern 15 (32), Niederbayern2(2),
Pfalz 1 (1), Oberpfalz 6 (17), Oberfranken 8 (14), Mittelfranken
5 (6), Unterfranken 6 (8), Schwaben 18 (92). Sachsen:
Kreishauptm. Bautzen 1 fl), Leipzig 1 (1), Zwickau 2 (2).
Württemberg: Neckarkreis 2 (2), Schwarzwaldkreis 6 (9),
JagBtkreis 1 (1), Donaukreis 9 (30). Baden: Landescomm.
Freiburg 3 (3). Hessen: Provinz Starkenburg 1 (1), Ober¬
hessen 4 (7). Mecklenburg-Schwerin: 7 (46). Sachsen-
Weimar: 1 (1). Oldenburg Herzogth. Oldenburg: 3 (5).
Braunschweig: 4 (10). Anhalt: 4 (12). Waldeck: 1 (3).
Bremen: 1 (1). Elsass-Lothringen Bez. Unter-Elsass:
2 (3). Bez. Lothringen: 3 (4). [= 684 Gemeinden mit
1518 Gehöften].
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. R.-B. Liegnitz 1 (1), Magdeburg 1 (4),
Merseburg 2 (2), Erfurt 1 (1), Hannover 1 (1). Bayern:
R.-B. Niederbayern 1 (1). [= 10 Gemeinden mit 11 Gehöften].
D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest):
Preussen: R.-B. R.-B. Königsberg 6 (10), Danzig 2 (4),
i Marienwerder 6 (10), Berlin 1 (1), Potsdam 5 (11), Frankfurt
4 (6), Stettin 4 (8), Köslin 3 (4), Stralsund 1 (2), Posen
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20. December 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
10 (26), Bromberg 3 (5), Breslau 11 (27), Liegnitz 8 (10),
Oppeln 9 (22), Magdeburg 1 (2), Merseburg 2 (2), Schleswig
2 (2), Hannover 3 (4), Hildesheira 2 (4), Lüneburg 1 (1),
Osnabrück 1 (1), Arnsberg 3 (3), Kassel 2 (2), Wiesbaden
2 (6), Düsseldorf 5 (7), Köln 1 (1), Trier 3 (3). Bayern:
R.-B. Ober-Bayern, Nieder-Bayern je 1 (1), Pfalz 1 (2), Ober¬
franken 1 (3). Sachsen: Kreishauptm. Dresden, Leipzig,
Chemnitz, Zwickau je 1 (1). Mecklenburg-Schwerin: 3 (3).
Oldenburg: Herzogtli. Oldenburg 1 (1), Wal deck: 1 (2).
Lippe: 1 (4). Hamburg 2 (2).
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen etc.
In München ist am 6. er. die Seuche ausgebrochen und
wieder erloschen. Ausbrüche sind ferner gemeldet aus Dresden
am 7. und aus Magdeburg am 10. December, welche am 11. er.
wieder erloschen sind. Endlich ist die Seuche am 10. er. in
Essen, am 11. in Mannheim, am 14. in Frankfurt a. M. aus¬
gebrochen, jedoch am gleichen Tage wieder erloschen.
Fleischschau und Viehhandel.
Redigirt von Kflhnau.
Berlin: Auszug aus dem Fleischschaubericht für Monat November 1900.
A. Schlachthof.
Rinder
Kälber
Schafo
Schweine
Geschlachtet und untersucht
15 542
10 297
31917
72 750
Ganz beanstandet ....
322
55
14
. 346
Ueberhaupt mit Tuberculose
behaftet.
2 825
51
2
2 738
Davon gänzlich verworfen .
119
7
2
47
„ sind zur Sterilisation ge¬
eignet befunden . . .
74
6
154
„ theilweise verworfen . .
3
—
—
—
Also vollständig freigegeben
2 629
38
—
2 537
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
—
19
Mit Finnen behaftet . . .
96
3
—
42
Stark finnig, technisch ver-
werthet.
2
18
Finnig und wässerig, tech¬
nisch verwerthet ....
Schwach finnig, zur Kochung
geeignet befunden . . .
96
1
24
Ausserdem wegen Behaftung
mit Kalkconcrementen, mul¬
tiplen Blutungen u. s. w. sind
zur Kochung geeignet be¬
funden .
39
An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei
Kindern 6354 Stück, bei Kälbern 219 Stück, bei Schafen 5074 Stück,
bei Schweinen 13295 Stück.
B. Unterguchungggtationcn.
Rinder- !
viertel ■
Kälber
Schafe
i Schweine
Untersucht.
23 391
13 773 j
2 432
1 11680
Beanstandet.
97
34
—
6
Wegen Tuberculose wurden
beanstandet.
34
j
1
Davon sind zur Sterilisation
geeignet befunden . . .
8 !
—
—
—
Mithin gänzlich verworfen .
26
— ;
—
—
Mit Trichinen behaftet. . .
—
— .
—
—
Mit Finnen behaftet....
—
—
—
—
Davon schwach finnig, zur
Kochung geeignet befunden
_
1
_ .
- _
Unter dem eingefiihrten Fleisch waren 975 dänische Rinder¬
viertel, 2 dänische Kälber und 105 Wildschweine.
Berlin, den 7. December 1900. Der städtische Oberthierarzt
Reissmann.
611
Fleischvergiftung in Grünau und Bohnsdorf.
Das gerichtliche Nachspiel der auch in Nr. 38 der B. T. W.
erörterten Fleischvergiftung hat zu einer Freisprechung des
beschuldigten Fleischers geführt und zwar aus dem Grunde, weil
nicht nachgewiesen werden konnte, dass der Schlächter Sch. die
Bemerkung des Thierarztes Rieger, dass das Fleisch nur im
gekochten Zustande genossen werden dürfe, gehört habe.
Prof. Dr. Ostertag hat das von der Polizei beschlagnahmte
Fleisch untersucht. Das Fleisch hat äusserlich schmierig aus¬
gesehen und einen leichten Fänlnissgeruch wahrnehmen lassen,
innen jedoch habe es wie gutes normales Fleisch ausgesehen.
Mit dem Fleisch gefütterte Mäuse sind nach zwei Tagen gestorben,
und konnten Bacterien naebgewiesen werden. Mit dem gekochten
Fleisch gefütterte Mäuse sind am Leben geblieben. Ostertag
begutachtete, dass die Kuh an einer septischen Krankheit, wie
er annehme, im Anschluss an den Magen- und Darmkatarrh,
gelitten haben müsse. Das Fleisch der nothgeschlachteten Kuh
habe Veranlassung zu den Erkrankungen bei den Menschen gegeben.
Werth der Tuberouiinprobe.
Das Schlussergebniss der von der Königlichen Landwirt¬
schaftlichen Gesellschaft in England über den Werth der Tuber-
culinprobe angestellten Versuche bei Rindern wird in dem von
Lord Brongham and Vaux, Sir Nigel Kingscote, Sir
George Brown und Prof. Mc. Fadyean erstatteten Berichte
folgendermassen zusamraengefasst:
„Tuberculin ist nicht unfehlbar, insofern, als in jedem Falle
nach der Einspritzung eine Zeit vorhanden ist, während welcher
es eine Reaction nicht hervorruft und einige der beschriebenen
Versuche zeigen, dass diese Zeitperiode länger sein kann, als
bisher vermuthet worden ist. Aber selbst, wenn diese Irrthums-
mögliahkeiten in Berechnung gezogen werden, ist dennoch das
Tuberculin nach Meinung der Commission ein Hülfsmittel von
grossem Werth, denn es übertrifft bei weitem alle anderen
Arten der Diagnose, und bei exacter Anwendung ist es bei der
Bekämpfung der Tuberculose von ausserordentlichem Werth“.
Eben weil es nicht unfehlbar ist, sollte nach Ansicht des
„Live Stock Journal“ seine Anwendung nie zwangsweise vor¬
geschrieben werden, sondern dem freiwilligen Ermessen des Be¬
sitzers überlassen bleiben.
Neue Conservirungsmethoden.
Conservirung abgekühlten Fleisches. Die das kalte
Fleisch enthaltenden Behälter oder Theile des Transportwagens
werden mit gefrorenem bezw. auf tiefe Temperaturen ab¬
gekühltem Blut oder in Stücke geschnittenem Fett umgeben,
wobei man bei der Ventilation zweckmässig die im Transport¬
wagen befindliche Luft über diese Kühlmittel streichen lässt.
(Patent Classe 53c No. 112417.)
Trichino8is in Spanien.
In Murcia sind, wie die Allgem. Fl. Z. mittheilt, über
200 Personen an Trichinosis erkrankt. Die Krankheit verläuft
z. Th. tödtlich. Die Untersuchung des ersten Todten hat über
die Krankheit, welche zum Tode führte, Gewissheit gebracht,
aber auch grosse Bestürzung in der Stadt hervorgerufen.
Viehhandei.
Wie in No. 49 d. J. berichtet wurde, hat in Bayern die
Regierung angeregt, an den Viehmärkten den Handel nach
Lebendgewicht einzuführen. In einer am 6. Dec. d. J. in Nürnberg
abgehaltenen Delegirten-Versammlung, welche aus allen Gauen
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612
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 51.
Bayerns beschickt worden war, haben die Fleischer einmüthig
gegen diese Beschränkung der Handelsfreiheit Stellung ge¬
nommen. Das Grossvieh soll nach dem Handelsmodus gehandelt
werden können, welcher den Parteien am practischsten erscheint.
In Wien, wo der Handel nach Lebendgewicht eingeführt
ist, streben die Fleischer mit aller Macht eine Aenderung an,
und hat sich auch der Wiener Gemeinderath für den freien
Handel erklärt.
Maul- und Klauenseucheforschung.
Im landwirtschaftlichen Verein Für die Rheinprovinz ist
von der Section Viehzucht beantragt, dass das Vereinspräsidium
die hohe Staatsregierung ersuchen möge, mit allen Mitteln die
Erforschung des Erregers der Maul- und Klauenseuche zu Fördern,
da erst nach dessen Auffindung eine wirksame Bekämpfung
dieser Krankheit möglich ist. Ebenso mögen die gesetzlichen
Bestimmungen zur Verhinderung der Verbreitung der Seuche
streng gehandhabt werden, insbesondere diejenige betreffs der
Anzeigepflicht.
Erlöschen der Maul- und Klauenseuche in Argentinien.
Nach einer Kabelmeldung aus Buenos Ayres vom 9. Dec. d. J.
ist ein Decret veröffentlicht, welches die Maul- und Klauen¬
seuche in Argentinien für erloschen erklärt. Schiffssendungen
von lebendem Vieh müssen mit amtlichen Attesten versehen
sein, welche bescheinigen, dass die Thiere vollkommen gesund sind.
Personalien.
Ernennungen: Grupe, Assistent der Poliklinik der Berliner
Thierärztl. Hochschule, zum coinm. Kreisthierarzt in Krefeld.
Gewählt: Thierarzt Haffner-Aschersleben zum Sehlachthof-
director in Düren (Rheinprov.).
Examina: In Berlin wurden approbirt die Herren Hermann
Burchhardt, Karl Hertha, Max Jungmann, Nicolaus Schwarz.
Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in Berlin
die Thierärzte Emil Augat-Rixdorf, Albert Bauer-Berlin, Franz
Koskc-Berlin, Otto Römer-Hannover, Franz Schaper-Hannover,
August Schotte-Dingelstedt.
Thierarzt Oyen ist von der philosophischen Facultät der
Universität Leipzig zum Dr. phil. promovirt worden.
Wohn8itzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬
arzt Tiburtius von Themar (Sachsen-Meiningen) nach Soldau
(Ostpr.). — Thierarzt Aloys Hei ne n hat sich in Königshoven (Reg.-
Bez. Köln) niedergelassen.
In der Armee: Beförderungen: Rakettc, Rossarzt von der
C’avallerie-Stabswache des Armee-Obercommandos vom ostasiatiBchcn
Expeditionscorps, zum Oberrossarzt. Zu einj.-freiw. Unterrosäiirzten
die Einjährig-Freiwilligen Kärnbach im 1. Garde-Drag.-Rgt.,
Genther im 14. Hus.-Rgt. und Zapf im 4. Kür.-Rgt. — Ver¬
setzungen: Seegmüller, Unterrossarzt im 14. Feld-Art.-Rgt., zum
14. Drag.-Rgt., Bicsterfeld, Unterrossarzt von der Escadron Jäger
zu Pferde I. Anneccorps (Kilr.-Rgt. No. 3), zur südwestafricanischen
Schutztruppe. Abgegangen ist der Unterrossarzt Lange vom 12.
Drag.-Rgt.
In Bayern: Befördert sind die Veterinäre Forthuber (1. Train-
Bat.) und Rössert (8. Feld - Art. - Rgt.), letzterer unter Versetzung
zum 2. Chev.-Rgt. zu Stabsveterinären, Cornelius, Unterveterinär
der Res. zum Veterinär der Res. — Anton Maier, Veterinär im
3. Chev.-Rgt. zum 8. Feld-Art.-Rgt. versetzt.
Todesfälle: Kreisthierarzt Riechei mann-Harburg a. E.
Yacanzen.
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Reg.-Bez. Stade: Blumenthal zum 1. Februar 1901 (600 M.),
Bewerbungen bis 10. Januar an den Regierungs-Präsidenten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Reg.-Bez. Coblenz: Simmem. — R.-B. Hannover: Springe. —
R.-B. Potsdam: Angermünde.
Sanitätsthierarztstelien : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Königsberg i. Pr.: Schlachthausthierarzt (2000 M., Wohnung etc.;
6wöeh. Künd.). Bew. bis 31. Dec. a. d. Direct, d. Schlachthofes. —
Neidcnburg: Schlachthausvcrwalter zum 1. Januar 1901 (3 monat¬
liche Kündigung; 1500 M. Wohnung etc.; Privatpraxis in dienst¬
freier Zeit; 500 M. Caution.) Bewerbungen an den Magistrat. —
Solingen: Schlachthofdirector (3000 M. und 600 M.) Miethsent-
schädigung, event. freie Wohnung etc. Anstellung voraussichtlich
zum 1. Mai auf 12 Jahre: keine Praxis.) Bewerb, bis 15. Januar a.
d. Oberbürgermeister. — Treuen: Sanitätsthierarzt (ca. 2500 M. aus
der FleiBchschau; Privatpraxis). Bewerbungen bis 20. December an
den Bürgermeister.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen:
Beuthen (Oberschles.): Schlachthofassistenzthierarzt. — Elbing:
Assistenzthierarzt am Schlachthof. — Hartha i. Sachs.: Sanitäts¬
thierarzt. — Lauenburg: Schlachthofvorsteher. — Mainz: Schlacht¬
hofthierarzt. — Meseritz: Schlachthofthierarzl. — Ottweiler (Bez.
