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Full text of "Berliner Tierärztliche Wochenschrift 16.1900"

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Berliner 



Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz- Berlin. 

Verantwortlicher Redacteur. 


Be Bruin 

Kühnan 

Dr. Lothes 

Dr. Peter 

Peters 

Preusse 

Professor 

Oburtliierarzt 

DepartemeDtsihierarzt 

Professor 

Depsrtementsthlerftrst 

V eterlnftrassessor 

Utrecht. 

11 am bürg. 

Cöln. 

Breslau. 

Bromberg. 

Danzig. 


Dr. Schlegel Dr. Vogel Zfindel 

Professor I.andes-Insp. f. Thiersucht Krelrthlerarxt 

Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 


Jahrgang 1900. 



Berlin 19ÖÖ. 

Verlag von Richard Schoetz 

Luisenstraase 86. 

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f • - , ; y OF CALIFORNIA, 

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Sachregister. 

(Dl« Zahlen hinter den einzelnen Sitzen bedeuten die Seitenzahlen.) 


Abdeckerei s. Gerichtsentscheid., Cadaver. 
Beseitigung d. Cadaver unter „Milzbrand“. 

Abdeckereiprivilegien in Spandau (Gerichts- 
entsch.). Beibl. zu No. 49 vom 6. Dec. 

Abdeckerei wesen. — Badisches Gesetz betr. 
das — Orig.-Art. v. Preusse. 465. 

Abdeckereiwesen in Anhalt (Polizeiverordnung) 
Beibl. zu No. 46 vom 15. Nov. — 

Desgl. im R.-B. Lüneburg ebenda. 
Be8chränknngde8Abdeckereibetriehes514, 
in Baden 465. Anspruch auf abgestandenes 
Vieh (Kammergericbtsentsch.) 444. 

Abgeordnetenhaus s. Avantgardengefecht. 

Abgestandene Thiere s. Gerichtsentschei¬ 
dungen. 

Abiturientenexamen s.a unter Tagesgeschichte 
(Unterrichtswesen). — Orig. - Art. v. 
Scbinaltz. 164. — Abit. der Rossärzte 
Orig.-Art. v. Schiel. 92. 

Abortus b. Verkalben. 

Abortus der Kühe und die Phenolinjectionen 
nach Bräuer. v. Rosolino. 509. 

Abscess s. Spätentzündungen. 

Abscees (periproctalcr) bei der Kuh. Orig.- 
Art. v. Storch. 161. 

Abscesse (paravaginale) bei der Stute. Orig.- 
Art. v. de Bruin. 159. 

Abscesshaken v. Braatz. 281. 

Abwerfen s. Wirbelsäulenbruch. 

Acarusrände beim Hunde. — Heilung der — 
Orig.-Art. v. Paust. 172. 

Accomodirt 8. Auge. I 

Acetanilid 8. Muskelrbeumatismus. 

Acetanilidins bei infectiöser Pneumonie. An- I 
Wendung v. Guillemain u. Cadix. 474. j 

Achillessehne. Theilw. Zerreissung v.Hell. 294. j 

Achaelarterie 8. Thrombose. I 

Acbsendrehung s. Peritonitis. I 

Actinomycose s. a. Strahlenpilze, Glossitis j 
actinomycotica. 

Actinomycose beim Menschen. — Klinisches 
über — v. Bramann. 176. 

Actinomycose beim Rind. — Allgemeine 
metastatische — v. Harreveit. 247. 

Actinomycose des Euters der Kuh v. Maxwell. 
330. Desgl. des Testikels (primär) v. 
Olier. 330. 

Actinomycose (primäre) des Hodens bei einem 
Bullen, v. Görig. 462. 

Actinomycose des Menschen und der Thiere. 
Eine neue Varietät des Strahlenpilzes 
und die Verwandtschaft!. Beziehungen der 
Streptothricheen. v. Schürmayer. 114. 

Actinomycosis. — Die Lehre von der — 
Autoreferat v. Preusse. 88. 


Aderlass s. Hohlnadel. 

Aerzte und Aerztliches s. a. Fleischbeschau, 
TagesgCBch. — Studium (Neuord.) 609. — 
Prinzipien bei Beurtheilung conservirter 
Nahrungsmittel v. Liebreich 503. 

Aetzpaste. — Eine schmerzlos wirkende — 
v. Pouchet. 185. 

Africa: s. a. ausserenropäische Krankheiten, 
Rinderpest. — Afrikanische Pfcideseuche 
v. Fadyean. 26s. — Behandlung von 
Pferden, Maulthieren u. Ochsen während 
des Felddienstes b4. — Die Pferde Süd¬ 
afrikas und deren gefährlichste Krank¬ 
heiten, insbesondere die Malaria v. Zürn. 
568. — Einfuhrbestimra. nach Caplaud 
334. — Erreger der Pferdesterbe. O.ig.- 
Art. v. Rickmann. 314. — Maul- u. Klauen¬ 
seuche in Sudafiika 298; desgl. Rinder¬ 
pest ebenda u. 405 (Windhoek — Vacanz 
10. — Zugochse Südafrikas. 186. 

Airol v. W. Eber. 355. 

Alaunlösung lOpCt. bei Gelenkwunden, v. 
Hanke. 65. 

Alcaliscbo Reaction s. Fleisch. 

Alcohol als Gegengift bei Carboisäurever¬ 
giftung v. Phelps. 367. 

Alcohol und Händedesinfection v. Tjaden. 30. 

Alfort. — In der Ecole vötörinaire d’ — Orig.- 
Art. v. Lohsce. 157. Bemerk, dazu v. 
Goldbeck. 187. 

AloCdosirnng bei Tympanitis des Rindes. 
Orig.-Art. v. Paust. 219. 

Alopecie. — Heilung der — v. Balzer. 177. 

Altersbestimmung s. Backzähne, Karpfen. 

Alters der Pferde nach den Scbneidezäbnen. 
— Beurtbeilung des — v. Heinze. 255. 

America: 8. Castrationsmelhoden. — Die 
Maul- und Klauenseuche in Argentinien. 
188, 274. Desgl. Canada. 274. — Ein¬ 
fuhrbestimmungen für Vieh nach den Ver. 
Staaten. 334. — In'ernationalc Vieh-Aus¬ 
stellung in Chicago. 383. — Kampf gegen 
die Tuberculose in d. Ver. Staaten. 400. 
— Protest gegen das Einfuhrverbot von 
lebendem Vieh aus A. Beibl. zu No. 29 
19. 7. S. 6. — Veterinärpoli/.eiliches in 
d. Ver. Staat., Beibl. zu No. 38 v. 20 9. 
S. 7. — Viehzählung in d. Ver. Staaten 
am 1. 1. 1900. 151. 

Amyloform. Orig.-Art. v. Anders. 483. 

Amyloid s. Leberzerrcissung. 

Anästhesie s. Arzneien, Ii.filtrationsanästhesie, 
Peronin, Tropococalo. 

Anatomisches und Physiologisches s. 
a. Augenlid, Bildungsanomalien (Unter¬ 
kiefer, Zunge, Niere, Gallenblase), B lut- 
bildung, Celluloid, Colostrum. Embryo¬ 
logisches, Gallenblase, Harn, Herz (Lage¬ 
rung). Ilydrocephaltis, Milch (Fettgehalt), 
Milz (Function), Milz (überzählige), Miss¬ 
bildungen, Nabelschnur, Tollwutb. 


Aneurysma der art. ileo-coeco-colica. — Ver¬ 
blutung durch — v. Loth. 379. 

Anhalt: Abdeckereiwesen, Beibl. zu No. 46 
vom 15. Nov. S. 1. 

• Anthrax s. Formalin, Milzbrand. 

Antiaborticum s. Antifebrin. 

Antiaphtben (Warnung). 294. 

Antidiphtheriesernm s. Diphtherie. 

Antifebiin als Antiaborticum. v. Bez - Tb. 
Schmidt. 43. 

Antipyreticum s. Kryofin. 

Antiseptica in der Armee 320. 

An unsere Leser. Orig.-Art. v. Schmaltz. 313. 

Aphthen s. Maul- und Klauenseuche. 

Aphtbenseuchebehandlung mit Chromsäure 
v. Jarre. 256. 

Aphtbentheer. 431. 

Apotheken. — Anford, an thierärztliche — 95. 

Apparate etc. s. Abscesshaken, Castrations¬ 
methoden (Möller, Toepper), Conjunctival- 
sack, Ei-*en (oribopäd.), Emasculator, 
Embryotom, Feuersbrünste, Hohlnadel, 
Imptkästchen, Iropfspritze, Injectionen, 
Injectionscaniilen, Kiaueuschuh, Koch¬ 
apparate, Operationstisch, Praxiswagen, 
Prolapsns uteii et vaginae (Blume 529), 
Steckstollen, Stempelkasten, subcutane In¬ 
jectionen, Thermometerfixator, Tödtungs- 
apparat, Wirhelaäulenbruch, Zange, 
Zuzenräumer 269. 

Approbationen (Thierärztlicbe) i. J. 98/99- 277. 

Argentinien. — Maul- und Klauenseuche in 
— Oiig.-Art von Kühnau. 188, 274, 612. 

Argentum colloidaleCredö s.Credö’sche Silber¬ 
salze, Kälberruhr, Petechialfieber, Rotz. 

Argentum coli, als Wundbeilmittel v. Tetzner. 
235. 

Armee s. Antiseptica. 

Arteria ileo-coeco-colica s. Aneurysma. 

Arteriosclerosc beim Pferde v. Krüger. 584. 

Arthritis et Tendovaginitis tuberculosa. — 
Orig.-Art. v. Prof. Schlegel. 421. 

Arzneien s. a. Acetanilid, Aceta ilidin, Aetz¬ 
paste, Airol, Alaunlösung, Alcohol, Aloe- 
dosirung, Amyloform, Antifebrin, Anti¬ 
septica, Aphtentheer, Argentum, Bacillol, 
Barium chloratum, Carbolsäure, Chielin, 
Chromsäure, Chrysarabin, Collastin, 
Creolin, Eigonc, Ekajodoform.Electricität, 
Epikarin, Foimalin, Gelatine, Glutol, 
Höllensteinlösung, Holzkohle, Icbtboform, 
Igazol, Jodkalium, Kal. bichromicnm, 
Krvofin, Kühlpasten, Liquor Crcsoli, 
Nebennierenextract, Nirvanin, Paraform, 
Peronin, Pi' tolin, Protargoi, Protocoll der 
Sch'eswig-holsteinischen Tbierärztever- 
sammlung. 93, Pyrogallol, Russian waters, 
Salol. Sanatol, Schweiz (therapeut.Notizen 
ans Bern), Strychnin, Tannalbin, Tanno- 
form, Tropococatn, Tropon, Vitalin, 
Xeroform, Zinknaste. 


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Arzt t. Aerzte und Tageageschlchte. 

Ascariden im Darmcanal. — Abnormer Geruch 
des Fleisches bei — v. Morol. 167. 

Ascites s. Bauchwassersucht. 

Auge s. Augenentzündung, Blepharitis. Bo- 
tryomykose des Auges, Conjunctivalsack, 
Conjunctivitis, Cysticercus cellulosae, 
Hornhauttrübung, Keratitis, Nathstern, 
Nelzhautablösung, Sehorgan (Verletzung 
mit Kalk), Staar, Tollwnt.h (Bulbusunter¬ 
suchung), TropocoeaYn, Uvealtractus. 

Augenentzündung der Pferde (periodische) 
Orig.-Art v. Bernhard. 301. — S. a. Uveal¬ 
tractus. 

Augenentztlndungen der Rinder. — Zur Aetio- 
logie der seuchenhaften — v. Schmidt- 
Dresden. 483. 

Augenlid s. Botryomycose. 

Augenlids einiger Säugethiere. — Die Drüsen 
des dritten — v. Miessner. 283. 

Auges. — Die Anatomie des accomodirten 
— v. Heine. 271. 

Ausfuhr s. Einfuhr, Fleischeinfuhr, Länder¬ 
namen. 

Au88obuhen s. Neurectomie. 

Ausstellung s. Weltausstellung, Paris, Tages¬ 
geschichte. 

Ausstellung der D. L.-G in Posen. 212, 289. 
Mastviehausstellung in Berlin. 236. — 
Weltausstellung in Paris 81; Gruppirung 
416 (Hauptner). 

Australien: Fleischproduction 311. — Neue 
Schafkrankheit v. Chorvy u. Bull. 364. 

Avantgardengefecbt von Schmaltz. 31. 

Bacillol. 320. v. Sobelsohn. 498. 

Bacillol, Protargol, Tannoform. — Orig.-Art. 
von Angerstein. 61. 

Backhaus s. Kindermilch. 

Backzähne bei der Musterung von Pferden. — 
Untersuchung der — Mitth. v. Ehlert. 244. 

Bactericide Substanzen (Vertheilung in den 
Organen) s. Substances bactöricides. 

Bacterien. — Weitere Beiträge zur Kenntniss 
der säurefesten — v. Dr. Korn. 282. 

Bacteriologisches s. Colibacterium, Darm- 
bacterium, Diagnosefärbung, Dysenterie¬ 
bacillus, Enzyme, gelbes Fieber, Luft- 
infection, Malaria, Pferdeseuche, Pferde¬ 
sterbe, Rotzbacillus, Schutzeinrichtungen 
(natürliche),Sch weineseurheu.Septii-aemia 
pnerperalis, Strablenpilzkrankheit, Strep- 
tothrixarten,Tollwutb,Tuberculoseerreger. 

Baden: Dienstanweisung für die Bezirks¬ 
thierärzte, Beibl. zu No. 38 vom 20. 9. 
S. 3. — Gesetz beti. Abdeckereiwesen. 465. 
— Jahresbericht 1899. 618. — Influenza 
der Pferde 1899. Beil 2 v. 17. Mai S. 3. — 
Priitungsreglement für beamtete Th. 368. 
— Verbot des Hausirhandels mit Klauen- 
thieren. 156. — Vieh-Vers cherung, Orig.- 
Art v. Maier. Beil. 2 v. 17. Mai S. 4. 

Baden-Baden s. Tagesgeschichte. 

Bandwurmmittel s. Salol. 

Barium chloratum (Anwendung). 43. 

Bastard s. Zebrabastard; — Thierbastarde, 
von Ackermann. 228. 

Bauchfellentzündung (ausgebreitete chroni¬ 
sche) mit Eiterung. Orig.-Art. v. Graefe. 
400. 

Bauchschnitt s. Laparotomie. 

. Bauchwassersucht beim Rind. Orig.-Art. v. 
Hajnal. 616. 

Bayern s. a Veterinärsachen. — Bacteriolog. 
Feriencurs in München 430. — Einfubr- 
erlaubniss aus Oesterreich. Beil. 2 v. 17. 


— III — 


Mai S. 2. — Einfuhrverbot gegen Oester¬ 
reich. 156. — Entschädigung bei Verlusten 
durch Maul- u. Kl. 394 — Gehirn- und 
Riickenmarksentzttnduiig der Pferde in 
Niederbayern 1899 19 0. Vortrag von 
Leimer. 557. — Handel mit Schlachtvieh 
betr. Beil, zu No. 49 v. 6. 12. S. 8. — 
Impfversuch bei Pferdestaup«. 55. — In¬ 
fluenza 1899. Beil. 2 v. 17 Mai S. 3. — 
Pferdeversicherungsgesetz 539. — Staat¬ 
liche Unterstützung der Rothlaufimpfung 
466. — Thierzuchtleitung in Wetzlar und 
Waldbroel. 95. — Tuberculinimpfungen 
pro 1899 502. — Tuberculosestatistik in 
den Sc» lachthäusern. 467. — Verhandlung 
der Kammer betr. Abitur. 249. — Vieh¬ 
handel nach Lebendgewicht 611. — Vieh¬ 
zuchtinspectoren 10, 383. 

Beamtete Thierärzte s. Tagesgesch. u. Vet- 
WeBen. 

Beckenbruch beim Pferd v. Reicbenbach. 255. 

Begattung s Deckact. 

Begattung. (Verletzungen bei) v. Grimme. 463. 

Belgien: Thierseuchen III. Quartal 99 bis 
II. Quartal 00 22; 179; 298; Beibl. zu 
No. 38 v. 20. 9. S. 7. 

Beri-Beri-Krankheitauf europäischen Schiffen. 
(Zunahme) Orig.-Art.. v. C. Mjoön. 608. 

Berlin: Bekanntmachung betr. Geflügelunter- 
Buchung. 119. — Bericht der Tollwuth- 
impfstation. 179,545. — Das neue Ortsstatut 
(Stellung der Beamten). 312. — Die neue 
Kühlanlage. 455. — Hochschulcommers. 
46. — Hoch.-chulfrequenz 10; 441. — 
Jahresbericht der th. Hochschule 98 99. 
212; des Schlacht- u. Viehhofes. 225 — 
26. Mastviehausstellung. 236. — R« ctorats- 
wechsel. 610. — Regelung der Gewähr¬ 
leistung für beanstandetes Vieh auf dem 
Central-Schlachthof 227. — Scldachthot- 
berichte Dezember 99 bis Novemb. 00 47; 
129; 191; 263; 287; 335; 396 ; 456 ; 503; 
Beibl. zu No. 46 S. 11; 611. 

Bern s a. Schweiz. — Studienplan S.-S. 1900 
199. — Verbot der Führung des Dr.-Titels 
in Pieussen 438. — Vet.-med. Facultät 
u. Promotionsstatut 427, 429. 

Bern. Therapeut. Notizen v. Preusse. 269. 

Beschälseuche. — Der Parasit der — v. 
Schneider u. Bussard. 411. 

Beschlag s. a. Beugesehnen. 

Beschlages auf den Gang eines lahmen Pferdes. 
— Einfluss des Gewichtes des — v. 
Delp6rier. 163. 

Beugesebnen s. a. Protargol. — Zerreissung 
an beiden Hinterfüssen v. Rekate. 294. 

Beugesehlien durch Beschlag. — Heilung einer 
veralteten Zcrtrennungder —v.Litfas. 279. 

Beyer, Geheimrath — Nachruf. 498. 

Bildungsanomalien (Unterkiefer, Zunge, Gallen-1 
blase u. Niere) beim Schwein. v.Görig. 570. | 

Bildung und Fachstudium. Orig.-Art. von > 
Schmaltz. 7. 

Bilharziab. Rind inCochinchinav.Raillett. 209. 

Bindehaut s. Conjunctivitis. 1 

Bissverletzungen s. unter Tollwuth. 

Blastomyceten s. Carcinom. 

Blepharitis acarica. Eine Erkrankung der 
Wimpern u. Lidränder infolge von Milben 
in den Cilienbälgen. v. Räblmann. 138. 

Blinddarms. — Chondrom — v.Schelameur. 403. 

Blitzschlag. 379. 

Blut s. Nasenbluten. 

Blutbildung. — Die Rolle des Eisens bei der 
— v. Hofmann. 78. 

Blutentnahme 8. Hohlnadel. 

Blntfleckenkrankheit s. Petechialfieber. j 

Blutgefässe s. Celluloid, Vena cava, Trombose.' 


Blutharnen s. Hämatlnurle eto. 

Blutharnens der Rinder. — Zur Symptomato¬ 
logie und Pathogenese des essentiellen — 
Orig.-Art. v. Jackschath. 409. 
Blutkreislauf (Einführung fremden Serums).271. 
Blutstillungsmittel s. Gelatine. 
Blutsverwandtschaft zwischen Menschen und 
Thieren (Neuer Nachweis) v. Frieden¬ 
thal. 412. 

Blutverwertbung. 479. 

Bösartiges s. Katarrhalfieber. 

Borna’sche Krankheit s Cerebrospinalmenin¬ 
gitis, Gehirn - Rückenmarksentzündung, 
Gehirnrückenmarksseucbe, Leptomenin- 
gitis. 

Borna’sche Krankheit. 305. Vortrag von Prof. 
Ostertag. 433. 

Botryomycose des Augenlides v. Gutbrod. 403. 
Bräuer’sche Injectionen s. Abortus. 

Brand s. Schwauzspitze. 

Brandenburger Landwirthschaftskammer und 
Abiturientenexamen. 91. 117. 
Brandwunden s. Ichthyol. 

Brennen s. Schulterlahmheit. 

Bruch 8. Beckenbruch, Fractur, Hernia, Unter¬ 
armbruch, Wirbelsäule, Zwerchfellbernie. 
Bruch (Ueberwurf beim Ochsen). — Ueber 
den innern — v. Weber. 246. 

Brustseucbe s. Influenza. — in der dänischen 
Armee. (Sernmimpfung) v. St. Friis. 77. 
ßrustseucheimpfungen. (Resümee) im Sommer 
1899 nnd Winter 1899/1900 v. Tröster. 
55; 605. 

Bryoniavergiftung. v. Anger. 293. 
Buckelbildung (Angeborene) Orig.-Ait. v. 
Hecker. 565. 

Bücheranzeigen: 35 Fröhners Therapie; 
Möller und Frick, Chirurgie; 72 Casper, 
Geschwülste; 83 u. 84 Godeist, Trait6 de 
Microbiologie; Fischer, Thierznchtlehre. 
Neue Eingänge: (Fröhner; Bayer-Fröhner; 
Leiserings Atlas; Jahresbericht der Thier- 
seuchen pro 98; Rnpp; Jaensch; Richter; 
Pareys Catalog) 119 Leiserings Atlas, 
III Aufl.; 132 Thierärztl. Chirurgie u. 
Geburtshilfe, 1. Theil, Operationslehre 
v. Fröhner-Bayer; 191 Fröhner, Allg. 
Chirurgie, II. Aufl.; 198 Lydtin u. Werner, 
Das deutsche Rind; 203 Internat th. 
Congress; 215 Carus Sterne, Werden und 
Vergehen; Kitt, Bacterienkunde; Zuntz 
Hagemaun, Stoffwechsel; Behrens, Ta¬ 
bellen für mikroskop. Arbeiten; 227/28 
Hertmann Dexter, Nervenkrankheiten des 
Pferdes; Harnack, Chemie; Pizzigbelli, 
Photographie; Ackermann, Thierbastarde; 
Ellenberger-Baum; Eherlein; Hagemann; 
Elsass-Lothringen Landw.-Rath; 239/240 
Goltz, Historisehe Studien; Haefke, 
Cadaververwerthnng; Bosnien u. Herzego¬ 
wina, Veterinärwesen; Kästenbaum, Thier¬ 
seuchen etc.; Siedamgrotzky, Fleisch- 
schaugesetze; Tempel, desgl.; Köpping, 
Reichsvi« hseuchengesetz; 252 Reuter, 
Gewährleistung; dsgl. von Störle u. 
Weiskopf; von Babel; von Meinhard; 
von Richter; 275 Neuflfer, Kalkstein¬ 
mehl; Hirschberg, Vieh- und Schlaiht- 
höfe; Albrecbt, (Prof.), Anweisung 
bei Rinderkrankheiten; Posselt Der 
Echinoc. multiloc. in Tirol; Bebla, 
Amöben etc.; Dönitz, Werthbest, des 
Tuberculins; Parey’s Katalog; Jaensch, 
Zucker; Merck, Bericht über pharmaceut 
Neuheiten i. J. 1899; Boysen, Gefahr der 
Tuberculoseverbr»itung; Marx, Bericht 
des Toll'vutb-ImpfinBtituts i. J. 1898. 
Zeitschrift für Pferdekunde u. Pferde¬ 
zucht v. Bossert; Zeitschrift f. Ziegen¬ 
zucht v. Nörncr; Rundschau auf d. Ge¬ 
biete der Fleischbeschau etc., v. Bündle; 


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IV 


287Fröhners Arzneimittellehre; Hanptner’s 
Katalog; (Neue Eingänge: Haag; Herter; 
Prot'. Hess; Vogel); 300 Ellenberger-Baum, 
Vergl. Anatomie der Hausthieie; Meyers 
kleines Conversationslexikon; Pott, For¬ 
malismus; 304 Jahrbuch der D. L.-G. 
312 Prof. Kupp, Nabrangsmittel; 384 
Werke über Exterieur des Pferdes 
v. SebueiUeinühl, Chelchowski, Herbin, 
Natbusius, ref. v. Ellinger; 4U8 Eingänge: 
Schmaltz, Vet.-Kalender; Ellinger, Ge¬ 
währleistung; Ehrhardt, Hundswuth; 
46o Friedberger u. Fröbner, Spez. Patho¬ 
logie u. Therapie I. Bd., 5. Auti.; 527/28 
Lungwitz u. Schmidtchen, Zeichenvor¬ 
lagen; (Neue Eingänge: Friedberger u. 
Frühner; Bayer-Frühner; Kitt; Martin; 
Hotfmanu; Biaud; Grossbauer; Ehrhardt; 
Garner; Uade; Weyl; Kirchuer; Carus 
Sterne; 551 Eberlein, Huf krankbeiten; 
575 Lauzillotti, Spec. Chirurgie 11; Werke 
über Gewährleistung von Meissner, Babl, 
Ellinger, Bischoff, Beck; 599 Arnold, 
Kepetitorium der Chemie; Burkbardt, 
Meuschenseucheugesetz; 600 Formulare 
für Viehhandel; (Neue Eingänge: Richter, 
Fröbuer, Guteuäcker, Jess). 

Büchsenfleisch. — Gesundheitsscbädiguugen 
durch — Beibl. zu No. 46 v. 15. Nov. S. 8. 

Btiffelfleisches vom Rindfleische. — Die 
Unterscheidungsmerkmale des — v. 
Puntigam und Halusa. Beibl. zu No. 29 
v. 19. Juli. S. 8. 

Bürgerliches Gesetzbuch s. Gewährleistung. 

Bürgerlichen Gesetzbuches. — Die tierärzt¬ 
lichen Vereine im Recht des — v. 
Schmaltz. 20. 

Bulbus 8. Tollwuth. 

Bulle s. Actinomycose, Tuberculose des 
Hodens, Zuchtbulle. 

Burow’scbe Mischung bei Mauke, v. Kunze. 55. 

Butter s. Tubercelbacillen. 

C s. a. K. 

Cadaver s. Milzbrand. 

Camphor als Antidot gegen Carbolsäure. 
v. Alvarez. 367. 

Canadas Massnahmen gegen Maul- und Klauen¬ 
seuche. 274. 

Canülen s. Injectionscanülen. 

Caroolbehandluug s. Starrkrampf. 

Carbolsäure s. Alcobol, Campher als Gegen¬ 
gift, Tetanus. 

Carbolsäureinjectionen nach Bräuer s. Abortus. 

Carcinom s. Geschwülste, Krebs, Epulis. 

Carcinom bei der Kuh. v. Lungwitz. 511.; 
des Eierstocks bei der Katze, v. Kitt 485. 
— Behandlung mit Electricität v. Riviöre. 
404. 

Carcinoma und über die pathogenen Blasto- 
myceten. — Untersuchungen zur Aetio- 
logio des — von Leopold. 569. 

Castration s. Hermaphrodit, Hysterectomie, 
Kryptorchiden, Torsionscastralion. 

Castration der Cryptorcbiden v. Dcgive. 495. 
— der Fohlen durch Torsion v. Brante, 
mitgetheilt v. Fock. 436.; der Hengste, 
v. Hoflfmann. 292. 

Castration der Kühe und der übrigen weib¬ 
lichen Haustbiere. Vortrag v. Liebener. 
653. Desgl. v. Friedrich. 554. Desgl. 
v. Sickert. 655. 

Castration einer Stute. Orig.-Art v. Rhein- 
heimer. 531. 

Castration mit d. Emasculator. Vortrag auf 
der Naturforschervers. v. Imminger. 493. 

Castrationsmethode (amerikanische) Orig.-Art 


v. Tempel. 542. v. Möller. 85. Eine 
neue antiseptische. ▼. Kragerud. 54.; mit 
neuen Instrumenten. Orig.-Art v. Dr. 
Toepper. 325. 

Catgutsterilisation. 236. 

Celluloid und seine Anwendung zur Injection 
von Blutgefässen v. Storch. 150. 

Centralvertretung der thierärztlichen Vereine 
Preussens. 533, 550, 575, 584, 607 (Bericht 
v. Schmaltz). 

Cerebrospinalmeningitis s. Borna’sche Krank¬ 
heit Geblrn-Rückenmarkscntzündung. 

Chicago s. Amerika. 

Chielin. Orig.-Art. v. Regenbogen. 205. 

China: Chinesische Rinder. Orig. Art v. Zinke. 
565. — Fleischbedarf der Truppen. 527. 
— Fleischnahrung der Chinesen. 392. — 
Rinderpest in Schanghai. 490 u. 623. 

Chirurgie s. Collastin. Mailand. 

Chirurgische Versuche. Le Calvö. 113. 

Chlorbaryum s. Baryum chloratum. 

Chlorotormnarcose bei Hunden (800 Fälle), 
v. Hobday. 331. 

Chloroforms im Organismus. — Ueber die 
Zersetzung des — v. Desgrez. 343. 

Chondrom s. Blinddarm. 

Chorea s. Gelenkrheumatismus. 

Christiania s. Pferdeinfluenza. 

Chromsäure s. Maul- und Klauenseuche. 

Cbromsäure bei Behandlung der Aphthen¬ 
seuche. v. Jarre. 256. 

Chrysarobin als Specificum gegen Warzen, 
v. Fitz. 177. 

Cilienbälge s. Blepharitis. 

Cochinchina s. Bilharzia. 

Colioacterium. — Ueber Infectionen mit dem — 
v. Zschokke. 149. 

Collargol s. Argent. colloidale. 

Collastin in der Veterinärchirurgie v. Baldoni. 
115. 

Coloniales s. Ländernamen. 

Colostrum (Herkunft) v. Unger. 463. 

Conception s. Natrium bicarbonicum. 

Concretionen s. Luftsäcke, Stein. 

Condylus externus humeri s. Fractur. 

Confiucate s. Fleischschau, Schlachthofcon- 
fiscate. 

Congresse s. Tagesgeschichte. 

Conjunctivalsackes mit Hülfe eines neuen 
Instrumentes. — Die Dcsinfection des — 
v. Pisenti. 355. 

Conjunctivitis ulcerosa. 137. 

Conserviren des Markes toller Tbiere. 391. 

Conserviren von Fleisch und Fisch mit Salzen. 
—Untersuchungen über—v. Petterson. 129. 

Conservirter Nahrungsmittel. — Aerztl. 
Principien bei Beurtheilung der Schäd¬ 
lichkeit 503. 

Conservirung des frischen Fleisches mit 
Formaldehydgelatine, v. Lanver. 130. 

Conservirung pathologischer Präparate nach 
der Methode von Kaiserling. — Die natur¬ 
getreue — v. Kitt u. Glage. 209. 

Conservirung von Fleisch durch Electricität 
nach Paulitzschky. Beibl. zu No. 46 
vom 15. Nov. 

Conservirungsmetboden (neue) für Fleisch 
Beibl. zu No. 46 vom 15. Nov.; 611. 

Credö s. a. Argentum, Kälberruhr. 

Credö’sche Silbersalze in der thierärztlichen 
Praxis v. A. Baldoni. 148. 


Creolin s. Milzbrand. 

Creolin bei Darmcatarrh. v. Krameil. 235. 

Cresoli s. Liquor. 

Culturaufgaben, Orig.-Art v. Bermbach. 452, 
499, 546, desgl. v. Goldstein. 597. 

Cultuien an Laien. — Ueber die Abgabe 
virulenter — Antrag des Brandenburger 
Vereins. 284. Orig.-Art. v. Schmaltz 368. 
— Orig.-Art. v. Felbaum. 556. 

Cyste s. EierstockcyBte, Scheide. 

Cysticercus cellulosae im Auge dos Menschen 
und der Tbiere (Statistik) v. Prettuer. 30. 

Dämpfigkeit s. Tracheotomie. 

Dänemark: s. Brustseuche. — Ausfuhr. 239. 
— De&infection von Viehställen von 
C. Mjoön. Beibl. zu Nr. 29 v. 19. 7. S. 3. — 
Die Tuberkulinimpfungen. 352. — Ein¬ 
fuhr von Schwcindebem. 155. — Flcisch- 
cinfubrverbot nach Deutschland Letr. 83. 
— Siaatsuntei Stützung an Schweinezucht¬ 
vereinigungen. 407. — Stockfleth. Deitk- 
inalsembüllung v. Fock. 379. — Tbier- 
seuebeu: IV. Qu. 99 bis 11. Qu. 00 Beil, 
zu Nr. 20 v. 17 Mai; 382; Beibl. zu 
Nr. 38 v. 20. Sept. S. 7. Jahresbericht 
1899 Beibl. zu Nr. 46 v. 15. Nov. S. 6. — 
Vieheinfuhr aus D. betreffend. 502. — 
Viehhaltung. 237. — Vieh- und Fleisch¬ 
verkehr v. Kühnau. 323. 

Darmbacterien für die Ernährung. — Die 
Bedeutung der — von Schottelius. 56. 

Darmruptur s. Peritonitis. 

Darmstich beim Pferde. 66. 

Darmtnmoren v. Gobrig. 91, v. Kissutb. 64. 

Darmvorfall s. Kryptorchioenoperation. 

Darwinismus s. Blutsverwandschaft. 

Deckact s. Begattung. — Tod einer Stute 
nach dem — v. Lewin. 116. 

Demodex s. Blepharitis. 

Dermatotherapie s. Zinkpaste. 

Desinfection s. Arzneien, Conjunctivalsack, 
HändedeBinfection, Sterilisation, Vitalin. 

Deutschland (s. a. d. einzelnen Bundesstaaten): 
Ein- u. Ausfuhr von Fleisch, Vieh und 
thieriseben Producten 1898. 202, 443, 527, 
Beibl. zu Nr. 49 v. 6. Dezember S. 8. — 
EntBchäd. für Verluste bei Tuierseuchen 
1898. 213. — Fleischbeschaugesetz u. 

Fleischeinfuhr. Orig.-Art. v. Küi nau. 193. 
— Fleischschaugestjtz (Wortlaut) s. Bei¬ 
blatt v. 19. Juli. S. 4. — Frequenz der 
thierärztl. Hochschulen. 441; der medizin. 
Facultäten. 454. — Häufigkeit der Sterbe¬ 
fälle an Lungenschwindsucht. 462. — 
Kann die Landwirtbscbafc den Fleiscb- 
bedarf decken? Orig.-Art. v. Kühnau 359. 
— Stand der Maul- u. Klauenseuche v. 
Preusse. 371. — Pferdezucht. 324. — Thier¬ 
ärztliche Approbationen April 98 bis 
April 99. 277. — Thit-rseuchen Monats¬ 
berichte: 15. Dezbr. 99 bis 30. Novbr. 00 
22, 47, 59, 81, Beil, zu Nr. 9 v. 1. März 
S. 8, 131, 155, 189, Beil, zu Nr. 20 vom 
17. Mai. S. 1, 286, Beibl. zu Nr. 29 vom 
19. Juli S. 3, 358, 394, 431, 442,4<9,490, 
688, Beibl. zu Nr 46 v. 15. Nov. S. 6, 
Beibl. zu Nr. 49 v. 6. Dez. S. 4. 610. Dsgl. 
Quartalsberichte: 111. Quartal 99 bis 
II. Quartal 00. Beil. 1. v. 1. März S. 7, 
406, Beibl. zu Nr. 46 v. 15. Nov. S. 4, 
Jahresbericht 1898. 201. — lollwuth i. 
J. 1899 v. PreusBe. 441. — Verkeilung d. 
Aerzte. 284. 

Diabetes s. Lichttherapie. 

Diagnosefärbung s. Malariaparasiten. 

Diphtherie der Hühner. — Serotberapeutisches 
Mittel gegen die — v. Lang. 43. 

Diphtberieheilserum. — Ueber Darstellung des 
Heilkörpers aus dem — von Freund und 
Sternberg. 66. 


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V 


Divertfce! 8. Scblunddrverticel. 

Doctorwürde in der Schweiz. — Reglement 
znr Ertheilung der — 429, 438. 

Dtfppelneurectomie 8. Spat. 

Dorsfch (Biologie). Orig.-Art. v. Dr. A. Mjöen. 
24^. 

Dosinmgsfrage: Schüttelmixturen, Emulsionen. 
Orig.-Art von Eschbanm. 196. 

Dourine und Trypanosoma v. Bouget and 
Cbaaveaa. 209. S. auch Beschälseuche. 

Dfesdeüi Erweiterungsbauten der Hochschule 
129, 357. — Frequenz 441. 

Drüsen 8. Augenlid. 

Dünger? — Was ist — 11. 

Düten-Necrose beim Pferde V. Breton. 136. 

Dummkoller s. Hydrocephalus. 

Dungwassers bei der Maul- und Klauen¬ 
seuche. — Die seuchenpolizeiliche Be¬ 
handlung des — Orig.-Art. v. Maier. Beibl. 
zu No. 38 vom 20. Septemb. 

Dunstkalb s. Emphysematose Frucht. 

Durchfall s. Kälberdurchfall. 

Dysenteriebacillus v. Sbiga. 42. 

Echinococcus s. Hirnbefund. 

Ecole v6t6rinaire s. Alfort. 

Eierstock s. Carcinom. 

Eierstockcyste bei einer Stute von Colin. 222. 

Eigone s. Jodeiweissverbindungen. 

Einfuhr s. a. Fleischeinfuhr, Ländernamen, 
Quarantäne, (Reichs-)Fleischschaugesetz, 
Veterinärpolizei, Viehverkehr. 

Eisen s. Blutbildung, Beschlag. 

Eisen, orthopädisches, v. Jordan. 197. 

Eismeerfang. — Der norwegische — Orig.-Art. 
v. C. Mjöen. 267. 

Eiterung s. Bauchfellentzündung. 

Eiweiss s. Harn. 

Ekajodoform v. Tbomalla. 236. 

Ekzems mit feuchten Einpacknngen. — Be¬ 
handlung des — v. Bonteignie. 235. 

Electricität s. Carcinome, Conservirung. 

Electricität von Wiedemann und Schwinzer. 65. 

Ellenbogeuluxation s. Fractur. 

Emasculator s. Castration. 

Embolie s. Kolik. 

Embryologisches s. Anatomisches, Missge¬ 
burten. 

Embryotora v. Pflanz. Orig.-Art. v. Pflanz. 507. 

Emphysematose Frucht (Donstkalb) v. Lucet. 

532. 

Emulsionen s. Dosinmgsfrage. 

Encephalitis tuberculosa s. Tuberculose. 

Endovenös s. die Hinweise unter Injectionen. 

England: s. a. Irland. — Controlle der Fleisch¬ 
beschauer. 287. — Der Londoner Vieh¬ 
markt, die Seuchen und Fleischschau 
v. Kühnau, Beibl. zu No. 29 v. 19. 7. S. 7 
— Die Maul- und Klauenseuche in Eng¬ 
land. 502. — Ergebnisse der Viehzählung 
540. — Fleischbeschauerprüfung. 480. — 
Fleischproduction Beibl. zu No. 46 vom 
15. Nov. S. 11. — Geschichte und Erfolge 
des Staatsveterinärwesens v. KUhnau 
464. — Maul- und Klauenseuche in E. — 
Orig. Art. v. Kühnau. 130. 155. — Rege¬ 
lung der Fleisch- und Milchhygiene (Be¬ 
schlüsse des Congresses in Aberdeen). 
504. — Thierscuchen: Qn artaisberichte 
IV. Quart. 99 119; III. Quart. 10 Beibl. 
zu No. 49 v. 6. Dez. S. 5. Jahres¬ 
bericht 1899 Beibl. zu No. 46 v. 15. Nov. 
S. 6. — Tuberculinprobe (Werth dcrs.) 
611. — Vieh- und Fleisclieinfuhr 1899. 
251. — Viehseuchendebatte im engl. Unter¬ 
hause. — Viehverhältnisse Orig.-Art. v. 
Kühnau 407. 


Enteritis als Folge einer Nabelinfection bei 
einem neugeborenen Füllen, v. Pader. 366. 

Enterotomie beim Hunde, v. Näf. 520. 

Entschädigungen fürVerlnste bei Thierseuchen 
in tleutschland 1898 213. —Gesetzentwurf 
in Hessen betr. Schweine-Rotbl. Beilage 
zu No. 9 vom 1. März. — In Frankreich 
Beilage zu No. 20 vom 17. Mai. — In 
Sachsen 870. — In Bayern bei Maul- und 
Klauenseuche 394. — Bei Gehirnrilcken- 
markentzündung u. Maul- u. Kl. in Sachsen 
501. — Gesetz fllr Hessen. I. Beilage zu 
No. 49 v. 6. Dec. — S. auch die Länder- 
und Seuchennamen, Versicherungen, 
Veterinärpolizei. 

Enzyme (bacteriolytische) als Ursache der 
erworbenen Immunität und die Heilung 
von Infectionskrankhciten durch dieselben 
v. Emmerich und Loew. 184. 

Epikarin bei der Behandlung der Hunderäude 
v. Regenbogen. 42. 

Epulis carcinomatosa beim Pferd. 511. 

Erblindung s. Hornhauttrübung. 

Ernährung s. Dannbacterien. 

Etat. — Veterirärwesen im preussischen — 84. 
— S. a. Reichs-Gesundheitsamt. 

Euter s. Actinomycose. 

Euterentzündung (Bhdlg. nach Hess). 269. 

Euterentzündung beim Pferde v. Diener. 65. j 

Eutertuberculose der Kühe. — Entwurf eines 
Reichsgesetzes, betr. die Abwehr und 
Unterdrückung der — 52. 

Eutertuberculose der Ziege s. Tuberculose. 

Eutertnberculose; Gefahr, Erkennung und 
Bekämpfung. Orig.-Art v. Kühnau. 349. 

Expedition s. Malariaexpedition. 

Explorativoperation s. Laparotomie. 

Extract s. Nebennierenextract. 

Extra-uterine Gravidität — Schafe v. Pion. 366. 

Fachstudium s. Bildung. 

Färbung s. Tuberkelbac., Milzbrandbac., Wurst.; 

Farbenveränderung s. Huffarbe, Natriumsulfit j 

Farbeveränderungen am Skelett beim Rinde. | 
v. Wagemann. 83. 

Fesselbeinbeuger s. Filariose. 

Fesselgelenks-Luxalion v. Richter. 235. 

Festlichkeiten s. Tagesgesch. 

Fettgehalt s. Milch. 

Feuchte Einpackungen bei Ekzem. 235. 

Feuersbi ttnsten. — Apparat zur Rettung von 
Vieh bei — v. C. Mjöen. 348. 

Fibrinös s. Lungenentzündung. 

Fieber s. gelbes Fieber. 

Filariose des Aufhängebandes (Fesselbein¬ 
beugers) beim Pferde, v. Pader. 510. 

Fintand s. Hämoglobinurie. 

Finnen beim Schaf. 239. , 

Finnenkrankheit beim Menschen v. Richter. 383.i 

Finnenschau-Ergebnisse s. Preussen. 

Fische s. Conserviren, Karpfen. 

Fischereiuntersuchungen des norwegischen 
Staatsscbiffes „Michael Sars“. Professor 
Nansens Theorien. Orig.-Art v. Dr. 
Alfr. Mjöen. 543. 

Fischfütterung. 383. 

Fleisch s. Conserviren, Kochapparate, Naph¬ 
thalingeschmack, Tuberculose. 

Fleischbeschau s. a. Fleischschau, Sanitäts¬ 
thierärzte, Schlachthäuser u. Tagesgesch. 
die betr. Unterabth. — Orig.-Art. von 
Georges. 562. j 

Fleischbeschau (allgem.) u. Viehversicherung j 
Orig.-Art v. Maier. Beil. 2 v. 17. Mai S. 4. j 


Fleischbeschau auf dem Congress f. Hyg. u 
Demographie v. Barrier u. Morot. Beibl. 
zu No. 46 vom 15. Nov.; 502. 

Fleischbeschauer: Bundestag Beibl. zu No. 29 
v. 19. Juli. — Der pract. Tbierarzt als 
— v. Steinmeyer. 489. Desgl. v Lohoff. 
500, v. Beckhard. 522. — Resolution des 
Brandenburger Vereins. 535; desgl. Wies¬ 
baden. 598. — Controlle u. Prüfung der 
F. in England. 287, 480; im R.-B. Potsdam 
Beil, zu No. 20 v. 17. Mai; im R.-B. 
Bromberg. 214. — Gewerbesteuerpflicht 
der Tbierärzte als Fl. 432. — Im Reichs- 
Fleiscbschaugesetz. v. Kühnau. 466. 

Fleiscbbeschaugesetzs.a^Reichs-jFleiscliBchau- 
gesetz. — Deutsche, englische und ameri¬ 
kanische Stimmen zum — Orig.-Art. von 
KUhnau. 298. 

Fleischbeschangesetze im Auslande. Orig 
Art v. Kühnau. 395. 

Fleischbeschaugesetz und Fleischeinfuhr. 
Orig.-Art. v. Kühnau. 193. 

Fleischconservirung s. Conservirung. 

Fleiscbconsura s. Fleischscbaustatistik. 

Fleischeintu'hr und Fltischhandel s. a. 
Fleischschaustatistik, Gesundheitsamt, 
Ländernamen,(Reichs-jFleischschaugesetz 
etc., Schlachtvieh. Viehhandel. — Fleisch¬ 
einfuhr. Viehausfuhr aus Russland. 82. — 
Fleisch- und Vieheinfuhr aus Dänemark. 
83, 155, 287, 239, 323. — Ersuchen der 
Schlächterinnungen v. Hamburg etc. an d. 
deutsch. Fleischerverband. 167. — Einfuhr 
und Fleischschaugesetz, v. Kühnau. 193, 
417. — Deutschlands Ein- u. Ausfuhr. 202; 
443. — Vieh- u. Fleischeinfuhr nach 
England v. Kühnau. 251. — Grenzverkehr 
515, 539; Beibl. zu No. 49 v. 6. Decemb. 
S. 8. — Ausfuhr gefrorener Kaninchen 
aus Neu-Süd-Wales ebenda. — Einfuhr¬ 
verbote: Aus Serbien. 334, 358, 371, 382 
Beibl. zu No. 29 v. 19. Juli S. 1; nnch R.-B. 
Aachen Beibl. zu No. 38 v. 20. Sept. S. 8; 
nach Breslau. 96. Protest dagegen (bezw. 
Amerika) Beibl. zu No. 29 v. 19. Juli S. 6. 

Fleischer-Verbandstag. Beil, zu No. 29 vom 
19. Juli. Petition. 502. Fachschulen. 479. 

Fleisches bei Uraemie. — Alcalische Reaction 
des — v. Harreveit. 246. 

Fleisches tuberculöser Thiere. — Versuche 
über die Schädlichkeit des — v. Sluys. 11. 

Fleischfarbstoff s. Natriumsulfit. 

Fleischhandel: Gültigkeit örtlicher Bestim¬ 
mungen. Beibl. zu No. 46 v. 15. Nov. — 
S. a. Fleischeinfuhr. 

Fleischkost s. Tuberculose (Behandlung). 

Fleischproduktion in Australien 311; Produk¬ 
tionsfähigkeit Deutschlands v. Langsilorff 
u. Kühnau 359; in England Beibl. zu 
No. 46 v. 15. Nov. 

Fleischschau: Schädlichkeit des Fleisches 
tnb. Thiere v. Sluys. 11. — Regresspflicht 
des Tl.ierarztes Mir Verwerfungen. Beil, 
zu No. 7 v. 15. Febr. — Berliner Koch¬ 
anstalt. 34, t3, 107, 167. - Geflügel¬ 
mästerei im R.-B Frankfurt (Polizei¬ 
verordn.). Beil. 1 v. 1. März, S. 5. — 
Gespritzte Lebern (Gerichtsentsch ). 190 
— Stempelkasten v. Tempel. 219. — 
Confiscate und Extractbereitung in Fray 
Bentos. 335. — Fleischschauunterricht in 
Hannover. 347. — Kaninchenfleisch als 
Volksnahrungsmittel. Beil, zu No. 29 
19. Juli. — Londoner Viehmarkt, Seuchen- 


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und Fleischbeschau, ebenda. — Fleisch¬ 
nahrung der Chinesen. 392. — Kühlwagen 
in Dänemark. 395. — Tri« hinosis in 
Sangerhausen. 443. 504, in Spanien. 611. 
— Kühlanlage in Berlin. 455. — Blut- 
verwertlmng. 479. — Kotbrückstände im 
Wurstdarm. 491. — Fl. auf dem Pariser 
CongreBS. 502. Beil, zu No. 46 v. 15. Nov. 
— Fleisch- und Milchhygiene in England 
(Congress in Aberdeen) 504. — Fl. in 
Sachsen. 515. — Schweinefleischversand 
nach Italien. 5!6. — Schlachthauswesen 
in Oesterreich. 526. — Fleischbedarf der 
Truppen in China. 527. — Oeff. Schlacht¬ 
häuser in kl. Städten. Beibl. zu No. 46 
v. 15. Nov., S. 7. — Ucher Fleiscbschau 
v. Georges. 562. — Freibankwesen. Beil 
zu No. 49 v. 6. Decbr., S. 6. — Wurst¬ 
färben (Zulässigkeit) ebenda, S. 7. — 
Tubercelbacillen im Hackfleisch, ebenda. 
— Wirkung des Natriumsulfit, auf den 
Fleischfarbstoff; Minderwerth der Serum¬ 
schweine; Handel nach Lebendgewicht 
in Bayern, ebenda. 

Fleischschaugesetz s. a. Fleischbeschaugesetz 
Fleiscbeinfuhr, Reichs-Fl.-Gesetz. 

Fleischschaugesetz. Oiig.-Art. v.Schmaltz. 210- 
— Zur Ausführung v. Kiibnau. 431. 

Fleischscbaugesetz. — Die Ausführungs- 
bestimmungen zum —Orig.-Art. v.Kühnau. 
335. S. a. Gesetzeswortlaut (v. 3. Juni 
1900), Beibl. vom 19. Juli. Verordnung 
über die theilweise Inkraftsetzung. 371. 

Fleischschauskandal. — Ein neuer — Orig.- 
Art. v. Schmaltz. 34. — s. a. KochanBtalt. 

Fleischschaustatistik und Fleisch- 
consum s. a. Berlin, Monatsberichte, 
Betriebsresultate der Schlachthäuser, 
Finnen, Fleischeinfuhr, Jahresberichte, 
Ländernamen, Scblachthöfe, Quaran 
täneanstalten, Tuberculose. — Consttm in 
Paris, Beibl. zu No. 29 vom 19. Juli S. 7; 
in China 392; in Sachsen 1899 444. 

Fleischschauverordnungen s.a. Finnen, 
Fleischschau, Gerichtsentscheidungen,Ge¬ 
setze, Schlachthäuser, Veterinärpolizei. 

Fleischsterilisator s. Kochapparate. 

Fleischvergiftung in Bohnsdorf und Grünau. 
Orig.-Art. v. Kiibnau. 454. 611. 

Fliegenplage. — Schutzmittel gegen die —367. 

Flüssigkeiten s. intratracheal. 

Fluor. — Milchsäure gegen — Snegirow. 236. 

Foetus 8. Emphysematose Frucht, Nabel¬ 
schnur, Rinderfoetus. 

Fohlen s. Castration, Enteritis, Füllen, Hemia 
umbilicalis, Hundesitzigo Lage, Kolik, 
Lecksucbt, Mastdarmtumor, Milz, Netz¬ 
hautablösung. — Tumor im Rectum 
v. Kissuth 64. 

Formalin s. Tuberculose. 

Formalin beim Anthrax, v. Bell. 163. 

Formaldebydgelatine s. Conservirung. 

Fourageuntersuchung v. König. 116 

Fractur des Condylus externus humerus und 
Luxation des Ellenbogens beim Hunde, 
v. Cadöac. 43S — S. a. Brüche. 

Franconia. — 50. Stiftungsfest der — 588. 

Frankreich: Aus Frankreich (Hochschule 
in Alfort etc). 46. — Einheitliche Ge¬ 
staltung der Fleischbeschau in Paris, 
v. Barrier. 502. — Entschädigung bei 
Viehseuchen (Gesetzentwurf). Beil. 2 
vom 17. Mai, S. 3. — Fleichverbrauch in 
Paris. Beibl. zu No. 29 vom 19. Juli, 
S. 7. — In der Ecole vötörinaire 
d’Alfort. Orig.-Art. v. Lohsee. 157. 
Bemerk, dazu v. Goldbeck. 187. — 
Leitung der Schlachthäuser, v. Kübnau. 
479. — Militärveterinärwesen (Reorgani¬ 
sation). 416. — Rekrutirung der Militär¬ 
thierärzte. 57. — Thierseuchen, Quartals- 


beriebte: III. Quart. 99 bis II. Quart. 00. 23; 
Beil, zu No. 20 v. 17. Mai, S. 2; 382; 
Beiblatt zu No. 46 v. 15. Nov., S. 6. 

Freibankwesen. Oiig.-Art. v. Kühnau. Beibl. 
zu No. 49 vom 6. Dec. 

Fremdkörper s. Enterotcmie, Haube, Schlund¬ 
rohr. 

Fremdkörper in der Rachenhöhle des Hundes, 
v. Prof. Albrccht. 403 

Frequenzen s. die Hochschulen u. Tagesgescb. 

Fruchthüllen s. Hydrops. 

Frühreife s. Halbblutpferd. 

Füllen s. Fohlen. 

Fuhrwerk s. Praxiswagen. 

Futtermittel s. Fischfütterung, Fourageunter¬ 
suchung, Kleie, Krampf des Schlundes, 
Stoppelkrankheiteri, Vergiftungen. 

Gänse s. Spirillenkrankheit. 

Gallen s. Chirurgische Versuche. Chirurgische 
Behandlung der verhärteten — v. Adrian. 
390. 

Gallenblase s. Bildungsanomalien. 

Gallenblase. — Eine zweigeteilte — Orig.- 
Art. v. Schroeder. 496. 

Gastroenteritis (mycotische) bei Rindern v. 
Prietsch und Lungwitz. 475. 

Gebärmutter s. Torsio, Uterus. 

Gebärmuttervorfall d. Stute v. Michaelis. 512. 

Gebärneurose v. Knüsel 91. 

Gebärparese s. a. die Synonyma u. Geburts¬ 
parese etc. 

Gebärparese: Aetiologie und Therapie, Orig - 
Art. von Aronsohn. 217; Nachkrankheiten 
v. Albrecht. 377; Kritische Bemerkungen 
Orig.-Art. v. Witt. 253. 

Geburtshilfe bei kleinen Hunden. — Einiges 
über — von Prof. Albrecht. 473. 

Geburtshilfe. — Zucker, Glycerin in der — 
v. Payer u. Eloire. 257. 

Geburtskunde s. Aboitus, Colostrum, Cysten 
(S-beide), Deckact, EierstockscyBte, 
emphysematöse Frucht, Enteritis (infolge 
Nalielinfection), Euterentzündung, extra¬ 
uterin, Gebärneurosc, Geburtsparese und 
Synonyma, Gehirndepressionserscheinun¬ 
gen, Haarballen (im Uterus), hundesitzige 
Lage, Hydrops der Fru« hthüllen, Hystcr- 
ectomie, Kaiserschnitt, Laparotomie, Nach¬ 
geburt (Verzehren), Natrium bic., Pero- 
melus abrachius, Polyartbritis, Prolapsus, 
Prolapsus vaginae, Rinderfötus (Tuber¬ 
culose), Scheidenkatarrh, Scheidenvorfall, 
Septicaemia puerperalis, Transmigratio, 
Verkalben. 

Gebuitsparese. — Zur Aetiologie und Therapie 
der — v. Schmidt. 451. 

Geflügel s. Gänse Hühner, Strychnin etc. 

Geflügelcholera und Geflügelhandel s. a. 
Veterinärpolizei. 

Geflügelcholera. — Untersuchungen zur Be¬ 
kämpfung der — Autoreferat v. Jess. 182. 

Geflügelhandel 257. 

Geflügclmästerei, polizeiliche Verordnung. 
Beilage zu No. 9 vom 1. März. 

Gehirn s. a. Hirn. 

Gebimdepressionserscheinungen aufwies. — 
Befund bei einer jungen, erstgebärenden 
Kuh, die kurz nach dem Kalben — Orig. 
Art von Müller-Horneburg. 63. 

Gehirnentzündung s. a. Hydrocephalus, Menin¬ 
gitis, Tub-irculose. 

Gehirn-RUckenmarksentzündung der Pferde 
11 (s.. a. Borna'sche Krankheit, Cerebro¬ 
spinalmeningitis.). 


Gehirnrückenmarksentzündungen. Entschädi¬ 
gung in Sachsen. 501. 

Gehirn- und Rückenmarksentzündung der 
Pferde in Niederbayern 1899/1900. Vor¬ 
trag v. Leimer. 557. 

Gelatine zur Blutstillung v. Baumeister. 336. 

Gelben Fiebers. — Ueber die Entdeckung 
des Pilzes des — v. Sanarelli. 30. 

Gelenkerkrankungen s. Arthritis (tuberc.) Poly¬ 
arthritis. 

Gelenkrheumatismus und Chorea y. Westphal, 
Wassermann und Malkoff. 559. 

Gelenkwunden s. Alaunlösung. 

Gemeingefährlicher Krankheiten v. 30. Sep¬ 
tember 1900. — Das Gesetz betr. die Be¬ 
kämpfung — Orig.-Art. v. Preusse. Bei¬ 
blatt zu No. 38 vom 20. September Seite 1. 

Gerichtsentscheidungen s. a. Gutachten. — 
Betr. Abdecker (Anspruch auf abge¬ 
standenes Thier) (Kammergericht) 444. 
Abdeckt-reibetriebsbesehränkung (Ober- 
verwaltungs-Gencht) 514. Abdeckerei¬ 
privilegien in Spandau, Beibl. zu No. 49 
v. 6. Dez. S. 8. — Betr. Apotheken (thier- 
ärztliche) (Kammergericht) 95. — Dung¬ 
wasserbehandlung bei Maul- und Klauen¬ 
seuche O-ig.-Art. von Maier Beibl. zu 
No. 38 v. 20. Sept. S. 2. — Betr. Dünger 
11. — Ersatzpflicht für verworfenes Thier 
(Fall Krzykowski c. Wassmann) (Kamraer- 

g ericht) Beil, zu No. 7 v. 15. Feb. S. 5. — 
ewerbesreuerfrage des thierärztlichen 
Fleischbeschauers (Oberverwaltungsger.) 
432. — Betr. Lebern (gespritzte) (Kammer¬ 
gericht) 190. — Listenfülirung der Häudler 
im B.-B. Kassel Beibl. zu No. 49 vom 
6. Dez. S. 3. — Marktferkelnntersuchung 
(Kammergericlit) 23. — Patentstreit der 
Brandenburg. Kammer wider Serumgesell¬ 
schaft 263. — Scblachthauscontrolle (Ober¬ 
verwaltungsgericht) 239. — Seuchenver¬ 
dacht (Anzeigepflicbt) von Block 283. — 
Subsummirung der Thierärzte unter den 
Begriff Aerzte (Kammergericht) 21. 
Geruch des Fleisches (abnormer) s. Ascariden. 
Geschlechtsorgane (weibliche) 8. Laparotomie. 
Geschwülste s. Carcinom, Chondrom, Cysten, 
Darmtumoren, Eierstockscyste, Epulis, 
Hygrom, Krebs, Lymphangiome, Lympho- 
sarkomatosis, Mastdarm, Melanosarcom, 
Myxomyceten, Prolapsus vagiuae, Pseu- 
doleukaemie, Struma, Uteruskrebs. 

Geschwülste. — Beitrag zur Aetiologie der — 
v. Schüller. 236. 

Geschwülste nicht aufgeben? — Warum 
dürfen wir die parasitäre Theorie für die 
bösartigen — v. Czerny. 462. 

Geschwür s. Zungengeschwür. 

Gesetze s. a. Entschädigungen. Entertuber- 
culose, Fleischbeschau- u. Fleischschau¬ 
gesetz, Fleischschauverordnungen, Ge¬ 
richtsentscheidungen, Gewährleistung, 
Reichsfleischschangesetz, Schlachthaus¬ 
gesetz, Schlacbtbofthicrärzte (Anstellung), 
Veterinäipolizei. — Entschädigung bei 
Schweinescuchen im Grossherzogthum 
Hessen, Beil, zu No. 9 vom 1. März, 
S. 4. — Entschädigung für Milzbrand, 
Rauschbrand und Rothlauf in Hessen 
Beibl. zu No. 49 vom 6. Dez. Seite 1. — 
Fleischschaugesetz von Schmaltz 210. 
Fleischschaugesetz 224; 263 (Annahme); 
335; 371 (Cabinetsordre); 382; 395 (Aus¬ 
land). 466; 502 (Ausführung); Beibl. zp 
No. 29 vom 19. Juli S. 4 (Wortlaut des¬ 
selben). — Gemeingefährliche Krankheiten 
(Bekämpfung) v. Preusse Beibl. zu No. 38 
vom 20. Sept., S. 1. — Organisation des 
Vet.-Beamtentbums in Oesterreich 186; 
223; desgl. in Ungarn 238. — Schlacht¬ 
hausgesetz (Abänderung) 419; 487; 515; 
Beibl. zu No. 46 vom 15. Nov. Schlaoht- 


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VII 


vieh and Fleischbeschau betr. Beil, za 
No. 9 vom 1. März, S. 1. 

Gesundheitsamt s. Reichs- GeB. Amt. 

Gesundheitsschädlich s. Kochapparate. 

Gewährleistung beim Viebbandel nach dem 
neuen B. G. B. Vortrag v. Rössler 
Beil, zu No. 7 vom 15. Februar. — Desgl. 
v. Preusse. 125. — Desgl. v. Bischof. 248. 

Gewährleistung für beanstandetes \ieh auf 
dem Berliner Schlachthof. 227. 

Gewerbesteuer. 21, 432. 

Giessen. Aufblühen d.s Vet.-Instituts von 
Schmaltz 357. Hochschul - Frequenz 10; 
441. Veterinärinstitut 10, 357. 

Glasgow 8. Rotzkrankheit. 

Glossitis s. Zungengeschwür. 

Glossitis actinomycotica v. Plotti. 198. 

Glutol 65. 320. 


Glycerin s. Geburtshülfe. 

Granulirende Flächen s. Ueberhäutung. 
Gravidität (extrauterine) s. Transmigratio. 
Grippe bei Pferden, v. Bourgct. 66. 
Gross-Britannien s. England. 


Haarballen aus dem Uterus von Kühen, v. I 
Guillebeau. 390. 

Haarkrankheiten s. Alopecie. 

Haarmilbe s. Kedanikrankheit. 

Hackfleisch s. Tubercelbacillen. 

Hämatinurie bei den Rindern in den Niede¬ 
rungen des Po. v. Umberto de Mia. 307. j 

Hämoglobinurie s. Blutl amen, Kreuzrhehe, | 
Lumbago, Stallroth, Wiudrhehe 

Hämoglobinurie der Rinder in Finland von 
Kossel und Weber. 582. 

Haemostaticum s. Gelatine. , 

Händed**sinfection v. Tjaden. 30. 

Halbblntpferdes. — Die Frühreife des edlen — j 
v. Mieckley. 151. 

Hals s. Torticollis. 

Halswirbelsäule. — Subluxation der — v. Pohl, j 
235. j 

Halswirbel-Verrenkung v. Schröder. 234. | 

Hannover: Fortbildungscuse 46. Hochscbul-, 
frequenz 10, 441. Unterricht in der Fleisch- j 
schau 347. Vorlesungen S.- S. 1900 188. \ 

Harn der Thiere unter physiologischen Ver-! 
hältnissen eiweissbaltig? — Ist der — von i 
Fettick. 343. 

Harnsteinoperation s. Litho*ripsie. 

Hartmannscher Fleischsterilisator s. Koch 
apparate. 

Haube. — Fremdkörper in der — Orig.-Art. 
v. Litfas. 340. 

Haut s. Hitzpocken, Maul- und Klauenseuche, 
Urticaria, Zinkpaste. 

Hauterkrankung (pustulöse, ansteckende) von 
Christ. 356. 

Hautkrankheit der Schafe (Differentialdiagnose 
der Maul- und Klauenseuche) v. Williams. 
Beibl. zu No. 49 vom 6. Dez. 

Haut muskel-Wirkung gegen dio primäre Ver¬ 
einigung der Wundränder bei Hautwunden 
des Pferdes v. Trinchera. 449. 

Hawal s. Osteo-Porosis. 

Heilkörper $. Diphtherie! eilserum. 

Hermann. — Nachruf — 574. 

Hermaphroditen. — Castration eines — von 
Hobday. 270. 

Hernia inguinalis mit Complication. — Ope¬ 
ration einer — Orig-Art. v. H.Jost 73. 

Harnia umbilicalis; Radicaloperation. 842. 


Herzens ausserhalb des Thorax. — Lagerung 
des — 463. 

Herzruptur v. Prietsch. 584. 

Hessen: Entschädigung bei Schweineseuchen 
Beil.v. 1. III. zu No. 9 S. 5.—Entschädigungs¬ 
gesetz betr. Milzbrand, Rauschbrand, 
Rothlauf. Beibl. zu No 49 v. 6. Dec. S. 1. 
— Tuberculosetilgung 28. 

Hinterkieferneuralgie b. Pferd v. Strebei. 510. 

Hinterwälder Rindvieh im Saargebiet von 
Willach. 347. 

Hirnbefund b. Kuh. Orig.-Art. v. Knoll. 339. 

Hirnhautentzündung s. Tuberculose. 

Hirschwild b. Wildseuche. 

Histologisches s. Anatomisches. 

Hitzpocken v. Hennigs. 101. 

Hochschüler oder Handwerker? Academische 
Streiflichter v. Stud. Baroch. 97. 

Hochschule 8. Hufbeschlag, Städtenamen u. 
die betr. Rubrik unter Tagcsgesch. 

Hoden s. Actinomycose, Tuberculose. 

Hoden und Prostata. — Die Beziehungen 
zwischen — v. Flode.uB. 570. 

Höllensteinlösung. — Intralaryngeale Injection 
von einprocentiger — v. Krüger. 43. 

Hohlnadel zur Blutentnahme v. Tröster. 18. 

Hohlvene s. Vena cava. 

Holland s. Niederlande. 

Holzkohle zur Behandlung der acuten Indi¬ 
gestion der Pferde, v. Goubeaud. 208. 

Hornhauttrübung s. a. Keratitis. 

Hornhauttrübung. — Beiderseitige Erblindung 
in Folge von — v. Richter. 136. 

Horsesickness s. Pferdesterbe. 

Hühner s. Diphtherie, Hypnose, Pneumo- 
enteritis. j 

Hühner in der Lombardei. — Uebcr eine neue , 
seuchenartige Krankheit der — v. Bel- J 
fanti u. Zenoni. 5. 

Hühnerei (SchaleDhaut) s Ueberhäutung. 

Huf s. Beschlag, Eisen, Hufeisen, Nageltritt, 
Neurectomie, Steckstollcn. 

Hufbeschlag s. Beschlag, Beugesehnen. 

Hufbeschlagunterricht an den thierärztl. Hoch¬ 
schulen. Orig.-Art. v. Neuse. 241. 

Hufeisen s. Eisen. 

Huffarbe beim Pferd. — Eine seltene Ver¬ 
änderung der — 139. 

Hufgelenkslähme s. Chirurgische. 

Hufhornwacfcsthum v. Pader. 90. 

Hufkre s s. Strahlkrebs. 

Hufkrebses. — Zur Therapie des - Orig.- 
Mitth. v. Martens. 543, 556. 

Huflederkitt zum Hufverband v. Frank. 235. 

Hund s. a. Acarusräude, Chloroformnarkose, 
Enterotomie, Fractur, Fremdkörper in 
der Räehenböhle, Geburtshilfe, Hysterec- 
tomie, Icterus und Uebcrmüdung, Kaiser- 
sci nitt, Laparotomie, Malariafieber, Pro- 
lapsus vaginae, Tollwuth, Tuberculose. 

Hundeiufluenza v. Tasker. 451. 

Hunderäude s. Epikarin. 

Hundeseuche in Dessau v. Richter 413, 424.: 

Hundesitziger Lage beim Füllen. Peromelus 
abrachius in — v. Husson. 569. 

Hydrocephalus acquisitus des Pferdes. — | 
Anatomische Untersuchungen über den — 
v. Dexler. 425. 

Hydrops der Fruchi hüllen des Rindes. Orig. 
Art v. deBruin. 458. — H. ascites beim 
Rinde. Orig.-Art. v. Hajnal 616. 

Hygiene s. Milchhygiene. 

Hygrom am Carpus d. Rindes v. Strebei. 511. 


Hypnose bei den Thieren. Orig. Art. v. Prof. 
Hoffmann. 517. 

Hysterectomie bei dem Hunde v. Rix. 558. 

Hystereetomie bei dem Hunde. Orig. Art. v. 
de Bruin. 71. 

Ichthoform v. Rabow u. Galli-Valerio. 319. 

Ichthyol bei Brandwunden. 164. 

Icterus u. acute Uebermüdung des Huudes 
v. Bouchet. 519. 

Igazol s. Lungentuberculose. 

Immunisirung s. Impfung, Maul- u Klauen¬ 
seuche. 

Immunität s. Enzyme, Impfung, Lungenseuche 
Maul- und Klauenseuche, Rassenimmunität, 
Rotz, Schutzimpfungen Seuchennamen. 

Impfkästchen für Menschen- und Thierimpf¬ 
ungen. Orig. Mitth. v. Prof. Hoffmann. 262. 

Impfspritze für Rothlauf- bezw. Schweine¬ 
seucheimpfungen. Orig. Art. v. Pflanz. 363. 

Impfung s. a. Brustseuche, Culturen,Diphtherie, 
Enzyme, Immunität, Impfsprit/.e, Lungen- 
seuebe, Maul- und Klauenseuche, Pferde¬ 
staupe, Rauschbrand, Rothlaufschutz- 
impfnng. Rotzimpfung, Schutzimpfung, 
Schweinerothlauf, Schweineseuche-Serum, 
Seraphthin, Serum, Seuchen. Statistik, 
subcutane Injection, Susserin, Texasfieber, 
Tollwuth,Tollwuthimpfstation,Tuberculin- 
impfungen, Ungarn, Wutb, Wuthvirus, 
Zange. 

Impfung. — Zur Technik der intravenösen — 
v. Kitt. 198. 

Impfzange für Schweine s. Zange. 

Incubation s. Tuberculose. 

Indigestion s. Holzkohle. 

Indigestion (therapeut. Notizen aus Bern). 269. 

Infectionserreger s Schutzeinrichtungen. 

Infectionskrankbeiien s. Beri - Berikrankheit, 
Borna’sche Krankheit, Colibacterium, 
Enzyme, gelbes Fieber, Kälberruhr, Luft, 
Luftwege, Malaria, Milz (Funktion bei 
Iiifection(-krankheiten),Pfer.le(Südaf(ikas), 
Pockenkranke Kühe, Schilddrüse. 

Infectionskrankbeit bei Pferden s. a. Grippe. 

Infiltrationsanästhesie nach Schleich v. Müller- 
Oldenburg. 66. 

Influenza s. a. Hundeinfluenza, Pferdeinfluenza. 
Luftwege. — In Bayern und Baden Beil. 2 
v. 17. Mai S. 3. In Preussen. 178. — 
Influenzaähnlicher Catarrh der Luftwege 
v. Chris 1 iani. 306. 

Influenzakrauken Pferde. — Zur Behandlung 
der — Orig. Art. v. Dopheide. 375. 

Infusion s. Jodkalium. 

Injection s. Höllensteinlösung, Jodkalium, 
intratracheale, subcutane. 

Injection von Blutgefässen s. Celluloid. 

Injectionscanülen. — Verbesserung der — 
Orig.-Art. v. Jess. 17. 

Insecten bei der Verbreitung parasitärer 
Krankheiten v. Nutall. 392. 

Insectenstiches. — Behandlung des Scorpion- 
und — von Hinze. 43. 

Institut für Infectionskrankheiten (Bericht 
über Tollwuth) v. Marx. 179, 645. 

Intercostalnerven. — Reizung der — 356. 

Intoxication s. Radialislähmung. 

Intracerebral s. Wuthvirus. 

Intratracheal injicirter Flüssigkeiten. — Ueber 
die Vertheilung — v. Bärner. 545. 

Intravenös s. Impfung, Milchfieber etc. 

Inversio et prolapsus Uteri v. Monsarrat. 588. 

Irland: Irish Veterinary College (Eine neue 
Thierärztl. Hochschule in Irland). 480 . 


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VIII 


Italien: Aus der Chirurg. Klinik in Mailand | 
v. Baldoni. 402. Hämatinurie in der Po-' 
• niederung. 307. Thierseuchen: Quartals¬ 
berichte III. Quart. 99. 119; I. Quart. 
1900. 395. 

Jagd s. Eismeerfang. 

Jahrbuch der deutschen Landwirthschaftsge- j 
Seilschaft. Besprechung v. Maier. 304. 

Jahresberichte s. Länder- und Städtenamen. 

Jahrhundertwende. Orig.-Art. v. Schmaltz. 1. 
Dasselbe v. Dieckerhoff. 25. 

Jauche 8. Dungwasser. 

Jodeigon-Natriuminjectionen v. Peter. 386. 

Jodeiweissverbindungen (Eigone) in der 
thierärztl. Praxis. — Ueber die Verwend- \ 
barkeit von — v. Prof. Röder. 319. 

Jodkalium s. Milchficber etc., Lebercirrhose. i 
— Infusionsapparat v. Stampfl 606. 

Jodkalium- und Protargollösungen. — Ueber 
die endovenöse Injection von — Orig.- i 
Art. v. Peter. 361, 373, 385. 

K 8. a. C. 

Kälberdurchfall v. Deich und Röbert. 43. 

Kälberruhr (Behandlung nach Hess-Bern) 269. 

Kälberruhr mit Argent. colloid. CredA -— Be-1 
handlung der — Orig.-Art. v. Evers. 169. 

Kälberrnhr (weisse) v. Willerding. 328. 

Kälberruhr mit Tannoform. — Behandlung 
der — Orig.-Art. v. Scbünboff. 161. 

Kaiserliches Gesundheitsamt s. Reichs¬ 
gesundbeitsamt. 

Kaiserling s. Conservirung, Laparotomie. 

Kaiserschnitt bei der Hündin v. Reichenbach, i 
270. 

Kaiserschnitt bei einer Kuh v. Derain. 4. 

Kalb s. Schlundrohr, Weisse Ruhr. 

Kalbefieber s. a. Gebärneurose, Gebärparese, I 
Qeburtsparese, Gehirndepressionserschei¬ 
nungen, Milcbfieber, Septicaemia puer- 
peralis. 

Kalbsfoetns s. Nabelschnur. 

Kalium bichromicum s. Hufkrebs. 

Kalk s. Sehorgan. 

Kameel s. Rinderpest. 

Kameel. — Rotz beim — v. Petrowski. 162. 

Kaninchenfleisch b. Fleischschau. 

Kapselfärbung s. Milzbrandbacillen. 

Karpfen. — Altersbestimmung bei — 383. 

Kastration s. a. Castration. 

Katalepsie beim Pferde v. Hennig. 356. 

Katarrh 8. Luftwege, Scheidenkatarrh. 

Katarrbaifieber s. Jodkaliurainjectionen. 

Katarrhalfieber des Rindes. — Ueber das 
bösartige — Orig.-Art. v. Oppenheim. 87. 

Katze s. Carcinom, Tubercnlose. 

Kedanikrankheit. — Ueber Aetiologie und 
Pathogenese der—v.KeYsuke-Tanake. 137. 

Kehlkopfpfeifen. Statistik v. Vosshage. 320. 

Kehlkopfpfeifens. — Zur Differentialdiagnose 
des — v. Bechstädt. 149. 

Keratitis s. a. Hornhauttrübung. 

Keratitis punctata von Richter. 136. 

Kiautschau s. Rotz. 

Kindermilch nach Backhaus. — Erfahrungen 
über die — v. Friedmann. 307. 

Klauenschuh v. König. 117. 

Kleekrankheit v. Michael. 511. 

Kleie (verdorbene). 474. 

Kleiekrankbeit s. Osteoporose. 

Kleinbahnen-Benutzung 58, 367, 381, 


Kniegelenkbänder beim Pferd. — Zerreissung 
der — v. Christiani. 235. 

Knienarben s. Chirurgische Versuche. 

Knochenbrüche s. Brüche, Fracturen. 

Knochenerkrankungen s.Osteo-Porosis, Tuber- 
culose. 

Kochanstalt. — Die Berliner — 34,83,107,167. 

Kochapparate für bedingt gesundheitsschäd¬ 
liches Fleisch und Versuche mit dem Hart- 
mannschen Fleischsterilisator v. Abel. 23. 

Kolik beim Füllen (embolische) v. Hell. 584. 

Kolik durch Spulwürmer, v. Kalkoff. 293. 

Koppens beim Pferde. — Operative Behand¬ 
lung des — 66. 

Kothrückstände im Wurstdarme, Wurst¬ 
schmutz. v. Schilling. 491. 

Krämpfe s. Zwerchfellskrämpfe. 

Krampf des Scblnndes beim Pferde durch 
TrockenschnitzelfUtterung. Orig.-Art. v. 
Jost. 423. 

Krebs s. Carcinom, Geschwülste, Hufkrebs, 
Mastdarmkrebs, Uteruskrebs. 

Krebs (Aetiologie) v. Park und Plimmer. 115. 

Krebses bei Thieren? — Giebt es ein en¬ 
demisches Vorkommen des — Orig.-Art. 
v. Behla. 109. 

Krebspest. — Aetiologie der — v. Weber. 6. 

Kreisthierärzte 8. Tagesgeschichte. — Grün¬ 
dung eines Vereins derselben. 534, 549.550. 

Kreuzläbme infolge Tuberculose d. Lenden¬ 
markes s. Tuberculose (Casuistik). 

Krongelenk s. Sehnenscheidenentzündung. 

Kryofin, neues Antipyreticum v. Eichorst. 257. 

Kryptorcbidcnoperation. — Ein Zwischenfall 
bei der —■ 138. 

Kryptorchismus beim Schwein, v. Kassel¬ 
mann. 280. 

Kühlanlage s. Fleischschau. 

KUhlpasten v. Unna. 606. 

Kuh s. a. Abscess, Carcinom, Castration, 
Cysten (Scheide), Eutertubercnlose, Fremd¬ 
körper, Ilaarbailen, Hirnbefund, Kaiser¬ 
schnitt, Kalb, Lymphosarcomatosis, 
Pockenkrank, Polyarthritis, Pseudoleu- 
kaemie, Rind. 

I Kuhmilch s. Milch, Tuberculose. 

Kurpfuscherei in Hamburg. 513. — Geheim¬ 
mittel gegen Manl- n. Kl. 356. 

Ijabroagen s. Tuberculose. 

Lähmungen und Lahmheiten s. Beschlag, 
Electricität, Radialisläbmung, Schulter¬ 
rheumatismus. 

Lagerung des Herzens ausserhalb des Thorax. 
463. 

I Laien s. Culturen. 

j Landwirthschaftsgesellschaft s. Ausstellung, 
Jahrbuch der D. L. G. 304. — Wander¬ 
ausstellung der D. L. G. in Posen. 212, 
2 p9. 

Landwirthschaftskammer s. Tagesgesch. 

i Laparotomie s. Enterotomie, Kaiserschnitt. 

Laparotomie als diagnostisches Hülfsmittel 
v. Hobday. 484, als Explorativoperation 
bei Krankheiten der weibl. Geschlechts¬ 
organe. Orig.-Art. v. de Bruin. 397, bei 
der chronischen Peritonitis des Hundes 
v. Baldoni. 163. 

Laryngitis s. Pharyngolaryngitis. 

| Lebercirrhose (Behandlung mit Jodkalium) 
v. Huber und Eisen. 583. 

| Leberegel in der Milz des Schafes v. von 
Rätz. 510. 


Leberzerreissung durch amyloideDegeneration 
v. Kröning. 521. 

Lecksucbt bei Fohlen. Orig.-Art. v. Teetz. 160. 

Leptomeningitis tuberculosa s. Tuberculose 

Leser. — An unsere — v. Schmaltz. 313. 

Leucaemie s. Pseudoleucaemie 

Lencocyten s. Substances bact6ricides. 

Licbttherapie. — Meine Erfahrungen in der — 
v. Strebei. 569. 

Lidränder s. Blepharitis. 

Linse s. Nahtsterne. 

Liquidationen beamteter Thierärzte in 
PreusBen. Orig.-Art. v. Hoehne 308, 464. 
Desgl. v. Preusse 332. Kleinbahnen be¬ 
treffend. 58, 367, 381. Rundreisen betr. 417. 

Liquor Alum. acet. bei Mauke von Kunze. 54. 

Liquor Cresoli saponatus. — Therapeutische 
Bedeutung des — v. Gmeiner. 341. 

Litho!ripsie beim Pferde von Desoubry, 4. 

Lombardei s. Hühner. 

Londoner Viehmarkt, Seuchen und Fleisch¬ 
schau. Beilage zu No. 29 vom 19. Juli. 

Lorenz s. Rothlaufimpfung etc. 

Lüderitz (Nachruf). 513. 

Luftinfection bei den wichtigsten Thierseuchen 
und Gegenmassregeln v. Kasselmann 532. 

Luftsäcken. — Concretionen in den — von 
Dellagnna. 584. 

Luftwege. — Infectiöser Katarrh der — von 
Christiani. 306; v. Trinchera 164. 

Lumbago s. Jodcaliuminje tion. 

Lungenentzündung s. Acetanilidin. 

Lungenentzündung. — Die Behandlung der 
fibrinösen — v. Eichhorst. 271. 

Lungenschwindsucht unter der Bevölkerung 
des Deutschen Reiches und einiger 
anderer Staaten, v. Rahts. 452. 

Lungenseucbe. v.Nocard, Rouxu.Dujardin.232. 

Lungenseuchestatistik s. Ländernamen. 

Ltingenseuche des Rindes durch Personen¬ 
verkehr. — Uebertragung der — Orig.- 
Art. v. Peters 525. 

Lungentuberculose s. Tuberculose. 

Lungenwurm8cucbe. — Beitrag zur Prophy¬ 
laxis der — von Kasparek. 42. 

Luxation s. Fesselgelenk, Fractur, Halswirbel, 
Verrenkung. 

Lymphadenom 8. Pseudoleucaemie. 

Lymphangiome (cystenartige) am grossen Netz, 
v. Harreveit. 246. 

j Lymphosarcomatosis bei einer Kuh. Orig.- 
Art. v. Paust. 184. 

Mäusevertilgung s. Pictolin. 

Magen s. Tuberculose des Labmagens. Haube. 
Vorfall. 

Magen-Darmentzündung s. Mycotisch. 

Magen-Darmkatarrh s. Creolin. 

Mahnruf. Orig.-Art. von Schmitt. 547. 

Mailand. — Aus der Chirurg. Klinik in — v. 
Baldoni. 402. 

Malaria s. Pferde Südafrikas. 

Malaria beim Pferd v. Guglielmi. 29 

Malariaexpedition. — Erster Bericht über die 
Thätigkeit der — v. Koch. 42. 

Malariafieber beim Hunde. — Bösartiges — 
v. Hutcheon. 41. 

Malariaparasiten. — Die Diagnosefärbung der 
i — v. Rüge. 511. 

MalleYnprobe s. Rotzkrankheit (Glasgow), 

Marasmus s. Milch. 

Margarine s. Tubercelbacillen. 


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IX 


Marictbutter s. Tubercelbacillen. 

.Massenerkrankungen beim Rindvieh von 
Steger. 583. 

Mastdarmkrebs beim Pferde v. Olt. 435. 

Mastdarmpolyp beim Pferd v. Fröhner. 281. 

Mastdarmtumor beim Füllen. Orig. Mitth. v. 

. Kissuth. 64. 

Mastitis s. EuterentzUndung. 

Mathias’sche Zange s. Castrationsmetboden. 

Matratzenstreu v. Weinhold. 221. 

Maukebehandlung. 55. 

Maul- und Klauenseuche s. Anliaphtben, 
Aphthen, Aphthenseuche, Apthentheer, 
Chromsäure, Dungwasser, Seraphthin. 

Maul- und Klauenseuche. Orig.-Art. v. Buhl. 
194, 206. — Behandlung mit Chromsänre. 
v. Jarrc. 116. — Bekämpfung durch ab¬ 
gekochte Milch. Orig.-Art. v. Fetting. 
183. Dasselbe v. Schmidt. 86. — Be¬ 
handlung. Orig.-Mitth. v. Jüngers. 568. 
— Debatte im Reichstag. 211. — Diffe- 
rentialdiagnose l). Hautkrankb. Beil, zu 
No. 49 vom 6. Dec. — ln England. Orig.- 
Art v. KUbnau. 130, 155, 502. In der 
Schweiz. 179. In Argentinien. 188, 274, 
612. — Kritische Bemerkungen und Vor¬ 
schläge zur Bekämpfung. Orig.-Art. v. 
Hecker. 230. — Practische Anwendung 
eines Schutzserums bei Schweinen und 
Schafen. Orig.-Art. v Loeffler u. Ublen- 
huth. 613. — Stand der Schutzimptung 
Vortrag v. Graffunder. 265. — Untcr- 
suchungsergebnisse v. Ebertz. 342. — Ver= 
luste. Beilage zu No. 38 vom 20. Sep= 
tember — v. Preusse. 358. —■ Versuche im 
Ges.-Amt. 490. Beibl. zu No. 46 v. 15. Nov. 
— Warnung vor einem Geheimmittel. 356. 

Mechanismus s. Wirbelsäulenbruch. 

Medicamente s. Arzneien. 

Melanosarcom als Todesursache Orig. - Art. 
v. Schneider. 182. 

Melkpersonalinfection s. pockenkranke Kühe. 

Meningitis, tuberculöse, b. Rind v. llamoir. 18. 

Mensch s. Actinomycose, Blutsverwandtschaft, 
Cysticercus, Finnenkrankheit, Schweine¬ 
rothlauf. 

Merkwürdige o. Massenerkrankung. 

Milben 8. Blepharitis. 

Milch s. Colostrum, Kindermilcb, Maul- und 
Klauenseuche, Tuberculöse. 

Milch (Schwankungen bes Fettgehaltes) von 
Glegg. Beibl. zu No. 46 vom 15. November 
Seite 8. — Eigenschaften und Zusammen¬ 
setzung v. Klimmer. 371. Bestimmungen 
über den Verkehr in Hohenz.-Sigm. Beil, 
zu No. 20 v. 17. 5. 

Milchfieber s. Gehirndepressionserscheinungen, 
Gebärparese, Geburtsparese, Kalbefieher. 

Milchfieber beim Schwein? — Ein Fall von — 
Orig.-Art v. Paust. 448. 

Milchfiebers durch intravenöse Injection von 
Jodkaliumlösung. -- Behandlung des — 
Oiig.-Art. v. Dr. Peter. 458. 

Milchhygiene v. Klimmer. 557. 

Milchsäure s. Fluor, Nageltritt (Behandlung). 

Milchverfälschungen und deren Nachweis v. 
Klimmer. 391. 

Milch von tuberculösen Thieren entsteht. — 
Experimentelle Untersuchungen über den 
Marasmus, welcher durch Ernährung mit 
sterilisirter — y. Michellazzi. 474. 


Militärveterinärei französische 54, 416. Ge- 
haltbbcratbung im Reichstag 78. Kriegs¬ 
verhältnisse 95. Deutsche Verhältnisse 
105. Reiehstagsverhandlung 139, 154. 
Oesterreicbische 143. Gehälter 262. — S. a. 
Tagesgeschichte. 

Militärvetcrinärwesen. 560, 588s.a.Tagesgesch. 

Milz s. Leberegel. 

Milz. — Ueber die Ursache des acuten Milz¬ 
tumors bei Vergiftungen und acuten I 
Infectionskrankheiten. Physiologische 
Funktion der — von Jarveih. 583 

Milz (überzählige) beim Fohlen v.Chalmers. 571. 

Milzbrand s. Formalin. 

Milzbrand. Orig.-Mitth. v. Kissuth. 543. 

Milzbrandbacillen (Kapselfärbung) v. Räbiger 
606. 

Milzbraudcadaver s. Milzbrand. 

Milzbranddiagnose von Tröster. 209. 

Milzbrandes die Obduction erforderlich? — 
Ist zur Diagnose des — Vortrag von 
Steinbach. 481, 495. 

Milzbrandes mit Creolin. — Behandlung des 
— v. Yordal. 63. 

Milzbrandes und Beseitigung der Milzbrand- 
cadaver. — Feststellung des — Orig.-Art. 
v. Meier. 579. 

Milzbrandstatistik s. die Ländernamen. 

Milztumor s. Milz. 

Missbildungen s. a. Bildungsanomalien, 
Buckelbildung, Embryologisches, Gallen¬ 
blase, Herz, Milz, Nabelschnur, Peromelus 
abrachius. 

Mixturen s. Dosirungsfrage. 

Mondblindheit s. Augenentzündung. 

Morbus maculosu8 s Petechialfieber. 

München, Frequenz. 441. S. a. Bayern. 

Muskel s. Hautmuskel. 

Muskelrheumatismus mit Acetanilid. — Be- ; 
handlung des acuten — v. Zincke. 198. 

Muskulatur s. Xanthosis. 

Mycose s. Gastroenteritis. 

Mycoti8che Magen - Darmentzündung bei 
Pferden v. Schmidt. 511. 

Myxomyceten resp. Plasmodiophora Brassica 
Woron. als Erzeuger der Geschwülste bei 
Thieren v. Podwyssotzki. 150. 1 

Jfabelbruch s. Hernia umbilicalis. 

Nabelinfection s. Enteritis. 

Nabelschnur am Kopfe eines Kalbsfoetu«. — | 
Ueber einen Fall von Insertion der - - 
v. Kutzky. 463. 

Nabelvenenentziindnng, Behandlung. 269. 

I Nachgeburt-Vcrzehren. v. Lungwitz. 463. 

Nachrufe s. die betr. Namen n. Tagesgesch. 

Nadelbrennen s. Schulterlabmheit. 

Nageltritts mit reiner Milchsäure. — Behand¬ 
lung des — v. Guillcmain u. Cadix. 461. 

Nahrungsmittel s. Conservirung, Milch,Fleisch. 
— Aerztliche Prinzipien bei der Be- 
urtheilung conservirter N. v.Liebreich 503. 

Nahtsterne der Linse b. Pferd v. Gerdell. 281. 

Naphthalingeschmack beim Fleisch v. Hoef- 
nagel. Beibl. zu No. 49 vom 6. Dez. S. 8. 

Narcose s. Chloroformnarcose. 

Nase s. Düten. j 

Nasenbluten v. Tapken. 255. i 

Natrium bicarbonicum. — ZurBehandlg. schwer j 
concip. Stuten mit — v. Sauer. 463. 

Natriumsulfits auf den Fleischfarbstoff. — 
Ueber die Einwirkung des — v. Jabnke. 

Beibl. zu No. 49 vom 6. Dez. 


Naturforscherversammlung zu Aachen 486, 493 

Nebenämter bezw. Nebenbeschäftig, der beam¬ 
teten Thierärzte. Orig.-Art. v. Preusse. 477. 

Nebennierenextractes. — Die therapeutische 
Anwendung des — v. Bates. 256. 

Necrose s. Düten, Schwanzspitze, Zitzenschnitt. 

Nerven b. Intercostalnerven, Hinter(Ünter~) 
kieferneuralgie. 

Nervenscbnitt s. Neurectöm., Neurotoui., Spät. 

Nerven Substanz s. Wuth. 

Nesselfieberkranke Schweine (vet.-pol. Be¬ 
handlung des Fleisches). Vortrag von 
Eichbaum. 573. 

Netz s. Lymphangiome. 

Netzhautablösung bei einem Fohlen. — An- 
geborne beiderseitige — 281. 

Neubildungen s. Geschwülste. 

Neujahr s. Jahrhundertwende, Tagesgeschichte. 

Neuralgie s. Unterkieferneuralgie. 

Nourectomie s. Praxis, Spat; Orig.-Art. v. 
Tempel. 542; Abfallen des Hufes in Folge 
von N. v. Brocq. Rousseu. 461. 

Neurectomie der Plantarnerven. — 15 Fälle 
von — v. Gerosa. 366. 

Neurectomie gegen Spatlahmheit v. Venner- 
holm und Bayer. 519. 

Neurose s. Gebärneurose. 

Neurotomie (Ueber —) von Hirzl. 208. 

Niebel, Nachruf 610, 624. 

Niederlande: Thierseuchen-Quartalsbericbte ; 
III. Quart. 99 bis II Quart. 00. 119, 179, 
334; Beibl. zu No. 46 vom 15. Nov. S.6. 
— Jahresbericht pro 1898, Beibl. zu 
No. 38 vom 20. Septbr. S. 8. 

Niere (Doppeltet s. Bildungsanomalien. 

Nierenstein bei einem Pferde. Orig.-Mitth. von 
Gräfe. 508. 

Nirvanin. 257. 

Norwegen: s. a. Pferdeinflnenza. — Eine 
thierärztl. Hochschule. 70, 107, 177. — 
Eismeerfang. 267. — Fischereiunter¬ 

suchungen. 543. — Thierseucben: IV. 
Quart. 99 bis II. Quart. 00. 179, 298, 
Beibl. z. No. 38 v. 20. Sept. S- 7. — Tuber- 
kulose-Massregeln, Beibl. z. No. 49 vom 
6. Dec. S. ft. 

Obduction s. Milzbrand. 

Obergutachten s. Gutachten. 

Ochs 8. Bruch (Ueberwnrf), Peritonitis (Darm¬ 
ruptur). 

Oesterreich: s. Seraphthin (Misserfolge).— 
Bekämpfung der Schweinepest(-seuche). 
537. — Einfuhrverbote geg. Deutschland 
Beibl. zu Nr. 29 vom 19. Juli S. 2. 358. 
— Gesetzentwurf betr. Gehalts- u. Rang- 
verbältnisse der Vet-Beamten. 186. — 
Hochschüler oder Handwerker? Orig.-Art. 
von Baroch. 97. — Schlachthauswesen 
Orig Art von Kühnan. 526. — Schweine- 
pesttilgung Beibl. zu No. 39 v. 20. Sept. S.6. 
u.537. — Thierärztl. Verhältnisse, Orig.-Art. 
von Markiel. 44. (S. a. Ungarn.) — Ueber 
die thatsächlichen Verhältnisse der Heran¬ 
bildung d. Militärthierärzte, Orig. Art. von 
Nowotny n. Knaflitsch. 143. — Veterinär¬ 
beamte 223. — Vieheinfuhr. 490. — Vieh- 
seuch. Quartalsberichte: IV.Quart 299 
bis III. Quart. 00. 119; Beibl zu No. v. 17. 
Mai, S. 3; 395; Beibl. zu No. 46 vom 
15. Nov., 8. 6. 

Operationen: s.a. Abscesse, Abscessbaken, 
Auge, Castration, Chirurgische Versuche. 
Darmstich, Düten, Enterotomie, Gallen, 
Hernia, Hernia umbillc., Hysterectomie, 
Kaiserschnitt, Koppen, Kryptorchiden- 
operation, Laparotomie, Lithotrypsie, 
Mechanismus, Nadelbrennen, Neurectomie, 
Phimosis, Prolapsus vaginae, Spätentzün- 


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X 


düngen, Spat, Staar, Strahlkrebs, Tenoto- j 
mie, Torsionscastration (Scheidenhaut-1 
Vorfall), Trepanation, Ueberbeine, Zitzen- 
schnitt. 

Operationstisch in der chirurgischen Klinik zu ; 
Stuttgart. Orig.-Art. v.Prof. Hoffmann. 316. j 

Organismus 8. Chloroform. 

Organtherapie. — Zur wissenschaftlichen Be¬ 
gründung der — v. Virchow. 463. 

Osteoporose reBp. „Kleiekrankheit“ beim 
Pferde v. Courtial und Carougeau. 390. 

Osteo-Porosis. von Eiliot. 389. 

Osteotomie s. Chirurgische Versuche. 

Ovario-Hysterectomie s. Ilvstcrectomie. 

Paardziekte b. Pferdesterbe. 

Paraform v. Unna. 236. 

Parasitäre Krankheiten s. Insecten. 

Parasiten s a. Acarusräude, Ascariden, Be¬ 
schälseuche, Bilharzia, Blastomyeeten, 
Blepharitis acarica, Cysticercus cellnlosae, 
Dourine (Trypanosoma), Echinokokkus, 
Filariose, Finnen, Geschwülste, Insecten, 
Kedanikrankheit (der Haare), Leberegel, 
Lungenwurmseuche. Malaria, Schafräude, 
Spirillenkrankheit, Spulwürmer. 

Paravaginal s. Abscesse. 

Paris s. Tagesgescbichte, Versammlungen, 
Weltausstellung. 

Pasten s. Aetzpasten, Kühlpasten. 

Pathologisches Institut s. Rotterdam. 

Periodische Augenentzündung s. Uvealtractus. 

Periostotomie s. Chirurgische Versuche. 

Periproctal s. Abscess. 

Peritonitis s. Laparotomie. — P. Bei einem 
Zugochsen infolge Achsendrehung und 
Darmruptur. Orig.-Art. v. Oppenheim 617. 

Peromelus abrachius beim Füllen. 569. 

Peronin als locales Anästheticum v. Mering 
und Bufalini. 367. 

Persönliches s. Tagesgesch. 

Pest s. Krebspest. 

Pestmittcl v. Yersin. 570. 

Petechialfiebers bei Pferden. — Zur Silber¬ 
therapie des — v. Duschanek. 377. 

Pferd s. Abscesse, Bauchfellentzündung, 
Borna’8cheKrankheit.Brustseuche.Buckcl- 
bildung, Castration, Dannstich, Deckact, 
Dliten, Epulis, Euterentzündung. Filariose, 
Fohlen, Füllen, Grippe, Halbblutpferd 
(Frühreife), Hautmuskel, Hinterkiefer¬ 
neuralgie, Hydrocepbalus acquisitus, 
Indigestion, Influenza, Katalepsie, Krampf 
des Schlundes, L-cksucht. Lithotripsie, 
Malaria, Mastdarmkrebs, Mastdarmpolyp, 
Mondblindheit. Mycotische Magendarm- 
entzündung, Nahtsterne, Petechialfieber, 
Phimosis, Pferdeinfluenza, Pferdestaupe, 
Quecksilbervergiftung, Strahlkrebs, Struma, 
Torsion scastration, Torticollis, Uveal¬ 
tractus. 

Pferde Südafricas und deren gefährlichste 
Krankheiten, insbesondere die Malaria, 
v. Zürn. 568. 

Pferdeinfluenza in Christiania. 77, in Bayern 
und Baden. Beilage zu No. 20. — Statistik 
in Preussen. 178. 

Pferdeseuche (africanische), v. M’Fadvean. 268. 

Pferdestaupe (Bayern, Impfmethode). 55. 

Pferdesterbe (Horsesickness Paardziekte). — 
Der Erreger der — Orig.-Art. v. Rick- 
mann, 314. 337. 

Pferdeversicherung in Bayern. 539. 

Pferdezabnarzt in America. 116. 

Pferdezucht. — Stellung der Thierärzte in der 
rheinischen — Vortrag v. Decker. 272. 
S. a. Ländernamen. 


Pflanz s. Embryotom. I 

Pfuscherei s. Kurpfuscherei. 

Phagocytose v. Almqnist. 498. 

l’haryngo-Laryngitis. — Scuchenartige — v. 
Müller. 90. 

Phenolinjectioncn s. Ahortus. 

Phimosis beim Pferde. Orig.-Art. v. H. Jost. 338. 

Physiologisches s. Anatomisches. 

Pictoün zur Ratten- und MäuBevertilgung v. 
Kossel. 501. 

Pikrinsäure. 320. 

Pilze s. gelbes Fieber. 

Plantarnerv s. Neurectomie. 

Plasmodiophora Brassica Woron. s. Myxo- 
myceten. 

Pleurasäcke. — Communication der — von 
Gray. 570. 

Pneumo-enteritis infectiosa der Hühner von 
Guittard. 367. 

Pneumonie s. Acetanilidin. 

Pocken s. Hitzpocken. Statistik 8. Länder¬ 
namen. 

Pockenkranken Kühen. — Infcction des Melk- 
pei sonals von — Or ig.-Art. v. Aronsohn. 62. 

Polyartbritis post partum bei der Kuh von 
Leblanc u. Bitard. 376. 

Polyp s. Mastdarmpolyp. 

Po-Niederung s. Hämatinurie. 

Posen s. Landwiithschaftsgcscllschaft. — 14. 
Wanderausstellung der D.-L.-G. Orig.-Art. 
v. Marks. 289. 

Präparate Conservirung s. Conservirung. 

Praxis. — Aus der Praxis für die — (Tracheo¬ 
tomie gegen Dämpfigkeit, Neurectomie 
und amerikanische Castrationsmethode.) 
Orig.-Art. v. Tempel. 542 

Praxiswagen für Thierärzte. Orig.-Art. von 
Richter. 124. Orig.-Art. v. Döhrmann. 220. 

Preussen: Das Vet.-Wcsen im prcussischcn 
Etat 34 — Deutsche Pferdezucht. 324. 
— Die Ergebnisse der Trichinen- und 
Finnenschau in Preussen 1898. 71. 214. — 
— Etat der Gestüte 186. — Finnenfunde 
98/99. 443. — Influenza unter den 

Pferden der Civilbevölkerung und der 
Armee. 178. — Rheinische Pferde¬ 

zucht. 272. — Statistik von Preussen. 441. 
— Statist. Veterinär-Sanitätsbeiicbt der 
Armee pro 1898. 270. — Thiersenchen: 
Maul- und Klauenseuche. Monatsberichte 
s. a. Deutschland. Tabelle: 15. Dez. 99 
bis 30. Nov. 00. 22, 47. 59. 82. Beil. 1 zu 
No. 9 v. 1. März S. 8 131.155,189, Beil. ■/uNo. 
20 v 17. Mai, S. 1, 286, Beibl. zu No. 29 v. 
19. Juli. S. 3, 394. 442, 490, Beibl. zu 
No. 46 v. 15. Nov., Seite 6, 610. — Toll- 
wuthstatistik (Bissverletzungen) 1899. v. 
Kircbuer. 533. 

ProlapBUS s. Inversio, Gebärmutter, Scbeiden- 
vorfall etc. 

Prolapsus des Magens in die Brusthöhle. Orig.- 
Mitth. v. Kissuth. 64. 

Prolapsus uteri von Monsarrat. 583. 

Prolapsus uteri et vaginac. — Ein neuer 
Apparat zur Verhütung und Heilung des 
— Orig.-Art. v. Blume. 529. 

Prolapsus vaginae b. dem Hund v. Matl.is. 545. 

Prolapsus vaginae bei Hunden. Orig.-Art. 
v. de Bruin. 181. 

Promotion s. Doctorwürde. 

Prostata s. Hoden. 

Protargol s. Bacillol. 

Protargolbehandlung bei VerletzungdcrBeuge- 
sehnen. v. Eggmann. 5. 

1 Protargollösungen s. Jodkalium. 


Pseudoleucämie (malignes aleucämiaches 
Lymphadenom) bei einer Kuh. Orig.- 
Art. v. H. Jost. 242. 

Pseudo-Tuberculosis s. Schatkrankheit. 

Pustulöse Hauterkrankung s. Uauterkrankung. 

Pyoctanin. 320. 

Pyrogallol gegen Trichorrhexis v. Kalkoff 65. 

Quarantäneanstalten: Einfuhr in Hvidding 
betr. 514; in Bremen. 395. — Ergebnisse 
der Tubcrcnlinimpfungen. 371 — Ergeb¬ 
nisse der Tub.-Impfungen im III. Quart. 99. 
119; IV. Quart. 99, Beil. 2 v 17. Mai S. 3. 
— Ermittelung der Tuberculose. 214. — 
Fleischschauergcbnisse d. aus Quarantäne¬ 
anstalten in öflf. Schlachth eingef Rinder 
III. Quart. 99. 119. Desgl. IV. Quart. 99. 
Beil, zu No. 20 v. 17. Mai, S. 3. 

Quecksilbervergiftung b. Pferde vonTeetz.539. 

Rabies s. Tollwutb, Wuth. 

Raelienl öhle (Hund) s. Fremdkörper. 

Radialislähmung beim Rind undIntoxication(?). 
Orig.-Art. v. Hansen. 172. 

Räude s. Acarusräude. Epikarin. Sbeep. — 
Statistik s. die Läniernamen. 

Ranunculus acer. (Vergiftung), v. Trouette 294. 

Rassenimmunität v. Prettner. 116. 

Rattcnvertilgung s. Pictolin. 

Rauschbrand v. Leclainche und Vall6e. 388. 
— Serotherapie v. Arloing. 256 — Scrum- 
schutzimpfung v. Kitt. 100. — Vortrag 
auf der Naturforschervers. v. Vater. 493. 

Rauschbrandstatistik s. die Ländernamen. 

Rccepte s. Dosirungsfrage, subcut. Inject. 

Rechtsverhältniss der thierärztlichen Vereine 
s. Bürgerliches Gesetzbuch. 

Reichsfleischschaugesetz s. a. unter Fleisch¬ 
schau u. Fleischbeschau, Fleischeinfuhr, 
— Wortlaut Beibl. zu No. 29. v. 19. Juli 
S. 4. — Derzeitiger Stand. Vortrag v. 
Ristow. 68. — Fleischeinfuhr unter der 
Wirkung des R. Orig. Art. v. Kühnau. 
417. — Zur Ausführung. Orig.-Art. v. 
Kühnau 382; 466. 

Reichsgerichtsentscheidungen s. Gerichtsent¬ 
scheidungen. 

Reichsgcsundbeitsamt. 95, 154, 284, 490, 591, 
Beibl. zu No. 46 v. Nov. s a. Tuberculose. 

Reichstags Tagesgeschichte. — Berathungder 
Budget-Commission über Gehältor der 
Militärrossärzte. Orig.-Art v.Schraaltz.78. 

Rettung von Vieh s. Feuersbrünste. 

Rheumatismus s. Gelenkrheumatismus, Muskel¬ 
rheumatismus, Schulterrhcumatismus. 

Riechelmann. Nachruf 561. 

Rind 8. Actinomycose, Alo'edosirung, Augen¬ 
entzündung, Bilharzia, Blutharnen, Farbe¬ 
veränderung, Gastroenteritis, Gebärparese, 
Hinterwälder, Hydiops, Hygrom, Kalb, 
Katarrhalfieber, Kuh, Massenerkran¬ 
kungen. Meningitis (tuberculöse), Ochs, 
Radialislähmung, Rotz (Immunität), 
Scheidenkatarrh, Schweiftraube, Tuber- 
kulinimpfui gen, Urticaria, Uteiuskrebs, 
Zugo/chse, Zungengeschwür. 

Rinder (Chinesische). Orig.-Art. v.Zinke. 565. 

Rinderfoetentuberculose s. Tub. (Casuistik). 

Rinderpest. — Empfänglichkeit des Kameeles 
für die — v. Tariakowski. Beibl.zu No. 38 
vom 20. September. — In China. 490, 623; 
In Windhoek. 405. 

I Rinderpraxis s. Bern. 

Rindfleisch s. Büffslfletsch. 


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XI 


Rindvieh 8. Massenerkrankungen. 

Rindviehvereichening 8. Versicherungen. 

Rindviehzucht: Das deutsche Rind v. Lydtin- 
Werner. 198. 

Rübling. Nachruf 575. 

Rossärzte s. Tagesgeschichte. 

Rothlauf s. Cultnrabgabe, Iinpfspritze, Im¬ 
pfung, Nesselfieber, Schweinerothlauf, 
Susserin, — Statistik s. Ländernamen. 

Rothlauf der Schweine. Lorenz’sche Schutz¬ 
impfungsmethode v. Greiner. 437. 

Rotblaufimpfung: Orig.-Art. v. Schmaltz. 368. 
Vortrag v. Graul. 577. Orig.-Art. v. 
II. Jost. 37. Vortrag v. Foth. 566. 
Statistik 121, 502. Rotblaufimpfungen 
in Bayern (Unterstützung). 466. Roth- 
laufschutzimpfung mit Prenzlauer Impf¬ 
stoffen in den Jahren 1897, 1898 und 
1899. — Ergebnisse der Lorenz’schen — 
Orig.-Art. v. Joest und Helfers. 121. 

Rothlaufserum in Deutschland. — Gerichts¬ 
entscheidung betr.desVerkaufesvon—263. 

Rotterdam. — Mededeelingen uit het patho¬ 
logisch laboratorium van het abattoir 
te — v. Harreveit. 246. 

Rotz 8. Kameel. — Statistik s. Ländernamen. 
— Immunität des Rindes v. Prettner. 452. 

Rotzbacillus (Hyphomycetennatur) v. Conradi. 
222. Morphologie v. Marx. 222. 

Rotzes — Argentum coli, zur Feststellung 
des — Orig.-Art. v. Rassau. 171. v. 
Baldoni. 177. 

Rotzimpfungen zu diagnostischen Zwecken 
von Prettner und Tröster. 177. 

Rotzkrankheit (Anwendung des Malleins zur 
Diagnose) v. Borclla. 520. 

Rotzkrankheit (Heilbarkeit) v. M’Fadyeau. 
330. 

Rotzkrankheit in dem Pferdebestande der 
Glasgower Tramway - Gesellschaft und 
die Malle'inprobe. 329. 

Roux 8. Diphtherie. 

RUckenmarksentziindung s. Gehirn-Rücken- 
marksentzündung. 

Ruhr s. Kälberruhr, Weisse Ruhr. 

Rundreise-Liquidationen s. a. Liquidationen. 
Orig.-Art. v. Hoehne. 464. 

Runkelrüben bei Schafen (Vergiftung). 511. 

Ruptur s. Darmruptur, Ilerzrnptur, Vena cava 
posterior. 

Russian waters v. Kalkoff. 5. Orig.-Art. v. Rips. 
99. Entgegnung hierzu v. Finkler. 271. 

Russland: Aufblühen des Vet.-Wesens. Orig.- 
ArL von Pawpertow. 315. — Seuchen- 
schutz. 251. — Thierseuchen Quartals¬ 
berichte. 22; 119; 298. Beibl. zu No. 38 
v. 20. September S. 7. — Viehausfuhr. 82. 


Sachsen: Bericht über die Schlachtvieh- und 
Fleischbeschau pro 1899. 515. — Flciscb- 
beschauergebnisse pro 1898. 275. — 
Fleischverbrauch pro 1899. 444. — Ge¬ 
haltsregelung der Vet. Beamten. 250. — 
Gesetz betr. Entschädigung für Scucben- 
verluste. 370, 501. — Staatliche Schlacht¬ 
viehversicherung. 538. 

Säurefest s. Bacterien. 

Salingia, Berlin. — 50. Stiftungsfest — 128. 

Salol als Bandwurmmittel v. Galli-Valerio. 257. 

Sanatol v. Krüger. 164. 

Sand’sche Zange s. Castrationsmethoden. 

Sanitätsthiei ärzte &. a. Fleischschau, Schlacht¬ 
häuser, Schlachtstunden etc., Tagesge ch. 
— Sanitätsthierärztl. Versammlungen s. 


Tagesgesch. — Rheinprovinz. 224. — 
Sachsen 189, 487 — Sathsen u. Branden¬ 
burg. 430. — Sächs. Gruppe. 68 — Schle¬ 
sische Versammlung, Vortrag von Hen- 
schel über Sehlachtatunden. 258. 

Sarcom s.Lymphosarcomatosis, Melanosarcom. 

Schaf s. a. Finnen, Leberegel, Runkelrüben 
(Vergiftung), Sheep, Zähne (künstliche) 
ZuchtBchaf. — Maul- und Klauenseuche, 
Schutzimpfung v. Löffler und Ublenhuth 
613. 

Schafkrankheit in Australien (Eine neue). 
Caseous Lymphadenitis oder Caseous 
Lymphatic glands (Pseudo-Tuberculosis) 
von Chorvy und Bull. 364. 

Schafpockenstatistik s. die Ländernamen. 

Schafräude s. Sheep scab. Statistik s. die 
Ländernamen. 

Schale s Chirurgische Versuche. 

Schalenhaut (des Hühnereies) s. Ueberhäutung. 

Scheide s. Prolapsus, Vagina. 

Scheide beim Rindvieh. — Cysten in der — 
Orig.-Art. v. Martens. 181. 

Scheidenhautvorfall s. Torsionscastratiou. 

Scheidenkatarrh der Rinder. — Discussion 
über den infectiöscn — (Centralverein 
der Provinz Sachsen etc.) 445. 

Scbeidenvorfall s. Prolapses. — Reponirung 
bei der Kuh v. Strebei. 569. 

Schell. Nachruf. 295. 

' Schierling. — Vergiftung mit — v. Plotti. 293 

Schilddrüse s. Struma. 

Schilddrüse bei Infectionskrankbeiten. — Be¬ 
theiligung der — v. Roger u. Garnier. 512. 

; Schlachthausgesetz: (Zur Abänderung) 
v'. KUhnau 419, 515. — Discussion in der 
Vers, der Sanitätsth. d. Prov. Sachs etc. 
487. — Dasselbe v. Beckhard mit Bern, 
v. Kühnau 522. — Petition Beibl. zu No. 46 
v. 15. Nov. S. 12. — 

Schlachthäuser s. a.Fleischbeschau,Fleisch¬ 
schau, Fleischschauvcrordnuiigen, Fleisch- 
schaustatistik, Gerichtsentsch. Städte¬ 
namen, Tagesgeschichte. — Oher-Ver- 
waltungsgeiichtsentsch. betr. Controle. 
239. — Uebersicht über die im III. Quart. 
99 aus den Quarantäneanst. in öff. Schl. 
cingef.Rinderund Schlachtergebnisse. 119. 

Schlachthäuser (öffentl.) in kleinen Städten 
Orig.-Art. v. Kühnau Beibl. zu No. 46 vom 
15. Nov. Seite 7. — Reinlichkeit der 
deutschen. — Beibl. zu No. 29. v. 19. Juli. 
— Leitung in Frankreich v. KUhnau 479. 

Schlachthausthierärzte s. Tagesge¬ 
schichte, Fleischbeschau, Fleischscbau, 
Gerichtsentscheidungen, Sanitats - Tbier- 
ärzte, Schlachthäuser: — Anstellung. 
70; desgl. in Barmen. 129; dcsgl. in Lü¬ 
denscheid. 154. — Kündbarkeit. 81. — 
Privatpraxis (Fall Zoppot). 454. — Ver¬ 
fügung im Reg.-Bez. Bromberg betr. An¬ 
stellung. Beil, zu No. 20 v. 17. Mai, S. 2. 

i Schlachthofconfiscate (Verwendung u. Fleisch¬ 
extraktfabrikation in Fray-Bentos 335. 

Schlacbtbofthierärzte nach dem preuss. Gesetz | 
betr. Anstellung etc. — Die Stellung der — 
Vortrag von Colberg. 70. 

Schlachtstundcn und Staatsaufsicht in öffent¬ 
lichen Schlachthäusern. — Zahl der — 
Vortrag v. Hentschel. 258. 

Schlachtvieh, Preisnotirung 407. 

Schleich b. Infiltrationsanästhesie. 

Schlunddiverticel v. Pötschke. 356. 

Schlundkrampf s. Krampf. 

SchlundrohrcB. — Verschlucken eines — von 
Hauger. 116. 


! Schlund Verlegung von Strebei. 269. 

Schlundwunde. — Spontane Heilung einer — 
Orig.-Art. v. Michalik. 387. 

Schneidezähne s. Alter. 

Schnitzelfütterung s. Krampf. 

Schreck s. Tetanus. 

Schüttelmixturen s. Dosirungsfrage. 

Schulterlahmheit. — Durch Nadelbrennen ge¬ 
heilte — Orig.-Art. v. Prof. Hoffmann. 457. 

Schulterrheumatismus v. Heieck. 294. 

Schumburg’sche Verfahren der Wasserreini 
gung. — Ueber das — v. Pfuhl. 176. 

Schutzeinrichtungen des Organismus und deren 
Beeinflussung zum Zweck der Abwehr 
von Infectionserregern v. Büchner. 378. 

Schutzimpfung s. Impfung. 

Schwangerschafts, exirauterine Transmigratio. 

Schwanzspitze bei den Hausthieren. — Das 
brandige Absterben der — Orig.-Art. von 
Ellinger. 505. Desgl. Orig.-Mittb. von 
Fetting. 543. 

Schweden: Thierseuchen IV. Quart. 99 bis 
III. Quart. 1900 179, 334; Beibl. zu No. 
38 v. 20. Sept., S. 7; Beibl. zu No. 49 
vom 6. Dec., S. 5. 

Scbweiftraube des Rindes. — Ueber eine Er¬ 
krankung an der — v. Eppinger. 412. 

Schwein s. Bildungsanomalien, Kryptor¬ 
chismus, Michfieber, Rothlauf, Schweine¬ 
rothlauf, Schweineseuche, Susserin, 
Zwerchfellhernie. — Schutzimpfung gegen 
Maul- u. Klauenseuche v. Löffler u. Uhlen- 
huth. 613. 

Schwein. — Das Ronneburger — 257. 

Schweinepest, Bekämpfung in Oesterreich 537. 

Schweinepestiilgung in Oesterreich. Beilage 
zu No. 38 vom 20. Sept. 

Schweinerothlauf s. Rothlauf. 

Schweinerothlauf; Uebertragung auf Menschen, 
v. Casper. 6. Serumtherapie v. Lec- 
lainche. 247. 

Schweineseuche s. a. Impfspritze, Rothlauf. 
— Statistik s. d. Ländernamen. 

Schweincseachc von Kasparek. 54. 

Schweineseuche. — Experimente über die 
Infectiosität des Bacillus der — von 
Prettner. 365. 

Schweineseuche-Serum. — Vorläufige Mit¬ 
theilung über ein — v. Niebel. 209. 

Schweineseuche u. Schweinepest. — Beiträge 
zur Bekämpfung der — Orig. - Art. v. Dr. 
Schreiber. 589, 601. 

Schweinezucht. Das Ronneburger Schwein. 
257. Schweinezucht-Vereinigungen in 
Dänemark. 407. 

Schweiz: Erlaubniss zur Einfuhr badischen 
Klauenviehes 156. — Uocbsebulnach- 
richten (Thierarzneischule in Bern wird 
Vet.-M. Facult.) 46. — Promotionsstatut 
und die vet.-med. Facultät in Bern 427. 
— Reorganisation des thierärztl. Unter¬ 
richts 21. — Revision der Viebscuchen- 
polizei. Beibl. zu No. 38 v. 20 /9. Seite 6. 
— Staatskosten für die Maul- u. Klauen¬ 
seuche 179. — Therapeutische Notizen 
aus Bern v. Preusse 269. — Thier¬ 

seuchen: Jahresbericht lt-99,179. Quartals¬ 
berichte: III. Quart. 99 bis H. Quart. 00 
23, 179, 334. Beibl. zu No. 46 vom 15. 
Nov. Seite 6. — Vieheinfuhr betr. 156, 
275. — Zur Promotion in Bern Orig.- 
Ait. v. Schmalz 438. 


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Seequarantäne s. Quarantäne. ' 

Sehnen s. Filariose. 

Sehnenscheide s. Arthritis, Schweiftraube. 
Sehnenscheidenentzündung in der Gegend des I 
Krdngeienks v. Pelsch. 1Ö2. tuberculMse ; 
brig.-Art. v. Schlegel. 421. 

Sehorgans mit Kalk und ähnlichen Sub-! 
stanzen. — Die Verletzungen des — 
v. Andreä. 378. 

Selbstverleugnung thut noth. Orig.-Art. v. 
Schmaltz. 165. 

Septicaeraia puerperalis v. van der Velde. 18. i 
Seraphthin in Oesterreich. — Misserfolg mit ^ 
— Orig.-Art v. Geist. 75. 

Serbien: Vieh- u. Fleischexport 1899, 616. 
Serotherapeutisches Mittel s. Diphtherie. 
Serum s. Impfung, Wuth. 

Serums in den Blutkreislauf. — Ueber die ; 
Einführung fremden — v. Friedenthal u. 
Lewandowsky. 271. 

Serumschweine. — Minderwerth der -*■ Beilage j 
zu No. 49 vom 6. December 599. 
Serumtherapie (Neue Versuche) V. Wasser-1 
mann. 604. j 

Seuchenhaft s. Augenentzllndüngen. Hühner, j 
Pharyngo-Laryngitis. Verkalben. 
Seuchenstatistik s. die Ländernamen. 
Seuchenverdacht s. Gerichtsentscheidungen. 
Sbeep scab, its nature and treatment v. Salrnon 

u. Stiles. 115. 

Silbersalze s. Argentum, Credö. 

Silbertherapie s. Petechialfieber. 

Skelett s. Farbeveränderungen. 

Skorpionstiche s. Insectenstich. 

Sodomie. — Zur Kenntniss der — Orig.-Art. 

(Gutachten) von Prof. Schlegel. 469. , 

Spätentzündungen (Abscedireude) v. Kassel-, 
mann. 508. 

Spat s. Chirurgische Versuche, Doppelneu- 
rotomie. Neurotomie. 

Spat. Doppclneurotomie v. Fröhner. 90. 
Spatenstehung und Behandlung v. Hess. 294. 
Spats. — Zur Behandlung des — v. Schwendi- 
mann, Hirzl u. Kröning. 197. 1 

Spirillenkrankheit der Gänse.—Untersuchungen 
über die — v. Contacuzene. 185. 

Spritze s. Impfspritze. 

Spulwürmer s. Kolik 

Staars auf beiden Augen. — Operation des i 
grauen — v. Eggebrecht. 293. 
Staatsaufsicht und Schlachtstunden in Offentl. 

Schlachthäusern, v. Hentschel. 258. 
Staatsveterinärwesen s. Tagesgesch. u. Ve¬ 
terinärpolizei. 

Starrkrampf s. Tetanus. 

Starrkrampf der Pferde. — Erfahrungen mit 
Carbolbehandhing bei — Orig-Art. v. 
Möller-Sonneberg. 291. 

Statistik s. a. Cysticercus, Finnen, Fleisch- 
schaustatistik, Gehirn-, Rückenmarks¬ 
entzündung. Impfungen, Kehlkopf pfeifen; 
Krankenstatistik. Ländernamen, Pferde¬ 
zucht, Tagesgeschiehte, Tiiierzucht, Toll- 
wutb. Trichinose, Tuberculose, Vcterinär- 
Sanitätsbericht, Viehverkehr, Viehzucht; 
ferner Abiturienten betreffend 237. 

Steckstollen, Patent Philippi. — Die federnden 
hohlen — v. Eberlein. 281. 

Steinbildung s. Nierenstein, Lithotripsie. 
Stempelkasten für Fleischschau. Orig.-Art. 

v. Tempel. 219. 

Sterilisation. — Verwendung von tub. Milch, 


Fleisch etc. nach vorheriger — v. Prof. 
Gallier. 299. | 

Sterilisator s. Kochapparate. 

Sterilisirung s. Catgutsterilisation, Schum-! 
burg’sches Verfahr., (fuberCulöses Fleisch. : 

Steuereinschätzung. 21, 432. 

Stockfletb. Zur Enthüllung seines Denkmals 
in Kopenhagen v. Fock. 379. 

Stollen s. Steckstollen. 

Stoppelkrankheiten v. Boström. 255. 

Strahlenpilze s. Actinomycose. 

Strahlenpilze. — Zur Kenntniss der — 
v. Lnbarsch. 176, 245. 

Strahlenpilzform s. a. Tuberculoseerreger. 

Strahlenpilzkrankheit. Orig.-Art. v. Wulff. 13. 

Strahlkrebs 8. Hufkrebs. 

Strahlkrcbses. — Zur Behandlung des — 
v. Bez.-Th. Schmidt. 66. 

Strauss’sche Methode s. Rotzimpfungen. 

Streptothrixart — Ueber eine neue patho¬ 
gene — V. Silberschmidt. 307. 

Struma beim Pferde, v. Markus. 485. 

Strychnin beim Geflügel; — Versuche mit — 
v. Schneider. 185. 

Studentisches s. Tagesgesch. i 

Studium s. Bildung u. Tagesgesch. 

Stute s. Castration, Deckact, Eierstockcyste, 
Natrium bicarbonicum 

Stuttgart. Ehrung des Director von Fricker 
199. Frequenz 441. Operationstisch in 
def chirürg. Klinik. Orig.-Art. V. Hoff- 
mann 3l6. Versicherungsverein iO, 

Subcutane Injectionen v. Eschbaum. 39. 

Subluxation s. Halswirbelsäule. 

Substances bactßricides dans les Organes et 
sUr la filiation des differentes especes 
des leucocytes. v. Waüters. 138. 

Suder. Nachruf. 598. 

Südafrika s. Afrika. 

Surra s. Donrine (Trypanosoma). 

Susserinund ihre Erfolge. — Rothlaufinipfiingen 
mit — Orig.-Art. v. Hoehne. 447. 


Tagesgeschiehte: Jahrhundertwende v. Schmaltz 
1, v. Dieckerhoff 25. — An unsere Leser 
(Redaktionelle Neuerung.) Orig.-Art. v. 
Schmaltz 313. Desgl. v. Peters, Preusse, , 
Lothes 322. 

Thler&rztliche Lehranstalten u. Ausbildung:. 

Bildung u. Fachstudium v. Schmaltz 7. — ; 
Veterinärinstitut in Giessen 10; Dasselbe ; 
Orig-Art. v. Schmaltz 357. — Hocbschul- 
frequenzen 10, 441. — Reorganisation | 
des th. Unterrichts in der Schweiz 21. — 
Thierärztl. Verhältnisse in Oesterreich v. [ 
Markiel44; desgl. in Ungarn v. Schmaltz66. j 
— Direktoratswechsel in Alfurt 46. — Die 
Thierarzneischule in Beim zur vet.-med.' 
Fucultät ei hoben 46; desgl. 427; Regle-, 
ment Uber Promotion 429; desgl. Orig.-Art. 1 
v. Schmaltz 438. — Fortbildungscurse in 
Hannover 46. — Hochschule in Norwegen | 
70, 107. 177. — Ecole vät. in Alfort v. 
Lohsec 157: Bemerk, dazu v. Goldbeck' 
187. — Studienplan S.S. Hannover 188; 
Bern 199: Berlin 200. - Berliner Hoch- 1 
schule Jahresbericht 98/99 212. — Appro¬ 
bationen 98/99 277. — Abitur, n Schul- : 
reform v. Schmalz 283. — Unterricht in ) 
d. Fleischschau in Hannover 357. — Er¬ 
weiterungsbauten der Hochschule in 
Dresden 357. — Reglement für die staatsth. 
Prüfung in Baden 368. — Eine neue Hoch¬ 
schule in Irland 430. — Rectoratswechsel I 
in Berlin 610. 

Zum Abiturientenexamen:10. — Ein 1 
Avantgardengefecht v. Schmaltz 31. — ' 
Verhältnisse in Oesterreich v, Markiel I 


44; desgl. in Ungarn in Bezieji. auf das 
Abitur, v. Schmaltz 66. — Abitur, der 
Rossärzte v. Schiel 92. — Die branden- 
burger Landwirthscbaftskammer u. das 
Abitur, v. Schmaltz 94, 117. — Ein tak r 
tischer Zwischenfall v. Schmaltz 102. 
tt- Zmti Abitur; V. Schmaltz 164. — Die 
Petition betr. Abitdr. 128, 186. 210, 223, 
260. — Abitur, u. Frequenz iti Frankreich 
(Statistik Lyon, Alfort etc.) v. Sch'mältz 
237. — Die bayr. Kammer über das Abitur. 
249.— Abiturientenexamen u. Schulreform 
v. Schmaltz 283. — Essers Aufruf 320. — 
Abiturientenfrage im Reichstag 598. — 
Stellung der Landwirthschaftsk. für die 
Rheinprovinzdazu573; desgl.Posen 610. — 

Staatsveterinirwesen (s. a. Bürgerl.Gesetz- 
buch,Vetcrinärpoli/.ei):Steuereinscbätznng 
21. — Erlass der Minister für Cultus und 
für Landwirtschaft betr. Benutzung der 
Kleinbahnen 58. — Das Vet-Wesen im 

S reuss. Etat 1900 34. — Verhältnisse in 
esterreich. Von Markiel. 44; Dass. 223. 
— Gesetzentwurf betr, Gehalts- und Rang¬ 
verhältnisse der Vet.-Beamten in Oester¬ 
reich 186. — Maul- und Klauenseuche* 
Debatte im Reichstag 211. — Besoldung 
der Gerichtsvollzieher im Vergleich zu 
den Vet.-Beämteü 224. — Regelung des 
ungarischen Stäatsverertnärw’esetis 288. 
— Gehaltserhöhung der sächs. Bezirks* 
thierärzte 250. — Kleinbahnfrage (Liqui* 
dation) 58, 262, 367, 381. — Gerichtsver¬ 
fahren betr. Anzeige des Seuchenver* 
dächtes. Orig.-Art v. Block. 283. — Die 
Liquidationen der beamteten Thierärzte ln 
Preussen. Orig.-Art. v. Hoehne. 308; 
Entgegnung Von Preusse. 332. — Amt¬ 
liche Einführung des 100-theil. Thermo¬ 
meters 311. — Aufblühen des Veterinär- 
Wesens in Russland 345. — Rundreise* 
lequidationen. Von Hoehne. 464. — Ge¬ 
schichte und Erfolge des St.-Vet.-Wesens 
in England 464. — Nebenämter heZw. 
Nebenbeschäftigungeli der beamt. Thier¬ 
ärzte. Von Preusse. 477. — Stellung der 
Oberamtsthierärzte in Württemberg 537. 

Mliltärvftterin&re : Rekrutirung der fran¬ 
zösischen 57. — Berathung der Budget- 
Corara. betr. Gehälter von Schmaltz 78. — 
M litärthierarzt Im Kriege 95. — Ver¬ 
hältnisse der Rossärzte 105. — Reichs* 
tagsverhdlg. (Stenogramm) 139. — Heran¬ 
bildung ders. in Oesterreich-Ungarn v. 
Nowotny und Knaflitsch 143. — Gehalts¬ 
erhöhung 262. — M. in Frankreich 416. 
— Angebliche Aenderung der Organi¬ 
sation v. Schmaltz 560, 588. — 
Sanitfitsthierärzts (s. a. Fleischschau u. 
Schlachthäuser etc.): Anstellungsfrage u. 
Kündbarkeit nach dem preuss. Gesetz 
betr. Anstellung v. Colberg 70. — Der¬ 
selbe Gegenstand 81; 129 (Barmen); 154 
(Lüdenscheid); 170 (Hanau u. Franken¬ 
berg); 313 u 344 (v. Schmalz) (in Berlin); 
513 (Nordhausen). — Privatpraxis betr. 
(Zoppot) 454. — Statistik siehe diese. 
Unterstiitzungs- und Versicherungsangelegen- 
heiten (s. a. Entschädigungen, Versiche¬ 
rungen) Unterstiitzungsverein für Thier¬ 
ärzte 129; 550; 5*5. — Wolff’sches Stipen¬ 
dium 551. — Festlichkeiten: Geburtstag 
Sr. Majestät 25. — lioc'iscbulcommers 
46. — Stockfleth,s Denkmalsenthüllung 
379. — Semesterfeier der 1883 approb. 
Snid. 536. — Stiftungsfest (50 jälir.) 
Salingia 128, Frankonia 588. — Persönliche 
Artikel: Knuth nach Fray-Bentos 347; 
Hussfeldt nach Australien 381; Schlegel 
nach Freiburg 166, Schwendimann nach 
Bern 405; Peter nach Breslau 525; 
R.Kochs Rückkehr513. — Ehrungen etc.: 
Eiler 95. Vaerst 178; von Fricker 199; 
Scharnier 347, 525, 5-‘l; Reinemann 310; 
Frick 310; Strebei 347; Ködix 370, 3-1; 
v. Diebitsch 393; Geb.-Rath Küster 367; 
Stockfleth 379; Lydtin 381; — Nachrufe 
Parey 166; Schell 295; Zürn 454; Beyer 
475, 49b; Lilderitz 513; Herrmann 574; 


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Suder 598; Rohling 575; Waltrup! 551; 
Riechelmann 561; Niebel 624. — Dis¬ 
pute etc. Zur Abwehr (Fall Bonatz) 
70, 81. — Leichtfertige Anschuldigungen 

f egen Thierärzte (Rotzfall) 96. — „Dr. 

chäfer“ v. Schmält* 154 u. Annoncentbeil 
von No. XIII. — Hiilseinann c.Malkmus203, 
215. — Eiu netter Brief (Dischereit) 250; 
Emgegnungdazu 273; Erklärung dazu von 
Rheinsbagen 297. — Patentstreit der 
Brdbg. Landw.-Kammer c Roihlaufserum- 
Ges. 263. — Zur Richtigstellung betr. 
Borna’scbe Krankheit 305. — 

Vereine und Versammlungen: Centralverein 
preuss. Krei8th. 584, 550 (Scbmaltz), 549 
(Tbuneckc), (561), (575). — Centralver- 
tretung (Plenarvcrs.) 379, 533, (550) 575, 
(584). 607 (Bericht). — Congress f. Gesund -\ 
heitepHege in Aberdeen 504; dcsgl. f. 
Hygiene in Paris 166, (357), 502; Bcibl. zu 
No. 46 vom 15. Nov. S. 9. — Fleisch- u. 
Trichinenschauer (Bund, Fleischerver¬ 
bandstag, Beil, zu No. 29 vom 19. Juli; 
Internat. Fleischercongress 227. — Natur- 
forscbcrversaramlung lti6, (357>, 481.486, 
493. — Thie rärztliebe Vereine: Berlin , 
(10), (58), (108), (167), tl 78), (213), (224), (477), 
(490), 536, 576, 623; Brandenburg (250), 
273, 284, (430, (Sanitätsth.); (513) 535, 589; 
Braunscbweig (262), 343; Cöslin (238), j 
401, (465). 572; Düsseldorf (536), 620; Han-1 
nover 476 (Nord), 525; Kurhessen 151, j 
(465,; Münster (beamt. Th.) 475; Posen 
(238), 321, (477), 566, 571; Rheinprovinz 
(224), (551), (238), 272, (430), 512; Sachsen 
(Prov.), an halt, und thüring. Staaten (46), 
68,189, (430), 487 Beil, vom 15. Febr. S. 1; 
(2l3), 412, 421, 433, (441), 445, 553, 559; 
Schlesien (213), 247, 258, (477), (513), 577, 
585; Schleswig-Holstein 93, 107, (441); 
Stade (R.-B.) 94; Stettin-Stralsund (285), 
(501), 524; Thüringen 392; Westfalen 19, 
(405); Wesipreussen 125, (273), 440; 
Wiesbaden 56, (273), 439, (551), 621. - Aerzte 
u. Universitäten: Zulassung der Real- 
gymnasialabiturienten zum med. Studium 
177. — Frequenz der med. Facultäten 
in Deutschland 454. — Vertheilung der 
Aerzte in Deutschland 284. — Kammer¬ 
gerichtsentscheidung betr. Subsummirung 
der Thierärzte unter den Begriff .,Aerzte“ 
21. —Prinzipien bei Beurtheilung conserv. 
Nahrungsmittel 503. — Verschiedenes: 
Viehzucbtinspectoren in Bayern 10, 95 
383; in der libeinprovinz 576. — Vacanz 
in Deutsch Südwest-Afrika 10. — Die 
thierärztl. Vereine im Recht des B. G. B. 
v. Schmaltz 20. — Steuereinschätzung 
21, 432. — Ein Avantgardengefecht v. 
Schmaltz 31. — Thierärztl. Apotheken 
96. — Hochschüler oder Handwerker? 
Akadem. Streiflichter v. Baroch 97. — 
Ein taktischer Zwischenfall v. Scbmaltz 
102. — Thierklinik zu Grimberghe-Wies- 
baden 106. — Selbstverläugnung thut 
noth! v. Schmaltz 166. — Congress zu 
Baden-Baden (Generalbericht betr.) 211. 
— Maul- u. Kl. Debatte im Reichstag 
211. — Zur Lage v. Schmitt 295 — Amt¬ 
liche Einführung des lOOtbeil Thermo¬ 
meters 311. — Mahnruf Vircbows an die 
Mitarbeiter med. Ztscbr. 346. — Roth- 
laufimpfungen v Scbmaltz 368. — Cultur- 
aufgaben v. Bermbach 462, 499, 516. — 
Der pract. Thierarzt als Fleiscbbeschauer 
v. Steinmeyer u. Kühnau 489, v. Lohoff 
600. — Bemerkenswerther Vorgang in 
der Thierzucht v. Ellinger 521. — Ein 
Mahnruf v. Schmitt. 547. — Neues in der 
Thiermedizin v. Graffunder 593. — Standes¬ 
angelegenheiten v. Meier 594. — Cultur- 
aufgaben v. Goldstein 597. — Die Krisis 
naht! v. Beckbard 597. 

Tannalbin v. Poss. 43. 

Tannenduft s. Vitalin. 

Tannoform 320. Orig .-Art. v. Foth. 541. v. 
Rabus. 66. v. Lemberger. 185. v. Spindler 
606. — s. a. Bac'llol, Kälberruhr. 


Taxus baccata. — Vergiftung von Ziegen 
durch — 512. 

Temperatur. — Die Grenzen der normalen — 
v. Marx. 138. 

Tendovaginitis tuberculosa s. Arthritis. 

Tenotomie v. Frühner. 139. 

Testikel s. Actinomycose. 

Tetanus s. a. Starrkrampf. 

Tetanus-Behandlung bei Pferden mit grossen 
Dosen von Carbol. v. Place. 256. 

Tetanus. — Carbol gegen — v. Woods. 177. 

Tetanus durch Schreck. — Therapie des — 
Orig.-Art. v. Kissuth. 532. 

Texasfieber v. Conway u. Francis. 460. 

Texasfieber (Impfversucbe) v. Ligniöres. 437. 
v. Nocard u. Lignieres. 496. 

Texas fever. — Ticks und — v. Morgan. 582. 

Therapeutische Notizen. 55. s. a. Bern. 

Therapie s. Lichttherapie, Organtherapie. 

Thermometer. — Einführung des hundert- 
theiligen. — 311. 

Thermometerfixator. Orig.-Art v. Schünhoff. 
364. 

Thierärzte s. Tagesgeschichte. 

Thierärztliche Approbationen 1899. 277. 

Thierärztliche Verhältnisse in Oesterreich 
Orig.-Art. v. Markiel. 44. 

Thierbastarde v. Ackermann. 228. 

Thierzucht s. Ausstellung, Ente, Geburts¬ 
kunde, Ländernamen, Quarantäne, Pferde¬ 
zucht, Rindviehzucht, Schweinezucht. 
— Viehzucbtinspectoren in Bayern 10, 
95, 383. — Ein- und Ausfuhr von 
Thieren und thieriseben Producten in 
Ungarn 1898. 19. — Die Frühreife des 
edlen Halbblutpferdes v. Mieckloy. 151. 
— Viehzählung in den Ver.-Staatcn v. 
Nordam. am 1. Januar 1900. 151. — Der 
Zugochse Südafrikas. 186. — Etat der 
preuss. Gestüte. 186. — Das deutsche 
Rind v. Lydtin und Werner. 198. — 
Thierzucht in Weimar. 211. — 26. Mast¬ 
vieh-Ausstellung. Orig. Art. v. Kühnau. 
236. — Dänemarks Viehhaltung 237. — 
Der Viehbestand der Welt. 257. — 
Das Ronneburger Schwein. 257. — Inter¬ 
nationaler Geflügelhandel. 257. — Die 
Eigenschaften eines guten Zuchtschafes 
v. Curtiss. 271. — Stellung der Thierärzte 
in der rheinischen Pferdezucht Vortrag 
v. Decker. 272. — 14. Wanderausstellung 
in Posen. Orig.-Art. v. Marks. 289. — 
Fleischproduction Australiens. 311. — 
Die deutsche Pferdezucht 324. — Hinter¬ 
wälder Rindvieh im Saargebiet v.Willach. 

347. — Die Zebrabastarde des Prof. 
Ewars. 358. — Anspannen der Zuchtbullen 
v. Fröhner 348. — Apparat zum Retten v. 
Vieh bei Feuersbrünsten v. C. Mjoen. 

348. — Weide- und Fettviebausstellung 

in Husum. 383. — Zur Fischfütterung. 
383. — Altersbestimmung bei Karpfen. 
383. — Die Viehverhältnisse Englands 
im Vergleich zu andern Ländern. Orig.- 
Art. v. Kühnau. 407. - Staatsunter¬ 

stützung von Schweinezuchtvereinignngen 
in Dänemark. 407. — Ein bemerkens¬ 
werther Vorgang auf dem Gebiete der 
landw. Thierzucht. Orig.-Art v. Ellinger. 
521. — Bayrisches Pferdeversicherungs¬ 
gesetz. 639. — Ergebnisse der Viehzählung 
in Grossbritannien. 540. — Chinesische 
Rinder. Orig.-Art. v. Zinke. 565. — 

• Vacanz in Rheinland. 573. — Thierzucht¬ 
inspectoren bei der Landwirthschafts- 
kammer der Rheinprovinz. 576. 

Thierzucht. — Ein bemerkenswerther Vorgang 
auf dem Gebiete der landwirthschaftlichen 
— Orig.-Art. v. Ellinger. 621. 

Thorax s. Herz. 

Thrombose der Acbselarterie v. Wollmann 521. 


Ticks s. Texas fever. 

TödtungBapparat für Tbiere. 275. 

Toller Thiere. — Ueber die Art der Conser- 
virung und die Virulenzdauer des Markes 
— von Frantzius. 391. 

Tollwutb s. Hundswuth, Rabies, Wuth. — 
Statistik s. d. Ländernamen. 

Tollwutb-Bissverletzungen v. Preusse. 441. v. 
Kirchner. 533. 

Tollwuth des Hundes und die pathologisch¬ 
anatomische Diagnose v. Höbrant. 367. 

Tollwuth. — Die beschleunigte Diagnose der 
Tollwuth durch die microscopiscbe Unter¬ 
suchung des Bulbus des heissenden 
Hundes v. Babös. 355. — Histologische 
Läsionen v.van Gebuchten undNelis. 378. 
— Postmortale Diagnose v. Nocard. 353. 
— Theorie der Pasteur’schen Schutz¬ 
impfung v. Marx. 520. 

Tollwuth im Institut für Infectionskrankheiten 
zu Berlin im Jahre 1899. — Bericht über 
die Thätigkeit der Abtheilung zur Heilung 
und Erforschung der — 179. v. Marx. 545. 

Torsion s. Castration. 

Torsionscastration. — Vorfällen der Scheiden¬ 
haut nach — v. Kragerud. 4. 

Torsio uteri. — Ueber die — v. Täufer. 220. 

Torticollis equi mit exitus letalis. Orig.-Art. 
v. Haase. 229. 

Tracheotomie gegen Dämpfigkeit. Orig.-Art. 
v. Tempel. 542. 

Transmigratio extrauterina und extrauterine 
Gravidität Orig.-Art. v. de Bruin. 2. 

Trepanation bei Hausthieren. — Zur Aus¬ 
führung der — v. Bosi. 264. 

TrichinenschauergebnisBe s. Preussen. 

Trichinoseerkrankung in Sangerhausen. 504; 
in Spanien (Murcia) 611. 

Tropococaln, ein neues Anästheticum, nebst 
einigen Worten über die locale Anästhesie 
v. Vennerholm. 497. 

Tropon. Orig.-Art. v. Prayon. 889. v. Rabus. 307. 

1 Trou de la langue s. Zungengeschwür. 

Tsetse s. Dourine (Trypanosoma). 

Tubercelbacillen. — Eine neue Färbung für — 
v. Dorset. 331. 

Tubercelbacillen im Hackfleisch v. Schum¬ 
burg. Beibl. zu No. 49 v. 6. Dec. S. 7. 
— In der Marktbutter v. Herbert. 474. — 
In Flüssigkeiten v. Hammond. 331. — In 
Margarine v. Annest. 358. 

Tubercelbacillus (Züchtung) v. Hesse. 294. 

i Tubercle bacilli in milk, butter and margarine 
v. Annett 412. 

! Tubercule et l’action curative de la tuber- 
culine. — Recberches sur l'histogönöse 
du — v. Broden. 473. 

i Tuberculin - Ministerialerlass. Orig. - Art. v. 
Preusse. 561. — S. a. 611 (England). 

Tuberculine, Herstellung und Unterschiede, 
v. Bauermeister. 462. 

Tuberculinfrage. v. Viquerat 91. 

Tuberculinimpfung (Nachcontrole) s. Tuber- 
culose u. Quarantäne. 451. — Dänemarks. 
352; in Bayern. 502. — Fehldiagnosen. 
Orig.-Art. v. Zwicker. 52. — Vortrag v. 
Martin. 620. 

| Tuberculinversuche bei Rindern v. Hutyra. 
411. 

1 Tuberculöses Fleisch und Milch. — v. Gallier. 
299. 


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XIV 


Tuberculöser Tbiere. — Versuche über die 
Schädlichkeit des Fleisches — v. van der 
Sluys. 11. 

Tuberculose s. a. Arthrilis, Encephalitis, 
Entertuberculose, Kreuzläbme, Lepto- 
meningitis, Lungenschwindsucht, Lungen- 
tuberculose, Meningitis, Milch, Rinder- 
foeten, Tuherculinimpfung. — Statistik 
s. a. Ländernamen, Quarantäne. — 
Aetiologie. Referat über Vorträge von 
Flügge, Fränkel, Pfeiffer und Lölfler auf 
dem Tuberculosecongress. 173 ff. — Be¬ 
handlung mit ausschliesslicher Fleisch¬ 
kost v. Häriconrt und Richet. 342. — bei 
Katzen. 331. — Bekämpfung. 442. — Dsgl. 
Vortrag im Verein wcstpr. Th. v. Preusse. 
Beiblatt zu No. 29 v. 19. 7., Seite 1. — 
Uebertragung durch Milch und Mass¬ 
nahmen. Orig.-Art. v. Kilhnau. 49. — 
Casuistik. v. Tbieme, Schmidt, Lii.de, 
Martin, Ledere und Deruelle. 451. — 
des Hodens bei einem Bullen, v. Laurie. 
331. — des Knochens, v. Ricck. 584. — 
des Labmagens, v. Rieck. 331. — Heil¬ 
mittel. v. Murphy. 55. — Heilung mit 
Formalin. v. Cervello. 91. — Incubations- 
dauer. v. Nocard und Rossignol. 544. — 
Uebertragbarkeit. v. Moore-Albany. 167. 
— Merkblatt des Gesundheitsamtes und 
Massregeln in Norwegen. Beil, zu No. 49. 
vom 6. December. — in den Vereinigten 
Staateb. 400. 

Tuberculosecongress s. Tuberculose (Aetio¬ 
logie). 

Tuberculoseerregers. — Untersuchungen über 
die Strahlenpilzformen des — von Dr. 
Schulze. 282. 

Tuberculosestatistik s. a. Fleiscbschau. 

Tuberculosetilgung (Milchwirthschaftl. Verein). 
82. im Grossherzogthum Hessen. 23. 

Tuberculoßis (Pseudo-) s. Schafkrankheit. 

Tunica vaginalis (Vorfall) s. Torsionscastration. 

Trypanosoma s. Dourinc. 

Tympanitis s. Aloödosirung. 


Ueberbeine s. Chirurgische Versuche. 
Ueberbein-Operation v. Plösz. 162. 
Ueberhäutung granulirender Flächen. — Die 
Scbalenhaut des Hühnereies zur — von 
Schüller. 404. 

Uebermüdung s. Icterus. 

Ueberwurf s. Bruch. 

Ungarn: Ein- u. Ausfuhr von Thicren 98. 19. 
Regelung des Staatsvet-Wesens 238. 
Schutzimpfungen. 11 Thierärztliche Ver¬ 
hältnisse. Orig.-Art. v. Schmaltz. 66 (s. a. 
Oesterreich). Thierseuchen IV. Quart. 99. 
119; III. Quart. 00. Beibl. zu Nr 49 vom 
6. Dez. S. 5. Veterinärdienst-Verstaat¬ 
lichung. 393. 

Universitäten s. Tagesgeschichte. 
Unterarmbrnch und Heilung beim Pferde v. 
LUthens. 247. 

Unterkiefer s. Bildungsanomalien. 
Unterkieferneuralgie beim Pferd v. Strebei. 510. 
Unterrichtswesen. 7, 31, 44, 46, 66, 70, 92, 
94, 102, 107. 117, 128, 164, 177, 210, 223, 
237. 249. 260, 283, 427, 573. 598. 
Unterstützungsverein. 129, 550. — S. a. Tages¬ 
geschichte. 

Uraemie s. Fleisch. 

Urticaria des Rindes, v. Schwyter. 101. 
Uterus s. Gebärmutter, Haarballen, Hyste- 
rectomie, Inversio, Torsio, Prolapsns. 
Uterußkrebs beim Rinde v. Guillebeau. 149. 
Uvealtractus beim Pferde. — Die Ent¬ 
zündungen des — v. Nicolas. 484. 


Tagina s. Abscesse, Prolapsus. Scheide. 

Veitstanz s. Gelenkrheumatismus. 

Vena cava poterior. — Ruptur der — von 
Robertson. 222. 

Verätzung s. Sehorgan. : 

Verband s. Collastin, feuchte Einpackungen, 
Huflederkitt. 

Verbesserung s. Injectionscanülen. 

Verblutung s. Aneurysma. 

Verbrennung s. Ichthyol. 

Verdrehung s. Torticollis. 

Vereine s. Bürgerl. Gesetzb. u. Tagesgesch. 

Vereinigte Staaten s. Amerika. 

Verfälschung s. Milchverfälschung. 

Vergiftungen s. a. Bryonia, Büchsenfleiscb,: 
Carbolsäure, Chloroform, Fleiscbver-' 
giftung, Insectensticbe, Kleekrankheit, 
Massenerkrankungen, Milz (Function) 
Mycotiscbe Magen - Darm - Entzündung, 
Quecksilbervergiftung, Ranunculus acer, 
Runkelrüben, Schierling, Taxus baccata. 

Verkalben s. Abortus. 

Verkalb-ms. — Zur Bekämpfung des seuchen- 
haften — Sammelreferat. 340. 

Verletzung b. Begattung, Wunden. 

Verordnungen s. Fleischschauverordnungen, 
Staatsveterinärwesen, Tagesgeschichte, 

I Veterinärpolizei etc. 

Verrenkung s. Halswirbel, Torticollis. — des 
Ellbogens. 438. 

j Verschlucken s. Schlundrohr. 

i Versicherungen: s. a. Entschädigungen, 
Vichversicherung. — Bayrisches Pferde- 
I Versicherungsgesetz. 539. — Rheinische 

Viehvers. 179. —Schlachtviehversicherung I 
(Nothwendigkeit) im D. L. R. Beibl. zu | 
No. 49 vom 6. 12. S. 8. — Schlachtvieh -1 
Versicherung. Beil, zu No. 49 S. 8; in , 
Sachsen. 538. — Sitzungsbericht der Perle¬ 
berger 563. — Versicherungsverband in i 
Baden. Jahresbericht 1899 v. Maier. 618. 
Versicherungsverein in Stuttgart. 10. — 
Viehversicherung u. Fleischbeschau. Orig.- 
Art. v. Maier. Beil, zu No. 20 v. 17. Mai. S.4. 

Veterinärbeamte etc. s. Tagesgesch. 

Veterinärbericht d. prenss. Armee fürl898. 270. 

Veterinärberichte — von PreusBe. 333. 

Veterinärpolizei s. Entschädigungen und Ver¬ 
sicherungen, Fleisch, Fleischeinfuhr, Ge¬ 
richtsentscheidungen, Gutachten, Quaran¬ 
täneanstalten, S< blachtliöfe sowie die 
einzelnen Scuehennamen und Tagesge¬ 
schichte (Unterabth. Staatsveterinär¬ 
wesen). — Seuchenstatistik s. die Län¬ 
dernamen. 

Gesetze und Ministerialerlasse: 
Gesetz betreffend Entschädigung bei! 
Seucbenverlustcn in Sachsen 370. — 
Desgl. betr. die Bekämpfung gemeingef. ‘ 
Krankheiten v. 30. Juni 1900 Orig-Art. j 
v. Preusse, Beiblatt zu No. 38. v. 20. Sept. i 
S. 1. — Desgl. betr. Abdeckereiwesen in 
Baden v. Preusse 465. — Desgl. betr. 
Entschädigung bei Milzbrand, Rausch¬ 
brand, Rothlauf in Hessen, Beibl. zu 
No. 49 vom 6. Dez. S. 1. — Desgl. betr .■ 
Entsch. bei Schweineseuehen in Hessen, j 
Beil, zu No. 9 vom 1. März S. 4 (Ent¬ 
wurf). — Ministerialerlass betr. Benutzung 
der Kleinbahnen durch Medicinalbeamte 
58. — De>gl betr. Schafräude Beil, zu 
No. 20 v. 17. Mai. — Desgl. betr. Grund¬ 
sätze der Beurtheilung der Tubcrculin- 
impfung 561. 

Gerichtsentscheidung betreffend 
Listenführung der Händler (R.-B. Cassel) 
Beiblatt zu No. 49 vom 6. December j 
S.3. — Kammergeriehtsentsch. betr. Unter- i 
such. d. Marktschweine v. Loweg 23. 

Geflügelcholera: Verordnungen :It.-B. 
Frankfurt betr. Geflügelmäslereien Beil. 1 
zu No. 9 vom 1. März S. 5. — Potsdam 


ebenda S. 6. — Frankftirt a. Q. (Rund¬ 
schreiben) betr. Treiben v. Geflügel 
ebenda S. 6. — Berlin betr. Geflügel- 
untersuebung 119. — Verbot des Handels 
i. Umberziehen in Hohenz.-Sigm. 156. — 
Bromberg Untersuch, v. Handelsgänsen 
189: destfl. Bromberg Beil, zu No. 20 v. 
17. Mai S. 2. — Gänseeinfuhr nach R.-B. 
Potsdam Beibl. zu No. 46 vom 15. Nov. 
Seite 4. 

Maul- und Klauenseuche, Markt- 
controle und Viebbandel: Höhe 
der Verluste 358, Beiblatt zu No. 38 
vom 20. Sept. S. 8. — Die M.- u. Kl. in 
Deutschland 371; in England v. Kiihnau 
130 155, 502; in Argentinien 188, 274; 
in Canada 274. — Staatskosten der M - 
u. Kl. in der Schweiz 179. — Verbot des 
Handels im Umher/.ieben in Baden und 

R. -B. Hildesheim 156; desgl. Hobenzoll. 
Beil, zu No. 20 v. 17. Mai. — Anordnun¬ 
gen im R.-B. Cassel, Düsseldorf, Breslau 
180. — Gumbinntn. Düsseldorf Beil, zu 
No. 20 v. 17. Mai; Danzig 274; Münster 
298, 311; Frankfurt Btibl. zu No. 49 v. 
6. Dez.; Bayern, Württemberg, Elsass- 
Lothr., Sachsen, Wiesbaden 285; Breslau 
297; Liegnitz und Elsass-Lotbr. Beil, zu 
No. 29 vom 19. Juli S. 2 u. 358; Hildes¬ 
heim 370; Cassel Beibl. zu No. 38 vom 
20. September S. 5; Gumbinnen Beibl. zu 
No. 49 vom 6. December S. 4. — Förde¬ 
rung der Forschung in der Rheinprovinz 
612. — Verseuchte Landestheile 311, 358, 
431, 525, Beil, zu No. 49 v. 6. Decbr. 

Schweineseuchen: Verbote bezw. 
Beschränkungen des Handels im Umher¬ 
ziehen in Baden u. R. B. Hildesheim 156; 
Posen. Breslau, Hildesbeim 2»5. 286. — 
Impfkästchen v. Hoffmann. 262. — Lieg¬ 
nitz (Ohrstempel,). Beil, zu No 20 v. 
17. Mai — Rothlaufimpfungcn (zum An¬ 
trag Hesse) v. Schmaltz. 368. — Unter¬ 
stützung d. Rothlaufimpfungcn in Bayern 
466. — Resultate d. Rothlaufimpfungen in 
Anhalt ti. Brannschweig 502, in Meckl.- 
Schw. Beil, zu No. 20 v. 5. Mai.— Culturen- 
abgabe v. Felbaum 556. — Fleisch nessel¬ 
fieberkranker Schweine v. Eichbaum 573. 

Tuberculose: Tilgung in Hessen. 23; 
in Norwegen Beibl. zu No. 49 v. 6. Dez. 

S. 5. — Tuberculinimptungcn an den 
Landesgrcnzen (Betrügereien) 47; in 
Bayern 1899 502. — Gefahr der Ueber¬ 
tragung durch Kuhmilch und Gegenmass- 
nahmen v. Kiihnau 49. — Vorschläge des 
milchwirthsch. Vereins zur Unterdrückung 
der Eutertub. 52, 82. — Bekämpfung, 
Vortrag Preusse, Beibl. zu No. 29 v. 
19. Juli S. 1. — Populäre Schrift 442. 
— Beurtheilung der Tuberculinwirkung 
(Ministerial - Erlass) 561. — Desgl. in 
England 611. — Ermittelungen in Anhalt 
Beil, zu No. 20 v. 17. Mai. 

Einfuhrbestimmungen s. a Fleisch¬ 
einfuhr, Ländernamen. Einfuhrverbot ge¬ 
gen Rumänien Beil, zu No. 9 v. 1. 3. S. 6. — 
Nach dem Berliner Viehhof 156, 370. — 
Bayerns gegen Oesterr. 156. — Schweiz 
156, 371, 394. — Sachsen gegen Oesterr. 
Beil, zu No. 20 vom' 17. 5. — Elsass- 
Lothring. gegen Luxemburg ebenda. — 
Bayern gegen Oesterreich (Aufhebung) 
ebenda u. 382, 514. — Aufhebung bezw. 
Erleichterungen der Einfuhr gegen die 
Schweiz in Württemberg u. Reichsland 275, 
405; Württemberg 371; — Bestimmungen 
in Bayern 394 n. Beibl. zu No. 29 vom 
19. 7. S 2; Belgien 286; Oesterreich 358 
u. Beibl. zu No. 29 v. 19. 7. S. 2; Ar¬ 
gentinien 395; Liegnitz (Ohrstempel für 
Schweine) Beil, zu No. 20 v. 17. 5.; 
Capcolonic 395; Sa-hsen 405 431; Baden 
431; Oesterreich-Ungarn 490; Potsdam 
(Gänse) Beibl. zu No. 46 v. 15. 11. S. 4; 
für dänisches Vieh 502; desgl. für üsterr. 
Beibl. zu No. 46 v. 15. 11. — Protest 
gegen das Einfuhrverbot von amerikan. 
Vieh Beibl. zu No. 20 v. 19. 7. S. 6. 


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Desinfeotion: Was Ist Dünger? 11. — 
Behandlung des Dungwassers bei Maul- 

u. Klauens. Von Maier Beibl. zu No. 38 

v. 20. Sept. S. 2. — Betr. Viehställe in 
Dänemark, Beibl. zu No. 29 v. 19. 7. S 3. 

Verschiedenes: Was ist Dünger? 11. 
— Schutzimpfung in Ungarn 11. — Ge- 
hirn-n Rückenmarksentzilndnng d.Pferde. ] 
11. — Impfmethode gegen Pferdestaupe j 
i. Bayern 55. — Verordnung betr. Ge- 
flügeimästerein in Frankfurt a. M., Beil, 
zu No. 9 v. 1. März S. 5. — Tollwuth-, 
impfanstalt in Berlin 179. — Maul- und 
Klauenseuchedebatte im Reichstag 211. — \ 
Senchenschutz in Ostrussland 251. —; 
Impf käste tien von Hoffmann 262. — An -1 
zeige von Seuchenverdacht (Gerichts- i 
verfahren) Von Block 283. — Seuchen- j 
u. Fleischscbau in London von Kiibnau;! 
Viehseuchendebatte im engl. Unterliause, 
Beibl. zu No. 29 v. 19. Juli S. 7 u. 8. - 
Einfuhrbestimmung f. Heu und Stroh 
aus Russland 5>4. — Lurgenseu«heübir- 
tragung durch Personenverkehr v. 
Peters 525. — Microseope in Sacl sen- 
Weimar. 624. — Siehe auch unter Milch 
und Tuberculose. 

Veterinärwesen s. Tagesgeschichto, Russland, 
Veterinärpolizei. 

Viehhandel s. Bürgerliches Gesetzbuch, 
Fleischeinfuhr, Gewährleistung, Länder, 
Viehverkehr, Vet.-Polizei. 

Viehhandel und -Wandel nach Einführung 
des B. G.-B. Vortrag v. Bischof!. 2-18. 

Viebmärkte s. Vct.-Polizei. 

Viehverhältnisse Englands im Vergleich zu 
anderen Ländern. Orig.-Art.v. Kiibnau. 407. 

Viehverkchr u. Viehhandel s. Fleisch¬ 
einfuhr, Fleischschaustatistik, Gewähr¬ 
leistung, Landtag, Thicrzucht. Veterinär¬ 
polizei (Unterabth.), sowie die Länder¬ 
namen. 

Viehversicherung s. Versicherung. 

Vögel s. Geflügel. 

— Berath. unt. Vorsitz des Staatesecretäre 
von Podbielsky. 563. 

- Orig.-Art. v. Maier, Beil, zu No. 20, v. 

17. Mai. 


- XY - 

Virchow’s Mahnruf an die Mitarbeiter von 
Zeitschriften. 346. 

Virulenzdauer s. Toller Thiere (Mark). 

Vitalin, Desinfectionsmittel mit Tannenduft. 
Orig.-Art. von Blank. 218. 

Vorfall s. Gebärmuttervorfall, Prolapsus, 
Scheidenhautvorfall, etc. 

Vorfall des Magens in d. Brusthöhle beim 
Schwein. Orig.-Mitth. v. Kissuth. 64. 

Wacbsthum s. Hufhorn. 

Wagen s. Praxiswagen. 

Wagenseil als Schlundsonde. 269. 

Waltrup, Nachruf. 551. 

Wanderausstellung s. Ausstellung. 

Warzen 8. Chrysarabin. 

Wasserreinignng s. Scbumburg. 

Wassersucht s. Hydrops. 

Weimar. — Thierzucht in —. 211. 

Weisse Ruhr der Kälber v. Willtrding 328 

Werfen s. Wirbelsäulenbrucb. 

Wien (Hochschule) s. Tagesgeschichte. 

Wildseuche des Hirschwildes. — (Diagnose) 
Vortrag auf der Naturfoiscb» rvers v. 
Lüpke. 495. 

Wimpern 8. Blepharitis. 

Wirbelsäulenbruch, Mechanismus zur Ver 
Linderung. Orig.-Art v. Kolan'ts 298. 

Württemberg: Seuchencurse für Oberamts¬ 
thierärzte. 393. — Stellung derselben 537. 

Wunden: s. a. Abscess, Argentum coli., 
Baccillol, Begattung, Bengesehnen, Deck¬ 
akt, Gelenkwunde, Hautmuskel, Protargol- 
behandlung, Schlundwundc, Ueberhäu- 
tung, Verletzungen, Zungengeschwür. 

Wundmittel s. Argentum, Bacilol. 

Wundränder (Heilung) s. Hautmuskc). 

Wurfzeug s. Wirbelsäulenbruch. 

Wurstdarm, Wurstschmutz s. Kothrückstände 

Wurstfärbens. Zulässigkeit von Lebbic. Beibl. 
zu No. 49 vom 6. Dec. S. 7. 

Wuth 8. Tollwuth, Rabies. 

Wuth mit normaler Nervensubftanz. — Ucber 

I Immunisirung gegen — von Anjeszky. 56. 


Wuthkrankheit. — Zur klinischen Diagnose 
der — Orig.-Art v. Dr. Peter. 133, 145. 
Wuthvirus. — Die intracerebrale Verimpfung 
des — v. L' clainche und Moxel. 379. 

Xantbosis der Musculatur v. Oberscbulte. 83. 
Xeroform v. French. 185. 

Zähne s. Alter, Backzähne. 

Zähne (künstliche) beim Schaf 412. 

Zahnarzt s. Pferdezahnaizt. 

Zahnkrankheiten s. Epnlis. 

Zahnuntersuchung beim Pferd. 188. 

Zange zum Festhalten der Schweine bei der 
Impfung. Orig.-Art v. Bury. 388 
Zebrabastarde des Pr.of. Ewars. 348. 
Zerreissung: s. Achillessehne, Beugesebnen, 
Herzruptur, Kniebänder, Leber, Vena cava. 
Zersetzung s. Chloroform 
Ziege s. Taxus baccata. 

Zinkpaste mit Zucker in der Dermatotherapie 
v. Hodara. 509. 

Zitzenkanals. — Verschluss des — 269. 

Zitzei Schnittes, Complication v. Braeker. 509. 
Zuchtbullen, Anspannen v. Fröhner. 348. 
Zuchtscbafes, Eigenschaften v. Prof. Curtiss. 
271. 

Zucker s. Geburtshülfe. Zinkpaste. 

Zürn. Nachruf. 454. 

Zugochse Südafrikas. 186. 

Zungenerkrankung s. Glossitis. 
Ziingengeschwür der Rinder (Glossitis trau¬ 
matica. — Trou de la langue) v. Nessl. 137. 
Zungenspitze s. Bildungsanoraalien. 

Zur Jahrhundertwende. Org.-Art. v. Schmaltz 1. 

— Rede v. Dieckerhoff. 25. 
ZwerchMlbruch s. Prolapsus. 
Zwerchfellhernie beim Schwein (Congenitale), 
v. Biot 222. 

Zwerchfellskrämpfe v. Ebertz. 356. 
Zwischenfall (tactischer) Orig.-Art. v.Schmaltz. 
102 . 

Zwitter s. Hermaphrodit, 


Autorenregister. 

(Dio Zahlen hinter den einzelnen 8itzen bedeuten die Seitenzahlen.) 


Abel 23. 

Barrier 502, Beibl. zu 

Bouchct 519. 

Carouguae 390. 

Derain 4. 

ElHnger 505, 521. 

Adrian 390. 

No. 46 v. 15. Nov. 

Bouget 203. 

Casper 6. 

Deruelle 4M. 

Elliot 389. 

Albrecht, Prof. 377, 403, 

Bates 256. 

Bourget 66 

Cervello 91. 

DeBgrez 343. 

Eloire 257. 

473. 

Bauermeister 462. 

Braatz 281. 

Chalmcrs 571. 

Desoubry 4. 

Emmerich 184. 

Almquist 498. 

Baumeister 366, 462. 

Braeker 509. 

Chauveau 209. 

Dexlor 425. 

Eppinger 412. 

Alvarez 367. 

Bayer, Prof. 519. 

Bramann 176. 

Chorvi 364. 

DicckerhofF 25. 

Eschbaum 39, 196. 

Anders 483. 

Bechstädt 149. 

Brante 435. 

Christ 356. 

Diener 65. 

Evers 169. 

Andreae 378. 

Beckhard 523, 597. 

Breton 136. 

Christiani 235, 306. 

Döhrmann 220. 

Ewars 348. 

Anger 293. 

Behla 109. 

Brocq. Rousseu 461. 

Colberg 70. 

Dopheide 375. 


Angerstein 61. 

Belfanti 5. 

Broden 473. 

Colin 222. 

Dorset 331. 

Fadyean 268, 330. 

Anjeszky 56. 

Bell 163. 

de Bruin 2, 74, 159,. 

Conradi 222. 

Dujardin 232. 

Felbaum 556. 

Annest 358. 

Bermbach 452,499,546. 

181, 397, 458. 

Contacuzene 185. 

Duschanek 377. 

Fett ick 343. 

Annett 412. 

Bernhardt 301. 

Büchner 378. 

Conway 460. 


Fetting 183, 543. 

Arloing 256. 

Biot 222. 

Bnfalini 367. 

Courtial 390. 

Eber 355. 

Finkler 271. 

Aronsohn 62, 217. 

Bischoff 248. 

Buhl 194, 206. 

Curtiss 271. 

Eberlein 281. 

Fitz 177. 


Bitard 376. 

Bull 364. 

Czerny 462, 463. 

Ebertz 342, 356. 

Floderus 570. 

Bab6s 355. 

Blank 218. 

Bury 388. 


Eggebrecht 293 

Flügge 173. 

Bärncr 545. 

Blume 529. 

Bussard 411 

De Bruin s. Bruin. 

Eggmann 5. 

Fock 379, 435. 

Baldoni 115, 148, 163, 

Bonteignie 235. 


D6give 495. 

Ehler 214. 

Foth 541, 566. 

177, 402. 

Borella 520. 

Cadöac 438. 

Deich 43. 

Ei« hbaum 573. 

Fränkel 173. 

Balzer 177. 

Bosi 254. 

Cadix 461, 474. 

Dellagana 584. 

Eichhorst 257, 271. 

Francis 460. 

Baroch 97. 

Boström 255. 

Le Calv6 113. 

Delp6rier 163. 

Eisen 583. 

Frank 235. 


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XVI 


Fräntzius 891. 

French 185. 

Freund 56. 

Friedenthal 271, 412. 
Friedmann 307. 
Friedrich 554. 

Friis 77. 

Fröhner (Prof.) 90,139, 
281. 

Fröhner-Fulda 348. 

Gallier 299. 
Galli-Valerio 257, 319. 
Garnier 512. 

Gebuchten 378. 

Geist 75. 

Georges 562. 

Gerdeil 281. 

Gerosa 366. 

Glage 209. 

Glegg, Beibl. zu No. 46. 
Gmeiner 341. 

Göbrig 91. 

Görig 462, 570. 
Goldbeck 187. 

Goldstein 597. 

Goubeaud 208. 

Gracfe 400, 508. 
Graffunder 265, 593. 
Graul 577. 

Gray 570. 

Greiner 437. 

Grimme 463. 

Guglielmi 29. 

Guillebeati 149, 390. 
Guillemain 461, 474. 
Guittard 367. 

Gutbrod 403. 

Haase 229. 

Hajnal 616. 

Halusa, lteibl. zu No.29. j 
Hammond 331. 

Hamoir 18. 

Hanke 65. 

Hansen 172. 

Harreveit 246. 

Hauger 116. 

H6brant 367. 

Hecker 230, 445, 565. 
Heieck 294. 

Heine 271. 

Heinze 255. 

Helfers 121. 

Hell 294, 584. 

Hennig 356. 

Hennigs 101. 

Hentschel 258. 

Herbert 474. 

H6rlcourt 342. 

Herter 340. 

Hess, Prof. 269, 294. 
Hease 294. 

Hinze 43. 

Hirzl 197, 208. 

Hobday 270, 331, 484. 
Hodara 509. 


Hoefnagel, Beibl. zu 
No. 49. 

Hoehne 309, 447, 464. 
Hoffmann, Prof. 260, 
262.292,316,457,517. 
Hofmann 78. 

Huber 583. 

Husson 568. 

Hutcheon 41. 

Hutyra 411. 

Imminger 493. 
Jackschath 409. 
.Iahnke,BeibI.zu No.49. 
Jarr6 116, 256. 
Jarveib 583. 

Jess 17, 182. 

Joest, Dr. E. 121. 
Jordan 197. 

Jost 37,73,242,338,423. 
Jüngers 568. 

Kalkoff 5, 65, 293. 
Kasparek 42, 54. 
Kasselmann 280, 508, 
532. 

Kel'suke-Tanake 137. 
Kirchner 533. 

Kissutb 64, 532, 543. 
Kitt 100,198, 209, 485. 
Klimmer 371, 391,557. 
Knaflit8ch 143. 

Knoll 339. 

Knlisel 91. 

Koch 42. 

König 117. 

König (Corpsrossarzt) 
Köpke 43. 

Kolanus 398. 

Korn 282. 

Kossel 501, 582. 
Kragerud 4, 54. 
Kramell 235. 

Kröning 197, 521. 
Krüger (Rossarzt) 43, 
584. 

Krüger (Ob.-R.) 164. 
Kühnau 49, 130, 165, 
188,193, 236,251,298, 
323, 335. Beibl. zu 
No. 29, 359, 382, 395, 
407,417,454,491,526. 
Beibl. zu No. 46 u. 49. 
Kunze 56. 

Kutzky 463. 

Lang 43. 
v. Langsdorff 359. 
Lanwer 130. 

Laurie 331. 

Lebbin, Beibl.zuNo.49. 
Leblanc 376. 

Le Calv6 113. 
Leclainche 247, 379, 
Ledere 451. [688. 

Leimer 557. 
Lemberger 185. 


Leopold 569. 
Lewandowsky 271. 
Lewin 116. 

Liautard 116. 

Liebener 553. 
Liebreich 503. 
Lignteres 437, 496. 
Linde 451. 

Litfas 279, 340. 
Löffler 175, 613. 
Loew 184. 

Lohoff 500. 

Lohsce 157. 

Loth 379. 

Lothes 295, 322. 
Loweg 23. 

Lubarsch 176, 245. 
Lucet 532. 

Lünke 495. 

Linnens 247. 
Lungwitz 463,475,511. 
Lydtin 198. 

Maier 304. Beil. 2 v. 17. 

Mai, Beibl. zu No. 38. 
Malkoff 559. 

Maikiel 44. 
Marks-Posen 289. 
Markus 485. 

Martens 181, 543, 556. 
Martin 451, 620. 

Marx 138,222,520,545. 
Mathis 545. 

Maxwell 330. 

Meier 579, 594. 
Mering 367. 

Mia 307. 

Michael 511. 

Michaelis 512. 
Michalik 387. 
Michellazzi 474. 
Micckley 151. 
Miessner 283. 

Mjöen Dr. A. 244, 543. 
Mjöen C. 267, 348, 508. 
Beibl. zu No. 29, Bei¬ 
blatt zu No. 49. 
Möller-Sonneberg 291. 
Möller A. 85. 
Monsarrat 583. 

Moore-Albany 167. 
Morgan 582. 

Morol 167. 

Morot Beibl. zu No. 46. 
Moxel 379. 

Müller 164. 

Müller-St. Avold 90. 
Müller-Horneburg 63. 
Müller-Oldenburg 66. 
Murphy 55. 

mt 520. 

Nelis 378. 

Nessl 137. 

Neuse 241. 

Nicolas 484. 

Niebel 209. 


Nocard 232, 353, 496, 
519, 544. 

Nowotny 143. 

Nutall 392. 

Oberschulte 83. 

Olier 330. 

Olt 485. 

Oppenheim 87, 617. 
Ostertag 433. 

Pader 90, 366, 510. 
Park 115. 

Paust 172,184,219,448. 
Pawpertow 345. 

Payer 257. 

Peter 133, 145, 361, 
373, 385, 458. 

Peters (Dep.-Th.) 322, 
525. 

Petrowski 162. 

Petsch 162. 

Petterson 129. 

Pfeiffer (Prof.) 174. 
Pflanz 363, 507. 

Pfuhl 176. 

Phelps 367. 

Pion 366. 

Pisenti 355. 

Place 256. 

Plimmer 115. 

Plosz 162. 

Plotti 198, 293. 
Podwyssotzky 150. 
Pohl 235. 

Poss 43. 

Pouch et 185. 

Prayon 339. 

Prettner 30, 116, 177, 
365, 452. 

Preusse, Dr. 125, 269. 
Preusse (Danzig), 88, 
125, 322, 332, 333, 
358 , 381, 417, 441, 
465, 477, 561. 

Beibl. zu No. 29 u. 38. 
Prietsch 475, 584. 
Puntigam Beibl. No.29. 

Rabow 319. 

Rabus 66, 307. 
Räbigcr 606. 
Rählmann 138. 

Rahts 452. 

Raillet 209. 

Rassau 171. 
v. Ratz 510. 
Regenbogen 42, 205. 
Reichenbach 255, 270. 
Rekate 294. 
Rheiuheimer 531. 
Richet 342. 

Richter (Bromberg) 
136, 137, 235. 
Richter (Dessau) 413, 
424. 

Richter (Franken¬ 
berg) 124. 


Rickmann 314, 337. ; 
Rieck 331, 584. 

Rips 99. 

Ristow 68. 

Rivi6re 404. 

Rix 558. 

Robertson 222. 

Röbert 43. 

Röder 319. 

Rössler, Beil, zu No. 7. 
Roger 512. 

Rosolino 509. 
Rossignol 544. 
Rousseu 461. 

Roux 232. 

Rubeli 427. 

Rüge 511. 

Salmon 115. 

Sanarelli 30. 

Sauer 463. 

Schelameur 403. 

Schiel 92. { 

Schilling 491. 

Schlegel, Prof.421,469. | 
Schmaltz 1,7,20,31,34,1 
66, 78, 102, 117, 164, 
165,186,210,224, 237, 
283,313,344, 368,438, 
498,534,550, 560, 607. 
Schmidt-Kulmb. 451. 
Schmidt (Bez.-Th.) 43, 
66, 483, 511. 

Schmidt, Kreisvet. 86. 1 
Schmitt 295, 547. 
Schneider(Münch.)185.; 
Schneider 411. 
Schneider (Pattensen)i 
182. 

Schottelius 56. 
Schreiber 589, 601. 
Schroeder C. 496. 
Schröder (Ob.-R. 234. 
Schüller (Prof.) 236, 
404. 

Schünhoff 161, 364. I 
Schürmayer 114. 
Schütze 164. 

Schulze 282. | 

Schuniburg Beiblatt > 
No. 49. 

Schwendimann 197. 
Schwinzer 65. 
Schwyter 101. 

Shiga 42. 

Sickert 655. 

Siebert 573. 
Silberschmidt 307. 
Sluys 11. 

Snegirow 236. j 

Sobelsohn 498. 
Spindler 606. 

Stampfl 606. i 

Steger 583. 

Steinbach 481. 
Steinmeyer 489. 
Sternberg 56. I 


Stiles 115. 

Storch-Schmalk. 161. 
Storch-Wien 150. 
Strebei 510, 511, 569. 

Tapkon 255. 
Tartakowski Beibl. zu 
No. 38. 

Tasker 451. 

Täufer 220. 

Teetz 160, 530. 
Tempel 219, 542. 
Tetzner 235. 

Tliieme 450. 

Thomalla 236. 
Thuuecke 549. 

Tjaden 30. 

Toepper 325. 
Trinchera 164, 449. 
Tröster 18,55,177,209, 
Trouette 294. [605. 

Uhlenhuth 613. 

Unger 463. 

Unna 236, 606. 

Valerio 257, 319. 
Vallee 3ö8. 

Vater 493. 
van der Velde 18. 
Vennerholm4 97, 519. 
Viqucrat 91. 

Vircbow 346, 463. 
Vogel 82. 

Vosshage 320. 

Wassermann 559,604. 
Wassmann, Beil, zu 
No. 7. 

Wauters 138 
Weber (Kreisth.) 246. 
Weber (Ges) 6, 

532. 

Weinhold 221 
Werner 198. 

Westphal 559. 
Wiedemann 65. 

Wilde 65. 

Wilhelm 55. 

Willach 347. 
Willerding 323. 
Williams, Beibl. zu 
No. 49. 

Witt 258. 

Wollmann 521. 

Woods 177. 

Wulff 13. 

Yersin 670. 

Yordal 63. 

Zenoni 5. 

Zincke 198. 

Zinke 565. 

Zschokke 149. 

Zürn 568. 

Zwicker 52. 


Benin, Druck von \V. Büxenstein 


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Die „Berliner TfclerXrxtliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in Stärke von mindestens 1>/, Bogen. Dieselbe 
ist *u bestehen durch den Buchhandel, die Post (No 1082) 
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Berliner 


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fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmalts, 
Berlin, thler&rztliche Hochschule, NW., Loisenstrasse 66. 
Correcturen, Recensions - Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Loisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M 1. Allsgegeben am 4. Januar. 


Inhalt: Schmaltz: Jahrhundertwende. — de Bruin: Transmigratio extra-uterina und extra-uterine Gravidität. — Referate: 

Kaiserschnitt bei einer Kuli. — Desoubry: LithotripBie beim Pferde. — Kragerud: Vorfällen der Scheidenhaut nach 
der Torsionskastration. — Kalkoff: Ueber Russian Waters. — Eggmann: Complicationen bei Verletzung der Beugesehnen 
und Protargolbehandlang. — Belfanti und Zenoni: Ueber eine neue seuchenartige Krankheit der Hühner in der Lombardei. 
— Casper: Uebertragung des Schweinerotblaufs auf Menschen. — Weber: Zur Aetiologie der Krebspest. — Tages¬ 
geschichte: Bildung und Fachstudium. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und 
Veterinärpolizei. — Fleischschau. — Personalien. — Vacanzen. 


Jahrhundertwende. 

Von 

Professor Schmaltz. 

Das Jahrhundert, welches die Zahl 10 trägt, hat begonnen. J 
Mit Recht haben wir es als neues Jahrhundert begriisst. 

Wo sonst am Jahresschlüsse meist nur dem neuen Jahre 
Grüsse gelten und Wünsche entgegenklingen, da fühlt man sich 
am Schluss des Jahrhunderts mehr zu rückblickender Betrachtung 
hingezogeu. Ein wenig Wehmuth mischt sich ja doch in diesen 
Abschied für die, welche sich sagen müssen: Es war das Jahr¬ 
hundert unserer Jugend, unsrer besten Kraft, das Jahrhundert, 
welches, je weiter es uns rückt, uns immer mehr als die ..gute 
alte“ Zeit erscheinen wird, wie unser» Vätern die ihre, während 
die Höhe des neu begonnenen Jahrhunderts schon den werdenden 
und kommenden Geschlechtern gehört. Den Wunsch mag man 
wohl empfinden, auf diese Zeit des Lebens einen freundlichen 
und dankbaren Blick werfen zu können. 

Dass das neunzehnte Jahrhundert der Thierarzneikunde und 
ihren Jüngern gewaltige Veränderungen brachte, ist selbst¬ 
verständlich. Ein Jahrhundert ist ein so langer Zeitraum, dass 
es ein Wunder wäre, wenn in dieser Zeit etwas stabil bliebe. Wir 
können auch mehr sagen: Dieses Jahrhundert hat die Thierarznei¬ 
wissenschaft geschaffen, wenn auch Anfänge schon früher da 
waren und die Pflanzstätten der künftigen Wissenschaft schon 
im 18. Jahrhundert begründet wurden. Aber wir brauchen 
uns deshalb nicht jung zu fühlen im Kreise der Wissenschaften, 
denn wir haben dies gemein mit den Naturwissenschaften über¬ 
haupt und namentlich mit der Medicin. Wenn auch in bunter 
Folge, im Alterthum beginnend, die gelehrtesten medicinischen 
Systeme im Laufe der Jahrhunderte heraufzogen; hohl waren 
sie alle, weil ihnen die exacte Grundlage fehlte. Die Zellenlehre 
hat die heutige Mediciu mit ihren Grossthaten begründet. Mit 
Stolz nannte man dies Jahrhundert das Jahrhundert der Natur¬ 
wissenschaften und der Erfindungen, mit dem sich keines messen 
kann an Fülle der wissenschaftlichen Fortschritte, an Triumphen 
des menschlichen Geistes über die Räthsel und über die un¬ 
gezähnt ten Kräfte der Natur. 

Nicht gering ist das Verdienst, welches die Pioniere der 


Thiermedicin, die Gründer der alten Thierarzneischulen haben. 
Das Feld zu roden und urbar zu machen, war ihre mühsame 
Arbeit. Die Saat aber für die neue Wissenschaft hinein¬ 
zustreuen und heranzupflegen bis zur Frucht, war ihnen nicht 
mehr beschieden. 

Das hat eine, andere, grössere Generation gethan, eine Schaar 
von Männern, die als die Gründer der wissenschaftlichen 
Thiermedicin und der wissenschaftlichen Erziehung der Thier¬ 
ärzte die höchste Stelle einnehmen. Es ist merkwürdig, dass 
fast jedes Land und in Deutschland jede der jetzigen Hoch¬ 
schulen das Glück hatte, einen besonders hervorragenden Mann zu 
finden, der ein genialer Führer und Förderer wurde und das ihm 
anvertraute Gut, man möchte sagen mit kühnem Sprung aus der 
Tiefe an den Fuss der heutigen Höhe oder derselben nahe brachte. 
Ihm schliessen sich in mein- oder weniger grosser Zahl kaum 
minder verdiente Männer an. 

In Berlin war es vor allem Gurlt, der weitere Gebiete 
der Veterinännedicin im Anschluss an die Medicin wissen¬ 
schaftlich entwickelte, und Ger lach, der Begründer des heutigen 
öffentlichen Veterinärwesens. Hannover hat seinen Friedrich 
Günther, Dresden seinen Haubner, Stuttgart seinen Hering, 
München seinen Frank. In Frankreich führte der geniale 
Bouley die Veterinännedicin zu dauerndem Ansehn. Namen 
wie Röll in Oesterreich, Brauele in Dorpat, Ercolani in 
Bologna bezeichnen nicht minder glänzend diese Epoche der 
wissenschaftlichen Entwicklung der Thierarzneikunde in ihrem 
Heimatlilande. Dies sind nur einzelne, herausgegriffen aus der 
grossen Zahl tüchtiger und hervorragender Männer an den Thier¬ 
arzneischulen und in anderen Stellen, die alle an der Schaffung 
der jungen Wissenschaft entscheidenden Antheil nahmen. 

Die siebziger und achtziger Jahre sahen diese alte grosse 
Generation vom Schauplatz ihrer Thätigkeit abtreten. Gurlt 
und Hertwig, Haubner und Hering, Bouley und Ercolani 
gingen in den achtziger Jahren zur ewigen Ruhe. Eine zweite 
Generation, unter Jenen geschult und gross geworden, nahm die 
Führung, pflegte und entwickelte das Ueberkommene, mehrte 
den gesammelten Schatz und sah endlich auch die Ernte reifen 
— jene Reihe von grossen Fortschritten, die seit Ende der 


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2 BERLINER THIERARZTLICEE WOCHENSCHRLFT. No. 1. 


siebziger Jahre die Thierarzneikunde so gänzlich verwandelt 
und so schnell vorwärts geführt haben, dass man dieser Ent¬ 
wicklung nirgends die Anerkennung, ja Bewunderung versagt. 

Ein Wechsel vollzog sich dabei und wird noch weiter gehen. 
Mit der Grossthat des Jahrhunderts auf unserm Gebiet, mit der 
Schaffung der Seuchengesetzgebung, trat das öffentliche Veterinär¬ 
wesen in den Vordergrund, um mit den thierärztlichen Lehr¬ 
anstalten jetzt den Einfluss zu theilen, den diese früher allein 
ausübten. Neben Marcard, dem Schöpfer des preussischen 
Viehseuchen-Gesetzes und des selbstständigen Veterinärbeamten- 
thnms, treten die Männer hervor, welchen die Aufgabe zufiel, 
das öffentliche Veterinärwesen ihres Landes zu organisiren. 

Wenn wir auf diese Entwicklung des wissenschaftlichen 
Gehalts und des Arbeitsfeldes der Thiermedicin allen Grund 
haben, stolz zu sein, so müssen wir freilich auch zugebeu, dass 
nicht Alles, wie man hätte erwarten können, damit gleichen Schritt 
gehalten hat. Noch entbehren wir des Abschlusses der Vor¬ 
bildung, noch sind in z. B. Preussen die Professoren blos Titular¬ 
professoren, die Departementsthierärzte blos Hülfsarbeiter, die 
Kreisthierärzte in der 8. Classe: selbst die Taxe von 1815 
schleppen wir ins neue Jahrhundert hinüber. Gerade die Dinge, 
auf denen doch wesentlich das äussere Ansehen beruht, sind 
etwas zurückgeblieben. 

Doch was sind, wenn wir vom alten Jahrhundert Abschied 
nehmen, unsere eignen kleinen Angelegenheiten gegenüber dem 
Grossen, was dieses Jahrhundert vollendet hat für die Gesammt- 
heit, für das deutsche Volk. Nicht einen ungeahnten Triumph 
der Wissenschaft allein, einen noch grösseren Triumph des 
Vaterlandes hat es uns gebracht. Ein Jahrhundert des Glücks 
ist es gewesen für Germanien, welches Tausenden unsrer besten 
Männer ihr höchstes Sehnen stillte und Deutschland auf glän¬ 
zende Höhe führte. Das Jahrhundert, das uns 1813 und 1870 
brachte, das Jahrhundert, das Bismarck schuf und ihm Raum 
zum Schaffen gewährte, es hat gewiss Anspruch auf unsre volle 
uneingeschränkte Dankbarkeit. Dankbar wollen wir sein, dass 
wir eine so grosse und stolze Zeit erleben durften. 

Und indem wir nun das neue Jahrhundert grüsseu, wollen 
wir unsere eignen kleinen Wünsche zurücktreten lassen vor 
dem einen: Möge es für Deutschland dem geschwundenen Jahr¬ 
hundert im Erfolge gleichen, möge es erhalten, heilig bewahren 
und wachsen lassen, was jenes geschaffen. Gott schütze, Gott 
segne im neuen Jahrhundert das deutsche Vaterland. 

Transmigratio extra-uterina und extra-uterine 
Gravidität. 

Von 

M. 6. de Bruin-Utrecht. 

Wenn in die Ampulle der Tuba ein reifes Ei aus dem Eier¬ 
stock der anderen Seite gelangt, indem es seinen Weg durch die 
Bauchhöhle nimmt, so nennt man dies eine Transmigratio extra- 
uterina oder äussere Ueberwandenmg des Eies. Die Möglich¬ 
keit davon hat Leopold durch Experimente dargelegt*). Er 
nahm bei einem Kaninchen einen Eierstock weg, schnürte die 
Tuba der anderen Seite doppelt zu und schnitt sie mit der 
Scheere zwischen den Ligaturen durch. Dies Kaninchen wurde 
befruchtet und trächtig. Es ist also möglich, dass ein reifes 
Ei, nachdem es das Graaf’sche Bläschen verlassen hat, durch 
die Bauchhöhle in die Tuba der anderen Seite gelangt. 

*) Leopold, Verhandlungen der Gynaek. Section in Baden- 
Baden, Archiv für Gynaek. Bd. XV., S. 258. 


Es braucht wohl kaum darauf hingewiesen zu werden, dass 
eine richtige Erkenntuiss der hierbei mitwirkenden Kräfte nur 
daun möglich ist, wenn wir wissen, auf welche Weise physiologisch 
das Ei aus dem Eierstock in die Tuba kommt. Scheinbar ist 
dies sehr einfach, auch liest man noch hier und da, dass die 
Franze des Tubatrichters sich aufrichtet und den Eierstock 
gleichsam umschliesst. Diese Ansicht, eine der ältesten, hat 
bereits Bur dach 1820 erwähnt*). Er fügte hinzu, dass die 
Erection der Tuba und die Anschliessung an den Eierstock 
reflectorisch durch den Coitus hervorgebracht werden. Falls 
die Erection durch Schrecken oder Gemiithserregung gestört 
würde, so könnte die physiologische Wirkung des Tuba¬ 
mechanismus unterbrochen werden und extra-uterine Gravidität 
eintreten. 

Diese und viele andere spätere Ansichten wurden jedoch 
unhaltbar, als Bischoff nachwies, dass die Turgescenz der 
inneren Genitalien erst auftrat, als das Ei sich bereits in der 
Tuba befand**). Auch Hvrtl***) und Kehrerf) haben dies 
dargethan. 

Eine andere Theorie, welche den Mechanismus der Ueber- 
wanderung des Eies aus dem Eierstock in die Tuba zu erklären 
sucht, ist die sogen. Ejaculationstheorie, welche Kehrer 
und Leuckart vertreten. Sie stellen sich den Vorgang so vor, 
dass die Follikelwände sich in dem Augenblick, wo sie bersten, 
zurückzögen, wodurch eine Kraft frei käme, welche das Ei auf 
die Mueosa des Trichters werfe. Die Bewegkraft würde also 
von der Elasticität der zerrissenen Follikelwände herrühren. 

Kiwisch erkärt mit Recht, dass in casu die Zerreissung 
der Follikel nicht in engerem Sinne aufgefasst werden dürfe, 
sondern dass es ein langsames „Hervorquellen“ sei. Wegen 
der Anschliessung der Intestina ist für einen Mechanismus wie 
die Ejaculation kein Raum da. 

0. Beckerj-f), Kussmaul undHenle nehmen an, dass die 
Cilien der Tubaöffnuug in der serösen Flüssigkeit an der Ober¬ 
fläche des Bauchfelles eine regelmässige Strömung hervomifen, 
welche sich in der Richtung des Ostium abdominale tubae er¬ 
strecke. 

Kehrer behauptet, dass bei Kaninchen eine Distanzwirkung 
von dem Flimmerepithel des Tubatrichters nicht vorkomme. 

Experimentirt wurde in dieser Hinsicht von Pinn er, Heil 
und Lode. 

Pinnerffj-), der in die Bauchhöhle eine gefärbte Flüssigkeit 
einspritzte und diese einige Stunden später in der Tuba und im 
Uterus nachweisen konnte, behauptet durch seine Experimente 
dargethan zu haben, dass ein constant wirkender Strom aus der 
nächsten Umgebung der Ovarien, der Tuba und des Uterus von 
den zwischen den Intestina gebildeten capillären Räumen ausgehe 
und nach der Oeffnuug der Tuba führe. Dieser Strom werde 
durch die Flimmerbewegung der Cilien hervorgerufen. Er er¬ 
kennt die Richtigkeit der Behauptung KussmauUs an, dass 

*) Bur dach, Die Physiologie als Erfahrungswissenschaft, 1828, 
Bd. II, S. 10, citirt von Pinn er. 

**) Bischoff, Entwickelungsgeschicbte des Kaninchen-Eies, ge¬ 
krönte Preisscbrift, Braunschweig 1842. 

***) Hyrtl, Lehrbuch 1875, S. 716. 

f) Kehrer, Ueber den Pank'sehen tubo-ovarialen Bandapparat, 
Zeitschr. für ration. Medicin, Bd. XX, S. 19. 

ff) 0. Becker, Untersuchungen zur Naturlehre, herausgegeben von 
Moleschott, 1857, S. 92, citirt von Pinner. 

ftf) 0. Pinner, Archiv für Anatomie und Physiologie v. Dubois- 
Reymond, 1880, S. 241. 


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4. Januar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


3 


durch die Beimischung des Liquor folliculi nach der Zerreissung 
des Graaf’schen Bläschens die Schnelligkeit des Stromes er¬ 
höht werde. 

In der Regel wird das Ei seinen Weg von dem Eierstock 
nach dem Ostium tubae an derselben Seite nehmen; nothwendig 
ist dies jedoch nicht, denn das Ei kann auch nach der andern 
Seite gehen. 

Heil*) behauptet, dass wir bei der Beantwortung dieser 
Frage an der Grenze des Experimentes stehen. Denn wenn man 
eine farbige Flüssigkeit in die Bauchhöhle einspritze, so könne 
diese durch die Peristaltik überall hin, folglich auch auf die 
Cilien der Tubafimbrien kommen und von diesen weiter befördert 
werden. 

Lode**) spritzte in die Bauchhöhle fein zertheilte Holz¬ 
kohle in 0,6 proc. Kochsalzlösung ein, später auch Ascarideneier 
(Durchmesser 0,06—0,07 mm; Durchmesser des Kanincheneies 
0,17 mm) mit derselben Salzlösung. Seine Experimente haben 
gezeigt, dass bei einem infantilen Genitaltractus die in die 
Bauchhöhle eingespritzten Kohletheilchen nicht weiter kommen 
können, als bis zum Morsus diaboli. Bei geschlechtsreifen Thieren 
sind die Cilien des Tubatrichters im Stande, Körperchen in der 
Grösse eines Eies zu bewegen. Der Tubatrichter kann auch 
aus der freien Bauchhöhle Eier aufnehmen und in den Genital¬ 
kanal überführen; die Anschliessung desselben ist dafür nicht 
nöthig. 

So hat also nicht nur Leopold, sondern auch Pinner und 
Lode einen neuen Beweis durch Experimente für die Trans- 
migratio extra-uterina geliefert. 

Wiederholt hat man auch lebende Spermatozoiden in der 
Bauchhöhle nachgewiesen, sodass die Möglichkeit geboten ist, 
dass ein in den Falten zwischen den Intestina ruhendes Ei be¬ 
fruchtet wird. Auf diese Weise könnte sich eine primäre 
abdominale Gravidität entwickeln. 

Obschon man Fälle dieser letzten Art ektopischer Gravidität 
nachgewiesen hat, muss dennoch hervorgehoben werden, dass 
die Bedingungen für die Entwicklung des befruchteten Eies in 
dem Peritonealraum sehr schlecht sind. Die Peristaltik bildet 
nämlich ein grosses Hinderaiss. Die einzelnen Fälle echter 
Bauchschwangerschaft haben sich dann auch alle an den Stellen 
festgesetzt, wo die Peristaltik gering ist, nämlich an dem 
Me8ometrium, an dem oberen Theil des Mesenteriums oder an 
dem Omentum majus. 

Nicht für unmöglich halte ich es, dass pathologische 
Veränderungen (Residuen einer vorhergegangenen beschränkten 
Bauchfellentzündung), in Folge deren die Peristaltik an dieser 
Stelle keinen Einfluss ausüben kann, einem befruchteten Ei 
Gelegenheit darbieten, sich da zu entwickeln. 

Wegen der grossen Veränderungen, welche in Folge dieser 
ektopischen Gravidität ein treten, ist der Beweis dafür jedoch 
nicht zu liefern. Bei Schweinen hat man die primäre abdominale 
Gravidität wiederholt beobachtet (Thiernesse,***) Beel, f) 
de Bruinff). Auch bei Kaninchen ist sie nicht selten. 

Die secundäre abdominale Gravidität entsteht, wenn 
die ersten Entwicklungsphasen der Frucht im Uterus oder in 

*) K. Heil, Archiv für Gynaek., Bd. XLIII, S. 503. 

**) Lode, Archiv ittr Gynaek., Bd. XLV, S. 293. 

***) Thiernesse, Annales de m6d. v6t. 1871, S. 420. 

t) Beel, Tydschrift voor veeartsenykunde en Veetelt, Deel XVII, 
8. 147. 

f+) de Bruin, Ibid. Deel XXV, S. 247. 


der Tuba stattgefunden haben und der Foetus später durch 
Ruptur der Uteruswand oder nach einer Beratung der Tuba in 
die Bauchhöhle gelangt und da fortlebt. Letzteres ist nur 
möglich, wenn der Nabelstrang unversehrt ist und die Ver¬ 
bindung mit der Placenta materna erhalten bleibt. Einen Fall 
dieser Art bei einer Kuh hat Hess*) beschrieben. Die 
Losreissung war nach einer Torsio Uteri entstanden, die Frucht 
hatte ein Alter von 8 Monaten erreicht. 

Sala**) hat eine secundäre abdominale Gravidität bei einer 
Eselin beobachtet. Der hintere Theil der Frucht war dem 
Diaphragma zugekehrt, die Verbindung mit dem linken Uterus¬ 
horn war durch die Fruchthüllen und den Nabelstrang erhalten 
geblieben. Durch einen Riss im Uterus war die Frucht in die 
Bauchhöhle gelangt. In diesen Fällen wird der Foetus nach 
Verlauf der Trächtigkeit mumificiren oder maceriren. Speciell 
bei dem letzten Process entstehen in der Umgebung der extra- 
uterin liegenden Frucht viele pathologische Veränderungen, 
welche es sehr erschweren, wo nicht unmöglich machen, bei 
einer Section zu constatiren, ob thatsächlich secundäre Bauch¬ 
schwangerschaft vorhanden ist. ***) 

Dies ist um so schwieriger, da auch bei einer primären 
abdominalen Gravidität der Sack, worin der Fötus liegt, mit 
der Serosa des Uterus verwachsen kann. 

Ueber Eileiterschwangerschaft bei unseren Hausthieren 
ist nur sehr wenig bekannt. Dass eine Graviditas tubaria vor¬ 
kommt, bei der die Frucht eine ziemlich grosse Entwicklung 
erlangt, ist noch nicht nachgewiesen. Franckf) ist der An¬ 
sicht, dass die Tuba-Gravidität nothwendiger Weise zu einer 
Ruptur der Tuba und darauf folgendem tödtlichen Ende durch 
Verblutung führen müsse, weil die Wände der Tuba nicht 
elastisch genug sind, um der starken Ausdehnung der Frucht 
nachzugeben. — Analog vielen andern Accomodations-Processen, 
wie sie bei pathologischen Zuständen wahrgenommen werden, 
darf es meines Erachtens nicht als unmöglich betrachtet werden, 
dass die Wand der Tuba sich einer allmählichen Ausdehnung 
werde accomodiren können. 

Fälle dieser Gravidität sind noch nicht ausführlich be¬ 
schrieben worden; ausserdem muss auch darauf hingewiesen 
werden, dass nur eine sehr eingehende Untersuchung das Vor¬ 
handensein einer Graviditas tubaria nachweisen kann. Die Wand 
der stark erweiterten Tuba wird meistens sehr diinn sein und 
in Folge der Atrophie der Muscularis hauptsächlich aus Mucosa 
und Serosa bestehen. Verläuft der Process wegen Mumification 
der Frucht ohne das allgemeine Wohlbefinden zu beeinträchtigen, 
so wird das Lithopaedion erst beim Schlachten entdeckt und 
man glaubt dann bei oberflächlicher Betrachtung einen Fall 
abdominaler Gravidität vor sich zu haben, wobei die Stell¬ 
vertreterin der Placenta materna mit dem Uterushorn ver¬ 
wachsen ist. Genaue Sectionen können hier das nöthige Licht 
verschaffen, ff) 

Bei einer Katze sah ich zufällig nach einer Lapa¬ 
rotomie eine Tubagravidität. Das Thier war inner¬ 
halb acht Tagen sehr abgemagert, brach sich und ver¬ 
schmähte jede Nahrung. Bei der Palpation des 


*) Hess, Schweizer Archiv 1892, S. 76. 

**) Sala, Repertor. der Thierbeilkunde, Bd. XXII, S. 87. 

***) Coquet, Instructions v6t6rinaires, T. XI, p. 296. 

f) Franck, Geburtshilfe, III. Aufl. 
ff) A. Walker, Der Bau der Eibäutc bei Graviditas abdominalis, 
i Virchow’s Archiv, 1887, S. 72. 


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4 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1. 


Bauches fühlte man einen länglich-runden Gegenstand, 
der sich verschob und, wenn man darauf drückte, 
Schmerzen verursachte. In der Vermuthung, dass ein 
Fremdkörper im Darm sei, wurde unter Chloroform- 
narcose die Laparotomie vorgenommen. Es zeigte sich, 
dass der schmerzliche Gegenstand die ampelförmig 
ausgedehnte Tuba war, deren Serosa stark angespannt 
war. Nachdem ein Einschnitt gemacht war, ergab 
sich, dass sie drei Früchte enthielt. In den Cornua 
Uteri befanden sich keine Früchte. Die Tuba wurde, 
nachdem sie doppelt abgebunden worden war, weg¬ 
genommen. Das Thier genas völlig. 

Die Graviditas ovaria wird bei unsern Hausthieren 
höchst selten wahrgenommen. Rohlwes*) beschrieb einen 
Fall bei einer Stute, Müller**) einen bei einer Kuh. Der 
Fötus war in letzterem Falle 2'/a Monate alt. 

Bei der Frau kommt diese Gravidität ebenfalls selten vor, 
obschon Schröder behauptet, dass gar manche Fälle der 
Graviditas abdominalis vielleicht zu der Ovarialschwangerschaft 
gerechnet werden müssen. 

Aus obigen Beispielen ergiebt sich, dass ein befruchtetes 
Ei ausnahmsweise auch anderswo zur Entwicklung kommen 
kann, nämlich sowohl in einem nicht dafür bestimmten Theile 
des Müller’schen Ganges, der Tuba, als auch am Peritoneum. 

Die Fälle der Ovarialgravidität sind zu selten und zu 
wenig genau beschrieben, als dass nicht vielleicht auch diese 
auf Tubagravidität zurückgeführt werden müssten. Eine 
Scheidenträchtigkeit, von welcher einzelne Fälle beschrieben 
wurden, ist nicht wahrscheinlich. Es handelt sich hier meistens 
um abgestorbene, in der Scheide gefundene Früchte, welche aus 
dem Uterus herrührten, lange in der Scheide lagen und in Folge 
dessen Veränderungen an der Schleimhaut verursachten, wodurch 
letztere einigermassen rauh oder zottig wurde. 


Re f erat e* 

Kaiserschnitt hei einer Knh. 

Derain beschreibt in Le Progr&s vdtdrinaire vom 10. Juli 
1899 den Kaiserschnitt, welchen er an einer Kalbin von 
15 Monaten vornahm. Bei der Untersuchung fand er zwei 
Vorderbeine in der Geburt und die Fesselgelenke in der Vulva. 
Der Kopf befand sich in guter Lage; das Kalb war jedoch für 
das Becken zu gross. 

Die Laparotomie wurde in der rechten Bauchgegend ver¬ 
richtet; die Wunde hatte eine Länge von 45 cm. Hierauf 
wurde ein 30 cm langer Einschnitt in den Uterus gemacht und 
das Kalb noch lebend herausgezogen. 

Die Nachgeburt wurde entfernt und die Uteruswunde mit 
Catgut geheftet. Auch das Bauchfell und die Bauchmuskeln 
wurden mit demselben Material geheftet. Die Hautwunde wurde 
mit Crin de Florence geschlossen. 

Das Kalb verendete nach vier Tagen an septischer Pleuro¬ 
pneumonie; die Mutter überstand die Operation ganz gut. 

Der Verfasser führt in seiner ausführlichen Beschreibung 
noch einige Punkte an, welche für die Beurtheilung dieses 
Falles von grosser Bedeutung sind. 

Die Conjugata vera der Kuh hatte eine Länge von 20,3 cm; 

*) Rohlwes, Magazin für die Thierarzneikuude, Bd. I, S. 68. 

**) Müller, Vierteljahresschrift für wissenschaftl. Veterinär- 
kunde, Bd. III, Heft 1. 


die grösste Breite des Beckens betrug 14 cm; der Umkreis des 
Beckeneinganges 52,7 cm. Diese Masse sind nach denen des 
lebenden Thieres berechnet, gemäss der externen Pelvimetrie 
von Arloing (Siehe „Geburtshilfe beim Rinde“ S. 51). 

Bei dem Kalbe war der sterno-dorsale Durchmesser 27 cm, 
der bicoxale Durchmesser 21 cm, der Umfang der Schultern und 
Brust 47 cm. Das Gewicht des Kalbes betrug 39 kg. 

Auch dieser Fall beweist, dass ein mit aseptischen Für¬ 
sorgen ausgeführter Kaiserschnitt bei der Kuh günstig verlaufen 
kann. Auch aus der Litteratur darüber ergiebt sich immer 
wieder, dass diese Operation weniger gefährlich ist, als man 
meint. Ich halte sie jedoch nur dann für gerechtfertigt, wenn 
auf andere Weise, und dazu gehört auch die subcutane Embrjrn- 
tomie, das Kalb nicht zu holen ist. M. G. d. B. 

Lithotripsie beim Pferde. 

Von Desoubry. 

(Hecuell de m6<L v6t. 80. Oktober 1899.) 

Ein zehnjähriger Vollbluthengst zeigte auch nach nur ge¬ 
ringer Arbeit blutigen Harn. Im Stande der Ruhe war der Harn 
normal. 

D. constatirte durch Rectaluntersuchung in der Harnblase 
das Vorhandensein eines hühnereigrossen, harten, ungleichmftssig 
runden Fremdkörpers mit regelmässigen Rändern. 

Die Analyse des Harnes bestätigte, dass es sich um einen 
Stein, nicht um eine Neubildung handle, doch wurde, da der 
Besitzer sich einer Operation abgeneigt zeigte, eine alcalische Be¬ 
handlung angeordnet. Während eines Jahres blieb der Zustand 
ziemlich befriedigend als eine nahezu continuirliche Harn¬ 
in continenz eintrat. 

Am 28. Juli 1899, nahezu 20 Monate nach der ersten Unter¬ 
suchung entschloss sich der Besitzer zur Operation. Das Pferd 
wurde geworfen, leicht anästhesirt und die Urethrotomie vor¬ 
genommen. Zur Zertrümmerung des Blasensteines wurde die 
von Bouley empfohlene Zange verwendet (Dieselbe hat gut 
abgestumpfte Stangen und Löffel, letztere berühren sich nicht, 
sondern lassen bei geschlossenem Instrument noch einen Abstand von 
einem halben Centimeter bestehen.) Durch einen Gehülfen wurde 
per rectum der Stein hochgehoben um das Fassen zu erleichtern. 
Der Blasenstein wurde in 14 Stücke zertrümmert, dieselben 
wurden mit Zangen herausgeholt, die Blase zur Entfernung der 
kleineren Trümmer reichlich irrigirt, die Harnröhrenwunde offen 
gelassen. Die Heilung erfolgte innerhalb 23 Tagen. 

Vorfällen der Scheidenhant nach der Torsionskastration. 

Von Kragerud-Norwegen. 

(Mtib. f. Tb. 11, 8). 

Nach der Castration mit Torsion kommt es vor, dass die 
Scheidenhaut aus der Wunde vorfällt. Dies verzögert mindestens 
die Heilung der Wunde, wenn es nicht noch grössere Unan¬ 
nehmlichkeiten bringt. Die Ursache liegt meistens darin, dass 
die Scheidenhaut mit der Tunica dartos lose verbunden ist. 
Wenn man zuerst die über dem Hoden gespannte Haut und 
dann die Tunica dartos durchschneidet, so kommt es vor, dass der 
Hode in seiner Scheidenhauthülle herausgepresst und dadurch 
die Verbindung zwischen Dartos und Scheidenhaut sich lockert. 
Bei starker Spannung verliert zumeist der Cremaster durch 
Ueberdehnung (?) die Fähigkeit, die Scheidenhaut zurück¬ 
zuziehen. Der Vorfall der letzteren erfolgt sofort nach dem 
Aufstehen oder nach einigen Stunden. Um dem Vorfall vor¬ 
zubeugen, muss man rasch und direct bis auf den Hoden ein¬ 
schneiden, sodass derselbe frei aus der Wunde hervortritt. 
Ausserdem muss man jede Ueberdehnung des Cremasters ver- 


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meiden. Ist die Scheideuhaut etwa vorgefallen, so muss sie gut 
desinficirt werden; dann schiebt K. sie zurück, fasst die beiden 
Wundlippen und setzt ein oder zwei Wäscheklammern an, die 
bis zum nächsten Tage sitzen bleiben und sich dann selbst¬ 
redend leicht wieder abnehmen lassen, während sie sich übrigens 
solange man sie sitzen lässt, gut auf der Haut erhalten. Nach 
Abnahme der Klammern (event. durch den Besitzer) muss nur 
die Hautwunde geöffnet werden, sodass das Wundsecret ab- 
fliessen kann. 

Ueber Rnssian Waters. 

Von Oberrossarzt K a 1 k o t f. 

(ZUohr. f. Vet. Nov. 99.) 

Kalk off hat in zwölf Fällen obiges Mittel an Pferden, 
grossentheils an Luxuspferden geprüft und gelangt im All¬ 
gemeinen zu dem Schluss, dass das Russian Waters die ihm 
in den Prospecten nachgerühmten und theilweise auch seitens 
anderer Autoren eiugeräumten Vorzüge nicht besitze. Dass 
das Mittel nicht in allen Fällen hilft, ist eigentlich selbstver¬ 
ständlich; dass es wie andere auch einen Heilerfolg hat, be¬ 
streitet Kalkoff nicht, wenn er auch nur in vier Fällen diesen 
Erfolg als guten, in weiteren sieben als keinen besonders 
günstigen bezeichnet. Dagegen bestreitet er auf Grund seiner 
Erfahrungen, dass das Mittel in seiner Wirkung zwischen den 
flüchtigen Einreibungen und den scharfen Salben steht. Er 
stellt es vielmehr den scharfen Salben gleich und ist zu der 
Ansicht gelangt, dass es vor letzteren durchaus keinen Vorzug 
verdiene, dass man die scharfen Salben vielmehr besser in der 
Hand habe und der Heilerfolg damit sicherer sei. Die Wirkung 
des Russian Waters ist bei den einzelnen Individuen ganz ver¬ 
schieden. Die Bläscheneruption hat verschiedene Dauer und 
steht mit der nachträglich auftretenden Schwellung nicht im 
Einklang. Nachträgliche Schmerzen stellen sich häufig ein; in 
einem Falle waren sie ausserordentlich stark. Es ist also nicht 
richtig, wenn der Prospect dem Russian Waters nachrühmt, 
dass es dem Thier die Schmerzen erspare. Die an den ein¬ 
geriebenen Stellen sich neu bildenden Haare wurden in zwei 
Fällen grau. Endlich ist die Anwendung keineswegs eine ein¬ 
fache, wie sich dies aus der beigegebenen Gebrauchsanweisung 
übrigens von selbst ergiebt. Kalkoff hat auch von einem 
Apotheker eine Analyse machen lassen. Nach dessen Gutachten 
besteht die grüne Flüssigkeit aus Salmiakgeist von doppelter 
Stärke des officinellen und einem darin löslichen Kupfersalz 
unter Zusatz eines gelben Farbstoffes (Curcumalösung), die das 
Ganze grün färbt. Das kleinere Glas enthält theils Oel, ein¬ 
fach Oleum Lini mit ätherischen Oelen gemischt, theils eine 
weingeistige Flüssigkeit, welche aus besonders starkem Camphor- 
geist, Seifengeist und Salmiakgeist hergestellt ist. 

Complicationen bei Verletzung der Bengesehnen 
und Prolargolbehandlung. 

Von Eggmann. 

(Schw. Arch. Bd. 41 H. 0.) 

Ein altes Pferd war durchgegangen und hatte sich ver¬ 
schiedene Verletzungen an den Hinterbeinen zugezogen. Die 
erheblichste bestand in einer theilweisen Durchschneidung der 
Beugesehne einige Centiineter über dem rechten Fesselgelenk. 


und konnte erst 5 Tage später in seinen nahen Stall gebracht 
werden, wobei es noch sehr stark durchtrat, 14 Tage später 
sah die Wunde recht schlecht aus. Es wurden uecrotische 
Fetzen mit abgestossen, und die zu Ausspritzungen verwandte 
Canüle stiess direct auf Knochen. Beim Druck von unten ent¬ 
leerte sich Synovia aus der Wunde. Dabei war das Allgemein¬ 
befinden allerdings ein gutes; die übrigen Wunden waren in 
dieser Zeit schon geheilt. Nunmehr wandte E. das für die Be¬ 
handlung von Sehnen- etc. Wunden gerühmte Protargol an, eine 
Messerspitze auf etwa 1 Ltr. kalten Wassers. Damit wurde 
die Wunde gründlich ausgespritzt, dann mit einem ebenso ge¬ 
tränkten Tampon bedeckt und das Ganze mit einer Gazebinde ab¬ 
geschlossen. In dieser Weise erfolgte täglich die Wundreinigung. 
Es bildete sich ca. 2 cm unterhalb des Fessele eine feine Gegen¬ 
öffnung, aus der beim Ausspritzen der Wunde die Flüssigkeit 
hervortrat. Alsbald nach Beginn der Protargolbehandlung ging 
der Schmerz wesentlich zurück, die Wundsecretion nahm ab, 
das Pferd belastete den Fnss täglich mehr. Am 11. August, 
4 Wochen nach der Verletzung, war die Wunde durchaus ge¬ 
heilt. Beim Druck bestand kein Schmerz mehr um das Fessel¬ 
gelenk, die Schwellungen waren verschwunden, das Pferd trat 
I allerdings im Fessel noch durch. Inzwischen hatte sich wahr- 
I scheinlich durch Ueberanstrengung der linken Beugesehnen am 
: linken Hinterfnss eine Sehneneutzündung herausgestellt, welche 
| das Pferd zwang, auf dem geheilten rechten Fuss zu stehen. 

I Sie verschwand nach wenigen Tagen. Das Pferd vertheilte 
jetzt die Last auf beide Gliedmassen gleichmässig. Am 80. August 
hatte sich jedoch auf dem verwundeten Fuss ein Recidiv ent¬ 
wickelt. Die ursprüngliche Wunde war aufgebrochen, ein Fistel¬ 
kanal ging direkt gegen das Fesselgelenk zu. Das Thier hatte 
grosse Schmerzen und frass nicht. Es wurde geschlachtet. Es 
stellte sich heraus, dass die Fistel direkt gegen die Gelenkwalze 
des Metatarsus führte mitten durch die Beugesehnen hindurch. 
Immerhin hat sich in diesem tödtlich verlaufenden Fall die 
günstige Wirkling des Protargols gerade eclatant gezeigt. 

Es bewährte sich auch bei einer schweren Quetschwunde 
an der linken Vorderfusswurzel. Die Wunde ging bis auf die 
Knochen. Tägliches, später zweitägliches Ausspülen der Wunde 
mit Protargollösung; das Pudern eines Pulvers von Protargolum 
mit Talcum 1 :5 und Gazeverbände heilten die Wundfläche in 
3 Wochen. Die fast zu rasche Verheilung hatte auch hier 
einen Nachtheil, indem durch einen Zufall ein 2 cm langer Riss 
mitten durch die mit einem trockenen Schorf bedeckte ursprüng¬ 
liche Wunde entstand, der jedoch in 14 Tagen wieder aus¬ 
geheilt war. 

Ueber eine neue seuchenartige Krankheit der Hühner 
in der Lombardei. 

Von Dr. S. Belfanti und Dr. C. Zenoni. 

(Clinica vet. 1899. H. 33 bl» 35.) 

Die Seuche verursachte im Laufe des Sommers unter den 
Hühnerbeständen bedeutende Verluste und rief ernstliche Be¬ 
fürchtungen wegen Störung des Exporthandels unter den Züchtern 
hervor. 

Ganz gesunde Hühner im besten Nährzustande wurden von 
! der Krankheit ergriffen und starben manchmal nach einigen 
j Stunden. Die erkrankten Hühner zeigten Cyanose des Kammes, 


Das Pferd trat so durch, dass es mit der hinteren Fesselfläche ; braunrothe Färbung der Haut besonders an der Brust, flüssig¬ 
fast den Boden berührte. Das Pferd musste nach Anlegung schleimige Dejectionen und zuweilen Ausfluss aus den Nasen- 
eines antiseptischen Verbandes an Ort und Stelle verbleiben I Öffnungen. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No 1. 


Die Verf. haben die Hühner untersucht und den Erreger 
der Seuche isolirt. Derselbe verhält sich in Cultur und Färbung 
sowie in seinen pathogenen Eigenschaften abweichend von dem 
characteristischen Mikroparasiteu der Hühnercholera. 

Die an den Cadavern ermittelten anatomischen Veränderungen 
ergaben, dass sich die Krankheit entweder in den Respirations¬ 
oder in den Verdauungswegen localisirt. Die erste Form 
kommt besonders im Anfänge der Seuche vor, wenn die An¬ 
steckungsfähigkeit auf der Höhe steht und besteht im Wesent¬ 
lichen in einer exsudativen Lungen-Brustfellentziindung mit Er¬ 
guss in die Pleurasäcke. Fast nie fehlen Ekchyraosen am 
visceralen und parietalen Blatt des Pericardiums, an dem Gefäss- 
conus, und auf der Laryngeal- und Trachealschleimhaut. Der¬ 
selbe exsudative Process setzt sich bisweilen auf die Nasen¬ 
schleimhaut fort. 

Die andere Form characterisirt sich durch eine acute 
intensive Enteritis mit leichtem Milztumor. Die Peritonealhöhle 
enthält mitunter blutige Flüssigkeit. Blut schwarzroth, Muskel¬ 
fleisch und Haut trocken. Diese zeigt in einzelnen Fällen 
am Hals oder an der Brust ein gelatinöses Oedem. Die gleiche 
Veränderung wurde noch beobachtet am Mediastinum und einmal 
im Pericardium. Aus dem fibrinösen und gelatinösen Exsudat 
gelang es den speciflschen Microorganismus rein zu züchten, 
aus den kranken Lungen, aus dem infiltrirten Unterhautgewebe 
wurde er durch das Plattenverfahren isolirt. Der Krankheits¬ 
erreger bildet ovale Coccen und Diplococcen oder genauer kurze 
Bacillen, und Diplobacillen, welche oft mit einer hellen, wenig 
färbbaren Stelle versehen sind. FaBt immer finden sich einige 
verlängerte Formen, welche von den erstem abstammen. Auf 
schrägem Agar entwickeln sich nach 24 Stunden perlmutter¬ 
artige durchscheinende kleine Colonien, welche keine Tendenz 
zur Ausbreitung haben; bei 360° geht das Wachsthum schneller 
vor sich. Spärlich wächst der Microparasit auf Gelatine, auf 
Kartoffeln, stärker in Bouillon, auch der Ersatz der Luft durch 
Wasserstoff ist ihm nicht schädlich. In frischen Agar-Culturen 
sind ovale Coccen und kurze Stäbchen mit centralem oder 
endständigem hellen Fleck gemischt enthalten. Der Micro¬ 
organismus zeigt Pleomorphismus und ist beweglich. 

Die Virulenz der Culturen schwächt sich schnell ab. Auf 
Kaninchen, Mäuse und Tauben wirken sie wenig pathogen. Bei 
Verimpfung derselben auf 11 Hühner entstand die Seuche mit 
allen klinischen Erscheinungen und pathologisch-anatomischen 
Veränderungen. 

Mit dem Erreger der Hühnercholera soll der beschriebene 
Microorganismus nicht zu verwechseln sein. Derselbe ähnelt 
sehr einmal den von Mazza und zweitens den von Foä und 
Cesaris-Demel bei andern Hühnerseuchen isolirten Bacterien. 
Peroncito glaubt, dass es sich in allen drei Fällen um wirkliche 
Hühnercholera handle. 

Uebertragung des Schweinerothlaufs auf Menschen. 

Von Casper. 

(Dtscb. Tb. Wsch. Nr. 50.) 

Der Stäbchenrothlauf der Schweine wird als eine Krankheit 
angesehen, die auf den Menschen nicht übertragbar ist. Dem 
entsprechend ist jetzt ganz allgemein und mit vollem Recht der 
Satz aufgestellt worden, dass das Fleisch mit Rothlauf behafteter 
Schweine aus diesem Grunde nicht als gesundheitsschädlich an¬ 
gesehen werden könne. Dieser Satz bleibt auch unbestritten, 
da der Genuss von Fleisch die Gesundheit von Menschen noch 


nie geschädigt hat. Dagegen können nach zwei Beobachtungen 
nicht mehr wie bisher die Bacillen als gänzlich ungefährlich 
für die Menschen betrachtet werden, wie dies bis jetzt allge¬ 
mein geschah. In der medicinischen Literatur haben Kreis- 
physicus Hillebrand und Kreiswundarzt Mayer-Simmern (Ztschr. 
f. Medizinalbeamte 1899, Seite 611) zwei Fälle von angeblicher 
Uebertragung mitgetheilt. Zwei weitere Fälle hat Casper nnn 
beobachtet. Nach dem Mayerschen Fall, dem der Hillbrandsche 
ähnlich gewesen sein soll, hatte sich ein Bauer beim Schlachten 
eines rothlaufkranken Schweines verletzt. An dem verletzten 
Daumen trat eine eigenthümliche Röthung auf, die am dritten 
Tage die Dorsalfläche des Unterarms überzogen hatte und auch 
auf andere Finger Übergriff. In den nächsten Tagen erfolgte 
völlige Heilung. Die Behandlung erfolgte nach dem Vorbilde 
der Pirogoffschen Camphorbehaudlung des Erysipels durch inner¬ 
liche Verabfolgung von Camphor. Local wurde Ichthyol, später 
Jodtinctur aufgepinselt. In dem Hillebrand’schen Falle trat 
übrigens Blasenbildung und nach verzögerter Heilung Ab¬ 
schuppung auf. Die beiden Casperschen Fälle entstanden unter 
Berührung bezw. Infection mit Bouillonkulturen von Rothlauf- 
bacillen, also nicht auf natürlichem Wege. Ein Mann hatte sich 
mit einer Canülenspitze in den Finger gestochen. 4 Tage nach¬ 
her starke Röthung, die sich auf andere Finger bis zum Carpus 
ausbreitete und mit starker Schwellung und Fieber verlief. In 
der Lage der Lymphgefässe am Arm zeigten sich rothe Streifen. 
Wenn eine Stelle abgeblasst war, röthete sich eine andere, so- 
dass erst 4 Wochen nachher Heilung auftrat. Im zweiten Fall 
verletzten sich ein Arbeiter an den Scherben einer Flasche, in 
welcher virulente Rothlaufkultur enthalten war. Nach 4 Tagen 
Röthung des Fingers, sprungweise Ausbreitung der Röthung. 
Heilung nach 4 Wochen unter Alkoholverband. Da es sich in 
beiden Fällen um Reinkulturen des Rothlaufbacillus handelte, 
eine Verunreinigung mit anderen Mikroorganismen, namentlich 
Erysipel-Streptococcen absolut ausgeschlossen ist, so bezweifelt 
Casper nicht, dass die eigenartige erysipelatöse Hautaffection 
in beiden Fällen durch die Rothlaufbacillen verursacht war. C. 
weist darauf hin, dass die ausserordentliche Verbreitung der 
Rothlaufbacillen-Impfung künftig mehr Gelegenheit zu derartigen 
Jnfectionen geben werde. In der That ist dies für die Roth- 
laufcultur-Einspritzung durch Laien, wie sie von manchen land¬ 
wirtschaftlichen Kreisen anscheinend beabsichtigt wird, eine 
recht erfreuliche Perspective. 

Zur Aetiologie der Krebspest. 

Von A. Weber. 

(Arbeiten aus dem Kais. Gesuudheitsamte B. XV' 99. Heft 9, Centralbl. f. B. u. P. 

XXVI. B. 11./1S.) 

Prof. Dr. Hofer in München hat im Muskelfleisch pest¬ 
kranker Krebse einen Bacillus gefunden, welchen er für den 
Erreger der Krebspest hält. Dieser Bacillus ist 1,0—1,5 fi lang 
und 0,25 fi dick, an beiden Enden abgerundet, beweglich, mit 
1—6 pol- und mittelständigen Geissein. Nach Gram entfärbt 
sich der Bacillus und verflüssigt die Gelatine, ln Stichculturen 
wird die Gelatine strumpfförmig verflüssigt. Der Hofer’sche 
Bacillus ist facultativ anaerob und wächst in Wasserstoff- 
atmosphäre reichlich. Für Krebse ist der Bacillus ausserordent¬ 
lich pathogen. Zwischen dem 3. und 4. Schwanzring wurde 
die Infection vorgenommen und stellte sich hierbei heraus, dass 
die Krebse um so schneller zu Grunde gingen, je mehr 
Culturflüssigkeit sie erhalten hatten. 


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4. Januar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Injicirte man mit Chloroform abgetödtete Agarculturen in 
gleich grosser Menge, wie lebende Cultur, so trat der Tod in 
Folge Intoxication gleich schnell ein. Je älter die Cultnren 
wurden, nm so mehr nahm ihre Giftigkeit zu, auch zeigten sie 
sich gegen Hitze sehr widerstandsfähig, indem sie 10 Minuten 
langes Kochen ertrugen. 

Impfte man Hechte, Karauschen, Schleie, Plötze mit der 
Caitur in die Schwanzmusculator, so gingen sie nach 1—8 Tagen 
zu Grunde. Krebse, welche mit dem Fleische solcher Fische 
gefüttert wurden, gingen an der Krebspest zu Grunde, indem sie 
Steifigkeit der Beine, Mattigkeit und Krämpfe bekamen und auch 
Beine und Scheeren abwarfen. — Ob die beim Menschen beob¬ 
achteten Vergiftungen nach dem Genuss von Krebsen auf diesen 
Hofer’schen Bacillus zurückzuführen sind, müssen spätere Unter¬ 
suchungen erweisen. Jess. 

Tagesgeschichte. 

Bildung und Fachstudium. 

Von Professor Sch maltz. 

Der Reihe von, schliesslich polemischen, Artikeln der Herren 
Hemprich,Lohs e'e und Wigge (1899,No.47,49—50)möchte ich 
einen kurzen Abschluss geben, wobei ich mich allerdings — schon 
des Raumes wegen — auf ein paar Aphorismen beschränken muss. 

Die Erörterung dieser Fragen, an der Herrn Hemprich 
das Verdienst der Initiative zukommt, hat, ich gestehe, mich 
überrascht, jedenfalls aber aufrichtig gefreut. Sie hat gezeigt, 
dass alle drei Herren etwas von dem haben, was sie als 
er8trebenswerth bezeichnen und dass es unter den jüngeren 
Thierärzten, wohl mehr als mancher glaubt, solche giebt, die 
eben nicht einseitige Fachleute sind. 

Alle drei Autoren sind vollkommen einig über das Ziel, 
welches Herr Wigge treffend kennzeichnet: Gewinnung einer 
harmonischen abgeschlossenen Allgemeinbildung über den engen 
Rahmen des Fachstudiums hinaus. 

Darin wird nun Herrn Hemprich von Männern, die länger 
und weiter beobachten, als wir alle, Recht gegeben werden, dass 
gerade im Kreise der vier Facultäten, namentlich auch der 
medicinischen, früher dasjenige Wissen, was man damals als all¬ 
gemeine Bildung bezeichnen konnte, eine grössere Zahl von Männern 
besass, als dies heutzutage der Fall ist? 

Bei wirklich objectiver Erwägung wird man sich aber 
getröstet gestehen dürfen, dass diese Thatsache weder das Zeichen 
eines Rückschrittes noch einer Erschlaffung des geistigen 
Strebens ist. 

Wirklich vollendete allgemeine Bildung verlangt viel. Zu 
Philosophie und historischer Wissenschaft, zu Kunst und classischer 
Literatur ist ja erst in unserem Jahrhundert das ganze ungeheure 
Gebiet der Naturwissenschaften und ihrer Anwendung in der 
Cultur hinzugekommen. Mehr, als früher, ist es auch erforder¬ 
lich, dass man etwas von der Welt gesehen und praktisch sich 
Völker- und Menschenkenntniss erworben habe. Wie sind andrer¬ 
seits, wenn auch nicht in allen Berufsarten, so doch in vielen 
und namentlich im medicinischen die Anforderungen gewachsen! 
Gering war im Verhältniss das Wissensgebiet des älteren Arztes, 
spärlich und gemächlich erschienen die Neuheiten, von denen er 
Kenntniss zu nehmen hatte. Da blieb Müsse genug zu classischem 
und philosophischem Studium. Der Arzt der Neuzeit, nachdem 
er zehn Mal soviel als früher hat studiren müssen, muss zwanzig 


Mal soviel Medicinalliteratnr lesen, wenn er sich nur in seiner 
Specialwissenschaft auf dem Laufenden erhalten will. 

Das Wort „allgemeine Bildung“ bedeutet also heutzutage, 
weit mehr als früher. Ihr Feld hat sich nngemessen erweitert. 
Die. Zeit, auf diesem Felde zu arbeiten, hat sich dagegen sehr 
verringert, da viele Berufswissenschaften heut ganz andere An¬ 
forderungen stellen als früher. Dies muss zu einem Miss- 
verhältniss oder zu einer Beschränkung auf Begrenztes fuhren, 
da Geist und Fassungskraft des Menschen eben auch begrenzt 
sind und man doch mit dem Durchschnittsmenschen rechnen 
muss. Der geniale Kopf oder der, ein „Brotstudium“ überflüssig 
machende Geldbeutel sind besondere Eigenthümlichkeiten, die an 
den dieGesammtheit characterisirendenVerhältnissen nichts ändern. 

Dass die Einschränkung dessen, was sich der Einzelne 
neben seiner Berufsbildung aneignet, besonders auf Kosten der 
Philosophie erfolgt, wird man glauben dürfen. Kunst und Lite¬ 
ratur liegt dem allgemeinen Bedürfniss näher; auf sie wird man 
schwerlich verzichten. Im Uebrigeu dürfte auch die naturwissen¬ 
schaftliche Gesammtrichtung des nun vergangenen Jahrhunderts 
die Geister der Philosophie entzogen haben. Denn wenn auch 
die heutigen Philosophen — sie können ja gar nicht anders — 
von der naturwissenschaftlichen Erkenntniss ausgehen, ihr selbst 
nachjagen und sie mit dem Lichte ihrer Darstellung erhellen — 
so bleibt zwischen Philosophie und exacter Naturwissenschaft 
doch ein Gegensatz, fast wie zwischen Denken und Handeln. 

Eine gerechte Beurtheilung des Seltnerwerdens wirklicher 
j Allgemeinbildung darf nun aber nicht von der Frage ausgehen: 
„Ist das ein bedauerlicher Nachtheil?“ (denn der ist es natür¬ 
lich). Sondern man muss erwägen, ob dem Nachtheile auf der 
einen Seite ein Vortheil auf der anderen gegenübersteht. — 
Und auch diese Frage ist zu bejahen. 

Denn die Leistungen sind grösser geworden und zwar 
gerade durch die Specialisirung, auch durch die Specialisirung 
des Wissens. Die productive Arbeit der Welt, wie die 
Thätigkeit der einzelnen Berufe und Individuen ist erstaunlich 
gewachsen und hat Unmögliches möglich gemacht. Die unmittel¬ 
bare Quelle des grössten Theils dieser Leistungen und Fort¬ 
schritte sind die angewandten Naturwissenschaften. Ihre be- 
wundernswerthen Erfolge, die noch dazu klar vor Jedermanns 
Augen liegen, stellen ganz natürlich die anderen Wissenschaften 
in den Schatten. Es ist eine Leistung, auf die das vergangene 
Jahrhundert stolz sein kann, wenn, wie Schm oll er neulich 
constatirte, heute H00 Millionen Menschen da in steigendem 
Wohlstand leben, wo Ende des vorigen Jahrhunderts 100 Millionen 
ziemlich kümmerlich existirten. Und es handelt sich doch nicht 
etwa nur um materielle Fortschritte. Die Ausbreitung der 
Cultur auf der Erde ist ein ideales Ziel und wie haben nach 
diesem Ziele hin die Errungenschaften der Neuzeit, gerade die 
technischen, gewirkt. Dass auch im medizinischen Beruf die 
positive Leistung eine unvergleichlich grössere geworden ist, 
braucht keines Beweises. 

Alle diese Fortschritte und Erfolge aber wirken auf die 
ganze Masse der Menschheit und sind nicht bloss der Besitz Be¬ 
vorzugter. Selbst wenn daher durch die veränderten Culturverhält- 
nisse der Kreis der Männer von allgemeiner Bildung verkleinert 
würde, die Menschheit hat gewiss keinen Rückschritt zu ver¬ 
zeichnen. 

Alles dies ändert natürlich nichts an dem Satz: Es strebe 
Jeder danach, über die Grenzen seines Berufswissens hinaus 
sich, soweit es eben möglich ist, eine allgemeine Bildung an- 


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8 BERLINER TIIIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 1. 


zueignen. Gerade der Student, will anders er die von ihm be¬ 
anspruchte bevorzugte Stellung unter der Jugend behaupten, 
muss dies thun. Darauf haben die Herrn Verfasser der Ein¬ 
gangs genannten Artikel übereinstimmend mit Recht hingewiesen. 

Aber das Reich der allgemeinen Bildung ist gross, und 
wenige, wie gesagt, werden es sich wirklich ganz erobern. Die 
meisten werden mit einem Theil sich begnügen müssen und 
dabei die Richtung einschlagen, welche Veranlagung und Ge¬ 
schmack, mitunter auch der Zufall ihnen weisen. Die Herrn 
Verfasser thun dies selber offensichtlich. Der eine bevorzugt 
die Philosophie, der andere Literatur und Kunst, der dritte be¬ 
tont den unverkennbar hohen bildenden Einfluss, den Reisen 
und selbsterworbene Welterfahrung haben. Jeder von ihnen 
hat Recht, soweit er diese eine Seite nicht für die allein wesent¬ 
liche oder gar für das Ganze ansieht. Ich persönlich würde, 
befragt, wahrscheinlich auch einen Zweig des Wissens bevor¬ 
zugen und zwar einen, den keiner der Verfasser erwähnt hat; 
ich meine die historische Wissenschaft, speciell die politisch¬ 
historische. Was den Vorzug verdiene, ist schwer zu sagen. 
Den unbedingten alleinigen jedenfalls Keines. Das Ideal wäre, 
alles zu pflegen; ist Auswahl nöthig, wie meist, so wird die 
Eintscheidung nicht nach allgemeinen Regeln zu treffen, sondern 
stets eine individuelle sein. 

Eine gewisse allgemeine Kenntniss von Kunst und classischer 
Literatur ist allerdings wohl das nächstliegende Erforderniss 
für Jeden, der auch nur auf landläufige Bildung Anspruch macht. 
Und unsere neuzeitliche Kunst und Literatur wurzeln so sehr 
im classischen Alterthum, dass man ein wenig Kunde vom 
letzterem, wie man sie sich eben auf dem Gymnasium erwirbt, 
nur schwer oder vielmehr garnickt entbehren kann. 

Es ist hier weder der Ort, noch kann es meine Aufgabe 
sein, diese Frage zu erörtern, aber die Bemerkung hinwerfen 
möchte ich doch, dass ich eben deshalb die so gut wie latein¬ 
lose höhere Schule für direct ungeeignet, und auch die 
Richtung des Realgymnasiums nicht für die richtige halte, ohne 
deshalb den Lehrplan des humanistischen Gymnasiums als voll¬ 
kommen hinstellen zu wollen. 

Die höhere Schule soll, abgesehen von der geistigen Er¬ 
ziehung, die Anfänge einer allgemeinen Bildung gewähren oder 
die Grundlage, auf der später eine solche erworben werden 
kann. Gerade weil später meist die Weiterentwicklung der 
Bildung nach einer, Richtung erfolgt* soll die höhere Schule 
dafür sorgen, dass ihre „Maturi“ nach allen Seiten hin wenigstens 
etwas besitzen.*) Die Oberrealschnle scheidet in dieser Be¬ 
ziehung m. A. n. überhaupt aus der Discussion; sie ist eine 
Mittelschule. Aber auch weder das humanistische Gymnasium noch 
das Realgymnasium erfüllen heute jenen Zweck. Namentlich 
hat das letztere gar keinen Grund, sich etwa für das 
modern-vollkommene zu halten. Wer, wie wir, unter den 
Studenten Abiturienten beider Schularten hat, kann da besondere 
Beobachtungen machen. Das humanistische Gymnasium gewährt 
eine gründlichere geistige Dressur, wohl gerade mittelst des 
Studiums der alten »Sprachen, und zugleich eine bessere Grund¬ 
lage für cla8sische Bildung. Aber der aus ihm hervorgehende 
künftige Jurist, Pastor, Oberlehrer, Kaufmann, Landwirth etc. 
bleibt den Naturwissenschaften doch gar zu fremd und nament- 

*) Reife Menschen zu erziehen kann überhaupt nicht die Auf¬ 
gabe des Gymnasiums sein. Naturgemäss ist auch der Abiturient 
als Mensch unreif. Das ist sogar meist noch der Student trotz aller 
seiner sonstigen guten Eigenschaften (cf. B. T. W. 1899, No. 47). 


lieh die ersteren drei werden diesen unzweifelhaften Mangel als 
»Studenten oder später durch Privatstudium selten genug aus- 
gleichen. Der Realgymnasiast, der ein technisches oder natur¬ 
wissenschaftliches Studium ergreift, betritt erhobenen Hauptes 
den Hörsaal, in dem Glauben, schon sehr viel zu wissen. Er 
hat auch in der That schon zu viel gelernt, aber insofern, als er bald 
einsieht, dass er trotz seiner naturwissenschaftlichen Vorbildung 
in allen Stücken wieder von vorn anfangen muss und daher die 
früher darauf verwandte Zeit besser für Dinge benutzt hätte, 
die ihm gänzlich fehlen und auch durch seinen nachherigen 
Beruf nicht mehr nahe gebracht werden. Ich habe nicht 
bemerkt, dass unser naturwissenschaftliches Studium ehe¬ 
malige Realgymnasiasteu leichter oder erfolgreicher bewältigten, 
als in Naturwissenschaft ganz ahnungslos das Studium be¬ 
ginnende Gymnasiasten. 

Warum ich auf diesen Punkt komme? Weil ich glaube, 
dass er hier wesentlich ist. Weil ich meine, dass unsere 
Gymnasien beide nur eine einseitige Erziehung ge¬ 
währen und dadurch mit die Hauptschuld tragen, wenn 
die von ihnen Erzogenen sich später eine allgemeine 
Bildung nicht erwerben, weil sie auf eine solche gar nicht 
hingewiesen, im Gegentheil durch die Schule selbst von 
diesem Ziele abgekehrt worden sind. 

Man sollte die künftigen Techniker, z. B. grundsätzlich 
nicht auf dem Real-, sondern auf dem humanistischen Gymnasium 
ausbilden, wo sie die altclassische Bildung kennen lernen, mit 
der ihr späterer Beruf sie nicht in Berührung bringt. Und man 
sollte die künftigen Juristen, Pastoren und classischen Ober¬ 
lehrer auf die Realgymnasien schicken, damit sie die Natur¬ 
wissenschaften erfassen und — dies gilt namentlich den 
letzten beiden — sich etwas mein - Werthschätzung dieser 
Wissenschaften aneignen. Eine derartige Auswechselung ist 
aber natürlich aus anderen Gründen ebenfalls unmöglich. 

Dann bleibt aber doch noch ein Ausweg, das ist die 
Schaffung eines Einheitsgymnasiums mit einem Lehrplan, der 
dem heutigen Begriff der allgemeinen Bildung entspricht, d. h. 
ohne die alten Sprachen und damit die Kenntniss des classisclieu 
Alterthums so zu beschränken, wie es das Real-Gymnasium thut, 
doch eine genügende Vorbildung auch in den Naturwissenschaften 
gewährt. Dazu fehlt die Zeit? Nun dann schaffe man sie 
doch! Wenn man in Folge Erweiterung des Lernstoffes ver¬ 
schiedentlich die Studiendauer verlängert, warum soll denn auf 
den Gymnasien der neunjährige Cursns etw'as unwandelbares 
sein; man verlängere ihn. Das würde gewisse Folgen haben, 
die zu untersuchen ganz interessant wäre, hier aber unterbleiben 
muss; entscheidende Nachtheile wären es jedenfalls nicht. 

Eins sei noch flüchtig erwähnt. Wie sollte es denn mit den 
neuen Sprachen gehalten werden? Bilden diese nicht einen 
unbestreitbaren Vorzug des Realgymnasiums? Ich glaube nicht. 
Entweder sie werden, wie wohl doch auch an den Realgymnasien 
geschieht, vorwiegend grammatikalisch gelehrt und dann lernt 
man sie nicht sprechen. Oder man legt den Hauptwerth auf 
das Sprechen; dann verlieren sie den Werth und die Wirkung 
als Mittel zur methodischen Schulung des Geistes, als welches 
sich die alten Sprachen auf den humanistischen Gymnasien un¬ 
zweifelhaft bew r ährt haben. 

Dies führt auf den Gedanken, ob man nicht besser die neueren 
fremden Sprachen im Wesentlichen aus den Schulen heraus¬ 
nimmt und in die nachgymnasiale Zeit verweist. Und ob man 
sich nicht darauf beschränken sollte, öffentlich den Sinn für die 


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4. Januar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


9 


wirkliche Beherrschung fremder Sprachen als Verkehrsmittel zu 
wecken und leichte Gelegenheiten für Erlernung der Sprachen in 
diesem Sinne allenthalben zu bieten. Wenn wir jetzt im 
Zeichen der Flotte und der Colonien, des Welthandels und 
Industriestaates stehen, dann wächst das öffentliche Interesse 
daran, das Sprechen fremder Sprachen in Deutschland mehr in 
Aufnahme zu bringen, was gerade unter den „Studirten“ bisher 
wenig genug der Fall sein dürfte. Es wäre dies vielleicht ein 
wesentliches Mittel, den Sinn für internationale Beziehungen, 
dem ein Theil des gebildeten Volkes wohl immer noch ziemlich 
kühl gegenüber steht, zu wecken. Kauftnannstand und Industrie 
sind hierin dem Gros der academisch Gebildeten überlegen, nicht 
weil sie auf Realgymnasien erzogen sind, sondern weil ihr 
Beruf sie später dazu zwingt, jene Sprachen wirklich zu er¬ 
lernen. Industrie und Handel sorgen für sich selbst. Selbst 
in der Armee wird jetzt das Erlernen fremder Sprachen eifrigst 
gepflegt. Aber auf Universitäten und Hochschulen geschieht 
wenig oder nichts, um das Englisch- und Französich-Sprechen 
zu verallgemeinern. Näher liegend, als ein Lehrstuhl für 
Philosophie an den Hochschulen, erscheint mir noch die Be¬ 
schaffung eines unentgeltlichen Sprachunterrichts durch Anstellung 
von Sprachlehrern, Bildung von Seminaren oder meinetwegen 
C’lnbs, Anslegen englischer und französischer Zeitungen in den 
Lesezimmern etc. 

Sehr viel liesse sich hierüber sagen. Genug davon. Wer 
untersuchen will, in wie weit etwa speciell unter den academisch 
Gebildeten durchschnittlich Lücken und Mängel der allgemeinen 
Bildung zu spüren sind, der möge jedenfalls sich darüber klar 
werden, ob nicht eine Wurzel des Uebels auch in den für 
Universität und Hochschule vorbereitenden Gymnasien zu suchen 
ist, und ob und wie da eine Abhilfe möglich ist. Ich halte sie für 
möglich. So wie die Dinge jetzt liegen, gewährt weder 
irgend ein Gymnasium, noch das spätere academische 
Berufsstudinm eine wirkliche allgemeine Bildung, 
bezw. auch nur die Anleitung dazu. 

Es ist demnach um so verdienstlicher, den Studenten, 
(sprechen wir fortab speciell von uns) anzuregen, sich selber 
weiter zu bilden. Die Universitätsstädte bieten hierzu aller¬ 
dings die reichste Gelegenheit. Lehrstühle für Philosophie an 
den Hochschulen wären in solchen Städten um so überflüssiger, 
als sie doch nur mitKräften dritten Ranges besetzt w’erden könnten. 

Es wäre meiner Ansicht nach auch nicht berechtigt, die 
Studenten einseitig auf die Philosophie zu verweisen. Herr 
Hemprich betont ja speciell die ethische Wirksamkeit der 
Philosophie und hat darin Recht. Einen etwas anderen Stand¬ 
punkt nimmt er in seinem zweiten Artikel ein, der vom 
gesunden Menschenverstand spricht und die Wirkung philoso¬ 
phischer Erziehung speciell auch auf die politische Weltanschauung 
behandelt. Zunächst möchte ich glauben, dass der gesunde 
Menschenverstand und die Philosophie überhaupt nicht in Gegen¬ 
satz gestellt werden können. Der Erstere ist die Vorbedingung 
für jede richtige Erkenntniss, auch in der Philosophie. Die 
Philosophie kann den Mutterwitz weder ersetzen noch erzeugen; 
andererseits kann unbestreitbar der angeborene Verstand durch 
Schulung des Denkens, wie u. A. das philosophische Studium 
eine solche bietet, trefflich entwickelt werden. Uebrigens ist 
aber die Philosophie nicht allein die Schule des logischen 
Denkens. Ich möchte da an die Mathematik nur erinnern. 

Was aber die Wirkung philosophischer Bildung auf die 
politische Weltanschauung anlangt, so schlage ich diese Wir¬ 


kung gerade am geringsten an; ich meine die Wirknng auf die 
durchschnittlichen Geister. Ich glaube nicht, dass philosophisches 
Denken so fest gegen blendende Phrasen w-appnet, wie die 
Erfahrungswissenschaft der Geschichte. Und da heut jeder 
Mann am öffentlichen Leben Interesse nehmen muss, so möchte 
ich den Studenten auf das Studium der Geschichte, nach 
meiner Empfindung in erster Linie, jedenfalls aber neben dem 
anderen hingewiesen sehen. Zu jedem nüchtern Verständigen 
sprechen die starren Thatsachen vergangener drittehalbtausend 
Jahre eine beredtere Sprache, als abstracte Deductionen. Ich 
kann mir z. B. denken, dass man auf Grund philosophischer 
Theorien zu dem Satz gelangt: „Die Republik ist die ideale 
Staatsform“ (wobei man daun nur hinzuzufügen vergisst, „wenn 
die Völker so wären, wie sie nicht sind“). Ich kann mir aber 
nicht denken, dass jemand, der von Athen bis Paris und Was¬ 
hington sich das republicanisches Staatsleben wirklich vor Augen 
geführt hat, verkennen sollte, dass eine heutige Monarchie viel 
bessere Garantien für Gerechtigkeit und Volkswohl gewährt. Denn 
die geschichtliche Erfahrung zeigt uns eben, dass in den Seelen 
der Völker die Vorbedingungen, auf welchen man jenen Satz 
theoretisch aufbauen könnte, thatsächlich niemals vorhanden 
gewesen sind und nach irdischen Verhältnissen nicht vorhanden 
sein können 

Wenn vollends aber ein Anarchist oder Socialdemocrat 
wirklich behaupten sollte, seine Idee von Vernichtung 
der gesetzlichen Gewalt bezw. vom Zukunftsstaat aus „seinem 
gesunden Menschenverstände“ zu haben, so ist das dem gesunden 
Menschenverstand nicht zur Last zu legen. Es ist doch nicht 
Verstand, was Manche Verstand nennen, und die Ausführungen 
des Herrn Collegen Lohsee bezogen sich auf den wirklichen 
und nicht anf den eingebildeten Verstand. Der auf allgemeine 
Egalisirung und Vernichtung des Individuums abzielende Zukunfts¬ 
staat beispielsweise ist so blödsinnig, dass man seine Unmög¬ 
lichkeit ebenso wohl mit dem blossen gesunden Menschen¬ 
verstand, als philosophisch, logisch, mathematisch und historisch 
nachweisen kann. Mit allen diesen Mitteln aber wird man einen 
Zukunftsstaatler doch nicht von seinem Wege abbringen, denn dem 
ist der Zukunftstaat in Wirklichkeit ebenso dunkel als egal. Die 
Devise ist bewusst oder unbewusst, „Ich will haben“; ob die 
andern alle dasselbe haben, ist ja gar nicht das wesentliche. — 
Im übrigen kann ich durchaus nicht zugeben, dass die heutigen 
deutschen Studenten dem alten Burschenschafter an echtem 
Patriotismus nachständen. Im Gegentheil. Die heutige Studenten¬ 
schaft wird von patriotischer Begeisterung geführt und geht darin 
dem Volke voran. Das hat auch Bismarck anerkannt. 

In drei Einzelheiten muss ich Herrn Collegen Hemprich 
noch widersprechen. Seine Darstellung des Verbindungswesens 
ist nicht objectiv. Die Verbindungen haben ihre grossen Ver¬ 
dienste, namentlich an den thierärztlichen Hochschulen. Dass 
manches mit der Zeit geändert werden könnte, ist znzugeben, 
aber dass sie allein oder hauptsächlich vom Studiren abhalten, 
ist unzutreffend. Denn was treiben die Herren, welche keiner 
Verbindung angehören? Studiren etwa die alle bloss? Das 
kann doch wohl Niemand behaupten. Die Studenten sind 
zweitens thatsächlich überlastet, das zeigen die Stundenpläne und 
täglichen Vorlesungszahlen deutlich genug. Ein achtes Semester 
soll znr Entlastung dienen, nicht aber, dass der Lernstoff noch 
mehr ausgesponnen wird. Wo etwa eine derartige Absicht be¬ 
stände, müsste ihr entgegengetreten werden. Auch über den 
Werth des Abitnriums urtheilt Herr Hemprich einseitig — in 


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10 BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 1. 


derselben Art, wie betr. Philosophie und gesunden Menschen¬ 
verstand. Es giebt kluge Obersecundaner und beschränkte Abi¬ 
turienten — das ist gewiss. Aber bei gleicher Befähigung ist 
derjenige, der noch die 2 Jahre Primanerbildnng genossen hat, 
dem anderen weit und in jeder Beziehung überlegen. Wäre 
dies nicht der Fall, so wäre ja die ganze Prima zwecklos. Und 
dann würde man sie doch nicht conserviren. So ist doch unsere 
Schulverwaltung auch nicht. 

In einem Punkte möchte ich dagegen Herrn Hemprich 
gegenüber Herrn Lolisee in Schutz nehmen. Das sind die 
paar kritischen Bemerkungen über die Professoren. Wenn sie 
auch im Einzelnen anfechtbar waren *), im Ganzen waren sie 
so unberechtigt nicht. Auch Herr Wigge betont mit Recht, 
dass erziehlich an unsern Hochschulen mehr geleistet werden 
könnte. Im Uebrigen thut es den Herrn Professoren 
nichts, wenn sie einmal hören, dass unter den Studenten auch 
solche sind, die nicht so leicht zu befriedigen sind, sondern 
mehr verlangen. Auch darin waren die Artikel Hemprich, 
Lohsee, Wigge mir interessant. Wir müssen nur erst aus¬ 
geglichenere Hörer haben. 

Das Yeterinfirinstitut der Universität Giessen. 

Im Veterinärinstitut der Universität Giessen stehen noch 
folgende weitere Veränderungen bevor: 

Das Veterinär-Institut bleibt auch in Zukunft ein inte- 
grirender Bestandtheil der Universität bezw. der medicinischen 
Facultät. Die Zahl der Professoren soll noch durch ein bezw. 
zwei weitere Berufungen vermehrt werden. Diese Professoren 
zählen mit den medicinischen zusammen in der medicinischen 
Facultät. Säinmtliche Abtheilungen des Veterinär-Instituts sind 
selbständig. Der Director, Prof. Dr. Eichbaum, hat im Wesent¬ 
lichen die Ge8ammtverwaltnng, Repräsentation und den Vorsitz bei 
den Prüfungen. Nach Vollendung der Neubauten, welche beabsich¬ 
tigt sind, wird die Anstalt aus drei oder vier Instituten bestehen. Man 
darf diese umfassende Reorganisation mit grosser Freude begrüssen. 

Die Vlehzuohtlnspectoren in Bayern. 

Nach der Wochenschrift für Thierheilkunde und Viehzucht 
werden in Bayern die Viehzuchtinspectoren zu Bezirksthier¬ 
ärzten extra statum ernannt, um sie länger in ihrem speciellen 
Wirkungskreis erhalten zu können. Sie. werden so gestellt, dass 
bei einem späteren Uebertritt in eine Bezirksthierarztstelle ihnen 
die vorherige Dienstzeit angerechnet wird. Auch dürften sie 
nach Massgabe des Dienstalters zum pragmatischen Bezirks¬ 
thierarzte ernannt werden. (S. a. Personalien.) 

Vacanz In Deutsoh-Südwest-Afrika. 

Zn der Mittheilung unter obiger Marke in No. 52 ist uns 
ein „Eingesandt“ zugegangen, in welchem vor Uebernahme 
solcher Stellen gew'arnt wird. Wer von Schwärmerei Für die 
Colonien geheilt sein wolle, möge einmal eine Vergnügungsfahrt 
dorthin machen. Man möge sich bei den Herren, die draussen 
gewesen seien, Veterinär Dr. Vogt-Bayreuth, Thierarzt Borcli- 
mann-Halle, Thierarzt Huss-Golssen erkundigen, ehe man sich 
in die Gefahr begebe, sich in Gesundheit und Beruf schwer 
zu schädigen. 

Wir halten uns Für verpflichtet, dieser Stimme Gehör zu 
verschaffen, möchten aber gleichzeitig folgendes bemerken: Ob 

*) Man wird z. B. einen Professor, der ein tüchtiger Fachmann 
und eifriger Lehrer ist, nicht „verachten“, weil ihm auf anderem 
Gebiet etwas fehlt. Herr Hemprich erkennt ja auch z. B. an, 
dass „die Alten“ Grosses geleistet haben und wird ja wissen, dass 
dies grossentheils sehr mangelhaft gebildete Leute waren. 


man Colonialschwärmer sein will oder nicht, ist Jedermanns Sache. 
Jedenfalls giebt es sehr viele durchaus von Schwärmerei freie 
Männer, die den Colonien nicht bloss Beachtung und Interesse 
schenken, sondern auch das Leben dort durchaus angenehm 
finden. Was die Gesundheit anbetrifft, so handelt es sich nicht 
um Ostafrika, sondern um Südwestafrika, nach allgemeinem 
Urtheil ein gesundes und interessantes Land. Ein Schaden in 
der Gesundheit ist also wenigstens nicht besonders zu fürchten. 
Ein Nachtheil im Beruf kann dann doch aber Für einen jüngeren 
Mann, der ein paar Jahre verwenden kann, sich die Welt an- 
zuseheu, durch einen dreijährigen Aufenthalt in Afrika über¬ 
haupt nicht entstehen. Man darf eben die ganze Sache nicht 
so schwer auffassen und nicht mehr dahinter suchen als 
vorläufig und von vornherein dabei zu suchen ist. Es ist 
weder eine Gelegenheit, um besondere Carriere zu machen, 
noch um Schätze zu sammeln, denn das Leben ist dort 
sehr theuer. Aber eine sehr interessante Episode ist ein solcher 
Aufenthalt in Süd-West-Afrika doch jedenfalls, und wenn man 
ihn ohne wesentlichen Geldaufwand erlangen kann und jung ge¬ 
nug oder frei genug ist, um die Zeit übrig zu haben, so wüsste 
man wirklich nicht, welche Bedenken einem entgegenstehen 
sollten. Gewiss haben einige Collegen in den Colonien un¬ 
angenehme Erfahrungen gemacht. Aber durch diese Erfahrungen 
gewitzigt, kann man vor Abschluss der Verpflichtungen 
doch sagen, welche Stellung man beansprucht, und wenn sie 
hiernach zugesagt ist, so hat man doch die Mittel, sich seine 
Stellen zu wahren. Aber das allerdings ist zu rathen, vor 
dem Abschluss des Contracts alles klar zu stellen. S. 

Hochaohulfrequenz. 

Berlin 517 Studirende, darunter 139 Militär-Ross arzt-Eleven, 
beide mit Ausschluss der länger als 7 Semester studirenden und 
daher nicht mehr immatriculirten, sondern nur hospitirenden 
Herren. — Hannover 245 Studenten. — Giessen 85 Studenten 
(eine unzweifelhaft bereits dem Bekanntwerden der Re¬ 
organisation zu verdankende ausserordentlich hohe Ziffer). 

Zum Abiturientenexamen. 

Es wird alle Leser erfreuen, zu hören, dass die Land- 
wirthschaftskammer für den Regierungsbezirk Wiesbaden (Vete¬ 
rinärreferent Prof. Dr. Leonhardt) als die Erste schon am 
12. December den Beschluss gefasst hat, dass für das Abi¬ 
turientenexamen der Thierärzte auf das Nachdrücklichste ein- 
zutreteu sei. Vivat sequens! 

Verein practisoher Thierärzte zu Berlin. 

Versammlung am Sonnabend, den 6. Januar 1900, 
Abends y 2 8 Uhr, im Rathhauskeller (Eingang Jüdenstrasse). 

Tagesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten. 

a) Aufnahme neuer Mitglieder. b) Statutenänderung. 

c) Mitgliederverzeichniss. d) Wahl eines Ehrenmitgliedes. 

2. Vorträge. 

a) Prof. Dr. Ostertag: Bacteriologische Fleischbeschau. 

b) Prof. Udrisky-Bukarest: Eine Complication der 

Cryptorchiden-Castration. 

3. Mittheilungen aus der Praxis. Der Vorstand. 

Ver8ioherung8verein zu Stuttgart. 

Die Centralvertretung hat mit dem Allgemeinen Deutschen 
Versicherungs-Verein zu Stuttgart einen Meistbegünstigungs- 
Vertrag für Unfall-Versicherungen abgeschlossen, dessen Wort¬ 
laut u. A. in der B. T. W. 1899, pag. 21 veröffentlicht ist. 


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4^ Januar 1000. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 11 

Durch Circular hat der genannte Verein ferner kürzlich allen keine Gelegenheit gehabt zu berathen. Da Verwechselungen 
thierärztlichen Vereinen einen ähnlichen Meistbegünstigung*- vorgekommen sind, so sei hier auf Wunsch des Vereins mit¬ 
vertrag betr. Haftpflicht-Versicherungen Angeboten. Feber getheilt, dass der bereits bestehende Vertrag sich nur auf Unfall¬ 
letzteren Gegenstand hat jedoch die Centralvertretung noch Versicherung, nicht aber auch auf Haftpflichtversicherung bezieht. 

Oeffentliches Yeterinärwesen. 


(M itth eil ungen für 

Seuchenstatistik and Yeterinärpolizei. 

Was ist Dünger? 

Tn einer thüringischen Stadt hat der Staatsanwalt die Er¬ 
hebung der Anklage gegen einen Hofbesitzer abgelehnt, welcher 
aus einem Seuchengehöft gegen die gesetzliche bezw. landes¬ 
polizeiliche Vorschrift Jauche abgefahren hatte. Der Beschuldigte 
machte geltend, dass Jauche zwar agriculturchemisch ein 
Düngemittel sei, nicht aber Dünger, der im Stall gelegen hat. 
Diese Ansicht könne, so wurde begründet, nicht von vornherein 
von der Hand gewiesen werden, desshalb sei eine subpositive 
Verletzung des § 328 Str.-G.-B. nicht nachgewiesen. 

Wir halten diese Ansicht für unzutreffend: Unter Stalldünger 
versteht man die den Stallfussboden bedeckenden, mit den Ab¬ 
gängen der Thiere gemischten Streumaterialien. Da die Ab¬ 
gänge fest und flüssig sind, so enthält der Dünger nothwendiger 
Weise einen flüssigen Bestandteil, von dem ein Theil im Stalle 
liegen bleibt, ein anderer gleich in die Dunggrube abfliesst. 
Wenn auch nach dem Herausschaffen des Düngers aus dem 
Stall sich die flüssigen Bestandteile als Jauche absondern, 
so ändert doch dadurch, dass der Dünger in seine Bestandteile 
zerlegt wird, sich die Thatsache nicht, dass es eben Bestand¬ 
teile des Düngers waren und bleiben. Eine besondere Definition 
des Düngers zu geben, war um so überflüssiger, als auch ganz 
allgemein in der Landwirtschaft die Jauche als ein Bestand¬ 
teil des Düngers angesehen wird: mag sie nun mit Wasser ver¬ 
dünnt sein, oder nicht. Es ist auch zweifellos, dass der Gesetz¬ 
geber (und dementsprechend jede Landespolizeivorschrift) mit 
der Bezeichnung Dünger auch die flüssigen Bestandteile treffen 
wollte. Denn alle Bestimmungen betr Dünger beziehen sich 
auf die Gefahr des Vorhandenseins von Krankheitskeimen in 
denselben und diese Gefahr ist bezüglich der flüssigen Bestand¬ 
teile noch grösser als bezüglich der festen. 

Schutzimpfungen in Ungarn. 

(Veterinärbericht 1898.) 

Für Milzbrandimpfungen lieferte den Impfstoff das Labora- 
toire Pasteur in Pest. Es wurde bezogen im Berichtsjahr 
Impfstoff für 7107 Pferde. 14747") Rinder und 201*4*17 Schafe. 
Das bedeutet für Schafe 30000 Dosen weniger, für Pferde und 
Rinder etwas mehr. Bei Pferden betrug der Gesammtverlust in 
der Zeit zwischen den zwei Impfungen, sowie später innerhalb 
eines Jahres 0,025 pCt. lieber die Impferfolge bei Rindern 
liegen Berichte über 106000 Impfungen vor. Der Verlust, wie 
oben berechnet, beträgt im Ganzen nur 22 Stück, das sind 
0,02 pCt. Die Gesammtziffer für 1889 bis 1898 ergiebt bei 
über einer halben Million geimpfter Rinder einen Gesammtverlust 
von nur 273 Stück — 0,05 pCt. Auch die Schafimpfungen 
weisen ein gleich günstiges Resultat auf. Berichtet ist über 
133878 Impfungen, unter denen der Verlust wie oben nur 31) 
= 0,03 pCt. ergiebt. Fiir die 8 Jahre von 1881* bis 181*8 ist 
das Resultat von 973000 Schüfen ein Gesammtverlust von 0,65. 
Die Verlustziffern sind also in letzter Zeit, günstiger geworden. 

Gegen Rauschbrand wurden nur 1471* Rinder geimpft, wo¬ 
von ein Stück umgestanden ist. 


Veteriuärbeamte.) 

Rothlaufimpfstoffe nach Pasteur wurden von dem oben ge¬ 
nannten Institut 249364 Dosen versandt, etwas weniger als im 
Vorjahr. Die verwendbaren Meldungen betreffen 187000 Schweine, 
von denen zwischen den zwei Impfungen 204 Stück, später im 
Verlaufe eines Jahres nur 7 Stück, insgesammt also 211 = 0,1 pCt. 
verloren gingen. Im Allgemeinen sind diese Resultate, obwohl 
die Berichte nicht ganz zuverlässig sind, recht günstig 

Gehirn-Rückenmark8-Entzündung der Pferde. 

Die Seuche, welche den Namen „Bornaache Krankheit” 
um so weniger verdient, als sie schon lange im Vogtlande vor¬ 
kam, bevor sie im Bezirk Borna auftrat, gewann 181*8 eine weit 
geringere Verbreitung als in früheren Jahren, ln 20 Orten er¬ 
krankten 31 Pferde, von denen 29 verloren gingen. 

Maul- und Klauenseuche auf Schlacht-Viehhöfen. 

Ausbrüche der Seuche sind gemeldet am 18. December 
von Dresden, wo sie am 21. erlosch, ferner am 22. von Magde- 
i bürg unter Ueberständerindern, am 25. von Sachsenhausen, 

1 ( Erlöschen am 31. ), am 26. von Mülhausen i. E. unter Schweinen, 
i wo dieselbe am 29. wieder erlosch: Ausbruch und gleichzeitiges 
Erlöschen am 21. und 29. von Essen a. d. Ruhr und am 30. von 
Nürnberg (Abth. für Schweine). Ferner ist noch das Er¬ 
löschen gemeldet von Berlin am 15. unter Schafen, von Mag¬ 
deburg am 11*., am 25. und am 27. (Ueberständeschweine), von 
Nürnberg am 22. (Schweine). 

Fleischschau. 

Versuche über die Schädlichkeit des Fleisches 
tuberkulöser Thiere. 

Von van der Sluys. 

(Ztselir f. PI., u. Milrfah., Oct 1899.) 

Der Autor hat von 181*5 bis 181*7 Fütterungsversuche an¬ 
gestellt. deren Resultate bisher nicht veröffentlicht sind, über 
die jedoch Prof. Thomassen auf dem internationalen Tuber- 
kulosecongress zu Paris schon Mittheilungen gemacht hat. 
Sämmtlirhe Versuche sind mit dem Fleisch solcher Thiere 
angestellt worden, welche mit generalisirter Tuberkulose derart 
behaftet waren, dass das Fleisch in allen (’nlturländern ver¬ 
nichtet worden wäre. Erster Versuch: Drei Ferkel. Fleisch 
verfüttert mit Reismehl nach Aufweichung in Wasser. Negatives 
Resultat. Zweiter Versuch: Drei Ferkel. Sechs Wochen alt: 
i zwei davon wurden gefüttert, eins diente als Controllthier. 

| Gänzlich negatives Resultat, obwohl die beiden Schweine 
j zusammen 8—9 kg tuberkulöses Fleisch verzehrt hatten. Dritter 
Versuch: Ebenfalls drei Ferkel. Gleiches Resultat. Vierter 
Versuch: Drei Ferkel: zwei wurden gefüttert, ein Controllthier. 
Das von einem Schwein mit Tuberkulose der Lungen. Leber. 
Milz. Nieren, Pleura, Bronchial- und Gekrös-, Cervical- und 
anderer L.vmphdrüsen stammende Fleisch wurde vor der Ver- 
fütterung mit Knochensplittern vermengt. Die weitere Fütterung 
geschah mit Fleisch ähnlicher Beschaffenheit. Ein mit dem 

^ r 1 

Fleisch intraperitoneal geimpftes Meerschweinchen starb nach 
drei Monaten an Tuberkulose. Die Versuchsschweine erhielten 
, insgesammt lD/a kg. Nach fast sechs Monaten wurden die 


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12 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 1. 


Ferkel getödtet. Eins war völlig gesund, ebenso das (’ontrollthier; 
das zweite zeigte Tuberkulose der Kehlgangs-, ('ervical- und 
Bronchialdrüsen nebst Miliartuberkulose der Leber und Milz. 
Fünfter Versuch: Wieder drei Ferkel. Das Fleisch ebenfalls 
mit Knochensplittern vermischt. Das Controllthier blieb gesund, 
die beiden anderen wurden mit Tuberkulose behaftet gefunden. 

Die Versuche beweisen, dass durch den Genuss des Fleisches 
tuberkulöser Thiere Tuberkulose hervorgerufen werden kann, 
dass indessen die Gefahr ausserordentlich gering ist. Denn von 
zehn Thieren mit so grosser Empfänglichkeit konnten nur drei 
tuberkulös gemacht werden, und diese nur. nachdem das von 
hochgradig tuberkulösen Thieren stammende Fleisch auch noch 
mit Knochensplittern vermengt worden war. Denn es ist wohl 
nicht ein blosser Zufall, dass gerade von den vier in dieser 
Weise gefütterten Thieren drei erkrankt gefunden worden sind. 
Sieben von den gefütterten Schweinen blieben jedoch ganz 
gesund, trotzdem das Fleisch, welches sie so lange erhielten, 
von Thieren stammte, die durchweg mit allgemeiner Tuberkulose 


im höchsten Grade behaftet waren. Bei bloss localer Tuber¬ 
kulose wird daher von einer Infectionsgefahr überhaupt nicht 
gesprochen werden können. Im Anschluss an jene Mittheilungen 
Thomassens bekannte Prof. Stubbe-Brüssel, der sonst ein 
eifriger Verfechter der Vernichtung des Fleisches tuberkulöser 
Thiere gewesen war, dass er angesichts der in Frankreich, 
Italien und Deutschland gemachten Versuche seine Meinung 
ändern müsse. Nocard bemerkt dazu: die Mittheilungen 
Thomassens seien interessant bezüglich der Thatsache, dass 
nur unter Zuhilfenahme von Knochensplittern ein positives 
Resultat der Versuche erreicht worden sei. Knochensplitter 
öffneten durch die von ihnen erzeugten Verletzungen nicht allein 
Eintrittspforten, sondern sie seien auch besonders gefährlich 
durch die Reste von Knochenmark, in dem sich Tuberkelbacillen 
unter besonders günstigen Bedingungen ansiedeln. Jedenfalls 
haben die seit zehn Jahren unternommenen Versuche 
gezeigt, dass das Fleisch tuberkulöser Thiere an sich 
harmlos ist. 


Personalien. 

Ernennungen: Die Zuchtinspectoren Nopit sch-Traunstein, 
Roetzer-Miesbach, Greith er-Donauwörth und Attinger-Niirnberg 
zu Bezirkstbierärzten extra statum. — Districtsthierarzt Rucker- 
Iffeldorf zum Districtsthierarzt in Höchstädt. — Grenzthierarzt- 
Assistent Matzki-Eydtkuhnen zum e. Kreisthierarzt in Kempen — 
Die Wahl des Thierarztes Staubitz-Scbwabhausen zum Stadt- 
tbierarzt in Lauffen, von der Regierung des Neckarkreises bestätigt 
und zu .Schlachtliofinspectoren gewählt der Polizeithierarzt Dr. 
Dönecke-Hamburg in Schwiebus, der Sanitätsthierarzt Frensel- 
Hannover in Nienburg a. W., der Tbierarzt Kutzbach in Staven- 
hagen. 

Kreisthierarzt Giittlich-Namslau giebt seine Dienststelle und 
Privatpraxis auf. 

Wohnsitz-Veränderungen. Thierarzt Fackler von Wemding nach 
München als Assistent bei Bezirksth. Herrmann, Thierarzt Probst 
nach Rein, Bezirksamt Neuburg, Thierarzt Grottenmüller von 
München nach Baumarck (Ebern). — Thierarzt Frede-Braunschweig 
ist wieder nach Dettum, Thierarzt Geissendörfer-Windsheim bis 
auf weiteres nach Bad Kissingen verzogen. 

Approbationen: ln Berlin die Herren: Otto Ettrich, Ernst 
Starfinger und Johann Nytz. 

In der Armee: Beförderungen: Grüner, Veterinär bei der 
E(|uitationsanstalt in München zum überzähligen Stabsveterinär, 
Gersheim, Veterinär des Remontedepots Fürstenfeldbrück, unter 
Versetzung zum 3. Chev.-Regt. zum Stabsveterinär. 

Versetzungen: Stabsveterinär Dr. Knoch vom 3. Chev.-Regt. 
zum 3. Feldart.-Regt., Veterinär Dr. van Bommel vom 2. Feldart.- 
Regt. zum Remontedepot Fürstenfeldbrück. Zu Veterinären d. Res. 
wurden befördert die Unterveterinäre Schupp u. Gas teige r 
(München), Fä u s tl e - Wasserburg, S c h ä f I ei n - Aschaffenburg. 

Todesfälle: Kgl. bayer. Bezirksthierarzt Huber in Wunsiedel 
(Oberfranken). 

Yacanzen. 

Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Breslau: Namslau (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. 
Gumbinnen: Grenztbierarztassistentenstelle zu Stallupönen mit 
dem Wohnsitz in Eydtkuhnen (1600 M. und Privatpraxis). Meid, 
beim Regierungspräsidenten. — R-B. Marienwerder: Sehwetz (noch 
nicht ausgeschrieben. — R.-B. Oppeln: Grenzthierarztstelle des 
Kreises Kreuzburg vom 1. Jan. ab. Gehalt 900 M., staatl. Grenz- 
rnntrol - Remuneration 600 M. — R.-l». Trier: Kreisthierarzt¬ 


assistentenstelle (900 M.). Bew. an den Regierungspräsidenten. — 
R.-B. Schleswig - Eiderstedt, zunächst kommissarisch. Gehalt 
600 M. Viehbestand des Kreises: 2501 Pferde, 14460 Rinder, 
1976 Schweine. Bewerbungen bis zum 18. Januar 1900 an den 
Regierungspräsident in Schleswig. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Arnsberg: Lippstadt. — R.-B. Danzig: Carthaus. — R.-B. 
Posen: Gostyn. 

Sanitätsthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebeoe Stellen: 
Dessau: Schlachthofsassistenzthierarzt (1500 M., Wohnung etc.) 

— Görlitz: Schlachthofsassistenzthierarzt sofort. (1800 M. steigend 
bis 3300 M. und 300 M. Wohnungsentschädigung.) Meldungen beim 
Magistrat. — Hannover: IV. Thierarztstelle am Schlachthof. — 
Hirschberg (Schles.): Schlachthofvorsteher zum 1. März 1900 
(3000 M., Wohnung etc., keine Praxis; 1500 M. Caution.) Bewerb, 
bis 31. December an den Magistrat. — Markneukirchen: Thier¬ 
arzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau zum 1. Mai 1900. 
(2400 M., keine Praxis.) Bewerb, bis 20. Jan. an den Stadtrath. — 
Norderney: Schlachthofsinspector. (2000 M., Wohnung etc- 
Privatpraxis bedingungsweise.) Bewerb, bis 28. Dec. an den Ge¬ 
meindevorstand. — Posen; 1. Tbierarzt für den am 1. Jan. 1900 
zu eröffnenden Schlachthof, (3000 M. steigend bis 3600 M., Wohnung 
etc. Pensionsberechtigung; ljähr. Probezeit.) Ausserdem daselbst 
ein 2. Thierarzt (2400 M., Wohnung etc.) Bewerb, bis 15. Dec. er. 
an den Magistrat. — Trier: Schlachthofhilfsthierarzt zum 1. März 
1900. (1800 M.) Bewerb, bis 15. Januar an den Oberbürgermeister. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — Eckernförde: Schlacht¬ 
hofinspector. — Essen (Ruhr): 3. Schlachthoftbierarzt — Fi lehne: 
Schlacbthofinspector. — Friedrichsthal (Kr. Saarbrücken): Tbier¬ 
arzt für Fleischbeschau. — Liegnitz: Schlacbthofassistenzthierarzt. 

— Militsch: Schlacbthofinspector. — Ostrowo: Schlachthof¬ 
inspector. — Pieschen: Schlachthofinspector. — Schwetz a. W.: 
Schlachthofverwalter. — Spremberg: Schlacbthofinspector. — 
Stettin: Schlachthofthierarzt — Tempelburg: Schlachthaus¬ 
inspector. 

Privatstellen : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Augustusburg: Städt. Tbierarzt sofort (720 M. Fixum. 
Privatpraxis). Bew. bis 11. December an den Stadtrath. — Festen¬ 
berg. — Hirschberg (Saale): Thierarzt (1000 M. Fixum). Bew. 
an den Stadtgemeindevorstand. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. 

— Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau 
(Ostpr.): Thierarzt für Praxis (300 M. Zuschuss). Bewerbungen beim 

' Magistrat. 


Verantwortlich für <lon Inhalt (excl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schmal tz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. Büxenstein, Berlin. 


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Die „Berliner Thierftrstllche Wochenschrift“ erscheint 
wöohenlUch in Stärke von mindestens l>/ ( Bogen. Dieselbe 
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Berlin, tbiertrztlicbe Hochschule, NW., Lolsenstraase 66. 
Correcturen, Recensions- Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M 2. Aasgegeben am 11. Januar. 


I n h a 1 1: Wulff: Die Strahlenpilzkrankheit. — Jess: Verbesserung an Injectionscanülen. — Referate: Tröster: Eine Hohl¬ 
nadel zur Blutentnahme. — Hamoir: Tuberculöse Meningitis beim Rinde. — van der Velde: Ueber die Septicaemia puer- 
peralis. — Thierbaltung und Thierzucht. — Tagesgeschichte: Bericht über die 28. ordentliche Generalversammlung 
des thierärztlichen Provinzial-Vereins für Westfalen am 24. September 1899 im Hötel ..Rheinischer Hof“ zu Hamm i. W. — 
Das Vereinsrecht im B. G.-B. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seiichenstatistik und Veterinärpolizei. 
— Fleischschau und Viehverkehr. — Kammergerichts-Entscheidung. — Personalien. — Vacanzen. 


Die Strahlenpilzkrankheit. 

Von 

ObeProssarzt a. D. WulfT-Cottbus, 

Sch lach thofrli reo tor. 

Vortrag, gehalten in der Herbstversammlung des thierärztlichen 
Vereins für die Provinz Brandenburg. 

Seitdem ich den Vorzug habe, als Sanitätsthierarzt an einem 
Schlachthofe thätig zn sein, ist vom Anfang an aut die Acti- 
nomycose meine Aufmerksamkeit gelenkt worden, weil bei mir 
sich die Meinung gebildet hatte, dass vielfach die Strahlenpilz¬ 
krankheit mit der Tnbercnlose verwechselt und häutig vergesell¬ 
schaftet beobachtet werden kann. Mit Nachfolgendem bezwecke 
ich, Geschichtliches, Morphologisches und Anatomisches von der 
Actinomycose Ihnen mitzutheilen; sowie die ursächlichen Ver¬ 
hältnisse Ihnen unter Berücksichtigung derjenigen Fälle, die von 
mir untersucht und beobachtet worden sind, vorzuführen. 

Schon vor längerer Zeit wurden unter dem Namen Kiefer- 
sarcom, Kieferkrebs, Spina ventosa, Holzzunge, Zungentuber¬ 
eulose von Pathologen geschwnlstartige Gebilde der Kiefer, sowie 
eigentümliche Veränderungen der Weichtheile des Maules und 
Rachens an Rindern beschrieben, bei deren genauerer Unter¬ 
suchung von Davaine eigentümliche Körnchen gefunden wurden; 
ferner nach einer Mitteilung von Israel, von Langenbeck 
wurden ähnliche Körnchen im Abscesseiter von Menschen nach¬ 
gewiesen, ihre Untersuchung ergab strahliges Gefüge und öfters 
vorkommende Verkalkung, demzufolge die Körnchen von Rivolta 
für krystallinische Bildungen gehalten wurden. Rivolta und 
Perroncito haben das makroskopische Verhalten des Pilzes 
zutreffend beschrieben und auch die ursächliche Verbindung 
zwischen diesen und den Gewebserkranknngen hervorgehoben; 
aber erst Bollinger war es, der auf Grand von Untersuchungen 
an erkrankten Kiefern des Rindes 1877 die. pathogenetische 
Bedeutung des dann von Harz im Jahre 1879 als Actinomyces 
bovis bezeichnten Pilzes streng wissenschaftlich klarstellte. 

Ponfick bewies im Jahre 1879 die pathologische Identität 
der Actinomycose von Menschen und Thieren. Dnrch zahlreiche 
Untersuchnngen wurde endgiltig festgestellt, dass an gewissen 
Haustieren, namentlich am Rinde, seltener am Schweine, aus¬ 


nahmsweise auch an Pferden, Hunden, dem Elephanten, anderer¬ 
seits beim Menschen, eine bald streng localisirte, bald den 
Charakter einer Allgemeinerkrankung annehmende Infections- 
krankheit vorkommt, als deren Erreger der Actinomycespilz zu 
betrachten ist. 

Dank den Arbeiten von Israel und Bo ström ist die 
Morphologie des Pilzes eine der bestausgearbeiteten geworden 
und soviel wie abgeschlossen, doch ist seine Stellung innerhalb 
der Systematik der Pilze auch jetzt nicht definitiv festgelegt. 
Anfangs mit dem Streptothrix Försteri identificirt, wurde er 
später von Harz, dem sich eine Zeit lang Botaniker wie 
F. Cohn und De Bary anschlossen, auf Grund gewisser als 
Sporangien gedeuteter Gebilde dem Gebiete der Schimmelpilze 
zugewiesen. 

Der Pilz gedeiht bei Luftzutritt am üppigsten, er entwickelt 
sich auch bei vollständigem Sauerstoffmangel zu charakteristischen 
Culturen. 

Das Temperaturoptimum für seine Entwickelung liegt 
zwischen 33 und 37°; nach Domec werden die Pilzfäden durch 
GOgradige Wärme innerhalb fünf Minuten getödtet. Gegen Ein¬ 
trocknung sind die Culturen sehr widerstandsfällig. Selbst ein¬ 
jährige, völlig ausgetrocknete Cultaren lieferten noch lebens¬ 
fähige Sporen, die, auf einen guten Nährboden gebracht, in 
charakteristischer Weise wieder auskeimten. 

Schon der Umstand, dass die Actinomycose bei Thieren am 
häufigsten in den der Maulhöhle angrenzenden Theilen auftritt, 
spricht dafür, dass in der Aetiologie der Krankheit die in der 
Maulhöhle gelangenden Futtermittel eine Rolle spielen; der 
Gedanke liegt nahe, dass die spitzen auch stachligen Theile 
des Futters die Maulschleimhaut verletzen und durch den so 
entstandenen Substanzverlust die Pilze leicht in das submucöse 
Gewebe gelangen. Hierfür spricht noch, dass die Krankheit 
nach allgemeiner Erfahrung vorzugsweise jüngere Rinder zur 
Zeit des Zahnwechsels zu befallen pflegt, zn welcher Zeit das 
Zahnfleisch bekanntlich gelockert, leicht verwundbar erscheint 
und an dem Zahnhalse nicht so innig anhaftet wie später. Heu 
oder Stroh ist es hauptsächlich, welches eine Verletzung der 
Schleimhaut hervorzurufen vermag, und thatsächlich ist die 


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Krankheit bei den Thieren im Spätherbst und im Winter, zu 
welcher Zeit die Fütterung fast ausschliesslich mit Trockenfutter 
erfolgt, am häufigsten. Das Gerstenstroh ist es wieder, welches 
in Folge an demselben befindlicher Getreidegrannen am leichtesten 
zu Verletzungen führt, die um so hartnäckiger sind, da die 
Grannen Widerhaare besitzen, welche nach einmaligem Ein- I 
dringen ins Gewebe der Entfernung der Granne einen erheblichen 
Widerstand entgegenstellen. Interessant ist eine von Johne 
gemachte Beobachtung, der zu Folge sich häufig in den Ton- 
sillarfollikeln der Schweine Getreide- und hauptsächlich Gersten¬ 
grannen eingeklemmt fanden, welche mit Pilzcolonien, die dem 
Strahlenpilz in jeder Beziehung ähnlich und wahrscheinlich mit 
diesem identisch sind, bedeckt waren. Auf die Vermittlerrolle I 
der Gerste weisen auch jene Fälle hin, in welchen nach Ver- 
fütterung von Gerste oder Gerstenstroh eine endemische Krank¬ 
heit des Rindviehs auftrat. Bang wies nach, dass der Strahlen- j 
pilz am Getreidekorn und -Stroh sehr gut gedeiht, und zwar am 
üppigsten an der Gerste. In getrockneten Getreidegrannen kann 
derselbe erwiesenermassen ein Jahr und länger entwickelungs¬ 
fähig bleiben. In Blumentöpfen wurde die Erde mit Pilzculturen j 
inficirt und dann Bohnen, Roggen und Gerste eingesäet: die j 
Körner keimten in normaler Weise ans, die mikroskopische Unter- i 
suchung wie auch das Culturverfahren bewiesen, dass in ver- ! 
schiedenen Theilen der Pflanzen Actinomycespilze zugegen 
waren. Obwohl es noch nicht gelungen, den Strahlenpilz auf 
der im Freien gewachsenen Gerste nachzuweisen, ist mit Recht | 
anzunehmen, dass derselbe dort und zwar in den Luftcanälen | 
des Strohes vorkommt. 

Thatsächlich ist die Krankheit unter den Thieren in 
sumpfigen und feuchten Gegenden häufiger als anderwärts; 
einige Beobachtungen sprechen dafür, dass eine grössere Feuch¬ 
tigkeit des Bodens, wie auch eine an Niederschlägen reichere 
Witterung die Pilzentwickelung und Wucherung befördert. 
Endlich hat man auch in pathologischen Geschwülsten z. B. in 
der Zunge, häufig Gerstengrannen gefunden, und wenn auch 
angenommen werden kann, dass sie nachträglich in das krank¬ 
haft veränderte Gewebe gelangen konnten, so bildet dieser 
Befund eine gewichtige Stütze der obigen Annahme. 

Wenn wir nun diese gemachten Erfahrungen uns vor 
Augen halten, so können wir mit Rücksicht darauf, dass die 
Krankheit beim Menschen auf ähnliche Weise auftritt wie beim 
Rinde, mit grosser Wahrscheinlichkeit auch beim Menschen den 
gleichen Infectionsmodus vermuthen. Dieser Infectionsmodus ist 
zweifellos erwiesen. 

Boström konnte in einem Falle beobachten, dass der Pilz 
ursprünglich im Luftcanale der Granne sich befand, sich dort 
zu grösseren Massen vermehrte und erst die Grannenwand durch¬ 
brechend in die Gewebselemente der Umgebung eindrang. 

Die auf irgend eine Weise auf die Maulschleimhaut gelangte 
Granne dringt eventuell durch die Ausführungsgänge der 
Schleimdriischen oder der Tonsillenfollikel in -das Gewebe ein 
und kann, einmal eingedrungen, wegen ihrer Widerhaare nicht 
mehr nach rückwärts, sondern blos vorwärts dringen; diese 
Fortbewegung wird durch die Contraction der benachbarten 
Muskeln unterstützt, und längs des zurückgelegten Weges 
kommen unter dem Einflüsse der mit der Granne eingedrungen i 
und proliferirenden Mikroorganismen die characteristischen 
Gewebsveränderungen zu Stande. 

Im Oesophagus kann sich die auf irgend eine Weise hin- j 
gelangte Granne leicht einspiessen und durch die Contraction 


No. 2. 

der Schlundmusculatur in tiefere Schichten befördert werden. 
Es kann daher leicht geschehen, dass eine derartige Pilze 
führende Pflanzenfaser in den Darm gelangt und sich daselbst 
im Dickdarm und dort meistens in den Poschen oder im vorderen 
Ende, in der Spitze des Blinddarmes festkeilt und durch die 
Schleimhaut hindurch in die tieferen Schichten gelangt. 

Bezüglich der Infection durch die Maulhöhle wurde früher 
den cariösen Zähnen eine bedeutende Rolle zugeschrieben, gegen¬ 
wärtig ist man dieser Annahme weniger geneigt. Abgesehen 
davon, dass bei den Kiefergeschwülsten der Rinder die Zähne 
fast immer unversehrt sind, und dass der Actinomyces niemals 
Dentin oder Cement des Zahnes angreift, dass weiter die 
Bedingungen für die Ansiedelung des Strahlenpilzes in den cariösen 
Zähnen wenig günstig sind, waren auch bei den Menschen in 
einer beträchtlichen Zahl der Fälle die Zähne ganz unverletzt. 
Wo sich Actinomyces in der Nachbarschaft von cariösen Zähnen 
entwickelt, ist die Möglichkeit nicht ausser Acht zu lassen, 
dass an solchen Stellen das Zahnfleisch krank, aufgelockert uud 
leicht verletzbar ist, oder eventuell der Zahnhals und das 
Periost desselben ganz entblösst sind. Es ist in den cariösen 
Zähnen gar kein Actinomyces, sondern Leptothrixfäden gefunden 
worden. 

,,Eine eminente Bedeutung besitzt vom practischen Gesichts¬ 
punkte aus die Frage, ob die Krankheit von kranken Thieren 
auf den Menschen übertragen werden kann^ besonders in der 
Richtung hin, ob das genossene Fleisch pilzkranker Thiere bei 
der Aetiologie der menschlichen Actinomycose in Betracht kommt“. 
Bisher haben die Beobachtungen in dieser Richtung keine posi¬ 
tiven Beweise geliefert. 

Fürs Erste sind die Erkrankungen bei Thieren so auffällig, 
dass die erkrankten Körpertheile leicht als für den Genuss un¬ 
geeignet erkannt werden können; der Pilz ist gegen die höhere 
Temperatur der Fleischzubereitung wenig widerstandsfähig. 
Immerhin lässt sich denken, dass lebensfähige Pilze, die sich 
in actinomycotischen Herden befinden, beim Schlachten auf das 
sonst gesunde Fleisch gelangen, und wenn dies roh genossen 
wird, sich bei Anwesenheit von Erosionen der Mundschleimhaut 
ansiedelu. Der Verkehr mit kranken Thieren kann die Infection 
für Menschen bewirken. Die künstlichen Uebertragungsversuche 
von Thieren oder Menschen auf ein anderes Thier haben keine 
ganz einwandsfreien Resultate ergeben. Wohl hat Johne an 
einer Kuh und zwei Kälbern wirksame Ueberimpfnngen mit 
Pilzkörnern gemacht, die er kranken Thieren entnahm mit frisch 
ausgepresstem Blute verimpfte, auch Ponfick und Israel 
wollen positive Resultate erreicht haben. Man muss wohl zu¬ 
geben, dass die Einreihung der Actinomycose unter die vom 
Thiere auf Menschen übertragbaren Krankheiten eher eine her¬ 
kömmliche als auf Thatsachen gegründete ist, im Wesentlichen 
handelt es sich wohl bei Thieren als bei Menschen um eine bei 
beiden gemeinschaftlich von pilzbefallenen Pflanzen oder pflanz¬ 
lichen Theilen direct oder indirect ausgehende Infection. 

Schon im Jahre 1890 sind von der Reise des Dr. Below 
nach Cansas City eingehende Schilderungen von dieser Seuchen¬ 
gefahr für unseren Fleischmarkt gegeben, wie sie nachher 
in dem Grenzboten 1894 und später in Buchform — C. Gr an¬ 
no w, Bilder aus dem Westen •— veröffentlicht worden sind. 
Es war dargelegt worden, wie kleine drüsenförmig gruppirte, 
keulenförmige Pilzwncherungen nach schlechter Weidefüttenmg 
sich in den Zähnen und Kinnbacken der Rinder ablagern, von 
da weiter wandern und sich in Kinnbacken und Vorderfüssen 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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11. Januar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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auch wohl in Rippen und anderen Knochen festsetzen und 
Knochenauftreibungen und Verschwärungen zu Wege bringen, 
die die Fresslust herabsetzen und den Tod zur Folge haben. 
Man neigte zu der Ansicht, dass die Menschen von dem Genuss 
des Fleisches solcher Thiere, die mit Actinomycose behaftet 
waren, inficirt wurden. 

Das Studium der Uebertragbarkeit der Strahlenpilzseuche 
befindet sich noch im Anfangsstadium. Noch jetzt ist es auf 
den Fleisch-Weltmärkten des Westens eine offene Frage, ob man 
solches Vieh schlachten und das Fleisch verkaufen lassen darf 
und ob dadurch die Actinomycose unter die Menschen verbreitet 
wird. Dabei hat man bei uns nichts dagegen, dass 
amerikanisches Rindfleisch, womit alle amerikanischen 
Würste stark durchsetzt sein sollen, hier consurairt 
wird. 

Es fragt sich nun, ob es nicht zeitgemäss erscheint, die Re¬ 
gierungen gelegentlich der Berathungen und Ausfiihrungsbestim- 
raungen des Reichsfleischschaugesetzes darauf hinzuweisen, wie 
mangelhaft die Fleischbeschau in Amerika ausgeführt wird und 
dass hinsichtlich der Strahlenpilzseuche die Einfuhr von Würsten 
gänzlich zu verbieten würe. 

In der 67. Reichstagssitzung vom 17. April 1899 sagte 
Graf Klinckowström bei Berathung des Fleischschaugesetzes: 
..Die Einfuhr ausländischen Fleisches werde sehr gesteigert, es 
bedürfe also einer scharfen Controlle, um so mehr, wenn man 
bedenke, welche Art von Conserven die Amerikaner ihren eignen 
Soldaten im spanischen Kriege vorgesetzt hätten: von 100 Pro¬ 
ben 18 einwandfrei, 10 zersetzt, 3 giftig und der Rest verwest, 
verdorben! 

Ein Fleischermeister Busch, der vom Besuche seines 
Sohnes in New-York wieder nach Landsberg a. W. zurück¬ 
gekehrt ist, theilt mancherlei Interessantes mit: Das Büchsen¬ 
fleisch, hier sogenanntes „Comed beef“ kauft der Amerikaner 
überhaupt nicht, nur die Allerärmsten der Armen, und in den 
Ausläufern der Stadt kaufen es die allerniedrigsten Classen. 
„Gut genug für Deutschland“, heisst es dort. Ueberhaupt seit¬ 
dem der Scandal über die Fleischlieferungen für die Truppen 
entstanden, ist das Büchsenfleisch verpönt. Gerade zu der 
Zeit als der Meister Busch als vorurtheilsfreier Beobachter 
drüben weilte, wurde die Scheusslichkeit des Betruges enthüllt. 
Unter den Schlächtern war es längst bekannt, dass die ameri¬ 
kanischen Truppen statt eines guten Fleisches — an dem kein 
Mangel, und das bei den ausbedungenen Lieferpreisen mit Vor¬ 
theil gegeben werden konnte — die allereklichsten Abfälle aus 
den Schlachthäusern erhielten. Die Vollblutamerikaner sahen 
diesem Treiben ruhig zu und rührten nicht einen Finger, es 
waren hier wieder die Deutschen unter den Fleischern, welche 
die erste Veranlassung zur Aufdeckung des ungeheuren Schwindels 
gaben, denn ohne deren wahrheitsgemässe und sachverständige 
Angaben hätte die Heeresverwaltung nicht jene fast unglaub¬ 
liche Anklage erheben können. 

Am 23. August 1898 hat die Osnabrücker Handelskammer 
diese Angelegenheit in die Hand genommen, einer gründlichen 
Besprechung gewürdigt. Dieselbe ist überschrieben: „Die ameri¬ 
kanischen Würste, ein Kapitel von der Volksgesundheit.“ 

Weiter gelangt die Auseinandersetzung über das verdäch¬ 
tige amerikanische Rindfleisch nicht als bis zu dem unbefrie¬ 
digten Schluss: „Die Meinungen der Sachverständigen über die 
Schädlichkeit besagter Fleischsorten gehen auseinander.“ 

Sie werden aber nicht mehr auseinandergehen, sobald man 


an dem Institut für Infectionskrankheiten unserer Hochschule 
zu Berlin darauf hinweist und genanntes Institut es unternimmt, 
in dieser wichtigen Nahrungsfrage ebenso umfassend und gründlich 
vorzugehen, wie wir Deutsche in der Weltpostfrage vorgegangen 
sind. Alle Seuchenfragen erfordern dringend eine 
centralgeleitete Sammelforschung — Thierärztliche 
Hochschule. 

Ich bringe diese für die Gesundheit der Cnlturwelt drin¬ 
gende Frage vor und bitte ebenso nach oben hin den Staats¬ 
behörden darüber Kenntniss geben zu wollen, damit man auch 
ersehe, dass von veterinärärztlicher Seite die Wichtigkeit der 
Strahlenpilzseuche bereits erkannt ist. 

Nach der wissenschaftlichen Aufklärung der Actinomycose 
des Rindes durch Bollinger hielt sich eine Zeit lang noch die 
Meinung von der geschwulstartigen Natur derselben aufrecht; 
nur wurde der früher als „Sarcom“ bezeichnete Tumor ziun 
„Actinomycora“ umgetauft. Im Allgemeinen nimmt der Process 
bei den Thieren, namentlich beim Rind und Pferd, weniger bei 
Schweinen, desshalb einen mehr geschwulstartigen C'haracter an, 
weil die Gewebe dem anfänglich gesetzten Reiz sogleich mit 
kräftigen Bindegewebsgrannlationen antworten, durch reichliche 
Schwielenbildung einer- und Exostosenbildung andererseits den 
Entzündungsherd localisiren und der weiteren Propagation eine 
immer schwer zu durchbrechende Schranke entgegenthürmen; 
durch den sich stets erneuernden Reiz, den die Pilze trotz vor¬ 
geschrittener Degeneration ausüben, kommen eben endlich jene 
oft kindskopfgrossen, umschriebenen, sarcomartigen, pseudo- 
fluctuirenden Kiefergeschwülste zu Stande. 

Coppen Jones’ ist der Meinung, dass es in beiden Fällen 
—, Actinomycose und Tuberculose — in den eingedickten necro- 
biotischen Zerfallsmassen zur Ausscheidung einer colloidähnlichen 
Substanz komme, die sich hauptsächlich um die feinfadenförmigen 
Gebilde, wie elastische Fasern einer- und Pilzfäden anderseits 
ablagern. Diesen Ausführungen zu Folge wären die Keulen 
demnach nicht als specifischer Degenerationsprocess des Actino- 
mycespilzes zu deuten. 

Die actinomycotische Erkrankung erscheint bei Thieren von 
derjenigen der Menschen insofern verschieden, als sie bei Thieren 
viel mehr zur Bindegewebsneubildung anregt und meistens be¬ 
grenzte, derbe, den Granulationsgeschwülsten ähnliche Gebilde 
zu Stande bringt — Actinomycome —, in denen mehr weniger 
zahlreiche Erweichungsherde mit nur wenig klebrig-fadenziehen- 
dem gelblichen Inhalt und mit untermischten schwefelgelben Pilz¬ 
körnern anzutreffen sind. Dieser Hergang ist am ausgeprägtesten 
bei dem Rinde, weniger bei den Pferden, bei denen am häufigsten 
nach Castration in dem Stumpfe des Samenstranges die Krank¬ 
heit zum Vorschein kommt und dann durch den Leistenkanal 
in die Bauchhöhle vordringt. Bei Schweinen sitzt die Actino¬ 
mycose am häufigsten an dem Euter und führt öfter zum Gewebs¬ 
zerfall als bei anderen Thieren. 

Wenn die primäre Eingangspforte nicht mehr zu erkennen 
ist, was bei länger bestandenen Processen überaus häufig vor¬ 
kommt, so geben uns zu deren Eruirung öfters vorfindlich ver¬ 
narbte Spuren werthvolle Behelfe; diejenigen Veränderungen 
können zweifellos als die ältesten betrachtet werden, in welchen 
die Bindegewebsneubildung am meisten überwiegt, während sich 
die jüngsten Herde durch das Vorwiegen der destructiven Vor¬ 
gänge kennzeichnen. Auf diese Weise und unter Berück¬ 
sichtigung gewisser Erfahrungsthatsachen lässt sich in mehreren 
Fällen das scheinbar verwickelte Nebeneinander am Sections- 


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16 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 2. 


Objekt in ein einfaches Nacheinander auflösen und auf eine 
einzige primäre Infection zurückleiten. 

In die 1. Gruppe: Infection durch die Maul- und 
Rachenhöhle, gehören alle Fälle von Erkrankungen der Kiefer, 
der Submaxillar- und Backengegend, der Localisation am Halse, 
der retropharyngealen Lymphdrüsen, sowie der Zungenactino- 
mvcose. Weit häutiger ist die secundäre Betheiligung des 
Knochens oder vielmehr des Periostes, während sich der primäre 
Herd in den Weichtheilen entwickelt. Die anfangs äusserlich 
von einer ausgedehnten Periostitis nicht zu unterscheidende 
Geschwulst senkt sich, entweder in die tiefste Stelle der Maul¬ 
höhle durchsetzend oder auswärts auf die Weichtheile der Backe 
übergreifend, nach aussen, so dass alsbald am Kiefer eine aus¬ 
gedehnte, bald geschwulstartig prominirende, bald diffus in die 
normale Haut übergehende Anschwellung eintritt. Nach längerem 
Bestehen tritt in den unter der Haut liegenden Partien Absce- 
dirung ein: öfter erfolgt die Verflüssigung beinahe gleichzeitig 
in mehreren nebeneinander gelegenen Herden, die erweichten 
Partien confluiren sodann mit einander. 

In diesen confluirenden Herden finden sich inmitten spär¬ 
licher, dicklich rahmartiger Flüssigkeit zahlreiche Pilzrasen und 
Actinomyceskörner, sowie als eigentliches Corpus delicti die mit 
dem Entziindungsprocesse abwärts gewanderte Getreidegranne. 
Die actinomycotiscben Erkrankungen der Zunge kommen nur 
primär zu Stande, sie haben lediglich localen, geschwulstartigen 
Charakter. Die Herde variiren in der Grösse und befinden sich 
an der Spitze, dem vorderen Theil der Zunge. 

2. Infection von Seiten des Respirationstractes 
(Lungenactinomvcose). Als secundäre Erkrankung schliesst 
sich diese Form einerseits an jene Fälle an, in welchen der 
Process, als praevertebraler beginnend, später auf die Brust- 
wandungen und nach erfolgten pleuralen Verwachsungen auf 
das Lungenparenchym Übergriff; andererseits an jene, im Ver¬ 
laufe derer ein retroperitonealer oder an der Leberconvexität 
gelegener actinomycotiseher Herd Verwachsungen mit dem Dia¬ 
phragma und der Lungenpleura eingeht und durch diese hin¬ 
durch in die hintere Lungenpartie perforirt. 

Eine Sonderstellung nehmen auch die ziemlich häufigen 
Lungenherde ein, die entweder in miliaren Knötchen durch die 
ganze Lunge verstreut oder in grösseren, keilförmig gestalteten 
Herden subpleural gelegen sein können. Ihre Beschaffenheit 
und (»rosse hängt von der Zeit ihrer Entstehung ab. Als 
eigentliche primäre actinomycotisclie Erkrankungen der Lunge 
sind bloss diejenigen anzusprechen, in denen eine Infection von 
Seiten des Bronchialbaumes stattgefunden hat und die demnach 
nach Analogie der Aspirationstuberculose als wahrscheinlich durch 
Einathmen pilzhaltigen Staubes hervorgerufene Aspirations- 
actinomycose zu deuten sind. 

Die primäre Lnngenactinomycose entwickelt sich im Gegen¬ 
satz zu den tuberculösen Erkrankungen in der Mehrzahl der 
Fälle in den hinteren Partien, die sodann in diesem Stadium 
ganz oder theilweise luftleer, massiv und unelastisch erscheinen 
und auf dem Durchschnitte das Bild der grauen Hepatisation 
darbieten, lieber das Niveau der röthlich-grauen Schnittfläche 
erheben sich zerstreute, kleine, mit der Messerspitze leicht aus¬ 
hebbare Körner von röthlich-weisser Farbe, aus welchen sich 
ein aus Gewebsdetritus und Pilzdrusen bestehender eiterähnlicher 
Pfropf auspressen lässt. Hat sich jedoch der Process bis zum 
lockeren, subpleuralen Bindegewebe durchgearbeitet, so kommt 
es dort zu rascher Ausbildung ausgedehnter flächenhafter Granu- 


| lationen, die zu Abscessen einschmelzen; die Abscesse können 
hinter dem Ansätze des Diaphragma rückwärts in das retro- 
peritoneale und das Beckenbindegewebe w'andern und über dem 
1 Poupart’schen Bande wie ein Psoasabscess an die Oberfläche 
treten. Hierbei werden Wirbelkörper arrodirt, die oberflächlichen 
Knochenlagen aufgelöst. Die Rippenwirbelgelenke werden gelockert 
und theilweise zerstört, in einzelnen Fällen greift der Destructions- 
process durch das Zwerchfell hindurch auf die Organe der Bauch¬ 
höhle über, wobei es zur Bildung hepatischer und perine- 
phritischer Abscesse kommt. 

Unlängst bekam ich solch sogenannten Psoasabscess beim 
Rinde zu sehen, hier war das Schambein und Sitzbein arrodirt; 
ähnliche Processe sind im Brustbein beobachtet worden. 

3. Infection von Seiten des Magendarmcanals. Viel 
seltener als von den Anfangstheilen des Ernährungsschlauches, 

1 der Maulhöhle und dem Schlundkopfe, nimmt die Invasion von 
den hinteren Partien des Verdauungscanales ihren Ausgang; 
doch haben sich, seitdem diese bald als abdominale, bald als 
| intestinale Actinomycosen gekennzeichneten Krankheitsformen 
! allgemeiner bekannt geworden, die Anzahl der Fälle vermehrt. 

Schon Jensen hat mehrere Fälle in der Literatur angegeben, 
I die nach dieser Richtung hin gedeutet werden konnten; z. B. 
die Leberactinomycose ist erst in den letzten Jahren mehr be¬ 
kannt geworden: man hat wohl früher die Identität ob ihrer 
j Aehnlichkeit mit tuberculösen Herden, sowie auch mit einfachen 
Abscessen übersehen. Diese Affection scheint nicht so selten zu 
sein, w r ie die Mittheilung von Rasmussen bekundet, welcher 
; in den Kopenhagener Schlachthäusern in einem Jahre 22 Fälle 
j in die Hand bekam. Im Jahre 1898 habe ich bei 39 Rindern 
1 und H Schweinen die Actinomycose festgestellt und ich bin 
auch der Ansicht, dass wir mit viel mehr actinomycotiscben 
Erkrankungen zu thun haben, als bisher bekannt geworden. 

Nach einem Bericht des landwirtschaftlichen Sachver¬ 
ständigen in Washington, Frh. von Hermann, an den Reichs- 
; kanzler tritt die Actinomycose beim Rindvieh in den Vereinigten 
! Staaten von Nordamerika sehr häufig auf. In dem einen Jahre 
1. November 1896/97 wurden allein in zwei grossen Schlacht- 
höfen Chicagos als der Actinomycose verdächtig untersucht 

7974 Stück 


davon wieder freigelassen. 5695 

zu nochmaliger Untersuchung nach dem 

Schlachten gebracht. 2279 

hiervon nach der zweiten Untersuchung 

freigegeben ..1229 

und als ungeniessbar verworfen . . . 1050 


Frh. von Hermann erinnert sich nicht, irgend einen 
Schlachtviehhof besucht zu haben, ohne actinomycotisclie Rinder 
j zu sehen, und zwar handle es sich um die Strahlenpilzkrankheit 
der Kieferknochen. Im November desselben Jahres ist in 
I Chicago einer der zur Untersuchung des Viehs angestellten Be¬ 
amten nach viermonatiger Krankheit an Actinomycose gestorben, 
j wahrscheinlich in Folge einer Ansteckung durch krankes Vieh, 
j ein Fall, der im Hinblick auf die Einfuhr von amerikanischem 
Vieh oder Fleisch in Deutschland Beachtung verdient. 

Da vom Oesophagus bis zum Rectum, jeder Punkt des 
j Verdauungscanales zur Invasionspforte werden kann, so 
sind auch die jeweils gesetzten anatomischen Veränderungen 
I je nach der Ausgangsstelle, doch auch nach Art und Weise des 
Verlaufs die verschiedensten. 

Für die primäre actinomycotisclie Affection desDarmes lassen 


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11. Januar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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verschiedene Begebenheiten es plausibel erscheinen, dass das j 
Rind, Pferd, vielleicht auch das Schaf durch Verzehren der , 
trockenen mit Actinomycesfäden besetzten Getreidegrannen sich 
die Darraactinomycose erwerben. I 

Ist der Sitz der actinomycotischen Primäraffection die 
Schleimhaut des Darmcanales, so kann es schon w’ährend der i 
langsamen Verschwärung der snbinucösen Herde zur Reizung 
des peritonealen Ueberzuges und zur bindegewebigen Verlöthung 
mit der Bauchwand, dem Darm- auch Schambeine, den um¬ 
gebenden Darmschlingen oder einzelnen Beckenorganen kommen: 
der Process wird daher beim Weitergreifen in die Tiefe in 
diesen Verwachsungen theils zu Drestructionen, theils zu aus¬ 
gedehnten Schwielenbildungen fuhren. Herrschen letztere vor, 
so findet sich entweder ein mit einer dicken sclerotischen Binde- 
gewebskapsel umgebener Destructionsherd, welcher das perforirte 
Darmstück mit der Bauchwand oder mit einer benachbarten 
Darmschlinge verlöthet, oder es finden sich diffuse Schwielen¬ 
bildungen vor, welche Darmschlingen einmauern, die Becken- 
musculatur substituiren, Uterus und Blase unbeweglich machen. 
Sie sind von untereinander communicirendeu erbsen- bis hasel¬ 
nussgrossen Abscessen dicht durchsetzt: letztere können unter 
Fistelbildung in andere Theile des Darmcanals durchbrechen, ! 
vielleicht auch an dieser Stelle narbig zuheilen, so dass eine 
Verwechslung mit der primären Infectionspforte leicht möglich 
erscheint. Mischinfectionen kommen vor, in welchen die Eiter¬ 
erreger in dem Grade verwiegen, dass viele metastatische 
Herde in den Nachbargebieten bloss Staphylo- und Strepto¬ 
coccen, aber keine Strahlenpilze führen. Zahlreich scheinen 
die Metastasen im Gebiete der Vena portae; namentlich die Leber 
ist schon früh von solchen durchsetzt, welche alle Stadien der 
Entwickelung vom gelatinösen Knoten bis zur faustgrossen, 
fetzigen Eiterhöhle zeigen und in letzterer Form Durchbruch 
in die freie Bauchhöhle mit eitriger Peritonitis oder in die Venae 
hepaticae erzeugen können. 

Bei vorwiegender Beteiligung der Eitererreger zeigen die 
Herde in Form und Inhalt mehr den Character gewöhnlicher 
Leberabscesse. Aehnliche Metastasen sollen auch in der Milz 
Vorkommen, sind jedoch von mir im Schlachthofe noch nicht 
beobachtet worden. Auch amyloide Degenerationen in Leber, 
Nieren und Milz sollen nach hervorragenden Anatomen nach 
längerer Krankheitsdauer häufig Vorkommen. 

4. Infection von Seiten der Haut. 

Aus den bisher geschilderten Krankheitsbildern geht hervor, 
dass der letzte Akt der Actinomycose, von wo immer sie auch 
ihren Ausgang genommen haben mag, im Unterhautzellgewebe 
sich abspielt; haben sich nun die Krankheitserscheinungen an 
dem Orte der primären Läsion bereits zurückgebildet, so liegt 
nichts näher, als die Localisation in der Haut als das hervor¬ 
stechendste, vielleicht alleinige Symptom der Erkrankung in den 
Vordergrund zu rücken. Ist für die Hautactinomvcose, deren 
verschiedene Formen sich selbstredend combiniren und vielfach 
in einander übergehen können, die flächenhafte Verbreitung die 
vorherrschende, so können doch Granulationszüge und Fistel¬ 
gänge, Fascien und Muskeln siebförmig durchsetzend, in die 
Tiefe ziehen und selbst an tiefer gelegenen Knochen ober¬ 
flächliche Caries einer- und Osteophytenbildung andererseits 
anregen. 

Die primären Actinomycome finden sich nicht selten bei 
Rindern und Schweinen am Hodensack, in der Flanke, an der 
Bauchwand, der Euterhaut, an den Schenkeln, speciell auch an 


den Narben der Castrationswunde; von Jensen und Ras- 
mussen wurden Actinomycome an der Unterarmgegend, am 
Rücken, au der Carpalgegend — als Knieschwämme — be¬ 
obachtet. Bei multipler Anordnung kann ein mehrfaches, gleich¬ 
zeitiges oder schubweise erfolgtes Eindringen der Pilze an¬ 
genommen werden, oder sie ist als regionäre Infection, als 
Bildung von Tochterknoten um einen älteren Herd anzusprechen. 
So wurde von Rabe eine ganze Reihe (11 Stück) von haselnuss- 
bis pflaumengrossen Geschwülsten unter der Haut resp. unter der 
Fascie des Gesichtshautmuskels liegend (bei der Kuh) gesehen, 
welche Tumoren zum Theil durch strangartige Anschwellungen 
der Lymphgefässe mit einander verbunden waren und offenbar 
Ansgang genommen hatten von einem hühnereigrossen Actino- 
mycom am Rande des Nasenloches; und auch der letztere war 
von einer Menge kleiner und kleinster Tochterknötchen um¬ 
geben. Die Haut in nächster Umgebung erscheint bedeutend 
sclerosirt, als eine weisse, dicke, schwer schneidbare Schwarte, 
nnverschieblich, an der Grenze zum Tumor glatt abgerundet, einen 
Wall bildend. Die Faserzüge der Geschwulst verlieren sich in 
der Uutis und Subcutis. Der vorragende Knoten hat theils 
rothes bezw. graurothes sarcomartiges Ansehen und ist gewöhnlich 
mit braunen und röthlichen Knoten besetzt, mit puriformem 
Secret beklebt, oder der kahlaussehende Knoten ist grauweiss 
und trocken, nur partiell krustentragend. 

Das Characteristische der Schnittfläche liegt in dem Vor¬ 
handensein zahlreicher Stecknadelkopf- bis erbsengrosser Ein¬ 
lagerungen, Knötchen oder Flecken, die isolirt, disseminirt, zu 
Gruppen vereint, als trübe, gelbliche, gelbgraue, grauröthliclie 
Herde wahrnehmbar, eine fast breiige Weichheit besitzen und 
die Actinomyceshäufchen als sandkornartige Knötchen von 
schwefelgelbem Ansehen führen. 


Verbesserung an InjectionscanUlen. 

Von 

Dr. Jess-Cbarl Ottenburg. 

Bei der Vornahme von subcutarien. besonders aber bei intra¬ 
venösen Jnjectionen ist es von wesentlichem Vortheil, dass die 
Caniile der Pravazspritze die Haut leicht durchdringt. Je ge¬ 
ringer die anzuwendende Anstrengung für den Operateur ist, 
um so geringer wird für das betr. Thier auch die Schmerz- 
empflndung sein, ganz abgesehen davon, dass es auf den Besitzer 
einen schlechten Eindruck machen muss, wenn die Vornahme 
einer Injection nicht mit einer gewissen eleganten Leichtigkeit 
sich vollzieht. Bei der jetzt allgemein üblichen Diecker- 
hoff’schen Chlorbaryumbehandlung der Kolik hat der 
Thierarzt noch ein besonderes Interesse daran, dass die Caniile 
leicht und vor allen Dingen schmerzlos durch die Haut dringt. 
Bei der fractionirten Application von 0,25 Chlorbaryum wird 
in vielen Fällen die Canüle 4 und mehr Male in die Vene ge¬ 
führt werden müssen. Bei dieser Manipulation stellt das Durch¬ 
dringen der Haut den schmerzhaften Vorgang dar. Es wird in 
zahlreichen Fällen beobachtet, dass empfindliche Pferde sich der 
3. und 4. Jnjection in der Art widersetzen, dass sie die Hals¬ 
muskeln contrahiren und so das Auffinden der Vena jugnlaris 
dadurch erschweren, dass man dieselbe durch Compression nicht 
mehr demonstriren kann. Ich habe "[auch bei empfindlichen 
Pferden, selbst bei energischer Anwendung der Bremse, beob¬ 
achtet, dass der Hautstich diese Muskelcontractur, gleichsam 
reflectorisch, auslöst. 


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18 


BERLINER THlERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2. 


Die Firma Hanptner bat nun seit einiger Zeit eine Canüle 
gefertigt, welche zu jeder Pravazspritze passend ist und von 
den bisher gebräuchlichen dadurch abweicht, dass sie eine breite 
Spitze hat, welche wie eine Aderlasslanzette en miniature, also 
zweischneidig, die Haut durchtrennt. Tröster hat in der Zeit¬ 
schrift für Veterinärkunde auf die Vortheile der Canülen 

bereits hingewiesen (siehe 
das folgende Referat). Ich 
habe mich nun einer fei¬ 
neren Canüle bedient, wie 
ich solche zur Chlorbaryuminjection verwende und habe das lästige 
Widersetzen der Pferde gegen den häufigen Einstich nicht wieder 
beobachtet. Die Vortheile dieser Hauptner’schen Canüle mit 
breiter Lanzette sind: Schmerzloser Einstich, leichte Handhabung, 
des8halb Abbrechen der Canülen vermieden. Da diese neue 
Canüle ohne Preisabschlag geliefert wird, dürfte sie bald bei 
den Practikern Eingang finden. 


m 


Referate* 

Eine Hohlnadel znr Blutentnahme. 

Von Oberrossarzt Tröster. 

(Ztschr. f. Vet Mai 1899.) 

Die von den Instrumentenmachern gelieferte Hohlnadel von 
5 mm Durchmesser lässt sich nach Trösters Erfahrungen sehr 
leicht bis zu einem gewissen Punkt einführen; dann aber wird 
es schwieriger. Es liegt dies an der Form der Nadel, welche 
in ihrer Spitze eine einfache Vergrösserung der zu subcutanen 
Injectionen benutzten Nadeln darstellt. Was aber bei diesen 
dünnen Nadeln ganz richtig, das ist bei den grossen Hohlnadeln 
zur Blutentnahme verkehrt. Hier bietet der der Spitze ent¬ 
gegengesetzte untere Rand der schrägen Oeffnung ein Hinder¬ 
niss beim Durchtreiben durch die Haut. Diese Nachtheile 
werden durch zwei andere Formen vermieden. Erstens kann 
man zur Herstellung der Ausflussöffnuug den Hohlcylinder, 
welchen die Nadel bildet, bis genau zur Diagonalebene ab¬ 
schleifen, d. h. so, dass die Ausflnssöffnung eine Ebene und 
nicht eine gekrümmte Durchschnittsfläche hat, ihre Ränder also, 
von der Seite betrachtet, als gerade Linien erscheinen. Dabei 
müssen Spitze und Ränder von der convexen Fläche aus scharf 
geschliffen werden. Am leichtesten schliesslich würde eine 
Spitze eindringen, welche sich löffelartig verbreitert, sodass der 
beim Einstechen erzeugte Schlitz sich ohne Druck beim Ein¬ 
dringen des ('ylinders der Nadel zu einem Kreise erweitert. 
Die Firma Hanptner fertigt Nadeln von diesen spitzen 
Formen an. 

Tnbercnlöse Meningitis beim Rinde. 


auch permanenten Strabismus, Bewegungsstörungen, der Gang 
ist unsicher, die Bewegung geschieht im Kreise, bisweilen sieht 
man einige Zuckuugsanfälle. Bewusstsein, Gesicht und Gehör 
sind abgestumpft, bisweilen vollständig verschwunden. 

Trotz der Intensität der nervösen Erscheinungen ist der 
Allgemeinzustand wenig verändert, die Temperatur fast normal, 
eher unter der normalen, die Hauptfunctinnen sind ungestört. 

H. glaubt, dass die nervösen Symptome ein genügendes 
Bild darstellen, um die Diagnose aufstellen zu können. Bei 
der spinalen Form ist der Anfang plötzlich, die weitere Entwickelung 
progressiv. Zuerst wird nur eine leichte Störung im Gang 
bemerkt, später kommt Incoordination der Bewegung, die Hinter¬ 
hand wird schwankend, das Aufstehen schwer und bald ist die 
Paralyse vollständig. Gegen Ende verändert sich auch das 
Allgemeinbefinden sehr. 

Die Diagnose ist weniger leicht als bei der encephalitischen 
Form, sie beruht auf dem Fehlen traumatischer Ursachen, auf 
dem progressiven Character der Störungen, auf gleichzeitig auf- 
tretendeu Erscheinungen visceraler oder Lymphdrüsen-Tuberculose 
und endlich auf der Tuberculinprobe. 

Die in beiden Können ähnlichen Laesionen sind mit den¬ 
jenigen der tuberculösen Meningitis der Rinder identisch. Sie 
finden sich beinahe ausschliesslich auf der Pia-Mater und auf 
der Arachnoidea, die verdickt, ecchymotisch und granulös sind 
und eigenthiimlich glänzend erscheinen, dabei von einem fi¬ 
brinösen Exudat bedeckt sind, das die subarachnoidealen 
Zwischenräume ausfüllt und mit der Pia-Mater Adhaesionen 
bildet. Frische, selten verkäste, isolirte oder confluirende 
Tubercel haben ihren Sitz auf dem Verlaufe der Arterien, die 
knotig erscheinen. 

Bei der encephalitischen Form finden sich die Yeränderringen 
besonders an der Basis des Kleinhirns und an den unteren und 
lateralen Theilen des Isthmus vor. 

Bei spinaler Erkrankung sind die Laesionen besonders in 
der Höhe der Rücken-Lendenanschwellung zu finden, doch sind 
sie oft in der ganzen Ausdehnung des Rückenmarkes zu sehen. 
Oft findet man bei demselben Patienten encephalitische und 
rachidiale Laesionen. 

Diese Laesionen sind aber immer secnndär ; Meningealtuber- 
culose findet sich nur bei Thieren, die schon lange visceral 
oder lymphoglandulär erkrankt sind; sie sind immer recent, 
denn die functioneilen Störungen treten sehr rasch nach der 
Infection auf, infolge der Thrombose der Arteriolen der Pia- 
Mater wodurch Ischaemia, Oedem und Haemorrhagien in den 
versorgten Nervengebieten auftreten. 

Ueber die Septicaemia puerperalis. 

Von van der Velde. 


Von Hamoir, 

in Annalen de m6d. v*t April 1899. 

Die tnbercnlöse Meningitis wird, obwohl wenig darüber ge¬ 
schrieben wird, in der Praxis ziemlich häufig beobachtet. H. 
hatte Gelegenheit, mehrere Fälle zu beobachten, die ihm erlauben, 
eine ausführliche Beschreibung dieses Leidens zu liefern. 

Die Tuberculose der Meningen kann beim Rinde encephalitisch 
oder spinal sein. Bei der encephalitischen Form treten die 
Anfangserscheinungen manchmal langsam, mitunter plötzlich auf, 
und verursachen rasch den als Meningitismus bezeichneten 
Zustand. Der Habitus der Kranken fällt auf, sie sind unbeweg¬ 
lich, der Kopf wird gestreckt oder nach der Seite verbogen. 
Man bemerkt Schläfrigkeit, Ptosis, vorübergehenden, mitunter 


(Fröhner-Kitt's Mtili. Bd. 11, H. 8.) 

Der Verfasser, Assistent am pathologischen Institut der 
Universität zu Löwen, hat seine Untersuchungen angestellt zum 
Zwecke der Lösung einer von der Veterinärcommission der Kgl. 
Akademie für Medicin in Belgien ausgeschriebenen Preisaufgabe. 
Er hat das Wesen, die klinischen Symptome und die Besonder¬ 
heiten im Verlaufe der Krankheit registrirt, die Lochien unter 
allen Cautelen untersucht, Sectionen gemacht und Culturen an¬ 
gelegt. Seine Untersuchungen erstreckten sich auf 14 Fälle. 
Nicht recht verständlich ist es — wenigstens nach der hier 
üblichen Nomenclatur —, wenn die Septicaemia puerperalis gleich¬ 
zeitig Gebärparese genannt wird. Der Verfasser sagt, dass er 
bei seinen Untersuchungen meist der paralytischen Form be- 


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11. Jnnuar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


19 


gegnet sei. Hierunter kann Verfasser wohl nicht das verstanden 
haben, was in Deutschland Gebärparese heisst. Denn andern¬ 
falls könnte er doch nicht behaupten, wie er das thut, dass alle 
Autoren über den infectiösen Charakter des Leidens einig seien. 
Bezüglich der Gebärparese ist man im Gegentheil doch jetzt 
wohl allgemein darüber einig, dass es sich um keine Infection, 
sondern um eine toxische Krankheit handelt. Man kann also 
nur annehmen, dass das eigentliche Kalbeüeber, die Septicaemia 
puerperalis, Gegenstand der Untersuchung gewesen ist. 

Verfasser fand bei seinen Untersuchungen Streptococcen 
und Colibacterien. Man muss auch bei Kühen, wie bei Frauen, 
einfache Infectionen und Mischinfectionen durch die oben ge¬ 
nannten Organismen unterscheiden. Die einfachen Infectionen 
scheinen meist durch Streptococcen bedingt zu sein, die auch 
bei den Mischinfectionen die wichtigste Stelle einnehmen. Der 
Sitz der Infection ist in der Gebärmutter zu suchen. Verfasser 
fasst das Leiden als eine Intoxication, durch die von den Mikroben 
producirten Gifte auf, welch letztere zunächst in der Gebärmutter 
verbleiben, aber auch ins Blut gelangen können. Besondere 
Eigenthümlichkeiten haben die beim Kalbefieber gefundenen Strepto- 
und Staphylococcen nicht. Unter den Streptococcen giebt es 
noch Varietäten, die sich sowohl in der Form als in ihrem Ver¬ 
halten bei Culturversnchen und gegenüber dem Antistreptococcen- 
Serum zeigen. Für Kaninchen erwiesen sich die Streptococcen 
nicht als virulent. 


Thierhaltung und Thierzucht. 

Eilt- und Ausfuhr von Thieren und thierischen Producten in Ungarn 1898. ; 

(Nach dem Jahronborieht über da» VeterinKnvcaen ftlr 1R!>8 von Dr. Hutyra.) 

Einfuhr: Ochsen und Stiere rund 59 000, darunter 56 700 
Schlachtochsen. Die letzteren kamen fast alle, nämlich 55 800, aus 
Serbien. 2000 Zugochsen schickte Oesterreich und ebenso 560 
Zuchtstiere. Die Einfuhr von Zuchtkühen aus Oesterreich und 
Bosnien betrug 955 Stück, die von Schlachtkühen, fast alle aus 
Serbien, 9140. Ebenso wurden aus Serbien 1344 Büffel ein¬ 
geführt. Jungvieh und Kälber, zusammen 1653, kamen aus 
Oesterreich. Schafe und Ziegen 21 269 Stück, davon 15 800 aus 
Serbien. 4500 Lämmer aus Oesterreich. Schweine wurden 
77 000 eingeführt, darunter 76 600 aus .Serbien. Diese grosse 
Einfuhr serbischer Schlachttlriere ist wohl nicht für den in¬ 
ländischen Verbrauch, sondern grösstentheils zur Durchfuhr 
bestimmt. Die Einfuhr von Rennpferden betrag 873, von 
Zuchtpferden 168, von Luxuspferden 638, von Fohlen 249. 

Ansführ: Ochsen und Stiere 205 700. Davon gingen nach 
Oesterreich rund 175 000, nach Deutschland 20865. Zucht- 
und Schlachtkühe zusammen 24 500, davon 21 nach Oesterreich, 
2968 nach Deutschland. 6000 Büffel gingen fast ganz nach 
Oesterreich. Jungvieh und Kälber wurden zusammen 18 600 
Stück ausgeführt, davon 13 800 Stück nach Oesterreich, 273 
nach Deutschland und 1800 nach Rumänien. Von 147 000 
Schafen gingen 120 700 nach Oesterreich, 2230 nach Frank¬ 
reich, 23 600 nach Rumänien. Die Ausfuhr von Mastschweinen 
betrag 228 700 Stück, welche mit wenigen Ausnahmen nur von 
Oesterreich aufgenommen wurden. Deutschland erhielt nur 196. 
Dazu kommen noch rund 8000 andere Schweine. An Pferden 
ausgeführt rund 34 000 Stück. Darunter 31 278 Kutsch- und 
Reitpferde, 1181 Rennpferde, 232 Zuchthengste und Zuchtstuten 
und 1300 Fohlen. Von den Gebrauchspferden kamen über 


' 15 000 Pferde nach Oesterreich, nur 1500 nach Deutschland und 
; 6000 nach Italien, fast 4000 nach Rumänien und 1400 nach 
Frankreich. Ausserdem wurden über 2000 Pferde zu Schlacht¬ 
zwecken nach Oesterreich ausgeführt. 

Die Einfuhr von thierischen Producten bestand namentlich 
in Rolihäuten, Fleisch, Fett, Käse, Haaren und Wolle. Die 
Fleischeinfuhr betrag l‘/ 2 Millionen kg, Fett 11000 kg, Käse 
rund 99 000 kg, Wolle 890 000 kg. Die Ausfuhr in Producten 
ist im Allgemeinen gering: Fleisch, Fett und Käse so gut wie 
nichts, Butter 5000 kg, Wolle 68 000 kg; dagegen fast 1 Million kg 
Rindshäute, welchen nur eine Einfuhr von nicht 60 000 kg 
gegenüberstehen. 


Tagesgeschichte. 

Bericht Aber die 28. ordentliche Generalversammlung 
des thierärztlichen Provinzial-Vereins für Westphalen 

am 24. September 1899 im Hotel „Rheinischer Hof* 
zu Hamm i. W. 

Die Versammlung wurde von 33 Mitgliedern besucht, und 
zwar waren, wie die Präsenzliste ergab, anwesend die Collegen: 

Johow-Minden, Hinrichsen-Münster, Blome-Arnsberg. 
Albert - Iserlohn, Goldstein - Hohenlimburg, L fick-Hamm, 
Wulfhorst-Gütersloh, Baldewein-Bielefeld, Flindt-Wieden- 
brück, Volmer-Hattingen, Becker - Warburg, Schrader- 
Haram, Sepmeyer-Fürstenberg, Wilkens-Warendorf, Langen¬ 
kamp-Recklinghausen, Herdering-Paderborn, Kuhr-Herford, 
Ewald-Soest, Kredewahn-Bochum, Türks-Hagen, Grebe- 
Altena, Linde-Bielefeld, Dis seih of-Peckelsheim, Nie mer- 
Belecke, Voss-Gladbeck, Altfeld-Boclmm, Meinikmann- 
Bocholt, Stncke-Gel8enkirchen, Krieter-Dorsten, Feldhues- 
Herten, Kleine-Niedermarsberg, Böniug-Hagen und Boegel- 
Lengerich. 

Der stellvertretende Vorsitzende des Vereins, Herr 
Departementsthierarzt Johow-Minden eröffnete die Versammlung 
um 11^ Uhr Vormittags. Es wurde zunächst das Protocoll 
der letzten Versammlung verlesen und in seiner Fassung 
genehmigt. Im Anschluss hieran gedachte der Vorsitzende des 
verstorbenen Ehren-Mitgliedes des Vereins, Herrn Dep.-Th. 
Woestendieck. Zum ehrenden Andenken desselben erhoben 
sich die Anwesenden von ihren Sitzen. Da der Todes- und Be¬ 
gräbnisstag für eine Ehrung zu spät bekannt geworden war, 
wurde beschlossen, dass nachträglich am Grabe des Herrn 
Woestendieck am Jahrestage seines Todes durch die Collegen 
Altfeld und Kredewahn zu Bochum ein Kranz im Namen des 
Vereins niedergelegt werde solle. 

Zum 2. Punkte der Tagesordnung: „Eingänge“ 
wurden verschiedene Schreiben verlesen, darunter auch ein 
Schreiben des Herrn Adolf Bestgen aus Cassel, welcher als 
Generalagent der schweizerischen Unfallversicherangs-Actien- 
gesellschaft in Winterthur sich zu Abschlüssen mit dem Verein 
erbot; doch wurde eine Betheiligung abgelehnt. Mehr Interesse 
dagegen fand die Angelegenheit des Unterstützungsvereins für 
Thierärzte, dessen Vorsitzender, Herr Departementsthierarzt 
Preusse-Danzig, dem Verein eine Liste hatte zugehen lassen. 
Nach kurzer Besprechung der Beitrittsbedingungen erklärten 
sich verschiedene Mitglieder durch Namensunterschrift bereit, 
dem Unterstützungsverein beizutreten; die Liste ist inzwischen 
an Herrn Preusse zurückgeschickt worden. Es folgte: 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2. 


20 

3. Die Rechnung*läge, aus welcher hervorging, dass 
die Kassenverhältnisse des Vereins ziemlich günstig sind, da 
die Kasse trotz verschiedener grösserer Ausgaben einen ziem¬ 
lichen Raarbestand und noch verschiedene Ausstände hat. Dem 
bisherigen Rendanten, Herrn Collegen Ostermann - Herford, 
welcher persönlich nicht zugegen war. aber durch Herrn Kuhr- 
Herford seine Bücher und Rechnungslage überreichen liess. 
wurde nach vorgenommener Prüfung Decharge ertheilt. Sodann 
fand : 

4. Die Aufnahme neuer Mitglieder statt. Es wurden, 
ihrem Anträge entsprechend, sieben Mitglieder in den Verein 
aufgenommen, und zwar Herr Departementsthierarzt Hinrichsen, 
welcher erst im Laufe des Jahres in den Bezirk Münster ver¬ 
setzt worden ist, und fenier die sechs jüngeren Collegen 
Disselhof, Krieter, Feldhues, Linde. Niemer und Voss. 
Sämmtliche Herren wurden vom Vorsitzenden willkommen 
geheissen. 

Da Herr Ostermann-Herford schriftlich die Erklärung 
abgegeben hatte, dass er sein Amt als Rendant des Vereins 
niederlege, so war die Neuwahl eines Rendanten vor der Zahlung 
der Beiträge erforderlich. Der Einfachheit halber wurde vom 
Vorsitzenden vorgeschlagen, dies zum Schluss in Verbindung 
mit Punkt 8 der Tagesordnung: „Wahl des Vorstandes“ zu 
erledigen. 

Einstweilen erhielt das Wort Herr Schlachthausdirector 
A lbert-Iserlohn zu seinem, unter Punkt (> der Tagesordnung 
angekündigten Vortrage: „Bericht über den internationalen 
thierilrztlichen Congress in Baden-Baden“. Der Inhalt 
dieses in interessanter und fesselnder Weise gehaltenen Vortrages 
kann nur andeutungsweise wiedergegeben werden. HerrAlb-crt 
betitelte seinen Vortrag: „Persönliche Eindrücke und Erlebnisse 
in Baden-Baden“. Er schilderte den Verlauf seiner bei schönstem 
Wetter begonnenen und vollendeten Reise, die Schönheiten der 
Landschaften, den Empfang in Baden-Baden und den Aufenthalt 
in dieser schönen Stadt. Auch über den eigentlichen geschäft¬ 
lichen Theil des Congresses, die Sitzungen im Saale des Kur¬ 
hauses, berichtete Herr Albert in eingehender Weise, doch 
verwies er selbst in dieser Beziehung auf die ausführlicheren 
Berichte der Fachzeitschriften. Hierauf dankte der Vorsitzende 
dem Collegen Albert für den interessanten Bericht, indem er 
bemerkte, alle Angaben bestätigen zu können, und forderte die 
Anwesenden auf, dem allgemeinen Dank durch Erheben von den 
Sitzen Ausdruck zu geben, welcher Aufforderung gern Folge 
geleistet wurde. 

7. „Der Viehhandel nach Einführung des Bürger¬ 
lichen Gesetzbuches“. College Johow machte in kurzen 
Worten darauf aufmerksam, dass es für die Thierärzte wichtig 
wäre, sich rechtzeitig mit den neuen Bestimmungen bekannt zu 
machen und empfahl hierfür besonders die „Gerichtliche Thier¬ 
arzneikunde“ von Di eck er ho ff, fenier die kleine Schrift „Der 
Viehhandel nach Einführung des B. G.-B.“ von A. Stegemann, 
Rechtsanwalt und Notar in Melle (bei Paul Parey). 

8. „Wahl des Vorstandes und der Delegirten.“ 

Dieselbe fand durch Zettelwahl statt und es wurden durch 

Stimmenmehrheit gewählt : 

zum ersten Vorsitzenden Herr Veterinär-Assessor 
Hin rieh sen-Münster; 

zum stellvertretenden Vorsitzenden Herr Departements- 
Thierarzt Johow-Minden; 


zum Rendanten Herr Kreisthierarzt Volmer-Hattingen; 
zum Schriftführer Herr Kreisthierarzt Lück-Hamm. 

Als Delegirte für die Central Vertretung der thierärztlichen 
i Vereine Preussens und für den deutschen Veterinärrath, deren 
| auf Vorschlag von Hinrichsen in Zukunft zwei entsandt 
werden sollen, wurden Hinrichsen und Blome gewählt, als 
Stellvertreter Johow und Flindt, welche sich sämmtlich 
dankend bereit erklärten, die Wahl anzunehmen. 

Bei der hierauf stattfindenden „Zahlung der Mitglieder- 
Beiträge“ für das laufende Jahr kam es zur Sprache, dass 
noch verschiedene Collegen mit der Zahlung im Rückstände 
| wären. Es wurde beschlossen, diese Herren schriftlich durch 
den Schriftführer zur Zahlung der Restbeträge bis zum 
1. Januar 1900 aufznfordern, erfolge dieselbe bis dahin nicht, 
so habe der Rendant, laut Beschluss der Generalversammlung 
vom Jahre 1897 die Beiträge durch Postauftrag einznfordern. 

9. „Erfahrungen aus der Praxis.“ 

Es wurde von mehreren Collegen hervorgehoben. dass ge¬ 
rade im letzten Jahre bei der Maul- und Klauenseuche sich 
vielfach Nachkrankheiten gezeigt hätten. Thiere, welche davon 
betroffen wurden, magerten ab, wurden schlecht im Haar und 
lieferten wenig Milch. Das Untersuchungsergebniss war zu 
Lebzeiten und auch post mortem bezw. nach der Abschlachtung 
ziemlich negativ. Nur Bronchitis und Endocarditis, letztere als 
Todesursache nach Angabe von Wilkens-Warendorf, habe sich 
feststellen lassen. 

Seitens des Collegen Albert-Iserlohn wurden Theile der 
Lunge eines Kalbes vorgezeigt, welche mit zahlreichen grau- 
weissen Knoten verschiedener Grösse durchsetzt war. Albert 
giebt an, diese pathologisch-anatomischen Veränderungen in der 
Lunge von Kälbern jetzt bereits viermal gefunden zu haben 
und ist der Meinung, dass es sich um Botryomycose handelt. 

Die Richtigkeit dieser Diagnose wurde seitens mehrerer 
Collegen bezweifelt und eine mikroskopische Untersuchung der 
Tumoren als erforderlich bezeichnet, da bislang Botryomycome 
wohl nur beim Pferde nachgewiesen worden seien.*) 

Nachdem schliesslich noch ein Antrag Hinrichsen ge¬ 
nehmigt worden war, das Protokoll der Versammlung sowohl in 
der B. T. W. als auch in der I). T. W. zu veröffentlichen, 
ferner wieder Hamm als Ort der nächstjährigen Generalver¬ 
sammlung gewählt worden war. fand ein gemeinschaftliches 
Mittagsmahl in den Räumen des Herrn Koch statt, womit die 
zur allgemeinen Zufriedenheit verlaufene Versammlung endigte. 
Hinrichsen, Lück, 

Vorsitzender. Schriftführer. 

Die thierftrztlichen Vereine im Recht des B. G.-B. 

Die Monatsschrift des R. S. macht auf den bisher in 
thierärztlichen Kreisen wohl kaum beachteten sehr wichtigen 
Umstand aufmerksam, dass das Bürgerliche Gesetz-Buch neue 
Bestimmungen über Vereinswesen enthält. Dieselben sind für 
die thierärztlichen Vereine ebenfalls von grosser Bedeutung und 
zwar mit Freude zu begriissen, da sie namentlich die oft un- 
verhältnis8mä88ige Sorgen bereitenden Cassen- und Vermögens- 
Verwaltung in wünschenswertester Weise erleichtern können. 

Vereine, die kein wirtschaftliches Interesse verfolgen, also 

*) Nach dem Handbuche der Fleischbeschau von Ostertag, 
III. Auflage, 1899, auch je einmal beim Rind und Schwein. (Nach¬ 
trägliche Bemerkung von Hinrichsen.) 


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11. Januar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


21 


auch die thierärztlichen Vereine, können auf Antrag- Rechts¬ 
fähigkeit (Rechte 
tragung in das Vereinsregister des zuständigen Amts¬ 
gerichts erlangen. ($j 21 des B. G.-B.). 

Diese Eintragung ist nicht an allzu erschwerende Bedingungen, 
Controlen u. dergl., geknüpft. Bedingung ist nur eine Mindest¬ 
zahl von 7 (!) Mitgliedern und ein Statut, in welchem enthalten 
sind: Zweck, Namen und Sitz des Vereins, sowie die Be¬ 
stimmung. dass der Verein eingetragen werden soll, ferner Be¬ 
stimmungen über Ein- und Austritt der Mitglieder, Mitglieds¬ 
beiträge. Vorstandbildung, Einberufung der Versammlungen und 
Beurkundung der Beschlüsse. Die Verwaltungsbehörde kann 
gegen die Eintragung nur dann Einspruch erheben, wenn der 
Verein einen politischen, social-politischen oder religiösen Zweck 
verfolgt. (§ 50—01 des B. G.-B.) 

Auf diejenigen Vereine, welche die Eintragung 
nicht erlangen, finden die Bestimmungen über die Gesellschaft 
Anwendung. (§ 54 des B. G.-B.). Auch diesem Verhältniss 
müssen eventuell die bestehenden Satzungen angepasst w'erden. 
Das etwaige Vermögen gehört nicht der Gesellschaft, sondern 
den Gesellschaftern. Dieses Vermögen soll daher, eventuell 
auch für Privat-Schulden des einzelnen Gesellschafters haftbar 
sein. Der im Auftrag einer Gesellschaft Verpflichtungen ab¬ 
schliessende Gesellschafter haftet für dieselben persönlich u. s. w. 

Diese Bestimmungen, welche durch Statut nicht abgeändert 
werden können, zeigen allein schon, dass die Verhältnisse in 
einer „Gesellschaff recht missliche werden können. Dem 
gegenüber bietet die Eintragung sehr grosse Vortheile. Das 
Recht der juristischen Person gestattet vor allem eine sichere 
und bequeme Vermögensverwaltung, giebt ein Recht auf den i 
Vereinsnamen und ermöglicht alle Rechte von Vereinswegen ; 
im Process zu verfechten. Für Schulden des Vereins haftet nur 
das Vereinsvermögen, an welches andrerseits kein austretendes 
Mitglied Anspruch hat: auch können rückständige Beiträge von 
Mitgliedern eingeklagt werden. 

Allerdings sind mit der Eintragung, die sonst betreffs der I 
tbierärztlichen Vereine keinen Hindernissen begegnen kann, 
auch Unbequemlichkeiten verbunden. Erstens kostet sie Geld. 
Zweitens müssen sämratliche Vorstandswahlergebnisse mittelst 
öffentlich beglaubigter Erklärung und Beifügung der Abschrift 
der Urkunde über die Wahl bezw. Bestallung, zur Eintragung 
angemeldet werden (dies können die Vereine allerdings durch 
lange Vorstands-Wahlperioden auf ein Minimum reduciren.) 
Drittens müssen die Statuten einer gründlichen Revision, am j 
besten mit einem Rechtsbeistand, unterzogen werden. Denn es j 
kommen für dieselben noch eine ganze Reihe von Paragraphen 
des B. (i. -B. bestimmend in Betracht. ( So z. B. müssen 
Aenderungen der Statuten künftig dreiviertel Majorität der An¬ 
wesenden haben etc.). 