Trier): Schlachthausverwalter. — Oelsnitz (Sachsen): Thierarzt für
Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Pössneck: Thierarzt für
Praxis und Fleischbeschau. — Punitz i. Pos.: Thierarzt für Schlacht¬
viehbeschau. — Salzwedel: Schlachthof - Vorsteher. — Wanne:
Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. —Wolkenstein: Schlacht¬
hofthierarzt — Wo 11 stein (Posen): Schlachthofinspector.
Prlvatstellen : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neustadt).
— Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck
(Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pillkallen). — Murrhardt. — Schön¬
baum (Danzig).
1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. — Festen-
berg Bez. Breslau. — Jade (Oldbg.): Thierarzt. — Laufenfelden
(Hessen-Nassau): Thierarzt (1800 M. Fixum.) Meldungen an das
Bürgermeisteramt — Marggrabowa(KreisOletzko).— Mengering¬
hausen (Waldeck). — Peiskretscham (Ober-SchleB.). — Rhinow
(Reg.-Bez. Potsdam). — Schloppa (Westpr.). — Schwarzen¬
berg i. S. — Sonnenburg. — Suelze (Mccklb.). — Wadern
(Bez. Trier): Thierarzt. — Weilerbach (720 Mk. Fixum). Gesuche
bis 26. December an das Bürgermeisteramt
Besetzt: Kreisthierarztstelle in Krefeld, Sanitätsthier¬
arztstelle in Düren.
Im deutschen Veterinär-Kalender befindet sich ein Inserat
der Perleberger Vieh-Versicherungs-Gesellschaft. In diesem ist
der Garantie- und Reserve-Fonds mit 153 886 057 M. angegeben,
während er in Wirklichkeit 153 886 M. 57 beträgt. Der ge¬
nannten Gesellschaft ist von anderer Seite deshalb der Vorwurf
unrichtiger Angabe gemacht worden. Die Unterzeichneten ent¬
sprechen gern der Bitte der Perleberger Viehversicherungs-
Gesellschaft, sie gegen den Verdacht absichtlich unrichtiger An¬
gabe in Schutz zu nehmen durch die Erklärung, dass es sich
in jenem Inserat lediglich um einen Druckfehler handelt. In
dem Originaltext des Inserates, der in den Acten des
Unterzeichneten Verlegers aufbewahrt ist, ist die Zahl
wie folgt geschrieben: 153 886 57. Der Setzer hat in den
zweiten Zwischenraum der, statt eines Korama’s, Mark von
Pfennigen trennen sollte, eigenmächtig eine Null eingeschoben,
die im Manuscript nicht stand. Das Verschulden an
dem Druckfehler trifft allerdings den Bureaubeamten der Ge¬
sellschaft, dem das Inserat zur Revision des Satzes übersandt
worden ist und der den Fehler nicht gefunden hat. Für die
Beurtheilung kann aber nur die Thatsache entscheiden, dass der
Originaltext des von der Gesellschaft aufgegebenen Inserates
die durchaus richtige Zahlenangabe enthalten hat.
Professor Schmaltz. Richard Schoetz.
Verantwortlich für Uoa Inhalt (eicl. Insoratenthell): Prof. Dr. Schmält/ in Berlin. — Verlag nnd Eigenthum von Richard Schoets in Berlin. — Druck von W. Bttxen»teln, Berlin
Digitized by VjOOQie
Die „Berliner ThierSrxtHcbe Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in Stärke von mindestens l 1 /, Bogen. Dieselbe
ist zu beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 108»)
oder durcli die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoctz, Berlin NW., Lnlsenstrasse 38, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeltrige werden mit 50 Hk. für den Bogen honorlrt.
Alle Manuscripto, Mittheilungen und redactionellcn An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schraaltz,
Berlin thierärztliche Hochschule, NW., I.uiscnstrasse 56.
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Redaction:
Professor Dr. Schmaltz- Berlin.
Verantwortlicher Redacteur.
De Bruln KQhnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel Zündel
Professor Oberthierarzt Departementsthierarzt Professor Departeraontsthierarzt Vetorlnärassessor Professor Landes-Insp. f. Tliierzucht Kroi-thlerarzt
Utrecht. Hamborg. Cöln. Breslau. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Jahrgang 1900.
Ausgegeben am 27. December.
Inhalt: Loeffler und Uhlenhuth: Ueber die Schutzimpfung gegen die Maul- und Klauenseuche, im Besonderen über die
practische Anwendung eines Schutzserums zur Bekämpfung der Seuche bei Schweinen und Schafen. —
Hajnal: Hydrops ascites beim Rinde und Heilung desselben. — Oppenheim: Achsendrehung. Darmruptur mit eonse-
cutiver Peritonitis bei einem Zugochsen. — Maier: Badischer Viehvorsichorungs-Verband. Jahresbericht
tiir 1899. — Tagesgeschichte: Bericht über die Generalversammlung des Vereins der Thieriirzte des Regierungsbezirkes
Düsseldorf. — Protocoll der XXXV. Generalversammlung des Vereins der Thierärzte des Reg.-Bez. Wiesbaden. — Thier-
ärztliche Gesellschaft zu Berlin. — Verschiedenes. — Personalien. — Vacanzen.
Ueber die Schutzimpfung gegen die Maul- und
Klauenseuche, im Besonderen Uber die practische
Anwendung eines Schutzserums zur Bekämpfung
der Seuche bei Schweinen und Schafen.
Von
Prof. Dr. Loeffler und Dr. Uhlenhuth,
Geh. Mi-ilicinzlratli. Stabsarzt.
(Aus dem hygienischen Institut zu Greifswald.)
Wie bereits auf dem internationalen thierärztlichen C 011 -
gresse zu Baden-Baden *) im August 1899 mitgetheilt worden
ist, haben die Untersuchungen der Commission zur Erforschung
der Maul- und Klauenseuche in dem hygienischen Institute zu
Greifswald zur Herstellung eines Serums geführt, dessen Wirk¬
samkeit durch absolut beweisende Versuche an Ferkeln dar-
gethan werden konnte. Wenn man die für ein Ferkel tödtliclie
Dosis Lymphe mit steigenden Mengen des Serams vermischt und
diese Gemische einer Reihe von Ferkeln einspritzt, so sieht
man, dass von einer gewissen Dosis Serum an das Serumlymphe-
gemisch nicht nur nicht mehr tödtet, sondern nicht einmal mehr
krank macht. Spritzt man einer Reihe von Ferkeln steigende
Mengen des Serums ein and bringt dann diese Ferkel in einen
Stall, in welchem sich andauernd frisch kranke Thiere befinden,
d. h. setzt man dieselben einer intensiven natürlichen Infection
aus, so erkranken die Ferkel von einer bestimmten Dosis Serum
an nicht.
Dieser Sernmschutz hält je nach der Menge des ein¬
gespritzten Serums verschieden lange Zeit an; bei kleinen Dosen,
0,1 ccm pro Kilo Ferkel, etwa drei Wochen, bei grösseren 0,2, 0,3,
0,5 ccm pro Kilo Ferkel vier bis acht Wochen. Eine absolut genaue
Proportionalität der Dauer des Serumschutzes und der Menge des
eingespritzten Sernms besteht indessen nicht, weil die einzelnen
Thiere sich individuell etwas verschieden verhalten bezüglich
der Schnelligkeit, mit welcher sie das Serum ausscheiden.
Auch bei Rindern konnte die Wirksamkeit des Serums mit
Sicherheit nachgewiesen werden. Stellt man sich Gemische
*) Deutsche Thierärztl. Wochenschrift, No. 36, 1899.
einer gewissen Menge, V-^o—'/io ccm > einer wirksamen Lymphe
mit steigenden Serummengen her und spritzt man diese Gemische
i Rindern in die Blntbahn ein, so zeigt es sich, dass, wie bei den
Ferkelversuclien, schon kleine Mengen von Serum — einige
Cnbikcentimeter — genügen, um die krankmachende Wirkung
der Lymphe aufzuheben. Spritzt man nun aber einer Reihe von
Rindern steigende Seruramengen ein und setzt dann die Rinder
i der natürlichen Infection aus, so findet man, dass sehr grosse
Serummengen erforderlich sind, nm den Thieren einen Schutz
zu gewähren. Die Menge betrügt etwa 0,4 ccm pro Kilo.
Handelt es sich darum, ausgewachsene, schwere Thiere zu
schützen, so sind daher die absoluten Serummengen pro Thier
| relativ sehr grosse. Für ein Rind von GOO Kilo würden z. B.
1 240 ccm Serum von der besten bisher erzielten Qualität er-
! forderlich sein, um dasselbe gegen die natürliche Infection zu
j schützen.
Der durcli das Serum erlangte Schutz ist nun aber ein sehr
: viel kürzere Zeit währender wie bei den Ferkeln. Er er¬
streckt sich durchschnittlich nur anf etwa 14 Tage und wird
i ancli nicht ein wesentlich längerer, wenn man die Serumdosis
noch weiter anf 0,5, 0,6, 1,0 ccm pro Kilo erhöht.
Diese Verhältnisse Hessen es von vornherein als fraglich
| erscheinen, ob eine Ser um Schutzimpfung bei Rindern in der
| Praxis angängig sein würde.
Für die durch die grossen Serummengen bedingten Kosten
i ist die nur für kurze Zeit reichende Dauer des Schutzes kein
• genügendes Aequivalent. Da bei dem Herrschen der Seuche in
einem Bezirke die hochempfänglichen Rinder längere Zeit der
Infectionsgefahr ausgesetzt zu sein pflegen, so müsste die Ein¬
spritzung der gleichen grossen Serummengen in etwa 14 tägigen
Zwischenräumen wiederholt werden, bis die Infectionsgefahr vor-
i über wäre. Die Kosten der Schutzimpfung würden alsdann so hohe
werden, dass dieselbe practisch nicht durchführbar wäre. Die
Commission ist daher bestrebt gewesen, für die Schutzimpfung
der Rinder ein Verfahren aufzufinden, welches denselben eine
, active, lange andauernde Immunität verleiht. Zahlreiche Me-
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614
BERLINER THIERÄRZTLICIIE WOCHENSCHRIFT.
No. 52.
tlioden sind nach dieser Richtung hin an über 3000 Rindern
geprüft worden. Vielfach sind die Ergebnisse in den Versuchs-
Ställen und auch in den praetischen Versuchen sehr befriedigende
gewesen. Die Methode ist indessen in allen ihren Einzelheiten
noch nicht so sicher beherrschbar, dass sie in der Praxis
empfohlen werden könnte. Die Commission ist zur Zeit noch
mit der weiteren Bearbeitung und Durcharbeitnng derselben
beschäftigt.
Sehr aussichtsvoll aber erschien nach den sehr
günstigen Versuchsergebnissen an den Ferkeln eine
practische Durchführung der Serumschutzimpfung bei
Schweinen und Schafen. Diese Thierspecies sind einmal
weniger empfänglich für die Seuche wie die Rinder, dann
kommen sie, mehr abgeschlossen in ihren Ställen, in weniger
intensive Berührung mit den Menschen wie jene. Ferner sind
die zu ihrem Schutze nothwendigen Seruramengen wegen
des geringeren Körpergewichts relativ geringe und endlich
dauert der durch das Serum gewährte Schutz eine relativ
lange Zeit.
Der Nutzen, welcher aus einer Schutzimpfung dieser Thier¬
species resultiren würde, ist nicht gering zu veranschlagen.
Erfahrungsgemäss sterben, wenn die Seuche in Schweine-
züchtereien ausbricht, sehr viele Ferkel an derselben, auch
leiden die Zuchtsauen Schaden, so dass der regelmässige Betrieb
erheblich gestört oder sogar ganz lahmgelegt werden kann.
Bricht die Seuche unter tragenden Schafen aus, so verlammen
dieselben sehr häufig, auch gehen zahlreiche Lämmer, ebenso wie
die Ferkel in Folge der Infection zu Grunde. Als ein weiteres
Moment, welches zu Gunsten einer Schutzimpfung der Schweine
namentlich spricht, ist der Umstand anzusehen, dass durch ge¬
triebene Schweineheerden erfahrungsgemäss die Seuche sehr
häutig verschleppt wird. Sind die Thiere schutzgeimpft, so
können sie nicht erkranken und werden deshalb nicht zur Ver¬
breitung der Seuche beitragen. Aus allen diesen Gründen schien
es wünBchenswerth, zunächst ein Urtheil darüber zu gewinnen,
ob das an Ferkeln als wirksam erwiesene Serum sich practisch
verwendbar zur Schutzimpfung der Schweine und Schafe zeigen
würde. An Gelegenheiten, diesbezügliche Versuche anzustellen,
fehlte es nicht, da in Vorpommern, im besonderen in der
Umgebung der Stadt Greifswald die Seuche im Laufe des letzten
Jahres in erheblichem Umfange geherrscht hat.
Diese praetischen Versuche haben nun ein durchweg
günstiges Ergebniss gehabt. Zum Beweise einige Beispiele:
ln Str. bei Herrn v. H. L. war die Seuche unter einer Herde von
416 Schafen ausgebrochen. Zwei Tage nach der Feststellung der
Seuche wurden 28 Schafe, welche anscheinend noch gesund waren,
mit Serum geimpft. Am Tage nach der Impfung erkrankten vier
am zweiten Tage drei von den geimpften Thieren. Diese
Thiere befanden sich schon im Stadium der Incubation, da die
Dauer derselben erfahrungsgemäss mindestens 2—3 Tage be¬
trägt. Die übrigen 21 sind nicht erkrankt, während alle nicht
geimpften Thiere der Herde erkrankt sind. Von den Schafen
getrennt, fanden sich ebendort 22 Zuchtböcke. Von diesen
wurden 15 geimpft, 7 nicht. Von den geimpften Thieren er¬
krankte kein einziges, von den sieben nicht geimpften
aber sechs. Vier in den nächsten Wochen eingetroffene, sehr
werthvolle Schafböcke wurden sofort geimpft und blieben gesund,
wiewohl sie mit der kranken Herde zusammen gebracht wurden.
Auf dem betreffenden Gute breitete sich die Seuche auch auf
die Rinder aus; alle Rinder erkrankten. Es lag daher die Gefahr
nahe, dass auch der umfangreiche Schweinebestand erkranken
würde. Um nun einen beweisenden Versuch zu haben, wurde
mit der Schutzimpfung gewartet, bis ein Erkrankungsfall unter
den Schweinen aufgetreten sein würde. Ein solcher ereignete
sich dann auch nach einiger Zeit, und es wurden nunmehr
sämmtliche Schweine, Ferkel, Pölke, Sauen und Eber der Serum-
itnpfnng unterzogen. Von den geimpften Thieren sind zwei
am zweiten Tage nach der Impfung erkrankt. Diese waren
ohne Zweifel bereits inficirt vor der Impfung. Sämmtliche
übrigen Thiere sind andauernd gesund geblieben.
In G. bei Herrn P. war die Seuche unter dessen grossem
Schweinebestande ausgebrochen. Die Schweine waren in zwei
getrennten Ställen untergebracht; in dem einen, welcher 40
Thiere enthielt, war noch kein Erkrankungsfall vorgekommen.
Diese Thiere wurden mit Serum geimpft und sind andauernd
gesund geblieben. Zwei von diesen Thieren wurden in eine
Bucht des verseuchten Stalles gebracht, in welcher kranke
Thiere lagen, auch diese haben widerstanden.
In dem anderen Stalle lagen in verschiedenen Buchten
gegen 100 Schweine, darunter eine Anzahl Sauen mit Ferkeln.
Mehrere der letzteren waren bereits an der Seuche verendet,
als die Impfung vorgenommen wurde. 15 Ferkel waren schwer¬
krank, ausserdem waren 10 kranke Sauen und Pölke in ver¬
schiedenen Buchten vorhanden. Geimpft wurden alle noch ge¬
sund erscheinenden Schweine bis auf sieben, welche zur Con-
trole dienen sollten, sowie sämmtliche Ferkel, auch die kranken.
Eins dieser Thierchen starb beim Herausheben aus dem Stall.
Die Section ergab die typische hochgradige fleckweise Fett¬
metamorphose des Herzmuskels.
Von den geimpften, anscheinend gesunden Schweinen und
Pölken sind am nächsten Tage drei leicht erkrankt, ebenso drei
ganz junge Ferkel, von denen eins noch starb. Diese Thiere
sind sicher bereits inficirt gewesen. Alle anderen bei der
Impfung gesunden Thiere sind dauernd gesund ge¬
blieben, hingegen sind die sieben zur Controle nicht
geimpften gesunden Schweine sämmtlich schwer er¬
krankt. '
Von den schwer kranken geimpften Saugferkeln, von welchen
eins bei der Impfung bereits paraplegisch war, sind vier ge¬
storben, die übrigen haben sich schnell erholt.
Das Ergebniss dieses Versuches ist als ein geradezu
glänzendes zu bezeichnen. In einem schwer verseuchten
Bestände ist die Seuche durch die Serumimpfung mit
einem Schlage coupirt worden. — Die angeführten Beispiele
mögen genügen, um die practische Brauchbarkeit der Serumschutz-
impfung zu illustriren.
Was die Mengen des eingespritzten Serums anlangt, so
schwanken dieselben zwischen 5 und 20 ccm je nach der Grösse
der Thiere. Generell werden von einem Serum, wie es in der
Praxis angewendet ist, 5 ccm für Ferkel und Lämmer genügen,
10 ccm für Pölke und 10—20 ccm für grössere Schweine und Schafe
je nach ihrem Gewicht. Den Ferkeln, welche hoch empfänglich sind,
wird man eine relativ grössere Dosis geben, 0,3—0,5 ccm pro Kilo,
als den grösseren Schweinen, für welche Mengen von 0,1—0,2 ccm
pro Kilo ausreichen.
Was nun die Gewinnung des Serums anlangt, so ist die¬
selbe nicht so leicht und einfach, wie die Gewinnung anderer
Sernmarten, für deren Herstellung Reinculturen der betreffenden
pathogenen Erreger bezw. Gifte in beliebigen Mengen zur Ver¬
fügung stehen. Da eine Cultur des präsumptiven Erregers der
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27. December 1900.
BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
615
Maul- und Klauenseuche bisher noch nicht gelungen ist, muss
man sich der in den Blasen kranker Thiere angesammelten
Lymphe bedienen, welche den Erreger enthält. Diese Lymphe
wird nur in kleinen Quantitäten von einem kranken Thiere
erzeugt. Man gewinnt von einem gute Blasen bietenden Thiere
nur einige Cubikcentimeter Lymphe. Um aber von einem
grossen Thiere, einem Rinde oder Pferde, ein brauchbares
Serum zu erzielen, muss dasselbe mit steigenden Mengen — bis
zu 100 ccm — dieser Lymphe vorbehandelt werden. Es ist
nun aber nicht allein ein grosses Quantum Lymphe erforderlich,
diese Lymphe muss auch eine möglichst hohe Virulenz besitzen.
Züchtet man die Lymphe im Körper von Rindern oder von
Schweinen weiter, so verliert sie, wie früher mitgetheilt worden
ist, sehr schnell an Virulenz, so dass die Impfungen nur kleine,
wenig Lymphe bergende Blasen erzeugen und nach vier oder
fünf Uebertragungen überhaupt nicht mehr krank machen.
Die Erhaltung der Lymphe machte deshalb erhebliche
Schwierigkeiten. Wir waren darauf angewiesen, immer wieder
ans frischen Seucheausbrüchen frisches Infectionsmaterial zu
beschaffen. Nach vielen Versuchen ist es endlich gelungen,
den Lymphstamm zu erhalten und zwar auch virulent !
zu erhalten. Durch Fortzüchtung des Virus im Körper der
kleinen Ferkel wird seit über einem Jahre der Lymph¬
stamm im hygienischen Institut zu Greifswald jetzt er¬
halten. Es kostet die Erhaltung des Lymphstammes natur-
geraä8s eine grosse Anzahl von Ferkeln. Aber da die Ferkel
glücklicher Weise das ganze Jahr hindurch zu massig hohen
Preisen zu haben sind, so lässt sich die Weiterführung des
Lymphstammes ohne allzu hohe Kosten durchfüliren. Man muss
freilich auch hierbei sehr aufmerksam sein, wenn nicht der
Faden abreissen soll, da einerseits bisweilen auch im Körper
der Ferkel eine Abschwächung der Lymphe sich vollzieht und
da andererseits bisweilen so starke Virulenzsteigerungen Vor¬
kommen, dass die Thiere nach kleinen Dosen Lymphe, Vso—Vioo ccm,
so schnell zu Grunde gehen, dass es zur Blasenbildung überhaupt
nicht kommt. Die zur Behandlung der Serumthiere nothwendige
Lymphe muss möglichst virulent sein. Es muss desshalb stets
die Virulenz der jeweils eingespritzten Lymphe geprüft werden.
Es geschieht dies, indem die für Ferkel von 4—5 Wochen
tödtliche Dosis festgestellt wird. Da das wirksame Serum durch
die auf die Einspritzung der Lymphe folgende Reaktion des
Serumtliieres sich bildet, so muss dafür Sorge getragen werden,
dass auf jede Injection auch wirklich eine genügend starke
Reaktion .folgt. Hat man ein genügendes Quantum wirksamer
Xymphe zur Verfügung, so kann man die Reaktion dadurch
sichern, dass man ein entsprechend höheres Quantum Lymphe
einspritzt, anderenfalls muss man die für die weitere Injection
bestimmte Lymphe von Neuem auf ihre Virulenz prüfen. Würde
man sich einfach damit begnügen, ein grösseres Quantum einer
frisch gewonnenen Lymphe einzuspritzen, so würde man ev. durch
das grössere Quantum Lymphe doch keine Steigerung erzielen,
-weil das grössere Quantum schwächer virulenter Lymphe weniger
kräftig wirken könnte, wie das bei der vorhergehenden Einspritzung
verwendete kleinere Quantum hochvirulenter Lymphe.
Da bei der Gewinnung der Lymphe aus den Maul- und
Ülauenblasen der kranken Thiere die Verunreinigung derselben
nait Schmutzstoffen unvermeidlich ist, so würde man, wenn man
grössere Mengen solcher verunreinigten Lymphe einem Thiere
einßpritzte, jedesmal Gefahr laufen, das Thier septisch zu inficiren.
I>i« gefahrlose Einspritzung grösserer Lymphmengen war daher
erst von dem Moment an möglich, als es gelungen war, den
Nachweis zu führen, dass man die Lymphe von allen in ihr
enthaltenen bacteriellen Verunreinigungen befreien kann — un¬
beschadet ihrer Wirksamkeit, indem man sie durch alle Bacterien
zurückhaltende Filter filtrirt.
Der experimentelle Nachweis, dass die Erreger
der Maul- und Klauenseuche so klein sind, dass sie
durch Bacterien sicher zurückhaltende Filter hin¬
durchgehen, war daher eine conditio sine qua non
für die Gewinnung des Schutzsernms. Aus dem Dar¬
gelegten erhellt, dass die Herstellung dieses Serums mit
selten grossen Schwierigkeiten verknüpft ist und dass umfang¬
reiche, kostspielige Einrichtungen und ein sorgsam geschultes
Personal dazu gehören, um ein den wissenschaftlichen Anforde¬
rungen entsprechendes Präparat für den praktischen Gebrauch
herzu stellen.
Die Höchster Farbwerke Meister Lucius und Brüning haben
es sich angelegen sein lassen, die Herstellung dieses Serums in
ihren Betrieb, welcher ja, wie bekannt, für die Serum-Gewinnung
mustergültig eingerichtet ist, aufzunehmen. Nach eingehenden
Versuchen sind dieselben jetzt dahin gelangt, ein Serum her¬
zustellen, welches in der Praxis für die Schutzimpfung von
Schweinen und Schafen verwendet werden soll. Alle in den
Handel gebrachten Sera werden von dem staatlichen Institute
für experimentelle Therapie in Frankfurt a. M. auf ihre Unschäd¬
lichkeit einerseits und auf ihre Wirksamkeit andererseits geprüft.
Durch die staatliche Prüfung wird den die Sera anwendenden
Aerzten und Thierärzten sowie auch den Cousumenten die
Garantie dafür geboten, dass durch die Anwendung des Mittels
keine Schädigungen bewirkt werden können und dass die er¬
wartete Wirkung nach der Anwendung nicht ausbleibt.
Die Höchster Farbwerke haben bei dem Vorgesetzten
Ministerium die staatliche Prüfung des von ihnen hergestellten
Schutzserums gegen die Maul- und Klauenseuche beantragt. Da
nun vor der Hand die Einrichtungen, welche für eine solche
Prüfung nothwendig sind, bei dem Institute für experimentelle
Therapie in Frankfurt a. M. nicht vorhanden sind, so ist dieses
Institut beauftragt worden, die Prüfung zunächst im hygienischen
Institute zu Greifswald vorzunehmen. Die Herren Geheimrath
Ehrlich und Stabsarzt Marx vom Institut für experimentelle
Therapie haben unter Zuziehung des Kreisthierarztes Herrn
Brass in Greifswald als thierärztlichen Sachverständigen letzthin
die Prüfung vorgenommen.
Die Prüfung kann in verschiedener Weise geschehen.
Entweder wird eine Anzahl gesunder kräftiger Ferkel von
8 bis 10 Kilo Gewicht mit steigenden Mengen (pro Kilo
Ferkel berechnet) des Serums behandelt und mit frisch
kranken Thieren zusammengebracht oder aber es werden Ge¬
mische einer virulenten Lymphe mit steigenden Serummengen
Ferkeln eingespritzt oder endlich, es wird eine bestimmte^Dosis
Lymphe, welche Controlthiere binnen drei Tagen typisch krank
macht, einer Reihe von Ferkeln in die Musculatur des einen
Hinterschenkels eingespritzt und in die Musculatur des anderen
Hinterschenkels steigende Dosen des Serums. Widerstehen
von den so geprüften Ferkeln diejenigen, welche 0,3 ccm
Serum pro Kilo erhalten haben, der Infection, so genügt nach
den von der Commission gemachten practischen Erfahrungen
das Serum für die Bedürfnisse der Praxis.
Es ist sehr bemerkenswertli, dass der Werth des Serums
sich so genau pro Kilo Ferkel ermitteln lässt, wiewohl doch
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616
die Prüfung- mittels lebender, vermehrungsfähiger Erreger vor¬
genommen wird und eine individuell verschiedene Empfänglich¬
keit der Thiere nicht von der Hand zu weisen ist. Eine Vor¬
bedingung muss indessen dabei erfüllt sein: die für die Prüfung
zu verwendenden Ferkel müssen ganz gesund*und kräftig sein
und dürfen nicht an einer chronischen Krankheit leiden oder
eine solche überstanden haben, und zwar aus folgendem Grunde.
Das eingespritzte Serum muss erst durch das Prüfungsthier
activirt werden. Ist dasselbe irgendwie krank oder krank ge¬
wesen, so wird es nicht im Stande sein, das Serum mit gleicher
Energie zu activiren wie ein gleichaltriges, gleichgrosses stets
gesund gewesenes Thier. Roux hat darauf hingewiesen, dass
die gleiche Dosis Diphtheriegift bei gesunden Meerschweinchen,
welche aber vorher zu anderen Versuchen gedient hatten, zu
seiner Unschädlichmachung eine grössere Menge Serumbeansprucht
als bei gesunden, frischen, ungebrauchten Thieren. Dieses
Moment ist auch bei der Prüfung des Schutzserums gegen Maul¬
und Klauenseuche wohl zu berücksichtigen.
Das von den Höchster Farbwerken zur Prüfung
gestellte Serum hat die verlangte Wirksamkeit ge¬
zeigt. Dasselbe kann daher für den practischen Gebrauch zur
Ausgabe gelangen.
Hydrops ascites beim Rinde und Heilung desselben.