Die Vortheile der Eintragung sind aber auch für uns so 
grosse, dass wohl alle thierärztlichen Vereine gut thun werden, 
diese Eintragung baldigst in ernste Erwägung zu ziehen. Viel¬ 
leicht könnte, um dem Einzelverein Mühe und Kosten zu er¬ 
sparen, die Centralvertretung ein Normal-Statut für einen 
eingetragenen Verein nach dem B. G.-B. rechtskundig aufstellen 
lassen. 

Reorganisation des tbierirztliohen Unterrichts in der Schweiz. 

Dass in der Schweiz die bisherigen Thierarzneischulen . 
Universitätsfaeultäten und das Abiturientenexamen obligatorisch 


worden. Das letztere hat 
sachgemässer Aenderung der 
Prüfungsordnung bereits verwirklicht. 

Am 14. December 1899 ist ein Reglement betreffend den 
Maturitätsausweis für die Candidaten der medicinischen Berufs¬ 
arten erschienen, welches diese Reform enthält. 

Am 11. December ist zugleich eine neue Verordnung für 
die eidgenössischen Medicinalprüfungen erschienen. Es soll Vor¬ 
behalten bleiben, eingehender darauf zurück zu kommen, und 
hier nur mitgetheilt werden, dass darin u. A. eine auch in 
Deutschland schon lange empfohlene Verbesserung enthalten ist, 
nämlich die Einschiebung eines dritten — anatomisch¬ 
physiologischen — Examens zwischen Physicum und Approbations¬ 
prüfung unter Ausscheidung der genannten beiden Fächer aus 
den beiden letzteren Prüfungen. 

Dieser Fortschritt des Schweizer thierärztlichen Unterrichts 
ist gerade jetzt namentlich so allgemein erfreulich, dass unsere 
Glückwünsche neidlos sind, obwohl wir noch nicht an diesem 
Ziele aulangten. 

Zur Steuerein8ohfitzung. 

Auf die Beschwerde eines Kreisthierarztes hat die genannte 
Berufungs-Commission Folgendes unterm 9. Februar 1898 verfügt: 

Auf Grund des abgeänderten § 5 der Verordnung vom 
17. September 1876 sind von dem Diensteinkommen des Kreis- 
thierarztes die gesummten Reisekosten und Tagegelder, sowie 
deijenige Ueberschuss ans für besondere Dienstleistungen, iucl. 
Sectionsgebühren, gezahlten „Gebühren“, welcher an Stelle des 
Tagegeldes (6 M.) tritt, als Dienstaufwand zu betrachten und 
daher steuerfrei. Ausser den genannten Abzügen sind für den 
amtlichen Bedarf keine weiteren Aufwendungen — Beköstigung, 
Mehrbedarf an Kleidung — zulässig. Dagegen ist nach einer 
Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes, Abtheilung Steuer¬ 
sachen, auf Seite 196, Band IV, dahin erkannt, dass von der 
Einnahme aus der Privatpraxis der Mehrbedarf an Kleidern, 
Beköstigung, Instrumenten, ortsüblichen Trinkgeldern, sowie 
Ausgaben für Beförderungsmittel abzugsfähig sind. 

Bei Gegenständen, welche sowohl amtlichen als privaten 
Zwecken dienen, wie Sprechzimmer, hat eine Schätzung dahin 
stattzufinden, wieviel von dem Aufwande dafür auf den amtlichen 
Theil entfällt, dieser ist abzugsfällig. In dem betreffenden Falle, 
welcher Veranlassung für diese Entscheidung wurde, waren an 
546 Tagen Tagegelder liquidirt. Es wurden in dem erläutern¬ 
den Theil die Tagegelder als „Aufwand“ den „Gebühren“ 
gegenübergestellt. 

Kammergerichto-Entecheidung betr. der Subsummirung der Thierfirzte unter 
den Begriff „Aerzte“. 

Ein Thierarzt war angeschuldigt worden, sich gegen eine 
Polizeiverordnung vergangen zu haben, weil er an einer Feuer¬ 
wehrübung nicht theilnahm. Der Betroffene entschuldigte sich 
damit, dass er zur fraglichen Zeit nach einem benachbarten 
Dorfe gerufen worden sei, um einem erkrankten Pferde Hilfe 
zu bringen. Die Strafkammer sprach den Angeklagten frei, 
weil die Thierärzte zu den Aerzten gehören, die an derartigen 
Feuerwehrübungen nicht theilzunehmen brauchen. Die von der 
Staatsanwaltschaft beantragte Revision wurde, nach der „V. Z.“ 
vom Kammergericht zurückgewiesen mit der Motivirung, nicht 
nur die Gewerbeordnung, sondern auch § 196 Nr. 14 des Bürger¬ 
lichen Gesetzbuches spreche dafür, dass Thierärzte Aerzte sind. 


werden sollen, war früher berichtet 

der juristischen Person) durch Ein- sich unter gleichzeitiger sehr 


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No. 2. 


22 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 

Oeffentliches Veterinärwesen. 


(Mittheilungen für 

Senchenstatistik nnd Yeterinärpolizei. 


Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preussen am 15. December 1899. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche herrschte 
in 

v- • „ Gemeinden 

Kre,sen (Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht: 

Königsberg . . 


14 

235 

3,42 

Gumbinnen . . 


10 

38 

9,77 

Danzig . . . 


7 

61 

48,41 

Marienwerder . 


14 

248 

109,63 

Berlin .... 


1 

— 

— 

Potsdam . . . 


14 

128 

49,47 

Frankfurt . . 


16 

110 

40,04 

Stettin . . . 


11 

55 

29,31 

Köslin.... 


9 

80 

46,09 

Stralsund . . 


3 

22 

24,69 

Posen .... 


23 

141 

42,79 

Bromberg . . 


13 

307 

137,84 

Breslau . . . 

. , 

17 

137 

36,07 

Liegnitz . . . 


15 

43 

15,28 

Oppeln . . . 


19 

260 

92,82 

Magdeburg . . 


15 

99 

68,75 

Merseburg . . 


18 

160 

69,20 

Erfurt .... 


6 

14 

23,89 

Schleswig . . 


2 

2 

0,93 

Hannover . . 


8 

26 

41,33 

Hildesheim . . 


7 

28 

38,67 

Lüneburg . . 


4 

7 

4,74 

Stade .... 


2 

7 

9,64 

Osnabrück . . 


1 

1 

1,78 

Aurich . . . 


1 

2 

5,84 

Münster . . . 


10 

36 

134,32 

Minden . . . 


9 

62 

121,56 

Arnsberg. . . 


18 

69 

81,17 

Kassel.... 


19 

72 

43,06 

Wiesbaden . . 


11 

26 

27,78 

Koblenz . . . 


13 

58 

55,50 

Düsseldorf . . 


17 

82 

190,69 

Köln .... 


10 

44 

148,64 

Trier .... 


11 

66 

58,56 

Aachen . . . 


6 

17 

43,58 

Hohenzollern-Sigmaringen 

4 

31 

244,09 


Summa: 

378 

2774 

— 


Nachweieung Ober den Stand der Viehseuohen im Deutschen Reiche 
am 15. December 1899. 

Es waren am 15. December 1899 in nachstehenden Regierungs- 1 
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Berlin 1. R.-B. 
Potsdam 4 (4). R.-B. Stettin 1 (1). R.-B. Posen 2 (2). R.-B. i 
Broraberg 2 (4). R.-B. Liegnitz 1 (2). R.-B. Oppeln 1 (2). 

R.-B. Magdeburg 1 (1). R.-B. Merseburg 1 (1). R.-B. Erfurt 1 i 

(1) . R.-B. Hildesheim 2 (2). R.-B. Stade 1 (1). R.-B. Arnsberg | 
1 (1). R.-B. Aachen 1 (1). Bayern: R.-B. Schwaben 1 (1). 
Württemberg: Donaukreis 2(2). Baden: Landescomm. Mann- , 
heim 1(1). Mecklenburg-Strelitz: 1(1). Braunschweig: 2 I 

(2) . Bremen: 1 (1). Hamburg: 1 (1). 

B. von Maul- uud Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 18 (79). R.-B. Niederbayern 12 ; 
(48). R.-B. Pfalz 13 (77). R.-B. Oberpfalz 6 (39). R.-B. Ober- I 
franken 18 (80). R.-B. Mittelfranken 14 (31). R.-B. Unterfranken 


eterinärbeamte. 

18 (89). R.-B. Schwaben 20 (125). Sachsen: Kreishauptin. 
Bautzen 4 (21). Kreishauptm. Dresden 7 (36). Kreishauptm. 
Leipzig 6 (110). Kreishauptm. Zwickau 10 (67). Württem¬ 
berg: Neckarkreis 13 (53). Schwarzwaldkreis 15 (78). Jagst- 
kreis 13 (52). Donaukreis 16 (226). Baden: Landescomm. 
Constanz 10 (37). Landescomm. Freiburg 12 (80). Landescomm. 
Karlsruhe 10 (66). Landescomm. Mannheim 13 (57). Hessen: 
Provinz Starkenburg 7 (39). Provinz Oberhessen 5 (74). Pro¬ 
vinz Rheinhessen 5 (39). Mecklenburg-Schwerin: 5 (25) 
Sachsen-Weimar: 4 (52). Mecklenburg-Strelitz: 1 (5). 
Oldenburg: Herzogthum Oldenburg 3 (3). Fürstenthum Birken¬ 
feld 1 (11). Braunschweig: 5 (37). Sachsen-Meiningen: 
4 (34). Sachsen-Altenbnrg: 2 (31). Sachsen-Cobnrg- 

Gotha: Herzogthum Coburg 1 (6). Herzogthum Gotha 4 (10). 
Anhalt: 4 (30). Schwarzburg-Sondershausen: 2 (5). 
Schwarzburg-Rudolstadt: 2(6). Waldeck 3 (14). Reuss 
ä. L.: 1(3). Reuss j. L.: 2(10). Schaumbnrg-Lippe: 1 (1). 
Lippe: 8 (63). Bremen: 1 (3). Elsass-Lothringen: Bezirk 
Uuter-Elsass 8 (214). Bezirk Ober-Elsass 6 (70). Bezirk Loth¬ 
ringen 4 (37). 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Posen 1 (1). R.-B. Magdeburg 3 (5). 

D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest): 
Preussen: R.-B. Königsberg 5 (13). R.-B. Danzig 1 (1). 
R.-B. Marienwerder 3 (3). R.-B. Potsdam 3 (9). R.-B. Frankfurt 
2 (2). R.-B. Stettin 3 (5). R.-B. Cöslin 1 (1). R.-B. Stralsund 

1 (l). R.-B. Posen 10 (16). R.-B. Bromberg 2 (4). R.-B. 

Breslau 6 (15). R.-B. Oppeln 8 (19). R.-B. Magdeburg 1 (1). 
R.-B. Merseburg 2 (2). R.-B. Erfurt 1 (1). R.-B. Schleswig 

2 (2). R.-B. Hannover 2 (2). R.-B. Hildesheim 2 (7). R.-B. 

Münster 1 (2). R.-B. Minden 2 (2). R.-B. Arnsberg 1 (1). R.-B. 
Cassel 2 (2). R.-B. Wiesbaden 2 (4). R.-B. Trier 2 (2). 

Bayern: R.-B. Oberbayern 1 (1). R.-B. Oberpfalz 1 (1). 
R.-B. Mittelfranken 1 (1). R.-B. Schwaben 1 (1). Baden: 
Landescomm. Constanz 1 (1). Hessen: Provinz Rheinhessen 
1 (1). Braunschweig: 2 (2). Sachsen-Altenburg: 1 (1). 
Lippe: 2 (8). 

Thierseachen im Auslände, ill. Quartal 1899. 

Belgien. 

Zahl der Krankheitsfälle in den Berichtsmonaten: Milzbrand 
29 bzw. 33 bzw. 38; Rauschbrand 38 bzw. 36 bzw. 44; Wuth 23 bzw. 
25 bzw. 22. (Ausserdem 1 Rind, 28 Hunde, 3 Katzen als verdächtig 
getödtet); Rotz 8 bzw. 9 bzw. 10. (Ausserdem in Schlachthäusern 
35 als rotzig festgestellt, von denen 28 aus England eingeführt 
waren); Schafräude 28 bzw. — bzw. —; bösartige Klauenseuche 
der Schafe 20 bzw. 1 bzw. —. Von Maul- und Klauenseuche 
waren 318 bzw. 465 bzw. 540 Gemeinden betroffen. Lungenseuche 
ist nicht aufgetreten. 


Russland. 

(Die Tabellen sind z. Th. lückenhaft.) 


Zahl der 

ErkranknngsflUle in 

Milz¬ 

brand 

Toll- 

wnth 

Hotz 

Maul- 
u. KU : 

1 

Langen- Schaf¬ 
seuche - pocken 

i , 

Pferde- 

rJtnde 

8chwei- 

ne- 

seachen 

Ostseeprovinzen 

3 

20 

_ : 

_ 

_ ! _ 

8 

4 

Polen .... 

73 i 

32 

in; 

1540 

371 — 

81 

418 

SUdrusslaud. . 

843 ' 

7 

1419; 

39 634; 

— 1 3349 

90 : 

491 

Gross russland . 

426 

117 

154| 

180, 

2 325 

166 : 

20 

OstruBsland . . 

709 

23 

148 

1 128 

08 112 700 

170 

5 


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11. Januar 1900. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


23 


Schweiz. 

Die Zahl der Erkrankungsfülle betrug: Milzbrand im Juli 30, 
August 55, September 49; Rauschbrand 193 bzw. 173 bzw. 173; 
Rotz (Wurm) 3 bzw. 3 bzw. —; Maul- nnd Klauenseuche (kranke 
und verdächtige) 6 510 bzw. 7 370 bzw. 4 984 Stück (die sich auf 
22 bzw. 40 bzw. 58 Gemeinden vertheilen); Rothlauf der Schweine 
incL Schweineseuche 269 bzw. 258 bzw. 223. 

Frankreich. 

Von Lungenseuche waren betroffen im Juli 7, im August 12, 
im September 7 Gemeinden; geschlachtet wurden wegen dieser | 
Seuche 13 bezw. 75 bezw. 25 Rinder (1 Stück verendete); ge- j 
impft wurden 15 bezw. 60 bezw. 10. Milzbrand herrschte im I 
Juli in 77, im August in 66, im September in 41, Rotz (Wurm) 
in 44 bezw. 52 bezw. 64 Ställen; getödtet wurden wegen Rotz 
85 bezw. 74 bezw. 80 Pferde. Die Zahl der gemeldeten tollen 
Hunde belief sich auf 239 bezw. 203 bezw. 261 Stück. Die j 
Maul- und Klauenseuche trat in 1225 bezw. 1642 bezw. 2335 
Gemeinden auf. Die Schafpocken herrschten in 21 bezw. 26 
bezw. 22 Heerden. Schafräude gelangte in 7 bezw. 4 bezw. 80 1 
Heerden zur Feststellung. Rauschbrand trat in 42 bezw. 55 
bezw. 76 Ställen auf. Rothlauf der Schweine herrschte in 7 bezw. 

9 bezw. 10 Departements, die ansteckende Lungen-Darmentziin- 1 
düng der Schweine in 9 bezw. 10 bezw. 15 Beständen. 

Taberouiose-Tilgung im Grossherzogthum Hessen. 

Der hessische Landwirthschaftsrath hat bei der hessischen | 
Regierung folgende Massregeln zur Tuberculosetilgung vorge- 1 
schlagen. 1. Allen Züchtern, welche das zurTilgung vorgeschriebene ■ 
Verfahren durchführen, ist kostenlose Impfung zu gewähren. , 
2. Zuchtbullen sind vor der Körung sowie nach 4 Monaten aber- ' 
mals zu impfen. 3. .Alle nicht reagirenden Thiere sind mit j 
einem amtlichen Zeichen zu versehen. 4. Die Molkereien dürfen 1 
Molkereiabfälle nur in gekochtem Zustande abgeben. 5. Bei | 
Prämiirungen auf Schauen ete. dürfen von einem in Aussicht ge- ! 
nommenen Zeitpunkt ab nur mit dem amtlichen Zeichen betr. | 
Tuberculose-Freiheit versehene Thiere Berücksichtigung finden. 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhiffen. i 

Ausgebrochen und bereits wieder erloschen ist die Seuche 
in Metz, 2. Januar; auf dem Berliner Central-Viehhof unter 
Rindern am 3. Januar; in München desgl. am 6. Januar; in i 
Sachsenhausen bei Frankfurt 2. bis 6. Januar; in Strassburg i. E., ! 
Schlachthaus, 3. bis 6. Januar. 

In Dresden ist die Seuche am 2. Januar unter Schweinen 
ausgebrochen, am 5. erloschen und am 6. unter Ueberstand- I 
Schweinen von Neuem ausgebrochen. In Nürnberg ist die 
Seuche am 4. Januar in der Schweineabtheilung des Viehhofes i 
nnd am 8. Januar in der Rinderabtheilung des Schlachtviehhofes 
ansgebrochen, in letzterem bereits wieder erloschen. 

Fleischschaa nnd Viehverkehr. 

Ueber Kochapparate fflr bedingt gesundheitsschädliches 
Fleisch nnd Versuche mit dem Hartmannschen Fleisch¬ 
sterilisator. 

(Aus dem staatlichen hygienischen Institut zu Hamburg.) 

Von Dr. Rudolf Abel. 

(ZeiUcbrift f. Hygiene u. Infectionskrankh. XXX. Bd, Heft 3, pag. 375—i47.) 

Die Erhaltung des bedingt gesundheitsschädlichen Fleisches 
im volkswirtschaftlichen Sinne ist auf drei Arten möglich, 
durch Pökeln, Räuchern und ] Kochen. Die ersteren beiden ! 


dienen zur Vernichtung von Finnen und Trichinen, wärend der 
Kochprocess die pathogenen Bacterien vernichtet. Es kann 
nun das Fleisch entweder in Wasser oder in Dampf gekocht 
werden. Zu der ersteren Methode sind die Apparate von Becker 
und Ulmann, zu der letzteren die von Rohrbeck, Rietches 
und Henneberg, Rud. A. Hartmann-Berlin construirt. A. 
stellt diejenigen Fleischsorten zusammen, welche nach guter 
Durchkochung ohne Schaden genossen werden können: 

1. Fleisch leicht finniger Thiere (die Finnen sterben bei 
52°, es würde hierfür ein Wasserkochapparat genügen, Pökeln 
und prolongirte Kühlung tödten natürlich auch die Finnen. 

2. Fleisch von trichinösen Thieren (Trichinen widerstehen 
einer Temperatur bis 70°, hier hätten die Dampfapparate den 
Vorzug.) 

3. Fleisch von tuberculösen Thieren, bei zweifelhafter 
Generalisation, bei localer ausgebreiteter Tuberculose. 

4. Fleisch von Thieren mit Psorospermien, Muskelstrahlen¬ 
pilzen, Kalkconcrementen, multiplen Haemorrhagien nicht sep¬ 
tischer Natur, ist wegen grösserer Vorsicht zu kochen. 

5. Fleisch von Rothlauf, Schweineseuche und Schweine¬ 
pestkranken Thieren ist zu kochen, falls kqine Freibank für 
rohes Fleisch existirt. 

A. hat Untersuchungen angestellt, um eine Kochmethode 
mit dem Hartmannschen Apparate ausfindig zu machen, 
welche einmal die im Fleische vorhandenen pathogenen Microben 
sicher vernichtet, andererseits dem Fleische seine Eigenschaft 
als Nahrungsmittel möglichst erhält. Verfasser wendet sich 
gegen die Forderung, dass im Inneren der Fleischstücke eine 
Temperatur von 100° erreicht werden soll oder wie das säch¬ 
sische Ministerium verlangt, dass, nachdem das im Innern einiger 
Fleischstücke angebrachte Contactthermometer 100 0 geläutet 
hat, noch eine halbe Stunde gekocht werden müsse, denn ein¬ 
mal gelingt die Vernichtung der pathogenen Keime bereits bei 
einer viel niedrigeren Temperatur, andererseits verliert das 
Kochproduct dadurch seine Eigenschaft als Nahrungsmittel. In 
Stücken, welche nicht schwerer als 3000 g sind, waren nach 
zwei Stunden langem Kochen die Tnbercelbacillen getödtet, auch 
die anderen in Frage kommenden pathogenen Bacterien tödtet 
ein derartiger Kochprocess mit Dampf unter */ 2 Atmosphäre 
Ueberdrück. 

Diejenigen Fleischstücke, in denen sich glatte Knochen 
(Schulterblatt, Becken) befinden, sind in kleinere Portionen 
als 3000 g zu zerlegen, ferner ist sehr fettes Schweinefleisch 
mit Schwarte, welche das Eindringen der Hitze erschwert, in 
kleinere Portionen zu zerlegen. — Schiere Fleischstücke müssen 
in Portionen von je 2000 g gehauen werden. — Nach diesem 
Verfahren wird sowohl der Sterilisation genügt als auch dem Koch¬ 
product seine Eigenschaft als Nahrungsmittel erhalten. J. 

Kamnergerlohts-Entsoheidung. 

Mitgetheilt von Loweg-Herbern. 

Strafsache gegen den Handelsmann C. W. in H. i. W. Kreis 
Lüdinghausen, wegen polizeilicher Uebertretung. Derselbe war 
mit Ferkeln auf den Markt gezogen, ohne dieselben vor Beginn 
des Marktes vom Kreisthierarzt untersuchen zu lassen. Auf die 
eingelegte Revision des verurtheilten C. W. hat der Strafsenat 
des Königl. Kammergerichts zu Berlin das Urtheil der zweiten 
Strafkammer zu Münster i. W. vom 21. Februar 1899 aufgehoben 
und den Angeklagten, als der Uebertretung der Polizeiverordnung 
vom 12. October 1895 nicht schuldig, freigesprochen. 


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24 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 2. 


Gründe. 

Die Revision des Angeklagten, welche Verletzung materieller 
Rechtsvorschriften rügt, ist begründet. Durch das Urtheil des 
Königl. Schöffengerichts vom 26. Dezember 1898 ist der An¬ 
geklagte wegen „Uebertretung der §§ 11 und 19 der Polizei¬ 
verordnung vom 12. October 1895“ verurtheilt worden. Auch in 
den Gründen ist von der „Polizeiverordnuug vom 12. October 
1895“ die Rede. Die Berufung gegen diese Entscheidung des 
Schöffengerichts ist durch das jetzt mit der Revision an- 
gefochtene Strafkammer-Urtheil verworfen worden. Auch in den 
Gründen des letzteren Urtheils wird die „Polizeiverordnung vom 
12. October 1895“ als vom Angeklagten übertreten bezeichnet. 

In Wirklichkeit ist jedoch betreffs des hier in Frage 
kommenden Gegenstandes, nämlich der gegen die ansteckenden 
Krankheiten zu treffenden Massregeln eine Polizeiverordnung 
vom 12. October 1895 nicht erlassen. Wie eine amtliche Er¬ 


klärung deB Berufungsgerichts ergiebt, hat dieses Gericht den 
Angeklagten der Uebertretung des §§ 11 und 19 der lande®' 
polizeilichen Anordnung für schuldig erklären wollen, welche in 
Gemässheit der auf Grund des Gesetzes vom 23. Juni 1880 
erlassenen Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 12. November 
1895 ergangen, in der besonderen Beilage zu Stück 49 des Amts¬ 
blattes des Königl. Regierung zu Münster i. W. vom Jahre 1895 
S. 3 ff. abgedruckt, jedoch (vergl. S. 6 daselbst) nicht unter¬ 
zeichnet ist, so dass aus ihr selbst nicht festgestellt werden 
j kann, ob dieselbe von einer zuständigen Behörde ausgegangen 
| ist. Wegen dieses Mangels kann die erwähnte An- 
! Ordnung als rechtsgültig nicht erachtet werden. 

Da nicht ersichtlich ist, dass Angeklagter gegen ein anderes 
Strafgesetz verstossen hat, musste der Angeklagte unter Auf- 
i hebung des angefochtenen Urtheils freigesprochen werden. Die 
Kosten fallen der Staatskasse nach § 499 Str. P. 0. zur Last 


Personalien. 

Auszeichnungen : Se. Königliche Hoheit der Grossherzog von 
Baden haben geruht, dem Geh. Oberregierungsrath Dr. August 
Lydtin-Baden das Ritterkreuz des Ordens Berthold des Ersten; 
dem techn. Referenten für das Vet.-Wesen im bad. Ministerium 
Regierangsrath Franz Hafner-Karlsruhe das Ritterkreuz 1. CI., 
den Bezirksthierärzten von Ow-Stockach, Loesch-Ueberlingen, 
Kohlhcpp-Karlsruhe, Gassner-Ettlingen, A Lydtin-Bruchsal 
das Ritterkreuz II. CI. des Ordens vom Zähringer Löwen zu ver¬ 
leihen und die Grossherzoglichen Bezirksthierärzte Braun-Baden, 
Fuchs-Mannheim und Utz-Villingen zu Veterinärräthen, sowie 
den Hilfsarbeiter für Veterinärwesen im badischen Ministerium des 
Innern, A. Fehsenmeier-Karlsruhe, zum Veterinärassessor zu er¬ 
nennen. 

Ferner ist dem Kreisthierarzt a. D. Güttlich-Namslau der 
Rothe Adlerorden IV. CI., dem Gcstütsdirector Karl Bauwerker- 
Zweibrtlckcn der Verdienstorden vom hl. Michael IV. CI. und den 
Bezirksthierärzten Weigenthaler-Starnberg und Schmidt-Tries- 
dorf das Verdienstkreuz desselben Ordens — verliehen worden. 

Ernennungen : A. B1 u ra e, Kreisthierarzt in Tönning (Schleswig), zum 
Grossherzogi. Landesthierarzt für das Fürstenthum Birkenfeld mit dem 
Wohnsitz in Birkenfeld; Velmelage, Polizeithierarzt in Hamburg, zum 
Assistenten am Spital für kleine Hausthiere der Berliner Thierärztl. 
Hochschule; Wegner, Rossarzt a. D. in Ohlau, zum c. Kreisthierarzt 
in Namslau. — Gewählt: Thierarzt Paul Bruggbacher als Stadt- 
thierarzt in Biberach bestätigt, Thierarzt R. Doege-Labischin zum 
Scblachthofinspector in Pieschen, Thierarzt A. Grabe zum Schlacht¬ 
hausinspector in Wittstock a. d. Dosse, Thierarzt Rosenfeld zum 
SchlachthofinBpector in Schwetz a. W., Thierarzt P. Seile zum 
Schlachtbofthierarzt in Stettin, Thierarzt Sosath-Dortmund zum 
Schlachthofdirector in Oldenburg. 

Approbationen: in Hannover: die Herren Carl Dreyer, Jacob 
Hansen, August Kemner, Friedrich Meyer; — in München: 
Die Herren Johann Burger, Christian Fackler und Karl Pomayer; 
— in Dresden: Herr Cand. Richard Offermann. 

Wohn8itzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die 
Thierärzte Bock-Saarbrücken nach Bromberg, Kokken von Norder¬ 
ney nach W iek (Rügen), Rauschert- Opalenitza nach Friedeberg N.-M., 
0. Schmidt-WeBselbüren nach Hannover (Thierärztl. Hochschule), 
W. Traugott (1899) nach Plaue a. d. Havel. 

In der Armee: Beförderungen: Unterrossarzt Lemke im 
22. Art.-Rgt. zum Rossarzt. Versetzungen: Die Rossärzte Bock 
vom 36. Art-Rgt. zum 5. Kür.-Rgt. und Gessner vom 5. Kür.-Rgt. 
zum 4. Drag.-Rgt. — Der Unterveterinär d. ReB Hermann Schmid 
in den activen Dienst übernommen und mit Wahrnehmung einer 
offenen Veterinärstelle im 2. bayr. Art.-Rgt. betraut. 

Im Beurlaubtenstande: befördert zum Oberrossarzt d. L. 
Professor Frick-Hannover; zu Rossärzten d. R. die Unterross¬ 
ärzte d. R. Ahlert, Andersen, Bauermeister, Bräuer, Buch- 
rucker, Eggeling, Gladen, Kaiser, Keim, Knobbe, Kriete r, 
Lösch, Loewel, Oehr, Reuther, Römer, Schmidt (Flensburg), 


Schroeder, Schulz (Crefeld), Schulze (Stendal), Simon, Späth, 
Speer, Voss, Vosshage, Wessel, Witt, Wolfsberg; zum 
i einj.-frw. Unterrossarzt der Einj.-Frw. Mucha im 6. Hus.-Rgt. 
— Abgegangen: Weigt, Rossarzt d. L. H. 

Todesfälle: Städt. Thierarzt Knö 11-Niederstetten, Thierarzt 
Schäfer-Dudweiler und Thierarzt Vogdt-Wittstock. 


Yacanzen. 

Kreisthierarztstellen eto.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Gumbinnen: Grenzthierarztassistentenstelle zu Stallupönenmit 
dem Wohnsitz in Eydtkuhnen (1600 M. und Privatpraxis). Meid, 
beim Regierungspräsidenten. — R-B. Marienwerder: Schwetz. Be¬ 
werb. beim Regierungspräsidenten. — R.-B. Schleswig: Eiderstedt, 
zunächst comm. Gehalt 600 M. Bewerb, bis zum 18. Januar 1900 
an den Regierungspräsidenten in Schleswig. — R.-B. Trier: Kreis- 
thierarztassistentenstelle (900 M.). Bew. an den Regierungs¬ 
präsidenten. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Arnsberg: Lippstadt. — R.-B. Danzig: Carthaus. — 
R.-B. Posen: Gostyn. 

Sanitltsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Dessau: Schlachthofassistenzthierarzt (1500 M., Wohnung etc.) 

— Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt sofort. (1800 M. steigend 
bis 3300 M. und 300 M. Wohnungsentschädigung.) Meldungen beim 
Magistrat. — Hannover: IV. Tbierarztstelle am Schlachthof. — 
Markneukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
zum 1. Mai 1900. (2400 M., keine Praxis.) Bewerb, bis 20. Jan. an 
den Stadtrath. — Trier: Schlachthofbilfsthierarzt zum 1. März 
1900. (1800 M.) Bewerb, bis 15. Januar an den Oberbürgermeister. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — Eckernförde: Schlacht¬ 
hofinspector. — Essen (Ruhr): 3. Schlachthofthierarzt. — Filehne 
Schlachthofinspector. — Friedrichsthal (Kr. Saarbrücken): Thier¬ 
arzt für Fleischbeschau. — Hirschberg (Schlesien): Schlachthof¬ 
vorsteher zum 1. März. — Liegnitz: Schlachthofassistenzthierarzt. 

— Militsch: Scblachthofinspector. — Norderney: Schlachthof¬ 
inspector. — Ostrowo: Schlachthofinspector.— Posen: ein 1. und 
ein 2. Schlachthofthierarzt —■ Spremberg: Schlachthofinspector. — 
Tempelburg: Schlachthausinspector. 

Privatstellen : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Augustusburg: Städt. Thierarzt sofort (720 M. Fixum. 
Privatpraxis). — Festenberg. — Hirschberg (Saale): Thierarzt 
(1000 M. Fixum). Bew. an den Stadtgemeindevorstand. — Kem- 
berg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck 
(Westpr.). Lasdehnen (Kr. Pillkallen). — Murrhardt. — 
Schönbaum (Danzig). — Sold au (Ostpr.): Thierarzt für Praxis 
(300 M. Zuschuss). Bewerbungen beim Magistrat. 

Besetzt: Kreisthierarztstelle in Namslau und Kreuzburg. — 
Sanitätsthierarztstellen in Oldenburg, Pieschen, Schwetz, 
Stettin. 


Verantwortlich für den Inhalt (excL Insoratenthell): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Scboetz in Berlin. — Druck von W. BQxenatein, Berlin 


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Die ..Berliner Thierirxtllcbe Wochentchrifl“ erscheint 
wöchentlich in Stärke von mindestens l>/ t Bogen. Dieselbe 
ist su beziehen durch den Buchhsndel, die Post (No 1068) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard 
Schoets, Berlin NW^ Luisenstrasse 36, zum Preise von 
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Berliner 


Originalbeiträge werden mit 60 Hk. für den Bogen honorirt. 
Alle Mannscripte, Mitthellungen und redactioneilen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thierärztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recension« -Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M. 3 . Ausgegeben am 18. Januar. 


Inhalt: DieckerhofT: Zur Jahrhundertwende. — Referate: G u g 1 i e I m i: Ein Fall von Malaria beim Pferd. — Ueber die Ent¬ 
deckung des Pilzes des gelben Fiebers. — Prcttncr: Zur vergleichenden Statistik des Cysticercus cellulosae im Auge 
des Menschen und der Thiere. — Tja den: Alcohol und Händedesinfection. — Tagesgeschichtc: Verschiedenes. — 
Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen. 


Zur Jahrhundertwende. 

Rede, gehalten in der Aula der Kgl. thierärztl. Hochschule zu Berlin 
am 11. Januar 1900. 

Von 

W. Dieckerboff. 

Meine Herren! Liebe Commilitonen! 

Den Beginn des 20. Jahrhunderts sind wir nach den bis¬ 
herigen Errungenschaften in der Lage, mit berechtigten Hoff- 
nungen auf die günstige Fortentwickelung der Yeterinärwisseu- 
schaf't und des thierärztlichen Berufes zu begrüssen. 

* 

Obwohl die Veterinärwissenschaft sich mit der Landeseultur 
in den europäischen Staaten vielfach berührt und deshalb seit 
dem Alterthum jederzeit ihre Vertreter gehabt hat. so erhielt 
dieselbe doch erst im 19. Jahrhundert die erforderlichen Ein¬ 
richtungen, um sich die allgemeine Anerkennung ihres Werthes 
für die Volkswohlfahrt erarbeiten zu können. Ihre practische 
Nutzanwendung kommt in weitem Umfange den Interessen der 
Landwirtschaft und des vaterländischen Heeres zu gute. Sie 
steht auch in enger Verbindung mit den grundlegenden Natur¬ 
wissenschaften. Aber in ihren wichtigsten Gebieten ist die 
Veterinärwissenschaft ein Theil der Mediein. von deren Methoden 
und Lehren sie zu allen Zeiten entscheidende Anregungen 
empfangen hat. Wenn wir ihre Geschichte im 19. Jahrhundert 
und insbesondere die bis zur Gegenwart von unserer Hochschule 
ausgegangenen Lehren verfolgen, so ergiebt sich für jede Zeit 
Anlass zur Vergleichung derselben mit den in der Mediein 
massgebend gewesenen Theorien. 

Durch den Beginn und den Schluss eines Jahrhunderts wird 
die Entwickelung der Wissenschaft nicht genau begrenzt. Wie 
zwischen der politischen Geschichte des achtzehnten und des 
neunzehnten Jahrhunderts von manchen Autoren der Beginn der 
französischen Revolution als Scheidungslinie angenommen wird, 
so kann man in der Geschichte der Veterinärwissenschaft den 
l’eberlieferungen des 18. Jahrhunderts bis tief in die neuere Zeit 
nachgehen. Anderseits ist nicht zu bestreiten, dass wir uns 
heute inmitten einer wissenschaftlichen Epoche befinden, welche 
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begründet wurde. 


aber trotzdem der nächsten Zukunft die Bahn für erfolgreiche 
Forschungen anweist. 

Im Anfänge des neunzehnten Jahrhunderts verhinderten 
die grossen europäischen Kriege die. Durchführung wissenschaft¬ 
licher Arbeiten. Aber kaum waren die schweren Erschütterungen 
überstanden, als auch die Krankheiten der Hausthiere im An¬ 
schluss an die zu ihrem Studium unentbehrlichen grundlegenden 
Wissenschaften hei den Fachgelehrten das lebhafteste Interesse 
hervorriefen. Dass die litterarischen Prodiietionen der Yete- 
rinärwissenschaft aus dieser Zeit manche Trrthümer enthalten 
und in vielen Fragen von grosser landwirthschaftlielier 'Prag- 
weite keine Entscheidung herbeiführen konnten, ist vornehmlieh 
den noch nicht widerlegten Hypothesen über das Leben des 
Menschen und der Thiere, sowie über das Wesen der Krank¬ 
heiten zuzusehreiben. Die vitalistisohen Theorien, welche die 
Vorstellungen der Fachgelehrten beherrschten, standen dem 
tieferen Eindringen in die Bedingungen der physiologischen und 
pathologischen Vorgänge hei den Tliieren entgegen. Gewiss 
fällt die Beseitigung der umfassenden chemischen Theorie 
früherer Zeit -- der von dem Hallenser Professor Stahl er¬ 
dachten Phiogistonlehre — und die Begründung der organischen 
Chemie durch Lavoisier und Scheele noch vor den Beginn 
des neunzehnten Jahrhunderts. Aber es dauerte lange, bis die 
grossen Entdeckungen in der Chemie der Erklärung lebendiger 
Vorgänge bei den Tliieren dienstbar gemacht werden konnten. 

Wie die physiologischen Functionen im Thierkörper mit 
der hypothetischen Voraussetzung einer dem Organismus in 
; allen Theilen vorgeordneten einheitlichen Lebenskraft gedeutet 
wurden, so blieben für die allgemeine Lehre der Thierkrank¬ 
heiten bis über die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts hinaus 
die Phrasen der naturphilosophischen Schule bestehen. Ver¬ 
geblich war der Versuch, aus denselben die richtige Aetiologie 
und Pathogenese der Thierkrankheiten herauszuarbeiten. 
Einen nachhaltigen Einfluss auf die thierärztlichen Autoren hat 
: namentlich die Brown’sehe Erregungstheorie gehabt, mit den 
Begriffen der Sthenie und Asthenie. Ohne Bedenken wurde diese 
1 Lehre mit der Meinung, dass die Krankheiten durch Anomalien 
der Blntinischuug entständen, combinirt. Man braucht nur die 


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26 


BERLINER TIllERAKZTLKHK WOCHENSCHRIFT. 


bedeutenderen veterinärärztlichen Handbücher aus jener Zeit 
(Veith, Hertwig, Hering, Spinola, Haubner, Körber, 
Wagenfeld, Gerlach) aufzuschlagen, tun den grossen Umfang 
zu erkennen, in welchem die phraseologische Umschreibung der 
Krankheitssymptome üblich gewesen ist. Wir älteren Mit¬ 
glieder des thierärztlichen Berufs haben bei unseren ersten 
Studien noch unter dem unmittelbaren Eindruck der vitalistischen i 
Hypothesen gestanden. Sowohl die Prognose wie die Therapie 
der fieberhaften Krankheiten bestimmten sich nach der Ermitte¬ 
lung, ob die Krankheit athenischer oder asthenischer Natur war. 
Die Erscheinungen der Rinderpest sollten dem Verständniss 
näher kommen durch die Erklärung, dass die kranken Thiere 
„das Bild der vollkommenen Asthenie“ darbieten (Gerlach). 

So sehr indess die vitalistischen und naturphilosophischen 
Theorien die bessere Einsicht in die Natur der Thierkrankheiten 
zurückdrängten, so lässt, sich doch nicht leugnen, dass trotz 
derselben auch in der Veterinärwissenschaft jener Zeit die Ge¬ 
winnung genauerer Kenntnisse auf dem Wege der anatomischen 
Untersuchung und des physiologischen Experimentes angestrebt 
worden ist. Die Begründung der systematischen Anatomie und 
der pathologischen Anatomie der Hausthiere durch Ernst Fried¬ 
rich Gurlt und die Darstellung der thierärztlichen Arznei¬ 
mittellehre nach eigenen Versuchen durch Carl Heinrich 
Hertwig bilden für alle Zeiten wichtige Marksteine in der 
historischen Entwickelung der deutschen Veterinärwissenschaft. 

Der IJebergang der Medicin aus den Irrungen der vita¬ 
listischen Doctrinen in die exacte Naturwissenschaft hat sich 
nicht auf einmal vollzogen. Diese hochbedeutsame Leistung des 
19. Jahrhunderts konnte auch nicht das Werk eines einzigen 
Mannes sein. Heute erscheint uns allerdings die Lebenskraft j 
der Individuen in der Aetiologie der Krankheiten als ein Trug¬ 
gebilde vergangener Zeiten. Aber noch vor 50 Jahren fand die¬ 
selbe nicht bloss bei den praktischen Aerzten und Thierärzten, 
sondern auch bei grossen Gelehrten der Medicin allseitige An¬ 
erkennung. 

Von den grundlegenden wissenschaftlichen Arbeiten, welche 
den Vitalismus beseitigt haben, können hier nur die wichtigsten 
kurz berührt werden. 

Die Entdeckungen in der Zoologie, dass die parasitischen 
Blasenwürmer die Larven bestimmter Bandwürmer sind und 
dass auch die Rundwürmer wie die Saugwürmer im Körper des ; 
Menschen und der Hausthiere nur aus ihren Embryonen ent- i 
stehen, entrissen der alten Lehre von der Urzeugung eines j 
ihrer wesentlichsten Beweismittel. Die Unerbittlichkeit der 
^tatsächlichen Forschungsergebnisse zwang die Zoologen, wie 
die Aerzte und Thierärzte, den Glauben an die Urzeugung ab- 
zuthnn und die Wahrheit des Harvev'sehen Gesetzes .,o>nnr \ 
drum ex ovo“ anzuerkennen. 

Nachdem die pflanzliche Zelle durch Schleiden und die 
thierische Zelle durch Schwann entdeckt waren, begründete j 
Virchow nach umfassenden histologischen Untersuchungen die . 
cellulare Theorie des thierischen Lebens. Mit Unrecht 1 
wird (»ft angenommen, dass die Zellentheorie Virchow's mit 
derjenigen von Schwann identisch sei. Nach der letzteren 
sollte sich der Zellkörper aus den Niederschlägen einer un- 
geformten Substanz bilden. Das ursprünglich amorphe Material 
galt Schwann als der eigentliche Bildungsstoff. Demnach war 
die Zellentheorie von Schwann ganz geeignet, dem Irrthum 
der Urzeugung und den vitalistischen Abstractionen Vorschub 
zu leisten. Dagegen gipfelt die Zellentheorie Virchow's in 


No. 3. 

dem Grundsätze, dass sowohl die pathologischen wie die 
physiologischen Neubildungen ein Gewebe voraussetzen, aus 
welchem ihre Zellen herstammen. Die Zellenlehre Virchow’s 
hat die gesummte Biologie belichtet und in der Medicin am 
meisten zur Ablehnung der vitalistischen Doctrinen beigetragen. 

Grossen Einfluss auf die Behandlung physiologischer Streit¬ 
fragen hatten die Arbeiten des berühmten englischen Natur¬ 
forschers Charles Darwin. Seine gewöhnlich mit dem Namen 
des Darwinismus zusammengefassten Lehren haben auch in der 
Veterinärwissenschaft die Probleme der Vererbung dem Ver¬ 
ständniss näher gebracht. 

Bahnbrechend für die Biologie ist der Lehrsatz von der 
Erhaltung der Kraft geworden, dessen Wahrheit der grosse 
Physiker von Helmholtz bewies. Von Emil du Bois-Rey- 
imind*) wurde der historische Nachweis erbracht, dass die Er¬ 
haltung der Energie in der Natur schon 1086 von dem Philo¬ 
sophen Leibniz klar ausgesprochen und dass diese Lehre auch 
bereits im 18. Jahrhundert ein Gemeingut der Gelehrtenwelt ge¬ 
wesen ist. seitdem aber in Vergessenheit gerathen war. Das 
wichtige Naturgesetz wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts 
von dem Arzte Robert Mayer in Heilbronn von Neuem er¬ 
kannt. aber zuerst durch v. Helmholtz mit dem Erfolge be¬ 
gründet. dass es der Medicin zur sicheren Widerlegung der 
vitalistischen Verirrungen die grössten Dienste leistete. 

Inzwischen war die pathologisch-anatomische Richtung in 
der Medicin von Rokitansky begründet worden, jedoch mit 
der im Sinne der humoralen Schule beibehaltenen Annahme, dass 
eine primäre Blutdyskrasie die Ursache der Krankheiten sei. Es 
kann nicht auffallen, dass diese Lehre zwei Jahrzehnte hindurch 
auch in der Veterinärwissenschaft Anklang gefunden hat. 

Von der Theorie des cellularen Lebens in den Organeil aus¬ 
gehend und mit der Absicht, die Medicin nach Art der exacten 
Naturwissenschaften zu cultiviren. begründete Virchow die Be¬ 
arbeitung der pathologischen Anatomie; er wurde zugleich der 
Schöpfer der pathologischen Histologie. Die Ermittelung der 
in den Organen entstehenden krankhaften Vorgänge ist vorzugs¬ 
weise durch sein Verdienst als die wichtigste Aufgabe der be¬ 
schreibenden Pathologie anerkannt und ausgebildet worden. Er 
führte mit grösserem Erfolge als seine Vorgänger den Grund¬ 
satz der Localisation der Krankheiten oder nach seinem eigenen 
Ausdruck den anatomischen Gedanken**) in die Pathologie ein. 
Dabei erkennt er an, dass die pathologische Anatomie ausser 
Stande ist. für jede Krankheit eine Sedes nachznweisen und dass 
desshalb der pathologisch-anatomische Befund sich nicht immer 
mit dem Begriff des Sitzes der Krankheit deckt. „Aber auf 
Grund physiologischer und chemischer Kenntnisse sind wir be¬ 
rechtigt, auch da von einem Sitz der Krankheit zu sprechen, wo 
wir eine sichtbare Veränderung nicht auffiuden.“ Virchow hat 
sich auch schon um die Mitte des abgeschlossenen Jahrhunderts 
die Förderung der Veterinärwissenschaft angelegen sein lassen, 
indem er von mehreren wichtigen Krankheiten der Hausthiere 
die pathologische Anatomie erläuterte und hierdurch den Thier¬ 
ärzten eine mächtige Anregung zu weiteren Forschungen gab. 
Von allgemeinem Interesse für die Geschichte der Pathologie ist 
die Thatsache, dass Virchow bei allen Krankheiten und ins¬ 
besondere auch hei den Infectionskrankheiten zwischen der Ur- 

*) „Hermann von Helmholtz“. Gedächtnissrede von Emil 
du Bois-Reymond; Leipzig 1897 S. 16. 

**) Rudolf Virchow, Morgagni und der anatomische Ge¬ 
danke; Berlin 1894 


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18. Januar 1900. 

sache (causa) und dem Wesen (essentia) scharf unterscheidet*). 
„Die parasitären Wesen, namentlich auch die Bacterien sind 
immer nur Ursache; das Wesen der Krankheit beruht in dem 
Verhalten der Organe und Gewebe, welche von den Bacterien 
oder ihren Absonderungsprodukten getroffen werden.“ 

Schwankend für die Beurtheilung der inneren Krankheiten 
der Hausthiere blieben die Grundsätze der Therapie. Die 
Wiener anatomische Schule hatte in dieser Hinsicht den völligen 
Nihilismus gegenüber der Behandlung fieberhafter Krankheiten 
und besonders der genuinen Pneumonie gelehrt. Dieser un- 
motivirten Ansicht wurde auch von einflussreichen Autoren der 
Veterinärwissenschaft (Roll u. A.) nachgegeben. Die Gerechtig¬ 
keit verlangt aber die Anerkennung, dass Virchow als Ver¬ 
treter der modernen pathologisch-anatomischen Schule in der 
Medicin die Erfolglosigkeit der Therapie nicht behauptet hat. 
Es wurde ihm sogar zum Vorwurf gemacht, dass er an Therapie 
glaube und er bemerkt hiergegen (Pathol. und Therapie 
I. Bd. 1854, Vorrede), dass er sich dieses Fehlers mit Freuden 
bewusst sei. 

In den sechziger und siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts 
gewann für die allgemeine Praxis in der Veterinärwissenschaft 
die Diagnostik der inneren Krankheiten an Genauigkeit durch 
die Einführung der physikalischen Untersnchungsmethoden: Aus- 
cultation, Percussion und thermometrische Feststellung der 
Körperwärme. 

Die Chirurgie erhielt auch in der Thierheilkunde neuen 
Aufschwung durch die antiseptische Wundbehandlung. Nachdem 
es Pasteur gelungen war, die Abhängigkeit fermentativer und 
septischer Processe von der Thätigkeit bestimmter Mikroben 
festzustellen, zog der englische. Chirurg Lord Lister in be¬ 
wusster Absicht die Consequenzen der auch in anderer Hinsicht 
bedeutungsvoll gewordenen naturwissenschaftlichen Entdeckung 
für die Wundbehandlung. Das Heilverfahren Lister’s, welches 
in seiner weiteren Ausbildung zu einer der grössten Wohlthaten 
für die Menschheit geworden ist, hat auch tlir die Chirurgie 
und insbesondere für die operative Technik in der Thier¬ 
heilkunde grosse Fortschritte gezeitigt. 

Kaum zwanzig Jahre sind vergangen, als durch Robert 
Koch die Bacteriologie inaugurirt und hiermit zugleich der 
Hygiene sowohl in der Medicin wie in der Veterinärwissenschaft 
eine exacte Grundlage und die Bedeutung einer vollberechtigten 
Disciplin verschafft wurde. Wohl ist die Vorstellung, dass die 
Contagien lebende Wesen sind, mehr als 200 Jahre alt. Auch 
stammt die für die menschliche Wohlfahrt ausserordentlich 
werthvolle Entdeckung Jenner’s, dass die Pocken durch die 
Vaccination präventiv behandelt werden können, aus dem Jahre 
1794. Neue Aufschlüsse über die Wirkung der pathogenen 
Mikroben und über die Verwendbarkeit ihrer abgeschwächten 
Culturen zu Präventiv-Impfungen hatte Pasteur bekannt ge¬ 
geben. Aber erst die Entdeckungen von Robert Koch, seinen 
Mitarbeitern und Nachfolgern brachten für die wichtigsten 
lufectionskrankheiten des Menschen und der Hausthiere eine 
bestimmte Aufklärung ihrer Entstehungsgeschichte. Damit er- i 
öffneten sich neue ätiologische und therapeutische Gesichtspunkte 
zur Lösung wissenschaftlicher Probleme. Es hat sich ergeben, 
dass jeder einzelnen Infectionskrankheit ein verschiedener ; 
Cliaracter der Infection eigen ist und dass die Mikroben nicht 1 

*) Rudolf Virchow. Die neueren Fortschritte in der , 
Wissenschaft; Berlin 1898. 


27 

infolge einer mechanischen Einwirkung, sondern durch ihre 
Absonderungsproduote die Krankheit herbeiführen. 

Auch das uralte Problem der Immunität und seine practische 
Consequenz — die künstliche Immunisirung — ist durch die 
Koch'sehe bacteriologische Schule seiner Lösung näher gebracht 
worden. Die Wirkung der Autitoxine wird nicht bloss von den 
Aerzten und Thierärzten, sondern von der ganzen Menschheit 
mit wachsendem Interesse verfolgt. Seitdem sich gezeigt hat. 
dass höchst wahrscheinlich die Immunität in einem besonderen 
Verhalten der Zellen und des Parenchymsaftes der Organe be¬ 
ruht, dass somit ihre eigentliche Quelle lebendes Gewebe ist 
und dass das Blutserum wie die Lymphe die immunisirenden 
Stoffe nur transportiren, erscheint das Wesen der Immunität 
verständlicher, obschon die chemische Belichtung desselben noch 
eine Aufgabe der Zukunft bleibt. 

Gegenüber einigen Seuchen hat die künstliche Immunisirung 
des Körpers sowohl zu Heilzwecken wie zur Prophylaxis bereits 
die Probe, glänzend bestanden. Die Behandlung der Diphtherie 
des Menschen mit Beliring’schem Heilserum gehört zu den 
grossen Segnungen, welche die Menschheit der medicinischen 
Forschung verdankt. Auf thierärztlichem Gebiete ist die von 
Lorenz entdeckte Serumbehandlung der Rothlaufseuche bei 
Schweinen als ein wissenschaftlicher Erfolg ersten Ranges an¬ 
zusehen. Es gereicht der Veterinärwisseuschaft zu bleibendem 
Ruhm, dass es ihr gelungen ist, dieser unter den Schweinen in 
Deutschland sich ständig zeigenden Seuche Herr zu werden, 
nachdem dieselbe Jahrhunderte lang wie ein unabwendbares Ge¬ 
schick auf der landwirtschaftlichen (’ulturarbeit gelastet hat. 
Nach dem Ausspruche Löffler’s können wir ferner die be¬ 
gründete. Hoffnung auf die Entdeckung eines practisch verwert¬ 
baren Impfverfahrens zur Präventivbehandlung der Maul- und 
Klauenseuche hegen, womit der deutschen Landwirtschaft eine 
noch grössere Hilfe geleistet sein wird. 

Die Bekämpfung der Tuberculose des Rindes durch die An¬ 
wendung von Tuberculin ist bis jetzt noch erfolglos gewesen: 
bei der grossen landwirtschaftlichen Bedeutung dieser Infections¬ 
krankheit erscheint aber die Fortsetzung von therapeutischen 
Versuchen dringend wünschenswert. 

Nicht bloss durch die Einführung specitischer Antitoxine in 
die Heilmittellehre hat die experimentelle Therapie die Wege 
zur wirksamen Behandlung infectiöser Krankheiten gezeigt. Auch 
das uralte und zu keiner Zeit aufgegebene Bestreben der 
Medicin, den leidenden Körper von der krankmachenden Sub¬ 
stanz zu befreien (zu desinficiren), beschäftigte in den letzten 
Jahrzehnten die Forschung anhaltend. Die Wirksamkeit des 
Quecksilbers und des Chinins gegen gewisse menschliche Krank¬ 
heiten war bekannt. In der Thierheilkunde hat sich die Ein¬ 
verleibung von Jod als erfolgreich bei der Aktinomykose des 
Rindes erwiesen; das Mittel, welches durch die Blutcircnlation 
in die Organe gelangt, vermag in denselben den lnfoctionsstoff 
zu zerstören und die Krankheit zur vollständigen Abheilung zu 
bringen. 

Gegen das Kalbefieber odör die Geburtsparese der Kühe be¬ 
währt sich die Infusion von Jodlösung in das Euter vortrefflich. 

Durch die intravenöse Injection von Collargolum (Orede’sches 
lösliches Silber) sind die höchstwahrscheinlich durch das Ein¬ 
dringen von Streptokokken in das Blut verursachten beiden 
Allgemeinkrankheiten — die Blutfleckenkrankhe.it des Pferdes 
und das bösartige Catarrhalfieber des Rindes — mit vorzüglichem 
Heilerfolge zu behandeln. 


BERLINER THIERÄRZTLICI1E WOCHENSCHRIFT. 


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28 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 3. 


Vergessen dürfen wir bei diesem geschichtlichen Ueberblick 
nicht, dass die grossen Errungenschaften der Therapie, voA 
welchen hier nur einige berührt werden konnten, erst nach den 
erstaunlichen Fortschritten in der Physik und Chemie möglich 
gewesen sind. Die der gesummten Menschheit imponirenden 
bacteriologischen Entdeckungen der neuen Zeit konnten 
nur dadurch zu Stande kommen, dass die Construction 
des Mikroskops zu einer früher nicht geahnten Vollkommen¬ 
heit ausgebildet war und dass die Chemie die Materialien 
zur Färbung der Mikroben kennen gelehrt hatte. Im neuen Jahr¬ 
hundert wird auch die experimentelle Therapie für die Veterinär- 
Wissenschaft zunächst im Vordei gründe der Forschung bleiben. 

Nicht minder als mit der thierärztlichen Privatpraxis 
steht die veterinärwissenschaftliche Forschung in engem Zu¬ 
sammenhang mit dem öffentlichen Veterinärwesen, dessen zeit- 
gemässe Ausgestaltung kaum *25 Jalire zurückreicht. Dass die 
wichtigsten Viehseuchen — Rinderpest, Rotz, Lungenseuche, 
.Schafpocken — bei welchen die Heilversuche erfolglos blieben, 
mit umfassenden staatlichen Massregeln zu bekämpfen seien, 
waren die Thierärzte seit Jahrzehnten zu beantragen nicht 
müde geworden. Aber die Reform dieser für die Wohlfahrt 
der deutschen Landwirthschaft ausserordentlich wichtigen Gesetz¬ 
gebung ist in PreuB8en erst erreicht worden, nachdem 1874 das 
Veterinärwesen mit den thierärztlichen Hochschulen zu Berlin 
und Hannover der Verwaltung des Königlichen Landwirthschaft- 
iichen Ministeriums unterstellt war. Gern bewahren die Thier¬ 
ärzte dem Schöpfer des Preussischen Viehseuchengesetzes von 
1875, aus welchem das Reichs-Viehseuchengesetz hervorgegangen 
ist, dem verewigten Unter-Staatssecretär im Landwirthschaftlichen 
Ministerium Dr. von Marcard ein treues Gedenken. Denn 
diese Gesetzgebung hat nicht nur die wohlthätigsten Folgen 
tiir die deutsche Landwirthschaft, sondern auch einen fordernden 
Einfluss auf das thierärztliche Studium und die Stellung der 
deutschen Veterinärbeamten. 

Mit aufrichtigem Danke habe ich hervorzuheben, dass die 
beiden thierärztlichen Hochschulen in Preussen durch die Für¬ 
sorge des vorgeordneten Landwirthschaftlichen Ministeriums eine 
Zeitgemässe Vervollständigung erhalten haben. Für die Hoch¬ 
schule in Hannover ist ein vollständiger Neubau erstanden und 
für die Hochschule in Berlin sind die noch erforderlichen 
Institute theils im Bau begriffen, theils werden dieselben in den 
nächsten Jahren hergestellt. Auch für wissenschaftliche Arbeiten 
und insbesondere für die Erforschung der bei den Hausthieren 
auftretenden Seuchen und ihre Behandlung stellt die Königliche 
Staatsregierung reiche Geldmittel zur Verfügung. 

So beginnen wir das neue Jahrhundert mit der begründeten 
Hoffnung, dass in dem wichtigsten Gebiete des öffentlichen 
Veterinärwesens die thierärztliche Wissenschaft in ihrer Fort¬ 
entwickelung dem Nationalwolilstande des Vaterlandes erspriess- 
liche Dienste leisten, und dass ebenmässig den staatlichen 
Veterinärbeamten eine gesicherte und angesehene Stellung ge¬ 
geben sein w'ird. 

Als zweites Gebiet des öffentlichen Veterinärwesens ist die 
Fleischbeschau mit Einschluss der Untersuchung anderer ani¬ 
malischer Nahrungsmittel in den letzten 20 Jahren zu einer 
selbständigen Disciplin der Veterinärwissenschaft ausgebildet 
und für die Gesundheitspflege des Menschen unentbehrlich ge¬ 
worden. Sie verlangt nicht weniger, als die staatliche Veterinär¬ 
polizei von den thierärztlichen Beamten die Integrität des 


Characters und eine gründliche wissenschaftliche Ausbildung. 
Es ist zu hoffen, dass für die Beamten der Fleischbeschau recht 
bald eine für den ganzen Umfang des Deutschen Reichs gültige 
Instruction erlassen wird, welche die Entscheidung über die 
Verwendbarkeit des Fleisches abnorm befundener Schlacht- 
thiere einheitlich ordnet. 

Die gerichtliche Thierarzneikunde, deren wissenschaftliche 
Darstellung in der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts 
von Elias Veith begründet und von Gerl ach fortgeführt 
wurde, steht mit dem öffentlichen Veterinärwesen nur noch in 
loser Verbindung. Durch die Deutsche Civilprocessordnung von 
1877 wurde die in vielen Gesetzesbezirken obligatorisch ge¬ 
wesene Zuziehung des beamteten Thierarztes zur Begutachtung 
der im Handelsverkehr mit Hausthieren vorkoramenden tech¬ 
nischen Streitfragen beseitigt. Für die von den Gerichten ver¬ 
langten Gutachten sind demnach die Privatthierärzte den 
Veterinärbeamten grundsätzlich gleichgestellt. 

Das Bürgerliche Gesetzbuch vom 18. August 1896, welches 
vor wenigen Tagen für den ganzen Umfang des Deutschen 
Reiches in Geltung getreten ist, ordnet das Recht des Vieh¬ 
handels durch eine Reihe von Sonderbestimmungen, über welche 
die meisten Interessenten im gegebenen Falle erst von den 
Thierärzten aufgeklärt werden müssen. Es lässt sich voraus¬ 
sehen, dass einige Vorschriften, welche gewissermassen nur 
nebenbei aufgenommen wurden, in der Praxis das Uebergewicht 
erlangen. So ist dem Käufer anheimgestellt, zur Sicherung des 
Beweises wegen eines Mangels bei dem gekauften Thiere die 
Beweisaufnahme bei Gericht zu beantragen. Von dieser Be¬ 
fugnis« wird der Käufer zweifellos in der Regel Gebrauch 
machen. Damit erwächst den zur Begutachtung des bemängelten 
Thieres zugezogenen thierärztlichefi SachVetstüHdigeh ’ die"Atif-' 
gäbe, die Einigung der Parteien über den Gegenstand des 
Streites herbeizuführen. Es ist zu erwarten, dass die deutschen 
Thierärzte unter der Herrschaft des Bürgerlichen Gesetzbuchs 
an der Verhütung von lästigen und kostspieligen Rechtsstreitig¬ 
keiten wegen Mängel der gekauften Thiere mit gutem Erfolge 
beitragen werden. 

Aus dem abgeschlossenen Jahrhundert übernehmen hiernach 
im Deutschen Reiche die Veterinärwissenschaft und der Beruf 
der Thierärzte eine Reihe von Aufgaben, zu deren Erledigung 
die gegenwärtigen Normativbestimmungen für das Studium an 
den thierärztlichen Hochschulen und für die Prüfung der thier¬ 
ärztlichen Kandidaten nicht mehr ausreichen. Wenn schon vor 
mehreren Jahrzehnten die einsichtigen Thierärzte für noth- 
wendig erklärten, dass zum thierärztlichen Studium dieselbe 
Vorbildung wie zum ärztlichen Studium an den Universitäten 
zu verlangen sei, so hat diese Forderung gegenwärtig um so 
mehr Berechtigung, als inzwischen die Veterinärwissenschaft 
für die Landwirthschaft und die gesammte nationale Wohlfahrt 
eine grössere Bedeutung erlangt hat. 

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts haben die im prak¬ 
tischen Leben stehenden Thierärzte von Jahr zu Jahr und nicht 
ohne schliesslichen Erfolg darauf gedrungen, dass die schweren 
Viehseuchen durch energische Maassregeln und mit Entschädigung 
der betroffenen Besitzer zu unterdrücken seien. Mögen die 
Thierärzte auch in dem Anträge nicht erlahmen, dass das 
Gymnasial-Reifezeugniss für das Studium der Veterinärwissenschaft 
im Deutschen Reiche vorgeschrieben wird. Wir Alle haben 
mit den Thierärzten im Lande den dringenden Wunsch, dass 


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18. Januar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


29 


dieser unentbehrliche Fortschritt im Veterinürwesen sich bald 
verwirklicht. 

Meine Herren Studirenden! Festgefügt und zu imponirender 
Machtentfaltung geeinigt tritt die deutsche Nation in das neue 
Jahrhundert Was die Kraft unseres geeinten Vaterlandes für das 
Volkswohl, wie für die Wissenschaft und ihre Pflege bedeutet, 
das lehrt der Vergleich mit der Vergangenheit. Vor einem 
Jahrhundert entstand die Uebermacht des corsischen Eroberers, 
welche die Throne des europäischen Festlandes umstürzte und 
das Römische Reich deutscher Nation in Trümmer legte. Schwer 
hatte der preussische Staat zu leiden. Aber das Unglück Hess 
das feste Band zwischen dem preussischen Volke und der 
Hohenzollern-Monarchie nicht locker werden. „Meine Sache ist 
die Sache meines Volkes“, konnte der König mit Recht sagen. 
Nachdem in jahrelanger, harter Kriegsarbeit der Feind Deutsch¬ 
lands überwunden war, haben in Preussen die verbesserten 
Einrichtungen der Staatsverwaltung die Wiederaufnahme der 
wissenschaftlichen Arbeit möglich gemacht. Neue Hochschulen 
wurden gegründet und die alten zeitgemäss reformirt. Aber 
nicht blos die academischen Studien, sondern den gesammten 
Volksunterricht haben die Monarchen des Hohenzollernhauses 
im 19. Jahrhundert gepflegt. Durch die allgemeine Dienstpflicht 
und eine methodische Erziehung ist das preussische Heer 
reorganisirt worden. Mit demselben und unterstützt durch die 
Staatskunst Bismarck’s, des fähigsten Ministers, der jemals 
die Geschicke eines Volkes geleitet hat, wurde von dem 
grossen Könige Wilhelm I. die in Sagen und Dichtungen der 
edelsten deutschen Männer und besonders auch von der studiren¬ 
den Jugend ersehnte Einigung der deutschen Volksstämme zu 
einem machtvollen Reiche erkämpft. 

Im Besitze dieser Einheit und unter dem Schutze unseres 
erhabenen Kaisers und Königs vermögen auch wir an unserer 
Hochschule im kommenden Jahrhundert die Arbeiten des be¬ 
endeten Zeitabschnittes fortzusetzen. Jedem denkenden Menschen 
muss es eine Befriedigung gewähren, an der Erweiterung der 
thatsächlichen Wissensgebiete mitzuwirken und die Ergebnisse 
seiner Arbeiten für die Wohlfahrt des Landes nutzbar zu machen. 

In Preussen ist die Landwirtschaft die breite Grundlage 
eines gesunden Volkstlmras. Die Förderung derselben durch 
die Verwertung der veterinärwissenschaftlichen Erfahrungen zu 
unterstützen, liegt in unserem gemeinsamen Berufe. Sie, meine 
Herren Studirenden, tragen deshalb sowohl jetzt wie in Zukunft 
in sich selbst die Anregung, ihrer Pflichten und ihrer Stellung 
eingedenk zu sein. Ein bewuuderungswerthes Vorbild un¬ 
ermüdlichen Pflichtbewusstseins bietet uns Allen die Regierungs¬ 
arbeit Sr. Majestät unseres erhabenen Kaisers und Königs. In 
treuer Anhänglichkeit an das Herrscherhaus der Hohenzollern 
und mit patriotischem Stolze schliessen wir uns den unsenn 
Kaiser im Inlande wie im Auslande fortdauernd dargebrachteu 
Kundgebungen des Vertrauens und des Dankes an für die mit 
der Reichsmacht erzwungene Bewahrung des Weltfriedens, unter 
welchem das deutsche Volk in Wissenschaft und Kunst, Handel 
und Verkehr, Landwirtschaft und Industrie, sowie in der 
Steigerung des allgemeinen Wohlstandes prosperirt. Wir ge¬ 
loben auch heute, allezeit festzuhalten an der Liebe und Treue 
zum Herrscherhanse der Hohenzollern und bekräftigen unser 
Gelöbnis» mit dem Rufe: 

Se. Majestät, der deutsche Kaiser, König Wilhelm II. von 
Preussen: Hoch, Hoch und abermals Hoch! 


Referate. 

Ein Fall von Malaria beim Pferd. 

Von Dr. G. Guglielmi. 

(Clinica ve». 189«, II. 19.) 

Die Untersuchungen über die Parasiten der rothen Blut¬ 
zellen bei den Hausthieren sind neuesten Datums. In Italien 
wurden bisher publieirt im Jahre 1895 die Beobachtungen von 
Piana und Galli Val er io beim Hunde und diejenigen von 
Sanfelice und Loi über die Hämaturie der Rinder in Sardinien, 
im Jahre 1897 die Studien von Celli und Santori über die 
Hämoglobinurie der Rinder in der römischen Campagna. Die 
letzteren Beobachtungen wurden von Dionisi vervollständigt, 
welcher die anatomischen Veränderungen und das Blut der an 
der Krankheit eingegangenen Rinder untersuchte. Der Verfasser 
nimmt an, dass die Hämatinurie oder Hämoglobinurie der Rinder, 
vulgär „Blutpissen“ in den verschiedensten Gegenden Italiens 
(Apulien, Sardinien, im Agro romano etc.) ein und dieselbe 
Ursache hat, und diese Krankheit als Malaria zu betrachten ist. 

Auch über die Malaria der Pferde sind eine Reihe Be¬ 
obachtungen gemacht worden, welche auf Ruini, Lancisi, 
Hartei, d’Arboral, Percival und Coleman zurückreichen. 
Weitere Mittheilungen über diese Krankheit rühren von Röll, 
Hering, Clichy und Delwart, Rogston, Demoiseau und 
Nosotti, Bertacchi Andreis, Vimercäti und Peroncito 
her. 1898 beobachtete der russische Militärveterinär Popow 
sechs Malariafälle in einem Kosakenregiment am Kaukasus. 
Von französischen Veterinären haben Pierre im Sudan, 
Dupuy in Senegambien, Berard in Tunis über die Malaria 
oder das Sumpffieber des Pferdes berichtet. 

per Vgrf. prakticirt in einer Gegend, in welcher die 
Malaria des Menschen häutig ist. Im ebenen Theile des Terri¬ 
toriums befinden sich ausgedehnte Sümpfe, über welche die 
herrschende Windrichtung (Südost) hinwegstreicht. 

Das vom Verf. untersuchte Pferd war ein sechsjähriges 
Postpferd, welches manchmal stundenlang an einer kleinen 
Poststation in einer Malariagegend halten musste. 

Am 15. August bekundete das Pferd nachstehende Krank- 
heitserscheinnngen: blasse Schleimhäute, trockenes Maul, kleinen, 
frequenten Puls (60 p. M.), Temperatur 40° C. und auf der 
Hautoberfläche ungleichmässig vertheilt. Ohren und Extremitäten 
kalt. Respiration beschleunigt. Das Thier nahm kein Futter 
und hatte Koliksymptome. Letztere sollen auf die Anschwellung 
der Milz zurückzuführen sein. Das Fieber hatte einen inter- 
mittirenden Charakter mit Exacerbationen in den Abendstunden. 
Dasselbe wurde durch hypodermatische Injection von Chinin¬ 
salzen bekämpft. 

Die Heilung erfolgte nach 14 Tagen. 

In den während des Fiebers am Halse durch Hautstich 
aseptisch entnommenen Blutproben waren eine gewisse Zahl 
rother Blutzellen mit einem oder mehreren kleinen Körperchen 
enthalten. Dieselben waren im Centrum und manchmal im 
peripherischen Theil mit einem Pigmentfleck versehen. Derselbe 
war nicht immer vorhanden. Die grösseren Körperchen waren 
imbeweglich, die kleineren zeigten amöboide Bewegung. Die 
Fonh der Körperchen war verschieden, kreisrund, rundlich mit 
unregelmässigen Umrissen, ovoid, länglich, gekrümmt, stäbchen- 
artig, die Grösse betrug 1—2 ft. 

Gleiche Formen sowie Haufen von feinen, gelblich-braunen 
Körnchen, gemischt mit schwarzem Pigment fanden sich im 


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30 BERLINER TH1ERÄRZTLICI1E WOCHENSCHRIFT. No. 3. 


Blutplasma. Die Blutkörperchen zeigten in den Präparaten 
nach einiger Zeit Agglutination. 

Die specitische Behandlung des Falles bestand in der An¬ 
wendung von Chinin, sulfuric. und hydrochl. und zwar subcutan, 
intratracheal und per os, täglich in Dosen von 10 g. 

Die Vergleichung der beschriebenen Parasiten mit den 
Hämatozoen bei den malariakranken Menschen aus jener Gegend 
ergab l'ebereinstimmung in den Formen. 

Die rebertragnng der Malariap.irasiten auf Menschen und 
auf Vögel erfolgt nach den Untersuchungen von Ross. Grassi, 
Bignami und Koch durch einige Mückenarten (Anopheles 
claviger, vielleicht auch Culex penicillaris und (-. malariae), 
in deren Körper das Hümatozoon seine Entwicklung durchmacht. 
Die Rinder werden durch Zecken (Ixodes reticulatus oder 
reduvius) inticirt. in den Maluriafällen bei Rindern ist jedoch 
die Gegenwart dieser Hautparasiten nicht immer nachgewiesen 
worden. Auch beim Pferd steht der Beweis noch aus, dass die 
beschriebene Krankheit auf dem gleichen Wege ihre Entstehung 
findet. 

Ueber die Entdeckung des Pilzes des gelben Fiebers. 

(M. in cd. Worti. 45/99). 

.Sanarelli, Professor in Bologna, beschrieb vor längerer 
Zeit den Erreger des gelben Fiebers. Diese Entdeckung ver- 
anlasste die amerikanische Union, Sternberg mit weiteren 
Untersuchungen über den Bacillus resp. den Erreger des gelben 
Fiebers zu betrauen. Sternberg bezeichnete nach zehnjähriger 
Forschung einen Bacillus x als Erreger des Fiebers, der jedoch 
mit dem von Sanarelli beschriebenen Bacillus keine Aehnlich- 
keit hatte. Neuerdings veranlassten die Vereinigten Staaten 
die Aerzte Wasdin und Geddings, den Erreger des gelben 
Fiebers zu studiren. Diese Aerzte fassen ihre Ansicht 'über 
den Erreger des gelben Fiebers in folgendem .Schlussgutachten 
zusammen. 

1. Der von Prof. Sanarelli entdeckte und von ihm Bacillus 
icteroides genannte Microorganismus ist der Grund des gelben 
Fiebers. 

2. Das gelbe Fieber ist übertragbar auf bestimmte Thiere: 
der Grad variirt nach der Species: bei einigen Nagethieren 
folgt auf die locale Infectiou in rapider Weise die BJutiufection, 
und während bei Hunden und Kaninchen diese Blutinfection 
nicht so deutlich, reagiren die Affen deutlich wie der Mensch 
auf die Infectiou mit diesen Mioroben mit einer Blutinfection. 

3. Die Infectiou hat zuerst statt durch die lnspirationswege, 
und hier giebt sie Gelegenheit zur Localisation der Krankheit. 

4. In vielen Krankheitställen, wahrscheinlich in der Mehr¬ 
zahl, folgt auf die primäre Erkrankung der Lungen eine 
seeundäre Infectiou des Blutes des Erkrankten. Diese secundäre 
Infectiou kann durch den gleichzeitigen Uebertritt von anderen 
Microorganismen ins Blut complieirt sein, oder diese Complication 
kann auch in den letzten Stunden des Lebens erfolgen. 

5. Es sprechen keine Thatsachen für die Theorie Sana- j 
rellis, dass diese Krankheit primär eine Septicämie ist, weil 
es Fälle giebt, bei welchen sich der Bac. icteroides nicht im 
Blute finden lässt. 

(1. Es besteht kein eausaler Zusammenhang zwischen dem 
Bacillus Sternborg's und dieser schweren lufectionskranklieit. 
Der Bacillus x findet sich oft in dem Inhalt des Darms normaler 
Thiere und des Menschen, wie auch im Urin und in den Secreten ' 
der Bronchien. 


7. Soweit den Forschern bekannt, wurde der Bacillus 
icteroides niemals in Organismen gefunden, welche nicht durch 
Gelbfieber inficirt waren, und wenn auch die durch ihn hervor¬ 
gerufene Infectiou einige culturelle Aehnliehkeit mit anderen 
Microorgauismeninfectionen bieten kann, so ist sie doch charac- 
terisirt durch eine gut bestimmte Speeifität. 

8. Der Bac. icteroides ist sehr sensibel gegen antiseptische 
Substanzen, und es ergiebt sich daraus als sicher die leichte 
Anwendung chemischer und mechanischer Desinfectionsprocesse. 

11. Der Bac. icteroides ergiebt im Reagensglase wie beim 
Lebenden ein sehr mächtiges Toxin, und soweit wir bis jetzt 
wissen, existirt die Möglichkeit, ein Serum gegen die Krankheit 
zu gewinnen, welches wirksamer als das bisher von Sanarelli 
hergestellte ist. 

Zur vergleichenden Statistik des Cysticercus cellnlosae 
im Ange des Menschen nnd der Thiere. 

Von MathiaB Prettner, Schlachtbausthierarzt in Prag. 

(Thlerire l. Centralbl. 1898. H. 16) 

In dem Aufsatze werden zunächst eine Anzahl Mittheilungen 
aber das Vorkommen der Finnen im menschlichen Auge gemacht 
Der Erste, welcher eine Finne im Auge fand, soll vor 270 Jahren 
Adrian von der Spiegel gewesen sein. Die Finnenkrankheit 
des menschlichen Auges wurde jedoch erst in diesem Jahrhundert 
mit Sicherheit festgestellt. von Graefe berechnet für die 
Berliner Augenklinik das Vorkommen der Finnen bei etwa 1 pro 
mille aller Augenkranken. Prof. Hirschberg stellte unter 
60000 Augenkranken in den Jahren 1869 bis 1885 70 Fälle von 
Finnen fest; von 1886 bis 1889 beobachtete er bei 30000 Augen¬ 
kranken nur einen Fall. 1890 operirte Hirschberg einen 
Fall. Der Patient war aus Sachsen. Die Abnahme der 
Finnenkrankheit des Auges, welche sich in diesen kurzen 
statistischen Angaben ausprägt, führt H. mit Recht auf die 
intensivere Durchführung der Fleischbeschau zurück. 

Wie beim Menschen, so ist der Cysticercus cellulosae auch in 
den Augen der Schweine eine ziemliche Seltenheit. Verf. hat in 
einem Zeitraum von etwa drei Monaten von 400 finnigen 
Schweinen die Augenmuskeln, Augenlider und das Innere des 
Augapfels auf Finnen untersucht und folgendes Resultat bekommen: 
Im Augeninnern waren Finnen nur zwei Mal nachzuweisen; 
dieselben lagen subretinal. Die fraglichen Schweine beherbergten 
im Allgemeinen nur eine geringe Zahl von Finnen. In 20 Procent 
der Fälle waren Finnen in den Augenmuskeln nachzuweisen, be¬ 
sonders wenn Kau- und Halsmuskeln stark mit Blasenwürmern 
besetzt waren. Es handelte sich in diesen Fällen immer um 
starkflnnige Schweine. Bei 17 Schweinen fanden sich Finnen in 
den Augenlidern, und zwar sassen sie gewöhnlich in der Nähe 
des innern Augenwinkels. 

Aleohol nnd Händedesinfection. 

Von Tj ad e n. 

(Zell sehr. f. Qeburtah.) 

T. hat eine grosse Versuchsreihe angestellt, um den neuer¬ 
dings wieder mehrfach bestrittenen Werth des Alcohols als Hände- 
desinfectionsmittel zu prüfen. Seine Versuche sollten festslellen, 
was der Aleohol beim Sterilisiren der Hände leistet und wie er 
wirkt, ferner wie weit die gewonnenen Resultate auf die Praxis 
übertragen werden können. 

Aus der grossen Zahl der gewonnenen Resultate seien nur 
die folgenden hervorgehoben. Es gelang niemals mit Aleohol 
allein die Hände keimfrei zu machen. So fanden z. B. 

bei Aleohol. absol. unter 11 Versuchen 6 mal Keime. 

„ 96proc. Aleohol „ 58 „ 46 „ „ 


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18. Januar 1900. BERLINER TIIIERARZTLICIIE WOCHENSCHRIFT. 91 


bei 80proc. Alcohol unter 19 Versuchen 13 mal Keime. 

»> 50 » » »11 » 9 „ „ 

Diese Resultate weichen von denen anderer Autoren, besonders 
Ahlfeld’s, erheblich ab. 

T. prüfte ferner den Einfluss des Alcohols auf die ver¬ 
schiedenen Kokkenarten. Er fand hierbei grosse Verschieden¬ 
heiten unter den differenten Bacterienarten und konnte ferner 
nachweisen, dass 75proc. und 90proc. Alcohol eine stärker keim- 
tödtende Wirkung entfaltet als absoluter und 50proc. 

Endlich prüfte T. noch bei 102 Hebammen, wie sich die 
Hände nach der Alcoholdesinfection verhielten, und konnte unter 
402 Versuchen nur neun Mal keine Keime mehr nachweisen. 
T. schliesst hieraus, dass die Hände dieser Personen sich über¬ 
haupt nicht keimfrei machen lassen, wenigstens nicht durch die 
zur Zeit bekannten Mittel. T. weist ausserdem für Hessen 
statistisch nach, das seit Einführung der Desinfectionsvorschriften 
für Hebammen eine nennenswerthe Abnahme der puerpuralen 
Mortalität nicht zu constatiren ist. 


Tagesgeschichte. 

Ein Avantgardengefeoht. 

Im Reichstage ist bei der Etatsberathung unvermuthet 
bereits die Frage der Reifeforderung für Veterinärmediciuer zu 
einer vorläufigen Besprechung gelangt, die recht interessant 
war. Den Anstoss gab der Abgeordnete Dr. Müller-Sagan 
nnd die Discussion hatte nach dem amtlichen Stenogramm 
folgenden Wortlaut: 

Dr. Müller-Sagan, Abgeordneter: 

Meine Herren, ich habe mich zum Wort gemeldet, um eine 
andere Frage bei dem Herrn Staatssekretär (Trafen von 
Posadowsky hier änzuregen, die meiner Meinung nach g.inz 
besonders zeitgemäss ist, insofern dieses hohe Haus in der 
gegenwärtigen Tagung sich noch zu beschäftigen haben wird 
mit dem Fleischschangesetze, das ja doch mit dem Thierarznei¬ 
wesen, wenn auch nur in mittelbarer, so doch in inniger Be¬ 
ziehung steht. Für die Ermittlung unseres Veterinärwesens 
kommt doch wohl wesentlich in Betracht die Frage, welche An¬ 
sprüche an die Vorbildung derjenigen jungen Leute gestellt 
werden sollen, die zum • Veterinärstudium zugelassen werden. 
Meine Herren, aus den Kreisen der Thierärzte werden wir Jahr 
für Jahr mit Zuschriften überschüttet, in welchen verlangt, wird, 
dass für die Zulassung zum Studium auf den thierärztlichen 
Hochschulen das Reifezeugniss einer Vollanstalt, eines Gvm- 
uasiums oder eines Realgymnasiums, Bedingung sei; jeder, der 
mit den einschlägigen Verhältnissen nur einigermassen vertraut 
ist, wird zugeben müssen, dass diese Forderung sachlich durchaus 
gerechtfertigt ist. Die neuzeitliche Entwicklung der Natur¬ 
wissenschaften, der unvergleichliche Aufschwung der Anatomie 
und Physiologie, der Biologie und Morphologie, nicht nur des 
•Menschen, sondern auch der übrigen Lebewesen, insbesondere 
derer, welche für das Thierarzneiwesen in Frage kommen, stellt 
so hohe Anforderungen an das geistige Können der Veterinär- 
Studenten, dass kein vernünftiger Grund zu erkennen ist, weshalb 
ihre Vorbildung mit anderem Maasse gemessen wird, als diejenige 
anderer Hochschüler. Was die Thierärzte zu lernen und zu 
leisten haben, ist derartig, dass schlechterdings nicht abgesehen 
werden kann, warum für das Studium der Veterinärwissenschaften 
eine geringere Vorbildung verlangt wird als für das Studium 
der Mediciu. Meine Herren, der Unterschied zwischen Medicmer 
und Veterinär liegt doch eigentlich nur darin, dass die Objecte 


ihrer Thätigkeit nicht die gleichen, dass für den einen die 
Menschen, für den andern die Nutzthiere Gegenstand des 
Forschens und Könnens sind. Aber, wenn auch die wissen¬ 
schaftliche Materie eine verschiedene, die wissenschaftliche 
Methode ist doch die gleiche. Das Niveau der Thierarzneikunst 
hat sich in demselben Maasse gehoben, wie ihre Hilfswissen¬ 
schaften in Folge des allgemeinen Aufschwungs der Natur¬ 
wissenschaften gewachsen und gediehen sind. Denken Sie doch 
nur an das eine Gebiet der Bacteriologie, von dessen Er¬ 
forschung und Beherrschung der Erfolg eines Kampfes gegen 
die Viehseuchen in höchstem Maasse abhängig ist, so werden 
Sie doch zugeben müssen, dass die Anforderungen, welche an 
Geistesfähigkeit wie an Geistestüchtigkeit, an Wissen und Können 
desjenigen gestellt werden, der Erkrankungen unserer Thiere 
heilen und hindern soll, mindestens ebenso hohe, wenn auch 
nicht ebenso feine sind, wie desjenigen, welcher sich nur mit dem 
einen Lebewesen, nur mit dem Menschen, als dem Object seiner 
theoretischen Erforschung und seiner praktischen Bethätigung 
beschäftigt. Wenn dem aber so ist, wenn der Veterinär dem 
Mediciner ebenbürtig ist, ein Gebot der Gegenwart, das nicht 
länger vernachlässigt werden kann, dann muss, dann darf nicht 
länger zurückgehalten werden mit gesteigerten Ansprüchen 
an die Vorbildung derjenigen, welche zur thierärztlichen 
Hochschule übergehen wollen. (Zustimmung links.) 

Im Uebrigen, meine Herren, liegt es nicht nur im Interesse 
des Veterinärwesens, sondern ebenso des Veterinär Standes, 
dass das Zeugniss der Reife verlangt werde. In einem Staats¬ 
wesen wie dem unsrigen hat die Frage der Vorbildung auch 
eine gesellschaftliche Deutung. Heute noch spielen die 
Thierärzte, spielen schon die Veterinärstudenten eine unter¬ 
geordnete Rolle gegenüber den Medicinem und den übrigen 
Akademikern. Die Zöglinge einer thierärztlichen Hochschule 
werden von den Besuchern einer Universität oder eines Poly¬ 
technikums nicht als voll angesehen, und, meine Herren, diese 
Geringschätzung überträgt sich in das bürgerliche Leben hinein. 
Nun wollen aber doch die verbündeten Regierungen mit uns zu¬ 
sammen dem Veterinärwesen eine ausschlaggebende Stellung 
zuweisen für die Fleischversorgung der gesummten Bevölkerung 
des Reiches, eine Aufgabe, deren Bedeutung kaum überschätzt 
werden kann. Schon durch die Viehseuchengesetzgebung hatte 
die thierärztliche Thätigkeit an Umfang und Inhalt wesentlich 
gewonnen. Die gesellschaftliche Stellung der Thierärzte ist 
aber die alte geblieben, und zwar wesentlich deshalb, weil ihnen 
der Mangel einer vollanstaltlichen Vorbildung als dauernder 
Makel anhaftet in den Augen der urtheilslosen Menge. Können 
Sie es unter solchen Umständen den Thierärzten verargen, 
wenn sie sagen: da wir eben solches leisten sollen, wie unsere 
Coli egen von anderen Fakultäten, so gebt uns auch eine ent¬ 
sprechende gesellschaftliche Stellung, indem Ihr uns auch be¬ 
züglich der Vorbildung für die Hochschule den anderen 
Akademikern gleichstellt! 

Ich glaube, es wäre ernstester Erwägung werth, ob nicht, 
schon um eine gedeihlichere Wirksamkeit der Thierärzte als 
Glieder der Verwaltung zu ermöglichen, die Anforderungen an 
die Vorbildung derjenigen, welche die Thierärztliche Hochschule 
besuchen wollen, gleichgestellt werden müssen der Vorbildung 
derjenigen, welche Medicin oder Zoologie oder irgend eine andere 
Wissenschaft studiren wollen. Ich bitte den Herrn Staatssecretär, 
uns sagen zu wollen, wie er zu dieser Frage steht. Ein Ent¬ 
gegenkommen seinerseits in dieser Beziehung würde erst, recht 


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32 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 3 


zeigen, das« er ein moderner Mensch ist. (Heiterkeit nnd Zu¬ 
stimmung links.) 

Dr. Graf von Posadowsky-Wehner, Staatsminister, 
Staatssekretär des Innern, Stellvertreter des Reichskanzlers, 
Bevollmächtigter zum Bundesrath: Es ist zunächst eine Frage 
an mich gerichtet worden bezüglich der Verschärfung der Vor¬ 
bedingungen für die Vorbildung der Thierärzte. Es ist aller¬ 
dings kürzlich eine solche Petition an mich gelangt, und die 
Erwägungen darüber schweben noch. Ich erinnere aber daran, 
dass vor einigen Jahren — ich glaube, es war 1803 — gerade 
von Preussen aus gebeten wurde, die Vorbedingungen zu er- 
mässigen, wogegen sich allerdings im Reichstag lebhafter 
Widerspruch erhob. In Oesterreich hat man die Bedingungen 
verschärft; das hat aber die Folge gehabt, dass der Andrang 
zum thierärztlichen Beruf erheblich nachgelassen hat. Wer 
solche verschärften Examensbedingungen erfüllen kann und will, 
will sie dann wissenschaftlich-praktisch vielleicht am höher 
organisirten Wesen, an dem Menschen selbst, erproben und 
nicht am Thier. Ich glaube, dass, wenn wir eine wesentliche 
Verschärfung der Vorbedingungen für den thierärztlichen Beruf 
beschlössen, dann auch bei uns wahrscheinlich dieselbe Folge 
eintreten würde wie in Oesterreich. Es ist natürlich, dass ein 
Student, wenn er erheblich schärfere Bedingungen erfüllen soll 
zur Vorbereitung für den thierärztlichen Beruf, sich doch über¬ 
legt, ob er nicht lieber Arzt für die leidende Menschheit wird, 
wie Thierarzt. Die Petition ist zunächst dem Gesundheitsamt 
zur Aeusserung zugegangen; demnächst werde ich erst in der 
Lage sein, die Frage näher zu erörtern, zunächst mit der 
preussischen Regierung und später auch mit den übrigen Buiides- 
regieruugen. (Bravo! links). 

Dr. Oertel (Sachsen)', Abgeordneter: Meine Herren; *Svas : 
die Frage der Vorbildung der Thierärzte anlangt, so stehe ich 
persönlich durchaus auf dem Standpunkt des Herrn Abgeordneten 
Dr. Müller (Sagau), wenn ich mir auch nicht verhehlen kann, 
dass die von dem Herrn StaatssekretäV des Innern geäusserten 
Bedenken der Begründung nicht ganz entbehren. Nur das eine 
habe ich gegen die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr. 
Müller, dass er die Frage in Verbindung bringt mit dem 
Fleischschaugesetz. Zunächst wird das Fleischschaugesetz 
ja jetzt so behandelt, dass es vielleicht auf den St. Nimmerleins¬ 
tag vertagt werden wird. Andererseits werden wir aber die 
Fleischschau nie so einrichten können, dass sie unbedingt durch 
Thierärzte, die das Maturitätszeugniss erlangt haben, ausgeübt 
werden muss. Dazu werden wir die Thierärzte nicht haben 
können. Wir werden uns damit begnügen müssen, Leute zu 
verwenden, die keine Gyranasialbildung haben, sondern das Fleisch 
zu beschauen und zu beurtheilen verstehen. 

Dr. Müller - Sagan, Abgeordneter: Meine Herren, in 
Bezug auf die von mir angeregte Erhöhung der Anforderungen 
für die Zulassung zum Studium auf den Thierarzneischulen hat 
der Herr College Dr. Oertel gemeint, das Fleischschaugesetz 
sei von mir zu Unrecht mit dem Thierarzneiwesen in Beziehung 
gebracht worden. Nun hat ja der Herr Abgeordnete darin voll¬ 
ständig Recht, dass nun und nimmer mehr die Fleischschau von 
Thierärzten einzig und ausschliesslich wird durchgeführt werden 
können oder durchgeführt werden sollen; aber immerhin steht 
doch die thierärztliche Vorbildung in innigem Zusammenhang 
mit der Fleischschau, insofern die Thierärzte die berufenen 
Lehrer für diejenigen sind, die nachher die Fleischschau ge¬ 
werbsmässig ausüben sollen, und auch insofern, als sie ja im 


Falle einer auf Grund der Fleischschau errathenen oder er¬ 
wiesenen Seuchengefahr in entscheidender Weise zu Rath und 
That heranzuziehen sein werden. (Sehr richtig!) 

Der Herr Staatssecretär meinte, eine Erhöhung der An¬ 
forderungen für die Zulassung zum Veterinärstudium werde die 
Folge haben, dass in Zukunft die Zahl derer sich verringern 
werde, welche sich dem thierärztlichen Berufe widmen. Ich bin 
entgegengesetzter Auffassung. Wenn heute jemand die thier¬ 
ärztliche Hochschule besucht, dann wird er von den Commilitonen 
der Universität sowohl wie des Polytechnicums als „Viehmuse“ 
bespöttelt und als „Student zweiter Classe“ über die Achsel an¬ 
gesehen. Solche Missachtung ermuthigt nicht, ermuthigt am 
allerwenigsten zur Berufsfreudigkeit in einem Lebensalter, in 
welchem das Ehrgefühl ein besonders empfindliches, ja vielfach 
ein überempfindliches ist. Meine Herren, es ist doch ganz be¬ 
greiflich, dass die Schatten, welche auf die heutige Lebensbahn 
der Thierärzte fallen vom Beginne ihrer Studien auf der Hoch¬ 
schule bis zum Ende ihrer Veterinärpraxis, nicht gerade ge¬ 
eignet erscheinen, die strebsame Jugend zu verlocken, sich dem 
Thierarzueifach zu widmen. Wenn aber der Stand der Thier¬ 
ärzte gehoben würde durch Verschärfung der Bedingungen 
für die Zulassung zum Hochschulunterricht, durch ent¬ 
sprechende Erweiterung und Vertiefung dieses Hoch- 
schnlunterricht8 selbst, sowie durch Verbesserung der 
Einkommensverhältnisse nnd durch Anerkennung der vollen 
Gleichberechtigung zwischen Medicinern nnd Vete¬ 
rinären in Amt und Rang, dann würde es sicherlich nicht an 
genügendem und geeignetem Nachwuchs für das Thierarznei¬ 
wesen fehlen. Wenn der Herr Staatssecretär meint, jemand, 
der sich auf der Hochschule zu den steilsten Höhen wissen¬ 
schaftlicher Erkeuntniss erhoben habe, werde nachher sich nicht 
mit niedrigen Objecten der Thierarzneikunst, dem lieben Vieh, 
befassen wollen, sondern das höchste Wesen aus der Lebewelt, 
den Menschen, zum Object seiner Thätigkeit zu machen suchen, 
so möchte ich das doch bestreiten. Meine Herren, die Zahl 
derjenigen gründlich und tüchtig geschulten Naturforscher, 
welche der Zoologie dauernd treu bleiben, hat doch in der Neu¬ 
zeit beträchtlich zugenomraen. Es ist ja auch nicht die Be. 
thätigung, sondern es ist die Bewerthung der Bethätigung, 
die Geringschätzung derjenigen, welche sich mit dem Thier¬ 
arzneiwesen befassen, was von dem Veteriuärstudium zurück¬ 
schreckt. (Sehr richtig! links). 

Gerade um dies Vourtheil zu bekämpfen, gerade um dahin 
zu wirken, dass die Thierärzte zu dem Ansehen und zu der 
Stellung gelangen, die ihnen nach der Bedeutung ihres Berufes 
für das Gemeinwohl, auch nach dem für diesen Beruf unerläss¬ 
lichen Wissen und Können zukommen, möchte ich die ver¬ 
bündeten Regierungen dringend ersuchen, den Anregungen, die 
ich hier gegeben habe, doch näher zu treten und nicht sich 
abschrecken zu lassen durch ungünstige Erfahrungen, die 
vielleicht in einem anderen Lande unter anderen Verhältnissen 
gemacht sind. (Bravo! links.) 

Meine Herren, es kann doch keinem Zweifel unterliegen, 
dass gerade wir in Deutschland an akademisch Gebildeten, auch 
an „Gelehrtenproletariat“ grossen Ueberfluss haben. Diese Ueber- 
production zeigt schon ihre ersten Spuren in der Noth von Gym¬ 
nasial-, Realgymnasial- und Oberrealschulabiturienten, ihre Kennt¬ 
nisse nnd Fertigkeiten weiterznverwerthen. Erinnern Sie sich 
doch der Zeit, als noch der Staatssekretär Dr. von »Stephan 
die Geschicke des Reichspostwesens lenkte. Da drängten sich 


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18. Januar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


33 


in die Postlaufbahn, nicht nur in die höhere, sondern auch 
manchmal schon in die mittlere Candere so viele Abiturienten, 
dass viele Oberpostdirectionen sich für den höheren Postdienst 
solche Bewerber anssuchen konnten, die dass Zeugniss der Reife 
mit dem Prädikat „gut“ oder „sehr gut“ erworben hatten. 
Meine Herren, Sie werden doch nicht behaupten wollen, dass 
die Thätigkeit eines Postbeamten höheres Maass geistiger Be¬ 
fähigung und Durchbildung beanspruche als diejenige eines 
Thierarztes, eines modernen Thierarztes? Nein, meine Herren, 
die besten Kräfte sind für das heutige Thierarzneiwesen eben 
gut genug, und die jungen Leute, die heute ein gutes Reife- 
zeugniss von einem Gymnasium, einem Realgymnasium oder von 
einer Oberrealschule bringen, würden, angesichts der Ueber- 
fiillung anderer gelehrter Berufe, zweifellos sich auch zahlreich 
dem Thierarzneifache zuwenden, wenn sie wüssten, dass sie in 
diesem Fache eine solche Stellung und ein solches Einkommen 
erzielen könnten, wie auf dem Gebiete der Behandlung des 
Menschen in der Medicin. 

Also bitte, meine Herren, lassen Sie meine Anregung nicht 
unter den Tisch fallen, sondern treten Sie ihr näher! Wenn 
Sie beitragen zur Hebung des thierärztlichen Berufes, dann 
kann das nur von Vortheil sein für unser gesaramtes wirthschaft- j 
liches Leben, soweit es mit der Landwirthschaft und Vieh- ! 
zncht in Beziehung steht. Die Entseuchung unserer Vieh¬ 
bestände wird doch thatsächlich vielfach erschwert durch den 
Mangel an Einfluss von tüchtigen Thierärzten auf die Hand¬ 
habung der Gesetze. In der Viehseuchenkommission vor mehreren 
Jahren ist des öfteren gerade auf diesen Punkt hingewiesen 
worden; inzwischen, wenn immer die Frage der Seuchenbekämpfung 
in sachverständigen Kreisen erörtert wurde, sind vielfach Klagen 
über ' die Stellung der Thierdrzte laut geworden. Man wünscht 
ja aber doch aus den Kreisen der Thierärzte selber heraus, 
dass die Anforderungen für die Zulassung zum thierärztlichen 
Studium erhöht werden; in einer Menge von Briefen verlangen 
beamtete und nichtbeamtete Thierärzte aus den verschiedensten 
Theilen des Reichsgebietes, dass auch für den Besuch der thier¬ 
ärztlichen Hochschule, ebenso wie für Universität und Poly¬ 
technikum, die Zulassung abhängig gemacht werde von dem 
Zeugniss der Reife einer höheren Lehranstalt. Weshalb sollten 
die verbündeten Regierungen sich ablehnend verhalten gegen 
eine sachlich so berechtigte Forderung; warum nicht wenig¬ 
stens einen Versuch wagen in der Richtung, welche ich an¬ 
gedeutet habe? — 

Zunächst gebührt dem Herrn Abgeordneten Dr. Miiller- 
Sagan seitens aller Thierärzte der wärmste Dank und die rück¬ 
haltloseste Anerkennung. Seine Rede war mindestens eine der 
besten, die über diesen Gegenstand gehalten worden sind und 
gehalten werden können. Die Sachkenntnis und Objectivität 
derselben, der Hauch von kühlem Verstand und warmer Ueber- 
zengung, der seine Worte durchwehte, muss Eindruck machen. 

Es war gut, dass als Nebenmotiv auch einmal die ungerecht¬ 
fertigte Missachtung und Zurücksetzung der thierärztlichen 
Stellung leidenschaftslos geschildert und in ihren Wirkungen 
gekennzeichnet wurde. Dies konnte von Thierärzten selber nicht 
geschehen; es kostet uns das doch zu viel Selbstüberwindung. Es 
wird vielleicht auch Manchen beim Lesen der Rede überrieseln. 
Aber das hilft nichts. Will man etwas bessern, so darf man 
nichts beschönigen. Der Herr Redner hat nichts beschönigt, 
aber auch mit keinem Worte übertrieben und er hat auch die , 


Emplindungen richtig getroffen, welche die thierärztliche Lauf¬ 
bahn begleiten vom Studenten bis zum Professor. Symptomatisch 
und erfreulich war es, dass dem Mitglied der Linken ein Mit¬ 
glied der Rechten, der sächsische Abgeordnete Oertel, secundirte, 
wenn auch nur mit kurzen Worten. Wir haben Grund zu der 
Annahme, dass die Erhöhung der thierärztlichen Vorbildung in 
landwirtschaftlichen Kreisen sehr weitgehende Sympathieen ge¬ 
wonnen hat. 

Die Aensserung des Herrn Staatssecretärs kann man wohl 
nur als eine hinhaltende auffassen. Erfreulich ist die Mit¬ 
teilung, dass die an den Herm Staatssecretär gelangte Petition 
(gemeint ist die bekannte Eingabe des Veterinärrathes) dem 
Kaiserlichen Gesundheitsamte zur Begutachtung übergeben ist. 
Im übrigen sollte die Aeusserung ersichtlich nicht einen be¬ 
stimmten Standpunkt bezeichnen und nur zeigen, dass die An¬ 
gelegenheit doch auch Bedenken begegnen könne. 

Wollte man darüber diskutiren, so würden gerade die 
geäusserten Bedenken sich sehr leicht widerlegen lassen. 
Der Standpunkt, dass man um der Verschiedenheit des Kunst¬ 
objects willen nicht Thierarzt werde, wenn man Arzt werden 
könne, ist schon von Herrn Dr. Müller beleuchtet worden. 
Der thierärztliche Stand schafft übrigens früher, sehr viel 
früher und sicherer, als heutzutage der ärztliche, eine gesicherte 
Existenz, welche „gesellschaftlich“ der des Arztes nicht nach¬ 
zustehen braucht. Die Beseitigung dieses Vorurtheils würde 
auch gerade durch die besprochenen Reformen am sichersten 
erzielt werden. Uebrigeus schätzt man doch die Berufe nicht 
danach ein, ob sie sich direct mit Menschen beschäftigen. Dann 
müssten ja die Techniker besonders unglücklich daran sein, die 
sich blos mit Maschinen befassen. Sie arbeiten aber nicht 
minder, zu Nutz und Frommen der Menschen und das thun die 
Thierärzte auch. Die ärztliche Praxis ist auch für jeden 
Kennpr in mehr als einer Beziehung durchaus nicht etwa an- 
genelyner als die thierärztliche. Auf dem Lande schätzt man 
schon jetzt durchschnittlich den einen nicht höher als den anderen. 

Aber man braucht den Thierarzt mit dem Arzt ja auch gar 
nicht zu vergleichen, am allerwenigsten als Heiler. Das Heilen 
ist ja für den Thierarzt fast nur noch — allerdings die an¬ 
genehmste und befriedigendste — Nebenarbeit. Die Veterinär¬ 
polizei, die Fleischschau, die Bacteriologie, die Berathung der 
Landwirthe in der Thierhygiene; die wissenschaftliche Forschung 
und die öffentlichen Aufgaben, welche die Veterinärmedizin hat, 
sind ja das aussclilaggebende geworden, sowohl für die Leistungen 
und Stellung des Standes, wie für die Anforderungen an die 
Bildung. 

Wenig Bedeutung hat es, wenn Preussen 1893 im Bundes- 
ratlie einen Antrag sogar auf Herabsetzung der thierärztlichen 
Vorbildung gestellt hat. Einmal ist dieser Antrag erfolgt um 
den Oberrealschulen Boden zu verschaffen und es kamen dabei 
die Verhältnisse des Veteriuärwesens erst in 2. Linie. Zweitens 
ist dieser Antrag doch schon damals recht allein geblieben und 
ist gewesen. Soll aber Vergangenes geltend gemacht werden, 
so können die Thierärzte erst recht darauf hinweisen, dass 1892 
bereits im preussischen Ministerium sich die meisten Stimmen 
für das Abiturientenexamen ausgesprochen hatten. Die Ministerien 
der Landwirthschaft, des Krieges (v. Verdy) und des Cultus 
waren jedenfalls darüber einig. Warum trotzdem wenige Monate 
später der „Schulantrag“ kam, ist anscheinend ziemlich bekannt. 

Was endlich Oesterreich anbetrifft, so kann damit gar nichts 
bewiesen werden (ebenso wie wir uns bei unsrer Bitte nur sehr 


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34 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 3. 


bedingungsweise auf Oesterreich berufen haben). Einmal ist 
ein Absinken der Frequenz in den ersten Jahrgängen nach Er¬ 
höhung der Vorbildung beinahe eine Nothwendigkeit und in 
Oesterreich befindet man sich noch in dieser IJebergangszeit. 
Aber auch wenn es sich um eine dauernde Abnahme in Oester¬ 
reich handelte, würde dies für Deutschland gar keine Schlüsse 
gestatten, denn in Oesterreich krankt der thierärztliche Stand 
nicht bloss im Ansehen, sondern in seiner wirtschaftlichen 
Stellung an dem in Deutschland unbekannten Kurschmiedethum. 
Mit diesem Verhältniss steht die Erhöhung der Vorbildung aller¬ 
dings in einem zu grossen Contrast. Das Abiturientenexamen 
in Oesterreich bleibt eine halbe Massregel, von der man daher 
keinen ganzen Erfolg erwarten kann. Eben desshalb erstreben 
wir ja jetzt ganze Arbeit, denn auch die 1878 gewährte 
Primanerbildung war eine halbe Massregel. und erst 
von der vollen Ausbildung mit ihren Wirkungen ist der volle 
Erfolg zu erwarten. 

Das Veterinärwesen im preussischen Etat für 1900. 

Die wichtigste Neuigkeit ist der Abschluss der Gehalts- 
Regulirung der Departementsthierärzte. Der Etat führt 
an, dass die in den letzten drei Jahren bei 24 Regierungen 
durchgefnhrte Heranziehung der Departeinentsthierärzte zur un¬ 
mittelbaren Bearbeitung der veterinärpolizeilichen Angelegen¬ 
heiten in der Regierungsinstanz sich bewährt hat. Dieselbe 
soll daher auch bei den übrigen Regierungen durchgeführt 
werden. Da hier jedoch der Geschäftsumfang geringer und 
durch denselben die Zeit des Departementsthierarztes nicht voll 
in Anspruch genommen ist, so besteht nicht die Absicht, 
diese Stellen zu vollbesoldeten zu machen. Es soll aber 
diesen Departementsthierärzten Für ihre vermehrte amtliche Be¬ 
schäftigung eine Stellenzulage von durchschnittlich 1500 bis 
höchstens 2000 M. gewährt werden, wofür 13 500 M. für neun 
Departeinentsthierärzte gefordert werden. Die in Betracht 
kommenden Regierungsbezirke sind sämmtliche sechs hanno¬ 
versche, zwei pommersche (Stralsund und Oüslin) und ein säch¬ 
sischer (Erfurt). Abgesehen von den zwei hannoverschen 
Stellen, die im Nebenamt verwaltet werden (Hannover und 
Hildesheim) werden also künftig sieben festangestellte Departe¬ 
mentsthierärzte als nicht vollbesoldete Beamte mit einem nicht 
pensionsfähigen festen Einkommen von ca. 2400 M. eine beson- 
Gruppe bilden. Die Verhältnisse' werden sich selbstverständlich 
so gestalten, dass künftig im Allgemeinen neu ernannte Depar¬ 
tementsthierärzte in diese kleineren Stellen einrücken, während 
den Inhabern dieser Stellen die spätere Versetzung in voll¬ 
besoldete Stellen offen gehalten wird, schon um ihnen ebenfalls 
die Erreichung der Pensionsberechtigung zu ermöglichen. 

Der Etat der Veterinärbeamten gestaltet sich nunmehr wie 
folgt: 24 vollbesoldete, pensionsberechtigte Departementsthier¬ 
ärzte bei den Regierungen mit 3600—4800 Mark und Wohnungs¬ 
geld, ausserdem 1 desgl. als Hülfsarbeiter beim Ministerium, 
ein Veterinärphysikus für Schleswig (Anstellung stammt aus der 
Occupation8zeit) mit 5400 Mark (1200 Mark für die Verwaltung 
von 2 Kreisen), 9 Departementsthierärzte mit durchschnittlich 
2400 Mark (900 -f- durchschnittlich 1500), 1 (der von Berlin) 
mit 1800 Mark. — Kreisthierarztstellen sind errichtet 486, wo¬ 
von 28 von Departementsthierärzten in Nebenamt verwaltet 
werden. Mithin sind 458 Kreisthierärzte an gest ellt. 

Bei den thierärztlichen Hochschulen hat sich im laufenden 
Etat nicht wesentliches geändert. Dagegen befinden sich unter 
den einmaligen Ausgaben die Bewilligung für 2 Neubauten. 


Für den Neubau eines anatomischen Instituts an der Ber¬ 
liner thierärztlichen Hochschule sind 308 000 Mark bewilligt 
(eine Summe, für die sich ein sehr schönes Institut wird schaffen 
lassen). Der Bau ist auf 3 Jahre berechnet, beginnt im Falle 
der Bewilligung des Postens also im April 1900, und es ist für 
das laufende Jahr eine erste Baurate von 120 000 Mark be¬ 
willigt. 

Die thierärztliche Hochschule zu Hannover erhält schliess¬ 
lich auch noch ihr hygienisches Institut. Die Kosten desselben 
(ohne innere Einrichtung) sind auf 127 000 Mark veranschlagt 
und im vollen Betrage in den Etat eingestellt. 

Dass der Fond für Erforschung der Thierseuchen, der im 
Vorjahr mit 80 000 Mark neugeschatfen wurde, auch diesmal im 
Etat erscheint, ist selbstverständlich. 

Ein neuer Fleiechschau-Skandal. 

ln Berlin werden die hier natürlich überaus grossen Mengen 
des beanstandeten Fleisches einer Anstalt überwiesen, wo das¬ 
selbe gekocht, gepökelt, sterilisirt oder ausgeschmolzen werden 
soll. Der Betrieb dieser Anstalt und die Verwerthung des 
umgewandelten Fleisches ist — an einen Privatmann verpachtet. 
Durch einen Zufall hat sich herausgestellt, dass in dieser Kocli- 
anstalt die unglaublichste Wirthschaft geherrscht hat. Die 
Fleischerzeitung, welche diese Dinge intim kennen und kaum 
übertreiben wird, ergänzt die schon in alle Zeitungen gedrungenen 
Mittheilungen durch folgende interessanten Details: Vor 
mehreren Monaten hatte die Fleischerinnung beim Polizeipräsi¬ 
dium Beschwerde erhoben uud darauf hingewiesen, dass in der 
Kochanstalt nicht alles in Ordnung zugehe. Darauf war ihr 
die Aufforderung zugegangen, bestimmte Angaben zu machen, 
was nicht möglich war. Da fällt, vor dem Hause eines Darin- 
händlers ein Fass vom Wagen, platzt und enthüllt seinen In¬ 
halt, mit dem Beanstandungsstempel der Fleischschau versehenes 
rohes Fleisch, welches nur aus der famosen ,.Koch -“Anstalt 
herrühren konnte. Und diesem elenden Zufall ist nach dem 
Bericht der Fleischerzeitung, die nunmehrige Ermittelung zu 
verdanken, dass täglich zehn bis zwölf Ctr. Fleisch mit Liefer¬ 
scheinen des Pächters der Kochanstalt an verschiedene Ab¬ 
nehmer in rohem, oder ganz ungenügend präparirtem Zustande 
abgegeben worden ist. Unter den Abnehmern sollen sich Namen 
finden, „die in Erstaunen setzen“, u. A. auch „ein grosses Volks¬ 
restaurant“. Es ist schon erwiesen, dass seit langer Zeit ein 
schwungvoller Handel mit solchem rohem Fleisch getrieben 
worden ist. 

Dieses Fleisch stammte von tuberculösen und namentlich von 
finnigen Rindern. Es war in Wirklichkeit oder nach den be¬ 
stehenden Anschauungen zur menschlichen Nahrung untauglich 
und in hohem oder geringem Grade geeignet die menschliche 
Gesundheit zu gefährden. 

Es war jedenfalls wegen seiner Qualität seinen rechts- 
mässigen Eigentümern confiscirt, um den Verkehr entzogen zn 
werden. Es ist ein unerhörter Scandal, dass es trotzdem in den 
Verkehr gelangte. 

Die städtische Fleischschau ist eine sehr kostspielige Ein¬ 
richtung. Es ist z. B. auch von dem Abgeordneten Langer- 
lians im Landtage anerkannt, dass die Kosten im wesentlichen 
die Landwirtschaft trägt. Die Frage wird vielfach noch nicht 
als abgeschlossen betrachtet, ob der dadurch für die menschliche 
Gesundheitspflege erreichte Vortheil wirklich im Verhältniss 
steht zu dem auf viele. Millionen sich belaufenden Kostenaufwand 


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18. Januar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICIIE WOCHENSCHRIFT. 


35 


und zu den umfassenden Fleischvernichtungen. Namentlich die 
neuerdings so erschreckend sich mehrenden Vernichtungen 
(Kochungen) von Rindern wegen Finnen sind in dieser Be¬ 
ziehung recht umstritten. Es ist den Landwirthen nicht zu ver¬ 
denken. wenn die ihnen zugeFiigten Verluste — seien sie nun 
uothweudig oder nicht — eine grosse Missstimmung hervor- 
rufen. Diese Stimmung muss sich in tiefe Erbitterung ver¬ 
wandeln, wenn sie erfahren, dass das ihnen abgenommene Fleisch 
nun doch, zum Nutzen Anderer, in den Verkehr gelangt. 

Noch unmittelbarer ist natürlich das städtische Publicum 
betroffen, welches sich durch die unzweifelhaft vorzüglich functio- 
nirende Fleischschau in Sicherheit gewiegt fühlt, und nun hört, 
dass alle Maassnahmen der Fleischschau illusorisch gemacht 
werden. 

Dieser Zustand kann die ganze Fleischschau discreditiren 
und tlieils verächtlich, theils verhasst machen. Schon ein 
einzelner umfangreicher Fall bedeutet viel. Aber es liegen 
solche Fälle schon von einer Anzahl von Schlachthöfen vor. wo 
unsaubere Vorgänge bei der Verwendung des beanstandeten 
Fleisches die Gerichte beschäftigten; es sei nur an Han¬ 
nover und Elbing erinnert. Auf den l'mfang klar erwiesener 
Betrügereien kommt es dabei noch weniger an, als auf die That- | 
sache, dass alle diese Processe genug ergaben, um dem Publicum ; 
ein berechtigtes Misstrauen gegen die ganze Institution einzu- 
flössen. 

In der Häufung dieser Fälle gerade an grossen Schlacht¬ 
höfen liegt aber auch ein Hinweis für die Beurtheilung derselben. 

| 

Die Thierärzte haben Gott sei Dank mit diesem neuesten i 

I 

Fleischschauscandal auch nicht die entfernteste Berührung. Sie 
haben in Berlin lediglich des zur Nahrung ungeeignete Fleisch ■ 
zu ermitteln, nicht aber für dessen vorschriftsmässige Behänd- j 
lnng zu sorgen. Aber auch andern einzelnen Beamten der Auf- J 
Sichtsbehörde ein wesentliches Verschulden aufzubürden, würde : 

— das hebt auch die Fleischerzeitung ganz zutreffend hervor — j 
kaum richtig sein. Und vor allem würde, wenn man sich damit j 
begnügt, damit gar nichts gebessert. 

Der Fehler liegt im System und bei jeder neuen Institution , 

— die Fleischschau ist eine solche — müssen erst Erfahrungen 
gemacht werden, bevor das System ein vollkommenes werden 
kann. Deshalb soll auch nicht auf die Organisatoren des bis- j 
herigen Systems gescholten, sondern es soll nur verlangt werden, | 
dass die jetzt zur Genüge gemachten deprimirenden Erfahrungen j 
rücksichtslos und gründlich benutzt werden und endlich eine j 
Aenderung des Systems herbeigeführt wird. 

Es wird darauf Bedacht zu nehmen sein, die Controle über ! 
das weitere Schicksal des beanstandeten Fleisches überall denk¬ 
bar scharf und vielseitig zu gestalten. Vor allem aber werden 
doch Einrichtungen nicht länger als haltbar erscheinen, wie sie 
in Berlin bisher bestanden haben. Es ist wohl ein Unicum und 
muss von vornherein ein schweres Bedenken erregen, wenn die 
Ausführung rigoroser, weil in das Eigentlmm eingreifender 
polizeilicher Massnahmen einem Privatmann verpachtet wird, 
der selber ein pecuniäres Interesse an der Umgehung jener | 
Massnahmen hat. Es erscheint daher ganz unthunlich, dass die j 
Verwandlung des auf Grund behördlicher Anordnung he- 1 
austandeten Roh-Fleisches in gekochte, sterilisirte und gepökelte 
Waare einem Privatmann überlassen wird, nachdem die Er- ^ 
fahrung erwiesen hat, dass dabei Unterschleife auch durch ge¬ 
wissenhafte Controle nicht verhindert werden können, ganz 
abgesehen davon, ob die Controle selbst verlässlich genug ist. 


Es kann verlangt werden, dass, wie die Beanstandung des 
Fleisches selbst durch Beamte besorgt wird, auch die Behand¬ 
lung dieses Fleisches selber als Amtshandlung angesehen und 
nicht Gegenstand privater Ausnutzung wird. Eine Anstalt 
zur Vernichtung, Kochung. Sterälisirung und Ausschmelzung von 
beanstandeten Fleisch muss ein integrirender Theil des Schlacht¬ 
hofes sein und im Betrieb der Verwaltung selber sich befinden, 
nicht aber an einen Privatmann verpachtet sein. Wenn amtlich 
darüber Buch geführt werden kann, welche Quantitäten roh 
hinein und welche präparirt herauskommen, so werden Unter- 
schleife nicht möglich, und dabei kann dann auch wirklich 
controlirt werden, ob die Kochung, Pökelung etc vorschrifts- 
mässig ausgeführt worden ist. Höchstens könnte, nachdem 
Seitens der Verwaltung für vorschriftsmässige Behandlung des 
beanstandeten Fleisches gesorgt worden ist, die Abnahme des 
fertig gekochten etc. Materials an einen General-Unternehmer 
zur Einzelverwerthung vergeben werden. 

Aber das einzig Richtige ist es, dass Zubereitung und Ver¬ 
kauf des beanstandeten Fleisches unter amtlicher Controle er¬ 
folgt, wie dies in allen »Städten geschieht, die eben zu diesem 
Zweck mit ihrem Schlachthof eine „Freibank“ verbunden haben. 

Von 358 preussischen Schlachthäusern sind nur noch 45 
ohne Freibank, darunter Berlin. Hier hat sich die Communal- 
verwaltung bisher hartnäckig ablehnend gegen die Errichtung 
einer Freibank erwiesen. Bestände eine solche, so könnten der¬ 
artige „Unregelmässigkeiten“ schlechterdings nicht Vorkommen. 

Der neueste Fall sollte dem Magistrat wie dem Publikum 
und auch den Schlächtern (welche im Geschäftsinteresse der 
Freibank ebenfalls theilweise widersprechen) zeigen, dass die 
Errichtung einer Freibank gerade in einer Gressstadt für alle 
Theile das sicherste und beste ist. Es wäre namentlich zweck¬ 
mässig, wenn die Berliner Bürger endlich selbst anfingen, sich 
mit dieser sie so sehr interessirenden Frage zu beschäftigen 
und auf die Errichtung einer communalen Freibank energisch zu 
drücken. Wie die „Fleischerzeitung“ mittheilt, ist die „Koch¬ 
anstalt“ bereits zur Neuverpachtung ausgeschrieben. Es wäre 
daher an der Zeit, sofort Schritte zu thun, damit ähnliche Ver¬ 
träge wie bisher nicht mehr abgeschlossen, vielmehr der Betrieb 
der Kochanstalt in städtische Verwaltung übernommen und mit 
einer städtischen Freibank verbunden wird. 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen. 

Ausbrüche: Regensburg am 13. und Magdeburg (Viehhof) 
am 11. Januar. — Tn München ist die Seuche unter Rindern 
ausgebrochen und erloschen; unter »Schweinen ausgebrochen. — 
Ausbrüche und zugleich das Wiedererlöschen der Seuche ist 
gemeldet aus: Nürnberg am 12., Mannheim am 12. bezw. 13., 
Sachsenhausen bei Frankfurt a. M. am 10. -13. Januar. Er¬ 
loschen ist die »Seuche in Dresden am 13. Januar. 

Bücheranzeigen und Kritiken. 

Fröhner, Lehrbuch der allgemeinen Therapie. 2. Auflage 1900 
Verlag von Ferdinand Enke, »Stuttgart. Preis brosch. M., 
gbd. 7.— M. 

Das Buch hat in der 2. Auflage eine völlig neue Gestalt 
angenommen. Es ist in jeder Beziehung erweitert und ver¬ 
bessert worden. 

Der Leser wird durch eine kurze Geschichte der Therapie 
eingeführt. Die Kapitel sind mit pathologischen und physiolo¬ 
gischen Bemerkungen ansgestattet. Als eine beiuerkenswerthe 
Bereicherung ist weiter zu betrachten, dass den diätetischen, 
mechanischen und besonders operativen Behandlungsmethoden 


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36 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 3. 


in der vorliegenden Auflage der entsprechende Raum gewährt 
wird. Die sorgfältigste Berücksichtigung ist den beiden neuen 
grossen Errungenschaften auf dein Gebiete der Heilkunst, der 
Semmtherapic und der aseptischen Wundbehandlung zutheil 
geworden. Somit kann die 2. Auflage der allgemeinen Therapie 
aufs Beste empfohlen werden. 

Möller und Frick. Lehrbuch der Chirurgie für Thierärzte. 

I. Band: Allgemeine Chirurgie und Operationslehre, 2.Auflage 181)9. 

II. Band: Specielle Chirurgie, 3. Auflage 1900. Verlag von 
Ferdinand Enke-Stuttgart. Preis cpl.brosch.36. — M., gbd.40.— M. 

Der stetig fortschreitende Ausbau der Specialgebiete in der 
medicinischen Wissenschaft veranlasst in neuerer Zeit auch die 
Autoren der Veterinär-Chirurgie das Princip der Arbeitstheilnng 
anzuwenden. Diesem Gebrauche Folge gebend, hat sich Möller 
bei der Neubearbeitung seines Lehrbuchs der Chirurgie mit dem 
Professor für Chirurgie an der thierärztlichen Hochschule in 
Hannover verbunden. Kein Anderer dürfte sich zum Mitarbeiter 
Möllers besser qualificiren als Frick, da er aus der Möller- 
schen Schule hervorgegangen ist. Es muss anerkannt werden, 
dass die Verfasser ihre Aufgabe vollkommen gelöst habei^ Das 
Lehrbuch hat durch die Arbeitsteilung an Gründlichkeit und 
Vertiefung gewonnen, ohne dass die Einheitlichkeit des Werkes 
zu Schaden gekommen ist. 

Von der allgemeinen Chirurgie, welche in zweiter Auflage 
vorliegt, hat Frick die Bearbeitung der Geschwülste und der 
allgemeinen Entzündungsformen übernommen. Neu aufgenommen 
ist in diesen Band eine Abhandlung über die chronischen Ent¬ 
zündungsformen. Die chronischen Infectionskrankheiten haben 
ihren Platz bei diesem Kapitel gefunden, während sie in der 
ersten Auflage unter die Geschwülste eingereiht waren. 

Der II. Band, welcher die specielle Chirurgie enthält, hat 
in seiner jetzt erschienenen dritten Auflage ebenfalls eine wesent¬ 
liche Bereicherung erfahren. Vielfache Zusätze und Ver¬ 
änderungen zeigen, dass die Resultate von neuen wissenschaft¬ 
lichen Untersuchungen gebührend gewürdigt worden sind. Dabei 
kommt aber die Materie, welche dem Praktiker besonders 
werth sein muss, keineswegs zu kurz. Einer gänzlichen Neu¬ 
bearbeitung wurden unterzogen: Die Abschnitte über die Krank¬ 
heiten der Milchdrüsen, Klauenleiden und Druckschäden bei 
Rindern, Nervenlähmungen am Hinterschenkel. 

Es ist zu bedauern, dass die in den frühem Auflagen an 
der Spitze der Kapitel befindlichen Literaturangaben weggelassen 
worden sind, um eine geringe Vergrösserung des Buchumfanges 
zu vermeiden. 

Das Gesammtwerk bildet in seinen beiden stattlichen Bänden 
eine auf der Höhe der Zeit stehende Veterinär-Chirurgie, die bei 
den Fachgenossen eine warme Aufnahme finden wird. 

Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Kreisthierarzt a. D. Birrenbaeh-Miilhcim 
(Rhein) ist der Rothe Adlerorden IV. Kl. und dem Kreisthierarzt 
a. D. Schubert-Steglitz (Berlin), bisher in Kreuzburg (Oberschles.), 
der Königliche Kronenorden IV. KI. — verliehen worden. 

Ernennungen: Nach Theilung der bisherigen Kreisthierarztstelle 
Metz ist die Kreisthierarztstelle Metz-West dem bisherigen Kreis¬ 
thierarzt Haas übertragen und in die Kreisthierarztstelle Metz-Ost 
zum 1. Februar der Kreisthierarzt Tirolf aus Bolchen versetzt 
worden. Der Assistent Ho sang vom Pathologischen Institut der 
Berliner Thierärztlichen Hochschule zum Repetitor und der Ross¬ 
arzt a. D. Gutzeit-Goldberg bezw. Halle) zum Assistenten an 


demselben Institut. Thierarzt Baum-Friedeberg (bzw. Czarnikau) 
zum interimistischen Kreisthierarzt in Gostyn. 

Die in No. 2 gemeldete Besetzung der Thierarztstelle in Witt¬ 
stock mit Thierarzt Grabe bezieht sich auf die Privatpraxis und 
nicht auf die Schlachtbofstelle. 

Approbationen: in Berlin die Herren Hermann Hölscher, 
Richard Hollandt und Rudolph Ifland; in Giessen M. Schlaak. 

Das Examen als beamtete Thierärzte für Hessen haben 
bestanden die Tbierärztc Chr. Hollerbach, Dr. Kick und 
W. Kn eil, letzterer Assistent am Anatom. Institut der Berliner 
Thierärztl. Hochschule. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die 
Thierärzte Dinter von Schönwalde nach Neumarkt (Schles.), 
W. Feuereissen-Dresden nach Grimma als bezirksthierärztlicher 
Assistent, Köhler-Hirschberg nach Bremen (Schlachthof), E. Lange - 
Dresden als Stud. rer. nat. nach Giessen. — Thierarzt Heinrich 
Schick (1899) hat sich in Rheinberg (Rheinland) und Thierarzt 
Schlaak in Giessen niedergelassen. 

Todesfälle: Rossarzt Alwig-Stettin, die Thierärzte Kassclt- 
Leipzig und Kurth-Freienwalde (Oder), Stabsrossarzt a. D. Marten- 
Schneidemühl, Thierarzt Richter-Kollm (Sachs.), Thierarzt Roh- 
werder-Münder (Deister), Oberaratsthierarzt a. D. Seibold- 
Oehringen, Bezirksthierarzt Uhlich-Chemnitz. 

Yacanzen. 

Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Gumbinnen: Grenzthierarztassistentenstelle zu Stallupönen mit 
dem Wohnsitz in Eydtkuhnen (1600 M. und Privatpraxis). Meid, 
beim Regierungspräsidenten. — R.-B. Schleswig: Eiderstedt, 
zunächst coinm. Gehalt 600 M. Bewerb, bis zum 18. Januar 1900 
an den Regierungspräsidenten in Schleswig. — R.-B. Trier: Kreis¬ 
thierarztassistentenstelle (900 M.). Bew. an den Regierungs¬ 
präsidenten. — Elsass-Lothringen: Kreis Bolchen (600 M. und 
700 M. Reisekosten-Aversum). Bew. bei dem Ministerium, Abth. 
für Landwirtbsehaft. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Arnsberg: Lippstadt. — R.-B. Danzig: Carthaus. 

Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Dessau: SchlachthofasBistenzthierarzt (1500 M., Wohnung etc.) 

— Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt sofort. (1800 M. steigend 
bis 3300 M. und 300 M. Wohnungsentschädigung.) Meldungen beim 
Magistrat. — Hannover: IV. Thierarztstelle am Schlachthof. — 
Königsberg i. P.: Schlachthofthierarzt zum 1. März (2000 M., 
Wohnung etc.) Bewerbungen bis 29. Januar an den Director. — 
Markneukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
zum 1. Mai 1900. (2400 M., keine Praxis.) Bewerb, bis 20. Jan. an 
den Stadtrath. — Thorn: 2. Thicrarzt am Schlachthof (ca. 2000 M., 
keine Pension.) Bewerbungen bis 24. Januar an den Magistrat. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — Eckernförde: Schlacht¬ 
hofinspector. — Essen (Ruhr): 3. Schlachthofthierarzt — Fi lehne. 
Schlachthofinspector. — Friedrichsthal (Kr. Saarbrücken): Thier¬ 
arzt für Fleischbeschau. — Hirschberg (Schlesien): Schlachthof¬ 
vorsteher zum 1. März. — Liegnitz: Schlachthofassistcnzthierarzt. 

— Militsch: Schlachthofinspector. — Norderney: Schlachthof¬ 
inspector. — Ostrowo: Schlachthofinspector. — Po Ben: ein 1. und 

1 ein 2. Schlachthofthierarzt. — Spremberg: Schlachthofinspector. — 

| Tempelburg: Schlachthausinspector. — Trier: Schlachthofhilfs- 
I thierarzt zum 1. März. 

Privatstellen : 1899 bekannt gegebene: ABbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Augustusburg: Städt. Thierarzt sofort (720 M. Fixum. 
Privatpraxis). — Festenberg. — Hirschberg (Saale): Thierarzt 
(1000 M. Fixum). Bew. an den Stadtgemeindevorstand. — Kera- 
berg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck 
(Westpr.). Lasdehnen (Kr. Pillkallcn). — Murrhardt. — 
Naunhof bei Leipzig: Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau. 
Bewerbungen sofort an den Stadtgemeinderath. — Schönbaum 
(Danzig). — Soldau (Ostpr.): Thierarzt für Praxis (300 M. Zu¬ 
schuss). Bewerbungen beim Magistrat. 

Besetzt: Kreisthierarztstellen in Gostyn (int.) und Limburg, 
Mctz-O., Mctz-W. 


Verantwortlich für den Inhalt (excL Inseratenteil): Pro t Dr. 8cbmaltz in Berlin. — Verlag und Eigentum von Richard Scboetz ln Berlin. — Druck von W. Büxenstein, Berlin. 


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Die „Berliner Thierlrxtllche Wochemchrift“ erscheint 
wöchentlich in Stärke von mindestens l>/ t Bogen. Diesetbe 
ist iQ beziehen durch den Buchhandel, die Post (No 1088) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard 
8choetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von 
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Berliner 


Orlglnalbeltrlce werden mit 60 U. fOr den Bonn honorlrt. 
Alle Manuacripte, Mittheilungen und redaktionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thieHLrztliche Hochschule, NW, Luisenstrasse 66. 
Correcturen, Becensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
to gen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 

* Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Loisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. 



Ausgegeben am 25. Jannar. 


Inhalt: Jost: Beiträge zur Rothlaufschutzimpfung. — Eschbaum : Ueber gubcutane Injcctionen. — Referate: 

H u t c h e o n: Bösartiges Malariafieber beim Hunde. — Regenbogen: Versuche mit Epikarin bei der Behandlung der 
Hunderäude. — Kasparek: Beitrag zur Prophylaxis der Lungenwurmseucbe. — Koch: Erster Bericht über die Thätigkeit 
der Malaria-Expedition. Aufenthalt in Grosetto vom 25. April bis 1. August 1899. — Shiga: Ueber den Dysentericbacillus 
(Bacillus dysenteriae). — Therapeutische Notizen. — Tagesgeschicbtc: Einige Betrachtungen über die tierärztlichen 
Verhältnisse in Oesterreich. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Fleischschau und Viehverkehr. — 
Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Personalien. — Vacanzen. 


Beiträge zur Rothlaufschutzimpfung. 

Von 

H. Jsst, 

Assistent »m Kgl. Thierzrznel-lnstitut Göttingen. 

In einem in No. 51 Jahrgang 1899 der Deutschen Thier- 
ärztlichen Wochenschrift von Dr. med. Casper-Höchst ver¬ 
öffentlichten Artikel, „das Höchster Schweinerothlaufsernm“ 
(Susserin) giebt der Verfasser auf Grund seiner eigenen Be¬ 
obachtungen und Versuche in anerkennenswerther Weise Auf¬ 
klärung über einige bis jetzt beobachtete Begleiterscheinungen 
der Su88erinimpfung, erwähnt insbesondere die Folgekrankheit 
des Rothlaufs, die Endocarditis, welche hin und wieder geeignet 
ist, die Impfungen in Misscredit zu bringen, beantwortet alsdann 
die Anfragen über etwaige Gefahren der Susserinimpfung sowohl 
für Saugferkel als auch Für hochtragende Thiere und beschäftigt 
sich im Anschluss an diese Erläuterungen eingehender mit den 
bis jetzt vorhandenen Veröffentlichungen über die Erfahrungen 
mit Susserinimpftmgen. 

Zum Tlieil bestätigend, zum Theil ergänzend möchte ich im 
Nachfolgenden diesen Erörterungen einige Erfahrungen ans dem 
Praxisbezirk des hiesigen Thierarznei-Institutes hinzufügen. 

Da Begleiterscheinungen nach Susserinimpfungen meinerseits 
bei den über 400 mit Sasserin geimpften Schweinen nicht 
beobachtet wurden, gehe ich über diesen Punkt hinweg, um einen 
vou mir beobachteten Fall von Endocarditis mitzutheilen. 

In einem Gehöfte waren zwei Schweine an Rothlauf er¬ 
krankt, das eine so hochgradig, dass der Besitzer bereits die 
Hoffnung auf Rettung aufgegeben, das andere unter wenig aus¬ 
geprägten Krankheitserscheinungen. Das leicht erkrankte Thier 
sollte mit der Heildosis Susserin geimpft werden, während man 
das bereits aufgegebene Schwein seinem Schicksal überlassen 
wollte. Erst auf mein Zurathen wurde, obgleich auch ich eine 
Heilung kaum für möglich hielt, versuchsweise auch das letztere 
geimpft. Beide Thiere genasen nach einigen Tagen, und keine 
Erscheinungen deuteten in den nächsten Wochen darauf hin, dass 
die Rothlauferkrankung irgend welche nachtheiligen Folgen zurück¬ 
gelassen haben könnte. Etwa fünf Wochen nach der Impfung 
wurde das damals schwer erkrankte Thier unter blaurother 


Färbung des Cadavers plötzlich verendet im Stalle vorgefunden. 
Der Besitzer vermnthete Rothlauf, die Section ergab jedoch 
keinen Anhaltspunkt hierfür, dagegen eine ansgeprägte 
Endocarditis, die zweifellos den apoplektisch erfolgten Tod 
herbeigefiihrt hatte. Das Susserin hatte damals seine Wirkung 
als Heilmittel voll und ganz gethan, der Entwicklung dieses 
organischen Herzleidens, der Folgekrankheit des Rothlaufes, 
konnte es selbstverständlich keinen Einhalt gebieten. 

Bezüglich der Dauer der Immunität nach Susserinimpfüng 
ohne Culturinjection, beobachtete ich, dass in einem Bestände, 
wo 19 Schweine mit Susserin ohne Culturen und drei Schweine 
nach Lorenz (also mit Culturen) die Schutzimpfung erhielten, 
etwf^*fünf Wochen nach der Impfung drei an Rothlauf verendeten 
und 16 unter verdächtigen Erscheinungen nothgeschlachtet werden 
mussten. Die drei am Leben gebliebenen Thiere waren nach 
Lorenz geimpft, während die erkrankten und verendeten Thiere 
Susserin ohne Culturen erhalten hatten. Noch in zwei anderen 
Gehöften wurde die gleiche Beobachtung gemacht, ein weiterer 
Beweis dafür, dass die Susserinimpfung ohne Culturen eine 
Immunität von nicht länger als 3—4 Wochen hervorruft. 

Zum ersten Male seit meiner dreijährigen Impfthätigkeit 
konnte ich im November v. J. in Bezug auf die Immunität von 
nach Lorenz geimpften Schweinen in einem Falle feststellen, 
bei welchem in einem Schweinebestande von 58 Stück trotz 
der erst fünf Monate vorher nach Lorenz’scher Methode mit 
zweimaliger Culturinjection vorgenomraenen Impfung zwei Stück 
an Rothlauf verendeten und fünf unter verdächtigen Erschei¬ 
nungen nothgeschlachtet werden mussten; also von 1600 Stück 
in drei Jahren nach Lorenz ansgeführten Impfungen acht 
Fehlschläge. 

Die im Herbst v. J. in einem thierärztlichen Verein 
Preussens seitens eines Collegen aufgeworfene Frage, ob Gefahr 
für jlie nach Lorenz geimpften Thiere vorhanden sei, wenn 
man die zweite Culturinjection später als 14 Tage nach der 
ersten ausführe, kann ich, da eine diesbezügliche Auskunft bis 
dato nicht erfolgt ist, dahin beantworten, dass ich in einem 
Schweinebestande nach voransgegangenem günstigen Versuche 
und mit besonderer Genehmigung des Besitzers erst vier Wochen 


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38 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4. 


nach der ersten Cultnreinspritzung die zweite vornahm, ohne 
dass diese Verzögerung den Thieren irgend welche Nachtheile 
gebracht hätte. 

In Bezug auf die andere von Oasper näher besprochene 
Frage der Susserin-Impfung hochtragender Thiere babe ich trotz 
vielfacher Impfungen von Zuchtthieren in den verschiedensten 
Stadien der Trächtigkeit in keinem Falle die Beobachtung 
gemacht, dass die Impfung ohne Culturen jemals AbortUB her¬ 
beigeführt hätte, ja selbst dann nicht, wenn die Impfung nur 
wenige Tage vor Ablauf der Trächtigkeitszeit ausgeführt wurde. 

Auch die Culturinjectiouen, wenn nach Lorenz geimpft 
wurde, haben in den von mir beobachteten Fällen bis jetzt 
niemals hochtragenden Sauen in irgend welcher Weise geschadet. 
Häufig genug wird der der Impfung zugeschobene Abortus auf 
äussere, mechanische Insulte zurückzuführen sein, die in Folge 
der Widerspenstigkeit grösserer Thiere während des Impfactes 
oft unvermeidlich sind; vielleicht lässt sich die nach der 
Impfung hin und wieder beobachtete Lähmung im Kreuze der 
Impflinge, der steife Gang derselben und die Schwellung der 
Hinterbeine mit diesem Gewaltact in sehr vielen Fällen in enge 
Verbindung bringen. 

Im Anschluss an seine rein sachlichen Erläuterungen, zu 
denen ich im Obigen einige Beiträge zu liefern suchte, unter¬ 
zieht Casper in dem erwähnten Artikel die beiden Veröffent¬ 
lichungen von Bar an ski-Stralsund, No. 39, Jahrg. 1899, und 
Jost-Göttingen, No. 41, Jahrg. 1899 der B. T. W., einer näheren 
Betrachtung, die mich, soweit sie meine Ausführungen berührt, 
zu nachstehenden Erklärungen veranlasst: 

Am Eingehendsten beschäftigt sich Casper mit dem von 
mir damals in pass. 12 meines Artikels mitgetheilten Falle, 
einer „Susserin-Impfung von besonderem Interesse“, wo acht 
Stunden nach der Impfung zwei vorher anscheinend gesunde 
Schweine am Rothlanf verendet und zwei erkrankt im Stalle 
vorgefunden wurden, und bemerkt hierzu: „Jost hat offenbar 
Anfangs den Verdacht gehabt, dass das Susserin denselben 
(Rothlauf) verschuldet habe, und sich wolil vorgestellt, es 
könnten in dem Susserin virulente Rothlaufkeime enthalten sein, 
denn er übergab eine Susserinprobe dem hygienischen Institut 
behufs eingehender bacteriologischer Untersuchung.“ 

Hierzu erkläre ich, dass ich weder anfangs noch nachträg¬ 
lich diesen von Casper vermutheten Verdacht gehabt habe, 
und dass ich sofort im Einverständniss mit Herrn Geh. R. 
Esser nach Beendigung der von mir in Gegenwart des Be¬ 
sitzers und eines Collegen gemachten Section des rothlaufver- 
endeten Schweines im Gegensatz zur Meinung des anwesenden 
Collegen dem Besitzer die ganz bestimmte, auf meiner Ueber- 
zeugnng beruhende Erklärung gab, der Tod und die Erkrankung 
der rothlaufinficirten Thiere könne aus den verschiedensten 
Gründen nicht durch die Susserin-Impfung veranlasst worden sein. 

Zur weiteren Bestätigung meines Urtheils, und um sowohl 
den Collegen und den Besitzer zu überzeugen, dass das Susserin 
hier gar nicht in Verdacht kommen könne, übergab ich eine 
Susserinprobe dem hiesigen hygienischen Institut zur eingehen¬ 
den Untersuchung unter der Voraussetzung, dass die Unter¬ 
suchung auf Rothlaufbacterien ein negatives Resultat haben und 
mir somit ein weiteres Beweismittel für meine Behauptung 
gegen den Besitzer in die Hand geben würde. Die Unter¬ 
suchung des Susserins schien schon aus diesem Grunde im 
Interesse der Sache geboten, denn der Besitzer, einer der ein¬ 
flussreichsten Rittergutspächter in hiesiger Gegend, beabsichtigte, 


im Falle die Gefahrlosigkeit des Impfstoffes nicht hinreichend 
nachgewiesen, diesen unglücklichen Zufall in der landwirt¬ 
schaftlichen Presse zu veröffentlichen, und hätte somit, wenn 
auch nur vorübergehend, gerade z. Z. der Impfperiode das Miss¬ 
trauen, welches immer den neueren Mitteln entgegengebracht 
wird, genährt und so der Sache in hiesiger Gegend sehr geschadet. 

Nicht allein aus diesem Grunde, sondern auch mit dem 
Bemerken, auf andere Mikroorganismen zu fahnden, mit denen 
das Susserin zufälliger Weise hätte verunreinigt sein und eine 
schädliche Wirkung hervorrufen können, übergab ich die Probe 
zur Untersuchung. 

Die Muthma8sung Casper’s bezüglich meines Verdachtes 
dürfte somit auf irrigen Voraussetzungen beruhen. Wenn ich 
im Anschluss an dieses Ereigniss damals ein bereits bestelltes 
Quantum Susserin bei den Höchster Farbwerken abbestellte, so 
geschah dies nicht etwa deshalb, wie man vielleicht weiter ver- 
muthet hat — weil ich gegen das Susserin misstrauisch ge¬ 
worden sein könnte, sondern aus dem Grunde, weil in Folge 
dieses unliebsamen Ereignisses trotz aller meiner Versuche zur 
Aufklärung einige Besitzer die vorher bestellten Susserin- 
Impfungen schleunigst rückgängig machten. Erst nach vielen 
Bemühungen in landwirthschaftlichen Vereinen gelang es mir 
mit der Zeit, das Misstrauen gegen das Susserin einigermassen 
zu beseitigen und weitere Impfungen mit demselben in hiesiger 
Gegend auszuführen. 

Dass übrigens vielfach und massenhafte Bacterien, zum 
' Theil auch solche, welche Mäuse tödten, wenn auch nicht in 
dieser Probe, so doch bei anderen Prüfungen im Susserin ge¬ 
funden worden sind, hat Lorenz in seiner Veröffentlichung: 
„Zur Frage der Rothlaufschutzimpfung“ in No. 49, Seite 631, 
Jahrgang 1899 der Zeitschrift für die landwirthschaftlichen 
Vereine des Grossherzogthums Hessen auf das Bestimmteste 
erklärt und ist bereit, für diese seine Behauptung jederzeit den 
Beweis zu liefern. 

Da bei mir der Verdacht, dass die plötzliche Rothlauf- 
erkrankung der vier in Frage kommenden Thiere durch die 
subcutane Einverleibung von Susserin entstanden sei, gar nicht 
bestand, wie auch aus meinem Artikel deutlich hervorgeht, und 
ich Anhaltspunkte genug hatte, die gegen diesen Verdacht 
sprachen (vergl. pass. 14 meines Artikels), lag gar keine be¬ 
sondere Veranlassung vor, mich noch ausserdem auf die Ver¬ 
suche von Schütz, Schottelius, Kitt, Bang, Lorenz, 
Pr ei 8 z u. a. zu berufen. Dass durch subcutane Ipjection hoch¬ 
virulenter Culturen Rothlauferkrankung resp. Tod, wenn diese 
Art der Infection überhaupt gelingt, erst nach 3—4 Tagen her¬ 
beigeführt werden können, war mir nicht allein ebenso gut wie 
Herrn Casper aus der einschlägigen Litteratur bekannt, 
sondern ich hatte sogar durch die im Jahre 1897 und im Sommer 
v. J. in Gemeinschaft mit meinem Chef, Herrn Geh.-Rath 
Esser, und dem derzeitigen Leiter des hygienischen Institutes, 
Privatdocenten Dr. med. Reichenbach, im hiesigen Thier¬ 
arznei-Institute von mir ausgeführten Versuche über künstliche 
Rothlaufinfection mittelst subcutaner Einverleibung der ver¬ 
schiedensten Quantitäten hochvirulenter Culturen hinreichend 
Gelegenheit, selbst diesbezügliche Beobachtungen zu machen, 
auf die ich mich nöthigenfalls noch hätte stützen können. 
Das Letztere wäre auch ganz sicher meinerseits geschehen, 
wenn ich beim Schreiben meines Artikels hätte ahnen können, 
dass mir Casper aus reiner Muthmassung irgend einen Verdacht 
unterschieben würde. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


25. Januar 1900. 


Die von Casper in seinem Artikel gegebene Deutnng 
meiner damals mitgetheilten Beobachtang freut mich insofern, 
als sie eine vollständige, fast wörtliche Bestätigung meiner 
Auslegung ist, wie ich sie s. Z. dem Besitzer gegenüber aus 
voller Ueberzeugung machte, und wie sie auch mit nachfolgendem 
Wortlaute in pass. 14 und 15 meines Artikels enthalten ist. 
Es heisst darin: 

„Da mit derselben Operationsnummer „Susserin“ und 
an demselben Nachmittage in zwei anderen Schweine¬ 
beständen geimpft worden war, ohne dass Misserfolge zu 
verzeichnen gewesen wären, da ferner die übrigen 68 ge¬ 
impften Thiere des fraglichen Bestandes gesund geblieben 
waren, und da ausserdem nach Verabreichung einer drei¬ 
fachen Dosis desselben Susserins das kranke Thier wieder 
gesund geworden, konnte bei objectiver Betrachtung dieses 
Vorfalles der Tod und die Erkrankung der 4 Thiere 
nicht auf eine schädliche Einwirkung des Susserins zurück¬ 
geführt werden u. s. w. 

Dem durch diese Verluste gegen die Impfung mit 
SuBserin misstrauisch gewordenen Besitzer konnte dieses 
unliebsame Ereigniss nur in der Weise erklärt werden, 
dass die nach der Impfung verendeten und erkrankten 
Thiere, trotzdem sie am Tage der Impfung keinerlei 
Krankheitserscheinungen zeigten, doch bereits mit Roth- 
lauf inficirt waren. Infolge dessen reichte die Schutzdosis 
Susserin nicht aus, um der Rothlauferkrankung Einhalt zu 
gebieten u. s. w.“ 

Dies war meine Erklärung über den Fall, ganz unabhängig 
von der Auslegung Casper’s; ich hatte also nicht nöthig, auch 
wenn es Casper vermuthet, dem Besitzer gegenüber gegen 
meine Ueberzeugnng zu sprechen resp. demselben, nur damit er 
beruhigt wäre, die Sache „plausibel“ zu machen, ganz abgesehen 
davon, dass es jederzeit meine Gewohnheit ist, auch in kritischen 
Fällen Jedermann gegenüber — ohne persönlich zu werden — 
überzeugungsgetreu meine Meinung zu äussern, und dass für 
mich keine besondere Veranlassung vorlag, vielleicht nur zu 
Gunsten des Susserins meine Ueberzeugung zu verheimlichen 
resp. anders zu reden, als ich gedacht hätte. Ich veröffentlichte 
diesen Fall, weil er mir als ein aussergewöhnlicher und darum 
auffallender erschien, und um neben meiner Meinung über den¬ 
selben in objectiver Weise auch andere Ansichten zu hören, 
damit er auch den Zweiflern durch die verschiedenartige Be¬ 
leuchtung klar würde. 

Die von Casper mit seiner Erklärung empfohlenen Messun¬ 
gen der Körpertemperatur in Schweinebeständen, wo zwar noch 
keine sichtbaren Krankheitserscheinungen bei den Thieren vor¬ 
handen sind, aber der Verdacht der Ansteckung vorliegt, er¬ 
scheinen zur Aufklärung und Vermeidung der kurz nach der 
Impfung auftretenden Rothlauferkrankungen und Todesfälle sehr 
gerechtfertigt: in praxi, besonders bei Impfungen grösserer Be¬ 
stände, werden dieselben jedoch kaum durclizuführen sein. Der 
Aufwand an Zeit, Mühe und Hilfspersonal würde die au und 
für sich für den Besitzer schon kostspieligen Rothlaufimpfungen 
um ein ganz Erhebliches vertheuern, ganz abgesehen davon, 
dass der vielbeschäftigte Praktiker gerade zur Zeit der Impf¬ 
periode durch diese Messungen viel zu sehr in Anspruch ge¬ 
nommen würde. 


39 

Ueber subcutane Injectionen. 

Von 

Dr. Friedlich Etchbaum. 

Dass die Dosirungsfrage noch sehr im Argen liegt, ist von 
einsichtigen Pharmakologen und Klinikern grade in den letzten 
Jahren mehrfach hervorgehoben worden. Ein bereits vor Jahren 
von mir bearbeiteter Theil der Dosirungsfrage, das Studium der 
Tropfenbildung uud des Tropfengewichtes hat gezeigt, dass die 
bisher übliche Tropfendosirung nicht nur ungenau und schlecht, 
sondern direct falsch ist und für den Patienten, wie den Arzt 
höchst verhängnissvoll werden kann. 

Fast noch wichtiger als die Dosirung der Tropfeu- 
medicinen ist die der subcutanen Injectionen. Die als 
Grammspritzen im Umlauf befindlichen Subcutanspritzen ent¬ 
halten nur selten, sagen wir lieber nur zufällig einmal ein 
Gramm Wasser oder 1 ccm Flüssigkeit; die meisten weichen 
mehr oder weniger davon ab, eine Thatsache, die den, der die 
Fabrikation kennt, nicht erstaunen machen kann. Die Glas¬ 
röhren, die zu den Pravazspritzen verwendet werden, werden 
nämlich fast ausschliesslich durch Ausziehen hergestellt: dabei 
kann man ihnen nur ein annäherndes Lumen geben; das Lumen 
einer ausgezogenen Glasröhre ist auch an ihren verschiedenen 
Stellen verschieden gross. Da nun die Angabe des Spritzen¬ 
inhaltes sowie die Eintheilung in Yio ccm au ^ ^ em Metallstempel, 
der eine bestimmte Länge hat, sich befiudet, zu dem dann auch 
Glasröhren von bestimmter dazu passender Länge, aber mit ver¬ 
schieden grossem Lumen verwendet werden, ist es schlechter¬ 
dings nicht möglich, dass der Inhalt der Spritzen den auf dem 
Stempel angegebenen Zahlen entspricht. 

Die durch Guss zu Subcutanspritzen hergestellten Glasröhren 
können auch nicht stimmen, denn die Form bedingt nur den 
äusseren Umfang der Röhre, die Weite des Lumens ist. von 
der Menge des verwendeten geschmolzenen Glases abhängig. 

Bei der nachfolgenden Inhaltsbestimmung der Spritzen wurde 
folgendermassen verfahren: Die Spritze wurde vollgezogen mit 
destilliitem Wasser von annähernd 15° C., etwaige Luftblasen 
durch Abspritzen entfernt und mit Wasser vollgezogen, sodass 
also die Spritze ganz gefüllt war; nun wurde die Canüle auf¬ 
gesetzt und der Stempel der mit der Nadel nach oben gerichteten 
Spritze so weit vorgedrückt, dass nur ein kleines Tröpfchen 
Flüssigkeit an der Nadel austrat. Der ganze Inhalt, bezw. ein 
bestimmter Theil wurde dann auf eine feine Handwage gespritzt 
und gewogen. Die mir zur Verfügung stehenden Subcutan¬ 
spritzen ergaben folgende Zahlen: 

1. 1 ccm Spritze, Nickelfassung. 

Ganze Spritze 1,15 ccm, 

Stempel auf Theilstrich 10 eingestellt: 1,10 statt 1,00, 
8 Theilstriche 0,88 statt 0,80, 

5 ,, 0,55 „ 0,50, 

3 „ 0,34 „ 0,30. 

2. 1 ccm Spritze, Hartgummi (billige Waare). 

Stempel lässt sich nur bis 0,5 statt bis 0 eindrücken. 
Ganze Spritze 0,92 statt 1,00, 

8 Theilstriche 0,835 „ 0,80, 

5 „ 0,52 „ 0,50, 

3 „ 0,315 „ 0,30. 

3. 1 ccm Spritze nach Georg Meyer. 

Ganze Spritze 1,165, 

8 Theilstriche 0,93, 

5 „ 0,60, 

3 „ 0,345. 


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40 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4. 


4. 1 ccm Spritze nach Strohschein. 1 

Ganze Spritze 1,00, 

8 Theilstriche 0,80, 

5 „ 0,50, 

3 „ 0,30. 

5. Lewin’sche Sublimatspritze. 

Ganze Spritze 2,4, 

8 Theilstriche 1,89, 

5 „ 1A 

3 „ 0,71. 

G. 1 ccm Spritze nach Roux-Paris. 

Stempel lässt sich nur bis 0,8 drücken statt bis 0. 
Ganze Spritze 1,05, 

Stempel auf 10 gestellt 0,96 statt 1,00, 

8 Theilstriche 0,94 statt 0,80, 

5 „ 0,58 „ 0,50, 

3 „ 0,35 „ 0,30. 

7. Koch’sehe Spritze 1 ccm. 

Ganze Spritze 0,97, 

8 Theilstriche 0,79, 

0,50, 

3 „ 0,30. 

8. Koch’sche Ballonspritze 2 ccm. 

Ganze Spritze von 2 bis leer 1,84 statt 2,00, 

1 ccm 0,94 „ 1,00, 

1 ccm 0,90 „ 1,00. 

9. Koch’sche Ballonspritze 5 ccm. 

Ganze Spritze 5 bis leer 4,17 statt 5,00, 

3 ccm 2,44 „ 3,00, 

1,5 „ 1,17 „ 1,50, 

1,0 „ 0,79 „ 1,00. 

10. Spritze von A. Lüer-Paris 5 ccm, ganz aus Glas. 
Ganze Spritze 5 bis leer 4,9, 

2 ccm (5 bis 3) 1,92, 

3 „ 3,00, 

11. Alte Spritze mit Hartgummifassung 5 ccm. 

Ganze Spritze 3,1 statt 5,00, 

5 Theilstriche 1,75 „ 2,50, 

1 Theilstrich 0,342 „ 0,50. 

12. Trokarspritze (?) Nickelfassung 5 ccm.*) 

Ganze Spritze 4,34 statt 5,00, 

halbe „ 2,24 „ 2,50, 

viertel „ 1,00 „ 1,25. 

13. 10 ccm Spritze, Hartgummi und Nickelfassung. 

Ganze Spritze 11,44 statt 10,00, i 

halbe „ 5,95 „ 5,00, 

2 /io 2,37 „ 2,00. 

14. 10 ccm Spritze, ganz Nickel. 

Stempel von 0,3 bis 10,4 beweglich. 

Ganze Spritze 11,27 statt 10,00, 

5 Theilstriche 5,61 ,, 5,00, 

2 „ 2,25 „ 2,00. 

15. Intratracheale Spritze 10 ccm, Hartgummi und Nickel- 

fassung. 

Ganze Spritze 8,84 statt 10,00, 

halbe „ 4,75 „ 5,00, 


710 


1.85 


2 , 00 . 


*) Bei dieser Messung wurde die mit Luft gefüllte Nadel auf¬ 
gesetzt. 


16. Intravenöse Spritze 20 ccm, Nickelfassuug. 

Ganze Spritze 17,64'statt 20,00, 

halbe „ 8,90 „ 10,00, 

viertel „ 4,55 „ 5,00. 

17. Intravenöse Spritze 20 ccm, Hartgummifassung. 

Ganze Spritze 16,35 statt 20,00, 

halbe „ (10 bis 0) 8,68 „ 10,00, 

viertel „ (15 bis 10) 4,41 „ 5,00. 

18. Intravenöse Spritze 20 ccm, Nickelfassung. 

Ganze Spritze 24,1 statt 20,00, 

halbe „ 12,65, 

viertel „ 5,7, 

Die grössten Differenzen 20 und mehr pCt. weisen die 
thierärztlichen Spritzen auf, indess bedingen sie hier vielfach 
keinen Fehler, weil die für Veterinärzwecke dienenden sub- 
cutanen Injectionen zum grossen Theil dosirt verschrieben 
werden und jede Einspritzung vom Apotheker in ein besonderes 
Gläschen abgewogen wird. Die Dosis stimmt aber trotzdem 
nicht genau, selbst wenn der Thierarzt Gläschen und Schälchen, 
in welches er die Lösung gegossen hat, sorgfältig mit wenig 
Wasser nachspült und letzteres ebenfalls in die Spritze auf¬ 
zieht; es befindet sich in jeder Spritze ein kleinerer oder 
grösserer Raum zwischen dem ganz hernntergedrückten Stempel 
und der Canüle, aus dem die Lösung bei der Injection nicht 
heraus zu bekommen ist. In die Spritze wurden aufgenommen 
5 ccm. Flüssigkeit; nach dem Aufsetzen der Canüle wurde nur 
die Luft ausge8pritzt, und dafür Sorge getragen, dass kein 
Tröpfchen Flüssigkeit verloren ging. 

Aus einer 10 g Spitze wurden erhalten 4,55 ccm statt 5 ccm, 

„ , ? 10 „ „ (intratracheale) 4,61 „ 

„ „ 20 „ „ (intravenöse) 4,55 „ 

v >> 20 ,, ,, „ 4,52 „ 

Es sei hierbei ausdrücklich bemerkt, dass dafür Sorge ge¬ 
tragen war, dass keine Flüssigkeit durch Hängenbleiben am 
Schälchen etc. verloren ging. Man sieht, dass diese Fehler, im 
Durchschnitt 10 pCt., auch nicht gering zu veranschlagen sind. 
Statt 0,1 g Eserin, snlf. kommen eben nur 0,091 g nnd statt 
0,5 ccm Tuberculin nur 0,455 ccm ins Unterhautzellgewebe. 

Die Flüssigkeit, die die Canüle und den engen Ansatztheil 
der Spritze für die Canüle ausfüllt, muss ja schlechterdings 
verloren gehen. Dieser todte Raum der Spritze lässt sich nicht 
eliminiren. Dahingegen kann der Raum zwischen dem ein¬ 
gedrückten Stempel und dem engen Ansatztheil für die Canüle 
dadurch ausgefüllt und ein Theil des Fehlers beseitigt werden, 
dass man dem oberen Theil des Kolbens eine entsprechende 
kugelförmige Form giebt. 

Eine Spritze mit richtiger Dosirung kann nur so 
hergestellt werden, dass zwei oder drei Marken durch 
besonderes Abmessen festgestellt werden; die feinere 
Eintheilung in Zehntel etc. kann mit der Theilmaschine geschehen. 
Soll aber letztere auch genau stimmen, so müssen gut calibrirte 
Röhren verwendet werden. Die Scala wird an der äusseren 
Glasröhre angebracht. Ferner ist durch eine entsprechende 
kegelförmige Form des oberen Theils des Kolbens der todte 
Raum so klein als möglich zu gestalten. 

Ausser der fehlerhaften Gradnirung der Spritzen wird die 
Dosirung der subcutanen Injectionen durch eine principielle Un- 
correctheit falsch gestaltet: die Spritzen können nur nacli 
Maass graduirt werden. Das Medicament aber wird nach 


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Gewicht verschrieben und nach Gewicht bereitet, nach Maass 
aber dem Patienten applicirt. Es ist uncorrect, Mixturen, die 
Thee- und Esslöffelweise gegeben werden, nach Gewicht zu ver¬ 
schreiben, groBBe Fehler aber können entstehen, wenn zu sub- 
cutanen Injectionen bestimmte Lösungen nach Gewicht ver¬ 
ordnet werden; folgendes Beispiel soll es zeigen: 

Der Arzt will pro 1 ccm und dosi 

0,01 Hydrargyr. bichlorat. 
und 0,1 Natr. chlorat. 
und verschreibt: Hydrargyr. bichlorat. 0,1 
Natr. chlorat. 1,0 

Aquae ad 10,0 

1 ccm enthält aber 0,01082 g Hydr. bichlor. statt 0,01 
und 0,1082 „ Natr. chlorat. „ 0,1 

denn das specifische Gewicht dieser Lösung ist 1,082; 1 ccm 
= 1,082 g, beinahe 10 pCt.! zu viel. 

Es kommen aber Lösungen mit bedeutend grösseren Fehlern 
vor, so z. B. folgendes Recept: 

Antipyrin. 5,0 
Cocain, mur. 0,3 
Aquae ad 10,0 

und Lösungen von Medicamenten in Glycerin, das an und für 
sich schon das specifische Gewicht 1,225 bis 1,235 hat. Sub- 
cutane Jodoformeinspritzungen werden mit purem Glycerin ver¬ 
schrieben. Lösungen narkotischer Extracte zu subcutanen Ein¬ 
spritzungen enthalten mehr oder weniger des specifisch schweren 
Glycerins. 

Leicht können solche Verordnungen Arzt wie Apotheker in 
eine fatale Lage bringen, wenn die Dosis nahe an die maximale 
herankommt. 

E8 ist also erforderlich, dass entweder der Arzt 
sich über die Relationen des specifischen Gewichtes 
der zu verschreibenden Lösungen orientirt oder aber, 
was einfacher und rationeller ist, nach Maass ver¬ 
schreibt z. B.: 

Hydrargyr. bichlorat. 0,1 I Antipyrini 5,0 

Natr. chlorat. 1,0 Cocain, mur. 0,3 

Aquae ad 10,00 ccm. Aquae ad 10,0 ccm. 

Es ist eine nicht zutreffende Auffassung, dass in der 
Apotheke nur nach Gewicht und nicht nach Mass dispensirt 
werden dürfe. Die Pharmacopoea Germanica I enthielt aller¬ 
dings einen fettgedruckten Passus „Mensuris nunquam, sed 
semper ponderibus liqnorum quantitas indicanda et determinanda 
est“. Dieser Satz des ersten deutschen Arzneibuches, der dem 
Apotheker das Abmessen von flüssigen Arzneistoffen und dem 
Arzt das Verschreiben nach ^lass verboten hat, findet sich in 
den beiden letzten Ausgaben des officiellen deutschen Arznei¬ 
buches nicht mehr. Es wird keine Schwierigkeiten machen, die 
zu subcutanen Injectionen bestimmten Lösungen nach Mass her¬ 
zustellen: Messgeräthe müssen in jeder Apotheke zur Unter¬ 
suchung der Arzneimittel vorräthig sein. Zu dem vorliegenden 
Zweck eignen sich am besten die kleinen mit Fnss und 
Glasstopfen versehenen graduirten Cylinder von 5 ccm, 
10 ccm, und 30 ccm Inhalt. In ein solches Messgläschen 
wird das abgewogene, zu lösende Salz gebracht oder aber eine 
concentrirte Lösung davon hineingewogen und bis zur Marke 
mit Wasser gefüllt. Die Lösung wird durch ein trocknes Filter 
in das zur Dispensation bestimmte trockene Arzneiglas filtrirt. 
Selbstverständlich dürfen nur amtlich geaichte 
Messgläschen zur Bereitung von Arzneien zugelassen 


werden, ebenso wie auch nur geaichte Gewichte in den 
Apotheken gebraucht werden dürfen. 

Die Aichung der Spritzen ist mindestens ebenso nothwendig 
und in Anbetracht der grossen Wichtigkeit dieses Instrumentes 
ist die gesetzliche Bestimmung, dass nur staatlich con- 
trolirte Subcutanspritzen zu Heilzwecken verwendet 
werden dürfen, ein dringendes Bedürfniss. 

Referate, 

Bösartiges Malariafieber beim Hände. 

Von Dr. Hutcheon, Chef-Veterinär der Capcolonie. 

(Vot. Journal 1899, No. 294.) 

Die fragliche Hundekrankheit ist bisher als bösartige 
Gelbsucht oder biliöses Fieber beschrieben worden und ist 
als die gefährlichste Hundeseuche in der Capcolonie zu be¬ 
trachten. 

Der Krankheit soll im Wesentlichen ein ausgebreiteter 
Zerfall der rotlien Blutzellen zu Grunde liegen. Der frei gewor¬ 
dene Blutfarbstoff giebt dem Urin eine dunkelbraune und den 
Geweben eiue tiefgelbe Farbe. Die Krankheit hat eine grosse 
Aehnlichkeit mit dem Blutharnen der Rinder, welches bekannt¬ 
lich durch Blutparasiten erzeugt wird. Die Uebertragung der 
Seuche auf gesunde Hunde gelang mit Leichtigkeit durch sub- 
cutane oder intravenöse Injection einer kleinen Quantität Blut 
eines kranken Hundes. Die Incubation beträgt sechs bezw. vier 
Tage. 

Die vom Dr. Carrington Pur vis in Grahamstown aus¬ 
geführte Untersuchung infectiöser Blutproben hat ergeben, dass 
verschiedene Mikroorganismen darin enthalten waren: 1. Ba¬ 
cillen. 2. Mikroorganismen, welche den Erregern des Texas¬ 
fiebers ähnlich sind, innerhalb einer grossen Zahl von rothen 
Blutkörperchen. 3. Runde oder ovoide Mikroorganismen inner¬ 
halb heller grosser Zellen, welche als stark vergrösserte rothe 
Blutkörperchen angesprochen werden können. Diese Zellen 
können auch weisse Blutkörperchen sein, welche einige Parasiten 
in sich aufgenommen haben. 

Die pathologisch-anatomischen Veränderungen der experi¬ 
mentell erzeugten Krankheit sind identisch mit den Läsionen 
der spontan entstandenen Fälle: Ecchymosen am Herzen und 
im linken Ventrikel, in vielen Fällen eine verschieden grosse 
Menge seröser Flüssigkeit im Pericardium. Lungen selten er¬ 
krankt, in Brust- und Bauchhöhle manchmal etwas bräunlich 
gefärbte seröse Flüssigkeit. Leber meist mehr oder weniger 
geschwollen, von mahagoniähnlicher bis saffrangelber Farbe. 
Galle schwarzgrün und dickflüssiger als normal. Milz enorm 
vergrössert. Fundus des Magens gewöhnlich entzündet, Pylorus- 
theil normal, gelegentlich auf den Schleimhautfalten kleine 
Ulcera. Catarrhalische Entzündung des Dünndarmes, am inten¬ 
sivsten im Duodenum. Der Darm enthält eine schleimige, oft 
mit Blut gemischte Masse. Dickdarm nur leicht entzündet. 
Nieren geschwollen, manchmal ödematös, Rinde dunkelbraun 
gefärbt. Harnblase normal, Harn dunkelbraun. In manchen 
Fällen zeigen alle Körpergewebe eine gelbliche Färbung. 

Symptome. In den künstlich durch Infection erzeugten 
Fällen beginnt die Temperatur etwa zwei Tage vor dem Auf¬ 
treten sichtbarer Krankheitserscheinungen anzusteigen. Diese 
äussern sich zunächst durch Traurigkeit, Appetitmangel, starkes 
Durstgefühl; zuweilen wird Erbrechen beobachtet. Der Harn 
nimmt eine dunkelrothe Farbe an, die sichtbaren Schleimhäute 


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No. 4. 


werden blass und zeigen oft einen Stich ins Gelbe. Puls schnell 
und schwach, der Athein ist angestrengt und hat einen foetiden 
Geruch. Der Hund verfällt in einen comatösen Zustand, unter 
welchem bald der Tod eintritt. 

Als Heilmittel hat sich wie beim Texasfieber des Rindviehs 
am besten die Carbolsäure bewährt. 

Dr. Carrington Purvis empfiehlt, versuchsweise gesunde 
Hunde durch Injection von Immunblut gegen die Krankheit zu 
schützen. 

Verf. bemüht sich gegenwärtig experimentell festzustellen, 
ob die Krankheit durch Zecken oder andere Hautparasiten über¬ 
tragen wird. 

Versuche mit Epikarin bei der Behandlung der 
Hnnderände. 

Von Regenbogen. 

(Mt«h. f. Th. Bd. 11, 4.) 

Das seinerzeit von Frick empfohlene Räudemittel, welches 
auch Müller-Dresden geprüft hat (vgl. B. T. W. 1899 pag. 605) 
ist auch von Regenbogen in einigen Fällen angewandt worden. 
Das Ergebniss seiner Beobachtungen ist folgendes: Das Epikarin 
ist in einer Dosis von 0,5 g pro Kilo Körpergewicht per os 
gegeben ungiftig; auch in spirituöser Lösung 1 :10 auf die Haut 
applicirt, ruft es Störungen nicht hervor. Es besitzt milben- 
tödtende Eigenschaften, aber nicht in sehr hohem Grade. Isolirte 
Milben von Sarkoptes und Acarus werden durch Epikarin-Seifen¬ 
spiritus und spirituöse Epikarinlösung erheblich weniger schnell 
getödtet als durch halb so starke Lösung von Creolin und 
Bacillol. Die Lösung in reinem Alkohol ist wirksamer als in 
Seifenspiritus. Die Epikarinbehandlung der Räude bietet also 
gegenüber den bisher angewandten Mitteln keine Vorzüge, 
erscheint eher unzuverlässig. Da 500 g der oben genannten 
Epikarinpräparate auch 2,50 M. kosten, so ist auch der Preis¬ 
unterschied gegenüber den sonstigen Mitteln kein so erheblicher. 
Die Anwendung des Epikarins als lOproc. Salbe dürfte wegen 
der Verklebung der Haare sich überhaupt nicht empfehlen. 

Beitrag zur Prophylaxis der Langenwurmseuche. 

Von Prof. Th. Kasparek-Prag. 

(Archiv f. wisiensch. u. pract. Tbierhk. Bd. 80. H. 1. 1900.) 

In dem vorliegenden Falle wurde die Strongylose nicht wie 
gewöhnlich beim Weidegang, sondern im Stalle erw'orben. Ein 
Gutspächter, Dr. N., schickte an den Verf. zwei Kälberlungen, 
welche mit lobulärer Pneumonie behaftet waren. Die Bronchien 
waren mit kaum erbsengrossen Anhäufungen von Strongylus 
micrurus besetzt. Die Kälber stammten aus einem Stalle, in 
welchem nach den Angaben des Besitzers, eines Mediciners, be¬ 
reits vor zwei Jahren eine ähnliche Krankheit vorkam. Dieselbe 
verschwand, nachdem der aus Holz bestehende Innenraum der 
Stallung gründlich gereinigt und mit Kalkmilch übertüncht worden 
war. Wie lässt sich nun das Wiederauftreten der Seuche er¬ 
klären? Eine Infection von den älteren Stücken konnte nicht 
stattgefunden haben, da dieselben gesund waren und die Weide 
den vorhergehenden Sommer nicht besucht hatten. Die Unter¬ 
suchung des Wassers, welches im Stalle verwendet wurde, fiel 
negativ aus. Zwei der erkrankten Kälber hatten überhaupt noch 
kein Futter und Wasser bekommen. Der Verf. nimmt daher an, 
dass die Eier oder Embryonen sich in den Fugen der alten 
Bretter des Stillles von den frühem Krankheitsfällen her lebens¬ 
fähig erhalten haben und nach dem Abfallen des Kalkanstriches 
wieder ins Freie gelangt sind und, begünstigt durch die Feuchtig¬ 


keit im Stalle, eine neue Invasion erzeugen konnten. Auf die 
grosse Lebensfähigkeit der Nematodenbrut im ausgetrockneten 
Zustande sei sowohl von Leuckart als von Zürn hingewiesen. 

Nach Entfernung der neugeborenen Kälber aus dem ver¬ 
seuchten Stalle traten weitere Verluste nicht ein. 

Erster Bericht über die Thütigbeit 
der Malaria-Expedition. Aufenthalt in Grosetto 
vom 25. April bis 1. August 1899. 

Von H. Koch. 

(Deutsche mod. Wochenschr. ref. im Centralbl für BacL-Para«. XXVI. Bd 88/23.) 

Im Aufträge der deutschen Reichsverwaltung begab sich 
R. Koch mit Frosch und Ollwig zur Erforschung der Malaria 
nach der in den toskanischen Maremmen gelegenen Stadt 
Grosetto, in welcher zu allen Jahreszeiten die Malaria heftig 
auftritt. Es wurden nur solche Fälle der Malaria zugerechnet, 
bei denen der Nachweis des Parasiten gelang; im Ganzen 
wurden 650 Personen untersucht, von denen 408 an Malaria 
litten. Da die Malariaparasiten ausser im Menschen nur in ge¬ 
wissen Arten von Stechmücken leben können und in den letzteren 
nur in den heissen Sommermonaten zur Entwickelung gelangen, 
so sind die Parasiten demnach 8—9 Monate des Jahres auf die 
Existenz im menschlichen Körper angewiesen. Gelingt es nun, 
die Malaria in dieser Zeit zu heilen, so finden die Mücken zum 
Beginn der heissen Jahreszeit kaum Parasiten mehr vor, und 
kann eine Uebertragung von Mensch zu Mensch nicht mehr statt¬ 
finden. Dieses Ziel ist nach K. mit einer zweckmässigen 
Chininbehandlung erreichbar. Bei der Behandlung wurde Chinin 
nur in der Intermissionszeit gegeben, bei einfachen und doppel¬ 
ten Tertianen genügten meist schon 2 zu rechter Zeit gegebene 
Dosen von je 1 Gramm Clfnin, bei frischen Tropenfiebern, 
welche immer den Eindruck lebensgefährlicher Erkrankung 
machten, wurden höhere Dosen applicirt. Auf 2 Gramm Chinin 
in den beiden ersten Intermissionen verschwand das Fieber, die 
Patienten erhielten dann noch 2—3 Tage lang Morgens je 
1 Gramm Chinin. Ein Fall von Haemoglobinurie trat bei einem 
Manne auf, welcher grössere Dosen Chinin genommen hatte. 
Die Infection geschieht häufiger in den Wohnungen der Kranken 
als im Freien, in den ersteren fanden sich folgende Stechmücken: 
Culex nemorosuB, Culex pipiens, Anopheles macn- 
lipennis und eine Phlebotomus-Art. In dieser und in Culex 
nemorosus wurden nie Parasiten gefunden, dagegen in Culex 
pipiens und Anopheles maculipennis. Die Malaria-Epidemie in 
Grosetto steigt regelmässig drei Wochen später an, als die 
Maximalteraperatur 27° dauernd erreicht hat. Die Parasiten 
brauchen in der Mücke 8—10 Tage zur Reife, nach dem Stich 
vergeht beim Menschen ebenfalls ein Incubationsstadium von 
10 Tagen.' Nur in der heissen Jahreszeit vermochte die Kom¬ 
mission Sichelkeime in den Giftdrüsen der Stechmücken zu 
ermitteln. J. 

Heber den Dysenteriebacillns (Bacillus dysenteriae). 

(Aus dem Institut für Infectionskrankheiten des Prof. Dr. K i t a s a t o- 

Tokyo.) 

Von Dr. S h i g a. 

(Centralbl. f. Bart. 18J8, H. 88 23.) 

Die Dysenterie fordert in Japan alle Jahre eine grosse An¬ 
zahl von Opfern. Vom Juni bis December des Jahres 1897 sind 
im ganzen Lande von 89 400 Fällen 22 300 tödtlich verlaufen. 
Als ursächlichen Erreger der verheerenden Seuche werden einer¬ 
seits Amoeben, andererseits Bacterien bezeichnet. Verf. nahm 
Gelegenheit, an 36 Kranken bacteriologische Studien zu machen, 


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und entdeckten nter der Zahl der isolirten pflanzlichen Mikroparasiten 
einen Bacillus, auf den das Serum dysenteriekranker Personen 
eine agglutinirende Wirkung ausübte. Diese Eigenschaft wurde 
zuerst von W i d a 1 bei Typhuskranken zwischen dem Blutserum 
derselben und dem Typhusbacillus nachgewiesen. Schon früher 
hatte Pfeiffer beobachtet, dass Choleravibrionen nntergehen, 
wenn sie in die Bauchhöhle gegen Cholera imraunisirter Thiere 
eingespritzt werden. Und G r u b e r hatte diese Erscheinung im 
Reagenzglase bei Cholera- und Typhusbacillen unter Einwirkung 
der entsprechenden Immunsera gesehen. Die agglutinirende 
Reaction des Blutserums auf den speciellen Krankheitserreger 
wurde nun auch bei anderen Krankheiten vermuthet, weshalb 
K i t a 8 a t o den Verf. zu den vorliegenden Untersuchungen ver- 
anlasste. Ausser der Eigenschaft der Agglutination stellt Verf. 
noch drei andere Postulate auf, welche ein Mikroparasit haben 
muss, um einen Mikroparasiten als Erreger der Krankheit, bei 
welcher er gefunden wird, ansprechen zu können : 

1. Derselbe muss bei den betreffenden Krankheitsfällen jedes¬ 
mal vorhanden sein; 2. er darf bei anderen Erkrankungen und 
bei gesunden Menschen niemals Vorkommen und 3. soll er auf 
Versacksthiere eine bestimmte Virulenz ausüben oder möglichst 
ähnliche Erscheinungen wie beim Menschen hervorrufen. 

Den in den Ausleerungen Dysenteriekranker gefundenen Ba¬ 
cillus, welcher ausser der Eigenschaft der Agglutination die drei 
Bedingungen erfüllt, betrachtet Verf. als Erreger der Dysenterie 
und benennt ihn Bacillus dysenteriae. Derselbe ist ein kurzes 
Stäbchen mit abgerundeten Enden, ähnlich dem Typhusbacillus 
und den gewöhnlichen Coliarten, mit Methylenblau besonders an 
beiden Enden intensiv färbbar; Entfärbung nach Gram. Mäßige 
Eigenbewegung. Die Bacillen wachsen bei Zimmertemperatur 
auf den üblichen Nährböden, am besten gedeihen sie bei Körper¬ 
wärme. Der Parasit wirkt bei Meerschweinchen und HuDden 
pathogen. Wird dem gesunden Menschen eine kleine Menge ab- 
getödteter Cultur unter die Haut gespritzt, so entsteht eine 
ziemlich heftige locale und besonders allgemeine Reaction wie 
bei schweren Dysenteriefällen. 

Therapeutische Notizen. 

Barium chloratum. 

Die Zeitschrift für Vet.-Kunde (Mai 99) constatirt, dass in der 
Armee das Chlorbarium bei der Behandlung der Koliken immer mehr 
Anwendung findet, und dass die Zahl derjenigen Berichterstatter 
wächst, welche demselben einen guten Erfolg nachrühmen. Einige 
Armeecorps freilich verhalten sich mehr ablehnend. Es kommt 
fast nur die intravenöse Einverleibung in Betracht, und zwar 
von Dosen von 0,25 bis 0,5 g. Bei dieser Anwendung kam 
nur einmal ein plötzlicher Todesfall vor, über welchen Rossarzt 
Kopeke berichtet: Das Pferd war ein Luftkopper, der häufiger 
an Kolik erkrankte. Es hatte 48 Pulse und 18 Athemzüge 
ohne Schweissausbruch. Von den in 15 g Aqua gelösten 0,6 g 
Chlorbarium erhielt das Pferd zunächst die Hälfte. Unmittelbar 
danach fing es an zu kauen und brach zusammen, schlug noch 
einige Mal mit allen vier Beinen, streckte sie krampfartig aus 
und verendete. Dies geschah 1 1 / 2 Stunden nach Eintritt der 
Erkrankung. Sectionsergebniss: Darm in natürlicher Lage. 
Bauchfell und Schleimhaut unverändert. Magen und Darm mit 
Gas und dünnbreiigen Futtermassen gefüllt. Sonstige Eingeweide 
ebenfalls gesund. Acutes Oedem der weichen Hirnhaut und 
Gehirnanämie. Es wird dabei darauf hingewiesen auf einen 
Vortrag des Oberrossarzt Graf (vgl. B. T. W. 1899, pag. 483), 
welcher darauf aufmerksam macht, dass solche plötzlichen 
Todesfälle gar nicht der chemischen Wirkung des Chlorbariums 


zngeschrieben zu werden brauchen, sondern den unzweckmässig 
construirten Canülenspitzen, durch welche es, wie Graf selber 
festgestellt hat, Vorkommen kann, dass ein Stück aus der 
Venenwand ausgeschnitten wird und in den Blutstrom gelangt, 
wo es eine plötzliche Todesursache abgeben kann. Um ein 
solches Durchlochen der Gefässwand zu verhüten und nur ein 
Durchstechen zu erzielen, muss die Canüle eine 2 l / 2 cm lange 
und nur an ihrem Ende geschärfte Spitze besitzen. Die bisher 
gelieferten Spitzen sind zu kurz und überall geschärft. 

Intralaryngeale Injeotion einprocentiger Höllensteinlösung. 

Bei einem Pferde, welches seit Wochen hustete und ver¬ 
geblich behandelt worden war, injicirte Unterrossarzt Krüger 
10 g der genannten Lösung intralaryngeal unter Durchstechung 
des Ligamentum cricotracheale. Die Iryection wurde fünfmal in 
zweitägigen Pausen wiederholt, wonach der Husten ver¬ 
schwunden war. 

Tannalbin. 

Rossarzt Poss wandte das Tannalbin bei acuten Darm- 
catarrhen an. Die von ihm gemachten Erfahrungen entsprechen 
aber nicht den bisher veröffentlichten Erfolgen. 

Käiberdurchfall. 

Nach Bezirksthierarzt Deich war das Dermatol stets von 
Erfolg; dreimal täglich zweistündlich 1 g. Auf einem Ritter¬ 
gute, wo die Kälber seit Monaten regelmässig zu Grunde gingen, 
wurde jedem neugeborenen Kalbe 1 g Dermatol und nach einer 
Stunde dasselbe verabreicht. Die Thiere blieben am Leben. 
Eine Verzögerung des Abgangs von Dannpech trat nicht ein 
— Bezirksthierarzt Robert sah von den Thüringer Pillen guten 
Erfolg, so lange noch nicht erhebliche Schwächezustände zu¬ 
gegen waren. (Sächs. Veterinärber. 98). 

Antlfebrin als Antlaborticum. 

Bezirksthierarzt Schmidt schreibt in der Dtsch. Th. Wschr. 
Nr. 47: Kühe, welche hochtragend und an Maul- und Klauen¬ 
seuche erkrankt sind, abortiren bekanntlich häufig. Oefters 
wird daher an den Thierarzt das Ansuchen gestellt, Vorkehrungen 
dagegen zu treffen. F. hat in solchen Fällen Antifebrin ver¬ 
ordnet, gleichgültig, ob die hochtragenden Thiere bereits fieber¬ 
haft erkrankt waren, oder noch gesund schienen, und zwar drei¬ 
mal täglich je einen halben Esslöffel voll vom Beginn der 
Seuche bis zur Abheilung, entweder unter die Tränke gemischt 
oder in heissem Kaffee aufgelöst und lauwarm eingegeben. In 
über 50 Gehöften kam bei sämmtlichen so behandelten Thieren 
nicht ein Fall von Abortus vor, während in mehreren anderen 
Gehöften, wo Antifebrin nicht angewandt wurde, mehrere Fälle 
sich zeigten. Dies lässt wenigstens weitere Versuche in dieser 
Hinsicht empfehlenswerth erscheinen. 

Behandlung des Scorpien- und Insektenstiches. 

Dr. Hinze, Arzt in Bamagaz (Indien) erprobte als bestes 
Mittel gegen Scorpionstich Cliloralhydrat und Kampfer zu gleichen 
Theilen örtlich applicirt, wonach die Schmerzen fast unmittel¬ 
bar verschwanden. 

Die in jedem Fall eintretenden Collapserscheinungen werden 
durch die Verabreichung von Alcoholica zum Weichen gebracht. 
(Progres vöt. und Clin. vet. 1899 H. 15.) 

Serotherapeutisches Mittel gegen die Diphtherie der Hühner. 

Lang versuchte das Antidiphtherieserum von Roux bei 
Hühnern, sowohl um den Ausbruch der Diphtherie zu hindern, 
als auch die Krankheit zu heilen. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4. 


Von 83 prophylaktisch geimpften Hühnern wurde nur ein 
Huhn angesteckt und von 21 mit der Krankheit behafteten 
Hühnern gingen bei Anwendung der Serumbehandlung nur drei 
Stück ein. 

Ueber die angewendete Dosis und über den Ort der In- 
jection sind in dem von Trinehera angefertigten Referat An¬ 
gaben nicht enthalten. (Recueil de M4d. v£t. und Clinica 
vet. 1890, H. 15.) 


Tagesgeschichte. 

Einige Betrachtungen über die thierärztlichen 
Verhältnisse in Oesterreich. 

Von Fr. Markiel, Österreich. Bczirkstbierarzt. 

Im deutschen Reichstage wurde bei der Etatsberathung auch 
die Frage der Reifeforderung für den Veterinärmediciner einer 
vorläufigen Besprechung unterzogen, wobei sich der Abgeordnete 
Dr. Müller-Sagan mit warmen Worten und grosser Sach¬ 
kenntnis für die Reifeforderung einsetzte. Staatssecretär Graf 
Dr. von Posadowsky-Wehner als Bevollmächtigter des Bundes- 
rathes äusserte jedoch die Befürchtung, dass mit der Einführung 
des thierärztlichen Hochschulstudiums der Besuch erheblich nach- 
lassen könnte, wie dies thatsächlich in Oesterreich der Fall ist. 

Die Berliner Thierärztliche Wochenschrift bemerkte zu den 
Ausführungen des Staatsministers ganz treffend, dass nach Er¬ 
höhung der Vorbildung eine Abnahme der Frequenz in den ersten 
Jahrgängen als der Übergangszeit beinahe eine Nothwendigkeit 
ist, dass aber selbst bei einer dauernden Abnahme der Hörer an 
den österreichischen thierärtzlichen Hochschulen dies für Deutsch¬ 
land gar keine Schlüsse gestatten würde, da die thierärztlichen 
Verhältnisse in Oesterreich ganz andere sind, als in Deutschland. 

Zur näheren Orientirung sowohl für die deutsch«» Ab¬ 
geordneten, welche im Interesse der Allgemeinheit und des 
thierärztlichen Standes für die Reifeforderung der Veterinär¬ 
mediciner eintreten wollen, als auch für die Regierungen wollen wir 
in Kürze die thierärztlichen Verhältnisse in Oesterreich zu 
schildern versuchen. 

Bekanntlich befinden sich derzeit in Oesterreich nur zwei 
thierärztliche Hochschulen, und zwar das (wie es früher hiess) Thier¬ 
arznei-Institut in Wien seit 1787 und die kk. Thierarzneischule 
in Lemberg seit 1880. 

Dieses Thierarznei-Institut in Wien, welches ursprünglich 
den Titel „Pferdecur-Operationsschule“ trug, diente einem 
zweijährigen Ourse zur Heranbildung von Militärthierärzten 
und aus einer Schmiede zur Heranbildung von Militärschmieden. 

Im Jahre 1777 wurde die Anstalt reorganisirt und kk. Thier¬ 
spital benannt, und seit 1778 konnten auch Civilschüler am 
Unterricht theilnehmen. 

Im Jahre 1801 wurde das kk. Thierspital dem kk. Hofkriegs¬ 
rath untergeordnet, im Jahre 1812 mit der Wiener Universität 
verbunden, im Jahre 1850 von dieser Verbindung gelöst und im 
Jahre 1852 das Institut als k. u. k. Militär-Thierarznei-Institut dem 
kk. Unterrichts- und kk. Kriegsministerium unterstellt. Im 
Jahre 1857 wurden die thierärztlichen Studien an diesem Institut 
dahin geregelt, dass daselbst Thierärzte für das Civile (mit 
Vorbildung: absolvirtes Untergymnasium oder absolvirte Unter¬ 
realschule), Thierärzte für das k. und k. Heer (ohne Vor¬ 
bildung mit Aufnahmeprüfung) und sogenannte Militär-Curschmiede 
(ohne Vorbildung und ohne Aufnahmeprüfung) ausgebildet wurden. 
Ausserdem wurde mit dem Institut eine Hufbeschlags-Lehranstalt 
für Civil- und Militär-Beschlagschmiede verbunden. 


Im Jahre 1871 wurde die Vorbildung der Civilhörer des 
thierärztlichen Curses erhöht (absolvirte sechste Gymnasial¬ 
oder Realschulclasse), sonst verblieb Alles beim Alten. 

Allerdings heisst es im § 2 des Planes für die thier¬ 
ärztlichen Studien: „Wer in den thierärztlichen Curs auf¬ 
genommen werden will, hat sich einer Aufnahmeprüfung im 
Militär-Thierarznei-Institut zu unterziehen; der Nachweis der 
absolvirten sechsten Gymnasial- oder Realschulclasse ersetzt die 
Aufnahmeprüfung.“ Trotz dieses wunderbaren Paragraphen 
wurden Civilhörer (laut Verordnung vom Jahre 188(1) jedoch 
nur mit absolvirten sechs Gymnasial- oder Realschulclassen auf¬ 
genommen. Die Aufnahmeprüfung dagegen, welche sich heute noch 
nur auf die Grundbegriffe in der deutschen Sprache und Auf¬ 
satzlehre (Orthographie), in der Physik (Erscheinungen des 
täglichen Lebens), in der Chemie (die wichtigsten, einfachen 
Stoffe und ihre Verbindungen), in der Naturgeschichte (die drei 
Naturreiche nach ihren Hauptabteilungen), in der Geographie 
(physikalische Geographie, klimatische und geographische Ver¬ 
hältnisse der fünf Weltteile im Allgemeinen), in der Geschichte 
(die vorzüglichsten Weltbegebenheiten) und in der Algebra 
(Auflösung von Gleichungen mit zwei unbekannten) erstreckt 
und nur von den Professoren des Militär-Thierarznei-Instituts 
möglichst milde vorgenommen w r erden muss, diese Auf¬ 
nahmeprüfung also war und ist heute noch nur eine. 
Hinterthüre, um Curschmiede in den tierärztlichen Curs 
hineinzuschmuggeln und auf diese Weise billiges tier¬ 
ärztliches Personal für das k. und k. Heer zu erhalten. 

Sehr interessant ist auch der § 4, welcher lautet: „Die 
Studiendauer für den tierärztlichen Lehrcurs wird auf drei 
Jahre oder sechs Semester festgesetzt, diplomirte Aerzte 
und Wundärzte, sowie Curschmiede können diesen Lehr¬ 
curs in zwei Jahren vollenden.“ 

Trotzdem nun das k. k. Kriegsministerium bei ent¬ 
sprechender Besoldung genügend Thierärzte aus dem Civilstande 
erhalten hätte, wurden dennoch jährlich eine bestimmte Anzahl 
der best qualificirten Curschmiele in das Institut entsendet, 
woselbst die vom k. k. Kriegsministerium benötigte Zahl die 
Aufnahmeprüfung machen und nach zwei Jahren das tier¬ 
ärztliche Diplom erhalten musste. 

Von gut conduirten Schmieden des Mannschaftsstandes wurden 
ferner jährlich vom Reichs-Kriegsministerium eine bestimmte 
Anzahl in das Institut commandirt, welche daselbst einen zwei¬ 
jährigen Curs absolviren mussten, wobei sich ihr Unterricht bloss 
auf das Pferd, seine Krankheiten und deren Heilung, auf die zu 
einem erfolgreichen Studium dieser Lehren unentbehrlichen Vor¬ 
bereitungswissenschaften (Lesen, Rechnen, Schreiben) und auf 
den practischen und teoretischen Unterricht im Hufbeschlag be¬ 
schränkte, um sie zu tüchtigen Hufbeschlagschmieden und 
brauchbaren thierärztlichen Gehülfen heranzubilden. Die Cur¬ 
schmiede erhielten und erhalten heute noch „Absolutorien“ über 
den zweijährigen Lehrcurs „welche sie befähigen, seiner Zeit 
ein Hufschmiedgewerbe selbständig anzutreten und zu betreiben. 

Ausserdem wurden noch in einem halbjährigen Curse Civil- 
und Militär-Hufbeschlagschmiede herangebildet und mit einem 
Befähigungsnachweis zur selbständigen Ausübung ihres Hand¬ 
werkes entlassen. 

An der k. k. Thierarzneischule in Lemberg wurden nur Civil- 
thierärzte herangebildet und auf der Hufbeschlagschmiede nur 
Civilhufbeschlagssclimiede. 


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25. Januar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Nun wird man fragen, wie verhält es sich denn jetzt nach 
der Erhebung der thierärztlichen Lehranstalten zu Hochschulen 
(seit Neujahr 1897) mit der Ausbildung der Militärthierärzte 
und Curschmiede? Sehr einfach! 

Von den Civilhörera wird zur Aufnahme in die k. k. thier¬ 
ärztliche Hochschule Gymnasial- oder Realschulmaturität gefordert. 
Bei den Cur schmieden, welche im k. und k. Militär-Thier- 
arznei-Institut den thierärztlichen Curs absolviren müssen, wird 
dagegen die Maturität durch die schon besprochene 
Aufnahmeprüfung ersetzt. Wer es fassen kann, der fasse 
es. Das ist die rechte „Wasch’ mir den Pelz und mach’ mir 
ihn nicht nass-Politik.“ Sapienti sat. 

Nur ist man zur Erkenntniss gekommen, dass die Cur¬ 
schmiede den thierärztlichen Curs nicht mehr in zwei Jahren 
wie die diplomirten Aerzte bewältigen können, sondern sie 
müssen wie die Civilhörer vier Jahre (studiren) auswendig 
lernen. Sonst blieb wieder Alles beim Alten. 

Was sind nun die Folgen dieser vielen Complicationen? 

Das k. und k. Heer besitzt also Militärthierärzte, welche 
auch heute ohne entsprechende Vorbildung, jedoch mit gleicher 
Fachbildung, wie Civilthierärzte, das thierärztliche Diplom er¬ 
reicht haben und auf Staatskosten ausgebildet wurden, zweitens 
Schmiede, welche ohne Vorbildung durch zwei Jahre in Pferde¬ 
krankheiten und im Hufbeschlag ebenfalls auf Staatskosten 
gedrillt und zu sogenannten Curschmieden für das Militär heran¬ 
gebildet wurden, und drittens gewöhnliche Militär-Hufschmiede. 

Der Staat dagegen besitzt Civilthierärzte welche auf ihre 
Kosten Gymnasial- oder Realschulmatnrität erlangt und sich durch 
vier Jahre an den thierärztlichen Hochschulen die nöthigen 
Fachkenntnisse erworben haben. Und, horribile dictu, alle drei 
Categorien besitzen dieselben Rechte, nämlich sie dürfen thier¬ 
ärztlich behandeln. 

Abgesehen von den Militärthierärzten, welche wenigstens 
dieselbe Fachbildung haben sollen, (es ist mir zwar unverständlich, 
wie man ohne entsprechende Vorbildung dasselbe Studium, zu 
dem man Gymnasial- oder Realschulmaturität unbedingt benöthigt, 
erfassen und verstehen kann) verursachen die Curschmiede den 
Thierärzten die grösste, schmutzigste, empfindlichste und un¬ 
gerechtfertigtste Concurrenz. Der Curschmied, welcher als 
Schmied an den thierärztlichen Studien nur „gerochen“ hat, 
setzt sich schon als „Hörer der thierärztlichen Hochschule“ 
aufs hohe Ross, trachtet baldigst seine Militärdienstzeit los 
zu werden, nicht um sich irgendwo als „selbständiger Huf¬ 
schmied“ niederzulassen, sondern um als Cur-Schmied, also Heil¬ 
schmied den Thierarzt zu spielen. 

Der Titel „Thierarzt“, der ihm von der mit den thierärzt¬ 
lichen Verhältnissen nicht vertrauten Bevölkerung beigelegt 
wird, genügt ihm oft nicht, er lässt sich mit Vorliebe auch 
„Doctor“ tituliren. Zur Ausübung seines Handwerkes, zu dem 
er einzig and allein berechtigt ist, ist er zu stolz, „zu ge¬ 
bildet“. Hat er ja doch an der thierärztlichen Hochschule 
studirt! Es fällt mir nicht ein, gegen die Curschmiede als 
Individuen aufzutreten, allein ich wende mich gegen das System 
und werde dasselbe, so lange meine Hand die Feder führen 
kann, bekämpfen. 

Die k. k. Regierung erleichtert dem Curschmied seine thier¬ 
ärztliche Thätigkeit, indem sie ihm zuerst die Bewilligung zur 
Ausübung der pferdeärztlichen Praxis ertheilt, nachträglich hat 
sie nichts dagegen, wenn er sämmtliche Hausthiere behandelt, 


45 

und schliesslich überlässt sie ihm eine Art Vertrauensposten bei 
Tilgung von Seuchen. 

Ich frage daher: „Ist es nicht vortheilhafter, nach der 
Volksschule das Schmiedehandwerk zu lernen, sich beim Militär 
auf Staatskosten zum Curschmied ausbilden zu lassen und im 
Civil als Thierarzt nobel zu leben, als durch 12—13 Jahre 
sein ganzes Vermögen zu opfern, sich mit den schweren Studien 
abzuquälen, um nachträglich mit solchen Leuten und Cur- 
Pfuschern zu concurriren? 

Durch diese geradezu unglaublichen Zustände, welche das 
k. k. Kriegsministerium geschaffen hat und die k. k. Regierung 
ruhig duldet, ist die materielle und sociale Stellung der 
österreichischen Thierärzte eine so traurige, dass 
sich Niemand wundern darf, wenn einem Abiturienten 
die Lust vergeht, sich diesem Studium zu widmen. 

Weil in Oesterreich eben Alles in einen Topf geworfen 
wird, so glaubt auch der Staat, die beamteten Thierärzte mit 
einem Hungerlohne abspeisen zu können. Von 368 Veterinär- 
Staatsbeamten können 91.57 % die niederste Rangsclasse (XI.) 
mit 1600 Kronen jährlichen Gehalts nicht überschreiten. 

Natürlich, das k. k. Heer hat billige Thierärzte, die es 
sich selbst gezogen hat, warum soll sich denn der Staat diesen 
billigen Luxus nicht erlauben können! 

Zu allen diesen tristen Verhältnissen kommt noch der Unver¬ 
stand der ländlichen Bevölkerung bei Tilgung von Thierseuchen, 
Hand in Hand damit die Abneigung gegen die Thierärzte, die 
Heranziehung der nicht verantwortlichen Curschmiede und anderer 
Curpfu8cher zur Behandlung kranker Thiere, die Unkenntniss 
der thierärztlichen Verhältnisse in den höheren Gesellschafts¬ 
kreisen, die Einschränkung aller erlaubten Vergnügungen infolge 
Geldmangels in den thierärztlichen Familien, das Fernbleiben 
vom socialen Leben, die Armuth der Studirenden, Noth und 
Elend der Wittwen und Waisen von verstorbenen Thierärzten 
und i zum grossen Theile eine gewisse Lauheit und sclavische 
Genügsamkeit unter den Thierärzten selbst. 

Fassen wir alle diese Punkte zusammen, so wird man sich 
nicht wundem, dass die einseitige Einführung des Abiturienten¬ 
examens als Vorbedingung lediglich für das civilthierärztliche 
Stndium unter Beibehaltung geringerer Vorbildung und namentlich 
des Curschmiedesystems in der Armee eine verkehrte Wirkung hat. 
In den Jahren 1889—1899 liessen sich an der Wiener thierärzt¬ 
lichen Lehranstalt in den I. Jahrgang 1182 Civilhörer und 14 med. 
Doctoren inscribiren, darunter 103 Abiturienten ausser den Doc- 
toren. (Von diesen 1182 Hörem erhielten das thierärztliche 
Dipiom nur 641, so dass 541 Studirende die Anstalt, ohne ihr 
Ziel erreicht zu haben, verlassen mussten. Ein Beweis, wie 
strenge bei den thierärztlichen Prüfungen vorgegangen wird, und 
dass zum Studium der Thierheilkunde gerade die Besten gut genug 
sind.) Heute sind an der thierärztl. Hochschule in Wien im I. Jahr¬ 
gang nur 14 Hörer und in Lemberg nur 2 Hörer inscribirt. 

Das liegt nicht in der erhöhten Vorbildung allein, da sich z. B. 
in Lemberg im Jahre 1881—1882 unter 92 Hörem der I. Jahr¬ 
gänge 25 und in Wien im Jahre 1893—1894 unter 142 Hörern 
15 Abiturienten befanden (ohne Aerzte und andere Hörer, welche 
bereits andere Hochschulen absolvirt hatten). 

Die Gründe vielmehr, welche ich kurz angeführt habe, sind 
die Ursachen der derzeitigen Abnahme der Frequenzziflfer an 
den österreichischen thierärztlichen Hochschulen. 

Ein lehrreiches Beispiel fiir die k. k. Regierung. Mögen 
ihr nur die Augen recht bald aufgehen! 


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46 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4. 


Aus Frankreich. 

Director Tr asbot-Alfort ist in den Ruhestand getreten, an 
seine Stelle ist Professor Barrier zum Director der Thier- 
arzneisclmle Alfort ernannt. Professor Barrier ist ein Elsässer. 

Das französische Budget für 1900 enthält u. A. eine Aus¬ 
gabe von 300 000 Francs (240 000 M.) zur Schaffung eines Ge¬ 
bäudes für die Sammlungen, sowie von Gebäuden für die Rind¬ 
viehklinik und für pathologische Anatomie in Alfort. 

Bei den Preisvertheilungen im December 1899 erhielten 
von der Academie des Sciences: Die Professoren Nocard und 
Leclainche einen Preis von 2500 Frcs. für ihre Werke: Les 
maladies microbiennes des animaux; Prof. Besnoit (Toulouse) 
und Repetitor Cuille den Preis Br£aut für ihre Arbeiten 
betr. die haemorrhagische Septicaemie des Schafes; Prof, le 
Hello, im Gestüt Le Pin, einen Preis von 750 Frcs. für seine 
Studien über „den Mechanismus der Locomotion beim Pferde“. 
Von der Academie de mädecine erhielten: Repetitor Lignieres- j 
Alfort den Preis Mo ub in ne für seine Arbeiten über die 
Pasteurellosen, Thierarzt Coze le in Noyon den Preis Barbier 
für seine Arbeiten über die Pathogenie und die Behandlung des 
Kalbefiebers, Militärthierarzt Dr. Nicolas den Preis Meynot 
für seinen gemeinsam mit Fromages geschriebenen Leitfaden 
der Veterinärophthalmoscopie; Huon, Thierarzt in Marseille, ge¬ 
meinsam mit Prof. Boiuet-Marseille einen Theil des Preises 
Vernoi8 für seine Studie der Tubercnlose in Marseille; Thierarzt 
Dr. Morel-Paris einen Theil des Preises Vernois für seine Schrift 
über die Wasenmeistereien. 

Aus der Schweiz. 

Ueberall geht es vorwärts. Das Berner Volk hat am 
21. Januar mit 30 000 gegen 8000 Stimmen beschlossen: „die 
Thierarzneischule zu Bern wird veterinärmedicinische 
Facultät der Universität“. Sie wird damit eine mit vollem 
Universitätsrecht ausgestattete Hochschule. Damit ist, nachdem 
vor einigen Wochen schon das obligatorische Abiturienten¬ 
examen in der Schweiz gesetzlich eingeführt worden ist, das 
Schweizer Veterinärunterrichtswesen auf eine nirgends erreichte 
Höhe gebracht. 

Aus Berlin. 

Am 18. Januar fand der Commers der thierärztlichen Hoch¬ 
schule zu Berlin zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät statt. 
Derselbe nahm einen glänzenden Verlauf. Reden hielten n. A. 
der Rector, Geheimrath Di eck erhoff, und der Geheime Ober- 
mediciualrath Dr. Schmidtmann (Mitglied der technischen 
Deputation für das Veterinärwesen). Es wurde ein Hnldigungs- 
telegramra an Se. Majestät und ein Dankestelegramm an 
Se. Königliche Hoheit den Prinzen Ludwig v. Bayern 
abgesandt. Auf letzteres ist zu allgemeiner Freude folgende 
Antwort eingelaufen: Möchten meine Bestrebungen zur 
Hebung des wichtigen thierärztlichen Standes Erfolg 
haben. Ludwig. 

Fortblldungscursus für Thierärzte an der Königlichen Thierärztlichen 
Hochschule zu Hannover. 

Das Lehrercollcgium der Thierärztlichen Hochschule in Hanno¬ 
ver beabsichtigt fortab Fortbildungscurse für Thierärzte abzuhalten, 
soweit das Bedürfnis hierfür vorliegt. Der erste Curaus beginnt 
am 26. Februar und ist zunächst auf eine Woche bemessen; es ist 
jedoch Vorsorge getroffen, den Cursus auf weitere acht Tage aus¬ 
zudehnen, falls eine genügende Anzahl von Theilnehmern sich 
meldet. In dieser zweiten Woche werden Themata behandelt resp. 
Uebnngen abgehalten werden, welche in der ersten Woche nicht 
geboten wurden. 


Unterrichtsplan für die I. Woche. 

1) Geheimer Regiernngsrath Prof. Dr. Dam mann: Die Ergeb¬ 
nisse der neueren Forschung auf dem Gebiete der Seuchen¬ 
kunde, 6 stündig. 

2) Prof Dr. Kaiser: Geburtshülfliches, 1 stündig. 

3) Prof. Ter eg: Anwendung der Electricität auf dem Gebiete 
der Thierheilkunde, 4 stündig. 

4) Prof. Dr. Arnold: Chemische Fleisch- und Milchcontrolle 
mit Demonstrationen, 2 stündig. 

5) Prof. Dr. Malkmus: Vieh währschaft nach dem Bürgerlichen 
Gesetzbuch, 6 stündig. 

6) Prof. Frick: Ausgewählte Capitel aus der Chirurgie, 3 stün¬ 
dig. Clinische Demonstration. 3 stündig. 

7) Dr. Olt: Bacteriologische Uebungen und pathologisch - ana¬ 
tomische Diagnostik, 12 stündig. 

8) Dr. Rievel: Desinfection, 2 stündig. 

9) Dr. Ströse, Director der städtischen Fleischbeschau: Die 
Anforderungen der modernen Fleischhygiene an die Anlagen 
und den Betrieb des Schlachthauses, 3 ständig. 

Unterrichtsplan für die 2. Woche. 

1) Geheimer Regierungsraih Prof. Dr. Dam mann: Allerlei in- 
fectiösc Krankheiten und deren Vorbeuge, 6 stündig. 

2) Prof. Dr. Kaiser: Das Messverfahren in seiner practischen 
Anwendung bei Rindern, 1 stündig. 

3) Prof. Tereg: Tod durch Blitzschlag und Starkströme in 
forensischer Beziehung, 3 stündig. 

4) Prof Dr. Malkmus: Uebungen in der klinischen Diagnostik, 
6stündig. 

5) Prof. Frick: Neuerungen auf dem Gebiete dos Hufbeschlages, 
1 stündig. 

6) Dr. Olt: Bacteriologische Uebungen und pathologisch-anato¬ 
mische Diagnostik, 12 stündig. 

7) Dr. Rievel: Neuere Arzneimittel, 2stündig. 

Die Vorlesungen und Uebungen dauern mit wenigen Ausnahmen 
von 8—2 Uhr und sind so gelegt, dass sie sämmtlich besucht werden 
können; es steht jedem Theilnehmer frei, die angekündigten Stunden 
sämmtlich, oder nur theilweise zu belegen. Das Honorar beträgt 
1 Mark für die Stunde. 

Meldungen zur Tbeilnahme an dem Cursus sind unter Einsendung 
des Honorars alsbald an den Director der Hochschule zu richten. 

Herren, welche ein Mikroskop besitzen, wird empfohlen, das¬ 
selbe mitzubringen und sich mit dem eigenen Instrument einzuüben. 

Wünsche und Vormerkungen für den nächsten Cursus werden 
schon jetzt entgegengenommen. Dr. D a m m a n n. 

Einladung 

zur ausserordentlichen Versammlung der Gruppe der Schlachthof- und 
Sanitätsthierärzte vom thierärztlichen Central-Vereln der Provinz Sachsen, 
der anhaitischen und thüringischen Staaten. 

Sonntag, den 18. Februar 1900, Vormittags 10'/ 8 Uhr, 

im 

Börsengebäude des Schlacht- und Viehhofs 
zu Magdeburg. 

Tagesordnung: 

1. Besichtigung des Schlacht- und Viehhofs, hierauf Be¬ 
sprechung desselben im Sitzungszimmer. 

2. Das Vorkommen der Tuberculose bei den Schlachttliieren 
unter besonderer Berücksichtigung der Untersuchung dieser 
Thiere für die Zwecke der Fleischschau. Die Behandlung 
des Fleisches tuberculöser Schlachttliiere. „Referent Herr 
College Bolle-Magdeburg.“ 

3. Die Gewährleistung beim Handel mit Schlachtthieren. 
„Referent Herr College Kl ap hake-Zeitz.“ 

4. Unvorhergesehenes. 

5. Mittheilungen aus der Praxis. 

Nach Schluss der Sitzung gemeinschaftliches Mittagessen. 
(Gedeck 2,50 M.) 

Magdeburg, den 18. Januar 1900. „ . 

Colberg, 

Obmann der Gruppe. 

NB. 1. Sämmtliche Herren Collegen vom Centralverein, sowie alle 
übrigen Herren Collegen sind als Gäste willkommen. 

2. Wegen der Bestellung der Zahl der Gedecke wird um eine 
gefällige Mittbeilung Uber die Tbeilnahme am Mittagessen 
bereits Tags zuvor gebeten. 

Maul- und Klauenseuche auf Vieh- und SchlaohthBfen. 

Neu ausgebrochen ist die Seuche in Cöln (Schlachthof) am 
15. Januar. Erloschen sind die in voriger Nummer gemeldeten 
Ausbrüche zu Regensburg und Magdeburg am 16. Januar. Aus¬ 
brüche, welche inzwischen schon wieder erloschen sind, kamen 
vor in Berlin (unter Ueberständerschweinen) am 21. er., Dresden 
(unter Schafen) am 18. bis 20., Essen am 15., Frankfurt a. M. 
am 22., Metz (unter Rindern) am 15. bis 18. und München am 
17. und 18. Januar. 


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25. Januar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


47 


Oeffentliches Yeterinärwesen. 


(Mittheilungen für 


Fleisehschan und Yiehverkehr. 

Berlin: Auszug aus dem Fleischschaubericht für Monat December 1899. 

A. Schlachtbof. 



Rinder 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht 

15 239 

11685 ! 

30 181 ! 

61 895 

Ganz beanstandet .... 

277 

43 | 

35 ! 

301 

Ueberhaupt mit Tuberculose 





behaftet. 

3 234 

42 

20 

2 031 

Davon gänzlich verworfen . 

76 

2 

6 

41 

„ sterilisirt und verwerthet 

100 

8 

11 | 

153 

„ theilweise verworfen . . 

14 

— ' 

— 


Also vollständig freigegeben 

3 044 

32 

3 j 

1 837 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— | 

— 

8 

Mit Finnen behaftet . . . 

81 

2 

— 

46 

Stark finnig, bezw. finnig und 
tuberculös; technisch ver- 





werthet. 

3 

— 

— 

18 j 

Finnig und wässerig, tech- 




1 

nisch verwerthet .... 

— 

— 

— 

— i 

Schwach finnig und gekocht 





verwerthet. 

78 

2 

— 

28 

Ausserdem wegen Behaftung 
mit Kalkconcrementen, mul¬ 
tiplen Blutungen u.s.w. sind 





gekocht verwerthet . . . 

— 

— 

— 

27 

1 


An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei 
Rindern 7748 Stück, bei Kälbern 178 Stück, bei Schafen 10195 Stück, 
bei Schweinen 9933 Stück. 


B. Untersuchungsstationen. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber j 

j 

Schafe 

Schweine 

Untersucht. 

22 842 

14 539 

1 414 

12 349 

Beanstandet. 

71 

21 : 

4 

5 

Wegen Tuberculose wurden 
beanstandet. 

26 | 



3*) 

Davon sind sterilis. verwerthet 

10 

— 

— 

1 

Mithin gänzlich verworfen . 

16 

— 

— 

2 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 

— 

— 

Mit Finnen behaftet. . . . 

4 

— 

— 

1 

Davon schwach finnig und 
gekocht verwerthet . . . 

— ; 

— I 

— 

1 


Unter dem eingeführten Fleisch waren 3326 dänische Rinder¬ 
viertel, 92 dänische Kälber und 227 Wildschweine. 

Berlin, den 10. Januar 1900. Der städtische Oberthicrarzt 


Reissmann. 

*) 1 Wildschwein. 

Seuchenstatistik und Yeterinärpolizei. 

Tuberoullnproben an den Landesgrenzen. 

(Tief, der Revue vfct 1. I. 1900.) 

Nach Wiedergabe der deutschen Statistik berichtet die 
Revue, dass Professor Mac Eachrau, Canada, ein typisches Bei¬ 
spiel der bei der Tuberculinirung vorgenommenen Betrügereien an¬ 
führte. Vierzehn hocliwerthige Durhams wurden aus England ver¬ 
sendet, begleitet mit Ursprungszeugnissen und Bescheinigungen, 
dass sie frei von Tuberculose sind; den Bescheinigungen waren die 
Protocolle der vorgenommenen negativen Tnberculinproben bei¬ 
gefügt. Trotzdem wurden die Thiere in Point-Levis in Quaran- 


Veterinärbeamte.) 

taine gestellt und nach acht Wochen von neuem tuberculinisirt- 
Von den vierzehn Thieren reagirten dreizehn; dieselben wurden 
geschlachtet und bei der Section tuberculös befunden, zwei 
hatten generalisirte Laesionen. Das vierzehnte Thier war in 
so hohem Grade tuberculös, dass es während der Quarantaine 
verendete. Prof. Mac Eachrau fügt bei, dass die in den Stationen 
Halifax und Quebec gemachten Erfahrungen bereits gezeigt 
hatten, dass man sich auf die in England gemachten Tuberculin- 
proben nicht verlassen dürfe. 


Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preusaen am 31. December 1899. 


Regierungsbezirk 

Die Seucht 
ii 

Kreisen 

i herrschte 

n 

Gemeinden 

(Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht: 

Königsberg. 

12 

196 

47,95 

Gumbinnen. 

8 

29 

7,45 

Danzig. 

7 

55 

43,64 

Marienwerder. 

15 

200 

88,41 

Berlin. 

1 

1 

— 

Potsdam. 

16 

88 

34,01 

Frankfurt. 

18 

101 

37,11 

Stettin. 

11 

74 

39,44 

Köslin. 

9 

92 

47,64 

Stralsund. 

3 

21 

23,56 

Posen. 

24 

98 

29,74 

Bromberg. 

13 

226 

101,57 

Breslau. 

21 

118 

31,06 

Liegnitz. 

14 

35 

12,43 

Oppeln. 

16 

216 

77,11 

Magdeburg. 

14 

91 

63,19 

Merseburg. 

15 

128 

55,36 

Erfurt. 

6 

8 

13,65 

Schleswig. 

4 

5 

234 

Hannover . 

8 

19 

30,20 

Hildesbeim. 

9 

28 

38,67 

Lüneburg . 

4 

9 

6,10 

Stade . 

2 

2 

2,75 

Osnabrück . 

3 

3 

5,35 

Aurich. 

2 

3 

K,77 

Münster. 

7 

27 

100,74 

Minden. 

10 

59 

115,68 

Anisberg. 

17 

60 

70,58 

Kassel. 

17 

54 

32,29 

Wiesbaden. 

11 

27 

28,83 

Koblenz. 

13 

59 

56,45 

Düsseldorf. 

19 

89 

206,97 

Köln. 

8 

36 

121,62 

Trier. 

11 

62 

55,01 

Aachen. 

5 

27 

69,23 

Hohcnzoliern-Sigmaringen 

4 

26 

204,72 

Summa: | 377 

2372 

— 


Nachwei8ung Ober den Stand der Viehseuchen Im Deutschen Reiche 
am 31. December 1899. 

Es waren am 31. December 1899 in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Berlin 1. R.-B. 
Potsdam 3 (3). R.-B. Stettin 1 (1). R.-B. Posen 2 (2). R.-B. 
Bromberg 2 (2). R.-B. Liegnitz 1 (1). R.-B. Oppeln 3 (4). 

R.-B. Merseburg 1 (1). R.-B. Hildeslieira 2 (2). R.-B. Stade 1 


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48 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 4. 


(1). R.-B. Minden 1 (1). R.-B. Aachen 1 (1). Bayern: R.-B. 

Schwaben 1 (1). Württemberg: Donaukreis 2(2). Baden: 
Landescomm. Konstanz 1 (1). Landescomm. Mannheim 1 (1). 
Braunschweig: 2 (2). Hamburg: 1 (1). 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 17 (74). R.-B. Niederbayern 9 
(18). R.-B. Pfalz 12 (04). R.-B. Oberpfalz 5 (20). R.-B. Ober¬ 
tranken 15 (62). R.-B. Mittelfranken 13 (30). R.-B. Unterfranken 
18 (48). R.-B. Schwaben 19 (114). Sachsen: Kreishauptm. 
Bautzen 3 (20). Kreishauptm. Dresden 8 (37). Kreishauptm. 
Leipzig 6 (95). Kreishauptm. Zwickau 10 (53). Württem¬ 
berg: Neckarkreis 14 (40). Schwarzwaldkreis 10 (*8). .Tagst- 
kreis 14 (50). Donaukreis 10 (209). Baden: Landescomm. 
Constanz 10 (08). Landescomm. Freiburg 11 (77). Landescomm. 
Karlsruhe 9 (59). Landescomm. Mannheim 13 (03). Hessen: 
Provinz Starkenburg 6 (40). Provinz Oberhessen 0 (05). Pro¬ 
vinz Rheinhessen 5 (33). Mecklenburg-Schwerin: 7 (24) 
Sachsen-Weimar: 5 (41). Mecklenburg-Strelitz: 2 (6). 
Oldenburg: Herzogthum Oldenburg 3 (4). Fürstenthum Birken¬ 
feld 1 (4). Brannschweig: 0 (44). Sachsen-Meiningen: 
4 (25). Sachsen-Altenburg: 2 (17). Sachsen-Coburg- 

Gotha: Herzogthum Coburg 1 (3). Herzogthum Gotha 2 (7). 


Anhalt: 4 (19). Scliwarzburg-Sondershausen: 2 (4). 
Schwarzbnrg-Rudolstadt: 2(3). Waldeck 2 (8). Reuss 
ä. L.: 1(2). Reuss j. L.: 1 (4). Schaumburg-Lippe: 3 (4). 
Lippe: 8 (48). Bremen: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk 
Unter-Elsass 8 (215). Bezirk Ober-Elsass 6 (90). Bezirk Loth¬ 
ringen 7 (45). 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Posen 1 (1). R.-B. Magdeburg 2 (4). 

D. von Schweinesenche (incl. Schweinepest): 
Preussen: R.-B. Königsberg 6 (12). R.-B. Gumbinnen 1 
(1). R.-B. Danzig 1 (1). R.-B. Marienwerder 2 (2). R.-B. Pots¬ 
dam 3 (8). R.-B. Frankfurt 2 (2). R.-B. Stettin 2 (5). R.-B. 
Stralsund 1 (2). R.-B. Posen 8 (11). R.-B. Bromberg 2 (4). R.-B. 
Breslau 5 (9). R.-B. Liegnitz 2 (2). R.-B. Oppeln 5 (12). R.- 
j B. Magdeburg 2 (2). R.-B. Merseburg 1 (1). R.-B. Schleswig 
| 2 (2). R.-B. Hannover 2 (2). R.-B. Hildesheim 2 (6). R.-B. 

Münster 2 (3). R.-B. Minden 1 (1). R.-B. Arnsberg 1 (1). R.-B. 
! Cassel 3 (4). R.-B. Wiesbaden 2 (0). R.-B. Trier l (1). 

i Bayern: R.-B. Oberbayern 2 (2). R.-B. Schwaben 1 (1). 
Hessen: Provinz Rheinhessen 1 (1). Braunschweig: 2 (2). 
Sachsen-Meiningen: 1 (1). Anhalt: 2 (3). Lippe: 1 (3). 
■ Bez. Lothringen: 1 (1). 


Personalien. 

Auszeichnungen: Anlässlich des Ordensfestes haben erhalten: 
a) Den Rothen Adler-Orden IV. Klasse: Dr. Herrmann, Kreis- 
und Grenz-Tbierarzt zu Ratibor, Dr. Mehrdorf, Departeincnts-Thier- 
arzt und Veterinär-Assessor beim Medicinal Collegium zu Königsberg 
i. Pr., Peters, Departements-Thierarzt zu Bromberg, Völlers, 
Kreis-Thierarzt zu Altona; b) den Königlichen Kronen-Orden 
IV. Klasse: Ludewig, Oberrossarzt und Tnspicient bei .der 
Militär-Rossarztschule, Schlake, Oberrossarzt bei der Militär-Lehr- 
schmiede in Königsberg i. Pr., Schmidt, Oberrossarzt im 3. Ulanen- 
Regiment. 

Ernennungen etc.: In Preussen: Zu Kreisthierärzten die comm. 
Kreisthierärzte Eichert in Sensburg, Graul in Oppeln, Schirmer 
in Gemünd (Kr. Schleiden), Schmitz in Mülheim (Ruhr), Schulz 
in Grebenstein (Kr. Hofgeismar), Sprenger in Koscbmin und 
Wehr in Worbis; ferner Pflanz in Kreuzburg (O.-S.) commissarisch 
und Barenhoff in Meschede interimistisch. Dr. Schmidt-Halle 
zum Grenzthierarztassistenten in Gollub. 

In Württemberg: Thierarzt Metzger in Cannstadt zum thier¬ 
ärztlichen Hiilfsarbeiter beim Königl. Medicinalcollegimn für die 
Geschäfte der diesjährigen Rothlauf-Scbutzimpfung. Thierarzt 
Schaub-Osten zum Districtsthierarzt in Berlichingen. 

Versetzt: Die preussischen Kreisthierärzte Borchardt-Cölleda 
nach Görlitz, Eggeling von Stettin nach Schwetz, Lorenz von 
Kempen i. P. nach Stettin, Remy von Gersfeld nach Limburg a. d. 
Lahn und Wittlinger von Neumarkt nach Habelschwerdt. 

Approbationen: in Berlin die Herreu: Louis CI aussen, Curt 
Kärnbach, Fritz Lemhöfer, Arnold Linnenbrink, Otto Schulze, 
Eberhard Süssenbach, Adolf Waldeck, Hartwig Warringsholz. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die Thier¬ 
ärzte Dammann von Langenweddingen nach Gr.-Strchlitz (O.-S.), 
Karl Förster-Münstedt (Hann.) nach Hoheneggelsen. F. Grebe von 
Stommeln nach Köln (Schlachthof), W. Jütte nach Langenweddingen j 
und 0. Schulze-Berlin nach Windehausen bei Heringen (Helme). 

Todesfälle: Thicrarzt August Freund-Pabstorf (Braunschw.) 
und Thierarzt P. Hän sei -Hirschberg (Reuss). 

Yacanzen. 

Kreisthierarzt8tellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Elsass-Lothringen: Kreis Solchen (600 M. und 700 M. Reise 


kosten-Aversum). Bew. bei dem Ministerium, Abth. für Land¬ 
wirtschaft. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Arnsberg: Lippstadt. — R.-B. Danzig: Carthaus. — R.-B. 
Gumbinnen: Grenzthierarztassistentenstelle in Stallupönen. — 
R.-B. Schleswig: Eiderstedt. — R.-B. Trier: Kreisthierarzt¬ 
assistentenstelle. 

Sanitfttsthlerarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Dessau: Schlachthofassistenzthierarzt (1500 M., Wohnung etc.) — 
Dresden: 3 Hilfsthierarztstellen am Schlachthof (je 2100 M.) Bewerb, 
bis 10. Februar an die Direction. — Eberswalde: Schlacbtbaus- 
inspector (2400 M. bis 3300 M., Wohnung etc.) Meid, bis 1. März an 
den Magistrat. — Hannover: IV. Thierarztstelle am Schlachthof.— 
Königsberg i. P.: Schlachthofthierarzt zum 1. März (2000 M., 
Wohnung etc.) Bewerbungen bis 29. Januar an den Directof. — 
Mülhausen (Eisass): Schlachthofverwalter zum 1. April. Bewerb, 
bis 15. Februar an das Bürgermeisteramt. —- Thorn: 2. Thier¬ 
arzt am Schlachthof (ca. 2000 M., keine Pension.) Bewerbungen 
bis 24. Januar an den Magistrat. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — Eckernförde: Schlacht¬ 
hofinspector. — Essen (Ruhr): 3. Schlachthofthieiarzt. — Fi lehne. 
Schlachthofinspector. — Fricdrichsthal (Kr. Saarbrücken): Thier¬ 
arzt für Fleischbeschau. — Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt. 
— Hirschberg (Schlesien): Schlachthofvorstcher zum 1. März. — 
Liegnitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Markneukircben: 
i Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Militsch: 

Schlachthofinspector. — Norderney: Schlachthofinspector. — 

| Ostrowo: Schlachthofinspector. — Posen: ein 1. und ein 2. 
Schlachthofthierarzt. — Spremberg: Scblacbthofinspector. — 
Tempelburg: Scblachthausinspector. — Trier: Schlacbthof- 
| hilfsthierarzt zum 1. März. 

Privatstellen : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Augustusburg: Städt. Thierarzt sofort (720 M. Fixum. 
Privatpraxis). — Festenberg. — Hirschberg (Saale): Thierarzt 
(1000 M. Fixum). Bew. an den Stadtgemeindevorstand. — Kera- 
berg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck 
(Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pillkallcn). — Murrbardt. — 

: Pabstorf (Braunschweig): Thierarzt sofort. — Schönbaum 
(Danzig). — Soldau (Ostpr.): Thierarzt für Praxis (800 M. Zn- 
1 schuss). Bewerbungen beim Magistrat. 


Verantwortlich für den Inhalt (exeL Ina erat enth eil): Prot Dr. Schmalts ln Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Scboetz ln Berlin. — Druck von W. Bflxenstein, Berlin. 


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Die „Berliner Thlerirxtlicbe Wochenschrift“ erscheint 
wfichentllch ln Stärke von mindestens 1 </i Bogen. Dieselbe 
ist cn beziehen durch den Buchhandel, die Post (No 1082) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard 
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Originalbcitrige werden mit 60 Bk. für den Bogen honorlrt 
Alle Manuscripte, Blittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr Schmält*, 
Berlin, tierärztliche Hochschule. NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Reccnsions- Exemplare und Annoncen da* 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Heran sgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. JH 5. Ansgegeben am 1. Februar. 

Inhalt: KQhnau: Die Gefahr der Uebertragung der Tuberculose durch die Kuhmilch und Massnahmen zur Herab¬ 
minderung oder Beseitigung der Gefahr. — Zwicker: Einige Bemerkungen Uber Fehldiagnosen bei Tuber- 
culinimpfungen der Rinder. — Referate: Kragerud: Eine neue aseptische Castrationsmethode. — Kaspärek: Die 
Schweineseuche. — Tröster: Resümee über die im Sommer 1899 vorgenommenen Brustseuche-Impfungen. — Pferdestaupe. — 
Ein neues Heilmittel gegen Tuberculose. — Verschiedene therapeutische Notizen. — Anjeszky: Ueber Immunisirung gegen 
Wuth mit normaler Nervensuhstanz. — Schottelius: Die Bedeutung der Darmbacterien für die Ernährung. — Freund und 
Sternberg: Ueber Darstellung des Heilkörpersaus dem Diphtherieheilserum. — Tagesgcscliiclite: Protocoll der 33. General- 
Versammlung des Vereins der Thierärzte des Reg.-Bez. Wiesbaden. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: 
Seucbenstatistik und Veterinärpolizei. — Personalien. — Vacanzen. 


Die Gefahr der Uebertragung der Tuberculose 
durch die Kuhmilch und Massnahmen zur Herab¬ 
minderung oder Beseitigung der Gefahr. 

Von 

KOhnau-Hamburg, 

Oberthierarzt. 

Die Forschung nach den Ursachen der Tuberculose des 
Menschen und der Thiere hat in der zweiten Hälfte des ver¬ 
gangenen Jahrhunderts Resultate gezeitigt, welche klar die 
Wege erkennen lassen, aof welchen die Tuberkelbacillen in den 
Körper hineingelangen. Besonders deutlich der Menschheit vor 
Augen geführt haben dies die Verhandlungen des Tuberculose- 
Congresses in Berlin im Jahre 1899. Per Hinweis von Vir- 
ehow, Bollinger n. A. auf die Gefahr der Uebertragung der 
Tuberculose durch die Kuhmilch hat die verschiedensten Kreise 
veranlasst, sich mit diesem Punkt der Congressverhandlungen 
zu beschäftigen und Stellung dazu zu nehmen. Der Standpunkt 
des Hygienikers ist besonders in einem Aufsatz von Sanitäts¬ 
rath Dr. L. Fürst-Berlin*) znm Ausdruck gelangt. Der Hy¬ 
gieniker will natürlich all und jede Möglichkeit der Tnberculose- 
übertragung durch die Kuhmilch ausschliessen. Die von Fürst 
durch staatliche Massnahmen vorgesehene Sicherung ist wirklich 
umfassend, würde aber, wenn sie thatsächlich in Kraft treten 
sollte, die Milchprodnction und den Milchverkehr lahm legen, 
wenn nicht unterbinden. Jede Beschränkung empfindet der 
Milchproducent und Milchhändler unangenehm, deshalb nehmen 
diese den Standpunkt ein, dass durch staatliche Fürsorge doch 
nicht all’ nnd jede Gefahr der Uebertragung der Tnberculose 
durch die Kuhmilch verhütet werden könne und deshalb der 
Selbstschutz des Consumenten das allein richtige Princip sei. 
Nur schwer wird man sich in milchwirthschaftlichen Kreisen 
für Reformen im Molkereiwesen, die nur mit Rücksicht auf die 
Hygiene getroffen sind, erwärmen können, wie dies auch der 
Vorsitzende des deutschen Milchwirthschaftlichen Vereins Herr 
Gutsbesitzer Plehn in der Zeitschrift der Landwirthscliafts- 

*) Die Notbwendigkeit von Reformen im Molkereiwesen. Das 
Rothe Kreuz, XVII, 17 u. 18. 


kammer für die Provinz Schlesien 1899, Heft 39 des Näheren 
ansführt. 

Sollen mit Rücksicht auf die Gefahr der Uebertragung der 
Tuberculose durch die Kuhmilch Reformen im Molkereiwesen 
durchführbar sein, so muss die thatsächliche Uebertragungsgefahr 
in Betracht gezogen werden und nur solche Reformen zur Ein¬ 
führung vorgeschlagen werden, welche in das Erwerbsleben der 
Interessenten nicht schwer schädigend eiligreifen. Von diesem 
Gesichtspunkte geht auch die Resolution ans, welche vom thier¬ 
ärztlichen Congress in Baden-Baden gefasst worden ist: „Thier- 
ärztliche Controle der Milchviehbestände, Ausmerzung der euter- 
tuberculösen nnd allgemein tnberculösen, abgemagerteu Kühe; 
Entschädigung.“ 

Die Ueberlegung lehrt, dass der Milch auf dem ganzen 
Wege vom Verlassen der Productionszelle bis zum Munde des 
Cousumenten Tuberkelbacillen beigemischt werden können. Die 
Uebertragungsgefahr wird deshalb am sichersten vermieden, 
wenn die Milch nur in gekochtem Zustande genossen wird. 
Dem entsprechend sind ja genügend Stimmen laut geworden, 
welche vorschlagen, die Milch nur in pasteurisirtem Zustande 
in den Verkehr gelangen zu lassen. Abgesehen davon, dass 
der Milch auch noch nach der Pasteurisirung, sowie durch 
Berührung des sie enthaltende Gefässes mit der Luft Tuberkel¬ 
bacillen beigemischt werden können, würde das Verfahren 
eine nicht leicht durchführbare Massregel sein, viele 
kleine Existenzen vernichten und, was am meisten in Frage 
kommt, den Milchgenuss ungemein einschränken, da entschieden 
durch Pasteurisiren der Rohgeschmack und Geruch, die Blume 
der Milch, verloren geht. Im Interesse der Milchproduction und 
des Milchconsums ist darum, wenn irgend angängig, von einer 
allgemeinen Vorschrift der Pasteurisirung der Milch Abstand zu 
nehmen. In Beider Interesse liegt es vielmehr, Massnahmen zu 
treffen, welche geeignet sind, die Beimischung von Tuberkel* 
bacillen zur Milch zu verhüten. 

Die Quellen, aus denen Tuberkelbacillen in die Milch ge¬ 
langen können, sind schliesslich tuberculose Menschen und Thiere. 
Der Mensch würde namentlich beim Milchverkehr in Frage 
kommen, und würde diese Iufectionsquelle durch reinliche, saubere 


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50 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 5. 


Behandlung der Milch und Ueberwachung des Milchverkehrs un¬ 
schwer an8zuschlies8en sein. Diese Uebertragungsmöglichkeit 
spielt auch nicht die Rolle wie die durch die Milch von tuber- 
culösen Kühen. Bei der enormen Verbreitung der Tubercnlose 
unter den Kühen (wie Dr. Edelmann mittheilt, sind unter 48 172 
in Sachsen im letzten Jahre geschlachteten Kühen nicht weniger 
als 19 909 Stück d. h. 35,10 pCt. mit der Tuberculose be¬ 
haftet gewesen) muss die Gefahr, dass von den tuberculösen 
Kühen Tubercelkeime in die Milch gelangen, sehr ernst auf¬ 
gefasst werden. Der Nachweis, dass in der Milch tuberculöser 
Kühe Tuberculosebacillen anzutreffen sind, ist bald nach der 
Entdeckung Robert Koch’s von einer ganzen Reihe von 
Forschern geführt worden. Besonders erwähnt seien die Ver¬ 
suche von Bollinger, May, Bang, Lucas, Noaard, 
Schmidt-Mülheim, Fiorentini, Smith und Schröder, Friis, 
Ostertag, Lydia Rabinowitsch und Kempner, und nicht 
zuletzt die von Dr. Martin, welche derselbe im Aufträge der 
englischen Commission zur Erforschung der Infectionsgefahr 
der Milch im Jahre 1895 angestellt hat. Die kritische Sichtung 
dieser Versuche ergiebt, dass eine wirklich ernste Gefahr 
der Uebertragung der Tuberculose durch Kuhmilch 
auf den Menschen nur durch die Milch der Kühe ge¬ 
geben ist, welche mit Tuberculose des Euters be¬ 
haftet sind. Zur Bekräftigung dieses Erkenntnisses mögen 
die Ergebnisse der Versuche der englischen Tuberculose- 
Commission kurz wiedergegeben werden, besonders weil die 
Ausbreitung der Tuberculose bei den Versuchsthieren durch Sec- 
tion festgelegt worden ist. 

Die 17 Kühe waren eigens zu den Versuchen angekauft 
worden. Die Milch dieser Kühe zeigte entweder normales, Aus¬ 
sehen oder mehr oder minder Abweichungen von der novanalen- 
Beschaffenheit. Auf die Gegenwart oder Nichtgegejawart 
von Tuberculosebacillen konnte aus dem Aussehen der 
Milch ein Schluss nicht gezogen werden. Von den 17 
Kühen waren 2 Stück gesund und 15 Stück tuberculös. 
Von den 15 tuberculösen Kühen hatten 8 Stück gesunde Euter, 
2 Stück hatten Euterleiden, die nach der Schlachtung als, nicht 
tuberculös erkannt wurden, und die übrigen 5 hatten kranke 
Euter, die nach der Schlachtung als mit Tuberculose behaftet 
befunden wurden. 

Bei der Verimpfung und Verbitterung der Milch dieser Kühe 
erhielt Dr. Martin folgende Ergebnisse: 

1. Bei den acht tuberculösen Kühen, welche gesunde Puter 
hatten, gelang der Nachweis von Tubercelbacillen in der Milch 
nicht, 28 Versuchstiere, denen die Milch in die Bauchhöhle 
verirapft war, und 41 Versuchstiere, an die die Milch verfüttert 
war, blieben vollkommen frei von Tuberculose. 

2. Bei den zwei tuberculösen Kühen mit kranken, , aber 
nicht tuberculösen Eutern, gelang der Nachweis von Tuberkel¬ 
bacillen in der microscopischen Prüfung ebenfalls nicht. Vierzehn 
Versuchstiere, an welche die Milch verimpft war, und drei 
Versuchstiere, an die die Milch verfüttert war, blieben voll¬ 
kommen frei von Tuberculose. 

3. Bei den fünf tuberculösen Kühen mit tuberculösen Eutern 
gelang der Nachweis von Tubercelbacillen durch microscopjsche 
Prüfung in der Milch von drei Kühen ; in der Milch der übrigen 
beiden Kühe versagte die microscopische Prüfung. Die Milch 
der ersten drei Kühe wurde an 13 Tiere verimpft und an 
15 Tiere verfüttert. Die sämmtliclien Versuchstiere erkrankten 
an Tuberculose. Die Milch der vierten Kuh (Eutertuberculose, 


Tubercelbacillen in der Milch nicht nachgewiesen) wurde an 
sechs Thiere verimpft und an zehn Tiere verfüttert. Die ge¬ 
impften Thiere erkrankten sämmtlich, von den gefütterten Thieren 
erkrankten dagegen nur vier an Tuberculose. Die Milch der 
fünften Kuh (ebenso) wurde an zwei Thiere verimpft und an 
zwei Thiere verfüttert, die geimpften Thiere erkrankten an 
Tuberculose, die gefütterten Thiere blieben gesund. 

4. Bei zwei Kühen, die nicht an Tubercnlose, sondern an 
einer anderen Krankheit (Fremdkörperabscesse) litten, enthielt 
die Milch keine Tubercelbacillen. 17 Thiere, welchen die Milch 
in die Bauchhöhle injicirt war, blieben frei von Tuberculose. 

Diese Versuche sind so exact durchgeführt, dass die Er¬ 
gebnisse als feststehende Thatsachen betrachtet werden müssen. 
Die in ganz anderer Richtung sich bewegenden Versuche 
von Oster tag dienen nur zur Bestätigung. Die Ver¬ 
impfung und Verfiitterung der Einzelproben des Gemelkes von 
50 Kühen, welche auf Tuberculin reagirt hatten, aber klinische 
Erscheinungen der Tuberculose nicht zeigten, verursachten die 
Erkrankung an Tuberculose nicht bei einem einzigen Versnchs- 
thiere. Die Verimpfung von Proben des Gesammtgemelkes ver- 
anlasste während der vierwöchentlichen Dauer dieser Impf¬ 
versuche nur bei einem Meerschweinchen Tuberculose, die mit 
derselben Probe geiütterten Meerschweinchen blieben gesund. 
Entgegen stehen dem die Versuche von Dr. L. Rabinowitsch 
und Walter Kempner. Diese Forscher untersuchten die 
Milch von 15 Kühen, die auf Tuberculin reagirt hatten. Die 
Verimpfung der Proben ergab, dass die Milch von 10 Kühen bei 
den Versuchsthieren Tuberculose hervorgerufen hatte, während 
nur 8 Stück bei der klinischen Untersuchung Erscheinungen der 
Tubercnlose erkennen Hessen. Ost er tag weist bei diesen Ver¬ 
suchen auf folgende Fehlerquellen hin.- Der VeFSHehsstapel be¬ 
stand zum grössten Th eil aus Thieren, die mehr oder minder mit 
offenbarer Tuberculose behaftet waren. Es musste deshalb eine 
starke Ausstreuung von Tubercelbacillen stattfinden, eine indirecte 
Infektion der Milch ist deshalb durchaus nicht ausgeschlossen, 
zumal die Entnahme der Milch nicht unter Aufsicht der Autoren 
erfolgte. Ferner sind die Versuche drei Monate nach Fest¬ 
stellung des mitgetheilten klinischen Befundes vorgenommen 
worden, und dann fehlen gänzlich Fütterungsversuche. Erst diese 
sind geeignet, über die Infectiosität der Milch Aufschluss zu 
geben. Gerade weil die Giftwirkung tuberculöser Milch bei der 
Fütterung ganz bedeutend geringer ist, (Auf Grund vorliegender 
Versuche, namentlich neuerdings auch vonSmith undDinwiddie*) 
kann man annehmen, dass die Gefahr, bei der Fütterung Tnber- 
culose zu bekommen, im Vergleich zur Impfung tausend- bis 
millioneninal geringer ist), sind die Ergebnisse der Versuche von 
L. Rabinowitsch und Kempner für eine Beurtheilung der 
Frage überhaupt nicht verwerthbar und durch die Versuche 
anderer Forscher längst überholt und richtig gestellt. 

Eine wirklich ernste Gefahr der Tuberculoseübertragung 
durch die Kuhmilch besteht erst in dem Falle, dass die Euter 
der Kühe tuberculös erkrankt sind und Tubercelbacillen in der 
Milch aufgefunden werden. Nicht immer ist die Eutertuberculose 
durch kUnische Untersuchung nachweisbar, sondern häufig erst 
durch histologische Untersuchung von harpunirten Euterstückcheu, 
so namentlich bei vorgeschrittener allgemeiner, durch Abmagerung 
gekennzeichneter Tuberculose. 

Die Massnahmen zur Herabminderung und Beseitigung der 
Uebertragungsgefahr der Tuberculose durch die Kuhmilch sind 

*) The Veterinarian, November, December 1899. 


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1. Februar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


51 


deshalb in erster Linie gegen die Kühe zu richten, welche mit 
Eutertuberculose und allgemeiner, mit Abmagerung verbundener 
Tuberculose behaftet sind, zumal wenn deren Milch als Rahm, 
Vollmilch, Halbmilch oder abgerahmte Milch in den directen 
Consum gelangt. Die gekennzeichneten Thiere dürfen als Milch¬ 
kühe nicht mehr Verwendung finden. Auf die Gefahr aufmerk¬ 
sam gemacht, wird der einsichtsvolle Besitzer zu dieser Mass- 
regel von selbst kommen. Mit Hülfe des Nahrungsmittelgesetzes 
würden auch die anderen Besitzer zur Massregelung der ge¬ 
fährlichen Kühe zu bringen sein, wenn die schädliche Beschaffen¬ 
heit der Milch ohne Weiteres erkennbar wäre. Weil aber der 
Nachweis schwierig ist, selbst wenn der Consument und die die 
Gesundheit desselben schützende Gemeinde mit den nöthigen 
Hülfsmitteln zur Erkennung der schädlichen Beschaffenheit der 
Milch ausgerüstet sind, wird dieses Vorgehen von wenig Erfolg 
begleitet sein. Besser wäre es schon, wenn für die Euter- und 
allgemein mit Abmagerung verbundene Tuberculose die Anzeige¬ 
pflicht vorgeschrieben und gemäss den Bestimmungen des Reichs¬ 
viehseuchengesetzes mit der Krankheit verfahren wird. Zur 
Feststellung dieser Formen der Tuberculose gehört aber 
immerhin ein genügendes Vertrautsein mit den Erscheinungen 
der Krankheit, die man von einem Viehbesitzer nicht ohne 
Weiteres voraussetzen darf; und sollen nur die Thier¬ 
ärzte, welche zufällig auf die Krankheit stossen, zur An¬ 
zeigepflicht gezwungen werden, so wird die Tuberculose erheb¬ 
liche Einschränkungen auch nicht erfahren. Das einzig Richtige 
ist eine ständige Controlle der Milchviehbestände durch periodische 
Untersuchungen, die von geschulten Sachverständigen vorzu¬ 
nehmen sind. Am geeignetsten für diese Controlle würden 
Thierärzte sein, die in der bacteriologischen Prüfung der Milch 
und histologischen Prüfung des Eutergewebes bewandert sind. 
Wenn solche Thierärzte z. B. als Viehinspectoren, ähnlich wie 
in der Schweiz für bestimmte Landestheile angestellt werden, 
so würden ohne Zweifel durch die periodischen Untersuchungen 
die gefährlichsten tuberculösen Kühe ermittelt werden. Even¬ 
tuell könnte auch, um bekannte Einwände (Mangel an Thier¬ 
ärzten u. s. w.) zu entkräften, die Organisation ähnlich wie bei 
der Durchführung einer allgemeinen Fleischschau aufgezogen 
werden, ja es könnte sogar das bei der Fleischschau beschäftigte 
Personal nach gehöriger Schulung bei Ausübung der Controlle 
der Viehbestände mit verwendet werden. Diese Ausdehnung 
ihres Wirkungskreises würde, glaube ich, allen Schlachthofs- 
etc. -Thierärzten nur zur Befriedigung gereichen. Aber auch 
dem Viehbesitzer kann eine derartige Controlle nur angenehm 
sein. Das zum Theil bereits verloren gegangene Zutrauen zur 
Milchnahrung wird dadurch entschieden wieder gehoben, damit 
Hand in Hand geht eine Hebung des Milchconsums und Renta¬ 
bilität der Milchwirtschaft. Ferner wird der Besitzer eine sehr 
gefähriiche Infectionsquelle seines Stalles kennen lernen und 
selbst Anstalten treffen, die Tuberculose aus seinem Viehbestand 
loszuwerden. Für die Sanirung unserer Viehbestände wird die 
Einführung einer Viehinspection von den segensreichsten Folgen 
sein. Diese erstrebenswerten Massnahmen drängen auf eine 
staatliche Fürsorge hin, und der Staat hat auch die Pflicht, für 
die Ausrottung der gefährlichen, tuberculösen Kühe zu sorgen, 
weil dadurch nicht nur der Einzelne, sondern die gesammte All¬ 
gemeinheit, und besonders der Nachwuchs schwer bedroht wird. 
Die Ausrottung wird ohne Schwierigkeit zu bewerkstelligen sein, 
wenn den Besitzern der Verlust, welchen sie durch die Mass- 
regelung erleiden, ersetzt wird. Wenn auch a priori ange¬ 


nommen werden kann, dass nur der verloren gehende Fleisch¬ 
werth der Kuh, der durch Beschlagnahme etwa zur menschlichen 
Nahrung untauglicher Theile bedingt ist, zu ersetzen sein dürfte, 
(weil eine tuberculose Milch liefernde Milchkuh einen Werth als 
Milchkuh überhaupt nicht mehr besitzt, denn die Milch darf als 
gesundheitsschädliches Nahrungsmittel nicht in den Verkehr ge¬ 
bracht werden, und zweitens ist die Lebensdauer einer tuber¬ 
culösen Kuh eine sehr begrenzte), so dürfte doch dem Besitzer 
auch für den als Milchkuh verloren gehenden Werth aus Billig¬ 
keitsgründen eine Entschädigung zuzumessen sein. 

In diesem Sinne strebt der Deutsche Milchwirthschaftliche 
Verein eine Erledigung der Frage an, und hat eine von dem 
Verein ad hoc niedergesetzte Commission in eingehender Be- 
rathung einen Gesetzentwurf ausgearbeitet, der Klarheit über 
den einzuschlagenden Weg schaffen soll. Die am 13. Febr. er. 
in Berlin stattfindende Hauptversammlung des D. M.-V. wird 
über den Gesetzentwurf berathen und beschliessen. 

Mit Genugthuung ist es zu begrüssen, dass, um den An¬ 
forderungen der Hygiene gerecht zu werden, derartige Anregungen 
aus Interessentenkreisen kommen, und wird deshalb auch bei 
uns in Deutschland etwas Positives erreicht werden. In anderen 
Ländern, Dänemark, Schweden, Norwegen, Massachusetts, Canada, 
Belgien, Frankreich, Grossbritannien, bestehen bereits Gesetze 
derartiger Tendenz oder werden doch angestrebt. Die Noth- 
wendigkeit von Massnahmen zur Herabminderung und Beseitigung 
der Uebertragungsgefahr der Tuberculose durch die Kuhmilch 
auf den Menschen und die Thiere, namentlich Schweine, erhellt 
nicht nur aus den von Baum, Johne, Prümers, Olivier 
mitgetheilten Beobachtungen, dass die Tuberculose durch den 
Geüuss der Milch tuberculöser Kühe thatsächlich übertragen 
worden ist, sondern auch aus den Sterblichkeitsstatistiken der 
Menschen und den Schlachthofstatistiken über die Tuberculose 
der Schweine. Heubner konnte auf dem Tuberculose-Congress 
mittheilen, dass unter 800 Säuglingen im ersten Lebensviertel¬ 
jahr keine, im vierten Lebensvierteljahr 26 pCt. mit Tuberculose 
behaftet sich befänden. Wenn auch Heubner hinzufügt, dass die 
Tuberculose öfter durch die Athmung, seltener durch die 
Nahrung übertragen worden ist, so sind doch die Zahlen, auch 
wenn nur die Fütterungstuberculose, Tabes meseraica, in 
Rücksicht gezogen wird, erschreckend genug. Nach Tabellen 
von Sir Richard Thorne*) kommen auf 1000000 Ge¬ 
burten 4278 männliche und 3454 weibliche Sterbeflllle an Tabes 
meseraica. Die Mehrzahl derselben betrifft Säuglinge von drei 
bis sechs Monaten. Im zweiten Lebensjahre ist die Mortalitäts¬ 
ziffer noch immer relativ hoch, während sie von da an rapid 
sinkt. Bei Schweinen, die aus Genossenschaftsmeiereien mit 
Magermilch ernährt wurden, hat man bis zu 60 ja 100 pCt. der 
geschlachteten Schweine mit Fütterungstuberculose behaftet be¬ 
funden. Die Vorschrift der Pasteurisirung der zu Fütterungs¬ 
zwecken zur Verwendung gelangenden Magermilch in Dänemark 
hat den Procentsatz der Tuberculose unter den Schweinen er¬ 
heblich heruntergedrückt. Während Mitte der neunziger Jahre 
durchschnittlich 5 pCt. der dänischen Schweine mit Tuberculose 
behaftet befunden wurden, hat man letzthin unter 25000 unter¬ 
suchten Schweinen nur 2 pCt. mit Tuberculose behaftet befunden, 
nur 0,45 pCt. wurden vom Consum ausgeschlossen. Schlacht¬ 
hofdirektor Winter führt im letzten Jahresbericht an, dass die 
Schweinetuberculose von 3,5 auf 2,4 pCt. unter den im 

*) The Lancet vom 22. April 1899. 


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52 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Brombeiger Schlachthof geschlachteten Schweinen zurück¬ 
gegangen ist. Die Abnahme trat in Erscheinung mit dem 
Inkrafttreten der polizeilichen Anordnung der Verbrennung des 
(’entrifugenschlamms. 

Wenn schon diese Massnahmen derartige Erfolge zeitigen, 
so werden die Massnahmen, welche geeignet sind, die Quelle der 
Tuberculose zum Versiegen zu bringen, sicher die Gefahr der 
Uebertragung der Tuberculose durch Kuhmilch auf den Menschen 
und die Thiere herabmindern und beseitigen. 

Hierunter folgt der von der Commission des deutschen 
Milchwirthschaftlichen Vereins am f». Januar 1900 beschlossene: 

Entwurf eines Reichsgesetzes, betreifend die Abwehr und Unterdrückung 
der Eutertubercuiose der Kühe. 

§ 1. Unter die Bestimmungen dieses Gesetzes fallen die¬ 
jenigen tnberculoseverdächtigen Kühe, in deren Milch Tubercel- 
bacillen nachgewiesen sind. Der Befund muss durch das Kaiser¬ 
liche Gesundheitsamt bestätigt sein. 

§ 2. Die Einfuhr von Kühen, welche mit Tuberculose be¬ 
haftet sind, in das Reichsgebiet ist verboten. 

§ 3. Die Milchviehbestände des Inlandes sind in Zwischen¬ 
räumen von höchstens drei Monaten einer Untersuchung durch 
.Sachverständige zu unterziehen. Jede Milchkuh ist auf das 
Vorhandensein von Tuberculose zu prüfen. Von jeder ver¬ 
dächtigen Kuh ist das Euterproduct auf den Inhalt von 
Tubercelbacillen zu untersuchen. Die Proben, welche Tubercel- 
bacillen enthalten, sind dem Reichsgesundheitsamte zur Be¬ 
stätigung des Befundes einzusenden. 

§ 4. DieAusführungder Untersuchungwird von der zuständigen 
Verwaltungsbehörde angeordnet. Ausserordentliche Unter¬ 
suchungen können auf Antrag der Besitzer angeordnet werden; 
in solchen Fällen hat der Besitzer die Kosten der Untersuchung 
zu tragen, wenn verdächtige Thiere nicht ermittelt werden. 
Die Sachverständigen sind thunlichst den Kreisen beamteter 
Thierärzte zu entnehmen. Bei der Entnahme und Untersuchung 
der Milchproben auf Tubercelbacillen ist das vorgeschriebene 
Verfahien zu beobachten. Die Kosten der Untersuchung fallen 
den einzelnen Staaten zur Last. 

§ 5. Die Weggabe der verdächtigen Kühe, ausser zur 
Abschlachtung, ist verboten. Die Milch der verdächtigen Kühe 
darf, sofern sie zum directen Consum bestimmt ist, nur nach 
Erhitzung auf 85° C. verwerthet werden. Die Beschränkungen 
hören auf, sobald der Verdacht aufgehoben wird. 

§ ('). Jede Kuh, bei der die Behaftung mit Eutertubercuiose 
durch das Reichsgesundheitsamt bestätigt ist, ist nach ihrem 
Werth als Milchkuh zu schätzen und alsbald unter polizeilicher 
Aufsicht abzuschlachten. 

§ 7. Für den Unterschied zwischen dem Milch- und Fleisch¬ 
werth der Kuh ist aus Reichsmitteln eine Entschädigung zu 
gewähren; zu dem Zwecke ist der Fleischwerth nach der je¬ 
weiligen Marktlage zu schätzen und von dem Milchwerth in Abzug 
zu bringen. Die Differenz gilt als Entschädigungssumme und wird, 
sofern nicht aus anderweitigen Mitteln Deckung vorhanden ist, 
auf Antrag aus dem zur Verfügung stehenden Reichsfonds ersetzt. 

§ 8. Entschädigungen unter 50 M. und über 300 M. werden 
nicht gewählt. 

§ 9. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen des § 5 
dieses Gesetzes werden mit Geldstrafe bis zu 150 M. oder Haft 
bestraft, sofern nach den bestehenden Gesetzen nicht eine höhere 
Strafe verwirkt ist. 


No. 5. 

Einige Bemerkungen über Fehldiagnosen bei 
Tuberculinimpfungen der Rinder. 

Von 

Zwicker-Prachatitz, 

Tblerar/.t. 

In letzterer Zeit hatte ich Gelegenheit, die Tuberculinimpfung 
bei ungefähr 500 Stück Rindern auszuführen, und halte es für 
angezeigt, die hierbei gewonnenen Erfahrungen zu veröffentlichen. 
Im Interesse zur Sache und zu meiner eigenen Ueberzeugung 
habe ich die Temperaturmessungen vor der Impfung, die Impfungen 
selbst und die weiteren Messungen (zweistündlich) mit allergrösster 
Genauigkeit vorgenommen, und habe gefunden, dass das Tuber- 
culin ganz unzweifelhaft ein wichtiges Reagens für tuberculöse 
Processe im Körper der Rinder ist. Wenn die Resultate der 
Tuberculinimpfungen, die jetzt überall versuchsweise durch¬ 
geführt werden, auch nicht immer und überall befriedigende sind, 
so liegt dennoch keine Berechtigung vor, wie dies häufig geschieht, 
denselben jeden praktischen Werth abzusprechen, sondern fordert 
vielmehr diese Thatsache jeden Fachmann heraus, nach Möglichkeit 
die Mängel, die der Tuberculinimpfung heute in der Praxis 
factisch noch anbaften, aufzudecken, um zur raschen Beseitigung 
derselben beizutragen. Diese Mängel sind auch zum Theil 
Ursachen von Fehldiagnosen. Diesbezüglich möchte ich vorerst 
auf Folgendes hinweisen: es geht absolut nicht an, die Impfung 
z. B. bei einer grösseren Anzahl von Rindern nach einer all¬ 
gemeinen Schablone vorzunehmen und in derselben Weise 
nach irgend einem vorliegenden Muster die Reacfionen zu be¬ 
stimmen. Darin liegt ein grosser Fehler. Es ist erstens die 
Impfdosis mit besonderer Rücksicht auf das Individuum, Rasse, 
Alter, Grösse und event. abnorme Zustände zu bestimmen, und 
zweitens ist als Reaction nur eine Temperatursteigerung auf¬ 
zufassen, welche durch längere Zeit, mindestens über vier Stunden, 
anhält. Ich habe last ausschliesslich bei den Probeschlachtungen 
den Befund erhalten, dass bei allen Thieren, bei denen länger 
andauernde Temperatursteigerungeu vorhanden waren, auch 
wirklich Tuberculose in mehreren Organen zugegen war. Bezüg¬ 
lich Individualität ist’s ja ganz sicher, dass das Tuberculin von 
i einzelnen Rindern verschieden vertragen wird, wobei es mir 
insbesondere auffiel, dass bei einer Reihe von Thieren ein deut¬ 
liches Unwohlsein nach der Impfung eintrat, ohne dass eine 
wesentliche Temperatursteigerung wahrgenommen werden konnte. 
Ausserdem hängt die Empfindlichkeit gegen das Mittei auch von 
der Rasse ab. Es müssen also Individuum und Rasse ebenso 
wie Alter und Grösse bei der Bestimmung der Dosis sehr genau 
berücksichtigt werden. Ausserdem ist es wahrscheinlich, dass 
das Tuberculin auch im gesunden Thierkörper oder bei vor¬ 
handenen physiologischen Zuständen, Trächtigkeit, Erregung u. 8. w. 
ebenso wie Unwohlsein auch vorübergehende Temperatursteige¬ 
rangen hervorrufen kann. Es sind also auch diese Umstände 
alle genau zu berücksichtigen. Bezüglich genauer Bestimmung 
der Impfdosis lässt sich keine Schablone aufstellen, nnd hängt 
dieselbe immer von der Qualität des Impfstoffes ab. Nachdem 
nun die Tuberculine, und zwar auch jene, deren Güte vielfach 
erprobt ist, in der Wirkung ungleich sind, so giebt es meiner 
Ansicht nach für die zuverlässige Bestimmung der Dosis kein 
besseres Mittel, als die Prüfung jeden Impfstoffes vor seiner 
Anwendung in jedem einzelnen Falle vorzunehmen. Dieser 
Vorgang bezieht sich natürlich nur auf die Impfung grösserer 
Bestände, wo es ganz leicht möglich ist, zur Prüfung des Impf¬ 
stoffes bei ungefähr 10—20 Stück Rindern verschiedener Grösse 
und Alters die Probeimpfung vorzunehmen. Diese Probeimpfang 
wird mit verschiedenen Dosen vorgenommen und hat den Haupt- 


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1. Februar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


53 


zweck, die niedrigste Dosis erkennen zu lassen, bei der bereits 
eine deutliche Reaction eintritt. Diese Dosis wird dann in 
analoger Weise bei ähnlichen Thieren mit ähnlicher Constitution 
angewendet. Ich glaube, dass die Fehldiagnosen sehr bedeutend 
reducirt würden, wenn die Dosirung sich in engeren Grenzen 
bewegen und der Impfstoff in jedem einzelnen Falle auf die 
Wirkung und Stärke geprüft würde. Die Hauptsache dabei ist 
es, wie erwähnt, die niedrigste Dosis genau kennen zu lernen, 
weil ich glaube, dass ein so feines Reagens, wie das Tuberculin, 
trotzdem eine Reaction nur bei tuberculösen Veränderungen ein- 
treten soll, in zu grossen Dosen angewendet auch bei ver¬ 
schiedenen pathologischen oder physiologischen Processen im 
Thierkörper Reactionen hervorrufen kann, was vielleicht bei der 
niedrigsten genau begrenzten Dosis nicht ein treten würde. Zur 
Erreichung dieses Zieles kann nur die praktische Erfahrung 
führen, und ich glaube, dass diesbezügliche Versuche bei vielen 
Beständen zur Herabsetzung der jetzt angewendeten Dosen 
zumindest bei gewissen feineren Rassen und bei schwächeren 
Thieren führen wird. Was die Qualität der verschiedenen Impf¬ 
stoffe anlangt, so mag diese bei der bestehenden Thatsache, dass 
sie ungleich ist, auch einen Theil der Fehldiagnosen verursachen. 
Im Grossen und Ganzen muss man jedoch der Gewissenhaftigkeit 
der Erzeuger der Tuberculine volles Vertrauen schenken, in¬ 
sofern als zahlreiche Versuche mit einzelnen Tuberculinen 
günstige Resultate ergeben haben. (Ich habe ziemlich günstige 
Resultate mit Tuberculin von Prof. 0. Bujwid in Krakau und 
von Meister, Lucius & Brüning in Höchst am Main erzielt.) 
Ich möchte auch den Procentsatz von Fehldiagnosen, der durch 
eventuelle schlechte Qualität des Impfstoffes hervorgerufen wird, 
nicht allzu hoch anschlagen, muss jedoch ebenfalls im Interesse 
der Sache zugeben, dass die denkbar grösste Garantie für Ver¬ 
lässlichkeit des Impfstoffes event. von Staatswegen anzustreben 
wäre. Was die Impfung selbst betrifft, so halte ich es nicht für 
überflüssig, darauf hinzuweisen, dass ein einheitlicherer Vorgang 
bei derselben sehr vortbeilhaft wäre. Es wird nämlich bis heute 
fast von jedem Fachmanne die Impfung anders ausgeführt. Die 
Verschiedenheiten beziehen sich theils auf die Impftechnik selbst, 
theils auf die Impfstelle. Insbesondere werden vielfach zu 
schwache Canülen angewendet; hierbei kann nicht genug darauf 
aufmerksam gemacht werden, dass nur genügend starke Canälen, 
womöglich mit einer Daumenplatte zur besseren Handhabung 
verwendet werden sollten. Die Arbeit mit genügend starken 
Canülen geht rasch und sicher vor sich. (Hauptner, Cat. 1155b.) 
Zuerst wäre zu beachten die Desinfection der Impfstelle. 
Dieselbe geschieht oft in recht umständlicher Weise, was den 
ganzen Vorgang aufhält und erschwert; es ist genügend, wenn 
die Impfstelle mit einer lauwarmen seht’ schwachen Carbollösung 
rasch gereinigt wird, hierzu lässt sich am besten ein reiner 
weicher Lappen oder Schwamm benöthigen und soll die Reinigung 
unmittelbar vor der Impfung geschehen, damit die Impfstelle 
feucht bleibt. Ist dies letztere nicht der Fall, so bleiben an der 
Canüle und Spritze Haare haften, welche sich dann sehr schlecht 
entfernen lassen. Ist die Impfstelle gereinigt, so wird mit der 
linken Hand die Haut daselbst in Form einer Falte ziemlich 
weit vom Körper weggezogen; es genügt nämlich die Bildung 
der Hantfalte allein nicht, sondern dieselbe muss vom Körper 
herzhaft weggezogen werden, wenn die Canüle sich nicht fest¬ 
keilen soll. Hierauf erst wird mit der Canüle rasch und kräftig 
eingestochen, und wenn dieselbe unter der Haut deutlich beweg¬ 
lich ist, die Impfung vorgenommen. Ich erwähne diesen eigent¬ 
lich selbstverständlichen Vorgang deshalb, weil ich mich über¬ 
zeugt habe, dass die Impfung häufig viel umständlicher vor¬ 
genommen wird; manche Fachmänner öffuen sogar die Haut an 


der Impfstelle mit der Lanzette, was ich erstens bei Vorhanden¬ 
sein von guten Canülen für überflüssig, andererseits jedoch 
wegen unnöthiger Beunruhigung der Thiere für unpraktisch, 
eventuell sogar Für gefährlich halte. Während der Impfung 
wird die Canüle bei der Daumenplatte mit Zeigefinger und 
Daumen leicht fixirt. Sollte bei der Einspritzung ein Wider¬ 
stand fühlbar sein, so ist die Canüle zu lockern oder etwas her- 
auszuziehen, damit die Flüssigkeit ganz unter die Haut ein- 
dringen kann. Leider wird sehr häufig der Fehler gemacht, 
dass in dem Momente, wo sich ein Widerstand bemerkbar 
macht, unwillkürlich rasch der Stempel der Spritze nieder¬ 
gedrückt wird, um quasi das Hinderniss zu überwinden; bei 
dieser Gelegenheit staut sich die Impfflüssigkeit sofort und an¬ 
statt unter die Haut einzudringen, rinnt sie zwischen Canüle 
und Spritze ab. Selbstverständlich ist in einem solchen Falle 
eine Fehldiagnose sehr leicht möglich. 

Was die Impfstelle anlangt, so ist es am zweckmässigsten, 
die seitliche Halsfläche zu wählen und nur bei schweren Stücken 
mit sehr dicker Haut, also z. B. Stieren, die Stelle hinter der 
Schulter. Die Impfung am Halse ist viel practiscler, weil man 
aufrecht stehend erstens besser operirt, zweitens die Umgebung 
sowohl als auch jede Bewegung des zu impfenden Thieres viel 
besser zu beobachten vermag und endlich auch den Abfluss der 
Impfflüssigkeit aus der Spritze besser controliren und eventuell 
reguliren kanr. Die Impfung hinter der Schulter ist aus den¬ 
selben Gründen unsicherer, insbesondere wenn die Impfthiere 
unruhig sind. Wenn noch dazu die Beleuchtung keine besonders 
gute ist, so kann es gewiss geschehen, dass das Impfthier seine 
bestimmte Dosis nicht erhält und in Folge dessen auch das 
Resultat dann unrichtig ist. Fehldiagnosen werden ferner hervor¬ 
gerufen durch fehlet hafteVerdünnnng und Herstellung des Impfstoffes 
zur Impfung; diesbezüglich geschehen beim besten Willen doch 
Fehler, insbesondere, wenn es sich um die Herstellung einer 
grösseren Anzahl von Dosen bandelt, weil die Arbeit sehr 
monoton und mühselig ist. Dabei ist es von Wichtigkeit, dass 
die Verdünnung immer unmittelbar vor der Impfung geschehen 
soll, weil sonst die Flüssigkeit bald verdirbt. Ganz besonders 
wichtig sind Irrthüraer bei den Temperaturmessungen, welche 
bei grösseren Beständen leicht Vorkommen können; abgesehen 
davon, dass nur geprüfte und verlässliche Thermometer ver¬ 
wendet werden und 4—5 Minuten im After liegen bleiben sollen, 
müssen dieselben vollständig eingeführt sein, was nicht oft ge¬ 
nug controlirt werden kann; es wird nämlich sehr häufig, ohne 
dass man es merkt, das Thermometer bald nach dem Einführen 
wieder hinausgedrängt und hängt eigentlich nur mit dem untersten 
Theile in der Afteröffnung, wodurch selbstredend die Temperatur 
nicht richtig angezeigt wird. Was die Temperaturschwankungen 
bei den Rindern während des Tages anlangt, so spielen hierbei 
die grösste Rolle die Tagesfütterungen, ferner die Temperatur 
der Stallluft und Erregungen sowie Beunruhigungen der Rinder 
durch den Vorgang der Temperaturmessungen. Zur Hintan¬ 
haltung von wesentlichen Temperaturschwankungen ist es 
unbedingt nothwendig, jede Beunruhigung der Thiere so gut als 
möglich zu vermeiden, was durch ordentliche Instruction des 
Hilfspersonales immer zu erzielen ist; ausserdem ist durch 
Thermometer im Stalle eine constante mittlere Stalltemperatur 
zu erhalten, was bei halbwegs veutilirten Stallungen gar nicht 
schwer zu erreichen ist. Was die Temperaturerhöhung nach 
jeder Fütterung anlangt, so ist diese Thatsache zur Genüge 
bekannt und findet auch Berücksichtigung. Ich will nicht uner¬ 
wähnt lassen, dass ich auch beim Jungvieh die Temperatur¬ 
schwankungen während des Tages bei normalen Verhältnissen, 
Ruhe im Stalle und gleichmässiger Stalltemperatur, nicht so 


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:>4 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 5. 


wesentlich gefanden habe, wie ans folgenden Tabellen her¬ 
vorgeht : 


des Thier es j 

Temperaturmessungen 

Abtheilung 

Stand 

Ohr oder 
Horn 

Alter 

Geschlecht 

10 Uhr 

Voim. 

2 Uhr 

Nachm. 

8 Uhr 

Abends 

Nummer 

Jahr 


vor 

der Impfung 


1 

86 

2 

Stier 

38.1 

38.4 

38.6 


2 

87 

2 


38.4 

38.5 

385 


3 

88 

2 


38.3 

386 

38.5 


4 

89 

2 


38.4 

38.8 

38.5 

I. 

5 

90 



38.7 

38.6 

38.7 


6 

91 

1 % 


38.6 

883 

39 


7 

93 

l'i 


39 

3H.8 

38 7 


8 

92 

V, 


38.4 

38.8 

89 


9 

94 

US 

n 

38.5 

38.4 

385 


2 

12 

2 

Kalbin 

38.5 

38.5 

387 


3 

14 

2 

Stier 

383 

38.8 

38.4 


5 

95 

v* 

38.6 

393 

89.4 


6 

96 

1'. 


38.8 

38.7 

38.8 


7 

97 

n 


38.9 

38.7 

39 


8 

98 

i* 


38.5 

38.7 

39 


9 

100 

u 


38 5 

38.3 

385 


10 

101 

n 


39.2 

39.1 

39 


11 

102 

i 


88 9 

39.1 

38.7 


12 

103 

i 


38.2 

392 

39.1 


14 

1()8 

3 


39 

388 

385 


15 

109 



39 

39 

39 


16 

106 

% 


385 

386 

383 


17 

107 

i 


39 

38.7 

39 


18 

104 

i 


387 

38.6 

38.7 


19 

106 

i 


38.7 

38.8 

39.1 


20 

17 

% 

Kalbin 

38.8 

39 

388 


21 

18 

V 


38.7 

38.7 

38.9 


22 

20 

3 


39.1 

38.9 

38.7 


23 

24 

i 


38.8 

39 

38.6 


24 

21 

% 


38 6 

38.6 

385 


25 

19 

3 

V 

38.7 

38.7 

388 


1 

_ 

1!, 

Stier 

_ 

388 

39 


6 

27 


Kalbin 

— 

39 

38.9 


7 

28 

i? 


— 

38.9 

38.8 


8 

29 

ii 


— 

38.6 

39 

III. | 

9 

30 

n 


— 

38.5 

383 



Horn 







10 

25 

n 


— 

38.7 

389 



Ohr 







11 

26 


> 

— 

38.8 

! 39.1 


1 

41 

n 

Stier 

_ 

88.9 

| 39 2 

IV. 

2 

49 

1 2 

Kalbin 

— 

38.9 

i 387 


3 

50 

1 2 

11 

— 

39.1 

1 39.2 

! 


Von grosser Bedeutung ist bei Vornahme der Impfung in 
grösseren Beständen die sehr genaue Bezeichnung der Impf- 
thiere, und sind dabei die Standnummern nicht so wichtig als 
die Merkung der Thiere und genaue Eintragung des Merkzeichens 
in die Impftabellen, weil die kleinsten Fehler hierbei die ganze 
Impfung illusorisch machen können. Auch dieser Punkt ist zur 
Vermeidung von Fehldiagnosen nicht zu unterschätzen. Es wäre 
endlich noch ein Moment anzuführen, welches Veranlassung zu 
Fehldiagnosen giebt, und das ist die Untersuchung nach der 
Schlachtung resp. der Section. Diesen Punkt betont ja Eber 
in seiner ausgezeichneten Abhandlung über „Tuberculinprobe und 
Tuberculosebekämpfting beim Rinde“ ganz besonders und der¬ 
selben Ansicht sind unsere tüchtigsten Fachmänner als Nocard, 
Bang u. s. w. Für die Zweifler sei auch an dieser Stelle 
bemerkt, dass fast in allen jenen Fällen, wo deutliche Reactionen 
vorhanden waren und nach der Schlachtung keine wesentlichen 
Veränderungen angetroffen wurden, bei sehr genauer und ev. 
mikroskopischer Untersuchung kleine tuberculöse Herde nach¬ 
gewiesen werden konnten. Allerdings bleibt noch ein kleiner 
Procentsatz von Fehldiagnosen übrig, der jedoch viel zu klein 
ist, um ein praktisches Hinderniss für die Ausführung der Tuber- 


culinimpfung mit Recht bilden zu können und dürfte auch dieser 
Procentsatz bei dem fortwährenden Streben nach Vervollkomm¬ 
nung und Erforschung dieses hochwichtigen Gebietes unserer 
Wissenschaft hoffentlich herabzumindern sein. Allenfalls ist es 
der Mühe werth, einen kleinen Theil seiner Thätigkeit dem 
Studium der Tuberculinimpfhng, insbesondere in praktischer Be¬ 
ziehung zu widmen. 


Referate« 

Eine neue antiseptische Castrationsmethode. 

Von Kragerud-Norwegen. 

(MUb. r. Th. Bd. II, H. 4.) 

Dass nach der Castration Heilung per primam erzielt 
werden kann, ist ausser Frage; doch begegnet dies in der 
Landpraxis grösseren Schwierigkeiten als in den Kliniken. Für 
die Verhältnisse der Praxis hat K. folgendes Verfahren bewährt 
gefunden. Das Pferd wird auf die linke Seite geworfen, narco- 
tisirt, die Operationsfläche gründlich desinficirt, der rechte 
Hinterschenkel mit einem leinenen Tuch bedeckt, Haare, Instru- 
j mente und Nähmaterial (Catgut) selbstverständlich desinficirt. 

I Dann wird der linke Hoden hervorgezogen und eine Fixirzange 
(eine Art von Kluppenzange) aussen auf die Haut gerade über 
dem Hoden angelegt. Hierauf schneidet K. mitten in die Raphe 
scroti eine Oeffnung, so klein wie möglich; der Hoden wird 
hervorgezogen, und die Zange zusammengedrückt. Das Pferd 
kann dann die Scheidenhaut nicht zurückziehen, und es wird so 
eine Blutung vermieden, die sonst bei der Trennung der Ver¬ 
bindung zwischen Samenstrang und Scheidenhaut entstehen 
könnte. Hauptsächlich entsteht aber kein Zugang aufwärts, 

sodass das Eindringen von Verunreinigungen in die Tiefe der 
Wunde völlig vermieden wird. Nunmehr kann der Hoden mittelst 
Abbrennens, Torquirens oder Unterbindens entfernt werden. K. 
unterbindet mit Catgut, und zwar den ganzen Samenstrang un- 
getheilt und schneidet ca. 2 cm unterhalb der Unterbindung den 
Hoden ab, spült dann die entblössten Theile mit lprocentiger 
Formalinlösung, öffnet die Fixirzange und lässt den Stumpf 
zurückrutschen. Es braucht auf diese Weise nichts, namentlich 
nicht der Saraenstrang, mit dem Finger berührt zu werden. Der 
rechte Hoden wird dann auf ähnliche Weise fixirt, und indem 
von der ersten Oeffnung aus ein Loch in das Septum scroti 
dicht an der Haut geschnitten wird, wird der Hoden hier hervor¬ 
gezogen und entfernt. Es entsteht also nur eine kleine Haut¬ 
wunde in der Mitte des Hodensackes. Diese Wunde wird nicht 
vernäht, sondern es wird eine Wundklamraer, die K. construirt 
hat, angesetzt. (Dieselbe ist aus Holz und mit einer Stahl¬ 
feder versehen, kann aus Wäscheklammern hergestellt werden 
und dürfte im Princip den Klammern entsprechen, wie sie die 
Photographen benutzen.) Diese Klammer bleibt 2 bis 3 Tage 
liegen, worauf sie der Besitzer selbst abnehmen kann. Jede 
Nachbehandlung wird dadurch überflüssig, und K. hat 25 Hei¬ 
lungen per primam erzielt. In der Landpraxis empfiehlt sich 
ein Zusammennähen der Hautwunde nicht. 

Die Schweinesenche. 

Von Professor Dr. Th. Kaspärek. 

Oe«terr. Mon«t«*chr. f. ThierhlkU. H. 11 u. li. 

Der Verfasser beginnt mit einer Aufzählung der Autoren, 
welche sich um die Erkennung und Erforschung dieser Krank¬ 
heit verdient gemacht haben. Die Beobachtungen, welche in 
den verschiedenen Ländern über diese Krankheit der Schweine 
gesammelt worden waren, führten zu den verschiedenartigen 


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1. Februar 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. .55 


Bezeichnungen: Hog-fever (Law), Swine-plague (Detmers, Bil¬ 
lings), Swine-fever (Klein), Hog-cholera (Salomon\ Schweine¬ 
seuche (Löffler und Schütz), Epidemie des porcs (Jobert, 
Martmaud), Svin-pest (Selander) etc. 

Alle diese Krankheiten suchte man zunächst auf Grund der 
Localmation der pathologisch-anatomischen Veränderungen und 
der Eigenschaften des Erregers in zwei Gruppen zu scheiden, 
welche in Deutschland als Schweinepest und Schweineseuche 
bezeichnet wurden. Frosch, Silberschmidt und Nocard haben 
endlich, besonders mit Hilfe von Immunisirungsversuchen, nach¬ 
zuweisen sich bemüht, dass die gedachten infectiösen Erkran¬ 
kungen der Schweine ätiologisch gleich sind. M’Fadyean und 
Preisz halten an dem Vorhandensein von zwei verschiedenen 
Seuchen fest. Letzterer unterscheidet einen Bacillus der 
Schweineseuche B. suisepticus und einen Bacillus der Schweine¬ 
pest B. suipestifer. 

Der Aufsatz verbreitet sich weiter über die Verluste durch 
Schweinesenche in den einzelnen Ländern. U. A. erlagen bei 
der Steinbrucher Epizootie in Ungarn im Jahre 1895 im Ganzen 
413560 Stück, von welchen 337018 Stück fielen und 10376 St. 
nothgeschlachtet wurden. Im Departement Bouches du Rhone 
sollen nach den Angaben Nocards im Jahre 1887 über 25000 St. 
gefallen sein. Amerika hatte im Jahre 1885 infolge dieser 
Seuche einen Verlust von 60 Millionen Gulden. 

An diese Angaben knüpft sich eine verhältnissmässig aus¬ 
führliche Beschreibung der Bakteriologie, des Krankheitsbildes, 
des pathologisch-anatomischen Befundes. 

Den Beschluss bilden Erörterungen über Behandlung, 
Prophylaxis, Immunisirungsverfahren und sanitäre Bedeutung 
dieser Krankheit. 

Resomee über die im Sommer 1899 rorgenommenen 
Brustseuehe-Impfangen. 

Von Oberrossarzt Tröster. 

(Zeltichrift für Veteriuärkunde 1900.) 

Im Winter 1898/99 waren eine grössere Zahl von Impfungen 
mit Blutserum ausgeführt worden, welche im Allgemeinen er¬ 
geben hatten, dass die Impfungen zwar einen gewissen Schutz 
verleihen, in dieser Hinsicht jedoch weder zuverlässig, noch 
dauernd genug wirken Dabei waren für das Pferd ca. 50 g 
verwandt worden, und es handelte sich nun noch darum, fest¬ 
zustellen, ob vielleicht mit grösseren Mengen ein gesteigerter 
Schutz würde erreicht werden können. Die zu injicirende 
Flüssigkeitsmenge findet ihre natürliche Grenze. An der Brust 
ist die Verbindung zwischen der Haut und ihrer Unterlage so 
locker, dass an einer Stelle wohl 250—300 ccm auf einmal 
injicirt werden können. T. hat seither durchweg 500 ccm in 
zwei Portionen an der Brust ein gespritzt. Bei solchen Dosen 
stieg, im Gegensatz zu den früheren Beobachtungen bei geringeren 
Dosen, die Temperatur um 1—IV 2 0 . Daneben zeigten sich 
Eingenommenheit, Appetitmangel und grosse Empfindlichkeit an 
der Emstichstelle, Erscheinungen, die jedoch nach einigen 
Tagen verschwanden. Jedenfalls ist die Impfung an sich voll¬ 
kommen unschädlich. In der Berichtszeit vom Mai bis Septem¬ 
ber 1899 wurden nur 58 Pferde geimpft, welche einem Husaren- 
und zwei Artillerie-Regimentern angehörten. In allen Fällen 
blieben daneben ungeimpfte Thiere als Controllthiere stehen. 
Von den geimpften erkrankte keines, von den ungeimpften in 
der Husarenschwadron binnen sieben Tagen noch vier und 
später noch zwei, in dem einen Artillerieregiment desgl. drei. 
Dieses wenn auch nicht umfangreiche Material scheint immerhin 


den Schluss zu gestatten, als ob die Impfung mit einer so 
grossen Dosis einen ausreichenden Schutz verleihen könne. T. 
will daher die Versuche mit dem Ziele fortsetzen, dass das bis¬ 
herige Ergebniss bestätigt und dann die Wirkung auch bei 
solchen Pferden geprüft werde, welche vor Jahren bereits die 
Seuche überstanden haben. Bei der Anwendung so grosser 
Mengen von Serum reicht die bisher verwendete Quelle, d. li. 
Blut von eben durchseuchten Pferden, für die Impfung aller an¬ 
steckungsfähigen Thiere nicht ans. Die von einem Pferde zu 
entnehmende Blutmenge reicht höchstens zur Impfung von sechs 
Thieren. Die Gewinnung des nöthigen Impfstoffes wird daher 
eine der Schwierigkeiten bilden. 

Pferdestanpe. 

Der statistische Veterinär-Sanitätsbericht über die bayrische 
Armee für 1898 enthält nach einem Referat in der Ztschr. f. Vet. 
folgenden Versuch. Bei einem Chevauxlegers-Regiraent versuchte 
man mit Erfolg, durch die schon früher von Dieckerhoff aus¬ 
geführte Subcutaninjection warmen Blutes die Seuche auf die 
gesunden Thiere zu übertragen. Das nothwendige Impfblut 
ä 5 ccm für 140 Pferde lieferten zwei typisch erkrankte Thiere. 
Um das zu injicirende Blut auf Körpertemperatur zu erhalten, 
sind zwei Spritzen abwechselnd zu gebrauchen und immer 
wieder in warmes Wasser (45 Gr.) zu legen. Der Bericht¬ 
erstatter ist der Ansicht, dass auf diese Weise nach 4 bis 
5 Tagen eine gleichzeitige Erkrankung aller Pferde und ein 
rasches allgemeines Durchseuchen herbeigeführt werden kann, 
was um so mehr von Vortheil ist, als das Ueberstehen der 
Erkrankung Immunität für das ganze Leben gewährt. Nach 
beendetem Fieberstadium sollen alle Thiere 10 bis 12 Tage 
biwakiren, da die frische Luft die Reconvalescenz günstig be¬ 
einflusst. Die Biwakzeit soll zur Desinfection der Stallungen 
benutzt werden. 

Ein neaes Heilmittel gegen Tabercalose. 

In der Sitzung des amerikanischen ärztlichen Vereins zu 
Denver berichtet Dr. Murphy, dass in einer tuberculösen Lunge 
Vernarbung der afficirten Partien eintrete, sobald das Organ in 
einen gewissen Collapszustand (Ruhezustand) versetzt werde. 
Zur Erreichung dieses Zweckes wird in die Pleurahöhle unter 
hydraulischem Druck Stickstoff eingeleitet. Das Gas soll die 
physiologische Thätigkeit der Lungen aufheben, den Reizhusten 
und den Auswurf, welche die Kräfte des Kranken erschöpfen, 
beseitigen. Der Beseitigung des Hustens insbesondere schreibt 
M. die curative Wirkung seiner Methode zu. Sind die kranken 
Stellen vernarbt, so genügt es, den eingeleiteten Stickstoff wieder 
zu aspiriren, um die Funktion der Lungen wieder zu reacti- 
viren. M. will mit dieser Methode fünf schwerkranke Phthisiker 
geheilt haben. (The Journal of Comp. med. und Clin. vet. 1899 
H. 26.) 

Verschiedene therapeutische Notizen. 

Burow’sche Mischung und Camphor hat sich nach Kunze 
bei Mauke sehr gut bewährt. Bei acuter Mauke Beseitigung 
nach acht Tagen durch zweistündiges Befeuchten und Verband 
mit feuchter Watte bei vollständiger Ruhe. Bei beginnendem 
Straubfuss voller Erfolg nach vier- bis sechswöchentlicher Be¬ 
handlung. — Auch Liquor Aluminii acetici, zweiprocentig, bewährt 
sich nach Wilhelm bei frischer Mauke und anderen nässenden 
Hautentzündungen. Bei chronischer Mauke ist drei- bis vier- 
procentige Lösung lauwarm anzuwenden. Auch zur Beförderung 


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56 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 5. 


der Resorption entzündlicher Exsudate ist das Mittel besser als 
Blei- und Kupferwasser. Ebenso bewährt es sich bei nässenden 
Ohrkatarrhen der Hunde. Chlorbarium hat Prietsch auch bei 
Rindern mit gutem Erfolg angewandt zu 10 bis 15 g in Wasser 
gelöst per os. Es ersetzt alle anderen abführenden Salze, muss 
jedoch absolut rein sein. — Lactophenin fapd Prietsch als 
Fieber herabsetzendes Mittel bewährt. Ebenso empfiehlt er das 
Xeroform als Ersatzmittel für Jodoform und Thioform. (Sächs. 
Veterinärber. 1898.) 

Ueber Immunlsirung gegen Wuth mit normaler 
Nervensubstanz. 

(Aus dem Institut f. allg. Pathologie z. Budapest) , 
von 

Dr. A. A n j e s z ky. 

(CentralbL f. Parasitenk. 1900. Heft 1.) 

Bei dem Tetanus war es Wassermann und T a b a k y 
gelungen, Mäuse durch Einverleibung einer Emulsion des 
Rückenmarkes gesunder Meerschweinchen gegen tödtliche Gaben 
Von Tetanotoxin zu schützen. Kurz darauf hat dann Babes 
Hunde gegen Wuth mit Rückenmarkemulsionen von gesunden 
Schafen immunisirt, jedoch erhielten die Thiere hierdurch keinen 
Schutz gegen subdurale Infection mit frischem, fixen Virus oder 
Strassengift, sondern nur gegen intracranielle Infection mit 
zweitägigem Virus de Passage. — Auch in vitro soll nach 
Babes bereits eine Nentralisirung, ebenso wie beim Tetanus 
stattfinden. Diesem entgegen stehen die Untersuchungen von 
Calabrese-Neapel, welcher negative Resultate erhielt und häufig 
beobachtete, dass die Injection von Nervensubstanzemulsion die 
Widerstandsfähigkeit des Körpers herabsetzte und den Eintritt 
der Wuth beschleunigte. — Nahm Calabrese jedoch Nerven- 
substanz von solchen Thieren, welche gegen Wuth künstlich immu¬ 
nisirt waren, so erzielte er bessere Resultate, wie bereits Högyes 
(Spec. Pathol.-Therapie von Nothnagel V. Bd.) im Jahre 1888 
nachgewiesen hat Es gelang A. durch Injection von 160 ccm 
einer Emulsion, welche 25 g Gehirn eines immunisirten Hundes 
enthielt, in die Bauchhöhle einen Hund dauernd zu immuiisiren, 
sodass derselbe noch nach 9 Jahren einer Wuthinfection wider¬ 
stand. Diese Experimente sind vor langer Zeit gemacht und 
unwidersprochen geblieben, während die Behauptung, dass der¬ 
selbe Effect auch mit der Nervensubstanz gesunder Thiede er¬ 
reicht werden könnte, nicht einwandfrei erwiesen ist. VeAf. hat 
über das Problem eigene Untersuchungen angestellt, zuAial es 
für die antirabischen Schutzimpfungen von hervorragender Be¬ 
deutung ist, wenn die Immunisirung gegen Wuth mit nominaler 
Nervensubstanz gelingen würde, da sich dadurch das ganze 
Verfahren viel einfacher und billiger gestalten würde, da dann 
die Schutzimpfung an jedem beliebigen Orte leicht vollzogen 
werden könnte und nicht an das Vorhandensein antirabischer 
Institute geknüpft wäre. — Das Resultat der experimentellen 
Untersuchungen war kein günstiges, denn hypodermatische 
Injectionen von Emulsionen normaler Nervensubstanz, selbst bei 
länger durchgeführter täglicher Application, vermögen Thiere 
nicht gegen ein stärkeres Wuthvirus zu schützeA. 

Der Schutz, der vielleicht gegen schwächeres Virus 1 durch 
die Injectionen erreicht wird, ist nur ein vorübergehender. 

I 

Die Bedeutung der Darmbacterien für die Ernährung. 

Von Schottelius. 

(Arcb. f. Hygiene) 

Sch. reinigte Hühnereier, machte sie durch Abwaschen mit 
Sublimat steril und brachte dieselben in einen sterilisirten Brut¬ 


raum. Die Eier wurden vor dem Bebrüten und etwa zwei Tage 
vor dem Ausschlüpfen gewogen, ferner wurde die zurückgelassene 
Eischale gewogen und so das Gewicht des Hühnchens festgestellt. 
In dem Laboratorium war ein eigener keimdichter Raum con- 
struirt worden, in welchem ein Brutkäfig aufgestellt war, der in 
allen seinen Theilen sterilisirt werden konnte; auch der Raum, 
in den die jungen Hühner kamen, war völlig sterilisirt, ebenso 
wie das Futter, welches den Thieren gegeben wurde. Eine 
grosse Anzahl der Eier ergab keine Jungen; von denen aber, 
die auskrochen, wurde in der That eine grössere Anzahl steril 
gehalten, so dass sie weder an sich noch in ihren Faeces Bac- 
terien enthielten. Um die absolute Sterilität zu erweisen, wnrden 
die Thierchen am Schlüsse des Versuchs vollkommen in sterile 
Gelatine eingeschlossen. Bei den sterilen Hühnchen erfolgte 
absolut kein Wachsthum. Die Gewicbtsbestimmung ergab, dass 
eine Vermehrung des Gewichts nicht statt hatte, selbst nicht bei 
17tägiger Lebensdauer, während die entsprechenden Control- 
hühncben in dieser Zeit um 250 pGt. ihres ursprünglichen 
Gewichts Zunahmen; ausserdem schienen die Thierchen nicht 
über den 20. Tag hinaus leben zu können. — Die Versuche 
stehen in einem ziemlich scharfen Gegensatz zu den Versuchen 
von Thierfelder und Nutall, welche an Meerschweinchen 
experimentirten. 

Ueber Darstellung des Hellkörpers aus dem 
Diphtherieheilserum. 

Von Dr. Freund u. Dr. Sternberg. 

(Zultachrift f. Hygiene u. Infectiuunkraukheitcn XXXI. B<1., 3. Heft.) 

Brieger hat mit Chloralkalien und Metallsalzen das 
Antitoxin zuerst isolirt, das so gewonnene Product war in 
Lösungen jedoch nicht klar und gestattete ohne Schädigung des 
Antitoxins keine Klärung. — Von den verwendeten Metallsalzen 
wurden Aluminiumsulfat und Kalialaun in 5 pCt. Lösung ver¬ 
wendet, worauf in dem Blutserum ein starker Niederschlag ein- 
trat. Diese gallertige Masse enthielt keinen Heilstoff, sondern 
nur das Filtrat. Setzt man zu einem gewissen Quantum Serum 
das halbe Volumen Eisenchloridlösung, so ist der Heilkörper 
fast vollständig im Filtrat enthalten, wenn er sich bei Zusatz 
der gleichen oder doppelten Menge Eisenlösung im Filterrück¬ 
stand befindet. — Die Yerf. haben sich schliesslich zu einem 
combinirten Verfahren der Fällung und des Aussalzens ent¬ 
schlossen. Zunächst wurde das Serum mit einem Dritttheil seines 
Volumens mit 5 pCt. Kali-Alaunlösung versetzt, das Filtrat 
dialysirt, der hierbei entstehende Niederschlag abfiltrirt und die 
erhaltene Flüssigkeit zur Hälfte mit schwefelsaurem Ammon 
gesättigt. — Der gewonnene Niederschlag wird nach Lösung 
und Dialyse im Vacnum eingeengt. Hierbei liefert Serum: 
9 g Trockensubstanz, welche in Wasser und physiologischer 
Kochsalzlösung leicht löslich und nach der Filtration klar ist. 

Tagesgeschichte. 

Protoeoll der 33. General-Versammlung des Vereins 
der Thierftrzte des Reg.-Bez. Wiesbaden 

am 11. November 1899 im „Hotel Central“ zu Frankfurt a. M. 

Tagesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten. Rechnungsablage. Neuwahl des 
Vorstandes. 

2. Berichterstattung über den VH. internationalen thierärzt¬ 
lichen Congress zu Baden-Ba<Jen, Referent: Kreisthierarzt 
Pitz-Eltville. 


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1. Februar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


57 


3. Vortrag: „Die Methoden der Augenuntersuchung 
bei Pferden“ von Kreisthierarzt Dr. Thoms-Montabaur. 

4. Discussion ad hoc gestellter Fragen. 

Anwesend sind die Collegen: Dr. Casper-Höchst, Emmel- 
Hachenburg. Emme rieh-Weil bürg, Heck el mann - Rennerod, 
Prof. Dr. Leouhardt-Frankfurt, Müller-Höchst, Nöll-Kirberg, 
Pitz-Eltville, Staupe-Biedenkopf, Dr. Thoms-Montabaur, Dr. 
Voirin-Frankfurt, Werner-Diez, Wirth-Frankfurt. 

Als Gäste waren erschienen die Herren: Departements- 
Thierarzt Dr. Augstein - Wiesbaden, Kreisthierarzt Busch- 
Langenschwalbach und Ober-Rossarzt Ehlei t-Frankfuit. 

Ihr Ausbleiben hatten telegraphisch entschuldigt: Müller- 
Biebrich und Sch lichte-Usingen. 

Vor der Sitzung hatte eine Deputation der beamteten Thier¬ 
ärzte des Reg.-Bez. Wiesbaden, bestehend aus den Herren 
Emmerich und Emmel, dem aus seinem Amte als Departe- 
raents-Thierarzt scheidenden Herrn Prof. Dr. Leonhardt in 
seiner Wohnung in Anerkennung seiner Verdienste ein Ehren¬ 
geschenk überreicht. 

Der Vorsitzende Prof. Dr. Leonhardt eröffnet die Sitzung 
um 12 Uhr und heisst die Anwesenden herzlich willkommen. Er 
dankt sodann mit warmen Worten für die ihm seitens der 
beamteten Collegen des Bezirkes erwiesene Ovation und giebt 
einen kurzen Rückblick über seine Thätigkeit. Hierauf widmet 
der Vorsitzende dem verstorbenen Vereinsmitgliede, Kreisthier¬ 
arzt Rübsamen-Limburg, von Herzen kommende Worte der 
Erinnerung; die Versammlung ehrt das Andenken des Ent¬ 
schlafenen durch Erheben von den Sitzen. 

Sodann stellt der Vorsitzende den an seiner Stelle zwn 
Departements-Thierarzt ernannten Herrn Dr. Augst ein der 
Versammlung vor, heisst denselben herzlich willkommen und 
versichert ihn des vollsten Vertrauens der Kreisthierärzte. Dr; 
Ängste in dankt mit warmen Worten für den freundlichen 
Empfang, der ihm hier zu Theil geworden, und giebt die Ver¬ 
sicherung ab, dass er das ihm entgegeugebrachte Vertrauen zu 
rechtfertigen bemüht sein werde. Hierauf wird Dr. Augst ein 
als Mitglied des Vereins aufgenommen. 

Das Protocoll der vorigen Sitzung wird verlesen und nach 
einer unwesentlichen Abänderung genehmigt. 

Nach dem von dem Kassierer Dr. Casper ertheilten Cassen- 
berichte betragen die Einnahmen des verflossenen Vereinsjahres 
einschliesslich des Bestandes 437,16 Mk., die Ausgaben 369,45 M., 
mithin verbleibt ein Cassenbestand von 67,71 Mk. Nachdem 
durch eine von der Versammlung erwählte Commission, bestehend 
aus den Herren Pitz und Dr. Voirin, die Rechnungslage ge¬ 
prüft und für richtig befunden worden ist, wird dem Cassirer 
Decharge ertheilt. 

Vor Eintritt in den nächsten Gegenstand der Tagesordnung 
„Vorstandswahl“ erklärt der seitherige langbewährte Schrift¬ 
führer, Herr Emmerich, dass die Ueberhäufung mit anderen 
Arbeiten es ihm unmöglich mache, das Amt als Schriftführer 
länger zu verwalten. Aus der durch Abgabe von Stimmzetteln 
erfolgten Wahl gingen hervor: 

Prof. Dr. Leonhardt als Vorsitzender, 

I)r. Augstein als Stellvertreter desselben, 

Dr. Casper als Schriftführer, 

Dr. Voirin als Cassenführer. 

Die Genannten nehmen die Wahl dankend an. Der Vor. 
sitzende bringt hierauf ein Schreiben des Herrn Depart.-Thier- 


arztes Preusse, betreffend den Untersttitzungsverein für Thier 
ärzte zur Verlesung und legt den Collegen den Beitritt zu dem¬ 
selben dringend ans Herz. Im Anschluss hieran wird eine Liste 
in Umlauf gesetzt, in welche sich die meisten Anwesenden als 
Mitglieder eintragen, und beschlossen, dass in Zukunft die Bei¬ 
träge zu dem Unterstützungsverein an den Vereinskassirer ab¬ 
zuführen sind. 

Kreisthierarzt Pitz, welcher als Delegirter des Vereins zu 
dem VII. internationalen thierärztlichen Congress gesendet 
worden war, berichtet sodann ganz kurz über die Tage in 
Baden-Baden, wobei er bezüglich der Einzelheiten auf die Be¬ 
richte der Fachzeitschriften verweist. 

Hierauf ertheilt der Vorsitzende dem Kreisthierarzt Dr 
Thoms-Montabaur das Wort zu dem Vortrage: „Die Methoden 
der Augenuntersuchung bei Pferden“. Der Redner ent¬ 
ledigt sich seiner Aufgabe mit grossem Geschick und hob in 
klaren Sätzen die für den Praktiker wichtigsten Punkte hervor. 
Auf den Inhalt des Vortrages kann hier leider nicht näher ein- 
gegangen werden. Der Redner erntete für seine Ausführungen 
reichen Beifall, welchem der Vorsitzende noch besonderen Aus¬ 
druck verlieh. 

In der anschliessenden Discussion betheiligten sich nament¬ 
lich Kreisthierarzt Müller-Höchst und der als Gast anwesende 
Oberrossarzt Ehlert-Frankfurt, welcher aus den ausgiebigen 
Erfahrjmgeu mittheilt, welche er als Remonte-Rossarzt sich an¬ 
zueignen Gelegenheit hatte. 

Auf die Sitzung folgte ein vorzügliches Mahl, in dessen 
Verlauf mehrere Toaste, u. a. auf den Vorsitzenden Prof. Dr. 
Leonhardt, ausgebracht wurden. Aber auch nach diesem ge¬ 
meinsamen Essen blieb ein grosser Theil der Collegen bis spät 
in die^Nacht hinein in angeblich heiterster Stimmung zusammen. 

Dr. Casper, Schriftführer. 


Recrutirung der französischen MHHirthierftrzte. 

» 

Ein vor Kurzem veröffentlichtes Decret condensirt die 
früherpn Bestimmungen, in welcher Weise die sich für die 
Militärcarriere bestimmenden Thierärzte auszubilden sind. Um 
angenommen zu werden, müssen die Bewerber ihr thierärztliches 
Diplon} in einer französischen Veterinärschule erlangt haben, 
nicht .über 30 Jahre alt sein, guten Leumund und die zum 
Militärdienst benöthigten körperlichen Eigenschaften besitzen 
und sich verpflichten, vom Tage der Ernennung zum Assistenz- 
veterinär an sechs volle Jahre in der Armee zu dienen. Die 
Bewerber haben sich sodann einer Prüfung zu unterwerfen, 
welche eine schriftliche Abhandlung über einen Gegenstand der 
Pathologie, der Hygiene, des Exterieurs oder des Hufbeschlags 
umfasst, an welche sich eine mündliche Dissertation anschliesst 
nebst einer practischen Probe am lebenden kranken oder ge- 
sundep Thiere. Nach abgelegter Prüfung kommen die nun¬ 
mehrigen Aides vet^rinaires stagiaires auf die Ecole d’application 
de cavalerie in Saumur, wo sie unter der besonderen Leitung 
eines .Vet&inaire principal ein volles Jahr bleiben. Sie tragen 
als solche die Uniform der Assistenzveterinäre ohne Rang¬ 
abzeichen und stehen Tauglich zwischen Lieutenant und Wacht¬ 
meister (öleve-officier). Besoldung 2160 Fcs. -{- 750 erstmalige 
Equipirungskosten. In Saumur werden die V4t£rinaires stagiaires 
zum Dienst bei allen Pferdecategorien, zum Dienst im Kranken¬ 
stall und in der Lehrschmiede herangezogen. Unterrichtsgegen¬ 
stände sind: Studium der Veterinärgesetzgebung, Militärgesetz¬ 
gebung und Verwaltung; Geschichte der Militärveterivärmedicin; 


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58 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 5. 


Abfassung von Berichten etc.; Exterieur, Rassenkunde, Militär¬ 
veterinärhygiene in der Garnison, auf dem Marsche, im Feld, 
Thiertransporte auf dem Lande und auf der See; Futter- und 
Nahrungsmittelkunde; Specielle MilitÄr - Veterinär - Pathologie; 
Seuchenlehre; Hufbeschlag; Klinik ; Chirurgie und Operations¬ 
übungen; Pharmacie; Fleischbeschau; Practische Micrographie. 

Der Reitunterricht, der Unterricht im Fechten und der 
Schiessunterricht (Revolver) wird von den militärischen Lehrern 
ertheilt, ebenso ein besonderer Unterricht in der deutschen 
Sprache, der gemeinsam mit den anderen Officieren befolgt wird. 
Am Ende des Jahres findet eine Prüfung statt, nach welcher die 
Bewerber zum activen Assistenzveterinär mit Lieutenantsrang 
ernannt werden. Die Prüfungscommission besteht aus dem Ge¬ 
neralinspector der Militärschulen, event. dem die Schule comman- 
direnden General als Präsident, dem zweiten Commandanten und 
drei V4t6rinaires principaux I. Classe, als Mitglieder. Als Se- 
cretair fungirt der der Schule attachirte Veterinär II. Classe. 

Die Prüfung besteht aus: 

1. einer schriftlichen Abhandlung (dieselbe für sämmtliche 
Stagiaires) über eine practische Frage aus dem Gebiet der Me- 
dicin, der Chirurgie oder der Hygiene, 

2. einer mündlichen Prüfung über sämmtliche Unterrichts¬ 
gegenstände ; 

3. einer practischen Prüfung über Exterieur, Chirurgie, an¬ 
gewandte Hygiene, Hufbeschlag und Fleischbeschau. 

4. einer Prüfung im Reiten. 

Die Censuren gehen von 0 bis 20, und sind die Coefficienten 
der einzelnen Abschnitte 10 für den ersten, 8 für den zweiten, 


i je 4 für den dritten und vielten. Das Mittel der im Laufe des 
Jahres für die monatlichen Prüfungen erhaltenen Noten wird den 
bei der Schlussprüfung erhaltenen Punkten, nebst der vom Com¬ 
mandanten der Schule ertheilten Note (die sogen, cote d’amour) 
zuaddirt und bildet das definitive, die Anciennität bestimmende 
Classement. Die Bewerber, welche die Schlussprüfung nicht be- 
1 stehen, werden entlassen. 

Verein praktischer Thierlrzte za Berlin. 

! Versammlung 

am 

Sonnabend, den 3. Februar 1900, Abends i/ 2 8 Uhr 
im Rathskeller (Eingang Jüdenstrasse). 
Tagesordnung: 

I. Vereins-Angelegenheiten. 

a. Aufnahme der Herren Collegen Grupe-Berlin und 
R i e g e r - Coepenick. 

b. Wahl der Delegierten zum Deutschen Veterinärrathe 
und zur Central-Vertretung der thierärztlichen Vereine 
Preussens. 

c. Besprechung des Winter-Vergnügens des Vereins. 

II. Vorträge. 

a. Herr Thierarzt Rietzei: Rückblick auf die Geschichte 

i des Vereins im verflossenen Jahrhundert. 

b. Herr Professor Udrisky-Bukarest: Das Veterinär¬ 
wesen Rumäniens. 

| III. Mittheilungen aus der Praxis. 

Der Vorstand. 


Oeffentliches Yeterinärwesen. 


Seuchenstatistik and Yeterlnärpolizei. 

Die Benutzung der Kleinbahnen duroh Medioinalbeamte. 

I. 

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. 

Gesch. No. I A. 4360. 

Benutzung von Kleinbahnen bei Dienstreisen der beamteten 
Thierärzte. 

Bericht vom 3. August 1899. A. 11 090 II. 

Der Staatsministerialbeschluss vom 25. October 1898 
No. 4175 (vgl. die Allgemeine Verfügung No. 2 des Jahrgangs 
1899 vom 5. Januar 1899 Gesch.-No. I. A 6716, II. 166 
IH. 18 765) gilt auch für Dienstreisen beamteter Thierärzte. 

In Art. V Abs. 2 des Gesetzes, betr. die Tagegelder und 
Reisekosten der Staatsbeamten vom 21. Juni 1897, (G. S. S. 193) 
ist für die unter § 2 des Gesetzes vom 9. März 1872 (G. S. S. 265) 
fallenden Beamten nur die Anwendbarkeit des Art. 1 §§ 1 und 4 
No. I und II vorläufig ausgeschlossen. Das in Art. I § 4 
No. IH dem Staatsministerium vorbehaltene Bestimmungsrecht 
darüber, unter welchen Umständen von Beamten auf ihren 
Dienstreisen Kleinbahnen zu benutzen und welche Reisekosten¬ 
vergütungen in solchen Fällen zu gewähren sind, greift also 
grundsätzlich auch hinsichtlich der im Gesetze vom 9. März 1872 
behandelten Dienstreisen beamteter Thierärzte Platz. 

Die Fassung des Staatsministerialbeschlusses vom 25. October 
1898, der die Ausführungsvorschrift für Art. I § 4 No. IH 
des Gesetzes vom 21. Juni 1897 enthält, giebt keinen Anhalt 
dafür, dass eine Beschränkung auf bestimmte Beamtenkategorien 
z. B. auf diejenigen beabsichtigt gewesen ist, die nach den 


Veterinärbeamte.) 

Sätzen des Art. I §§ 1 und 4 No. I und H für Dienstreisen zu 
liquidiren haben. Vielmehr ist ganz allgemein angeordnet, dass 
die Beamten für Reisen, die sie auf Kleinbahnen ausführen, die¬ 
selben Entschädigungen erhalten wie für Reisen auf Eisen¬ 
bahnen oder Dampfschiffen mit gewissen auf die Zu- und 
Abgangsgebühr bezüglichen Einschränkungen und ferneren Vor¬ 
schriften für die Benutzung von Kleinbahnen überhaupt. 

Die Liquidationen der beamteten Thierärzte sind daher 
unter Beachtung der Grundsätze des Staatsministerial¬ 
beschlusses vom 25. October 1898 nach den Sätzen des 
§ 2 des Gesetzes vom 9. März 1872 festzusetzen. 

An den Herrn Regierungs-Präsidenten in Cöln. 

[Abschrift erhalten Euer .... zur Kenntniss und Nach¬ 
achtung. — An sämmtliche Herren Regierungspräsidenten mit 
Ausnahme desjenigen in Cöln und an den Herrn Polizei¬ 
präsidenten hier.] 

II. 

Bescheid des Ministers der u. s. w. Medicinal- 
angelegenheiten (M. No. 1374 G.) vom 26. September 1899: 
Die Bestimmungen über die Benutzung von Klein¬ 
bahnen finden keine Anwendung für Reisen der Medi- 
cinalbeamten. 

(Aus No. 23 der Rechtsprechung und Medicinal-Gesetzgebung.) 

Die Beschwerde des Kreisphysicus San.-Rath Dr. T. in St. 
habe ich im Einverständniss mit dem Herrn Finanzminister als 
begründet anerkennen müssen, wenngleich aus anderen als den 
in der Beschwerdeschrift enthaltenen Gründen. Durch Art. V, 


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1. Februar 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 59 


Abs. 2 des Gesetzes vom 21. Juni 1897 - - G.-S. S. 193 — ist 
die Anwendung der Bestimmungen der Al t. I §§ 1 und 4 No. I 
und II auf die Beamten, für welche in Bezug auf ihre Dienst¬ 
reisevergütungen durch den § 2 ärztlicher, medicinal- und 
sanitätspolizeilicher Geschäfte zu gewährenden Vergütungen, 
vom 9. März 1872 — G.-S. S. 266 — besondere Bestimmungen 
getroffen sind, solange ausgeschlossen worden, als die Be¬ 
soldungsverhältnisse dieser Beamten nicht anderweitig geregelt 
sein werden. Da das Letztere bisher nicht geschehen ist, so 
ist durch das gedachte Gesetz für die genannten Beamten in 
der bisherigen Berechnung ihrer Reisecompetenzen nichts ge¬ 
ändert worden. Wie sich auch aus der Begründung der Gesetzes¬ 
vorlage zu Art. V ergiebt, ist es die ausgesprochene Absicht . 
des Gesetzes, dass dem Beamten der gedachten All die Vor¬ 
theile, die sich für sie aus der Bestimmung im § 12 Abs. 1 des i 
Gesetzes vom 24. März 1873 — G.-S. S. 122 — und des Art. 1 | 
§ 12 Abs. 1 und 2 der Verordnung vom 15. April 1876 — | 
G.-S. S. 107 — ergeben, gewahrt bleiben sollen. 

Hiernach ist die Berechnung von Reisekosten für 
Dienstreisen, welche mit Kleinbahnen zurückgelegt 
werden können, nach wie vor nach den für Landwege ■ 
geltenden Sätzen zuzulassen. 

Die Kreisphysiker und die Kreisthierärzte befinden sich 
beide genau in derselben Lage. Die letzteren gehören wie die 
ersteren zu denjenigen Beamten, welchen, solange ihre Gehalts¬ 
verhältnisse nicht geregelt sind, bei Reisekosten-Liquidationen 
die Vortheile des Gesetzes betr. Gebühren der Medicinalbeamten ' 
vom 9. III 72 verbleiben sollten. Dieses Gesetz bietet gegen- . 
über dem neuen Gesetz betr. Tagegelder und Reisekosten vom 1 
21. VI. 97 nur einen Unterschied, 10 Pfg. statt 1 Pfg. für das 
km Eisenbahn. Ein wesentlicher Vortheil war aber, dass die 
Verpflichtung zur Benutzung von Kleinbahnen auf die unter das 
Gesetz vom 9. III. 72 fallenden Beamten nicht ohne Weiteres 
anwendbar war, sondern besondere Feststellung Vorbehalten blieb. 

Diese Frage ist durch die oben mitgetheilten beiden Erlasse , 
der Vorgesetzten beiden Ministerien in genau entgegengesetztem 
Sinne geregelt worden. 

Die Kreisthierärzte haben also bei den sprichwörtlichen Ver- i 
spätungen der Kleinbahnen bei Sturm und Regen, Finsterniss : 
und brennendem Sonnenschein, eventuell fusshoch im Schnee und j 
Schmutz zu stehen, an den Pfahl sich lehnend, der die Station 
der Kleinbahn darstellt, auf den Zug zu warten, der sie weiter 
befördern soll, während der Kreisphysikus im geschlossenen 
Wagen sich über eine derartige Situation erhaben fühlt. Kom¬ 
men nun bei Schneeverwehungen, Kohlen- und Wassermangel, 
in der Rübeucampagne u. s. w. die regelmässigen stündlichen ; 
und noch schlimmeren Verspätungen vor, — nun, dann haben die , 
Kreisthierärzte ja Müsse, einen interessanten Vergleich zu ziehen. 

Sie haben nicht nur erheblichen pecuniären Nachtheil, j 
sondern die Ausführung ihrer Geschäfte wird ihnen durch den 
Zwang zur Kleinbahnbenutzung auch erheblich erschwert. Es j 
wäre doch dringend zu wünschen, dass die Kreisthierärzte nach 
den gleichen Grundsätzen wie die Kreisphysiker behandelt würden. ; 

Die Kreisphysici kennen auch den Erlass des Landwirthsch. 
Ministeriums vom 13. Mai 1881 nicht, nach welchem Gebühren 
und Tagegelder überhaupt nicht an einem Tage liquidirt werden 
dürfen, auch wenn sie nicht ein- und dasselbe Dienst¬ 
geschäft betreffen, wie § 5 des Gesetzes vom 9. III. 72 
dieses ausdrücklich hervorhebt. Der Kreisthierarzt darf des¬ 


halb an solchen Tagen, an denen er eine Marktrevision ausser¬ 
halb seines Wohnortes vornimmt, keine Tagegelder für eine an 
demselben Tage ausgeführte Reise liquidiren. Der Kreisphysicus 
darf das. Wenn er Morgens eine Impfreise unternimmt, oder 
Cholera-Observationen macht, wenn er in staatlichen Arbeiter- 
Versicherungen u. s. w. Dienstgeschäfte ausführt, so kann er 
Nachmittags ohne Weiteres eine Dienstreise mit vollen Ge¬ 
bühren liquidiren. Der Kreisthierarzt darf noch nicht einmal 
Tagegelder für Dienstreisen nehmen, wenn er auf Grund des 
§ 17 einen Händlerstall besichtigt. Doch halt! er darf es, und 
zwar wenn die Gebühren z. B. für die Handelsstallrevision 
6 Mark nicht erreichen, so darf’ er aus der Staatskasse so viel 
hinzu liquidiren, bis er 6 Mark voll hat - also doch Gebühren 
und Tagegelder! 


Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preussen am 15. Januar 1900. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche 
i 

Kreisen 

herrschte 

n 

Gemeinden 

(Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez) 
waren 
verseucht: 

Königsberg. 

12 

156 

38,16 

Gumbinnen. 

7 

19 

4,88 

Danzig. 

8 

43 

34,12 

Marienwerder. 

15 

138 

61,00 

Berlin. 

1 

— 

— 

Potsdam. 

16 

81 

31,31 

Frankfurt. 

16 

86 

31,60 

Stettin. 

11 

63 

33,58 

Köslin. 

10 

91 

47,12 

Stralsund. 

3 

20 

22,44 

Posen . 

20 

77 

23,36 

.. 

13 

176 

79,10 

Breslau. 

21 

79 

20,80 

Liegnitz. 

13 

34 

12,08 

Oppeln. 

13 

154 

54,98 

Magdeburg. 

14 

78 

54,02 

Merseburg. 

15 

100 

43,25 

Erfurt. 

5 

6 

10,23 

Schleswig. 

5 

7 

3,28 

Hannover. 

9 

28 

44,51 

Hildesheim. 

9 

25 

34,53 

Lüneburg . 

2 

11 

7,46 

Stade. 

2 

5 

6,88 

Osnabrück . 

3 

22 

39,28 

Aurich. 

2 

2 

5,84 

Münster. 

8 

26 

97,01 

Minden. 

10 

55 

107,84 

Arnsberg. 

15 

50 

58,82 

Kassel. 

16 

50 

29,90 

Wiesbaden. 

11 

23 

24,57 

Koblenz. 

13 

57 

54,54 

Düsseldorf. 

17 

92 

213,95 

Köln. 

9 

35 

118,24 

Trier. 

12 

56 

49,68 

Aachen. 

6 

38 

97,43 

Hohenzollern-Sigmaringen 

4 

19 

149,60 

Summa: 

367 

2002 

— 


Nachweieung über den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche 
am 15. Januar 1900. 

Es waren am 15. Januar 1900 in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Berlin 1. R.-B. 
Potsdam 3 (3). R.-B. Stettin 1 (1). R.-B. Posen 2 (2). R.-B. 
Bromberg 2 (2). R.-B. Breslau 1 (1). R.-B. Oppeln 4 (6). 


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60 BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 5. 


R.-B. Merseburg 1 (1). R.-B. Hildesheim 2 (2). R.-B. Stade 1 
(1). R.-B. Minden 1 (1). R.-B. Arnsberg 1 (1). R.-B. Düssel¬ 
dorf 1 (1). R.-B. Aachen 1 (1). Bayern: R.-B. Oberbayern 

1 (1). R.-B. Schwaben 1 (1). Württemberg: Donaukreis 2 (2). 
Baden: Landescomm. Constanz 1 (1). Landescomm. Mannheim 
1 (1). Braunschweig: 1 (1). Hamburg: 1 (1). Eisass- 
Lothringen: Bez. Lothringen 1 (4). 

B. von Maul- und Klauenseuche fexcl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 14 (79). R.-B. Niederbayern 7 
(12). R.-B. Pfalz 12 (59). R.-B. Oberpfalz 6 (16). R.-B. Ober¬ 
franken 11 (28). R.-B. Mittelfranken 13 (28). R.-B. Unterfranken 
15 (41). R.-B. Schwaben 20 (105). Sachsen: Kreisliauptm. 
Bautzen 3 (21). Kreisliauptm. Dresden 8 (39). Kreisliauptm. 
Leipzig 6 (72). Kreisliauptm. Zwickau 10 (67). Württem¬ 
berg: Neckarkreis 11 (35). Schwarzwaldkreis 17 (68). Jagst- 
kreis 12 (47). Donaukreis 16 (187). Baden: Landescomm. 
Constanz 9 (61). Landescomm. Freiburg 9 (73). Landescomm. 
Karlsruhe 9 (57). Landescomm. Mannheim 13 (67). Hessen: 
Provinz Starkenburg 6 (43). Provinz Oberhessen 5 (49). Pro¬ 
vinz Rheinhessen 5 (40). Mecklenburg-Schwerin: 7 (23) 
Sachsen-Weimar: 5 (40). Mecklenburg-Strelitz: 2 (7). 
Oldenburg: Herzogthnm Oldenburg 1 (2). Fürstenthum Birken¬ 
feld 1 (2). Braunschweig: 6 (47). Sachsen-Meiningen: 
4 (17). Sachsen-Altenburg: 2 (10). Sachsen-Cobnrg- 
Gotha: Herzogthum Coburg 1 (1). Herzogthum Gotha 2 (5). 


Anhalt: 4 (22). Schwarzburg-Sondershausen: 1 (1). 
Scliwarzburg-Rudolstadt: 2(3). Waldeck 2 (5). Reuss 
j. L.: 2 (10). Schanmburg-Lippe: 3 (5). Lippe: 7(47). 
Bremen: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk Unter-Elsass 8 
(173). Bezirk Ober-Elsass 6 (78). Bezirk Lothringen 8 (39). 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Magdeburg 1 (2). 

D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest): 
Preussen: R.-B. Königsberg 5 (11). R.-B. Danzig 1 (1). 
R.-B. Marienwerder 3 (3). R.-B. Potsdam 3 (3). R.-B. Frank¬ 
furt 1 (1). R.-B. Stettin 3 (5). R.-B. Stralsund 1 (1). R.-B. 
Posen 7 (8). R.-B. Bromberg 3 (5). R.-B. Breslau 8 (16). 

R.-B. Liegnitz 1 (2). R.-B. Oppeln 7 (11). R.-B. Magdeburg 

1 (1). R.-B. Schleswig 4 (4). R.-B. Hannover 1 (1). R.-B. 

Stade 1 (1). R.-B. Osnabrück 2 (2). R.-B. Münster 2 (2). 

R.-B. Minden 1 U). R.-B. Arnsberg 1 (2). R.-B. Cassel 3 (5). 
R.-B. Wiesbaden 1 (5). Bayern: R.-B. Oberbayern 2 (2). 
R.-B. Schwaben 1 (1). Hessen: Provinz Rheinhessen 1 (1). 
Braunschweig: 3 (3). Sachsen-Altenbnrg: 1 (1). Anhalt: 
l (1). Hamburg: 1 (2). Lothringen: 1 (1). 

Maul- und Klauenseuche auf Viebhöfen. 

In Berlin ist die Seuche am 24. Januar unter Schweinen 
von Neuem ausgebrochen, nachdem der Ansbruch vom 20. Januar 
erloschen war. In Sachsenhausen bei Frankfurt Ausbruch auf 
dem Viehhof am 25. 


Personalien. 

Ernennungen: In Bayern: Die Bezirksthierärzte Norbert Hi 11er- 
brand in Freising und Rupert Schmid in Bogen pragmatisch an¬ 
gestellt. Versetzt wurde: Rudolf Küffner, Bezirksthierarzt in 
Garmisch, nach Weilbeim. In den zeitweiligen Ruhestand versetzt: 
der Bezirksthierarzt Peter Schuster in Obernburg auf dl» Dauer 
eines Jahres. 

Tbierarzt Braun aus Besenfeld ist als Ortstbierarzt von 
Schwenningen im kgl. würtbg Oberamt Rottweil bestätigt worden. 
Tbierarzt Hollandt von Herges-Vogtey bei Schmalkalden ist zum 
Assistenten der zoologischen Station in Neapel, Thierarzt Dr. Magde¬ 
burg aus Landsberg zum 1. und Schlacbtbofthierarzt Neubauer 
zu Königsberg zum 2. städtischen Thierarzt am Schlachthof zu 
Posen ernannt worden. 

Examina: In Hannover wurden approbirt die Herren Johannes 
Albrecht, Albrecht Fuhrmann, Hans Jakobsen, Theodor 
Oppermann, Johannes Peters, Heinrich Westerfrölke nnd 
Karl Wiendick. 

In Württemberg haben nach bestandener Staatsprüfung die 
Qualification zur Anstellung als beamteter Thierarzt erhalten die 
Herren Districtsthierarzt Frasch zu Hayingen, Thierarzt Metzger 
zu Cannstadt, Stadtthierarzt Rössle zu Waiblingen, Stadt- und 
Districtsthierarzt Schwarz zu Waldsee und Dr. med. vet. Seybold, 
Assistent an der Hochschule zu Stuttgart. 

Wohnsitzver&nderungen, Niederlassungen: Verzogen: Thierarzt 
Job. Mattem von Hassloch nach Mutterstadt, Thierarzt K. W r . 
Neuhaus nach Kusel als bezirksthierärztlicher Assistent, Thierarzt 
V. Stang von Püttlingen nach Freiburg i. Br. (Hygien. Institut), 
Oberrossarzt a. D. Walther nach Berlin. — Thierarzt Th. Opper¬ 
mann hat sich in Oelper (Braunschweig) niedergelassen. 

in der Armee: In den Ruhestand versetzt der Oberrossarzt 
Walther im 18. Drag.-Regt. Zum Leutnant der Reserve des 
2. Niederschles. Infanterie-Regiments No. 47 befördert der Assistenz¬ 
thierarzt Dr. Davids-Kiel. 

Yacanzen. 

Kreisthierarztstelien etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Elsass-Lothringen: Kreis Bolchen (600 M. und 700 M. Reise- 
kosten-Aversum). Bew. bei dem Ministerium, Abtli. für Landwirtschaft. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Arnsberg: Lippstadt. — R.-B. Danzig: Carthaus. — R.-B. 


Gumbinnen: Grenzthierarztassistentenstelle in Stallupönen. — 
R.-B. Schleswig: Eiderstedt. — R.-B. Trier: Kreisthierarzt¬ 
assistentenstelle. 

Sanitltsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Dessau: Scblachtbofassistenztbierarzt (1500 M., Wohnung etc.) — 
Dresden: 3 Hilfsthierarztstellen am Schlacbthof (je 2100 M.) Bewerb, 
bis 10. Februar an die Direction. — Eberswalde: Schlachthaus- 
inspector (2400 M. bis 3300 M., Wohnung etc.) Meid, bis 1. März an 
den Magistrat. — Geyer (Sächs. Erzgeb.): Tbierarzt fiir Fleisch¬ 
beschau (1500— 2000 M. aus der Stadtpraxis.) Bewerb, bis 1. März 
an den Stadtrath. — Hannover: IV. Thierarztstelle am Schlachthof. 

— Lemgo: Schlachthofinspector zum 1. April (1500 M. Anfangs¬ 
gehalt, Wohnung etc.). Bew. bis 20. Februar an d. Magistrat 

— Wanne: Schlachthofvorsteher. Praxis gestattet. Bewerb, bis 
15. Februar an den Amtmann. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Cottbus: Schlacbthofassistenztbierarzt. — Eckernförde: Schlacht¬ 
hofinspector. — Ejsen (Ruhr): 3. Schlachthoftbierarzt. — Fi lehne. 
Schlachthofinspector. — Friedrichsthal (Kr. Saarbrücken): Thier¬ 
arzt für Fleischbeschau. — Görlitz: Schlacbthofassistenzthierarzt. 

— Hirschberg (Schlesien): Schlachthofvorsteher zum 1. März. — 
Königsberg i. P.: Schlachthoftbierarzt — Liegnitz: Schlacht¬ 
hofassistenzthierarzt. — Markneukirchen: Thierarzt für Schlacht¬ 
vieh- und Fleischbeschau. — Militsch: Schlachthofinspector. — 
Mülhausen (Eisass): Schlachthofverwalter. — Norderney: 
Schlachthofinspector. — Ostrowo: Schlachthofinspector. — Sprem- 
berg: Schlachthof inspector. — Tempelburg: Schlachtbans¬ 
inspector. — Thorn: 2. Tbierarzt — Trier: Schlachthofhilfs- 
thierarzt zum 1. März. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Augustnsburg: Städt Thierarzt sofort (720 M. Fixum. 
Privatpraxis). — Festenberg. — Hirschberg (Saale): Thierarzt 
(1000 M. Fixum). Bew. an den Stadtgemeindevorstan'd. — Rem¬ 
berg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck 
(Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pillkallen.) — Lössnitz: Thier¬ 
arzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau zum 1. Juni 1900. Bew. 
an den Stadtrath. — Murrhardt. — Pabstorf (Braunschweig): 
Thierarzt sofort — Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.) ; 
Thierarzt für Praxis (300 M. Zuschuss). Bewerbungen beim Magistrat. 


Besetzt: Beide Schlachthofstellen in Posen. 

Verantwortlich für den Inhalt (excL Inaeratenthell): Prot Dr. Schmaltz ln Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Scboeta ln Berlin. — Druck von W. Büxenatein, Berlin 


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Die „Berliner Thlerirstllche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in St&rke von mindestens i'/* Bogen. Dieselbe 
iat zu beziehen durch den Buchhandel, die Post (No 1082) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard 
Schoets, Berlin NW, LuiseDstrasse 36, zum Preise von 
Mk. 6, - pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeltrlge werden mit 50 Hk. für den Bogen honorlrt. 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr Scbmaltz, 
Berlin, tbierirztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions- Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 


Verlag von Bichard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. M 6 . Ausgegeben am 8. Februar. 


Inhalt: Angerstein: Bacillol, Protargol, Tannoform. — Aronsohn: Infection des Mclkpersonals von pockenkranken Kühen. 

— Möller: Befund bei einer jungen, erstgebärenden Kuh, die kurz nach dem Kalben ausgesprochene Gebirn- 
depressionserscheinungen aufwies. — Yordai: Behandlung des Milzbrandes mit Creolin. — Kissuth: Kleine 
Mittheilungen. — Referate: Die Behandlung von Pferden, Maulthieren und Ochsen während des Felddienstes in Süd-Afrika. 
— Diener: Euterentzündung beim Pferde. — Therapeutische Notizen. — Tagesgeschichte: Die thierärztlichen Verhältnisse 
in Ungarn und das Abiturientenexamen. — Protokoll der 45. Generalversammlung des thierärztlichen Centralvereins der 
Provinz Sachsen, der anhakischen und thüringischen Staaten. — Verschiedenes. — Fleischschau. — Bücheranzeigen 
und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen. 


Bacillol, Protargol, Tannoform. 

Von 

C. Angsrstein Sternberg, 

Tbierarzt. 

Obige drei Präparate habe ich seit längerer Zeit in der 
Praxis verwerthet. 

Das Bacillol hat mir bei der Wundbehandlung sehr gute 
Dienste geleistet. Da ich gleichzeitig zwei Fälle von Resection 
des gebrochenen äusseren Darmbeinwinkels bei zwei Kühen vor¬ 
zunehmen hatte, benutzte ich in einem Falle Creolin-Pearson, 
im anderen schwereren Bacillol in 3proc. Lösungen zum täglich 
5—6maligen Berieseln der gesetzten Operationswunde. Das 
Bacillol zeigte sich hierbei dem Creolin-Pearson mindestens eben¬ 
bürtig, denn die schwere Wunde heilte schneller als die leichtere. 
Bacillol regt m. E. die Granulation mehr an als Creolin. 

Unangenehm ist nur das stark brennende Gefühl, welches 
Bacillol verursacht, wenn es durch Unvorsichtigkeit in unverdünntem 
Zustande auf die Haut gelangt Im verdünnten Zustande habe 
ich beim Bacillol eine derartige ätzende Wirkung nicht beobachtet, 
während dies bei Creolinlösnngen der Fall ist. 

Bacillol iu 2proc. Lösung verwandte ich mit eclatantem 
Erfolg bei Yorhautentzündung einiger Ballen. Zum AusspQlen 
der Geburtswege bei Metritis eignet sich Bacillol besser als 
Creolin, weil sich bei Verwendung desselben in 2 proc. Lösung 
Drängen nicht oder doch nur in ganz unerheblichem Grade ein¬ 
stellt. Dem Lysol gegenüber hat Bacillol den Vorzug, dass die 
in Bacillollösong gelegten Instrumente etc. nicht schlüpfrig werden. 

Ein nicht zu verachteoder Factor ist ferner die Billigkeit 
des Bacillol, welche ausgiebigste Verwendung bei Desinfection 
grösserer Räume gestattet. 

Ich hatte Gelegenheit einige Fälle von schweren Ver¬ 
wundungen mit Bacillol, Protargol und Tannoform zu behandeln: 

Ein Pferd war mit dem Hintertheil in eine eiserne Egge 
gestürzt und hatte sich u. A. hierbei eine Stichwunde zngezogen, 
welche im unteren Schamwinke] beginnend, sich 18 cm tief in 
den linken Hinterschenkel hinein erstreckte. Die bei der Ver- 
wnndung aufgetretene starke Blutung sowie die bei der Unter¬ 
suchung beobachtete Blässe der Conjunctiva Hessen vermutben, 
dass ein grösseres Blutgefäss verletzt sei, weshalb von einer Er¬ 
weiterung des Wandkanal8 vorläufig abgesehen wurde. 


Die Wände wurde zwei Tage lang mit 3 proc. Bacillollösung 
irrigirt, dann vernothwendigte sich ein tiefer Einschnitt in den 
dicken Einwärtszieher, nm so von der Seite und nnten her in 
den Stichkanal gelangen zu können. Durch diese Oeffnung entleerte 
sich beim Ausspiilen mit Bacillollösung eine grosse Menge Jauche 
und zerfallener Masse. Es wurde nun täglich dreimal 3 proc. 
Protargollösang mittelst Glasspritze in den Stichkanal gespritzt, 
nachdem vorher gründlich mit Bacillollösung gereinigt war. Die 
Wunden heilten bei dieser Behandlung überraschend schnell. 

Eine Verletzung der Kronbeinbeugesehne des rechten Ilinter- 
fusses, welche sich das Thier ebenfalls zngezogen, wurde aus¬ 
schliesslich mit 3 proc. Protargollösung behandelt und sehr schnell 
geheilt. 

Oberflächliche Hautverletzungen desselben Pferdes wurden 
mit Tannoform tüchtig eingerieben, woraufhin sich die Heilung 
unter dem gebildeten Schorf schnell vollzog. 

Ein werthvolles Pferd hatte sich an der Stacheldralit- 
nmzäunung der Koppel tiefgehende Verletzungen der Weichtlieile 
am Schienbein und an Krone und Ballen des linken Vorderfusses 
zugezogen. Auch hier trat bei Anwendung von Protargollösung 
bei Behandlung der Sehnenwunden nnd von Tannoformverband 
unter Verwendung des Vogelerschen Pferdestiefels schnell tadel¬ 
lose Heilung ein. 

Bei einer Verletzung des linken hinteren Ballen eines Pferdes 
durch eine Eggenzinke, welche sich quer über den Ballen er¬ 
streckte, nnd die vom Besitzer des Thieres arg vernachlässigt 
war, habe ichxBacillol zur Reinigung der Wunde benutzt, dann 
einen Verband mit in Protargollösung getränkter Watte angelegt 
und später, als die Wände von innen heraas bis zur Höhe der 
Haut geheilt war, die weitere Vernarbung durch Anwendung von 
Tannoform schnell erzielt. Tannoform habe ich ferner mit sehr 
gutem Erfolg bei mehreren Mankefällen verwendet 

Wände Hautstellen, infolge Reibung von Geschirrtheilen, Sattel¬ 
drücke, Streichwanden heilten schnell unter dem Tannoformschorf. 

Im Anschiass an eine vernachlässigte Streichwunde hatte sich 
bei einem Pferd eine Fistel entwickelt, welche sich von der 
Innenfläche des Fesselgelenkes bis zwei Finger breit unter das 
Vorderfasswurzelgelenk hinauf erstreckte. Nachdem hier oben 
eine Gegenöfihnng geschaffen, wurde der Kanal täglich dreimal 
mit Protargollösung ausgespritzt und heilte nun in kurzer Zeit. 


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62 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6. 


Ekzeme bei Hunden heilten schnell unter dem Tannoform- 
schorf, die Geruchlosigkeit des Tannoform ist, namentlich bei der 
Behandlung von Luxushunden, von grossem Werthe. Otitis bei 
Hunden behandelte ich vielfach mit Tannoform in Spiritus vini, 
und hatte immer, auch in schweren Fällen, befriedigenden Erfolg. 

Auch in Salbenform — mit Adeps lanae und Ung. Vaselin. — 
habe ich Tannoform bei ausgedehnteren Hautwunden angewendet, 
namentlich wenn Beugeflächen der Gelenke zu behandeln waren; 
der Erfolg war gut. 

Durchfälle des Jungviehs wurden durch Tannoform prompt 
gehoben, die Wirkung war hier eclatanter als bei allen bisher 
von mir benutzten Arzneimitteln — Tannin, Naphthalin, Thüringer 
Pillen etc. —. Bei einem Pferd stand heftiger wässriger Durch¬ 
fall nach der zweiten Gabe von Tannoform 10,0 + Natr. bicarbonic.; 
nachdem schon die erste Gabe eine festere Consistenz der Faeces 
verursacht hatte. Ebenso wirkten 25 g Tannoform bei starkem 
Durchfall einer Kuh. 

Der theure Preis des Protargol ist m. E. kein Hinderniss 
das Präparat anzuwenden, da man nur geringe Mengen in Form 
3proc. Lösungen benöthigt. 

Das Tannoform ist ein Präparat, welches dem Jodoform über¬ 
legen ist und dasselbe bald verdrängen dürfte, da es wie letzteres 
in Pulver, Salben und Stäbchenform sich verwenden lässt, als 
Tannoformcollodium dasselbe leistet wie Jodoformcollodiura, und 
ferner als Adstringens im Darm zu ausgiebiger Wirkung gelangt. 

Infection des Melkpersonals von pockenkranken 

Kühen. 

Von 

Dr. Aronsohn-Röbel i. Meckl., 

Thier» r/.t 

Verhältnissmässig oft beobachtet man in dieser Gegend ein 
Exanthem an den Zitzen der Kühe, welches in einer Eruption 
von Knötchen besteht, die. allmälig grösser werden und ans 
denen sich bis bohnengrosse Bläschen mit wässerigem und 
schliesslich eiterigem Inhalt bilden. Die für die echten Pocken 
specitische Dellenbildung hat man nur selten zu sehen Gelegen¬ 
heit, weil bei dem für die Tliiere schmerzhaften Melkgeschäft 
die typische Entwicklung des Exanthems eine Störung erleidet 
und die Bläschen frühzeitig aufgerissen werden. Man findet daher 
in der Regel nur mässig dicke, bis markstückgrosse Borken, nach 
deren Entfernung eine eiterige Fläche oder erbsengrosse Ver¬ 
tiefungen zu Tage treten. 

Die Zitzen selbst schwellen bei heftiger Erkrankung stark 
an, so dass es grosser Mühe und Geduld bedarf, die Milch aus 
den betreffenden Eutervierteln in genügender Weise zu entleeren. 

Im Uebrigen ist das Leiden, welches in hohem Grade an¬ 
steckend ist, ein rein locales: die Kühe bleiben fieberfrei und 
bei gutem Appetit. 

Der Verlauf des Leidens zieht sich in dem ganzen Be¬ 
stände mehrere Wochen bis Monate hin, ist jedoch insofern ein 
gutartiger, als eine Erkrankung der Euterdrüse selbst nur selten 
beobachtet wird und in diesen Fällen auch nicht auf eine 
Reizung der Drüse durch den specifischen Infectionsstoff, : 
sondern nur auf ein mangelhaftes Ausmelken zurückzuführen ist. I 

ln den Lehrbüchern der Pathologie wird zwischen echten 
und falschen Kuhpocken geschieden und zwar in Rücksicht auf 
die Verschiedenheit in Form, Entwicklung und Verlauf des 
Exanthems. In praxi lässt sich diese Scheidung, deren Be¬ 
rechtigung übrigens mehrfach angezweifelt wird, nicht leicht 
durchführen, weil die typische Entwicklung des Ausschlages 


durch das Melkgeschäft und andere Momente mannigfache 
Störungen erleidet, und weil in Folge dessen die Diagnose 
wesentlich erschwert wird. 

An sich hätte auch eine genauere Differenzining für die 
Praxis keine besondere Bedeutung, wenn nicht die Möglichkeit 
der Uebertragung des Exanthems auf Menschen in Frage käme 
und das Krankheitsbild bei diesen ein wesentlich anderes wäre, 
je nachdem es sich um die eine oder andere Form der Kuh¬ 
pocken handelt. 

Ehrhardt berichtet im Schweizer Archiv für Thierheil¬ 
kunde Bd. 38 p. 81 über eine rebertragung von falschen Pocken, 
sogenannten Spitzpocken (Varicellen) auf einen Melker: Das 
contagiüse Leiden bei den Kühen äusserte sich in Epithel¬ 
verlusten an den Zitzen mit darauffolgender starker Entzündung: 
bei dem betreffenden von den Kühen inficirten Melker entstand 
eine starke Anschwellung der Achseldrüsen und der einen Hand, 
worauf sich auf der Haut derselben zahlreiche bis erbsengrosse 
Blasen bildeten. Im Laufe von 14 Tagen war diese Affection 
gutartig abgeheilt. 

Etwas anders liegen die von mir in diesem Jahr beobachte¬ 
ten Fälle der Erkrankung zweier Melkerinnen auf dem Hofe 
Erlenkamp und einer Melkerin und zweier Melker auf dem von 
jenem Hofe ca. 4 km entfernt gelegenen Gute Bollewick bei 
Röbel in Mecklenburg. 

Unter den Kühen beider Bestände grassirte in diesem 
Herbste das von mir oben geschilderte Zitzenleiden. Zwei bis 
fünf Tage, nachdem das Leiden bei den Thieren offensichtlich 
wurde, erkrankten jene fünf Personen und klagten säinmtlich 
bei leichtem Fieber zunächst über Schmerzen in den Achsel¬ 
höhlen. Gleichzeitig traten allmälig stärker werdende Schwel¬ 
lungen einzelner Finger oder der ganzen Hand bis zum Ellen¬ 
bogen hin auf. Diese Schwellungen fühlten sich derb an, waren 
jedoch auf Druck nur wenig schmerzhaft. 

Bei zweien der inficirten Personen Hessen sich kleine Haut- 
läsionen nachweisen, von denen die Infection wahrscheinlich 
ihren Ansgang genommen hatte, bei den übrigen dreien fand 
sich eine solche Eingangspforte des betreffenden Virus nicht 
vor. Bei diesen letzteren constatirte der sie behandelnde Arzt 
auf der Höhe der Geschwulst je eine Stelle, auf der sich die 
Oberhaut in Bohnengrösse etwas abhob; nach künstlicher Ab¬ 
lösung derselben trat die unebene, zerklüftete, dunkelroth ge¬ 
färbte Unterhaut zu Tage, aus der sich nur etwas wässeriges 
Secret absonderte. Von diesem unreinen Untergründe stiessen 
sich in den nächsten Tagen kleine Gewebsfetzen ab, bis im 
Laufe von drei Wochen ohne weitere CompUcationen Heilung 
erfolgt war: auch die Schwellung der Achseldrüsen und der 
Hand resp. Finger war in derselben Zeit theils unter Behand¬ 
lung mit Sublimatverbänden, theils auch ohne jene Behandlung 
allmälig gänzlich geschwunden. 

Zu Abscedirungen kam es in keinem der fünf Fälle, wie 
auch niemals im Gegensatz zu dem von Ehrhardt citirten 
Falle Blasenbildungen auf der Hand beobachtet wurden. 

Es ist nicht leicht zu entscheiden, ob es sich in den von 
mir beobachteten und beschriebenen Erkrankungen um eine 
Infection mit reinem Pockenvirns oder um eine Mischinfection 
handelt. Die allgemein eingeführte Vaccination schliesst be¬ 
kanntlich die Möglichkeit einer Erkrankung an Pocken nicht 
gänzlich aus, zumal da die Immunität nur eine gewisse Reihe 
von Jahren vorhält, während jedoch andererseits das Leiden bei 
vaccinirten Personen stets in milderer Form verläuft. 


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63 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


8. Februar 1900. 

In dem „Correspondenz-Blatt des Allgem. Mecklenb. Aerzte- 
vereins“ vom 4. December 1899 findet sieh zufällig eine für 
diese Frage interessante Mittheilung von Pr. Raspe, nach 
welcher „vier Melker, schon ältere Leute, sich an den Händen 
mit den Knhpocken inficirten, während ein Mädchen von sech¬ 
zehn Jahren vermöge des Impfschutzes, den sie durch die 
Impfung im zwölften Jahre empfangen hatte und der offenbar 
noch wirksam war, von der Infection verschont blieb“. Nähere 
•Angaben fehlen. 

Zweifellos steht die Infection dieser, sowie der von mir 
angeführten Personen mit dem Exanthem an den Zitzen der 
Kühe in einem ursächlichen Zusammenhang. 

Es wird daher Aufgabe des practicirenden Thierarztes sein, 
das Melkpersonal beim Herrschen pockenartiger Erkrankungen 
unter den Kühen auf die Gefahr einer Infection hinzuweisen 
und dazu anzuhalten, die Hände jedes Mal nach Beendigung 
des Melkgeschäfts mit warmem Seifenwasser sorgfältig zu 
reinigen und darauf mit Sublimatwasser oder einem anderen 
derartigen Mittel zu desinficiren. 

Von Dr. Raspe wurde dem Besitzer der Kuhherde eine 
Impfung aller neu eingestellten Melker resp. das Melken mit 
Gummihandschuhen empfohlen. 


Befund bei einer jungen, erstgebärenden Kuh, die 
kurz nach dem Kalben ausgesprochene Gehirn¬ 
depressionserscheinungen aufwies. 

Von 

F. L. W. Müller-Horneburg (Hann.), 

Thierarzt 

Vor einiger Zeit wurde ich sehr eilig zu einer Starke ge¬ 
rufen, die nach Angabe des Besitze« vor etwa einer Stunde ge¬ 
kalbt habe. Das Kalben sei sehr leicht von Statten gegangen, 
die Kuh sei bis zur Geburt vollständig munter gewesen, habe 
nach dem stattgehabten Kalben sogar noch wiedergekäut, sei 
aber alsdann bald sehr krank geworden, habe getaumelt, sei 
niedergestürzt und zeige nun ganz den Zustand einer schwer vom 
Milchfieber befallenen Kuh. 

Als ich eine halbe Stunde später an Ort und Stelle ankam, 
traf ich die Kuh schon mit durchschnittenem Halse vor; der 
Schlachter, sowie eine Reihe glaubhafter und verständiger Zeugen 
erklärten, sie hätten sich nicht mehr zu helfen gewusst, der 
Athem wäre immer leiser und oberflächlicher geworden und 
schliesslich ausgeblieben, und da hätten sie noch schnell den 
Hals durchschnitten. Das Herz müsse aber noch gelebt haben, 
denn das Blut sei in kräftigen stossweisen Strömen aus den 
Schlagadern geflossen, die Kuh habe aber kein Glied mehr 
gerührt. 