Von
Joseph Hajnal-Mezöhcgyes,
Maatsthierarzt
Bei unseren Hausthieren ist Hydrops ascites — mit Aus¬
nahme der bei den Hunden oft wahrnehmbaren Fälle — eine
ziemlich selten vorfallende Krankheit, und wenn dieselbe an
einem Thiere hie und da auch vorkommt, endet sie fast in allen
Fällen innerhalb einer kürzeren oder längeren Zeitraumes letal.
Harms bemerkt in seinem Werke „Erfahrungen über Kinder¬
krankheiten“, dass er vollkommene Heilung nie beobachtete und
weiss auch nicht, zu welchem Resultate die Punction führen
dürfte, da er am Rinde in diesem Falle Punction nie ausführte,
sondern immer das Schlachten des Thieres anrieth. Fried¬
berger und Fröhner bezeichnen in ihrem Lehrbuche der
speciellen Pathologie und Therapie dieses Leidens als eine bei dem
Rinde selten vorkommende und kaum heilbare Krankheit, und
derselben Ansicht huldigt auchHutyra in seinem therapeutischen
Lehrbuche. Da ich im Laufe des Sommers 1899 Gelegenheit
hatte, die Heilung des Hydrops ascites zu beobachten, will ich
in folgenden Zeilen diesen seltenen Fall beschreiben.
Am 20. Juli vergangenen Jahres brachte man in das Rinder-
Spital ein zweijähriges ungarisches Jungvieh mit der Vorangabe,
dass es aufgeblasen wäre. Factisch w r ar der ganze Bauchumfang
vergrössert, die Hungergruben erhöht, oberhalb derselben war
auf Percussion ein paukenartiger Ton hörbar, im Ganzen bot
das Jungvieh das Bild eines an chronischer Tvmpanitis leidenden
Thieres. Nach Verabreichung von Abführmitteln sanken die
Hungergruben, doch der Umfang des Unterbauches änderte sich
nicht und blieb weiter auch breit und überaus weit hinunterhängend.
Der ganze Bauch ähnelte einem Schlauche, welcher über die
Hälfte mit Flüssigkeit gefüllt und an der Oeffnung aufgehängt
schien, gegen welche ersieh stark verengte, gegenüber derselben
aber die breite Basis sich ansdehnte. Der Percussiouston war
dumpf, welcher von unten nach oben bis zum unteren Theile
der Hungergrube reichte. Wenn man auf eine Seite die !
flache Hand anflegte, auf der anderen Seite mit der Finger- |
No 52.
spitze zart, doch rasch entlang strich, konnte man mit der flach
aufgelegten Hand einen schwachen Stoss fühlen, dies war der
Wellenschlag der in der Bauchhöhle befindlichen Flüssigkeit.
Bei heftigerem Anschläge waren diese Wellen auffallend fühl¬
bar, und wenn man gegen die Bauchwand mit der Faust stiess,
war ein förmliches Plätschern hörbar.
Bemerken muss ich, dass die Constatirung des Hydrops
ascites bezw. der Anwesenheit von Flüssigkeit in der
Bauchhöhle mehr auf dem Umstande basirt, dass man
bei leisester Percussion bereits die dadurch hervorgerufene
Fluctuation mit der auf der anderen Seite aufgelegten Hand¬
fläche wahrnehmen kann, wogegen heftigere Schläge nach
Trinken eines grösseren Quantum Wassers auch der grosse
Wasserinhalt des Verdaunngstractns weiter befördern kann.
In diesem Falle kann man nach starkem Anschlägen
wahrliclies Plätschern hören, ohne dass in der Bauchhöhle selbst
eine Spur von Flüssigkeit wäre. Rücksichtlich der differentialen
Diagnose ist daher sehr wichtig zu bemerken, ob wir an die
Bauchwände schwache Schläge versetzten oder nicht, denn
schwache Schläge sind auf der Gegenseite nicht fühlbar, wenn
wir es mit einem mit Flüssigkeit gefüllten Magen oder Darm
zu thun haben, wogegen das in der Bauchhöhle befindliche
Transsudat und Exsudat und die Fluctuation desselben
auch mit schwachen Schlägen nachweisbar ist, resp. hervor¬
gerufen werden kann.
Die Fluctuation war auch dann fühlbar, wenn man eine
Hand auf derselben Seite anlegte und inzwischen mit der andern
20—30 cm weiter unten die leisen Schläge anwendete, dagegen
wenn man mit der weiter oben liegenden Hand weiter nach oben
ging, fühlte man bald die Wellenschläge nicht, die Hand erreicht«
den unteren Drittheil der Hungergrube, daher auch auf Grund
der Fluctuation die obere Grenze der Flüssigkeit zn constatiren
war, welche der dumpfe Percussionston gleichfalls bezeichnete.
Das allgemeine Befinden des Thieres war befriedigend, die
Athmung etwas beschwert und rascher als gewöhnlich, die
Behaarung genügend glatt und schwach glänzend, die sichtbaren
Schleimhäute waren blass, der Appetit mittelmässig.
Auf Grund dieser Erscheinungen war auch au eine Sprengung
der Urinblase zu denken, was auch der Umstand unterstützte,
dass die Wärter keine Aufklärung geben konnten, ob das Thier
urinirt hatte oder nicht. Die Untersuchung des Mastdarms bot
diesbezüglich auch keinen Anhalt, denn die Blase war leer
und wie eines Mannes Handfläche gross, sie lag flach auf
dem Becken, mit dem unteren Theile die scharfe Kante des
Beckens berührend. Uebrigens war die gewisse Diagnose für
die Behandlung vorläufig von keinem besonderen Einflüsse, denn
ob Hydrops ascites, ob Urinblasensprengung, die Indication war
in beiden Fällen, dass das Thier punctirt werde.
Die Punction wurde am 24. Juli vorm. y,9 Uhr vorgenommen,
mit einem Troicart von 4 mm Kaliber. Wegen des Penis war
die Einführung ungefähr 10 cm links von der Linea alba und
ebenso weit hinter der Oeffnung geschehen, und zwar nach vor¬
herigem Abschneiden des Haares und nach Desinfection der
Haut. Nach Einführung des Toicart schoss die Flüssigkeit sofort
in starken Strahlen heraus, sie war rein, farblos, in grösserem
Quantum von schw-ach gelblicher Weinfarbe und hatte einen von
den Eingeweiden angenommenen schwachen Geruch. Die Farbe,
der Geruch und die Reinheit selbst schlossen aus, dass die
hervorschiessende Flüssigkeit Urin oder Exsudat sein könnte.
Inzwischen urinirte das Thier ein wenig in ganz dünnem Strahle,
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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27. December 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICME WOCHENSCHRIFT.
617
was allen Zweifel ausschloss, dass wir es mit etwas anderem als mit
Hydrops ascites zu thun hatten. Anhäufung von Exsudat konnte
auch nicht in Rede kommen, denn es fehlte das Fieber, und das
allgemeine Befinden des Thieres konnte genügend gut genannt
werden.
Die Ausströmung der Flüssigkeit währte Stunden lang; die
Function geschah um '/ 9 9 Uhr, der Troicart wurde gegen
entfernt, daher das Transndat, dessen Quantum über 135 Liter
war, fast 37* Stunden aus der Bauchhöhle floss. Mangels ge¬
nügender Gefässe floss ein wenig auch auf die Erde. Nach
Entfernung der Flüssigkeit war das Thier ganz flach geworden,
und die nächsten Tage zeigte es das Bild des jähen Ab-
magerns; es war bloss Haut und Knochen. Auf der Einführungs¬
stelle zeigte sich eine handgrosse platte, wässerige Geschwulst,
welche nach drei Tagen verschwand. Appetit schwach, Urin und
Entleerung von Excrementen geringe.
Einige Tage bekam das Thier innerlich Appetit befördernde
und Urin abtreibende Mittel (Baccae Juniperi). Ungefähr nach einer
Woche besserte sich der Zustand, und drei Wochen nach der
Operation konnte das Thier als genesen betrachtet werden, doch
wurde es erst am 15. September aus dem Spital entlassen, von
wo es als aufgebessertes Thier hinaus ging: es ist noch heute
vollkommen gesund.
Weder während der Behandlung, noch während nachträg¬
licher Beobachtung konnte ich krankhafte Erscheinungen nach-
weisen, aus welchen man auf die Ursache oder Recidive des
Uebels folgern könnte. Tuberculüsen Ursprunges konnte es nicht
sein, sonst hätte die Genesung nicht stabil sein können und das
Thier hätte nicht so rasch zugenommen. Dagegen spricht auch
das geringe Alter des Thieres und auch der Umstand, dass es
Weidevieh und nicht Stallvieh war. Auch konnte man kein
chronisches Herz- oder Lungenleiden vermntlien, denn weder an
dem einen noch an dem andern Organ waren hierfür Symptome
wahrnehmbar, und wenn auch solche vorhanden, wäre die Ge¬
nesung auch in dem Falle nicht eine stete gewesen. Dasselbe ver¬
steht sich auch bezüglich eines Leberleidens, des Echinococcus etc.
An ein chronisches Nierenleiden war auch nicht zu denken, denn das
kommt bei jungem Vieh überhaupt selten vor, andererseits wäre
ein solch hochgradiger Hydrops ascites mit schwacher oedema-
töser Schwellung der hinteren Gliedmassen verbunden gewesen,
wogegen doch im gegebenen dieselben ganz trocken waren.
Meine Vermuthung richtete sich dahin, dass eine Neu¬
bildung die Pfortader drückte und die Blutstauung den reinen
Hydrops ascites verursachte; die Neubildung mag in Folge der
grossen Flüssigkeits-Quantität ihre Lage verändert haben, mag
erweicht sein und hindert nunmehr die Blutcirculation in der
Pfortader weniger, demzufolge der Hydrops ascites sich nicht
erneuern kann. Diese meine Vermuthung ist blos eine Hypothese,
welche ich mit positiven Daten nicht erweisen kann. Diese
Ansicht könnte nur mittels an sämmtlichen untersuchbaren
Organen beobachteten negativen Erscheinungen und damit be¬
gründet werden, dass das Thier nach der Operation bald ein
ganz vollkommenes und gesundes Bild zeigte.
Achsendrehung, Darmruptur mit consecutiver
Peritonitis bei einem Zugochsen.
Von
Oppenheim-Lundenburg,
Sladttliii-rarzt.
Zu den seltenen Vorkommnissen bei dem Rinde zählt die
Achsendrehung des Darmes. Ich hatte Gelegenheit im hiesigen
Schlachthause einen solchen Fall zu beobachten und gebe im
Nachstehenden den Bericht :
Am 29. Oktober wurde ein Zugochse per Wagen in das
Schlachthaus gebracht. Die rasch vorgenommene Untersuchung
ergab: tiefes langsames Athmon, Herzschläge unfühlbar,
Temperatur 37,7° C. Das Thier konnte sich nicht erheben, war
gegen Nadelstiche vollständig unempfindlich. Die Conjunctiven
zeigten leichte Röthung, die Pupillen erwiesen sich bis auf
einen schmalen Spalt verengert. Da das Thier dem Tode
nahe war, gab ich Auftrag, unverzüglich die Schlachtung vor¬
zunehmen.
Nach dem raschen Durchschneiden der Halsgefässe floss
dunkelrothes Blut in massiger Menge ab. Die Gefässe des
Unterhautzellgewebes waren prall mit Blut gefüllt. Die Farbe
der Musculatur erschien verwaschen. Bei dem Eröffnen der
Bauchhöhle ergoss sich flüssiger Danninhalt in grosser Menge.
Er erfüllte die ganze Bauchhöhle. Die Gedärme zeigten sich
geröthet, speciell eine Partie des Dünndarmes war dunkelroth
gefärbt, nach rechts um ihre Achse gedreht. Ihre Schleimhaut
war dunkelroth, von Blutungen durchsetzt, erweicht, geschwollen,
die Muskelschicht infiltrirt, mürbe, sehr leicht zerreissbar.
Ein Theil des zu dieser Darmpartie gehörigen Gekröses hatte
sich natürlich mit abgeschnürt und erschien stark sulzig in¬
filtrirt. An der einen geknickten Stelle war der Darm dem
ganzen Lumen nach abgerissen, zeigte daselbst umgestülpte
Ränder und Blutungen. Die Schleimhaut des übrigen Dünn¬
darmes erschien stark katarrhalisch, der Darm enthielt ziemlich
flüssigen Futterbrei. Der Labmagen zeigte die Zeichen eines
acuten Katarrhes. Alle Mögen waren mit durchfeuchteten
Futtermassen gefüllt. Die Serosa des ganzen Darmes befand
sich im Zustande hochgradiger Entzündung, die einzelnen Darm¬
schlingen waren durch fibrinöses Exsudat, welches man in
Stücken entfernen konnte, mehr oder weniger innig mit einander
verklebt. Das Peritoneum erwies sich seiner ganzen Aus¬
dehnung nach sehr heftig entzündet, dunkelroth. Seine Gefässe
waren erweitert, mit Blut erfüllt, bis in die kleinen Ver¬
zweigungen deutlich sichtbar. Die Milz, nur wenig vergrössert,
hatte starke Blutungen unter der Serosa. Sie war blutreich,
die Pulpe leicht ausstreichbar. Die Leber, blutreich, zeigte
parenchymatöse Entzündung, ebenso das Herzfloisch. In den
Herzkammern fand sich nichtgeronnenes Blut in geringer
Menge, in der linken Herzkammer ausgebreitete Blutungen
unter dem Endocardinm. Das Fleisch war stark glänzend,
durchfeuchtet, wenig widerstandsfähig, weichlich (matsch), ver¬
färbt und mit unangenehmem Gerüche behaftet. Das Thier
wurde zur Vernichtung bestimmt.
Es handelte sich in dem beschriebenen Falle wohl ursprüng¬
lich um eine Achsendrehung. In Folge der Durchtränkung, des
beginnenden Brandes und irgend eines, vielleicht äusseren, An¬
lasses riss der Darm. Bedeutende Massen des Darminhaltes
entleerten sich in die Bauchhöhle und verursachten dort die
hochgradige Peritonitis.
Was die Anamnese anbelangt, so wurde mir mitgetheilt,
das Thier habe seit 2 Tagen das Futter versagt, und während
dieser Zeit keinen Kothabsatz gezeigt. Der Mastdarm sei beim
Eingehen mit der Hand leer befunden worden und habe nur
zähen Schleim entleert.
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BERLINER THIERÄRZTLICIIE WOCHENSCHRIFT
No 52.
Badischer Viehversicherungs-Verband.
Jahresbericht für 1899.
Mitgetlioilt von
Ad. Maier, Ncckarbischofshcim.
In No. 20 der Mittheilungen für Veterinärbeamte vom
17. Mai lfd'. Js. veröffentlichte ich unter der Spitzmarke „All¬
gemeine^ Fleischbeschau und Viehversicherung“ einen Auf¬
satz über das Wesen und die Thätigkeit des seit nunmehr
zehn Jahren bestehenden badischen Viehversicherungsverbandes.
Meinen Ausführungen, die allerdings mehr die hygienische Seite
der Materie im Auge hatten, lagen die Zahlen des Jahresbe¬
richtes für 1898 zu Grunde. Inzwischen ist deijenige für 1899
mit gewohnter Pünktlichkeit erschienen. Des Vergleiches wegen
mögen die darin niedergelegten Zahlen, die an Genauigkeit
und Uebersichtlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen, an
dieser Stelle wiederum veröffentlicht werden. Sie gewinnen ein
um so höheres Interesse, als die Einführung der allgemeinen
Fleischbeschau für ganz Deutschland nach einheitlichen Gesichts¬
punkten in der nächsten Zeit bevorsteht.
Einleitend wird in dem Jahresbericht das Jahr 1899 sowohl
in Bezug auf die Zunahme an Ortsanstalten als auch in Bezug
auf das Rechnungsergebniss als das günstigste seit Bestehen
des Versicherungs-Verbandes bezeichnet. Dieses Ergebniss ist
namentlich der seit 12. Juli 1898 eingeführten Bestimmung des
lebenden Verkaufs unheilbar kranker Thiere zu verdanken. Da¬
durch ist besonders eine bessere Fleischverwerthnng und in Folge
dessen ein höherer Erlös möglich geworden, hauptsächlich bei
kleineren Anstalten und in solchen Gegenden, in denen noch
eine gewisse Abneigung gegen den Genuss des Fleisches noth-
geschlachteter Thiere besteht.
Im Berichtsjahr gehörten dem Verbände an: 185 Ortsvieh¬
versicherungsanstalten (-f- 61 gegen 1898), 17 238 Viehbesitzer
(-f- 4 489) mit 62 832 versicherten Thieren (+ 17 690) mit
einem Versicherungswerth von 18 698 925 M. (-f- 6 197 400 M.).
Der Dnrchschnittswerth von einem Stück Vieh beträgt 297 M.
42 Pf. (276 M. 94 Pf.) Auf je 100 versicherte Thiere kommen
2,40 pCt. (2,82 pCt.) entschädigte Fälle d. i. 1,87 pCt. (2,21 pCt.)
des gesammten Versicherungswerthes.
Die Versicherung hat nahezu in allen Bezirken des Landes
festen Boden gefasst. Um diese grosse Verbreitung haben sich
die landwirtschaftlichen Bezirksvereine und die sonstigen bürger¬
lichen Interessevertretungen in Verbindung mit den dazu be¬
rufenen amtlichen Organen (Verwaltungsbeamte, Thierärzte,
Landwirthschaftslehrer u. s. w.) grosse Verdienste erworben.
Als ein wesentlicher Fortschritt gegen früher erweist sich
die in vielen Ortsanstalten eingeführte allgemeine Tuberculin-
Impfung. Von deren Bestehen wird die Aufnahme der neu an-
gekanften Thiere abhängig gemacht. Diese Massnahme erscheint
deshalb gerechtfertigt, weil in vielen Fällen Tnberculose die
Schadenursache bildete. Die Durchführung der Impfung wird
sich, wie es im Bericht heisst, für die Folge auch deshalb
empfehlen, weil künftig bei der Bewilligung von Staats¬
zuschüssen für die Kosten der thierärztlichen Behandlung vor¬
zugsweise diejenigen Anstalten berücksichtigt werden, welche
die Impfung obligatorisch gemacht haben.
Im abgelaufenen Betriebsjahr wurden 1543 Entschädigungs¬
ansprüche erhoben; davon waren begründet und wurden voll
entschädigt 1481 = 95,99 pCt., während nur theilweise be¬
gründet 25 = 1,61 pCt. und nicht begründet waren 37 = 2,40
pCt. 86,63 pCt. der wegen Nothschlachtung oder Umstehen
entschädigten Thiere standen in thierärztlicher Behandlung.
An Schadenfällen sind 1506 vorgekommen, was unter Berück¬
sichtigung der Zunahme des Versicherungsbestandes eine Minde¬
rung der Verlnstziffer gegen das Vorjahr um 0,42 pCt. bedeutet.
Die Zahl der Schadenfälle war in der zweiten Hälfte des Jahres
eine bedeutend höhere als in der ersten Hälfte. Die Ursache
lag in dem starken Auftreten der Maul- und Klauenseuche, die
in vielen Fällen tödtlich verlief und auch oft durch Nachkrank¬
heiten Nothsehlachtungen erforderlich machte.
Von den entschädigten Rindviehstücken waren
nothgeschlachtet.
1238 =
82,24 pCt.
umgestanden.
159 =
10,54 „
gewerblich geschlachtet
(Schlachtviehversicherung).
109 =
7,22 „
1506 Rindviehstücke
Unter den zur Entschädigung gelangten Thieren waren
Kühe.
1175 =
77,93 pCt.
Rinder und Kalbinnen . . .
260 =
17,36 „
Fairen.
28 =
1,86 „
Ochsen.
43 =
2,85 „
Das Alter der entschädigten Thiere war
unter 1 Jahr bei.
106 =
7,16 pCt.
von 1—5 Jahren bei ...
572 =
37,91 „
von 6—12 Jahren bei . . .
783 =
51,95 „
über 12 Jahre bei ....
45 =
2,98 „
Die Summe der durch die Amtskasse vorschüsslicli aus¬
bezahlten Entschädigungen beläuft sich, wie bereits erwähnt,
auf 349 653 M. 62 Pf. d. i. 1,87 pCt. des gesammten versicherten
Werthes.
Diese Summe vertheilt sich auf 1397 nothgeschlachtete
Thiere mit 339300 M. 41 Pf. und 109 Schlachtviehversicherungs-
fälle mit 10 353 M. 21 Pf. Die durchschnittliche Entschädigung
beträgt pro Stück 232 M. 17 Pf. Für nothgeschlachtete und
umgestandene Thiere wurde durchschnittlich 242 M. 88 Pf. pro
Stück oder 82 pCt. des durchschnittlichen Versicherungswerthes
entschädigt. Für Schlachtviehversicherung, wo es Bich meist
nur um Minderwerth oder um den Werth beschlagnahmter Theile
handelte, betrug die durchschnittliche Entschädigung 94 M. 98 Pf.
pro Stück. Der aus Thieren und Thiertheilen erzielte Reinerlös
beträgt 126 859 M. 22 Pf. d. i. für ein Stück durchschnittlich
90 M. 81 Pf. oder 37,39 pCt. der bezahlten Entschädigungs¬
summe gegen 33,35 pCt. 6jährigen Durchschnitts von 1893 bis
1898. Diese Besserung ist wiederum auf die günstigere Fleisch-
verwerthung zurückzuführen.
Der örtliche Versicherungsaufwand beträgt 243 436 M. 69 Pf.;
wovon 165 290 M. 58 Pf. ungedeckt bleiben. Die durch¬
schnittliche Ortsumlage stellt sich deshalb auf 88 Pf. für 100 M.
Versicherungswerth gegenüber 108 Pf. im Jahre 1898. Auch
diese günstige Erscheinung ist der besseren Fleischverwerthnng
und dem Zugang neuer Anstalten zu verdanken. Im Uebrigen
schwankt die Höhe der Ortsumlage von 8—282 Pf.
Der Verbandsaufwand beträgt 112 554 M. 49 Pf., zu dessen
Deckung eine Verbandsumlage von 60 Pf. für je 100 M. Ver¬
sicherungswerth erforderlich wäre. Da auf Grund des Gesetzes
jedoch nur eine Verbandsuralage von 20 Pf. von 100 M. Ver¬
sicherungswert zur Erhebung gelangt, so ist zur Deckung des
Mehrbetrags von 40 Pf. ein Zuschuss von rund 75000 M. er¬
forderlich, der von der Staatskasse getragen wird. Die durch¬
schnittliche Gesammtumlage (Orts- und Verbandsumlage) stellt
sich somit auf 108 Pf. für 100 M. Versicherungswerth d. i. bei
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27. December 1900.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
619
einem Durchschnittswerth von 297 M. auf 3,21 M. pro ver¬
sichertes Rindviehstück. Die bayrische Landesviehversiclierungs-
Anstalt bezeichnet für das gleiche Berichtsjahr eine durch¬
schnittliche Gesammtumlage von 114 Pf., wobei jedoch der Auf¬
wand für thierärztliche Behandlung, Heilmittel und örtliche
Verwaltung nicht inbegriffen ist.
Wenn man in Betracht zieht, dass durch obige 1,08 pCt.
zugleich auch sämmtliche Kosten für thierärztliche Behandlung
und Heilmittel mit 49 170 M. sowie die örtlichen Verwaltungs¬
kosten mit 19 439 M. getragen werden, so muss diese Leistungs¬
fähigkeit als eine äusserst günstige betrachtet werden. Keine
Versicherungseinrichtung ähnlicher Art kann bei so weit¬
gehenden Leistungen mit so geringer Prämie arbeiten.
Den Schluss möge die Liste der Schadenursachen der
1397 nothgeschlachteten und uragestandenen Thiere bilden. Die
Zahlen gewinnen im Hinblick auf die allgemeine obligatorische
Fleischbeschau erhöhtes Interesse.
I. Krankheiten des Nervensystems und
der Sinnesorgane. 45—3,21 pCt.
Gehirnschlag (Apoplexie) 6; Gehirn¬
entzündung Oedem 12; Gehirnhöhlen¬
wassersucht 2; Rückenmarks- (Kreuz-)
Lähmung 23; Fallsucht (Epilepsie) 2.
H. Krankheiten des Gefässsystems ... 18 = 1,29 „
Herzbeutel-, Herzentzündung 2; Herz¬
klappenfehler 3; Herzzerreissung 2;
Herzlähmung 11.
IH. Krankheiten der Atlimungsorgane . . 25 = 1,79 „
Katarrhalfieber (bösartige Kopfkrank¬
heit) 4; Lungencongestion 1; Em¬
physem 1; Lungenentzündung (katarr¬
hal.) 2; Schluckpneumonie 6; Bronchitis 2;
Lungenschwindsucht ohne Tuberculose 5;
Lungenlähmung 2; Brust- und Rippen¬
fellentzündung 1; Brustwassersucht 1.
IV. Krankheiten der Verdauungsorgane . 334 = 23,86 ,,
Fremdkörper im Schlund 5; Schlund-
zerreissung 4; Aufblähung, acute 43;
chronische 3; traumatische Entzündung
des Magens, Darmes, Bauchfells, Zwerch¬
fells, Herzbeutels, der Lunge u.s.w. 189;
Hernien 3; Darminvagination, -Ver¬
schlingung 16; Indigestion, Magen-,
Darmcatarrhe 23; Magen-, Darment¬
zündung 33; Krankheiten der Leber 6;
der Milz 2; Bauchwassersucht 6; Darm-
concremente 1.
V. Krankheiten der Harnorgane .... 31 — 2,29 „
Nierenentzündung 25; Harnsteine 3;
Berstung der Harnblase 3; Blutharnen 1.
VI. Krankheiten der Geschlechtsorgane . 264 = 19 „
Tragsack-, Scheidenkatarrhe (Fluor
alb.) 4; Tragsack-, Scheidenentzündung
73; Tragsack-, Scheidevorfall 24;
Schwergeburten 41; Fehlgeburten (Ab-
ortus) 3; Verletzungen der Geburts¬
wege 47; Festliegen vor und nach der
Geburt 7; Tragsackdrehung 1; Gebär¬
parese (Kalbefieber) 30; Eutcrent-
zündung 19; Verblutung 5; Erkrankung
der Ovarien 1; Neubildungen in den
Geburtswegen 2; Beckenbrüche 6;
Schlauchentzündung 1.
VII. Infectionskrankheiten. 487 = 34,71 pCt.
Tuberculose 328; Blutvergiftung (Sep-
ticaemie, Pyaemie) 12; Genickstarre
(Meningitis cerebr. spinal.) 1; Malignes
Oedem 1; Actinomycose 24; Starrkrampf
7; Maul- und Klauenseuche 75; Folgen
der Maul- und Klauenseuche 39.
VIII Parasiten (thierische). 32 = 2,29 „
Drehkrankheit (coenurus cerebral.) 29;
Echinococcenkrankheit 3.
IX. Krankheiten der Haut und Muskeln . 11 = 0,79 „
Zellgewebsentzündung 2; Muskelver¬
letzungen 2; Sehnenabscesse 3; Sehnen¬
entzündung 1; Muskelschwund 1;
Muskelrhenmatismus 2.
X. Krankheiten der Knochen und Gelenke 39 = 2,78 ,,
Gelenksentzündung 23; Luxationen 7;
Gelenkrheumatismus 4; Hüftlähmung 1;
Gelenkzerreissung und Abscesse 4.
XI. Krankheiten der Klauen. 8 = 0,57 „
Klauenentzündung (Panaritium) 8.
XII. Störung der Ernährung. 46 = 3,28 .,
Blntarmuth (Anaemie) 11; Abzehrung
und Zehrfieber 6; Knochenbrüchigkeit
10; allgemeine Wassersucht 11; Alters¬
schwäche 3; Bösartige Geschwülste
(Sarcome) 5.
XIII. Aeussere Einwirkungen oder durch
dieselben verursachten Krankheiten . 54 = 3,93 „
Blitzschlag 4; Erwürgen, Ersticken 2;
Verwundungen, Quetschungen usw. 7;
Knochen-Wirbelbrüche 40; Hornbruch 1.
XIV. Unbestimmte, unbekannte Krankheiten 3 = 0,21 ,.
Summa . . 1397 = 100 pCt.
Bei sämmtlichen.109
Fällen der Schlachtviehversicherung wurde
die polizeiliche Beschlagnahme bezw. Be¬
anstandung des Fleisches verursacht durch
Tuberculose.