Das Cadaver lag auf der Diele und hatte nach meinem Taxat 
etwa \ eines grossen Stalleimers an Blut durch die Schlachtung 
verloren. Es war eine gute, kräftige, wohlgenährte, zwei ein 
Viertel Jahr alte Marschkuh, nach Angabe des Besitzers, der sie 
erst gekauft hatte, in der letzten Zeit noch gut gepflegt. Das 
Euter strotzend gefüllt. Kurz nach dem Kalben war die Nach¬ 
geburt abgegangen, an derselben wurde nichts Ausserordent¬ 
liches bemerkt Bei dem auf dem Rücken liegenden Cadaver 
sah der auffällig enge Muttermund aus der Scheide hervor. An 
Scheide und Gebärmutter von aussen keinerlei Quetschungen 
oder Verwundungen zu sehen. Da mir die Todesursache resp. 
Krankheitsursache unklar war, so wohnte ich der völligen Aus¬ 
schlachtung bei, und konnte bei genauer Untersuchung der Bauch-, 
Becken- und Brusthöhle, ihrer Eingeweide und speciell ihrer 
grösseren Blutgefässe auch nicht das Geringste entdecken, was 


als Ursache der schweren Erkrankung hätte gelten können. Es 
hatte keine Blutung stattgefunden, es war die Gebärmutter nicht 
verletzt, auffällig war aber der geringe Umfang der Gebärmutter 
(kleiner als bei Kühen, die wegen Milchfiefcer am zweiten 
Tage nach dem Kalben geschlachtet werden) sowie die hellgelb¬ 
graue Farbe, der stark contrahirte und in Folge dessen derbe 
Zustand derselben. Der Körper der Gebärmutter war in starre. 
Längsfalten gelegt. Im Innern derselben nichts Bemerkens werthes 

Am Herzen waren keine Abnormitäten zu finden, desgleichen 
nicht an den grossen Halsgefässen. 

Die Kuh war nicht durch einen Schlag auf den Kopf be¬ 
täubt worden. Ich schritt daher zur Exenteration des Gehirns, 
löste sorgfältig die Schädeldecke ab und fand durch die dura 
mater hindurchschimmernd das ganze Gefässnetz der pia mater 
durchsetzt mit deutlich sichtbaren und nachweisbaren Luftblasen. 
Nach Entfernung der dura mater konnte man vermittelst eines 
stumpfen Bleistiftes diese Luftblasen in den Gefässen hin- und 
herschieben. Das ganze Gefässnetz hatte ein marmorirtes Aus¬ 
sehen von weiss, bedingt durch die Luftblasen, und roth, bedingt 
durch das Blut. Beim Einschneiden in eins der Gefässe an der 
Stelle einer Luftblase entwich erst die Luft und dann floss Blut 
nach. Nach Abheben der weichen Hirnhaut fanden sich auch 
die tiefer liegenden Gefässe mit Luftblasen durchsetzt. In den 
beiden Ventrikeln fanden sich ca. 2 Fingerhüte voll röthlich 
gelber Flüssigkeit. In den Arterien konnte ich keine Luftblasen 
nachweisen. 

Das Ergebniss dieses Befundes: 

Bis zu erfolgter Geburt anscheinend völlige Gesundheit des 
Thieres; nach dem leicht erfolgten Kalben sofortiger Abgang der 
Nachgeburt und starke Contraction des Uterus; die ausser¬ 
ordentlich schnell und heftig aufgetretene Erkrankung des 
Thieres unter den ausgesprochenen Symptomen von schweren 
Circulationsstörungen im Centralnervenapparat im Zusammen¬ 
hang mit dem sicher festges‘ellten Sectionsergebniss am noch 
lebenswarmen Calaver rechtfertigen die Annahme, dass es sich 
in diesem Falle um eine Luftaspiration von Seiten des Uterus 
gehandelt hat und dass diese Luftaspiration die schweren 
Depressionserscheinungen verursacht hat; denn der Uterus war 
zur gegebenen Zeit wohl die einzige Eingangspforte für Luft; 
dass erst nach Durchschneidnng des Halses eine Aspiration von 
Seiten der grossen Halsgefässe stattgefunden habe und auf diese 
Weise die Luft in die Gehirngefässe gekommen sein soll, ist 
nach den physiologischen Verhältnissen nicht wohl denkbar. Ich 
komme mit diesem Krankheitsbefnnde einer Anschauung des ver¬ 
storbenen Prof. C. Harm8 zu Hilfe, der in einer Luftaspiration 
von Seiten des Uterus die Ursache des Milchfiebers vermuthete; 
nach der heutigen Erkenntniss jedoch kann nur in sehr seltenen 
Fällen dieses die Ursache der gewöhnlich als Milchfieber be- 
! zeichneten Krankheit sein. 


Behandlung des Milzbrandes mit Creolin. 

Von 

Yordal-Bergen (Norwegen), 

Thlorarzt. 

In meinem Wirkungskreise — Bergen und Umgegend —- 
kommt jedes Jahr eine Anzahl von Milzbrandfällen vor. Da ich 
auf den Artikel des Collegen Hansen in No. 49 der B. T. W. 
aufmerksam wurde, fasste ich gleich den Entschluss, sobald als 
sich mir eine Gelegenheit bot, Creolin zu versuchen. 

Am 8. Januar wurde ich von einem Landmanne mit dem 
Vorbericht gerufen, dass eine seiner Kühe Abends vorher krank 
geworden war. Bei meiner Ankunft am genannten Tage, ca. 
21 Stunden nach der wahrgenommenen Erkrankung, konnte das 


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64 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6. 


Thier jedoch noch ohne Hilfe aufstehen. Es handelte sich um 
eine kleine, schwarze, gut genährte Milchkuh der „Fjordrace“. 
9 Jahre alt, Fresslust und Milchsecretion fehlten. Die Mastdarm¬ 
temperatur betrug 41,6. Der Puls war klein, 80 Mal in der 
Minute, kaum fühlbar. Es bestand starke Athmungsbeschwerde. 
Der Kopf wurde vorgestreckt, das Sensorium war stark ein¬ 
genommen, dann und wann zitterte die Kuh stark an den 
Hinterschenkeln. Der Pansen war wenig gefüllt, der Koth war 
dünnbreiig. Der Besitzer hatte der Kuli zwei Esslöffel Glauber¬ 
salz eingegeben. Auf dem Hofe kamen seit Jahren unter den 
Rindern Milzbrandfälle vor, sodass ich die Diagnose auf Milz¬ 
brand stellte. 

Das kranke Rind wurde sofort vom Stalle entfernt, und 
beim Hinüberführen in einen andern Stall schwankte es hin 
und her. 

Der Patient bekam 4 Stunden nachher 25 g Creolin in 
einer Flasche Wasser; als aber der Besitzer 6 Stunden darauf 
in den Stall kam, war die Kuh am Verenden. Bei der micro- 
scopischen Untersuchung des Blutes wurden grosse Mengen Milz¬ 
brandbacillen gefunden. 


Kleine Mittheilungen 

von 

Kissuth-Guhrau, 

Kreisthierarzt. 

Ein nahezu fettes, ca. zwei Centner schweres Schwein ver¬ 
endete bald nach der Mahlzeit unter den Erscheinungen starker 
Athemnoth. Da bald nach dem Tode Rotlifarbung hinter dem 
Kopf und am Bauch eintrat, wurde der Fall als Seuchefall 
gemeldet. ■ ' •>- 

Bei der Section konnte, trotzdem die Milz sich in der 
Bauchhöhle freiliegend zeigte, der Magen nicht gefunden werden. 
Erst nach Eröffnung der Brusthöhle von dem nach der Bauch¬ 
höhle vorgewölbten Zwerchfell aus wurde der stark mit Gasen 
angefüllte Magen sowie der Anfang des Duodenum in der Brust¬ 
höhle zwischen den collabirten Lungen gefunden. Die Leber war 
stark vergrössert, die Gallenblase zum Bersten prall gefüllt. 
Das Zwerchfell war bis auf eine dorsal gelegene glattgeränderte 
Oeffnung, welche das Duodenum gerade ausfüllte, völlig iutact. 
Es fehlte auch die normale Schlundöffnung im Zwerchfell. 

Ein dreijähriges Füllen von auffallend dürftigem Habitus 
litt nach jeder Futteraufnahme an Kolik. Da das Thier schon 
von Seiten des Besitzers vielfach mit Klystiren behandelt 
worden, so war die Consistenz der zu Tage tretenden Fäces 
immer dünnbreiig, jedoch sehr wenig ergiebig. Da der Zustand 
in allgemeinen Kräfteverfall ausartete, wurde das Thier ,ge- 
tödtet. Bei der Section fand sich etwa 3 / 4 m vom After ent¬ 
fernt das Lumen des Mastdarms durch eine über faustgrosse 
bindegewebige Geschwulst derart versetzt, dass nur noch Raum 
von der Stärke einer gewöhnlichen Bleifeder übrig blieb. Vor 
der Geschwulst starke Dilatation des Mastdarms sowie Ver¬ 
dickung der Wandung um das Dreifache. 

Die Geschwulst selbst zeigte in der Tiefe einen feinen 
schwarzen Kanal, wie wenn ein spitzer Fremdkörper die Ursache 
desselben gewesen, jedoch war ein solcher nicht resp. nicht mehr 
aufzufinden. 


Referate« 

Die Behandlung von Pferden, Manlthieren nnd Ochsen 
während des Felddienstes in Süd-Africa. 

Das englische Kriegsamt hat den Officieren eine Anleitung 
über die allgemeine Behandlung der Pferde, Maulthiere und 
Ochsen im Felddienst während des Krieges in Süd-Africa zu¬ 
gestellt mit Anmerkungen über die Krankheiten, welchen Thiere 
in jenen Ländern ausgesetzt sind. 

Die gebräuchlichen Futtermittel sind Mais oder indisches 
Korn, local „mealies“ genannt, dann Haferheu, d. h. Hafer, 
wenn er noch nicht ganz reif ist, mit den Körnern in der Aehre 
geschnitten; er wird den Thieren mit Langstroh oder auch 
mit Häcksel zu fressen gegeben. Man nennt dies in Süd-Africa 
„forage“, ein Ersatzmittel für Heu, welches dort selten gesehen 
wird. 

„Forage“ darf nicht zu reif geschnitten werden, damit die 
Körner nicht ausfallen. Gerste ist zuweilen erhaltbar, und wenn 
sie grün geschnitten und frisch verfüttert wird, ist es ein gutes 
Grünfutter, aber als Futterkorn ist es nicht zu empfehlen, da 
dem Genuss nicht selten Kolik und Fussrehe folgt. Die Ration 
für die Dienstpferde beträgt zwölf Pfund Korn oder acht Pfund 
Korn und zehn Pfund „Forage“, für Maulthiere zehn Pfund 
Korn oder 20 Pfund „Forage“, oder von jedem die Hälfte. 
Erapfehlen8werth sind vier Futterzeiten, früh morgens zwei Pfund 
Korn und zwei Pfund Forage, mittags drei Pfund Korn und zwei 
Pfund Forage, abends nach der Arbeit ebenso, zur Nacht vier 
Pfund Forage. Maulthiere in gleicherweise; sie erhalten etwas 
über die Hälfte des Pferdefutters. Ist Kleie zu haben, so giebt 
man zweimal Abends in der Woche warme Kleie. 

Auf das Versagen eines Futters ist nicht viel Gewicht zu 
legen, indessen soll doch das Futter von dem das Pferd nicht 
fressen will, entfernt werden. Beim Versagen eines zweiten 
Futters ist thierärztlicher Rath einzuholen. Eine giftige Pflanze, 
von den Boeren „Tulp“ genannt, wächst an den Flussrändern und 
in den Marschen. Nach dem Genuss entsteht acute Aufblähung, 
welche, wenn nichts dazu gethan wird, ein Eingehen des Thieres 
zur Folge hat. Als Gegenmittel ist Ammonium carbonicum zu 
geben, welches dem einheimischen Mittel, der Asche von einer 
Hand voll verbranntes Gras, gemischt mit Wasser, vorznziehen ist. 

Sind die Pferde ermüdet, sollen sie abgerieben werden, 
Augen und Nüstern mit einem nassen Tuch gereinigt werden, 
die Beine gut abgetrocknet und wenn möglich bandagirt werden. 
Die gewöhnlichen Decken sind aufzulegen und am liebsten ein 
warmer Kleietrank zu verabreichen, nachdem Haferheu nach 
Belieben. Verweigert das Pferd sein Futter, so ist ein Wein¬ 
glas voll Sprit in Wasser zu verabreichen als Stimulans. 

Die in Betracht kommenden Krankheiten sind Rehe, An¬ 
schwellungen der Beine, Streichwunden, Verrenkungen, Sattel¬ 
und Geschirrdrücke, Augenentzündungen, Husten und Erkältungen, 
Kolik und Hautkrankheiten, deren Behandlung angegeben wird. 
Die Kennzeichen des Rotzes und der Pferdekrankheit, welche in 
Süd-Africa im Sommer und Herbst auftritt und mit dem ersten 
Frost verschwindet, werden mitgetheilt und Behandlungsmethoden 
angegeben, wobei zugleich erwähnt ist, dass die Sterblichkeit au 
dieser Krankheit sehr gross ist. 

Von den Rinderkrankheiten sind Rinderpest, Lungenseuche 
und Maul- und Klauenseuche als vorkommend aufgezählt. 

Am Schlüsse der Anleitung sind Heilmittel zum handlichen 
Gebrauch und Gewichtsbestiramungen nach Geldmünzen und dein 
Fassungsvermögen der verschiedenen Löffel angegeben. 


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8. Februar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


«5 


Der britische Thierschutzverein hat übrigens beim Kriegs¬ 
amt angeregt, ein besonderes Ambulanzcorps zu bilden mit der 
Aufgabe, jedes Schlachtfeld nach verwundeten Pferden abzu¬ 
suchen, den zu rettenden Hülfe zu bringen, die tödtlich ver¬ 
wundeten abzuthun. Nach eingeholtem militärischen Rath gab 
das Kriegsamt den Bescheid, dass ein derartiges Ambulanzcorps 
nicht der Genfer Convention unterstehen würde, aus dem Grunde 
müssten erst für die Verwendung derartiger Veterinär-Ambulanz- 
corps internationale Vereinbarungen getroffen werden. K. 

Enterentzflndnng beim Pferde. 

Von Diener- Sinsheim. 

(DUi'h. Th. W. 8. No. 2.) 

Ueber die Euterentzündung beim Pferde liegen relativ wenig 
Angaben vor. D. hat 4 Fälle in einem und demselben Jahr 
beobachtet mit Bezirksthierarzt Römer gemeinsam. 

Eine 6 jährige Stute hatte vor einem Vierteljahr geboren. 
Das Fohlen war seit 8 Tagen entwöhnt. Die rechte Euterhälfte 
war geschwollen, namentlich an der Zitze. Es bestand ver¬ 
mehrte Wärme und Schmerz, sowie geringes Fieber (39.2). 
Die • linke Enterhälfte war normal. Es wurde eingerieben 
Camphorsalbe 60 g mit Lorbeeröl 4 und grüner Seife 16. In 
das Euter wurde 3procentige Lysollösung gespritzt und daneben 
mehrmaliges Ausmelken verordnet. Nach 3 Tagen erhebliche 
Verschlimmerung und so hochgradige Schmerzen, dass jede An¬ 
näherung verwehrt wurde. Das Fieber war auf 40° gestiegen, 
die Schwellung hatte sich vergrössert. Trotzdem wurde die Be¬ 
handlung fortgesetzt und Laxantien gegeben. Das Euter bekam 
Leinsamenumschläge, die durch Suspensorien gehalten wurden. 
Auch wurden Heudämpfe und mehrmalige tägliche Bewegung 
verordnet. Bald darauf bijjlete sich ein Abscess, nach dessen 
Entleerung die Erkrankung allmählich verschwand. Ausgang in 
Heilung nach 3 Wochen. 

Eine 8jährige Stute hatte seit einigen Tagen ein geschwollenes 
Euter. Die Erscheinungen waren wie im ersten Fall. Aus der 
Zitze entleerten sich beim Melken Mengen gelb-röthlicher Flüssig¬ 
keit. Behandlung mit der obigen Salbe unter Zusatz von 2 g 
Oleum Hyoscyami. Nach einigen Tagen wurde die Schwellung 
stärker, der Ausfluss eitrig. Trotzdem das Pferd arbeitete, 
schwanden die Symptome nach 14 Tagen. 

In einem dritten Falle hatte eine fünfjährige Stute seit 
einigen Wochen ein geschwollenes Euter. Sie hatte vor einem 
Vierteljahr gefohlt, und das Fohlen war vor einigen Wochen ge¬ 
storben. Hier war der Schmerz sehr stark, das Enter sehr derb; 
aus der Zitze entleerte sich eiterähnliche Flüssigkeit. Zwei 
Tage später bildete sich ein Abscess. Ausspritzen mit Lysol¬ 
lösung führte in drei Wochen zur Heilung. 

Im vierten Falle endlich handelte es sich um ein halbjähriges 
Fohlen, dessen rechtes Euter stark geschwollen und schmerzhaft 
war. Behandlung wie vorstehend. Nach 3 Tagen Abscess- 
bildung, nach 10 Tagen Genesung. 

Stets wurde nur eine Euterhälfte ergriffen. Die Symptome 
sind die der Mastitis parenchymatosa, doch enthält das Secret 
nie flockige Gerinnsel und wässerige Milch, ist vielmehr dick¬ 
flüssig und eiterähnlich. Auch der Verlauf war ein anderer wie 
bei Mastitis parenchymatosa des Rindes; da alle 4Fälle heilten, 
so sind letztere günstiger als die Erkrankungen beim Rinde zu 
beurtheilen. Beachtenswerth ist die Abscessbildung in 3 Fällen. 
Für die Aetiologie können bestimmte Schlüsse aus diesem Be¬ 
funde nicht gezogen werden. 


Therapeutische Notizen. 

Glutol. 

Oberrossarzt Wilde zieht das Glutol besonders bei Ver¬ 
letzung der Sehnenscheiden jedem anderen Verbandmittel vor. 
Es bewirkt, dass jede Eiterung zurücktritt und die etwa ab¬ 
gestorbenen Gewebstheile leicht zur Abstossung gelangen, ver¬ 
hindert daher auch üppige Granulationen, hässliche Narben¬ 
bildung und starke Verdickung. Rossarzt König betont, dass 
das Glutol den Wundflächen von vornherein ein sauberes Aus¬ 
sehen giebt und bei gleichzeitiger Anwendung eines Occlusiv- 
Verbandes namentlich regelmässig eine antiseptische Wund¬ 
heilung ermöglicht. Leider ist es sehr theuer. 100 g Glutol 
kosten nach dem Preise vom Februar 1899 7,50 M.; dagegen die 
gleiche Menge von Thioform (5 Mk, Xeroform 4,50 Mk., Jodo¬ 
form 4 Mk., Tannoform 2,50 Mk. — Von Gerdell und Zembsch 
wird das Tannoform gelobt und namentlich dem Jodoform vor¬ 
gezogen. Rossarzt König betont dagegen, dass das Tannoform 
wenigstens dem Glutol gegenüber von untergeordneter Be¬ 
deutung bleiben werde, weil es den Wunden ein schmieriges 
Aussehen verleihe und die Eiterung nicht genügend inhibire. 
Festeres giebt auch Zembsch zu. — Das Thioform, mit 
4 Theilen Acidum tauuicum gemischt, wird von Bialias als 
ausgezeichnetes Wundpulver geschätzt. 

10 prooentige Alaunlösung bei Gelenkwunden. 

Oberrossarzt Hanke wendet seit 1899 bei Gelenkverletzungen 
die 10 procentige Alaunlösung an und hat eine grosse Zahl von 
Erfolgen aufzuweisen. Wenn es sich um Fussgelenke handelt, 
so wird der betreffende Fuss einfach in einen Eimer mit lau¬ 
warmem 10 procentigen Alaunwasser hineingestellt und 24 bis 
4H Stunden in dieser Stellung erhalten. Das völlige Erkalten 
wird durch Nachfüllen lauwarmer Lösung verhindert. Der 
synoviale Ausfluss hört nach 48 Stunden auf. Nur bei Sprung- 
gelenkwunden dauert er ca. 4 Tage. 

Pyrogallol. 

Gegen Trichorrhexis nodosa wird von Kalk off eine 
3 procentige Pyrogallollösung als Specificum wiederholt empfohlen. 
Die 3 procentige Lösung ist gegenüber der früheren 5 pro¬ 
centigen ebenso wirksam und als billiger vorzuziehen. Wenn 
Pferde sich am Schweif scheuern, so ist bei 96 pCt. anzunehmen, 
dass sie an Trichorrhexis leiden. Die Anwendung des Pyrogallol 
ist dabei überall empfehlenswerth, mit Ausnahme von Schimmeln 
wegen der Gelbfärbung. Auch bei helleren Füchsen empfiehlt 
es sich, an die Schwanzwurzel eine Schürze zu knüpfen, da 
sonst durch die Berührung der Schweifhaare mit dem Hinter- 
theil auf diesem dunkle Streifen entstehen. 

Electrlcitfit. 

Rossarzt Wiedemann und Unterrossarzt Schwinzer 
machten Versuche mit der Anwendung der Electrieität in einem 
Falle von Drucklähmung des Rückenmarks durch Bluterguss in 
den Wirbelkanal bezw. bei unvollständiger Lähmung des nervus 
ischiadicus. Verwendet wurde ein Schlitteninductorium nach 
Dubois-Revmond. Practisch empfiehlt sich jedoch ein Induc- 
tionsapparat nach Spamerscher Constmction. Preis 33 M. 
Stärkste Ströme schienen besser ertragen zu werden als die 
kitzelnden schwächeren. Im Uebrigen gewöhnen sich die 
Pferde sehr bald. In dem Wiedemannsehen Falle hatte sich 
nach zweimonatlicher Anwendung die Wiederbrauchbarkeit des 
Pferdes hergestellt. Bei dem von Schwinzer behandelten 
Fall verschwand die Lahmheit sofort nach dem Electrisiren 


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66 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No 6. 


um allerdings nach Stunden sich wieder einzustellen und erst 
nach 3y 2 Wochen bei fortgesetzter Anwendung durch Electricität 
völlig zu verschwinden. 

Infiltrations-Anästhesie nach Schleich. 

Rossarzt Müller-Oldenburg empfiehlt bei der Neurektomie 
die Methode dringend, weil man nicht allein völlige Schmerz¬ 
losigkeit und Ruhe des Patienten, sondern durch den Druck der 
lnjectionsquaddeln auch ein blutfreies Operationsfeld erzielt. 
Unter Glutolverband heilte die Hautwunde per priraam. Zur 
Lösung empfiehlt sich Cocain, muriat. 0,2, Natr. clilorat. 0,2, 
Morph, muriat. 0,025, Aqu. dest. 100, Acid. carbol. liquef. 3 bis 
5 Tropfen. Man schiebt die Spitze der Injectionsnadel schräg 
nur soweit in die Haut, dass der Schlitz gedeckt ist. Die ent¬ 
stehende Quaddel ist sofort schmerzlos. Den nächsten Einstich 
macht man am Rande derselben, wodurch beliebige Verlängerung 
und Verbreiterung des schmerzlosen Feldes erzielt werden kann. 

Darmstioh beim Pferde. 

In der Armee wird bei kolikkranken Pferden der Darmstich 
jetzt verhältnissmässig häufig ausgeführt. Eine augenblickliche 
Besserung gefahrdrohender Zustände hat die Operation stets im 
Gefolge, wenn auch die Erkrankung selber natürlich noch an¬ 
dauern kann. Rossarzt Dix machte den Stich zweimal inner¬ 
halb zwei Stunden bei demselben Pferde. Sorgfältige Desinfec- 
tion des Operationsfeldes und Troikarts ist Voraussetzung. Die 
Hülse bleibt 10 bis 30 Minuten in der Lage. Nachheriges Ver¬ 
kleben mit Jodoformkollodium. Rossarzt Günther passirte aller¬ 
dings im Anschluss an den Darmstich der Eintritt einer Bauch¬ 
fellentzündung. Ganz ungefährlich ist der Eingriff also nicht. 

Operative Behandlung des Koppens. 

Rossart Porath hat 6 Pferde operirt. Totaler Erfolg nicht; 
dagegen erfolgte das Aufsetzen nicht mehr so häufig, die Fertig¬ 
keit liess nach, und es wurde keine Luft mehr abgeschluckt, 
sodass die Zahl der Kolikfälle sich erheblich vermindert und der 
Nährzustand sich bessert. Rossarzt Zwirner operirte 7 Pferde. 
Sämmtliche Operirten übten die Untugend weit weniger als früher, 
eins überhaupt nicht mehr. Das eine, ein alter routinirter 
Krippensetzer koppt nur noch ab und zu in der Luft, ohne in- 
dess zu koken. Alle diese Pferde mussten vorher Koppriemen 
tragen, was jetzt überflüssig geworden ist. 4 davon wurden 
früher jedesmal, sobald ihnen der Riemen abgenommen wurde, 
von Kolik befallen. Dies ist nach der Operation nur bei einem 
noch einmal geschehen. Der Nährzustand hat sich bei allen 
Operirten gebessert. Dagegen spricht sich Rossarzt Dosseauf 
Grund von 3 Operationen, die wirkungslos gewesen seien, gegen 
die Operation aus. (Zeitschr. f. Vet.-Kunde.) 

Zur Behandlung des Strahlkrebses. 

Bezirksthierarzt Schmidt empfiehlt, ohne Scheu vor Blu¬ 
tungen mittelst eines scharfen Löffels oder noch besser einer 
feinen Kornzange sämmtliche vorquellenden Wucherungen abzu¬ 
kratzen bezw. zu quetschen, bis der Grund derselben stark roth 
schimmert. Dann werden alle Weichtheile mit Acidum carbo- 
licum und Spiritus ää so lange betupft, bis sie weissgrau sind, 
mit dem bekannten Schleg’sohen Pulver und Wattetampons be¬ 
deckt, dann mit Jute überpolstert und mit einer starken nass 
gemachten Gazebinde bedeckt. Man kann sogar noch einen 
dünnen Gipsbrei darüber auftragen. Der Verband kann 3 bis 
1 Tage liegen bleiben. Die vorerwähnte Beschaffenheit des 
Druckverbandes ist sehr wesentlich; schlechte Binden und Leder¬ 


schuh sind zu vermeiden. Bildet sich erst junges Horn, so ist 
im Stande des Pferdes unter dünner Strohstreu eine reichliche 
Schicht von Sand und Kies aufzubringen und der kranke Huf 
mit Kreosot zu bepinseln. Ein Pferd, welches wegen Strahl¬ 
krebs geschlachtet werden sollte, genas unter dieser Behand¬ 
lung nach 6 Wochen. (Sächs. Veterinärber. 98.) 

Ueber Tannoform. 

Rabus verwendet seit 6 Monaten das Tannoform bei den 
verschiedenartigsten chirurgischen Erkrankungen mit vollem Er¬ 
folg. Die Anwendung ist folgende: Als Tannoform. purum bei 
stark nässendem und übel riechendem Ekzem, grossen Substanz¬ 
verlusten und vernachlässigten Geschwüren etc.: mit Alaun zu 
gleichen Theilen bei Granulationen, die durch vorhergegangenen 
starken Substanzverlust bedingt waren; in Salbenform mit der 
fünf- bis zehnfachen Menge Lanolin als Protectiv bei kleineren Ope¬ 
rationswunden; als fünf- bis zehnprocentiges Collodium zum 
Ueberpinseln frisch genähter Wunden oder als Streupulver; 
1:2 Acid. boric. und 2 Amyl. tritic. für ganz frische Wunden; 
endlich bei Scheidengeschwüren mit dem fünffachen Stärkemehl 
als Pulver oder als zwei- bis dreiprocentige Tannoformsalbe 
bei Scheidenverletzungen, sowie in Form von Stiften bei Fisteln. 
— So wurden bei zwei Vorderfusswurzel-Wunden durch Tanuo- 
form-Alaun bezw. -Salben rasche Heilungen erzielt. (Wochschrft. 
f. Th. No. 50.) 

Ueber epidemische Grippe bei Pferden. 

Bourget (Ree. de med. vöt. 30. Juni 1899) beobachtete 
die Krankheit in einem Regiment bei 124 Pferden. Sie verlief 
ähnlich der 1888 in der deutschen Armee beobachteten Epidemie. 
Anfangs ist die Temperatur, Atlunung und Herzthätigkeit normal. 
Die Thiere sind jedoch nicht bei Appetit. Der Kehlkopf war 
empfindlich. Es tritt trockener Husten auf. Keine Schwellung 
der submaxillaren Lymphdriisen. Auscultation und Percussion 
der Brust normal. Zu dem Husten gesellte sich beiderseitiger 
Nasenausfluss von schleimig eitriger Beschaffenheit. Bei der 
grossen Mehrzahl der Pferde dauerte die Störung nur 3 bis 
4 Tage, höchstens eine Woche. Bei etwa V Ä der Thiere traten 
schwerere und langwierigere Erscheinungen auf. Husten häufig 
trocken und beschwerlich, die Lungen blieben gesund. 

Tagesgeschichte. 

Die thierärztlichen Verhältnisse in Ungarn and das 
Abiturientenexamen. 

Aus Ungarn wird der B. T. W. geschrieben: Gegenüber der viel¬ 
fach vorhandenen Gewohnheit, Ungarn ohne Weiteres mit Oester¬ 
reich zu identificiren, ist die Feststellung angebracht: l. dass 
die thierärztlichen Verhältnisse in Ungarn wesentlich anders 
liegen, als in Oesterreich, 2. dass in Folge dessen auch die 
Einführung des Abiturientenexamens in Ungarn nicht die herab¬ 
drückende Wirkung auf die Frequenz der Hochschule hat, wie 
in Oesterreich, 3. dass also in der That nicht das Abiturienten¬ 
examen, sondern die Oesterreich eigenthümlichen Verhältnisse 
Schuld an der Abnahme des Andranges zum Studium haben. 

In Ungarn befindet sich gegenwärtig das Veterinärwesen in 
einer noch nicht abgeschlossenen Reorganisation, die das Beste 
fiir die Zukunft verspricht. Aber abgesehen davon ist heut die 
Lage, vielfach im Gegensatz zu Oesterreich, folgende: 

Den Curschmieden, gleichgültig ob sie vom Civil oder 
Militär sind, ist die thierärztliche Praxis gesetzlich verboten 
und Uebertretungen werden als Curpfuschereien streng geahndet; 


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8. Februar 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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dass sie zu Thierseuchentilgung nicht zugezogen werden, ist I 
selbstverständlich. 

Die Militärthierärzte werden leider noch in derselben Weise, 
wie in Oesterreich ausgebildet, doch ist immerhin insofern eine 
unterste Grenze der Vorbildung fixirt, als die Eleven bei der 
Aufnahmeprüfung eine der VIII. Mittelschulklasse entsprechende 
Vorbildung aufzuweisen haben (die Mittelschulen haben in Ungarn i 
acht, nicht wie in Deutschland neun Klassen). Ueberdies 
werden zum Examen als beamteter Thierarzt nur solche 
Thierärzte zugelassen, welche die volle Vorbildung besitzen. 
Militärthierärzte werden daher künftig nur ausnahmsweise in 
die civilthierärztliche Laufbahn übertreten, da sie keine Aussicht 
haben, in behördlichen Dienst zu gelangen, was in Ungarn um 
so schwerer wiegt, als voraussichtlich durch die Reorganisation 
der thierärztliche Beruf in der Hauptsache verstaatlicht werden 
soll. Bei dieser Abscheidung der Militärthierärzte ist die Ab¬ 
weichung ihrer Vorbildung für das Veterinärwesen von geringerer 
Bedeutung. 

Die Verhältnisse liegen also ganz anders und viel günstiger 
als in Oesterreich. Und siehe da. auch das Abiturientenexamen 
hat eine ganz andere Wirkung. In Ungarn befindet man sich 
seit Einführung des Abiturientenexamens zwar noch im ersten 
Uebergangsjahre, und es ist eine Uebergangszeit von zwei Jahren 
vorgesehen, innerhalb welcher auch noch Nichtabiturienten auf¬ 
genommen werden. Dazu kommt noch, dass der Sprung in 
Ungarn ein kühnerer ist, als er in Deutschland sein würde, 
nämlich um drei Gymnasialklassen, statt um eine. Trotzdem 
haben sich im ersten Semester bereits 30 Abiturienten iramatri- 
culiren lassen, und es ist daher mit Sicherheit vorauszusehen, 
dass die Frequenz der Hochschule auch ferner auf der erforder¬ 
lichen Höhe sich erhalten wird. - 

Diese Zuschrift bestätigt völlig die Richtigkeit unsrer 
Widerlegung de# auf Oesterreich gestützten Bedenkens. Mit 
einem staatlich conc essionirten und sogar gepflegten 
Pfnscherthum, wie es in Oesterreich besteht, kann man aller¬ 
dings die Forderung des Abiturientenexamens nicht vereinen. 
Dieses österreichische Beispiel vor Augen, hat der Veterinär- 
ratli in seiner Eingabe denn auch selber ausdrücklich hervor¬ 
gehoben, dass es das schlechteste Auskunftsmittel wäre, 
auf eine nur theilweise Einführung des Abiturientenexamens aus* 
zuweichen und, wie es einigen Landwirthen vorschwebt, neben 
vollgebildeten Thierärzten auch Thierärzte H. Klasse (das wären 
in der Wirkung die österreichischen Curschmiede) auszubilden. 
Der Veterinärrath hat damit also gegen die Heranziehung von 
Oesterreich als Beispiel von vornherein protestirt. 

Gegenüber der Befürchtung, dass das Abiturientenexamen, 
(abgesehen natürlich von einer Uebergangszeit) einen Frequenz¬ 
druck ausüben könnte, muss vielmehr mit grösserem Recht auf 
Frankreich hingewiesen werden. Dort wurde vor 10 Jahren das 
Abiturientenexamen eingeführt. Die Frequenz sank in der 
Uebergangszeit, steht aber heute nach authentischer Fest¬ 
stellung bereits wieder höher, als vor dem Abiturientenexamen. 

An eine dauernde Frequenzverminderung durch das Abi¬ 
turientenexamen ist also nicht zu denken. 

Man könnte dies übrigens sogar bedauern, angesichts der 
sehr starken Ueberprodnction, welche jetzt besteht. 

Es existiren in Deutschland etwas über 4000 Thierärzte, 
die das Bedürfniss, in manchen Gegenden mehr als reichlich, 
überall genügend decken. An den deutschen Hochschulen 
wurden seit 1890 jährlich approbirt 185, 173, 216, 196, 217, 


227, 194, 178, 186 Thierärzte. Das ergiebt einen Durchschnitts- 
zuwachs von jährlich 200. Wenn bei dieser Zahl der Status 
gleich bleiben sollte, so müssten die vorhandenen Thierärzte in 
einem Alter von 45—50 Lebensjahren dienstuntauglich werden. 
Tn Wirklichkeit besteht unter ihnen eine ähnliche „Unter¬ 
sterblichkeit“, um nicht zu sagen „Unsterblichkeit“ wie z. B. 
im Forstpersonal. Bei der gegenwärtigen Hochschulfrequenz 
muss also eine fortgesetzte und schliesslich unerträgliche Ver¬ 
mehrung eintreten. 

Dieselbe hätte sich schon längst sehr lästig fühlbar gemacht, 
wenn nicht die Schlachthäuser eine sehr grosse Zahl Thier¬ 
ärzte absorbirt hätten. Aber die Schlachthäuser sind nun ge¬ 
baut, die Stellen besetzt und ihre Vermehrung nur noch in 
geringem Masse möglich. 

Eine dauernde Verminderung der Frequenz wäre also 
sogar sehr wünschenswerth. Indessen soll diesem Wunsche nicht 
weiter nachgegangen werden; wir halten ihn wie gesagt auch 
für unerfüllbar. Aber, dass eine zwei- oder dreijährige Ver¬ 
minderung während der Uebergangszeit nicht schaden würde, 
das bedarf wohl angesichts der gegebenen Zahlen keiner Worte. 
Ist doch die Frequenz der sechs deutschen thierärztlichen Hoch¬ 
schulen von 284 vor der Einführung der Primanerreife (1878) 
und 436 zwei Jahre nach derselben jetzt (und zwar stetig) auf 
ca. 1450 gestiegen. Es haben im laufenden Wintersemester 
Studirende (ungerechnet die nicht kleine Zahl derer, welche 
schon länger als sieben Semester studiren und daher nur noch 
als Hospitanten zu hören brauchen) Berlin 517, München 336, 
Hannover 245, Dresden 162, Giessen 85. Dazu kommt Stutt¬ 
gart, dessen Frequenzziffer im Augenblick nicht zur Hand ist, 
sicher aber 100 erreicht. Also jedenfalls über 1400 Studenten 
(mit den oben erwähnten „älteren Semestern“ wahrscheinlich 
über 1600), fünfmal soviel als vor Einführung der Primanerreife. 

Uebrigens erklären sich immer weitere Kreise der Land¬ 
wirtschaft mit dem Bestreben der Thierärzte einverstanden. 
So hat der Centralvorstand der Olflenbnrgischen Land- 
wirthschafts-Gesellschaft einstimmig beschlossen, die 
Thierärzte in ihrem Bestreben zu unterstützen und in diesem 
Sinne auch bei der Grossherzoglichen Staatsregierung vor¬ 
stellig zu werden*). Dem Veterinärrath, der sich bekanntlich 
an alle landwirtschaftlichen Landesvertretungen mit der Bitte 
um Unterstützung gewandt hat, liegen schon eine Reihe günstiger 
Kundgebungen vor, die wohl seinerzeit zur allgemeinen Kennt¬ 
nis» gelangen werden. Die Meinung der Landwirtschaft ist 
im Gros für uns, das steht jetzt schon fest. 

Noch zwei Curiosa bei dieser Gelegenheit: 

Es scheint irgendwo die Bemerkung gefallen zu sein, dass 
diese Bewegung bloss von Professoren gemacht sei. welche 
ihre eigne Stellung heben wollten. Hierzu ist zu bemerken, 
1) dass diese Bewegung von der Gesammtmasse der practischen 
Thierärzte ausgeht und die Professoren verhältnissmässig 
wenig hervorgetreten sind, 2) dass die Professoren keinen 
Grund haben, ihre Stellung von der Einführung des Abiturienteu- 
examens abhängig zu wähnen. 

Die wissenschaftliche Stellung schafft sich jeder selbst, 
ganz unabhängig von Allem. Und wenn in der äusseren Stellung 

*) Die Plenarversammlung hat dabei erklärt, dass namentlich 
das Realgymnasialabiturientenexamen zu wünschen sei. Selbst¬ 
verständlich sind auch die Thierärzte der Meinung, dass Realgymnasial¬ 
abiturienten zum Studium der Thiermedicin ebenso zuzulassen seien, 
. als solche von humanistischen Gymnasien. 


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68 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6. 


die thierärztlichen Professoren allerdings hinter allen übrigen 
Hochscliul-Professoren zurückstehen, so ist daran das fehlende 
Abiturientenexamen nicht schuld. Die Landwirthscliaftlichen 
Hochschulen bedingen für die Immatriculation, ( ganz natürlicher 
Weise) eine viel geringere Vorbildung als die thierärztlichen, 
und doch haben ihre Professoren alle Prärogative, wie die der 
technischen Hochschulen, Forst- und Bergacademien. 

Schliesslich noch ein Stimmungsbild aus ärztlichen Kreisen: 
Das Aerztliche Vereinsblatt für Deutschland (Organ des Aerzte- 
Vereinsbundes) schreibt wörtlich: 

Noch ein Thema ärztlicher Kunst, freilich nur thierärztlicher, 
ward in derselben Sitzung berührt Der schon erwähnte Dr. Müller- 
Sagan will für die Thierärzte das Reifezeugniss einer Vollanstalt 
eingeführt wissen, theils wegen der wissenschaftlichen Anforderungen 
an den Beruf, theils wegen der gesellschaftlichen Stellung seiner 
Träger. Der Minister erwiderte darauf, dass eine Verschärfung der 
Vorbedingungen sehr leicht den Andrang zum tbierärztlichen Beruf 
abschwächen würde. Wer einmal solche erfüllen müsse, werde sich 
doch sehr überlegen, ob er sich nicht lieber der leidenden Mensch¬ 
heit alB den kranken Thieren widme. Der Dr. Müller will das nicht 
gelten lassen, und wir möchten ihm Recht geben, denn bekanntlich 
haben viel mehr Menschen, und sehr einflussreiche Kreise, ein weit 
rösseres Interesse für Bekämpfung von Thierseuchen und Thier¬ 
rankheiten, als für die Abwehr von solchen Schäden und Gefahren, 
die den Menschen selbst treffen. 

Deutlicher kann man seinen Aerger wohl nicht ausdrücken, 
als durch diese „Zustimmung". Bezeichnend ist auch die Höf¬ 
lichkeit, mit der Herr Dr. Müller erwähnt wird. Nun, wir 
gönnen dem Schreiber seine Galle; wir freuen uns nur, dass sich 
allerdings andere und einflussreichere Kreise für das Veterinär¬ 
wesen interessiren und dass in unseren Angelegenheiten die¬ 
jenigen ärztlichen Kreise nichts mehr zu sagen haben, deren 
Stimmung der Herr Autor des ärztlichen Vereinsblattes wieder¬ 
spiegelt. Es giebt. übrigens aber auch weite ärztliche Kreise, 
welche schon aufgeklärt genug sind, um nicht erst, wenn sie 
das Wort thierärztlich aussprechen, ein „nur“ glauben vor- 
anstellen zu müssen. Das sind namentlich diejenigen, welche 
selber einen Einblick in das Veterinärwesen gewonnen haben. 

Schmaltz. 

Protokoll 

der 45. General Versammlung des thierärztlichen Central ¬ 
vereins der Provinz Sachsen, der anhaitischen und 
thfiringischen Staaten, 

Vorver8ammlung der Gruppe: Schlaohthof- und Sanitfitsthierlrzte in 
Halle am 3. November 1899. 

Am Abend des 3. November hatten sich die Mitglieder der 
Gruppe „Schlachthof- und Sanitätsthierärzte“ zu einer Sonder- 
berathnng vereinigt. Zu derselben waren erschienen: 

Spuhrmann-Stendal, Klaphake-Zeitz, Sorge-Stassfurt, 
Demmin-Zerbst, Mrugowski-Halberstadt, Colberg, Buhmann, 
Bolle nnd Ristow-Magdeburg. 

Director Colberg eröffnete als Vertreter des Obmanns der 
Gruppe die Sitzung, indem er die Anwesenden begrüsste nnd 
darauf hinwies, dass die verschiedensten Fragen in der Schlacht- 
hofverwaltnng und der Fleischschau ein innigeres Zusammen¬ 
halten der bei der Fleischschau thätigen Collegen bedinge und 
dass es daher sehr erfreulich wäre, wenn sich an diesen 
Sitzungen der Gruppe möglichst alle Collegen betlieiligen würden. 

Bei Punkt 1 der Tagesordnung (Wahl eines Obmanns) und 
Punkt 2 (Wahl eines Schriftführers der Gruppe) wurden Director 
Colberg-Magdeburg als Obmann und Oberthierarzt Ristow- 
Magdeburg als Schriftführer für die Dauer der laufenden Amts¬ 
periode durch Ac.clamation einstimmig gewählt. Beide Herren 
sprechen der Versammlung für das geschenkte Vertrauen ihren 
Dank aus und nehmen die Wahl an. 


Im Anschluss an die Wahl stellt Herr Director Colberg 
folgenden Antrag: „Soll im Princip eine Sonderversammlung 
der Sanitätsthierärzte zu aussergewölmlicher Zeit stattfinden?“ 

Der Antrag wird einstimmig angenommen und festgesetzt 
dass die nächste Versammlung im Januar oder Februar in 
Magdeburg abgehalten werden soll. Im Uebrigen wird in Aussicht 
genommen, diese Sonderversammlungen nach Möglichkeit in 
Städten abznlmlten, welche einen Schlachthof besitzen und im 
Centrum des Vereinsbezirks liegen. 

Hierauf hielt Oberthierarzt Ristow ein eingehendes Referat 
über den derzeitigen Stand des Reichs-Fleischschaugesetzes. 
Redner führte aus: „Die Vieh- und Fleischbeschau, deren erste 
Spuren sich bereits in den Speisegesetzen der alten Aegypter 
vorfinden, ist bisher in Deutschland leider noch nicht einheitlich 
geregelt. Auch in Preussen bestehen zur Zeit noch keine 
allgemein verbindlichen Vorschriften über die Einführung der 
obligatorischen Schlachtvieh- und Fleischbeschau, nur in einzelnen 
Bezirken ist dieselbe auf Grnnd des Gesetzes über die Polizei¬ 
verwaltung vom 11. März 1850 durch Polizeiverordnung ein- 
gefiihrt. so in der Provinz Hessen-Nassau, dein Regierungs¬ 
bezirke Danzig und einzelnen Theilen der Regierungsbezirke 
Marienwerder, Potsdam, Oppeln und Hannover. Aber auch das 
preussisehe Gesetz, betreffend die Errichtung öffentlicher, aus¬ 
schliesslich zu benutzender Schlachthäuser ist für die Einführung 
der Fleischbeschau von wesentlicher Bedeutung, da nach dem¬ 
selben die Gemeinden, in denen eine Gemeindeanstalt zum 
Schlachten von Vieh, d. h. ein öffentliches Schlachthaus errichtet 
ist, den Schlacht- und Untersuchungszwang einführen können. 
Von dieser Befügniss haben auch bereits viele Gemeinden 
Gebrauch gemacht, so bestanden im Jahre 1898 nicht weniger 
als 358 Städte mit öffentlichen Schlachthäusern und dürfte deren 
Zahl im Laufe des Jahres noch erheblich gestiegen sein. Die 
auf Grund der angeführten Bestimmungen in eftzelnen Orten und 
Bezirken erreichte Fleischschau ist aber für die Allgemeinheit 
trotzdem nur als Stückwerk auzusehen, denn wenn auch einzelne 
Städte keine Opfer scheuen, um ihren Einwohnern gesundes und 
preiswertes Fleisch zu verschaffen, so kann doch in der Nachbar¬ 
schaft ohne Fleischschauzwang Fleisch fragwürdiger Herkunft 
oder Zubereitungen desselben in den freien Verkehr gebracht 
werden, was immer wieder zur Umgehung der Fleischschau 
und zum Einschmuggeln verdächtiger Waaren verleitet, einem 
Verfahren, dem die Sanitätspolizei oft machtlos gegenüber¬ 
steht. 

Die Fleischschau ist aber auch ein nicht zu unterschätzendes 
Hilfsmittel bei der Seuchentilgung. So ist z. B. seit Eröffnung 
des Schlachthofes in Magdeburg im Jahre 1893 die Lungenseuche 
in 44 Fällen durch die Beamten der Fleischschau bei Thieren 
festgestellt worden, welche aus nicht gesperrten Gehöften bezw. 
Orten herstammten. Bei einer allgemeinen Fleischschau würden 
sich bald alle Seuchenherde aufdecken lassen, während jetzt 
manches verdächtige Thier mit Hülfe der sog. Polkaschlächter 
verschwinden ka?in. Deshalb haben die Thierärzte stets die 
allgemeine Einführung der obligatorischen Fleischschau im In¬ 
teresse des sanitären Schutzes der Fleischconsumenten wie im 
Interesse der Viehproducenten als nothwendig bezeichnet. Es 
wurde daher auch von Seiten der Thierärzte mit Freuden be- 
grüsst, als im vorigen Jahre im preussischen Abgeordnetenhause 
aus den Kreisen der Landwirtschaft selbst, die bis dahin der 
Einführung der Fleischbeschau in Preussen den grössten Wider¬ 
stand entgegengesetzt hatten, weil sie manche Unannehmlichkeit 


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8. Februar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


69 


von derselben befürchteten, v. Mendel-Steinfels, Ring: nnd 
Genossen einen Antrag einbrachten, der auf die Einführung der 
obligatorischen Fleischbeschau hinzielte. Bereits bei der Be- 
ratliung dieses Antrages wurde vom Ministerpräsidenten, Reichs¬ 
kanzler Fürst Hohenlohe erklärt, es würde ein Reichsfleisch¬ 
schaugesetz erlassen werden. Der Entwurf dieses Gesetzes ist 
im Februar 1899 dem Reichstage zugegangen. 

Redner ilussert sich dann eingehend über Inhalt und Be¬ 
gründung des Entwurfs, sowie über die Berathungen des Reichs¬ 
tages, der für diese Angelegenheit eingesetzten Commission und 
die von dieser beschlossene Fassung des Entwurfs. Er ist der 
Ansicht, dass der Entwurf in seiner jetzigen Fassung, wenn zum 
Gesetz erhoben, nicht den beabsichtigten Zweck, nämlich die 
menschliche Gesundheit zu schützen, die Seuchenbekämpfung zu 
unterstützen und den unlauteren Wettbewerb beim Fleischhandel 
zu unterdrücken, erfüllen werde. 

Professor Virchow hat beim Congress zur Bekämpfung der 
Tuberculose im Mai 1899 die Controlle der Privatschlachtungen 
als dringendes Erforderniss zur Abwehr dieser tückischen Volks¬ 
krankheit bezeichnet. Der Entwurf im Sinne der Commissions- 
berathung schliesst die Hausschlachtungen vom Beschauzwang 
aus,' sofern die Thiere keine Merkmale einer Krankheit zeigen. 
Dadurch ist die sanitätspolizeiliche Controlle alles geschlach¬ 
teten Fleisches hinfällig geworden und eine Hinterthür geöffnet, 
durch welche alles mögliche hindurchschlüpfen kann. Wer will 
denn controlliren, ob das zum eignen Gebrauch geschlachtete 
Thier nicht Zeichen einer Krankheit gezeigt hat oder das Fleisch 
nicht weiter vertrieben wird? Die Ausnahme der Hausschlach¬ 
tungen liegt auch keineswegs im Interesse der Landwirthe selbst, 
da das Nahrungsmittelgesetz vom 14. Mai 1879 zu Recht 
bestehen bleibt. Letzteres bedroht das Inverkehrbringen, 
d. h. anderen — also auch den Personen des eigenen Haushalts 
— zum Genüsse zugänglich zu machen, gesundheitsschädlicher 
Nahrungsmittel mit .Strafe und dürften Anzeigen durch Dienst¬ 
boten nicht zu den Seltenheiten gehören. 

Nach § 5 des Entwurfs in der Fassung der Commissions- 
berathung sollen Thierärzte und Laienfleischbeschauer gleich¬ 
berechtigt neben einander fungiren. 

Die Untersuchung des einen soll ebensoviel gelten, wie die 
des andern, denn nach § 19 des Entwurfs darf Fleisch, welches 
innerhalb des Reiches der amtlichen Untersuchung unterlegen 
bat, einer abermaligen Untersuchung nicht mehr unterworfen 
werden, auch ist im Entwurf kein Beschwerdeweg gegen die 
Entscheidung des Fleischbeschauers vorgesehen, in welchem 
Thierärzte als Obergutachter auftreten sollen. Diese Gleich¬ 
berechtigung der Laienfleischbeschauer mit den Thierärzten ist 
ungerechtfertigt. Unmöglich kann ein Laie innerhalb 3 Wochen 
an einem Schlachthofe dasselbe lernen, wozu ein Thierarzt 
Jahre gebraucht. 

Die Thätigkeit der Laienfleischbeschauer darf gewisse 
Grenzen nicht überschreiten und müsste dies im Gesetze aus¬ 
gesprochen werden. Bleibt dem Laien die unbeschränkte Ent¬ 
scheidung, wie sie im Gesetz vorgesehen, erhalten, so kann dies 
zu den schwersten Unglücksfällen führen. Als Beispiel hierfür 
möge folgender Fall dienen: 

„Am 22. September 1899 wurde aus Anhalt ein geschlach¬ 
teter Ochse mit folgendem Begleitattest, welches von einem 
Laienfleischbeschaner ausgestellt war, nach Magdeburg eingeführt: 

„Heute musste auf dem Rittergut B. ein Ochse ge¬ 
schlachtet werden, weil von der Maul- und Klauenseuche 


etwas zurückgeblieben und er deshalb nicht transport¬ 
fähig war. 

Sonst war der Ochse fieberfrei, 37 J /2 Grad. Sämmtliche 
Organe und Fleisch war gesund, das bescheinigt der 
Wahrheit gemäss.“ 

Nach dem Untersuchungsergebnis in Magdeburg musste der 
Ochse kurz vor dem Verenden geschlachtet worden sein. Die 
Ausblutung war überhaupt nicht mehr erfolgt, das Fleisch 
strotzte von Blut wie das eines crepirten Thieres und die Or¬ 
gane zeigten das Bild der Septicaemie (hochgradige paren¬ 
chymatöse Veränderungen der Leber, Nieren und des Herzens), 
wie man es selten zu sehen bekommt. Wäre hier keine weitere 
Untersuchung erfolgt, so hätte mit dem Fleische das grösste 
Unheil angerichtet werden können. 

Demnach kann man behaupten, dass die wissenschaftliche 
Fleischbeschau, wenn die Bestimmungen der §§ 5 und 19 zum 
Gesetz erhoben werden, nicht einen Schritt vorwärts, sondern 
rückwärts kommt. Es ist unbedingt notliwendig, dass die 
Städte durch eine nochmalige sachgemässe Untersuchung des 
von andern Orten eingeführten frischen Fleisches ihre Ein¬ 
wohner gegen gesundheitliche Schädigungen schützen können. 
Diese Forderung wird durch die Fleischschauberichte aus 
grösseren Städten zur Genüge bewiesen. 

Die Bestellung der Beschauer erfolgt nach § 5 durch die 
Landesbehörden, und in den Armeeconservenfabriken soll die 
Militärverwaltung besondere Beschauer bestellen können. Die¬ 
selbe Berechtigung, wie sie der Militärverwaltung eingeräumt 
ist, müsste auch den Gemeinden mit Schlachthäusern bewilligt 
werden, sofern diese als Beschauer Thierärzte anstellen wollen, 
denn der Schlachthofverwalter, welcher in den meisten Fällen 
auch die Fleischbeschau wahrzunehmen haben wird, karn doch 
nicht als Beschauer von der Landesbehörde und als Verwalter 
von der Gemeinde abhängig sein; zwei besondere Personen 
aber für diese Aemter anzustellen, wird für viele Gemeinden zu 
kostspielig sein. 

Die Bestimmungen des § 14, welcher in der Fassung des 
Commissionsbeschlusses die Einfuhr von reinem Schmalz und 
Speck aus dem Auslande überhaupt, die Einfuhr von frischem 
Fleisch in ganzen Thierkörpern, mit Kopf und innern Organen 
nur bis zum 31. Deceniber 1902 gestattet, die Einfuhr von 
anderem Fleisch und Fleischfabrikaten verbietet, hält Redner 
vom theoretischen Standpunkt der Fleischbeschau ans betrachtet 
für richtig, jedoch wagt er nicht zu entscheiden, ob sie auch 
in volkswirtschaftlicher Hinsicht das Richtige treffen. 

Würden die erwähnten Abänderungsvorschläge berück¬ 
sichtigt, so könne ein Gesetz geschaffen werden, welches dem 
Volke zum Wohle gereichen werde, andernfalls würde das Gesetz 
in seiner jetzigen Form mehr schaden als nützen und wäre es 
besser, wenn es nicht zur Annahme gelänge. 

Den Ausführungen des Redners stimmte die Gruppe zu und 
wurde dabei noch betont, dass die Städte bereits eine Petition 
an den Reichstag gegen die Bestimmung des § 19 vor¬ 
bereitet hätten. 

Bei dem Pnnkte der Tagesordnung „Mittheilungen aus der 
Praxis“ wurde vom Herrn Collegen Klaphake-Zeitz die Frage 
angeregt, ob die sogenannten „Spritzlebern“ zum frischen Fleisch 
zu rechnen seien. Die Beantwortung dieser Frage wurde ab¬ 
gesetzt, jedoch eine Resolution einstimmig angenommen, in welcher 
die Gruppe die Untersuchung der sogenannten Spritzlebern für 
unbedingt notliwendig erklärte, weil sich darunter erfahrungs- 


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70 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 6. 


gemäss viel tnberculöses oder sonst krankhaftes bezw. ver¬ 
dorbenes Material befindet. 

Zum Schluss der Sitzung referirte Director Colberg- I 
Magdeburg noch kurz über die Stellung der Schlachthofthier- ! 
iirzte nach dem preussischen Gesetz betreffend die Anstellung 
und Versorgung der Communalbeamten vom 30. Juli 1899. Er 
führte die besonders in Frage kommenden Paragraphen, nämlich 
§§ 1, 8, 9 und 12 wörtlich an. Dieselben lauten: 

,.§ 1. Als Communalbeamter im Sinne dieses Gesetzes gilt, 
wer als Beamter für den Dienst eines Communalverbandes 
(§ 8—22) gegen Besoldung angestellt ist. Die Anstellung 
erfolgt durch Aushändigung einer Anstellungsurkunde. 

§ 8. Die Anstellung der städtischen Beamten erfolgt, 
unbeschadet der Vorschriften in §§ 9 und 10, auf Lebenszeit. 

Für die Beamten der städtischen Betriebsverwaltungen 
findet Absatz 1 nur in soweit Anwendung, als die Stadtge¬ 
meinden dies beschliessen. Welche Verwaltungszweige zu den 
städtischen Betriebsverwaltungen zu rechnen sind, kann durch 
Ortsstatut festgesetzt werden. 

§ 9. Abweichungen von dem Grundsätze der Anstellung auf 
Lebenszeit (§ 8 Abs. 1) können durch Ortsstatut festgesetzt werden. 

Soweit hiernach eine Anstellung auf Kündigung zulässig 
ist, darf die Kündigung nur auf Grund eines Beschlusses des 
collegialischen Gemeindevorstandes (Magistrats) oder, wo ein 
solcher nicht besteht, eines aus dem Bürgermeister und den 
Beigeordneten (Schöffen, Rathmännern) gebildeten Collegiums 
erfolgen. 

§ 12. Die städtischen Beamten erhalten bei eintretender 
Dienstunfähigkeit — sofern nicht mit Genehmigung des Bezirks¬ 
ausschusses ein anderes festgesetzt ist — Pension nach den 
für die Pensionirung der unmittelbaren Staatsbeamten geltenden. 
Grundsätzen, wobei Artikel III des Gesetzes vom 31. März 1882, 
betreffend die Abänderung des Pensionsgesetzes vom 27. März 
1872 (Gesetz-Sammlung 1882, Seite 133), insoweit er nicht durch 
das Gesetz vom 1. März 1891 (Gesetz-Sammlung Seite 19) ab¬ 
geändert ist, unberührt bleibt. 

Als pensionsfähige Dienstzeit wird, unbeschadet der über 
die Anrechnung der Militärdienstzeit bei Militäranwärtern und 
forstversorgungsberechtigten Personen des Jäger-Corps gelten¬ 
den Bestimmungen und in Ermangelung anderweiter Fest¬ 
setzungen nur die Zeit gerechnet, welche der Beamte im Dienste 
der betreffenden Gemeinde zugebracht hat. 

Die Bestimmungen des Gesetzes vom 31. März 1882, be¬ 
treffend die Abänderung des Pensionsgesetzes vom 27. März 
1872 (Gesetz-Sammlung 1882, Seite 133) in Betreff der Beamten, 
welche das 65. Lebensjahr vollendet haben, können durch Orts¬ 
statut auch für Communalbeamte in Kraft gesetzt werden“. 

Alsdann geht Referent auf die zu diesem Gesetz erschienenen, 
ministeriellen Ausführnngsbestimmungen über. Nach denselben 
hat das Gesetz den Zweck, bei grundsätzlicher Festhaltung des 
Princips der lebenslänglichen Anstellung städtischer Beamter 
doch die Möglichkeit zu eröffnen, den Kreis der kündbar an¬ 
zustellenden Beamten, soweit dies das Bedürfnis der Städte 
nach freier Beweglichkeit verlangt, zu erweitern. An dem bis¬ 
her geltenden Grundsätze, dass obrigkeitliche Funktionen aus¬ 
schliesslich von Beamten ausgeübt werden müssen, ist fest¬ 
zuhalten, aber die Communalverbände sind nicht verpflichtet, 
die nicht mit solchen Functionen auszustattenden, besonders zu 
technischen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder mechanischen 
Dienstleistungen benöthigten Kräfte im Wege des öffentlichen 


Beamtencontracts anzustellen. Hiernach bleibt es den Gemeinden 
unverwehrt, die im Arbeitsverhältniss stehenden und die aus¬ 
schliesslich in Betriebsverwaltungen beschäftigten, nicht mit 
obrigkeitlichen Functionen ansgestatteten Personen im Wege 
des civilreclitlichen Dienstmiethvertrags anzunehmen. So werden 
für die Dienste in städtischen Theatern, Museen, Badeetablisse¬ 
ments, Gasanstalten, .Schlachthöfen im Allgemeinen Nicht¬ 
beamte angenommen werden können, während im Einzelnen einem 
Schlachthofvorsteher, welchem die Befugniss zum Erlass polizei¬ 
licher Verfügungen (z. B. betreffs der Verweisung minder- 
werthigen Fleisches auf die Freibank) übertragen werden soll, 
Beamteneigenschaft eingeräumt werden muss. 

Zu § 8 Abs. 2 wird ausgeführt, dass eine städtische Be¬ 
triebsverwaltung im Allgemeinen dort wird angenommen werden 
können, wo ein abgesondertes, wirthschaftliches Unternehmen 
oder eine abgesonderte wirtschaftliche Verwaltung der Stadt 
mit eigenem Personal besteht. Die Thatsache. dass bei einem 
Unternehmen die Gewinnerzielung hinter Gesichtspunkte öffent¬ 
licher Interessen zurücktritt, kann an sich die Annahme einer 
Betriebsverwaltung nicht ausschliessen. Demnach sind auch, 
wie der Minister selbst anführt, die Schlacht- und Viehhöfe 
zu den Betriebsverwaltungen zu zählen. 

Hiernach glaubt Redner, dass nach Inkrafttreten des an¬ 
geführten Gesetzes die Schlachthofvorsteher stets als Gemeinde¬ 
beamte anzustellen sind, während bei den nur die Fleischschau 
ausübenden Thierärzten die Städte sich von Fall zu Fall 
j werden entscheiden müssen. 

College Ristow zeigte noch einige kleinere pathologische 
Präparate und Director Colberg die Photographie eines stark 
mit Papillomen behafteten Rindes, welche Sachen grosses 
Interesse erregten. 

Um 11 Uhr wurde die Sitzung geschlossen, worauf die 
Collegen noch einige Stunden fröhlich bei einander blieben. 

Colberg, Ristow, 

Obmann. Schriftführer. 

Eine thierfirztliche Hochschule in Norwegen. 

Der Entwurf für eine thierärztliche Hochschule in Christiania 
ist jetzt fertig. Nach diesem sollen die Studirenden das erste Jahr 
die landwirtschaftliche Hochschule besuchen und da das Examen' 
in Physik, Chemie, Botanik, Zoologie und Pflege der Haustiere 
ablegen. Das eigentliche Fachstudium soll nach dreijährigen» 
Besuch der tierärztlichen Hochschule beendet sein, und das 
Examen in drei Abteilungen abgelegt werden. Die Lehrer in 
Physiologie und Pharmacie hofft man von der Universität zu 
erhalten. Was tierärztliche Rechtslehre anbelangt, so beabsich¬ 
tigt mau sich an den Polizeithierarzt in Christiania zu wenden. 
Mit der Schule will man eine Schmiede und eine Apotheke ver¬ 
binden. 

Bemerkenswerth ist, dass die deutsche Sprache obligatorisch 
gemacht werden soll für die Studirenden der neuen tierärzt¬ 
lichen Hochschule. 

Zur Abwehr. 

Auf einer von den Herren Nevermann - Bremervörde,. 
Schöttler -Himmelpforten und Simon-Otterndorf veranlassten 
und am 3. Februar d. J. in Stade stattgehabten Versammlung 
ist auch über das Treiben des im Sommer v. J. von Hittfeld 
nach Buxtehude verzogenen Thierarztes Bon atz verhandelt 
worden. Letzterer war auch eingeladen, aber nicht erschienen. 

Es wurde constatirt, dass derselbe sowohl in Buxtehude als 


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8. Februar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


71 


in Hittfeld in einer Weise Reclame treibt resp. getrieben hat, 
die wohl noch nicht dagewesen und geeignet ist, das Ansehen 
des thierärztlichen Standes erheblich zn schädigen. 

Bei seiner Niederlassung in Buxtehude hat er in fast allen 
Wirthscbaften und auch bei zahlreichen Privatleuten grosse 
Plakate mit der gedruckten Anzeige seiner Niederlassung auf¬ 
gehängt, auf denen handschriftlich ausserordentlich niedrige 
Preise für Extrabesuche nach den betr. Orten notirt sind. 

Nach seinen eigenen Angaben nimmt er für Besuche nach 
18 km Landweg entfernten Orten 6 Mark. Wie seine Plakate 
jedoch beweisen, ist er nach manchen Orten noch erheblich 
biUiger. Seine Preise erhöhen sich nämlich nicht etwa im Ver- 
hältniss der Entfernung, sondern scheinen sich danach zu richten, 
ob der betreffenden Gegend andere Thierärzte näher oder ferner 
wohnen. So ist z. B. in den Wirthscbaften von Moisburg, das 
8 km von Buxtehude entfernt ist, 4 Mark als Preis für Extrabesuche 
notirt, in Hollenstedt (12 km entfernt) 5 Mark, in Tostedt (23 km 
Landweg entfernt) waren anfangs 0 Mark, dann 5 Mark, schliess- i 
lieh 3 Mark notirt. Ausserdem las man im Tostedter Blatt sehr j 
häufig: „Bin in Tostedt jeden Montag zu sprechen. Extra- i 
besuch von Buxtehude 3 M. Gelegentlicher Besuch 50 Pf. Thier- [ 
arzt Bonatz, Buxtehude.“ 

Ferner ist Thatsache, dass der Herr Bonatz in manchen 
Dörfern Haus bei Haus sich vorgestellt, seine Plakate vertheilt, 1 
seine Dienste angeboten und dabei immer betont hat, dass er | 
viel billiger sei, als alle die andern Thierärzte der Gegend. ! 
Nach dem Grunde seiner auffällig billigen Preise gefragt, bat er j 
mehrfach offen ausgesprochen, er beabsichtige damit jede Con- j 
currenz todt zu machen. 

In letzter Zeit hält er fast jeden Sonntag in 2 Dörfern 
einen Vortrag über „Viehhandel nach dem neuen bürgerlichen I 
Gesetzbuch“. Nach der ganzen Weise der Inscenirung u. s. w. ! 
kann nicht zweifelhaft sein, dass es ihm dabei kaum um Be- 1 
lehrung der Viehbesitzer zu thun ist, er vielmehr nur beab¬ 
sichtigt, damit für sich auffällige Reclame zu machen. 

In Vorstehendem sind nur Thatsachen mitgetheilt, die ab- 
solut zu beweisen und von dem Herrn Bonatz auch zuge- ! 
standen sind. 

Ob die Behauptung vieler Viehbesitzer besonders der Hitt- 
felder Gegend, dass der Herr Bonatz ihnen nachträglich Rech, 
nungen geschickt, die mit den angekündigten billigen Preisen 
in sehr schroffem Gegensatz stehen, richtig ist, lassen wir dahin¬ 
gestellt sein. 

Thatsache ist aber, dass seine Hülfe in der letzten Zeit 
seines Dortseins trotz seiner von ihm behaupteten grossen Heil¬ 
erfolge fast gar nicht mehr in Anspruch genommen ist. 

Es wird einstimmig beschlossen, dieses Treiben des Herrn 
Bonatz öffentlich zn missbilligen, in der Ansicht, dass das 
Ungewöhnliche dieses Vorgehens durch das ungewöhnliche 
Treiben des Herrn Bonatz gerechtfertigt wird. 

Stade, den 3. Februar 1900. 

H. Schöttler sen. W. Müller, Schmidt, 

Kreipthierarzt, Stade. Horneburg. Buxtehude, 


Holm, Thierarzt, 
Harburg. 

Simon, Otterndorf. 

Luther, Dorum. 

H. Schöttler jr., Stade. 

Nicol, 


Simonsen, Sahling, 

Oberndorf. Harburg. 

Fr. Schöttler, Himmelpforten. 

Dü well, Blumenthal. 
Nevermann, Bremerwörde. 
Geestemünde. 


Unterstützungsverein für Thier Srzte. 

Die Herren Mitglieder werden ersucht ihre Mitgliedsbeiträge 
per 1899 und 1900 so weit dies noch nicht geschehen ist, an 
den Schatzmeister des Vereins, Herrn Departements-Thierarzt 
Heyne in Posen, Luisen-Strasse 2t» baldmöglichst einzusenden. 

Preusse, 

Vorsitzender. 

VII. Internationaler Thierärztlicher Congress 1899 zu Baden-Baden. 

Der ergebenst Unterzeichnete Geschäftsausschuss beehrt 
sich hierdurch mitzutheilen, dass der Generalbericht über die 
Verhandlungen des Congresses, bestehend aus zwei Bänden, im 
Laufe der Monate Februar und März d. J. zur Versendung gelangt. 

Baden-Baden, den 5. Februar 1900. 

Der Geschäftsausschuss. 


Fleischschau. 

Preuasen. Die Ergebniese der Trichinen- und Finnenschau im Jahre 1898. 


Regierungs¬ 

bezirke 

Zahl der j 

untersuchten 
Schweine 

Zahl der 

trichinös befundenen 1 
Schweine 

M 

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Zahl der 

finnig befnndenen 1 
Schweine 

Zahl der amtlichen i 
Fleischbeschauer 1 

1. Königsberg . . 

198 051 

90 

28 

370 

523 

2. Gumbinnen . . . 

81 544 

32 

— 

69 

282 

3. Danzig .... 

143 343 

56 

16 

153 

359 

4. Marienwerder . . 

107 885 

39 

— 

133 

448 

5. Stadtkreis Berlin 

771 962 

83 

24 

383 

384 

6. Potsdam .... 

492 870 

43 

127 

105 

1714 

7. Frankfurt . . . 

420 944 

31 

17 

85 

1435 

8. Stettin .... 

150 719 

2 

525 

7 

344 

9. Köslin .... 

49 516 

2 

— 

4 

68 

10. Stralsund . . . 

36 022 

1 

— 

2 

93 

11. Posen .... 

222 703 

347 

27 

295 

1 120 

12. Bromberg . . . 

137 485 

56 

15 

68 

581 

13. Breslau .... 

470224 

47 

4 

174 

1 969 

14. Liegnitz .... 

298 941 

26 

— 

32 

1 482 

15. Oppeln .... 

393 899 

56 

— 

942 

1121 

16. Magdeburg . . . 

427 669 

40 

34 

74 

1 327 

17. Merseburg . . . 

424 504 

7 

4 

65 

1960 

18. Erfurt .... 

162 486 

1 

10 

7 

656 

19. Schleswig . . . 

93 855 

— 

151 

4 

154 

20. Hannover . . . 

225 777 

— 

— 

169 

721 

21. Hildesheim . . . 

204 931 

6 

4 

44 

925 

22. Lüneburg . . . 

192 770 

2 

— 

33 

1 191 

23. Stade. 

119 249 

— 

1 

47 

686 

24. Osnabrück . . . 

106 461 


12 

25 

651 

25. Aurich .... 

20 097 

— 

2 

— 

81 

26. Münster .... 

76 471 

2 

7 

7 

301 

27. Minden .... 

206 062 

3 

2 

49 

875 

28. Arnsberg . . . 

418 754 

2 

65 

71 

1614 

29. Kassel .... 

288 446 

32 

— 

83 

1 802 

30. Wiesbaden . . . 

235 512 

4 

4 

23 

887 

31. Koblenz .... 

57191 

1 

5 

21 

182 

32. Düsseldorf . . . 

598 854 

6 

97 

865 

1007 

33. Köln. 

215 252 

1 

15 

50 

452 

34. Trier. 

89 832 

1 

— 

29 

245 

35. Aachen .... 

106 505 

— 

7 

70 

413 

36 Sigmaringen . . 

unbekannt 

— 


— 

98 

Ueberhaupt 1898 

8 246 786 

1019 

1203 

4 558 

28 151 

1897 

8 320 405 

1 558 

502 

5 646 

27 441 


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72 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen. 


Es haben eine Anzahl Ausbrüche stattgefunden, ' welche 
säramtlich bereits wieder erloschen sind und zwar in Berlin 
(Centralviehhof unter Rindern und Schweinen 1. bis 5. Febr.), 
Dresden (wiederholter Ausbruch 29. Jan. bis 3. Febr.), Frankfurt- 
Sachsenhausen (31. Jan. bis 3. Febr.), Magdeburg (1. bis 3. Febr.), 
München (30. Jan. bis 3. Febr.), Nürnberg (30. Jan. bis 2. Febr.). 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

M. Casper, Dr. med. Pathologie der Geschwülste bei Thieren. 

Für Thierärzte, Studirende und Aerzte. Wiesbaden. J. F. Berg¬ 
mann, 1899, 141 Seiten, 3 M. 

Eine der fühlbarsten Lücken in der Literatur der Veterinär- 
medicin ist zweifellos der Mangel einer selbstständigen, zu¬ 
sammenhängenden Darstellung der allgemeinen pathologischen 
Anatomie der Hausthiere. 

Um so wohlwollender ist daher die vorliegende Arbeit 
Casper’s zu begrüssen, welche uns endlich eine abgerundete 
Darstellung des so wichtigen und besonders für den Studirenden 
schwierigen Capitels „der Pathologie der Geschwülste bei 
Thieren“ bietet. 

Verfasser folgt in der Anordnung des Stoffes den muster¬ 
gültigen Lehrbüchern der humanen Medicin. Der erste Ab¬ 
schnitt behandelt die allgemeine Pathologie der Geschwülste. 
Anlehnend an die Eintheilung Lücke’s und Zahn’s inBillroth’s 
Chirurgie bringt er: Begriffsbestimmung, Eintheilung der Ge¬ 
schwülste, Aetiologie, Bau und Entwickelung, Verhalten der 
Geschwülste zu ihrer Umgebung und zum Gesamratorganismus, 
und endlich eine Statistik. f 

In dem letzten Capitel fühlen wir so recht, wie schwe# es 
dem Verfasser geworden sein muss, genügendes Material aus 
der Literatur zu sammeln. Es ist daher nicht zu verwundern, 
dass bei der verhältnissmässig geringen Anzahl von Beobachtungen 
aus den einzelnen Aufstellungen ganz verschiedene Schlüsse ge¬ 
zogen werden können. 

In dem speciellen Theile ist die Eintheilung beibehalten 
worden, welche Lubarsch in den „Ergebnissen der allgemeinen 
Pathologie“ zu Grunde gelegt hat. 

Es werden beschrieben: I. Bindesubstanzgeschwülste: 
Fibrome, Lipome, Myxome, Encliondrome, Osteome und Odontome, 
Myome, Gliome und Neurome, Haemangiome und Lymphangiome, 
die verschiedenen Sarcome. II. Epitheliale Neubildungen: 
Epitheliome und Papillome, Adenome und Carcinome. HI. Im 
„Anhang“: Cholesteatome und Cysten. 

Besondere Aufmerksamkeit hat Casper der vorhandenen, 
oft freilich recht spärlichen Literatur gewidmet, deren Angabe 
den einzelnen Capiteln vorausgeht. 

Auf Abbildungen hat Casper leider verzichten müssen. 
Ref. hofft, dass mit dieser Arbeit Casper’s der Anfang gelegt 
sein möge zu einem selbstständigen veterinärmedicinischen 
Lehrbuche der allgemeinen pathologischen Anatomie der Tbiere. 

Hecker-Halle a. S. 

Personalien. 

Ernennungen etc.: Gewählt: Thierarzt W. Mein ecke zum 
Schlachthotinspector in Norderney. 

Examina: Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in 
Berlin: die Thierärzte Friedrich Eilm an»-Bobersberg, Alfred 


No. 6. 


Fritsch-Culmsee, Kourad Hoffheinz-Rixdorf, Georg Kendziorra- 
Berlin, Theodor Wodarg-Grätz (Posen) und Rossarzt Paul Müller- 
Berlin (Assistent am Anatom. Institut). 

Wohnsitzverftnderungen. Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt 
Fr. Bruns-Ramsbeck bzw. Poulheim nach Bad Ems, Thierarzt 
E. Dick nach Eilenburg, Thierarzt Harder von Nieder-Adelsdorf 
wieder nach Culm a. W., Thierarzt H'einemann von Braunschweig 
bzw. Wolfenbüttel nach Poelitz i. P, Thierarzt Eberhard Süssen- 
bach nach Duisburg. 

Iji der Armee: Beförderungen: Zum Ober-Rossarzt Ross¬ 
arzt Buchwald unter Versetzung vom 8. HuB.-Rgt. zum 73. Art- 
Rgt; — zu RosBärzten die Unterrossärzte Doliwa vom 
16. Drag.-Rgt unter Versetzung zum 8. Ul.-Rgk und St ahn vom 
7. Kür.-Rgt. unter Versetzung zum 8. Hus.-Rgk 

Hahn, Corpsrossarzt vom 8. Armeecorps, in den Ruhestand 
versetzt. 

Im Beurlaubtenstande: ZuRossärzten der Res. sind befördert: 
die Unter-Rossärzte der Res. Dogs (Bez. Komm. Könitz), Kuhn 
(Dt. Eylau), Lock au (Graudenz), Oberwinter (Hersfeld), Reu 
(Donaueschingen), Reysowski (Schroda) und Rosenfeld (Lötzen); 
in Württemberg die U.-R. Schwarz (Bez. Biberach) und Biber 
(Bez. Ulm). 

Dem Veterinär der L. II Robert Dupr6 (Ludwigshafen) der 
Abschied bewilligt. 


Yacanzen. 

(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist 
8. die vorhergehenden Nummern.) 

Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Cassel: Gersfeld zum 1. März (600 M.) Bewerb, bis 28. Fe¬ 
bruar an den Regierungspräsidenten. — Elsass-Lothringen: Kreis 
Bolchen (600 M. und 700 M. Reisekosten-Aversum). Bew. bei dem 
Ministerium, Abth. für Landwirthschaft. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Arnsberg: Lippstadt. — R.-B. Danzig: Carthaus. — R.-B. 
Gumbinnen: Grenzthierarztassistentenstelle in Stallupönen. — 
R.-B. Schleswig: Eiderstedt. — R.-B. Trier: Kreisthierarzt- 
assistentenstelle. 

Sanitfitsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Dresden: 3 Hilfsthierarztstellen am Scblachthof (je 2100 M.) Bewerb, 
bis 10. Februar an die Direction. — Eberswalde: Schlacbthaus- 
inspector (2400 M. bis 3300 M., Wohnung etc.) Meid, bis 1. März an 
den Magistrat. — Friesack (Mark): Thierarzt als Vieh- u. Fleisch¬ 
beschauer (1200—1500 M. und Praxis). Bew. bis 1. März an den 
Magistrat. — Geyer (Sächs. Erzgeb.): Thierarzt für Fleischbeschau 
(1500—2000 M. aus der Stadtpraxis.) Bewerb, bis 1. März an den 
Stadtrath. — Halle a. S.: 2. Assistenzthierarzt am Schlachtbofe 
zum 1. April (1800 M., Wohnung etc.) Bew. bis 28. Februar an die 
Direction. — Hannover: IV. Thierarztstelle am Schlachtbof. — 
Lemgo: Schlachthofinspector zum 1. April (1500 M. Anfangsgehalt, 
Wohnung etc.). Bew. bis 20. Febiüar an d. Magistrat. — Lüne¬ 
burg: Schlachthofvorsteher (2400—3400 M., Wohnung etc., Pension). 
Bewerb, bis 1. März an den Magistrat. — SorauN.-L.: Schlachthof¬ 
vorsteher (2250 M. steigend bis 3000 M. Wohnung etc. Keine 
PraxiB. Pension, 1000 M. Caution). Bewerb, bis 22. Februar an den 
Magistrat. — Thorn: 2. Thierarzt am Schlachthof. Bewerb, bis 
1. März an den Magistrat. — Wanne: Scblachthofvorsteher. Praxis 
gestattet. Bewerb, bis 15. Februar an den Amtmann. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Augustusburg: Städt Thierarzt sofort (720 M. Fixum. 
Privatpraxis). — Festenberg. — Hirschberg (Saale): Thierarzt 
(1000 M. Fixum). Bew. an den Stadtgemeindevorstand. — Kem- 
berg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck 
(Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pillkallen.) — Lössnitz: Thier¬ 
arzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau zum 1. Juni 1900. Bew. 
an den Stadtrath. — Mnrrbardt — Pabstorf (Braunschweig): 
Thierarzt sofort — Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.): 
Thierarzt für Praxis (300 M. Zuschuss). Bewerbungen beim Magistrat. 

Besetzt: Schlacbthofstelle in Norderney. 


Verantwortlich für den Inhalt (excL Ins erat enth eil): Prot Dr. Schmalts in Berlin. — Verlag und Klgenthum von Richard Scboets ln Berlin. — Druck von W. B Uzenstein, Berlin 


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Die „Berliner Thlerärxüiche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in Stärke von mindestens l>/ t Bogen. Dieselbe 
Ut su bestehen durch den Buchhandel, die Post (No 1082) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard 
Schoets, Berlin KW, Luisenstrasse 36, zum Preise von 
Mk. 5,- pro Vlerteyahr. 


Berliner 


Orlginalbeltr&ge werden mit 50 Hk. für den Bogen honorirt. 
Allo Manuscripte, Mittheilungen und redactloneilen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr Schmält«, 
Berlin, thierärztliche üochschnle. NW., Luisenstras.se 56. 
CoiTecturea, Recensions-Escmplaro und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Sehoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M 7 . Ausgegeben am 15. Februar. 


Inhalt: Jost: Operation einer Hernia inguinalis mit Complication. — de Bruin: Hystereotomie bei dem Hnnde. — Geist: 

Misserfolg mit „Seraphtin“ in Oesterreich. — Referate: Friis: Serumimpfung gegen Brustseuche. — Die Pferde¬ 
influenza in Christiania. — Hofmann: Die Rolle des Eisens bei der Blutbildung. — Tagesgeschichte: Berathung der 
Budget-Commission des Reichstages über die Gehälter der Militär-Rossärzte. —Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinär ¬ 
wesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Bücheranzeigen und Kritiken. — 
Personalien. — Vacanzen. 


Operation einer Hernia inguinalis mit Complication. 

Von 

H. Jost, 

Assistent am Thierarznei-Institut der Universität Güttingen. 

Im August d. J. wurde dem Thierarznei-Institut hierseihst 
eine Hündin mit nachfolgendem Vorbericht zwecks Untersuchung 
zugeführt. Der Besitzer giebt an, das ca. 7 Jahre alte Thier 
leide seit etwa % Jahren an einer Geschwulst in der linken 
Leistengegend. Als die Geschwulst zuerst bemerkt wurde, sei 
sie klein und nicht abgegrenzt gewesen, habe sich weicli an¬ 
gefühlt, ohne dass das Thier irgend welche Beschwerden oder 
beim Druck auf dieselbe Schmerzen geäussert hätte. Störungen 
im Allgemeinbefinden der Hündin seien seit dem Bestehen dieses 
Leidens nicht beobachtet worden. Zur Zeit der letzten Trächtig¬ 
keit sei die Geschwulst schon vorhanden gewesen, habe jedoch 
keinerlei Veränderungen in Bezug auf Grösse, Form und Con- 
sistenz während der Dauer der Trächtigkeit gezeigt. Auch 
der Geburtsact, bei dem ein vollständig ausgewachsenes lebendes 
Junges zur Welt gekommen, sei vor einigen Monaten leicht, 
d. h. ohne fremde Hülfe von statten gegangen. Der Besitzer 
bemerkte weiter, dass die Geschwulst, nachdem sie sich über 
ein Jahr in demselben Umfange und Zustande erhalten und des¬ 
halb auch nicht weiter beachtet wurde, während der letzten 
Wochen umfangreicher, schärfer abgegrenzt und härter ge¬ 
worden, dass das Thier seit einigen Tagen Schmerzen äussere 
und ausserdem schlecht frässe. Ob sicli die Hündin zur Zeit 
im Zustande der Trächtigkeit befinde, konnte von dem Besitzer 
nicht mit Bestimmtheit angegeben werden; dagegen theilte der¬ 
selbe noch mit, dass das Thier bereits zum fünften Male jedes 
Mal nur ein Junges geworfen habe. 

Bei der sofort vorgenommenen Untersuchung zeigte das 
Thier eine fänstgrosse, nach dem Euter hin nicht scharf ab¬ 
gegrenzte Geschwulst in der linken hinteren Leistengegend. 
Dieselbe fühlte sich hart an und ging in die Tiefe; die Haut 
liess sich im ganzen Umfange der Geschwulst leicht verschieben; 
Fietelöffnungen, Geschwüre oder sonstige Veränderungen an der 
Oberfläche derselben waren nicht vorhanden. Beim Druck auf 
die Geschwulst äusserte das Thier grosse Schmerzen. In der 


Rückenlage konnte dieselbe durch Druck oder Kneten weder 
zum Verschwinden gebracht noch verkleinert werden. Eine 
Brnchpforte war nicht fühlbar. Da die Hündin sehr gut ge¬ 
nährt und die Mamma stark entwickelt war, bedurfte es der 
wiederholten eingehenden Untersuchung, um endlich feststellen 
zu können, dass es sich in diesem Falle trotz des Fehlens 
mancher Anhaltspunkte zweifellos um einen Leistenbruch handle, 
zu dem vermuthlich eine Tncarceration hinzugetreten war. Für 
letztere Complication sprach die plötzlich eingetretene Schmerz¬ 
haftigkeit der Geschwulst und die gleichzeitig damit beobachteten 
Störungen im Allgemeinbefinden des Thieres. Aus der Ver¬ 
engung der Scheide, die ausserdem eingezogen und unsymmetrisch 
war, musste weiter gefolgert werden, dass in den Brnchsack, 
wie dies bei Hündinnen schon öfters beobachtet (Franck, Möller, 
Stockfleth), auch Theile der Gebärmutter getreten waren. 

Dem Besitzer wurde zur sofortigen Operation gerathen und 
dieselbe auch, nachdem Patient mittelst subentaner Einspritzung 
von 10 g einer 1 procentigen Morphiumlösung narkotisirt war, 
ausgeführt. In der Rückenlage des Thieres wurden Vorder- und 
Hinterbeine desselben, letztere gespreizt, festgehalten und als¬ 
dann nach vorausgegangener sorgfältiger Reinigung und Des- 
infection der Operationsstelle ein ca. 9 cm langer Schnitt auf 
der Höhe des Bruchsackes durch Haut und seitlich durchs 
Euter ausgeführt. Nach Beseitigung des Fettgewebes und unter 
peinlichster Desinfection erfolgte nunmehr mit der Scheere die 
Eröffnung des freigelegten Bauchfelles in der Länge von etwa 
7—8 cm, wonach ein bimförmiger Th eil der Gebärmutter mit 
hartem Inhalt und das runde Band ohne Damitheile zum Vor¬ 
schein kamen. Da bei Hündinnen, im Gegensatz zu anderen 
weiblichen Thieren, der Bauchring offen ist, war das linke Horn 
der Gebärmutter vor Monaten in Folge irgend einer heftigen 
Einwirkung der Bauchpresse durch den offenen Bauchring in den 
Leistencanal (Nuck’scher Canal) gepresst und als Leistenbruch 
ausgetreten. — Der Versuch, den vorgefallenen Th eil der Gebär¬ 
mutter sammt Inhalt durch den in der Grösse eines Zweimark¬ 
stückes weiten Leistenkanal zu reponiren, gelang nicht. Die 
nunmehr folgende sorgfältige Palpation des Gebärmutterhoraes 
liess in demselben einen Fötus vermuthen, der — da keinerlei 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7. 


74 

Bewegungen wahrnehmbar waren — entweder noch nicht voll¬ 
ständig entwickelt — also noch gar nicht bewegnngsfähig — 
oder bereits ausgetragen, aber abgestorben war. — Letztere 
Annahme fand ihre Bestätigung bei der Eröffnung des Gebär- 
mutterhornes mittelst eines der Grösse des Jungen entsprechenden 
Scheerenschnittes in der Richtung der Längsachse des convexen 
Bogens. Einer Verunreinigung der Operationswunde durch den 
Erguss von Fruchtwasser bei etwaiger Verletzung der Eihäute 
war rechtzeitig durch Unterlage von steriler Gaze vorgebeugt. 
Durch diese künstliche Oeffnung der Gebärmutter konnte nun¬ 
mehr das Junge sammt seinen Eihüllen ohne Schwierigkeit 
herausgezogen werden. Der Fötus war ausgewachsen, aber todt, 
seiner Beschaffenheit nach zu urtheilen, konnte der Tod erst 
einige Stunden vor der Operation eingetreten sein. — Die 
Blutungen der Wundränder, sowie der Uterusmucosa durch 
Lösung der Placenta waren gering und hörten fast vollständig 
auf, nachdem die Uterushöhle mit 1 pCt. Lysollösung gründlich 
ausgespült und die Gebärmutterwandungen sich contrahirt hatten. 
Trotzdem sich in Folge dieser Contraction die Schnittwunde 
sehr verkürzt und durch Aneinanderlegen der Wundränder fast 
geschlossen hatte, wurde dieselbe sehr vorsichtig noch einmal 
mit Catgut geheftet. — Da eine Incarceration von Darmtheilen 
nicht vorhanden und ausserdem in Folge der abnormen Weite 
des Leistenkanals die Einschnürung des Gebärmutterhornes nicht 
derartig war, dass sie für sich allein Schmerzhaftigkeit oder 
Störungen im Allgemeinbefinden hätte hervorrufen können, 
werden letztere Symptome nur dadurch veranlasst worden sein, 
dass das Mutterthier beim Eintreten der Geburtswehen trotz 
aller Austrengungen nicht im Stande gewesen ist, das im Bruch¬ 
sack befindliche Junge durch die Einschnürung der Gebärmutter 
im Leistenkanal auszustossen. — Durch vorsichtiges Untersuchen 
konnte weiter festgestellt werden, dass die Hündin auch dieses 
Mal nur ein Junges getragen hatte. — Krankhafte Veränderungen 
waren an der eingeschnürten Stelle des ausgetretenen 
Gebärmutterhornes nicht wahrzunehmen, in Folge dessen wurde 
dasselbe unter den strengsten antiseptischen Cautelen sehr 
sorgfältig reponirt, und, um ein Wiederaustreten durch 
den Leistenkanal zu verhüten, die Oeffnung des letzteren durch 
zwei Catguthefte verengt. Die äussere Bauchwunde konnte 
alsdann nach gründlicher Desinfektion mittelst Seide unter Ein¬ 
lage von Jodoformgaze so geheftet werden, dass die sich 
bildenden Wundsecrete hinreichenden Abfluss hatten und ein öfteres 
Einschieben von frischer Jodoformgaze leicht zu ermöglichen war. 
Ein mit schwacher Sublimatlösung getränkter Wattebausch, der 
mittelst eines Handtuches auf der Wunde leicht zu befestigen 
war, schützte dieselbe vor Infectionen und verhütete ausserdem 
ein Herausbeissen oder Herausbrechen der Hefte. Der Verband 
und die Jodoformgazetamponade wurden eine Woche lang täglich 
erneuert, alsdann konnte in grösseren Jntervallen mit Trockeu- 
verbänden gewechselt werden, bis nach etwa drei bis vier 
Wochen bei diäter Fütterung eine vollständige Heilung des Thieres 
erzielt war. 

Da die Hündin auch bereits vor und während der letzten 
vorletzten Trächtigkeitsperiode an der Geschwulst gelitten 
hatte, ohne dass dieselbe während der Dauer dieser Trächtigkeit 
irgend welche Veränderungen gezeigt hatte, muss angenommen 
werden, dass das Gebärmutterhorn im nicht befruchteten Zu¬ 
stande ausgetreten und auch bis zur letzten Trächtigkeit, 
die zu oben beschriebener Operation führte, nicht befruchtet 
gewesen ist, anderenfalls müssten sich zeitweise dieselben Ver¬ 


änderungen an der Geschwulst bemerkbar gemacht habeu, wie 
sie sich bei der letzten Trächtigkeitsperiode eingestellt hatten. 
Wenn die Hündin nach Aussage des Besitzers während des 
Bestehens der Geschwulst trotzdem ein Junges geworfen hatte, 
also trächtig gewesen war, ohne dass es bemerkt wurde, so 
war der Fötus sicher im rechten, nicht eingeklemmten Gebär¬ 
mutterhorn ausgetragen und konnte infolgedessen auch ohne Be¬ 
schwerden geboren werden. 

Ebenso leicht hätte muthmasslich auch, wie aus den dies¬ 
bezüglichen Angaben Stockfleths und Möller’s, — wonach 
trotz des Bruches bei Hündinnen der Gebäract meistens ohne 
Störung verläuft — zu schliessen ist, das im Bruchsack be¬ 
findliche Junge geboren werden können, vorausgesetzt, dass die 
Weite des eingeschnürten Theiles der Gebärmutter im ent¬ 
sprechenden Verhältniss zur Grösse des Jungen gestanden hätte. 
Ist dies jedoch nicht der Fall, im Gegentheil die Einsclmürung 
der Gebärmutter theils so eng, dass wie bei obiger Beobachtung 
dem Mutterthier ein Ausstossen des Fötus ganz unmöglich ist, 
dann bildet der Leistenbruch ein Geburtshinderniss, das nur 
operativ beseitigt werden kann. 


Hy8tereotomie bei dem Hunde. 

Von 

M. 6. de Bruin. 

Wenn die Geburt nicht auf natürliche Weise stattfinden 
kann, und man die Sectio caesarea vornimmt, so kann sich nach 
der Laparotomie ergeben, dass der Zustand des Uterus von der 
Art ist, dass die Belassung des entzündeten Uterus grosse 
Gefahr für das Leben darbietet. In diesem Falle ist seine Ent¬ 
fernung angezeigt. 

(.. Es hat sich in der letzten Zeit wiederholt gezeigt, dass 
diese Operation bei dem Hunde mit Erfolg vorgenommen werden 
kann. Obschon sie als lebensgefährlich betrachtet werden muss, 
ist doch bei gewissenhafter Anwendung aseptischer Vorsorg- 
massregeln die Möglichkeit des Gelingens ziemlich gross. Da 
die Operation stets ultima ratio ist, so ist der Erfolg nicht 
immer so günstig, als wenn sie frühzeitig, d. h. ehe das Thier 
zu sehr erschöpft ist, geschehen kann. 

Vor der Hystereotomie findet die Laparotomie statt. 
Diese geschieht an der Stelle, wo die Hungergrube in die 
untere Bauchgegend übergeht, an der Seite, wo man durch die 
Bauchwand die Früchte fühlen kann. Die Richtung des Haut¬ 
schnittes folgt der Richtung der Fasern des Musculus obliquus 
internus. Es empfiehlt, sich die Lagen der Bauchmuskeln in der 
Richtung der Hautwunde zu spalten. Der Musculus obliquus 
externus wird in einem Winkel von 80—90° gespalten, der Muse, 
internus in der Richtung seiner Fasern, der Muse, transversus 
in einem Winkel von 45°. Das Bauchfell wird mit der stumpfen 
Scheere durchgeschnitten. Die Spaltung der Bauchmuskeln, jeder 
in der Richtung ihrer Fasern, hat den Nachtheil, dass die Bauch¬ 
wunde zu klein wird und die Muskellagen, welche mit dem 
W T undhaken auseinander gehalten werden müssen, leicht ein- 
reissen. 

Die Länge der Bauchwunde richtet sich nach der Grösse 
des Thieres; sie differirt von 5—10 cm. 

Die Hystereotomie, die Entfernung des Uterus, welche 
nun erfolgt, geschieht auf folgende Weise. Der Uterus wird 
mit den Früchten durch die Bauchwunde herausgezogen und auf 
ein steriles Tuch gelegt. Man verrichtet dies am bequemsten, 
indem man eine davorgelegte Ampulle und die Frucht langsam 


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15. Februar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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aus der Wunde zieht. Nun legt man 1) eine doppelte Ligatur 
mit aseptischer Seide um jede Tuba (hart bei dem Ovarinm) an, 
ginschliesslich dem Ligamentum ovarii. Die Tuba wird zwischen 
den Ligaturen durchgeschnitten. Sodann unterbindet man 
2) das Collum uteri. Dies geschieht mit dicker aseptischer 
Seide an zwei Stellen, zwischen welchen das Collum durch- 
geschnittem wird. Je nach der Methode, welche man befolgt, 
wird das Collum uteri oder etwas weiter der Uterus divisus 
unterbunden. Falls die Früchte zu gross sind, z. B. bei 
emphysematösem Foetus, sodass es nicht möglich ist, den Uterus 
sammt den Früchten ganz herauszuziehen, empfiehlt es sich eine 
Ampulle herauszuziehen, zu öffnen und durch die Oeffnung die 
Früchte zu entfernen. Dadurch gewinnt man mehr Raum und 
einen besseren Ueberblick über das Operationsfeld. Letztere 
Operation lässt man am besten von einem Assistenten verrichten, 
da die Hände des Operateurs beim Herausziehen der Früchte 
inficirt werden, der grüne PlacentafarbStoff sich oft nicht von 
den Händen abwaschen lässt. Nachdem die Tubae sowie das 
Collum zwischen den Ligaturen durchgeschnitten sind, kann der 
Uterus entfernt werden. An den unterbundenen Tubae braucht 
nichts gethan zu werden. Wenn aseptisch operirt wird, ist 
dafür keine Gefahr zu fürchten. Anders verhält es sich mit dem 
unterbundenen Stumpf des Collum uteri. Je nach der Weise, 
wie man diesen behandelt, unterscheidet man folgende Methoden: 

a) Hystereotomie mit extra-peritonealer Stumpf¬ 
behandlung. Der Uterus wird vor dem Collum uteri, also auf 
dem Uterus divisus unterbunden; der Stumpf ist ziemlich lang 
und beweglich, sodass er mit der Ligatur in die Bauchwunde 
geführt werden kann. Wenn man die Bauchmuskeln heftet, 
fixirt man die Ligatur des Uterus in die Muskelnaht und schiebt 
den Stumpf in die unterste Ecke der Wunde. Die Wunde 
heischt eine sorgfältige antiseptische Nachbehandlung, bis der 
Stumpf abgefallen und eine granulirende Fläche entstanden ist. 
Eine Folge dieser Operation ist, dass stets eine Verbindung von 
Vagina und Collum mit der Bauchwand bestehen bleibt. 

b) Hystereotomie mit Senkung des Stumpfes. 

Bei dieser Methode wird nach Unterbindung und Durch¬ 
schneidung des Uterus, der Stumpf der auf der Schnittfläche 
einen centralen Schleimhautring zeigt, mit Pacquelin’s Apparat 
gebrannt und in die Bauchhöhle zurückgeführt. Nach Senkung 
des Stumpfes wird die Wunde in der Bauchwand mit einer 
Etagennaht geschlossen. Wenn alles aseptisch behandelt worden 
ist, wird der Stumpf und die Ligatur in Fett eingebettet. 

Diese Methode kann erfolgreich bei Hunden und Katzen 
angewandt werden. So führte ich n. A. 1895 diese Hyste¬ 
reotomie bei einem Hündchen aus, das sich noch heute des 
Lebens erfreut. 

c) Hystereotomie mit vaginaler Amputation des 
eingestülpten Stumpfes. 

Die Unterbindung des Uterus geschieht auf die gewöhnliche 
Weise; hierauf wird zwischen den Ligaturen durchgeschnitten 
und der Uterus entfernt. 

Der Stumpf wird in sich selbst eingestttlpt und mit einer 
in die Scheide eingeführten Zange in das Lumen der Scheide 
und womöglich ein wenig ausserhalb der Vulva gezogen. 
Sodann wird die zweite Ligatur über die erste gelegt und 
fest zugezogen. Fünf Millimeter hinter der Ligatur wird das 
Collum abgeschnitten, so dass ein Theil des Stumpfes mit der 
ersten Ligatur abfällt. Hierauf wird der eingestülpte Theil 


reponirt. Wir haben also hier dasselbe Bild wie bei der 
Amputation nach einem Prolapsus uteri. 

Es braucht wohl kaum noch besonders hervorgehoben 
werden, dass diese Operation nur möglich ist, wenn der Gebär¬ 
mutterhals geöffnet ist. 

Der Stumpf fällt nach etwa 10 Tagen ab, bisweilen jedoch 
später und wird per vaginam entfernt. 

Ein Vortheil dieser Methode ist, dass der Stumpf nicht in 
der Bauchhöhle zurückbleibt, also auch keine Veranlassung 
geben kann, dass von da aus die Infection beginnt. Man kann 
diese Methode bei Ziegen und Schafen anwenden; man kann 
hier mit den Fingern den Stumpf in der Scheide erfassen, 
während die Finger der andern Hand ihn in der Bauchhöhle 
herandrücken. 

Wenn man mit Aussicht auf guten Erfolg operiren will, so 
muss vorher noch Folgendes geschehen: 

Der Hund muss vor der Operation ganz gewaschen und 
dann abgetrocknet werden. Hierauf wird er mit einer Binde 
von 12 cm Breite umwickelt, so dass nur die Bauchwand 
unbedeckt bleibt. 

Die Haare werden auf der Bauchwand, sowie in der Um¬ 
gebung des Operationsfeldes eingeseift und mit einem Rasir- 
messer wegrasirt. Diese Entfernung der Haare halte ich für 
den wichtigsten Theil der Vorbereitung. 

Complicationen. Während der Hystereotomie können 
Zwischenfälle Vorkommen, welche das Leben ernstlich bedrohen. 
Wenn nach der Laparotomie der Uterus aus der Wunde ge¬ 
zogen wird, kann plötzlich eine collaterale Gehirnanaemie 
entstehen, welcher der Patient erliegt. Dies ist besonders dann 
der Fall, wenn der Uterus mühsam durch eine kleine Bauch- 
wunde gezogen wird, so dass die Ampulle mit der Frucht wie 
ein Säuger in der Wunde wirkt. Dann entsteht in der Bauch¬ 
höhle eine Hyperaemie ex vacuo und infolgedessen collaterale 
Gehirnanaemie. 

Man halte während der Operation stets eine Injections- 
spritze, mit Aether gefüllt, bereit, um eine Einspritzung von 
1—2 g unter der Haut machen zu können. Einmal passirte 
es mir, dass ein gesunder, kräftiger Hund, dessen Uterus einiger- 
massen mühsam herausgezogen werden musste, plötzlich ver¬ 
endete. Später habe ich deshalb lieber eine grössere Wunde 
in der Bauchwand gemacht, um dieser Gefahr vorzubeugen. 

Das Eindringen der Luft in die Bauchhöhle bietet nichts 
Bedenkliches. Bei Eventration des Omentum majus kann der¬ 
jenige Theil des Netzes, der ausserhalb der Bauchhöhle war, 
ohne Nachtheil abgeschnitten werden. 

Ebenso wie bei dem Menschen ist es auch hier geboten, 
die Operation schnell zu verrichten. Bei dem Hunde kann eine 
gut ausgeführte Hystereotomie in 20 Minuten geschehen sein. 
Bei einer längeren Operation ist die Gefahr für Complicationen 
und Infection gross. 


Misserfolg mit „Seraphtin“ in Oesterreich. 

Von 

Gilst-Inzersdorf b. Wien, 

Thicmrrt. 

Als im Jahre 1898 die Höchster Farbwerke ein nach 
Angabe des um die Bacterienforschung und speciell das Impf¬ 
verfahren so hochverdienten Forschers, Herrn Geh.-Rath Prof. 
Dr. Löffler hergestelltes angebliches Schutzmittel gegen die 


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76' BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 7. 


Maul- und Klauenseuche unter dem Namen „Seraphtin“ in den 
Handel brachten, sahen sowohl die Fachkreise, als insbesondere 
die Landwirthe mit Spannung den Erfolgen der Seraph tin- 
impfung entgegen. Dies um so mehr, als ja anfänglich von der 
grossartigen Heil- und Schutzwirkung des Mittels gegen diese 
verheerende Seuche in verschiedenen Blättern berichtet wurde, 
sodass man sich der Hoffnung hingeben konnte, endlich einmal 
einer Krankheit Herr werden zu können, welche den national- 
öconomischen Wohlstand eines Rinder- und Schweinezucht 
treibenden Staates empfindlich zu schädigen im Stande ist. 

Aber diese Hoffnung wurde bald gründlich zerstört, indem 
von verschiedenen Seiten ungünstige Berichte über die Seraphtin- 
impfung einliefen. 

Soweit mir bekannt ist, wurde in Oesterreich ein Versuch 
mit Seraphtin in grösserem Massstabe nur einmal unternommen, 
der jedoch einen so eclatanten Misserfolg zu verzeichnen hatte, 
dass die Impfungen eingestellt wurden. 

Nachdem die im vorliegenden Falle gemachten Erfahrungen 
mit den bisher in der Literatur verzeichneten in manchen 
Punkten nicht übereinstimmen, glaube ich, das Resultat der in 
Oesterreich vorgenommonen Imptversuche den Fachcollegen mit¬ 
theilen zu sollen. 

Augeregt durch die seiner Zeit veröffentlichten, angeblich 
mit positivem Erfolge durchgeführten Seraphtinimpfungen sah 
sich ein im Bezirke Bruck a. d. Leitha, .N-Oe., ansässiger Guts¬ 
besitzer, Herr R. H., veranlasst, einen derartigen Versuch in 
grösserem Massstabe in seinen Rinderbestäuden zu machen, 
indem er sich dabei der sicheren Hoffnung hingab, sein fast 
alljährlich von Maul- und Klauenseuche heimgesuchtes Gehöfte 
sicher vor dieser Krankheit geschützt zu wissen. Der gesamrate 
Rindviehbestand des Gutes umfasste zur Zeit der Iippfupg 
210 Stück der verschiedensten österreichischen Rassen von 
Milchkühen und vier Bezügen Ochsen, welche in zwei, räumlich 
durch eine Strasse getrennten Höfen, eingestallt waren. 

Ich bemerke hierbei, dass der Betrieb eine Musterwirtschaft 
darstellt, Stallpflege und Fütterung die denkbarst besten sind. 

Das Impfmaterial, 20 Dosen ä 10 cm 3 und 100 Dosen 
ä 15 cm 3 wurden in zwei verschiedenen Sendungen, jede mit 
anderer Operationsmarke versehen, von den Höchster Farbwerken 
bezogen. 

Was die Impftechnik anlangt, so kann ich mich, nachdem 
dieselbe ohnedies genügend bekannt sein dürfte, kurz fassen. 

An der Operationsstelle, rechten oder linken Jugularis, 
werden die Haare gekürzt, desinficirt und die vollkommen 
sterile (Einlegen in Sublimat oder Lysollösung) Impfnadel an 
der Kuppe der mittelst Aderlassschnur geschwellten Jugularis 
von oben nach unten durch Haut und Vene eingestochen. Sobald 
Blut durch die Canüle ausgeströmt ist, wird die Spritze auf¬ 
gesetzt und durch langsames Niederdrücken des Stempels der 
Inhalt in die Vene entleert. Ich halte den Impfact bei exacter 
Ausführung für vollkommen ungefährlich und auch für den Fach¬ 
mann leicht ausführbar, sodass man in einer Stunde leicht 
25—30 Kühe impfen kann. Doppeltes Durchstechen der Venen¬ 
wandung. Abscedirungen oder öderaatöse Anschwellungen kamen 
in keinem Falle vor. 

Um eine vollkommen einwandfreie, wissenschaftliche Basis 
für die Beurtheilung des Werthes des Verfahrens zu gewinnen, 
wurde der gesammte Rinderbestand vor Beginn der Impfung 
einer genauen Untersuchung unterzogen und hierbei dessen voll¬ 
kommener Gesundheitszustand constatirt. 


Die Impfung selbst wurde unter Leitung des Herrn Dr. 
Schindelka, kk. Professor der kk. thierärztlichen Hochschule 
in Wien, und Controle seitens der Veterinärchefs des kk. 
Ministeriums des Inneren und der kk. n. ö. Statthalterei unter 
peinlich genauer Beobachtung der Löffler’sehen Vorschriften 
durchgeführt. 

Als höchst wichtig für den Verlauf und das Resultat der 
Impfung muss hervorgehoben werden, dass vom Momente der 
Constatirung des Gesundheitszustandes der Thiere bis zum amt¬ 
lich erklärten Erlöschen der Seuche im Sinne des § 20 (D. V. 
zu Punkt 4) des allgemeinen Thierseuchengesetzes vom 29. Fe¬ 
bruar 1880, R. G. B. 35 die strengste Stallsperre über beide 
Höfe verhängt wurde, so dass keine weitere Neueinstellung von 
Rindvieh erfolgen konnte und fremden Personen der Zutritt in 
die Höfe unbedingt untersagt war. 

Geimpft wurde in drei Etappen, u. a. standen die Impflinge 
in verschiedenen Stallungen; am 8. December 1898 20 Kühe mit 
je 10 cm 3 , am 14. December 59 und am 17. December mit je 
15 cm 3 , also im Ganzen 120 Thiere. 

Bei den am 8. December geimpften 20 Kühen wurde vor 
und ca. eine Stunde nach der Impfung die Temperatur gemessen, 
und konnte ich im Gegensätze zu anderen Berichterstattern, 
leichte Temperatursteigerung, allerdings im Maximum nur um 
0,7 0 C. ( 38,9 °) und im Anschlüsse hieran mässige Verringerung 
der Fresslust und Milchsecretion beobachten, welche Er¬ 
scheinungen jedoch am nächsten Tage wieder behoben waren. 
Diese 20 Kühe zeigten während des lncubationsstadiums keinerlei 
Gesundheitsstörungen und konnten auch keine Symptome der 
Maul- und Klauenseuche constatirt werden; noch am letzten 
Impftage, also nach neun Tagen, wurden diese Kühe untersucht 
uud gesund befunden, so dass man zu den schönsten Hoffnungen 
berechtigt war. Jedoch schon drei Tage nachher, also am 20. 
December erkrankten zwei Kühe hochgradig an Maul- und 
Klauenseuche, von denen die eine am 14., die andere am 17. De¬ 
cember geimpft worden war. 

Von nun an gewann die Seuche von Tag zu Tag unaufhalt¬ 
sam an Intensität und Ausbreitung, so dass am 18. Januar 1899 
bereits 125 Thiere, darunter 4 Ochsen, von der Krankheit be¬ 
fallen waren. 

Auch die am 8. December geimpften Kühe blieben keines¬ 
wegs verschont, sondern es erkrankten successive acht Stück 
davon in acutester Weise. Es stimmt dies mit den Beobäch- 
tungen vom Collegen Schmidt-Nidda iiberein, welcher Senchen- 
ausbriiehe noch 30 Tage nach der Impfung sah. 

Was den Seuchenverlauf anlangt, so möchte ich hier die 
Beobachtungen einiger Collegen, soweit sie mir aus der Lite¬ 
ratur bekannt sind, gegenüberstellen. Schmidt-Nidda con¬ 
statirt heftigen Verlauf, selbst apoplectische Todesfälle; ebenso 
ungünstigen, vehementen Verlauf sah Jonen-Lommersum und 
Schrader-Helmstadt. Diesen stehen gegenüber Winter-Wesel, 
welcher sagt, dass die Impfung bei vorschriftsmässiger Aus¬ 
führung in keiner Weise für die Thiere nachtheilig sei, und 
Dr. W. Flatten-Cöln, welcher der Ansicht ist, dass die Impfung 
allerdings Ursache der Infection sei, es aber als auffallend 
bezeichnet, dass die Impflinge in weit geringerem Grade er¬ 
kranken und rascher abheilen als sonst. 

Ich kann mich hierin nur den drei ersten Berichterstattern 
anschliessen, nachdem die Seuche im vorliegenden Falle in 
äusserst vehementer Weise in Erscheinung trat. Neben höchst 
intensiven Erosionen an der Maulschleimhaut, Zunge und Gaumen, 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


77 


15. Februar 1900. 


wurden bis nussgross prominirende Blaseneruptionen am Euter, 
umfangreiche parerchymatöse Mastitiden mit Stricturen der 
Strichkanäle und Induration der ganzen Drüse beobachtet. 
Insbesondere heftig waren die aphthösen Processe an den Klauen 
mit den verschiedenen Formen des Panaritinms und selbst par¬ 
tieller Knochennecrose, so dass zahlreiche operative Eingriffe 
erforderlich waren. 

Wie ungemein heftig der Verlauf dieser Seuche war, er¬ 
hellt am besten daraus, dass 27 Thiere der Nothschlachtung 
zugeführt werden mussten, bei deren Section in den meisten 
Fällen die charakteristischen pathologischen Veränderungen der 
bösartigen Form (hämorrhagische Myo- und Sericarditis, Alse¬ 
rationen an den Pausenpfeilern, entzündliche Hämorrhagien im 
Dünndarm etc.) constatirt wurden. Besonders betont muss 
werden, dass gerade die Impflinge von der Seuche am schwersten 
befallen wurden, so dass von einem milderen Verlaufe bei den¬ 
selben gar keine Rede sein konnte. 


Ebenso wurde auch die Erfahrung gemacht, dass die zu 
verschiedenen Zeiten in den Höchster Farbwerken hergestellte 
Lymphe in ihrer Zusammensetzung resp. Virulenz verschieden 
stark war; denn von den am 14. und 17. December 1898 ge¬ 
impften Rindern erkrankten zwei schon nach sechs resp. drei 
Tagen, während die am 8. December geimpften Thiere erst im 
weiteren Verlaufe von der Seuche ergriffen wurden; hieraus 
erhellt, dass im ersten Falle die Virulenz der Lymphe eine zu 
grosse war, so dass der Seuchenausbruch durch dieselbe direct 
veranlasst wurde, während im letzteren Falle die antitoxische 
resp. immunisirende Kraft der Lymphe zu gering war, um das 
Contagium im Blute wirksam bekämpfen zu können. Dass diese 
meine Annahme richtig ist, beweist eine Zuschrift der Höchster 
Farbwerke, in welcher angefragt wird, ob ein Unterschied in 
der Reaction der aus verschiedenen Operationen stammenden 
Lymphdosen bemerkt wurde. 


Ueber das Verhältniss der Erkrankungen bei den geimpften 
und nicht geimpften Thieren giebt folgende Tabelle Aufschluss: 
Gesammtrinderstand am 8. December 1898: 219 Stück: 


Geimpft am 

8. Dec. 1898 

Er¬ 

krankt 

1 o/ 

; Io 

Nicht geimpft j 

Er¬ 
krankt | 

% 

20 

8 

40 o/o 

49 

44 

89.77% 

geimpft am 
14. u. 18. Dec. 
100 

17 

71 % 

50 

vor 13 Monat 
im Hofe durch¬ 
seucht 

2 

4 % 

Sa. 120 

79 

65.83 % 

Sa. 99 

46 

46.5 0/ 0 


Totalsumme der Erkrankungen unter 219 Stück: 125 = 57.08 %. 

Abgesehen von dem grossen, directeu pecuniären Verluste, 
welcher infolge der Nothschlachtungen und des Milchentganges 
(in zwei Monaten ca. 23 000 Liter) entstand, hat derselbe noch 
weiter eine ganz bedeutende Erhöhung durch den Umstand er¬ 
fahren, als bei den meisten der durchseuchten Thiere Nach¬ 
krankheiten resultirten und zwar in Form von Lungendefecten, 
gänzlichen oder theilweisen Versiegens der Milchsecretion, ganz 
bedeutenden Herabkommens im Nährzustande, so dass ein grosser 
Theil der Thiere nach Erlöschen der Seuche eliminirt werden 
musste. 

Auf Grund aller dieser Beobachtungen bin ich der vollen 
Ueberzeugung, dass das Seraphtin — wenigstens in seiner da¬ 
maligen Zusammensetzung — weder ein Heil- noch ein Immuni- 
sirungsmittel gegen die Maul- und Klauenseuche darstellt, sondern 
dass durch die Anwendung desselben geradezu künstlich ein 
Seuchenheerd geschaffen werden kann. Zu letzterem Ausspruche 
glaube ich aus dem Grunde berechtigt zu sein, weil in vor¬ 
liegendem Falle die denkbar günstigten Verhältnisse für exacteste 
Ausführung des Verfahrens durch Fachmänner gegeben war und 
durch die vorbereitenden Massregeln eine Infection von Aussen 
mit nahezu absoluter Sicherheit anszuschliessen war. 

In Anbetracht der procentuellen, schweren Erkrankungen 
unter den 120 Impflingen, nämlich 65.83 pCt., im Gegensätze 
zu nur 46.5 pCt. Erkrankungsfällen unter 99 nicht geimpften 
Thieren kann von einer Schutzwirkung wohl kaum die Rede 
sein, nachdem ja erfahrungsgemäss die Erkrankungsziffer bei 
Maul- und Klauenseuche im Allgemeinen nur 25—50 pCt. beträgt. 

Entschieden auffallend ist auch die Thatsache, daBS bei 
vorgeschildertem Versuche gerade die geimpften Thiere zuerst 
erkrankten; wo bleibt also die Immunisirung, wenn schon von 
Heilwirkung nicht gesprochen werden soll! 


Referate« 

Serumimpfang gegen Brustseuche in der 
dänischen Armee. 

Corpsstabsveterinär St. Friis veröffentlicht in der Ztschr. 
f. Vet. Februar 1900 eine deutsche Zusammenfassung seines in 
der .,Maaneds-Skrift“ pnblicirten Artikels über die Serumimpfung 
in Dänemark. Geimpft wurden im (Tanzen 546 Pferde, von 
denen 26 nach der Impfung erkrankten. 16 der erkrankten 
waren jedoch wahrscheinlich schon vorher inficirt. Sieben Stück 
erkrankten erst 13 bis 22 Wochen später, wo die Impfimmunität 
schon vorüber war, und nur drei Pferde erkrankten innerhalb 
vier bis acht Wochen nach der Impfung, sodass diese bei ihnen 
wirkungslos geblieben sein muss. Dabei stellte sich heraus, 
dass von 238 mit 100 g geimpften Pferden 9 pCt. erkrankten, 
während von 300 mit 150 g geimpften Pferden nur 2 pCt. er¬ 
krankten, sodass man 150 g Serum als die jedoch genügende 
Minimaldosis ansehen muss. Der Klage, dass in der Regel nicht 
genügend Serum liefernde Pferde zu beschaffen seien, um die 
Impfung durchzuführen, ist bei den dänischen Regimentern 
dadurch begegnet worden, dass man die zuerst erkrankten Ab¬ 
theilungen nicht impft, sondern einfach durchseuchen lässt, um 
von den Pferden derselben Sernm znr Impfung der übrigen Thiere 
abzunehmen. Znr Production von Serum wurden solche Pferde 
gebraucht, welche die Brustseuche in vollständig typischer Weise 
durchgemacht hatten, sodass Temperatur, Puls und Athmung 
binnen neun Tagen Veränderungen zeigten. Der Aderlass wurde 
vorgenommen vier bis acht Wochen nach Wiedereintritt der 
Fieberfreiheit. Die Impfung selber machte keine Reaction. Die 
geimpften Pferde wurden sofort wieder zum Dienst herangezogen, 
während diejenigen, von denen Blut entnommen war, drei bis 
vier Tage geschont wurden. F. fällt ein sehr günstiges Urtheil 
über die Wirksamkeit der Impfungen, dem sich die Redaction 
der Ztschr. f. Vet. nicht anschliessen zu können glaubt, indem 
sie die Beurtheilung der Resultate für zu optimistisch erklärt. 

Die Pferdeinfluenza in Christiania. 

Die Pferdeinfluenza ist, wie sie sich hier gestaltet, keine tödt- 
liche Krankheit, aber ihr kräftiges acutes Auftreten und ihre 
Ansteckungsgefahr macht sie äusserst bedenklich. Sie kommt 
ganz plötzlich und steckt in rasender Fahrt Thier um Thier an. 

Man glaubt hier in Christiania. dass die Krankheit von 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No 7. 


78 

Skaane in Schweden, wo sie letztes Jahr ihr Unwesen getrieben 
haben soll, herübergekommen sei. 

Die Symptome sind: Heftiger Augencatarrh, geschwollene 
Augendeckel, rosenartige Geschwulst an den Beinen, steifer, 
schwankender Gang, schlechter Appetit und eine Temperatur 
bis über 42 °. 

Sie wird mit Chinin, Antifebrin und Branntwein behandelt. 

Man rechnet, dass Christiania lOOOO Pferde besitzt, obwohl 
man keine Pferdebahnen hat. (Alle Bahnen sind hier electrische.) 
Es sieht ans, als ob diese Krankheit, die uns sicher früher nie 
heimgesucht hat, sich nun weiter verbreiten wollte. 

Die Rolle des Eisens bei der Blntbildnng. 

Von Dr. Hofmann. 

(M. med. Woch. 89. 99 ) 

Dass das medicamentös gereichte Eisen zur Aufnahme in 
den Organismus gelangt, und dass eine Resorption des Metalls 
durch den Dünndarm und eine wahrscheinliche Ausscheidung 
durch den Dickdarm stattfindet, ist durch Versuche erwiesen. 
Dagegen befand man sich über die Frage des „Wie“? der Eisen¬ 
wirkung noch völlig im Unklaren. Um diese Frage zu erledigen, 
stellte Verf. eine grosse Reihe theils normaler theils anaemisch 
gemachter Kaninchen mit oder ohne Eisenzufnhr Versuche an. 
Es ergab sich, dass alles gereichte Eisen im Duodenum zur Auf¬ 
nahme kommt, um dann in Transportzellen mit einem Eiweiss- 
körper verbunden im Blute zu kreisen. In dieser Form findet sich das 
Eisen in Milz, Leber und besonders im Knochenmark. Und nur 
das Knochenmark zeigt nach Blutverlusten eine entsprechende 
regenerative Thätigkeit, die sich in einer mächtigen Hyperplasie 
seines Parenchyms ausspricht. Der Wiederersatz der rothen 
Blutkörperchen ist bei Thieren mit Eisenfütterung ein rascherer. 
Auch ohne Blutverlust lässt sich durch Eisendalreichung' eine 
mässige Steigerung der Blutkörperchenzahl hervorrofen. Der 
Wiederersatz des Haemoglobins bleibt hinter dem der Erykthro- 
cytenzahl zurück, so dass eine Mehrproduction von Blutfarb¬ 
stoff durch Verwendung des Metalls nicht statt bat. Das Eisen 
hat also eine stimulirende Wirkung auf die physiologische Thätig¬ 
keit des Knochenmarks und veranlasst die Heranreifung der in 
ihm producirten Jugendformen zu kernlosen, in die Circulation 
eintretenden Erythrocyten. Hieraus ergiebt sich gleichzeitig ein 
Einblick in das Wesen der Chlorose. Hiernach besteht diese 
Krankheit mit der grössten Wahrscheinlichkeit in einer nur zur 
Pubertätszeit auftretenden, vorübergehenden, verminderten 
Leistungsfähigkeit oder einer angeborenen, sich das gaöze Leben 
mehr oder weniger mehr bemerkbar machenden Hypoplasie des 
blutbildenden Organes, des Knochenmarkes, die sich in schweren 
Fällen vereinige mit der von Virchow beschriebenen Hypoplasie 
der blutführenden Theilen, selbst des Gescblechtsapparates. Diese 
Schwäche des blutbildenden Apparates äussert sich in der 
Production minderwerthiger, an Form und Haemoglobingehalt 
krankhaft veränderter Ecryothrocyten. 

Tagesgeschichte. 

Berathung der Budget-Commission des Reichstages 
über Gehälter der Militär-Rossärzte. 

Die vom Abgeordneten für Schwäbisch Hall, Professor 
Hoffmann (Stuttgart), dem Reichstag übergebene Petition von 
Militärveterinären, betr. Aufbesserung der Gehälter und der 
Stellung überhaupt, war wegen des ersten Punktes der Budget- 


Commission überwiesen worden und ist hier am Dienstag und 
Mittwoch berathen worden. 

Am ersten Tage sprachen sich Referent Graf v, Roon und 
der Correferent kurz dahin aus, dass die Aufbesserungen keine 
Aussicht hätten; der Correferent empfahl, die Rossärzte zu 
Vorständen der Musterungs-Commissionen zu machen. Der 
Commissiar des Kriegsministers erklärte, dass das Ministerium 
einer Gehaltsaufbesserung sehr wohlwollend gegenüb erstände; 
im Vergleich mit den Bezügen der bayerischen Militärveterinäre 
wären alle übrigen Militärrossärzte zu niedrig bezahlt. Bezüg¬ 
lich einer Rangerhöhung aber hätten Erkundigungen bei activen 
Rossärzten ergeben, dass sie eine solche wegen der damit ver¬ 
knüpften höheren gesellschaftlichen Ansprüche gar nicht wünschten. 
Musterungsvorstände könnten die Rossärzte selbstverständlich 
nicht werden, weil diese Function ihr technisches Gebiet über¬ 
schreite. 

Ueber den zweiten Verhandlungstag kann folgender ein¬ 
gehender Bericht veröffentlicht werden: 

2. Tag (Budgetcommission). 

Nach Erledigung von geschäftlichen Mittheilungen seitens 
der Militärbehörde, theilt der Vorsitzende v. Kardorff mit, dass 
die Weiterberathung über die Gehaltsverhältnisse der 
„Rossärzte“ zunächst an der Reihe sei. Hierzu ertheile er 
zunächst das Wort dem Herrn Abg. Bassermann. Dieser 
führt aus: 

Schon die Resolution, welche im vorigen Jahre seitens 
der Conservativen eingereicht wurde, habe bewiesen, dass in 
den Kreisen der Militärthierärzte Unzufriedenheit über ihre Ge¬ 
halts- und Rangverhältnisse bestehen und seitdem sind die Be¬ 
schwerden nicht verstummt, sondern sie haben sich vermehrt, 
wie die eingereichten Petitionen beweisen, von welchen diejenige 
des Abgeordneten Hoffmann (Hall) zur Berathung vorliegt. 

Der Vertreter des Kriegsministeriums hat ja gestern in er¬ 
freulicher Weise in Aussicht gestellt, dass die Gehälter der 
Militärthierärzte erhöht werden sollen; es haben aber die Thier¬ 
ärzte nicht nur Wünsche bezüglich dieser Frage, sondern auch 
namentlich in Bezug auf Ausbildung. Es ist zweifellos zu 
erstreben, dass die Maturitas als Vorbildung verlangt wird, 
dass die Ausbildung der Militärthierärzte ähnlich geregelt wird 
wie in Bayern und dass das Civilstudium gefördert wird. B. stellte 
deshalb den Antrag, eine Resolution anzunehmen, dahingehend, 
dass die Gehälter der Rossärzte in thunlichsterBälde nam¬ 
haft aufgebessert werden und dass die Bedingungen der Vor¬ 
bildung erhöht werden. 

Generalleutnant v. d. Böck. Zunächst muss ich 
folgendes richtig stellen: Ich habe gestern nicht gesagt, dass 
die Aufbesserung der Gehälter in Aussicht steht, dazu wäre ich 
gar nicht berechtigt, denn um dies zu können, müssten vorher 
nicht nur Verhandlungen mit dem Reichsschatzamt sondern auch 
mit dem Bundesrath stattgefunden haben und müsste die Zu¬ 
stimmung dieser gegeben sein; das ist aber alles noch nicht da¬ 
gewesen. Dagegen habe ich das Wohlwollen, welches die Militär¬ 
behörde für diese Beamtenklasse hegt, und die Anerkennung 
ihrer Leistung zum Ausdrucke gebracht, ich habe ferner zum 
Ausdruck gebracht die Absicht des Kriegsministei iums, diesen 
Beamten ihr Einkommen ihrer Leistung entsprechend zu er¬ 
höhen und ich habe die Berechtigung der Erhöhung dadurch 
nachzuweisen gesucht, dass ich die Parallele zog zwischen den 
Einnahmen der bayerischen Veterinäre und den Rossärzten der 
sonstigen deutschen Armee. Anführen will ich noch, dass die 


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15. Februar 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 79 


Privatpraxis der Rossärzte thatsächlich nur gering ist. Was 
die Frage der Vorbildung betrifft, so hat die Militärverwaltung 
keine Ursache an dem Bestehenden zu ändern und es kann 
den Rossärzten das Abiturientenexamen als Be¬ 
dingung zum Studium nicht zugestanden werden. Der 
Ersatz den wir gegenwärtig haben ist vollkommen brauchbar 
und der Zudrang zum Studium derart, dass die Manquements 
gedeckt werden können. Wir müssen aber hier andere 
Rücksichten walten lassen und die Kreise und 
Familien, aus denen sich hauptsächlich das rossärzt¬ 
liche Personal rekrutirt, besonders beachten. Diesen 
Kreisen wird es oft schon schwer genug, ihre Söhne bis in 
diese Laufbahn zu bringen. 

Vertreter des Reichsschatzamtes: 

Ich habe mitzutheilen, dass das Reichsschatzamt keine 
Veranlassung hatte, sich mit der Frage der Gehaltsaufbesserung 
dieser Beamtenclasse der Rossärzte zu befassen, denn es ist 
seiner Zeit festgestellt worden, dass nur noch dann Aufbesse¬ 
rungen einzelner Beamtenclassen erfolgen können, wenn sich 
besondere Härten herausgestellt haben würden. Diesen Stand¬ 
punkt hat ja auch der Abgeordnete Dr. Lieber im vorigen 
Jahre, am 4. März, gelegentlich der Berathung der Resolution, 
die von Bismarck und Genossen eingereicht war, vertreten. 

Abg. Eickhoff. Es wird wohl seitens des Reichsschatzamtes 
kein Widerspruch erhoben werden, wenn diese Petition, die Ge¬ 
halte der Rossärzte zu verbessern, seitens des Reichstages an¬ 
genommen wird. Thatsächlich muss es der Wunsch aller 
Parteien sein, hier helfend einzugreifen. Es muss aber nicht 
nur das Gehalt, sondern es muss die ganze sociale Stellung 
der Militärthierärzte gehoben werden, und deshalb 
ist auch die Frage der Vorbildung eine höchst wichtige und 
es ist deshalb nothwendig, dass wir erklären, dass die Ma¬ 
turitätsprüfung ein nothwendiges Erforderniss ist für das 
Studium der Thierheilkunde. Da uns aber hier in der Budget- 
Commission hauptsächlich nur die Gehaltfrage interessirt, so 
schlage ich mit Herrn Dr. Müller (Sagau) vor, folgende 
Resolution anzunehmen, dass die Gehälter der Rossärzte und 
Zahlmeister namhaft aufgebessert werden oder, falls Sie die 
Zahlmeister, gesondert wollen, dass die Petition Hoffmann 
(Hall) dem Reichskanzler zur Berücksichtigung überwiesen 
wird. 

Abg. Dr. Müller (Sagan). Wir verhandeln hier seit vielen 
Stunden über eine uns eingereichte Petition. Ich möchte auf¬ 
merksam machen, wie lange die Budgetcommission überhaupt 
zu tagen haben wird, wenn sie allen Petitionen dieselbe Auf¬ 
merksamkeit schenken wolle wie der vorliegenden, auch ich 
habe hier eine Petition von ähnlichem Inhalte von den Zahl¬ 
meistern, ich möchte deshalb vorschlagen, dass wir alle die Er¬ 
örterungen für das Plenum Vorbehalten und die Petitionen nur 
kurz behandeln. 

Vertreter des Reichsschatzamtes: Auf die Anfrage 
des Herrn Abg. Eickhoff kann ich nur erklären, dass in 
dieser Frage zwischen dem Kriegsministerium und dem Reichs¬ 
schatzamte keine Differenzen bestehen. 

Graf von Carmer: Ich und meine politischen Freunde 
stehen der Gehaltsaufbesserung der Militärthierärzte und der 
Zahlmeister sehr wohlwollend gegenüber, deshalb haben wir 
auch schon im vorigen Jahre die Resolution eingebracht, und es 
ist ja bekannt, dass dieselbe nur aus formellen Gründen ab¬ 
gelehnt worden ist, damit dies aber nicht wieder geschieht, 


bringen wir dieselbe Resolution ein, jetzt, zur Abstimmung 
für die Budgetcommission. 

Abgeordneter Paasche: Ich schliesse mich den Aus- 
führnngen des Herrn Collegee Dr. Müller, dass wir mit den Pe¬ 
titionen kürzer verfahren sollten vollkommen an. Ich thue dies, ob¬ 
wohl auch ich eine Petition zu vertreten übernommen und hier habe. 
Eigentlich gehören diese Petitionen in die Petitionscommission, 
und es ist ja Beschluss von früher, dass Petitionen von Einzel¬ 
personen nicht hierher kommen sollen, sondern nur solche von 
ganzen Beamtenklassen: das liegt aber freilich hier vor. 

Vorsitzender v. Kardorff: Ich habe speciell den Reichstags¬ 
präsidenten gebeten, er solle uns diese Petitionen nicht so reich¬ 
lich überweisen; wenn wir aber einmal berathen, so müssen wir 
auch recht berathen. Wohin wir aber mit unserer Zeit kommen, 
das sehe ich mit Schrecken, denn wenn wir mit dem Militäretat 
nicht fertig werden können, wo bleiben dann die anderen Sachen, 
und bis wann glauben Sie überhaupt, dass wir die Flottenvorlage 
behandeln sollen? 

Abg. Graf von Roon: Ich schlage vor, dass wir alle Petitionen 
bis an den Schluss der Etatsberathungen zurückstellen. Was 
die Aeusserung des Herrn Generals bezüglich der Vor¬ 
bildungsfrage der Militärrossärzte betrifft, so stehe 
ich ganz auf seinem Standpunkte und möchte nur das 
Ersuchen stellen, dass die Regierung darauf bestehen 
bleibt. Bezüglich der Anfrage des H. Abg. Eickhoff, ich 
hätte ja voriges Jahr die Resolution meiner Partei für Auf¬ 
besserung der Gehälter mitunterschrieben und hätte gestern mich 
ablehnend verhalten, habe ich zu erklären, dass darin kein 
Widerspruch liegt; als Berichterstatter musste ich das Vor¬ 
bringen, was im Etat vorgemerkt oder n ? clit vorgemerkt ist, da 
nun nichts darin enthalten ist, was darauf hinweist, dass die 
Regierung gesonnen ist, etwas zu tlmn, so habe ich gesagt, es 
scheint keine Aussicht vorhanden zu sein. Persönlich stehe ich 
aber ganz auf dem Boden, den soeben Herr Graf v. Carmer 
dargelegt hat, dass ich für eine Gehaltsaufbesserung dieser 
Beamtenklassen bin, und deshalb empfehle ich Ihnen die Annahme 
der Resolution meines Freundes, die denselben Wortlaut hat, 
wie die im vorigen Jahre. 

Singer: Ich habe zu erklären, dass wenn wir jetzt wieder 
anfangen mit Beamtenaufbesseningen, auf Grund von Petitionen, 
dass wir dann demnächst wieder einen Sturm von solchen zu 
erwarten haben. Ueber diesen Petitionsberathungen wird aber 
alles andere vernachlässigt. 

Vorsitzender v. Kardorff. Zur Begründung der vor¬ 
liegenden Petition hat sich bei mir persönlich verwendet Herr 
Abg. Hoffmann (Hall), der sonst der Bndjetcommissiou als 
Mitglied nicht angehört. Derselbe ist hier, hat sich zum Wort 
gemeldet, und ich frage, ob Sie demselben das Wort geben 
wollen. Auf Bejahung erhält das Wort. 

Hoffmann (Hall). Derselbe führt zunächst aus, dass er 
bei der im Allgemeinen der Sache der Gehaltsaufbesserung 
sehr günstigen Stimmung, bei den Versicherungen Seitens 
des Kriegsministeriums die Gehälter aufzubessern, ja wenig mehr 
zu sagen brauche, dass namentlich die Ausführungen des Herrn 
Generals v. d. Böck, dass die Heeresverwaltung mit Wohl¬ 
wollen der Aufbesserung der financiellen Lage der Rossärzte 
gegenüberstehe, dass sie anerkennt, dass die Bezahlung weder 
der Bildung noch der Leistung entspreche und dass sie die 
Bestrebungen der Rossärzte, ihre Lage zu verbessern, als 
durchaus berechtigt anerkenne — ihn mit lebhafter Freude er- 


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80 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 7. 


füllt haben, nnd dass er dem nur anzufügen brauche, dass sich 
die jetzt mit Reckt gehegten Hoffnungen der Militärthierürzte, 
recht bald und recht reichlich erfüllen möchten. 

Ganz anders aber ist der zweite Theil der Petition von 
dem Herrn General v. d. Böck beantwortet worden. Schon 
gestern ist von ihm mit einer gewissen Schärfe betont worden, 
dass die activen Rossärzte mit einer Gehaltsauf¬ 
besserung vollkommen zufrieden seien nnd von einer | 
Rangerhöhung nichts wissen wollten, und heute hat der 
Herr General, — in Folge der zum Ausdruck gekommenen 
Wünsche durch die Herren Abg. Bassermann und Eickhoff, 
dass die Maturitas eingeführt werden soll, — sich in dieser 
Frage derart ablehnend verhalten, dass ich fast erschrocken 
bin. Gründe, die ich längst geahnt, die wir aber nicht zum 
Ausdruck bringen durften, weil man sie uns früher als Ursache 
der Ablehnung nicht gesagt hat, die hat der Herr General jetzt 
offen ausgesprochen und er ist denn auch sofort von dem Herrn 
Abgeordneten Grafen von Roon darin unterstiizt worden. — i 
„Die Regierung will ihren Bezug von Militärthierärzten 
nur aus gewissen Kreisen und Familien.“ Ich unterlasse 
es, hier, bei der beschränkten Zeit, dieser hohen Commission, 
jetzt diese ganze Frage aufzurollen, aber das darf ich wohl noch 
ganz kurz anführen: Hierliegt auch der Schlüssel zu der Erklärung, 
weshalb das Militärveterinärwesen, das Veterinärwesen überhaupt 
nicht vorwärts rücken will, und hiermit ist aber auch ein, nach 
meiner Ansicht trauriger Beweis gegeben, wie Vornrtheile, 
selbst wenn mehr als ein Jahrhundert darüber hinweggeeilt ist, 
noch wirken können! Ich kann den Herrn General und die 
Militärbehörde sowie die Herren dieser hohen Commission ver¬ 
sichern, dass ich mich wundere, wie das Kriegsministerium auf 
Grund seiner Erhebungen zu dem Resultate kommen konnte, 
dass die Militärthierärzte nicht auch eine Rangerhöhung 
wünschten. Gerade wir im Süden, die vor der Einigung des 
Reiches sehr schöne und für das Personal und das werthvolle 
Material sehr nützliche Einrichtungen gehabt haben, wir haben 
durch diese Militärveterinär-Einrichtungen von 1873, welche für 
die preussische Armee wohl einen Fortschritt bedeutet haben, 
einen ganz erheblichen Rückschritt machen müssen. Es ist hier 
nicht der Ort, dies des Weiteren auszuführen, ich behalte mir 
das für das Plenum yor, ich stelle aber jetzt schon an die 
Herren Militärbevollmächtigten der süddeutschen Staaten die 
Bitte, dass sie, wenn sie das nicht heute schon und hier für 
nöthig erachten, für eine gerechtere Behandlung der Sache ein- 
tretcn möchten, als dieselbe nach dieser Richtung hier bislang 
erfahren durfte. Ich bitte die hohe Commission, bei der nun 
erfolgenden Abstimmung, ihre Meinung dahin zur Geltung zu 
bringen, dass die Petition dem Herrn Reichskanzler zur Be¬ 
rücksichtigung überwiesen wird. Ich bitte ferner, eine Reso¬ 
lution zu fassen, dass die Gehälter der Militärthierärzte in tlmn- 
lichster Bälde und den thatsächlichen Verhältnissen entsprechend 
erhöht werden, so dass die Militärthierärzte der ausserbaye- 
rischen Armeen in dieselben Bezüge einrücken, wie sie die 
bayerischen Veterinäre bereits haben. 

Abg.Müller (Fulda). Es ist der Abgeordnete Herr l)r. Lieb er 
in die Debatte gezogen worden. Der Herr Abg. Dr. Lieber hat 
damals ausgesprochen, dass jetzt eben erst die Aufbesserungen 
stattgefunden haben. Waren da die Rossärzte nicht mit einbegriffen, 
so bewies das, dass die Behörde diese Beamtenklasse für genügend 
bezahlt gehalten hat. Sodann möchte ich davor warnen, dass 
wir auf Grund von Petitionen hier in der Budget-Commission 


solche Resolutionen fassen, wie vorgeschlagen wurde. Zudem 
liegt ein Reichstagsbeschluss vor, dass Petitionen in die Petitions- 
Commission gehören. Ich stelle keinen diesbezüglichen Antrag, 
weil wir diese Petition doch schon so eingehend berathen 
haben; würden wir sie jetzt noch nach dem Vorschläge des 
Herrn Abg. Grafen v. Roon zurückstellen bis zum Schlüsse, so 
könnten wir nochmals vorne anfangen. 

Bei der Abstimmung werden sämmtliche Anträge bezüglich 
der Resolutionen abgelehnt, dagegen der Antrag des Herrn 
Correferenten, die Petition Hoffmann (Hall) dem Reichs¬ 
kanzler als Material zu überweisen, angenommen. 

Vorstehender Bericht ist eingegangen, als die B. T. W. sich 
schon im Druck befand. Daher können an diese interessante 
Verhandlung nur wenige Worte geknüpft werden. 

Aequam memento rebus in arduis servare mentem! — Warten 
wir ab, was die Verhandlungen im Plenum bringen, namentlich 
die Verhandlung der Petition des Veterinärrathes. Es wäre 
vielleicht besser gewesen, der Militärverwaltung nicht Gelegenheit 
zu einer vorgreifenden Aeusserung in dieser Frage zu geben. 
Immerhin ist es werthvoll, ilire vorläufig ablehnende Stellung 
zu kennen. Ueber die Begründung dieser Stellung braucht 
kaum ein Wort verloren zu werden. 

Wenn der jetzige Ersatz voll befriedigt, so ist das jeden¬ 
falls kein Grund, ihn nicht noch zu verbessern, namentlich da 
im Gegensatz zu jenem Ausspruch ja viele höhere Offiziere 
über die Rossärzte zu klagen belieben. Dass aber die wissen¬ 
schaftliche Ausbildung eines Standes eine gedrückte bleiben soll, 
bloss damit Leute aus kümmerlichen und kleinen Verhältnissen 
ihre Söhne hineinbringen können — einer solchen Rücksicht 
dürfte doch bisher eine Wissenschaft noch nicht unterworfen 
worden sein. Sollte nicht übrigens jeder Verwaltung an einem 
Beamtenersatz gelegen sein, der auch in gesellschaftlicher 
Beziehung, in Bezug auf die Kinderstube, ein möglichst guter 
ist? Dass die Armee einen solchen Ersatz haben kann, wenn 
sie will, ist gar nicht zu bezweifeln. Es bleibt also nur die 
Annahme übrig, dass sie gerade das eben nicht will. 

Diese Annahme aber ist geeignet, Erbitterung zu er¬ 
regen. Die Thierärzte bilden ja nur eine kleine Zahl. Aber 
sind es auch nur 4000 Mann, es sind fast alle alte Soldaten 
und in ihrer weit überragenden Mehrzahl Männer, die an der 
Armee hängen mit all’ dem Stolz und der Sympathie, die uns 
nun einmal im Blute liegt. Man sollte sich doch dreimal be¬ 
sinnen, ehe man um solcher „Gründe“ willen diese Gefühle 
tödtet. Und das ist schliesslich die unausbleibliche Folge, wenn 
immer und immer wieder sich zeigt, dass in Bezug speciell auf 
den thierärztlichen Stand die sonst so musterhafte Armee ein 
Hinderniss der erwünschten Weiterentwicklung bildet und an 
gewissen veralteten Verhältnissen um jeden Preis festhält. 

Als ultimo ratio bleibt ja die Scheidung des Civil- und 
Militärveterinärwesens in der Vorbildung. Im äussersten Notli- 
fall dürfte man auch vor diesem Ausweg nicht zurückschrecken, 
so unbefriedigend er auch wäre. Die Armee würde dann nach 
einiger Zeit schon nachfolgen wie dies schon einmal der Fall 
gewesen ist; vielleicht würde dazu später der Anstoss durch eine 
Separateinführung des Abiturientenexamens für die bayrischen 
Veterinäre gegeben werden. 

Indessen vorläufig warte man ab in der Hoffnung, dass 
auch die Militärverwaltung noch keinen unerschütterlichen 
Standpunkt eingenommen hat. S. 


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15. Februar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


81 


Von der Weltausstellung Paris 1900. 

In der deutschen Abtheilung der Weltausstellung in 
Paris 1900 werden neben den temporären Thierausstellungen 
besonders die Gruppen Medicin und Chirurgie, Präcisions- 
instrumente sowie Landwirtschaft das Fachinteresse der Thier- 
iirzte in Anspruch nehmen. 

Dadurch, dass der gesammte Ausstellungsraum zur Hälfte 
von Frankreich in Beschlag genommen worden ist und in die 
andere Hälfte sich 55 Staaten theilen müssen, ist der Raum für 
die einzelnen Gruppen ziemlich eng begrenzt, was auch schon 
durch ein eigenartiges System der Raumeintheilung bedingt 
wird, wonach ein und dieselbe Klasse der verschiedenen 
Staaten räumlich nahe beieinander liegen wird, so dass Ver¬ 
gleiche zwischen den Leistungen verschiedener Staaten auf einem 
bestimmten Gebiete für den Beschauer sehr erleichtert werden. 

Da durch die Raumbeschränkung eine unserer deutschen 
Industrie entsprechende räumliche Entfaltung nicht möglich ist, 
hat der deutsche Reichscommissar, Geheimrath Dr. Richter, 
die Organisation von Collectivgruppen angestrebt, innerhalb 
welcher eine beschränkte Zahl durch vorzügliche Arbeit sich 
anszeichnende Firmen einer Branche sorgfältig ausgewählte 
Collectionen ihrer eigenartigsten und neuesten Erzeugnisse zur 
Schau bringen werden, w’eniger um die deutschen Firmen unter¬ 
einander in Concurrenz treten zu lassen, als vielmehr darum, 
die gesammte Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie auf 
den verschiedenen Gebieten in möglichst wirkungsvoller Weise 
zu zeigen und ihre Ebenbürtigkeit, wo nicht Ueberlegenheit 
gegenüber den gleichartigen Industrien der Concurrenzländer 
darzuthun. 

In der Gruppe der Präcisionsinstrumente, deren Organisation 
dem Leiter der physikalisch-technischen Reichsanstalt, Professor 
Dr. Hagen, obliegt, wird die Anordnung der Instrumente nach 
wissenschaftlichen Grundsätzen erfolgen, indem gleichartige 
Instrumente verschiedener Fabrikanten nebeneinander gestellt 
werden. In der Gruppe Medicin und Chirurgie werden die 
instrumentalen Hülfsmittel für alle Gebiete der Medicin und 
Chirurgie, der Zahnheilkunde und Thiermedicin zur Ausstellung 
gelangen. Jeder Specialist wird hier die Erzeugnisse unserer 
ersten deutschen Firmen der Instrumententechnik finden, welchen 


die Aufgabe gestellt worden ist, eine Auswahl ihrer Special¬ 
fabrikate zur Schau zu stellen, die insgesammt ein vollständiges 
umfangreiches Instrumentarium bilden werden. Die Thatsache, 
dass bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts nur Frankreich 
erstklassige Instrumente producirte und fast allein den Bedarf 
an Instrumenten deckte, dass heute dagegen deutsche Instrumente 
den Weltmarkt erobert haben, wird auf die Leistungen der 
Gruppe Medicin und Chirurgie in der deutschen Abtheilung das 
besondere Interesse der Fachkreise lenken. Die Organisation 
der ganzen Gruppe Medicin und Chirurgie ist dem 
Fabrikanten thierärztlicher Instrnmente Rudolf 
Hauptner, in Firma H. Hauptner, Berlin vom Reichs¬ 
commissar übertragen worden. 

Die Gruppen Medicin und Chirurgie sowie Präcisions¬ 
instrumente werden in einem der grössten Gebäude auf dem 
Marsfelde nächst dem Eiffelthurm an bevorzugter Stelle placirt 
werden. Seitens des Reiches sind für den äusseren Schmuck 
der Gruppen namhafte Mittel bewilligt worden. 

Die Kündbarkeit der Schlachthoflnspectoren. 

Eine überaus traurige Begebenheit, die ein grelles Licht 
I auf die Stellung vieler Schlachthofleiter wirft, wird aus 
Lüneburg vom Berliner Tageblatt berichtet: Der Schlachthof¬ 
inspector, Thierarzt Rumbaur, approbirt 1879, wurde entseelt in 
seiner Wohnung aufgefunden. Es liegt Selbstmord vor, den der 
Unglückliche beging, weil ihm seine Stellung unerwartet gekündigt 
worden war, die er sieben Jahre innehatte. Da seine Dienst¬ 
führung nicht dem geringsten Tadel unterlag, so wird nach dem 
„Lün. Anz.“ vermuthet, dass die Kündigung erfolgte, weil der 
Schlachthofinspector künftig lebenslänglich anzustellen war und 
weil man bei R., der kränklich war, baldige Invalidität fürchtete. 

Persönlich. 

Herr Thierarzt Waldemar Bonatz, z. Z. in Goldberg in 
Schlesien, approbirt in Berlin 1899, ersucht um die ausdrückliche 
Feststellung, dass er nicht identisch ist mit dem jetzt in Buxte¬ 
hude und früher in Hittfeld practicirenden Thierarzt Bonatz. 
Der Letztere hat nicht in Berlin studirt und ist 1896, dem 
Vernehmen nach in Hannover, approbirt; der Anfangsbuchstabe 
seines Vornamens ist G. 


Oeffentliches Veterinär wesen. 


(Mittheilungen für 

Seachen Statistik and Veterinärpolizei. 

Nachweisung über den Stand der Viehseuchen Im Deutschen Reiche 
am 31. Januar 1900. 

Es waren am 31. Januar 1900 in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Marienwerder 

1 (1). R.-B. Berlin 1. R.-B. Potsdam 2 (2). R.-B. Stettin 1 (1). 
R.-B. Posen 2 (2). R.-B. Bromberg 2 (2). R.-B. Oppeln 2 (3). 
R.-B. Merseburg 1 (1). R.-B. Hildesheim 2 (2). R.-B. Stade 1 
(1). R.-B. Minden 1 (1). R.-B. Düsseldorf 1 (1). R.-B. Aachen 

1 (1). Bayern: R.-B. Oberbayern 1 (1). R.-B. Niederbayern 
1 (1). R.-B. Schwaben 2 (2). Württemberg: Donaukreis 2 (2). 
Baden: Landescomm. Constanz 1 (1). Landescomm. Mannheim 
1 (1). Brannschweig: 1 (1). Sachsen - Coburg-Gotha: 
Herzogthum Gotha 1 fl). Eisass-Lothringen: Bezirk 
Lothringen 1 (4). 


Veterinärbeamte.) 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 14 (52). R.-B. Niederbayern 8 
(11). R.-B. Pfalz 13 (60). R.-B. Oberpfalz 4 (12). R.-B. Ober¬ 
franken 10 (21). R.-B. Mittelfranken 13 (29). R.-B. Unterfranken 
15 (34). R.-B. Schwaben 20 (98). Sachsen: Kreishauptm. 
Bautzen 3 (12). Kreishauptm. Dresden 8 (23). Kreishauptm. 
Leipzig 7 (41). Kreishauptm. Zwickau 10 (43). Württem¬ 
berg: Neckarkreis 12 (24). Schwarzwaldkreis 16 (55). Jagst- 
kreis 12 (31). Donaukreis 16 (129). Baden: Landescomm. 
Constanz 9 (33). Landescomm. Freiburg 10 (51). Landescomm. 
Karlsruhe 9 (40). Landescomm. Mannheim 12 (58). Hessen: 
Provinz Starkenburg 5 (24). Provinz Oberhessen 5 (44). Pro¬ 
vinz Rheinhessen 5 (28). Mecklenburg-Schwerin: 7 (14). 
Sachsen-Weimar: 5 (35). Mecklenburg-Strelitz: 2 (5). 
Oldenburg: Herzogthum Oldenburg 1 (3). Fürstenthum Birken¬ 
feld 1 (1). Braunschweig: 5 (47). Sachsen-Meiningen: 
4 (12). Sachsen-Altenburg: 1(7). Sachsen-Coburg-Gotha: 
Herzogthum Coburg 1 (2). Herzogthum Gotha 2 (6). Anhalt: 


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82 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 7. 


5 (24). Scliwarzburg-Sondershausen: 2 (3). Schwarz¬ 
burg-Rudolstadt: 1 (1). Waldeck 2 (5). Reuss ä. L.: 1 (1). 
Reuss j. L.: 2 (7). Schaumburg-Lippe: 3 (4). Lippe: 

6 (46). Hamburg: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk Unter- 
Elsass 8 (121). Bezirk Ober-Elsassö (58). Bezirk Lothringen?(27). 

C. von Lungenseuche: 

Preus8en: R.-B. Magdeburg 2 (2). Sachsen: Kreis- 
hauptm. Zwickau 1 (1). 

D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest): 
Preussen: R.-B. Königsberg 4 (9). R.-B. Marienwerder 
2 (3). R.-B. Potsdam 4 (6). R.-B. Stettin 3 (6). R.-B. Stralsund 

2 (2). R.-B. Posen 7 (10). R.-B. Bromberg 2 (2). R.-B. 

Breslau 7 (12). R.-B. Liegnitz 3 (5). R.-B. Oppeln 5 (12). 
R.-B. Magdeburg 2 (2). R.-B. Schleswig 2 (2). R.-B. Hannover 

3 (3). R.-B. Osnabrück 2 (2). R.-B. Münster 3 (3). R.-B. 

Minden 1 (1). R.-B. Arnsberg 1 (1). R.-B. Cassel 2 (4). R.-B. 
Wiesbaden 1 (5). R.-B. Coblenz 1 (1). R.-B. Düsseldorf 2 (2). 
Bayern: R.-B. Oberbayern 2 (3). R.-B. Oberpfalz 1 (1). Sachsen: 
Kreishauptm. Zwickau 1 (1). Württemberg: Donaukreis 1 (1). 
Braunschweig: 3(4). Sachsen-Meiningen: 1 (1). Schaum¬ 
burg-Lippe l (1). Hamburg: 1 (1). 


Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preussen am 31. Januar 1900. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche herrschte 
in 

tt 1 Gemeinden 

Krc,sen ; (Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez) 
waren 
verseucht: 

Königsberg. 

13 

90 

22,02 

Gumbinnen. 

7 

10 

2,57 

Danzig. 

6 

30 

23,8a 

Marienwerder. 

15 

92 

40,67 

Berlin . 

1 

1 

— 

Potsdam. 

14 

98 

37, m 

Frankfurt. 

13 

118 

43,36 

Stettin. 

11 

82 

49,03 

Köslin. 

1° 

61 

31,58 

Stralsund. 

3 

14 

15,71 

Posen. 

18 

58 

17,60 

Bromberg. 

13 

117 

52,58 

Breslau. 

19 

55 

14,48 

Liegnitz. 

10 

24 

8,52 

Oppeln. 

13 

111 

39,62 

Magdeburg . 

13 

85 

59,02 

Merseburg. 

15 

78 

33,73 

Erfurt. 

4 

7 

11,94 

Schleswig. 

5 

8 

3,74 

Hannover . 

7 

31 

49,28 

Hildesheira. 

10 

30 

41,43 

Lüneburg . 

3 

11 

7,46 

Stade. 

3 

6 

8,26 

Osnabrück. 

5 

25 

44,65 

Aurich. 

2 

2 

5,84 

Münster. 

9 

25 

93 28 

Minden. 

9 

45 

88,23 

Arnsberg. 

10 

1 26 

30,58 

Kassel. 

16 

40 

23,92 

Wiesbaden. 

12 

21 

22,43 

Koblenz . 

11 

43 

41,14 

Düsseldorf . 

17 

87 

202,32 

Köln . 

8 

33 

112,48 

Trier . 

13 

46 

40,81 

Aachen . 

8 

30 

76,92 

Hohenzollern-Sigmaringen 

4 

15 

118,11 

Summa: 

350 

1655 

— 


Tuberoulose-Tilgung. 

Der deutsche milchwirthschaftliche Verein wird in seiner im 
Februar d. J. stattfindenden Hauptversammlung besonders die 
Frage der Sanirung der Milchviehbestände Deutschlands, sowie 
die Uebertragung8möglichkeit der Tuberculose durch den Milch¬ 
genuss in den Kreis seiner Berathungen ziehen. Zur Vor¬ 
bereitung ist eine Commission, bestehend aus Gutsbesitzer B. 
Plehn-Gruppe, Oeconomierath Boysen-Hamburg, Gutsbesitzer 
Waldeyer-Bad Dryburg, Prof. Dr. Weigmann-Kiel, Ober¬ 
thierarzt Kühn au-Hamburg und Prof. Dr. Vieth-Hameln bereits 
zusammengetreten und haben namentlich darüber eingehende 
Berathungen stattgefunden, ob oder wieweit den berechtigten 
Forderungen der Hygiene Rechnung getragen werden kann, ohne 
wirthschaftliche Nachtheile hervorzurufen. 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen. 

Ausbrüche sind gemeldet aus Nürnberg (Schweine-Abtheilung) 
am 8. und aus Dresden (desgl.) am 12. er. Ein Ausbruch im 
städtischen Schlachthof zu Strassburg i. E. ist am 12. er. bereits 
wieder erloschen. Erloschen ist die Seuche ferner zu München 
am 10. er. 


Fleischschaa und Viehyerkehr. 

Viehau8fuhr aut Rusaland. 

Der englische Consul Mackie in Odessa berichtet darüber, 
dass zwei englische Parlamentsmitglieder und ein thierärztlicher 
Professor letzthin Russland bereisten, um die. Bedingungen fest, 
zustellen, unter denen Russland Vieh nach England und Malta 
exportiren kann, und hoffte man, dass dies ein einträglicher 
Handelszweig werden wird. Als Gegenleistung soll von England 
Zugvieh nach Russland importirt werden. Der Hauptpunkt der 
Berathung war, ob Russland den englischen Gesetzen bezüglich 
Seuchenverschleppung gegenüber genügend Sicherheit leisten 
könnte. Veterinärschulen und -Einrichtungen in den Hauptstädten 
Russlands wurden infolgedessen besucht und die Organisation 
und Ausführung in Augenschein genommen. Die Vorkehrungen 
zur Abwehr und Unterdrückung der Viehseuchen wurden ein¬ 
gehend studirt. Es wurde vorgeschlagen, dass Russland in 
Bezirke getheilt werden solle und Garantie gegeben würde, dass 
die inficirten Bezirke durch neutrale Zonen isolirt werden sollen 
und ein Verkehr zwischen inficirten und freien Bezirken stricte 
verhindert werden soll. 

Das russische Vieh wurde weit unter der Qualität befunden, 
wie sie für den englischen Markt erforderlich ist, abgesehen 
von den Beständen, die durch Importe englischer Bullen auf¬ 
gebessert worden waren. In diesen Fällen war das Vieh 
frühreifer und zeigte sich den eingeborenen langhaarigen Steppen¬ 
rindern überlegen. Eine Kreuzung genügt indessen, um sie für 
die westlichen Märkte passend zu machen. Die russische 
Regierung hat deshalb für fünf Jahre eine grosse Summe jähr¬ 
lich ausgesetzt, um englisches Zuchtvieh anzukaufen zur Auf¬ 
besserung der einheimischen Viehzucht. Man hoffte dadurch mit 
Amerika coucurriren zu können. 

Für die Verschiffung von Rindern, Schafen und Molkerei- 
producten nach Eugland, Frankreich und anderen Ländern hat 
sich bereits mit britischem Capital eine Gesellschaft gebildet. 
Zwei Mitglieder, von denen einer Engländer, sind erwählt 
worden nach Malta zu gehen und dort die Bedingungen der 
Einfuhr festzustellen. Zur Mästung der Rinder für Exportzwecke 


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15. Februar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


83 


haben sich eine Reihe von wohlhabenden Landwirthen unter I 
Protection der Moskauer Landwirthschaftsgesellschaft zn- ! 
sammengethan. 

Merkwürdig ist, dass bis zum gegenwärtigen Zeitpunkte 
kein Versuch, Fleischvieh herzurichten, gemacht worden ist. Die 
Ochsen werden meistens als Lastthiere benutzt, bevor sie ge¬ 
mästet werden. Selbstverständlich gelangen die Ochsen erst 
zur Mast, wenn sie zu anderer Arbeit unbrauchbar sind, wodurch 
die Minderwertigkeit des russischen Fleisches erklärt ist. Für 
den Export sollen die russischen Dampfer eigens eingerichtet j 
werden. K. , 

Farbever&nderungen an Soelett beim Rinde. 

Thierarzt Wagemann fand die Knochen eines Rindes 
sämmtlich chokoladenfarbig und schickte dieselben an die Thier¬ 
arzneischule zn Brüssel. Das Thier stammte ans einem gewöhn¬ 
lichen Stalle, war wie die übrigen Thiere gefüttert worden, hatte 
aber wenig gefressen nnd zeigte sich beim Schlachten etwas 
anämisch, sonst aber gesund. Das Knochenmark erwies sich als 
citronengelb. Die geraspelten Knochen ergaben ein mnscatnnss- 
ähnliches Pnlver. Die chemische Analyse zeigte eine normale 
Zusammensetzung. Hiernach kam es nur noch auf eine Extraction 
des Farbstoffes an. Dnrch Aetzalkalien erhielt man eine braune 
Flüssigkeit, welche im Spectroscop drei Absorptionsstreifen zeigte. 
Die weitere chemische Behandlung ergab einen Eisengehalt. Es 
lag ein organischer eisenhaltiger Stickstoffkörper vor, der wohl 
ans dem Hämoglobin des Blutes stammte. An Schnittpräparaten 
des entkalkten Knochens fand sich der Farbstoff nur in den 
Zellen und zwar nicht crystallinisch, sondern in Form von Pig- 
mentgranulationen. Wahrscheinlich handelte es sich um das 
Product der regressiven Umwandlung des Hämoglobins eines 
physiologisch veränderten Blutes, womit auch der Zustand des 
lebenden Thieres übereinstimmen würde. 

(Referat von Vogel aus den Ann. de müd. vdt. — Dtsch. 
th. Wscbr.) 

Ueber Xasthosis der Musoolatur. 

Goltz hat zuerst auf die leberbraune Verfärbung der Musen- 
latur aufmerksam gemacht. Oberschulte theilt in der Ztschr. 


f. Fl. u. Milchh. ebenfalls zwei solcher Fälle mit. Eine alte 
schwarzbunte Kuh war mit Heu, Oelkuchen und städtischen 
Küchenabfällen gefüttert worden. Sämmtliche Organe waren 
normal, das gesammte Fleisch jedoch war rothbraun bis schwarz- 
grünlich gefärbt, das Herz auch auf den Schnittflächen tief 
dunkelbraun. In der Körpermusculatur fanden sich zahlreiche 
Abstufungen der Farbentöne. Das Fleisch musste deshalb ver¬ 
nichtet werden. Auch in dem zweiten Falle handelte es sich 
um eine alte schwarzbunte, sehr gut genährte Kuh. Die Rumpf- 
musculatur war erheblich dunkler als gewöhnlich, Herz, Kau¬ 
muskeln und Zunge gänzlich verfärbt; am Halse wechseln tief 
dunkle und fast normale Partieen. Der gewöhnliche frische rothe 
Farbenton des Rindfleisches war nirgends vorhanden. Die Schnitt¬ 
fläche dunkelte stark nach. Dieses Fleisch wurde der Freibank 
überwiesen. 

Flelscheinfuhrverbot. 

Das Verbot der Einfuhr frischen Schweinefleisches aus 
Dänemark (vom 20. August 1896) wird dahin declarirt, dass 
es auf Schweinelebern, auch wenn sie nur schwach gesalzen 
oder gespritzt oder nicht völlig durchgepökelt sind, keine An¬ 
wendung findet. (Verfügung mehrerer Regierungen vom Ja¬ 
nuar 1900.) 

Die Berliner „Kochanstalt“. 

Endlich beginnt man in der Bürgerschaft von Berlin doch 
auch auf die Missstände aufmerksam zu werden, welche sich 
daraus ergeben, dass das auf dem Schlachthofe beanstandete 
Fleisch einem Privaten zur weiteren Behandlung überlassen 
wird. In der Stadtverordnetenversammlung ist ein genügend 
unterstützter Antrag eingebracht, den Magistrat zu ersuchen, 
die „Kochanstqlt“ nicht mehr zu verpachten, sondern auf dem 
Schlachthof für den gedachten Zweck eine in städtischer Ver¬ 
waltung befindliche Anstalt zu errichten. Die Aeusserungen 
eines Stadtverordneten bewiesen, dass grosse Unkenntniss 
herrscht und dass es leicht sein würde, die Versammlung irre 
zu führen. Dem muss von competenter Seite vorgebeugt 
werden. ■ 


Bücheranzeigen und Eritiken. 

Godeist, L Agr£g£ ä l’^cole de m^decine vöt^rinaire de 
l’Etat ä Cureghem-Bruxelles: TraiW de Microbiologie appliquee 
ä la M^decine vetrinaire, ä. l’usage des m^decins et des 
etudiants v^trinaires. II. Edit. Lierre, Jos. van In & Co. 
Grand’ Place 39. 535 Seiten, 1899. Ref. Hecker-Halle a. S. 

Wohl auf keinem Gebiete der biologischen Forschung ist in 
den letzten Jahren rastloser gearbeitet und mehr geleistet 
worden wie auf dem Felde der Bacteriologie. Dieses wird uns 
am besten vor Augen geführt durch das schnelle Erscheinen 
neuer Auflagen wirklich brauchbarer Lehrbücher und ihrer zahl¬ 
reichen Ergänzungen. 

Die vorliegende 2. Auflage von Gedoelst „Trait de 
Microbiologie“ weist gegenüber der ersten manche Verbesserung 
und vieles Neue auf. Neu hinzugekommen sind u. A. die 
Capitel über Cerebrospinalmeningitis der Pferde (Borna’sehe 
Krankheit), Rennthierpest und besonders eine grosse Anzahl von 
Seuchen unter der Gruppe der haemorrhagischen Septicaemien 
und der Colibacterien. 

Ref. kann sich freilich für die Einschaltung der verschiedenen 
Kurz8täbchenbacterien in die Coligruppe nicht sehr begeistern. 


Das Buch zerfällt in den allgemeinen Theil, welcher uns 
die Morphologie, Physiologie, Einwirkung der verschiedenen 
Medien auf die Bacterien, die Infections- und Imraunisirungs- 
theorien, microscopische Technik u. s. w. giebt. Der zweite, 
specielle Theil darf wohl als die augenblicklich reichhaltigste 
Sammlung der Thierseuchen betrachtet werden. 

Es ist deshalb zu erwarten, dass das recht stattliche Werk 
auch auf dem Büchertisch des deutschen Veterinärmediciners 
sich bald einen würdigen Platz erobern wird. Hierzu kommt, 
dass die Sprache auch für den im Französischen weniger Geübten 
eine leichtverständliche ist. 

Zu' wünschen wäre nur, wenn sich die Herren Verfasser 
und Verleger entschliessen könnten, die etwas spärliche Zahl 
der Abbildungen durch recht brauchbare Photogramme zu er¬ 
gänzen. 

Prof. Dr. Fischer, Leitfaden der Thierzuohtlel.re für pract. 
Landwirthe. Leipzig, Hugo Voigt, 1900. M. 3. Das dem 
verdienstlichen Förderer der landwirtschaftlichen Thier¬ 
zucht Herrn Professor Dr. Julius Köhn in Halle ge¬ 
widmete Werkchen ist nicht nur für Landwirthe, sondern 
auch für Thierärzte, die sich für Thierzucht interessiren, 


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sowie auch besonders für die Studirenden der Thierheilkunde 
ein recht brauchbares und sehr empfehlenswertes Repetitorium. 
Der Verfasser hat es verstanden, auf 282 Seiten nicht nur die 
allgemeinen Züchtungslehren und allgemein gütigen Züchtungs¬ 
grundsätze sondern auch die Rassenkunde von Pferd, Rind, 
Schaf und Schwein bei aller Gedrängtheit doch übersichtlicher 
und erschöpfender zu behandeln als man das in Büchern ähn¬ 
licher Art findet. Es hat der Verfasser überall die springenden 
Punkte herausgegriffen nnd durch Beigabe von zahlreichen 
guten Abbüdungen nach Aufnahmen von Albert Schwartz- 
Berlin das Verständniss erleichtert. Einen besonderen Werth 
glaubte er auch auf die Abhandlung der Zuchtorganisation (Vieh¬ 
zuchtvereine, Hengsthaltungsgenossenschaften, Zuchtbullenkör¬ 
ordnungen u. s. w.) legen zu müssen. Wir vermissen allerdings 
hierbei den Hinweis auf die Nothwendigkeit der Zuziehung von 
Thierärzten zur Beurtheilung von Gesundheit, Erbfehlem und 
Geschlechtstüchtigkeit der Zuchtthiere. Hoffentlich geschieht 
das in der nächsten Auflage, die wohl bald erscheinen wird und 
der wir weiteste Verbreitung wünschen. Pr. E11 in ge r. 

Neue Eingänge. 

(Besprechung Vorbehalten.) 

Fröhner. Lehrbuch der Arzneimittellehre. V. Auflage. 
Stuttgart 1900. 14.—. 

Bayer und Fröhner. Handbuch der Thierärzte für 
Chirurgie und Geburtshilfe. I. Band. Operationslehre 
von Bayer, n. Auflage, II. Band. Allgemeine Chirurgie 
von Fröhner. II. Auflage. I. 12.—: II. 8.—. 

Leiserings Atlas der Anatomie des Pferdes und der 
übrigen Hausthiere. Neu herausgegeben von Ellenberger 
und Baum. ni. Auflage, Lief. 8 und 9. ä 6.—. 

Jahresbericht über die Verbreitung der Thier¬ 
seuchen in Deutschland für das Jahr 1898. Berlin bei 
Julius Springer 1899. 10.—. 

Rupp, Professor in Karlsruhe. Die Untersuchung von 
Nahrungsmitteln. Genussmitteln und Gebrauchsgegen¬ 
ständen. Heidelberg 1900. 7 M. 

Dr. Jaensch. Der Zucker in seiner Bedeutung für 
die Volksernährung. 6. Tausend. Berlin bei Parey, 1900. 1.—. 

Richter, Polizeithierarzt in Frankenberg i. Sachsen. Die 
Gewährleistung beim Viehhandel. Ein Vortrag. Franken¬ 
berg bei Rossberg. 

Werke über Landwirthschaft, Gartenbau und Forst- j 
wesen im Verlag von Paul Parey, Berlin. Catalpg mit j 
Photographien der Autoren, 1900. 


Personalien. 

Ernennungen etc.: Oberamtsthierarzt Trips zu Stuttgart von der 
naturwissenschaftlichen Facultät zu Tübingen zum Doctor #er. nat. 
proinovirt. — Thierarzt Scherer zu Tuttlingen zum Kreisthierarzt 
in Bolcheu in Elsass-Lothringen ernannt. — Thierarzt Schaub aus 
Gräfrath zum Districtsthierarzt der Gemeinden Berlichingen, Bierin- j 
gen, Muthof, Schönthal, Westernbausen, Ernsbach und Sindriogen in | 
den Kgl. Wütttembergischen Oberämtern Künzelsau und Oehringen 
gewählt und von der Regierung des Jagstkreises bestätigt. — Be¬ 
zirksthierarzt Friedrich Pöhlmann von Naila nach Wunsiedel ver¬ 
setzt. — Thierarzt Joseph Hartl-Abbach zum Districts- und Con¬ 
trolthierarzt in Neukirchen aufgestellt. Districtsthierarzt Heinrich 
Witzigmann hat seine Stelle in Pirmasens niedergelegt und ist 
nach Hassloch verzogen. — Gewählt: Thierarzt Jlirgefas zum 
Rchlachthoftbierarzt in Tempelburg. 


No. 7. 


Approbationen: ln Berlin die Herren Joseph Bähr, Wilhelm Föge, 
Louis Grebentench, Georg Heinrich, Georg Kettner, Emil 
Mertz, Otto Manegold, Adolph Schonart, Bernhard Willa- 
mowski; — in Giessen Herr Heinrich Zielloff. 

Wohn8ltzverftnderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die 
Thierärzte Richard Bi ermann (vom 21. II. ab) nach Lublimitz 
(Schlesien), G. Th. Geuther von Domanze (Scbles.) nach Hirsch¬ 
berg a. d. Saale, Rudolf Lecble von München nach Pasing, 
Manasse von Berlin nach Augustusburg, Fritz Rabus von Landau 
(Pfalz) nach Pirmasens. — Thierarzt E. Stern hat sich in Schildau 
und Thierarzt Adolf Waldeck in Cassel niedergelassen. 

Yacanzen. 

Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Cassel: Gersfeld zum 1. März (600 M.) Bewerb, bis 28. Fe¬ 
bruar an den Regierungspräsidenten. 

In Bayern: Bezirksthierarztstelle in Naila (Oberfranken), 
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Arnsberg: Lippstadt. — R.-B. Danzig: Carthaus. — R.-B. 
Gumbinnen: Grenzthierarztassistentenstelle in Stallupönen. — 
R.-B. Schleswig: Eiderstedt. — R.-B. Trier: Kreisthierarzt¬ 
assistentenstelle. 

Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Eberswalde: Schlachthausinspector (2400 M. bis 3300 M., 
Wohnung etc.) Meid, bis 1. März an den Magistrat. — Friesack 
(Mark): Thierarzt als Vieh- u. Fleischbeschauer (1200—1500 M. und 
Praxis). Bew. bis 1. März an den Magistrat. — Geyer (Sächs. 
Erzgeb.): Thierarzt für Fleischbeschau (1500—2000 M. aus der Stadt¬ 
praxis.) Bewerb, bis 1. März an den Stadtrath. — Halle a. S.: 

2. Assistenzthierarzt am Schlachthofe zum 1. April (1800 M., 
Wohnung etc.) Bew. bis 28. Februar an die Direction. — Lemgo: 
Schlachthofinspector zum 1. April (1500 M. Anfangsgehalt, 
Wohnung etc.). Bew. bis 20. Februar an d. Magistrat — Lüne¬ 
burg: Schlachthofvorsteher (2400—3400 M., Wohnung etc., Pension). 
Bewerb bis 1. März an den Magistrat. — Rathenow: Schlachtbof- 
inspector zum 1. April (2000 M. steigend bis 3000 M. Wohnung etc.). 
Meldungen an den Magistrat. — SorauN.-L.: Schlachthofvorsteher 
(2250 M. steigend bis 3000 M. Wohnung etc. Keine Praxis. Pension, 
1000 M. Caution). Bewerb, bis 22. Februar an den Magistrat. — 
Thorn: 2. Thierarzt am Schlachthof. Bewerb, bis 1. März an den 
Magistrat. — Wanne: Schlachthofvorsteher. Praxis gestattet. Be¬ 
werb. bis 15. Februar an den Amtmann. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — Dessau: Schlachthof¬ 
assistenzthierarzt. — Dre sden: 3 Hilfsthierarztstellen am Schlacht¬ 
hof. — Eckernförde: Schlachthofinspector. — Edsen (Ruhr): 

3. Schlachthofthierarzt — Fi lehne: Schlachthofinspector. — 
Friedrichsthal (Kreis Saarbrücken): Thierarzt für Fleisch¬ 
beschau. — Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt — Hannover: 
IV. Tbierarztstelle am Schlachthof. — Hirschberg (Schlesien): 
'Schlachthofvorsteher zum 1. März. — Königsberg i. P.: Schlacht¬ 
hofthierarzt. — Liegnitz: SchlachthofasBiBtenzthierarzt. — Mark- 
neukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — 
Militsch: Schlachthofinspector. — Mülhausen (Eisass): Scblacbt- 
hofverwalter. — Ostrowo: Schlachthofinspector. — Spremberg: 
Schlachthofinspector. — Trier: Schlachthofhilfsthierarzt zum 1. März. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Augustusburg: Städt. Thierarzt sofort (720 M. Fixum. 
Privatpraxis). — Festenberg. — Hirschberg (Saale): Thierarzt 
(1000 M. Fixum, Trichinenschau und amtsthierärztliche Functionen). 
Bew. an den Stadtgemeindevorstand. — Kemberg. — Kotzenau 
i. Schl. — Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdebnen 
(Kr. Pillkallen.) — Lössnitz: Thierarzt für Schlachtvieh- und 
Fleischbeschau zum 1. Juni 1900. Bew. an den Stadtrath. — 
Murrhardt. — P a b s t o r f (Braunschweig): Thierarzt sofort. —• 
Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.): Thierarzt für PraxiB 
(300 M. Zuschuss). Bewerbungen beim Magistrat. 

Besetzt: Kreisthierarztstelle in Bolchen. — Schlachthofstelle in 
Tempelburg. 


Verantwortlich fUr den Inhalt (excL Inaeratentheil): Prot Dr. Schmalta ln Berlin. — Verlag nnd ElgenUram von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. BOxenatein, Berlin 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Beilage zur Berliner Thierärztlichen Wochenschrift. 

No. 7. — 15. Februar 1900. 


Protokoll 

der 45. Generalversammlung des thierärztlichen Central- 
yereins der Provinz Sachsen, der anhaitischen und 
thüringischen Staaten, 

abgebalten am 5. November 1899 in Halle a. S. 

Anwesend waren die Mitglieder: 

Th. Becher - Salzmünde, Kr.-Th. Borchardt-Cölleda, 
Schl.-Th. Bo Ile-Magdeburg, Schl.-Th. Buhmann-Magdeburg, 
Kr.-Th. Busch-Torgau, Viehhof-Dir. Colb erg-Magdeburg, 
Th. Conrad-Belgern, städt. Th. Demmin-Zerbst, Professor 
Dr. Disselhorst-Halle a. S., Kr.-Th. Friedrich-Halle a. S., 
Ober-R. a. I). Gensert-Merseburg, Th. Goerold-Hamersleben, 
Kr.-Th. Gotting-Aschersleben, Kr.-Th. Gundelach-Magdeburg, 
Kr.-Th. Griesor-Naumburg, Kr.-Th. Haas-Zerbst, Th. Hecker- 
Halle a. S., Kr.-Th. Hofherr-Herzberg a. E., Th. Jünger- 
Weissenfels, Th. Just-Schkölen, Th. Dr. Kantorowicz-Mühl- 
berg a. E., Schl.-Dir. Klaphake-Zeitz, Kr.-Th. Klooss-Eis- 
leben, Kr.-Th. Köpke-Liebenwerda, Th. Kohl-Lützen, Kr.-Th. 
Kühn-Zeitz, Kr.-Th. Lauche sen. und Th. Lauche jun.-Bitter- 
feld, Dep.-Th. und Vet.-Ass. Leistikow-Magdeburg, Kr.-Th. 
Liebener-Delitzsch, Th. Liebrecht-Zörbig, Kr.-Th. Martens- 
Sangerhausen, Hof-Th. Maximilian-Rudolstadt, Th. Meissner- 
Schafstädt, Kr.-Th. Memmen-Hettstedt, Ass.-Th. Müssemeyer- 
Halle a. S., Schl.-Dir. Mrugowski und Th. Naumann-Halber- 
stadt, Dr. Nöner-Halle a. S., Th. Pasch-Benkendorf, 
Landes-Th. Pirl-Dessau, Kr.-Th. Rheinshagen-Genthin, Schl.- 
Th. Ristow-Magdeburg, Kr.-Th. Rössler-Göthen, Th. Scharf- 
Eckartsberga, Th. Schlemmer-Gröbzig, Th. Schroeder- 
Eilenburg, Th. Schulze-Bernburg. Th. Schümm-Naumburg, 
Th. Siehert-Schönebeck, Schl.-Insp. Sorge-Stassfurt, Schl.- 
Insp. Spuhrmann-Stendal, Th. Stecher-Querfurt, Th. Stein¬ 
meyer - Weissenfels, Kr.-Th. Tannebring - Querfurt, Th. 
Teut8chbein-Delitzsch. Kr.-Th. Thunecke-Calbe a. S., Th. 
Ude-Calbe a. M., Kr.-Th. Wienke-Wittenberg, Th. Wilhelm- 
Brehna, Sch.-Dr. W T itte-Quedlinburg, Kr.-Th. Ziegenbein- 
Oschersleben, Kr.-Tb. Ziegenbein-Wolmirstedt. 

Die Sitzung wird mit begriissenden Worten vom stell¬ 
vertretenden Vorsitzenden Dep.-Th. Leistikow 11Ü Uhr eröffnet 
Derselbe theilt der Versammlung mit, dass der Vereins¬ 
vorsitzende gesundheitlich leider noch nicht wieder soweit her¬ 
gestellt sei, diese Versammlung zu leiten, es sei jedoch be¬ 
gründete Hoffnung vorhanden, dass er die Frühjahrsversammlung 
wieder besuchen könnte. Ferner übermittelt der stellvertretende 
Vorsitzende der Versammlung die Griisse des E.-M. Herrn Geh. 
Med.-Rathes Dr. Esser, welcher schriftlich seinem Bedauern, der 
Versammlung fern bleiben zu müssen, Ausdruck gegeben hatte, 
und begrüsst spec. Herrn Prof. Dr. Disselhorst, dessen Auf¬ 
nahme in der Frtihjahrsversamralung erfolgt war. 

Zur Aufnahme in den Verein, welche einstimmig erfolgt, 
hatten sich gemeldet: Th. Dolle-Oschersleben, Kr.-Th. Ehr¬ 
hardt-Stendal, Kr.-Th. Dr. Felisch-Merseburg, Th. Haffner- 
Aschersleben, Th. Hulbe-Artern, Th. Hussmann-Stassfurt, 
Th. Knolle-Mücheln, Kr.-Th. Stein-Dessau, Th. Schulze-Burg. 

Den Bericht über den VII. internationalen Congress in Baden- 
Baden erstatteten eingehend Land.-Th. Pirl-Dessau und Dir. 
C o 1 b e r g- Magdeburg. 

Der Vortrag über Immunität wurde mit Genehmigung des 
Referenten auf Vorschlag des stellvertretenden Vorsitzenden 
vorläufig znrückgesetzt und es erhielt Kr.-Th. Rössler-Cöthen 


das Wort zu seinem Referat: „Ueber Gewährleistung beim Vieh¬ 
handel nach dem neuen Bürgerlichen Gesetzbuche“, dessen Wort¬ 
laut des grossen Interesses wegen hier wiedergegeben ist. 

Meine Herren! Die Veranlassung, dass vorliegendes Thema auf 
die heutige Tagesordnung gesetzt wurde, ist Ihnen Allen bekannt. 

Am kommenden 1. Januar tritt das neue Bürgerliche Ge¬ 
setzbuch in Kraft; damit vollzieht sich wie auf anderen Rechts¬ 
gebieten so auch auf dem des Viehhandelsrechts eine völlige 
Umwandlung. Da wir Thierärzte die gegebenen Berather der 
Viehkäufer oder -Verkäufer sind, so haben wir auch die Pflicht, 
uns mit den neuen Währschaftsgesetzen bekannt zu machen. 
Das Publikum setzt mit Recht voraus, dass wir die einschlägigen 
Bestimmungen kennen, im Vertrauen auf diese unsere Kennt¬ 
nisse ist es geneigt unseren Rathschlägen zu folgen und sich 
in seinen Worten und Handlungen bei dem Viehkauf und -ver¬ 
kauf danach zu richten. Dieses uns entgegengebrachte Ver¬ 
trauen haben wir alle Ursache uns zu erhalten und zu recht- 
fertigen. Wenn uns aus dieser berathenden Thätigkeit auch 
kein oder doch kein erheblicher materieller Vortheil entsteht, so 
ist der Gewinn in idealer Beziehung jedoch so hoch anzuschlagen, 
dass er der Zeit und Arbeit, welche wir auf die Aneignung der 
erforderlichen Kenntnisse verwenden müssen, reichlich werth ist. 
Sie alle nun, meine Herren, werden sich bereits mit dem Studium 
dgr neuen Währschaftsgesetze befasst haben; das Di eck er¬ 
hoff'sehe Werk und die in der Tagespresse erschienenen Auf¬ 
sätze haben ja genügend Gelegenheit hierzu geboten. Man 
könnte danach meinen, dass es überflüssig sei, heute hier noch 
! des weiteren darüber zu verhandeln. Gerade diejenigen aber, 
die sich eingehender mit dem Studium des neuen Rechts be¬ 
schäftigten, werden auch gefunden haben, dass dasselbe viele 
neue Bestimmungen, mit denen sich öfter zu befassen durchaus 
| nicht überflüssig ist, enthält. Auch finden sich verschiedene 
strittige Punkte darin, über die man nur durch eine Aussprache 
mit anderen Klarheit sich verschaffen kann. Am erspriess- 
lichsteu, meine ich, wird es nun sein, wenn ich die in Frage 
kommenden §§ des neuen Rechts der Reihe nach hier bespreche. 
Tn Betracht kommen die §§481—492 d.es Bürgerlichen Gesetzbuchs. 

§ 481 lautet: „Für denVerkauf von Pferden, Eseln, Maul- 
| eseln und Maulthieren, von Rindvieh, Schafen und Schweinen 
* gelten die Vorschriften der §§ 459—467, 469—480 nur insoweit, 

| als sich nicht aus den §§ 482 —492 ein Anderes ergiebt.“ 

! Es sind demnach nur für die gedachten Thierarten Sonder- 
! bestimmungen getroffen worden; die übrigen Hausthiere werden 
gleich anderen Sachen behandelt. In wie weit die allgemeinen 
Bestimmungen auch für den Handel mit den grösseren Haus- 
| thieren in Betracht kommen, werden wir in der Folge sehen. 

§ 482 lautet: „Der Verkäufer hat nur bestimmte Fehler, 
„Hauptmängel“, und diese nur dann zu vertreten, wenn sie sich 
innerhalb bestimmter Fristen (Gewährfristen) zeigen. 

Die Hauptmängel und die Gewährfristen werden durch eine 
mit Zustimmung des Bundesraths zu erlassende Kaiserliche Ver¬ 
ordnung bestimmt. Die Bestimmung kann auf demselben Wege 
ergänzt und abgeändert werden.“ 

Auf Grund des letzteren Absatzes ist dann unter dem 27. März 
d. J. eine Kaiserliche Verordnung erschienen, welche erstens für den 
Verkauf von Nutz- und Zuchtthieren, bei Pferden, Eseln, Mauleseln 
und Maulthieren als Hauptmängel Rotz, Dumrakoller, Dämpfigkeit, 
Kehlkopfpfeifen, periodische Augenentzündung und Koppen fest¬ 
setzt und zwar säinintlich mit einer Gewährfrist von 14 Tagen. 


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2 


Bei Rindvieh sollen tuberculü.-e Eikrankung, sofern in Folge ' 
dieser Erkrankung eine allgemeine Beeinträchtigung des Nähr- 
zustandes des Thieres herbeigefübrt ist, mit einer Gewährfrist 
von 14 Tagen und Lungenseuche mit einer Gewährfrist von ; 
28 Tagen als Hauptmängel gelten; hei Schafen Räude mit einer 
Gewährsfrist von 14 Tagen, bei Schweinen Rothlauf mit einer 
Gewährfrist von 3 Tagen, Schweineseuche ( einschl. Schweinepest) j 
mit einer Gewährfrist von 10 Tagen. 

Für Schl ach tthiere, d. h. solche Thiere, die alsbald ge- ] 
schlachtet werden sollen und bestimmt sind, als Nahrungsmittel I 
für Menschen zu dienen, gelten künftig als Hauptmängel: 

1. bei Pferden, Eseln, Mauleseln und Maulthieren 

Rotz mit einer Gewährfrist von 14 Tagen. 

2. bei Rindvieh 

tubereu löse Erkrankung, sofern in Folge dieser Erkrankung 
mehr als die Hälfte des Schlachtgewichts nicht oder nur 
unter Beschränkungen als Nahrungsmittel für Menschen 
geeignet ist, mit einer Gewährfrist von 14 Tagen, 

3. bei Schafen 

allgemeine Wassersucht mit einer Gewährfrist von , 
14 Tagen, 

4. bei Schweinen 

a) tuberculöse Erkrankung wie bei Rindern, 

b) Trichinen mit einer Gewährfrist von 14 Tagen, 
cj Finnen mit einer Gewährfrist von 14 Tagen. 

Für diese hier als Hauptmängel aufgeführten Fehler hat 
der Verkäufer künftig lediglich zu haften — wenn nicht ander- I 
weitige Vereinbarungen, die zulässig sind, getroffen wurden. 

Sie wissen, dass der Verkäufer bisher auch ohne ausdrück- ] 
liches rebereinkommen für alle erheblichen, zur Zeit des Kaufs i 
vorhandenen und für den Laien bei gewöhnlicher Aufmerksamkeit 
nicht wahrnehmbaren Fehler zu haften hatte und zwar bei Ihnen in 
Preussen ('» Monate lang; bei uns in Anhalt gilt für die 
Wandelungsklage die gleiche Frist, für die Minderungsklage 
aber ein Jahr. Diese Bestimmungen fallen künftig weg. Für 
die Hauptmängel ist aber nach dem R. G. B. künftig immer 
Gewähr zu leisten, gleichgültig ob sie den Werth oder die 
Tauglichkeit aufheben oder mindern: es wird a priori an¬ 
genommen, dass die Hauptmängel stets erheblich sind. 

In Rücksicht hierauf ist auch die Tuberculöse nicht schlecht- j 
hin als Hauptmangel bezeichnet worden, sondern nur ein ge¬ 
wisser Grad der Krankheit. 

Nur in folgenden Fällen wird der Verkäufer der Gewährs¬ 
pflicht ledig: 

1. Wenn sich der Hauptmangel erst nach Ablauf der 
Gewährsfrist zeigt. 

Der Ablauf der festgesetzten oder vereinbarten Gewährszeit 
ist durch die Bestimmung des § 483 festgelegt; derselbe lautet: 

§ 483. Die Gewährszeit beginnt mit dem Ablauf des 
Tages, an welchem die Gefahr auf den Käufer übergeht. 

Der Zeitpunkt des Gefahrübergangs wird durch die §§ 440 
und 447 bestimmt, dieselben lauten: 

§ 446. Mit der Uebergabe der verkauften Sache geht die 
Gefahr des zufälligen Unterganges und einer zufälligen Ver¬ 
schlechterung auf den Käufer über. 

§ 447. Versendet der Verkäufer auf Verlangen des Käufers 
die verkaufte Sache nach einem andern Orte als dem Erfüllungs¬ 
orte, so geht die Gefahr auf den Käufer über, sobald der Ver¬ 
käufer die Sache dem Spediteur, dem Frachtführer oder den 
sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Personen oder 
Anstalt ausgeliefert hat. 


Diese Bestimmungen bringen für Preussen nichts Neues, 
wohl aber für uns in Anhalt. Hier ging bis jetzt die Gefahr 
mit Abschluss des Kaufs auf den Käufer über. Die neue Fest¬ 
setzung ist richtiger; das Interesse des Verkäufers an dem ver¬ 
kauften Thiere wird für die Zeit, während welcher er es noch 
in Gewahrsam hat, rege erhalten: auch dem Käufer gegenüber 
ist es billig, da ihm ja erst von da an. wo er das neugekaufte 
Thier in seinem Stall hat, Gelegenheit zur eingehenden Prüfung 
bezw. Untersuchung geboten ist. 

2. Wird der Verkäufer der Gewährsfrist ledig, wenn er den 
Beweis bringt, dass der Mangel zu der Zeit des Gefahr¬ 
übergangs auf den Käufer noch nicht vorhanden war. 
Denn 

§ 484 lautet: 

„Zeigt sich ein Hauptmangel innerhalb der Gewährsfrist, so 
wird vermuthet. dass der Mangel schon zu der Zeit vor¬ 
handen gewesen sei, zn welcher die Gefahr auf den Käufer 
übergegangen ist.“ 

Aus dem „es wird vermuthet“ geht hervor, dass dem Ver¬ 
käufer der Gegenbeweis offen gelassen ist. Bei den kurzen 
Gewährsfristen ist allerdings anzunehmen, dass ihm dies nur 
ausserordentlich selten gelingen wird. Trotzdem glaube ich, 
dass von dieser Zulassung des Gegenbeweises öfter Gebrauch 
gemacht werden wird und so manche faulen Processe veranlasst 
bezw. in die Länge gezogen werden. 

3. Wird der Verkäufer der Gewährspflicht ledig bezw. 
verliert der Käufer seine Ansprüche auf Gewährleistung, 
wenn er der in $ 485 festgesetzten Anzeigepflicht 
nicht nachkommt. 

485 lautet: „Der Käufer verliert die ihm wegen des 
Mangels znstehenden Rechte, wenn er nicht spätestens zwei, 
Tage nach dem Ablauf der Gewährsfrist oder, falls das Thier 
vor dem Ablauf der Frist getödtet worden oder sonst verendet 
ist, nach dem Tode des Thieres den Mangel dem Verkäufer 
anzeigt oder die Anzeige an ihn absendet oder wegen des 
Mangels Klage gegen den Verkäufer erhebt oder diesem den 
Streit verkündet oder gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung 
des Beweises beantragt. 

Der Rechts Verlust tritt nicht ein, wenn der Verkäufer den 
Mangel arglistig verschwiegen hat.“ 

Hieraus geht hervor, dass der Käufer infolge Verletzung 
der Anzeigepflicht nicht nur der Vermuthung aus § 484. sondern 
aller Rechte aus der Gewährleistung, d. h. des Anspruchs selbst 
verlustig geht. Um seine Ansprüche aber zu wahren, stehen 
ihm vier verschiedene Wege offen. Er genügt der Anzeige¬ 
pflicht, wenn er spätestens zwei Tage nach Ablauf der Gewährs- 
frist, oder falls das Thier den Tod erlitten hat, nach dem Tode 
des Thieres dem Verkäufer den Mangel anzeigt oder auch nur 
die Anzeige absendet: statt dessen kann er auch Klage er¬ 
heben oder dem Verkäufer den Streit verkünden oder eine ge¬ 
richtliche Beweisaufnahme beantragen. Hierbei ist zu beachten, 
dass nach der Civil-Process-Ordnung die Klage erst dann als 
erhoben und der Streit erst daun als verkündet gilt, wenn die 
Klageschrift bezw. Streitankündigung dem Beklagten durch den 
Gerichtsvollzieher zugestellt ist. In der Beweisaufnahme ist 
der Veräusserer, wenn irgend tlmnlich, hinzuzuziehen; doch das 
ist Sache des Gerichts, bei welchem die Beweisaufnahme be¬ 
antragt ist. Der Käufer hat nur bei Verletzung der Anzeige¬ 
pflicht Nachtheil zu erwarten. Für den Fall jedoch, dass der 
Verkäufer den Mangel arglistig, d. h. in Kenntniss des Mangels 
und in der Absicht, dem Käufer den Mangel zu verheimlichen, 


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verschwiegen hat, ist die Unterlassung der rechtzeitigen Anzeige 
ohne nachtheilige Folgen für den Käufer; die Gewährspflicht 
bleibt dann für den betrügerischen Verkäufer bestehen. 

4. Verjährung. 

Der Verkäufer wird der (»ewährspflicht sowie der Ver¬ 
pflichtung, Schadenersatz zu leisten ledig, wenn der Käufer seinen 
Anspruch verjähren lässt. Die Verjährung tritt aber sechs 
Wochen nach dem Ende der Gewährfrist ein. Nur in den 
Fällen, wo der Käufer noch nichts oder nur einen Theil der 
Kaufsumme bezahlt hat, kann er auch nach Veijährung des 
Anspruchs die Zahlung des Kaufpreises bezw. des Restes der 
Kanfsumme verweigern, vorausgesetzt, dass er der Anzeige¬ 
pflicht genügt bat. 

5. Der Verkäufer wird der Gewährspflicht ledig, sobald der 
Käufer nachweisbar den Mangel bei Abschluss des 
Kaufes gekannt hat oder derselbe ihm in Folge eigener 
grober Fahrlässigkeit verborgen geblieben ist. 

§ 460 sagt hierüber: Der Verkäufer hat einen Mangel der 
verkauften Sache nicht zu vertreten, wenn der Käufer den 
Mangel bei dem Abschlüsse des Kaufes kennt. Ist dem Käufer 
ein Mangel der im § 459 Abs. 1 bezeichneten Art (d. h. ein 
erheblicher Fehler) in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt 
geblieben, so haftet der Verkäufer, sofern er nicht die Ab¬ 
wesenheit des Fehlers zugesichert hat, nur, wenn er den Fehler 
arglistig verschwiegen hat.“ 

6. Die Gewährspflicht wird gesetzlich ausgeschlossen beim 
Pfandverkauf. 

§ 461 bestimmt hierüber: „Der Verkäufer hat einen Mangel 
der verkauften Sache nicht zu vertreten, wenn die Sache auf 
Grund eines Pfandrechts in öffentlicher Versteigerung unter der 
Bezeichnung als Pfand verkauft wird.“ 

Dieses sind die sechs Fälle, welche den Verkäufer von der 
Gewährspflicht entbinden. Ausserdem ist er in der Lage, die 
Dauer der gesetzlichen Gewährsfristen durch Vertrag mit dem 
Käufer beliebig zu kürzen oder auch zu verlängern. 

§ 486 bestimmt: „Die Gewährsfrist kann durch Vertrag 
verlängert oder abgekürzt werden. Die vereinbarte Frist tritt 
an die Stelle der gesetzlichen Frist.“ 

Bei Verlängerung der Fristen ist die Bestimmung des § 484 
zu beachten. Wenn die Frist auch noch so lange bemessen ist, 
so ist das Vorhandensein eines innerhalb dieser Frist sich zeigen¬ 
den Hauptmangels doch stets, wenn auch nur vermuthungsweise, 
bis auf den Tag des Kaufes znrückzuführen. 

In solchen Fällen, wo lange Fristen vereinbart sind und 
der Hauptmangel sich erst geraume Zeit nach dem Kauf zeigt, 
wird von der Zulassung des Gegenbeweises eher mit Erfolg 
Gebrauch gemacht werden können. 

Eine neue Bestimmung, nämlich Ausschluss der Minderungs¬ 
klage im Viehhandel und Zulässigkeit der Wandlungsklage selbst 
bei der durch Zufall herbeigeführten Verschlechterung oder 
Vernichtung oder bereits erfolgten Weiterveräusserung des 
Thieres bringt i; 487; derselbe lautet: 

„Der Käufer kann nur Wandelung, nicht Minderung ver¬ 
langen. Die Wandelung kann auch in den Fällen der §§ 351 
und 353, insbesondere wenn das Thier geschlachtet ist, verlangt 
werden; an Stelle der Riickgewähr hat der Käufer den Werth 
des Thieres zu vergüten. Das Gleiche gilt in anderen Fällen, j 
in denen der Käufer in Folge eines Umstandes, den er zu ver¬ 
treten hat, insbesondere einer Verfügung über das Thier, ausser 
Stande ist, das Thier zurückzugewähren. 

Abs. 3. Tat vor der Vollziehung der Wandelung eine un- 


wtseutliehe Verschlechterung des Thieres in Folge eines von 
I dem Käufer zu vertretenden Umstandes eingetreten, so hat der 
' Käufer die Werthminderung zu vergüten. 

Nutzungen hat der Käufer nur insoweit zu ersetzen, als er 
sie gezogen hat.“ 

Durch diesen Paragraphen ist die Minderungsklage für den 
Viehhandel künftig ausgeschlossen. Die Auffassung, dass Abs. 3 
j eine Ausnahme statuire, ist eine irrige. Es ist allerdings da gesagt. 
! dass der Verkäufer für die Werthminderung, welche das ver- 
i kaufte Thier durch eine von dem Käufer zu vertretende un- 
' wesentliche Verschlechterung erlitten hat. von dem Käufer eine 
| Vergütung zu beanspruchen hat. Dieses Recht kann er aber 
| nicht durch eine Minderungsklage, sondern nur durch eine 
i Schadensersatzklage geltend machen. Für uns hat ja allerdings 
nur das Factum des Vergütungsanspruches Interesse; ich er¬ 
wähne dies nur, weil die mehrfach aufgestellte Behauptung, dass 
in einem Falle noch eine Minderungsklage zulässig sei, uns in 
, den Augen der Juristen lächerlich macht. 

Was nun die Wandelungsklage betrifft, so ist dieselbe in 
weit grösserem^Umfange zulässig, als bisher; dieselbe kann 
j auch bei der durch Zufall oder durch Verschulden des Käufers 
herbeigeführten wesentlichen Verschlechterung oder Vernichtung 
des Thieres verlangt werden, im besonderen auch daun, wenn 
das Thier auf Veranlassung des Käufers geschlachtet worden 
ist; ebenso, wenn es weiter verkauft wurde und der Käufer gar 
nicht mehr im Stande ist, das Thier zurückzugewähren; in 
diesen Fällen hat der Käufer anstatt der Rückgewähr den 
Werth des Thieres zu vergüten. Ist der Untergang oder die 
Verschlechterung des Thieres durch Zufall herbeigeführt, so geht 
dieses auf Rechnung des Verkäufers, vorausgesetzt natürlich, 
dass der Gewährsanspruch des Käufers begründet ist und der 
Verkäufer den Process verliert. In diesem Fall hat der letztere 
gemäss § 488 dem Käufer auch die aufgelaufenen Kosten zu 
ersetzen. § 488 lautet: „Der Verkäufer hat im Fall der 
Wandelung dem Käufer auch die Kosten der Fütterung und 
Pflege, die Kosten der thierärztlichen Untersuchung und Be¬ 
handlung sowie die Kosten der nothwendig gewordenen Tödtung 
und Wegschaffung des Thieres zu ersetzen“. 

Hierzu ist zu bemerken, dass die Aufwendungen zum Schutz 
gegen Seuchengefahr nicht unter § 488 fallen: ebenso hat der 
Käufer kein Recht, dem Verkäufer Kosten, die etwa aus der Zu¬ 
ziehung mehr als eines Thierarztes erwachsen sind, anzurechnen. 

Für die Wandlung eines Gespannes oder einer Heerde oder 
eines Mutterthieres mit dem Jungen sind, da die §§ 481—492 
ein anderes nicht festsetzen, die Bestimmungen der §§ 469, 470 
bis 473 massgebend. Danach würde zunächst nur für die mangel¬ 
haft befundenen Thiere die Wandelung zulässig sein. Für den 
Fall jedoch, dass die Thiere als zusammengehörig verkauft sind, 
dass die Parteien beim Kaufabschluss über die Zusammenge¬ 
hörigkeit der Thiere ein Uebereinkommen getroffen haben, kann 
sowohl der Käufer als der Verkäufer verlangen, dass die Wand¬ 
lung auf 8ämmtliche Thiere erstreckt wird, wenn die mangel¬ 
haften Thiere nicht ohne Nachtheil für den Antragsteller von den 
übrigen getrennt werden können. Für die Wandlung eines Mutter¬ 
thieres mit dem Jungen ist § 470 anzuwenden; derselbe lautet: 

„Die Wandelung wegen eines Mangels der Hauptsache er¬ 
streckt sich auch auf die Nebensache. Ist die Nebensache 
mangelhaft, so kann nur in Ansehung dieser Wandelung ver¬ 
langt werden.“ Da für gewöhnlich das Mutterthier die Haupt¬ 
sache sein wird, so hat sich, wenn dieses sich als mangelhaft 
erweist, die Wandelung auch auf das Junge zu erstrecken; ist 


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dieses jedoch mangelhaft, so ist auch uur für dieses die Wande¬ 
lung zulässig. Sollte jedoch das Junge mal ausnahmsweise die 
Hauptsache sein (z. B. bei einer alten Stute mit einem von einem 
berühmten Vater stammenden Füllen) so wird vice versa verfahren. 

Wie verhält es sich nun, wenn bei einzelnen von einer 
grösseren Anzahl zusammengekaufter Thiere sich eine an¬ 
steckende Krankheit, für welche der Verkäufer Gewähr zu leisten 
hat, sich herausstelltV Die Antwort ergiebt sich aus den her¬ 
vorgehenden Ausführungen. Wenn keine Verabredung getroffen 
ist, so hat der Verkäufer nur für die Thiere, welche sich inner¬ 
halb der Gewährfrist krank zeigen oder von denen nachgewiesen 
wird, dass sie den Keim der Krankheit schon vor der Zeit des 
Gefahrübergangs auf den Käufer aufgenommen haben, Gewähr 
zu leisten; sind die Thiere als zusammengehörig verkauft, so 
hat der Verkäufer selbstverständlich sämmtliche Thiere 
zurückzunehmen. Ist demselben die erfolgte Ansteckung ein¬ 
zelner der verkauften Thiere bekannt gewesen und hat er diesen 
Umstand dem Käufer arglistig verschwiegen oder hat er das 
Nichtvorhandensein der Krankheit zugesichert, so kann der 
Käufer auch für die nach dem Gefahriibergange angesteckten 
Thiere Schadenersatz beanspruchen. 

Wie weit das führen kann, sehen Sie an folgendem: Wenn 
unsere Landwirthe z. B. Ochsen kaufen, so fragen dieselben 
den Händler stets, ob die Thiere auch frei von Maul- und 
Klauenseuche sind. Ist der Händler nun leichtsinnig genug, dies 
znzusichern und vielleicht auch noch auf eine Frist von 3 Tagen 
die Gewähr zu übernehmen, und es zeigen sich innerhalb dieser 
Frist einige der Thiere als verseucht, so hat er nicht nur für 
diese sondern auch für den Schaden, welchen dieselben durch 
Ansteckung anderer Thiere des Käufers anrichten, Ersatz zu 
leisten. Ein solider Händler wird daher auch künftig eine der¬ 
artige Zusicherung nicht geben. 

Eine auch bisher schon zu Hecht bestandene Vorschrift 
bringt § 4*9; derselbe lautet: 

,,Ist über den Anspruch auf Wandlung ein Hechtsstreit an¬ 
hängig, so ist auf Antrag der einen oder der andern Partei die 
öffentliche Versteigerung des Thieres und die Hinterlegung des 
Erlöses durch einstweilige Verfügung anznordnen, sobald die 
Besichtigung des Thieres nicht mehr erforderlich ist.“ 

§ 490 bringt dann die schon besprochenen Bestimmungen 
über Verjährung des Anspruchs auf Wandelung. 

Von geringer Bedeutung, da nicht oft von ihr Gebrauch 
gemacht wird, ist die Vorschrift des § 491: 

„Der Käufer eines nur der Gattung nach bestimmten Thieres 
kann statt der Wandelung verlangen, dass ihm au Stelle des 
mangelhaften Thieres ein mangelfreies geliefert wird.“ 

Wenn ein derartiges Kaufgeschäft vorliegt und der Ver¬ 
käufer ein oder mehrere Thiere von bestimmter Farbe oder 
Grösse oder Kasse oder Alter oder sonstiger Eigenschaften zu 
liefern hatte, und es stellt sich an einem oder mehreren der 
gekauften Thiere ein Gewährsmangel heraus, so pflegen sich 
die Parteien gütlich zu einigen, ohne gerichtliche Hilfe in An¬ 
spruch zu nehmen. 

Sehr wichtig ist endlich der § 492. Derselbe lautet: 

„Uebernimmt der Verkäufer die Gewährleistung wegen eines 
nicht zu den Hauptmängeln gehörenden Fehlers oder sichert er 
eine Eigenschaft des Thieres zu, so finden die Vorschriften der 
§§ 487—491 und, wenn eine Gewährfrist vereinbart wird, auch 
die Vorschriften der §§ 483—485 entsprechende Anwendung. 

Die im § 490 bestimmte Verjährung beginnt, wenn eine Ge¬ 
währfrist nicht vereinbart wird, mit der Ablieferung des Thieres.“ 


Hieraus geht hervor, dass jedem nicht zu den Hauptmängeln 
gehörenden Fehler die rechtliche Bedeutung eines solchen ent¬ 
weder durch Verabredung beider Kaufschliessenden oder auch 
nur durch den Willen des Verkäufers beigelegt werden kann. 
Freiwillig wird derselbe dies allerdings selten thun; desto öfter 
; wird er sich aber hierzu gezwungen sehen, um einen angemesse- 
| nen Preis für seine Thiere zu erzielen. Da durch das deutsch- 
I rechtliche Princip d. i. die Aufstellung von Hauptmängeln der 
Verkäufer allzusehr begünstigt wird, so wird der Käufer als 
Corrigens eine Gewährleistung für alle oder einzelne Fehler 
heischen. Geht der Verkäufer hierauf ein, so hat der Käufer 
gegebenen Falls nur Wandelung zu verlangen. 

Lässt sich aber der Verkäufer darauf ein, eine Eigenschaft 
des Thieres, bezüglich das Nichtvorhandensein eines nicht zu 
den Hauptmängeln gehörenden Mangels zuzusichern, so hat er 
gegebenen Falls Schadenersatz zu leisten. Die hierfür mass¬ 
gebende Bestimmung bringt § 463: „Fehlt der verkauften 
i Sache zur Zeit des Kaufs eine zugesicherte Eigenschaft, so kann 
der Käufer statt der Wandelung oder der Minderung Schaden¬ 
ersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Das Gleiche gilt, wenn 
der Verkäufer einen Fehler arglistig verschwiegen hat.“ 

Diese Bestimmungen haben zu der Befürchtung Veran¬ 
lassung gegeben, dass der verkaufende harmlose Bauer von dem 
gewitzigten Händler oder anderen Käufern häufig veranlasst 
werden wird, Zusicherungen, deren Tragweite dem Unwissenden 
gar nicht bekannt gewesen ist, zu geben. Das mag ja wohl 
im Anfang öfter Vorkommen, in solchen Fällen werden aber die 
Gerichte dem in seiner Unwissenheit Hineingelegten zur Seite 
stehen; dieselben werden herausfinden, ob dem Betreffenden die 
Zusicherung in hinterlistiger Weise entlockt ist und Denjenigen, 
der zu prellen gedachte, heimschicken. Auch meine ich, werde« 
die Landwirthe bald lernen, wie sie sich bei dem Verkauf und 
auch dem Kauf künftig zu verhalten haben. Jedenfalls wird es 
für den Verkäufer gut sein, die Zunge zu zügeln und kein 
Wort zu viel zu sagen. Andererseits darf aber die Gefahr, in 
welche sich der Verkäufer durch Anpreisungen seiner Thiere 
begiebt, nicht überschätzt werden. Vor allen Dingen werden 
die Gerichte auseinanderzuhalten wissen, ob der Verkäufer nur 
seine Ansicht ausgesprochen oder in aller Form eine Zu¬ 
sicherung gegeben hat; auch wird in Betracht gezogen werden, 
ob die Aeus8erungen des Verkäufers für das Zustandekommen 
des Kaufes von Einfluss gewesen sind, und ob dieselben über¬ 
haupt ernst zu nehmen waren. So werden Aeussenmgen. durch 
die etwas Unmögliches behauptet wird, niemals für den Ver¬ 
käufer gefährlich werden; so z. B. wenn er sagt, sein Pferd 
liefe mit dem Schnellzug um die Wette u. dergl. 

Die Ansicht, dass der Verkäufer künftig, wenn er Fehler- 
ffeiheit zugesichert hat, für jeden Fehler, auch den geringsten 
und unerheblichsten aufkommen müsse, halte ich für irrig. Ein 
Fehler ist meines Erachtens nur dann ein Felder, wenn er er¬ 
heblich ist. Dass sich auf diesen Standpunkt auch die Gerichte 
stellen werden, ist mir ganz zweifellos. 

Von grossem Einfluss werden in dieser Beziehung unsere 
Gutachten sein, die wir als Sachverständige vor den Gerichten 
abzugeben haben. Ich bin überhaupt der Meinung, dass mit 
der Einführung des neuen Gesetzes uns neue und wichtige 
Aufgaben erwachsen. Dadurch, dass wir unausgesetzt mit den 
Viehproducenten und -consumenten in Berührung stehen, sind 
wir in der Lage auf die Gestaltung der Bahnen, in welchen 
sich der Viehhandel künftig bewegen wird, grossen Einfluss zu 
Üben. Auf unsere Kenntniss der für den Viehhandel mass- 


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gebenden gesetzlichen Vorschriften vertrauend werden Ver¬ 
käufer und Käufer uns gern Gehör schenken und unseren Rath¬ 
schlägen folgen. Dass diese jeder Thierarzt nach bestem 
Wissen und Gewissen ertheilen wird, ist mir nicht zweifelhaft; 
ebenso gewiss ist es aber, dass diese Thätigkeit in jedem 
Collegeu die Liebe zu unserem schönen und in jeder Beziehung 
Befriedigung gewährenden Beruf befestigen wird. 

Bei der sich anschliessenden Discussion hebt Director 
Colberg-Magdeburg hervor, dass es ihm unverständlich er¬ 
scheine, dass es eine Gewährfrist bei Rindern, welche bei der 
Schlachtung mit Finnen behaftet sich zeigten, nach dem B. 
G. B. nicht gäbe, während doch bei Schweinen in diesem Falle 
14 Tage als Gewährsfrist festgesetzt ist. Mit den die Tuber- 
culose der Schlachtthiere betreffenden Bestimmungen kann mau 
sich seiner Ansicht nach einverstanden erklären. 

Weiter wurde von Steinmever und Rössler nochmals 
hervorgehoben, dass § 487 Abs. 3 nur eine Werthmindemng im 
Sinne der Schadenersatzklage bedeute, niemals aber eine 
Minderungsklage hervorrufeu könne. Der stellvertretende Vor- j 
sitzende hebt hervor, dass die Schadenersatzklage an Stelle der 
Minderwerthsklage treten werde. Er dankt im Namen der j 
Versammlung dem Referenten und (’oireferenten sowie den | 
Collegen, welche sich an der Discussion betheiligt haben. Darauf j 
tritt eine Pause von 10 Minuten ein. Nach Wiederaufnahme f 
der Verhandlungen berichtet Kreis - Thierarzt Gundelach- 
Magdeburg in kurzer Form über die Einweihung der neuen 
thierärztlichen Hochschule in Hannover und hebt vor allem 
hervor, dass, wenn auch die äussere Gestalt grossartiger hätte sein 
können, doch die innere Einrichtung eine ganz vorzügliche wäre. 

Hieran anschliessend erwähnt Schulze-Bernburg, dass 
einige,,Professoren der Hannoverschen Hochschule in Aussicht 
gestellt hätten, künftighin Kurse für Thierärzte einzurichten und 
ermahnt die Collegen, sich rechtzeitig nach event. Vertretern um- j 
Zusehen, um dieser Einladung Folge leisten zu können. 

Nachdem noch die .Vorträge für die nächste Versammlung, 
welche unter erwünschter Betheiligung der Damen in Magdeburg 
abgehalten werden soll, festgesetzt sind, gelangt der letzte 
Punkt der Tagesordnung zur Verhandlung. 

Zu diesem zeigt College Lauche jun. einen 420 g schweren 
Nierenstein von einem Pferde, welches angeblich niemals Krank- 
heitserscheinungen gezeigt hat. Hierzu bemerkt Hof-Thierarzt 
Ernst, dass er im Besitze eines 910 g wiegenden Nieren¬ 
steines vom Pferde sei und stellt in Aussicht, denselben bei einer 
der nächsten Versammlungen vorzulegen. 

Ziegenbein-Oschersleben hat in einem grossen Sehweine- 
bestande durch Lochung der Ohren zuerst ganz eigentümliche 
Krankheitserscheinungen (Phlegmone der Ohren, Thränen der 
Augen, verminderte Fresslust etc.) auftreten sehen, bis endlich 
bei Todesfällen durch Section zweifellos Schweineseuche fest¬ 
gestellt wurde. Z. kann sich dieses plötzliche Erkranken so 
vieler Schweine (in ganz kurzer Zeit gingen ca. 50 Stück ein) 
pur so erklären, dass eins von den zuerst gelochten Schweinen 
bereits an Schweineseuche erkrankt war und von diesem aus 
durch die Zange die Ansteckung der übrigen erfolgt ist. 

Bei dem sich an die Verhandlungen anschliessenden ge¬ 
meinsamen Mittagessen, welches durch verschiedene Toaste ge¬ 
würzt wurde, kamen drei Telegramme nach Verlesen zur Ab¬ 
sendung, und zwar an den Vereinsvorsitzenden, in welchem der 
Hoffnung auf weitere Genesung Ausdruck verliehen wurde, an 
das Ehrenmitglied des Vereins Herrn Geh. Ob. - Reg. - Rath 
Dr. Lydtin. welchem der Verein seine Bewunderung und 


seinen Dank für das überaus geniale Arrangement des thier- 
ärztlichen Congresses aussprach und drittens wurde der tele¬ 
graphische Grass des Vereins Thüringer Thierärzte, welche zu 
gleicher Zeit tagten, erwidert. 

Leistikow. Friedrich, 

stellvertr. Vorsitzender. Schriftführer. 

Ueber die am Vorabende der Vereinssitzung abgehaltene 
Versammlung der Sanitätsthierärzte ist das Protocoll zu den 
Acten überreicht (vgl. B. T. W. No. 6 pag. 68). 

Gerichtsentscheidungen. 

ln Sachen de« Viehhändlers L. Krzykowikl zu Gostyn, Klägers, gegen 
den Kreilthierarzt Dr. Wassmann zu Berlin, Beklagten. 

I. 

Entscheidung der 12. Civilkammer des Kgl. Land¬ 
gerichts I zu Berlin. 

Der Kläger wird mit der erhobenen Klage abgewiesen und 
verurtheilt, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 

Thatbestand. Am 17. März 1897 Morgens 4 Uhr traf 
auf dem Berliner Viehhofe eine von dem Kläger am 16. März 
in Gostyn verladene an die Viehcommissionshandlnng F. Spon- 
holz gerichtete Sendung von 69 Schweinen und 10 Hammeln 
ein. Unmittelbar nach der Ankunft wurde die Sendung auf 
Veranlassung des Beklagten mit Beschlag belegt und ihre Ueber- 
führung nach dem Seuchenhofe angeordnet. Unstreitig erfolgte 
die Beschlagnahme deshalb, weil der Berliner Veterinärpolizei 
am 14. März 1897 von dem Polizeidistrictsamt in Punitz die 
Nachricht zugegangen war, dass der Viehhändler Wocinocki 
aus Pudlischki — in welcher Gegend damals die Klauenseuche 
bei Rindern herrschte — 46 Schweine gekauft hätte, die er 
am 15. März 1897 auf der Bahnstation Gostyn nach dem 
Centralviehhof verladen werde, und weil Beklagter nach dieser 
Nachricht, und nachdem bis 17. März 1897 die Wocinocki’sche 
Sendung nicht eingetroffen war, den Verdacht für begründet 
erachtet, dass sich unter der klägerischen Sendung auch Thiere 
aus der verseuchten Gegend befänden. Im Laufe des Tages 
wurde die Beschlagnahme als unbegründet aufgehoben. Der 
Kläger erblickt in dem Verhalten des Beklagten eine Fahrlässig¬ 
keit und fordert Ersatz des durch die Beschlagnahme ihm an¬ 
geblich entstandenen Schadens mit dem Anträge: 

Den Beklagten kostenpflichtig zu verurtheilen, an den Kläger 
468,52 Mark nebst 5 pCt. Zinsen seit dem 12. April 1897, 
dem Tage der Klagezustellung zu zahlen und das Urtheil gegen 
Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären. 

In näherer Begründung führt Kläger Folgendes aus: 

I. Sein Coramissionär Sponholz habe von der Beschlag¬ 
nahme um 6 Uhr am Morgen des 17. März Kenntniss erhalten 
und sofort den Thierarzt Siegel darauf aufmerksam gemacht, 
dass das beschlagnahmte Vieh nicht mit dem aus der Punitzer 
Gegend hergekommenen identisch sei. Siegel habe aber erklärt, 
er könne nicht anders handeln, da er stricte Anweisung von 
dem Beklagten seinem Vorgesetzten, besitze. Um 8 Uhr früh 
sei sodann der Beklagte selbst erschienen; auch ihm habe 
Spouholz die gleiche Vorhaltung gemacht und ihm bemerkt,, 
dass er, Beklagter, für allen Schaden aufkommen müsse. 

Der Beklagte habe nunmehr an das Districtsamt Punitz 
depeschirt, die Anordnung jedoch aufrecht erhalten und dem 
Sponholz anheimgegeben, sich an den Departementsthierarzt 
Dr. Wolff beschwerdeführend zu wenden. Wie Kläger be¬ 
hauptet, hätte Dr. Wolff auf die vorgebrachte Beschwerde 
sofort dem Sponholz erklärt, der Beklagte habe kein Recht 
zu solcher Anordnung, hätte dem Sponholz ein an den Be¬ 
klagten gerichtetes Schreiben dementsprechenden Inhalts mit¬ 
gegeben, und Sponholz hätte dies Schreiben sofort im Bureau 
des Beklagten abgegeben. Darauf um y 4 ll Uhr Vormittags 
habe Beklagter dem Sponholz mittheilen lassen, dass die 
Schweine nunmehr ausgeladen werden dürften: und dass jetzt 
Sponholz sich geweigert habe, über die Ladung zu verfügen, 
und sie dem Beklagten unter Haftbarmaclmng für allen Schaden 
zur Disposition gestellt habe, sei die Entladung des Viehes bis 
: y 4 ll Uhr Vormittags von dem Beklagten selbst veranlasst 
worden. Die Freigabe der Sendung sei erst um 1 Uhr Nach¬ 
mittags erfolgt. 

II. Der Beklagte habe fahrlässig gehandelt: Denn bei Auf¬ 
wendung nur geringer Aufmerksamkeit habe er die Beschlag¬ 
nahme unterlassen müssen, weil die beiden Viehtransporte, um 
die es sich handelte, aus ganz verschiedenen Gegenden und von. 


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verschiedenen Händlern herrührteu. an verschiedenen Tagen 
abgesandt waren und ganz verschiedenes Vieh enthielten. Noch 
am 16. März 1897 habe der Departementsthierarzt l)r. Wolff 
dem Beklagten anempfohlen, sich die Waggonnuininer des 
Transportes aus der verseuchten (legend telegraphiren zu lassen. 
Der Beklagte habe es aber versäumt, über die Frage der 
Identität beider Sendungen sich rechtzeitig zu informiren, wozu 
er nach Meinung des Klägers um so eher in der Lage gewesen 
wäre, als er schon drei Tage vor dem Eintreffen der Sendung 
von allen Einzelheiten Kenntniss gehabt habe. Ausserdem hätte 
er nach klägerischem Dafürhalten bereits um 6 Uhr früh sich 
davon überzeugen sollen, dass die Thiere gesund waren, und 
dass die Beschlagnahme der Begründung entbehrte. 

III. Der Beklagte habe schliesslich den Klageanspruch dem 
Grunde nach selbst anerkannt. Denn durch Vermittlung des 
Directors des Central-Viehhofes, Oeconomieraths Hausburg, 
habe er sich am fraglichen Tage mit Sponholz dahin geeinigt, 
dass beide die Schweine verkaufen sollten und Beklagter sich 
ausdrücklich verpflichtete, für die Preisdifferenz und den Schaden 
aufzukommen. 

IV. Seinen Schaden berechnet der Kläger dahin: 

1. infolge mangelhafter Füttejung der Schweine von 4- 7 Uhr 
Gewichtsverlust von 10 Pfund pro Stück, sind 

69 X 10 = 690 Pfund 
abzüglich 20 pCt . Tara = 138 ,, 

bleiben 552 Pfund Gewichtsverlust. 

Da von den 69 Schweinen 
16 Stück = 2879 kg mit 42 Mark | 

52 ., = 4844 „ ., 44 | pro Centner 

1 „ = 276 „ „ 30 „ J 

verkauft worden seien, was einem Durchschnitt von 43 Mark 

(eher mehr als weniger) pro Centner entspreche, so beziffere 
sich der Schaden durch Gewichtsverlust auf 237,36 Mark. 

2. Infolge mangelnder Reinigung, Rückganges der Preise 
und des getrennten Verkaufes der Schweine (nicht auf dem 
Schweinemarkt) ein Mindererlös von mindestens 2 Mark pro 
Centner netto, das heisst für 11 198,40 Pfund: 223,96 Mk. 

3. Dazu 7,20 Mark Unkosten für Depeschen, die Sponholz 
auf Veranlassung des Beklagten und zur Aufklärung des von 
diesem begangenen Fehlers gemacht habe, die 4* iru m in il-ejn 
Nutzen des Beklagten verwendet seien und von ihm erstattet 
werden müssten. Den Anspruch auf Zurückerstattnng der dem 
Sachverständigen gezahlten Gebühren behält sich der Kläger 
noch vor. 

Demgegenüber geht der Antrag des Beklagten dahin, die 
Klage abzuweisen und das Urtheil wegen der Kosten für vor¬ 
läufig vollstreckbar zu erklären. 

Er macht Folgendes geltend: 

I. Auf die Vorstellung des Sponholz habe er die sofortige 
Freigabe der Sendung von dem Ausfall der Antwort auf eine an 
das Districtsamt zu Punitz gerichtete telegraphische Anfrage 
abhängig gemacht. In der Antwort, die trotz der Dringlichkeit 
der Anfrage erst um 5 Uhr des Nachmittags eingetroffen sei, 
sei keine Aufklärung des Sachverhaltes enthalten gewesen, viel¬ 
mehr nur gesagt werden, Auskunft über die Sachlage sei nur das 
Districtsamt Gostyn zu geben im Stande. 

ln der Zwischenzeit, um 10 Uhr Vormittags, habe er (Be¬ 
klagter) demnach die Genehmigung zur Entladung des be¬ 
schlagnahmten Viehes unter der Bedingung ertheilt, dass die 
Schweine in die sogenannte kleine Schweinehalle, die Schafe 
aber in besondere Buchten der Hammelhalle gebracht 
würden. Nunmehr habe jedoch Sponholz erklärt, dass er die 
Schweine und Schafe nicht mehr verwerthen könne, und sie dem 
Beklagten zur Verfügung gestellt. Demnächst sei das Vieh auf 
seine (des Beklagten) Veranlassung durch Leute der Viehhofs¬ 
verwaltung entladen und in die betreffenden Räumlichkeiten 
eingestellt, gleichzeitig ihr Gesundheitszustand festgestellt und 
danach auf erneuten Antrag des Sponholz die völlige Frei¬ 
gabe um 12 Uhr Mittags angeordnet worden. 

Beklagter stellt in Abrede, dass Dr. Wolff sein Verhalten 
gemi8sbilligt haben solle, und verweist auf den abschriftlich 
Blatt 19. 19v. der Acten, worauf Bezug genommen wird, mit- 
getheilten Inhalt des von Dr. Wolff am 17. März 1897 an ihn 
gerichteten Briefes. 

II. Unter den obwaltenden Umständen liege eine Fahr¬ 
lässigkeit auf seiner Seite nicht vor. Bestimmend sei für ihn 
gewesen, dass nach der Mittheilung des Punitzer Districtsamts 
die Verladung der verdächtigen Sendung in Gostyn erfolgen 
sollte, und dass auch die klägerische Sendung von dort kam. 


Es sei eine durch vielfache Erfahrung erhärtete Thatsache, dass 
diejenigen Viehhändler, die aus Sperrgebieten stammende, mithin 
seuchenverdächtige Viehsendungen auf den hiesigen Viehhof 
bringen, durch allerhand Manipulationen den drohenden Ver¬ 
kehrsbeschränkungen zu entgehen und die Veterinärpolizei zu 
täuschen suchen. Machenschaften, wie die nachstehenden, seien 
gewöhnlich: 

1. Umladung der Viehsendung auf einer Zwischenstation 
und Benutzung eines Wagens mit anderer Nummer. 

2. Umexpedirung des Transportes auf einer Zwischenstation 
auf einen anderen Namen als denjenigen, auf den die Sendung 
an der Uebergangsstation lautete. 

3. Verladung einer grösseren Stückzahl von Thieren oder 
Zusammenladen der Thiere mehrerer Händler mit den Vei- 

! dächtigen in einem Wagen und Expedirung auf einen anderen 
Namen, als in der auf Anfrage erfolgenden Zuschrift der Orts¬ 
polizeibehörde des Abgangsortes angegeben wird. 

Dem Beklagten dürfe kein Vorwurf daraus gemacht 

werden, dass der durch Zusammentreffen von Umständen ent¬ 
standene Verdacht sich nachher als unbegründet herausgestellt 
habe, denn die Veterinärpolizei sei genöthigt, auch auf den 
blossen Verdacht hin einzuschreiten. In diesem Sinne habe 
auch die Vorgesetzte Behörde, das Polizeipräsidium, sein (des 
1 Beklagten) Verhalten, was die Beschlagnahme selbst angeht, 

! gebilligt, wie die abschriftlich Blatt 20 der Akten, worauf ver¬ 
wiesen wird, mitgetheilte vorgetragene Verfügung vom 

März 1897 bezeuge. 

Beklagter bestreitet im Uebrigen die klägerischen An¬ 
führungen, insbesondere die Behauptung, dass er in der Lage 
gewesen wäre, sich um 6 Uhr früh schon vom Gesundheits¬ 
zustände der Thiere zu überzeugen. Der Dienst der Veterinär¬ 
polizeibeamten beginne im März erst um 8 Uhr; zu dieser 
Stunde habe Beklagter auch erst von der Ankunft der Sendung: 
erfahren. Um diese Zeit müsse aber nach den auf dem Central- 
viehliof geltenden Vorschriften das Füttern der Schweine schon 
beendet sein. 

III. Eine Einigung, wie sie Kläger behauptet, sei zwischen 
ihm (Beklagter) und Sponholz keineswegs erfolgt; Sponholz 
sei vielmehr gegen 12 Uhr Mittags an ihn mit der Frage heran¬ 
getreten, ob ihm gestattet würde, die Thiere wieder zu über¬ 
nehmen und zu verkaufen, was er, Beklagter, ohne Weiteres 
jetzt zugestanden habe. 

IV. Die Angaben über die Höhe des dem Kläger erwachsenen 
Schadens werden vom Beklagten durchweg bestritten, und es 
wird auch die Entstehung eines Schadens durch Gewichts¬ 
verlust oder Mindererlös, sowie die Veraitslagung von Depeschen¬ 
gebühren überhaupt geleugnet. Insbesondere könne von einem 
durch die Beschlagnahme herbeigefülirten Rückgänge der Preise 
nicht die Rede sein. Um 7 Uhr früh beginne der Verkauf und 
dauere bis 12 Uhr; vor 10 Uhr werde aber wenig verkauft, und 
erst um diese Zeit erreiche, die Kauflust den Höhepunkt: um 
diese Zeit sei aber auch dem Sponholz. am 17. März 1897, 
die Entladung und der Verkauf, allerdings in abgetrennten 
Räumen, gestattet gewesen. Dass Sponholz die Sclnveine ent¬ 
sprechend der allgemeinen Preisnotirung bezahlt bekommen 
habe, ergebe sich auch aus dem amtlichen Bericht über den 
Schweinemarkt am 17. März. 

Wegen weiterer Einzelheiten in dieser Beziehung und wegen 
der vorgebrachten Beweismittel wird auf den Schriftsatz vom 
1. Juli 1897, Blatt 30 bis 34 der Acten verwiesen. 

Replizirend macht der Kläger dem Beklagten es noch be- 
I sonders zum Vorwurf, dass er erst am 17. März über die Frage 
der Identität der beiden Viehsendungen sich unterrichtet hätte. 

| obwohl er dazu schon eher in der Lage gewesen sei; alsdann 
hätte er auch nicht dio sofortige Freigabe vom Ausfall einer 
| Antwort des Punitzer Districtsamts abhängig zu machen brauchen. 

! Ihn träfen deshalb die Folgen etwaiger Verspätung der Antwort. 

Ein Zugeständniss dafür, dass Beklagter sich im Unrecht fühlte.* 
I sei schon in der Thatsache enthalten, dass die Freigabe um 
1 Uhr erfolgte, ehe die Rückantwort aus Punitz eingetroffen 
i war. Hierzu komme noch, dass bereits am 14. März 1897 der 
Departements-Thierarzt Wolff den Beklagten daraufhingewiesen 
I habe, er solle doch an das Punitzer Amt depeschiren. Wegen 
der weiteren aul die behauptete Fahrlässigkeit des Beklagten 
bezüglichen Ausführungen wird auf den Inhalt der Replik zu 3 
(Blatt 24v. bis 26v. der Acten) verwiesen. 

I Hinsichtlich der Schadensberechnung bestreitet Kläger, dass 
vor 10 Uhr Vormittags wenig Verkäufe stattfänden; im Gegen- 
theil sei bis 10 Uhr ständig l l 3 , manchmal auch 2 / 3 des ganzen 
Auftriebes schon verkauft, wie der Magistrat auf Grund der 


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7 


amtlichen Wiegebücher beauskuuften kann. Naturgemäss werde 
der Markt immer flauer, je länger er dauere, und es sei ferner 
erklärlich, dass jeder Käufer solche Thiere, die sich bereits in 
Händen der Polizei befunden haben, billiger kaufen will und 
dadurch die Preise herabdrückt. Und nicht um 10 Uhr, sondern 
erst gegen 11 I hr Vormittags habe er (Kläger) die Schweine 
endlich ausladen können, dazu aber noch etwa eine Stunde ge¬ 
braucht, so dass es fast 12 Uhr Mittags geworden sei, bevor 
der Verkauf habe beginnen können. 

Die Aus- und Anführuugen der Replik hat wiederum der 
Beklagte als unzutreffend bezeichnet. Er hebt noch hervor, 
dass die vorläufige Freigabe des Viehes schon um 10 Uhr Vor¬ 
mittags erfolgt sei und die Schweine spätestens um 10'/ 2 Uhr 
in der kleinen Schweinehalle sich befunden hätten. 

Zu einer Depeschirung am 14. März 181*7 habe gar kein 
Anlass Vorgelegen, da weder er, noch der Departementsthierarzt 
Dr. Wolff damals von dem bevorstehenden Eintreffen der 
Sendung des Klägers schon Kenntniss gehabt hätten, l'eber 
die vom Kläger behauptete Einigung des Beklagten mit 
S ponholz hat gemäss der Be Weissbeschlüsse vom 5. Juli und 
18. October 181)7 Beweisaufnahme durch wiederholte Vernehmung 
des Viehcommissionärs Gustav Sponholz als Zeuge statt¬ 
gefunden. 

Wegen seiner eidlichen Aussagen wird auf die Protocolle 
vom 11. October und 2. December 1897 Blatt 39 v, 40, 59 v, 
00, 00 v, der Acten Bezug genommen. Auf die Vernehmung 
der weiter von den Parteien benannten Polizeithierarzt Pietsch 
und Oeconomierath Hausburg ist für diese Instanz verzichtet 
worden. 

Die in Bezug genommenen Blatt 19 und 20 der Acten sind 
nicht bestritten. 


Entscheidungsgründe. 


Der Kläger verlangt Ersatz des Schadens, den ihm der 
Beklagte durch die am 17. März 1897 auf dem Centralviehhof 
stattgehabte zeitweilige Beschlagnahme eines Viehtransportes 
zugefügt haben soll. 

Die Beschlagnahme hat der Beklagte in amtlicher Function 
veranlasst. Er ist beamteter Thierarzt im Sinne des $ 17 des 


Gesetzes vom 


23. Juni 1880 
1. Mai"1894" 


betreffend die Abwehr und Unter- 


di iicknng von Viehseuchen. Es ist nicht streitig, dass er zu 
den von ihm getroffenen Anordnungen kraft seines Amtes und 
gemäss den veterinärpolizeilichen Bestimmungen an sich be¬ 
fugt gewesen ist, und es fragt sich nur, ob er bei Ausübung 
dieser amtlichen Befugniss sich eines Versehens schuldig ge¬ 
macht hat, das er bei gehöriger Aufmerksamkeit und pflicht- 
gemässer Sorgfalt hätte vermeiden können, und das er darum 
dem Kläger gegenüber zu vertreten hat ( §§ 88, 89 Theil II 
Titel 10 des Allgemeinen Land-Kechts). Diese Frage ist zu ver¬ 
neinen. weder in der Anordnung der Beschlagnahme selbst noch 
in ihrer Aufrechterhaltung kann unter den gegebenen Umständen 
ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten erblickt weiden. 
Dabei ist davon auszugehen, dass dem Beklagten keinesfalls 
etwa daraus schon ein Vorwurf zu machen ist. dass er seine 


Anordnung auf einen Verdacht hin getroffen hat, der sich später 


als thatsächlich nicht gerechtfertigt herausstellte. Denn die 
Polizeiorgane sind häutig genöthigt, nur auf Verdachtsgründe 
hin einzuschreiten; zumal wo es sich um die Ausführung des 
Viehseuchengesetzes handelt, würde die Polizei, wie Beklagter 
mit Hecht hervorhebt, ihrer schwierigen und höchst verant¬ 
wortungsvollen Aufgabe nicht gerecht werden können, wenn sie 
sich stets auf den Boden bewiesener Thatsachen stellen müsste. 

Im vorliegenden Falle war der Verdacht der Seuchen¬ 
gefährlichkeit des klägerischen Transportes in ausreichendem 
Slasse dadurch gegeben, dass die Sendung aus Gostyn kam, und 
dass ebendorther ein bereits am 14. März 1897 avisirter aus 
der verseuchten Punitzer Gegend stammender Schweinetransport 
erwartet wurde. Der Verdacht wurde dadurch nicht beseitigt, 
dass weder der Name des Absenders, noch die Zeit der Ab¬ 
sendung, noch endlich auch die Stückzahl des Transportes bei 
beiden Sendungen übereinstimmten. Denn es ist mit dem Be¬ 
klagten ohne Weiteres anzunehmen, dass Viehhändler, wenn sie 
die veterinärpolizeilichen Beschränkungen vermeiden wollen, durch 
Umladung, Umexpedirung oder Vereinigung mit anderen Trans¬ 
porten ohne besondere Schwierigkeit die Herkunft ihres Viehes 
verdecken können, und dass diese Möglichkeit auch mit Bezug 
auf den Kläger keineswegs ausgeschlossen war. 

Wie sich der Beklagte vor dem Eintreffen der ^Sendung des 
Klägers von ihrer Identität oder Nichtidentität mit der aus dem 


District Punitz erwarteten hätte überzeugen sollen, ist nicht 
ersichtlich. 

Somit beruhte die Anordnung der Sperre, w’eil durch die 
Umstände behufs Abwendung von Seuchengefahr geboten, nicht 
auf irgend einer Fahrlässigkeit des Beklagten. Ebensowenig 
aber lässt sein weiteres Verhalten eine solche erkennen. Er 
handelte durchaus zweckmässig, wenn er auf das Ansuchen des 
Sponholz die sofortige Freigabe des Viehes vom Ausfälle der 
Antwort des Punitzer Di.strictsamtes auf seine telegraphische 
Anfrage abhängig machte. Ergab sich daraus, dass die am 
17. März 1897 eingetroffene Sendung nicht aut der Seuchegegend 
stammte, so fiel darauf jeder Verdacht fort, während anderer¬ 
seits, falls der Transport aus jener Gegend kam, auch eine 
unverweilt vorgenommene thierärztliche Untersuchung keine 
Gewähr gegen die Gefahr der Verschleppung einer noch in der 
Entwickelung begriffenen und noch nicht festzustellenden Seuche 
bieten konnte. Für die Verzögerung der verlangten Auskunft 
und für die dadurch bedingte Aufrechterhaltung der Sperre trifft 
den Beklagten keine Schuld. Dem Kläger stehen daraus um so 
weniger Schadenansprüche zu, als ihm trotz unveränderter Sach¬ 
lage noch während der Marktzeit die Entladung des Viehes und 
der Verkauf, wenn auch innerhalb gesonderter Räume, gestattet 
worden ist, daraus dass schliesslich der Beklagte die Beschlag¬ 
nahme gänzlich auf hob, bevor ihm noch eine Antwort aus Punitz 
zngegangen war, ein Zugeständnis seines Verschuldens zu 
folgern, ist verfehlt. Denn der Beklagte gab erst frei, nachdem 
die inzwischen vorgenommene Untersuchung nichts Verdächtiges 
ergeben und sein Vorgesetzter Dr. Wolff einer milderen Auf¬ 
fassung Ausdruck gegeben hatte. Aus der Meinungsverschieden¬ 
heit des Dr. Wolff ist aber noch nicht zu folgern, dass das 
Verfahren des Klägers unberechtigt gewesen sei und ein ver¬ 
tretbares Versehen enthalte, dass umsoweniger, als auch Dr. 
Wolff in seinem Schreiben vom 17. März 1897 (Blatt 19) her¬ 
vorhebt, dass „ihm die Sache doch etwas verdächtig vorkommt“, 
und das Vergehen des Beklagten die ausdrückliche Billigung 
seiner höheren Vorgesetzten Behörde, des Polizei - Präsidiums, 
laut der Verfügung vom 26. März 1897 gefunden hat. 

Hiernach fehlt es am Grunde des Schadenanspruchs. Die 
Behauptung des Klägers, dass der Beklagte sich mit Sponholz 
geeinigt habe und die Verpflichtung eingegangen sei, für die 
Prefsdifteren'z Ünd den Schäden aufzukommen, ist durch die eid¬ 
liche Aussage des Zeugen Sponholz selbst widerlegt. Denn 
dieser bekundet, dass die Erklärung des Beklagten, „er stelle 
sich dem Zeugen wegen der Preisdifferenz zur Verfügung“, von 
keiner Seite als ein Anerkenntniss oder Zahlungsversprechen 
aufgefasst worden ist, dass vielmehr beide Theile davon aus¬ 
gegangen sind, dass die Sache im Processwege ausgetragen 
werden sollte. 

Danach hat sich Beklagter dem Sponholz gegenüber zu 
nichts verpflichtet, im Gegentheil seine Verpflichtung abgelehnt. 

Nach alledem ist die Klage unbegründet. Ueber den 
Kostenpunkt entscheidet § 87 der Civilprocessordnung. Die 
Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urtheils muss 
unterbleiben, weil die Bestimmung des Paragraphen G49 4 der 
Civilprocessordnung auf den Kostenpunkt nicht bezogen 
werden kann. 

gez. Vonbrodt. Trautwein, Schreiber. 

II. 

Entscheidung des 11. Civilsenats des Königlichen 
Kammergerichtes in Berlin. 

Die Berufung des Klägers gegen das am 8. December 1897 
verkündete Urtheil der 12. Civilkammer des Königlichen Land¬ 
gerichtes I zu Berlin wird auf Kosten des Klägers zurück¬ 
gewiesen. Die Kosten des Rechtsmittels werden dem Kläger 
auferlegt. 

Thatbestand. Gegen das vorbezeichnete Urtheil, auf 
dessen vorgetragene Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat 
Kläger rechtzeitig und formgerecht Berufung eingelegt mit dem 
Anträge 

unter Abänderung der Vorentscheidung den Beklagten 
nach dem Klageanträge zu verurtheilen. 

Nach seiner Meinung ist das Verhalten des Beklagten in 
mehrfacher Beziehung fahrlässig gewesen, denn derselbe hätte, 
da die Viehsendung des Klägers gegen 4 Uhr Morgens eintraf 
und die Fütterung auf dem Centralviehhofe um 8 Uhr beendet 
sein musste, dafür Sorge tragen müssen, dass ein Füttern der 
Schweine in der Zeit bis 8 Uhr möglich war: er hätte ferner 
die Beschlagnahme nicht bewirken dürfen, da weder der Name 
des Absenders noch der Tag der Verladung noch die Anzahl 


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8 


und Gattung 1 des Vieh» mit dem angemeldeten Transporte über¬ 
einstimmte; er hätte ferner schon am 14. März in Folge der 
Anmeldung einer verdächtigen Sendung telegraphiren und sich 
nach den näheren Umständen derselben erkundigen müssen; 
mindestens hätte er am IG. März, als die Sendung immer noch 
nicht eingetroffen war, telegraphisch nach ihrem Verbleib an- 
fragen müssen, schon um zu verhindern, dass sie an einen 
anderen Ort gelangte und dort Schaden anrichtete. 

Thatsächlich sind die 4G Schweine nach Chemnitz versandt 
worden. Dass von einer Umladung des klägerischen Transportes 
nicht die Rede sein kann, gehe aus den Frachtpapieren hervor 
und hätte Beklagter durch einfache Einsicht derselben fest¬ 
stellen können. 

Er habe dieses unterlassen, ebenso habe er nicht sofort 
nach Ankunft der Tliiere oder doch bei Beginn seines Dienstes, 
sondern erst um 11 Uhr sie untersucht, habe nicht sofort, nach¬ 
dem Sponholz sich beschwert hatte, die Weisungen des 
Departementsthierarztes eingeholt und habe auch nicht an¬ 
geordnet, dass die Tliiere geschlachtet wurden, wobei sich ihre 
Ungefährlichkeit sofort ergeben hätte. Die Freigabe der Thiere 
vor der Antwort auf seine telegraphische Anfrage am Vormittag 
des 17. März ergebe auch, dass der Beklagte selbst sein Ver¬ 
halten als unrichtig erkannt habe. 

Der Beklagte hat dagegen beantragt: 

Die gegnerische Berufung auf Kosten des Berufungs¬ 
klägers zurückzu weisen. 

Er legt sein an die Bahnstation Centralviehhof gerichtetes 
Schreiben in Abschrift vor, wonach er um Festhaltung der 
Schweine des Wozcwocki ersucht hat, und meint, dass, wenn 
dem Kläger durch Unterlassung der Fütterung ein Schade ent¬ 
standen sei, hierfür die Station verantwortlich wäre. Im 
Uebrigen führt er zur Rechtfertigung seiner Beschlaguahme- 
Anordnung an, dass die eingegangene Sendung thatsächlich aus 
Gostyn stammte und nur diese eine Sendung am 17. März ein¬ 
gegangen war, sowie dass erfahrungsmässig verdächtige Vieh¬ 
sendungen sich zu verspäten pflegen und die Viehhändler, welche 
aus Sperrgebieten stammende Thiere versenden, durch Aenderung 
der Stückzahl und Expedirung auf einen anderen Namen die 
Sperrverbote zu umgehen suchen. Dieser Verdacht sei hier um 
so mehr begründet gewesen, als eine Umladung in Frankfurt a. O. 
erfolgt war. 

Die Freigabe der Schweine vor dem Eintreffen der 
Nachricht sei nicht aus Erkenntnis» irgend einer Schuld erfolgt, 
sondern weil die Untersuchung der Thiere nichts ergeben hatte. 
Eine Verpflichtung in Punitz anzufragen wird bestritten und 
die Höhe des geforderten Schadens nicht anerkannt. 

Kläger hat noch behauptet, der Beklagte habe auf Vorhalt 
des Sponholz zu diesem erklärt, er müsse sich an dife Thiere 
halten, da sie fälschlich auf den Namen des Klägers expedirt 
sein könnten. Die Umladung in Frankfurt a. 0. wird zu¬ 
gegeben, aber auf amtliche Veranlassung zurückgeführt. Be¬ 
stritten wird, dass der Beklagte sofort den Departementsthierarzt 
Wo 1 ff um Verhaltungsmassregeln gebeten habe, denn Sponholz 
habe sich beschwerdeführend an Wolff gewandt. 

Der Beklagte hat dagegen seinen Brief an den Departements¬ 
thierarzt Wolff mit dem darauf befindlichen Originalschreiben 
seines Vorgesetzten im Original vorgelegt. 

Die Schriftstücke sind zum Gegenstand der Verhandlung 
gemacht. 

Er führt aus, dass er dieses Schreiben, als er um 10 Uhr 
nach Erledigung seiner anderweiten Dienstgeschäfte auf dem 
Rindermarkt in sein Büreau gekommen, vorgefunden und nun¬ 
mehr die Unterbringung der Schweine statt in den Seuchenhof 
in einen besonderen Raum veranlasst habe. Wären die Thiere, 
wie er zuerst bestimmt hatte, in den Seuchenhof geschafft 


worden, so wäre hier sogleich eine Entladung, Fütterung und 
Untersuchung möglich gewesen, hiergegen habe aber Sponholz 
protestirt. 

Kläger hat schliesslich angeführt, dass, da die Sendung des 
Wozcwccky nach Chemnitz gelangt war, der Beklagte nach 
dort hätte depeschiren müssen, auch hätte derselbe sofort die 
Unterbringung der Schweine in den nachher von ihm bestimmten 
Raum anordnen müssen und sich nicht vor Entscheidung des 
Wolff entfernen dürfen, um zu frühstücken. 

Der Beklagte macht dagegen dem Sponholz den Vorwurf, 
dass er ihn nicht sogleich auf dem Rindermarkt aufgesucht und, 
statt die Schweine nach der Freigabe zu übernehmen, ihm zur 
Verfügung gestellt habe. 

Entscheidungsgründe. 

Voraussetzung eines jeden Regressanspruches gegen einen 
Beamten auf Grund der §§ 88, 89 Theil II Titel 10 Allgemeinen 
Landrechtes ist der Nachweis eines Versehens desselben, das 
„bei gehöriger Aufmerksamkeit und nach den Kenntnissen, 
welche bei Ausübung des Amtes erfordert werden, hätte ver¬ 
mieden werden können und sollen“. Zu Unrecht aber bemüht 
sich der Kläger, dem Besagten ein derartiges Versehen zur 
Last zu legen, indem er ein solches bald darin findet, dass der¬ 
selbe, obgleich sein Dienst erst um 8 Uhr Morgens begonnen, 
nicht Vorkehrungen getroffen hatte, damit das schon um 4 Uhr 
eingetroffene Vieh des Klägers vor 8 Uhr gefüttert werden 
konnte, was entweder im Wagen erfolgen oder von Sponholz 
besorgt werden musste — bald darin, dass er nicht schon am 
14. oder doch am 16. März nach Punitz depeschirt hätte, wozu 
er doch keinen Anlass hatte, da die avisirte Sendung aus irgend 
welchen unverdächtigen Gründen Verzögerung gehabt haben 
konnte, — bald darin, dass er die Frachtpapiere nicht eingesehen 
habe — während er doch gerade aus diesen ersehen hatte, dass 
die Ladung Schweine des Klägers von Gostyn kam und unter¬ 
wegs umgeladeu worden war, wie er dies sofort dem Departements¬ 
thierarzt Wolff als Verdachtsmoment mitgetheilt hat, — und 
theils darin, dass er nicht sogleich bei der Ankunft die Thiere 
untersucht hat, was selbstredend, solange sie im Eisenbahnwagen 
sich befanden, nicht möglich war, theils und endlich darin, dass 
er nicht die Schlachtung der Thiere veranlasst und sich auch 
nicht nach Chemnitz um Auskunft gewandt hat. Diese letzten 
beiden Vorwürfe verdienen überhaupt keine ernstliche Beachtung, 
erheblich kann nur sein, ob der Beklagte, da der Name des 
Absenders und die Stückzahl der Schweine nicht mit denen der 
aus Punitz angekündigten Sendung übereinstimmten, die Sendung 
des Klägers beschlagnahmen durfte. In dieser Hinsicht kommen 
die Vorschriften des Reichsviehseuchengesetzes vom 29. Juni 1880 
und 1. Mai 1894 (§§ 19 und 22), des Preussischen Ausführungs¬ 
gesetzes vom 12. März 1881 (speciell § 56) und die Polizei¬ 
verordnung vom 17. Februar 1881 (§ 26) in Betracht. Nach 
diesen liegt den beamteten Thierärzten die strenge Controlle 
über seuchenverdächtiges Schlachtvieh ob, und wenn dieselben 
nicht aus Unaufmerksamkeit, sondern aus weitgehender Vorsicht 
eine aus gesperrten Gegenden kommende Viehsendung beanstanden, 
so liegt darin überhaupt kein regresspflichtiges Versehen, zumal 
wenn hinterher sofort, nachdem der Verdacht geschwunden war, 
die Freigabe und der Verkauf des Viehs noch an demselben 
Tage erfolgt ist. 

Dabei ist es auch noch sehr wesentlich für den Beklagten 
ins Gewicht fallend, dass sein Vorgesetzter Wolff selbst die 
.Sache für verdächtig erklärt und das Königliche Polizei- 
Präsidium das Verfahren des Beklagten bezw. die Beschlagnahme 
gebilligt hat. 

Eb war daher dem Vorderrichter durchweg beizutreten nnd 
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen. 



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Thierärztliche Wochenschrift 

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Dr. W. Dieckerlioff, Dr. E. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Bichard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M 8. Ausgegeben am 22. Februar. 

Inhalt: Müller: We iteres über „neuere amerikanische Castrationsmethoden“. — Schmidt: Ein Versuch zur Erzielung 
von Immunität gegen Maul- und Klauenseuche durch Verfütternng abgekochter Milch senchenkranker 
Thiere. — Oppenheim: Ueber das bösartige Katarrhalfieber dos Rindes. — Referate: Preusse: Zur Lehre von der 
Actinomycosis. — Fröhner: Doppelneurotoraie beim Spat. — Pader: Zum Wachsthum des Hnfhornes. — Müller: Seuchen¬ 
artige Pharyngo-Laryngitis. — Knüsel: Die Gebärneurose. — Göhrig: Ueber Darmtnmoren. — Cervello: Die Heilung der 
Lnngentnbercnlose mit Formalin. — Viquerat: Beitrag zur Tuberculinfrage. — Tagesgeschichte: Zum Abiturientenexamen 
der Rossärzte. — Ordentliche Generalversammlung des thierärztlichen Vereins zu Schleswig-Holstein. — Verschiedenes. — 
Personalien. — Vacanzen. 


Weiteres Uber „neuere amerikanische Castrations- 

methoden“. 

Von 

A. Möller-Hamburg, 

Thlerxrzt. 

In No. 34 der „Wochenschrift für Thierheilkunde nnd Vieh¬ 
zucht“ und kurze Zeit daranf in No. 41 und 43 dieser Zeit¬ 
schrift ist über neuere amerikanische Castrationsmethoden be¬ 
richtet worden. Ich bin in der Lage, über diese Methoden, 
gpeciell über die Anwendung des von Herrn Kreisthierarzt 
ImmingerTauf der diesjährigen „Yersammlnng^deutscher Natnr- 


Fig. 1. 



Ema8culator von Hanssmann & Dünn in Chicago , 
107 S. Clark Street, Methodist Church Block. 


forscher und Aerzte“ in München besonders empfohlenen Emas- 
culators Näheres berichten zu können. 

Berichtigung. 

In No. 7 der B. T. W., in welcher noch in letzter Stnnde 
Inhaltsverschiebungen vorgenommen werden mussten, sind infolge¬ 
dessen in den Originalartikeln einige Druckfehler entstanden, welche 
wie folgt zu berichtigen sind: In dem Artikel von Prof, de Brnin 
ist durchweg Hystereotomie gedruckt, während es selbstverständlich 
Hysterectomie heissen muss, ln dem Artikel über Operation einer 
Hernia ingninalis von Jost muss es heissen in der ersten Zeile: Im 
August vorigen Jahres, im vorletzten Absatz desgl. während der 
vorletzten Trächtigkeitsperiode (nicht letzten) nnd in der viert- 
ietzten Zeile des Artikels „des Gebärmuttertheils“. 


In den letzten Jahren sind in Nordamerika die Castrations¬ 
methoden des Brennens, Abkluppens — das Abdrehen war wenig 
bekannt nnd gebräuchlich — fast vollständig verdrängt worden 
durch die Anwendung des Ecraseurs, dessen besondere Art, der 


Fig. 2. 



Emasculator von John Reynders d' Co. in Ncic- York, 
303 Fourth Avenue. 

[Fig. 3. 



Emasculator {nach Ned Farrish), ebenfalls angefertigt von 
John Reynders d~ Co. 

Fig. i. 



Emasculator von Charp d- Smith in Chicago , 73 Randolph St. 


Scheerenecraseur (genannt Emasculator), sich einer grossen Be¬ 
liebtheit erfreut. Als ich während meiner mehljährigen Praxis 
in Amerika von dem Emasculator hörte, interessirte mich das 
Instrument, weil damals noch in Deutschland unbekannt, sehr: 
ich zog deshalb Erkundigungen über die Brauchbarkeit des 


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86 BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 8. 


Emascnlators ein und habe nur Rühmendes über seine Anwendung 
gehört. 

Als sich mir eines Tages die für einen New-Yorker Thier¬ 
arzt im Allgemeinen seltene Gelegenheit bot. die Castration 
eines Hengstes vorzunehmen, versäumte ich nicht, den Emascu- 
lator selbst practisch zu erproben. Das Thier, ein zweijähriger 
Traberhengst, wurde mit dem Berliner Wurfzeug geworfen, die 
Castration, wie von Imminger beschrieben, ausgeführt, nur mit 
dem Unterschiede, dass ich eingedenk der Anweisungen ameri¬ 
kanischer Praktiker nicht ohne weiteres den Samenstrang ab¬ 
klemmte, sondern vorher ungefähr 1 cm oberhalb der Abklem¬ 
mungsstelle den Samenstrang mit dem Emasculator kräftig 
klemmte und darauf die eigentliche Abklemmung nicht schnell, 
sondern langsam unter ständigem und regelmässigem Druck voll¬ 
zog. Es entstanden keine Blutungen. Das Thier wurde einige 
Tage täglich eine Stunde im Schritt bewegt und vom fünften 
Tage ab wieder zu Spazierfahrten eingespannt. 

Wie unwesentlich jedoch dieser Unterschied zwischen meiner 
Operationsart und jener von Imminger ist, beweisen die guten 
Erfolge desselben und die Thatsache, dass von manchem ameri¬ 
kanischen Praktiker gleich Imminger operirt wird. 

Den ersten Emasculator Hessen sich meines Wissens 
Haussmann & Dünn in Chicago 1890 patentiren. Seit 1890 
sind dann von John Reynders & Co. in New-York, von 
Sharp & Smith in Chicago und anderen Firmen ebenfalls 
Emasculatoren angefertigt worden, wenn auch mit kleinen 
Modificationen gegenüber dem patentirten. Welch grosser Ver¬ 
breitung sich der Emasculator erfreut, beweist wohl am besten 
die Thatsache, dass jede amerikanische Yeterinär-Instrumenten- 
Fabrik Emasculatoren vertreibt und manche Firmen selbst ver¬ 
schiedene Formen anfertigen. Mir sind folgende bekannt, /lie 
ich hier im Bilde wiedergebe, weil dadurch besser als durch 
lange Beschreibungen das Princip demonstrirt wird. 

Imminger hat ein Instrument von der Firma Haussmann & 
Dünn gebraucht, während ich den Emasculator in Fig. 2 an¬ 
gewandt habe. An dem Instrument Fig. 4 wird gerühmt, dass 
seine Anwendung weniger Kraft erfordere; somit stellt es im 
Princip dasjenige Instrument dar, das Imminger noch be¬ 
absichtigt zu erproben. Alle vier verschiedenen Emasculatoren 
kosten 10 Dollars das Stück. 

Im Interesse der Collegen, die die Absicht haben, den 
Emasculator zu verwenden, sei noch erwähnt, dass ich mich mit 
der Firma Hauptner in Berlin betreffs Fabrikation von Emas¬ 
culatoren seitens dieser Fabrik in Verbindung gesetzt habe, 
und mir der Vertreter der Firma mittheilte, dass sie wahrschein¬ 
lich das Instrument bedeutend billiger herstellen könnte und 
dieserhalb erst ein Exemplar zur Probe anfertigen wolle. 


Ein Versuch zur Erzielung von Immunität gegen 
Maul- und Klauenseuche durch Verfiitterung ab¬ 
gekochter Milch seuchekranker Thiere. 

Von 

Schmidt 

K rcisvetorinärarzt. 

Infolge einer uns Seitens des Herrn Prof. Dr. Winkler 
in Giessen gewordenen Mittheilung über Erzielung von Immunität 
gegen Maul- und Klauenseuche durch Verfiitterung abgekochter 
Milch maul- und klauenseuchekranker Thiere, haben wir in letzterer 
Zeit beim Auftreten dieser Seuche wiederholt Veranlassung 
genommen, die Landwirthe auf dieses einfache und billige Hilfs¬ 


mittel aufmerksam zu machen und haben ebenfalls thatsächlich 
wiederholt die Beobachtung gemacht, dass bei sofortiger Ver- 
fütterung von abgekochter Milch seuchekranker Thiere an 
Kälber und Schweine solche von der Seuche nicht ergriffen 
wurden. Auch bei zehn hochträchtigen Kühen des Pächters 
Grebe zu Aulendiebach, woselbst wir am 10. Januar in einem 
mit 47 Stück Rindvieh besetzten Stalle die Maul- und Klauen¬ 
seuche festgestellt hatten, haben wir einen diesbezüglichen 
Versuch in der Weise eingeleitet, dass wir den oben an¬ 
geführten zehn trächtigen Kühen, die einige Tage zuvor ein¬ 
geführt und in einer zweiten, in der Nähe der ersteren ge¬ 
legenen Stallung des betr. Gehöftes eingestellt worden waren, 
pro Kopf täglich zwei Liter, '/* Stunde hindurch gekochter und 
von den von der Seuche am härtesten betroffenen Kühen her¬ 
stammender Milch, neun Tage lang einschütten Hessen. Die 
Seuche ist nun auf diesem Gehöft seit einiger Zeit vollständig 
erloschen, die Sperrmassregeln sind aufgehoben und die zehn 
Kühe, die inzwischen regelrecht gekalbt haben, wurden von der 
Seuche nicht ergriffen. Dieser Versuch soll nun, da recht wohl 
auch die betreffenden Thiere durch ein vor längerer oder 
kürzerer Zeit stattgehabtes Durchseuchen von Hause aus immun 
gewesen sein können, keineswegs als vollauf beweiskräftig hin¬ 
gestellt werden. Liesse man diese Möglichkeit aber nicht 
gelten, so ist das Resultat dieses Versuches immerhin noch 
deshalb von Interesse, indem es in einer grösseren Wirthschaft, 
bei dem nicht aufzuhebenden Verkehr des Dienstpersonals 
untereinander, kaum gelingen dürfte, diese Seuche auf die eine 
oder andere Rindviehstallung eines solchen Gehöftes zn 
beschränken. 

Das Zustandekommen einer Immunität durch Verfiitterung 
abgekochter Milch seuchekranker Thiere lässt sich auch wissen¬ 
schaftlich nicht so ohne Weiteres von der Hand weisen und 
kann mail sich eine solche in der Weise erklären, dass einmal 
durch Verfiitterung abgekochter Milch der specifische Infections- 
stoff der Seuche sicherlich abgetödtet wird: da derselbe ja nur, 
auch wenn er bis jetzt noch nicht hat gefunden werden können, 
seinem ganzen Verhalten, insbesondere aber seiner Anstecknngs- 
und Vermehrungsfähigkeit nach, ein den bekannten specifischen 
Infectionserregern, den Bacillen, ähnlicher oder verwandter 
Körper sein muss, und daher in der verfütterten Milch seine 
schädlichen Eigenschaften nicht mehr zu entfalten vermag. 

Andererseits aber ist bekannt, dass unter dem Einflüsse 
von Bacillen sowohl in Reinculturen als auch innerhalb des 
Thierkörpers neben den Toxinen oder toxischen Albuminaten 
auch noch andere schützende Stoffe oder Antikörper gebildet 
werden und dass diese Schutzsubstanzen, die in sich das Wesen 
der Immunität beherbergen, nicht mit Lebenseigenschaften be¬ 
haftet, sondern vielmehr todte chemische Umsetzungsproduete, 
die vorzugsweise im Blutserum und in dem Secrete der Drüsen 
vorzukommen pflegen, darstellen und daher auch recht wohl in 
dem Secrete der Milchdrüse, der Milch, von Thieren Vorkommen 
können, die mit der Maul- und Klauenseuche behaftet sind oder 
diese Seuche überstanden haben. 

Spricht man doch auch beim Menschen von einem nach dem 
Selbststillen der Mütter eingetretenen Säuglingsschutz gegen 
verschiedene Infectionskrankheiten, wie Pocken, Masern und 
Scharlach. Sollte sich nun thatsächHch auf dem genannten 
einfachen Wege eine Immunität gegen Maul- und Klauenseuche 
erzielen lassen, so könnte eine solche, da sie auf Einverleibung 
fertig vorgebildeter Schutzstoffe, die alsbald wieder aus dem 


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22. Februar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


87 


Körper ausgeschieden und verbraucht werden, beruht und daher 
nur eine sogenannte passive Immunität sein kann, von nur ver- 
bältnissmässig kurzer Dauer sein. Sie könnte aber vielleicht 
für die Praxis ausreichen und geeignet erscheinen, die Aus¬ 
breitung der Seuche unter grossen Viehbeständen zu coupiren 
und das Eingehen von Kälbern und Jungvieh zu verhindern. 
Auch wäre es vielleicht nicht ausgeschlossen, die auf diesem 
Wege erzielte passive Immunität nach Art der Rothlaufimpfung 
durch Einverleibung virulenten Contagiums während der Dauer 
derselben in eine active und dadurch in eine mehr oder weniger 
lange andauernde zu verwandeln. Diese Probleme zu er¬ 
schlossen dürfte in grösserem Stile vorzunehmenden Versuchen 
Vorbehalten sein, die aber allerdings, solange der Infections- 
stoff noch nicht bekannt, mit besonderen Schwierigkeiten auch 
deswegen verknüpft sein dürften, weil bekanntlich gerade bei 
der Maul- und Klauenseuche die Heftigkeit der Erkrankung 
eine äusserst verschiedene ist und deshalb auch die Bildung 
von Schutzsubstanzen im Blutserum und in dem Secrete der 
Drüsen eine sehr schwankende sein muss. 


lieber das bösartige Katarrhallieber des Rindes. 

Von 

0. Oppenheim -Lundenburg, 

Stadtthierarzt. 

Das Catarrhalfieber der Rinder kommt in manchen Gegenden 
überhaupt nicht, in anderen durch viele Jahre nicht vor und 
dürfte daher manchem practischen Thierarzte nicht ans eigener 
Anschauung’ bekannt sein. 

Das Krankheitsbild, unter welchem die Kopfkrankheit, wie 
die Seuche auch heisst, auftreten kann, ist sehr mannigfaltig. 
Die Symptome können sich so ziemlich auf alle Organe er¬ 
strecken, mitunter treten aber auffallende Erscheinungen nur an 
einem Organe auf. In letzterem Falle kann insbesondere in 
Gegenden, in welchen die Seuche zum ersten Male vorkommt, 
die Stellung der Diagnose auf Schwierigkeiten stossen. Eine 
Aebnlichkeit mit Rinderpest wird die Krankheit wohl erst bei 
längerer Dauer, mit Ausbildung der diphtheritischen Geschwüre 
erlangen können. Auch wird eine diesbezügliche Differential- 
Diagnose bei sicherer Provenienz der befallenen Tliiere nur in 
der Nähe jener Grenzen in Betracht kommen, welche eben durch 
dieses Seuchengespenst bedroht sind. 

Der nachstehend mitgetheilte Fall scheint mir lehrreich 
genug, um Interesse zu erwecken. 

Häufig bringt man das Auftreten der Krankheit mit der 
Lage der Oertlichkeit in Verbindung. Ich will daher zunächst 
mit wenigen Worten eine Beschreibung derselben geben. 

Der K’sche Annahof ist wenige hundert Meter vom 
Inundationsgebiete der Thaya gelegen. Die ganze Gegend ist 
eben. Stellenweise erhebt sich der Boden um einige Meter. 
Rings um den Hof befinden sich fruchtbare Felder und Wein¬ 
berge, welche, so hoch wie dieser gelegen, unter dem Hoch¬ 
wasser nicht zu leiden haben. Der Hof ist vor wenigen Jahren 
in mustergültiger Weise erbaut. Die vier Stallungen sind hoch, 
sehr geräumig, licht und trocken. Ventilationen sorgen für die 
Zufuhr frischer Luft. Die Canalisation ist gut eingerichtet. 
Stallboden und Futtergrände sind undurchlässig. Ueberall herrscht 
die grösste Ordnung und peinliche Reinlichkeit. 

Es wurden nun in L. und G., beide in einer südlichen 
Provinz gelegen, am 3. resp. 4. Juli 1899 Ochsen eingekauft 
und am 6. bezw. 7. Juli in den Stallungen des Annahofes zur 
Mästung eingestellt. 


Am 6. August erkrankte im Stalle 1 ein in L. gekaufter 
Ochs, versagte das Futter, wiederkaute nicht; Kopf und Hals 
wurden nach abwärts gestreckt gehalten, die Schädelpartie 
Fühlte sich heiss an, die Conjunctiven, die Schleimhäute der 
Nase waren höher geröthet. An der Nachhand war Muskel¬ 
zittern zu beobachten. Das Thier war sehr abgestumpft, traurig. 
Die Körpertemperatur betrug 40,1 0 C. Das Athmen war nicht 
auffallend, die Empfindlichkeit herabgesetzt, der Blick glotzend. 
Da Erscheinungen, welche auf eine Qerebrospinal - Meningitis 
hingew’iesen hätten, nicht vorhanden waren — es fehlten Tris¬ 
mus, Opisthotonus, das Thier liess sich den Kopf ohne besondere 
Kraftanwendung seitlich drehen, während mit Genickkrampf 
behaftete Thiere hierbei niederstürzen —, andere Symptome 
aber fehlten, wurde die Diagnose auf eine Gehirnentzündung 
gestellt. Der Zustand des Thieres verschlimmerte sich rasch, 
es musste zur Nothschlachtung geschritten werden. Die Section 
ergab ein negatives Resultat mit Ausnahme des Befundes im 
Gehirn. Dieses war sehr blutreich, durchfeuchtet, an der Schnitt¬ 
fläche stark glänzend. In den übrigen Organen wurden keine 
Veränderungen gefunden. 

Am 26. September, also fast sieben Wochen später, erkrankte 
ein Ochs unter den oben geschilderten Symptomen im Stalle IV. 
Nur war bei diesem Thiere die Schwäche der Nachhand 
bedeutend. Auch hier musste alsbald die Nothschlachtung vor¬ 
genommen werden. Das Ergebniss der Section war der ersten 
gleich. 

Schon am 3. October wieder versagte im Stalle II ein 
Ochs das Futter. Krankheitserscheinungen, Verlauf und Sections- 
bild glichen jenen in den beiden ersten Fällen. 

Die Aufeinanderfolge von drei Erkrankungen, welche mit 
einander gänzlich übereinstimmten, wies entschieden darauf hin, 
dass es sich um eine Infectionskrankheit handle. Allein die 
Diagnose Cerebrospinal-Meningitis, welche zunächst in Betracht 
zu kommen schien, konnte nicht gestellt werden, da der Symp- 
tomencoraplex bei dieser Krankheit denn doch ein von dem 
Beobachteten verschiedener ist. Aber auch für eine andere 
Diagnose fehlte jeglicher Hinweis. Nur so viel war sicher¬ 
gestellt, dass eine Affection des Gehirns, eine Gehirnentzündung 
vorhanden sei, und diese allem Anscheine nach eine bacterielle 
Grundlage habe. Deshalb wurde eine eingehende Desinfection 
aller Stallungen beschlossen. Doch konnte endlich zwei Tage 
später die Natur der Seuche festgestellt werden. 

Am 5. October wurde nämlich im Stalle U abermals ein 
Ochs krank. Er nahm das Frühfutter nicht mit derselben 
Fressinst auf wie gewöhnlich und versagte mittags das Futter 
gänzlich. Nun wurde ich geholt. Ich fand das Thier sehr 
matt, abgeschlagen, die Bewegungen mit den Hinterbeinen ge¬ 
schahen schwankend, es drohte dabei niederzustürzen. Das 
Thier zeigte am ganzen Körper, insbesondere an der Nachhand 
Muskelzuckungen. Die Hauttemperatur war ungleichmässig ver¬ 
theilt, die Körpertemperatur betrug 40,7 0 C. Der Kopf wurde 
gesenkt gehalten, die Schädelpartie fühlte sich wärmer an. 
Beide Augen waren geschlossen, die Augenlider stark ge¬ 
schwollen; reichliches Thränen vorhanden. Die Conjunetiva 
zeigte heftige Röthung, die Cornea der ganzen Fläche nach 
vollständige Trübung. Aus den Nasenöffnungen entleerte sich 
eiteriger Ausfluss, die Nasenschleimhaut erwies sich als dunkel- 
roth gefärbt. Die Auscultation ergab etwas verschärftes Athmen. 
Dasselbe geschah in 16 Zügen. Pulsschläge wurden in der 
Minute 68 gezählt. Das Thier speichelte stark, die Maul- 


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88 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 8. 


Schleimhaut war heiss, höher geröthet. Mist- und Harnabsatz 
fanden statt. Alle diese Erscheinungen rechtfertigten die 
Diagnose: Bösartiges Catarrhalfieber (Kopfkrankheit des 

Rindes). Am nächsten Tage musste das Thier nothgeschlachtet 
werden. Die Section ergab wie in den früheren Fällen das 
Vorhandensein einer Gehirnliyperaemie und starker Durch¬ 
feuchtung dieses Organes. Die Lunge wies die Zeichen einer 
leichten Bronchitis auf, die Nieren waren etwas geschwollen, 
in der Rindensubstanz kleine Blutungen. Die anderen Organe 
zeigten nichts Abnormes. Dass bei der Section keine schwereren 
Veränderungen (croupöse oder diphtheritische Auflagerungen) 
gefunden wurden, ist offenbar dem Umstande zuzuschreiben, 
dass die Schlachtung des Thieres verhältnissmässig früh erfolgte. 

Die bereits vorher beschlossene Desinfection wurde nun in 
allen Stallungen, den Düngerstätten und Canälen in eingreifend¬ 
ster Weise vorgenommen, in der Hoffnung, dadurch das weitere 
Umsichgreifen der Krankheit hindern zu können. 

Am 21. Oetober, also 18 Tage später, erkrankte in dem¬ 
selben Stalle wieder ein Ochs unter den eben beschriebenen, 
ausgesprochenen Erscheinungen des Catarrhalfiebers und wurde 
an demselben Tage nothgeschlachtet. Dieses Thier war wohl 
schon vor Vornahme der Desinfection, vielleicht durch Zwischen¬ 
träger, inficirt worden. Der Stall wurde einer neuerlichen 
Reinigung und Desinfection unterzogen. Seither — es sind 
bereits mehr als zwei Monate vergangen -r-> hat sich kein Fall 
mehr ereignet. 

Das Fleisch der geschlachteten Thiere war wohl etwas 
durchfeuchtet, konnte aber anstandslos dem Consume zugeführt 
werden. t 

Von Wichtigkeit war es nun, womöglich festatistellen, ob 
die Seuche eingeschleppt würde oder im Hofe selbst > entsbinden 
sei. Bei Beurtheilung dieser Frage wird aber die Berück¬ 
sichtigung folgenden Falles von Werth sein. 

Am 8. November wurde ich nach der in entgegengesetzter 
Richtung vom Annahofe und bereits in N. Ö. liegendfen Ort¬ 
schaft U. Th. gerufen. Ich sollte einen Jungstier in Behandlung 
nehmen. Das Thier war auffallend matt, traurig, Fresslust 
und Wiederkauen lagen darnieder. Die Nachhand war so 
schwach, dass das Thier nach 2 b ; s 3 Schritten zusammen¬ 
brach. Die Auscultation ergab tiefes, leicht verschärftes 
Athmen, die Percussion keine Veränderung; die Herzbewegung 
erfolgte in 156 Schlägen, stürmisch, pochend. Das rechte Auge 
z eigte geschwollene Augenlider und wurde geschlossen gehalten. 
Die Conjunctiva war stark geröthet, die vorhandene Trübung 
der Cornea geringgradig. Das linke Auge zeigte ähnliche, aber 
weniger ausgeprägte Erscheinungen. Die Nasenschleimhaut er¬ 
wies sich als dunkelroth geiärbt, der Nasenausfluss eiterig. Die 
Temperatur betrug 39,4 0 C. Harn und Mist wurden abgesetzt. 
Es handelte sich um Katarrhalfieber und wurde die Schlachtung 
des Thieres veranlasst. Ausser den früher beschriebenen Er¬ 
scheinungen im Gehirn ergab die Section keine Organ- 
veränderung. In diesem, wie in allen Fällen war das Blut von 
normaler Farbe und bildete feste Gerinnungen. (Blutkuchen.) 

In Lundenburg und dessen nächster Umgebung, also auch 
im Annahofe und in U. Th., war das Katarrhalfieber sicher seit 
vielen Jahren nicht aufgetreten, ja, es war den Landwirthen 
hier geradezu unbekannt. Der nächste Gedanke war also der, 
die Seuche sei in den Annahof durch den zuerst erkrankten, in 
L. gekauften Ochsen eingeschleppt worden. Allein die Erwägung 
aller Umstände führte zu einem anderen Schlüsse. 


Die Krankheit brach am 35. Tage nach dem Einkäufe der 
Thiere aus. Das wurde also, wenn das Thier in der Heimath 
inficiert worden wäre, eine Incubationsfrist von 5 Wochen be¬ 
dingen. Nun beträgt aber diese nach Friedberger und Fröhner 
3 bis 4 Wochen. Es wäre also diese Frist um eine volle Woche 
überschritten. Erkundigungen haben überdies ergeben, dass die 
bösartige Kopfkrankheit in den Einkaufsgegenden seit 20 Jahren 
nicht aufgetreten sei. Dagegen wurde die Seuche allerdings zu 
verschiedenenmalen in von hier ferner gelegenen Ortschaften 
benachbarter Bezirke beobachtet. Zieht man nun in Betracht, 
dass eine Einschleppung aus dem Annahofe nach U. Th. fast 
ausgeschlossen ist, dass die Nähe des Inundationsgebietes der 
Thaya auf die Entstehung resp. Entwickelung von Bacterien 
gewiss günstig einwirkt, dass der Annahme, die Infection des 
zuerst erkrankten Thieres sei bereits im Einkaufsorte erfolgt, 
die Zwischenfrist von 5 Wochen widerspricht, so dürfte die 
Ansicht gerechtfertigt sein, die Seuche sei im Annahofe und in 
U. Th. spontan entstanden. In letzterem um so leichter, als 
die Stallverhältnisse den berechtigten Anforderungen nicht ganz 
entsprachen. 

Wäre die Seuche von dem ersterkrankten Ochsen im 
Stalle I ausgegangen, so hätte die Weiterverbreitung voraus¬ 
sichtlich zunächst in diesem Stalle, sei es durch directe Ueber- 
tragung, oder wie es bei dieser Krankheit häufiger Vorkommen 
soll, durch Zwischenträger erfolgen müssen. Allein hier kam 
kein zweiter Fall mehr vor, sondern die Seuche trat, obwohl 
jeder Stall seine eigenen Leute zur Wartung der Thiere hat und 
letztere einen anderen nicht betreten dürfen, im Stalle IV auf, 
um sich wieder auf einen Fall zu beschränken und dann im 
Stalle II auszubrechen, in welchem sie allerdings 2 Opfer 
forderte. Dies alles scheint ebenfalls auf eine im Hofe selbst 
entstandene lnfectionsquelle hinzudeuten, von welcher aus die 
Uebertragung des Ansteckungsstoffes in die einzelnen Stallungen 
erfolgte. 

Zu erwähnen wäre noch, dass vor Einstellung der Thiere 
alle Räume, wie dies hier üblich ist, einer Desinfection unter¬ 
zogen worden waren. 

Der Verlauf der beschriebenen 5 Fälle zeigt, dass die 
Prognose bei der Kopfkrankheit des Rindes immer sehr vorsichtig 
zu stellen ist. Bei Mastthieren ist es wohl das beste, dieselben 
nach Sicherung der Diagnose ehestens der Schlachtung zuzu- 
führen, will man sie nicht abmagern lassen und sich dann erst 
genöthigt sehen, zur Vornahme der Nothschlachtung schreiten 
zu müssen. 

Zum Schlüsse möchte ich auf Grund der oben geschilderten 
Wahrnehmungen die Vermuthung aussprechen, dass manche in 
der Litteratnr angeführten Fälle infectiöser Gehirnentzündung 
(Erkranken mehrerer Thiere zu gleicher Zeit oder bald nach 
einander unter den Erscheinungen einer Gehirnreizung) mit dem 
Katarrhalfieber identisch gewesen seien. 


Referate* 

Zur Lehre von der Actinomycosis. 

Von Preu88e-Danzig, DepartementB-Thierarzt. 

Autoreferat. 

(Archiv fi\r Anatomie und Physiologie. 

Verf. ist in vorliegender Arbeit der Frage näher getreten, 
auf welche Weise die Actinomyceskeime in den Körper gelangen 
und welche Formen dieselben in den verschiedenen Stadien hier 
annehmen können. Nach einem geschichtlichen Ueberblick über 


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39. Februar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


89 


das bisher über diese Krankheit Bekannte und einer Erörterung 
über das Vorkommen und die Verbreitung derselben, giebt Verf. 
zunächst eine kurze Schilderung des von ihm im Jahre 1889 in 
den Kreisen Elbing und Marienburg beobachteten seuchenhaften 
Auftretens der Strahlenpilzkrankheit. Dasselbe ist bereits im 
Jahrgang 1890 der B. T. W. eingehend beschrieben worden. 
Es wurden damals im Kreise Elbing 23,2 pCt., im Kreise 
Marienburg 21,8 pCt. kranke Thiere ermittelt. Die Krankheit 
trat im Anschluss an die im Jahre 1888 stattgehabten umfang¬ 
reichen Ueberschwemmungen auf und zwar lediglich bei solchem 
Vieh, welches mit dem durch die andauernde Nässe verdorbenen 
Heu und Stroh gefüttert worden war. In derartigen Viehbe¬ 
ständen kamen bis zu 50 pCt. Erkrankungen vor. Obgleich bei 
der mikroskopischen Untersuchung verdorbener Heuproben keiner¬ 
lei Pilzformen vorgefnnden wurden, wie sie dem Actinomyces 
entsprechen, so musste dieses Futter doch als der Träger der 
Strahlenpilzkeime und somit als die unmittelbare Veranlassung 
zu den Erkrankungen angesehen werden. Aehnliche Actinomy- 
coseendemien sind in Dänemark beobachtet worden. Auch diese 
sind auf eine gleichzeitige Aufnahme der Krankheitserreger mit 
dem Futter zurückzuführen gewesen. Es steht wohl nunmehr 
überhaupt fest, dass die Actinomycose fast ausnahmslos durch 
Ansteckung mit inficirtem Futter entsteht. In der weitaus 
grössten Mehrzahl der Fälle geschieht die Aufnahme des Con- 
tagiums vom Verdauungscanal aus, in wenigen Fällen durch Ein- 
athmung inficirten Staubes und durch zufällige Einimpfung in 
die äussere Haut oder Unterhaut. 

In der Litteratur sind zwar einige Fälle von directer Ueber- 
tragung von einem kranken Thier auf ein gesundes Thier oder 
von Thier auf Mensch oder von Mensch auf Mensch beschrieben 
worden. Alle diese Fälle sind jedoch nicht einwandsfrei, da es 
nicht feststeht, ob nicht überall die gleiche Ursache eingewirkt 
hat. Ein sehr instructiver Versuch von Salmon spricht jeden¬ 
falls gegen eine derartige directe Uebertragung. Bei 21 Rin¬ 
dern, welche zwischen strahlenpilzkranke Thiere gestellt wurden 
und fortdauernd das mit Eiter besudelte Futter frassen, war 
nach vier Monaten noch keine Spur einer Erkrankung zu be¬ 
merken. Der Prädilectionssitz für die actinomycotischen Er¬ 
krankungen bildet der obere Theil des Verdauungscanals. Am 
Kopf und Hals kommen 80—90 pCt. aller Erkrankungsiälle vor. 
Es giebt aber auch primäre Actinomycose der Lungen, der 
äusseren Haut, des Euters und selbst der Geschlechtsorgane. 
Auch generalisirte Actinomycose ist mehrfach beobachtet worden. 
Secundäre Erkrankungen wurden gesehen im Gehirn, in den Nieren, 
der Leber und im Rückenmarkscanal. Eine besondere Beachtung 
verdient die actinomycotische Erkrankung der Zunge des Rindes. 
Diese ist als ein besonders wichtiger Ort für die Strahlenpilz- 
infection aufzufassen. Nicht die umfangreicheren Erkrankungen 
dieses Organs, die man gemeinhin als „Holzzunge“ bezeichnet, 
sind es, welche hier in Betracht kommen, sondern die in der 
Mitte der Zunge, dicht hinter der Zungenwulst so häufig vor¬ 
kommenden kleinen Knötchen und geschwürigen Defecte. Schon 
durch Hen8che 1 und Falk wurde auf diese Umänderungen an 
den Rinderzungen aufmerksam gemacht. Sie fanden sie bei 
9,1 pCt. der von ihnen untersuchten Rinder; bei 3 /4 derselben 
waren deutliche Actinomycesknötchen vorhanden. Verf. hat nun 
die Rinderzungen zum Gegenstand einer besonderen Untersuchung 
gemacht. Unter 2000 in den Sommermonaten 1898 geschlachte¬ 
ten Rindern wurden bei 182 Defecte und Knötchen an den 
Zungen ermittelt, also ca. 9 pCt. Bei einem kleinen Theil der 


Schleimhautdefecte selbst in umfangreicheren Geschwüren wurden 
Actinomyceskeime nicht gefunden. 

Diese stellten also nur einfache Veränderungen ohne nach¬ 
folgende Strahlenpilzinfection vor. In den bei weitem meisten 
Fällen wurden jedoch actinomycotische Veränderungen vor¬ 
gefunden. Aeltere Thiere zeigten naturgemäss mehr Zungen- 
defecte (12,6 pCt.) als jüngere unter 4 Jahren (7 pCt.). Die 
dicht hinter der Zungenwulst liegenden Veränderungen bilden 
entweder mehr oder weniger tiefe Einziehungen der Schleimhaut 
ohne erhebliche Epithelverluste oder oberflächliche Excoriationen 
oder mehr oder weniger umfangreiche Geschwüre. In der Tiefe 
der Schleimhaut liegen ein oder wenige meist sehr kleine Knöt¬ 
chen, welche meist reichlich schön ausgebildete Actinomycesrasen 
enthalten. In den bezeichneten Stellen der Zungenschleimhaut 
stecken immer viele Haare und Pflanzenpartikelchen, die oft 
bis tief in die Schleimhaut hineinreichen. Während in dem den 
Grund der Defecte ausfüllenden Detritus niemals Actinomyces 
oder ähnliche Gebilde gefunden wurden, fand Verf. das untere 
Ende von Pflanzenfasern mehrfach mit drüsigen Gebilden besetzt, 
die als feinstrahlige Actinomyces angesprochen werden mussten. 
Zur Färbung der Pilze benutze Verf. Picrocarmin und Orseille. 
Die an den Fasern haftenden Pilzrasen hatten Vis - V 20 mm im 
Durchmesser» die strahlig angeordneten Keulen waren feiner 
und kürzer. Die kleinen Rasen lagerten in brombeer artigen 
Conglomeraten beisammen. Ihr Centrum war körnig, faserig. 
Sie sassen vornehmlich am Ende abgebrochener Grannen oder 
an verletzten Stellen derselben, ein Umstand, der für die 
Boström’sche Angabe spricht, dass die Lufträume der Grannen 
die Entwickelungsstätten für den Strahlenpilz bilden. Nur durch 
Eröffnung dieser Lufträume können die Keime ihren Weg in das 
thiei&ehe Gewebe finden. An feinen Schnitten der erkrankten 
Schleimhautpartien des Zungenrückens zeigten sich dieselben 
mehr oder weniger mit kleinen Pflanzenpartikelchen durchsetzt, 
an deinen sich mehrfach Pilzformen, wie sie dem Actinomyces 
entspr^phen, wahrnehmen Hessen. Hier bildeten sie keine 
Drusen, sondern die an den Enden etwas kolbig verdickten 
Pilzfäd,en sassen palHsadenförmig aneiuaudergereiht auf einer 
das betroffene Pflanzentheilchen überziehenden körnig-faserigen 
Grundlage. Die Kolben waren 4 bis 6 ^ lang und an der 
Spitze etwa 2 n dick. Diese Pilzvegetationen sassen auch 
vornehmlich an den Enden der Pflanzentheilchen. In der ver¬ 
dickten Mucosa wurden sodann kleinste, innen erweichte Herd- 
chen beobachtet, welche stets gut ausgebildete Actinomycesrasen 
von y m bis »/io mm Durchmesser enthielten. Die Kolben dieser 
Rasen waren bis 10 n lang und an der Spitze bis 4 n breit, 
diese sind demnach grösser wie die an den Pflanzentheilchen 
beobachteten. Einzelne Rasen waren auch in Riesenzellen ein¬ 
geschlossen. Verf. erklärt die beschriebenen Veränderungen an 
der Zunge für Anfänge einer Strahlenpilzinfection und die an 
den Pflanzentheilchen beobachteten Pilzvegetatiouen als Jugend¬ 
form des Actinomycespilzes. Sehr häufig verbleibt es nur bei 
diesen Anfängen. Die Pilze gehen zu Grunde und die Knöt¬ 
chen und Defecte heilen unter Narbenbildung. Nur in 
einem kleinen Theil der Fälle findet eine Ausbreitung der I 11 - 
fection statt. Die Lymphdrüsen sind bei den actinomycotischen 
Erkrankungen der Zunge nicht betheiligt. Die Untersuchungen 
des Verf. haben erwiesen, dass die Infection mit Strahlenpilzen 
hauptsächlich nur durch Uebertragung mit Pflanzentheilchen 
stattfindet. Auch beim Menschen ist dies vielfach nachgewiesen 
worden. Hierfür werden eine Anzahl Beispiele aus der Lite- 


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90 

ratur angeführt. Eine directe Uebertragung der Krankheit vom 
Thier auf den Menschen durch Genuss von Fleisch strahlenpilz- 
kranker Thiere hält Verf. für ausgeschlossen, da auch die 
künstlichen Uebertragungen auf Thiere in den meisten Fällen 
resultatlos verlaufen. Nur wenigen Forschern, wie Johne, 
Ponfick, Israel, sind Uebertragungsversuche mit positivem 
Erfolg geglückt. Fütterungsversuche verliefen stets negativ. 
Verf. stellte auch diesbezügliche eigene Versuche an, indem er 
kleine Actiuomycesknötchen aus Rinderzungen auf Meerschweinchen 
verimpfte; eine Infection ist ihm jedoch nicht gelungen, sondern 
nur eine Implantation. Zum Schluss berichtet Verf. noch über 
die bisherigen Keimzüchtungen des Strahlenpilzes von Wolf 
und J. Israel und Bo ström. Verf. rechnet den Actinomyces 
zu den pleomorphen Schizomyceten, wie dies schon sein Ver¬ 
halten in den Culturen beweist. Die ausserhalb des Körpers 
vegetirenden, bisher noch unbekannten Formen des Pilzes 
müssen ganz anders beschaffen sein, wie die innerhalb des 
Körpers beobachteten. Auch der Tubercelbacillus gehört zu den 
pleomorphen Schizomyceten, es werden von diesem verschiedene 
Wuchsfonnen beobachtet, selbst solche, die den Actinomycesdrusen 
ähnlich sehen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass zwischen 
Actinomyces und Tubercelbacillus gewisse Beziehungen bestehen. 
Es sind wiederholt Reactionen bei actinomycotischen nicht 
tuberculösen Rindern nach Tuberculininjectionen beobachtet 
worden. Billroth will sogar bei einem Actinomycosefall in 
Folge Tubei culininjection Heilungsvorgänge gesehen haben. 

Als specifisches Heilmittel gegen Actinomyeose haben sich 
die Jodpräparate erwiesen. 

Doppelnenrotomie beim Spat. „ 

Von Frühner. : > 

(Mt»h. f. Th. 11, 8.) 

lieber diese neue in der Spatbehandlung angewandte 
Methode ist schon früher in der B. T. W. (1899, pag. 316| u. 605) 
referirt worden. Seitdem hat Fröhner 12 Pferde operirt, die 
sämmtlich dienstbrauchbar geworden sind. Die Zahl der von ihm 
selbst so behandelten Fälle beträgt nunmehr 20. Auch von 
anderer Seite ist die Operation mit gleichem Erfolge ausgeführt. 
So von Bayer-Wien in acht Fällen, von Hausen in sieben 
Fällen u. s. w. Von den in Berlin behandelten Pferden sind 
zwölf, nach Zwischenräumen bis zu l'/a Jahren, in der Klinik 
wieder vorgezeigt worden, bei denen üble Nachwirkungen der 
Operation nicht eingetreten waren. Ueber sechs der operirten 
Pferde wurde nichts in Erfahrung gebracht. Bei zweien von 
den 20 waren dagegen acht bezw. vier Monate nach der Operation 
Knochenbrüche eingetreten, welche in Uebereinstimmung mit den 
Erfahrungen, die auch bei anderen Neurotomien gemacht worden 
sind, auf den Nervenschnitt zurückgefuhrt werden müssen. Es 
handelte sich um einen Bruch der Gleichbeine und des kleinen 
schiffförmigen Beins. Entweder erleiden die Knochen trophische 
Störungen, oder das gefühllos gewordene Pferd verliert die 
Fähigkeit, die Kraft des Auf- und Durchtretens richtig zu 
bemessen, und macht überflüssige Kraftanwendungen. In dem 
einen Fall entwickelte sich zwar etwas Zuckfuss, trotzdem ging 
das Pferd acht Monate gut. Während eines scharfen Ganges 
vor dem Wagen auf schlechtem Pflaster brach es plötzlich 
zusammen und trat so stark durch, dass es mit dem Fessel¬ 
gelenk fast den Erdboden berührte. Die Sesambeine waren, wie 
die Section ergab, gebrochen und das Zwischengleichbeinband 
zerfasert. Der Fesselbeinbeuger selbst war intact. Auch bei 


No. 8. 

dem zweiten Pferd trat während einer scharfen Fahrt plötzlich 
hochgradige Lahmheit auf. Hier war das schiffförmige Bein 
gebrochen. 

Zmn Wachsthum des Hufhornes. 

Von Pader, Veterinär I. Classe in Nimes (19. Art-Rgt) 

(Revue vMr. So. 99, Febr. 1900.) 

Pader schliesst aus zahlreichen Untersuchungen, die er 
ausführlich in der Revue veröffentlicht hat, dass der Durch¬ 
schnitt des Wachsthumes des Hufhornes beim Pferde und beim 
Maulthier sich folgendennassen gestaltet: 

a) beim Pferde beträgt er monatlich: 

an der Zehe 8,15 mm 

an der inneren Seitenwand 8,45 mm 

an der äusseren Seitenwand 8,42 mm 

an der inneren Trachtenwand 8,97 mm 

an der äusseren Trachtenwand 8,93 mm 

Der Jahresdurchschnitt des Hufhornwachsthumes beträgt 
beim Pferde 1031 mm. Die Trachten wachsen durchschnittlich 
um 10 mm mehr als die Zehe. 

b) beim Maulthier beträgt das Wachsthum monatlich 

an der Zehe 7,10 mm 

an der inneren Seitenwand 6,80 mm 

an der äusseren Seitenwand 6,07 mm 

an der inneren Trachtenwand 6,60 mm 

an der äusseren Trachtenwand 6,00 mm 

Der Jahresdurchschnitt des Hufhornwachsthumes beträgt 
beim Maulthiere 796 mm. Die Zehe wächst durchschnittlich um 
10 mm mehr als die Trachten. 

Im Allgemeinen ist das Hornwachsthum beim Maulthiere 
weniger stark als beim Pferde, der Unterschied der beiden 
Species beträgt ungefähr 10 mm pro Jahr. Es giebt aber 
starke individuelle Verschiedenheiten, namentlich beim Pferde, 
bei welchem normal entwickelte Hufe mitunter stärkeres Zehen¬ 
wachsthum zeigen. 

Seuchenartige Pharyngo-Laryngitis. 

Von Rossarzt Müller-St Avold. 

(Ztsclir. f. Vet J*n. 1900.) 

Im August machte sich bei einer Anzahl von Pferden des 
Regiments häufiges Husten bemerkbar, was ja bei grosser Hitze 
öfter vorkommt. Bald darauf erkrankten mehrere Pferde an 
hochgradiger Schluckbeschwerde bis zur völligen Aphagie. Fieber 
bestand theils nicht, theils war es gering. Die Erkrankung 
breitete sich auf alle drei Batterien aus. Am 15. August waren 
bereits 38 Pferde erkrankt. Der letzte Fall ereignete sich am 
21. September. Im Ganzen waren von 200 Pferden 100 befallen 
worden. Todesfälle kamen nicht vor. Nach dem Auftreten der 
ersten Fälle wurden Anstrengungen vermieden. Durch Temperatur¬ 
messungen liess sich die Krankheit nicht sicher feststellen, wohl 
aber durch Beobachtungen bei der Futteraufnahme. Die ersten 
Fälle waren sämmtlich schwere, und die Pferde magerten ab. 
Die später Erkrankten und von vornherein Geschonten kamen 
leichter davon. Nach Besserung der Futteraufnahme erholten 
sich die meisten Pferde schnell. Immerhin dauerten die Störungen 
meist 3 bis 4 Wochen. Bei 10 Pferden bildeten sich Lymph- 
drüsenabscesse, nnd zwar sämmtlich in einer Batterie. Ueber 
den seuchenartigen Charakter der Erkrankung kann kein Zweifel 
herrschen. Unter den Pferden der Civilbevölkerung, welche der 
Ernte wegen nicht geschont werden konnten, traten ebenfalls 
viele Erkrankungen auf, und zwar so heftig, dass eine ganze 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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22. Februar 1900. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Anzahl von Todesfällen vorkamen und in anderen Fällen, um 
der Erstickung vorzubeugen, die Tracheotomie gemacht werden 
musste. Die Erkrankungen hörten auf, als gegen Mitte 
September zahlreiche Niederschläge fielen. 

Die Gebärneurose. 

(Schweizer Archiv Bd. 42, Heft 1.) 

Sanitätsrath Knüsel-Luzern behandelt seit 23 Jahren eine in 
der Literatur bisher nicht erwähnte Krankheit des Rindes, 
welcher er den obigen Namen beilegt. Die Erkrankung entsteht 
nach der Geburt. Das Krankheitsbild ist wechselnd: bald tritt 
heftige Aufregung, bald komatöser Zustand mehr in den Vorder¬ 
grund; meist finden sich beide nebeneinander. In der Regel 
acht Tage nach der Geburt, selten erst nach vier Wochen, 
fangen die Thiere oft fast plötzlich an, zu schäumen und zu 
geifern, nagen und beissen in die Krippe, saugen an Ohren und 
Schultern der Nachbarn, fangen, infolge augenscheinlich inten¬ 
siven Juckgefühls, an, sich selber zu lecken, zu scheuern und 
zu beissen. So hatte sich eine Kuh an der linken Schulter eine 
grosse Fläche selber wund gebissen. Gleichzeitig oder bald 
darauf entsteht Unruhe, Aufregung, selbst Tobsucht. Die Thiere 
drängen oder springen gegen die Krippe, reissen an der Kette, 
brüllen, haben stieren Blick und vorquellende Augen, bisweilen 
Krampferscheinungen, Zähneknirschen. Entweder folgen diesen 
Symptomen oder sind neben ihnen vorhanden Depressions¬ 
erscheinungen. Die Aufregung macht Platz oder wechselt mit 
einem komatösen Zustand. Die Thiere glotzen, lehnen sich an 
die Krippe, spreizen die Beine und werden unempfindlich, 
schwanken und stürzen zusammen. Die Temperatur beträgt 
ausnahmslos 39 bis 39,5 Grad. Der Puls ist in der Aufregung 
.etwas, beschleunigt, in der Depression oft unter die Norm herab¬ 
gedrückt. Die Krankheit verläuft rasch; meist endet sie in 
21 bis 24 Stunden mit Genesung. In selteneren Fällen wird 
das Stadium der Depression durch wiederholte Erregungen 
unterbrochen. Die Krankheit dauert dann drei bis acht Tage; 
jedoch ist der Verlauf immer ein gutartiger, und dieser gut¬ 
artige Verlauf unterscheidet die Krankheit auch genügend von 
Gehirnentzündung, Tuberculose des Gehirns etc. In 126 von 
Knüsel beobachteten Fällen trat immer Heilung ein. Gutes 
Lager und frische Luft zu geben, sowie die Thiere von der 
Halskette zu befreien und um die Hörner anzubinden, genügt. 
Allenfalls kann man einen Aderlass, ableitende Mittel auf die 
Haut und innerlich Kal. brora. 150 g zweimal innerhalb 4 bis 
5 Stunden anwenden. 

Ueber Barnitumoren. 

Von Göhrig. 

(Dtsch. th. Wach. 1899, 8.) 

Primäre Geschwülste am Darm der Hausthiere sind mit 
Ausnahme der Lipome am Gekröse und der sogen. Schleimhaut¬ 
polypen im Mastdarm verhältnissmässig selten beobachtet. Casper 
erwähnt das Vorkommen von Carcinomen und Sarcomen im Darm 
nicht. Die Litteratur bietet 2 Fälle von Myom. G. hat zweimal 
primäre Geschwülste am Darm beobachtet. Der eine Fall betraf 
ein 12jähriges Pferd. Nach dessen Schlachtung fand sich am 
Leerdarm eine gänseeigrosse Geschwulst. Sie sass dem Ge¬ 
kröse gegenüber in der Muscularis, engte buckelartig das Darm¬ 
lumen ein und trat auch nach aussen hügelig hervor, hatte ge¬ 
lappten Bau und erwies sich als ein Fibromyoma laevicellulare. 
Bei Lebzeiten hatte das Pferd intermittirende Kolikanfälle 
gezeigt. Neben der grösseren Geschwulst fanden sich noch einige 


91 

kleinere Knoten. Der zweite Fall betraf eine Kuh, bei welcher 
an der Mastdarmschleimhaut eine apfelgrosse, polypenartig lang¬ 
gestielte Geschwulst gefunden wurde. Auch hier handelte es 
sich um ein Myom. Die Langstieligkeit desselben dürfte durch 
das Andrängen der Fäces bewirkt sein. 

Die Heilung der Lungentuberculose mit Formalin. 

(Clin. vet. 1899, H. 21 und Rlforma medica, H. 31.) 

Prof. Cervello an der Universität Palermo benutzte zur 
Behandlung der Tuberculose Formalindämpfe, in welchen er die 
Kranken täglich zwei bis drei Stunden lang athmen liess. Die 
Dämpfe wurden durch einen besonders construirten Apparat 
mit „Igazol“, einer aus dem Formalin gewonnenen Substanz, 
erzeugt. Der Gehalt der Respirationsluft an Formaldehyd 
betrug anfangs nur einen geringen Grad, welcher allmälig 
erhöht wurde. 

Vom 15. Januar bis Ende Mai wurden 26 Kranke dem 
Heilverfahren unterworfen, von denen zehn vollständig geheilt 
sind. Als geheilt betrachtet Prof. Cervello diejenigen Per¬ 
sonen, bei denen Fieber, Husten, Nachtschweisse vollständig 
verschwunden sind, der Auswurf vollständig fehlt oder nur noch 
in geringer Menge vorhanden ist und eine gutartige Beschaffen¬ 
heit hat, ein normaler Appetit vorhanden ist und das Körper¬ 
gewicht zunimmt. 

Von den übrigen 16 Lungenkranken sind sieben fast geheilt, 
zwei haben sich etwas gebessert, bei einem ist der Zustand 
unverändert geblieben, bei zwei Personen ist eine Ver¬ 
schlimmerung eingetreten und zwei Schwerkranke sind gestorben. 

Es werden im Ganzen ca. 40 pCt. Heilungen berechnet. 

Bemerkenswerth ist, dass Husten und Auswurf in den 
ersten Tagen der Kur nachlassen, manchmal schon in den 
ersten 24 Stunden. Allmälig verschwinden die örtlichen Lungen¬ 
schwindsuchtssymptome, die allgemeinen Erscheinungen und 
zuletzt die abnorme Körpertemperatur, während die Kräfte sich 
sichtlich heben. 

Die Kur bewirkt gar keine Nebenerscheinungen. 

Prof. Cervello nimmt an, dass das Igazol eine stark 
oxydirende Wirkung besitzt. Die pathologischen Läsionen 
werden gewissermassen verbrannt und hierauf ausgeschieden. 
Die lebenden und abgestorbenen Bacillen . verbrennen auch, 
wodurch ihre Toxine frei werden. Diese unterliegen aber auch, 
wenigstens zum Theil, der Oxydation und werden abgeschwächt. 

Beitrag zur Tubercnlinfrage. 

Von Dr. Viquerat 

(Centralbl. t. Bact n. Paraiitenk. Bd. XXVI. 1899. Ho. 10.) 

Die Tuberkelbacillen bestehen nach den Untersuchungen von 
R. Koch aus drei Substanzen, nämlich 1. dem Tuberculin und 
2. aus zwei ungesättigten Fettsäuren, von denen eine in Alcohol 
löslich ist, die andere nicht; diesen letzten Säuren schreibt Tavel 
die specifische Ehrlich’sche oder Ziehl’sehe Färbung zu. Verf. 
hat diese Fettsäuren eingehend studirt und die lösliche als Palm¬ 
säure erkannt, während die unlösliche Fettsäure Bernsteinsäure 
war. Diese löste sich leicht in angesänertem (H 9 S0 4 ) Alcohol, 
in Ammoniak und in concentrirter Milchsäure. Der Tuberkel¬ 
bacillus enthält nur Palm- und Bernsteinsäure in Form eines 
alkalischen Salzes. Denn wenn die Bacillen mit Aether oder 
Alcohol behandelt und nachher in Wasser abgespült werden, so 
sind sie aufgelöst und nicht mehr färbbar. Das Tuberculin TO oder 
T soll ein Gemisch rein definirter Körper und kein Protein sein, 
wie daraus hervorgeht, dass durch Erhitzen desselben auf 150 bis 
200° keine Veränderung seiner Wirkung auf tubereuiöse Thiere 


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92 

eintritt, bei 235° wurde es allerdings völlig vernichtet, es ver¬ 
flüchtigt sich in weissen, schweren, erstickenden Dämpfen, welche 
sich an einer kalten Porzellanschale leicht als Bernsteinanbydrid 
sublimiren. Auf kleinste Dosen von Bernsteinsäure reagiren die 
tuberculösen Thiere genau, wie auf Tuberculin, während per os 
die Bernsteinsäure ebenso unwirksam ist wie Tuberculin. Von , 
den Thierärzten sei daraufhingewiesen, hebt der Verf. hervor, ( 
dass bei Echinococcus Tuberculin typische Reaction 
hervorruft, was nicht mehr wunderbar erscheint, da die Cysten 
ebenfalls bernsteinsaure Salze enthalten. Das Tuberculin-Glycerin- 
extract TO und TR ist nach Verf. nichts anderes als eine wässe¬ 
rige Lösung von einem alkalischen bernsteinsauren Salze, welches 
in jeder Apotheke für wenig Geld zu erhalten sei. Verf. rätli 
zum Schluss sehr weise, diese Untersuchung noch vorerst genau 
zu prüfen. 

Tagesgeschichte. 

Zum Abiturientenexamen der Rossärzte. 

Von Schiel Wandsbeck. 

Nach den Erklärungen des Vertreters des Kriegsministeriums 
kann den Rossärzten das Abiturientenexamen nicht zugestanden 
werden. lieber diese Erklärungen ist der Abgeordnete Hoff- 
mann und mit ihm wohl ein grosser Theil der Thierärzte und 
namentlich der Rossärzte überrascht. Es giebt aber auch 
Leute, die dadurch nicht überrascht sind und zu denen darf ich 
mich zählen. Ich habe wiederholt mir befreundeten Rossärzten 
gegenüber geäussert, dass aus dem Kriegsministerium heraus 
zur Zeit niemals die erste Anregung zur Erhöhung der An¬ 
sprüche an die Vorbildung ergehen wird. Ich halte es deshalb 
wie auch bereits in der B. T. W. erklärt ist, fiir nicht klug ge¬ 
handelt, der Militärverwaltung Gelegenheit zu einer Aensserung zu 
geben. Anerkennenswerth ist durchaus die Absicht des"'Atf- 
geordneten Hoffmann, auch die Gehaltsverhältnisse der Ross¬ 
ärzte aufbessern zu wollen, denn wenn ein dreissigjähriger 
Mann, an den solche Anforderungen gestellt werden, wie an 
einen Rossarzt, sich mit einem Gehalt von 1880 Mk. (Wohnangs- 
geld und Servis einbegriffen) zufrieden geben muss, dann sagt 
man sich allerdings, der Mann ist ja nicht einmal im Stande, 
sich eine thierärztliche Fachschrift zu halten. 

Aber bei allem Mitgefühl mit der pecuniären Lage der 
Rossärzte darf die praktische Beurtheilung der Sachlage nicht 
verlassen werden. 

Die Militärverwaltung hat absolut keine Veranlassung zu 
einer Gehaltsaufbesserung, so lange der Zudrang zu diesem 
Berufe ein derartig grosser, wie es gegenwärtig immer noch 
der Fall ist. Dies allein ist entscheidend. Würde ein Mangel an 
Ersatz sein, dann allerdings würde die pecnniäre Besserstellung • 
nicht lange auf sich warten lassen. Ans purem Wohlwollen für 
eine Kategorie der Beamten ihr Gehalt zu erhöhen, das geht 
schon aus anderen Gründen nicht so leicht. 

Der Zudrang zur rossärztlichen Lanfbahn ist deshalb' ein 
grosser, weil so geringe Ansprüche an die Vorbildung gestellt 
werden. Eine Unmenge junger Leute, die auf der Schule nicht 
vorw'ärts kommen können, sehen ihr Heil in einer militärischen 
Laufbahn und die Eltern geben solchen Kindern dann nur zu gern 
ihre Zustimmung, weil sie meistens keine Ahnung von der 
künftigen Carrtere haben. Solche Eltern wissen ja nicht, dass 
ihre Kinder erst jahrelang auf Einberufung warten müssen. 
Solche Eltern ahnen ja nicht, dass das Erklettern der rossärzt¬ 
lichen Stufenleiter viel Geld kostet, dass sie dem jungen Unter¬ 
rossarzt mit seinen 800—1008 Mk. Gehalt noch ca. 3—4 Jahre i 


No. 8. 

Zuschuss gewähren müssen, soll er keine Schulden machen. 
Die Enttäuschung ist nachher riesengross bei den Eltern sowohl 
wie bei dem jungen Mann. 

Thatsache ist es, dass es Rossarztaspiranten bei den 
Regimentern in Hülle und Fülle giebt, und ich habe immer nur 
die Oberrossärzte solcher Regimenter bewundert, bei denen 
diese jungen Leute oft scharenweise eintreten. 

Es wäre aber falsch, wollte Jemand behaupten, die 
Aenderung der Vorbildung würde den Zulauf so verringern, 
dass ein Mangel sich einstellen könnte. Niemals! Wir leiden 
ja in Deutschland so an Volkszunahme, dass auch Abiturienten 
sich um die rossärztlichen Stellen drängeln werden.*) 

Das Abiturientenexamen für die rossärztliche Laufbahn würde 
aber wohl verhüten, dass so und so viel junge Leute jährlich 
ihre Existenz als Rossarzt nicht finden, denn bei dem grossen 
Zudrang wird ein Theil gar nicht einberufen, ein anderer 
scheitert auf andere Weise. 

Wenn demnach der Generalleutnant v. d. Boek meint. 
„Wir müssen hier Rücksicht walten lassen auf die Kreise und 
die Familien, aus denen sich hauptsächlich das rossärztliche 
Personal recrntirt“, so fällt diese Rücksicht schon deshalb 
in sich zusammen, weil die Kinder jener Kreise nur zu 
häufig von vornherein ihr Ziel gar nicht erreichen können. Mit 
dieser Aensserung des Vertreters des Kriegsministeriums steht 
doch die Thatsache zu wenig im Verhältnis, dass nur ca. 30 Eleven 
jährlich zur Militär-Rossarztschule aufgenommen werden. Wegen 
dieser paar Leute wird man wohl nicht Socialpolitik treiben 
wollen. 

Sollten hier vielleicht andere Gründe vorliegen? Sollten 
diese Aeusserungen des Generalleutnant v. d. Boek, der als 
Infanterist über die Rossärzte wenig Erfahrung besitzen kann, 
nur von ihm selbst herrühreu, während die Grundidee der Ver¬ 
weigerung des Abiturientenexamens gewissen einflussreichen 
militärischen Kreisen zuzuschreiben ist? Solchen Kreisen, denen 
jener General angehörte, der da geäussert hat, man dürfe die 
Rossärzte nicht aufkommen lassen? 

Sollten solche Kreise auch bestimmend dafür sein, ob eine 
Wissenschaft gehoben werden muss oder nicht? Nun, ich für 
meine Person wäre darob nicht verwundert. 

War es demnach nicht richtig, jetzt, wo überall unsere 
Forderung des Abiturientenexamens beifällig aufgenommen worden 
ist, sich so für die Aulbesserung des rossärztlichen Gehaltes zu 
verwenden, so bin ich überhaupt der Meinung, dass auf dem 
Wege, den der Abgeordnete Hoffmann eingeschlagen hat, 60 
leicht bei der Militärbehörde nichts erreicht wird. 

Andererseits braucht aber die Aensserung des Vertreters 
des Kriegsministeriums keineswegs tragisch genommen zu 
werden. Der Stein ist im Rollen und nichts wird so leicht ihn 
mehi’ anfhalten. 

Unsere Wünsche werden über kurz oder lang doch bewilligt 
werden müssen. 

Es gab sogar eine Zeit, wo die Rossärzte glaubten, ihre 
Vorgesetzte Behörde würde an der Spitze marschiren und für 
die Aufnahme als Aspiranten das Abiturium fordern. Diese Zeit, 
ist aber schon vorüber, und gegenwärtig hat die andere Strömung 
wieder die Oberhand. 


*) Der Beweis dafür ist gerade in der Armee vor ca. 10 Jahren 
schon einmal geführt worden, indem ein Inspecteur einmal nur 
Abiturienten annahm und damit die Einstellungsquote reichlich 
I deckte. Anm. d. Red. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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22. Februar 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Zu bedauern ist nur, dass solche Aeussernngen geeignet 
sind, die Rossärzte den übrigen Thierärzten gegenüber unter 
eine eigenartige Beurtheilung zu stellen. 

Ordentliche Generalversammlung 
des tliierärztlichen Vereins zu Schleswig-Holstein 
am 16. und 17. September 1899 in Flensburg. 

I. Tag. Vorversammlung. 

Am Sonnabend den 16. September Abends 77 9 Uhr eröffnete 
der Herr Vorsitzende, Kreisthierarzt Voliers-Altona, die von 
ca. 40 Mitgliedern besuchte Vorversammlung und leitete den 
ersten Verhandlungsgegenstand „Neue Arzneimittel“ damit ein, 
dass aus einem alten Büchlein vom Jahre 1598, ausser ver¬ 
schiedenen längst vergessenen, einige damals als neue au- 
gepriesene Mittel mitgetheilt wurden, die noch heutigen Tages 
im Gebrauche sind. Hiernach ertheilte der Herr Vorsitzende 
dem auf Einladung erschienenen Vertreter der Firma Ben gen 
& Co. in Hannover Herrn Eigner das Wort, um über die in 
neuerer Zeit aufgefundenen hochwichtigen Thierarzneimittel, 
nach ihrer chemischen und physikalischen Wirkungsweise, das 
Bekannte klarzulegen. Herr Eigner hatte zur Veranschau¬ 
lichung der verschiedenen Mittel eine eigens ausgewählte 
Collection derselben ausgestellt. Zunächst wurde ein Verband¬ 
material gezeigt, welches, aus der Chinaprosfaser hergestellt, 
aus reinem Zellstoffe besteht und zur Bereitung des reinsten 
Collodiums dient. Da dieser Verbandstoff die grösste Absorp¬ 
tionsfähigkeit besitzt, nimmt er leicht die verschiedenen Impräg- 
nirungsstoffe auf. 

Darnach folgte die Vorführung der verschiedenen antisep- 
tiseh'en Mittel. 

Die hierher gehörenden neueren Präparate sind meistens 
gleichzeitig als Desinfectionsmittel anzusehen und nach ihrer 
Wirkungsweise in drei Gruppen oder Grade einzutheilen, näm¬ 
lich in Oxydations- oder Reductionsmittel, in Aetzmittel und in 
coagulirende Substanzen. Während die oxydirenden Mittel ihre 
Wirksamkeit dadurch entfalten, dass sie entweder durch über¬ 
mässige Einfuhr oder starke Entziehung von Sauerstoff die 
Lebensbedingungen des InfectionskÖrpers thierischen oder pflanz¬ 
lichen Ursprungs zerstören und die ätzenden die Zellen und 
damit das organische Gewebe vernichten, wirken die Coa- 
gnlationserreger durch ihren Kohlenwasserstoffgehalt umbildend. 

Zur ersten Gruppe gehören als ältestes Desinfectionsmittel 
das Feuer und die Hitze. Von den in neuester Zeit her¬ 
gestellten chemischen Präparaten nimmt ein Oxydationsproduct 
von Kohlenwasserstoffen aus den Pineaceen den ersten Platz 
ein, das nicht allein stärker oxydirend wirkt als Kaliumhyper- 
manganat, sondern auch zugleich den Vorzug hat, die Luft zu 
desinficiren, dabei einen angenehmen Geruch zu haben und 
absolut ungiftig zu sein. Das wichtigste dieser Mittel ist das 
Formaldehyd — Formalin — und die daraus gewonnenen Prä¬ 
parate Glutol, Formarabiu und Formalinkiesel. 

Die zweite Gruppe enthält ausser den bekannten Aetz- 
mitteln — Chlorzink — die verschiedenen Aetzstifte, die zur 
Ansicht herumgereicht wurden. Aber namentlich gehört die grosse 
Reihe der Oxydationsproducte aus der Steinkohle hierher. Neben 
dem Phenol und der käuflichen Carbolsäure haben besonders 
die Cresolverseifungen medicinischeu Werth, wie Lysol, Bacillol, 
Solutol und Creolin. Das reinste und deshalb beste Präparat 
st das nach dem deutschen Arzneibuche dargestellte Liq. Cresoli 


saponat., welches 50pCt. Cresol enthält, aber für die Veterinär- 
medicin für zu theuer gehalten, deshalb durch Creolin ersetzt wird. 

In der dritten Gruppe befindet sich noch immer die 
Burow’sche Lösung, Liqu. Alumin. acetic. — die nach dem 
deutschen Arzneibuche allerdings anders hergestellt wird, jedoch 
den Nachtheil hat, dass sie nur oberflächlich auf das Gewebe 
einwirkt, gleichsam nur eine Coagulationsschicht bildet, unter 
der die Infectionskörper weiter vegetiren können. 

Demnächst kommt die grosse Reihe der Anilinfarbstoffe, wie 
Pyoctanin, Methylenblau und die Stoffe, die in der Microscopie 
und der Bacteriologie hervorragende Verwendung finden. Die 
Bedeutung dieser Stoffe besteht darin, dass sie die Fasern, das 
Zellgewebe, also die Häute der Microorganismen färben, nicht aber 
deren flüssigen Zelleninhalt, und dass sie für den grossen Organis¬ 
mus ungiftig sind. Eine Lösung von Chrysoidin 1 zu 100000 
z. B. vermag noch den Commabacillus zu agglutiniren. In der 
inneren Medicin finden die gerbsauren Verbindungen Verwendung, 
wie das Tannoform, Tannalbin und das Tannopin. 

Endlich ist noch das neue Tannarabin, aus arabischem Gummi 
hergestellt, ein Tanninsalz an Arabinsäure gebunden, hervorzu¬ 
heben. Es bildet ein graues Pulver, welches sich durch einen 
eigenthümlichen, intensiv erdbeerartigen Geruch auszeichnet. 

Nachdem von Herrn Eigner mehrere Chemikalien und 
organische Salze in sterilen Lösungen, theilweise in abgetheilten 
Dosen zur Ansicht herumgereicht worden waren, wurde in eine 
Discussion eingetreten. 

Der Vorsitzende bemerkte zunächst, dass das Argent. colloid. 
CredÄ Pferden in Dosen von 0,5 zu Aq. 50 ein- bis mehrmalig 
| täglich in die Jugularis injicirt, bei Morb. maculosus, sowie dem 
| bösartigen Catarrhalfieber und sogar gegen Milzbrand sich be¬ 
währt habp. Von verschiedenen Collegen wurde das Mittel wohl 
empfohlen, aber auch darauf hingewiesen, dass leicht An¬ 
schwellungen entstehen und sogar Hautnecrose beobachtet sei. 

Herr Eigner giebt dazu die Erklärung, dass dieses Mittel 
nicht eine wirkliche Lösung, sondern nur eine Aufschwemmung 
sei, es sich deshalb bei Herstellung frischer Injectionsdosen 
leicht ereignen könne, dass feste Silberpartikelchen mit ein¬ 
gespritzt würden, die sich alsdann im Gewebe ablagern und 
Abscesse, Stockungen mit Folgeleiden veranlassen könnten. 
Diesem Uebelstande abzuhelfen sei Aufgabe des Herstellers, vor 
Licht und Luft sei es unter allen Umständen zu schützen. 

Das Tannalbin ist theils für sich theils unter Zusatz von 
Salicylsäure allseitig mit gutem Erfolge gegen Durchfall bei 
Fohlen und Kälbern verwendet worden, und zwar sind nicht zu 
kleine Dosen zu geben: 8 bis 10 g, resp. 20 g täglich, in drei 
Malen. Die Verwendung des Chlorbaryums bei der Kolik der 
Pferde hat sich, nach vielseitiger Zustimmung, mit Recht 
Bahn gebrochen, doch sei man in neuerer Zeit darauf ge¬ 
kommen, die kleinere Dosis von 0,25 g zu appliciren, da die 
Wirkung eine bessere sei, auch setze dieses Mittel etwa vor¬ 
handene Fiebererscheinungen herab. Andererseits blieb aber 
auch nicht unerwähnt, dass dieses Mittel plötzliche Todesfälle 
veranlassen könne. Hierzu bemerkt Herr Eigner, dass bei 
der Verwendung des Chlorbaryums ja darauf zu achten sei, 
schweflige Dünste, Kohlensäure und Ammonniak fern zu halten, 
da diese leicht Niederschläge von Baryterden veranlassen, die 
als Partikelchen in die Blutbahn gelangen, sich in edlen 
Organen festkeilen und dann Todesursache werden könnten. 
Ein Filtriren vor dem Gebrauche sei unter gewöhnlichen Um¬ 
ständen zu empfehlen, wenn nicht die gesetzlich geschützte 


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94 

sterile Lösung dieses Mittels von der Firma Bengen & Co. 
benutzt werde. 

Vom Vorsitzenden wird angeregt, weitere Erfahrungen über 
dieses Mittel zu sammeln und namentlich Sectionen nach plötz¬ 
lichen Todesfällen vorzunehmen, worüber in der nächsten Ver¬ 
sammlung gesprochen werden könnte. Herr Eigner bietet 
den anwesenden Thierärzten verschiedene innere und äussere 
Mittel zur Prüfung in Krankheitsfällen an und führt dann 
weiter aus: 

Aus Kampfer wie aus Terpentin werden jetzt Produkte 
gewonnen, die ein sehr starkes Oxydationsvermögen besitzen 
und in verschiedener Form als Desinfektions- und Wundmittel 
Verwendung finden. Anstatt der aus dem Petroleum erhaltenen 
Rückstände, Vaseline und Paraffin, welche beide die Schleimhäute 
reizen, ist das Wollfett — Lanolin — zu empfehlen, auch für Salben. 
Die reinste Form ist das Lanain, welches gegen 200 pCt. 
Wasser aufnimmt nnd ebenso, wie Vasogen, verseift werden kann. 

Das Chinolin stellt eine scharf riechende Flüssigkeit dar, 
die mit Säuren crystallisirbare Salze bildet und z. B. mit 
Kali das Chinosol giebt, ein Antisepticum, welches schon in 
geringer Menge Wasser aseptisch macht. 

Schliesslich wird noch eine handliche Packung von Anaesthyl 
vorgelegt, welches als Anaestheticum für den Praktiker als 
unentbehrlich angesehen werden muss. Das Epicarin, in 
Fonn eines röthlichgelben Pulvers gilt allerdings als Räude¬ 
mittel, hat sich aber kaum bewährt. Der Vorsitzende rühmt 
das Chinosol als Wundmittel, ferner das Pyoctauin, weil 
billiger, wogegen Glutol nicht beliebt ist und anstatt Jodoform 
lieber Thioform zu verwenden sein dürfte. 

„Mittheilungen aus der Praxis“. 

Völlers-Altona führt wiederum einen Fall an, in welchem 
ein Arbeiter mit Milzbrand sich inficirte, obgleich er die Hände 
mit Bacillol desinficirt hatte; die Krankheit trat in milderer 
Form auf, wahrscheinlich deshalb, weil derselbe im Vorjahre 
gleichfalls daran erkrankt gewesen. Ferner erkrankten sieben 
Rinder an Milzbrand auf einer Weide, wo nur sehr schlechtes 
Trinkwasser vorhanden. 

Struve-Kiel weist nochmals auf die Milzbrandfälle in Neu¬ 
münster hin, die seiner Ueberzeugung nach nur durch die Ab¬ 
wässer der Gerbereien veranlasst worden sein können, und hält es 
für erwünscht, dass recht bald Entschädigung für an dieser Seuche 
gefallene Thiere gewährt wird, um der Verheimlichung ent¬ 
gegen zu wirken, dem Jensen-Itzehoe voll und ganz beistimmt. 

Völlers-Altona hebt auch noch hervor, dass Milzbrand 
recht häufig nach der Verfütterung von Heu aus der Elbgegend 
nnd ausländischer Kleie auftritt, worüber auch Hauschildt- 
Kiel Erfahrungen gemacht haben will. 

Fock-Ahrensböck wünschte Auskunft darüber, ob ein 
vollständiger Gebärmuttervorfall bei einer Sau mit Erfolg 
reponirt werden könne, welches von Masch-Wüster für möglich 
gehalten wurde, indem es ihm mehrere Male gelungen sei, durch 
Umwicklung des Vorfalles mit einem laugen Handtuche und 
durch langsames Einschieben. 

Voliers-Altona macht darauf aufmerksam, dass die Be¬ 
seitigung von C'adavern, namentlich an einer Seuche ge¬ 
fallener Thiere, immer noch zu gleichgültig betrieben werde, 
und deshalb auf die Anlegung von Abdeckereien gedrungen 
werden müsse. Hierauf äusserte Ruser-Kiel sich über die 
beiden bekannten Vernichtungsapparate von Po di will und von 
Otte-Hartmann dahin, dass bei ersterem die Producte mehr zu- 


No. 8. 

sammenbleiben, bei letzterem eine Trockenmasse gewonnen 
werde, während Fett und Leimmasse abgeschieden würden. 
Witt-Sonderburg empfiehlt den Ruffschen Apparat, wie er 
dort im Betriebe sei und vermittelst eines Benzinmotors arbeite, 
wodurch eine brauchbare Dängermasse erzielt werde. 

Schluss Abends 11 Uhr. 

Eil er, Schriftführer. 

Versammlung der Thierlrzte des Reg.-Bez. Stade. 

Auf Einladung der Herren Ne ver mann -Bremenörde, 
Schöttler-Himmelpforten und Simon-Otterndorf fand am 
3. Februar in Stade eine Versammlung der Thierärzte des 
Regierungsbezirkes Stade statt. 

Erschienen waren die Herren Düwell, Holm, Lnther, 
Müller, Nevermann, Sahling, Schöttler sen., Scliöttler 
jun. (Stade), Schöttler (Himmelpforten), Schmidt, Simon 
und Simonsen. Die übrigen Herren waren leider am Kommen 
verhindert. 

Es wurde zunächst ein Anschreiben an den aus einem 
Theile des Regierungsbezirkes Stade gewählten Reichstags¬ 
abgeordneten Dr. Diedr. Hahn beschlossen, in dem derselbe 
unter Hinweis auf die ausführliche Begründung des Veterinär- 
rathes und Anlage der Ausführungen des Bezirksthierarztes 
Markiel über österreichische thierärztliche Verhältnisse ge¬ 
beten wurde, im Reichstage dafür eintreten zu wollen, dass als 
Vorbildung für das thierärztliche Studium das Abiturientenexamen 
gefordert werden möge. 

Sodann wurde über das Treiben des im Sommer v. J. von 
Hittfeld nach Buxtehude verzogenen Thierarztes G. Bon atz 
verhandelt und festgestellt, dass die Reclamemacherei und Preis¬ 
drückerei desselben allen Begriffen von Standesehre und An¬ 
stand, ja aller Vernunft Hohn sprechen und nicht länger todt- 
geschwiegen werden können. Es wurde beschlossen, gegen 
dieses Treiben zunächst durch öffentliche Missbilligung desselben 
in Fachzeitungen vorzugehen, und eine Resolution gegen dasselbe 
von allen Anwesenden unterschrieben. 

Ferner wurde festgesetzt, dass in Zukunft eine solche Ver¬ 
sammlung zwei Mal jährlich und die nächste in Harburg im 
Monat August stattfinden soll. Die genauere Festsetzung des 
Tages u. s. w. eventuell auch der Tagesordnung wurde einer 
Commission (Sahling, Schöttler sen. und Schmidt) überlassen. 

Sodann wurde noch darüber verhandelt, ob die Thierärzte 
sich an den Stutenschauen, auch ohne stimmberechtigt zu sein, 
betheiligen wollen, über diesen Punkt eine Einigung jedoch 
nicht erzielt. 

Den Schluss der Versammlung bildete ein gemeinschaftliches 
Mahl, bei dem in einem Toast die Verdienste des Herrn 
Schöttler sen.-Stade um die Hebung des thierärztlichen An¬ 
sehens in hiesiger Gegend hervorgehoben und allseitig mit Be¬ 
geisterung voll anerkannt wurden. 

Zu aller Leidwesen mussten die Anwesenden sich dann der 
abgehenden letzten Abendzüge wegen bald trennen. 

Im Aufträge: Schmidt. 

Die Brandenburglsohe Landwirthschaftskammer und das Abiturientenexamen. 

Die Brandenburgische Kammer hat in ihrer Vorstandssitzung 
vom 8. Februar beschlossen, für das Abiturientenexamen der 
Thierärzte einzutreten. In der Discussion w r urden dabei sehr 
zutreffende Gesichtspunkte hervorgehoben. Das officielle im 
„Landboten“ No. 14 veröffentlichte Protocoil enthält darüber 
folgenden Bericht: 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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22. Februar 1900. 


BERLINER TIIIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


95 


Nach einem Vortrage des Herrn von Waldow entspinnt 
sich eine lange und angeregte Discussion. 

Allseitig wird das Bestreben der Thierärzte, ihren Stand in 
socialer und wirtschaftlicher Hinsicht zu heben, als berechtigt 
und im Interesse der Landwirtschaft wünschenswert anerkannt. 
Herr von Klitzing und Herr Oec.-Rath Ebert verweisen 
hierbei auf die grossen Uebelstände in der bisherigen wissen¬ 
schaftlichen und practischen Ausbildung der jungen Thierärzte 
und fordern dringend Abhülfe. Herr Amtsrat Schräder 
widerlegt den Einwand, gesteigerte Anforderungen an das 
Studium der Thierärzte würden erhöhte Honorarbedingnngen 
zur Folge haben, durch den Hinweis auf die Thatsache, dass 
jetzt die auf einer social - wissenschaftlich höheren Stufe 
stehenden Aerzte in den Landkreisen billiger practiciren als die 
Thierärzte. Der Vorstand beschliesst: 

a) Die Bestrebungen des deutschen Veterinärrates auf Ein¬ 
führung des Abiturientenexamens als Vorbedingung für das 
Studium der Thiermedicin bei sich bietender Gelegenheit 
in jeder geeignet erscheinenden Weise durch Eingaben 
an die Kgl. Staatsregierung, den Reichstag u. s. w\ zu 
unterstützen. 

b) Gleichzeitig aber auf eine Abänderung der tierärztlichen 
Ausbildung zu wirken dahin, dass 

1. auf den Hochschulen die theoretischen und practischen 
Unterweisungen und Experimente nicht mehr wie bisher 
auf Pferde und Hunde beschränkt bleiben, sondern im 
Interesse der Landwirtschaft auch auf Rindvieh, 
Schweine und Schafe ausgedehnt werden, 

2. die jungen Thierärzte nach absolvirtem Studium 
mindestens ein Jahr als Assistenten eines Kreisthier- 
arztes tätig sein müssen, bevor sie eine selbständige 
Praxis ausüben dürfen. 

Die Resolution unter b) erfordert die ernsteste Beachtung; 
wir behalten uns diesen Punkt daher zur besonderen Be¬ 
sprechung für nächste Nummer vor. Es ist jedenfalls sehr 
erfreulich und erhöht den Werth der uns aus landwirtschaft¬ 
lichen Kreisen kommenden Unterstützung, wenn zugleich von 
dort selbstständige practische Vorschläge gemacht werden. 

Etat de« Kaiserlichen Gesundheitsamtes. 

Im Reichshaushaltsetat sind beim Kaiserlichen Gesundheits¬ 
amt vorgesehen 4500 M. Gehalt für ein neues Mitglied des 
Gesundheitsamtes als Leiter der Forschung auf dem Gebiet der 
Thierseuchen, ferner 21C0 M. für einen Thierarzt und dauernde 
sächliche Ausgaben für Thierseuchenforschung mit 22300 M. 
Ferner extraordinär die Mittel zur Erbauung eines Laboratoriums 
für denselben Zw'eck mit Stallungen sammt innerer Einrichtung 
201400 M. Dieses Institut soll, um Conflicte mit der Anwohner¬ 
schaft zu vermeiden, nicht beim Gesundheitsamte selbst, sondern 
in Dahlem auf dem Grundstück der biologischen Abtheilung des 
Gesundheitsamtes erbaut werden. 

Wir begrüs8en die Errichtung dieser neuen Stätte veterinär, 
wissenschaftlicher Forschung mit Freude, in der Voraus¬ 
setzung, dass dort auch Thierärzte nicht bloss zur Thierbeauf- 
sichtigung, sondern als wissenschaftliche Arbeiter werden her¬ 
angezogen werden. 

Jubiläum. 

Herr Kreisthierarzt Eiler-Flensburg beging am 10. Februar 
in der Stille sein 25jähriges Jubiläum als Kreisthierarzt. 


Holsteiner von Geburt, also noch im dänischen Unterthanen- 
Verbande, vollendete er seine in Hannover begonnenen Studien 
in Kopenhagen und war nach seiner Approbation (T864) noch 
längere Zeit Assistenzthierarzt bei den berühmten Professoren 
Tscherning, Stockfleth und Bagge. Danach practicirte er 
in Holstein, machte 1870 das preussische Kreisthierarztexamen 
and erhielt 1875 die Kreisthierarztstelle Sonderburg-Appenrade, 
wo er Mitbegründer und später Ehrenmitglied des landwirt¬ 
schaftlichen Vereins wurde, auch zahlreiche Fortbildungsschulen 
ins Leben rufen half. Seit 1884 befindet er sich in der Kreis¬ 
thierarztstelle Flensburg, wo er nicht nur einer umfangreichen 
tierärztlichen Praxis obliegt, sondern auch als Vorstand und 
Ehrenmitglied zahlreicher Vereine auf landwirthschaftlich-thier- 
züchterischem Gebiet eifrige Thätigkeit entfaltet. Im tier¬ 
ärztlichen Verein für Schleswig bekleidet er das Amt des 
Schriftführers. Wir wünschen ihm eine langdanemde Fortsetzung 
seines erspriesslichen Wirkens. 

Thierzuchtleitung. 

Der Kreisthierarzt Hitschfeld zu Wetzlar ist zum Vor¬ 
sitzenden des die Kreise Wetzlar und Waldbroel umfassenden 
Zuchtverbandes XIX zur Hebung der Rindviehzucht vom land¬ 
wirtschaftlichen Provinzialverein für Rheinpreussen ernannt 
worden. Die Rheinprovinz ist in 19 derartige Zuchtverbands¬ 
bezirke zerlegt. Der oben genannte Bezirk ist der erste, in 
dem ein Thierarzt den Verbands-Vorsitz führt. 

Anforderungen an thierfirztiiche Apotheken. 

Im Jahrgang 1899, pg. 561 der B. T. W. war berichtet 
worden, dass ein bayerischer Bezirksthierarzt angeklagt war, 
weil er keine Präcisionswaage besass. Es handelte sich um 
den ( Bezirksthierarzt Merkt zu Kempten. Das Landgericht 
Latte M. freigesprochen. Das Oberlandesgericht hatte er¬ 
kannt, nach den Bestimmungen müsse auch der Thierarzt 
eine solche Waage haben, da diese nicht bloss genaue Dosirung, 
sondern auch die Prüfung dosirter Arzneien ermöglichen solle. 
Das freisprechende Urtheil sei daher aufzuheben und die Sache 
zu anderw'eiter Verhandlung an das Landgericht zurückzuver¬ 
weisen. 

Das Landgericht hat diese rechtliche Beurtheilung des 
Revisionsgerichtes selbstverständlich seiner neuen Verhandlung 
zu Grunde gelegt, aber trotzdem den Beklagten erneut frei¬ 
gesprochen, weil ein objectives und selbst ein fahrlässiges Ver¬ 
schulden nicht vorliege, da der Beklagte sich erweislich bei der 
Vorgesetzten Dienststelle nach der Auslegung der qu. Be¬ 
stimmungen erkundigt und die Auskunft erhalten hatte, dass 
die Führung einer Präcisionswaage für selbstdispensirende Thier¬ 
ärzte nicht erforderlich sei. 

Der Milltär-Thlerarzt im Kriege. 

In England zählen die Veterinäre zu den Nichtcombattanten, 
dagegen figuriren die Aerzte unter den Combattanten. Die Ge¬ 
fangennahme des Veterinär-Leutnants Shore giebt dem Veteri- 
nary Record zu dem Hinw-eis Veranlassung, dass nach der 
Genfer Convention der Veterinär wie ein C’ombattant be¬ 
handelt werde und denselben Bestimmungen unterworfen sei, 
wie die kämpfende Truppe. Der Arzt sei dagegen in Kriegs¬ 
zeiten dem allgemeinen Schutz empfohlen. Und doch gew'ähre 
das Kriegsministerium dem Arzt militärische Titel und Rechte, 
dem Thierarzt nicht! 

Dieser Gegensatz findet sich bekanntlich auch m der 
deutschen Armee. 


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96 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 8. 


Leichtfertige Anschuldigungen gegen Thierärzte. 

Wir werden um Mittheilung folgenden Falles ersucht: 

In Zeitungen ist mit allerlei hämischen und entstellenden 
Glossen über die Tliatsache berichtet worden, dass in Forbach 
200 Militärpferde wegen Rotz getödtet, aber bei der Section 
rotzfrei befunden worden seien. Der „thierärztliche Central¬ 
anzeiger“ fühlt sich bemüssigt, diesen Fall unter der sonder¬ 
baren Marke „ein Schildbürgerstückchen“ mitzutheilen und in 
einer Weise zu commentiren, welche nicht geeignet ist, die 
»Sache richtig zu stellen, obwohl er schliesslich die Erwartung 
eines Dementi ausspricht. 

Dem gegenüber sei Folgendes constatirt: Im Kreise For¬ 
bach befand 6ich ein Rotzherd, woselbst der Rotz nachgewiesen 
war. Zuerst waren dort zwei Pferde getödtet und rotzkrank 
befunden worden. Dann wurden die übrigen 20 mit Mallein 
geimpft, von denen 19 reagirten und bei der Tödtung als rotzig 
befunden wuirden. 

In Folge von Berührungen mit diesem nach gewiesenen 
Rotzherde waren 184 Militärpferde nicht auf Grund ärztlicher 
Diagnose, sondern nach den gesetzlichen Bestimmungen, als der 
Ansteckung verdächtig anzusehen. Dieselben sollten sämmtlich 
nach dem Manöver ausrangirt und versteigert werden. Dies 
hätte aber nicht geschehen können, weil sie als an¬ 
steckungsverdächtig sechs Monate unter die gesetzliche Beob¬ 
achtung hätten gestellt werden müssen. Die sechsmonatliche 
nutzlose Fütterung hätte voraussichtlich, von anderen Unzuträg- 
lichkeiten abgesehen, den Erlös für die Pferde überstiegen, zu¬ 
mal ein Rossschlächter für die getödteten Thiere noch je 20 M. 
zahlen wollte, soweit sie rotzfrei befunden wurden. Desshalb 
wurde die Tödtung angeordnet, nicht in Folge einer irrthümlichen 
Diagnose', sondern lediglich aus öconomischen Rlicksichte^ 
d. h. um die langwierige Sperre zu vermeiden, der die 
Pferde hätten gesetzlich unterworfen werden müssen, ob sie 
rotzig waren oder nicht. 

Der „thierärztliche Centralanzeiger“ hätte, anstatt die 
Sache in der von ihm beliebten Form zu verarbeiten, sich vor- 
her erkundigen und dadurch zur Richtigstellung beitragen sollen, 
wenn er nützen wollte. — 

[Wir bemerken hierzu, dass wir die Mittheilungen des 
„Thierärztlichen Centralanzeigers“ nicht beachtet haben, weil 
er, als ein auf Annoncensammlung basirtes Blatt, unserer Ansicht 
nach nicht beanspruchen kann, zur thierärztlichen Fachpresse 
zu zählen.] 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen eto. 

In Berlin ist ein am 14. er. unter Schweinen eingetretener 
Ausbruch der Seuche am 17. wieder erloschen. In Dresden, 
von wo am 15. er. das Erlöschen der Seuche gemeldet war, ist 
am 17. unter Ueberständerschweinen ein neuer Ausbruch erfolgt. 
In München ist die. Seuche am 13. er. unter Rindern ,aus- 
gebrochen und erloschen, am 17. unter Schweinen neu aus¬ 
gebrochen. 

Einfuhrverbot. 

Der Regierungspräsident von Breslau hat unterm 17. er. 
die Einfuhr von frischem Schweinefleisch und allen Zubereitungen 
von solchem verboten. 

Personalien. 

Ernennungen: Kreisthierarzt Joseph Imming er-Würzburg zum 
ord. Professor für Chirurgie an der Münchener thierärztlichen Hoch¬ 


schule. — Thierarzt G. Philipp als Ortstbierarzt der Gemeinden 
Hemigkofen und Nonnenbacb bestätigt. 

Approbationen: In Hannover die Herren Wassil Danailoff, 
(Bulgarien), Joseph Hubs und Hermann Wilke. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen eto.: Verzogen: Thierarzt 
Dr. Johann von Dresden nach Berlin, Thierarzt Max Madel nach 
Erding als bezirksthierärztl. Assistent, Thierarzt Rein eck von 
Düsseldorf nach Naunhof b. Leipzig.— Thierarzt Erich He ege (1899) 
hat sich in Friesack niedergelassen. 

In der Armee: Rossarzt Zinnecker vom 1. Ul.-Rgt in den Ruhe¬ 
stand versetzt. 

Todesfälle: Thierarzt Bremer-Siegburg, Thierarzt Lankow- 
Friesack und Thierarzt Lichterfeid-CbarlOttenburg. 


Y&canzen. 

Kreisthierarztstellen eto.: a) Neu ausgeschriebene Stellen 
R.-B. Cassel: Gersfeld zum 1. März (600 M.) Bewerb, bis 28. Fe¬ 
bruar an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Köln: Rheinbach 
(600 M., 500 M. vorauBsichtl. Kreiszuschuss). Bewerb, bis 18. März 
an den Regierungspräsidenten. 

In Bayern: Bezirksthierarztstelle in Naila (Oberfranken), 
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Gumbinnen: Grenzthierarztassistentenstelle in Stallupönen. 

— R.-B. Schleswig: Eiderstedt. 

Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Eberswalde: Schlachtbausinspector (2400 M. bis 3300 M., 
Wohnung etc.) Meid, bis 1. März an den Magistrat. — Friesack 
(Mark): Thierarzt als Vieh- u. Fleischbeschauer (1200—1500 M. und 
Praxis). Bew. bis 1. März an den Magistrat. — Geyer (Sächa. 
Erzgeb.): Thierarzt für Fleischbeschau (1500—2000 M. aus der Stadt¬ 
praxis.) Bewerb, bis 1. März an den Stadtrath. — Halle a. S.: 
2 Assistenzthierärzte am Schlachthofe Bofort bezw. zum 1. April 
(1800 M., Wohnung etc.) Bew. sofort an die Direction. — Lüne¬ 
burg: Schlachthofvorsteher (2400—3100 M., Wohnung etc., Pension) 
Bewerb, bis 1. März an den Magistrat. — Rathenow: Schlachthof 
inspector zum 1. April (2000 M. steigend bis 3000 M. Wohnung etc.). 
Meldungen an den Magistrat. — SorauN.-L.: Schlachthofvorsteher 
(2250 M. steigend bis 3000 M. Wohnung etc. Keine Praxis. Pension, 
1000 M. Caution). Bewerb, bis 22. Februar an den Magistrat — 
Thorn: 2. Thierarzt am Schlachthof. Bewerb, bis 1. März an den 
Magistrat 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — Dessau: Schlachthof- 
assistenzthierarzt. — Dresden: 3 Hilfsthierarztstellen am Schlacht¬ 
hof. — Eckernförde: Schlachthofinspector. — Eiisen (Ruhr): 
3. Schlachthofthierarzt — Filehne: Schlachthofinspector. — 
Friedrichsthal (Kreis Saarbrücken): Thierarzt für Fleisch¬ 
beschau. — Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt — Hannover: 
IV. Thierarztstelle am Schlachthof. — Hirschberg (Schlesien): 
Schlachthofvorsteher zum 1. März. — Königsberg i. P.: Schlacht- 
hoftbierarzt — Liegnitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Mark- 
neukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — 
Militscb: Schlachthofinspector. — Mülhausen (Elsass): Schlacht¬ 
hofverwalter. — Ostrowo: Schlachthofinspector. — Spremberg: 
Schlachthofinspector. — Trier: Schlachthofhilfsthierarzt zum l.März. 

— Wanne: Schlachthofvorsteher. 

Privat8tellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen.) — Murrhardt — Schönbaum (Danzig). — Soldau 
(Ostpr.): Tbierarzt für Praxis (300 M. Zuschuss). Bewerbungen beim 
Magistrat. 

1900 bekannt gegebene: Pabstorf (Braunscbweig):Thier¬ 
arzt sofort — Rhinow (R.-B. Potsdam): Thierarzt — Sonnenburg: 
Thierarzt (600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den Magistrat. 

— Tilsit: Thierarzt für Praxis. Auskunft beim Vorsitzenden des 
landw. Vereins in Kaukmethen (O.-Pr.). 

Besetzt: Kreisthierarztstellen in Carthaus und Lippstadt; Kreis- 
thierarztassistontenstelle in Trier. 


Verantwortlich für den Inhalt (excL Ina erat enth eil): Prot Dr. Schmal tx ln Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Scboetz in Berlin. — Druck von W. B&xenateln, Berlin. 


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Die „Berliner ThlerfirxtUche Woctaenichrift“ erscheint 
wöchentlich in Stärke von mindestens l>/ a BoRen. Dieselbe 
iat eu betiehon durch den Buchhandel, die Post (No 1082) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
SchoetE, Berlin NW„ Lnlsenstrasse 96, zum Preise von 
Mk. 5, - pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeitrfge werden mit 50 Bk. fDr den Bogen honorirt 
Alle Manuscripte, Mitlhellungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr 8ehmaltz, 
Berlin, thierkrztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions- Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M 9 . Ausgegeben am 1. März. 


Inhalt: Barsch: Hochschüler oder Handwerker? — Bipa: Rnssian-Waters. — Referate: Kitt: Versuche mit Serumschutzimpfung 
gegen Rauschbrand. — Hitzpocken. — Schwyter: Urticaria des Rindes. — Tagesgeschichte: Schmälte: Ein tactischer 
Zwischenfall. — Verschiedenes. — Ordentliche Generalversammlung des tbierärztlichen Vereins zu Schleswig-Holstein. — 
Personalien. — Vacanzen. 


Hochschüler oder Handwerker? 

Academische Streiflichter. 

Von 

Eugen Baroch-Wien, 

Stud. med. vet. 

Motto: 

Bestreuet die Häupter mit Asche, 

Verhaltet die Nasen euch hang! 

Ich sing' bei trüb fliessender Flusche 

Einen bituminösen Gesang. 

Scheffel. 

Die sehr treffenden Ausführungen des österreichischen Be¬ 
zirksthierarztes Herrn Markiel in der „Berliner Tierärztlichen 
Wochenschrift“ veranlassen mich, einiges über die Verhältnisse 
dieser äusserst merkwürdigen Hochschule (i. e. die thierärzt¬ 
liche Hochschule in Wien) mitzutheilen. Diese Verhältnisse 
sind nämlich derart, dass man sie ebenso in einem Witzblatte 
behandeln könnte, wie in einem ernsten Fachblatte. 

Wie der betreffende Herr in der „B. T. W.“ angiebt, 
werden die österreichischen Militär-Curschmiede nach einer 
„sehr schwierigen“ Aufnahmeprüfung als ordentliche Hörer 
aufgenommen.. Bei dieser Aufnahmeprüfung werden derartige 
Fragen gestellt, dass manche Candidaten durchfallen. Ich will 
einen Fall ans authentischer Quelle (nämlich nach der wut¬ 
schnaubenden Erzählnng eines durchgefallenen Curschmiedes) 
berichten: Frage ans der Geographie: „Was liegt östlich von 
Galizien?“ Keine Antwort. „Was liegt östlich von Ungarn?“ 
Keine Antwort. Infolge dieser glänzenden Kenntnisse erhielt 
Candidat eine ungenügende Note. Hoffentlich bezeugen diese 
Fragen die Schwierigkeit der Aufnahmeprüfung. Zum Tröste 
für zukünftige Candidaten sei aber hinzugefügt, dass solche 
kopfzerbrechenden Fragen nur in der Geographie Vorkommen. 

Betrachten wir nun einmal die Vorgänge nach der Auf¬ 
nahmeprüfung. Zunächst erhält jeder dieser „Hochschüler“ 
einen Immatriculationsschein, auf dem steht, dass Herr N. N. 
als ordentlicher Hörer immatriculirt ist und gelobt hat, den 
academischen Pflichten nachzukommen. Ferner leistet jeder 
persönlich das „academische“ Gelöbniss, wobei er seine Hand in 
die des Rectors legt und „spondeo“ sagt, nämlich auf deutsch, 


da er ja vom Latein nur mit grosser Mühe die Buchstaben ge¬ 
lernt hat; bei diesem Vorgänge ist Militär und Civil bunt ge¬ 
mischt. Selbstverständlich macht diese erhebende, academische 
Feierlichkeit auf die jungen, eben erst von der penna gekommenen 
Studenten einen gewaltigen Eindruck. Sie haben sich nämlich 
von der alma mater veterinaria eine ganz falsche Vorstellung 
gemacht, und sind von der Gegenwart ihrer uniformirten Collegen 
gleichsam überrumpelt worden. Bei dieser Feierlichkeit wird 
so mancher von den neuen academischen Bürgern, der ja oft 
Reserveofficier, Corpsstudent oder Burschenschafter ist, vor 
Scham und Zorn blutroth im Gesichte, natürlich verliert sich 
dieses „übertriebene Ehrgefühl“ im Laufe der Zeit, und haben 
sie einmal die neue „academische Freiheit“ an dieser „Hoch¬ 
schule“ wirklich kennen gelernt, so kommen solche physiologische 
resp. psychologische Erscheinungen nicht wieder vor. 

Nach einiger Zeit werden die Legitimationen und Indices 
ausgefolgt, auf denen wir links das Bild eines schmucken, mit 
drei weissen Sternen geschmückten Kriegers erblicken, rechts 
aber lesen, dass Herr N. N. ordentlicher Hörer an der thier¬ 
ärztlichen Hochschule in Wien ist. Wie das mit dem § 3 des 
Stndienplanes, der lautet: „Zur Aufnahme als ordentlicher 
Hörer in das thierärztliche Studium ist das Zeugniss über die 
an einer inländischen Mittelschule (Gymnasium oder Realschule) 
mit Erfolg bestandene Maturitätsprüfung erforderlich“, zu ver¬ 
einbaren ist, wissen wir nicht. Wenn der Studienplan sprechen 
könnte, würde er gewiss sagen: „Zwei Seelen wohnen, ach! in 
meiner Brust.“ Sind diese Documente vertheilt, so sind die acade¬ 
mischen Bürger iure iustissimo fertig, der novus academicus 
civis communis (i. e. mit Maturitas als Vorbildung) und der homo 
novus academicus, spec. Cnrschmied (i. e. mit zwei bis fünf 
Volksschulklassen als Vorbildung, die zur Aufnahme in die 
1. Klasse [unterste] einer Mittelschule berechtigen). 

Nachdem wir jetzt die Hörer kennen gelernt haben, be¬ 
trachten wir die Verhältnisse während des .Studienjahres. 

Besuchen wir einmal eine Vorlesung. Ein prächtiges, 
farbenreiches Bild I Vorwiegend rothe Hosen und blaue Röcke 
und hohe, schwarze Stiefel und martialische Schnurrbärte. Hie 
und da ist auch ein schlichter Civilrock zu sehen, der sich aber 


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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


98 

scheu in die Ecke drückt, während das die Brust umschlingende 
dreifarbige Band kaum zu athmen wagt. Das Treiben in der 
Vorlesung ist ein sehr reges. Man hört von Curschmiedkneipen, 
vom Stoffe (cerevisia militaris) etc. Mutatis nmtandis wird der 
Schläger durch einen breiten, mit einer gelben Quaste gezierten 
Reitersäbel, der Flaus durch den Dolman, das Cerevis durch 
den Kalpak etc. ersetzt. Manchmal finden auch Manöver 
statt, wenn sich nämlich einige Curschmiede balgen. Derartige 
militärische Actionen machen natürlich den Aufenthalt in den 
Hörsälen und Kliniken besonders angenehm, weswegen auch das 
Gros der Civilstudirenden es vorzieht, im Kaffeehause oder auf 
der Kneipe zu weilen und zu singen: „Vivat Academia“. 
Während der Vorlesung herrscht gespannte Aufmerksamkeit, 
die des Oefteren auch in sanften, stärkenden Schlummer über¬ 
geht, was besonders in den physikalischen Vorlesungen der 
Fall, da ja die angeborene oder ancommandirte Intelligenz der 
Herren Curschmiede über solches Zeug, das für unreife Jungen 
taugt, längst hinaus ist und nur mehr am Pflasterschmieren und 
Pferdebeschlagen Gefallen findet. 

Wer das Glück hatte, vor drei Jahren einer Vorlesung, 
z. B. Anatomie, beiwohnen zu können, hatte folgenden, ergötz¬ 
lichen Anblick: Links sassen ganz gewöhnliche Soldaten (Cur¬ 
schmiede in spe), rechts Civilstudenten, in den ersten Bänken 
die Curschmiede selbst, während ein Drittel der Civilisten 
stehen musste, da sich der Saal zu klein erwies, um für 
250—300 Zuhörer (180 vom Civil) Sitzplätze zu fassen, die 
Bänke, der Soldaten aber nicht besetzt werden durften. Da 
aber das Stehen manchem Civilisten sauer wurde, so drückte 
man sich nach einer halben Stunde hinaus, wobei eines Tages 
die Entdeckung gemacht wurde, dass der Saal versperrt war, 
dagegen der Thürschlüssel neben dem Herrn Professor lag. 
Also in sicherem Gewahrsam! In sämmtlichen Mittelschulen 
Oesterreichs dürfte ein solcher Vorfall nie dagewesen sein. 

Leider haben zum Verdrusse so mancher Kneipzeitungen 
diese idyllischen Vorlesungen, die oft in Dithyramben und 
Hexametern besungen wurden, aufgehört. 

Das Gespenst dieser Curschmiedszöglinge (nicht der Cur¬ 
schmiede, Gott bewahre!), also solcher Hörer, die noch erst 
Curschmiede werden wollen, spukt aber immer noch herum. 
Nur haben sie jetzt extra Vorlesungen etc., während die Cur¬ 
schmiede, die im Verhältnisse zu ihnen bereits hohe Herren 
sind, mit den Civilisten gemeinschaftlich die Probleme der 
Thierheilkunde lösen. 

Im anatom. Sectionssaale treffen sich alle Elemente, wes¬ 
wegen derselbe von den Civilhörem ängstlich gemieden wird, 
da das Benehmen solcher Leute nicht zu dem gesittetsten gehört. 
(Daher sind auch die anatom. Kenntnisse des Civils keine be¬ 
deutenden.) Aber einzig dastehend ist das Zimmer, das an die 
Apotheke grenzt. Hier wird Wasser gekocht, gesungen, ge¬ 
flucht und anderes mehr. Da man gezwungen ist, hier die 
Krankheitsgeschichte zu schreiben (was wegen der Menge der 
Soldaten und der geringen Anzahl der Federn nur schwer 
möglich ist), muss man oft die grössten Grobheiten einstecken, 
da wir ja nur die Gäste, jene aber die Herren an der „Hoch¬ 
schule“ sind. Wie erhebend es aber ist, nach 2 Jahren einen 
Menschen, der noch vor kurzer Zeit den Mist aus dem Stalle 
geschafft hat, als Commilitonen begrüssen zu müssen, das kann 
nur der sich vorstellen, der es mitgemacht hat. 

Dass die Krankheitsgeschichten und Protokolle, die von 
diesen Herren geliefert wurden und werden, für eine neue 


No. 9. 

Orthographie energisch Propaganda machen, ist ja natürlich. 
Aber geradezu zwerchfellerschütternd sind die Recepte, die man 
sich zum Nutzen der leidenden Viehheit ja nicht entgehen lassen 
soll. Leider steht mir nicht der nöthige Platz zur Verfügung, 
sonst hätte ich sie den Collegen im Deutschen Reiche nicht 
verschwiegen. Dass es unter diesen zukünftigen Thierärzten 
auch Leute giebt, die mit lateinischen (vielleicht auch deutschen) 
Lettern überhaupt nicht schreiben können, ist nicht zu ver¬ 
wundern. Das haben aber nicht sie am Gewissen,- sondern die 
Regierung, die ein solches Princip der Heranbildung von Thier¬ 
ärzten duldet. 

Man glaubt nun vielleicht, dass diese Art von Thierärzten 
billig zu stehen komme. Aber weit gefehlt! Erwiesenermassen 
kostet ein Curschmied dem Staate gegen 1600 Kronen an 
Montur, Menage, Wohnung, Büchern, Instrumenten etc., während 
der Civilstudent dies alles aus eigener Tasche bestreiten muss, 
wozu noch die verschiedenen Taxen kommen. 

Wir wollen aber jetzt die Consequenzen betrachten, die 
derartige Hochschulverhältnisse bedingen. 

Waren die früheren Veterinär-Mediciner mit 6, 7 und 
auch 8 Classen Mittelschulbildung grösstentheils verkrachte 
Gymnasiasten oder Realschüler, die das damalige Thierarznei- 
Institut als refugium peccatorum betrachteten, so sind die 
jetzigen zu 80 pCt. eine zweifelhafte Acquisition für die thier¬ 
ärztliche Wissenschaft zu nennen. Wir wollen uns nicht selbst 
betrügen. Denn der grösste Theil der Civilisten ist überhaupt 
nur auf Grund von Stipendien (300—1200 fl.) in diese Anstalt 
gekommen. Und von diesen (im ersten Jahre 14 Hörer vom 
Civil) fallen wieder welche ab, wie erst jetzt zwei aus dem 
ersten Jahre zur Philosophie übergegangen sind, so dass nur 
von einer rapid fallenden Frequenz zu sprechen ist. 

Kann also die Thiermedicin von Leuten, die nur der Nervus 
rerum oder sonstein zwingender Grund, nicht aber die Liebe 
zum Fache zu diesem Studium bewogen hat, kann sie von 
solchen Leuten etwas erwarten? Und wenn einige wirklich aus 
Vorliebe für den thierärztlichen Beruf Veterinärstudenten ge¬ 
worden sind, muss diese Liebe nicht durch derartige Zustände 
in Bälde erstickt werden? 

Wie schmählich ist es für den, der bereits das goldene 
(Officiers-) Portepee trägt, und für den, der überall als An¬ 
gehöriger einer academischen Corporation Achtung geniesst und 
(dies im Gegensätze zum Deutschen Reiche) bei allen Hoch¬ 
schülern als gleichwerthig gilt, wie schmählich, drückend, ja 
geradezu vernichtend ist es für einen solchen, derartige unge¬ 
bildete Schmiedegesellen demselben Ziele zustreben und es auch 
erreichen zu sehen, das er selbst nach mühsam erworbener Vor¬ 
bildung, nach einem entbehrungsreichen Leben oder auch nicht 
einmal dann erreicht. Und hat er es einmal erreicht und 
sieht er, wie tief sein erwählter Bernf in der Achtung gebil¬ 
deter und ungebildeter Leute steht, wie oft nur mit knapper 
Noth das Nothwendigste erworben werden kann, während sein 
ehemaliger Gymnasialcollege, der in derselben Zeit seinen Doctor 
auch mit keiner grösseren Anstrengung erworben hat, bereits 
weit vorangerückt ist, vielleicht schon eine Stufe erreicht hat, 
die er selbst niemals, auch bei dem grössten Fleisse und Ta¬ 
lente nicht, erklimmen kann, muss er nicht an seinem Leben, an 
der Gerechtigkeit des Staates, an allem verzweifeln? Er muss 
es, oder er ist gezwungen, auf das niedere Niveau des Pfuschers 
herabzusteigen, seinen Stolz beiseite zu schieben, um mit diesem 
concurriren zu können. 


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I. MSr/. 1900. BERLINER TIIIERAKZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 99 


An8 diesen Gründen ergiebt sich der Mangel an fähigen 
Köpfen, die ein derartiges Studium und Fach ergreifen wollen. 
Wozu auch die Mühe, Pflege, Ertragen von Missachtung u. s.w., 
wenn andere Felder ihren Pflegern dankbarer sind. 

Und wäre eine Abhilfe so schwer? Oder ist dieses Studium 
weniger anziehend als Jus, Theologie und Philosophie? Nein, 
und dreimal nein. 

Würde die thierärztliche Hochschule gesäubert werden von 
jenen Elementen, würde man statt der Curschmiedekosten 
Militär-Stipendien aussetzen oder Militärzöglinge analog den 
Militäracademikem dem Studium znführen, würde das Cur- 
schmiedepfuscherwesen abgeschafft, dann würden auch 
genügend viele und auch fähige junge Leute sich 

finden, dann würde auch die Armee an gebil¬ 

deten und tüchtigen Thierärzten keinen Mangel haben und nich^ 
zu Curschmieden ihre Zuflucht nehmen müssen, und ebenso 

würde der Thierärztemangel beim Staate und Lande sein Ende 
finden. Denn nicht die erhöhte Vorbildung und die 
Schwierigkeit des Faches, sondern die trüben Aus¬ 
sichten auf der Hochschule und in der Praxis schrecken 
die Leute ab. 

Schliesslich ist es nicht unsere Sache, sondern die der 
Thierärzte, betreffs ihrer Verhältnisse eine Abänderung zu 

schaffen. Aber unsere Sache ist es, und darin sind auch die 
Hörer der wirklichen Hochschulen mit uns einig, zu trachten, 
das Faule an unserer Hochschule wegzufegen und unsere Rechte 
nie und nimmer preiszugeben. Und je härter der Druck wird, 
unter dem wir leiden, um so zäher und trotziger wird auch der 
Kampf sein, den wir führen. Der Sieg wird und muss unser 
werden! Fiat jnstitia, pereat nmndus! 

Russian-waters. 

Von 

Rip«, 

Rosurzt 

Nach den vorliegenden, überaus günstigen*) Urtheilen 
über diese russischen Gewässer, diesem neuen (!) Mittel in der 
Thierheilkunde, verfehlte ich nicht, einen Versuch zu machen. 
Ich habe damit Piephacken, Ueberbeine, Gallen und Sehnen be¬ 
handelt und kann mich den bisher veröffentlichten, günstigen 
Urtheilen in keiner Weise anschliessen. Entweder war die Dauer 
der Behandlung und der Lahmheit eine ebenso lange, wie ohne 
dies Mittel oder es stellte sich wie in zwei Fällen, wo es sich um 
Füllung der unteren Sehnenscheide des Hufbeinbeugers handelte 
und die Lahmheit schon gehoben war, und wo die Flüssigkeit 
nur versuchsweise, um die gerühmte depletorische (?) Wirkung 
zu erproben, angewandt wurde, die Lahmheit auf 5—8 Tage 
wieder ein. 

Beim Einreiben der indiscreten, russisch-grünen Flüssigkeit, 
dieses neuen Mittels No. I,**) glaubte ich einen unangenehmen, 
alten Bekannten wieder zu erkennen, den Salmiakgeist, un¬ 
verdünnt und grüngefärbt. Unangenehmer Bekannter von mir 
insofern, als ich in einem Manöver am Rhein, wo man des 
Nachts oft von Schnacken (Culex pipiens) geplagt wird, so 
unvorsichtig war, ihn mir unverdünnt mit einem Wattebausch 

*) Wegen Umzuges des Verfassers ist dieser Artikel verspätet 
eingeaandt. Inzwischen bat Oberrossarzt Kal ko ff im Novemberheft 
der Zeitschrift f. Veterinärkunde ebenfalls ungünstig berichtet. 

**) Die Zusammensetzung ist im Novemberheft der Zeitschrift f. 
Vcterinärknnde mittlerweile veröffentlicht 


auf so ein frisches Schnakenandenken (tagelang juckende, 
schrotkorn- bis linsengrosse Beulen) zu legen. Die Folge davon 
war, dass er sich mir in Form einer Blase und später eines 
schlecht heilenden Geschwürs einprägte. N. B. Eine ähnliche 
Art der Anwendung ist in der Gebrauchsanweisung vor¬ 
geschlagen; doch ist vorsichtiger Weise hinzugesetzt, man solle 
diesen Priessnitz nur fünf Minuten liegen lassen. 

Die gelbe Flüssigkeit No. n hat Aehnlichkeit mit Linimentum 
ammoniatum oder auch leise Anklänge an Lin. ammoniato- 
camphoratum, wobei ebenfalls grüngefärbter Salmiakgeist zur 
Verwendung gekommen zu sein scheint. Diese (No. H) soll die 
Wirkung der grünen nachhaltiger machen und die Scborfbildnng 
befördern. 

Doch über die genauere Zusammensetzung der Mittel zu 
sprechen, bin ich nicht competent, das ist auch garnioht der 
Zweck dieser Zeilen, auch war ich nicht so glücklich, den 
internationalen, thierärztlichen Congress besuchen zu können, 
auf welchem ja der Erfinder sich näher über die Zusammen¬ 
setzung verbreitet haben soll. Jedenfalls merkt es ein mit 
weniger stark ausgebildeten Geruchsnerven Begabter, dass der 
wirksame Bestandteil von No. I Salmiakgeist ist. — Ich bin 
hier leider nicht in der Lage, ohne Kostenaufwand Literatur¬ 
studien zu machen, um nachzuweisen, Beit wann Salmiakgeist 
in der Thierheilkunde äusserlich als Einreibung verwandt worden 
ist. Mir steht nur Fröhners Arzneimittellehre, 1. Auflage, 
zur Verfügung, und da ist die innerliche und äusserliche Wirkung 
und Anwendung ausgiebig beschrieben. Soviel steht wohl fest, 
dass, wenn das Mittel die Eigenschaften annähernd gehabt hätte, 
die ihm in den Russian-waters No. I nachgerühmt werden, die 
alten Thierärzte, die vorzügliche Beobachter waren, das Mittel, 
was scharfe Einreibungen anbetrifft, nicht ohne weiteres bei 
i Seite gesetzt und auf einen Erfinder fin de si£cle gewartet 
hätten, um es heute in nnserm Arzneischatz zu Ehren kommen 
zu lassen. 

Der erfahrene Thierarzt hat vom kalten Wasser bis zum 
glühenden Eisen ein mit so vorzüglichen Kampfmitteln ver¬ 
sehenes Arsenal, dass er in den resp. Fällen sehr gut ohne den 
mit Grünspan, oder sonst womit, gefärbten Salmiakgeist aus¬ 
kommt; und wo Bauer Priessnitz über die Achsel angesehen 
wird, da muss Oberst Spohr marschiren, da wird immer 
individualisirt. 

Nun kommt aber der springende Punkt. — Die beiden zur 
Probe versandten Flaschen, die eine hält ungefähr 250 g, die 
andere 100, kosten 4 Mark, Wiederverkäufer bekommen keinen 
Rabatt und Niederlagen w r erden nicht errichtet. 

Die Baarauslagen des Fabrikanten würden sich für obige 
Probe nach Dafürhalten Sachverständiger auf 40—GO Pf. stellen, 
wofür wir 4 Mark bezahlen. Damit sind, nach meinem Dafür¬ 
halten, die Talente denn doch etwas zu theuer verkauft. 

Mir kommt es so vor, als wenn man neuerdings den uneben 
werdenden Pfad der Geheimmittelkrämerei für Menschen verlässt, 
um den bequemen, breiten der Thierheilmittelfabrikation (cfr. 
Aphthentheer, Fricol etc.) zu wandeln, und das anscheinend 
mit ganz gutem Erfolge und mit einer Harmlosigkeit, über die 
bedauerlicher Weise sogar der Bericht über den internationalen, 
thierärztlichen Congress Erwähnung thun musste. — Der Be¬ 
richt über den Kurerfolg in Baden-Baden ist ja noch fällig und 
bin ich wirklich gespannt darauf. 

Nicht uninteressant ist es, zu bemerken, wie es als ein 
Verbrechen hingestellt wird, eine Canthariden- oder Qneckailber- 


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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9. 


100 

salbe anzuwenden; ich meine sachgemäss anwenden. Man be¬ 
obachtet allerdings bei temperamentvollen Pferden nach Ein¬ 
reibungen von Quecksilbersalben seltener als bei Canthariden 
leichte. Vergiftungserscheinungen; ich stimme aber dem Herrn 
Corpsrossarzt a. D. Wenzel bei, der behauptet, dass viel zu 
wenig und vor allen Dingen viel zu spät von den scharfen 
Einreibungen Gebrauch gemacht wird. Gleich bei jeder einiger- 
massen belangreichen, acuten Sehnenentzündung, besonders 
wenn noch die obere oder untere Sehnenscheide des Hufbein¬ 
beugers mit ergriffen ist, hat nur sofortige scharfe Einreibung 
bleibenden Erfolg. 

Welchen naiven Ansichten über scharfe (Quecksilber-) 
Einreibungen man da manchmal in Kreisen, die es eigentlich 
wissen sollten, begegnet, das ist fabelhaft. Wollte da z. B. 
Jemand durch Baden und Massiren der Sehne in 16 grädigem 
Wasser mit nachfolgendem Priessnitz das Quecksilber nach 
einem Vierteljahr aus der Sehne seines Pferdes herauscuriren, 
wo es längst in der Leber etc. Winterquartiere bezogen hatte. 

Dem, der selbst, der Noth gehorchend, nicht dem eigenen 
Triebe, nähere Bekanntschaft mit diesen schmierigen — pardon 
— schwierigen Sachen gemacht hat, mag ja diese Ehrfurcht 
ganz gut anstehen; aber in den vorgeschriebenen Grenzen beim 
Pferde angewandt ist es immer noch ein vorzügliches Medicament, 
das sich durch unsern alten Bekannten, selbst in russisch-grüner 
Maske, noch lange nicht vertreiben lassen wird. 

Referate. 

Versuche mit Serumsehutzimpfuiig gegen R&nschbrand. 

Von Kitt. 

(MUh. f. Th. 11, 8.) 

Die Serumschutzimpfung für Rauschbrand praktisch zu er¬ 
proben, hat unzweifelhaft ein grosses Interesse. Kitt hat 
schon 1893 einen Versuch unternommen, aus dem sich ergab, 
dass das Serum eines Schafes, welches mit abgeschwächtem 
Virus immun gemacht und dann mit virulentem Material nach¬ 
geimpft worden war, die Fähigkeit hatte, ein anderes Schaf 
zu immunisiren. (Merkwürdiger Weise gelang es nicht, ebenso 
Meerschweinchen zu immunisiren. Dies stimmt jedoch mit einer 
Feststellung von Sobernheim überein, dass das Serum der 
gegen Milzbrand unempfänglich gemachten Schafe zwar sehr 
wohl Schafe immunisirt, nicht aber, oder nur unregelmässig, 
Kaninchen und Meerschweinchen. Die passive Immunität ist eben 
von einer bei den einzelnen Thierarten verschiedenen Reaction des 
Körpers abhängig.) Wie K. erfahren hat, haben auch Voges 
und Casper Versuche in dieser Richtung mit günstigem Er- 
gebnis8 angestellt. Die nunmehr von Kitt erneuerten, wenn 
auch noch nicht vollendeten Versuche haben zunächst bereits 
ergeben, dass Pferde, Schafe, Ziegen und Rinder, wenn sie 
gegen Rauschbrand immunisirt worden sind, ein Serum liefern, 
welches Schafe gegen eine tödtliche subcutane Dosis von 
frischem oder getrocknetem Rauschbrandfleischsaft zu schützen 
vermag. Der praktisch werthvollste Nachweis, dass auch bei 
Rindern ein Serumschutz auf diese Weise sich erzielen lässt, 
ist noch nicht geführt, weil die Beschaffung der thenren Ver- 
suchsthiere hier grössere Schwierigkeiten bietet. 

Vor Beginn umfassender Versuche in dieser Richtung muss 
erst die tödtliche Minimaldosis ausprobirt werden, was beim 
Rauschbrand deswegen nicht so einfach ist, weil die natürliche 
Resistenz der Rinder sehr ungleich ist (öfters blieb ein Jung¬ 
rind leben, welches das fünffache derjenigen Dosis eingeimpft 


erhalten hatte, durch die ein anderes Rind getödtet worden war). 
Flüssige Culturen sind übrigens wegen rascher Virulenz¬ 
änderung zu solchen Versuchen nicht brauchbar, während das 
getrocknete und aufbewahrungsfähige Material nach dem Gewicht 
dosirt werden kann. Wegen der sehr grossen Empfänglichkeit 
der Schafe, die eben durch diese Eigenschaft ein sehr geeignetes 
Testobjekt bilden (schon Vio Tropfen frischen Rauschbrand¬ 
saftes tödtet subcutau), kann es Vorkommen, dass die ein¬ 
verleibte Menge über den Grad des verliehenen Seruraschutzes 
hinausgeht, und es ist passirt, dass aus solchem Grunde alle 
Thiere trotz der Serumimpfung zu Grunde gingen. Dies würde 
an sich den praktischen Werth der Serumimpfung nicht stören; 
denn auch bei Tetanus und Diphtherie richtet sich der Serum¬ 
impfschutz nach der Quantität des Giftes, ebenso beim Milz¬ 
brand. Bei der natürlichen Rauschbranderkrankung handelt es 
sich nicht um die Aufnahme solcher Quantitäten, die verimpft 
werden, aber um hoch virulente Keime, und das ist ein Mangel 
des Experiments, dass sich die natürliche Infection nicht gleich¬ 
artig nachahmen lässt. Dies ist auch der Grund, weshalb über 
den Werth einer Impfung erst die Praxis entscheidet. 

Angesichts der erwähnten Unsicherheiten ist es klar, dass 
die Feststellung der Dosen und Immunisirungsbedingungen ein 
grosses Tbiermaterial beansprucht. Da ein solches nicht aus¬ 
reichend zur Verfügung stand, so bezeichnet K. seine Versuche 
nur als erste Orientirungsversuche. 

Die Gewinnung des Schutzserums gelang am schnellsten 
beim Pferde und Schafe. Einem Pferde wurden verimpft: am 
22. April l 1 ^ ccm, 29. April 10 ccm, 12. Mai 10 ccm, 13. Juni 
10 ccm, 9. Juli 10 ccm frischen Rauschbrand-Fleischsaftes. Trotz 
der geringen natürlichen Empfänglichkeit dieses Thieres und 
trotzdem es auf die Impfung garnicht reagirte, lieferte es ein 
Serum, welches Schafe gegen Impfrauschbrand unempfänglich 
machte. 15 Tage nach der dritten Impfung wurde Serum ab¬ 
genommen, und zwar 5 und 10 ccm zwei Schafen an den Schenkeln 
verimpft. Am 6. Tage danach erhielt jedes Schaf 2 / 10 ccm 
virulenten Rauschbrandsaftes eingeimpft. Beide blieben gesund. 
Das Experiment wurde nach der 5. Impfung des Pferdes mit 
zwei Schafen wiederholt. Ein Controllschaf, mit halber Dosis 
des virulenten Materials, welches die mit Serum behandelten 
Schafe erhielten, geimpft, verendete an Rauschbrand. 

Ebenso zeigte sich das Schafsernm wirksam. Ein Schaf, 
welches mit 10 ccm Ziegenserum behandelt war und sich bei 
einer Controllimpfung am 22. April immun gezeigt hatte, bekam 
am 5. Mai 3 ccm eines frischen Virus einvei leibt, von dem Vio ccm 
zwei Schafe getödtet hatte. Das immunisirte Schaf blieb gesund 
und 21 Tage später wurde von ihm Blut entnommen, mit dessen 
Serum 2 Schafe geimpft wurden, welche sich daraufhin wider¬ 
standsfähig gegen eine Einimpfung von 2 / 10 ccm virulenten 
Saftes erwiesen. 

Ziegen verlangen eine vorsichtige intravenöse Aktio- 
iramunisirung. Zwei starben nach subcutaner Impfung an 
Rauschbrand, obwohl sie schon mehrfach intravenöse Injectionen 
erhalten hatten, und selbst das Ueberstehen einer zufällig ent¬ 
standenen schweren Rauschbranderkrankung gewährte noch 
keine dauernde Immunität. Wirksames Ziegenserum erhielt K. 
durch folgende Präparation einer Ziege: Die Ziege hatte am 
25. 2. intravenös 6 ccm dünner wässriger Emulsion von 
trockenem Virus erhalten, am 17. 3. intravenös 3 ccm frischen 
Saftes und von demselben Material am 7. 4. subcutau 1/2 ccm; 
am 12. 5. subcutan 1, am 10. 6. intravenös 1, am 26. 6. iutra- 


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t, als die Be 


I ilitärvetennäre 


g des Kriegs 


e Armee 


Vorbildung zwischen be 


Ithierärzten, die (abgesehen 
ichen Aufgaben im All 
Concurrenz stehen, ist nicht 
Militärthierärzte gegenüber 
1 unerwünscht. Die Privatpraxis 
viire ihnen so wie so gestattet. 


r Functionen müsste natürlich un 


amen geknüpft bleiben. Ich bin 
e Abiturienten gerade in die Armee 
e Armee schliesslich ganz von selber 


nfiihrung gelangen würde. 


liebes abgespielt. 


e wurde in I'reussen seit 1855 Ober 


als Anfang der 70er Jahre der Abg. Löwe 


en der damals noch viel schlechter gestellten 
jefurwortete: „Ich brauche in der Armee bloss 
iesslich kam es aber doch zur Ernennung von 


ossärzlen mit Beamten-Qualität. 





































102 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9. 


sehr vielgestaltig ist, und es ist daher um so wünschenswerter, 
die einzelnen Varianten einer besonderen Beachtung zu würdigen. 

Tagesgeschichte. 

Ein tactisrher Zwischenfall. 

Von Professor Schmaltz. 

Die zweite Berathung des Etats für die Verwaltung des 
Reichsheeres und der Marine, welche gestern beendet worden 
ist, hat den Abgeordneten Hoffmann-Hall (Professor an der 
thierärztlichen Hochschule zu Stuttgart) veranlasst, folgende 
Resolution einzubringen: „Der Reichstag wolle beschliessen: 
den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, er möge dahin 
wirken, dass die Gehälter der Corpsrossiirzte, Ober¬ 
rossärzte, Rossärzte und Unterrossärzte der ausser- 
baverischen Contingente des Reichsheeres denen der 
entsprechenden Classen von Veterinärärzten der bayerischen 
Armee gleichgestellt werden, dass als Vorbedingung für 
die Zulassung zum Studium für die militärthierärztliche 
Laufbahn Maturitätsprüfung einer Vollanstalt vor¬ 
geschrieben und dass die thierärztliche Studienzeit 
auf neun*) Semester erhöht werde.“ 

Nachdem, wie bereits mitgetheilt, dem Reichstage eine 
Petition des Deutschen Veterinärrathes überreicht worden ist, 
welche die Einführung des Abiturientenexamens für alle Thier¬ 
ärzte bezweckt, entsteht namentlich angesichts der unten zu 
erörternden Lage die Gefahr, dass durch das gesonderte Ein¬ 
greifen des Herrn Abg. Hoffmann in die Maturitätsfrage 
Kreuzungen in der Richtung unseres Vorgehens entstehen, 
welche der Sache nachtheilig werden können. 

Eine in dieser Erwägung von mir an Herrn Abg. Hoffmann 
gerichtete persönliche Bitte, er möge speciell diese Frage aus 
seinen beim Militäretat zu stellenden Anträgen herauslassen, hat 
keinen oder wenigstens nur einen^sehr bedingten Erfolg gehabt. 

Herr College Hoffmann hat mich dabei wissen lassen, dass 
er nach seiner Ueberzeugung richtig handle, dass er es mir aber 
nicht übel nehme, wenn ich ihn deswegen angriffe, dass ihm 
dies vielmehr gleichgültig sei. 

Es liegt mir ganz fern, Herrn Abgeordneten und Collegen 
Hoffmann persönlich anzugreifen. Wie Einigkeit zuerst noth- 
thut, wie ich in dieser Frage mit meinem unangenehmsten 
Feinde Hand in Hand gehen würde, so werde ich gewiss nicht 
Jemanden, von dem mich sonst keine Differenzen trennen, der 
dasselbe Ziel verfolgt und, wie ich selbstverständlich gewiss bin, 
von den unantastbar besten Absichten geleitet wird, aus blosser 
Lust am Kritisiren angreifen. Diese Angelegenheit, für die wir 
jetzt fechten, steht hoch über allem Persönlichen. Für uns ist 
das — ich glaube dieses Wort hier gebrauchen zu dürfen, ohne 
es zu profaniren — eine heilige Sache geworden, die Entschei¬ 
dung über die Zukunft unserer Wissenschaft. Dieser Sache zu 
dienen, sie vor Schaden zu bewahren, darauf allein kommt es 
an, nicht auf eine persönliche Kritik. 

Aber aus diesem^Grunde, und nur aus diesem wird auch 
dem Herrn Abg. Hoffmann eine Kritik sachlich nicht gleich¬ 
gültig sein können, wenn sie einen ernsten Einwand enthält. 
Ich erlaube mir hier eine solche öffentliche Kritik, weil ich für 
unsere Sache fürchte und ihr [glaube dienen zu müssen; aber 
auch deshalb, weil fdie Thierärzte wissen müssen, wie die 
Fäden laufen und wo die Verantwortung liegt. 

*' Der Veterinärratb bat einstimmig 8 Semester als genügend 
bezeichnet. 


Der deutsche Veteriuärrath, von allen deutschen Thier¬ 
ärzten berufen, hat die Einführung des Abiturientenexamens 
seit 10 Jahren unablässig im Auge behalten und ununterbrochen 
dafür gewirkt. Auf Grund der Beschlüsse in der letzten (’as- 
seler Versammlung hat man sich dann gewissermassen zu einem 
Entscheidungskampf vorbereitet. Mit Ruhe und Vorsicht ist die 
geeignete Zeit abgewartet worden. Im vorigen Sommer rief der 
Präsident des deutschen Veterinärrathes, Geheimrath Esser, 
alle Thierärzte zu persönlicher Thätigkeit auf. Im Herbst fand 
unter Lydtins’ trefflicher Leitung der internationale thierärzt¬ 
liche Congress 6tatt, von dem man hoffen darf, dass er auf die 
anwesenden Vertreter der Reichs- und Staatsbehörden nicht 
ohne günstigen Eindruck geblieben ist. Als nun mit Sicher¬ 
heit zu erwarten war, dass die Angelegenheit im Reichstag zur 
Sprache kommen würde, da schien der Zeitpnnkt zum Handeln da. 

Der Veterinärrath schickte seine Eingaben an alle Bundes¬ 
regierungen, an alle landwirtschaftlichen Körperschaften, an 
den Reichstag. Alle massgebenden Factoren sind in gleicher 
Weise gebeten worden, dieser Frage ihre Unterstützung zu ge¬ 
währen, alle in einer Form, die Niemanden verstimmen kann. 

Ich glaube, dass dieser Angriff (wenn ich bei dem un¬ 
willkürlich unter der Feder auftauchenden Bilde bleiben darf) 
besonnen und umfassend vorbereitet, auf allen Punkten gleich¬ 
zeitig und tactisch richtig angesetzt war. Er kam auch gut, 
ja, überraschend gut vorwärts. Das wie eine Fanfare wirkende 
Wort Sr. Kgl. Hoheit des Prinzen Ludwig v. Bayern, die 
wann zustimmenden Resolutionen, die schon von einer gauzen 
Anzahl von officiellen landwirtschaftlichen Körperschaften ein¬ 
gegangen sind, das spontane wirkungsvolle Eintreten des Herrn 
Dr. Müller-Sagau, der als alter Naturwissenschaftler vom 
Standpunkt des gebildeten Menscheu aus sich einer aus der 
zwängenden Schale heraus nach Entfaltung ringenden Wissen¬ 
schaft annahm, — das alles waren sichere und hoffnungweckende 
Zeichen dafür, dass in weiten und verschiedenen Kreisen unserem 
Streben ernste Beachtung und Wohlwollen nicht mehr ver¬ 
sagt wird. 

üb wir bei den massgebenden Reichs- und Staatsbehörden 
auf eine entschiedene und bedingungslose Gegnerschaft stossen 
würden, wussten wir nicht. Obwohl ich von gar nichts unter¬ 
richtet bin, glaube ich aber persönlich, in Uebereinstimmung mit 
Anderen, dass, soweit das Civilveterinäiwesen in Frage kommt, 
wir mindestens auf einflussreiche amtliche Fürsprache von 
verschiedenen Stellen aus rechnen können, und die Haltung 
des Herrn Staatssecretärs des Innern bestärkt mich nur in dieser 
Auffassung. Die Aussichten sind also günstig. 

Da führt plötzlich der Abgeordnete Hoffmann von einem 
ganz anderen Punkte aus allein einen Vorstoss, indem er bei 
Gelegenheit seines übrigens sehr dankenswerthen Eintretens 
für die Gehaltsverbesserungen der Militärveterinäre auch die 
Abiturientenfrage anschneidet. 

Ob es nicht im Allgemeinen vorteilhafter ist, immer nur 
eine Frage auf einmal, hier also die Gehaltsfrage, zu verfolgen, 
geht uns hier nichts an. Tndem aber Herr Abg. Hoffmann in 
der Commission eine Erklärung des Commissars des Herrn 
Kriegsministers hervorrief, welche die — hoffen wir nur zu¬ 
nächst und bedingungsweise — ablehnende Haltung des Kriegs¬ 
ministers (vielen wohl überraschend) in bündigster Form er¬ 
kennen Hess, hatte das Vorgehen des Herrn Abgeordneten jeden¬ 
falls die Wirkung, sagen wir, einer gelungenen gewaltsamen 
Recognoscirung. Die Stellung des Gegners war demascirt, und 


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1. März 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT^ 


108 


zwar als die eines sehr starken Gegners, den über den Haufen | 
zu rennen man keine Aussicht hat. 

Der Herr Abg. Hoffmann ist selbst soweit alter Soldat. 
Er wird wissen, dass solche Recognoscirungen bei der (hier 
freilich nicht beabsichtigten und nicht vorhergeselienen) Er¬ 
reichung ihres nächsten Zweckes stehen bleiben müssen, damit 
man Zeit findet, nach der gewonnenen Aufklärung zu dis- 
poniren. Er wird wissen, dass solche nicht rechtzeitig ab¬ 
gebrochenen Recognoscirungen andernfalls das Ganze sehr un¬ 
angenehm engagiren können. Er wird wissen, dass einem ge¬ 
ordneten Vormarsch nichts schlimmeres passiren kann, als 
Durchkreuzungen. Er wird wissen, dass man es um Alles ver¬ 
meidet, sich einer Theilniederlage auszusetzen, die eine Total- | 
niederlage werden kann. Er wird wissen, dass es keinen Führer 
giebt, der ohne Noth die stärkste Position in der Front an¬ 
greift, wenn er hoffen kann, auf den Flügeln zu gewinnen. 

Nun also! Man kann doch aus der militärischen Tactik i 
viel lernen. Man soll doch ihre Lehren befolgen! Der Vorgang 
in der Commission ist schon nachtheilig genug; den konnte man j 
aber nicht voraussehen. Nachdem nun aber die Stellung des i 
Kriegsministeriums klargestellt war, musste dieser Punkt vom j 
Herrn Abg. Hoffmann fallen gelassen werden. 

Die Einbringung einer das Abiturientenexamen | 
betr. Resolution beim Militäretat ist unbedingt ein 
tactischer Fehler. 

Speciell dem Kriegsministerium gegenüber wird selbst mit 
Annahme der Resolution kaum etwas erreicht, dagegen wird 
Alles aufs Spiel gesetzt. 

Denn wenn die Abstimmung des Reichstages ungünstig aus- 
fällt, ist damit die Berathung der Petition des Veterinärraths, 
wenn nicht gegenstandslos gemacht, so doch mindestens unter 
sehr ungünstige Umstände gebracht und das Vorgehen in dieser 
Richtung überhaupt gelähmt. 

Ob eine derartige directe Durchkreuzung des Vorgehens 
des Veterinärrathes vom collegialen Standpunkt aus richtig 
erscheint, soll dabei gar nicht in Betracht kommen. Wäre keine 
Gefahr vorhanden, wären auch nur die Chancen gleich und 
bestände Aussicht auf Erfolg, so wäre ich der erste, Herrn 
Abg. Hoffmann zu gratuliren, wenn er als Erster durchs Ziel 
gegangen wäre. 

Aber das kann für keinen Kenner der Verhältnisse zweifel¬ 
haft sein, dass wir viel bessere Aussichten haben, wenn diese 
Frage nicht vom speciell militärischen Standpunkt, auf dem die ' 
Gegnerschaft des betreffenden Ministeriums schon feststeht, 
behandelt wird, sondern als allgemeine Bildungsfrage und vom 
Standpunkt der landwirthschaftlichen und veterinärpolizeilichen 
bezw. sanitätsthierärztlichen Interessen aus. 

Gegen die Armeeverwaltung sind namentlich die rechts 
stehenden Parteien nur in besonders dringenden Fällen zu stimmen 
bereit. Auch haben die auf der rechten Seite und im Centrum 
sitzenden zahlreichen Landwirthe an der Ausbildung der Militär¬ 
thierärzte gar kein Interesse. Mag hierin schliesslich der 
Kriegsminister befinden, meint mau. 

Ganz anders hinsichtlich der Civilthierärzte. An deren 
Qualität sind nicht blos die Landwirthe, sondern auch die Städte 
wegen der Fleischschau unmittelbar interessirt. Hierin können 
städtische und ländliche Abgeordnete mit viel grösserem Nachdruck 
ihre Meinung zur Geltung bringen und werden es auch thun. 

Es wäre ganz verkehrt, aus den ablehnenden Aeusserungen 
der conservativen Abgeordneten Graf Roon und Graf Stoib erg | 


einen Schluss auf die Partei ziehen zu wollen. Dieselben haben 
beim Militäretat gesprochen, und da hat Graf Roon die Ansicht 
seines berühmten und um das Vaterland verdienten, den Thier¬ 
ärzten freilich nicht günstigen Vaters vertreten.*) Graf Stol- 
berg, Oberpräsident a. D., hat wohl nicht gerade als Vertreter 
der Landwirthschaft seine kurze Meinungsäusserung abgegeben 
und wird, wenn er bei den Landwirthen seiner Partei eine 
andere Auffassung findet, dieser hinsichtlich der Civilthierärzte 
kaum entgegen sein. **) 

Es ist vielmehr gar nicht zu bezweifeln, dass wir namentr 
lieh unter den Landwirthen der conservativen Partei und der 
Centrumspartei ebenso Freunde haben als links. Darauf lassen ja 
überdies die Zustimmungen der unzweifelhaft grossentheils jenen 
Parteien ungehörigen Vorstände der Landwirthschaftskammern etc. 
mit Sicherheit schliessen. Als Parteisache lässt sich unsere An¬ 
gelegenheit, die mit Politik auch gar nichts zu thun hat, so wie 
so nicht durchsetzen. 

Es ist also kaum zu bezweifeln, dass die Petition des 
Veterinärrathes auf eine viel interessirtere und günstigere 
Aufnahme seitens des Reichstages zu rechnen hat, als die Re¬ 
solution Hoffmann, welche sich nur auf die Militärveterinäre 
bezieht, ein Punkt, der nach der Erklärung des Kriegs¬ 
ministeriums unzweifelhaft der ungünstigste Angriffspunkt 
ist, während diejenigen Ministerien, die auf dem Gebiet des 
Civilveterinärwesens zu entscheiden haben, wahrscheinlich eine 
weniger ablehnende Haltung einnehmen. 

Wenn aber, das möchte ich als meine persönliche Ansicht 
entschieden zum Ausdruck bringen, die Armee für das 
Abiturientenexamen nun einmal nicht zu haben ist, dann müssen 
wir unbeirrt das Ziel für die Civilthieräzte allein zu erreichen 
suchen. Eine Unterscheidung in der Vorbildung zwischen be¬ 
amteten, practischen und sanitären Civilthierärzten, die (abgesehen 
von der Gleichartigkeit der thierärztlichen Aufgaben im All¬ 
gemeinen) mit einander in directer Concurrenz stehen, ist nicht 
möglich. Eine Abschliessung der Militärthierärzte gegenüber 
dem Civil ist möglich, wenn auch unerwünscht. Die Privatpraxis 
resp. der Uebertritt in dieselbe wäre ihnen so wie so gestattet. 
Die Uebernahme civil amtlich er Functionen müsste natürlich un¬ 
bedingt an das Abiturientenexamen geknüpft bleiben. Ich bin 
überzeugt, dass dann so viele Abiturienten gerade in die Armee 
eintreten würden, dass die Armee schliesslich ganz von selber 
zur obligatorischen Einführung gelangen würde. Schon 
früher hat sich etwas ähnliches abgespielt. 

Für Civilthierärzte wurde in Preussen seit 1855 Ober- 

*) Derselbe sagte, als Anfang der 70er Jahre der Abg. Löwe- 
Calbe das Aufrücken der damals noch viel schlechter gestellten 
preuBS. Veterinäre befürwortete: „Ich brauche in der Armee bloss 
Schmiede“. Schliesslich kam es aber doch zur Ernennung von 
Corps- und Oberrossärzten mit Beamten-Qualität. 

**) Graf Stoib erg bat nur kurz gesagt, ein intelligenter 
junger Mann könne mit dem Primaner-Zeugniss auskommen. Dem 
stimmen wir ganz zu. Die- Intelligenz ist jedenfalls das beste Aus¬ 
kunftsmittel in allen Lebenslagen und genügt oft allein; in Ver¬ 
bindung mit dem Primanerzeugniss würde sie fast für alle 
acadcmischen Berufe genügen. Die Sache ist nur die, dass gerade 
eben das Abiturientenexamen die Gewähr einer gewissen Intelligenz 
giebt und in dieser Beziehung durch nichts zu ersetzen ist. Wir 
wollen ja das Abiturientenexamen gerade deshalb haben, da¬ 
mit wir den Durchschnitt der Intelligenz unserer Studenten steigern, 
der jetzt zu wünschen lässt, weil wir so viel Dumme und Faule 
bekommen, um es kurz und rücksichtslos zu sagen, die bloss des¬ 
halb zu uns abgeschoben werden, weil sie aus mangelnder Intelligenz 
das Abiturientenexameu nicht machen können. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9. 


104 

secundanerreife, dann 1869 (Norddeutscher Bond) Secundaner- 
reife gefordert, die Armee verlangte nur eine viel geringere 
Bildung, um plötzlich 1874 selber mit der Forderung des Ein- 
jährig-Freiwilligen-Zeugnisses über die Anforderungen an die 
Civilthierärzte hinauszugehen. Vier Jahre später kam dann 
die für alle Studirenden der Veterinärmedicin gleiche Einführung 
der Primanerreife. 

So sehr wir ein gleichmässiges Vorgehen wünschen; ein 
Theilerfolg ist immer noch tausendmal besser als eine gänzliche 
Niederlage, namentlich wenn man die Zukunft ins Auge fasst. 

Wird die Resolution Hoffmann vom Reichstag abgelehnt, 
werden durch die Erklärungen des Kriegsministeriums sowohl 
die Abgeordneten als die Ministerien und nachtheilig beeinflusst, 
wird in Folge dessen die bisher günstig stehende Action des Ve- 
terinärrathes gehemmt, seine Petition begraben, so ist auch 
jener Theilerfolg vernichtet. 

Nun ist vielleicht Herr Abg. Hoffman n der Ansicht: „Was 
nicht heute wird, kommt morgen. Werde ich diesmal abge¬ 
schmettert, so komme ich im nächsten Jahre wieder“. Dieser 
Standpunkt könnte aber unmöglich ernstlich aufrecht erhalten 
werden. Mit solchen Gedanken könnte man es doch nicht 
rechtfertigen, sich ohne Noth einer Niederlage auszusetzen. 
Abgesehen davon, dass man nie wissen kann, wie lange ein Ab¬ 
geordneter überhaupt wiederkommt, und dass das Kriegs¬ 
ministerium jedenfalls stabiler ist als das Mandat für Hall, 
könnte man doch die materiellen und moralischen Wirkungen 
einer solchen totalen Niederlage nicht so gänzlich unterschätzen 
wollen. 

Die Lage der Dinge ist veränderlich und ein günstiges Zu¬ 
sammentreffen, was heute Erfolg gewähren kann, kehrt, wenn 
der Augenblick ungenutzt verstrichen ist, oft niemals wieder. 
Nein, es ist nicht gleichgültig, ob etwas heute richtig angepackt 
wird oder morgen. Denn das Morgen kann viel schlechter sein 
als das Heut. Wir wissen doch davon ein Lied zu singen. 
Wie ist es uns denn gegangen mit dem Abiturientenexamen? 
War dasselbe nicht schon aller Voraussicht nach in Preussen 
1892 gesichelt? Damals war auch der Kriegsminister Herr 
v. Verdv dafür, damals wurden schon an der Militärrossarzt¬ 
schule ein Semester lang nur Abiturienten angenommen und 
heute! — Vielleicht war es ein jämmerlicher Zufall, der es 
verhindert hat, dass diese heiss ersehnte Reform in den Hafen 
gebracht wurde, ehe die gegnerische Strömung die Oberhand 
gewann. Auch jetzt war und ist noch die Gelegenheit günstig. 
Das Interesse der Landwirthschaft und anderer Factoren 
ist allenthalben erregt und wird, wenn wieder ein Fehl¬ 
schlag kommt, vielleicht nicht leicht wieder so allgemein zu 
erwecken sein. 

Und die moralische Einwirkung eines solchen Schlages? 
Die wiegt am schwersten in dem Exempel. Wir würden die 
Wirkung einer jetzigen nochmaligen Niederlage nicht so bald 
verwinden. Eben weil eine Abweisung unseres Wunsches nach 
unserer einmüthigen Ueberzeugung mit sachlichen Gründen nicht 
mehr motivirt werden kann, würde die Wirkung derselben die 
Berufsfreudigkeit tief erschüttern, würde theils muthlos und 
stumpf machen, theils verbittern. Tritt dieser Fall ein, so muss 
wenigstens das Gefühl uns erspart sein, dass eigne Fehler einen 
Antheil an diesem Ausgange hätten. 

Die Thierärzte sehen mit fieberhafter Spannung auf die 
nächste Zukunft. Es hat sich ihrer eine tiefgehende und ganz 
allgemeine Erregung bemächtigt, wie sie nur vor einer er¬ 


warteten grossen Entscheidung einzutreten pflegt; eine Er¬ 
regung, bei weitem tiefer, als vor 15 Jahren, wo es sich um 
das Einrücken der Thierarzneischulen unter die Hochschulen und 
Beseitigung von Missständen an denselben handelte. 

Die Rede des Abgeordneten Dr. Müller hat uns Thier¬ 
ärzten einmal ungeschminkt vor der Oeffentlichkeit gezeigt, 
was man über uns denkt. Ja, es ist wahr, wir begegnen überall 
der Missachtung und wir haben das satt, denn wir sind daran 
nicht schuld. Wo man auch hinkommt, ob unter Officiere 
oder unter Kaufleute, ob auf ein Berliner Diner oder in 
eine provinzielle Jagdgesellschaft, (seien es nun städtische 
Sportsmen oder Gutsbesitzer) ob unter landwirthschaftliche 
Professoren oder unter classische Oberlehrer, von den Aerzten 
ganz zu schweigen, überall muss man Sottisen über die Thier¬ 
ärzte hören, sodass man als einigermassen empfindsamer Mensch, 
der andererseits nicht feige genug ist, seine Leute zu ver¬ 
leugnen und sich hinter Nebendinge zu verkriechen, schon am 
liebsten jede Gesellschaft meidet. Es wird doch nicht bloss mir 
so gehen, sondern auch den Anderen, wenn auch vielleicht 
manche es nicht so offen zugeben. Anforderungen stellt man an 
den Thierarzt als an einen Mediciner und Gentleman, ein Beweis, 
dass dieser Beruf die Vorstellung von der Berechtigung solcher 
Anforderungen erweckt. Aber die Mittel zur Verbesserung vor¬ 
handener Schäden, die hat man uns bisher nicht gegeben. 

Jedoch es wird, das muss gerechter Weise auch gesagt 
werden, in den wirklich orientirten und den am Veterinärwesen 
interessirten Kreisen jetzt anders wenigstens insofern, als man 
einsieht, dass die Bestrebungen der Thierärzte. Beachtung ver¬ 
dienen. Ich glaube fest, wir dürfen auf eine thatkräftige 
Wendung zum Besseren hoffen. 

Wir kommen ja auch nicht mit hohlem Kopf und leeren 
Händen. Durch thierärztliche Arbeit ist eine Wissenschaft ent¬ 
standen, die öffentlichen Nutzen bietet. Ein königlicher Prinz 
in Bayern, zwei preussische Minister in Hannover haben an¬ 
erkannt, dass die Veterinärmedizin glänzende Fortschritte ge¬ 
macht hat und eine echte, wichtige Wissenschaft geworden ist. 

Dann muss man aber auch die nothwendigen Folgen dieser 
Thatsache gelten lassen. Man kann uns nicht an der Herren¬ 
tafel der Wissenschaften als Knechte sitzen lassen, nachdem 
wir uns die Sporen verdient haben. Man kann diese Wissen¬ 
schaft nicht länger speisen mit dem Abhub von den Tischen der 
Gymnasien, sondern man muss ihr geben, was alle andern 
Wissenschaften ausnahmslos erhalten — ein intelligentes aus- 
gebildetes Menschenmaterial für ihren Dienst, damit sich künftig 
die Gesammtheit der Thierärzte dieser von einer Minderzahl 
geschaffenen Wissenschaft ebenbürtig erweist; damit endlich das 
vielseitige Schelten auf die Thierärzte verstummt, das theils 
berechtigt, theils unberechtigt, immer aber tief verletzend ist, 
'da man beim besten Willen nichts ändern kann, so lange uns 
die Grundlage der Verbesserung fehlt. 

Und wir wollen ja doch nichts, was Geld kostet. In Geld¬ 
fragen wird man den Thierärzten nicht nachsagen können, dass 
sie jemals für ihre Wünsche öffentlich agitirt oder sie anders 
als in bescheidenster Form geltend gemacht hätten. Es handelt 
sich um nichts Materielles, sondern um ein rein ideales Ziel, um 
die Stärkung unserer Leistungsfähigkeit. Gewiss erwarten wir 
davon auch eine bessere Einschätzung unseres Berufes im Kreise 
der übrigen, aber auch das doch weniger für die Personen (die 
können sich heute schon zur Geltung bringen); wir wollen 
eine grössere Achtung vor unserer Wissenschaft. Und wir 


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1. März 1900. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


106 


fechten ja nicht für uns. Selbst wenn wir jetzt das Abiturienten¬ 
examen erhalten, kann, abgesehen von der Freude am Erfolg, 
die Wirkung dieser Massregel sich erst nach langen Jahren 
zeigen. Wenn unser Blut längst kühl und gleichgültig durch 
die Adern rinnen wird, dann wird eine junge Generation die 
Frucht pflücken, ebenso wie wir erst jetzt die Fortschritte 
wahrnehmen, die auf der Verbesserung der Vorbildung von 1878 
beruhen. Wir handeln, weil wir es unserem Berufe schuldig 
sind, dem wir unsere Existenz verdanken und der uns innere 
Befriedigung gewährt, auch wenn äussere Schwierigkeiten uns 
zu verstimmen drohen. Von Selbstsucht und persönlichen 
Regungen frei ist unser Streben ganz gewiss und muss es bleiben. 

Es geht ein opferwilliger, aufwärts gerichteter Zug durch 
die kleine Zahl der deutschen Thierärzte, ein ehrlicher Eifer, 
durch Leistungen sich hervorzutlmn und sich das zu verdienen, 
was der Wunsch Aller ist. Es wäre tief traurig, wenn diese Be¬ 
wegung an einem Misserfolg verbluten sollte, und es wäre uner¬ 
träglich, wenn wir in solchem Falle nicht wenigstens das Be¬ 
wusstsein behielten, nicht selber daran mit schuld zu sein. 

Deshalb steht jeder Schritt, der in dieser Sache unter¬ 
nommen wird, unter einer schweren Verantwortung. Einer 
solchen unterliegt auch das Vorgehen des Herrn Professor 
Hoffmann. Der Herr Abgeordnete für Hall kann sich über 
jede Kritik hinwegsetzen. Der Thierarzt Hoffmann aber wird 
ebensogut, wie der Thierarzt Schmaltz und alle Anderen, 
seinen Berufsgenossen Rechenschaft zu geben haben von allem, 
was durch ihn geschieht. 

Unter diesen Umständen wird der Herr Abgeordnete 
Hoffmann gewiss nochmals tiefernstlich mit sich zu Ratlie 
gehen, ob er nicht lieber sein isolirtes Vorgehen, dessen gute 
Absicht über allem Zweifel steht, aufgeben und darauf ver¬ 
zichten will, in der dritten Lesung des Militäretats eine Ab¬ 
stimmung über das Abiturientenexamen herbeizuführen, weil 
diese uns in eine tactisch ungünstige Lage mindestens bringen 
kann. Kommt er trotzdem zu dem Schluss, dass er Recht hat, 
nun dann will ich nur von Herzen wünschen, dass er Recht 
behält. Denn darin sind wir wohl alle einig, dass wir uns 
allein in den Dienst der Sache stellen und dass nur die rein¬ 
sten, edelsten und selbstlosesten Motive unsrer Aller Handlungen 
bestimmen dürfen. Sincere et constanter! Mit gutem Gewissen 
wenigstens wollen wir aus diesem Kampfe hervorgehen. 

lieber die Verhältnisse der Ressärzte. 

Seit lange ist dem rossärztlichen Stande keine so herbe 
Abfindung zu Theil geworden, wie seitens des Vertreters der 
Militär-Verwaltung durch die eigenartige Motivirung der Ab¬ 
lehnung der Maturitas für Rossärzte in der Budgetcommission. 

Lange bekannt ist, dass sonderbare Strömungen gegen den 
thierärztlichen Stand kämpfen, und zwar mit Vorurtheilen 
kämpfen, die entweder von nahestehenden Kreisen ansgehen, die 
ihre bisherigen Vorrechte durch einen emporstrebenden ross¬ 
ärztlichen Stand vielleicht beeinträchtigt glauben, oder von 
Berufskreisen, die aus pädagogischen Rücksichten den thier¬ 
ärztlichen Beruf als eine Abladestelle ihres minderwerthigen Ma¬ 
terials betrachtet wissen wollen (also von Aerzten und Ober¬ 
lehrern). Seit etwa 30 Jahren ist thierärztlicherseits die Noth- 
wendigkeit der Vollbildung zum Studium der Thierheilkunde 
anerkannt und vergeblich angestrebt worden und selbst die 
immensen Fortschritte der gesummten medicinischen Wissenschaft 
der letzten Decennien haben nicht vermocht, bei uns die Er¬ 


kenntnis durchdringen zu lassen, dass für das thierärztliche 
Studium keine geringere Vorbildung erforderlich ist, als für das 
der Humanmedizin. 

Keinem anderen emporstrebenden Bernfszweige als dem 
thierärztlichen und keiner anderen Wissenschaft als der Thier- 
medicin sind so grosse Schwierigkeiten entgegengestellt worden. 

Ein Stand, der in seiner Entwickelung so znrückgehalten 
wird, wie der thierärztliche, und eine Wissenschaft, die so wenig 
befördert wird wie die thierärztliche in den letzten Jahren, 
muss verkümmern und mit der Zeit versagen; ob dies für 
den Staat erspriesslich ist, mag dahingestellt bleiben. 

Der ausgesprochenen Ansicht, dass die Rossärzte 
die Verbesserung ihrer Stellung nicht für erforderlich 
halten, muss mit Nachdruck entgegengetreten werden. 
Es befindet sich w'ohl kein auf dem Standpunkte der heutigen 
Wissenschaft stehender Rossarzt in der Armee, der entgegen¬ 
gesetzter Ansicht sein könnte. 

Die rossärztliche Carriere verläuft zur Zeit wie folgt: 

Vom 19.—21.*) Lebensjahre Dienst bei der Truppe (dass ein 
mit dem Berechtigungszeugniss Versehener länger als ein Jahr 
dienen muss ist Eigenart der Militär-Rossarzt-Carriöre). Vom 
21—25. Lebensjahre Besuch der thierärztlichen Hochschule. 
Vom 25.—30. als U.-Rossarzt mit 800—1000 M. Gehalt. Vom 
30.—38. als Rossarzt mit 12—1400 M. Gehalt. Mit 47 Jahren 
Ober-Rossarzt mit dem Höchstgehalt von 2400 M. Hiermit 
bescliliesst der Rossarzt seine Laufbahn, denn die 19 Corpsross- 
arztstellen mit 27—3300 M. Gehalt können als Avancement 
nicht in Betracht kommen. 

Wenn die Ausführungen des Vertreters derMilitär-Verwaltung 
richtig sind, dass es den Familien, aus denen sich die Rossärzte 
recrutiren, schwer werden soll, ihre Söhne bis zur Primanerreife 
zu bringen, w'as soll aus den Aermsten denn später werden? 
Die 2 (bzw. mehr) Jahre bei der Truppe und die 372 Jahre auf 
der Militär-Rossarzt-Schule, kosten die etwa keine Zulagen? 

Es giebt ja wenige, die diese Carriöre ohne wesentliche 
Zuschüsse durchmachen, was wird aus diesen? Mit der Löhnung 
als Militär-Rossarzt-Eleve können sie nicht dnrchkommen, sie 
machen schliesslich Schulden und wann sind sie im Stande, 
diese abzuzahlen? Doch nicht etwa von der kärglichen ross¬ 
ärztlichen Besoldung, die zum Leben selbst nicht ausreicht! 
Sie kämpfen meist erfolglos um ihre Existenz, so lange sie 
leben, und es muss lobend anerkannt werden, wenn nur ein ver¬ 
schwindend kleiner Theil hiervon moralisch unterliegt. 

Der intelligentere Theil der Rossärzte sucht sich daher 
sobald als möglich von der Militär-Laufbahn zu befreien. 

In dem 30. Lebensjahre gründen die meisten Menschen einen 
eigenen Hausstand und hier beziehen die Rossärzte 12—1400 M. 
Gehalt. Bis sie Oberrossarzt werden, etwa im 38.—40. Lebens¬ 
jahre, ist das etwa von der Frau mitgebrachte Vermögen auf¬ 
gezehrt; jetzt kostet die Erziehung der herangewachsenen Kinder 
bedeutend mehr als bisher und 2400 M. Gehalt ist eine kleine 
Summe. Die Rossärzte wollen auch kein Wohlleben führen, 
sondern ihre Kinder nur so gut und so arm erziehen, als sie 
selbst erzogen worden sind, und dies dürfte doch nicht zu viel 
gefoidert sein. 

Nach den 5 pCt. oder höchstens 10 pCt. der Rossärzte, die 
durch ihre Privatthätigkeit ein nennenswerthes Nebeneinkommen 

*) Die Dienstzeit dauert häufig drei Jahre, selbst noch länger. 


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106 

sich verdienen, können doch die übrigen 90 pCt. nicht beurtheilt 
werden. Seit dem Zusamraenziehen der Truppen und seit der 
erheblichen Zunahme der Civilthierärzte haben die Rossärzte 
so gut wie keine Privatpraxis mehr und ihre gesteigerte dienst¬ 
liche Thätigkeit lässt ihnen hierzu auch nicht die Zeit, wie es 
früher der Fall war. 

Pie Rossärzte beziehen das absolut niedrigste Gehalt von 
allen anderen mittleren Staats- und Reichsbeamten und werden 
hierin sogar von einigen Unterbeamten in grösseren Städten 
überholt. 

Es war der Verwaltung doch bekannt, wie wenig Gehalt 
die Rossärzte beziehen, warum vergass man bei der allgemeinen 
Beamtengehaltserhöhung diese Klasse? Poch nicht etwa weil in 
den 90 iger Jahren das Gehalt der Ober-Rossärzte einmal um 
200 und einmal um 400 M. erhöht wurde, also von 1800 bis 
2400 M.? Wenn Jemand lange Zeit gehungert hat und er 
erhält alsdann halbsatt zu essen, ist dies etwa ein Grund, ihn 
später nicht ganz zu sättigen? 

Per Beamte soll und muss doch von seinem Gehalte leben 
können und wenn die Lebensbedürfnisse innerhalb einer be¬ 
stimmten Menschenklasse nicht ungleiche sein sollen, so haben 
die Rossärzte vor aHeu Beamten, mit denen sie zur Zeit in 
demselben Range stehen, ohne sich schmeicheln zu brauchen, 
die beste Bildung und das grösste Wissen voraus, sind 
dafür aber am niedrigsten besoldet. Sollte ihr Gehalt dem¬ 
entsprechend und nach ihren Leistungen erhöht werden, so 
dürfte dies mit einigen hundert Mark nicht abgemacht sein. 
Hierzu und zu einer bessern Entfaltung ihrer Thätigkeit ist 
eine Reorganisation der ganzen rossärztlichen 
Carriöre erforderlich. Per Rossarzt behandelt seine 
Patienten nach Anordnung der Militär-Befehlshaber, der Officier 
befiehlt dem Rossarzte die Behandlung der Pienstpferde. In 
welchem Berufe herrschen ähnliche Zustände, dass der Laie dem 
Sachverständigen seine Thätigkeit vorschreibt? Wozu ist denn 
der Sachverständige überhaupt da, oder soll gar der Officier 
noch sachverständiger sein, als der Rossarzt? Pie meisten 
Officiere verstehen von der Medicin doch recht wenig und sind 
darin günstigstenfalls nur Empiriker, woher es denn auch kommen 
kann, dass ein Befehlshaber, dem z. B. ein früherer Rossarzt 
eine Sehnenentzündung mit Erfolg gebrannt hat, später nur fürs 
Brennen ist, ein anderer ist für w r arme und ein dritter für kalte 
Behandlung. Welche Unannehmlichkeiten den Rossärzten im 
„Interesse des Dienstes“ gemacht werden können, weiss nur der 
Eingeweihte. 

Es ist Andrang zu dieser Carriere genügend vorhanden und 
die Manquements sind gedeckt. Von 100 jungen Leuten, die 
sich zur Rossarzt-Carriere melden, ahnen aber nicht 
10 das ihnen bevorstehende Loos. Hier ist ein Punkt, 
der von den verantwortlichen Collegen nicht gebührend berück¬ 
sichtigt wird. Warum unterrichten sie die Reflectanten nicht 
gebührend über ihr zukünftiges Schicksal? Ja, es hat fast den 
Anschein, als ob bestimmte Regimenter die Rekrutirungsstellen 
der Militär-Rossarzt-Schule bilden. Bei einer wohlangebrachten 
Information lässt mancher Jüngling ab von seinem blinden Vor¬ 
haben, zu dem ihn meistens der bunte Rock und die angenehm 
erscheinende Privatpraxis des Rossarztes zieht. Purch dies 
Werbesystem schneiden die Rossärzte sich in ihr eigen Fleisch 
und ein künstlich zur Schau getragenes Wohlergehen und 
falsche Scham über ihre Stellung ist hier am Unrechten Ort. 

Verlockender für manchen Aspiranten und noch mehr für 


No. 9. 

die Eltern ist das staatlich freie Studium; wie theuer aber der 
Aspirant dieses bezahlen muss, erkennt er erst zu spät. Nicht 
der zehnte Theil junger Leute würde sich zu dieser Carriere 
melden, wenn sie zeitig genug wüssten, wie wenig Angenehmes 
sie ihnen zur Zeit bietet. 

Wir werden unser Ziel schliesslich nur erreichen, wenn wir 
unsere Schwächen und unsere Wünsche offen aufdecken. Hierzu 
genügen die Fachzeitungen aber nicht, da sie doch fast aus¬ 
schliesslich von Thierärzten gelesen werden. (?) Es ist ein aus¬ 
gedehnter Gebrauch der Tagespresse dazu noth- 
wendig; denn mancher Abgeordnete würde für uns eine Lanze 
brechen, wenn er wüsste, wo uns der Schuh drückt. 

Ein alter Rossarzt. 

Thierklinik zu ßrimbergherWiesbaden. 

Pie Klinik wies im Jahre 1899 wieder eine Zunahmfr auf. 
Es wurden behandelt 89 Pferde, 582 Hunde und 19 andere 
Thiere mit insgesammt 3138 Behandlungstageu; ausserdem 
poliklinisch 185. In der neben der Klinik bestehenden Pensions¬ 
anstalt wurden im Ganzen 268 Thiere eingestellt, darunter auf 
Veranlassung des Thierschutzvereins 73 Hunde und 75 Esel. 
Letztere wurden von hier aus zu geringen Preisen an solche 
kleinen Leute verkauft, welche bisher Hundefuhrwerk gehalten 
hatten. 

Im Anschluss hieran sei bemerkt, dass durch das gleiche 
Vorgehen des Thierschutzvereines in Berlin das Eselfuhrwerk 
in den Strassen die Hundefuhrwerke mehr und mehr zu ver¬ 
drängen beginnt. Die Thierschutzvereine, welche in Folge 
mancher über die unmittelbaren berechtigten Ziele hinaus¬ 
gehenden und übertriebenen Bestrebungen vielfach nicht die 
populäre Beliebtheit gemessen, welche sie im Grunde unzweifel¬ 
haft verdienen, haben mit der Neueinführung oder besser gesagt 
Wiedereinführung des Esels einen vorzüglichen Gedanken ver¬ 
wirklicht und sich ein grosses Verdienst erworben, einmal um 
die Beseitigung der Hundeschinderei, und um die mit Beseitigung 
der Ziehhunde zweifellos verbundene Verminderung der Hunde¬ 
räude, andrerseits um die Wiederbelebung der Haltung und da¬ 
durch in Zukunft gewiss auch der Zucht dieses genügsamen, 
leistungsfähigen und interessanten kleinen braven Langohrs, 
das die Kinder schon nur noch aus Märchen kannten. 

Wenn, wie mit Recht gesagt wird, die Ziege des kleinen 
Mannes Kuh, so ist der Esel ebenso des kleinen Mannes Ross, 
namentlich die kleinen Schläge, wie man sie jetzt als Hunde¬ 
ersatz sieht und deren Fütterung kaum mehr kostet, als die eines 
grossen Hundes. Pie so sehr vernachlässigte Zucht dieser 
beiden gerade für kleine und ärmliche Verhältnisse so wichtigen 
Thierarten wird hoffentlich immer mehr allgemeine Beachtung 
und öffentliche Förderung erfahren. 

Vorläufige Mittheilung hetr. Naturforscher-Versammlung. 

Die diesjährige Naturforscher-Versammlung findet zu Aachen 
in der Zeit vom 17. bis 22. September statt. Der Ortsausschuss 
der Section für Veterinärmedicin besteht aus den Herren 
Departementsthierarzt Schmidt (Einführender, Lothringer 
Strasse 100), Schlachthofdirector Bockelraann (Schriftführer. 
Metzgerstrasse) und Kreisthierarzt-Assistent Jannes (Steinkaul¬ 
strasse 3). Die allgemeinen Einladungen werden Anfangs Juni 
versandt werden. Es wird gebeten, beabsichtigte Vorträge und 
Demonstrationen möglichst bis Ende April anzumelden. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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1. März 1900. 

Die Berliner Kochanstalt. 

Entgegen anderen Mittheilungen über eine bereits im Princip | 
beschlossene Neuverpachtung der Berliner „Kochanstalt“ (vgl. i 
B. T. W. No. 3, pag. 34 u. No. 7, pag. 83) theilen die Local- ■ 
Zeitungen zuverlässig mit, dass die Neuverpachtung nicht ohne j 
weiteres erfolgen soll, sondern dass der Magistrat mit den Stadt¬ 
verordneten eine gemischte Commission zur Berathung über 
etwaige Neuordnung zur Abstellung der hervorgetretenen Miss¬ 
stände gebildet hat, die sofort zusammengetreten ist. 

Es wäre erwünscht, wenn aus den diesen Fragen zunächst¬ 
stehenden unabhängigen thierärztlichen Kreisen, also wohl aus 
den sanitätsthierärztlichen Vereinsgruppen heraus unverzüglich 
eine Agitation in’s Werk gesetzt würde, um die Errichtung 
einer Freibank und überhaupt Verbesserungen der Berliner 
Fleischschanorganisation herbeizuführen. 

Fleiochschau-Gesetz-Entwurf. 

Die XV. Commission des Reichstages hat eine zweite 
Lesung des Fleischschau-Gesetz-Entwurfes abgehalten und ist 
dabei zu Beschlüssen gelangt, die von denen der ersten Lesung 
mehrfach erheblich abweichen. In der heutigen Beilage zur B.T. W. 
ist an erster Stelle der durch diese Beschlüsse abgeänderte 
Gesetzentwurf abgedruckt, wobei alle wichtigen abweichenden Be¬ 
stimmungen des ursprünglichen Regierungs-Entwurfes in Klammern 
nnd besonderer Schrift an den betr. Stellen eingefügt sind. 

Es ist übrigens darauf hinzuweisen, dass es trotzdem 
durchaus zweifelhaft ist, ob die Regierung angesichts der von 
der Commission beschlossenen grundsätzlichen Abänderungen 
den Entwurf auf dieser Basis zur Berathung im Plenum ge¬ 
langen lässt. Sie kann ihn auch jetzt noch zurückziehen und 
hegt angeblich diese Absicht. Eine Besprechung der Beschlüsse 
vom technischen Standpunkt aus muss für nächste Nummer Vor¬ 
behalten bleiben. 

Eine thlerSrztilche Hochschule In Norwegen. 

In Anknüpfung der Notiz in No. 0 der B. T. W. gestatte 
ich mir mitzutheilen, dass der norwegische thierärztliche Verein 
in der Generalversammlung am 10. Februar 1900 die Frage 
discutirte, welche Ansprüche an die Vorbildung derjenigen jungen 
Leute gestellt werden sollen, die zum Veterinärstudium zu¬ 
gelassen w'erden. 

Von mehreren Seiten wurde stark hervorgehoben, dass der 
Entwurf der Commission für die Veterinärmediciner ein un¬ 
genügender war. Es wurde betont, dass zur Reifeforderung der 
Stndirenden das Abiturientenexamen*) oder völliges Examen der 
landwirtschaftlichen Hochschule als Grundlage eiforderlich sei. 

In Bezug hierauf wurde einstimmig beschlossen, eine Petition 
an den norwegischen Reichstag („Storthing“) zu senden. 

Bergen, den 15. Februar 1900. 

0. Jordal, Thierarzt. 

Ordentliche Generalversammlung 
des thierärztlichen Vereins zu Schleswig-Holstein 
am 16. nnd 17. September 1899 in Flensburg. 

(Fortsetzung und Schluss.) 

2. Tag. Sonntag, den 17. September 1899. 

Um 8 Uhr Morgens nahmen circa 40 Collegen unter 
Führung des Schlachthofdirectors Herrn von Werder den am 
1. October er. zu eröffnenden städtischen Schlachthof in Augen¬ 
schein. Nach Rückkehr zum Versammlungslocale — Bahn- 

*) In Schweden besteht das Abiturientenexamen. Norwegen 
wird doch Schweden nicht nachstehen wollen. Anm. d. Red. 


107 

hofshotel — unternahmen die miterschieuenen Damen unter 
kundiger Leitung eine Rundfahrt durch und um die Stadt. 

Der Herr Vorsitzende — Kreisthierarzt Völlers — er- 
öffnete um 10 Uhr die Hauptversammlung, die von circa 
50 Collegen besucht war. 

Ausserdem waren erschienen: Als Vertreter der Kgl. 
Regierung, Herr G. R.-R. Petersen und der 1. Bürgermeister der 
Stadt Flensburg Herr Dr. Todsen. Letzterer erbittet für sich 
das Wort, begrüsst die Anwesenden, dankt für das zahlreiche Er¬ 
scheinen und für die Ehre, auch einmal wieder diesen bedeut¬ 
samen Verein in der Nordmark tagen zu sehen. Den Ver¬ 
handlungen die besten Erfolge wünschend, bittet der Herr 
Bürgermeister baldigst den Besuch wiederholen zn wollen. Der 
Herr Vorsitzende dankt für die freundlichen Worte und geht 
zur Erstattung des Geschäftsberichtes über. 

Das Verhandlungsprotokoll vom Vorjahre ist in der 
B. T. W. veröffentlicht, Separatabdrücke sind jedoch nicht 
geliefert. Die Listen über die Behandlung der Gebärparese 
mittelst Jodkalium sind zum grösseren Theile eingegangen, 
weitere werden noch erbeten. Um Nutzen daraus ziehen 
zu können, empfiehlt es sich wohl, die Bearbeitung einer 
Commission zu übertragen, welche selbige in 2 Monaten zu 
erledigen hätte. Gewählt werden Eckeherg-Schuby und 
H ansen-Hollehitt. 

Durch den Tod sind dem Vereine entrissen: Schlüter- 
Kiel, Johann sen-Krempe, Hoff-Hanerau, No mm eis-Garding, 

S toi zenburg-Apenrade, Schnoor-Prasdorf und Fronen- 
Durischenhagen. Das Andenken an die Dahingeschiedenen wird 
durch Erheben von den Sitzen geehrt. 

Zur Aufnahme, in den Verein haben sich folgende Collegen 
gemeldet: 

Blume-Tönning, Dr. Davids-Kiel, Diercks-Ploen, Cord- 
sen-Gravenstein, Hansen - Flensburg, Iwersen - Bramstedt, 
Klaussel-Schrastau, Meyer-Glüek6tadt, J. Nissen-Grünholz, 
Petersen - Segeberg, J. J. Schmidt - Hadersleben und 
Schmidt-Apenrade, wogegen Einwendungen nicht erhoben 
werden. 

In Sachen der Rechnungslegung überreicht Struve- 
Kiel eine Aufstellung über die Kassenverhältnisse des Vereins, 

; wonach ein zinstragendes Vermögen von M. 4418,06 und ein 
j Kassenbestand von M. 95,47 vorhanden sind. Als Unterstützung 
i an Wittwen und Waisen von verstorbenen Vereinscollegen sind 
l M. 470 verausgabt. Nach Prüfung der Rechnungen wird dem 
derzeitigen Kassenführer Decharge ertheilt. Wahlen: Herr 
Struve-Kiel wird als stellvertretender Vorsitzender wieder¬ 
gewählt, für den verstorbenen Kassirer Herrn Schlüter wird 
Kreisthierarzt Jensen-Itzehoe neugewählt und als 2. Revisor 
Herr Fock-Ahrensböck berufen. Als Delegirte für die Central¬ 
vertretung werden Struve und Schröder auf ein ferneres 
Jahr gewählt. Beschlossen wird, das Protokoll in abgekürzter 
i Form in der Berliner Wochenschrift abdrucken zu lassen. 

I 

Als Ort für die nächste Hauptversammlung erhielt Kiel 
den Vorrang. 

Herr Struve-Kiel erhält hiernach das Wort zu seinem 
Referate „Die Gewährleistung im Viehhandel nach dem B. G.-B “ 
Referent geht zunächst auf die bezüglichen Gesetzesparagraphen 
ein, erläutert die Kaiserliche Verordnung, betr. die Haupt¬ 
mängel und Gewährsfristen beim Viehhandel, hebt die Unter¬ 
schiede zwischen den gegenwärtigen und später gültigen Be¬ 
stimmungen hervor und macht die Collegen darauf aufmerksam, 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9. 


108 

in welcher Weise sie zur Vermeidung: von Streitigkeiten bei- 
tragen können. 

An der nachfolgenden Discussion betheiligten sich Witt- 
Sonderbnrg, Hauschildt-Kiel und Jensen-Itzehoe, indem Auf¬ 
klärung darüber gewünscht wurde, wie es sich mit der Erstattung 
der Transport- und Futterkosten verhalte, was unter Beein¬ 
trächtigung des Xährzustandes zu verstehen und wann nur die 
Hälfte eines geschlachteten Thieres verwerthet werden dürfe. 

Herr Struve und Herr Rosin suchten die nöthigen Er¬ 
klärungen hierzu zu geben. 

Hierauf wurde während einer halbstündigen Pause die von 
der Firma Hauptner-Berlin frenndlichst übersandte Collection 
von Instrumenten in Augenschein genommen. 

Zum Schlüsse erhielt der Schriftführer Eiler das Wort zu 
seinem Berichte über die Verhandlungen des internationalen 
thierärztlich-medicinischen Congresses in Baden-Baden. 

Referent brachte in zusammengedrängter Form die ge¬ 
fassten Beschlüsse zu Gehör und gab dazu einige wichtigere 
fachwissenschaftliche Erläuterungen und verwies, wegen der 
vorgerückten Zeit, auf die Mittheilungen in der Berliner 
Wochenschrift. Schluss 1 Uhr Mittags. 

Die meisten der anwesenden Oollegen und deren Damen 
nahmen zunächst an einem gemeinschaftlichen Mittagsmahle 
theil, worauf eine Dampferfahrt auf der Föhrde nach Gliicks- 
burg unternommen wurde, um hier noch einige Stunden in ge- 
mnthlieher Stimmung bei Spiel und Tanz beisammen zu sein. 

Flensburg, Januar 1900. 

E i 1 e r. Schriftführer. 

Verein practischer Thierärzte zu Berlin. 

Versammlung 

am 

Sonnabend, den 3. März 1900, Abends V 2 8 Uhr 
im Rathskeller (Eingang in der Jiidenstrasse). 

Tagesordnung: 

I. Vereins-Angelegenheiten, 
ü. Vorträge. 

a. Herr Assistent Knuth: Die Verbreitung der Tuber- 
culose unter besonderer Berücksichtigung der Euter- 
Tnbercnlose. 

b. Herr Assistent Brauer: Thierärztliche Miscellen aus 
Ost-Indien. 

c. Herr Marstalls-Oberrossarzt Ilr. Toepper: Das Vereins¬ 
gesetz nach dem neuen Bürgerlichen Gesetzbuch. 

III. Mittheilungen aus der Praxis. 

Gäste willkommen. 

Der Vorstand. 

Personalien. 

Auszeichnungen: Württemberg: Dem Vorstand des Kgl. württem- 
bergischen Medicinalcollegiums, v. Ges sie r ist der Titel und Rang 
eines Präsidenten der dritten Stufe der Rangordnung (gleich der des 
preuss. Raths I. Classe) — sowie dem Oberamtstliierarzt Koch in 
Vaihingen a. E. und dem Gestütsverwalter und Gestütsthierarzt 
Nagel zu Scharnhausen das Ritterkreuz II. Classe des Friedrichs¬ 
ordens verliehen worden. 

Ernennungen: L. Kuhn, kgl. sächs. Bezirks- und Grenzthierarzt 
in Bodenbach, zum Bezirksthierarzt in Flöha i. Sachs. — Gewählt: 
Thierarzt Alfred Lohsee-Guben zum Schlachthofvorsteher in 
Sorau N.-L., Thierarzt Foege zum Schlachthofassistenzthierarzt in 
Guben. 


Approbationen: In Berlin Herr Erdwin Funek: in Hannover 
die Herren Heinrich Ammelung, Herbert Grosch, Edmund Ohl- 
inann, Wilhelm Schnitzler. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt 
I A. Behnke von Brakei nach Trier, Tbierarzt E. Funck (1900) von 
Berlin nach Beigedorf. 

In der Armee: Lcbbin, Oberrossarzt v. 2. Drag.-Reg. auf Beinen 
Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt 

Todesfälle: Stabsveterinär a. D. Heinrich Braun-Memmingen. 

Yacanzen. 

(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 

Krei8thlerarzt8tellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 

1 R.-B. Köln: Rheinbach (600 M., 500 M. voraussichtl. Kreiszuschuss). 
Bewerb, bis 18. März an den Regierungspräsidenten. 

In Bayern: Bezirksthierarztstelle in Naila (Oberfranken). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Gumbinnen: Grenzthierarzt¬ 
assistentenstelle in Stallupönen. — R.-B. Schleswig: Eiderstedt. 

Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Eberswalde: Schlachthausinspector (2400 M. bis 3300 M., 

Wohnung etc.) Meid, bis 1. März an den Magistrat. — Friesack 
(Mark): Thierarzt als Vieh- u. Fleischbeschauer (1200—1500 M. und 
Praxis). Bew. bis 1. März an den Magistrat. — Geyer (Sächs. 
Erzgeb.): Thierarzt für Fleischbeschau (1500—2000 M. aus der Stadt¬ 
praxis.) Bewerb, bis 1. März an den Stadtrath. — Halle a. S.: 
2 Assistenzthierärzte am Schlachthofe sofort bezw. zum 1. April. 
(1800 M., Wohnung etc.) Bew. sofort an die Direction. — Höxter: 
Schlachthausverwalter zum 1. April (1200 M., Wohnung etc., 900 M- 
Caution. Praxis). Bewerb, bis 10. März an den Magistrat. — 
Königsberg i. P.: Schlacbtbofthierarzt sofort. (2000 M., Wohnung 
1 etc). Bewerbungen bis 12. März an den Director. — Lüneburg: 
Schlacbthofvor8teher (2400—3400 M., Wohnung etc., Pension). Be¬ 
werb. bis 1. März an den Magistrat. — Osnabrück: Assistenzthier¬ 
arzt am Schlachthof sofort, (ca. 1500 M., Wohnung etc.). Bewerb, 
umgehend an den Magistrat. — Rathenow: Schlachthofinspector 
zum 1. April (2000 M. steigend bis 3000 M. Wohnung etc.). 
Meldungen an den Magistrat. — Thorn: 2. Thierarzt am Schlacht- 
i hof. Bewerb, bis 1. März an den Magistrat. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Cottbus: ScblachthofasBistenzthierarzt. — Dessau: Schlachthof¬ 
assistenzthierarzt. — Dresden: 3 Hilfsthierarztstellen am Schlacht¬ 
hof. — Eckernförde: Schlachthofinspector. — Filehne: 
i Schlachthofinspector. — Friedrichsthal (Kreis Saarbrücken): 
j Tbierarzt für Fleischbeschau. — Görlitz: Schlachthofassistenz- 
j tbierarzt. — Hirschberg (Schlesien): Schlachthofvorsteher zum 
I 1. März. — Liegnitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Mark¬ 
neukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — 
Militsch: Schlachthofinspector. — Mülhausen (Elsass): Schlacht- 
| hofverwalter. — Ostrowo: Schlachthofinspector. — Spremberg: 
j Schlachthofinspector. — Trier: Schlachthofhilfsthierarzt zum l.März. 
j — Wanne: Schlachthofvorsteher. 

Privatstellen : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu- 
j stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen.) — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau 
(Ostpr.): Tbierarzt für Praxis (300 M. Zuschuss). Bewerbungen beim 
Magistrat. 

1900 bekannt gegebene: Pabstorf (BraunBchweig): Thier¬ 
arzt sofort — Rhinow (R.-B. Potsdam): Thierarzt. — Sonnenburg: 
Thierarzt (600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den Magistrat 
— Tilsit: Thierarzt für Praxis. Auskunft beim Vorsitzenden des 
landw. Vereins in Kaukmethen (O.-Pr.). 

Besetzt: Sanitätsthierarztstellen in Essen (Ruhr) und Sorau. 


Frankfurt a. 0.: Herzlichen Dank! 


Schraaltz. 

Verantwortlich ftlr den Inhalt (exch Inaeratcntholl): Prot Dr. Scbmalta in Berlin. — Verlag und Kigenthnm von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. BQzonateln, Berlin 


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Gratis-Beilage zur Berliner Thierärztlichen Wochenschrift. 

Mittheilungen ihr Veterinär beamte. 

Dieselben erseheinen unter Mitwirkung zahlreicher Departements- und Landesthierärzte 

in zwanglosen Nummern. 

VIII. Serie. 1. März 1900. M 1. 


Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Schlachtvieh- 
nnd Fleischbeschau 
nach den Beschlossen der XV. Commission. 

Zweite Lesung. 20. Februar 1900. 

§ 1 . 

Rindvieh, Schweine, Schafe, Ziegen, Pferde und Hunde, 
deren Fleisch zum Genüsse für Menschen verwendet werden 
soll, unterliegen vor und nach der Schlachtung einer amtlichen 
Untersuchung. Durch Beschluss des Bundesraths kann die 
Untersnchungspflicht auf anderes Schlachtvieh ausgedehnt werden. 

Bei Nothschlachtungen darf die Untersuchung vor der 
Schlachtung unterbleiben. 

[Unter welchen Voraussetzungen eine Schlachtung als Noth- 
schlachlung anzusehen ist, bestimmt der Bundesrath.']*') 

Der Fall der Nothschlaclitung liegt dann vor, wenn zu be¬ 
furchten steht, dass das Thier bis zur Ankunft des zuständigen 
Beschauers verenden oder das Fleisch durch Verschlimmerung 
des krankhaften Zustandes wesentlich an Werth verlieren werde 
oder wenn das Thier in Folge eines Unglücksfalls sofort ge- 
tödtet werden muss. 

§ 2. 

[Die Untersuchung von Schafen und Ziegen, sowie von noch 
nicht drei Monate alten Kälbern und Schweinen darf vor und 
nach der Schlachtung unterbleiben.'] 

Bei Schlachthieren, deren Fleisch ausschliesslich 
im eigenen Haushalte des Besitzers verwendet werden 
soll, darf, sofern sie keine Merkmale einer die Genuss¬ 
tauglichkeit des Fleisches ausschliessenden Er¬ 
krankung zeigen, die Untersuchung vor der Schlach¬ 
tung und, sofern sich solche Merkmale auch bei der 
Schlachtung nicht ergeben, auch die Untersuchung 
nach der Schlachtung unterbleiben. 

Eine gewerbsmässige Verwendung von Fleisch, bei 
welchem auf Grund des Abs. 1 die Untersuchung unter¬ 
bleibt, iBt verboten. 

Als eigener Haushalt im Sinne des Abs. 1 ist der Haushalt 
der Kasernen, Krankenhäuser, Erziehungsanstalten, Speise¬ 
anstalten, Gefangenanstalten, Armenhäuser und ähnlicher An¬ 
stalten, sowie der Haushalt der Schlächter, Fleischhändler, Gast-, 
Schank- und Speisewirthe nicht anzusehen. 

§ 3. 

Die Landesregierungen sind befugt, für Gegenden und Zeiten, 
in denen eine übertragbare Thierkrankheit herrscht, die Unter¬ 
suchung aller der Seuche ausgesetzten Schlachtthiere anzuordnen. 

§ 4 . 

Fleisch im Sinne dieses Gesetzes sind Theile von warm¬ 
blütigen Thieren, frisch oder zubereitet, sofern sie sich zum Ge¬ 
nüsse für Menschen eignen. Als Theile gelten auch die aus 
warmblütigen Thieren hergestellten Fette und Würste, andere 
Erzeugnisse nur insoweit, als der Bundesrath dies anordnet. 

*) Die eingeklammerten Sätze in CurBivscbrifit sind der Text 
des ursprünglichen Regierungsentwurfs. 


§ 5 - 

Zur Vornahme der Untersuchungen sind Beschaubezirke zu 
bilden; für jeden derselben ist mindestens ein Beschauer sowie 
ein Stellvertreter zu bestellen. 

Die Bildung der Beschaubezirke und die Bestellung der 
Beschauer erfolgt durch die Landesbehörden. Für die in den 
Armeeconservenfabriken vorzunehmenden Untersuchungen können 
seitens der Militärverwaltung besondere Beschauer bestellt 
werden. 

[Zu Beschauern sind thunlichst approbirte Viierürzte zu be¬ 
stellen. Andere Personen haben sich vor ihrer Bestellung einer 
Unterweisung und Prüfung zu unterziehen.] 

Zn Beschauern sind approbirte Thierärzte oder andere 
Personen, welche genügende Kenntnisse nachgewiesen haben, 
zu bestellen. 

§ 6. 

Ergiebt sich bei den Untersuchungen das Vorhandensein 
oder der Verdacht einer Krankheit, für welche die Anzeigepflicht 
besteht, so ist nach Massgabe der hierüber geltenden Vor¬ 
schriften zu verfahren. 

§ 7. 

Ergiebt die Untersuchung des lebenden Thieres keinen 
Grund zur Beanstandung der Schlachtung, so hat der Be¬ 
schauer sie unter Anordnung der etwa zu beobachtenden be¬ 
sonderen Vorsichtsmassregeln zu genehmigen. 

Die Schlachtung des zur Untersuchung gestellten Thieres 
darf nicht vor der Ertheilung der Genehmigung und nur unter 
Einhaltung der angeordneten besonderen Vorsichtsmassregeln 
stattfinden. 

Erfolgt die Schlachtung nicht spätestens zwei Tage nach 
Ertheilung der Genehmigung, so ist sie nur nach erneuter Unter¬ 
suchung und Genehmigung zulässig. 

§ 8 . 

— Gestrichen. — 

[Die Untersuchung nach der Schlachtung hat sich bei Schweinen, 
deren Fleisch nicht ausschliesslich zur Verwenduag im eigenen 
Haushalte (§ 2) bestimmt ist, auch auf Trichinen zu erstrecken.] 

§ 9- 

Ergiebt die Untersuchung nach der Schlachtung, dass kein 
Grund zur Beanstandung des Fleisches vorliegt, so hat der Be¬ 
schauer es als tauglich zum Genüsse für Menschen zu erklären. 

Vor der Untersuchung dürfen Theile eines geschlachteten 
Thieres nicht beseitigt werden. 

§ io. 

Ergiebt die Untersuchung, dass das Fleisch zum Genüsse 
für Menschen untauglich ist, so hat der Beschauer es vorläufig 
zu beschlagnahmen, den Besitzer hiervon zu benachrichtigen 
und der Polizeibehörde sofort Anzeige zu erstatten. 

Fleisch, dessen Untauglichkeit sich bei der Untersuchung 
ergeben hat, darf als Nahrungs- oder Genussmittel für Menschen 
nicht in Verkehr gebracht werden. 

Die Verwendung des Fleisches zu anderen Zwecken kann 


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2 


MITTHEILUNGEN FÜE VETERINÄRBEAMTE. 


No. 1. 


von der Polizeibehörde zugelassen werden, soweit gesundheit¬ 
liche Bedenken nicht entgegenstehen. Die Polizeibehörde be¬ 
stimmt, welche Sicherungsmassregeln gegen eine Verwendung 
des Fleisches zum Genüsse für Menschen zu treffen sind. 

Das Fleisch darf nicht vor der polizeilichen Zulassung und 
nur unter Einhaltung der von der Polizeibehörde angeordneten 
Sicherungsmassregeln in Verkehr gebracht werden. 

Das Fleisch ist von der Polizeibehörde in unschädlicher 
Weise zu beseitigen, soweit seine Verwendung zu anderen 
Zwecken (Abs. 3) nicht zugelassen wird. 

§ 11. 

Ergiebt die Untersuchung, dass das Fleisch zum Genüsse 
für Menschen nur bedingt tauglich ist, so hat der Beschauer es 
vorläufig zu beschlagnahmen, den Besitzer hiervon zu benach¬ 
richtigen und der Polizeibehörde sofort Anzeige zu erstatten. 
Die Polizeibehörde bestimmt, unter welchen Sicherungsmassregeln 
das Fleisch zum Genüsse für Menschen brauchbar gemacht 
werden kann. 

Fleisch, das bei der Untersuchung als nur bedingt tauglich 
erkannt worden ist, darf als Nahrungs- und Genussmittel für 
Menschen nicht in Verkehr gebracht werden, bevor es unter den 
von der Polizeibehörde angeordneten Sicherungsmassregeln zum 
Genüsse für Menschen brauchbar gemacht worden ist. 

Insoweit eine solche Brauchbarmachung unterbleibt, finden 
die Vorschriften des § 10 Abs. 3 bis 5 entsprechende An¬ 
wendung. 

§ 12 . 

Der Vertrieb des zum Genüsse für Menschen brauchbar 
gemachten Fleisches (§11 Abs. 1) darf nur unter einer diese 
Beschaffenheit erkennbar machenden Bezeichnung erfolgen. 

Fleischhändlern, Gast-, Schank- und Speisewirthen ist der 
Vertrieb und die Verwendung solchen Fleisches nur mit Ge¬ 
nehmigung der Polizeibehörde gestattet; die Genehmigung ist 
jederzeit widerruflich. An die vorbezeichneten Gewerbetreibenden 
darf derartiges Fleisch nur abgegeben werden, soweit ihnen eine 
solche Genehmigung ertheilt worden ist. In den Geschäfts¬ 
räumen dieser Personen muss an einer in die Augen fallenden 
Stelle durch deutlichen Anschlag besonders erkennbar gemacht 
werden, dass Fleisch der im Abs. 1 bezeichneten Beschaffenheit 
zum Vertrieb oder zur Verwendung kommt. 

Fleischhändler dürfen das Fleisch nicht in Räumen feilhalten 
oder verkaufen, in welchen taugliches Fleisch (§ 9) feilgehalten 
oder verkauft wird. 

§ 13. 

— Gestrichen. — 

[Ergiebt die Untersuchung, dass das Fleisch z/war zum Ge- 
nusse für Menschen tauglich, jedoch in seinem Nahrungs- oder 
Genusswerth erheblich herabgesetzt ist, so hat der Beschauer hier¬ 
von den Besitzer des Fleisches zu benachrichtigen. 

Auf den Vertrieb und die Verwendung des Fleisches finden 
die Vorschriften des §12 entsprechende Anwendung .] 

§ 14 . 

[Fleisch, welches in das Zollinland eingefükrl wird, unterliegt 
bei der Einfuhr einer amtlichen Untersuchung unter Mitwirkung 
der Zollbehörden. Ausgenommen hiervon ist das nachweislich im 
Inlande bereits vorschriftsmässig untersuchte und das zur unmittel¬ 
baren Durchfuhr bestimmte Fleisch. 

Die Einfuhr von Fleisch darf nur über bestimmte Zollämter 
erfolgen. Der Bundesrath bezeichnet diese Aernter sowie diejenigen 
Zoll- und St eu er stellen, bei welchen die Untersuchung des Fleisches 


stattfinden kann, und ordnet an, inwieweit das Fleisch nur in 
zusammenhängenden Thierkörperti, Thiertheilen oder in Stücken 
von bestimmter Grösse und in natürlichem Zusammenhänge mit 
inneren Organen eingeführt werden darf.] 

§ 14a. 

Die Einfuhr von eingepökeltem oder ähnlich zu¬ 
bereitetem Fleisch, ausgenommen Schweineschinken, 
Speck und Därme, von Fleisch in hermetisch ver¬ 
schlossenen Büchsen oder andern Gefässen, von Würsten 
und sonstigen Gemengen aus zerkleinertem Fleisch in 
das Zollinland ist verboten. 

Im Uebrigen ist die Einfuhr von Fleisch in das 
Zollinland bis zum 31. December 1903 unter nach¬ 
stehenden Bedingungen gestattet: 

Frisches Fleisch darf in das Zollinland nur in 
ganzen Thierkörpern, die bei Rindvieh ausschliess¬ 
lich der Kälber, und bei Schweinen in Hälften zer¬ 
legt sein können, eingeführt werden. 

Mit den Thierkörpern müssen Brust- und Bauch¬ 
fell, Lunge, Herz, Nieren, bei Kühen auch das Euter 
in natürlichem Zusammenhang verbunden sein; der 
Bundesrath ist ermächtigt, diese Vorschrift auf 
weitere Organe auszudehnen. 

Zubereitetes Fleisch darf nur eingeführt werden, 
wenn nach der Art seiner Gewinnung und Zubereitung 
Gefahren für die menschliche Gesundheit erfahrungs- 
gemäsB ausgeschlossen sind oder die Unschädlich¬ 
keit für die menschliche Gesundheit in zuverlässiger 
Weise bei der Einfuhr sich feststellen lässt. 

Nach Ablauf des in Abs. 2 bezeichneten Zeit¬ 
punktes ist die Einfuhr von Fleisch, ausgenommen 
Schweineschmalz, Speck, reine Oleomargarine und 
Därme verboten. 

§ 14b. 

Das in das Zollinland eingehende Fleisch unterliegt bei 
der Einfuhr einer amtlichen Untersuchung unter Mitwirkung 
der Zollbehörden. Ausgenommen hiervon ist das nachweislich 
im Inlande bereits vorschriftsmässig untersuchte und das zur 
unmittelbaren Durchfuhr bestimmte Fleisch. 

Die Einfuhr von Fleisch darf nur über bestimmte Zollämter 
erfolgen. Der Bundesrath bezeichnet diese Aemter sowie die¬ 
jenigen Zoll- und Steuerstellen, bei welchen die Untersuchung 
des Fleisches stattfinden kann. 

§ 14c. 

Auf Wildpret und Federvieh, ferner auf das zum Reise¬ 
verbrauch mitgeführte Fleisch finden die Bestimmungen der 
§§ 14a und 14b nur insoweit Anwendung, als der Bundesrath 
dies anordnet. 

Für das im kleinen Grenzverkelir sowie im Mess- und 
Marktverkehr des Grenzbezirkes eingehende Fleisch können durch 
Anordnung der Landesregierungen Ausnahmen von den Be¬ 
stimmungen der §§ 14a und 14b zugelassen werden. 

§ 14d. 

Der Bundesrath ist ermächtigt, weitergehende Einfuhrver¬ 
bote und Einfuhrbeschränkungen, als in den §§ 14a und 14b 
vorgesehen sind, zu beschliessen. 

§ 15 . 

Die Vorschriften des § 9 Abs. 1 und der §§ 10 bis 12 
gelten auch für das in das Zollinland eingehende Fleisch. An 
Stelle der unschädlichen Beseitigung des Fleisches oder an 


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MITTHEILUNGEN FuR VETERINÄRBEAMTE. 


3 


1. März 1900. 

Stelle der polizeilicherseits anzuordnenden Sicherungsmassregeln 
kann jedoch, insoweit gesundheitliche Bedenken nicht entgegen¬ 
stehen, die Wiederausfuhr des Fleisches unter entsprechenden 
Vorsichtsmassnahmen zugelassen werden. 

[Die Untersuchung hat sich hei Schweinefleisch auch auf 
Trichinen xu erstrecken.'] 

§ 16 - 

[Der Bundesrath ist ermächtigt, 

1. die Einfuhr von Fleisch, dessen Unschädlichkeit für die 
menschliche Gesundheit in zuverlässiger Weise bei der Ein¬ 
fuhr nicht mehr festgestellt werden kann, zu verbieten, 

2. zu bestimmen, dass bei der Einfuhr von Fleisch, welches 
nach der Art seiner Gewinnung und Zubereitung erheb¬ 
liche Gefahren für die menschliche Gesundheit erfahrungs- 
gemäss nicht bietet, die Untersuchung unterbleiben oder 
eingeschränkt werden darf,] 

[3. anzuordnen, dass] Fleisch, welches zwar nicht für den 
menschlichen Genuss bestimmt ist, aber dazu verwendet 
werden kann, darf zur Einfuhr ohne Untersuchung zuge¬ 
lassen werden, nachdem es zum Genüsse für Menschen 
unbrauchbar gemacht ist. 

§ 17. 

Bei Pferden muss die Untersuchung (§. 1) durch approbirte 
Thierärzte vorgenommen werden. 

Der Vertrieb von Pferdefleisch sowie die Einfuhr solchen 
Fleisches in das Zollinland darf nur unter einer Bezeichnung 
erfolgen, welche in deutscher Sprache das Fleisch als Pferde¬ 
fleisch erkennbar macht. 

Fleischhändlern, Gast-, Schank- und Speisewirthen ist der 
Vertrieb und die Verwendung von Pferdefleisch nur mit Ge¬ 
nehmigung der Polizeibehörde gestattet; die Genehmigung ist 
jederzeit widerruflich. An die vorbezeiclmeten Gewerbetreiben¬ 
den darf Pferdefleisch nur abgegeben werden, soweit ihnen eine 
solche Genehmigung ertheilt worden ist. In den Geschäfts- 
ränmen dieser Personen muss an einer in die Augen fallenden 
Stelle durch deutlichen Anschlag besonders erkennbar gemacht 
werden, dass Pferdefleisch zum Vertrieb oder zur Verwendung 
kommt. 

Fleischhändler dürfen Pferdefleisch nicht in Räumen feil¬ 
halten oder verkaufen, in welchen Fleisch von anderen Thieren 
feilgehalten oder verkauft wird. 

Der Bundesrath ist ermächtigt, anzuordnen, dass die vor¬ 
stehenden Vorschriften auf Esel, Maulesel, Hunde und sonstige, 
seltener zur Schlachtung gelangende Thiere entsprechende An¬ 
wendung finden. 

§ 18. 

Der Beschauer hat das Ergebniss der Untersuchung an 
dem Fleisehe kenntlich zu machen. Das aus dem Auslande ein¬ 
geführte Fleisch ist ausserdem als solches kenntlich zu machen. 

Der Bundesrath bestimmt die Art der Kennzeichnung. 

§ 19. 

Fleisch, welches innerhalb des Reiches der amtlichen Unter¬ 
suchung nach §§ 9 bis 15 unterlegen hat, darf einer aber¬ 
maligen amtlichen Untersuchung nur zu dem Zwecke unterworfen 
werden, um festzustellen, ob das Fleisch inzwischen verdorben 
ist oder sonst eine gesundheitsschädliche Veränderung seiner 
Beschaffenheit erlitten hat. 

(Beschlossener Zusatz.) 

Landesrechtliche Vorschriften, nach denen für Gemeinden 
mit öffentlichen Schlachthäusern der Vertrieb frischen Fleisches 


Beschränkungen, insbesondere dem Beschauzwang innerhalb der 
Gemeinde unterworfen werden kann, bleiben mit der Massgabe 
unberührt, dass ihre Anwendbarkeit nicht von der Herkunft des 
Fleisches unabhängig gemacht werden darf. 

§ 20. 

Bei der gewerbsmässigen Zubereitung von Fleisch dürfen 
Stoffe oder Arten des Verfahrens, welche der Waare eine 
gesundheitsschädliche Beschaffenheit zu verleihen vermögen, nicht 
angewendet werden. Es ist verboten, derartig zubereitetes 
Fleisch aus dem Auslande einzuführen, feilzuhalten, zu verkaufen 
oder sonst in Verkehr zu bringen. 

Der Bundesrath bestimmt die Stoffe und die Arten des 
Verfahrens, auf welche diese Vorschriften Anwendung finden. 

Der Bundesrath ordnet an, inwieweit die Vorschriften des 
Abs. 1 au eh auf bestimmte Stoffe und Arten des Verfahrens 
Anwendung finden, welche eine gesundheitsschädliche oder minder- 
werthige Beschaffenheit der Waare zu verdecken geeignet sind. 

§ 21 . 

Der Bundesrath ist ermächtigt, 

1. Vorschriften über [die Prüfung] denNachweis genügender 
Kenntnisse der Fleischbeschauer zu erlassen, 

2. Grundsätze aufzustellen, nach welchen die Schlachtvieh- 
und Fleischbeschau anszuführen und die weitere Be¬ 
handlung des Schlachtviehs und Fleisches im Falle der 
Beanstandung stattzufinden hat, 

3. die zur Ausführung der Bestimmungen in dem § 14 a 
erforderlichen Anordnungen zu treffen und die Gebühren 
für die Untersuchung des in das Zollinland eingehenden 
Fleisches festzusetzen. 

§ 22 . 

[Die zur Ausführung des Gesetzes erforderlichen Bestimmungen 
werden, insoweit nicht der Bundesrath für zuständig erklärt ist 
oder insoweit er von einer durch § 21 ertheilten Ermächtigung 
keinen Gebrauch macht, von den Laiulesregierungen erlassen]. 

Wem die Kosten der amtlichen Untersuchung (§ 1) zur 
Last fallen, regelt sich nach Landesrecht. Im Uebrigen werden 
die zur Ausführung des Gesetzes erforderlichen Bestimmungen, 
insoweit nicht der Bundesrath für zuständig erklärt ist oder 
insoweit er von einer durch §. 21 ertheilten Ermächtigung keinen 
Gebrauch macht, von den Landesregierungen erlassen. 

§ 23. 

[Landesrechtliche Vorschriften, welche mit Bezug auf 

1. die der Untersuchung zu unterwerfenden Thiere, 

2. die Ausführung der Untersuchungen durch app'obirte 
Thierärzte , 

3. die Trichinenschau, 

4. den Vertrieb beanstandeten Fleisches oder des Fleisches 
von Thieren der im § 17 bexcichneten Arten 

weitergehende Verpflichtungen als dieses Gesetz begründen, sind 
mit der Massgabe zulässig, dass ihre Anwendbarkeit nicht von der 
Herkunft des Schlachtviehs oder des Fleisches abhängig gemacht 
werden darj]. 

Landesrechtliche Vorschriften über die Trichinenschau und 
über den Vertrieb und die Verwendung von Fleisch, welches 
zwar zum Genüsse für Menschen tauglich, jedoch in seinem 
Nahrungs- und Genusswerth erheblich herabgesetzt ist, ferner 
landesrechtliche Vorschriften, welche mit Bezug auf 

1. die der Untersuchung zu unterwerfenden Thiere, 

2. die Ausführung der Untersuchungen durch approbirte 
Thierärzte, 


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4 


MITTHEILUNGEN FÜR VETERINARBEAMTE. 


No. 1. 


3. den Vertrieb beanstandeten Fleisches oder des Fleisches 
von Thieren der im § 17 bezeichneten Arten 
weitergehende Verpflichtungen als dieses Gesetz begründen, sind 
mit der Massgabe zulässig, dass ihre Anwendbarkeit nicht von 
der Herkunft des Schlachtviehs oder des Fleisches abhängig 
gemacht werden darf. 

§. 24. 

[Inwieweit die Vorschriften dieses Gesetzes auf die Zollaus¬ 
schüsse Anwendung zu finden haben, bestimmt der Dundesrath .] 

Inwieweit die Vorschriften dieses Gesetzes auf das in die 
Zollausschüsse eingeführte Fleisch Anwendung zu finden haben, 
bestimmt der Bundesrath. 

§§ 25 bis 27. 

(Enthalten die Strafbestimmungen.) 

Resolution. 

Der Reichstag erklärt es für angezeigt, dass in Ergänzung 
des Gesetzes über die Schlachtvieh- und Fleischbeschau durch 
Landesgesetze öffentliche Schlachtviehversicherungen unter 
Heranziehung staatlicher Mittel eingerichtet und Massnahmen 
zur angemessenen Verwerthung der verworfenen Theile des 
Schlachtthieres getroffen werden. 

Entschädigung für Verluste durch Schweineseuchen 
im Grossherzogthum Hessen. 

Gesetzentwurf, betreffend die Abtnderung des Gesetzes vom 

7. Juli 1896, die Entschädigung für an Milzbrand und Rausohbrand 
gefallene Thiere betreffend. 

Artikel I. 

Der Artikel 1 erhält hinter „Ziegen“ den Zusatz: „sowie 
für gefallene oder getödtete, mit Rothlauf behaftete Schweine.“ 

In Artikel 2 treten im ersten Satz an Stelle der Worte 
„und Schafe“ die Worte: „Schafe und Schweine“. 

Im Schlusssätze desselben Artikels ist hinter „von 400 M.“ 
einzuschalten: „für Schweine von 80 M.“ 

Artikel 3 erhält folgende Fassung: „auf die zu leistende 
Entschädigung worden zu demjenigen Bruchtheil, zu welchem 
nach den Bestimmungen des Artikel 2 der gemeine Werth des 
Thieres vergütet wird, angerechnet: 

1. die aus Privatverträgen zahlbaren Versicherungssummen; 

2. der Werth derjenigen Theile des Thieres, welche nach 
Massgabe der polizeilichen Anordnungen verwerthet 
werden. 

Artikel 4 erhält folgende Zusätze: 

a) in Ziffer 5 hinter „Ranschbrand“ den Zusatz: „oder 
Schweinerothlauf'. 

b) in Ziffer 5 hinter „Ranschbrand“ den Zusatz; „oder 
Schweinerothlauf“. 

Artikel 5 erhält in Absatz 1, Zeile 1, hinter „Milzbrand“ 
den Zusatz: „Rauschbrand oder Schweinerothlauf', und 
ebendaselbst ist in Zeile 3 statt des Wortes „Milz- 
brandkadaver“ „Kadaver“ zu setzen. 

Artikel 5 erhält ferner als Absatz 4 folgenden Zusatz: 
„Die gleiche Anordnung mit gleicher Wirkung kann 
nach Feststellung des Rothlaufs unter den Schweinen 
eines Gehöftes, eines Ortstheiles oder Ortes für die 
Dauer der nächsten 6 Monate mit der Massgabe ge¬ 
troffen werden, dass alle innerhalb eines Gehöftes, 
Ortstheiles oder Ortes befindlichen Schweine zur Schutz¬ 
impfung angemeldet und vorgeführt werden“. 

In Artikel 6 treten an Stelle der Worte „des Milzbrandes 


oder des Rauschbrandes“ die Worte: „des Milzbrandes, Rausch¬ 
brandes oder Schweinerothlaufs“. 

Artikel 7 erhält folgende Zusätze: 

a) in Absatz 1 hinter „wird“: „bei mit Milzbrand oder 
Rauschbrand behafteten Thieren“; 

b) ferner Absatz 1 am Schlüsse: „Die Schätzung durch 
die Commission kann unterbleiben bei Ziegen und 
Schafen, wenn der Ortspolizeibeamte und der beamtete 
Thierarzt oder deren Stellvertreter übereinstimmend 
bekunden, dass der Werth der zu entschädigenden 
Thiere die in Artikel 2 für dieselben festgesetzte höchste 
Entschädigungssumme um mindestens ein Fünftel über¬ 
steigt“; 

c) ferner als Absatz 5: „bei mit Rothlauf behafteten 
Schweinen ist der gemeine Werth nach den für das 
Cadavergewicht im Voraus allgemein festgetzten Preisen 
zu ermitteln. Die Festsetzung dieser Preise erfolgt 
kreis- oder ortsweise ein- oder mehrmal im Jahre durch 
eine von dem Kreisausschuss zu wählende Commission 
von 3 Mitgliedern, welche zu beeidigen sind“. 

In Artikel 9 wird im ersten Satz an Stelle der Worte: 
„das Ergebniss der Schätzung“ gesetzt: „die Fest¬ 
setzung der Entschädigungssumme“, 

In Artikel 10 wird das Wort „Schätzung“ durch „Werth¬ 
festsetzung“ ersetzt. 

Artikel 11 erhält folgende Aenderungen: 

a) in Absatz 1 ist statt „sowie“ „und“ zu setzen; ferner 
vor „entstehenden“ der Zusatz einzufügen: „sowie die 
durch die Ausführung von Schutzimpfungen“; 

b) am Ende folgenden neuen Absatz 5: 

„Die Kosten, welche durch die Beschaffung von 
Impfstoffen und Impfapparaten für die in Gemäss- 
heit dieses Gesetzes vorzunehmenden Schutz¬ 
impfungen erwachsen, trägt der Staat.“ 

Der Artikel 12 erhält in Absatz 2 den Zusatz: ,,e) Schweinen“. 

Artikel II. 

Mit der Ausführung und Neuredaction des Gesetzes, das 
fortan die Bezeichnung: Gesetz, betreffend die Entschädigung 
für an Milzbrand, Rauschbrand und Schweinerothlauf gefallene 
Thiere, zu führen hat, wird Unser Ministerium des Innern be¬ 
auftragt, welches aucli den Zeitpunkt bestimmt, wann dasselbe 
in Kraft treten soll. 

Begründung. 

Der vorstehende Gesetzentwurf bezweckt im Wesentlichen 
die Aufnahme der mit Rothlauf behafteten oder getödteten 
Schweine unter diejenigen Thiere, für welche Entschädigung 
zu gewähren ist. Der Schweinerothlauf ist eine Seuche, welche 
die Landwirtschaft schwerer schädigt, als gewöhnlich ange¬ 
nommen wird, da trotz bestehender Anzeigepflicht nur ein Theil 
der Seuchefälle zur Kenntniss der Behörden gelangt. 

Da der Schweinerothlauf in der Regel nur enzootisch, d. h. 
auf Gehöfte, Ortstheile oder Orte beschränkt auftritt, in der 
Schutzimpfung aber ein sicheres Mittel zur schleunigen Unter¬ 
drückung der Seuchenausbrüche gegeben ist, so können die Ver¬ 
luste bei rechtzeitiger Anwendung der Schutzimpfung in den 
gefährdeten Beständen ganz wesentlich verringert und dadurch 
der Landwirtschaft und dem Nationalvermögen nicht unerheb¬ 
licher Schaden abgewendet werden. 

Die Ausführung des Gesetzes ist dadurch erleichtert, dass 
der Schweinerotlilauf leicht und mit Sicherheit festzustellen ist. 


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1. März 1900. 


MITTHEILÜNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE. 


5 


Obgleich im Allgemeinen zugegeben werden muss, dass die 
Bekämpfung des Schweinerothlaufs auch ohne die Gewährung 
einer Entschädigung auf dem angegebenen Wege möglich ist, 
so unterliegt es doch keinem Zweifel, dass, wenn die An¬ 
wendung der Schutzimpfung den Besitzern überlassen bleibt, 
wohl ein Theil derselben sich gegebenen Falls dieses Mittels 
zur Unterdrückung der Seuche in den Schweinebeständen be¬ 
dienen wird, ein grösserer Theil der Landwirthe aber nicht 
dazu kommt, zumal die Schutzimpfung, im Einzelnen ausgeführt, 
zu kostspielig ist. Aber auch abgesehen hiervon wird es bei 
Ueberlassung der Schutzimpfung an die Privaten an den erforder¬ 
lichen Vorkehrungen fehlen wegen rechtzeitiger Beschaffung der 
Impfstoffe und entsprechender Vertheilung des Impfgeschäfts 
unter die Thierärzte eines Bezirks. Gegenüber den durch An¬ 
ordnung staatlicher Impfung zu erreichenden Vortheilen er¬ 
scheinen die hierdurch entstehenden, auf 2500 M. veranschlagten 
Kosten unerheblich. Der Gesetzentwurf sieht daher die auf 
allgemeine Kosten auszuführende Schutzimpfung in denjenigen 
Fällen vor, in welchen sie zur Abwendung grösserer Verluste 
unbedingt nothwendig erscheint, während es dem vorsichtigen 
Schweinehalter unbenommen bleiben soll, werthvolle Schweine¬ 
bestände, auch ohne dass eine unmittelbare Seuchengefahr vor¬ 
handen ist, auf seine Kosten der Impfung unterziehen zu lassen. 

Was die Kosten betrifft, welche durch die Entschädigung 
mit Rothlanf behafteter Schweine entstehen werden, so lässt 
sich aus Mangel an einer einwandfreien Statistik über das Vor¬ 
kommen der fraglichen Seuche in Hessen und in anderen Ländern 
zur Zeit etwas Bestimmtes bezüglich der der Staatskasse er¬ 
wachsenden Kosten nicht angeben; es ist jedoch nicht an¬ 
zunehmen, dass bei gehörig organisirtem Impfgeschäft und recht¬ 
zeitig angewandter Schutzimpfung die Kosten hoch werden 
könnten. Vorläufig dürfte eine Erhöhung des bezüglichen 
Budgetsatzes von 18 800 M. auf 25 000 M. als genügend an¬ 
gesehen werden. Gleichzeitig würde allerdings auch noch die 
Annahme eines thierärztlichen Hülfsarbeiters nothwendig, in 
welcher Beziehung im Nachtragsbudget unter Kapitel 58, Titel 5a, 
entsprechende Vorsehung getroffen ist. Diesem technisch ge¬ 
bildeten Hülfsarbeiter würde die Aufgabe zufallen, Impfstoffe 
für Rechnung des Staates unter der Aufsicht des technischen 
Referenten herzustellen und bei deren Versandt thätig zu sein, 
die Thierärzte in der Ausführung der Impfung zn unterweisen 
und überall da selbstthätig einzngreifen, wo es gilt, die Impfung 
schnell zur Anwendung zu bringen. Auch für die Ausführung 
der Rauschbrandimpfungen in den gefährdeten Gemeinden des 
Vogelsberges bedarf es, wenn diese Impfungen fortab mehr, als 
seither vorgenoramen werden sollen, einer thierärztlichen Hülfs- 
kraft, die übrigens auch noch für den Fall der Verhinderung 
von Kreisveterinärärzten, namentlich zu Zeiten des Herrschens 
von Viehseuchen, als nothwendig sich erwiesen hat. 

Die für die einzelnen Artikel vorgesehenen Aendernugen 
ergeben sich nach vorstehenden allgemeinen Erläuterungen zum 
Theil von selbst. Es kann daher _ von einer besonderen Be¬ 
gründung in vielen Punkten abgesehen werden. Besonders sei 
Folgendes bemerkt: 

Zu Artikel 2. 

Die Festsetzung der Maximalentschädigung für Schweine 
auf 80 M. entspricht der Maximalentschädignng von 400 M. für 
Rindvieh. 

Zu Artikel 3. 

Der Grund für die Aenderung dieses Artikels ist in der 


Thatsache gegeben, dass Fleisch nothgeschlachteter, gering¬ 
gradig rothlaufkranker Schweine ohne Bedenken in gekochtem 
Zustande unter Angabe der Eigenschaft verkauft, bezw. genossen 
werden darf. Auch ist es nicht ausgeschlossen, dass in den 
einer ständigen Aufsicht unterstehenden Sammelabdeckereien die 
von rauschbrandkranken Rindern und Schafen herrührenden 
Häute, sowie die von solchen, als auch von rothlaufkranken 
Schweinen stammenden Fette und sonstigen Producte unter An¬ 
wendung geeigneter Vorsichtsmassnahmen Verwerthung finden 
können. 

Zu Artikel 7. 

Der beantragte Zusatz zu Absatz 1 hat sich aus der Praxis 
ergeben. Es ist erschwerend und kostspielig, dass bei Schafen 
und Ziegen die Schätzer auch dann zugezogen werden müssen, 
wenn offenbar die in Artikel 2 enthaltene höchste Entschädigungs¬ 
summe zu gewähren ist. 

Der neue Absatz 5 zu Artikel 7 trifft abweichende Be¬ 
stimmungen für die Ermittelung des Werths der zn ent¬ 
schädigenden Schweine. Diese Art der Werthvermittelung ist 
bereits seit langer Zeit bei Schweine-Versicherungsanstalten 
üblich und als die einfachste und beste anerkannt. Die Werth¬ 
bestimmung wird im Entwürfe einer vom Kreisausschusse zu 
wählenden Commission überwiesen. 


Verordnungen und Bekanntmachungen de« hiesigen Polizei-Präsidiums. 

Frankfurt a. M. Polizei-Verordnung 

betreffend den Betrieb von Geflügelmästereien und Getliigeischiächtereien. 

Auf Grund der §§ 5 und 6 der Verordnung über die Polizei- 
Verwaltung in den neu erworbenen Landestheilen vom 20. Sep¬ 
tember 1867 und der §§ 142, 143 und 144 des Gesetzes über 
die Allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 wird mit 
Zustimmung des Magistrats der Stadt Frankfurt a. M. und des 
Kreisausschusses des Landkreises Frankfurt a. M. folgende 
Polizei-Verordnung erlassen: 

§ 1 . 

In Geflügelmästereien muss der Fussboden der Ställe und 
Buchten mit in Cement verlegten Pflastersteinen oder in Beton 
mit rauher Cementdeckschicht und mit starkem Gefälle und Ab¬ 
zugsrinnen angelegt werden, welche vorschriftsmässig an den 
Kanal anzuschliessen oder, solange ein Kanal nicht vorhanden 
ist, nach Sammelgruben zu entwässern sind. Der Hofraum muss 
eingefriedigt sein. Die Sammelgruben müssen in Sohle und 
Umfassungsmauern wasserdicht, höchstens 1 Meter tief angelegt 
und ebenso wie die Rinnen dicht bedeckt gehalten werden. 
Wenn das Geflügel auf Lattenrosten steht, müssen letztere be¬ 
hufs leichter Reinigung des Fnssbodens herausnehmbar hergestellt 
werden, ferner ist zwischen Fussboden und Rost ein für bequeme 
Reinigung des ersteren genügender Raum zu lassen. Offene 
Buchten sind zur Verhütung von Belästigungen der Nachbar¬ 
schaft durch das Geschrei der Thiere mit einem oberen Schutz¬ 
dache zu versehen. 

§ 2 . 

Bei Geflügelschlächtereien muss 

1. Der Schlachtraum — der nicht im Kellergeschoss liegen 
darf —, ebenso der Rnpfraum mindestens 2,5 m hoch sein 
und wenn der Schlachtraum zugleich zum Rupfen des Ge¬ 
flügels benutzt wird, mindestens 20 qm, sonst mindestens 
3:3 m Bodenfläche besitzen. 

2. Die Wände des Schlachtraums oder Rupfraums müssen bis 
l'i m Höhe mit geglättetem Cementputz versehen sein. 

3. Im Schlachtraum oder in unmittelbarer Nähe desselben, des¬ 
gleichen im Rnpfraum muss eine höchstens 1 m tiefe wasser¬ 
dichte cementirte Sammelgrube vorhanden sein, wenn der 
Raum nicht an die Canalisation angeschlossen ist. 

4. Der Fussboden des Schlachtraumes oder Rupfraumes muss 
mit einer wenigstens 0,2 m starken, in Cement verlegten 
Pflasterschicht oder in Beton mit rauher Cementdeckschicht 
wasserdicht und mit Gefälle nach dem Canal oder der Grube 
hergestellt sein. 

5. Fenster und Thüren sind so einzurichten, dass die 
Schlachtungen von der Strasse aus nicht beobachtet 
werden können. 


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6 


MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE. 


No. 1. 


6. Der Schlachtraum muss genügende Lüftungseinrichtungen 
besitzen. 

§ 3 . 

Betriebsvorschriften. 

1. Alle zum Betriebe der Mästerei und Schlächterei benutzten 
Räume müssen reichliche und bequeme Wasserversorgung 
besitzen, damit die Reinigung der Räume bequem ausgeführt 
werden kann. 

2. Der Fussboden des Schlacht- und Rumpfraums ist nach 
jedem Schlachttage zu reinigen. 

3. Blut, Eingeweide und sonstige Schlachtabgänge sind im 
Sommer täglich, im Winter zweimal wöchentlich zu entfernen. 

4. Die Abwässer aus der Sammelgrube des Schlacht- oder 
Rupfraums sind im Sommer täglich, im Winter zweimal 
wöchentlich, die übrigen nach Bedarf in dichten Tonnenwagen 
zu beseitigen und die Gruben nach Erfordern der Polizei 
zu desinficiren. 

5. Die Fussböden der Mästereiräume sind wenigstens wöchentlich 
einmal zu reinigen. 

6. Das Schlachten, Ansnehmen und Rupfen darf nur innerhalb 
der dazu bestimmten Räume geschehen. Das Rupfen darf 
erst beginnen, wenn die Thiere vollständig getödtet sind. 

7. Zum Ausstopfen der ausgenommenen Thiere darf nur reines 
(nicht bedrucktes oder beschriebenes) Papier von aufsangender, 
wolliger Beschaffenheit benutzt werden. 

§ 4 . 

Vorhandene Anlagen sind längstens binnen Jahresfrist mit 
vorstehenden Vorschriften in Einklang zu bringen. 

§ 5 . 

Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieser Polizei- 
Verordnung werden mit Geldstrafe bis zu 30 Mark, im Un¬ 
vermögensfalle mit entsprechender Haft bestraft. 

§ 6 . 

Diese Polizei-Verordnung tritt mit dem 1. Januar 1900 
in Kraft. 

Frankfurt a. M., den 21. Dezember 1899. 

Der Polizei-Präsident: Frhr. v. Miiffling. 


PreuMen. Reg.-Bez. Potsdam. Landespolizeiliche Anordnung. Vom 
13. November 1899. (Amtsbl. S. 447) betr. Geflügelcholera. 

Zur Verhütung der Verbreitung von Geflügelcholera ordne 
ich auf Grund der §§ 20, 26 und 27 des Reichsviehseuchen¬ 
gesetzes vom 23. Juni 1880/1. Mai 1894 in Verbindung mit 
§ 56 b Absatz 3 der Gewerbeordnung in der Fassung des 
Reichsgesetzes vom 6. August 1896 (R.-G.-B1. S. 685) für den 
Umfang des Regierungsbezirks Potsdam an: 

§ 1. Das im Besitze von Geflügelhändlern be¬ 
findliche Geflügel darf nicht getrieben werden. Aus¬ 
nahmen können in besonderen Fällen von dem Landrath zu¬ 
gelassen werden. 

Nicht betroffen von dem Verbot ist das im Besitze von 
Landwirthen, Geflügelzüchtern für den eigenen Bedarf und 
Geflügelmästern befindliche Geflügel. 

§ 2. Sofern das Geflügel nicht getrieben wird, da$f die 
Beförderung nur in Wagen, Käfigen, Körben und ähnlichen Be¬ 
hältnissen erfolgen, deren Einrichtung das Herabfallen von 
Koth und Streu verhindert. 

Werden zur Beförderung Wagen mit Gitterwänden benutzt, 
so müssen die Gitterwände vom Boden jedes Geschosses aus 
bis zur Höhe von 15 cm dicht geschlossen sein. 

§ 3. Die zur Beförderung von lebendem Handelsgeflügel 
benutzten Wagen, Käfige, Kisten, Körbe u. s. w. sind nach 
jedesmaligem Gebrauch zunächst durch Entfernung der etwa 
vorhandenen Streu und der Auswurfstoffe, dann durch Abwaschen 
aller mit dem Geflügel in Berührung gekommenen Theile mit 
heisser Sodalauge, die durch Auflösen von 100 g Soda in 
1 Liter heissen Wassers herzustellen ist, zu reinigen. Die Be¬ 
nutzung von nicht gereinigten Wagen und anderen Beförderungs¬ 
mitteln zur Fortschaffung von Geflügel ist verboten. 

§ 4. Ist seuchenkrankes oder seuchenverdächtiges Geflügel 
mit den genannten Beförderungsmitteln fortgeschafft worden, 
so sind diese entweder durch Verbrennen zu vernichten oder, 
bevor sie zur Beförderung von Geflügel wieder benutzt werden, 
nach Anordnung des Kreisthierarztes sorgfältig zu desinficiren. 

§ 5. Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Bestimmungen 
werden, sofern nicht nach den bestehenden gesetzlichen Be¬ 
stimmungen, insbesondere nach § 328 R.-St.-G.-B. eine höhere 
Strafe verwirkt ist, nach den in den §§ 66 Abs. 1 Ziff. 4 und 


67 des Reichsviehseuchengesetzes gegebenen Strafvorschriften 
bestraft. 

§ 6. Diese Anordnung tritt sofort in Kraft. 

Der Regierungs-Präsident. 

PreuMen. Rundschreiben Vom 30. November 1899. 

Im Aufträge des Herrn Ministers habe ich unter dem 13. 
d. M. (Amtsblatt Seite 447) in Uebereinstimmung mit der 
landespolizeilichen Verordnung des Herrn Regierungspräsidenten 
in Frankfurt a. 0. vom 16. October d. J. das Treiben von 
Handelsgeflügel im hiesigen Bezirke verboten. 

Damit klargestellt wird, dass die Gänsemäster nicht zu 
den Händlern im Sinne der Anordnung gehören, weise ich noch 
besonders darauf hin, dass sich das Verbot nur auf Händler 
mit lebendem Geflügel bezieht. Hierzu ist nicht allein das im 
Umherziehen vertriebene, sondern überhaupt jegliches Geflügel 
zu rechnen, welches sich noch im Besitze von Händlern be¬ 
findet, damit nicht etwa unter dem Vorgeben fester Bestellungen 
Umgehungen des im veterinärpolizeilichen Interesse nicht zu 
entbehrenden Verbots des Treibens von Handelsgeflügel Vor¬ 
kommen. 

Da die Ausdehnung des Treibverbots auf Gänsemäster 
wegen der grossen Zahl der im Bezirke vorhandenen Mästereien 
erhebliche wirthschaftliche Schäden zur Folge haben würde, hat 
die Anordnung im § 1 Absatz 2 eine Einschränkung erfahren, 
durch welche es den Gänsemästern ermöglicht werden soll, die 
von ihnen gekauften oder fest bestellten Gänseheerden vom 
Bahnhofe nach ihren Mästereien zu treiben. Ausserdem ist den 
Landwirthen und Geflügelzüchtern für den eigenen Bedarf das 
Treiben des in ihrem Besitze befindlichen Geflügels gestattet 
worden. In diesen Fällen wird das Treiben ohne erhebliche 
Gefahren auf dem Gebiete der Seuchenverschleppung vor sich 
gehen können, weil es in der Regel nur auf verhältnissmässig 
kurzen Strecken stattfinden wird. 

Sollten besondere Verhältnisse selbst das Treiben von 
Handelsgeflügel unbedenklich erscheinen lassen, stelle ich an¬ 
heim, von der im § 1 Absatz 1 a. a. 0. gegebenen Befugniss 
Gebrauch zu machen. 

Die Anordnung wird nur dann ihren veterinärpolizeilichen 
Zweck in vollem Umfange erfüllen, wenn auf eine dem § 2 
a. a. 0. entsprechende Beschaffenheit der zur Geflügelbeförderung 
dienenden Wagen mit Strenge gehalten wird. Die im Gebrauche 
befindlichen Händlerwagen sind daher unverzüglich auf ihre 
vorschriftsmässige Beschaffenheit hin einer genauen Revision 
zu unterziehen. Letztere ist von Zeit zu Zeit zu wiederholen. 
Es ist hierbei namentlich auch darauf zu achten, dass die 
Wagen in jeder Etage fugendicht und dass die Fugen am Boden 
mit Leisten bekleidet sind. 

Wenn ein Wagen an demselben Tage mehrere Male znm 
Transport von Geflügel benutzt wird, muss zwar die Entfernung 
des Kotlies und der Streu nach dem Ausladen jeder Ladung 
stattfinden, doch darf das Auswaschen des Wagens bis nach 
dem Ausladen der letzten, an dem Tage beförderten Geflügel- 
ladung ausgesetzt werden. Am folgenden Tage darf jedoch der 
Wagen erst nach vollständiger Reinigung und Waschung zu 
weiteren Geflügeltransporten benutzt werden. 

Falls seuchenkrankes oder -verdächtiges Geflügel in den 
Wagen etc. befördert worden ist, hat der Kreisthierarzt die 
Desinfection abzunehmen und darüber der Oltspolizeibehörde 
eine Bescheinigung auszustellen. 

Die bei der Reinigung der Wagen etc. entfernten Streu- 
und Kothmassen sind in diesen Fällen durch Feuer zu ver¬ 
nichten oder nach Durchtränkung mit Kalkmilch 1 m tief zu 
vergraben. 

Wegen der Reinigung und Desinfection der dem Geflügel¬ 
verkehr dienenden Eisenbahnfahrzeuge und -Rampen gemäss den 
Bundesrathsbestimmungen vom 2. Februar d. J. (Reichs-Gesetz- 
Blatt Seite 11) habe ich mich mit den Eisenbahndirectionen 
noch besonders in Verbindung gesetzt. 

Hausir-Handelo-Verbot. 

Der Handel im Umherziehen mit Klauenvieh ist für den 
Regierungsbezirk Merseburg vom 1. Februar ab verboten worden. 

Dasselbe Verbot, jedoch mit Ausdehnung auf das Geflügel 
ist bis Ende Februar für den Bezirk Gumbinnen ergangen. 

Einfuhrverbot gegen Rumänien. 

Die Einfuhr von Schweinefleisch (frisch und zubereitet) aus 
Rumänien ist landespolizeilich in allen deutschen Landestheilen 


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7 


1. März 1900. MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE. 


an der in Betracht kommenden Grenze verboten worden. Darauf 
bezieht sich auch das in No. 8, pag. 96 mitgetheilte Einfuhr¬ 
verbot gegen Schweinefleisch, bei dem versehentlich „aus 
Rumänien“ weggeblieben war. 


Seuchen-Nachrichten. 

Thlerseuohen in Deutschland im III. Quartal 1899- 


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— 

Sehwarzbnrg-Sondersh 

28 

6 507 

2 

4 

— 

— 

1 

50 

1 

400 

Sehwarzburg-RndolsL 

10 

682 

2 

3 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Waldeck . 

4 

1 107 

— 


— 

—! 

2 

3 

31 

— 

Renas JL L . 

11 

611 

2 

2 

— 

— 1 

1 

6 

— 

— 

Reuss j. L. . . . . 

38 

4 708 

5 

5 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Sehaumburg-Lippe . . 

— 

— 

— 

_ 


— 

— 

— 

— 

— 

Lippe . 

32 

3 633 

2 

2 


— 

— 

— 

1 

453 

Lübeck . 

— 

— 


— 


— 

— 

— 


— 

Bremen . 

1 

470 

1 

1 


— 

— 

— 


— 

Hamborg . 

5 

79 

1 

2 

2 

3 


— 

— 

— 

Elsass-Lothringen . . 

239 

13147 

15 

23 

1 

1 

3 1 

12 

4 

— 

Deutsches Reich . . 

7454, 

1 «3 970 {7441055 

411241861125 5 ) 376,13 568 


*) Die gefährdeten, d. h. auf den neubetroffenen Gehöften be- 
findlichen Bestände betrafen von den einzelnen Thiergattungen für 
das Deutsche Reich berechnet: 572386 Rinder, 428507 Schafe, 
19763 Ziegen und 253314 Schweine. Hiervon kamen auf Preussen 
391227 Rinder, 340788 Schafe, 10297 Ziegen und 178225 Schweine. 

*) Unter den erkrankten Thieren befanden sich 84 Pferde, 
837 Rinder, 103 Schafe, 29 Schweine und 2 Ziegen. Hiervon entfielen 
auf Preussen 79 Pferde, 563 Rinder, 68 Schafe und 6 Schweine. 

3 ) Am Beginn des Quartals waren verseucht 30 Gemeinden (da¬ 
von 22 in Preussen, 3 in Bayern, 2 in Sachsen, und je 1 in Württem¬ 
berg, Bremen und Elsass-Lothringen). Am Schluss des Quartals 
blieben verseucht 36 Gemeinden (davon 24 in Preussen, je 3 in 
Payern und Sachsen, 2 in Württemberg und je 1 in Baden, Braun¬ 
schweig, Bremen und Hamburg. 

*) D. h. gefallene und getödtete Thiere. 


An Rauschbrand gingen ein in den nachbenannten 
Staaten: Preussen 1 Pferd nnd 232 Rinder, wovon 69 Fälle 
im R.-B. Münster, 42 in Düsseldorf, 28 in Aachen, 27 in Schleswig, 
15 (incl. 1 Pferd) in Arnsberg und weniger als 10 in Koblenz» 
Wiesbaden, Kassel, Aurich, Trier, Danzig, Marienwerder, Stade, 
Sigmaringen, Gumbinnen nnd Potsdam zu verzeichnen waren; 
Bayern 146 Rinder; Hessen 14 Rinder, 21 Schafe und 2 Ziegen; 
Württemberg nnd Sachsen-Meiningen je 12 Rinder; Baden 
desgl. 7; Sachsen-Weimar und Elsass-Lothringen desgl. je 2; 
Braunschweig und Bremen je 1. 

Von der Tollwnth wurden im Ganzen 270 Gemeinden be¬ 
troffen, die sich wie folgt vertheilen: in Preussen 192 (wovon 
40 im R.-B. Gumbinnen, 25 in Posen, 23 in Bromberg, 19 in 
Oppeln, 15 in Marienwerder, je 13 in Danzig und Breslau, 10 in 
Königsberg und weniger als 10 in Frankfurt, Köslin, Liegnitz, 
Merseburg, Potsdam, Stettin, Hannover, Aurich und Münster); 
in Bayern 49; Sachsen 26, nnd je 1 in Sachsen - Altenburg; 
Reuss ä. L., Elsass-Lothr. 

Die Lun gen seu che kam nur in Preussen vor; sie betraf 
die R.-B. Posen, Bromberg und Magdeburg. Die genannten 
R.-B. waren sämmtlich schon vom Vorquartal her verseucht, 
nämlich R.-B. Posen in 2 Gemeinden, die auch noch am Ende 
des Berichtsquartales verseucht blieben. Im R.-B. Bromberg 
erlosch die Seuche in der einzigen vom Vorquartal her ver¬ 
seuchten Gemeinde. R.-B. Magdeburg hatte vom Vorquartal 6 
betroffene Gemeinden, zu denen im Laufe des Quartals 6 neue 
hinzukamen und durch Erlöschen während des Quartals 8 Ge¬ 
meinden in Abzug zu bringen sind, sodass am Ende des Quartals 
die Seuche sich in 4 Gemeinden erhielt. 

Die Pferderäude befiel 90 Pferde, wovon 59 auf Preussen, 
25 auf Bayern, je 2 auf Baden und Hessen und je 1 auf 
Württemberg und Hamborg kamen. 

Die Rothlaufseuche der Schweine kam in folgender 
Verbreitung vor: Es erkrankten im Deutschen Reiche in 5304 
nenbetroffenen Gemeinden (14125 Gehöften) 24026 Schweine, 
von denen 21839 gefallen oder getödtet sind. Auf Preussen 
kamen davon in 4591 Gemeinden (12208 Gehöften) 21036 Er¬ 
krankungsfälle: Bayern in 27 Gemeinden (45 Gehöften) desgl. 75; 
Sachsen 77 Gern. (156 Geh.) 281; Württemberg 148 Gern. (252 
Geh.) 370; Baden 95 Gern. (309 Geh.) 458; Hessen 19 Gern. 
(39 Geh.) 62; Mecklenburg - Schwerin 27 Gern. (72 Geh.) 96 
Sachsen - Weimar 19 Gern. (31 Geh.) 52; Mecklenburg-Strelitz 
23 Gern. (59 Geh.) 102; Oldenburg 18 Gern. (60 Geh.) 139; 
Braunschweig 80 Gern. (324 Geh.) 448; Sachsen-Meiningen 25 Gern. 
(66 Geh.) 77; Sachs.-Altenburg 38 Gern. (61 Geh.) 147; Sachsen- 
Coburg-Gotha 6 Gern. (10 Geh.) 13; Anhalt 28 Gern. (131 Geh.) 
170; Schwarzburg-Rudolstadt 2 Gern. (5 Geh.) 24; Waldeck 7 Gern. 
(18 Geh.) 34; Reuss j. L. 4 Gern. (9 Geh.) 13; Schaumburg- 
Lippe 5 Gern. (37 Geh.) 91; Lippe 5 Gern. (172 Geh.) 201; 
Lübeck 2Gem. (2 Geh.) 11; Bremen 5 Gern. (8 Geh.) 16; Hamburg 

5 ) Dias waren mit Ausnahme nur 1 Pferdes (i. Baden) sämmt¬ 
lich Rinder. 

6 ) D. h. bei Beginn des Quartals bereits verseuchte und im Laufe 
des Quartals neubetroffene Gemeinden. (Die Stückzahl der Heerden 
ist nur aus den neubetroffenen Gemeinden angegeben.) Von 
diesen Gemeinden blieben am Quartalsschluss verseucht 138, wovon 
71 auf Preussen, 17 auf Bayern, 14 auf Hessen, je 8 auf Württem¬ 
berg und Waldeck, 4 auf Mecklenburg-Schwerin, 3 auf Elsass- 
Lothringen, je 2 auf Braunschweig, SacbBen-Meiningen, Sachsen- 
Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, je 1 auf Baden, Sachsen-Weimar 
Oldenburg, Schwarzburg-Sondershausen und Lippe entfielen. 


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8 

13 Gern. (28 Geh.) 31; Elsass-Lothringen 7 Gern. (18 Geh.) 72. 
In Schwarzburg - Sonderhausen und Reuss ä. L. blieb die Er¬ 
krankungsziffer unter 10. 

An der Schweineseuche (Schweinepest) erkrankten in 
Preussen in 431 neubetroffenen Gehöften 2090 Stück Schweine; 
in Bayern in 16 desgl. 33; Sachsen an 6 desgl. 17; Württen- 
berg 3 desgl. 70; Baden 2 desgl 7; Hessen 2 desgl. 6; Mecklem- 
burg-Schwerin 1 desgl. 11; Mecklenburg - Strelitz 1 desgl. 2; 
Oldenburg 7 desgl. 24; Braunschweig 4 desgl. 12; Anhalt 3 
desgl. 8; Hamburg 14 desgl. 13; Elsass-Lothringen 9 desgl. 
20 Stück. 

Von Geflügelcholera wurden folgende Erkrankungsziffern 
festgestellt: in Preussen 7821; Bayern 525; Sachsen 567; 
Württemberg 788; Baden 3960; Hessen 10; Mecklenburg- 
Schwerin 72; Oldenburg 8; Braunschweig 129; Sachsen-Alten¬ 
burg 59; Anhalt 93; Reuss ä. L. 10; Hamburg 6; Elsass- 
Lothringen 691; zusammen in Deutschland 14 739, wovon 

14 269 verendeten. Hierbei sind Herzogthum Koburg, Schwarz- 
burg-Sondershausen, Schaumburg-Lippe, Lippe und Lübeck, wo¬ 
selbst noch keine Anzeigepflicht besteht, nicht mit in Rechnung 
gezogen. 

Nachweisung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche 
am 15. Februar 1900. 

Es waren am 16. Februar 1900 in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Marienwerder 

1 (1). R.-B. Berlin 1. R.-B. Potsdam 2 (2). R.-B. Stettin 1 (1). 
R.-B. Posen 2 (4). R.-B. Bromberg 3 (3). R.-B. Breslau 3 (5). 
Oppeln 2 (3). R.-B. Stade 1 (1). R.-B. Minden 1 (1). R.-B. 
Düsseldorf 1 (1). R.-B. Aachen 1 (1). Bayern: R.-B. Ober¬ 
bayern 1 (1). R.-B. Niederbayern 1 (1). R.-B. Schwaben 1 (1). 
Württemberg: Donaukreis 2 (2). Baden: Landescomm. Con- 
stanz 1 (1). Landescomm. Mannheim 1 (1). Braunschweig: 

1 (1). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogthum Gotha 1 (1). 
Elsass-Lothringen: Bezirk Lothringen 1 (4). 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 11 (30). R.-B. Niederbayern 4 
(6). R.-B. Pfalz 12 (39). R.-B. Oberpfalz 3 (7). R.-B. Ober¬ 
franken 13 (23). R.-B. Mittelfranken 13 (29). R.-B. Unterfranken 
13 (28). R.-B. Schwaben 17 (79). Sachsen: Kreishauptm. 
Bautzen 2 (13). Kreishauptm. Dresden 6 (19). Kreishauptm. 
Leipzig 6 (33). Kreishauptm. Zwickau 9 (37). Württem¬ 
berg: Neckarkreis 13 (27). Schwarzwaldkreis 16 (67). Jagst- 
kreis 11 (17). Donaukreis 16 (115). Baden: Landescomm. 
Constanz 8 (20). Landescomm. Freiburg 10 (32). Landescomm. 
Karlsruhe 7 (18). Landescomm. Mannheim 12 (45). Hessen: 
Provinz Starkenburg 6 (17). Provinz Oberhessen 5 (34). Pro¬ 
vinz Rheinhessen 4 (20). Mecklenburg-Schwerin: 6 (12). 
Sachsen-Weimar: 5 (32). Mecklenburg-Strelitz: 2 (4). 
Oldenburg: Herzogthum Oldenburg 1 (1). Fürstenthum Birken¬ 
feld 1 (2). Braunschweig: 5 (43). Sachsen-Meiningen: 
3(7). Sachsen-Altenburg: 2 (4). Sachsen-Coburg-Gotha: 
Herzogthnm Coburg 1 (2). Herzogtlmm Gotha 2 (6). Anhalt: 
5 (23). Schwarzburg-Sondershausen: 2 (3). Schwarz¬ 
burg-Rudolstadt: 1 (1). Waldeck 2 (4). Reuss ft. L.: 1 (3)- 
Reuss j. L.: 2 (3). Schaumburg-Lippe: 2 (3). Lippe: 
5 (31). Bremen: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk Unter- 
Elsass 8 (81). Bezirk Ober-Elsass 5 (34). Bezirk Lothringen G (19). 


No. 1. 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Magdeburg 2 (2). Sachsen: Kreis¬ 
hauptm. Zwickau 1 (1). Anhalt 1 (1). 

D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest): 
Preussen: R.-B. Königsberg 2 (5). R.-B. Danzig 1 (1). 

R.-B. Marienwerder 3 (3). R.-B. Potsdam 6 (6). R.-B. Frankfurt 
2 (2). R.-B. Stettin 2 (2). R.-B. Stralsund 2 (2). R.-B. Posen 
7 (10). R.-B. Bromberg 1 (1). R.-B. Breslau 5 (12). R.-B. 

Liegnitz 5 (8). R.-B. Oppeln 7 (12). R.-B. Magdeburg 2 (2). 
R.-B. Schleswig 1 (1). R.-B. Hannover 3 (4). R.-B. Münster 

1 (1). R.-B. Minden 1 (1). R.-B. Arnsberg 1 (1). R.-B. Cassel 2 (2). 
Wiesbaden 1 (1). R.-B. Coblenz 2 (3). R.-B. Düsseldorf 3(3). R.-B. 
Hohenz.-Sigm. 1 (1). Bayern: R.-B. Oberbayern 1 (1). R.-B. 
Pfalz 1 (1). R.-B. Schwaben 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. 
Bautzen 1 (1). Baden: Landescomm. Karlsruhe 1 (1). 

Braunschweig: 3 (4). Lippe: l (1). Hamburg: 1 (1). 


Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preusaea an 15. Februar 1900. 


Regierungsbezirk 

Die Seuch 
i 

Kreisen 

e herrschte 

n 

Gemeinden 
(Gutsbez.) j 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht: 

Königsberg. 

12 

66 

16,14 

Gumbinnen. 

2 

2 

0,51 

Danzig. 

6 

31 

24,60 

Marienwerder. 

14 

55 

24,75 

Berlin. 

1 

1 

— 

Potsdam. 

15 

94 

36,29 

Frankfurt. 

12 

96 

35,28 

Stettin. 

10 

94 

60,10 

Köslin. 

8 

50 

25,89 

Stralsund. 

3 

7 

7,85 

Posen. 

16 

45 

13,96 

Bromberg. 

12 

63 

28,31 

Breslau. 

18 

55 

14,48 

Liegnitz. 

8 

15 

5,33 

Oppeln. 

12 

71 

25,34 

Magdeburg. 

14 

87 

60,41 

Merseburg. 

13 

61 

26,38 

Erfurt. 

4 

5 

8,53 

Schleswig. 

4 

14 

6,56 

Hannover. 

9 

33 

52,46 

Hildesheim. 

10 

39 

53,86 

Lüneburg . 

3 

11 

7,46 

Stade . 

1 

5 

6,88 

Osnabrück . 

4 

18 

32,14 

Aurich. 

1 

3 

8,77 

Münster. 

8 

13 

48,50 

Minden . 

7 

32 

62,74 

Arnsberg. 

10 

29 

34,11 

Kassel. 

14 

40 

23,92 

Wiesbaden. 

13 1 

29 

30,98 

Koblenz. 

10 

33 

31,57 

Düsseldorf. 

17 

80 

186,04 

Köln. 

8 

25 

84,45 

Trier. 

10 

31 

27,50 

Aachen. 

7 

28 

71,79 

Hohenzollern-Sigmaringen 

3 I 

8 

6,29 

Summa: 

319 

1369 

— 


Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen etc. 

In der Zeit vom 20. bis 26. Februar sind Ausbrüche der 
Seuche erfolgt in Bremen, Mülhausen i. E., München und Nürn¬ 
berg (wiederholt), welche sämmtlich wieder getilgt sind. Ebenso 
ist der schon früher gemeldete Seuchenausbruch auf dem 
Schlachthof zu Dresden am 24. Februar erloschen. 


MIT THEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE. 


Berlin, Druck von W. Buxenstem 


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Die „Berliner ThlerSrxUlche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in 8tSrke von mindeatens l'/ t Botten. Dieselbe 
lat rn bestehen durch den Buchhandel, die Post (No 1082) 
oder durch die Verlagabachbandlung. von Richard 
Sohoets, Berlin NW, Luisenstrasse 36, zum Preise von 
Mk. 6, - pro Vierte (Jahr. 


Berliner 


Originalbeitrige werden mit 60 Hk. für den Bogen honorirl 
Alle Manuscrlpte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr Rcbmaltz, 
Benin, thlerirztliche Hochschule. NW., Luisenstrasse 66. 
Correcturen, RecensioDs- Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Heran sgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Schoet*, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. JQ. Ansjregeben am 8. März. 


Inhalt: Behla: Giebt es ein endemisches Vorkommen des Krebses bei Thieren? — Referate: Calvö: Chirurgische Versuche. 

— Schürmayer: Ueber Actinomycose des Menschen und der Thiere. — Park und Plimmer: Ueber die Aetiologie des 
Krebses. — Baldoni: Das Collastin in der Veterinär-Chirurgie. — Salmon and Stiles: Sheep scab, its nature and 
treatment. — Prettner: Beitrag zur Rassenimmunität. — Jarre: Behandlung der Maul- und Klauenseuche mit Chromsäure. 
— Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Die brandenburgische Landwirthschaftskammer über den tbierärztlichen 
Unterricht. — Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — 
Vaeanzen. 


Giebt es ein endemisches Vorkommen des Krebses 
bei Thieren? 

Von 

Dr. Robert Behla-Luckau. 

Sanltttarath. 

Die Frage der malignen Geschwülste ist eine der brennendsten 
in der Medicin. Das Dunkel der Aetiologie und damit zu¬ 
sammenhängend die Unkenntniss einer Prophylaxe lastet wie ein 
schwerer Alp auf dem Menschengeschlecht. Der Krebs ist wie 
die Tnberculose ein grosser Schädiger der Volksgesnndlieit ge¬ 
worden, um so mehr, als man von einer Zunahme des verhängnis¬ 
vollen Leidens in letzter Zeit spricht. Fast jede einigermassen 
ansgebreitete Familie sieht ein Mitglied unrettbar ins Grab 
sinken, ist doch die Diagnose des Krebses in den weitaus meisten 
Fällen fast gleichbedeutend mit einem Todesurtheil. Die Operation 
bringt oft nur eine relative Heilung. Da ist es nicht wunderbar, 
wenn man anlängt, das schwierige Problem von allen Seiten 
anzugreifen, und ich glaube, nicht znm wenigsten kann auch die 
Veterinärkunde zur Lösung beitragen. Ich habe in meinen 
Krebsabhandlungen:*) „Ueber vermehrtes und endemisches Vor¬ 
kommen des Krebses“, — „Die geographisch-statistische Methode 
als Hülfsfactor der Krebsforschung“, — „Die geographische Ver¬ 
breitung des Krebses auf der Erde“ des weiteren auseinander¬ 
gesetzt, dass in der That in den letzten Decennien das Carcinom 
eine stärkere Frequenz erfahren und dass in manchen Gegenden 
sogar ein endemisches Vorkommen statt hat. Einwände, dass 
diese Erscheinungen nur scheinbar, durch bessere Diagnose¬ 
stellung, durch Zuzug von Carcinomatösen nach den Gross- und 
Universitätsstädten etc. zu erklären seien, sind nicht stichhaltig. 
Nach Finkelnbnrg’s umfassender Statistik**) ist während der 
Jahre 1881—1890 eine beträchtliche Sterblichkeitszunahme an 
Krebs eingetreten, und zwar zeigte sich, dass dieselbe in den 
Städten grösser ist als auf dem Lande und dass das weibliche 

*) cf. Centralblatt lür Bacteriologie, Parasitenkunde und In- 
fectionskrankbeiten. Bd. XXIV 1898, No. 21, 22, 23, 24. - Zeit¬ 
schrift für Hygiene UDd Infectiouskrankheiten Bd. XXXII 1899 
S. 123—148. — Centrbl. für Bacteriologie 1899. 

**) c f. Centralblatt für allgemeine Gesurdheitspflege. Jahr¬ 
gang XIII 1894, S. 251. 


Geschlecht in den Städten häufiger krebskrank wird als das 
männliche. Die Zahl der Todesfälle an Krebs betrug in Preussen 
nach S. Heimann*) im Jahre 1887 = 6971, im Jahre 1896 = 17 643, 
d. h. die Mortalität ist um 153 pCt. gestiegen. Auch im Ver- 
hältniss zur Einwohnerzahl hat sie sich mehr als verdoppelt. 
1877 starben von 10000 Einwohnern 2,66 an Krebs, im Jahre 
1896 = 5,53. Von 100 Krebstodesfällen waren durch Krebs be¬ 
dingt i. J. 1877=1,04, i. J. 1896=2,64. Diese Zunahme wird 
in den verschiedensten Ländern bestätigt, wie z. B. Amerika, 
England. In New-York fielen anf 1 Million Einwohner 1875=400, 
i. J. 1885 = 530; i. J. 1895 starben im Staate New-York 
3517 Personen, so dass Dr. Rowell Packs vor Kurzem äusserte, 
wenn die gegenwärtige Zunahme der Sterblichkeit an Carcinom 
in demselben Grade andauert, so werden nach 10 Jahren in 
New-York mehr Menschen an dieser Krankheit sterben als an 
Schwindsucht. Sehr charakteristisch beweist die Krebszunahme 
die Statistik Englands und Londons; in England starben 
1851-60=3,17, 1861-70= 3,87, 1871—80 = 4,73, 1881-90 
= 5,10, 1891—94= 7,0, 1895 = 7,55 auf 10 000 Einwohner; 
1896 starben 9216 Männer und 14 305 Weiber = 23 521 Personen 
oder 7,64 auf 10000 Bewohner. Das Gleiche wurde speciell 
in London beobachtet: 1851—60 = 4,2, 1861—70 = 4,8, 1871 
bis 1880 = 5,0, 1881—90 = 6,8, 1891 = 7,8, 1892 = 7,5, 1893 
= 8,0, 1894 = 7,9, 1895 = 8,3, 1896 = 8,8 etc. Kurz, das 
das Factum der Zunahme der Krebsfrequenz ist unleugbar. Diese 
Zunahme, selbst wenn man die Zunahme der Bevölkerung in 
Erwägung zieht, muss eine erhebliche genannt werden. Sie 
betrifft beide Geschlechter in gleichem Masse, ist viel zu be¬ 
deutend, stetig und gleichmftssig, als dass sie im wesentlichen 
in einer verbesserten Sterblichkeitsstatistik ihre Erklärung iände. 

Zu dem Schauplatz meiner Beobachtung, dass in einem 
Stadtviertel Luckau’s, in der Kalauer Vorstadt mit circa 
1000 Einwohnern, die Krebsmortalität besonders an Carcinom 
des Digestionstractus eine auffallende ist, nach Todesfällen be- 

*) cf. Die Verbreitung der Krebserkrankung, die Häufigkeit 
ihres Vorkommens an den einzelnen Körpertheilen und ihre chirur¬ 
gische Behandlung. Archiv für klinische Chirurgie 1898, 57. Band, 
Heft 4, S. 2. 


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110 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10. 


rechnet 1 : 9. (Finkelnburg 8. Preussen durchschnittlich 1 : 40), 
dass fast alle Häuser dort davon betroffen,*) ja, in manchen 
Häusern während 2 Decennien mehrere Fälle vor- 

i 

gekommen sind, dass in einzelnen Jahrgängen ein plötzliches 
Ansteigen der Krebserkrankungen zu verzeichnen war, dass in 
einigen Stadt- und Dorftheilen Krebs sich zeigte, in anderen 
nicht, dass ein Theil Dörfer krebsbehaftet, ein anderer ganz 
krebsfrei ist, haben sich wichtige Analoga gefunden, sowohl bei 
uns in Deutschland, als in England und Frankreich. Ich habe 
die gesammte einschlägige Literatur des In- und Auslandes 
zusammengestellt. Auch anderswo sind Krebsdistricte, Krebs¬ 
viertel, Krebsstrassen, Krebsdörfer, Krebshäuser etc. constatirt 
worden. So z. B. erwähnt L. Pfeiffer das Dorf Grossobringen 
in Thüringen als ein Dorf, wo auffallend viel Krebserkrankungen 
sich ereignen, mit einer Krebsmortalität von 13 pCt. Die 
geographische Vertheilung des Krebses in den einzelnen 
Regierungsbezirken Deutschlands ist sehr verschieden. König¬ 
reich Sachsen zeigte nach Heimann 1895 = 9,3 p. M. Krebs¬ 
mortalität. Wie in den Vorjahren hatten manche Gegenden 
eine sehr hohe, andere niedrige Zahlen. Am stärksten belastet 
waren die Bezirke Oschatz, wo 6,1 pCt. der überhaupt Ver¬ 
storbenen und 1,2 p. M. der Bewohner an Krebs starben, 
während im Bezirk Marienberg nur 2,3 pCt. der gesammten 
Sterbefälle und 0,51 p. M. der Bevölkerung betrug. Besonders 
zeichnet sich auch das Grossherzogthum Baden durch hohe 
Carcinomfrequenz aus, auch hier ist eine stetige Zunahme 
bemerkbar, 1896 sogar 10,57 p. M. In Frankreich haben manche 
Orte der Normandie eine grosse Krebsfrequenz. Arnaudet, 
Brunon, Guelliot etc. führen mehrere dortige Dörfer auf. 
Arnaudet beschreibt eine Strasse in Cormeilles, in welcher von 
54 Häusern 17 ergriffen wurden. Die Krankheit befiel haupt¬ 
sächlich den mittleren Theil der Strasse, darunter 14 Krebs¬ 
fälle in 7 Häusern und zwar bei Personen mit ausgeschlossener 
Erblichkeit. Guelliot hat mehrere Fälle gesammelt von 
Krebshänsern, wo Bewohner ohne jede Blutverwandschaft 
nach- und nebeneinander an Krebs erkrankten. Er theilt 
ferner 42 eigene Beobachtungen mit, zu welchen 71 fremde 
kommen, bei welchen zwei für gewöhnlich zusammenwohnende 
Personen erkrankten; 45 von diesen 113 Fällen betrafen 
Ehegatten. Ich selbst habe auch mehrere solcher Fälle 
beobachtet. Bei einer grossen Reihe derselben zeigte sich, 
dass zwischen dem Auftreten des Krebses bei den beiden Leuten 
noch nicht 2 Jahre lagen, was auf eine Ansteckung hindeuten 
würde. Schuchardt **) hat in seiner Zusammenstellung eine 
Fülle neuen Materials herbeigebracht. Von vielen Beispielen 
sogen. Krebshäuser sei nur eins hier erwähnt, von dem 
Alexander Scott in Glasgow berichtete. Es betrifft ein 
Arbeiterhaus, aus Backsteinen erbaut, am Abhange eines Hügels, 
etwas feucht, sonst reinlich. 

J. V. 50 Jahre alt, Nachwächter, starb darin an Leber¬ 
krebs; J. L., 54 Jahre alt, folgte ihm in der Beschäftigung 
und in der Wohnung: nach 2 Jahren Tod an Blasenkrebs; 
A. L., 60 Jahre alt, Nachtwächter ebenfalls, ging ca. 18 Monate 
später an einem Magenkrebs zu Grunde. Alle drei waren 

*) Siehe meine Karte mit Einzeicbnung der befallenen HiiuBer 
a. o. 0. Centralbl. 1898, S. 830. 

**) Mittbeilungen über das häufige Vorkommen von Krebs in 
gewissen Gegenden und über die Aetiologie desselben und das Zu- 
nebmen im Auftreten des Carcinoma. Correspondenzblätter des 
Allgem. ärztl. Vereins von Chirurgen. 1894, Heft 2 it. 9. 1899, 
Heft 5 u. 6. 


sehr kräftig, gesund, nicht verwandt, in der Familie Krebs 
nicht erblich, unter denselben häuslichen und geschäftlichen 
Verhältnissen lebend. 

Es fragt sich, ob ähnliche Beobachtungen von einem häufigen 
Vorkommen des Krebses in bestimmten Gegenden auch bei 
Thieren gemacht worden sind. Von der Actinomycose, die an¬ 
fangs auch nur in einzelnen Fällen beobachtet wurde, ist 
bekannt geworden, dass sie auch mehrfach zuweilen vorkommt. 
Nach Faletti tritt dieselbe nach grossen Seuchen, wie Klauen- 
und Maulseuche, häufiger auf. Nystroem beschreibt ein epide¬ 
misches Auftreten von Actinomycose bei jungen Rindern, welche 
auf einer bestimmten Wiese gefressen hatten. Bei allen Thieren 
befanden sich die actinomycotischen Neubildungen in der 
Schlundkopfregion. In dem Dorfe Altem (Kreis Luckau) kenne 
ich einen Stall des Kossäth L., in dem seit längerer Zeit Jahr 
aus Jahr ein frische Fälle von Strahlenpilzerkrankung am Unter¬ 
kiefer entstehen. (Actinomycesstall.) Die Ursache ist unbe¬ 
kannt. Feuchte Lage des Gehöftes. Stroh zeigt leicht Schimmel 
und Schwärze. Erfahrene Thierärzte wissen nichts davon zu be¬ 
richten. Ich habe die Fortschritte der Thier-Medicin vom Jahre 
1891—1898 darauf hin genau durchgesehen. Die einschlägige 
Literatur bietet keinen Anhaltspunkt. Auch die treffliche sehr zeit- 
gemässe Schrift Caspers: Die Pathologie der Geschwülste 
bei Thieren, kommt darauf nicht zu sprechen. Nur bei B. 
Schuchardt: „Beispiele von häufigerem Vorkommen von Krebs 
in einzelnen Localitäten“ traf ich die Notiz: Auch bei Thieren 
hat man ähnliche Beobachtungen gemacht. Cooper zu Chatteris 
(The Veterinarian. London, 1869. Vol. 42, p. 518) erwähnt 
drei Fälle von Krebs der Parotis, der Submaxillardrüsen und 
der Zungen bei Kühen, welche sich auf einem IV 2 englische 
Meilen von Chatteris in Cambridgeshire gelegenen Landgute 
befanden. — Ich bin jedoch in der Lage noch zwei Beispiele 
anzufuhren von einem epidemischen Krebsvorkommen, allerdings 
nicht in der freien Natur, sondern in geschlossenen Räumen, 
im Keller und Käfig, die zugleich auch ein Licht werfen auf 
den infectiösen Character des Krebses. Unter den meisten 
Ratten des pathologischen Institutes zu Zürich, welche von 
Hanau zu Impfzwecken und Uebertragung des Krebses ver¬ 
wendet wurden — Ratten sind bekanntlich zu Krebs disponirt 
—, ereigneten sich auch spontane Carcinomerkrankungen. Dieser 
Kellerraum hatte einen Cementboden und barg 40—60 Exemplare, 
deren Aufenthalt darin mit Verunreinigung selbstverständlich 
verbunden war. Die spontanen Krebse entwickelten sich stets 
am hinteren Körperende. Als die Ratten dann später in kleineren 
Gruppen abgesondert in Zinkkästen reinlicher gehalten wurden, 
traten die spontanen Krebserkrankungen nicht mehr auf. Das 
andere Beispiel betrifft Mäuse, welche ebenfalls zu Krebs incliniren. 
Moran machte im Jahre 1893 die Mittheilung, dass, wenn er 
Wanzen aus Käfigen mit Krebsmänsen in Käfige mit gesunden 
Mäusen brachte, nach Verlauf von einigen Monaten fast alle 
Mäuse der durch die Wanzen inficirten Käfige befallen wurden. 
Ausserdem zeigte er, dass wenn man gesunde Mäuse in Käfigen 
isolirt und die Füsse der Käfige in Kübel eintaucht, welche mit 
einer Mischung von Terpentinspiritus und Campher gefüllt sind, 
die Mäuse vollkommen gesund bleiben. Dieser Versuch deutet 
nicht nur auf die Uebertragbarkeit des Krebses hin, sondern auch 
auf die Möglichkeit einer Weiterverbreitung durch fremde Orga¬ 
nismen, wie die Weiterverbreitung der Texasseuche durch Zecken 
und die der Malaria durch Mosqnitos heute zweifellos fest- 
gestellt ist. 


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8. März 1900. 

Jedenfalls fordern diese Beispiele auf, dass man in thier¬ 
ärztlichen Kreisen in Zukunft dem endemischen Vorkommen des 
Krebses eine grössere Aufmerksamkeit schenkt. Freilich liegt die 
Sache hier ähnlich wie in der Medicin. Weniger die Kliniken 
und Gressstädte mit ihrem von allen Seiten und weiteren Ent¬ 
fernungen herzuströmenden Material, als vielmehr gerade die 
schon länger an einem Orte prakticirenden Thierärzte sowie die 
Schlachthausinspectoren kleinerer Städte haben Gelegenheit, auf 
mehrfaches Vorkommen von Krebs bei Thieren zu achten. Eine 
Schwierigkeit kommt hinzu, insofern ein grosser Theil des 
Schlachtviehs noch jung ist. Denn auch hei Thieren ist Krebs 
an ein gewisses Alter geknüpft. Nach Fröhner’s Zusammen¬ 
stellung erkranken Hunde daran nicht unter 2 Jahren. Bestimmte 
Procentsätze für diese Erscheinung zu ermitteln, wird nicht 
möglich sein, für Menschenkrebs empfehle ich die „Geographisch¬ 
statistische Methode“ und bezeichne ich in Rücksicht auf die 
Todesfälle ein Verhältniss von 1 : 40 als gewöhnlich, 1 : 20 als 
häufig, 1 : 10 als sehr häufig. Die obligatorische Fleischbeschau 
würde auch hierbei von grossem Nutzen sein, ebenso wie mehr¬ 
jährige genaue Tabellen von Schlachthöfen kleinerer Städte, die 
ihr Schlachtvieh aus einer stationären Gegend erhalten. 
Lediglich das Factum, dass in einer Gegend auch unter dem 
Vieh Carcinom eine grössere Frequenz hat, wäre interessant 
nnd könnte im Stande sein, Aufschluss zu geben über das 
Dunkel der Krebsätiologie resp. die Krebsforschungen beim 
Menschen wesentlich zu unterstützen. Es sei hier bemerkt, dass 
nach unserer heutigen Kenntniss Krebs in kalten Gegenden un¬ 
bekannt, in heissen wenig bekannt, in den Ländern der mittleren 
Zone am häufigsten ist (vgl. meine Karte über die geographische 
Verbreitung des Krebses auf der Erde). Ob ein Gleiches für den 
Thierkrebs gilt, muss eine weitere Aufgabe der Veterinärkunde sein. 

Höchstwahrscheinlich deutet das endemische Vorkommen 
des Carcinoms, die sogenannten „4pid£mies de cancre“, auf ein 
feindliches Agens hin, das in der Nähe seinen Sitz hat, es ist 
entschieden eine neue Stütze für die parasitäre Krebshypothese. 
Die Ursache herauszufinden ist vielfach versucht worden. 
Man hat die Nalirungs-, Trinkwasser-, topographische und 
botanische Verhältnisse etc. verantwortlich gemacht. Nach 
kritischer Würdigung der in Betracht kommenden Factoren und 
meiner lokalen Beobachtungen — in Luckau ist die Krebs¬ 
frequenz eine auffallende unter den Adjacenten eines mit Gehölz 
umstandenen stagnirenden Grabens — spitzt sich der Verdacht 
dahin zu: Krebs ist häufig da, wo sich ein schlechtes Wasser 
führender, stagnirender, am Ufer Gehölz aufnehmender Flusslauf 
(Graben, Tümpel etc.) befindet, dessen Ufer zeitweise über¬ 
schwemmen oder dessen W T asser zum Begiessen des Ackers oder 
zu Wirthschaftszwecken benutzt wird. «Kurz, der Sitz des Keimes 
ist das Wasser. Wenn nun auch in meinem Luckauer Fall das 
Stadtgrabenwasser nicht gerade direct getrunken wird (zuweilen 
mit der Mütze), was freilich am manchen Orten mehrfach ge¬ 
schieht, so gebe ich nach Ausschluss der andern möglichen 
Factoren die Schuld dem Genuss verunreinigten und mit Keimen 
imprägnirten rohen Gemüses, besonders des Salats, als Träger 
des Infectionskeimes, um so mehr, als die dortige Bevölkerung 
nach alter Gewohnheit vielfach den im Korb befindlichen ge¬ 
pflückten Salat in dem Grabenwasser durch Untertauchen und 
Schütteln wäscht und, darnach angemacht, sofort auf den Tisch 
bringt. Gerade das Fressen der rohen Futterpflanzen und das 
Saufen von solchem Wasser findet aber bei Thieren in er¬ 
höhtem Masse statt. 


111 

Abgesehen von einem häufigen Auftreten des Krebses, sind 
die Carcinomverhältnisse bei Tfrieren mehr als bisher zu berück¬ 
sichtigen. Sie bringen in mehrfacher Beziehung ein ganz neues 
Licht. Caspers Schrift ist um so werthvoller, als sie vor¬ 
wiegend klinisches und zuverlässiges Material den Zusammen¬ 
stellungen zu Grunde legt. Bei Kaltblütern ist bis jetzt der 
Krebs nicht beobachtet, bei Vögeln nur selten; dagegen erkranken 
nach Siedamgrotzky Hühner öfters an Ovarialkrebs. Bekannt¬ 
lich befallt er hauptsächlich Säugethiere, wie z. B. Pferd, Rind, 
Schaf, Schwein, Ziege, Katze, Hund, Ratte, Maus. Bei Hunden 
sind die Carcinome häufig. Ein Vergleich zwischen Menschen- 
und Thierkrebs bietet lehrreiche Gesichtspunkte dar. Als 
aetiologisches Moment spielte früher in der Krebsforschung der 
Unterschied zwischen Fleisch- und Pflanzenkost eine grosse 
Rolle. Es hiess, Krebs sei da häufig, w r o die Nahrung vor¬ 
wiegend in Fleisch bestände, hauptsächlich Schweinefleisch. Auch 
war in der Veterinärpathologie die Meinung herrschend, dass 
Herbivoren so gut wie garnicht krebskrank wurden. Das hat sich 
als irrig herausgestellt. Max Casper nennt dies eine ganz 
unrichtige, in medicinischen Lehrbüchern wiederkehrende Be¬ 
hauptung. Bei Herbivoren ist Carcinom durchaus keine Selten¬ 
heit. Es kommt bei Pferden, Rindern etc. vor. Unter allen 
bei letzteren constatirten Neubildungen fallen auf Pferde 22 pCt., 
Rinder 8 pCt. Was das Verhältniss zwischen Sarcom und 
Carcinom anbelangt, so sind bei Pferden und Rindern Sarcome 
häufiger als Carcinome, beim Hund findet das umgekehrte Ver¬ 
hältniss statt. Sarcome, besonders Melanosarcome, sind bei 
Thieren im Allgemeinen bösartiger als Carcinome. Sodann aber 
ist der topographische Sitz bei Mensch und Thier ganz ab¬ 
weichend. Zuerst ist zu bemerken, dass bei Thieren Carcinome 
des Magens, des Uterus, der Lippen, der Zunge sehr selten 
sind, welche Organe beim Menschen doch so häufig betroffen 
werden. Ueberhaupt weniger der Digestionstractus und Respi¬ 
rationsapparat, als die äussere Haut und der Urogenitaltractus 
bilden beim Vieh einen Boden für den Krebs. Praedilectionssitze 
für primären Krebs bei Thieren sind Nieren, Mamma, Kiefer¬ 
höhle, Schilddrüse, After, Haut, Lymphdrüsen, Hoden. Speciell 
bei Hunden sind Krebse gefunden der Reihe nach am Kopf 
(Ohren, Augenlider), Rücken, Schweifwurzel, Sero tum, Praeputium, 
After, Scheideneingang, Leber (bei älteren Hunden), Lungen, 
Mamma bei Hündinnen. Ganz anders verhält sich die Häufig¬ 
keitsscala beim Menschen, nach G. He im an ns umfassender 
Zusammenstellung (ca. 20 000 Fälle) auf Grund zuverlässiger 
Krankenhausstatistik; darnach rangiren die Krebse ihrer Häufig¬ 
keit nach: Gebärmutter, Magen, Brustdrüse, Mastdarm, Speise¬ 
röhre, äussere Haut (vornehmlich Kopf und Gesicht), Leber, 
Lippen, Zunge, Kehlkopf, Lymphdrüsen, Rachen- und Mund¬ 
schleimhaut, Hoden, äussere Geschleclitstheile, Prostata, Harn¬ 
blase, Pancreas, Schilddrüse, Gallenwege, Lungen, Bronchien 
Nieren etc. Während bei Frauen am häufigsten Geschlechts¬ 
organe und Brustdrüsen erkranken, wird bei Männern mit Vor¬ 
liebe der Verdauungstractus befallen. Krebs kommt im All¬ 
gemeinen bei Frauen 1 / 2 Mal bo häufig vor wie bei Männern, 
und in mehr als 50 pCt. der Fälle ergreift der Krebs bei 
Frauen den Uterus oder die Mamma und zwar erstere % Mal 
so häufig als letztere. Uteruskrebs kommt merkwürdigerweise 
bei Negerfrauen sehr selten vor etc. Beobachtungen über die 
Häufigkeit von Carcinom in Bezug auf die Geschlechter oder 
auf bestimmte Racen liegen bis jetzt in der Veterinärmedicin 
nicht vor. Die Wirkung des Krebses auf die Nachbarschaft der 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10. 


112 


Gewebe, auf den Gesammtorganismns, die Metastasenbildung etc. 
ist im Allgemeinen bei Thieren'dieselbe wie beim Menschen. 

Wenn man nun die Carcinomverhältniase der Thiere im 
Allgemeinen ins Auge fasst, wenn man ihre relative Häufigkeit 
berücksichtigt, wenn man die krebsempfänglichen Thiere 
mustert etc., dann sind allerdings solche Ausdrücke und An¬ 
sichten nicht mehr haltbar, wie: Der Krebs ist eine Krankheit 
der Oivilisation, der Oultur, der Dichtigkeit der Bevölkerung, 
der reichen Leute, zusammenhängend mit dem gesteigerten 
Luxus, der nervösen Reizbarkeit. Ueberhaupt kann keine der 
aufgestellten Krebstheorien der Kritik Stand halten: Das gilt 
von der Thier sch'sehen Theorie, des Eintretens eines Ueber- 
gewichts des Epithels über das geschwächte Bindegewebe, der 
Cohn heim’sehen Theorie der Geschwulstbildung aus embryonal 
versprengten Keimen, der Theorie der Erblichkeit, der familiären 
Disposition, der Krebsdiathese, der Reiztheorie, den speculativen, 
unbestimmten ätiologischen Bezeichnungen einer Störung des 
normalen Gleichgewichts der Zellenkräfte, der neoplastischen 
Zelle, mit ihrer gesteigerten Vermehrungsfähigkeit auf Grund 
einer Störung der vitalen Induction (Bard), der abgespaltenen 
Zelle aus dem aparten Verbände etc. — keine derselben giebt 
uns Aufschluss über das, was reizt, zu schrankenloser Wucherung 
des Epithels anreizt, kurz, was im Stande ist, die thierische 
Gewebszelle zu einer infectiösen — das Hauptcriterium der 
malignen Tumoren — umzuformen. Der Krebsparasit muss einer 
Klasse von Microorganismeu angehören. die wirklich Epithel¬ 
schmarotzer sind. Was immer wieder zu einem Vergleich mit den 
Infectionskrankheiten herausfordert, ist die Metastasenbildung. 
Aber es besteht ein wesentlicher Unterschied zwischenlnfections-und 
malignen Geschwülsten. Es werden nämlich bei den metastatischen 
Infectionsgeschwülsten nur die Infectionserreger verschleppt und 
die Zellneubildungen finden statt von den alten Zellen des be¬ 
treffenden Organes, hier handelt es sich um eine Art entzünd¬ 
licher Gewebsneubildung. Bei den malignen Geschwülsten da¬ 
gegen werden die Zellen des primären Krebses verschleppt und 
an irgend einer Stelle des Körpers abgelagert. Die Metastasen 
gehen hier aus den verschleppten Carcinomzellen hervor, 
während die Zellen des secundär befallenen Ortes sich passiv 
verhalten oder sogar regressive Vorgänge aufweisen. 

(’asper betont, dass die Uebertragungsversuche von Car- 
cinoinstückchen in den weitaus meisten Fällen negativ aus¬ 
gefallen sind: die gelungenen Experimente sind als blosse Trans¬ 
plantationen aufgefasst worden. Das spricht anscheinend gegen 
die parasitäre Hypothese. Aber es ist zu bedenken, dass das 
Füttern der Hunde oder Injection mit Sarcosporidiensicheln, 
dass Fütterungsexperimente mit Actinomycesgeschwülsten etc. 
nicht gelingen, man muss annehmen, dass die Parasiten nicht 
mehr in dem Stadium sieh befinden, in dem sie sicher tiber- 
tragnngsfühig sind, dass vielmehr die natürliche Infection durch 
ein anderes Stadium (Dauerstadinm) geschieht, wie es in der 
freien Natur existirt. Die parasitäre Hypothese erklärt eine 
Reihe von Erscheinungen viel besser. Wie will Jemand er¬ 
klären das vermehrte Auftreten in den letzten Decennien, das 
endemische Vorkommen in einzelnen Bezirken, das plötzliche 
Ansteigen in manchen Jahrgängen, wie z. B. in Luckau, Mojeon, 
Landeville, wo in Jahresfrist viele Krebserkrankungen sich an¬ 
einander reihten. Deutet das nicht auf die Erfahrung hin, dass 
in manchen Jahren, wie auch bei vielen Pflanzenkrankheiten, 
ein Parasit zur Vermehrung bessere Existenzbedingungen hat? 
Und will Jemand etwa glauben, dass bei allen diesen in einem 


Jahr an Krebs erkrankten Personen zufällig embryonal angelegte 
Keime, bei Allen auf ein Mal ein Trauma oder eine chronische 
Entzündung, oder bei allen latent ein Krebs bestand? 

Zwei Dinge sind es, welche entschieden beim Krebs des 
Menschen eine Rolle spielen, die Erblichkeit und die Irritation. 
Das ist durch thatsächliche Beobachtungen erhärtet. Von den 
Thieren ist uns in Bezug auf die erblichen Verhältnisse des 
Krebses nichts Sicheres bekannt, desto mehr Fälle sind beim 
Menschen beschrieben. In manchen Familien sind ein grosse 
Zahl von Krebskranken nachweisbar. Aber schon auffallend ist 
es, dass sich im Allgemeinen nicht speciell ein Krebs eines Or¬ 
gans vererbte.* ) Es kann sich hier nach meiner Ansicht nur 
um eine besondere Neigung handeln. Dabei spielt höchstwahr¬ 
scheinlich der Zustand des Epithels eine Rolle d. h. besondere 
vulnerable Haut- und Schleimhautverhältnisse, eine herabgesetzte 
Widerstandsfähigkeit der Epitheldecke, welche eine leichte 
Ansiedelung des Parasiten gestatten. Derselbe kann angeboren 
sein (familiäre Disposition) oder erworben durch verschiedene 
Reize (Entzündung durch mechanische oder chemische Reize: 
Alcoholismus), Wunden, Geschwüre, Ekzeme, Catarrhe der 
Schleimhäute etc. sind vorteilhaft als prädisponirende Momente 
für die Ansiedelung. In den letzten Jahren wird viel von 
traumatischer Entstehung der Carcinome gesprochen. Besonders 
die Unfallsgesetzgebung hat diese Frage aufgeworfen. Viel 
Material ist in dieser Beziehung zusammengetragen worden. 
Aber es ist eine Sammlung von Erklärungen, nicht Thatsachen; es 
fehlt der experimentelle Nachweis, dass durch ein Trauma eine 
Krebsgeschwulst verursacht werden kann. Nicht in allen Fällen 
von Schlag, Stoss etc. treten Carcinome auf, was schon stutzig 
macht, sodann haben Schläge auf die Brüste von Ratten, Ein¬ 
pinselung von Theer auf die maramae von Hündinnen, Epitliel- 
verlagerung auf Wunden, wo doch eine Loslösung von einer Zell- 
gruppe stattfindet, auf experimentellem Wege noch nie ein 
Carcinom erzeugt und wie müssten gerade Hunde, Ochsen, Pferde, 
die doch für Krebs empfänglich sind und gewiss so selten daran 
erkranken, von Carcinomen wimmeln, wenn Schläge oder Traumen 
directe Krebserzenger sein sollten. Es ist a priori nicht denkbar, 
dass ein einmaliger Schlag oder Stoss carcinomogen sein soll, oder 
dass an der Stelle des Stosses gerade ein abgesprengter Keim 
oder jedesmal schon eine latente Geschwulst vorhanden sein soll, 
meist aber ist es erklärlich, dass durch ein Trauma eine 
Gewebsveränderung, ein Blutaustritt, eine Continuitätstrennung 
der Schleimhaut, Veränderung der Circulationsverhältnisse in der 
Lymph- und Blutbahn gesetzt wird, an der der lauernde Parasit 
leichter haften und sich ansiedeln kann, wie vielleicht der 
Actinomvceserreger, der sich so oft im Maule der Schweine 
(Mandelkrypten) anscheinend harmlos vorfindet, und nur auf eine 
Einbruchspforte lauert. Warum bei Thieren so wenig Magen- 
nnd Uteruskrebse Vorkommen, dafür haben wir augenblicklich 
keine Erklärung. Sind weniger Catarrhe vorhanden, welche 
begünstigende Ansiedelungsmomente derselben bilden, ist es der 
betreffende Epithelzustand, der Schutz gewährt? Das Aufwerfen 
dieser und ähnlicher Vergleichungsfragen zwischen Thier- und 
Menschenkrehs kann nur dazu beitragen, die Krebsforschung zu 
vertiefen. Ein Hand-in-Handgehen beider Disciplinen ist für 

*) Foetale Vererbung ist bei Sarcom beobachtet. Für Carcinom 
fehlten sichere Beispiele. Nur Linden und Kuttner führen in 
ihrer Chirurgie des Magens neuerdings Fälle von angeborenem 
Magenkrebs an, bei einem 5 Wochen alten und einem l^jährigen 
Kinde etc. 


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8. März 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 113 


die Zukunft durchaus nothwendig. Während bei der Syphilis 
die Forschung erschwert wird, dadurch, dass dieselbe bei 
Thieren nicht vorkoramt und sich nicht übertragen lässt, drängt 
die Krebsforschung zum Experiment am Thier und zwar an 
krebsempfänglichen Thieren. Die Versuche an den gewöhn¬ 
lichen Laboratoriumsthieren, Kaninchen, Meerschweinchen etc. 
können die Frage nicht endgültig lösen. Das Versuchsthier par 
excellence ist der Hund. 

Auf die Art des Erregers, auf seine systematische Stellung» 
auf die vielfach gefundenen intra- und extracellulären Gebilde 
und deren Deutung etc. gehe ich hier nicht näher ein. Ich 
verweise des Näheren darüber auf meine Abhandlungen. Nur der 
Blastomycetentheorie will ich mit kurzen Worten gedenken. Be¬ 
sonders italienische Forscher sind dafür eingetreten, dass die 
malignen Tumoren durch pathogene Sprosspilze erzeugt würden. 
Man hat mit Reinculturen Tumoren bei Thieren verursacht, 
sie haben äusserlich eine grosse Aehnlichkeit mit Endotheliomen 
und Sarcomen. Aber es sind ihrer Natur nach Hefetumoren, die 
mit typischen Carcinomen und Sarcomen nicht identisch sind. Und 
doch halte ich die Blastomycistentheorie für die Zukunft als sehr 
wichtig. Die Nachrichten von Sprosspilzzüchtungen aus Carci- 
nomen*mehren sich. AuchPlimmer hat neuerdings einen Organismus 
aus einem sehr schnell wachsenden Mammasarcom gezüchtet; er 
sagt von seinem Parasiten: „the organisme is apparently a sacharo- 
myces.“ Nach meiner Ansicht sind dies aber nicht einfach An¬ 
gehörige der Gattung Sacharomyces. Hefeartige Sprossungen 
sind bei einer Reihe höherer Pilze coustatirt worden, bei Phyco-, 
Asso- und Basidiomyceten. Darunter befinden sich auch tumor¬ 
bildende Arten. Ich bin der Meinung, dass in meinem Luckauer 
Fall nicht das schlechte Wasser als solches wegen chemischer 
Eigenschaften schädlich ist; sondern dass dasselbe erst imprftgnirt 
wird durch Hineinfallen der auf Blättern und Zweigen sitzenden 
Parasiten von Bäumen und Pflanzen, welche am Ufer stehen. 
Die letzte Ursache des Krebses kommt aus der Botanik. Die 
Beobachtung der Metastasen lehrt, dass die Krebskeime zu einer 
Zeit im Blute kreisen, und es ist möglich, dass Un¬ 
geziefer, T wie Wanzen etc. die Krankheit von einem Krebs¬ 
kranken auf ein anderes Individuum übertragen kann. 
Das scheint aber verhältnissmä%sig nur selten zu sein. Der 
eigentliche Infectionsmodus geschieht höchstwahrscheinlich 
durch Trinkwasser, Erdpartikelchen oder rohen Genuss der 
Gegenstände, welche mit den Keimen behaftet sind und zwar 
durch das Dauerstadium des Parasiten. Die unter Umständen 
erzielten Reinculturen von Sprosspilzen verlieren gewöhnlich 
bald ihre Virulenz. Ihr eigentlicher Nährboden ist die Epithel¬ 
decke auf Blättern draussen in der freien Natur. Es ist 
a priori nicht anzunehmen, dass alle Arten des Careinom durch 
denselben Parasiten hervorgernfen werden, wie überhaupt 
die Geschwulstätiologie keine einheitliche sein kann. Von 
diesen Voraussetzungen ausgehend, habe ich neuerdings 
sämmtliche Bäume und Pflanzen, welche am Ufer des Grabens 
stehen, zusammengestellt und genau auf ihre Parasiten geprüft. 
Von letztem sind zu nennen: Chytridiaceen, Gattung Taphirinen, 
Tuberculacia vulg., Rostpilze etc., denen ein hypertrophisches 
Wirken auf die Pflanzenzelle zukommt. Besonders häufig treten 
auf die Exoascusarten an Erlen, Pappeln etc., welche auch 
hefeartige Sprossung aufweisen, die eine hypertrophische Wirkung 
besitzen und auch tumorbildende Eigenschaften im Thierkörper 
zeigen. Darauf ist auch anderweitig in Carcinoragegenden zu 
achten. Ich verfolge die Forschungsrichtung. durch Einver¬ 


leibung von Pflanzenparasiten ihr morphologisches Verhalten 
und ihre Wirkung im Thierkörper zu studiren. Es wäre 
wünschenswert!!, wenn dieselbe mit der andern Forschungs¬ 
richtung, Blastomyceten aus den Geschwülsten zu züchten, 
schliesslich zusammenträfe, um endgiltig den so verderblichen 
chronischen Volksschädiger zu entlarven. Der Einzelversuch 
kann nicht entscheidend sein: eine planmässige, zielbewusste 
Forschung, welche die bisherigen Erfahrungen der Parasiten 
wie tumorbildenden Eigenschaften weiter verwerthet, ist nur 
möglich in einem ,,onkologischen Institut“, das überhaupt den 
Zwecken der Studien über maligne Geschwülste dient. Ein 
solches zu errichten, muss eine der ersten Aufgaben des neuen 
Jahrhunderts sein! 

Referate. 

Chirurgische Versuche. 

Von Le Calvö. 

V«»t«rinftr in Nantea i'Heruoil Oct-Dec. 1899.) 

Unter diesem Titel veröffentlicht L. eine Reihe von Ope¬ 
rationen. betreffend die Behandlung 1. der Knienarben, 2. der 
chronischen Hufgelenklahmheit, 3. der Ueberbeine, 4. der Schale, 
5 des Spates, H. der Fesselgallen, 7. der Sprunggelenksgalle. Er 
beschreibt zunächst die von ihm angewandten Cautele betr. die 
Desinfection der Instrumente, des Patienten, des Verbandzeuges, 
der Assistenten und seiner selbst. 

1. Knienarben. L. hat versucht, einen Hautlappen, den 
er von der vorderen Seite des Vorarmes nimmt, auf der ent¬ 
fernten Narbenstelle anzuheften. Drei Versuche sind nicht er- 
muthigend ausgefallen. In fünf Fällen hat er die in der B. T. W. 
bereits beschriebene Operationsmethode von Delcambre. Ca- 
diot. und Vinsot (Ablation der Narbe und Vernähen) mit voll¬ 
ständigem Erfolg angewandt. L. empfiehlt dabei einen Fixations¬ 
modus. der dort angewandt werden kann, wo kein entsprechender 
Nothstand existirt. Er legt nämlich den Patienten auf den 
Rücken, gegen eine Wand, lässt die Beine senkrecht strecken 
und an einem in der Wand angebrachten Querbalken fixiren. 
Der Operateur stellt sich vor das Knie, operirt im Stehen. 
Seine Stellung ist somit bequem und in der Höhe des Operations¬ 
feldes. 

2. Chronische Hufgelenkslähme. L. betrachtet die¬ 
selbe als eine Tropho-Necrose und hat bei ihr das in ähnlichen 
Fällen in der humanen Chirurgie angewandte Mittel der 
Nervenelongation anwenden wollen. Er durchschneidet die 
Haut im unteren Drittel des Metacarpus resp. Metatarsus, ge¬ 
langt auf jeden Ast des N. plantaris, hebt denselben hoch und 
zieht ihn aus der Hautwunde. Der Nerv wird zwischen zwei 
Zangen mit flachem Gebiss genommen und in die Länge ge¬ 
zogen. Die angewandte Kraft entsprach 15 bis 20 kg. Hier¬ 
auf wird der Nerv wieder in die Wunde gebracht und diese 
vernäht, ln den zwei versuchten Fällen war das Resultat der 
Operation Null. 

3. Ueberbeine. Die bei zahlreichen Patienten angewandte 
Periostotoraie hat zwei Resultate gegeben, die er folgender- 
massen resumirt. 

1. Die beim Pferde am Periost vorgenommenen Ope¬ 
rationen sind an sich wenig gefährlich, sie bedingen 
keine lange Ausserdienststellnng und verursachen keine 
Lahmheit. 

2. Die Entfernung einer Periostinsel auf einem gesunden 
Knochen verursacht keine von Neubildung begleitete 


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114 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No 10. 


Irritation auf der Knochenoberfläche. Dies ist jedoch 
nur richtig, wenn aseptisch operirt wurde. 

3. Die Entfernung des die Exostose bedeckenden Periost¬ 
lappens genügt nicht, um die Regression der Exostose 
zu veranlassen. 

4. Diese Entfernung bleibt auch ohne Resultat, wenn ein 
Abschaben der freigelegten Knocheninasse stattfindet. 

5. Die verschiedenen, mit relativer Asepsis vorgenommenen 
Operationen fallen ebenfalls relativ aus. 

Wirksamer ist die Osteotomie. Radicalcuren wurden er¬ 
zielt durch die Entfernung des abgedeckten Ueberbeines ver¬ 
mittelst Meissei und Hammer. 

4. Schale. Ein Fall von Schale wurde ebenfalls mit Er¬ 
folg durch Entfernung vermittelst Meissei und Hammer behandelt. 

5. Spat. Auch hier empfiehlt L. die Osteotomie. Die frei¬ 
gelegte Exostose wird vorsichtig, vermittelst Meissei und Hammer 
schichtenweise abgetragen, bis dass das normale Niveau des 
Sprunggelenkes erreicht ist oder bis dass ein Gelenkszwischen¬ 
raum erscheint. Die Operation ist nur dann zu empfehlen, wenn 
der Spat gut abgegrenzt ist und wenn keine grossen Laesionen 
von Arthritis deformans bestehen. L. zählt zehn Versuche auf, 
bei welchen das Resultat nur mehr oder weniger vollständig war, 
die aber trotzdem befriedigend ansfielen. 

6. Fesselgallen. Hier hat L. drei Operationsmethoden 
versucht. 

Die erste bestand in der Entfernung eines Hautlappens 
auf der Höhe der Galle, um eine Compression derselben durch 
die Narbe zu erzielen. Das Resultat war nicht befriedigend. 

Sodann versuchte L. die vorige Operation dadurch zu ver¬ 
vollkommnen, dass er ein Stück des Bindegewebes und der Apo- 
neurose zwischen Haut und Serosa entfernte, um eine doppelte 
Narbe zu erzielen durch die Vereinigung dieser Substanz¬ 
verluste mit Hülfe zweier übereinander angelegter Nähte. 
Hierdurch wurde eine wesentliche Verminderung der Galle er¬ 
reicht. 

Bei der dritten Serie wurde die wie zuvor vorgenommene 
Operation vervollständigt durch das Vernähen einer Falte der 
Galle selbst, um direct ihr Volumen zu verringern. Die Falte 
wurde durch eine besondere Zange hergestellt. Das Vernähen 
der Aponeurose und der Haut geschah wie bei der zweiten 
Serie. Das Resultat dieses Modus war gut. 

7. Sprunggelenksgallen. Diese wurden in der vor¬ 
erwähnten Weise durch Vernähen einer Falte des Gallensackes 
mit gutem Erfolg operirt. 

Ueber Actinomycose des Menschen nnd der Thiere. 

Eine neue Varietät des Strahlenpilzes und die verwandtschaftlichen 
Beziehungen der Streptothricheen. 

Von Dr. B. Schürmayer. 

(Centralblatt f. Bact. u. Paras. 1900, No. 2.) 

Verf. stellte es zunächst für verfehlt hin, bei der mensch¬ 
lichen Actinomycose nach dem für Thiere characteristischen 
und vielfach abgebildeten Schema zu suchen. Birch-Hirsch- 
feld hebt besonders hervor, dass bei der menschlichen Actino¬ 
mycose gerade die abweichende Structur ganz characteristisch 
ist. Während beim Rinde vorwiegend Zunge und Kiefer von 
der Strahlenpilzinfection ergriffen werden, kommt diese Krank¬ 
heit beim Menschen an allen Körpertheilen vor. Der von 
Schürmayer hier näher untersuchte Fall war klinisch als 
Tuberculose des Sprung- und Fersenbeins gedeutet, bei der 
Operation fanden sich multiple kleine Sarcome, die microscopische 


Untersuchung sicherte die Diagnose dieser Tumoren als actino- 
mycotische. 

In der alcalischen Bouillon waren drei Formen zu unter¬ 
scheiden. 1. Unverzweigte und echte Fäden. 2. Zarte, feine 
Fäden mit punktförmigen Verdichtungszonen, an excessiv ver¬ 
längerte Tuberkelbacillen erinnernd. 3. Runde, grössere Kügel¬ 
chen, an denen die zarten Fäden mit oder ohne Verzweigung 
entsprangen. 

Ueber die Wachsthumverhältnisse giebt Schürmayer 
Folgendes an. Nach fünf Tagen entstanden bei 25 0 C. auf der 
Gelatineplatte perlmutterglänzende, irisirende, weisslich graue 
Plaques und runde Einzelcolonien, letztere mit seichter Ver¬ 
flüssigungszone. Die oberflächlichen Colonien lieferten Kurz¬ 
stäbchen, die tiefer liegenden die ad 2 beschriebenen Wachs¬ 
thumformen. Schon auf kleine Aenderungen der äusseren Be¬ 
dingung variirte das Wachsthum des Pilzes. Brachte man in 
den hängenden Tropfen fadenförmige Gebilde, so zeigten sich 
nach ca. 17 Stunden bei 37 0 C. nur kokkenförmige Gebilde 
mit starker Beweglichkeit. Legt man von einer Bouilloncultnr, 
welche längere Zeit sehr niedriger Temperatur ausgesetzt war, 
eine neue Aussaat an, so erhält man grosse Kugeln und Doppel¬ 
kugeln, aus den Doppelkugeln werden Kettenreihen, welche sich 
von den Streptokokken durch ihre Verzweigung unterscheiden. 
Wiederum nach einer Woche sind die Kugeln gross geworden 
und lösen sich paarweise ab; zwischen zwei Kugeln entsteht 
ein derber knotiger Strang oder ein feiner Faden, welcher sich 
bald verzweigt und an der Spitze Segmentirung zeigt. Bringt 
man diese Segmente auf Glycerinagar, so treten kleine Quer¬ 
bänder und Plasmaanhäufungen auf, wie sie als „Polkörper“ bei 
Rotz und Actinomycose beschrieben sind. Ueber die Histologie 
der inficirten Gewebe beim Menschen sagt Verf., dass die 
krankhaft veränderten Gewebsmassen den Character eines 
Sarcoms hatten. Durch einen Deckglassplitter inficirte sich 
ein Mensch an der Kuppe des Mittelfingers der linken Hand. Nach 
einigen Tagen entstand eine gräuliche, stecknadelkopfgrosse Er¬ 
hebung, welche nach drei Monaten den Umfang eines groben 
Schrotkorns hatte, gleichzeitig traten neuralgiforme Schmerzen 
bis zum Vorderarm auf, trotz Ausbrennens traten fortgesetzte 
Recidive ein. Nach s / 4 Jahren trat völlige Heilung ein. Bei 
weissen Mäusen, welche am geeignetsten durch intrapleurale 
Injection inficirt wurden, trat eine haemorrhagisch exsudative 
Pleuritis auf, an der Pleura costalis sah man zahlreiche, »kleine, 
weisse Knötchen. 

Ueber das Variiren des Strahlenpilzes und dessen verwandt¬ 
schaftliche Beziehungen betont Verf. zunächst, dass der Strahlen¬ 
pilz, wie schon Büchner, Delbanco, Nissen nachgewiesen 
haben, im Thierkörper eine starke Tendenz zum Variiren be¬ 
sitzt. Beim echten Actinomyces liessen sich Formen erzielen, 
welche der Oospora bovis völlig gleich waren, auch die Aehn- 
lichkeit mit Tubercelbacillen wurde bis zum Verwechseln gross, 
wie schon Babe8 hervorhob. — Bisher hat man Actinomyces 
in einen directen Gegensatz zu den „Bacterien“ gebracht und 
zwar aus folgenden Gründen; dem Actinomyces (Streptothrix 
Actinomyces) sollten allein folgende Eigenschaften zukommen: 
Strahlenförmiges Wachsthum, Kolbenbildung, Entstehung von 
Granulationsgeschwülsten in den inficirten Geweben. 

Die Untersuchungen Brefeld’s habeii uns eines anderen 
belehrt, so ist z. B. Kolbenbildung nicht so characteristisch, sie 
fehlt beispielsweise der als Oospora farcinica bezeichneten 
Actinomyces-Varietät, andererseits liommt' sie vor bei Tuber_ 


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8. März 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


culose, Milzbrand und Diphtherieerregern. Man darf nicht ausser 
Acht lassen, dass die Art des Nährbodens von entscheidendem 
Einfluss auf die Morphologie des Organismus sein muss. 
Brefeld that dar, dass der Pilz ganz anders in einem feuchten 
Medium gedeiht, wie in einem trockenen, und bei kümmerlicher 
Ernährung wieder anders als bei reichlicher. — Auch in dem 
klinischen Bilde der Actinomycose der Thiere treten jene 
Schwankungen auf, sofern die Localisatiou an einer andern als 
der typischen Stelle erfolgt. — Beim Menschen sind Ab¬ 
weichungen normal, so fand Rüge solche Herde in den 
Mandeln, Sabrazes in Nackenabscessen, Niereninfarcten und 
miliaren Lungenabscessen, Garten wieder in praevertebralen 
Abscessen u. s. w. Die unter dem Namen „Madurafnss“ in 
Indien endemische Krankheit der Hände und Füsse, bei welcher 
Haut, subcutanea Gewebe und Knochen von einem Labyrinth 
communicirender Kanäle durchzogen wird, welche mit warziger 
Fistelöffnung enden, ist ebenfalls das Product einer tropischen 
Strahlenpilzvarietät. 

Babes gelangte sogar zu der Ueberzeugung: Tuberculose 
und Actinomycose seien nur verschiedene Bilder ein und der¬ 
selben Krankheit (Arch. de m4d. exper. et d’anat. path. Bd. IX). 

J. 

Ueber die Aetiologie des Krebses. 

Von Park und Plimmer. 

(Centr. f. Bact. u. Parasitenkunde, Febr. 1900, No. 5.) 

Zwei Arbeiten über die hochactuelle Frage: Ist der Krebs 
eine durch Parasiten hervorgerufene Krankheit? liegen vor. 

Leider dürften beide Verf. die Forschung über die Krebs¬ 
ätiologie nicht um eine Spur vorwärts gebracht haben. 

Park (A further study into the frequency and nature of 
caacer) meint in jedem Krebsfalle Gebilde aufgefundefi zu haben, 
welche nichts anders sein könnten, als eine ungeheure 
Anzahl von Parasiten. Verf. sagt dann weiter, dass die von 
älteren Autoren als Zelldegeneration angesprochenen Gebilde 
heute allgemein als Parasiten anerkannt seien. Hiermit begnügt 
sich Park; statt zu beweisen, dass die Gebilde thatsächlich 
Parasiten sind, behauptet er, dass dieselben nichts anderes als 
Parasiten sein könnten. 

Die Arbeit Plimmer’s (on the aetiology and histology of 
eancer. The Practitioner Vol. LXII 1899) behandelt ein Material 
von 1278 Carcinomen. Plimmer ist so glücklich nicht mit 
allzu grossen zoologischen Kenntnissen geplagt zu sein oder 
durch umfangreiche Kenntnisse der parasitologischen Literatur 
verwirrt zu werden, er weiss nicht, dass die Sporozoen einen 
integrirenden Bestandtheil des zoologischen Systems bilden. — 
In 1130 Krebsfällen sah er intracelluläre Gebilde, welche einen 
Durchmesser von 0,004—0,04 mm hatten und von ihm als 
Parasiten angesprochen wurden. Zelldegenerationen können es 
nach Verf. nicht sein, da sie nicht überall im carcinomatösen 
Gewebe, sondern nur in den activ wachsenden Theilen sich 
finden, da man sie ferner in keinem anderen Gewebe, in 
keiner Art von Degeneration und in keiner anderen Geschwulst 
sieht, mit Ausnahme von Sarcom. Verf. züchtete die Gebilde 
in Nährbouillon, welche aus carcinomatösem Gewebe hergestellt 
war und welche einen Zusatz von 2 pCt. Glycose und 1 pCt. 
Weinsteinsäure erhielt, bei Wasserstoffatmosphäre. In diesen 
Culturen sollen sich die Gebilde durch Knospung vermehrt 
haben. — Bei Meerschweinchen sah Verf. am 13.—20. Tage nach 
der intraperitonealen Injection Peritoneum und viscerales 
Pleurablatt mit kleinen endothelialen, durchscheinenden Knötchen 


115 

besetzt. Jedenfalls ist eine Bestätigung von anderer Seite 
abzuwarten, ehe man sich allzu grossem Optimismus hingiebt. 

J.— 

Das Collastin in der Veterinär-Chirurgie. 

Von Dr. Baldoni. 

Clin. vet. 899, H. 44. 

Mit dem Namen „Collastin“ wird ein Protectivmittel für 
Contiuuität8trennungen bezeichnet, welches Dr. Zenoni am 
serotherapeutischen Institut in Mailand zusammengestellt hat. 
An diesem Institut bewährte sich das neue Protectivum bei der 
Gewinnung Jenner'scher Lymphe von Jungrindern als Deck- 
und Schutzmittel des Impffeldes. Die Impfpusteln entwickelten 
sich unter der Schutzdecke vorzüglich und die Lymphe konnte 
ohne Verunreinigung gesammelt werden! 

Das Collastin ist eine weissliche weiche Substanz von 
Wachsgeruch, lässt sich in zusammenhängender Schicht auf 
Oberflächen auftragen und haftet auch t wenn dieselben uneben 
und unregelmässig sind und trocknet verhältnissmässig schnell. 
Leinwandstücke besser noch Celluloidplatten lassen sich mit 
Hilfe des Collastins binnen kurzer Zeit auf der Hautoberfläche 
| festklehen. Einen besonderen Vorzug hat das Mittel auch des¬ 
halb, weil es mit antiseptischen Substanzen wie mit Formalin, 
Acid. salicylic., mit den Silbersalzen etc. vermischt werden kann. 
Die Applicationsmethode ist sehr einfach. Nachdem die Haare 

von der Haut abgeschnitten und abrasirt sind, die Oberfläche 
zweckentsprechend desinficirt und abgetrocknet ist, wird das 
Mittel mit einem sterilisirten Metallspatel aufgetragen. Die 
Leinwand- oder Celluloidstücke werden dann darüber gebreitet 
und angedrückt und einige Minuten festgehalten, bis das Collastin 
getrocknet ist. Nach 4—5 Tagen löst sich der Verband ab und 
es'tat nöthig denselben zu erneuern. 

Das Collastin ist vom Verf. bei Hautverletzungen und ober¬ 
flächlichen Continuitätstrennungen mit gutem Erfolg an solchen 
Stellen des Thierkörpers verwendet worden, an denen Verbände 
nicht angebracht werden können oder nicht dauernd haften. Es 
bedurfte allerdings alle 4—5 Tage einer Erneuerung des Mittels, 
da sich dasselbe nach dieser Zeit in Gestalt einer Membran 
abstösst. 

Bei kleinen Thieren kann das Collastin auch zur Fixirung 
der Bruchenden bei Knochenbrüchen Verwendung finden. 

Sheep scab, its nature and treatment. 

Von Salmon and Stiles, U. S. Department of Agriculture, 

Washington. 

(Centralbl- f. Bacteriolog. u. Paradtenk. Febr. 1900. No. 5.) 

ln den Vereinigten Staaten Nord-Amerikas bedingt die 
Schafräude sehr erhebliche Verluste. Die Verf. beabsichtigen 
durch ihre Arbeit eine bessere Kenntniss über diese Krankheit 
und ihre rationelle Bekämpfung unter die betheiligten Kreise 
zu tragen. In Wort und Bild werden die die Räude verur- 
j sachenden Milben dargestellt, so Psoroptes communis var. ovis, 

1 Sarcoptes scabiei var. ovis, Chorioptes communis var. ovis, 
Demodex folliculorum var. ovis, aber auch die auf Schafen para- 
sitirenden Insecten sind vergleichsweise den vorhergehenden an 
die Seite gestellt, so Melophagus ovinus, Trichocephalus sphaero- 
cephalus, Haematopinus pedalis. Einen besonders breiten Raum 
nimmt jedoch die Behandlung der Schafräude ein, es wird 
besonders auf den Werth eines Tabak-Schwefelbades hingewiesen, 
welches folgende Zusammensetzung haben soll: In 23 Litern 
Wasser 373,25 g Tabakblätter und Schwefelblumen. Besonders 
: eingehend wird die Badevorrichtung für grosse Heerden, grosse 


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116 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10. 


Transporte besprochen. Zum Schluss sind die auf die Schaf¬ 
räude bezüglichen gesetzlichen Massnahmen in den United States 
abgedruckt. .J. 

Beitrag zur Rassenimmunität. 

Von Thierarzt Prcttner-Prag. 

(C'entralbl. f. Bact u. 1’araait. No. 3. 1900.) 

Im Prager Centralschlachthause wurde bei 3912 geschlachteten ! 
Büffeln nicht ein einziger Fall von Tuberculose festgestellt. ; 
P. hat, um diese Frage zu klären, 2 Büffelkälber mit Tuberculose 
geimpft. Als Controlthiere dienten Kälber und Meerschweinchen. 
Zunächst erhielt ein Büffel von einer Bouilloncultur des Tuberkel¬ 
bacillus 5 g in die Vene und 20 g intraperitoneal, gleichzeitig 
ein Kalb 5 g in die Vene und 10 g intraperitoneal. Nach einem 
Monat ist das Kalb verendet. Die Autopsie ergab frische Tuber¬ 
culose der Bauchhöhle, Degeneration der Bronchiallymphdrüsen. 

7 Tage nach dem Eingehen des Kalbes wird der gleichzeitig 
inficirte Büffel getödtet und frei von tuberculösen Verände¬ 
rungen gefunden. Einem zweiten Büffel gab P. 20 g der Cultur '• 
intravenös, einem Kalbe gleichzeitig 4 g intravenös und eben¬ 
soviel intraperitoneal. Bei dem Büffel fanden sich keine tuber- 
culösen Veränderungen, während beim Kalbe perlsüchtige 
Veränderungen in der Bauchhöhle und stark vergrösserte, wachs¬ 
artig degenerirte Bronchialdrüsen ermittelt wurden. 

Verf. gedenkt über weitere Versuche baldigst berichten zu 
können. Aus diesen Versuchen scheint also hervorzugehen, dass 
der Büffel für die experimentelle Tuberculose jedenfalls un¬ 
empfindlich ist. J. 

Behandlung der Maul- und Klauenseuche mit 
Chromsäure. 

Von Dr. Jarre-Paris. 

(Pi-Ogi* tR 25. II. 1900.) 

Dr. Jarre hat der Acadömie de medecine mitgetheilt, dass \ 
er in drei Molkereien ausgedehnte Versuche mit der Behandlung i 
von an Maul- und Klauenseuche erkrankten Thieren vermittelst | 
Chromsäure angestellt hat und dass diese Behandlung die rasche | 
Beseitigung der Folgeerscheinungen veranlasste. ( 

Im Maule sind die Aphthen die Ursache einer erhöhten I 
Empfindlichkeit, und verweigern die Thiere das Futter, um den j 
durch dessen Contact verursachten Schmerz zu verhüten. Es ; 
sei aber die fast augenblickliche Folge der Cauterisirung mit | 
Chromsäure, dass diese Empfindlichkeit verschwindet und dass j 
die Thiere, eine halbe Stunde oder eine Stunde nach der Be- | 
handlung, wieder wie in gesundem Zustande fressen. 

Dieses Resultat verdankt man der Eigenschaft der Chrom¬ 
säure, die Gewebe durch locale Coagulation zu cauterisiren, j 
dadurch dass dieselbe in eine inerte, fest aufliegende Schichte 
umgewandelt werden, die die darunterliegenden Gewebe gegen 
die äusseren Einwirkungen schützt. In dieser Beziehung ver- ; 
dient die Chromsäure den Vorzug vor allen anderen Causticis. , 
Bei allen behandelten'Thieren wurden die Aphthen der Maul- und 
Nasenhöhle und die Klanenblasen behandelt und wurde die Ver¬ 
narbung innerhalb 24, höchstens 48 Stunden erzielt. I 

Die Chromsäure muss in concentrirter Lösung und chemisch 
rein angewandt werden und zwar mit einem Pinsel auf der I 
ganzen entzündeten oder ulcerirten Schleimhaut. Sofort nach der 
Aufpinselung wird mit Wasser abgespült. 

Bezüglich der Chromsäure macht Dr. Jarre auf den Um¬ 
stand aufmerksam, dass die im Handel erhältliche Chromsäure 
earminroth ist und in feinen rhomboedischen Nadeln crystallisirt. 


Diese Chromsäure enthält in ihrem Crystallisationswasser ein 
Drittel bis zu einem Viertel ihres Gewichtes an Schwefelsäure. 
Die chemisch reine Chromsäure, welche allein angewandt werden 
soll, bildet dagegen eine schwammige, amorphe, violettblane Masse. 

Kleine Mittheilungen. 

Tod einer Stute naoh dem Deokaot. 

In der Ztschr. f. Vet. Febr. 1900 macht Oberrossarzt Lewin 
folgende Mittheilung: Die Stute wurde Morgens zum Hengst 
gebracht, welcher in grosser Erregung deckte. Die Stute drängte 
gleich darauf stark und wurde deshalb nach Hause geritten; 
äusserte schon unterwegs Leibschmerzen, wurde sehr matt, so- 
dass sie kaum in den Stall kam, und zeigte etwa 10 Stunden 
nach dem Deckact bereits Fieber und erhöhten Puls. Der Tod 
trat nach %0 Stunden ein. Bei der Untersuchung ergab sich an 
der Scheidenklappe etwas links von der Mittellinie ein 5 cm 
langer Querriss der Schleimhaut. Der Penis muss gegen die 
Scheidenklappe gestossen und bei einer Seitwärtsbewegung der 
Stute nach rechts durch die Scheidenwand gedrückt worden sein. 

Verschlucken eines Schlnndrohrs. 

Thierarzt Hauger theilt in der Dtsch. th. Wschr. folgenden 
Fall mit. Bei einem ömonatigen Kalbe musste Abends spät das 
kleine Hauptner’sche Schlundrohr eingefdhrt werden. Das Kalb 
machte dabei einen Sprung, das Schlundrohr entglitt der Hand, 
glitt dabei durch das Loch des Querbalkens und versank in die 
Speiseröhre. Das obere trichterförmige Ende war in der Mitte 
des Halses zu fühlen. Alle Versuche, es wieder nach oben zu 
schieben, waren vergeblich. Plötzlich rutschte es in Folge einer 
Schluckbewegung soweit nach unten, dass es überhaupt nicht mehr 
fühlbar war. Da unmittelbare Lebensgefahr nicht bestand, wurde 
zunächst nichts unternommen. Am andern Morgen war das Kalb 
munter. Das obere Ende des Schlundrohres lag in der Mitte der 
HalBportion, während das untere den Pansen auswärts drängte 
und sehr gut fühlbar war. Der Kopf des Kalbes wurde gestreckt 
und nun durch einen Druck auf das untere Ende des RohreB ein 
Aufwärtsschieben versucht. Es gelang in der That, auf diese 
Weise das Rohr so hoch zu bringen, dass es aus dem Maule 
herausgezogen werden konnte. 

Amerikanischer Pferdezahnarzt. 

Die Wschr. f. Th. veröffentlicht ein Referat über einen 
Vortrag von Liautard, bekanntlich Director des ältesten New- 
Yorker Thierarznei-Instituts, über amerikanische Operations¬ 
methoden u. 8. w. Interessant ist daraus das Verfahren des 
amerikanischen Pferdezahnarztes, der so gut Specialist ist wie 
der Menschenzahnarzt. Namentlich ist er mit einer ausser¬ 
ordentlich reichhaltigen Collection von Raspeln der verschiedensten 
Formen ausgerüstet, selten jedoch mit einem Maulgatter. Der 
Dentist braucht ein solches nicht, nimmt sich meistens nicht 
einmal die Mühe, die Zunge des Pferdes herauszuziehen, sondern 
steckt ohne weiteres eine Raspel in die Maulhöhle und beginnt 
das Abfeilen, was sich die Pferde nach wenigen Augenblicken 
viel ruhiger gefallen lassen, als bei der Anwendung von Nasen¬ 
bremse, Maulgatter und ähnlichen Zwangsmitteln der Fall ist 
Der Dentist zieht sogar Zähne ohne Maulgatter. Nebenbei 
bemerkt ist für die amerikanischen Thierärzte auch das Pillen¬ 
geben ohne Maulgatter üblich und es ist dies eine der ersten 
Manipulationen, die in den Thierarznei-Institnten gelehrt wird. 

F ourageuntersuch u n g. 

ln der Ztschr. f. Vet. Jahrg. 1900 veröffentlicht C’orpsross- 
arzt König einen längeren Aufsatz über die Prüfung der Fourage, 
der sich jedoch zum Referat nicht eignet und im Original nach¬ 
gelesen werden muss. 


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8. Marz 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Königs Klauenschuh. 

Der landwirthschaftliche Verein Teltow beschloss, seinen 
Mitgliedern den Gebrauch der vom Oeconomierath König in 
Ellingen construirten ( nach Strebei aber in der Schweiz schon 
lange gebräuchlichen) Klauenschuh fiir Rinder zum Gebrauch 
bei Maul- und Klauenseuche zu empfehlen. Die Schuhe sind zu 
beziehen vonEduardKönig in Würzburg (:»—3.50M. für dasStiick). 

Tagesgeschichte. 

Die brandenburgische Landwirthsehaftskammer 
über den thierärztlichen Unterricht. 

Der Beschluss der brandenburgischen Landwirthschafts- 
kammer (Xo. 8. pag. 95 der B. T. W.), die Einführung des | 
obligatorischen Abiturientenexamens für die Thierärzte warm 
zu unterstützen, ist ganz besonders erfreulich. 

Bemerkenswerth ist. dass aus den Kreisen der Landwirt¬ 
schaft selber der abgedroschene Einwand, mit dem Manche den 
Landwirthen graulich machen wollten, dass die Thierärzte ihre 
Honorare hinaufschrauben würden, eine treffende Zurückweisung 
erfuhr, indem Herr Amtsrath Schräder constatirte, dass 
zwischen den Preisen der Aerzte und Thierärzte auf dem Lande 
kein Unterschied sei, das Abiturientenexamen also einen Unter¬ 
schied nicht bedinge. Wir bemerken dazu noch, dass für 
Aerzte und Thierärzte in Prenssen eine Taxe von 1815 existirte 
(deren in Streitfragen massgebende Sätze vielfach veraltet sind), 
dass diese Taxe vor einigen Jahren für die Aerzte ausser 
Wirksamkeit gesetzt wurde, für Thierärzte aber nicht, dass 
aber trotz dieser ungleichen Behandlung sich unter den Thier¬ 
ärzten keine Hand gerührt hat, um eine Abschaffung des noch 
bestehenden Tax-Torsos zu bewirken. Auch dies ist wohl ein 
Beweis, dass für die Thierärzte die Geldfrage keine Rolle 
spielt iir-ihren Entwicklungsbestrebungen. 

Von hervorragender Wichtigkeit aber ist die Initiative, 
welche die”Kammer mit practischen Vorschlägen, betreffs Aus¬ 
bildung der Thierärzte, ergriffen hat. 

Die Kamm er empfiehlt : 1. durch das obligatorische Abiturienten ¬ 
examen die Intelligenz und Leistungsfähigkeit der Thierärzte zu 
heben; 2. den academischen Unterricht insofern practisch zu 
erweitern, dass als klinische Unterrichtsobjecte neben Pferden 
und Hunden auch Rinder, Schafe und Schweine ebenmässig Ver¬ 
wendung finden; 3. dass die jungen Thierärzte nach ab- 
solvirtem Studinm mindestens ein Jahr als Assistenten 
eines Kreisthierarztes thätig sein müssen, bevor sie 
eine selbstständige Praxis ausüben dürfen. 

Die Punkte 2 und 3 gehören zusammen, insofern als der 
Punkt 2 eine Lücke der thierärztlichen Ausbildung betrifft, die 
aber durch Verwirklichung von Punkt 3 gleichzeitig beseitigt 
werden würde. Hierüber ist Folgendes zu sagen: 

Der thiermedicinische Unterricht hat einige Specialfächer 
weniger als die Humanmedicin, z. B. Psychiatrie, Ohrenheil¬ 
kunde etc. Dafür aber ist er insofern viel umfassender, als die 
Humanmedicin nur ein einziges Object, den Menschen, dem 
Unterricht zu Grunde legt, der thiermedicinische Unterricht da¬ 
gegen notbgedrungen mindestens vier verschiedene Objecte, 
nämlich Pferd, Rind, Schwein, Hund (Schafe und Geflügel). 

Diese Objecte zeigen verschiedenen Körperbau (Anatomie), 
verschiedene Lebensvorgänge (Physiologie). Jede Thierart 
hat, abgesehen von ihren typischen Krankheiten, ihr eigenartiges 
Verhalten bei Krankheiten und sonstigen Zufällen überhaupt: 
jede verlangt daher besondere Grundsätze der ärztlichen Be¬ 
handlung, besondere Vorschriften für ihre Lebensweise (Hygiene). 


Diese Vielfältigkeit der ärztlichen Objecte ist ohne Zweifel 
eine der grössten, der Humanmedicin ganz unbekannte Schwierig¬ 
keit für die Veterinärmedicin*). Sie war unzweifelhaft die Ur¬ 
sache, dass in vielen Zweigen der Thiermedicin eine gewisse 
Oberflächlichkeit herrschte, die erst in neuer Zeit einer gründ¬ 
lichen Specialisirung mehr und mehr weicht. 

Wie soll der Unterricht dieser Vielfältigkeit Rechnung tragen? 

Er wählt zunächst mit Recht ein Object als Grund¬ 
lage und Ausgangspunkt, schon weil es den Anfänger verwirren 
würde, wollte man ihm mit den Grundregeln zugleich alle Va¬ 
riationen vorführen. Die Grundlage des veterinärmedicinischen 
Unterrichts ist das Pferd, als das werthvollste, vollkommenste und 
zugleich zu Unterrichtszwecken am leichtesten verfügbare grosse 
Hausthier. An ihm kann die ganze allgemeine Medicin, kann 
eine grosse Summe von Erscheinungen und Gesetzen gelehrt und 
gelernt werden, welche für alle Haussäugethiere gelten. Der 
gründliche Kenner des Körperbaues vom Pferde z. B. findet sich 
leicht am und im Körper auch der übrigen Hausthiere zurecht, 
wenn er durch den Unterricht zum richtigen Sehen und Ver¬ 
gleichen erzogen und auf die wesentlichen Abweichungen hin¬ 
gewiesen ist. Unter Voraussetzung der am Pferde erworbenen 
Kenntnisse, beansprucht der unbedingt nothwendige Special¬ 
unterricht über das Rind, das Schwein etc. nur einen Bruchtheil 
der Zeit, die für das Pferd von Anfang an verwendet worden war. 

Aber in diesem Umfange muss dem Specialunter¬ 
richt über das Rind, das Schwein, den Hund sein Recht auch 
werden. Das geschieht in der Anatomie, wo der Körperbau des 
Rindes, des Schweines, des Hundes ebenso wie der des Pferdes, nicht 
bloss theoretisch erläutert, sondern auch am getödteten Thier zer¬ 
gliedertwird. Das geschieht ferner in der Physiologie, in der Seuchen¬ 
lehre, in der Hygiene und in der theoretischen Krankheitslehre. 

Aber in Bezug auf die practische Unterweisung am 
kranken Thiere, da mangelt’s bezüglich der Rinder und Schweine. 
Diesen Mangel wollte die Brandenburgische Landwirthschafts- 
kammer mit Recht treffen. 

Dieser Mangel liegt nicht an fehlerhafter Organisation des 
Unterrichts. Er liegt in den Verhältnissen und ist an der thier¬ 
ärztlichen Hochschule selber nicht abzustellen. Man könnte 
ein besonderes Ordinariat für Krankheiten der Rinder und 
Schw'eine begründen und den theoretischen Unterricht noch mehr 
specialisiren. Aber practisch wäre damit noch nicht geholfen. 
Denn jede thierärztliche Hochschule hat eine grosse Pferdeklinik 
und Hundeklinik, aber Rinder und Schweine werden so gut wie 
nie in diese Kliniken gebracht. 

Es fehlt also das Unterrichtsmaterial und ist auch 
nicht zu beschaffen. Kein Landwirth wird meilenweit eine 
kranke Kuh oder ein krankes Schwein in die städtische Klinik 
bringen, während Pferde und Hunde in der Stadt selbst in ge¬ 
nügender Menge gehalten und den Kliniken gern zngeführt w r erden. 
Und wenn selbst in grösserer Zahl Rinder und Schweine in die 
Kliniften gebracht würden, so hätte das nur einen bedingten 
Werth. Mehr, als bei Pferd und Hund, muss bei Rind und 
Schwein die Behandlung der Krankheiten mit den wirtschaft¬ 
lichen Verhältnissen im Einklang stehen. Diese Thiere müssen 
eben im Kuhstall und Schweinestall behandelt werden. Lernt 
der Student ihre Behandlung nnr in einer mit allem modernen 

*) Dazu kommt die grössere Schwierigkeit der Diagnose an 
dem Patienten, der nicht reden kann; die Unmöglichkeit, den Pa¬ 
tienten ins Bett zu legen, Bewegungen zu hindern u. s. w., alles 
Dinge^ mit denen die Humanmedicin nicht zu rechnen hat. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10. 


118 

Rüstzeug eingerichteten Klinik, so kommt er blos zu falschen 
Schlüssen hinsichtlich der Wirksamkeit von Behandlungsmethoden 
und der Ausführbarkeit von Kuren. 

Die Behandlung von Rindern und Schweinen kann 
daher an den thierärztlichen Hochschulen überhaupt 
nicht ausreichend erlernt werden, sondern nur draussen 
auf dem Lande, inmitten der landwirthschaftlichen 
Wirklichkeit. 

Nun kann man natürlich die thierärztlichen Hochschulen 
nicht auf ein Dorf verlegen. Man sucht sich in Deutschland 
mit der sog. ambulatorischen Klinik zu behelfen; d. h. ein von 
Studirenden begleiteter Professor besucht, auf Ersuchen von 
Besitzern, kranke Rinder etc. in der näheren Umgebung. Aber 
was will es sagen, wenn bei 500 Studenten wöchentlich mehr¬ 
mals 4 derselben mit dem Professor aufs Land fahren und das 
nur in einem bestimmten Studiensemester. Der Zeitverlust dieser 
weiten Fahrten steht dabei in gar keinem Verhältniss zu dem 
minimalen Gewinn der Kenntnisse. Besser ist schon das in 
Ungarn ergriffene Auskunftsmittel, wo man jeden Studenten ein¬ 
mal auf 8 Wochen auf das Krongut Gödöllö schickt, damit 
er dort die landwirtschaftliche Thierhaltung und die Behandlung 
des Rindes u. s. w. lerne. Aber auch dies ist unvollkommen, schon 
weil diese Zeit zu kurz ist, von anderen Nachtheilen abgesehen. 

Das einzige Mittel, die practischen Mängel des 
thierärztlichen Unterrichts auszugleichen, istdie Fort¬ 
setzung des Hoch8chul-Unterrichts in der Praxis, in 
der Weise ungefähr, wie das die Brandenburgische Landwirth- 
schaftskammer in Punkt 3 ihrer Beschlüsse vorgeschlagen hat. 
Deshalb ist mit Ausführung ihres Vorschlages zu 3 auch ihrer 
Anregung zu 2 am besten entsprochen. 

Der Unterricht auf der Hochschule lässt sich in dieser 
Richtung nicht genügend erweitern; er wird eine vollkommen 
practische Ausbildung niemals gewähren. 

Deshalb hilft es auch gar nichts, immer neue 
Hochschulsemester anfzupacken. Acht Studiensemester 
mögen passiren, aber es wäre — dies ist auch die Meinung der 
grossen Majorität der Thierärzte — ganz unzweckmässig, den 
academischen Unterricht, wie neuerdings der Abgeordnete Hoff- 
mann vorgeschlagen hat, auf 9 Semester zu verlängern. 

Lieber ergänze man ihn durch einen an das Studium an¬ 
schliessenden practischen Unterricht im Sinne der Land- 
wirthschaftskammer, wo der Student die unbedingt zuerst er¬ 
forderlichen wissenschaftlichen Kenntnisse practisch anwenden, 
bezw. ihre Anwendung mit den gegebenen landwirthschaftlichen 
Verhältnissen in Einklang bringen lernt. 

Der Gedanke, die Approbation erst nach einjähriger prak¬ 
tischer Assistentenzeit zu ertheilen, hat nichts Befremdliches, 
bezweckt nicht einmal ein Novum. 

Ein Beruf, in dem nach demselben Princip academisches 
Studium und nachherige praktische Unterweisung sich in treff¬ 
licher Weise ergänzen, ist das Forstfach, welches ich deshalb zum 
Beispiel wähle, weil ich ihm selber früher angehört habe. . Das 
Studium auf der Forstacademie ist verhältnissmässig kurz. 
Daran schliesst sich aber, als integrirender Bestandtheil der 
ganzen Ausbildung, das Biennium, d. s. vier Semester praktisches 
Studium im Walde unter Anleitung eines Oberförsters. Also ganz 
dasselbe Verhältniss, was für die Thierärzte vorgeschlagen wird. 

Auch für die Aerzte hat kein Geringerer als Billroth 
empfohlen, sie nach dem Studium erst ein Jahr assistiren zu 
lassen, „bevor sie auf das Publikum losgelassen werden“. 


Ja, es hat für Thierärzte diese, jetzt von der Branden- 
, burgischen Landwirthschaftskammer empfohlene Einrichtung 
| sogar schon einmal bestanden und zwar in Bayern. Hier mussten 
i die Thierärzte nach dem Verlassen der Thierarzneischule ein 
I Jahr bei einem practischen Thierarzte assistiren, ehe sie die 
i Approbation erhielten. Erst 1872 wurde diese Einrichtung, 
obwohl sie sich vortrefflich bewährt hatte, wieder aufgehoben. 

Namentlich für einen Zweig des Unterrichts wäre dieses 
Ergänzungsstudium von grösster Bedentung, ja das einzige Mittel 
zu seiner dringend nöthigen Vervollkommnung. Das ist der 
Unterricht in der Geburtshülfe. Derselbe ist jetzt praktisch 
ganz unzulänglich und kann an den Hochschulen niemals voU- 
ständig ertheilt werden. Das Verlangen, bei der thierärztlichen 
Hochschule einen Rinderstall zu errichten, um darin geburts- 
hülflichen Unterricht ertheilen zu können, ist ganz verfehlt; 
seine Erfüllung verspräche so gut wie keine Abhülfe. Selbst wenn 
dort 80 Kühe aufgestellt werden, wie viele von den 500 oder 
300 Studenten Belien denn dann eine von den noch dazu meist 
des Nachts erfolgten Geburten? Und wie selten wird dabei 
eine Unterweisung stattfinden können, da sowohl der Professor 
als die Studenten doch nur während der wenigen klinischen 
Unterrichtsstunden erreichbar sind. In Wien besteht eine 
geburt8hülfliche Klinik, in welcher einige hochtragende Kühe 
stehen, die vor dem Abkalben angekauft sind. Zwei Hörer 
halten Nacht für Nacht Wache, um eine Geburt abzupassen. 
Was haben sie und was haben gar die übrigen 500 davon? Ein 
Thierarzt in guter Praxis kann seinem Assistenten in einem 
Tage davon mehr zeigen, als er auf der Hochschule im ganzen 
Semester zu sehen bekommt. 

Deshalb verdient der Vorschlag der Branden- 
burgischen Kammer die grösste Beachtung und wärmste 
Befürwortung. 

Nur einen Nebenpunkt wird man verändern müssen: Nicht 
bei einem beamteten Thierarzt allein soll das Assistenteivjahr 
abgeleistet werden dürfen, sondern bei einem practischen Thier¬ 
arzt überhaupt. Die Assistenten sollen ja nicht in der Vete¬ 
rinärpolizei, sondern in der Thierbehandlung unterrichet 
werden. Sie würden gerade darin bei manchen beamteten 
Thierärzten gar nichts lernen, weil diese gar keine Praxis be¬ 
treiben. Es wäre daher nicht gerechtfertigt, den prac¬ 
tischen Thierarzt, der so wie so schon vielfach zu 
sehr zu Gunsten des beamteten Thierarztes eingeengt 
wird, auszuschliessen. 

Vielleicht würde es sich empfehlen, die Thierärzte, bei 
denen das Assistentenjahr gültig abgeleistet werden kann, über¬ 
haupt nicht generell zu bezeichnen, sondern etwa folgende Be¬ 
stimmung zu treffen: Das Assistentenjahr ist abzuleisten bei 
einem Tbierarzt, welcher eine thierärztliche Praxis (Behandlung 
kranker Thiere) auf dem Lande, gemäss den Grundsätzen 
der Wissenschaft und den ärztlichen Pflichten, betreibt. Die 
Ableistung des Assistentenahres ist durch ein Zeugniss des 
betreffenden Thierarztes zu belegen. Der Regierungspräsident 
bestimmt, welche beamteten und privaten Thierärzte nach 
Maassgabe der Art ihrer practischen Thätigkeit berechtigt sind, 
solche A88istenten-Zeugnisse auszustellen, die zur Erlangung der 
Approbation gültig sind. Doch das ist ein Nebenpunkt; der, wie 
viele andere, der weiteren Berathung bedürfte. 

Der Grundgedanke aber im Beschluss der Brandenburgischen 
Landwirthschaftskammer ist rückhaltlos anzuerkenuen. 


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8. März 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


119 


Seuchenstatistik und Yeterinärpolizei. 

Thierseuchen im Auslande 1899. 

Russland, n. Quartal. 

(Die Tabelle iet z. Th. lückenhaft). 


Zahl der Er- 
krankungsfälle in 

Rinder- Lungen¬ 
pest seuche 

Milz¬ 

brand 

Schaf¬ 

pocken 

Maul- u. Klauen¬ 
seuche (be¬ 
troffene Gehöfte) 

Ostaeeprovinzen 

_ 

178 

122 

_ 

9 

Polen .... 

— 

190 

432 

— 

19 018 

Westrussland 

— 

— 

593 

— 

2 

Kleinrussland 

— 

— 

725 

— 

451 

Södrussland . . 

— 

— 

2 156 

1547 

13 487 

Nordrussland 

— 

— 

37 


— 

Grossrussland . 

— 

— 

2 615 

268 

103 

Ostrussland . . 

— 

133 

2 208 

1585 

4 922 

Kaukasus . . . 

— 

1 

688 

157 

1 094 

Transkaukasien 

2138 

— 

212 

759 

144 

Asiat. Russland 

18 276 

1 296 

1 659 

736 

8 281 


III. Quartal. 


Niederlande. 

Die Krankheitsfälle in den drei Berichtsmonaten betrogen: 
für Milzbrand 23 bezw. 25 bezw. 37; Tollwut!» 2 bezw. — 
bezw. —; Rotz 4 bezw. 7 bezw. 8; Maul- und Klauenseuche 
19922 bezw. 23685 bezw. 19558; Räude der Einhufer und 
Schafe 208 bezw. 357 bezw. 1038; Schweinerothlauf (incl. 
Schweineseuche) 136 bezw. 720 bezw. 503; bösartige Klauen¬ 
seuche der Schafe 138 bezw. 21 bezw. 36. 

Itali en. 

Milzbrand wurde festgestellt bei 461 Thieren, Rauschbrand 
bei 80 Thieren. An Tollwut!» erkrankten 6 Hunde und 1 Pferd. 
Rotz (Wurm) kam in 48 Fällen zur Anzeige; Maul- und Klauen¬ 
seuche in 1013; Schafpocken in 8; Scliafrände in 4057 (und vielen 
nicht naher angegebenen Fällen); Schweineseuche in 1711 Fällen. 

'* IV. Quartal. 

Oesterreich. 

Die Zahl der verseuchten Ortschaften belief sich in den 
einzelnen Monaten des Berichtsquartals auf 56 bezw. 32 
bezw. 26 beim Milzbrand; 6 bezw. — bezw. 2 bei Rauschbrand; 
69 bezw. 69 bezw. 53 bei Wutl»; 32 bezw. 35 bezw. 33 bei 
Rotz; 734 bezw. 1291 bezw. 1854 bei Maul- und Klauenseuche; 
36 bezw. 52 bezw. 56 bei Pocken; 15 bezw. 14 bezw. 7 bei 
Bläschenausschlag; 36 bezw. 23 bezw. 16 bei Räude; 460 bezw. 
294 bezw. 142 bei Rothlauf der Schweine und 46 bezw. 97 
bezw. 130 bei Schweineseuche (Schweinepest). Lungenseuche 
und Rinderpest sind nicht aufgetreten. 

Ungarn. 

Es waren im October bezw. November bezw. December 
folgende Ortschaften verseucht: mit Milzbrand 184 bezw. 167 
bezw. 117; Wuth 312 bezw. 263 bezw. 380; Rotz 410 bezw. 
338 bezw. 364; Maul- und Klauenseuche 120 bezw. 76 bezw. 62; 
Lnngenseucbe —; Blattern 25 bezw. 21 bezw. 24; Bliischen- 
ausschlag 36 bezw r . — bezw. —; Räude 218 bezw. 197 bezw. 
190; Schweinerothlauf 624 bezw. 384 bezw. 260; Schweine¬ 
seuche 5233 bezw. 4082 bezw. 3663. 

Grossbritannien. 

An Milzbrand erkrankten bei 138 Ausbrüchen 205 Thiere, 
wovon 115 auf England, 26 auf Wales und 64 auf Schottland 
kamen. Die Tollwuth betraf 3 Hunde (sämmtlich in Wales) ; 
ausserdem wurden 24 ansteckungsverdächtige Hunde getödtet. 
An Rotz erkrankten in England 339, in Schottland 20 Pferde. 
Die Zahl der wegen Schweinefieber geschlachteten, erkrankten 
und ansteckungsverdächtigen Thiere betrug 4799 in England, 
132 in Wales und 345 in Schottland. Die Lungenseuche ist 
nicht aufgetreten. Die Schafräude ist in England mit 395, in 
Wales mit 249 und in Schottland mit 34 Ausbrüchen gemeldet, i 


Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen eto. 

Die Schlacht- bezw. Viehhöfe zu Dresden, München, Nürn¬ 
berg, auch Mülhausen i. E. sind im Februar zu wiederholten 
Malen von Maul- und Klauenseuche heimgesucht worden. (Vergl. 
No.8 undBeilage zu No. 9 derB.T. W.). Auch aus der letzten Woche 
liegen Meldungen über neue Ausbrüche dort vor, welche jedoch 
inzwischen sämmtlich wieder getilgt sind. Die Seuche herrschte 
in München am 28. Februar, in Dresden vom 28. Februar bis 
5. März, in Nürnberg vom 28. Februar bis 2. März, in Mülhausen 
am 2. und 3. März. Ausserdem sind gemeldet zwei breits wieder 
getilgteAusbrüche aus Sachsenhausen beiFrankfurt a. M. vom 1. und 
5. März und ein Ausbruch im Schlachthof zu Bremen am 28. Februar. 

Ergebnisse der TuberculinimpfUngen In den Seequarantftneanstaiten. 

Im in. Quartal 1899 wurden in den Seequarantäneanstalten 
Hamburg, Altona-Bahrenfeld, Tönning, Hvidding, Apenrade, 
j Flensburg, Kiel, Lübeck und Rostock-Warnemünde 8745 dänische 
Rinder eingeführt. Ausserdem war noch vom Vorquartal her 
ein Bestand von 531 Stück ungeimpfter Rinder. Vor der 
Impfung mussten 7 Stück nothgeschlachtet werden, lnsgesammt 
8161 Stück wurden der Tuberculinprobe unterworfen. Das 
Resultat der Impfung war folgendes: 8271 Thiere erwiesen sich 
danach frei von Tuberculose, 190 Stück = 2,2 pCt. als mit 
Tuberculose behaftet. Nach der Impfung wurden noch 
2 Thiere nothgeschlachtet; 808 Stück verblieben ungeimpft. 

Uebersicht Uber die Im III. Quartal 1899 aus den Seequarantftneanstaiten 
in öffentliche Schlachthäuser eingeführten Rinder und das Ergebnies der 
Fleischbeschau bei denselben. 

Es wurden im III. Quartal 1899 9848 Rinder in die See¬ 
quarantäneanstalten eingeführt bezw. waren daselbst als Bestand 
vorhanden. Hiervon wurden 187 zurückgewiesen, 12 wurden noth- 
geschlaclitet oder verendeten, 1435 blieben als Bestand zurück, 
sodass insgesammt 8214 nach Schlachthöfen (Barmen, Berlin, 
Bielefeld, Bochum, Bremen, Dortmund, Düsseldorf, Elberfeld. 
Ess^rt, Gelsenkirchei», Hamburg, Hagen, Kiel, Köln, Krefeld, 
Lübeck, Osnabrück und Remscheid) überführt wurden. 

Von diesen nach Schlachthöfen überführten 8214 Rindern er¬ 
wiesen sich 7303 als gesund und 911 = 11,1 pCt. als tuberculös. 

Berlin. Bekanntmachung. 

Zur Verhütung der Einführung von Viehseuchen bestimme 
ich als Erweiterung der Bekanntmachung vom 6. November 1898 
(A.-Bl. S. 477) auf Grund des Reichs-Viehseucliengesetzes vom 
23. Juni 1880/1. Mai 1894 zugleich als Seuchencommissar für 
die Amtsbezirke Friedrichsberg-Lichtenberg und Stralau- 
Runrmelsburg, dass Geflügel aller Art in- und ausländischen 
Ursprungs, das aus oder über Eydtkuhnen. Schönsee, Ostrowo, 
Inowrazlaw, Gnesen, Strelno, Wreechen, Myslowitz, Oswiecim, 
Kattowitz, Dzieditz, Oderberg, Herby, Seidenberg, Aachen, 
Gronau, Prostken oder Ulowo auf den Bahnhöfen Lichtenberg- 
Friedrichsfelde, Viehstation und Rangirbalmliof Rummelsburg, 
Schlesischer Bahnhof, Ostbahnhof, Frankfurter Allee und Weissen- 
see eintrifft, nicht ausgeladen oder vom Bahnhof entfernt werden 
darf, bevor es von einem beamteten Thierarzt untersucht w’orden ist. 

Zuwiderhandlungen gegen dieses Verbot sind nach § 328 
des Reichs-Strafgesetzbuchs strafbar. 

Berlin, den 18. Februar 1900. 

Der Polizei-Präsident, von Windheim. 


Bücher an zeigen und Kritiken. 

Leisering’s Atlas der Anatomie de« Pferdes etc. III. Auflage, 

neu herausgegeben und erweitert von Geh. Medicinalrath Ellen- 
herger unter Mitwirkung von Prof. Baum. Leipzig, Verlag von 
B. G. Teubner. Preis pro Lieferung 6.— M. 


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120 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10. 


Die Schlusßlieferungen 8 and 9 mit den Tafeln 43—54 mit 
dem zugehörigen Text liegen vor. Von diesen Tafeln sind 6 
Tafeln (43, 45, 46, 49, 52, 54) unverändert übernommen, ebenso 
Tafel 47, auf welcher nur eine kleine Abbildung neu hinzugefügt 
ist. Fünf Tafeln sind dagegen ganz neu und bringen Dar¬ 
stellungen aus der Anatomie des Rindes (1), Schweines (1) und 
Hundes (3). 

Das nunmehr vollständige Werk hat in der B. T. W. mehr¬ 
fache Besprechungen erfahren (B. T. W. 1898, pg. 359 und 
1899, pg. 36 und 597), in welchen die Vorzüge der neuen und 
die Mängel der übernommenen alten Tafeln erörtert worden sind. 
Hier mag daher nur nochmals das Hauptergebniss der aus¬ 
geführten Verbesserungen hervorgehoben werden. Statt 43 Tafeln 
sind 54 gegeben, es hat also eine Vermehrung von 11 Tafeln 
stattgefunden. Diese 11 Tafeln sind demnach auch ganz neu 
gezeichnet und übertreffen die älteren wesentlich. Ausserdem 
haben 13 ältere Tafeln grössere oder kleinere Verbesserungen 
(Einfügung einzelner neuer und Weglassung alter Figuren) er¬ 
fahren. Dreissig Tafeln, also nur etwas über die Hälfte des 
Ciesammtwerkes, sind unverändert geblieben, so dass man 
mit Recht die neue Auflage als eine wesentlich umgearbeitete 
bezeichnen kann. Die Erweiterung ist namentlich der ver¬ 
gleichenden Anatomie zu Gute gekommen. Der Leisering’sche 
Atlas führte thatsächlich „die übrigen Hansthiere“ zu Unrecht 
auf dem Titel. Denn diesen waren nur 7 Tafeln gewidmet, auf 
welchen Osteologie und Myologie überhaupt übergangen waren. 
Auch die neue Auflage bringt ja keineswegs eine annähernd 
vollständige Darstellung der Anatomie des Rindes, Schweines 
und Hundes. Aber es sind doch immerhin 13 Tafeln, also fast 
doppelt soviel, für diesen Zweck verwendet und dieselben geben 
wenigstens Gesammtdarstellungen des Sceletts und der Muskel¬ 
oberfläche des Körpers. Schmaltz.' 

Personalien. 

Ernennungen: Den etatsmäsBigen Docenten an der tbierärztlichen 
Hochschule in Berlin Dr. Eberlein und Regenbogen ist das 
Prädikat „Professor“ verliehen worden. 

Thierarzt W. Meyer-Lesse zum comm. Kreisthierarzt in Lipp- 
stadt. — Kgl. Sächs. Amtsthierarzt Augst von Lauenstein nach 
Bodenbach als Grenzthierarzt versetzt. — Gewählt: Thierarzt 
Heinrich Riedel zum Schlachthofhilfsthierarzt in Trier. 

Approbationen: In Berlin die Herren Johannes GöttBch, Hans 
Lucas, Czeslaus Stobiecki; in Hannover die Herren Anton 
Len fers und Erich Zapf; in Dresden Herr Erasmus Schindler. 

Wohnsitzverlndeningen, Niederlassungen etc.: Verzogen: die Thier¬ 
ärzte Joseph Baehr-Berlin(1900) nach Heinsberg (Rhld.), Dr.F. B^uer 
nach Racendowo bei Slawoszew (Pos.), Friedrichs von Mrotschen 
(Pos.) nach Zempelburg (W.-Pr.), Jaenicke-Bremen nach Lunzenau 
(Sachs.), Kendziorra-Berlin nach Rastenburg (O.-Pr.), Kypke- 
Trier nach Berlin, Gustav Schiefner (99) nach Dahme (Mark), 
G. V ogt-Niederdodeleben bei Magdeburg nach Pabstorf (Braunschw.). 
— Thierarzt Ettrich hat sich in Naumburg (Queiss) niedergelassen. 

Unterrossarzt Max Eggebrecht zur Schutztruppe in Kiautschau 
übergetreten. 

In der Armee: Beförderungen: zu Oberrossärzten: die Ross¬ 
ärzte Bandelow vom Garde-Trainbat. unter Versetzung zum 
18. Drag.-Rgt. und Ebertz im 16. Ul.-Rgt.; — zu Rossärzten: die 
Unterrossärzte Bartsch im 21. Art.-Rgt, Guba vom 1. Drag.-Rgt. 
unter Versetzung zum 8. Art.-Rgt. und Wilczeck vom 16. Hus.-Rgt. 
unter Versetzung zum 9. Art.-Rgt. 

Versetzungen: Oberrossarzt Troes ter vom 16. zum 1. Uh-Rgt. 
unter Belassung in seinem Commando bei der Militärrossarztschule. 
Die Rossärzte Kleinadam vom 8. Art.-Rgt zum 1. Ul.-Rgt., 
Schmidt vom 4. Garde-Art.-Rgt zum Garde-Trainbat., Wollmann 


vom 9. Art - Rgt zum 4. Garde - Art. - Rgt. Der Unterrossarzt 
Guhrauer vom 2. Art-Rgt zum 5. Hus.-Rgt. 

Commandos: zu den Militftrlehrschmieden (auf4Wochen) 
die Unterrossärzte Baumann vom 8 Feld-Art.-Rgt. nach Frankfurt, 
Demien vom 2. Hus.-Rgt. nach Breslau, Domer vom 14. Drag.- 
Rgt. nach Gottesaue, Freude v>m 13. Ul.-Rgt. nach Hannover, 
Hack vom Leib-Garde-Hus.-Rgt. (Potsdam) nach Berlin, Mohr 
vom 9. Hus.-Rgt. nach Gottesaue (Baden), Rode von der Art.- 
Schiessschule in Jüterbog nach Berlin, Scholz vom 14. Hus.-Rgt. 
nach Frankfurt a. Main, Schwebe vom 4. Drag-Rgt. nach Breslau, 
Schwinzer vom 1. Hus.-Rgt nach Königsberg, Wein hold vom 
8. Ul.-Rgt nach Königsberg, Wilczeck vom 16. Hus.-Rgt. nach 
Hannover. 

Im Beurlaubtenstande: zu Rossärzten befördert: die Unter¬ 
rossärzte d. R. Behrens (Bez.-Comm. Bremen), Goslar (Aachen), 
Krause (ßernburg), Lübke (Gera), Scharrschmidt (Halle a. S ) 
sowie Biber (Ulm) und Schwarz Biberach. Traut, Rossarzt 
d. L. II (Bez. Zwickau) der Abschied bewilligt. 

Todesfälle: Oberrossarzt a. D. Zehlke-Frankfurt a. 0. 

Yacanzen. 

Kreisthierarztstellen eto.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Cöslin: Stolp (Nord) mit dem Amtssitz in Glowitz (600 M.; 
voraussiclitl. Kreiszuschuss). Bewerb, bis 3. April an den Re- 
gierungspräs. — R.-B. Köln: Rbeinbach (600 M., 500 M. voraussichtl. 
Kreiszuschuss.) Bewerb, bis 18. März an den RegierungBpräs. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Gumbinnen: Grenzthierarzt¬ 
assistentenstelle in Stallupönen. — R.-B. Schleswig: Eiderstedt. 

Sanltlt8thlerarzt8tellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Halle a. S.: 2 Assistenzthierärzte am Schlachthofe sofort bezw. zum 

1. April. (1800 M., Wohnung etc.) Bew. sofort an die Direction. — 
Höxter: Schlachthausverwalter zum 1. April (1200 M., Wohnung etc., 
900 M. Caution. Praxis). Bewerb, bis 10. März an den Magistrat. — 
Köln: Oberthierarzt für den Schlacht- und Viehbof (3500 M. 
steigend bis 5300 M., Pension). Bewerb, bis 20. März an den Ober- 
bürgermstr. — Königsberg i.P.: Schlachthofthierarzt sofort (2000M*, 
Wohnung etc.). Bew bis 12. März an den Director. — Rathenow: 
Schlachthofinspector zum 1. April (2000 M. steigend bis 3000 M. 
Wohnung etc.). Meldungen an den Magistrat. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — Dessau: Schlachthof¬ 
assistenzthierarzt. — Dresden: 3 Hilfsthierarztstellen am Schlacht¬ 
hof. — Eberswalde: Schlachthofinspector. — Eckernförde: 
Schlachthofinspector. — Fi lehne: Schlachthofinspector. — 
Friedrichsthal (Kreis Saarbrücken): Thierarzt für Fleischbeschau. 

— Friesack: Thierarzt für Vieh- und Fleischbeschau. — Görlitz: 
Schlachthofassistenzthierarzt. — Hirschberg (Schlesien): Schlacht¬ 
hofvorsteher zum 1. März. — Liegnitz: Scblachthofassistenztbier- 
arzt. — Lüneburg: Sclilachthofvorsteher. — Markneukirchen: 
Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Militsch: 
Schl achthofin spector. — Mülhausen (Eisass): Schlachthofverwalter. 

— Osnabrück: Schlachthofassistenzthierarzt. — Ostrowo: Schlacht¬ 
hofinspector. — Spremberg: Schlachthofinspector. — Thorn: 

2. Schlachthofthierarzt. — Wanne: Schlachthofvorsteher. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbacb (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau 
(Ostpr.): Thierarzt für Praxis (300M. Zuschuss). Bewerb, beim Magistrat. 

1900 bekannt gegebene: Rakwitz (Pos.): Thierarzt zum 
1. April. (Aus Schlachtviehbeschau 1200 M.). Auskunft beim 
Magistrat. — Rh in ow (R.-B. Potsdam): Thierarzt. — Schwarzen¬ 
berg i. Sachs.: Thierarzt für Fleischbeschau und Praxis (voraus¬ 
sichtliche Staatsunterstützung). Meid, an d. Stadtrath. — Sonnen¬ 
burg: Thierarzt (600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den 
Magistrat — Tilsit: Thierarzt für Praxis. Auskunft beim Vor¬ 
sitzenden des landw. Vereins in Kaukmethen (O.-Pr.). 

Besetzt: Sanitätsthierarztstelle in Trier. Privatstelle 
in Pabstorf. 


Verantwortlich ftlr den Inhalt (exeL Ina erat enth eil): Prot Dr. Schmal ta in Berlin. — Verlag und Eigen thorn von Richard Schoeta in Berlin. — Druck von W. BOxenatein, Bariin 


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Die „Berliner Thlerftrstliche Wooheniohrlft“ erscheint 
wöchentlich in Stlrke von mindestens 1>/i Bogen. Dieselbe 
ist an beliehen durch den Bachhendel, die Post (No 1068) 
oder darcb die Verlagsbuchhandlung, von Richard 
8choeta, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von 
hfk. 6, - pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeitrtge werden mit KO IL für den Bonn honorirt 
Alle Manuscnpte, Mittheilungen und redaononellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr Schmälte, 
Berlin, thlerftrztlicbe Hochschule, NW., Luisenstrasse 66. 
Correcturen, Recensions- Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Heran sgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. E. Schmaltz, Dr. E. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Bichard Scboetz, Berlin NW., Luisens trasse 36. 

Jahrgang 1900. M 11 - Ausgegeben am 15. März. 


Inhalt: Joeat und Helfers: Ergebnisse der Lorenz’schen Rothlaufschutzimpfung mit Prenzlauer Impf¬ 
stoffen in den Jahren 1897, 1898 und 1899. — Richter : Ein Praxiswagen für Thierärzte. — Tages- 
gesohichte: Bericht über die 40. Sitzung des thierärztlichen Vereins in Westpreussen. — Der Stand der Abiturienten¬ 
frage im Reichstag. — ÖOjähriges Stiftungsfest der Landsmannschaft Salingia-Berlin. — Verschiedenes. — Oeffentliches 
Veterinärwesen: Fleiscbschau und Viehverkehr. — Sduchenstatistik und Veterinärpolizei. — Bücheranzeigen 
und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen. 




Ergebnisse der Lorenz’schen Rothlaufschutzimpfung 
mit Prenzlauer Impfstoffen in den Jahren 1897, 
1898 und 1899. 

Zusammengostellt von 

Dr. E. Joost nod A. Helfers. 

Veranlasst durch die guten Erfolge der Lorenz’schen 
Impfmethode in den Jahren 1896 *) nnd 1897 entschloss sich die 
Landwirth8chaftskanuner für die Provinz Brandenburg im Sommer 
1897 das Verfahren der Herstellung der Lorenz’schen Impf¬ 
stoffe, sowie das Recht, dieselben abzngeben, von dem Entdecker ' 
käuflich zu erwerben. Für die Herstellung der Impfstoffe im 
grösseren Massstabe begründete die genannte Landwirthschafts- 
kammer im Sommer 1897 in Prenzlau die Rothlauf-Impf- 
anstalt. Dieselbe hat von der Zeit ihrer Errichtung bis znm 
Ende des Jahres 1899 im Ganzen über 2000 Liter Serum mit 
den dazu gehörigen Reinkulturen nach allen Theilen Deutschlands 
(mit Ausnahme von Hessen nnd Württemberg) versandt. 

Um die Ergebnisse der ausgeführten Impfangen zu er¬ 
mitteln, verschickte die Anstalt in jedem Jahre an Bämmtliche 
Herren, welche Impfstoffe bezogen hatten, Fragebogen zur 
Berichterstattung. — Der nachstehende Gesammtbericht bildet 
einerseits die Zusammenstellung der Angaben sämmtlicher ein¬ 
gegangenen (683) einzelnen Berichte, andererseits sind in dem¬ 
selben die von Mehrdorf und Marks im Aufträge der Land- 
wirthschaftskammern für die Provinzen Ospreussen bezw. Posen 
veröffentlichten Sammelberichte über die in diesen Provinzen 
ausgeführten Impfangen **) mit aus der Anstalt bezogenen 
Impfstoffen berücksichtigt. Zu bemerken ist, dass die Sammel¬ 
berichte der Landwirthschaftskammer für die Provinz Ostpreussen 
das Jahr 1898 und von 1899 nur das 1. Vierteljahr umfassen. 

*) Im Jahre 1896 wurden nach der in der B. T. W. 1897 
No. 9 veröffentlichten Statistik im Ganzen 4450 Schweine mit gleich- 
massig gutem, durch keinen Misserfolg beeinträchtigen) Resultat 
geimpft. 

**) Correspondenzblatt der Landwirthschaftskammer für die 
Provinz Ostprenssen No. 10 und No. 28. 

Landwirtschaftliches Centralblatt für die Provinz Posen 
1899 No. 47, 


Ebenfalls berücksichtigt der Sammelbericht der Landwirthschafts¬ 
kammer für die Provinz Posen nicht alle im Jahre 1899 in dieser 
Provinz ausgeführten Impfungen. 

Auch von den jeweils von der Anstalt versandten Frage¬ 
bogen sind stets nicht alle, sondern reichlich die Hälfte ans¬ 
gefüllt wieder eingegangen, ein Uebelstand, über den auch 
andere Impfstatistiker zu klagen hatten. Immerhin ist das durch 
die Umfragen gewonnene Material so umfangreich, dass es ohne 
allen Zweifel zur richtigen Beurteilung der Lorenz’schen 
Impfüaethode sowohl, wie der Wirkung der von der Anstalt ge¬ 
lieferten Impfstoffe dienen kann. 

< Eine ganze Reihe von Berichterstattern, die genauere An¬ 
gaben über die von ihnen ausgeführten Impfungen mangels ge¬ 
nauer Notizen nicht zu machen im Stande waren, heben doch 
den : ausgezeichneten Erfolg der Impfungen hervor. *) 

Bezüglich des Jahres 1897 ist noch vorauszuschicken, dass 
die Nachstehende Zusammenstellung auch die Impfungen umfasst, 
welche im genannten Jahre vor Errichtung der Anstalt mit 
Impfstoffen ausgeführt wurden, welche Lorenz selbst geliefert 
hatte. Herr Obermedicinalrath Dr. Lorenz hat uns über die 
von ihm versandten Serummengen Mittheilung gemacht und uns 
zur Benutzung des Materials behufs Aufstellung einer Statistik 
ermächtigt. 

Für die Jahre 1897, 1898, 1899 liegen insgesammt Berichte 
über 217 376 geimpfte Schweine vor. Es entfallen hiervon 
auf das Jahr 1897: 26 217 Stück 
„ „ „ 1898: 83 397 „ 

„ „ „ 1899: 107 762 „ 

Die Zahl der Schweine-Bestände, in welchen die Impfang 
erfolgte, ist für die ersten beiden Jahre nicht anzugeben, da 
di& Berichte Angaben hierüber nur zum Theil enthalten. Die 
Zahl der im Jahre 1899 geimpften Schweinebestände beläuft 
sich auf 10076 für 81630 Impflinge. Verseucht durch 
Rothlauf waren von diesen 10076 Beständen 784. Schweine- 

*) Für das laufende Jahr werden desshalb von der Anstalt Frage¬ 
bogen zur bequemen Niederschrift von die Impfungen betreffenden 
Angaben den Thierärzten zugleich mit den Impfstoffsendungen 
übermittelt. 


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122 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11. 


seuche bezw. -Pest herrschte zur Zeit der Impfung in 5 Be¬ 
ständen. Auch für die Jahre 1897 und 1898 bildete die in den 
betr. Beständen bereits herrschende, bezw. in der Nähe anf- 
getretene Kothlaufseuche die häufige Veranlassung zur Impfung. 
Durch die Impfung wurde in allen Fällen die Bothlaufseuche 
zum Stillstand gebracht und kamen nach erfolgter Impfung 
Neuerkrankungen nicht mehr vor. Eine Ausnahme von dieser 
allgemeinen Regel machten nur vier verseuchte Bestände, in 
welchen Rothlauferkrankungen nach der Impfung noch auftraten. 

Eine Classificirung der Impflinge nach Alter und 
Gewicht ist in den Berichten ebenfalls nur zum Theil durch¬ 
geführt; doch sind, wie aus den Berichten ersichtlich, Thiere 
jeden Alters und Gewichts der Impfung unterzogen worden. 
Sowohl 2—3 Tage alte Ferkel, wie auch ältere Zuchtthiere 
vertrugen die Impfung ohne jede Störung. Die Impfung von 
trächtigen und säugenden Sauen erwies sich in den meisten 
Fällen als vollkommen ungefährlich; freilich geben einzelne 
Berichterstatter an, dass nach der Impfung Abortus aufgetreten 
sei, bezw. dass tote oder verkümmerte Ferkel geboren wurden, 
ferner dass in einem Falle die Lactation der Sau gestört wurde. 
Ueber die für die Beurtheilung dieser ungünstigen Fälle in 
Betracht kommende Art der Ausführung der Impfung von Mutter- 
thieren liegen nähere Angaben nicht vor. Mehrere derjenigen 
Berichterstatter, welche Mutterthiere ohne Schaden impften, geben 
dagegen an, dass die Thiere beim Impfact besonders vorsichtig 
behandelt wurden. 

Im Allgemeinen wurden die Impfungen (Serum 
sowohl wie Cultur) von den Schweinen ohne jedwede 
Störung des allgemeinen Wohlbefindens ertragen; in 
einigen Berichten wird sogar bessere Entwicklung, gute Ge¬ 
wichtszunahme, ja regere Fresslust und schnellere .Mästugg i .d$r 
Impflinge hervorgehoben. Demgegenüber wird von drei Bericht¬ 
erstattern schlechtere Entwicklung und eine Vermehrung der 
Zahl der fast in jedem Schweinebestande vorkommenden 
Kümmerer gemeldet. Bei einer Anzahl von Thieren wurden 
kurze Zeit nach den Iqjectionen geringere Fresslust, sowie kurz an¬ 
dauernde Steifigkeit und vorübergehende Lähmungserscheinungen 
beobachtet. — Locale Erscheinungen an der Impfstelle bedingten 
die Impfstoffe im Allgemeinen nicht, jedoch sind von einzelnen 
Berichterstattern mehrere locale Erkrankungen ohne Störung 
des Allgemeinbefindens in Form von Schwellungen, Abscessen, 
Necrose kleiner Hautpartien beobachtet worden. Diese Er¬ 
scheinungen dürften, ebenso wie die in einigen Fällen aufge- 
getretene Phlegmone und Parotitis auf eine von den Impf¬ 
stoffen unabhängige Infection des Impfstiches zurückzuführen sein. 

Erkrankungen, welche von den Berichterstattern auf die 
Impfung zurückgeführt werden und welche den Tod des 
Impflings bedingten, bezw. dessen Nothschlachtung veian- 
lassten, kamen in 40 Fällen (d. i. 0,018 pCt.) vor. Für 
31 Fälle ist die Art der Erkrankung nicht näher angegeben, 
die übrigen 9 Fälle betreffen Nekrose des Nackenbandes (1), 
Septicaemie (3), Phlegmone am Kopfe (1), Peritonitis (1), 
Gelenkentzündung (1), Gastroenteritis (2). 

Rothlauferkrankungen im Gefolge der Cultur- 
injection (Impfrothlauf) sind im Ganzen in 202 Fällen ver¬ 
zeichnet (inbegriffen die Erkrankungen an Backsteinblattern), 
und zwar traten die Erkrankungen 2—7 Tage nach der Cultur- 
injection auf; für mehrere Erkrankungen ist die Zeit des Aus¬ 
bruchs nicht angegeben. 64 Fälle heilten theils spontan, theils 
in Folge von Heilimpfung. Bei 42 Fällen ist der Ausgang der 


Erkrankung nicht angegeben. 96 Fälle endeten tödtlich, bezw. 
veranlassten die Nothschlachtung. Von diesen 202 Rothlauf- 
füllen sind folgende besondere zu erwähnen: 1. Drei Impflinge 
erkrankten nach der Culturinjection, weil sie nach Angabe der 
betr. Berichterstatter eine zu geringe Serumdosis erhalten 
hatten; ein Impfling genas, zwei gingen ein. 2. Zwei erkrankte 
Thiere hatten eine zu hohe Culturdosis erhalten (Ausgang: 
Heilung). 3. Zwei Impflinge, bei welchen die erste Cultur¬ 
injection gegen die Vorschrift, erst nach 14 Tagen vorgenommen 
wurde, erkrankten hiernach und gingen ein. 4. In einem ge¬ 
impften Bestände von 296 Schweinen erkrankten nach der 
ersten Culturinjection 40 Stück. Die Erkrankungen, welche 
leichterer Natur waren (ein Todesfall kam nicht vor), betrafen 
sämmtlich Thiere, die mit dem Inhalt ein und desselben Cultur- 
gläschens geimpft waren. Nach Abzug der unter Ziffer 1 bis 3 
aufgeführten vier Fälle verbleiben 92 Erkrankungen, welche 
tödtlich endigten, bezw. welche die Nothschlachtung veranlassten. 
Die Verluste an Impfrothlauf betragen somit 0,042 pCt. 

Nicht dem Impfrothlauf zuzurechnen sind 56 Fälle, 
in welchen Rothlauf nach der einfachen Serumipjection (ohne 
die Culturinjection) auftrat, sowie mehrere Fälle von Backstein¬ 
blattern. Da das von der Anstalt abgegebene Serum Rotblauf- 
keime nicht enthält, auch wegen der Art seiner Conservirung 
überhaupt nicht enthalten kann, so ist es völlig ausgeschlossen, 
dass dasselbe Rothlauf hervorzurufen im Stande ist. Man muss 
für die erwähnten Rothlauf- und Backsteinblatternfälle vielmehr 
annehmen, dass die betr. Impflinge zur Zeit der Impfung bereits 
mit Rothlaufbacillen inficirt waren and nun trotz der einfachen 
Serumdosis erkrankten. Thatsächlich wird von den betr. 
Berichterstattern in der Mehrzahl der Fälle auch angegeben, 
dass zur Zeit der Seruminjection der Rothlauf- in dem Bestände 
herrschte. Hierher gehören ferner zwei Fälle, in welchen nach 
gleichzeitiger Verimpfung von Serum und Cultur Rothlauf inner¬ 
halb 24 Stunden auftrat (auch hier herrschte der Rothlauf im 
Stalle). Sodann gehört hierher der Verlust von 12 Schweinen 
nach gleichzeitiger Serum- und Culturinjection, den Marks*) 
beschrieben hat. Besondere Erwähnung verdienen hier noch 
9 Todesfälle, bezw. Nothschlachtungen, über welche L. Kan- 
torow'icz berichtete, und die er bereits früher beschrieben hat.**) 
In dem betr. Bestände traten krankhafte Erscheinungen (Ver¬ 
sagen des Futters, eingenommenes Sensorium) nach der ein¬ 
fachen Seruminjection auf. 24 Stunden nach der am vierten 
Tage vorgenommenen Culturinjection zeigten sich ausgesprochene 
Rothlauferkrankungen. Da, wie oben gesagt, das Vorkommen 
von Rothlaufbacillen in unserem Serum ausgeschlossen ist und 
da ferner der Rothlauf eine Incnbationszeit von mindestens zwei 
Tagen hat und somit die Fälle auch nicht auf die 24 Stunden 
vorher erfolgte Culturinjection zurückgeführt werden konnten, 
so war liier Impfrothlauf gänzlich ausgeschlossen. Auch in 
diesem Falle muss somit eine natürliche Rothlaufinfection der 
Thiere angenommen werden, die trotz der Seruminjection die 
Seuche zum Ausbruch brachte. Der von Marks im Protocoll 
der Generalversammlung des Thierärztlichen Provinzialvereins 
für Posen***) erwähnte Verlust von 17 Schweinen nach einfacher 
Seruminjection ist in Berücksichtigung der Publication von 
Marks in obenerwähnter Zahl von 56 mitenthalten. 

*) Berliner Tierärztliche Wochenschrift 1899 p. 553 und 
Landwirthscbaftliches Centralblatt für die Prov. Posen 1899 p. 456. 

**) Berliner Thierärztliche Wochenschrift 1899 p. 495. 

***) Berliner Thierärztliche Wochenschrift 1899 p. 356. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


123 


16. März 1900. 


Nicht dem Impfrothlauf zuzurechnen ist ferner ein Fall, bei 
welchem in einem Bestände am Tage der Impfung (gleichzeitige 
Serum- und Culturimpfung) neun Schweine erkrankten. Die 
Section der 3—10 Tage später eingegangenen Thiere ergab die 
Erscheinungen der Schweineseuche; die bacteriologische Unter¬ 
suchung ergab spärliche Rothlaufbacillen im Blute bei einigen 
der eingegangenen Thiere, bei anderen dagegen nicht. Die im 
Blute nachgewiesenen Rothlaufbacillen waren entweder die in 
der Cultur injicirten, oder die schon vorher an Schweineseuche 
erkrankten Thiere waren bereits vor der Impfung mit Rothlauf 
inticirt. Impfrothlauf ist auch hier ausgeschlossen, da die: Er¬ 
krankungen bereits einige Stunden nach der Impfung auftraten. 

Trotz der Impfung sind in Folge natürlicher An¬ 
steckung an Rothlauf bezw. Backsteinblattern er¬ 
krankt im Ganzen 155*) Schweine. Hiervon sind gesondert zu 
betrachten: 1. *21 Fälle, in welchen die Rothlauferkrankungen 
5—10 Monate nach einmaliger Cnlturinjection, also zu einer 
Zeit auftraten, als die durch Serum- und einmalige Cultnrin- 
jection erzielte Immunität ihr Ende erreicht haben musste. 
2. Bei sechs Stück der eingegangenen Schweine ist es nicht 
sicher, dass sie eine Culturinjection erhalten hatten. 3. Zwei 
Verluste, die drei Wochen nach der einmaligen Culturinjection 
anftraten, sind darauf zurückzurühren, dass die verwendeten 
Culturen nach Angabe des betr. Berichterstatters durch langes 
Stehen in der Sonne ihre Virulenz eingebüsst hatten, also auch keine 
Immunität mehr hervorzurufen im Stande waren. Geheilt wurden 
von der oben angeführten Zahl von rothlauf-bezw. backsteinblattern¬ 
kranken Thieren neun Stück. Nach Abzug der Verluste, welche 
nach Ablauf des durch Serum- und einmalige Culturinjection 
erfahrungsgemä88 erzielbaren Impfschutzes entstanden, sowie 
dw.iwater Ziffer..2.. und 3. angegebenen Verluste verbleiben an 
Todesfällen und Nothschlachtungen, welche bei 
geimpften Schweinen durch Rothlauf bedingt waren, 
126 d. i. 0,058 pCt. 

Den Verlusten, welche unter den Impflingen durch Impf¬ 
rothlauf und natürlichen Rothlauf in der Höhe von insgesammt 
218 Stück entstanden, stehen gegenüber 893 Heilungen an 
Rothlauf erkrankter Thiere. Es sind in den Berichten 
noch weitere 1*0 Heilerfolge angegeben, für die es aber nicht 
feststeht, dass wirklich Rothlauf vorlag. Andererseits sind eine 
Reibe von Fällen (meist schwererer Erkrankung) verzeichnet, 
in denen trotz mehrfacher Serumdosis Heilung nicht erfolgte. 
Für die Jahre 1897 und 1898 ist aus den Berichten nicht zu 
ersehen, wieviele rothlaufkranke Schweine geimpft worden sind. 
Die genaueren Berichte für das Jahr 1899 indessen ergeben, 
dass im Ganzen in diesem Jahre 684 an Rothlauf erkrankte 
Schweine geimpft worden sind, von denen infolge der Impfung 
471 = 68,8 pCt. genasen! 

E nen eigenthiimlichen Fall beobachtete ein College in 
Pommern. Er impfte 16 Schweine, welche sichtlich an all¬ 
gemeinem Rothlauf schwer erkrankt waren, mit der achtfachen 
Serumdosis, worauf die Impflinge am zweiten Tage gesundeten. 
Sechs Tage später wurden die betr. Schweine unrichtiger Weise 
mit Cnltnr nachgeimpft; sie erkrankten jetzt tödtlich und gingen 

*) In einem Fragebogen, der einen Bestand von 600 Schweinen 
betraf, fand sich ohne alle nähere Angaben die Eintragung von 
118 Rothlauferkrankungen. Inzwischen haben jedoch Rückfragen 
nach dem betr. Gute ergeben, dass hei der Ausfüllung des Frage¬ 
bogens ein Irrthum vorgekommen sein muss, da seit der Impfung 
RothlauffHlle überhaupt nicht vorgekommen sind. Diese HSSchweine 
sind daher selbstverständlich oben nicht mit verrechnet. 


unter den Erscheinungen des Rothlaufs ein. Diesen merk¬ 
würdigen Fall kann man sich vielleicht folgendermassen er¬ 
klären: Die Einführung einer grossen Menge von Schutzstoffen 
(achtfache Dosis) in den mit Rothlaufbacillen geradezu iiber- 
! schwemmten Organismus bedingte eine Auflösung der Bacterien- 
i leiber. Das in ihnen enthaltene Gift wurde so allmählich frei 
i und mischte sich, dem Blute bei. Als nun durch die Cultur- 
| impfung von Neuem Rothlaufbacillen in den Körper eingeführt 
! wurden, die ebenfalls der Auflösung anheimfielen, wurden die 
Menge des freien Giftes derartig erhöht, dass sie hiureichte, 
eine Intoxication des Körpers herbeizufiihren, welcher die Thiere 
erlagen. 

Die Frage, ob eine Ansteckung ungeimpfter Schweine 
l durch geimpfte stattgefunden habe, ist von weitaus den 
j meisten Berichterstattern ausdrücklich verneint worden: 29 Be- 
[ richterstatter geben an, dass eine Ansteckung ungeimpfter Thiere 
durch geimpfte niemals vorgekommen sei, obwohl letztere mit 
ersteren absichtlich zusammengebracht und längere Zeit zusammen¬ 
gehalten wurden. 8 Berichterstatter meinen dagegen eine Ueber- 
tragnng des Rothlaufs durch geimpfte Thiere annehmen zu 
I müssen. Für vier der fraglichen Bestände ist es (auch nach 
j Ansicht der Berichterstatter) keineswegs ausgeschlossen, dass 
I die betreffenden Thiere sich mit natürlichem Rothlauf inficirten. 

Für einen Fall fehlen alle näheren Angaben. In drei Fällen 
sollen ungeimpfte Saugferkel von der geimpften Mutter ange¬ 
steckt worden sein. (Mit dieser Beobachtung ist indessen die 
Erfahrung schwer in Einklang zu bringen, dass junge Ferkel 
fast immun gegen Rothlauf sind.) 

Dass die Impfung nach Lorenz den Impflingen wirk¬ 
lich Schutz gegen eine Ansteckung gewährt, ist er¬ 
wiesen an der Hand der zahlreichen stets erfolgreichen Noth- 
impfüngen, das ist aber von einigen Berichterstattern durch 
Versuche besonders festgestellt. 

Es wurden Cadavertheile und Blut von an Rothlauf ein¬ 
gegangenen Schweinen an zwei nichtgeimpfte und zwei geimpfte 
veriüttert. Die letzteren blieben vollkommen gesund, während 
| von 1 den beiden ersteren ein Schwein starb, das andere schwer 
i erkrankte, aber wieder genas. Von einem anderen Bericht¬ 
erstatter wurden Schweinen Milz- und Nierensaft von sicher an 
Rothlauf eingegangenen Thieren subcutan injicirt. Die geimpften 
blieben gesund, während die nichtgeimpften an Rothlauf kre- 
pirten. Auch wurden in mehreren Fällen rothlaufkranke Schweine 
mit geimpften zusammengebracht, ohne dass letztere erkrankten. 

! Ferner wurden in mehreren Beständen einzelne Schweine ab¬ 
sichtlich ungeimpft gelassen. Dieselben erlagen in den Sommer¬ 
monaten, wenn die Seuche in den Nachbargehöften herrschte, 
stets dem Rothlauf, während alle geimpften Thiere gesund blieben 
Auch in Beständen, in welchen seither der Rothlauf ein ständiger 
| Gast war, ist er seit der Impfung nach Lorenz unbekannt ge- 
! worden. 

Die erste Kulturimpfung wurde gewöhnlich am 3.—6. Tage 
ausgeführt, ausnahmsweise am 7.—10. Tage. — Zum Zwecke 
der Vereinfachung der Impfung sind von einer ganzen Reihe 
von Berichterstattern Serum- und 1. Kulturinjection gleichzeitig 
ausgeführt worden, eine Modification, die von Lorenz bereits 
Anfang des Jahres 1897 angegeb enworden ist. Nach dieser ver¬ 
einfachten Lorenz'sehen Methode wurden im Ganzen über 
11000 Stück geimpft. Auf diese Impflinge kommen drei der 
bereits oben registrirten Rothlauf-Erkrankungen in Folge der 
Impfung und acht Verluste an natürlichem Rothlauf. 


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124 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11. 


Die Zusammenfassung der Ergebnisse der Impfungen nach 
Lorenz’scher Methode mit in der Rothlauf-Impfanstalt in Prenzlau 
hergestellten Impfstoffen ergiebt also folgende Gesammtresultate: 

Von 217 376 geimpften Schweinen sind in Folge der Impfung 
eingegangen bezw. nothgeschlachtet worden: 

1. An Rothlauf 92 Schweine = 0,042 pCt., 

2. an anderen Krankheiten 40 Schweine = 0,018 pCt. 

Trotz der Impfung sind an natürlichem Rothlauf ein¬ 
gegangen: 


Figur 2 zeigt ihn mit niedergeschlagenem Verdecke und 
herausgezogenem Schiebekasten bei geöffnetem Unterbau. Das 
Gefährt ist ein sehr leichter, gefälliger, zweisitziger Natur¬ 
holzwagen mit Segeltuchverdeck. Der Sitz ruht auf einem 
hohlen Holzunterbau, dessen schrägstehende Hinterwand ver- 
schliessbar und nach unten aufklappbar ist. In dem Unterbau 
befindet sich ein gut eingepasster, nach hinten herausziehbarer 
Schiebekasten, dessen Totalansicht in Figur 3, dessen Grund¬ 
riss in Figur 4 dargestellt ist. 


126 Schweine = 0,058 pCt. 

Durch die Impfung wurden geheilt 68,8 pCt. der rothlauf- 
kranken Schweine. 

Fast alle Berichterstatter bemerken ausdrücklich, 
dass sie die Erfolge der Lorenz’schen Impfmethode 
ausserordentlich befriedigt habe. Kein Bericht tadelt 
•las Jmpfverfahren. 

Ein Praxiswagen für Thierärzte. 

Von 

Richter-Frankenberg, 



PolizeithlerarzL 


Die Frage, welche Arten von Wagen den in der Praxis 
stehenden Thierärzten am meisten zu empfehlen sind, konnte 
meines Erachtens bis jetzt noch immer nicht als gelöst be¬ 
trachtet werden. Die Anforderungen, die an einen solchen 
Wagen gestellt werden müssen, sind: Leichtigkeit, solider'Bau, 
der sich auch bei schlechten Wegeverhältnissen, namentlich im 
Gebirge, bewährt, angenehmer Sitz, Schutz vor Unwetter und 
genügender Raum zur Unterbringung von thierärztlichen Be¬ 
darfsartikeln einerseits, elegantes Aussehen andrerseits. Gerade 
auf letzteren Punkt sollte noch mehr Gewicht gelegt werden 
als bisher, denn das äussere Auftreten des Thierarztes ’fhägt 
wesentlich dazu bei, ihm eine angesehene und damit angenehme 
gesellschaftliche Stellung zu erringen und das Ansehen seines 
Standes zu heben. 



Fig. 1. Fig. 2. 


Ich habe mich in letzter Zeit eingehend mit der Frage be¬ 
schäftigt. wie man alle die Forderungen, die der Thierarzt an 
seinen Wagen zu stellen berechtigt ist, iu einem Wagen ver¬ 
einen kann. Als ich das Räthsel gelöst zu haben glaubte, liess 
ich einen Wagen genau nach meinen Zeichnungen und, nach 
den von mir berechneten Maassen unfertigen. Dieser Wagen 
hat nicht nur mich, sondern auch Uollegen, die ihn sahen, 
ausserordentlich befriedigt. Beweis dafür dürfte wohl sein* dass 
sofort zwei Collegen derartige Wagen bestellt haben. In 
Folgendem gebe ich eine Beschreibung des Wagens: 

Figur 1 zeigt den Wagen mit aufgespanntem Verdecke 
und geschlossenem Unterbaue. 


Der Schiebekasten (Fig. 3) besitzt keine Rückwand. In 
seinem vorderen, dem Pferde zugewendeten Theile, enthält er 
mehrere Fächer von verschiedener Grösse. Fach 1 dient zur 
Aufnahme der Recepte und Notizblätter; die Fächer 2—5 dienen 
zur Aufnahme von Flaschen zu 500 Gramm Inhalt; 6—10 von 
Flaschen zu 300: 11 — 14 zu 50; 15—18 zu 10 Gramm Inhalt. 
Die Fächer 19—23 sollen Salbenbüchsen, 24—28 Blechbüchsen 
zur Aufbewahrung von Medicamenten in Pulverform aufnehmen. 
Der Raum A ist für die Aufbewahrung von Verbandmaterial, der 
Raum B zur Aufnahme der Verbandtaschen bestimmt, der Raum C 
für Spatel, Papierbeutel u. s. w. In dem mittleren Theile D 
werden die grossen Instrumente, wie Zahnraspeln, Brenneisen, 
Coupirscheere, Maulgatter u. s. w. in 3 Lederriemen eingeschnallt, 
sodass ein Hin- und Herfallen derselben unmöglich ist. Der 
hintere Raum E ist als Tisch gedacht, auf dem bei Operationen die 
nöthigen Instrumente und das Verbandmaterial sauber und ge¬ 
schützt aufgelegt werden sollen. An der rechten Seitenwand 
ist ein eiserner Haken drehbar befestigt, an dein die Arznei¬ 
wage angehängt werden kann, sobald derselbe nach hinten 
umgelegt worden ist. Die beiden Seitenwände zeigen Leder¬ 
schlaufen von verschiedener Grösse, bestimmt zum Einstecken 
der kleineren Instrumente, wie Hufmesser, Mundspritzen, Nasen¬ 
bremse u. s. w. Ausserdem befinden sich in der Mitte der Seiten¬ 
wände Handöffnungen zum Anfassen beim Tragen, nach hinten zu 
Handgriffe zum Anfassen beim Herausziehen desKastens. Der Boden 
des Kastens ist mit starkem Filztuche bezogen, um Erschütte¬ 
rungen und Stösse zu brechen. Die inneren Maasse (ohne Wand) 
des Kastens sind: 74,5 cm Breite, 72 cm Länge, 25 cm Höhe. 
Da die inneren Zwischenwände nur 12 cm hoch sind, so bleibt 
über der Fächereintheilnng hinlänglich Raum, um in den Kasten 
noch grosse Geburtshilfetaschen, Operationsanzug, Wurfzeug 
oder grössere Apparate einlegen zu können. Auf der hinteren 
Fläche E kann während der Fahrt der Gummimantel, falls er 
nicht gebraucht wird, untergebracht werden. 

Um ein Herausfallen des Kastens in Folge zu weiten 
Herausziehens oder bei plötzlichem Anziehen des Pferdes un¬ 
möglich zu machen, sind am hinteren Ende der Oberwand des 
Wagenunterbaues zwei Holzriegel beweglich angeschraubt, 
welche, in der Querrichtung des Wagens stehend, sich gegen 
die Vorderwand des Kastens vorlegen und so ein vollständiges 


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15. Märe 1900. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


125 


Herausziehen verhindern. Soll der Kasten gänzlich aus dem 
Unterbau herausgenommen werden, so dreht man die Holzriegel 
in die Längsrichtung des Wagens. In dieser Stellung gleiten 
sie beim Herausziehen des Kastens durch zwei an den ent¬ 
sprechenden Stellen der Vorderwand desselben angebrachte 
Ausschnitte. 

Der beschriebene Wagenunterbau mit auswechselbarem 
Schiebekasten ist mir gesetzlich geschützt worden (D. R. G. M. 
No. 125 652). 

Für Futter, Halfter, Schraubenschlüssel ist ein besonderer 
Kasten unter dem Wagensitze vorhanden. 

Der Gebrauch des Kastens gestaltet sich wie folgt: Sobald 
ein Medikament oder ein Instrument gebraucht wird, öffnet man 
die Klappthüre des Unterbaues, zieht den Schiebekasten heraus 
und entnimmt ihm das Gewünschte. Bei Operationen im Hofe 
oder auf der Tenne breitet man bei ausgezogenem Kasten das, 
was man an Medikamenten, Instrumenten und Verbandmaterial 
zu brauchen gedenkt, auf der hinteren Fläche des Kastens, dem 
Tische, aus (Fig. 4 E), fährt dann den Wagen rückwärts in die 
Nähe des zu operirenden Thieres und hat nun alles Nöthige 
bequem zur Hand. Operirt man im Stalle, so dreht man die 
beiden Holzriegel in die Längsrichtung, zieht den Kasten 
heraus, lässt ihn in den Stall tragen und auf einem Schemel 
niedersetzen. Dann breitet man ebenfalls das zu brauchende 
Material auf der Tischfläche aus. 

Ich bin der Ueberzeugung, dass der beschriebeue Wagen 
jeden Thierarzt voll befriedigen wird, und ich glaube, dass die 
saubere Verpackung der Instrumente und Medikamente, sowie 
das ansprechende Aussehen des ganzen Schiebekastens auf alle 
Thierbe$itzer einen sehr günstigen Eindruck machen wird. D&s 
wird aber dem Besitzer des Wagens zu Gute kommen; wird 
doch gegenwärtig in allen Dingen ein Hauptwerth auf die ge¬ 
diegene „Aufmachung“ gelegt. 

Bis auf Weiteres werden die von mir construirten Wagen 
unter meiner Aufsicht ausschliesslich in der Wagenbauanstalt 
von Bruno Leitritz in Frankenberg, Sachsen, gebaut. Der 
abgebildete Normalwagen wird für den Preis von 475 M. frei 
Bahnhof Frankenberg geliefert. Besondere Wünsche der Be¬ 
steller werden gern berücksichtigt werden, doch ist bei den 
weitergehenden derselben eine Preiserhöhung Vorbehalten. Um 
alle Wünsche der Besteller kennen zu lernen, werden nach 
Eingang der Bestellung Fragebogen zur Beantwortung versendet. 
Die Wagen können auch im Rohbau, oder nur der Unterbau 
mit dem Schiebekasten abgegeben werden. 

Es würde mich freuen, wenn es mir gelungen sein sollte, 
den Herren Collegen einen Wagen construirt zu haben, der 
nicht nur überaus praktisch ist, sondern an dem sie auch seines 
gefälligen, modernen Aussehens wegen ihre Freude hätten. 


Tagesgeschichte. 

Bericht öber die 40. Sitzung des thierärztlichen 
Vereins in Westprenssen. 

Am 19. November 1899 in Danzig, Hotel Reichshof. 

Zu der letzten Herbstsitzung des Vereins hatten sich nur 
verhältnissmässig wenige Mitglieder eingefunden, besonders 
schwach war der Regierungs-Bezirk Marienwerder vertreten 
gewesen, doch hatten sich wieder eine Anzahl Militärcollegen 


in dankenswerter Weise als Gäste an der Sitzung betheiligt. 
Eine grössere Anzahl Collegen hatten sich wegen Krankheit 
oder anderer Hinderungsgründe halber entschuldigt. Es er¬ 
folgte zunächst die Aufnahme eines neuen Mitgliedes, Kuhn- 
Frey Stadt. Tobolewski — früher in Mew r e W.-Pr. ist wegen 
Fortzuges aus dem Verein ausgetreten. 

Der Vorsitzende erledigt eine Reihe geschäftlicher 
Angelegenheiten, insbesondere giebt er Kenntniss von der 
Correspondenz mit der westpreussischen Landwirthschaftskamraer, 
die sich im Anschluss an den Beschluss der letzteren, den 
Wanderhufschmied in der Technik des Impfens gegen Schweine¬ 
rothlauf ausbilden zu lassen, zwischen dem Verein und der 
Kammer entwickelt hatte. Es folgte die Ersatzwahl für den 
bisherigen Kassirer, als solcher wurde bis zur nächsten Neuwahl 
des Vorstandes Kreisthierarzt Görlitz-Dirschau gewählt. 

Der Vorsitzende referirte sodann über den im August 1899 
stattgehabten VII. thierärztlichen internationalen Congress in 
Baden-Baden, dem er als Delegirter des Vereins beigewohnt 
hatte. 

Es folgte hierauf ein sehr fesselnder und lehrreicher Vor¬ 
trag des Vorsitzenden über: 

Die Gewährleistung beim Viehhandel nach dem bürgerlichen Gesetzbuch. 

Das bürgerliche Gesetzbuch enthält für den Handelsverkehr 
mit Hausthieren gegenüber den früheren wesentlich abgeänderte 
Bestimmungen. Während dasselbe in Bezug auf Gewähr¬ 
leistung wegen Mängel der Sache im Allgemeinen dem römisch¬ 
rechtlichen Princip folgt, macht die Gewährleistung beim Handel 
mit Thieren eine besondere Ausnahme. Die in den §§ 481 bis 
492 anfgestellten Rechtsgrundsätze entsprechen dem deutsch- 
reobtüchen Princip. Durch diese Sonderstellung soll die Rechts¬ 
sicherheit erhöht und die Zahl der Viehprocesse vermindert 
werden. Durch die Aufstellung bestimmter Hauptmängel soll 
der Verkäufer gegen Uebervortheilung durch den Käufer 
geschützt werden. Auch der letztere hat Vortheile hiervon, 
da die praktische Geltendmachung einer ausgedehnten Haftung 
des Verkäufers durch die Schwierigkeit des Beweises sehr 
beeinträchtigt wird. Die exceptionellen Vorschriften betreffen 
nur den Handel mit Pferden, Eseln, Mauleseln, Maulthieren, 
Rindvieh, Schafen und Schweinen. Der Handel mit anderen 
Thieren, Geflügel, Hunden, Katzen, Ziegen etc. unterliegt den 
allgemeinen Vorschriften über Gewährleistung, diese treffen 
grundsätzlich auch für die erstgenannten Thieren zu, jedoch 
nur insoweit als durch die speciellen Vorschriften nicht ein 
Anderes bestimmt wird. 

Der Verkäufer hat nach diesen nur bestimmte Fehler (Haupt¬ 
mängel) und diese auch nur innerhalb bestimmter Fristen nach 
dem Kauf (Gewährfristen) zu vertreten. Die Hauptmängel und 
deren Gewährsfristen sind durch kaiserliche Verordnung vom 
27. Marz 1899 festgesetzt. Die Liste derselben enthält zumeist 
Collectivbegriffe. Sie entsprechen den bisherigen Gewährs¬ 
mängeln, es fehlt nur Stätigkeit, dafür ist Koppen neu hinzu¬ 
gekommen. Neu ist auch die Aufnahme von Rothlauf und 
Schweineseuche; ferner die Eintheilung in Nutz- und Schlacht- 
thiere. Letztere Vorschrift muss als eine sehr praktische 
bezeichnet werden, und werden hierdurch viele unnöthige Pro- 
cesse vermieden werden können. Die Frist für die Gewähr¬ 
leistung der Hauptmängel ist fast allgemein auf 14 Tage 
herabgesetzt worden, während sie früher im Bezirk des A. L. R. 
in den gleichen Fällen 28 Tage galt. Tritt ein Hauptmangel 


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126 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11 


innerhalb der Gewährsfrist auf, so gilt die Vermuthung, dass er 1 
bereits zur Zeit der Uebergabe vorhanden war. Diese Ver- 
muthung kann durch Gegenbeweis widerlegt werden. Aus dem 
Sinne des § 476 ist zu schliessen, dass die Gewährleistung für j 
die Hauptmängel ganz ausgeschlossen werden kann. Nach 
§ 486 kann die gesetzlich festgelegte Gewährsfrist für die 
Hauptmängel durch Vertrag verkürzt oder verlängert werden. 
Für diese vereinbarten Fristen gilt dann dasselbe, wie für die j 
gesetzlichen Gewährsfristen. • 

Die Gewährsfrist beginnt mit dem Ablauf des Tages, an 
welchem die Gefahr auf den Käufer übergeht und endigt nach 
§ 188 mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist. 

Man muss beim Kaufe und Verkauf unterscheiden zwischen j 
Kaufabschluss, Uebergang der Gefahr, Uebergabe und Ablieferung. 
Je nach der Art der Klagestellung ist dieser oder jener Zeit- | 
punkt massgebend. Für die später noch zu erörternde Schäden- 
ersatzklage kommt der Zeitpunkt des Kaufabschlusses in Betracht j 
(§. 463). Uebergang der Gefahr und Uebergabe fallen gewöhn¬ 
lich zusammen, jedoch nicht immer, z. B. beim Handel mit Mast- j 
vieh. Die Gewährsfristen beginnen mit dem Uebergang def Ge¬ 
fahr. Mit der Uebergabe ist eo ipso auch der Uebergang der i 
Gefahr verbunden. Von der Uebergabe ab gebühren nach § 446 | 
dem Käufer die Nutzungen und trägt er die Lasten der Sache. 
Der 4. Zeitpunkt ist die Ablieferung. Diese liegt erst dann vor, i 
wenn der Käufer in der Lage ist, die Sache zu untersuchen und • 
etwaige Mängel zu entdecken. Die Ablieferung ist massgebend 
für die Verjährung, im Falle es sich nicht um einen Hauptmangel 
oder um einen Fehler bezüglich dessen besondere Gewährsfristen 
verabredet sind, handelt. 

Das B. G.-B. schreibt nun auch eine Anzeigepflicht, innerhalb 
welcher von dem Vorhandensein eines Hauptmangels oder sonstigen 
Gewährsfehlers Anzeige an den Verkäufer zu erstatten ist, vor. 
Diese muss nach § 485 spätestens 2 Tage nach Ablauf der ge¬ 
setzlichen oder vereinbaiten Gewährsfiist erstattet worden sein, 
bezw. 2 Tage nach dem Tode des Thieres, im Falle dasselbe 
vor Ablauf der Gewährsfrist verendet oder geschlachtet worden 
ist. Die Anzeige muss vor Ablauf des zweiten Tages abgesändet 
sein oder es muss Klage erhoben oder der Streit verkündet oder 
gerichtliche Beweisaufnahme beantragt worden sein. Nach der 
Civil-Prozessordnung gilt die Klage erst dann als erhoben, \venn 
die Klageschrift dem Beklagten zugestellt worden ist. Dasselbe 
trifft auch für die Streitverkündung zu. Anders verhält es' sich 
beim arglistigen Verschweigen eines Mangels, von welchem später 
noch die Rede sein wird. 

Nach § 487 kann beim Handel mit Hausthieren nur Wandlung 
nicht Minderung verlangt werden. Beim Handel mit anderen 
Sachen ist auch die Mindernngsklage zugelassen. Die Wandlung 
kann im Falle der Feststellung eines Mangels auch verlangt 
werden, wenn der Käufer innerhalb der für die Feststellung und 
Anzeige vorgeschriebenen Frist eine wesentliche Verschlechterung, 
den Untergang oder die anderweitige Unmöglichkeit der Heraus¬ 
gabe des gekauften Thieres verschuldet hat, insbesondere> auch 
wenn das Thier geschlachtet ist. In solchen Fällen ha* der 
Käufer dem Verkäufer den Werth des mangelhaften Thieres zur 
Zeit als der Untergang oder die Verschlechterung eintrat, zu er¬ 
setzen. 

Wenn z. B. ein mit Kehlkopfpfeifen behaftetes Pferd, für 
welches 500 Mk. bezahlt worden sind, noch vor Vollzug der Wand¬ 
lung in Folge Unvorsichtigkeit des Käufers stirbt und das Pferd ! 


ist mit dem Fehler nur 300 Mk. werth gewesen, so braucht der 
Verkäufer nicht 500 Mk., sondern nur 200 Mk. zurückzuerstatten. 
Anders steht es bei Verschlechterungen oder beim Untergang 
des Thieres, für welche der Käufer nicht verantwortlich gemacht 
werden kann: in dem Falle muss der Verkäufer das ganze Kauf¬ 
geld zurückgeben, im Falle nebenbei ein von ihm zu vertretender 
Fehler innerhalb der gesetzlichen Frist festgestellt und angezeigt 
worden ist. Unwesentliche Verschlechterungen der Thiere in 
Folge Verschulden des Käufers kommen nicht weiter in Betracht. 
Nach § 487 Abs. 3 ist allerdings dem Verkäufer eine eventuelle 
Werth Verminderung auch dann zu vergüten. Die Wandlung 
kann auch selbst dann verlangt werden, wenn das gekaufte Thier 
noch vor Anstrengung der Klage weiterverkauft worden und 
nicht wiedererlangbar ist, in diesem Falle wird von dem zurück- 
zuerstattenden Kaufgeld der Preis, den Käufer beim Weiter¬ 
verkauf erhalten hat, in Abzug gebracht, insofern dieser dem 
Werth des mangelhaften Thieres entspricht, im anderen Falle 
tritt Abschätzung ein. Diese Bestimmung mahnt zu grosser 
Vorsicht, nicht nur für den Verkäufer, sondern auch für den 
seitens des Käufers zugezogenen Sachverständigen, überhaupt 
wird bei den Schätzungen mangelhafter, durch Verschulden des 
Käufers untergegangener oder verschlechterter Thiere ganz be¬ 
sondere Sorgfalt und Vorsicht zu beachten sein. Nach Anstren¬ 
gung der Klage darf der Käufer übrigens nicht mehr freiwillig 
über das gekaufte Thier verfügen, sonst verliert er seine Rechte. 
Der Abs. 4 des § 487 enthält die Bestimmung, dass Nutzungen, 
die der Käufer von dem gekauften Thiere gezogen hat, bei 
Eintritt der Wandlung dem Verkäufer zu ersetzen sind, jedoch 
nur insoweit, als sie wirklich gezogen worden sind. Für die 
Wandlung eines Gespannes, Paare*, einer Heerde, für welche ein 
Gesammtpreis verabredet ist, gelten die Bestimmungen in den 
§§ 469—471 bezw. § 491. Sind nur einzelne Thiere mangelhaft, 
so kann nur wegen dieser Wandlung verlangt werden, inso¬ 
fern sie nicht als zusammengehörend verkauft worden sind. 
In diesem Falle erstreckt sich dann die Wandlung auf alle zu- 
sammengehörenden Thiere. Im Uebrigen kann der Käufer auch 
verlangen, dass ihm für das mangelhafte ein mangelfreies Thier 
geliefert wird. Eine Heerde Schafe sind nicht zusammen¬ 
gehörende Thiere, wogegen ein Gespann edler Pferde stets als 
zusammengehörend betrachtet werden muss, auch wenn dies beim 
Kauf nicht besonders hervorgehoben wurde. Bei der Rückgabe 
mangelhafter, nicht zusammen gehörender Thiere muss eine 
Schätzung nach einer Formel stattfinden. Wenn A der Gesammt¬ 
preis der gekauften Thiere ist, B der Werth derselben, wenn sie 
alle mangelfrei gewesen wären, C der W r erth der übrigbleibenden 
mangelfreien Thiere und x der Werth der mangelhaften Thiere, 


Redner knüpft hieran verschiedene 


so ist die Formel - = 
x C 

Beispiele. Auch Stute mit Füllen, Kuh und Kalb sind zusammen¬ 
gehörig. Ist die Mutter fehlerhaft, so erstreckt sich die Wand¬ 
lung auch auf das Junge. Ist letzteres fehlerhaft und wurde dieses 
beim Kauf als Nebensache behandelt, so kann nach § 470 
nur bezüglich dieses Wandlung verlangt werden, ebenso um¬ 
gekehrt. 


Ein Gleiches gilt auch für die mit ansteckenden Krank¬ 
heiten behafteten Thiere, insofern diese zu den Hauptmängeln 
bezw. gewährleisteten Mängeln zählen. Sind mehrere Thiere 
verkauft, jedoch nicht als zusammengehörig und ist nur ein 
Thier krank, so kann nur wegen dieses Wandlung verlangt 
werden, nicht wegen der anderen ansteckungsverdächtigen 


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15. März 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Thiere. Der Schaden, der dem Käufer ans dem Vorhandensein 
der ansteckenden Krankheit bei einem neugekauften Thiere er¬ 
wächst, kann nur dann eingeklagt werden, wenn der Verkäufer 
diese Krankheit arglistig verschwiegen oder, deren Nichtvorhanden¬ 
sein ausdrücklich zugesichert hat. Ein Ersatz für die Minder¬ 
werthsklage ist die Schadenersatzklage. Nach § 460 kann statt 
der Wandlung Schadenersatz verlangt werden wegen Nicht¬ 
erfüllung, also wenn der Sache zur Zeit des Verkaufs eine zu¬ 
gesicherte Eigenschaft fehlt. Es ist demnach nicht dasselbe, j 
ob der Verkäufer für einen Fehler gewährleistet oder dessen 1 
Nichtvorhandensein ausdrücklich zusichert. Mit Garantie¬ 
versprechen der letzteren Art muss man in Rücksicht auf die 
Schadenersatzklage sehr vorsichtig sein, es empfiehlt sich 1 
wenigstens hierbei eine kurze Gewährsfrist festzusetzen. Redner 
führt hierzu einige Beispiele an. Nach § 492 können bei 
Zusicherung bestimmter Eigenschaften Gewährsfristen vereinbart 
werden. Wenn der Verkäufer sagt, ich verkaufe das Thier als 
fehlerfrei, so ist dies auch eine Zusicherung einer bestimmten 
Eigenschaft, für die der Verkäufer haftbar ist. Stellt sich 
nachher innerhalb einer verabredeten Gewährsfrist ein Fehler 
heraus, so kann Wandlung oder Schadenersatz verlangt werden; j 
ist keine Gewährsfrist verabredet, so muss das Vorhandensein \ 
des Fehlers zur Zeit der Uebergabe bewiesen werden. Nach ! 
§ 459 ist nun unter dem Fehler eines Thieres eine Krankheit, j 
Abnormität oder Untugend zu verstehen, die den Werth oder j 
die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrage | 
vorausgesetzten Gebrauch aufhebt oder vermindert. Also Un- , 
Vollkommenheiten im Körperbau, Folgen der durch Arbeit i 
herbeigeführten Abnutzung, kleine Schönheitsfehler, Krankheiten 
geringeren Grades, die leicht zu beseitigen sind und nicht zu 
besonderen erheblichen Complicationen führen, fallen nicht unter 
diesen Begriff „Fehler“. Wird jedoch die An- und Abwesenheit 
selbst unerheblicher Eigenschaften bestimmt zugesichert, so j 
müssen diese unbedingt vertreten werden. Redner Führt hierzu 
ein Beispiel an. Der Käufer kann nun weder Wandlung noch 
Schadenersatz fordern, w r enn er den bei einem gekauften Thiere 
streitigen Mangel zur Zeit des Kaufs gekannt hat, oder wenn 
er ihm aus grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Nur j 
wenn der Verkäufer die Abwesenheit dieses Fehlers ausdrücklich 
zugesichert hat, behält der Käufer auch bei grober Fahrlässig- i 
keit sein Recht (§ 460). Hierzu werden einige Beispiele an¬ 
geführt. Nach § 488 ist der Käufer berechtigt für von ihm für 
ein mangelhaftes Thier aufgewendete Kosten Ersatz zu fordern. 
Hierzu gehören Futter, Pflege, Wartekosten, natürlich müssen 
sich diese in den gewöhnlichen, ortsüblichen Grenzen halten. 
Ferner kommen hinzu die Kosten für Untersuchung und event. 
auch Behandlung des Thieres, wenn letzteres nach dem Kauf 
an einer acuten Krankheit erkrankt. Auch diese dürfen nicht 
übermässig hoch sein. Um derartige Kosten nicht allzu hoch 
anwachsen zu lassen, kann nach § 489 nach Einleitung eines 
Rechtsstreites die öffentliche Versteigerung des streitigen Thieres 
auf Antrag einer der Parteien angeordnet werden, sobald die 
Besichtigung nicht mehr erforderlich ist. Letzterer Punkt ist 
wichtig. Denn wenn bei einer solchen Versteigerung der Ver¬ 
käufer das Pferd zurückkauft, es durch einen anderen Sach¬ 
verständigen untersuchen lässt, welcher ein entgegenstehendes 
Gutachten abgiebt und es dann schleunigst unwiederbringlich 
weiterverkauft, so können dem ursprünglichen Käufer grosse 
Verlegenheiten erwachsen, wenn er sich vorher nicht genügend 
gesichert hat. Im Falle also dör Käufer merkt, dass der Ver- 


127 

käufer an dem Gutachten seines Sachverständigen zweifelt, so 
handelt er zweckmässig, wenn er es vor der Versteigerung 
noch durch einen zweiten Sachverständigen untersuchen lässt 
oder gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises 
beantragt. 

Der § 490 handelt von der Verjährung. Bei anderen 
Sachen beträgt diese nach § 477 sechs Monate, bei Wandlungs- 
oder Schadenersatzklagen wegen Viehmängel nur sechs Wochen 
(§ 490). Diese, endet nach Ablauf der gesetzlichen oder ver¬ 
einbarten Gewährsfrist oder mangels einer solchen nach der 
Ablieferung des Thieres. Die Klage muss noch vor Ablauf der 
Gewährsfrist dem Beklagten zugestellt sein. Der Antrag auf 
gerichtliche Beweisaufnahme unterbricht die Verjährung. Die 
Verjährung von sechs Wochen tritt auch in den Fällen der 
§§ 210, 212, 215 ein, welche von der Zulässigkeit des Rechts¬ 
weges des Proce8Sgerichts, von Urtheilen, die nicht die Sache 
selbst betreffen, von der Aufrechnung im Process und von der 
Streitverkündung handeln. Alle diese Handlungen unterbrechen 
die Verjährung. Anders steht es, wenn der Kaufpreis eines 
mangelhaften Thieres nicht gleich beim Kauf bezahlt worden 
ist, Einrede der Wandlung. Ist der Mangel innerhalb der 
Gewährsfrist festgestellt und fristgerecht augezeigt worden, so 
kann die Zahlung des Kaufpreises auch nach der Verjährung 
des Anspruchs verweigert werden (§ 490 Abs. 3). Der Käufer 
ist in diesem Falle nicht verpflichtet, innerhalb sechs Wochen 
Klage auf Wandlung oder bei Nichterfüllung auf Schadenersatz 
anzustrengen. 

Nach § 492 braucht sich die Gewährleistung des Ver¬ 
käufers nicht nur auf die Hauptmängel zu beschränken. Sobald 
di$, (Gewährleistung für irgend einen, anderen Fehler vertrags- 
mässig ausbedungen ist, muss er auch für diesen haften. Hierbei 
kann auch eine beliebige Gewährsfrist festgesetzt werden, für 
welche dann die gleichen Bestimmungen gelten, wie für die 
gesetzliche Gewährsfrist der Hauptmängel. Ist eine Gewährs¬ 
frist nicht vereinbart, so muss der Käufer das Vorhandensein 
des Fehlers zur Zeit der Uebergabe nachweisen, wenn er 
Wandlung verlangen will. Ist Gewährsfrist verabredet, so gilt 
selbstredend die Vermuthung, dass der Fehler bereits zur Zeit 
der Uebergabe bestand, ein Gegenbeweis Seitens des Verkäufers 
ist zulässig. Ein ähnliches gilt von der Zusicherung des 
Fehlens bestimmter Mängel oder der Zusicherung bestimmter 
Eigenschaften. Hier ist, wie schon erwähnt, auch Schaden¬ 
ersatzklage zulässig. 

Eine solche Zusicherung, Garantieversprechen, gilt nach 
§ 463 von der Zeit des Kaufabschlusses ab. Auch hier können 
bestimmte Gewährsfristen vereinbart werden. Im Uebrigen 
geltep wegen der Gewährleistung für andere Mängel die gleichen 
Bestimmungen, wie für die Hauptmängel, insbesondere in Betreff 
der Anzeigepflicht und der Verjährung. Ist eine bestimmte 
Gewährsfrist nicht vereinbart, so tritt die Verjährung 6 Wochen 
nach der Ablieferung des Thieres ein. 

Zum Schluss noch einige Bemerkungen über den Betrug, das 
arglistige Verschweigen eines Mangels. Der Verkäufer muss für 
alle Fälle beim Vorhandensein eines Mangels haften, wenn 
er ihn arglistig verschwiegen hat, auch wenn der Fehler dem 
Käufer aus grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist oder 
weni^ er die Anzeigefrist oder die Verjährungsfrist versäumt hat. 
Auch; ist nach § 476 eine Vereinbarung wegen Ausschluss der 
Gewährleistung in diesem Falle nichtig. Selbstredend handelt 


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128 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11. 


es sich hier nur um die Hauptmängel oder um besonders ver¬ 
einbarte Fehler. Das Gleiche gilt auch von der arglistigen 
Zusicherung einer nicht vorhandenen Eigenschaft. Ist dieses 
Nichtvorhandensein dem Käufer aber in Folge grober Fahr¬ 
lässigkeit unbekannt geblieben, so geht er auch in dem vor¬ 
liegenden Falle seines Anspruches verlustig (§§ 459, 4<>0). Die 
aus einem Betrüge hergeleiteten Gewährsansprüche des Käufers 
unterliegen einer Verjährungsfrist von 30 Jahren. Der Vorwurf 
des Betruges wird öfter erhoben werden. Die thatsächlichen 
Momente eines solchen werden sich oft nicht leicht nachw^isen 
lassen. Es ist hierzu nothwendig der Nachweis einer Schädi¬ 
gung des Käufers und der Nachweis, dass der Verkäufer durch 
absichtliche Handlungen, Verschweigen oder falsche Vor¬ 
spiegelungen den Käufer irre geführt hat. Allgemeine An¬ 
preisungen des Thieres können für die Feststellung des Betruges 
nicht verwendet werden. 

Die neuen Bestimmungen über Gewährleistung beim Vieh¬ 
handel nach dem B. G. B. werden zweifellos Veranlassung sein, 
dass die Thierärzte in nächster Zeit in vermehrtem Umfange 
in gerichtlichen Angelegenheiten werden in Anspruch genommen 
werden. Es ist daher dringend nothwendig, dass sie sich mit 
diesen Bestimmungen ausreichend bekannt machen. 

Um der in nächster Zeit vorauszusehenden Unsicherheit im 
Handelsverkehr mit Vieh möglichst vorzubeugen, empfehlen sich 
für die Parteien die von Dieckerhoff vorgeschlagenen schrift¬ 
lichen Kaufverträge. 

An diesen Vortrag schloss sich eine kurze Discussiou, in 
welcher seitens des Redners auch einige nähere Erläuterungen 
zu einzelnen Paragraphen gegeben wurden. 

Nach der Sitzung folgte ein gemeinsames Mahl unter Be¬ 
theiligung der Damen und sodann noch ein fröhliches Bei¬ 
sammensein in den Räumen des Restaurants „Zum Luftdichten“, 
welches die meisten Theilnehmer noch bis zum Abgang der 
letzten Züge zusammenhielt. 

Preusse, Felbaum, 

Vorsitzender. Schriftführer. 

Der Stand der Abiturientenfrage im Reichstag. 

Ursprünglich war geplant, die Petition des deutschen 
Veterinärrath es betr. Abiturientenexamen bei der Berathung des 
Fleischschaugesetzes zur Sprache zu bringen. 

Der Umstand, dass dieser Punkt gar nicht zur Sprache 
gekommen ist, bedarf daher einer Erklärung. 

Bei der Erregung, welche die Berathung des Fleischschau¬ 
gesetzentwurfes hervorrufen musste, in der Voraussicht, dass 
dabei alle Aufmerksamkeit auf den Hauptpunkt, die Fleischein¬ 
fuhr, gerichtet sein werde, schien es besser, unsere Angelegen¬ 
heit mit jener Berathung nicht zu verknüpfen, um so mehr, als 
der Zusammenhang ein mehr oder weniger gesuchter gewesen 
wäre. 

Desshalb ist — und zwar schon vor Wochen — die Petition des 
Veterinärrath es dem Reichstage in einer Form zugestellt worden, 
die jeden Zusammenhang mit dem Fleischschaugesetz löste. 
Es war daher gar kein Anlass, diese Sache zur Sprache zu 
bringen, und wir können wohl sehr zufrieden damit sein, dass 
sie von Niemandem berührt worden ist; sie wäre sonst wohl 
dem schlimmsten, nämlich der Interesselosigkeit, begegnet. 

Was nun die Petition selbst anbelangt, so ist dieselbe in 
der Petitionskommission, deren Geschäftsgang durch den plötzlichen 


Tod ihres Vorsitzenden, des Abgeordneten Kruse, eine kurze 
Unterbrechung erfahren hatte. Zum Referenten in dieser 
Kommission ist der Abgeordnete Prof. Hoffmann-Hall (Stutt¬ 
gart) bestellt worden. Die Petition dürfte im Plenum kurz vor 
den Osterferien zur Berathung gelangen. Wir können nur den 
Wunsch aussprechen, dass alles auf dieser Berathung concentrirt 
wird und vorherige gelegentliche Anläufe vennieden werden. 


Herr Prof. Hoffmann wünscht seinen Standpunkt in dem 
Vorgehen wegen des Abiturientenexamens beim Militäretat 
öffentlich zu begründen, hat uns jedoch ersucht, vorher das 
Stenogramm seiner beim Militäretat gehaltenen Reden zu ver¬ 
öffentlichen. Wir werden in der nächsten Nummer diesem Er¬ 
suchen nachkommen. 

50jahriges Stiftungsfest der Landsmannschaft 
Salingia- Berlin. 

Die älteste der an den deutschen thierärztlichen Hoch¬ 
schulen bestehenden Landsmannschaften, die Salingia zu Berlin, 
konnte Anfang Februar auf 100 vollendete Semester zurück¬ 
blicken und demnach ihr 50jähriges Jubiläum feiern. 

Bei dieser erhebenden Feier hatte die Landsmannschaft das 
gewiss seltene Glück, auch noch ihren Begründer, den jetzigen 
Kreisthierarzt a. D. Riedel-Neisse als ehrwürdigen Senior an 
ihrer Festtafel zu sehen und unter seinem Präsidium ihren 
Convent abzuhalten. Ihm an Semestern zunächst stand Kreis- 
thierarzt Heller-Sorau, der sich den hundert Semestern eben¬ 
falls nähert. 

Anlässlich des Jubiläums stifteten alte * TTSirgh' “efiTeii 
silbernen Paradeschläger für den jeweiligen ersten Chargirten 
und einen silbernen Humpen. 

Die Salingia verlieh dem derzeitigen Rector der Hoch¬ 
schule Geheimrath Dr. Dieckerhoff das Ehrenband, welches 
derselbe annahm. 

Von einer deutschen Hochschule ist studentischer Geist 
nicht zu trennen. Ohne ihn und seine Farbenzeichen ist sie 
ihres besten äusseren Schmuckes beraubt. Die Landsmann¬ 
schaften waren die ersten, welche es unternahmen, studentischen 
Geist in die alten Thierarzneischnlen hineinzutragen, die Be¬ 
rechtigung desselben zu erweisen und, oft unter Drangsalen, zu 
verfechten. Es sei bemerkt, dass, als die Salingia sich aufthat. 
sie nicht allein Civilhörer, sondern fast noch mehr Militär¬ 
rossarzteleven in ihre Reihen aufhehmen konnte und solche 
demgemäss jetzt zu ihren alten Herren zählt. Tempora 
mntantur! 

Wenn sich die alten Thierarzneischulen zu Academien 
entwickelten, so haben auch die Landsmannschaften daran ihr 
Theil. Mit den Glückwünschen, die der ersten Landsmannschaft 
in reichem und verdientem Masse gespendet w r orden sind, ver¬ 
eine sich daher auch ein besonderer Glückwunsch und Dank an 
den Vater der thierärztlichen Landsmannschaften, den alten 
Riedel. Ein Dank dafür, dass er den Muth des Gedankens 
gehabt hat, an den Thierarzneischulen studentischen Geist zu 
erwecken. Ein Glückwunsch dafür, dass es ihm vergönnt war, 
die Verwirklichung dieses Gedankens — allen Hindernissen zum 
Trotz — zu erleben. Möge es ihm beschieden sein zu sehen, 
wie die Studenten der Thiermedicin noch die letzte Klippe er¬ 
klimmen, die sie vom Gipfel trennt. S. 


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15. März 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


129 


Unter8tützung8-Verein für Thierftrzte. 

Cassenbericht pro 1899. 

Einahmen.M. 2159,42 

Ausgaben. „ 445,10 

Bestand am 31. December 1899 M. 1714,32 


Stamm Capital (§ 15 der Statuten). 

Stiftung des Herrn Collegen H. in E.M. 5000,00 

Einmalige Beiträge ä M. 100 . . . . M. 700,00 
10 pCt. Jahresbeiträge (§ 15b) . . . „ 125,50 
Zinsen von M. 5000 . . 175,00 „ 1000,50 

Das Stammcapital beträgt demnach insgesammt M. 6000,50 
Reservefonds (§ 19 der Statuten). 

10 pCt. der Jahresbeiträge.M. 125,50 

Cassenbestand wie oben.M. 1714,32 

ab Stammcapital.M. 1000,50 

Reservefonds. „ 125,50 ,, 1126,00 

Ueberschuss M. 588,32 

Hiervon sind gemäss § 35 der Statuten durch Beschluss 
des Vorstandes M. 200 dem Stammcapital, M. 200 dem Reserve¬ 
fonds, der Rest den zu Unterstützungszwecken verfügbaren 
Mitteln für das Jahr 1900 auf neue Rechnung überwiesen 
worden. 

Es wird gebeten, die Mitgliedsbeiträge möglichst bald an 
den Unterzeichneten Schatzmeister in Posen, Luisenstrasse 21, 
einzusenden. Die bisher nicht eingegangenen Mitgliedsbeiträge 
werden nunmehr gemäss § 7 der Geschäftsordnung durch offene 


Postnachnahmekarte zuzüglich des Portobetrages eingezogen 
werden. 

Preusse, Vorsitzender. Heyne, Schatzmeister. 

Dresden. 

Nach einer Zeitungsmittheilung ist man im Begriff, auch 
an der thierärztlichen Hochschule in Dresden erhebliche bau¬ 
liche Neueinrichtungen und Verbesserungen vorznnehmen. Neben 
Erweiterungen der klinischen Bauten soll ein Zucht- und Rasse¬ 
stall neu errichtet werden. Die ganze Hochschule erhält 
electrisches Licht. Die Gesammtkosten sollen auf ca. 60000 M. 
veranschlagt seien. 

Barmen. 

ln Barmen hat man auf Grund des neuen Communalbeamten- 
Gesetzes die künftige Besoldung der städtischen Beamten fest¬ 
gestellt. Man machte sich zunächst darüber schlüssig, welche 
Verwaltungszweige zu den städtischen Betriebsverwaltungen zu 
rechnen sind, deren Beamte bekanntlich nicht auf Lebenszeit 
angestellt zu werden brauchen. Dazu wurde auch der Schlacht- 
und Viehhof gezählt und dies wird, wie leider vorauszusehen 
ist, wohl meistens geschehen. Es wurde dann beschlossen, 
welche Beamte nicht auf Lebenszeit angestellt werden. Dies 
sind nach dem Beschluss in erster Linie diejenigen, „von deren 
Tüchtigkeit für das Wohl und die Entwicklung der Stadt be¬ 
sonders viel abhängt“. Dazu gehören laut Beschluss Bürger¬ 
meister, Beigeordnete, Stadtbauräthe, Bauinspectoren, der Schul¬ 
rath, der Stadtkämmerer, der Director und der Sanitätsthierarzt 
des Vieh- und Schlachthofes, der Polizeiinspector und die Polizei- 
commissare. Diese Beamten werden auf 12 Jahre angestellt. 

Diese Regelnng, namentlich mit der wie oben motivirten 
Zusammenstellung können die Sanitätsthierärzte gern acceptiren. 


^ : -Ty— 1 — - - — 

Oeffentliches Veterinärwesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 

Fleischschaf! und Viehverkehr. 


Berlin: Aatzag aus dem Flelsohtch&ubericht für Monat Februar 1900. 

A. Schlachtbof. 



Rinder 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht 

14 696 

12 021 

33 279 

64 994 

Ganz beanstandet .... 

407 

42 

33 

336 

Ueberhaupt mit Tuberculose 





behaftet. 

3 977 

42 

4 

2 587 

Davon gänzlich verworfen . 

135 

5 

1 

56 

„ zur Sterilisation geeignet 





befunden worden: . . 

141 

6 

3 

190 

„ theilweise verworfen . . 

9 

— 

— 

— 

Also vollständig freigegeben 

3 692 

31 

— 

2 341 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 

— 

13 

Mit Finnen behaftet . . . 

88») 

1 

— 

36 

Stark finnig, technisch ver- 





werthet. 

4 

— 


15 

Finnig und wässerig, tech- 





nisch verwertbet .... 

— 

— 

— 

— 

Schwach finnig, zur Kochung 





geeignet befunden worden 

74 

1 

_ 

21 

Ausserdem wegen Behaftung 
mit Kalkconcrementen, mul¬ 
tiplen Blutungen u.s.w. sind 





gekocht verwerthet . . . 

— 

— 

— 

15 


An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei 
Rindern 8298 Stück, bei Kälbern 139 Stück, bei Schafen 3362 Stück, 
bei Schweinen 11201 Stück. 


*) Von den mit Finnen behafteten Rindern waren 9 zugleich 
tuberkulös und 1 Rind blutig. 


B. Untersuchungsstationen. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Untersucht. 

21631 

12 977 

1231 

12 546 

Beanstandet. 

103 

50 

2 

9 

Wegen Tuberculose wurden 
beanstandet. 

45 



6 

Davon zur Sterilisation ge¬ 
eignet befunden worden: . 

45 



3 

Mithin gänzlich verworfen . 

— 

— ■ 

— 

3 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 

_ 

— 

Mit Pinnen behaftet. . . . 

6 

— 

— 

— 

Davon schwach finnig, zur 
Kochung geeignet befunden 
worden. 

6 

• i 



— 


Unter dem eingeführten Fleisch waren 2880 dänische Rinder¬ 
viertel, 66 dänische Kälber und 136 Wildschweine. 

Berlin, den 6. März 1900. Der städtische Oberthierarzt 

Reissmann. 

Experimentelle Untersuchungen über das Conserviren von Fleisch und Fisch 

mit Salzen. 

Von A. Petterson. 

fHerl. klin. Woehensehr. Central!»!, f. Bnct.-Paras. No. 2/1900.) 

Verf. hatte sich die Aufgabe gestellt, die Beeinflussung des 
Wachsthums von Microorganismen in eingesalzenen Nahrungs- 


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130 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 11. 


mitteln festzustellen. Es wurden Fisch und Fleisch in Koch¬ 
salzlösungen von 5—20 pCt. untersucht und zwar bei 25° C., 
für die Dauer von 2V a Monaten. Hieibei fand P., dass nach 
kurzer Zeit Microorganismen in allen Lösungen gut gediehen, 
welche nicht mehr als 15 pCt. Kochsalz enthielten, erst von 
20 pCt. begann eine deutliche Wachsthumshemmung. Stäbchen 
wuchsen im Fisch mit mehr als 12 pCt. Na CI und im Fleisch 
mit mehr als 10 pCt. Na CI nicht mehr, dagegen Kokken recht 
ausgiebig. 

Bei 15 pCt. Kochsalz wuchs noch in beiden ein Sprosspilz, 
welcher wahrscheinlich mit der von Wehm er aus Heringslake ge¬ 
züchteten „Salzhefeidentisch ist. Bac. subtilis war noch 
bei 15 pCt. Kochsalz zu beobachten. In Proben von Fisch 
mit 10 bis 12 und Fleisch mit 8—10 pCt. kamen Stäbchen und 
Kokken vor. Ln Deckglaspräparat gelang der Nachweis langer 
Fäden. Zwei von den isolirten Mikroben erwiesen sich als 
Actinomyces. J. 

Versuche Ober die Coaserviruug des frischen Reisch es mit Formaldehyd- 

Gelstlne. 

Von Wilh. Lanwer-Bremen. 

Inaug.-Dissert. (Bonn.) 

(Centralbl. f. BacL u. Paraaitenk. No. 3, 1900.) 

Die diesbezüglichen Untersuchungen sind z. Z. noch nicht 
abgeschlossen und werden fortgesetzt, einstweilen haben die¬ 
selben folgende Resultate gezeitigt. Nur dann ist das Ein- 
schliessen von Fleisch in Fonnalingelatine ein geeignetes Con- 
servirungsmittel, wenn das Fleisch vor der unmittelbaren, Be¬ 
handlung steril war. Ob die im Fleisch vorhandenen inficirten 
Drüsen die Sterilität des Fleisches beeinträchtigen, ist noch 
nicht erforscht. Es ist erforderlich, die Oberfläche des Fleisches 
vorher im siedenden Wasserbade zu sterilisiren. Der verwen¬ 
deten Gelatine wird Dextrin und Leim zugesetzt, um die Halt¬ 
barkeit und Elasticität zu erhöhen. Die Gelatinehülle wird nach 
d> m letzten Bade mit warmer Luft eingetrocknet, damit sich 
keine Schimmelpilze ansetzen können. J. 

Seuchenstatistik and Yeterinärpolizei. 

Maul- und Klauenseuohe in England. 

Nachdem England sechs Jahre lang von den Ausbrüchen 
der Maul- und Klauenseuche verschont geblieben ist, ist am 
29. Januar d. J. unter einem Viehbestände von zehn Kühen und 
einem Bullen in der Gemeinde Fritten in Suffolk ein Ausbruch 
von Maul- und Klauenseuche festgestellt worden. Die Seuche 
hatte bereits einige Tage unter dem Viehbestände geherrscht, 
ehe ihre Natur erkannt wurde. Nachdem durch Untersuchung 
von Mr. Cope der Ausbruch der Seuche sicher gestellt war, 
wurden sofort die umfassendsten Vorsichtsmassregeln ge¬ 
troffen und jede Viehbewegung in einem grossen Theile 
von Norfolk und Suffolk verboten. Trotzdem hat Irland sich 
sofort gegen jede Vieheinfuhr aus England und Schottland 
abgesperrt. 

In dem verseuchten Bezirk wurde von der Regierung so¬ 
fort ein Regierungsthierarzt als Seuchen - (’ominissar stationirt, 
und sollen von demselben sämmtliche Rindvieh-, Schaf- und 
Schweinebestände des Bezirks untersucht werden. Trotzdem 
sofort mit dem Abschlachten der inficirten Bestände begonnen 
und bis zum 13. Februar bereits 127 Rinder, 8 Schafe und 42 
Schweine abgeschlachtet und die drei verseucht befundenen 
Höfe desinficirt worden waren, waren doch bis zum 21. Fe¬ 


bruar ca. sechs Ausbrüche von Maul- und Klauenseuche fest- 
gestellt, fünf in der Nähe des ursprünglichen Herdes, einer 
aber weit ab in der Grafschaft Bedfordshire. 

Die Sperrmassregeln haben bereits einen solchen Umfang 
angenommen, dass die Regierung auf Vorstellung seitens der 
Besitzer gewisse Erleichterungen namentlich für Schlachtthiere 
zugestehen musste. 

Thiere, welche zum Schlachten bestimmt sind, dürfen in 
Schlachthäuser des gesperrten Bezirkes transportirt werden, 
sofern ein Erlaubnissschein für die Thiere ausgefertigt ist. 
Der Erlaubnissschein darf nur auf eine Erklärung des Eigen¬ 
tümers oder seines Vertreters des Inhalts hin ausgestellt 
werden, dass das betr. Thier an Maul- und Klauenseuche nicht 
leidet, und in den vorhergehenden 28 Tagen der Ansteckung 
der Maul- und Klauenseuche nicht ausgesetzt gewesen ist, so¬ 
wie dass die Fortschaffung des Thieres nicht von der Polizei- 
Behörde verboten ist. Die Erklärung muss dem Erlaubniss¬ 
schein angeheftet sein. Der von dem Gemeindevorstande für 
das nächst belegene Schlachthaus auszustellende Erlaubniss¬ 
schein, hat nur vier Tage Gültigkeit, und muss ausser dem 
Namen des Viehbesitzers das genaue Signalement des Thieres, 
den Herkunftsort und das Schlachthaus enthalten. Die Thiere 
müssen vor der Fortschaffung gekennzeichnet werden und zwar 
Rinder durch eine breite, sechs Zoll lange Haarinarke auf der 
linken Kruppe und Abschneiden der Haarquaste am Schwanz: 
Schafe durch Abscheeren eines breiten Streifens an der Stirn 
und Aufstempeln eines rothen oder blauen M mit harziger, 
haftender Farbe auf jeder Seite, Schweine durch Aufstempeln 
eines gleichen M auf jeder Seite. Die Thiere sind auf dem 
kürzesten Wege nach dem Schlachthaus zu transportiren und 
sofort abzuschlachten. Jeder Polizeibeamte ist berechtigt, Ein¬ 
blick in den Erlaubnissschein zu nehmen. Die Befolgung der 
Vorschriften ist durch Strafandrohung sicher gestellt. Ebenso 
ist jeder Versuch die Kennzeichnung zu beseitigen mit Strafe 
bedroht. 

Für die einzelnen Farmen sind ebenfalls Erleichterungen 
zugestanden, in der Art, dass Thiere, welche nicht mit Maul¬ 
und Klauenseuche behaftet sind oder sonstwie der Sperre unter¬ 
liegen, zwecks Fütterung und Weidegang nach anderen Theilen 
der Farm hingebracht werden können. 

Die Einschleppung der Maul- und Klaueuseuche nach Eng¬ 
land ist nicht klargestellt worden. Angenommen wird, dass sie 
durch Personen von der Normandie aus übertragen worden ist. 
oder auch, dass der massenhafte Import von Milch nach Eng¬ 
land Anlass zum Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ge¬ 
geben hat. 

Wie ernst dieser Ausbruch der Seuche genommen wird, ist 
daran zu ersehen, dass Irland im Begriff steht, in den Hafen¬ 
plätzen Desinfectionsbaracken für die von England kommenden 
Viehhändler zu erbauen. 

Am meisten verbreitet war die Seuche in England im Jahre 
1883, wo 4ßl 114 Thiere afficirt waren. Da begann England 
seine radicale Keulungsmethode und im Jahre 188t» war die 
Krankheit ausgerottet. Die Seuche brach dann in den Jahren 
1892, 1893, 1894 von Neuem aus, ohne dass man die Art und 
Weise der Einschleppung hat auffinden können. 1894 kamen 
in Folge der Viehnoth auf dem Continent viele Händler von 
Harwich nach England, und hat man deshalb auf diese die Ein¬ 
schleppung zurückgeführt. Die Ausbrüche bleiben trotzdem 


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15. März 1900. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


181 


ebenso mysteriös wie die letzten isolirten Ausbrüche in Däne¬ 
mark im vorigen Jahre und im Jahre 1894, bei den letzt statt¬ 
gehabten nimmt man bekanntlich an, dass Vögel die Maul- und 
Klauenseuche von der Insel Alsen nach Dänemark verschleppt 
haben. 

Die Geschichte dieser Ausbrüche lehrt uns unzweideutig, 
dass trotz des vollkommenen Verbots der Vieheinfulir Ein¬ 
schleppungsmöglichkeiten der Maul- und Klauenseuche gegeben 
sind, welche durch polizeiliche Massnahmen nicht ausgeschlossen 
werden können und dass jeder Seuchenherd eine grosse Gefahr 
fiir die nähere und weitere Umgebung in sich schliesst. Die 
einzig sichere Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche ist die 
Unschädlichmachung des Seuchenherdes, die Evacnirung der 
Seuchenställe, Abschlachtung des verseuchten Bestandes oder, 
kann inan dazu nicht schreiten, Unterbringung der verseuchten 
Bestände bis zur Durchseuchung und Beseitigung jeder Gefahr 
in eigens eingerichtete, isolirte Seuchenbaracken. Die Ausführung 
dieser Massnahmen und der Desinfection der Ställe in den Händen 
eines geschulten Seuchencommissars wird sicher eine Ausrottung 
dieser verhängnissvollen Geissel auch in Deutschland herbei¬ 
führen. Kühn au. 


Die Verbreitung der Maul- u. Kiauenseuohe in Preussen am 28. Februar 1900. 


Regierungsbezirk 

Die Seuch 
i 

Kreisen 

herrschte 

n 

Gemeinden 

(Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez) 
waren 
verseucht: 

Königsberg. 

10 

43 

10,52 

Gumbinnen. 

2 

3 

0,77 

Danzig. 

6 

26 

20,63 

Marienwerder. 

13 

47 

20,77 

Berlin. 

1 

1 

— 

Potsdam. 

16 

84 

32,47 

Frankfurt. 

11 

79 

29,03 

Stettin. 

9 

87 

46,37 

Köslin. 

9 

43 

22,26 

Stralsund. 

3 

7 

7,85 

Posen . 

15 

39 

11,83 

Bromberg. 

12 

51 

22,92 

Breslau. 

14 

49 

12,90 

Liegnitz. 

8 

16 

5,68 

Oppeln. 

11 

45 

16,06 

Magdeburg. 

14 

79 

54,86 

Merseburg. 

13 

54 

23,35 

Erfurt. 

4 

6 

10,23 

Schleswig. 

3 

10 

4,68 

Hannover. 

7 

22 

34,97 

Hildesheim. 

9 

29 

40,05 

Lüneburg . 

5 

17 

11,53 

Stade. 

1 

5 

6,88 

Osnabrück. 

4 

16 

28,57 

Aurich. 

1 

3 

8,77 

Münster. 

8 

12 

44,77 

Minden. 

4 

15 

29,41 

Arnsberg . 

7 

23 

27,05 

Kassel. 

16 

35 

20,93 

Wiesbaden. 

9 

22 

23,50 

Koblenz. 

8 

20 

19,13 

Düsseldorf. 

16 

66 

153,48 

Köln. 

8 

23 

77,70 

Trier.." . 

8 

15 

13,30 

Aachen . 

6 

18 

46,15 

Hohenzollern-Sigmarinyen 

4 

7 

55,11 

Summa: 

295 

1117 

— 


Nachwei8ung Ober den Stand der Viebseuohen im Deutschen Reioho 
am 28. Februar 1900. 

Es waren am 28. Februar 1900 in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Marienwerder 

1 (1). R.-B. Berlin 1. R.-B. Potsdam 2 (2). R.-B. Stettin 1 (1). 
R.-B.. Posen 3 (5). R.-B. Bromberg 2 (3). R.-B. Breslau 1 (2). 
R.-B. Oppeln 2 (5). R.-B. Schleswig 1 (2). R.-B. Stade 1 (1). 
R.-B. Minden 1 (1). R.-B. Düsseldorf 1 (1). R.-B. Trier 1(1). 
R.-B. Aachen 1 (1). Bayern: R.-B. Oberbayern 1 (1). R.-B. 
Niederbayern 1 (1). R.-B. Schwaben 2 (2). Württemberg: 
Donaukreis 2 (2). Baden: Landescomm. Constanz 1 (1). Landes- 
comm. Mannheim 1 (1). Braunschweig: 1 (1). Elsass- 
Lothringen: Bezirk Lothringen 1 (4). 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 12 (27). R.-B. Niederbayern 1 
(1). R.-B. Pfalz 9 (20). R.-B. Oberpfalz 7 (10). R.-B. Ober¬ 
franken 11 (21). R.-B. Mittelfranken 12 (25). R.-B. Unterfranken 
14 (22). R.-B. Schwaben 14 (61). Sachsen: Kreishauptm. 
Bautzen 2 (9). Kreishauptm. Dresden 5 (21). Kreishauptm. 
Leipzig 5 (21). Kreishauptm. Zwickau 10 (40). Württeim- 
berg: Neckarkreis 11 (21). Schwarz waldkreis 14 (60). Jagst- 
kreis 8 (17). Donaukreis 16 (91). Baden: Landescomm. 
Constanz 7 (12). Landescomm. Freiburg 9 (19). Landescomm. 
Karlsruhe 8 (19). Landescomm. Mannheim 14 (37). Hessen: 
Provinz Starkenburg 5 (17). Provinz Oberhessen 6 (31). Pro¬ 
vinz Rheinhessen 4 (16). Mecklenburg-Schwerin: 8 (18). 
Sachsen-Weimar: 5 (26). Mecklenburg-Strelitz: 2 (4). 
Oldenburg: Herzogthum Oldenburg 1 (1). Fürstenthum Birken¬ 
feld 1, (2). Braunschweig: 4(36). Sachsen-Meiningen: 

4 (10). Sachsen-Altenburg: 2 (3). Sachsen-Coburg-Gotha: 
Herzogthum Coburg 1 (1). Herzogthum Gotha 2 (3). Anhalt: 

5 (22). Schwarzburg-Sondershausen: 1 (1). Waldeck: 

2 (2). Reuss ä. L.: 1 (1). Reuss j. L.: 2 (4). Schaum- 
burg-Lippe: 1 (2). Lippe: 3 (16). Bremen: 2 (3). Eisass- 
Lothringen: Bezirk Unter-Elsass 7 (59). Bezirk Ober-Elsass 
5 (34). Bezirk Lothringen 5 (17). 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Magdeburg 4 (6). Sachsen: Kreis¬ 
hauptm. Leipzig 1 (1). Kreishauptm.Zwickau 1 (1). Anhalt 1 (1). 