Summa . . 1506 Schadenfälle.
Auch hier sehen wir dieselben Erscheinungen in gleicher
Weise sich wiederholen. Die Krankheiten der Verdauungsorgane
(hauptsächlich die traumatischen Entzündungen des Darmes,
Magens, Herzbeutels usw.), der Geschlechtsorgane (Schwer¬
geburten und deren Folgekrankheiten) und Infectionskrankheiten
(vor allen Dingen Tuberculose usw.) stellen weitaus das grösste
Contingent der Ursachen zu sämmtlichen Nothschlachtungen.
Bei den gewerblich geschlachteten Thieren ist es wiederum die
Tuberculose, die fast ausschliesslich den Grund zu Beanstandungen
bezw. Beschlagnahmen bildet. Die Viehversicherung erweist sich
somit auch als eine Hanptwaffe gegen die Tuberculose.
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620
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 52.
Tagesgeschichte.
Bericht über die Generalversammlung des Vereins
der Thierärzte des Regierungsbezirkes Düsseldorf,
abgelialten am 11. November ds. J. im Hotel Heck
zu Düsseldorf.
Der Herr Vorsitzende, Departementstlxierarzt Schmitt aus
Düsseldorf, eröffnete um 111/ 4 Uhr die Versammlung und be-
grüsste zunächst den als Gast anwesenden Herrn Regierungs-
Assessor Ebbinghaus und dankte dem Vertreter der Regierung
für das rege Interesse, das er dem thierärztlichen Stande immer
entgegenbringt. Dann dankte er den Mitgliedern für die rege
Betheiligung. Anwesend waren die Herrn Departemensthierärzte
Schmitt-Düsseldorf, Kreis-Thierarzt Dr. Keuten-Geldern,
Schlachthof-Director Schenk-Düsseldorf, Kreis - Thierarzt
Pfleger-Opladen, Schlachthof-Director Stier-Wesel, Kreis-
Thierarzt Belcour-Gladbacli, Schlachthof-Thierarzt Plath-
Viersen, Kreis-Thierarzt Winter-Rees; Thierärzte Krone-
Ruhrort, Winter - Wesel, Möllhoff-Essen, Hoffmann-
Hilden, Zipp-Romraerskirchen, Heckmann-Crefeld, Bettel¬
häuser - Duisburg, Nienhaus - Ruhrort, Bresser - Duisburg;
Kreis-Thierarzt Sch eff er-Grevenbroich, Schlachthof-Thierarzt
Knörchen-Werden; Thierärzte Wigge, Prayon, Martin-
Schache-Düsseldorf, Starck-Giesenkirchen, Kreisthierärzte
Schmitz-Mülheim, van Straaten-Dinslaken, Hirschland-
Es^n, Otte-Vohwinkel, Eckardt-Neuss, Wessendorf-Elber¬
feld, Grube - Crefeld, Boesser-Lennep, Schlachthofthierarzt
Dr. Bettendorf - Uerdingen; Thierärzte Seifert - Kempen,
Gebhard und Spangenberg - Remscheid , Feeger - Crefeld,
Tacke-Düsseldorf, Schulz-Gladbach. Als Gäste waren an¬
wesend Thierarzt Dr. Flatten-Köln und die Rossärzte Bath
und Huinmerick-Düsseldoif.
Der Kassenwart, Herr Kreis-Thierarzt Hirschland be¬
richtet, dass nach Abzug sämmtlicher Ausgaben ein Bestand
von 1-15,19 Mark in der Casse sei und dazu ein Guthaben von
ICO Mark auf der Sparkasse. Die zu Revisoren ernannten
Kreisthierärzte Wessendorf und Otte prüften die Beläge;
nach deren Bericht wurde dem Cassirer Entlastung ertheilt.
Als neue Mitglieder wurden aufgenommen die Herren
Zipp-Rommerskirchen und Hoffmann-Hilden.
Abgemeldet hat sich Herr Kreis-Thierarzt a. I). Grasses-
Barmen.
Der Herr Vorsitzende verliest sodann ein Schreiben der
Sanitäts-Thierärzte des Regierungsbezirkes Brandenburg. Zur
Durchsicht und Beratlmng dieser Eingabe wurde eine Commission,
bestehend aus den Herren Kreis-Thierarzt Otte-Vohwinkel,
Schlachthof - Director Koch-Barmen und Thierarzt Wigge-
Düsseldorf gewählt. Auf der nächsten Versammlung soll die
Commission Bericht erstatten.
Der Versicherungsverein zu Stuttgart hatte eine Eingabe
gemacht, um mit dem Verein Versicherungen abzuschliessen.
Die Nothwendigkeit von Versicherungen wurde allseitig an¬
erkannt, namentlich auch Haftpflicht-Versicherung. Zur Durch-
berathnng der Stuttgarter Statuten und Anerbietungen wurden
die Herren Thierarzt Wigge nnd Kreis-Thierarzt Dr. Keuten
gewählt. Auf Veranlassung des Herrn Vorsitzenden wurde der
Vorstand unter Zuziehung des Herrn Kreis-Thierarztes Eckardt
und Thierarzt Wigge beauftragt, bis zur nächsten Versammlung
die Vereinsgesetze neu umznarbeiten im Sinne des neuen bürger¬
lichen Gesetzbuches.
Es erhält sodann das Wort Herr Thierarzt Martin zu
seinem Vortrag über Tuberculin-Impfung. Nachdem Referent
kurz die Darstellungsw’eise, das Wesen und die Tuberculin-
wirkung berührt hatte, kam er auf die Erfahrungen zu sprechen,
die man in öflTentlichen Schlachthäusern mit den aus unsern
Quarantäne-Anstalten eingeführten Rindern, die auf die Ein¬
spritzung mit Tnberculin nicht reagirt hatten, machte. Die
Vorführung statistischer Angaben zeigte, dass vom HI. Quartal
1899 bis zum II. Quartal 1900 in den Quarantäneanstalten von
den geimpften Rindern nur zwischen 1—5 pCt. reagirt hatten,
während der Procentsatz der aus den Quarantäneanstalten in
Schlachthäuser überführten Tiere, die auf eine Injection von
Tnberculin nicht reagirt, nach dem Schlachten sich jedoch
als tuberculös gezeigt hatten, sich zwischen 11 und 19 pCt. be¬
wegte. Als Ursache dieser Fehlergebnisse könnten nun ver¬
schiedene Umstände in Betracht kommen, vor allem die be¬
kannten Eigenschaften des Tuberculins, bei hochgradig verbrei¬
teter Tuberkulose vielfach keine Temperatursteigerung zu
bewirken, während auf der andern Seite Thiere mit ganz gering¬
gradiger, macroscopisch oft kaum wahrnehmbarer tuberculöser
Erkrankung typische Reaction äussern. Nach Eber sind es
im ersten Falle stark ausgebreitete tuberculöse Erkrankungen
oder nur geringgradige locale Herde, die verkalkt sind und
deshalb gleichsam als abgeheilt zu betrachten sind. Nach den
Erfahrungen im Düsseldorfer Schlachthof sind von den ans
Quarantäne-Anstalten eingeführten tuberkulös befundenen 239
Rindern, die auf Tuberculin nicht reagirt hatten, 39 pCt. mit
ausgebreiteter Tuberculöse, die mindestens eine Confiscation der
Eingeweide zur Folge hatten, behaftet; ca. 3 pCt. mit Tuber-
culose der Lungen ui:d des Brustfelles und circa 58 pCt. nur
mit Tuberculöse der Lungen- resp. Lymphdrüsen; im letzteren
Falle w r aren die Heerde durchaus nicht immer verkalkt, sondern
zeigten häufig nur Verkäsung. Nimmt man aber die Ansicht
Ebers als die richtige an, so müsste die Erklärung noch irgend
wo anders zu suchen sein. Die Güte des Impfstoffes, die Technik
und ihre Ausführung könnten wohl kaum in Betracht gezogen
werden, eher schon die betrügerische Vorimpfung der Rinder.
Nach einer Bemerkung Ostertags imAprilheft 1900 derZtsckr.für
Fleisch- und Milchhygiene soll es jedoch durch eine besondere
Art der Anwendung des Tuberculins gelingen, diese Manipu¬
lation illusorisch zu machen. Worin diese Art der Anwendung
des Tuberculins besteht, ist dem Referenten nicht bekannt.,
wahrscheinlich wird sie aus nahe liegenden Gründen geheim
gehalten.
Es bleibt also dahingestellt, wo die Ursachen für Fehl¬
ergebnisse zu suchen sind, zum Theil sind sie ja erklärbar.
Aus den Statistiken geht nun auch hervor, dass sämmtliche
Thiere, die nicht reagiren, nach öffentlichen Schlachthäusern
gelangen, eine Verschleppung des Ansteckungsatoffes kann also
kaum in Betracht kommen. Von diesen Thieren ist nun, wie
gezeigt, eine erhebliche Anzahl mit ausgebreiteter Tuberculöse
behaftet, während wahrscheinlich von denen, die reagirt hatten,
der grösste Theil vom Standpunkt des Fleischbeschaners als ge¬
sund bezeichnet werden müsste. Ob angesichts dessen die ganze
Einrichtung sehr zweckmässig erscheint, dürfte etwas in Zweifel
gezogen werden.
An diesen Vortrag knüpfte sich eine sehr angeregte Debatte.
Eckardt berichtet, dass von zwölf dänischen Stieren, die nicht
reagirt hätten, in einer Woche acht nach dem Schlachten mit
Tuberculöse in den verschiedensten Stadien behaftet waren.
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27. December 1900.
Aehnliche Beobachtungen sind in verschiedenen Schlachthöfen
gemacht worden. Beicour hat Zuchtstiere geimpft und einen,
der typisch reagirt hat, nach dem Schlachten genau untersucht,
aber nichts gefunden. Auch Lehmke, Winter und Stier
berichten Aehnliches. Otto dagegen berichtet, dass er viel
geimpft habe, namentlich anfangs, als das Tuberculin noch
thener war und deshalb immer genau untersucht wurde. Miss¬
erfolge habe er nicht gehabt. Schmitt wirft die Frage auf,
wie es komme, dass die schwarzbunten Kühe mehr auf Tuber¬
culin reagirten «als die rothbunten? Lehmke berichtet, dass
er am Niederrhein viel geimpft habe, dabei hätten von den roth¬
bunten 5—6 pCt. reagirt, von den schwarzbunten aber 10—12 pCt.
Otte hat beim schlesischen rothbunten Vieh früher nie Ttiber-
culose gefunden, erst nachdem schwarzbunte Holländer eingeführt
wurden, war Tuberculose aufgetreten. Eckardt hat gleiches
beim Harzvieh beobachtet, seiner Ansicht nach liegt es nicht
an der Farbe, sondern daran, dass das feine Racevieh mehr zur
Erkrankung neigt, ebenso das durch Inzucht gewonnene.
Lehmke schiebt auch den Unterschied auf die verschiedene
Haltung des Viehes, die Nordholländer wären meist schwarzbunt
und gewöhnten sich schwer an unser Klima, dagegen seien die
rothbunten meist aus dem Flussgebiet und daher Widerstands,
fähiger. Er erwähnt noch, dass in Holland demnächst Impf¬
versuche im Grossen vorgenommen werden sollen. Der Vor¬
sitzende scnliesst nun die Debatte über diesen Gegenstand und
dankt Herrn Martin für seinen Vortrag, der ja auch diese
interessante Unterredung veranlasst habe.
Es berichtet dann Dr. Keuten über den Stand der
Schweineseuche in unserm Bezirk, er behauptet, dass die Seuche
viel häufiger vorkomme als angenommen wird. Er hat seit drei
Jahren wenig mehr die acute Form gesehen, entweder haben
sich die Schweine mehr gewöhnt, sind widerstandsfähiger
geworden, oder das Virus hat sich abgeschwächt. Er hat in
Gegenden, wo die Seuche herrschte, Schweine, die zu husten
anfingen, tödten hassen und gefunden, dass die Lungenspitzen
atelectatisch sind, er hält dies für das Anfangsstadium der
Seuche, nachher bilden sich die specifischen Heerde. Er er¬
wähnte sodann verschiedene Arten und Weisen, wie man hier
abhelfen könnte. Wollte man Alles anzeigen, so würde mancher
Besitzer ruinirt. Nach seiner Ansicht müssten Unterschiede
zwischen der acuten und chronischen Form gemacht werden,
die chronische Fora müsste insofern freigegeben werden, als
das Fleisch frei ins Schlachthaus eingeführt werden dürfe.
Ferner müsse eine Unterstützung vom Staat gewährt werden,
ähnlich wie bei Milzbrand, Lungenseuche etc.
In der anknüpfenden Besprechung bemerkte Eckhardt, es
komme darauf an, dass die Nachsperre genügend gehandhabt
werde. Nach seiner Absicht könne durch Husten allein keine
Schweineseuche festgestellt werden, auch ist er gegen die
Trennung der acuten und chronischen Form, er ist wohl für
ein Gesetz ähnlich dem der Lungenseuche, also vor Allem nach
dem letzten Seuchenfall eine Sperre noch von sechs Monaten.
Auch Otte, Beicour und Heckmann sprechen sich für ein¬
greifendere Massregelu aus. Nachdem die Discussion geschlossen,
bedankt sich der Herr Regierungsassessor für alles Lehrreiche und
Interessante, was er im Laufe der heutigen Versammlung gehört
hat und verspricht, auch fernerhin dem Vereine und dem tliier-
ärztlichen Stande sein Interesse zu bewahren. Nachdem er
sich entfernt hatte, berichtet Dr. Keuten über einen Fall,
wo ein Pferdezuchtverein (der Vorstand) einen Pfuscher, Schmiede-
621
meisterW., als Thierarzt neben einem approbirten Thierarzt in
eine Prüfungscommission setzt. Dr. Keuten wird veranlasst,
die Thatsache der Regierung einzureichen.
Als Delegirte für die thierärztliche Central - Vertretung
werden Herr Departeraentsthierarzt Schmitt und die Herreu
Kreisthierärzte Eckardt und Otte gewählt.
Herr Kreisthierarzt Schmitz-Mülheim a. d. Ruhr übergiebt
im Aufträge der Erben des verstorbenen Ehrenmitgliedes Herrn
Kreisthierarzt A. Schmidt den silbernen Pokal an den Verein,
den derselbe vor etlichen Jahren dem verstorbenen Ehrenmit-
gliede anlässlich seines 50 jährigen Dienstjubiläums verehrt hatte.
Die Versammlung beschloss, sich bei der Familie des Verstorbenen
für dieses Geschenk zu bedanken.
Der Vorsitzende dankt den Mitgliedern für die zahlreiche
Betheiligung an der Versammlung und für das rege Interesse,
welches sie den Gegenständen der Tagesordnung entgegengebracht
hätten und schliesst sodann die Versammlung.
Anschliessend hieran wurde im Festsaale des Hotel Heck
ein Mittagessen eingenommen, an dem sich sämmtliche Collegen
betheiligten. Es herrschte die fröhlichste Stimmung. Nach
dem Essen vereinten sich die jüngeren Herren und besahen sich
die Sehenswürdigkeiten der schönen Diisselstadt, die in jeder
Beziehung allen Anforderungen gerecht wurde. I. A.
Bettelhäuser,
Schriftführer.
Protocoll der XXXV. Generalversammlung des Vereins
der Thierärzte des Regierungs-Bezirks Wiesbaden am
24. November 1900 im Rheinhotel in Wiesbaden.
Anwesend sind als Mitglieder die Herren: Dr. Augstein-
Wiesbaden, Dr. Casper-Höchst, Eberle-Erbenstein, Emmel-
Hachenburg, Emmerich-Weilburg, Heckelmann-Rennerod,
Hitschfeld-Wetzlar, Kl ein-Homburg, Noll-Kirberg, Pitz-
Eltville, Remy-Limburg, Schlichte-Usingen, Staupe-Bieden¬
kopf, Dr. Thoms-Montab.aur, Thorr- Frankfurt, Dr. Voirin-
Frankfurt, Werner-Diez und «als Gäste die Herren Corpsrossarzt
Reck-Frankfurt, Rossarzt Bock-Wiesbaden, Dr. Joest-Frank-
furt, Dr. Rieck-Bockenheim und comm. Kreisthierarzt Simmer¬
mach er-St. Goarshausen.
Entschuldigungsschreiben sind eingegangen von den Vereins¬
mitgliedern Herren Ilse-Battenberg, Kaiser-Frankfurt, Prof.
Dr. Leonh ardt-Frankfuit, Loderhose-Königstein, Long-
Dillenburg, Müller-Höchst und Wenzel-Herborn.
Der stellvertretende Vorsitzende, Departements-Thierarzt
Dr. Augstein, eröffnet die «Sitzung um 11 Uhr mit dem Aus¬
drucke des Bedauerns, dass der derzeitige Vorsitzende, Herr
Prof. Dr. Leonhardt, durch andauernde körperliche Indisposition
auch dieses Mal am Erscheinen behindert sei, und mit dem
Wunsche für dessen baldige völlige Wiederherstellung. Er
betont sodann, dass der letztsommerliche Versuch, mit den
Sitzungen an die Oeffentlichkeit zu treten, dem Verein mehr
Freunde und Gönner erworben habe, als man von vornherein
erwarten durfte. Allgemein sei man darüber erstaunt gewesen,
dass ein so zielbewusstes Zusammenwirken der Thierärzte im
Bezirke überhaupt existirt und dass dieses Zusammenwirken
nicht allein der Geselligkeit und dem Frohsinn oder gar klein¬
licher Sonderinteressenverfolgung gewidmet ist, sondern vor
allen Dingen den Zweck hat, die sociale Stellung der Thierärzte
auf der Basis ernster Arbeit zu heben und das Können und
Wissen der einzelnen Mitglieder durch mühevolle und fleissige
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 52.
Referate zu fördern. Hierauf legt er die Gründe dar, weshalb
der Vorstand trotz dieses äusseren Erfolges der heutigen Ver¬
sammlung wieder den ursprünglichen Rahmen ihrer Abgeschlossen¬
heit gegeben habe und macht den Vorschlag, dass neben den
Sitzungen mit ofiziellen Gästen auch noch regelmässig interne
Zusammenkünfte abgehalten würden, in denen sozusagen die
engeren Familienangelegenheiten des Vereins geregelt werden
sollen. In der zu dieser Frage eröffneten Discussion erklärt
sich die Versammlung dafür, dass im Allgemeinen zur Sommer¬
sitzung Einladungen an die offiziellen Persönlichkeiten ergehen
und dass die Wintersitzungen einen sozusagen familiären Cha¬
rakter tragen sollen. Indess wird der Vorstand ermächtigt,
Aenderungen an diesem Programm vorzunehmen, wenn besondere
Umstände dies wünsckenswerth erscheinen lassen.
Hierauf erstattet der derzeitige Kassirer Dr. Voirin den
Kassenbericht. Nach demselben betragen die Einnahmen des
verflossenen Vereinsjahres einschliesslich des Baarbestandes
494,71 Mk, die Ausgaben 354,40 Mk., mithin verbleibt ein
Kassenbestand von 140,31 Mk. Zu diesem Baarbestande kommt
noch das in den Händen des Herrn Prof. Dr. Leonhardt be¬
findliche Vereinsvermögen hinzu, welches, in Werthpapieren an¬
gelegt, ein Kapital von ca. 480 Mk. repräsentirt, so dass das
gesammte Vereinsvermögen zur Zeit ca. 620 Mk. beträgt. Im
Anschluss an seinen Bericht stellt der Kassirer den Antrag:
„Der Verein wolle beschliessen. dass das gesammte Vereins¬
vermögen, also auch das in Werthpapiei en angelegte, von dem
jeweiligen Vereinskassirer verwaltet wird. Derselbe soll über
die in seinem Besitze befindlichen Werthpapiere eine Quittung
ausstellen, die der Vorsitzende in Händen behält.“ Dieser
Antrag wird angenommen.
Auf einen weiteren von Dr. Voirin eingebrachten und vom
Vorsitzenden unterstützten Antrag hin beschliesst die Versamm¬
lung ferner, die noch restirenden Beiträge eines ausgeschiedenen
Mitgliedes niederzuschlagen.
Nachdem sodann durch eine von der Versammlung erwählte
Commmission, bestehend aus den Herren Pitz-Eltville und
Schliclite-Usingen, die Rechnungslage geprüft und für richtig
befunden worden ist, wird dem Kassirer Decharge ertheilt.
Dem Unterstützungsverein für Thierärzte sind bisher 22
Mitglieder beigetreten; die Beiträge zu demselben werden nach
einem früheren Beschlüsse an den Vereinskassirer abgeführt.
Dr. Casper beantragt, dass der Verein in Anbetracht der
günstigen Finanzlage einen Beitrag zur Aufstellung der Büsten
von Gnrlt, Hertwig und Spinola bewilligen möge. Der Vor¬
stand unterstützt diesen Antrag, ebenso Dr. Thoms; letzterer
giebt aber zugleich dem Wunsche Ausdruck, dass man neben
diesen drei Männern auch anderen hervorragenden Verfechtern
der thierärztlichen Sache, so in erster Linie dem verewigten
Professor Dr. Pütz-Halle die gleiche Ehrung erweisen möge.
Die Versammlung einigt sich auf den Beschluss:
„Der Verein zeichnet zu den Kosten für die Aufstellung
der Büsten von Gurlt, Hertwig und Spinola 100 M. und
spricht dabei den Wunsch aus, dass auch andere um den thier¬
ärztlichen Stand verdiente Männer, so vor allem der Begründer
und langjährige Leiter der Central-Vertretung, Prof. Dr. Pütz-
Halle in ähnlicher Weise geehrt werden“.
Bei der darauf folgenden Vorstandswahl, welche durch
Abgabe von Stimmzetteln erfolgte, wurden Departements-Thier¬
arzt Dr Augstein-Wiesbaden als Vorsitzender, Thierarzt
Dr. Casper - Höchst als Schriftführer, Sanitäts - Thierarzt
Dr. Voirin-Frankfurt als Kassirer gewählt. Die Genannten
nahmen die Wahl dankend an.
Beim nächsten Punkte der Tagesordnung „Delegirtenwahl“
beantragt College Staupe, den Vorsitzenden Dr. Augstein
durch Acclamation zum Delegirten zu ernennen. Hierzu giebt
Dr. Augstein zu bedenken, dass der Verein dadurch wieder
einen Departements-Thierarzt mehr in die Central-Vertretung
hineinbringen würde und bittet dringend, den Delegirten rein
objectiv und vor Allem ohne irgendwelche persönliche Rücksicht¬
nahme zu wählen. Die Versammlung ertheilt indess dem Vor¬
sitzenden das Vertrauensvotum und ernennt ihn einstimmig zum
Delegirten. Im Behinderungsfalle desselben sollen der Schrift¬
führer und weiterhin der Kassirer die Vertretung übernehmen.
In der Frage, ob ein oder zwei Delegirte abgeordnet werden
sollen — die Mitgliederzahl beträgt zur Zeit 35 — beantragt
Dr. Casper „nur einen Delegirten zu entsenden, denselben
aber zur Abgabe von 2 Stimmen zu ermächtigen und ihm ausser¬
dem von jetzt ab neben den Kosten des Billets 2. Klasse Tage¬
gelder in Höhe von 12 M. zu bewilligen“. Dieser Antrag wird
unter lebhafter Zustimmung angenommen.
Zur Neuaufnahme in den Verein haben sich die Herren:
Dr. Joest-Frankfurt, Dr. Kick-Bockenheim und comm. Kreis¬
thierarzt Simmermacher-St. Goarshausen angemeldet, und
wurden ohne Widerspruch aufgenommen, worauf sie vom Vor¬
sitzenden mit herzlichen Worten begrüsst und zugleich ersucht
wurden, auch ihrerseits an der Erweiterung der Ziele des Ver¬
eins nach besten Kräften mitzuarbeiten.
Sodann lenkt der Vorsitzende die Aufmerksamkeit der Ver¬
sammlung auf einen Vorgang in der Fachpresse, der auch schon
im Verein Brandenburger Thieiärzte die Gemüther beschäftigt
hat. Herr Oberthierarzt Kühnau-Hamburg hat nämlich in
No. 39 der „Berliner thierärztl. Wochenschr.“ einem Passus im
Reichsfleischschaugesetze, und zwar dem § 5 Abs. 3, welcher
heisst: „Zu Beschauern sind approbirte Thierärzte oder andere
Personen, welche genügende Kenntnisse nachgewieseu haben,
zu bestellen“ die merkwürdige Auslegung gegeben, als würden
hiernach später nicht nur die Laien, sondern auch die Thier¬
ärzte, welche zur Ausübung der Fleischbeschau zugelassen werden
wollen, noch besondere Spezialkenntnisse nachweisen müssen.
Allerdings sei diese Külmau’sche Idee bereits von Herrn Collegen
Beckhard in No. 44 der „B. T. W.“ und vor Allem
in der Sitzung des Vereins Brandenburger Thierärzte vom
4. November gebührend beleuchtet worden. Indess halte er
(Dr. Augstein) es nicht für miissig, wenn gerade der Verein
der Thierärzte des Wiesbadener Bezirkes, dessen Angehörige
die allgemeine Fleischbeschau in ähnlicher Weise, wie sie nun¬
mehr für das gesammte Reich in Kraft treten soll, schon seit
8»/ 2 Jahren gründlich kennen gelernt haben, heute einstimmig
den Beschluss fasse:
„Der Verein der Thierärzte des Regierungsbezirks Wies¬
baden schliesst sich rückhaltlos sämmtlichen 3 Punkten
der von der 61. Generalversammlung des Vereins Branden¬
burger Thierärzte am 4. November 1900 gefassten Reso¬
lution an.“
Auch dieser Vorschlag findet allgemein Anklang, und der
Vorstand wird beauftragt, diesen Beschluss dem Vorsitzenden
des Brandenburger Vereins zur event. Weiterverwendung direkt
mitzutheilen.
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27. Dcccmber 1900.
Zum Punkt 3a der Tagesordnung „Die Fleischbeschau
in Hessen-Nassau und das Reichsfleischschaugesetz“
verliest Dr. Thoms einen von dem leider behinderten Referenten
Kreisthierarzt Müller-Höchst verfassten sehr interessanten Be¬
richt, in welchem er nicht nur die Vorzüge der ans dem Jahre
1892 stammenden allgemeinen Fleischbeschauordnung für die
Provinz Hessen-Nassau vor der zu erwartenden Reichsfleisch¬
beschauordnung hervorhebt, sondern auch dasjenige in klarer
und sachlicher Weise darlegt, was sich in jener als einer Ab¬
änderung bezw. Vervollkommnung bedürftig erwiesen habe. An
der darauf folgenden Discussion betheiligten sich hauptsächlich
die Herren Dr. Augstein, Klein, Simmermacher, Dr. Thoms,
Remy und Hitschfeld, und erregte besonders die Thatsache
allgemeine Heiterkeit, dass dem Collegen Simmermacher ein
von seinem Ortsbürgermeister ausgebildeter Trichinenschau-
Prüfling zunächst sämmtliche Luftblasen und Fettzellen als ver¬
kapselte Trichinen vorführte und nach der endlichen Einstellung
von etwa einem halben Dutzend thatsächlicher Trichinen ganz
resignirt erklärte, er sehe jetzt nur normale Muskelfasern.
Von mehreren Seiten wird der Wunsch ausgesprochen, dass
dieses wichtige Thema nochmals auf die Tagesordnung einer
der nächsten Versammlungen gesetzt werden möge.
Hierauf leitet Dr. Augstein das zweite Thema: „Einiges
über die letzte Maul- und Klauenseuche - Invasion“
etwa folgendermassen ein: Nachdem der Regierungsbezirk
Wiesbaden fast den ganzen Sommer seuchefrei geblieben war,
inficirten Thiere, welche am 18. September auf dem Giessener
bezw. am 27. October auf dem Herborner Viehmarkt gekauft
waren, insgesaramt 11 Kreise desselben. Trotz dieses be¬
deutenden räumlichen Umfanges des qu. Seuchenzuges gelang es
seiner schon in wenigen Wochen Herr zu werden, und
nach kaum zwei Monaten war nicht nur jede weitere Seuchen¬
gefahr beseitigt, sondern es konnten bis auf zwei Gemeinden
bereits überall die verhängt gewesenen Schutzmassregeln wieder
aufgehoben werden. Dieser überraschende Erfolg, der um so
mehr in die Augen sprang, als man fast überall nennenswerthe
Secundärausbrüche hatte verhüten können, spräche nicht allein
für die Güte der neuen landespolizeilichen Quarantänevorschrift
vom 8. Mai 1900, sondern vor Allem auch für die Leistungs¬
fähigkeit und für das sachgemässe Vorgehen der Veterinär-
bearaten. Er (Redner) nehme daher an dieser Stelle Veran¬
lassung, allen Collegen, welche an dieser Seuchenbekämpfung
mitgewirkt hätten, seinen Dank und seine rückhaltlose Aner¬
kennung auszusprechen. Zur Discussion nehmen die Herren
Schlichte, Pitz, Emmerich und Klein das Wort.