D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest): 
Preussen: R.-B. Königsberg 2 (4). R.-B. Danzig 1 (1). 

R.-B. Marienwerder 4 (4). R.-B. Potsdam 7 (7). R.-B. Frankfurt 
5 (5). R.-B. Stettin 2 (2). R.-B. Stralsund 2 (2). R.-B. Posen 
9 (14). R.-B. Bromberg 3 (3). R.-B. Breslau 7 (21). R.-B. 

Liegnitz 3 (6). R.-B. Oppeln 6 (10). R.-B. Magdeburg 2 (2). 
R.-B. Schleswig 3 (3). R.-B. Hannover 3 (3). R.-B. Münster 

1 (1). R.-B. Minden 1 (1). R.-B. Cassel 3 (3). R.-B. Coblenz 2 (3). 
R.-B. Düsseldorf 4 (5). Bayern: R.-B. Pfalz 1 (1). Sachsen: 
Kreishauptm. Bautzen 2 (2). Kreishauptm. Dresden 1 (1). Kreis¬ 
hauptm. Leipzig 1 (1). Württemberg: Donaukreis 1 (1). 
Braunschweig: 2(2). Hamburg: 2(2). Lothringen:. 1 (1). 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhttfen etc. 

Die Seuche ist in Bremen am 10. er. erloschen, in München 
am 10. von Neuem und ausserdem am 9. in Magdeburg aus¬ 
gebrochen. 


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182 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Handbuch der thierärztlioben Chirurgie und Geburtshilfe. Heraus- I 
gegeben von Prof. Dr. Josef Bayer-Wien und Prof. Pr. 
Eugen Fröhner-Berlin. I. Band. Qperationslehre. Von Prof. 
Dr. Josef Bayer. Zweite umgearbeitete Auflage. Wien und 
Leipzig. Wilhelm Braumüller 1899. 12 M. 

In dem Handbuche des grossen Sammelwerkes der thier¬ 
ärztlichen Chirurgie und Geburtshilfe ist die von Prof. Josef 
Bayer bearbeitete auch einzeln zu habende Operationslehre in 
H. Auflage erschienen. Nachdem der Verfasser die allgemeinen 
Grundsätze für die Operationen behandelt hat, wendet er sich 
zu dem Capitel „Zwangsmittel“. In diesem Capitel sind nicht 
nur 8ämmtliche an allen deutschen Hochschulen und in allen 
Ländern zur Ausführung der Operationen nothwendigen Zwangs¬ 
mittel beschrieben, sondern auch durch ausgezeichnete Ab¬ 
bildungen so gut illustrirt, dass die Bearbeitung dieser Ab¬ 
theilung geradezu als classisch bezeichnet werden muss. • Auch 
die Narcose, Aseptik, Antiseptik mit den hierbei zu ver¬ 
wendenden Arzneimitteln, die Drainage sind ausführlich be¬ 
schrieben und verdienen Anerkennung. Bei dem Capitel 
Operationen und den dazu nothwendigen Instrumenten vermisse 
ich die an Stelle des scharfen Löffels von Oberrossarzt Buss- 
Frankfurt a. M. construirten Instrumente, ebenso die von Ober¬ 
rossarzt Trost er-Berlin an der Di eck er hoff sehen Nadel 
empfohlenen Spitzen. Sehr schön sind bei der Neurectomie die 
Abbildungen der Schenkel und die Gefrierdurchschnitte, die in 
sehr klarer Weise auch die von Bosi empfohlene Doppel- 
neurectomie bei Spat illustriren. 

Bei dem Capitel „Castration“ fehlt die gerade für das Ab¬ 
drehen der Hoden so werthvolle von Prof. Sand-Copenhagen 
construirte Zange, die nicht, wie alle übrigen Zangen den 
Samenstrang breitqnetscht, sondern autrollt. Jedenfalls 
stimme ich Prof. Bayer darin zu, dass bei allen Thieren, die 
einen gestielten Hodensack haben, die elastische Ligatur die 
beste und einfachste Methode ist. Sie wird von Thierärzten 
leider zu wenig ausgeübt und hat für die Praxis den Nachtheil, 
dass sie ihrer Einfachheit wegen sofort von Schäfern etc. nach¬ 
geahmt wird. Bei der Operation der Samenstrangfistel ist die 
so werthvolle, fast blutleere Operation nach Malkmns 
nicht beschrieben. Dieselbe ist so wichtig, dass sie wohl hätte 
berücksichtigt werden können. 

Fassen wir Alles zusammen, so kann nur constatirt werden, 
dass die Bayerische Operationslehre auf der Höhe der Wissen¬ 
schaft steht. Sie zeichnet sich, abgesehen von Druckfehlern, 
die in jedem grösseren Werke nicht zu vermeiden sind, bei 
grosser Ausführlichkeit durch klare, kurze Ausdrucks¬ 
weise sehr vortheilhaft aus. Ausgezeichnete Abbildungen 
unterstützen in wirksamer Weise die wissenschaftlichen Be¬ 
schreibungen und wünschen wir dem Werke, dass es sich sehr 
bald in thierärztlichen Kreisen dasjenige Ansehen erwirbt, das 
ihm verdienter Weise zukomrat. To epp er. 

Personalien. 

Auszeichnungen : Dem Corpsrossarzt Sc hwarznecker ist die 
Erlaubniss zum Anlegen des ihm verliehenen Medjidie-Ordens ertbeilt 
worden. 

Ernennungen: In Bayern: Bezirksthierarzt Friedrich P ö h 1 m a n n 
in! Wunsiedel pragmatisch angestellt Districtsthierarzt Joseph 
Rasberger zum ßezirkstbierarzt in Garmisch. Bezirkstbierarzt 


Theodor S t r ö b e 1 in den Ruhestand versetzt. — Gewählt: 
Thierarzt Bruno Morgen zum 2. Schlachthofthierarzt in Osnabrüok, 
Rossarzt a. D. 0. Schmidt- Rathenow zum Schlachthofvorsteher 
in Hirschberg. 

Approbationen: in Berlin die Herren Hugo Scbink und Kurt 
Timmroth; in Stuttgart Herr Cand. Friedrich W o 11 m a n n. 

Promotionen : Thierarzt Garbe von der philosopb. Facultät in 
Rostock und Thierarzt Emil Lange von der philosoph. Facultät 
in Giessen zum Dr. phil. 

Wohnsitzveränderunflen, Niederlassungen etc. : Verzogen: Thier¬ 
arzt Heinrich Ammelung als kreisthierärztl. Assistent nach 
Hattingen (Ruhr), Thierarzt E. Bierthen nach Lage (Lippe), 
Thierarzt Dr. Garbe von Rostock nach Grosa-Licbterfelde, Thier¬ 
arzt P i 11 m a n n - Trier nach Herne i. W., Thierarzt S t a u b i t z 
von Mannheim nach Lauffen, Thierarzt Horst Tempel von Roch- 
litz nach Dahlen i. Sachs., Thierarzt Richard U n g 1 e r t als 
Bezirksth.-Assistent nach Füssen. — Thierarzt Löhe hat sich in 
Heldburg (Meiningen) niedergelassen. 

Todesfälle: Kreisthierarzt Haushalter - Brumath (Eis.), 
Schlachthofdirector, Oberrossarzt a. D. H e w i g in Torgau, Thier¬ 
arzt Carl Richter- Liebentbal. 

Yacanzen. 

(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 

Kreiatblerarztatellen eto.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Cöslin: Stolp (Nord) mit dem Amtssitz in Glowitz (600 M., 
voraussiclitl. Kreiszuschuss). Bewerb, bis 3. April an den Re- 
gierungspräs. — R.-B. Köln: Rheinbach (600 M., 500 M. Voraussicht). 
Kreiszuschuss.) Bewerb, bis 18. März an den Regierungspräs. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Gumbinnen: Grenzthierarzt¬ 
assistentenstelle in Stallupönen. — R.-B. Schleswig: Eideretedt 

Sanitfttsthlerarzt8tellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Köln: Oberthierarzt für den Schlacht- und Viehbof (3500 M. 
steigend bis 5300 M., Pension). Bewerb, bis 20. März an den Ober- 
bürgermstr. — Rathenow: Schlachthofinspector zum 1. April (2000M. 
steigend bis 3000 M, Wohnung etc.). Meldungen an den Magistrat. 

— Rochlitz: Thierarzt für Fleischschau (ca. 2000 M.) Meldungen 
bis Ende März an den Stadtrath. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — Dessau: Schlachthof- 
assistenzthierarzt. — Dresden: 3 Hilfsthierarztstellen am Schlacht¬ 
hof. — Eberswalde: Scblachtbofinspector. — Eckernförde: 
Scblachthofmspector. — Fi lehne: Schlachthofinspector. — 
Friedrichsthal (Kreis Saarbrücken): Thierarzt für Fleischbeschau. 

— Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt. —Halle a. S.: 2Assistenz- 
thierärzte am Schlachthofe. — Königsberg i.P.: Schlachthofthierarzt 

— Liegnitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Lüneburg: Schlacht¬ 
hofvorsteher. — Markneukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh-und 
Fleischbeschau. — Militsch: Schlachthofinspector. — Mülhausen 
(Eisass): Schlachthofverwalter. — Ostrowo: Schlachthofinspector. 

— Spremberg: Schlachthofinspector. — Thorn: 2. Schlachthof¬ 
thierarzt. — Wanne: Schlachthofvorsteher. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt. — Scbönbaum (Danzig). — Soldau 
(Ostpr.): Thierarzt für Praxis (300M. Zuschuss). Bewerb, beim Magistrat. 

1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt zum 1. Mai 
(2400 M., Privatpraxis gestattet). Meldungen mit Zeugnissen etc. bis 
Ende März an den Amtmann. — Rakwitz (Pos.): Thierarzt zum 
1. April. (Aus Schlacbtviehbeschau 1200 M.). Auskunft beim 
Magistrat. — Rhinow (R.-B. Potsdam): Thierarzt — Schwarzen¬ 
berg i. Sachs.: Thierarzt für Fleischbeschau und Praxis (voraus¬ 
sichtliche Staatsunterstützung). Meid, an d. Stadtrath. — Sonnen¬ 
burg: Thierarzt (600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den 
Magistrat — Tilsit: Thierarzt für Praxis. Auskunft beim Vor¬ 
sitzenden des landw. Vereins in Kaukmethen (O.-Pr.). 

Besetzt: Sanitätsthierarztstelle inHirscbberg und Osnabrück. 


Verantwortlich (Br den Inhalt (excL Ingerat rauh eil): Prot Dr. 8ehmaltx ln Berlin. — Verlag und Eigen th um von Richard Scboets in Berlin. Druck von W. Büxengtein, Berlin 


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wöchentlich ln St&rke von mindestens 1'/, Bogen. Dieselbe 
lat an beziehen durch den Buchhandel, die Post (No 1088) 
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fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr Schmaltz, 
Berlin, thlerlrztliehe Hochschule. NW., Luisenstrasse 66. 
Correctnren, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. E. Schmaltz, Dr. E. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Sehoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M 12 . Ausgegeben am 22. März. 


Inhalt: Peter: Zur klinischen Diagnose der Wuthkrankheit. — Referate: Breton: Necrose der Diiten beim Pferde. — 
Richter: Ueber Augenerkrankuogeu. — Nessl: Zungengeschwür der Rinder. (Glossitis traumatica. — Trou de la langue). — 
Klelsuke: Ueber Aetiologie und Pathogenese der Kedani-Krankheit. — Räblmann: Ueber Blepharitis acarica. Eine Er¬ 
krankung der Wimpern und Lidränder infolge von Milben in den Cilienbälgen. — Marx: Die Grenzen der normalen Temperatur. 
— Wauters: Sur la röpartition des substances bact6ricides dans les Organes et sur la filiation des diff6rentes espöces des 
leucocytes. — Kleine Mittiieilungen. — Tagesgeschichte: Stenogramm der Verhandlungen des Reichstages betr. Militär- 
rosBärzte vom 23. Februar. — Ueber die thatsächlichen Verhältnisse der Heranbildung der Militär-Thierärzte in Oesterreich 
und Ungarn. — Personalien. — Vacanzen. 


Zur klinischen Diagnose der Wuthkrankheit. 

Von 

Dr. Peter. 

Vorlrag, gehalten im Thierärztlichen Verein 
der Provinz Brandenburg. 

I. 

In den beiden letzten Jahren bat die Tollwuth weiter am | 
sich gegriffen, als wir bei der Wirkung und Handhabung unseres 
Scuchengesetzes gewohnt sind. 

Die statistischen Berichte melden nicht nur aus den Grenz¬ 
provinzen eine grössere Anzahl von Fällen, sondern anch im 
Innern des Reiches wird die Seuche wieder häutiger beobachtet. 
In Dresden und Umgegend hat dieselbe nach den Mittlieilnngen 
von Johne*) einen epidemischen Charakter angenommen. 

Mit der Ausbreitung der Wnthseuche steht die Zunahme der 
Bissverletznngen durch wnthkrauke Hunde beim Menschen im 
Einklang. Kirchner**) berichtet, dass in Pteussen im 
Jahre 1897 161 und 1898 251 Bissverletzungen amtlich gemeldet 
worden sind. Dieselben kamen in beiden Jahren hauptsächlich 
in den an Russland, Mähren, Oesterreichisch-Schlesien 
and Böhmen stossenden Grenzbezirken vor and vertheilen sich 
auf nachstehende Provinzen: Ostprenssen 31 bezw. 23, West- 
prenssen 13 bezw. 37, Brandenburg 2 bezw. 14, Pommern 6 
bezw. 16, Posen 14 bezw. 34, Schlesien 88 bez». 122, Sachsen 4 
bezw. 8, Schleswig-Holstein 3 bezw. 0. Die Zahl der durch 
Biss verletzten Menschen hat hiernach 1898 in allen Provinzen 
mit Ausnahme von Ostprenssen and Schleswig-Holstein zo- 
genommen. Die Beteiligung der einzelnen Regierungsbezirke 
ergiebt sich aus einer von Kirchner anfgestellten Tabelle: 
Oppeln hat 56, Liegnitz 35, Breslau 31, Posen 26, Marien¬ 
werder 20, Danzig 17, Königsberg 13, Köslin 11, Frankfurt 11, 
Gumbinnen 10, Bromberg 8, Merseburg 8, Stettin 5, Potsdam 
3 Fälle zn verzeichnen. 

Die 254 Bissverletznngen entfallen auf 87 Kreise, von 
denen 13 an die russische, 11 an die österreichische und 4 an 
die sächsische Grenze stossen; 17 weitere Kreise sind von diesen 
Grenzen nnr dnreh Theile eines anderen Kreises getrennt 

•) Johne, Zeitschrift f. Thiermedicin 1898. Bd. 2, H. 5. 

**) Kirchner, Ueber die Bissverletznngen von Menschen 
durch tolle oder der Tollwuth verdächtige Thiere etc. 1898. 


Ans der Zusammenstellung ergiebt sich, dass 144 Biss¬ 
verletznngen in 45 Kreisen durch Hunde, deren Infection 
anf das Ausland zurückgeführt werden mass, verursacht 
worden sind. Die übrigen 110 Bissverletznngen entfallen auf 
42 Kreise, welche ebenfalls im östlichen Theile der Monarchie, 
also den verseuchten Grenzprovinzen benachbart liegen. 

Durch diese Angaben Kirchner’s wird die alte Tbatsache, 
welche bereits in den Jahresberichten der Königlichen technischen 
Deputation für das Veterinärwesen über die Verbreitung an¬ 
steckender Thierkrankheiten in Preussen *) jahraus jahrein 
wiederkehrt, bestätigt, dass die Tollwnth lianptsächlich ans 
Russland and Oesterreich ins Land eingeschleppt UDd von den 
Greiizregionen nach Westen verbreitet wird. Marx**; betrachtet 
die Oler als die westliche Grenze der aus dem Osten ein¬ 
geschleppten Fälle. Die Verschleppung der Wnth aus Sachsen 
und Schlesien nach dem centralen Deutschland sei sehr beschränkt, 
weil daselbst in Folge der viel dichtem Bevölkerung und dem¬ 
gemäss leichter dorcbznführenden veterinärpolizeilichen 
Massnahmen herumsch weifende wnth verdächtige Hnnde leicht 
unschädlich gemacht werden könnten. Dass der veterinär¬ 
polizeiliche Apparat in den Grenzdistricten gnt functionirt, gelit- 
daraus hervor, dass wir es hier im Lande der Regel nach nur 
mit sporadischen Fällen zn tlmn bekommen. Indess ist auch in 
unserer Provinz Brandenburg die Tollwuth bei verschiedenen 
Hau8thiergattnngen in den letzten Jahren hänfiger aufgetreten 
al« früher, sodass sich der Herr Regierungs-Präsident in Potsdam 
veranlasst sah, in einer neuen Verfügung vom 18. Januar 1899 
— I. 7657 — die Aufmerksamkeit wieder anf die Bekämpfung der 
Tollwuth zn lenken nnd den Ortspolizeibehörden die strenge 
Handhabung der veterinärpolizeilichen Vorschriften erneut ein¬ 
zuschärfen. Es wird in der Verfügung anch ersucht, von Zeit 
zn Zeit Belehrungen über die Kennzeichen der Wuthkrankheit 
und die Gefahr ihrer Uebertragung anf Hausthiere nnd auf 
Menschen sowie über Mittel zur Bekämpfung der Senche in Kt eis- 
nnd Localblättern zu veröffentlichen. 

Inhaltlich eines speciellen Erlasses des Ministers der geist- 

*) Jahresberichte der Königlichen technischen Deputation für 
«las Veterinärwesen etc. 

Mari, Bericht Uber dis Thätigkeit der Abthcilung zur 
• eilung und Erforschung der Tollwuth. 1898. 


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134 

lieben, Unterrichts- nnd Medicinalangelegenheiten vom 12. October 
1897 — M. 12558 — ist jeder Fall von Bissverletzung ln einer vor¬ 
geschriebenen Form der Behörde sofort zu melden. Aus dem 
Bestreben des Staates, die durch den Biss toller Hunde ge¬ 
fährdeten Menschen gegen eine Erkrankung an Wuth zu schützen, 
ist die Errichtung einer Abtheilung zur Heilung und Erforschung 
der Tollwuth beim Institut für Infectionskrankheiten hervor¬ 
gegangen. Dieselbe ist am 16. Juli vorigen Jahres eröffnet worden. 
Durch einen von drei Ressortministern Unterzeichneten Erlass 
vom 22. Juli 1898*) (Amtsblatt der Königl. Regierung zu Pots¬ 
dam 1898, Stück 32) wird auf die segensreiche Einrichtung hin¬ 
gewiesen und vorgeschrieben, welche Wege nach dem Vorkommen 
einer Bissverletzung zum Schutz des Gebissenen eingeschlagen 
werden sollen und welche Ermittelungen anzustellen sind. Hierbei 
fällt den beamteten Thierärzten eine sehr wichtige Rolle zu, 
denn es kommt allein auf ihre Erhebungen bei der Untersuchung 
des wuthverdächtigen Hundes an, ob der Verletzte ärztliche 
Hilfe bezw. die Hilfe des fraglichen Institutes in Anspruch zu 
nehmen bewogen wird. 

Der Nachdruck, welcher von den Behörden in Folge der 
seuclienhaften Verbreitung der Tollwuth auf die Bekämpfung der¬ 
selben in der gegenwärtigen Zeit gelegt wird, und die Möglich¬ 
keit, dass die Entscheidung über das Wohl und Wehe eines Ge¬ 
bissenen täglich an den einen oder den anderen Collegen heran¬ 
treten kann, sind die Veranlassung, dass ich in der heutigen 
Vereinssitznng zu einem kurzen Vortrag das Wort zu nehmen 
mir erlaube. Ich beabsichtige zunächst in groben Umrissen 
den gegenwärtigen Stand der Tollwuthforschung und Bekämpfung 
zu zeichnen, alsdann die Diagnose der Wuth bei Hunden 
und Rindern an der Hand einiger von mir in den letzten 
Jahren untersuchten Fälle näher zu besprechen und zum Schluss 
auf die Einrichtung und den Betrieb des ins Leben getretenen 
Institutes für Tollwuthheilung und Forschung, welches unser 
warmes Interesse beansprucht, zurückzukommen. 

II. 

Im Allgemeinen macht sich die Tollwuth nur durch sporadische 
Krankheitsfälle unter den Hunden bemerkbar. Das Auftreten 
eines tollen Hundes in einer Gegend versetzt die Hundebesitzer 
wegen der strengen veterinärpolizeilichen Massnahmen in Auf¬ 
regung. Häufen sich die Fälle in einem Bezirk, so erfasst die 
ganze Bevölkerung eine starke Beunruhigung. Aus der Zeit, in 
welcher eine Veterinär-Gesetzgebung noch nicht vorhanden war 
oier noch in den Kinderschuhen steckte, sind mehrere Wuth- 
epizootien in der Erinnerung geblieben und durch die Fach¬ 
literatur überliefert worden. So in Deutschland von 1720—1723, 
in England von 1754—1760. In Deutschland, Holland, Schweden 
1822—1830. 1861 wurde eine neue Steigerung der Wuthfälle in 
Mitteleuropa und Frankreich beobachtet**). 

In fast allen Staaten Europas besteht die Hundswuth dauernd 
fort. Nocard hebt in seiner ausgezeichneten Monographie über 
die Tollwuth (1. c) hervor, dasB Frankreich und Belgien im 
Westen, Russland im Osten die beiden hauptsächlichsten Infections- 
herde bilden, während Centraleuropa und der Norden am wenig¬ 
sten betroffen sind. Die 400—500 Wuthfälle, welche in Deutsch¬ 
land alljährlich zur amtlichen Kenntniss gelangen, erstrecken sich 
hauptsächlich, wie bereits gezeigt worden ist, über die Provinzen 
an der russisch-polnischen Grenze, ein kleiner Bruchtheil der 

*) luzwisclien ist von derselben Stelle aus im Einverständniss 
mit dem Herrn Finanzminister eine Vervollständigung der Vor¬ 
schriften, daiirt Bor.in, den 10. Juli 1899, erschienen. (Amtsblatt der 
Königl. Regierung zu Potsdam 1899, Stück 31.) 

**) N o c n r <1 et L e c 1 a i n c h e, Maladies microbiennes des ani- 
inaux 1816 


No. 12. 

Fälle kommt in den belgischen und französischen Grenzdistricten 
zur Beobachtung. 

Verhältnissmässig selten ist die Wuth in der Schweiz, jähr¬ 
lich 5, 6, 7 bis 25 Fälle, welche auf Einschleppung zurück¬ 
zuführen sind, ln England ist die Wuth in der Abnahme be¬ 
griffen, und es ist anzunehmen, dass das Inselreich daroh die 
neuerdings für Hunde erlassenen strengen Einfuhrbestimmungen 
(lange Quarantäne) überhaupt von der Seuche sich befreien kann. 
In Holland, Dänemark, Schweden kommen nur isolirte Fälle vor. 
Oesterreich giebt 300—500 Fälle an, Ungarn 700, Russland 3000. 
Afrika wird an der ganzen Mittelmeerküste von der Wuth heim¬ 
gesucht. 1893/94 wurde die Krankheit auch am Cap beobachtet 
und 1892 nach Madeira eingeschleppt, allwo eine rasche Ver¬ 
breitung stattfand. Janson berichtet über das Vorkommen der 
Seuche in Japan, Callmette über das Auftreten derselben in 
Java, Singapore, Malaga, weiter in Nieder-Cochinchina, Tonkin 
und Anam. In Amerika ist die Wuth nach den Berichten des 
Pasteur'sehen Institutes häufig in den Staaten Mexico, Brasilien, 
Chile. Auf Cuba ist eine enorme Verbreitung anzunehmen, denn 
im Institut von Habanna wurden von 1886—1891 1115 gebissene 
Personen behandelt. Australien ist frei und dürfte sich in Folge 
strenger prophylaktischer Massnahmen frei erhalten. 

Obwohl die Wuth eine altbekannte Krankheit ist, haben die 
Untersuchungen über das Wesen derselben nioht sehr frühzeitig 
begonnen. Aus dem Jahre 1811 wird berichtet, dass Gobier 
durch Verfütterung von Fleisch an Wuth verendeter Wieder¬ 
käuer die Krankheit auf Hunde übertragen habe. 20 Jahre 
später, 1830, widerlegten die Franzosen durch Vatel, Renault 
Rey ihren Landsmann endgiltig, und die Unmöglichkeit einer 
Uebertragung durch die Digestionswege ist seitdem nicht mehr 
strittig. Ein positives Factum, die Virulenz des Speichels wuth- 
kranker Hunde, ermittelten schon 1813 Grüner und Salm darob 
subcutane Ipjection. Berndt in Greifswald kam auf Grund 
umfangreicher Versuche im Jahre 1822 zu dem Ergebniss, dass 
die Tollwuth nicht nur durch subcutane Verimpfung des Speichels 
wuthkranker Hunde, sondern aller Thiere, welche mit der 
Wuth behaftet sind, übertragen werden könne. Trotz dieser 
Versuche blieb es ungewiss, ob auch der Herbivorenspeichel 
infectionsfähig sei, weil mehrere Franzosen in dieser Hin¬ 
sicht erfolglos* experimentirt batten. Im Jahre 1842 bestätigte 
indess Rey die von Berndt entdeckte Thatsache. 

Nunmehr trat eine mehr als 3Qjahrige Pause ein, ehe 
weitere Fortschritte in der Kenntniss der Tollwuth gemacht 
wurden. In der ersten Zeitperiode batten deutsche und fran¬ 
zösische Forscher einen gleichen Antheil an den wissenschaft¬ 
lichen Arbeiten und Resultaten, während nach der Ruhe¬ 
pause das entschiedene Vorwiegen französischer Arbeit zu con- 
statiren ist. Den Franzosen bleibt das unbestrittene Verdienst, 
eine umfassende Aufklärung auf diesem Gebiete gebracht nnd 
die Menschheit mit einem Schutzverfabren gegen die grauenhafte 
Krankheit beschenkt zu haben. 

Die verhältnissmässig geringen Ergebnisse, welche die Toll¬ 
wuthforschung bis Anfang der achtziger Jahre zu verzeichnen 
hat, lassen die Annahme zu, dass die Gefahr, welche das Ex- 
perimentiren mit Hunden für Menschen hat. von den Unter¬ 
suchungen zurückscbreckte, und nur einige waghalsige Forscher 
(a. A. besonders Hertwig, Beiträge zur nähern Kenntniss der 
Wuthkrankheit etc., 1829) den Muth hatten, an Hunden experi¬ 
mentelle Tollwutbstudien zu machen. Man kann sagen, dass 
erst seitdem Galtier in Lyon im Jahre 1879 ermittelte, welchen 
Werth das Kaninchen als Versuchsobject bei der Tollwath bildet, 
die erfolgreiche Aera der Wuthforschung begonnen hat. Die 
Kaninchen erkranken sehr leicht nach der intraoculären und mit 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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22. März 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


135 


absoluter Sicherheit nach der intracraniellen Verimpfung von 
Gehirn- bezw. Markmasse toller Thiere. Die Impfsrankheit läuft 
unter dem Bilde der stillen Wuth ab, sodass der Untersucher 
■nicht in Gefahr kommt, gebissen zu werden, wie bei Hunden. 
Nocard 1880 und P. Bert 1882 filtrirten Wuthspeichel durch 
Gips nnd bewiesen, dass der Filterrückstand virulent und das 
Filtrat unschädlich sei. Hieraus konnte der Schluss gezogen 
werden, dass der Ansteckungsstoff nur an solider Materie haften 
nnd ein corpusculäres Gebilde sein müsse. 

Vom Jahre 1881 ab kommen die Studien von Pasteur im 
Verein mit Chamberland, Thuillier, Roux an die Oeffentlich- 
keit, welche zu der Aufsehen erregenden Entdeckung der Toll- 
wnthschutzimpfung geführt haben. In den ersten Arbeiten 
erfahren wir, dass das Wuthgift nicht nur im Speichel, sondern 
auch in den Nervencentren enthalten sei, nnd dass die directe 
Inoculation des Giftes in die Oberfläche des Gehirns ein sicheres 
Mittel bilde, die Krankheit künstlich zu übertragen. 1882 folgt 
die Veröffentlichung von 200 gelungenen Uebertragungen. 1884 
wurde constatirt, dass die Passage des Ansteckungsstoffes durch 
den Affen Abschwächung der Virulenz bedinge, und dass auf 
diese Weise ein Impfstoff gewonnen werden könne. 1885 ver¬ 
kündet Pastenr eine andere Methode der Mitigation und die 
Grundzüge einer Behandlung, durch welche Thiere und Menschen 
refractär zu machen seien, selbst wenn dieselbe erst eine Zeit 
lang nach der Infection beginnt. 

Bei der Hunderasse ist die Wuth endemisch; alle anderen 
Species werden von den Hunden inficirt. Alle Säugethierarten 
und der Mensch sind für das Contagium empfänglich. Häufig ist 
die Wuth beim Wolf, seltener wird dieselbe beim Fuchs, Dachs, 
Schakal und bei der Hyäne beobachtet. Von den herbivoren 
Haastbieren werden die Boviden, Schafe und Ziegen am meisten 
betroffen. Das Pferd leidet selten an Wuth, ziemlich oft dagegen 
das Kameel. 

Einen epizootischen Charakter kann die Tollwuth unter 
Hirschen und Damwild annehmen, eine Beobachtung, die wieder¬ 
holt in England gemacht wurde. Im Park von Richmond unter¬ 
lagen 1886/87 263 Hirsche der Tollwuth. Gleiche Wuthepizootien 
sind in den Hochwildbeständen von Eaton Hall und Swythamby 
1872 bezw. 1880 vorgekommen*). 

Die Merkmale der Wuth sind jedem Thierarzt bekannt. Die 
beste Darstellung des ganzen Krankheitsbildes ist Nocard (1. c.) 
gelungen. Der Verlauf der Krankheit bietet in seinen einzelnen 
Stadien keine charakteristischen Symptome. Die beiden Haupt¬ 
formen, die rasende und die stille Wuth, kommen nichtgleich- 
mässig bei allen empfänglichen Thiergattungen vor. Hunde er¬ 
kranken vorwiegend an der ersteren t orm, die herbivoren Thiere 
dürften im Allgemeinen häufiger von der paralytischen Wuth 
befallen werden. 

Bei lebenden Hunden gestaltet sich die Feststellung 
der Wuth verhältnissmässig viel leichter als am Cadaver. Die 
gewöhnlichste Veranlassung, auf welche die ‘hierärztliche Unter¬ 
suchung verlangt wird, ist nicht motivirte Beisssucht bei 
als gutartig bekannten oder bei herrenlos umherschweifenden 
Hunden. 

Die Beisssucht tritt bei Hunden erst im Stadium der Raserei 
auf, also wenn bereits andere Symptome der Krankheit bestehen. 
Ist der verdächtige Hund eingefaDgen und eingesperrt, so lässt 
sich beobachten, dass Wuthanfälle mit Erschlaffung abwechseln. 
In diesem Zustande fallen dem Beobachter die Störungen des 
Allgemeinbefindens deutlich in die Augen: Zittern, Jnckgetühl, 
Empfindungslosigkeit, welche sich soweit steigern kann, dass sich 
der Hund tief in die Muskeln heisst. Hallucinationen, welche 

♦) Nooard 1. c. 


sich dadurch äussern, dass der Hund nach einem imaginären 
Feinde schnappt. Geschlechtliche Erregung, Unruhe. Die Streu 
wird auf einen Haufen zusammengescharrt und wieder ausge¬ 
breitet. Erschwertes Schlucken macht sich bemerkbar, besonders 
kann das Trinken nicht mehr normal ausgeführt werden, eine 
Erscheinung, welche die Annahme von dem Vorhandensein der 
Hydrophobie bei der Tollwuth hervorgebracht hat. 

Beim Ausbruch eines Wuthanfalls dringt das kranke Thier 
auf die Wände seines Behälters ein, beisst in dieselben, heult, 
verschluckt Stroh, Holz, Tapeten, kurz was überhaupt zum Ver¬ 
schlucken vorhanden und erreichbar ist. 

Kommen die Erscheinungen nicht in der geschilderten, in 
gewissem Sinne charakteristischen Weise zur Ausbildung, so be¬ 
darf es noch der Beobachtung des letzten Stadiums der Krank¬ 
heit, um zu einer sicheren Diagnose zu gelangen. Dasselbe kenn¬ 
zeichnet sich durch allgemeine Schwäche und Lähmungs¬ 
erscheinungen und endet nach 1—2 Tagen mit dem Tode. Die 
Lähmungen beginnen in der Hinterhand oder an den Kiefern. 
Es folgen veitstanzähnliche Bewegungen der Glieder und 
tetanische Contractionen verschiedener Muskelgruppen. Die 
Augen liegen tief in ihren Höhlen, die Respiration wird schwer 
und angestrengt, und unter vollständigem Verfall der Kräfte tritt 
der Tod ein. Der Verlauf der rasenden Wuth nimmt 2—10 Tage 
in Anspruch. 

Bei dem andern Haupttypus, unter dem die Wuthkrankheit 
auftritt (stille Wuth, paralytische Form), können die sen¬ 
soriellen Störungen vollständig fehlen. Der kranke Hund be¬ 
kundet Unruhe, Traurigkeit und die Neigung, Gegenstände zn be- 
leckeh. Die Lähmungen zeigen sich frühzeitig und beginnen an 
den verschiedensten Körpertheilen und Körpergegenden. Der Hund 
bleibt ruhig und beisst auch nicht, wenn er provocirt wird. Der 
Verlauf der stillen Wuth erfolgt bei Hunden stets schnell, der 
Tod tritt in 2—3 Tagen ein. 

Die Häufigkeit der paralytischen Zustände, welche Hunde 
nach der Staupe oder durch äussere Ursachen befallen, können 
zu einer Verwechselung leicht Veranlassung geben. Es be¬ 
darf deshalb stets einer sorgfältigen Prüfung und Erwägung der 
begleitenden Umstände, um zu einer richtigen Diagnose zu ge¬ 
langen. Einen wichtigen Anhalt für die Feststellung der 
Wuthkrankheit wird immer das Vorkommen von Tollwuth- 
fällen in der benachbarten Gegend bieten. Dass 
diese Thatsache aber auch einmal auf eine falsche Fährte 
führen und eine grundlose Beunruhigung verursachen kann, habe 
ich vor zwei Jahren selbst erfahren. Eine Dame wünschte ihren 
gelähmten Hund „möglichst schmerzlos nnd ohne Qual“ aus der 
Welt zu schaffen. Derselbe litt an einer Paraplegie der Hinter¬ 
hand mit Lähmung der Blase und des Mastdarmes. Die Tödtung 
des Hundes sollte mit einer wässerigen Lösung von Cyankalium 
vorgenommen werden, wovon ich eine mehr als hinreichende 
Dosis in den rechten Pleurasack spritzte. Die suffocatorische 
Wirkung des Giftes trat alsbald ein. Nach einigen Minuten be¬ 
gann der bereits todt erscheinende Hund jedoch wieder vereinzelte 
Athembewegungen zu machen, worauf ich demselben mit der 
Hand das Maul zuhalten wollte. Beim Zugreifen wurde die Zeige¬ 
fingerspitze der linken Hand durch einen scharfen Eckzahn des 
Hundes verletzt. Mit diesem Augenblick beherrschte mich der 
Gedanke, dass der Hund toll gewesen sein könne. Denn derselbe 
war nach den anamnestischen Ermittelungen einige Wochen vorher 
seiner Herrin entlaufen und hatte sich mehrere Tage umher¬ 
getrieben. Zudem waren die Lähmungserscheinungen ohne vor¬ 
hergehende Krankheit oder erkennbare äussere Ursache auf¬ 
getreten. AuBserdem traf es sich, dass in dem benachbarten Kreise 
Randow der Provinz Pommern die Tollwuth bei zwei Hunden 


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136 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12. 


coDStatirt sein sollte. Die Coincidenz dieser Umstände veranlasste 
mich, bei dem getödteten Hunde unter Beihilfe des Collegen G. 
eine genaue Obduction vorzunehmen. Wir stellten an dem Ca- 
daver eine ausgebreitete Cyanose der Schleimhäute fest, welche 
in diesem Falle auf den Blausäuretod bezogen werden musste. 
Im Uebrigen waren keine Veränderungen vorhanden, insbesondere 
hatte der Magen einen normalen Inhalt. Dieses Ergebniss reichte 
begreiflicherweise nicht aus, um mich von der Präoccupation 
völlig freiznmachen, dass der Hund wuthkrank gewesen sein 
könne, und ich würde mich der Schutzimpfung unterworfen haben, 
wenn im Frühjahr 1898 das Pasteur’sche Impfverfahren in Berlin 
schon ausgeführt worden wäre. Glücklicherweise haben sich 
weitere Folgen nicht gezeigt. (Schluss folgt.) 


Referate* 

Necrose der Dfiten beim Pferde. 

Von Breton- Alfort. 

(Reeneil, 25. II. 1900.) 

Am 15. November 1899 brachte ein Pferdehändler einen 
neunjährigen Percheron in die Klinik, mit dem Vorbericht 
dass er einen Nasenpolyp habe, dessen Entfernung er wünsche. 
Das Pferd habe im Juni 1899 zu rohren angefangen, später 
etwas Nasenausfluss, besonders rechts, gezeigt, jetzt verwachse 
das Nasenbein und sei der Ausfluss übelriechend. 

Die Untersuchung im Stande der Ruhe ergiebt ein deutliches 
Schnarchen bei der Inspiration und der Exspiration, das sich in den 
oberen Luftwegen zu bilden scheint. Die Nasenlöcher sind ver¬ 
schmiert, der Ausfluss ist eiterig-schleimig, rechts übelriechend 
und mit blutigen Striemen durchsetzt. Die rechte Nasenseite ist 
verschwollen, die Schwellung ist hart, nicht schmerzhaft und füllt 
die Ausbuchtung des Oberkiefers aus. Links ist die Nasen¬ 
gegend normal. Rechts ist die Nasenschleimhaut roth und ent¬ 
zündet, die obere Düte ist verschwollen, ihre Oberfläche ist un¬ 
regelmässig, mit harten Plättchen bestreut, die sich als in 
Elimination begriffene Knochenpartien erweisen. Die Be¬ 
leuchtung der Nasenhöhle lässt nichts mehr wahrnehmen. 

In der Maulhöhle ist der die Zahncaries characterisirende 
üble Geruch wahrnehmbar; der dritte obere Molar rechts ist 
theilweise zerstört und hohl. Die Diagnose lautete auf Necrose 
der rechten Nasendüten infolge Zahncaries. Als Behandlung 
wurde die Exstirpation der erkrankten Theile vorgeschlagen. 
Hierzu wmrde der mittelst Chloralklystier eingeschläferte Patient 
auf die linke Seite gelegt, der Kopf wurde so gehalten, dass 
kein Blut in die Luftröhre fliessen konnte. Die Haut wurde 
geschoren und der Nasenflügel gespalten von dem Winkel, 
welchen Nasenbein und Zwischenkieferbein bilden, bis nahe an 
das Nasenloch. Die Blutung war stark und musste das Nasen¬ 
loch tamponirt werden. 

Die Wundränder wurden auseinander gehalten, wobei 
constatirt wurde, dass die Nasenhöhle durch die Düte fast voll¬ 
ständig verschlossen war; ein Tlieil derselben wurde entfernt, 
die totale Ablation erschien aber d irch die Wundöffnung nicht 
möglich. Das Nasenbein wurde deshalb durch drei Trepanations¬ 
schnitte, die in zwei Centimeter Entfernung von einander 
angelegt und mit Meissei und Hammer vereinigt wurden, ge¬ 
öffnet. Die obere Düte wurde stückweise entfernt, und nöthigte 
die starke Blutung von neuem die. Taraponirung der Wunde. 
Schon vor der Trepanation hatte die gesteigerte Athemnoth die 
Tracheotomie erfordert. 

Die Schwäche des Patienten zwang die weitere Operation 


zu verschieben. Zur Stärkung wurden dem Thiere zwei Liter 
artificielles Serum intravenös injicirt. 

Am anderen Tage w'ar der Allgemeinzustand gut, der Patient 
war schwach, aber fieberlos. Die Tampons wurden entfernt, die 
Wunde gut ausgewaschen. Die Untersuchung der untereu Düte 
ergab, dass sie wie die obere erkrankt war. Die Waschungen 
(abwechselnd 2 n, 0 Creolin, 1—2 0, oo Kalium permanganicum, 
1% Jod) wurden bis zum 24. fortgesetzt. 

Am 25. wurde das Pferd gelegt und die untere Düte stück¬ 
weise entfernt. Sodann wurde der cariöse Zahn durch Spaltung 
des Kiefers entfernt. Die Alveole wurde nach Waschung mit 
Gaze verstopft, die Nasenhöhle tamponirt. Am nächsten und an 
den folgenden Tagen wurde der Verband erneuert und die Wunde 
reichlich ausgespült. Die Eiterung war nicht gross, die 
WTindflächen heilten regelmässig, nur zeitweise zeigten sich an 
den Trepanationsstellen einige necrotische Flecken, die ab¬ 
geschabt wurden. 

Am 30. November war rechts fast kein Ausfluss vorhanden, 
links dagegen war er stark und die Drüsen dieser Seite 
schwollen an. Nach einigen Tagen konnte man auf dieser 
Seite das Vorhandensein einer Sinusanfüllung wahrnehmen. Die¬ 
selbe wurde durch frontale und maxilläre Trepanation, Drainage 
und Ausspülungen beseitigt. Am 26. September wurde das Pferd 
als geheilt entlassen. 

Ueber Angenerkrankungen. 

Von Oberrossarzt Richter-Brombcrg. 

(Ztschr. f. Vet. M«ra 1900.) 

Beiderseitige Erblindung in Folge von Hornhauttrübung. 

Am 6. Januar 1898 erkrankte das fragliche Pferd an einer 
parenchymatösen Hornhautentzündung auf dem rechten Auge, 
wogegen die üblichen Mittel angewandt wurden. Am 25. März 
wurde das Pferd als geheilt entlassen. Bei der Untersuchung 
durch den Referenten zeigte sich aber später die Cornea mit 
punkt- und strichförmigen Trübungen wie besät. Durch die 
dazwischen liegenden durchsichtigen Stellen erkannte man, dass 
die Pupille verengt und verzerrt und die Linse dunkel graublau 
war. Das Auge war blind. Am 21. April wurde constatirt, 
dass über Nacht eine vollständige Trübung der Hornhaut des 
linken Auges eingetreten war; Schwellung, Thränenfluss, über¬ 
haupt die Spuren irgendwelcher Entzündung fehlten. Die Cornea 
war im ganzen graublau gefärbt. 6 Wochen später war bei 
theilweiser Aufhellung dieselbe strich- und punktiörmige Trübung 
wie rechts ausgebildet. Auch auf diesem Auge war Erblindung 
eingetreten. Im Augenhintergrund und in der Linse war nichts 
zu erkennen; die Iris dagegen war mit der Linse völlig ver¬ 
wachsen; Atropin veränderte die Pupille nicht mehr. Dieser Fall 
ist nicht zu verwechseln mit einer früher von Schwarznecker 
beschriebenen Erkrankung, wo punktförmige Comeatrübungen 
als Erstlingserscheinungen auftraten. 

Bei dieser Gelegenheit empfiehlt R. die Methode Möllers 
zur Feststellung der Blindheit. Wenn man mit kurz gefassten 
Zügeln sich vor das Pferd stellt und es mit der einen Hand 
auf das Maul schlägt und dann zu einem zweiten Schlage aus¬ 
holt, so sucht das Pferd mit dem Kopfe auszuw T eichen, wenn es 
auch nur ein wenig sehen kann, während es ruhig steht, wenn 
es wirklich blind ist. Diese Methode ist absolut zuverlässig. 

Keratitis punctata ulcerosa Intermlttens. 

Bei einer Remonte waren öfters trübe Augen bemerkt 
worden. Bei der Untersuchung im April 1898 fand R. leichte 
wolkige Trübung der Hornhaut und etwas Thränenfluss, Es 


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22. März 1900 

wurde eine Salbe verordnet, bestehend aus Hydrargyrum oxydatum 
flavum 1: 10 Vaseline, und dieselbe durch Massage der Augen¬ 
lider vertheilt, worauf das Uebel schwand. Ende Mai zeigte 
sich an beiden Augen Thränenfluss und wiederum wolkige Horn¬ 
hauttrübung, in der sich einzelne Punkte abhoben, welche über 
die Oberfläche hervorragten, und deren Zahl sich vermehrte. 
Nach einigen Tagen traten an Stelle dieser Knötchen kleine 
Vertiefungen, während die wolkigen Trübungen und alle Ent- 
zündungserscheinungen schwanden. Das Verhalten des Pferdes 
zeigte, dass das Sehen beeinträchtigt war. Bei der Unter¬ 
suchung des inneren Auges konnte nichts Abnormes gefunden 
werden. Nach 8 Tagen war die Erkrankung verschwunden. 

In dieser Weise erkrankte das Pferd alle 3 bis 5 Wochen, 
bald heftiger, bald leichter. Es wurde ausrangirt. Eine Unter¬ 
suchung mit dem Augenspiegel ergab übrigens schliesslich eine 
Röthung der Papilla n. optici, die mit dem Verschwinden des Pro- 
cesses ebenfalls verschwand. Eigenthümlich ist das schnelle 
Auftreten der Knötchen und die schnelle und vollständige 
Regeneration ohne Zurückbleiben von Veränderungen. 

Conjunotivitls ulcerosa. 

Ein Pferd erkrankte während des Marsches und konnte erst 
am dritten Tage thierärztlich behandelt werden. Das Auge wurde 
geschlossen gehalten. An den Augenlidrändern zeigten sich 
hanfkorngrosse rothe bezw. gelbrothe Gebilde mit centralem Zer¬ 
fall. Aus dem inneren Augenwinkel entleerte sich mit Eiter¬ 
flocken gemischte Thränenflüssigkeit. Auf dem Wege des 
Thränenabflusses fanden sich zahlreiche flache Geschwüre. Es 
lag also eine schwere Conjunctivitis vor. Es wurde dreimal 
dagegen l%ige Höllensteinlösuug eingeträufelt, worauf die Er¬ 
krankung vollständig zurückging. Auf der Thränenstrasse 
wuchsen neue Haare; doch wo die Geschwüre gesessen hatten, 
bildete sich kein Pigment mehr, und die Stellen sahen rosa aus. 
Nach der Rückkehr vom Kavallerieexercieren fand sich daselbst 
eine junge Remonte, die dasselbe Leiden hatte. 

Znngengeschwfir der Binder. 

(Glossitis traumatica. — Tron de la langne.) 

Von J. Nessl. 

(Thlerlrztl. Centralblatt 189», H. 25.) 

Diese eigentümliche Krankheit des Rindes, welche in 
Deutschland wenig bekannt ist, wird von J. Guittard, 
Pathologie Bovine 1895, ausführlich beschrieben. Derselbe 
fasst die Affection als eine Glossitis auf, welche durch reizende 
Stoffe in der Nahrung, durch ätzende Flüssigkeiten u. s. w. 
verursacht werden kann. Durch einen lang anhaltenden Reiz 
bildet sich in der Regel an der Basis des freien Zungentheils 
eine mehr oder weniger tiefe wunde Stelle aus, welche im 
Volksmunde in Frankreich trou de la langne (Zungenloch) 
genannt wird. 

Der Krankheitszustand soll auf mechanische Weise dadurch 
entstehen, dass scharfe und spitzige Theile von Futterstoffen 
(Grannen u. s. w.) beim Fressen gegen den Zungenwulst, 
welcher die Grenze zwischen dem freien und dem angehefteten 
Theil der Zunge darstellt, gedrückt und in der Schleimhaut 
dieser Partie verankert werden. Die aus den Bewegungen des 
freien Zungentheiles resultirende Kraft soll genau auf die 
Stelle einwirken, wo der fixe Zungentheil in den beweglichen 
übergeht, und durch die Concentrirung aller Zungenbewegungen 
auf einer genau umgrenzten Stelle soll eine Art von Wirbel¬ 
bewegung hervor gebracht werden, die alle Nahrungsmittel anzieht 
und unaufhörlich bestrebt ist, sie in das Zungenparenchym 


137 

einzutreiben. Der Mechanismus hat Aehnlichke.it mit der 
combinirten Bewegung des Augapfels und der Augenlider, welche 
einen in den Conjunctivalsack geratlienen kleinen Fremdkörper 
nach dem innem Augenwinkel hintreibt. 

Diese Ansicht von der Entstehung der Krankheit wird nicht 
allseitig getheilt. Markus-Agram in Croatien, wo die 
Affection unter dem vulgären Namen „rnoljac“ bekannt ist, hält 
sie für Actinomycose. Wenn man auch diese Annahme ohne 
nähere Begründung nicht gelten lassen kann, so dürfte doch 
nicht ausgeschlossen sein, dass eine spezifische Ursache dem 
Leiden zu Grunde liegt und die beschriebenen mechanischen 
Momente eine nebensächliche Rolle spielen. Denn die Krankheit 
tritt mit euzootischem Character auf. Im Agramer Comitate 
gewann dieselbe eine solche Ausbreitung, dass das benachbarte 
Bosnien sowie die Statthaltereien in Triest und Graz die Grenz¬ 
sperre gegen das genannte Comitat anordneten. 

Bei der Ausbreitung der Krankheit bekunden die Rinder 
zunächst zögernde Futteraufnahme, Schlingbeschwerden besonders 
beim Trinken, ferner Speicheln. Am Grunde des freien Zungen¬ 
theils entsteht Röthung, Schwellung, später ein Geschwür, 
welches mehrere Centimeter im Durchmesser haben und in die 
Tiefe reichen, selbst die Zunge perforiren kann. 

Die oberflächliche Entzündung der Zunge heilt in 12—14 
Tagen ab, ist dagegen ein „Zungenloch“ entstanden, so tritt 
die Vernarbung erst ein, sobald die Grünfütterung beginnt. 

Zur Behandlung empfiehlt der Verf. nach jedem Futter und 
nach Beendigung des Wiederkauens alle in das Loch ein¬ 
gedrungenen Futtermittelreste zu entfernen und die Wunde mit 
Reizmitteln (Spirit, camphorat., Arnicatinctur, Aloetinctur, 
Carbolsäurelösung in Alcohol etc.) event. mit Aetzmitteln (Zinc. 
chlorat., Sublimatlösung) zu behandeln. 

Es liegt auf der Hand, dass die Krankheit leicht die Maul¬ 
und Klauenseuche Vortäuschen kann, und es ist anzunehmen, dass 
die obenerwähnten Massnahmen der bosnischen Landesregierung 
u. 8. w. gegen das Agramer Comitat auf Grund einer Ver¬ 
wechselung beider Krankheiten zur Anordnung gelangten. 

Ueber Aetiologie and Pathogenese der Kedani- 
Krankheit. 

Von Dr. Kelsuke-Tanake. 

(Central bUtt f. Bacterfol. u. Parasitenk. XXVI. Bd. No. 14/15.) 

In Japan kommt unter den Menschen eine durch eine Haar¬ 
milbe (Kedani) verursachte Krankheit vor. Diese Krankheit 
zeigt sich in folgendem klinischen Bilde: Schorfbildung auf 
der äusseren Haut, schmerzhafte Schwellung der regionären 
Lymphdrüsen, nicht schmerzhafte Anschwellung fast aller ober¬ 
flächlichen Lymphdrüsen, typischer Temperaturverlauf, Urticaria 
ähnliches Hautexanthem. Etwa am 10.—13. Tage tritt Exitus 
letalis ein. Die Mortalität schwankt nach den Angaben zwischen 
40 und 70 pCt. — Namentlich im August tritt, nach Ueber- 
schwemmung an den Ufern einiger Flüsse, eine sehr gefürchtete 
Milbe auf, welche sich mit ihrem Kopfende senkrecht in die 
EpidermiB einbohrt. Bei leichter Berührung der betreffenden 
Stelle mit der Kleidung zeigt sich ein stechender Schmerz. 
Wenn die Milbe sorgfältig abgelesen wird, so erkranken die 
Befallenen nicht heftig, geschieht die Entfernung aber in grober 
Weise, mit Zerreissung des Milbenkörpers, und bleibt der Kopf- 
theil in der Haut sitzen, so entsteht ein kleines Knötchen mit 
einem rothen Hof, aus dem sich nach einiger Zeit ein Bläschen 
bildet. 

Die Meinung, dass eine Immunität nach einmaligem Ueber- 


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138 

stehen zurückbleibt, fand Verf. nicht bestätigt. Es gelang Verf. 
aus der Lunge der an der Kedani-Krankheit gestorbenen Personen 
einen Bacillus und zwar eine Proteus-Art zu isoliren. Dieser 
Proteus, welcher in der Natur sehr verbreitet ist, wird von der 
Umgebung in die durch die Zersetzung des Milbenleibes ent¬ 
zündete Bissstelle gelangt sein. 

Ueber Blepharitis aearica. Eine Erkrankung 
der Wimpern und Lidränder infolge von Milben in den 
Cilienbälgen. 

Von E. R ä h 1 m a n n. 

(Clin. MonatibL f. Augenhellk. I89i>, Contrbl. t Bact. u. Paraaitk. XXVI, No. I.) 

Von Stieda ist in den Haarbälgen der Cilien Demodex 
beobachtet. Verf. hat nun diese als unschädlich bisher an¬ 
gesprochenen Parasiten als Urheber von Erkrankungen der 
Cilien, der Lidränder und der Conjunctiva kennen gelernt. Die 
Zahl der an einer ausgezogenen Cilie haftenden Milben ist eine 
grosse, fünf bis sechs Exemplare. Die Milben liegen in den Haar¬ 
bälgen mit dem Kopf nach dem Grunde zu. Durch ihren 
schädigenden Einfluss wird zuerst die Cuticula des Haares ge¬ 
troffen, dieselbe wird aufgelockert und spröde, es kommt zu 
knolligen Anschwellungen und Verkrümmungen des Haares. 
Besonders wird aber die Haarwur/.el von dem Parasiten verletzt; 
ferner drängt er nicht nur das Haar von der Wurzelscheide ab, 
sondern er verzehrt auch gewisse Schichten desselben als 
Nahrung. Man findet in den Cilienbälgen, neben ausgewachsenen 
Exemplaren beider Geschlechter, Larven, Embryonen und Eier. 

Clinisch beobachtet man starke Hyperaemie der intermarginalen 
Lidrandzone und der äusseren Haut am Uebergangstheil von 
Haut und Lidrand, in der Gegend der vorderen Lidkante. 
Zuweilen gelangen die Parasiten in den Coqjuuctir&lsack and 
rufen hier Reizungserscheinungen hervor. 

Die Grenzen der normalen Temperatur. 

Von Marx. 

(Zeltschr. t. Diätei. u. physlc. Therap.) 

Die in fast alle Lehrbücher übergegangenen Temperatur¬ 
grenzen (Achselhöhlenmessung) Wunderlich’s, der als sub¬ 
normal 36,0—36,5°, normal 36,6—37,4°, subfebril 37,5—38,0° 
angegeben hat, sind nach Messungen an über 200 Männern 
nicht zutreffend; Verf. fand nämlich, dass sich die Temperatur 
der Gesunden normaler Weise unter 37,0° bewegt und zwar 
zwischen 36,0 und 37,0°. 

Gelegentliche Temperaturschwankungen bis 37,2° wurden 
auch bei Gesunden beobachtet, aber nur bei besonderen Ur¬ 
sachen (z. B. Verdauung). Temperaturen über 37,2° C. sind 
stets mit körperlichem Unbehagen verbunden und schon dadurch 
als völlig ausser dem Normalen liegend deutlich kenntlich 
gemacht. 

Temperaturen etwas unter 36,0° kommen auch vor, ohne 
dass es sich um Collaps handelt. 

Es giebt zahlreiche Phthisiker mit noch im Gange befind¬ 
lichen rein tuberculösen Processen, deren Temperaturen sich in 
diesen normalen Grenzen bewegen. 

Sur la räpartition des substances baetäricides dans les 
Organes et sur la filiation des differentes espfeces des 

leucocytes. 

Von G. Wauters. 

{Archiv, d. m6d. exp6r. et. d’anat path. T. X. p. 75t, ref. Centr. f. B. u. P. Bd. XXVI. fl.) 

W. trennte zu seinen Versuchen die Leucocyten von dem 
flüssigen Exsudat, zerrieb sie mit Glasscherben und setzte Serum 
von 60° C. hinzu. Nach einer Stunde wurde in diesem Gemisch 


No. 12. 

durch Centrifuge der flüssige Theil entfernt und durch die 
gleiche Menge destillirten Wassers ersetzt und ebenfalls 
centrifugirt. Zu beiden Leucocytenextracten wurden Staphylo- 
coccen zugesetzt, dabei zeigte sich, dass in dem serösen Auszug 
eine Hemmung des Bacterienwachsthums statthatte. W. unter¬ 
suchte die Art der Vertheilung dieser bactericiden Stoffe im 
Körper und wählte zu seinen Untersuchungen: Knochenmark, 
Lymphdrüsen, Solitärfollikel und Milz. Hierbei konnte W. fest¬ 
stellen, dass dem Extract aus dem rothen Knochenmark eine 
20 Mal intensivere bactericide Wirkung innewohnt als dem¬ 
jenigen aus Lymphdrüsen. In den Solitärfollikeln ist die bactericide 
Kraft kaum merkbar und schätzt W. dieselbe gleich Null. Die 
Milz nimmt eine Mittelstellung zwischen Knochenmark und Lymph¬ 
drüsen ein, während der concentrirte Auszug deutlich bactericid 
war, wurde im verdünnten Extract diese Eigenschaft vermisst. 
Verf. hat dann seine Untersuchungen ausgedehnt auf das bactericide 
Vermögen verschiedener nicht lymphoider Gewebe, so von Leber, 
Nieren, Gehirn, quergestreifter Musculatur, Thymus, Pankreas, 
Nebenniere, Hoden, Lunge und Bindegewebe des Kaninchens. 
Hierbei fanden sich die Extracte von Gehirn, quergestreifter 
Musculatur und Thymusdrüse bactericid unwirksam. Bei Leber, 
Nieren, Pankreas, Nebennieren und Hoden war die bactericide 
Kraft gering, bei Bindegewebe und Lunge dagegen sehr be¬ 
deutend. Die höchste bactericide Kraft wohnt also dem rothen 
Knochenmark inne. Bezüglich der Natur der bactericiden 
Substanz giebt Verf. au, wie schon durch die Untersuchungen 
Nutalls und Büchners bekannt ist, dass es sich um einen 
Eiweisskörper handelt, welcher in Alkohol unlöslich ist, durch 
Wärme (60°) leicht zerstört wird und zur Entfaltung seiner 
Wirksamkeit die Anwesenheit von Salz erfordert. 

Verf. glaubt, dass die bactericide Fähigkeit den pseudo¬ 
eosinophilen Zellen, welche im rothen Knochenmark besonders 
zahlreich Vorkommen, innewohnt. Diese Elemente bilden bei 
einem Exsudate fast die Gesammtheit der Leucocyten. Diese 
Elemente lassen sich durch Centrifugiren rein erhalten und dann 
aus diesen eine hochbactericidwirkende Substanz hersteilen. 
Dass nicht die rothen Blut- und Fettzellen im Knochenmark 
eine bactericide Fähigkeit haben, ist durch besondere Versuche 
dargethan. J. 

Kleine Mittheilungen. 

Ein Zwischenfall bei Kryptorchidenoperation. 

Nach einer Kryptorchidenoperation, bei welcher sehr lange 
nach dem Hoden hatte gesucht werden müssen, entstand 6 Tage 
nach der Operation, da das betreffende Pferd trotz aller Vor- 
sichtsmassregeln nicht zu verhindern war, sich blitzschnell zu 
Boden zu werfen, ein Dannvorfall zwischen Hautwunde und 
Perforationsstelle des Bauchfells. Bei der Untersuchung fand 
sich an der Oberfläche der geschwollenen Darmwand bereits 
fibrinöse Auflagerung. Der Vorfall war wahrscheinlich bereits 
in der Nacht eingetreten. Das Pferd wurde geworfen, Darm 
und Operationswunde eine Viertelstunde lang mit warmem 
Sublimatwasser desinficirt und der Vorfall ziemlich mühsam 
zurückgebracht, dann die ganze Wundhöhle mit Jodotormgaze 
tamponirt, nachdem der Wundkanal in der Tiefe durch Etagen¬ 
nähte geschlossen war, und die Haut über dem Ganzen vernäht. 
Das Pferd kam wider Erwarten durch, obwohl sich in den 
nächsten Tagen hohes Fieber einstellte, welches durch tägliche 
Camphorinjectionen (10 g Camphorspiritus) erfolgreich bekämpft 
wurde. Vier Wochen nachher konnte es als dauernd geheilt 
entlassen werden. Dieser Zwischenfall beweist, dass das Bauch- 


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22. März 1900. 

feil des Pferdes, Asepsis and Antisepsis vorausgesetzt, durchaus 
nicht so empfindlich ist, und dass ein Darmvorfall nicht un¬ 
bedingt unheilbar ist. Erwähnenswerth ist noch ausserdem, 
dass bei der eigentlichen Operation das Suchen nach dem Hoden 
erst dadurch zum Erfolg führte, dass der eine Operateur die 
Hand in die Bauchhöhle, der andere in den Mastdarm einführte, 
so beide mit einander Fühlung gewannen und nunmehr die ganze 
Bauchhöhle nochmals abtasteten. Der Hode hatte sich hier sehr 
weit in die Beckenhöhle zurückgeschoben. Diese combinirte 
Aufsuchungsmethode verdient in den Fällen, wo der Hode schwer 
zu finden ist, gewiss alle Beachtung. 

Zur Tenotomie. 

Fröhner macht in den Mtsh. f. Th. folgende Mittheilung: 
Ein schweres Pferd war wegen Stelzfuss mit Durchschneidung 
der Hufbeinbeugesehne behandelt worden. Nachdem es drei 
Jahre lang gut gegangen war, hatte sich wieder Stelzfuss aus¬ 
gebildet. An der Operationsstelle waren durch derben Gallus 
Fesselbein-, Hufbein- und Kronbeinbeuger mit einander ver¬ 
wachsen. Da somit eine isolirte Durchschneidung des Hufbein¬ 
beugers nicht thunlich war, so versuchte F. eine partielle Durch¬ 
schneidung desselben, indem 5 cm unterhalb der alten Operations¬ 
stelle die Sehne subcutan etwa 2 cm tief eingeschnitten wurde. 
Das Pferd trat zunächst nicht durch. Dann wurden die Trachten 
niedergeschnitten, ein Schnabeleisen ohne Stollen aufgesetzt und 
das Pferd bewegt, wodurch es zu starkem Durchtreten im Fessel 
gezwungen wurde. Nun dehnte sich die angeschnittene Sehne. 
Das Pferd trat von Tag zu Tag besser durch und 8 Tage nach 
der Operation war die Stellung völlig corrigirt. Unter diesen 
Umständen genügt also statt der Durchschneidung die Ein¬ 
schneidung der verkürzten Sehne. 

Eine seltene Veränderung der Huffarbe bei einem Pferd. 

Ein zehnjähriger dunkelbrauner Wallach hatte schwarz- 
behaarte Vorderbeine vom Knie abwärts und Hufe von schwarzer 
Farbe. An den Hinterbeinen war der Wallach weiss gefesselt, 
ebenso waren die Hufe weiss gefärbt. 

An den schwarzen Vorderhufen trat nun seit Ende Mai 
dieses Jahres Entfärbung ein. Diese Hufe haben jetzt bis auf 
einige schmale Streifen alles Pigment verloren und erscheinen 
nunmehr völlig weiss. Die Consistenz und sonstige Beschaffen¬ 
heit des Hufhornes hat sich nicht verändert. 

Der Wallach hat stets eine gute Gesundheit bekundet. 
(Vet. Record 1899 No. 583.) 

Tagesgeschichte. 

Stenogramm der Verhandlungen des Reichstages 
betr. Militärrossärzte vom 23, Februar. 

Graf von Roon, Abgeordneter, Berichterstatter: Meine 
Herren, ich habe auch hier zu constatiren, dass die Verbesserung 
der Stellung der Rossärzte, die auch im vorigen Jahre schon im 
Plenum erörtert ist, wiederholt zur Sprache gebracht worden ist, 
dass aber nach den Auskünften, die seitens der Militärver¬ 
waltung und des Reichsschatzamtes gegeben wurden, angenommen 
worden ist, dass sie nur erfolgen könne mit einer Auf¬ 
besserung der Gehälter auch für andere Beamten. Deswegen 
sei im Augenblick darin nichts zu machen, diesem Titel 
sowie er vorliegt, die Zustimmung zu geben. Ich beantrage das 
gleichfalls. 

Bassermann, Abgeordneter: Meine Herren, die Stellung 
der Rossärzte in der Armee hat auch in diesem Jahre, wie der 
Herr Referent hervorgehoben hat, zu eingehender Erörterung in 
der Budgetcommission geführt. Ich verweise zunächst darauf, 
dass bereits im vergangenen Jahr hier eine Resolution einge¬ 
bracht war, durch welche die verbündeten Regierungen auf¬ 
gefordert wurden, eine materielle Besserstellung der Rossärzte 
herbeizuführen. Diese Resolution, im vorigen Jahre abgelehnt, 


wurde von verschiedenen Seiten in der Budgetcommission auf¬ 
gegriffen, ohne dass jedoch die Antragsteller Glück hatten. Es 
ist mit einer Stimme Mehrheit die Resolution, die eine Besser¬ 
stellung der Rossärzte verlangte, abgelehnt worden. Es hat nun 
im Plenum der Herr Abgeordnete Hoffmann die Angelegenheit 
wieder aufgenommen, und nicht nur die Gehaltsfrage, sondern 
auch die ganze Frage der Vorbildung der Rossärzte zum Gegen¬ 
stand eines Antrags gemacht. Ich würde den Herrn Präsidenten 
bitten, bei der Abstimmung über diese Resolution eine Theilung 
vorzunehmen und über denjenigen Theil der Resolution, der die 
Gehaltsfrage behandelt, getrennt abstimmen zu lassen. 

Meine Herren, ich bin auch der Ansicht, dass, was die Ge¬ 
hälter der Rossärzte anlangt, die derzeitigen Bezüge derselben 
vollständig ungenügend sind. Es ist nun in der Budgetcom¬ 
mission hervorgehoben worden, man möge nicht, nachdem die 
Gehaltsfrage im Allgemeinen ihre Erledigung gefunden habe, 
durch eine. Besserstellung der verschiedenen Beamtenkategorien, 
nunmehr wieder vereinzelte Kategorien herausgreifen und auf 
weitere Gebaltserhöhungen drängen. Dieser Grundsatz ist ja 
im Allgemeinen richtig und auch von den verschiedenen Frac- 
tionen in der Budgetcommission anerkannt worden. Allein hier 
liegt doch ein besonderer Fall vor: hier ist doch anerkannt, 
auch von Seiten der Kriegsverwaltung in der Budgetcommission, 
dass die Voraussetzungen, unter denen die Gehaltsregulirung 
der Rossärzte erfolgt ist, nicht mehr dieselben sind, als zu der 
Zeit, als diese Gehaltsnormen aufgestellt wurden, dass seit jener 
Zeit eine Verschlechterung der ganzen Verhältnisse der Ross¬ 
ärzte eingetreten ist. Man hat bei Normirung der Gehaltssätze, 
die für die Rossärzte dahin gehen, dass sie in dem preussischen 
Contingent sich in den Gehaltsstufen von 1200, 1300 und im 
Maximum von 1400 Mark bewegen, Rücksicht auf den Umstand 
genommen, dass wohl die meisten Rossärzte eine ergiebige 
Privatpraxis auszuüben in der Lage wären. Die Kriegsverwal¬ 
tung hat nun selbst in den Erörterungen in der Budgetcommis¬ 
sion zugegeben, dass dies jedenfalls lange nicht mehr in dem 
Maasse wie früher der Fall ist. 

Es liegt mir hier eine Denkschrift der Rossärzte vor, in 
der eine Begründung gegeben ist für die Nothwendigkeit einer 
Aufbesserung. In dieser Denkschrift wird einmal hingewiesen 
auf die bayerischen Verhältnisse, und betont, dass, während in 
Preussen, wie bereits erwähnt, das Maximalgehalt nur 1400 Mk. 
beträgt, in Bayern 6 Gehaltsstufen vorhanden sind, und der 
bayerische Rossarzt oder Veterinär von einem Anfangsgehalt 
von 1500 Mark in der Lage ist aufzusteigen bis 2400 Mark, 
also ein Mehr von 1000 Mark im Maximum gegenüber dem 
preussischen Maximum. Meine Herren, ich halte eine Gehalts¬ 
bestimmung, welche einem academisch vorgebildeten Mann im 
Maximum 1400 Mark gewährt, für gänzlich ungenügend. Es 
kommt aber dazu, dass, wie bereits erwähnt, die Privatpraxis 
abgenommen hat, dass die Civilrossärzte im Reiche überall zu¬ 
genommen haben, und dass ergiebige Einnahmequellen, wie sie 
namentlich auch in der Vornahme der Fleischbeschau für die 
Militärrossärzte zum Theil wenigstens vorhanden waren, ver¬ 
siegt sind, wenigstens an vielen Orten, dadurch, dass die Com- 
munen immer mehr zur Errichtung von Schlachthäusern über¬ 
gegangen sind und die Fleischbeschau durch vonSeiten der Com- 
munen angestellte besondere Thierärzte vornehmen lassen. Es wird 
von Seiten der Rossärzte weiter darauf hingewiesen, dass die Ver¬ 
hältnisse im Reiche durchaus verschieden liegen nach den einzelnen 
Theilen des Reiches, und dass insbesondere die Elbe hier die Grenze 
bildet: östlich der Elbe ein viel stärkerer Pferdebestand und 
dadurch eine grössere Möglichkeit, Privatpraxis zu treiben und 
zu Privateinnahmen zu gelangen. Es sind nach der hier ge¬ 
machten Aufstellung im Jahre 1897 im Regierungsbezirk Königs¬ 
berg auf einen Thierarzt 3397 Pferde entfallen, im Regierungs¬ 
bezirk Cassel dagegen nur 777 Pferde, also eine sehr erhebliche 
Differenz für einzelne Landestheile. Es ist dann weiter darauf 
hinzuweisen, dass eine Privatpraxis der Militärrossärzte immer 
darunter nothleiden wird, dass der Mann eben durch die Ma¬ 
növer zu einer längeren Abwesenheit gezwungen ist, und dass 
in Folge dessen sehr viele Pferdebesitzer sich an solche Thier¬ 
ärzte zu ihrer ständigen Bedienung wenden werden, die sie das 
ganze Jahr hindurch heranzuziehen in der Lage sind. 

Also, meine Herren, was den ersten Theil des heute ge¬ 
stellten Antrags anlangt, so sind meine politischen Freunde aus 
den von mir angegebenen Gründen der Ansicht, dass allerdings 
diesem Anträge zuzustimmen ist, und dass wir eine Besser¬ 
stellung der Rossärzte anstreben müssen und wir auch eine dies¬ 
bezügliche Anr egun g der Regierung gegenüber befürworten wollen. 


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140 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 12. 


Der Antrag behandelt dann zum Zweiten die Vorbildung 
der Rossärzte. Meine Herren, da liegen ja in der That auch 
Klagen des thierärztlichen Personals vor, und zwar einmal in 
der Richtung, dass auf der einen Seite, für den Rossarzt das 
Reifezeugniss für die Prima verlangt wird, dass er aber auf 
der anderen Seite, trotzdem er demnach schliesslich eine bessere 
Vorbildung haben muss, als sie für das Einjährigenzeugniss 
verlangt wird, dennoch zu zwei- und dreijährigem Dienst mit 
der Waffe herangezogen wird, und dass eine derartig lange 
Dienstzeit in gar keiner Weise für ihn nothwendig ist, auch 
nicht förderlich ist, dass die wissenschaftliche Ausbildung des 
betreffenden Mannes unter einer derartig langen Dienstzeit unter 
der Fahne entschieden Notli leidet. Die Denkschrift der Ross¬ 
ärzte empfiehlt, man möge an Stelle des veralteten preussischen 
Systems das bayerische System einfuhren, die nöthigen Ross¬ 
ärzte jährlich aus den Civilstudirenden der Thierheilkunde als 
Einjährige in der Armee herausnehmen und dann nach einem 
halben Jahre zu Unterrossärzten befördern; es werde sich 
so das rossärztliche Personal dann in einer Weise ergänzen, 
wie das sich in Bayern durchaus die Jahre hindurch bewährt 
hat, und es werde ausserdem eine derartige Ersparnis durch 
den freiwerdenden Etat der Militärrossarztschule eintreten, dass 
daraus allein die Gehaltserhöhung bestritten werden könnte. 
Im Uebrigen hat sich das hohe Haus ja schon beim Etat des 
Reichsamtes des Innern mit der ganzen Frage der Vorbildung 
der Rossärzte beschäftigt. Es ist dabei darauf hingewiesen 
worden, dass vom deutschen Veterinärrath und von den Ross- ; 
ärzten selbst eine andere Vorbildung verlangt wird, und dass ] 
man insbesondere das Reifezeugnis zur Universität, also die 
Absolvirung der Oberprima, als Vorbedingung des thierärztlichen 
Studiums verlangt. Ich glaube, dass dieses Begehren auch 
durchaus gerechtfertigt ist. Es ist schon im Jahre 1878 von 
den Professoren der Thierarzneischulen die Ablegung des Abi¬ 
turientenexamens dringend empfohlen worden, und man hat da¬ 
mals von dieser Regulirung nur deshalb Abstand genommen, 
weil man den Uebergang für zu schroff erachtete. Man war 
der Ansicht, dass, wenn man reformiren wolle, man nicht zu 
rasch Vorgehen dürfe, sondern sich zunächst mit dem Reife¬ 
zeugnis für Prima begnügen könne. Nun sind seit der Zeit 
20 Jahre verflossen, neue Aufgaben sind hervorgetreten, die auf 
dem Gebiete, der Veterinärpolizei, der Nahrungsmittelgesetz¬ 
gebung, und namentlich auch der Bacteriologie liegen, und die 
darauf hinweisen, dass es allerdings wünschenswerth ist, dass 
das thierärztliche Personal eine bessere Vorbildung geniesse, 
als es bisher der Fall war, also dieselbe Vorbildung, die für 
die Mediciner im Allgemeinen verlangt wird. Nun bin ich der 
Ansicht, dass eine derartige Gesetzgebung im Reich kommen 
wird. Sie hat früher bereits in Deutschland bestanden, und 
zwar in Hessen, besteht in anderen Staaten, Schweden, Belgien, 
Frankreich, Oesterreich-Ungarn mit gutem Erfolge. Ich sollte 
aber meinen, dass es richtiger wäre, dass allerdings zunächst 
bei der Civilverwaltung vorzugehen sein wird. Es w'ird dann 
ohne Weiteres die Militärverwaltung in die Nothwendigkeit 
versetzt werden, auch ihrerseits die Vorschriften zu ändern. 
Ich möchte meinerseits dem hohen Hause dringend empfehlen, 
den ersten Theil der Resolution Hoffmann anzunehmen, durch 
welche die materielle Besserstellung der Rossärzte erstrebt wird. 

Graf von Roon, Abgeordneter, Berichterstatter: Meine 
Herren, ich habe in dieser Beziehung noch etwas nachzuholen 
zu meinem Referat. Es hat der Herr Generalleutnant von der 
Bo eck als der Veitreter des Herrn Kriegsministers das 
Wünschenswerte der Erhöhung der Gehälter der Rossärzte 
mit aller Entschiedenheit anerkannt. Er hat Folgendes erklärt: 
die Rossärzte sind allerdings nicht so besoldet wie andere, 
ihnen gleichzuerachtende Beamtenklassen, z. B. auch die 
bayerischen Veterinäre, deren Bildungsgang aber verschieden 
ist; die Militärverwaltung wird sich aber angelegen sein lassen, 
die Gehaltsverhältnisse der Rossärzte wohlwollend zu prüfen. 
Aus diesem Grunde hat die Commission Abstand genommen, 
eine Resolution in dieser Beziehung zu votiren. Nachdem diese 
Resolution von dem Herrn Abgeordneten Hoffmann hier ein¬ 
gebracht, und nachdem in der Commission in Betreff des 
Wünschenswerthen der Aufbesserung der Gehälter Einstimmig¬ 
keit sozusagen herrschte, glaube ich Namens der Commission 
empfehlen zu dürfen, dass |wir den ersten Theil der Resolution 
annehmen. Es wird in der Sache nicht viel ändern; denn die 
wohlwollendste Berücksichtigung so bald als möglich hat die 
Militärverwaltung schon zugesagt. Ich möchte nur Vorschlägen, 
den ersten Theil der Resolution, über den der Herr Abgeordnete 


Bass ermann besondere Abstimmung beantragt etwas allgemeiner 
zu fassen, als hier steht. Hier heisst es nämlich: 

dass die Gehälter der Corpsrossärzte, Oberrossärzte, 
Rossärzte und Unterrossärzte der ausserbayerischen 
Contingente des Reichsheeres denen der entsprechenden 
Klassen von Veterinärärzten der bayerischen Armee 
gleich gestellt werden. 

Das würde der Militärverwaltung meiner Meinung nach die 
Hände allzu sehr binden. Also ich möchte bitten, dass dieser 
erste Theil der Resolution so gefasst wird: 

dass die Gehälter u. s. w. des Reichsheeres baldmög¬ 
lichst aufgebessert werden. 

Ich kann wohl im Namen der Commission aussprechen, dass 
dieser Wunsch von allen Seiten getheilt wurde. Deswegen 
würde sich das ganze Haus zweckmässig auf diese Resolution 
vereinigen können. 

Was den zweiten Theil der Resolution betrifft, so hat ja 
der Herr Abgeordnete Bassermann dessen Zwecke schon aus- 
lührlich dargelegt. Ich muss aber im Namen der Commission 
mittheilen, dass diesem Antrag seitens der Commission nicht 
beigetreten war, und dass auch der Herr Vertreter der Militär¬ 
verwaltung diesem Antrag widersprochen hat. Ich kann Ihnen 
nur empfehlen, dem zweiten Theil der Resolution nicht beizu¬ 
stimmen. 

Hoffmann (Hall), Abgeordneter: Meine Herren, die Ein¬ 
leitung habe ich bereits gestern gegeben. Für das Entgegen¬ 
kommen, welches diese Resolution bezüglich der Gehaltsauf¬ 
besserung gefunden hat, habe ich schon in der Budgetcommission 
Veranlassung genommen der Heeresverwaltung den Dank aus- 
zusprechen, und ich wiederhole denselben hier. Da ja von dem 
Herrn Abgeordneten Bassermann dieser Theil auch hier eine 
eingehende Begründung erfahren hat, werde ich zu dieser An¬ 
gelegenheit, da ich glaube, dass das ganze Haus beistimmen 
wird, nichts Weiteres sprechen. 

Ich gehe auf den zweiten Theil der Resolution ein, welche 
einzureichen ich mir erlaubt habe: die Maturitätsprüfung, welche 
in innigster Verbindung mit dem zweiten Theil der Petition der 
Militärthierärzte, welche ich eingereicht habe, betreffend die Rang¬ 
erhöhung im Zusammenhänge ist. Ich bin der Ueberzeugung, 
dass die Rangerhöhung so lange nicht erfolgen wird, bis die 
Maturitätsprüfung für das Studium, das die Rossärzte durch¬ 
machen müssen, eingeführt ist. Ich habe das auch in der 
Budgetcommission ausgesprochen, und wenn ich richtig ver¬ 
standen habe, so ist mir dort seitens des Herrn militärischen 
Vertreters ein gewisses Beifallszeichen geworden. Eine Rang¬ 
erhöhung der Militärthierärzte liegt aber nicht nur im eigenen 
Interesse dieser Beamtenklasse, sondern sie liegt ganz besonders 
im Interesse des Aerars und des militärischen Dienstes — ich 
kann das beweisen —, und sie liegt im Interesse der Wissen¬ 
schaft überhaupt. Die Rangerhöhung wird aber bloss dann als 
gerechtfertigt anzusehen sein, wenn man auch die Vorbildung 
und das Studium derart erhöht, dass sie den Menschenärzten 
durchweg gleichstehen. Die Erfüllung der Maturitas muss 
kommen. Man kann aber nicht einseitig Vorgehen und nur das 
Veterinärwesen des Civilstandes entsprechend aufbessern, der 
Militärverwaltung aber in diesem Punkte freie Hand lassen in 
der Hoffnung, dass sie schon von selbst nachkommen wird. 
Eine Trennung in der Vorbildungs- und Bildungsfrage dieser 
beiden Zweige ist jedenfalls nicht durchführbar, oder sie wäre 
mit schweren Nachtheilen verknüpft. Man darf nur auf frühere 
Verhältnisse hinweisen, wo solche Trennung zwischen höheren 
und niederen Thierärzten bestanden, und auf die grossen Nach¬ 
theile in den Ländern, wo jetzt noch solche Trennung besteht. 
Einen derartigen Rückschritt werden wir hier in Deutschland 
nicht noch einmal machen wollen. 

Aus diesem Grunde glaube ich berechtigt zu sein, den 
zweiten Theil der Resolution, die Maturitätsprüfung betreffend, 
aufrecht halten zu sollen. Ich möchte den sehr verehrten 
Herren doch zu bedenken geben, dass, wenn Sie jetzt lediglich 
die Gehaltsaufbesserung befürworten und das Andere zurück- 
weisen, dann die Heeresverwaltung der Meinung sein könnte, 
Sie seien von ihr für eine niedere Ausbildung für die Militär¬ 
thierärzte zu haben, während Sie in ganz kurzer Zeit, und so¬ 
viel ich die Sache übersehen kann, bei den Civilthierärzten 
werden verlangen müssen, dass diese das Mäturitätszeugniss 
haben müssen; denn aufhalten lässt sich ja diese Sache, so wie 
sie heutigen Tages einmal liegt, nach meiner Meinung nicht 
mehr. Die Maturitas ist eine Forderung der Wissenschaft, und 
die Thätigkeit, die von den Persönlichkeiten dieses Standes 


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22. März 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


141 


gefordert wird, ist eine im öffentlichen Leben hochbedeutsame 
geworden. Die Sache der Thierheilkunde ist nicht mehr eine 
kleine, unbedeutende, sondern sie ist aus sich herausgewachsen 
und ist gross und bedeutsam geworden in unserem Staatsleben. 

Meine Herren, ich will auf einige Einwürfe eingehen, 
welche erhoben worden sind. Es ist in der Budgetcommission, 
besonders von dem Vertreter der Heeresverwaltung, dem Herrn 
General von der Boeck hervorgehoben worden, das Militär 
habe ein besonderes Interesse daran, dieses Institut, die Militär¬ 
rossarztschule, so wie es heute besteht, zu erhalten, und zwar 
aus dem Grunde, weil eine grosse Zahl von Familien und von 
gewissen Kreisen hier die Wohlthat geniessen, dass sie ihre 
Nachkommen in einem Staatsinstitut unterbringen, sie nachher 
in eine entsprechende Stellung hiniiberleiten und unentgeltlich 
studiren lassen können. Ich erkenne sehr wohl an, meine 
Herren, dass es für Eltern, die in solchen Verhältnissen sind 
und von diesen Wohlthaten, — die ich vorerst auch hier noch als 
solche gelten lassen will, weil sie so gemeint sind, und ich 
will gar nicht daran zweifeln, dass sie auch gut gemeint sind —, 
Gebrauch machen, eine angenehme Sache ist. Aber mit solchen 
Gründen kann man doch die Fordeningen der Wissenschaft und 
die Ansprüche an die Leistungen der betreffenden Standesan¬ 
gehörigen nicht zurückhalten! Wenn die Wissenschaft vorwärts 
schreitet, und die Thätigkeit eine andere wird, dann muss doch 
anch den grösseren Interessen zuerst ihr Recht werden, und man 
darf das Wichtigere nicht wegen des Kleineren aufhalten. Es 
ist aber auch in diesen Sachen, was die Wohlthat selbst betrifft, 
nicht alles Gold, was glänzt. 

Ich will meinerseits sogleich anführen, dass mir diese 
Bildungsanstalt für Militärthierärzte, die Rossarztschule, vor¬ 
kommt wie eine Mausefalle. Die jungen Leute wissen gar nicht, 
um was es sich handelt. Die Eltern sind vielleicht sehr froh 
und dankbar, ihre Söhne in diese Anstalt bringen zu können; 
aber für den jungen Mann kommen trübe, schwere Zeiten. Der¬ 
selbe ist vorher auf dem Gymnasium gewesen und hat die 
Reife für Prima: viele haben auch das Abiturium. Für die 
Anstalt ist aber der Nachtheil vorhanden, dass Viele, die geistig 
oder moralisch defect sind, nicht über die Prima hinaus¬ 
kommen und doch studiren wollen, in dieses Studium gebracht 
werden. Meine Herren, es ist das ein Gebiet, das ich nament¬ 
lich dann, wenn wir an die Frage der Bildung der Civilthier- 
ärzte kommen, besonders eingehend erörtern will. Angenommen 
nun, der junge Mann tritt zum Militär ein und bei einer be¬ 
rittenen Waffe. Er hat zwar schon viel mehr Bildung, als noth- 
wendig wäre, 'um ihn zum Einjährigfreiwilligendienst zu berech¬ 
tigen; er darf trotzdem nicht als Einjährigfreiwilliger dienen, 
sondern muss als Gemeiner dienen, er lebt in der Kaserne. Aller¬ 
dings bekommt er dadurch gewisse materielle Vortheile, denn 
das Regiment erhält ihn ja, aber er leistet auch dafür wie jeder 
gemeine Soldat. Er wird dadurch aus seinen wissenschaftlichen 
und gesellschaftlichen Beziehungen, die er bis jetzt gehabt hat, 
vollständig losgerissen, und unter diesen Umständen muss er ein, 
zwei Jahre und auch noch länger dienen. Dann kommt er 
endlich auf die Lehrschmiede. Da ist er ein Jahr, lebt 
mit den Schmieden zusammen und muss mit diesen zusammen 
arbeiten und Hufbeschlag lernen. Er geniesst nur Schmied¬ 
unterricht, und in diesem Jahre soll er so weit gebracht werden, 
dass er ein Hufeisen schmieden und das Schmiedehandwerk 
selbst ausüben kann. Meine Herrn, was glauben Sie wohl, was 
bei einem solchen systematischen Tödten des Gedankens von der 
früheren Bildung noch sitzen geblieben ist? Sehr wenig! Und 
nun kommt endlich der Betreffende, wenn er das Schmiede¬ 
examen gemacht hat, herüber in die Militärrossarztschule und 
darf studiren. Das Militär bezeichnet aber heute noch diese 
Leute, die jetzt „Stndirende“ geworden sind, nicht wie die 
übrigen Frequentanten der Hochschule mit denen sie zusammen 
sind, als „Studirende“, sondern sie heissen heute noch „Eleven“, 
was schon seit mehr als dreissig Jahren unrecht ist. Sie sind 
während der Studienzeit kasernirt und unter militärischer Auf¬ 
sicht. In derselben Stube, in welcher die Militärstudirenden der 
Thierheilknnde sich befinden, sind nicht selten auch noch die 
Schmiede die Stubenältesten. Es ist hier der soldatische Charakter 
so vollkommen durchgeführt, dass ein totaler Gegensatz gegenüber 
den Studenten des Civils besteht, und das tritt namentlich noch 
um so betrübender hervor, wenn man einen Vergleich zieht 
zwischen dem Institut, welches dicht neben der Rossarztschule 
liegt, dem Friedrich-Wilhelms-Institut, woselbst die zukünftigen 
Militärärzte ähnliche, nur viel grössere Vortheile geniessen, wie 
hier die zukünftigen Thierärzte. Will man tliatsächjich den 


Personen dieser Familien und Kreise Vortheile schaffen, so muss 
man dieselben doch so einrichten, wie auch sie den Verhält¬ 
nissen entsprechen; das thun aber gerade die Verhältnisse, wie 
sie heutzutage an der Rossarztsclmle bestehen, nicht. Ich habe, 
meine Herren, eine Reihe von Petitionen hier zur Hand, welche 
alle Nachtheile eingehend schildern; auch daraus hat der Herr 
Abgeordnete Bassermann schon sehr viele Mittheilungen ge¬ 
geben, welche das, was ich in Bezug auf Gehalt der Rossärzte 
sagen wollte, bereits zu Ihrer Kenntniss gebracht haben. 

Ueber den thierärztlichen Dienst in der Armee will ich weder 
aus meinen eigenen Erfahrungen etwas noch aus dem, was mir 
gute Freunde aus früheren Zeiten und über die jetzigen Ver¬ 
hältnisse mitgetheilt haben, hier zur Sprache bringen, sondern 
ich will nur das, was der „Veterinärrath“, ein authentisches 
Organ, über diese Angelegenheit sagt, mit Erlaubnis des Herrn 
Präsidenten — es ist nur ein kurzer Passus — verlesen: 

Aus der niedrigen Bemessung der Rangesstufe lässt es sich 
w’ohl nnr ableiten, dass selbst die Militärverwaltung diesem 
Personal so wenig Vertrauen entgegenbringt, dass sie nach § 28 
der Militär-Veterinärordnung vom Jahre 1897 den Dienst des 
rossärztlichen Personals bei der Truppe nach Anordnung des 
Militärbefehlshabers ausüben lässt. Diese Uebertragnng der 
„Anordnung“ an die Militärbefehlshaber hat in preussischen 
Regimentern die Gepflogenheit gezeitigt, dass der Rittmeister 
als Laie die Art der Behandlung bei den kranken Pferden be¬ 
stimmt, und der Rossarzt lediglich dessen Anordnung ausführt. 
Auf diese Weise dürften die durch jahrelanges wissenschaft¬ 
liches Studium erworbenen Kenntnisse der Rossärzte für den 
Staat in Bezug auf den Aerar weder die richtige Nutzanwendung 
finden, noch dürfte hiermit der Veterinärwissenschaft die für 
den Staat in sanitärer Hinsicht so wichtige Bedeutung gewähr¬ 
leistet sein, noch Eifer und Pflichtbewusstsein der Rossärzte 
angeregt werden. 

Meine Herren, gerade in dieser Beziehung hat der Ver¬ 
treter des Kriegsministeriums, Herr Generalleutnant von der 
Boeck, in der Budgetcommission, weil ich auch dort- 
selbst diese Frage gestreift hatte, und es sich dann um die 
Rangerhöhung handelte, gesagt, dass die Verantwortung stets 
dem Militärbefehlshaber bleiben müsse. 

Meine Herren, das ist ja ganz zweifellos, dass derjenige, 
der zum Militär geht, ohne activer Soldat zu sein, anch wissen 
muss, dass der Officier derjenige ist, der als Truppenführer eine 
besondere Verantwortung in sich trägt. Darüber kann ja ein 
Zweifel nicht sein. Aber wo es sich um interne Fragen, um 
die einer Wissenschaft handelt, welche in der Armee nothwendig 
ist, da muss man den Vertretern dieser Wissenschaft, den 
„Gelehrten“, auch geben, was ihnen gehört. Die Heeres¬ 
verwaltung giebt das ja auch den Juristen, den Theologen — 
wir haben ja soeben diese Capitel genehmigt, welche Summen 
und Rangverhältnisse und welche Sorge kommt dort zur 
Geltung? — auch bei den Aerzten, die dicht nebenan stehen, 
ist dies der Fall. Freilich, für diese ist allerdings der Fort¬ 
schritt auch langsam gekommen, ganz nach und nach, und die 
preussischen Militärärzte haben Jahrzehnte lang gekämpft, bis 
sie endlich ihre heutige Stellung erreicht hatten. Ich hoffe, auch 
die Militärthierärzte werden in Bälde dahin kommen, wo jetzt 
die Menschenärzte schon sind; denn endlich muss man auch ihnen 
geben, was ihnen gehört. Es ist durchaus nicht zu befürchten, 
dass wegen der Uebertragung der Verantwortung auf den Sach¬ 
verständigen in den dienstlichen Verhältnissen oder in dem 
Areal eine Schädigung eintreten wird — sondern im Gegentheil, 
eine grosse Förderung in allen Theilen wird eintreten! 

Ich brauche dabei garnicht ins Blinde hinein zu prophezeien, 
denn es sind ja Thatsachen in genügender Menge vorhanden. 
Man kann den Dienst ganz wohl so eintheilen, dass der 
militärische Befehlshaber vollkommen ausgerüstet ist für alle die 
Dinge, für welche er die Verantwortung trägt, und man kann 
den Thierärzten ebensowohl ihren Theil geben und einfach in 
„Revier und Spital“ abscheiden, und dem Regimentscommandenr 
oder dem fachmännischen Vorgesetzten hat der Militärthierarzt 
für seine Kunst und Wissenschaft verantwortlich zu sein, aber 
nicht dem Rittmeister. Das Verhältniss hat ja früher in der 
Armee, in der zu dienen ich die Ehre hatte, in Württemberg, 
existirt, und nicht zum Schaden sondern zum Nutzen, wofür ich 
mich auf den hier im Hause anwesenden militärischen Bevoll¬ 
mächtigten berufen kann. Ganz besonders aber ist Bayern 
anzuführen. Bayern hat glücklicherweise in der Sache seine 
Selbstständigkeit nicht aufgegeben, und es hat seine schöne 
frühere Einrichtung beibehalten zum Nutzen und Segen seiner 


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142 


BERLINER THIERÄRZTLIOHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12. 


Armee und Nutzen des Landes. Wenn aber auch heute dort 
eine ganz bedeutende Unzufriedenheit unter den Militärthier¬ 
ärzten existirt, so rührt das lediglich daher, dass sie zur Zeit 
nicht den Rang einnehmen, den sie früher eingenommen hatten, 
und ferner daher, weil sie die Vorbildung mit Maturitas für 
nothwendig erachten, und weil sie durch die Zögerung der Ge¬ 
währung berechtigter Wünsche gehindert sind, so vorwärts zu 
schreiten, wie sie es wünschen und ihnen gebührt. 

Ueber die Nothwendigkeit der Maturitas für das Studium 
der Thierheilkundigen habe ich jetzt einen classsischen Zeugen, 
dessen Autorität mir niemand im Hanse wird angreifen wollen. 
Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten bringe ich eine für 
diese Sache hochbedeutsame Ansprache Seiner Königlichen 
Hoheit des Prinzen Ludwig von Bayern bezüglich der Maturitäts¬ 
prüfung für das Studium der Thierärzte — und zwar sämmt- 
licher und nicht bloss das der civilen — zu Ihrer Kenntniss: 

Seine Königliche Hoheit hat an der Jahrhundertwende 
folgende Rede gehalten: 

Es sei ihm noch nicht ein Antrag so sympathisch, so noth¬ 
wendig und so begründet erschienen wie der vorliegende. Denn 
die Aufgaben des Thierarztes seien in der gegenwärtigen Zeit 
sowohl in der Erkennung und Heilung von Krankheiten, wie 
auch auf dem Gebiete der Seuchenpolizei, der Volksernährung, 
der bacteriellen Forschung 11 . dgl. so hochwichtige und ein¬ 
schneidende, dass hierfür nur erstclassige, beste und tüchtigste 
Persönlichkeiten zu genügen vermögen. Aus diesen Gründen 
dürfe die Vor- und Fachbildung der Thierärzte- derjenigen der 
besten und ersten wissenschaftlichen Berufszweige nicht nur 
nicht länger nachstehen, sondern müsse derselben vollkommen 
gleichwertig und ebenbürtig werden. Er sei deshalb mit der 
Forderung des Gymnasialabsolutoriums nicht nur durchaus ein¬ 
verstanden, sondern gehe noch weiter und halte die directe 
Anfügung der Thierheilkunde an eine Facultät der Universität 
für höchst wünschenswerte Denn dies sei das beste Mittel, um 
die Thierheilkunde, welche seither im Vergleiche zu anderen 
wissenschaftlichen Berufszweigen nngerechtfertigterweise eine 
untergeordnete Stellung eingenommen habe, thatsächlich zu der 
ihr gebührenden Werthschätzung und Bedeutung zu bringen, 
was mit der an sich ja wohlgemeinten Erhebung der thierärzt¬ 
lichen Lehranstalten zu Hochschulen nur in ungenügender \y<psp 
gelungen sei. 

Meine Herren, wenn Kundgebungen von so hoher Seite ans¬ 
gehen, die man mit allem Recht zu beachten gewohnt ist, weil das 
doch in der Regel Kundgebungen sind, die sehr wohl überlegt 
und vorbereitet sind, die nicht einem momentanen Gefühl ent¬ 
springen, sondern einen geschichtlichen Akt vorstellen sollen, 
so hat, glaube ich, auch heute der Reichstag alle Ursache, diese 
bedeutsamen, von ebensoviel Sachkenntnis wie Gerechtigkeit 
zeugenden Worte ebenfalls als höchst werthvoll zu beachten, 
und ich hoffe, der Reichstag wird auch schon deshalb allein 
in der Lage sein, meine Resolution auch im zweiten Theile an¬ 
zunehmen. 

Meine Herren, ich habe bezüglich einiger, den inneren 
Dienst und die Einrichtungen in der Armee betreffenden Wünsche 
der Thierärzte mich noch zu den verschiedenen Titeln dieses 
Capitels zum Wort gemeldet; ich gehe deshalb auf weitere 
Einzelheiten, die ich oben angedeutet habe, nicht ein. 

Das Eine will ich aber zum Schluss nochmals sagen: ich 
beabsichtige jetzt durchaus nicht, durch das, was ich jetzt schon 
gesagt habe oder noch vorführen werde, der Militärverwaltung 
heuer in irgend einer Weise etwas Unangenehmes zu sagen. 
Ich habe dazu jetzt keine Ursache, weil dieselbe in wohl¬ 
wollender Weise der Frage der Gehaltsaufbesserung bereits 
näher getreten ist. Ich hoffe und wünsche aber, dass die 
Heeresverwaltung diesem ersten Schritt auch gleich den zweiten 
Schritt folgen lässt, und dass sie eine Reorganisation des Militär¬ 
veterinärwesens in dem vorgetragenen Sinne vomimmt; denn 
diese ist nothwendig und sie ist zweckmässig und sie ist ein 
gutes Werk. Ich w'ill ferner noch anführen, dass ich deshalb 
die Resolution, die Maturität für die Militärthierärzte einznführen, 
aufrecht erhalte, und ich hoffe auf Ihre Zustimmung zu der¬ 
selben; denn ich wünsche durchaus nicht, dass die Heeres¬ 
verwaltung der Meinung sein könnte, sie dürfe zuwarten und 
sich gewissermassen nur an den Schwanz von den Fortschritten 
des Civilveterinärwesens anhängen. Die Militärverwaltung kann 
ganz gut gleichzeitig im Einverständnis mit den anderen Givil- 
behörden Vorgehen, und sie hat alle Ursache, jetzt thatsächlich 
und sogleich die bessernde Hand anzulegen. 

Eickhoff, Abgeordneter: Meine Herren, ich habe in der 


Budgetcommission mich bereits über diese Frage ausführlich 
geänssert und kann nach den Ausführungen der Herren Vor¬ 
redner hier auf nähere Darlegungen verzichten. Ich habe mich 
auch nur zum Wort gemeldet, um Namens meiner politischen 
Freunde zu erklären, dass wir den Wunsch der Herren Collegen 
Bassermann und Graf Roon, eine getrennte Abstimmung bei 
dieser Resolution vorzunehmen, gern unterstützen und auf den 
zweiten Theil der Resolution hier an dieser Stelle 
keinen Werth legen. Wir thun dies nicht deshalb, weil wir 
principiell anderer Ansicht wären als unser Freund College 
Hoffmann. Dass dies nicht der Fall ist, geht schon aus den 
Darlegungen meines Freundes Dr. Müller (Sagan) hervor, die 
er jüngst beim Etat der Reichssclmlcommission gemacht hat. 
Sie werden sich erinnern, dass er damals die Noth wendigkeit 
der Maturitätsprüfung für die Vorbildung der Thierärzte über¬ 
zeugend und erschöpfend nachgewiesen hat. Aber der zweite 
Theil der Resolution betrifft doch das gesammte Veterinärwesen, 
und wir meinen deshalb, dass er nicht in diesem Zusammen¬ 
hänge, sondern besser bei Berathung der inzwischen von Seiten 
der Thierärzte eingereichten Petition zu erledigen sei. Wir 
bitten Sie daher, dem ersten Theil der Resolution zuzustimmen, 
freilich nicht in der Form, die Herr Graf Roon vorgeschlagen 
hat; diese Form erscheint uns zu allgemein. Wir sind nicht 
der Ansicht, dass auch in Zukunft Verschiedenheiten in Bezug 
auf die Gehaltsverhältnisse der Veterinärärzte in den ver¬ 
schiedenen Heerescontingenten Deutschlands bestehen sollen. — 
Dem ersten Theile der Resolution aber bitte ich Ihre Zu¬ 
stimmung zu geben im Interesse dieser Beamtenclasse, deren 
Gehaltsaufbesserung, wie von allen Seiten des hohen Hauses 
anerkannt worden ist, als nothwendig angesehen werden muss. 

Dr. Graf zu Stolberg-Wernigerode, Abgeordneter: 
Ueber den ersten Theil der Resolution sind wir wohl einig, das 
heisst, wir wünschen alle, dass die Gehälter der Rossärzte 
erhöht werden. 

Was den zweiten Theil anlangt, so gebe ich vollständigzu, 
dass die Veterinärwissenschaft in der letzten Zeit grosse Fort¬ 
schritte gemacht hat. Ich will aber meinerseits die Verhältnisse 
der Civilthieräi zte hier nicht weiter berühren, weil die Frage 
nicht zur Competenz des Reichstags gehört. Ich spreche also 
nur über die Militärrossärzte, und da kann ich mich Vor¬ 
läufig nicht davon überzeugen, dass es im Interesse des 
militärischen Dienstes — denn darum handelt es sich — noth¬ 
wendig ist, von diesen Militärrossärzten die Ablegung des 
Abiturientenexamens zu verlangen. Ich glaube überhaupt, dass 
wir in Deutschland im Allgemeinen dazu neigen, an die formale 
Vorbildung zu vielen Berufen viel zu hohe Anforderungen zu 
stellen, Anforderungen, die nicht nothwendig sind und die es 
vielen Familien unmöglich machen, ihre Söhne derartige Lauf¬ 
bahnen betreten zu lassen, welche viele strebsamen jungen 
Leute von solchen Carrieren ausschliessen, in denen sie sehr 
Erspriessliches hätten leisten können. Meine Herren, ich bin 
eine Zeit lang Curator eines Realgymnasiums gewesen und habe 
es oft genug mit angesehen, wie die jungen Leute sich ab¬ 
quälten, um das Abiturientenexamen zu machen, obwohl die 
socialen Verhältnisse, in denen sie aufwachsen, die Wohnungs¬ 
verhältnisse u. s. w. ihnen dieses ausserordentlich erschwerten. 
Solch ein unglücklicher junger Mann war dann, wenn er das 
Abitnrientenexamen gemacht hatte, blass und angegriffen; er 
wäre wahrscheinlich viel fähiger gewesen, in seinem Berufe 
etwas zu leisten, wenn er seine Kräfte geschont hätte und 
wenn er mit dem Zeugniss der Reife von Prima abgegangen 
wäre. 

Also, meine Herren, ich kann mich, wie gesagt, von der 
Nothwendigkeit dieses Verlangens nicht überzeugen; ich glaube 
bis auf weiteres: Alles, was ein Militärthierarzt — ich betone 
nochmals: ich spreche nur vom militärischen Ross¬ 
arzt — wissen und können muss, das kann er, wenn er ein 
intelligenter Mensch ist, sich aneignen, wenn er das Zeugniss 
der Reife für Prima erlangt hat; wenn er aber kein intelligenter 
Mensch ist, dann wird ihm das Abiturientenexamen auch nichts 
helfen. All diese Dinge sind ja im Fluss, und ich will mich 
natürlich nicht für alle Zeiten in dieser Beziehung festlegen; 
es ist ja möglich, dass auch die Militärverwaltung einmal zu 
einer anderen Ansicht gelangt, dann wird sich über die Sache 
reden lassen. Vorläufig halte ich es aber nicht für angezeigt, 
die Militärverwaltung irgendwie in dieser Beziehung zu drängen; 
sondern wenn und solange die Militärverwaltung erklärt, dass 
sie an dem bisherigen Standpunkt festhält, so können wir sie 
unsererseits dabei nur unterstützen, 


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22. März 1900. 

Ueber die thats&ehlichen Verhältnisse der Heranbildung 
der Militär-Thierärzte in Oesterreich und Ungarn. 

In No. 4 und 9 der Berliner Thierärztlichen Wochenschrift 
wird, von einem österreichischen Thierarzte und einem Hörer 
der Yeterinär-Medicin die Ergänzung des militärthierärztlichen 
Personals der österreichischen und ungarischen Armee einer 
r^Kritik“ unterzogen, die einseitig ist und den Thatsachen nicht 
entspricht. 

Beide Artikel, besonders aber der in No. 9, sind voll persön¬ 
licher Leidenschaft gegen die Institution der heutigen Heran¬ 
bildung von Militär - Thierärzten, indem diese Ausführungen 
darauf hinausgehen, um glaubhaft zu machen, dass die Heran¬ 
bildung der Militär-Thierärzte als die Hauptursache des Nieder- ! 
ganges des civilthierärztlichen Standes und dessen jetziger nicht ; 
entsprechender socialer Stellung anzusehen ist. 

Die Verhältnisse liegen jedoch wie folgt: 

Nach jenen, den militär-thierärztlichen Dienst betreffenden, 
organischen Bestimmungen vom Jahre 1896 weist der Militär- 
thierärzte-Stand 110 Personen und für den Dienst im Occupations- 
gebiete 14 Personen, somit zusammen 124 Thierärzte auf. Nach 
Abschluss der in Durchführung begriffenen Standesvermehrung, 
welche in ca. drei Jahren erfolgt sein dürfte, kommen noch 42 
Thierärzte hinzu, welche bestimmt sind, den thierärztlichen 
Dienst bei den Divisions-Artillerie-Regimentern zu versehen. 

Der Friedensstand an activen Militär-Curschmieden beträgt 
409 Personen, deren Ergänzung in der Art geschieht, dass 
das k. und k. Reichs-Kriegs-Ministerium jährlich ca. 50 huf- ' 
beschlagkundige Unteroffl eiere und Soldaten ohne Chargengrad j 
in den sogenannten zweijährigen Curschmiede-Curs beruft. 

Jene von diesen Unterofficiereu und Soldaten, die eine Vor¬ 
bildung von sechs Gymnasial- oder Realschulclassen aufweisen 
können, werden gleich als Hörer des thierärztlichen Curses auf- 
genoramen und absolviren das thierärztliche Studium — ohne 
Unterbrechung — in vier Jahren d. h. acht Semestern, worauf 1 
sie, nach Ablegung der strengen Prüfungen, zu diplomirten Cur- 
schmieden ernannt, zu Regimentern eingetheilt und nach Bedarf 
zu Unterthierärzten ernannt werden. 

Jene dieser einberufenen Unterofflciere und Soldaten, die 
die genannte Vorbildung nicht besitzen, bleiben als sogenannte 
Militär-Schüler des Curschmiede-Curses durch zwei Jahre ira 
Institute und werden, nach Absolvirung dieses Curses, zu 
Regimentern als absolvirte Curschmiede-Schüler eingetheilt und 
nach Bedarf zu Curschmieden befördert. Dort obliegt ihnen 
die Ausübung des Hufbeschlages und die Behandlung leicht 
kranker Pferde bei der Escadron, Batterie etc. unter einer per¬ 
manenten Aufsicht seitens der Chefthierärzte. 

Nach einer ein- bis dreijährigen Dienstzeit als Carschmied 
bei einer Escadron, Batterie etc., werden die besten dieser Cur¬ 
schmiede, — wenn sie sich darum beworben haben und wenn sie 
nacbweisen können, dass sie während dieser Zeit sich eine ent¬ 
sprechende Vorbildung durch Selbststudium oder durch Zuhilfe¬ 
nahme eines Hauslehrers erworben haben, — vom k. u. k. Reichs- 
Kriegs-Ministerium über Vorschlag des Rectorates der Thier¬ 
ärztlichen Hochschule zu der soviel kritisirten Aufnahmeprüfung 
emberrrfen und zwar in einer grösseren Anzahl, als der tbat- 
sächliche Bedarf ist, damit dem Rectorate der Thierärztlichen 
Hochschule Gelegenheit geboten wird, die geeignetsten zu 
wählen. 

Die meisten dieser Leute sind während ihrer Dienstzeit bei 


143 

der Truppe als Cnrschmiede emsig bemüht, sich in der Vor¬ 
bildung nach Möglichkeit zu vervollständigen, um den Anforde¬ 
rungen bei der Aufnahmeprüfung zu entsprechen. 

Diejenigen Cnrschmiede, die diese Aufnahmeprüfung mit 
Erfolg bestanden haben, werden sodann als Hörer inscribirt und 
absolviren den Curs, — nach der Circular-Verordnung vom 
19. Juni 1897, Abth. 8, No. 1641—22. Stück Normal-Verordnungs- 
Blatt, wurde die Studiendauer in Wien und mit dem Beiblatt 
No. 39 ex 1897, mit dem Erlass vom 21. November 1897, Abth. 
3, No. 3285 in Budapest auf 4 Jahre, auch für die Frequen¬ 
tanten des thierärztlichen Cursus (Curschmiede) auf 4 Jahre er¬ 
höht, — innerhalb 4 Jahre = 8 Semester, worauf sie, nach Ab¬ 
legung der strengen Prüfungen, als diplomirte Curschmiede zur 
Truppe eingetheilt und nach Bedarf zu Unterthierärzten ernannt 
werden. 

Dass aber die Aufnahmeprüfungen nicht gar so mild sind, 
wie sie der Herr Einsender schildert, können die Gefertigten, 
nebst einer grossen Anzahl anderer, nicht weniger glaubwürdiger 
Zeugen bestätigen. 

Ob die Verfolgung der Vorträge den jetzt im Curse sich 
befindenden Curschmieden Schwierigkeit macht, lasse ich unent¬ 
schieden. Dass sie aber weder mir noch anderen sich in derselben 
Lage befindenden Curschmieden Schwierigkeiten machte, kann 
ich bestätigen, da ich nicht „auswendig zu lernen" brauchte, 
und mein Studienerfolg war ein derartiger, dass ich nach Ab¬ 
legung der strengen Prüfungen das thierärztliche Diplom mit 
der Classification „Auszeichnung“ erhielt, wie viele andere, 
gegenwärtig active Militär-Thierärzte, die unter denselben Be¬ 
dingungen den Curs absolviert haben. 

Seit meiner Ausmusterung, es sind dies bereits zwölf Jahre, 
war ich nie gezwungen, den „Handwerker“ abzugeben resp. den 
Hammer zu schwingen, muss aber bemerken, dass mir die 
gründliche Beherrschung des praktischen Hufbeschlages sehr zu 
statten kam. 

Ein tüchtiger Thierarzt, der seiner Sache sicher ist, braucht 
keine Concurrenz zu befürchten und wird gerne vom Publikum 
geholt, vorausgesetzt, dass er sich vor der Praxis nicht scheut. 

Ich bin absolut kein Gegner der höheren Vorbildung für 
Militär-Thierärzte und hätte Gott gedankt, wäre ich dieser 
seinerzeit theilhaftig geworden, erlaube mir aber zu bemerken, 
dass ich der Ansicht bin, dass das Reifezeugniss einer ab- 
solvirten Mittelschule allein nicht im Stande ist Alles zu ersetzen 
und dass ein Mann mit sechs Gymnasialclassen, wissenschaft¬ 
licher Grundlage, guter Auffassung, Fleiss und persönlicher 
Energie, viel mehr als „praktischer Thierarzt" werth sein 
kann, als ein Anderer mit Maturitas aber ohne Auffassung und 
Energie, besonders dann, wenn ihn weder die Thierfreundlich- 
keit noch die Liebe zum Beruf veranlasst haben, sich zum Thier¬ 
arzte ausbilden zu lassen. 

Nicht unerwähnt darf man die Thatsache lassen, dass der 
Stand der Civil-Thierärzte wenig Grund hat, sich über die Zahl 
und die Ergänzung der Militär-Thierärzte aufzuregen und diese 
als Hemmniss der Verwirklichung ihrer Wünsche über ihre 
sociale Stellung anzusehen, indem nach § 17 der Verordnung 
des k. k. Ministeriums des Innern vom 21. März 1893, Reichs- 
Gesetz-Blatt No. 37, nur jene Militär-Thierärzte zur Physikats- 
prüfung (behufs Anstellung im öffentlichen Veterinärdienste) 
zugelassen werden, die dieselbe Vorbildung nachweisen können, 
wie jene Civil-Hörer, welche das thierärztliche Studium gleich¬ 
zeitig absolvirt haben. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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141 


No. 12. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Mit diesem Erlasse wurde den Civil-Thierärzten jenes Recht 
eingeräumt, welches sie eventuell auf Grund ihrer höheren Vor¬ 
bildung zu beanspruchen berechtigt waren, nachdem ihnen der 
Civil-Staatsdienst als die eigentliche Domäne reservirt blieb. 
Demzufolge ist es bestimmt nicht die Schuld der Militär-Thier- 
ärzte und auch nicht die Art ihrer Ergänzung, wenn so manche 
Wünsche der Civil-Thierärzte — deren Berechtigung die Ge¬ 
zeichneten nicht bestreiten wollen — noch unerfüllt blieben. 
Nur müssen sich die Gefertigten dagegen verwahren, wenn es 
aus studentischen Kreisen versucht wird, die verdienstvolle und in 
ihrem Beruf anerkannt verdiente Categorie von Militär-Beamten 
— die bestimmt auch nicht auf Rosen gebettet sind — und in 
Erfüllung ihrer Pflicht den anderen Gruppen in keiner Weise 
nachstehen, mit Schmutz zu bewerfen. 

Für jene aus dem studentischen Kreise laut gewordene 
Stimme, die bestimmt keine allgemeine Ansicht vertritt, wissen 
die Gefertigten nur ein Auskunftsmittel, indem wir dem Herrn 
anratheu, sich einer ebenbürtigen Gesellschaft, z. B. an der 
Hochschule in Lemberg anzuscliliessen, damit sein Hochgefühl 
durch Besuch gemeinschaftlicher Vorlesungen nicht beleidigt 
werde. Auf die Art kann beiden Theilen geholfen werden und 
zwar zur beiderseitigen Befriedigung. 

Sollte es jedoch den beiden Einsendern der veröffentlichten 
Artikel nur darum zu thun sein, eine Hebung des militär-thier¬ 
ärztlichen Standes auf ihre Art zu versuchen, so müssen die 
Gefertigten jeden derartigen Versuch ablehnen, umsomehr, als 
competentere Kreise hierzu berufen sind, denen die Verhältnisse 
in der militär-thierärztlichen Standesgruppe genauer bekannt 
sind und die sich auch in der Lage befinden, ein unparteiisches 
Urtheil über die Mängel und Vorzüge der von den beiden Ein¬ 
sendern besprochenen Zustände abzugeben. ^ 

Für das ungeschickte Hineinzerren des Standes der Reserve- 
Officiere bei geschilderten studentischen Reibereien, beabsich¬ 
tigen die Gefertigten keine Lanze zu brechen, nachdem es ihnen 
bekannt ist, dass diese Gruppe es selbst am besten weiss, was 
bei einem eventuell vorkommenden Verstoss gegen die Haus¬ 
ordnung zu thun bleibt. 

Zum Schlüsse sei uns noch gestattet den beiden Herren 
Einsendern zu versichern, dass die Militär-Verwaltung keine 
Ursache hat, mit dem heutigen thierärztlichen Personale unzu¬ 
frieden zu sein, und dass das Ansehen, welches heute die Militär- 
Thierärzte in der Armee geniessen, für diese Beamten-Gruppe 
nur sehr ehrend genannt werden muss. 

Im Namen mehrerer, aus den Curschmieden hervorgegangener 
Thierärzte: 

Josef Nowotny, Michael Knaflitsch, 

k. u. k. Chefthierarzt des k. u. k. Thierarzt der Remont. 

Drag. Rgts. No. 5. Assenf>Commission No. 5. 

Personalien. 

Ernennungen etc.: Göhring, Kreisthierarzt in Stolp i. P., in den 
Ruhestand versetzt. — Gewählt: Polizeithierarzt Brinkop 
Hambarg zum Schlachthofinspector in Lüneburg, Thierarzt Carl \ 
Klein-Löttringhausen vertretungsweise zum Schlachtbofinspector , 
in Lennep. 

Wohnsitzverlndeningen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt 
E. Friedrichs von Zempelburg (W.-Pr.) nach Niederndodeleben 
b. Magdeburg, Thierarzt Ni er hoff von Herne i. W. nach Castrop, 


Thierarzt P latsch ek von Schroda nach Jersitz (Pos.), Thierarzt 
Rauschert von Friedeberg nach Lipke, Kr. Landsberg a. W.; 
Thierarzt A. Thieine, bisher Assistent am Hygienischen Institut in 
Strassburg, als bezirksthierärztlicber Assistent nach Stockach, 
Thierarzt Wortmann von Castrop nach Transvaal. — Thierarzt 
0. Greiser hat sich in Sulingen Kr. Nienburg, Tliierarzt Sonnen¬ 
berg in Tilsit niedergelassen. 

In d’r Armee: Rossarzt Stück zum Remontedepot in Kalkreuth, 
Oberros'sarzt Richter vom 74. Feld-Art.-Rgt. in den Ruhestand 
versetzt. 

Todesfälle: Rumbaur, Schlachtbofinspector in Lüneburg 
Fr. Vilmar, Schlachtbofinspector in Lennep. 

Yacanzen. 

(Näheres Uber die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 

Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Cöslin: Stolp (Nord) mit dem Amtssitz in Glowitz (600 M. f 
Voraussicht! Kreiszuschuss). Bewerb, bis 3. April an den Re- 
gierung8präs. — R.-B. Köln: Rheinbacb (600 M., 500 M. Voraussicht! 
Kreiszuscbuss.) Bewerb, bis 18. März an den Regierungspräs. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Gumbinnen: Grenzthierarzt¬ 
assistentenstelle in Stallupönen. — R.-B. Schleswig: Eiderstedt. 

Sanltltsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Bromberg: Schlachthofassistenzthierarzt zum 1. April (2100 M.) 
Bewerb, beim Magistrat. — Köln: Oberthierarzt für den Schlacht- 
und Viehhof (3500 M. steigend bis 5300 M., Pension). Bewerb, bis 
20. März an den Oberbürgermeister. — Plauen i. V.: Assistenz¬ 
thierarzt am Schlachthof zum 1. Juni (2100 M.: Vierteljahr! Kündigung). 
Meid, an den Director. — Rathenow: Schlachtbofinspector zum 
1. April (2000 M. steigend bis 3000 M., Wohnung etc.). Meldungen 
an den Magistrat. — Rochlitz: Thierarzt flir Fleischscbau (ca. 
2000 M.) Meldungen bis Ende März an den Stadtrath. — Schivel- 
bein: Thierarzt für Fleischschau (ca. 2400—3000 M.; Praxis ge¬ 
stattet). Meid, beim Magistrat. — Pr. Stargard: Schlachthof¬ 
inspector zum 1. Mai (2100 M. steigend bis zu 3100 M., Wohnung 
etc., Pension. Privatpraxis.). Meid, an den Magistrat. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Cottbus: SchlacbthofasBistenzthierarzt. — Dessau: Schlachthof¬ 
assistenzthierarzt. — Dresden: 3 Hilfsthierarztstellen am Schlacht- 
hof. — Eberswalde: Schlacbthofinspector. — Eckernförde: 
Scblachthofinspector. — Fi lehne: Schlacbthofinspector. — 
Friedrichsthal (Kreis Saarbrücken): Thierarzt für Fleisch¬ 
beschau. — Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Halle a. S.: 
2 Assistenzthierärzte am Schlachthofe. — Königsberg i. P.: 
Schlachtbofthieraizt. — Liegnitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — 
Markneukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleisch¬ 
beschau. — Militsch: Schlacbthofinspector. — Mülhausen 
(Eisass): Schlachthofverwalter. — Ostrowo: Schlacbthofinspector. 
— Spremberg: Schlachtbofinspector. — Thorn: 2. Schlachthof¬ 
thierarzt. — Wanne: Schlachthofvorsteher. 

Privatsteilen : 1899 bekannt gegebene: Asbaeh (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Sch! — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau 
(Ostpr.): Thierarzt für Praxis (300M. Zuschuss). Bewerb.beim Magistrat. 

1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt zum 1. Mai 
(2400 M., Privatpraxis gestattet). Meldungen mit Zeugnissen etc. bis 
Ende März an den Amtmann. — Rakwitz (Pos.): Thierarzt zum 
1. April. (Aus Schlachtviehbeschau 1200 M.). Auskunft beim 
Magistrat. — Rhinow (R.-B. Potsdam): Thierarzt. — Schwarzen¬ 
berg i. Sachs : Thierarzt für Fleischbeschau und Praxis (voraus¬ 
sichtliche Staatsunterstützung). Meid, an d. Stadtrath. — Sonnen¬ 
burg: Thierarzt (600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den 
Magistrat. — Wolkenstein: Tliierarzt für Praxis und Fleischschau. 
Auskunft beim Stadtrath. 

Besetzt: Sanitätsthierarztstelle in Lüneburg, Privatstelle 
in Tilsit. 


Varaatwortliob für den Inhalt (excL Inaeratenthell): Prof. Dr. Schmält* In Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. Büxenatein, Berlin 


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P* e "BoHlner Thierärxtllche Wochennchrift“ erscheint 
wöchentlich ln 8Ulxke von mlndettem 1«/* Boffen. Dieselbe 
*n beziehen durch den Buchhandel, die Post (No 1062) 
durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard 
öenoetx, Berlin NW, Luisenstrasse 86, zum Preise von 
Mk. 6, - pro Vierteljahr. 


Berliner 


OrlglnalbeitrXge werden mit 50 Mk. für den Bogen honorirt 
Alle Manuscrlpte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmalu, 
Berlin, thierkrztllche Hochschule, NW., Lnisenstrasse 56. 
Correctnren, Reccnsions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

▼on 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Sclimaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Bichard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M 13 . Ausgegeben am 29. März. 


Inhalt: Peter: Zur klinischen Diagnose der Wutbkrankheit. (Schluss.) — Referate: Baldoni: Die Credö’schen Silbersalze in der 
thierärztlichen Praxis. — Bechstädt: Zur Differentialdiagnose des Kehlkopfpfeifens.— ßuillebeau: Uteruskrebs beim Rinde.— 
Zschokke: Ueber Infectionen mit dem Colibacterium. — Storch: Das Celluloid und seine Anwendung zur Injection von 
Blutgefässen. — Podwyssotzki: Myxomyceten, resp. Plnsmodiophora Brassica Woron. als Erzeuger der Geschwülste bei 
Ttiieren. — Thierhaltung und Thierzucht. — Tagesgeschichte: Bericht Uber die 34. General-Versammlung des Vereins 
Kurhessischer Thierärzte. — Verschiedenes. — Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Personalien. — Vacanzen. 


Zur klinischen Diagnose der Wutbkrankheit. 

Von 

Dr. Peter. 

Vortrag, gehalten im Thierärztlichen Verein 
der Provinz Brandenburg. 

(Schluss). 

Die 8tilie Wuth soll nach mehreren Autoren bei Rindern 
vorherrschen. Dieckerhoff*) konnte dagegen bei diesen unter 
einer Gesammtzahl von 21 Beobachtungen eine Verschiedenheit 
des Verlaufes in Vergleich za den Hunden nicht feststellen. Die 
von mir in den Jahren 1898/99 beobachteten Wuth fälle bei 
Bindern trugen den Charakter der paralytischen Form. Dieselben 
betrafen einen Bollen and eine Färse eines Besitzers. Als be¬ 
sonderer Umstand ist anzuführen, dass die Tliiere ihren Stall an 
Ort nnd Stelle nicht verlassen hatten, anch war nnter den Hnnden 
in dem am westlichen Oderufer liegenden Orte and im ganzen 
Kreise ein Tollwuthfall nicht vorgekoromen. Der Balle be- 
kandete bei der ersten Untersuchung, welche am 12. November 1898 
stattfand, keine andern Symptome, als paretische Zustände in den 
Magenabtheilnngen, verbunden mit mangelhafter Fresslust Bei 
der Häufigkeit dieser Verdauungsstörungen als selbstständige 
Krankheit nnter den Rindern konnte der Befund einen Verdacht 
anf Wuth nicht gut aufkommen lassen. Vier Tage später, am 
16. November, hatte sich jedoch das Krankheitsbild in einer auf¬ 
fallenden Weise verändert. Der Balle liegt seitlich zusammen- 
gekrümmt, einem schlafenden Hnnde ähnlich, am Boden. Wird 
der Kopf dnreh eine Person gerade nach vorn gerichtet, so bleibt 
derselbe etwa 1 Minute in dieser Haltung und schnellt darauf 
automatisch, in Folge tetanischer Contraction der Halsmuskeln, in 
die^frtthere Lage zurück. Die Halsmuscnlatur fühlt^sich hart an. 
Sobald der Bulle aufgerichtet ist, schwankt derselbe und fällt 
wieder zu Boden. Die Hinterhand zeigt Lähmungserscheiunngen. 
Weiter bekundet das Thier einen stieren Blick, fortgesetztes mattes 
Brüllen nnd Drängen anf den Mastdarm. Vermehrte Athemfreqnenz 
ist nicht vorhanden, der Puls ist schwach und etwas vermehrt, 
die Temperatur fast normal (39,7° C.). Das Haarkleid ist glanzlos 
und struppig. Der Bulle zeigt im Vergleich zu dem übrigen 
Vieh des Stalles einen sehr geringen Nährzustand. 

*) Dieckerhoff, Specielle Pathol. n. Therapie. 


Hiernach ergab sich der bestimmte Verdacht, dass der Bulle 
an Tollwuth leide. Die in der Gemeinde angestellten Nach¬ 
forschungen, ob vor einiger Zeit ein Hund nnter wuthverdächtigeu 
Erscheinungen erkrankt nnd beseitigt worden sei oder ob lierren- 
i lose Hunde den Ort aufgesucht hätten, hatte ein negatives 
; Resultat. Dagegen führte der Bericht d s Besitzers za der An¬ 
nahme, dass die Krankheit durch den Ankauf von Rindern aus 
j Pommern eingeschleppt worden sei. Derselbe hatte angeblich 
l am 1. September zwei anderthalbjährige Bullen ostfriesischer Ab¬ 
stammung von einem Händler in Ball, einem pommerschen Markt¬ 
flecken, gekauft. Eines dieser Rinder sollte schon Mitte, ferner 
i ein selbstgezogener Bulle Ende September gefallen sein. Die 
beiden Ballen wnrden erfolglos von dem alten Schäfer Sch. in L. 
| behandelt. Nach dem doppelten Misserfolg des Kurpfuschers 
fühlte sich der Besitzer der Tliiere, welcher Gemeindevorsteher 
, in L. ist, bewogen, bei der gleichen Erkrankung des dritten 
I Bullen thierärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. 

Dieses Beispiel lehrt zugleich, welches Vertrauen die bäuer- 
i liehe Bevölkerung Kurpfuschern zuweilen noch entgegenbringt. 

Auf Grund des dringenden Tollwnthverdachtes beantragte 
ich beim Landrathsamt dis Tödtung des kranken Bullen. Der- 
i selbe starb jedoch am 18. November, ehe die amtliche Ge¬ 
nehmigung zur Tödtung ertheilt wurde. Seit der ersten Unter- 
I siicliung, bei welcher die Erscheinungen einer aenten Indigestion 
naclizuweisen waren, bis zum Tode des Bullen waren also sechs 
Tage vergangen. Die Krankheitsdauer muss aber auf sieben 
! Tage veranschlagt werden, denn der Besitzer gestand, dass der 
| Schäfer Sch. auch diesen Ballen schon vorher einen Tag be¬ 
handelt nnd demselben einen Eingoss gegeben habe. 

Die Obduction, welche am 18. November stattfand, lieferte 
kein besonderes Ergebnis. Das Cadaver ist stark abgemagert. Darm 
zusammengezogen, in ihm wenig flüssiger Inhalt von gewöhnlicher 
Farbe. Im vierten Magen ist die Rötlmng der Schleimhaut stärker 
als normal, vorzüglich auf den Falten. Stellenweise Injection der 
, strahlenartig angeordneten Gefässe an der Schleimhautoberfläche. 
Kehlkopfschleiuihaut venös geröthet. Johne 1. c. betrachtet diese 
Röthungen als Stauungshyperämie. Der Obductionsbefund war 
demnach sehr spärlich und bot filr die Diagnose des Falles keinen 
Anhalt. Dagegen hielt ich mich für berechtigt, ans den klinischen 
Erhebungen zu folgern, dass der Bulle mit Tollwuth behaftet sei. 


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146 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 13. 


Zar Controle dieses Resultats schickte ich gleich nach der 
Obduction den Kopf- und Halstheil des Bullen unter Beifügung 
eines Berichtes an das Institut für Infectionskrankheiten in 
Berlin. Daselbst wurden am 19. November zwei Kaninchen 
geimpft, welche nach einer institutsamtlichen Mittheilung am 
2. Dezember unter den typischen Erscheinungen der Wutli er¬ 
krankten und später verendeten. Die Incubationsdauer bei 
Kaninchen nach subduraler Infection mit Gehirnemulsion wuth- 
kranker Hunde giebt Högyes*) auf 12—21 Tage an. Es ergiebt 
sich aus dem vorliegenden Falle, dass sich auch nach der Ver¬ 
impfung der Gehirnmas8e eines wuthkranken Rindes 
die Entwickelungszeit der Krankheit in den gleichen 
Grenzen bewegt. Am 3. December wurde mir Gelegenheit 
geboten, die erkrankten Kaninchen im Institut für Infections¬ 
krankheiten zu besichtigen. Am Auffälligsten traten die aus¬ 
gebreiteten Lähmungen in dem Krankheitsbilde hervor. Die 
Hinterextremitäten und je eine Vorderextremität waren vollständig 
gelähmt. Die Kaninchen lagen regungslos auf der rechten oder 
linken Körperseite, je nachdem das rechte oder linke Vorderbein 
functionsfähig war. Oberarzt Dr. Marx, der Vorsteher der 
Abtheilung für Tollwuthforschung, dessen Zuvorkommenheit ich 
den Besuch im Institute und auch nähere Informationen über den 
Betrieb desselben verdanke, erklärte, dass im Institut die Impfung 
zu diagnostischen Zwecken ausschliesslich intracraniell erfolge 
und dass auch die fraglichen Kaninchen nach dieser Methode 
behandelt worden seien. Herrn Dr. Marx fühle ich mich wegen 
seiner Freundlichkeit zu lebhaftem Dank verpflichtet. 

Ueber die Incubationsdauer der Wuth bei Rindern sind noch 
nicht zu viele exacte Beobachtungen gemacht worden. Die Fest¬ 
stellung, dass der von mir untersuchte wuthkranke Bulle am 
1. September 1898 gekauft worden und bis zu seiner Erkrankung 
am 11. November desselben Jahres nicht aus dem Stalle entfernt 
worden ist, ergiebt die Schlussfolgerung, dass derselbe bereits 
mit dem Wuthgift inficirt war, als er in den Besitz des Gemeinde¬ 
vorstehers zu L. kam. Hiernach betrögt im vorliegenden Falle 
die Incubationsdauer mindestens 42 Tage. 

Was nun die Krankheit der im September verendeten Bullen 
anbelangt, welche den Angaben des Besitzers gemäss, die gleichen 
Krankheitserscheinungen gezeigt haben, welche bei dem von mir 
untersuchten Falle festgestellt. worden sind, so kann angenommen 
werden, dass dieselben ebenfalls an Tollwuth gelitten haben. 
Diese Annahme dürfte wenigstens für den Bulleu zutreffen, 
welcher gleichzeitig mit den an Tollwuth gefallenen aus Pommern 
eingeführt wurde. Die auf amtlichem Wege angestellten Er¬ 
mittelungen über die Vorbesitzer und den Ursprungsort der 
Rinder blieben resultatlos, denn der Händler in Ball hatte an¬ 
geblich die Namen und den Wohnort seiner Verkäufer vergessen. 

Ueber diese Tollwuthfälle begann schon Gras zu wachsen, 
als am 23. März dieses Jahres derselbe Besitzer mir die Nach¬ 
richt brachte, dass vermuthlich wiederum ein Stück aus seinem 
Jangviehbestande, eine l^jährige Färse, an der Tollwuth erkrankt 
sei. Dieselbe habe im Stalle ihren Platz neben dem gefallenen 
Bullen gehabt und sei jedenfalls angesteckt worden. Ich ver¬ 
mochte diesen Vermuthungen nicht zu folgen, denn es waren seit 
dem letzten Falle 4 Monate verstrichen, besonders aber dürfte 
eine directe Uebertragung der Wuth von einem Rind auf das 
andere zu den grossen Seltenheiten gehören. 

Bei der am 24. März ausgeführten Untersuchung stellte ich 
im Wesentlichen Nachstehendes fest: Die Färse liegt am Boden 
und steht erst nach wiederholtem Antreiben mit einem Stocke 
unter Anstrengung auf. In gekrümmter Rückenhaltung drängt 

*) Högyes, Lyssa. Spcc. Pathol. und Therap. von H. Noth¬ 
nagel. V. Bd., V. Theil. 


sie ununterbrochen auf den Mastdarm. Darmgeräusche sind 
nicht vorhanden, die Pansenbewegungen erfolgen langsam 
und äusserst selten. Fresslust fehlt, Wiederkäuen unterdrückt. 
Der Blick ist leer. Die sichtbaren Schleimhäute sind nicht ver¬ 
ändert. A. und P. normal. T. 38,9. 

Auf diese Symptome einer acuten Indigestion folgte ein 
KrankheitBbild, welches mit den Erscheinungen bei dem tollwuth- 
kranken Bullen vollständig identisch war. Am 28. März, also 
4 Tage nach der ersten Untersuchung, war die Färse auf der 
Hinterhand vollständig gelähmt. Dieselbe liegt mit rechts seit¬ 
wärts gebogenem Hals und Kopf auf der linken Seite und kann 
nicht aufstehen. Wird der Kopf nach vorn gezogen, so schnellt 
derselbe beim Loslassen in die abnorme Lage zurück. Die Hals¬ 
muskeln sind hart und gespannt. Wird die Färse über den 
Rücken auf die rechte Seite gewälzt, so bleibt der Kopf rechts 
seitwärts untergeschlagen. Das gleiche Experiment lässt sich 
andrerseits ausführen, wenn der Kopf erst vorwärts gerichtet und 
dann nach links gebogen wird, da derselbe auch in dieser Lage 
unbeweglich verharrt. 

DieFärse bekundet fortgesetztes mattes Brüllen oder Brummen. 
Das Auge blickt stier, die Cornea ist glanzlos, wie bestaubt. 
A. normal, P. etwas beschleunigt, schwach, T. 38,3. Bei geradeaus 
gerichtetem Kopf ist das Thier im Stande, etwas Wasser auf¬ 
zunehmen, welches ohne Beschwerde abgeschluckt wird. 

Am 29. März wurde die Färse nach einer gleich langen 
Krankheitsdauer wie bei den Bullen, früh todt im Stalle auf¬ 
gefunden. 

Wie die Krankheitserscbeinungen und der Verlauf bei beiden 
Rindern einander völlig gleich waren, so wich auch der Obduc- 
tionsbefund nicht wesentlich ab. Und bei einer objectiven Be- 
urtheilung des Symptomencomplexes, namentlich aber bei der 
vollständigen Uebereinstimmung beider Fälle, musste ich zu der 
Schlussfolgerung kommen, dass die Färse tollwuthkrank ge¬ 
wesen sei. 

In dieser festen Ueberzeugung sandte ich zur Vollständigkeit 
meiner Untersuchung Kopf- und Halsabschnitt des Cadavers nach 
der Obduction am 30. März wiederum an das Institut für In¬ 
fectionskrankheiten, war aber nicht wenig überrascht, als nach 
vier Wochen der Bescheid eintraf: „die Kaninchen, welche von 
dem am 31. März eingesandten Rindergehirn geimpft worden sind, 
sind unter den typischen Erscheinungen nicht erkrankt und 
nicht verendet.“ Von dem guten Gesundheitszustand der Ka¬ 
ninchen habe ich mich später selbst überzeugt. 

Dieser Widerspruch zwischen den klinischen Feststellungen 
und dem experimentellen Resultat dürfte schwer zu lösen sein. 
Wenn wir annehmen, dass die Impfung in der Form, welche im 
Institat angewendet wird, absolut sicher ist, so folgt daraus, dass 
aus den vorbeschriebenen klinischen Erscheinungen bei Rindern 
nicht in allen Fällen das Vorhandensein der Wuthkrankheit ge¬ 
folgert werden kann. 

Die Unsicherheit in der Wuthdiagnostik im Allgemeinen er¬ 
mahnt mithin in allen Fällen zur grössten Vorsicht. 

Zu den schwierigsten Aufgaben gehört es, die Wuth an 
den Veränderungen am todten Thiere allein festzustellen. 
Diese Forderung tritt an den beamteten Thierarzt am häufigsten 
heran. Denn die Hunde, welche durch Beissen von Menschen 
oder Thieren verdächtig geworden sind, werden gewöhnlich erst 
durch Tödtung unschädlich gemacht und dann zur Untersuchung 
überbracht. Das Ergebniss von Impfungen, welche bei einer 
ansichern Diagnose angestellt werden könnten, kann nicht ab¬ 
gewartet werden, da die event Anordnung veterinärpolizeilicher 
i Massnahmen eine unmittelbare Entscheidung erheischen. Mangels 
I charakteristischer pathologisch - anatomischer Läsionen können 


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29. März 1900 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 147 


wir bei der übduction eiues getödteten oder verendeten Hundes 
nur Vermuthungen über das Vorhandensein der Wuth, also den 
Wuthverdacht feststellen. Denn die am Cadaver nachweis¬ 
baren Zustände und Veränderungen haben alle nur einen rela¬ 
tiven Werth. Unter diesen wird insbesondere die Gegenwart 
von Fremdkörpern (Holz, Stroh, Haare, Horn etc.) im Magen 
genannt. Es ist aber bekannt, dass manche Hunde diese Stoffe 
verschlingen, ohne krank zu sein. 

Noch weniger können die Röthung bezw. Entzündung 
der Magen- oder Rachenschleimhaut als ein significantes 
Merkmal betrachtet werden, geschweige denn die Leere und 
der zusammengezogene Zustand des Darms. 

Ebensowenig wie aus dem makroskopischen Befund am 
Cadaver ergeben sich aus der histologischen Untersuchung 
der Organe, insbesondere des Gehirns, Rückenmarkes und den 
Speicheldrüsen Anhaltspunkte für eine sichere Diagnose. 

Nach Babes u. A. (vergl. Nocard 1. c.) werden die con- 
stantesten Veränderungen in der grauen Substanz angetroffen, 
welche den Cerebrospinalkanal umschliesst: Hyperämie und An¬ 
häufung von embryonalen Zellen epithelialen oder leukocytären 
Ursprungs um die kleinen Gvfässe. Ausserdem Alteration der 
Nervenzellen dieser Gegend, entweder Merkmale der Proliferation 
oder der Degeneration mit Vacuolenbildung und Verschwinden 
des Kernes oder seiner chromatischen Bestandteile. Diese Zellen 
enthalten oft Pigment. 

Von den Speicheldrüsen sind bei Hunden nach den Unter¬ 
suchungen Elsenberg’s die SubraaxiUaris und die Sublingualis 
im Zustande der Congestion. Das Bindegewebe enthält Leuko- 
cyten. Die secernirenden Zellen sind granulirt und unterliegen 
häufig der fettigen Degeneration. 

Die angedeuteten histologischen Veränderungen bieten einer¬ 
seits nichts Specifisches, andrerseits kann sich der Praktiker auf 
feine und Zeit raubende Untersuchungen nicht einlassen. Denn 
wenn irgendwo, so gilt es hier schnell zu einer Diagnose 
zu kommen. 

Wir haben uns die Frage vorzulegen, ob die durch die 
Obduction gemachten Feststellungen und die ana¬ 
mnestischen Erhebungen den Wuthverdacht völlig aus- 
schliessen oder nicht. Bleiben Verdachtsmomente bestehen, 
so müssen unverzüglich, besonders im Interesse der menschlichen 
Gesundheit, die seucliengesetzlichen Bestimmungen in Anwendung 
kommen. Ungesäumt sind die durch ministeriellen Erlass vor¬ 
gezeichneten Schritte zu thun, um etwa gebissene Personen der 
prophylaktischen Behandlung zuzuführen. „Denn jeder Tag 
zwischen Biss und Beginn der Behandlung verschlechtert die 
Aussicht auf Heilung.“ 

In der Regel werden umsichtige Erhebungen des unter¬ 
suchenden TliierarzteB ohne weitere Hilfsmittel zu einem richtigen 
Resultate führen. Dass die thierärztliche Wissenschaft dieser 
Aufgabe gewachsen ist, geht aus den statistischen Angaben des 
Marx’schen Berichtes (1. c) hervor. Von 99 eingesandten 
Köpfen gaben nur 4 = 4,04 pCt. ein uegatives Impfresultat. 
In diesen vier Fällen hatte die thierärztliche Unter¬ 
suchung gleichfalls Tollwuth als unwahrscheinlich er¬ 
scheinen lassen. 

Wird in einzelnen Fällen durch das Experiment fes'gestellt, 
dass der verdächtige Hund nicht wnthkrank war, so kann der 
beamtete Thierarzt für die auf Grund seiner Untersuchung als 
nothwendig erachteten polizeilichen Anordnungen, welche sich 
später als überflüssig gezeigt haben, nicht verantwortlich ge¬ 
macht werden. Denn die Möglichkeit, dass wegen Unvollkommen¬ 
heit der diagnostischen Merkmale hin und wieder eiue Fehl¬ 
diagnose entsteht, kann die Anordnung der veterinärpolizeilichen 


Massnahmen nicht hiuausschiebeu, bis durch die Impfung Klarheit 
gewonnen ist. Johne 1. c. weist darauf hin, dass das Reichs- 
Viehseuchengesetz in seiner jetzigen Fassung nicht gestatte, in 
dem angedeuteten Sinne von der Impfung officiellen Gebrauch 
zu machen, und dass hierzu erst eine Abänderung des Gesetzes 
vorgenommen werden müsse. Diese Abänderung ist keineswegs 
opportun, denn der Aufschub der Anordnungen bis zur Erlangung 
des experimentellen Resultates, welches 12 bis 21 Tage und 
länger dauern kann, würde der Verbreitung der Tollwuth den 
grössten Vorschub leisten. Wohl aber könnte, sobald sich durch 
die Impfung herausgestellt hat, dass der verdächtige Hund nicht 
wuthkrank gewesen ist, die Aufhebung der angeordneten Polizei- 
massregeln veifügt werden. Für diesen Fall biete, wie Johne 
anfuhrt, der Wortlaut des Gesetzes bereits eine hinreichende 
Handhabe. Im § 37 heisst es: „Ist die Tollwuth an einem 
Hunde oder an einem andern Hausthiere festgestellt“, so ist 
etc. anzuordnen. Da aber eine zweifellose Feststellung der 
Wuth nur durch die Impfung möglich sei, so Hesse sich bei 
einem negativen Impfergebniss im Verordnungswege eine Milde¬ 
rung der veterinärpolizeilichen Massnahmen herbeiführen. Die 
Frage, ob in einem solchen Fall der Staat den Besitzern von 
getödteten Hunden und Katzen Entschädigungen zu zahlen habe, 
erledigt sich für uns durch den § 13 des preussischen Aus- 
führungsgesetzes vom 12 März 1881. Hiernach wird Für Hunde 
und Katzen, welche aus Anlass der Tollwuth getödtet sind (vgl. 
Reichs-Viehseuchengesetz Abschnitt II, 4 § 62, 3), eine Ent¬ 

schädigung nicht gewährt. 

Die durch das Irapfexperimcut anzustellende Untersuchung 
wuthverdächtiger Thiere ist bisher nur vorgeschrieben Für die 
Fälle, in welchen Menschen gebissen worden sind. Der 
hierauf bezügliche bereits citirte Ministerial-Erlass vom 10. Jnli 
1899 weist die beamteten Thierärzte Preussens an, nach erfolgter 
Obcluction das Gehirn einschliesslich des verlängerten Marks im 
unverletzten, aber von der Musculatur befreiten Knochengerüst 
(Schädelhöhle nebst Atlas) sofort mit Eilpost, im Sommer thun- 
lichst in Eis verpackt dem Director des Instituts für Infections- 
krankheiten einzusenden. Daselbst werden von jedem wuth- 
verdächtigen Thiere zwei Kaninchen geimpft. 

Die Technik der Kaninchen-Impfung, welche mir im 
Institut durch Herrn Dr. Marx persönlich vorgeFiihrt wurde, ist 
! verhättnissmässig einfach. Von dem exenterirten Gehirn oder 
, Halsmark wird ein etwa 1 ccm grosses Stück mit ca. 5 ccm 
sterilisirter Bouillon zu einer Emulsion verrieben und von dieser 
: 3 ccm einem Kaninchen intracraniell eingespritzt. Zu diesem 
j Zweck wird das Kaninchen auf einem brettartigen Blech in Banch- 
i läge befestigt. Der Kopf wird durch einen eigenartigen senkrecht 
. von der Unterlage eraporragenden Haken fixirt. Nachdem die 
Haare am Hinterkopf abgeschoren, die nackte Haut mit Alcohol 
i und darauf mit Lysol gewaschen ist, wird die Kopfhaut auf 4 cm 
in der Längsachse des Thieres durchschnitten, das Periost zuiiick- 
! gelegt und mit feinen Trepanen, deren Durchmesser 5 mm be¬ 
trägt, die Schädeldecke durchbohrt. Alsdann wird mit einer 
Pravaz’schen Spritze, an der eine feine gebogene Hohlnadel sitzt, 
die Hirnemulsion eingespritzt und zuletzt die Hautwunde mit 
zwei Seidenheften vernäht. Das ganze Impfverfahren nimmt etwa 
10 Minuten in Anspruch. 

Die Kaninchen ertragen den Eingriff gut und laufen un¬ 
mittelbar nach der Operation munter umher. Septische Folgen 
treten bei dieser Methode fast nie auf. Nocard verfährt, um 
auch der letzten Möglichkeit einer septischen Infection aus¬ 
zuweichen, etwas abweichend, indem er die Lamina externa des 
; Schädeldaches mit einem Drillbohrer anbohrt und die weichere 
[ Lamina int. mit der sterilisirten Hohlnadel direct durchstösst. 


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148 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 13. 


Diese Modilication dfiifie mehr Uebung verlangen als die vor¬ 
beschriebene. 

Ausser der intracraniellen Impfmethode wird auch die 
intraoculäre benutzt und von manchen Seiten, wie von Johne, 
bevorzugt. Es soll sich jedoch bei dieser Form leichter Sepsis 
einstellen können, auch soll sie nicht die absolute Sicherheit der 
vorigen haben. 

12—21 Tage nach der Impfung bricht beim Kaninchen die 
Wuth aus. Dieselbe entspricht in den meisten Fallen der para¬ 
lytischen Krankheitsform. Högyes 1. c. beschreibt die 
Symptome etwa wie nachstehend: Das Thier wird traurig, 
frisst nicht und beginnt zunächst in den hintern Extremitäten 
schwach zu werden, diese Schwäche geht bald in vollständige 
Lähmung über. Die Lähmung pflanzt sich auf die Vorder- 
extremiiäten und den Hals fort, so dass das kranke Thier auf 
der Seite liegen muss. Unter Erscheinungen der Herz- und 
Lungenlähmung tritt zwei bis fünf Tage nach dem Ausbruch der 
Wuth der Tod ein. Zuweilen treten vor der Lähmung Symptome 
auf, welche auf Erregung hindeuten und einen Anklang an die 
rasende Wuth bilden, jedoch beisst das Kaninchen nur selten. 

Im Ganzen wurden in dem Berliner Institut im ersten 
Berichtjahre, das nur die Zeit vom 16. Juli bis ult. December 1898 
umfasst, 137 Menschen mit Bissverletzungen behandelt. Eine 
nachträgliche Erkrankung an Wuth ist in keinem 
Falle eingetreten. Auch die vor der Eröffnung der Wuth- 
schutzimpfabtheilung in Wien, Krakau und Paris behandelten 
Bissverletzter deutscher Reichsangehörignngen (etwa 68 Personen) 
im Jahre 1898 sind gesund geblieben. Die Mortalität ist mithin 
gleich Null. 

Die Behandlung nimmt 30 Tage in Anspruch und erzeugt 
ke ne Störung im Wohlbefinden der Impflinge. Die Impfmasse 
wird aus dem Mark von Kaninchen gewonnen, welche durch 
Infection mit Virus fixe verendet oder im moribunden Stadium 
getödtet worden sind. Das Kaninchenmark wird unter aseptischen 
Vorsichtsmassregeln in Flaschen über Aetzkali aufgehängt und 
im Wärmeschrank bei mittlerer Temperatur getrocknet. Durch 
das Trocknen entsteht eine Abschwächung der Virulenz, welche 
nach sechs Tagen so weit geschwunden ist, dass geimpfte 
Kaninchen nicht mehr erkranken. Nach Pasteur wird bis zum 
14. Tage getrocknet und mit diesem Mark die Behandlung be¬ 
gonnen. Stufenweise schliesst sich, nach einem bestimmten 
Schema, die Verwendung von 13-, 12-, 11- u. s. w. bis dreitägigem 
Marke an, womit eine sichere Immunität erlangt ist. In Berlin 
beginnen die Einspritzangen mit zwölftägigem und enden mit 
zweitägigem Marke. Diese Abänderungen erwiesen sich als noth- 
wendig, weil die einheimischen Kaninchen kleiner sind als die 
Pariser und daher die Einwirkung des Marks und Abschwächung 
des Virus etwas schneller vor sich geht. 

Die Injectionen werden unter die lockere Bauchhaut gemacht 
und hinterlassen fast gar keine Reaction. 

Es dürfie nicht überflüssig sein, in dieser Versammlung auf 
die Tollwuthschntzimpfung und ihre Erfolge besonders hin¬ 
zuweisen, da Gesundheit und Leben bei Ausübung unseres Be¬ 
rufes, sei es durch den Biss eines tollen Hundes oder durch eine 
Verletzung etc. bei Obductionen wuthverdächtiger Thiercadaver. 
nicht selten in Gefahr kommen. Zwei Kreisthierärzte sahen sich 
bereits genöthigt, die Schutzimpfung in Berlin an sich vornehmen 
zu lassen, von anderer Seite ist dieselbe aus rein prophylaktischen 
Rücksichten gebraucht worden. Diese Vorsicht empfiehlt sich für 
Alle, welche sich mit experimentellen Untersuchungen über Toll- 
wutli beschäftigen. Und es ist auch denjenigen beamteten Collegen, 
welche häufig Tollwuthobductionen anszuführen haben, nahe zu 


legen, dass sie zu ihrer Sicherheit von diesem Schutzverfahreii 
Gebrauch machen. 

Literatur. 

Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam 1898, Stück 
32, und 1899, Stück 31. 

Beyer, Viehseuchen-Gesetze 1895. 

Dieckerlioff, Specielle Pathologie und Therapie Band II, 1891. 

Högyes, Lyssa 1897. 

Johne, Zeitschrift für Thiermedicin. Neue Folge. 1898, 
Band II, Heft 5. 

Jahresbeiichte der Königlichen Technischen Deputation für das 
Veterinärwesen über die Verbreitung ansteckender Thier¬ 
krankheiten. 

Kirchner, Ueber die Bisaverletzungen von Menschen durch 
tolle oder der Tollwuth verdächtige Thiere in Preussen 
während des Jahres 1898. 

Marx, Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung zur Heilung 
und Erforschung der Tollwuth im Institut für Infections- 
krankheiten im Jahre 1898. 

Nocard et Leclainche, Maladies microbiennes des 
animaux 1896. 

Referate. 

Die Credä’schenSilbersalze in der thierärztlichen Praxis. 

Von Dr. Angelo Baldoni. 

(Clin, vet 1899 II. 49-13.) 

In der chirurgischen Klinik des Prof. Lanzillotti haben 
die Silbersalze Itrol und Actol eine ausgebreitete Anwendung 
bei der Behandlung von Hufkrankheiten, Nageltritt, Strahlkrebs. 
Hufknorpelfistel, gefunden. Zur Desinfection des Operations¬ 
feldes wurden Lösungen von 1:1000 und zu den Wundverbänden 
wurden die Präparate in Pulverform benutzt. Im Allgemeinen 
erfolgte' der Verbandwechsel ifWei bis' drei Ta^e nacft der 
Operation, um die Blutcoagula zu entfernen. In einem Falle 
von Strahlkrebs blieb ein Actolverband neun Tage liegen. 
Während dieser Frist war das Allgemeinbefinden des Pferdes 
normal und die Belastung des operirten Fasses nahm von Tag 
zu Tag zu. Die Wundfläche zeigte nach Abnahme des Ver¬ 
bandes ein gesundes Aussehen. Nach dem ersten Verband¬ 
wechsel blieben die neu angelegten Verbände 12—14 Tage ohne 
Nachtheil liegen. Die Beobachtungen ergaben, dass die Heilung 
und Bildung von neuem Horn schneller eintrat, als bei dem 
Gebrauch der bisher bekannten Antiseptica. Dieses Resultat 
ist grösstentheils dem Umstand zu verdanken, dass die Wund- 
secretion durch die Wirkung der Silbersalze sehr beschränkt wird. 

Eine Widerristfistel heilte nach operativer Entfernung der 
degenerirten Gewebe unter Irrigation der Wunde mit einer 
einprocentigen Actollösung in 20 Tagen. 

Wunden, welche wegen eines grossen Substanzverlustes 
nicht durch die Naht vereinigt werden können, bestreut man 
mit pulverförmigem Itrol oder Actol. Es bildet sich mit dem 
Wundsecret ein Schorf, unter dem die Heilung leicht von 
statten geht. 

Verf. hat auch die Irrigation des Uterus mit einer Actol¬ 
lösung 1: 1000 bei einer Foxterrierhündin ausgeführt und ist 
der Ansicht, dass diese Behandlung auch auf die grossen Hans- 
thiere übertragen werden kann, ohne Vergiftungserscheinungen 
zu bedingen. Denn Hunde, Kaninchen, Meerschweinchen und ein 
kleines Maulthier konnten ohne wesentliche Störungen der Ge¬ 
sundheit ziemlich hohe Dosen von Itrol und Actol ertragen, 
welche denselben innerlich, snbcutan oder endovenös bei¬ 
gebracht wurden. 


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29. März 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Bei Keratitis und Ulcus corneae ist mit Erfolg das Ein¬ 
blasen einer kleinsten Menge von Actolpulver in den Binde¬ 
hautsack versucht worden. Das Geschwür verkleinerte sich in 
wenigen Tagen und die Hornhaut hellte sich auf. Cred£ 
empfiehlt in diesen Fällen an Stelle des reizenden Pulvers 
Ac-tollösungen anzuwenden. 

Das Argentum colloidale ist nur zum Zweck der Rotz- 
diaguose vom Verf. benutzt worden, wobei er ein gleichmässiges 
Resultat nicht erzielt hat. lieber diese Versuche ist in der 
B. T. W. bereits berichtet worden. Die Zahl der Beobachtungen 
ist noch zu klein, um eine sichere Schlussfolgerung aus den¬ 
selben ableiten zu können. 

Bei der innern Verabreichung des Argentum colloidale zur 
Bekämpfung von septicaemischen Krankheiten empfiehlt sich der 
Zusatz von etwas Eiweiss oder anderer Eiweisssubstanzen, um 
einer Beeinträchtigung des Mittels durch den Magensaft vor- 
znbeugen. 

Um den antiseptischen Werth der Crede’schen Präparate 
festzustellen, begnügte sich Verf. nicht mit den klinischen Be¬ 
obachtungen, sondern stellte noch eine Reihe von Versuchen 
an, in welchen die Einwirkung der Silberlösungen auf Rein- 
culturen der Eitererreger studirt wurde. 

Die Versuche ergaben, dass das Actol, vielleicht wegen 
seiner grossem Löslichkeit, das Itrol und das Argentum colloidale 
an antiseptischer Kraft iihertrifft und nicht hinter der des 
Sublimates znrücksteht. Verf. ist jedoch nicht zu den Resul¬ 
taten Kochs und Behrings gelangt, welche den Silbersalzen 
eine viermal höhere antiseptische Potenz zuschreiben als dem 
Sublimat. 

Zar Differeutialdiagno&e des Kehlkopfpfeifeus. 

Von Bechstädt. 

(Ztsclir. f. Vct. 1900, 1.) 

Die geringfügigen Anfangsstadien des Kchlkopfpfeifens 
sind nicht leicht festzustellen. Es gehört dazu nach Diecker¬ 
hoff Untersuchung in forcirter Gangart mit starkem Heran¬ 
nehmen des Kopfes gegen den Hals und Seitwärtsstellung des 
Kopfes; der dann hörbare laute Ton verschwindet sofort wieder, 
wenn diese Haltung geändert wird. Bechstädt hat nicht 
selten dabei beobachtet, dass dann der Ton aussetzt, wobei 
die Pferde in den Pausen eine Schluckbewegung znr Abschluckung 
des Speichels machen. Dieses Aussetzen kommt beim wirklichen 
Kehlkopfpfeifen vor. Nicht selten aber bekunden edle Pferde 
einen inspiratorischen pfeifenden Ton, den sie willkürlich hervor¬ 
bringen, wie dies Dieckerhoff schon erwähnt. Es handelt sich 
hier nur um eine Angewöhnung. Bechstädt hatte speciell bei 
einer edlen hannoverschen Stute die Abwesenheit von Kehlkopt- 
pfeifen festgestellt. Nach einigen Tagen wurde er zur noch¬ 
maligen Untersuchung aufgefordert, da bei einem kurzen Galopp 
bei dem Pferde ein Ton hörbar geworden war, welcher sich 
auch- im Trabe dann äusserte, wenn das Pferd erschrak. Bei 
der ersten Untersuchung konnte Bechstädt das Geräusch nicht 
hören: acht Tage später jedoch überzeugte er sich, dass das 
Pferd, sobald es unter starker Beizäumung in kurzen Galopp 
gesetzt wurde, bei jeder Inspiration einen leisen flötenden Ton 
hören liess, der allmählich sich verstärkte und schon auf 20 
Schritt hörbar war. Bei Verstärkung der Gangart verschwand 
der Ton, wurde auch bei stärkstem Galopp bis zum allgemeinen 
Schweissausbruch nicht mehr hörbar. Das Pferd wurde binnen 
sechs Wochen mehrmals untersucht. Manchmal liess es den 
eschriebenen Ton hören, manchmal war derselbe durch kein 


149 

Mittel hervorzubringen. Der Besitzer beobachtete noch, dass 
lautes Anrufen das Pferd veranlasste, den Ton zu unterdrücken. 
Es handelte sich also um eine Untugend, die sich später übrigens 
verlor. Auch solche Reitpferde, welche Schwierigkeiten im 
Genick haben und mit theilweise gestrecktem Kopf unter 
geöffnetem Maule gehen, lassen bisweilen ein inspiratorisches 
Athmung8geräusch hören in Form eines tiefen, von schlotterndem 
Geräusch begleiteten Tons. Wahrscheinlich bricht sich hier der 
Inspirationsstrom am Gaumensegel. 

Exspiratorische Athemgeräusche sind häufiger. Schnarchen- 
des Geräusch bei der Exspiration ist mehrfach beobachtet. 
Bechstädt fand bei einem Pferde dasselbe so laut, dass das 
Thier als Reitpferd unbrauchbar war, obwohl keine Athemnoth 
bestand. Ein anderes Pferd bekundete das Geräusch nur beim 
Galoppiren an der Longe, wenn der Kopf an dem Brustgurt 
ausgebunden war. Das Geräusch verlor sich bei fortgesetzter 
Bewegung. Bei einem anderen Pferde war das Geräusch immer 
gleichmässig und schon im starken Trabe unter dem Reiter 
hörbar. Ein Reitpferd kann durch ein solches Geräusch erheb¬ 
lich entwertliet werden. 

Uteruskrebs beim Rinde. 

Von Prof. Guillebeau-Bern. 

(Journal de Lyon, Oct. 1S99) 

Prof. Guillebeau hat in einigen Jahren sieben Fälle von 
Uteruskrebs bei Kühen vorgefunden. In fünf Fällen sass das 
Carcinom auf dem Halse, in zwei Fällen in den Uterushörnern. 
In allen Fällen war das Organ stark vergrössert und äusserte 
sich die Neubildung in Form einer diffusen Infiltration der 
Gewebe, sie war hart, zähe und streifenförmig. In sechs Fällen 
hatte eine Propagation auf andere Organe stattgefunden. 

• Die Tumoren bestehen aus einem sehr festen Bindegewebe, 
j das aus vielen Fasern und wenig Kernen besteht. Ein Zwanzigstel 
I ungefähr der Masse ist epithelialer Natur. Die Zellen sind ent¬ 
weder cyliudrisch und in Reihen angeordnet oder cubisch und 
in mehreren Schichten über einander gelagert. Die beim Car¬ 
cinom des Menschen häufigen Körperchen, die mit Sporozoen 
identificirt wurden, sind nie gefunden worden. 

Beim lebenden Thiere ist der Krebs leicht zu diagnosticiren. 
Die Volumvergrö8serung des Organs, die Härte des Gewebes, 
das Aufhören der Functionen des Uterus, die consecutive Ab¬ 
magerung und der cachectisclie Zustand, bilden einen Complex 
von characteri8tischen Symptomen. Die Prognose ist immer 
schlecht, und es empfiehlt sich, die Thiere baldigst abzuschlachten. 

Ueber Infectionen mit dem Colibacterium. 

Von Zschokke-Zürich. 

(Si-lnv. Arch. IM. 42. 1.) 

Es ist bekannt, dass das Bacterium Coli für gewöhnlich 
einen harmlosen Bewohner des Darms darstellt, der nur durch 
besondere Umstände virulent wird, dann aber eine ganze Reihe 
von Störungen bedingen kann. So soll er beim Menschen 
Dysenterie, Peritonitis, Leberabseesse, andererseits Cystitis und 
Pyelo-Nephritis hervorbringen. Die schönen durch sieben Jahre 
fortgesetzten Studien Jensen’s haben dargethan, dass beim 
Kalbe das Bacterium Coli Epizootien der Kälberruhr hervorruft. 
Auch im Euter und in der Blase ist bei Thieren das Bacterium 
als Krankheitserreger mehrfach gefunden worden. Nocard 
führt in seinem Werke „Les maladies microbiennes“ auf das 
Colibacterium folgende Krankheiten zurück: Kälbersepticaemie, 
septicaemische Erkrankungen einiger Vogelarten, unter anderem 
auch die dem Menschen gefährliche Papageienmycose, das bös- 


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No. 13. 


lfO BERLINER THIERARZTLICI1E WOCHENSCHRIFT. 


artige (’atarrhalfieber des Kindes. Formen von Nephritis beim ; 
Hund und Schwein, Nabelinfection beim Kalb. Euterentzüudung | 
beim Kind, Endocarditis beim Kind und Hund, auch einen Fall 
von Abortus bei der Kuh. Er weist auch darauf hin, dass der 
(ienuss des Fleisches von an Ruhr erkrankten Kälbern bei 
Menschen eine eolibacilläro Darmerkrankung bedingen könne. — 
Zschokke selbst hat im Schw. Arcli. 189C> das Colibacterium 
als Ursache einer int'ectiösen Parese beim Kinde bezeichnet. 
I>r. Wilhelmi, Assistent an der Thierarzneischule in Bern 
(Landwirthschaftl. Jalnbuch der Schweiz Bd. 13 ) hat die 
Nabelvenenentzündung der Kälber gründlich untersucht und ge- , 
fanden, dass in der Kegel eine stark virulente Art des Baeterium 
C«di, nur selten Baeterium septicaemiae haemorrhagicae, die j 
Crsache ist. Intravenöse Injectionen von Bouillonreinculturen ^ 
des Baeterium Coli bedingten bei acht Kälbern eine der Nabel- 1 
Venenentzündung durchaus entsprechende. Erkrankung. Auch 
Zschokke hat schon 1893 Experimente ausgeführt, um die ; 
Crsache der Polyarthritis der Kälber zu ermitteln. Bei diesen 
wurden in den (ielenken dreier Kälber Bacterien vom Aussehen 
des Colibncterinms gefunden, deren intravenöse Verimpfung auf 1 
Kälber wiederum Oelenkerkrankung erze igte. 

Auch die eroupöse Enteritis der Katze dürfte auf Coli- 
bacterien zurückzuführen sein. Diese Erkrankung ist nirgends 
besonders beschrieben, jedoch nicht selten und im Winter und 
Frühjahr oft seuchenartig. Fast ausnahmslos kommt sie bei 
jüngeren Thieren vor und ist tüdtlich in einem bis drei Tagen. 
Sie äussert sich in Erbrechen und Durchfall und erweckt oft 
den Verdacht einer Vergiftung. Bei der Section zeigt sich 
stets der mittlere und hintere Dünndarm stark geröthet und 
eigentluimlich starrwandig. die Schleimhaut mit einer Croup¬ 
membran, oft auch mit einem Fibrinnetz belegt. Abimpflingen 
von der Schleimhaut nach Entfernung des Croupbelages ergaben 
fast immer Keinculturen von Bacterien, welche sich in Culturen 
wie Colibacterien verhielten, allenfalls etwas schlanker waren 
wie diejenigen des Kalbes. Mit Milch an eine Katze verfüttert, 
erzeugten sie bei derselben eine erhebliche Erkrankung, die 
allerdings in Genesung überging, während eine andere Katze 
an Durchfall starb. 

Das Celluloid und seine Anwendung zur Injection 
yon Blutgefässen. 

Von Dr. Karl Storch- Wien. 

(Zeitschr. f. Tbiermed. 1809, Bd. III, H 3.) 

Das Celluloid ist eine hornartige aus 2—3 mm dicken, 
elastischen Platten bestehende Masse, welche 1809 die Gebr. Hyatt. 
in Nordamerika aus einer Mischung von Cellulosenitraten (Collo- 
diumbaumwolle) und Camphor herstellten. Allgemein bekannt 
ist die Fabrikation von Kämmen, Wäscheartikeln, Schmucksachen, 
Cliches u. 8. w. aus Celluloid. Die Benutzung desselben bei der 
Injection von Gefässen ist vom Verf. eingeführt. Hierzu wird 
derStoif in Acetin gelöst, eine Lösung, welche erst nach geraumer 
Zeit erstarrt. Die Schrumpfung der Injectionsmasae kann durch 
Zusatz von Kaolin vermindert werden. Zur Injection von kleinsten 1 
Blutgefässen bedarf es eines geringeren Concentrationsgrades der 
Lösung als zur Füllung grosser Stämme. Verf. benutzt daher bei 
ein und demselben Präparate 2—3 Massen steigender Concentration, j 
welche nacheinander in einer Reibschale bereitet werden. Die 
injicirte Masse muss bis zum Siarrwerden des Celluloids unter 
stetem Druck stehen. Daher ist die gewöhnliche anatomische 1 
pritze zu dieser Injection nicht brauchbar. Der Spritzenstempel 


niu<8 vielmehr schraubenförmig drehbar sein. Diese Eigenschaft 
besitzt die von Prof. Teichmann-Krakau construirte Spritze. 

Bei Doppelinjectionen wird zur Abkürzung des Verfahrens 
die Veneninjection begonnen ehe die Arterieninjection beendet ist. 

Die mit Celluloid hergestellten Gefässpiäparate besitzen den 
Vorzug, dass dieselben bei weitem nicht so leicht brechen wie 
die mit Wachs- oder Harzmassen gefüllten Gefässe. Die Nach¬ 
behandlung, welche entweder in Präparation oder Corrosion 
besteht, lässt sich daher leicht und ohne die sonst erforderliche 
grosse Vorsicht und Sorge um die Haltbarkeit des Präparates 
ausführen. 

Als Corrosionsflüssigkeit benutzte Verf. schwach verdünnte 
Salzsäure; zur Färbung der Injectionsmasse für Arterien feinsten 
chinesischen Zinnober, für Venen Cobaltblau, welche Farben der 
corrodirenden Säure widerstehen. 

Die in der beschriebenen Weise vom Verf. hergestellten 
Piäparate haben nach mehrjähriger Aufbewahrung und mehr¬ 
fachem Transporte nach Ausstellungen keine Veränderungen 
erfahren, ein Umstand, welcher für die Haltbarkeit der Objecte 
spricht. Durch. Eintauchen in eine verdünnte Gelatinelösung 
kann dieselbe noch erhöht werden, ferner erzeugt die Gelatine¬ 
hülle einen Glanz, durch welchen die Wachspräparate aus¬ 
gezeichnet sind. 

Myxomyceten, resp. Plasmodiophora Brassica Woron. 
als Erzeuger der Geschwälste bei Tieren 

von Prof. Podwyssotzki in Kiew. 

(l'entrallil. f. Hart. 11 l’nrnsitcnk No. III 1900.) 

Vor 2»* Jahren entdeckte Woron in einen Myxomyceten 
Plasmodiophora Brassica, welcher in den Wurzeln einiger 
Cruciferen, besonders aber bei manchen Kohlarten recht para¬ 
sitäre Geschwülste bildet, den sogen. Kohlkropf. P. hat 
Kaninchen, Meerschweinchen, Fröschen und Axolotlen kleine 
Stücke Kohlgewebe, welches mit Sporen von Plasmodiophora 
ausgefüllt war, unter die Haut gebracht und auch in die Bauch¬ 
höhle eingeführt. Schon nach 15 Tagen trat um das eingeimpfte 
Stück eine wallnussgrosse Geschwulst auf. Thiere, welche mit 
solchen Geschwülsten behaftet waren, wurden in der Kiewer 
Aerzte-Gesellschaft demonstrirt. Verfasser zieht aus seinen 
Versuchen (die ausführliche Arbeit erscheint in dem Russ. Arcli. 
f. Path., klin. Medicin und Bacteriologie) folgende Schlüsse. Es 
gelingt durch Impfung von Plasmodiophora Brassica bei Thieren 
(Kaninchen und Meerschweinchen) experimentell Geschwülste zu 
erzeugen. Die Geschwülste sind mesodermatischen Ursprungs 
und ähneln einem grosszeiligen Sarcom, Endotheliom oder Gra¬ 
nulom. Die Geschwulst entsteht durch Hypertrophie und Proli¬ 
feration der fixen Bindegewebszellen und der Endothelien. Im 
Inneren der Geschwulst sieht man die Sporen von Plasmodiophora 
Brassica in wechselnder Menge. In manchen Fällen ist eine 
grössere Menge von Sporen in Riesenzellen eingeschlosse», im 
Inneren derselben gingen 'die Sporen zu Grunde. Nach dem 
Befunde am Zellkern zu schliessen, erregt der Parasit eine 
Kernproliferation. In Schnitten zeigen die mit Parasiten stark 
gefüllten Zellen ein cliaracteristisches Bild. Im Innern des an die 
Spore angrenzenden Protoplasmas der Geschwalstzelle sind kleine 
Fetttröpfchen zerstreut. Solche Zellen scheinen aus einer Menge 
von Vacuolen zu bestehen, indem jede Vaeuole mit Fetttröpfchen 
umgeben ist. In einem höchst bösartig verlaufenden Falle von 
Sareomatose der Bauchhöhle, der Niere, der Thyreoidea eines 
Kindes hat Verfasser ähnliche mit Fett beladene cbaraeteristische 


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29. Mär/. 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


grosse, vacuolisirte Zellen unterscheiden können. Die grossen 
Zellen in Sarcomen und einigen Mammacarcinomen betrachtet 
P. als Erscheinungen eines Biophagismus. Bei den mit Sporen 
von Plasmodioj hora Brassica erzeugten Geschwülsten erscheint 
die Phagocvtose ausreichend, und hierin sieht Verfasser den 
Grund, dass die bei den genannten Tieren erzeugten Geschwülste 
keinen bösartigen Character haben und sich mit der Zeit 
verkleinern. J. 

Thierhaltung und Thierzucht. 

Die Frühreife des edlen Halbblutpferdes. 

Von Mieckley. 

Die Vollblutzucht führt zur Frühreife ihrer Producte. Durch 
die sorgfältige Art der Aufzucht und Pflege dürfte dieser Erfolg 
mit erzielt werden. Zweijährige Vollblutpferde leisten bereits 
so anstrengende Arbeit, wie man sie Halbblutpferden nicht zu- 
muthet. Bei der edlen preussischen Halbblntzucht ist jedoch 
ebenfalls eine gewisse Frühreife erreicht worden unter Beachtung 
jener Errungenschaften. Dieselbe erstreckt sich zwar noch nicht 
auf Leistungsfähigkeit, aber auf Körperentwickelung. Versuche, 
zweijährige Halbblutpferde zum Rennen herauszubringen, sind 
bereits gemacht worden, in ihrem Erfolge jedoch noch nicht zu 
übersehen. In einer früheren Arbeit (Arch'. f. Th. Bd. 201 hat M. 
durch Wägungen und Messungen an der Trakehner Fuchsherde 
erwiesen, dass die Skelettentwickelung bereits im dritten Jahre 
abgeschlossen ist. Er hat die Untersuchungen in Beberbeck 
fortgesetzt und kann bereits fest stellen, dass die Knochen¬ 
entwickelung der Beberbecker Halbblutpferde wesentlich früher 
als die der Trakehner vollendet ist. Sämmtliche Messungen er¬ 
gaben, dass die Knochenstärke nach dem zweiten Jahre nicht 
mehr znnimmt. Das Beberbecker Pferd besitzt daher eine noch 
grössere Frühreife als das Trakehner. Die Ursache liegt zu¬ 
nächst wohl darin, dass erstere während des ganzen Jahres, so 
lange als irgend möglich, Tag und Nacht weiden. In dem bergigen 
Terrain bei keineswegs angenehmem Klima ist die Aufzucht eine 
härtere. Andererseits ist in dem Beberbecker Stammbaum das 
englische Vollblut reichlicher vertreten als in Trakehnen. Ob 
noch andere Factoren mitwirken, kann M. nicht entscheiden. 
Jedenfalls ist das edle Halbblut der preussischen Staatsgestüte 
so frühreif, dass es, wenigstens in Beberbeck, dem Vollblutpferde 
in der Körperentwickelung nicht viel nachgiebt. Wenn derartig 
gezogene Pferde dreijährig benutzt werden, so consolidirt sich 
der locoraotorische Apparat. Eine frühe Leistungsfähigkeit darf 
daher dem Halbblut nicht mehr abgesprochen werden. 

Viehzählung in den Vereinigten Staaten von Nord- 
Amerika am 1. Januar 1900. 

Am 1. Januar d. J. wurden in den Vereinigten Staaten von 
Nord-Amerika nach dem Berichte des „Departements of Agri- 
eultnre“ 13 537 524 Pferde, 2 086 027 Maulthiere, 16 292 360 
Milchkühe, 27 610 054 andere Rinder und 41883 065 Schafe ge¬ 
zählt. Gegen das Vorjahr 1899 zeigt sich eine Abnahme bei 
den Pferden um 1 pC't, bei den Maulthieren um 2 pCt., bei den 
Rindern mit Ausnahme der Milchkühe um 1,3 pCt.; eine Zu¬ 
nahme bei den Milchkühen um 2 pCt. und bei den Schafen um 
7 pCt. Die Gesammtzahl der Rinder beträgt 43 902 414 gegen 
43 984 340 im Anfang des Jahres 1899, die Abnahme von 81 926 
ist. zwar wesentlich geringer als in den Vorjahren, indessen ist 


151 

dies doch schon das sechste Jahr, wo sich der Rindviehbestand 
der Vereinigten Staaten fortgesetzt verringert. Die Zunahme 
bei den Schafen um 2 768 600 Stück ist ein weiteres beachtens- 
werthes Moment. Der Werth jeder Classe des Viehbestandes 
hat wesentlich zugenommen. Verglichen mit 1899 hat sich der 
Durchschnittswerth im Jahre 1900 für Pferde um 7,21, für Maul¬ 
thiere um 8,60, für Milchkühe um 1,94, für andere Rinder um 
2,18 und für Schafe um 0,18 Dollars per Kopf gesteigert. 

Tagesgeschichte. 

Bericht über die 34. Geueral-Versammlung des Vereins 
Kurhessischer Thierärzte 
am 10. Dezember 1899 in Cassel. 

Von den Mitgliedern waren anwesend die Herren Döhrer 
Grimme, Hartmann, Hornthal, Höxter, Kalb, Kalteyer, 
Kobel, Scheffer, Schlitzberger, Stamm, Teske, Tietze. 

Ausserdem als Gäste: 

Die Herren Thierarzt Bockemüll er-Cassel, Kreisthierarzt 
Grips-Gelnhausen, Schlachthofdirektor Dr. Grote-Cassel, Ober- 
Rossarzt a. I). Jorns-Cassel, Corps-Rossarzt König-Cassel, 
Kreisthierarzt Melde-Marburg, Ober-Rossarzt Rind-Cassel, 
Kreisthierarzt Schultz-Grebenstein, Rossarzt Werner-Cassel, 
der General - Sekretär der Landwirthschaftskammer, Herr 
Oekonomierath Gerland-Cassel. 

Nachdem der Vorsitzende die Anwesenden, insbesondere die 
Gäste herzlich begrüsst hatte, wird zunächt der 1. Punkt der 
Tagesordnung: „Geschäftliche Mitteilungen“ erledigt. 

Ihr Ausbleiben hatten verschiedene Herren entschuldigt, 
darunter auch Herr Dr. Casper-Höchst a. M., der im letzten 
Augenblicke behindert war, einen Vortrag zu halten über die 
Uebertragung des Schweinerothlaufs auf Menschen. 

Er hatte ein schriftliches Referat eingesandt. 

Ferner gingen noch Entschuldigungen ein von den Ehren¬ 
mitgliedern: Herrn Depart.-Thierarzt Dr. Schmidt-Aachen, 
Geh. Med.-Rätlie Dr. Esser-Göttingen und Dr. Ellenberger- 
Dresden, sowie von Geh. Ober-Reg.-Rath Dr. Lydtin-Baden. 
Letzterer spricht nochmals seinen besonderen Dank aus für die 
bereitwillige Geldunterstützung seitens der beamteten Thierärzte 
des Bezirks Cassel zu den Kosten des VII. int. Thierärztlichen 
Congresses in Baden-Baden. 

Auch dem Ehrenpräsidenten Herrn Professor Dr. Kaiser- 
i Hannover war es zu seinem und aller Anwesenden Bedauern 
nicht möglich, der Versammlung anzuwohnen. 

Die dem Verein von dem Ehrenmitgliede Herrn Geh. Med.- 
Rath Professor Dr. Dam mann gestiftete Festschrift: 

„Die neue thierärztliche Hochschule in Hannover, ihr 
Bau und ihre Einrichtungen“ 

wird mit grosser Freude angenommen und der Bibliothek des 
Vereins einverleibt. 

Der Vorsitzende übernimmt es, dem verehrten Geber den 
aufrichtigen Dank der Mitglieder für die Stiftung noch schrift¬ 
lich besonders auszudrücken. 

Nicht beizutreibende, rückständige Beiträge des Collegen 
| Herrn Frensel werden durch Vereinsbeschluss nieder- 
j geschlagen. 

, Der Vorsitzende spricht sein Bedauern aus, dass die Pro- 
I tocolle der letzten beiden Vereinssitznngen bisher noch nicht 
S fertig gestellt seien und schlägt deshalb vor, um den Mitgliedern 


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152 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 13. 


die jedesmaligen Verhandlungen möglichst schnell zugänglich zu 
machen, dieselben in einer unserer Fachzeitschriften zu ver¬ 
öffentlichen, worauf dem Vorschläge stattgegeben und beschlossen ; 
wird, die Protocolle der Versammlungen in der B. T. W. zum j 
Abdruck bringen zu lassen. 

Die von der Stuttgarter Allgemeinen Versicherungsgesell- i 
Schaft übersandten Prospecte, betreffend Versicherung gegen 
Haftpflicht, werden zur Kenntniss gebracht. 

Der Verein als solcher lehnt es ab, eine Haftpflicht¬ 
versicherung einzugehen, vielmehr soll es dem Einzelnen über¬ 
lassen bleiben, sich wegen etwaiger Verträge direct mit der 
Stuttgarter Gesellschaft in Verbindung zu setzen. 

Ein Antrag des Vorsitzenden wegen Abänderung bezw. 1 
Revision der Statuten, die noch aus dem Jahre 18U4 stammen , 
und daher theilweise veraltet sind, wird angenommen und eine 
Commission, bestehend aus den Herren Döhrer, Hornthal, | 
Kälterer, Schlitzberger und Stamm, mit der Neubearbeitung 
der Statuten betraut. 

Demnächst erstattet der Cassirer Herr Hornthal den 
Cassenbericht, wonach pr. dat. ein Bestand von 422,15 M. vor¬ 
handen ist. 

Dem Herrn Cassirer wird Entlastung ertheilt, nachdem die , 
Herren Kobel und Scheffer die Beläge geprüft und die Cassa- j 
fiihrung ordnungsmässig befunden hatten. 

Alsdann spricht der Herr Oekonomierath Gerland seinen 1 
Dank aus für die herzliche Begrüssung, dabei betonend, dass 
die hiesige Landwirthschaftskammer den thierärztlichen Fort¬ 
schritten und Bestrebungen stets grosses Interesse entgegen- j 
bringe und dass sie ihrerseits stets bemüht gewesen, die Rath- ! 
schlüge der Thierärzte im Allgemeinen und im Besonderen sich j 
zu Nutze zu machen nnd dass es auch ferner so Mfeibön w'ewle. i 

Ebenso dankt Herr Corps-Rossarzt König im Namen der | 
Herren Militärcollegen für die freundliche Einladung, der sie j 
stets gerne Folge leisten werden 

I 

Punkt 2. Die Milch, ihre Gewinnung und Ver- 
werthnng vom gesundheitlichen und seuchenpolizei¬ 
lichen Standpunkte. i 

Herr Kreisthierarzt Schlitzberger hatte dieses Thema 1 
zum Gegenstände eines sehr eingehenden Berichtes gewählt in ! 
Folge des von den betheiligten Ministerien unterm 27. Mai v. J* 
ergangenen Runderlassse, betreffend die etwaige polizeiliche , 
Regelung des Verkehrs mit Milch. 

Es wurde vom Referenten hervorgehoben, dass nicht allein | 
Aerzte und Nahrungsmittel-Chemiker, sondern auch Thierärzte i 
hierbei hauptsächlich mitzuwirken berufen sind. 

In Cassel liege ein Bediirfniss nach polizeilicher Controle 
schon deshalb vor, weil der Milchverkauf in den Händen vieler j 
kleiner Händler liege, welche Abnehmer von den grösseren j 
Gutem sind. Dann sind es die oft an den Milchwagen an¬ 
gebrachten, auf Täuschung des Publikums berechneten Plakate | 
wie „thierärztlich oder ärztlich untersucht“, welche geradezu i 
eine strengere polizeiliche Controle herausfordern. 

Referent bespricht ferner an der Hand seiner Erfahrungen 
im Einzelnen die Art der Fütterung der Thiere, welche auf die 
Gewinnung einer zuträglichen und ertragreichen Milch Einfluss | 
haben, sowie die verschiedenen Krankheiten der Thiere und die I 
sehr oft schwer zu bekämpfenden Milchfehler — wie blaue, gelbe 
und rothe Milch. 

Nach dem sehr interessanten und fesselnden Vorträge wird j 
dem Herrn Schlitzberger vom Vorsitzenden unter Zustimmung I 


der Versammlung der Dank ausgesprochen für die grosse Mühe¬ 
waltung, der sich der Referent unterzogen. 

Bei der sich hieran ankuüpfenden, lebhaften Discussion 
ergreift zunächst das Wort Herr Oeconomierath Gerland, der 
die Versammlung bittet, den Standpunkt der Landwirthe zu 
wahren. 

Er fordere eine Untersuchung nicht nur der Milch in den 
sogenannten Kuranstalten, sondern sämmtlicher in den Verkehr 
zu bringender Milch, ferner, dass die Halbmilch gänzlich ver¬ 
schwinden und nur eine Unterscheidung in Fettmilch und in 
Magermilch ohne Bestimmung eines Fettgehaltes ftir letztere 
gemacht werden solle. 

In Bezug auf Magermilch müsse den Milchbesitzern das 
Recht zugestanden werden, mit Hülfe verfügbarer Apparate den 
werthvollsten Bestandteil — das Fett der Milch — nach 
Möglichkeit zu entziehen. 

Die Bestimmungen in den Verordnungen müssten klarer 
präcisirt werden, um den Landwirth nicht unberechtigten Be¬ 
lästigungen auszusetzen. 

Er wünscht schliesslich noch, dass man in der Einschränkung 
der Milch tuberculoseverdächtiger Thiere nicht zu weit gehe, 
da das Tuberculin bisher nicht als unfehlbar anzusehen sei, 
ebenso wie auch zu fordern wäre, dass man das Verbot der 
Milchabgabe nicht von bestimmten Erkrankungen der Thiere 
abhängig mache, da solche der Landwirth unmöglich in der 
Lage sei zu beurteilen etc. 

Der Vorsitzende sucht zunächst die Befürchtung zu zer¬ 
streuen, dass etwa die Milch solcher Kühe, welche lediglich auf 
Tuberculin reagirt haben, ohne klinische Erscheinungen der 
Tuberctilose zu zeigen, vom Verkehr ausgeschlossen werden 
braucht. 

Wissenschaftlich sei diese Frage auf dem Baden’er Congresse 
genügend disputirt worden, mit dem Ergebniss, dass allerdings 
die zur Milchgewinnung aufgestellten Kühe einer regelmässigen 
thierärztlichen Controle unterworfen werden sollten, die Milch 
tubereulöser Thiere vom Verkehr als menschliches Nahrungs¬ 
mittel aber nur dann auszuschliessen sei, wenn die Thiere ab- 
gemagert oder mit Tuberculose des Euters behaftet sind. 

Im Uebrigen steht der Vorsitzende mit dem Herrn Vorredner 
auf demselben Standpunkte, dass sämmtliche Verkehrsmilch einer 
polizeilichen Controle unterliegen müsse. 

Herr Corpsrossarzt König giebt interessante Aufschlüsse 
über Milchuntersuchung, die er selbst früher vielfach ausgeführt 
habe und hält er die Handcentrifugen für die Bestimmung des 
Fettgehaltes der Milch für die practischsten. 

Er glaubt, dass die Berliner Vorschriften, welche 3 be¬ 
stimmte Futtermittel vorschreiben, zu weitgehend sind; es sei 
ja bekannt, dass gutes Grünfutter, welches oft verschmäht wird 
ebenso aber auch eiweisshaltige Futterstoffe fettreiche Milch 
erzeugen u. s. w. 

Schliesslich hält er zur Untersuchung der Milch auf schäd¬ 
liche Baeterien einen geschulten Bacteriologen für durchaus 
nothwendig. 

Herr Schlitzberger geht zuletzt noch einmal näher ein 
auf die Fütterung bei Erzeugung von Kindermilch, wobei er 
namentlich betont, dass einzelne Besitzer als Flitter nur Heu, 
Kleie und Wasser vorziehen, hingegen Rüben, Grünfutter, Oel- 
knclien sehr verwerfen. 

Ein Beschluss wird nicht gefasst, da die Frage der Milch- 
controle sich noch im Stadium weiterer Erwägungen befindet. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


153 


29. März 1900. 


Nach Erledigung dieses Punktes wird der von Pr. Ca«per 
bereitwilligst zur Verfügung gestellte Bericht über die von ihm 
gemachten Beobachtungen von Uebertragung des Schweine¬ 
rothlaufs auf Menschen zur Verlesung gebracht. 

Für die höchst interessanten Mittheilungen wird Herrn Dr. 
C'asper vom Vorsitzenden der verbindlichste Dank ausgesprochen. 

Näheres über seine Wahrnehmungen ist bereits in den Fach¬ 
blättern veröffentlicht. 

Bei der sich anschliessenden Discussion erwähnt Herr Kreis¬ 
thierarzt Hartmann-Corbach (Waldeck) einen gleichen Fall 
von Infection bei seinem Sohne: 

Die Krankheits-Erscheinungen, die an den Händen und am 
Arme anftraten, sollen dieselben gewesen sein, wie sie Herr 
Dr. Casper beobachtet hat, 

Punkt 3 der Tagesordnung: 

„Stellungnahme zu den Beschlüssen des inter¬ 
nationalen thierärztlichen Congresses in Baden, be¬ 
treffend die Bekämpfung der Schweineseuchen, sowie 
der Maul- und Klauenseuche“ (Referent Herr Vet.-Assessor 
Tietze-Cassel) konnte der vorgerückten Zeit wegen, eingehender 
nicht mehr behandelt werden. 

Referent beleuchtet die verschiedenen Methoden der Impfung 
gegen den Stäbchenrothlanf der Schweine und die daraus ent¬ 
springenden Gefahren nicht allein für die Impflinge, sondern auch 
für benachbarte Schweinebestände, namentlich angesichts dessen, 
dass man genöthigt ist, des besseren und anhaltenderen Erfolges 
wegen, Reincnlturen zu verwenden. 

Es ist nur bedauerlich, dass die immerhin gefährlichen 
Impfstoffe in unbeschränkter Weise auch den Laien zugänglich 
gemacht sind, die, wie-Referent an Beispielen nachweisen kann, 
geradezu Missbrauch damit treiben. 

Solange zu den Impfungen infectiöses Material Verwendung 
findet, darf die Impfung nur von Thierärzten vorgenommen 
werden. 

Referent geht aber noch weiter und wünscht, anknüpfend an 
die Congressbeschlüsse, wonach die Schutzimpfung aller Thiere 
der gefährdeten Bestände polizeilich überwacht werden soll, dass 
die Impfung überhaupt unter Aufsicht der beamteten Thierärzte 
gesteUt werden müsste, analog, wie es bei der Lungenseuche ; 
vorgeschrieben ist. 

Desgleichen haben auch die §§ 19—22, bezw. 27 des Reichs¬ 
viehseuchengesetzes bei Vornahme der Schutzimpfung sinn¬ 
gemässe Anwendung zu finden. 

Dass die Impfungen gegen Maul- und Klauenseuche gleicher 
Weise unter amtliche Aufsicht zu stellen sind, hält Referent für 
selbstverständlich. 

Die Fehlresultate mit Seraphthin lassen dieses Verlangen im 
Interesse der gefährdeten Viehbesitzer nothwendig erscheinen. 

Die beamteten Thierärzte sollten zu dieser Frage auch jetzt 
schon Stellung nehmen in Aussicht auf den von Herrn Geh.-Rath 
Dr. Löffler in Baden-Baden annoncirten neuen Schutzimpfstoff. 

Dass auch die Landwirthe im Sinne des Referenten 
die Impfungen unter den Schutz der Behörden gestellt wissen 
wollen, ist übrigens in der am 5. März er. abgehaltenen 
Sitzung der 28. Plenar-Versammlnng des Deutschen Landwirth- 
schaftsrathes besonders betont worden, indem der Antrag von 
Bartmann: 

„Impfmittel dürfen nur nach vorhergegangener 
Anzeige bei den zuständigen Behörden und nur unter 
genauester Beobachtung des Fortganges der damit im 


Zusammenhänge stehenden Erscheinungen angewendet 
werden“ 

der Commission als Material überwiesen wurde. 

Die anwesenden beamteten Thierärzte stimmten dem Refe¬ 
renten in allen Punkten zu und ersuchten ihn, etwa nothwendige 
Schritte in dieser Angelegenheit zu unternehmen. 

Punkt 4. „Mittheilungen aus der Praxis“ musste der 
vorgeschrittenen Zeit wegen abgesetzt werden. 

Bei Punkt 5: „Neuwahl des Vorstandes“ werden die 
bisherigen Mitglieder durch Zuruf wiedergewählt. 

Sämmtliche Herren nahmen die Wahl dankend an. 

Zur Neuaufnahme in den Verein hatten sich gemeldet die 
Herren: Thierarzt Bockemüller-Cassel. Kreisthierarzt Grips- 
Gelnhausen, Schlachthofdirector Dr. Grote-Cassel, Kreisthierarzt 
Melde-Marburg, Kreisthierarzt M eyerstrasse-Hiinfeld und 
Kreisthierarzt Schultz-Grebenstein. 

Die Aufnahme erfolgt anstandslos, worauf die neuen Mit¬ 
glieder vom Vorsitzenden herzlich bewillkommt werden. 

An die Sitzung schloss sich ein Mittagsmahl mit Damen an, 
welches in der anregendsten Weise verlief. 

Den Kaisertoast brachte der Vorsitzende aus, dabei zurück¬ 
blickend auf die Errungenschaften und die Fortschritte der 
Thierarzneiwissenschaft im Laufe des bald zur Rüste gehenden 
Jahrhunderts. 

In launiger Rede gedachte Herr Director Dr. Grote der 
Damen, während Herr Hornthal seinem langjährigen Freunde, 
dem Ehrenpräsidenten Herrn Professor Dr. Kaiser, an den 
noch ein Begrüssungstelegramm zur Absendnng gelangte, ein 
freudig aufgenommenes Hoch ausbrachte. 

Es wurde der Wunsch ausgesprochen, die nächstjährige 
Sitzung in der Sommerzeit abzuhalten und Tags vorher mit den 
Damen einen allgemeinen Ausflug nach dem Eldorado „Wilhelms¬ 
höhe“ zu unternehmen, was allseitig die lebhafteste Zustimmung 
fand. 

Tietze, Hornthal, 

Vorsitzender. Schriftführer. 

Au« dem Reichstag. 

Die dritte Lesung des Fleischschaugesetzes ist bekanntlich 
vertagt worden. Ob eine solche zu Stande kommt, wird mehrfach 
bezweifelt; jedenfalls wird sie vor den Osterferien des Reichs¬ 
tages nicht mehr stattfinden. 

Ebenso ist nach Mittheilungen von Abgeordneten als sicher 
anzusehen, dass die Petition betr. das Abiturientenexamen der 
Thierärzte erst nach den Osterferien zur Verhandlung gelangt. 

Es hat nach wie vor den Anschein, dass unsere Angelegen¬ 
heit auf vielseitiges Wohlwollen stossen wird. Das in letzter 
Nummer veröffentlichte Stenogramm der Verhandlung des 
Militäretats giebt unserer Auffassung recht, dass die Haltung der 
Conservativen eine ganz andere sein wird, wenn eben nicht 
speciell von der Armee die Rede ist. Herr Graf Stoib erg hat 
sicher nicht ohne Absicht sogar mehrmals ausdrücklich betont, 
dass er eben nur auf die militärischen Verhältnisse Bezug nehme.*) 

Ein Symptom ist es auch, dass die Sportwelt einen sehr 
freundlichen Artikel bringt, in dem das Abiturientenexamen zur 
Steigerung der Tüchtigkeit der Thierärzte warm befürwortet 

*) Dabei ist dem Herrn Abgeordneten ein Irrthum untergelaufen, 
indem er sagte, das übrige Veterinärwesen sei nicht Reichssacbe. 
Die Ausbildung der Tbierärzte ist Reichssacbe und das dieselbe 
bestimmende Regulativ ist vom Reichskanzler bekannt gemacht. 
Der Reichstag ist also unzweifelhaft die competente Beratungsstelle 


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154 

wird. In Sportblättern las inan’s früher anders. Wir freuen uns j 
über diesen Umschwung sehr. . j 

Thierärztliche Stellen im Kaiserlichen Gesundheitsamte. 

Unter Bezugnahme auf unsere Mittheilung in No. 8 der 
B. T. W. über den Etat des Kais. Gesundheitsamtes und die 
daran bezüglich der Berufung eines Thierarztes geknüpften 
Wünsche, hat der zum Gesundheitsamt commandirte Herr Ross¬ 
arzt Koske privatim mitgetheilt: Er wolle der Deutung be¬ 
gegnen, dass er im Gesundheitsamt bloss mit der ärztlichen Be¬ 
aufsichtigung von Versuchsthieren betraut sei. Er habe sich j 
vielmehr mit bacteriologischen Arbeiten verschiedener Art be¬ 
schäftigen können und sei in seiner Stellung voll befriedigt. 

Obwohl uns der Wunsch um Veröffentlichung einer dem¬ 
entsprechenden Ergänzung nicht ausgesprochen worden ist, 
glauben wir hier doch öffentlich aussprechen zu sollen, dass 
wir die Möglichkeit einer Missdeutung jener Aeusserung nicht 
angenommen, einen Hinweis auf die Stellung des z. Z. beim Gesund¬ 
heitsamt commandirten Rossarztes Koske damit jedenfalls über¬ 
haupt nicht beabsichtigt haben. Bei dem Wohlwollen, welches 
der Herr Präsident des Gesundheitsamtes dem Veterinärwesen 
erst kürzlich in Baden so offensichtlich gezeigt hat, zweifeln ! 
wir nicht im Geringsten daran, dass die Stellung von im Ge¬ 
sundheitsamt beschäftigten Thierärzten eine in jeder Beziehung i 
befriedigende ist. 

Es sollte mit jener Bemerkung in No. 8 lediglich der ! 
Wunsch ausgedrückt werden, dass bei der etwaigen Auswahl j 
einer neuen Persönlichkeit für eine etatsmässige Stelle der 
Nachdruck weniger auf den practischen Thierarzt, als auf den j 
thierärztlich ansgebildeten Bacteriologen gelegt werden und die 
Wahl somit auf einen Thierarzt fallen möchte, welcher die Be¬ 
fähigung zu selbstständigen Forschungen auf diesem Gebiet 
voraussetzen lässt und welcher die Gelegenheit zur Bethätigung 
dieser Fähigkeit erhält. S. 

Sanitätsthierarzt. 

Auf Grund des neuen Kommunalbeamtengesetzes werden 
jetzt vielfach die Stellungen der Schlachthofleiter bezw. Sanitäts¬ 
thierärzte neu geregelt. Neulich konnte eine befriedigende 
Regelung aus Barmen mitgetheilt werden. Ebenso ist jetzt der 
Schlachthofverwalter Oberschulte in Lüdenscheid unter Er¬ 
nennung zum Sehlachthofdirector bei sehr befriedigender Be¬ 
soldungsscala lebenslänglich mit Pensionsberechtigung ( dies w r ar 
schon früher der Fall) angestellt worden. 

Berichtigung. 

Bei Besprechung des fünfzigjährigen Jubiläums der Lands¬ 
mannschaft Salingia war als deren Stifter Kreisthiel arzt 
a. D. Riedel genannt. 

Herr College Riedel macht darauf aufmerksam, dass er 
nicht a. D. sondern i. D. sei und dass er im Dienst noch das 
OOjährige Stiftungsfest mitzufeiern hoffe. 

Wir bitten für das Versehen um Entschuldigung mit dem 
Wunsche, dass die ausgesprochene Hoffnung sich erfüllen möge. 

Herr Dr. Schaefer, 

Redakteur und Verlegor des „thierärztlichen Central-Anzeigers“ 
entrüstet sich in einem „Hauptartikel“ (!) über mich, weil ich in 
No. 8 der B. T. W. die Meinung ausgesprochen habe, dass der An¬ 
zeiger, als ein auf Annoncensamralnng basirtes Blatt, nicht zur 
thierärztJichen Fachpresse zähle. Ich hatte übrigens diese Bemerkung 
nur dessbalb gemacht, weil man mich darauf hingewiesen hatte, 
dass ein Artikel des thierärztl. Centralanzeigers in der B. T. W. nicht 
beachtet bezw. nicht widerlegt worden sei. (Vgl. No. 8.) 


No, 13. 


Da Herr Dr. Schaefer von sieb selbst sagt, dass er „die Waffe 
nur ritterlich schwinge, den Knüppel Anderen überlasse und 
daher sich bemüht habe, in ruhiger Form und rein sachlich den 
Angriff zurückzuweisen“, so will ich mich mit der Untersuchung, 
wie weit ihm dies Bemühen gelungen ist, nicht weiter aufhalten. 

Ich vermag auch nicht auf die Angriffe zu erwidern, welche 
Herr Dr. Schaefer, indem er Rcdaction und Verlag verwechselt, 
anscheinend aus Versehen gegen den Herrn Verleger der B. T. W. 
richtet. Letzterer hat sich das Recht Vorbehalten, darauf selber 
entsprechend zu antworten (s. Umschlag). 

Ich will daher mich darauf beschränken, zu erklären, dass ich 
meinen Standpunkt, dass ein Annoncenblatt nicht zu der thierärzt¬ 
lichen Fachpresse gezählt werden könne, unbedingt aufrecht erhalte. 

Damit ist durchaus nicht gesagt, dass ich Herrn Dr. Schaefer 
das Annoncensammeln „zum Vorwurf mache“, wie er selbst sagt. 

Wenn z. B. ein Schuster den Ehrgeiz hätte, zum Kiinstlervercin 
zu gehören, weil er den menschlichen Fuss in Leder abformt, und 
wenn man ihn da nicht aufnimmt, so macht man ihm damit doch 
sein Gewerbe nicht zum Vorwurf; man verlangt eben nur, dass er 
bei seinem Leisten bleibt. 

Das Annoncensammeln ist weder eine Thätigkeit im Dienst 
der Wissenschaft, noch des Standes oder öffentlichen Interesses, 
aber es kann deswegen ja eine ganz gute Thätigkeit sein. Herr 
Dr. Schaefer, der sich übrigens nicht richtig Kreisthierarzt 
a. D. nennt, war Grossherzoglich hessischer Kreisveterinärarzt und 
nahm seinen Abschied, nachdem er von Darmstadt nach Schotten 
versetzt war. Er sucht in seinem litterarischen Unternehmen nun 
wahrscheinlich seinen Beruf uud theilweise seinen Lebensunterhalt. 
Das wird ihm Niemand verdenken; aber er wird sich darein finden 
müssen, wenn Ansprüche, die über das Niveau seines Unternehmens 
hinausgehen, nicht anerkannt werden. Die Anerkennung richtet 
sich nach der Leistung. 

Die tierärztliche Fachpresse hat von ihren kleinen Anfängen 
ab bis heute ohne jede Ausnahme sich denn doch die Erfüllung 
ganz anderer Aufgaben zum Ziele gesetzt. Sie hat durchweg in 
erster Linie einen wissenschaftlichen Gehalt geboten und daneben 
zum Theil die systematische Besprechung von Angelegenheiten des 
öffentlichen oder Standesintercsses gepflegt. Die von den Ver¬ 
legern, wie überall, den tbierärztlichen Zeitungen beigegebenen 
Annoncenbeilagen haben mit dem Inhalt der Blätter selbst gar 
nichts zu thun und verschwinden gegenüber demselben völlig. 

Der thierärztliche Centralanzeiger enthält dagegen in der 
Hauptsache Annoncen, kündigt sich auch selbst als Annoncenblatt 
an, wird auch durch den ganzen Vertrieb als solches gekenn¬ 
zeichnet. Wissenschaftlichen Inhalt bringt er so gut wie gar nicht 
und giebt nur einige Spalten kleine Mittheilungen über tägliche 
Vorkommnisse. Das ist doch wohl keine Fachvertretung. Das ist 
doch nicht der Inhalt, wie man ihn in der Presse einer Wissen¬ 
schaft und auch in allen übrigen thierärztlichen Blättern findet. 

Wenn Herr Dr. Schaefer behauptet, er sei von verschiedenen 
Seiten aufgefordert worden, „der Ueberhebung und Anmassung der 
B. T. W., welche vielfach in thierärztlichen Kreisen starken An- 
stoss erregt habe, entschieden entgegen zu treten“, so bezweifle ich 
nicht, dass es freundliche Seelen giebt, die sich gern den billigen 
Scherz machen würden, irgend Jemanden, gleichgiltig wen, gegen 
mich zu hetzen. Wenn aber Dr. Schaefer daran die weitere Be¬ 
hauptung knüpft, er besitze eine grosse Zahl von Anerkennungs¬ 
schreiben für sich und sein „Streben“ von Collegen, so müssen 
solche Behauptungen mit Beweisen belegt sein, wenn sie Eindruck 
machen sollen; im Uebvigen würde das nur beweisen, dass es 
unter den Thierärzten gutmiithige Leute giebt, die gern einem 
Collegen ein freundliches W T ort sagen. Nach welcher Richtung 
aber sich ein Streben des Herrn Herausgebers des tbierärztlichen 
Centralanzeigcrs im allgemeinen Interesse bemerklich gemacht 
haben sollte, bleibt unklar. 

Die thierärztliche Fachpresse in ihrer Gesammtheit ohne jede 
Ausnahme steht unzweifelhaft durch Inhalt und Art auf einem 
anderen Niveau als der thierärztlicbe Central-Anzeiger. Sie hat 
das Recht und die Pflicht, auf dies Niveau zu halten und das zum 
Ausdruck zu bringen, denn ihre Stellung ist von Einfluss auf das 
Ansehen des thierärztlichen Standes. Schmaltz. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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29. März 1900. 

Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. 


Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche In Preussen am 15. März 1900. 


Regierungsbezirk 

Die Seuch 

i 

Kreisen 

herrschte 

n 

Gemeinden 

(Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht: 

Königsberg. 

8 

22 

5,38 

Gumbinnen. 

3 

4 

1,02 

Danzig. 

3 

11 

8,73 

Marienwerder. 

14 

36 

15,91 

Berlin. 

1 

1 

— 

Potsdam. 

14 

71 

27,44 

Frankfurt. 

10 

65 

23,88 

Stettin. 

10 

93 

49,57 

Köslin. 

10 

33 

17,08 

Stralsund. 

2 

5 

5,61 

Posen. 

14 

24 

7,28 

Bromberg. 

11 

43 

19,32 

Breslau. 

15 

47 

12,37 

Liegnitz. 

9 

12 

4,26 

Oppeln. 

11 

18 

6,42 

Magdeburg. 

14 

71 

49,30 

Merseburg. 

13 

44 

19,03 

Erfurt. 

5 

7 

11,94 

Schleswig. 

4 

12 

5,62 

Hannover. 

5 

11 

17,48 

Hildesheim. 

9 

24 

33,14 

Lüneburg . 

7 

18 

12,21 

Stade. 

1 

3 

4,13 

Osnabrück. 

3 

7 

12,50 

Anrich. 

2 

3 

8,77 

Münster. 

5 

7 

26,11 

Minden .. 

4 

13 

25,49 

Arnsberg . 

7 

29 

34,11 

Kassel. . . «. 

15 

34 

20,33 

Wiesbaden. 

7 

13 

13,88 

Koblenz. 

7 

15 

14,35 

Düsseldorf. 

14 

40 

93,02 

Köln. 

8 

14 

47,29 

Trier. 

8 

14 

12,42 

Aachen . 

6 

11 

28,20 

Hohenzollern-Sigmaringei^ 

3 

6 

47,24 

Summa: 

282 

881 



Nacbweiaung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Relohe 
am 15. März 1900. 

Es waren am 15. März 1900 in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Marienwerder 

I (1). R.-B. Berlin 1. R.-B. Potsdam 1 (1). R.-B. Stettin 1 (1). 
R.-B. Posen 4 (4). R.-B. Bromberg 3 (4). R.-B. Breslau 1 (1). 
R.-B. Liegnitz 1 (1). R.-B. Oppeln 2 (3). R.-B. Hildesheim 1 (1). 
R.-B. Stade 1 (1). R.-B. Aachen 1 (1). Bayern: R.-B. Ober¬ 
bayern 1 (1). R.-B. Niederbayern 1 (1). R.-B. Schwaben 1 (1). 
Württemberg: Donaukreis 2(2). Baden: Landescomm.Constanz 
1(1). Braunschweig: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk 
Lothringen 2 (5). 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 13 (30). R.-B. Niederbayern 4 
(5). R.-B. Pfalz 6 (10). R.-B. Oberpfalz 9 (16). R.-B. Ober¬ 
franken 15 (24). R.-B. Mittelfranken 11 (18). R.-B. Unterfranken 

II (22). R.-B. Schwaben 12 (52). Sachsen: Kreishauptm. 
Bautzen 3 (11). Kreishauptm. Dresden 5 (25). Kreishauptm. 
Leipzig 6 (18). Kreishauptm. Zwickau 10 (45). Württem- 


155 

I berg: Neckarkreis 13 (23). Schwarzwaldkreis 15 (37). Jagst- 
kreis 10 (18). Donaukreis 14 (72). Baden: Landescomm. 

* Constanz 6 (12). Landescomm. Freiburg 7 (15). Landescomm. 
Karlsruhe 9 (12). Landescomm. Mannheim 12 (22). Hessen: 
Provinz Starkenburg 3 (10). Provinz Oberhessen 6 (20). Pro¬ 
vinz Rheinhessen 5 (11). Mecklenburg-Schwerin: 6 (15). 
Sachsen-Weimar: 3 (9). Mecklenburg-Strelitz: 2 (6). 
Oldenburg: Herzogthum Oldenburg 1 (1). Fürstenthum Birken- 
; feld 1 (2). Braunschweig: 4 (31). Sachsen-Meiningen: 
4(5). Sachsen-Altenburg: 2(6). Sachsen-Coburg-Gotha: 
3 (3). Anhalt: 4(14). Schwarzburg-Sondershausen: 1(1). 
Schwarzburg-Rudolstadt: 1 (2). Waldeck: 1(1). Reuss ä.L.: 
1(1). Reuss .j. L.: 2 (4). Schaumburg-Lippe: 1 (2). 

Lippe: 1 (2). Bremen: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk 
Unter-Elsass 7 (30). Bezirk Ober-Elsass 5 (13). Bezirk Loth¬ 
ringen 5(11). 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Magdeburg 2 (2). R.-B. Merseburg 1 (1). 
Sachsen: Kreishauptm. Zwickau 1 (1). Anhalt: 1 (1). 

D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest): 
Preussen: R.-B. Königsberg 2 (2). R.-B. Danzig 1 (3). 

R.-B. Marienwerder 4 (4). R.-B. Potsdam 6 (9). R.-B. Frankfurt 
6 (8). R.-B. Stettin 3 (5). R.-B. Stralsund 2 (3). R.-B. Posen 
8 (8). R.-B. Bromberg 1 (1). R.-B. Breslau 11 (23). R.-B. 
Liegnitz 5 (13). R.-B. Oppeln 8 (14). R.-B. Magdeburg 3 (3). 
R.-B. Schleswig 3 (3). R.-B. Hannover 2 (2). R.-B. Hildesheim 
2 (2). R.-B.Münster 1 (1.) R.-B. Cassel 1 (1). R.-B. Coblenz 1 (1). 
R.-B. Düsseldorf 2 (2). Bayern: R.-B. Oberbayern 1(1). R.-B. 
Pfalz 1 (1). Württemberg: Donaukreis 1 (1). Mecklen¬ 
burg-Schwerin: 1(1). Braunschweig: 1(1). Anhalt: 1(1). 
Lippe 2 (2). Hamburg: 1 (1). 

Maul- und Klauenseuohe in England. 

Die anlässlich des kürzlich erfolgten Ausbruches von der 
britischen Regierung ergriffenen Massnahmen haben prompt ihre 
Schuldigkeit gethan. Seit dem 3. März er. hat sich ein neuer 
Ausbruch von Maul- und Klauenseuche nicht mehr ereignet. Die 
vergebliche Nachforschung nach dem Ursprung der Seuche hat 
den Vorstand der Central-Landwirthschaftskammer veranlasst, sich 
dahin auszusprechen, dass in Zukunft grössere Vorsichtsmass¬ 
regeln bezüglich der Einfuhr von Milch, lebendem Geflügel, 
Futter, Streu, Packmaterial, rohen Häuten u. s. w. aus durch 
Maul- und Klauenseuche verseuchten Ländern sollten getroffen 
werden. Kühn au. 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen etc. 

In Magdeburg ist die Seuche am 13. März erloschen, ln 
Berlin ist ein am 21. März erfolgter Ansbruch unter Ueber- 
ständerindern am 24. März als erloschen gemeldet. In München 
ist die Seuche am 13. er. unter Schweinen von Neuem ausge¬ 
brochen, nachdem sie am selben Tage unter Rindern erloschen 
war. Aus Nürnberg ist gemeldet Ausbruch am 1.3 er., desgl. 
am 16. und Erlöschen der Seuche unter Rindern, am 21. März 
NeuansbrHch in der Abtheilung für Schweine. 

Viehhandel. 

Einfuhr von Schweinelebern: Die Wiederzulassung 
von dänischen Schweinelebern, auch wenn sie nur schwach 
gesalzen oder gespritzt und nicht völlig durchgepökelt sind, ist 
in verschiedenen Landestheilen des Reichsgebietes angeordnet 
worden. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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156 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 13. 


Berlin, vom 7. März 1900. Einfuhr von Klauenvieh 
aus einem wegen Maul- und Klauenseuche gesperrten Gebiet: 
Die Zusendungen dürfen nur bei Tage und unter thierärztlicher 
Controlle ausgeladen werden. Findet sich darunter auch nur 
ein krankes oder verdächtiges Stück, so wird die Sendung auf 
dem Seuchenhof geschlachtet. Anderenfalls erfolgt die Aufstellung 
der Thiere in besonderen Abtheilungen des Viehhofes. Das Ent¬ 
fernen von hier unterliegt wiederum der thierärztlichen Controlle 
und darf erst nach Beendigung der Verladung des Exportviehes 
erfolgen. 

Das Verbot des Handels mit Klauenthieren im 
Umherziehen ist in dem grössten Theile von Baden (auch 
für Ferkel) und vom Reg.-Bez. Hildesheim ergangen bezw. ver¬ 
längert worden. 

Der Handel im Umherziehen mit Geflügel ist für 
den Reg.-Bez. Hohenzollern-Sigmaringen verboten. 

Bayern: Einfuhrverbot gegen Oesterreich. 

In Bayern ist durch Entschliessung des Staatsministeriums 
unterm 19. Februar 1900 die den Wirthschaftsbesitzern in den 
Grenzbezirken gegen Oesterreich zustehende Befugniss zur Ein¬ 
fuhr von Nutz- und Zuchtvieh aus Oesterreich zeitweilig zurück¬ 
gezogen worden. 

Schweiz. 

Durch Veifügung des schweizerischen Landwirthschafts- 
Departements vom 2. d. M. ist die Einfuhr von Klauenvieh 
badischer Herkunft über die Zollämter der schweizerisch- 
badischen Grenze vom 5. d. M. an wieder gestattet, sofern die 
einzuführenden Thiere von vorschriftsmässigen Ursprungszeug¬ 
nissen begleitet sind und bei der grenzthierärztlichen Unter¬ 
suchung seuche- und verdächtfrei befunden werden. 

Auch der Grenzverkehr mit Klauenvieh nach und von 
Baden ist vom 5. d. M. an schweizerischerseits keinen aus¬ 
nahm eweisen Beschränkungen mehr unterworfen. 

Personalien. 


Rössle, städtischer Thierarzt in Waiblingen, nach Esslingen, Thier¬ 
arzt Schnioffsky von Mittelwalde nach Wansen (Kr. Ohlau), 
Thierarzt Paul Süsskind München nach Penzberg, Bezirks-A. Weil- 
heim, Oberrossarzt a. D. Tobolewski von Mewe nach Kranz, 
Thierarzt Oskar Wucher nach Neuburg a. D. als Bezirksthierarzt- 
asistent. 

Thierarzt Friedrich Ei ebner, bisher in Füssen, hat sich in 
Nesselwang, Thierarzt Adalbert Schiller-Ettenbeuren in Iffeldorf, 
Bezirks-A. Weilsheira niedergelassen 

Tode8fllle: Kreisthierarzt a. D. Borhauer-Bläsheim (1842), 
Bezirkstbierarzt Brutscher-Sonthofen (1877), Thierarzt P. Fischer- 
Hildeheim (1894), Thierarzt Karl Hammer-Mutterstadt (Pfalz) (1896) 
und Kreisthierarzt Lucas-Imgenbroich (1872). 

Vacanzen. 

(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 

Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Cöslin: Stolp (Nord) mit dem Amtssitz in Glowitz (600 M., 
voraussichtl. Kreiszuschuss). Bewerb, bis 8. April an den Re- 
gierungspräs. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Gumbinnen: Grenzthierarzt¬ 
assistentenstelle in StallupÖnen. — R.-B. Köln: Rheinbach. — R.-B. 
Schleswig: Eiderstedt. 

Sanltltsthlerarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Augsburg: Schlachthausdirector. (Anfangsgehalt 8120 M. steigend 
bis 4740 M. und 600 M. Functionszulage. Wohnung etc. Keine 
Praxis). Bewerb. bis 31. März an den Magistrat. — 
Bromberg: Schlachthofassistenzthierarzt zum 1. April (2100 M.) 
Bewerb, beim Magistrat. — Plauen i. V.: Assistenzthierarzt 
am Schlachthof zum 1. Juni (2100 M.: vierteljährl. Kündigung), 
j Meid, an den Director. — Rathenow: Schlachthofinspector zum 
1. April (2000 M. steigend bis 3000 M., Wohnung etc.). Meldungen 
an den Magistrat. — Rochlitz: Thierarzt für Fleisch’scUäu (ca. 
2000 M.) Meldungen bis Ende März an den Stadtrath. — Schivel- 
i bein: Thierarzt für Fleisch schau (ca. 2400—3000 M.; Praxis ge¬ 
stattet). Meid, beim Magistrat. — Pr. Stargard: Schlachthof¬ 
inspector zum 1. Mai (2100 M. steigend bis zu 3100 M., Wohnung 
etc., Pension. Privatpraxis.). Meid, an den Magistrat. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — Eberswalde: Schlacht¬ 


Auszeichnungen: Dem Oberrossarzt Thomann (72. Art.-Rgt.) 
ist die Erlaubniss zum Anlegen des Ritterkreuzes II. Kl. des Gross¬ 
herzoglich Hessischen Verdienstordens Philipps des Grossmüthigen 
ertheilt worden. 

Ernennungen: Zu Kreisthierärzten für die bezw. Kreise die comm. 
Kreistbierärzte Brass-Greifswald, Cornelssen-Rendsburg, Grips- 
Gelnhausen, Dr. Hülsemann- Walsrode, Kurse hat - Opalenitza, 
Matschke-Cochem, Nethe-Rosenberg i. Westpr., Sahm-Bublitz, 
Simon-Otterndorf. — Zu comm. Kreisthierärzten die Thierärzte 
Bauer für Neutomischel, Kendziorra für Tönning. — Zu Grenz¬ 
thierarztassistenten die Tiiierärzte Behnke in Trier, Patschke in 
Eydtkuhnen und Schmuck in Gollub. 

In Bayern: Districtsthierarzt Victor Handschuh-Schillingsfürst 
zum Bezirkstbierarzt in Obernburg (Unterfranken), Thierarzt Frey- 
berger-Oberstdorf zum Bezirksthierarzt-Stellvertreter in Sonthofen, 
Thierarzt Adolf Hohen adl-Miinchen zum Districtsthierarzt in Mitter- 
fels (Niederbayern). 

Gewählt: Thierarzt Otto Axe zum Hilfsthierarzt in Dresden, j 
Thierarzt W. Draheim zum Schlachlhofassistenzthierarzt in Dessau, | 
Kreisthierarzt Eckeberg-Schuby nebenamtlich zum Schlachthof- i 
inspector in Eckernförde. 

Promotionen: Miessner, städt. Thierarzt in Berlin, zum Dr. phil. j 

Wohnsitzverlndemngen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt 
Lappöhn von Kranz (Ostpr.) nach Mewe, Thierarzt Dr. Miessner 
von Berlin nach Greifswald als Assistent am Hygienischen Institut, 


hofinspector. — Filehne: Schlachthofinspector. — Görlitz: 
Schlachthofassistenzthierarzt. — Köln: Oberthierarzt am Schlacbt- 
und Viehhof. — Königsberg i. P.: Schlachthofthierarzt, — 
Liegnitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Markneukirchen: 
Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Militsch: 
Schlachthofinspector. — Mülhausen (Eisass): Schlachthofverwalter. 
— Ostrowo: Schlachthofinspector. — Spremberg: Schlachthof¬ 
inspector. — Thor'n: 2. Schlachthofthierarzt. — Wanne: Schlacht¬ 
hofvorsteher. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau 
(Ostpr.): Thierarzt für Praxis (800 M. Zuschuss). Bewerb, beim Magistrat. 

1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt zum 1. Mai 
(2400 M., Privatpraxis gestattet). Meldungen mit Zeugnissen etc. bis 
Ende März an den Amtmann. — Rakwitz (Pos.): Thierarzt zum 
1. April. (Aus SchlachtviehbeBchau 1200 M.). Auskunft beim 
Magistrat. — Rhinow (R.-B. Potsdam): Thierarzt. — Schwarzen¬ 
berg i. Sachs.: Thierarzt für Fleischbeschau und Praxis (voraus^ 
sichtliche Staatsunterstützung). Meid, an d. Stadtrath. — Sonnen¬ 
burg: Thierarzt (600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den 
Magistrat. — Wolkcnstein: Thierarzt für Praxis und Fleischschau. 
Auskunft beim Stadtrath. 

Besetzt: Sanitätsthierarztstellen in Dessau, Dresden, 
Eckernförde und Halle. 


Vernutwortllch fUr den Inhalt (excL Inscratcnthell): Prot Dr. Schmält» ln Berlin. — Verlag and Eigenthum von Richard Soboets in Berlin. — Druck Ton W. BOienateln, Berlin 


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Die „Berliner Thierärxtliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in Stärke von mindeitens 1>/ S Bogen. Dieselbe 
ist zu beziehen durch den Buchhandel, die Poat (No 1082) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard 
Schoets, Berlin NW., Luisenstrasae 36 , zum Preise von 
hfk. 6,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalboiträge werden mit &0 Hk. für den Bogen honorirt 
Alle Manuscripte, Mittheilnngon und redactionellcn An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, tbier&rztliche Hochschule, NW, Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Schoetr, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M 14 . Ausgegeben am 5. April. 

I n h a 11: Lohsee: 1 n der Ecole v6t6rinaire d’Alfort. — de Bruin: Paravaginale Abscesse bei der Stute. — Teetz: Ueber 
Lecksucht bei Fohlen. — Storch: Periproctaler Abscess bei der Kuh. — Schünhoff: Behandlung der infectiösen 
Kälberruhr mit Tannoforni. — Referate: Fischkin: Rotz beim Kameel. — Plösz: Operative Entfernung eines Ueber- 
beins. — Petsch: Sehnenscheidenentzündung in der Gegend des Krongelenks. — Baldoni: Die Laparotomie bei der chronischen 
Peritonitis des Hundes. — Delpörier: Einfluss des Gewichtes des Beschlages auf den Gang eines lahmen Pferdes. — Bell: 
Die Anwendung des Formalin beim Anthrax. — Krüger: Ueber Sanatol. — Therapeutische Notizen. — TageBgeschichte: 
Zum Abiturientenexamen. — Selbstverleugnung thut noth. — Verschiedenes. — Fleischschau und Viehverkehr. — 
Personalien. — Vacanzen. 


In der Ecole veterinaire d’Alfort. 

Von 

Alfred Lohoee, 

prukt. Thierarzt 

Das Jahr 1900 und mit ihm die Weltaasstellung wird auch 
manchen deutschen Thierarzt nach Paris führen, der es dann 
natürlich nicht versäumen möchte, mit eigenen Augen zu sehen, 
wie es mit der Fachwissenschaft im Nachbarstaate steht, and 
der deshalb die Pariser Schlachthöfe und die zunächst gelegene 
Veterinärakademie, die zn Alfort, zu besuchen wünscht. Ueber 
jene habe ich mich an anderer Stelle ausgelassen, diese aber 
will ich im Nachstehenden beschreiben. 

Die Ecole vdtärinaire d’Alfort liegt etwa 5 km von den 
südöstlichen Fortificationen von Paris entfernt an der Stelle, wo 
die Marne in die Seine mündet; mit einem Dampfer gelangt man 
stromaufwärts fahrend in ungefähr % Standen vom Centrum der 
Stadt dorthin. Die Langweiligkeit der Fahrt auf den meergrünen 
Finthen der Seine überwindet man durch allerlei Betrachtungen, 
zu denen theils die zahlreichen zwei- und vierbeinigen Passagiere, 
theils das Innere der „Schwalben“*) Veranlassung gebeö, das mit 
allerlei wichtigen und unwichtigen Plakaten übersäet ist, unter 
denen niemals der volksbelehrende Avis fehlt: „Afln d’^viter la 
propagation des maladies contagieuses, sp^cialement de la Tuber- 
culoBe, il est EXPRESSIVEMENT INTREDIT aux voyageurs dans 
un interet commun, DE CRACHER SUR LE PARQUET. 
[Decision de M. le Prüfet de Police en dale du 23. juin 1898, 
prise sur la proposition du Conseil d’hygiene publique et de 
salubritd du Departement de la Seine.] 

Die Ecole d’Alfort, die ursprünglich auf dem rechten Ufer 
der Marne in dem Oertchen Charenton gelegen war, besteht 
heutzutage nicht mehr in der Weise, wie man sie vor 134 Jahren 
erbante; das damals den Zwecken des Thierarzneiinstitntes 
dienende Schloss Alfort ist abgerissen und an seine Stelle der 
Nenban einer der grössten, wenn nicht überhaupt der grössten 
Veterinärakademie der Welt getreten. Mit ihren gewaltigen 
Dimensionen halten selbst die Berliner und die neue hannoversche 
Hochschule keinen Vergleich ans, und ihre pompösen Sandstein- 

*) So nennt der Pariser die elegant gebauten und leicht dahin¬ 
gleitenden Dampfboote. 


bauten mit den classisch schönen Fronten machen einen hervor¬ 
ragend vornehmen Eindrock und stellen sie auf eine Stufe mit jedem 
anderen Staatsgebäude, dem nie ein verschwenderischer Luxus 
mangelt. Das ganze Terrain, auf dem die Gebäude errichtet 
sind, ist rings von einer hohen Umfassungsmauer umgeben und 
nur an einer Seite durch ein Portal zugänglich, das beiderseits 
ein kleines Hänschen als Appendix hat, rechts für den Pförtner 
und links für den „Surveillant“, welch letzterer speciell über den 
Ein- und Ausgang der Stadirenden zu wachen und Bach zu 
führen hat. Hat man das Portal passirt, so steht man an der 
einen Seite des grossen quadratischen Klinikhofes and hat linker 
Hand die Professorenwohnangen nnd den Professorengarten, 
dicht bei welchem unter hohen, alten Bäumen die überlebens¬ 
grossen Statuen von Claude Bourgelat, des Gründers dieser 
Schale, und von Henry Boaley von Marmorsockeln herab auf 
das Feld der einstigen Thätigkeit schauen. Der grösste Theil 
der Professoren wohnt übrigens ausserhalb der Anstalt, da die 
zur Verfügung stehenden Dienstwohnungen nicht genügen. 
Gerade gegenüber vom Eingangsthor steht das zweistöckige 
Gebäude, in welchem die Studirenden wohnen und speisen; 
rechter Hand sieht man das anditoire d’honneur, worin feierliche 
Aufnahme und Entlassung der Schüler stattfinden sowie National- 
und andere Feste gefeiert werden. Weiter nach rechts schliesst 
daran das Laboratorium für Chemie an, eine grosse Halle, 
in welcher früher der Hufbeschlag praktisch erlernt wurde, 
jetzt aber die „Uebungen am Hufe“ abgehalten werden, und 
schliesslich eine grosse Operationshalle, in der Prof. Cadiot seine 
Specialität, die Castration der Cryptorchiden nach seiner Methode 
betreibt; hier finden auch alle Montage die Operationsübungen 
statt, und endlich stehen dort die grossen und kleinen Versuchs- 
thiere der chirurgischen Abtheilung. Die vierte Seite des Klinik¬ 
hofes begrenzen die Stallungen der internen und externen Kliniken, 
die ihrerseits wieder ein Quadrat umschliessen, über welches sich 
mit weit ausgreifenden Eisenträgern ein Glasdach spannt, das 
im Winter und bei ungünstiger Witterung hinreichend belichteten 
und geschützten Raum zur Abhaltung der Poliklinik gewährt, 
welche einen Tag um den andern vom Director Professor 
T r a s b o t, dem Leiter der inneren Klinik, nnd von Professor 
Cadiot, dem Vorsteher der chirurgischen Abtheilung, bezw. 


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158 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14. 


von ihren Assistenten und Repetitoren geleitet wird.*) In dieser 
glasüberdeckten Halle befinden sich vier „travaux,“ d. h. 
Maschinen znm Niederlegen, Bändigen und Fesseln wider¬ 
spenstiger Thiere, also Zwangs- oder Nothstände. Es sind zwei 
eiserne, ca. 1500 Frcs. kostende, die angeblich viele Veterinäre 
in der Provinz besitzen, welche als Specialität das Castriren, 
„ä debout“, am stehenden Thier, betreiben, ein hölzerner Apparat 
und ein Apparat, ähnlich dem vom Schlachthofthierarzt Trapp 
erfundenen. Dieser letztere schien mir der einzig praktische nnd 
bequem zn handhabende za sein; die anderen alle ängstigen die 
Thiere viel zn sehr and geben Anlass zn geradezu widerlichen 
Schauspielen, wenn die Pferde, gefesselt wie sie sind, 
mit der ganzen Kraft ihres Körpers in ihnen hin nnd her 
zerren. 

Anschliessend an diese Gebäade erhebt sich an der einen 
Rückwand derselben wiederum ein ganzer Complex von Instituten, 
der in ein- bis zweistöckigen Bauten untergebracht ist, die ihrer¬ 
seits wiederum im Geviert angelegt sind nnd einen quadratischen 
Lichthof umgeben. Hier haben ihr Heim die Musen der 
beschreibenden Naturwissenschaften, hier liegen die Präparir¬ 
and Hörsäle für Anatomie, Zoologie, Physik and Botanik. Nicht 
zu vergessen ist da eine hervorragend schöne und vollständige 
Sammlung anatomisch interessanter Objecte. Die Franzosen 
sind ja Meister der plastischen Kunst, und so kann es nicht 
Wunder nehmen, dass speciell für die Zwecke des anatomischen 
Maseums ein Künstler engagirt ist, der die Collectionen um 
prächtig gelungene, naturgetreue Nachbildungen bereichert; und in 
diesen liegt gerade der didactische Hauptwerth der sehenswerthen 
Sammlungen. Diese nehmen übrigens die oberen Etagen ein 
und zwar zusammen mit den Räumen, welche für die umfang¬ 
reiche Bibliothek reservirt sind, welch letztere fleissig von den 
Studirenden benutzt wird, zumal freundliche und bequeme Lese¬ 
säle, die in nichts denen der Berliner Königlichen Bibliothek 
nachstehen, den Aufenthalt daselbst zu einem wirklich ange¬ 
nehmen machen. Zudem dient diese Bibliothek nicht nur rein 
fachwissenschaftlichen Zielen, sondern ist durch ihre Reich¬ 
haltigkeit an Büchern auch anderer Wissenschaften und durch 
zahlreich aasliegende politische Tageszeitungen geeignet, die 
sog. allgemeine Bildung zu fördern. Im Erdgeschoss aber waltet 
Professor Raillet, der berühmte Zoologe und Thierarzt, dessen 
germanenhafte Gelehrtenerscheinung und Gelehrtenruhe auf jeden 
Deutschen einen anheimelnden Eindruck machen muss, besonders 
da der liebenswürdige Franzose, ein vielgereister Herr, 
jeden Besucher seines Heiligthums mit dem freundlichsten 
Entgegenkommen zu behandeln weise. Und ebenso wie hier 
fühlt man sich wohl bei Professor Nocard, dem ritterlichsten 
aller Franzosen, die ich kennen gelernt Man glaube doch 
nicht, dass die Ritterlichkeit ein Etwas sei, das die Franzosen 
vor uns voraus haben; das ist eine Fama: gesellschaftliche 
Höflichkeit und unhöfliche Gesellschaftsmenschen giebt es hüben 
so wie drüben. Aber das muss man sagen, dieser vielum¬ 
fassende Geist Nocard’s, der nicht nur die Fluren seines 
engeren Vaterlandes genaner kennt, sondern hinaus, ja weit 
liinausgeschaut hat in die Welt, zieht förmlich mit magischer 
Gewalt einen jeden in seine Kreise, der das Glück gehabt, 
in seiner Nähe zu weilen. In seinem verhältnissmässig 
kleinen bacteriologischen Laboratorium weiht er immer eine 
kleine Schaar von zwölf Studenten persönlich in die Geheimnisse 

*) Die Zulassung zu den AsBistentenstellen ißt abhängig von dem 
Bestehen einer besonderen Prüfung. Dem Begriff und der Function 
unserer Repetitoren entsprechen in Frankreich die sogen, chefs de 
travaux. 


der mikroskopischen Welt und deren Bewohner ein. Grösser 
als die hierfür zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten Bind 
dagegen die Stallungen und Standquartiere für die zahlreichen 
grossen und kleinen, zahmen nnd wilden Versucbs- 
thiere, deren Lebensschicksalen unsere Wissenschaft schon 
so manches glücklich gezogene Loos verdankt Mit innerer 
Freude demonstrirt Professor Nocard da besonders die Erfolge 
seines Tetanusserums an einem auf drei Beinen herum¬ 
humpelnden Hunde, bei dem man, nachdem er sich mit 
Tetanusbacillen inficirt, zunächst ein Vorderbein ohne Erfolg 
amputirt, dann aber durch subdurale Injection von Tetanus¬ 
serum die Krankheit gehoben hatte. Gerade eine Eigenschaft, die 
Wenigen gegeben, macht Nocard so gross: sein Stolz über er¬ 
rungene Erfolge übertrumpft niemals seine natürliche Be¬ 
scheidenheit 

Um nun von den Studenten und ihrem Leben und Treiben 
zu sprechen, so müssen diese, um Aufnahme in der Ecole zu 
finden, beide Examina absolvirt haben, welche den Abschluss 
des Lyceumunterrichtes bilden. Das Bestehen dieser beiden 
sogen. Baccalaureate stellt sie auf eine Stufe mit den Studenten 
der anderen Facultäten und den Apothekern I. Classe. Sie 
dürfen bei dem Eintritt in die Anstalt nicht unter 18 Jahren, 
eher etwas älter sein. In der Ecole, in welcher sie mindestens 
vier Jahre verbleiben, heissen sie 616 ves. Haben sie beim Ver¬ 
lassen des Lyceums bereits das 21. Lebensjahr hinter sich, so 
absolviren sie als Einjährige ihre Militärzeit und gehen dann 
zum Studium über; andernfalls studiren sie erst ein, zwei oder 
drei Jahre und dienen, sobald sie 21 Jahre alt sind*). In der 
Ecole sind die Studenten, deren Zahl zur Zeit etwas über 200 
beträgt, „internes“, d. h. sie wohnen und essen dort; sie bezahlen 
jährlich 600 Francs und haben dafür frei die Wohnung, das 
Essen (Morgens um 7 Uhr, Mittags um 11 Uhr und Abends um 
7 Uhr), die Wäsche und den gesammten Unterricht einschl. der 
praktischen Uebungen; dagegen haben sie für Kleidung, Bücher, 
Instrumente, kurz für alles Uebrige selber zu sorgen. Sie haben 
ca. vier Monate im Jahre Ferien, nämlich drei Monate im 
Sommer und je 14 Tage zu Ostern und zu Weihnachten; sie 
verreisen dann, wenn ihre Heimath nicht allzuweit entfernt ist 
nnd wenn sie nicht für die Ferienkliniken verwendet werden, zu 
denen man immer 25 heranzieht. Za bemerken ist übrigens, dass 
das Studienjahr in Frankreich nicht in Semester, sondern in 
Trimester eingetheilt wird. — In jeder Woche dürfen die 
Studirenden dem Internat zweimal den Rücken wenden, und zwar 
Dienstags von 6—11 Uhr Abends und von Sonnabend Abend um 
6 Uhr bis Sonntag Abend um 11 Uhr, und der Surveillant am 
Hauptportal wacht über jeden Ein- und Ausgang und darüber, 
dass Niemand unbefugter Weise das Institut verlässt Da nun 
die Logements, welche immer vier bis sechs Studirende zugleich 
inne haben, nur als Schlafzimmer dienen und den ganzen Tag; 
über verschlossen sind, so sind die jungen Leute gezwungen, ent¬ 
weder die Vorlesungen und praktischen Uebungen zu besuchen 
oder in besonderen gemeinschaftlichen Arbeitssälen („ötudes“), 
wo Jeder einen Arbeitsplatz hat, zu schaffen, oder endlich im 
Parke zu promeniren. Einmal freilich sah ich Vormittags um 
11 Uhr einen Jüngling am hintersten Ende des Gartens mit 
beneidenswerther Gelenkigkeit nnd in unwiderstehlichem Freiheits¬ 
drang über die ihn einkerkernde chinesische Mauer setzen 
und so dem Idyll der 1 i b e r 14, 6galit6, fraternitö 
entrinnen. Nun, das kommt überall einmal vor! — 

Innerhalb der Anstalt tragen die Studirenden schwarze 

*) Der Einjährige in Frankreich wohnt übrigens mit in der 
Kaserne und wird vom Gouvernement in Bezug aut Lebensunterhalt 
und Kleidung genau so gehalten wie jeder Gemeine. 


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5. April 1900. _ BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. m 

Mützen, welche je nach dem Jahrgang, dem einer an- die Hände klatschten, ohne die unvermeidliche Cigarette oder 


gehört, mit 1, 2, 3 oder 4 goldenen Streifen versehen 
sind und an deren Vorderseite sich ein in Gold gestickter 
Aesculapstab befindet. Die Klinikpraktikanten haben blaugestreifte 
Leinenkittel an und blaue Schürzen vorgebunden — entschieden 
sehr praktisch, wenn auch keineswegs dem ästhetischen Gefühle 
zusagend. 

Nicht unangebracht ist an dieser Stelle wohl ein kurz¬ 
gefasster Vergleich mit den entsprechenden Verhältnissen im 
Königreich Belgien. Um Thierheilkunde an der Staatsveeart- 
senijschool zu Brüssel (Bruxelles, Boulevard du Midi) zu studiren, 
muss man sechs Jahre ein Gymnasium (in Belgien „les humanitös“ 
genannt) mit Erfolg besucht haben, das man nach Absolvirung 
der obersten Classe mit etwa 18 Jahren verlässt, worauf man 
auf zwei Jahre die Universität bezieht und hier Chemie, 
Botanik etc. studirt. Nach Ablauf dieser zwei Jahre geht inan zur 
Staats-Veterinär-Schule über und Btudirt hier noch 3' Jahre, 
ln Brüssel existirt nicht die Institution des Internates, dagegen 
kennzeichnen sich die Studirenden der Thierheilkunde auch ausserhalb 
der Hörsäle durch kleine schmucke Sammetmützen, die mit dem 
üblichen Schlangenstab, einem Miniaturhufeisen und 1 bis 4 
Sternen versehen sind. Die Art des Unterrichtes ist in Belgien 
wie in Frankreich dieselbe; am Schluss jeden Jahres wird ein 
Examen gemacht. 

In Frankreich erstreckt sich dies nach dem ersten Jahre auf 
Anatomie (Muskeln und Gelenke), Physik, Botanik und anorganische 
Chemie; nach dem zweiten Jahre prüft man Anatomie (den ge- 
sammten übrigen Stoff), organische Chemie, Histologie und 
Embryologie, Zoologie und praktische Botanik (d. h. eine für die 
Zwecke der Arzneimittellehre angewandte Pflanzenkunde); im 
dritten Jahre Materia medica, Klinik und Therapeutik; im vierten 
endlich „Jurisprudence“, Pathologie, Clinique bovine. — Für den 
Unterricht der Cleves der Veterinärakademie zu Alfort wird alles 
Mögliche gethan; das Beste, was es giebt, hat man heraus- 
gegriffen: grosse Räumlichkeiten, angenehmen Aufenthalt in dem 
weitläufigen Garten, Unterhaltung und Belehrung in den belaubten 
Alleen des Parks, zwischen denen sich Treibhäuser und Versuchs* 
gärten hinziehen. Bemerkenswerth ist, dass die praktische 
Seite der Ausbildung besonders gepflegt wird. Da9 beginnt 
bereits im 1. Trimester, wo man den anatomischen „dissections“ 
die grösste Spanne Zeit einränmt, setzt sich dann fort im 2. Tri¬ 
mester, wo man sogar Zootechnie praktisch betreibt — was aller¬ 
dings wohl ein wenig zu weit gegangen ist; denn wozu einen 
Floh zergliedern können, wenn man später verstehen soll, ein 
Pferd zu seciren? Ganz besonderer Pflege aber erfreut sich der 
klinische Unterricht. So wird verlangt, dass der Studirende im 
letzten Jahre des Studiums jede Operation selbstständig ausführt; 
der Verantwortlichkeit freilich wird er nur durch grosse, an den 
Wänden der Operationssäle angebrachte Tafeln entzogen, auf 
denen dem viehbesitzenden Publikum kund und zu wissen gethan 
wird, dass man hier für keinen etwa eintretenden Schaden auf¬ 
kommt. Allzuoft wird die Eventualität aber wohl überhaupt nicht 
eintreten; denn es wird ja von vornherein darauf abgezielt, dem 
Lernenden möglichst frühzeitig ein Gefühl der Sicherheit beizu¬ 
bringen, wozu nicht unwesentlich der Umstand beiträgt, dass die 
ersten operativen Hantirungen, die der Student am thierischen 
Körper vornimmt, die Operationsübungen, am lebenden, mit 
Chloralhydrat anästhesirten Thiere vorgenommen werden. Eine 
Operation übrigens ist es, die Professor C ad io t niemals anderen 
überlässt, die Castration der Cryptorchiden durch die Bauch¬ 
muskeln hindurch. Eigenthtimlich hat es mich stets berührt, wenn i 
die Studenten, sobald Professor Cadiot den Hoden glücklich aus I 
der Bauchhöhle hervorgezogen hatte, Bravo riefen und dazu in ; 


j kurze Pfeife dabei beiseite zu thun! Doch das ist einmal Usus; 

I umgekehrt findet der Franzose es absurd, dass der deutsche 
: Student seinen Professor beim Eintritt in den Hörsaal mit einem 
energischen Schenkeltremolo begrüsst. Die Cryptorchidenoperation 
gehört übrigens in Frankreich zu den alltäglichen, und der fran¬ 
zösische Thierarzt kann nicht annähernd die Summen für eine 
glücklich gelungene Operation liquidiren wie sein deutscher College; 

I die theuerste Operation in Frankreich ist die Ovariotomie, für die 
120 bis 150 Francs bezahlt werden. Interessant war es mir kennen zu 
i lernen, dass die normale Castration stets mit Beibehaltung der 
: Tunica vaginalis (ä testicule couvert) geschieht, dass man stets mit 
| Kluppen castrirt und die Testikel daran hängen lässt, um 
; sie nach 4—5 Tagen abzuschneiden. — Ein Vortheil gegen- 
| über dem Studienplan unserer Hochschulen ist m. A. auch, dass 
j die Studirenden des vierten Jahrganges von einem älteren 
' Militär a. D., einem „Commandant“, Unterricht in der Reitkunst 
i erhalten; es werden speciell zu diesem Zwecke 25 Pferde 
gehalten. Der klinische Unterricht erstreckt sich auch auf 
die Krankheiten der Wiederkäuer und Schweine, es besteht 
für diese Disciplin ein besonderer Lehrstuhl. In Deutsch¬ 
land kann es Vorkommen, dass ein soeben approbirter 
Thierarzt aufs Land hinauskommt, ohne je ein krankes 
Schwein oder Schaf gesehen zu haben — in Frankreich ver¬ 
hindert das die Einrichtung der clinique bovine. Noch manches 
Wort Hesse sich über die Verhältnisse sagen, wie sie in Alfort 
bestehen; doch mag dies vor der Hand genügen, den deutschen 
Collegen ein Bild zu malen, wie man in Frankreich Thierarzt 
wird. 

Es lässt sich nicht leugnen, dass die Ausbildung 
! dort eine vorzügliche und in mancher Beziehung nachahmens- 
i wertbe ist; es ist auch kaum zu bezweifeln, dass die Männer, 

! denen solche Ausbildung zu Theil geworden, fähig sind, das 
j Beste zu leisten. Dass aber thatsächlich diese schönen Fähig¬ 
keiten nicht so ausgenutzt werden, beweist z. B. die Hand- 
i habung der Fleischbeschau. Wer nun von den Zuständen drüben 
sich persönlich überzeugen will, der kann es an der Hand 
! meiner Auslassungen getrost wagen. Aus eigener Erfahrung 
I aber will ich noch den Rath hinzufügen, sich doch ja mit amt- 
I liehen Legitimationen und mit Empfehlungen auszurüsten. Der 
! Director Prof. Trasbot hält sich nämlich genau an seine 
j Instruction, welche ihm vorschreibt, Ausländern den Besuch der 
Ecole nur zu gestatten, wenn der französische Ackerbaumioister 
nichts dagegen hat; dieser wieder gestattet es nur, wenn eine 
Empfehlung von der deutschen Botschaft beigebracht wird, und 
die letztere stützt sich natürlich auf das Auswärtige Amt. Wer 
es also versäumt, in der Heimath bei Zeiten die nöthigen Schritte 
zu thuD, wird später nur mit grossen Umständen das Versäumte 
nachholen können. Anzurathen ist aber, sich ausserdem noch, 
wenn irgend möglich, mit privaten Empfehlungen zu versehen, 
da diese in Frankreich Jedwedem ein jedes Haus öffnen. 

Paravaginale Abscesse bei der Stute. 

Von 

M. G. de Bruln-Utrecht 

l’mfc-isor. 

Bei der Stute trifft mau manchmal nach der Geburt Abscesse 
in dem Bindegewebe an, das zwischen der oberen Wand der 
Vagina und dem Rectum liegt. In den meisten Fällen ist nur 
ein Absces vorhanden, der alsdann seitwärts der Scheide und 
des Mastdarms liegend, vorn durch die Excavatio recto-vaginalis, 
hinten durch das Perinaeum begrenzt wird. 


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160 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14. 


Der Ahseess kann einen ziemlich grossen Umfang annehmen, 
der Inhalt bis 2 oder noch mehr Liter betragen. 

Ursachen: In einzelnen Fallen wurde wahrend der Geburt, 
wenn auch nur leicht, die Scheidenwand, und zwar meistens die 
obere Wand des Introitus vaginalis verwundet, von wo aus dann 
die Intention geschah. Die Scheide, besonders das Vestibulum 
vaginae enthalt stets viele Streptococcen, deren Virulenz meistens 
nicht gross ist. Es scheint nun, dass die Infection unter be¬ 
stimmten Umstanden, welche wir jedoch nicht naher kennen, 
stattfinden kann. 

Bisweilen geschieht die Infection per coitum. Die Stute 
wird meistens 0 Tage nach der Geburt des Füllens gedeckt. 
Es ist desshalb nicht immer auszumachen, ob die Infection in¬ 
folge der Geburt oder als eine Folge des Deckaktes zu be¬ 
trachten ist, um so mehr, da das Leiden sich erst zwei bis drei 
Wochen nach der Geburt völlig offenbart. 

In wie fern eine gutartige Druseinfection hier im Spiel sein 
kann, vermag ich nicht zu beurtheilen. Allerdings habe ich 
mehr al6 einmal beobachtet, dass der Abscess sich bei Stuten 
vorfand, welche von einem Hengst gedeckt worden waren, der 
an gutartiger Druse litt oder gelitten hatte. 

Erscheinungen: Zehn bis vierzehn Tage nach der Geburt 
des Füllens bemerkt der Besitzer, dass der allgemeine Gesund¬ 
heitszustand des Muttertliieres nicht gut ist. Die Fresslust ist 
zwar noch genügend, allein die Stute ist trag, und wenn sie mit 
ihrem Füllen sich auf der Weide befindet, so bleibt sie lange 
auf derselben Stelle stehen. Die Milchsecretion hat etwas ab- 
genommeu. Sowohl bei der Entleerung des Mistes als beim 
Harnen stöhnt das Pferd, besonderes letzteres scheint schmerz¬ 
haft zu sein. 

Bei näherer Untersuchung ergiebt sich Folgendes: Die 
Temperatur hat sich etwas erhöht, 31» 31»,"» ('. Der Gang mit 
den Hinterbeinen ist einigermassen schleppend. Von einer 
äusseren Anschwellung neben dem Anus ist oft noch nichts zu 
sehen, diese erscheint erst später. 

Die rectale Exploration verschafft uns mehr Anhaltspunkte, 
ln den meisten Fällen ist rechts, (links traf ich sie nur ver¬ 
einzelt an ) 10—15 cm von dem Anus entfernt die Anschwellung 
wahrzunehmen. Das Rectum ist an dieser Stelle verengt, und 
durch Palpation fühlt man meistens in horizontaler Richtung 
Fluetuation. 

In manchen Fällen sieht man neben dem Anus und der 
Vulva eine diffuse Anschwellung, welche sich bis über den Sitz- 
beinhöcker fortsetzt. Die Anschwellung ist überall an dem 
Anus und der Vulva deutlich, die Labia seitwärts der An¬ 
schwellung sind sehr dick geworden und die Wurfspalte oft schief. 

In letzterem Falle wird man natürlich sofort an einen 
Paravaginalabscess denken: wo keine äussere Anschwellung vor¬ 
handen ist, kann nur die rectale oder vaginale Exploration uns 
aufklären. Letztere darf desshalb bei einer Anamnesis wie oben 
nie versäumt werden, um so weniger, weil bei zeitiger und 
zweckmässiger Hilfe das Uebel schnell und gut gehoben werden 
kann. -- Die Anschwellung ist meistens eine diffuse, von 
Fluetuation ist äusserlich wenig zu fühlen. Letzteres ist eine 
Folge davon, dass der Abscess von einer schweren Muskelmasse 
bedeckt ist. 

Prognose und Verlauf. Im Allgemeinen kann die 
Prognose günstig gestellt werden, falls zweckmässige Hilfe ge¬ 
schafft wird. Complicationen, die hier auftreten können, sind 
Perforation in die Excavatio recto-uterina und tödtliche Peri¬ 


tonitis. Dies kommt jedoch selten vor, da durch den Abscess 
der Umschlag des Peritoneums nach vorn gedräugt wird, also 
nicht so bald Perforation erfolgt. Die Möglichkeit des Durch¬ 
bruches an dieser Stelle muss jedoch in Betracht gezogen 
werden. 

Einen spontanen Durchbruch in die Vagina oder ins Vesti¬ 
bulum sah ich nie, wohl aber einen Durchbruch neben dem Anus, 
nämlich zwischen dem Anus und dem äussern Sitzbeinhöcker. 
Das Gewebe dort bietet einer Ausdehnung der Eiterung keinen 
Widerstand, und die dünne Haut erleichtert den Durchbruch. 
Vereinzelt beobachtete man auch Abscesse der Weicliendrüsen. 

Behandlung. Es ist angezeigt, den Abscess frühzeitig zu 
öffnen. Man warte die Fluetuation nicht ab; diese kann lang 
auf sich warten lassen, und unterdessen kann viel zerstört 
worden sein. Indem man mit der linken Hand in die Vagiua 
fährt und sich genau über die Lage des Abscesses orientirt, 
sticht man den Troicart unter aseptischen Vorsorgmassregeln 
seitwärts des Anus, zwischen diesem und dem Sitzbeinhöcker 
mitten in den Abscess. Die Tiefe, in welche der Troicart eiu- 
dringt, differirt von 4—10 cm. Wenn nach Herausziehung des 
Stilettes Eiter abfiiesst, so wird die Oeffnung mit dem Bistouri 
in vertikaler Richtung noch etwa 5 cm vergrössert, sodass der 
Eiter gut abfliessen kann. Die Höhlung wird mit 1°/«, Sub¬ 
limatlösung ausgespült und dann mit Jodoformgaze theilweise 
allgefüllt. Der Tampon wird täglich erneuert bis die Höhlung 
geschlossen ist. Am oberen Ende des Schweifes legt man 
ferner einen zwei Hand breiten Verband um. Es empfiehlt sich, 
die Stute mit dem Füllen in die Weide gehen zu lassen, weil 
Muskelcontractionen den Abfluss des Eiters befördern. Nach 
8—10 Tagen tritt meistens Genesung ein. 

Ueber Lecksucht bei Fohlen. 

Von 

Teetz- Warin 

ThlerarxL 

In Berücksichtigung der angeblichen Seltenheit von Leck¬ 
sucht beim Pferde resp. Fohlen will ich nicht verfehlen, einen 
besonders gut ausgeprägten Fall hier kurz zu schildern. 

Mitte October 189(1 wurde ich aufgefordert, ein dem 
Erbpächter G. in Lüdersdorf gehöriges Fohlen zu unter¬ 
suchen und in Behandlung zu nehmen. Bei meinem Ein. 
treffen dortselbst finde ich in einem Laufstall ein etwa Jahr 
altes weibliches, total abgemagertes Fohlen, sozusagen nur noch 
aus Haut und Knochen bestehend, mit struppigtim aUfgebüt*Bteten 
Deckhaar und glänzenden Augen, das eifrig bemüht ist, das 
Holz an den Seitenwänden des .Stallbodens zu benagen, ver¬ 
faulte Streu und seinen eigenen Mist zu fressen, während in der 
Krippe tadelloser trockener Hafer liegt und in der Raufe sich 
gutes Pferdeheu befindet. Weder durch Zuruf noch durch Schläge 
mit der Hand kann das Thier von dieser Beschäftigung fern- 
gehalten werden. Zwecks Untersuchung der Conjunctiva und des 
Pulses versuche ich, den Kopf des Fohlens hochzuheben und fest¬ 
zuhalten: jedoch erst mit Hülfe zweier Personen ist es mir 
möglich, diese Untersuchung in der gewünschten Weise vorzu- 
nehmen. Mit Gewalt muss das Thier davon abgehalten werden, 
den Kopf zu senken und seiner Begierde zu fröhnen. Die Unter¬ 
suchung ergab blasse Schleimhäute, elenden Puls bei geringer 
Erhöhung der Zahl, Athemzüge normal, Bauch stark aufgezogen. 
Peristaltik unterdrückt, Mist fest, sehr klein geballt, von dunkler 
Farbe und mit glasigem Schleim überzogen. 


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5. April 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Der Vorbericht lautete etwa folgendermassen: das fragliche i 
Fohlen ist Anfang März 1896 geboren und hat sich bis Anfang j 
.Juli sehr gut entwickelt; die Mutter hatte reichlich Milch, so- 
dass das Fohlen im Juli fast in einem zu guten Nährzustande 
war. Von diesem Zeitpunkt an jedoch hatte es angefangen, Holz 
zu benagen, war allmählich abgemagert, sodass der Besitzer sich 
entschloss, das Fohlen länger wie sonst bei der Mutter zu lassen, 
in der Hoffnung, ihm dadurch wieder aufzuhelfen. Eist 
Anfang October, also in einem Alter von siebeu Monaten, wurde 
es von der Mutter abgenommen. In der Zwischenzeit hatte die 
Begierde nach Streu, Holz. Mist u. s. w. zugenommen, und die 
Abmagerung war grösser geworden, obgleich das Fohlen auch 
bei der Mutter Gelegenheit hatte, Hafer und Heu ausser der 
Milch aufzunehmen. Die offensichtliche Dauer des krankhaften 
Zustandes betrug also über 3 Monate. 

I)a ich auf Gnmd des Befundes und des Vorberichtes einen 
chronischen Magendarmcatarrh als für sich allein bestehend 
ausschliessen musste, andere Krankheiten aber nicht in Frage 
kommen konnten, stellte ich die Diagnose Lecksucht. 

Ich beschloss, das Fohlen mit Kochsalz zu behandeln. Da 
aber das Thier weder Hafer. Heu, Brot oder Wurzeln frass, 
auch au dem vorgehaltenen Kochsalz, untermischt mit Kleie, nicht 
leckte, musste dies mit einer Flasche eingegeben werden, und 
zwar erhielt es iu den nächsten 4 Tagen täglich dreimal einen 
Esslöffel voll aufgelöst in einer Flasche Wasser. 

Der Erfolg war ein guter. 

Schon am fünften Tage beginnt das Thier Brot zu fressen, 
auf das etwas Kochsalz und jetzt auch phosphorsanrer Kalk 
gestreut ist; das Mistfressen hört auf, nach weiteren zwei 
Tagen frisst es Hafer und Heu und bessert sich in seinem 
Zustande von Tag zu Tag. Das Fohlen entwickelt sich gut, 
nur bleibt eine Neigung zu Kolik zurück, sodass bei der ! 
Fütterung auf kleine Portionen gesehen werden muss. 

Am 11. Dezember 1899 wurde ich Vormittags von dein- i 
selben Besitzer zu demselben* Thiere wegen einer Kolik gerufen, | 
die sich Morgens nach dem Fressen eingestellt hatte. Bei [ 
meinem Eintreffen musste ich bei der jetzt 3fc Jahre alteu Fuchs- j 
stute eine absolut schlechte Prognose stellen: Wegen der hef¬ 
tigen Schmerzen war das Thier nicht auf den Beinen zu halten i 
gewesen, hatte sich niedergelegt und fortwährend sehr heftig 
gepresst. Hierbei war, wie die Untersuchung ergab, etwa 30 cm 
vor dem After der Mastdarm gerissen und durch dieses Loch 
wurden DannscWingen mitsammt dem Gekröse hervorgepresst 
und hingeu bei meinem Eintreffen in mehreren Schlingen in einer 
(iesammtlänge von UV 2 Metern !, Meter lang aus dem After 
heraus. Tch Hess'das Thier tödten. 

Bei dieser Gelegenheit erzählte mir der Besitzer, dass die 
Mutter dieser Stute im letzten Jahre wieder ein Fohlen habe, 
das während der Saugperiode in derselben Weise abzumagem 
und zu nagen angefangen habe, dass er dies aber durch reich¬ 
liche Kochsalzgaben an die Mutter wieder geheilt habe. 

Tn dem Jahre vorher habe die Stute dagegen ein Fohlen 
normal grossgesäugt. Hinzugefügt muss noch werden, dass 
weder die fragliche Mutterstute noch andere Thiere des Besitzers 
Köpper sind oder jemals die Untugend des Sandfressens gezeigt 
haben. Ich schliesse aus dieser Beobachtung, dass die Leck- 
sncht in diesem Falle durch Salzhunger bedingt war, ver¬ 
ursacht durch das nicht genügende Vorhandensein von Kalk¬ 
salzen in der Milch der säugenden Mutterstute resp. dass sich 


161 

die Kalksalze im Verlaufe des Säugegeschäftes in der Milch ver¬ 
minderten; dass es ferner von Vortheil ist, sowohl säugenden Mutter¬ 
stuten normaler Fohlen wöchentlich etwa zweimal einen Esslöffel 
voll Kochsalz aufs Futter zu streuen, als auch ganz besonders’dies 
nicht zu versäumen, wenn die Fohlen während der Säugezeit in 
der körperlichen Entwicklung Zurückbleiben, wie dies häufig 
beobachtet wird. 

Periproctaler Abscess bei der Kuh. 

Von 

Storch-Schmalkalden, 

Krcislliierar/.t. 

Am 16. December v. J. wurde ich zu einer ungefähr 8 Jahre 
alten fränkischen Kuh gerufen. Der Besitzer theilte mir mit. 
dass dieselbe vor 3 Wochen normal und leicht gekalbt habe, 
dass sie jedoch eiterigen Ausfluss aus der Scheide zeige, schlecht 
fresse, unvollkommen wiederkaue und seit einigen Tagen 
Schmerzen bei der Kothentleerung und dem Harnen verrathe. 

Die Kuh war mittelmässig genährt. Haarkleid struppig 
und glanzlos. Am unteren Winkel der Schamspalte haftete 
etwas weissgelber, dickflüssiger Eiter. Bei der Untersuchung 
per vaginam fand sich eine geringe Menge von Eiter der gleichen 
Beschaffenheit am Muttermunde. Letzterer war nur für einen 
Finger passirbar. Die Harnblase fühlte sich leer an. Bei der 
Palpation derselben verrieth die Kuh keine Schmerzen. Im 
Endstücke des Mastdarms befand sich breiiger, gelbbrauner Kotli. 
Ungefähr 40 cm vor dem After war das Rectum trichterförmig 
verengert. Durch die engste Stelle konnten nur 3 Finger ge¬ 
führt werden. Auf der linken Seite der erwähnten Partie fühlte 
man zwischen Mastdarm und innerem Darmbeinrande eine gut 
mannskopfgrosse, derbe, nirgends fluctuirende Geschwulst, bei 
deren Betastung das Thier stöhnte. 

Ich führte durch den Muttermund das dünne Rohr eines 
Irrigators ein und infündirte mehrere Liter einer schwachen 
Creolinemulsion. Bezüglich der festgestellten Geschwulst theilte 
ich dem Besitzer mit, dass dieselbe wahrscheinlich über kurz 
oder lang in Eiterung übergehen würde und dann vielleicht vom 
Mastdarm aus entleert werden könnte. 

Am 23. December untersuchte ich das Thier wieder und 
fand bei der Exploration des Mastdarms, dass die Geschwulst 
mässig fluctuirte. Ich ging hierauf mit einer kleinen, schmalen 
Lanzette ein, um an der fluctuirenden Stelle einen Einstich zu 
machen. Als ich jedoch das Messer zu letzterem ansetzen 
wollte, riss plötzUch die Wandung des Mastdarms an der linken 
Seite etwas ventralwärts, und es entleerte sich per anum reich¬ 
lich 1 Liter graugelben, stinkenden, jaucheartigen Eiters. Der 
in der Längsrichtung des Mastdarms verlaufende Riss war un¬ 
gefähr 6 cm lang. Mit den Fingern gelangte man durch den¬ 
selben in eine grosse, glattwandige Höhle. Letztere wurde mit 
Ureolinennilsion gründlich ausgespült. Diese Irrigation wurde 
am 24. und 28. December wiederholt. 

Es trat vollständige Heilung ein. 

Behandlung der infectiösen Kälberruhr mit 
Tannoform. 

Von 

Schünhoff-Clenze, 

Thlerarit 

Von der chemischen Fabrik von E. Merck-Daroistadt, sind 
mir auf meine Bitte im vorigen Jahre zwei Mal grössere Ver- 


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162 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 14 


suchsmengen Tannoform übersandt worden, welches ich gegen 
die iufectiöse Kälberruhr anwandte. Dieses bacilläre Leiden 
hatte die Aufzucht in mehreren grösseren Wirtschaften voll¬ 
ständig aufgehoben; die neugeborenen Kälber, am ersten Tage 
scheinbar gesund, gingen nach weiteren zwei bis acht Tagen an 
profusen Durchfällen zu Grande, falls eine rechtzeitige Schlachtung 
nicht vorgezogen wurde. 

Ich hatte gegen diese verderbliche Krankheit wohl alle 
geeigneten Desinficientien und Adstringenden innerlich ohne 
allen Erfolg verordnet. Gründliche Desinfection des Stalles, in 
einem Falle sogar metertiefe Entfernung der Erdschicht, Hessen 
das Leiden nicht sistiren. 

Obwohl ich nicht versäumte, um eine etwaige Eingangs¬ 
pforte des Contagiums durch den Nabel zu verschliessen, letzteren 
sofort nach der Geburt mit Holztheer ergiebig zu bestreichen, 
auch das Kalb eiligst in einem Pferdestall vorläufig unter- 
znbringen, dennoch — Tod nach wenigen Tagen. 

Ich lasse nunmehr jedem neugeborenen, nüchternen Kalbe 
sofort nach der Geburt Hydrarg. chlorat. mit. 0,05 in Ver¬ 
bindung mit Sacchar. alb. pulv. direct auf die Zunge geben und 
nach etwa */ 4 Stunde Tannoform 4,0 mit etwas Syrup und 
Mehl auf die Zunge streichen. 

Solches geschieht am ersten Tage drei Mal, am nächsten 
zwei Mal, am dritten ein Mal. Es dürfte zutreffen, dass durch 
diese Kalomel - Tannoformbehandlung eine Vermehrung der 
Baoterien gehemmt, resp. ihnen auf der faltigen Schleimhaut 
des Darmtractus von vornherein der Nährboden entzogen wird. 

Diese Behandlung wende ich fortab auch stets in consultativer 
Praxis bei allen Durchfällen der Kälber mit bester Zufriedenheit 
an, zumal der Kostenpunkt ein derartig niedriger ist, dass der 
allgemeinen Verwendung des Tannotbrms keinerlei Hindernisse 
im Wege stehen. 

Referate* 

ttotz beim Kameel. 

(Vorläufige Mittheilung.) 

Tn der Versammlung des russischen thierärztlichen Vereins 
in St. Petersburg am 9./21. März a. c. hat College Petrowski 
einen Vortrag über die obengenannte Krankheit gehalten. Ein 
rotziges Pferd wurde mit einem Kameel zusammen in eine 
Uäumliclikeit gestellt, wo sie aus einem Eimer frassen und tranken. 
Nach zwölf Tagen erkrankte das Kameel unter folgenden Er¬ 
scheinungen: Temperaturschwankung zwischen 39—40,2 (normale 
Temperatur 37—38), muco-purulenter Ausfluss aus beiden Nüstern 
und eine Geschwulst der submalillaren Lymphdrüsen: es starb 
am nennten Tage vom Beginn der Krankheit. Die mit dem 
Nasenausfluss inoculirten Katzen starben an Rotz; die Aussaat 
des Herzblutes von Katzen auf Kartoffel und Agar gab eine 
Rotzcnltur. Das inoculirte Meerschweinchen zeigte eine Hoden¬ 
schwellung. ln den nach Löffler und Kühne gefärbten 
Deckglaspräparaten, in den Knoten auf der Nasenschleimhaut 
und in den Schnitten derselben wurde der bacill. mallei nach¬ 
gewiesen. Das Blutserum vom kranken Kameel zeigte die 
Agglutinationserscheinung. Weitere Versuche über die An¬ 
steckung der Pferde vom Kameel werden fortgesetzt. 

(Ob es auch wirklich Rotz war bei dem genannten Kameele, 
denn die Wiederkäuer haben ja gegen Rotz eine Immunität? Ref.) 

D. Fi8chkin-Peter8burg. 


Operative Entfernung eines Ueberbeins. 

Von Prof. PIdsz-Budapest. 

(MtUi. f. Th. IM. II, Heft 0 ) 

P. ist der Ansicht, dass die Ueberbeine in den meisten 
Fällen nicht durch äussere Einwirkung, sondern durch innere 
Ursachen entstehen, die wesentlich in Zerrungen von Bändern etc. 
ihre Grundlage haben dürften. Die Ueberbeine sind, wenn sie 
auch keine Lahmheit verursachen, doch ein Schönheitsfehler: 
ihre Beseitigung ist daher öfters erwünscht. Druckmassagen 
und scharfe Einreibungen fuhren nur selten zum Ziel. Die 
operative Behandlung wurde bisher nicht versucht. P. hat nun 
einen solchen Versuch gemacht. An der Innenfläche des linken 
Metacarpus fand sich ein fast hühnereigrosses Ueberbein mit 
verschwommenen Conturen, welches sich auf das Griffelbein und 
bis unter die Hufbeinbeugesehne erstreckte, ohne Lahmheit zu 
verursachen. Am 19. April wurde operirt, und zwar unter 
Narcose und Anwendung des Esmarch’schen Schlauches. Die 
Haut wurde einfach gespalten und zur Seite präparirt, das 
Periost durch zwei Schnitte in vier Lappen getheilt. Es Hess 
sich leicht von der Unterlage ablösen. Nun wurde die 
Knochenerliabenheit abgemeisselt und ihre Basis mit dem 
scharfen Löffel eingeebnet. Dies war nicht schwierig, da die 
Geschwulst noch weicher war als der untere Knochen. Nun 
wurde das Periost über den ehemaligen Sitz der Geschwulst 
gezogen, die Oeffnungen der sichtbaren Blutgefässe mit Cat gut 
unterbunden, die Hautwunde genäht und ein Xeroform verband 
ziemlich fest angelegt. Am folgenden Tage wurde ein etwas 
lockerer Verband gemacht. Am 27., also nach acht Tagen war 
die Wunde per primam geheilt bis auf einen kleinen Stichcaual. 
der bis zum 15. Mai eintrocknete. Der Fehler auch im Aus¬ 
sehen des Pferdes ist völlig beseitigt. 

Sehnenscheidenentzündung in der Gegend des 
Krongelenks. 

Von Oberrossarzt Petsch. 

tZtnchr. f. Vc-t. Mürz 1900.) 

P. hat häufig Pferde gesehen, und zwar stets Remonten. 
die an einem Vorderbein lahm gingen mit folgenden Er¬ 
scheinungen: Das ruhig stehende Pferd stellt die erkrankte 
Gliedmasse nach vorn und sucht die Trachten zu unterstützen. 
Irgendwelche Abnormitäten Hessen sich nicht feststellen. Die 
Lahmheit zeigt sich als Stützbeinlahmheit mit Verkürzung des 
Schrittes nach hinten und ist chronisch. P. und auch andere 
Thierärzte haben in solchen Fällen die Lahmheit stets im 
Krongelenk gesucht und auf die betreffende Stelle eine scharfe 
Einreibung applicirt. Bei mehreren in dieser Weise lahmen 
und an Kolik eingegangenen Pferden konnte P. eine locale 
Untersuchung vornehmen. Er stellte dabei fest, dass nicht das 
Krongelenk selbst erkrankt war, sondern diejenigen Theile des 
Beugeapparates, die an der hinteren Fläche des Krongelenks 
Hegen. Es war dort stets die Sehnenscheide des Huf- und Kron- 
beinbeugers erkrankt nach oben, nicht ganz bis an die Sesam¬ 
beine. Hierbei zeigte sich röthlichgelber snlziger Belag, in den 
älteren Fällen nur geringfügig, daneben neu gebildetes Binde¬ 
gewebe zwischen Sehnen und Kronbein bezw. Fesselbein, sowie 
am Kapselband des Krongelenks, das an dieser Stelle die Beuge- 
sehnen erreicht. Diese Veränderung war auch dann noch nach¬ 
weisbar, wenn am lebenden Pferd die Lahmheit schon ver¬ 
schwunden war. Augenscheinlich handelt es sich um Pferde, 
welche die Mehrbelastung der Vorhand durch das Reitergewicht 
schlecht vertragen, und bei denen nun die Natur gewisser- 


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5. April 190Ö. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


163 


raassen (len Tragesehnenapparat durch neugebildetes Gewebe 
verstärkt. 

Danach behandelt P. nun diese Pferde wie folgt: Die j 
Zehenwand wird verkürzt, die Trachten werden geschont. Eisen I 
mit verdickten Schenkelenden oder kleinen Stollen, Kühlen und 1 
absolute Ruhe werden verordnet. Diese Behandlung fuhrt viel 
früher zum Ziele als die frühere scharfe Einreibung um das 
Kronengelenk, die übrigens ihre Wirkung selbstredend auch 
that. Die Lahmheit ist trotz gewisser Aehnlichkeiten nicht 
identisch mit der von Fambach beschriebenen, welche durch 
Erkrankung der volaren Kronfesselbeinbänder veranlasst wird; 
denn diese fand P. stets intact. 

Die Laparotomie bei der chronischen Peritonitis des 

Hnndes. 

Von Dr. A. Baldoni. 

Clinlc* vet 1900. H. S. 

Die Erfahrung lehrt, dass die Behandlung der Bauchwasser¬ 
sucht beim Hunde mit Digitalis, mit Diureticis etc. wenig 
Erfolg hat, während ein im günstigen Momente vorgenommener 
chirurgischer Erfolg schnell Heilung bringt. Dies gilt jedoch 
nur, wenn die Krankheit auf infectiöser Grundlage (Coli- 
Tubercelbacillen) beruht, während ein Ascites, welcher auf 
Herz- oder Leberaffectionen znrückzufiihren ist, durch die ge¬ 
dachte Methode nicht beeinflusst werden kann. 

Der vom Yerf. beschriebene Fall betraf einen zwei Jahre 
alten Hund, welcher seit mehr als zwei Monaten an Ascites 
litt. In diesem Zeitraum war vier Mal die Paracentese vor- 
genommeu worden, wobei je 3—4 Liter einer serösen durch¬ 
sichtigen Flüssigkeit entleert wurden. Gleichzeitig hatte der 
Hnnd innerlich Tinctur. Digital, ohne jeden Erfolg erhalten. 

In der aus dem Peritoneum entnommenen Flüssigkeit 
entwickelten sich im Thermostaten bei 37° nach *24 Stunden 
Culturen des Bac. coli. 

Nunmehr entschloss sich Verf., versuchsweise die Laparo¬ 
tomie vorzunehmen. Vor der Operation wurde bei dem männ¬ 
lichen Hunde die Harnblase mittels Katheter entleert. Derselbe 
wurde auch während der Operation in seiner Lage belassen, 
damit die in der hinteren Bauchregion gelegene Schnittöffnuug 
nicht durch Urin verunreinigt würde. Dieselbe hatte ihren Sitz 
links vom Präputium, war 3 cm lang, der Linea alba parallel 
und wenig von der Svmphysis pubis entfernt. Eine gleiche 
Oeffnung wurde hinter dem Schaufelknorpel in der Medianlinie 
des Abdomens angebracht. Durch beide Oeftnungen wurde mit 
einer gebogenen Metallsonde ein 4 mm dicker Drain geführt 
und dessen Enden mit Sicherheitsnadeln befestigt. Durch das 
Rohr wurden Ausspülungen mit sterilisirtem Wasser von 35° 0. 
gemacht. Nach dem Aufstehen des Hundes erfolgte gründliche 
Desinfection des Operationsfeldes mit Sublimatlösung. Die Schnitt¬ 
öffnungen und Enden des Drainrohrs wurden zuerst mit Gutta- 
ftgrchastücken und hierauf mit starken Wattelagen bedeckt, 
welche durch zahlreiche Bindentouren festgehalten wurden. 
Während der Operation erhielt der Hnnd wiederholt einen Ess¬ 
löffel voll Marsala. Am nächsten Tage waren die Verbandstoffe 
mit Flüssigkeit getränkt, die Temperatur war normal. Der 
Verband wurde nach gründlicher Ausspülung des Bauchfell¬ 
sackes erneuert. Diese Behandlung wurde 8 Tage lang fort¬ 
gesetzt und darauf das Rohr entfernt. Nachdem das Bauchfell, 
die Mnskelschichten und die Haut in den Schnittöffnungen für 
sich vereinigt worden waren, verblieb der Hund noch 6 Tage 
in Behandlung und konnte dann seinem Besitzer geheilt zu¬ 


gestellt werden. Der Hund ging 3 Jahre später an einer Gastro- 
Enteritis zu Grunde. Von den Operationswunden war bei der 
Obduction keine Spur nachzuweisen. Ueber die günstige 
Wirkung der Laparotomie bei der Tubercnlose des Peritoneums 
existiren eine Reihe von Theorien, doch soll im vorliegenden 
Falle keine derselben völlig zutreffend sein. 

Durch die Entleerung des Exsudates wird der Druck auf 
die Organe der Bauch- und Brusthöhle aufgehoben, wodurch 
Athmung und Blutlauf erleichtert werden. Die Auswaschungen 
entfernen weiter die infectiösen Elemente und ihre Producte und 
verursachen einen mechanischen Reiz, welcher vielleicht die 
Heilung herbeiführen hilft. 

Es bedarf noch vieler Beobachtungen, um eine genügende 
Klarheit über die Heilwirkung der Laparotomie bei der Bauch¬ 
wassersucht zu gewinnen. 

Einfluss des Gewichtes des Beschlages auf den Gang 
eines lahmen Pferdes. 

Von Delperier-Paris. 

(8ocl6tc centrale, 14. December 1899.) 

Ein durch Schnelligkeit und Gang ausgezeichnetes junges 
Pferd wurde wegen Lahmheit neu beschlagen. Nach dem Be¬ 
schläge war die Lahmheit so stark, dass das Thier nicht einmal 
mehr traben konnte. Nach einiger Zeit war das Pferd, dem die 
Eisen alsbald abgenommen wurden, nicht mehr im Stande, sich 
auf den kranken Fuss zu stellen. Die Correlation zwischen dem 
Gewicht des Eisens und der Schwere der Lahmheit trat deutlich 
auf. Das erste Eisen wog 720 Gramm, das zweite war be¬ 
deutend leichter. Durch die Anwendung eines 650 Gramm 
schweren geschlossenen Eisens, das nach einigen Tagen der Ruhe 
aufgelegt wurde, nahm die Lahmheit ab und konnte das Pferd 
wieder wie zuvor traben. Der Zustand dauerte ein -ganzes 
.Talir hindurch, mit leichteren Eisen ging das Pferd lahm, bei 
schwererem Beschlag verschwand die Lahmheit be inahe ganz. 

Die Anwendung des Formalin beim Anthrax. 

Von J. Henry Bell. 

Vct Uec. 18?9. 

Der Verfasser hat angeblich von 28 an Milzbrand erkrankten 
Rindern 22 durch Injectionen einer Formalinlösung 1 : 1000 und 
innerliche Anwendung von 01. cinnamom. geheilt. Von den sechs 
übrigen Stücken waren 4 hoffnungslos krank und starben an der 
Krankheit, während die beiden übrigen Rinder vermuthlich in¬ 
folge einer zu grossen Formalindosis eingegangen sind. 

Die Einspritzungen wurden in die Anschwellungen der 
rnterkiefergegend gemacht, die ersten 3 Tage morgens und 
abends und dann weitere 3 Tage nur einmal täglich. Das 
01. cinnamom. wurde 3 Tage hindurch einmal täglich in Wasser 
verabfolgt. Die Anschwellungen verschwanden in 12 bis 2-1 
Stunden. 

Die Untersuchungen fanden auf den Savannen in Britisch 
Guayana statt. Die Thiere waren sehr schwierig zu behandeln 
und mussten meist erst mit dem Lasso eingefangen werden. Tempe¬ 
raturaufnahmen wurden selten gemacht, etwa 4 mal, wobei über 
ein Dutzend Thermometer entzwei gingen. Von etwa 8 oder 
9 Rindern wurde das Blut untersucht. Dasselbe enthielt 
Anthraxbacillen. Nach der zweiten Einspritzung waren Bacillen 
im Blute nicht mehr vorhanden. 

Die Heilung hängt wesentlich davon ab, dass das erkrankte 
Rind möglichst bald in Behandlung kommt. Die. injicirten Dosen 
variiren nach Alter und Grösse der Thiere. Kühe, Stiere und 


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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14. 


Färsen erhalten volle Dosen, Kälber von 3 Monaten und auf¬ 
wärts je nach Verhältnis* Ve» 1 , $ der Dosis. 

Nach der Beschreibung des Verfassers handelt es sich im vor¬ 
stehenden Falle um Haut-Milzbrand, welcher durch Insecten- 
stiche von einem Thier auf das andere übertragen wird und mit 
der Bildung einer Anschwellung (T'arbnncel) an der Stichstelle 
beginnt. Der Verlauf dieser Milzbrandform dauert 2- 7 Tage 
( vgl Dieckerhoff, Pathol. und Therapie), und lässt deshalb in den 
meisten Fällen Zeit zum therapeutischen Einschreiten. Bei den 
akuten Milzbrandfällen unserer Gegenden kommt die Behandlung 
gewöhnlich zu spät und hat sich auch als erfolglos erwiesen. 

Uobor Sana toi. 

Von Obenossarzt Krüger. 

(/Mehr. f. Vet. M5rz 1900.) 

Das Sanatol ist ein Desinfectionsmittel von unbekannter 
Beschaffenheit, welches aber zur Grossdesinfection geeignet sein 
soll. Es soll weder durch Säuren, noch Alkalien, noch eiweiss- 
haltige Masse in seiner Energie gehemmt werden, auch gut 
desodoriren. Die Kaiserl. Kgl. Versuchsstation in Wien stellt 
nach ihren Versuchen das Sanatol als das beste Mittel zur Be¬ 
seitigung von Geruch hin. Es soll stickstoffbindend, dem 
Pflanzenwuchs unschädlich und ein gutes Mittel gegen Hant- 
schmarotzer sein. Diesseitige Versuche, die Fliegen in den 
Ställen mit Sanatol zu beseitigen durch täglich dreimaliges 
Besprengen der Stallgasse mit lprocentiger Lösung, hatten im 
ganzen ein günstiges Ergebniss, indem nur wenig Fliegen sich 
im Stalle aufhielten. Die Pferde selber, wie auch empfohlen 
ist, mit einer lprocentigen Lösung zum Schutze gegen Fliegen 
einzureiben, ging nicht an, weil die Zusammensetzung des 
Mittels nicht bekannt ist. Da die bisherigen Mittel zur Ab- 
haltu g von Fliegen im ganzen und grossen sich wenig be¬ 
währen, so ist diese Eigenschaft des Sanatols immerhin be- 
achtenswerth. 

Therapeutische Notizen. 

Ichthyol bei Brandwunden. 

Ichthyol hat sich bei der Behandlung von Brandwunden 
nach Müller und Schütze sehr bewährt. Es stillt nach beiden 
Beobachtern den Wundschmerz vorzüglich und regt die Granulation 
und Heilung mächtig an. Ersterer wendet meist das Ichthyol* 
vasogen, letzterer 50 pCt. wässrige Ichthyollösung an. 

(Aerztl. Rnndsch.) 

Katarrh der Luftwege. 

Gegen die chronischen Katarrhe der Respirationswege des 
Pferdes empfiehlt Trinchera nachstehendes Recept: 


Ol. Terebinth. 20,0—30,0 

Secal. comut. pulv. . . . 8,0—20,0 

Acid. tannic.2,0— 3,0 


Magnes. oxydat. q. s. f. massa boli. 8. täglich oder einen 
Tag um den andern auf den leeren Magen zu geben. 

Auch bei Lumbago sollen diese Mittel gute Dienste leisten. 

(Clinica vet. 189t), H. 39.) 

Tagesgeschichte. 

Zum Abituriciitencxamen. 

Der Finanzausschuss der bayerischen Kammer hat über die 
Petition, betreffend Einführung des Abiturientenexamens als Vor¬ 


bedingung für das thierärztliche Studium berathen. Die Be- 
rathung hatte nach dem übereinstimmenden Bericht verschiedener 
bayerischen Zeitungen folgendes Ergebniss: 

„Die Petitionen sind eingereicht: a) von den Professoren 
Dr. Esser in Göttingen und Dr. Schmaltz in Berlin im Auf¬ 
träge des Deutschen VeterinärratheB, die Einführung des Abi¬ 
turientenexamens als Vorbedingung für das Studium der Vete- 
rinärmedicin betr. und b) von dem städtischen Oberthierarzt 
F. Mölter in München, im Namen der Thierärzte Bayerns das¬ 
selbe betreffend. Der umfangreiche Inhalt wird vom Referenten 
auszugsweise vorgetragen und dann Aeusserung der kgl. Staats- 
regierung erbeten. 

Minister v. Landmann (Unterrichtsminister) geht ausführ¬ 
lich auf die Frage ein und bezieht sich zunächst auf das Gut¬ 
achten der Thierärztlichen Hochschule, aus welchem hervorgeht, 
dass das zugehende Material ein höchst ungehiigendes ist. 
47 pCt. der Gesammtzahl haben dieses Fachstudium nur frei¬ 
willig gewählt, während mehr als die Hälfte, nämlich 53 pCt., 
deshalb zuging, weil die Oandidaten für die Fortsetzung des 
Gymnasialstudiums Ungenügendes leisteten. Die Folge hiervon 
ist, dass nur ein Viertel des zugehenden Materials die Appro¬ 
bation erreicht, nämlich in den Jahren 1895/98 28 pCt. und 
1899 sogar nur 21 pCt. Von 100 Approbirten waren nur 37 mit 
der vorgeschriebenen Semesterzahl fertig. Ebensoviele brauchten 
11 Semester, die übrigen 9. Es müsse daher ein bessere* 
Material, als das bisherige, gewonnen werden. Vom Standpunkte 
der Unterrichtsverwaltung wird die Forderung des Absolutorinpis 
nur unterstützt werden. 

Oberregierungsrath Göring (als Commissar des Ministers 
des Innern) stimmt vollständig mit diesen Darlegungen iibfrein 
und theilt mit, dass auch das Staatsministerium des Innern 
diesen Standpunkt einnehme. Redner weist darauf hin, Reiche 
ausserordentlich hohen Anforderungen man jetzt nach allen 
Richtungen an die Thierärzte stellen müsse. Die mangelnde 
Vorbildung könne nur durch das Gymnasialabsolntoriun) ergänzt 
werden. 

Präsident Dr. Orterer steht auf dem gleichen Standpunkte. 
Er nimmt Bezug auf das Gutachten des bayerischen Land- 
wirthschaftsrathes und wünscht dringend, dass die Reform zur 
Durchführung gelangt. Zu beklagen sei die Stellungnahme der 
Regierungsorgane in Preussen. 

Abg. Burger befürwortet die Petitionen vom Standpunkte 
der Landwirth8chaft ans, ebenfalls sehr dringend. 

Dem Anträge der beiden Referenten entsprechend, werden 
beide Petitionen der Staatsregierung zur Würdigung hinüber¬ 
gegeben. 

Mit dieser Verhandlung ist wohl die Stimmung der ganzen 
bayerischen Kammer, namentlich aber zugleich die Absicht des 
bayerischen Ministeriums klargestellt. Diese Stellung aller 
Factoren in dem zweitgrössten Bundesstaat bedeutet unzweifel¬ 
haft für uns einen grossen Schritt zum Ziel und wird daher 
allenthalben helle Freude hervorrufen. Die deutschen Thier¬ 
ärzte sind Bayern dadurch zu tiefem Danke verpflichtet. 

Eine Aeusserung jedoch können wir nicht unwidersprochen 
lassen: das ist diejenige des Herrn Dr. Orterer betr. der 
Haltung der preussischen Regierongsorgane. Ueber diese 
Haltung ist, öffentlich wenigstens, noch gar nichts bekannt, 
soweit das Civilveterinärwesen in Betracht kommt. (Die mili¬ 
tärische Frage muss hier ausgeschieden werden, da diese für 
Bayern nicht existirt, also der Vergleich fehlt). Aus dem 
„Schulantrag Preussens“ von 1893 kann man auf heute nicht 
schliessen. Es ist daran zu erinnern, dass damals der bayerische 
Herr Minister in der Kammer zwar gegen jenen preussischen 
Antrag sprach, aber keineswegs für das Abiturientenexamen 
sich erklärte, dasselbe vielmehr eventuell nur für die beamteten 
Thierärzte in Aussicht stellte, es für die practischen Thierärzte 
aber „mit Rücksicht auf die Interessen der Landwirtschaft“ 
ablehnte. 

Es hat sich seitdem aber erfreulicher Weise ein Umschwung 
vollzogen in der gesammten öffentlichen Meinung und namentlich 


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5. April 1900. 


BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


165 


nnt«r den Vertretern der Landwirthschaft. Dieser Umschwung J 
hat nunmehr zuerst bei der bayerischen Regierung in ihrer ; 
veränderten Haltung Ausdruck gefunden und zwar einen I 
bemerkenswert!! entschiedenen Ausdruck. 

Wir halten aber an der Hoffnung fest, dass auch die 
l>rens8ischen am Civilveterinärwesen interessirten Ministerien 
jenem Umschwung Rechnung tragen werden. Dies wird sich 
aus den Verhandlungen im Reichstag direct oder indirect er¬ 
kennen lassen. Bisher lag aber zu einer öffentlichen Aeusseruug 
kein Anlass vor. Es mag hierbei bemerkt werden, dass nur der 
bayerischen Kammer, nicht aber dem preussischen Landtag die ! 
Petition zugegangen ist. Denn es war vor allem wichtig, die I 
Stellung der bayerischen Landwirthschaft, die kennzeichnend I 
für Snddentschland überhaupt sein dürfte, festzustellen, während 
eine doppelte Behandlung des Gegenstandes in Berlin, im i 
Reichstage und preussischen Landtage, mindestens vorläufig ent- | 
belirlich erschien. 

Erwähnt soll auch noch werden, warum neben der Petition | 
des Veterinärrathes noch Oberthierarzt Mölter eine Petition 
eingereicht hat. Dies bedeutet und bezweckt nicht etwa ein 
Sonderverfahren. Nach der Geschäftsordnung der bayerischen ' 
Kammer kann nämlich nur eine Petition verhandelt werden, die . 
auch von einem Bayern unterzeichnet ist. Da die Petition des j 
\>terinärrath8 zufällig nur von zwei Preussen unter- ! 
zeichnet war, so haben Herr College Mölter, das bayerische | 
Mitglied des Veterinärratlis-Ausschusses, und einige andere 
Collegen die (gedruckte) Petition des Veterinärrathes nochmals 
unterzeichnet und besonders an die Kammer eingereicht. Da- 
dnrch wurde die formelle Schwierigkeit einfach, geschickt und 
dankenswerth beseitigt. 

Indem wir über die guten Nachrichten aus Bayern unsere | 
herzlichste Freude aussprechen, wissen wir kein besseres : 
Schlusswort als: Vivant seqnentes! 

Selbstverleugnung thut noth! 

In No. 4, 6, 9 und 12 der B. T. \V. sind Artikel erschienen, ! 
welche gewisse Verhältnisse des Veterinärwesens in Oesterreich, 
t heilweise auch in Ungarn, behandeln. Ein Theil ihres Inhalts I 
«riebt mir willkommenen Anlass, in einigen kurzen Sätzen einen 
Punkt zu berühren, welcher die Behandlung der jetzt die Ge¬ 
rn iither beherrschenden Frage besonders schwierig macht. Es 
ist die Nothwendigkeit, bei der Aufdeckung alter Schäden 
Hinge zu berühren, welche unter den Thierärzten selbst die 
Empfindlichkeit Vieler zu verletzen geeignet sind oder scheinen , 
können. 

Der Hinweis des Herrn Staatssecretärs Grafen v. Posa- 
dowski im Deutschen Reichstage auf die österreichische Er- | 
fahrung mit dem Abiturientenexamen machte eine Klarlegung der i 
Brände jener Erscheinung nothwendig. Herr Bezirksthierarzt 
Markiel und Herr stud. Baroch haben jedenfalls Seitens der ! 
reichsdeutschen Thierärzte Dank verdient für ihre freimüthigen 
Darlegungen (No. 4 und No. 9 der B. T. W.). 

Ich habe selbstverständlich auch die Entgegnung auf jene j 
Artikel in No. 12 der B. T. W. aufgenommen. Es ist immer i 
Princip gewesen, Collegen -- und um solche handelt es sich 
doch — die sich beschwert fühlen, die Gelegenheit zur Meinungs- ! 
äusserung in der von ihnen gewählten Form, für die sie selbst 
verantwortlich sind, offen zu halten. Diese Entgegnung kann i 
ausserdem die Illust’ation der in Oesterreich obwaltenden , 
schädigenden Gegensätze nur vervollständigen und giebt mir \ 


nunmehr selbst, wie gesagt, Gelegenheit zu einer mir 
erwünschten Aeusserung. 

Man wird begreifen, dass eine Kritik bestehender Verhältnisse 
bei Denjenigen, die olme ihr Verschulden selber in eben diesen 
Verhältnissen stehen, ein Gefühl von Schmerz und Entrüstung 
erwecken kann, namentlich wenn eine Kritik so stark pefsön- 
licli ist, wie der Artikel von Baroch unzweifelhaft war. Es ist 
schwer, die Sache ganz abstract zu behandeln bezw. zu erfassen 
und sie von den Personen oder wenigstens von der eigenen Person 
zu trennen. Aber wo einem eine solche Trennung nicht gelingen 
will, wo das Gefühl der persönlichen Kränkung entsteht, da 
giebt es noch eins: Man muss es verwinden im Interesse der Sache. 

Der Sieg, wenigstens der Sieg einer guten Sache, ist mil¬ 
der Preis männlicher Tugenden; im ernsten Kampf müssen diese 
erwachen und sich bewähren. Ein Ringen, wie jetzt das unsere 
um die noch mangelnde Vollendung unserer Reife, stellt hohe 
moralische Anforderungen an die Gesammtheit, wie an den 
Character jedes Einzelnen. 

ln dieser Sache müssen die Thierärzte nur eine grosse 
Gemeinschaft bilden, welches Stammes und welcher Stellung sie 
auch seien. Sie müssen alle eingedenk sein, dass der Fort¬ 
schritt, der zunächst vielleicht nur einem Theil unmittelbar zu¬ 
fällt oder nur in einem Lande sich vollzieht, bald Allen zu Gute 
kommmen muss. Die Selbstlosigkeit muss uns beherrschen, die 
keinen Anstoss nimmt an dem Gedanken, dass der Erfolg unseres 
Strebens nicht unR selbst, sondern erst der Zukunft gehören 
kann. Freiinuth nur und Opferwilligkeit führen zum Ziel und 
diese ve. tilgen auch Opfer gegenüber dem eignen Gefühl. Keine 
Tugend steht höher, als die Selbstverleugnung, und wer sie iibt, 
der kann sich durch nichts gedemiithigt fühlen, da er sich 
selbst den Beweis einer schlichten Grösse giebt. 

Die gegenwärtige Lage verlangt solche Selbstverleugnung 
von uns Allen; keiner vielleicht bildet da eine Ausnahme. 

Gewiss ist es z. B. allen deutschen Thierärzten schmerzlich ge¬ 
wesen, im Reichstag zu hören, dass der thierärztliche Stand 
noch der allgemeinen Achtung entbehre. Sie haben aber nicht 
versucht, diese Thatsache zu bemänteln, in dem Gefühl, dass 
die Absicht dieser Aeusserung richtig war und dass der bittere Ge¬ 
schmack die Wirksamkeit des Heilmittels nicht beeinträchtige. 

Alle Thierärzte, die heute ohne Abiturientenexamen in der 
Praxis Tüchtiges leisten und Achtung gemessen, könnten An¬ 
gesichts der Motivirung der Nothwendigkeit des Abiturienten- 
examens gekränkt fragen, ob sie denn als minderwertig hin- 
gestellt werden sollen. Aber sie tliun es nicht, sondern 
stimmen freudig jenen Gründen zu und erkennen an, dass fin¬ 
den Durchschnitt und damit für die Gesammtheit das Abiturienten- 
examen eine Verbesserung bringen wird. 

Viele Thierärzte, die ans ganz kleinen Verhältnissen her¬ 
vorgegangen sind, könnten sich beleidigt fühlen, wenn die 
Hoffnung ausgesprochen wird, dass durch das Abiturienten¬ 
examen der Zuzug aus anderen Kreisen gesteigert werde. Aber 
sie werden, wenn sie sich ein objectives Urtheil angeeignet 
haben, sich selbst ehrlich gestehen, dass aus den Mängeln 
häuslicher Erziehung ihnen oft Schwierigkeiten erwachsen sind. 
In dem Bewusstsein, dass es unter allen Umständen ehrenvoll 
und hochachtbar ist, sich selbst emporgearbeitet zu haben, 
werden sie sich freuen, wenn das, was ihnen dabei schwer und 
bitter gewesen ist, den Jüngeren erspart bleibt. 

Auch in Deutschland hat früher zwischen Militär- und Civil- 
thierärzten ein Unterschied in der Vorbildung bestanden, wenn 


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IM BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 14. 


auch nicht ein so scharfer, wie jetzt in Oesterreich. Auch liier 
haben die Militärthierärzte es sich gefallen lassen müssen, als 
die Minderwertigkeit der damaligen Bildung zum Gegenstand 
der Kritik gemacht wurde, und nicht zu ihrem Schaden, wie die 
spätere Entwickelung gezeigt hat. End wenn heute die Ein¬ 
führung des Abitnrientenexamens nur für die Civilthierärzte sich 
als möglich erwiese, so werden die Militärveterinäre nicht so 
kurzsichtig sein, das gänzliche Scheitern der Reform zu wünschen 
oder sich in der Uebergangszeit, denn nur um eine solche würde 
es sich handeln, gedrückt zu fühlen. Auch 1860 im Nord¬ 
deutschen Bund schloss sich die Armee der Forderung der 
Secundanerreife nicht an, sondern blieb bei Geringerem, um 1874 
dann selber mit der Forderung des Einjährigen-Zeugnisses 
(Obersecundanerreife) das Civil zuübcrtreffen. 

Auch an der alten Thierarzneischule zu Berlin hat zwischen 
Civil und Militär ein unliebsamer Gegensatz bestanden als die 
Militärrossarzteleven militärische Uniform trugen: die Reibereien 
— Recht und Unrecht, wie gewöhnlich, auf beiden Seiten 
nahmen kein Ende. Jetzt., wo das Uniformtragen nachgelassen 
ist. wo zwischen allen Studenten das beste und ungetrübteste 
Einvernehmen herrscht, wird man Angesichts der guten Wirkung 
nicht mehr, wie man es früher freilich auch mehrfach versuchte, 
Denjenigen einen Vorwurf machen, die zu rechter Zeit offen 
dargelegt haben, dass die Uniform, so hoch man gerade den 
Wäffenrock an sich stellen mag, mit dem Wesen einer Hoch¬ 
schule sich nicht vertragen will. 

Auf der Wiener Hochschule besteht heute ein durch den 
grossen Unterschied der Bildung noch erheblich verschärfter 
Gegensatz. Der Artikel des Stud. Baroch lieferte dazu eine 
scharfe Kritik. Ich gestehe, dass ich mich lange bedacht habe, 
bevor ich denselben veröffentlichte. Ich befürchtete sowohl Folgen 
für den Autor als auch eine Kränkung der auf der Wiener 
Hochschule thätigen Professoren, meiner verehrten Collegen. 
Ich habe aber die Veröffentlichung stattfinden lassen, in der 
Annahme, dass auch diese Herren eine Kritik der Verhältnisse, 
für die sie nicht verantwortlich sind, ertragen müssten und 
würden in Rücksicht auf den objectiv guten Zweck. Un¬ 
zweifelhaft ist es erklärlich, wenn namentlich durch diesen 
Artikel die aus den Curschraieden hervorgegangenen Thierärzte 
der österreichisch-ungarischen Armee sich, verletzt fühlen. 
Gewiss war die Schilderung des Herrn Stud. Baroch eine 
durchaus subjective: eine ganz objective kann man unter den 
gegebenen Umständen auch gar nicht erwarten. Aber darauf 
kam es auch gar nicht an. Denn nicht die objective Erwägung, 
sondern gerade die subjective Auffassung entscheidet 
darüber, welchen Beruf man wählt. Der Artikel hatte aber mü¬ 
den Zweck, in drastisch-wirksamer Schilderung zu zeigen, warum 
in Oesterreich Abiturienten den thierärztlichen Beruf nicht 
wählen. Der Autor, und auch der Herr Bezirksthierarzt Markiel 
wollten nur zeigen, wie die Gründe liegen, die das Abiturienten¬ 
examen in Oesterreich als eine unwirksame Massregel erscheinen 
lassen. 

Und ich glaube doch, dass diese Gründe richtig angegeben 
worden sind. Mag man von den persönlichen Verhältnissen au 
der Wiener Hochschule ganz absehen, obwohl diese den Zugang 
von Civilstndenten gewiss bestimmen. Aber ganz objektiv wird 
man zugeben müssen, dass das abstrakte Prinzip dieses bis zum 
Gegensatz gesteigerten Dualismus die Wurzel des Uebels ist. 

Das Abiturientenexamen lässt sich mit dem gegenwärtigen 
Modus derRecrutirung der Militärthierärzte nicht vereinigen. Damit 


wird, wie dies schon oben ausgetnhrt worden ist, die practiscln- 
Tüchtigkeit der aus den Curschmieden hervorgegangenen Militär¬ 
thierärzte nicht angezweifelt, ebensowenig das Anselm, das sie 
Seitens ihrer Vorgesetzten gemessen und verdienen. Aber die 
practische Tüchtigkeit ist eben nicht mehr genügend. Die 
Thiennedicin ist eine Wissenschaft geworden und diese braucht 
Fortentwickelung, braucht Männer die sie fördern, Männer, deren 
angeborene Fähigkeiten nicht durch elementare Schwierigkeiten 
z. Th. absorbirt. sondern im Gegentheil durch eine gründliche 
Vorbildung weit genug entwickelt sind, um sich in jeder Hinsicht 
frei zu bethätigen. Auch die Herrn Autoren des Artikels in 
No. 12 erkennen dies unumwunden an mit dem sympathischen 
Wort: „Wir hätten Gott gedankt, wenn wir eine höhere 
Bildung gehabt hätten-*. Damit ist aber eigentlich dem Gegen¬ 
satz der Meinungen der Boden entzogen. 

Denn darin liegt die Anerkennung, dass die Verbesserung 
der Vorbildung auch der Militärthierärzte nothwendig ist. Die 
heutigen werden selbstlös genug sein, zu sagen: Wenn wir es 
schwer gehabt haben, so sollen unsere Nachfolger es besser 
haben. Und mit diesem Gedanken ist die Hoffnung gegeben, dass 
auch sämmtliche österreichischen Militärthierärzte - das Gefühl 
persönlicher Empfindlichkeit mannhaft unterdrückend — sich 
mit ihren (’ivil-Collegen zusammenfinden in dem Streben, den 
verderblichen Dualismus zu beseitigen durch wenigstens an¬ 
nähernden Ausgleich der an beide Categorien in der Vorbildung 
gestellten Anforderungen. 

Wie aber heute die Verhältnisse liegen, kann man sich 
jedenfalls nicht wundern, wenn das Abiturientenexamen in 
Oesterreich (in Ungarn liegt die Sache bekanntlich besser) 
keine Erfolge zeitigt. Da in Deutschland die Sachlage, selbst 
wenn die Armee zur Zeit den letzten Schritt nicht mitmachen 
würde, mit jener in Oesterreich schlechterdings nicht vergleichbar 
ist, so kann daher die Erfahrung in Oesterreich unmöglich einen 
Gegengrnnd gegen die Einführung des Abiturientenexamens in 
Deutschland bilden. Dies ist durch die Artikel der Herren 
Markiel und Baroch den mit jenen Verhältnissen unbekannten 
reichsdeutschen Interessenten klargelegt worden und dies war 
auch nur die Absicht der Verfasser, für deren Ausführung wir 
ihnen zu Dank verpflichtet sind. Schm alt z. 

Baden. 

Der bisherige etatsmässig angestellte thierärztliche Assistent 
der thierhygienischen Abtheilung des hygienischen Instituts der 
Universität Freiburg i. Br., Dr. M. Schlegel, wurde von 
Seiner Königlichen Hoheit dem Grossherzog von Baden zum 
ausserordentlichen Professor der medicinischen Facultät und 
. zum Vorstand des thierhygienischen Instituts ernannt. 

Diese Ernennung, welcher eine principielle Bedeutung zu- 
kommt. wird allgemein freudig begrüsst werden. 

Veterinärmedicinischer Congress zu Paris. 

Während der Ausstellung wird in Paris ein veterinär¬ 
medicinischer Congress stattfinden, zu welchem alle die Aus¬ 
stellung besuchenden Thierärzte freundlichst eingeladen sind. 
Derselbe ist auf den 7.—11. September festgesetzt. Das Pro¬ 
gramm wird thunliebst in nächster Nummer veröffentlicht werden. 

Verlagsbuchhflndler Paul Parey. 

Der bekannte Verlagsbuchhändler Paul Parey in Berlin 
j ist an einem Gehirnleiden gestorben. Um die landwirthsehaft- 
! liehe Literatur hatte derselbe in seinem Verlag, auf diesem Ge- 


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5. April 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


167 


biete wohl dem umfangreichsten, sich grosse Verdienste erworben. 
Für die Veterinärliteratur kann man das allerdings nicht sagen. 
Denn neben einigen werthvollen und gut ausgestatteten Werken 
machte sich der Verlag die Verbreitung sog. populärer thierärzt¬ 
licher Literatur zur Aufgabe. Neben zwei älteren Büchern dieser 
Art, denen gewissermassen ihre alte Existenz zur Rechtfertigung 
diente, wurden noch als neue Erscheinungen die Bücher von 
Professor Steuert „Das Buch vom gesunden und kranken 
Hausthier“ und „Nachbars Rath in Viehnöthen“ auf den Markt 
gebracht, welche neben wissenschaftlichen und sonst massgebenden 
Veterinär-Werken in einem Verlag wenig zusammenpassten und 
durch ihre Tendenz die Thierärzte und die Veterinärliteratur 
zu schädigen geeignet waren. 

Verein praotisoher Thierflrzte zu Berlin. 

Sitzung am Sonnabend, den 7. April 1900, Abends H Uhr» 
im Rathskeller (Eingang Jüdenstrasse). 

Tagesordnung: 

I. Vereinsangelegenheiten. 

Bericht der Commission betr. Erwerbung der Rechts¬ 
fähigkeit des Vereins und Statuten-Aenderung. 

II. Vorträge. 

a) Herr College Rietzel: Rückblick auf die Geschichte 
des Vereins im verflossenen Jahrhundert. 

b) Herr Professor Dr. Eberlein: Ueber den Beschlag mit 
Taueisen (System Gerlach). 

III. Mittheilungen aus der Praxis. 

Gäste willkommen. Der Vorstand. 

Fleischschau und Yiehyerkehr. 

Viehsperre und Fleischeinfuhr. 

In einer in letzter Woche stattgehabten Versammlung der 
Schlächter-Innungen von Hamburg, Altona, Wandsbek und Har¬ 
burg wurde folgende Resolution angenommen: 

„Der Hamburg-Altona-Wandsbek-Harburger Bezirks-Verein 
ersucht den deutschen Fleischer - Verband, Schritte zu unter¬ 
nehmen, um in ganz Deutschland Unterschriften für eine Massen¬ 
petition an den Reichstag zu sammeln und dabei folgende 
Wünsche auszusprechen: 1. a) Alle ausländischen Fleischwaaren 
sind bei der Einfuhr am Grenzorte einer gesundheitspolizeilichen 
Prüfung durch deutsche Reichsbeamte zu unterziehen und solche 
Fabrikate, die ihrer Beschaffenheit nach überhaupt nicht unter¬ 
sucht werden können, wie Wurst, Büchsenfleisch sind von der 
Einfuhr auszuschliessen. Ferner dürfen nur solche Fleischwaaren 
eingeführt werden, welche mit Conservirungsmitteln präparirt 
sind, die nicht gegen das deutsche Nahrungsmittelgesetz ver- 
stosseu. b) Schmalz und Fette dürfen nur in absolut reinem 
Zustande eingeführt werden und sind bei ihrer Einfuhr am 
Grenzorte zu prüfen. 2. Einführung lebenden Viehes nach 
Orten, wo öffentliche Schlachthäuser sind, behufs dortiger Ab- 
schlachtung ohne Tuberculin-Impfung und Quarantäne. 3. Die 
Declarationspflicht für vom Anslande eingeführte Fleischwaaren, 
und zwar in der Weise, dass in den Verkaufsstellen sichtbare 
I’laeate auszuhängen sind, welche in deutlich lesbarer Schrift, 
die Angabe enthalten, dass hier Fleischwaaren amerikanischen 
Ursprungs feilgehalten werden. 4. An massgebender Stelle 
vorstellig zu werden, dass in Zukunft bei Berathung von 
Handelsverträgen, wenn solche Fleisch und Wurstwaaren be¬ 
treffen, Vertreter des Fleischergewerbes mit hinzugezogen 
werden.“ 


In der Begründung der Resolution führte das Commissions- 
| mitglied Herr Robert Nitzsehe aus, dass durch die deutschen 
Massregeln gegen die Einfuhr lebenden Viehes vom Auslande 
der Untergang der s. Z. blühenden Exportfleischwaaren-Industrie 
herbeigeführt sei. Der gesammte Ueberschuss der Viehproduction 
Dänemarks, Russlands, Hollands und Oesterreichs wanderte 
früher lebend nach Deutschland, um hier verarbeitet und dann 
wieder exportirt zu werden. In Folge der Vieheinfuhrverbote 
wandten sich diese Länder, speciell Dänemark und Holland, 
selbst der Exportschlächterei zu und nachdem regierungsseitig 
die nöthigen Verkehrserleicliterungeu geschaffen waren, ver¬ 
sorgten sie die ehemals deutsche Kundschaft im Auslande selbst. 
Ebenfalls stieg dadurch die Einfuhr von Fleischwaaren nach 
Deutschland. Die Einfuhr des Jahres 1897 betrug nach der 
Statistik 90 pCt. mehr als die Einfuhr von 1896. Das erste 
Halbjahr 1898 brachte abermals 120 pCt. mehr ausländische 
Fleischwaaren als das erste Halbjahr 1897, oder mit dem ersten 
Halbjahr 1896 verglichen, eine Erhöhung von 310 pCt. in zwei 
Jahren. Von 35 Millionen Pfund Fleischwaare im ersten Halb¬ 
jahre 1897 ist der Import auf 77‘/ 4 Millionen Pfund im Jahre 
1898 gestiegen. Um dem Einhalt zu thnn, sei eine Oeffnung 
der Landesgrenzen für die Einfuhr lebenden Schlachtviehes mit 
Schlachtzwang am Einfuhrorte und sanitäre Controlirung 
der ausländischen Fleischfabrikate bei der Verpackung an¬ 
zustreben. 

I Die Berliner Kochanstalt. 

, Die Unterschleife, welche in der an einen Privatmann zur 
Ausnützung verpachteten Anstalt für Kochung, Sterilisirung etc. 
des auf dem Schlachthofe beanstandeten Fleisches entdeckt 
1 worden sind (vgl. No. 3 u. 7) haben vorläufig eine gute Wirkung 
gehabt. Der Magistrat hat beschlossen, dem jenen Vorkomm¬ 
nissen zu Grunde liegenden (Kardinalfehler ein Ende zu machen 
und die Verpachtung der Anstalt aufzugeben. Dieselbe kommt, 
i wie sich das gehört, in städtische Verwaltung. Dem Vernehmen 
I nach sollen zwei Thierärzte speciell bei dieser Anstalt au- 

i 

j gestellt werden. Diese Selbstverwaltung der Austalt wird, wie 
bestimmt zu wünschen bleibt, hoffentlich auch die Errichtung 
i einer Freibank für rohes minderwerthiges Fleisch bei derselben 
! nach sich ziehen. 

I 

Die Uebertragbarkeit der Tuberouioee von Rind auf Mensch. 

Moore-Albany (Ref. in d. Münch, med. Woch.) bestreitet 
; die Möglichkeit der Uebertragnng der Tnberculose vom Rind auf 
! den Menschen bezw. der Infection durch Milch oder Fleisch 
| tuberculöser Thiere, indem er behauptet, dass durch die Ver- 
i Pflanzung in einen andersartigen Organismus die pathogene 
Eigenschaft des Bacillus verloren geht, analog den Beobachtungen 
bei anderen Microorganismen. Ausserdem sei noch in keinem 
einzigen Falle die Infection von Thier zu Menschen und um¬ 
gekehrt bacteriologisch genau und einwandsfrei nachgewiesen. 

Abnormer Geruch des Fleisches bei Gegenwart von Aooariden im 
Darmkanal. 

Auf einen eigenthiimlichen Geruch, welchen zuweilen Fleisch 
von Thieren, welche mit Ascariden behaftet waren, aufweist, 
haben bereits Colin und Neumann aufmerksam gemacht. Morol 
berichtet im Recueil de Med. vet. ebenfalls über einen abnormen 
Geruch, welchen er bei der Untersuchung eines frischgeschlach¬ 
teten Kalbes wahrnahm, als er in der Nähe des Beckens hantirte. 
Der Geruch ist schwer zu definiren, er ist etwas sauer und er¬ 
innert au Aether. Bei nun vorgenommener genauerer Unter. 


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168 

snchung zeigten sich nicht nur das Fleisch, sondern auch die 
Eingeweide von dem riechenden Stoff durchdrungen. Beim Auf¬ 
schneiden des Darms fanden sich sehr viel Ascariden, 130 
wurden gezählt, auch wurden Anzeichen eines Darmcatarrhs ge¬ 
funden. Drei oder vier todte Würmer waren im Dickdarm und 
Rectum. Die Würmer hatten denselben Geruch wie das Fleisch 
an sich; sogar nachdem die Parasiten mehrmals mit Wasser ge¬ 
waschen waren, hielt sich der Geruch noch mehrere Tage lang. 
Beim Einschneiden des Fleisches bemerkte M. den Geruch eben¬ 
falls und selbst beim Kochen des Fleisches verschwand der Ge¬ 
ruch nicht. K. 


No. 14. 


offener Veterinärstellen im 6. bezw. 3. Cbev.-Rgt. — Versetzt: 
Wilhelm Meyer, Veterinär im 3. Chev.-Rgt. zum 1. schweren 
Reiter-Regiment. 

Im Beurlaubten stande: Zu Rossärzten der Reserve sind be¬ 
fördert: die Unterrossärzte der Reserve Becker, Borchmann, 
Burau, Basch, Devrient, Fuchs, Hosang, Pfannenschmidt, 
Post und Schulz (vom Bez.- Koni. Berlin III.) Brandes und 
Stahlmann (Celle); Hartmann (Cassel II), Neumann (Wehlau), 
Leutsch (Hamburg), Fischer (Altenburg), Kasten (Stettin), 
Graffstädt (Nienburg a. W.), Lambert (Worms), Beckhaus 
(Dortmund), Sader (Schlettstadt). — Unterveterinär d. Res. Hugo 
Hohmann (München I) zum Veterinär der Res. Die Einjäbrig- 
j Freiwilligen Thienel und Kirsten zu einjährig-freiwilligen Unter- 
! veterinären im 2. Trainbat (Würzburg) 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Personalien. 

Ernennungen: (Bayern) H. Bossert, Bezirksthierarzt in Wiirz- 
burg zum Kreisthierarzt bei der Kgl. Regierung, Kammer des Innern, 
von Unterfranken und Aschaffenburg, B. Kögl, Districtsthierarzt 
in Greding zum Bezirksthierarzt in Naila (Obcrfr.), E Weissgärber 
Bezirksthierarzt in Nabburg zum pragmatischen Bezirksthierarzt, 
Thierarzt Rabus-Pirmasens zum Districtsthierarzt daselbst. — K. 
Gossmann, Bezirksthierarzt in Neustadt a. S. in .den Ruhestand 
versetzt. 

Gewählt: Die Thierärzte R. Biermann - Lublinitz zum 

Schlachthofthierarzt in Königsberg (Ostpr.), E. Fischer (Altenburg) 
zum städt. Thierarzt in Leipzig, Nierhoff zum Schlachtbofverwalter 
in Castrop, Pfaff zum Hilfsthierarzt am Schlachthof in Dresden, 
C. Reuther zum Schlachthofinspector in Rathenow, A. Rudolph 
zum städt. Thierarzt in Borna (Bez. Leipzig), Schönweiler 
zum Schlachthofhilfsthierarzt in Dresden, B. Schultze Assistenz- 
thierarzt vom Schlachthof in Graudenz zum Schlachthofinspector 
in Pr. Stargard, A. Telle zum Schlachthofthierarzt in Köln, 
Wien di eck vertretungsweise zum Hilfsthierarzt am Schlachthof 
in Karlsruhe. 

Examina: Das Examen als beamtete Thierärzte 

bestanden in Berlin: P. Anders, pract. Thierarzt in ßeuthen 
(O.-Schl.), J. Grips, int. Kreisthierarzt in Rheinbach, Guenttert, 
stellvertret. Kreisthierarzt in Ragnit, August Möller, pract. Thierarzt 
in Hamburg, Pfannenschmidt, Repetitor an der äuss. Klinik der 
Berl. Tbierärztl. Hochschule, Dr. Pro ff., Assistent am Hygienischen 
Institut der Berliner Thierärztlichen Hochschule und Oberrossarzt 
Richter-Bromberg. — Approbiit wurden in Berlin die Herren Otto 
Kassbaum und Hermann Steinbrueck; in Dresden die Herrn 
Lichtenheld und Weisspflog. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc. Die Tbierärzte 
Jacobsen, bisher vertretungsweise in Northeim, nach Nordstrand 
(Schleswig-Holstein), Klaeger, comm. Kreisthierarzt in Neutomischel 
nach Rackwitz i. Pos., Wilhelm Krüger-Breslau nach Lublinitz, 
Johannes Peters als Einjahrig-Freiwilliger nach Strassburg, V. 
Stang von Freiburg i. Br. als Assistent am Hygienischen Institut 
nach Strassburg. 

In der Armee: Befördert: Gossmann, Unterrossarzt im Garde- 
Kür.-Rgt. zum Rossarzt. — Versetzt: Die Rossärzte Rade mann 
vom 56. Art.-Rgt. zum 17. Trainbat. und Klinner vom 6. Hus. Rgt. 
zum 56. Art.-Rgt Unterrosearzt Rüther vom 19. Art.-Rgt. zum ü. 
Garde-Art.-Rgt. — Rossarzt Dosse zum Gestütsrossarzt in Gnescn 
ernannt. 

Kommandos: In die llemonte - Ankaufscommissionen: Die 
Rossärzte Ohm (1) für Ostpreussen, Kettlitz (II) für Ostpreussen, 
Herffurth (III) für Westpreussen, Posen, Schlesien, Karpe (IV) 
für Mecklenburg, Pommern, Sachsen, Brandenburg etc., Ra kette (V) 
für Hannover, Schleswig-Holstein, Oldenburg etc. 

Bayern. Befördert : Zwengauer, Stabsvet. im 2. schweren 
Reiterregiment, zum Corpsstabsveterinär beim Generalcommando des 
III. Armcecorps, Dr. Vogt, Veterinär im 6. Chev.-Rgt. zum Stabs¬ 
veterinär des 2. schweren Reiterrgts. — Albin Miessbach und 
Franz Brinkmann, Unterveterinäre der Res. in den activen 
Dienst als Unterveterinäre übernommen mit der Wahrnehmung 


Yacanzen. 

(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 

Kreisthierarztsteilen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich Kreiszuschuss). 
Gesuche an den Regierungspräsidenten. 

b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Cöslin: Stolp (Nord). — R.-B. 
Gumbinnen: Grenzthierarztassistentenstelle in Stallupönen. — 
R.-B. Köln: Rheinbach. — R.-B. Schleswig: Eideratedt. 

Sanitltsthlerarzt8tellen: a) Neu ausgeschriebene Steilem 
Cassel: Schlachtbofassistenzthierarzt (1800 M. dreimonatl. Kündig.) 
Bewerb, an den Magistrat. — Freiberg i. Sachs.: Thierarzt für 
Fleischschau etc. (2700 M., Wohnung, Pension.) Bewerb, bis 9. April 
an den Stadtrath. — Königswartha i. Sachs.: Thierarzt für 
Fleischbeschau. (Ausser den Gebühren 900 M., Praxis.) Meid, bis 
Ende April an den Gemeindevorstand. — Plauen i. V.: Assistenz¬ 
thierarzt am Schlachthof zum 1. Juni (2100 M.: viertcljährl. 
Kündigung). Meid, an den Director. — Pössneck: Thicrarzt für 
Fleischbeschau (1200 M. und ca. 700 M. aus der Trichinenschau). 
Bewerb, bis l.Mai an den Magistrat. — Schivelbein: Tbierarzt für 
Fleischschau (ca. 2400—3000 M.; Praxis gestattet). Meid, beim 
Magistrat. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Augsburg: Schlachthausdirector. — Bromberg: Schlachthof- 
assistenztbierarzt — Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — 
Eberswalde: Schlachthofinspector. — Filebne: Schlachthof¬ 
inspector. — Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Köln: 
Oberthierarzt am Schlacht- und Viehhof. — Liegnitz: 
Schlachthofassistenzthierarzt. — Markneukircben: Thierarzt für 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Militsch: Schlachthofinspector. 
— Mülhausen (Eisass): Schlachthofverwalter. — Ostrowo: 
Schlachthofinspector. — Spremberg: SchlachthofinBpector. — 
Thorn: 2. Schlachthofthierarzt. — Wanne: Schlachthofvorsteher. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt. — Scbönbaum (Danzig). — Soldau 
(Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt zum 1. Mai 
(2400 M., Privatpraxis gestattet). Meldungen mit Zeugnissen etc. bis 
i Ende März an den Amtmann. — Lauensten i. Sachs.: Thierarzt 
für Fleischschau und Praxis (Beihilfe aus Staats- und Gemeinde¬ 
mitteln). Bewerbungen bis 15. April an den Stadtgemeinderath. — 
Mengering hausen (Waldeck): Thierarzt. — Mügeln (Bez. Leipzig): 
Thierarzt. — Rh in ow (R.-B. Potsdam): Thierarzt. — Schwarzen¬ 
berg i. Sach8.: Thierarzt für Fleischbeschau und Praxis (voraus¬ 
sichtliche Staatsunterstützung). Meid, an d. Stadtrath. — Sonnen¬ 
burg: Thierarzt (600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den 
Magistrat. — Wolkenstein: Thierarzt für Praxis und Fleischschaa. 
Auskunft beim Stadtrath. 

Besetzt: Sanitätsthierarztstellen in Königsberg i. Ostpr., 
i Rathenow und Pr. Stargard. Privatstelle in Rackwitz. 


Verantwortlich für den Inhalt (excL Inaeratenthell): Prot Dr. Schmaltz ln Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. BtUemtein, Berlin 


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Die „Berliner Thlerärxtlicbe Wochen»chrifl“ erscheint 
wöchentlich in Stärke von minderten» 1*/, Bogeu. Dieselbe 
Ut xu bestehen durch den Bnchhandel, die Post (No 1082) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Sohoets, Berlin NW, Luisenstrasse 86, zum Preise von 
Mk. 6,- pro Vierteljahr. 


Berliner 


Origlnalbeiträgc werden mit 50 Mk. für den Bogen bonorirt. 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe mau zu senden an Prof. Dr. Sclimaltz, 
Berlin, thier&rztlicbc Hochschule. NW., Luisenstrasse 66. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


I 

Thierärztliche Wochenschrift 


Heran sgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. ß. Schmaltz, > Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Sehoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M 15 . Ansgegeben am 12. April. 


Inhalt: Even: Behandlung der Kälberruhr mit Argent. colloid. |Crede. — Rassau: Beobachtungen über Rotz und die 
Sicherstellung der Diagnose durch Argentum colloidale. — Hansen: Radialis-Lähmung beim Rind und In- 
toxication? — Paust: Heilung der Acarus-Räude beim Hunde. — Referate: Die Aetiologie der Tuberculose. — 
Bramann: Klinisches über Aktinomykose beim Menschen. — Lubarsch: Zur Kenntniss der Strahlenpilze. — Pfuhl: Ueber 
das Schumburg’sche Verfahren der Wasserreinigung. — Therapeutische Notizen. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — 
Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Personalien. — Vacanzen. 


Behandlung der Kälberruhr mit Argent. colloid. Crede. 

Von 

C. Evers-Waren 

Rpzirksthlcrarzt. 

Der Ausspruch Dieckerhoff’s im Jahre 1808, dass das 
Argent. colloid. Crede, ausser bei der Behandlung der Blutflecken¬ 
krankheit, auch bei anderen Allgemeinkrankhetten der Haustliiere 
sich vorteilhaft erweisen wird, hat sich schon vielfach bewahr¬ 
heitet. Soweit mir bekannt, hat das Mittel bei der Behandlung 
resp. Verhinderung der dysenteria neonatorum bislang keine 
Verwendung gefunden. 

Auf Grund von über 250 einwandfreien Erfolgen, die durch 
hantige Controlversnche unterstützt wurden, möchte ich die 
Herren Collegen auf die Wirkung des Argent. colloid. Crede hei 
der Kälberruhr aufmerksam machen und zu weiteren, aus¬ 
gedehnten Versuchen anregen. 

Die Kälberruhr wird hervorgerufen durch einen Micro- 
orgauismus, der ein facultativer Parasit des Darms der Kälber 
ist. Erst wenn der Organismus des Kalbes durch ungeeignete 
Fütterung des Mntterthieres oder durch Schädlichkeiten nach 
der Gebart geschädigt, tritt die schädigende Wirkung des 
spezifischen Krankheitserregers ein. Es schadet nicht der 
Microorganismns, sondern es schaden die" durch denselben ge¬ 
schaffenen Stoffwechselproducte. 

Durch Jenssen wurde nacligewiesen, dass die Virulenz des 
Contagiums der Kälberruhr mit der Uebertragung von Kalb auf 
Kalb zunimmt. 

Wenn man diese beiden Punkte der Entstehung und den 
schweren Verlusten der Kälberruhr zu Grunde legt, so glaube 
ich einen beträchtlichen Schritt in der Aetiologie der Kälberruhr 
weiter gekommen zu sein. 

Durch die Verfütterung von Schnitzen, Schlempe, Kartoffel¬ 
abfällen, kurz von Fabrikationsrückständen moderner Betriebe und 
durch die abnorme Haltung der Kühe in der intensiven Landwirt¬ 
schaft wird der mütterliche Organismus und iu weiterer Folge 
der des Kalbes geschwächt und zu einem geeigneten Nährboden 
für das specifische Bacterium umgebildet. 


Hieraus erklärt es sich auch, dass die grössten Verluste 
erst auftreten, nachdem die Muttertiere längere Zeit den Ein¬ 
flüssen einer nicht naturgemässen Nahrung, eines Aufenthaltes 
in mangelhaften Stallungen bei geringer körperlicher Bewegung 
ausgesetzt gewesen sind. 

Durch die zunehmende Virulenz des Bacteriums im Verein 
mit der zunehmenden Schwäche des Neugeborenen, erkläre ich 
mir die nach einer gewissen Zeit nuftretenden und immer grösser 
werdenden Verluste. 

Eine sichere Behandlung der Ruhr kann somit nur erreicht 
werden, wenn man die Muttertiere in möglichst naturgemässe 
Lebensverhältnisse bringt, oder aber, da dies in den überaus 
meisten Fällen nicht ausführbar ist, wenn man den Erreger der 
Ruhr frühzeitig im Körper des Kalbes tödtet, resp. in einen 
Zustand versetzt, in dem derselbe keine Toxine bildet. Dies 
habe ich anscheinend erreicht durch die möglichst frühzeitige 
endovenöse Injection von Argent. colloid. in die jugularis. 

*In einer grossen Anzahl von Fällen ist es mir gelungen, in 
verseuchten Ställen, in denen im Winter GO—90 pCt. Kälber an 
Ruhr starben, durch eine in den ersten drei Lebenstagen täglich zu 
wiederholende Injection von Argent. colloid 0,05 : 5 Aq. jede Er¬ 
krankung an Ruhr fernzuhalten. 

Um auch die im Darm befindlichen Bacterien unschädlich 
zu machen, gebe ich nach der Einspritzung sofort: Itrol, Sacchar. 
lact. nä 1,0 mit einem Esslöffel voll Mucilago Gummi arab. 

Auf den Gütern K., Neu-Sch., S. und Scliw., welche sämmtlich 
in d&r Nähe von Waren gelegen sind und durch mich wiederholt 
besucht wurden, konnten mit vorstehender Behandlung folgende 
Resultate erreicht werden: 

In K. ist eine Spiritusbrennerei und Zuckerrübenbau, es 
wird somit Schlempe und Schnitzel gefüttert. 

Tm Winter 1808/99 starben über 50 pl't. Kälber an Ruhr. 
Am 18., 19. und 21. October 1899 wurde je ein Kalb geboren. 
Alle drei Kälber starben am zweiten resp. dritten Tage an 
Durchfall. Am 22. October 1899 wurde ein Kalb geboren. 

] Dasselbe erhielt nach 24 Stunden 0,05 Argent. : 5 Aq. endovenös. 

! Das Thier zeigte keine Ei sclninungen von Schwäche und blieb 
i gesund. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


170 

Am 5. November 1 Kalb geboren, nach 6 Stunden endovenöse 
Inject., gesund. 

Am 7. November 1 Kalb geboren, nach 48 Stunden endovenöse 
Inject. Thier zeigte Durchfall, blieb dennoch 
gesund. 

Am 23. November 1 Kalb geboren, nach 24 Stunden endovenöse 
In,ject., gesund. 

Am 20. November 1 Kalb geboren, nach 24 Stunden endovenöse 
Inject., gesund. 

1 Kalb geboren, nach 24 Stunden endovenöse 
Inject. .Thier starb nach drei Tagen ohne 
Durchfall. Das Thier war ca. sechs Wochen 
zu früh geboren und hatte wahrscheinlich zu 
grosse Mengen Milch genossen. 

Am 19. Deeember 1 Kalb geboren, nach 12 Stunden endovenöse 
Inject., gesund. 

Am 20. Deeember 1 Kalb geboren, nach 12 Stunden endovenöse 
Inject., gesund. 

Am 12. Januar ein 8 Tage altes Kalb gekauft, wurde nicht be¬ 
handelt und starb an Durchfall. 

Am 13. Januar ein 0 Tage altes Kalb gekauft, wurde mit Argent. 

colloid. behandelt und starb an Durchfall. 
Resultat: 4 Kälber ohne Injeetion, sämmtlich gestorben. 

1 Kalb erst am 0. Lebenstage behandelt, gestorben. 

1 Kalb nach 24 Stunden behandelt, dennoch gestorben. 
Das Thier war zu zeitig geboren und wahrscheinlich 
vertränkt. 

ln S. starben nach Angabe des Besitzers im Januar bis 
März 1899 über 80 pCt. an Ruhr. Die Kühe erhielten weder 
Schnitzel noch Schlempe. 

Bis zum 26. October 1800 waren schon vier Kälber an 
Durchfall gestorben. 

Bis zum 28. Februar 1000 wurden 28 Kälber mit Argent. 
colloid. endovenüs und Itrol innerlich behandelt. Von diesen 
Thieren starben drei an Bronchopneumonie nach 8 — 14tägigem 
Leiden. Ein Thier starb an Nabelvenenentzündung am 18. Lehens¬ 
tage. Vier Thiere starben an Magen- und Darmentzündung, 
ohne Durchfall, entstanden durch übermässigen Genuss von 
Milch. Zwei Thiere erhielten die Injeetion erst am vierten 
Lebenstage, als die ersten Erscheinungen von Ruhr auftraten, 
und starben nach vier resp. sieben Stunden. 

Auf dem Gute Neu-Sch. werden die Kühe mit Rübenschnitzeln 
gefüttert. Nachdem mehrere Kälber an Ruhr gestorben, wurde 
die Behandlung mit Argent. colloid. am 26. October eingeleitet. 
Von 28 seit dieser Zeit geborenen Kälbern wurden sechs Thiere 
nicht behandelt und starben von diesen drei an Ruhr. Alle be¬ 
handelten Kälber blieben gesund. 

ln Scliw. wurden die Kühe stark mit Schnitzeln und Kraft¬ 
futter ernährt. Nachdem bis zum 26. November 1899 sechs Kälber 
an Ruhr gestorben, wurde mit der Einspritzung und innerlich Itrol 
begonnen. Seit dieser Zeit wurden 15 Kälber geboren und bald¬ 
möglichst nach der Geburt behandelt. Von diesen 15 Thieren 
wurde ein Kalb eines Gehirnleidens wegen geschlachtet, alle 
übrigen 14 Kälber blieben gesund. 

Ausser diesen Beobachtungen stehen mir noch Berichte von 
28 Gütern zur Verfügung. Alle theilen sehr günstige 
Resultate mit. 

Nach diesen Beobachtungen bin ich der Meinung, dass das 
Argent. colloid. Crede ein sehr wirksames prophylaktisches Mittel j 
gegen Kälberruhr ist. Die endovenöse Injeetion ist die Haupt- i 


No. 15. 

sache der ganzen Behandlung und ist wahrscheinlich vollkommen 
genügend. Wenn ich dennoch in den meisten Fällen Itrol 
innerlich verordne, so geschieht dies aus practischen Gründen 
und weil bei vorsichtigem Eingeben keine Schädigung des 
Thieres erfolgt. Erwähnen möchte ich noch, dass beiComplicationen 
mit Nabelvenenentzündung der Process im Nabel durch das Argent. 
colloid. kaum beeinflusst wird. 

Die tägliche Wiederholung der Injeetion, welche, wie gesagt, 
| zum Heilerfolg nöthig ist, bringt es mit sich, dass ein viel¬ 
beschäftigter Thierarzt nur Anweisungen für die Ausführung 
geben, letztere aber nicht selbst übernehmen kann. In diesem Um¬ 
stande liegt eine Klippe, an der wohl an manchen Stellen die 
Behandlung scheitern wird, die aber an vielen Stellen durch 
genügende Unterweisung in dem Verfahren umgangen werden 
kann, wie ich bei meinen Versuchen erfahren habe. Der 
Eigenthümer lernt die Handhabung der Injectionsspritze und 
das Auffinden der Jugularis ohne Schwierigkeit.*) 

Während ich im Anfänge meiner Behandlungsmethode dem 
Besitzer eine l°/ 0 ige Lösung in einem Glase zur Injeetion übergab, 
bin ich seit längerer Zeit hiervon vollständig zurückgekommen, 
weil ich wahrnahm, dass in Folge des wiederholten Oeffnens 
des (Bases in der unreinen Stallluft mit der Zeit ein Nieder¬ 
schlag in der Lösung auf Kosten der prompten Wirkung eintrat. 
Um diesen Uebelstand zu beseitigen, gebe ich jetzt jede einzelne 
Dosis in eingeschmolzenem Glase. 

Den Bezug der Argentumlösung von der Firma Beugen & Co., 
Hannover, Ludwigstrasse, kann ich sehr empfehlen. Die Firma 
hält sich auf mein Anrathen einen grösseren Vorrath und liefert 
gut und schnell. J)ie Injectionsspritze habe ich von Hauptner, 
Berlin, bezogen, dieselbe ist im Catalog unter No. 1201 an¬ 
geführt. Da den meisten Besitzern die Entfernung der Haare 
am Halse des Kalbes Schwierigkeiten macht, so füge ich jeder 
ersten Sendung eine kleine gebogene Scheere No. 821 bei. Eine 
genaue Gebrauchsanweisung muss jeder ersten Sendung bei¬ 
liegen, und wenn irgend möglich, dem Besitzer die erste Ein¬ 
spritzung an Ort und Stelle gezeigt werden. 

Man versäume auch nie den Besitzer aufmerksam zu machen 
dass durch sehr reichliches Tränken mit 1—2 Ltr. Milch manches 
Kalb nach wenigen Stunden tödtlich erkranken kann. Man rathe 
dringend in den ersten 8 Lebenstagen dreimal täglich nur ^ Ltr. 
Milch eventuell mit Haferschleim vermischt, den Kälbern zu 
geben. Vorstehende Behandlung will natürlich keine Univeraal- 
behandlung aller Kälberkrankheiten und damit eine Beseitigung 
des Kälbersterbens sein, sondern richtet sich einzig und allein 
gegen die wichtigste aller Kälberkrankheiten, gegen die Kälberruhr. 

Anweisung für die Behandlung der Kälberruhr. 

Das gut gebundene Kalb wird auf die linke Körperseite 
gelegt. An der rechten Halsseite, ziemlich in der Mitte des 
Halses und am hinteren Rande der Luftröhre werden die Haare 
in Handflächengrösse abgeschoren. Wenn man nun mit den 
Fingern der linken Hand die Blutgefässe an der rechten Hals¬ 
seite, ziemlich am Brusteingange, comprimirt, so schwillt die 
rechte Halsader zu Daumendicke an. In dieses angeschwollene, 
d. h. stark mit Blut gefüllte Blutgefäss sticht man mit der 
rechten Hand die Nadel (ohne Spritze) schräg nach oben hinein. 
Unter allen Umständen muss aus der Nadel Blut fliessen. Nun 

*) Ich kann die Bemerkung nicht unterdrücken, dass ich es, 
so selbstlos auch das hier eingeschlagenc Verfahren ist, doch vom 
thierärztlichen Interessenstandpunkt aus für sehr bedenklich halte, 
den Besitzern dje intravenöse Injeetion zu lehren, Sch mal t*. 


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12. April 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 171 


setzt man die vorher vollständig gefüllte Spritze (die Spritze 
darf keine Luftblasen enthalten) auf die Nadel und entleert 
den Inhalt langsam in das Blut. 

Nachdem das Kalb von den Fesseln befreit nnd aufgestanden 
ist, giebt man demselben sofort einen Esslöffel voll der Medicin, 
auf die ein Pulver geschüttet ist, langsam ein, nnd schüttet 
einen Esslöffel voll Medicin ohne Pulver nach. 

Die Einspritzung sowohl als das Eingeben wird möglichst 
bald nach der Geburt, an einem hellen Orte ausgeführt und an 
den ersten drei Lebenstagen täglich wiederholt. 

So schwierig wie die Einspritzung auf den ersten Blick er¬ 
scheint, so einfach gestaltet sich dieselbe bei einiger Hebung, 
bei Ruhe und Geduld. Ein Fehlstechen der Nadel schadet nicht. 
Unter aUen Umständen muss aus der Nadel Blut fliessen. 

Nach Gebrauch ist die Nadel und Spritze gründlich mit 
reinem Wasser zu reinigen und gut abzutrocknen. 

Spritze und Medicamente sind stets sauber und trocken 
aufznbewahren. 

Wenn Kälber im späteren Alter Durchfall bekommen, so 
entziehe man ihnen die Milch vollständig nnd ersetze dieselbe 
dnrch Haferschleim. An Medicamenten gebe man 1—2 Pulver 
mit einem Esslöffel voll der Medicin pro Tag. 

Ueber den Erfolg erbitte ich von Zeit zu Zeit Nachricht. 


Beobachtungen über Rotz und die Sicherstellung der 
Diagnose durch Argentum colloidale. 

Von 

RaMWi-Tsingtau (China), 

Unterroasurzt 

Als Herr Geheimrath Dieckerhoff in No. 12 der B. T. W. 
vorigen Jahrgangs zwei Fälle anfülirte, in denen die intravenöse 
Injection einer wässerigen Lösung von Argentum colloidale die 
latente Rotzkrankheit in das offensichtliche Stadium übergeführt 
hatte, wäre anzunehmen gewesen, dass man sich wegen der 
hohen veterinärpolizeilichen Bedeutung, welche der bald¬ 
möglichsten Eruirung der in einem verseuchten Bestände 
befindlichen occult erkrankten Thiere zukommt, in thierärztlichen 
Kreisen alsbald die Prüfung dieses Mittels angelegen sein lassen 
würde, nm Aufschluss über seinen diagnostischen Werth bei Rotz 
zu erhalten, umsomehr als die Ansichten über die Bedeutung 
des Malleins immer noch sehr getheilter Natur sind. Be¬ 
fremdlicherweise hat man aber grade dieser Seite der Wirksam¬ 
keit gedachten Mittels anscheinend eine nur sehr geringe 
Beachtung geschenkt, wenigstens sind Veröffentlichungen über 
diesen Gegenstand nur sehr spärlich, und wenn ich von den¬ 
jenigen Fällen absehe, die mit den Anlass zur Ventilirung dieser 
Frage gaben, nur von dem Mailänder Baldoni und letzthin 
von Professor Röder erfolgt. Wenn man diesen Thatsachen 
den Umstand gegenüberstellt, dass nach den seuchenstatistischen 
Ausweisen beispielsweise zu Beginn des zweiten Quartal v. J. 
19 Gemeinden des deutschen Reiches verseucht waren nnd 
30 am Schlüsse verseucht blieben, so möchte ich der Vermuthung 
Raum geben, dass, wahrscheinlich veranlasst durch einige Miss¬ 
erfolge, die leider bei der endovenösen Anwendung des Chlor- 
bariums zu verzeichnen gewesen sind, ernste Bedenken entweder 
gegen die Ungefährlichkeit und Zuverlässigkeit auch dieses 
Mittels Vorlagen, oder gar Misstrauen gegen die Zweckmässigkeit 
der Application von Arzneimitteln mittelst intravenöser Injection 
wachgernfen worden ist. 


Mögen die Erfahrungen, die ich nach dieser Richtung zu 
sammeln in der Lage war, dazu beitragen, etwaige Zweifel 
obiger Art zu beh« ben. 

Am 18. Mai v. J. stellte ich bei einem Privatpferde auf 
Grund einer derbknotigen Schwellung der Kehlgangslymphdrüsen 
und des Vorhandenseins eines leichten Nasenansflusses von 
grünlich - gelber Beschaffenheit Rotzverdacht fest. Das im 
Uebrigen gesund erscheinende, sofort isolirte Thier, sowie ein 
Controllpferd erhielten noch selbigen Tags eine intravenöse In¬ 
jection von je 40,0 g der einprocentigen Lösung von Argentum 
colloidale. Untenstehende Temperaturtabellen mögen die Reaction 
des Körpers nach Einführung der Silberverbindung in die Blut¬ 
bahn veranschaulichen. 


I. Rotzverdächtiges Pferd. 


II. 

Controllpferd. 

Zeit. 

Temperatur. 

Zeit. 

Temperatm 

8 Uhr 

38,5 

8 

Uhr 

38,0 

9 ,. 

39,2 

9 


38,4 

10 ,, 

40,7 

10 

jy 

39,8 

11 .. 

40,2 

11 

,, 

40,6 

12 

39,6 

12 


41,5 

1 

39,8 

1 


41,6 

•) 

39,9 

2 


40,8 

3 ., 

38,8 

3 

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40,3 

4 „ 

38,6 

4 

V 

39,6 

5 ,. 

38,4 

5 

JJ 

38.6 

r> .. 

38,6 

6 

>• 

38,5 


Abgesehen von einem heftigen Muskelzittern, welches sich 
bei dem verdächtigen Pferde bald nach der Injection einstellte 
und etwa zwei Stunden anhielt, waren Störungen des bisherigen 
Befindens nicht zu verzeichnen. Am nächsten Tage erfolgte 
eine Wiederholung der Injection und am 20. Mai — dem 
dritten Behandlungstage — machten sich neben einer bedeuten¬ 
den Steigerung der Mengen des abgeschiedenen Nasensecrets 
einzelne hirsekorngrosse prominente Kuötchen bemerkbar, deren 
eins auf der Kuppe bereits Spuren geschwürigen Zerfalls zu 
zeigen begann. Da die Verhältnisse eine weitere Beobachtung 
verboten, wurde am folgenden Morgen die Tödtung vorgenomraen. 
Die Section bestätigte die intra vitam gestellte Diagnose; 
ausser Veränderungen obengenannter Art fanden sich embolische 
Infarcte rotziger Natur in den Lungen und der Milz, auch 
konnten in Ausstrichpräparaten, die nach der Löffler'sehen 
Methode behandelt worden waren, Rotzbacillen nachgewiesen 
werden. 

Da das in Rede stehende Pferd seit mehreren Monaten im 
Stalle der Feldbatterie aufgestellt gewesen war, beschloss ich, 
soweit angängig, deren ganzen Bestand, sowie alle diejenigen 
Thiere zu impfen, (der Kürze halber bediene ich mich dieses 
nicht ganz correcten Ausdrucks) mit denen es in letzter Zeit 
in nachweisbare Berührung gekommen war. In Betracht kamen 
19 Pferde, 32 Maulesel und 1 Esel. Wegen der Widerspänstig- 
keit vieler Thiere konnten nur bei einer beschränkten Anzahl 
Temperaturmessungen vorgenommen werden; soweit es geschehen, 
war eine Steigerung der Körperwärme um 1,9 zu verzeichnen. 
Unangenehme Begleiterscheinungen traten nirgends hervor, 
jedoch stellte sich bei sechs Pferden eine nicht unbedeutende, 
in ihren Folgen indess belanglose phlegmonöse Schwellung längs 
der Drosselrinnen ein, die sich aber ohne jede Behandlung 
innerhalb drei Tagen zertheilte. Betroffen hiervon waren nur 
solche Thiere, welche sich der Operation stärker widersetzt, 
hatten, wodurch das Einfuhren der Nadel erschwert worden war 


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172 berliner thierarztliche Wochenschrift. no. 15 . 


— ein Fingerzeig, der die Einverleibung des Mittels in die 
Subcutis nicht als rathsam erscheinen lässt. 

Während die Injection in dem zur l’ntersuchung stehenden 
Falle den occulten Hotz prompt in das offensichtliche Stadium 
überzuführen begonnen hatte, zeigten alle übrigen Thiere in der 
Folge nicht die geringsten Veränderungen, es konnte somit der 
Hoffnnng Raum gegeben werden, dass eine Uebertragung der 
Seuche nicht stattgefunden habe. Diese Vermuthnng kann jetzt, 
nachdem mehr als 8 Monate verstrichen, als feststehende That- 
sache angesehen werden, um so mehr, wenn man berücksichtigt, 
dass wenige Wochen nach der Impfung gelegentlich einer unter 
den denkbar ungünstigsten Witterungsverhältnissen unter¬ 
nommenen kriegerischen Expedition in das Hinterland an die 
Leistungsfähigkeit der Zug- wie Reitthiere sehr hohe Anforde¬ 
rungen gestellt werden mussten, welche die besten prädis- 
ponirenden Momente für einen Ausbruch der Seuche abgegeben 
haben würden. Die Empfänglichkeit der hiesigen, der chinesisch¬ 
mongolischen Rasse angehörigen Pferde gegen das Rotzvirus 
scheint überhaupt eine nur geringe zu sein; es erhellt dies schon 
.aus dem Umstande, dass den vier völlig von einander unab¬ 
hängigen Senchenausbriichen, die ich zu constatiren Gelegenheit 
hatte, nur 5 Thiere zum Opfer gefallen sind. Als eclatanten 
Beweis für diese Annahme möchte ich ferner einen Fall an¬ 
führen, wo eine Uebertragung der Seuche nicht stattfand, obwohl 
ein sehr hochgradig mit Rotz behaftetes, neu erstandenes Pferd, 
bei dem im unteren Drittel der Nasenscheidewand eine Perfo¬ 
ration in Markstückgrösse stattgefunden hatte, 20 Stunden hin¬ 
durch mit 8 Pferden den Stall, mit zweien die gleiche Krippe 
getheilt hatte. Beiläufig erwähnt sei hier, dass den Chinesen 
das Wesen der Rotzkrankheit sehr wohl bekannt ist, und kaum 
jemals wird der erfahrene Händler, wenn anders er seiner 
Sache sicher ist, verfehlen, auf die Reinheit des Kehlgangs hin- 
zuweisen. In dem vorliegenden Falle schritt der übervortheilte 
Käufer zur gerichtlichen Klage, doch hatte sich der Verkäufer 
allen (Konsequenzen durch schleuniges Verlassen der Stadt zu 
entziehen gewusst. Ein einziges Mal nur wurde eine vermuthlich 
durch das Geschirr bewirkte Uebertragung bei zwei zu Krümper¬ 
zwecken Verwendung findenden Mauleseln beobachtet. Diese 
waren allein in einem kleinen Stalle untergebracht und er¬ 
krankten in einem Zwischenräume von 8 Tagen an primärem 
Hautrotz, der bei dem erstinficirten Esel eine Allgemein- 
infection zur Folge hatte. Auf welche Weise die ursprüngliche 
Ansteckung zu Stande gekommen war, blieb unaufgeklärt, denn 
trotz eifriger Nachforschungen in Herbergen, Gastställen etc. 
gelang es nicht, einen Rotzherd aufzudecken. 

Bezüglich der Frage der Haltbarkeit des in Rede stehenden 
Mittels möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass eine 4 Wochen 
alte Lösung bei einem an Druse erkrankten Pferde irgendwelche 
Reaction hervorzurufen nicht im Stande war. 

Radiali$-Lähmung beim Rind und Intoxication. (?) 

Von 

Hansen-Trittau. 

Thiernrzt. 

Am 20. Januar d. J. nahm ich bei dem Hufner E. in D. 
die Tuberculinimpfung bei II Kühen vor. Unter diesen hatte 
eine Kuh, die im April d. J. zum dritten Mal kalben soll, etwa 
4—5 Tage vor der Impfung eine leichte Dyspepsie gehabt, war 
aber an dem Impftage selber vollständig wiederhergestellt. Die 
Impfung wurde Abends 10 Uhr in der üblichen Weise nach 


gründlicher Desinfection der Impfstelle und der Canüle voll¬ 
zogen. Die Temperaturaufnahmen bei der fraglichen Kuh er¬ 
gaben folgendes Resultat: am 20. Jan. Abends 10 Uhr: 38,5 0 C., 
am 21. Jan. 7 Uhr Morgens (erste Aufnahme nach der Impfung): 
39,1 °, 10 Uhr Morgens: 38,2 °, 4 Uhr Nachmittags: 39,0°. Nach 
dieser geringgradigen Erhöhung musste die Kuh als tuberculose- 
frei angesehen werden. Das Allgemeinbefinden war ungestört, 
der Appetit rege, die Milchsecretion wie an den Tagen vor der 
Impfung. Um 4 Uhr Nachmittags, also 18 Stunden nach der 
Impfung bemerkte der Besitzer, dass die Kuh vorne nicht auf¬ 
stehen könne, und bei dem Versuche, sich zu erheben, vorne 
gleich wieder kraftlos zusammenbreche. Bei meiner Unter¬ 
suchung fand ich diese Angaben bestätigt. Die rechte Vorder¬ 
extremität war in allen Gelenken stark gebeugt, so dass nur 
die Klauenspitzen den Boden berührten. Unter grosser An¬ 
strengung und Muskelzittern hielt das Thier sich etwa 10—15 
Sekunden aufrecht und sank dann wieder zu Boden. Bei Unter¬ 
stützung (durch Drücken) des Carpalgelenks mit der aufgelegten 
flachen Hand war es dem Thier möglich, sich einige Sekunden 
länger auf den Füssen zu halten. Während dieses Krankheits¬ 
bild, das unschwer als typische Radialis-Lähmung zu diagnosti- 
ciren war, rechterseits vollständig ausgebildet war, vermochte 
das Thier mit dem linken Vorderfuss besser aufzutreten, obgleich 
das Carpalgelenk auch hier gebeugt gehalten wurde. Eine so 
starke Flexion der Gelenke wie rechts war an der linken 
Extremität nicht ausgebildet. 

Die Behandlung bestand in der Application von reizender 
Einreibung in die Gegend der Anconaeen-Gruppe und im Frottiren 
beider Schenkel mit wollenen Tüchern. 

Am 21. Jan. Morgens war schon eine Besserung zu er¬ 
sehen, indem die Kuh etwa 2 3 Mhluteh 'sich auf den Tieihen 
zu halten vermochte. Die Behandlung wurde in der angegebenen 
Weise fortgesetzt. Am 22. Jan. konnte die Kuh schon x j 2 Stunde 
ununterbrochen stehen, und nach zwei weiteren Tagen war die 
Lähmung an beiden Extremitäten beseitigt. 

Im Anschluss an die Schilderung dieses Krankheitsverlaufes 
erlaube ich mir folgende Bemerkungen: Das Bild der Radialis- 
Lähmung ist wohl so prägnant, dass sie mit keinem andern 
krankhaften Zustand verwechselt werden kann, andererseits geht 
aber der Regel nach die Lähmung erst nach längerer Zeit, nach 
Dieckerhoff in 2—3 Monaten, in Heilung über. Ferner dürfte 
eine doppelseitige Radialis-Lähmung zu den grössten Selten¬ 
heiten gehören und wohl kaum zu gleicher Zeit durch mechanische 
Insulte verursacht werden können. Aus diesen Erwägungen 
schliesse ich, dass in dem fraglichen Falle die Aetiologie der 
Radialis-Lähmung toxischer Natur sein muss und ev. mit der 
Tuberculinimpfung in einem gewissen Zusammenhang steht. Ob 
für das Zustandekommen der betr. Lähmung die vorausgegangene 
Dyspepsie prädisponirend eingewirkt hat, will ich dahingestellt 
sein lassen. 

Heilung der Acarus-Räude beim Hunde. 

Von 

Paust-Samter, 

Thierarzt. 

Dass die Acarusräude, auch in schwerem Falle, beim Hunde 
schon verschiedentlich mit recht gutem Erfolge behandelt wurde, 
ist unter Anderem in der Deutschen thierärztl. Wochenschrift 
von A. Hink-Pforzheim mitgetheilt 

Diesbezügliche Mittheilungen sind, soweit mir bekannt, nur 
spärlich, was wohl darin seinen Grand hat, dass die an Acarus- 


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12 April 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


173 


räude erkrankten Hnnde von vielen Thierärzten als unheilbar 
gar nicht erst in Behandlung genommen werden. 

Zwei Heilungen, die mir an schwer mit Acarusräude be¬ 
hafteten Hunden gelangen, möchte ich hier anfdhren: 

I. Hochedler Terrier, preisgekrönt, Inhaber von Stammbaum 

und Ahnenreihe, dem Lieutenant F. in der L.Strasse zu 

Hannover gehörig, schwer erkrankt und von der Thierärztlichen 
Hochschule nach wiederholter Vorstellung als unheilbar zurück¬ 
gewiesen. 

Therapie: Morgens und abends starkes Abbüraten mit 
Lösung von grüner Seife in warmem Wasser, darauf Bebürsten 
und Ueberspülen mit Creolinlösung, sodann Ueberspülen und 
Eintauchen des ganzen Körpers in starke Tabaksabkochung 
während einiger Minuten. Nach dem Abtrocknen Einreiben mit 
Ungt sulfurat. composit., bestehend aus: 

Sulf. dep. 

Zinc. sulfur. aa 1,0 

Adeps 8,0 

Das Lager ist täglich zu erneuern, täglich frisches Stroh als 
Unterlage, worüber warme, weiche Lappen zu breiten. (Das 
Krankenbett batte ich in einer Ecke der Burschenstube zurecht 
machen lassen.) Da mir der Bursche zu schlafmützig war, so 
machte ich die ganze Procedur anfangs zweimal täglich selbst, 
und obgleich sehr anstrengend, kann ich versichern, dass es mir 
in keiner Weise „geschadet“ hat. 

Mehr als einmal glaubte ich den Hund in Folge grosser 
Schwäche dem Verenden nahe. Wein, Fleischbrühe mussten dem 
Tbiere, da völlige Inappetenz bestand, mit Gewalt eingeflösst 
werden. Später jeden zweiten Tag ohne Behandlung. Nach acht 
Tagen gar nicht mehr behandelt Heilung vollkommen. 

II. Mops-Bastard-Hündin, mein Eigenthum, etwa 2 Jahre alt, 
nicht ganz so schwer erkrankt wie I. Behandlung dieselbe, doch 
nur innerhalb sechs Tagen dreimal. Erfolg gut und anhaltend. 
In beiden Fällen zeigten die Thiere nach dem Einreiben der Salbe 
grosse Schmerzen, wobei sie uraherrasten, Schmerzenslaute aus- 
stiessen und sich dann sehr hinfällig zeigten. 

Peinliche Genauigkeit des Verfahrens halte ich hier für 
durchaus geboten ohne Rücksicht auf Zeit und besondere Mühe. 
Die Art der Anwendung der Mittel thut oftmals bekanntlich viel. 

Referate* 

Die Aetiologie der Tubercnlose. 

(Archiv für wixxcnsch. und pract- Thierhlkd. 1899, H. 0.) 

Unter dieser Ueberschrift sind vier Vorträge zusammen¬ 
gestellt, welche auf dem Congress zur Bekämpfung der Tuber- 
culose in Berlin vom 14.—27. Mai v. J. gehalten worden sind, 
und von denen jeder ein bestimmtes Gebiet der Tuberculose- 
ätiologie behandelt. 

I. Professor Flügge referirte über den Tuberkelbacillus 
in seinen Beziehungen zur Tuberculose. 

Der Vortragende geht von den Originalarbeiten Kochs aus 
und beschreibt die Auffindung und die Charakterisirung des 
Tuberkelbacillus durch Cultur- und Färbeverfahren, weiter durch 
erfolgreiche Uebertragung der Reinculturen auf Versuchsthiere. 

Hierdurch war festgestellt, dass die von Koch in den ver¬ 
schiedenen tuberculösen Erkrankungen ermittelten Bacillen die 
Erreger der Tuberculose sind. Als einzige unmittelbare Ursache 
müsse der Bacillus auch dann bezeichnet werden, wenn das 
Zustandekommen einer auf natürlichem Wege acquirirten tuber¬ 
culösen Erkrankung daneben noch von einer Disposition des 
Körpers abhänge. 


Im Laufe der Zeit seien indess manche Stimmen laut 
geworden, welche die ätiologische Rolle des Tuberkelbacillus 
anzweifelten, weil 1. tuberculose Affectionen, Sputa etc. 
Vorkommen ohne Koch’sche Bacillen, und 2. weil säure¬ 
feste Bacillen auch da gefunden werden, wo von Tuber¬ 
cnlose keine Rede sein kann. 

Der erste Einwand sei nicht stichhaltig, denn Koch habe 
selbst betont, dass Bacillen nur in frischen Veränderungen zu 
finden seien, sobald Verkäsung eintrete, zerfallen die Bacillen. 

Das Sputum des Schwindsüchtigen rühre nicht immer ans 
den tuberculösen Theilen der Lunge her und könne mithin auch 
nicht immer Bacillen enthalten. Würde dasselbe aber längere 
Zeit gesammelt, sedimentirt und genau untersucht, so könne 
man sicher Tuberkelbacillen nachweisen, sofern eine tuberculose 
Erkrankung der Lunge bestehe. 

Was die Säurefestigkeit der Tuberkelbacillen betrifft, so 
kommt diese Eigenschaft auch noch bei einer Reihe von anderen 
Bacillen vor (Lepra- und Smegmabacillen, säurefeste Bacillen 
in der Butter, in den normalen Faeces, auf Gräsern, im Kuhmist ). 
Doch ist sie bei diesen meist geringer als bei den Tuberkel¬ 
bacillen. Weitere Unterschiede ergeben sich durch die Cultur 
auf künstlichem Nährboden und hauptsächlich durch das Thier¬ 
experiment. 

Die meiste Aehnlichkeit tritt beim Erreger der Geflügel - 
tuberculose hervor. Die bei dieser Krankheit gefundenen Bacillen 
sind morphologisch und in Bezug auf Säurefestigkeit kaum ver¬ 
schieden von den Bacillen der Säugethiertuberculose, aber die 
Cultur der ersteren wächst schneller, ist feuchter und weicher, 
und Meerschweinchen reagiren auf die Impfung auffallend wenig. 
Die Säurefestigkeit auch anderer Bacillen macht die Tuberkel- 
bacillenlarbung zum Zweck der klinischen Diagnose nicht werth- 
los, denn die gedachten Bacillen sind mit Ausnahme der Lepra- 
und Smegmabacillen in Krankenexcreten bisher nicht beobachtet 
worden. Die Ansiedelung der Bacillen der Hühnertuberculose 
als Krankheitserreger beim Menschen hält Redner für möglich. 
Derselbe bespricht ferner die leichte Cultivirbarkeit und die 
Abnahme der Virulenz der Tuberkelbacillen auf bestimmten 
Nährböden gegenüber dem langsamen und spärlichen Wachsthum 
und der ungeschwächten Giftigkeit auf Ko eh'schein Blutserum, 
die morphologische Veränderung in verzweigte Fäden mit keulen- 
arti^en Bildungen, was darauf hindeutet, dass der Tubercel- 
hacillus zu den Streptotricheen gehört. • 

Diese Modificationen der Eigenschaften des Tuberkelbacillus 
und seine Annäherung an saprophytische, tubercelbacillen- 
ähnliche Bacterien haben manche Beobachter besonders betont, 
weil sie der Meinung sind, dass der Tuberkelbacillus gelegentlich 
saprophytisch Vorkommen könne. 

Aus den Experimenten mit dem Tuberkelbacillus und den 
durch die Erfahrung gewonnenen Thatsachen müsse gefolgert 
werden, „dass die Tuberkelbacillen obligate Parasiten sind; 
sie gelangen in die Aussenwelt nur vom tuberculös Erkrankten 
aus, nämlich mit den Excreten der Phthisiker, mit der Milch 
und eventuell dem Fleisch perlsüchtiger Thiere.“ 

2. Art und Weise der Uebertragung erörterte Prof. 
C. Kränkel-Halle, darauf hinweisend, dass den Bacterien im 
allgemeinen drei Eintrittspforten in den Körper offen stehen: 
Die Haut und die Schleimhäute, der Verdauungskanal 
und die Athmungswege. Die Krankheitserreger entspringen 
ausschliesslich im menschlichen oder thierischen Körper, jeder 
Mensch und jedes Thier, in deren Ausscheidungen lebende 


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174 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 15. 


Tuberkelbacillen Vorkommen, können zur weiteren Verbreitung 
des Ansteckungsstoffes Gelegenheit geben. Bei phthisischen 
Menschen sind nur dann in der Athmungsluft Tuberkelbacillen 
nachzuweisen, wenn der Inhalt tuberculöser Höhlen entleert 
wird und entweder in Gestalt feinster Tröpfchen und Bläschen i 
sich der Luft mittheilt oder in dichteren Massen auf beliebige 
Gegenstände, Taschentücher, Speigefässe, auch auf Fussboden, 
Wände u. 8. w. gelangt. 

Nur in der unmittelbaren Umgebung der Kranken, etwa auf 
einen Abstand von 1—2 m, trifft man auf Tuberkelbacillen, 
wie durch Cornet nachgewiesen wurde. 

Nach dem Eindringen der Bacillen in die beschädigte Haut 
entstehen zunächst örtliche Veränderungen, und nur allmählich 
und langsam hat die weitere Verbreitung statt. Hierher gehört 
u. a. diejenige Form der Tuberculose, welche als Scrophulose 
bezeichnet wird. Infolge langwieriger Hautausschläge bei 
Kindern wird die äussere Decke defect und die Bacillen linden 
Gelegenheit einzudringen. Sie gelangen zu den Lymphdriisen 
im Nacken, am Halse und Unterkieferwinkel, welche von 
tuberculöser Schwellung befallen werden. Zu den tuberculösen 
Erkrankungen der Haut gehören auch noch der Lupus und 
die Tuberculosis verrucosa cutis. 

Die Aufnahme der Krankheitserreger durch die Schleim¬ 
häute kann im Munde, an der Nase und an den äusseren Geni¬ 
talorganen stattfinden. 

Dass die Tuberculose durch die Verdauungswege ein- 
dringen kann, ist durch viele Fütterungsversuche festgestellt. 
Die Tuberkelbacillen werden dank ihrer festen Hülle von der 
Magensäure nicht zerstört und gelangen in den Darm, wo sie 
festen Fuss fassen. Häufig gehen sie durch die Daunwand und 
bringen in den Mesenterialdrüsen die ersten Veränderungen her¬ 
vor. Bei Kranken kann die Uebertragung auf den Darm durch 
den ausgehusteten und wieder abgeschluckten Auswurf entstehen. 
Gesunde können durch Fleisch und Milch von inficirten Thieren 
erkranken. Die Gefahr einer Infection durch Fleisch ist in- 
dess verhältni8smäs8ig gering, weil dasselbe selten tuberculose 
Veränderungen enthält und gewöhnlich gebraten oder gekocht 
wird, wodurch etwaige Tuberculosekeime der Regel nach zer¬ 
stört werden. Viel gefährlicher ist die Milch, welche sehr 
häufig lebende Tuberkelbacillen enthält. In Berlin wurden bis zu 
50 pCt. aller vom Markte entnommenen Milchproben mit Tuberkel¬ 
bacillen versetzt befunden. 

Da die Milch der Lebenstrank im Säuglingsalter ist, 
kommt gewiss ein grosser Theil der tuberculösen Erkrankungen 
des Verdauungsapparates bei Kindern durch den Milchgennss 
zu Stande. Die Thierärzte haben durch ihre Beobachtungen 
ermittelt, dass durch die Veifütterung von Magermilch aus den 
Sammelmolkereien die Tuberculose unter den Schweinen immer 
weiter an Ausbreitung gewiunt. Das Vorhandensein geringer 
Mengen von Tuberkelbacillen in der Butter hat keine grosse 
Bedeutung, weil Butter nur in kleinen Mengen verzehrt wird und 
das Vorkommnis8 nicht gerade häufig ist. 

Die Aufnahme des Infectionsstoffes durch die Lungen 
erfolgt nach Ansicht der meisten Aerzte mit der inspirirten 
Luft. Nach March and u. A. sollen zuerst gewisse Lyrapli- 
driisen erkranken, in die die Bacillen von der äusseren Haut 
oder von den Schleimhäuten gelangen, sie sollen in den Drüsen 
lange latent bleiben und erst durch einen besondern Anstoss 
auf die den Drüsen benachbarten Theile, besonders auf die 
Lungen übergi eilen. 


In Bezug auf den Infectionsmodus durch die Inspirations- 
luft sollen nach Cornet der mit den getrockneten Auswurf¬ 
stoffen anfgewirbelte Staub ( Stäub che ninfection ) und nach 
Flügge die durch den Husten schwindsüchtiger Menschen mit 
i Bacillen behafteten, fein vertheilten Wassertheilchen der aus¬ 
gehnsteten Athmungsluft (Tröpfcheninfection) die Träger 
und Vermittler des Ansteckungsstoffes sein. Im Flügge’sehen 
Sinne habe Johne schon im Jahre 1889 über die Art und Weise 
der Uebertragung der Tuberculose bei dem Rindvieh darauf auf¬ 
merksam gemacht, „dass die tuberculösen Kühe ihr durch den 
Husten zerstäubtes, infectiöses Sputum in Dunstbläschen der 
Luft fortwährend beimengen und die dicht daneben stehenden 
Kühe dann Jahr ein, Jahr aus in einer inficirten Atmosphäre 
athmen.“ 

Die bacillenhaltigen Tröpfchen können der Athmungsluft 
nur dann beigemengt werden, wenn die Kranken offene Ca- 
vernen besitzen, eine Krankheitsform, die glücklicherweise bei 
einer verhältnissmässig geringen Zahl von Schwindsüchtigen 
vorhanden ist. Tuberculose Rinder sind noch weit seltener mit 
offenen Cavernen behaftet als Menschen. Die Verbreitung der 
Tuberculose unter dem Rindvieh muss demnach gewöhnlich 
noch in anderer Weise vor sich gehen. 

Zum Zustandekommen einer Infection bedarf es der Regel 
nach einer wiederholten Aufnahme von Tuberkelbacillen. Die 
Ansteckungsgefahr wird durch fortgesetzten nahen Verkehr mit 
Kranken vergrössert. 

In engen, übervölkerten Wohnungen verbreiten sich die 
Tuberculosekeime am schnellsten. „Innerhalb der Familien, in 
den Fabriken, Werkstätten und Gefängnissen, unter Menschen, 
die in geschlossenen, schlecht gereinigten und gelüfteten Räumen 
zusammengehäuft leben, arbeiten und schlafen, hält die Tubercu¬ 
lose ihre reichste Ernte.“ 

3. Die Mischinfection bei Tuberculose. 

Dieses Referat hatte Professor R. Pfeiffer übernommen. 
Er betont, dass schon R. Koch in einem Falle von Miliar- 
tuberculose neben den specifischen Bacillen andere Mikro¬ 
organismen. den Mikrokokkus tetragenus, den Bac. pyocyaneus 
und nicht näher definirte Kokken gefunden habe. Um die Fest- 
j Stellung derBacterien in phthisischen Lungen haben sich eineReihe 
von Forschern verdient gemacht, und es hat sich herausgestellt, 
dass sie sich auf verhältnissmässig wenige Arten beschränken. 
In frischen tuberculösen Sputumballen, welche mit sterilem 
W'asser mehrfach abgespült worden sind, werden ausserordent- 
j lieh häufig Streptokokken, seltener Staphylokokken, der Diplo¬ 
kokkus lanceolatus, Bac. pyocyaneus, Bac. Friedländer, Mikro¬ 
kokkus tetragenus nachgewiesen. Ehret und Schütz fanden 
Pseudodiphtheriebacillen und letzterer echte Diphtheriebacillen 
in phthisischen Lungen. Im Sputum kommen gewöhnlich mehrere 
dieser Bacterienspecies gleichzeitig vor. Häufig sind combinirt 
Streptokokken und Staphylokokken, Streptokokken und Bac. 
pyocyaneus oder diphtherieähnliche Stäbchen, endlich Strepto¬ 
kokken und Bac. lanceolatus. Die gleichen Bacterien, allen 
voran die Streptokokken, kommen auch in den Cavernen vor. 
In derselben Lunge können inficirte und rein tuberculöse Höhlen 
nebeneinander existiren. 

Die Erreger der Mischinfectionen stammen entweder aus 
J der Nase, dem Larynx und der Rachenhöhle, oder sie kommen 
j von Menschen, die an bestimmten Krankheiten (Influenza und 
| anderen catarrhalischen Affectionen der Athmungsorgane) leiden. 

I Die hauptsächlichste Erscheinung, welche der pathogenen Wirkung 


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12. April 1900. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


dieser secundären Bacterien im Verlaufe der Tuberculose zu- 
geschrieben wird, ist das charakteristische Fieber der 
Schwindsüchtigen mit seinen Remissionen und Exacerbationen. 
In erster Linie soll das Fieber auf die Streptokokken zurück¬ 
zuführen sein, soda88 Petruschky bei gewissen Formen des 
hektischen Fiebers von einer Streptokokkencurve der Körper¬ 
temperatur gesprochen hat. Der Auswurf von fieberfreien 
Phthisikern ist der Regel nach sehr spärlich und enthält meist 
nur Tuberkelbacillen, dagegen werden in den Fällen, welche 
mit Fieber verbunden sind, copiöse Sputa ausgeworfen, welche 
gewöhnlich enorme Massen von Streptokokken enthalten. 

Mischinfectionen bei der Lungentuberkulose sind unter allen 
[Umständen prognostisch ungünstig zu beurtheilen. Es ist Auf¬ 
gabe des Therapeuten dieselben möglichst zu verhüten. Die 
specifische Behandlung eines Tuberculosefalles darf nicht eher 
beginnen, als bis etwa vorhandene Mischinfectionen beseitigt 
sind. Redner hebt am Schluss seines Vortrages hervor, dass 
auf die rechtzeitige Diagnose von Mischinfectionen mehr Werth 
gelegt werden müsse als bisher, und dass in den Heilanstalten 
die fiebernden von den fieberfreien Phthisikern getrennt werden 
möchten. 

4 . Erblichkeit, Disposition und Immunität. Der 
Vortragende, Geheimrath Löffler, weist zunächst darauf hin, 
dass die Lehre von der Erblichkeit der Tuberculose seit der 
Entdeckung des Tuberkelbacillus durch R. Koch ins Wanken 
gerathen sei. „Sollte die Lehre von der Erblichkeit der Krank¬ 
heit zu Recht bestehen bleiben, so müsste die Vererbung des 
Bacillus erwiesen werden“. 

Dass infectiöse Keime vererbt werden können, lehre die 
Pebrine, eine Krankheit der Seidenraupen, weiter die Syphilis. 
Es sei auch experimentell nachgewiesen, dass die Bacillen des 
Milzbrandes von dem inficirten Mutterthier vereinzelt auf den 
Fötns übergehen. Für eine directe bacilläre Vererbung der 
Tuberculose spreche tuberculose Erkrankung von Organen im 
Kindesalter, welche nicht mit der Aussenwelt. in Verbindung 
stehen. Weiter lasse sich die häufige Entstehung der Tuber¬ 
culose in den Pubertätsjahren unschwer in der Weise erklären, 
dass die im fötalen Leben vererbten und an bestimmten Stellen 
des kindlichen Organismus festgehaltenen und gleichsam ein¬ 
gekapselten Bacillen nach langer Latenz wieder frei werden 
und nun in dem für ihre Entwickelung besonders geeigneten 
Organ, in den Lungen, ihre zerstörende Wirkung ausüben. 

Gegen diese Theorie wurde von anderer Seite angeführt, 
dass die angeborene Tuberculose nicht beobachtet werde. 
Dieselbe entstehe vielmehr durch extrauterine Infection, und zwar 
durch Einathmung der von den Kranken ausgehusteten und 
zerstäubten Bacillen. Uebereinstimmend mit dieser Anschauung 
erweise die Statistik eine von der Geburt bis zum Greisenalter 
zunehmende Häufigkeit der Todesfälle. Die Erscheinung, dass 
ganze Familien Generationen hindurch von der Tuberculose 
decimirt würden, begründe sich darauf, dass die gesund ge¬ 
borenen Kinder im engen Verkehr mit den kranken Eltern an¬ 
gesteckt würden. 

Von den Vertretern beider Anschauungen sind viele ex¬ 
perimentelle Arbeiten, pathologisch-anatomische Untersuchungen 
und klinische Beobachtungen anfgewendet worden, um ihre 
Theorien zu stützen. 

Johne hat den ersten eiuwandsfreien Fall von Tuberculose 
bei einem Kalbsfötus beschrieben. Durch eine grössere Anzahl 
exact untersuchter Fälle von Menschen und Thieren ist jetzt 


175 

einwandsfrei festgestellt, dass die Tuberculose vererbt werden 
kann. Hauser hat das gesammte einschlägige Beobachtungs¬ 
material zusammengestellt und hat daraus die Schlussfolgerung 
gezogen, dass angeborne Tuberculose nur vorkomme, wenn die 
Mutter an schwerster Tuberculose gelitten hat, welche kurz nach 
der Geburt des Kindes zum Tode führt. „Eine erbliche Ueber- 
tragung von Tuberkelbacillen seitens des Vaters ist in keinem 
Falle festgestellt. Die Uebertragung des Tuberkelbacillus erfolgt 
weder durch ein inficirtes Ovulum noch durch ein inficirtes 
Spermatozoon. Niemals hat man bisher in den Ovarien von 
tuberculösen Menschen und Thieren Bacillen nachweisen können. 
Eine mit dem Bacillus inficirte Zelle ist dem Tode verfallen.“ 
Die Früchte werden erst in den spätem Stadien ihrer Ent¬ 
wickelung von der Mutter her durch die Placenta inficirt. 
Daraufhin deutet das häufige Vorkommen tuberculöser Ver¬ 
änderungen in der Leber und den Pfortaderlymphdrüsen bei 
neugeborenen Menschen und Thieren. 

Für die Ausbreitung der Tuberculose hat jedoch die 
bacilläre Heredität eine geringe Bedeutung, denn gewöhnlich 
bringen tuberculös inficirte Mütter Kinder zur Welt in einer 
Periode, in welcher die Krankheit local begrenzt ist und eine 
erbliche Uebertragung der Tuberkelbacillen noch nicht vor¬ 
kommt. 

Die Annahme von dem Vorhandensein einer specifischen 
Disposition für die Tuberculose lässt sich nicht aufrecht 
erhalten, obwohl nicht geleugnet werden kann, dass eine gewisse 
Körperbeschaffenheit, namentlich ein anormaler Ban der Brust¬ 
organe bei der Entstehung der Lungenschwindsucht eine Rolle 
spielt. 

‘ Durch das Thierexperiment ist festgestellt, dass die Menge 
der tjn den Körper eingebrachten Bacillen und ihre Virulenz 
den Verlauf der Krankheit beeinflussen. Vage des hat durch 
Versuche nachgewiesen, dass Bacillen menschlicher Provenienz, 
welche sich bei Thieren als hochvirulent erwiesen, von Tuber¬ 
culös j abstamrate, die einen bösartigen und schnellen Verlauf 
genommen hatte. 

^Eine grosse Bedeutung wird auch einer erworbenen 
individuellen Disposition von vielen Aerzten zugeschrieben. 
Das Ueberstehen gewisser Infektionskrankheiten (Masern, Keuch¬ 
husten, Influenza, Typhus, Syphilis und Malaria) sollen der 
Einwanderung des Bacillus Vorschub leisten. Weiter soll die 
Hälfte aller Diabetiker an Tuberculose zu Grunde gehen. Zur 
grossen Gruppe der erworbenen Dispositionen gehören auch 
Schwächungen durch Excesse in Venere et Baccho, der 
Alkoholismus, körperliche und geistige Ueberanstrengung, Heim¬ 
weh; Einfluss der Gefangenschaft, Einatlnnen giftiger Gase, 
Hungern, Erkältung u. s. w. Es ist nicht sicher erwiesen, dass 
diese schwächenden Momente eine besondere Empfänglichkeit 
für 1 die Tuberculose hervorrufen. Wenn derartig geschwächte 
Individuen einen hohem Procentsatz von Tuberculösen liefern 
als eine gleiche Anzahl völlig gesunder Menschen, so dürfte dies 
darauf zurückzuführen sein, dass erstere eine Existenz führen, 
welche sie einer Infection häufig aussetzt. 

In einem geschwächten Körper nimmt die Krankheit einen 
schnelleren ” und ungünstigeren Verlauf als in dem gesunden. 

Bestimmte körperliche Zustände sollen andererseits eine 
Immimität gegenüber der Tuberculose schaffen. Kvphotisehe und 
Emphysematiker sollen wegen ihres von der Norm abweichenden 
Inspirations-Typus nicht an Lungentubereulose erkranken. 
Ebensowenig Personen, welche an Herzfehlern leiden, die zu 


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17(5 BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 15. 


einer .Stauung des lJlutes iu den Lungen Anlass geben. Reich¬ 
liche Anfiillung der Lungengefässe mit Blut soll die Empfänglich¬ 
keit für Tubereulose verringern, während Blutmangel eine 
Disposition bilden soll. Kohlenarbeitern und Arbeitern in Kalk¬ 
öfen wird eine bestimmte Immunität gegenüber der Tuberculose 
zugeschrieben. 

Die Wiistenbewolmer leiden nicht an Tuberculose, auch 
unter den Hochgebirgsbewohnern ist sie wenig bekannt. Diese 
Erscheinung hängt mit den klimatischen Factoren und mit der 
äusserst geringen Dichtigkeit der Bevölkerung jener Gegenden 
zusammen. 

Tuberculose Processe können heilen; vielleicht ist in diesen 
Heilungsvorgängen eine Art Immunisirung zu erblicken. Im 
Uebrigen ist von einer Immunität gegen Tuberculose nichts bekannt. 

Redner bemerkt in seinem Schlusswort, dass als einziges 
Mittel für die practische Bekämpfung der Tuberculose nur übrig 
bleibe, die Ausstreuung der Bacillen zu verhüten und die nach 
aussen beförderten Keime besonders in Familien sorgsamst. zu 
vernichten. Die beginnenden Fälle sollen in Heilstätten einer 
ärztlichen Behandlung unterworfen, und die vorgeschrittenen 
Phthisiker müssen in Heimstätten verpflegt und aus den Familien 
entfernt werden. 

Klinisches über Aktinoinykose beim Menschen. 

Von 

Prof. Bramann. 

M. «neiL Worli. 

Typisch für Aktinoinykose ist brettharte, ausgedehnte 
Infiltration, unregelmässige Abscesshöhlen mit Fistelgängen, 
kleine gelblich-weisse Körner bei serös-sanguinolentem, flüssigem 
Inhalt, ockergelbe Granulationen. 

Eingangspforten sind: 1. schadhafte Zähne; ohne wesent¬ 
liche Schmerzen entwickelt sich Schwellung am Kiefer; sitzt 
dieselbe vor dem Masseter, so ist sie wenig gefährlich, sitzt 
sie hinter dem Masseter, so entsteht Kieferklemme, und ent¬ 
wickelt sich der Process nach innen, so kriecht er nach der 
Schädelbasis hin. 

2. Tonsillen: Hier zeigt sich Infiltration am Unterkiefer 
und wird nur gefährlich, wenn sie nach der Fossa supraclavi- 
cularis hinabsinkt. 

3. Lunge: Bietet ungünstige Prognose. 

4. Darmtractii8: Selten der Magen, am häufigsten das 
Coecum, öfter das Rectum. Breitet sich der Process retro- 
peritoneal aus, dann ist er chirurgisch nicht mehr zu erreichen. 
Intraperitoneale Erkrankungen bieten bessere Prognose. 1 

Die Therapie sucht chirurgisch alles erkrankte Gewebt zu 
beseitigen. Nur wenn man chirurgisch nicht beikommen kann, 
ist Jodkali zu geben. Jodkali hat keine specifische Wirkung, 
sondern wirkt nur resorbirend auf das entzündlich geschwollene 
Gewebe. 

Zur Kenntnis» der Strahlenpilze. 

Von 0. Lubarsch. 

(ZoitHclir. f Hyeion. u. Infvctionskr.) 

L. schliesst seine Arbeit an Untersuchungen eines seiner 
Schüler, <>. Schulze, an. Schulze fand nämlich, dass nach 
lnjection von Tuberkelbacillen - Cultur verschiedener Virulenz 
direct in die Arterien oder in die einzelnen Organe, namentlich 
Gehirn und Niere, die Mikroben theils als Stäbchen, theils als 
Kolben, die denen der Actinomvcose gleich waren, anftraten. 
Schulze meint, die Actinomycesbildung sei der Ausdruck der 
Ueberwältiguug der Tuberkelbacillen durch die Energie des 


umgebenden Gewebes; während die inneren Theile des Herdes 
schon zu Grunde gegangen seien, hätten die Kolben noch das 
meiste Nährmaterial und könnten da noch ihre letzte Kraft 
entfalten. Anschliessend an diese Untersuchungen stndirte auf 
die gleiche Frage Lubarsch die sogenannten säurefesten Ba¬ 
cillen, zu denen, neben dem Tuberkelbacillus, die Gras- nnd 
Mistbacillen gehören, ferner einige Streptothrix - Arten, den 
Bacillus von Rotz und Diphtherie. Er fand, dass die Actino- 
mycesform, welche man früher als characteristisch für einen 
bestimmten Krankheitserreger ansah, weit verbreitet ist und 
bei der ganzen Gruppe der Tuberculosebacillen, den alcohol- 
und säurefesten Pseudotuberculosepilzen nnd bei Streptothrix 
vorkomme, dass sie fehle bei Rotz und Diphtherie. Die Keulen¬ 
form stellt keine Degenerations-, sondern eine Hemmungsmiss¬ 
bildung vor. Alle diese Pilze stellt L. in eine Gruppe zu¬ 
sammen, welche zwischen den Bacterien und den Hvphomyceten 
steht. Da die zu dieser grösseren Gruppe gehörenden Diphtherie- 
und Rotzbacillen keine Kolben bilden, so hält er es für richtig, 
die ganze Gruppe als Striptotricheen zu bezeichnen und in ihr 
eine Unterabtheilung, die Strahlenpilze, zu bilden. 

Ueber das Schumburg’sche Verfahren der 
Wasserreinigung 

von A. Pfuhl. 

(Zi-itHclirlft f. Hyificn. «. lufcctionskr. 33 Htl. I. Heft l'.HK),. 

Schumburg hat ein Verfahren angegeben, welches er¬ 
möglicht, solches Wasser, welches mit Krankheitskeimen irgend 
welcher Art verunreinigt ist, in kürzester Zeit von diesen 
gesundheitsschädlichen Beimengungen derart zu befreien, dass 
weder Aussehen noch Geschmack darunter leiden. — Schumburgs 
Verfahren beruht im Wesentlichen darauf, dass sämmtliche 
Wasserbacterien und die im Wasser nachgewiesenen Keime in 
5 Minuten durch Bromwasser abgetödtet werden. Durch Zusatz 
von Ammoniak wird nach abermals 5 Minuten das Bromwasser 
unschädlich gemacht und ein klares und geschmackfreies Wasser 
gewonnen. 

Man verwendet eine Brombromkalilösung 20:20: 1(X): 
0.2 ccm dieser Lösung genügen um in der oben genannten Zeit 
1 Liter Spreewasser bis auf wenige unschädliche Bacterienarten 
zu sterilisiren. Zur Entfernung der 0,2 ccm Bromlösnng ist 
ebensoviel 9% Ammoniaklösung erforderlich. — Es lassen sich 
also mit 1 Kg Brom 1»>000 Liter Wasser sterilisiren. 

Pfuhl hat dieses Verfahren im dienstlichen Aufträge iu 
der hygienisch-chemischen Untersuchungsstation des X. Armee- 
Corps im Juli 1897 nachgeprüft und ein sehr günstiges 
Resultat erzielt. — Bei diesen Versuchen wurde Leitungswasser, 
Wasser aus dem Ihmefluss, dem Leinefluss, ferner Teichwasser etc. 
verwendet, des weiteren wurden Choleravibrionen, Typhusbacillen 
und Stophylococcus pyogenes aureus zugesetzt. Die Experimente 
wurden in folgender Art angestellt, ln 5 nicht sterilisirte 
Glasstandgefässe wurde je ein Liter der zu unter¬ 
suchenden Wasserart gebracht: 2 von ihnen erhielten einen 
Zusatz von 24 ev. 48 Stunden t'hnlerapeptonwassercultnren nnd 
Typhusbouillonculturen. Von den letzten Wasserproben und 
einer dritten, ohne Zusatz, wurde 1 ccm zur Controle entnommen, 
in verflüssigte Gelatine gebracht und iu Petrischalen bei 20° in 
den Brütschrank gestellt. In dem 4. und 5. Standgefäss wurden 
die Lösungen hergestellt. 10 ccm Bromlösung wurden alsdann 
den ersten drei Standgefässen unter Umrühren zugesetzt. Nach 
5 Minuten wurde dann durch die 2. Lösung das Brom neu- 


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12. April 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 177 


tralisirt; — nach weiteren 2 Minuten begann die Aussaat, wie 
bei den (’ontrolen. Aus den Ul Versuchen und 53 (’ontrol- 
versnchen haben sich folgende Schlussergebnisse ziehen lassen: 

Zur völligen Sterilisirung muss das Gemisch sorgfältig um ge¬ 
rührt werden. Die Auflösung des Neutialislrungswassers dar! 
nur in einwandfreiem Wasser geschehen, der Geschmack des 
nach Schumburg behandelten Wassers ist weniger frisch und 
leicht laugenartig, dasselbe kann bei dem äusserst geringen 
Bromgehalt längere Zeit ohne Störung des Allgemeinbetindens 
genossen werden. Dies Schumburg’sche Verfahren ist von der 
grössten Bedeutung für Wasserversorgung von einquartirten 
und biwakirenden Truppen, ferner für die Wassersterilisirung in 
den Tropen bei Expeditionen, bei der Füllung der Wassertanks 
der Schiffe in verseuchten Häfen etc. J. - 

Therapeutische Notizen. 

Carboltlure gegen Tetanus. 

I)r. F. Woods - Philadelphia berichtet, dass er bei den 
vielen Fällen von Tetanus, die er nach verschiedenen Methoden 
behandelt hatte, nur eine Heilung erzielte, und zwar durch 
Anwendung der C'arbolsäure in grossen Dosen. Er ver¬ 
wendet dieselbe zunächst in Form hypodermatischer lnjeetion 
einer 10% Carbollösung an. zunächst 10 Tropfen, nach einer 
Viertelstunde 20, nach einer weiteren Viertelstunde 30 Tropfen, 
mit dieser Dosis wird in %—2stiindlichen Pansen fortgefahren, 
bis Patient wieder schlucken kann, was in dem beschriebenen 
Falle im Verlaufe des zweiten Tages eintrat. Von da ab 
wurde die Lösung in der Dosis von 3—5 g mit Glycerin zunächst 
dreistündlich, dann in allmälig abnehmender Menge und Frequenz 
weiter gegeben. Diese Heilwirkung der Carbolsäure wird durch 
eine weitere Beobachtung von C’nx bei einem an Tetanus er¬ 
krankten Pferde bestätigt. 

Rotzimpfungen zu diagnostischen Zweoken. 

Im Centralbl. f. Bakt. hat der Thierarzt Prettner in Prag 
die sog. Strauss’sche Methode, d. h. die intraperitoneale Ver¬ 
impfung von Rotzbazillen an Meerschweinchen als die zuver¬ 
lässigste und als das beste diagnostische Mittel bezeichnet. Dem 
gegenüber weist Tröster darauf hin, dass man mit der 6iib- 
cutanen Impfung die Aufklärung über den Gehalt des Impfstoffes 
an Rotzbazillen am sichersten erreicht, wobei es gleichgiltig ist, 
ob das Impfmeerschweinchen männlich oder weiblich ist, da in 
einem Falle die Testikel, im andern die Vulva anschwellen. 
Diese Schwellung ist nicht entscheidend. Entscheidend ist 
immer die Section des Thieres, die unter allen Umständen 
rotzige Herde in der Milz und fast ebenso sicher in den Lungen 
ergiebt. Diese Befunde hat T. an hunderten von geimpften 
Meerschweinchen gesehen. Man impfe jedoch immer mehrere 
Meerschweinchen. 

Argentum coKoidale Crettö zur Feststellung dos Rotzes. . 

Baldoni hat behauptet, dass nach lnjeetion von Argentum 
colloidale eine typische Fieberreaction einträte. Die Versuche 
an 7 Pferden in der Armee haben, nach der Ztschr. f. Vet.,' dies 
nicht bestätigt. Professor Dieckerhoff hatte das Argentum 
colloidale in anderer Weise als verwendbar zur Feststellung 
der Rotzkrankheit bezeichnet, indem bei rotzigen Pferden nach 
der intravenösen lnjeetion die rotzigen Erscheinungen alsbald 
stärker auftreten sollten. Die hierüber in der Armee an- 
gestellten wenigen Versuche, nämlich drei, sprechen weder für 
noch gegen diese Behauptung. Andererseits ist ein Fall be- 
merkenswerth, in dem das Argentum colloidale insofern zur Be¬ 


seitigung eines Verdachts beitrug, als eine Lymphangitis mit 
schleppendem Verlauf, mangelnder Heiltendenz und Neigung zur 
Abscessbildung durch lnjeetion von 1 g Argentum colloidale mit 
Wiederholung nach 2 Tagen vollkommen geheilt wurde. 

Heilung der Alopecle. 

Heilung der Alopecie hat Balz er (Sera, med.) nach Ein¬ 
reibung der haarlosen Stellen mit Acid. lacticura in 30 procentiger 
Lösung gesehen. Die Behandlung wird täglich so lange fort¬ 
gesetzt, bis die Haut sich entzündet, dann wird einige Tage 
pausirt, um mit dem Nachlassen der Entzündungserscheinungen 
die Einreibungen fortzusetzen. Verfasser hat oft schon nach 
3 Wochen frisches Haarwachsthum beobachtet. 

Chrysarabin als Speoifioum gegen Warzen. 

Fitz empfiehlt die Hautwarzen, nach Abtragung der oberen 
Schichten mit einem Messer, Glas oder Sandpapier bis 
Blutung eintritt, abends mit einer 10 procentigen Chrysarobin- 
Collodium - oder Aetherlösnng einzupinseln. Nach ein- bis 
höchstens dreiwöchentlicher Behandlung tritt Heilung ohne 
Narbenbildung ein. Hühneraugen werden durch diese Procednr 
nicht beeinflusst. 

Tagesgeschichte. 

Real-Gymnasial-Abiturlenten. 

Nach Zeitungsmeldungen soll das prenssische Staats¬ 
ministerium die Zulassung der Real-Gyinnasial-Abiturienten zum 
Studium der Medicin beschlossen haben. 

Vom thierärztlichen Standpunkt aus kann man diesen Be¬ 
schluss nur mit Freuden begriissen. Denn wir haben niemals 
verkannt, dass wir zum thierärztlichen Studium die Zulassung 
der Real-Gymnasial-Abiturienten empfehlen mussten. Es würde 
dadurch event. auch bei Einführung des Abiturientenexamens wieder 
noch ein — w r enn auch nicht erheblicher — Unterschied in der Vor¬ 
bildung zwischen Medicinern und Veterinärmedicinern entstanden 
sein, der nach dem oben genannten Beschluss nun nicht eintritt. 

Dies ist für uns recht wesentlich, denn wir können nun 
unseren Wunsch klarer, als bisher, präcisiren. Befriedigen kann 
uns | nur, wenn für die Thiermedicin dieselbe Vorbildung, wie 
für die Medicin überhaupt festgesetzt wird. Das blosse Wort 
..Abiturientenexamen“ ist etwas dehnungsfähig, sowohl bei uns als 
im -Anslande. Es darf natürlich kein Zweifel daran aufkommen, 
dass die Zulassung der Abiturienten von Oberrealschulen und 
anderen unter die Real-Gymnasien herabgehenden Anstalten zum 
Studium der Thiermedicin unthunlich und eine dauernd schlechte 
Lösung der Frage sein würde. Wir haben daher auch überall 
ausdrücklich hinzugefügt: Wir wollen Abiturienten von 
humanistischen oder Real-Gymnasien. Jetzt können wir einfach 
sagqn: Wir wollen als Mediciner betrachtet werden. 

Neue Hochschulen in Norwegen. 

Wie schon früher der Thierärztlichen Wochenschrift mit- 
getheilt, ist dem Storthing der Entwurf für eine Thierärztliche 
Hochschule eingereicht worden. — Der Director des hiesigen 
Veterinärlaboratoriums, Dr. Malm, mit dem ich mich persönlich 
in Verbindung setzte, unterrichtete mich von den Hauptschwierig¬ 
keiten, die den glatten Verlauf der Verhandlungen verzögern. 

Zwei Fragen sind es, deren Lösung starke Meinungs¬ 
verschiedenheiten hervorrufen. Die eine ist die: Welche Vor¬ 
bildung soll von den Studirenden der Thierärztlichen Hoch¬ 
schule verlangt werden? - also dieselbe Frage, die auch in 
Deutschland noch nicht gelöst worden ist. 


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178 BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 15. 


Schweden verlangt Abiturium zur Aufnahme in die Thier- 
ärztliche Hochschule. Es läge also nahe, dies auch für nor¬ 
wegische Verhältnisse einzuführen. Dagegen opponiren aber 
die Landwirthe. Sie verlangen als Aufnahmebedingungen, dass 
der Aspirant das 11». Lebensjahr vollendet, eine kleinere land¬ 
wirtschaftliche Bildungsschule absolvirt hat und Sprach- 
kenntnisse wie sie bei dem s. g. Mittelschulexumen (entsprechend 
•1. Gymnasialklassen) verlangt werden. 

Unter diesen Sprachen ist deutsch obligatorisch. 

Die zweite Frage, die augenblicklich lebhaft debattirt wird, 
ist die: 

Wo soll die Veterinärhochschule liegen? Dieselbe Schwierig¬ 
keit, die hier vorliegt, hemmt auch die Entwickelung des Planes 
der neuen Technischen Hochschule. 

Die Storthingsmajorität hat sich gegen das Centralisations- 
system erklärt, dass in Christiania allein das Kulturcentrum 
Norwegens erblicken will. Sie hält es für ungesund, ein Land 
um einer einzigen Stadt willen förmlich auszusangen, und will 
die neuen Hochschulen in Drontheim errichten. Dagegen 
sprechen jedoch alle praktischen Gründe. Die sämmtlichen 
Fachvereine sind empört über die Möglichkeit, die Hochschulen 
«anderswo als in Christiania zu erbauen. Verschiedene deutsche 
Autoritäten, die sich mit Interesse an den Debatten in der 
Presse betheiligt haben, stimmen dem Standpunkt der Letzteren bei. 

Schon allein wegen der nothwendigen steten Berührung mit der 
Praxis, äussert ein deutscher Fachmann sich in „Teknisk Uge¬ 
blad“, muss eine Technische Hochschule im Centrum der In¬ 
dustrie, der Fabriken und des Eisenbahnverkehrs liegen. „Die 
tüchtigsten Lehrer der deutschen Hochschulen sind stets zu¬ 
gleich die tüchtigsten Fachleute.“ — Für diese fruchtbringende 
Doppelwirksamkeit wird Christiania mit seiner lebendigen In¬ 
dustrie und Bauwirksamkeit der best geeignete Ort sein. 

Ein anderer wichtiger Punkt ist, nach den Erfahrungen der 
deutschen Autoritäten: die stete Berührung mit dem Auslande. 
Alle Wissenschaften sind international. Norwegens Hochschulen 
können und dürfen sich nicht isoliren. Und für diesen regen 
Verkehr mit andern Ländern und deren Wissenschaftscentren 
ist eben wieder Christiania der richtige Ausgangspunkt, und 
nicht eine Stadt von der Lage Drontheims. 

Von abschliessender Bedeutung sei jedoch die Frequentirung. 

Die grossen inneren Mängel, die wie oben erwähnt, eine 
Hochschule in Drontheim haben würde, sowohl wie die nördliche 
Lage würden daher die Lebensfähigkeit einer solchen Anstalt 
unterbinden. Die meisten Studirenden im südlichen Norwegen, 
die jetzt ausländische Universitäten besuchen, würden zweifellos 
nach wie vor nach dem Anslande gehen, anstatt in eine nonv. 
Provinzstadt hoch im Norden. 

Die nächsten Wochen werden die Entscheidung über diese 
Fragen bringen, die auch für Deutschland von Interesse sind, 
als bis jetzt alle jungen Techniker ihre Ausbildung an deutschen 
Hochschulen suchen mussten. M. . . . 

Personalien. 

Meiningen. 

Dem Lamlt sthierarzt, Medicinalassessor Dr. Vaerst, ist 
Titel und Rang*) eines Hofrathes verliehen worden. Dieser Titel 
bedeutet in Meiningen eine recht seltene Auszeichnung, deren 
sich z. Z. nur drei Personen im Herzogthum erfreuen. Die 

*) Der damit verbundene Rang entspricht dem preussischen 
Regierungsrath. 


Verleihung an den noch in verhältnissmässig jungen Jahren 
befindlichen Landesthierarzt kennzeichnet daher die «Stellung, 
welche derselbe in Meiningen zu schaffen gewusst hat, als eine 
vorzügliche, was auch im .Standesinteresse freudig begriisst 
werden muss. 

Sanitätsthierärzte. 

Es ist von allgemeinem Interesse, wie in den einzelnen 
Städten auf Veranlassung des neuen Commnnalbeamtengesetzes 
die Stellung der Schlachthofthierärzte geregelt wird. Hierzu 
liegen zwei neue Fälle vor. 

In Hanau ist der Schlachthof als Wohlfahrtseinrichtung er¬ 
klärt worden (Sehr richtig!). Alle Beamten sind daher auf 
Lebenszeit mit Pensionsberechtigung angestellt worden. Thier¬ 
arzt Becker wurde als Director in die I. Klasse der Gemeinde¬ 
beamten eingereiht unter Anrechnung der bisherigen zehn¬ 
jährigen Dienstzeit. Der Stadtrath zu Frankenberg i. S. hat 
ebenfalls den dortigen Polizeithierarzt Richter als Schlacht¬ 
hofleiter mit 3600 M. pensionsberechtigten Gehalt angestellt; 
dabei ist bemerkenswerth, dass Frankenberg nur 12 000 Ein¬ 
wohner hat. 

Verein praotleoher Thierirzte zu Berlin. 

Sitzung am Sonnabend, den 7. April 1900, 
Tagesordnung: 

I. Vereinsangelegenheiten. 

Bericht der Commission betr. Erwerbung der Rechts¬ 
fähigkeit des Vereins und Statuten-Aenderung. 

II. Vorträge, a) Herr College Rietzei: Rückblick auf die 
Geschichte des Vereins im verflossenen Jahrhundert, b) Herr 
Professor Dr. Eberlein: Ueber den Beschlag mit Taueisen 
(System Gerlach). 

III. Mittheilungen aus der Praxis. 

Seuchenstatistik und Yeterinfirpolizei. 


Influenza*) unter den Pferden der preusslsofaen Civilfeevülkerang 
in Jahre 1899. 

In den einzelnen Monaten waren von der Seuche befallen: 



Kreise. 62, 58 53 53 86 28 32 31 24 20 1 38 38 

Gemeinden (Gutsbez.) 103|111 92 83 i 54 46 52 41 28 25 ! 56 53 
Gehöfte ..... 2061192 141 130 78 66 77 62 46 65 ,128 137 


Die Verluste betrugen in den Regierungsbezirken Königs¬ 
berg 61, Gumbinnen 16, Danzig 7, Marienwerder 20, Berlin 46, 
Potsdam 17, Frankfurt a. 0. 6, Stettin 10, Köslin 2, Stralsund 3, 
Posen 98, Bromberg 2, Breslau 21, Oppeln 1, Magdeburg 2, 
Merseburg 20, Schleswig 27, Hannover 1, Hildesheim 7, Stade 2, 
Minden 5, Cassel 3, Wiesbaden, Köln und Hohenzollern- 
Sigmaringen je 1, zusammen 380 Pferde. 

Influenza*) unter den Pferden der preuaalsohen Heeresverwaltung 
im Jahre 1899. 

a) Unter den Truppenpferden: Die Zahl der be¬ 
troffenen Garnisonen und Kasernements (letztere eingeklammert) 
betrug im Monat Januar 27 (46), Februar 21 (34), März 21 (31), 
April 15 (20), Mai 17 (22), Juni 10 (10), Juli 6 (7), August 
9 (10), September 8 (10), October 12 (17), November 25 (32), 

*) Die Statistik führt unter „Influenza“ fast ausschliesslich Fälle 
von BruBtseuche auf, Scalma und Pferdestaupe sind vereinzelt ge¬ 
blieben. 


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12. April 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


179 


Dezember 25 (32). Der Gesammtverlust ist auf 51 Pferde an¬ 
gegeben, wovon auf das II. und VI. Armeecorps je 9 Todesfälle 
kommen. 

b) Unter den Pferden der Remontedepots: Die Zahl 
der betroffenen Depots betrug im Ganzen 11, wobei die Seuche 
im IV. Quartal weitaus die grösste Ausdehnung hatte. Es 
fielen zusammen 32 Pferde, davon 14 im R.-B. Bromberg. 

Schutzimpfungen gegen Tollwuth. 

Im Berliner Institut für Schutzimpfungen gegen Tollwuth 
haben im Jahre 1899 384 Personen, die von tollwuthverdächtigen 
Hunden oder Katzen gebissen wurden. Hilfe nachgesucht; von 
ihnen sind 6 Personen gestorben. Unter den Verstorbenen be¬ 
finden sich drei Männer, die zu spät, nämlich nach bereits er¬ 
folgtem Ausbruch der Wnthkrankheit, Aufnahme nachsuchten, 
und ein Mädchen, das eine besonders schwere, tiefgehende Wunde 
am Oberschenkel erlitten hatte. Zwei Kinder endlich starben 
in Folge anderweitig hinzugetretener Krankheiten. 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen etc. 

In Mainz ist die Seuche am 27. März ansgebrochen und 
am 29. März erloschen. Aus Nürnberg vom 27. März und aus 
München vom 2. April ist Ausbruch und gleichzeitiges Erlöschen 
gemeldet. Ebenso ist ein Ausbruch zu Magdeburg vom 5. April 
am 7. er. wieder erloschen. Dagegen ist die Seuche zu Dresden 
unter Ueberstände - Schweinen am 5. April ausgebrochen, am 
7. erloschen und am 9. April unter Rindern von neuem aus¬ 
gebrochen. 

Thieraeuohen im Auslande. 

IV. Quartal 1899. 

Belgien.- 

Zahl der Krankheitsfälle: Milzbrand Oktober 28, November 

12, Dezember 30; Rauschbrand 34, bezw. 25, bezw. 16: Wuth 

13, bezw. 20, bezw. 29, (ausserdem wurden im Ganzen 99 Hunde 
und 3 Katzen als verdächtig getödtet); Rotz (Wurm) 8, 
(worunter 1 Esel) bezw. 7, bezw. 5 Pferde, ausserdem wurden 
in Schlachthäusern 54 Pferde als rotzkrank erkannt, von denen 
28 aus England stammten); Maul- und Klauenseuche 470, bezw. 
296, bezw. 124. 

Niederlande. 

Die nach den einzelnen Monaten zusammengestellten Krank¬ 
heitsfälle betrugen bei Milzbrand 19 bezw. 21 bezw. 24; Rotz 
( Wurm) 6 bezw. 1 bezw. 7; Maul- und Klauenseuche 7418 
bezw. 4630 bezw*. 2608: Räude der Einhufer und Schafe 751 
bezw. 342 bezw. 303; Schweinerothlauf (incl* Schweinesenche) 99 
bezw. 48 bezw. 53 und bei bösartiger Klauenseuche der Schafe 59 
bezw. 23 bezw. 13. 

Schweden. 

Die Zahl der neu verseuchten Ställe betrug in den Berichts¬ 
monaten: Milzbrand 12 bezw. 16 bezw. 5; Rauschbrand 6 bezw. 
6 bezw. 2. 

Norwegen. 

Anzahl der Krankheitsfälle: Milzbrand October 22, 
November 16, December 18; bösartiges Catarrhalfieber 14 bezw. 
8 bezw. 17;'Schweinerothlauf 96 bezw. 100 bezw. 47; Rausch¬ 
brand 5 bezw. 4 bezw. 1; Bradsot 5 bezw. 14 bezw. 10. 

Schweiz. 

Die Zahl der Erkrankungsfälle betrug: an Milzbrand im 
October 24, November 12, Dezember 14; an Rauschbrand 81, 
bezw. 25, bezw. 15; an Wuth 1, bezw. —, bezw. —; an Rotz 1, 


bezw. 9, bezw’. 10; an Maul- und Klauenseuche 1793, bezw. 
5596, bezw. 5198; an Rothlauf der Schweine incl. Schweine¬ 
seuche 152, bezw. 233, bezw. 135; au Schafpocken im 
Dezember 282. 

Schweiz 1899. 

An Rauschbrand gingen verloren 820 Thiere, davon 269 im 
Canton Bern, 139 in Freiburg, 118 in Waadt, während die 
Verluste der übrigen Oantone die Zahl 75 nicht überschritten. 
Der Verlust an Milzbrand betrug 324 Stück, wobei ebenfalls 
die Cantone Waadt und Bern mit 108 bezw. 91 Fällen am 
stärksten betheiligt w'aren. Der Rotz wurde bei 95 Pferden 
constatirt. es w’aren hiervon Waadt mit 56 und Granbünden 
mit 23 Fällen am meisten betroffen. Tollwuth kam hei 2 Thieren 
vor. Die Stückzahl der von Maul- und Klauenseuche betroffenen 
Thiere betrug 30067 kranke und ansteckungsverdächtige beim 
Grossvieh und 7693 heim Kleinvieh; gefallen sind daran im 
Ganzen 544 Stück. An Rothlauf und Schweineseuche sind 
2232 Schweine verendet bezw. getödtet. Mit Räude waren 
337 Thiere verseucht bezw. der Ansteckung verdächtig. 

Die Staatskosten für die Maul- und Klaueneeuche in der Schweiz. 

Die durch das Herrschen der Maul- und Klauenseuche im 
Jahre 1899 verursachten Kosten belaufen sich auf 30000 Fr. 
Von diesen sind 15279 Fr. als Entschädigung an die im Seuchen¬ 
dienst beschäftigten Thierärzte ausgerichtet worden. Neben den 
beamteten mussten noch andere Thierärzte herangezogen werden, 
um regelmässig die Viehbestände in den verseuchten Bezirken 
zu untersuchen. Die übrigen Kosten wurden verursacht durch 
die Stationirung von Polizeibeamten in den gesperrten Ort¬ 
schaften zur Ueberwachung der den Besitzern der verseuchten 
Bestände auferlegten Vorschriften. Die Stationirung von Polizei¬ 
beamten in den wegen der Seuche gesperrten Ortschaften, sowie 
die thierärztliche regelmässige Controle der Viehbestände in den 
gesperrten Bezirken haben zur Einschränkung der Maul- und 
Klauenseuche und meist auch zum baldigen Erlöschen der Seuche 
wesentlich beigetragen. 

Viehversicherung. 

Die Rheinische Vieh-Versicherungs-Gesellschaft zu Köln, 
welche am 5. April 1875 vom Königl. Preuss. Ministerium für 
Laniwirthschaft etc. concessionirt worden, blickt nunmehr auf 
eine 25jährige Thätigkeit zurück. 

Während ihres 25jährigen Bestehens hat die Rheinische 
Gesellschaft im Ganzen für M. 229981460,— Viehwerthe ver¬ 
sichert gehabt und über 13000 Schäden mit M. 3772184,— Ent¬ 
schädigung regulirt. Es spricht für die Gesellschaft, dass sie 
während ihres 25jährigen Bestehens im Ganzen nur 26 Schaden¬ 
prozesse hatte. Die Gesellschaft wird denn auch vom Land- 
wirthschaftlichen Verein für Rheinpreussen und vielen anderen 
landwirthschaftlichen Vereinen und Behörden warm empfohlen 
und u. A. 38 Zucht- und landwirthschaftliche Vereine haben 
z. Z. ihre Viehbestände bei der Rheinischen Gesellschaft ver¬ 
sichert. In Anerkennung seiner treuen Dienste wurde dem 
Director A. Jaeger vom Verwaltungsrath der Titel „General- 
director“ verliehen. Platli, Thierarzt. 


Landespolizeiliche Anordnung (betr. Maul- und Klauenseuche). 

Auf Grund der §§. 19 und 27 Absatz 2 des Reichsgesetzes 
23. Juni 1880 , „ , , , TT x j .. , 

vom j ~MäFT894 ’ ^ etre “ en ^ < * ie Abwehr und Unterdrückung 

von Viehseuchen, sowie auf Grund ertheilter Ermächtigung des 
Herrn Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, 
wird zur Durchführung einer wirksamen Absonderung der an 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 15. 


180 


Maul- und Klauenseuche erkrankten und dieser Seuche verdäch¬ 
tigen Thiere für den Umfang des Regierungsbezirks Cassel 
Folgendes angeordnet: 

1. Das Betreten von Stallungen oder Weiden, in welchen 
an Maul- und Klauenseuche erkranktes oder dieser Krankheit 
verdächtiges Vieh sich befindet, ist anderen Personen, als dem 
Besitzer, dem zur Wartung bestimmten Personale und den Thier¬ 
ärzten, nur nach zuvor eingeholter Erlaubniss der Ortspolizei¬ 
behörde und des Stall- (Weiden-) Besitzers gestattet. 

2. Personen, die verseuchte Stallungen oder Weiden be¬ 
treten haben, dürfen während einer dreitägigen Frist andere 
Stallungen und Weiden nicht betreten, ausser, wenn sie sich 
nachgewiesenerraassen zuvor einer gründlichen Reinigung und 
Desinfection unterworfen oder die Kleider und das Schuhzeug 
gewechselt haben. 


Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Anordnung werden 
auf Grund der §§ 66 und 67 des Reichsgesetzes vom 
23. Juni 1880 , 

~ 1 —Mai - 1894 bestraft, wenn nicht nach § 328 R. St. G. B. 


eine härtere Strafe verwirkt ist. 

Diese Anordnung tritt mit dem Tage der Bekanntmachung 
in Kraft. 

Cassel, den 26. März 1900. 

Der Regierungs-Präsident. 

J.: A. IIT No. 2660. Cassel, den 26. März 1900. 

Abschrift vorstehender landespolizeilicher Anordnung zub 
Kenntniss und möglichsten Verbreitung unter der ländlichen Be¬ 
völkerung. 

Die nach No. 2 der Anordnung geforderte Reinigung und 
Desinfection wird etwa in folgender Weise vorzunehmen sein: 

1. Reinigung. 

Diese muss der eigentlichen Desinfection vorangehen. Die 
Reinigung kann geschehen: a) mittelst kalten Wassers, in¬ 
dem Schuhwerk und von Dünger etwa beschmutzte Kleidungs¬ 
stücke gründlich abgebürstet werden; b) oder, wo käufliches 
Waschsoda vorhanden ist, mittelst Sodalauge (‘i Pfund Soda 
auf ca. 5 Liter Wasser). Hände sind in warmem Wasser mit 
Seife zu säubern. 

- 2. Desinfection. 

Nach der Reinigung sind Schuhwerk, Hände und etwa be¬ 
schmutzte Kleidungsstücke, — sowie auch Instrumente — zu 
desinficiren mittelst a) öprocentiger Carboisäurelösung. 
(1 Theil verflüssigte Carbolsäure (Acidum carbolicum lique- 
factum des Arzneibuches) wird in 18 Theilen Wasser gelöst, 
b) oder mittelst Cresolwasser. (1 Theil Cresolseifenlösung 
[Liquor Cresoli saponatus des Arzneibuches] und 9 Theile Wasser). 

Für Thierärzte empfiehlt sich bei der Thätigkeit. in Seuchen¬ 
ställen das Tragen von Gummischuhen und -Mänteln, oder Gummi¬ 
ärmeln, welche jederzeit leicht gewaschen und desinficirt werden 
können. 

Mit der Anordnung soll in erster Linie die Seuchen¬ 
verschleppung durch die Viehhändler, welche die Ställe der 
kleinen ländlichen Besitzer aufsuchen, bekämpft werden. 

gez. v. Trott zu Solz. 

An die Herren Kreisthierärzte des Bezirks. (Durch den 
Herrn Polizei-Präsidenten und die Herren Landräthe.) 


Abgeänderte Verfügungen. 

Im R.-B. Düsseldorf ist die landespolizeiliche Anordnung 
vom 2. Mai 1896 betr. Maul- und Klauenseuche dahin ab¬ 
geändert, dass überwachung8pflichtige8 Rindvieh erst dann weiter 
verkauft werden darf, wenn nach der Einstellung entweder 
7 Tage verstrichen und danach die Gesundheit durch tier¬ 
ärztliche Untersuchung festgestellt wird oder wenn (ohne Unter¬ 
suchung) 3 Wochen vergangen sind. 

Im R.-B. Breslau ist die landespolizeiliche Anordnung vom 
November 1899 unterm 3. April 1900 mit der Massgabe 
wieder in Kraft gesetzt worden, dass alle in den Regierungs¬ 
bezirk Breslau aus anderen nicht seuchenfreien Provinzen ein¬ 
geführten Schweinen einer polizeilichen Beobachtung' von 
7 T agen unterliegen. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Der Medizinalassessor Dr. Vaerst-Meiningen 
ist zum Hofrath, der Thierarzt Dr. M. Schlegel zu Freiburg 
zum Professor extraord. und Director des thierhygienischen Instituts 
an der Universität daselbst ernannt worden. Dem Ober-Rossarzt 
Hartleb beim Remonte-Depot Arendsee und dem charakterisirten 
Oberrossarzt Stott in eiste r beim Remonte-Depot Wirsitz ist der 
Königliche Kronen-Orden vierter Klasse verliehen worden. 

Ernennungen etc.: Gewählt: Thierarzt Ad. Assmann (1900) 
zum Schlachthofthierarzt in Chemnitz, Thierarzt Dr. F. Rink, seit¬ 
her in Osnabrück, zum Hilfsthierarzt in Hamburg, Thierarzt 
J. Westphale (Celle) zum Schlachthofinspector in Lemgo. 

Approbationen: ln Berlin: Herr Carl von Sande. 

Wohnsitzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die Thier- 
! ärzte dir. Fackler von München nach Püttlingen, Aug. Böckel 
von Pencnn nach Gartz a. 0. als Nachfolger des verstorbenen 
I Thierarzt Scholz, Tnierarzt Stöhr von Pritzerbe nach Misdroy, 
j Thierarzt F. Woltmann als Einj.-frw. nach Hannover. 


i Vacanzen. 

Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
j R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich Kreiszuschuss). 
i Gesuche an den Regierungspräsidenten. 

b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Cöslin: Stolp (Nord). — R.-B. 
Köln: Rheinbach. — R.-B. Schleswig: Eiderstedt. 

Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Graudenz: Suhlachthofassistenzthierarzt zum 1. Mai (4 wöchentliche 
Kündigung. 1800 M., Wohnung etc. Keine Praxis) Bewerbungen 
an den Director. — Königswartha i. Sachs.: Thierarzt für 
Fleischbeschau. (Ausser den Gebühren 900 M., Praxis.) Meid, bis 
■' Ende April an den Gemeindevorstand. — Plauen i. V.: Assistenz- 
L thierarzt am. Schlachthof zum 1. Juni (2100 M.: vierteljährl. 

; Kündigung). Meid, an den Director. — Pössneck: Thierarzt für 
Fleischbeschau (1200 M. und ca. 700 M. aus der Trichinenschau). 
Bewerb, bis l.Mai an den Magistrat. — Schivelbein: Thierarzt für 
Fleischschau (ca. 2400—3000 M.; Praxis gestattet). Meid, beim 
Magistrat. — Wetter (Ruhr): Thierarzt für Fleischbeschau. (1800 M. 
Praxis). Meid, bis 15. April an das Amt. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Augsburg: Sclilachthausdirector. — Bromberg: Schlachthof¬ 
assistenzthierarzt — Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt. — 
Eberswalde: Schlachthofinspector. — Fi leb ne: Schlachthof¬ 
inspector. — Freiberg i. Sachs.: Thierarzt für Fleischschau etc. 

— Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Köln: Oberthierarzt 
am Schlacht- u. Viehhof. —Liegnitz: Schlachthofassistenzthierarzt. 

— Markneukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh- u. Fleischbeschau. 

— Mülhausen (Eisass): Schlachthofverwalter. — Spremberg: 
Schlachthofinspector. — Thorn: 2. Schlachthofthierarzt. — Wanne: 
Schlachthofvorsteher. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau 
(Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt zum 1. Mai 
(2400 M., Privatpraxis gestattet). Meldungen mit Zeugnissen etc. bis 
Ende März an den Amtmann. — Lauensten i. Sachs.: Thierarzt 
für Fleiscbschau und Praxis (Beihilfe aus Staats- und Gemeinde¬ 
mitteln). Bewerbungen bis 15. April an den Stadtgemeinderath.^— 
Mengeringhausen (Waldeck): Thierarzt. — Mügeln (Bez. Leipzig): 
Thierarzt. — Rhinow (R.-B. Potsdam): Thierarzt. — Schwarzen¬ 
berg i. Sachs.: Thierarzt für Fleischbeschau und Praxis (voraus¬ 
sichtliche Staatsunterstützung). Meid, an d. Stadtrath. — Sonnen¬ 
burg: Thierarzt (600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den 
Magistrat. — Wolkenstein: Thierarzt für Praxis und Fleischschau. 
Auskunft beim Stadtrath. 


Verantwortlich für den In hal t (excL Inseraten theil): Prot Dr. Schmält* ln Berlin. — Verlag and Eigenthum von Richard Schoet* in Berlin. — Druck von W. Bttxenatein, Berlin 


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IM« „Berliner Thier* rxtllehe Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in Stärke von mindeetem l'/i Boften. Dieselbe 
ist so beziehen durch den Buchhandel, die Post (No 1068) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung. von Richard 
Sohoeta, Berlin NW, Luisenstrasse 36, aum Preise von 
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Berliner 


Originalbeiträge werden mit 60 Mk. für den Bogen honorirt 
Alle Manuscripte, Mittheilungen Und rcdactlonellen An¬ 
fragen beliebe man tu senden an Prof. Dr Schmälte, 
Berlin, tbier&rztlicbe Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recenslons- Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerkoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Schoetr, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M 16 . Ausgegebi*n am 19. April. 


I n h al t: de Bruin: Prolapsus vaginae bei Hunden. — Martens: Cysten in der Scheide beim Rindvieh. — Jess: Unter¬ 
suchungen zur Bekämpfung der Geflügelcholera. — Schneider: Melanosarcom als Todesursache. — Fetting: 
Zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche durch abgekochte Milch. — Paust: Lymphosarcomatosis bei 
einer Kuh. — Referate: Emmerich und Loew: Bacteriolytische Enzyme als Ursache der erworbenen Immunität und die 
Heilung von Infectionskrankheiten durch dieselben. — Therapeutische Notizen. — Schneider: Versuche mit Strychnin beim 
Geflügel. — Contacuzene: Untersuchungen Uber die Spirillenkrankheit der Gänse. — Thierhaltung und Thierzucht. — 
Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — 
Fleischschau und Viehverkehr. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen. 


Prolapsus vaginae bei Hunden. 

von 

M. G. de Bruin. 

Ursachen. Die Umstülpung eines Theiles der Scheide 
tindet sich zuweilen bei jungen Hunden, welche schnell ge¬ 
wachsen sind und in Folge dessen ein schlaffes Gewebe haben. 

Obschon sie auch bei alten Thieren beobachtet wird, trifft 
sie doch die Patienten in der Regel im Alter von 1 — Vfo Jahren 
und meistens während der Brunst. 

Als prädisponirende Ursache ist die grössere Blutfülle und 
die Infiltration der Scheidenwände während der Brunst anzusehen. 
Die directe Ursache ist jedoch das fortwährende Sitzen anf dem 
Hintertheil. 

Oft sieht man einen Scheidenvorfall bei Hunden, die viel 
an Analabscessen leiden ond in Folge dessen stets drängend mit 
dem Hintertheil über den Boden rutschen. 

Symptome: Aus der Vulva hängt eine Geschwulst in der 
Grösse eines Eies oder noch grösser, deren Basis gestielt ist. 
Letzteres verleiht der Umstülpung einige Aehnlichkeit mit einer 
Neubildung. Bei näherer Untersuchung sieht und fühlt man 
jedoch, dass die untere Wand der Scheide und zwar der 
Theil, welcher vor der Harnröhrenöffnung liegt, umgestülpt ist. 
Hebt man den umgestülpten Theil etwas in die Höhe, so sieht 
man an der unteren Seite die spalttörmige Oeffnung der 
Harnröhre. Der Prolapsus besteht in den meisten Fällen aus¬ 
schliesslich aus der infiltrirten Schleimhaut. Ist die Umstülpung 
nur gering, so verschwindet sie, wenn der Hund läuft. Meistens 
jedoch gelingt die Reposition auf diese Weise nicht; die Mucosa 
wird nach einigen Tagen entzündet und theilweise gangränös. 

Prognose. Diese ist bei zweckmässiger Hilfe günstig. 

Therapie. Eine Palliativkur, welche man mit Rücksicht 
anf die Ursachen vornehmen könnte, besteht darin, dass man dem 
Thiere täglich 1—2 g Ammonium bromatum einschüttet und die 
Umstülpung täglich öfter in einer 5% Alaunlösung badet. Nach 
etwa 5 Tagen wird die Umstülpung verschwinden, auch wenn 
vorher keine Reposition nnd Retention (letztere durch eine 
Vnlvanaht) stattgefnnden hat. 


Das Uebel ist zwar schnell gehoben, allein es stellt sich bei 
jeder Brunst wieder ein. Es ist desshalb besser, sofort zu einer 
radicalen Therapie überzugehen. Diese besteht darin, die 
inftltrirte und umgestülpte Schleimhaut zu entfernen. Dies ge¬ 
schieht einfach, indem man um den umgestülpten Theil eine 
Ligatur legt, jedoch so, dass die Harnröhrenöffnung frei bleibt. 
Dazu benutzt man als Bindematerial starke Seide. Hart neben 
der Ligatur wird das periphere Stück abgeschnitten. Nach etwa 
6—8 Tagen fällt die Ligatur ab und verwächst die Wunde 
genügend. Befürchtung vor einer Strietur der Vagina, welche 
einem event. Partus Hinderniss bereiten könnte, braucht man 
nicht zn hegen. Die Elasticität der Vaginawände erleidet durch 
diese Operation keinen Schaden. 


Cysten in der Scheide beim Rindvieh. 

Von 

Martens-Sangerhausen, 

K reist lierarrt. 

Bei zahlreichen Untersuchungen von Kühen auf Vagin. 
catarrh. infect. habe ich Gelegenheit gehabt, das überaus häufige 
Vorkommen von Cysten in der Scheide zu beobachten. So 
habe ich während der letzten drei Monate bei 76 Kühen sieben 
mit Cysten ermittelt, was fast 10 pCt. ausmacht. Ob diese 
Cysten nur in einzelnen Gegenden so oft auftreten, oder ob sie 
meistens übersehen werden, vermag ich nicht zu beurtheilen. 
Jedenfalls habe ich auch erst Kenntniss von diesen Tbatsachen 
erhalten, seitdem ich Scheidenuntersuchungen auf den an¬ 
steckenden Catarrh, welche gründlich ansgeführt werden müssen, 
vorgenommen habe. Znr Feststellung dieser Krankheit darf sich 
die Besichtigung meistens nicht bloss anf die vordere Partie 
der Scheide, wie beim Bläschen-Ausschlag, erstrecken, sondern 
muss auf die hintere ausgedehnt werden. Und grade diese Partie 
bildet den Lieblingssitz der Cysten. Diese haben in der Regel 
die Grösse eines Tauben- bis Hühnereis, selten erreichen sie 
die einer Fanst. In einzelnen Fällen habe ich solche von 
Kinderkopfgrös8e beobachtet, ohne dass die Besitzer eine Alinnng 
davon hatten nnd nachtheilige Folgen eingetreten wären. Auch 
in der Literatur (B T. W. 1890, Stokfleth's Chirurgie etc.) 


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182 BERLINER TH1ERARZTL1CUE WOCHENSCHRIFT. No. 16. 


finden sich bezüglich der Bedeutung der Cysten nur die Angaben, 
dass sie bei bedeutendem Umfange ein Geburtshinderniss ab¬ 
geben könnten, bestimmte Beobachtungen hierüber liegen nicht 
vor. Ich möchte dieses Vorkommniss auch bezweifeln, da die 
Cysten wegen ihres flüssigen Inhalts von weicher, nachgiebiger 
Beschaffenheit sind und leicht bei Seite gedrängt werden. Ver¬ 
schiedentlich habe ich in früheren Jahren den Inhalt, welcher 
aus einer schmierigen, gelblichen, flockigen Flüssigkeit bestand, 
durch Einstich entleert, ohne dass sich in den nächsten Monaten 
darauf eine neue Ansammlung bemerkbar gemacht hätte. 

Untersuchungen zur Bekämpfung der Geflügelcholera. 

Von 

Dr. P. Je88. 

(Autoreferat nach einem Vortrag, gehalten am 12. April 1900 im 
Club Deutscher Geflügelzüchter zu Berlin.) 

Der Vortragende nahm zu Beginn seiner mit bacterio- 
logischen Demonstrationen verbundenen Ausführung Bezug auf 
seine in No. 4 des vorigen Jahrgangs dieser Wochenschrift 
beschriebenen vorbereitenden Studien. Es gelang Verf., Pferden 
und Schafen durch Einverleibung von Hühnercholeraculturen, 
welche in geeigneter Weise vorbereitet waren, direct in die 
Vena jugularis eine erhebliche, andauernde Störung des All¬ 
gemeinbefindens zuzufügen. Hierbei betont Jess, dass man 
bisher nicht gewusst habe, dass der Bacillus avisepticus 
resp. das von ihm gebildete Toxin eine so bedeutende Wirkung 
auch bei grossen Thieren entfalten könne, sobald es nicht, wie 
bisher suboutan, sondern intravenös einverleibt wird. Nach der 
subcutanen Injection treten als locale Reactiou, ohne Störung 
des Allgemeinbefindens, wie Kitt besonders erwähnt 
(Kitt, Werth und Unwerth, pag. 62), nur Abscedirungen auf. 
Verf. fand Pferde und auch Schafe ganz besonders empfindlich, 
selbst gegen stark mitigirte Culturen des Bacterium cholerae 
gallinarnm. Kurze Zeit nach der mit besonderer Vorsicht aus¬ 
geführten endovenösen Culturgabe steigt die Mastdarmtemperatur; 
bei Schafen tritt Athemfrequenz ein, bei Pferden sistirt die Auf¬ 
nahme des Körnerfutters völlig. Die Pferde stehen mit halb¬ 
geschlossenen Augenlidern, den Kopf auf die Krippe gestützt un¬ 
beweglich und sind nicht zum Herumtreten zu bewegen. Ich liess 
ein solches Versuchspferd aus dem Stalle nehmen; es bekundete 
taumelnden Gang und fiel nach wenigen Schritten sägebockartig 
auf die Seite. Bei Schafen tritt die Benommenheit nicht so deutlich 
hervor, wie gerade beim Pferde. Kurze Zeit nach der Cultur¬ 
gabe erfolgt Defaecation und 6—8 Stunden später treten Kolik¬ 
erscheinungen auf, welche sich bald nach geeigneter Behandlung 
verlieren; in einem Falle gingJ. ein Pferd in Folge hämorrhagischer 
Enteritis zu Grunde. Auch Schüttelfrost und Speichelfluss treten 
zuweilen auf, Schafe acquiriren regelmässig Durchfall, zuweilen 
ist derselbe auch blutig. J. weist darauf hin, dass die Wirkung 
des Toxins bei unseren grossen landwirtschaftlichen Haus¬ 
tieren und bei dem Geflügel eine sehr ähnliche sei. Bei 
Pferden und Schafen als auch bei Hühnern, Tauben, Gänsen 
tritt die Schlafsucht als wesentliches Symptom zuerst in den 
Vordergrund, ferner das hohe Fieber, die Darmerscheinungen etc. 
sind beiden gemeinsam. Für den weiteren Gang der Unter¬ 
suchungen des Verf. war dieser Umstand von wesentlicher Be¬ 
deutung, da eine Gewinnung irgend eines Antitoxins von vorn¬ 
herein ohne Aussicht gewesen sein würde, falls es nicht gelungen 
wäre, durch die aufgefundene Inoculatiou eine erhebliche Reaction 
des Körpers der grossen Haustiere auf die Culturen des Bac. 


aviseptic. auszulösen. Schon im Anfang 1899 sah J., dass dem 
Blutserum derart vorbereiteter Pferde und Schafe eine erhebliche 
antitoxische Wirkung gegen den Bac. chol. gallin. innewohnte. 
Dr. M. Koch, Assistent am pathol. Institut der Charite, machte 
auf Veranlassung von J. Versuche mit dem neu gewonnenen 
Schutzserum, welche recht gute Resultate zeitigten. 

Auf Veranlassung des landwirthschaftl. Ministeriums wurden 
ebenfalls Untersuchungen vorgenommen, welche sehr unter dem 
Mangel an frischem Virus litten, sodass sie über die Wirkung 
des Antitoxins auf Gänse etc., welche Ergebnisse besondere Be¬ 
deutung haben würden, kein abgeschlossenes Resultat ergaben. 
J. erkennt mit aufrichtigem Danke die sofortige Bereitschaft und 
das Interesse an, welches seine Arbeiten im landwirtschaftlichen 
Ministerium fanden. 

Jede Immunität ist eine relative, eine absolute Immunität ist 
theoretisch undenkbar. (Levy Klemperer, Clin. Baeteriol.) 

Seit jenen Versuchen ist es geglückt, den Imrannisirungswerth 
des Geflügelcholeraserums wesentlich zu steigern, auch haben 
Versuche zur Concentration der immunisirenden Substanzen 
nach dem Verfahren von Emmerich und Tstiboi günstige 
Erfolge gehabt. 

Verf. hat seine Laboratoriumsversuche abgeschlossen und 
gedenkt im Laufe des Jahres, falls nicht unvorhergesehene 
Ereignisse eintreteu, den Praktikern das Antitoxin zur ver¬ 
suchsweisen Verwendung im Grossen in die Hand geben zu 
können. 

Melanosarcom als Todesursache. 

Von 

A. Schneider-Pattensen (Leine), 

pract ThiernreL 

In der thierärztlichen Litteratnr sind bisher Tumoren im 
Darm der Hausthiere wenig beschrieben worden, wesshalb ich 
nicht verfehlen will, folgenden Fall aus meiner Praxis kurz 
mitzutheilen. 

Ende Juni vor. Jahres wurde ich von einem Fuhrunter¬ 
nehmer zur Untersuchung eines neu angekauften Pferdes, 
Schimmel-Wallachs, gebeten. Es handelte sich um ein kräftig 
gebautes, ca. 12 Jahre altes Pferd des schweren Arbeitsschlages, 
dessen billiger Kaufpreis von angeblich 250 M. mir in An¬ 
betracht des guten Körperbaues und der kräftigen Constitution 
geradezu auffiel. Bei der Untersuchung des im Uebrigen an¬ 
scheinend gesunden Pferdes fand ich den ventralen Theil der 
Schweifwurzel sowie die Umgebung des Afters mit wallnuss- bis 
hühnereigrossen, höckerigen, am Grunde in einander confluirenden, 
schwarzen, glänzenden Tumoren bedeckt; auf dem linken, oberen 
Augenlid befand sich eine haselnussgrosse, tiefbraune, verrucöse 
Wucherung. In der Voraussetzung, dass es sich im vorliegenden 
Falle um bösartige Melanome handeln könne, rieth ich dem Be¬ 
sitzer von dem Kaufe ab; doch fiel mein Rath auf unfruchtbaren 
Boden, da der Käufer, durch die äussere Erscheinung und den 
billigen Kaufpreis des Pferdes dupirt, wegen solcher Kleinig¬ 
keiten, wie er sich ausdrückte, das edle Thier nicht missen 
wollte. Nachdem ich ca. ein halbes Jahr lang von demselben 
nichts mehr gehört hatte, führte der Besitzer dasselbe am ersten 
Weihnachtstage in früher Morgenstunde mir mit der Anamnese 
vor, dass das Pferd schon seit der Uebergabe häufiger inter- 
mittirende Kolikerscheinungen gezeigt habe, die sich jedoch 
jedesmal, ohne Gegenstand thierärztlicher Behandlung zu werden, 
nach kurzer Bewegung und Wasserinfusionen verloren hätten: 


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t9. April 1900 

sein Morgenfutter habe das Thiel 1 soeben m : t gutem Appetit ver¬ 
zehrt. sei aber kurz darauf schwer an Kolik erkrankt. Die 
Untersuchung - ergab hochgradige Verstopfungskolik des Dick- 
danns, deren Localisation ich allerdings nicht genau feststellen 
konnte, besonders da das Pferd sich gegen die manuelle Unter¬ 
suchung per rectum sehr sträubte. Ich gab Aloes lucid. 40.0 
und subcutan Eserin, sülf. 0,1 und ordnete Wasserinfusionen und 
Priessnitz'sche Umschläge an. Um 11 Uhr Morgens traten 
starke Blutungen aus dem Beet um auf, die trotz energischer 
Behandlung nicht sistirten: von Mittag bis Nachmittags .‘5 Uhr 
verhielt sich Patient ruhiger: um 2 Uhr sistirte auch die Beetal- 
haemorrhagie: gegen 4 Uhr wurde das Pferd wieder furchtbar 
unruhig, und ca. eine halbe Stunde später trat unter unsäglichen 
Schmerzen der Tod ein. — Sectionsbefund: Grimm-, Blind- und 
Mastdarm stark mit Ingesten angefüllt: es bestand intra vitain 
erfolgte Buptur des Diaphragma und des Kectums. ln letzterem 
befand sich ca. 10—15 cm vor der Schambeinfuge an der links¬ 
seitigen und ventralen Partie des Darmes eine kopfgrosse, ziem¬ 
lich feste Geschwulst, die von der Mucosa des Darmes überzogen 
war, also in der Submucosa ihren Sitz hatte und fast das 
ganze Darmlumen obturirte. Die diese Geschwulst begrenzende 
Parinschleimhaut war geröthet, geschwollen und stark injicirt. 
Ungefähr 20 cm vor dem Tumor nahm eine ca. 1 Kuss lange 
Darmruptur ihren Anfang: die Bänder des Bisses waren blutig, 
gezackt. Die Schnittfläche des Tumors war theerschwarz. 
glänzend, saftreich. Bei der microscopischen Untersuchung von 
Schnittpräparaten bemerkte ich ein bindegewebiges, gefäss- 
haltiges Stroma, in welches zahlreiche Bundzellen und Zellen 
von epithelialem Charakter eingebettet waren. Um die 
Gcfässe herum und fast in allen Zellen war reichlich tief braunes 
bis schwarzes Pigment abgelagert. Das gesummte microscopisehe 
Bild war das eines melanotischen Alveolärsarcoms. Die um den 
After und an der Schweifwurzel sitzenden Tumoren zeigten fast 
dieselbe Structur. nur war die Pigmentirung nicht so intensiv 
ausgeprägt. 

Da man von den Melanosarcomen annimmt, dass die weniger 
pigmentirten als die primären und die stärker pigmentirten als 
Metastasen anzusehen sind (Ziegler path. Anatomie), so möchte 
ich im vorliegenden Falle die der äusseren Decke anhaftenden 
Melanome als die primären betrachten, während der stark pig- 
mentirte Darmtumor erst auf metastatischem Wege seine Ent¬ 
stehung genommen hat. Die oben erwähnte verrucöse Wucherung 
auf dem linken oberen Augenlide legt in histogenetischer Hin¬ 
sicht die Vermuthnng nahe, dass auch vielleicht am After und 
der Schweifwurzel Naevi and Verrucae bestanden haben, aus 
denen sich später durch Zellwucherung Sarcome ent¬ 
wickelten, die dann durch Pigment-Ablagerung zu Melanosarcomen 
wurden. 

Zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche durch 
abgekochte Milch. 

Von 

Fetting (Pyritz). 

TliWnrzt. 

In landwirtschaftlichen und thierzüchtcriseheu Blättern 
wird in letzter Zeit vielfach einer „neuen Methode zur Be¬ 
kämpfung der Maul- und Klauenseuche“ von Prof. Dr. Wiuckler- 
< Hessen Erwähnung gethan. Die landwirthschaftliche Wochen¬ 
schrift für Pommern, Amtsblatt der Landwirtliaftskaiumer. 
schreibt: „Dass auf diesem Gebiete neuerdings ein Mittel 


18 M 

empfohlen sei. dem der Einfachheit und -der leichtcii Ausführ¬ 
barkeit wegen das grösste Interesse enfgegengebraeht werden 
muss, umsomehr, als es von einer Autorität stammt.“ Das Ver¬ 
fahren ist Folgendes : „Tritt in einem Thierbestande Maul- und 
Klauenseuche auf. so muss sofort die Milch der erkrankten 
Thiere in abgekochtem Zustande nicht nur an sämmtlicln - 
gesunden Thiere des verseuchten Gehöftes, sondern auch an alle 
übrigen Viehbestände an- und umliegender Gehöfte zur Ver¬ 
bitterung abgegeben werden. Die zur lmmanisirung eines 
Thieres erforderliche Menge gut abgekochter Milch soll nach 
Angabe des Herrn Prof. Dr. Winckler für Kleinvieh 2 —5, für 
Grossvielr l—f> Liter pro Thier und'Tag betragen und ungefähr 
8 Tage lang anzuwenden sein.“ 

Die im Körper des seuchekranken Thieres unter Einwirkung 
des specilischen Maul- und Klauenseuche-Erregers gebildeten 
Antikörper sind gleichfalls in der Milch, dem Secrct der Milch¬ 
drüsen. enthalten. Durch gründliches Aufkochen der Milch werden 
die Krankheitserreger abgetödtet. die Antikörper hingegen 
bleiben als chemische Körper durch das Kochen unversehrt. 
Eine wissenschaftliche Begründung entbehrt also diese Be- 
| kämpfungs-Methode nicht, und es wäre theoretisch recht gut 
denkbar, dass auf diese Weise eine passive Immunität erzielt 
werden könnte, deren Dauer vielleicht ausreichend wäre oder 
gemacht werden könnte, um während eines Seucheeinbruclis in 
ein Gehöft. Gut oder Dorf eineu Viehbestand resp. Viehbestände 
vor der Erkrankung zu schützen. Da ausserdem aber die Aus¬ 
führung des Wiuckler'sclien Bekämpfungs-Verfahrens der Maul- 
! und Klauenseuche anscheinend verlockend leicht und bequem, 
i das Mittel an Ort und Stelle zu haben, so entschloss ich mich 
zur gelegentlichen Anwendung, um dies Verfahren auf seinen 
practiscben Erfolg und seine Ausführung in der Praxis zu 
prüfen. 

Beim Ackerbürger L. in Pyritz stellte ich an einer Kuli 
'■ Maul- und Klauenseuche im Anfangsstadium fest. Der Bindvieh- 
! bestand betrug mit Jungvieh 10 Haupt. Die Milch der kranken 
Kuh (12 Liter ) sollte der einen Nebenkuh (4 Liter) und 2 etwa 
j 8 Wochen alten Kälbern (je 5$ Liter) gut abgekocht gegeben 
| werden. Es wurde angenommen, dass die erkrankte Kuli noch 
10 Liter Milch geben würde, falls weniger, so sollte 1 Kalb 
keine Milch erhalten. In der Ausführung stellte sich die Sache 
aber anders: anstatt 12 Liter gab die ziemlich stark erkrankte 
Kuh nur gut 3 Liter Milch, welche vom Besitzer der gesunden 
| Nebenkuh gegeben wurde. Die gekochte Milch von 2 weiter¬ 
erkrankten Kühen wurde 2 Kälbern verabreicht. Es war also 
bei Beginn der Seuche nicht genügend Milch .seuchekranker 
j Kühe für die, anderen Thiere desselben Stalles vorhanden. Za 
dem Zeitpunkt, wo die Milch der kranken Kühe für alle Insassen 
des Stalles ausgereicht hätte, war aber auch der ganze Stall 
j bereits von der Seuche ergriffen. — So war es bei der von mir 
; versuchten Bekämpfung der Seuche nach der Winckler'schen 
j Methode: so wird es aber auch in der Hegel sein! Beide 
Kälber, welche noch vor Ausbruch offensichtlicher Krankheits- 
Erscheinungen gekochte Milch seuchekranker Kühe erhalten 
hatten, erkrankten an der Seuche: eins davon ging ein! Die 
I Kuh, welche zuerst die Milch der ersterkrankten Kuh erhalten 
hatte, wurde- nur leicht von der Seuche befallen. 

Dieser Versuch zeigt also (über den Erfolg dieser vielfach 
empfohlenen Methode ist bisher nicht berichtet werden), dass 
es mit der „leichten Ausführbarkeit“ dieses Mittels in der Praxis 
doch seine Schwierigkeiten hat. Bevor go.iiigend Milch seuclie- 


BEKLlNKli TH1EHÄRZTL1CHL WOCHENSCHRIFT. 


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184 

kranker Kühe nur für den eigenen Viehbestand gewonnen wird, 
wird in der Regel schon der ganze Stall von der Seuche er¬ 
griffen sein, zu einem rechtzeitigen Schutz aller Viehbestände 
an- und umliegender Gehöfte wird man somit auf diese Weise 
nicht gelangen! Ausserdem aber auch scheint in der Praxis die 
theoretisch denkbare, wenn auch bald vorübergehende Schutz¬ 
wirkung sich nicht zu bewähren, da in dem vorliegenden Falle 
alle 3 so behandelten Thiere erkrankten, eins davon sogar an 
der Seuche einging. 

Lymphosarcomatosis bei einer Kuh. 

Von 

Paust-Samtcr, 

Thioraret. 

Bei einer etwa 5jährigen rothbunten Kuh fand ich vor 
beziehungsweise nach der Schlachtung Folgendes: 

Das in gutem Ernährungszustände befindliche, muntere, 
etwa gegen die Hälfte der Zeit tragende Rind zeigte an den 
Schamlippen ein nahezu kindskopfgrosses Gewächs; die äusseren 
Schamlippen hatten sich in dieser abnormen Lage vergrössert 
und hingen, der Schwere folgend, förmlich herab. Die Kuh sollte 
diese allmählich anwachsende Geschwulst schon einige Jahre gehabt 
haben. 

Von den Schamlippen zog sich bis zum Euter eine Kette 
von zweireihig stehenden, etwa kirschgrossen Knoten, die Euter- 
lymphdrüsen fühlten sich hart au. 

Nach der Schlachtung fanden sich in der Geschwulst der 
Schamlippen Dutzende von kleineren und grösseren Knoten, an¬ 
gefüllt mit einem rahraartigen hellgelben Eiter, desgleichen auch 
u den bis zum Euter sich hinziehenden Knoten und in den 
Euterlymphdrüsen. 

Weiterhin waren Scham-, tiefe Leisten- und innere Darmbein¬ 
drüsen, auch die bronchialen und mediastinalen Lungenlymphdrüsen 
und die portalen Lymphdrüsen der Leber in selber Weise 
afticirt. 

Andere Veränderungen konnte ich nirgends finden. Die in 
der Scharalippengeschwulst erwähnten Knoten lagen eingebettet 
in starke, weisse, sehnige, auf der Schnittfläche speckig-glänzende 
Bindegewebsstränge. Einige peripher gelegenen Knoten waren 
nach der Oberfläche durchgebrochen und entleerten ihren Inhal 
auf massigen Druck an den Stellen an die Oberfläche, wo in 
runden, erbsengroßen Abgrenzungen die feine Behaarung ver¬ 
schwunden war. 

Blutgefässe ziemlich zahlreich, ektatisch, mit deutlich von 
dem üeschwulstgewebe unterscheidbaren Wandungen (teleangiek- 
tatisches Sarcom). 

Die mikroskopische Untersuchung sicherte die gegebene 
Diagnose. 

Referate. 

Hacteriolytische Enzyme als Ursache der erworbenen 
Immunität und die Heilung von Infectionskraukheiten 
durch dieselben. 

Von Rud. Emmerich und Osc. Loew. 

(/•■ilM'hrifr für llvifi'-ii«' uml Iiifi-i-tiouskrniiklH-iten.) 

Die künstliche Immunität beruht auf chemischen Stoffen, 
welche im Blut und in den Gewebsflüssigkeiten gelöst sind; 
diese Ansicht ist von Emmerich vor zehn Jahren aufgestellt 
und heute allgemein als richtig anerkannt. Die Stoffe nun 
sind von N'eneki und K. Pfeiffer als Enzyme oder Fennente 
angesprochen worden, In Flüssigkeitsculturen, so z. B in 


No. 16. 

Schweinerothlaufculturen, führt Emmerich an, tritt Agglu¬ 
tination und vollständige Lösung der Bacterien ein, so dass 
die Bacterienagglntination nicht eine Eigenschaft der Immun¬ 
form ist, diese Erscheinungen werden aber durch die Enzyme 
verursacht., welche bereits in den Culturen vorhanden sind, und 
nicht erst im thierischen Organismus gebildet werden. Diese 
Enzyme sind im Stande, die Membrane der Bacterien zu lösen, 
ohne dem Organismus zu schaden, weil im thierischen Orga¬ 
nismus keine Membranen Vorkommen, welche den Bacterien- 
membranen chemisch identisch wären. Die Beobachtung, dass 
abgetödtete Erysipelcoccen Milzbrand oder Gonorrhoe heilen, 
lässt sich nach Verfasser so erklären, dass die Erysipelcoccen 
ein Enzym produciren, welches nicht nur die Membranen der 
Erysipelcoccen löst, sondern auch die der Milzbrandbacillen und 
Gonococcen. Dasselbe gilt für die Anwendung von abgetödteten 
Pyocyaneusculturen bei Typhus (Rumpf) oder Milzbrand 
(Bonclard, Charrin, Woodhead, Wood, Hüppe). 

Verfasser haben Versuche quantitativer Art angestellt über 
die Auflösung der Milzbrandbacillen durch Pyocvaueus-Enzym 
in vitro. Die Enzyme werden im Namen durch die Endsilbe 
„ase*‘ gekennzeichnet, so heisst dasjenige des Bac. pyocyanens: 
Pyocyanase und so fort: C-holerase, Diphtherase, Typhase etc. — 
Diese Enzyme verbinden sich im Blut mit einem activen, an¬ 
scheinend von den Lencocyten stammenden Eiweisskörper, dem 
Proteidin. Enzym -|- Proteidin heisst linmunproteidin und dann 
wieder je nach der Bacterienart Pyoeyanase-Immunproteidin. 
Tvphase-lmmunproteidin u. s. w. 

Die weiteren Versuche zeigten, dass eine gewisse klein»* 
Menge Pyocyanase zur Heilung des Milzbrands ausreicht, aber 
nicht zur Immuuisirung, da der grösste Theil des Enzyms in 
dt*n Stoft'wechselprocessen zu Grunde gellt. Nur durch Ver¬ 
bindung der Pyocyanase mit einem anderen, von den Lencocyten 
stammenden Eiweisskörper wird der rasche Zerfall vermieden. 
Diese Verbindung künstlich, ausserhalb des Thierkörpers lier- 
znstellen, war das weitere Bemühen der Verfasser, welches auch 
gelang; es wurden von derart schutzgeimpften Thieren die mehr 
als 1000fache tödtliche Dosis hochvirulenter Milzbraudbacillen 
ertragen. Diese Immunität dauert in gleicher Höhe mehrere 
Wochen an. Verfasser hoffen eine in einem Stalle aus¬ 
gebrochene Milzbrandepidemie durch Pvocyanease- 
lmmunprotei'n-Injectionen, bei gesunden und kranken 
Thieren, zum Erlöschen zu bringen. Zur Herstellung von 
linmunproteidin eignet sich Organeiweiss besser als Blut, so 
z. B. Pyocyanase-Milz-lminunprotei'din. 

Bezüglich der bacteriolytischen Wirkung der lmuiunsera in 
vitro heben Verff. zunächst hervor, dass nach den heute all¬ 
gemein angenommenen Ansichten die bactericid wirkenden Stoffe 
aus dem Immunserum erst durch den lebenden Organismus ab¬ 
gespalten werden, als»* die zugehörigen Bacterien nicht in vitro 
zu tödten vermöchten. Verf. behaupten dagegen, dass mit dem 
Serum direct ein»* bactericide, bacteriolytische Substanz über¬ 
tragen winl. Dies gelingt leicht zu beweisen, wenn man den 
Versuch in vitro anaerob anstellt. Die Pyocyanase vermag 
nicht nur die Diphtheriebacillen in vitro lind im thierischen 
Körper zu vernichten, sondern macht auch das Diphtheriegift 
im Organismus unwirksam. Verf. sprechen daher den Wunsch 
aus, die Kliniker möchten die Pyocyanase bei d»*r Diphtheri»*- 
beliandlung neben dem Diphtherieserum verwenden. Aus diesen 
hochinteressanten Versuchen kommen die. Autoren zu folgender 
kurzen Zusammenfassung. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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19. April 1900. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


1. Der in Flnssigkeitsculturen, trotz genügenden Nähr¬ 
materials, allmählich eintretende Entwickelungsstillstand beruht 
auf von den Bacterien selbst gebildeten Enzymen, welche die 
Bacterien schliesslich wieder atiflfisen. 

2. Manche Enzyme lösen nur die eigene Baeterienart 
(conforme), manche auch andere Bactenenarten (heteroforme). 

3. Die künstliche Immunisirnng mit Stoffwechsel- 
producten oder unfiltrirten (’ulturen beruht auf dem Zustande¬ 
kommen einer Verbindung zwischen dem bacteriolytischen 
Enzym und einem Eiweisskörper des Blutes, der neu¬ 
entstandene Körper ist das Tmmunproteidin. 

4. Diese Vereinigung kann in vitro durch chemische Ein¬ 
wirkung hergestellt werden, man kann also bei einigen In- 
fectionskrankheiten Heilserum ohne Zuhilfenahme des 
thierischen Organismus hersteilen. 

5. Agglutination ist das erste Stadium des bacteriolv 
tischen Effects. 

•». Einige Enzyme wirken bactericid und antitoxisch 
(Pvocyanase). 

7. Durch das in vitro dargestellte Pyocyanase-linninn. 
proteidin kann ein hoher Grad von mindestens 14-t.ägiger 
Immunität gegen Milzbrand erzielt werden. 

Bezüglich des Tuberkelbacillus theilen die Verfasser 
noch mit, dass derselbe keine bacteriolv tischen Enzyme 
bildet, somit eine Heilung mit abgetödteten Culturen oder die 
Herstellung eines Heilserums, wie bei der Diphtherie, völlig 
unmöglich ist. Es wäre jedoch denkbar, dass andeie Bacterien 
Enzyme bilden, welche den Tuberkelbacillus lösen. 

Zum Schluss weisen die Verfasser darauf hin, dass zur 
Bekämpfung der Thierseuchen, insbesondere von Milz¬ 
brand. sich die Pyocvanase- und Pyocyanase-lminunproteidin 
Behandlung schon jetzt als erfolgreich erweisen. J 

Therapeutische Notizen. 

Das Tanr.oform in der Thierheiikur.de. 

Lemberger in Xicolsburg berichtet über die Erfolge mit 
der Anwendung des Tannoforms bei Durchfällen der Kinder. 
Er liess 10 -15 g des Mittels in Kamillenthee oder Leinsamen- 
schleim dreimal täglich an die kranken Thiere verabreichen. 
Am 5. bis 7. Tage trat Besserung ein, und der Kotli bekam 
wieder eine normale Beschaffenheit. Die Einverleibung von 
90 g Tannoform erzeugte bei einer vierjährigen Kuh nicht die 
geringsten Beschwerden. Dieser günstige Umstand erklärt sich 
daraus, dass die Magensäure eine Auflösung des Tannoforms 
nicht zu Stande bringt. Die Zersetzung in seine Bestandteile 
erfolgt vielmehr erst im Darracanal, wo die Componenten ihre 
Wirkung in vorzüglicher Weise entfalten. Die Geibsäure ver¬ 
mindert kraft ihrer adstringirenden Eigenschaft die Darm- 
secretion und das Formaldehyd entfaltet seine antiseptische 
Wirkung. 

In der Wundbehandlung bildet das Tannoform z. Zt. das 
billigste und beste Schorfmittel. (Thierärztl. Centralbl. 1899. 
Heft 36.) 

Xeroform. 

C. French-Washington empfiehlt das Xeroform namentlich 
auch in der feineren Hundepraxis als allgemeines Antiseptieum 
bei Otitis und nässenden Ekzemen, innerlich bei gewissen 
Diarrhoen. Seine Geruchlosigkeit mache es namentlich angenehm 
zum Gebrauch für Stubenhunde, welche zu Hause behandelt 
werden sollen. Aus gleichem Grunde empfehle es sich bei den 
gegen riechende Substanzen so besonders empfindlichen Katzen. 


185 

Eine schmerzlos wirkende Aetzpaste. 

Durch Zusatz von Orthofoim zur arsenigen Säure lässt 
sich die Schmerzhaftigkeit der Aetzwirkung verhindern. Die 
von Pouch et im Journal des Practiciens angegebene Formel 
lautet: 

Kp.! Aeid arsenicos. 

Orthoform ää 0,2 

Alcohol 

Aq. destill. ää 10,0—15,0. 

(M. med. Woch.) 

Versuche mit Strychnin beim Geflügel. 

Von Schneider -München. 

(Mt*h. f. Th. 1hl. 11, H. 6.) 

Schneider hat hei Gänsen, Enten, Hühnern, Tauben durch 
Versuche festgestellt die Art der Application des Strychnins, 
die medicamentöse und tödtliche Dosis, sowie endlich die Ge¬ 
nies sbarkeit des Fleisches der mit Strychnin behandelten Thiere. 
Als subcutane therapeutische Dosis fand er 0,5 bis 0,75 Milli¬ 
gramm pro Kilo Körpergewicht, während die Todesdosis mit 
l Milligramm beginnt. Für innerliche Anwendung empfiehlt 
sich für therapeutische Zwecke eine Dosis von (1 Milligramm 
pro Kilo Körpergewicht, während die letale Dosis mit 8.5 be¬ 
ginnt. Das Verhältnis der snbeutanen zur innerlichen thera¬ 
peutischen Gabe ist also wie 1 : 12. Im Eintritt der Wirkung 
besteht kaum ein Unterschied. Hinsichtlich der Frage nach 
der Giftigkeit des Fleisches von mit Strychnin vergifteten 
Thielen kommt S. zu ganz demselben Resultat wie früher schon 
Fröhner und Knudsen. Sämmtliche zu den Versuchen ver¬ 
wandten und an Strychnin gestorbenen Thiere sind nämlich von 
S. und anderen Theilnehmern an diesem Versuch gegessen 
worden, ohne dass sowohl im Geschmack, als in der Nach¬ 
wirkung irgend etwas Unangenehmes sich gezeigt hatte. Es ist 
das ja auch schon desshalb ganz erklärlich, weil die Dosen, an 
denen Geflügel stirbt, für Menschen überhaupt kaum toxisch 
sind und überdies die Hauptmasse des Giftes in den Ein¬ 
geweide» sitzt. 


Untersuchungen über die Spirillenk rank lieft, 
der Gänse. 

Von Contacuzene. 

(Annales <1<; iiu-it-r. et chinii'K. intant.) 

Neben Febris recurrens giebt es nur noch eine Krank¬ 
heit. die durch Spirillen, welche sich im Blute vermehren, ver¬ 
anlasst wird. Diese zweite Krankheit kommt hei Gänsen vor. 
Beiden Krankheiten kommt, nach dem Referat in der Münch, 
med. Wochenschi'., das Characteristicum zu. dass die Spirillen, 
nachdem sie sich in wahrhaft colossalen Mengen vermehrt haben, 
oft in wenigen Stunden an Zahl wieder abnehmen und ganz aus 
dem Blute verschwinden. Die weiteren Untersuchungen CVs über 
die Spirillenkrankheit der Gänse ergaben, dass die Spirillen 
nieim^ls im Blute vernichtet worden, sondern dass dies immer 
in der Milz geschieht, im Inneren der grossen Makrophagen: 
die vie kernigen Zellen sind dabei niemals betheiligt., wie bei 
der Febris recurrens. Die freien Spirillen der Milz und des 
Knochenmarks bewahren bis zum Ende ihre Beweglichkeit und 
auch da bemerkt man die extracelluläro Zerstörung der Mikro¬ 
organismen. Es geht daraus hervor, dass den Säften kein Ein¬ 
fluss auf die Zerstörung der Spirillen beim lebenden Wesen zu- 
kowrat; die bacterieide» Eigenschaften entwickeln sich im Serum 
erst ausserhalb des Organismus, und zwar mit um so grösserer 


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186 


No. 16 . 


BERLINER TlIIERARZTLlClIE WOCHENSCHRIFT. 


Energie, je mehr inan sieh von (len physiologischen Bedingungen 
entfernt. Es besteht also zw ischen den Erscheinungen im Keagens- 
glase und jenen am lebenden Wesen kein Zusammenhang. 

Thierhaltung und Thierzucht. 

Der Zugochse Süd-Afrikas. | 

Wenn der Ochsentransport heutzutage auch nicht mehr die j 
Rolle spielt, wie z. B. 1875). wo für eine Armee von 25 000 j 
Mann zum Fortschaffeu der Bagage und Munition ungefähr | 
27 000 Ochsen, 5000 Maulthiere und HOO Pferde erforderlich | 
waren, wie wir von Air. ('. Stein in „Bayiy’s Magazine of 
Sports and Pastimes" angegeben finden, so hat doch auch im j 
jetzigen südafrikanischen Kriege oft genug auf dies Transport- ] 
mittel zurückgegriffen werden müssen. Den Hauptbestandtheil i 
bildete der „huck“ Wagen, dessen Gewicht ungefähr 2000 Pfund 1 
beträgt und zu dessen Fortschaffung ein Gespann von 12 bis j 
18 Ochsen erforderlich sind. Das Ladungsvermögen beträgt 
4000 bis (iOOO Pfund. Es ist ein langer, niedriger, stark ge¬ 
bauter Wagen mit weitab stehenden Rädern, schwer um- 1 
zuwerfen und fast über jeden Grund zu transportiren. Nur die 
Stangenochsen haben eine Deichsel zwischen sich. Die Jochs j 
derselben sind mit den Jochs der übrigen Ochsen durch Draht- ' 
oder Hautseile verbunden, letztere sind besser wegen Abhaftung 
der Blitzgefahr. Ein Treiber und Zügelfiihrer (Käftern) bilden j 
die ganze Bedienung. Wo die Strassen es erlauben, fahren bis ; 
ii Gespanne in einer Linie. Der zweite Transport folgt dann 1 
etwa in einer halben Stunde. Ein Truppentransport besteht ' 
gewöhnlich aus 50 Wagen. Die Ochsen bleiben 6 bis 8 Stunden 
unter dem Joch und zwar am Besten von 4 bis 8 Flir Morgens 
und 6 bis 10 Phr Abends. In dieser Zeit legen sie pro Stunde etwa ; 
2 bis :> engl. Meilen, im Ganzen pro Tag lfi bis i8 MeilcfiÄuiÜck. | 

Die Ochsen sind keineswegs harte und zähe Thiere, sondern j 
sie erfordern viel Aufpassung. Während der Nacht und heissen j 
Zeit des Tages müssen sie Ruhe und Zeit zum < irasen haben. 
Bezüglich des Futters sind sie wenig anspruchsvoll, weniger ; 
noch als der kleine Zuluochse, der Zulubastard oder Natalochse. | 
Selbst im Winter finden sie da noch ihr Futter, wo Pferde und | 
Maulthiere versagen und kommen, wenn auch in armer Con- | 
dition, durch bis zum Frühjahr, wo sich das „veldt“ mit ! 
frischem Gras bedeckt. Werden die Arbeitszeiten überschritten, : 
so fallen die Zugochsen ab, die Schultern und Füsse werden 1 
wund, namentlich in der Regenzeit. Die Empfänglichkeit für 
Krankheiten ist gross. Eine in Südafrika wachsende Tulpenart, 
welche trotz ihrer Giftigkeit von den Ochsen mit Begierde ge¬ 
fressen wird, kann zu Vergiftungen Anlass geben. Merkwürdiger \ 
Weise ist ein Aufguss von den Tnlpenblättern ein Mittel gegen 
die Vergiftung. Bisse von giftigen Schlangen verursachen öfter 
Todesfälle. Eine Aenderung des Weidegrundes führt nicht 1 
selten zur Erkrankung an „red water“ (Blutharnen). Lungen- j 
seuche ist eine weitere Krankheit, die garnicht selten an- 
getroft'en wird. Die Impfung gegen Lungensenche wird von den | 
Buren selbst ausgeführt, indem sie in den Schwanz einen Ein- ; 
schnitt machen und darauf ein Stück Lunge von einem an ( 
Lungensenche verendeten Ochsen binden. Das öftere Absterben 
und Abfallen des Schwanzstückes ist ein grosser Verlust für 
das Thier wegen der starken Fliegenplage des Landes. Die 
plötzliche Abkühlung der Naclittemperatur führt oftmals zu | 
umfangreichen Erkaltungen, woran die Ochsen leicht sterben, so j 
gingen 1875) von 1700 Ochsen in 00 Stunden 452 Ochsen in j 
Folge Erkaltung ein. | 


Etat der preu$sischen Gestüte. 

Der Geld-Etat für 1000 erfordert bei 2,8 Millionen Einnahme 
und 4,45 Millionen Ausgabe einen Zuschuss von 1,0 Millionen. 
Darunter sind 325000 M. einmaliger Zuschuss zum Ankauf von 
Hengsten, wodurch in 8 Landgestüten die Beschälerzahl um 
zusammen DO (worunter 27 kaltblütige) erhöht werden soll. 
Als Erlös für verkaufte Pferde (und Wirthschaftsvieh) sind 
.'>30000 M. eingestellt, an Spiung- und Füllengeldern 35C<X> M. 
für die Hauptgestüte und 10005*60 M. für die Landgestüte. Die 
Zahl der gedeckten Stuten und der nacligewiesenen Füllen ist 
nicht ersichtlich gemacht. 

Der Bestand beträgt in den Hauptgestüten: Trakehnen 
15 Hauptbeschäler, .“>50 Mutterstuten, 1108 junge Hengste und 
Stuten, in Graditz 10 bezw. 15K) bezw. 500, in Beberbeck 5 
bezw. 100 bezw. “>0t‘. in Neustadt a. D. 2 bezw. 40 bezw. *0. 
zusammen 32 Hauptbeschäler. 080 Mutterstuten und 2003 junge 
Hengste und Stuten. 

In den 18 Landgcstiiten beträgt nach der oben genannten 
Vermehrung der Bestand an Laiidhesehälern 2908; in jedem 
Gestüt (mit Ausnahme von Warendorf 108) mindestens 120. 
in 4 Gestüten 200 und mehr, nämlich in .Insterburg. Gudwallen. 
Neustadt a. D. und ('eile (sind die meisten 200). 

Tagesgeschichte. 

Reichstag. 

Wir veröffentlichen nachstehendes, von Heim Professor 
Hoffmann der B. 1'. W. übersandtes Schreiben: 

Die von Euer Hochwohlgeboren bei dem Reichstage ein- 
gebrachte Petition vom 12. 1. 1900 ist bei Berathung des 
Reichshanshrtlts-Etats für das Rechnungsjahr 1000 dnrcli folgen¬ 
den Beschluss des Reichstages 

„Die Petition der Mitglieder des Reichstages, Oberross¬ 
arzt a. D. und Professor Ho ff mann (Hall) zu Stuttgart, 
— eine Aufbesserung des Gehaltes der Militärveterinäre und Ver¬ 
leihung eines anderen Amtstitels (II. N. 15203) — dem Herrn 
Reichskanzler als Material zu überweisen“ 
erledigt worden, wovon ich Ew. Hochwohlgeboren hierdurch 
ganz ergebenst benachrichtige. 

Der Director (des Reichstages). 

An das Mitglied des Reichstages, Herrn Professor 
Hoffmann (Hall). 

Herr Professor Hoff mann hat also auf eine Beschluss¬ 
fassung betr. des Abiturientenexainens beim Militäretat verzichtet 
und die Petition ohne eine solche erledigen lassen. Indem wir 
dieses mittheilen, können wir nicht umhin, unsre dankbare 
Anerkennung für diesen Entschluss auszudrücken mit dem Wunsche, 
dass Herr Professor Hoffmann durch den Verlaufder demnächst igen 
Verhandlung über das Abiturientenexamen in der Petitionscom- 
mission, deren Referent bekanntlich Professor Hoffmann ist. 
belohnt werden möge. 

Gesetzentwurf betr. die Gehalts- und Rangverhältnisse der Veterinär 
beamten in Oesterreich. 

Die österreichische Staatsregierung hat einen Gesetzentwurf 
zur Vorlage gebracht, der folgende Verbesserungen in Aussicht 
nimmt: Die Bezirksthierärzte (bisher letzte Beamtenklasse XI) 
kommen theils in die N. Klasse mit 2200—2000 Kronen -Gehalt, 
theils in die IX. mit 2800 3200 Kronen. Dann werden 
Veterinärinspectoren eingeführt mit VIII. Rangklasse und 
3000- 4400 Kronen, lu jedem österreichischen Kroulande wird 


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19. April 1900. 


BERLINEU TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


187 


(‘in Landesthicrarzt. (bei der Landesregierung) angestellt, welche 
nach der Anciennitiit in die VII. he/w. VI. Klasse einrangirt 
werden sollen mit 4S00 ('.(MM) he/w. 0400-8000 Kronen. An 
der Spitze steht der Ministeml-Veterinär-Referent (z. Z. Herr 
Sperk). welcher je nach dem Dienstalter in die VI. bezw. 
V. Klasse, in letztere mit KKMM) -I2O0O Kronen (Jehalt gehören 
wird. Zu diesen testen Bezügen treten noch .'120 -2000 Kronen 
Functionszulage. Neugescharten werden die Stellen von 
24 Veterinär-Assistenten mit je 1200 Kronen Gehalt, welche 
zur practischen Verwendung im Staatsdienste zur Verfügung 
stehen. Im Ministerium des Innern soll eine selbständige Central- 
Veterinär-Verwaltung gebildet werden. 

Der Anspruch auf staatliche Anstellung wird künftig nicht 
allein an die erfolgreich bestandene ..Physicats-Prüfung“ ge¬ 
knüpft, sondern an die Maturitas.*) (Bericht der Wochen¬ 
schrift für Thierheilkunde und Viehzucht.) — 

Gegenüber der herben, aber berechtigten und nothwendigen 
Kritik, welche das österreichische Veterinärwesen gerade -in 
jüngster Zeit bei uns erfahren musste, geben wir mit um so 
grösserer Freude die Mittheilung von dieser Wendung zum 
Besseren wieder, welche beweist, dass nachgerade die Staats- 
regiernng die thatsächlich vorhandenen Mängel vollständig 
erkennt. 

Namentlich bedeutungsvoll ist es, dass endlich das Civil- 
Staats-Veterinärwesen sich vom Militär-Veterinärwesen eman- 
cipirt und sich mit der Forderung des obligatorischen 
Abiturienten-Kxamens seine eigene Stellung sichert. Welche 
Bedeutung diese Maassregel hat ist schon neulich ( No. (i) 
bei Besprechung der Verschiedenheit des Veterinärwesens in 
Oesterreich und in Ungarn, wo die Maturitas für Civil-Wterinär- 
beamte schon obligatorisch ist. beleuchtet, worden. 

Die Aenderungen der Gehalt- und Rangverhältnisse dürften 
den Wünschen der österreichischen Collegen im Ganzen 
entsprechen. 

Nun sollte man aber auch ganze Arbeit machen und endlich 
mit den hundertjährigen Missverhältnissen an der Wiener Lehr¬ 
anstalt brechen. Schon der Name „k. k. Militärthierarznei- 
Institut und thierärztliche Hochschule“ ist fast ein unmöglicher 
zu nennen und lässt einen Schluss auf die Verhältnisse zu. 
So lange die Welt steht, hat es sich noch nirgends als nützlich 
tiir die Sache oder auch nur als möglich erwiesen, dass Zwei 
zusammen legieren wollen. Auch an der alten Berliner Thier¬ 
arzneischule wurden die dringendsten Reformen, die kein ge¬ 
ringerer als Wilhelm von Humboldt persönlich vertrat, aufge¬ 
halten und zum Scheitern gebracht, weil das Kriegsministerium, 
das Hotinarstallamt und das Ministerium des Innern sich nicht 
einigen konnten und jeder das Bischen Thierarzneischule, die 
im übrigen doch quantite negligeable war, verwalten wollte. 

Auch später sind noch immer Versuche gemacht worden, 
ein militärisches Comlominium zu wahren, bis endlich die Hoeli- 
schulVerfassung auch formell klare Verhältnisse schuf. Die Art 
und Weise, wie jetzt in Berlin neben der ausschliesslich dem 
lamlwirthschaftlichen Ministerium unterstellten thierär/tlieben 
Hochschule eine völlig selbstständige Militärrossarztschule 
besteht, deren Angehörige dennoch den unmittelbaren Nutzen 
der wissenschaftlichen Institute, der Hochschule haben, ist jeden¬ 
falls die beste Lösung jener früher auch hier bestehenden 
Schwierigkeiten und hat gewiss der Armee keinen Abtrag getlian. 


Eine Academic unter militärischer Verwaltung ist nur möglich, 
wenn sie ausschliesslich der Armee ungehörige Zöglinge hat. 
Die organische Verbindung eines Militärthierarznei-Instituts 
unter Direetin» eines Stabsoffiziers und dessen überwiegendem 
Einfluss mit einer Civilhochschule ist eine unnatürliche 
und führt, wie die Erfahrung gezeigt hat, nach keiner Richtung 
zu befriedigendem Ergebniss. Nothwendig ist sie auch nicht, wie 
neben Deutschland auch die Verhältnisse in Ungarn lehren, wo 
die thierärztliche Hochschule dem Ackerhauministerium unter¬ 
stellt ist, obwohl an ihr ebensogut Militärs studiren. Desshalb 
wird schliesslich auch in Wien nichts anderes übrig bleiben, als 
die Doppel Verwaltung aufzugeben und, wenn nichts anderes 
thunlich erscheint, das radieale Mittel der „reinlichen Scheidung“ 
zu wählen. Dieser Schritt, in Verbindung mit der jetzt un¬ 
gebahnten wichtigen Reform des .Staatsveterinärwesens winde 
mit einem Schlage die Veterinärverhältnisse in Oesterreich ver¬ 
wandeln und sie in der Hauptsache vollkommen gestalten. 

S. 

Zu dem Artikel „In der ecole veterinaire d’Alfort.“ 

ln seinem Artikel No. 14 dieser Zeitschrift gab der ('«liege 
Lohsee einen interessanten Ueberblick nicht nur über die 
Veterinärschule zu Al fort selbst, sondern auch über mancherlei, 
was ihm an den Einrichtungen des Studiengauges in Frankreich 
aufgefallen ist. 

Hierbei entschlüpft, ihm nur eine Bemerkung, die ihn so 
recht als in Deutschland ausgebildeten Veterinär charakterisirt. 
die aber doch nicht so ganz ohne Widerspruch hier bleiben soll. 
Unsere Collegen jenseits der Vogesen lesen auch die Berliner 
Thierärztliche und könnten leicht auf den Verdacht kommen, 
dass wir etwas schnell mit unseren Urtheilen bei der Hand 
seien. Lohsee schreibt: „Im 2. Semester, wo man sogar 
Zootechnie praetisch betreibt, was allerdings wohl ein 
wenig zu weit, gegangen ist; denn wozu einen Floh zergliedern 
können, wenn man später verstehen soll, ein Pferd zu seciren.“ 

Ja, aber- das tliut ja gar kein Mensch in der Zootechnie! 
Und dass Zootomie in Frankreich mit besonderer Vorliebe 
getrieben wird, kann ich gerade nicht linden, trotzdem mir die 
Verhältnisse einigermassen bekannt sind. Man treibt wohl 
kaum soviel Zoologie und Zootomie wie in Deutschland. 

Zootechnie, ja. die treibt man und wir Deutsche 
könnten uns glücklich schätzen, wenn wir erst mal so 
weit wären, dass wir an allen Hochschulen besondere Lehrstühle 
für Zootechnie hätten; man würde uns Thierärzten dann den oft 
gemachten Vorwurf, dass uns die Thierzucht fremd sei, nicht 
mehr so intensiv machen können. 

Aus den beiden griechischen Wörtern ?woe das Thier und 
die Kunst bildete der Graf von Gasparin 1H48 das in 
die Wissenschaft aufgenommene Wort Zootechnik. Nach 
Saurun ist sie die Wissenschaft von der Production und Aus¬ 
nutzung der thierischen Maschinen; nach Cornevin der Tlieil 
der Naturgeschichte, welcher die Hausthiere behandelt; nach 
Baron ist der Zootechniker der Ingenieur der lebenden 
Maschinen — kurz Zootechnik ist die Wissenschaft von der 
Zucht und rationellen Ausnutzung der nutzbaren Hausthiere. 
Hierzu kann man zwar die Bienen rechnen, die Flöhe aber 
niemals. 


*) Dies-: Bestimmung bat keine rückwirkende Kraft auf l)ie- 
enigen, welche vor dem 27. März 1897 zu. studiren begonnen haben. 


Practisehe Zootechnik ist weiter nichts, als Hausthierzucht. 

Dr. Goldbeck. 


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BERLINER THIERÄRZTLICH E WOCHENSCHRIFT. 


No. 16 . 


ISS 


Anfrage. 

Auf Grund «*ines Spezialfalles wünscht ein College die 
allgemeine Meinung darüber kennen zu lernen, ob es bei einer 
Untersuchung eines Pferdes zwecks Ankaufs als eine Pflicht des 
Thierarztes bezeichnet werden kann, nicht bloss die Schneide¬ 
zähne, sondern auch die Backzähne zu untersuchen, bezw. ob 
die (’ollegen letztere l’ntersuchung ohne weiteres auszuführen 
gewohnt sind oder nicht. 

Vorlesungen und practische Uebungen an der Königlichen Thierärztlichen 
Hochschule zu Hannover. Sommers«mester 1900. 

1. Director, Geheimer Regierungs - Rath, Medicinalrath, 
Professor Dr. Ham mann: Seuchenlehre und Veterinär-Polizei, 
Montag bis Donnerstag von 8—9 Uhr Vormittags, 4stiindig. 
Diätetik, Freitag und Sounabend von S—!» Uhr Vormittags, 
2 stiindig. 

2. Professor I)r. Kaiser: Geburtshülfe mit Uebungen am 

Phantom, Dienstag und Freitag von 9 -10 Uhr Vormittags, 
Mittwoch von 9 10 Uhr Vormittags und von f> 6 Uhr Nach¬ 

mittags, 4 ständig. Ambulatorische Klinik. Demonstrationen 
über Exterieur, Rassenkunde und chirurgische Krankheiten des 
Rindes. 

3. Professor Tereg: Physiologie I, Montag und Mittwoch 
bis Freitag von 7 —8 Uhr, Sonnabend von 7- 9 Uhr Vormittags, 
Oständig. Geschichte der Thierheilkunde, Dienstag von ö—l» Uhl- 
Nachmittags, lstündig. 

4. Professor Dr. Arnold: Organische Chemie, Montag bis 
Freitag von 8 - 9 Uhr Vormittags, ostündig. Uebungen im 
chemischen Laboratorium, in Gemeinschaft mit Repititor Dr. 
Hehrens, täglich Vormittags von 10- 1 Uhr. 

5. Professor Boether: Histologie und Embryologie, Dienstag 
bis Freitag von 9— 10 Uhr Vormittags, 4stiindig. Anatomie des 
Centralnervensystems und der Sinnesorgane, Montag und 
Sonnabend von 9 —10 Uhr Vormittags, 2stündig. Histologische 
Uebungen, in Gemeinschaft mit Prosector Nelke, täglich Vor¬ 
mittags von 10- 1 Uhr. 

6 . Professor Dr. Mal km ns: Gerichtliche Thierheilkunde, 
Mbntag bis Mittwoch von 7 —8 Uhr Vormittags, Mstiindig. 
Uebungen im Anfertigen von schriftlichen Gutachten und Re¬ 
nditen, Donnerstag von 7 —8 Uhr Vormittags, lstündig. Unter¬ 
suchungsmethoden, Freitag und Sonnabend von 7 —8 Uhr Vor¬ 
mittags, ’Jstündig. Propädeutische Klinik. Klinik für grössere 
Hausthiere, Abtheilung für innere Krankheiten und Gewähr¬ 
mängel, täglich Vormittags von 10—12 Uhr. 


7. Professor Frick: Allgemeine Chirurgie, Montag und 

Donnerstag von 7 8 Uhr, Sonnabend von 8 9 Uhr Vormittags, 
.‘lstündig. Operationslehre, Dienstag von 7 —8 Uhr und Mittwoch 
von 9 10 Uhr Vormittags, 2stündig. Ophthalmoskopische 

Uebungen, Freitag von 7- 8 Uhr Vormittags, lstündig. Propä¬ 
deutische Klinik. Klinik für grössere Hausthiere, Abtheilung für 
äussere Krankheiten, täglich Vormittags von 10—12 Uhr. 
Uebungen am Hufe, in Gemeinschaft mit Repetitor Römer. 
Freitag und Sonnabend von 5 —6 Uhr Nachmittags, 2stündig. 

8 . Docent Dr. Olt: Allgemeine Pathologie nnd allgemeine 
pathologische Anatomie, Montag bis Freitag von 8 —9 Uhr 
Vormittags und Sonnabend von 9—10 Uhr Vormittags, <5 ständig. 
Racteriologie mit Uebungen, Montag bis Mittwoch von 12—1 Uhr 
Mittags, 3 stündig. Fleischbeschau mit Demonstrationen, Donners¬ 
tag bis Sonnabend von 12—1 Uhr Mittags, 3 stündig. Ob¬ 
duktionen und pathologisch-anatomische Demonstrationen, täglich 
je nach vorhandenem Material. 

9. Docent Dr. Rievel: Allgemeine Therapie. Mittwoch von 
7- 8 Uhr und Montag von 9 —10 Uhr Vormittags, 2 stündig. 
Keceptirkunde, Dienstag von 9—10 Uhr Vormittags, 1 stündig. 
Toxikologie, Donnerstag und Freitag von 9--10 Uhr Vormittags. 
2 stündig. Klinik für kleinere Hausthiere, täglich von 10 bis 
12 Uhr Vormittags. 

K). Dr. Ströse: Fleischbeschau-Knrse auf dem hiesigen 
Schlachthofe, jeder Cursns mit 14 tägiger Dauer, in den Monaten 
August und September. 

11. Repetitor Dr. Hehrens: Botanik, Montag bis Freitag 
von :5 4 Uhr Nachmittags, 5 stündig. Botanische Excursionen, 
Sonnabend von .4- f> Uhr Nachmittags, 2 stündig. Qualitative 
chemische Analyse. Montag von 5- 6 Uhr Nachmittags, 1 stündig. 
Uebungen im chemischen Laboratorium, in Gemeinschaft mit 
Professor Dr. Arnold. 

12. Prosektor Nelke: Allgemeine Anatomie, Osteologie und 
Syndesmologie, Freitag nnd Sonnabend von 8—9 Uhr Vormittags. 
2 ständig. Histologische Uebungen, in Gemeinschaft mit Pro¬ 
fessor Boether. 

14. Repetitor Vosshage: Uebungen in der Percussion und 
Auscultation. Dienstag und Donnerstag von 4—f> Uhr Nach¬ 
mittags, 2 stündig. 

14. Repetitor Römer: Benrtheilung des Beschlages, Mitt¬ 
woch von 4—5 Uhr Nachmittags, 1 stündig. Uebungen am 
Hufe, in Gemeinschaft mit Professor Frick. 

15. Apotheker Ambrosius: Pharmaceutische Uebungen. 
täglich von 11 — 1 Uhr Vormittags und von 3 -4 Uhr Nach¬ 
mittags. 

16. Assistent Bauermeister: Pathologisch-anatomische 
Diagnostik, Freitag von 4- f» Uhr Nachmittags, 1 ständig. 


Oefteutliclies Veterinär wesen. 


(M i 11 h ei 1 u ng e n für 

Seuchenstatistik und Yeterinärpolizei. 

Die Maul- und Klauenseuche in Argentinien. 

Den Ausbruch der Seuche in den südlichen Theilen Argen¬ 
tiniens meldete zuerst Reuters Bureau am 20. März d. J. 
Während weitere Telegramme angaben, dass die Einschleppung 
der Maul- und Klauenseuche durch Zuchtvieh von Frankreich aus 
wahrscheinlich erfolgt ist, wird nach neueren Nachrichten aus 
Argentinien das Herrschen der Seuche überhaupt bestritten, weil 
man keine Schafe und Schweine hat an der Seuche erkranken 
sehen. Man hält die Krankheit für ein ansteckendes Ekzem und 
hofft, dass dasselbe nach den ergiebigen Regengüssen der letzten 
Tage verschwinden wird. Nichtsdestoweniger wird berichtet, 
dass der Bremische Hansadampfer „Tannenfels ; ‘, welcher am 
Dl. März von La Plata mit einer Ladung Vieh nach Dephfond 
(Themse) abging. Las Palmas auf den Kanarischen Inseln an- 
lanfen musste, weil unter dem Vieh die Maul- nnd Klauenseuche 
ausgebrochen war. 169 Stück Rindvieh sind krepirt. die übrigen 
sind krank. Ferner sind in der letzten Woche in Dephfond 
unter argentinischem Vieh I klare Fälle von Maul- und Klauen¬ 
seuche bei der Landung fest gestellt worden. Die ganze Sendung 
bestand aus 244 Riuderu und ca. 1100 Schafen; die Thiere 


Veterinärbeamte.) 

wurden getrennt gelandet und sofort abgeschlachtet. Im Ganzen 
wurden hiervon 154 mit Erscheinungen der Seuche behaftet 
gefunden. Deren Fleisch gelangte in den Verkehr; der Abfall, 
und die Häute sowie die mit den verseuchten Thieren in Be¬ 
rührung gewesenen Gegenstände und Personen wurden desinffeirt. 
Die englische Regierung hat sofort ein Einfuhrverbot gegen Vieh 
aus Argentinien und Uruguay erlassen, welches am Montag de» 
40. April in Kraft treten soll, so dass nur die zur Zeit auf See 
schwimmenden Viehsendnngen noch gelöscht werden dürfen. Die 
Folgen für den Viehverkehr wird man ermessen können, wenn mau 
bedenkt, dass vom 1. Januar er. bis 41. März er. 47 089 Rinder 
und 102 617 Schafe aus Argentinien eingeführt und durch¬ 
schnittlich wöchentlich 4000- 3500 Rinder und 7000Schafe inDepl»- 
fond gelandet sind. Bei der ständig verbesserten Qualität der 
argentinischen Rinder und Schafe fanden di«* Thiere leicht zu 
guten Preisen Absatz, so erzielten am Montag, den 2. April am 
Dephfond Markt Prima Argentinier Rinder 4 s. —4 s. 1 d. pro 
8 Pfund (engl.) und Schafe 4 s. 10 d. 5 s. pro 8 Pfund. Ausser 
in Dephfond wurden auch in Birkenhead beträchtliche Mengen 
von argentinischem Vieh gehandelt. Diese Entblössnng dieser 
beiden grossen Märkte für ausländisches Vieh, wird ohne Zweifel 


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19. April 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


189 


den Werth der Rinder und Schafe aus den Vereinigten Staaten 
und C'anada steigern und grössere Zufuhren veranlassen. Aber 
auch der Werth des iinportirten frischen und cousemrten Fleisches 
wird sich erhöhen. Hier kommt ausser Amerika auch noch 
Dänemark in Betracht, und viele Rinderviertel, welche sonst 
von letzterem Lande nach Deutschland gegangen wären, werden 
nun in England willige Abnehmer finden. Erleidet hier die 
Fleischeinfuhr Deutschlands eine Einbusse, so ist zu erwarten, 
dass auf der anderen Seite die Fleischausfuhr Deutschlands 
protitiren wird, wenn auch nicht hinsichtlich des Rindfleisches, 
so doch des Schweinefleisches; gehen doch schon jetzt wieder 
nicht geringe Mengen frischer Speck von Hamburg nach 
England und scheint sich das Geschäft, welches mehr als 
13 Jahre geruht hat, wieder zu beleben. Knhnau. 


Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preussen am 31. Mftrz 1900. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche herrschte 
in 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht: 

Königsberg .. 

5 

! 8 

1,95 

Gumbinnen. 

1 

1 

0,25 

Danzig. 

7 

i 13 

10,31 

Marienwerder. 

10 

23 

10,17 

Berlin. 

1 

| 1 


Potsdam. 

14 

65 

25,12 

Frankfurt. 

12 

47 

17,27 

Stettin. 

11 

80 

42,64 

Köslin. 

9 

23 

11,91 

Stralsund . 

3 

17 

19,07 

Posen . 

12 

22 

6,67 

Bromberg. 

12 

26 

11,68 

Breslau.. 

1-1 

31 

8,16 

Liegnitz. 

12 

24 

8,52 

Oppeln. 

7 

11 

3,92 

Magdeburg . 

14 

54 

37,50 

Merseburg. 

10 

26 

11.24 

Erfurt. 

o 

2 

3.41 

Schleswig. 

3 

3 

1,40 

Hannover . 

4 

9 

14,30 

Hildesheim. 

!) 

20 

27,62 

Lüneburg . 

0 

24 

16,28 

Stade. 

1 

2 

2,75 

Osnabrück. 

2 

0 

3,57 

Aurich. 

1 

2 

5,84 

Münster. 

4 

5 

18,65 

Minden . 

5 

11 

21,56 

Arnsberg . 

8 

26 

30,58 

Cassel. 

11 

18 

10,76 

Wiesbaden. 

6 

13 

13,88 

Koblenz. 

3 

7 

6,69 

Düsseldorf. 

10 

26 

60,46 

Köln. 

4 

r> 

16,89 

Trier. 

7 

17 

15,08 

Aachen . 

4 

8 

20,51 

Hohenzoliern-Sigmaringen 

1 

1 

7,87 

Summa: 

245 

673 

— 


Nachweitung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche 
am 31. März 1900. 

Es waren am 31. März 1900 in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Gumbinnen 2 (2). R.-B. Marienwerder 

l (1). R.-B. Berlin 1. R.-B. Potsdam 1 (1). R.-B. Posen 4 (4). 
H.-B. Bromberg 4 (»>). R.-B, Breslau 1 (1). R.-B. Oppeln 1 (2). 


R.-B. Hildesheim 2 (2). R.-B. Stade 1 (1). R.-B. Wiesbaden 1 (D. 
R.-B. Aachen 1 (1). Bayern: R.-B. Oberbayern 1 (1). R.-B. 
1 Niederbayern 1 (1). R.-B. Schwaben 1 (1). Württemberg: 

Donankreis 2 (2). Baden: Landescomm. Constanz 1 (1). Braun- 
| schweig: 1 (1). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogthuiu 

■ Gotha 1 (1.) Elsass-Lothringen: Bezirk Lothringen 2 (5). 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 1 (1). R.-B. Niederbayern 

1 (1). R.-B. Pfalz 1 (2). Sachsen: Kreishauptmauu- 

' schaft Zwickau 1 (1). Württemberg: Donaukreis 1 (1). 
I Mecklenburg-Schwerin: 1 (1). Oldenburg: Fürstenthum 
Birkenfeld 1 (2). Braunschweig: 4 (31). Sachsen- 

i Meiningen: 2 (3). Sachsen-Altenburg: 2 (2). Sachsen- 
Coburg-Gotha: Herzogthum Coburg 1 (2). Herzogthum Gotha 
! 3 (4). Anhalt: 3 (10). Schwarzburg-Sondershausen: 2 (2). 

1 Schwarzburg-Rudolstadt: 1 (1). Reussä.L.: 1 (2). Reuss 
j L.: 1 (3). Lippe: 2 (3). Bremen: 1 (1). Elsass-Lothringen: 

| Bezirk Unter-Elsass 5(17). Bezirk Ober-Elsass 5 (11). Bezirk 
Lothringen 4 (8). 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Magdeburg 3(3). R.-B. Merseburg 1(1). 
Sachsen: Kreishauptm. Zwickau 1 (1). Anhalt: 1 (1). 

D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest): 
Preusseu: R.-B. Königsberg 2 (5). R.-B. Danzig l (2). 

R.-B. Marienwerder 3 (3). R.-B. Potsdam 5 (7). R.-B. Frankfurt 
8 (fl). R.-B. Stettin 3 (4). R.-B. Stralsund 2 (3). R.-B. Posen 
10 (11). R.-B. Bromberg 3 (3). R.-B. Breslau 11 (37). R.-B. 
Liegnitz 6 (15). R.-B. Oppeln 4 (9). R.-B. Magdeburg 3 (3). 
R.-B. Schleswig 1 (l). R.-B. Hannover 2(2). R.-B. Hildesheim 
2(2). R.-B. Stade 1 (1). R.-B. Münster 1(1.) R.-B. Arnsberg 
1 (1). R.-B. Cassel 1 (1). R.-B. Coblenz 1 (1). R.-B. Düsseldorf 
2(2). R.-B. Köln 2(2). Bayern: R.-B. Oberbayern 1(1). R.-B. 
Niederbayern 1 (1). R.-B. Pfalz 1 (2). Sachsen: Kreishauptm. 
Zwickau 1 (1). Württemberg: Donaukreis 1 (1). Mecklen¬ 
burg-Schwerin: 1(1). Braunschweig: 1(1). Anhalt: 1(1). 
Lippe 2 (3). Lübeck 1 (1). Hamburg: 1 (2). 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen etc. 

Auf dem Berliner Central-Viehhof ist unter Ceberstiinde- 
Sehweinen am 13. er. ein Seuchenausbmch eonstatirt worden. 
In Dresden ist die schon seit Anfang April mehrmals aus¬ 
gebrochene und erloschene Seuche am 12. erloschen gewesen, 
am 14. neu ausgebrochen und am 15. wieder erloschen. Aus¬ 
brüche mit gleichzeitigem Erlöschen sind gemeldet aus München 
und Nürnberg am 14. er., aus Bremen am 15. er. 

Bromberg. 

Es ist verboten, die auf Balmhöfen des Regierungsbezirks 
ankommenden Transporte von Handelsgänsen ohne vorherige 
Untersuchung durch den beamteten Thierarzt auszuladen und 
vom Bahnhofe zu entfernen. 

Fleischschau und Viehverkehr. 

Protocoll der 1. ausserordentlichen Versammlung der 
Gruppe „Schlachthof- und Sanitätsthierärzte“ vom 
thierärztlichen Centralverein für die Provinz Sachsen, 
die anhaltischen und thüringischen Staaten, 
abgehalten am 18. Februar 1900 zu Magdeburg im Restaurant 
des Schlacht- und Viehhofs. 

Anwesend waren: ,.l)ie Mitglieder Spulmnann-Stendal, 
Klaphake-Zeitz, Sorge-Stassfurt, I)emmin-Zerbst,M r u go w s k i- 


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190 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. Iß. 


Halberstadt. Veit-Salzwedel, \Yi tte-Quedlinburg. Haffncr- 
Aschersleben, Gel du er-Burg. Bierbach-Xaumburg, Colberg, ■ 
Buhmann, Holle, Risto w-Magdeburg: als Gäste: Departements- j 
tliierarzt und Veterinär-Assessor Leistikow-Magdeburg, Corps- , 
rossarzt Tiet /-Magdeburg,Kreisthierarzt (Dmde 1 ach-Magdeburg. t 
Schlachthofthierarzt Lorenz-Magdeburg, Sclilachthof-Director ; 
Kessler-Weimar, Sclilachthof-Director (ierlach-Apolda, Thier- . 
arzt Lewin und Schmidt-Magdeburg.“ 

Director Colberg gab an der Hand eines Lageplaues zu- ( 
nächst einen Ueberblick über die Anlage des Schlacht- und 
Viehhofs zu Magdeburg, worauf unter seiner Leitung eine Be¬ 
sichtigung derselben stattfand. Bei diesem Rundgange wurde 
in dem bacteriologischen Laboratorium eine kleine Sammlung j 
pathologischer Präparate besichtigt, welche allgemeines Interesse i 
erregten. 1 

Nach dem Rundgange versammelten sich die Anwesenden . 

i 

wiederum im Börsenrestaurant des Viehhofs. Der Obmann der j 
<«nippe, Director Colberg. begriisste die Gäste und Mitglieder 
und dankte ihnen für das zahlreiche Erscheinen, wobei er gleich- j 
zeitig Schreiben von Herrn Professor Dr. Ostertag und Herrn 
Oberthierarzt Reissmann-Berlin, Director Reimers-Halle. 
Bartel8-0ardelegen und Hartmann-Cöthen mittheilte, welche 
leider verhindert waren, zu der Versammlung zu erscheinen. 

Hierauf giebt Director Colberg einen kurzen Pebeiblick , 
über die Entwickelung des Baues und die Eröffnung des Schlacht- ; 
und Viehhofs, sowie über den Yielmuftrieb auf dem Viehhofe 
und die Zahl der jährlichen Schlachtungen, die allgemeinen 1 
Betriebseinrichtungen und den Etat. 

Kreisthierarzt (iundelach dankt dem Redner für die hoch- i 
interessanten Ausführungen und lobt im Allgemeinen die Ein¬ 
richtung der gesummten Anlage, tadelt aber die Beleuchtungs¬ 
anlage in den Schlachthallen und auf den Ausladerampen, j 
welche die Ausführung der Fleischschau und die veterinär¬ 
polizeiliche Untersuchung der zum Markte gestellten Thiere I 
sehr erschwere. i 

Director Colberg erwidert, dass die Beleuchtungsfrage i 
bereits seit Jahren Gegenstand der Berathungen gewesen sei, 
es sei zu hoffen, dass in allernächster Zeit die Angelegenheit 
zu einem befriedigenden Abschluss gelangen werde, auch sei 
noch die Aufstellung eines Yernichtungsapparates für Thier- 
cadaver hierorts zu erstreben. Zur Zeit würden die hiesigen 
Contiseate, nachdem sie durch tiefe Einschnitte und Feber- I 
giessen mit roher Karbolsäure für den menschlichen Genuss | 
unbrauchbar gemacht, in verschlossenen Wagen der Ab- , 
deckerei überliefert. 

Zu Punkt 2 der Tagesordnung hält Herr College Bolle- j 
Magdeburg einen eingehenden Vortrag über „das Vorkommen 
der Tuberenlose bei den Schlachtthieren unter besonderer Be¬ 
rücksichtigung der Fntersuchnng dieser Thiere für die Zwecke I 
der Fleischbeschau. Die Behandlung des Fleisches tuber- ! 

culöser Thiere.“ j 

Redner führt aus, dass die Ausbreitung der Tuberenlose 
unter den Schlachtthieren seit Errichtung der Schlachthäuser 
annähernd bekannt geworden sei, dass aber eine genaue Fest- | 
Stellung der Ausbreitung sich erst ermöglichen lassen werde. | 
wenn die allgemeine Fleischbeschau mit Einschluss der Haus- , 
Schlachtungen eingeführt sei. Nach den bisherigen statistischen 
Angaben stehe fest, dass etwa 2;'»°,, der Rinder, 3% der 
Sehweine, 0,24% der Kälber und 0,5% der Ziegen an Tuber- i 


eulose erkrankt sind, während dieselbe bei Schafen, Pferden 
und Hunden zu den grössten Seltenheiten gehört. Fenier er- 
giebt der Vergleich der Tuberculosestatistik eines grösseren 
Schlachthofes in mehreren auf einander folgenden Jahren, dass 
die Ausbreitung der Krankheit besonders unter den Kindern 
und Schweinen in steter Zunahme begriffen ist. Diese Zunahme 
der Tuberkulose lässt sich nur verstehen, wenn man bedenkt, 
dass der Krankheitserreger, der Tuberkelbacillus, dessen Nach¬ 
weis. biologischen und pathogenen Eigenschaften Redner näher 
erörtert, mit der Athmnngslnft. den Secreten und Exereten der 
erkrankten Menschen und Thiere in die Aussenwelt gelangt 
und so leicht zu weiterer Infeetion gesunder Menschen und 
Thiere führen kann. Es muss daher das eifrigste Bestreben 
der in der Fleischbeschau thätigen Kollegen sein, möglichst alle 
an Tuberenlose erkrankten Schlaohtthiere ausfindig zu machen 
und durch die Vernichtung der sieh findenden tuberculösen 
Theile die Gefahr der Ansteckung für Menschen und Thiere zu 
mindern. 

Referent beschreibt dann die Untersuchungsweise einzelner 
Organe und ganzer Thiere und giebt eine kurze Definition des 
Begriffs der „localen“ und ..generellen“ Tuberenlose, der für 
die Benrtheilung des Fleisches von ausschlaggebender Bedeutung 
geworden ist und führt zum Schluss das nach den heutigen 
wissenschaftlichen Erfahrungen motovirte Verfahren mit dem 
Fleisch tubcrculöser Thiere an, wie es auch auf dem letzten 
thierärztlichen Kongress zu Baden-Baden zum Ausdruck ge¬ 
bracht ist. 

Director Colberg dankt dem Redner für den interessanten 
Vortrag und stellt denselben zur Discussion, an der sich die 
Kollegen Klaphake, Geldner, Bierbach, Colberg und Ristow 
betheiligen. College Klaphake erwähnt hierbei, dass er zur Des- 
infection seines Untersuchungsmessers eine Zinkscheide, die mit 
Alkohol gefüllt ist, benutze. 

Punkt 3 der Tagesordnung (Vortrag des (’ollegen K1 a pha k o- 
Zeitz über „Die Gewährleistung beim Handel mit Seblachtthieren“ ) 
wird wegen vorgeschrittener Zeit von der Tagesordnung ab¬ 
gesetzt. 

Zu Punkt 4 der Tagesordnung: .,Unvorhergesehenes“ be¬ 
richtet Director Colberg über eine Entscheidung des Königlichen 
Landgerichts zu Magdeburg, nach welcher die eingeführten, 
präservirten Lohern nicht in allen Fällen zum „frischen“ 
Fleisch gerechnet werden können da dieselben, wie nach¬ 
gewiesen, häufig dergestalt präparirt werden, dass ihre grossen 
Blutgeiässe mit 10- bis 20-procentiger Salzlösung durchspritzt 
und die Lehern ausserdem vier Tage hindurch in eine 10- bis 
2<>-proeentige Salzlösung eingelegt werden, bevor sie zum Ver¬ 
sand gelangen. 

Nach der Entscheidung in Johow Baud 14, Seite 400 fallen 
aber Fleischstücke, welche durch Einlegen in eine 15-procentige 
Salzlösung im Innern von Salz durchdrungen sind, nicht unter 
den Begriff dos „frischen“ Fleisches im Sinne der Gesetze vom 
is. März 1 S 0 S und vom lb März 1S81. 

Nach Mittheilnngen der Kollegen Bierbach - Naumburg. 
Klaphake - Zeitz und Fessler - Weimar sind noch anderweitige 
gerichtliche Entscheidungen über diesen Gegenstand zu erwarten: 
in einer der nächsten Sitzungen soll darüber weiter berichtet 
werden. Die Versammlung erkennt einstimmig an, dass ein 
Unteisuchungszwang derartiger Lebern unter allen Umständen 
anzustreben sei. 


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19. April 1900. 


BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


191 


Punkt 5 der Tagesordnung (Mittheilungen aus der Praxis). 
Der Vorsitzende, Director (’olberg, empfiehlt den Herren 
Collegen, welche als Leiter von Schlacht- bezw. Viehhöfen in 
Bezug auf die Unfallversicherung ihres Betriebes mit den An¬ 
gelegenheiten der Fleischereiberufsgenossenschaft sich zu be¬ 
schäftigen haben, für die nächste Generalversammlung der 
Fleischereiberufsgenossenschaft zu Nürnberg im Juli d. J. die 
ordnungsmässig ausgefüllten und nicht stempelpflichtigen Voll¬ 
machten dem Magistrat zu Nürnberg mit der Bitte um 
Wahrnehmung der Vertretung in der Generalverammlung zu | 
übersenden, sofern die Stadtgemeinde, bezw. Stadtraagistrate 
durch eigene Bevollmächtigte oder die Leiter der Schlachthof- 1 
betriebe selbst diese Versammlung nicht besuchen. 

Nach einer Entscheidung des Reichsversicherungsamts 
können nämlich nach den gesetzlichen Bestimmungen und nach ' 
den zeitigen Bestimmungen des Genossenschaftsstatuts die ! 
Leiter der Schlachthofbetriebe mit der Vertretung eines ! 
anderen Betriebes in diesen Versammlungen nicht betraut 1 
werden, wie dies unbeanstandet bis zum vorigen Jahre geschehen 
ist und wie dies die stimmberechtigten Mitglieder der Ge¬ 
nossenschaft gegenseitig können. 

Ein nach dieser Richtung in der vorjährigen Generalver¬ 
sammlung eingebrachter Antrag auf Abänderung des Statuts, 
gegen welchen auch Seitens des Reichsversicherungsamts Ein¬ 
wendungen nicht erhoben waren, wurde abgelehnt und wird 
derselbe wahrscheinlich in der Zukunft auf eine Annahme in 
der Genossenschaftsversammlung auch nicht rechnen können, da 
diejenigen Mitglieder der Genossenschaft, welche Schlacht- und , 
Viehhofbetriebe vertreten, durch die anderen Mitglieder der i 
Fleischereibetriebe stets überstimmt werden. 

Es ist aber dringend erforderlich, dass zur Wahrnehmung 
der Interessen der Stadtgemeinden und der Schlachthöfe diese 
in der Genossenschaftsversammlung durch eine thunlichst grosse j 
Zahl von Stimmen vertreten sind. Dies ist für die Verwaltung 
der Fleischereiberufsgenossenschaft, an der die Stadtgemeinden 
ein hohes Interesse haben, für die Festsetzung des Gefahren¬ 
tarifs, für die Besetzung der - Stellen im Vorstand und in den 
Schiedsgerichten u. s. w. von grosser Wichtigkeit. Daher ist | 
der oben vorgeschlagene Weg, den Magistrat in Nürnberg in | 
diesem Jahr in der Genossenschaftsversammlung mit der Ver¬ 
tretung der Schlachhofbetriebe zu betrauen, der richtige, damit 
eine Vertretung der Stadtgemeinden mit einer möglichst grossen 
Stimmenzahl gesichert ist; der hohen Reisekosten wegen er¬ 
scheint es ausgeschlossen, dass alle betheiligten Betriebe eigene 
Vrtreter nach Nürnberg entsenden. In den folgenden Jahren 
würden jedesmal diejenigen Magistrate der Städte mit Schlacht¬ 
rufen, woselbst die Genossenschaftsversammlung stattfindet, mit ' 
der Vertretung zu betrauen sein. 

Am Schlüsse der Versammlung dankt Departementsthierarzt 
und Veterinär-Assessor Leistikow im Namen der Gäste der 
(.Truppe für die interessanten Verhandlungen und wünscht der¬ 
selben ein ferneres Blühen und Gedeihen. 

Nach Schluss der Sitzung besichtigten die Anwesenden eine 
von dem Probenholer Trebert~zu Quedlinburg construirte und j 


gesetzlich geschützte Presse zum Anfertigen von Trichinen¬ 
schaupräparaten, welche längere Zeit im Trichinenschauamt des 
Schlachthofs zu Magdeburg versuchsweise benutzt worden war. 
Dieselbe kann nach diesen Versuchen Damen und schwächlichen 
Personen warm empfohlen werden, da sich mittelst derselben 
unter geringer Kraftanwendung die Muskelschnittchen in einer 
für die Trichinenschau geeigneten Weise quetschen lassen. 

Bei einem gemeinschaftlichen Mittagessen blieben alsdann 
die Collegen noch mehrere Stunden in heiterster Stimmung bei¬ 
sammen. 

• Colberg, Ristow, 

Obmann. Schriftführer. 


Berlin: Auszug aus dem Fielschsehauberioht für Monat März 1900. 

A. Schlachthof. 



Rinder 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht 

16 338 

13610 

36 993 

71 309 

Ganz beanstandet .... 

406 

70 

28 

398 

Ueberhaupt mit Tuberculose 





behaftet. 

4800 

49 

4 

2 649 

Davon gänzlich verworfen . 

160 

13 

— 

61 

„ zur Sterilisation geeignet 





befunden worden: . . 

132 

8 

4 

213 

„ theilweise verworfen . . 

4 

— 

— 

— 

Also vollständig freigegeben 

4 504 

28 

— 

2 375 

Mit Trichinen behaftet. . . 


— 

— 

17 

Mit Finnen behaftet . . . 

72 

1 

— 

34 

Stark finnig, technisch vcr- 





wertbet. 

f> 

— 

— 

11 

Finnig nnd wässerig, tech- 





nisch verwertbet .... 

3 

— 

— 

— 

Schwach finnig, zur Kochung 





geeignet befunden worden 

67 

1 

— 

23 

Ausserdem wegen Behaftung 
mit Kalkconcrementen, mul¬ 
tiplen Blutungen u. s. w. sind 





gekocht verwerthet . . . 

— 

— 

5 

32 


An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei 
Rindern 7688 Stück, bei Kälbern 286 Stück, bei Schafen 2762 Stück, 
bei Schweinen 12202 Stück. 


B. Untersuchungsstationen. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Untersucht. 

21 891 

! 18 701 

2 269 

15 769 

Beanstandet. 

57 

62 

3 

7 

Wegen Tuberculose wurden 
beanstandet. 

24 i 



3 

Davon zur Sterilisation ge¬ 
eignet befunden worden: . 

10 

_ 

_ 

3 

Mithin gänzlich verworfen . 

14 

— 

-- 

— 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 

- 

— 

Mit Finnen behaftet. . . . 

— j 

— 

— 

— 

Davon schwach finnig, zur 
Kochung geeignet befunden 
worden. 

— 

1 

— 

— 


Unter dem eingeführten Fleisch waren 2727 dänische Rinder¬ 


viertel, 67 dänische Kälber und 56 Wildschweine. 

Berlin, den 12. April 1900. Der städtische Oberthierarzt 

Reissmann. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Handbuch der thierftrztlioheu Chirurgie und Geburtshilfe. Heraus- 
ffegeben von Prof. Dr. JosefBayer-Wien und Prof. Dr. Eugen Fröhner- 


Berlin. — ü. Band: Allgemeine Chirurgie. Von Prof. Dr. Eugen Frdhner. 

Zweite verbesserte Auflage. Wien und Leipzig. Wilhelm 
Braumüller. 1900. 8 M. • 


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192 


BERLINER THIERÄRZTLICIIE WOCHENSCHRIFT. 


No. 16. 


Wie der Verfasser sehr richtig in dem Vorworte der ersten 
Auflage bemerkt, muss die thierärztliche allgemeine 
Chirurgie sich auf die Forschungen und Lehrbücher der 
humanen Medicin stützen. Die classischen Lehrbücher der 
humanen Medicin von Billroth und Tillmann dienten als Grund¬ 
lage. Mit der uns von dem Verfasser schon bei der Herausgabe 
anderer Lehrbücher vortheilhaft bekannten tief in die Wissen¬ 
schaft eindringenden Gründlichkeit hat er die sich selbst ge¬ 
stellte Aufgabe „eine thierärztliche Chirurgie nach 
eigenen Erfahrungen und auf 6rund thierärztlioher Lltteratur von rein 
thierärztlichem Standpunkte für die Zwecke der thiex- 
ärztlichen Praxis“ zu bearbeiten in hervorragender und 
selten geschickter Weise gelöst. Nicht einfache Compilationen 
finden wir in dem Lehrbuche, sondern ein auf den Grundlehren 
der Anatomie, allgemeinen Pathologie und pathologischen 
Anatomie basirendes Werk, das die sehr werthvollen Errungen¬ 
schaften der Bacteriologie wohl anerkennt, sie aber nicht und 
zwar mit Recht in den Vordergrund der Chirurgie gedrängt 
wissen will. Folgende Capitel geben uns den Inhalt des Buches 
an: Wunden, Subcutane Verletzungen der Weichtheile, 
die Entzündung, Geschwür, Fistel, Brand, die Ge¬ 
schwülste, Concremente und Fremdkörper, Herpien 
u nd Vorfälle, Krankheiten der Knochen, Krankheiten 
der Gelenke, Krankheiten der Sehnen, Sehnenscheiden 
und Schleimbeutel, Krankheiten der Muskel, Fascien 
und Nerven, Krankheiten der Gefässe, Krankheiten der 
Drüsen, Chirurgische Krankheiten der Haut und 
Schleimhäute und als Anhang Angeborene Miss¬ 
bildungen von chirurgischer Bedeutung. 

Sehr eingehend ist die Onkologie behandelt. Dass der 
Verfasser die Behandlung der Botryomykorae des Sameiretfanges 
nur mit Jodkalium verwirft, halte ich nach meinen Erfahrungen 
für richtig. Dennoch sah ich in 2 Fällen nach 6 wöchentlichen 
Gaben von 6 Gramm Jodkalium eine vollständige Demarkation des 
botryomvkotisch veränderten Gewebes am Schlauche eintreten, 
nachdem der kranke Samenstrang operativ beseitigt war. 
Daher möchte ich Malkmus zustimmen, nur in den Fällen von 
Botryoinycose innerlich Jodkalium zu verabreichen, wenn 
bei gleichzeitiger Operation eine Entfernung sämmtlichen kranken 
Gewebes nicht möglich ist. 

Langathmige Auseinandersetzungen sind in dem Buche ver¬ 
mieden,kurze treffende Definitionen und Beschreibungen, 
wie wir sie vom Verfasser gewohnt sind, bilden eine Zierde 
desselben. Es kann daher nicht allein Studirenden, sondern 
auch praktischen Thierärzten, die es mit ihrer weiteren 
wissenschaftlichen Ausbildung Ernst nehmen, nicht genug der 
Rath gegeben werden, die „Allgemeine Chirurgie“ von 
Frühner ihrer Bibliothek einzuverleihen. Das Studium derselben 
wird ihnen nicht allein genussreiche Stunden verschaffen, sondern 
auch die Thierärzte in der Praxis befähigen, schwierige Fälle 
richtig zu deuten und zu beurtheilen. Toeppef. 


Personalien. 

ln Eisass-Lothringen: Kantonalthierarzt Stock auB Wasselnheim 
zum Kreisthierarzt für Strassburg, Stadt ernannt. — Kantonalthier¬ 
arzt Grötzinger in Drulingen nach Wasselnheim verzogen. — 
Niedergelassen haben sieh Thierarzt Rick aus Strassburg in Münster 
und Tbierarzt Sohn in Pruchtersheim. — Als Assistenten sind ein¬ 


getreten Thierarzt Huss-Steinbnrg beim Landesthierarzt Regierungs- 
rath Feist, Thierarzt Thieme, bisher Assistent am bacteriologischen 
Institut der Universität zu Strassburg, beim Bezirksthierarzt v. Ow 
in Stockach. — Thierarzt Ohl man n - Ruprechtsau als Einj.- 
Freiwilliger zum Train-Bataillon No. 15. 

I.i der Armee: Dem Corpsstabsveterinär des 1. Armee-Corps 
EhrenBberger die Erlaubniss ertbeilt, Epaulettes mit Frangen 
bezw. Achselstücke mit Geflecht zu tragen. Die Finj.-Freiwilligen 
M eyer vom Bad. Feld-Art.-Rgt. 14 und Fürst vom Bad. Art.-Regt. 50 
zu einj.- freiwilligen UnterrosBärzten. — Thierarzt Ohlmann- 
Ruprechtsau als Einj -Freiwilliger zum Train-Bataillon 15 naeh 
Strassburg. 

Todesfälle: Kreisthierarzt Lang-Metz, Bezirksthierarzt Piehler- 
Wasserburg (Baye n). Cantonal- uud Stadtthierarzt Niederer zu 
Münster in Ober-Elsass, pr. Thicrarzt Steinkühl er-Glandorf und 
U lrich-Grossammensleben (Pr. Sachs.). 

Vacanzen. 

(Näheres über die Vacanzen mit abgelaafener Meldefrist 
b. die vorhergehenden Nummern.) 

Kreiethlerarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen; 
R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich Kreiszuschuss) 
Gesuche an den Regierungspräsidenten. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Cöslin: Stolp (Nord). — R.-B. 
Köln: Rheinbacb. — R.-B. Schleswig: Eiderstedt. 

Sanltltsthlerarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Graudenz: Schlachthofassistenzthierarzt zum 1. Mai (4 wöchentliche 
Kündigung. 1800 M., Wohnung etc. Keine Praxis) Bewerbungen 
an den Director. — Königswartha i. Sachs.: Thierarzt für 
Fleischbeschau. (Ausser den Gebühren 900 M., Praxis.) Meid, bis 
Ende April an den Gemeindevorstand. — Plauen i. V.: Assistenz¬ 
thierarzt am Schlachthof zum 1. Juni (2100 M.: vierteljähri. 
Kündigung)^ Meld^ an den .Dii[e<}.tor,PjJswieAki- Thierarzt fife- 
Fleischbeschau (1200 M. und ca. 700 M? aus der Trichinenschau). 
Bewerb, bis l.Mai an den Magistrat. — Schivelbein: Thierarzt für 
Fleischschau (ca. 2400—8000 M.; Praxis gestattet). Meid, beim 
Magistrat — Wetter (Ruhr): Thierarzt für Fleischbeschau. (1800M. 
Praxis). Meid, bis 15. April an das Amt. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Augsburg: Schlachthausdirector. — Bromberg: Schlachthof¬ 
assistenzthierarzt — Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt — 
Eberswalde: Schlachthofinspector. — Fi lehne: Schlachthof¬ 
inspector. — Freiberg i. Sachs.: Thierarzt für Fleischschau etc. 

— Görlitz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Köln: Oberthierarzt 
am Schlacht- u. Viehhof. —Liegnitz: Schlachthofassistenzthierarzt. 

— Markneukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh- u. Fleischbeschau. 

— Mülhausen (Eisass): Schlachthofverwalter. — Spremberg: 
Schlachthofinspector. — Thorn: 2. Schlachthofthierarzt. — Wanne: 
Schlachthofvorsteher. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. 8chl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrbardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau 
(Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt zum 1. Mai 
(2400 M., Privatpraxis gestattet). Meldungen mit Zeugnissen etc. bis 
Ende März an den Amtmann. — Lauensten i. Sachs.: Thierarzt 
für Fleischscbau und Praxis (Beihilfe aus Staats- und Gemeinde¬ 
mitteln). Bewerbungen bis 15. April an den Stadtgemeinderath. — 
Mengeringhausen (Waldeck): Thierarzt. — Mügeln (Bez. Leipzig): 
Thierarzt. — Rhinow (R.-B. Potsdam): Tbierarzt. — Schwarzen¬ 
berg i. Sachs.: Thierarzt für Fleischbeschau und Praxis (voraas¬ 
sichtliche Staatsunterstützung). Meid, an d. Stadtrath. — Sonnen¬ 
burg: Tbierarzt (600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den 
Magistrat. — Wolkenstein: Thierarzt für Praxis und Fleischschau 
Auskunft beim Stadtrath. 


Verantwortlich für den Inhalt (excl. Inaeratentheil): Pro t Dr. Schmält* ln ßerln. — Verlag and Eigentham von Richard Schoett ln Berlin. — Druck von W. BQxenateln, Berlin 


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Die „Berliner Thler&rxtllche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in Stärke von mindestens 1»/« Bogen. Dieselbe 
ist in beziehen durch den Bachhandel, die Post (No 1082) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard 
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hfk. 6,- pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit KO Hk. für den Bogen honorirt 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmal«, 
Berlin, tblerärztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. E. Schmaltz, Dr. E. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Bichard Sehoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M 17 . Ausgegeben am 26. April. 


Inh alt: K&bnau: Fleischbeschaugesetz und Fleischeinfuhr. — Buhl: Ueber Maul- und Klauenseuche. — Eschbaum: lieber 
die Dosirungsfrage: Scbüttelmixturen, Emulsionen. — Referate: Schwendimann, Hirzl und Kröning: Zur Be¬ 
handlung des Spats. — Jordan: Ein orthopädisches Eisen. — Zincke: Behandlung des akuten Mnskelrheumatismus mit 
Acetanilid. — Kitt: Zur Technik der intravenösen Impfung. — Plotti: Glossitis actinomycotica. — Thierhaltung und 
Thierzucht. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinär¬ 
polizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Bücheranzeigen und -Besprechungen. — Personalien. — Vacanzen. 


Fleischbeschaugesetz und Fleischeinfuhr. 

Von 

KUhnau - Hamburg, 

ObiTtliicrarzt. 

Das Fleischbeschaugesetz ist bis zur dritten Lesung ge¬ 
diehen. Die einzigen noch wirklich umstrittenen Punkte sind 
die Pökelfleischeinfuhr ufid die Fristbestimmung des Einfuhr¬ 
verbotes für Fleisch mit Ausnahme von Speck und Schmalz. 
.Vach Lage der Sache steht zu erwarten, dass zwischen der 
Majorität des Reichstages und des Hundesratlies eine Ver¬ 
ständigung erzielt wird und der Entwarf Gesetzeskraft erlangt. 
Angebracht dürfte desshalb eine Betrachtung darüber sein, in 
welcher Weise denn der Fleischimport durch das Gesetz be¬ 
troffen wird. 

Die Agitation der landwirtschaftlichen und Schlachterkreise 
gegeu die Fleischeinfuhr ist nicht erst neueren Datums, sondern 
die Anfänge lassen sich bis zum Jahre 1804 zurück verfolgen, 
als die in Folge der schlechten Futterernte des Jahres 1803 
lieraufbeschworene Vieh- und Fleischnoth durch reichliche Zu¬ 
fuhren vom Auslande aus gedeckt wurde. Neben dem Vieh, 
welches ans den benachbarten Ländern zu uns kam, erhielten 
wir überseeisches Vieh ans Amerika und England, auch die 
Einfuhr von frischem, gekühltem Fleisch aus Amerika und ge¬ 
frorenem Fleisch aus Australien, sowie priiservirtem Fleisch aus 
Amerika wurde versuchsweise in Angriff genommen. Seuchen- 
feststellnngen beim lebenden Vieh führten zu Einfuhrverboten 
nicht nur des lebenden Viehes, sondern auch des frischen 
Fleisches, namentlich des frischen Rindfleisches aus Amerika 
nnd des Schweinefleisches aus Dänemark und Schweden. 

Als im Jahre 1895 nnd 1806 wieder mehr normale Vieh¬ 
verhältnisse in Deutschland eintraten, verschwand das austra¬ 
lische gefrorene Fleisch vom deutschen Markt gänzlich, weil 
das Publikum demselben einen Geschmack nicht abgewinnen 
konnte. Nach vorübergehendem Fallen trat aber die Einfuhr 
von präservirtem Fleisch aus Amerika immer mehr in Er¬ 
scheinung. Neue Arten desselben wurden dem Publicum an- 
geboten, nnd auch die Wnrsteinfnhr bahnte sich ihren Weg. 
Daneben nahm die Einfuhr von Rind- und Schweinefleisch 


aus den Niederlanden besonders in Folge der Einfuhrbe¬ 
schränkungen des lebenden Viehs sowie auch die Einfuhr von 
frischem Rindfleisch mehr und mehr zu. Belief sich der Ein¬ 
fuhrwerth im Jahre 1897 auf ca. 50000 000 Mark, so schwoll er 
im Jahre 1898 bereits auf 82 400 000 Mark an, und war es 
gerade diese rapide Steigerung, welche die Erregung der land¬ 
wirtschaftlichen Kreise hervorgerufen hat. Anhaltend ist diese 
Steigerung nicht gewesen, denn das Jahr 1899 figurirt mit 
einer Werthsumme von 71400 000 Mark, das sind 11000 000 
weniger als 1898. Zu den Ursachen der 1898er Steigerung 
der Fleischeinfuhr hat der beispiellose industrielle Aufschwung 
Deutschlands in den letzten Jahren entschieden beigetragen. 
Die Lebensverhältnisse sind besser geworden, und erfahrangs- 
gemilss geht damit eine Steigerung des Fleischverbrauchs 
Hand in Hand. Für 1898 kommt nun noch hinzu, dass in Folge 
des schlechten Herbstes 1897 das nächste Jahr ein theures 
Brotjahr war und hierdurch die besser gestellten Leute 
veranlasst wurden, mehr Fleisch zu essen. Weiter ist auch 
nach englischen Berichten eine Massenausfuhr von ameri¬ 
kanischen Schweinefleisehproducten nach dem europäischen 
Continent und vornehmlich auch nach Deutschland im Jahre 
1898 ins Werk gesetzt worden, um die Schweiuefleischpreise 
in Amerika auf ein höheres Niveau zu lieben. 

Die Betlieiligung der einzelnen Fleischarten an der Einfuhr 
veranschaulicht nachstehende. Tabelle. 


1899 1898 1897 

Dz.=100 kg Dz.=100 kg Dz.=100 kg 


Frisches Rindfleisch . . 

192 678 

145 151 

44 990 

„ Schweinefleisch . 

108 257 

151 057 

112 113 

„ Hammelfleisch . 

803 

1 108 

665 

Gepökeltes und gesalzenes. 
Rindfleisch. 

24 057 

23 037 

21 705 

Schweinefleisch .... 

08 055 

08 540 

42 499 

Schinken. 

43 107 

53 484 

33 166 

Speck . 

180 576 

277 652 

170 104 

Würste. 

48 655 

43 497 

18 509 

Büchsenfleisch .... 

30 774 

40 022 

34 544 

Fleischextract .... 

9 151 

13 075 

10 955 


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194 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17. 


Ausserdem sind im Jahre 1899 72 Dz. Pferdefleisch und 
818 Dz. sonstigen Fleisches eingeführt worden. 

Die Hauptzunahme in den letzten Jahren zeigt das frische 
Rindfleisch. Massenimporteure desselben sind Dänemark und 
Holland. Von Dänemark kamen im Jahre 1899, wie schon 
gesagt, in Folge der Beschränkung der Einfuhr des lebenden 
Viehs 109 646 Dz. und von den Niederlanden 71 235 Dz. Von 
dem frischen Schweinefleisch waren 94 317 Dz. holländischen 
und 9739 Dz. russischen Ursprungs, während Oesterreich-Ungarn 
nur 2021 und Amerika nur 1091 Dz. eingeführt haben. Amerika 
hat Anfang vorigen Jahres ein Ausfuhrverbot für frisches 
Schweinefleisch erlassen, kommt, also bezüglich dieses Fleisch¬ 
artikels nicht in Frage. Besonders betroffen werden durch 
das Fleischbeschaugesetz und eventuelles Einfuhrverbot nur 
Dänemark und Holland. Beide Länder würden eventuell ge¬ 
zwungen sein, sich einen anderen Absatzmarkt für diese Fleisch- 
producte zu suchen. Einen willigen Abnehmer Anden sie jetzt schon, 
zumal seit die Einfuhr von argentinischem Vieh in England ge¬ 
stoppt ist, in Grossbritanien. Während im vorigen Jahr in den 
letzten Aprilwochen in Hamburg durchschnittlich 2000 Viertel 
Rindfleisch aus Dänemark eingeführt wurden, betrug die Zahl 
in der gleichen Zeit dieses Jahres 1200—1400 Viertel. 

Hinsichtlich der Einfuhr von präservirtem Fleisch werden 
vornehmlich die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika in Mit¬ 
leidenschaft gezogen. Die Zufuhren aus diesem Lande betrugen 


im letzten Jahre an: 

Gepökeltem und gesalzenem Rindfleisch . . . 15772 Dz. 

„ „ Schweinefleisch . . 67646 „ 

Schinken. 30917 „ 

Würste. 35764 „ 

Büchsenfleisch. . . 25385 „ 

175484 Dz. 

Speck. 16782* „ 


Während Pökelfleisch, Würste und Büchsenfleisch nach 
dem Inkrafttreten des Gesetzes in seiner jetzigen Fassung nicht 
mehr eingeführt werden dürften, würde die Einfuhrerlaubniss 
für Schinken noch bis Ende 1902 und für Speck auch nach dieser 
Zeit noch bestehen bleiben. Ebenso würde die Einfuhr von Schmalz, 
von dem im letzten Jahre 1111337 Dz. kamen und von Oleo- 
margarine, wovon 171 690 Dz. aus Amerika stammten, un¬ 
berührtbleiben. Die Haupteinfuhrartikel Amerikas würden 
demnach nicht betroffen werden. DerWerth derselben beträgt 
mehr als die ganze Fleischeinfuhr znsaramengenominen, nämlich 
90655000 im letzten Jahre, 102974000 in 1898 und 67554000 
Mark in 1897. Es würde nach Inkrafttreten des Einfuhr¬ 
verbotes für Amerika also nur ein Ausfall (nach der Ein¬ 
fuhr des letzten Jahres gerechnet) von et w a 20000000Mark ent¬ 
stehen. Ob Amerika wegen dieses Ausfalls zu Wiedervergeltungs- 
massregeln sich entschliessen würde, müsste dahingestellt bleiben. 
Noch mehr in Frage gestellt dürfte dies sein, wenn die Einfuhr von 
Pökelfleisch und Schinken erlaubt bliebe. Das blosse Verbot 
der Büchsenfleisch- und Wursteinfuhr dürfte Amerika wenig 
alteriren. Vielmehr würde davon die aufstrebende Fleisch¬ 
industrie Australiens betroffen, hat doch dieser Staat im letzten 
Jahre bereits 11860 Dz. eingeführt und steht bei der Güte 
dieses Fabrikats zu erwarten, dass dasselbe den deutschen 
Markt mehr und mehr erobert und die Fabrikate anderer Länder 
verdrängt. Höchstens dürfte da, sollte das englische Einfuhr¬ 
verbot gegen Argentinien bestehen bleiben, dieses Land und 
das mitbetroffene Uruguay in Wettbewerb treten. 


Eine andere Frage ist die, ob Deutschland die Fleisch- 
einfuhr entbehren kann, ohne dass die Fleischeruährung des 
Volkes darunter leidet? Bei der Beantwortung dieser Frage 
muss die Einfuhr von lebendem Schlachtvieh in Rücksicht ge¬ 
zogen werden, und ferner muss man Ein- und Ausfuhr gegen¬ 
einander abwägen. Die Ausfuhr von Vieh und Fleisch ist gering, 
in Betracht zu ziehen wären fast nur der Export von 8139 kg 
Schinken nach Frankreich, welcher mehr als die Hälfte der 
gesammten Fleischausfuhr ausmacht. Auch Vieh zu Schlacht- 
zwecken wird nur wenig ausgeführt, im letzten Jahre in 
grösseren Mengen nur nach der Schweiz. Die Gesammtausfulir 
betrug 1226 Kühe, 257 Stiere, 2113 Ochsen, 1666 Jungvieh. 
378 Kälber, 4685 Schweine, 1995 Spanferkel, wovon die Schweiz 
mehr als die Hälfte erhielt und in den anderen Fällen es Bich 
meist um Zuchtthiere handelte. Grössere Zahlen zeigt nur die 
Schafviehausfuhr, nämlich 128264 Stück Schafe und 
12725 Stück Lämmer. Die Einfuhr an lebendem Vieh überwog 
die Ausfuhr bedeutend, die Einfuhrzahlen sind bei den Kühen 
59377 Stück, bei den Stieren 5907, bei den Ochsen 63087, 
beim Jungvieh 56721, Kälbern 12762, Schweinen 70287, Span¬ 
ferkeln 1995, Schafen 1462 und Lämmern 38. Vieh nnd Fleisch 
zusammengenommen giebt bezüglich der Einfuhr einen so 
gewaltigen Ueberschtiss, dass vorerst an eine Deckung des ge¬ 
sammten Fleischbedarfs Deutschlands durch inländische Producte 
nicht zu denken sein dürfte. 

Ueber Maul- und Klauenseuche. 

Von 

Buhl-Frankenthal, 

Thiorarzt. 

Die grossen Belästigungen und Vermogensbeschädigungen, 
welche die Durchführung der Massregeln zur Bekämpfung der 
Maul*7und Klauenseuche im Gefolge hat, und welche zur Ver¬ 
nichtung vieler Existenzen besonders bei den Kleinviehhändlern 
führen, veranlassten den Verband der Viehhändler der Pfalz im 
Verein mit den Landwirtheu zu einer Agitation gegen diese 
Massregeln, weil mit denselben der Zweck, das einheimische 
Vieh vor der Seuche zu schützen, nicht erreicht worden ist. 
noch auch für die Folge erreicht werden kann. Die Ver¬ 
bände der benachbarten Bundesstaaten sollen ebenfalls in die 
Agitation einbezogen und dieselbe auf das ganze Reich aus¬ 
gedehnt werden. Mit Abgeordneten der verschiedenen 

Parteien hat man sich bereits ins Einvernehmen gesetzt und 
haben sich einige*) der heimischen öffentlich schon dahin aus¬ 
gesprochen, dass Polizeimassregeln gegen die Maul- und Klauen¬ 
seuche wirkungslos seien. Die Interessenten w r erden bei der 
hohen kgl. Regierung und dem höchsten kgl. Staatsministeriuni 
um Milderung und Aufhebung der vorgeschriebenen Massregeln 
vorstellig werden, und werden veranlassen, dass in der baver. 
Kammer der Abgeordneten und im Reichstag ihre Wünsche zur 
Sprache kommen. Da Letzteres möglicher Weise mit den Ver¬ 
handlungen über die erwünschte Vor- und Ausbildung der Thier¬ 
ärzte zusammenfallen dürfte, müssen die Thierärzte jetzt schon 
Stellung zu dieser Frage nehmen, weil sie berufen sind dieselbe 
allein sachkundig zu beantworten, und zwar muss diese Be¬ 
antwortung so ausfallen, dass sie dem Ansehen des Standes 
förderlich ist. Sie muss daher dahin lauten, dass die bisherigen 
Massregeln nutzlos gewesen und schärfere, weil ebenfalls 
nutzlos und viel zu kostspielig, zu verwerfen seien. — Ein 

*) Die Herren Dr. Jäger und Lichtenberger von Speyer. 


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26. April 1900 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


195 


Gesetzesartikel, welcher böswilliges oder fahrlässiges Ver¬ 
schleppen der Seuche mit Strafe bedroht und den Zuwider¬ 
handelnden zu Schadenersatz verpflichtet, dürfte aber zu er¬ 
streben sein. Dem Schreiber dieses möge gestattet sein, die 
vorwnrfige Frage zur literarischen Debatte zu stellen, zumal er 
im Aufträge der Interessenten ein schriftliches Gutachten er¬ 
stattet hat, daher in der Lage ist, mittheilen zu können, was 
dieselben erstreben. 

Die Maul- und Klauenseuche*) ist characterisirt durch ein 
fieberhaftes Allgemeinleiden, durch Bildung vtn Blasen und 
Geschwüren auf der Maulschleimhaut, an den Fussenden und am 
Enter. Ausnahmsweise werden auch Erkrankungen des Bauch¬ 
felles, des Verdauungsschlauches, der Athmungsorgane, des 
Herzens und der Knochen beobachtet. Mischinfectionen der 
verschiedenen Bacterien, zu welchen die Geschwüre bequeme 
Eingangspforten darstellen, und der massenhaft verschluckte 
giftige Speichel**) der Thiere geben zu Complicationen Anlass, 
welche hier und da dieser im allgemeinen gutartig verlaufenden 
Krankheit einen sehr bösartigen Character verleihen. Bei der 
Section werden die bekannten Geschwüre im Maul, an den 
Klauen und am Euter gefunden und bei Affectionen im Körper- 
innem selbst die von den verschiedensten Beobachtern fest¬ 
gestellten Veränderungen, welche der Regel nach von vor- 
nach rückwärts fortschreitend erscheinen. Dass einzelne Autoren 
z. B. Imminger,***) andere Bilder gefunden haben, beweist 
eben, wie verschieden die Mischinfectionen besonders bei 
dieser Krankheit das Symptomenbild verändern. Bei den 
plötzlich eintretenden Todesfällen spielen auch nach meinen 
Beobachtungen die von Thomasf) beschriebenen Herzaffectionen 
mit Lungenödem, als Folge der Herzschwäche, die Hauptrolle, 
ln den subacuten Fällen führen meistens Bronchopneumonien 
in 5 bis 20 Tagen den Tod oder die Schlachtung herbei. 

Bei gutartigem Verlaufe der Maul- und Klauenseuche heilen 
die Erosionen und flachen Geschwüre nach Abstossung der ab¬ 
gestorbenen Epithelschichten in 3 bis 6 Tagen, selten innerhalb 
eines längeren Zeitraumes, und dann fressen die Thiere wieder 
mit gewohntem Appetit und ohne Beschwerde. Die Dauer des 
ganzen Processes beträgt meist 12 bis 14 Tage. Die Thiere 
genesen meistens, nur junge Thiere, endlich sonst kranke Thiere 
erliegen hier und da der Krankheit oder müssen geschlachtet 
werden. Der Verlust beträgt durch den Tod nur 1 bis 3 pCt., 
bei bösartigem Verlauf kann er bis auf 50 pCt. steigen. 

Die Prophylaxe besteht im Separiren der erkrankten Thiere 
soweit dies möglich ist, und Verwendung der Milch nur in vorher 
erhitztem Zustande. Bei gutartigem milden Verlaufe reichen die 
bekannten diätetischen Verhaltungsmassregeln aus. Dass aber eine 
sachgemässe thierärztliche Behandlung unter allen Umständen 
auf den Verlauf mildernd einzuwirken im Stande ist, braucht 
gar nicht weiter ausgeführt zu werden. Freilich dürfen Essig 
und Salz-}-{-) und andere schmerzhafte Lösungen nicht verwendet 
werden, sonst geschieht nur Schaden. — Die zur Anwendung 
kommenden Arzneimittel müssen vor allen Dingen eine Grund¬ 
lage haben, welche süss schmeckt, so dass sie womöglich vom 

*) Dr. Bollinger die Zoonosen. S. 630 u. s. w. 

**) Wochenschrift für Thierheilkunde und Viehzucht 1892 
8. 458. 

***) Wochenschrift für Thierbeilkunde und Viehzucht 1896 
S. 499. 

t) Friedberger u. Fröbner. Pathologie und Therapie. S. 693. 

t+) Friedberger und Fröhner ebenda. 


Pinsel abgeleckt werden. Hierzu eignet sich am besten Glycerin. 
Demselben werden die zu verwendenden Arzneikörper bei¬ 
gemengt, z. B. Borsäure, Gerbsäure und Carbolsäure. Die beiden 
letztgenannten wende ich zusammen an und zwar ää 5,0 auf 
90,0 Glycerin.*) Bei stark entblösster Maulschleimhaut empfiehlt 
es sich, die Hälfte Glycerin durch Wasser zu ersetzen. Durch 
derartige Pinselungen, welche öfter des Tages stattfinden 
können, und welche von den Thieren gerne ertragen werden, 
gelingt es, die Schmerzen im Maule und damit das lebens¬ 
gefährliche Speicheln vollständig hintanzuhalten, und ebenso 
werden hierdurch auch die Affectionen im Hals, im Magen und 
in den Gedärmen vermieden.**) — Die Fussenden und das Euter 
müssen in derselben Weise behandelt werden, schon der Ein¬ 
fachheit wegen. — Auch hierdurch werden schwere entzündliche 
Anschwellungen und das Ausschuhen vollständig verhindert, 
ebenso werden schwere Euteraffectionen vermieden. Sollten 
sich krankhafte Zustände im Strichkanal finden, so genügen 
Betupfungen der Oeflhung desselben zum Ausheilen. — Schwere 
Allgemein-Erkrankungen behandle ich mit grossen Gaben Sol. 
Digit. 10,0 bis 12,0 in Verbindung mit Antifebrin 10 bis 20,0 
pro Dosi mit Wasser und Wein oder Spiritus (V 2 Liter zu 
V 4 bez. '/ 8 L.) verabreicht und zwar alle 2 bis 3 Tage eine 
Gabe. Hierdurch ist es mir gelungen, Todesfälle zu vermeiden, 
und sogar in Ställen, wo solche schon erfolgt waren, weitere zu 
verhindern. Auch das Verkalben wurde verhindert, was andere 
Collegen auch beobachtet haben.***) — Bei grosser Herzschwäche, 
falls ich erst zu spät zur Behandlung zugezogen wurde, habe 
ich mit Erfolg subcut. Einspritzungen von Campher-Aether 1:9 
gemacht oder von Atropinlösungen bei Lungenödem, und zwar 0,03 
bis 0,05 auf 10,0 Wasser. — Dergleichen Eingriffe sind geradezu 
lebensrettend und lassen sofort erkennen, dass Besserung 
eingetreten, wodurch man sich bei den Eigenthümern grosses 
Vertrauen erwirbt. — Wird schliesslich noch durch Gaben 
milder Eisenpräparate für die Blutbildung und damit für ge¬ 
regelte Funktionirung der blutbildenden Organe (z. B. des 
Knochenmarkes) gesorgt, so dürfte unter gewöhnlichen Ver¬ 
hältnissen den Heilanzeigen Genüge geschehen sein. Ich lasse 
den kranken Thieren täglich 3 Mal Liquor Ferri albuminat.f) 
geben und später Hammerschlag (Eisenoxyduloxyd) als 
feines Pulver pro Tag und Kopf 2 bis 3 Mal eine Messer¬ 
spitze voll. Hierdurch wird allen Knochenaffectionen, mit 
welchen im andern Falle die Thiere monatelang zu kämpfen 
haben, vorgebeugt, die Milchergiebigkeit und alle übrigen 
Nutzungen im richtigen Geleise erhalten und der Schaden auf 
ein nicht nennenswerthes Minimum reducirt. — Bei kleinen 


*) Tannin etc. mit Glycerin 1:2 gemischt explodirt sofort! 
Deutscher Veterinärkalender von D.\ Schmaltz 1897. S. 197. 

**) Nach den Impfversuchen von Prof. Dr. Schütz zerstören 
5pCt. Carboisäurelösungen den Ansteckungsstoff der Maul- und 
Klauenseuche mit Sicherheit. Archiv f. wissenschaftl. u. pract. 
Thierheilkunde B. XX. H. 1, 1894. (Wochenschrift für Thierheil¬ 
kunde u. Viehzucht 1894. S. 9). 

***) Deutsche thierärztl. Wochenschrift 1899. S. 420. — Man 
vergleiche auch Kamm: Die Digitalis-Wirkung bei bösartigem 
Auftreten der Maul und Klauenseuche. Wochenschrift für Thier- 
heilkuude u. Viehzucht. 1898. S. 449 u. ff. 

f) Alle Inanitionszustände z. B. die Knochenbrüchigkeit, 
Störungen in der Ernährung während der Reconvalescenz nach 
schweren Krankheiten, Wurmcachexie, chronische Katarrhe etc. 
heilen viel rascher bei Verabreichung von Eisenpräparaten und zwar 
besonders der Eiweisseisenlösnng alB ohne dieselben. 


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196 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 17. 


Thieren, den Kälbern, Ziegen und Schweinen, ist die örtliche 
Behandlung dieselbe, und auch der Nutzen, welchen die 
Verabreichung milder Eisenpräparate gewährt, ist hier ebenso 
augenfällig. Anders gestalten sich aber die Verhältnisse bei 
Herzaffectionen, welchen die Thiere fast regelmässig erliegen, 
wenn sie nicht geschlachtet werden. Auch hier (bei Kälbern 
und Ziegen) sind Einspritzungen von Campher - Aether und 
Atropin am Platze, und ausserdem gebe ich Tinct. Strophanti 
(T. Stroph. 5,0, Tinct. amar. Aq. amygd. amar. ää 15,0 täglich 
3 bis 5 Mal 20 bis 60 Tropfen per os.). Vor der Digitalis ist 
zu warnen, weil dieselbe viel zu unzuverlässig bei kleinen 
Thieren ist, daher entweder jede Wirkung ausbleibt oder mit 
derselben Dose schwere Vergiftungserscheinungen zu beobachten 
sind. 

(Schluss folgt.) I 

Ueber die Dosirungsfrage: Schüttelmixturen, 
Emulsionen. 

Von 

Dr. Friedrich Eschbaum, 

Vorsteher (1er Apotheke (1er Thler&rztllchen Hochschule in Berlin. 

In No. 4 dieser Wochenschrift habe ich über die Dosirung 1 
der subcutanen Injectionen gesprochen und nachgewiesen, dass 
die gebräuchlichen Subcntanspritzen durchaus nicht den An¬ 
forderungen entsprechen, die an ein so wichtiges ärztliches In¬ 
strument gestellt werden müssen, dass ferner die allenthalben 
übliche Verschreibart nach Gewicht uncorrect ist und zu 
empfindlichen Fehlern fuhren kann. Wie einfach sich diesen 
Uebelständen abhelfen lässt, ist eingehend erörtert worden. 

Eine fehlerhafte Arzneiform ist die Schüttelmixtur. Man j 
verschreibt bekanntlich feste Arzneikörper, die in Wasser oder i 
in einer andern verordneten Flüssigkeit unlöslich oder schwer- ! 
löslich sind, in Schüttelmixturen. 

Es ergiebt sich aus einer einfachen Ueberlegung, dass die 
Dosis des in einer Schüttelmixtur enthaltenen wirksamen Medi- 
camentes gar nicht richtig sein kann, selbst wenn die Mixtur 
vor jedem Gebrauch noch so gut geschüttelt und das Schütteln 
bis unmittelbar vor dem Ausgiessen in den Löffel fortgesetzt ’ 
wird: während des Ausgiessens folgt die suspendirte 
Substanz dem Gesetze der Schwere und sinkt zu ' 
Boden. Sollte die Dosirung richtig sein, so müsste auch wäh- j 
rend des Ausgiessens der Mixtur in den Löffel das Schütteln j 
fortgesetzt werden, was nicht möglich ist. In Wirklichkeit aber 
liegt zwischen dem Ausgiessen in den Löffel oder in das Mess¬ 
gläschen und dem Aufhören mit dem Schütteln ein kürzerer 1 
oder längerer Zeitraum, und die Fehler werden unter Umständen | 
recht erheblich. Folgende quantitative Bestimmung giebt ein 
Bild von der Dosirung der Schüttelmixturen; 1,0 g Stibium 
8ulfuratum aurantiacum wurde mit 149,0 g destillirtem Wasser I 
sehr gut angerieben. Die Mixtur wurde gut umgeschüttelt und 
15,00 g auf ein vorher bei 100° getrocknetes und gewogenes > 
Filter gebracht; nachdem die Flüssigkeit abgelaufen war, wurde 
das Filter so lange bei 100 0 getrocknet, bis das Gewicht con- 
stant blieb und gewogen. 

Es ergaben sich folgende Zahlen: 
die 1. 15 g enthielten 0,0745 g Stib. sulf. aur. statt 0,10 g 
„ 4. 15 g „ 0,0859 g ., „ ,, „ 0,10 g 

„ 7. 15 g „ 0,0892 g .. ., „ „ 0,10 g 

„ 10. 15 g ., 0,1975 g ., „ „ „ 0,10 g 

Man ersieht, dass der erste Esslötiel am wenigsten wirk- . 


same Substanz enthielt, etwa 7 /io ^ er berechneten Dosis, der 
siebente enthielt noch nicht die berechnete Menge sondern nur 
9 /i 0 , der letzte aber die doppelte Menge der verordneten Dosis. 

In ihm sammelt sich von Anfang an das Medicament an, in ihm 
liegt bei stark wirkenden Medicamenten die Gefahr. In dem 
angeführten Beispiel habe ich absichtlich eine Substanz gewählt, 
die sich gut suspendiren lässt, bei vielen Schüttelmixturen wird 
die Dosirung noch schlechter ausfallen, ich erinnere an Anti- 
febrin, Rad. Ipecacuanhae, Salol, Sulfur und andere mehr. 

Die zum innerlichen Gebrauch bestimmten Schüttel¬ 
mixturen sollten als unrationell ganz aus der Reihe der 
Arzneiformen gestrichen und statt ihrer ausschliess¬ 
lich abgetheilte Pulver verschrieben werden. 

Die zum äusserlichen Gebrauch bestimmten flüssigen Arzneien 
mit suspendirtem Pulver nehme ich aus wie: 

Plumb. acet. und I Plumb. acet. 300,0 

Zinc. sulf. ää 0,5 Alumen 150,0 

Aquae ad 100,0 Aquae 10 1. 

wobei sich unlösliches Bleisulfat ausscheidet, Bismuth. subnitric. 
mit Wasser u. a. m. Die Quantität des ausgeschiedenen oder 
angeriebenen Arzneikörpers spielt hier nur eine untergeordnete 
Rolle, und wir haben auch keinen Ersatz für die letztgenannten 
Arzneiformen. 

Eine häutig vorkommende Schüttelmixtur: 

Salol 5,0 

Decoct. Fol. Uv. Urs. 300,0 

giebt mir die Veranlassung, die Emulsion kurz zu besprechen. 
Das Salol, eine fettig sich anfühlende Substanz, an dem Wasser 
und wässerige Flüssigkeiten nicht adhäriren, lässt sich schlecht 
anreiben, es bleibt zum Theil an den Mörserwandungen hängen: 
im Arzneiglas hängt es zum Theil an den Glaswandungen fest, 
zum Theil ballt es sich zu grösseren oder kleineren Klumpen, 
sodass eine derartige Mixtur überhaupt nicht zu gebrauchen ist. 
Will man schon aus irgend einem Umstand dieses Mittel in 
Mixturform geben, so muss es emulgirt werden. Man ver¬ 
schreibt: 

Decoct. Fol. Uvae Ursi bene refrigerati 300,0 

Saloli 

Gummi arab. pulv. ää 5,0 
f. emulsio. S. Innerlich. 

Der Zusatz „bene refrigerati“ ist erforderlich, weil Salol 
bei niederer Temperatur schmilzt und durch das heisse Decoct 
in einen dicken Oeltropfen verwandelt würde, der nach dem Er¬ 
kalten als harte Masse am Boden der Flasche festsitzt. Aus 
der falschen Verschreibweise dieses und anderer Mittel z. B. Ter¬ 
pinhydrat mit Spiritus glaube ich schliessen zu dürfen, dass 
die Arzneiform der Emulsionen nicht genügend gekannt ist. Es 
Hesse sich diese Vermuthung noch durch eine Menge anderer 
Beispiele erhärten z. B. verschreibt man Pillen mit Galbanum, 
Terebinthina, Ammoniacum, Asa foetida und wundert sich, wenn 
sie nicht wirken: diese Harze werden eben in dieser compacten 
Form im Darm w r eder verseift noch emulgirt, diese Pillen 
werden wohl den Magen-Darmkanal passiren, ohne dass nennens- 
werthe Mengen resorbirt werden. 

Harze, Balsame, fette und aetherische Oele und alle die¬ 
jenigen Verbindungen aus der organischen Chemie, die diesen 
in ihrer physikalischen Beschaffenheit ähnlich sind, können und 
sollen, soweit sie zum innerlichen Gebrauch dienen, emulgirt 
werden, zu letzteren gehört das Salol, das Terpinhydrat, das 
Bromoform und andere mehr. 


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26. April 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


197 


Balsame nnd ätherische Oele, wie Copaivabalsam, Oleum 
Terebinthinae, Oleum Santalis, die fast ausschliesslich in 
Gelatinekapseln verordnet werden und in dieser Form störend 
auf die Verdauung wirken, werden zweckmässig als Emulsionen 
verschrieben. 

Dass die Resorption emulgirter Balsame, Harze und Fette 
viel leichter und schneller , vor sich geht und die Verdauung 
auch nicht annähernd so störend dadurch beeinflusst wird, als i 
in irgend einer anderen Form, ist ohne Weiteres ersichtlich; | 
vertragen doch Säuglinge emulgirtes Butterfett in Form von 1 
Milch sehr gut, während Butter selbst von derberen Magen 
manchmal nicht gut vertragen wird. 

Von der grossen Menge Emulgentien werden im Wesent¬ 
lichen nur zwei angewendet: das gepulverte Gummi arabicum j 
und der Eidotter (Vitellum Ovi). Mit ersterem lässt man fette | 
Oele, Balsame und Harze emulgiren, mit letzterem ätherische 1 
Oele, Bromoform etc. 


Referate« 

Zur Behandlung des Spats. 

Von Schwendimann, Hirzl und Kröning. 

(Schw. Arch. f. Th. Bd. 48, Heft 2 und Ztschr. f. Vet. April 1900) 

Schwendimann theilt in einem besonderen Aufsatze seine 
Erfahrungen über die von Bosi eingeführte und von Frohner 
warm empfohlene neuste Behandlungsweise des Spats, nämlich 
über die Doppelneurotomie mit. Hirzl bespricht den Erfolg 
dieser Operation an derselben Stelle in einem Artikel über die 
Neurotomie überhaupt. 

Schwendimann stimmt zunächst der von Eberlein (Bd. 
9, Reft 1 und 2 der Mtsh. f. Th.) in einer längeren Arbeit 
entwickelten Ansicht bei, dass der Spat eine primäre Ostitis 
rarefaciens und condensens am os centrale (os naviculare), os 
tareale 3 (os cuneiforme tertium) und des Metatarsus sei, sich 
von innen nach aussen entwickele und meist durch Quetschungen 
der kleinen Fusswurzelknochen veranlasst werde. Er hebt ferner 
die Bedeutung der Entdeckung von Bosi hervor, welcher er¬ 
kannte, dass der tiefe Ast des nervus peronaeus hervorragend 
an der Innervation des Sprnnggelenks betheiligt sei, wodurch 
die Misserfolge erklärt würden, die man früher bei der blossen 
Durchschneidung des nervus tibialis hatte. 

Bezüglich Ausführung der Operation selbst giebt er zu, 
dass dieselbe für den Anfänger etwas umständlich sei. Die 
Technifcist die von Fröhner ausführlich dargelegte. Das Spülen 
der Wunde mit Desinfectionsmitteln oder das Auspudern der¬ 
selben mit Wundpulver verwirft Schwendimann gänzlich, weil 
dadurch die Heilung per primam gefährdet werde. Nachdem 
die Neurotomie vollzogen ist, wird die Hautnaht angelegt und 
lose mit Watte überklebt. Erst nach 30 Minuten etwa und 
nochmaligem Auspressen des Blutes werden die Nähte mit 
Airolpaste (Airoli Glycerini und Mucilaginis Gummi ää 5, Boli 10) 
eingerieben. Legt man die Paste gleich nach dem Wundver- 
schluBS auf, so wird sie durch das noch hervorquellende Blut 
wieder gesprengt. Völlig zu widerrathen ist es, gleich nach 
der Operation eine Gangprobe mit dem Pferde zu machen, um 
sich von dem Erfolge zu überzeugen. Dies kann die Wund- 
heilnng nur gefährden. Schwendimann hat 15 mal die 
Operation ausgeführt, 10 mal unter Heilung per primam bei 
den oben besonders angeführten Vorsichtsmassregeln. 14 Pferde 
worden dauernd von Spatlahmheit geheilt. Bei einem unter¬ 
blieb der Erfolg in Folge zu tiefer Anlegung des Tibialisschnittes, 


wodurch nur ein Ast desselben getroffen worden war. Von 
üblen Folgen ist Schwendimann nichts bekannt geworden, 
abgesehen davon, dass das eine Thier in Folge eines Nagel¬ 
tritts, der nicht bekannt geworden war, zu Grunde ging. 
Schwendimann kann also die günstigen Erfolge nur bestätigen 
und die Operation empfehlen. Er unterlässt jedoch nicht, darauf 
hinzuweisen, dass diese Operation immer nur die ultima ratio 
bilden könne, und dass, wenn noch einige Aussicht besteht, mit 
anderen Mitteln zum Ziele zu kommen, diese angewendet werden 
sollen. Dieser Standpunkt ist gewiss berechtigt, da die Durch¬ 
schneidung sämmtlicher Fussnerven als ein schwerer Eingriff 
betrachtet werden muss, zu dem man ohne unbedingte Noth- 
wendigkeit schon aus allgemeinen Gründen jedenfalls nicht 
greifen soll. 

Hirzl nennt die Doppelneurotomie beim Spat einen sehr 
werthvollen Eingriff, der in der Regel volle Arbeitsfähigkeit 
wiederherstellt. Die Aufsuchung des tief zwischen den zwei 
Streckern liegenden Peronaeus-Astes erschwert allerdings die 
Operation einigermassen und gestattet nicht immer primäre 
Wundheilung. Unter 26 Operationen hatten 24 einen vollen 
Erfolg, wobei Pferde aller Gebrauchsarten operirt wurden. In 
zwei Fällen liess die Neurotomie im Stich. Es zeigten sich 
aber bei der Section dieser Pferde neben dem Spat die Er¬ 
scheinungen einer chronischen Gonitis, sodass auch diese beiden 
Fälle als Misserfolge nicht gedeutet werden können. 

Kröning bespricht die Erfolge des perforirenden Brennens 
in der Spatbehandlung, die er an drei Pferden wieder mit 
i bestem Erfolge erprobt hat. Die Pferde wurden niedergelegt, 
die Haare an der Operationsstelle beseitigt und mitten in die 
Spatauftreibung hinein ein Punkt mittelst eines 2 cm langen 
spitzen, nadelförmigen Brenneisens durch gebrannt und je nach 
Lage des Falles noch zwei oder drei Punkte in richtiger Ent¬ 
fernung daneben. In einem Falle wurde das Gelenk eröffnet, 
und die ausfliessende Synovia zischte am Eisen. Nach dem 
Brennen wurden alle Punkte mit Jodoformkollodium übergossen 
und besonders achtsam der in das Gelenk führende Brenncanal 
verschlossen. Das Jodoformcollodium schliesst völlig gegen die 
Luft ab. Die Pferde wurden in den Stall geführt und für acht 
Tage hoch gebunden. Am zweiten und dritten Tage entstanden 
leichte Ausschwitzungen und eine erhebliche Anschwellung, die 
bis 14 Tage anhalten kann. Das Pferd, bei dem das Gelenk 
eröffnet war, hatte vier Tage lang Fieber und mangelhaften 
Appetit bei einer Ruhe von sechs bis zehn Wochen. Bei einem 
schweren Pferde ist die Lahmheit dauernd nnd völlig geschwunden. 
Die Methode des perforirenden Brennens ist daher sehr zu 
empfehlen. Auch Schwendimann schliesst sich dieser Ansicht 
an und betont, dass vor der Neurotomie gerade das perforirende 
Brennen besonders in Betracht komme, mit dem man 50 pCt. 
der Spatlahmheit heilen könne. 

Ein orthopädisches Eisen. 

Von Jordan. 

(Wsehr. f. Th. 1900 No. fl.) 

Die Orthopäden gehen von dem Grundsätze aus, die Ge¬ 
lenke der verletzten Gliedmassen zu unterstützen, zu fixiren 
oder ganz auszuschalten. Diesem Grundsätze entsprechend hat 
J. schon mehrfach Lahmheiten an den Hintergliedmassen bei 
Pferden in sehr kurzer Zeit zur Heiluug gebracht — z. B. 
Verstauchungen, Sprunggelenkentzündungen mit durchgehender 
Galle, Synoviten u. s. w. —, indem er ein Eisen aufschlug, 
welches ohne Griff aber mit 6 bis 7 cm hohen Stollen versehen war. 


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196 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17. 


Während die Pferde vorher nur mit der Zehe auftraten, gehen 
sie nach diesem Beschlag meist sehr gut. Das Eisen blieb 8 
bis 14 Tage liegen; das Pferd wurde bewegt, selbst zu leichter 
Arbeit gebraucht. Dann schlägt man ein gewöhnliches Schraub¬ 
stolleneisen auf und lässt nach und nach, aber nicht sofort, 
gänzlich die Stollen wegfallen. Dass ein derartig unterstütztes 
Gelenk rasch heilt, ist sehr erklärlich. In allen Fällen an den 
Hintergliedmassen, wo das Pferd nur mit der Zehe aufspitzt, ist 
dieses Eisen empfehlenswerth. 

Behandlung 

des ahnten Muskelrhenmatismus mit Acetanilid. 

Von Zincke. 

Dtsch. Th. W. 19, No. 8.) 

Friis in Kopenhagen hat die Behandlung der acuten Rehe 
mit Antifebrin empfohlen (vgl. B. T. W. Jahrg. 1899 Nr. 44). In 
der Veterinärklinik der Universität Leipzig wurde auf Grund 
jenes Aufsatzes das Antifebrin auch in zwei Fällen von acutem 
Muskelrheumatismus versucht. Anlass dazu gab die Erwägung, 
dass erstens ätiologisch Aehnlichkeiten zwischen Rehe und 
Rheumatismus bestehen, und dass ferner die Wirkungen des 
Antifebrins solche sind, die eine Anwendung des Mittels beim 
acuten Muskelrheumatismus rechtfertigen, wobei die antipyretische 
Wirkung am wenigsten in Frage kommt, mehr dagegen die ge¬ 
steigerte Thätigkeit der Hautdrüsen und die besondere Circulation 
in den peripheren Gefässen. In dem einen Falle bestand eine 
acute rheumatische Erkrankung der linken Schultermuskulatur. 
Die erkrankte Partie wurde mit verdünntem Fluid stark frottirt, 
24 Stunden lang warm eingewickelt, und das Pferd während 
dieser Zeit nur mit Kleiegetränk ernährt. Innerhalb dieses 
Tages bekam es 4 Dosen Antifebrin zu je 25 g. Am anderen 
Tag war die Lahmheit verschwunden. Ein Rückfall trat 
nicht auf. 

Das zweite Pferd war vorn links lahm. Besonders schmerz¬ 
haft war der Cleidomastoideus. Die Therapie war dieselbe 
und hatte denselben Erfolg. Jedoch musste bei dem zweiten 
Pferde 2 Tage hindurch Antifebrin gegeben werden. Ueble 
Nachwirkungen waren nicht zu beobachten. Das Mittel empfiehlt 
sich also immerhin zum Versuch. 

Zar Technik der intravenösen Impfang. 

Von Kitt 

(Mt'h f. Th 10, 6.) 

Die schon früher von einigen Thierärzten ausgefübrte intra¬ 
venöse Injection, die wegen der Anwendung ungeeigneter Arznei¬ 
mittel vielfach üble Zufälle berbeigeführt hatte, und desshalb 
verlassen war, ist neuerdings von Dieckerhoff unter besserer 
Berücksichtigung der geeigneten Mittel wieder eingeführt worden. 
Auch die Bacteriologen wenden vielfach neuerdings die intra¬ 
venöse Impfung an. Zur Schutzimpfung wurde sie übrigens 
schon 1854 gegen Lungenseuche von Thiernesse angewendet. 
Am erstaunlichsten ist die Wirkung intravenöser Impfung als 
Schutzmittel gegen Tollwuth bei Pferden und Wiederkäuern. 
Wenn man eine Gehirnemulsion des wütbenden Hundes 
1 bis 3 Tage nach dem Bisse solchen Thieren in die Halsvene 
spritzt (10 bis 15 ccm für Pferd und Rind, 4 bis 6 für kleine 
Wiederkäuer), so unterbleibt der Ausbruch der Krankheit. Die 
Schutzimpfungen dürften die intravenöse Injection besonders in 
Gebrauch bringen. Die elegante Ausführung ist daher für die 
Thierärzte von Interesse. 

K. schildert nun die bequemste Methode derselben. Zunächst 
empfiehlt sich die Anwendung einer geflochtenen Aderlassschnur, 
wie sie Linke und Plazotta in München darstellen. Die 


Schnur trägt an einem Ende einen Eisenring, am andern einen 
Eisenstift. Sie wird um den Hals gelöst, das Stiftende durch 
den Ring gezogen und nach genügend fester Anziehung der Stift 
so durch das Geflecht dicht an den Ring gestochen, dass die 
Schnur nicht durch den Ring zurückgleiten kann. Die Ader 
schwillt dann mächtig an und es ist leicht, die CanÜle ein¬ 
zuführen. Von den Injectionsspritzen ist die regclirbare Asbest¬ 
spritze für die thierärztliche Praxis am besten, weil sie leicht 
sterilisirbar und der compressible Asbestkolben vorzüglich ge¬ 
dichtet ist, so da«s ein Zurücklaufen der Flüssigkeit nicht vor¬ 
kommt. Die Impfflüssigkeit wird am besten in ein niedriges 
Becherglas gegossen, welches vorher durch Ausspülen in 
kochendem Wasser sterilisirt ist oder durch Abbrennenlassen 
einiger in dasselbe gegossener Tropfen Spiritus. Auch weit¬ 
halsige niedrige Arzneifläschchen eignen sich dazu. Die Flüssig¬ 
keit wird dann mit der Spritze, nicht mit der Canüle, aufgesogen. 
Auf gute Füllung, damit keine Luftblasen hineinkommen, ist zu 
achten. Dann wird der Kopf des Rindes gestreckt, durch Ge¬ 
hilfen fixirt und die wie eine Schreibfeder zu fassende Canüle 
wird durch die mit der andern Hand über der Vene etwas glatt 
gespannte Haut kräftig in die geschwellte Ader gegen die Brust 
hin eingestochen. Kräftiges Bluttropfen ist ein Zeichen, dass 
die Vene getroffen ist. Sollte die Ader verfehlt sein, so ist es 
nicht nöthig, die Nadel herauszuziehen, sondern man fühlt ihre 
Spitze durch die zur Falte erhobene Haut und dirigirt dieselbe 
besser in das Gefäss. Unmittelbar vor der Injection wird die 
Aderlassschnur gelockert, die Spritze fest in die Canüle gesetzt 
und die Injection vollzogen. Ist eine zweite Spritze nöthig, so 
wird die Canüle stecken gelassen und die Ader von Neuem 
comprimirt. K. berechnet, dass man 20 biB 30 Rinder in einer 
Stunde zu impfen vermag, wenn ein Gehilfe die Schnur anlegt, 
während der Impfer die Spritze füllt. 

Glossitls actinomycotiea. 

Von Dr. Giovanni Battista Plotti. 

Clin. vet. 1899 h. 43. 

Eine Kuh, welche seit einiger Zeit das Futter versagte, 
zeigte bei Untersuchung des Maules knötchenartige Erhebungen 
und Geschwüre an der Zunge. Gleiche Veränderungen sollten 
nach Angabe des Besitzers noch bei einer andern Kuh und 
einem Kalbe, welche bereits beseitigt waren, vorhanden gewesen 
sein. Verf. scarificirte die Knoten und untersuchte die in 
diesen enthaltene Materie microscopisch, wobei festgestellt 
wurde, dass dieselbe Actinomyces enthielt. 

Nachdem hiermit die Natur der Krankheit erkannt war, 
wurden die scarificirten Stellen der Zunge mit Jodtinctur be¬ 
pinselt. Innerlich wurde der Kuh Jodkalium gegeben, zunächst 
4 g später 6 g pro dosi et die. 

Die Behandlung dauerte etwa 20 Tage und endigte mit der 
vollständigen und dauernden Wiederherstellung der Kuh. 


Thierhaltung und Thierzucht. 

Das deutsche Rind. Beschreibung der in Deutschland heimischen 
Rinder-Schlüge. 

Von Geheimrath Dr. Lydtin-Baden und Geheimrath 
Dr. Werner-Berlin. 

Die deutsche Landwirthschaftsgesellschaft hat ihren hohen 
Verdiensten um die heimische Landwirtschaft ein neues hinzu¬ 
gefügt durch Herausgabe des Werkes, welches den oben voran¬ 
gestellten Titel trägt und 900 Seiten Text nebst einem Atlas 
mit 40 Bildern umfasst. 


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26. April 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


199 


Sie hat in einer Zeit, wo die Thierzucht in Werth- und 
Werthschätzung so ausserordentlich gestiegen ist, richtig er¬ 
kannt, dass es für die Fortentwicklung und Verallgemeinerung 
der rationellen Rinderzucht eine erste unentbehrliche Grundlage 
sei, die Kenntniss des vorhandenen Materials den Züchtern und 
anderen Interessenten zu vermitteln. Ein Werk, welches diesem 
Bedürfhiss auch nur entfernt genügt hätte, existirte nicht. In 
den meisten Beschreibungen war, angesichts der gewaltigen 
Veränderungen in den letzten Jahrzehnten, Veraltetes mit Gültigem 
vermengt. Kein Autor wahrscheinlich konnte behaupten, dass 
er alle Schläge, in ihrer gegenwärtigen Form überhaupt, ge¬ 
schweige denn gründlich kennen gelernt habe. Zudem fehlte ein 
einheitlicher Plan der Beschreibung, der allein dem Leser den 
Vergleich und dem Züchter eventuell die Wahl unter den vor¬ 
handenen Rassen ermöglichen kann. 

Desshalb fasste und verwirklichte die deutsche Land- 
wirthschaftsgesellschaft den Plan, ein umfassendes Werk heraus¬ 
zugeben, welches eine Beschreibung aller gegenwärtigen Rinder- 
Rassen enthalten sollte, gegeben auf Grund umfassender Unter¬ 
suchungen durch Meister des Faches nach einem durchaus ein¬ 
heitlichen, der Erfahrung abgewonnenen und durch die Begut¬ 
achtung der führenden Züchter ganz Deutschlands bestätigten 
Schema. Die Gesellschaft konnte dies durchführen Dank ihrer, 
über das ganze Reich verbreiteten Organisation, Dank der 
Thatsache, dass ihr die ersten Kräfte zur Verfügung standen 
und dass diese ihr schon seit Jahren ihre Dienste geleistet 
hatten, so dass ein Schatz unentbehrlicher Vorarbeiten und Er¬ 
fahrungen bereits gewonnen war. 

Mit der Durchführung des Werkes wurden Geheimrath 
Dr. Lydtin und Geheimrath Dr. Werner betraut. Lydtin, 
der anerkannte Meister der modernen Rinderzucht in Süd¬ 
deutschland hat die Höhenschläge, Werner, bekannt durch sein 
schönes Werk über Rinderzucht, dagegen die Niederungsschläge 
bearbeitet. Zahlreichen Untersuchungen und Besichtigungen von 
Thieren in jedem einzelnen Zuchtgebiet, zusammen über 3000, 
haben eine unanfechtbare Grundlage geliefert, auf der Dank der 
autoritativen Sachkunde der Autoren eine Beschreibung der 
Rassen aufgebaut worden ist, wie sie zweckentsprechender nicht 
gedacht werden kann. Dreiunddreissig Niederungsrassen und 
sechsnndvierzig Höhenrassen haben nunmehr eine authentische 
Darstellung erfahren, die jedesmal folgende Capitel umfasst: 
Aeussere Einzelerscheinung, Gesammterscheinung, Zuchtgebiet, 
Zucht nnd Haltung, Leistungen, Geschichte und Zuchtbestrebungen. 
Der Rassenbeschreibung sind hier folgende allgemeine Capitel 
beigefügt: Die geologischen Verhältnisse der einzelnen Rinder¬ 
zuchtgegenden, der Aufbau des Rinderkörpers, das Aeussere des 
Rinderkörpers, die Masse, die Züchtungsgrundsätze, die Aufzucht 
des Rindes, die Ernährung und Haltung der Zuchtthiere, sowie 
eine Literaturzusammenstellung. 

Der beigegebene Atlas enthält 40 Abbildungen von 10 Typen 
ansgewählter Höhen- und Niederungsschläge. Nach einem von 
Lydtin erdachten Verfahren sind die Thiere in Massnetze so 
eingetragen, dass mit einem Blick nicht bloss ihre Gestalt, 
sondern auch ihre Dimensionen zu übersehen sind, was namentlich 
für den Vergleich der Rassen ausserordentlich vorteilhaft ist. 
Als Ergänzung zu dem Buche wird auch noch Heft 20 der 
„Arbeiten der deutschen Landwirthschaftsgesellschaft“ bezeichnet, 
in dem sich eine statistische Zusammenstellung der Verbreitung 
der Rinderschläge und eine Abhandlung über die öffentlichen 
Zncbtbestrebungen befindet. 


Es ist ein Werk ersten Ranges, mit dem hier die Pfleger 
und Freunde der deutschen Thierzucht beschenkt worden sind, 
ein Monument technischer Meisterschaft und deutschen Fleisses, 
das die Autoren und auch die Herausgeberin ehrt. Den besten 
Lohn für die imponirende, gewaltige Arbeit werden die Autoren 
darin finden, dass sie mit einem berechtigten Stolz auf ihr Werk 
zurückblicken können. Schmaltz. 

Tagesgeschichte. 

Aus Stuttgart. 

Am 18. April fuhr der Ausschuss der Studentenschaft der 
Kgl. Thierärztl. Hochschule bei dem vonnaligen Director von 
Fricker vor, um demselben eine von der Studentenschaft gestiftete 
Adresse zu überreichen. Der Vorsitzende des Ausschusses, stud. 
Rohde vom A. T. V. Hercynia hielt bei der Ueberreichung der 
Adresse eine Ansprache, worin er dem Herrn Director die 
Anerkennung seiner Verdienste um die Thierärztl. Hochschule 
während seines 40jährigen Wirkens an derselben aussprach und 
ihm zugleich einen recht langen und glücklichen Lebensabend 
wünschte. Herr Director von Fricker drückte in bewegten 
Worten dem Ausschüsse den herzlichsten Dank aus und gab der 
Hoffnung Ausdruck, dass auch fernerhin ein gedeihliches Zu¬ 
sammenwirken zwischen Lehrkörper und Studentenschaft bestehen 
möge. 

Studienplan der veterinlr-medicinlschen Facultlt In Bern. 

Die gesperrt gedruckten Fächer werden hierunten als besonders 
wichtige Hilfsdisciplinen aufgeführt; es wird in denselben an 


den eidgenössischen Examen nicht geprüft. 

I. Semester. 

Winter std. Sommer. Std. 

Physik.6 Physik.6 

Anorganische Chemie . . 6 Anorganische Chemie . . 4 

Botanik I (Kryptogamen) . 6 Organische Chemie ... 6 

Botanisch-microscop. Botanik n (Phanerogamen) 4 

Curs.2 [ Botanisch - microscop. 

Zoologie.6[ Curs.2 

Mineralogie.4 Zoologie.4 

Systematische Anatomie . 8 Vergleichende Anatomie . 5 

Präparirübungen . . . . 10 Geologie.5 

Histologie.2 

i Microscopischer Curs 1. . 4 

II. Semester. 

Sommer Std. Winter Std. 

Physik.6 Physik . •.6 

Organische Chemie ... 6 Chemie.<» 

Chemisches Laboratorium . 10 Chemisches Laboratorium . 10 

Botanik U (Phanerogamen) 4 Botanik I (Cryptogamen) . 6 

Botanisch-microscop. Botanisch - microsfcop. 

Curs.2 Curs.2 

Zoologie.4 : Zoologie.(> 

Vergleichende Anatomie . 5 Zootomisch-zoolog. 

Zootomisch-zoolog. Hebungen.2 

Uebungen.2 Mineralogie.4 

Geologie.5 Systematische Anatomie . 8 

Histologie.2 Präparirübungen .... 10 

Microscopischer Curs l . 4 Repetitorien.2—4 

Repetitorien .... 2—4 

— (Danach naturwissenschaftliche Prüfung.) — 

HI. Semester. 

Winter Std.! Sommer Std. 

Topographische Anatomie . 3 I Ausgewählte Capitel der 

Ausgewählte Capitel der Anatomie.2 

Anatomie.2' Embryologie.3 

Präparirübungen .... 24 ' Teratologie.1 

Physiologie.6: Microscopischer Curs 11 . 10 

Pathologische Anatomie . 6 j Physiologie.6 

Allgemeine Pathologie . . 6 


Theoretisch-practisch. 
Curs d. Photographie 4 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17. 



Sommer 

Ausgewählte Capitelder 
Anatomie . . . " . . 

Embryologie. 

Teratologie . 

Microscopischer_Cnrs II 

Physiologie. 

Allgemeine Pathologie . . 
Arzneimittellehre . . . . 

Operationslehre . . . . 

Repetitorien . . . . ; 

Theoretisch -practisch. 


IV. Semester. 
Std. 


Std. Winter 

Topographische Anatomie . 

2 j Ausgewählte Capitel der 

3 Anatomie. 

1 i Präparirübungen . . . . 

10 Physiologie. 

6 Pathologische Anatomie . 

6 Repetitorien. 

5 i 
3 

3—4 


Curs d. Photographie 4, 

— (Danach anatomisch-physiologische Prüfung.) — 
V. Semester. 

Winter Std. Sommer 


Klinik.12—18 Klinik 


Specielle Pathologie und 

Therapie I.4 

Chirurgie (specieller Theil) 5 

Klinische Diagnostik . . 2 

Theorie des Hufbeschlages 3 

Pathologisch-microscop. 


12—18 


I Specielle Pathologie und 

4 Therapie I. 

5 Chirurgie (allgem. Theil) 

2 Klinische Diagnostik . . 

3 1 Arzneimittellehre . . . . 

Operationslehre . . . . 


Curs.4 Geburtshilfe.2 

Operationscurs .... 5 Augenspiegelcurs ... 1 

Sectionen.täglich Beschirrung und Sattelung • l 

Physiologische und pa- Sectionen.täglich 

thologische Chemie . 2 , Pharmacognosie ... 4 

VI. Semester. 

Sommer Std.' Winter Std. 

Klinik.12—18 Klinik.12—18 

Specielle Pathologie und J Specielle Pathologie und 
Therapie H .... 4 Therapie 13.4 


•Std. 

12—18 


Specielle Pathologie und j Specielle Pathologie und 

Therapie H .... 4 Therapie 13.4 

Chirurgie (allgemeiner Theil) 3 Chirurgie (specieller Theil) 5 


Geburtshilfe. 

Gerichtliche Thiermedicin . 
Augenspiegelcurs . . . 
Beschirrung und Sattelung 

Sectionen.täj 

Pharmacognosie . . . 


. . 2 . Theorie des Hufbeschlags . 3 

in . 2 Seuchenlehre.3 

. . 1 Allgemeine Therapie . . 1 

ung 1 Pathologisch - microscop. 

. täglich [ Curs.. 4 

. . 4 1 Operationscurs .... 5 


Versicherungswissen- Sectionen.täglich 

schaftl. Capitel . . 1 Physiologische u.patho- 

Futteruntersuchungen 1, logische Chemie . . 2 

Vn. Semester. 


Winter 


Sommer 


Ambulatorische Klinik täglich 1 Ambulatorische Klinik täglich 
Klinik im Thierspital 12—18 Klinik im Thierspital 12—18 

Seuchenlehre.3 ; Gerichtliche Thiermedicin . 2 

Thierzucht’und Rassenlehre 5 Hygiene I.3 

Hygiene I.3 Bacteriolog. Curs 2 Nachmittage 

Exterieur des Pferdes . . 4 Fleischschaucnrs .... 2 


Exterieur des Rindes . . 2 

Einführung in die Viehver¬ 
sicherung . . . . 1—2 

Allgemeine Therapie . . 1 

Operationscurs .... 5 


2 Milchuntersuchungen . . 1 

Practicum der Hausthier- 
2 beurtheilung . . . 1—2 

1 Sectionen.täglich 

f> Geschichte d. Thiermed. 1 


Sectionen täglich Toxicologie . . . 

Ausgewählte Capitel Versicherungswissen¬ 
der Nationalöconomie 1 schaftl. Capitel 

Futter Untersuchungen 

VH3. Semester. 


Sommer 


Winter 


Ambulatorische Klinik täglich Ambulatorische Klinik täglich 
Klinik im Thierspital 12—18 Klinik im Thierspital 12—18 

Hygiene II.3 Thierzncht und Rassenlehre 5 

Bacteriolog. Curs 2 Nachmittage Hygiene ü.3 

Fleischschaucurs .... 2 Exterieur des Pferdes . . 4 

Milchuntersuchungen . . 1 Exterieur des Rindes . . 2 

Practicum der Hausthier- Einführung in die Viehver- 
beurtheilung . . . 1—2 Sicherung .... 1—2 | 

Sectionen .... täglich Operationscurs .... 5 ; 

Geschichte der Thier- Sectionen .... täglich 

medicin.1 Ausgewählte Capitel 

Toxicologie .... 1 der Nationalöconomie' 1 ^ 

— (Danach thierärztliche Fachprüfung.) —".1$ r** 
Bern, den 15. März 1900. \ 

Der Director des Unterrichtswesens: Dr. Gobat. ^ , 


Verlesungen und practltche Uebungen an der KSnlgfloben ThierSrztUcbe« 
Hochschule zu Berlin im Sommer-Semester 1900. 

Dr. Schütz, Geheimer Regierungs-Rath, Professor: 
Allgemeine Pathologie, täglich von 10—11 Vormittags, 6 ständig. 
Pathologisch-anatomische Demonstrationen, Montag, Dienstag und 
Mittwoch von 8—9 Vormittags, 3 ständig. Pathologisch-histo¬ 
logische Uebungen, in Gemeinschaft mit Repetitor Hosang, 
täglich von 12—2 Uhr Nachmittags. 

Dr. Di eck er ho ff, Geheimer Regierungs-Rath, Professor: 
Gerichtliche Thierarzneikunde, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, 
Freitag und Sonnabend von 7—8 Uhr Vormittags, 5 ständig. 
Klinik für grössere Hausthiere, Abtheilung für innere Krank¬ 
heiten und Gewährmängel, täglich von 10—12 Uhr Vormittags 
und von 4—5 Uhr Nachmittags. 

Dr. Munk, Professor: Physiologie I, Dienstag, Mittwoch, 
Freitag von 9—10 Uhr Vormittags und Donnerstag von 9 bis 

11 Uhr Vormittags, 5 stündig. 

Dr. Pinner, Professor: Anorganische Chemie, Dienstag, 
Mittwoch und Donnerstag von 4—6 Uhr Nachmittags, 6 stündig. 
Organische Chemie, Montag und Freitag von 4—6 Uhr Nach¬ 
mittags, 4 stündig. Chemische Uebungen in Gemeinschaft mit 
dem Assistenten der Chemie Kohlhammer, Montag von 
2—4 Uhr, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 4—6 Uhr 
Nachmittags. 

Eggeling, Professor: Seuchenlehre und Veterinär-Polizei, 
Donnerstag, Freitag und Sonnabend von 8—9 Uhr Vormittags 
und Mittwoch von 9—10 Uhr Vormittags, 4 stündig. Propä¬ 
deutik der ambulatorischen Klinik, Montag und Dienstag von 
9—10 Uhr Vormittags. Ambulatorische Klinik 

Dr. Fröhner, Professor: Allgemeine Chirurgie und Akiurgie 
täglich von 8—9 Uhr Vormittags, 6 stündig. Klinik für 
grössere Hausthiere, Abtheilung für äussere Krankheiten, 
täglich von 10—12 Uhr Vormittags und von 4—5 Uhr Nachmittags. 

Dr. Schmaltz, Professor: Histologie, Montag, Dienstag, 
Mittwoch und Donnerstag von 12—1 Uhr Nachmittags, 4 ständig. 
Histologische Uebungen in Gemeinschaft mit Prosector Keller. 
Montag, Dienstag, Mittwoch, Freitag und Sonnabend von 10 bis 

12 Uhr Vormittags. Embryologie, Donnerstag von 11—12 Uhr 
und Freitag von 12—1 Uhr, 2 stündig. Geschichte der Thier- 
heilkunde Montag von 7—8 Uhr und Freitag von 9—10 Uhr 
Vormittags, 2 stündig. 

Dr. Ostertag, Professor: Diätetik, Mittwoch und Donners¬ 
tag von 5—6 Uhr Nachmittags, 2 stündig. Thierische Parasiten. 
Sonnabend von 9—10 Uhr Vormittags, 1 stündig. Sanitäts¬ 
polizeiliche Milchkunde, Donnerstag von 9 — 10 Uhr Vormittags, 

1 stündig. Bacteriologie der Thierseuchen, Dienstag von 5 bis 
6 Uhr Nachmittags, 1 stündig. 

Dr. Eberlein, Professor: Uebungen am Hufe, in Gemeinschaft 
mit dem Assistenten Grupe, täglich von 4—6 Uhr Nachmittags. 
Exterieur und Gestfitkunde, Donnerstag von 9—10 Uhr, Freitag 
und Sonnabend von 7—8 Uhr Vormittags, 3 stündig. Poliklinik 
für grössere Hausthiere, täglich von 10—12 Uhr Vormittags 
und von 4—5 Uhr Nachmittags. 

Regenbogen, Professor: Pharmacologie und Toxicologie I. 
Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 7—8 Uhr Vormittags. 
3 stündig. Receptirkunde, Sonnabend von 9—10 Uhr Vor¬ 
mittags, 1 stündig. Allgemeine Therapie, Montag von 7—8 Uhr 
Vormittags, 1 stündig. Klinik und Poliklinik für kleinere Hans- 
thiere, täglich von 10—12 Uhr Vormittags und von 4—5 Uhr 
Nachmittags. 

Dr. Wittmack, Geheimer Regierungs - Rath, Professor: 
Botanik, Montag und Sonnabend von 9—10 Uhr, Mittwoch und 
Donnerstag von 8—9 Uhr Vormittags, 4 stündig. Botanische 
Excursionen, Sonnabend Nachmittags. 

Dr. Börnstein, Professor: Physik, Dienstag, Mittwoch und 
Donnerstag von 3—4 Uhr Nachmittags, 3 stündig. 

Dr. Werner, Geheimer Regierungsrath, Professor: Rind- 
viehzucht, Mittwoch und Donnerstag von 12—1 Uhr Nachmittags. 

2 stündig. Schweinezucht, Sonnabend von 12—1 Uhr Nach¬ 
mittags, 1 stündig. 

Dr. Plate, Professor: Zoologie, Montag, Dienstag, Freitag 
und Sonnabend von 8—9 Uhr Vormittags, 4 stündig. 

Keller, Prosektor: Histologische Uebungen in Gemeinschaft 
mit Professor Dr. Schmaltz. Einleitung in die Anatomie, 
Dienstag bis Freitag von 9—10 Uhr, vier Wochen lang. 

Neuling, Repetitor: Assistenz in der medicinischen Klinik. 
Hosang, Repetitor: Pathologisch - histologische Uebungen 
in Gemeinschaft mit dem Geheimen Regierungs-Rath, Professor 
Dr. Schütz. 


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26, April 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. _ 201 


Pfannenschmidt. Repetitor: Assistenz in der chirurgischen 
Klinik. 

Kohlhammer, Assistent der Chemie: Chemische Uebungen 
in Gemeinschaft mit Professor I)r. Pinn er. 

Dr. Du Bois-Reymond, Assistent der Physiologie: Re¬ 
petitionen über Physiologie. 


Grupe, Assistenz in der Poliklinik: Uebungen am Hufe in 
Gemeinschaft mit Professor Dr. Eberl ein. 

Dr. Eschbaum, Apotheker: Pharmaceutische Uebungen, 
täglich von 10—12 Uhr Vormittags und von 4—5 Uhr Nachmittags. 
Berlin, den 12. Februar 1900. 

Der Rector der Thierärztlichen Hochschule. Dieckerhoff. 


Oeffentliches YeterinSrwesen. 


(Mittheilungen für 

Seuchenstatistik and Yeterinärpolizei. 

Jahresbericht Ober die Verbreitung von Thierseuchen im deutschen 

Reiche 1898. 

Der Jahresbericht ist im Verlage von Julius Springer, 
Berlin, in bekannter Ausstattung und Reichhaltigkeit des Materials 
erschienen. Die Hauptstücke des Inhalts sind folgende: Die 
Verbreitung der im Gesetz von 1880 genannten Seuchen, sowie 
der Schweineseuchen, Geflügelcholera, Cerebrospinalmeningitis 
und Influenza der Pferde; die Ergebnisse der Trichinen- und 
Finnenschau; die Tuberkulose in den See-Quarantäne-Anstalten; 
die Ein- und Ausfuhr von Vieh und thierischen Producten; der 
Viehstand in Deutschland nach der Zählung von 1897 ; die Ent¬ 
schädigungen für Viehseuchenverluste; Zusammenstellung sämmt- 
licher Gesetze und Verordnungen betr. Veterinänvesen, welche 
vom 1. Juli 98 bis dato 99 erlassen sind, der Stand der Vieh¬ 
verkehrsbeschränkungen an den Grenzen von Deutschland und 
gegen Deutschland, sowie eine Uebersicht über wichtige, 
veterinärpolizeiliche Bestimmungen im Auslande; endlich fünf 
Karten zur Illustration der Seuchenansbreitung. 

Es soll hier zunächst über die Ausbreitung der Seuchen im 
Jahre 1898 referirt werden. 

Von der Maul- und Klauenseuche wurden im Berichts¬ 
jahre betroffen 810 Kreise (etwas über 8 / 10 aller Kreise) gegen 
883 oder 9 / 10 im Vorjahre. Die Zahl der betroffenen Gemeinden 
bezw. Gehöfte betrug 10701 bezw. 47387 gegen 12520 und 
14710 bezw. 55111 und 72161 in den Vorjahren*). Die Gesammt- 
stückzahl der gefährdeten Bestände in den während des Jahres 
neubetroffenen 41551 Gehöften betrug 852978 (gegen 1,16 bezw. 
1,5 bezw. 1,4 Millionen in den Voijahren) nämlich 462078 
Rinder, 263885 Schafe, 5908 Ziegen und 121107 Schweine. Am 
Beginn des Jahres waren verseucht in 483 Kreisen 1992 Ge¬ 
meinden bezw. 5836 Gehöfte; im ersten Halbjahr erfolgte ein 
weiterer erheblicher Rückgang, dann im 3. Quartal ein Still¬ 
stand und im letzten Quartal wieder eine erhebliche Zunahme. 
Immerhin war der Stand am Jahresschluss günstiger als am 
Jahresanfang, denn es blieben nur in 396 Kreisen 1480 Ge¬ 
meinden und 4970 Gehöfte verseucht. Im allgemeinen war, wie 
im Vorjahr, Süddeutschland stärker betroffen und von Preussen 
der Westen stärker als der Osten. Von den neubetroffenen 
rund 41500 Gehöften kamen nämlich auf Preussen rund 15800, 
auf Bayern über 12000, auf Württemberg 6500: innerhalb 
Preussens wieder auf die sechs östlichen Provinzen nur 2635, 
d. i. ungefähr ein Sechstel, auf die Rheinprovinz allein dagegen 
9725, d. s. über 60 pCt. aller in Preussen betroffenen Gehöfte. 

Die Lungenseuche war weniger verbreitet als im Vor¬ 
jahr. Ausser dem ständig verseuchten Regierungsbezirk 
Magdeburg, einem Merseburger und zwei königl. sächsischen 
Kreisen waren 3 Herde im Osten um Jarotschin, Kulm und 

* Wo die Zahlen aus mehreren Vorjahren angegeben worden, 
sind die aus den jüngstvergangenen zuerst genannt, dann in ent¬ 
sprechender Folge die.älteren. 


Veterinärbeamte.) 

Stralsund, einer am Niederrhein und einer in Bayern zu 
tilgen; auch in Berlin wurde die Seuche konstatirt. Im 
Regierungsbezirk Magdeburg waren verseucht die Kreise Stendal, 
Wolmirstedt, Neuhaldensleben, Wanzleben und Aschersleben. Es 
erkrankten 672 Rinder (1897: 810, 1896: 1608) in 73 Gehöften 
von 15 Kreisen (gegen 82 bezw. 16 im Vorjahr). Auf polizei¬ 
liche Anordnung sind 1588 (gegen 1620 im Vorjahr) auf Ver¬ 
anlassung der Besitzer 227 Rinder getötet worden; 58pCt. der 
ersteren und 91 pCt. der letzteren erwiesen sich als seuchefrei 
(Vorjahr 41 und 84 pCt.). Der Gesammtverlust betrug 
1802 Stück (1636), der Gesammtbestand in den neu¬ 
betroffenen Gehöften 2521 (2097). Von den getödteten 1796 
Rindern kamen auf Preussen 1785 und von diesen wieder auf 
den Regierungsbezirk Magdeburg 1291 = 72 pCt. (78 pCt. der 
deutschen Gesammtzahl. Die Impfung fand bei 1597 Thieren 
auf Veranlassung der Besitzer und bei 2900 Thieren auf polizei¬ 
liche Anordnung statt; von letzteren erlagen 65 (der bekannte 
unglückliche Zufall) der Impfkrankheit 

Der Rotz befiel 371 Pferde (338, 505, 590, 516) in 148 
(141) Gehöften von 92 (105) Kreisen. In den betroffenen Ge¬ 
höften standen 1113 (1093) Pferde. Der Gesammtverlust 
(Tödtungen etc.) betrug 514 Stück (479, 703, 770, 767, 1076, 
1296), wovon 143 seuchenfrei befunden wurden. Schlesien und 
Posen waren wieder am stärksten betroffen. Im Ganzen hatte 
also die Seuche gegen das Vorjahr unwesentlich zugenommen, 
war auch am Schluss des Berichtjahres etwas ungünstiger als 
am Anfang. 

Die Tollwutli ist erheblich häufiger als im Voijahre vor¬ 
gekommen und hat sich, wie schon im Voijahre, von den gewöhnlich 
betroffenen östlichen Grenzkreisen aus weiter ins Innland über 
ganz Ost- und Westpreussen, Posen, Pommern und Schlesien 
bis Brandenburg, sowie über einen grossen Theil des Königreichs 
Sachsen verbreitet. Auch einige bayerische, sowie westdeutsche 
Kreise waren betroffen. Dagegen war Elsass-Lothringen seuchen¬ 
frei, wie schon im Voijahre. Erkrankt, gefallen und getötet 
sind 1202 Thiere (905) darunter 904 Hunde, 9 Katzen, 14 Pferde, 
223 Rinder und 52 Stück Kleinvieh. Ausserdem wurden 
2398 ansteckungsverdächtige und 304 herrenlose wuthverdächtige, 
zusammen noch 2702 (2396) Hunde getödtet; 72 ansteckungs¬ 
verdächtige Hunde wurden unter polizeiliche Beobachtung ge¬ 
stellt. Die Tollwuth- bezw. Wuthverdachts-Fälle vertheilen sich 
auf 213 Kreise, gegen 196 und 178 in den beiden Vorjahren, 
die ebenfalls schon erheblich erhöhte Ziffern aufweisen. Es 
muss also von einer beachtenswerthen andauernden Zunahme 
gesprochen werden. Sechs Todesfälle unter Menschen sind 
gemeldet. 

Der Milzbrand hat wieder eine Zunahme aufzuweisen, was 
ebenfalls als eine dauernde Erscheinung anzusehen ist. Die 
Zunahme beträgt 7 1 / 2 pCt. der angezeigten Fälle gegen 1897; 
1897 betrug sie 372 pCt. gegen 1896. Es erkrankten 
4921 Thiere (4577), darunter 133 Pferde, 4455 Rinder, 


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202 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17. 


293 Schafe, 5 Ziegen, 35 Schweine, von denen 3 Pferde, 
66 Rinder, 1 Ziege, 8 Schweine am Leben blieben. Die Fälle 
vertheilen sich auf 4015 (3518) Gehöfte in 3481 (3071) Gemeinden. 

Die preussischen Bezirke Breslau (330 Gehöfte), Frank¬ 
furt (229), Düsseldorf (181), Liegnitz, Potsdam wie im Vor¬ 
jahre, desgl. Posen, Trier, Merseburg, Arnsberg und Wiesbaden, 
ferner Pfalzbayern (166) und Zwickau (136), wie im Vorjahre, 
sowie der Neckarkreis (156) waren am stärksten betroffen. 
Uebertragungen auf Menschen sind 79 (96) gemeldet, von denen 
18 (23 pCt.) tödtlich verliefen; unter den Erkrankten befanden sich 
1 Thierarzt, 20 Schlächter, 7 in Rosshaarspinnereien beschäftigte 
Personen. 

Der Rauschbrand hat dagegen nicht, wie im Vorjahre, 
weiter zugenommen. Es erkrankten 22 Pferde, 1108 Rinder und 
48 Schafe, zusammen 1178 Thiere (1283) in 1075 Gehöften von 
670 Gemeinden (Vorjahr 1078 und 642). 

Die Schafpocken sind (seit 1889) erloschen geblieben. 
Der Bläschenausschlag betraf 329 Pferde und 6751 Rinder, zu¬ 
sammen 7080 Thiere (8370) in 1423 Gemeinden. Die Pferde¬ 
räude kam bei 540 Thieren vor. Die Schafräude hat wieder 
etwas zugenommen. Die Stückzahl der neubetroffenen Herden 
betrug in 210 Kreisen (228) 98 544, 12 000 mehr als im Vor¬ 
jahre. Mit Ausnahme von 3 Kreisen liegen alle verseuchten 
Kreise westlich der Elbe. Der seit Jahren am stärksten be¬ 
troffenen Grafschaft Bentheim macht diesmal der Kreis Fulda 
mit ebenfalls mehr als 70 % Räude den Rang streitig. 

Die Schweinepest und Schweineseuche ist im Berichtsjahr 
noch ziemlich erheblich namentlich in Posen, Schlesien und 
Brandenburg, im Ganzen in 288 Kreisen, 1909 Gemeinden, 
3140 Gehöften aufgetreten. 11813 Schweine sind erkrankt 
wovon 9612 (81 %) gefallen oder getödtet sind. 

Von Rothlauf sind zur Anzeige gelangt aus 579 Kreisen, 
bezw. 9224 Gemeinden, bezw. 20 505 Gehöften 38 567 Krank¬ 
heitsfälle; gefallen bezw. geschlachtet sind 35 978 Schweine 
(93 %). Die stärkste Verbreitung ist nachgewiesen in Ost- 
preussen, Posen, Schlesien und Brandenburg. 

lieber Geflügelcholera sind Nachweisungen hauptsächlich 
aus Preussen und Sachsen eingegangen. Erkrankt gemeldet 
sind 21246 Stück, wovon 2 / 3 Hühner, wovon nur 758 Thiere 
am Leben gehlieben sind. Neben einigen östlichen Bezirken 
(Posen,Königsberg) sind auch westliche (Düsseldorf, Aachen) 
besonders stark betroffen. Fälle von Gehirn- Rückenmarks¬ 
entzündung der Pferde (Boma’scher Krankheit) sind aus den 
preussischen Bezirken Merseburg und Erfurt (nur für die 
Provinz Sachsen ist die Anzeigepflicht eingeführt) und zwar 
aus 109 Gemeinden 137, von denen 108 verloren gingen; 
besonders die Kreise Eckartsberga und Langensalza waren be¬ 
troffen. Die Influenza der Pferde betraf in Preussen 1471 
Gehöfte, in denen 438 Pferde fielen. In Bayern erkrankten 
259 Pferde, in Baden 49, in Braunschweig 37, in Koburg- 
Gotha 56; von diesen 401 Pferden starben 46. In der Armee 
trat die Influenza in allen Corps-Bezirken auf; 116 Pferde 
starben daran. 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen etc. 

Der Ausbruch der Seuche ist am 16. er. vom Schlachthof 
in Bremen gemeldet, wo sie am 20. wieder erlosch; Ausbruch 
und gleichzeitiges Erlöschen am 19. vom Schlachthof in Dresden 
unter Rindern und am 20. vom Viehhof in Würzburg. Er¬ 


loschen ist sie ferner am 19. auf dem Viehhof in Berlin unter 
Rindern und Schweinen. 


Fleischschaii and Tlehverkehr. 

Deutschlands Ein- und Ausfuhr von Vieh und thlerlschen Prsdncten 

1898*). 

(Nach dem Jahreibericht Uber die Verbreitung der Thlerieuchen. 

Verlag von JuL Springer.) 

Pferde wurden eingeführt 121806, gegen das Vorjahr -f 1500. 
Davon lieferten in runden Zahlen Russland 35000, Belgien 
24000, Dänemark 20000, Oesterreich-Ungarn 14000, Holland 
9000, Frankreich 7000, Amerika ebensoviel, England 2700. 
Die Vertheilung des Importes ist nicht wesentlich anders als im 
Vorjahre, die Ausfuhr betrug 8760 Stück wieder weniger als 
im Vorjahre. 

Die Rindere infuhr betrug 58138 Kühe, 4213 Stiere, 
49177 Ochsen, 56236 Stück Jungvieh, 18464 Kälber, zu¬ 
sammen 186228 gegen 218562 Stück, d. h. weniger als in 
den 8 Vorjahren und gegen 1897 weniger 32000. An der Ein¬ 
fuhr sind betheiligt Oesterreich-Ungarn mit 121300 Stück, 
Dänemark mit 37748, die Schweiz mit 15888 und Frankreich 
mit 2200. Gegen das Vorjahr sind das aus Oesterreich-Ungarn 
25000 Stück mehr, dagegen weniger aus Dänemark 46000, aus 
der Schweiz 11000. Die schwedische Einfuhr hat ganz auf¬ 
gehört, die dänische, die früher die österreichische übertraf, ist seit 
den strengeren Massregeln in den See-Quarantäne-Anstalten auf 
fast ein Drittel ihrer Höhe von 1896 gesunken. Ausgeführt 
wurden 10060 Stück (Vorjahr 12000), wovon 8600 nach 
der Schweiz. 

Die Schweineeinfuhr einschliesslich Spanferkel belief 
sich auf 74833 gegen 91, 106, 347, 715, 840, 987, 936, 596 
Tausend in den Vorjahren. Fast diese ganze Einfuhr, nämlich 
71000 Stück fällt auf Russland, während früher die Importe 
länder Ungarn und Dänemark waren. Ausgeführt wurden 
4200 Stück. 

Schafe wurden 2063 Stück eingeführt. Der dauernde 
Rückgang der Ausfuhr hat angehalten; dieselbe betrug 154751 
gegen 199295 im Vorjahr, d. s. weniger als die Hälfte des 
Durchschnitts in den Jahren 1890—95. Seit 1896 ist sie unter 
300000 gesunken, während sie vorher stets darüber stand. 
Abnehmer waren Belgien mit 63645 Stück, England mit 
42593 Stück, Frankreich mit nur 22000 die Schweiz mit 25000. 

Thierische Producte in Doppelcentnern. 



Rind- und Rosshäute 

Kalb-, Ziegen- u. 

Schaffelle 

Einfuhr 

1 029 537 


278 094 


Ausfuhr 

305 018 


119 124 



Haare, Hörner etc. 

Schafwolle 

Buttter 

Einfuhr 

116 689 

1768 051 

95 813 

Ausfuhr 

55 689 

88 681 

28 252 


Frisch und einfach zubereitetes. 



Rindfleisch Schweinefleisch 

Hammelfleisch 

Einfuhr 

168 188 

151 957 


1108 

Ausfuhr 

12 186 

1404 


— 


Schinken Speck 

Würste 

Büchsenfleisch 

Einfuhr 

53 484 277 652 

43 479 

40 022 

Ausfuhr 

14 197 1 356 

7 920 


598 


*) In dem Originalartikel an der Spitze der Nummer sind für 
gewisse Theile der Einfuhr schon die Zahlen für 1898 gegeben, 
über welche jedoch ein Sammelbericht noch nicht vorliegt. Es ist 
daher die folgende GesammtUbersicht über den Handel von 1898 
von Interesse. 


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26. April 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


203 


Die Gesammteinfuhr an Fleischwaaren betrug somit 
735 808 Doppelcentner oder 147 Millionen Pfund gegen 478. 
267, 332, 259, 149, 261, 173, 242 Tausend Doppelcentner in 
den Vorjahren bis 1890 zurück. Das bedeutet gegen 1897 eine 
Zunahme von 54 pCt. und eine Zunahme von 206 pCt. 
gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 1890 bis 1896, welcher 
240 000 Doppelcentner betrug. 

An dieser Einfuhr ist betheiligt Nordamerica mit 13 912 
De. frischem Schweinefleisch, 16 167 De. einfach zubereitetem 
(<1. li. gepökeltem) Rindfleisch, 71609 De. desgl. Schweinefleisch, 
43 344 De. Schinken, 261014 De. Speck. 32 823 De. Würste, 
33 273 De. Büchsenfleisch; das sind zusammen 425 142 De. oder 
57 pCt. der gesammten Fleischeinfnhr. Im Vorjahr betrug die 
Einfuhr 273 000 De., ebenfalls 57 pCt. der vorjährigen Gesammt- 
ziffer. Der amerikanische Speck allein macht von der 
amerikanischen Einfuhr 61 pCt. und von der Gesammteinfuhr 
35 pCt. aus. Die Einfuhr von Schinken, Speck, Würsten und 
Bächsenfleisch zusammen kommt zu 90 pCt. aus Amerika. Am 
Rest sind betheiligt Dilnemark mit 6118 I)c., die Niederlande 
mit 10 946» De. Speck und 8 706 De. Schinken und Wurst, 
Oesterreich-Ungarn mit ca. 6*000 De. Von frischem und einfach 
zubereitetem Fleisch lieferte Amerika über 60000 De. mehr als 
im Vorjahre (hauptsächlich Schweinepökelfleisch), und 31 pCt. 
der Gesammteinfuhr von solchem Fleisch, gegen 22,5 pCt. im 
Vorjahre). Das frische Fleisch kommt im Uebrigen aus Holland 
157 250 De., Dilnemark 86 550 De. (nur Rindfleisch), Russland 
16 311 De. (Schweinefleisch), Oesterreich-Ungarn 7 382, Frank¬ 


reich 7312, Schweden 2101 De.; gepökeltes Fleisch kommt noch 
aus Dänemark 19 596 ( Schweinefleisch), Holland 4128. Im 
Ganzen lieferten an Fleisch und Fleischwaaren Holland 172 231 
De. — 23 pCt. der Gesammteinfuhr, Dänemark 112 264 De. = 
15 p('t. Demnach liefern Amerika, Dänemark und Holland zu- 
I saramen 57 -f- 23 -f- 15 = 95 pCt. der gesammten Einfuhr. 
Der Rest vertheilt sich auf Oesterreich - Ungarn, Frankreich, 
Russland und Schweden. 

Die Fleischeinfuhr würde etwa entsprechen einer Viehein- 
| fuhr von 100000 Rindern (das Rind zu 200 kg Schlachtgewicht 
und das Büchsenfleisch als Rindfleisch gerechnet) und von 
660000 Schweinen (das Schwein zu 75 kg Schlachtgewicht 
^ gerechnet). 

Es werden also in Wirklichkeit in Deutschland eingeführt 
j Rinder rund 186 000 lebend und 100 000 als Fleisch, Schweine 
74 000 lebend, aber 660000 als Fleisch und Speck. Die 
! Fleischeinfuhr beträgt also bei Rindern 53 pCt. der Lebend¬ 
einfuhr (im Vorjahre nur 25 p('t.), bei Schweinen dagegen 
fast das Neunfache der Lebendeinfuhr. 

Die Werthe können geschätzt werden: für Pferdeeinfuhr 
j rund 6*5 Millionen (Durchschnitt angenommen mit 550 M.), 
Rindei- ä 200, Jungvieh ä 100. Kälber ä 30 M. zusammen 
! 28,5 Millionen, Schweine ä 70 M. ca. 5 Millionen. Das macht 
1 für lebendes Schlachtvieh noch nicht 35 Millionen gegenüber 
einem Fleischeinfuhrwerth von 73,5 Millionen (kglM.); Kühn au 
giebt pg. 193 sogar 82 Millionen an. Die Fleischeinfuhr hat 
■ also mehr alsden doppelten Werth der Einfuhr lebenden Viehs. 


Bücher-Anzeigen und -Besprechungen. 

NU. Irternatloualer thierfirztlicher Congress. Bericht in deutscher, 
französischer und englischer Sprache. Herausgegeben von der 
Geschfiftsleitung. 

Der Bericht über den Badener Congress bildet ein stattliches 
Werk von zwei Bänden. Der erste Band zählt 1200 Seiten 
und umfasst in der Hauptsache die Arbeiten der Referenten, 
welche schon vor Beginn des Congresses gedruckt Vorlagen und 
den angemeldeten Mitgliedern bereits zugegangen sind, der Voll¬ 
ständigkeit wegen aber dem Bericht selber nochmals eingefügt 

% 

werden mussten. Diese Sammlung der Referate repräsentirt ein 
sehr werthvolles, zum Theil in mühsamster Arbeit zusammen¬ 
getragenes Material zu den behandelten wichtigen Fragen. 
Derselben vorangestellt ist der interessante Bericht über die 
Organisation des Congresses, die vollständige Liste der 
Kegierungs- etc. Delegirteu und Mitglieder, und die Congress- 
Statuten. Der zweite Band berichtet auf 560 Seiten über die 
Verhandlungen, Beschlüsse und Festlichkeiten, die in geschickter, 
übersichtlicher und vollständiger Weise referirt sind; bezüglich 
des Inhalts derselben kann auf die ausführlichen Congressberichte 
der B. T. W. verwiesen werden. 

Der Bericht stellt sich dar als ein bedeutsames, wissen¬ 
schaftliches Werk, welches einen hohen Werth behalten wird, 
nicht nur für diejenigen, welche sich ihrer eigenen Theilnahme 
an dem Congress gern erinnern, sondern für alle, welche sich 
über den Stand des öffentlichen Veterinärwesens und die dasselbe 
beherrschenden medicinischen Fragen in den Kulturstaaten 
an der Schwelle des neuen Jahrhunderts orientiren wollen. 

Der Preis des Gesammtberichtes beträgt 12 M. für Mit¬ 
glieder des Congresses, sonst 20 M. Zu beziehen durch den 
Buchhandel. S. 


Eingesandt. 

Erwiderung des Verfassers der Broschüre „Die Viehversicherung, ihr 
Wesen, ihre Aufgabe, ihre Organisation“ auf die Kritik des Herrn 
Professor Malkmus 

in der D. T. W. (VII. Jahrgang, No. 49). 

Im December vorigen Jahres erschien in der 1). T. W. eine 
Kritik des Herrn Professor Malkmus über oben genannte 
Broschüre, deren Form eine Entgegnung dringend erheischt. Ich 
hätte auch schon längst eine solche erscheinen lassen, wenn 
mich nicht die Rücksicht auf die übrigen etwa noch aasstehenden 
Kritiken abgehalten hätte. Jetzt ist die Kritik über das Buch 
anscheinend abgeschlossen, und desshalb stehe ich nun auch 
nicht mehr an, meinem Erstaunen über die Kritik des Herrn 
Malkmus Ausdruck zu geben. 

Herr Malkmus erklärt in der Rezension, nicht mit den 
von mir geäusserten Meinungen, gemachten Vorschlägen etc. 
einverstanden zu sein. Das ist sein gutes Recht. Dasselbe 
hat zu ungefähr derselben Zeit auch der Recensent der B. T. W. 
gethan, ohne dass icli auch nur im mindesten den Versuch 
unternehmen wollte, mich gegen die Ausstellungen der Kritik 
zu sträuben. Gerade die Frage der Vieh-Versicherung ist eine 
noch so lebhaft umstrittene, dass ich von vornherein nicht 
darauf rechnen durfte, mit meinen Ausführungen die Billigung 
aller Kreise zu erlangen. Das Schwierige derartiger volks¬ 
wirtschaftlicher Probleme hat ja Herr Malkmus selbst er¬ 
fahren, denn er hat sich nach seinen eigenen Worten „in seiner 
langjährigen Praxis eingehend mit dem Viehversicherungswesen 
beschäftigt“: — zu einem positiven Resultat ist er jedoch 
offenbar nicht gekommen. 

Also nicht die Thatsaehe, dass der Herr Recensent mit 
meinen Theorien etc. nicht einverstanden zu sein erklärt, ist 
für mich die Veranlassung, gegen die Kritik zu protestiren; 


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201 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 17. 


Aulass dazu giebt mir vielmehr die Form, in welcher dieselbe 
gehalten ist. Herr Malkmns schlägt einen Ton an, der, an¬ 
statt zu überzeugen, herausfordert, und der in beleidigende Reden 
ausartet, anstatt zu belehren. 

Es liegt im allgemein-thierärztlichen Interesse, dass unsere 
Presse sich auszeichnet durch vornehmen Ton und verbindliche 
Form. Wenn die von Herrn Malkmus angewandte Art und 
Weise Eingang fände in unseren Plättern, so würden ferner¬ 
stehende Beobachter sicherlich darin einen Mangel an jenen 
Imponderabilien erblicken, deren Fehlen oft selbst die sachlich 
berechtigtesten Forderungen eines Standes scheitern lässt. Und 
desshalb glaube ich auch im Sinne aller unbefangenen Collegen 
zu handeln, wenn ich gegen diese Art Kritik zu üben Protest 
erhebe. 

Walsrode, im April 1900. Dr. Hülsemann. 

Personalien. 

Ernennungen etc.: Dr. Profe, Assistent am Hygienischen Institut 
der Berliner Thierärztl. Hochschule, zum Kreisthierarzt in Same 
(Posen) und zu seinem Nachfolger Thierarzt Huth-Berlin; Rossarzt 
Bongert, bis jetzt Assistent am Hygien. Institut derselben Hoch¬ 
schule, zum Repetitor daselbst: Dr. Miessner-Greifswald zum 
wissenschaftlichen Hilfsarbeiter am Patholog. Institut der Berliner 
Thierärztl. Hochschule; Dr. Logemann zum Assistenten am 
Veterinärinstitut in Giessen. — Versetzt sind die Kreisthierärzte 
Brandes von Witzenhausen nach Militsch (-Trachenberg) in Schlesien, 
Eichbaum von Bütow nach Stolp (Stadtkreis u. Stolp-Sild) bleibt 
vertretungsweise mit der Weiterführung der Amtsgeschäfte des 
Kreises Bütow betraut, int. KreiBthierarzt Grips von Rbeinbach 
(Cöln) nach Witzenhausen (Cassel); — Gewählt: Dr. Hoffmannn- 
Berlin und Thierarzt Borchmann-Halle zum 1. bezw. 2. Thierarzt 
für die Kochanstalt des Berliner Schlachthofes; Schneider, 
Thierarzt in München, zum Schlachtbofdirector in Augsburg; 
Meyer, Schlachthofdirektor in Frankfurt a. 0., zum Oberthierarzt 
in Cöln a. Rh.; die städt. Thierärzte Dittrich, Rössler und 
Zobel in Dresden zu Sanitätsthierärzten in Cotta bei Dresden 
bezw. Planitz bei Zwickau bezw. Metzschkau i. S.; Thierarzt Arnold, 
z. Z. am Leipziger Schlachthof, zum 1. Juni zum Sanitätsthierarzt in 
Oschatz. Thierarzt Morgenstern, seither Einj.-Freiw. in Münster, 
zum Sanitätsthierarzt in Osnabrück. — Zu Districtsthierärzten; 
Thierarzt Fr. Eichner-Nesselwang für Nesselwang, Georg 
Geissendörfer-Windsheim bezw. Kissingen für Schillingsfürst. 

Promotionen: Thierarzt Logemann und Nieberle von der med. 
Fakultät in Giessen zum Dr. med. vet. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die Thier¬ 
ärzte G. Bischoff von Eisenberg als kreisthierärztlicher Assistent 
nach St. Goar a. Rh.; de Bruyn-Ouboter von Stuttgart als 
Schlachthausthierarzt nach Abo in Finland; E. Dick als kreisthier- 
ärztlicher Assistent nach Cammin i. P.; Herrn. Finger nach Gommern; 
Gebhard von Erding nach Remscheid; G. Graumann von Mügeln 
Bez. Leipzig nach Loscbwitz: Herrn. Hölscher nach Iburg 
R.-B. Osnabrück: M. Kunze von Dahlen nach Leipzig (Schlachthof): 
Mittelstaedt von Rakwitz nach Orlamiindc; G. Müller nach Höxter 
i. W.; C. Neuhaus von Kusel naeü Barmen); Dr. Nieberle von 
Giessen als Einjährig - Freiwilliger im 26. Dragoner - Regiment 
nach Stuttgart; 0. Schulze von Windehausen nach 
Drossen; Sebastian Trenkler-Trostberg, nach Aufgabe der 
Praxis nach Oberammergau; Otto Weigand als Assistent des 
sädt. Thierarztes nach Kaiserslautern. — Thierarzt K. Ehlers 
hat sich in Braunschweig; Rud. Lechl e-Simbach (Inn) in 
PacliBbach Bez. A. Neustadt a. A.; Joseph Strohe in Köln 
a. Rh.; Waldeck nicht, wie gemeldet, in Cassel sondern in 
Gudensberg bei Cassel niedergelassen. 

In der Armee: Dem Oberrossarzt Liipke der Landwehr 2. Auf¬ 
gebots und dem Rossarzt Ni 11 der Landwehr 2. Aufgebots vom 


Landwehrbezirk Stuttgart der Abschied bewilligt. — Thierarzt 
F. Durst, Einj.-Freiw. im 4. bayr. Feld-Art.-Regt zum einj.-freiw. 
Unterveterinär befördert. 

Todesfälle: Thierarzt Goersch-Demmin. 


Vacanzen. 

(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 
Kreisthierarztsteilen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen 
R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich Kreiszuschuss) 
Gesuche an den Regierungspräsidenten. 

b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen. 
Gersfeld.— R.-B. Cöslin: Stolp (Nord). — R.-B.Köln: Rheinbach: 

Sanitfitsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Düsseldorf: 2. AssiBtenztbierarzt am Schlacht- und Viehhof zum 
j 1. Juli er. (2400 M. Anfangsgehalt; 6 Monate Probezeit; 3 monatl. 
Kündigung;Pension.)Bewerb, bis 20.Mai an den Oberbürgermeister.— 
Graudenz: Schlachthofassistenzthierarzt zum 1. Mai (4 wöchentliche 
Kündigung. 1800 M., Wohnung etc. Keine Praxis ) Bewerbungen 
an den Director. — Johanngeorgenstadt, Jugel, Steinbach 
und Wittigsthal: Thierarzt zur Ausübung der Fleischbeschau. 
(750 M. Staatsbeihilfe und 650 M. aus Gemeindemitteln. Privatpraxis.) 
Bewerb, bis Ende April an den Stadtgemeinderath in Johanngeorgen¬ 
stadt — Königswartha i. Sachs.: Thierarzt für Fleischbeschau. 
(Ausser den Gebühren 900 M., Praxis.) Meid, bis Ende April an 
den Gemeindevorstand. — Neheim: Schlachthofdirectorzum 1.Juni 
er. (2000 M. Wohnung etc. Privatpraxis.) Bewerb, an den Magistrat. — 
Oederan: Thierarzt für Fleischbeschau (2000 M. Privatpraxis). 
Bewerb, bis 10. Mai an den Stadtrath. — Plauen i. V.: Assistenz¬ 
thierarzt am Schlachthof zum 1. Juni (2100 M.: vierteljährl. 
Kündigung). Meid, an den Director. — Pössneck: Thicrarzt für 
Fleischbeschau (1200 M. und ca. 700 M. aus der Trichinenschau). 
Bewerb, bis l.Mai an den Magistrat. — Schivelbein: Thierarzt für 
Fleischschau (ca. 2400—8000 M.; Praxis gestattet). Meid, beim 
Magistrat. — Warnsdorf, Bez. Leipzig: Thierarzt für Fleisch- 
schau in W. und in den Nachbargemeinden. Meid, an den 
Gemeindevorstand. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetztes teilen: 
Eberswalde: Schlachthofinspector. — Fi lehne: Schlachthof¬ 
inspector. — Freiberg i. S.: Thierarzt für Fleischschau etc. — 
Mark neukirchen: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. 
— Mülhausen (Eisass): Schlachthofverwalter. — Spremberg: 
Schlachthofinspector. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wetter 
(Ruhr): Thierarzt für Fleischbeschau. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. PiU- 
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau 
(Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt zum 1. Mai 
(2400 M., Privatpraxis gestattet). Meldungen mit Zeugnissen etc. bis 
Ende März an den Amtmann. — Lauensten i. Sachs.: Thierarzt 
für Fleischschau und Praxis (Beihilfe aus Staats- und Gemeinde¬ 
mitteln). Bewerbungen biB 15. April an den Stadtgemeinderath. — 
Mengeringhausen (Waldeck):Thierarzt. — Mügeln (Bez. Leipzig): 
Thierarzt. — Neuhausen (i. S.): Thierarzt für Praxis und Fleisch¬ 
beschau. (Aus letzterer eine voraussichtliche Einnahme von 
1800 Mk. Ausserdem Staats- und Gemeindebeihilfe in Aussicht gestellt.) 
Meldungen bis 10. Mai er. an den Gemeinderatb. — Rhinow (R.-B 
Potsdam): Thierarzt. — Schwarzenberg i. Sachs.: Thierarzt 
für Fleischbeschau und Praxis (voraussichtliche Staatsunter¬ 
stützung). Meid, an d. Stadtrath. — Sonnenburg: Thierarzt 
(600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den Magistrat — 
Wolkenstein: Thierarzt für Praxis und FleischBchau. Auskunft 
beim Stadtrath. 

Beselzt: Kreisthierarztstellen in Eiderstedt und Gersfeld. 
S anitätBthierarztstellen in Ausgsburg und Köln. 


Verantwortlich /Br den Inhalt (excL Inaeratentheil): Prot Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Scbootz ln Berlin. — Druck von W. Büxenstcin, Berlin 


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Die „Berliner TUer&rztllche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich ln St&rke von mindestens X 1 /, Bogen. Dieselbe 
Ist su beziehen durch den Buchbsndel, die Post (No 1062) 
oder dnrch die Verlsgsbuchb&ndlunf?. von Richard 
8ohoets, Berlin NW, Lnisenstrasse 36, tum Preise von 
Mk. 5, pro Vierteljahr. 


Berliner 


Orlglnalbeitrftge werden mit 60 KL für den Bogen honorirt 
Alle Manuscrlpte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thlerKrztllche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recenslons-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Heran sgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M 18 . Ausgegeben am 3. Mai. 


I n h al t: Regenbogen: Chielin. — Buhl: Ueber Maul- und Klauenseuche (Schluss). — Referate: Hirzl: Ueber Neurotomie. — 
Goubeaud: Eine neue Methode über die Anwendung der Holzkohle bei der Behandlung der acuten Indigestion der Pferde. 
— Niebel: Vorläufige Mittheilung über ein Schweineseuche-Serum — Tröster: Milzbranddiagnose. — Bilharzia heim Rind 
in Kochinchina. — Dourine und Trypanosoma. — Kitt und Glage: Die naturgetreue Konservirung pathologischer Präparate 
nach der Methode von Keiserling etc. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinär wesen: Seuchen¬ 
statistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — 
Vacanzen. 


Chielin. 

Von 

Professor Regenbogen. 

Von der Firma Arnold Berliner zu Berlin war der Klinik 

für kleine Hansthiere der Thierärztlichen Hochschule eine 

Salbe zu Versuchszwecken übergehen worden, welche nach den 

Angaben dieser Firma ein besonders wirksames Mittel gegen 

verschiedene Hautkrankheiten darstellen soll. 

... 

Das Präparat führt den Namen „Chielin“ und soll aus 

Olivenölseife, Glycerin, Talcum venetum, Zincum oxydatum, 
Tinctura Benzoes, Wasser und Extractum Bulbi Tulipae bestehen. 

Die salbenartige, hellgelbe Mischung ist von weisser Con- 
sistenz, nicht vollkommen homogen, reagirt alcalisch, besitzt 
einen eigenthümlich aetherisch-aromatischen Geruch, lässt sich 
sehr leicht auf der Haut verreiben und wird sehr schnell von 
der Haut aufgenommen. 

Die Analyse dieser Salbenmischung, welche in dem Labora¬ 
torium von Dr. Aufrecht in Berlin ausgeführt wurde — 
Phannaceutische Zeitung, No. 18, 1900 — ergab, dass in 100 
Gewichtstheilen 

Flüchtige Bestandtheile — Wasser und geringe Mengen 

Alcohol 52,08 

Nicht flüchtige organische Bestandtheile 36,38 

Mineralbestandtheile 11,54 

enthalten sind. 

Die nicht flüchtigen und organischen Stoffe wurden als 
Fettsäuren, Glycerin, Cholesterin und sehr geringe Mengen 
Benzoeharz erkannt. Die Asche bestand aus Zinkoxyd (44 pCt.), 
Magnesia (13 pCt.) und Kieselsäure (25 pCt.); ausserdem waren 
geringe Mengen von Natron, Kalk, Eisenoxyd und Kohlensäure 
vorhanden. Pflanzenextractivstoffe konnten nicht nachgewiesen 
werden. Nach dieser Analyse soll das Präparat ungefähr nach 
folgender Zusammenstellung zu erhalten sein: 


Zinkoxyd 

5,0 

Benzoetinctur 

5,0 

Talk 

5,0 

Wasser 

46,0 

Seifenpulver 

Wollfett 

* 8 
o © 

Glycerin 

5,0 


Nach Angaben des Prospectes soll das Präparat gegen 
Hautparasiten, Finnen, Schuppen u. s. w. mit Vortheil angewandt 
werden. 

Nach den von mir bei Hunden angestellten Versuchen ist 
diese Salbe bei parasitären Hautkrankheiten vollkommen wirkungs¬ 
los. Dieselbe leistet dagegen bei entzündlichen acuten und 
chronischen Hautkrankheiten, sowohl nässenden als auch stark 
abschuppenden Ekzemen, recht gute Dienste. Bei kurzhaarigen 
"Bunden ist dieselbe ohne Weiteres leicht und bequem anwend¬ 
bar und dringt sehr schnell in die Hant ein. Langhaarige Hunde 
sind vorher durch Abscheeren der erkrankten Stellen vor¬ 
zubereiten. Besonders gut eignet sich diese Salbe bei Ekzema 
erythematosum, wo Röthung der Haut mit Juckreiz besteht, als 
auch bei chronische Dermatitis mit starker Verdickung der 
Hant, Krustenbildung und starker Abschuppung (Ekzema 
chronicum dorsi). Der Juckreiz hörte nach der ersten Ein¬ 
reibung auf, die harte und verdickte Hant wurde sehr bald 
schmiegsam und weich, die Krusten trockneten ab und lockerten 
sich. Neuerkrankte Hautstellen zeigten sich weder in der Um¬ 
gebung noch an anderen Körperstellen. 

Mittlerweile ist in Nr. 29 der Pharmaceutischen Zeitung 
das Ergebniss einer chemischen Analyse des Dr. Jeserich 
bekannt gegeben, durch welche ein Gehalt von 0,6 pCt. Pflanzen- 
extractivstoffen nachgewiesen wurde. 

Nach der obigen Analyse ist ersichtlich, dass sich die 
Wirkung dieser Salbe ohne Rücksicht auf das Vorhandensein 
oder Nichtvorhandensein von 0,6 procentigem Pflanzenextractiv- 
stoff mit der zweckmässigen Zusammensetzung des Präparates 
deckt, indem sowohl eine entzündungsmildernde, austrocknende, 
secretionsbeschränkende und gleichzeitig epidermislösende, 
geschmeidig machende Wirkung beobachtet wurde. 

Die Salbe leistet desshalb wohl nicht mehr und nicht 
weniger, als viele andere bisher angewandte Mittel, welche das 
eine oder andere, oder mehrere der genannten Ingredienzen 
enthalten. Wegen des eher angenehmen, kaum auffallenden 
Geruches, sowie der leichten und bequemen Anwendnngsweise 
kann diese „Hautpomade“ bei dem genannten Leiden, wenn es 


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206 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSC HRIF T. 


No. 18. 


sich um feine, zarte Stubenhunde handelt, mit Vortheil An¬ 
wendung finden. 

Ein weiterer Vorzug ist die Ungiftigkeit des Präparates 
und die Reizlosigkeit desselben. 

Der Preis steht der Anwendung nicht entgegen; 100 Gramm 
kosten etwa 1 Mark. Das Mittel erweist sich im Gebrauche 
sehr sparsam, indem es sich leicht auf grosse Flächen ver¬ 
reiben lässt. 

Ueber Maul- und Klauenseuche. 

Von 

Buhl-Frankentbal, 

Thierarzt. 

(Schluss.) 

Wegen des milden Verlaufes und der ungemein leichten 
Verschleppbarkeit des Ansteckungsstoffes waren von jeher die 
Ansichten der Sachverständigen, der Interessenten und der 
Verwaltungsbeamten sehr getheilt über den Werth der Be¬ 
kämpfung der Maul- und Klauenseuche mit Polizeimassregeln. — 
Dergleichen Vorschriften sind volkswirtschaftlicher aber auch 
sanitätspolizeilicher Natur. — Oberster Grundsatz der Veterinär¬ 
polizei bei jeder Seuchenbekämpfung ist, dass die ergriffenen 
Massregeln in Bezug auf Aufwand von Mitteln im Verhältniss 
stehen müssen zur Grösse der abzuwendenden Gefahr und zur 
Sicherung des Erfolges. 

Da die Maul- und Klauenseuche eine reine Infectionskrank- 
heit ist, so ist vom theoretischen Standpunkte aus nicht zu 
bestreiten, dass die Weiterverbreitung verhindert werden kann, 
wenn es gelingt, die Träger des Ansteckungsstoffes bezw. diesen 
selbst von infectionsfähigen Thieren fern zu halten. That- 
sächlich sind auch Fälle bekannt, wo eine Weiterverbreitung 
hat verhindert werden können. Derartige Verhinderungen stehen 
aber in keinem Verhältniss zu der grossen Verbreitung, welche 
die Maul- und Klauenseuche für gewöhnlich erreicht, und be¬ 
ruhen auch oft auf Täuschung, weil häufig eine Weiterverbreitung 
stattgefunden hat, ohne dass die Polizeibehörden oder der be¬ 
handelnde Thierarzt von derselben etwas erfahren haben. — 
Bei der ungemein leichten Verschleppbarkeit des Contagiuras 
der Maul- und Klauenseuche hatten daher alle bisherigen Polizei¬ 
massregeln in der Praxis keinen Werth. Nicht einmal die 
strengen Absperrmassregeln, welche während des Herrschens 
der Rinderpest im Jahre 1869 im Regierungsbezirk Frankfurt a. 0. 
zur Anwendung kamen, und welche mit bestem Erfolge die 
Rinderpest abhielten, konnten verhindern, dass die Maul- und 
Klauenseuche in einigen von diesen aufs vollständigste ab¬ 
gesperrten Ställen zum Ausbruche kam*). Wenn aber die gegen 
die Rinderpest genügenden strengen militärischen Absperrungs- 
massregeln nicht im Stande sind, den Ansbruch der Maul- und 
Klauenseuche hintanzuhalten, dann darf man mit dem verewigten 
k. Kreisthierarzte Adam von Augsburg fragen**): „ob denn 
überhaupt diese bekanntlich gutartigste der Seuchen dazu an- 
gethan ist, so umfassende Polizeimassregeln gegen sie in Thätig- 
keit zu setzen, und zwar überdies noch ohne alle Garantie für 
einen Erfolg?“ Gewiss nicht! weil bei stricter Durchführung 
die Polizeimassregeln ein weitaus grösseres Uebel sein würden, 

*) Professor C. Müller, Berlin, in den Annalen der Landwirt¬ 
schaft B. 55, S. 57 u. ff. Wochenschrift für Thierheilkunde vom 
Jahre 1870, S. 102. 

**) Wochenschrift für Thierheilkunde und Viehzucht 1871 
S. 290 u. 291. 


als die Seuche selbst. Ungenügende oder inconsequente Vor¬ 
kehrungen sind aber wie alle Halbheiten von vornherein ver¬ 
werflich. Der volkswirthschaftliche Zweck, das Nationalvermögen 
zu schützen, muss daher in das Gegentheil Umschlagen, was 
auch thatsächlich der Fall ist. — Alle Massregeln, welche 
seit dem Jahre 1867 bei uns zur Anwendung kamen, haben nie 
einen nennenswerthen Einfluss auf die Verhinderung der Maul¬ 
und Klauenseuche gehabt, höchstens, dass sie die Dauer der 
Seuche und damit deren Schädigungen verlängert haben, so dass 
sie die Seuche oft auf viele Jahre hinaus in einem Bezirke 
stationär erhalten haben. Am schlagendsten wird diese mit 
Adam behauptete Thätsache illustrirt durch die Zusammen¬ 
stellung des Herrn Kreisthierarztes Marggraff von Speyer 
nach einem Vortrage des Collegen Engel über die Maul- und 
Klauenseuche auf der letzten Kreisversammlung des landwirt¬ 
schaftlichen Vereines der Pfalz vom 27. September 1899.*) 


Jahrgang. 

Zahl 

der betroffenen 
Gemeinden. 

Zahl 

der Gehöfte. 

Stückzahl des ge- 
sammten Bestände« 
in den ergriffene! 
Gehöften. 

1890 

92 

221 

1543 

1891 

146 

484 

7 001 

1892 

297 

1206 

8 241 

1893 

142 

465 

3186 

1894 

52 

131 

875 

1895 

97 

194 

1204 

1896 

357' 

1689 

10444 

1897 

144 

466 

4 039 

1898 

277 

1145 

7 918 

Im 1 Halbjahr 
1899 

150 

851 ( 

5 267 


Vom practischen Standpunkte aus ist bei Aufführung dieser 
Zahlen von Belang, dass dieselben der Wirklichkeit nicht an¬ 
nähernd gleichkommen, da nur y 10 bis t/ 8 der Erkrankungen an 
Maul- und Klauenseuche zur Kenntniss der Polizeibehörden 
kommen; alle übrigen werden verheimlicht. Dem Schreiber 
dieses ist bekannt, dass im Jahre 1896 in einer kleineren Ge¬ 
meinde zwischen 20 und 30 Kühe in ganz kurzer Zeit ver¬ 
endeten, ohne dass die Polizei hiervon etwas erfahren hat. — 
Die schweren Schäden,**) welche die Maul- und Klauenseuche 
Anfangs der neunziger Jahre verursachte, gaben bekanntlich der 
deutschen Reichsregierung Anlass zu einer Verschärfung der 
bis dahin bestehenden Seuchenordnung. Am 1. Mai 1894 trat 
das Gesetz und am 27. Juni 1895 die dazu erlassene Bundes¬ 
instruction in Kraft, und gleich darauf stieg die Zahl der ver¬ 
seuchten Gehöfte im Jahre 1895 gegenüber 1894 von 9049 mit 
192 611 Thieren auf 16 975 Gehöfte mit 461 646 Thieren; und im 
Jahre 1896 stieg die Zahl der ergriffenen Gehöfte sogar auf 68874 
mit 1548437 Thieren. Diese Thatsachen mit ihren Minimalzahlen 
sprechen eine deutliche Sprache und bedürfen einer besondern 
Beleuchtung nicht. Sie müssen jedem Einsichtigen die 
die Ueberzeugung aufdrängen, dass es so nicht weiter gehen 
kann. Man darf sich nur wundern, dass die Interessenten, näm¬ 
lich die Viehbesitzer, jahrzehntelang die Störungen ihres 
Betriebes mit den damit zusammenhängenden Vermögens¬ 
beschädigungen zu den Verlusten, welche die Seuche im Gefolge 
hatte, so ruhig ertragen haben. Es ist dies ein Zeichen von 
ganz besonderer Loyalität dieser Bevölkerungsgruppen den An- 

*) Beilage zu No. 21 der landwirtschaftlichen Blätter, heraus- 
gegeben vom Kreisausschusse der Pfalz. S. 6 u. 7. 

**) Beilage zu No. 21 der landwirtbsch. Blätter, S. 6 u. 7. 


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3. Mai 1900 BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 207 


Ordnungen der Behörden gegenüber. Es darf aber an dieser 
Stelle nicht verschwiegen werden, dass ohne die Möglichkeit 
der Verheimlichung der Manl- und Klauenseuche im grössten 
Massstabe es sich wahrscheinlich anders verhalten würde. 
Diese Verheimlichungen sind geradezu als Nothwehr zu be¬ 
trachten gegenüber den zweckwidrigen und ungemein schä¬ 
digenden Massregeln, mit welchen bisher diese Seuche voll¬ 
ständig resultatlos bekämpft worden ist. Es ist daher auch 
die Praxis der württembergischen Gerichte sehr anerkennens- 
werth, dass dieselben bei Uebertretungen des Reichsviehseuchen¬ 
gesetzes die Angeschuldigten freisprachen.*) — Dass die 
Massregeln gegen die Maul- und Klauenseuche ihren Zweck, 
die Interessenten zu schützen, nicht erfüllt haben, hat kein 
Geringerer als S. Excellenz der Herr Minister Freiherr 
von Feilitsch vor mehreren Jahren in der bayr. Kammer der 
Abgeordneten selbst ausgesprochen. Unter den Landwirthen 
dürften sich wenige oder gar keine mehr befinden, welche an 
eine Hilfe mit Polizeimassregeln glauben. Einzelne höchstens 
verlangen Sperre für ihre Nachbarn oder andere Leute, für 
»ich persönlich auf keinen Fall. In einer Sitzung der Land- 
wirthschaftsgesellschaft für Hannover zu Celle,**) welcher 
Sitzung der Herr Minister für Landwirtschaft beiwohnte, er¬ 
klärten daher auch die meisten Redner, dass die Mittel und 
Wege des Reichsviehseuchengesetzes nicht geholfen hätten. 
Herr von Frese erklärte sogar: „Das Gesetz ist schlimmer als 
die Seuche, denn es ruiniert Existenzen.“ — Die Redaction der 
Berliner Wochenschrift führte hierzu aus, dass bei einer Seuche 
allerdings die veterinärpolizeilichen Massregeln vollständig im 
Stiche gelassen hätten, und es sei in der That nicht zu ver¬ 
kennen, dass hier den grossen wirtschaftlichen Schädigungen, 
sreVtaw, mjfc den Massregeln an. sich verknüpft sind, ein 
überzeugender oder auch nur verhältnissmässiger Erfolg nicht 
gegenübersteht. Die nutzlose tierärztliche Untersuchung und 
Gesundheitsbescheinigung ist eine der kostspieligsten Massregeln. 
Dabei hat sie gar keinen Werth, ist aber geeigenschaftet, den 
Kleinhandel zum Beispiel, der ganz besonders im Interesse der 
Landwirtschaft liegt, zu ruiniren. Die Massregeln über die 
thierärztlichen Untersuchungen während des Herrschens der 
Maul- und Klauenseuche kranken alle an der Thatsache, dass 
das Anfängsstadium dieser Seuche ein occultes ist, so dass die 
Thiere noch gesund erscheinen, aber schon anstecken können, 
oder mindestens in den nächsten Stunden oder Tagen die In- 
fection ermöglichen. Es kommt daher auch dem aufmerksamsten 
Fachgenossen vor, dass einige oder mehrere Stunden oder Tage 
nach ihrer Untersuchung und Attestirung die Objecte derselben 
an Maul- und Klaueuseuche erkrankt sind. Nicht einmal die 
vorzüglichen veteriuärpolizeilichen Vorsichtsmassregeln, wie sie 
von der deutschen Landwirthschaftsgesellschaft getroffen werden 
mit ständiger Controlle der ausgestellten Thiere, welche schon 
beginnt bei der Auswahl des auszustellenden Viehes, haben ver¬ 
hindern können, dass dieselbe Vermittlerin der Maul- und Klauen¬ 
seuche gewesen, während der Ausstellung im Juni 189*2 in 
Königsberg. ***)Mit einer solchen Controlle lassen sich die vor¬ 
übergehenden Untersuchungen der Thiere, wie sie beim Handels¬ 
vieh vorgeschrieben sind, gar nicht vergleichen. Eine so kost¬ 

*) Mietheilung des H. Prof. Zip perlen im ständigen Aus¬ 
schuss des deutschen Veterinärrath es am 24. März 1891. Berliner 
thierärztl. Wochenschrift 1891 S. 176. 

**) Berliner tierärztliche Wochenschrift 1896 S. 602. 

***) Berliner thierärztl. Wochenschrift, 1893, S. 277. 


spielige Massregel, welche noch dazu angethan ist, den thier¬ 
ärztlichen Stand, der besonders berufen erscheint, den Inter¬ 
essenten mit Rath und That behilflich zu sein während der 
Seuchencalamitäten, zu compromittiren, verdient in aller erster 
Linie aufgehoben zu werden. Die Thierärzte haben daher 
neben den Viehbesitzern das grösste Interesse an der Aufhebung 
aller nutzlosen Massregeln, welche bisher zur Bekämpfung der 
Maul- und Klauenseuche zur Anwendung kamen. Desshalb sprach 
nicht allein der Präsident und Referent des ständigen Ausschusses 
des deutschen Veterinärrathes sich dahin aus*), dass unter 
der gegenwärtigen Sachlage einerseits das volkswirtschaftliche 
Interesse schwer geschädigt werde, andererseits das thier¬ 
ärztliche Standesinteresse nothleide, indem die Lage 
der Thierärzte sehr zu deren Ungunsten verrückt worden und 
allmälig keine beneidenswerte geworden sei. Noch mehr 
sprach sich in diesem Sinne der Correferent Imlin aus, indem er 
ausführte: „Alle angeordneten Massregeln haben ihren Zweck, 
die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche, nicht erzielen 
können; sie haben eine grosse Unzufriedenheit unter den Land¬ 
wirthen hervorgerufen und ausserdem dem Ansehen des thier¬ 
ärztlichen Standes sehr geschadet. Gerade desswegen, weil alle 
Massregeln, welche eine grosse Störung im landwirtschaftlichen 
Betriebe und eine vollständige Hemmung des Viehhandels ver¬ 
ursachen, sich als machtlos erwiesen haben, wird den Thier¬ 
ärzten die Schuld dieser als unnötige Plackereien empfundenen 
Massregeln aufgebürdet.“ Auch Professor Feser sprach sich 
dahin aus, dass die damaligen**) Massregeln viel eher geeignet 
seien zu schaden und keinen Nutzen gewährten, und Herr Professor 
Dr. Dieckerhoff***) regte auf der Versammlung des Vereines 
Brandenburger Thierärzte die Frage an, „ob, wenn eine 
Beschränkung der Seuche durch veterinärpolizeiliche Massregeln 
nicht zu erzielen sei, die zur Zeit bestehenden Massregeln auf¬ 
gehoben werden müssten.“ 

Nach diesen Ausführungen ist mit den bisherigen Massregeln 
die Maul- und Klauenseuche nicht zu bekämpfen. Es wird diese 
Ansicht bestätigt durch die Erfolglosigkeit derselben, durch 
die autoritativen Aussprüche massgebender Verwaltungsbeamten, 
der Professoren tierärztlicher Hochschulen, erfahrener. Thier¬ 
ärzte, der Landwirte und der übrigen Interessenten. — Nicht 
einmal die strengen Massregeln der Rinderpest vermögen das 
Auftreten und die Weiterverbreitung hintan zu halten, wie dies 
Professor C. Müller evident nachgewiesen hat. Es müssten 
daher noch strengere Massregeln vom theoretischen Stand¬ 
punkte aus vorgeschlagen werden, welche sich auf die voll¬ 
ständige Vernichtung von Ratten und Mäusen und der Fliegen 
erstrecken müssten, ja sogar die Tödtung und Vernichtung 
der ergriffenen und der Ansteckung verdächtigen Thiere, 
des Düngers, der Futtervorräthe und des Strohes müsste 
angeordnet werden, wenn man diese Seuche mit Mass¬ 
regeln bekämpfen wollte, Massregeln, wie sie vielleicht bei 
der Bubonenpest des Menschen nöthig sind. Es kann 
aber keinem vernünftigen Menschen einfallen, derartig strenge 
und furchtbar theure Massregeln gegen eine so harmlose 
Krankheit vorzuschlagen, wie sie die Maul- und Klauen¬ 
seuche ist, zumal auch daun noch nicht mit Sicherheit an¬ 
genommen werden könnte, dass Verschleppungen nicht vor¬ 
kämen. Dergleichen Vorkehrungen sind daher vom volks- 

*) Berliner thierärztl. Wochenschrift, 1891, S. 171. 

**) Und die jetzigen noch mehr! 

***) Berliner thierärztl. Wochenschrift 1892, S. 262. 


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*208 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 18. 


wirtschaftlichen Standpunkte aus als verwerflich anzusehen 
und erscheinen daher als nicht gerechtfertigt. Das Verlangen 
der Interessenten, die bisherigen unwirksamen Vorschriften so¬ 
weit als zulässig zu mildern und später den gesetzlichen Theil 
derselben aufzuheben, ist desshalb als der Billigkeit entsprechend 
wärmstens zu befürworten, zumal dieselben dem oben angeführten 
Grundsatz der Veterinärpolizei nicht entsprechen, weil der Auf¬ 
wand an Mitteln und Kraft, nicht im Verhältnis steht zur 
Grösse der abznwendenden Gefahr und zur Sicherung des Er¬ 
folges. 

Um jedoch der böswilligen und grobfahrlässigen Weiter¬ 
verbreitung der Seuche zu steuern, dürfte es sich empfehlen, 
die nachfolgende Strafbestimmung zu erlassen: 

„Wer wissentlich oder fahrlässig die Maul- und Klauen¬ 
seuche*) verbreitet, wird mit Geld oder Gefüngniss bestraft; 
„sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Geld- oder 
„Haftstrafe ein. Der Zuwiderhandelnde ist für den directen 
„Schaden, welchen er verursacht, haftbar/' 

Sanitätspolizeiliche Massregeln sind wegen der Maul- und 
Klauenseuche nicht nöthig. Der Verkauf von nicht erhitzter 
Milch fällt, weil solche gesundheitsschädlich ist, unter das 
Nahrungsmittelgesetz, Käse und Butter waren bisher schon 
frei gegeben. Das Fleisch von an Maul- und Klauenseuche er¬ 
krankten 'Filieren ist nicht schädlich und nach den Vorschriften 
über die Fleischbeschau zu behandeln. 

Ich gestatte mir schliesslich die Collegen und vor Allem 
diejenigen hochgeehrten und erfahrenen Herren in hohen und 
höchsten Stellen zu bitten, ihren Einfluss dahin geltend zu 
machen, dass, dem Wunsche der Interessenten entsprechend, 
diese doch nicht mehr aufrecht zu erhaltenden Vorschriften auf¬ 
gehoben werden, damit besonders auch die im äussern Dienst, 
beschäftigten Fachgenossen von der unangenehmen Thätigkeit 
der Viehcontrole befreit werden. Zur Sustentation, wie dies 
z. B. bezüglich der Hundevisitationen in Bayern gelten konnte, 
brauchen wir sie nicht. Wenn aber die bisherigen Sperr- 
massregeln fallen und damit die Verheimlichungen, dann werden 
die practischen Thierärzte einen viel segensreicheren Wirkungs¬ 
kreis bekommen als bisher. Die Therapie der Maul- und Klauen¬ 
seuche, welche als noch in den Windeln liegend zu betrachten 
ist, wird dann auch bald ein anderes, für den thierärztlichen 
Stand und die Wissenschaft würdigeres Angesicht erhalten, als 
»*s uns jetzt aus den Lehrbüchern und der Literatur entgegen 
gähnt und der Nihilismus, welcher bei keiner Seuche weniger 
angebracht ist, als gerade bei der Maul- und Klauenseuche, die 
eine fast rein chirurgische Behandlung zulässt, wird dann auch 
bei den Practikern verschwinden zum Nutzen der Viehbesitzer, 
des National Wohlstandes, und zum Nutzen der Thierärzte und 
deren Ansehen ganz besonders. 

Referate. 

Ueber Neurotomie. 

Von Professor Ilirzl. 

(Sch». Arch. f. Th. H.l. 12, Heft 2.) 

Die Neurotomie hat beim Thier eine viel grössere Be¬ 
deutung als beim Menschen. Man kann den Eingriff ohne Be¬ 
denken wagen. Das dabei vorliegende Erfahrungsmaterial um¬ 
fasst 200 Fälle. Eine Bewegungsstörung wird bestimmt nicht 

*) Dieselbe Strafbestimmung dürfte sich für eine ganze Reibe 
von Infectionskrankheiten empfehlen z. B. für die Druse, die Pferde¬ 
influenza. die Schweine- und die Geflügelseuchen. 


veranlasst, auch bei den sogenannten hohen Neurotomieen nicht, 
weil die Muskeläste alle sich hoch oben abzweigen. Auch das 
Auftreten secundärer Ernährungsstörungen bildet mindestens 
nur eine sehr geringe Gefahr. Namentlich sind auch Störungen 
der Hornproduction nicht beobachtet w'orden. Wo allerdings 
Formenabweichnngen des Hufes oder abnorme Stellungen der 
Fiisse vorhanden sind, da bedingt die Neurotomie die Gefahr, 
dass die nicht mehr empfundene Einwirkung der abnormen Be¬ 
lastung zu (Quetschungen und Zerrungen mit ihren Folge¬ 
zuständen führt. Zwanghnfe, Flach- und Vollhufe, Schiefhnfe. 
auch grosse Hufknorpelverknüchernngen eignen sich für die 
Neurotomie nicht. Jedenfalls stellt die sogenannte hohe Neu¬ 
rotomie in Bezug auf secundäre Ernährungsstörung keine 
grössere Gefahr dar, als die abwärts gelegten Operationen. 
Zufälliger Untergang infolge jauchiger Hufentzündung, die wegen 
Unempfindlichkeit nicht rechtzeitig bemerkt wurde, sind auch 
nur im Ganzen 5 Fälle konstatirt worden, sodass also bei 
195 Pferden die Neurotomie einen absoluten Nutzen gehabt hat. 

Zur Durchführung der Operation empfiehlt sich das Nieder¬ 
legen und die Narkose. Schl eich'sehe Infiltration dürfte nicht 
genügen. Die Wunden zur Durchschneidung der Plantamerven 
bezw. des nervus tibialis heilen in der Regel per priwam, die 
Wunden zur Aufsuchung des nervus peronaeus bezw. nervös 
medianus dagegen öfters nicht. Bei chronischen Zuständen im 
Bereich des Krön- und Hufgelenks empfiehlt es sich, die Plantar¬ 
nerven zu dnrchschneiden. Reichen die schmerzhaften Ver¬ 
änderungen jedoch bis über das Fesselgelenk, so ist es besser, 
die Operation am medianus bezw. tibialis vorzunehmen. Be¬ 
sonders ist die Medianusdurcbschneidung werthvoll bei chronischer 
Erkrankung des Beugesehnenapparats. Wenn diese noch nicht 
zur ausgebildeten Verkürzung geführt hat, so bewirkt das nach 
der Operation sich emsteilende feste Auftreten wieder 
die normale Dehnung der Sehnen und die richtige Fesselstellung. 
Bei der Neurotomie am medianus können die grossen und sehr 
unregelmässigen Venenstämme, zwischen welchen derselbe liegt, 
gelegentlich eine Schwierigkeit bereiten. Zur Vermeidung der¬ 
selben empfiehlt es sich, den ausgebundenen zu operirendcii 
Fuss bis zur Grenze der Möglichkeit nach vorn za ziehen. 
Dabei wird der Nerv am hinteren Rande des Radius unter dem 
medialen Bandhöcker als Strang fühlbar. Man sucht ihn am 
besten da auf, wo die Muskelfasern des oberflächlichen Brust¬ 
muskels in die Fascie anslaufen. Nach Durchschneidung der 
Fascie liegt er vor. 

Eine neue Methode über die Anwendung 
der Holzkohle bei der Behandlung der acuten Indigestiou 

der Pferde. 

Von G. Goubeaud. D V. S. 

Tot. Review 1899 No. 10. 

Die ersten Versuche des Verfassers bei acuter Gastro- 
lntestinal-Indigestion Holzkohle zu gebrauchen, fielen trotz 
gegentheiliger Berichte ungünstig aus. Die Kohle sollte wegen 
ihres Absorptionsvermögens die bei den gedachten Krankheiten 
entstehenden Gase in sich aufnehmen und hierdurch die Indige¬ 
stion beseitigen. Doch weder vegetabilische noch thierische 
Kohlen waren im Stande, diese Wirkung auszuüben. 

Da kam der Verfasser auf den Gedanken, Holzkohle vor der 
Verwendung als Heilmittel zn erhitzen. Durch diesen Prozess 
werden alle Gase, welche in der porösen Masse der Kohle ent¬ 
halten sind, ausgetrieben und das Absorptionsvermögen bedeutend 
vermehrt, ln der That wurde nun mit diesem Präparat eiue 


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3. Mai 1900. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


209 


erstaunliche Wirkung erzielt. Es empfiehlt sich, die Kohle bis 
zur Rothglnth zu erhitzen und nach dem Abkühlen möglichst 
rasch in luftdichte Kapseln einzuschliesen, damit sie sich nicht 
mit Gasen aus der atmosphärischen Luft vollsaugt. Denn durch 
diesen Umstand sollen einzig und allein die frühem Misserfolge 
bedingt gewesen sein. Die vom Verfasser gewöhnlich verab¬ 
reichte Dosis betrügt 4 Unzen, mithin etwa 114 g. Derselbe 
iiussert schliesslich die Ansicht, dass die Einverleibung der Kohle 
im rothheissen Zustande am wirksamsten sein würde, weil die¬ 
selbe in dieser Form am absorptionsfähigsten sei, doch setzt er 
vorsichtig hinzu, dass diese Gebrauchsmethode nicht rathsam 
sei. Denn es könnte sich eine Kapsel im Pharynx auflüsen 
imd das Thier würde dann mit der Ausathmung Feuerfunken 
ansstossen, ein Anblick, welcher bei letalem Ausgange der 
Krankheit wahrscheinlich den Besitzer veranlassen würde, den 
Thierarzt um Schadenersatz zu verklagen. 

Um diesen Preis dürften wohl die Practicer des europäischen 
Festlandes auf die gerühmte Heilwirkung der Kohle bei der 
acuten Indigestion der Pferde zunächst noch verzichten nnd den 
Amerikanern überlassen, weitere Erfolge zn sammeln. 

Vorläufige Hittheilung Aber ein Schweineseuche-Serum. 

Von Kreisthierarzt Nie bei. 

(DUcb. T. \V. 1900. Nr. 10.) 

Niebel hat im Wintersemester 1898/99 bei Geheimrath 
Schütz gearbeitet und die Gelegenheit zu Versuchen betr. 
Herstellung eines Immunserums gegen die Schweineseuche 
benutzt. Es war ihm schon gelungen, kleine Thiere zu immu- 
nisiren, als die Mittheilung von Beck und Schreiber erschien. 
Er versuchte nun die Immnnisirung grösserer Thiere ausserhalb 
des Laboratoriums und ist nach seiner Mittheilung zu einem 
Wmrth\g«n immunen Serum gelangt. Von dem bis jetzt 
bekannten Serum gegen Schweineseuche wird der Titre mit 0,01 
angegeben. Für Präventivimpfungen hat sich nach Schreiber 
bei einem 50 k schweren Schweine 5 g Serum als genügend 
erwiesen, während die Heildosis die vierfache Menge verlangt, 
soda8s sich bei dem heutigen Preise des „Septicidens“ die 
Kosten für ein solches Schwein auf 6 M stellen würden. X. ist 
daher bei diesem Titre nicht stehen geblieben, sondern hat 
einen höheren Iinmunisirungswerth erreicht, worüber er sich 
weitere Mittheilungen Vorbehalt. 

Zar Milzbranddiagnose. 

Von Oberrossarzt T r Oster. 

(Ztschr. t Veterinürk. Jan. 1899.) 

Ueber die sicherste und bequemste Art und Weise, wie in 
der Ptaxis der Milzbrand festgestellt bezw. Milzbrandpräparate 
znm Versand an die entscheidende Stelle hergerichtet werden 
können, sind in neuerer Zeit mehrere Veröffentlichungen 
erschienen (vgl. B. T. W. 1899 pg. 78.). Tröster macht zu diesem 
Gegenstände folgende Bemerkungen: Häufig geschieht es, dass 
das Blut des verdächtigen Thieres in ein Fläschchen gepackt und 
verschickt wird. Das Thier hat event. schon längere Zeit gelegen. 
Finden Bich in dem Blute Milzbrandbacillen, so ist die Diagnose 
gesichert; wenn sich aber keine finden, so können sie vorhanden 
gewesen und zu Grunde gegangen sein, wozu während der 
wärmeren Jahreszeit in kleinen Blutmengen schon 2 Tage ge¬ 
nügen. Dann lässt auch die Impfung einer Maus im Stich, da 
die im fauligen Blute zu Grunde gegangenen Milzbrandstäbchen 
schon aus Mangel an Sauerstoff keine Sporen gebildet haben. 
Das negative Resultat ist also ohne Bedeutnng. Man darf daher 
das Blut nicht in flüssiger Form verschicken, sondern auf Deck¬ 
gläsern oder noch besser auf Objectträgeru bezw. auf einem be¬ 


liebigen Stückchen Fensterglas, wenn es nur gesäubert gewesen 
ist Man streicht das Blut in möglichst dünner Schicht auf, 
trocknet es schnell an der Luft und bewahrt es trocken auf, 
bezw. versendet es in diesem Zustande. Diese Präparate sind 
wochenlang haltbar. Abimpfen kann man davon freilich nicht; 
aber man kann die charakteristischen Kapseln der Milzbrand- 
Stäbchen sehr schön färben. 

Bilharzia beim Riud in Cochinchina. 

Von A. Rai 11 et. 

(Vet. Kor. 1899. (i. 599 ex Sociötö <lo Biologie 1899.) 

Die fragliche Nematodenart wurde von M. Carre, Veterinär 
im Pasteur-Institut von Nha Trang, An am, an den Verfasser 
geschickt. Die Exemplare waren etwas grösser als die beim 
Menschen gefundenen, sonst aber nicht verschieden. Dieselben 
entstammten der Leber eines Kalbes, welches an Rinderpest 
eingegangen war. In den Aesten der Portalvene sassen die 
Parasiten in grosser Anzahl, besonders reichlich in einem 
frischen Blutgerinnsel. 

Verf. bemerkt, dass diese Mittheilung die Kenntniss über 
die geographische Vertheilung, der Bilharzia des Rindes er¬ 
weitere, es sei möglich, dass sich ihr Verbreitungsbezirk über 
das ganze tropische Asien und über Algier und Tunis erstrecke. 

I. A. Nunn, welcher das Referat im Vet. Rec. erstattet, 
fügt hinzu, dass das Vorkommen der Bilharzia bei einem Blasen¬ 
leiden mit hartnäckiger Hämaturie desMenschen inNatal und an der 
ostafrikanischen Küste wohl bekannt sei, dagegen wisse er nicht, 
ob der Parasit in jenen Gegenden beim Rinde gefunden worden sei. 

Doarine und Trypanosoma. 

Vor einigen Jahren entdeckte Bouget im Blute eines an 
„Dourine“ leidenden Pferdes in Algier ein Geisselinfusorium, 
welches dem ähnelt, das die „Surra“ in Ostindien (Trypanosoma 
Evansi) und die „Nagana“ oder Tsetse-Krankheit in Süd- und 
Ostafrika verursacht. Die mit dem Blut des kranken Pferdes 
inrtcirten gesunden Pferde bekundeten alle charakteristischen 
Symptome der Dourine. 

Chauveau entdeckte das gleiche Hämatozoon bei einem 
Pferde und Legrain bei einer Kuh in Algier. Schneider 
und Buffard, welche den Parasiten im Blut aus der Nachbar¬ 
schaft von Geschwüren fanden, übertrugen ihn erfolgreich vom 
Pferde auf Hunde. Bei diesen Thieren Hess sich die Krankheit 
durch den Begattungsact vom Hund auf die Hündin und umgekehrt 
verpflanzen. Dasselbe Experiment gelang mit Kaninchen. 

Vet. Rec. 1899, H. 599 ex Rec. de Med. Vet. 

Di© naturgetreue Konservirung pathologischer Präparate 
nach der Methode von Keiserling etc. 

Von Prof. Kitt-München und Glage-Hamburg. 

(MUh. f. Th. Bil. 11, II. 7 und ZUchr. f. Kl. tu Milnhh. Januar 1900.) 

Die zuerst von Keiserling eingefÜhrte Methode, Weich- 
tlieile mit ihren natürlichen Farben zu conserviren, ist seit 
längerer Zeit allgemein bekannt. Die genauen Mittheilungen 
über diese Methode finden sich jedoch zerstreut, so dass ein 
Referat über dieselben für Thierärzte von Interesse ist, um so 
mehr, wenn der Referent auch seinerseits reiche Erfahrungen mit 
dieser Methode gesammelt, wie dies bei Kitt dev Fall ist. Ein 
Auszug des von Kitt gegebenen Referats ist daher hier am Platze. 

Unter all den verschiedenen Verfahren, welche schon vor¬ 
geschlagen worden sind, um im Gegensatz zu den ganz unan¬ 
sehnlichen bezw. unkenntlich gewordenen Spirituspräparaten 
Präparate in der ursprünglichen Form und Farbe herzustellen, 
hat das Keiserling’sclu* unzweifelhaft den meisten Erfolg gehabt 


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BERLINER T1I1EKÄRZTLICIIE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18. 



210 

und ist zur allgemeinen Anwendung gelangt. An der Aus¬ 
arbeitung dieser Methode sind raitbetheiligt Jores und 
M e 1 n i k o w - Raswedenko w.*) 

Verwandt werden dabei Formalin, Alkohol. Glycerin und 
essigsanres Salz. Der Vorgang ist folgender: Durch die 
Formalinlösung wandelt sich das Haemoglobin des Organs in 
Methaemoglobin unter Bräunung. Unter Alkoholznsatz wird 
daraus nnter Oxydation ein Pigment von der ursprünglichen 
Farbe. Clycerin in Verbindung mit essigsaurem Salz konser- 
virt das Pigment und giebt dem Präparat natürliche Transparenz. 
Durch Behandlung mit Formalin nnd Alkohol wird zugleich das 
Object gehärtet, so dass es in Glycerin nicht nachfault. 
Etwaige Schimmelbildung wird durch Einwerfen von Thymol¬ 
stückchen beseitigt. Im übrigen ist das Gelingen guter Prä¬ 
parate Sache der Erprobung, da das Verfahren je nach Natur 
und Grösse des Objects etwas modilicirt werden muss. Zu 
langes Liegen in Formalin bringt eine so starke Verfärbung, 
dass sie durch den Alkohol nicht mehr corrigirt wird. Zu 
concentrirte Formalinlösung fuhrt zum Zerfall des Haemoglobins. 
Gewisse Farbstoffe werden eventuell durch Alcohol ausgezogen. 
Icterische Färbung z. B. konnte Melnikow nur durch Zusatz 
von l%igem Hydrochinon und nur 24 ständiges Verweilen in 
Alcohol dauerhaft machen. Wenn das Präparat ein paar 
Wochen in der Flüssigkeit gelegen hat, kann man durch Ab¬ 
tragen von Scheiben die Schnittfläche verschönern. 

Die einfachste Conservirung ist folgende: Die frischen 
Organe kommen in handgrossen Stücken auf 24 bis 48 Stunden 
in eine Lösung von 200 ccm Formalin, 1000 Wasser, 15 g Kal- 
nitric. und 30 g Kal. acetic. (Keiserlingsches Recept) oder in 
Formalin 100, Natr. acetic. 30, Kal. chlorat. 5, Aqu. dest. 1000 
(Melnikow’ - Raswedenkow’sches Recept). Glage giebt als 
Mischung an: auf 1000 Wasser 750 g Formalin, 10 g 
Kal. nitr. und 30 g. Kal. acet. Zweckmässig wird das 
Object in Watte gewickelt, damit es nicht durch sein Eigen¬ 
gewicht Deformirung erleidet. Bei dicken Theilen werden die 
Gefässe mit der Flüssigkeit injicirt, oder es werden Einschnitte 
gemacht. Beim Arbeiten mit Formalin, welches bekanntlich auf 
Augen, Hände und Athmungsorgane sehr unangenehm wirkt, ist 
eine gewisse Vorsicht zu beobachten. 

Danach kommt das Präparat zur Wiederherstellnng der 
Farbe auf 2 Tage in 60%igen Spiritus unter Entfernung der 
Watte; dann Wechseln des Spiritus, indem das Präparat weitere 
2 bis 3 Tage in 80, dann 90 bis 93 %igen Alkohol kommt. 

Aus dem Spiritus wird das Präparat in die Conservirungs- 
flüssigkeit übertragen, bestehend aus: Glycerin 200, Kal. acet. 100, 
Wasser 1000. Statt in dieser Flüssigkeit kann man dünnere Scheiben 
bis zu l'/j cm Stärke auch in Formalingelatine conserviren. 
Glage hat dafür noch folgendes Verfahren angegeben: Formalin¬ 
gelatine kann nicht vorräthig gehalten werden, sondern ist stets 
frisch zu fertigen. In 200 ccm 80 bis 90° warmen Wassers 
lasse man 9 Blatt (6 bis 7 pCt.) beste Gelatine abschmelzen, 
ohne umzurühren. In 2 bis 3 Minuten bilden sich in der Lösung 
zwei Schichten, ein Bodensatz und eine obere dünne opalescirende 
Schicht. Diese allein wird benutzt, am besten mittelst gerieften 
Glastrichters filtrirt und bei nicht genügender Durchsichtigkeit 
durch einige Tropfen Salpetersäure geklärt, was jedoch meist 
nicht nöthig ist. Zu je 10 ccm Gelatine füge man 6 bis 8 Tropfen 
Formalin (3 bis 5 pCt.). Für farbenreiches Material gelten die 

*) Vircbows Arch. Bd. 147, 1897; Ctrlbl. f. allg. Patbol. 
Bd. 8 1897 Seite 121 und Bd. 9 1«98 Seite 299. 


niederen, für blasse Objecte die höheren Zahlen. Inzwischen 
sind die vorher mit Alkohol behandelten Objecte in Wasser ab¬ 
gespült und in entsprechende Glasgefässe eingepasst, die nun 
mit der auf 50 bis 60° abgekühlten Formalingelatinemischung 
beschickt werden. Am besten eignen sich viereckige Gläser. 
Nachdem die Gelatine erstarrt ist, muss das Glas luftdicht ver¬ 
schlossen werden. Hierzu empfiehlt sich nach Kitt die Selenka’sche 
Kittmasse, erhältlich in der chemischen Fabrik von Dr. Grübler- 
Leipzig: auch Asphaltlack u. s. w. ist geeignet. Ist das Glas 
randvoll mit Gelatine gegossen, und es wird der Deckel darüber 
geschoben, so wird er dadurch mit angekittet. Kleine Gläschen 
kann man auch bloss mit Siegellack oder mit anderen Harz¬ 
massen luftdicht verschliessen, nachdem man auf die Gelatine 
ein Pappscheibchen gelegt hat, um das Untersinken des Lacks 
in die Gelatine zu verhindern. Durch das Formalin wird die 
Gelatine glasartig und unschmelzbar starr. Es muss jedoch 
der Verschluss des Standglases unbedingt luftdicht sein, weil 
sich sonst die Gelatine unter Wasserabgabe zusammenzieht. 


Tagesgeschichte. 

Abiturientenexamen. 

Die Petitienecemmiesien dee Reiobetaiee hat Uber die PetHian des 
deutschen Veterinlrrathee betr. Abiturientenexamens festem einstimmig 
„Ueberwelsung an den Reichskanzier zur Berücksichtigung“ beacMasseR. 
Näheres in nächster Nummer. 

Fieisohschau-fieeetz. 

Da das Fleischschau-Gesetz eine hygienische Massregel ist. 
so ist dafür die thierärztliche Presse in erster Linie die sach¬ 
verständige. Die Zurückhaltung derselben in der Beurtheilung 
des Gesetzentwurfes und der dazu gefassten Beschlüsse ist daher 
eigentlich auffällig. Sie ist indessen leicht verständlich, denn 
dieSachverständigen können sich unmöglich darüber imUnklaren sein, 
dass in dem wesentlichen umstrittenen Punkt, der Einfuhr ausländi¬ 
schen Fleisches, die hygienisch-technische Beurtheilung durch 
handelspolitische Rücksichten vollkommen zurückgedrängt wird. 

Uebrigens ist aber die Reichstagsmehrheit gegen die in einem 
grossen Tlieil der Presse erhobene Behauptung, erst durch 
die Reichstagsbeschlüsse seien in das rein hygienische Gesetz 
handelspolitische Momente hineingebracht worden, entschieden in 
Schutz zu nehmen. Diese Behauptung stellt mit verblüffender 
Geschicklichkeit die Thatsachen gerade anf den Kopf. Denn die 
Consequenz der Fleischschau im Inlande kann nur das generelle 
Verbot der Fleischeinfuhr (mit gewissen Ausnahmen) sein. Gerade 
die Reichstagsbeschlüsse sind also rücksichtslos hygienisch, 
während die handelspolitische Rücksicht vielmehr in dem Gesetz- 
Entwurf liegt, der jenes Verbot nicht ausspricht. 

Ein principieller Gegensatz zwischen den Reichstagsbe¬ 
schlüssen und dem Entwurf besteht übrigens insofern gar nicht, 
als auch im Entwurf (§ 16) das Verbot vorgesehen ist für 
solches Fleisch, dessen Unschädlichkeit bei der Einfuhr nicht 
mehr zuverlässig festgestellt werden kann. Dies trifft aber 
thatsächlich für alles Fleisch zu, von gewissen Aus¬ 
nahmen abgesehen) und eben deshalb wäre, wie oben gesagt, 
das generelle Verbot die rein hygienische Consequenz der ein¬ 
heimischen Fleischbeschau. Denn die Krankheiten, welche im 
Inlande zur Beseitigung des Fleisches führen, sind am Fleisch 
im allgemeinen nicht zu erkennen, sondern nur an den Einge- 
weiden, die in toto auch mitimportirt werden können. 

Dies gilt natürlich auch für das Pökelfleisch, dessen Ein¬ 
fuhr angeblich der Preis einer Einigung sein soll. 


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3. Mai 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICIIE WOCHENSCHRIFT. 


211 


Jedenfalls ist aber eine Verständigung sehr erwünscht und ' 
eine Concession werth, zumal andrerseits auch die landwirt¬ 
schaftlichen Interessenten in der Beseitigung der Hausschlachtungen 
eine solche davontragen. 

Der Begriff „Pökelfleisch“ ist aber so dehnbar und 
unbestimmt, dass man erfahrungsgemäss ziemlich alles Fleisch 
leicht und ohne wesentliche Veränderung zu scheinbarem „Pökel¬ 
fleisch“ herrichten kann. Es ist daher rathsam, den Begriff im (je¬ 
setze selbst so zu definiren, dass er nur auf tatsächlich vollkommen 
dnrchgepökeltes Fleisch Anwendung finden kann. Schmaltz. 

Maul- und Klauenseuche-Debatte im Reichstage. 

Es war seit lange bekannt, dass weite Kreise der Land¬ 
wirtschaft über die aus den Massregeln zur Bekämpfung der 
Maul- und Klauenseuche unzweifelhaft erwachsende Belästigung 
gelegentlich missgestimmt werden, sowie dass ein Sturmlauf 
namentlich von Händlern etc. gegen diese Bestimmungen beab¬ 
sichtigt wurde (vergl. auch den Artikel v. Bnhl No. 17 u. 1H 
d. B. 10) So wurde in Posen folgende Petition verbreitet: 

Petition der Bewohner der Provinz Posen um Abänderung des 
Reichsviebscuchengesetzes. 

I. Da die Statistik beweist, dass durch die Sperrung grösserer 
Bezirke die Gefahr der Maul- und Klauenseuche nicht abnimmt, 
sondern wächst, da dio Schweine von der Maul- und Klauenseuche 
nur in vereinzelten Fällen befallen werden, da durch die Anwendung 
des bisherigen Gesetzes nicht allein der Bauern- und ländliche 
Arbeiter-Stand hiesiger Provinz, welche lediglich auf Viehzucht an¬ 
gewiesen. wirtschaftlich zu Grunde gerichtet, sondern auch In¬ 
dustrie, Handel und Gewerbe hierdurch auf das schwerste geschä¬ 
digt werden, mithin die vitalen Interessen der ganzen Provinz 
Posen bedroht sind, so bitten die Unterzeichneten Landwirthe, Kauf¬ 
leute und Gewerbetreibenden der Provinz Posen den hohen Reichs¬ 
tag um eine eingehende Abänderung des Viehseucbengesetzes, vor¬ 
zugsweise dahin gehend: Das Schwein aus § 1 a. a. 0. auszuschei¬ 
den, den § 8 a. a. 0. näher zu präzisiren, die Ortschafts- und Kreis- 
Ä'^erre durch eine strengere Gehöftssperre zu ersetzen und die 
Sfe))nDg der Kreisthierärzte zu fixiren. Provinz Posen im Januar 1900. 

II. Nachdem die Statistik gelehrt hat, dass durch die Sperrung 
grösserer Bezirke der Verbreitung der Maul- und Klauenseuche 
nicht Einhalt gethan, sondern Vorschub geleistet wird, dass sich 
somit die jetzige Art der Ausführung des Reichsviehseuchen- i 
Gesetzes von 1880 94 nicht nur zum grossen Tbeil als unnütz | 
and überflüssig erwiesen hat, sondern auch dass die unsachgemässe 
Anwendung des Gesetzes durch Lähmung der Viehzucht, und im j 
Anschluss hieran des Handels und des Gewerbes, speciell der 
Provinz Posen einen dauernden Schaden von Millionen zufügt, 
welcher die Lebensfähigkeit der ganzen Provinz unterbindet 
und gefährdet, bitten die Unterzeichneten Landwirthe, Kauf¬ 
leute und Gewerbetreibenden der Provinz Posen das höbe Haus 
der Abgeordneten um entsprechende Abänderung der Ausführungs¬ 
bestimmungen vom 27. Juni 1895 zum Reichsviehseuchengesetz, ins¬ 
besondere um Präcisirung der Befugnisse der Verwaltungsbehörden 
und Kreisthierärzte unter Berücksichtigung der durch die bisherige 
Praxis gezeitigten Zustände sowie um Verhütung der Boykottirung 
einer einzelnen Provinz der Monarchie zu Gunsten anderer durch 
Quarantäne. Provinz Posen im Januar 1900. 

Im Reichstage hatte nun der Abg. Rembold 
folgende Resolution eingebracht: 

Der Reichstag wolle beschliessen, die verbündeten Regierungen 
tu ersuchen, angesichts der überaus schweren wirtschaftlichen 
Schädigungen, welche durch die Maul- und Klauenseuche, sowie 
durch die zur Verhütung ihrer Weiterverbreitung angeordneten 
Sperrmaasregeln in den letzten Jahren berbeigeführt worden sind, 
die bestehenden Vorschriften über die Bekämpfung der Maul- und 
Klauenseuche auf Grund der gemachten Erfahrungen einer ein¬ 
gehenden Revision zu unterziehen, insbesondere darauf Bedacht 
in nehmen, dass vor Anordnung der Sperre eines Orts, einer Feld¬ 
mark oder eines sonstigen Sperrgebiets und des Marktverbots die 
Notwendigkeit aufs Sorgfältigste geprüft und jede Verzögerung bei 
Aufhebung der Schutzraassregeln vermieden wird. 

Die Debatte über dieselbe hat ein, man möchte sagen über¬ 
raschendes, Ergebniss gehabt. Es wurde zwar anerkannt, dass 
eine erneute Prüfung der Vorschriften jedenfalls nur nützlich 
sein kann, nnd daher die Resolution im Prinzip angenommen. 
Aber Abgeordnete von den verschiedenen Seiten des Hauses und 
aus verschiedenen Theilen Deutschlands erkannten unumwunden. 


trotz der vorhandenen Nachtheile, den Nutzen und die Zweck¬ 
mässigkeit der Gesammtheit der Sperrmassregeln an nnd ver¬ 
teidigten dieselben entschieden. Dies that namentlich der Graf 
Kanitz aus dem z. Z. von den Seuchen wenig bedrohten Osten, 
aber ebenso auch Graf Bernstorff-Uelzen, der den ganz richtigen 
Standpunkt vertrat, man solle nichts ändern, so lange man nichts 
besseres wisse. Jedenfalls trat nirgends eine Agitation gegen 
das Bestehen der gesetzlichen Bekämpfung der Seuche oder eine 
Tendenz gegen die Handhabung der Vorschriften seitens der 
Thierärzte hervor. Nur ein Antrag Böckel, der zur Prüfung 
der Sperrmassregeln in jedem einzelnen Falle „Zuziehung von 
Landwirten“ verlangte, hatte einen Beigeschmack, fand aber 
bei keiner Partei Beachtung, resp. erfuhr überall Ablehnung. 

Eine besondere Aufmerksamkeit verdient der letzte Satz der 
Resolution Rembold, betr. Verzögerung der Aufhebung der 
Schutzraassregeln. Thatsächlich kommen solche Verzögerungen 
vor und sie machen ganz besonders böses Blut. Denn nachdem 
die Leute die Last der Massregeln so lange getragen haben, 
als dazu die Nothwendigkeit vorlag, muss es sie empören, wenn 
das ersehnte Ende derselben dann noch grundlos hinausgeschoben 
wird. Hier ist der Instanzenweg und das Bureau-Gebahren 
oft schuld und es würde am besten geholfen werden, wenn der 
beamtete Thierarzt bei Constatirung der Endschaft der Seuche 
zugleich zur vorläufigen Aufhebung der Sperrmassregeln mit 
voller Wirkung legitimirt würde. 

Thierzucht in Weimar. 

Das Grossherzogliche Staatsministerium, Departement des 
Innern hat auf Vorstellung der landwirtschaftlichen Central¬ 
stelle hin beschlossen, dem Bezirksthierarzt Dr. Ellingcr 
in Dermbach die Functionen eines Thierzuchtinspectors für den 
IV. Verwaltungsbezirk versuchsweise zu übertragen. 

Der Thierzuchtinspector hat nach den darüber erlassenen Be¬ 
stimmungen: a) belehrend nnd anregend zu wirken auf allen Gebieten 
der Thierzucht, der Jungviehaufzucht, der Fütterungslehre, Gesund¬ 
heitspflege und Geburtshilfe sowie Wandervorträge über diese 
Gebiete zu halten, b) behülflich zu sein, bei der Aufstellung zweck¬ 
mässiger Futtermischungen, c) mitzuwirken bei dem Ausstellungs¬ 
und Prämiirungswesen. In dieser Hinsicht hat er zur Erleichterung 
des Amtes der Preisrichter die Aufstellung der Thiere nach gleich¬ 
artigen Grundsätzen zu veranlassen, und diese festen Grundsätze 
thunlichst vor den Schauen bekannt zu geben, d) in den Prämiirungs- 
kommissionen die Festbaltung gleichartiger Grundsätze gegenüber 
den häufig beobachteten wandelbaren Neigungen zu überwachen, 
e) in gleicher Weise den im IV. Verwaltungsbezirke bestehenden 
beiden Körkommissionen (Vergl. Ministerialbekanntmachung vom 
31. März 1884) beiräthig zu sein, f) den Silzungen des landwirt¬ 
schaftlichen Hauptvereins im IV. Verwaltungsbezirke beizuwohnen 
und als Sachverständiger in allen thierzüchterischen und verwandten 
Fragen in demselben zu wirken, g) den Gemeindevorständen, Zucht- 
enossensebaften nnd Körververbänden des IV. Verwaltungsbezirks 
ei der Anschaffung von Bullen und Ebern beiräthig zu sein, h) die 
Viehversicherungsvereine durch Vorträge u. s. w. zu unterstützen 
und die Neuerrichtung von solchen zu betreiben, i) die Herdbücher 
seines Bezirks (bezw. das Bezirksherdbuch) zu führen und alle 
Bestrebungen der Herdbuchvereinc zu fördern, k) beim Import von 
Zuchtvieh mit staatlichen Mitteln mitzuwirken. 

Der Thierznchtinspector ist nebenamtlich mit Gehalt nnd 
Diäten angestellt und hat Sitz (theilweise Vorsitz) und Stimme 
in allen Commissionen. 

VII. Internationaler Thierärztlicher Congress in Baden-Baden. 

Mittelst Schreibens aus dem Grossherzoglichen Geheimen 
Cabinet d. d. Karlsruhe, den 24. April 1900 No. 999, ist im 
Höchsten Aufträge dem Vorsitzenden des Geschäftsausschusses 
zur Kenntniss gebracht worden, dass Seine Majestät der Kaiser 
den Allerhöchstdemselben durch Seine Königliche Hoheit den 
Grossherzog als Protector des Congresses übermittelten General¬ 
bericht über den VII. Internationalen Thierärztlichen Congress 


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212 


BERLINER THIERÄRZTLICH K WOCHENSCHRIFT. 


No. 18. 


in Baden 1899 mit lebhaftem Interesse entgegen genommen und 
Allerhöchst Seinen Dank dafür ausgesprochen haben. 

Ferner sind dem Geschäftsausschnss seitens Seiner König¬ 
lichen Hoheit des Grossherzogs Friedrich, Ihrer Königlichen 
Hoheit der Grossherzogin Luise. Ihrer Königlichen Hoheiten 
des Erbgrossherzogs und der Erbgrossherzogin von Baden, 
Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Ludwig von Bayern, 
Ihrer Grossherzoglichen Hoheiten des Prinzen Maximilian und 
Karl von Baden, Seiner Erlaucht des Grafen Rhena in Karls¬ 
ruhe gnädige Dankschreiben für die Ueberreichung der General¬ 
berichte zugegangen. 

Nftchstdem haben J. J. Excell. Excell. die Minister 
Dr. Eisenlohr und von Brauer (Karlsruhe), der Königlich 
ungarische Landwirthschaftsminister, der Präsident des Kaiser¬ 
lichen Gesundheitsamtes Herr Geheimrath Dr. med. Köhler, 
der Oberbürgermeister der Stadt Baden und der Stadtrath da¬ 
selbst, sowie mehrere andere hochgestellte Beamte des Reichs 
und verschiedener Staaten die Zusendung des Generalberichtes 
wohlwollend verdankt. 

Baden, Baden den 26. April 1900. 

Der Geschäftsausschuss. 

Jahresbericht der thierlrztlichen Heohsohule zu Berlin 1898/99. 

Die Zahl der immatriculirten Studenten betrug im 
S. S. 1898: 486, im W. S. 98,99: 528, d. s. 20 mehr als im 
Vorjahr. Dazu kamen noch 29 bezw. 42 Studierende, welche 
schon mehr als die vorgeschriebene Semesterzahl studiert hatten 
und daher nicht mehr immatriculirt waren. Ausser den von 
anderen Hochschulen übersiedelnden wurden neueintretende 
Studirende immatriculirt 65 zu Ostern und 80 zu Michaelis 1898. 

Der naturwissenschaftlichen Prüfung unterzogen sich in 
4 Prüfungstenninen zusammen 153 Studirende. Von dem¬ 
selben erledigten im Berichtsjahre die Prüfung 134 = 87,5 pCt. 
(in den Vorjahren 85, 87, 89 pCt.); jedoch hatten sich von 
diesen 134 Camlidaten 32 einer Nachprüfung zu unterziehen 
gehabt, so dass die glatten Erfolge nur 102 66 pCt. (Vor¬ 

jahr 69 pCt.) betragen. Die (’ensur „sehr gut“ wurde 13 mal 
„gut“ 55 mal, dagegen „schlecht“ 9 mal ertheilt. 

Die thierärztliche Fachprüfung wurde im Berichtsjahr von 
97 Candidaten (Vorjahr 84) erledigt; 59 begannen die Prüfung, 
beendeten sie jedoch nicht. 

An den anatomischen Uebungen nahmen tlieil im IV. Quartal 
1898 159 Studirende des 111. und IV. Semesters. Dazu traten 
im I. Quartal 1899 146 Studirende des I. und II. Semesters, 
sodass zusammen über 300 Studirende zu präpariren hatten. 
Verwendet wurden 65 Pferde, 20 Hunde. 2 Schweine 2 Wieder¬ 
käuer, 267 Körper tlieil e. An den histologischen Uebungen 
nahmen 140 Studirende in 2 Abtheilungen tlieil. 

In der medicinischen Klinik wurden 1312 Pferde ( Vor¬ 
jahr 1315) behandelt, von denen 195 ( Vorjahr 231) gestorben 
bezw. getötet sind. Von 716 Kolikern starben 89 — 12,4 pCt. 
(12.5). Auf Gewährsfehler wurden 548 Pferde untersucht. Von 
371 mit einem Fehler behaftet gefundenen waren 186 dumm- 
kollerig, 49 dämpfig und 45 Kehlkopfspfeifer, zusammen 280 
— 76 pCt. der Fehlerhaften. 

In der chirurgischen Klinik wurden 751 Pferde behandelt 
(827), von denen 427 geheilt und 175 gebessert wurden: 
90 blieben ungeheilt, 37 wurden getötet und 22 starben. 
369 grössere Operationen wurden ausgefuhrt. 

In der Poliklinik für grössere Hausthiere sind 11884 Pferde 
untersucht worden. An diesen wurden 1730 kleinere Operationen 


ausgeführt. Zur allgemeinen Begutachtung und Alters¬ 
feststellung wurden 480 vorgestellt. 

In der Klinik für kleinere Hausthiere wurden eingestellt 
915 Hunde, 2 Katzen 11 Papageien. Von diesen Thieren sind 
getötet bezw. gestorben 169. Der zugehörigen Poliklinik wurden 
zngefiihrt 10442 Hunde, 279 Katzen. 99 andere kleine Vier- 
füssler, 262 Papageien. 364 Hühner und Tauben, 208 andere 
Vögel. 

Im Bereich der ambulatorischen Klinik wurden 492 Besuche 
gemacht und dabei untersucht wegen Seuchen 6 Pferde-. 
51 Rinder- und 18 Schweine-Bestände, wegen sporadischer 
Krankheiten 96» Pferde, 523 Rinder, 63 Schweine, 46 Schafe 
und Ziegen. 

Im pathologischen Institut gelangten zur Section 237 Pferde 
und 3 Kühe, sowie zahlreiche kleine Hausthiere. 

Wanderausstellung der Deutsohen Landwirthsohafts-Gesellschaft. 

Die diesjährige grosse landwirtschaftliche Aus¬ 
stellung findet vom 7. bis 12. Juni d. J. in Posen statt. 
Indem die Herren Collegen zur recht zahlreichen Theilnahme an 
derselben hiermit freundlichst ein geladen werden, erlauben wir 
uns ergebenst zu bemerken, dass aus Anlass der Ausstellung 
am 6. Juni d. J., Abends 9 Uhr, in der Colonnade des Restaurant 
Duemke hierselbst, Wilhelmsplatz, eine Versammlung und 
Begrüssung der in Posen anwesenden Herren Collegen nnd 
am 10. Juni d. J., Vormittags 11 Uhr, in demselben Restaurant, 
eine kurze Sitzung des thierärztlichen Provinzial¬ 
vereins für Posen stattfindet, welcher sich — unter er¬ 
wünschter Betheiligung der Damen — ein Rundgang durch 
die Ausstellung, sodann um 4 Uhr Nachmittags ein gemein¬ 
sames Diner — Couvert 4 Mk. — und um 8 Uhr Abends ein. 
vom gen. Verein inscerti'rter Gommers im Restaurant de* 
neuen städt. Schlacht- und Viehhofes anschliesseu wird. 

Zu diesen Veranstaltungen werden alle die Ausstellung 
besuchenden Herren Collegen und deren Damen mit der Bitte 
ergebenst eingeladen, gefälligst die Zahl der gewünschten 
Couverts zum Diner dem mitnnterzeichneten Veterinär-Assessor 
Heyne, Luisenstr. 21, bis spätestens 6. Juni d. J. anzeigen 
zu wollen. 

Mit Rücksicht darauf, dass die Theilnahme an der Aus¬ 
stellung voraussichtlich eine bedeutende sein wird und auf 
Wohnungen in Hotels und Gasthäusern sehr wenig zu rechnen 
ist, da solche schon jetzt durch Vorausbestellnngen grössten- 
theils vergeben sind, werden die Herren Collegen, welche die 
Ausstellung zu besuchen beabsichtigen, dringend gebeten, 
sofort bei dem Wohnungsnachweis zu Posen, Stadt¬ 
haus part., Bestellung auf eine Privatwohnung, unter genauer 
Angabe der Zahl der Tage, machen zu wollen. 

Die Preise der Zimmer stellen sich auf 2,50 Mk. — 6 Mk. 
für den Tag, je nach Lage und Ausstattung. 


Ausserdem haben sich zur unentgeltlichen Hergabe von 
Zimmern folgende Herren Collegen erboten: 


Herr 

Korps-Rossarzt a. I). Gross: 

1 

Zimmer mit 2 

Betten, 

11 

Kreisthierarzt Jacob: 

1 

0 

11 11 - 


11 

Ober-Rossarzt K am m e r h o f: 

1 

*> 

11 11 ~ 

17 

11 

Rossarzt Mentzel: 

1 

» 1 

Bett. 

„ 

Rossarzt Schoen: 

1 

1 

•1 

11 

Ober-Rossarzt Tiesler: 

1 

„ „ 2 

Betten, 

11 

Korps-Rossarzt Wesener: 

1 

» » * 

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11 

Thierarzt Herzberg: 

1 

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11 

11 

Veterinär-Assessor Heyne: 

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3. Mai 1900. 

Diejenigen Herren Collegen, welche geneigt sind, von 
diesem Anerbieten Gebrauch zu machen, werden gebeten, dem 
mitunterzeichneten Veterinär-Assessor Heyne sofort eine 
entsprechende Mittheilung zugehen lassen zu wollen. 

Letzterer wird alsdann alles Weitere veranlassen. 

Posen, den 1. Mai 1900. 

Im Namen der Posener Thierärzte 
Heyne Herzberg 

Veterinär-Assessor. Thierarzt u. stellvertretender 

Stadtverordneten -V orsteher 

Tagesordnung fOr die Sitzung des thierirztliohen Centrnl-Vereins für die 

Provinz Sachsen, die Thüringischen und Anhaitischen Staaten 

am 13. Mai d. Js., Vormittags 10 Uhr 
in Magdeburg im Hotel Magdeburger Hof. 

1. Geschäftliches. Aufnahme neuer Mitglieder. 

2. Bericht über den Stand der Vereinskasse und Rechnungs¬ 
legung. Ref.: Kreisthierarzt Thunecke-Calbe. 

3. lieber Hundesenche. Ref.: Thierarzt Richter-Dessau. 

4. Die Borna’sche Krankheit. Ref.: Prof. Dr. Ostertag- 
Berlin. 

5. Mittheilungen aus der Praxis und Unvorhergesehenes. 

Gäste sind willkommen. 

Gruppe der Schlachthof- etc. Thierärzte nach Anlage. 

Nach der Sitzung gemeinschaftliches Mittagessen unter 
Theilnahme der Damen. (Gedeck 3 M.) Um Angabe der Zahl 
der gewünschten Gedecke wird bis zum 12. Mai Mittags an 
den Unterzeichneten stellv. Vorsitzenden gebeten. 

Diejenigen Herren Collegen, welche im Vereinsbezirk 
wohnen, bisher aber dem Verein als Mitglieder noch nicht an- 
%«2o!w$n, machen wir ergebenst darauf aufmerksam, dass die 
Vereinsversammlungen zufolge Vereinsbeschlusses jährlich zwei 
Mal abwechselnd in Halle und Magdeburg abgehalten werden. 
Dieser Beschluss ist aus dem Bestreben hervorgegangen, sowohl 
den weit im Süden wie weit im Norden des Vereinsgebietes 
wohnenden Collegen die Möglichkeit zu gewähren, ohne allzu 
grosse Opfer mindestens ein Mal im Jahre einer Vereinssitzung 
beiwohnen zu können. 


213 

Wir laden daher zu der nächsten Sitzung und zum Beitritt 
alle dem Verein noch fernstehenden Collegen der Provinz 
Sachsen, der Anhaitischen und Thüringischen Staaten er¬ 
gebenst. ein. 

Da die nächste Sitzung am 13. Mai in Magdeburg tagen 
wird, wird es besonders den Collegen im nördlichen Theil der 
Provinz Sachsen und der Thüringischen Staaten ein Leichtes 
sein, der Versammlung beizuwohnen. 