Nachdem sodann als Ort für die Abhaltung der nächsten
Versammlung wieder Wiesbaden einstimmnng aufgestellt worden
ist, wird die Sitzung um 1 1 / 2 Uhr geschlossen.
Das um 2 Uhr stattflndende gemeinsame Mittagsmahl, an
welchem ausser den bereits genannten Gästen auch Herr Staats¬
anwalt Dr. Beccio theilnahm, verlief bei ausgezeichnetem Menu
in der angeregtesten Stimmung. Der Vorsitzende toastete in
zündender Rede auf den thierärztlichen Stand und das Blühen
seines Vereinswesens, Herr Emmerich gedachte mit warm
empfundenen Worten der Verdienste des früheren langjährigen
Vorsitzenden, Herrn Prof. Dr. Leonhardt; Namens der Gäste,
deren HochDr. Casper ausbrachte, dankte in herzlichen Worten
Herr Corpsrossarzt Reck.
Auf den dem Vorstande dnrch Herrn Dr. Thoms ausge¬
sprochenen Dank für die vorzügliche Leitung der Geschäfte er-
623
widerte Herr Dr. Voirin. Der definitive Abschluss des Festes
soll erst am nächsten Abende erfolgt sein.
Dr. Augstein, Dr. Casper,
Vorsitzender. Schriftführer.
Thierärztliche Gesellschaft za Berlin.
Protocoll-Auszug
der am Montag, den 5. November 1900, im Rathskeller
abgehaltenen Sitzung.
Eröffnung der Sitzung 8 3 / 4 Uhr durch den stellvertretenden
Vorsitzenden Herrn Dr. To epp er.
Das Protocoll der October - Sitzung wird verlesen und ge¬
nehmigt.
Herr College Glage hat seinen Austritt aus dem Verein
angeraeldet.
Der stellv. Vorsitzende hält einen warm empfundenen Nach¬
ruf für das verstorbene Ehrenmitglied des Vereins, Herrn Mar-
stall-Oberrossarzt Suder. Die Versammlung ehrt das Andenken
desselben durch Erheben von den Sitzen.
Herr College Dr. Kantorowicz wird in den Verein auf¬
genommen.
Zum II. Theil der Tagesordnung erhält das Wort zu seinem
angekündigten Vortrage Herr College Gutzeit. Derselbe re-
ferirt über „Pathologisch-anatomische Befunde bei der Kolik der
Pferde“ an der Hand der in der thierärztlichen Literatur nieder¬
gelegten Erfahrungen und demonstrirt einige von Herrn Geheim¬
rath Professor Dr. Schütz ihm zu diesem Zwecke gütigst über¬
lassene Zeichnungen.
Herr College Dr. To epp er spricht sodann über das Thema
„Streifzüge in das Gebiet der modernen Chemie“. Vortragender
schildert zunächst einen der interessantesten chemischen Pro-
cesse — die alkoholische Gährung des Zuckers — als einen
nicht an die Lebensfähigkeis der Hefezelle geknüpften physio¬
logischen Vorgang, sondern als eine lediglich zwischen dem
Zucker und einer in der Hefe enthaltenen chemischen Ver¬
bindung — einem Ei weisskörper — sich abspielende Reaction.
Hierauf wendet sich der Herr Vortragende der Entdeckung der
neuen Elemente der athmosphärischen Luft des Argon, Helion,
Krypton, Metargon, Neon und Fenon zu und giebt endlich einen
Ueberblick der in neuester Zeit künstlich dargestellten Arznei¬
mittel, wie zunächst der Theerproducte, sodann des Formaldehyds
und zum Schlüsse der Fieber- und Schlafmittel.
Nach Erledigung des Theils 111 der Tagesordnung „Mit¬
theilungen aus der Praxis“, in welchem besonders Herr College
Gutzeit verschiedene Präparate von Spiroptera un ein ata aus
dem Magen einer Ente demonstrirt, wird die Sitzung 11 Uhr
geschlossen. Neumann, Schriftführer.
Aus China.
Herr Rossarzt Oehlhorn schreibt an einen Bekannten: Ich
bin jetzt als Rinderpestcomraissar nach Peking commandirt, habe
fast alle Tage internationale Conferenzen betr. Bekämpfung der
Rinderpest und spreche schon fertig englisch und französisch.
Augenblicklich impfe ich die Rinder der französischen Station
und instruire übrigens die Veterinäre sämmtiicher Stationen
betr. Seuchen. Ich habe hier eine vorzügliche selbstständige
Stellung und wenn auch die Situation noch etwas schwierig ist,
so gefällt es mir doch gut. Ich denke nicht sobald nach
Deutschland zurückzukehren und hoffe vielleicht später auch noch
anderweitig im Auslande verwendet zu werden. Ich habe drei
Dienstpferde, wonach sich allenfalls ermessen lässt, wie viel ich
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 52
za reiten habe. Deshalb ist Vielschreiben jetzt nicht mein
Fall. — (Aber die Stimmung 'ist gesund; das ist die Haupt¬
sache. D. R.)
Grossherzogthum Sachsen-Weimar.
Die Grossherzogi. Staatsregierung kaufte für die 5 Bezirks¬
thierärzte des Landes 5 werthvolle Zeiss-Microscope und liess
die Bezirksthierärzte im pathologischen Institut der Hochschule
in Dresden einen bacteriologischen Kursus (von 3 Wochen) ab-
solviren.
t
Kreisthierarzt Niebel.
Am 19. Deeember d. J. verschied im Krankenhause
St. Hedwig zu Berlin der Kgl. Kreisthierarzt am Polizeipräsidium
Wilhelm Niebel im 47. Lebensjahre an den Folgen einer
Malleus-Infection, welche der Verstorbene sich bei Laboratoriums-
Arbeiten im Dienste der Wissenschaft zugezogen hatte.
Das tragische Geschick des verdienstvollen Mannes erweckt
überall innigste Theilnahme; Collegen und Freunde beklagen den
Verlust des Forschers, dessen unerwarteter Heimgang so jäh
ein hoffnungsvolles Leben beschloss.
Niebel war ein sehr rechtschaffener Mann von vornehmer
Gesinnung und durch regen Schaffensgeist ausgezeichnet. Seine
Arbeiten „lieber den Nachweis von Pferdefleisch in Nahrungs¬
mitteln“, „lieber Kennzeichen des Alters von Geflügel und
Wild“, „lieber die Glycogen-Theorie bei der Entstehung der
Lumbago gravis“ sichern, ihm in den Reihen verdienstvoller
Autoren einen dauernden Platz. Mitten in seinen practischen
Arbeiten betr. Serumtherapie der Schweineseuche und Geflügel¬
cholera ereilte ihn der unerbittliche Tod, nahm fünf un¬
mündigen Kindern den zärtlichen Vater und der seit Monaten
erkrankten Gattin den treu sorgenden Helfer.
Am Tage vor Christabend betteten zahlreiche Freunde und
Couleurbrüder klagend seinen Leib in heimathlicher Erde zu
Clenze.
An kostbaren Kranzspenden wurden niedergelegt: „Wid¬
mung der Thierärzte des Kgl. Polizeipräsidiums zu Berlin, der
Thierärztlichen Gesellschaft zu Berlin, des Frankfurter-Thor-
Bezirks-Vereins zu Berlin, der Gemeinde-Vertretung der Sama¬
riter-Kirche zu Berlin, des Geraeinde-Kirchenraths der Sama¬
riter-Kirche zu Berlin, der „Gäste vom runden Tisch“ vom
Restaurant Noak zu Berlin, der R. S. C. Landsmannschaft
„Teutonia“ zu Berlin, der R. S. C. Landsmannschaft „Hauno-
verania“ zu Hannover“.
Ruhe aus, Du treuer lieber Freund!
Schünho ff-Clenze,
Hannoveraniae.
Personalien.
Ernennungen: Zu Kreisthierärzten die coiniu. Kreisthierärzte
Bauer in Neutomischel, Dr. Finkenbrink in Malmedy. Hoiup in
St. Goar, Kendziorra in Tönning (Kr. Kiderstedt), Petcrsen in
Segeberg; zu comniissarisclien Kreisthierärzten die Thierärzte
Dammann in Gr.-Strehlitz, R. Gross in Niederbronn (Kr. Hagenau),
Grube - Krefeld (nicht Grupe-Berlin wie irrthümlich in Nr. 51) in
Krefeld, Holm in Harburg. Kreisthierarzt Dü well von Blumcnthal
nach Osterholz versetzt.
Approbationen: in Berlin die Herren Wilhelm .Johann, Johannes
Rogacki.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: die Thier¬
ärzte Gehrt nach Schlawe (Ponim.) Hans Schmidt von Xanthen
nach Gotha.
Todesfälle: Thierarzt Boesenroth-Königsberg (Pr.) Thierarzt
Fischer-Molsheim, Kreisthicrarzt Stang-Nicdcrbronn.
Tacanzen.
Kreiethierarztetellen etc.: Neu ausgeschriebene Stellen:
Reg.-Bez. Stade: Blumenthal zum 1. Februar 1901 (600 HL),
Bewerbungen bis 10. Januar an den Regierungs präsidenten.
Sanität8thierarzt8tellen : Neu ausgeschriebene Stellen:
Königsberg i. Pr.: Schlachthausthierarzt (2000 M., Wohnung etc.:
Gwöch. Künd.). Bew. bis 31. I)ec. a. d. Direct, d. Schlachthofes. —
Neidenburg: Schlachthausverwalter zum 1. Januar 1901 (3 monat¬
liche Kündigung; 1500 M. Wohnung etc.; Privatpraxis in dienst¬
freier Zeit; 500 M. Caution.) Bewerbungen an den Magistrat. —
Ohligs: Schlachthofdirector zum 1. Juli 1901 (3000 M., Wohnung.).
Bewerbungen sind bis 15. Januar einzureichen. — Solingen:
Schlachthofdirector (3000 M. und 600 M.) Miethsentschädigung,
event. freie Wohnung etc. Anstellung voraussichtlich zum 1. Mai
auf 12 Jahre; keine Praxis.) Bewerb, bis 15. Januar an den Ober¬
bürgermeister.
Besetzt: Privatstelle in Bojanowo.
An die Leser.
Mit dieser Nummer schliesst der Jahrgang 1900 der B. T. W.
Wegen der stets wiederkehrenden grossen Schwierigkeiten, welche
die Fertigstellung des Registers zugleich mit der letzten Nummer,
namentlich auch wegen der Unterbrechung der Setzer- und
Druckerarbeiten durch die Feiertage bereitet, geben wir das
Register künftig erst mit der ersten Nummer des folgenden
Jahrganges aus. Diejenigen Abonnenten, welche etwa äus-
scheiden und, weil bei der Post abonnirt, der Verlagsbuchhandlung
nicht direkt bekannt sind, können das Register unter Einsendung
der letzten Post-Abonnementsquittung bei der Verlagsbuchhandlung
zu kostenfreier Uebersendung bestellen.
Die Veröffentlichung des ausführlichen Berichts über die
Sitzung der Central-Vertretung beginut in No. I des nächsten
Jahrganges.
In Folge der Veränderung der Redaction haben die Gratis¬
beilagen „Mittheilnngen für Veterinärbeamte“ aufgehört; statt
ihrer sind mehrfach Beiblätter veröffentlicht worden. Für den
abgelaufenen Jahrgang empfiehlt es sich, alle diese Beilagen
hinter diejenigen Nummern des Hauptblattes, mit denen sie aus¬
gegeben sind (was überall aus dem auf Hauptblatt und Beilage
angegebenen gleichen Datura erkennbar ist), einbinden zu lassen.
Künftig werden gesonderte Beilagen nicht mehr ausgegeben,
vielmehr, falls Staatsveterinärwesen und Fleischschau etc. grösseren
Raum erfordern, die Hanptblätter selbst im Umfang. verstärkt
werden.
Redaktion und Verlag der B. T. W.
Anonyme Zusendungen.
Es ist mir eine Zuschrift zugegangen, welche gewisse Zu¬
stände ganz berechtigten Klagen unterwirft. Abgesehen davon
aber, dass diese Verhältnisse offenkundig und schon sehr oft
critisirt sind, dass desshalb von wiederholten Besprechungen
keine Besserung zu erwarten ist, diese vielmehr nur durch den
Fortschritt in unseren gesammten Verhältnissen gebracht worden
kann, ist es mir auch aus dem Grunde nicht möglich, die Zu¬
schrift zu veröffentlichen, weil dieselbe nicht unterzeichnet ist.
Der Name eines Autors kann wohl bei der Veröffentlichung
verschwiegen werden, aber der Redaktion muss er bekannt sein.
Von diesem Grundsätze kann nicht abgegangen werden.
Schmaltz.
Berichtigung.
In dem Artikel von Beckhard (No. 50 d. B. T. W.) pg. 597,
zweite Spalte, Zeile 23 von unten ff. muss es heissen: umgangen
i zu werden pflegt, wird dessen ungeachtet auch er nicht gerade
l selten zu den Freuden der thierärztlichen Praxis hinzugezogen.
Verantwortlich für den Inhalt (excl. Inseratenteil): Prof. i»r. Schmaltz. in Berlin. — Verla« und Eigentum von Richard Scboetz in Berlin. - Bruck vou W. BlUenstcin, Berlin
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Book Slip-50m-!),’70(N9877s8) {. r >8 -A-31/Ä.6
D\Q\\!.:QCy~
Cali Number:
790202
Berliner tierärztliche
Wochenschrift,
BE836W
1900
N? 790202
Berliner tierärztliche
Wochenschrift.
BE836W
1900
HEALTH
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