Leistikow, Friedrich, 

stellv. Vorsitzender. Schriftführer. 

Gruppe der Schlachthof- und Sanitätsthierärzte. 

(Nach Schluss der gemeinschaftlichen Sitzung.) 

Tagesordnung: 

1. Festsetzung der Tagesordnung für die nächste Sitzung 
der Gruppe. 2. Unvorhergesehenes. 

Magdeburg, den 19. April 1900. Colberg. 

Verein sohlesisober Thierlrzte. 

Die Frühjahrs Versammlung findet Sonntag, den 0. Mai d. J. 
Vormittags 11 Uhr in Breslau in Böttchers Sälen an der 
Promenade statt. 

Tagesordnung. 

1. Geschäftliche Mittheilungen. 

2. Vieh-Handel und -Wandel nach ^Einführung des B. G.-B. 

a) Besprechung nach Beispielen ans der Praxis: Kr.-Th. 

Bischoff. 

b) Gewährmängel bei Schlachtthieren: Schl.-Th. Anders. 

3 Zahl der Schlachtstunden, \ in Öffentlichen Schlachthäusern. 

Staatsaufsicht j Schl.-Dir. Hentschel. 

Um 2 , / 2 Uhr Diner unter erwünschter Betheiligung der 
Damen. (Die Herren Kollegen werden gebeten, die Theilnahme 
am Diner soweit möglich schon vorher, — bis zum 4. Mai er. — 
beim Vorsitzenden anzumelden). 

Hentschel. Dr. Arndt. 

Verein praotiecher Thierlrzte zu Berlin. 

Die Maisitzung ist auf Sonnabend, den 12. verlegt worden. 

Der Verstand. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Oeffentliches Veterinär wesen. 


(Mittheilungen für 

Seucheustatistik und Veterinärpolizei. 
Entschädigungen für Verluste durch Thierseuchen in Deutschland 1898. 

(Jalin'-licrii-lit (Hut die Verbreitung der ThierMOiirhen in Di'iitachUnd. 

Verlag von Jul. Springer.) 

Anlässlich des Rotzes wurden gezahlt für 137 (gesunde) 
Pferde nach vollem Werth aus Staatsmitteln 58 332 und für 
351 Pferde aus dem von den Besitzern selbst aufgebrachten 
Entschädignngsfonds zu 3 /* des Werthes 130 985 M., zusammen 
für 488 Pferde 189 137 M. Davon fallen auf Prenssen 409 Pferde 
(120 znm vollen Werth) nnd 148 792 M. (50000 M. aus der 
Staatskasse) und hiervon mehr als je 10 000 M. auf die Re¬ 
gierungsbezirke Danzig (25 000), Breslan (24 000), Marienwerder 
(20 000), Posen und Oppeln (je 15 000), auf alle anderen er¬ 
heblich weniger. Auf Bayern kommen nur 9 Pferde mit 31(55 M., 
dagegen auf Sachsen 33 mit 20 (581 und auf Württemberg 21 
mit 11 604 M., auf die anderen betroffenen Staaten nur einzelne. 
Die Durchschnittsentschädigung aus Staatsmitteln betrug 428 M. 
(bis zu 670 M.), die Dreiviertelentschädigung durchschnittlich 
373 M. (bis zu 730). 


Veterinärbeamte.) 

Bei Lungen seuche-Ausbrüchen wmrden gezahlt für 
831 Rinder zum vollen Werth 139 3(54 M. and für 645 Rinder 
zu 4 /s 118 377 M., zusammen für 1476 Thiere 257 741 M., d. s. 
200 Thiere und (50 000 M. mehr als 1897, aber noch 800 Thiere 
bezw. 140 000 M. weniger als 1896. Auf Prenssen kamen 1422 
Stück und 247 573 M. und davon wieder auf den Regierungsbezirk 
Magdeburg 1138 Thiere mit 203 175 M. = 79 pCt. der deutschen 
Gesammtsumme, ferner anf Posen 255 Thiere mit 38 000 M. 
Im Königreich Sachsen waren 53 Thiere mit 10 000 M. zu 
entschädigen, sonst überall nur unbedeutende Summen auf¬ 
zuwenden. 

Für Milzbrand nnd Rauschbrand zusammen wurden 
bezahlt in Preussen für 106 Pferde und 2430 Rinder 572 335 M. 
Davon entfielen auf die Reg.-Bez. Breslau 85 933, Düsseldorf 
72 999, Frankfurt 58 339 und Potsdam 45 711, diese 4 Bezirke 
stehen schon seit Jahren weitaus in erster Reihe. Dann folgen 
mit 38—20 000 Liegnitz, Münster, Arnsberg, Wiesbaden, Trier, 
Koblenz, Aachen und Oppeln, die mit Ausnahme von Koblenz 
schon 1897 und excl. Arnsberg auch 1896 in derselben Kategorie 


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214 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18. 


standen. Mehr als lOOOO M. beanspruchten noch Gumbinnen, 
Minden, Cassel und Köln; 90000 Königsberg und Sigmaringen. 
In Bayern wurden für «108 Thiere 121 578 M. gezahlt, am 
meisten in der Pfalz (39 000), Oberbayern (28) und Schwaben (20), 
ähnlich wie im Vorjahre. In Württemberg wurden 347 Stück 
mit 87 857 M. entschädigt, in Braunschweig 71 mit 20 000, in 
Altenburg 40 mit 9700, in Elsass-Lothringen 74 mit 17 500. 
Sachsen, Baden und Hessen berechnen für Milzbrand und 
Rauschbrand besonders und entschädigten für Milzbrand 35«» i 
bezw. 94 bezw. 87 Stück mit 92 000, 19 000 und 20 000 M.; 
für Rauschbrand zahlten Baden für 69 Rinder 8500 und Hessen 
für 81 Rinder rund 12 000 M., Sachsen nur 980 M. für 3 Stück. 

Für die an Maul- und Klauenseuche gefallenen 508 Rinder 
wurden in Württemberg 8«» 842 M. bezahlt (im Vorjahr das 
Doppelte.) 

i 

Ermittelung der Tuberkulose in den See-Quarantlne-Anetalten. 

Nach dem Jahresbericht über die Verbreitung der Thier¬ 
seuchen in Deutschland (Verlag von Julius Springer) wurden 
in den See-Quarantäne-Anstalten von 23471 eingeführten tuber- ( 
culösen Rindern 23165 mit Tubercnlin geprüft. Davon wurden j 
7210=31 pCt. als tuberculoseverdächtig ermittelt. Die Angaben, 
wieviel davon bei der Abschlachtung tuberculös befunden worden 
sind, bleiben unvollständig; die angegebenen Procentsätze 
schwanken zwischen 80 und 100. 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen. 

Die Seuche auf dem Schlachthof zu München ist am 29. April er. 
erloschen. 

Sonstige Meldungen liegen aus der vergangenen Woche 
nicht vor. 

Fleischschan und Yiehverkehr. 

Ergebnisse der Trichinen- und Finnenschau in Preussen 1898. 

(Jalin-atirrleht über *11«» Verbreitung der Thiersciiehcii in llciiUcblnnd. 

Verlag von Jnllua Springer). 

Seit 1892 muss gemäss einem Erlass des Ministers der 
Medicinal-Angelegenheiten über die Ergebnisse der Trichinen- 
nnd Finnenschau berichtet werden, welche 1898 folgende waren: 
Die Zahl der untersuchten Schweine betrug 8 246 786 Stück. 
Bei 1019 d. s. 0,012 pCt. oder 1 : 8300 wurden Tricliinen ge¬ 
funden, Finnen bei 4558, d. h. 0,055 pCt. oder 1: 1800. Beide 
Procentsätze sind gegen das Vorjahr mit 0,018 bezw. 0,068p('t. 
geringer. 

Hinsichtlich der Trichinenfunde weisen die Regierungs¬ 
bezirke folgende absoluten Zahlen auf: Posen 547, Königsberg 
90, Berlin 83; Gumbinnen, Danzig, Marienwerder, Potsdam. 
Frankfurt, Bromberg, Breslau, Oppeln, Magdeburg, Kassel 
zwischen 30 und 56; Liegnitz 26; Stettin, Köslin, Merseburg 
Hildesheim, Lüneburg, Münster, Minden, Arnsberg, Wiesbaden, 
Düsseldorf, 2—7, Stralsund, Erfurt, Koblenz, Köln und Trier 
je 1; Schleswig, Hannover, Auricli, Osnabrück, Stade, Aachen 
und Sigmaringen 0. Im Verhältniss zu den untersuchten 
Schweinen stehen voran Posen mit 0,15 pCt. gleich 1:642, 
Königsberg mit 0,045, Bromberg mit 0,041, Gumbinnen und 
Danzig mit 0,039 pCt. gleich (ca. 1 :2500). Dagegen haben 
Köln und Arnsberg etwa zehnmal weniger trichinöse Schweine, 
nämlich 1 : 25 000. 

Im Ganzen entfallen auf die fünf östlichen Provinzen Ost- 
preussen, Westpreussen, Posen, Schlesien und Brandenburg mit 
2 739 851 untersuchten Schweinen 906 Trichinenfunde. Das sind 


1 :3024 oder 0,033 pCt. Auf alle übrigen Provinzen kommen 
5 506 035 untersuchte Schweine und 297 Trichinenfunde. 
Das sind 1 auf über 18 500 oder 0,005 pCt. Lässt man die 
Bezirke, wo überhaupt keine Trichinen gefunden worden sind, 
ganz ausser Betracht, so ergeben sich für die übrigen west¬ 
lichen Bezirke und Pommern von 4,14 Millionen Schweinen 1 
trichinöses auf 13 '.»50 oder 0,007 pCt. Wie immer, steht 
Pommern in einem Gegensatz zu den übrigen östlichen Provinzen, 
indem es auf 236 000 Schweine nur 5 trichinöse, also 1:47 000 
oder 0,002 pCt. aufweist. Unter allen westlichen Bezirken treten 
dagegen z. B. Magdeburg mit 1: 10 000 und Kassel mit 1:9000 
(0,01 pCt.) hervor. Die Provinz Schleswig hat gar keine 
Trichinenfunde. Die Provinz Hannover (mit 4 ganz freien 
Bezirken nur 1 auf 108 000 Schweine. 

Die absoluten Zahlen der Finnenfunde sind: in Oppeln 
942, Düsseldorf 865, in Berlin und Königsberg über 300, in 
Posen 295, in Danzig, Marienwerder, Potsdam, Breslau, Hannover 
zwischen 100 und 200; dagegen in Stettin, Köslin, Stralsund. 
Erfurt, Schleswig, Münster unter 10 und in Aurich und 
Sigmaringen keine, ln den relativen Zahlen rangirte Oppeln 
mit 0,239 pCt. gleich 1:418 allen voran; es folgen mit über 
Vio pCt. bezw. 1 :534 — 934 Königsberg, Düsseldorf, Posen. 
Marienwerder und Danzig. Dagegen haben Münster, Köslin, 
Stralsund, Stettin, Erfurt und Schleswig noch nicht den 100. 
Tlieil soviel Finnen, nämlich 0,009 — 0,004 pCt., d. h. 

1:11000—25 000. In vielen Bezirken sind also die Schweine¬ 
tinnen genau ebenso selten als die Trichinen. 

Im Allgemeinen überwiegt ja auch hier der Osten, aber 
doch nicht so ausschliesslich, wie namentlich die auffallend hohen 
Finnenzahlen in Hannover und Düsseldorf', die von Trichinen 
ganz oder beinahe verschont sind, beweisen. Pommern macht 
auch bezüglich der Finnen im Osten eine glänzende Ausnahme. 
Es kommen auf Ostpreussen, Westpreussen, Brandenburg, Posen 
und Schlesien auf 2 739 851 untersuchte Schweine 2809 finnige, 
d. h. 1:975 gleich 0,1 pCt. Auf Pommern kommen 1 aut 
18154 gleich 0,005 pCt. Auf die 6 westlichen Provinzen 
kommen bei 5 270 678 Schweinen 1736 finnige vor, d. s. 1:3036 
gleich 0,03 pCt. Bezüglich der Finnen ist also der Unterschied 
zwischen Westen und Osten lange nicht so gross, wie bei den 
Trichinen. In Düsseldorf stellten sich die Verhältnisszahle« 
sogar auf 1 :691 oder 0,14 pCt., also über den östlichen Durch¬ 
schnitt, und in Hannover auf 1 : 1336 gleich 0,07 pCt. Wenn 
nicht an der Trichinenschau, so sind also doch an"] der 
Finnenschau auch die meisten westlichen Bezirke stark 
interessirt. Schleswig ist, wie Pommern, gleichmässig arm wie 
an Trichinen, so an Finnen. 

Verfügung des Herrn Regierungspräsidenten von Bromberg 
betreffs 

Controle der Landfleisohbesohauer durch die beamteten Thierirzte 

vom 27. Februar 1900. 

Es hat sich die Nothwendigkeit herausgestellt, die Fleischscban 
— Untersuchung der Schlachtthiere vor und nach dem Schlachten - 
in denjenigen Orten, in denen sie durch besondere Polizei-Ver 
ordnung eingeführt ist, in derselben Weise einer technischen Con¬ 
trole zu unterstellen, wie dieses bereits in dem am 5. Febrnar 1896 
No. 2505 T Ib übersandten Verfügungs-Entwurf empfohlen und 
durch meine Verfügung vom 23. April 1891 No. 731 T Ib für d» e 
Fleischschau in den öffentlichen Schlachthäusern angeordnet ist 

Ich übertrage diese Controle den beamteten Tbieräreten, die 
zunächst gelegentlich ihrer Dienstreisen in beliebigen Zwischen 
räumen die Controle in der Richtung auszuüben haben, dass sie den 
gesamtsten Betrieb der Fleischschau, die Buchführung und die 
Thätigkeit des Fleischbcscbauers einer eingehenden Prüfung unter¬ 
werfen. 


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3. Mai 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


216 


Etwaige hierbei gefundene kleinere Ausstände sind evtiitl. 
durch Belehrung der Fleischbeschauer, andere durch Anzeige an die 
zuständige Ortspolizeibebörde oder an den Herrn Landrath zn be¬ 
seitigen. Nach den Revisionen ist von den Kreisthierärzten ein 
Vermerk in den Beschaubüchern zu machen. 

Zum 1. Januar eines jeden Jahres erwarte ich von den be¬ 
amteten Thierärzten durch die Hand des Landratbs Bericht Uber die 
Anzahl und das Ergebniss der Revisionen mit eventl. Verbesserungs- 
Vorschlägen u. 8. w. 

Gleichzeitig bestimme ich, dass die Laienfleiscbbeschauer alle 
zwei Jahre, vom Tage ihrer Anstellung an gerechnet, eine Prüfung 
in dem Rahmen meiner in Abschrift anbeigefügten Verfügung vom 
27. August 1891 No. 1423 T I b vor dem beamteten Thierarzt ihres 
Kreises abznlegen haben, in der auch besonders daraufhinzuweisen 
ist, inwieweit die Laienfleischbeschauer berechtigt sind, Beanstan¬ 
dungen und Freigabe von Schlachttbieren und Fleisch vorzunehmen. 


Diese Nachprüfung, welche auch die Laiendeischbeschauer an 
öffentlichen Schlachthäusern abzulegen haben, ist kostenfrei. 

Die Kreisthierärzte haben eine Nachweisung der sämmtlichen 
in ihrem Bezirke vorhandenen, amtlich bestellten Fleiscbbeschauer 
zu führen, in welcher auch die Nachprüfungen und die Controlen 
derselben einzutragen sind. 

Dort, wo die Fleiscbschau bereits eingeführt ist, haben die 
Polizeibehörden dem beamteten Thierarzt hiervon unter Anschluss 
eines Exemplares der Polizeiverordnung nebst deren AusfUhrungs- 
bestimmungen und einer Nachweisung der angestellten Fleisch¬ 
beschauer Mittheilung zu machen. 

In gleicher Weise ist in Zukunft dem beamteten Thierarzt die 
Anstellung eines Fleischbeschauers und die Einführung der Fleisch¬ 
beschau anzuzeigen. Sämmtlicbe Fleiscbbeschauer sind, soweit dieses 
nicht anderweitig geschehen ist, von vorstehender Verfügung in 
Kenntniss zu setzen. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

JE» werden hierunter eine Reihe von Werken genannt, welche 
x. Th. schon vor längerer Zeit der Redaction xugegangen sind, deren 
Besprechungen aber wegen Raummangels xurückgestellt werden mussten 
und hier nur gekürzt wiedergegeben werden können. 

I. 

Carus Sterne. Werden und Vergehen. Vierte Auflage, Berlin 
bei Gebr. Bornträger. In 20 Heften zn 1 M. 

Das berühmte Werk, welches längere Zeit vergriffen ge¬ 
wesen ist, erscheint in 4. Auflage, von der 10 Hefte vorliegen. 
Das Buch ist populär in bestem Sinne des Wortes. Es ist für 
den gebildeten Laien geschrieben, und Laien in diesem Sinne 
sind auch die, welche einen Theil der Naturwissenschaften 
fachmännisch beherrschen, ohne sich dem speciellen Studium der 
Weltentwicklung widmen zu können, also auch der Mediciner. 
Das Werk gilt mit Recht als vielleicht die beste Darstellung 
der Entwicklung der Welt, ihrer anorganischen und organischen 
Gebilde, nicht nur durch die sachlich gelehrte Behandlung des 
Stoffes , sondern auch durch die klare, überall fesselnde 
Schilderung und die auserlesene Form derselben. Der Inhalt 
des Buches ist in grossen Umrissen folgender: Entstehung der 
Weltkörper, Urwesen, Anfänge von Thier und Pflanze, Ent¬ 
wicklung der Pflanzen und der grossen Thiergruppen, Ab¬ 
stammung der einzelnen Wirbelthierklassen, Entwicklung 
der menschlichen Bevölkerung. Auf diesem Wissensgebiet bis 
zu einem gewissen Grade heimisch zu sein, gehört zur all¬ 
gemeinen Bildung und ist für den Mediciner zur Abrundung 
seiner naturwissenschaftlichen Ausbildung besonders unent¬ 
behrlich. Die wüii8chenswerthen Kenntnisse wird man sich kaum 
leichter und angenehmer aneigneu können, als durch das genuss¬ 
reiche Studium des Werkes von Carus Sterne. Dass eine sehr 
grosse Zahl trefflicher Abbildungen die Beschreibung unter¬ 
stützen, ist bei einem solchen Werke selbstverständlich. 

lütt. Bacterienkunde und pathologische Mlcroacapie, HI. neubear¬ 
beitete Auflage. Wien 1899 bei Moritz Perles. Das 
Kitt’sche Werk ist in thierärztlichen Kreisen bereits allgemein 
bekannt geworden und eingeführt. Es bietet, wie Verfasser 
selbst zutreffend hervorhebt, einen umfassenden Ueberblick über 
die Bacteriologie und pathologische Gewebelehre vom speciell 
thierärztlichen Standpunkte aus und will in die Technik dieser 
Wissenschaft einführen, soweit das practische Interesse eine 
solche fordert und soweit dieselbe ausserhalb der Special¬ 
laboratorien durchführbar ist. In dieser Art der Anlage ist das 
Kittsche Buch das einzige und es empfiehlt sich dadurch dem 
Thierarzt, dem eine solche Anleitung heut unentbehrlich ist, von 
selbst. Dass die neue Auflage sehr wesentliche Veränderungen 
aufweist, ist angesichts der Fortschritte der letzten Jahre selbst¬ 
verständlich. Sie ist dem Andenken Franks gewidmet. 


Zuntz und Hagemann: Untersuchungen Uber den Stoffwechsel des 
Pferdes bei Ruhe und Arbeit. Berlin bei Paul Parey. 14 M. 

Das Werk giebt in ausführlicher Form Anlage, Ausführung 
und Ergebnisse der in grossem Style angelegten von Professor 
Zuntz (Landwirthschaf'tl. Hochschule, Berlin) geleiteten und in 
Gemeinschaft mit Hagemann, sowie unter Mitwirkung von 
Lehmann und Frentzel durchgeführten Versuche, deren Haupt¬ 
ergebnisse schon früher allgemein bekannt und gewürdigt worden 
sind (vgl. B. T. W. Jahrgang 1899, pg. 99). In jahrelanger 
mühsamer Arbeit sind Resultate gewonnen worden, welche so¬ 
wohl von hohem wissenschaftlichen Interesse, als von practischer 
Bedeutung sind und ebenso einen Reichthnm thatsächlicher 
Feststellungen als eine Fülle von Anregungen bergen. Für ein 
grosses Lesepublicum ist das Buch freilich nicht geschrieben, 
aber die Anerkennung aller derer ist ihm sicher, die gediegene 
Arbeit zu schätzen verstehn. 

Wilhelm Behrens: Tabellen zum Gebrauch bei mioroaoopiachen Arbeiten. 

HI. Auflage. Braunschweig bei Harold Bruhn. 1898. Octav. 
237 Seiten. 6 M. 

Für microscopische Arbeiten aller Art hat das oben genannte 
Werk, welches unter Mitwirkung zahlreicher Specialisten ent¬ 
standen ist, einen ganz hervorragend praktischen Werth. Was 
sich sonst an Technik mehr oder weniger verstreut in grösseien 
Werken findet, ist hier in bequemster, vollständiger und zuver¬ 
lässigster Art zusammengestellt. Die 75 Tabellen, welche das 
Buch enthält, beziehen sich z. Th. auf mineralogische, mikro¬ 
chemische und microphotographi8che Arbeiten. Von denen, die 
uns besonders interessiren, seien hervorgehoben: Löslichkeits¬ 
verhältnisse, Verhalten der gebräuchlichen organischen Farb¬ 
stoffe, Fixirungs-, Härtungs-, Conservirungs-, Beobachtnngs-, 
Einschluss-Mittel; Aufhellungsmittel und Vormedien für Paraffin- 
Einbettung und Einschluss; Verschlusslacke, Einbettungs-, Auf- 
klebe-Mittel, Macerations-, Entkalkungs-, Entkieselungs- und 
Corrosions-Mittel; Imprägnationsmittel und Injectionsmassen; 
Färbungen mit Carmin, Haematoxylin, Orcein, Tlieerfarbstoffen; 
Doppelfärbungen, Bacterienfärbungen; Culturflüssigkeiten und 
Nährsubstrate. S. 


Eingesandt. 

Rechtfertigung. 

In der letzten Nummer dieser Wochenschrift hat mich Herr 
Dr. Hülsemann wegen der Kritik seiner Brochure „Die Vieh¬ 
versicherung etc.“ angegriffen und mir insbesondere wegen der 
Form derselben Vorhaltungen gemacht. Ich muss es ablehnen, von 
Herrn Hülsemann Belehrungen über literarische Höflichkeit an¬ 
zunehmen, spreche ihm auch das Recht ab, mir solche zu 
erth eilen. 

Herr Hülsemann klagt mich bei den Lesern der B. T. W. 
wegen meines Verhaltens ihm gegenüber an, ohne das Material mit- 
zutheilen, auf Grund dessen die Anklage erhoben wurde; er ge¬ 
stattet somit den Lesern kein eigenes Urtbeil. Wie Herr HUI Be¬ 
mann Uber mich denkt, lässt mich kalt, nicht aber kann ich es 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18. 


zulassen, dass ich von ihm bei den Lesern der B. T. W. verdächtigt 
werde. Ich übergebe desshalb hiermit meine damalige Kritik der 
Beurtheilung meiner Herrn Collegen und überlasse es ihnen, sich 
selbst ein Urtheil in der vorliegenden Frage zu bilden; die Majorität 
wird mir gewiss darin Recht geben, dass die Kritik in einer so 
verbindlichen Form gehalten ist, wie die kritisiite Le stung es nur 
eest.-ittet. Ich betrachte es als eine unangenehme Pflicht der thier- 
ärztlichen Presse, neue Werke durchaus objectiv zu kritisiren und 
werde mich auch von der Erfüllung derselben nicht abbringen 
lassen. 

Meine Kritik lautete wörtlich: 

Der Verf. hat beabsichtigt, die Literatur über Viehversicherung 
zu vervollständigen und insbesondere über ihr Wesen, ihre Auf¬ 
gaben und ihre zweckmässige Organisation belehrend zu wirken. 
Das wäre in der That eine dankenswerthe Aufgabe gewesen, denn 
es bestehen hierüber in vielen Kreisen sehr irrige Anschauungen. 
In meiner langjährigen Praxis habe ich mich eingehend mit dem 
Viehversicherungswesen beschäftigt, kann mich aber mit den Theorien 
des Herrn Verfassers nicht einverstanden erklären. Er zeigt von 
vornherein den Vieh-Versicherungsgesellschaften gegenüber eine 
durch seine Darlegungen nicht begründete Animosität und behauptet, 
sie hätten „einen re.n kaufmännischen Cbaracter, um einer Anzahl 
von Personen Gelegenheit zu gewähren, ihr täglich Brod und mehr 
als das zu verdienen“. So soll man doch nicht über Institute ur- 
theilen, die der allgemeinen Wohlfahrt zu dienen bestrebt sind, 
dabei aber mit soviel Schwierigkeiten zu kämpfen haben und so 
häufig doloser Weise ausgenützt werden, dass ihr segensreiches 
Wirken fortdauernd beeinträchtigt wird. 

Herr Hülsemann ist gegen die Vieh-Versicherungsgesellschaft 
also ungerecht, wie er aber selbst über die Viehversicherung denkt, 
erkennt man am besten aus seinem Organisationsplan. 

Herr Hülsemann stellt eine allgemeine obligatorische Vieh¬ 
versicherung als das erstrebenswerthe Ziel hin. Dem Privatmann 
soll sich das ganze Institut nur durch Beitragspflicbt und Recht auf 
Entschädigung bemerkbar machen. Es soll geleitet werden von 
einer Centralbehörde aus drei Mitgliedern mit einem Thierarzt oder 
Landwirth als Vorsitzenden und von Beamten. Die Provinzial- 
Regierungen sollen die Versicherungen ins Leben rufen und den 
Unterregierungen soll ein mög'ichster Spielraum für selbstständige 
Entschliessungen gelassen werden. Hierbei hat als Grundsatz zu 
gelten, dass alle Behörden, die mit der Viehversicherung zu thun 
haben, auch pecuniär an derselben interessirt sind. Die Orts¬ 
vorstände sollen bei Gelegenheit der Steuereinscbätzung von den 
einzelnen Haushaltungsvorständen Angaben über den Werth ihres 
Viehes verlangen; in Entschädigungställen sollen diese Angaben 
entscheidend sein. Die Ortsvorstände sollen die Entschädigungen 
auszahlen, sobald der Beweis erbracht ist, das der Haushaltungs¬ 
vorstand alles das zur Verhütung des Verlustes gethan hat, was 
ein sorgfältiger Thierbesitzer in solchen Fällen zu thun verpflichtet 
ist. Um endlich den einzelnen Besitzer davon abzuhalten, durch 
betrügerische Machenschaften die Versicherung zu schädigen, wäre 
das ganze Unternehmen durch äusserst scharfe Strafbestimmungen 
zu schützen. 

Der Verf. hätte diese Anschauungen vor der Veröffentlichung 
erst in einer landwirtschaftlichen Versammlung darlegen sollen, um 
abfällige Uriheile nur aus engem Kreise zu hören. Die Vieh¬ 
besitzer werden für die Beglückung mit einer solchen Viehver¬ 
sicherung bestens danken. Mir ist keine Versicherungs-Gesellschaft 
bekannt, die solch rigorose Bestimmungen enthält Es ist bedauerlich, 
dass es ein Thierarzt war, der diese Broschüre verbrochen. Ich 
möchte nur Verwahrung dagegen einlegen, dass man etwa allgemein 
den Thierärzten ein so geringes Verständnis über die Aufgaben 
und die Organisation der Vieh Versicherung beiraisst. Malkmus. 

Personalien. 

Auszeichnungen und Ernennungen: Anlässlich des Geburtstages Sr. 
Majestät des Königs von Sachsen wurde verlieben: Dem Professor 
Dr. Pusch, Landesthierzuchtdirector für Sachsen, das Ritterkreuz 
I. Kl. des Alhrechtsordens; dem Medizinalrath Professor Dr. Johne 
Rang u. Titel als Obermedizinalrath; Dr. Edelmann, Docent für 
Fleischbeschau und Dr. Biedermann, Docent für Physik, Rang u. 
Titel als Professor. — Gewählt: Geissler, Polizeithierarzt in Frei¬ 
berg zum Schlachthofdirector in Crimmitschau; Opel-EIsierberg zum 
städt Thierarzt in Markneukirchen (Sachs.) 

Approbationen: In München die Herren Otto Burkart, Adolf 
Hohenadl, Michael Scheidt und Joseph Strauss. 

Wohnsitzveränderungen, Nitde.lassungen etc.: Verzogen: Die Thier¬ 
ärzte Curt Graefe nach Mügeln bei Oschatz, Langboff nach 
Buxtehude, Dr. Woffhügel vorübergehend als Assistent nach 
Glauchau. — Thierarzt E. Wienholtz hat sich in Bunde (Ostfries¬ 
land) niedergelassen. 


In der Armee: Befördert: Scbmid, Unterveterinär im 2. Feld- 
Art-RgL zum Veterinär; Paul Meyer, Einj.-Frw. im 9. Hus.-Regt 
zum einj.-frw. Unterrossarzt. — Die Ernennung des Unterveterinär 
der Res. Miessbach, pract Tbierarzt in Kamenz (Sachs.), früher 
Rödern, zum activen Unterveterinär ist ausser Wirksamkeit gesetzt 
worden 


Vacanzen. 

(Näheres über die Vacanzen mit abgelanfencr Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 

Kreiothierarztstellen eto.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich KreiszuBchuss) 
Gesuche an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Wiesbaden: St. 
Goarshausen (600 M. Gehalt, 500 M. staatl. Stellenzulage und 300 M. 
Kreisznscbuss.). Bewerb, b. 20. Mai er. a. d. Regierungspräsidenten. 

b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Cassel Gersfeld. — R. B. Cöslin: Stolp (Nord). — R.-B. Köln: 
Rheinbacb. 

Sanitfttothlerarztotellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Düsseldorf: 2 Assistenzthierarzt am Schlacht- und Viehhof zrn 
1. Juli er. (2400 M. Anfangsgehalt; 6 Monate Probezeit; 3 monatl 
Kündigung; Pension.) Bewerb, bis 20. Mai an den Oberbürgermeister - 
Johanngeorgenstadt, Jugel, Steinbach u. Wittigstbal: Thierint 
zur Ausübung der Fleischbeschau. (750 M. Staatsbeihilfe und 650 M. 
aus Gemeindemitteln. Privatpraxis.) Bewerb, bis Ende April an den 
Stadtgemeinderath in Johanngeorgenstadt — Lunzenau: Thierarzt 
f. wissenschaftl. Fleischschau. (Praxis gestattet) Meid, bis 8. Mai 
an den Stadtratb. — Neheim: Schlachthofdirector zum 1. Juni 
er. (2000 M. Wohnung etc. Privatpraxis.) Bewerb, an den Magistrat. — 
Oed er an: Thierarzt für Fleischbeschau (2000 M. Privatpraxis). 
Bewerb, bis 10. Mai an den Stadtrath. — Plauen i. V.: Assistenz¬ 
thierarzt am Schlachthof zum 1. Juni (2100 M.: vierteljährl. 
Kündigung). Meid, an den Director. — Pössneck: Thierarzt für 
Fleischbeschau (1200 M. und ca. 700 M. aus der Trichinenschau). 
Bewerb, bis 1. Mai an den Magistrat. — Scbivelbein: TbierariXtta 
Fleischschau (ca. 2400—3000 M.; Praxis gestattet). Meid, bein 
Magistrat. — Wamsdorf, Bez. Leipzig: Thierarzt für Fleisch 
schau in W. und in den Nachbargemeinden. Meid, an den 
Gemeindevorstand. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzteStellen: 
Eberswalde: Schlachthofinspector. — Fi lehne: Schlacbtbof* 
inspector. — Freiberg i. S.: Thierarzt für Fleischschau etc. — 
Graudenz: Schlachthofassistenztbierarzt. —Königswartha i. S.: 
Thierarzt für Fleischbeschau. —Mülhausen (Eisass): Schlachthof¬ 
verwalter. — Spremberg: Schlachthofinspector. — Wanne: 
Schlachthofvorsteher. — Wettcr(Ruhr): Thierarzt für Fleischbeschau. 

Privatstellen : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. - 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldaa 
(Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt zum 1. Mai 
(2400 M., Privatpraxis gestattet). Meldungen mit Zeugnissen etc. biB 
Ende März an den Amtmann. — Lauensten i. Sachs.: Thierarzt 
für Fleischschau und Praxis (Beihilfe aus Staats- und Gemeinde¬ 
mitteln). Bewerbungen bis 15. April an den Stadtgemeinderath. — 
Mengeringhausen (Waldeck): Thierarzt. — Neuhausen (i. S.): 
Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau. (Aus letzterer eine voraus¬ 
sichtliche Einnahme von 1800 Mk. Ausserdem Staats- und Gemeinde¬ 
beihilfe in Aussicht gestellt.) Meid, bis 10. Mai er. an den Gemeinde¬ 
rath. — Rhinow (R.-B Potsdam):Thierarzt. — Schwarzenberg i. S.: 
Thierarzt für Fleischbeschau u. Praxis (voraussichtliche Staatsunter¬ 
stützung). Meid, an d. Stadtrath. — Sonnenburg: Thierarzt 
(600—750 M. Fixum). Bewerb, bis 1. März an den Magiatrat. — 
Wolkenstein: Thierarzt für Praxis und Fleischschau. Auskunft 
beim Stadtrath. 

Besetzt: Sanitätsthierarztstellen in Markneukirchen. 

Privatstelle in Mügeln. 


▼«•antwortlich a, ^ Inh a lt (exoL Inj erat enth eil): Prot Dr. Schmalta ln Berlin. — Verla« and Big entkam von Richard Scho etc ln Berlin. — Druck von W. BUxenateln, Berlin 


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Dip „Berliner Thicrärxtllcbe Wochon-rhrifl“ cr«rlielnt 
wöchentlich in Stärke von minderten* 1 • /, Honen, iiii snlbe 
ist su bestehen duicli den Buchhandel, die Post (No 10S2) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard 
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Kk. 5, pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeiträge werden mit 60 Bk. für den Bogen honorirt 
Alle Mannscripte, Mtttbeilungen Und redacnonellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmalts, 
Berlin, thierärztliche Hochschule, NW., Lnisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions- Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard fckhoet', Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M 19 . Ausgegeben am 10. Mai. 


Inhalt: Aronsahn: Beitrag zur Aetiologie und Therapie der Gebärparese. — Blank: „Vitalin 1 ', ein neues und wirksames 
Desinfectionsmittel mit Tannenduft. — Paust: Aloedosirung bei Tympanilis des Rindes. — Tempel: Stempel¬ 
kasten für Fleisohschau. — Döhraann: Der Richtersche „Praxiswagen“ für Thierärzte. — Referate: Täufer: 
Ueber die Torsio uteri. — Weinhold: Matratzenstreu. — Robertson: Ruptur der Vena cava post. — Biot: Congenitale 
Zwerchfellhernie beim Schwein. — Colin: Eierstockcyste bei einer Stute. — Marx: Zur Morphologie des Rotzbacillus. — 
Die Hyphomycetennatur des Rotzbacillus. — Therapeutische Notizen. — Tagesgeschichte: Verschiedenes.— Oeffentliches 
Veterinärwesen: Fleischschau und Viehverkehr. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen. 


Beitrag zur Aetiologie und Therapie der Gebärparese. 

Von 

Dr. Aronsoha-Röbel i. Meckl., 

Thlerarxt. 

Schmidt-Kolding gebührt das Verdienst, die Behandlung 
der Gebärparese in die richtige Bahn geleitet zu haben, indem 
er die Entstehung des Leidens mit der Thätigkeit der Milch¬ 
drüse in Verbindung bringt und daher vom Euter aus gegen 
diese Krankheit vorgeht. 

Seine zum Nutzen der Landwirtschaft gemachte Entdeckung 
hat aber auch eine nicht minder grosse Bedeutung für die 
Wissenschaft, als nun nnter Berücksichtigung der glänzenden 
Heilerfolge für die ätiologische Klärung jener Krankheit neue 
Gesichtspunkte gegeben sind. 

Bisher existirten über das Wesen der Gebärparese die ver¬ 
schiedensten Hypothesen, deren Vertreter entweder eine post 
partum auftretende Circnlationsstörung oder ein sich aus den 
Lochien, ans der Milch oder im Darmcanal entwickelndes Toxin 
oder eine Infection annehmen. 

Nach Schmidt-Kolding soll sich im Euter bei dem plötzlich 
erhöhten Stoffwechsel ein giftig wirkendes Spaltungsproduct 
bilden, in den Blutstrom übergehen und eine Autointoxication 
erzeugen. 

Alle diese Theorien halten einer kritischen Prüfung nicht 
Stand. 

Schon die Thatsache, dass das Leiden vor dem Geburtsact 
auftreten kann, spricht gegen die Franck’sche Theorie, nach 
welcher, sobald der Foetus ausgestossen ist, in Folge des er¬ 
höhten Aortendruckes eine Gehirncongestion mit Gehirnödem 
nnd consecutiver Gehirnanämie eintreten soll. Es Hesse sich 
auch, die Richtigkeit dieser Theorie vorausgesetzt, kein begreif¬ 
licher Grund finden, wesshalb diese Krankheit dann nicht auch 
bei Kühen jeden Alters und verschiedenen Nährzustandes und 
auch bei weiblichen Thieren anderer Thiergattungen Vor¬ 
kommen sollte. 

Die andere in Betracht kommende Gruppe umfasst jene 
Hypothesen, welche das Wesen der Gebärparese in einer Ver¬ 
giftung suchen, sei es durch Autointoxication, sei es durch Infection. 


Die Infectionstheorie hat wenig WahrscheinHchkeit für sich; 
warum sollten sich gerade nur die besten Milchkühe und diese 
nur in einem bestimmten Lebensalter inficiren!? 

Was Bchliesslicli die Annahme einer Autointoxication durch 
irgend eine ins Blut übergehende, die schweren cerebralen 
Störungen erzeugende giftige Substanz betrifft, so fehlt uns, 
berücksichtigen wir die nach dem S chmidt’schen Verfahren 
erzielten zahlreichen Heilerfolge und die schon früher beobachtete 
Thatsache einer bisweilen auffallend raschen Genesung nach 
schwerster Erkrankung, eine befriedigende Antwort auf die 
naheliegende Frage: Wo bleiben die bereits im Blute vor¬ 
handenen Toxine? Wie kommt es, (lass dieselben in zahl¬ 
reichen Fällen so anssserordentlich schnell und spurlos ver¬ 
schwinden? 

Dass dem sich aus dem Jodkali im Körper abspaltenden 
Jod kein specifischer Einfluss auf die im Blute circulirenden 
giftigen Stoffwechselproducte, die sich nach Schmidt-Kolding 
aus der Collostralmilch im Euter bilden sollen, zuzuschreiben 
ist, lässt sich leicht nachweisen. 

Wie ich nämlich in 14, zum Theil sehr schweren Fällen 
von Gebärparese erprobt habe, erreicht man dieselben prompten 
Heilerfolge, wenn man statt einer Jodkalilösung reines Wasser 
oder physiologische Kochsalzlösung in die Euterviertel infundirt. 
Das Jod kann also die specifische Heilwirkung nicht besitzen, 
weil die Heilung auch durch eine ganz indifferente Flüssigkeit 
in derselben Weise und in der gleichen Zeit gelingt. Und 
sollte auch wirklich durch Füllung des Euters mit einer Jod¬ 
kalilösung eine weitere Entwicklung von Toxinen im Euter 
gehemmt werden können, so fehlt immer noch, besonders für 
die schwereren Fälle der Erkrankung, eine genügende Er¬ 
klärung für das überraschend schnelle Schwinden der den 
bewusstlosen Zustand bedingenden, im Blute vorhandenen 
Schädlichkeit. 

Dass letztere auf irgend eine Weise ans dem Körper aus¬ 
geschieden sein solle, ist in hohem Grade unwahrscheinlich, 
weil gerade innerhalb der kurzen Zeit, in welcher die meisten 
an Gebärparese erkrankten Thiere wieder gesund werden in 
Folge Lähmung sämmtlicher Organe die (lenkbar ungünstigsten 


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218 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19. 


Verhältnisse für eine Ausscheidung der betreffenden Toxine ans 
dem Körper bestehen. 

Gegen die Theorie einer Antointoxication durch Zer¬ 
setzungsprodukte spricht vielleicht noch die Thatsache, dass 
nach dem Genüsse des Fleisches oder der Eingeweide niemals 
eine Erkrankung von Menschen beobachtet ist, und dass In- 
jectionen von Blut nnd Milch an Gebärparese erkrankter Kühe 
bei den Versuchstieren niemals die Symptome dieser Krankheit 
erzeugt haben. 

Nach diesen Erwägungen kann demnach die Hypothese 
einer Antointoxication nicht länger aufrecht erhalten werden, 
und es erübrigt sich meines Erachtens nur folgende 
Erklärung: 

Erfahrungsgemäss tritt die Gebärparese nur bei den besten 
Milchkühen und in dem Lebensalter auf, in welchem die Thiere 
die grösste Milchmenge produciren. Je grösser die Milchmenge, 
um so stärker ist auch natnrgemäss die Blutzufuhr zum Enter. 
Dieser bisweilen schon vor, in der Regel bald nach der Geburt 
auftretende Blutandrang nach dem Enter bedingt einen Blut¬ 
mangel in anderen Organen, insbesondere eine Anämie des 
Gehirns, die je nach den individnellen Verhältnissen bald stärker 
bald schwächer sein und dementsprechend einen schwereren 
oder leichteren Grad von Bewusstlosigkeit erzeugen wird. 

Haben die betreffenden Thiere vor dem Kalben längere 
Zeit trocken gestanden, so ist, wie die Erfahrung oft lehrt, die 
Erkrankung, d. h. der comatöse Zustand, ein stärkerer, wei* 
dann nach der Geburt die Circulationsverhältnisse noch er¬ 
heblicher alterirt werden als bei jenen Kühen, die immer noch, 
wenn auch nnr wenig Milch producirt haben. 

Die Gebärparese stellt also nichts anderes dar als eine 
arterielle Anämie des Gehirns, bedingt durch eine starke Blut¬ 
ableitung nach dem Euter. 

Hält man diese Definition fest, so erklären sich ungezwungen 
die Symptome der Krankheit, das Auftreten dieses Leidens 
gerade bei den besten Milchkühen in ihrem besten Lactations- 
alter, der Erfolg der von Schmidt-Kolding angegebenen Be* 
handlungsmethode, die grosse Mortalitätsziffer vor Kenntnis der¬ 
selben und auch die früher bisweilen beobachteten überraschend 
schnellen Genesungen nach schwerster Erkrankung. 

Die durch andere bekannte Ursachen bedingte Gehirn¬ 
anämie bildet genau das gleiche Krankheitsbild, wie wir es bei 
der Gebärparese zu sehen gewohnt sind, auch die bei diesem 
Leiden mitunter auftretenden Krämpfe werden bei Gehirnanämie z.B. 
nach Blutverlusten beobachtet. 

Da bei manchen Milchkühen schon vor dein Gebärakt ein 
starker Blutandrang nach dem Euter statt hat, so erklärt sich 
hierdurch auch das bisweilen beobachtete Auftreten der Krank¬ 
heit vor dem Kalben. 

Gelingt es nun, einen weiteren Blutandrang zum Euter 
fernzuhalten, wird die Milchdrüse in ihrer Funktion ausser 
Thätigkeit gesetzt und nicht von Neuem durch Melken gereizt — 
und das ist nach meiner Ueberzeugung der einzig wirksame 
Faktor bei der Schmidt’schen Behandlungsmethode —, so gewinnt 
das Blut Zeit, sich im übrigen Gefässsystem wieder gleich- 
mässig zu vertheilen. Es gelangt dann die nöthige Menge 
Blut resp. Sauerstoff zum Gehirn, die Ohnmacht weicht all¬ 
mählich, und die Krankheit ist gehoben. 

Nur auf diese Weise lässt sich die oft schon in wenigen 
Stunden erfolgende Besserung und Genesung verstehen. 

Auch das vor der Schmidt’schen Behandlungsmethode öfters 


beobachtete, überraschend schnelle Gesunden nach schwerster 
Erkrankung erklärt sich nun durch einen Cirkulationsausgleicli 
leichter als durch ein plötzliches Schwinden der Gifte ans dem 
Körper. 

Andererseits begreift man jetzt auch die hohe Mortalität*- 
Ziffer vor dem nun geübten Heilverfahren, da früher gerade auf 
ein fleissiges Ausmelken des Euters grosses Gewicht gelegt und 
dadurch das Blut immer von Neuem vom Gehirn weg zum Euter 
hingeleitet wurde. 

Es wird also bei der Behandlung der Gebärparese vor Allem 
darauf ankommen, die Milchdrüse möglichst ausser Thätigkeit zu 
setzen nnd damit dem Blute, das sonst durch den Reiz der 
Drüse in vermehrter Menge zu dieser hinströmt, Gelegenheit zu 
geben, sich im Blutgefässsystem wieder gleichmässig zu ver¬ 
theilen. 

Diese Absicht Hesse sich zum Theil schon durch einfaches 
Nichtmelken erreichen; zweckmässiger ist jedoch die künstliche 
Füllung des Euters mit einer grossen Menge von Flüssigkeit. 

Ich habe in der Zeit von Januar bis April 1900 in den oben 
erwähnten 14 Fällen jedesmal 1 */*—2 1 reines abgekochtes 
Wasser oder solches mit Zusatz von einem kleinen Theelöffel 
Kochsalz zur Infusion verwendet und in 13 Fällen ebenso prompte 
Heilung erzielt als früher, wo ich nach Schmidt-Kolding Jod¬ 
kali benutzte. 

Das wirksame Princip ist also nicht das Jod, sondern die 
Anfüllung des Euters mit Flüssigkeit zwecks Ausübung eines 
Gegendrucks auf das secernirende Organ. 

Eine Wiederholung der Infusion ist natürlich nicht noth- 
wendig; die Flüssigkeit bleibt eben solange im Euter, bis 
Besserung resp. Heilung eingetreten ist, was in der Regel in 
6—24 Stunden der Fall ist. 

In den ganz schweren Fällen des Leidens, wo man das Thier 
in so hochgradig comatösem Zustande antrifft, dass das Eintreten 
einer Gehirnapoplexie zu befürchten steht, wäre der Versuch zc 
machen, durch intravenöse Einführung von 4—6 1 physiologischer 
Kochsalzlösung in die Iugularis möglichst schnell eine Füllung 
der Gehirngefässe herbeizuführen. Ich selbst hatte noch nicht 
Gelegenheit, dieses Verfahren auf seine Wirksamkeit zu prüfen. 

„Vitalin“, ein neues und wirksames Desinfections* 
mittel mit TannendufL 

Von 

Blank-Hamburg-Eppendorf. 

Thierarzt. 

„Vitalin“ ist eine bräunliche, klare, syrupöse Flüssigkeit 
von aromatischem, terpentinölartigem Gerüche und stark alka¬ 
lischer Reaction. Das specifische Gewicht schwankt zwischen 
0,990 bis 1,020. Mit Wasser gemischt, bildet „Vitalin“ eine 
intensiv nach Harzöl riechende Emulsion. 

Behufs Feststellung der Giftigkeit wurden 2 Kaninchen 
mit „Vitalin“ subcutan geimpft, und zwar ein 1550 Gramm 
schweres mit 5 Cubikcentimetern pure, ein 900 Gramm schweres 
mit 5 Cubikcentimetern einer lOprocentigen Emulsion. 

Das zuerst genannte Thier zeigte bei keiner äusserlich 
bemerkbaren Störung im Allgemeinbefinden am zweiten Tage 
nach der Impfung eine Gewichtsabnahme um über ein Drittel 
des Körpergewichts; letzteres betrug 900 Gramm. Nachdem 
bis zum sechsten Tage Abscedirung an der Impfstelle nicht ein¬ 
getreten, auch die Haut klinisch unverändert geblieben war, 
wurde das Thier, welches inzwischen wieder ein Gewicht von 


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10. Mai 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


219 


950 Gramm erreicht hatte, am sechsten Tage nach der Impfung 
durch Inhalation von Chloroform getödtet. Die Section ergab 
das Vorhandensein einer Hautentzündung in der Peripherie der 
Injectionsstelle, einer Nierenentzündung und minimaler Eiter¬ 
herde in der Milz. 

Das zweite Impfthier bekundet bei fortgesetzt sehr gutem 
Appetit durch Zunahme des Körpergewichts (von 910 bis 
1060 Gramm in vierzehn Tagen), dass ihm die Einverleibung 
der 5 Cubikcentimeter einer lOprocentigeu „Vitalin“-Emulsion 
garnichts geschadet hat. Auch bei diesem zweiten Kaninchen 
waren klinisch die für Abscessbildung pathognomischen Symp¬ 
tome nicht festzustellen. Während bei dem ersten Versuchs¬ 
thier der Urin eiweisshaltig war, wurde im zweiten Falle Ei- 
weiss im Urin nicht gefunden. 

Um die Giftigkeit der „Vitalin“-Flüssigkeit bei Resorption 
von der unverletzten Haut zu erkennen, wurde ein Hund 
(Kreuzungsproduct aus Pointer und dänischem Hunde) am 
ganzen Körper mit „Vitalin“ pure eingerieben; dieses Versuchs¬ 
thier zeigte bei fortgesetzt gutem Appetit und Ge¬ 
wichtszunahme Auftreten von ekzemartigen nässenden 
Stellen an einigen umschriebenen Hautstellen. Eiweiss wurde 
auch hier nicht im Urin gefunden. 

Durch diese Versuche wurde die grossartige relative Un¬ 
giftigkeit des „Vitalin“ festgestellt. Ueber die bactericiden 
Eigenschaften wurden keine Versuche gemacht, weil hierüber 
Gutachten zweier Chemiker Vorlagen. 

Dass „Vitalin“ sehr gute antiseptische und desodorirende 
Eigenschaften besitzt, wurde durch Zusammenbringen von 
2 Gramm der Flüssigkeit mit 500 Gramm in Zersetzung be¬ 
griffenen menschlichen Harns bewiesen. Der Harn zersetzte 
sich während dreier auf den Versuch folgender Tage nicht 
weiter und roch nicht unangenehm, sondern zeigte den charakte¬ 
ristischen Geruch nach Terpentinöl. 

Intra praxim habe ich „Vitalin“ in 2procentiger Emulsion 
znrBehandlung von Rindvieh, welches an Maul- und Klauen¬ 
seuche erkrankt war, benutzt, und in diesen Fällen ebenso 
schnelle Heilung wie bei Behandlung mit Creolin, Lysol, 
Formalin etc. gesehen. Auch wurde von mir „Vitalin“ zum 
Desodorisiren von Hundekäfigen und Pferdestallungen in Ver¬ 
wendung genommen; in allen diesen Räumen zeigte sich noch 
nach mehreren Tagen der für „Vitalin“ characteristische 
aromatische Geruch. 

Als Zusammenfassung möchte ich meiner Untersuchung hinzu- 
fügen, dass ich „Vitalin“ für ein sehr gutes, relativ un¬ 
giftiges Desinficiens und Desodorans halte. 


Aloedosirung bei Tympanitis des Rindes. 

Von 

Paust - Samter, 

Thlerarxt 

Neben dem gleichzeitigen Pansenstich und der Anwendung 
anderer Abführmittel habe ich zu wiederholten Malen mit gutem 
Erfolge höhere als die üblich angegebenen Aloödosen ver¬ 
wendet. 

Drei Fälle möchte ich aus anderen herausgreifen: 

I. Bei einem grösseren Rinde 60Jg, am nächsten Tage 50 g. 

II. Bei einem sehr kleinen, doch ausgewachsenen Rinde 
Abends 50 g, am nächsten Morgen 40 g, am dritten Tage Abends 
nochmals 50 g. 

in. Bei einem mittelgrossen Rinde (ca.'acht Jahre alte Kuh) 
am ersten Tage. gegen_ Mittag 50 g, am Abend desselben Tages 


nochmals 50 g, am übernächsten Tage gegen Mittag noch einmal 
50 g. 

Daraus ergiebt sich: 

I. An zwei Tagen, doch innerhalb 24 Stunden 110 g. 

H. An drei Tagen, doch innerhalb 48 Stunden 140 g. 

HI. An drei Tagen, doch innerhalb 48 Stunden 150 g. 

In den angeführten drei Fällen, von denen zwei recht hart¬ 

näckige waren, trat zwischen dem dritten und fünften Tage 
Heilung ein. 

Es dürfte mithin zweifelhaft sein, dass in den ersten drei 
Tagen, die doppelte bis dreifache Menge der purgirend wirkenden 
Dosis gegeben, der Tod oder auch nur Symptome der Aloe¬ 
vergiftung eintreten. (cf. Fröhner, Toxicologie für Thierärzte.) 

Die Purgirdosis für das Rind zu 40—60 g Aloö angenommen, 
müssten demnach 80—120, resp. 120—180 g Aloö eine Vergiftung 
hervorrufen. 

Dass dem nicht so war, beweisen die obigen Zahlen, sie 
sagen aber auch, dass die therapeutische Maximaldosis, für das 
Rind zu 40—60 g bemessen, zu gering gegriffen ist 

Noch viele andere Fälle könnte ich den angeführten zur 
Seite stellen. 


Stempelkasten für Fleischschau. 

Von 

C. Tempei-Bernstadt, 

Thierarzt. 

Nach Einführung der Fleischbeschau wird für die Thierärzte 
und Laienfleischbeschauer der Apparat, welchen diese als 
sogenannten eisernen Bestand immer mit sich führen möchten, 



bedeutend vergrössert, weil in Folge gesetzlicher Bestimmung 
verschiedene Arten von Stempeln nothwendig sind. Es sind dies 
in Sachsen für Thierärzte nicht weniger wie fünf und für Laien- 
fleischbescbauer vier verschiedene. Sollen diese in der alten 
Form mitgeführt werden, so ist der Beschauer, wenn er nicht 
einen Weg doppelt machen will, gezwungen, einen grösseren 
Kasten und Stempelkissen stets herumzuschleppen. Die welt¬ 
bekannte Firma H. Hauptner, Berlin hat deshalb nach meinen 


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220 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19. 


Angaben ein Kästchen mit Stempel construirt, welches an 
Einfachheit, Bequemlichkeit das Möglichste bietet, ohne dass die 
Handlichkeit der Stempel darunter leidet. Dieses Kästchen zeigt 
für Tbierärzte fünf und für Laienfleiscbbeschauer vier Stempel 
nach Vorschrift, die in entsprechenden Vertiefungen ruhen» 
welche zugleich als Stempelkissen dienen. Der durch Wegfall 
eines Stempels ersparte Raum für Laienfleischbeschaner ist aus¬ 
gefüllt durch ein Fläschchen mit Stempelfarbe, welches im Noth- 
fall zum Befeuchten der Kissen dienen soll. Damit weiterhin 
bei etwa zu reichlichem Tränken der Kissen Farbe nicht in die 
Taschen fliessen kann, ist auf der einen Seite des Kastens ein 
Falz angebracht, welcher in eine genau entsprechende Vertiefung 
der anderen Seite passt. Die Stempelgriffe sind zum Umklappen 
und so klein gehalten wie möglich, ohne dabei ein bequemes 
Handhaben zu verhindern. 

Da ferner der Preis kaum nennenswert!! höher ist wie der 
von Stempeln allein und Kissen dazu, so glaube ich, dieses 
leicht in der Rocktasche unterzubringende und dabei elegante 
Kästchen nicht genug empfehlen zu können. 


Der Richter’sche „Praxiswagen“ für Thierärzte. 

Von 

Döhrmann-Salzgitter. 

Thierarzt. 

Zu dem Artikel in No. 11 der „B. T. W.“ seien mir folgende 
Bemerkungen gestattet: Nach meiner Ansicht wird der dort ab¬ 
gebildete Wagen niemals die Zufriedenheit der pract. Thierärzte 
erlangen. 

Neben elegantem Aussehen, leichtem Gangwerk und be¬ 
quemem Sitz erwartet man in erster Linie von einem Praxis¬ 
wagen, der wie der Richter’sche zum Selbstkutschiren ein¬ 
gerichtet ist, dass man leicht und bequem ein- und aussteigen 
kann. Bei dem Richter’schen Wagen muss man aber stets 
über das Vorderrad in den Wagen steigen, wird sich also jedes¬ 
mal bei nassem Wetter an dem Rade den Mantel beschmutzen; 
ist nun noch das Verdeck aufgeklappt, darin muss man in des 
Wortes wahrster Bedeutung in den Wagen hineinkriechen. 

Wenn der Wagen ca. 2 Fuss länger gebaut wäre (er kann 
sich desshalb doch ebenso leicht fahren), dann wäre es möglich, 
nicht allein über dem Hinterrade sondern auch über dem Vorder¬ 
rade einen Kothflügel anzubringen und zwischen diesen beiden 
einen Tritt, der ein bequemes Ein- und Aussteigen ermöglichte, 
es würde dann auch ein geräumiger Sitzkasten unter dem Sitz 
anzubringen sein. Diese Wagen (auch mit Segeltuchverdeck) 
werden in der Provinz Hannover schon seit langen Jahren von 
jeder besseren Wagenbauanstalt hergestellt. 

Das einzig Neue an dem Richter’schen Wagen ist der 
„Schiebekasten“ und gerade dieser „Schiebekasten“ ist es, der 
mich veranlasst, einige Zeilen auf den Artikel von College 
Richter zu erwidern. 

Es ist ja vollkommen angebracht und auch absolut noth- 
wendig, dass der Thierarzt auf dem Lande neben den fast täg¬ 
lich zu gebrauchenden Instrumenten und dem Verbandmaterial 
auch einige Medicamente mit sich führt, die er in Nothfüllen 
sofort selbst verabreichen muss; diese Sachen aber finden Platz 
genug in einem Blechkasten, der in den sogenannten Sitzkasten 
des Wagens hineinpasst, wenigstens bin ich bei einer ausge¬ 
dehnten Landpraxis stets damit ausgekommen. Eine fast voll¬ 
kommene Hausapotheke, wie sie sich in so ostentativer Form 
in dem „Schiebekasten“ birgt, mit sich zu führen (auch wenn 


sie sich in „gediegener Aufmachung“ befindet), dürfte aber dag 
Ansehen des betreffenden Thierarztes nicht gerade erhöhen, 
sondern erweckt leicht den Gedanken, dass derselbe mit seinen 
Medicamenten Handel treibt. Und so hat auch auf mich die 
Figur 2 des Richter’schen Wagens unwillkürlich den Eindruck 
hervorgerufen, dass dieser Wagen eher für einen Kaufmann 
passen würde, der mit seinen in dem „Schiebekasten“ sich be¬ 
findenden Mustern zugereist kommt, wie für einen practischen 
Thierarzt.*) 


Referate« 

Ueber die Torsio uteri. 

Von Täufer, österreichischer Bezirksthierarzt. 

(MUh. f. Th. Bd. 10, 10 u. 11.) 

Noch heute bestehen Meinungsverschiedenheiten über das 
Wesen der Gebärmutterverdrehung. Nach Franck ißt es eine 
Drehung um die Längsachse. Ehrhardt dagegen hat (vgl. 
Schweizer Archiv) behauptet, dass eine Drehung um eine 
Vertikalachse in einer horizontalen Ebene erfolge. Er hat 
daher statt Torsio den Zustand Versio benennen wollen. Hess 
hat sich gegen diese Ansicht Ehrhardts ausgesprochen, einmal 
weil er nach den anatomischen Verhältnissen eine solche Versio 
für nicht möglich hält, sodann weil die practischen Erfolge des 
Wälzens dagegen sprechen, durch die nur eine Drehung um die 
Längsachse aufgelöst werden kann. Ehrhardt bestreitet freilich 
diesen Schluss. Die Achse, um welche sich nach Hess und 
anderen der Uterus dreht, liegt von hinten oben nach vorn 
unten; denn der hochtragende Uterus liegt in der rechten 
Unterbauchgegend**). T. weist darauf hin, dass es sich vor 
allen Dingen darum handelt, die Topographie des schwangeren 
Uterus festzustellen, was nur an Gefrierprftparaten geschehen 
kann. 

Was das Vorkommen der Torsio uteri anlangt, so ist 
dieselbe bei allen Hausthieren, hauptsächlich aber hei den 
Wiederkäuern und namentlich beim Rinde beobachtet. Bezüglich 
der Ursache kommt zunächst in Betracht, dass die Gebär¬ 
mutterhörner des Rindes nicht in ihrer ganzen Länge am breiten 
Mutterbande befestigt sind, die vorderen Theile vielmehr frei 
liegen, sodass diese im schwangeren Zustande sich leicht drehen 
können. Auch abgesehen davon geben das Alter der Thiereund 
die Schlaffheit der Bauchwandungen infolge zahlreicher Schwanger¬ 
schaften eine Disposition. Auch ausschliessliche Stallfüttemng, 
Weidegang an steilen Hängen begünstigen die Torsion. Zundel 
z. B. machte die Beobachtung, dass in einem Bezirke, wo 
durchweg ein solcher Weidegang bestand, bei der Hälfte aller 
Geburten sich Torsion fand. Es kommt dabei dazu, dass die 
Kühe morgens ohne Vorfutter auf die Weide gehen und die 
Aufnahme des nassen Grases die Eigenbewegungen des Fötus 
begünstigt. Durch eine übermässige Ausdehnung des Wanstes 
kann, wie auch Ehrhardt hervorhebt, eine Torsion jedenfalls 
nicht bedingt werden. Auch Möschinge (Arch. f. Th. Bd. 20). 
der diese Frage gut bearbeitet hat, schreibt den Verdauungs¬ 
organen eine Rolle bei der Entstehung der Uterustorsion zu- 
Die active Ursache für den Eintritt der Torsion kann aber nur 
der Fötus sein. Dass eine äussere bewegende Kraft eine Ver- 

*) Gegenüber diesem absprecbenden Urtheil kann andrerseits 
berichtet werden, dass der qu. Wagen auf der diesjährigen Pferde¬ 
ausstellung zu Dresden ein Ehrendiplom erhalten hat. 

**) Dies bat Schmaltz 1894 auch an einem Gefrierschnitt gezeigt 
Auch de Bruin erkennt dies als richtig an. 


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10. Mai 1900. 


BERLINER THIERARZTLtCHE WOCHENSCHRIFT. 


drehung der Gebärmutter bedingen könne, ist unwahrscheinlich. 
Nun nehmen die Bewegungen des Fötus freilich gegen Ende der 
Trächtigkeit zu, und damit müsste also auch die Gefahr der 
Torsion zunehmen. Franck und Ehrhardt weisen aber darauf 
hin, dass gegen das Ende der Gravidität oder während der 
Geburt eine Torsion nicht eintritt. Nach Franck ist für die 
Entstehung der Torsion ein hinreichender Raum in der Bauch¬ 
höhle nothwendig, und Ehrhardt meint, dass der Uterus mit 
zunehmender Länge immer unbeweglicher wird. Täufer ist dieser 
Ansicht nicht, sondern nimmt mit Möschinge und de Bruin an, 
dass die Torsion in den letzten Tagen der Trächtigkeit, ja 
sogar während der Eröffnungswehen entstehe, denn die Reflex¬ 
bewegungen des Fötus können nur dann auf die Gebärmutter 
übertragen werden, wenn der Fötus mit der Gebärmutter fest¬ 
sitzt, was um so leichter geschieht, je weniger Fruchtwasser 
vorhanden ist. Die Fruchtwasser nehmen aber gegen das Ende 
der Gravidität ab und die Bewegungen nehmen an Stärke zu* 

Ehrhardt ist der Meinung, dass es an der Abschnürungs¬ 
stelle bei Uterusverdrehungen zu ernsten Veränderungen nicht 
komme. Auch dieser Meinung widerspricht T. unter Hinweis 
auf zwei von ihm beobachtete Fälle. In dem einen Falle fand 
er bei einer gestorbenen Kuh eine totale Verdrehung des Uterus 
um 360 Grad. Die breiten Mutterbänder, hauptsächlich das linke 
schnürten den Gebärmutterhals und die Vagina stark zu; zwischen 
ihren beiden Blättern befand sich hämorrhagisch fibrinöses Ex¬ 
sudat. Die eingeschnürten Stellen waren hämorrhagisch infiltrirt; 
das Chorion war von der Placenta materna gänzlich gelöst. Bei 
einer anderen Kuh fand sich neben den Symptomen einer halben 
Drehung eine Menge von Blutgerinnsel in der Scheide. Durch 
Wälzen gelang die Beseitigung der Torsion. Aber nachdem 
die Knh aufgestanden war, kam nach jedem Drücken eine grosse 
Menge Blut aus der Scheide zum Vorschein, sodass eine Ver¬ 
blutung befürchtet wurde. Trotzdem kalbte die Kuh normal 
nach einigen Stunden und wurde gesund. Wenn, sagt T., eine 
Torsion um 360 Gr., durch die Section bewiesen, in der letzten 
Zeit der Trächtigkeit entstehen kann, warum sollen nicht erst 
recht Halbe- und Vierteldrehungen entstehen können, die übrigens 
die einzigen sind, welche man mit Erfolg behandeln kann. 


alle diese Punkte eine grössere Klarheit geschaffen ist, darf 
von einer zielbewussten Behandlung kaum gesprochen werden. 
Selbstheilung kann unzweifelhaft erfolgen. Der Erfolg der 
Wälzung hängt, wie Ehrhardt richtig bemerkt, von einem 
glücklichen Zufall ab. Seit 1890 wird die gänzliche Zurück¬ 
drehung von vielen Thierärzten am stehenden Thier ausgeführt. 
Das Thier wird dazu tief gestellt. Bei rechtsseitiger Wendung 
wird mit dem linken Arm eingegangen, der Kopf wird erfasst 
und nach links abwärts gedrückt. Dank der Reflexbewegung 
des Fötus gelingt die Zurückwendung meist, bei totem Fötus 
ist sie schwieriger. Dieses Verfahren ist von Ehrhardt an¬ 
gegeben, der es für seine Theorie verwenden will. 

. Matratzenstren. 

Von Unterrossarzt Wein hold. 

^ \ (Ztachr. f. Vet. 1899.) 

Bei der gewöhnlichen Matratzenstreu erfolgt die Bildung 
einer festen, bleibenden Unterlage erst nach sehr langem Ein¬ 
streuen. Die sogenannte hannoversche Matratzenstreu dagegen 
schafft sofort künstlich eine Matratze, welche genügende Festig¬ 
keit, Aufsaugefähigkeit und Wärme besitzt. Sie wird am besten 
während der Herbstübung hergestellt; doch müssen die Vor¬ 
bereitungen schon im Sommer getroffen werden. Dazu gehört 
die Herstellung von Befestigungsbrettern, Geflechten und Stroh¬ 
bündeln. Nothwendig für die Anlage sind auch feste Stand¬ 
säulen. Es handelt sich um 20 cm breite, 2$ cm starke Kiefern¬ 
bretter, die für jeden Stand genau abgepasst werden müssen, 
ohne dass sie zwischen den Standsäulen zu sehr zusammen¬ 
gepresst werden (biegen und splittern). Der feste Schluss kann 
durch Eintreibung von Holzkeilen zwischen Säule und Brett 
bewirkt werden. Dann wird aus gutem angefeuchteten Richtstroh 
ein dreizeiliges Geflecht von 3ft bis 4 cm Breite und 1J£ bis 2 cm 
Dicke hergestellt. Es müssen dabei recht oft dünne Stränge 
eingelegt und deren überstellende Enden mit eingeflochten werden, 
weil hierdurch das Strohseil eine gleichmässige Stärke erhält. 
Besonders fest wird es auch, wenn beim Flechten jede Strähne 
kurz zusammengedreht wird. Dann werden die Bretter mit dem 
Strohseile (deren Breitseite auf das Brett) Lage neben Lage 
fest umwunden und Anfang und Ende mit Drahtstiften fest¬ 


Uebrigens lässt sich der Grad der Torsion klinisch nicht mit 
Gewissheit feststellen. In dieser Beziehung bestehen gewisse 
irrthümliche Auffassungen. So will Spencer zwei Fälle von 
doppelter totaler Torsion beobachtet haben. Es scheint aber, 
dass die englischen Thierärzte eine Torsion um 180 Gr. eine 
totale nennen. 

Da die Torsion ein zielbewusstes rechtzeitiges Eingreifen 
verlangt, so wäre eine in den wichtigsten Punkten überein¬ 
stimmende Ansicht über die Symptome sehr erwünscht. Links¬ 
läufig angeordnete spiralige Falten deuten nach Franck und 
Harms auf eine Drehung nach links, nach Ehrhardt auf eine 
Wendung nach rechts. Die Zusammenschnürung wird nach 
Franck nicht durch die Drehung, sondern durch die Mutterbänder 
bewirkt, und zwar ist bei rechtsseitiger Torsion das rechte und 
umgekehrt das linke zuerst angespannt. Nach Ehrhardt da¬ 
gegen schnürt bei einer Wendung nach rechts das linke Liga¬ 
ment etc. Nach Mayer pulsirt bei rechtsseitiger Drehung die 
rechte, bei linksseitiger die linke Uterusarterie. Nach Ehr¬ 
hardt wird bei der Wendung nach rechts die im linken Liga¬ 
ment verlaufende Arterie comprimirt, erst bei Drei Viertel- 
Wendung auch die rechte. Daher könne man, meint Ehrhardt, 
aus der Pulsation keine Schlüsse ziehen. So lange nicht über 


genagelt. Hin und wieder wird auch in der Mitte ein Drahtstift 
eingeschlagen. Dann werden Strohbündel von der Dicke eines 
starken Männerschenkels aus recht langem Richtstroh hergestellt. 
35 bis 40 cm hinter dem Wurzelende der Halme muss jedes 
Bündel mit einem nassen, nicht zu schwachen Strohseil möglichst 
fest zusammengebunden werden. Ueberhaupt ist Festigkeit der 
ganzen Bündel von besonderer Bedeutung. Die Bündel werden 
entweder halmlang oder sie werden durch Zwischeneinlagen auf 
Standlänge gebracht, wobei natürlich das Bündel mehrfach 
umwunden werden muss. Letzteres ist haltbarer, ersteres billiger. 
Dann werden in der Häcksellade die Bündel an den Enden glatt 
geschnitten. Nun wird die alte Matratze, wo solche vorhanden, 
in der hinteren Hälfte von vorn nach hinten schräg abgestochen, 
nach vorn geworfen und festgestampft, die hintere Standhälfte 
dagegen mit einer 6 bis 10 cm hohen (bei Stuten höher als bej 
Wallachen) Kiesschicht, die mit Sägespähnen und Torfabfall ver¬ 
mischt ist, ausgefüllt, darüber eine Schicht Krummstroh oder, 
Strohabfälle, sodann die Bündel, eins dicht neben das andere 
die Wurzelenden nach der Stallgasse, eingepasst und mit der 
Schnur ausgerichtet. So werden zwei auch drei Schichten über 
einander gelegt. Die Befestigung der Bündel endlich geschieht 
dadurch, dass die Befestigungsbretter zwischen den Standsäulen 


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Berliner thierärztliche Wochenschrift. 


Ko. 19. 


querüber gelegt und befestigt werden. (Sind die Standsäulen 
rund, so müssen die Bretter an ihren Enden entsprechende 
Ausschnitte erhalten.) Dazu müssen drei oder vier Leute auf 
das Brett treten. Dann werden auf beiden Seiten noch Holz¬ 
keile eingetrieben und die Bündel mit der Zaunscheere nochmals 
glatt geschnitten. Die Bündel müssen hinten 20 cm über dem 
Brettrand hervorragen und sich nach der Krippe zu allmählich 
in dem darüber gestreuten Krummstroh verlieren. Die erste 
Anlage dieser Streu ist allerdings mühevoll und kostspielig. 
Auch muss dieselbe besser gepflegt werden; hervorgedrückte 
Bündel müssen wieder in die Richtung geklopft, die Befestigungs¬ 
bretter hin und wieder abgekehrt, die Kothballen besonders sorg¬ 
fältig weggenommen werden. Es werden aber durch diese Streu 
erhebliche Quantitäten Stroh, bis zu 1 kg pro Tag und Pferd, 
gespart, und dieses Quantum kann in Hafer und Heu uragereclinet 
werden. Die Pferde haben ausserdem ein weiches, warmes und 
trockenes Lager, legen sich öfter, ruhen besser aus und fressen 
nicht so viel im Stroh, da sie zu den Bündeln nur sehr schwer 
gelangen können, sodass die Zahl der Kolikfälle zurückgehen 
soll. Die Stallluft wird ausserdem durch diese Streu ganz 
ausserordentlich verbessert, und endlich ist das Bild, welches 
ein solcher Stall gewährt, ein äusserst sauberes. Die Streu 
wird zweckmässig zweimal im Jahre hergestellt, zu Anfang und 
zu Ende des Winters. Bei der neuen Anlage können die auf¬ 
geschnittenen Bündel, soweit sie nicht durchtränkt sind, sehr 
wohl zur Unterlage Verwendung finden. 

Ruptur der Vena cava post 

Von F. C. Robertson M. R. C. V. S., Hadleigh. 

(Vet Record 1898, H. 500 ) 

Ein 18 Jahre altes Droschkenpferd (Cob-Wallach) collidirte 
bei Nacht mit einem andern Pferd, welches dem erstem auf der 
Straase entgegenkam. Beide Pferde fielen beim Zusammenstoss 
nieder, hatten aber äusserlich nur leichte Abschürfungen an den 
Vorderbeinen davongetragen. Der fragliche Wallach bekundete 
jedoch gleich nach dem Aufstehen ein Verhalten, welches darauf 
schliessen Hess, dass ausserdem eine innere Verletzung entstanden 
sein musste. R. stellte bei der Untersuchung des Pferdes im 
Stalle folgende Erscheinungen fest: Gliedmassen ganz kalt, 
sichtbare Schleimhäute blass, T 104° F., Athmung beschleunigt 
und angestrengt. Der Herzschlag war sehr schnell und konnte 
in einiger Entfernung gehört werden. Der Gesichtsausdruck 
verrieth Angst. Wurde das Pferd frei gelassen, so warf es sich 
nieder und wälzte sich wie bei Kolikerkrankung. Das Hanl war 
kalt und die Unterlippe hing herab. 10 Minuten vor dem Tode 
traten Brecherscheinungen ein. 

Bei der Section wurde festgestellt, dass die ganze Bauch* 
höhle mit Blut angefüllt war; das Herz war dagegen leer, die 
Hohlvene nahe an der Leber gerissen. 

Das Pferd lebte fast zwei Stunden nach dem Eintritt der 
Verletzung. 

Congenitale Zwerchfellhernie beim Schwein. 

Von Biot, Pont snr Yonne. 

(Recaeil, Juli 1R99.) 

Von nenn etwa sechs Wochen alten Ferkeln verendeten vier 
plötzlich ohne vorherige Erkrankung nach einer reichlichen 
Fütterung. Bei der Section fand B. das Zwerchfell in seinem 
linken oberen Theil durchbohrt; durch die Oeffnung konnte der 
Zeigefinger bequem eingeführt werden. An der Brusthöhle war 
die rechte Lunge atrophisch, die linke ist an die Rippenwand 
gedrückt und durch den stark gefüllten Magen comprimirt; in 
die Brusthöhle waren Pancreas, Leber und Duodenum einge¬ 


drungen und nahmen die fremden Organe etwa vier Fünftel 
des Brustraumes in Anspruch. B. erklärt den raschen Tod 
durch die FüUe des Magens der eine Asphyxie durch die Com- 
pression der linken Lunge verursacht hat. 

Eierstockcyste bei einer Stute. 

Von Colin-Paris. 

(Recuetl, Aug. 1899.) 

Eine stets rossige, in den letzten sechs Monaten nahezu 
unnahbar gewordene Stute ging an Kolik ein. Bei der Section 
war der rechte Eierstock hühnereigross, der linke dagegen 
30 Centimeter lang, 22 breit. Die äussere Oberfläche von vorn 
nach hinten mass 70 Centimeter, in der Quere 60 Centimeter. 
Der Eierstock wog 5530 Gramm. 

Zar Morphologie des Rotzbacillas. 

Von Dr. Hugo Marx. 

(Centralbl. f Bacterlol. u. Parultenk. 18. 3. 1899.) 

Schon von dem Entdecker des Rotzbacillus Löffler wurden 
Lücken in den Bacterien beobachtet, welche zu den verschieden¬ 
sten Deutungen Veranlassung gaben. So haben Baumgarten 
und Weichselbaum dieselben als Sporen angesprochen, 
Löffler bat in ihnen Involutionsformen vermuthet. Kranzfeld 
und Semmer haben eigenartige kolbige Formen beobachtet, 
auch Fäden, dem Milzbrand ähnlich, in Kartoffelculturen gefunden. 
Als geeignetster Nährboden für den Rotzerreger ist der s&nre 
Kartoffelnährboden zu betrachten, hierauf producirt er einen 
braunen Farbstoff, auf Agar einen strohgelben, in saurer Bouillon 
einen orangegelben und auf sauren Mohrrüben einen weissen 
Belag. Levy hat in älteren Culturen Verzweigungen des Rotz¬ 
bacillus beobachtet; hierdnrch ergiebt sich eine gewisse Ueber- 
einstimmung mit dem Erreger der Diphtherie und der TubercnJoae, 
welche ihrerseits der Actinomycesgruppe nahestehen. M. hat mm 
die Frage untersucht, ob auch der Rotz als knötchenbildende 
Krankheit mit der Tnberculose und eventuell Pseudotuberculose, 
welche durch Actinomyceten erregt wird, in Parallele treten 
kann. S. hat den Rotzbacillus anaerob bei 22 Grad im 
Gelatinesticb gezüchtet und gefunden, dass er gut fortkommt. 
Der beste Nährboden bleibt aber die KartoffeL — In mehrere 
Tage alten Culturen wurden stets Formen mit kolbigen An¬ 
schwellungen beobachtet, dann worden Verzweigungen, Knos¬ 
pungen gesehen, besonders in vier Wochen alten Kartoffel- und 
Mohrrübenculturen. Zuweilen Hess sich an den langen Fäden 
die Zusammensetzung aus vielen einzelnen Stäbchen erkennen. 
Es handelte sich um die Frage, ob diese Aestelungen den 
echten oder streptothrixartigen oder den cladothrixartigen oder 
falschen Verzweigungen zuzurechnen sind. Verf. rechnet sie zq 
den Streptothrixverzweigungen und kommt zu dem Schluss, dass 
der Rotz wie der Tuberkelbacillus in naher Verwandtschaft 
stehen zu der von Kruse als Streptothricheen oder auch als 
Actinomyceten zusammengefassten Bacteriengruppen. J. 

Die Hyphomycetennatnr des Rotzbacillas. 

Von Dr. H. Conradl, (Zeitschrift für Hygiene und Infectlonskrmkheiten. XXXUl. ÜA. 

II. Heft.) 

Die durch E. Levy gemachte Beobachtung, dass die Rotz¬ 
bacillen in Culturen typische Verästelungen zeigen, veranlaasten 
den Verfasser zu näherem Nachforschen. Als Auagangsmaterial 
seiner Untersuchungen diente dem Forscher ein Rotzstamm, der 
seine Virulenz verloren hatte. Culturmengen bis zu 10 ccm. 
erzeugten selbst bei subcutaner und intraperitonealer Ein¬ 
verleibung keine Krankheitserscheinungen. Die Cultureigen- 
schäften dieses Rotzstammes zeigten keinerlei Abweichungen 
von der Norm. 


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10. Mai 190Ö. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


223 


Die Abhandlung beginnt mit Beschreibnng jener Wuchs¬ 
formen, die hinter den wohlbekannten Typen sehr zurückstehen, 
aber vermöge ihrer morphologischen Eigenart auf seine Stellung 
im botanischen System einiges I^cht werfen. In den Präparaten 
erblickt man ein dichtes, wirres Geflecht langer Fäden, die sich 
regellos durcheinander schlingen und bald schnurgerade, bald 
vielfach gewunden nach allen Seiten das Gesichtsfeld durch¬ 
kreuzen. Innerhalb dieser hyphenartig verfilzten Netze mit 
ihren zierlichen Rankenanastomosen liegen isolirte kleinere Fäden 
bunt durcheinander; dieselben erreichen eine Grösse bis 150 /t 
bei einer Breite von 1,5 /». Der von Semmer gemachten Be¬ 
obachtung, dass der Rotzbacillus ein milzbrandähnliches Wachs¬ 
thum zeigt, stimmt Conradi bei. Auf Grund seiner Unter¬ 
suchungen stellt Conradi folgenden Entwickelungsgang auf: 
Anfangs ist der Faden mit structurlosem Plasma begabt, dem 
fast jedes Lichtbrechungsvermögen abzusprechen ist. Erst im 
Laufe seines Längenwachsthums werden Differenzirungen deutlich, 
es werden Partien sichtbar, die durch grössere Helligkeit 
gekennzeichnet sind. Zu gleicher Zeit stellt sich eine erhöhte 
Empfindlichkeit gegenüber Anilinfarben in den Fadenfragmenten 
ein, welche durch die Vacuolen getrennt sind. Die Bildung von 
Lücken wird durch constantes, normales Wachsthum bedingt. 
Eine Auskeimung der in Rede stehenden Gebilde konnte trotz 
wochenlanger Versuche am erwärmten Objecttisch nicht bemerkt 
werden; demnach dürfte die vielumstrittene Sporenfrage der 
Rotzstäbchen bis auf weiteres erledigt sein. Die Bildung der 
Verzweigungsformen erklärt Verfasser auf dem Wege der 
Evolution. Er ist der Meinung, dass es sich um eine typische, 
monopodiale Astbildung der höheren Pilze mit der Entstehung 
eines Mycels, oder aber um eine Scheinverzweigung nach Art 
der Cladothrix, oder endlich um eine rein zufällige Anlagerung 
mehrerer Individuen handele. Die Entwickelung beginnt meist 
am 2. Tage im letzten Drittel des Fadens mit einem scharf 
begrenzten, kleinen, rundlichen Buckel, der ein starkes Licht¬ 
brechungsvermögen besitzt. Die Vorbuchtnng wächst allmählich 
in die Länge; in weiteren 24 Stunden ist der Vorsprung zu 
einem dünnen Aestchen heran gebildet, welcher zu dem Stamm 
eine genau senkrechte Haltung einnimmt. Der Mutterfaden 
hat sich inzwischen um ein Geringes in die Länge gestreckt, 
während sein Dickenwachsthum völlig sistirt. Am Nebenast 
sieht man wiederum zarte Nebensprossen. Die Seitenäste eines 
Stammes weisen unter sich durchgreifende Unterschiede auf, 
sowohl im Hinblick auf ihre Gestalt und Grösse, wie ihre Breite 
und Färbung. 

Ausser diesen Verzweigungen fand Autor eine seltsame 
Wuchsform des Rotzbacillus, die Keulenbildung, bei welcher 
der Stamm einzelne schlanke Seitenäste trägt, während seinem 
Scheitel eine zierliche Keulenkrone aufsitzt. Diese Gebilde 
herrschen in Culturen von 1 — 2 tägigem Wachstum vor und 
besitzen eine Aehnlichkeit mit den Keulenbildungen der Diphtherie- 
bacülen, auf die Babös und Meyerhof hingewiesen haben. Die 
Länge schwankt zwischen 8—15 //, in ihrer Dicke jedoch bestehen 
weitergehende Unterschiede, zuweilen eine Breite von 1,5 /<. 
Die in dialyblen Schilfsäcken innerhalb der Bauchhöhle von 
Versuchsthieren gezogenen Rotzbacterien zeigten nach 2 Tagen 
die typischen Stäbchenformen von 2—3/' Länge und 0,1—0,3 
Breite. In geringerer Menge konnten schon nach 24 Stunden 
zierliche Keulenformen nachgewiesen werden. Dieselben traten 
bald in Birnen- und Torpedogestalt, bald in Flaschen- und Doppel¬ 
hantelgestalt auf. Das Grössenverhältniss dieser Gebilde schwankte 


nach 4tägigem Wachstum im Tierkörper zwischen 4—5 /< Länge, 
während die Dicke nicht 0,5 fi überschritt. Auf Grund des 
frühzeitigen Auftretens der Keulen im Tierkörper nimmt Autor 
an, dass die Keulen einer Evolution und nicht einer Involution 
ihren Ursprung verdanken. Fadenformen und Verzweigungen 
konnten in diesen Schilfsäcken nicht festgestellt werden; was 
auch Lubarsch und Galli-Valerio bestätigen. Es soll demnach 
der Rotzbacillus im Thierkörper eine Einschränkung hinsichtlich 
seiner Formen erfahren und soll einige Entwickelungsstufen 
überspringen. Verfasser kommt zu folgendem Schluss: 

„Die traditionelle Klassification des Rotzbacillns ist ohne 
Weiteres fallen zu lassen, da bewiesen ist, dass der normale 
Entwickelungsgang zu der typischen, monopodialen Astbildung 
führt imd folglich eine Scheinverzweigung nach Art der Cladothrix 
ausznschliessen ist. Der Rotzbacillus ist der Actinomyces-Gruppe 
einzuverleiben.“ 

Die Keulenform bezeichnet Autor als langlebige Form, welche 
unter gewissen Umständen für die Erhaltung der Art eintreten 
sollen. Conradi fordert schon jetzt eine Stelle im Hyphomyceten- 
system für den Rotzbacillus. J. 

Tagesgeschichte. 

Zum Abiturientenexamen. 

Die Erklärung des Regierungscommissars zu der am 2. Mai 
d. J. in der Petitionscommission des Reichstags verhandelten 
Petition des Deutschen Veterinärraths zu Berlin wegen Ein¬ 
führung des Abiturientenexamens als Vorbedingung für die Zu¬ 
lassung zum thierärztlichen Studium (H No. 15 327) lautete: 

’ „Gegenüber der vorliegenden Petition kann zur Zeit nur 
auf die Erklärung verwiesen werden, welche der Herr Staats- 
secretär des Innern am 13. Januar ds. Js. im Plenum des 
Reichstages abgegeben hat. Danach sind die Erwägungen über 
die Frage der Einführung des Gymnasial-Reifezeugnisses als 
Vorbedingung des thierärztlichen Studiums noch nicht ab¬ 
geschlossen, vielmehr ist zunächst eine gutachtliche Aeusserung 
des Kaiserlichen Gesundheitsamts eingeholt worden, auf Grund 
deren in eine weitere Erörterung der Angelegenheit eingetreten 
werden wird.“ 

Das Referat über die Petition in der Commission erstattete 
bekanntlich Herr Professor Hoff mann. Noch mehrere Mit¬ 
glieder sprachen dafür, Niemand dagegen. Der Beschluss der 
Ueberweisung zur Berücksichtigung erfolgte, wie schon mit- 
getheilt, einstimmig. Im Plenum dürfte die Berathung der 
Petition kaum vor Pfingsten erfolgen. Der Bundesrath dürfte 
sehr bald mit der Frage befasst werden, da er voraussichtlich 
schon vor der Verhandlung im Plenum Stellung nehmen wird. 

Denn, wie mitgetheilt werden kann, ist das Gut¬ 
achten des Kaiserlichen Gesundheitsamts bereits er¬ 
stattet und ist günstig für uns ausgefallen (wie wir nicht 
anders erwartet haben). 

Veterinlrbeamte in OMterreioh. 

In No. 16 der B. T. W. wurden Mittheilungen gemacht 
über den österreichischen Gesetzentwurf betr. Reorganisation 
der Stellung der Staatsveterinäre. Diese Mittheilungen werden 
ergänzt durch eine im thierärztlichen Centralblatt aufgestellte 
Liste der Veterinärbeamten nach dem im Entwurf vorgesehenen 
Stand. Danach werden angestellt sein: Zwei Veterinär - Refe* 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19. 


m 

renten im Ministerium des Innern und 14 Landesthierärzte in 
gleichem Range; zwei Veterinär-Inspectoren im Ministerinm und 
sieben bei den Regierungen; 365 Bezirksthierärzte, von denen 
147 erster und 218 zweiter Klasse, ausserdem vier Bezirksthier¬ 
ärzte im Ministerium; endlich 24 Veterinärassistenten. 

Die Zahl der Bezirksthierärzte beträgt in Böhmen 95, 
Galizien 79, Mähren 34, Tirol-Vorarlberg 25, Niederösterreich 
24, Steiermark 21, Oberösterreich 13, Krain, Bukowina und 
Dalmatien je 12, dem Küstenland 11, Schlesien 9, Kärnten 8, 
Salzburg 6. Auf jedes der genannten Kronländer kommt ein 
Landesthierarzt, auf die ersten sechs und das Küstenland ausser¬ 
dem je ein Veterinärinspector. Die Veterinärinspectoren stehen 
um eine Rangstufe hinter den Landesthierärzten. Die Gehalts¬ 
bezüge sämmtlicher Veterinärbeamten belaufen sich nach dem 
Entwurf zusammen auf 1 193 500 österreichische Kronen. Die 
Vermehrung gegenüber dem jetzigen Stande beträgt über 300000 
Kronen, obwohl der Personalbestand sich nur um fünf Bezirks¬ 
thierärzte und 24 Assistenten erhöht. 

Gerichtsvollzieher. 

In einem uns übersandten Zeitungsausschnitt klagt ein 
Herr v. B. über den Schaden, den die Maul- und Klauenseuche 
verursacht, und über die Wirkungslosigkeit der gegenwärtigen 
Bekämpfung, welche für den Kreisthierarzt das beste Geschäft 
sei,*) indem derselbe hohe (?! ?) Diäten und Reisegelder erhielte, 
anstatt vom Staate ausreichend dotirt und für die Seuchenreinheit 
ihres Bezirkes prämiirt zu werden. Zum Vergleich werden die 
Gerichtsvollzieher herangezogen, welche in einer ähnlichen miss¬ 
lichen Lage seien. 

Der Vergleich mit der Besoldung der Gerichtsvollzieher ist 
auch in thierärztlichen Kreisen aufgetaucht, als der Vorschlag 
gemacht wurde, einen Theil der Einnahmen aus Reisekosten und 
Tagegeldern pensionfähig zu machen. 

Es hat daher ein gewisses mittelbares Interesse, dass die 
Besoldung der Gerichtsvollzieher seit dem 1. April d. J. eine 
ganz andere geworden ist. Sämmtliche Gebühren für Partei¬ 
sachen fliessen jetzt in die Staatskasse. Dagegen erhalten die 
Gerichtsvollzieher (als Subalternbeamte H. Classe) ein festes 
Gehalt in 2 Classen von 1400—1800 Mark und 1500—2700 Mark. 
Bei jedem Amtsgericht besteht mindestens eine Gerichtsvollzieher- 


*) Dass auch in thierärztlichen Kreisen, ohne Rücksicht anf 
das „Geschäft“, pessimistische Ansichten über die Zweckmässigkeit 
der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche Raum finden, zeigt 
der Artikel von Buhl- Frankenthal in No. 17 und 18 der B. T. W. 
Demgegenüber ist aber auf den Verlauf der neulichen Behandlung 
dieser Frage im Reichstage hinzuweisen, welche ergab, dass die 
Landwirthe selber durchaus mit dem Princip der gesetzlichen Be¬ 
stimmungen einverstanden sind, dass also der negative Standpunkt 
selbst auf dieser Seite nur vereinzelte Anhänger findet. 


stelle; 1447 gehören in die erste, 632 in die zweite Classe. 
Ausser diesem festen und pensionsfähigen Gehalt beziehen die 
Gerichtsvollzieher als nicht pensionsfähige Dienstaufwands¬ 
entschädigung 24 pCt. der Gebühren in Parteisachen, wovon 
nach allgemeiner Schätzung etwa 10 pCt. als Reineinnahme ver¬ 
bleiben. Bezüglich des Wohnungsgeldzuschusses und der Hinter¬ 
bliebenenversorgung stehen die Gerichtsvollzieher den übrigen 
Beamten gleichen Ranges gleich. Diejenigen, welche bisher 
höhere Einnahmen hatten, behalten dieselben bis zu höchstens 
4500 Mark noch fünf jahre. Diese Neuregelung entzieht also 
dem früher zutreffenden Vergleich den Boden. 

Verein practischer Thierlrzte zu Berlin. 

Sitzung am Sonnabend, den 12. Mai 1900, Abends 8Uhr, 
im Rathskeller. 

Tagesordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten: 

a) Statutenberathung. 

b) Aufnahme neuer Mitglieder. 

c) Antrag auf event. Beitritt zum Flottenverein. 

II. Vorträge: 

a) Prof. Udrisky-Bukarest: Die Kronengelenksschale 
der Pferde mit Demonstrationen. 

b) Assistent Gutzeit: Pathologisch-anatomische Be¬ 
funde bei der Kolik der Pferde. 

c) Polizeithierarzt Franke: Eine neue Injectionsspritze. 

d) Professor Dr. Eberlein: Die Distancefahrt Berlin- 
Totis. 

m. Mittheilungen aus der Praxis. 

Der Vorstand 

Verein der Schlachthofthierärzte der Rheinprovinz. 

XVI. Versammlung 

am 24. Mai 1900, Mittags 12 Uhr zu Bonn im Hotel „Rheineck“ 
Tagesordnung: 

1. Geschäftliche Mittheilungen. Erstattung des Berichtes über 
die letzte Versammlung. 

2. Ueber die Untersuchung von Würsten, Referent: Stier- 
Wesel. 

3. Ueber Erfahrungen im Kühlhausbetrieb, Referent: Ingenieur 
Musmacher-Köln. 

4. Mittheilungen aus der Praxis. 

5. Tag und Ort der nächsten Versammlung. 

6. Verschiedenes. 

(Die Damen der Herren Vereinsmitglieder werden ergebenst um 
recht zahlreiche Beteiligung gebeten und höflichst ersucht, sich vor 
der Sitzung im Vereinslokale einzufinden. Nach der Sitzung ge¬ 
meinschaftliches Mittagsmahl (Gedeck 2,50 M.). Darauf gemein¬ 
samer Spaziergang.) 

Der Vorstand: T. A. Goltz, I. Schriftführer. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 


(Mittheilungen für 

Fleischscliau und Viehverkehr. 

Das Compromis« für Zustandebringung des Fleischschaugesetzes. 

Der § 14a des Fleischbeschaugesetzes soll nach dem 
Compromiss zwischen den Mehrheitsparteien des Reichstages und 
der Regierung folgende neue Fassung haben: 


Veterinärbeamte.) 

§ 14a. Die Einfuhr von Fleisch in luftdicht verschlos¬ 
senen Büchsen oder ähnlichen Gefässen, von Würsten 
und sonstigen Gemengen aus zerkleinertem Fleisch in 
das Zollinland ist verboten. 

Im Uebrigen gelten für die Einfuhr von Fleisch in das 
Zollinland bis zum 31. Dezember 1903 folgende Bestimmungen: 


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10 Mai 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


225 


1. Frisches Fleisch darf in das Zollinland nur in 
ganzen Thierkörpern, die bei Rindern ausschliesslich der 
Kälber und bei Schweinen in Hälften zerlegt sein können, 
eingeführt werden. Mit den Thierkörpern müssen Brust- und 
Bauchfell, Lunge, Herz, Nieren, bei Kühen auch das 
Euter in natürlichem Zusammenhang verbunden sein. Der 
Bundesrath ist ermächtigt, diese Vorschrift auf weitere Organe 
auszudehnen. 

2. ZubereiteteB Fleisch darf nur eingeführt werden, 
wenn nach Art seiner Gewinnung und Zubereitung Gefahren 
für die menschliche Gesundheit erfahrungsgemäss aus¬ 
geschlossen sind, oder die Unschädlichkeit für die mensch¬ 
liche Gesundheit in zuverlässiger Weise bei derEinfuhr sich 
feststellen lässt. Diese Feststellung gilt als unausführbar, 
insbesondere bei Sendungen von Pökelfleisch, sofern das 
Gewicht einiger Stücke weniger als vier Kilogramm beträgt, 
auf Schinken, Speck und Därme findet diese Vorschrift keine 
Anwendung. 

Fleisch, welches zwar einer Behandlung zum Zwecke 
seiner Haltbarmachung unterzogen worden ist, aber die Eigen¬ 
schaft frischen Fleisches im Wesentlichen behalten 
hat, oder durch entsprechende Behandlung wiedergewinnen kann, 
ist als zubereitetes Fleisch nicht anzusehen; Fleisch 
solcher Art unterliegt den Bestimmungen in Ziffer 1. 

Für die Zeit nach dem 31. Dezember 1903 sind die Be¬ 
dingungen für die Einfuhr von Fleisch gesetzlich von Neuem 
zu regeln. Sollte eine Neuregelung bis zu dem bezeichneten 
Zeitpunkte nicht zu Stande kommen, so bleiben die in Absatz 2 
festgesetzten Einfuhrbedingungen bis auf Weiteres mass¬ 
gebend. 


Die Schwierigkeit liegt bekanntlich bei Pos. 2, das zu¬ 
bereitete Fleisch betreffend. Dies merkt man der Fassung auch 
an, welche kaum ganz glücklich genannt werden kann. Die 
drei wesentlichen Punkte der Pos. 2 sind folgende: 1. Zu¬ 
bereitetes Fleisch soll eingeführt werden, wenn durch die Zu¬ 
bereitung erfahrungsgemäss Gefahren für die Gesundheit aus¬ 
geschlossen sind; 2. Zubereitetes Fleisch soll eingeführt werden, 
wenn die Unschädlichkeit sich zuverlässig bei der Einfuhr fest¬ 
stellen lässt; 3. Fleisch gilt nicht als zubereitet, wenn es wesent¬ 
liche Eigenschaften frischen Fleisches behalten hat oder wieder¬ 
erhalten kann. 

Der dritte Punkt ist bestimmt, dem Missbrauch des 
Begriffes „Zubereitetes Fleisch“ vorzubeugen, was auch in 
voriger Nummer der B. T. W. als nothwendig bezeichnet war*). 
Der aufgestellte Grundsatz ist auch unzweifelhaft richtig; seine 
Anwendung aber bleibt weiterer Regelung bedürftig. 

Der Punkt 1 ist unanfechtbar; der Punkt 2 muss Wider¬ 
spruch erfahren. Denn an zubereitetem Fleisch, speciell also 
an Pökelfleisch, ist bei derEinfuhr niemals die Unschädlichkeit 
zuverlässig festzustellen, gleichgültig, ob die Stücke nun 4 kg 
schwer sind oder nicht. Dieser Punkt beruht also auf einer 
falschen Voraussetzung und erscheint daher unhaltbar. 


•) Es hat Bich in diesem Artikel der B. T. W. No. 18, pg. 210, 
rechte Spalte, dritte Zeile von unten ein sinnverkehrender Druck¬ 
fehler eingeschlichen. Es soll dort heissen; nur an den Eingeweiden 
(zu erkennen), die in toto nicht mit importirt werden können. Im 
Satz steht fälschlich auch statt nicht 


Man sollte daher auf diesen Satz verzichten und könnte dies 
auch, wenn es sich im wesentlichen um die Einfuhr von Pökel¬ 
fleisch handelt. Es wäre dann dasselbe zu erreichen unter 
Zusammenziehung von Punkt 1 und 3 mit etwa folgender 
Fassung: „Zubereitetes Fleisch darf nur eingeführt werden, 
wenn nach Art seiner Zubereitung Gefahren für die Gesundheit 
ausgeschlossen sind. Als solches Fleisch gilt bis auf Weiteres 
Fleisch, welches vollständig gepökelt ist“ (wie es gepökelt 
sein muss, wäre genau festzusetzen). 

Dieser Satz lässt sich wenigstens technisch vertreten, da 
in der That Fleisch grade bei gewissen häufigen Krankheiten 
durch Pökelung einwandsfrei gemacht wird, wenn nur eben 
bestimmte Bedingungen betr. Art und Grad des Pökelns erfüllt 
werden. Dass für die Fleischstücke eine bestimmte Minimal¬ 
grösse festgesetzt wird, bliebe übrigens auch dann zur Be- 
urtheilung der Qualität erforderlich. S. 

Jahresbericht des Berliner Schlacht* und Viehhofes für das Jahr 1898/99. 

Im Ordinarium betrug die Einnahme 4 646 000 M. (wo¬ 
runter für Fleischschau am Schlachthof 724 000 und für aus¬ 
wärtiges Fleisch 305 000 M.), die Ausgabe 3 618 167 M. (incl. 
Zinsen und Amortisation). Als Uebersclmss wurden an die 
Stadt-Hauptkasse abgefuhrt vom Viehmarkt 521694 M. und 
vom Schlachthof 320155 M., zusammen 841849 M. Da von 
den Kosten der Gesammtanlage (fast 19 Millionen) noch 
15,2 Millionen zu verzinsen sind, so hat sich mithin dieses 
Kapital mit 5 % pCt. verzinst. Von den Fleischschau-Gebühren 
bleiben gegenüber den Ausgaben für die damit beschäftigten 
Beamten und Arbeiter 315 000 M. Ueberschuss. 

Die Schlachthaus- und Fleischschaugebühren zusammen be¬ 
trugen bei Rindern 200, bei Fressern 140, bei Schweinen 180, 
bei Kälbern 70, bei Schafen 40 Pfennige für das Stück. 

Der höchste Marktpreis war durchschnittlich für 100 Pfd. 
Schlachtgewicht bei Rindern 64 M., bei Kälbern 71,5 M., bei 
Schafen 57 M., bei Schweinen für 100 Pfd. lebend mit 20 pCt. 
Tara 56,28 M. Gegen das Vorjahr bedeuten diese Preise 
gegenüber denen des Vorjahres bei Rindern — 0,23 M., bei 
Kälbern + 1,34 M., bei Schafen -+• 2,85 M., bei Schweinen 
— 0,78 M. 

Das Wiegeregister ergab ein durchschnittliches Lebend¬ 
gewicht von 618 kg für Rinder, 102 kg für Schweine, 104 kg 
für Kälber und 41‘/a kg für Schafe, doch wird in der Regel 
nur die bessere für den Export bestimmte Waare gewogen. 
Als Schlachtgewicht werden gerechnet bei Rindern 45—63 pCt., 
bei Schweinen 77—82 pCt., bei Kälbern 50—62 pCt., bei 
Schafen 45—58 pCt. des Lebendgewichts. 

Der Auftrieb auf dem Viehhofe betrug: Rinder 223 072, 
Schweine 826 902, Kälber 175 126, Schafe 561 134. Das sind 
mehr als in einem der fünf Vorjahre bei Rindern und Kälbern, 
dagegen weniger Schweine als in den letzten zwei, und weniger 
Schafe als in allen fünf Vorjahren. 

Von den Rindern waren 42 pCt. Ochsen, 28 pCt. Bullen 
und etwa ebensoviel Kühe. Bezeichnend ist, dass von den 
1 786 171 zu Markt gebrachten Thiere nur 9988 ohne Com- 
missionär verkauft wurden. Der Gesammtwerth des Viehs 
beträgt 148 Millionen, wobei das Rind mit 250 M., Schwein mit 
82 M., Kalb mit 63 M. und Schaf mit 21 M. Durchschnittswert!! 
angesetzt ist. Von dem Auftrieb sind lebend nach anderen 
Orten ausgeführt worden rund 69 000 Rinder, 25 000 Kälber, 
172 000 Schweine, 153 000 Schafe, 


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226 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19. 


In Berlin auf dem Schlachthof geschlachtet wurden 153 675 
Rinder, 659 553 Schweine, 150 202 Kälber und 469 302 Schafe, 
zusammen 1 372 732 Thiere. Die Schlachtungen vertheilen sich 
auf 283 Engros-Schlächter, 47 Lohnschlächter und 38 Laden- 
schlächter; von 16 Schächtern wurden 9820 Rinder und 13 980 
Kälber und Schafe geschachtet. 

Von auswärts geschlachtet eingeführt wurden 58 609 Rinder, 
128 749 Schweine, 137 491 Kälber und 30 886 Schafe, d. h. von 
den überhaupt in Berlin consumirten Thieren 27 bezw. 16 bezw. 
48 bezw. 7 pCt. Von den Kälbern wurden also fast die Hälfte 
geschlachtet von auswärts eingeführt. 

Der Fleischverbrauch von Berlin berechnet sich nach dem 
in den Schlachthäusern geschlachteten und geschlachtet von 
auswärts eingeführten Vieh, abzüglich der verworfenen Stücke, 
wie folgt: 

Rinder sind geschlachtet 153 675 zu 235 kg 
Fleischgewicht durchschnittlich, sowie 
geschlachtet eingeführte 58609 zu je 180 kg 
durchschnittlich, zusammen = 46 416 435 kg 

Schweine 659 553 zu 80 -f 128 749 zu 64 — 60 907 536 „ 

Kälber 150 202 zu 50 -f 137 491 zu 30 = 11610 580 „ 

Schafe 409 302 zu 20 -f 30 886 zu 19 = 8 772 874 „ 

Zusammen = 127 707 425 kg 1 

Dazu kommen: 6 pCt. des obigen Ge¬ 
wichts als sogen. Kram (Lungen, Lebern, 

Füsse etc. = 6 252 378 kg 

Rossfleisch von 9824 Pferden = 2 210 400 „ 

Fleisch in Postpacketen, in Tonnen, Con- 
serven etc. = 8 500 000 „ 

Dies ergiebt einen Fleischconsum von 144 670 203 kg, wo¬ 
von 32,8 pCt. Rindfleisch, 42 pCt. Schweinefleisch, 8 pCt. Kalb- 
und 6 pCt. Hammelfleisch. 

Natürlich giebt dies nur ein annäherndes Bild des Berliner 
Fleischconsums. Denn auf der einen Seite ist die enorme Menge 
von Wild, Geflügel und Fischen, die gerade Berlin consumirt, 
nicht zu berechnen. Andererseits participiren an obigen Fleisch¬ 
mengen in nicht zu berechnender Weise die Vororte und der 
schwankende, aber stets sehr grosse Fremdenverkehr. Endlich 
sind auch die Durchschnittsgewichte doch eben nur Schätzungen. 
Auf das Steigen und Fallen des Consums sowie überhaupt auf 
den Consum pro Kopf der sesshaften Bevölkerung kann aus 
jenen Zahlen kaum ein Schluss gezogen werden. (Exportirt 
wurden vom Schlachthof 1 320 000 kg Schweinefleisch, die oben 
nicht mit verrechnet sind). 

In den Schlachthäusern des städtischen Schlacht¬ 
hofes wurden geschlachtet: 153 437 Rinder, 150 174 Kälber, 
409166 Schafe und 659 551 Schweine, zusammen 1 373 328 
Thiere (excl. der im Polizeischlachthause geschlachteten Thiere), 
d. s. 22 000 mehr, als im Vorjahre. 

Davon wurden beanstandet an ganzen Thieren 7526, 
nämlich 2515 Rinder (1,6 pCt.), 539 Kälber (0,36), 93 Schafe 
(0,02) und 4379 Schweine (0,66 pCt.). 

Anlass zur Beanstandung gaben die Tubercnlose bei 
1625 Rindern, 87 Kälbern, 4 Schafen und 3025 Schweinen, zu¬ 
sammen bei 4 741 Thieren, d. s. 65 pCt. aller beanstandeten; 
Finnen bei 735 Rindern, 20 Kälbern und 399 Schweinen, zu¬ 
sammen bei 1154 Thieren, zusammen 15 pCt. der beanstandeten. 
Tubercnlose und Finnen [verursachen also 80 pCt. aller 
Beanstandungen überhaupt und 93 pCt. der Beanstandungen 
bei Rindern und 78 pCt. der Beanstandungen bei Schweinen. 

/ 


Fenier wurden beanstandet von Schweinen 85 wegen Trichinen 
233 wegen Blutungen im Fleisch, 73 wegen Kalkconcrementen. 
252 wegen Rothlaufs und 153 wegen Gelbsucht (wegen letzterer 
auch 15 Kälber und 14 Schafe). Wegen wässriger oder blutiger 
Beschaffenheit des Fleisches wurden im Ganzen 183 Thiere 
beanstandet etc. 

Ausser den oben aufgezählten totalen Beanstandungen sind 
theilweise beanstandet 205 Rinder, wovon 196 wegen localer 
Tubercnlose; die Menge des von diesen Thieren beanstandeten 
Fleisches beträgt 25 774 kg. Dazu kommen endlich 752 un- 
geborene Kälber und 215 154 beanstandete Organe. 

Die beanstandeten Theile sind vernichtet worden. Von den 
beanstandeten ganzen Thieren wurden dagegen gänzlich ver¬ 
nichtet 846 Rinder, 453 Kälber, 90 Schafe und 1154 Schweine. 
Die übrigen Thiere wurden sterilisirt bezw. gekocht, nämlich 
zusammen 1669 Rinder, 86 Kälber, 3 Schafe und 3225 Schweine. 
Sterilisirt (im Rohrbeck’sehen Apparat) wurden wegen Tuber- 
cnlose 953 Rinder, 63 Kälber, 3 Schafe nnd 2482 Schweine. 
Gekocht wurden (im Becker-Ullmann’schen Apparat) die 
finnigen Rinder n. a., im ganzen 716 Rinder, 23 Kälber. 
743 Schweine. 

Legt man die bei der Werthberechnung am Viehhofe 
(s. oben) angenommenen Dnrchschnittswerthe zu Grunde, so er¬ 
geben die Beanstandungen folgenden Schaden: 

I. Für ganz vernichtete Rinder 211500 M., 

Schweine 94824 M., Kälber 28539 M., Schafe 

1890 M. zusammen: 336 757 M. 

II. Für gekochte und sterilisirte Thiere, wobei der 
für den Besitzer gerettete Werth auf 10 pCt. 
des wirklichen Werthes geschätzt wird, Rinder 
376525 M., Schweine 238005 M., Kälber 

4897 M., Schafe 55 M. zusammen: 619462 M. 

III. 25774 kg Fleisch und 215154 Organe mit etwa 70000 M. 

zusammen: 700000 M. 
Hinsichtlich der Häufigkeit einzelner besonders wichtiger 
Krankheiten ergiebt der Bericht folgendes: 

Die Tubercnlose ist ermittelt worden bei 30167 Rindern= 
19,6 pCt. (Vorjahr 20,5 pCt.) der geschlachteten, 445 Kälbern= 
0,29 pCt. (0,2), 8 Schafen=0,002 pCt. und 25835 Schweinen= 
3,92 pCt. der geschlachteten ( Vorjahr 3,89). Zusammen wurden 
tuberculös befunden 56455 Thiere. 

Von diesen Thieren wurden ganz freigegeben 28346 
Rinder = 93 pCt. aller tuberculösen, 358 Kälber = 80 pCt.. 
4 Schafe und 22810 Schweine = 88 pCt. der tuberculösen. 
Von den übrigen Thieren wurden 196 theilweise im rohen 
Zustande freigegeben, alle anderen jedoch vernichtet oder 
sterilisirt. Der gänzliche Verlust an Thieren (vernichteten und 
sterilisirten) durch Tnberculose betrug also bei Rindern 5,3 pCt. 
der tuberculösen und I pCi. aller geschlachteten, und bei 
Schweinen 12 pCt. der tuberculösen und 0,8 pCt. aller 
geschlachteten. 

Finnen wurden gefunden bei 1095 Rindern = 0,76 pr¬ 
aller geschlachteten, 20 Kälbern und bei 339 Schweinen=0,05 pCt. 
aller geschlachteten. Die Rinderfinnen sind also mehr 
als 10 Mal so häufig, als die Schweinefinnen, ' ou 
den finnigen Schweinen wurden 30 gekocht, 9 ganz vernichtet. 
Von den finnigen Rindern konnten dagegen 360 ganz frei ge¬ 
geben werden, weil bei ihnen die Finnen spärlich und zweifel¬ 
los ganz abgestorben waren. Von den übrigen wurden <16 
gekocht, 19 ganz vernichtet. Der Verlust beträgt also bei 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


10. Mai 1900. 


227 


Rindern 735 Stück = 0,46 pCt. der geschlachteten, erreicht | 
also die Hälfte des durch Tuberculose verursachten Verlustes.*) ! 

Bei 684 Rindern wurde nur eine Finne gefunden. In 691 
Fällen sassen die Finnen nur im Kaumuskel, (448 mal nur im 
Masseter, 235 mal nur im inneren Kaumuskel) 17 mal nur im 
Herzen, 1 mal nur in den Genickmuskeln, 13 mal im Herzen, 
Kaumuskel und Zunge, bei den übrigen 13 beanstandeten Thieren 
in allen Körpermuskeln. 

Trichinen wurden bei 85 Schweinen (gegen 138, 192 158 
und 136 in den Vorjahren gefunden, d. s. 0,013 pCt. oder 1 auf 
7759 der geschlachteten Schweine. 

Wegen anderer thierischer Parasiten, (Echinococcen, Egeln, 
Fadenwürmern) wurden an Organen beanstandet rund 74000, darun¬ 
ter rund 20000 Schaflungen wegen Fadenwürmer, 14000 Rind- ! 
und 5700 Schaf-Lebern wegen Egeln, 4800 Lungen und Lebern j 
vom Rind, 10000 vom Schal und 14000 vom Schwein wegen | 
Echinococcen. Die Schafe sind daran also absolut mit der 
Hälfte, nach dem Verhältniss der geschlachteten Thiere (halb- j 
soviel Schafe als Rinder und Schweine)dagegen mit fast dem 
doppelten Procentsatz an Eingeweideparasiten betheiligt. 

Ueber die städtischen Untersuchungsstationen gingen ein: 
234434 Rinderviertel, 137491 Kälber, 30886 Schafe, 128649 ; 
Schweine, 88570 Schinken und 60785 Speckseiten, zum aller- \ 
grössten Theil amerikanischen, zum kleinen Theil österreichischen 
und dänischen Ursprunges. Von den Rindervierteln stammten 
rund 30000 aus Dänemark. 

Zurückgewiesen und beanstandet wurden davon 901 Rinder- j 
viertel, 304 Kälber, 12 Schafe, 101 Schweine. 

Das Personal der städtischen Fleischschau bestand aus 
1 Oberthierarzt, 37 Thierärzten, 6 Hiilfethierärzten, 7 Beamten, 
30 Abtheilungsvorstehern bzw. Stellvertretern im Trichinenschau- ( 
amt, 249 Trichinenschauern (96 Frauen), 86 Probenehmern und 
80 anderen bei der Fleischschan thätigen Personen. 

*) Bezüglich der zulässigen Verwerthung finniger Rinder durch 
21 tägiges Aufhängen im KUhlbausc bemerkt der Bericht einfach, 
dass dafür keine Einrichtungen vorhanden seien. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

n. 

Prsf. Hermann Dexter: Die Nervenkrankheiten des Pferdes. 

278 Seiten. Mit 32 Abbildungen. Leipzig und Wien 1899. 
Bei Franz Deuticke. 

Der Verfasser, früher an der thierärztlichen Hochschule in 
Wien, jetzt Professor der Thierseuchenlehre an der Deutschen 
Universität zu Prag, hat sich durch seine Specialarbeiten über 
Erkrankungen und Veränderungen des Nervensystems bei Haus- 
thieren längst rühmlich bekannt gemacht und kann auf diesem 
gerade in Hinsicht auf exact-pathologische und pathologisch¬ 
anatomische Forschung so wenig bearbeitetem Gebiete als 
Autorität gelten. Das vorliegende Buch gehört zu jenen ver¬ 
dienstlichen Publicationen, welche dem Ausbau eines zurück¬ 
gebliebenen oder zu wenig beachteten wissenschaftlichen Stoffes 
gewidmet werden, ohne dass zunächst gefragt wird, ob der 
Kreis der Leser ein weiter oder nur ein kleiner sein wird. 
Gleichwohl würde das Buch eine recht grosse Verbreitung ver¬ 
dienen, weil eine allgemeine Vertiefung der Kenntniss auf diesem 
vernachlässigten Specialgebiet erwünscht wäre. Der Inhalt ist 
kurz folgender: Functionsstörungen im Allgemeinen; Lähmungen 
peripherer Nerven, Lähmungen von Hirnnerven, Erkrankungen 


Internationaler Fleischer Congress. 

In Folge Anregung vom Fleischhauer- und Selcherverband 
Niederösterreichs wird die Abhaltung eines Internationalen 
Fleischer Congresses in einer süddeutschen Stadt geplant, zu 
dem alle continentalen Staaten Delegirte schicken sollen. 

Als Berathungsgegenstände sind vermerkt: 

1. Welche Mittel gegen die amerikanische Concurrenz im 
Interesse der Fleischer sowohl als der Fleischesser zu ergreifen 
seien, 

2. Wodurch der verderblichen Entwickelung zu 
capitalistischen Monopolen des Fleischtrustes entgegen 
zu wirken sei, 

3. Welche durch die Regierung zu treffenden Massnahmen 
practisch geeignet sind, die Fleischesser vor dem Genüsse 
gesundheitsschädlicher Fleischwaaren zu schützen, 

4. Wie practisch. ohne schwere Verluste, die Ausbreitung 
der Viehseuchen entgegengewirkt werden könne. 

Es soll versucht werden die Landwirthe der continalen 
Staaten zur Theilnahme an dem Congress anzuregen. 

Regelung der Gewährleistung für beanstandetes Vieh auf dem Berliner 
Central-Schlaohthof. 

Zwischen den Viehcommissionären und Fleischern ist vom 
1. Januar d. J. ab folgende Vereinbarung in Kraft: Die Com- 
missionäre stellen nur versichertes Vieh zum Verkauf, und die 
Käufer dürfen auch nur solches kaufen. Bei Rindern erstreckt 
sich die Versicherung auf ganz beschlagnahmte Thiere und 
blutige Fleischtheile, nicht dagegen auf einzelne Eingeweide, 
wie Leber, Lungen, Euter und Därme. Bei Schweinen werden 
entschädigt: alle beanstandeten ganzen Thiere, ferner blutige 
Thefte, Lebern zu 1 M. das Stück und Gebärmütter von acht 
Pfund an. — Aus letzterer Vereinbarung, schreibt Ostertag 
in der Ztschr. f. Fl. u. M., geht hervor, dass die Berliner 
Schweineschlächter ihren ganz unbegründeten Anspruch auf Er¬ 
satz von Minderwerth für das Fleisch trächtiger Thiere nunmehr 
selber fallen gelassen haben. 

des Rückenmarks, Erkrankungen des Gehirns. Bei diesem über 
100 Seiten umfassenden Kapitel ist erst die Anatomie des 
Gehirns recapitulirt, dann die allgemeine Symptomatologie und 
schliesslich die von den Knochen, den Häuten und der Hirn¬ 
substanz selbst ausgehenden Erkrankungen behandelt. Daran 
schliessen sich die Neurosen und als Anhang die das Nerven¬ 
system afficirenden Seuchen. Das Buch ist eine sehr dankens- 
werthe Ergänzung unserer Literatur, sowohl in wissenschaft¬ 
licher als practischer Hinsicht. 

Harnack, ord. Prof, der Pharmacologie in Halle. Hauptthat- 
saohen der Chemie, II. Auflage, 150 Seiten, kl. Octav. Hamburg 
und Leipzig bei L. Voss. 

Das kleine, sehr klar und practisch geschriebene Buch soll 
nicht ein vollständiges Repetitorium der Chemie sein, sondern die 
chemischen Fundamentalbegriffe speciell für den Mediciner zu¬ 
sammenfassen. Der Verfasser betont auf der einen Seite die 
Unentbehrlichkeit chemischer Kenntnisse und chemischen Verständ¬ 
nisses für die Mediciner, während er andrerseits anerkennt, dass 
bei dem Anschwellen der Chemie von dem Mediciner nicht die 
Kenntniss des Gesammtstoffes verlangt werden kann, das Lehr¬ 
material für ihn vielmehr speciell ausgewählt werden muss. 
Diesem richtigen Standpunkt soll auch das vorliegende Buch 
dienen als Leitfaden für den Unterricht des Mediciners. 


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228 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 19. 


Pizzlghelll, k. k. Oberstleutnant. Anleitung zur Photographie. 

Zehnte Auflage. Halle, bei W. Knapp, 1900. 

Schon die 8. Auflage ist in der B. T. W. besprochen 
worden. Dieselbe erschien in Duodezformat mit ca. 300Seiten 
Text und 150 Holzschnitten. Die 10. Auflage bringt 367 Seiten 
Text in Octav, 186 Abbildungen und 12 Tafeln. Es ist also 
eine wesentliche Vermehrung erfolgt, und der Leitfaden hat sich 
zu einem stattlichen Buche entwickelt. Dasselbe verdient auch 
seinen Erfolg, denn es gehört zu den besten, practischen Rath¬ 
gebern des Amateur-Photographen, in welchem sich der Anfänger 
ebenso zurechtfindet, wie andererseits der angehende Meister 
seine weitergehenden Ansprüche befriedigt sieht. 

Dr. K. Ackermann, Oberrealschnldirector. Thierbastarde. Zu¬ 
sammenstellung der bisherigen Beobachtungen mit Literaturnachweisen. 
Kassel, Weber & Weidemayer. I. Theil Wirbellose, U. Theil 
Wirbelthiere, zusammen 3,20 M. 

Es ist eine sehr mühsame Sammlung der in der Literatur 
aller Art erschienenen Nachrichten über Bastardirungen. Die 
zweifellos fabelhaften haben ebenso Aufnahme gefunden, wie die 
umstrittenen und unbedingt bestätigten. Der Verfasser nimmt zu 
den Mittheilungen natürlich kritisch Stellung, wenn auch er¬ 
wünscht gewesen wäre, dass das positiv Erwiesene noch schärfer 
aus der Menge des nicht völlig Einwandfreien hervorgehoben 
worden wäre. Jedenfalls ist es eine recht interessante Sammlung 
der zahlreichen verstreuten Einzelheiten dieses Stoffes, die 
lesenswerth ist, zum gelegentlichen Nachschlagen übrigens durch 
ein Register der Thierformen noch geeigneter werden würde. 

Neue Eingänge. 

(Besprechung Vorbehalten.) 

Ellenberger und Baum: Handbuch der vergleichenden Anatomie 
der Hausthiere. Neunte Auflage des Handbuches. von Gurlt. 
Berlin bei Hirschwald. 

Bayer-Fröhner: Handbuch der thierärztlichen Chirurgie und 
Geburtshülfe IV. Bd., II. Theil, 1. Lieferung: Eberiein, Huf¬ 
krankheiten des Pferdes. Wien und Leipzig bei W. Brau- 
mtiller. 

Hagemann: Lehrbuch der Anatomie und Physiologie der Haus- 
säugethiere. Gemeinfasslich. I. Theil: Anatomie und Gewebe¬ 
lehre. Stuttgart bei Ulm er. 

Elsas« - Lothringen : Verhandlungen des Landwirthschaftsrathes, 
Session 1899. Strassburg bei Du Mo nt-Schauberg. 

Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Corpsrossarzt Bub ist das Ritterkreuz 
I. Kl. des Friedrichsordens und den Rossärzten Brauchte und 
Schnitzer das Ritterkreuz II. Kl. desselben Ordens verliehen worden. 

Ernennungen etc.: Gewählt: Dr. Willerding zum Assistenz¬ 
thierarzt am Breslauer Schlachthof 

Examina: Das Fähigkeitszeugniss ‘ für beamtete Thierärzte 
in Baden haben erhalten’ die Thierärzte Köhler-Geisingen, früher 
in Bretten, Kroner-Gernsbach, Dr. Männer-Dresden, Neumaier- 
Hardheim, Simmermacher-Boppard a. Rh. und Zimmermann- 
Thengt-n. 

In der Armee: Beförderungen: Christ, Rosearzt im 16. Train¬ 
bat. unter Versetzung zum 4. Drag.-Rgt. zum Oberrossarzt; Reicbart, 
Unterrossarzt im 19. Drag.-Rgt' unter Versetzung zum 5. Art.-Regt, 
zum Rossarzt. — Zu einj.-frw. Unterrossärzten die Einjährig¬ 
freiwilligen Promnitz und Hagenstein im Garde-Kür.-Rgt.; 
8 e bau er und Majewski im 17. Art.-Rgt.; Schmidt und Lewin 
im 4. Trainbat.; Rusche im 4. Art.-Rgt.; Semmer im 74. Art. Rgt.; 
Platschek im 5. Trainbat; Roth im 6. Art.-Rgt.; Fromme im 


8. Hus.-Rgt.; Vortmann im 7. Trainbat.; Lemra und Bambauer 
im 8. Trainbat.; Petersen im 46. Art-Reg.; Seiler im 30. Art- 
Rgt.; Holzhauer im 21. Drag.-Rgt. und Beiling im 63. Art.-Rgt; 

Pelka, Rossarzt am Remontedepot Jurgaitschen, zum Rcraonte- 
depot-Obenossarzt. 

Versetzungen: Dahlenburg, Oberrossarzt im 4. Drag.Rgt. 
zum 74. Art-Rgt. — Die Rossärzte Moll vom 67. Art.-Rgt. mm 
16. Trainbat., Plath vom 66. zum 67. Art-Rgt., Kossmag vom 
7. Hus.-Rgt. zum 66. Art.-Rgt., Klingberg vom 5. zum 8. Art.-Rgt,, 
Gossmann vom Garde-Kür.-Rgt. zum 3. Ul.-Rgt. — Schütt, Unter¬ 
rossarzt im 15. Art.-Rgt. zum 23. Drag.-Rgt. 

LopitzBch, Oberrossarzt im 6. Drag.-Rgt. und Rehfeld, 
Rossarzt im 25. Trainbat. mit Pension in den Ruhestand versetzt. 

Im Beurlaubtenstande sind zu Rossärzten befördert: der 
Unterrossarzt d. R. Gelbke (Bez.-Com. Eisenach) und der Unter¬ 
rossarzt der Landwehr Pasch (Bez.-Com. Weissenfels). 

Todesfälle: Oberamtsthierarzt Dr. Trips Plieningen (Königr. 
Würtemberg). 

Vacanzen. 

(Näheres Uber die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Aachen: Montjoie (600 M., ausserdem 300 M. Stellenzulage und 
600 M. Kreiszuschuss, sowie ev. voraussichtl. 800 M. für Beaufsichtigung 
der städt. Fleischbeschau). Bew. bis 1. Juni er. an den Regierungspriu. 

— R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich Kreiszuschuw). 

— Stolp(Nord) (erneut ausgeschrieben) mit dem Amtssitz in Glowiti. 
Gesuche an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Wiesbaden: St 
Goarshausen (600 M. Gehalt, 500 M. staatl. Stellenzulage und 300 M. 
Kreiszuscbuss.). Bewerb, b. 20. Mai er. a. d. Regierungspräsidenten. 

b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Köln: Rheinbach. 

Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Düsseldorf: 2 Assistenzthierarzt am Schlacht- und Viehhof im 
1. Juli er. (2400 M. Anfangsgehalt; 6 Monate Probezeit; 3 monatl. 
Kündigung;Pension.)Bewerb, bis 20.Mai an den Oberbürgermeister.— 
Lunzenau: Thierarzt f. Wissenschaft]. Fleisclischau. (Praxis ge¬ 
stattet.) Meid, bis 8. Mai an den Stadtrath. — Neheim: Schlacbthof- 
director zum 1. Juni er. (2000 M. Wohnung etc. Privatpraxis.) 
Bewerb, an den Magistrat. — Oederan: Thierarzt für Fleischbeschau 
(2000 M. Privatpraxis). Bewerb, bis 10. Mai an den Stadtrath. — 
Plauen i. V.: AsBistenzthierarzt am Schlachthof zum 1. Juni 
(2100 M.: vierteljährl. Kündigung). Meid, an den Director. - 
Schivelbein: Thierarzt für Fleischschau (ca. 2400—3000 M.; 
Praxis gestattet). Meid, beim Magistrat. — Wamsdorf, Bet 
Leipzig: Thierarzt für Fleischschau in W. und in den Nachbar¬ 
gemeinden. Meid, an den Gemeindevorstand. 

b) NachAblaul der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Eberswalde: Schlachthofinspector. — Filehne: Scblacbtbof- 
inspector. — Freiberg i. S.: Thierarzt für Fleischschau etc. — 
Graudenz: Schlachthofassistenzthierarzt. — Johanngeorgen¬ 
stadt und Nachbargemeinden: Thierarzt für Fleischbeschau. — 
Königswartha i. S.: Thierarzt für Fleischbeschau. —Mülhausen 
(Elsass): Schlachthofverwalter.— Pössneck: Thierarzt für Fleisch¬ 
beschau. — Spremberg: Schlachthofinspector. — Wanne: 
Schlachthofvorsteher. — W etter (Ruhr): Thierarzt für Fleischbeschau. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: ABbach (Kr. Neu 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. - 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt. — Schönbanm (Danzig). — Soldau 
(08tpr.). 

1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt. —Mengering' 
hausen (Waldeck): Thierarzt. — Neuhausen (i. S.): Thierarct 
für Praxis und Fleischbeschau. — Rhinow (R.-B Potsdam): Thierant. 

— Schwarzenberg i. S.: Thierarzt für Fleischbeschau u. Praxis.- 
Sonnenburg: Thierarzt. — Wolkenstein: Thierarzt für Praxis 
und Fleischschau. 


Verantwortlich fUr den Inhalt (excL Inseraten theil)! Prot Dr. S chmäl te ln Berlin. — Verlag und Eigen tham von Richard Sohoete ln Berlin. — Druck von W. Bflxensteln, Berihi 


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pla „Berliner Thier&ntlich» Wochenschrift“ erscheint 
«MhenÜlch tn Stirke von mindestens 1>/* Bogen. Dieselbe 
iit tu begehen durch den Buchhandel, die Post (No 1082) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoeta, Berlin NW., Luinenstrasse 36, zum Preise von 
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Berliner 


Orlglnalbeltrftge werden mit 50 Hk. für den Bogen honorirt. 
Allo Mannscripte, Mittheilungen und redactlonellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr Schmaltz, 
Berlin, thlerftrztllcbe Hochscbnle. NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions- Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Heransgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Schoeta, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M 20 . Ausgegeben am 17. Mai. 


Inhalt: Haase: Torticollis equi mit exitus letalis. — Hecker: Einige kritische Bemerkungen und Vorschläge zur Be¬ 
kämpfung der Manl- und Klauenseuche. — Referate: Nocard, Roux und Dujardin: Ueber die Lungenseuche. — 
Interessante Verletzungen. — Therapeutische Notizen. — Schüller: Beitrag zur Aetiologie der Geschwülste. — Thier¬ 
haltung und Thierzucht. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Fleischschau und 
Viehverkehr. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen. 


Torticollis equi mit exitus letalis. 

Von 

C. Waase-Hohenmölsen, 

(1 romherzoglich »Äch»i*cher Amtftthicrarzt a. 1>. 

Ungefähr zur selben Zeit, als die B. W. T. in No. 47 des 
Jahrgangs 1899 einen Fall von Wirbelverrenkung des Pferdes 
vom Thierarzt Tiburtius-Soldau brachte, dessen Ausgang ein 
günstiger gewesen ist, von dem der Leser jedoch zu fragen 
berechtigt ist, ob dieser günstige Ansgang auch wohl dauernd 
gewesen, wurde ich zur Behandlung eines in ähnlicher Weise 
erkrankten Pferdes zugezogen. Dieser Fall unterscheidet sich 
von ersterem durch seinen ungünstigen Ausgang, obgleich die 
pathologischen Veränderungen, welche ihn verursachten, anfäng¬ 
lich verhältnissmässig geringgradige waren, wesshalb ich den¬ 
selben der Mittheilung werth halte. 

Anamnese: Der Vorbericht wurde mir in drei Lesarten 
mitgetheilt: 1. Das Pferd soll 14 Tage zuvor gelegentlich einer 
schweren Getreidefuhre bergauf in die Vorderkniee gefallen und mit 
dem Maul auf den Boden aufgeschlagen sein, seitdem sei Futter- 
und Getränkeaufnahme mangelhaft. 2. Das Pferd soll die Ge¬ 
wohnheit haben, sich in seinem Stande möglichst weit nach vorn 
zn legen, so dass der Kopf unter die vorstehende Krippe za 
liegen komme; beim Aufstehen könne das Thier durch Anstossen 
an die Krippe sich die Verrenkung zugezogen haben. 3. Der 
Besitzer war der Ansicht, die mangelhafte Futteraufnahme sei 
durch Schieferzähne bedingt, wesshalb er dieselben durch den 
Schmied habe entfernen lassen. Dieser will jedoch nicht viel 
an dem Pferde gethan heben. Seit wann die Schief- 
haltnng des Kopfes da sei, ke nnte mir nicht mitgetheilt werden. 
Ich gelbst sagte mir dann noch, es könnte 4. Borna’sche 
Krankheit vorliegen. 

Status praesens: Mittelschweres, gewöhnliches Pferd 
belgischer Abstammung in gutem Ernährungszustände, steht mit 
gesenktem Kopfe im Stalle; derselbe wird ausserdem stark nach 
rechts gebogen gehalten. Sensorium eingenommen, massiger 
Lidgchluss. Die Coiyunctiven sind höher geröthet. Es besteht 
Speichelfluss. Umgebung des Mauls und Maulschleimhaut ent¬ 
zündlich geschwellt; an letzterer einige oberflächliche Wnnden. 


Die Untersuchung des Mauls ist schwierig, da die Oeffnung 
desselben dem Thiere Schmerzen verursacht und dieselbe nur 
unvollkommen ausgeführt werden kann. Innere Temperatur 
per rectum gemessen 38,4 °. Beim vorsichtigen Heraus- 
ltihren zeigt das Thier Gleichgewichtsstörungen, indem es mit 
der Hinterhand schwankt. Der Kopf wird auch beim Führen 
ständig nach rechts gebeugt, gehalten, sodass der hintere Theil 
des rechten Oberkieferrandes in eine Delle der rechten Seite 
eingebogen ist. und die Maulspalte in einiger Entfernung 
vor der rechten Schulter gehalten wird. An der linken Seite 
ist in der Höhe des Halskopfgelenks eine harte, faustgrosse 
Geschwulst bemerkbar; dieselbe ist durch den nach links 
hervorragenden linken Atlasflügel verursacht. 

Diagnose: Torticollis; Luxation des Kopfhalsgelenks, dessen 
Ursache vorläufig nicht genau zu ermitteln ist. 

Behandlung und Verlauf. Ich versuchte sofort eine 
Reposition. Einen Gehilfen stellte ich grade vor das Pferd: er 
musste an beiden Gebissringen eines gutsitzenden Zaumes den 
Kopf etwas aufwärts strecken. Einen zweiten Gehilfen stellte 
ich auf die rechte Seite des Thieres: derselbe musste mittelst 
eines Deckengurts, welcher um die linke Halsseite in der Höhe 
des zweiten und dritten Halswirbels gelegt war, den Hals 
fixiren. Ich selbst nahm sodann auf der linken Halsseite auf 
einem Stuhle Stellung. Mit der rechten Hand führte ich so¬ 
dann einen allmälig stärker werdenden Druck auf den linken 
Atlasflügel ans, während ich mit der linken den linken Gebiss¬ 
ring erfassend den Kopf nach links zu führen suchte. Die Ein¬ 
renkung gelang vollkommen, und konnte, der Kopf sogar ziemlich 
weit nach links abgebogen werden. Hierbei wuirde ein Crepi- 
tationsgeräusch, welches auf einen Knochenbruch gedeutet hätte, 
nicht vernommen. Jedoch drohte das Thier nach rechts nieder¬ 
zustürzen, wesshalb ich den Kopf wieder sich selbst überlassen 
musste. Das Thier gewann dadurch sofort das Gleichgewicht wieder; 
der Kopf nahm jedoch seine ursprüngliche Beugestellung wieder 
ein. Weitere Versuche, den Kopf durch 'Ausbinden nach links 
in möglichst grader Stellung zu erhalten, erwiesen sich er 
folglos; die Luxation trat immer sofort wieder ein. Gegen die 
Manlentzündung wurde Essigwasser angewendet. Tags darauf 


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280 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 20. 


zeigte sich das Thier etwas munterer. Futter- und Getränk¬ 
aufnahme waren jedoch nur geringgradig. Innere Temperatur 38,8°. 
Sonstiges Befinden dasselbe. Am vierten Tage der Behandlung 
39,2° innere Temperatur. Entzündliche Schwellung des Mauls 
zuriickgegangen. Futter- und Getränkaufnahme etwas besser. 
Befinden sonst das gleiche. Am siebenten Tage 39,1 0 innere 
Temperatur. Am neunten Tage legt sich das Thier nieder, ist 
jedoch nicht im Stande, sich wieder zu erheben, auch mit Unter¬ 
stützung nicht. Am elften Tage tritt der Tod ein. 

Sectionsbefund an Kopf und Hals: Nach Exarticulation 
des Unterkiefers erweist sich ein Backenzahn der linken unteren 
Reihe insofern verändert, als der innere Rand desselben durch 
den Zahnmeissei entfernt worden ist; alle übrigen Zähne sind 
unverändert, haben regelmässige Form und sind ohne Haken. 
Die Bänder des Halskopfgelenks sind stark ausgedehnt, jedoch 
nicht zerrissen. Dasselbe ist ohne abnormen Inhalt. Die Knopf¬ 
fortsätze des Hinterhauptbeins sind aus ihrer Lage nach£links 



a bgewichen; der linke befindet sich zum grössten Theile ausser¬ 
halb der Gelenkhöhle, der rechte verlegt das Lumen des Rücken¬ 
markcanals zum grossen Theil und übt einen Druck auf das 
verlängerte Mark und seine Häute aus. Die Gelenkknorpel der 
unteren schiefen Atlasfortsätze sind an den Rändern röthlich ver¬ 
färbt und durch Abschleifen mittelst der Knopffortsätze erodirt. 
Die Dura mater in Höhe des ersten und zweiten Halswirbels 
safrangelb verfärbt. Der Subduralraum enthält eine geringe Menge 
Cerebrospinalflüssigkeit. In gleicher Ausdehnung zeigt die Dura 
einen geringen faserigen, dunkelrothen Belag, welcher leicht 
zerreisslich und leicht zu entfernen ist — Pachymeningitis 
haemorrhagica — Gehirncavitäten ohne abnormen Inhalt. 
Gehirnanhang schwarzroth verfärbt. Uebriges Gehirnparenchym 
(weisse Substanz) wie dasjenige derMedulla blassweiss — Anaemie. > 


Nach diesem Befunde ist Bornasche Krankheit unter den 
zu beschuldigenden Ursachen ausgeschlossen, desgleichen auch 
wohl rohe Behandlung beim Entfernen der Schieferzähne. Die 
Verletzungen der Maulschleimhaut und die Maulentzündung 
dürften durch den Widerstand, welchen das Thier der Einfühlung 
des Maulgatters und dem Manipuliren in der Maulhöhle ent¬ 
gegensetzte, verursacht sein. Desshalb nehme ich) an, dass 
die Luxation schon bestanden hat, bevor diese Operation vor¬ 
genommen wurde. Es bleibt also eine der beiden anderen trau¬ 
matischen Ursachen zu beschuldigen. 

Nach Maceration des ersten Halswirbels und des Gelenk¬ 
theils vom Hinterhauptbein zeigte sich jedoch auch, dass in 
der Beschaffenheit des Gelenks eine Disposition zur Luxation 
vorhanden war. Die angefügte Fig. H zeigt den in Rede stehenden 
Wirbel von unten gesehen, Fig. I denjenigen eineB anderen 
Pferdes. Es fällt beim Vergleich sofort auf, dass Wirbel 2 
breiter jedoch kürzer ist als No. 1. Entsprechend seiner Kürze 
ist seine Gelenkhöhle auch flacher wie bei No. 1. Dies ist 
besonders zu erkennen an der verschiedenen Länge der unteren 
schiefen Gelenkfortsätze, die von 1 sind länger als von 2. Auch 
die Ausschnitte zwischen beiden sind auffallend verschieden; 
derjenige von 1 ist tief und schmal, 40 mm lang und 70 mm 
breit. Derjenige von 2 hingegen ist breit und flach; nur30mm 
tief, jedoch 85 mm breit. Die Gelenkhöhle von 1 ist schmaler 
und tiefer, diejenige von 2 ist breiter und flacher. Die Gelenk¬ 
verbindung des luxirten Gelenks ist also unverhältnissmissig 
lockerer gewesen als die von No. 1, und hierin liegt das dis- 
ponirende Moment für das Zustandekommen der Luxation. Die 
Gelegenheitsursache dürfte dann in dem wiederholten Anstossen 
des Kopfes an die Krippe,zu suchen sein, das eine alhnitohck 
Dehnung der Gelenkkapsel und Gelenkbänder zur Folge hatte. 

Einige kritische Bemerkungen und Vorschläge zur 
Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche.*) 

Von 

E. Hecker, Thierarzt, 

Leiter des seuchenpatholotfischen Instituts der Landwirthschafts-Kammer (Br dir 
Provin« Sachsen in Hallo a. 8. 

Für die Untersuchungen einer Seuche und ihrer Schutz- 
impfung8methoden von wesentlicher Bedeutung ist der Besitz 
eines geeigneten kleineren Versuchstieres. Je billiger und 
leichter beschaffbar dieses ist, um so billiger werden sich die 
Versuche stellen. 

Der Mangel eines solchen sicher reagirenden Versuchs- 
thieres macht die Untersuchungen über die Maul- und Klauen¬ 
seuche so überaus theuer. Die Stellung, welche z. B. hei 
den Rothlaufversuchen die Maus einnimmt, wird bei den 
Maul- und Klauenseucheversuchen vom Rinde, zum mindesten 
von dem schon weniger geeigneten Schweine, beansprucht 
Dies Beispiel möge zeigen, wie unendlich theurer die Arbeiten 
bei Maul- und Klauenseuche sein müssen, gegenüber den Arbeiten 
bei anderen, noch dazu wissenschaftlich leichter erforschbaren 
Seuchen. Es möge eine Mahnung sein, bei Subventionen 
nicht auf andere Seuchen hinzuweisen, sondern an di« 
Versuchsobjekte zu denken. 

1. Einen grossen Schritt vorwärts in der Darstellung 
geeigneter Schutzpräparate bedeutete die mit allseitigem Beifall 

*) Der obige Artikel ist in der Centralzeitung für Thierzucht 
von Dr. Nörner veröffentlicht worden. Wir sind um Abdruck in 
: der B. T. W. ersucht worden. D. Red. 


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17. Mai 1900. 

anfgenommene Mittheilung des Herrn Professor Dr. Löffler 
auf dem vorjährigen VII. internationalen thierärztlichen Congress 
zu Baden-Baden, dass 4—5 Wochen alte Ferkel durch Ein¬ 
spritzung von »/io ccm frischgewonnener Aphthenlymphe sicher 
getödtet werden, und dass wir in dem Ferkel ein sicheres 
Versuchsthier besitzen zur Feststellung der Virulenz ((iiftkraft) 
der Lymphe.*) 

Leider kann ich auf Grund einiger Versuche diese 
Beobachtung nicht bestätigen! Beispielsweise verendete von 
drei ca. 5 Wochen alten Ferkeln desselben Wurfes ein Thier 
nach Einspritzung von Vio ccm Lymphe (gewonnen aus einem 
Transport frisch erkrankter Schweine im hiesigen Schlachthofe), 
das zweite ging jedoch von dieser Dosis nicht ein. Auf 
Grund dieser Beobachtung wurde dem dritten Thiere 3 / 10 ccm 
Lymphe, also die dreifache Todesdosis, in eine Ohrvene ein- i 
gespritzt. Auch dieses Thier blieb am Leben. Ich enthalte j 
mich an dieser Stelle der weiteren Ausführung. Von einem | 
anderen massgebenden Institute wurde mir ein gleiches j 
negatives Ergebniss mitgetheilt. 

Vielleicht finden wir hierin eine Erklärung, dass es dem i 
auch um die Landwirtschaft so verdienstvollen Forscher, Herrn 
Prof. Löffler, bisher nicht gelungen ist, sein auf dem Congress 
gegebenes Versprechen zu lösen, uns „bevor das Jahrhundert 
zu Ende gegangen sein wird, eine gute, brauchbare, zuverlässige 
Schutzimpfmethode gegen die Maul- und Klauenseuche“ zu geben. 

Auch die im Frühjahr 1899 dargestellten Präparate des 
seuchenpathologischen Instituts der Landwirthschafts- Kammer 
für die Provinz Sachsen zeigten nicht die guten Erfolge des 
Vorjahres. Geldmangel und drängende Bestellung waren die 
Ursachen, unter welchen die Arbeiten litten. Sollten doch allein 
für das Landwirtschaftliche Ministerium, welches zu den Ver- I 
suchen 3000 M. bewilligt hatte, bereits nach ca. zwei Monaten 
1000 Impfdosen bereit gehalten werden! Meilenweit vom 
Laboratorium entfernt, an verschiedenen auseinanderliegenden 
Stellen standen unsere Versuchstiere. Ihr Verkauf hing von 
dem Belieben**) der Besitzer, ihre Schlachtung von der Willkür 
der kaufenden Fleischer ab. 

Um in dem Organismus der Thiere hochwertige iinmuni- 
sirende Schutzkörper zu erzielen, musste den Thieren mehrmals 
innerhalb gewisser Zeitabschnitte in progressiv sich steigernden j 
Impfdosen infectiöses Blut oder frischer Blaseninhalt von erhöhter 
Virulenz eingespritzt werden. 

Das Blut der einzelnen, wenn auch völlig gleiclunässig 
präparirten Thiere ist nun in seiner Schutzkraft durchaus nicht 
gleichwertig; während das eine Thier hohe Immunstoffe im 
Blute besitzt, enthält das Blut des Nachbarthieres vielleicht gar 
keine und ist zur Darstellung von Schutzpräparaten völlig 
werthlos, möglicherweise sogar direct schädlich. Die Gebrauchs¬ 
fälligkeit des Blutes zu Impfzwecken hängt einzig ab von 
Probeimpfungen, welche in der Weise ausgefnhrt werden, 

*) Vergl. den Bericht Uber den internationalen Congress in 
No. 21 der Allg. Centralztg. f. Thierzucht, J. 1899. 

**) Ein Besitzer, bei welchem ca. 35 Kopf Grossvieh fast völlig 
präparirt waren, verkaufte gegen unsere Vereinbarung die grösste 
Zahl der Thiere bei einer günstigen Conjunctur nach dem Kbein, 
sodass wir auch auf den Rest verzichten mussten. Es blieben uns 
nur wenige Thiere, welche auf verschiedenen 20—26 km von Halle 
entfernt gelegenen Gütern standen. Der geringe Schlachtpreis In 
Halle ver&nlasste, dass auch diese Thiere in Leipzig geschlachtet 
werden mussten. Hierdurch wurden die Arbeiten natnrgemäss sehr 
erschwert. 


231 

dass einer Reihe von reactionsfähigen Thieren, z. B. Rindern, 
verschieden grosse Blutserummengen jedes einzelnen „Serum- 
thieres“ eingespritzt werden, und dass hierauf die betreffenden 
Thiere mit Blasenlymphe angesteckt werden. Die brauchbaren 
Serumpräparate werden hierauf gemischt, die unbrauchbaren 
einfach fortgeschüttet. Diese Titrirung (Werthbestimmung) der 
einzelnen Blutpräparate konnte gleichfalls nicht in unserem 
Laboratorium*) ausgeführt werden. Bei derselben wurde der 
Fehler gemacht, dass die mit dem zu prüfenden Schutzserum 
geimpften und die zur Controle nicht geimpften Thiere nicht 
genügend inficirt wurden, wie ausdrücklich vorgeschrieben war. 
Die uns eingesandten Berichte lauteten natürlich desshalb sehr 
günstig. Die Folge war, dass die einzelnen Präparate zur Dar¬ 
stellung einheitlicher Impfstoffe gemischt und abgegeben wurden. 
Erst als alle Versuche im Gange waren, entdeckte der betreffende 
Sachverständige den begangenen Fehler.**) 

Für das Institut der Landwirthschafts-Kammer ist jedoch 
wichtig, dass diese Werthbestimmungen nicht dort aus¬ 
geführt wurden und auch nicht unter meiner Leitung 
und Controle standen. 

Durch vielfache Impfungen, besonders des practischen Thier¬ 
arztes Herrn Borchmann, wurde später festgestellt, dass bei 
Seuchenausbrüchen auch schwächer wirkende Schutzpräparate 
durch wiederholte Einspritzung und gleichzeitige Stalldesinfection 
die geimpften Thigre schützten oder doch den Seuchengang 
milderten. 

Da auch Prof. Dr. Löffler zu dem gleichen Resultat ge¬ 
langt ist, der Darstellung eines Serums von hoher 
Schutzkraft, nachdem er die von mir seit Jahren an¬ 
gewandte Steigerung der Virulenz der Lymphe gleich¬ 
falls benutzte, so ist damit wohl der Beweis geliefert, dass 
nicht ein Fehler in der Methode, sondern nur in 
der Organisation die vorjährigen Fehlergebnisse zur Ursache 
hatte. 

Die Erforscher der Maul- und Klauenseuche sind, wie wir 
sehen, nicht auf Rosen gebettet. Wäs der eine baut, reisst der 
andere nieder. Dazu kommen noch die vielen berufenen und 
nicht berufenen Kritiker, von denen einst Fried. Vischer so 

*) Durch eine sehr heftige Infection an Maul- und Klauenseuche 
war ich zur Zeit erkrankt und daher gebindert, die Werth- 
bcstimmnngen des Serums von den einzelnen Thieren persönlich 
auszuführen. Mit diesen Untersuchungen wurde ein Sachverständiger 
ausserhalb der Provinz Sachsen betraut. Auf die Anfrage der Landw. 
Kammer vom 20. V. „Bitte Nachricht über Impfergebnisse“ erfolgte 
zur Antwort: 25. V. „Impfungen günstig ausgefallen, Bericht folgt 
morgen.“ Ferner Postkarte am 30. V. „Bisher grossartige Resultate, 
aber noch 3 Tage warten, ob die 2. Infection den letzten Beweis 
liefert. Halten Sie alles fertig.“ In dem Schreiben vom 26. V. 
heisst es: „Uebersende endlich den Bericht über die Probeimpfungen. 
Dieselben sind günstig ausgefallen. Ich habe mit Absicht 10 Tage 
lang gewartet, um Gewissheit zu haben, ob die Impfungen that- 
sächlich Erfolg hatten. Gleichzeitig mit diesem Schreiben folgte die 
telegraphische Aufforderung des Landwirthschafts-Ministeriums, das 
Serum durch dringende Post und Eilboten abzusenden. Es mnBS 
einem jeden einleuchten, dass ohne diese günstigen Mit¬ 
theilungen über die Probeimpfungen auf keinen Fall 
eine Abgabe erfolgt wäre. 

**) Einige Wochen nach der Abgabe und dem Verbrauche dieses 
Serums'trifft von dem Sachverständigen der Bericht an die Landw. 
Kammer ein, „dass bei der einen Probeimpfung am 17. Tage 
2 Controlthiere und 2 geimpfte Thiere erkrankt sind, dass die 
übersandten Proben eine verschiedengradige, unglcichmässige Wirkung 
besitzen.“ Persönlich wnrde mir noch mitgetheilt. dass die Inficirung 
der Thiere nicht ausreichend ausgefilhrt war. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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232 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 20. 


treffend sagte: „Es ist ein grosser Vorzug, nichts ge¬ 
schaffen zu haben, aber man muss ihn auch nicht 
missbrauchen.“ 

2. Ein Punkt findet zweifelsohne entschieden zu wenig 
Beachtung bei allen Untersuchungen und Bekämpfungsvorschlägen 
der Maul- und Klauenseuche. 

Die allgemeine Feststellung der Immunitätsdauer 
verseucht gewesener Thiere. 

Sie ist unbedingt für eine erfolgreiche und aus¬ 
sichtsvolle Bekämpfung der Seuche, zur Aenderung 
der Sperrmassregeln nothwendig! 

Eine einwandsfreie Statistik ist aber nur zu en-eichen durch 
Markirung*) (z. B. durch Ohrmarke) aller erkrankten Thiere 
sämmtlicher verseuchten Viehbestände! 

Die Marke muss enthalten: Monat und Jahr der Er¬ 
krankung. 

Die allgemeine Markirnng durchseuchter Thiere 
liegt im wesentlichen Interesse der Landwirthe! 

a) Thiere, welche kürzlich durchgeseucht haben, haben wegen 
der bestehenden Immunität für mindestens ein Jahr 
einen höheren Werth.**) 

b) Für Wirthschaften, welche nur frischdurchseuchtes und 
markirtes Vieh besitzen, ist unbedingt eine 
Milderung der inländischen Sperrmassregeln 
zu fordern und erreichbar. 

3. Wie früher von mir veröffentlicht, ist durch Ueberimpfen 

von virulentem Impfstoff auf eine Reihe Jungvieh die Virulenz 
des Krankheitserregers abzuschwächen. Jungvieh leidet unter 
der Seuche am geringsten (cf. Zeitschrift der Landwirthschafts- 
Kammer f. d. Prov. Sachsen No. 3 und Allgem. Centralztg. f. 
Thierzncht No. 8, J. 1899, Ziffer 8 und 9). < ■' • ' 

Durch Vereinigung dieser beiden Thatsacheu lässt sich eine 
erfolgreiche Schutzimpfung gegen Maul- und Klauenseuche derart 
ausführen, dass 

1. eine durch Prob_eimpfung geprüfte möglichst schwach 
wirkende Lymphe gesammelt und couservirt wird-,' 

2. alle kräftigen Kälber und alles Jungvieh zunächst 
in gesonderten Quarantäne Ställen und zu einer Zeit, wo 
Verschleppungen für die Landwirthschaft am wenigsten 
schadenbringend sind, künstlich durch Einspritzen 
von ca. Vioo ccm schwach wirkender Lymphe 
inficirt werden. 

3. Die Impfung ist nach ca. 3—(i Monaten mit 
einer Lymphe virulenteren Grades (z. B. virul. 
Schweinelymphe) zu wiederholen. 

Diese zweimalige Impfung wird***) nach meinen Be¬ 
obachtungen eine voraussichtlich lebensdanernde Immuni¬ 

*) Das Anlegen der Marken kann unter Aufsicht der Ortsbehörde 
geschehen. Die Controle für die richtige Ausführung hat der Kreis¬ 
thierarzt bei der Abnahme der Stalldesinfection auszuüben. Die 
Herstellung, Form und Lieferung der Marken, wie die Art der 
Markirung unterliegt einheitlichen gesetzlichen Bestimmungen. 
Dass unrechtmässiger Gebrauch strafrechtlich verfolgt wrrd, ist 
selbstverständlich. 

**) Der direkte Verlust beträgt pro Kopf Rindvieh 107,55 Mark, 
wie in Nr. 13 der Landw. Wochenschrift f. d. Prov. Sachsen aus- 
geführt ist, dementsprechend muss ein durchseuchtes, z. Z. immunes 
Rind einen gleichen höheren Werth besitzen. 

***) Die Lymphe ist aus den Aphthen von Jungvieh resp. Schweinen, 
welche ev. zu diesem Zwecke gehalten werden, zu sammeln, zu 
filtriren und zu konserviren. 


tät erzeugen. Erkrankungen in Folge der 2. Infection 
gehören zu den Seltenheiten. 

4. Eine zweimalige lnficiruug mit Markirung aller geimpften 
und durchseuchten Thiere muss innerhalb weniger Jahre zu 
einem thatsächlich immunen Viehbestände des Landes führen. 

Fortgesetzte Impfungen oder strengste Grenzsperren werden 
ihn erhalten. 

Nach meiner Ansicht wird das Land, welches zuerst und 
am energischsten die allgemeine zweimalige Inficirung mit gleich¬ 
zeitiger Markirung durchfuhrt, auch am ehesten Herr der Maul¬ 
und Klauenseuche werden. 

Das Warten und Hoffen auf eine allgemeine prophylactische 
Schutzimpfung im Sinne des Seraphthins heisst vielleicht sich in 
Utopien verlieren, heisst zunächst Zeit und Nationalvermögen 
vergeuden! Denn die allgemeine Durchführung wird in erster 
Linie in dem Mangel an brauchbaren Schutzstoffen, in dem vor¬ 
aussichtlich hohen Preise und der wahrscheinlich geringeren 
Immunitätsdauer ihre Schwierigkeiten finden. 

Wir alle sind mehrfach mit Pockenlymphe geimpft worden. 
Auch unser Körper, unser Allgemeinbefinden hat für Wochen 
gelitten, ja mancher herbe Verlust ist zu beklagen. Greift eine 
milde Form der Aphthenseuche das Jungvieh thatsächlich mehr 
an, als die Pockenimpfung schwächliche Kinder? 

Ist der Schaden bei einem Thiere, welches weder Arbeit 
noch Milch liefert, ein so bedeutender? Sind die hundert 
Millionen Mark, welche uns die Seuche in den letzten Jahren 
p. a. kostete, durch rationelle Inficirung, Einrichtung 
von Quarantäneställen, Entschädigungen für Impf¬ 
verluste, nicht besser zu verwerthen und der Schaden in kurzer 
Zeit völlig zu beseitigen? 

Diese Fragen mögen die Regierungen und die Landwirth¬ 
schaft ernstlich erwägen. 

Doch man wäge nicht allein, man wage! 

Referate. 

Ueber die Lungenseuche. 

, Von Nocard, Roux und Dujardin-Beaumety. 

(Societö ccntralo de m6d. vet., 20. X. 1899.) 

Die Untersuchungen N.’s über den Microben der Lungen- 
senche sind bereits in der B. T. W. ausfülirlicli besprochen 
worden. Seitdem sind dieselben fortgesetzt worden und ergaben 
folgende Resultate. 

1. Conservirnng der Virulenz. Das Lungenseuchevirns 
verliert bekanntlich sehr rasch seine Virulenz. Auch das rein 
aufgenommene und bestauxbewahrte Matei-ial wird nach 
zwei Monaten, bisweilen noch früher inactiv. Es war somit 
wichtig, festzustellen, ob die successiven Culturen ihre erste 
Virulenz behalten. Diese Frage kann auf Grund der Versuche 
bejaht werden, und behält der Microbe seine vollkommene Viru¬ 
lenz, wenn die Culturen alle vierzehn Tage erneut werden und 
wenn die neue Cultur nicht länger als sechs bis acht Tage im 
Brutapparat bleibt. 

Bei genügender Controle, geübtem Personal ist von jedem Thiere 
ca. l’j ccm Lymphe in minimo zu gewinnen, ca. ’/ioo ccm Lymphe ge¬ 
nügt, um ein Rind durch intravenöse Einspritzung anzusteeken. 
Jedes Lymphthier liefert demnach für ca. 150 Kopf Impfstoff. 
Richtig präparirt hält Bich die Ansteckungsfäbigkeit über 1 Monat. 
Da jedes inficirte und nicht immune Thier bereits ca. 24—48 Stunden 
nach der intravenösen Injection Blasen zeigt, so ist auch ein grösseres 
Quantum Lymphe für Massenimpfungen schnell beschaffbar. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


17. Mai 1900. 

2. Die Versuche, die natürliche Krankheit zu er¬ 
zeugen, sind 8ämmtlich missglückt; dabei ist das virulente 
Material in die Trachea injicirt und gestäubt worden, 
oder nach Trocknung und Pulverisirnng in dieselbe ge¬ 
blasen oder auch direct in das Lungenparenchym gebracht 
oder durch die Digestionswege verabreicht worden. Mit der 
reinen Cnltur des Microben sind die Versuche nicht besser 
gelungen. Die lange fortgesetzte Zerstäubung in der Nähe des 
Kopfes des Versuchstieres macht dasselbe nicht krank und 
macht es auch nicht immun. Die Injection von 15 Tropfen 
einer 12. virulenten Cultur in das Lungenparenchym vermittelst 
einer langen, tief in den sechsten lntercostalraum eingestochenen 
Nadel verursachte keine allgemeine und keine locale Störung und 
keinen Wechsel in der Temperatur, aber das Thier wurde immun. 
N. glaubt aber, dass das Thier eingegangen wäre, wenn die 
Cultur in die Pleura injicirt worden wäre und schliesst dies aus 
einem Versuch der intraperitonealen Inoculation.*) 

Die Injection von je 5 Tropfen einer virulenten Cultur 
(7. Cultur eines zweiten Stammes) in die vordere Augenkammer 
gab ebenfalls keine Störung, das Auge blieb klar, die Thiere i 
zeigten keine Temperaturerhöhung. Auch diese Thiere waren j 
durch die intraoculare Inoculation immun geworden. Die intra- i 
cerebrale Injection einer kleinen Menge von virulenter Cnltur \ 
hatte dagegen immer den Tod der Versuchsthiere verursacht, sie 
war ohne Einwirkung bei vorher immunisirten Thieren. Die 
Verletzung ist daher nicht die Ursache des Todes der Thiere, 
dieselben gehen vielmehr ein an den Folgen der Evolution des 
Virus geradeso, wie die Thiere. die unter die Haut geimpft 
werden. Schon der Umstand, dass die Thiere nach einem ver¬ 
schieden langen Incubationsstadium erkrankten (0, 11 resp. 
14 Tage), gestattet diese Behauptung. Die beobachteten 
Symptome waren verschieden je nach dem Alter der behandelten 
Thiere. Bei jungen Saugkälbern traten multiple Arthritiden 
anf, wie nach der subcutanen Injection der virulenten Lymphe, 
(zwei Kälber denen je 10 Tropfen Cultur in den rechten Gehirn- 
lobns injicirt worden waren, verendeten 25 re9p. 26 Tage nach 
der Inoculation. Sämmtliche Körpersynovialen waren hochgradig 
entzündet, das Exsudat war sehr reich an Microben und ergab 
schöne virulente Culturen. Bei älteren Thieren sind die Symp¬ 
tome: Eingenommenheit, Hinfälligkeit, Schläfrigkeit, ans welcher 
das Thier nur zeitweise ei wacht in schwindelähnlichen Anfällen, 
es drängt an die Wand, kann nicht zurückgehen, knirscht mit 
den Zähnen, stösst Klagetöne aus. Bei einem Versuchsthiere 
war die cutane Hyperaesthesie derart, dass schon ein leichtes 

*) Am 4. Januar 1897 führte N. in das Peritoneum einer Kuh, 
durch Incision des Scheidegewölbes zwei grosse Collodiumsäcke 
ein. die mit Peptonbouillon gefüllt und mit einem Tropfen am 
2. Januar 1897 entnommener Lyrapbc angesäet waren. Bis zum 
15. Januar war die Kuh gesnnd, am 16. stieg die Temperatur plötz¬ 
lich auf 40,8 und schwankte in den folgenden drei Tagen zwischen 
41,2 und 41,6. Gleichzeitig w'urde der Appetit geringer, und der 
Bauch auf Druck empfindlich. Bei der Section war das Becken mit 
gelben, weichen, zerreissbaren Pseudo-Membranen gefüllt, in der 
Bauchhöhle waren 4—5 Liter gelbe Flüssigkeit, die Eingeweide¬ 
schlingen durch fibrinöse Adhaerenzen verbunden. Die zwei Col- j 
lodiurasäcke lagen auf dem rechten Uterusborn, und waren in ein ! 
dichtes, widerstandsfähiges Gewebe eingehüllt, das der Ausgang der 
exsudativen Entzündung zu sein schien. Der eine Sack war noch 
intact, er enthielt in sehr grosser Zahl die gewöhnlichen 
kleinen Punkte der Lungenseucheculturen. Der andere Sack war 
leer, und hatte sein Inhalt die spccifischc exsudative Peritonitis ver¬ 
ursacht. i 


>33 

Anblasen genügte, um einen heftigen Schwindelanfall hervorzurufen. 
N. erwähnt dabei, dass er dieses Symptom öfters bei an Toll- 
wuth erkrankten Wiederkäuern beobachtet habe. Da die Thiere von 
Anfang an nicht fressen, magern sie zum Scelett ab. Bei der 
Section findet man eine starkePachymeningitis um die Inoculations- 
stelle; gelatiniformes Exsudat in den Arachnoidealräumen; sehr ver¬ 
mehrte und microbenreiche Cephalo-arachnoidealflüssigkeit; inten¬ 
sive seröse Infiltration des gesammten injicirten Lobtis, das Ge¬ 
webe desselben ist sehr erweicht und lässt eine grosse Menge 
seröse Flüssigkeit austreten. Wenn der Tod erst später ein¬ 
getreten ist, so ist der Stichcanal der Nadel durch eine breite 
schmntzig-weisse Zone gekennzeichnet, in welcher das nervöse Ge¬ 
webe augenscheinlich durch fibrinöse Massen infiltrirt ist, analog 
denjenigen, welche die Lungenscheidewände verdicken oder das 
Zellgewebe, wenn die Lungenseuche sich langsam entwickelt. Das 
Exsudat, die cephalo-arachnoideale Flüssigkeit und die erweichte 
Nervenmasse geben reiche Culturen, deren grosse Virulenz durch 
die Inoculation bewiesen wird. 

Am Schweife verursacht die Impfung der Cultur dieselben 
Erscheinungen wie die Lungenlymphe. In den gewöhnlichen 
Fristen bildet sich hier eine empfindliche Schwellung, die 
etwas warm und schmerzhaft ist, gewöhnlich keine Neigung hat 
nach dem Schweifansatz fortzuschreiten, vielmehr einige Tage 
stationär bleibt, langsam niedergeht und verschwindet unter 
Zurücklassung der Immunität. 

3. Dauer und Bedingungen der Immunität. Im Verlaut 
seiner Versuche über die Virulenz der Culturen hatte N. einige 
Thiere erhalten, die sich gegen die subcutane Inoculation 
widerstandsfähig zeigten; einige waren schwer erkrankt 
und schienen mehrere Tage verloren; andere waren anscheinend 
in keiner Weise beeinflusst und hatten kaum eine geringe entzünd¬ 
liche Schwellung an der Impfstelle gezeigt. Es war interessant 
festzustellen, ob diese Thiere einige Monate nach dieser ersten 
vergeblichen Inoculation noch immun waren. Bei einem ersten 
Versuche (7. X. 1898) wurden acht Kühe, die von früheren Ver¬ 
suchen restirten, mit je l Cubikcentimeter Lungenlymphe 
geimpft. Eine Kuh zeigte eine handgrosse Anschwellung, 
die innerhalb acht Tagen verschwand. Eine als Control¬ 
thier verwendete und am Schweife geimpfte Kuh hatte eine so 
starke Anschwellung, dass das untere Drittel des Schweifes 
gangraenös wurde und abgenommen werden musste. Bei den acht 
Kühen wurde keine locale oder allgemeine Störung beobachtet, 
bei einer derselben hatte die erste Inoculation vor 21 Monaten 
(11. XII. 1896) stattgefunden. Bei einem zweiten Versuch 
(9. m 1899) injicirte N. je i/ s Cubikcentimeter Lungenlymphe 
suboutan zwei Rindern, die am 23. XII. 1898 in das Auge 
inoculirt worden waren, ohne dass sich eine Störung ge¬ 
zeigt hatte, und vier Kühen, die an demselben Tage mit 
5 Cubikcentimeter einer während einer Stunde (zum Zweck der 
Abschwächung) auf 52° erwärmten 34. Cultur geimpft waren. Von 
diesen vier Kühen hatte nur eine, elf Tage nach der Impfung, 
ein handgrosses, etwas warmes und schmerzhaftes Oedem, ohne 
jegliches Fieber gezeigt. Bei den zwei Rindern und bei der 
Kuh, die etwas Schwellung an der Impfstelle gezeigt hatte, 
blieb die Probeimpfung ohne Wirkung. Von den drei anderen 
Kühen verendeten zwei mit den gewöhnlichen Laesionen, die 
dritte wurde vermittelst Serumiujection geheilt. Es scheint 
somit, dass die Immunität bedingt ist durch die Bildung einer 
wenn auch noch so beschränkten entzündlichen Schwellung an 
der Impfstelle. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


234 

4. Die Cult ur kanu die Lungenlymphe de« 
Willems’scken Impfverfahrens ersetzen. Auch in der 
Praxis ist festgestellt worden, dass die Impfung der Cultur am 
Schweife identische Resultate ergiebt mit der Impfung der 
Lungenlymphe. Die Versuche wurden in der Weise vor¬ 
genommen, dass in denselben Beständen je ein Thier mit Cultur, 
das benachbarte mit Lungenlymphe geimpft wurde, und zwar mit 
»ler Spritze und mit der Lancette. Mehr als hundert Thiere 
waren auf diese Weise geimpft, ohne dass eine schätzbare 
Differenz in den erzielten Resultaten zu notiren war. Die 
Wirkung der Cultur war jedoch regelmässiger und constanter, sie 
hatte keinen einzigen Unfall zur Folge und wurde der praeservative 
Effect vollkommen erreicht. N. schlug deshalb den Impfthier¬ 
ärzten vor, die Cultur an Stelle der sich leicht alterirenden, in 
ihren Wirkungen inconstanten, oft schwer erhältlichen Lungen- 
ljunphe zu verwenden. Eine complette Statistik kann noch | 
nicht gegeben werden, da noch nicht alle Berichte eingegangen sind, j 

Bis jetzt liegen solche vor über G75 Impfungen, von welchen 1 
67 in Paris, 159 in Soissons, 282 in Bordeaux, 222 bei Weidevieh 
in Montferrand vorgenommen wnrden. Während bei den 453 I 
geimpften Stallthieren kein Todesfall vorgekommen ist und die 
Schweifhecrosen sich auf wenige Fälle beschränkten, sind bei 
den Weidetliieren in Montferrand 14 Thiere (6 %) eingegangen. 
Diese Verluste schreibt aber der behandelnde Thierarzt 
(Toudouje in Ambar^s) den sehr mangelhaften hygienischen 
Verhältnissen der betreffenden Weide und der ungenügenden 
Pflege zu, welche den Impflingen zu Theil wurde. 

5. Sero therapeutische Versuche. Vor 4 Jahren 
(11. VI. 1896) hatte N. der Societe Centrale die ersten, ab¬ 
solut negativen Ergebnisse seiner Versuche bez. der Sero- I 
therapie der Lungenseuche mitgetheilt. Er hatte die Hoffnung 
nicht aufgegeben und sich auf die Zeit vertröstet, in welcher j 
die Entdeckung des specittschen Microben neue Arbeiten in ! 
dieser Beziehung gestatten werde. Da ihm diese Entdeckung 
gelungen, injicirte er einer Kuh, die kaum von einer enormen 
Geschwulst geheilt war, weiche von einer Impfung von einigen 
Tropfen einer 22. Cultur in vitro herrührte, innerhalb 6 Monaten 

4 Liter, 730 reiner Cnltnr intraperitoneal Man sollte 
glauben, dass ihr Serum genügend bactericid geworden ist; denn 
eine Mischung von Cultur und Serum, zu t/ 10 , zu 1 4 oder zu 
gleichen Theilen kann ohne Gefahr injicirt werden nach 24, 
10, sogar 2 Stunden Contact. Die Inoculation ist generell und 
local ohne Wirkung. Ausserdem giebt die Impfung der Mischung 
keine Immunität: das Thier erkrankte, als es einen Monat später 
mit einer geringen Quantität Cultur oder Lungenlymphe ge¬ 
impft wurde, an einer umsichgreifenden Anschwellung, wie ein als | 
Controllthier mitgeimpftes noch nicht behandeltes Thier. 

Es scheint somit der Microbe seine Wirkung im Contact 
mit dem Serum verloren zu haben. Dem ist aber nicht so, denn I 
die Saat der Mischung im Bonillon-Martin-Serum giebt in gewöhn¬ 
licher Frist eine typische Cultur, deren Wirkung durch Impfung 
nachgewiesen werden kann. In Wirklichkeit übt das Serum der • 
Mischung eine stimulirende Wirkung auf die Phagocyten des I 
lmpfthiere8 aus, dass sie im Stande sind, alsbald die injicirten * 
Microben unschädlich zu machen. Das Serum ist entschieden j 
praeventiv, leider scheint diese praeventive Wirkung nur von I 
ganz kurzer Dauer zu sein. Die lange Dauer der Versuche und ! 
die hohen Kosten haben N. noch nicht gestattet, die Vor¬ 
bedingungen der praeventiven Serotherapie der Lungenseuche 
fcstzustellen. Bezüglich der curativen Eigenschaften des Serums 


No 20 

erwähnt N., dass, um sie evident zu macheu, grosse Quantitäten 
injicirt werden müssen. Es kann z. B. das Umsichgreifen einer 
Lungenseuchenanschwellung, wenn sie durch eine Impfung 
verursacht ist, eingeschränkt und der Patient gerettet werden, 
wenn eingeschnitten wird, sobald die Temperatur steigt; es 
müssen dann 80 bis 200 Cubikcentimeter (je nach der Grösse 
des Thieres) Serum subcutan injicirt werden, und wenn die 
Temperatur nicht fällt, diese Dosis zwei- oder dreimal nach 
24 resp. ’48 Stunden wiederholt werden. Wenn man zu spät 
einschneidet, wenn die Schwellung schon ausgedehnt ist und 
die Temperatur bereits seit zwei oder drei Tagen 40° über¬ 
steigt, ist das Thier fast immer verloren, auch wenn enorme 
Dosen Serum verwendet werden. Es schien N., als ob die in¬ 
travenöse Iiyection des auf 58° erwärmten Serums eine schnellere 
und wirksamere Action habe. Jedenfalls seien die Versuche, 
wenn auch das Serum noch so schwach und zu grosse Dosen 
nothwendig seien, ermnthigend, und lassen hoffen, dass es bald 
gelingen wird, ein in der Praxis verwendbares Serum her¬ 
zustellen. 

N. beendet seine Arbeit mit einigen Mittheilungen über die 
Cultur des Microben. Das beste Mittel, Culturen auf fester, 
durchsichtiger Basis zu erhalten, auf welcher die Entwickelung 
der Colonien leicht zu verfolgen ist, sei die Ausbreitung einiger 
Tropfen Rind- oder Kaninchenserum auf Bouillon-Martin-Gelatine, 
die in schief gelagerten Röhren erstarren gelassen wurde. Sodann 
hat N. festgestellt, dass der Microbe der Lungenseuche die 
Berkefeld’schen Felder und die Chamberland’sehen Kergen 
(Marke F) passirt. Dadurch ist die Cultur des Microben das 
einfachste, rascheste und sicherste Mittel, die Lungenseuche- 
laesionen von anderen Lungenlaesionen zu unterscheiden. Gleich- 
giltig ob die Lymphe rein aufgefangen wurde, die F.-Kerzen 
von Chamberland und die Berkefeld’schen Filter lassen nur 
den Lungenseuchemicroben passiren und gestatten in wenigen 
Tagen die Herstellung einer reinen, characteristischen Cultur. 

Interessante Verletzungen. 

Verrenkung der Halswirbel. 

Ein Pferd war mit dem Fass in den Halfterstrick geratlien 
und hatte bei den Befreiungsversuchen sich die Verrenkung zu¬ 
gezogen. Es lag auf der linken Seite völlig gelähmt. Am 
Halse fand sich wiederum in der Gegend des 4. und 5. Hals¬ 
wirbels eine starke Krümmung nach links. Das Pferd athmete, 
gab aber sonst gar keine Lebenszeichen von sich und liess sich auch 
nicht aufrichten. Am folgenden Tage machte es einige will¬ 
kürliche Bewegungen und konnte endlich hochgebracht werden, 
jedoch nicht ohne Unterstützung stehen. Der Kopf war stark 
nach rechts und unten gerichtet. Die Einrichtung wurde hier 
in folgender Weise vorgenommen: An jeder Seite des Halses 
wurde ein Strick angebunden, ein breiter Gurt um die Brust 
gelegt und so am stehenden Thier die Extension und Contra¬ 
extension vorgenommen, während die Erhabenheit am Hals mit 
den Händen eingedrückt wuirde. Die Einrichtung schien schon 
vollkommen, schnellte aber wieder zurück. Die Manipulation 
wurde wiederholt und nun nach geschehener Einrichtung der 
Kopf sofort eben so weit nach links an den Brustgurt fest ge¬ 
bunden, wie er vorher nach rechts gestanden hatte. Trotzdem 
erfolgte nochmaliges Zurückschnellen. Nun wurde wiederum 
eingerichtet, der Kopf links wie rechts befestigt, um die ge¬ 
krümmte Halsseite ein starker breiter Lederriemen gelegt und 
nun auf beiden Seiten Schienen angelegt, die mittelst eines Pech- 


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17. Mai 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 235 


verbaudes befestigt wurden. Nach 18 Tagen wurde die Bandage 
eutfernt; die Heilung war eingetreten. (Oberrossarzt Schröder, 
Ztschr. f. Vet. 1899.) 

Subluxation der Halswirbelsftule. 

Bei den Versuchen, sich aus einer Verwickelung zu befreien, 
hatte ein Pferd sich die Subluxation zugezogen. Die Hals¬ 
wirbelsäule beschrieb einen Bogen nach links, dessen Gipfel in 
der Höhe des 4. und 5. Halswirbels lag. Der Kopf war nach 
rechts verdreht. Das Pferd wird geworfen. Ein kräftiger 
Mann kniet unter Schonung der Luftröhre auf den Gipfel der 
Krümmung und versucht, während andere den Kopf ruckweise 
aufheben, durch ruckweisen Kniedruck die Wirbelsäule nach 
unten durchzudrücken, was nach einigen vergeblichen Versuchen 
gelingt. Nach dem Aufstehen ist das Pferd beruhigt und steht, 
während es vorher taumelte, sicher auf den Beinen; Kopf und 
Hals sind normal beweglich. Das Pferd wird hochgebunden, es 
wird ein Brustgurt nmgelegt, und dieser linksseitig durch einen 
Riemen an die Halfter befestigt, so dass der Kopf nicht nach 
rechts genommen werden kann. Nach 3 Tagen hatte sich links¬ 
seitig eine erhebliche Anschwellung gebildet, welche zunächst 
die Beweglichkeit hinderte, sich dann auf dem 4. und 5. Hals¬ 
wirbel localisirte und allmählich unter Behandlung mit einer 
Jodkalisalbe 1:50 wieder verschwand. (Rossarzt Pohl 

Ztschr. f. Vet.) 

Luxation deo Feooelgelenk«. 

Auf steilem Wege bergab brach ein Reitpferd hinten zu¬ 
sammen und ging nicht weiter. Der Metatarsns bildete im 
Fessel einen Winkel von 135 Gr. nach aussen. Beim Versuch, 
die Zehe nach innen zu biegen, schnellte dieselbe mit hörbarem 
Knacken in die natürliche Lage zurück. Das Pferd ging 
lahmend weiter, bekam nach 300 m die Verrenkung wieder, die 
sich wieder leicht einrenken liess, was sich noch fünfmal 
wiederholte. Die Heilung wäre bei 8 Wochen Ruhe wohl 
vielleicht möglich gewesen. Da sich dies nicht zu lohnen 
schien, wurde das Pferd getödtet. Hierbei zeigte sich das innere 
Seitenband des Fesselgelenks durchrissen, ebenso das Kapsel¬ 
band von vorn nach hinten. Auch war an der äusseren Seite 
vom Fesselbein unmittelbar von der Gelenkfläche ein erbsen¬ 
grosses Knochenstück abgebrochen. (Oberrossarzt Richter 
Ztschr. f. Vet. 1899.) 

ZerreiRsung der Kniegelenkbinder beim Pferd. 

Beim Verladen in einen Wagen gerieth das Pferd mit dem 
Fuss zwischen Rampe und Wagen, lahmte hernach stark und 
zeigte auch Störung des Allgemeinbefindens. 2 Tage später 
sass es wie ein Hund in seinem Stand und schwitzte über und 
über. Der rechte Unterschenkel Hess sich passiv nach aussen 
und oben führen, wobei ein rauhes „quurksendes“ Geräusch 
entstand. Das Pferd wurde geschlachtet. Die Section ergab 
folgendes: Das innere Seitenband und die ganze Musculatur 
an der Innenseite des Kniegelenks war zerrissen und zertrümmert : 
die Kniegelenkskapsel geöffnet; auch das hintere gekreuzte Band 
gerissen. Knochenbruch bestand nicht. Wahrscheinlich war die 
Zerreis8ung anfangs unvollständig. (Oberrossarzt Christiani, 
Ztschr. f. Vet. 1899.) 

Therapeutische Notizen. 

Argentum colloidale als Wundmittel. 

Oberrossarzt Tetzner schreibt in der Ztschr. f. Vet., dass 
in seinem Regiment im Sommer eine grosse Zahl kleiner Ver¬ 
letzungen, die gewöhnlich keiner Behandlung bedürfen, durch 


j eine eigentümliche lufeotion sich in schwer heilende Geschwüre 
I umwandelten. Bei diesen probirte er das Argentum colloidale 
I zunächst in 1 procentiger wässriger Lösung zum Betupfen. 
| Schon nach eintägiger Behandlung liess die Secretiou nach: die 
i Geschwüre wurden eigentümlich trocken, schorfig und begannen 
i abzuheilen. Einzelne beim Putzen wieder entblösste Stellen 
j wurden mit einer Salbe von 1:50 Vaseline ebenfalls mit Erfolg 
i behandelt. Auch bei einem schweren Nageltritt erwies sich daR 
Argentum colloidale auf der von den Horntheilen entblössten 
1 verletzten Stelle in wässriger Lösung sehr wirkungsvoll. Nach 
j drei Tagen hatte sich die verletzte Sehnenscheide geschlossen, 
i und überall war junges gutes Horn erzeugt. Endlich wurde 
! auch eine umfangreiche Erosion in der Köthe, welche stark 
| secernirte, durch zweimaligen Verband mit der oben genannten 
! Salbe geheilt. 

I Behandlung des Ekzems mit feuchten Einpackungen. 

Die Behandlung des acuten entzündlichen Ekzems mit 
! feuchten Umschlägen ist alt und wird von vielen mit Erfolg an- 
| gewandt. Bonteignie (Sem. m£dic.) hat diese Therapie nun auch 
seit längerer Zeit bei den hartnäckigen chronischen Ekzem- 
fällen versucht und hat viele dadurch zur Heilung gebracht. 

Er bringt auf die kranken Hautstellen feuchte Borwasser- 
compressen, diese werden mit einem wasserdichten Stoff bedeckt 
und der ganze Umschlag nun mit Binden befestigt. Der Ver- 
j band bleibt gewöhnlich solange liegen, bis Jucken auftritt. Dann 
] wird er gewechselt. Die Behandlung muss mit Ausdauer fort¬ 
gesetzt werden, erzielt aber dann auch gute Resultate. 

Creolln bei Magendarmkatarrh. 

Rossarzt Kram eil gab bei einem Pferde, welches 4 Tage 
1 an starkem Dnrchfall litt, dreimal täglich einen Theelöffel voll 
j Creolin in Haferschleim. Der Durchfall war nach der vierten 
Dosis beseitigt. Bei einem einjährigen Fohlen bestand seit 
| t> Tagen Diarrhoe, Fieber und Pulsbeschleunigung. Es wurden 
| Priessnitz’sehe Umschläge, Mehlwasserinfusionen in den Mast¬ 
darm gemacht und dreimal täglich ein Theelöffel Creolin in 
j \ Liter Haferschleim gegeben. Nach wenigen Tagen Heilung, 
i Ein lOjähriger Wallach litt seit 2 Monaten an Durchfall. Auch 
1 hier bewirkten 4 Tage lang fortgesetzte Creolingaben völlige 
j Heilung. Ztschr. f. Vet. 1899. 

Huflederkitt zum HufverbiRd. 

Um in der Hufsohle Verbandmaterial usw. zu befestigen, 
benutzt man bekanntlich Deckeleisen. Ledersohlen usw., die je- 
I doch viele Nachtheile haben. Als viel practischer bezeichnet 
Rossarzt Frank in der Ztschr. f. Vet. 1899 Sohlen aus 
| Rotten’schem Huflederkitt. Man bereitet solche Sohlen, indem 
| eine entsprechende Quantität von in heissem Wasser knetbar 
i gemachtem Kitt auf einer kalten benetzten glatten Fläche (Ambos) 
; zu einer etwa 6 mm starken hufgrossen Platte ausgewalzt 
i wird. Solche Sohle ist nach Erkaltung sehr widerstandsfähig 
j und wird wie die Ledersohle mittelst der Hufnägel zwischen 
i Huf und Eisen befestigt, nachdem die Hufsohle dem Anlass ge- 
j mäss behandelt und verbunden ist. Man kann auch die Kittsohle 
j einige Millimeter nach aussen über den Tragrand sowie einige 
[ Centimeter nach hinten über die Eiscnschenkel hervorragen 
j lassen, diese überstehenden Ränder mit erwärmtem Spatel er¬ 
weichen und durch Umlegen an die Hornwand bezw. Homballen 
ankitten. (Auf feuchten Flächen haftet der Kitt bekanntlich 
nicht.) Will man die kranke Stelle revidiren, so braucht die 
Kittsohle nicht ganz abgeuommen zu werden, sondern man 
I schneidet mit erwärmtem Messer ein Fenster in die letztere 


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236 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 20 


uud verschliesst dasselbe daun wieder durch ein entsprechendes 
Stück Kitt, dessen Ränder mit erwärmtem Spatel auf die Kitt- 
sohle aufgekittet werden. Für Thiere, die schon wieder leichte 
Arbeit thun sollen, oder für längere Transporte empfiehlt sich 
das besonders. 

Milchsäure gegen Fluor. 

Ausgehend von der Thatsache, dass der Vaginalschleim 
unter normalen Verhältnissen saure Reaction zeigt, welche auf 
den Gehalt au Milchsäure zuriickzufiihren ist, zog Snegirow 
den Schluss, dass dieser Säure eine natürliche, antiseptische 
und antibacterielle Wirkung zukorame. Die daraufhin an- 
gestellten Versuche ergaben, dass durch Anwendung von Irri¬ 
gationen mit einer 3proc. Lösung von Acid. lact. in kürzester 
Zeit profuse und übelriechende Leucorrhoen zum Schwinden 
gebracht wurden; Milchsäure in Substanz oder in Lösung direct 
in den Cervix oder das Cavum Uteri gebracht, bewirkten unter 
starker Epithelabstossung Heilung endocervicaler und eudo- 
metritischer Entzündnngserscheinnugen. 

(Journ. de rned. de Paris.) 

Catgutsterillsation. 

Zu genanntem Zweck werden zwei Verfahren empfohlen. Das 
auf Rollen gewickelte Catgut wird 24 Standen lang in 4 proc. 
Formalin gelegt, dann 10 Minuten in Wasser gekocht und in 
Alkohol aufbewahrt, dem 5 pCt. Glycerin oder 1 pCt. Sublimat 
zugesetzt sind. Das vorherige Aufwickeln ist nothwendig, weil 
sonst unentwirrbare Knäuel entstehen. 

Das zweite Verfahren ist Folgendes. Die Catgutfäden werden 
mit Tupfern oder grüner Seife gut ausgerieben, zur Entfettung 
in mehrmals zu wechselnden Aether gelegt, dann in Alkohol ab¬ 
solutes gewaschen. Dann werden die Rollen zwischen Gaze- ' 
tupfern in einem heissen Luftsterilisator 2—3 Stunden bei lk) l 
bis 140° gelassen, darauf 1—2 Stunden in 1 promill. Sublimat¬ 
lösung gelegt und kommen dann in eine Conservirungsflüssigkeit 
von Sublimat 1, Alkohol 1000 und Glycerin 50. 

Parafona. 

Paraform als 5proc. Paraform coli odium empfiehlt Unna zur 
Verätzung kleiner benigner Hautgeschwülste wie spitzer Condylome 
und papillomatöser Naevi. Es wirkt milde und langsam und lässt 
die Umgebung trocken, kann daher auch den Patienten zur 
Selbstbehandlung überlassen werden. (D. med. Wocb.) 

Ekajodaforn. 

Das Ektyodoform, eine Mischung von Jodoform und Paraform, 
soll die Uebelstände des Jodoforms vermeiden. Thomalla prüfte 
es in 100 Fällen mit 0,05 proc. Gehalt. Die Wirkung auf 
eiternde Wunden war eine gute. Die Eiterung wird eher be¬ 
hindert als beim Jodoform; aber der Geruch des Jodoforms ist 
auch hier vorhanden. 

Beitrag zur Aetiologie der Geschwülste. 

Von Prof. Dr. Schüller-Berlin. 

iContra'bl. f. Bact. n. Parniilk. l'.KO. 23 d. XXVII. II u. IS.) 

Schüller giebt an, in einem Riesenzellensarcom und 
in verschiedenen Carcinomen scharf zu characterislrende, 
wahrscheinlich thierische Organismen in verschiedenen Ent¬ 
wicklungsphasen im Geschwulstgewebe selbst nachgewiesen und 
auch cultivirt zu haben. Verf. sah in den Culturen rundliche, 
ovale, seltener unregelmässig blasige Körper, welche drei- bis 
mehrfach grösser als rothe Blutkörperchen waren und eine gold¬ 
gelbe bis bräunliche Farbe zeigten. Diese Gebilde besitzen 
eine stark lichtbreehende, derbe Capsel und einen dunkleren 
Inhalt. Die Capsel zeigt eine deutliche, radiäre Streifung, 


welche durch Poren zustande kommt, welche die Capsel allseitig 
durchsetzen. Die Inhaltsmasse erscheint zuweilen körnig. — 
Verf. sah, wie die Einzelindividuen aus einer mit ihnen un¬ 
gefüllten Capsel, welche platzte, hervortraten. Im hängenden 
Tropfen zeigten die jungen Individuen eine helle Zone, von 
gelben Wimpern, es scheint sich aber nicht um Wimpern 
im eigentlichen Sinne zu handeln, sondern um Ausläufer des 
Protoplasmainhalts durch die Poren der Hülle. Ortsbewegung 
wurde nie bei den Organismen beobachtet. — Um diese Formen, 
welche nach Verf. leicht in den Carcinomen und Sarcomen auf- 
znfinden sind, deutlich in ihrer Structur zu erkennen, untersuche 
man zunächst im ungefärbten Zustande, einfach in dem Zupf¬ 
präparate des in Alcohol gehärteten Geschwulststücks. In den 
secundär erkrankten Drüsen findet man zumeist die oben 
beschriebenen Jugendformen. Falls eine Färbung der Schnitte 
vorgenommen werden muss, verwendet Schüller eine ganz 
kurze und schwache Alannhaematoxylin oder Alauncanninfärbung, 
welche die Eigenfarbe der Organismen nicht unterdrückt. Verf. 
hat diese Organismen bislang stets nachw'eisen können, er 
untersuchte Epithelkrebse der Lippe, der Kopf- und Lendenhaut, 
zwei Fälle von Zungenkrebs, Krebs der Parotis, des Oberkiefers, 
der Brustdrüsen, des Mastdarms, verschiedene Carcinome der 
Portio vaginalis, ferner zwei Fälle von Riesenzellensarcom des 
Oberkiefers resp. Alveolarfortsatzes, ein älteres Melanosarcom 
der Haut des Oberschenkels, ein Melanosarcom der Leisten¬ 
drüsen etc. Verf. hat frische Fälle im hängenden Tropfen auf 
dem erwärmten Objecttisch untersucht, aber ebenfalls an den 
Organismen nur minimale Formveränderungen beobachtet. Zu 
Culturen wurde der Tumor sofort bei der Operation in ein 
steriles Gefäss gelegt und bei Körperwärme aufbewahrt, und 
unter aller Vorsicht aus der Mitte der Geschwulst kleine Stück¬ 
chen heransgenommen. Als Nährboden verwendet Schüller 
das Geschwulstgewebe selbst. Die Thierversuche resp. die Er¬ 
zeugung von’Geschwülsten mittelst der neu gefunden Organismen 
bei Thieren, ist wegen der Kürze der Zeit noch nicht ab¬ 
geschlossen. J- 

Thierhaltung und Thierzucht. 

26. Mastvieh-Ausstellung. 

Die diesjährige Mastvieh-Ausstellung in Berlin am 9. und 
10. Mai ist mit 1043 Thieren beschickt worden. Der durch 
Herrschen der Maul- und Klauenseuche sich im letzten Jahre 
besonders bemerkbar machende Rückgang ist in diesem Jahre 
wieder ausgeglichen worden. Die Rinderabtheilung umfasst 
712 Thiere. Bedeutend gestiegen ist die Betheiligung aus den 
östlichen Provinzen; Schlesien, Sachsen und auch Schleswig- 
Holstein haben einen Rückgang zu verzeichnen. Ueberwiegend 
bemerkbar machen sich die Stämme des deutschen Hochlandes, 
besonders Simmenthaler. Bei den Bullen ist das Tiefland mehr 
vertreten, namentlich findet man Holländer. Den Kaiserpreis 
für höchste Züchterleistung in jungen Ochsen erhielt Ritterguts¬ 
besitzer von Kierski-Brzeznin in der Provinz Posen. Die 
Schafabtheilung umfasst 210 Thiere in 70 Loosen. Gegen 
das Vorjahr (86 Loose) ist sie zurückgegangen. Unter dem im 
Durchschnitt vorzüglichen Material prävaliren die englischen 
Rassen, indessen sind auch Kreuzungen zwischen diesen und 
Merinos genügend am Platze. Den Züchterehrenpreis erhielt 
hier Frau Landesöconomierath Kiepert-Marienfelde. Die 
Schweineabtheilung zählt 45 (im Vorjahr 37) Loose. Die 


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17 Mai 1900. 


Schweine vepriiBeiitiien mit wenigen Ausnahmen den englischen 
T 3 *pus. Znm ersten Mal seit längerer Zeit sind von einem 
Aussteller aus Sachsen wieder Tamworths ausgestellt. Das 
rothe, langrückige Schwein ist sehr fruchtbar, hat sich aber 
allgemeine Beliebtheit noch nicht errungen. Den Preis des 
Ministeriums holte sich hier Brauer Jetliausen. Eine Neuerung 
dieser Ansstellung ist die Zur-Schaubringnng von geschlachtetem 
Mastgeflügel. K. 

Dänemarks Viehhaltung. 

Das Endresultat der statistischen Bearbeitung der am j 
15. Juli 1898 stattgehabten Viehzählung ist jetzt veröffentlicht 
worden. Der Viehbestand weist danach folgende Zahlen 
auf: Pferde und Füllen 449 264 (gegen 410639 im Jahre 

1893), Rindvieh und Kälber 1 743 440 (1 696190). Schafe 

und Lämmer 1074 413 (1246 552), Schweine und Ferkel 
1178 514 (829 131). Trotzdem der Ausfuhr des Productions- 
überschusses der Viehzucht so erhebliche Schwierigkeiten in den | 
Weg gelegt werden, haben doch, mit Ausnahme der Schafe, alle 
Viehklassen an Zahl zugenommen. 

Tagesgeschichte. 

Zum Abiturientenexamen. 

In theilweisem Gegensatz zu der Mittheilung in voriger No. 

( pag. 223) steht eine andere Nachricht, wonach das ofticielle 
Gutachten des Kaiserlichen Gesundheitsamtes noch nicht erstattet 
sein soll. 

Zur Widerlegung der Behauptung, dass das Abiturienten¬ 
examen bezw. überhaupt eine wesentliche Erhöhung der Vor¬ 
bildung ein Sinken der Frequenz befürchten lasse, sind authen¬ 
tische Angaben über den Zugang an Studirenden bezw. den 
Thierärzten aus demjenigen Ländern, in denen das Abiturienten¬ 
examen besteht, eingezogen worden. 

Aus Schweden, wo das vollgültige Abitnrientenexamen schon 
IH70 obligatorisch gemacht worden ist, hatte Herr Direetor j 
Lundgreen die Güte, mir Folgendes mitzutheilen. Das 1 
Abiturientenexamen ist nicht ein für die sociale Stellung und 
hnmanistische Bildung der Thierärzte, sondern auch für die 
specielle Fachbildung von grösster Bedeutung geworden. Die 
Frequenz ist durchaus nicht gesunken. Die Zahl der neu 
eingeschriebenen, d. h. das Studium beginnenden Studenten 
betrug in den 10 Jahren vor dem Abiturientenexamen 1860 bis 
1869: 4, 6, 6, 9, 9, 12, 16, 10, 5, 3 zusammen 80 oder 8 im 
Durchschnitt. 1870 wurde das Abitnrientenexamen eingefiihrt, 
nnd von 1871—1880 d. h. in den 10 Jahren nachher betrugen die 
qu. Zahlen 7, 2, 4, 13, G, 9, 5, 21, 15, zusammen 82 oder 8.2 
im Durchschnitt. Also keine Spur von Beeinträchtigung. Seit¬ 
her sind die jährlichen Zugänge noch gestiegen (15—25). Die 
Zahl der Studenten aller vier Jahrgänge in Stockholm beträgt 
zur Zeit 66: die Zahl der Thierärzte im Lande 260. Von einem 
Mangel an Thierärzten ist nie die Rede gewesen. 

Betreffs Belgiens hat der Direetor der ecole veterinaire zu 
Brüssel, D£give, bereits auf dem Congress zu Baden (siehe den 
Bericht) angegeben, dass sich die Frequenz von 64 nach Ein¬ 
führung des Abiturientenexamens auf 110 gehoben habe. 

Endlich haben die Herren Nocard und C'adeac auf Er¬ 
suchen des Herrn Geheimrath Lydtin die Güte gehabt, mir die 
Frequenzlisten von Alfort und Lyon zu übersenden. In Frank¬ 
reich wurde 1890 das Baccalaureat eingeführt, welches aller¬ 
dings wohl nicht den vollen Werth unseres Abiturientenexamens 
hat, übrigens aber gegenüber der früheren Vorbildung in Frank- 


237 

reich mindestens eine ebenso hohe Mehvfordernng brachte, w'ie 
das Gymnasial- resp. Real-Gymnasial-Abiturientenexainen bei uns 
gegenüber der Primaner-Reife bedeuten würde. 

Die Wirkung dieser Mehrforderung ergiebt sich aus folgenden 
Listen. 

Lyon. 

Zahl der jährlich neu inscribirten Studenten. 


dem Baccalaureat 

Nach dein Baccalaureat 

1881—59 

1891—31 

1882—71 

1892—47 

1883-10 

1893—41 

1884—52 

1894—50 

1885—51 

X 

1 

4- 

CC 

1886—40 

1896—37 

1887—70 

1897—46 

1888—51 

1898—47 

1889—53 

1899—51 

49*1. 

393. 


Der Jahresdurchschnitt ist demnach ein niedrigerer ge¬ 
worden und zwar um 20 pCt. Es ist dies jedoch ein Zufall; denn 
in den 9 Jahren vorher befinden sich zufällig zwei ausnahms¬ 
weise hohe Frequenzen 1882 und 1887 mit je über 70; in den 
übrigen 7 Jahren betrug der Durchschnitt vor dem Abiturienten¬ 
examen auch nur 49—50. Andererseits ist naturgemäss in den 
ersten zwei oder drei Jahren nach der Einführung der erhöhten 
Vorbildung ein Rückgang zu verzeichnen, weil diejenigen, welche 
von vornherein beabsichtigten, sich dem Studium zuzuwenden, 
nun um soviel länger auf der Schule festgehalten werden, 
bevor sie zum Studium gelangen. Diese 2—3 Uebergangsjahre 
können mithin der Berechnung überhaupt nicht zu Grunde ge¬ 
legt werden. Berechnet man daher nur die 7 Jahre von 
1893—1899, so beträgt der Durchschnitt 45, also nur 8 pCt. 
weniger als vor 1890, was bedeutungslos ist. Das entscheidende 
ist aber, dasH in den letzten Jahren ganz dieselbe Frequenz, 
wie vor Einführung des Abitnrientenexamens, wieder erreicht war. 

Alfort. 

Die Liste giebt nicht nur an, wie viel Studenten jährlich 
neu das Studium begonnen haben, sondern, und das ist in der 
That das Wesentliche, wieviel jährlich die Hochschule nach 
vollendetem Studium als Thierarzt verlassen haben. 


Vor dem Baccalaureat. Nach dem Baccalaureat. 


Neu 

Inscribirte 

Approbirte 

Neu Inscribirte 

Approbirte 

1883 

69 

55 

| 1893 

70 

81 

1884 

79 

63 

1894 

64 

49 

1885. 

71 

5«; 

1895 

69 

40 

188t*». 

82 

57 

| 189t; 

52 

68 

1887 

89 

60 

! 1897 

46 

52 

1888 

87 

67 

I 1898 

68 

61 

1889 

85 

71 

I 1899 

55 

56 


562 

429 

i 

424 

407 

Hier zeigt 

sich also ein 

Rückgang 

der Inscribirten um 


etwa 25%, der auch noch nicht wieder geschwunden war.*) Dagegen 
hat aber der Zugang von Thierärzten nicht abgenommen. Denn 
das Land erhielt von Alfort in sieben Jahren von dem Bacca¬ 
laureat 429 und in demselben Zeitraum nachher 407 Thierärzte. 

*1 Die Zahlen sind erst von 1883 ab angegeben, in Folge dessen 
Ist auch bloss das Septennat 93 99 der Berechnung zu Grunde gelegt. 
Ira Uebrigen weisen gerade die Jahre 1891/93 in Alfort hohe 
Frequenzen auf, die den Durchschnitt lediglich noch günstiger gestalten 
würden, nämlich 67,69 bezw 78,85 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


238 

Darauf aber allein kommt es an, nicht wie viele stndiren, 
sondern wieviele mit Erfolg stndiren, nicht auf den Zugang der 
Studenten, sondern auf den Zugang an jungen Thierärzten. 
Gerade darin ist die Tabelle von Alfort besonders lehrreich. 
Man sieht, dass sich trotz einer Verminderung der Studenten¬ 
zahl die Zahl der producirten Thierärzte in Folge der verbesserten 
Qualität der Studirenden auf derselben Höhe hält. Nichts zeigt 
klarer als gerade diese Erscheinung den immensen Vortheil des 
Abiturientenexamens: Die al'gemeine bedeutende Steigerung der 
durchschnittlichen Fähigkeiten, die Sicherung eines erfolg¬ 
reichen Studirens und die Beseitigung lediglich derjenigen 
Elemente, welche so wie so nur zwecklos die Bänke drücken. 

Hiernach ist der Beweis erbracht, dass die allgemeine 
Erhöhung der Vorbildung nirgends die Zahl der Thierärzte 
mindert, dagegen ihre Tüchtigkeit steigert und die Hochschulen 
von unnützem Ballast befreit. Schmältz. 

Regelung de« ungarischen Staats-Veterinärwesens. 

Der Gesetzentwurf über die Verstaatlichung des ungarischen 
öffentlichen Veterinärdienstes ist nunmehr fertiggestellt. Sein 
Schwerpunkt liegt in Folgendem: Der Vollzug der veterinär¬ 
polizeilichen Anordnungen lag bisher grossentheils in den Händen 
von Thierärzteu, welche im Communaldienst standen und deu ! 
Staatsbehörden nur mittelbar unterstellt waren. Der Gesetz- i 
entwnrf erstrebt nun die allgemeine Verstaatlichung des öffent- ; 
liehen Veterinärdienstes dadurch, dass auch jene bisher im 
Dienste der Gemeinden etc. stehenden Thierärzte Staatsbeamte ' 
werden. 

Bisher waren rund 100 Staatsthierärzte angestellt. Ausser- ' 
dem waren nach dem Jahresbericht für 1898 in Ungarn vor- j 
handen 845 Civilthierärzte aller Art (Komitat-, städtische, | 
Gemeinde- und Privatthierärzte). Die Gesammtzahl betrug somit 
945. Nach dem Entwurf sind sofort 601 staatsthierärztliche 
Stellen vorgesehen, also das sechsfache der bisherigen Zahl, und j 
allmählich sollen diese auf 850 vermehrt werden. I )urch den Ent¬ 
wurf werden also mit einem Schlage zwei Drittel aller zur Zeit in 
Ungarn vorhandenen Civilthierärzte Staatsbeamte, sodass man 
thatsächlich von einer Verstaatlichung des Veterinärdienstes j 
nicht nur, sondern fast des Veterinärstandes sprechen kann. ! 

Unter diesen Umständen gewinnt es auch eine entscheidende 
Bedeutung, dass die staatliche Anstellung unbedingt an die 
Ablegung der Physicatspriifnng und diese wieder an das 
Abiturientenexamen geknüpft ist. Dadurch ist den aus Kur¬ 
schmieden hervorgegangenen Militärthierärzten der Uebertritt 
in Civilbeamtenstellen, also zu zwei Dritteln der civilthierärzt- J 
liehen Stellen überhaupt, verschlossen. Die einem Theil .der 
Militärthierärzte vorbehaltene Ausnahmestellung in der Vor¬ 
bildung verliert dadurch jeden merklichen Einfluss auf die 
Stellung des Civilveterinärstandes und wird desshalb auch 
künftig, wie schon bisher, den Zugung zum Studium nicht 
beeinflussen. I 

Es werden folgende Rangstufen und Titel geschaffen: Ein 
Veterinär-Oberinspector in der VI. Rangklasse und Veterinär- 
Inspectoren in der VII., diese als Organe des kgl. Ackerbau¬ 
ministeriums. Die Thierärzte bei den nachgeordneten Behörden 
rangiren in drei Klassen als königlich ungarische Ober¬ 
thierärzte in der VIII. Rangklasse, desgl. Thierärzte I. und | 
II. Klasse in der EX., bezw. X. Rangklasse; dazu kommen noch 
Assistenz-Thierärzte in der XI. Rangklasse. Diejenigen kgl. 
ungarischen Thierärzte, welche den Dienst bei den Behörden 
zweiter, d. h. höherer Instanz (Obergespan etc.) versehen, führen I 


No. 20. 


die Amtsbezeichnung Municipal-Thierarzt; diejenigen, welche bei 
den Behörden I. Instanz thätig sind, heissen Bezirks- und 
städtische Thierärzte. 

Der Entwurf, der den Character einer Organisation in 
grossem Styl trägt und geeignet ist, das ungarische Veterinär¬ 
wesen in fester Ordnung auf eine hohe Stufe zu bringen, soll 
in einer der nächsten Nummern im Wortlaut veröffentlicht 
werden. Er enthält namentlich auch die Disposition der Dienst¬ 
obliegenheiten der einzelnen Organe. 

XXXIII. 6eneral-Versammlung 
des thierirztlieliea Provinzialvereins für Pose« 

am 10. Juni d. J. Vormittags 11 Uhr, 
in der Kolonnade des Restaurant Duemke zu Posen, Wilhelmsplatz. 

Tages-Ordnung. 

1. Geschäftliche Mittheilungen. 

2. Beschlussfassung über eine event. Abänderung bezw. Ergänzung 

der Statuten behufs Erlangung der Rechtsfähigkeit des Vereins. 

Der Sitzung wird sich unter erwünschter Beteiligung der 
Damen ein Rundgang durch die landwirtschaftliche 
Ausstellung, um 4 Uhr Nachmittags ein gemeinsames 
Diner im Rest. Duemke und um 8 Uhr Abends ein Kommers 
im Restaurant des neuen städtischen Schlacht- und Viehhofes 
anschliessen. 

Die Herren Kollegen werden gebeten, gefälligst die Zahl der 
gewünschten Couverts zum Diner — Couvert 4 Hk. — dem Unter¬ 
zeichneten bis spätestens 6. Juni d. J. anzeigen zu wollen. 

Posen im Mai 1900. 

Heyne 

Vorsitzender des Thierärztl. Prov.-Vereins f. Posen. 

Fiflhjahra-General-Versammlung des Vereins Rheinpreussisober Thierärzte. 

Samstag, den 19. Mai, im Lokale des Zoologischen Gartens 
in Köln, Vormittags 11 Uhr. 

Tagesordnung. 

1. Vereins- und Standes-Angelegenheiten. 

2. Betheiligung der Thierärzte am Unterricht an den land¬ 
wirtschaftlichen Lehr-Anstalten der Rheinprovinz. Referent 
Kreisthierarzt K i ts c h fe 1 d-Wetzlar. 

3. Ueber die Stellung der Thierärzte in der Rheinischen 
Pferdezucht. Referenten Kreisthierärzte Decker-Mayen und 
0 e 11 e r i c h-Euskirchen. 

4. Aus der Praxis. 

Nach Erledigung der Tagesordnung findet ein gemeinschaftliches 
Mittagessen Btatt. 

Aachen, den 4. Mai 1900. 

Der Vorsitzende: Dr. Schmidt. 

Versammlung des tierärztlichen Vereins im Reg.-Bez. Köslin 

am Sonntag, den 27. Mai 1900, 11 Uhr Vormittags zu Köslin 
in Lüdtkes Hotel. Tagesordnung: 1. Geschäftliches: a) Ge¬ 
schäftliche Mitteilungen, b) Wahlen des Vorstandes und der 
Delegirten für den Centralverein und Veterinärrath, c) Rechnungs¬ 
legung, d) Bericht über den VII. internationalen Congress in 
Baden-Baden. Berichterstatter Dr. Schwarz-Stolp. 

2. Vorträge: 

a) Ueber eine neuere Methode der Spatbehandlung, Kreis¬ 
thierarzt Paula t-Riuninelsburg. 

b) Vortrag des Kreisthierarztes Spitzer - Dramburg 
(Thema Vorbehalten). 

c) Vortrag des Kreisthierarztes Träger-Belgard (desgl.). 

3. Besprechungen der Impfungen gegen Rotlauf der 
Schweine, eingeleitet vom Vorsitzenden. 

Um 3k, Uhr gemeinschaftliches Mittagessen unter erbetener 
Theilnahme der Damen. Gedeck 3,00 M. Anmeldung der Gedeoke 
bis spätestens zum 21. Mai an Dep.irtements-Thierarzt Briet zman n- 
Köslin erbeten. 

Der Vorstand I. A.: 

Brietzmann, I. Vorsitzender. Dr. Schwarz, Schriftführer. 

Thierärztlicher Verein für die Provinz Brandenburg. 

Sechzigste General-Versammlung 
am Sonntag, den 27. Mai 1900, Vorm. 11 Uhr 
im .,Heidelberger“, Centralhotel Berlin. 

Tagesordnung: 

Geschäftliche Mitteilungen, Aufnahme neuer Mitglieder. 
Neuwahl des Vorstandes und der Delegirten znrCentral-Vertretung. 


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17. Hai 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


239 


Wie soll sich der Verein gegenüber den Bestimmungen des 
neuen bürgerlichen Gesetzbuches, Vereine betreffend, verhalten. 
Referent Prof. Eberlein. 

Practische Erfahrungen über Actinomycose bei Rindern. 
Vortrag von Kreisthierarzt Kiekhäfer. 


Ueber Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche. Von 
Kreisthierarzt Graffunder. 

Mittheilungen aus der Praxis. 

Der Vorstand 
Schmaltz. 


Oeffentliches Yeterinärwesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 
(siehe Beilaage zu dieser Nummer). 


Fleisehsehaa and Viehverkehr. 
Oberverwaltungs-Gerichtsentscheidung, betr. ControHe der Schlachthäuser 
durch die Staatsbehörden. 

Die Ztschr. f. Fl. u. M. Januar 1900 berichtet über fol¬ 
genden Rechtsstreit. Nach dem preussischen Ministerialerlass 
vom 18. Nov. 1897 hat der Kreisthierarzt in Verbindung mit der 
Ortspolizeibehörde zu entscheiden, ob die Kühl- und Pökelräume 
eines öffentlichen Schlachthofes zur Unschädlichmachung finnigen 
Fleisches geeignet sind. Eine solche Controlle durch den be¬ 
amteten Thierarzt hatte der Polizeipräsident von Königsberg 
angeordnet. Der Magistrat verwahrte sich gegen die Ausübung 
dieser Controlle, und als dieselbe durch eine erneute Verfügung 
unter Strafandrohung erzwungen wurde, strengte der Magistrat 
die Klage auf Aufhebung der Verfügung an. Der Bezirks¬ 
ausschuss wies die Klage ab mit folgender Begründung: Nach 
§ 10 T. I, Tit. 17 des A. L. hat die Polizei die Aufgabe, vom 
Publikum Gefahren abznwenden. Diese Befugniss ist nur in¬ 
soweit beschränkt, als bestimmte Sondervorschriften bestehen. 
Solche fehlen im vorliegenden Falle. Der Polizeibehörde steht 
hier der Magistrat nicht als Behörde, sondern nur als Vertreter 
der Stadtgemeinde, der Eigenthümerin der Schlachthofanlage, 
gegenüber. Bei der polizeilichen Beaufsichtigung aber macht 

Bücheranzeigen und Kritiken*). 

in. 

Goltz, Schlaohthofdlreotor zu Cöln: Historische Studien auf dem 
Gebiete der Fleischnahrung und Fleischbeschau. Selbstverlag des Ver¬ 
fassers. 2,25 M. 180 Seiten. 

Das Buch beansprucht, wie auch sein Titel zu erkennen 
giebt, nicht, eine vollständige Geschichte des Fleischgenusses 
and seiner Regelung bis in die graue Vorzeit zu geben. Dazu 
würden bei der Weite des Gebietes doch zu ausgedehnte 
Quellenstudien gehören. Aber wenn die Darstellung auch nicht 
in alle Tiefen eindringt, so bietet sie doch des Wissenswerthen 
and Interessanten sehr viel und zeugt von grossem Fleiss und 
umfassender Kenntniss. Die Hauptcapitel sind folgende: Vor¬ 
geschichtliche Zeit, Alt-Aegypten, die Israeliten, denen ein 
Drittel des Buches gewidmet ist, die Speise- und Fasten-Vor¬ 
schriften der christlichen Kirche, die Mohamedaner. Die 
Lectüre des Buches ist recht zu empfehlen. 

Dr. Haefke, Agricurturchemlker: Die technische Verwerthung von 
tlilerlachen Cadavern u. s. w. Hartleben’s Verlag, Wien, Pest und 
Leipzig 1899. 

Das ca. 300 Seiten klein Octav starke Buch erscheint als eine 
Erweiterung einer 1897 erschienenen Schrift „Beseitigung und 
Verwerthung von Fleischabfällen und thierischen Cadavern“ des¬ 
selben Verfassers. In der jetzigen Gestalt bietet es eine 
recht vollständige Darstellung des einschlägigen Materials. 
Eine kurze Inhaltsangabe wird den Special-Sachverständigen am 
besten orientiren. Der Inhalt ist folgender: Der gewöhnliche 

*) In voriger No. (pg. 227) ist zu lesen: Prof. Dexler (nicht Dexter). 


es keinen Unterschied, ob ein Schlachthaus von einer Commune 
oder von einem Privatunternehmer geleitet wird. Gegen miss¬ 
bräuchliche Beaufsichtigung stände der Beschwerdeweg offen. — 
Diese Entscheidung focht der Magistrat beim Oberverwaltungs¬ 
gericht an. Er gab nunmehr zu, dass den Organen des Polizei¬ 
präsidenten die sanitätspolizeiliche Aufsicht zustehe, bezeichnete 
aber das Verlangen, dass der Kreisthierarzt den Schlachthof 
jeder Zeit betreten dürfe, als zu weit gehend. Das Ober¬ 
verwaltungsgericht hat jedoch diese Berufung verworfen. 

Dlnisobe Ausfuhr. 

In den drei Jahren 1897, 1898 und 1899 führte Dänemark 
aus an lebendem Vieh 61 bezw. 33 bezw. 24 Tausend. Die 
Ausfuhr verringerte sich also fast auf ein Drittel. Dagegen 
wurde in den gleichen Jahren an Fleisch ausgeführt 6 bezw. 
17% bezw. 24 Millionen Pfund. Die Fleischausfuhr steigerte sich 
also auf das Vierfache. (Ztschr. f. Fl. u. M. 

Finnen beim Schafe. 

Im Herzen und der Körpermusculatur eines Schafes sassen 
zahlreiche erbsengrosse käsige Gebilde in bindegewebiger Hülle. 
In jedem derselben fanden sich die für Cysticercus cellulosae 
characferistischen Haken. (Colberg, Ztschr. f. Fl. u. M.) 

Abdeckereibetrieb, die Verarbeitung der Häute, der Haare, die 
gewerbliche Ausnutzung des Fleisches, Verwendung des Blutes, 
Verarbeitung der Knochen, (Hörner, Hufe, Darmschleim, 
Dünger, Fischereiabfälle), dreiunddreissig gemischte Verfahren 
zur Verarbeitung von Schlachthofabfällen, die Apparate zur 
Verwerthung ganzer Cadaver (Kafilldesinfector, Podewils, Otte, 
Hartmann, Pfützner, Holthaus, Wilke, Rübenkamp, Tejers), all¬ 
gemeine Besprechung der bisher construirten Apparate, die mit 
gespanntem Dampf arbeiten, das Fleischmehl als Futtermittel. 

Da« Veterinftrweaen In Bosnien und der Herzegowina seit 1879. 
Herausgegeben von der Landesregierung Sarajewo 1899. 

In diesem sehr gut ausgestatteten Werke wird die Ent¬ 
wicklung des Veterinärwesens in jenem interessanten Land ge¬ 
schildert und eine recht vollständige Uebersicht über den gegen¬ 
wärtigen Zustand auf allen einschlägigen Gebieten gegeben. 
Solche authentischen Darstellungen des Veterinärwesens eines 
Staates, namentlich eines jungentwickelten, sind auch für das 
Ausland sehr willkommen. Das Veterinärwesen untersteht in 
Bosnien einem Landesveterinär; ausserdem sind 6 Kreisthierärzte 
und 24 Districts-Thierärzte staatlich angestellt. 

Kästenbaum, Grundriss der Tbiersenohen und der Parasitenkrankbeiten 
für Landwirthe. Wien und Leipzig bei Wilhelm Braumüller ( 
1899, ca. 300 Seiten. 

Das Buch verfolgt den Zweck, die Landwirthe über die oben¬ 
genannten Krankheiten zu orientiren und sie in Prophylaxe und 
Bekämpfung, soweit diese Sache des Thierbesitzers ist, zu 
belehren. Der Autor erreicht seinen Zweck in einer Weise, 
die sieh von den vielen anderen populären Werken vorteilhaft 
unterscheidet. Er verbindet geschickt die populäre Dar- 


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240 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 20. 


Stellung mit der Rücksicht auf den wissenschaftlichen Stoff; 
der Auswahl und Abgrenzung des letzteren kann man zu¬ 
stimmen. Das Buch verdient die Aufmerksamkeit der Kreise, 
für die es geschrieben ist. 

Fleisohbeschau-Gesetze und Verordnungen des Königreichs Sachsen 
von Dr. Sledamgrotzky-Leipzig, Rossbergsche Hofbuchhandlung 
1,60 M. — Die Fleischbeschau und Schlachtviehversicherungs¬ 
gesetze und Verordnungen für das Königreich Sachsen von 
Dr. Tempel-Dresden, Schönfelds Verlag 2 M.; dasselbe heraus- i 
gegeben vom Verlag des empirischen Fleischbeschauers Reiss¬ 
müller in Chemnitz. 

Die Bücher sind durch die Neuregelung der Fleischschau 
und Schlachtviehversicherung in Sachsen veranlasst. Das von 
Siedamgrotzky stellt den 120. Band der „Handausgabe 
Königl. Sächsischer Gesetze“ dar und bildet zugleich eine 
Ergänzung zu den Werken des Verfassers „Das Veterinärwesen“ 
und „Die Veterinärpolizeigesetze“ im Königreich Sachsen. Das 
Buch von Tempel umfasst neben der Fleischbeschau auch die 
Schlachtviehversicherung und ist etwa 80 Seiten stark. Das 
zuletzt genannte Werkchen ist speciell für empirische Fleisch- 
beschaner bestimmt. 

Neumanns Landwirthsohaftliohe Böchersammlung. Das Reichsvieh¬ 
seuchengesetz nebst der Bundesraths - Instruction etc. Von 
F. Köpping, Kreissecretär. HI. Auflage. Neudau 1900. — 
Das 180 Seiten starke Buch hat für thierärztliche Kreise kein 
Interesse, da für deren Zwecke competentere Bearbeitungen 
vorliegen. 

Personalien. I 

Auszeichnungen: Dem herzogl. braunschweigischen Kreisthierarzt 
Saake-Wolfenbüttel ist der Titel Medicinalassessor verliehen worden. 

Ernennungen etc. in Bayern: Oskar Bestie, Districtsihierarzt 
in Lauingen, zum Bezirksthierarzt in Sonthofen (Schwaben), Andreas 
Schneider, Bezirksthicrarzt für den Stadtbezirk München, zum 
Nachfolger des pensionirten Bezirks- und Oberthierarztes Dechsler 
— H. Bossert, Kreisthierarzt in Würzburg, zur Function eines 
Mitgliedes des Kreismedicinalausschusses von Unterfranken nach 
Aschaffenburg und Herrn. Sand, BezirkBtbierarzt in Pegnitz, in 
gleicher Eigenschaft nach Uffcnheim (Mittelfr.) versetzt. 

Thierarzt Fuchs-Strassburg zum Cantonalthierarzt für den 
Canton Schiltigheim (Strassburg) unter Betrauung mit den thierärztl. 
Functionen. — Gewählt: die Schlachthofthierärzte Bobell, 
Illgen und Karnahl, sämmtlich in Leipzig, zu Sanitätsthierärzten 
in Plauen, bezw. Wilkau, bezw. Freiberg i. Sachs. Als Nachfolger 
derselben sind die Thierärzte Max Kunze (Dahlen), Carl Schroeder j 
(Warin bezw. Leipzig), F. Bertuch (Gotha) und Fritz Türk (Leip- j 
zig) am Leipziger Vieh- und Schlachthof angestellt worden. Ferner 
die Thierärzte A. Fas old (Dresden) zum städt. Thierarzt in Marien¬ 
burg (8.), Günther, Amtstbierarzt in Waldheim, zum städt. Thier¬ 
arzt in Eibenstock i. S., A. Jänicke (Lunzenau) zum städt. Thier¬ 
arzt in Rocblitz, Dr. Pflücke (Crimmitschau) zum Sachverständigen 
für die staatl. Schlachtviehversicherung in Dresden, J. Wahl 
(Böhmenkirch) zum Stadtthierarzt in Nürtingen (Wiirttemb.\ 
W. Wunderling zum Hillfsthierarzt am Berliner Schlachthof. 

Approbationen: In Berlin: die Herren Richard Augat, Otto 
Kirsch, Karl Bannasch und Remmele. 

Promotion: Schlachthofthierarzt Kabitz-Hannover zum Dr. 
raed. vet. 

Wohnsltzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die 
Thierärzte E Dick von Cammin nach Brieg Bez. Breslau, Erdwin 
Fnnck nach Teterow (Schlachthof), Grimm (Zittau), Bezirksthier¬ 
arzt a. D., nach Dresden-Strehlen, Grothe, Polizeithierarzt in Berlin, 
nach Nowawes bei Potsdam, H. Zilluff nach Schroda (Posen), 


Rocssler (Dresden) nach Niederplanitz bei Zwickau. — Thierarzt 
Hans Lucas hat sich in Montjoie, Rbz. Aachen, Thierarzt Woher sin 
(1896) in Schivelbein (Bez. CöBlin) niedergelassen. 

Todesfälle: die Bez.-Thierärzte a. D. Brell-Mindelheim, Bremer- 
Vilshofen und Veith-Bühl, Oeconomierath Mayer, Docent für Huf¬ 
beschlag an der thierärztl. Hochschule in Stuttgart, Schlachtbof- 
director Maul-Meerane (Sachsen). 


Yacanzen. 

Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Aachen: Montjoie (600 M., ausserdem 300 M. Stellenzulage und 
600M. Kreiszuschuss, sowie ev. voranssichtl. 800M. für Beaufsichtigung 
der städt. Fleischbeschau). Bew. bis 1. Juni er. an den Regierungspräs. 

— R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich Eireiszuschuss). 

— Stolp(Nord) (erneut ausgeschrieben) mit dem Amtssitz in Glowitz. 
Gesuche an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Wiesbaden: St. 
Goarshausen (600 M. Gehalt, 500 M. staatl. Stellenzulage und 300 M. 
Kreiszuschuss.). Bewerb, b. 20. Mai er. a. d. Regierungspräsidenten. 

Saaltätsthlerarztotellen: a) Neu ansgeschriebene Stellen: 
Buchholz i. Sachsen: Tbierarzt f. Schlachtvieh u. Fleischbeschau 
(ca. 2500 Mk. Privatpraxis). Bewerb, bis 22.Mai er. an den Stadtrath. — 
Düsseldorf: 2 Assistenzthierarzt am Schlacht- und Viehhof zum 
1. Juli er. (2400 M. Anfangsgehalt; 6 Monate Probezeit; 3 monatl. 
Kündigung;Pension.)Bewerb, bis 20.Mai an den Oberbürgermeister. — 
Frankfurt a. 0.: Schlachthofdirector znm 15. Juni er. mit Qualifika¬ 
tion zum beamt. Thierarzt. (3600 M., steigend bis 4800 M., Wohnung 
etc. Keine Praxis, l^ähr. Probezeit, Jijähr. Kündigung). Bewerb, 
bis 26. Mai an den Magistrat. — Lugau (Sachsen); Thierarzt zum 
1. August. (Aus der Fleischbeschau 2000 Mk. Privatpraxis.) Be¬ 
werb bis 20. Mai an den Gemeinderath. — Ne h e i m :Schlachtbof- 
director zum 1. Juni er. (2000 M. Wohnung etc. Privatpraxis.) 
Bewerb, an den Magistrat. — Pritzerbe: Thierarzt für Schlicht- 
vieh- und Fleischbeschau, sowie Trichinenschau im Stadtbezirk 
(1000 M. und Privatpraxis.) Meid, bis 20. Mai er. an den Magistrat. 

— Schivelbein: Thierarzt für Fleischschau (ca. 2400—3000 M.; 
Praxis gestattet). Meid, beim Magistrat — Waldheim (Sachsen): 
Schlachthofthierarzt zum 1. Juni er (3000 M. Pensionsberechtigung. 
Die in Aussicht stehende Trichinenschau besonders vergütet. Privat¬ 
praxis im Stadtbezirk.) Bewerb, bis 20. Mai er. an den Stadtrath. 

— Wamsdorf, Bez. Leipzig: Tbierarzt für Fleischschau in W. 
und in den Nachbargemeinden. Meid, an den Gemeindevorstand. 

— Wetter (Ruhr): Thierarzt für Fleischbeschau sofort. (1800 M., 
Privatpraxis). Meid, bis 20. Mai an den Amtmann. 

b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Eberswalde: Schlachtbofinspector. — Filehne: Schlachthof¬ 
inspector. — Graudenz: Scblachthofassistenzthierarzt. — Johann- 
georgenstadt u. Nachbargemeinden: Thierarztfür Fleischbeschau. 

— Königswartha i. S.: Thierarzt für Fleischbeschau. — Lunzenau: 
Thierarzt für Fleischschau. — Mülhausen (Eisass): Schlachthof¬ 
verwalter. — Pössneck: Thierarzt für Fleischbeschau. — Wanne: 
Schlachthofvorsteber. 

Privatstelien: 1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt. — 
Mengeringhausen(Waldeck): Thierarzt. — Rhino w (R.-B Potsdam): 
Tbierarzt. Schloppa (WeBtpr.): Thierarzt sofort, (ca. 1000 M. aus der 
Fleischbeschau). Meid, an den Magistrat. — Schwarzenberg i. S.: 
Thierarzt für Fleischbeschau u. Praxis. — Sonnenburg: Thierarzt.— 
Suelze (Mecklb.): Thierarzt (300 M. Fixum aus der Stadtkasse). 
Bewerbungen an den Magistrat. — Weilerbach, Bez.-A. Kaisers¬ 
lautern: Thierarzt (750 Mark Beihülfe). Meid, bis 15.,6. an den 
Bürgermeister. — Wolkenstein: Thierarzt für Praxis und Fleiseh- 
schau. 

Besetzt: Sanitätsthierarztstellen in Freiberg i. S., Plauen. 


Bayern: Abiturientenexamen betreffend. 

Das Plenum der bayerischen Kammer hat die Petition des 
deutschen Veterinär-Rathes, betreffend das Abiturientenexamen 
ohne jeden Widerspruch der Regierung zur Würdigung übergeben. 


Verantwortlich fOr den Inhalt (exel InacratcntboU): Prof. Dr. Bchmalta in BerUn. — Verlag and EÜgenämm von Richard Soboeta ln Berlin. — Druck von W. BQxenitoin, Berlin 


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Gratis-Beilage zur Berliner Thierärztlichen Wochenschrift. 

Mittheilungen iftr Veterinär beamte. 

Dieselben erscheinen unter Mitwirkung zahlreicher Departements- und Landesthier&rzte 

in zwanglosen Nummern. 

VIII. Serie. 17. Mai 1900. M 2. 


Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preussen am 30. April 1900. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche herrschte 
in 

1 

]7 ; | Gemeinden 

Krcl9ei1 (Gutabez.) 

Von je 100C 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht: 

Königsberg. 

6 

9 

2,20 

Danzig. 

6 

12 

9,52 

Marienwerder. 

8 

19 

8,39 

Berlin. 

1 

1 

— 

Potsdam. 

10 

40 

15,46 

Frankfurt. 

6 

17 

6,24 

Stettin. 

10 

34 

18,12 

Köslin. 

7 

24 

12,42 

Stralsund. 

3 

29 

32,54 

Posen. 

14 ! 

23 

6,98 

Bromberg. 

7 ' 

16 

7,19 

Breslau. 

11 1 

18 

4,73 

Liegnitz. 

14 1 

29 

10,30 

Oppeln. 

4 i 

4 

1,42 

Magdeburg. 

12 

45 

31,25 

Merseburg. 

10 

16 

6,92 

Erfurt. 

3 | 

4 

6,82 

Schleswig. 

3 

5 

2,34 

Hannover . 

6 

11 

17,48 

Hildesheim. 

10 1 

19 

26,24 

Lüneburg. 

6 

15 

10,17 

Stade . 

1 

1 

1,37 

Osnabrück. 

2 

2 

3,57 

Äurich. 

1 

1 

2,92 

Münster. 

1 

1 

3,73 

Minden. 

2 

3 

5,88 

Arnsberg. 

7 

12 

14,11 

Cassel. 

11 

16 

9,56 

Wiesbaden. 

9 

13 

13,88 

Koblenz. 

7 

9 

8,61 

Düsseldorf. 

7 

15 

34,88 

Köln. 

2 

4 

13,51 

Trier. 

6 

: 13 

11,53 

Aachen. 

2 

2 

5,12 

Hohenzollern-Sigmaringen 

3 

5 

39,37 

Summa: 

218 

487 

— 


Nachweltung Ober den Stand der Viehseuohen im Deutschen Reiche 
am 30. April 1900. 

Es waren am 30. April 1900 in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: Regierungsbezirke Gumbinnen, Marienwerder, 
Frankfurt, Berlin, Breslau, Liegnitz, Hildesheim, Stade je 
1 Kreis bezw. 1 Gemeinde. R.-B. Posen 2 (2). R.-B. Brom¬ 
berg 3 (6). R.-B. Oppeln 3 (5). — Bayern: R.-B. Ober¬ 
bayern 2 (2). R.-B. Niederbayern 1 (1). R.-B. Schwaben 2 (2). 
Württemberg: Donaukreis 2 (2). Baden: Landescomm. 
Constanz 1 (1). Braunschweig: 1 (1). Sachsen-Coburg- 
Gotha: Herzogthum Gotha 1 (3), Elsass-Lothriugen: Be¬ 
zirk Lothringen 1 (1). 


B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 19 (46). R.-B. Niederbayern 
4 (11). R.-B. Pfalz 6 (6). R.-B. Oberpfalz 4 (5). R.-B. Ober¬ 
franken 10 (22). R.-B. Mittelfranken 10 (11). R.-B. Unter- 

franken 11 (23). R.-B. Schwaben 13 (34). Sachsen: Kreis- 
hauptm. Bautzen 2 (3). Kreishauptm. Dresden 1 (1). Kreis- 
hauptm. Leipzig 4 (14). Kreishauptm. Zwickau 6 (10). 

Württemberg: Neckarkreis 13 (23). Schwarzwaldkreis 15 (39). 
Jagstkreis 8 (16). Donaukreis 16 (56). Baden: Landescomm. 
Konstanz 9 (15). Landescomm. Freiburg 10 (15). Landes¬ 
comm. Karlsruhe 6 (11). Landescomm. Mannheim 6 (10). 
Hessen: Provinz Starkenburg 1 (1). Provinz Oberhessen 6 (18). 
Provinz Rheinhessen 3 (3). Mecklenburg-Schwerin: 8 (24). 
Sachsen-Weimar: 5 (15). Mecklenburg-Strelitz: 1 (4). 
Braunschweig: 4 (21). Sachsen-Meiningen: 4 (6). 

Sachsen-Altenburg: 2 (3). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzog¬ 
thum Gotha 3 (5). Grossherzogthura Oldenburg 1 (1). Anhalt: 
3 (11). Elsass-Lothringen: Bezirk Unter-Elsass 4 (8). Bezirk 
Ober-Elsass 4 (15). Bezirk Lothringen 3 (4). Reussj.L.: 1(2). 
Sc h war zbnrg-Rudolstadt, Wal deck, Lippe, Hamburg je 1. 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Magdeburg 3 (3). R.-B. Merseburg 1 (1). 
Sachsen: Kreishauptm. Zwickau 2 (6). 

D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest): 
Preussen: R.-B. Königsberg 6 (9). Gumbinnen 1 (1). 
Danzig 3 (7). Marienwerder 4 (6). R.-B. Potsdam 4 (7). R.-B. 
Frankfurt 6 (6). R.-B. Stettin 4 (5). R.-B. Stralsund 2 (5). 
R.-B. Posen 9 (12). R.-B. Bromberg 5 (6). R.-B. Breslau 13 (73). 
R.-B. Liegnitz 6 (23). R.-B. Oppeln 9 (26). R.-B. Magdeburg 

2 (2). R.-B. Hannover 2 (2). R.-B. Hildesheim 3 (4). R.-B. 
Lüneburg, Münster, Arnsberg, Coblenz, je 1 (1). R.-B. Cassel 

3 (3). R.-B. Wiesbaden 2 (2). R.-B. Coblenz 1 (1). R.-B. 
Düsseldorf 2 (2). R.-B. Trier 1 (2). Bayern: R.-B. Ober¬ 
bayern, Niederbayern und Ober-Pfalz je 1 (1). Württem¬ 
berg: Donaukreis 1 (1). Mecklenburg-Schwerin, Anhalt 
je 1 (1). Hamburg: 2 (2). 

Allgemeine Verfügung No. 19/1900. 

Ministerium für Landwirtschaft, 

Domänen und Forsten. 

Uesch. No: I G 3348. 

Schafräude. Berlin W. 9, den 19. April 1900. 
Leipzigerplatz 7. 

An sämintliche Herren Regierungs-Präsidenten mit Ausnahme 
desjenigen in Cassel. 

Im Jahre 1899 sind in Preussen (mit Ausnahme des Kreises 
Grafschaft Bentheim) insgesammt 40 631 Schafe in 766 Be¬ 
ständen der Badecur unterworfen. Davon waren am Schlüsse 
des Jahres 33 834 Stück in 476 Beständen geheilt, 3306 Stück 
in 248 Beständen sind vor Tilgung der Räude geschlachtet, 
50 Schafe verendet, 558 Stück in 3 Beständen ohne Erfolg 
gebadet, 2883 Stück in 39 Beständen waren noch nicht geheilt. 
Im Allgemeinen hat hiernach die Badecur gute Erfolge gehabt. 
Gegenüber dem Jahre 1898 ist ein allerdings nicht erheblicher 
i Rückgang der Seuche zu erkennen. Zur weiteren Unterdrückung 
ist die Fortsetzung des bisherigen Tilgungsverfahrens erforder¬ 
lich. Ich weise wiederholt darauf hin, dass die Schmierkur nur 
dann zugelassen werden darf, wenn die Anwendung des 


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2 


MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE. 


No. 2. 


Fröhn er'sehen Bade Verfahrens mit Rücksicht auf die Jahreszeit ' 
nicht thunlich ist, und dass dieses Verfahren auch in solchen 1 
Fällen nachzuholen ist, wenn die Schmierkur ohne Erfolg geblieben 1 
ist und die Jahreszeit die Vornahme der Badecur gestattet. Ich j 
ersuche, sich zur Durchführung dieser Massregeln der gesetz¬ 
lichen Zwangsmittel mit aller Schärfe zu bedienen. 

Aus den Berichten ergiebt sich ferner, dass die in meinem ' 
Runderlass vom 18. Juni 1898 — IG 3492 — angeordnete Zu¬ 
ziehung der beamteten Thierärzte zur Untersuchung räudever¬ 
dächtiger Herden namentlich zur Vornahme unvermntheter oder 
periodischer Revisionen sich bewährt hat. Diese Anordnung 
bleibt daher auch für die Folge in Kraft. 

Ueber das Ergebniss der Tilgung ist, wie bisher, unter 
Beifügung der vorgeschriebenen Uebersicht bis zum 31. December 
d. J. zu berichten oder Fehlanzeige zu erstatten. I. V. Sternberg. ■ 

Verschiedene veterinärpolizeiliche Verordnungen eto. 

R.-B. Bromberg: Die auf Bahnhöfen des R.-B. ankommenden 
Handelsginse dürfen ohne vorherige Untersuchung des beamteten 
Thierarztes nicht ausgeladen werden. Die Kosten der Unter¬ 
suchung fallen dem Unternehmer zur Last. 

Im R.-B. Potsdam haben sich seit dem 1. anuar er. die I 
öffentlichen Laien- Vieh- und Fleischbeschauer laut Bekanntmachung 
vom 23. December 1899 in Zwischenräumen von 5 zu 5 Jahren 
einer Nachprüfung zu unterziehen, welche von den betr. Kreis¬ 
thierärzten vorzunehmen ist. Hiervon sind diejenigen Laien¬ 
fleischbeschauer ausgenommen, welche an öffentlichen unter i 
thierärztlicher Leitung stehenden Schlachthöfen beschäftigt sind. ! 

Im Grossherzogthum Mecklenburg-Schwerin sind an die Thier- j 
Urzte Fragebogen zur Ausfüllung vertheilt worden, um statistische i 
Erhebungen über die Impfresultate bei Rot hl auf anzustellen. 

Im Herzogthum Anhalt werden von der Regierung mittels 
Fragebogen Feststellungen der Tuberculose bei Schlachthieren 
seitens der Schlachthofthierärzte vorgenommen. 

Im Klinigreich Saohsen ist wegen grosser Verbreitung 1 der 
Maul- und Klauenseuche in Böhmen den Wirthschaftsbesitzern 
der Grenzbezirke die gegen Oesterreich bestehende Befugniss zur 
Einfuhr von Nutz- und Zuchtvieh bis auf Weiteres entzogen worden. 

In Eisass-Lothringen ist die Ein- und Durchfuhr von Klauen- 
thieren aus Luxemburg bedingungsweise wieder gestattet. 

R.-B. Llegnitz: Unterm 4. April er. ist aus Anlass der wieder- | 
holten Einschleppung der Maul- und Klauenseuche durch Handels- i 
schweine vorläufig bis 1. Juni er. Folgendes angeordnet worden: 
Alle aus andern preussischen Regierungsbezirken oder ähnlichen 
nichtpreussischen Verwaltungsbezirken, in denen die Maul- und 
Klauenseuche herrscht, eingeführten Schweine unterliegen, wenn 
anders sie nicht bei der Untersuchung beanstandet wurden, einer 
7tägigen Beobachtung und werden bei der Einführung an der Innen¬ 
fläche des linken Ohres gestempelt. Nicht ausgeschlossen hiervon 
sind die auf Bestellung von Händlern eingefiihrten Schweine. 
Die Ankunft der Transporte ist mindestens 24 Stunden vorher an¬ 
zuzeigen. Nach Ablauf der Beobachtungszeit sind die Schweine, 
wenn unverdächtig, abermals an der Innenseite des rechten Ohres 
vom Kreisthierarzt zu stempeln. Einzuführende Privatschweine 
unterliegen den gleichen Bestimmungen, können aber die Quaran¬ 
täne im Gehöft des Eigentümers durchmachen. Nach Schlachthöfen 
zum Zwecke des Schlachtens importirte Schweine sind ausge¬ 
nommen. Aehnliche Verordnung für Breslau vgl. No. 15 d. B. T. W. 

Im Reg.-Bez. Gumbinnen werden in Folge des Erlöschens der 
Maul- und Klauenseuche durch Bekanntmachung vom 19. April er. 
die seitl.Octoberv.J. erlassenen Anordnungen ausser Kraft gesetzt. 

Für die Grenzbezirke Bayerns ist nach Erlöschen derMaul- j 
nnd Klauenseuche in den österreichischen Grenzgebieten die Einfuhr \ 
von Nutz- und Zuchtvieh aus Oesterreich für den eigenen Wirth- 
schaftsbedarf unter den früheren Bedingungen wieder gestattet. 


Reg.-Bez. Düsseldorf. Landespolizeiliche Anordnung, betr. die 
teilweise Abänderung der landespolizeilichen Anordnung über 
Unterdrückung der Maul- und Klauenseuche vom 2. Mai 1896. 
Vom 7. März 1900. (R.-A. Nr. 77.) 

Einziger Paragraph. 

Der § 4 Absatz 1 der landespolizeilichen Anordnung vom 

2. Mai 1896, betr. Unterdrückung der Maul- und Klauenseuche 
(A.-Bl. S. 149) wird, wie folgt, abgeändert: 

§ 4. Das überwachungspflichtige Rindvieh (§ 1) darf erst 
weiter veränssert werden, wenn seit dessen Einstellung in dem 
Stalle oder auf der Weide des Bestimmungsortes (erstmaligen 
Aufstellungsortes) entweder a) sieben volle Tage verflossen und 
nach Ablauf dieser Frist sämmtliche Thiere von einem beamteten 
Thierarzt gesund befunden oder b) drei Wochen verflossen sind. 
Ist demnächst noch anderes überwachungspflichtiges Rindvieh in 
denselben Stall, bezw. auf dieselbe Weide gelangt, so laufen die 
Fristen zu a und b erst von der letzten Einstellung ab. 

Die Anordnung tritt mit ihrer Verkündigung in Kraft. 

Der Regierungs-Präsident. 

Reg.-Bez. Sigmaringen. Bekanntmachung, betr. das Verbot des 
Feilbietens von Rindvieh und Schweinen im Umherziehen. 
Vom 16. März 1900. (Amtsbl. S. 59.) 

l T m das Einschleppen von Maul- und Klauenseuche zu ver¬ 
hüten, wird auf Grund der Gewerbeordnung in der Fassung des 
Gesetzes vom 6. August 1896 (Reichsgesetzblatt S. 685 § 56b 
Abs. 3) Nachstehendes angeordnet. 

§ 1. Das Feilbieten von Rindvieh und Schweinen im Um¬ 
herziehen ist für die Zeit vom 1. April bis zum 30. September 
d. J. einschliesslich verboten. 

§ 2. Zuwiderhandlungen gegen dieses Verbot unterliegen 
der Strafbestimmung des § 148 Ziffer 7 a der Gewerbeordnung. 

Der Regierungs-Präsident. 

Im Reg.-Bez. Sigmaringeo besteht seit dem November v. J. 
eine Verordnung, nach welcher unter Festlegung der Begriffe 
Vollmilch und Magermilch der Verkehr mit Milch geregelt wird. 
Ausgeschlossen vom Verkehr wird solche Milch, welche 1. von 
kranken Kühen stammt, verdorben oder verfälscht ist; 2. ans 
der Lactation bis zum achten Tage nach dem Kalbe herrührt; 

3. blutige, schleimige, bittere, schmutzige, ekelerregende oder 
saure Beschaffenheit hat und 4. verfälscht oder mit Conser- 
virung8mitteln versetzt ist. Die Milchgefässe sind bezüglich 
der Sauberkeit mit der grössten Sorgfalt zu behandeln. 

Verfügung des Herrn Regierungspräsidenten von Bromberg betreffs 
Anstellung von Sohlaohthofthierärzten 

vom 27. August 1897. 

Eb ist zu meiuer Kenntniss gelangt, dass einzelne Magistrate 
Ä „ , 18. März 1868 

in Gemässheit des § 2 Nr. 1 des Gesetzes vom -g—MärzT881 

betreffend die Errichtung öffentlicher Schlachthäuser als Sach¬ 
verständige solche Personen eingestellt haben, die weder durch 
ihre frühere Beschäftigung noch durch später erworbene Kenntniss 
eine Gewähr dafür bieten, dass der Zweck des vorbezeichneten 
Gesetzes erfüllt wird. 

Ich bestimme demnach, dass als Sachverständige im Sinne 
des vorbezeichneten Gesetzes in der Regel nur approbirte Thier¬ 
ärzte zu erachten sind. 

Erscheint es bei öffentlichen Schlachthäusern kleinerer Städte 
indess nothwendig aus Kostenersparniss oder sonstigen Gründen 
Jemanden anzustellen, der nicht als Thierarzt geprüft ist, so hängt 
unter Vorbehalt meiner Genehmigung dessen Anstellung in erster 
Linie von dem Nachweise der für diese Stellung erforderlichen 
technischen Kenntnisse ab. 

Dieser Nachweis ist durch eine vor dem Departementsthierant 
des Bezirks abzulegende Prüfung zu liefern. 

In derselben hat der Bewerber darznthun: 

1. dass er die Svmptome der wichtigsten ansteckenden Thier¬ 
krankheiten, insbesondere des Milzbrands, der Tollwuth, der 


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8 


MITTHEILUNGEN FuR VETERINÄRBEAMTE. 


17. Mai 1900. 


Rinderpest, Lungenseuche, Maul- und Klauenseuche vor und 
nach dem Tode der Schlachtthiere kennt; 

2 dass er die Gesnndheitszeicben der Schlachtthiere vor und 
nach dem Tode sowie die der einzelnen Organe kennt; 

3. dass er die Krankheitssymptome der Schlachtthiere und der 
inneren Organe, insbesondere die gesundheitsschädlichen 
Eigenschaften zu beurtheilen versteht; 

4. dass er die auf die Fleischschau bezüglichen Gesetze und 
Verordnungen kennt. 

Ueber den Ausfall dieser Prüfung hat der Departemcntstbier- 
arzt ein Zeugniss auszustellen. 

Für den Bewerber dürfte es vor Ablegung der Prüfung vom 
Vortheil sein, einen praktischen Cursus an einem unter thierärztlicher 
Leitung stehenden Scblachthause zu absolviren. 

Rücksichtlich der bis jetzt angestellten Personen, soweit sie 
nicht approbirte Thierärzte sind, sehe ich einem gefälligen Berichte 
darüber entgegen, in welcher Weise sie die erforderlichen Kenntnisse 
zur Verwaltung dieses Amtes nachgewiesen haben. 

Ergebnisse der Tuberculln-Impfungsn in den Seequarantfineanstalten. 

Von Ende September bis Ende December 1899 wurden in 
die Qaarantäneanstalten zu Hamburg, Altona-Bahrenfeld, Tönning, 
Hvidding, Apenrade, Flensburg, Kiel, Lübeck und Rostock- 
Warnemünde 13 492 dänische Rinder eingeführt. Hierzu kam 
noch ein Bestand von 808 Stück vom Vorquartal her ungeimpft 
gebliebene Rinder. 

Von diesen insgesammt 14 300 Stück wurde vor der Impfung 

1 zurückgewiesen und 7 nothgeschlachtet, während 584 ungeimpft 
verblieben. Bei 13 708 Rindern wurde die Tubercnlinprobe mit 
folgendem Resultat vorgenommen: 13 037 wurden frei von 
Tuberculose befunden und 671 = 4,9 pCt. als tuberculös er¬ 
kannt. Nach der Impfung verendete 1 bezw. mussten noch 

2 Rinder nothgeschlachtet werden. 

Ueberaioht über die Im IV. Quartal 1899 aus den Seequarantfineanstalten 
in Slfeatiiehe Schlachthfiuser elngefübrten Rinder und das Ergebnlse der 
Fleischbeschau bei denselben. 

Es wurden im IV. Quartal 1899 12 288 Rinder in die See¬ 
quarantäneanstalten eingeführt bezw. waren daselbst als Bestand 
vorhanden. Hiervon wurden 225 znrückgewiesen, 15 nothge¬ 
schlachtet (bezw. verendeten), 10 682 wurden nach Schlachthöfen 
(Aachen, Barmen, Berlin, Bielefeld, Bochum, Bremen, Dortmund, 
Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Essen, Flensburg, Gelsenkirchen, 
Hamburg, Hagen, Iserlohn, Kiel, Krefeld, Lübeck, Osnabrück und 
Remscheid) überfuhrt, während 1 366 als Bestand zurückblieben. 

Von den nach Schlachthöfen überführten 10 682 Rindern 
erwiesen sich nach der Schlachtung 9 076 als gesund, 1 606 -- 
15 pCt, als tuberculös. 

Thier*euohen im Autlande. 

Dänemark, IV. Quartal 1899. 

Die Zahl der neu verseuchten Thierbestände betrug: an 
Milzbrand im October 9, November 13, December 9; an Rotz — 
bezw. 1, bezw. —; an Rothlauf der Schweine 525, bezw. 390, 
bezw. 209; an chronischer Schweinediphtherie 6, bezw. 2, bezw. —; 
an Rückenmarkstyphus der Pferde 3, bezw. 5, bezw. 3; an bös¬ 
artigem Katarrhalfieber des Rindviehs 7, bezw. 6, bezw. 4. 

Frankreich IV. Quartal 1899. 

Von Lungenseuche wurden im October 17, im November 11, 
im December 14 Gemeinden betroffen; geimpft wurden 218, 
bezw. 75, bezw. 101 und geschlachtet 65, bezw. 46, bezw. 36 
Rinder. — Milzbrand herrschte im October in 47, im November 
in 52, im December in 41 Ställen. — Wegen Rotz wurden 83, 
bezw. 121, bezw. 136 Pferde getödtet; verseucht waren 60, bezw. 
62, bezw. 62 Ställe. — Die Zahl der gemeldeten tollen Hunde 
belief sich auf 244, bezw. 211, bezw. 191 Stück; die wuthkranken 
Hunde vertheilten sich auf 113, bezw, 121, bezw. 118 Gemeinden 
in 33, bezw. 41, bezw. 41 Departements. — Maul- und Klauen¬ 


seuche trat in 1950, bezw. 1232 bezw. 781 Gemeinden auf. — 
In 60, bezw. 14, bezw. 57 Heerden herrschten Schafpocken; in 
13, bezw. 6, bezw. 14 Heerden wurde Schafräude festgestellt. — 
Rauschbrand trat in 80, bezw. 111, bnzw. 71 Ställen auf. — 
Rothlauf der Schweine wurde in 13, bezw. 22, bezw. 10 Departe¬ 
ments beobachtet. — Die ansteckende Lungen- und Darm¬ 
entzündung der Schweine gelangte in 9, bezw. 11, bezw. 15 Be¬ 
ständen zur amtlichen Feststellung. 

Oesterreich I. Quartal 1900. 

Die Zahl der verseuchten Ortschaften betrug am Ende der 
einzelnen Berichtsmonate 2 bezw. 3 bezw. 4 bei Milzbrand; 
— bezw. 1 bezw. 2 bei Rauschbrand; 19 bezw. 20 bezw. 19 bei 
Tollwuth: 6 bezw. 6 bezw. 13 bei Rotz; 370 bezw. 191 bezw. 93 
bei Maul- und Klauenseuche; 13 bezw. 11 bezw. 11 bei Pocken; 
6 bezw. 15 bezw. 24 bei Bläschenausschlag; 14 bezw. 24 bezw. 28 
bei Räude; 20 bezw. 17 bezw. 19 bei Schweinerothlauf; und 
11 bezw. 8 bezw. 25 bei Schweineseuche (incl. -Pest) Lungen¬ 
seuche und Rinderpest sind nicht aufgetreten. 

Entschfidigungen bei Viehseuchen. 

(R6portoire de police sanitalre v6t6rinaire. 15. 4. 1900). 

Von Senator Darbot ist ein Gesetzentwurf eingebracht 
worden, wonach die bisher in Frankreich nur für Rinderpest 
und Lungenseuche bestehende Entschädigungspllicht sich auf 
alle Thierseuchen erstrecken soll und zwar sowohl für die 
gefallenen oder auf polizeiliche Anordnung getödteten Thiere 
als auch für dasjenige Vieh, das bezüglich seines Werthes 
zurückgegangen ist oder geringeren Nutzen bringt. Die Höhe 
der Entschädigung soll alljährlich bei der Budgetfixirung 
bestimmt werden. 

Zur Deckung der Unkosten soll eine Viehseuchencasse 
gegründet werden, die aus Staatsbeihiilfen und Gebühren für 
Ursprungs- und Gesundheitszeugnissen ergänzt wird. Bezüg¬ 
lich der Zeugnisse verlangt der Entwurf, dass die Führer von 
Thieren (Pferde, Rinder, Schafe und Ziegen), welche zum Zweck 
oder in Vollfiihrnng eines Verkaufs aus ihrer Ursprungsgemeinde 
geführt oder auf den Markt gebracht werden, mit Gesundheits¬ 
zeugnissen versehen sein müssen. 

Keine Entschädigung wird gewährt, wenn die Thiere noch 
nicht drei Monate im Inland waren. 

Von der Entschädigung wird der etwaige Erlös aus Haut, 
Fleisch etc. abgezogen, wenn dieser Erlös höher ist als der 
(im Entwurf nicht präcisirte) Antheil des Besitzers. Die Ab¬ 
schätzung wird durch den Departementsthierarzt und einen vom 
Besitzer bezeichneten Bevollmächtigten vorgenommen, eventuell 
vom Departementsthierarzt allein. Das Abschätzungsprotocoll wird 
vom Bürgermeister und vom Amtsrichter begutachtet. Die 
Entschädigung fällt weg, wenn sie nicht in dreimonatlicher 
Frist verlangt wird oder wenn der Besitzer die sanitären Mass- 
regeln nicht beachtet hat. 

Die Entscheidung wird vom Minister für Landwirthschaft 
getroffen unter Vorbehalt der Berufung an den Staatsrath. 

Influenza unter den Pferden in Bayern und Baden 1899. 

Es waren 1899 in Bayern überhaupt betroffen 65 Bezirks¬ 
ämter und unmittelbare Städte, 83 Gemeinden und 123 Gehöfte. 
Es erkrankten im Ganzen an Brustseuche 135, Pferdestaupe 79, 
Scalma 50, zusammen 264 Pferde (Vorjahr 259), wovon 30 fielen. 
Im Grossherzogthum Baden waren 26 Ställe von 20 Gemeindet» 
mit einem Bestände von 194 Pferden von der Influenza betroffen; 
es erkrankten 99 und fielen 9 Pferde. 


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4 MITTHEILUNGEN FÜR 

Allgemeine Fleischbeschau and Tiehyersieherang. 

Von 

Ad. Maier - Neckarbischofsheim, 

pract. Thierarzt. 

So bedeutende Fortschritte das Versicherungswesen wohl 
auf allen wirtschaftlichen Gebieten gemacht hat, so sehr ist es | 
auf dem der Viehzucht, speciell der Rindviehzucht, trotz deren 
quantitativen und qualitativen Hebung in den vergangenen zwei 
Jahrzehnten zurückgeblieben. Es ist hier nicht der Ort, die 
Ursache dieser Erscheinung auseinander zu setzen. Mit dem 
Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches einerseits und der j 
Einführung der für ganz Deutschland verbindlichen allgemeinen 
und obligatorischen Fleischbeschau andererseits dürfte sich aber 
das Bedürfniss nach einer auf solider Basis beruhenden Schlacht¬ 
viehversicherung immer mehr geltend machen. Haben sich doch 
schon massgebende Körperschaften, wie der deutsche Landwirth- 
schaftsrath, Reichstag und nicht zuletzt der VH. internationale 
thierärztliche Congress ganz entschieden für derartige Ver¬ 
sicherungen ausgesprochen. Im Königreich Sachsen hat die 
staatliche Schlachtviehversicherung sogar schon greifbare 
Gestalt angenommen. 

Die allgemeine Fleischbeschau erstreckt sich bekanntlich 
aber nicht allein auf die gewerbsmässigen Schlachtungen sondern 
auch auf ein Feld von nicht minder einschneidender volkswirth- 
schaftlicher und hygienischer Bedeutung: auf das der Noth- 
schlachtungen. Jede Ausdehnung der Versicherung unserer 
schlachtbaren Hausthiere, namentlich aber des Rindvieh¬ 
geschlechts, auf durch Nothschlachtungen u. s. w. verursachte 
Schadenfälle, mit einem Wort eine allgemeine Viehversicherung 
ist desshalb als ein erstrebenswerther Fortschritt zu betrachten 
und sehr geeignet, die Wirksamkeit der Fleischbeschau bedeutend 
zu unterstützen und zu fördern. 

ln dieser Beziehung verdienen gerade die Beschlüsse des 
deutschen Landwirthschaftsraths vom Februar 181)8 Beachtung. 
Derselbe empfahl ausser der Einführung einer allgemeinen Schlacht- 
viehversicheruug noch folgendes: 

1. Die weiteste Ausbreitung der Versicherung des Rindviehes 
und des Kleinviehs liegt im Interesse der Erhaltung eines 
leistungsfähigen Bauernstandes. 

2. Zur Erreichung dieses Zieles empfiehlt sich besonders 
die Bildung von Ortsviehversicherungsvereinen und deren Zu¬ 
sammenfassung zu Verbänden behufs theilweiser Rückversicherung. 

3. Staatliche Unterstützung ist geeignet, diese Entwicklung 
zu verallgemeinern und zu beschleunigen. 

Der Landwirthschaftsrath beschloss ferner, an die Reichs¬ 
regierung die Bitte zu richten, den Entwurf zu einem Reichs¬ 
versicherungsgesetz bekannt zu geben, um den Versicherten selbst 
Gelegenheit zur Aussprache über denselben zu geben. 

Dass die Durchführung einer allgemeinen Viehversicherung 
- - ob auf reichsgesetzlichem Wege soll allerdings dahin gestellt 
bleiben — auf der vorgeschlagenen Grundlage aber nicht allein j 
möglich ist, sondern sich auch bei vernünftigen und planmässigen i 
Wirtschaften sehr gut bewährt, das lehrt uns ein Blick auf 
die Praxis. So haben Baden seit 1890 (reorganisirt 1898) und 
Bayern seit 1896 Rindviehversicherungen, auf ähnlicher staat¬ 
licher Organisation beruhend, eingeführt. Ihr Princip ist wohl 
ein freiwilliges. Die damit gemachten Erfahrungen sind aber 
so günstige, dass eine Zwangsversicherung früher oder später 
wohl nicht ausgeschlossen ist. 

Der Gesetzgeber wurde bei der Errichtung dieser Ver¬ 
sicherungsanstalten allerdings zunächst von der Absicht geleitet — 


VETERINARBEAMTE. 


No. 2. 


und es kommt dies auch in obigen Beschlüssen des Landwirth¬ 
schaftsraths zum Ausdruck —, unsere kleinen und mittelbäuer¬ 
lichen Besitzer bei eintretenden Schadenfällen im Stalle capital- 
kräftig zu erhalten. Der hygienische Standpunkt trat dabei in 
den Hintergrund. Mit der Einführung der allgemeinen und 
obligatorischen Fleischbeschau gewinnt aber die ganze Materie 
immer mehr an Interesse und Bedeutung. Sicherlich werden 
die bewährten Bestimmungen in den einzelnen Bundesstaaten 
bald practische Nachahmung finden. 

Ans allen diesen Gründen will ich desshalb versuchen, die 
schon nahezu ein Jahrzehnt in Baden bestehende Rindvieh¬ 
versicherung zum Gegenstände nachstehender Erörterung zu 
machen. Die alljährlich von der dortigen Centralleitung (sog. 
Verbandsverwaltung) veröffentlichten Zahlen, die ich ebenfalls 
anführen werde, sind nur geeignet, meine Darstellungen noch 
besser zu beleuchten. 


Die Grundlage des badischen Gesetzes vom 


26. Juni 1890. 
12. JÜITT898 


die Versicherung der Rindviehbestände betreffend, wie seine 
officielle Bezeichnung lautet, sind kurz folgende: 

Der Gemeinderath beschliesst von selbst, oder auf Antrag 
von Viehbesitzern, welche der Zahl nach mindestens doppelt so 
viel betragen, als der Gemeinderath Mitglieder zählt, dass über 
die Errichtung einer Ortsviehversicherungsanstalt nach Massgabe 
der letzten Viehzählungsliste abgestimmt werden solle. Wenn 
nun in der hierauf vom Bürgermeister oder vom Bezirksamte 
anberaumten Tagfahrt, wozu sämmtliche Viehbesitzer öffentlich 
und persönlich geladen worden sind, von den erschienenen Vieh¬ 
besitzern mehr als zwei Drittel zustimmen, so ist die Orts- 
viehversicherungs-Anstalt als Gemeindeanstalt, welche sämmt- 
liclies in der Gemeinde dauernd eingestellte Rindvieh umfasst, 
errichtet; die Anstalt bedarf der Genehmigung des Beziiksraths 
In gleicher Weise können sich die Viehbesitzer aus mehreren 
Gemeinden zu einer Ortsviehversicherungsanstalt vereinigen. 


Ergiebt sich in der Abstimmungstagfahrt nicht die ge¬ 
nügende Mehrheit, so kann die Minderheit binnen Monatsfrist, 
sofern sie mindestens ein Drittel der Rindviehbesitzer der Ge¬ 
meinde umfasst, Zwecks Anschlusses an den Verband einen Orts¬ 
versicherungsverein mit freiwilligem Beitritt errichten, auf den 
dann die gesetzlichen Vorschriften Anwendung finden; die Auf¬ 
nahme in den Verband erfolgt mit Genehmigung des Ministeriums 
des Innern. 

Die so gegründete Ortsviehversicherungsanstalt wird von 
einem Vorstand verwaltet, bestehend aus dem Bürgermeister 
(oder einem vom Gemeinderath aus seiner Mitte bestellten 
Stellvertreter) und zwei von den Viehbesitzern mit einfacher 
Mehrheit gewählten Sachverständigen. Der Vorstand bestellt 
die Ortsschätzer, mindestens drei, die vom Bezirksamt zu be¬ 
stätigen und zu verpflichten sind. 

Der Vorstand fertigt über die in die Versicherung auf¬ 
genommenen Thiere ein Versicherungsverzeichniss, welches auf 
Grund der im Mai und November stattfindenden Nachschau der 
Ortsschätzer, der Ab- und Zugänge, auf dem Laufenden gehalten 
wird. In das Verzeichniss werden nicht aufgenommen: Thiere 
unter drei Monaten und über zwölf Jahre, Handelsvieh, ver¬ 
stelltes Vieh, Thiere, welche ohne Gewähr gekauft, oder schlecht 
genährt, krank oder verpfändet sind. 

Der Vorstand veranlasst ferner die thierärztliche Behand¬ 
lung der versicherten Thiere auf Kosten der Anstalt, die Fleisch' 
Verwertung und die Auszahlung der Entschädigungen. 


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17. Mai 1900. 


MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE. 


Die einzelnen Ortsanstalten sind nur zum Zweck der Rück- 1. Für das verkaufte Thier wird keinerlei Währschaft, auch 

Versicherung zu einem Versicherungsverband vereinigt. An nicht für die gesetzlichen Gewährsmängel geleistet, 
dessen Spitze steht die Verbandsverwaltung mit dem Sitz in 2. Die Schlachtung des oben bezeichneten Thieres muss bald 

Karlsruhe. Von den Entschädigungssummen, die den einzelnen thunlichst nach der Uebernahme bezw. nach der Verbringung 
Anstalten erwachsen, nimmt der Verband die Hälfte ab; ebenso an den Bestimmungsort spätestens am . . . ten . . . 19 . in 

wird ihm stets die Hälfte der Einnahmen gutgeschrieben. Oder Anwesenheit des Unterzeichneten Vorstandes bezw. des von dem- 

mit andern Worten: der einzelnen Ortsanstalt verbleibt sowohl selben Beauftragten. 

die Hälfte des Erlöses aus den verwertheten Thieren und Thier- vorgenommen werden. 

theilen als auch die Hälfte der Lasten. Die andere Hälfte der Zu dem Zweck hat der Käufer den Tag und die Stunde 

Einnahmen bezw. der Lasten wird allen zum Verband gehörigen der Schlachtung rechtzeitig anzuzeigen. Für einen dem Ver- 

Ortsviehversicherungsanstalten gutgeschrieben bezw. auferlegt, käufer in Folge der Nichteinhaltung der letzteren Bedingung 

Die Verbandsumlage darf aber in Folge gesetzlicher Bestimmung etwa erwachsenen Schaden hat der Käufer aufzukommen, 
bis zum Jahre 1905 den Betrag von 20 Pfg. auf je 100 Mark Ver- .... den.19 . . 

sicherungswerth nicht übersteigen. Andernfalls wird der fehlende Der Verkäufer. Der Käufer. 

Betrag aus dem Reservefond bezw. der Staatskasse geleistet. . . 

Die Verbandsverwaltung überwacht die Thätigkeit der Ans talt y orgtan fl 

Ortsanstalten und veranlasst die Auszahlung der Entschädigungen. Vereins 

Sie stellt ferner den Jahresaufwand sowohl des Verbands wie Dieser Vertrag ist — nachdem er vom Käulei unterzeichnet 

auch der einzelnen Versicherungsanstalten fest. Zu diesem worden — vom Verkäufer zurückzubehalten. 

Zweck werden im Januar eines jeden Jahres von den Orts- Der Anstaltsvorstand hat sich über die vorgenommene 

anstalten der Verwaltung vorgelegt: Schlachtung in zuverlässiger Weise zu gewissem und dies dem 

1. Das Versicherungsverzeichniss der beiden Jahresschauen. Verbandsvorstand in der Schadenurkunde anzuzeigen, auch das 

2. Ein Nachweis über die im vergangenen Jahre aus der Schlachtgewicht ist dabei anzugeben und festzustellen. 

Verwerthung von Thieren und Thiertheilen erzielten Erlöse Hat ein Verkauf im lebenden Zustand aber nicht statt- 

nnd die sonstigen Einnahmen. gefunden, so ist die Vertheilung des Fleisches, sofern es für ge- 

3. Ein Nachweis über den in diesem Zeitraum für Thierarzt, niessbar erklärt wird, unter die versicherten Thierbesitzer nach 

Arzneien und sonstigen Heilmittel erwachsenen Aufwand. Verhältnis des in die Versicherung aufgenommenen Viehbestandes 

4. Ein solcher über die erwachsenen örtlichen Ver- anzuordnen. Die Anstaltsmitglieder sind zur Uebernahme des 

waltungskosten. Fleisches gegen eine Vergütung in der obengenannten Höhe 

3 und 4 verbleiben den Ortsanstalten ganz zur Last. Es verpflichtet, 

sei aber noch bemerkt, dass auch zu den thierärztlichen Kosten 4 - Wird von der Verbandsversicherung der volle ebenfalls 

den einzelnen Anstalten Staatsbeiträge gewährt werden. durch Abschätzung (s. unten) ermittelte Ersatz geleistet, wenn 

Die Versicherung gewährt nun folgendes: das Fleisch eine8 versicherten Schlachtthieres, sei es auf Grund 

1. Li Erkrankungsfällen geschieht die Behandlung auf ir S end einer Krankheit oder eines gesetzlichen Währschafts- 

Kosten der Anstalt, welche zugleich auch für die Arzneien und fetlers beanstandet oder polizeilich beschlagnahmt wird. Die 

die sonstigen Heilmittel auf kommt. Sclüachtung muss aber, wenn sie nicht im Versicherungsort selbst 

2. Im Falle des Umstehens werden 7 /io des durch die Orts- stattfindet, binnen acht Tagen nach dem Tage der Entfernung 

Schätzer ermittelten Werthes des Thieres entschädigt. des Thieres aus diesem Ort in einem andern badischen aber 

3. Bei Nothschlachtungen in Folge Krankheit oder Ver- von der Verbandsverwaltung diesem gleichgestellten ausser- 

letzung werden 8/ 10 des auf gleiche Weise ermittelten Werthes badischen Ort vorgenommen werden. Bei Nichtinnehaltung dieser 

ausbezahlt. Bestimmungen erlischt die Gewährleistung des Käufers. Diese 

Bei der Abschätzung wird auf den Minderwerth keine ausserbadischen Orte sind namentlich aufgeführt. 

Rücksicht genommen, den das Thier durch die den Tod oder Die Beschlagnahme oder die erfolgte polizeiliche Verkaufs- 

die Nothschlachtung herbeiführende Krankheit oder Verletzung beschränkung muss in Orten, in welchen eine Ortsviehver- 

erlitten hat. Doch darf diese Abschätzungssumme den Werth, Sicherungsanstalt besteht, sobald als thunlich dem Vorstand 

mit welchem das Thier in dem Versicherungsverzeichniss ein- dieser Anstalt angezeigt werden, welcher die sofortige''Ab¬ 
getragen ist, um nicht mehr als 10 pCt. übersteigen. Schätzung des Fleisches durch die Ortsschätzer zu veranlassen 

Ein zur Nothschlachtung bestimmtes Thier kann auch lebend hat. In anderen Orten muss noch an demselben Tage, an 

an dritte Personen verkauft werden, wenn hierbei ein Preis welchem das Fleisch als ungeniessbar mit Beschlag belegt oder 

erzielt wird, welcher mindestens den z. Z. der Nothschlachtung polizeilichen Verkaufsbeschränkungen unterworfen wurde, der 

in der betr. Gemeinde für Fleisch gleicher Art (Rind-, Kuh- Werth oder im letzteren Falle der Minderwerth des Fleisches 

fleisch u. 8. w.) üblichen Ladenpreis nach Abzug von 30 % durch schriftliches Gutachten von zwei Sachverständigen, unter 

entspricht. Für derartige Verkäufe ist folgendes Formular im denen in Baden der Fleischbeschauer des Schlachtortes, ander- 

Gebrauch: wärts ein approbirter Thierarzt sich befinden muss, festgestellt 

Verkaufs-Vertrag. werden. Das Ergebniss der Abschätzung ist mit der Anmeldung 

Die Ortsviehversicherungsanstalt des Entschädigungsanspruches unverzüglich dem Vorstande der 

verkauft heute an . . . Ortsversicherungsanstalt des Versicherungsortes mitzutheilen. 

Ln ... ein Es ist selbstverständlich, dass beim Verkaufe sowohl der 

znr Nothschlachtung bestimmte . . . (Kuh, Rind, Ochsen, Farren) versicherten Schlachtthiere als auch der zur Nothschlachtung 

»ls Schlachtvieh unter folgenden Bestimmungen: bestimmten kranken Thiere die nöthigen Vorsichtsmassregelu 


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6 


MITTHEILUNGEN FÜR VETERINARBEAMTE. 


No. 2 


behufs Identificirnng getroffen werden. Derartige Thiere werden 
(ebenso wie beim Ortswechsel der andern versicherten Thiere) 
mit einer Verbaudsmarke versehen. Letztere wird durch 
massiges Aufbrennen des erhitzten Brennstempels auf die vordere 
oder obere Fläche des linken Horns angebracht. Fehlt letzteres, 
so ist das rechte Horn zu brennen; fehlt auch dieses, so wird 
die äussere Klaue des linken Vorderfusses damit gekennzeichnet. 
Das Brenneisen selbst bleibt stets in Verwahrung des Vorstandes. 

Es giebt natürlich auch Fälle, in welchen keine Ent¬ 
schädigung gewährt wird. Sie wird versagt, wenn der Tod, 
die Verletzung oder Erkrankung innerhalb der ersten vierzehn 
Tage nach der Aufnahme des Thieres in die Versicherung er¬ 
folgt ist. (Diese vierzehn Tage fallen aber weg bei Geburts- 
zufällen, Unfall oder Aufblähen). Ferner bei Vorhandensein der 
gesetzlichen Gewährschaft; bei Verschulden des Besitzers; end¬ 
lich, wenn bei einem Seuchenfalle die gesetzliche Entschädigung 
staatlich geleistet wird, (z. B. bei Milzbrand 4 /b). Das Gleiche 
tritt ein bei Brandfällen, Krieg, Erdbeben n. s. w. In bestimmten 
Fällen, namentlich beim Verschulden des Eigenthümers, kann 
auch die Entschädigung verkürzt werden. 

Gegen die Festsetzung der letzteren ist Beschwerde an 
den Bezirksrath zulässig. 

Die Auszahlung erfolgt binnen acht Tagen vorschiisslich 
durch die Amtskasse. 

Um dem Ganzen den Charakter der Freiwilligkeit zu wahren, 
hat das Gesetz auch selbstverständlich Bestimmungen über die 
Auflösung der Ortsanstalt getroffen. Letztere kann jeweils am 
Jahresschluss aufgelöst werden, wenn mindestens ein Fünftel 
der versicherten Viehbesitzer den Antrag hierzu stellt und bei 
der Abstimmungstagfahrt mindestens die Hälfte der Versicherten 
demselben zustimmt. Der Austritt muss aber mindestens drei 
Monate vorher der Verbandsverwaltung angezeigt werden. 

Das wären die Hauptgrundzüge des Gesetzes. Wir ersehen 
daraus, da g s dasselbe nicht nur Versicherung wegen Verlust 
durch Unglücksfälle (Umstehen, Nothschlachtungen u. s. w.) ge¬ 
währt, sondern die Versicherung kommt auch für die Schäden 
auf, welche den Mitgliedern durch Beanstandung oder gesetzliche 
Beschlagnahme des Fleisches von versicherten Schlachtthieren 
entstehen. Endlich entlastet sie auch die Versicherten von den 
Kosten der thierärztlichen Behandlung und der Arzneien. Das 
Gesetz umfasst somit gleichsam 3 Versicherungsarten: eine 
Unfall-, Schlachtvieh- und Krankenversicherung. 

Auf den ersten Blick mag es scheinen, als ob die gesetz¬ 
lichen Bestimmungen etwas schwerfälliger Natur seien. Dem 
ist aber durchaus nicht so. Im Gegentheil, sie sind sehr ein¬ 
fach und den practischen Verhältnissen durchaus angepasst. 
Nicht minder einfach sind die Berechnungen. 

Ein Landwirth, welcher z. B. 4 Stück Rindvieh besitzt, 
das Stück durchschnittlich zu 300 M., hat zu bezahlen: die 
Ortsumlage, sagen wir von 100 M. 80 Pfg., das macht 9 M. 60 Pfg.; 
ferner die ebenso berechnete Verbandsumlage von 20 Pfg. mit 
2 M. 40 Pfg-, das macht zusammen 12 M. jährlich. 

Wie einfach und übersichtlich endlich die Calculationen der 
einzelnen Ortsviehversicherungsanstalten sich gestalten, möge ein 
Beispiel aus der Praxis beweisen. 

Die Ortsanstalt H., die dem Versicherungsverband an¬ 
geschlossen ist, zählte im Jahre 1898 295 Mitglieder; letztere 
besassen zusammen 819 Stück versicherte Thiere, zh einem 
Werthe von 263 700 M. Von diesen Thieren sind im Jahre 1897 
49 Stück in Folge Nothschlachtung und Umstehens zu ent¬ 


schädigen gewesen mit einer Gesammtsumme von 12 270 M. 
60 Pfg. (Diese Zahl ist allerdings etwas hoch.) 

Diese Mk. 12270 waren nun je zur Hälfte, d. h. mit Mk. 
6135.30 durch die Ortsanstalt und zur Hälfte d. h. mit Mk 6135.30 
durch den Verband zu entschädigen. Für Fleisch usw. wurden 
eingenommen Mk. 3943.35, die zur Hälfte in die Ortskasse zur 
Hälfte in die Verbandskasse flössen, da, wie erwähnt, nach dem 
Gesetz sowohl die Schäden als die Einnahmen je hälftig der 
Ortsanstalt und dem Verbände zufallen. 

Zu den Ausgaben für entschädigungspflichtiges Vieh kamen 
noch Mk. 500 für die thierärztlichen Kosten und Mk. 670.70 
für verbrauchte Arzneien usw., welche von der Ortsanstalt allein 
zu tragen sind, da bekanntlich Thierarzt und Apotheker für die 
einzelnen Mitglieder frei sind; ausserdem Mk. 268 für örtliche 
! Verwaltungskosten. 

Dagegen bekam die Ortsanstalt Mk. 130 Staatsbeitrag zur 
Bestreitung der thierärztlichen Kosten. 

Es betrugen also die Ausgaben der Ortsanstalt Mk. 7574.40, die 
Einnahmen Mk. 2101.68, verbleibt zu deckender Rest Mk. 5472.68. 

Für den Verband betragen die Ausgaben Mk. 6135.30, die Ein- 
! nahmen Mk. 1971.67, verbleibt zu deckender Rest Mk. 4163.63. 

Der Betrag von Mk. 5472.72 ist nun durch Ortsumlage au.« 
dem Versicherungskapital von Mk. 263760 zu decken, was 
gleich 207 Pfennig oder 2 Mark 7 Pfg. von 100 Mark ergiebt. 
Von den Mk. 4163.63 ist laut Gesetz durch Verbandsumlage 
20 Pfennig von 100 Mark durch die Ortsanstalt zu entrichten, 
was aus Mk. 263760 Versicherungskapital Mk. 527.52 ergiebt 
Der verbleibende Rest von Mk. 3636.11 ist durch die Staats¬ 
kasse zu decken oder anders ausgedrückt, werden nicht durch 
die Versicherten aufgebracht, sondern von der GesammtimX. tet 
Steuerzahler. Die Viehbesitzer in H. haben also eine staat¬ 
liche Unterstützung von Mk. 3636 erhalten. 

Zur besseren Uebersichtlichkeit lassen wir hier unten die 
Zusammenstellung der Rechnung folgen. 

Ortsviehversicherungs-Anstalt H. 1897. 


Entschädigung Thierarzt Oertl. Verwaltung 
M. 12 270.60. M. 1 170.70. M. 268.40. 

Reinerlös Staatsbeitrag 

M. 3 943.35. M. 130. 

I. Ausgabe, 
a) Für die Ortsanstalt: 

1. Hälftige Entschädigung.M. 6 135.30 

2. Thierarzt und Arzneien.| „ 1 170.70 

M. 1 439.10 

3. Oertl. Verwaltungskosten. . \ „ 268.40 

Summa M. 7 574.40 

b) Für den Verband: 

Hälftige Entschädigung. M. 6 135.30 

Summa M. 6 135.30 

II. Einnahme. 

1. Hälftiger Reinerlös.M. 1 971.68 

2. Staatsbeitrag. „ 130.— 

Summa M. 2 101.68 

Hälftiger Reinerlös. M. 1 971.67 

Summa M. 1 971.67 

M. 7 574.40 1. Ausgabe M. 6 135.30 

„ 2 101.68 H. Einnahme „ 1 971.67 

M. 5 472.72 verbleibt zu deckender Rest M. 4 163.63 

= 1,57 


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17. Mai 1900. 


MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE' 


7 


Der Betrag von M. 5 472.72 ist dnrch Ortsumlage aus dem 
Versicherungscapital von M. 263 760 zu decken, was gleich 
207 Pfg. von 100 M. ergiebt. 

Abrechnung. 

1. Einnahme der Gemeindekasse aus Ziff. II . . M. 4073.35 

2. Ausgabe der Gemeindekasse aus Ziff. I, 2 u. 3 „ 1 439.10 

an die Amtskasse zu ersetzen M. 2 634 25 
An dem Rest von M. 4 163.63 ist durch Verbandsumlage 
20 Pfg. von 100 M. zu entrichten, was aus M. 2 637.60 Ver- 
gicherungscapital M. 527.52 ergiebt. Der verbleibende Rest von 
M. 3 636.11 ist durch die Staatskasse zu decken. 

I M. 3 636.11 


Staatszuschuss 


130.— 


M. 3 766.11 


I. 

Schuldigkeit der Ortsanstalt: 


1. Erhaltene Entschädigung.M. 12 270.60 

2. Aufwand ihr thierärztliche Behandlung ... „ 1 170.70 

3. Aufwand für örtliche Verwaltung. „ 268.40 

Summa M. 13 709.70 

n. 

4. Einnahmen aus Fleischerlös.M. 3 943.35 


verbleibt Schuldigkeit M. 9 766.35 
- M. 9 766.35 


Die Ortsanstalt hat aufzubringen: 

1. an Ortsumlagen.M. 5 472.72 

2. an Verbandsumlagen .... „ 527.52 = M. 6000.24 

Somit durch die Staatskasse zu leisten - M. 3 766.11 

Das Gesetz ist, wie schon erwähnt, seit nahezu einem Jahr¬ 
zehnt in practischer Wirksamkeit. Wenn demselben auch anfangs 
noch manche Fehler anhafteten, die hauptsächlich durch den 
Mangel an practischer Erfahrung bedingt waren, so hat es durch 
die Reorganisation im Jahre 1898 eine bedeutende Verbesserung 
erfahren. Es ist desshalb von Interesse zu sehen, wie es sich 
draussen im Leben bewährt. Darüber geben uns die von der 
Verbandsverwaltung veröffentlichten und pünktlich erscheinenden 
Jahresberichte den besten Aufschluss. 

So entnehmen wir dem Jahresbericht für 1898 (der für 1899 
ist noch nicht erschienen) folgende interessante Zahlen. 

Der Versicherung8verband umfasste im Betriebsjahr 1898 
124 Ortsviehversicherungsanstalten*) mit 12749 Besitzern und 
45142 versicherten Rindviehstücken. Letztere hatten einen 
Gesammtversicherungswerth von 12501525 Mk.; das ist durch¬ 
schnittlich für ein Stück 276 Mk. 94 Pfg. 

Es wurden 1300 Entschädigungsansprüche erhoben. Davon 
wurden voll entschädigt 1254 = 96,46 pCt., während nur theil- 
weise begründet 22 = 1,69 pCt. und 24 = 1,85 pCt. nicht be¬ 
gründet waren. 

Anf je 100 versicherte Thiere trafen 2,82 entschädigte 
Verlustfälle. 

Von den entschädigten Rindviehstücken waren noth- 
geschlachtet 1058 = 82,92 pCt., umgestanden 120 = 9,40 pCt. 
und gewerblich geschlachtet (Schlachtviehversicherung) 
98 = 7,68 pCt.; zusammen 1276 Stück. 

Unter den zur Entschädigung gelangten Rindviehstücken 
waren Kühe: 

997 = 78,14 pCt., Rinder und Kalbinen 245= 19,20 pCt.; 
Farren 19 = 1,47 pCt. und Ochsen 15 = 1,19 pCt. 

*) Dies« Zahl ist im Jahre 1899 bedeutend gestiegen. 


Zur Zeit des Todes standen im Alter unter einem Jahre 
111 = 8,70 pCt., von 1—5 Jahren 423 = 33,15 pCt., von 6 bis 
12 Jahren 693 = 54,31 pCt. und über 12 Jahre 49 = 3,84 pCt. 

Bei den 1178 wegen Nothschlachtung und Umstehen ent¬ 
schädigten Fällen fand statt: 

bei Nothschlach- bei Umstehen 
tungen in Fällen in Fällen 

a. Thierärztl. Behandlung 

od. Untersuchung 996 = 94,14 pCt. 52 = 43,33 pCt. 

b. Keine Untersuchung 62 = 5,86 pCt. 68 = 56,67 pCt. 

1058 120 

irrä — 

Die Summe der durch die Amtskassen vorschüsslich aus¬ 
bezahlten Entschädigungen betrug 276,740 M. 77 Pfg. und zwar 
269,900 M. 89 Pfg. für die 1 178 nothgeschlachteten und um¬ 
gestandenen Thiere; das ist durchschnittlich 229 M. 12 Pfg. für 
ein entschädigtes Rindviehstück. Für die 98 Stück geschlachteten 
Thiere wurden wegen polizeilicher Beschlagnahme oder Bean¬ 
standungen 6893 M. 88 Pfg. entschädigt. Das ist durchschnitt¬ 
lich 69 M. 79 Pfg. Gegen 1897 hat sich der Gesammtent- 
schädigungsaufwand der geringen Zahl der Schadenfälle ent¬ 
sprechend um 26,709 M. 82 Pfg. verringert. 

Durchschnittlich wurden bei nothgeschlachteten und um¬ 
gestandenen Thieren 83 pCt. des durchschnittlichen Versicherungs- 
werthes entschädigt. 

Der aus Thieren und Thiertheilen thatsächlich erzielte 
Reinerlös betrug 93,982 M. 48 Pfg., das ist für ein Stück durch¬ 
schnittlich 79 M. 78 Pfg. oder 34,82 pCt. der bezahlten Ent¬ 
schädigungssumme. 

Die Summe <fes ungedeckten örtlichen Versicherungsauf- 
wandee betrug 142,158 M. 83 Pfg.; der ungedeckte Verbands¬ 
aufwand 91036 M. 80 Pfg., die Höhe der zur Deckung des 
ersten Aufwands auf je 100 M. entfallenden Umlage (sog. Orts¬ 
umlage) schwankte zwischen 7 Pfg. und 3 M. 09 Pfg. Er 
betrug im Durchschnitt 108 Pfg. pro 100 M. Versicherungwerth. 
Rechnet man die Verbandsumlage hierzu, welche nur 20 Pfg. 
für 100 M. Versicherungswerth betragen darf, so belief die 
durchschnittliche Versicherungssumme 1,28 pCt. Wenn wir 
bedenken, dass private Versicherungsgesellschaften nur mit 3 
bis 8 pCt. arbeiten konnten, so ist dieser Procentsatz der 
staatlichen Anstalten als ein äusserst günstiger zu bezeichnen. 

(Nachträglich sei noch bemerkt, dass der Staatszuschuss 
zur Deckung der Verbandsumlage rund 66,000 M. betrug). 

Von nicht minder grossem Interesse dürfte die Aufstellung 
der Schadenfälle sein, welche die Nothschlachtungen und das Um¬ 
stehen herbeiführten. Die Zahlen gewinnen im Hinblick auf 
die allgemeine obligatorische Fleischbeschau um so mehr an 
Interesse und wissenschaftlicher Bedeutung, als sie an Genauig¬ 
keit nichts zu wünschen übrig lassen. Ausserdem dürfte es 
wohl die erste Liste sein, welche uns über eine grössere Anzahl 
von Nothschlachtungen Kenntniss giebt. 

Die Zusammenstellung giebt uns folgenden Aufschluss 
hierüber: 

I. Krankheiten des Nervensystems und 

der Sinnesorgane. 44 = 3,75 pCt. 

Gehirnschlag (Apoplexie) 7; Gehirn- 
entzündung-Oedem 12; Gehirnhöhlen¬ 
wassersucht 2; Rückenmarks- (Kreuz)- 
Lähmung 21; Neubildung im Gehirn 1; 

Fallsucht (Epilepsie) 1. 


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8 


MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE. 


No. 2. 


II. ^Krankheiten des Gefässsystems . . 
Herzbeutel-, Herzentzündung 3; Herz¬ 
klappenfehler 4; Herzzerreissung 1; 
Herzlähmung4; Arterienkrankheiten 1. 

HI. Krankheiten der Athmungsorgane 
Verengerung der oberen Luftwege 2; 
Catarrhalfieber (bösart. Kopfkrank¬ 
heit) 6; Lungencongestion 2; Em¬ 
physem 4; katarrhalische Lungen¬ 
entzündung 2; Schluckpneumonie 3; 
Bronchitis 1; Lungenschwindsucht 
ohne Tuberculose 1; Lungenlähmung 
4; Brust- und Rippenfellentzündung 2; 
Brustwassersucht 2. 

IV. Krankheiten der Verdauungsorgane . 
Fremdkörper im Schlund 2; Schlund- 
zerreissung 1: Aufblähung, acute 35; 
chronische 3; Bauchfellentzündung 28; 
traumatische Entzündung des Magens, 
Darmes, Bauchfells, Zwerchfells, des 
Herzbeutels, der Lunge u. s. w. 129; 
Hernien 4; Darminvagination, -Ver¬ 
schlingung 9; Indigestion, Magen- 
Darmcatarrhe 32; Magen-, Darm¬ 
entzündung 4G; Krankheiten der 
Leber 9; der Milz 3; Bauchwasser¬ 
sucht 4. 

V. Krankheiten der Harnorgane . . . 
Nierenentzündung 13; Harnsteine 2; 
Berstung der Harnblase 1. 

VI. ' Krankheiten der Geschlechtsorgane: 

Tragsack-, Scheidenkatarrhe (Fluor 
alb.) 7; Tragsack-, Scheidenentzün¬ 
dung 53; Tragsack-, Scheidenvorfall 
17; Schwergeburten 33; Fehlgeburten 
(Abortus) 3; Verletzungen der Ge¬ 
burtswege 43; Festliegen vor und nach 
der Geburt 6; Tragsackdrehung 4; 
Verwachsung des Muttermundes 1; 
Gebärparese (Kalbefieber) 36; Euter¬ 
entzündung 15; Zurückbleiben der 
Nachgeburt 4; Wassersucht der Ei¬ 
häute 1. 

VII. Infectionskrankheiten. 

Tuberkulose 352; Blutvergiftung (Sep- 
tikämie, Pyämie) 8; Genickstarre 
(Meningitis cerebr. spinal.) 2; Ma¬ 
lignes Oedem 5; Actinomykose 11; 
Starrkrampf 10; Maul- und Klauen¬ 
seuche 5; Folgen der Maul- und Klauen¬ 
seuche 5; Kälberlähme 1; Bläschen¬ 
ausschlag 1. 

VTH. Parasiten (thierische). 

Drehkrankheit (Coenurus cerebral.) 
13; Echinococcenkrankheit 1. 

IX. Krankheiten der Haut und Muskel: 
Sehnenentzündung 2; Muskelent- 


13 — 1,11 pCt. 


29 = 2,46 „ 


305 = 25,88 „ 


16 - 1,38 „ 

223 -* 18,92 

i. 

400 = 33,95 „ 


14 = 1,11 „ 

6 = 0,53 „ 


zündung 1; Muskelschwund 2; Muskel¬ 
rheumatismus 1. 

X. Krankheiten der Knochen und Gelenke 43 — 
Gelenksentzündung 19; Luxationen 
19; Gelenkrheumatismus 5. 

XI. Krankheiten der Klauen. 8 = 

Klauenentzündung (Panaritium) 7; 

Caries 1. 

Xn. Störung der Ernährung.47 = 

Blutarmuth (Anaemie) 5; Abzehrung 
u.Zehrfieber 19; Knochenbrüchigkeit9; 
allgemeine Wassersucht 11; Alters¬ 
schwäche 1; Bösartige Geschwülste 
(Sarcom) 1; Blutfleckenkrankheit 1. 

XHI. Aeussere Einwirkungen oder durch 

dieselben verursachte Krankheiten . 27 — 

Erwürgen, Ersticken 5; Verwundungen, 
Quetschungen u. s. w. 4; Knochen- 
Wirbelbrüche 17; Hornbruch 1. 

XIV. Unbestimmte, unbekannte Krankheiten 3 = 


3,66 pCt. 


0,70 ,. 

3,98 „ 


2,30 


1’ 


0,27 


Summa . . 1178 — 100,00 ,, 
Leider führt die Liste die durch Nothschlachtungen einer¬ 
seits und durch Umstehen anderseits verursachten Schadenfälle 
nicht getrennt auf. Wir entnehmen derselben aber wiederum 
die Thatsache (wie schon in einer früheren Arbeit von mir 
erwähnt), dass die Tuberculose, die inneren, traumatischen Fremd¬ 
körperentzündungen und die Krankheiten der Geschlechtsorgane 
(Schwergeburten und deren Folgen) das Hauptkontingent zu den 
Nothschlachtungen beim Rindvieh stellen. Die Erfahrung wird 
diese Erscheinung auch sicherlich fernerhin bestätigen. 

In den 98 Fällen der Schlachtviehversicherung wurde die 
polizeiliche Beschlagnahme, bezw. Beanstandung des Fleisches 
veranlasst: 


durch Tuberculose bei 97 = 98,98% 
durch Bauchfellentzündung bei 1 = 1,2%. 

Jeder in der Fleischbeschau erfahrene Thierarzt wird auch 
dieses Verhältniss als in der Praxis zutreffend bestätigen können. 

Wir ersehen aber auch aus diesen Zahlen, wie von Seiten 
der Versicherung energisch gegen die Tuberkulose vorgegangen 
wird. Gewiss eine nicht zu unterschätzende Seite der Wirk¬ 
samkeit des Gesetzes. 

Wir sind am Schlüsse unserer Betrachtungen angelangt. 
Die Einführung der allgemeinen und obligatorischen Fleisch¬ 
beschau steht für ganz Deutschland unmittelbar bevor. Mit ihr 
wird den Thierärzten eine gewaltige Thätigkeit zufallen. Es 
wird ihnen hierdurch nicht allein ein bedeutender Theil des 
Nationalvermögens anvertraut, sondern auch die Ueberwachung 
der Gesundheit ihrer Mitmenschen, soweit sie durch Fleisch¬ 
genuss getährdet werden kann, wird ihnen vertrauensvoll in die 
Hände gelegt. Gewiss eine sehr schöne aber schwierige Aufgabe! 
Jeder Schritt, dieselbe zu erleichtern, ist nicht nur in volkswirth- 
schaftlicher Hinsicht sondern ganz besonders vom hygienischen 
Standpunkt aus anzustreben. Dazu ist in allererster Linie eine 
allgemeine Viehversicherung auf der beschriebenen staatlichen 
Grundlage geeignet. 

Den Regierungen wie nicht minder den Thierärzten bieten 
sich auf diesem Felde dankbare Zukunftsaufgaben dar! 


Berlin, Druck von \V. Büxemtein 


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Die „Berliner ThierSratllche Wochemchrift“ erscheint 
wöchentlich in Stftrke von mindestens VU Bogen. Dieselbe 
Ut *n beziehen durch den Buchhandel, die Post (No 1063) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoetz, Berlin NW„ Lulsenstrasse 86, zum Prelso von 
hfk. 5,- pro Vierteljahr. 


Berliner 


Orlginalbeltrlge werden mit KO Ik. für den Bogen honorlrt 
Alle Manuscripte, Mlttheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thlertrztllche Hochschnlo, NW., Luisenstrasse 66. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung, 


Thierärztliche Wochenschrift 

Heran sgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. E. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Bichard Schoet*, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M 21 . Ausgegeben am 24 Mai. 


Inhalt: Neuss: Zum Hufbeschlagsunterricht an den thierärztlichen Hochschulen. — Jo^t: Pseudoleukämie (malignes 
aleukämisches Lymphadenom) bei einer Kuh. — Mjöen: Zur Biologie des Dorsches. — Untersuchung der 
Backzähne bei der Musterung von Pferden. — Referate: Lubarsch: Zur Kenntniss der Strahlenpilze. — Weber: 
Ueber den inneren Bruch (Ueberwurf) beim Ochsen. — van Harreveit: Mededeelingen uit het pathologisch laboratorium van 
het abattoir te Rotterdam. — Leclainche: Die Serumtherapie des Schweinerothlanfes. — Liithens: Unterarmbruch und 
Heilung beim Pferd. — Tagesgeschichte: Frühjahrs-Sitzung des Vereins schlesischer Thierärzte in Breslau am 6. Mai 1900. 
— Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Vieh¬ 
verkehr. — Bücherauzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen. 


Zum Hufbeschlagsunterricht an den thierärztlichen 
Hochschulen. 

Von 

Neuae-Münster, 

Corpsrossarzt. 

So betitelt sich der Hauptartikel in No. 5 vom 1. März 1900 
des Thierärztlichen Centralanzeigers. Derselbe behandelt aber 
nicht hur dieses Thema, sondern beschäftigt sich, wie der 
Verfasser selbst sagt, „etwas unbefangen“ auch mit den Ross¬ 
ärzten, besonders den Corpsrossärzten. Wenn ich mit dem 
Inhalte des Artikels im Allgemeinen auch einverstanden bin, so 
möchte ich doch Einiges nicht unwidersprochen lassen. 

Den Hufbeschlagsunterricht betreffend, stimme ich den Aus¬ 
führungen des Verfassers za und stehe bezüglich desselben 
ebenfalls auf dem Standpunkte von Lungwitz und Gntenäcker. 
Eine gründliche Kenntniss der Hufbeschlagsknnde würde nicht 
nur von günstigem Einfluss auf den Hufbeschlag, auf den ein- 
znwirken die Thierärzte so oft Gelegenheit haben, sein, sondern 
diesen selbst auch sehr nützlich sein. Ja, es ist anzunehmen, 
dass die Geringschätzung, mit der ein grosser Theil der Thier¬ 
ärzte auf denselben herabsieht, sich verlieren würde, wenn 
durch einen eingehenden Unterricht die Bedeutung desselben 
in das rechte Licht gestellt würde. Der Verfasser hat nicht 
unrecht, wenn er sagt, es ist nicht das Handwerk, was abstösst, 
sondern die Art und Weise wie Seitens der preussischen 
Militärbehörde die Ausübung der Hufbeschlagsknnde betrieben 
wird. Davon weiter unten. 

Der Verfasser kommt vom Hufbeschlage auf die Rossärzte, 
seine ehemaligen Specialcollegen, was er für selbstverständlich 
hält und ja auch sehr nahe liegt. Dabei geht er mit den Corps¬ 
rossärzten wenig rücksichtsvoll nm. Da er mit den militärischen 
Verhältnissen vertraut sein muss, muss er wissen, dass die Corps¬ 
rossärzte nur auf dem Dienstwege, d. h. durch die commandirenden 
Generäle, Schritte znr Verbesserung der rossärztlichen Lage 
thun können. Ihnen stehen die Wege nicht offen welche die 
Civilthierärzte betreten können, und deshalb bleibt ihre Thätig- 
keit meist unbekannt. Denn nur ungern entschliesst man sich, 
von seinem Thun vor der Oeflfentlichkeit zu reden, um den 


Schein des Selbstlobens zu vermeiden. Solchen Anklagen gegen¬ 
über, wie sie der Artikel gegen die Rossärzte ansspricht, bleibt 
aber nichts Anderes übrig. 

Ich habe schon im Jahre 1885 dem betr. commandirenden 
General das Verlangen der Rossärzte nach einer besseren 
Stellung und höherem Gehalte vorgetragen und dabei die jetzige 
Stellung als das zunächst Erreichbare vorgeschlagen. Dasselbe 
habe ich etwas später auch anderen höheren Officieren, darunter 
dem derzeitigen Decernenten für die rossärztlichen Angelegen¬ 
heiten im Kriegsministerium gegenüber gethan. Letzterer gab 
mir die bestimmte Zusicherung, dass diese Wünsche erfüllt 
würden, sobald die Mittel dazu vorhanden wären. Dem gegen¬ 
über wäre eine weitere Agitation doch verfehlt gewesen. In 
gleicher Weise bin ich auch bezüglich der jetzt angestrebten 
Gehaltserhöhung vorgegangen und habe mich, da militärischer- 
seits dem nichts entgegenstand, weil das Kriegsministerium sich 
für die Gehaltserhöhung ausgesprochen hatte und nur der Reichs¬ 
tag dafür nicht zu haben war, auch schriftlich an einen mir 
bekannten Reichstagsabgeordneten gewandt. 

Ich bin fest überzeugt, dass auch andere Collegen in dieser, 
militärisch eben nur möglichen Weise thätig gewesen sind. Es 
ist also mit der „Wurschtigkeit“ im rossärztlichen Personal 
nicht so schlimm wie der Verfasser des besagten Artikels 
glauben machen will. 

Der Herr College hält nicht dafür, dass das Eindringen in 
die Geheimnisse des Schmiedehandwerks der Würde des Thier¬ 
arztes Abbruch thue, wünscht aber die bei dem Militär von den 
Unterrossärzten der Reserve geforderte Prüfung im Hnfbeschlage 
beseitigt. Hiermit ist jedenfalls die Prüfung gemeint, welche 
vor der Beförderung znm Rossarzt abznlegen ist, und die man 
fallen lassen könnte in Anbetracht der vor der Beförderung zum 
einjährig-freiwilligen Unterrossarzt bestandenen Prüfung. Von 
anderer Seite wird aber auch der Wegfall dieser Prüfung ge¬ 
fordert. Dem könnte man nur dann beipflichten, wenn die 
Civilthierärzte auf den thierärztlichen Hochschulen den von 
Lungwitz und Gntenäcker geforderten Unterricht in der Huf- 
beschlagkunde genossen hätten. Richtig ist es, dass von den 
! Einjährig-Freiwilligen nur sehr wenige ein wirklich brauch- 


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242 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 21. 


bares Hufeisen schmieden lernen, und das Wenige, das sie ge¬ 
lernt haben, auch bald wieder verlernen, da sie nicht in der 
Hebung bleiben. Denn dass zur Erlangung einer gewissen 
Fertigkeit im Schmieden von Hufeisen für den, der noch nie 
geschmiedet hat, eine längere Zeit gehört, und dass das Er¬ 
lernte bald wieder verlernt wird, wenn man nicht in der Uebung 
bleibt, dürfte jedem Rossarzt bekannt sein. Es ist deshalb dieser 
Tlieil der Prüfung weder für den Betreffenden noch 
für die Armee von besonderem Nutzen und sein Weg¬ 
fall unerheblich. Dagegen wird die Prüfung in der Theorie 
der Hufbeschlagknnde fortbestehen müssen, so lange der Unter¬ 
richt in derselben an den thierärztlichen Hochschulen nicht in 
der oben angegebenen Weise ertheilt wird. Erst wenn der als 
Einjährig - Freiwilliger eintretende Thierarzt mit seiner 
Approbation auch ein Zeugniss über sein Wissen in der 
Hufbeschlagkunde vorlegt, könnte auch diese Prüfung in Weg¬ 
fall kommen. Man kann von der Militärbehörde doch nicht 
erwarten, dass sie diese Tliierärzte zu Unterrossärzten be-, 
fördert., ohne ein Urtheil darüber zu haben, ob dieselben die¬ 
jenigen Kenntnisse besitzen, welche erforderlich sind, den Huf¬ 
beschlag richtig zu beurtheilen und zu leiten. Auch dann 
befinden sich dieselben noch im Vortheil gegenüber den übrigen 
Rossärzten; denn schwerlich wird die Militärbehörde von der J 
Ausbildung der Rossärzte im praktischen Hnfbeschlag Abstand ; 
nehmen. Es liegt auch kein zwingender Grund dazu vor, denn ! 
dass das Erlernen des praktischen Hufbeschlags erniedrigend ' 
für den Stand sei*), ist doch sehr zweifelhaft. Studirende des 
Baufachs (Abiturienten) arbeiten handwerksmässig in Schmiede- ! 
und Tischlerwerkstatt, und diejenigen, welche in den höheren i 
Staatsdienst eintreten wollen, thnn auch Heizerdienste . auf ; 
Locomotiven und haben sich einer Prüfung als Locomotivführer 
zu unterziehen. Niemand wird behaupten, dass der Stand der 
Baumeister dadurch erniedrigt wird. Tn unserem Falle fragt 
es sich nur, ob der Unterricht im Hnfbeschlage für die Rossarzt¬ 
aspiranten nicht in anderer Weise ertheilt werden kann wie 
dies jetzt der Fall ist. 

Vor Errichtung der Militärlehrschmieden mussten die Ross- j 
ärzte die Beschlagschmiede selbst ausbilden. Dazu war er- ! 
forderlich, dass der Rossarzt in der Ausführung des praktischen I 
Hufbeschlags Fertigkeit besass, da er häufig selbst Hammer ! 
und Zange in die Hand nehmen, Eisen schmieden und richten 
musste. Jetzt, wo sechs Lehrschmieden der Armee ein gutes j 
Beschlagpersonal in genügender Anzahl liefern, ist es nicht mehr 
erforderlich und wird auch nicht mehr verlangt, dass der Ross¬ 
arzt selbst beschlägt. Weder im Frieden, wo tüchtige Fahnen¬ 
schmiede den Beschlag ausführen, noch im Kriege, wo der 
Rossarzt in anderer Weise beschäftigt ist, kommt derselbe dazu, 
Eisen zu schmieden und Pferde zu beschlagen. Es kann also ! 
nicht der Zweck des Hufbeschlagunterrichts sein, aus den 
Rossarztaspiranten Beschlagkünstler zu machen, die Aufgabe 
dieses Unterrichts ist eine andere, gewissermassen höhere: er 
soll den zukünftigen Rossarzt bekannt machen mit der Anatomie, 
Physiologie und Pathologie des Hufes, mit den Mitteln, den 
gesunden Huf gesund zu erhalten, den kranken gesund zu 
machen. Der Aspirant soll durch ilm die hohe Bedeutung des 

Hufes und dessen Beschlages für die Leistungsfähigkeit des 
Pferdes kennen lernen. Es soll also dieser Unterricht schon 
ein Tlieil des thierärztlichen Studiums und zwar ein für den Militär- 
thierarzt nicht unwesentlicher sein; denn in der Hand des Ross- 

'*} Wie die Denkschrift des Deutschen Veterinärraths sagt. 


arztes soll die Leitung der gesammten Hufpflege liegen. Wenn 
die Militärbehörde mit diesem Unterricht praktische Uebungeu 
| in der Ausführung des für den Huf (und auch sonst für die 
I Beine) so wichtigen Beschlags verbindet, so ist dies eine Ver¬ 
vollkommnung desselben, die für den Rossarzt nur von Nutzen 
ist, denn es giebt ihm dies eine grössere Sicherheit in der Be- 
urtheilung der Arbeiten der Fahnenschmiede. 

Fassen wir die Ausbildung der Rossarztaspiranten im 
I practischen Hnfbeschlage in diesem Sinne auf, dann können wir 
| auf die früheren Verhältnisse zurückgehen und den Cursus in 
der Lelir8chmiede auf ’/* Jahr herabsetzen. In dieser Zeit würde 
| der Hufbeschlagunterricht in gründlichster Weise ertheilt und 
hierbei dem Erlernen des practischen Theils desselben das Hand- 
werksmässige wesentlich genommen werden können. Liesse es 
sich dann ermöglichen, dass die Aspiranten das erste halbe Jahr 
mit der Waffe dienten, in der zweiten Hälfte des Jahres den 
Cursus in der Lehrschmiede durchmachten, um dann sofort in 
die Militärrossarztschule aufgenommen zu werden, so würde 
gewiss jeder junge Mann, der das militärthierärztliche Studium 
aus Lust und Liebe zur Sache ergreift, das Erlernen des 
practischen Hufbeschlags als etwas Erniedrigendes nicht ansehen. 

Dann wäre auch das wesentlich erreicht, auf das die an¬ 
gezogene Denkschrift hinweist, dass die jungen Leute dem Ein¬ 
flüsse des Kasernenlebens möglichst entzogen werden, das sie 
mit den verschiedensten Elementen zusammenbringt. Dieselben 
würden dann mit nur einer halbjährigen, für die militärische 
Ausbildung nothwendigen Unterbrechung vom Gymnasium in ihr 
Fachstudium eintreten. 

Anschliessend hieran möchte ich noch Punkt H der Denk¬ 
schrift des Deutschen Veterinärraths: „Aufstellung, bezw. Wieder¬ 
einführung eines technischen Referenten bei den Kriegsministerien 
der deutschen Staaten“ kurz berühren. 

Ob die Errichtung einer solchen Stelle im preussischen Kriegs¬ 
ministerium zweckmässig ist, während an der Spitze des Militär- 
Veterinärwesens die General-Inspection der Cavallerie und die 
Inspection des Militär-Veterinärwesens stehen, erscheint mir 
zweifelhaft. Dagegen dürften dem keine Schwierigkeiten ent¬ 
gegenstehen , dass der letzteren ein wissenschaftlich hervor¬ 
ragend gebildeter und practisch erfahrener Corpsrossarzt an 
Stelle der jetzigen vier Consulenten als technischer Beirath 
beigegeben würde. An Beschäftigung würde es demselben nicht 
fehlen, wenn ihm alle technischen Angelegenheiten zur Be¬ 
arbeitung übergeben würden, das bacteriologische Institut ihm 
unterstellt und ihm im weiteren Verlaufe der Zeit vielleicht 
auch die Oberleitung der Berliner Lehrschmiede übertragen 
würde. Geldkosten würden dem Staate nicht erwachsen, denn 
schon die Vergütungen der jetzigen Consulenten betragen zu¬ 
sammen mehr als das jetzige Gehalt eines Corpsrossarztes. 
Dass sich im rossärztlichen Personal, aus dem schon hervor¬ 
ragende Professoren hervorgegangen sind, eine geeignete Per¬ 
sönlichkeit finden würde, steht ausser Zweifel. 

Pseudoleukämie (malignes aleukämisches Lymph- 
adenom) bei einer Kuh. 

Von v 

H. Jost-Göttingen. 

Assistent am Thterarsneiiustitut. 

Im April dieses Jahres hatte ich Gelegenheit, bei einer 
Kuh eine pseudoleukämische Erkrankung mit derartig nmfang’- 
reichen Organveränderungen zu beobachten, wie sie nur sehr 
selten Vorkommen werden. 


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21. Hai 1900 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


243 


Mitte vorigen Monats wurde ich zu dem fraglichen Thier, 
welches 4 Jahre alt und friesischer Abkunft war, gerufen, das 
nach Aussage des Besitzers seit einigen Tagen mit Unter¬ 
brechungen keine Fresslust zeige, im Nährzustande, besonders 
aber in der Milchergiebigkeit zurückgegangen sei und an der 
linken unteren Partie des Halses eine Fistel (der in hiesiger 
Gegend bei der Landbevölkerung gebräuchliche Ausdruck für 
ein Actinomykom) habe. 

Die nach dieser Anamnese stattgehabte Untersuchung ergab 
nachfolgenden Befund: Das fragliche Thier befand sich in 
mittelmässigem Nährzustande. Es achtete aufmerksam auf die 
Vorgänge in seiner Umgebung. Die Hauttemperatur war gleich- 
mässig vertheilt; die Deckhaare zeigten matten Glanz; die Haut 
liess sich leicht von den Rippen abheben und war elastisch. 
In dem kleinen und welken Euter fand sich nur wenig Milch, 
dieselbe war wässerig blau. Das Flotzmaul fühlte sich feucht 
an, Defekte in der Maulhöhle waren nicht vorhanden, dagegen 
zeigten sich die sichtbaren Schleimhäute etwas erblasst. 
Pansenthätigkeit und Wiederkäuen äusserten sich normal. Der 
an der Arteria maxill. extern, gut fühlbare Pulsschlag war 
äqual und regulär. Die Anzahl der Pulsschläge belief sich auf 
64, der Herzschlag erfolgte rhythmisch und war leicht zu 
fühlen. Die Athmung schien beschleunigt und zwar nach Aus¬ 
sage des Besitzers zeitweise sehr erheblich. Hustenreiz war 
nicht vorhanden. Die Auscultation ergab ausser verstärktem 
vesiculären Athemgeräusch nichts Abnormes. Mastdarm¬ 
temperatur 39,3° C. Kothabsatz normal. Sowohl beim Stehen 
als auch während des Herausführens hatte die Kuh eine steife 
vorgestreckte Haltung des Halses, ähnlich wie sie beim Starr¬ 
krampf beobachtet wird. Der Hals konnte selbst mit Gewalt 
nicht nach rechts gebogen werden. An der linken unteren 
Halspartie befand sich ein Hühnerei grosser über die Ober¬ 
fläche hervorragender und scharf abgegrenzter Tumor. Der¬ 
selbe fühlte sich hart an und war in der Subcutis leicht ver¬ 
schiebbar. Die weitere Palpation an derselben Seite ergab 
nach dem Brusteingange hin in der Tiefe eine kindskopfgrosse, 
derbe Anschwellung der caudalen Halslymphdrüse, wodurch 
jedenfalls die Bewegungsfähigkeit des Halses beinträchtigt 
wurde. Alle anderen von aussen fühlbaren Lymphdrüsen waren 
mehr oder weniger stark geschwollen, sodass das gesammte 
Krankheitsbild zu der vorläufigen Diagnose Leukämie berechtigte. 

Da jedoch bei wiederholt ausgeführten microscopischen 
Untersuchungen des Blutes aus der Jugularvene des kranken 
Thieres und bei weiteren microscopischen Vergleichungen dieses 
Blutes mit Blutproben gesunder Kühe sich keine Vermehrung 
oder Veränderung der weissen Blutkörperchen ergab, musste 
unter Berücksichtigung dieses nachträglichen Befundes die 
Krankheit als Pseudoleukämie betrachtet werden. 

Nach den bis jetzt vorhandenen literarischen Angaben er¬ 
schien eine Behandlung aussichtslos; trotzdem liess ich das Thier 
im Einverständniss mit dem Besitzer noch etwa 3 Wochen zu 
Beobachtungszwecken leben, um alsdann nach der Schlachtung 
durch den Sectionsbefund das klinische Krankheitsbild ergänzen 
zu können. 

Am Tage vor der Schlachtung, also 3 Wochen nach der 
ersten Untersuchung, waren alle die vorhin erwähnten Krank¬ 
heitserscheinungen ausgeprägter. Der Nährzustand des Thieres 
hatte sich bedeutend verschlechtert und die Haardecke war rauh, 
struppig und glanzlos geworden. Die Kuh zeigte ein apathisches 
Benehmen; sie stand mit lang vorgestrecktem Halse und ge¬ 


spreizten Vorderbeinen, der Rücken war gekrümmt und die 
Hinterbeine untergeschoben. Nur müde und schwerfällig bewegte 
sie sich am Standorte. Die Athembeschwerde hatte in be¬ 
drohlicher Weise zugenommen; die Pulsfrequenz war bis auf 
105 gestiegen, Arterienpuls dabei klein. Mastdarmtemperatur 
40,4° C. Die Jugularen beiderseits strangförraig und stark ge¬ 
füllt. Die sichtbaren Schleimhäute anämisch. Appetit und 
Wiederkäuen mangelhaft, Kotabsatz verzögert, Der Versuch, 
das Thier herauszuführen, gelang nicht, da sich dasselbe beim 
Gehen mit der Hinterhand nicht hochzuhalten vermochte. Die 
von aussen fühlbaren Lymphdrüsen hatten an Umfang bedeutend 
zugenoramen, so dass die caudale Halslymphdrüse linkerseits die 
Grösse eines Mannskopfes erreicht und die Lymphdrüsen der 
oberen Weichengegend am hinteren Rande der letzten Rippe 
sich zu beiden Seiten wie eine Kette von Kastanien hervor¬ 
gewölbt hatten. In der Maulhöhle waren weder Blutblasen noch 
Defecte vorhanden. 

Vergleiche von zwei Blutproben, welche durch je einen 
Aderlass von der erkrankten und einer gesunden Kuh gewonnen 
und in Glascylindern aufbewahrt wurden, ergaben nach dem 
Gerinnen weder in der Farbe noch in der Zusammensetzung 
irgend welche Unterschiede, insbesondere konnte die bei leu¬ 
kämischen Veränderungen beobachtete graue, eiterähnliche Schicht 
zwischen Speckhaut und Blutkuchen nicht wahrgenommen werden. 
Wiederholte microscopische Untersuchungen des Blutes unter 
Zusatz von Kochsalzlösung auf abnorme vermehrte Anzahl 
von weissen Blutkörperchen hatten ein negatives Resultat. Bei 
der Section des alsdann geschlachteten Thieres zeigten sich 
nachfolgende krankhafte Veränderungen: 

Abgemagertes Kadaver. Beim Abhäuten verringerte Blut¬ 
menge in den Gefässen. Am abgehäuteten Kadaver wölbten 
sich die an der Oberfläche des Körpers gelegenen Lymphdrüsen 
stark hervor. Die nach dem Entfernen des Euters freigelegte 
Euterlymphdrüse hatte ein Gewicht von 2 kg. Die Kniefalten¬ 
drüsen waren beiderseits über faustdick. Bei Eröffnung der 
Körperhöhlen fand sich sowohl in der Bauch- als auch in der 
Brusthöhle nur wenig hellgelbe Flüssigkeit ohne Gerinnsel. 
Magen- und Darmkanal hatten dünnbreiigen Inhalt von geringer 
Menge. Schleimhäute des Darms grau und glänzend. Die 
Peyerschen Haufen waren geschwollen. Die Mesenterialdrüsen 
wurstförmig verdickt. Lendendrüsen meistens über gänseeigross. 
Die inneren Organe anämisch. Nieren vergrössert und mit 
zahlreichen graugelben, haselnussgrossen Lymphomen durch¬ 
setzt. Fibröse Neubildungen verbanden die im Hilus der Nieren 
liegenden verdickten Lymphdrüsen mit der Umgebung. Milz, 
in der unbedeutende Lymphombildungen waren, vergrössert, 
Milzpulpa verdickt und weich, Schnittfläche grau-rothbraun. 
Lymphdrüsen der Milzrinne hühnereigross angeschwollen. Die 
Leber füllte infolge ihrer enormen Ausdehnung fast die halbe 
Bauchhöhle aus und hatte das kolossale Gewicht von 40'/, kg. 
Sie war derartig mit Lymphomen der verschiedensten Grösse 
durchsetzt, dass das Leberparenchym fast vollständig verdrängt 
war und ihre Oberfläche sowohl als auch ihre Schnittfläche 
weissgelb marmorirt erschienen. Consistenz derselben wie die 
der Lymphdrüsen derb und fest. Beim Einschneiden knirschendes 
Geräusch. Zwischen den grauweissen, glasartigen Lymphomen 
spärliches gelblich - braunes Lebergewebe, welches sich faden¬ 
artig verzweigt. Die portalen Drüsen faustdick geschwollen. 
Verwachsungen der Leberkapsel mit der Umgebung waren nicht 
vorhanden. 


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244 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 21. 


Lunge normal. Die Bronchialdrüsen, der Lieblingssitz des 
malignen Lymphadenoms, bildeten ein Packet im Gewichte von 
3J4 kg und fühlten sich hart an. Im Herzbeutel keine Flüssig¬ 
keit. Im Herzmuskel sowohl als auch in den Herzkammern 
waren krankhafte Veränderungen nicht wahrzunehmen. Ver- 
hältnissmässig am umfangreichsten war die linke caudale Hals- 
lymphdrüse, die nach dem Herausschneiden das Gewicht von 
4 kg hatte und den Eindruck einer Geschwulst machte. Die 
Luftröhre an den beiden Stellen, wo die übermässig entwickelte 
Bronchialdrüse und die Halslymphdrüsen lagen, stark verengt. 
Sowohl hierdurch als auch durch den fortgesetzten Druck der 
ungeheuer ausgedehnten Leber auf das Zwerchfell wird die zu 
Lebzeiten des Thieres beobachtete Athemnoth hervorgerufen 
worden sein. Subparotideale Lymphdrüse faustgross. Blut¬ 
blasen und Defecte waren in der Maulhöhle nicht vorhanden. 
Sämmtliche Lymphdrüsenknoten waren von einer bindegewebigen 
Kapsel eingeschlossen. Beim Einschneiden quoll das Parenchym 
hervor. Feuchte, glänzende Schnittfläche von schmutzig grau- 
weisser Farbe und mit netzförmig vertheilten Streifen durch¬ 
zogen. Trotzdem die meisten Drüsen angeschnitten wurden, 
konnten in keiner derselben, abgesehen von der Hyperplasie, 
irgendwelche anderen krankhaften Veränderungen wie Ver¬ 
käsung u. s. w. entdeckt werden. Das Knochenmark war nicht 
erweicht und weisslich roth gefärbt. 

Bei der microscopischen Untersuchung der einzelnen Organe 
fand sich in den Nieren eine interlobuläre Anhäufung von Zellen 
mit ziemlich grossem in der Regel rundlichen Kern. Aehnliche 
Zellenhäufung war auch im periportalen Bindegewebe der 
Leber. Beides Befunde, die der aleucämischen Lymphadenom- 
bildung (Orth, Diagnostik, pag. 561) entsprechen, ebenso wie 
der microscopische Befund der Lymphdrüsen, in denen sich 
tlieilweise Blutresorptionen fanden. Aus dem Inhalt der Blut¬ 
gefässe konnte ein Schluss auf Leucämie nicht gezogen werden. 
Für die maligne Neubildung „leucämisches Lymphadenom“ sprach 
auch die im Fettgewebe vorhandene Infiltration. 

In Bezug auf das ätiologische Moment dieses Krankheits¬ 
falls bot sich trotz aller meiner Nachforschungen, ob vielleicht 
anderweitige Erkrankungen oder Abscessbildung im Laufe der 
Jahre bei diesem Thiere vorausgegangen seien, in keiner Weise 
irgend ein Anhaltspunkt. 


Zur Biologie des Dorsches. 

Von 

Dr. Alfred Mjöen-Christiama. 

Einen höchst interessanten Beitrag zur Lehre von der 
Zweckmässigkeit im Naturleben liefert das dänische biologische 
Institut durch eine Beobachtung an dem norwegischen Dorsch. 

Wie bekannt, haben sich unter dem Einfluss des zuerst von 
Darwin beleuchteten „Kampfes ums Dasein“ eine grosse Anzahl 
waffenloser, der Raublust höher organisirter Geschöpfe preis¬ 
gegebener Thiere durch allmähliche Anpassung ihren Lebens¬ 
bedingungen untergeordnet. Als einfachste Beispiele erinnern 
wir an die grünen, auf Blättern lebenden Blattläuse, diebraunen 
Borkenkäfer, die sandfarbenen Wüstenthiere u. a. Wir sehen 
Schmetterlinge die Form und Farbe von Blättern nachahmen, 
Käfer die Gestalt und Farbe von Dornen und Vogelmist kopiren. 
Das norwegische Schneehuhn ist im Sommer braun, wenn Erde 
und Baumstämme braun sind, im Winter, wenn die Erde sich 
mit ihrer weissen Decke bedeckt, wird auch das Federkleid des 
Schneehuhnes weiss. Ebenso die Hasen. In Mitteleuropa bleiben 


sie auch im Winter braun, weil dort permanenter Schnee zu den 
Seltenheiten gehört, in den nordischen Ländern werden sie weiss. 

Dieser weise Schutz der Natur, der nach Hä ekel „das 
unbewusste Erzeugnis der natürlichen Zuchtwahl im Kampfe 
ums Dasein“ ist, ist auch in hohem Grade der Lebewelt des 
Wassers, den Seethieren und Fischen, besonders den Tiefsee¬ 
geschöpfen gegeben. Dort sehen wir Thiere die Gestalt von 
Pflanzen, von Steinen, von blühenden Blumen annehmen, damit 
sie sich dem Blick der gefürchteten Tiefseeräuber entziehen. 

Neu aber ist die Theorie, dass auch dem bekannten und als 
Nahrung äusserst beliebten Dorsch eine derartige Naturwaffe 
gegeben sein soll, indem er nach Belieben seine Farbe durch 
einen natürlichen physiologischen Vorgang ändern kann. 

Man unterscheidet bei dem norwegischen Dorsch oder Kabljau 
— nicht zu verwechseln mit dem in Deutschland als Dorsch be- 
zeichneten, zur gemeinen Schellfischart gehörenden Dorsch — 
den grauen und den rothen Dorsch. Allgemein galt bisher die 
Annahme, dass diese Farbe einen Racenunterschied bedeute. Es 
wurde jedoch beobachtet, dass der rothe Dorsch sich stets im 
Wasser auf hielt, dessen Boden mit rothen und braunen Algen 
bewachsen war, während der graue über sandigem, tang¬ 
bewachsenen Meeresboden lebte. Dieser Fund hat den Leiter der 
letzten norwegischen Tiefseeexpedition Dr. Johan Hjorth zu 
der Vermuthung gebracht, im Gegensatz zu den Thesen der 
norwegischen Brutanstalt, dass die Farbe des Dorsches nur eine 
Schutzfarbe sei, die er je nach der Beschaffenheit des Meeres¬ 
bodens ändere. 

Das biologische Institut in Dänemark scheint nun in diesen 
Tagen den eclatanten Beweis von der Richtigkeit der Hjorth sehen 
Theorie geliefert zu haben. Es ist dem Leiter des Institutes 
geglückt, an einem rothen Dorsch aus dem Grossen Belt, den 
man in das Becken eines dunklen Aquariums transportirte, die 
Thatsache festzustellen, dass er innerhalb 24 Stunden die Farbe 
wechselte und grau wurde. 


Untersuchung der Backzähne bei der Musterung 
von Pferden. 

In Beantwortung der in Nr. 16 Ihrer geschätzten Zeitung 
gestellten „Anfrage“ eines Collegen über die Untersuchung 
der Backzähne eines Pferdes bei Gelegenheit des Ankaufes 
erlaube ich mir zu bemerken, dass sich diese sehr allgemein 
gehaltene Frage nicht präcise beantworten lässt, weil aus der¬ 
selben nicht ersichtlich ist, ob es sich in jenem „Specialfalle“ 
um eine Altersbestimmung oder um die Feststellung von Gebiss¬ 
abnormitäten handelt. 

In der ersteren Annahme würde ich die Frage dahin be¬ 
antworten, dass es beim Kaufe „nicht üblich“ ist, neben den 
Schneidezähnen auch die Backzähne zu untersuchen, selbst bei 
jungen Pferden. Aber auch im anderen Falle ist man „ohne 
weiteres nicht gewöhnt“, jene Untersuchung vorzunehmen, 
wenn nicht besondere Momente, gewisse Kopfbildung, 
mangelhafter Futterzustand, Auftreibungen an den Kiefern, die 
oft bei Ankäufen von Remonten durch breite und straff an¬ 
liegende Halftern cachirt zu werden pflegen, eine solche 
nahe legen. In diesen Fällen würde es als „Pflicht“ des 
Thierarztes zu bezeichnen sein, das ganze Gebiss einer Inspection 
zu unterziehen, wie dies bei Ankäufen von Remonten üblich ist. 

Mit vorzüglicher Hochachtung ergebenst 

Ehlert, Oberrossarzt. 


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24. Mai 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


245 


Referate* 

Zur Kenntniss der Strahlenpilze. 

Von Prof. Dr. 0. Lubarscb-Rostock. 

(Zeitschrift fBr Hygiene und Infectlonskrankheiten XXXL Bd., I. Heft.) 

Die Untersuchungen Lubarsch’s beziehen sich auf ver¬ 
schiedene Microorganismengruppen: 1. die modificirten Tuberkel¬ 
pilze; 2. die säure- und alkoholfesten Pseudotuberkelpilze; 

3. einige andere (nicht säure- und alkoholfeste) Erreger von 
Knötchenkrankheiten (Streptothrix asteroides, Rotzbacillen); 

4. andere der Streptothrixgruppe angehörende oder nahestehende 
Microorganisinen (Streptothrix Petruschky, Diphtheriebacterien). 
Als besondere Characteristica der eigentlichen Strahlenpilze 
stellt Verfasser folgendes auf: 1. Sie bilden im Thierkörper 
Herde von strahligem Bau und keulen- bezw. kolbenartige 
Fortsätze. 2. Ihre Fäden haben die Neigung zu Stäbchen und 
Kugeln und Schrauben zu zerfallen. 3. In ihren Culturen treten 
mehr oder weniger mächtige, kolbige Anschwellungen oder 
Stäbchen auf. 4. Ihre Colonien auf künstlichen Nährböden 
haften fest an und besitzen meist eine trockene, krümliche 
Beschaffenheit; auch neigen sie zur Bildung von gelblichen bis 
rötlichen Farbstoffen. 5. Sie bringen, sofern sie pathogen 
wirken, im Thierkörper Knötchenkrankheiten hervor. 

Als „modificirte Tubercelpilze“ sind solche Tubercelpilze 
zu bezeichnen, die entweder durch äussere Eingriffe eine Modi- 
fication ihrer morphologischen und biologischen Eigenschaften 
erlitten haben oder eine so innige natürliche Verwandtschaft zu 
den Pilzen der Säugethiertuberculose besitzen, dass man sie 
von jenen oder von einer gemeinsamen Stammform ableiten 
muss. Am meisten trifft dies für die Vogeltuberculose zu. Die 
Unterschiede zwischen Vogel- und Säugethiertuberculose sind 
keineswegs constant und unterliegen nicht nur leicht künstlichen, 
sondern auch natürlichen Schwankungen. Die feuchten und 
glatten Wucherungen der Hühnertubercelpilze auf künstlichen 
Nährböden sind dem Autor nicht massgebend, da derselbe auch 
andere Wachs thumarten beobachtet hat. 1. Feuchte und glatte, 
leicht zerreibbare Colonieen von mehr schleimiger Beschaffenheit. 
2. Trockene, gerunzelte Häute, die fester Zusammenhängen und 
daher schwerer zerreibbar sind. 3. Culturen, die sich 
vom Typus der Säugethiertuberculose in nichts unter¬ 
scheiden, ebenso langsam wachsen, trockene Schippchen und 
gebirgsartige Massen bilden. Schon Kruse beobachtete, dass 
Cnlturen, die erst nach dem Typus der Koch’sehen Microben 
wuchsen, später feuchte und weiche Beläge bildeten; Autor hat 
ferner gesehen, dass die anfangs weichen und feuchten Beläge 
auf Agar-Agar beim Weiterzüchten trockene und gerunzelte 
Beschaffenheit annahmen. Besonders schön ausgeprägt er¬ 
schienen diese Culturen, wenn sie erst im Dunkeln und in der 
Kälte und dann wieder im Brutschrank wachsen konnten. In 
diesen Culturen traf auch Lubarsch sehr reichlich typische 
echte Verzweigungen und mächtige Keulenbildungen an. 

In solchen 3 Monate alten Culturen bekam man vorwiegend 
nur verzweigte oder mit kolbigen Anschwellungen versehene 
Fäden zu Gesicht. 

Autor fand nun nach intraarterieller Injection von Vogel- 
tubercelpilzen bei Kaninchen nach 22 Tagen in der Niere der¬ 
selben Herde von strahligem Bau, in denen noch nicht sehr 
lange Kolben nachzuweisen waren. Nach 40 Tagen wurden bei 
der Section dieses Thieres zahlreiche Tuberkel in Niere, Gehirn 
und Lunge gefunden; vereinzelte inLeber, Darm und Iris. In Gehirn 


und Niere sind die Kolben von beträchtlicher Länge; Strahlen¬ 
pilzherde wurden gefunden in Niere, Gehirn, Iris, Darm; in 
Lunge und Leber vermisst. Die Kolben sind in diesen 40-tägigen 
Tuberkeln nicht mehr ausgesprochen acidophil, sondern basophil. 
Die Kolbenbildung tritt nach Lubarsch's Forschungen immer 
erst nach frühestens 22 Tagen auf. Bei localer Impfung mit 
Culturmaterial in die Nieren fanden sich nach 27 Tagen zahl¬ 
reiche typische Herde, welche von Leukocyten oder Riesenzellen 
umgeben waren. Es besitzen nach Lubarsch's Untersuchungen 
die Pilze der Vogeltuberculose alle obengenannten Characteristica 
der Strahlenpilze, und sind demnach ohne Bedenken als echte 
Strahlenpilze zu bezeichnen. Die durch Aufenthalt im Frosch¬ 
körper modificirten Tubercelbacillen wachsen leichter, passen 
sich den äusseren Temperaturen mehr an und bilden in ihren 
Culturen häufiger echte Verzweigungen. Die im Blindschleichen¬ 
körper modificirten Pilze zeigten bei 20° auf Agar und in ver¬ 
dünnter Bouillon und eiweissfreiem Nährboden reichliche echte 
Verzweigungen. Autor kommt zu folgendem Schluss: Je mehr 
sich die Pilze einem mehr saprophytischen Dasein anpassen, 
um so häufiger, regelmässiger und ausgebildeter treten die 
Fadenpilzformen auf. 

ü. Die von Möller aus Gräsern und Kuhmist isolirten 
Pilze zeigen nach Einverleibung in den Thierkörper deutliche 
Strahlenpilzherde mit Kolbenbildung und liegen auch in Riesen¬ 
zellen oder sind von einem Leucocytenkranze umgeben. Man 
sah typische Tuberkel mit Epithelioid und Riesenzellen, sehr 
schöne Strahlenpilzherde mit langen, mitunter etwas spitzen 
Kolben. Eine Doppelfärbung dieser Herde gelang in einfacher 
Weise durch Färbung der Schnitte mit Hämatoxylin und Nach¬ 
färbung nach von Gieson. Dies gilt besonders von Möller’s 
Timotheepilz. Die mit dem von Lydia Rabinowitsch aus 
zahlreichen Butterproben gezüchteten Pseudotuberkelbacillus 
angestellten Thierversuche hatten das Ergebniss, dass der 
Rabinowitsch’sehe Butterpilz viel geringfügigere Ver¬ 
änderungen bei Thieren erzeugt als die Möller'sehen Pilze. 

HI. Die mit Streptothrix Eppinger gemachten Versuche 
an Kaninchen zeigten ähnliche Verhältnisse wie die Tuberkel- 
und Pseudotuberkelpilze. Es nimmt die Zahl der Strahlenpilze 
mit zunehmendem Alter ab, zugleich aber sind sie schliesslich 
die einzigen Formen, in denen sich die eingebrachten Pilze 
noch im Gewebe vorfinden. Sie können vom 4.—64. Tage 
nachgewiesen werden; es enthielten sogar die Strahlenpilzherde 
noch lebensfähige Individuen. Die Versuche mit Rotzbacillen 
zeigten, denen von Semmer und Levy gegenüber, dass die¬ 
selben keine Strahlenpilzformen produciren. 

IV. Die Kaninchen einverleibten höchst giftigen Diphtherie¬ 
bacterien gingen zu Grunde ohne erhebliche Reaction zu er¬ 
zeugen; das Resultat war durchaus negativ. Desgl. die mit 
Streptothrix Petruschky angestellten Versuche. 

Lubarsch stellte Folgendes fest: 

1. Die Actinomycesformen kommen unter bestimmten Be¬ 
dingungen einer grossen Reihe von Pilzen zu, die in die Gruppe 
der Streptotricheen hineingehören. 

2. Die im Tierkörper auftretenden Strahlenpilz- und Keulen¬ 
formen sind nicht der Ausdruck einer Degeneration, sondern be¬ 
sitzen die Bedeutung einer Hemmungsmissbildung. 

3. Eine grosse Anzahl der in diese Gruppe gehörigen 
Pilze bringt nur, wenn der ganze Körper von der Blutbahn 
oder von grossen Lymphräumen aus mit Mikroorganismen über¬ 
schwemmt ist, eine Allgemeininfektion hervor. 


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246 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No 21 


4. Es ist empfehlenswerth, die gen. Gruppe von Micro- 
organi8men weder den Spaltpilzen noch den Hyphomyceten zu¬ 
zurechnen, sondern als selbstständige Uebergangsform zwischen 
beiden Pilzarten einzureihen. 

5. Es ist nach unseren Erfahrungen mit Rotzbacillen, 
Diphtheriebacterien und Petrnschky’s Streptotricheen nicht 
angängig, die Begriffe Streptotricheen und Strahlenpilze gleich¬ 
zusetzen; vielmehr die Strahlenpilze als eine Abart der 
Streptotricheen aufzufassen und die Bezeichnung denjenigen 
Organismen beizulegen, die unter irgend welchen Bedingungen 
echte Strahlenpilzherde mit typischen Keulen- und Kolben¬ 
bildungen hervorzubringen vermögen. 

Ueber den inneren Brueh (Ueberwnrf) beim Ochsen. 

Von Kreisthierarzt Weber. 

(Dtsch. T. W r . Nr. 7, 1900.) 

Im Kreise Altkirch kommt der Ueberwnrf, dort Darm¬ 
verwicklung genannt, ziemlich häufig vor, wobei die Art der 
Castration und das gebirgige Terrain von Einfluss sein mögen. 
Der Einfluss des letzteren freilich ist zweifelhaft; denn man 
trifft das Leiden bei jungen Thieren, die nicht aus dem Stall 
gekommen sind, und auch bei älteren während des Winters. 
Die Diagnose ist meist schon nach dem Vorbericht zu stellen. 
Der Ochse beginnt mit den Hinterbeinen zu schlagen, tritt hin 
und her, wird nach einigen Stunden ruhiger, versagt aber alle 
Nahrungsaufnahme; Rumination und Defäkation sind ganz sistirt. 
Höchstens wäre eine Verwechselung mit Harnröhrensteinen 
möglich, worüber aber das Uriniren Aufschluss giebt. Koliken, 
die ab und zu Vorkommen, verlaufen beim Rind viel rascher. 
Dannentzündungen, die ähnliche Symptome haben würden, sind 
ausserordentlich selten. In dortiger Gegend wird meist zunächst 
der Pfuscher geholt, dessen Methode darin besteht, das „Kreuz¬ 
blut“ zu nehmen, d. h. im Mastdarm eine Blutung herbeizu¬ 
führen, die oft genug eine Mastdarmzerreissung bedingt. Meist 
erst am zweiten oder dritten Tage kommen die Thiere in 
ärztliche Behandlung. Manchmal ist es schon zu spät, worüber 
namentlich der Puls, der auf 100 bis 120 steht, Aufschluss 
giebt. Die Untersuchung per Rectum ergiebt, dass die Becken¬ 
höhle mit aufgeblähten Darmschlingen gefüllt ist. Betastet 
man die um den Samenstrang gewickelte Partie und spürt man 
bei leichtem Druck ein prickelndes Gefühl, wie durch das Ent¬ 
weichen von Gasen oder Flüssigkeit, so ist das Thier ver¬ 
loren. Dasselbe Gefühl entsteht, wenn die Blase in Folge eines 
Harnsteins frisch geborsten ist. In anderen Fällen ist Hilfe 
möglich. Ist der Samenstrang nicht zu locker und hängt er 
nicht im Bogen in die Bauchhöhle hinein, so gelingt es, ihn 
abzureissen, womit dauernde Heilung erzielt ist. Jedenfalls 
ist es immer zu versuchen, wobei das Thier hinten hoch ge¬ 
stellt wird. Gelingt dies nicht oder ist die Untersuchung per 
Rectum bei ganz jungen Thieren noch nicht möglich, so muss 
die Operation von aussen gemacht werden, was allerdings 
manche Besitzer nicht wollen. Die Operation ist aber absolut 
gefahrlos. Wenn der Thierarzt rechtzeitig geholt ist, könnte 
er völlige Garantie übernehmen. Das Thier wird mit dem 
Kopfe niedrig an das Vorderrad eines fest gekeilten Wagens 
angebunden, um Wagen und Brust ein langes Seil herumge¬ 
wickelt, der rechte Hinterfass angeseilt und gehalten (der 
Bauchbruch sitzt rechts wegen der Lage des Darms). In der 
Mitte der rechten Flanke wird ein grosser Platz geschoren, 
gewaschen und desinficirt, ein 15 cm langer vertikaler Haut¬ 
schnitt gemacht, die Muskulatur vorsichtig durchschnitten, das 


Bauchfell durchstossen oder ganz klein eingeschnitten und dann 
aufgerissen. Die Wunde muss so gross sein, dass der Arm 
leicht in die Bauchhöhle geführt werden kann, ohne sich 
zwängen zu müssen. Vermeiden muss man das Ablösen der 
einzelnen Muskelschichten von einander. Man geht dann an 
der Bauchwand nach hinten und abwärts bis zum Vorderrand 
des Schambeins, findet hier die Anheftungsstelle des Samen¬ 
strangs, fasst sie an und reisst sie mit kurzem Ruck ab. Kann 
man nicht dorthin gelangen, so kann manchmal der Samenstrang 
an die Bauchwunde herangezogen und durchschnitten werden. 
Gut ist es auch, den Samenstrang von dem Darm abzulösen, 
weil manchmal schon eine Verklebung stattgefunden hat. Dann 
wird die Wunde zusammengedrückt und nur die Haut genäht 
Heilung per primam ist natürlich selten. Trotzdem erfolgt sie 
in 14 Tagen. Nach wenigen Stunden stellt sich reichlich 
flüssige Kothentleerung ein. Am leichtesten ist die Operation 
bei jüngeren und mageren Thieren. Ein schlechtes Zeichen ist 
harter Koth nach der Operation. War schon Bauchfellentzündung 
vorhanden, so stirbt das Thier viel später. Bestand schon 
Gangraen, was durch Betasten des Darms festzustellen war, so 
ist das Thier verloren. Interessant ist folgender Fall: Bei 
einem 6 Monat alten Ochsen bestand der Bruch schon seit vier 
Tagen; der Baachumfang war schon sehr gross, eine Unter¬ 
suchung per Rectum nicht möglich. Trotzdem wenig Aussicht 
bestand, wurde die Operation vorgenommen. Die Bauchhöhle 
war ziemlich mit Exsudat gefüllt, und als das Thier beim 
Zurückführen in den Stall niederfiel, sprudelte die Flüssigkeit 
im Bogen zwischen den Hautnähten durch. Wider Erwarten 
genas der Ochse. — Wollen die Besitzer keine Operation, so 
kann man noch versuchen, durch Bergauf- und Bergabführen 
an steilen Hängen oder noch besser durch Niederlegen und 
Wiegen des Körpers in der Rückenlage die Darmbefestigung 
zu lösen, wobei man anfangs das Hintertheil, später das 
Vordertheil niedriger bettet. Unter etwa 50 Fällen erzielt 
man auf diese Weise noch drei Mal Heilung. 

Mededeelingen uit het pathologisch laboratorinm Tan 
het abattoir te Rotterdam. 

H. G. van Harreveit theilt in Tijdschrift voor Veeaart- 
nijdkunde en Veeteelt 27 B. 3. Heft einige seltenere Schlacht¬ 
beobachtungen mit, deren Natur in dem dem Schlachthof ange¬ 
gliederten Laboratorium klar gestellt worden ist. 

I. Cystenartige Lymphangiome am grossen Netz 
beim Rind. An der Innenflläche des Netzes fanden sich eine 
Anzahl von blasenartigen Anhängseln, welche gelb bis gelbroth 
gefärbt waren und die Grösse einer Erbse bis einer Haselnuss 
hatten. Die Blasen waren mit einer geleeartigen Flüssigkeit 
gefüllt, welche durch ausgetretene rothe Blutkörperchen theil- 
weise gefärbt war. Einzelne solcher blasenartigen Gebilde 
fanden sich auch am Bauchfell. Die Cystenwand bestand aus 
Endothelzellen und Bindegewebe und konnte H. nachweisen, 
das8 die Blasen mit Lymphgefässen in Verbindung standen. Der 
Inhalt der Blasen erwies sich als steril. Der Fall ähnelt einem 
beim Menschen beobachteten Fall, welchen Henke im Central¬ 
blatt für allgemeine Pathologie und path. Anatomie v. 15. October 
1899 mitgetheilt hat. 

2. Alkalische Reaction des Fleisches von einem mit 
Uraemie behafteten Thiere. Die nothgeschlachtete Kuh 
bot folgenden Sectionsbefond: Herz und Lungen normal, hyper- 


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24. Hai 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


247 


trophische Lebercirrhose, hochgradige Schrumpfniere der einen 
Seite, andere Niere stark hypertrophisch und an Nephritis mixta 
erkrankt, chronischer Blasenkatarrh, Verdauungskanal und Milz 
normal. Haemorrhagien fanden sich in der ganzen Subcutis, 
an den Fascien, an der Pleura und am Peritoneum. Alle Theile 
strömten einen ammoniakalischjen Geruch aus, der besonders beim 
Kochen des Fleisches sich bemerkbar machte. Das Fleisch 
reagirte deutlich alkalisch. Die Fascien zeigten die Reaction 
deutlicher als das Fleisch. Die alkalische Reaction war nach 
24 Stunden schwächer. Nach 48 Stunden war die Reaction 
neutral, nach 3 Tagen sauer. 

3. Allgemeine metastatische Actinomykose beim 
Rind. Bei dem Thier fanden sich in den Lungen, Leber, Nieren, 
Bngdrüsen. Kniefaltendrüsen, Achseldrüsen, Mediastinal- und 
Bronchialdrüsen, in drei Rückenwirbeln und den zwei Brust- 
beintheilen Herde, welche auf den ersten Blick Tuberculose Vor¬ 
täuschen konnten. In der Unterflankengegend der linken Bauch¬ 
wand fand sich ein Kindskopfgrosser Herd und ausserdem Herde 
in der Zunge. Die Herde in der Zunge waren typische 
Actinomycesknoten, und bei der mikroskopischen Untersuchung 
$ler übrigen genannten Krankheitsherde konnte H. ebenfalls 
typische Actinomycesrasen nachweisen. Diesen Fall sieht H. 
als Beweis an, dass bei Actinomykose auch von einem primären 
Herd aus eine Generalisation gleich wie bei der Tuberculose 
Vorkommen kann. K. 

Die Serumtherapie des Schweinerothlaufes. 

Von Leclainche. 

(Rey. v6t. No. 6, 1899.) 

Bekanntlich ist erst auf dem Congress in Baden die 
Aufmerksamkeit in Deutschland hingelenkt worden auf die Ver¬ 
suche, welche Leclainche bezüglich des Rothlaufserums gemacht 
hat, und diese Enthüllungen führten zu dem sonderbaren Er- 
gebni8s, dass in Deutschland heimlich derselbe Weg ein¬ 
geschlagen worden war, den Leclainche öffentlich bekannt 
gemacht hatte. Ueber diese Publication ist in der Revue 
vüterinaire No. 6 berichtet. Die mit dem Schwein angestellten 
Untersuchungen lassen dieses Thier für die Serumgewinnung wenig 
geeignet erscheinen. Die Immunisirung ist leicht, und das Blut 
besitzt entschieden immunisirende Eigenschaften. Allein die 
Sernmgewinnung stösst auf unübersteigliche Schwierigkeiten, 
da die grossen Blutgefässe zu schwer zugänglich sind. Das 
Schaf giebt gleichfalls Immunserum. Inoculationen von 15 bis 
20 g virulenter Cultur in die Jugularis sind wirksam nach 
fünf- oder sechsmaliger Wiederholung in fünftägigen Zwischen¬ 
räumen. Dann besitzt das Blut schon immunisirende Eigen¬ 
schaften. Das Schaf liefert aber nur geringe Serummengen und 
für die Erzeugung eines massenhaften Serums ist das Pferd das 
beste Thier. In längeren Versuchsreihen hat Leclainche die vor¬ 
zügliche Geeignetheit des Pferdes für die Darstellung von Immun¬ 
serum erwiesen. Das für die virulente Uebertragung wenig 
empfindliche Pferd kann auf einmal 100 bis 200 g einer Cultur 
intravenös vertragen. Die Inoculationen werden von fünf zu 
zehn Tagen mit 500 g Cultur wiederholt. Es tritt eine 
Temperatursteigerung von 2° und eine leichte Mattigkeit, sonst 
keine besondere Wirkung hervor. Das Serum, welches so 
behandelte Pferde liefern, zeigt ganz dieselben Eigenschaften, 
wie das von Schweinen und Schafen. Es hat einen hohen 
Immunisirungs werth. 


Unterarmbruch und Heilung beim Pferd. 

Von Oberrossarzt Lüthenß. 

(Ztschr. f. Vet Nov. 99.) 

Ein vierjähriges Ackerpferd erlitt durch Sturz völligen 
Bruch des linken Radius in der Mitte desselben. Es wurde ein 
Heilversuch gemacht. Das Pferd kam auf einen improvisirten 
Hängegurt. Die Bruchenden wurden durch Schienenverband 
festgestellt; doch musste dieser nach einigen Tagen wegen 
schmerzhafter Schwellung entfernt werden. Die Schwellung 
wurde durch Bürow’ sehe Mischung beseitigt. Das Pferd blieb 
sehr ruhig und vermied jede Bewegung. Nach 4 Wochen riss 
leider der Hängegurt, und das Pferd stürzte zusammen. Es lag 
ruhig auf der rechten Seite, wurde mit grösster Vorsicht wieder 
auf die Beine gebracht, und nun ergab sich, dass bereits an der 
Bruchstelle eine Verwachsung bestand. Das Pferd wurde wieder 
in den Hängeapparat gestellt. Nach 5 Wochen wurden Geh¬ 
versuche gemacht. Dabei wurde der Fuss völlig belastet; aber 
die Muskeln erschienen gleichsam gelähmt. Das Pferd musste 
zum Gehen angelernt werden, indem ein Strohseil um die Fessel 
gelegt und damit beim Vorwärtsführen der Fuss nach der Ent¬ 
lastung jedesmal vorgezogen wurde. Bei täglicher Uebung 
besserte sich der Zustand so, dass das Pferd (14 Wochen nach 
dem Bruch) wieder völlig dienstbrauchbar wurde. 

Tagesgeschichte. 

Frühjahrs-Sitzung des Vereins schlesischer Thierärzte 
in Breslau am 6. Mai 1900. 

Die von 68 Theilnehmern, darunter 5 Gästen, besuchte 
Sitzung wurde in Böttcher’ s Sälen an der Promenade 
abgehalten und um 11 Vs Uhr durch den Vorsitzenden eröffnet. 
Letzterer erklärt, dass er die Sitzung wieder in dem vorgenannten 
Lokale anberaumt habe, obwohl einige Collegen dieselbe 
nach dem Schlachthof-Restaurant verlegt haben wollten, um den 
Theilnehmern eine Besichtigung des Schlachthofes zu ermöglichen, 
erstlich, weil bereits eine Besichtigung des Schlachthofes nach 
Erbauung desselben durch den Verein stattgefunden habe und 
zweitens, weil es sich für unsere gesellschaftliche Stellung 
empfehle, die Versammlungen nur in besten Localen zu veran¬ 
stalten. Aus dem gleichen Grunde empfiehlt der Vorsitzende 
eine recht rege Betheiligung an dem den Sitzungen folgenden 
Diner, weil der Verein nur bei Erfüllung dieser Voraussetzung 
in besseren Localitäten dauernd seine Sitzungen abhalten könne. 
Es wurde darauf nach kurzer Discussion beschlossen, von den 
Diners an den beiden Sitzungstagen im Jahre das eine ver¬ 
suchsweise ohne Theilnahme der Damen abzuhalten. 

Auf Antrag des Vorsitzenden wurde darauf beschlossen, 
den durch Krankheit am Erscheinen verhinderten Departements- 
Thierärzten Scharmer und Koschel Grüsse aus der Ver¬ 
sammlung zu übermitteln. 

Darnach werden als Mitglieder in den Verein aufgenommen die 
Herren: Dammann in Gross-Strehlitz, Ettrich-Naumburg a. Q., 
Häring-Sohrau O.-S., Krüger-Lublinitz, Lehmann-Rosenberg, 
Lohsee-Sorau N.-L., Mühlichen-Gross-Tinz. 

Ihren Austritt haben angemeldet die Herren Collegen 
Kypke wegen Verzuges nach Köln und Grenzthierarzt a. D. 
Schubert. 

Eine Anfrage der Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft, 
ob der Verein geneigt sei, ein Mitglied als Vertreter desselben 
in die Gesellschaft zu delegiren, wird unter Hinweis auf die 
Nothwendigkeit der engeren Fühlung der Thierärzte mit den 
Vertretern der Landwirthschaft durch den Beschluss erledigt, 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 21. 


dass der Vorsitzende Ür. Arndt als Vertreter des Vereins der 
Gesellschaft beitreten solle. 

Der Vorsitzende macht Mittheilung, dass die vom Verein 
in der Herbst-Sitzung 1897 beschlossene Petition wegen Be¬ 
theiligung der Thierärzte an der Viehzucht der Central-Ver- 
tretung der preussischen Vereine übermittelt worden, ihre Er¬ 
ledigung in der nächsten Zeit aber kaum zu erwarten sei, da 
die Central-Vertretung zur Zeit ihre ganze Kraft für die 
Maturitätsfrage einsetzen müsse. 

Zu Punkt 2 der Tagesordnung: Viehhandel und -Wandel 
nach Einführung des B. 6. - B. nimmt Kreisthierarzt Biachoff- 
Falkenberg das Wort. Er skizzirt kurz die Schwierigkeiten, 
welche im Viehhandel mit der Einführung des Bürgerlichen Gesetz¬ 
buches besonders für Nord-Deutschland durch die Einführung des 
deutsch-rechtlichen Principes Platz gegriffen hätten. Die Härten 
desselben würden zwar gemildert durch die Einführung der 
Vertragsfreiheit, aber die Kenntniss der einschlägigen Be¬ 
stimmungen sei bei dem interessirten Publikum, zumal bei den 
kleineren Landwirthen, nicht vorhanden. Es sei Sache der 
Thierärzte, als der nach Lage der Sache natürlichen Rathgeber, 
diese Kenntniss in die weiteren Schichten der Interessenten zu 
tragen und durch Belehrung aufklärend zu wirken. Vorträge 
in den landwirtschaftlichen Vereins-Versammlungen hätten nur 
für die intelligenteren Landwirthe Zweck, die sich auch so schon 
aus ihren Fachzeitschriften und sonstiger Literatur orientiren 
könnten. Die grosse Masse habe aber von diesen Vorträgen 
nichts, da sie dieselben zum grossen Theil nicht verstehe, jeden¬ 
falls aber die Nutzanwendung ihrem Gedächtniss nicht dauernd 
einverleiben könne. Die bisher erschienenen Druckwerke zur 
Klärung der Vieh-Währschaftsfrage seien zu umfangreich, mehr 
für den Sachverständigen, Thierarzt und Juristen, geschrieben, 
und wegen der fachlichen Ausdrücke für jene Laien unverständ¬ 
lich, auch würde durch ihren Preis die Anschaffung in weiteren 
Kreisen unterbunden. Er habe in Folge dessen unter Beratung 
mit einem Richter und einem Rechtsanwalt ein ganz kurzes 
Schriftchen zusammengestellt, welches unter Weglassung aller 
complicirteren Punkte, die ja doch schliesslich im einzelnen 
Falle zur Beurteilung durch den Sachverständigen führten, in 
knapper Form und unter möglichster Vermeidung fachlicher 
Ausdrücke, dem Verständniss des Laien angemessen, eine 
Zusammenstellung derjenigen Bestimmungen des B. G.-B. gäbe, 
welche Käufer und Verkäufer beim Viehhandel kennen müssten, 
um sich vor Schaden zu hüten. 

Verfasser verliest darauf unter kurzen Erläuterungen das 
Schriftchen, welches zum Preise von 0,30 M. in Bartelt’s 
Buchhandlung zu Falkenberg O.-S. verlegt worden ist und ver¬ 
teilt an sämmtliche anwesenden Collegen je ein Exemplar mit 
der Bitte, die Collegen möchten sein Elaborat prüfen, und wenn 
sie es als zweckentsprechend anerkannt hätten, in ihren 
Interessentenkreisen bekannt machen. 

Schliesslich bemerkt Bischoff noch, dass er in seinem For¬ 
mular eines Kaufabschlusses mit erweiterter Garantie den früher 
gebräuchlichen Ausdruck „erheblicher und verborgener Mangel“ 
nicht aufgenommen habe, da dieser Ausdruck zwar allgemein 
verbreitet sei, aber weder in den alten Währschafts-Bestimmungen, 
noch im B. G.-B. enthalten sei. Er empfehle, an Stelle des¬ 
selben die im § 459 des B. G.-B. festgelegte Ausdrucksweise 
zu gebrauchen, wonach die Garantie für alle Fehler über¬ 
nommen wird, welche „zur Zeit des Kaufes vorhanden waren 
und die Tauglichkeit des Thieres zum gewöhnlichen Gebrauch 


aufheben oder in erheblichem Masse mindern“. Diese Fornro- 
lirung sei zwar langathmig, entspreche aber der Fassung des 
Gesetzes und würde sich mit der Kenntniss des Gesetzes selbst 
gerade jetzt im Anfang leicht einführen. 

Schlachthausthierarzt Anders-Beuthen spricht sodann über 
Gewährmängel bei Schlachtthieren. Eine ausdrückliche Ver¬ 
einbarung, dass ein Thier zur Schlachtung bestimmt sei, wäre 
nicht erforderlich, da aus der Art des Kaufes, der Prüfung des 
Kaufobjectes und der Art der Preisberedung, für beide Theile 
ohne Weiteres ersichtlich sei, dass der Kauf zur alsbaldigen 
Schlachtung erfolge. Bei dem Verkaufe von Schlachtvieh, i h. 
von Thieren, welche alsbald geschlachtet werden sollen und be¬ 
stimmt sind, als Nahrungsmittel für Menschen zu dienen, habe 
der Verkäufer mangels besonderer Verabredung nur für die in 
der Kaiserlichen Verordnung im § 2 aufgeführten 6 Hauptmängel 
zu haften und zwar nur innerhalb der gleichmässig auf 14 Tage 
festgesetzten Gewährsfrist. 

Redner zählt alsdann unter Hinweis auf die Ausführungen 
des Kreisthierarztes Rössler-Cöthen in der Herbstversammhmg 
des sächsischen Vereins diejenigen sechs Fälle auf, in denen 
der Verkäufer von der Gewährleistung frei wird. 

Bezüglich der für Schlachtthiere festgesetzten Hauptmängel 
weist A. zunächst darauf hin, dass der Rotz der Schlachtpferde 
nur von ganz untergeordneter Bedeutung für die Viehwähr¬ 
schaft sei. — Auch Trichinen- und Finnenfunde bei Schweinen 
würden selten Veranlassung zu Gewährsansprüchen geben, da 
die Contrahenten es vorziehen würden, gegen Schädigungen 
hierbei sich durch Versicherung zu decken. Von Interesse sei, 
dass das B. G.-B. die Feststellung einer Mehrzahl von Trichinen 
oder Finnen zur Begründung des Mangels nicht fordere. 

Das Fehlen der Rinderfinnigkeit als Hauptmangel, welches 
von vielen Thierärzten bedauert werde, sei nicht erheblich, da 
die Riuderfinne an bestimmte Gegenden gebunden sei und hier 
gleichfalls die Versicherung helfend eingreifen könne. 

Die hydrämische Kachexie der Schafe zeige so charac- 
teri8tiBche Erscheinungen bei Lebzeiten der Thiere, dass ein Kauf 
derartiger Thiere wohl stets unter Ausschluss der Gewähr statt¬ 
finden würde. 

Das meiste Interesse beanspruche die Tuberculose der Rinder 
und Schweine als die wichtigste und häufigste Krankheit bei 
Schlachtvieh überhaupt. Da die Werthminderung bei den ver¬ 
schiedenen Graden von Tuberculose eine ausserordentlich differente 
sei, wäre es mit Freuden zu begrüssen, dass der Mangel in der 
Kaiserlichen Verordnung durch die dort enthaltenen Beschrän¬ 
kungen nur auf die Fälle mit erheblicher Entwerthung bezogen 
werde. Dadurch würde dem vielfachen Unfuge der Käufer, den 
Verkäufer wegen geringgradiger Veränderungen in Anspruch 
zu nehmen, ein Riegel vorgeschoben. Diese Beschränkung der 
Haftung habe auch nach einer Mittheilung der Zeitschr. f- 
Fleisch- und Milchhygiene die Fleischer dazu gebracht, die Ver- 
werthung des beanstandeten Fleisches auf der Freibank, und 
damit die Einrichtung der Freibank selbst, besser würdigen zu 
lernen. 

Redner weist ferner darauf hin, dass die Frage, ob der 
Ausdruck „zum Schlachten verkaufen“ eine Gewährleistung fir 
die Bankwürdigkeit des Fleisches involviere, von Prof. D f - 
Ostertag, Koch-Barmen und Maier-Neckarbischofsheim 
negiert werde; die Haftung erstrecke sich nur auf die Mängel 
der Kaiserlichen Verordnung, § 459 könne sich nur noch auf 
Sachen und in der Verordnung nicht genannte Thiere beziehen 


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24. Mai 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Ostertag führe auch aus, dass der Einschluss der Garantie für 
die Vollwerthigkeit des Fleisches in den Begriff „zum Schlachten 
verkaufen“ dem römisch-rechtlichen Princip entspreche, nicht 
dem deutsch-rechtlichen des B. G.-B. — 

Interessant wäre noch die Streitfrage, wie der Ausdruck in 
der Kaiserlichen Verordnung „Thiere, die alsbald geschlachtet 
werden sollen“, auszulegen sei. In keinem Falle etwa so, dass 
das Thier sofort nach dem Kaufacte oder dem Transport, event. 
der nothwendigen Erhohlungspause am Schlachtorte getödtet 
werden müsse. In jedem Falle wäre ja ein längeres Stehen¬ 
lassen des zum Zwecke des Schlachtens gekauften Thieres nicht 
diesem Zwecke entsprechend und gefährlich ftir den Käufer, da 
sich mit der Länge der Zeit die Gefahr für den Verlnst seiner 
Ansprüche vergrössere. — 

Der Vorsitzende spricht den beiden Vortragenden für ihre 
interessanten Auseinandersetzungen und die gehabte Mühe¬ 
waltung den Dank der Versammlung ans. Im Anschluss daran 
entwickelt sich zufolge Mittheilungen aus der Praxis über die 
Härten des neuen Gesetzes, in Folge Unkenntniss desselben 
seitens der Interessenten, durch die Collegen Angenheister- 
Breslau und Schmidtke-Münsterberg, eine kurze Debatte, an 
der sich Dr. Arndt, Rust, Bisclioff, Lütkemüller und 
Arndt-Landeshut betheiligen. Zum Schluss derselben weist 
der Vorsitzende auf die lesenswerthen Artikel von Malkmus 
in der deutschen thierärztlichen Wochenschrift und seine Auf¬ 
fassung von den Gewährmängeln und den Zusagen beim Kauf 
hin, speciell noch darauf, dass auch Malkmus bei dem Verkauf 
„znm Schlachten“ nur die Garantie für die Hauptmängel als 
Voraussetzung annähme. (Schluss folgt.) 

Stenogramm der Verhandlung 
der bayerischen Kammer betr. Abiturientenexamen. 

Präsident: Ich erlaube mir, hierbei daran zu erinnern, dass 
auf Seite 25 des Ausschussberichts vorgetragen sind die 
Petitionen a) der Professoren Dr. Esser in Göttingen 
und Dr. Schmaltz in Berlin im Aufträge des deutschen 
Veterinärrathes, die Einführung des Abiturientenexamens als 
Vorbedingung für das Studium der Veterinärmedicin betreffend 
(HI. Petit.-Verz. B. No. 256); b) des städtischen Ober¬ 
thierarztes F. Mölter in München im Namen der Thierärzte 
Bayerns, die Einführung des Abiturientenexamens als Vor¬ 
bedingung für das Studium der Veterinärmedicin betreffend 
(IV. Petit.-Verz. B No. 387). 

Dr. Schädler (Berichterstatter): Veranlasst durch diese 
Petitionen wurde im Finanzausschüsse die Frage der Noth- 
wendigkeit des Abiturientenexamens als Vorbedingung für 
das Studium der Thiermedicin erörtert. 

Es wurde an der Hand der Petition hingewiesen, wie bereits 
im Jahre 1878 diese Frage erörtert wurde, insbesondere wie 
dort von den Professoren an den damaligen Thierarzneischulen 
die Vorschriften des Abiturientenexamens empfohlen wurden, wie 
seit dieser Zeit aber auf diesem Gebiete wenig oder nichts mehr 
geschehen sei. Nun aber habe insbesondere auch die Thier¬ 
medicin sich ausserordentlich erweitert und vertieft und ebenso 
auch der thierärztliche Wirkungskreis. Es sei insbesondere die 
Bacteriologie hinzugekommen, in der vom Thierarzt mindestens 
das Nämliche verlangt werden müsste, wie vom Menschenarzt. 
Weiter komme dazu die Erweiterung des Verkehrs, insbesondere 
auch der Versand der Thiere auf der Eisenbahn. Es wird zum 
Schluss dann — die Petition liegt ja sämmtlichen Herren ge¬ 
druckt vor, wesshalb ich auf Einzelheiten nicht mehr ein¬ 
zugehen brauche — das Petitum gestellt, es möge das 
Abiturientenexamen vorgeschrieben werden für das Studium der 
Thiermedicin. 

Vor aUen Dingen fragt es sich, wie die betheiligten 
Ministerien ihre Stellung nehmen zu dieser Frage. Wenn 
nun auch einem gewissen Zweifel Ausdruck gegeben wurde, 
dass die Darlegrungen dieser Petition einen nicht gerade sehr 
günstigen Schluss auf die dermale in Thätigkeit sich befind- 
ichen Thierärzte zuliessen, wurden doch auch die Gründe nicht 


verkannt, welche beiderseits ins Feld geführt wurden zu Gunsten 
dieser Petition. 

[Hierauf kommt der Referent auf die schon im Finanz¬ 
ausschüsse gemachten Ausführungen siehe B. T. W. No. 14.] 

Nun lag ja sehr nahe, dass man den Schluss zog, dass 
man Angesichts solcher Schilderungen, wie sie von competenter 
Seite gegeben wurden, das jetzige thierärztliche Personal als 
nicht gerade sehr hochstehend betrachten müsse, und man die 
Frage aufwarf, wie man angesichts solcher Zustände im Laufe 
der letzten Zeit insbesondere Seitens der Kammer für die thier¬ 
ärztliche Schule ganz bedeutende Aufwendungen gemacht hat; 
man dürfe aber, so wurde constatirt, das Personal nicht für 
minderwerthig halten, es müsse vielmehr der Thätigkeit der 
jetzt wirkenden ^hierärzte volle Anerkennung gezollt werden; 
allein die Aufgaben würden eben immer grösser und desshalb 
sei auch die Erfüllung der Petition nur wünschenswerth. 

Sie wird auch als wünschenswerth erklärt vom Standpunkt 
der Mittelschulbildung aus, indem der Zugang zur thierärztlichen 
Schule sich häufig aus Leuten rekrutire, die vielfach keine ab¬ 
geschlossene Bildung hätten und aus irgend einem Grunde die 
Vollendung derselben abbrechen müssen. Aber auch vom 
practischen Standpunkt sprach man sich für das Petitum aus. 
Es wurde insbesondere hingewiesen auf den grossen Werth, der 
in den Viehständen liege, und zugleich auf den grossen Schaden, 
den ein ungebildeter Thierarzt anrichten könnte. Es wurde 
insbesondere auch darauf hingewiesen, dass sich der Land- 
wirthschaftsrath in der Sitzung vom 13. Februar für diese 
Petition ausgesprochen hat. 

Die Frage, ob diese Weiterbildung auf dem Real- oder 
dem humanistischen Gymnasium errungen werden soll, 
wurde offen gelassen, d. h. es wurde auch darauf hingewiesen, 
dass die medicinischen termini technici von den Studirenden 
der Veterinärmedicin gekannt werden müssten. 

Es kam der Finanzausschuss nach diesen Darlegungen zu 
dem Beschlüsse, die Petition der k. Staatsregierung zur Wür¬ 
digung hinüberzugeben. 

Damit habe ich die Petitionsfrage als solche bereits erledigt. 

Was die Frequenz der thierärztlichen Hochschule in München 
anlangt, so zeigt dieselbe seit 1879—1880 ein stetiges Wachsen. 
Im Jahre 1879—1880 betrug die Schülerzahl 109, während sie 
im heurigen Wintersemester auf 336 gestiegen ist. Diese 
Steigerung lässt sich durch die neunziger Jahre verfolgen und 
zwar in folgendem Maasse: es stieg die Ziffer von 162 auf 183, 
194, 198, 219, 249, 280, 314 bis 336. Im Sommersemester war 
die Frequenzziffer folgende: sie stieg von 116 auf 132, 168, 181, 
208, 224, 243 und 293. 

Dr. Hauber: Meine Herren! Die Frage, ob die gegen¬ 
wärtige Vorbildung der Thierärzte genügt oder nicht und ob 
man Dicht, wie die Petitionen, die an den Landtag gerichtet 
wurden, verlangen, den Herren, welche die thierärztliche Hoch¬ 
schule besuchen wollen, auch das Gymnasiumabsolutorium auf¬ 
bürden solle, diese Frage erachte ich für vollkommen berechtigt 
und Zeitgemäss. Es wird Ihnen Allen nicht entgangen sein, 
dass die thierärztliche Hochschule in den letzten Jahren eine 
bedeutende Frequenz aufzuweisen hatte. Diese Frequenz hängt 
zusammen mit der Mannigfaltigkeit und mit der erhöhten An¬ 
zahl der Krankheiten der Thiere an und für sich und mit dem 
Bedürfhiss des Publicums, diese erhöhte Krankheitsziffer der 
Thiere auch thierärztlich behandeln zu lassen und nicht mehr 
in die Hand der Pfuscher zu geben, wie ehedem. 

Nun, meine Herren, ist Ihnen ebenso bekannt, dass die 
ganze Richtung der thierärztlichen Medicin gegenwärtig eine 
ganz andere geworden ist, wie sie ehedem war. Während sie 
früher auf dem Boden der reinen experimentellen Therapie sich 
bewegte, ist man jetzt weiter gedrungen und dahin gekommen 
mit Hülfe des Microscops, dass man die Krankheiten in ihren 
vitalsten Ursachen zu erkennen bestrebt ist und gemäss dieser 
Erkenntniss dieselben zu behandeln sich bemüht. Meine Herren! 
Das Microscop ist es, welches auch hier wieder bahnbrechend 
gewirkt hat, und Sie haben schon bei einem früheren Anlass, 
insbesondere aus den schlagenden Ausführungen des Herrn 
Präsidenten in der Frage, ob humanistische oder realistische 
Bildung, gehört, dass ein gewisser Scharfsinn, ein logisches 
Denken nothwendig ist, um diejenigen Grundsätze festzustellen, 
die auch den Thierärzten zu Nutze kommen und die rückwirkend 
auf die Landwirtschaft einen mächtigen Einfluss üben werden. 

Meine Herren! Ich möchte nur noch die Petitionen einer 
wohlwollenden Würdigung nochmals empfehlen und ich bitte 
Seine Excellenz, dass gemäss der Autorität, welche im Kultus- 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


ministerium in dieser Sache herrscht, die Frage in der Weise 
entschieden wird, wie es die grösste Anzahl der Thierärzte 
augenblicklich auch wünscht. 

Präsident: In Bezug auf die Petition, meine Herren, 
möchte ich, damit einem Irrthum begegnet wird, bemerken, dass 
es Gewohnheit unserer Ausschüsse ist, Petitionen, welche von 
Ausländern*) eingehen, an sich nicht zu behandeln. 

Nachdem aber der Inhalt dieser erstaufgeführten Petition, 
die von zwei Ausländern ausgeht, aufgenommen und unterstützt 
worden ist durch eine Anschlusserklärung Seitens eines baye¬ 
rischen städtischen Oberthierarztes in München, konnte der 
formelle Einwand gegen die Behandlung der Petition nicht auf¬ 
recht erhalten werden. Ich bemerke das nur, um gewisse Con- 
sequenzen in der Behandlung von derlei Petitionen auch hier 
klarzustellen. 

Das Wort nehmen Seine Exc. der Herr Cultusminister. 

Der k. Staatsminister Dr. von Landmann: Meine 
Herren! Wie Sie schon vom Herrn Referenten gehört haben, 
habe ich mich bereits im Finanzausschüsse damit einverstanden 
erklärt, dass künftig für das Studium der Veterinärmedicin als 
Vorbedingung das Gymnasialabsolutorium gefordert werde. Ich 
stehe nicht an, diese Erklärung hier ausdrücklich zu wieder¬ 
holen, da ich den Wunsch der betreffenden Petenten für wohl¬ 
begründet halte, nicht blos im Standesinteresse, sondern auch 
im Interesse der Landwirtschaft. Dabei gehe ich allerdings 
davon aus, dass als Gymnasialabsolutorium nicht blos das Ab- 
solutorium eines humanistischen Gymnasiums, sondern auch das 
Absolutorium des Realgymnasiums angesehen werde. 

Präsident: Zum Worte ist Niemand mehr gemeldet; die 
Discussion ist geschlossen. 

Ich constatire — auch ohne besondere Abstimmung darf 
das angenommen werden —, dass der Antrag des Finanzaus¬ 
schusses, die Petitionen der k. Staatsregierung zur Würdigung 
hinüberzugeben, die Zustimmung der Kammer gefunden hat. 

Ein netter Brief! 

Folgender Brief des Oberrossarztes a D. Dischereit an 
einen Pferdebesitzer ist uns zur Veröffentlichung übergeben: 

Rathenow, den 28. 3. 1900. 

Mein sehr verehrter Herr Papel 

Als ich heute Ihr Pferd bei Herrn Amtmann Bauchei 
untersuchte, zeigte mir der Herr einen Brief von Ihnen, indem 
Sie ein kreisthierärztliches Attest verlangten, nachdem Sie sich 
bei einem Kreisthierarzt erkundigt hätten. Zu Ihrer Aufklärung 
und damit Sie den Kreisthierarzt belehren können, schreibe ich 
Ihnen folgendes: 

Das Attest eines Kreisthierarztes gilt nur soviel vor 
Gericht, als das Attest irgend eines anderen Thierarztes. Wenn 
ein Richter ein besonderes Gutachten verlangen wollte von 
einem zuverlässigen Sachverständigen, so würde er von einem 
Oberrossarzt ein Attest verlangen. Denn Oberrossärzte 
müssen lange Jahre bewährte Rossärzte gewesen sein, bevor 
sie zu dieser höheren Charge gelangen, welche Charge im 
Officiersrange steht. Dagegen stehen die Kreisthierärzte 
in einem sehr niederen Range, nämlich sie haben den 
Rang der Kreisboten und stehen in der 8. Rangklasse, 
noch zwei Stufen unter dem Kreissecretär. Jeder junge 
Anfänger kann Kreisthierarzt werden, wenn er ein Examen zum 
Kreisthierarzt gemacht hat. Seit 13 Jahren hätte ich jeden 
Tag Kreisthierarzt werden können, aber ich habe es nicht nöthig, 
und aus einer höheren Stellung geht man doch nicht 
gern in eine niedere Stellung. Wenn Sie sich bei dem 
Kreisthierarzt in Genthin erkundigt haben und dieser Sie zu 
der lächerlichen Forderung eines kreisthierärztlichen Attestes 
bewogen hat, so seien Sie so gut, ihm gelegentlich zu sagen, dass, 
als er noch ein Thierarzneischüler war, ich schon mein Examen 
gemacht hatte zum Kreis-Thierarzt. Wenn Sie also zuerst bei 
mir Sich erkundigen und dann bei dem Kreis-Thierarzt, so ist 
es ebenso, als wenn ich etwas von der Wirthschaft wissen will 
und mich zuerst bei einem Bauerngutsbesitzer erkundige und 
dann hinterher beim Kleinknecht. Uebrigens will ich Ihnen 
mittheilen, dass ich heute Ihr Pferd untersucht habe u. dass das 
kein Krippensetzer ist. Wäre es ein Krippensetzer gewesen, 
so hätten Sie den ganzen Schaden tragen müssen, auch wenn 
das Pferd an der Anschwellung gestorben wäre. Entschädigung 

*) Man sollte endlich officiell den Gebrauch fallen lassen, die 
einem anderen Bundesstaat angehörigen Deutschen als „Ausländer“ 
zu bezeichnen. S. 


No. 21. 

zu fordern für den Druckschaden hatten Sie gar kein Recht und 
sind Sie auch in dieser Sache falsch und ohne Kenntniss des 
Gesetzes beratlien. Belehren Sie Ihren unwissenden Rathgeber 
ich weiss aus Erfahrung, dass junge Thierärzte noch viel Er¬ 
fahrungen sammeln müssen, da ich, als ich noch beim Hegt, 
war, genug junge Thierärzte zur Ausbildung unter den Händen 
gehabt habe. 

Mit freundl. Gruss ergebenst 
Dischereit 

Kgl. Oberrossarzt a. D. mit der Qualification z. Kreisthierarzt. 


Die oft unerfreulichen Erscheinungen des persönlichen Con- 
currenz-Kampfes in der Praxis sind in der B. T. W. niemals 
zum Gegenstand öffentlicher Besprechung gemacht worden; dies 
ist auch völlig unthunlich. Aber der vorliegende Brief tritt ans 
diesen Grenzen heraus, indem er sich nicht gegen einen Ein¬ 
zelnen, sondern gegen eine ganze Classe von Thierärzten richtet 
Dem ersten Satz des Briefes stimmen wir ganz zu. Vor Gericht 
kann ein kreisthierärztliches Attest nicht mehr Geltung be¬ 
anspruchen, wie das jedes als zuverlässig bekannten Privat¬ 
thierarztes. (Wenn es sich um dem Gericht unbekannte 
Sachverständige handelt, wird das Gericht freilich häufig in 
der amtlichen Qualität eine gesteigerte Garantie erblicken.) Wir 
wissen nicht, ob der Briefschreiber Anlass hatte, jenen Grund¬ 
satz zu vertheidigen. Aber jedenfalls konnte ihn nichts berechtigen, 
zu solchenMitteln zu greifen, kann nichts den Versuch entschuldigen, 
die Kreisthierärzte in den Augen des Publicums herabzusetzen 
durch Bezugnahme auf ein Verhältnis, das alle Thierärzte ver- 
urtheilen und das auch von den Behörden als factisch nicht zu 
Recht bestehend anerkannt wird. Man ihüsste sich geniren, 
wollte man auf diese Sätze auch nur ein Wort erwidern. Es 
genügt zu sagen, dass dieses Verfahren ein unerhörtes 
ist. Der thierärztliche Stand kann nur gedeihen, wenn seine 
Theile von dem Gefühl der Zusammengehörigkeit und Gemein¬ 
samkeit beseelt bleiben. Jedem Versuch, dieses Gefühl zu ver¬ 
letzen, muss mit Entschiedenheit entgegengetreten werden. 
Desshalb soll dieser Brief hiermit öffentlich festgenagelt sein. 

Schmaltz. 

Königreich Sachsen. 

Das Gehalt der Bezirksthierärzte ist auf 2100—3300 M., 
sowie 400 M. Büreauentschädigung erhöht worden. Bravo! 

Einladung zur FrOhjahrsversammiong 
des tierärztlichen Vereins für die Provinz Brandenburg 

am Sonntag, den 27. Mai, Vorm. 11 Uhr 

im Restaurant zum Heidelberger, Centralhotel Berlin. 

(Eingang von der Dorotheenstrasse.) 

Tagesordnung: 

Geschäftliche Mittheilungen. 

Neuwahl des Vorstandes und der Delegirten. 

Aufnahme neuer Mitglieder: Angemeldet zur Aufnahme sind 
die Herren Professor Regenbogen-Berlin, Berger-Müncheberg, 
Böse-Landsberg a. W., Hennig-Prenzlau, Dr. Joest-Prenzlau, 
Oberrossarzt a. D. Richter-Landsberg, Ri eg er-Köpenick, 
Dr. Schreib er -Landsberg. Die Herren Pathen werden ersucht, 
anwesend zu sein. — 

Berathung und Beschlussfassung darüber, ob der Verein 
gemäss den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches die 
Rechtsfähigkeit durch Eintragung erwerben soll. Referent 
Professor Eberlein. — 

Ueber neue Castrationsmethoden mit Abdrehen. Referent 
Dr. T o e p p e r. (An Stelle des verhinderten Kreisthierarztes 
Kieckhaefer. 

Ueber Maul- und Klauenseuche. Referent Kreisthierarzt 
Graffunder. 

Mittheilungen aus der Praxis. — 

Nach der Versammlung gemeinsames Mittagessen. 

Der Vorstand. I. A. Schmaltz. 


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34. Mai 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


261 


Oeffentliches Yeterinärwesen. 


(Mittheilungen für 

Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. 

Seuchen«ohutz in Ost-Russland. 

In einer in den Mitth. d. D. L.-G. No. H enthaltenen Ab¬ 
handlung des landwirtschaftlichen Sachverständigen in St. Peters¬ 
burg über die Viehzucht im östlichen Russland finden sich An¬ 
merkungen über den Seuchenschutz in den Steppengegenden 
Russlands, der sogenannten inneren Bukejeff-Horde. Die Horde 
ist in 7 Bezirke geteilt, für jeden Bezirk ist ein Thierarzt be¬ 
stellt, welcher demnach seine amtlichen Functionen in einem 
Kreis von 13000 qkm Ausdehnung zu versehen hat. Ihm bei¬ 
gegeben sind 7 Aufseher. Auf jeden derselben kommen 1870 qkm 
mit 41300 Stück Vieh. Der Thierarzt ist mithin für 290000 
Stück Vieh bestellt. Die Hauptaufgabe dieser Regierungsthier¬ 
ärzte ist es, die Uebertragung der Rinderpest zu verhindern. So 
wird z. B. der grosse Viehmarkt auf dem Gebiete der inneren 
Kirgisenhorde vor Eröffnung mit einer Ueberwachungsmannschaft 
umgeben und das Vieh alsdann nur nach thierärztlicher Unter¬ 
suchung hereingelassen. Beim Austrieb muss ein Gesundheits- 
zengniss ertheilt werden, ohne welches der Trieb in den Steppen 
untersagt ist. Solche Bescheinigungen sind für jede Beförderung 
von Vieh einzuholen und werden in Ermangelung des Thier¬ 
arztes oder Feldscheres von den Gemeindevorstehern oder Aerzten 
ertheilt. Für den Uebergang des Viehs ans dem Turgai-Gebiet 
nach Orenburg ist eine 21 tägige Sperre 26 km von der Stadt ent¬ 
fernt eingerichtet. Nach Beendigung der Sperrzeit werden Ge¬ 
sundheitsausweise ertheilt, die auf dem Tanschhofe vorgelegt 
werden müssen, worauf eine nochmalige Untersuchung erfolgt. 
Dieselbe Einrichtung besteht an allen anderen Uebergangs- 
stationen des asiatischen Russlands und des Kaukasus für das i 
nach dem europäischen Russland getriebene Vieh. Diese Mass¬ 
nahmen sind sämmtlich sehr zweckmässig, nur nehmen sie viel 
Kräfte in Anspruch und erschweren dadurch die örtliche Be¬ 
kämpfung vorhandener oder entstehender Seuchenherde. 

Jedenfalls muss fraglos anerkannt werden, dass die letzten 
Jahre für den Seuchenschutz gegen Asien vollständig ausgenutzt ! 
worden sind, und es ist zu erwarten, dass die Regierung nun¬ 
mehr die Zahl der Thierärzte schnell genügend vermehren wird, 
um dem europäischen Russland die Segnungen des schon begonnenen , 
Werkes völlig zu Theil werden zu lassen. 

Fleisehsehaa and Vieh verkehr. 

Betrachtungen über die Einfbhr von lebenden Vieh und frischem Fleisch 
in England im Jahre 1899. 

Nachdem nunmehr die Einfuhrzahlen abgeschlossen vor¬ 
liegen, zeigt sich als Hauptmerkmal der Einfuhr, dass auch im 
Jahre 1899 die Einfuhr von lebendem Vieh in England noch 
mehr zurückgegangen, dagegen die Einfuhr von frischem Fleisch 
äquivalent zugenommen hat. Besonders auffällig ist die Ab¬ 
nahme der Viehsendungen ans Argentinien nach Inkrafttreten 
der neuen Verschiffungsbestimmungen. Während aus dieser 
Republik in der ersten Hälfte des Jahres 10358 Rinder monat¬ 
lich eingeführt wurden, betrug die Zahl in der zweiten Hälfte 
des Jahres nur 3869, allerdings ist auch die Verlustziffer bei 
diesen Viehsendungen, dank den neuen Bestimmungen, erheblich 
gesunken. Die Schafsendungen aus Argentinien fielen von 
46418 monatlich in dem ersten Halbjahr auf 17262 Stück im 
zweiten Halbjahr. Die Qualität des argentinischen Viehs hat 


V eterinärbeamte.) 

sich gegen das Vorjahr noch mehr gehoben, so dass gute Preise 
für Rinder und Schafe erzielt wurden. Wenn trotzdem nicht 
mehr Vieh nach England verschifft wurde, so ist dies den 
jetzigen hohen Versandspesen zuzuschreiben, und werden die 
Exporteure Bedacht nehmen müssen, mehr und mehr den Export 
von frischem Fleisch zu organisiren, besonders jetzt, wo England 
wegen Maul- und Klauenseuche gegen Argentinien gespent hat. 
Die Entwickelung des River Plate - Handels mit gefrorenem 
Schafßeisch stellt entschieden hierfür ein günstiges Prognosticon. 
Wenn auch Argentinien Exportgelegenheit nach anderen Ländern 
hat, so ist es doch auf England hingewiesen. Im vorigen Jahre 
gingen aus Argentinien 13200 Rinder und 3280 Schafe nach 
Brasilien, 2296 Rinder und 6684 Schafe nach Süd-Afrika, 340 
Rinder und 3646 Schafe nach Belgien, 170 Rinder und 91823 
Schafe nach Frankreich, dahingegen 90672 Rinder = 85 pCt. und 
404 708 Schafe = 79,33 pCt. nach England. Bezüglich der Ge- 
sammteinfuhr in England war Argentinien 1899 bei den 
Rindern mit fast 17 pCt. und bei den Schafen mit 62,86 pCt. 
betheiligt. 

Die Vereinigten Staaten haben 48249 Rinder und 
25991 Schafe weniger, dagegen 444740 Ctr. Rindfleisch mehr 
eingeführt. Die Qualität des Viehs war mit Ausnahme der 
Weihnachtssendungen eine minder gute. An der Gesammteinfuhr 
betrug die Betheiligung 63,80 pCt. bei den Rindern, 19,92 pCt. 
bei den Schafen und 72,50 pCt. beim Rindfleisch. 

Canada führte 13745 Rinder weniger und 21860 Schafe 
mehr ein, war somit mit 18,80 pCt. bei den Rindern und 
10,52 pCt. bei den Schafen betheiligt. Von anderen Ländern 
wnrden 0,45 pCt. Rinder und 6,70 pCt. Schafe importirt. Bei 
den Rindern sind es vorzugsweise die Canalinseln und bei 
den Schafen Island. Beim frischen Fleisch kommen noch Hol¬ 
land mit 8,28 pCt. Schaffleisch und 51,47 pCt. Schweinefleisch, 
Belgien mit 5,28 pCt. Schweinefleisch, Argentinien mit 
33,12 pCt. Schaffleisch, Australien mit 19,55 pCt. Rindfleisch 
und 58,06 pCt. Schaffleisch, sowie die übrigen Länder mit 
7,95 pCt. Rindfleisch (Dänemark), 0,54 pCt. Schaffleisch 
(Deutschland) und 43,25 pCt. Schweinefleisch (Vereinigte 
Staaten und Dänemark) in Betracht. 

Die Gesammteinfuhr in England belief sich 1899 auf 
503504 Rinder (—65562, —ll^pCt.), 607755 Schafe (—55992, 
—8 7 a pCt.), 3802622 Ctr. Rindfleisch (+701801, + 22'j pCt.), 
3446022 Ctr. Schaffleisch (-f 132021, + 4 pCt.) und 668972 Ctr. 
Schweinefleisch (+ 111370, + 20 pCt.X Rechnet man den 
Fleischüberschuss in Stück Rinder, Schafe und Schweine um, 
so ergiebt derselbe 107960 Rinder ä 650 Pfund, 264000 Schafe 
ä 50 Pfund und 74240 Schweine ä 150 Pfund. Nach Abzug der 
weniger eingeführten Schafe und Rinder verbleibt somit ein 
Einfuhrüberschuss von 42398 Rindern, 208008 Schafen und 
74240 Schweinen. 

Der Werth der Rindereinfuhr betrugt 8572114 (—£827679), 
der Schafe £ 942891 (—£41972), des Rindfleisches £ 7344723 
(+ £ 1429108), des Schaffleisches 5439407 (+ £ 537224) und 
des Schweinefleisches £ 1403041 (+ 237741). Der Werth des 
Imports von Vieh und Fleisch hat demnach insgesammt um 
£ 1334422 zugenommen. 

Die gewaltige Ausdehnung, welche der englische Vieh- und 
i Fleischimport in den letzten 20 Jahren erfahren hat, wild erst 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 21. 


252 

so recht zum Bewusstsein kommen, wenn man bedenkt, dass im 
letzten Jahre in England 124 Rinder und 50 Schweine alle 
Stunde und 14 Schafe jede Minute gelandet worden sind und 
dass in jeder Minute des verflossenen Jahres für 2700 Mark 


Fleisch eingeführt worden ist. Zieht man die Einfahrzahlen 
des präservirten Fleisches noch in Rücksicht, so ergiebt sich, 
dass England jetzt fast 40 pCt. seines Fleischverbrauchs ans 
dem Auslande bezieht. Kühn au. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

IV. 

Reuter, kgl. bayer. Bezirksthierarzt, und Sauer, kgl. Ober¬ 
amtsrichter: Die Gewährleistung bei Viehverfiusserungen naoh dem bürger¬ 
lichen Gesetzbuch. Berlin bei Paul Parey. 1900. 

Die gerichtliche Thierarzneikunde ist eine complicirte und 
mindestens doppelseitige Materie. Desshalb ist das Werk von 
Dieckerhoff unbestreitbar ein Meisterwerk, weil Dieckerhoff 
nicht nur die umfassendste technische Kenntniss, eine wohl bei¬ 
spiellos reiche Erfahrung auf dem labyrinthischen Gebiet des 
Viehhandels zu Gebote stehen, sondern weil er auch die scharfe, 
klare juristische Auffassung und Ausdrucksweise bemeistert und 
über eine tiefgehende Rechtskunde verfügt. Die daraus sich 
ergebenden Vorzüge des Dieckerhoff’schen Buches sind denn 
auch von der Kritik, namentlich auch von der juristischen, 
übereinstimmend anerkannt worden. Soviel wir wissen, war 
Herr Reuter der Einzige, der (Monatshefte für Thierheilkunde) 
eine ziemlich absprechende Kritik geübt hat. Aber wir glauben 
nicht, dass der von ihm gelieferte Theil des nun von ihm selbst her- 
ansgegebenen Werkes an die Leistung Dieckerhoff heran¬ 
reicht. Auch die gute Bearbeitung des juristischen Theils 
durch einen Fachjnristen kann dem qu. Buche nicht den Vorzug 
ersetzen, den die gerichtliche Thierarzneikunde von Diecker¬ 
hoff hat, die eine mustergiltige Arbeit aus einem Guss eben 
desswegen ist, weil ihr Autor die wissenschaftliche wie die 
rechtliche Seite des Stoffes in gleicher Weise vollkommen 
beherrscht. Schmaltz. 

Ueber Gewährleistung im Viehhandei sind noch erschienen. 1. In 
der Guttentagschen Sammlung deutscher Reichsgesetze No. 50 
ein Buch in Duodez von Rechtsanwalt Dr. Störle in Kempten 
(Bayern) mit veterinär - technischen Erläuterungen von Kreis¬ 
thierarzt Weiskopf-Augsburg. 2. Eine kleine Broschüre von 
Oberamtsrichter Babl, Erlangen bei Palm u. Enke. 3. DeBgl. 
von Ludwig Mainhard, Grossherz. Landgerichtsrath zu Karls¬ 
ruhe (Braun'sehe Hofbuchdruckerei). 4. Ein Vortrag von 
Polizeithierarzt Richter in Frankenberg in Sachsen. Alle diese 
kleineren Werke, unter denen namentlich die gemeinverständ¬ 
liche Gesetzeserläuterung von Mainhard hervorgehoben werden 
soll, sind natürlich mehr für Rechtsanwälte bezw. Landwirthe 
als für Thierärzte bestimmt. 

Neue Einginge. 

(Besprechung Vorbehalten.) 

Lungwitz und Schmidtchen. Zeichenvorlagen für Huf¬ 
beschlagschulen in 30 Tafeln. Dresden. Schönfelds Verlag. 

Personalien. 

Auszeichnungen und Ernennungen: Dem Schlachthofdirector Oll mann 
und dem Oberrossarzt Stein in Dessau sind die Ritter-Insignien 
II. KI. des Hansordens Albrechts des Bären verliehen worden. 
Der Oberrossarzt und Inspicient bei der Militärrossarztschule, 
Milllerscowscy ist zum Corpsrossarzt des VIU. Armeecorps 
ernannt, an Stelle des in den Ruhestand tretenden Corpsrossarztes 
Hahn. Dem Kreistbicrarzt Dr. Oe hm ke-Braunschweig ist das 


Prädicat als Herzoglicher Hofthierarzt verliehen worden. — Thierarzt 
A. Wagner-Enzheim zum Cantonalthierarzt des CantonsGeispolsheim 
(Unter-Elsass). — Gewählt: Thierarzt Löwa zum Schlachthof- 
inspector in Spremberg, Rossarzt Prenzel nebenamtlich zum 
Schlachthofthierarzt in Militsch. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc. Verzogen: Die 
Thierärzte Hans Bäu ml er als kreistbierärztlicher Assistent nach 
Wreschen (Pos), F. Carl von Schloppa (Westpr.) nach Wittatock, 
Dahme von Berlin nach Cottbus (Schlachthof), Hans Jacobsen 
von Nordstrand nach Semmenstedt (Brannschw.) als Nachfolger des 
verstorbenen Thierarzt Hoffmeister, Jakob nach München, 
Littmann, Oberrossarzt a. D., von Cottbus nach Görlitz 
(Schlachthof), Rauschert von Friedeberg (Neumark) nach Lipke 
(Kr. Landsberg a. W.). 


Vacanzen. 

(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 

Kreisthierarztstelien etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen 
R.-B. Aachen: Montjoie (600 M., ausserdem 300 M. Stellenzulage und 
600M. Kreiszuschuss, sowie ev. voraussichtl. 800 M. für Beaufsichtigung 
der städt. Fleischbeschau). Bew. bis 1. Juni er. an den Regierungspräs. 

— R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich Kreiszuschnes). 

— Stolp (Nord) (erneut ausgeschrieben) mit dem Amtssitz in Glowitz. 
Gesuche an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Köln: Waldbröl 
(neuerrichtet) (600 M. Gehalt, 200 M. aus Kreismitteln, 810 M. für 
Beaufsichtigung der Viehmärkte). Bewerbungen bis 18. Juni an den 
Regierungspräsidenten. 

Deutsch-Südwcst-Afrika: Für das Kaiserliche Gouverne¬ 
ment vorläufig zur comm. Beschäftigung 2 approb. Thierärzte zum 
sofortigen Antritt (6000 M. Anfruagsgehalt, Wohnung etc. *Hin- und 
Rückreise; 1000 M. Ausrüstungsgelder; 3 Jahre Verpflichtung). 
Bewerb, an die Kolonialabtheilung des Auswärtigen Amtes. 

b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Köln: Rbeinbach. — R.-B. Wies¬ 
baden: St. Goarshausen. 

Sanitfitsthierarztsteilen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Frankfurt a. 0.: Schlachthofdirector zum 15. Juni er. mit Qualifika¬ 
tion zum beamt. Thierarzt. (3600 M., steigend bis 4800 M., Wohnung 
etc. Keine Praxis. lJijähr. Probezeit, Jijähr. Kündigung). Bewerb, 
bis 26. Mai an den Magistrat — Neheim: Schlachtnofdirector zum 
1. Juni er. (2000 M. Wohnung etc. Privatpraxis.) Bewerb, an 
den Magistrat. — Schivelbein: Thierarzt für FleischBchau (ca. 
2400—3000 M.; Praxis gestattet). Meid, beim Magistrat — 

— Wamsdorf, Bez. Leipzig: Tbierarzt für Fleischschau in W. 
und in den Nachbargemeinden. Meid, an den Gemeindevorstand. 

— Zwickau: 2. Schiachthofthierarzt zum 1. Juni (1800 M. 
Wohnung etc.) 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Düsseldorf: 2. Aasistenzthierarzt. — Eberswalde: Schlachthof- 
inspector. — Graudenz: Schlachthofassistenzthierarzt — Johann¬ 
georgenstadt u. Nachbargemeinden: ThierarztfÜr Fleischbeschau. 

— KönigB wartha i. S.: Thierarzt für Fleischbeschau. — Lunzenan: 
Thierarzt für Fleischschau. — Mülhausen (Eisass): Schlachtbof- 
Verwalter. — Pössneck: Thierarzt für Fleischbeschau. — Wanne: 
Schlachthofvorsteher. — P ritz erbe: Thierarzt für Schlachtvieh- 
und Fleischbeschau. — Wetter (Ruhr): Thierarzt für Fleischbeschau. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. PiU- 
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig).— Soldau 
(Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt. — Menge ring- 
hausen (Waldeck): Thierarzt. — Rhinow (R.-B. Potsdam): 
Thierarzt. Schloppa (Westpr.): Thierarzt sofort, (ca. 1000 M. aus der 
Fleischbeschau). Meid, an den Magistrat. — Schwarzenberg i. S.: 
Thierarzt für Fleischbeschau u. Praxis. — Sonnenburg: Thierarzt.— 
Suelze (Mecklb.): Thierarzt (800 M. Fixum aus der Stadtkasse). 
Bewerbungen an den Magistrat — Weilerbach, Bez.-A. Kaisers¬ 
lautern: Thierarzt (760 Mark Beihülfe). Meid, bis 15./6. an den 
Bürgermeister. — Wolkenstein: Thierarzt für Praxis und Fleisch¬ 
schau. 

Besetzt: Sanitätsthierarztstelle in Filehne. 


Verantwortlich für uen Inhalt (exel. Inaeratenthell): Prot Dr. Sehmaltx in Berlin. — Verlag und Elgenthum von Richard Scho et i in Berlin. — Druck von W. BQxenateln, Berlin 


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Die „Berliner Thierintllche Wochentchrift“ erscheint 
wöchentlich ln SUtrke von mindestem 1*/. Bogen. Dieselbe 
iet in beziehen durch den Buchhandel, die Post (No 1082) 
oder durch die Verlagsbuchhandlanjr von Richard 
8ohoeta, Berlin NW., Lolsenstraase 86, zum Preise von 
Mk. 6,- pro Vierteljahr. 


Berliner 


Origlnalbeltrigo werden mit 60 Mk. für den Bogen honorlrt 
Alle Manuscripte, Mlttheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thiertrztlicbe Hochschule, NW., Luisenstrasse 66. 
Correcturen, Recensions -Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. E. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Bichard Schoet*, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

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Jahrgang 1900. M 22. Ausgegeben am 31. Mai. 


Inhalt: Witt: Kritische Bemerkungen über die Gebärparese und deren Behandlung. — Referate: Bosi: Zur Ausführung 
der Trepanation bei Haussieren. — Beurtheilnng des Alters der Pferde nach den Schneidezähnen. — Reichenbach: Becken¬ 
bruch beim Pferd. — Tapken: Ursache des Nasenblutens. — Bostrom: Stoppelkrankheiten. — Arloing: Zur Serotherapie 
des Bauschbrandes. — Place: Die Behandlung des Tetanus bei Pferden mit grossen Dosen von Carbo). — Bates: Die 
therapeutische Anwendung des Nebennierenextractes. — Therapeutische Notizen. — Thierhaltung und Thierzucht. — 
Tagesgeschichte: Frühjahrs-Sitzung des Vereins schlesischer Thierärzte in Breslau am 6. Mai 1900. — Bericht der Petitions- 
commission des Reichstages für das Plenum, betr. Abiturientenexamen. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinär¬ 
wesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen. 


Kritische Bemerkungen Uber die Gebärparese und 
deren Behandlung. 

Von 

Witt-Sonderburg. 

Kreisth'erarzt 

Der Herr College Schmidt in Colding hat mit der von 
ihm empfohlenen Infusion von Jodcalinm-Lösung in das Euter 
zur Behandlung der Gebärparese ohne Zweifel den Vogel ab¬ 
geschossen. 

In dieser Zeitschrift sind zwar einige Aeussernngen über 
Misserfolge bei einer derartigen Behandlung laut geworden; 
doch werden diese meines Erachtens nicht mehr im Stande sein, 
dieselbe, die sich in den meisten Fällen so vorzüglich bewährt 
hat, in Misscredit zn bringen. 

Von 57 Fällen, die ich behandelte, wurden 50 geheilt, die 
meisten davon nach Verlauf von 6—12 Stunden. Eine Kuh 
wurde nothgeschlachtet. Von den anderen sechs Fällen mit 
letalem Ausgange waren drei bei Einleitung meiner Behandlung 
(12—36 Stunden nach Beginn der Krankheit) bereits so weit 
vorgeschritten, dass ich die Nothschlachtung empfahl, die Be¬ 
sitzer bestanden aber auf Behandlung ihrer Thiere, weil sie 
von der so sehr erfolgreichen Einspritzung gelesen oder gehört 
hatten, und weil ausserdem die Thiere nur einen geringen 
Schlachtwerth repräsentirten. 

Also der Erfolg der Schmidt’schen Behandlungsweise 
steht mir ausser allem Zweifel. 

Mit der Theorie des Herrn Schmidt-Colding: Das Jod 
des Jodcaliums soll die Drüsensecretion hintanhalten 
und dadurch die Bildung eines Giftstoffes verhindern, kann ich 
mich aber ebenso wenig vertraut machen, wie Herr Dr. Aron¬ 
sohn. 

Im Jahrgang 1898 pg. 161 der B. T. W. lesen wir, dass 
bereits Herr Schmidt-Colding beobachtete, wie eine Lysol¬ 
lösung sich ebenfalls wirksam zeigte. 

Berichtigung. 

In dem Artikel von Jost No. 21, pg. 244, siebente Zeile vor 
Schluss, befindet sich ein sinnverkehrender Druckfehler. Es muss 
heissen „aleukaemisches Lymphadenom“ (nicht leukaemisches). 


Herr Dr. Aronsohn, pg. 217 des laufenden Jahrganges, hat 
in 14 Fällen erprobt, dass reines Wasser oder physiolo¬ 
gische Kochsalzlösung dasselbe tliat; und auch ich kann 
dies vom gewöhnlichen abgekochten Wasser, wenn aach 
nur in einem Falle, bestätigen. Mag nun das Ergebniss einer 
längeren Versuchsreihe erst endgültig entscheidend sein, so 
zeigen doch diese angeführten Heilungsfälle ohne Jodcali um 
soviel, dass es nicht richtig ist, wenn auf pg. 161, Jahrgang 
1898 Schmidt-Colding sagt: aus allen Versuchen ergiebt sich, 
dass die Infusion eines Jodsalzes besonders unter Einwirkung 
der mit in das Euter infundirten atmosphärischen Luft 
einen ganz typischen Verlauf bedingt. 

M. E. kann das freiwerdende Jod des Jodcaliums 
nicht das wirkende Agens sein, wenn indifferente 
Lösungen ohne Jod und ohne Luft dieselbe Wirkung 
haben! 

In diesem Punkte stimme ich also mit Herrn Dr. Aron¬ 
sohn vollständig überein, nicht jedoch mit dessen Theorie 
über die arterielle Anämie des Gehirns in Folge zu 
starken Blutandrangs nach dem Enter. Gegen diese Er¬ 
klärung sprechen m. E. doch verschiedene Dinge. 

1. Warum soll gerade hei den besten, kräftigsten Kühen 
so leicht eine Gehirnanämie anftreten? Wäre auch bei diesen 
der Blutandrang nach dem Euter stärker, als bei schwächeren 
und schlechteren Milchthieren, so müsste ich doch annehmen, 
dass das Mehr an Blut, welches nach dem Euter drängen soll, 
durch das Mehr der Gesammtmenge vollsäftiger Thiere wieder 
ausgeglichen würde. 

2. Wenn es sich beim Milchfieber wirklich um einen zn 
starken Blutandrang nach dem Enter handelt, wie soll ich 
es mir dann erklären, dass a) bei einem so grossen Pro¬ 
centsatz der erkrankten Thiere trotz des starken Blut¬ 
andrangs das Euter relativ klein und schlaff bleibt, 
kleiner und schlaffer, als man es bei den besten Milchkühen 
erwarten sollte, — dass b) die Milchsecretion ganz oder 
doch zum grössten Theil aufhört. Jedenfalls habe ich das 
Erstere in 70—80 pCt., das Letztere in 100 pCt. der von mir 
beobachteten und behandelten Fälle constatiren können. Daraus 


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254 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


No. 22. 


glaube ich also entnehmen zu müssen, dass die fraglichen Thiere 
einen verhältnissmässig geringen Blutandrang nach dem Euter 
haben. Bei starkem Blutandrang nach dem Euter müsste doch 
Anschwellung des Euters und vermehrte Milchsecretion eintreten. 

3. Herr Schmidt - Colding und Herr Dr. Aronsohn 
wollen beide die Function der Milchdrüse, die Milch¬ 
secretion zurückhalten oder ganz aufheben. Ich möchte 
doch fragen, mit welcher Begründung sie daraufhin ihre Be¬ 
handlung einrichten? 

In meinem Wirkungskreise mache ich allgemein folgende 
Beobachtung: wenn innerhalb 12—36 Stunden nach dem Kalben 
bei einer guten Kuh die Milchsecretion aufhört, so be¬ 
fürchten der Landwirth und auch ich nicht mit Unrecht das 
Auftreten der Gebärparese, und ist diese da, und stellt 
sich dann einige Stunden nach der Einspritzung ins Euter die 
Milch wieder ein, so ist die Gefahr wenigstens der Regel 
nach vorüber (wenigstens hier auf Alsen, ob es in Dänemark 
oder Mecklenburg anders ist, entzieht sich meiner Beurtheilung). 
Es braucht die Milchsecretion beim Eintritt der Parese nicht 
völlig aufzuhören, bei der Heilung nicht sogleich in ihrem ganzen 
Umfange wieder einzusetzen, — das Euter ist ja kein umun, 
sondern ein multiplum —, aber zur Hauptsache ist der, Ver¬ 
lauf so, wie ich angegeben. 

Wenn jetzt Herr Schmidt und Herr Dr. Aronsohn mit 
der Einspritzung ins Euter nicht die Secretion der Milch 
steigern, wie man doch erwarten sollte, sondern sie be¬ 
schränken wollen, so darf ich doch bitten: Erklären Sie mir 
nur diesen Zwiespalt der Natur! 

4. Herr Dr. Aronsohn will durch Gegendruck im Enter 
den starken Blutandrang nach diesem Organ und so die arterielle 
Anämie des Gehirns beseitigen. Wird die Einführung vpn */* 
oder gar */„ 1 Flüssigkeit in ein Euterviertel wirklich ausreiahen 
können, den Blutandrang erheblich zu mindern, zumal in dem 
geräumigen Euter einer guten Milchkuh? Müssten ausserdem 
bei einer arteriellen Anämie des Gehirns nicht die Herz¬ 
mittel besser und sicherer wirken, was doch beim Milchfieber 
keineswegs der Fall ist? 

5. Herr Dr. Aronsohn führt gegen die Theorie der Auto- 
intoxication an die oft schnelle Heilung des Leidens und vielleicht 
die Ungiftigkeit des Fleisches. Den letzten Punkt will ich 
übergehen und auf den ersten entgegnen, dass wir auch bei 
anderen durch Autointoxication verursachten Krankheiten schnelle 
Heilungen sehen, dass die meisten Heilungen bei der Gebär¬ 
parese langsam verlaufen, und dass eine schnelle Heilung noch 
nicht die plötzliche Ausscheidung vieler Giftstoffe voraussetzen 
muss. Ich halte also die Theorie der Autointoxication immer 
noch nicht für widerlegt. 

Zerreisst der Nabelstrang, und hört damit die Zufuhr von 
Nährstoffen nach dem Fötus auf, so wird eine Aufspeicherung 
solcher Stoffe im Mutterthiere stattfinden. Setzt dann die 
Milchsecretion in ihrem vollen Umfange ein, so wird das Plus 
von Nährstoffen hierdurch abgeleitet. Sistirt jedoch die 
Milchsecretion oder hört sie bei vollsäftigen Milchthieren 
auch nur zum grösseren Theil auf, so verbleibt jenes 
Plus im Körper, und die Vorbedingung der Autointoxi¬ 
cation ist damit gegeben! 

Mit einer solchen Auffassung lässt sich die Heilwirkung 
auch am Ende in Einklang bringen, die wir bei Infusion von 
Jodcaliumlösung und einfachem Wasser beobachtet haben. 

Ein chemisches Agens haben die Lösungen nicht gemeinsam, 


auf eine Wirkung durch Gegendruck wird es m. E. auch nicht 
ankommen. 

Die Heilwirkung ist dann dadurch zu erklären, dass die 
eingespritzte Flüssigkeit entweder das im Euter vorhandene 
Gift in sich aufnimmt und dem Körper entzieht, — in diesem 
Falle wird es unseren Chemikern gelingen müssen, die giftige 
Substanz nachzuweisen—, oder dass sie durch örtlichen Reiz 
auf das Euterparenchym einwirkt, dies zu erneuter 
oder verstärkter Thätigkeit anspornt und damit dem 
Körper das Plus an Nährstoffen, mithin auch die Vor¬ 
bedingung der Autointoxication nimmt. 

Ich entscheide mich für die letzte Erklärung. 

Nehmen wir diese an, so wissen wir sogleich, warum zu¬ 
weilen ein ergiebiger Aderlass, öfter ein drastisches Ab¬ 
führmittel und besonders eine erhebliche Futterentziehung 
das Auftreten der Gebärparese verhindern konnte. 

Vor Allem aber ist damit die für mich absolut feststehende 
Thatsache erklärt, dass mit dem Sistiren der Milchsecretion 
die Gebärparese einsetzt, und dass die Krankheit ab¬ 
nimmt, sobald die Drüsenthätigkeit wieder beginnt! 

Refer ate* 

Zar Ansfahrung der Trepanation bei Uansthieren. 

Von Augusto Bosi. 

(Nuovo Erkolanl, Pisa 1899, Referat in den Muh. f. Th. Bd. 11, 4.) 

Der bisherigen Trepanationsmethode haften verschiedene 
Mängel an. Das Loch ist meist zu klein für eingehende Unter¬ 
suchungen, der Substanzverlust unverhältnissmässig gross und 
langsam sich ersetzend. Verfasser versucht diese Mängel zu 
beseitigen. In der Humanmedicin, wo man auch dieselbe Frage 
lange studirt hat, findet die zuerst von Wagner 1889 aus¬ 
geführte osteoplastische Operation jetzt allgemein Anwendung. 
Eben diese Methode sucht Bosi auch auf die Thiere zu über¬ 
tragen. Zur Operation macht er einen Hautschnitt in der Form 
eines Hufeisens, wobei der Zwischenraum zwischen beiden 
Schenkelenden des Schnittes 3 bis 4 cm betragen muss. Ferner 
muss der Gipfel des Schnittbogens der Medianebene zugekehrt 
sein, die beiden Enden müssen sich dagegen lateral richten 
(wegen des Verlaufs der Arterien am Kopfe, die alle median- 
wärts gekehrt sind). Nach dem Hautschnitt wird ein zweiter 
Schnitt, jenem parallel bezw. concentrisch zu ihm und um & cm 
enger, durch das Periost gelegt, welches im übrigen vom 
Knochen nicht abgelöst wird. In der so frei gelegten Knochen¬ 
linie wird nun ein ganz aus Metall bestehender kleiner, scharfer 
Meissei an einem Ende aufgesetzt und mittelst Hammerschläge 
in der Schnittlinie vorwärts bis zum anderen Ende getrieben. 
Der Meissei wird dabei selbstverständlich schräg angesetzt. 
Die zwischen den beiden Enden der Meisseilinie stehen gebliebene 
Knochenbrücke wird von beiden Seiten her mit dem Meissei 
gewissermassen eingekerbt. Ist die Brücke auf diese Weise 
verschmälert, so gelingt es leicht, w'enn man nunmehr am freien 
Ende der durch Meisselung isolirten Knochenplatte (also an dem 
Gipfel des Bogens) den Meissei unterschiebt, die ganze Knochen¬ 
platte unter Bruch der oben erwähnten Knochenbrücke hoch zu 
heben. Nunmehr lässt sich Haut, Periost und Knochenplatte 
deckelartig zurückklappen. Es ist eine Oeffnnng entstanden, 
welche je nach der Absicht des Operateurs bis zum ganzen 
Umfange der Höhle sich erstrecken kann. Nachdem die nöthigen 
Manipulationen in der Höhle vorgenommen sind, wird der Deckel 
wieder in seine Lage gebracht und die Haut durch Nähte be- 


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31. Mai 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


255 


festigt, sowie ein geeigneter Verband angelegt. Es entsteht 
Heilung per primam intentionem. Die Vorzüge der Operations¬ 
methode liegen auf der Hand. 

Beurtheilung des Alters der Pferde nach den 
Sehneidezähnen. 

(Zuchr. f. Vet.) 

In der Versammlung der Rossärzte des IX. Armeecorps 
referirte Rossarzt Heinze über die Zuverlässigkeit der 
Altersmerkmale an den Schneidezähnen auf Grund umfangreicher 
Untersuchungen. Da das Alter der Militärpferde sicher bekannt 
ist, so lässt sich an diesen ein einwandfreies Material gewinnen. 
Es wurden 699 Pferde des Regiments untersucht. Von 68 knapp 
fünfjährigen Remonten zeigten 19 Schwund der Kunden in den 
Zangen des Unterkiefers, also wie sechsjährige. Acht junge 
Remonten hatten im Februar die Fohlen-Eckzähne noch nicht 
geschoben. Auch bei 79 älteren Remonten war die Abnutzung 
der Kunden nicht immer dem Alter gemäss; bei sechs war sie 
in den unteren Mittelzähnen, bei drei selbst auf den Eckzähnen 
nicht mehr vorhanden. Von 47 siebenjährigen Pferden zeigten 
fünf auf 8 und eins auf 6 Jahre. Von 67 achtjährigen Pferden 
hatten sieben schon einen Einbiss. Von 65 neunjährigen Pferden 
hatten eins noch Kunden auf Mittel- und Eckzähnen und vier 
ganz das Gebiss des achtjährigen Pferdes. Bei 55 elfjährigen 
Pferden hatten mehrere auffällig lange Zähne, keine mehr Kunden. 
Unter 258 Pferden älterer Jahrgänge war die Abnutzung der 
Zähne sehr unregelmässig, sodass ein bestimmtes Verhältnis 
zwischen Quer- und tiefem Durchmesser gamicht festzustellen 
war und die in den Lehrbüchern angegebenen Verhältnisszahlen 
durchweg nicht ermittelt wurden. — In der Discussion wurde 
allgemein zugegeben, dass solche Unregelmässigkeiten bestehen, 
man sich jedoch practisch sehr wohl nach der Zahnlehre von 
Günther richten könne, ohne in grosse Irrthümer zu verfallen. 
Hell hob hervor, dass nicht selten bei Pferden die Abnutzung 
besonders gering sei, sodass diese Pferde sich jünger zeigten 
und deshalb in den Ställen der Händler wegen ihres guten 
Zahns besonders beliebt seien. 

Beckenbruch beim Pferd. 

Von Reichenbach-Basel. 

(Schw. Arch. Bd. 41, Heft 5.) 

Ein Pferd glitt aus und fiel mit tief unter den Leib ge¬ 
schlagenen Hinterbeinen, richtete sich aus dieser Stellung wieder 
auf und lahmte vom Platze weg. Im Stalle belastete das Pferd 
alle vier Gliedmaassen, konnte aber durchaus nicht seitwärts 
treten. Im Ganzen war die Lahmheit unverhältnissmässig 
gering gegenüber dem Verhalten des stehenden Pferdes. Das 
linke Hinterbein wurde allerdings mehr oder weniger geschleppt. 
Am nächsten Tage zeigte sich am linken Oberschenkel beiderseits 
ein starkes Oedem, welches sich allmählich abwärts senkte und 
durch Lehmanstriche, Heusamenbäder und Massage behandelt 
wurde. Zunächst wurde das Pferd hochgebunden; Hängeapparat 
war entbehrlich. Volle vier Wochen blieb es stehen und wurde 
dann täglich einige Minuten bewegt. Im Schritt marschirte es 
gut, traben konnte es nicht; auch konnte es nicht die kleinste 
Last ziehen. Es war sonach arbeitsunfähig. Bei der Unter¬ 
suchung liess sich jetzt in der Nähe des Foramen ovale eine 
Knochenauftreibung feststellen, sodass ein Bruch des Sitzbeins 
diagnosticirt werden konnte. Das Pferd wurde billig verkauft 
an einen Landmann und arbeitet daselbst jetzt ganz gut, nachdem 
es noch bis Mitte März (der Unfall erfolgte im September 


vorher) gelahmt hatte. Die Arbeit ist freilich eine leichte 
Ackerarbeit. Der Callus ist gänzlich verknöchert. Hieraus 
folgt, dass der Bruch eines Sitzbeinastes nicht eine unbedingt 
schlechte Prognose rechtfertigt. 

Ursache des Nasenblutens. 

Von Amtsthierarzt Tapken - Varel. 

(DUch. T. W. No. 481899.) 

Nasenbluten an sich ist nicht selten, die Ursache aber 
selten nachzuweisen. Am häufigsten kommt es beim Rind vor, 
wenn ein Stirnzapfen abgebrochen ist und nun Blut von der 
Stirnhöhle aus durch die Nasenhöhle ausfliesst. Eigenartig ist 
folgender Fall: Bei einer Kuh wurde seit Mitte Dezember zeit¬ 
weilig geringes Nasenbluten beobachtet, das aber nach und 
nach stärker und fast dauernd wurde, ohne das die Kuh sich 
krank zeigte. Am 10. Juni wurde die Kuh untersucht. Puls 
und Athmung waren normal, auch die Schleimhäute. Später 
wurde beobachtet, dass die Kuh nicht sehen und nicht riechen 
konnte; auch wurde die Athmung abnorm, die Futteraufhahme 
geringer. Ende Juni fand T. die Athmung angestrengt und 
schnarchend; das linke Auge thränend; am Kehlkopf von aussen 
keine Veränderung festzustellen. Die Untersuchung ergab völlige 
Erblindung sowie, was durch Vorhalten von Futter konstatirt 
wurde, Aufhebung des Geruchsvermögens. Die Kuh wurde ge¬ 
schlachtet. Im pathologischen Institut zu Hannover wurde 
folgendes festgestellt: Umfangreiche Geschwulst in allen Sieb¬ 
beinzellen und im oberen Nasenhöhlenraum sowie im Nasen¬ 
rachenraum und nach den Kieferhöhlen sich fortsetzend. Die Ge¬ 
schwulst bestand aus kugeligen hühnereigrossen Höckern, theil- 
weise mit oberflächlichem Zerfall. Das ganze Siebbein war 
spongiös und schneidbar. Die microscopische Untersuchung 
ergab Osteoidsarcom. Die Schleimhaut war in den Oberkiefer¬ 
höhlen an vielen Stellen völlig glasig und in Linsen- bis 
groschengrosBen Stellen hyalin entartet, ausserdem mit glas¬ 
perlartigen, glasigen Tumoren bis zu Kirschgrösse besetzt, die 
aus hyaliner Masse, von einem dünnen Häutchensack umgeben, 
bestanden. 

Stoppelkrankheiten. 

Von A. Boström D. V. S. 

Vet. Review 1899. H. 4. 

Mit dieser Bezeichnung sind diejenigen Gesundheits¬ 
störungen der Hausthiere gemeint, welche in Amerika häufig 
nach dem Beweiden der Stoppelfelder oder nach dem Ver¬ 
füttern abgeschnittener Getreidestoppeln anftreten. Die 
Störungen bestehen hauptsächlich in Tympanitis, Indi¬ 
gestion, Gastritis durch Pilzvergiftungen. 

Burril, Billings u. A. wollen bei den kranken Thieren 
einen Microparasiten entdeckt haben, der diese Krankheiten 
hervorrufen soll. Von anderer Seite wird behauptet, dass die 
auf gewissen Bodenarten stehenden Stoppeln zu grosse Mengen 
Salpeter enthalten, und dass bei Ernährung der Thiere mit 
solchen Stoppeln eine Salpetervergiftung entstehe. 

Verf. spricht sich gegen diese Ansichten aus und 
bezeichnet als hauptsächliche Ursache der Stoppelkrankheiten 
die Pilze, welche auf den Getreidearten schmarotzen (Tilletia, 
Ustilago, Puccinia etc.) und erfalirungsgemäss die Verdauungs¬ 
und Harnorgane schädigen, sogar Paralyse und Tod bedingen 
können, sobald die Thiere mit solchem Stroh ernährt werden. 
Ist das Stroh mit Pilzen nicht befallen und werden die Stoppeln 
in frischem Zustande und in mässigen Quantitäten an Rinder 


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266 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 22. 


und Pferde verfüttert, so zeigen sich gewöhnlich keine schäd¬ 
lichen Folgen; dagegen wird die Entstehung von Meteorismus 
und Tympanitis beobachtet, wenn die abgeschnittenen .Stoppeln 
8—10 Tage auf dem Felde liegen bleiben und dann erst an die 
Thiere verabreicht werden. Es ist anzunehmen, dass sich in 
diesen Fällen ein Fermentationsprozess im Stroh entwickelt und 
demselben die schädlichen Eigenschaften verliehen hat. 

Während alle anderen Futterarten einer besonderen Ab¬ 
wartung und Pflege unterworfen werden, sind die im Felde 
bleibenden Stoppeln allem Wind und Wetter ausgesetzt, wodurch 
sie schliesslich der Nährstoffe völlig beraubt werden. Die 
zurückbleibende reine Cellulose ist schon an und für sich ge¬ 
eignet, Beschwerden zu erzeugen, sobald der Verdauungsapparat 
durch grössere Mengen belastet wird. 

Hiernach würden die Stoppelkrankheiten ihre Ursache darin 
finden, dass die verfütterten Stoppeln alle Nährstoffe eingebüsst 
oder eine verdorbene (schimmelige, faulige) Beschaffenheit an¬ 
genommen haben oder hauptsächlich, dass sie mit Rost oder 
Brandpilzen befallen sind. Gelegenheitsursachen, wie Erkältungen, 
mögen zu der Entwickelung dieser Krankheiten beitragen. 

Zur Serotherapie des Rauschbrandes. 

Von Director Arloing-Lyon. 

(Journal de Lyon, 30. IV. 1900-) , ' 

Das zu den Versuchen verwendete Serum wurde einer 
Kalbin entnommen, die sehr starken localen Laesionen wider¬ 
standen hatte, welche durch multiple und starke Injectionen 
von Rauschbrandvirus in der Musculatur waren, und die nach ihrer 
Heilung einer Reihe von Inoculationen in die Blutbahn und in 
das Hautzellgewebe unterworfen worden war. 

Dieses Serum besitzt praeventive und curative Eigenschaften. 

Erstere wurden nachgewiesen: 

1. durch die Injection des Serums für sich in das Haut¬ 
zellgewebe vor oder gleichzeitig mit dem Virus; 

2. durch die intravenöse Injection des Serums und die sub- 
cutane Injection des Virus; 

3. durch die Injection einer Mischung von Serum und Virus 
an gleicher Stelle und gleichzeitig. 

Wird das Serum allein subcutan injicirt, so müssen ungefähr 
zehn Cubikcentimeter verwendet werden, um ein 30 kg schweres 
Schaf gegen die tödtliche Dosis frischen Virus zu schützen. Bei 
intravenöser Injection genügt der zehnte Theil, um dasselbe 
Resultat zu erzielen; bei vorheriger Vermischung des Serums 
mit dem Virus, genügt der vierzigste Theil. 

Curativ erweist sich das Serum nur, wenn es kurz nach 
der Injection angewendet wird. Subcutan ist eine an sich reich¬ 
lich praeventive Dosis nicht hinreichend, den Tod des Thieres zu 
verhindern, wenn die Injection drei Stunden nach der Virus- 
injection vorgenommen wird. Bei intravenöser Injection ist der 
Erfolg grösser, hier ist dieselbe Dosis nach neun Stunden noch 
wirksam, nach zwölf Stunden aber ebenfalls ohne Wirkung. 

Das Serum behält seine Eigenschaften durch rasche Trocknung 
in dünner Schicht, in offener Luft, bei mehr als 38 °. 

Die Behandlung des Tetanus bei Pferden mit grossen 
Bosen von Carbol. 

Von Place. 

(I.ancvt 34. Febr. 190U. M. uml. Worb,) 

Verf., ein Veterinär in Bombay, hat seit zwei Jahren 
zahlreiche Pferde, die an Tetanus erkrankt waren, mit Carbol¬ 
einspritzungen (s. a. B. T. W. 1900 pag. 277) behandelt 
und geheilt. Er injicirt während der ersten 32 Stunden 


zweistündlich 4,0 der officinellen Carbolsäurelösung am 
Halse und an den Schultern. Später werden die Ein¬ 
spritzungen seltener gemacht. Als Nebenwirkung beobachtet 
man das Auftreten einer starken Schwellung am Orte der 
Einspritzung. Dieselbe verschwindet erst allmälig während 
der Reconvalescenz und hinterlässt, wenn sie während des Höhe¬ 
punkts der Erkrankung gemacht wurde, keinerlei Spuren. Macht 
man sie dagegen im Stadium des Abfalls, so tritt oft starker 
Haarausfall am Orte der Einspritzung auf. Verf. hat bis zu 
144 g in 84 Stunden verbraucht und das kranke Pferd, einen 
14jährigen Araber, geheilt; niemals hat er in einem erfolg¬ 
reichen Falle weniger als 64 g verbraucht, und er glaubt, dass 
die tetanuskranken Thiere eine besondere Toleranz gegen die 
Carbolsäure haben, die ihnen sonst in viel kleineren Dosen 
tödtlich werden kann. Verf. erwähDt noch, dass Dr. Henderson 
seine Behandlung mit dem besten Erfolge beim Menschen an¬ 
gewendet hat. 

Die therapeutische Anwendung des Nebennierenextractes. 

Von Dr. Bat es. 

(Med. Record. — D. Med. Ztg.) 

Vor etwa vier Jahren begann Verf. das Nebennierenextract 
bei Augenerkrankungen anzuwenden, und er hat von diesem 
Mittel nur günstige Erfolge gesehen. Diese veranlassten ihn 
dann bald; das Mittel auch bei Affectionen anderer Schleimhäute 
zu versuchen, und hier war der Erfolg nicht minder günstig. 
Thatsächlich bildet das Nebennierenextract daB wirkungsvollste 
Adstringens. Durch einen Tropfen einer einproc. Lösung, in 
den Conjunctivalsack geträufelt, wird die Conjnnetiva innerhalb 
40 Sekunden bis zwei Minuten vollkommen entfärbt. Die Pupille 
bleibt dabei unverändert, auch zeigt das Mittel weder antiseptische, 
noch anaesthesirende Eigenschaften;, seine schmerzstillend* 
Wirkung beruht nur auf der hochgradigen, adstringirenden 
Fähigkeit. Diese weist es allerdings nur im frisch zubereiteten 
Zustande auf. Man stellt sich das einprocentige Extract dar, in¬ 
dem man 0,6 der getrockneten Nebennieren mit 7,50 Wasser 
mischt und durchfiltrirt. Dieses Extract entfaltet nun bei allen 
Schleimhautentzündungen sehr gute anticongestionelle Wirkungen, 
also nicht nur bei Conjunctivitis, sondern auch bei Otitis, 
Rhinitis etc. Es vermag auch oft einen sicheren differential¬ 
diagnostischen Anhalt zu gewähren, z. B. bei Schwerhörigkeit; 
wenn sich diese bei seiner Anwendung bessert, ist das ein 
Zeichen, dass eine entzündliche Affection vorliegt, dass die Pro¬ 
gnose günstig und die Behandlung aussichtsvoll ist. Bei kleinen 
Operationen an Schleimhäuten ist das Extract ein vorzügliches 
Haemostaticum. Bewährt hat es sich ferner bei entzündlichen 
Stricturen der Nase, des Oesophagus, der Urethra, bei Haut- 
affectionen, bei perniciöser Anaemie, Morbus Addisonii und 
Basedowii, als Herztonicum bei Herzschwäche. Es übertrifft 
in letzterer Hinsicht die Digitalis, doch ist hier ein sicherer 
Effect nur bei intravenöser Injection zu erzielen. 

Therapeutische Notizen. 

Die Chromsäure bei Behandlung der Aphthenseuehe. 

Dr. Jarre in Paris hatte Gelegenheit, die Wirkung der 
Chromsäure bei aphthenseuchekranken Rindern zu erproben, und 
erzielte recht befriedigende Resultate (s. a. B. T. W. 1900 pag. 116). 

Es ist erforderlich, chemisch reine Chromsäure in concen- 
trirter Lösung anzuwenden. Dieses Präparat bildet eine 
amorphe, schwammige violett gefärbte Masse. 

Die Anwendung erfolgt mit einem kleinen Leinwandb&usch- 
chen, welches an einem Holzstäbchen befestigt ist. Sobald die 
Flüssigkeit mit dem Tupfer auf die Blasen aufgetragen ist, ent¬ 
steht ein leichter Aetzschorf, welcher ein Deckmittel bildet, 


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81. Mai 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


257 


unter dem die Erosion schnell heilt. Ulceration tritt nicht ein. 
Die Vernarbung soll bereits nach 24 bis 48 Stunden erfolgen. 
Eine halbe oder eine ganze Stunde nach Anwendung des Mittels bei 
Maulblasen sollen die Rinder bereits wieder Futter annehmen. 

Auf gleich schnelle Weise sollen die Blasen au Zitzen und 
Klauen nach Anwendung der Chromsäure abheilen. 

(Clin. vet. 1900 H. 14 u. Progres vet. 1900.) 

Anwendung des Zuckers und des Glycerins in der Geburt&hülfe. 

Nach dem Vorgang des Prof. Bossi in der humanenMedicin 
haben Payer und Eloire den Zucker gegen die Erschlaffung des 
Uterus bei grossen und kleinen Hansthieren während der Geburt 
und in den Fällen der Retention der Eihäute empfohlen. 

Pferde erhalten 100 g per os. Diese Dosis kann bis zum 
Eintritt der Wirkung wiederholt werden. Bei der Kuh wird die 
Application einer gleich grossen Zuckerlösung mittels Klystier 
bevorzugt. 

Die Wirkung des Zuckers kann durch das Einfuhren von 
Glycerintampons in den Uterushals erhöht werden. 

(Clin. vet. 1900 H. 14 n. Revece v£t. 1900.) 

Nirvanin. 

Ueber dieses neue Anaestheticum (vergl. B. T. W. 99, 
pag. 173) sind in den Mtsli. f. Th. Bd. 11, Heft 7, die bisher 
gemachten Erfahrungen referirt. Mit S chleich'schen In¬ 
filtrationen von V4 Väprocentiger Lösung konnten ohne die 
geringste Schmerz Wirkung nach Luxemburger kleine Ge¬ 
schwülste excidirt werden. Für Operationen im entzündlichen 
Gewebe sind jedoch 1 / 2 P rocent '& e Lösungen nothwendig. Die 
totale Anaesthesie hält 10 bis 30 Minuten an. Zweiprocentige 
Lösungen zur Herstellung von Analgesie gestatteten die Be¬ 
handlung von Abqnetschungen, eingestossenen Fremdkörpern 
u. dergl. Eine vollständige regionäre Anaesthesie an Hand und 
Fuss war unter Anwendung der Esmarch'schen Binde nach 
20 Minuten zu erzielen. Ueberdies ist im Gegensatz zu Cocain 
das Nirvanin bactericid, indem schon eine einprocentige Lösung 
Fäulniss nicht mehr aufkommen lässt. Auch lässt sich die 
Lösung sterilisiren (Cocain nicht). Bezüglich der Giftigkeit 
erregt Nirvanin ebenfalls viel weniger Bedenken als Cocain- 
Endlich ist eine zweiprocentige mit steriler Kochsalzlösung an¬ 
gesetzte Nirvaninmischung lange haltbar. Aus diesen Gründen 
verdient das Nirvanin dem Cocain und den Cocaingemischen 
vorgezogen zu werden. 

Salti als Bandwurmmittel. 

Prof. Galli-Valerio . rieth einem jungen Arzte, der seit 
längerer Zeit von einem Bandwurm gequält wurde, versuchs¬ 
weise 1,0 Salol als Anthelminticum zu nehmen, da möglicher 
Weise durch die Zerlegung des Mittels in Salicylsäure und 
Carbolsäure eine Wirkung erzielt werden könnte. Thatsächlich 
ging am nächsten Tage der Bandwurm-Bothriocephalus Latus 
— mit Kopf ohne jede Beschwerde ab. Demnach wäre das 
Salol als Bandwurmmittel immerhin zu versuchen. (Therapeut. 
Monatsh.) 

Kryofln, ein neues Antipyretieum. 

Eichhorst hat das neue Präparat auf seinen Werth ge¬ 
prüft. Es stellte sich heraus, dass das Mittel, ein Phenitidin- 
körper, noch einmal so starke Wirkungen erzeugt als Phenacetin. 
Dabei sind Nebenwirkungen, trotz ausgedehnter Anwendung auf 
der Züricher Klinik nicht beobachtet worden. Die Wirkung ist 
eine antipyretische und antineuralgische. D. M. W. 


Thierhaltung und Thierzucht. 


Der Viehbestand der Welt. 


Nach einer Zusammenstellung von K. E. Turnhull ans 
officiellen Quellen im „Live Stock Journal“ zeigt der Vieh¬ 
bestand in den Hauptländern der Erde folgende Veränderungen: 


Letzte Zählungen Frühere Zählungen 


Rindvieh. 286 325 000 

Schafe. 470 430 000 

Schweine ..... 104420 000 

Ziegen. 50 195 000 

Pferde.-67 650 000 

Büffel ...... 16 855 000 

Maulthiere und Esel . 9 295 000 


276 140 000 
540 480 000 
105 380 000 
50 645 000 
59 925 000 
17 130 000 
8 865 000 


- Schafe und Ziegen (einschliesslich der Bestände, wo Schafe 
und Ziegen nicht gesondert aufgeführt sind): 

Letzte Zählungen . . . 527 640 000 
Frühere Zählungen . . . 598140 OOP 
Abnahme 70 500 000 
Zunahme Abnahme 


Rinder .... 10 185 000 Schafe . 

Pferde .... 7725000 Schweine 

Maulthiere und Ziegen 

Esel .... 430000 Büffel . 


70 050 000 
960 000 
450 000 
275 000 


Nach Gewicht berechnet, und zwar für Pferde 800 Pf., 
Rinder 600 Pf., Schweine 100 Pf., Schafe 75 Pf. angenommen, 
ergiebt sich nachstehendes Resultat: 



Letzte Zählungen 

Frühere Zählungen 


Tonnen 

Tonnen 

Pferde . . . 

. . . 24 160 700 

21 401 800 

Rinder . . . 

. . . 76 694 200 

73 966 100 

Schafe . . . 

... 15 751 000 

18 096 400 

Schweine . . 

... 4 661 600 

4 704 400 


121 267 500 

118 168 700 


Zunahme 3 098 800 Tonnen = 2 3 / 5 pCt. 


Das Ronneburger Schwein. 

In der Ctrlztg. f. Th. No. 4, 1900 wird das Ronneburger 
Schwein als besonderer Schlag beschrieben: Kreuzung zwischen 
Landschwein und grosser englischer weisser Rasse vom Jahre 1865; 
seit 1894 im Verbreitungsgebiet durch eine Schweinezüchter¬ 
genossenschaftin Inzucht gezogen. Die angekörten Thiere werden 
durch Tätowirung Z. R. an einem Ohr gezeichnet. Die Schweine haben 
noch ziemlich die Merkmale des Landschlages und deren gute Eigen¬ 
schaften, namentlich Widerstandsfähigkeit und Fruchtbarkeit, 
daneben einen bestimmten Grad von Frühreife und Mastfähigkeit. 
12 monatliche Schweine wiegen 2 bis 2 '/* Ctr. 


Internationaler 6eflügeihandel. 

Nach einer Mittheilung in der Dtsch. T. W. geht der be¬ 
kanntlich ausserordentlich umfangreiche und für Russland be¬ 
sonders werthvolle Export an Federvieh hauptsächlich nach 
London und Deutschland. Die Gesammteinfuhr Grossbritanniens 
in den ersten 9 Monaten des Jahres 1899 belief sich auf rund 
10 Millionen M., wovon Russland \ lieferte. Der Import 
Deutschlands stellt sich für Russland noch bedeutender. 
Deutschland bezog überhaupt nach umstehender Tabelle folgende 
Mengen: 


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258 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 22 



Gänse 

Hühner 

And. Geflgl. 

Geschl. Geflgl. 


Stck. 

Ctr. 

Ctr. 

Ctr. 

Russland 

3471000 

14616 

8550 

5956 

Oesterr.-Ung. 

405000 

23479 

6158 

13370 

Italien 

78031 

22539 

1972 

1164 

Frankreich 

— 

1225 

— 

4193 

Holland 

— 

6989 . 


— 

Belgien 

— 

— 

— 

2555 


Tagesgeschlchte. 

FrflhjahrS'Sitzong des Yereins schlesischer Thierärzte 
in Breslau am 6. Mai 1900. 

(Schluss.) 

Punkt 3 der Tagesordnung: 

Zahl der Sehlaohtatondefi und Staatsauftioht In BfTentllohen Schlacht¬ 
häusern. Hierzu nimmt Schlachthof-Thierarzt Hentschel-Oels das 
Wort. Nach einem allgemeinen Rückblick auf die Fortschritte der 
Wissenschaften im verflossenen Jahrhundert, skizzirt Redner die 
wichtigsten Entdeckungen auf dem Gebiete der Fleischbeschau, des 
jüngsten Kindes unserer Spezial-Wissenschaft. Die Fleischbeschau 
stehe in wissenschaftlicher und technischer Beziehung völlig auf der 
Höhe der Zeit; doch könne man dasselbe nicht von d,er 
Organisation der practischen Ausübung der Fleischbeschau 
sagen. Ein allgemein gültiges Reichs-Fleischschaugesetz, welches 
allein eine einheitliche Organisation bewirken könnte, hätten 
wir noch nicht. Wo die Fleischbeschau eingeführt sei, würde 
sie nach ganz verschiedenen Grundsätzen gehandhabt. Nur 
gering sei die Zahl derjenigen Kommunen, welche den Schlachthof 
als eine hygienische Anlage betrachteten, den Thierärzten aus¬ 
kömmliche Gehälter zahlten und Alters-, Wittwen- und Waisein- 

- ' . ^ >/i 

Versorgung gewährten. Die meisten sähen den Schlachthof aJs, 
industrielles Unternehmen an und vielfach sei auch noch das 
Gewerbe nicht der Wissenschaft unterstellt, sondern die Sach¬ 
lage wäre umgekehrt, indem die Gewerbetreibenden als Mit¬ 
glieder der städtischen Körperschaften einen nachtheiligen Druck 
auf die Fleischbeschau ausübten. 

Besonders in einem Punkte werde noch viel gesündigt, in 
der Festsetzung der Zahl der Schlachtstunden. Er habe an 
alle Schlachthauscollegen in Schlesien, zwei Posensche und 
einen Brandenburgischen Collegen eine Umfrage bezüglich der 
Schlachtstunden gerichtet, welche folgendes Ergebniss gehabt habe: 

Dnrchschnittliche Schlachtzeit au 1 Schlachthof 5 Stunden, 
an 2 Schlachthöfen 6*/a Stunden, an 6 Schlachthöfen 7 Stunden 
(bei einem davon allerdings Sonntag Morgens 4 Stunden), an 
je 1 Schlachthof 7—7 1 / 2 , 8, 9 und 9y 2 Stunden, an 3 Schlacht¬ 
höfen 10 Stunden, an 3 Schlachthöfen 10 Stunden, an 3 Schlacht¬ 
höfen IOV 2 Stunden, an 3 Schlachthöfen 11 Stunden, an 
2 Schlachthöfen ll 1 /» Stunden, an 1 Schlachthof 12 Stunden 
und an 3 Schlachthöfen endlich 13 Stunden (im Winter 12, im 
Sommer 14). 

Es handle sich hierbei um die Schlachthöfe zu Beuthen, 
Brieg, Frankenstein, Freiburg, Gleiwitz, Gr.-Glogau, Ob.-Glogau, 
Görlitz, Grottkau, Guben, Guhrau, Hirschberg, Leobschtitz, 
Liegnitz, Lissa, Neisse, Oels, Ohlau, Oppeln, Patschkau, 
Rawitsch, Reichenbach, Schweidnitz, Sprottau, Strehlen, 
Trachenberg und Zabrze. 

Diese Aufstellung beweise, dass in der grösseren Zahl der 
Schlachthöfe die Kraft der Sachverständigen und ihre persön¬ 
liche Freiheit in der schlimmsten Weise ausgebeutet werde, 
und dazu noch ohne besonderen zwingenden Grund. Denn für 


kleinere Schlachthöfe genügten nach seinen Erfahrungen 6 bis 7 
Schlachtstunden pro Schlachthof vollkommen, und was in einer 
Reihe von Schlachthöfen durchzufahren gewesen sei, müsse 
doch auch für die andern angängig sein. Einen Umstand wolle 
er noch besonders herausgreifen, die Sonntags-Schlachtungen 
bezw. Schächtungen. Es wäre doch geradezu beschämend, dass 
der jüdische Schächter seinen Feiertag heilige und an dem¬ 
selben nicht Schächte, während er am Sonntag den. thierärzt¬ 
lichen Sachverständigen zur Entheiligung seines Feiertages 
zwinge. Wenn irgendwo, so könnte in der Fleischbeschau die 
Sonntagsruhe streng durchgeführt werden. Werke der Noth 
nur sollten gestattet werden und Nothschlachtungen am Sonntag 
nur gegen doppelte Gebühr zugelassen werden, das sei das 
beste Vorbeugungsmittel. 

Redner beleuchtet sodann nach all ihren verschiedenen 
Richtungen hin die vielseitige Thätigkeit des Thierarztes im 
Schlachthofe und kommt zu dem Schlüsse, dass sie für Den¬ 
jenigen, der seinen Beruf ernst nehme, eine überaus anstrengende, 
Geist und Körper in hohem Masse in Anspruch nehmende sei. 
Der Sachverständige habe eine ausserordentlich schwere Position 
gegenüber den Fleischern und müsse in kurzer Zeit wichtige 
und folgenschwere Entscheidungen bei Beanstandungen treffen. 
Sein Posten erfordere daher einen ganzen Mann. Er könne 
sich nicht vorstellen, wie ein Schlachthausthierarzt, der morgens 
früh heraus müsse und den ganzen Tag mit kurzen Unter¬ 
brechungen geistig und körperlich scharf angespannt sei, noch 
am späten Abend elastisch genug sein könnte, um schwer¬ 
wiegende sanitäre Entscheidungen zu treffen. Nun komme 
noch ein anderer Umstand hinzu, die mangelhafte Beleuchtung 
der meisten Schlachthöfe in den Abendstunden. Selbst das beste 
künstliche Licht könne das Tageslicht nicht ersetzen, und darum, 
sei als Ideal anzustreben, dass die Untersuchungen ausschliesslich 
in den Tagesstunden vorgenommen würden. 

Die Ueberbürdung der Schlachthofthierärzte und das 
Schlachten in den späten Tagesstunden seien geeignet, durch 
die ans erste rer resultirende Uebermttdung und die durch letztere 
entstehenden Fehler in der Beurtheilung des Fleisches das 
gesundheitliche Interesse der Consumenten zu schädigen. 
Diesem sanitären Interesse müssten die von falschen Voraus¬ 
setzungen eingegebenen Rücksichten für die Bequemlichkeit der 
Fleischer weichen. Er habe sogar die Erfahrung gemacht, dass 
die Fleischer die Einschränkung der Schlachtstunden als ge¬ 
schäftliche Annehmlichkeit empfänden, da ihre Leute die kurze 
Zeit besser ausnutzen müssten und nicht mehr faulenzen 
könnten. 

Jeder Thierarzt solle in seinem Bereich energisch darnach 
streben, dass er offenkundige Missstände im Schlachthofbetriebe 
abzustellen suche und die beamteten Thierärzte, als die Ver¬ 
treter der Staatsaufsicht, hätten die Pflicht, gleichfalls in dieser 
Richtung zu wirken. Denn die Staatsaufsicht solle doch den 
Zweck haben, überall dort, wo sich missliche Verhältnisse auf 
dem Gebiete der Fleischbeschau einstellen, abhelfend einzugreifen. 
Die sanitätsthierärztlichen Kreise hätten den Wunsch gehabt, 
dass die Departements-Thierärzte diese Aufsicht ausübten, aber 
wohl aus Rücksicht auf die leidige Geldfrage wäre sie den 
Kreisthierärzten übertragen worden. Nun übt ja die Mehrzahl 
der beamteten Collegen diese Revisionen in der taktvollsten 
und collegialsten Weise aus, aber es seien ihm auch vereinzelte 
Fälle vom Gegentheil bekannt geworden. Suum cuique müsse 
hier der Grundsatz sein, der beamtete Thierarzt müsse die 


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31. Mai 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


259 


Revisionen gewissenhaft, aber in collegialer Weise, als der 
(Reiche dem .Gleichen gegenüber, vornehmen; das Gebahren 
eines Vorgesetzten und eine zu grosse Häufigkeit der Revisionen, 
wie sie öfter zu beobachten sei, schädige das Ansehen der 
Schlachthofthierärzte bei den Interessenten auf das Empfindlichste. 
Auf der anderen Seite sei das Benehmen des Schlaehthof- 
thierarztes zuvorkommend und bereitwillig, doch mit Würde. 
Dann würde die Einigkeit der Collegen die besten Blüthen, 
zeitigen. 

Von denselben Gesichtspunkten sei in Fragen der Bean¬ 
standung vorzugehen. Der ein Gegengutachten aussprechende 
Kreisthierarzt möge nie vergessen, dass Irren menschlich ist 
und dass ein Ausspruch gegen das Urtheil des Schlachthof¬ 
thierarztes dessen Ansehen beträchtlich herabsetzt. Ihm er¬ 
scheine am richtigsten, dass der Kreisthierarzt Gegengutachter, 
der Departements-Thierarzt Obergutachter sei und dass die 
Entscheidung bei Fragen von weitgehender Bedeutung und tief 
einschneidender Meinungsverschiedenheit bei der technischen 
Deputation für das Veterinärwesen liegen müsse. Dass in 
diesem Sinne Wandel geschaffen würde dort, wo verkehrte Be¬ 
stimmungen existirten, auch dafür müssten die Kreisthierärzte 
bei ihren Regierungen die nöthige Anregung geben. 

Noch ein Punkt in dem Verhältnis des Kreisthierarztes 
zum Schlachthofthierarzte bedürfte der Klärung. Der § 3 der 
Polizeiverordnung für die Provinz Schlesien vom 9. Juli 1889 
betr. das Schlachten von Pferden, Eseln und Maulthieren be¬ 
stimme Folgendes: „Keines der oben genannten Thiere, als 
Pferd, Esel und Maulthier darf eher geschlachtet werden, bevor 
dasselbe von dem beamteten oder einem andern durch den 
Landrath bezw. in den Stadtkreisen durch die Polizeibehörde 
dazu mit Genehmigung versehenen Thierarzt untersucht ist.“ 
Nun nehmen vielfach in Städten, wo Schlachthof und Ross¬ 
schlächterei beständen, die beamteten Kollegen letzteres für sich 
in Anspruch, trotzdem doch ans dem citirten Passus ohne 
Weiteres hervorgehe, dass dort, wo eine Rossschlächterei im 
Schlachthause ist, der Schlachthofthierarzt auch die Unter¬ 
suchungen in der Rossschlächertei vornehmen müsse. Seine 
Special-Collegen hätten ja keinen pecuniären Vortheil davon, 
sondern nur vermehrte Arbeit und nur ihrer Stellung wegen 
möge dem Schlachthofthierarzte gegeben werden, was des 
Schlachthofthierarztes sei, damit er Herr im eignen Hause bleibe. 

Dr. Arndt dankt dem Redner für seine Ausführungen und 
ist mit ihm der Ansicht, dass eine ungerechte Ausnutzung und 
Ueberbürdung der Schlachthofthierärzte vielfach vorliege. Be¬ 
züglich der Rossschlächtereien stehe er aber auf einem ganz 
anderen Standpunkte als College Hentschel. Die yon ihm 
citirte Polizei-Verordnung sei eine rein veterinäre Massregel 
gegen die Verbreitung des Rotzes, denn es sei in dieser nur die 
Untersuchung des durchgesägten Kopfes und der Lungen vor¬ 
geschrieben. Der Passus in § 3, welcher von „dem beamteten 
oder einem anderen Thierarzt“ spricht, sei nur in dem Sinne 
aufzufassen, dass in den Fällen, in welchen der Kreisthierarzt 
nicht am Orte der Rossschlächterei wohnt, ein dort wohnender 
Thierarzt mit der veterinärpolizeilichen Untersuchung betraut 
werden könne. 

Dr. Marks steht völlig auf demselben Standpunkte. Bei 
Emanirnng der Verordnung im Jahre 1889 habe man in Schlesien 
überhaupt noch nicht an eine generelle Regelung der Fleisch¬ 
beschau vom sanitären Standpunkte aus gedacht, geschweige 
denn an die der Rossschlächtereien. 


Die Klage über die zu grosse Zahl von Schlachtstunden 
sei begründet, doch sei von dem Wege zur Abhilfe, den College 
Hentschel vorgeschlagen, von Berichten der Kreisthierärzte 
an die Vorgesetzten Behörden, kaum eine Remedur zu erwarten. 
Etwaige Vorschläge einer ganzen Körperschaft, z. B. des Vereins 
als solchen, hätte eher Aussicht auf Erfolg. — Die Aufsicht der 
Kreisthierärzte müsse sich selbstverständlich auf den gesummten 
technischen Betrieb des Schlachthofes erstrecken, was ja auch 
Hentschel selbst indirect zugebe, indem er von den Kreis¬ 
thierärzten Herbeiführung von geregelten Zuständen bezüglich 
der Schlachtstunden erwarte. Ein generelles Verbot des 
Schlachtens bei künstlichem Licht wäre für die kurzen Winter¬ 
tage unmöglich, an denen man häufig das Tageslicht durch 
künstliches unterstützen müsse. 

Hentschel stellt noch eine Frage zur Erledigung: Ist es 
geboten, für alle Schlachthöfe generell eine Regelung der Lage 
und Zahl der Schlachtstunden herbeizuführen? Er steht selbst 
auf negirendem Standpunkt dort, wo brauchbare Verhältnisse 
existiren, solle man es beim Alten belassen. 

Wittlinger warnt vor Schritten wegen der Schlacht¬ 
stünden und giebt Folgendes zu bedenken: Die Gymnasiallehrer 
einer Commune wären wegen Ueberbürdung um Abkürzung 
ihrer Dienststunden eingekommen. Die Ueberbürdung wäre an¬ 
erkannt und die Abkürzung bewilligt worden. Hinterher wäre 
es aber zur Kenntniss gekommen, dass sie Privatstunden er- 
theilten, und nun wäre ihnen dieser lucrative Nebenverdienst 
entzogen worden. So könne es den Schlachthofthierärzten mit 
der Privat-Praxis auch gehen. 

Hartmann-Rawitsch verliest die Verordnung für den 
Reg.-Bezirk Posen, welche die Revision der Schlachthöfe durch 
die Kreisthierärzte vorschreibt. 

Dr. Marks entgegnet Wittlinger, dass sein Vergleich 
nichjf zutreffe. Denn die Gymnasiallehrer würden mit einem 
zum, Lebensunterhalt ausreichenden Gehalt angestellt, die 
meisten Schlachthofthierärzte aber an kleineren und mittleren 
Schlachthöfen wären direct auf den Nebenverdienst aus der 
Praxis angewiesen. 

Dr. Arndt steht dem Vorschlag, Schritte in der An¬ 
gelegenheit der Schlachtstunden von Seiten des Vereins zu er¬ 
greifen, sympathisch gegenüber. Er hält aber weitere Er¬ 
örterungen für nothwendig und stellt den Antrag, eine Commission 
zu erwählen, welche die nöthigen- Vorarbeiten erledigt und der 
nächsten Versammlung einen Antrag unterbreitet. 

Dem Antrag wird Folge gegeben und in die Commission 
gewählt Dr. Arndt, Hentschel und Schmidt-Oppeln. 

Die Tagesordnung ist hiermit erledigt. Wittlinger stellt 
den Antrag, dem Prinzen Ludwig von Bayern für sein energisches 
Eintreten für die Thierärzte im bayrischen Landwirthschaftsrath 
in der Maturitätsfrage ein Dankes-Telegramm des Vereins zu 
übermitteln und verliest einen Entwurf zu demselben. 

Dr. Mark8 spricht gegen den Antrag. Es sei ein Nach¬ 
hinken, wenn man so und so viele Wochen nach dem Ereigniss 
mit einem Telegramm komme. Hauptsächlich wäre aber zu 
bedenken, dass die anderen Vereine in eine missliche Lage 
kämen, wenn sie nach Abhaltung ihrer Frühjahrs-Sitzung 
Kenntniss von dem Vorgehen unseres Vereines erhielten, dem 
sie sich dann nicht mehr anschliessen könnten. Richtiger wäre 
es, nicht vereinzelt vorzugehen, sondern eine danksagende Kund¬ 
gebung von Seiten der Centralstelle zu veranlassen. 


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260 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 22. 


Ehricht stellt darauf den Antrag, die Central Vertretung 
der thierärztlichen Vereine Preussens zu ersuchen, dem Prinzen 
Ludwig von Bayern den Dank der Thierärzte zu übermitteln. — 
Der Anträg wird angenommen. 

Ehricht hält es für opportun, für die Tagesordnung der 
nächsten Sitzung Fälle aus der gerichtlichen Praxis zur Be¬ 
sprechung anzusetzen, damit die Streitfragen, die das B. G.-B. 
habe erstehen lassen, eine Klärung erfahren könnten. Der 
Anregung wird Dr. Arndt Folge geben. 

Schluss der Sitzung 2 V 4 Uhr. Nach derselben vereinigte 
ein angeregtes Diner die Theilnehmer mit ihren Damen für 
einige vergnügte Stunden. 

Bericht der Petitionscommission des Reichstages für 
das Plenum, betr. Abiturienteuexamen. 

Verfasst vom 

Abgeordneten Hoffmann-Hall, 

Professor in Stuttgart. 

Von dem deutschen Veterinärrath ist bei dem Reichs¬ 
tage eine Petition, unterzeichnet von den Herren Dr. Esser, 
Geheimer Medicinalratb und Professor an der Universität zu 
Göttingen, Präsident des Veterinärrathes, und Dr. Schmaltz, 
Professor an der thierärztlichen Hochschule in Berlin, Schrift¬ 
führer des Veterinärrathes, betreffend Erhöhung der Vor¬ 
bildung der Thierärzte eingebracht worden. Diese kam in 
der Sitzung der Petitions-Commission vom 2. Mai 1900 zur Ver¬ 
handlung, an welcher als Vertreter der verbündeten Regierungen 
der Königliche Gerichtsassessor Herr Glatzel theilnahm. 

In der Petition wird zunächst erwähnt das verhältniss- 
mässig hohe Alter ähnlicher Bestrebungen und die sich all¬ 
mählich vollziehende Anerkennung und Gewährung derselben. 

Schon im Jahre 1855 war die Obersekundanerreife 
für die Zulassung zum thierärztlichen Studium in Preussen Be¬ 
dingung, und im Jahre 1878 wurde durch die „Bundesraths¬ 
vorschriften für die Prüfang der Thierärzte“ die Primaner- 
reife gefordert. 

Schon vor 1878 war von den Professoren der, damaligen 
Thierarzneischulen dringend die Vorschrift des Abiturienten¬ 
examens empfohlen gewesen. Es wurde aber damals diese Forde¬ 
rung unter der Begründung abgelehnt: „Dass der Uebergang 
von Sekunda zur Maturitas ein zu unvermittelter sei.“ 

Die Petenten klagen dann, dass seitdem über 20 Jahre ver¬ 
flossen seien, und seitdem jenen Anforderungen noch nicht Ge¬ 
nüge geleistet worden sei, trotzdem die Thierarzneikunde 
eine ganz andere Wissenschaft geworden sei; als 
Beweis hierfür wird angeführt: Obenanstehend und in erster 
Linie zn nennen, die thierärztliche Chirurgie, welche jetzt 
viel mehr leiste und andere Kunstfertigkeit verlange, dann die 
innere Medicin, dass eine Reihe innerer Krankheiten, denen 
man früher machtlos gegenüberstand, jetzt erfolgreich behandelt 
werden könne, dass ferner seit jener Zeit die Veterinär¬ 
polizei ^nd Nahrungsmittelgesetzgebung erst entstanden 
seien, womit der Veterinärwissenschaft ganz neue, 
wichtige und schwierige Aufgaben erwachsen seien, 
an welche früher garnicht zu denken war. — Hervorragend die 
neue Wissenschaft, die Bakteriologie, verlange jetzt von 
jedem Thierarzt grosse Kenntnisse und Fertigkeiten, 
und es habe sich namentlich gezeigt, dass in der auf die Thier- 
senchentilgunggerichtetenbakteriologischenForschung 
die Arbeit der thierärztlichen Praktiker das Beste 
leisten müsse. 

Ganz besonders weist die Petition darauf hin, dass die 
Erfolge der Neuzeit lehren, dass die Thierärzte durch 
medicinische Bacteriologen, welchen die praktische 
Kenntniss der Thierkrankheiten abgeht, nicht zu er¬ 
setzen seien. 

Diesem ausserordentlich erweiter ten und vertieften 
Wirkungskreise der Thierärzte ßei auch das Unterrichts¬ 
wesen an den thierärztlichen Hochschulen entsprechend 
umgewandelt worden, dasselbe sei jetzt derart ausgedehnt, dass 
von den Studirenden der Veterinärmedicin kein ge¬ 
ringeres Maass von Fleiss und reifem Verständniss ge¬ 
fordert werden könnte, wie von den Studenten, welche den 
medicinischen Unterricht an den Universitäten gemessen. Gerade 
die Bakteriologie, in der vom Thierarzt mindestens das¬ 
selbe wie vom Arzt verlangt werden muss, habe gezeigt, dass 


zwischen Medicin und Thiermedicin kein Unterschied 
besteht. 

In Folge dieser Entwicklung des thierärztlicKen Unterrichts 
seien auch die sämmtlichen deutschen Thierarznei¬ 
schulen zu Hochschulen umgewandelt worden. 

Das thierärztliche Studium sei keineswegs leichter 
als das medicinische, nnd an das Können des wirklich 
tüchtigen praktischen Thierarztes würden nicht ge¬ 
ringere Anforderungen gestellt als an den Arzt. Ja, die 
richtige Erkennung und dementsprechende Behandlung 
der Thierkrankheiten biete sogar grösssere Schwierig¬ 
keiten als beim Menschen. 

Da nun leider trotz der ausserordentlichen Steige¬ 
rung der Anforderungen an Lernen und Können und bei der 
heutigen Gleichartigkeit zwischen Medicin und Thiermedicin nickt 
die nöthige Fürsorge für befähigtes Material nnd ver¬ 
besserte geistige Erziehung Rechnung getragen worden 
nnd trotz aller Bestrebungen, seit 1878 in dieser Beziehung keine 
Verbesserung eingetreten sei — (ja einige Male sogar Rückschläge 
drohten) vgl. Bericht der \TII. Commission, 9. Legislaturperiode, 
II. Session 1893/94 — so sei ein Missverhältnis zwischen 
Anforderungen und durchschnittlichen Fähigkeiten ent¬ 
standen, das mit jedem Jahr schlimmer hervortrete! 

Als grosse Uebelstände, welche diese viel zu lange ver¬ 
zögerte Gewährung des Nothwendigen erzeugt habe, werden in 
der Petition angeführt: 

1. Steigerung der Zahl der Thierärzte, welche den 
Unterricht, wie er sich den Aufgaben des Veteriuärwesens 
gegenüber nothgedrungen gestaltet habe, .nicht haben verdauen 
können; 

dass diese Elemente nicht verstehen, den ganzen 
Segen, den die Wissenschaft zu geben vermag, sich 
entfalten zu lassen, dass sie nicht im Stande seien, selbst 
die Wissenschaft zu bereichern, wo doch deren Ent¬ 
wickelung auf die Mitwirkung der Practiker angewiesen sei. 

2. Dass zunehmend solche jungen Leute, welche ohne 
Abiturientenexamen Studenten sein möchten, das thier¬ 
ärztliche Studium ergreifen. Elemente, die aus Faulheit oder 
Unfähigkeit Maturitas nicht erlangen können, drängen sich ohne 
die geringste Neigung zu diesem Berufe hier ein, weil es ihre 
letzte Ausflucht, ihr Nothbehelf ist, und gerade diese sind es 
auch, die oft schlimme Einflüsse auf die unerfahrenen und in zn 
jugendlichem Alter zur academischen Freiheit Zugelassenen 
ausüben. 

3. Es sei nicht zu verhüten, dass auch solche Elemente, 
die, ohne Interesse an der Sache zu haben, Thierheilkunde 
studirten, schliesslich die Examina bestehen; diese würden 
aber niemals tüchtige Thierärzte werden, weil ihnen 
die Liebe zur Sache fehlt. Diese seien dann auch solche, 
welche in der Praxis nicht „Handanlegen“ wollten — 
was zu den häufigen und oft nicht unberechtigten Klagen der 
Landwirthe Veranlassung gebe. 

Die Petition führt dann ans, dass das einzige Mittel, 
diese unnützen Elemente fernzuhalten und die Gesamt¬ 
qualität zu heben, das Abiturientenexamen sei, da 
dessen Ablegung ein gewisses Mass von Fähigkeiten voran* 
setze, und dass der zweijährige Unterricht in der Prima von 
ausserordentlicher Bedeutung für die Vollendung der geistigen 
Erziehung sei. 

Es brauche nicht weiter bewiesen zu werden, dass durch 
Einführung des obligatorischen Abiturientenexamens 
die Fähigkeiten der Thierärzte sich steigern würden 
und dass dies ein Vortheil auch für die Gesammtheit dar¬ 
stelle, dass es sich ebenso von selbst rechtfertige, dem 
Thierarzt eine nicht geringere Vorbildung zu geben 
als dem Arzt, weil man von ihm auch nicht geringere 
Leistungen verlange. Damit glauben die Petenten die Noth- 
wendigkeit und Nützlichkeit des Abiturientenexamens für Thier¬ 
ärzte erwiesen zu haben. 

Der zweite Theil der Petition richtet sich gegen die Ein¬ 
wände und Bedenken, welche gegen die Einführung der 
Maturitas für die Studenten der Veterinärmedicin erhoben 
worden sind: 

1. Es würden Abiturienten nicht in genügender 
Zahl die Thierarzneiwissenschaft studiren. 

2. Ehemalige Abiturienten würden an der thierärzt¬ 
lichen Praxis keinen Geschmack finden und nicht 
„Handanlegen“ wollen. 


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31. Mai 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 261 


3. Thierärzte mit Abiturientenexamen würden höhere 
Honorarfordernngen stellen. 

4. Auch ohne Matnritas seien sehr viele Capacitäten 
der Wissenschaft entstanden; diese allein bilde nicht das 
Kriterinm für Intelligenz und Character; mit Lust nnd Liebe 
zu einer Sache werde vieles überwunden. 

Gegen diese Einwände wird Folgendes angeführt: 

ad 1 und 2. Das thierärztliche Studium sei ein sehr 
interessantes. Der Beruf biete verhältnissmässig früh Existenz, 
was bei der Ueberfüllnng academischer Berufe sehr in das 
Gewicht falle. Die thierärztliche Praxis sei von der ärztlichen 
Landpraxis gar nicht so verschieden, und wenn auch äusserlich 
der thierärztliche Beruf gehoben werde, so sei mit Sicherheit 
zu erwarten, dass der Zuzug gut qualificirter junger Männer sich 
nicht vermindere, sondern voraussichtlich noch steigern werde. 

Es wird exemplificirt, dass die Erhöhung der Vorbildung auf 
die Reife für Prima nicht nur keine Abnahme, die man 
damals ebenfalls fürchtete, sondern eine fast plötzliche 
und anhaltende Vermehrung gebracht habe. 

Als Beweis für die Wichtigkeit der Niederlassungen 
der Thierärzte im Deutschen Reich sind folgende Zahlen an¬ 
gegeben: 

Im Jahre 1889 wohnten in Preussen 1700 Thierärzte, und 
es kamen auf jeden durchschnittlich 7000 Stück Grossvieh (Pferde 
und Rinder) und zwar in den einzelnen Regierungsbezirken 
zwischen 15 000 (Königsberg) und 2000 (Hannover). — Im 
Jahre 1893 betrug die Zahl der preussischen Thierärzte schon 
über 2000, 1897 aber 2250; sie war also in acht Jahren um über 
500 oder fast 30 pCt. gewachsen. Es kamen im letztgenannten 
Jahr auf einen Thierarzt nur noch 5900 Stück Grossvieh (eine 
sehr geringe Zahl) im Durchschnitt und höchstens 9000 (im 
Regierungsbezirk Königsberg). In den anderen Bundesstaaten 
sei es ähnlich. Es kamen 1893 auf einen Thierarzt in Bayern 8000, 
in Baden 5100, in Württemberg 4900 und in Sachsen gar nur 
3000 Stück Grossvieh. 

Zur Entkräftung der unter Punkt 1 genannten Bedenken 
wird ferner über die Wirkung des Abiturientenexamens auf die 
Verhältnisse der Thierärzte im Auslande von autoritativer Seite 
geltend gemacht: 

Wirkung des Abitnrientenexamens im Auslande. 

Das Abiturientenexamen wird gefordert für das thierärztliche 
Studium in Schweden (seit 1870), in Belgien, in Frankreich (hier 
dem nnsrigen nicht ganz gleichwerthig), in Oesterreich-Ungarn, 
und ist neuerdings eingeführt in der Schweiz. 

In der Schweiz wurde die Thierarzneischule zugleich als 
veterinärmedicinische Facultät der Universität einverleibt. Die 
Erwerbsverhältnisse der Schweizer Thierärzte sind viel un¬ 
günstiger als die nnsrigen. 

In Oesterreich ist die Frequenz zurückgegangen. Dies 
liegt jedoch daran, dass in Oesterreich zugleich Militärcurschmiede 
ohne jede Vorbildung an derselben Hochschule ausgebildet 
werden, welche später in dieselben Civilstellen übertreten können, 
wie die Civilthierärzte, von denen das Abiturientenexamen ver¬ 
langt wird. Dies schreckt Abiturienten vom Studium ab. 

In Ungarn liegen die Verhältnisse besser, indem die 
meisten Thierarztstellen amtliche sind und diese den Abiturienten 
Vorbehalten sind. Hier hat sich auch eine Freqnenzabnahme 
nicht gezeigt. 

Die österreichische Regierung hat sich daher jetzt auch zu 
einem Gesetzentwurf entschlossen, durch welchen wenigstens die 
civilamtlichen Stellen den vollgebildeten Thierärzten Vorbehalten 
werden. 

In allen übrigen Ländern, wo die Ausbildung von Thier¬ 
ärzten H. Klasse nicht, wie in Oesterreich, besteht, war die 
Wirkung eine ganz andere. 

In Schweden (dreissigjährige Erfahrung) betrugen an der 
Hochschule zu Stockholm die Zahl der neu inscribirten Studenten 
vor dem Abiturientenexamen 1860—1869: 4, 6, 6, 9, 9, 12, 16, 
10, 5, 3; nach dem Abiturientenexamen seit 1869: 7, 2,4, 13, 6, 
9, 5, 21, 15, 16, 22, 16,17, 24. Es existiren in Schweden 260 Thier¬ 
ärzte; die Zahl der Studirenden (4 Jahrgänge) beträgt jetzt 66. 
Niemals ist ein Mangel an Thierärzten hervorgetreten; die Aus¬ 
bildung ist eine sehr gehobene. (Originalmittheilnng des Director 
Lundgreen an dem Veterinärinstitut in Stockholm.) 

Belgien. Nach Mittheilung des Directors D^give hat sich 
seit der Einführung des Abiturientenexamens die Zahl der 
Studirenden von 64 auf 110 gehoben; Qualität sehr verbessert. 
(Bericht über den thierärztlichen Congress zu Baden 1899.) 


Frankreich. Die Zahlen der neuinscribirten Hörer an den 
Thierarzneischulen zu Alfort und Lyon waren (nach von dort 
übermittelten Originalaufzeichnungen) folgende: 

Lyon. 1880-1889: 57, 59, 70, 40, 52, 54, 40, 76, 51, 53. 
1890 Einführung des Abiturientenexamens. 1890—1899: 23, 31, 
47, 41, 50, 43, 37, 46, 47, 51. 

Alfort desgl. 1883—1889: 69, 79, 71, 82, 89, 87, 83. 
1890—1899: 43, 67, 69, 70, 67, 69, 52, 46, 68, 55. 

Die Qualität der Studirenden ist viel besser geworden, und 
dies zeigt sich auch in der Zahl der approbirten Thierärzte, d. h. 
deijenigen, die wirklich mit Erfolg studirt haben., 

In Alfort wurden approbirt: 1883—89: 55, 63, 56, 57, 60, 67, 
71. 1890—1899: [53, 78, 69,] 81, 49, 40, 68, 52, 61, 56. Die 
Durchschnittszahl der Approbationen betrug also in 7 Jahren vor 

dem Abiturientenexamen—^-, in 7 Jahren nachher 93/99 —^- . 

Die übereinstimmenden Meldungen ergebea also: 

Die Qualität der Studirenden hat sich durch die verbesserte 
Vorbildung erkennbar gehoben. 

Die Zahl Deijenigen, die das Studium ergreifen, ist nicht 
geringer geworden. 

Auf diese Zahl kommt es aber nicht einmal an, sondern 
auf die Zahl Deijenigen, die das Studium erfolgreich beenden. 

Diese Zahl, welche die dem Lande gelieferten Thierärzte 
bezeichnet, also die wesentliche ist, ist Dank der Verminderung 
der unfähigen Elemente durch das Abiturientenexamen sogar 
absolut grösser geworden. 

Zahl der Thierärzte in Deutschland. 

• Gegenüber den in der Petition des Veterinärrathes an¬ 
gegebenen Zahlen hat sich diese Zahl noch vergrössert laut 
madicinalBtatistischer Mittheilungen des Kaiserlichen Gesundheits¬ 
amts Bd. 6, Heft 1, 1899, und beträgt 3813, 700 mehr als vor 
11 Jahren. 

Veränderung der Unterrichtsgegenstände. 

Gegenüber dem Status Mitte der 70 er Jahre, auf den die 
Vorbildung von 1878 zugemessen wurde (obwohl auch diese schon 
für damalige Verhältnisse als ungenügend bezeichnet wurde), 
sind neu hinzugetreten: 

1 1 1. zur Anatomie die gesainmte Microscopie nnd die 

Embryologie; 

2. die gesamrate neuere Chirurgie mit Aseptik und Anti- 
septik, welche sich mit der früheren sehr primitiven 
Veterinär Chirurgie und ihren Methoden gar nicht ver¬ 
gleichen lässt; 

3. die gesammte Senchenkunde und Veterinärpolizei, die 
erst durch die Reichs-Seuchengesetzgebung von 1881 ab 
begründet ist; 

4. die gesammte Fleischschau (nebst Milchkunde), die früher 
überhaupt nicht gelehrt wurde; 

5. die ganze Bacteriologie mit ihren Ergänzungen: 

ausgebildete Microscopie und microscopische Technik; 

Züchtungsmethode und Impftechnik etc.; 

die moderne Hygiene; 

6. dazu kommt die ausserordentliche Erweiterung aller 
übrigen Lehrfächer. 

ad 3. Das Abiturientenexamen könne unmöglich eine 
Steigerung der Honorarforderungen herbeiführen. Die 
Lebensansprüche der Kreise, die aus Abiturienten hervorgehen, 
Hessen keinen Unterschied erkennen, gegenüber der Lebensführung 
solcher, die bloss Priraanerbildung besitzen. Obwohl im vorigen 
Jahrhundert die Vorbildung der Thierärzte schon sehr erheblich 
gesteigert worden sei, liquidirten die Thierärzte z. B. in Preussen 
noch immer nach der aus dem Anfang jenes Jahrhunderts 
stammenden Taxe. Uebrigens verhüte ja das Bestehen einer 
Taxe und noch mehr die Concurrenz jede allgemeine Uebertreibung 
der Ansprüche. 

Gerade Abiturienten, welche sich aus Neigung dem thier¬ 
ärztlichen Berufe gewidmet hätten, würden diesem Berufe mehr 
Interesse entgegenbringen, als ein erheblicher Theil der heutigen 
Thierärzte, die nur als Nothbehelf dieses Fach ergriffen haben, 
und gerade diese „Besseren“ würden auch die Verhältnisse der 
Praxis von vornherein zu beurtheilen wissen und sich danach 
achten, führen und danach rechnen. 

ad 4. Es sei ganz richtig, dass die Thierheilkunde seither 
ihre besten und zahlreichsten Capacitäten in wissenschaftlicher 
Beziehung ans Nichtabiturienten bezogen habe und dass sich 
der thierärztliche Stand im Allgemeinen steigender Achtung und 
Anerkennung erfreut. Damit sei aber nicht gesagt, dass es um 


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262 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 22. 


die Thierheilkunde an sich und um ihre Leistungsfähigkeit nicht j 
viel besser stehen könnte, wenn die Maturitas schon längst ein- j 
geführt wäre. j 

Es ist auch nicht richtig, dass die Thierheilkunde zu den i 
kleinen Berufen gehöre. Die enormen Steigerungen der Werthe 
im Thierbesitzthum des Reiches bewiesen dies zur Genüge. Die 
Seuchentilgung, die Thierzucht erforderten für die Land¬ 
wirtschaft die höchstmöglichen Leistungen, der Thierhandel sei 1 
durch die wissenschaftlichen Gutachten der Thierärzte wesentlich 1 
gehoben worden, die Fleischbeschau, im Interesse der Gesnnd- I 
heit der Gesammtheit ausgeführt, die Entschädigungen von ! 
Schlachtthieren, die Ausübung der thierärztlichen Praxis etc. 
erforderten von dem einzelnen Vertreter dieser Wissenschaft 
ebenso hohe Ansprüche an Können und Wissen wie an irgend 
einen anderen studirten Mann in einem wissenschaftlichen Berufe, 
heisse er, wie er wolle. 

Endlich ist noch und als 

Ziffer 5 anzuführen, einem Vorschläge Beachtung und 
Widerlegung zu schenken, nämlich zweierlei Thierärzte zu 
bilden, d. h. eine höhere Klasse mit Maturitas für die beamteten 
Stellen und eine niedere Klasse für die Praxis. 

Die Petition Esser und Schmaltz sagt hierzu: „Dieser 
Weg wäre das schlechteste Auskunftsmittel. Gerade die 
„gewöhnliche Praxis“, d. h. die Behandlung der Thier¬ 
krankheiten ist ja das Schwierigste“. Es sei unmöglich, minder 
gebildete Elemente hierzu rationell zu erziehen. Deijenige Land- 
wirth andererseits, welcher eine wissenschaftliche thierärztliche 
Ausbildung für überflüssig halte, finde schon heute empirische 
Thierheiler genug, an die er sich wenden könne. Es sei weder 
nöthig, noch hätte es einen Nutzen, derartigen Leuten den 
äusseren Anstrich einer sogenannten thierärztlichen Ausbildung 
zu geben. Ein solches thierärztliches Zweiklassensystem habe 
fast überall bestanden, sich aber nirgends bewährt und sei daher 
überall abgeschafft worden (mit Ausnahme von Oesterreich, das 
sich aber wegen seines Curschmiedeverhältnisses auch in fort¬ 
währender Krisis in dieser Angelegenheit befindet). Ebenso sei es 
kein Fortschritt, nur von den beamteten Thierärzten das Abiturienten¬ 
examen zu fordern, denn der practische Thierarzt brauche die¬ 
selben Fähigkeiten wie der Veterinärpolizeibeamte, und der Land- 
wirth habe an der Thätigkeit des ersteren kein grösseres 
Interesse, wie an der des letzteren. „Wenn für den einen 
das Abiturientenexamen nöthig erscheint, so treffe 
dies für den anderen ebenfalls zu.“ 

Seitens des Referenten wurde ferner darauf hingewiesen, 
dass seit fast 4 Jahrzehnten thierärztliche Vertretungs-Körper¬ 
schaften sich um die Maturitas bemüht hätten. Und zwar: 

1863: Die Landesversammlung der bayerischen 
Thierärzte. 

1867: Der IQ. internationale thierärztliche Congress 
in Zürich. 

1872: Der Congress deutscher Thierärzte in Frank¬ 
furt a. M. 

1883: Der 4. internationale thierärztliche Congress 
in Brüssel. 

1885: Die 5. Versammlung des deutschen Veterinär- 
rathes in Leipzig. 

1891: Die Versammlung des ständigen Ausschusses 
des deutschen Veterinärrathes. 

Die Lehrkörper der thierärztlichen Bildungs- 
anstalten Deutschlands, zahlreiche thierärztliche Vereine, 
auch Studirende der Thierheilkunde haben bei ihren Be¬ 
hörden die Angelegenheit immer wieder angeregt. 

Ferner verwies der Referent auf die bemerkenswerthen 
Ausführungen des Professors F. Lüpke in dem Sonderabdruck 
aus dem Archiv für wissenschaftliche und practische Thierheil¬ 
kunde, 1900, Band 26, worin von Kundgebungen aus Kreisen, 
welche auch als Nichtangehörige die Thierheilkunde zu fördern 
suchen, in erster Linie die Aeusserungen Sr. Kgl. Hoheit des 
Prinzen Ludwig von Bayern vom 21. Dezember v. J. im 
bayerischen Landwirthschaftsrath erwähnt werden, welche auch 


dem Reichstag von dem Abgeordneten Hoffmann (Hall) in 
der Sitzung vom 23. Februar 1900 bekannt gegeben worden sind. 

Weiter seien noch anzuführen die Beschlüsse verschiedener 
preussischer Landwirthschaftskammern, die sich ent¬ 
schieden für die Maturitas der Thierärzte aussprachen, und 
ferner zahlreiche Urtheile hierfür von Autoritäten, wissen¬ 
schaftlich anerkannten Männern, deren Urtheil nicht 
unbeachtet bleiben könne. 

Der Herr Regierungscommissar äusserte sich zu dem Gegen¬ 
stände wie folgt: 

„Gegenüber der vorliegenden Petition kann zur Zeit 
nur auf die Erklärung verwiesen werden, welche der Herr 
Staatssecretär des Innern am 13. Januar d. J. im Plenum des 
Reichstags abgegeben hat. Danach sind die Erwägungen über 
die Frage der Einführung des Gymnäsial-Reifezeugnisses als 
Vorbedingung des tbierärztlichen Studiums noch nicht ab¬ 
geschlossen, vielmehr ist zunächst eine gutachtliche Aeusserung 
des Kaiserlichen Gesundheitsamtes eingeholt worden, auf 
Grund deren in eine weitere Erörterung der Angelegenheit 
eingetreten werden wird.“ 

Die Commission beschloss hiernach einstimmig, mittels 
schriftlichen Berichts beim Plenum zu beantragen: 

Der Reichstag wolle beschliessen: 
die Petition H. 15 327 des deutschen Veterinär¬ 
raths zu Berlin wegen Einführung des Gymnasial- 
Reifezeugnisses als Vorbedingung des thierärzt¬ 
lichen Studiums 

dem Herrn Reichskanzler zur Berück¬ 
sichtigung zu überweisen. 

Berlin, den 16. Mai 1900. 

Die Commission für die Petitionen. 

Unterschriften. 

ßehftlter der Millt&rthierärzts. 

Dem Vernehmen nach sind die Aussichten für die vom 
Reichstag gut geheissene Erhöhung der Gehälter der Militär- 
veterinäre des deutschen Heeres mit Ausnahme Bayerns (wo 
bereits bessere Gehaltsverhältnisse bestehen) günstig, und zwar 
auch bezüglich der Verwirklichung derVerbesserung, sondern auch 
bezüglich der Höhe, bis zu welcher die Gehälter gebracht werden 
sollen. Die Neuregelung würde bereits im nächsten Etat Aus¬ 
druck finden. 

Kleinbahnen. 

Die Verschiedenheit in den Auslegungen, welche seitens 
der Ministerien für Landwirtschaft und für Medicinalangelegen- 
heiten etc. den für die Liquidation von Reisen mit Kleinbahnen 
massgebenden Bestimmungen gegeben worden waren, soll in dem 
Sinne ausgeglichen sein, dass alle Medicinalbeamten Zu- und 
Abgänge zu liquidiren haben. 

Thierärztlloher Verein in Herzogthum Braunoohweig. 

Die diesjährige Generalversammlung findet am 10. Juni, 
Vormittags 11 Uhr, im Deutschen Hause zu Braunschweig statt. 

Tagesordnung. 

1. Geschäfts- und Kassen-Bericht. 

2. Mitteilungen über Rotz. Kreisthierarzt Behreng. 

3. Der gegenwärtige Standpunkt der Wissenschaft zur Frage 
des seuchenhaften Verkalbens. Kreist. Dr. Oehmke. 

4. Vertrauliches. 

5. Mitteilungen aus der Praxis. 

Nach der Versammlung gemeinsames Mittagessen mit Damen. 

Der Vorstand. 


Oeffentliches Veterinär wesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 


Seachenstatistik and Veterinärpolizei. 

Impfkiatohen für Menschen- und Thierimpfungen. 

Um der ersten Anforderung an sachgemässe Aufbewahrung 
des Impfstoffes auch während der heissen Jahreszeit und für 


den Transport desselben in der Praxis zu genügen, sowie den 
übrigen Bedingungen für aseptische Durchführung der Impfung 
Genüge zu leisten, hat Herr Obermedicinalrat, Oberamtsarxt 
Dr. Zeller in Ludwigsburg, eine ganz ingenieuse Erfindung 


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» werden mit 60 Hk. für den Bogen honorirt. 
cripte, Mittheilnngen und redactionellen An- 
* man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
iliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
insions-Exemplare und Annoncen da- 
<gen an die Verlagsbuchhandlung. 


nschrift 


Dr. B. Peter. 


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Ausgegeben am 7. Juni. 


1- und Klauenseuche. — Mjöen: Der 
peuche. — Preusse: Therapeutische Notizen 
— Ilobday: Castration eines Herma- 
tBehandlung der fibrinösen Lungenentzündung, 
»ndowsky: Ueber die Einführung fremden 
lg und Thierzucht. — Tagesgeschichte: 
!r Thierärzte am 18. Mai in Cöln. — Friibjahrs- 
IVerschiedenes. — Oeffentliches Veterinär¬ 
kehr. — Bücheranzcigen und Kritiken. — 


n Ferkel gefunden habe, und in der Lage 
Ire brauchbare Immunisirungsmethode darstellen 
Bier liatte durch Zufall herausgefunden, dass 
1‘iu'ti alte Ferkel durch Einspritzung von Vio ccm 
falymphe innerhalb 26 Stunden sicher getödtet 

pses thatsächlicli der Fall war, so war eine sichere 
nicht allein für die Virulenz der Aphthenlymphe, 
Eh für die’Serumwirkuug gegeben. Löffler stellte 
umlung den Abschluss eines brauchbaren Schutzimpf- 
in nahe Aussicht. Leider hat sich diese Aussicht 
[noch nicht erfüllt. Es ist wohl anzunehmen, dass sich 
der Versuche neue Schwierigkeiten gefunden haben, 
von hemmenden Einfluss gewesen sind. Wie weit die 
Büschen Versuche gediehen sind, ist zur Zeit nicht 
Nach Hecker’s neuesten Veröffentlichungen soll die 
ttzung der Ferkel als Reagenzthiere ebenfalls als hinfällig 
erwiesen haben. Immerhin sind durch die Löffler’sehen 
[rdienstvollen Forschungen, manche wichtige, bisher noch 
inbekannte Thatsachen zur Aufklärung gebracht worden. 
Während die Reichscommission in der Lage sich befand, mit 
reichlichen Mitteln ihre Forschungen durchzuführen, war dieses 
bei Hecker, welcher sich bekanntlich in Diensten der Land- 
wirthschaftskammer in Halle befand, nicht der Fall. 

Für seine Arbeiten standen ihm nur bescheidene Mittel zur 
Verfügung. Sein Laboratorium war nur dürftig und ungenügend 
für solche bahnbrechenden Untersuchungen eingerichtet, wovon 
ich mich zu überzeugen Gelegenheit hatte. Daher ist sein Ver¬ 
dienst um so höher anzuschlagen. Solange Hecker seine Versuche 
im kleinen Massstabe, in seinem Laboratorium machen, die Ver- 
suchsthiere selber controliren, die Werthbestimmungen des 
Sclmtzserums selbst ausführen, einen dauernden gleichwirkenden 
Lymphstamm sich erhalten, und nur hochwerthiges Schutzserum zu 
Versuchen nach aussen abgeben konnte, solange waren die Er¬ 
folge im Grossen und Ganzen als günstig zu bezeichnen, wie 
ich selbst constatirt habe. Als aber die Anforderungen wuchsen, 
die Nachfrage nach Serum täglich zunahm, und sein Labora¬ 
torium für diese erhöhten Anforderungen nicht ausreichte, da 


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264 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 22. 


linke Seite des Hanses wollte auch die Hausschlachtungen 
mit unter Controlle bringen.*) Eine Absicht, welche von thier¬ 
ärztlicher Seite nur durchaus zu billigen ist. Die Mehrheit des j 
Hauses konnte sich aber mit dieser Ausdehnung der Unter¬ 
suchungen nicht befreunden, ja ein Antrag „von Scheele“ wollte 
sogar die Bestimmungen über die Hausschlachtungen noch weiter 
abschwächen, indem eine nachträgliche Verwerthung der Producte 
der Hausschlachtungen zugestanden werden sollte. Nachdem 
aber der Staatssekretär Graf von Posadowsky sich dagegen 
ausgesprochen hatte und Geheimrath Roeck 1 erklärt hatte, dass 
eine gelegentliche Abgabe dieser Producte von den Gerichten 
nicht als gewerbsmässige Verwendung von Fleisch betrachtet 
werden könnte, wurde der Antrag „von Scheele“ zurückgezogen , 
und § 2 in der Fassung der zweiten Lesung angenommen. Die 

*) Der Abg. Hoffmann-Hall (Prof, in Stuttgart) hatte hierzu 
einen Vermittlungsantrag eingebracbt, der aber keine Annahme 
fand. Der Reichstag wolle beschliessen, dem § 2 folgende Fassung j 
zu geben: „Bei Schlachtthieren, deren Fleisch ausschliesslich im ! 
eigenen Haushalt des Besitzers verwendet werden soll, darf, sofern 
sich keine Merkmale irgend einer Gesundheitsstörung bei diesen 
Thieren zeigen, die Untersuchung vor der Schlachtung unterbleiben. 
Unter den gleichen Voraussetzungen darf die Untersuchung vor 
und nach der Schlachtung bei Schafen und Ziegen sowie noch 
nicht drei Monate alten Kälbern und noch nicht drei Monate alten 
Schweinen unterbleiben.“ 


Debatte beim § 14 a drehte sich fast nur um die Zulassung des 
Pökelfleisches. Wenn auch gegen die Zulassung von Pökelfleisch 
zur Einfuhr schwere Bedenken zu erheben sind, so werden diese doch 
dadurch herabgestimmt, dass nur Stücke Pökelfleisch, welche nicht 
unter 8 Pfund wiegen, eingeführt werden dürfen. Bei diesen Stücken 
ist wenigstens eine Qualitätsbeurtheilung möglich, und geben 
ja auch die weiteren Absätze des § 14a an, dass zubereitetes 
Fleisch nur eingeführt werden darf, wenn nach der Art seiner Ge¬ 
winnung und Zubereitung Gefahren für die menschliche Gesundheit 
erfahrungsgemäss ausgeschlossen sind oder die Unschädlichkeit 
für die menschliche Gesundheit in zuverlässiger Weise bei der 
Einfuhr sich feststellen lässt. Handhaben genug, um die Ein¬ 
fuhr von Pökelfleisch auf einwandsfreie Stücke zu beschränken, 
zumal weiter genaue Normen gegeben sind, damit das Pökel¬ 
fleisch nicht wieder entsalzen und als frisches Fleisch ver¬ 
wendet werden kann. Die Bestimmungen über die Fleisch¬ 
einfuhr bleiben auch nach dem 31. December 1903 in Geltung, 
sofern nicht vorher dieselben neu geregelt werden. 

Diejenigen Paragraphen des Gesetzes, welche die specielle 
Ordnung der Fleischbeschau- und die Einfuhr ausländischen 
Fleisches behandeln, treten am Tage der Verkündigung des 
Gesetzes in Kraft. Bezüglich der übrigen Bestimmungen wird 
eine Kaiserliche Verordnung den Termin festsetzen, an welchem 
sie Geltung erlangen. K. 


Personalien. I 

Auszeichnungen und Ernennungen: Dem Tbierarzt M ei necke- | 
Derenburg (Kr. Halberstadt) ist der Kronenorden IV. Kl. verliehen 
worden 

Dem etatsmässigen Docenten an der thierärztl. Hochschule zu 
Hannover, Dr. Adam Olt, ist das Prädicat „Professor“, dem Kreis¬ 
thierarzt Bubendorf-Thann, Präsident des tbierärztlichen Vereins 
von Elsass-Lothringen, die Mitgliedschaft im Landwirthschafisratl» 
von Elsass-Lothringen', dem Thierarzt Richter-Dessau der Titel 
Hofthierarzt — verliehen worden. 

Thierarzt Hecker, Vorsteher des bacferiolog. Instituts der 
Landwirthschaftskammer in Halle, hat mit dem Eingehen des 
Instituts diese Stellung aufgegeben. 

Gewählt: Thierarzt 0. Bärtling-Friedrichsthal (Saarbrücken) 
zum 2. Schlachthofthierarzt in Cassel und zu seinem Nachfolger 
Thierarzt Wiegels, seither kreisthierärztl. Assistent in Saarbrücken, 
Thierarzt Helfer-Mülhausen (Eisass) zum Schlachthof - Director 
daselbst. 

Examina: Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in 
Berlin: die Herren Ebertz-Salzwedel. Grebe-Köln a. Rh., Hirsch- , 
Berlin, Koch-Polle, Marder - Römhild, Dr. Melchers - Berlin, I 
Resow-Essen a. d. Ruhr, Schilling-Göttingen, Schliwa-Brieg, 
Wenstrup-Neuenkirchen, Zinnecker-Ostrowo. 

Wohnsitzverändemngen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die 
Thierärzte Carl Bannasch Dach Görlitz, Mittelstaedt nach 
Oederan (Sachsen), Pfund, Oberrossarzt, nach Torgau a. d. Elbe 
(Schlachthof). 

In der Armee: Thierarzt Ledschbor, Einj.-Frw. im I. Garde- 
Feld-Art-Rgt. zum einj.-frw. Unterrossarzt befördert. 


(neuerrichtet) (600 M. Gehalt, 200 M. aus Kreismitteln, 810 M. für 
Beaufsichtigung der Viehmärkte). Bewerbungen bis 18. Juni an den 
Regierungspräsidenten. 

Deutsch-Südwest-Afrika: Für das Kaiserliche Gouverne¬ 
ment vorläufig zur comm. Beschäftigung 2 approb. Thierärzte zum 
sofortigen Antritt (6000 M. Anfangsgehalt, Wohnung etc. Hin-und 
Rückreise; 1000 M. Ausrüstungsgelder; 3 Jahre Verpflichtung). 
Bewerb, an die Kolonialabtheilung des Auswärtigen Amtes. 

b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Köln: Rheinbach. — R.-B. Wiesbaden: St. Goarshausen. 

Sanititstbierarztstelien: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Cottbus: Schlachthofassistenztbierarzt bis 1. October (Beschäftigung 
diätarisch, Vierteljahr. Kündigung; 1500 M. p. a.). . Bewerbungen 
an den Magistrat. — Neheim: Schlachthofdirector zum 1. Juni er. 
(2000 M. Wohnung etc. Privatpraxis.). Bewerb, an den Magistrat 

— Wamsdorf, Bez. Leipzig: Thierarzt für Fleischschau in W. 
und in den Nachbargemeinden. Meid, an den Gemeindevorstand. 

— Zwickau: 2. Schlachthofthierarzt zum 1. Juni (1800 M. 
Wohnung etc.) 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Cassel: 3. Schlachthofthierarzt. — Düsseldorf: 2. ABsistenz- 
thierarzt. — Eberswalde: Schlachthofinspector. — Frankfurta. 0.: 
Schlachthofdirector zum 15. Juni er. — Graudenz: Schlachthof¬ 
assistenzthierarzt. — Johanngeorgenstadt u. Nachbargemeinden: 
Thierarzt für Fleischbeschau. — Königswarthai. S.: Thierarzt für 
Fleischbeschau. — Lunzenau: Thierarzt für Fleischschau. — Mül¬ 
hausen (Eisass): Schlachthofverwalter. — Pössneck: Thierarzt 
für Fleischbeschau. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Pritzerbe: 
Tbierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Wetter (Ruhr): 
Thierarzt für Fleischbeschau. 


Yacanzen. 

(Näheres Uber die Vacanzen mit abgelaufencr Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 

Kreisthierarztstelien etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Aachen: Montjoie (600M., ausserdem 300 M. Stellenzulage und 
600M. Kreiszuschuss, sowie ev. Voraussicht!. BOOM. fürBeaufsichtigung 
der städt. Fleischbeschau). Bew. bis 1. Juni er. an den Regierungspräs. 

— R.-B. CasBel: Gersfeld (600 M.), (erneut ausgeschrieben,) 
Gesuche innerhalb 4 Wochen an den Regierungspräsidenten. 

— R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich Kreiszuschuss). 

— Stolp (Nord) (erneut ausgeschrieben! mit dem Amtssitz in Glowitz. 
Gesuche an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Köln: Waldbröl 

Verantwortlich Ar den Inhalt (excL Inzeratenthell): Prof. Dr. Schmaltm in Berlin. — V( 


Privatstelien : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt. — Peiskretscham (Ober-Schles.): Thier¬ 
arzt. Bewerbungen beim Magistrat. — Schönbaum (Danzig). 
— Sold au (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt. — Mengering¬ 
hausen (Waldeck): Tbierarzt. — Rhinow (R.-B. Potsdam): 
Thierarzt. Schloppa (Westpr.): Thierarzt sofort, (ca. 1000 M. aus der 
Fleischbeschau). Meid, an aen Magistrat — Schwarzenberg i. S.: 
Tbierarzt für Fleischbeschau u. Praxis. — Sonnenburg: Thierarzt.— 
Suelze (Mccklb.): Thierarzt (300 M. Fixum aus der Stadtkasse). 
Bewerbungen an den Magistrat. — Weilerbach, Bez.-A. Kaisers¬ 
lautern: Thierarzt (750 Mark Beihülfe). Meid, bis 15./6. an den 
Bürgermeister. — Wolkenstein: Thierarzt für Praxis und Fleisch¬ 
schau. 


und Eigen th um von Richard Schoetz iu Berlin. — Druck von W. Büxenztolo, Berlin 


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Die „Berliner Thieräntllche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in Stirke von mindestens 1«/, Bogen. Dieselbe 
ist sn beziehen dnreh den Bachhsndel, die Post (No 1062) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard 
Sohoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zuui Preise von 
Mk. 5, - pro Vierteljahr. 


Berliner 


Orlglnalbeltrftge werden mit 60 Hk. für den Bogen honorlrt 
Alle Mannscripte, Mitthellungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thier&rztilohe Hochschule, NW., Loisenstrasse 56. 
Correctnren, Recensions-Exemplare nnd Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter. 


Verlag von Richard d.-hoet’, Berlin NW., Luisenstraase 36. 


Jahrgang 1900. M 23 .; Ansgegeben am 7. Jnni. 


I n h a 1 1 : Grafrunder: Ueber den derzeitigen Stand der Schutzimpfung gegen Maul- und Klauenseuche. — Mjöen: Der 
norwegische Eismeerfang. — Referate: M’Fadyean: Die afrikanische Pferdeseuche. — Preusse: Therapeutische Notizen 
aus Bern. — Statistischer Veterinär-Sanitätsbericht der prenssischen Armee für 1898. --- Hobdav: Castration eines Herma¬ 
phroditen. — Reichenbach: Kaiserschnitt bei der Hündin. — Eichhorst: Die Behandlung der fibrinösen Lungenentzündung. 
— Heine: Die Anatomie des accomodirten Auges. — Friedenthal und Lewandowsky: Ueber die Einführung fremden 
Serums in den Blutkreislauf. — Entgegnung. Russian-waters. — Thierhaltung und Thierzucht. — Tagesgeschichte: 
Protokoll über die Frühjahrs-Generalversammlung des Vereins Rheinpreussischer Thierärzte am 18. Mai in Cöln. — Frühjahrs- 
versammlung des thierärztlichen Vereins für die Provinz Brandenburg. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinär¬ 
wesen: Seachenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Bücheranzcigen und Kritiken. — 
Personalien. — Vacanzen. 


Ueber den derzeitigen Stand der Schutzimpfung 
gegen Maul- und Klauenseuche. 

Vortrag gehalten in dem Vereine brandenburgischer Thierärzte. 

Von 

Graffunder- Landsberg a. W., 

KreUtbierzrzt. 

Wie wir wissen, beruht das Verfahren zur Herstellung einer 
Schntzlymphe gegen die Aphthenseuehe, welches sowohl von 
der Reichscommission unter Vorsitz von Geheirarath Löffler, 
sowie vom Thierarzt Hecker zu Halle zur Anwendung kam, 
in ein und derselben Methode, w'onach den Versuchstieren zur 
Erzielung hochwertig immunisirender Schutzkörper periodisch 
sich steigernde Impfdosen infectiösen Blutes oder frischer Blasen¬ 
lymphe von erhöhter Giftigkeit eingespritzt wurde. Hierbei hat 
sich nun im Laufe der von beiden Forschern parallel an- 
gestellten Schutzimpfversuchen, wobei die Schntzlyjnphe aus einem 
Gemisch von Immunblut und Aphthenvirus bestand, herausgestellt, 
dass das Blut einzelner, völlig gleichmässig präparirter Tiere 
in seiner Schutzkraft nicht gleichwertig sich erwies. Während 
von einem dieser Tiere hochgradige Immunstoffe geliefert 
wurden, waren dieselben von einem anderen Thiere unter 
gleichen Bedingungen vorbereitet, minderwertig, völlig werthlos. 
Dieser schwankende Schutzwerth des Blutes hat bei beiden 
Versuchsreihen zur Folge gehabt, dass neben zahlreichen Erfolgen 
auch zahlreiche Misserfolge Hand in Hand gingen, je nach¬ 
dem der Immunwerth des Blutes ein hoher oder niedriger war. 

Die grössten Schwierigkeiten mit denen die Forscher zu 
rechnen hatten, lag einmal in der Unkenntniss des Krankheits¬ 
erregers und seiner biologischen Eigenschaften, zweitens in der 
kolossal schwankenden Virulenz desselben, drittens in dem 
Mangel von geeigneten kleinen und billigen Versuchsthieren als 
Reagenz zur Feststellung eines Massstabes für die Giftwirkung 
der Blasenlymphe einerseits, und für die Serumwirkung anderer¬ 
seits, wie wir z. B. dieselben bei anderen Infectionskrankheiten 
in den Mäusen, Kaninchen, Meerschweinchen etc. haben. 

Es rief daher ein grosses berechtigtes Aufsehen die Mit¬ 
theilung des Geheimraths Löffler auf dem vorjährigen Badener 
Congresse hervor, dass er ein sicheres Reagenzthier in dem 


4—5 Wochen alten Ferkel gefunden habe, und in der Lage 
wäre eine sichere brauchbare Immunisirungsmethode darstellen 
zu können. Löffler hatte durch Zufall herausgefunden, dass 
junge 4—5 Wochen alte Ferkel durch Einspritzung von tyio ccm 
frischer Blasenlymphe innerhalb 26 Stunden sicher getödtet 
werden. 

Wenn dieses thatsächlich der Fall war, so war eine sichere 
Gradmessnng nicht allein für die Virulenz der Aphthenlymphe, 
sondern auch für die : Sernmwirkung gegeben. Löffler stellte 
der Versammlung den Abschluss eines brauchbaren Schutzimpf¬ 
verfahrens in nahe Aussicht. Leider hat sich diese Aussicht 
bis jetzt noch nicht erfüllt. Es ist wohl anzunehmen, dass sich 
im Laufe der Versuche neue Schwierigkeiten gefunden haben, 
welche von hemmenden Einfluss gewesen sind. Wie weit die 
Löffler’schen Versuche gediehen sind, ist zur Zeit nicht 
bekannt. Nach Hecker’s neuesten Veröffentlichungen soll die 
Benutzung der Ferkel als Reagenzthiere ebenfalls als hinfällig 
sich erwiesen haben. Immerhin sind durch die Löffler’schen 
verdienstvollen Forschungen, manche wichtige, bisher noch 
unbekannte Thatsachen zur Aufklärung gebracht worden. 
Während die Reichscommission in der Lage sich befand, mit 
reichlichen Mitteln ihre Forschungen durchznführen, war dieses 
bei Hecker, welcher sich bekanntlich in Diensten der Land- 
wirthschaftskammer in Halle befand, nicht der Fall. 

Für seine Arbeiten standen ihm nur bescheidene Mittel zur 
Verfügung. Sein Laboratorinm war nnr dürftig and ungenügend 
für solche bahnbrechenden Untersuchungen eingerichtet, wovon 
ich mich zu überzeugen Gelegenheit hatte. Daher ist sein Ver¬ 
dienst um so höher anzuschlagen. Solange Hecker seine Versuche 
im kleinen Massstabe, in seinem Laboratorium machen, die Ver¬ 
suchstiere selber controliren, die Werthbestimmungen des 
Schutzserums selbst ausführen, einen dauernden gleichwirkenden 
Lymphstamm sich erhalten, und nur hochwerthiges Schutzserum zu 
Versuchen nach aussen abgeben konnte, solange waren die Er¬ 
folge im Grossen nnd Ganzen als günstig zu bezeichnen, wie 
ich selbst constatirt habe. Als aber die Anforderungen wuchset', 
die Nachfrage nach Serum täglich zunahm, und sein Labora¬ 
torium für diese erhöhten Anforderungen nicht ausreichte, da 


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266 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 23. 


war er auf die Viehbestände benachbarter Landwirthe zu seinen 
Versuchen angewiesen. Die natürliche Folge davon war, dass 
eine peinliche Controle dieser Versuchsthiere nicht in dem 
nöthigen Masse zur Ausführung gelangen konnte, wie in seinem 
Anstaltsstalle. Es ist daher vorgekommen, dass minderwerthiges 
Serum häufig mit unterlief. Zum Unglück war Hecker in Folge 
Erkrankung gerade zu der Zeit arbeitsunfähig, als an das 
königliche Landwirtschaftliche Ministerium Schutzserum zu 
Probeimpfungen seitens der Landwirthschaftskammer geliefert 
werden sollte. Er war also selbst nicht in der Lage genaue 
vorherige Werthbestimmungen des Probeserums vor der Abgabe 
anzustellen. Ich hatte es übernommen, einige Probeimpfungen 
mit dem zur allgemeinen Abgabe bestimmten Schutzserum an¬ 
zustellen. Dabei ist nur unbewusster Weise in einem P'robir- 
stalle ein Irrthum unterlaufen. Während in einem Stalle die 
Impfungen ein durchweg günstiges Resultat ergaben, war Öieses 
in dem zweiten Stalle nicht der Fall. Von dem Inspector des 
betreffenden Gutes waren die zur Impfung bestimmten Rinder 
zwei Tage vor meiner Ankunft bereits heimlich inficirt worden, 
während die künstliche Ansteckung vorschriftsmässig erst nach 
der Serumeinspritzung erfolgen sollte. Die Thiere waren dem¬ 
nach bei der Impfung schon als inficirt zu erachten. Dieses 
war mir verschwiegen worden, und ich erfuhr diesen Vorfall 
erst einige Monate später als der betreffende Inspector längst 
entlassen war. Hier auf diesem Gute trat nach Ablauf von 
16 Tagen nach der Impfung unter den Impflingen die Senche 
auf, nachdem ich 10 Tage gewartet und bereits einen günstigen 
Bericht abgefasst hatte. Wie bekannt, hatten die weiteren 
vom Landwirtschaftlichen Ministerium angeordneten Probe¬ 
impfungen mit Hecker’schen Schutzserum keinen günstigen 
Erfolg. Ich bin der Ansicht, dass, wenn Hecker unglücklicher 
Weise zur Zeit der Serumgewinnung nicht krank gewesen, 
derselbe die Vorprüfungen selbst hätte ausführen können, bei 
diesen officiellen Probeimpfungen wahrscheinlich ein etwas 
günstigeres, wenn anch nicht gerade vollbefriedigendes Resultat 
erzielt worden wäre. 

Zu einem durchweg ungünstigen Resultate hat auch das 
in neuerer Zeit von Winkler empfohlene Milchimmunisirungs- | 
verfahren geführt, anf welches näher einzugehen, keine Ver¬ 
anlassung vorliegen dürfte. 

Nach den bisherigen Erfahrungen drängt sich uns Thier¬ 
ärzten doch die Frage auf, ob es in Anbetracht der schwan¬ 
kenden Virulenz des Krankheitserregers der Aphthenseuche, 
deren Effect wir in der Praxis nur zu häufig bei den verschieden- 
gradigen Seuchengängen zu beobachten Gelegenheit haben, 
möglich sein dürfte, ohne genaue Kenntniss des Erregers ein 
brauchbares Schutzimpfungsverfahren herzustellen. 

Im Allgemeinen wird jedoch nach den bisherigen Ergeb¬ 
nissen der Impfungen von den meisten Thierärzten die Ansicht 
vertreten, dass ohne Kenntniss des Krankheitserregers keine er¬ 
folgreiche Schutzimpfung zu erwarten wäre. 

Ueberraschend waren die vor kurzer Zeit zuerst in der- 
allgemeinen Centralzeitung für Thierzucht No. 19 und später 
in No. 20 der B. T. W. erschienenen Veröffentlichungen von 
Hecker betreffend Vorschläge zur Bekämpfung der Maul- und 
Klauenseuche. Es lohnt sich hier, gleichzeitig auf einzelne 
Punkte des interessanten Artikels näher einzugehen. Nach 
einigen Vorbemerkungen über seine bisherige Schutzimpfungs¬ 
methode kommt Hecker mit neuen Vorschlägen. Zunächst 
verlangt er eine allgemeine Feststellung der Immunitätsdaner 


verseucht gewesenen Thiere. Eine einwandsfreie Statistik soll 
durch Markirung aller krank gewesenen Thiere erreicht werden. 
Die Marke soll Monat und Jahr der Erkrankung enthalten. 

Es ist richtig, dass wir über die Dauer der natürlichen 
Immunität bei der Maul- und Klauenseuche keine festgelegte 
Statistik besitzen. Die bisherigen Angaben über die Dauer der¬ 
selben bewegen sich in weiten Grenzen. Die Angaben schwanken 
von 8 Wochen bis zu 6 Jahren und darüber. 

Manche Thiere sollen zweimal hintereinander nach acht 
Wochen erkranken, andere nach einem Jahre, andere nach zwei 
Jahren, andere überhaupt nach einmaliger Erkrankung nicht 
mehr empfänglich sein und andere überhaupt garnicht erkranken. 
Nach meinem Dafürhalten dürfte die Erklärung für diese Ab¬ 
weichungen in der Immunität auf die bereits erwähnte schwan¬ 
kende Virulenz des Krankheitserregers in erster Linie zurück¬ 
zuführen sein und uns die Erforschung desselben erst den 
nöthigen Aufschluss geben. 

Dann schlägt Hecker als weitere Bekämpfungsmassregel 
eine zweimalige Impfung desjenigen Jungviehs vor, welches zur 
Aufzucht in Aussicht genommen ist. Zur ersten Impfung soll 
eine abgeschwächte Blasenlymphe verwandt werden, und nach 
3—6 Monaten eine vollvirulente (womöglich Schweinelymphe). 
Löffler und Hecker gelang es bekanntlich durch Ueberimpfen 
von virulenter Lymphe von Kalb zu Kalb die Virulenz bei der 
vierten Uebertragung schnell abzuschwächen, Wechselimpfungen 
von Kalb auf Schwein und umgekehrt waren dagegen nach 
Löffler ohne Erfolg. Da erfahrungsmässig Jungvieh weniger 
von der Seuche leidet und nicht so hart angegriffen wird, so 
glaubt Hecker durch dieses Verfahren beim Jungvieh lebens¬ 
längliche Immunität zu erzielen, sodass allmählich ein immuner 
Viehbestand im Lande geschafft werden kann. 

Wenn wir bei dieser Frage stehen bleiben wollen, so ist 
dieser Vorschlag nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen. 
Zunächst dürfte die merkwürdige Thatsache zu constatiren sein, 
dass Hecker von weiteren Versuchen mit Schntzsemm - Abstand 
zu nehmen gewillt ist, und wieder auf das alte ursprüngliche 
Pasteur’sche Abschwächungsverfahren zurückgreifen will. 

Zur Durchführung der Hecker’schen Idee wäre als noth- 
wendige Folge die Errichtung einer Lympherzeugungsanstalt 
im grossen Massstabe von Staatswegen erforderlich, wo jeder¬ 
zeit die nöthige Lymphe bezogen werden kann. Die Impfung 
der Kälber ist durchführbar, ob aber die nöthige Absperrung 
der Impflinge auf einzelnen Gehöften ohne Gefährdung der 
übrigen Viehbestände ausführbar ist, muss noch ernstlich in 
Erwägung gezogen werden. 

Was nun die Empfänglichkeit junger Thiere gegen die 
Seuche anbelangt, so haben wir bisher beobachtet, dass frisch 
geborene Kälber, Ferkel, Lämmer einzugehen pflegen, wenn die 
Mütter zur Zeit der Geburt seuchekrank sind. Werden die 
Jungen älter und abgesetzt, so schwindet die Empfänglichkeit, 
die Erkrankungen sind in der Regel sehr leichter Natur. Die 
Frage ob Kälber im Mutterleibe, während der Fötalzeit, durch 
die Erkrankung der Mntterthiere, ebenfalls immun werden, ist 
noch nicht gelöst. Von vielen Beobachtern wird diese 
angeborene Immunität bestritten. Einen Beitrag zur Klärung 
dieser Frage kann ich aus eigener Beobachtung liefern. 

Anfang Mai 1899 brach auf einem Gute die Manl- und 
Klauenseuche aus. Im Januar des Jahres 1900 zum zweiten 
Male, also ca. nach 9 Monaten. Es erkrankten beim zweiten 
Seuchengange das inzwischen neu angekaufte Rindvieh und 


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7. Juni 1900 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


267 


alles 3 bis 4 Monate und darüber alte Jungvieh. Dagegen 
blieben alle im Dezember vorigen Jahres und Januar dieses 
Jahres geborenen jungen Kälber gesund, sie waren immun. Bei 
näherer Prüfung dieser auffallenden Erscheinung stellte ich in 
Gemeinschaft mit dem Besitzer fest, dass die betr Mutterthiere 
im ersten und zweiten Monate tragend waren, als sie im vorigen 
Jahre an der Seuche erkrankten. Alle älteren Kälber, deren 
Mütter zur Zeit des Seuchenganges über 3 Monate tragend 
waren, hatten keine Immunität erlangt. 

Sollte diese zufällige Beobachtung weitere Bestätigung 
finden, so könnte dieselbe zur Erzielung einer angeborenen 
Immunität ebenfalls von bedeutender Tragweite werden. Weitere 
Beobachtungen nach dieser Richtung hin dürften demnach als 
dringend nöthig 8ich erweisen. Die Frage, die Bekämpfung von 
Seuchen bei dem Jungvieh zuerst in Angriff zu nehmen, wird 
bekanntlich, wie ich nebenbei erwähnen will, jetzt bei der 
Tuberculosetilgung empfohlen. Isolirung aller Aufzuchtskälber, 
Verabreichung gekochter Milch vom zweiten Tage der Geburt 
an und eventuelle Tuberculinimpfung der verdächtigen Kälber. 
Zum Schlüsse meines Referates möchte noch Gelegenheit nehmen, 
über den Forschungsplan der Reichscoramission einige Worte 
zu äussern. 

Nach meiner Ansicht, die auch von Hecker u. A. ver¬ 
treten worden, ist man bei der Zusammensetzung der Forscher¬ 
commission etwas zu einseitig vorgegangen. Dieselbe müsste 
nicht nur aus Bacteriologen, sondern ausserdem noch aus er¬ 
fahrenen Thierärzten, Clinikern und pathologischen Anatomen, 
welche lediglich das einschlägige, practische Erfahrnngsmaterial 
zu bearbeiten hätten, zusammengesetzt sein. So sind z. B. die 
seiner Zeit von der Reichscommission bezw. dem Kaiserlichen 
Gesundheitsamte aufgestellten Fragebogen nicht genügend durch¬ 
gearbeitet worden. 

Insbesondere sind die feinen pathologisch-anatomischen Ver¬ 
änderungen, welche das Aphthenvirus bei der Blutpassage in 
den einzelnen Organen des Körpers, speciell bei dem ver¬ 
schiedenen Seuchenverlaufe hervorruft, eingehender zu behandeln, 
da die bisherigen Sectionsbefunde noch nicht ausreichend sind. 
Namentlich dürfte die Haut, wie bei allen acuten Exanthemen, 
eine Hauptrolle spielen (Rabe), da dieselbe, insbesondere ihre 
Zellelemente, die Aufgabe haben, die Krankheitserreger zu 
eliminiren. Ich möchte hierbei, auf die sehr häufig vorkommende, 
partielle und allgemeine Erkrankung der Hautdecke bei den 
einzelnen Seuchengängen hinweisen. Es wäre auch nicht aus¬ 
geschlossen, dass der Krankheitserreger in verschiedenen Formen 
im Körper Vorkommen könnte, wie dieses vor Kurzem von 
Nakanishi (Centralbl. f. Bacteriologie, Bd. 27, Heft 18/19) 
bei der Erforschung des Erregers der Menschen- und Kuhpocken 
behauptet worden ist. Nach Nakanishi soll der Pockenerreger 
ein Bacillus sein, der seine Form und Grösse ungemein ver¬ 
ändert, in .fünf verschiedenen Formen auftritt und daher Bacillus 
variabilis von ihm genannt wurde. 

Ferner würde auf das Knochenmark, wie ich schon früher 
hervorgehoben, und seine Veränderungen in dem verschiedenen 
Krankheitsverlaufe ebenfalls das Augenmerk zu richten sein. 
Es würde weit über den Rahmen meines Referates hinausgehen, 
wenn ich noch weitere Punkte vieler der Lösung harrenden 
Fragen berühren wollte. 

Dieser verstärkten Commission müsste es nach dem Wahl¬ 
spruche „Getrennt marschieren aber vereint schlagen“ — 
schliesslich dennoch gelingen, zu einem günstigen Resultate zu 


gelangen, ein Steinchen nach dem andern in die jetzigen Lücken 
einzufügen, um endlich einen festen Wall gegen die gefürch- 
tetste und schädlichste Seuche unseres Viehbestandes aufzurichten. 

,Es dürfte nach diesen Ausführungen noch die Frage in 
Erwägung zu ziehen sein, im Falle die jetzige Forschungs¬ 
commission zu keinem baldigen abschliessendem Resultate ge¬ 
langen sollte, ob unser brandenburgischer Verein insofern 
Stellung zu der Frage nimmt, als ein entsprechender Antrag an 
unsere Centralvertretung dahin gehend zu richten wäre: 

Der brandenburgische thierärztliche Verein hält es im all¬ 
gemeinen und landwirthschaftlichen Interesse für geboten, zur 
weiteren Erforschung der Maul- und Klauenseuche die jetzige 
Reichscommission noch durch Thierärzte, namentlich durch 
Kliniker und pathologische Anatomen in entsprechender Weise 
zu verstärken.*) 


Der norwegische Eismeerfang. 

Von C. Mjöen. 

Von der kleinen Stadt Tromsö an der Nordwestküste Nor¬ 
wegens gehen alljährlich kleinere und grössere Flotten aus, 
ausgerüstet für 4—5 monatlichen Eismeerfang. 

Das allgemeine Interesse hat sich in letzter Zeit mehr und 
mehr anf die arktischen Gebiete gelenkt, auf jene Länder der 
mehrmonatlichen Polarnacht, die der Wissenschaft so manches 
Räthsel aufgegeben. Durch die Polarexpeditionen aller Arten, 
zoologische, botanische, hydrographische, geologische, meteoro¬ 
logische, ist Licht in diese ungekannten Gegenden gekommen. 
Wir wissen nun, dass sich ungeahnte Reichthümer auf diesen 
merkmiirdigen, endlosen Strecken befinden, und dass viele Hände 
.sieft danaph ansstrecken. So haben bekanntlich deutsche Colonial¬ 
politiker sich um die Erwerbung von Beereneiland bemüht, und daher 
dürfte es vielleicht interessant sein, einige Einzelheiten von den 
Jagden und Fangexpeditionen in den Eismeerländern zu er¬ 
fahren. Aus directer Quelle, nämlich von einem Tromsö-Ein- 
wohner, der sich an diesen Fahrten betheiligt hat, erfahren wir 
nähere Berichte: Schon im Januar beginnen gewöhnlich die 
Ausrüstungen, die mehrere Monate lang dauern. Im April erst 
wird, in See gestochen, da erst dann das Fahrwasser und die 
Eis- und Lichtverhältnisse -eine einigermassen günstige Jagd 
ermöglichen. Die meisten der Fahrzeuge sind Yachten, darunter 
einige Galeassen. Die Jagd geht auf Seehunde, andere Robben¬ 
arten, Walrosse, Eisbären, Füchse, in letzter Zeit auch nament¬ 
lich ,auf Moschusochsen, die stets zur kostbarsten Jagdansbeute 
gerechnet werden, hauptsächlich wegen der grossen Schwierig¬ 
keiten des Fangens. Die Thiere sind so scheu, dass man sic 
schwer in Schussweite bekommt, und sie gar lebend einzufangen, 
gehört zu den schwierigsten Unternehmungen. Der Moschus- 
ochee, eine Zwischenbildung von Rind und Schaf, wurde früher 
ausschliesslich zur Fauna des nördlichen Nordamerika gerechnet, 
ist aber seit den letzten Jahren auch in den unbewohnten 
Theilen Grönlands angetroffen worden. Sein langhaariges, 
dunkelbraunes Fell ist sehr werthvoll, das Fleisch riecht stark 
nach Moschus. Ein alter Waljäger, ein norwegischer Kapitän, 
wusste merkwürdige Dinge zu berichten von diesen Moschus¬ 
ochsenjagden. Er erzählte, dass man neuerdings eine ebenso 
schlaue wie einfache Methode zum Einfangen lebender Jungen 
anwendet: Zuerst werden die Alten geschossen, die Leichname 
dann zusammengesclileppt und an einen Ort gelegt, den man 

*) Vergleiche die Mittheilung über die Versammlung des 
Vereins unter Tagesgeschicbte. 


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gut beobachten kann. Alsbald kommen die Jungen herbei; und 
die sonst so flüchtigen Thiere legen sich ruhig an der Seite 
der Alten nieder, ohne sich im Geringsten durch Geräusche oder 
Gefahr stören zu lassen. Dieser eigenartige Zug thierischer 
Kindesliebe kostet den armen Kleinen die Freiheit. Derin in 
ihrer Trauer lassen sie sich ohne allzu heftigen Widerstand 
einfangen. ' 

Dieselbe Methode ist auf junge Eisbären angewandt worden, 
diese geberden sich aber so rasend, dass sie äusserst schwierig 
zu behandeln sind. Vorn und hinten wird je ein starkes ^Tau 
angebunden und 2 Männer ziehen stramm an jedem Ende, um 
dem wüthenden Thiere nicht zu nah auf den Leib zu komfaen. 
An Bord stehen starke mit Eisenstäben versehene Kisten, kleine 
improvisirte Menagerien, zur Aufnahme bereit. 1 

Von einer solchen Eismeerfahrt werden durchschnittlich an 
tausend Felle mit nach Haus gebracht. Die meisten sind Robben- 
und Renthierfelle, ausserdem eine Menge Eisbärenfälle, Blau¬ 
fuchs-, Brandfuchs- und einige wenige Weissfuchspelze. [ Der 
Blau- und Weissfuchs ist eine specifische Sorte, auch Polarfuchs 
(Canis lagopns) genannt. { 

Auch von Samojeden- und Finenhunden werden eine? be¬ 
deutende Anzahl mitgebracht, zum Transport nach dem Ausland. 
Diese sind die einzige wirklich echte norwegische Hunde^ace, 
kleine, scharfe, hartgewohnte und mit einer natürlichen DrfeSsur 
begabte Thiere, die als Wacht- und Schäferhunde unübertrefflich 
sind. Die meisten gehen nach England, da englische Touristen 
oftmals Zeuge gewesen sind, wie so ein Hund, ohne dressirt zu 
sein, eine Heerde von 400 und mehr Renthieren, verstreut auf 
eine unübersehbare Fläche, im Nu zusammentreibt. Das ist, 
ausser ungeheuren Vorräthen an Fleisch, Walrosszähnen etc. 
die Ausbeute dieser Eismeerflotten,' !: Öie alljährlich von 
Trorasö ausgehen. Die Mannschaften kehren mit diesen 
kostbaren Schätzen Ende August heim und liefern sie da äb an 
die grossen überseeischen Kaufhäuser. Sie selbst lebeii den 
langen dunklen Winter hindurch von dem Fleisch, das ihnen als 
„Mannestlieil“ zufällt und eingesalzen wird, und zehren an dem 
kargen Verdienst, den die Unternehmer, die derweil warte zu 
Hause gesessen haben, ihnen gewähren. 


Referate» 

Die afrikanische Pferdesenche. 

Von J. M’Fadyean, Royal Veterinary College, London., 

(Journal of comp. Path. and Therap. 1900, Bd. IS, No. 1.) 

Der bekannte Autor publicirt in der vorliegenden Arbeit 
eine Reihe von Versuchen, welche er an der Londoner Veterinär¬ 
schule über diese Krankheit angestellt hat. Einleitend ' wird 
bemerkt, dass dieselbe zeitweise in Südafrika grosse 'Ver¬ 
heerungen unter den Pferden anrichte. In den Jahren 1854/55 
fielen 64 850 Pferde an der Seuche, und die neueste Epiiootie 
forderte 14000 Opfer. 

Die ersten wissenschaftlichen Untersuchungen über 1 die 
afrikanische Pferdeseuche sollen vom Veterinärinspector Lambert 
stammen, welcher auf Veranlassung des Gouverneurs von Natal 
seine Ergebnisse in einem Aufsatz „Horse-Sickness, 1881“ 
zusammenfasste. L. identificirt die Seuche mit Anthrax. A. Nunn 
F. R. C. V. S. widerlegt im Jahre 1887 diese Ansicht und 
erklärte, dass die Seuche eine malariaähnliche Natur habe. 
Stabsarzt Dr. Sander entdeckte 1894 in Deckglaspräpai-aten, 
welche mit Organmasse von kranken Pferden angefertigt waren, 
Bacillen die in Form und Grösse den Milzbrandstäbchen glichen. 


No. 23. 

Die Microben wurden auch rein gezüchtet, es gelang aber nicht 
eine lebende Reincultur mit nach Europa zurückzubringen. 
Impfversuche an Mäusen ergaben keine besonderen Resultate. 
Fast gleichzeitig machte Dr. Edington, der Director des 
bacteriologischen Institutes der Capkolonie, Untersuchungen über 
die Krankheit und ermittelte, dass dieselbe eine Seuche sui 
generis sei, die eine sehr constante Incubationsperiode habe und 
mit grosser Sicherheit durch subcutane Verimpfung von Blut 
gefallener seuchekranker Pferde auf gesunde Pferde übertragen 
werden könne. Als Krankheitsursache bezeichnete E. eigen¬ 
tümliche rundliche Körperchen, die er im Blut fand und welche 
grösser als gewöhnliche Micrococcen waren. Diese Gebilde 
waren 3,5 bis 5 cm lang und 2,5 bis 3 cm breit und sollten die 
Sporen eines fadenförmigen Pilzes sein, der zuweilen auch im 
Blut gefunden wurde, hauptsächlich aber unter geeigneten 
Bedingungen (Hitze und Feuchtigkeit) saprophytisch vegetiren 
sollte. Dr. E. benannte den Pilz „Oedemamyces“ und die Seuche 
„Oedemamycosis“. 

M’Fadyean’s Experimente nahmen ihren Ausgang von 
einer Blutprobe, welche W. Robertson de R. C. V. S., ehe¬ 
maliger Assistent Edington’s, bei seiner Rückkehr aus Afrika 
mitbrachte. Das Blut war einem mit der Seuche behafteten 
Pferde unter antiseptischen Massnahmen entzogen und zum 
Zweck der Conservirung mit einem Theil Glycerin und Wasser 
vermischt worden. Die Mischung zeigte sich nach dem Oeffnen 
des Glases geruchlos, auch wurde dieselbe bei der mikro¬ 
skopischen Untersuchung frei von Bacterien jeder Art gefunden. 

Durch subcutane Einspritzung am Halse von 5 ccm bezw. 
3 ccm der Mischung gelang es die Seuche bei einer alten Stute 
und bei einem Pony zu erzeugen. Ebenso sicher fand die 
Üeberfragung statt, wenn' gesunden 'Pferden eine ‘Pint (ca. 
568 ccm) einer Mischung von Blut mit Flüssigkeit aus den 
Pericardial- und Pleuralsäcken der in Folge Einspritzung ein¬ 
gegangenen Pferde per os beigebracht wurde. 

Die Versuchspferde gingen ausnahmslos nach 8—10 Tagen 
ein. Verfasser beschreibt im Ganzen 14 Infectionsversuche an 
Pferden und Ponys mit Angabe der hauptsächlichsten Krank¬ 
heitserscheinungen und der durch Obduction ermittelten patho¬ 
logischen Veränderungen. 

Zwecks Auffindung und Isolirung des Krankheitserregers 
sind die verschiedensten Versuche erfolglos angestellt worden. 
Es gelang nicht denselben durch Filtration von den pathologischen 
Flüssigkeiten zu trennen, in welchen er nach dem Resultat der 
Uebertragungsversuche reichlich vorhanden ist. Die engen 
Poren des Berkefeld, der des Chamberland-Filters F ver¬ 
mochten das Virus nicht aus einer Mischung von Blut, Peri¬ 
cardial- und Pleural-Exsudat abzuscheiden, obwohl die Flüssig¬ 
keit eine grosse Menge Eiweiss enthielt, welches, wie Löffler 
und Nocard (Recueil de Mdd. Vöt. November 1899) jüngst 
gezeigt haben, leichter zu dem beabsichtigten Ziele fuhrt. 
Mithin ist anzunehmen, dass der Erreger der afrikanischen 
Pferdeseuche zu klein ist, als dass derselbe durch das mensch¬ 
liche Auge mit Hülfe der wirksamsten optischen Mittel wahr¬ 
genommen werden könnte. 

Nach den Ergebnissen des Verfasser kann die Seuche mit 
gleicher Leichtigkeit durch subcutane Verimpfung und durch 
Einführung infectiösen Materials in die Verdauungswege über¬ 
tragen werden. Es ist als bestimmt anzunehmen, dass sich die 
Verbreitung der Seuche in Südafrika in letzterer Weise vollzieht. 
Als Vorbauungsmittel gegen die Krankheit wird die gründliche 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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7 . Juni 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


269 


Beseitigung der Abgänge kranker und der Cadaver gefallener 
Pferde empfohlen. 

Das erste Krankheitszeichen ist ein Ansteigen der Körper¬ 
wärme, welches sich am vierten, fünften oder sechsten Tage 
nach der Infection bemerkbar macht. Das Herannahen des 
Todes wird durch ein Abfallen der Temperatur angekündigt, 
welche kurz vor dem Ende bis zur Norm heruntersinkt. 

Nach Edington’s Beobachtungen trat die Temperatur¬ 
erhöhung erst am siebenten Tage gewöhnlich unter Schüttelfrost 
ein, im Verlaufe der Krankheit wurden dann mehrfache Remissionen 
des Fiebers beobachtet. Die mittlere Dauer der Krankheit 
schäizt E. bei der gewöhnlichen Form auf 12 und bei der 
Dickkopf-Form auf 14 Tage. Die Versuchspferde des Verfassers 
starben dagegen bereits am achten, neunten und zehnten Tage. 
Es bestand kein Unterschied in der Dauer, ob die Infection durch 
subcutane Iiyection oder durch Ingestion stattgefunden hatte. 

Von den pathologisch-anatomischen Veränderungen zeigte 
sich, ebenfalls unabhängig von der Infectionsart, bei den 14 unter¬ 
suchten Pferden am constantesten eine höchst intensive Röthung 
der Schleimhaut in der rechten Magenhälfte, welche eine tiefe 
Portweinfarbe angenommen hatte. Ein Exsudat auf der Ober¬ 
fläche der Magenschleimhaut war in keinem Falle vorhanden. 
Röthung in einzelnen Abschnitten der Dünn- und Dickdarm¬ 
schleimhaut wurde bei den Versuchstieren ebenfalls häufig er¬ 
mittelt. Nach der beschriebenen Veränderung des Magens war 
das Vorhandensein einer Quantität wässeriger strohfarbener 
Flüssigkeit in den Pleural- und Peritonealsäcken vorherrschend, 
dann schloss sich in absteigender Reihenfolge Lungenödem an. 

Die Dickkopfform, welche durch ein abundantes Exsudat im 
Bindegewebe des Kopfes und Halses charakterisirt ist, wurde 
bei den künstlichen UÜbertragungen nicht beobachtet. In einigen 
Fällen zeigte sich aber in der unteren Halspartie um die Luft¬ 
röhre nur an der Lungenwurzel ein gelatinöser, strohgelber Erguss. 

Die Leber der verendeten Pferde ist gewöhnlich geschwollen. 
Milz und Lymphdrüsen zeigen eine normale Beschaffenheit und 
das Blut bildet Gerinnsel von normaler Festigkeit. 

Die Pferdeseuche ist mithin als eine Sepitikämie zu be¬ 
trachten. Der Tod ist eine Folge der toxischen Wirkung von 
Substanzen, welche durch die Krankheitserreger erzeugt werden. 
Aus der normalen Beschaffenheit des Bluts irums und der rothen 
Blutzellen lässt sich die Schlussfolgerung ableiten, dass die 
Microparasiten an die Blutkörperchen nicht gebunden sind. 

Therapeutische Notizen aus Bern. 

Von Dr. Preusse. 

(MUh. f. Th. 11, 5.) 

Preusse beschreibt einen Besuch der jetzigen thierärztlichen 
Hochschule zu Bern und theilt seine Erfahrungen über be¬ 
sondere Behandlungsmethoden und Recepte, namentlich in der 
dort vorzüglich ausgebildeten Rindet praxis, mit. Es sei daraus 
Folgendes hervorgehoben. 

Bei Schlundverlegung wird, wie Strebol empfahl, der Körper 
ruhig sitzen gelassen. Fast ausnahmslos wird derselbe durch 
öftere Eingüsse von Leinöl in 6 bis 24 Stunden schlüpfrig ge¬ 
macht. Die Gasansammlung im Pansen ist inzwischen durch 
Punction mit einer eng schliessenden Kanüle zu beseitigen. 
Strebel verwirft die Schlundsonde. Muss etwas ähnliches benutzt 
werden, so nimmt er ein 2 % cm dickes, an einem Ende büschelig 
aufgefasertes Wagenseil, taucht es zum Steifmachen in kaltes 
Wasser und führt es gut eingeölt ein. Jedenfalls ist zu be¬ 
herzigen, dass der Besitzer niemals vor Ankunft des Thier¬ 


arztes nothwendig hat, unnöthig mit der Schlundsonde zu 
manipuliren, wobei sehr häufig Beschädigungen herbeigeführt 
werden. 

Beim Verschluss des Zitzenkanals, sofern derselbe im unteren 
Drittel besteht, bedient man sich des . von einer Baseler Firma 
erhältlichen Zitzenräumers. Dies ist ein 12 cm langer Stab mit 
scheibenartiger Läuferplatte, dessen einzuführendes Ende eine 
mantjolförmige, mit scharfem Rand versehene, konisch zulaufende 
Verdickung trägt. Dieser Theil nach dem Läufer wird in den 
Kanal eingeführt, die Neubildung, die man dadurch feststellt, 
dass man eine möglichst grosse Menge Milch gegen dieselbe 
herugterp resst, durchstochen und dann das Instrument in raschem 
Zugei durch die Geschwulstmasse zurückgezogen. Diese Mani¬ 
pulation wird bis zur Entfernung aller Geschwulsttheile wieder¬ 
holt. | Bei akuten Verdauungskrankheiten wird eine sehr erfolg¬ 
reiche Behandlung erzielt durch mehrtägige Diät und folgende 
Recepte: 


Rhizom, veratr. alb. 15 
Rad. Gentian. 

Rhizom. Calami ana 150,0 
Magnes. sulfur. 400,0 
1$. f. pulv. 

Iafua. mit 8 Ltr. Wasser 
3mal täglich 1 Ltr. 


Herbad. Absinth. 40,0 
Rhizom. Calami, 

Semin. Foenic. ana 150,0 
Magues. sulfur. 250,0 
M. f. pulv. 

Infus, mit 8 Ltr. Wasser 
3 mal täglich 1 Ltr. 


Tart. stibiat. 10,0 
Rhizom. Calami, 

Semin. Foenic. ana 150,0 
Magnes. sulfur. 400,0 
M. f. pulv. 


Infus, mit 8 Ltr. Wasser 
r , v x r- Smal täglich 1 Ltr. 

B?i der Kälberruhr unterscheidet Hess neben der fast 
ausnahmslos tödtlich verlaufenden Form, die durch das Bacterium 
coli cpmmune verursacht wird, eine andere, die in 3 bis 8 Tagen 
unter .geeigneter Behandlung zur Heilung führt. Bei der ersten 
Form sind die Excremente weiss, grauweiss, orangeartig, hefe- 
förmig, von fauligem Geruch, bei der letzteren lehmgelb bis 
graugrün und säuerlich riechend. Recepte: 

Rad. Rhei 4,0 Acid. tannic. 10,0 

Magnes. carbon. 1,0 Tinct. Opii simpl. 50,0 

öpii pulverat. 0,3 Glycerin. 120,0 


M. f. pulv. M. f. lin. 

In 100 bis 120 g Kamillen- 3 mal täglich 1 Esslöffel 
thee als Schüttelmixtur auf voll in die Milch zu geben, 
einmal einzugeben. 

i 

Auch bei der Nabelvenenentzün lung der Kälber untersch >idet 
Hess eine gutartige und eine fast ausnahmslos tödtliche Form. 
Nur J>ei der letzteren treten schwere Allgemeinsymptome und 
Metastasen auf. Therapeutisch wird gründliche Desinfektion 
mit Creolin oder Lysol, Bestreichen mit Jodtinktur, Spaltung 
der Abscesse im Nabelstnmpf mit Drainage, innerlich Calomel, 
Opium und Alkohol und gegen die Gelenkaffection Bleiwasser, 
Camphorspiritns und Jodtinktur verordnet. 

Ijlei Behandlung der Enterentzündungen während der ersten 
zwei bis drei Tage wenig Gras oder volle Diät, daneben Natr. 
sulfur. verabreicht; schonendes, aber vollständiges stündliches 
Ausmelken der kranken Viertel, Bestreichen der Zitzen mit 
reineip Schweinefett oder Vaseline; 3 bis 4 Mal täglich Massage 
nach ,guter Einfettung des Euters 5 bis 10 Minuten lang von 
oben jnach unten; Heusamendampfbäder täglich 3 Ws 6 Mal 


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BERLINER THIERARZTLieHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 23 


20 bis 30 Minuten, während der eisten zwei bis drei Tage 
vorzüglich; als Einreibung eine von Berdez angegebene Salbe: 
Ugt. einer. 5, Sap. kalin. und Adip. suill. ana 100, f. liquid; be¬ 
liebig, 2 bis 3 Mal täglich eingerieben, von hervorragender 
Wirkung. Desinficirende Infusionen in das Euter wirkungslos 
oder schädlich. Bei älteren Fällen von vergrösserter und derber 
Drüse Opodeldok oder Lin. volat., Ugt. kal. jod. 

» 

Statistischer Veterinär-Sanitätsbericht der prenssischen 
Armee für 1898. 

Die Zahl der königlichen Dienstpferde betrug 77141. In 
Behandlung kamen davon 38,74 pCt. Von den hiernach be¬ 
handelten 29 857 Pferden sind 91,88 pCt. geheilt, 3,36 gestorben; 
0,84 getödtet und 1,02 pCt. ausrangirt, während 850 in' Be¬ 
handlung verblieben. Der Gesammtverlust stellt sich aaf 1 563 
Pferde, das sind 5% pCt. der etkränkten und 2 pCt. des Etats. 

An Brustseuche erkrankten 3 265 Pferde (10 pCt. der Er¬ 
krankten). Wesentlich neue Beobachtungen sind nicht gemacht. 
Ueber die Veisuche mit Impfungen ist schon früher berichtet 
worden. Im Allgemeinen ergiebt sich, dass die Seuche da,' wo 
Absonderungen vorgenommen wurden, in kürzerer Zeit ihr Ende 
fand wie da, wo das Durchseuchenlassen mit oder ohne Impfung 
angewandt wurde. Ueber das Durchseuchenlassen werden Ver¬ 
schiedene Urtheile gefällt. Corpsrossarzt Rust hat, wie Schon 
bekannt geworden war, Versuche gemacht, Serum für Brust- 
seucheimpfung von Kühen zu erzielen. Es hat sich ergeben, 
dass dieses Serum in derselben Weise wie Pferdeserum Ver¬ 
wendung finden kann, ohne dass sich Vortheile oder besondere 
Nachtheile ergeben. Hinsichtlich der Behandlung der Brust¬ 
seuche ist jetzt allgemein Uebereinstimmung dahin erzielt, dass 
es lediglich auf die Herbeiführung günstiger hygienischer fee^ 
dingungen für den Ausgang der Krankheit ankommt. 

Wegen Kolik wurden 3 482 Pferde behandelt, das sind 
11V* pCt. der Erkrankten und 4‘/ a pCt. des Bestandes. Dem¬ 
nach kommt die Kolik eigentlich in der Armee, wenn man 
andererseits eine grosse Regelmässigkeit der Ernährung in 
Rechnung zieht, ziemlich häufig vor. Geheilt wurden 86,64 pCt. 
Der Verlust betrug 13,28 pCt., ist also verhältnissmässig hoch 
(gewöhnlich 10—12 pCt.). 

Wesentliche Beobachtungen sind nicht gemacht, auch picht 
hinsichtlich der Therapie. Erwähnt wird nur, dass bei vielen 
Truppentheilen nach dem Manöver zur Verhütung der dann sehr 
häufigen Kolik mit Vortheil Melasse verabreicht worden ist. 
Unter den äusseren Krankheiten ist erwähnenswerth, dass 445 
Fracturen und Fissuren vorkamen, von denen 140 = 31V, pCt. 
Heilung fanden. Von letzteren Fällen sind 115 der Art nach 
bekannt geworden. Unter den Heilungen befinden sich: 15 mal 
Kopfknochen, darunter 4 Mal Stirnbein, 3 Mal Hinterhauptsbein; 

1 Mal Unterkiefer; 28 mal Rumpfknochen, darunter 24 Mal 
Becken; 72 mal Gliedmassenknochen, darunter Fesselbein 52, 
Hufbein 6, Radius 6, Tibia 3; bei den letzten beiden handelte 
es sich lediglich um Fissuren; solche lagen auch 24 Mal äni 
Fesselbein vor. Ausserdem werdeu 3 Kronhein- und 2 Ellen¬ 
bogenbrüche als geheilt angegeben. Verstauchungen erlitten 
1 723 Pferde. Unter 1 625 Fällen waren betroffen: das Fessel-, 
gelenk 963 Mal (59 pCt.) und das Krongelenk 405 Mal (31 pCt.); • 
im Uebrigen noch Schultergelenk, Hüftgelhnk, Hufgelenk und. 
Sprunggelenk; vereinzelt auch Kniegelenk, Carpus und Ellen* i 
bogen. An chronischen Gelenkentzündungen wurden behandelt, 
1 43*8 Pferde (Heilungen 88% pCt.). Darunter befanden sieh, 


Erkrankungen des Sprünggelenks 450, des Krongelenks und des' 
Fesselgelenks 295, zusammen 80 pCt. aller Erkrankungen. Bei 
acuten Gelenkentzündungen sowohl wie chronischen z. T. un- 
definirten Lahmheiten wurden snbeutan Injectionen von Atropin- 
Morphium 34 Mal angewandt, wovon 19 Mal mit Erfolg. Jedoch 
traten oft Vergiftungserscheinungen, 11 Mal in recht starkem 
Grade auf, worunter 7 Mal Kolikanfälle. Namentlich beschreibt 
Oberrossarzt Lorenz 12 Fälle von Atropin-Morphiumbehandlung, 
von denen 8 in Heilung übergeführt waren; in 4 Fällen traten 
unangenehme Nebenwirkungen auf, selbt bei Dosen von 0,025 
bis 0,03. Es scheint der Füllungsgrad des Darms von Einfluss 
zu sein* wesshalb Lorenz folgende Diät empfiehlt: 24 ständige 
Futterentziehung, jedoch bei öfterer Verabreichung von dünnem 
Kleietrank; dann eine Aloepille, und nachdem diese gründlich 
gewirkt hat, die Injection. Auch in den folgenden Tagen wird 
häufig dünne Kleie verabreicht. Acht bis zehn Stunden nach 
der Injection wird Futter verabreicht, die Ernährung in den 
nächsten Tagen jedoch auf halbe Ration beschränkt. Die sonst 
beobachteten schweren Kolikfälle traten dann nicht auf. Im 
Uebrigen zeigten sich weder Rasse, noch Körpergewicht, noch 
Nährzustand von Einfluss. Zur Anwendung gelangte die Be¬ 
handlung namentlich in solchen Fällen, wo schon langwierige 
Lahmheit ohne bestimmt festzustellenden Sitz bestand; 

Castration eines Hermaphroditen. 

Von Fred. Hobday F. R. C. V. S., Royal Veterinary College-London. 

(Journal of Comp. l'atb. an<l Thcrap. Deceraber 1899.) 

Ein dreijähriges Pferd zeigte nachstehende Beschaffenheit 
der Genitalien. In der Mittelfleischgegend an dem gewöhnlichen 
Sitz der Vagina ragte ein 9‘/ 4 Zoll langer dünner Penis hervor, 
durch welchen die Harnentleerung nach hinten stattfand. Kam 
das Pferd mit einem andern- Pferde in Berührung, so wurde der 
Peiiis errigirt. Ein Scrotum War nicht vorhanden, dagegen 
befand sich an seiner Stelle eine Mamma mit gilt entwickelten 
Zitzen. 

Da das Pferd wegen: seines unruhigen Verhaltens den 
Gebrauch sehr erschwerte, wurde dasselbe dem Verfasser zur 
Entfernung der muthmasslich im Innern der Bauchhöhle' vor¬ 
handenen Hoden übergeben. Der Hermaphrodit wurde nieder¬ 
gelegt und in: derselben Weise ausgebunden, welche bei der 
Kryptorchidencastration üblich ist. Der Operateur drang nach 
Anlegung von zweckentsprechenden Schnitten in der Richtung 
der Inguinalkänäle in die Bauchhöhle vor und fand nahebei den 
inneren Inguinalringen ziemlich . grosse Testikel. Dieselben 
wurden mit dem Ecrasenr entfernt. . Nach der Operation heilten 
die Wunden ohne jede Complication. Das Pferd bekundet nun¬ 
mehr im Dienst ein ruhiges, normales Verhalten. 

"[ Kaiserschnitt bei der Hündin. 

Von Rei ch en bach-Basel. 

' (8chw. Arch. Bil. 41, 6.) 

Bei einer englischen Bulldogghündin war das Becken 
rhachitisch und zu eng.- Trotzdem war dieselbe belegt worden. 
Sie stand bereits 4 Tage in der Geburt und war dem Tode 
nahe. Es sollte wenigstens ein Junges gerettet werden, und 
R. machte daher den Kaiserschnitt. Das Mutterthier wurde mit 
Chloroform betäubt, schnell die Bauchhöhle und das Bauchfell 
durchschnitten und ein noch schwach lebendes Junges entwickelt 
und rasch aus der Gebärmutter herausgeschält. Die Mutter war 
schon-itodt, nachdem sie kaum ein Dutzend Athemzüge durch 
di»< Maske gesogen hatte. Bei dem Jungen wollte trotz so¬ 
fortiger Reinigung der Nasenlöcher die Athmung nicht eintreten. 


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7. Juni 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSGHRIRSH 


Während der Nabel nhterbnnden wurde, machte R. volle '.zehn 
Minuten lang künstliche Athmung durch rhythmische.Compression 
der Rippenwandung, und schliesslich fing das Thiercken an, sich 
zu regen. Schon nach ein paar Zügen legte es sich auf die 
andere Seite und war nach einer halben Stunde ganz munter . 1 
Das Thierchen wurde von einer Amme ernährt. . : 

Die Behandlung der fibrinösen Lungenentzündung. 

Von Prof. Eichborst. 

('eher. Monn (sh.) 

Ein specifisches Mittel -■gegen-'* die fibrinöse 1 Lungen*' 
entziindung giebt es trotz aller Bemühungen noch immer nicht. 
Yerf. stellt für die Behandlung dieser Krankheit folgende GruM-* 
sätze auf: Eine uncomplicirte fibrinöse Lungenentzündung bei' 
einem jugendlich kräftigen Menschen bedarf überhaupt keiner 
Behandlung, ut aliquid fiat, giebt er Phösphorsäöfemixtur. Der 
Aderlass ist am Platze, trenn Lungenödem eiiigetreten 1 ist;- 
selbst bei Säufern und Greisen kann er 1 Vöft lebehsrett&idef* 
Wirkung sein. Digitalis hat- nur' symptomatische Bedeutung/ 
Sie dient als Stärkungsmittel für das Hetz, wenn HeTz schwächt/ 
einzutreten droht. Für gefährlich Hält es Wrf, bigitalii lii 
je'dem Falle von Pneumonie zu geben . 1 Wie Digitalis Wirkt 
auch der Alcohol. Besser als beide Wirkt das Coffeinum- ltatrid* 
salicylicum, namentlich wenn Alcohol Vorher gegeben War. VeV** 
abfolgt wird es sucutan. Gegen pleuHtische^’Schmerzen 
empfehlen sich Schröpfköpfe und wärme Umschläge, Antipyreticä 
sind im allgemeinen nicht erforderlich. Die Serttmtherapie ist hoch 

nicht genügend erprobt, um darüber ein Urtheil abgeben zu können. 

, . . *. ; ..1 

Die Anatomie des acconiodirten Auges. 

Von Heine. . 

„H . .. . >77 

(Arch. f. <>ii)itlialmosc.) 

Heine, der bereits das Vogelauge im Zustande der Acco- 
modation und der Erschlaffung flxirt und microscopisch unter¬ 
sucht hat, ist es geglückt auch beim Affen, der ein sehr aus¬ 
giebiges Accomodationsvennögeh besitzt, den AccÖYnodationstatus 
zu fixiren. Analog seinen Versuchen an Tauben hat er bei 
Affen in das eine Auge ein pupillenverengerndes und auf di'£ 
Accom. krampferregendes Mittel (Physostigmin), in das aiidere 
ein erweiterndes Mittel (Atropin) eingetränfelt, nach Eintritt 
der pharmocologischen Wirküng die Atigäpfel enucleirt, Ri’ 
körperwarmer Flemming’scher Lösung 24 Stunden lang fixirt 
nnd in Celloidin eingebettet. 

Veränderungen zeigen sich in typisfcher Weise aip Ciliar- 1 
kürper nnd an der Iris. Die Ergebnisse sind folgende: Bei der 
Accomodation rückt das Corpns ciliare nach vom und ihnen,' 
gleichsinnig verschiebt sich die Iriswurzel. Die Bontaha’öchW 
Balkenrffume werden entfaltet nnd das Lumen des Schl 6 miii'sehen 
Canals erweitert. Der Accomodatiönsmuskel ist stark con- 
trahirt und zeigt die sogenannte hyperopische Form.“ Damit ist des 
Weiteren die Helmhoitz’sche Theorie von der Entspannung 
der Zonula Zinnii durch Contraction der Ciliarmuskeln gestützt. 

Ueber die JEinlfihrong fremden Serams in den 
Blatbreislaaf. 

Von Dr. Friedenthal und Lewandowsky. ; 

(Berlin, klln. Woch.) . . 

Schon vielfach ist die Frage ventilirt worden, ob es Eiw^iss-' 
körper giebt, welche, mit Umgehung des Mägehdärmkänals,' 
d. i. mehr oder weniger direct in die Blutbähn etügeführt, nicht 
wieder ausgeschieden, sondern iih Kölner verwerthet und verbraucht 
werden. Durch Thierversuche ist man ntm zu der Erkenntnis#’ 
gelangt, dass Eiweisskörper, welche obiger Förderung entsprechen 


2 m 

! und« somit für dieffcönfetHche. Ernährung des Menschen in Betracht) 

• geidgön -werden.i sollen, >,drei ' Eigenschaften haben ..müssen:- 
l 1. Assimjlirbarkeit, 2. ÜDgift^eit, 3. Keipfreiheit» . . \ 

- Diesen; drei, Eigenschaften soll nun ; nach dem;, Resultat 

■ specieller Untersuchungen . der Verfasser erhitztes thierisches 
! Serum entsprechen, nnd z^yar in einer Weise, die kaum etyras, 

1 zu wünschen übrig lässt;^von depi atoxisch.gemachtem, Semm- 

■ ^Ibin wurden in den Versuchen r der Verfasser nicht weniger ah 
i 99 pCt. glatt verdant und verbraucht Die. Atoxicität des fremden 

Serums wird dadurch tierbeigefiihrt, : dass'"es airfmittlere Tempe¬ 
raturen (von 5l>—60° C.) erhitzt wird. Da‘derartige Eiwei 8 S 8 f 6 ffe 
i leicht zu'.haben“ sind, so würde es Sich‘nach Ansicht’ddr Ver- 
; fasser Verlohnen, sie ln jenöfi Fälleil, wo eine andere' Ernährung 
. äuögeschlös^en'ht äuiüVvthfden. ‘*' 

... ..u 1 ' i rj.iii. . .. ;.i ..; j>.'!•• \j . < ;, < 

^ :Ä : ,h iMÄUM*.:,; . .. ?! 

tr-.hil,,. TC .>,i-„../ l hEnÄSi4n.TiMÄtew^ .n.i i. :•> 

N riv&iiißt iBörhner.iThiei^rztli.ohen.,Wochenschrift ist: 

| vd» ej&emiHi 8 ifrn,:Rd 8 B#r« l Rips[ejn 0 .,Kritik.iiher Rüssianrwätevs 
y/^ffentüoht .^de*KHÄite-J#nge^ Reise.ist.der Grund, weshalb; 

1 ichumirtiei^t heuteottiauh^^dttftßlbej^.jin,.wenigen, rein aach-,.- 
liehen.) Wlorte&i&tgtog i . * 4 .. 

iI^'Jnid^MbfälUgßft^eepj^lwpgt.des/Mitt^», durch Herrn Rip.si 
j slndireß. häuptsächlech-atPunkte^dift^üier Berichtigung bedürfend 
ii*f AIsiHanöXbfeÄtftndlibeiljikifiHt-Ibem.Rips den Aöimoniäk an,: 
was ihm Gelegenheit giebt, eine bedeutendere, andern Präparaten; 
gegenüber hervorragende Heilwirkung der Russian-waters an 
j verneinen. Herr R*ii>e~ ilbersießt damit/ dass die Zusammen- 
| Setzung der Russian-watfers. eihe Cdmbination./von den; ver¬ 
schiedensten Sajzetf, namentlich, SchWefelsaizen fdäfstellt, deren 
j Bedeutung als Hautheilmittel [dock. erwieeen ist. In der Be- 
| urtfieilung: der Russian-waters hat 'somit Herr Rips ,einen be- 
i deutenden Factor ausser Acht gelassen, ,,,- j . r ..v/it 

/Damit im Zusammenhang steht. der Vorwurf des Herrn; 
Rips,; der geforderte Breis ..entspreche nicht dem Geldwertheo 
i des Präparates. Wenn,es sich in d,em Mittel um, d«n Ammoniak;, 
handeln würde, könnte HerrRips., r .«Ruckt, .behalten.W«p j^/ 
einen Einblick in. die Herstellung, vpp complrdfteu PrÄparaten,, 
gewonnen hat, muss wissen, dass ein a iiß vielen, .pft tkgurßji- 
und zum Theil schwierig und mit grossem Zeitaufwand au bery 
handelnden 'Substanzen , hergeatelltes Mittel nicht um ,den Preis, 
wie ihn,eich Hefrr R ips denftt, ahgeg 9 ben r werden kann./-/,;, , 
Dass ; 'das. Präparat nicht mit .Grünspan geßtrbt, ist,. brapche^ 
ich wohl nicht zu versichern. j.vn jli-y.r 
v . Stuttgart, 22. Mai.l9PQ,{. , [ ; , *, Dr.. Finkler.r 

TMerhaitBDg UM TMeräücht* • [ 

"■'* Die ElgenschafteiT eines'gütdn Zöchtsebafes. 

In der letzten- Viertel] ahtsveröffentlichung des Land- 
wifthschäftS&mtes -befindet sich - ein Auszug aus einem Artikel 
des Pr'öf. Ciirtißs-Iöwti über „Zucht‘des Mfeischöcfiafes“;' Ptof/^ 
1 Gfiftiss 1 entwirft folgende - diaräctferlstik‘ von - einem 1 guten^ 
i FirisclißChaf : 1 - ,L - ■ 1 ’ -• ’ 2 -*■’ ' ,>u -"J —• '* 

! '-"-'„Im erster Linie ^mtrss'’ eirle “ausgesprobhene Männlichkeit 1 
beim Widder “und' Weiblichkeit’ beim ; Mutterschaf vörhanden' 
sein.'' Schhfe Vollem wedeE 1 geschlechtslos hoch 1 characterlos sein/' 
Sie- sollen defn Stempel 1 trtid" die : Btgferihdiaftf der Rasse tragen, ' 
welche sie reprÜsentireh. Dieser* -RassfenCharacter ist'das' Merk - 1 
mäi reineri Biätes 1 , und -et' tüuss - ohne-Weiteres sofort zti^ 
erkennfeü' sei H. 'DerZüelitboök'finfss'ein ausdruckvolles,' resolutes 4 
Aeussere haben uud sich Cdel trageu.“ Er soll in jeder 1 Hinsicht ‘ 


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272 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 23. 


das Haupt der Herde sein. Um dies zu können, muss er eine 
gute Constitution und lebenskräftige Eigenschaften haben. 
Ohne dieselben ist ein Thier nicht im Stande das Haupt einer 
Heerde oder Zucht zu sein. Bei der Auswahl eines Zuchtbocks 
sehe man zuerst nach dem Haupt. Ist dies mangelhaft, sp ist 
weiteres Anschauen zwecklos und das Thier zu verwerfen. Ein 
kühnes Gesicht, ein klares, ausdrucksvolles Auge und robuster 
Character im Ganzen muss am Kopf hervortreten. Anschliessen 
muss sich ein gut gefüllter, runder, musculöser Nacken, breit, 
zwischen den Hörnern und hinter den Ohren allmählich 
zunehmend bis zu den vollen musculösen Schultern, von otoen, 
vorn und von der Seite gesehen. Eine weite Brust, ein heiVor- 
stehendes gut fleischiges Widerrist,. Unterbrust und volle Herz¬ 
gegend, so dass gerade Linien entstehen, muss dazu kommen. 
Ein Abfall vor oder hinter der Schulter, der Rücken-, Seiten¬ 
oder Brustbeinlinie ist ein Zeichen von Schwäche. Der Rücken 
soll stark, breit und fleischig sein von den Schultern bis zum 
Schwanz. Die Hinterviertel sollen voll und ln der Flanke als 
auch zwischen den Beinen gut geschlossen sein. Die Beine 
sollen weit von einander und gerade stehen. Sichelförmige 
Sprunggelenke und nur schwache, wacklige Kniegelenke sind Grund 
genug, ein sonst gutes Schaf zurückzuweisen.“ Wenn auch 
Prof. CurtiBS hier ein Idealbild fixirt hat, so muss doch nach 
Möglichkeit bei der Auswahl der Zuchtböcke nach den genannten 
Eigenschaften gestrebt werden. 

Tagesgeschlchte. 

Protokoll Aber die Frühjahrs-Generalversammlung 
des Vereins Bheinprensslseher Thler&rste 

am 18. Mai in Cöln. 

Der Vorsitzende, Herr Departementethierazt Dn Schmidt, 
eröffnet« nach 11 Uhr die Sitzung Unter BegrttsSung der 
zahlreich erschienenen Collegen, machte dann Mittheilung von 
dem Dahinscheiden des Kreisarztes Lukas in Montjofe, zu 
dessen ehrenden Adenken er die Versammlung um Erhebung 
von den Sitzen bittet. Fernen erinnert er daran, dass im Herbst 
die Naturforscher-Versammlung in Aachen tagen wird, und *zwar 
zwischen dem 17. und 25. September) wozu er freundlich 
einladet. * 

Bongartz schlägt im Anschluss hieran vor, die Herbst- 
Generalversammlung des Vereins wieder in Aachen abzuhalten, 
damit auch die Section Veterinärmedicin recht zahlreich besucht 
werde, was allgemeine Zustimmung findet. 

Jetzt referirt der Kassirer - Kreisthierarzt Wessendorf 
über den Stand der Kasse. Der Bestand betrug pro 

1898—99 Mk. 255, die Einnahmen pro 1899—90, n 
„ 370, die Ausgaben „ 1898—90, 

Mk. 99, so dass ein Bestand von rund 
„ 525 bleibt Die Versammlung drückte dem 
Kassirer für seine Mühewaltung den Dank des Vereins aus. Zu 
KaBsenrevisoren wurden die Herren Collegen Nehrhaupt * und 
Wulff ernannt, die nach stattgefundener Revision für' den 
Kassirer Decharge beantragten, die vom Vereine ausgesprochen 
wurde. Die Revisoren hielten es jedoch nicht für gut, dass in 
den Büchern so viele Rückstände mitgeschleppt würden; auch 
der Kassirer bedauerte die Thatsaehe und forderte bei dieser Ge¬ 
legenheit die säumigen Collegen auf, recht bald die iück- 
ständigen Beiträge zahlen zu wollen. — Ferner wurde be¬ 
schlossen, angesichts der guten Vermögeusverhältnisse den Bei¬ 
trag pro 1900 auf 3 Mk. herabzusetzen. 


Zum zweiten Punkte der Tagesordnung, Betheiligung der 
Thierärzte an dem Unterricht in den landwirtschaftlichen 
Lehranstalten der Provinz, weist der Referent, Herr Kreis¬ 
thierarzt Hitschfeld darauf hin, dass in der Rheinprovinz 
gemäss der Statistik des landwirtschaftlichen Ministeriums zwei 
höhere landwirtschaftliche Schulen und 28 Winterschulen sich 
befinden, an denen auch der thierärztliche Unterricht, z. B. über 
Viehseuchen, innere und äussere Krankheiten der Haustiere, 
von Nichtthierärzten erteilt wird, was im hohen Grade be¬ 
dauerlich ist. Unter dieser Einrichtung könne nur das Interesse 
der Anstalten leiden, da es ja nicht möglich ist, einen Unter¬ 
richtsgegenstand erfolgreich zu behandeln, den man selbst nicht 
nach allen Richtungen beherrscht. 

An der Debatte beteiligten sich mehrere Redner, allseitig 
wurde die Bereitwilligkeit betont, den betreffenden Unterricht 
zu übernehmen und auf Antrag des Herrn Dr. Lothes be¬ 
schlossen, sich dieserhalb in einer Petition sowohl an die Land- 
wirthschaftskammer wie an den landwirtschaftlichen Central¬ 
verein zu wenden. — Zur Ausarbeitung dieser Petition wurden 
die Herren Dr. Lothes, Koll und Hitschfeld gewählt. 

Zu dem dritten Punkte der Tagesordnung, die Stellung der 
Thierärzte in der Rheinischen Pferdezucht, referirte Kreisthier¬ 
arzt Decker-Mayen, etwa wie folgt: 

Die Ankörung der zur öffentlichen Benutzung aufgestellten 
Hengste ist gesetzlich so geregelt, dass die dabei mitwirkenden 
Thierärzte nur eine beratende, keine beschliessende Stimme 
haben. Hierdurch ist es denselben nicht möglich, ihrer Ansicht, 
beziehungsweise Ueberzeugung den nötigen Nachdruck geben 
zu können. Es muss auch auf diesen Umstand zurückgeführt 
werden, dass sich die Thierärzte in den Körcommissionen viel- 
' faeh nicht des Ansehens zu erfreuen haben, die zu einer er- 
spriesslichen Wirksamkeit erforderlich ist. 

Der zweite Referent, Herr Kreisthierarzt Oellerich-Eus- 
kirchen, schliesst sich diesen Ausführungen an, auch er hält 
die Stellung der Thierärzte als nicht „beschliessende“ Mitglieder 
in den Körcommissionen nicht für standeswürdig. Dr. Lothes 
ist der Meinung der Verein solle sich an die Centralvertretung 
wenden, die Körordnung sei staatlich geregelt, daher könne man 
erfolgreich nur bei dem Minister vorstellig werden, was am 
besten durch die Centralvertretung geschehe. 

Der Schriftführer wurde mit der Abfassung dieser Eingabe 
betraut, die inzwischen bereits abgesandt worden ist. 

Endlich legte der Vorsitzende eine Anzahl Schriftstücke 
des allgemeinen deutschen Versicherungsvereins Stuttgart vor, 
aus denen die Bedingungen der Haftpflichtversicherung und die 
Vortheile ersichtlich sind, die die Versicherung den Mitgliedern 
thierärztlicher Vereine zu bieten gewillt ist. Es wurde 
beschlossen der Versicherung ein Mitgiiederverzeichniss einzu¬ 
senden, damit dieselbe den betreffenden Herrn die massgebenden 
Papiere zu übermitteln im Stande ist. Bis zur nächsten Herbst¬ 
generalversammlung dürfte dann die nöthige Information ein¬ 
getreten sein, um die Angelegenheit weiter verfolgen zu 
können. 

Der letzte Punkt der Tagesordnung, Mittheilungen aus der 
Praxis, konnte wegen vorgeschrittener Zeit nicht mehr erledigt 
werden. Man vereinigte sich zum gemeinsamen Mittagsmahle, 
besichtigte darauf den Zoologischen Garten und folgte endlich 
der Einladung der Cölner Collegen zum alten Präsidium, wo 
beim köstlichen Gerstensaft noch manche frohe und heitere 
Stunde verlebt wurde. 


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7. Juni 1900. BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 273 


Fröhjahrsversammlung des thierärztlichen Vereins 
für die Provinz Brandenburg. 

Der Verein hielt am 27. Mai seine gut besuchte Frühjahrs- 
Versammlung ab und erledigte zunächst geschäftliche An¬ 
gelegenheiten. Nach Aufnahme von acht neuen Mitgliedern zählt 
der Verein jetzt 122 Mitglieder. In den Vorstand wurden 
Schmaltz, Klein und Claus in Berlin, sowie Lehmann- 
Kalau wieder und Schlachthofdirector Schrader-Brandenburg 
neu gewählt. Die sechs zu vergebenden Mandate für Delegirte 
zur Centralvertretung erhielten Prof. Schmaltz - Berlin, 
Departementsthierärzte Buch-Frankfurt und Klebba-Potsdam, 
Kreisthierarzt Claus-Berlin, Schlachthofdirector Schrader- 
Brandenburg und Marstalloberrossarzt Dr. Töpper-Berlin. 

Auf Grund eines Referates von Professor Eberlein, der 
als Vorsitzender des Vereins Berliner Thierärzte diese Frage 
schon in letzterem Verein behandelt hatte, wurde berathen, ob 
nach den Bestimmungen des neuen bürgerlichen Gesetzbuches 
die Eintragung des Vereins zweckmässig sei. Da der Verein ein 
Vermögen (eine Sterbekasse) besitzt, so neigte die Stimmung im 
Allgemeinen der Eintragung zu, doch wurde noch kein definitiver 
Beschluss gefasst, vielmehr Durchberathung der Statuten und 
der ganzen Angelegenheit mit einem Juristen bis zur Herbst¬ 
versammlung dem Vorstande aufgetragen. 

Hierauf folgten zwei sehr interessante Vorträge von 
Dr. Töpper über Castration mit neuen Instrumenten, deren 
Handhabung am natürlichen Präparat demonstrirt wurde, und 
von Graffunder über Maul* und Klauenseuche. Der erstere 
wird demnächst in der B. T. W. veröffentlicht, der letztere steht 
an der Spitze dieser Nummer. 

Beide Themata werden wieder auf die Tagesordnung der 
Herbstversammlung gesetzt, da die sich an beide anknüpfehde’ 
und neue Fragen aufwerfende interessante Discussion nicht zu 
Ende geführt werden konnte und eine nochmalige Besprechung 
wünschenswerth erscheinen liess. Die Discussion betreffs Maul¬ 
und Klauenseuche, welche durch die Anwesenheit und die Aus¬ 
führungen der Herrn Collegen Heck er-Halle noch besonders 
angeregt wurde, führte zur Annahme des von GTaffunder am 
Schluss seines Vortrages gestellten Antrages (s. oben pg. 267). 

Der Verein beschloss ferner, auf Antrag des Kreisthier¬ 
arztes Hesse-Friedeberg, für die Tagesordnung der nächsten 
Plenarversammlung der Centralvertretung*) noch einen zweiten 
Antrag zu stellen, welcher eine Frage von grosser Tragweite 
betrifft. Der Antrag lautet: 

Den Ausschuss der Centralvertretung zu ersuchen, auf 
die Tagesordnung der nächsten Plenarversammlung zu setzen: 
Berathung über Massnahmen zur Herbeiführung einer Ver¬ 
ordnung, welche die Abgabe der Reinculturen von 
Krankheitserregern den Nichtärzten verbietet. Es wird 
zugleich anheimgestellt, die Berathung auf die Abgabe von 
Impfstoffen überhaupt auszudehnen. 

Mit Annahme dieses Antrages wurden die Verhandlungen 
geschlossen. 

41. Sttrasg des Tbierftrztliohea Vereins in Westpfemsen 

am Sonntag, den 24. Juni er., Vorm. 11Ü Uhr in Danzig, 
S chlachthof-Re s taurant. 

Tagesordnung: 

1. Geschäftliches, Rechnungslegung. 

2. Neuwahl des Vorstandes und der Delegirten zum Veterinär¬ 
rath und zur Centralvertretung, Wahl eines Ehrenmitgliedes. 

*) Dieselbe dürfte im Herbst dieses Jahres stattfinden. 


3. „Diagnose der Tollwuth und Tollwuthschutzimpfungen“, 
Referent: Herr Kreisthierarzt Paul-Tuchel. 

4. Die Verarbeitung besonders werthvoller Schlachthofabfälle mit 
Demonstrationen", Referent: Herr Thierarzt Dr. Schmidt- 
Eibing. 

5. Beschlussfassung über die Feier des 25jährigen Stiftungs¬ 
festes des Vereins im Jahre 1901. 

Um 2 Uhr: Dampferfahrt nach Zoppot Um 3% Uhr: Diner im 
Kufhäus in Zoppot. Die Tbeilnabme von Damen wird erbeten. 
Anmeldungen zur Dampferfahrt und zum Diner erbittet bis spätestens 
22. Juni er. Am 23. Juni er., Abends 8 Uhr, Vorversammlung im 
„Deutaohen Haus“ am Holzmarkt 

j Der Vereins-Vorsitzende 

Preusse. 

(t 

< XXXIV. fieaeralversaMHlmg 

• ' des Vereins der Thierärzte des Regierungsbezirks Wiesbaden 

> am Sonnabend den 16. Juni 1900, Vorm. 11 Uhr, 
im Hotel „Metropole“ zu Wiesbaden, Wilhelmsstrasse. 

>« Tagesordnung: 

<: 1. Geschäftliche Mittheilungen, 
i 2. Aufnahme neuer Mitglieder, 
i; 3. Vorträge: 

• >> a) Ueber allgemeine Grundlagen für eine rationelle 

mi Viehzucht. Referent: Kreisthierarzt Dr. Thoms- 

Montabaur. 

b) Die Beaufsichtigung der Zuchtbullenhaltung im Ge¬ 
biete des ehemaligen Herzbgthums Nassau. Referent: 

1. Kreisthierarzt Emmerich-Weilburg. 

0) Die neuesten Fortschritte der Serumtherapie auf 

dem Gebiete der Thierseuchenbekämpfung. Referent: 
.jüiß'U <4 Dn Caspei*Hö«l*et**.-M.»>-<• ,i 

Vorschläge für die nächste Versammlung und Wahl des 

> o Ortes derselben. 

ft. Mittheilungen aus der Praxis. 

; Um 3 Uhr gemeinsames Mittagsmahl. Um zahlreiche Be¬ 
theiligung wird gebeten. Gäste sind willkommen. Anmeldung 
der Gedecke (Preis 4 M.) bis spätestens 14. Juni er. an 
Herrn. Depart.-Thierarzt Dr. Angst ei n-Wiesbaden, Moritz¬ 
strasse 21, erbeten. 

.e I. A.: Dr. Casper, 

.e Schriftführer. 

Thlerirztllober Verein zu Berlin. 

Die geselligen Zusammenkünfte der Vereinsmitglieder nebst 
Familienangehörigen finden in diesem Sommer in Bötzow’s 
Restaurant Friedrichstrasse, gegenüber dem Bahnhofe, an 
folgenden Montagen statt: 11. Juni, 2. Juli, 6 August, 3. September. 

Der Vorstand. 

Eatgegnang. 

(Vergl. No. 21, pag. 250 „Ein netter Brief'.) 

Herr Oberrossarzt a. D. Dischereit hat der Redaction 
eine Erwiderung übersandt, aus der die nachfolgende sachliche 
Darstellung hierunter wörtlich veröffentlicht werden soll: 

• yWie in der Berliner Thierärztlichen Wochenschrift, Jahr¬ 
gang 1892, Seite 143 zugegeben ist, giebt es Kreisthierärzte, 
welche die Anschanung im Publikum, dass der Kreisthierarzt 
eine _ Rohere wissenschaftliche Ausbildung und ein massgebenderes 
Urtheil in rein praktisch-thierärztlichen Fragen besitzen müsse, 
durch eigene Aeusserungen hervorrufen bezw. bestätigen und 
also durch eine Täuschung des Publikums den in privater 
Thätigkeit mit ihnen concurrirenden Collegen Nachtheil zufügen. 


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274 


BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 23 


Ebepdort heisst es, duäs „solch® Kpeißthterllrzte vereinzelte Aus¬ 
nahmen bilden. c ..i ... r: 

1 Wedn. ich hinzüfüge,; dass -diese; s«lte*efl;Ausnubmen ledig- 
4icli .unter den jüngeren und jüngsten Kreisthierärzten zu suchen 
sind, so wird diese Behauptung von den meisten praktischen 
Thierärzten kaum bestritten werden. 

Dieser durch absichtlich®. Täuechpogen;-. dem ih privater 
Thätigkeit befindlichen ^hterteztej. zugefpgte NaCbtheil'; kann 
denselben nach -zWei Richtungen-friti - treffen; defThierarzt kann 
in gewerblicher .Hinsicht geöchädigp werden] ‘dann aber auch 
vor allem — und dieses ist die Hauptsache'an'.seiner bürger¬ 
lichen Elu«. 

Gegen Schädigungen in ersterer Hinsicht, so gegen mir 
hinterbrachte abfällige Critik meiner Behandlung von auf 
Seuchengehöften zufällig gesehenen Patienten, kann ich mich 
schützen. In einer durch' - unermüdlichen Fleiss und Rechtlich¬ 
keit auf breiter Basis gefestigten Stellung kann ich von höherer 
Warte aus mit Ruhe solchen Abgriffen auf mein technisches 
Können Zusehen; der Schaden fällt auf seinen Urheber zurück. 

Anderen Standpunkt muss ich nehmen, wenn an meine 
persönliche Rechtschaffenheit getastet wird und ich meine bürger¬ 
liche Ehre vertheidigen muss. * ** 

KosBath Pape und Amtmann Beuchet hatten sich geeinigt, 
in ihrer Sache gemeinsam mein Attest einzuholen. 

Am folgenden Tage wird mir vom Amtmann B. ein Brief 
des P.gezeigt, aus welchem ich entnehme, mein Attest sei 
nicht * massgebend, em Attest - ausznstellen sei ich nicht 
berechtigt. Geltung hätte nur ein* kreisthierärztliches Attest, 
er, Pu-^e, hätte sich bei einem Kreisthrerarzt erkundigt. 

.Hieraus folgte für mich,* dass Kossath P ap e von seinem 

mir unbekannten Rathgeber die Ueberzeugung beigebracht ist, 


die Ausstellung eines Attestes sei für mich nicht erlaubt, ge- 
wissermassen strafbar.** •—— •— 

- Trotz dieser Darlegung können wir unsere Beurtheilung des 
-Vorganges nicht ändern. Gewiss ist die B. T. W., wie schon 
in No. 21 hervorgehoben wurde, immer dafür nachdrücklichst 
eingetreten, dass die thierärztliche Praxis, das Schönste am 
Beruf, nicht von dem amtlichen Veterinärwesen zurückgedrängt 
werde und dass nicht dje Privatthierärzte auf nichtamtlichem 
Gebiet durch Bevorzugung der Kreisthierärzte benachteiligt 
werden .( vgl. auch No. 10, pg. 118). Vor Gericht siad alle zu¬ 
verlässigen Thierärzte als Sachverständige gleichberechtigt. 

* Aber erstens hat Herr D. gar nicht den Beweis, dass ein 
Kreisthierarzt einen weitergehenden Anspruch erhoben hat. Denn 
aus den Redensarten des von ihm citirten Bauern konnte er über¬ 
haupt nichts Bestimmtes folgern. Und wenn er ferner wirklich 
sich gegen einen Einzelnen zu vertheidigen gehabt hätte, so be¬ 
rechtigte ihn nichts, die Gesammtheit der Kreisthierärzte an- 
zugreifen und mit solchen Mitteln ihre Herabsetzung zu versuchen. 

Ira Uebrigen dient dieser Vorgang vielleicht unbeabsichtigt 
zum Guten.; Er wirft ein grelles Licht anf die Thatsache, wie 
das veraltete „Rangverhältnis6“ der Kreisthierärzte zwar von 
Allen Wohlgesinnten übersehen, von allen Uebelwollenden aber 
aosgenutzt wird. Was hier allerdings wohl znm ersten Mal ein 
Collegegethan, das tlmn von Ueberhebung umnebelteKreissecretäre, 
Amtsvorsteher ete. des öfteren, sobald es in ihren Kram passt. 
_§plche Vorgänge beweisen* dass die veraltete Stellung der 
Kreistbierärzte nicht, wie manchmal geglaubt wird, in der Neu¬ 
zeit bedeutungslos geworden ist, sondern dass ihre Abänderung, 
von allen anderen Gründen abgesehen, sich mehr und mehr als 
dringendes Bedürfniss znm Schatze des amtlichen Ansehens der Kreis- 
thierärztegegenüberdemPublikumallei Artherausstellt. Schmaltz. 


üeffentliches Veterinftrweseni 


. - (Mi 11 h e ij'u n g e n fü 

Seuchenstatistik ulid Veterinärpolizei, 
o .Pie Maul-und JCIaiienwjiohe ln ArgeiUrten • 

, scheint doch «ine .bedeutend,? Verbreitung erlangt- zu haben. 
Um der weiteren Ausdehnung Einhalt zu bieten hat, man 
Qnarantäneliniejg gezogen und die südlichen Gebiete gegen die 
nördlichen Landestbeile abgesperrt. In England ist das letzte 
Schiff mit argentinischem Vieh eingetroffen. 23 Schiffe hatten 
Thiere an Bord, ' welche an Mapl- und Klauenseuche erkrankt 
wären.' Nicht' nUT die Rinder, sondern auch die Schafe waren 
afficirt.Wie Augenzeugen* "berichten, soll -das Bild der er¬ 
krankten Rinder; die fast sämmtlich ausschuhten, schrecklich 
änzüsfehen ge wes elf sein." Art Schiffsbord verläuft die Maul¬ 
und Klauenseuche besonders schwer, wie schon aus den Ver- 
lnsteii zu ersehen ist, welche; die Schiffe zu verzeichnen 
hatten. So.verlor.derDampier^Tanagra“ jn Folge .der Maul- und 
Jflauenseuche 283 Rinder'. und A67 •; Schafe. .Die gelandeten 
Thiere musst«® innerhalb 36 Stunden .abgeschlachtet sein, Der 
Dünger.und d asPntter musste, auf .See über Bord geworfen werden. 
- Die. Schlachtplätze für das ausländische Vieli waren streng ab- 
.‘gesperrt. Die getroffenen Massnahmen haben bewirkt, dass 
; eine Verschleppung in das Inland nicht stattgefunden hat. Die 
? argentinischen Viehexporteure beabsichtigen die Schiffe nach 
. Antwerpen laufen zu lassen, dort das Vieh zu löschen, abzu- 
• schlachten und .dann das Fleisch nach England zu bringen. Vor¬ 
derst hat das Ausbleiben der Viehsendungen aus Argentinien ein 
. 'Anziehen, der Fleischpreise in England zu Wege gebracht. K._ 


r Veterinärbeamte.) 

’ ’ Canada’s Massnahmen gegen Verschleppung der Maid- u. Klauenseuche. 

Damit von den Häfen Canada’s aus die Maul- und Klauen¬ 
seuche nicht verschleppt wird, hat die Regierung angeordnet, 
dass Schiffe, welche Vieh* oder tbierische Theile aus Argentinien 
1 und Uruguay an Bord gehabt haben, während eines Zeitraumes 
von 30 Tagen danach Vieh in Canada nicht laden dürfen. Sind 
Fälle von Seuche vorgekommen, beträgt der Zeitraum 60 Tage. 
'I Ferner ist'ausdrücklich auf die Bestimmung hingewiesen worden, 
dass benutzte Viehanbinde-Stricke nicht eingeführt werden dürfen 
und die Viehträiisportschiffe vorschriftsmässig desinfizirt werden 
müssen.' 

•- Bekanntmachung. 

In Abänderung meiner Bekanntmachung vom 15. Januar 
i dieses Jahres (Amtsblatt Seite 40) wird unter Bezugnahme anf 
die landespolizeiliche Anordnung vom 4. März 1896 (Amtsblatt 
Seite 72) das Verzeichnis« derjenigen verseuchten Reichs- 
theile.. bezüglich deren für das hierher ein geführte Vieh die 
thierärztliche Untersuchung angeordnet ist, nachstehend, wie 
folgt, abgeändert und erneut veröffentlicht. 

Pre®8sen.. Regierungsbezirk: Potsdam, Stettin, Magdeburg. 
Hildesheim, Minden, Arnsberg* Düsseldorf; 

Bayern. Regierungsbezirk: Oberbayern, Niederbayem. 
Pfalz, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unterfranken. 
Schwaben; 

Württemberg. Verwaltungsbezirk: Neckarkreis, Schwanc- 
I waidkreis, ■ Bonaäkreis, Jagstkreis; 

Sachsen. Kreishauptmaimschaft: Dresden, Leipzijr. 
I Zwickau, , 


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7. Juni 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


275 


Baden. Landeskommissariat: Konstanz, Freiburg, Karls¬ 
ruhe, Mannheim; 

Hessen. Provinz: Starkenburg, Oberhessen, Rheinhessen; 
Mecklenburg-Schwerin, Sachsen-Weimar, Braun¬ 
schweig, Anhalt und die dreiBezirke von Elsass-Lothringen. 
Danzig, den 8. Mai 1900. Der Regierungs-Präsident. 


Vieheinfuhr aus der Schweiz. 

Durch Verordnungen in Württemberg und den Reichslanden 
sind die Verordnungen vom November 1899, welche das Verbot 
der Ein- und Durchfuhr von Rindvieh und Ziegen aus der 
Schweiz auch für Zuchtvieh ausnahmslos machten, aufgehoben 
worden. Künftig ist die Einfuhr von Zuchtrindern und Zucht¬ 
ziegen durch Landwirthe für den eigenen Bedarf oder durch 
Händler, welche Einzelaufträge von Landwirthen nachweisen, 
gestattet. 


Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen etc. 

Ausbruche sind gemeldet aus Passau vom 28. Mai, ans 
Nürnberg vom 29. Mai in der Schweineabtheilung und am 2. Juni 
unter dem Grossvieh, wo sie am selben Tage wieder erloschen ist : 
ferner aus Hamburg (unter Schweinen) und aus Berlin (Central¬ 
viehhof unter Rindern) am 2. Juni. 


Fleischschan and Viehverkehr. 

Fleischbeschau im Königreich Sachsen 1898. 

Während des Berichtsjahres sind von den der Schlacht¬ 
steuer unterworfenen Thieren geschlachtet worden: 1 201932 
Stück (darunter 12 078 Nothschlachtungen), und zwar 35 636 
Ochsen (124 Nothschlachtungen), 188643 sonstiges Rindvieh mit 
Ausnahme der Kälber (5374) und 977 653 Schweine (6 580)- 
In 36 Städten, aus welchen Berichte über die Fleischschau ver- 
werthet sind, wurden geschlachtet 104018 Rinder, 248659 Kälber, 
153 638 Schafe, 3847 Ziegen, 439 745 Schweine, 4 931 Pferde 
nnd 535 Hunde, zusammen 955373 Thiere. Von den geschlach¬ 
teten Thieren wurden für bankwürdig erklärt 947 069 — 

99,13 pCt., wovon 73 188 unter Ausschluss einzelner Theile, 


beschlagnahmt 8304 = 10,18 pCt. aller beanstandeten und 
0,86 pCt der geschlachteten Thiere. Von den beanstandeten 
ganzen Thieren wurden vernichtet 1229 = 0,12 pCt, der Frei¬ 
bank überwiesen 7075 = 0,74 pCt. Von Fleisch wurden ver¬ 
nichtet 11939,10 kg, zur Freibank kamen 3 434,18 kg. Von 
einzelnen Organen wurden vernichtet: 53 182 Lungen, 1248 
Herzen, 27 374 Lebern, 3592 Milzen, 7586 Magen und Gedärme, 
6337 Nieren, 3416 Uteri, 1032 Euter, 612 Kopftheile, 196 Zungen 
4130 Verschiedenes. 

Tuberculös wurden befunden 31 690 Rinder (= 30,46 pCt. 
der geschlachteten Rinder), 617 Kälber (0,24 pCt.), 143 Schaf»» 
(0,09 pCt.), 16 Ziegen (0,41 pCt.), 13898 Schweine (3,16 pCt.), 
8 Pferde (0,16 pCt.), 2 Hunde (0,37 pCt.), zusammen 46 374 
Thiere (4,85 pCt.). Von den tuberculösen Thieren wurden ver¬ 
nichtet: 510 Rinder, 160 Kälber, 7 Schafe, 2 Ziegen, 132 
Schweine, 1 Pferd, 2 Hunde, für bankwürdig erklärt: 29 593 
Rinder, 289 Kälber, 128 Schafe, 12 Ziegen, 10 321 Schweine, 
7 Pferde. Der Freibank wurden überwiesen die verwerthbaren 
Theile im rohen Zustande von 783 Rindern, 94 Kälbern, 5 Schafen, 
2 Ziegen, 605 Schweinen, nach vorheriger Sterilisirung des 
Fleisches und Ausschmelzen des Fettes von 800 Rindern, 74 
Kälbern, 3 Schafen, 1954 Schweinen; von 4 Rindern und 886 
Schweinen nur das ausgeschmolzene Fett. 

Wegen Finnen wurden 374 Rinder und 131 Schweine bean¬ 
standet; Trichinen wurden bei 61 Schweinen gefunden, d. s. 
1: 16 000 geschlachteten. (Nach dem Jahresbericht über das 
Veterinärwesen in Sachsen und einem Referat in den Mittheilungen 
des Kais. Gesundheitsamtes.). 

Tödtungsapparat für Thiere. 

Ein von einem Thierschutzverein aufgestellter Tödtungs¬ 
apparat sollte kleine Thiere durch Ersticken mit Kohlensäure 
tödteri. Bei den vorgenommenen Proben liess der Tod so lange 
auf sich warten und erschien ohne weiteres als so qualvoll, dass 
die behördliche Genehmigung zur Aufstellung des Apparates ver¬ 
sagt wurde. (Sächs. Veterinärb. 98.) 


Bücher an zeigen und Kritiken. 

v. 

Aufsitze, Broschüren etc. 

( Eine weitere Besprechung ist des Raumes wegen nicht möglich.) 

Das Kalksteinmehl im Dienste der Landwirtschaft von 
K. H. Neuffer. Heilbronn im Selbstverlag. 1,50 M. — 

Viehhöfe und Schlachthöfe. Von Dr. Hirschberg-Berlin. 
(Sonder-Abdruck aus dem statistischen Jahrbuch deutscher 
Städte.) — 

Gemeinfassliche Anweisung zur Verhütung einiger Krank¬ 
heiten des Rindes. Auf Veranlassung der Königl. Versicherungs¬ 
kammer verfasst von Professor Alb recht. München bei Gottes¬ 
winter. — 

Der Ecchinococcus multilocularis in Tirol von Dr. A. Posselt. 
Leipzig bei F. C. W. Vogel. 1,50 M. (Sonderabdruck aus dem 
Archiv für clinisclie Medicin Bd. 59). — 

Die Amöben, insbesondere vom parasitären und cultnrellen 
Standpunkt von Sanitätsrath Dr. Behla. Berlin bei Hirschwald. 

Untersuchungen über die Werthbestimmung des gewöhnlichen 
Tuberkulins. Aus dem Kgl. Institut für Serumforschung und 
Serumprüfung, von Prof. Dönitz. Abdruck aus dem klinischen 
Jahrbuch Bd. VH. Jena bei G. Fischer. — 


Verzeichniss empfehlenswerter Werke über Landwirtschaft, 
Gartenbau und Forstwesen der Verlagsbuchhandlung Paul Parey 
1900. Ein hübscher Katalog, interessant gemacht durch Bei¬ 
gabe wohlgelungener Porträts fast sämmtlicher Autoren. Da 
sich darunter eine ganze Anzahl Thierärzte befinden, so hätte 
neben Gartenbau und Forstwirtschaft allenfalls aüch die Thier¬ 
heilkunde auf dem Titel genannt werden dürfen. — 

Der Zucker in seiner Bedeutung für die Volksemährnng. 
Von Dr. Theodor Jaensch. Sechstes Tausend. Berlin, bei 
Parey. 1900. — 

E. Merck, Darmstadt. Bericht über das Jahr 1899. Ans¬ 
gegeben Januar 1900. Der Bericht des bekannten chemisch- 
pharmaceutischen Institutes giebt eine Uebersicht über die 
pharmacotherapeutischen Neuheiten des verflossenen Jahres. — 

Ueber die Gefahr der Verbreitung derTuberculose 
dürch die Kuhmilch und Massregeln zur Abwehr dieser Gefahr. 
Vier Vorträge im milch wirtschaftlichen Verein. Von Plehn, 
Kühnau, Waldeyer und Weigmann. Herausgegeben vom 
Geschäftsführer des Vereins, Oeconomierath Boysen. Leipzig 
bei Heinsius Nachfolger, 1900. Das Wesentliche des Inhalts 
ist den Lesern der B. T. W T . bereits durch Kühnaus Ver¬ 
öffentlichungen bekannt geworden. Die Broschüre verdient alle 


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276 

Beachtung und weitgehendste Verbreitung namentlich auch in 
landwirtschaftlichen Kreisen. — 

Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung zur Heilung 
und Eiforschung der Tollwuth am Institut für lnfectionskrank- 
heiten zu Berlin im Jahre 1898. Von Dr. Marx. Abdruck 
aus dem klinischen Jahrbuch. Jena bei Gustav Fischer, 1890. 
Ans dem Inhalt wird in der B. T. W. ein Referat gebracht 


No. 23. 


Wohnsltzverinderungea, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die 
Thierärzte Arthur Metscb - München nach Tölz als bezirks¬ 
thierärztlicher Assistent und K. Tiburtius von Berlin nach Cosel 
(Schlesien). 

Todesfälle: Hellberg, Bezirksthierarzt in Sulzbach, Raab, 
Stabsveterinär a. D. in Regensburg, Thomas, Oberrossarzt a. D. 
in Glogau. 


BERLINER THTERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


werden. — 

Zeitschriften. 

Zeitschrift für Pferdekunde und Pferdezucht. Redigirt vom Be¬ 
zirksthierarzt Bos8ert-Wiirzburg. Organ der Pferdezucht- 
Vereine bezw. des pfälzischen Rennvereins, des Vereins zur 
Förderung der Traberzucht in Bayern, des württembergischen 
Pferdezuchtvereins und der bayerischen Campagne-Reiter¬ 
gesellschaft. Jährlich 2,85 Mk. 

Wir sind gebeten worden, auf diese bereits im 14. Jahrgang 
erscheinende gut redigirte Zeitung aufmerksam zu machen. 

Zeitschrift für Ziegenzucht. Herausgegeben von Dr. Nörner 
in Berlin. Leipzig bei Richard Carl Schmidt. Erscheint seit 
1. April 1900 monatlich, klein Octav. Postzeitungsliste 8672a. 
Preis 60 Pfg. für das Halbjahr. 

Rundschau auf dem Gebiete über Fleischbeschau, des Schiacht- und 
Viehwesens. Centralorgan zur Vertretung der in diesen Berufen 
thätigen Beamten. Redigirt von Dr. Bündle. Verlag von 
Philipp Miinch-Berlin. Erscheint seit 1. Mai 2 Mal monatlich in 
Gross-Quart-Forraat zum Preise von 1,25 M. quartaliter. 

Neue Eingänge. 

(Besprechung Vorbehalten.) 

Die Unfruchtbarbeit des Rindes, ihre Prsache und Bekämpfung, 
von Prof. Dr. Zschokke in Zürich. Zürich bei Ovoll Fiissli 1900. 
4,40 M, . 

Friedberger u. Fröhner. Lehrbuch der speciellen Pathologie 
und Therapie. Fünfte Auflage. Stuttgart bei Enke, 1900. 


Personalien. 

Ernennungen etc.: Die comm. Kreisthierärzte Beicour in 
München-Gladbach, Böttcher in Ueckerralinde, Eicke (pract. 
Thierarzt) in Rastenburg, Matzki in Kempen i. P., Melde in 
Marburg, Migge in Osterode (Ostpr.), Müggenburg in Grimmen, 
Müller in Horka, Kr. Rothenburg (Scble.s.), Ruhs in Weissensee 
(Thüringen), Wolpers in Heinsberg definitiv zu Kreisthier¬ 
ärzten. — Die Thierärzte Ali Iburg-Beinum für Arolsen und 
Wodarg-Grätz für die Kreistbierarztstelle in Schwerin a. W. 
zu commissarischen Kreistbierärzten. — Jänel, Kreisthieravzt in 
Trachenberg in gleicher Eigenschaft nach Neumarkt (R.-B. Breslau) 
versetzt. — Den Departementsthierärzten Baranski-Stralsund, 
Brietzmann-Köslin, lloltzhaucr-Lüneburg, Dr. Kl osterkemper- 
Osnabrück, Voss-Aurich und Wallmann-Erfurt ist die Bearbeitung 
der Veterinärsachen bei der Präsidialabtheilung der betr. Königlichen 
Regierung übertragen worden. 

In Bayern: K. Engel, Bezirksthierarzt in Kaufbeuren zum 
pragmatischen Bezirksthierarzt daselbst, die Districtsthierärzte 
S. Liebl-Dorfen (Oberbay.) in Neustadt a. S. (Unterfr.) und 
K. Schönle-Aub in Pegnitz zu Bezirksthierärzten. Thierarzt 
Ferd. Diem-Markt Redwitz zum Districtsthierarzt in Greding 
(Mittelfrank.) Ferner die Bezirksthierärzte Ilillerbrand-Freising 
nach Wasserburg und Joh. Stonger-Königshofen i. Gr. nach 
Würzburg versetzt. 

Gewählt: Thierarzt Otto Meier zum Assistenzthierarzt am 
Schiachthof in Graudenz. 

Approbationen in Berlin: Die Herren Friedrich Giese, Paul 
Grosseit, Nicolai Ilohwii, Otto Simon. 


Yacanzen. 

(Näheres über die Vacanzen mit abgelanfener Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 

Kreiothlerarztotellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Cassel: Gersfeld (600 M.), (erneut ansgeschrieben,) 

Gesuche innerhalb 4 Wochen an den Regierungspräsidenten. 

— R.-B. Cöslin: Bütow (600 M. und voraussichtlich Kreiszuschuss). 

— Stolp (Nord) (erneut ausgeschrieben) mit dem Amtssitz in Glowitz. 
Gesuche an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Köln: Waldbröl 
(neuerrichtet) (600 M. Gehalt, 200 M. aus Kreismitteln, 810 M. für 
Beaufsichtigung der Viehmärkte). Bewerbungen bis 18. Juni an den 
Regierungspräsidenten. 

Deutsch-Südwest-Afrika: Für das Kaiserliche Gouverne¬ 
ment vorläufig zur comm. Beschäftigung 2 approb. Thierärzte zum 
sofortigen Antritt (6000 M. Anfangsgehalt, Wohnung etc. Hin- und 
Rückreise; 1000 M. Ausrüstungsgelder; 3 Jahre Verpflichtung). 
Bewerb, an die Kolonialabtheilung des Auswärtigen Amtes. 

b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Aachen: Montjoie. —R.-B. Köln: Rheinbach. — R.-B. Wies¬ 
baden: St. Goarshausen. 

Sanltltsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Cottbus: Schlachthofassistcnzthierarzt bis 1. October (Beschäftigung 
diätarisch, vierteljähr. Kündigung; 1500 M. p. a.). Bewerbungen 
an den Magistrat. — Klingenthal und Nachbargemeinden: Thier¬ 
arzt für die wissenschaftliche Fleischbeschau. (Untersuchungs¬ 
gebühren und ein zu vereinbarendes Fixum. Ausserdem 800 Mk. 
staatliche Beihilfe, ca. 600 Mk. Untersuchungsgebühren für Pferde- 
scblachtungen). Bewerbungen an den Getoeinderatb in Klingenthal. 

— Neheim: Schlachthofdirector zum 1. Juni er. (2000 M. Wohnung etc. 
Privatpraxis.). Bewerb, an den Magistrat. — Pausa und Nachbar¬ 
gemeinden: Thierarzt für Fleischbeschau. (Bis 1903 eine amtliche 
Beihülfe von 800 Mk. und von den Stadtgemeinden 300 Mk.) Bewerb, 
bis 18. Juni er. an den Stadtgemcinderath in Pausa. — Wamsdorf, 
Bez. Leipzig: Thierarzt fllr Fleiscbschau in W. und in den Nachbar¬ 
gemeinden. Meid, an den Gemeindevorstand. — Zwickan: 
2. Schlachthofthierarzt zum 1. Juni (1800 M. Wohnung etc.) 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Cassel: 3. Schlachtbofthierarzt. — Düsseldorf: 2. Assist enz- 
thierarzt. — Eberswalde: Schlachthofinspector. — Frankfurta. 0.: 
Schlachthofdirector zum 15. Juni er. — Johanngeorgenstadt 
und Nachbargemeinden: Thierarzt für Fleischbeschau. — Königs¬ 
wartha i. S.: Thierarzt für Fleischbeschau. — Lunzenau: Thierarzt 
für Fleischschau. — Mülhausen (Eisass): Schlachthofverwalter.— 
Pössneck: Thierarzt für Fleischbeschau. — Wanne: Schlachthof¬ 
vorsteher. — Pritzerbe: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleisch¬ 
beschau. — Wetter (Ruhr): Thierarzt"für Fleischbeschau. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt. — Peiskretscham (Ober-Schles.): Thier¬ 
arzt. Bewerbungen beim Magistrat. — Schönbaum (Danzig). 

— Sold au (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Eickel: Thierarzt — Mengering¬ 
hausen (Waldeck): Thierarzt. — Rhinow (R.-B. Potsdam): 
Thierarzt. Schloppa (Westpr.): Thierarzt sofort, (ca. 1000 M. aus der 
Fleischbeschau). Meid, an den Magistrat. — Schwarzenberg i. S.: 
Thierarzt für Fleischbeschau u. Praxis. — Sonnenburg: Thierarzt— 
Suclze (Mecklb.): Thierarzt (300 M. Fixum aus der Stadtkasse). 
Bewerbungen an den Magistrat. — Weilerbach, Bez.-A. Kaisers¬ 
lautern : Thierarzt (750 Mark Beihülfe). Meid, bis 15./6. an den Bürger¬ 
meister. — Wolkenstein: Thierarzt für Praxis und Fleischschau. 


'Verantwortlich für nen Inhalt (csch Inscratenthoil): Prot Dr. Schm&ltz ln Berlin. — Vorlag and Eigenthnm von Richard Scboets ln Berlin. — Druck von W. BQxensteln, Berlin 


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Die „Berliner Thlerirstliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in St&rke von mindestens l'/i Bogen- Dlcselbo 
ist cn beziehen durch den Buchhandel, dio Post (No 1068) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung, von Richard 
Sohoetz, Berlin NW, Luisenstrasse 96, zum Preise von 
Mk. 6, - pro Vierteyahr. 


Berliner 


Originalbcitrige werden mit 60 Hk. für den Bogen honorirt 
Alle Manuscripte, Mitthellungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr Schmaltz, 
Berlin, thlcr&rztlicbo Hochschule, NW-, Luisonstrasse 66. 
Correcturen, Recensiona-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Schoet *, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M 24 . Ausgegeben am 14. Juni. 


Inhalt: Die thierärztlichen Approbationen im Jahre 1898/99. — Litfas: Heilung einer veralteten totalen Zertrennung 
der Bengesehnen durch Beschlag. — Referate: Kasselmann: Kryptorchismus beim Schwein. — Kleine Mittheilungen. — 
Schulze: Untersuchungen über die Strahlenpilzformen des Tuberculoseerregers. — Korn: Weitere Beiträge zur Kenntniss 
der säurefesten Bacterien. — Miessner: Die Drüsen des dritten Augenlides einiger Säugethiere. — Tagesgeschichte: 
Verschiedenes.— Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. 
— BUcheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen. 


n:« 



ink.» innoinn 





uic und di zuibiicii Mp|ii uuauuncii iiii jaiii e iooo/oo. 

(April—April). 

Liste. 

Lfd. 

No. 

Namen 

Geburts¬ 
oder Heimatsort 

Bundesstaat 
bezw. Provinz 

Lfd. 

No. 

Namen 

Geburts¬ 
oder Heimathsort 

Bundesstaat 
| hezw. Provinz 

47 

48 

49 

Kaut, Hermann 
Klopsch, Max 

Knutb, Paul 

Breslau 

Guben 

Miltzow 

Schlesien. 

Brandenburg. 

Pommern 

1 

I. I 

1 Altmann, Alfred 

n Preussen. 

1 Dresden 

Königr. Sachsen 

50 

51 

52 

Krembzow, Ernst 
Krüger, Berthold 
Krynitz, Walter 

Schönfeld 

Friedr. Willielmsihal 
Berlin 

Schlesien 

Pommern 

Berlin 

2 

Altmann, Max 

Fraii8tadt 

| Posen 

53 

Lange, Friedr. Ernst 

Ludwigslust 

Mecklbg.-Schwerin 

3 

Arndt, Paul 

Kl. Ellguth • 

Schlesien 

54 

Laffert, Gustav 
Lehmann, Paul 

Nöblin 

Pommern 

4 

Bauer, Franz 

Racendowo 

Posen 

55 

Schmorlsch 

Schlesien 

5 

Bauer, Otto 

Mühlhausen 

Prov. Sachsen 

56 

Leipziger, Erwin 

Saarbrücken 

Rheinprovinz 

6 

Beckedorf, Heinrich 

1 Gehrden 

Prov. Hannover 

57 

Lemm, Josef 

Düren 

Rheinprovinz 

7 

Bergfeld, Friedrich 

Essen 

Rheinprovinz 

58 

Lewin, Hans 

Merseburg 

Prov. Sachsen 

8 

Bertram, Wilhelm 

; Ablshausen 

Braunschweig 

59 

Liebig, Otto 

Fraustadt 

Posen 

9 

ßiermann, Richard 

Berlin 

Berlin 

60 

Lieblich, Albert, 

Buer 

Hannover 

10 

Bierthen, Emil 

1 Düsseldorf 

Rheinprovinz 

61 

Loeb, Karl 

Karlsruhe 

Baden 

11 

Biesterfcldt, Julius 

1 Heepen 

Westfalen 

62 

Löffler, Karl 

! Oberröblingen 

Prov. Sachsen 

12 

Bischoff, Georg 

Sachsendorf 

Brandenburg 

63 

; Logemann, Fritz 

Wehringhausen 

Westfalen 

13 

Block, Feodor 

Westercappeln 

Westfalen 

64 

Lossow, Walther 

Masurhöfchen 

Ostpreussen 

14 

Blunk, Richard 

Slate 

Mecklbg.-Schwerin 

65 

Luchhau, Paul 

Stettin 

Pommern 

15 

Bordiert, Richard 

Hiselitz 

| Prov. Sachsen 

66 

Maertens Walther, 

Wettin 

Prov. Sachsen 

16 

Dahine, Theobald 

Berlin 

Berlin 

67 

Mever, Ernst 

Schuppinnen 

Ostpreussen 

17 

Dezelsky, Hermann 

Jabloncz 

Pommern 

68 

Meyer, Paul 

Barmen 

Rheinprovinz 

18 

Draheim, Wilhelm 

Blumenhagen 

I Brandenburg 

69 

Meyer, Julius 

Ilerzlake 

Hannover 

19 

Dreyer, Carl 

Prislich 

Mecklbg.-Schwerin 

70 

Meyer, Franz 

Dincklage 

Oldenburg 

20 

Ehlers, Karl 

Grasdorf 

Hannover 

71 

Miethe, Karl 

Burglehn 

Brandenburg 

21 

Förster, Carl 

Breitenworbis 

Prov. Sachsen 

72 

Mucha, August 

Ober-Lazisk 

Schlesien 

22 

Fromme, Anton 

Kirchborchen 

Westfalen 

73 

Müller, Willy 

Berlin. 

Berlin 

23 

Garlof, Friedrich 

Wiendorf 

Mecklbg.-Schwerin 

74 

Nabel, Heinrich 

Schöningen 

Braunschweig. 

24 

tho Gempt, Johann 

Hollich 

Westfalen 

75 

Naumann, Emil 

Hamburg. 

Hamburg 

25 

Geraut, Alwin 

Oebisfelde 

Prov. Sachsen. 

76 

Neubauer, Josef 

Seehurg 

Ostpreussen. 

26 

Glaesmer, Kurt 

Landsberg 

Brandenburg. 

77 

Pabst, Heinrich 

Wiesloch 

Baden. 

27 

Greiser, Oskar 

Lauenbrück 

Hannover. 

78 

v. Parpart, Walther 

Jankow-przygoda 

Posen. 

28 

Grix, Ernst 

Schöneberg 

Brandenburg. 

79 

Petersen, Ernst 

Segebcrg 

Schleswig. 

29 j 

Gumholdt, Oskar 

Mohrungen 

Ostpreussen. 

80 

Pfefferkorn, Hugo 

Langendreer 

Westtalen. 

30 1 

Günther, Friedrich 

Brennken 

Ostpreussen. 

81 

Philipp, Gustav 

Plaue 

Brandenburg. 

31 1 

Hagenstein, Friedrich 

Lippehne 

Brandenburg. 

82 

Plath, Max 

Neustettin 

Pommern. 

32 | 

Hansen, Boetius 

Deetzbüll 

Schleswig. 

83 

Platvoet, Bernhard 

Ascheberg 

Westfalen. 

33 i 

Hansen, Adher 

Winum 

Schleswig. 

84 

Plessner, Max 

Berlin. 

Berlin 

34 1 

Heidenreich, Albert 

Reichen 

Schlesien. 

85 

Promnitz, Bruno 

Schönhausen 

Prov. Sachsen. 

35 

Heilmann, Louis 

Berlin. 

Berlin 

86 

Purtzel, Otto 

Könitz 

Westpreussen. 

36 

Heinen, Alois 

Doveren 

Rheinprovinz. 

87 

Rabert, Wilhelm 

Schapdetten 

Westfalen. 

37 

Hemmerling, Oskar 

Berlin. 

Berlin 

88 

Rachfall, Adolf 

Berlin. 

Berlin 

38 | 

Hennig, Ernst 

Ratibor 

Schlesien. 

89 | 

Rahnenfiihrer, Friedr. 

Gr.-Friedrichsgrab. 

Ostpreussen. 

39 1 

Hermeyer, August 

Dornum 

Hannover. 

90 

Raebiger, Hans 

Görlitz 

Schlesien. 

40 

Heuer, Paul 

Düsseldorf 

Rheinprovinz. 

91 1 

Reichert, Franz 

Wülfershausen 

Bayern. 

41 

Hintze, Robert 

Grabow a. 0. 

Pommern. 

92 

Reimer, Franz 

Schleswig 

Schleswig. 

42 

Hohlwein, Emil 

Limburg a. d. Lahn 

Hessen-Nassau. 

93 

Reineck, Karl 

Wetzlar, 

Rheinprovinz. 

43 

Hutb, Johann 

Köln 

Rheinprovinz. 

94 I 

Riedlinger, Reinhold 

Sigmaringen 

Hohenzollern 

44 

Jäger, Alfred 

Neumarkt 

Schlesien. 

95 | 

Rüther, Rudolf 

Brilon 

Westfalen. 

45 

Jucke!, Willy 

Posen. 

Posen 

96' ' 

Rusche, Wilhelm 

Meitzendorf 

Prov. Sachsen. 

46 | 

Kalcher, Max 

Stankaiteu 

Ostpreussen, 

97 

Sauvan, Franz 

Königsberg 

Ostpieussen 


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278 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24. 


Lfd. 

No. 

Namen 

Geburts¬ 
oder Heimatsort 

Bundesstaat 
bezw. Provinz 

98 

Scheidling, Bruno 

Pasewalk 

Pommern 

99 

Schipke, Älbrecht 

Wilschkowitz 

Schlesien 

100 

Schmidt, Johannes 

Erfurt 

Prov. Sachsen 

101 

Schmidt, Otto 

Erfurt 

Prov. Sachsen 

102 

Schnitzler, Eduard 

Boslar 

Rheinprovinz 

103 

Schröder, Karl 

Warin 

Mecklenb.-Schwer. 

104 

Schulz, Ernst 

Schwedt a 0. 

Brandenburg 

105 

Schulz, Karl 

Berlin 

Berlin 

106 

Schnitze, Bernhard 

Weisenlich 

Posen 

107 

Schwarz, Alfred 

Hannover 

Hannover 

108 

Schweitzer, Wilhelm 

Frankfurt a. M. 

Prov. Iless.-Nassau 

109 

Sebauer, Robert 

Münchowshof 

Pommern 

110 

Seebach, Carl 

Naschendorf 

Mecklenb.-Schwer. 

111 

Seiler, Franz 

Rastatt 

Baden 

112 

Seile, Paul 

Breslau 

Schlesien 

113 

Semmner, Oskar 
Sentkowßky, Kasimir 

Ogkeln 

Prov. Sachsen 

114 

Skarlin 

Westpreussen 

115 

Siegwart, Richard 

Pyritz 

Pommern 

116 

Sonnenberg, Emil 

Neustettin 

Pommern 

117 

Spängler, Georg 

Gerach 

Bayern 

118 

Stammeyer, Bernhard 

Mühlhausen 

Prov. Sachsen 

119 

Stang, Valentin 

Niederbronn 

Eisass 

120 

Straues, Jakob 

Niederrodenbach 

Hessen-Nassau 

121 

Thal, Heinrich 

Kesten 

Rheinprovinz. 

122 

Thieringer, Hermann 

Ludwigsburg 

Württemberg. 

123 

Tietjens, Wilhelm 

Münden 

Hannover. 

124 

Töllner, Wilhelm 

Jethausen 

Oldenburg. 

125 

Traugott, Wilhelm 

Dürrenberg 

Prov. Sachsen. 

126 

Treyse, Friedrich 

Artlenburg 

Hannover. 

127 

Tribess, Gustav 

Polzin 

Pommern. 

128 

Unterhössel, Paul 

Broich 

Rheinprovinz. 

129 

Volland, Georg 

Plötz 

Pommern. 

130 

Wenders, Gustav 

Sevelen 

Rheinprovinz. 

131 

Westphale, Josef 

Osterbergen 

Hannover. 

132 

Wiegering, Karl 
Wiegels, Wilhelm 

Heinum 

Hannover. 

133 

Lüneburg 

Hannover. 

134 

Winter, Karl 

II. 

Rees 

In Bayern. 

Rheinprovinz. 

1 

Ade, Alfred 

Kempten 

Bayern 

2 

Befelein, Karl 

Schweinfurt 


3 

Bühlmann, Hugo 

Wernberg 

yy 

4 

Duetsch, Nikolaus 

Landshut 


5 

Ebersberger, Philipp 

Roding 

}J 

6 

Geiger, Heinrich 

Kleinfischlingen 

>| 

7 

Herrmann, Wilhelm 

Kulmbach 

V 

yy 

8 

Kränzle, Eduard 

Röfingcn 

9 

Kürschner, Karl 

Schweinfurt 


10 

Lechle, Rudolf 

Simbach 


11 

Martin, Otto 

Stiftswald 


12 

Morschhäuser Karl 

Mitgenfeld 


13 

Ohler, Karl 

Lachen 

11 

14 ! 

Probst, Georg 

Langenzenn 


15 1 

Rabus, Fritz 

Straubing 

yy 

16 

Schaffer, Anton 

Ruhmannsfelden 


17 

Schiller, Adalbert 

Ettenbeuren 


18 

Schmid, Michael 

Deminingen 

Württemberg 

19 , 

Schricker, Karl 

Passau 

Bayern 

20 

Strobel, Max 

Bayreuth 


21 

Wind, Otto 

Augsburg 

/* 

yy 

22 | 

Wucher, Oskar 

Windsheim 

V 


Lfd. 

No. 

Namen 

Geburts-' 
oder Heimatsort 

Bundesstaat 
bezw. Provinz 

23 

Männel, Friedrich Kurt 

Freiberg 

Kgr. Sachsen. 

24 

Nyberg, Karl A. A. 

Abo 

(Fiqland) 

25 

Opel, Ehrhardt Ferd. 

Thurnau. 

Bayern. 

26 

Riedel, Heinrich 

Volpersdorf. 

Scnlesien. 

27 

Roemer, Franz K. K. 

Posen. 

Posen. 

28; 

Schmidt, Nicolaus, 

Hettenleidelheim. 

Bayern. 

29 

Schnioffsky, Friedr. W. 

Werder. 

Preussen. 

30 

Schulze, Friedrich B. 

Dresden. 

Kgr. Sachsen. 

31 

Schumann, Johannes P. 

Grimma. 

yy 

32 

Stöhr, August Herrn. 

Olschienen. 

Ostpreussen. 

33 

Thienel, Max, 

Plauen i. V. 

Kgr. Sachsen. 

34 

Trolldenier, Paul F. A. 

Blankenburg a. H. 

Braunschweig. 

35 

Weber, Paul Ewald 

Naundorf. 

Kgr. Sachsen. 

36 ; 

Zeiller, Jacob, 

Mischenried. 

Bayern. 

37 

Ziegert, Franz R. Th. 

I Klonczen. 

? 

38 j 

Zietzschmann, Emil H. 

Beiersdorf. 

Kgr. Sachsen. 

39 ! 

Zürn, Johannes F. H. | 

Leipzig. 

u 


IV. In W ürttemberg. 


1 

Deimler, Konrad 

Nürnberg 

Bayern. 

2 

Diener, Paul i 

Stuttgart 

Württemberg. 

3 

Fürst, Franz | 

Buchen 

Baden. 


4 

5 

6 

7 

8 
9 

10 


Klacger, Friedrich 
Lamparter, Alfred 
Nieberle, Karl 
Schmidt, Gustav 
Schönweiler, Karl 
Spang, Allred 
Stolpp, Wilhelm 


I Stuttgart 
. Stuttgart 
! Blaubeuren 
■ Nördlingen 
i Ellwangen 
Königheim 
; Heidenheim 

V. ln Hessen. 


Württemberg. 

Württemberg. 

Württemberg. 

Bayern. 

Württemberg. 

Baden. 

Bayern. 


1 

Brechtei, Karl 

Nürnberg 

Bayern. 

2 

Goehler, Ludwig 

Karlsruhe 

Baden. 

3 

Grottenmüller, Theodor München 

Bayern. 

4 

Gundel, Leonhard 

Tauberzell 

Bayern. 

5 

Haack, Karl 

Emskirchen 

Bayern. 

6 

Hardtmann, Richard 

Esslingen 

Württemberg. 

7 

Heckei, Otto 

München 

Bayern. 

8 

Lemgen, Anton, Dr.med. 

Andernach 

Rheinprovinz. 

9 

Meissner, Hans 

Ilötz 

Bayern. 

10 

Pfaff, Georg 

Bockenheim 

Hessen-Nassau. 

11 

Reiff, Johann 

Kaltenmengers. 

Rheinprovinz. 

12 

Reinheimer, Daniel 

Kaiserslautern 

Bayern. 

13 

Schaich, Adam 

Bischofsbeim 

Bayern. 

14 

Schick, Heinrich 

Eichloch 

'? 

15 

Starck, Paul 

Rheydt 

Rheinprovinz. 

16 

Telle, Alfred 

Speyer 

Bayern. 

17 

Thon, Heinrich 

Klarenthal 

Facit. 

Hessen Nessau. 


Die Zahl der Approbirten beträgt 222, 

d. s. 36 mehr als 


1897/98 und 44 mehr als 1898/99. Bisher kamen überhaupt 
nur 3 Jahre mit über 200 Approbationen dem Berichtsjahre un¬ 
gefähr gleich, nämlich 1890/91, 1893/94 und 1894/95 (227). 
Die Zahl der Approbationen hat in Deutschland betragen vom 
1. April 1887 ab 143, 185, 173, 216, 196, 196, 217, 227, 194, 
178, 186, 222, d. s. in 12 Jahren einschliesslich des Berichts¬ 
jahres 2333 neue Thierärzte. 


1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 
9 

10 

11 

12 

13 

14 

15 

16 

17 

18 

19 

20 
21 
22 


III. Im Kö 
Auer, Konrad August, 
Barthel, Karl G. R. W. 
Bayer, Franz 
Beiling, Karl 
Bierig, Johannes 
Boecfe, Karl Arthur 
Dinter, Alfred Adam 
Döhler, Felix Robert 
Durst, Franz Joseph, 
Eisen, Otto E. T. 
Fischer, Hermann A. 
Georgi, Wilhelm Albert 
Haertig, Franz Max 
Heel, Xaver Hermann 
Hellsberg, Arthur E. G. 
Hofmann, Karl J. A. 
Holzhauer, Arthur 
Jahn, Richard Theodor 
Kirsten, Friedrich A. 
Klemm, Otto Johannes 
Kraft, Karl A. E 
Lutz, Eduard P. L. 


nigreich Sac 
jDachsbach 
Seidau 
Memmingen 
Karlsruhe 
Lampertswalde 
Kockwitz 
Schönwalde 
Werdau 
Kempten 
Nürnberg 
Voitersreuth 
Gottleuba 
Corba 
Speyer, 
Helsingsfors 
Alsfeld 
Forst 
Dresden 
Diemitz 
Pausa 
Pillkallen 
Grafenstaden 


h s e n. 

1 Bayern. 

! Kgr. Sachsen. 
Bayern. 

Baden. 

Kgr. Sachsen. 
? 

Preussen. 

Kgr. Sachsen. 
Bayern. 

» 

Böhmen. 

Kgr. Sachsen. 

Bayern. 

(Finland) 

Grh. Hessen. 
Brandenburg. 
Kgr. Sachsen. 
Prov. Sachsen. 
Kgr. Sachsen. 
Ostpreussen. 


An den beiden preussischen Hochschulen haben sich im Be¬ 
richtsjahre 134 Candidaten die Approbation erworben gegen 114 
bezw. 116 in den Voijahren. Das sind 60 pCt. der Approbirten 
gegen 61, 65, 71 pCt. in den Vorjahren. Davon entfallen auf 
Berlin (laut Jahresbericht) 97 = 43 pCt. (Vorjahr 45, sonst stets 
über 50 pCt.) der Gesammtzahl und 72 pCt. (Vorjahr 73 pCt,) 
der in Preussen approbirten. Auf Hannover entfallen demnach 
37 Approbationen, zwei weniger als in Dresden. 

Unter den übrigen Hochschulen steht diesmal Dresden an 
erster Stelle mit 39 Approbationen gegen 25 und 28 in den 
Vorjahren. München ist sich mit 22 fast gleich geblieben 
(23 und 16), Stuttgart mit 10 Approbationen (16 und 12) ist 
von Giessen überholt worden. Dort sind diesmal 17 Candidaten 
approbirt worden, gegen 8 bezw. 6 und noch weniger in den 
früheren Jahren. 

Unter den 222 Approbirten waren aus Preussen 128 (Vor- 


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14. Juni 1900 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


279 


jahre 108, 152, 127, 128) = 57°/ 0 . (Vorjahre 60 und 67%); 
aus Bayern 43 (sonst etwa 20) = 19%, aus Sachsen 15, 
Württembergs, Baden 7, Mecklenburg-Schwerin6, Braunschweig 3, 
Oldenbuug 2, Grossh. Hessen, Hamburg und Eisass je 1. Von 
4 Deutschen ist der heimathliche Bundesstaat wegen mangel¬ 
hafter Angabe nicht ermittelt; 3 Approbirte waren Ausländer. 

Die 128 Preussen vertheilen sich auf die Provinzen wie 
folgt: Rheinprovinz 17, Provinz Sachsen 15, Pommern 13, 
Schlesien und Hannover je 12, Ostpreussen und Brandenburg 
i(ohne Berlin) je 10, Berlin allein und die Provinz Westfalen 
je 9, Posen 7, Hessen 5, Schleswig 4, Westpreussen 2, Hohen- 
zollern 1; bei 2 Preussen ist die Heimathsprovinz nicht ersicht¬ 
lich. Darunter sind diesmal auffällig viele Rheinländer und 
Pommern, während die Provinzen Schlesien, Sachsen, Hannover 
wie stets mit die meisten Thierärzte entsenden. Im Ganzen 
sind der Osten (63) und der Westen (incl. Provinz Sachsen 65) 
gleich betheiligt. 

An den preussischen Hochschulen sind approbirt 115 Preussen, 
19 Nichtpreussen, worunter 7 Süddeutsche. In München wurden 
ausser einem Württemberger nur Bayern approbirt; in Dresden 
14 Sachsen, 8 Bayern, 8 Preussen, je 1 Badener, Braun¬ 
schweiger, Hesse, 3 Deutsche ohne nähere Feststellung und 
3 Ausländer; in Giessen 9 Bayern, 5 Preussen, je 1 Badener 
und Württemberger, 1 unbekannt; in Stuttgart 5 Württemberger, 
3 Bayern und 2 Badener. 

Von den Preussen wurden mithin 89 pCt. in Preussen 
approbirt, von den Sachsen 93 pCt. in Sachsen; von den 
Württembergern 62 pCt. in Württemberg, von den Bayern da¬ 
gegen nur 48 pCt. in Bayern, die Uebrigen namentlich in Giessen 
und Dresden. Fast ausschliesslich auf das engere Heimathland 
beschränkt sich, wie stets, die Hochschule zu München, wo nur 
ausnahmsweise ein Nichtbayer die Approbation erwirbt. Die 
gleichmässigste Mischung zeigt Dresden, wo neben Sachsen eben 
so viel Süddeutsche als Norddeutsche erscheinen, die Zahl der 
Nichtsachsen übrigens erheblich überwiegt (64 pCt. der Appro¬ 
bationen). Bemerkenswerth ist der Zuzug von Bayern nach 
Giessen. Man darf überhaupt gespannt sein, wie sich die 
Giessener Frequenz gestalten wird, wenn erst die jetzige Re¬ 
organisation voll zur Wirkung gelangt. 


Heilung einer veralteten totalen Zertrennung der 
Beugesehnen durch Beschlag. 

Von 

Utfas-Rahenau, 

Thlrrarxt. 

Am 14. September 1899 wurde mir von dem Ritterguts¬ 
besitzer M. in Eckersdorf eine etwa 8 Jahr alte braune Stute 
vorgestellt. Derselben waren angeblich vor zwei Monaten mit 
der Grasmähmaschine am rechten Hinterfusse die Sehnen bis 
auf den Knochen durchgeschnitten, auch sollte erhebliche Blutung 
bestanden haben. Dieses Pferd hatte der Besitzer ausheilen 
lassen, während er das Nebenpferd sofort tödten liess, da es sich 
auf beiden Hinterbeinen die Beugesehnen durchschnitten hatte. 
Das mir vorgestellte Pferd sollte jetzt auch getödtet werden auf 
Grund nachstehenden Befundes. 

Im Stand der Ruhe steht das Pferd meistens auf allen vier 
Hufen regelrecht. Zum Herumtreten genöthigt, fällt es sofort 
mit dem rechten hinteren Fesselkopf bis auf den Boden, während 
die Sohle des Hufes nach vorn zeigt, so dass sie fast senkrecht 
steht. Dieselbe Erscheinung tritt ein, wenn das Pferd herum¬ 


geführt wird, wobei das Bein im nach innen convexen Bogen 
nach vorn geführt wird, doch kann es bei ganz lang¬ 
samem Gehen bisweilen noch die Hufsohle auf den Boden auf¬ 
setzen, dieselbe kippt aber bei der Belastung sofort in die Höhe. 
Dieser Zustand soll sich angeblich in den letzten 3 Wochen 
bis zu dem hohen Grade ausgebildet haben, wie ich ihn fand. 
Im Uebrigen ergab die Untersuchung Muskelschwund der rechten 
Kruppenseite, ausserdem befand sich etwa im oberen Drittel der 
hinteren Seite des rechten Schienbeins eine etwa hühnereigrosse 
ziemlich derbe Narbe im Verlauf der Beugesehnen. Dieselbe 
war an der Oberfläche noch nicht völlig verheilt. Irgendwelche 
Schmerzhaftigkeit war nicht nachzuweisen, ebenso wenig äusserte 
das Pferd Schmerzen, wenn es beim Gehen oder Stehen auf 
weichem Boden oder der Streu mit der Fesselschopfwarze den 
Erdboden berührte. 

Es gelang mir, den Besitzer zu überreden, vorläufig vier 
Wochen das Pferd behandeln zu lassen, unter der Bedingung, 
dass er es, wenn sich nicht die geringste Besserung zeigen 
würde, schlachten Hesse. Zuerst wurde dem Pferde ein Hinter¬ 
eisen folgender Art aufgelegt: Das Hufeisen wurde etwa doppelt 
so lang als normal gemacht, im vorderen Theile regelrecht 
zngepa88t, im hinteren Theile aber etwa zwei Zoll nach dem 
Verlassen des Tragerandes zu einer 8 cm breiten und 1,5 cm 
dicken Platte zusammengeschweisst, deren letzte drei Zoll 
wurden im Bogen abwärts gerichtet, so dass die Bogenhöhe 
etwa 2 cm betrug. Das Pferd bekam einen Laufstand, in welchem 
nur etwa fusslang gehacktes Stroh als Streu benutzt wurde, um 
ein Verwickeln oder Hängenbleiben mit der schwachen Glied¬ 
masse möglichst zu verhindern. Nachdem sich das Pferd 
gewöhnt hatte, mit diesem Hufeisen zu gehen, erhielt es am 
25. September ein neues Hufeisen von etwa der dreifachen 
Huflänge, etwa 43 cm lang. Mit diesem Hufeisen ging das 
Pferd, dessen Gehfähigkeit sich zusehends besserte, bis zum 
24. October, dann wurde das zuerst beschriebene Hufeisen 
aufgelegt. Am 22. November wurde ein Hufeisen derselben 
Art, nur etwa 10 cm länger als der Tragerand, mit Schraub¬ 
stollenlöchern versehen, wegen des Winters, da das Thier schon 
leichtere Arbeiten verrichten musste, anfgeschlagen. Endlich 
am 20. December konnte das Pferd schon mit einem ge¬ 
wöhnlichen Hufeisen beschlagen werden. Von diesem Tage 
an ist das Pferd, ebenso wie die andern, zu jeder schweren 
Arbeit (Düngerfahren, Stein- und Ziegelfuhren) auf sehr 
bergigem Terrain benutzt, und zeigt, abgesehen von der 
noch immer bestehenden eigenartigen Weise des Vorführens 
des Schenkels, bis heute weder bei der Arbeit noch bei der 
Ruhe eine Abweichung in der Thätigkeit beider Beine. 

Zur Behandlung sei noch bemerkt, dass nach Abheilen der 
Narbe, dieselbe täglich zweimal mit Jodkalisalbe 3—5 Minuten 
lang intensiv massirt, und in der ersten Zeit auch bandagirt 
wurde. 

Ich halte dieses Leiden für eine Functionsstörung der Inner¬ 
vation, umsomehr, da mit fortschreitender Narbenbildung zweifels¬ 
ohne ein allmählicher Druck auf die nächstliegenden Nerven 
(Sohlennerven) ausgeübt wurde, der in zunehmendem Masse die¬ 
selben atrophisch machte. 

Zu dem Hufeisen bemerke ich noch, dass dasselbe wegen 
seiner Schwere, da das grösste etwa 3 kg wog, mit zehn 
Hufnägeln befestigt wurde, welche zwar fest angezogen, 
aber mit etwa 1 cm langen Nieten nur umgenietet wurden; 
ebenso wurden möglichst beim "Wechseln des Beschlages die 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24. 


alten Nagellöcher benutzt, so dass am 20. December der 
Huf selbst ohne die geringste Beschädigung dastand. 

Leider habe ich noch keine Gelegenheit gehabt, einen ähn¬ 
lichen Zustand am Vorderbein behandeln zu können, in welchem 
Falle die Behandlung allerdings etwas modificirt werden müsste, 
trotzdem der Grundgedanke derselbe bleiben dürfte, wie vor¬ 
liegend. 

Referate* 

Kryptorchismus beim Schwein. 

Von Kasselmann. 

(DUch. T. W. 1900, 10 u. 11.) 

Der Kryptorchismus des Schweines sowie die Kastration der 
Binneneber ist für den praktischen Thierarzt wichtig genug, 
trotzdem aber in thierärztlichen Lehrbüchern fast ganz über¬ 
gangen. Die Operation wird zwar von praktisch erfahrenen 
Thierärzten viel ausgeführt, dürfte aber, weil nicht Gegenstand 
des Unterrichtes, vielen Jüngeren unbekannt sein, weshalb K. 
seine Erfahrungen darüber mittheilt. Beim Schwein kommt 
Kryptorchismus am häufigsten vor. Das Vorkommen liegt zunächst 
in Rasseeigenthümlichkeiten. Da die Erscheinung speciell bei 
bestimmten Rassen häufig ist, so waren früher, als das alte 
westiälische Landschwein gezogen wurde, in Westfalen die Fälle 
sehr selten, wie alle erfahrenen Schweinezüchter versichern. 
Seitdem jedoch dieser Schlag mit frühreifer englischer Rasse 
gekreuzt ist, hat die Zahl der Binneneber stetig zugenommen, 
gegenwärtig derartig, dass oft in einem Wurf 3 bis 4 männliche 
Ferkel Kryptorchiden sind. Der Kryptorchismus scheint auch 
vererblich zu sein, indem sich gewisse Eber in ihrem ganzen 
Zuchtbezirk durch den häufigen Kryptorchismus in der Nachzucht 
bemerklich machen, ohne dass übrigens diese Eber selbst 
Kryptorchiden zu sein brauchen. Umgekehrt fand K. einen Eber, 
der sich bei der Kastration als einseitiger Kryptorchide erwies, 
während er vorher mit Erfolg, und ohne Binneneber zu erzeugen, 
gedeckt hatte. Wie von Cadöac etc. auch für den Hengst als 
Regel angegeben, so ist auch beim Schwein häufiger der linke 
Hode retinirt. K. fand unter 153 49 % links, 41 % rechts, 
10 % beiderseit. Oefters fand K. bei Ebern, die ihm als 
Kryptorchiden zugeführt wurden und im Hodensack thatsächlich 
nur einen Hoden hatten, den zweiten nicht in der Bauchhöhle, 
sondern an einer aussergewöhnlichen Stelle hinten (Ektopia 
testiculi); so z. B. in der Schamgegend (da, wo also beim Pferd 
der Hode liegt) oder seitlich in der Leistengegend oder gar an 
der Kniefalte oder unter der Haut an der Innenfläche eines 
Hinterschenkels oder in der Nähe der Schlauchöffnung, einmal 
sogar links an den Knorpeln der falschen Rippen. Dieser Hode, 
beim Hmonatlichen Eber gefunden, hatte die Grösse einer stark 
geballten Faust. Ein sogenannter inguinaler Kryptorchismus 
(Zurückbleiben ira Leistenkanal) kommt beim Eber anscheinend 
nicht vor. 

Die Kastration der Kryptorchiden wird am besten im Alter 
von 5 bis 6 Wochen vorgenommen. 3 Wochen und 5 Monate 
sind die jedoch weniger empfehlenswerthen Grenzen. Diätetische 
Vorbereitung ist nicht unbedingt nöthig, aber vortheilhaft (Ent¬ 
ziehung der letzten Mahlzeit). Man lege das Thier auf einen 
Tisch, lasse eine Person Vorderfüsse und Kopf, die andere die 
Hinterbeine ergreifen. Ist etwa bei einseitigem Kryptorchismus 
der im Hodensack liegende Hode schon vor längerer Zeit ent¬ 
fernt, so ist es oft schwer, zu unterscheiden, auf welcher Seite 


der verborgene Hode liegt. (Ist keine Spur einer Narbe mehr 
zu finden, so ist es eventuell unmöglich.) Ist festgestellt, an 
welcher Seite Kryptorchismus und dass nicht etwa eine blosse 
Ektopie vorhanden ist, so werden die Haare in der oberen 
Flankengegend an der Seite des verborgenen Hodens abgeschoren. 
Desinfection ist vollständig überflüssig. K. hat seit vielen Jahren 
ohne Antiseptik mindestens ebenso gute Erfolge wie früher, wo 
er noch vorsichtig aseptisch verfuhr. Man muss auch bedenken, 
dass ein einfaches Abspülen mit Desinfektionsmitteln keine 
Antiseptik bedeutet. Nun wird, ganz wie bei der Ovariotomie 
der Sauen, ein 4 bis 5 cm langer Schnitt durch die Haut bis 
auf die Muskulatur geführt, den K. parallel zur Wirbelsäule stellt, 
was ihm für den Verschluss der Muskel wunde vortheilhaft er¬ 
scheint. Die Muskulatur wird bei 5 bis 8wöchentlichen Thieren 
mit steif gehaltenem Zeigefinger saromt Peritoneum durchstossen. 
Dies gelingt besonders gut in dem Augenblick, wo das Thier 
zum Schreien die Bauchmuskulatur anspannt, wenn man den 
Stoss etwas schräg nach vorn, etwa auf den Mittelpunkt des 
Zwerchfells richtet und mit dem Finger im Stosse eine kratzende 
Bewegung nach vorn macht. Dabei wird auch Taschenbildung 
am besten verhindert. Bei Thieren von 3 Monaten und darüber 
empfiehlt es sich auch, die Muskulatur zu durchschneiden, das 
Peritonaeum mit der Pincette zu fassen und mit der Scheere 
einzuschneiden. 

Nach Eröffnung der Bauchwand wird mit beiden Zeigefingern 
die Wunde erweitert, was von grosser Wichtigkeit ist. Dann 
wird mit dem eingeführten Zeigefinger die Bauchhöhle nach 
allen Richtungen abgesucht. Meist findet man den Hoden in der 
Flankengegend direct hinter den Nieren an der Wirbelsäule 
oder nahe dem vorderen Schambeinrand. Er flottirt am Samen¬ 
leiter frei in der Bauchhöhle oder hängt an einer 1 bis 2 cm 
langen Bauchfellfalte. Manchmal liegt er recht versteckt und 
in vereinzelten Fällen tief in der Beckenhöhle vollständig ein¬ 
gekeilt. Letzteres dürfte erst bei dem Widerstand des 
Schweines, dem Schreien und dem Pressen der Bauchdecken 
eingetreten sein. Es ist immerhin möglich, den Hoden mit der 
Niere zu verwechseln, welche bei jungen Schweinen mehr 
rundlich und nicht, wie bei älteren, bohnenförmig ist und auch 
der Wirbelsäule recht lose anliegt. In dieser Beziehung ist 
also einige Vorsicht erforderlich. 

Der gefundene Hode wird mit dem Finger an der Bauch¬ 
wand entlang nach der Wundöffnung geschoben. Ist der Hode 
an dieser, so wird das bisher nach hinten ausgezogene Hinter¬ 
bein nach vorn gebracht, wodurch die Wundränder schlaff 
werden und der Hode leicht aus der Wunde heraustreten kann. 
Während dieser Beförderung des Hodens sträuben sich die 
Thiere stark, sodass der Hode dabei leicht dem Finger 
entschlüpfen kann oder mit ihm Darmschlingen aus der Wunde 
dringen. Letzteres ist bedeutungslos und hat nie nachtheilige 
Folgen. Ist der Hode ans der Bauchwand herausgebracht, so 
wird der Samenstrang mit dünnem Bindfaden oder mehrfach 
doppelt genommenem Zwirnsfaden unterbunden und l / 2 cm von 
der Unterbindung entfernt abgeschnitten, der Stumpf in die 
Bauchhöhle versenkt, und die Hantwundfe (nicht auch die Muskeln) 
durch fortlaufende oder Knopfnaht geschlossen. Nachbehandlung 
ist überflüssig; die Hefte fallen in der nächsten Woche von 
selbst aus. Nur soll das Thier in den ersten Tagen isolirt 
werden, weil andere Schweine die Wunde benagen. 

Bei Thieren von über 4 Monaten kann man mit dem Zeige¬ 
finger den Hoden nicht mehr erreichen. Hier muss der Schnitt 


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14. Juni 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


281 


so lang sein, dass man eventuell mit der ganzen Hand in die 
Bauchhöhle eindringen kann. Bei beiderseitigem Kryptorchismus 
kann man am jungen Schwein in der Regel beide Hoden von 
einer Oeffnung aus erreichen. Bei grösseren Thieren ist dies 
nicht möglich. Man kann aber hier den zweiten Einschnitt 
gleich hinter dem ersten ohne Gefahr anlegen. Das letztere 
wird man auch dann thun, wenn man sich in der Seite des 
Kryptorchismus (s. oben) getäuscht haben sollte. Es kann Vor¬ 
kommen, dass der Hode überhaupt nicht gefunden wird, weil er 
noch zu klein ist. Man beende dann die Operation, veranlasse 
den Besitzer, auf das etwaige weitere Auftreten von Geschlechts¬ 
trieb zu achten und, wenn dies der Fall, wieder zu kommen. 
In 4 pCt. der Fälle fand sich kein Hode, auch nicht bei der 
späteren Schlachtung. Hier müsste es sich also um Monorchismus 
handeln (falls nicht etwa unbekannterweise beiderseitige 
Kastration erfolgt war). Die Mortalität bei kastrirten 
Binnenebern beträgt etwa 2 pCt. Einklemmung des Darms in 
die Operationswunde oder Taschenbildung im Bauchfell sind die 
Ursachen. Darauf muss also besonders Rücksicht genommen 
werden. 

Der verborgene Hode ist stets bedeutend kleiner als der 
normal liegende, welk, schlaff und blass. Das Gewicht beträgt 
ca. y 3 des normalen. Der Unterschied ist um so grösser, je 
älter das Thier war. Krankhafte Veränderungen des Hodens 
hatK. nie gesehen. Häufig dagegen findetsiclivaricöseErweiterung 
im Plexus pampiniformis, der sich anfühlt wie ein „Knäul Würmer“. 
Die mikroskopische Untersuchung ergiebt Schwund des 
Drüsenepithels, Füllung der Hodenschläuche mit Fetttröpfchen, 
unzweifelhaft ein Product der fettigen Degeneration der Epithel¬ 
zellen. Uebrigens zeigt auch der normale Hode des jungen 
Schweins fettige Umwandlung oder Fettbildung in den Epithel¬ 
zellen, die jedoch beim Eintritt der Geschlechtsreife aufhört. 
Es dürfte diese Erscheinung den Schweinen eigentümlich 
sein. 

Kleine Mittheilnngen. 

Angeborene beiderseitige Netzhautablösung bei einem Fohlen. 

Das Fohlen zeigte gleich bei der Geburt Unsicherheit im 
Benehmen, stiess überall an und konnte das Euter nicht finden. 
Die Untersuchung ergab auf beiden Augen Ablösung der Netz¬ 
haut ohne Entzündungserscheinungen. Der Besitzer versicherte, 
dass die Augen des Fohlens immer klar gewesen seien. Die 
Mutterstute dagegen hat am rechten Auge öftere Entzündungen 
gehabt und ist hierauf seit 4 Jahren blind. Auch am linken 
Auge zeigte dieselbe schon Trübungen des Glaskörpers. Das 
Fohlen wurde im Alter von drei Wochen getödtet. Die Section 
bestätigte die Diagnose. Die Chorioidea war überall mit grau¬ 
gelbem Flor bedeckt, die Retina in beiden Augen total abgelöst, 
nur noch an der Papille und am Ciliarkörper befestigt. Der 
Glaskörper war beiderseits verflüssigt, dieLinse leicht aus der Lage 
zu drücken. Es ergiebt sich aus vorliegendem Fall zweifellos, 
dass die Mutterstute an periodischer Augenentzündung leidet 
und das Fohlen bereits intrauterin eine schwere beiderseitige 
Chorioiditis bestanden hat. Die Beobachtung spricht für den 
infectiösen Character der Mondblindheit. 

(Sächs. Veterinärber. 98.) 

Nahtstorne in der Linse beim Pferd. 

Unterrossarzt Gerd eil macht in der Ztschr. f. Veterinärk. 
November 1898 folgende Mittheilungen. Bei einigen Pferden 


des litthauischen Dragonerregiments wurden, und zwar auf beiden 
Augen, folgende Erscheinungen beobachtet. Bei direct auffallendem 
Licht liess die Linse eine Dreitheilung erkennen. Das Centrum 
lag im Scheitelpunkt der Linse, die Grenzen der drei Theile 
bildeten zusammen ein Y, sie erschienen dunkel. Im übrigen 
bestand eine gleichmässige schwache Trübung der Linse, die 
nach dem Centrum des Nahtsterns hin zunahm. Bei seitlich 
einfallendem Licht fiel ein perlmutterähnlicher Glanz auf. Eine 
eigentliche Linsentrübung war jedoch nicht festzustellen, da der 
Augenhintergrund klar zu Tage trat und Sehstörungen durchaus 
nicht Vorlagen. Oberrossarzt Lübke bestätigt diese Be¬ 
schreibung und fügt hinzu, dass er mit Rossarzt Zimmermann 
schon seit 1892 bei einer grossen Zahl von Fohlen, Remonten 
und alten Pferden diese Linsensterne beobachtet habe. Fossius 
erklärt in seinem Grundriss der Augenheilkunde des Menschen 
das Zustandekommen dieser Figur. Eine krankhafte Erscheinung 
scheint es jedenfalls nicht zu sein. Immerhin ist die Frage 
interessant, ob die Erscheinung Consequenzen, namentlich pro 
foro haben könnte. 

Mastdarmpoiyp beim Pferde. 

Fröhner theilt in der Mtssch. f. Th. Folgendes mit. Ein 
Pferd wurde in die Klinik eingestellt, weil es angeblich an 
Mastdarmvorfall litt. Die Untersuchung ergab aber, dass etwa 
30 cm vom After entfernt an der unteren Mastdarmwand eine 
kindskopfgrosse, gestielte, schmerzlose Geschwulst mit glatter 
Oberfläche sass, welche sich aus dem Mastdarm durch den After 
herausziehen liess. Der Stiel war etwa 4 Finger dick, der 
Schleimhautüberzug der Geschwulst geschwollen und mit 
croupÖ8em Belag versehen. Am stehenden Pferde wurde der 
Stiel im ganzen durch eine elastische Ligatur fixirt, dann wurde 
hinter der Ligatur der Stiel durchstochen und in 2 Hälften 
abgebunden; darauf der Tumor exstirpirt und der Stumpf mit 
den Ligaturen zurückgeschoben. Eine Nachblutung trat nicht 
ein, ebenso wenig spätere Belästigungen. Die exstirpirte 
Geschwulst erwies sich als ein Myxofibrom. 

Absoesshaken. 

Um einen geöffneten Abscess für die Nachbehandlung offen 
zu halten, kann man ihn tamponiren oder drainiren, wodurch 
jedoch der Zweck oft unvollkommen erreicht wird. Braatz 
(Ctrlbl. f. Chir.) hat daher sogen. Abscesshaken construirt, welche 
die Wundränder stets klaffend machen sollen. Von einer hori¬ 
zontalen Schliesse gehen zwei Anfangs darauf senkrechte, weiter¬ 
hin aber nach aussen geschweifte Fortsätze ab, wodurch ein 
festes Haften des Hakens garantirt sein soll. Die Haken¬ 
anwendung kann auch mit Drainage combinirt werden. Für die 
tiefere Drainage verwendet B Spiralröhren. Werden Gummi¬ 
röhren angewendet, so spaltet er sie der Länge nach auf, was 
einen besseren Abzug gewähren soll. Die Haken werden von 
Dröll aus Mannheim bezogen. 

(Mitthlg. aus Fröhner’s Monatsh.) 

Die federnden hohlen Steokstollen, Patent Philipp!. 

In den Mtsh. f. Th. bespricht Prof. Eberl ein die von 
Branscheid und Philippi in Remscheid im vorigen Winter 
in den Handel gebrachten patentirten federnden hohlen Steck¬ 
stollen, deren nähere Beschreibung hier unterbleiben kann. 
E. gelangt zu folgendem Urtheil, nachdem er die Stollen 
1* Jahre in der Benutzung beobachtet hat: Die Hohlstollen 


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282 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No 24. 


gehen niemals verloren, brechen nicht und beschweren wegen 
ihrer Leichtigkeit nicht das Eisen. Die Anfertigung der 
Stollenlöcher im Eisen erfordert so wenig besondere Sorgfalt, 
dass sich event. auch im Eisen vorhandene Löcher benutzen 
lassen. Einsetzen und Auswechseln der Stollen bietet keine 
Schwierigkeiten und lässt sich ausführen, ohne dass die Zehen¬ 
gelenke des Pferdes in Anspruch genommen würden. Die Stollen 
halten so lange wie massive und bleiben bis zur völligen Ab¬ 
nutzung scharf und wirksam. Sie können als Ersatz für 
stumpfe Stollen auch im Sommerbeschlag verwendet werden. 
Kronentritte und dergl. sind bei Verwendung dieser Stollen 
nicht beobachtet worden. 

Untersuchungen über die Strahlenpilzformen des 
Tuberculoseerregers. 

Von Dr. Otto Schulze. 

(Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten XXXI. Bd. 1. Heft.) 

Auf Veranlassung von Prof. Lubarsch prüfte Autor 
die von Babes und Levaditi, sowie von Friedrich gemachten 
Untersuchungen über die Strahlenpilzformen des Tubercelbacillus 
nach und suchte die Bedingungen, unter denen es zur Bildung 
der Keulenform kommt, genauer zu ergründen. 

Die zu den Versuchen benutzten Culturen waren von ver¬ 
schiedener Herkunft und auch ungleicher Virulenz. Eine Cultur 
stammte von Prof. Lubarsch, sie war von tubercnlösen Meer¬ 
schweinchen gezüchtet; eine zweite war von Prof. Ostertag 
überlassen; eine dritte stammte aus dem Reichsgesundheitsamte; 
eine vierte war aus dem Kral'sehen Laboratorium in Prag be¬ 
zogen; die fünfte endlich aus einem Krankenhause Berlins. 

Die Versuche erstreckten sich theils auf intra-arterielle, 
theils auf locale Impfungen. Die intra-arterielle Injection ergab 
im Wesentlichen eine Bestätigung der von Friedrich gemachten 
Beobachtungen. Autor konnte auch vor dem 15. Tage keine 
Strahlenpilzformen nachweisen, jedoch fanden sich im Gegen¬ 
satz zu Friedrich sogar nach 30—52 Tagen strahlenförmige 
Herde an. Letztere Erscheinung begründet Schulze durch 
seine zahlreich gemachten Serienschnitte von verschiedenen 
Stellen. 

Die Versuche von Babes und Levaditi wurden in der 
Weise abgeändert, dass bei localer Impfung ins Gehirn, die von 
Reinculturen abgekratzten Tubercelpilzklümpchen mittels ausge¬ 
glühter Platinnadel subdural eingebracht wurden. Das Er- 
gebniss war eine vollkommene Bestätigung der Angaben Babes’ 
und Levaditi's. Nur in zwei Punkten bemerkte Verf. Ab¬ 
weichungen. Einmal waren die Herde nicht so gross, wie die 
Abbildungen von Babes zeigen, und der Kranz von Kolben ist 
häufiger kleiner. Dieser Unterschied soll in der Einführung von 
geringeren Mengen Tubercelpilze liegen. Zweitens wurden die 
Strahlenpilzformen und Keulenbildung früher beobachtet, als sie 
nach Babe8 zu erwarten waren. Nach Schulze treten diese 
Formen schon nach 14 und 16 Tagen auf. Durch die Weigert-- 
sche Färbung und die abweichende Impfmethode gelang es dem 
Autor, diese Bildung innerhalb der angegebenen Frist zu erzielen. 
Von Tubercelimpfungen in der Leber Hessen sich nach 24 und 
nach 40 Tagen in den Tuberceln weder strahHge Herde noch 
einzelne Kolben auffinden. 

Das Ergebniss aller Versuche ist folgendes: „In allen 
Organen, in denen nach Einimpfung von Tubercelpilzen 
die Tuberculose localisirt bleibt, finden sich während 
eines Zeitraumes von 14 — 50 Tagen die Tubercelpilze 


theils in Form von Stäbchen, theils in Form der 
Actinomycesähnlichen Herde. Die Ausbildung dieser 
Herde ist verschieden hinsichtlich Grösse, Form und 
Auftretens. Am wenigsten sicher und am spärlichsten aus¬ 
gebildet erscheinen sie in Leber und Hoden, während sie in 
Gehirn und Niere stets erscheinen. 

Als beste Färbungsmethoden empfehlen sich die Anwendung 
von Gram-Weigert’, Friedrich’sche Doppelfärbnng und 
Birch-Hirschfeld’sche Färbung für Actinomycespilze. Was 
das optische Verhalten dieser Bildungen anbelangt, so sind die 
Kolben stark lichtbrechend, sobald sie eine erhebliche Grösse 
erlangt haben. Bei mässiger Abblendung konnte man im aufge- 
hellten Präparat die Keulen als ungefärbte Gebilde erkennen. 
Ueber ihr mikrochemisches Verhalten muss mitgetheilt werden, 
dass sie in Wasser, Alkohol, starken Alkalien und Säuren unlös- 
Uch sind, also in diesem Punkte mit den Actinomyceskolben 
übereinstimmen. 

Auch bei den mit Vogeltuberculose gemachten Versuchen 
wurden die Strahlenpilzherde gefunden. Dass die Kolbenbildung, 
sowie die Strahlenpilzformen auf eine Verunreinigung mit anderen 
Pilzen zurückgeführt werden müssten, wie Bostroem meint, 
hat Autor widerlegt, indem er z. B. reine Schimmelpilze mit 
einimpfte. Das Resultat ergab nun, dass beide Pilzarten ganz 
gesondert von einander wachsen oder die eine verhindert die 
andere überhaupt am Wachsthum. Der Erreger der Tuber¬ 
culose gehört nach diesen Forschungen zu den echten Faden¬ 
pilzen. Autor wünscht, dass die Bezeichnung „Tubercelbacillus“ 
demnacli durch „Tubercelpilz“ ersetzt wird. —“ J. 

Weitere Beiträge zur Kenntniss der säurefesten 
Bacterien. 

Von Dr. Otto Korn. 

[An* dem hygien. Institut der Universität Freiburg I. B.] 

(Centralbl. f. Bact. und Paras. 1900. XXVII B 14/15. 

Das häufige Auffinden von säurefesten Bacterien in der 
Butter und auch in anderen Medien, drängt die Frage auf, ob 
Beziehungen bestehen zwischen den in anderen Medien vor¬ 
handenen säurefesten Bacterien und den in der Milch gefundenen, 
zumal es sich darum handeln musste, die Frage klarzustellen: 
gelangen die säurefesten Bacterien durch gelegentliche Beimischung 
mit dem Milchschmutz in die Milch, oder werden sie von dem 
Euter ausgeschieden, nachdem sie mit dem Futter aufgenommen 
worden sind? — Bei diesen Untersuchungen fand K. einen 
neuen säurefesten Spaltpilz, welchen er Mycobacterium 
lacticola d friburgense nennt. Verf. giebt den Sections- 
befund eines Meerschweinchens an, welchem 4 ccm Butter intra- 
peritoneal injicirt wurden und welches nach 34 Tagen getödtet 
war: In der Leber zahlreiche erbsengrosse, zum Teil verkäste 
Knoten. An der Curvatura major des Magens aus kleineren 
und grösseren Knollen bestehende Masse. Am hinteren Ende der 
Milz ein fast erbsengrosser Knoten mit homogener weissUcher 
Schnittfläche. Die Nieren sind oedematös geschwollen, die 
Rinde ist grauweiss, die Marksubstanz geröthet. Herderkrankungen 
sind nicht bemerkbar. Im Zwerchfell einzelne feste Knoten 
von Linsengrösse. In den Organen der Brusthöhle hirsekorn- 
grosse Knötchen. Aus sämmtlichen scheinbar tuberkulös er¬ 
krankten Organen Hessen sich Bacterien erhalten, den Tuberkel¬ 
bacillen sehr ähnlich und nach Ziehl-Neelson gut färbbar. 
Die BaciUen hielten in Reincultur eine Entfärbung in 10% 
Salpetersäurespiritus von 3 Minuten gut aus. 

Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Mycobacterium 


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14. Juni 1900. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


283 


lacticola «) friburgense und den bisher bekannten säure¬ 
festen Pseudotuberkelbacillen besteht darin, dass es bei dem 
ereteren ebensowenig, wie bei den echten Tubercelbacillen 
gelingt, deutlich sichtbare Gelatinestichkulturen bei Zimmer¬ 
temperatur zu erhalten. Ein sehr günstiger Nährboden für den 
Korn’sehen Bacillus ist die Milch, in welcher er in Grösse 
und Form dem Erreger der Tuberkulose sehr ähnelt. 

Es gelang nicht, weisse Mäuse zu inficiren, ebensowenig 
Tauben und Hühner, dagegen waren Kaninchen nicht refraetär. 
Bei den mikroskopischen Untersuchungen der Organe durch 
Prof. Sata aus Osaka (Japan) enthielten mehrere dieser 
Knötchen spärliche, grosse, mehrkernige Riesenzellen, welche 
in Grösse und Kernanordnung genau dasselbe Bild boten, wie 
echte Tuberculose. J. 

Die Drüsen des dritten Augenlides einiger Sängethiere. 

Von H. Miessner, Berlin. 

Archiv t Thierblkd. 1900. H. 2 n. 5. 

Der Verf. stellte gelegentlich einer früheren Arbeit fest, 
dass in der Benennung der Drüsen des dritten Augenlides eine 
grosse Willkür herrsche. Harder entdeckte die nach ihm 
benannte Drüse beim Hirsch vor 200 Jahren. Seit dieser Zeit 
Bind diese Untersuchungen nicht wieder nachgeprtift, ein 
Umstand, welcher den Verf. veranlasste, den Begriff der 
Harder’sehen Drüse und Nickhautdrüse zunächst beim Hirsch 
sowohl anatomisch als histologisch genauer festzulegen. Beide 
Drüsen sind häufig mit einander identificirt worden. Die Unter¬ 
suchungen haben jedoch ergeben, dass es sich um zwei ganz 
verschiedene Drüsen handelt, welche von einander getrennt sind 
Sie unterscheiden sich nicht nur durch ihre Lage und Gestalt, 
sondern auch durch ihren histologischen Bau. Die Har der’sehe 
Drüse enthält reichliches Bindegewebe, welches die einzelnen 
Alveolen trennt. Diese sind nach dem tubulo-acinösen Typus 
gebaut. In den Drüsenzellen lagern zahlreiche Fetttröpfchen, 
eine Zellmembran ist nicht nachweisbar. Der Kern lagert im 
Centrum der Zelle. Bei der Nickhautdrüse wird vorwiegend 
die acinöse Form beobachtet. Die Acini sind durch sehr feine 
Sepien von einander getrennt; die Zellmembran tritt scharf 
hervor. In den Zellen sind wenig oder keine Fetttröpfchen, die 
Kerne sind basalwärts gerückt. 

Die Grössenverhältnisse beider Drüsen erweisen sich von 
einander abhängig, sodass mit abnehmender Grösse der Nick¬ 
hautdrüse die Har der’sehe Drüse zunimmt und umgekehrt. 
Pferd, Rind, Schaf, Ziege, Reh, Hund, Katze, Iltis, die keine 
Harder’sehe Drüse haben, weisen eine sehr grosse Nickhaut¬ 
drüse auf, und beim Hirsch, Damhirsch, Schwein, Kaninchen, 
Hasen, Igel und Maus nimmt die Nickhautdrüse immer mehr ab 
je grösser die Harder’sehe Drüse wird. Meerschweinchen und 
Ratten, denen die Nickhautdrüse fehlt, haben eine verhältniss- 
mässig grosse Harder’sehe Drüse. 

Im Laufe der Untersuchungen haben sich weitere 
bemerkenswerthe Resultate herausgestellt: 

1. Die Harder’schen Drüsen des Hirsches und Dam¬ 
hirsches haben zwei Ausführungsgänge. 

2. Das Reh hat keine Harder’sehe Drüse, dagegen eine 
wohl entwickelte Nickhautdrüse. 

3. Die Harder’sehe Drüse der Hausmaus gleicht der 
weissen Partie der entsprechenden Drüse des Kaninchens, die 
Harder'sehe Drüse der Feldmaus der rothen Partie. 

4. Der Hase hat ebenso wie das Kaninchen eine Glandula 
'acrimalis interior aufzuweisen. 


5. Beim Iltis findet sich neben der Nickhautdrüse eine der 
Orbitalis des Hundes gleichende Drüse. 

6. Der Maulwurf besitzt weder einen Blinzknorpel noch eine 
Nickhaut- und Harder’sehe Drüse. 


Tagesgeschichte. 

Abiturientenexanen und Schulreform. 

Der Reichstag hat am Dienstag seine langwierige und 
arbeitsreiche Tagung geschlossen, ohne dass die zur Berathung 
stehenden Petitionen, darunter die betreffs des Abiturienten- 
examens der Thierärzte, noch zur Verhandlung gelangt wären. 

Es ist dies dem Reichstag in Anbetracht der Jahreszeit 
gewiss nicht zu verargen und es ist dies für unsere Sache 
auch gar kein Fehler. Denn jetzt nach dem Flottengesetz 
hätte das Abitnrientenexamen der Thierärzte wohl nur ein sehr 
geringes Interesse erweckt und dadurch hätte selbst ein 
günstiges Votum des Reichstages nur an Werth für uns ein- 
büssen können. Bis zum Herbst wird auch die Stellung der 
Reichsregierung und anderer Ausschlag gebender Factoren sich 
noch vollständiger geklärt haben, namentlich da dann auch die 
Beschlüsse der Schulconferenz bereits einer Prüfung unterzogen 
sein können. 

Der Kernpunkt dieser Beschlüsse soll nach den Meldungen 
der Tagespresse ja der sein, dass allen drei verschiedenen neun- 
klassigen Schulen — Gymnasium, Realgymnasium und Ober¬ 
realschule — die gleiche Berechtigung zu allen Universitäts¬ 
und Hochschulstudien gewähren soll. 

Man kann über diesen Beschluss unzweifelhaft verschiedener 
Meinung sein. Es erscheint z. B. mehr als fraglich, ob dieses 
Gemisch verschiedener Vorbildungssysteme unter den Studirenden 
ein und derselben Wissenschaft sich nicht als sehr nachtheilig 
erweist, von dem Einfluss auf das Niveau der geistigen Erziehung 
und allgemeinen Bildung überhaupt ganz abgesehen. 

Aber das wird man zugeben müssen, dass für unsere 
Angelegenheit ein vortheilhafterer Beschluss, als die ausnahms¬ 
lose Zulassung zu allen Studien, gar nicht gefasst werden konnte. 
Viele Thierärzte werden, des unheilvollen Einflusses der ersten 
Schulconferenz eingedenk, der neuen mit höchstem Misstrauen 
entgegengesehen und sich mit banger Sorge gefragt haben, ob der 
Accident von 1892 sich wiederholen werde und wir, abermals 
anscheinend dem Ziele nahe, wieder durch die Schulreform zum 
Scheitern gebracht werden sollten. Es hätte uns gar nichts 
schlimmeres passiren können, als wenn man z. B. für uns 
allein im Gegensatz zur Medicin Oberrealschüler, wenn auch als 
Abiturienten, für zulässig erachtet hätte. 

Jetzt wird durch die Verallgemeinerung der Berechtigung 
das Abiturientenexamen vielleicht überhaupt etwas entwerthet, 
aber damit wird seine Einführung für uns nur erleichtert und 
wir wären dann immerhin vom Hauptübel, von dem Zurück¬ 
stehen gegen andere, vom Zuzug der Entgleisten befreit. 

Schmaltz. 

Gerichtsverfahren betr. Anzeige des Seucbenverdachtes. 

Der folgende Fall ist vielleicht, namentlich für jüngere 
Collegen nicht ohne Interesse, indem er zeigt, wie leicht ein 
practischer Thierarzt in seiner Thätigkeit mit den Gerichten in 
Berührung kommen kann. 

Am 13. November vorigen Jahres wurde ich von einem 


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284 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24. 


Heuerling in M. gebeten, seine Kuh zu untersuchen, die allem 
Anschein nach einen Fremdkörper im Schlunde habe. Bei 
meiner Untersuchung konnte ich nun constatiren, dass wirklich 
ein harter Gegenstand unterhalb des Kehlkopfes fühlbar war. 
Da aber keine Tympanitis bestand, beschloss ich bis zum 
anderen Tage mit der Behandlung zu warten, wenn nicht bis 
dahin vielleicht schon von selbst Heilung eingetreten sei, was 
iph hier schon häufiger beobachtet habe. Am folgenden Tage 
war jedoch der Zustand noch derselbe und nunmehr bemerkte 
ich in der Maulhöhle, besonders an der Zungenspitze, be¬ 
deutende Epitheldefecte, und da mir diese Erscheinungen Ver¬ 
dacht auf Maul- und Klauenseuche erweckten, fragte ich den 
Besitzer, ob er ein Thier seines Bestandes kürzlich gekauft, ob 
ein Händler im Stall gewesen, oder ob er auf einem Markt 
gewesen sei. Als dieses alles verneint wurde, und so jede 
Möglichkeit einer Infection ausgeschlossen schien, liess ich den 
Verdacht fallen, besonders da die Seuche hier sehr selten auf- 
tritt und vor zwei Jahren zum letzten Mal in einem Fall hier 
vorgekommen war. Ausserdem war nur ein Thier erkrankt, 
trotzdem noch zwei im selben Stall direct daneben standen. Auch 
waren die Klauen intact. 

Zwei Tage darauf benachrichtigte mich der Besitzer, dass 
ein zweites Stück seines Bestandes unter denselben Erscheinungen 
erkrankt sei. Bei meiner nunmehrigen zweiten Untersuchung 
constatirte ich den Ausbruch der Maul- und Klauenseuche und 
erstattete ungesäumt die ärztliche Anzeige. 

Einige Tage darauf stellte der beamtete Thierarzt des 
hiesigen Kreises Anzeige gegen mich beim Landrathsamt, wegen 
Vergehens gegen das Reichsviehseuchengesetz. Danach sollte 
ich die vorgeschriebene Anzeige des Seuchenverdachts um mehr 
als 24 Stunden verzögert haben, die Seuche verschleppt und in 
einem Fall dieselbe überhaupt nicht zur Anzeige gebracht haben. 

Wegen des ersten Punkts „die Anzeige des Verdachts des 
Seuchenausbruchs um länger als 24 Stunden verzögert zu haben“ 
wurde von der Staatsanwaltschaft zu Münster gegen mich An¬ 
klage erhoben. 

In der Verhandlung vor dem Schöffengericht zu Tecklen¬ 
burg wurde ich kostenlos freigesprochen mit der Begründung, 
dass ich den Verdacht des Seuchenausbruchs am 14. noch nicht 
gehabt hätte, denselben aber sofort zur Anzeige gebracht hätte, 
als ich ihn für begründet erkannte. Gegen dieses freisprechende 
Erkenntniss wurde vom Amtsanwalt Berufung eingelegt, welche 
jedoch von der Strafkammer zu Münster verworfen worden ist. 

Die Begründung der endgültigen Freisprechung war Folgende: 
Im Reichsviehseuchengesetz § 9 heisst es: 

Zur sofortigen Anzeige sind auch die Thierärzte verpflichtet, 
wenn sie von dem Ausbruch der nachbenannten Seuchen oder 
Erscheinungen unter dem Viehbestand, welche den Verdacht 
eines Seuchenausbruchs begründen, Kenntniss erhalten. (Im 
Gegensatz zum Besitzer, der von allen verdächtigen Er¬ 
scheinungen Anzeige erstatten muss). Wenn der Verdacht der 
Maul- und Klauenseuche nun auch wirklich bestanden habe, so 
sei derselbe doch mir nicht begründet erschienen und in 
Folge dessen müsse Freisprechung erfolgen. 

Wenn nun die Verhandlungen auch mit meiner kostenlosen 
Freisprechung endeten, so tragen solche Angelegenheiten doch 
nicht dazu bei, das Ansehen des thierärztlichen Standes zu 
heben. Und dessen bedürfen wir grade hier so dringend, 
besonders da hier noch mehrere Curpfuscher ihr Wesen oder 
vielmehr ihr Unwesen treiben, die selbstverständlich ihre helle 


Freude daran haben, dass auch ein approbirter Thierarzt wegen 
Seuchenvergehens vor Gericht gestellt wird. 

Westercappeln, 25. 4. 1900. F. Block, 

Thierarzt. 

Gewiss ist es besser, wenn solche Gerichtsverhandlungen, 
auch freisprechende, sich nicht ereignen. Aber dies kann nicht 
erstrebt werden mit dem Verlangen an den Kreisthierarzt, dass 
derselbe seinerseits die Anzeige wegen anscheinender Contra- 
vention nicht erstattet; denn das ist einfach seine Pflicht. Es 
ist vielmehr rathsain, dass der behandelnde Thierarzt lieber zu 
vorsichtig ist und jede, auch nur entfernt verdächtige Erscheinung 
seinerseits zur Anzeige bringt, mögen nun die Umstände noch 
so sehr gegen die Berechtigung des Verdachts zu sprechen 
scheinen. Der vorliegende Fall ist ja gerade in letzterer Hinsicht 
lehrreich. S. 

Conferenz. 

Im Reichsgesundheitsamt soll bereits in allernächster Zeit 
eine Conferenz stattfinden, welche die nunmehrige Regelung der 
Einfuhr von Fleisch über die Reichsgrenze zum Gegenstand 
haben wird. Die Reglementirung der inländischen Fleischschau, wo 
eine solche noch nicht besteht, wird jedenfalls aber noch längere 
Vorbereitungen erfordern. 

Antrag des Brandenburger Vereins. 

In dem Antrag des Brandenburger Vereins, am Schluss des 
in voriger Nummer, pag. 273 veröffentlichten Protocolles, muss 
es heissen: die Abgabe von Reincultnren an Nichtärzte (statt 
den Nichtärzten) verbietet. 

Jubiläum. 

Sein öOjähriges Jubiläum als Thierarzt feiert am 20. d. Mts. 
der Kreisthierarzt C. Fr ick in Rawitsch. Derselbe wurde am 
20. Juni 1850 bei der Mobilmachung als Thierarzt zur Garde- 
Artillerie eingezogen. 

Vertheilung der Aerzte In Deutschland. 

(D. med. Woch.) 

Die Zahl der Aerzte in Deutschland betrug am 15. October 1899 
26 689 (gegen 25 757 im Vorjahre). Es treffen also bei einer 
Einwohnerzahl von 52 251 917 Einwohnern auf 1 957 Einwohner 
1 Arzt, auf 10000 Einwohner 5,1 Aerzte. 

Im Jahre 1886 betrug die Zahl der Aerzte 16 292 bei einer 
Bevölkerungszahl von 46 840 587 also 1:2875 und 3,4:10000. 
Die Zahl der Aerzte hat sonach um 63,8 pCt., die Einwohner¬ 
zahl Deutschlands um 11,5 pCt. zugenommen. 


Auf die wichtigsten Einzelstaaten vertheilt, gestaltet sich 
das Verhältniss: 



1886 

Zahl der 

1899 

Zahl der 

1886 1899 

Zahl der 

Zunahme der 
Aerzte 

Ein¬ 

wohner 

Aerzte 

Ein¬ 

wohner 

Aerzte 

Aerzte 
zu Ein¬ 
wohnern 

Aerzte 
zu Ein¬ 
wohnern 

Preussen . . 
Bayern . . . 
Sachsen . . 
Württemberg. 
Baden . . . 

Hessen . . . 
Eisass- 
Lothringen . 

28 313 833 9347 
5 416 1801973 

3179168 1156 
1 994 849 614 
1 600 839 685 
956 170 414 

1 563 145 496 

31 855123 16 103 
5 797 414 2 947 
3 783 014 1 968 
2 080 898 870 

1 725 470 1 027 
1 039 388 661 

1 641 220 766 

1 :3029 1 : 1978 
1:2745 1 :1967 
1 :27501: 1922 
1:3248,1:2392 
1 :2336 1 : 1680 
1:2309 1 :1572 

1:3151 1:2140 

72,3%, 
50,3%, 
70,2". 

41,7% 
59,1% 
59,6% 

54,4% 


Die stärkste Zunahme fand somit in Preussen, die geringste 


in Württemberg statt. 


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14. Jnni 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


285 


In den deutschen Städten mit über 100000 Einwohnern 
gestaltete sich die Zahl der Aerzte und deren Verhältnis zur 
Zahl der Einwohner wie folgt: 




1886 


1899 

Berlin . . . 

1320 000 

1193 

1:1106 

1 833 147 

2314 

1: 725 

Hamburg . . 

518 712 

319 

1:1624 

675 351 

544 

1:1241 

Mönchen . . 

260 005 

333 

1: 780 

411001 

637 

1: 640 

Leipzig. . . 

170076 

214 

1: 794 

399 963 

411 

1: 973 

Breslau. . . 

299 405 

273 

1:1096 

373 166 

510 

1: 732 

Köln .... 

161 270 

135 

1:1194 

3C0 047 

330 

1: 974 

Düsseldorf 

115 183 

79 

1:1458 

176 025 

158 

1:1114 

Königsberg . 

151177 

141 

1:1072 

172 796 

256 

1: 675 

Charlottenburg 

— 

— 

— 

160 000 

308 

1: 513 

Stuttgart . . 

125 906 

127 

1: 991 

158 321 

200 

1: 792 

Strassburg 

112 220 

118 

1: 949 

135 313 

215 

1: 629 

Halle . . . 

— 

— 

— 

116 304 

203 

1: 573 

Dortmund . . 

— 

— 

— 

111 232 

77 

1:1445 

Krefeld . . . 

— 

— 

— 

107 278 

60 

1:1787 


Am reichsten ist also Charlottenburg mit Aerzten versehen 
(1:513), es folgt dann Halle, Strassburg, München etc. Es 
zeigt sich hier einerseits der Einfluss der Universitäten an einer 
auffallend grossen, der Einfluss der Krankenkassen in grossen 
Industriecentren an einer geringen Anzahl von Aerzten. Der 
Durchschnitt beträgt 1:1063. 

Die Bevölkerung hat sich in Berlin um 38,8 pCt., in 
München um 58,7 pCt. die Zahl der Aerzte in Berlin um 93,9 pCt., j 
in München um 91,3 pCt. vermehrt. 


Auf 100 qkm wohnen im Deutschen Reiche im Durchschnitt 
4,94 Aerzte und zwar am dichtesten in Sachsen (13,13), am 
wenigsten dicht in Bayern (3,88). 

Es ergiebt sich aus diesen Zahlen, dass die Zahl der Aerzte 
in Deutschland in den letzten 13 Jahren in viel stärkerem Masse 
gewachsen ist als der Zunahme der Bevölkerungsziffer entspricht, 
und dass namentlich der Zugang in den grossen Städten ganz 
unverhältnissmässig gross ist. Unter solchen Umständen ist die 
ungünstige Lage des ärztlichen Standes leicht erklärlich. 

General-Versaimnlang des thierärztllchen Vereins der Regierungsbezirke 
Stettin-Stralsund 

am 24. Juni 1900, Vormittags 11 Uhr 
im Victoria-Hotel zu Stettin. 
Tages-Ordnung: 

1. Geschäftliches. Kassenbericht. Wahl des Vorstandes. Auf¬ 
nahme neuer Mitglieder. 

2. Vortrag: Die Pferdezucht Pommerns und die Körordnung. Herr 
Fetting-Pyritz. 

3. Mittheilungen aus der Praxis. 

Die Herren Mitglieder des Vereins für den Regierungs¬ 
bezirk Cöslin werden gleichzeitig freundlichst eingeladen. 

Nach der Sitzung' gemeinschaftliches Mittagessen unter 
Theilnahme der Damen. 

Müller, Falk, 

Vorsitzender. Schriftführer. 


Oeffentliches Veterinär wesen. 


(Mi11hei1ungen für 

Seuchenstatistik und Yeterinärpolizei. 

Massregein betr. Maul- und Klauenseuche. 

Betr. den Verkehr mit Handeisschweinen aus der Provinz Posen 

ist unterm 25. Mai er. für den R.-B. Posen folgendes angeordnet 
worden: 1. Personen, welche Schweine zum Verkauf auf Märkte 
bringen oder 2. welche sich mit dem Vertrieb gewerbsmässig be¬ 
fassen, haben ein acht Tage geltendes Ursprungszeugniss vor¬ 
zuweisen. Letztere haben ausserdem die zum Transport nach 
Schlesien bestimmten Schweine kreisthierärztlich untersuchen 
zu lassen. Diese Untersuchung hat im Falle des Ankaufs der 
Schweine auf Märkten vor dem Verlassen des Marktortes, im andern 
Falle vor der Verladung zu erfolgen, und wird hierüber ein 
drei Tage geltendes Gesundheitszeugniss ausgestellt. Die Kosten 
fallen dem Händler zur Last. — Desgl. ist durch Bekannt¬ 
machung vom 1. Juni er. für den R.-B. Breslau über denselben 
Gegenstand folgendes bestimmt worden: Nach Ablauf der Geltungs¬ 
dauer der vorgeschriebenen siebentägigen Beobachtung für aus 
Posen stammende Schweine treten wiederum die polizeilichen 
Anordnungen vom 18. Januar 1898 in Kraft. Danach ist die 
Einfuhr auf dem Landwege nur über die von den Landräthen 
namhaft gemachten Einbruchsstationen bei festgesetzten Unter¬ 
suchungszeiten zulässig. Von dem Eintreffen der Transporte in 
den Einbruchsstationen muss der beamtete Thierarzt mindestens 
sechs Stunden vorher Mittheilung in Händen haben. Die Einfuhr 
ist ausserdem an die Bedingungen geknüpft, dass ein Ursprungs¬ 
attest (acht Tage Gültigkeit), Gesundheitsattest (drei Tage 
Gültigkeit) und Farbenstempelung der Schweine am linken Ohr 
auf Grund der Untersuchung vorhanden ist. Bei Vorhandensein 
von Seuche, bei Seuchenverdacht oder wenn die Stückzahl der 


Veterinärbeamte.) 

Schweine nicht mit den Attesten übereinstimrat, wird Stall- bezw 
Gehöftsperre verhängt. 

In Bayern ist laut Bekanntmachung vom 19. Mai er. rück¬ 
sichtlich der Abnahme der Maul- und Klauenseuche in der 
Schweiz die Einfuhr von Zuchtrindern und Zuchtziegen aus 
der Schweiz wiederum gestattet: 1. den Landwirthen für 
eigenen Bedarf oder den Händlern, wenn sie Einzelaufträge von 
denselben nachweisen, 2. wenn bei der Einfuhr ein höchstens 
sechs Tage altes Attest vorgelegt wird, ans welchem ausser dem 
genauen Nationale und Gesundheitszustand der Thiere hervorgehen 
muss, dass innerhalb der letzten 30 Tage im Ursprungsort und 
seiner Umgebung kein Fall von Maul- und Klauenseuche auf¬ 
getreten ist, 3. wenn die Thiere nachweislich kein Maul- und 
Klauenseuche gebiet (ausgenommen mit der Eisenbahn bei directem 
Transport) passirt haben und 4. wenn die Untersuchung der 
Thiere zu Bedenken keinen Anlass giebt. Aehnliche Er¬ 
leichterungen sind auch in dieser Angelegenheit in Württemberg 
und El8a88-Lothringen geschaffen. Desgleichen sind im Königreich 
Sachsen im Hinblick auf den erheblichen Rückgang der Maul- und 
Klauenseuche die verschärften Massregeln (Dresd. Journal No. 65) 
ausser Wirksamkeit gesetzt worden. 

R.-B. Wiesbaden: Landespolizeiliche Anordnung vom 8. Mai er.: 
1. Das mit der Eisenbahn eingeführte Klauenvieli muss vor der 
Entladung kreisthierärztlich untersucht werden, ausgenommen, 
wenn ein höchstens 48 Stunden altes kreisthierärztliches Gesund¬ 
heitsattest über den in seinem Bestände unveränderten 
Transport vorgelegt wird. 2. Nach Feststellung der Seuchen¬ 
freiheit müssen die Thiere entweder unter Polizeiaufsicht ge¬ 
schlachtet oder einer sechstägigen Quarantäne unterworfen werden. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24. 


286 

Die Ankunft des Transportes ist der Ortspolizei des Bestimmungs¬ 
ortes sechs Stunden vorher anzuzeigen. 8. Die Quarantäne kann 
in einem gesonderten Observationsraum oder in einem schon 
benutzten Stalle durchgemacht werden; in letzterem Falle unter¬ 
liegen aber alle im Stalle sonst noch befindlichen Thiere der 
sechstägigen Observation. 4. Darauf dürfen die Thiere erst nach 
nochmaliger Untersuchung und nur mit landräthlicher Erlaubnis 
entfernt werden. 5. Dieselben Bestimmungen finden auf das au^ 
Landwegen in den R.-B. eingebrachte Vieh Anwendung. Hierbei 
gilt als Untersuchungsort der zuerst berührte Ort des R.-B. 
Die vorherige Anmeldung der Ankunft des Transports hat gleich¬ 
falls sechs Stunden vorher zu erfolgen. Die Benachrichtigung 
des beamteten Thierarztes muss mindestens 24 Stunden vorher be¬ 
wirkt werden. Nach Ablauf der Observation nochmalige Unter¬ 
suchung. Zur unmittelbaren Schlachtung mittels Wagen oder 
Bahn in öffentliche Schlachthäuser eingeführte Thiere werden von 
diesen Bestimmungen nicht berührt. 

Im R.-B. Hildeshelm ist laut Bekanntmachung vom 21. Mai er. 
der Handel mit Klauenvieh im Umherziehen für die 
Mehrzahl der Kreise untersagt. 

In Belgien ist die Einfuhr und Durchfuhr von Rind- und 
Schafvieh aus der Argentinischen Republik wegen Herrschens 
der Maul- und Klauenseuche in derselben verboten. 


Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuohe in Preuaaen am 31. Mal 1900. 


Regierungsbezirk 

Die Seuch 

Kreisen 

e herrschte 
in 

Gemeinden 

(Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht: 

Königsberg. 

3 

3 

0,73 

Danzig. 

3 

3 

2,38 

Marienwerder. 

1 10 

27 

11,98 

Potsdam. 

10 

40 

15,46 

Frankfurt. 

4 

15 

5,51 

Stettin. 

10 

24 

12,79 

Köslin. 

4 

9 

4,66 

Stralsund. 

3 

9 

10,10 

Posen. 

7 

10 

3,03 

Bromberg. 

6 

9 

4,04 

Breslau. 

8 

10 

2,63 

Liegnitz. 

5 

6 

2,13 

Oppeln. 

3 

4 

1,46 

Magdeburg. 

13 

54 

37,50 

Merseburg. 

5 

7 

3,02 

Erfurt. 

1 

1 

17,06 

Schleswig ...... 

2 

4 

1,87 

Hannover . 

5 

11 

17,48 

Hildesheim. 

7 

16 

22,09 

Lüneburg . 

5 

11 

7,46 

Stade . 

2 

2 

2,75 

Osnabrück . 

2 

2 

3,57 

Aurich. 

1 

1 

2,92 

Münster. 

2 

3 

11,19 

Minden. 

2 

2 

3,92 

Arnsberg. 

3 

3 

3,52 

Cassel. 

6 

7 

4,18 

Wiesbaden. 

6 

8 

8,55 

Koblenz. 

2 

2 

1,91 

Düsseldorf. 

8 

11 

25,58 

Köln. 

3 

6 

16,89 

Trier. 

7 

11 

9,76 

Aachen. 

1 

1 

2,56 

Hohenzollern-Sigmaringen 

1 

2 

15,74 

Summa: 

160 

333 

— 


Naobwelaang Ober den Staad der Viebaeuoben Im Deutschen Reiche 
am 31. Mai 1900. 

Es waren am 31. Mai 1900 in nachstehenden Regierung* 
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

PreuBsen: R.-B. Marienwerder, Berlin, Potsdam, Frank¬ 
furt, Liegnitz, Oppeln, Hildesheim, Stade, Düsseldorf je 1 Kreis 
bezw. 1 Gemeinde. R.-B. Posen 4 (4). R.-B. Bromberg 3 (4). 
— Bayern: R.-B. Oberbayern 1 (2). R.-B. Niederbayern Pfalz 
je 1 (1). Württemberg: Donaukreis 2 (2). Baden: Landes- 
commissariat Constanz, Mecklenburg-Strelitz, Anhalt, Be¬ 
zirk Lothringen je 1 (1). 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 6 (14). R.-B. Niederbayern 
5 (7). R.-B. Pfalz 5 (6). R.-B. Oberpfalz 3 (4). R.-B. Ober¬ 
franken 6 (11). R.-B. Mittelfranken u. Unterfranken je 8 (101. 
R.-B. Schwaben 8 (17). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 2 (3). 
Kreishauptm. Dresden 4 (6). Kreishauptm. Leipzig 3 (3). 
Kreishauptm. Zwickau 5 (12). Württemberg: Neckarkreis 
11 (16). Schwarzwaldkreis 10 (20). Jagstkreis 6 (13). Donau¬ 
kreis 14 (26). Baden: Landescomm. Konstanz 6 (9). Landescomm. 
Freiburg 7 (16). Landescomm. Karlsruhe 2 (3). Landescomm. 
Mannheim 4 (5). Hessen: Provinz Starkenburg 2 (2). Provinz 
Oberhessen 5 (13). Provinz Rheinhessen 2 (3). Mecklenburg- 
Schwerin: 6 (12). Sachsen-Weimar: 3 (7). Braunschweig: 
4 (21). Sachsen-Meiningen und Altenburg: je 2 (2). 

Gotha 1 (4). Anhalt: und Bezirk Unter-Elsass je 3 (3). Lippe: 
2 (3). Bezirk Ober-Elsass 2 (4). Waldeck, beide Reuss und 
Bezirk Lothringen je 1 (1). 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Magdeburg 3(3). R.-B. Merseburg 2(3). 
R.-B. Arnsberg 1 (1) Sachsen: Kreishauptm. Zwickau 2 (2). 

D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest): 
Preussen: R.-B. Königsberg 3 (4). Danzig 2 (6). Marien¬ 
werder 3 (7). R.-B. Potsdam 7 (11). R.-B. Frankfurt 5 (5). 
R.-B. Stettin 3 (6). R.-B. Stralsund 1 (2). R.-B. Posen 8 (17). 
R.-B. Bromberg 3 (9). R.-B. Breslau 14 (46). R.-B. Liegnitz 
11 (26). R.-B. Oppeln 5 (12). R.-B. Schleswig 2 (3). R.-B. 
Hannover und Arnsberg, je 3 (3). R.-B. Cassel 4 (4). R.-B. 
Wiesbaden 1 (2). R.-B. Düsseldorf 3 (4). R.-B. Merseburg, 
Hildesheim, Trier je 2 (2). R.-B. Köslin, Magdeburg, Osnabrück, 
Münster je 1 (1). Bayern: R.-B. Oberbayern und Ober-Pfalz 
je 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Dresden 1 (1). Baden: 
Landescomm. Mannheim 1 (3). Braunschweig: 1 (2). Waldeck 
1 (1). Lippe 2 (2). 

Demgegenüber zeigte der Senchenatand am 15. Mai folgende 
Veränderungen: Mit Rotz waren ausserdem die R.-B. Gum¬ 
binnen und Aurich verseucht; er trat im Ganzen in 29 Ge¬ 
meinden — 2 Gemeinden mehr auf. — Die Maul- und Klauen¬ 
seuche war in den preuss. R.-B. Osnabrück Aurich, der hess. 
Prov. Starkenburg erloschen, wogegen sie in Mecklenburg-Strelitz 
1 (4), Herzogth. Oldenburg 1 (1), Schwarzburg-Sonderhausen 1 (1) 
und Hamburg 1 (1) constatirt wurde. — Die Lungenseuche 
hatte -f 2 Gemeinden, im Ganzen 11 ergriffen ; der R.-B. Arns¬ 
berg war seuchenfrei. —Von Schweineseuche (Schweinepest) 
waren die preuss. R.-B. Köslin, Merseburg, Münster, Kreishauptm. 
Dresden, Landescomm. Mannheim, Waldeck, Lippe frei, dagegen 


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14. Juni 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


287 


die R.-B. Gumbinnen 1 (1), Prov. Oberhessen 1 (3) Mecklenburg- 
Schwerin 1 (1), Gotha, Schaumburg-Lippe mit je 1 (1) und 
Hamburg mit 2 (2) von dieser Seuche betroffen. 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen. 

Die Maul- und Klauenseuche ist auf dem Central-Viehhof zu 
Berlin, sowie in Nürnberg, Passau und Hamburg erloschen. In 
Sachsenhausen bei Frankfurt a. M. ist sie unter Kälbern am 
8. Juni ansgebrochen und am 11. erloschen. 


Fleisch schau und Yiehverkehr. 

Berlin: Auszny au« dem Fleischschaubericht für Monat Mai 1900. 

A. Schlachthof. 



Rinder j 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht 

13 975 

18 819 

31216 

74 971 

Ganz beanstandet .... 

428 

112 

11 

468 

Ueberhaupt mit Tuberculose 
behaftet. 

3 896 

60 

1 

3139 

Davon gänzlich verworfen . 

179 

6 

1 

121 

„ sind zur Sterilisation ge¬ 
eignet befunden worden: 

128 

15 


201 

„ teilweise verworfen . . 

1 | 


— 

— 

Also vollständig freigegeben 

3 588 ! 

39 

— 

2 817 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— ' 


— 

21 

Mit Finnen behaftet . . . 

56 

1 


34 

Stark finnig, technisch ver¬ 
wertet . 

2 



9 

Finnig und wässerig, tech¬ 
nisch verwertet . . . .* 

2 




Schwach finnig sind zur 
Kochung geeignet befunden 
worden. 

54 

1 


25 

Ausserdem wegen Behaftung 
mit Kalkconcrementen, mul¬ 
tiplen Blutungen u. s. w. sind 
gekocht verwertet . . . 

— 

1 

i 

40 


An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei 
Rindern 6578 Stück, bei Kälbern 130 Stück, bei Schafen 1642 Stück, 
bei Schweinen 13023 Stück. 


B. Untersuchungsstationen. 



Rinder¬ 
viertel , 

Kälber 

Schafe i 

Schweine 

Untersucht. 

21017 ; 

12186 1 

2 250 

14 359 

Beanstandet. 

80 

67 

5 

11 

Wegen Tuberculose wurden 
beanstandet. 

33 



4 

Davon sind zur Sterilisation 
geeignet befunden worden: 

11 



4 

Mithin gänzlich verworfen . 

22 ! 

— 

— 

— 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 1 

— 

-. 

— 

Mit Finnen behaftet. . . . 

4 

— 

— 

— 

Davon schwach finnig sind 
zur Kochung geeignet be¬ 
funden worden. 

4 



j 


Unter dem eingefllhrten Fleisch waren 1333 dänische Rinder¬ 
viertel, 54 dänische Kälber und 65 Wildschweine. 

Berlin, den 6. Juni 1900. Der städtische Oberthierarzt 

Reissmann. 

Die Controls der Fleischbeschau«* in England. 

In England ist das System der Laienfleischbeschauer bisher 
fast ausschliesslich in Geltung gewesen. Zu dem Posten als 
„Meat-Inspector“ konnten Personen aller möglichen Berufsarten 
gelangen. Erst seit den Vorschlägen der letzten Tuberculose- 
Coramission, welche dahin lauten, dass zur Durchführung einer 
einheitlichen Fleischbeschau es unbedingt nothwendig ist, von 
den Fleischbeschauern eine bestimmte Qualification zu verlangen, 
wendet man der Ausbildung dieser Leute mehr Aufmerksamkeit 
zu, worüber in der B. T. W. bereits berichtet worden ist. 
Die Aufsicht und Controlle über die Fleischbeschauer liegt dem 
| Medical-Officer, d. h. dem beamteten Arzte der betreffenden Be¬ 
hörde ob. Wiederholt vorgekommene Fehlgriffe bei der Be- 
urtheilung von kranken Thieren, die in der zweiten Instanz von 
dem Medical-Officer vorgenommen wurden, haben die Behörden 
zu der Ansicht bekehrt, dass die Aerzte nicht die geeigneten 
Contr&llbeamten für die Fleischbeschauer abgeben. ^ Aus diesem 
‘ Grunde hat die Glasgower Gemeindevertretung am vergangenen 
Montag beschlossen, die Fleischbeschauer, welche bisher dem 
; Arzte des Gesundheitsamts unterstellt waren, in Zukunft dem 
I Thierarzt der Veterinär-Abtheilung zu unterstellen. Dieser 
Anfang zur Aenderung der Fleischbeschauorganisation in Eng¬ 
land dürfte für die einheitliche Durchführung der Fleischbeschau 
.von nicht zu unterschätzender Bedeutung sein. K. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Fröhner, Lehrbuch der Arzneimittellehre für Thierärzte. Fünfte, 
neubearbeitete Auflage. 1900. Verlag von Ferdinand Enke- 
Stuttgart. 

Im Jahre 1889 kam Fröhner mit seiner Arzneimittellehre 
heraus, heute hat sich bereits die fünfte Auflage als nöthig er¬ 
wiesen. Das Buch ist zweimal ins Russische übertragen und 
auch in Ungarn ist es durch eine Uebersetzung in die Landes¬ 
sprache den Fachmännern allgemein zugänglich gemacht worden. 
Aus diesen Thatsachen kann ohne Weiteres gefolgert werden, 
dass sich die Arzneimittellehre einer grossen Beliebtheit erfreut. 

Der Verfasser ist unablässig bemüht gewesen, sein Werk 
zu verbessern und mit den Fortschritten auf pharmacologischem 
Gebiete in Einklang zu bringen. Bei der vorliegenden Auflage 
machten sich vielfach Ergänzungen durch die Neubearbeitung 
des deutschen Arzneibuches erforderlich. Sodann wurde die 
grosse Zahl neuer Arzneimittel einer Prüfung unterworfen und 
es wurden diejenigen ausgelesen, welche sich in der Veterinär¬ 
heilkunde bewährt haben. Nahezu 200 neue Mittel sind seit 


1896 auf dem Markte erschienen, doch wird nur eine verhältniss- 
inässig sehr kleine Zahl eine bleibende Erwerbung für den 
Arzneischatz bilden. Verf. zählt im Ganzen acht Mittel und die 
neuen Silberpräparate auf. 

Die durch pliarmacologische und klinische Arbeit erweiterten 
Erfahrungen über die Heilwirkung bereits bekannter Arznei¬ 
mittel ist gebührend berücksichtigt worden. 

Die neue Auflage, welche sich ihren Vorgängerinnen würdig 
anschliesst, darf einer warmen Aufnahme in den Fachkreisen 
sicher sein. 

Katalog der instrumentenfabrik für Thiermedicln und Landwirtschaft 
von H. Hauptner Berlin 1900. Im Selbstverlag. 

Zur Jahrhundertwende veröffentlichte Paul Parey in der 
Landwirtschaftlichen Presse ein Gedenkblatt mit den Porfcraits 
von 100 „Förderern der Landwirtschaft“ aus dem Reich der 
Gelehrsamkeit und der Praxis. Unter diesen Portraits fand sich 
auch dasjenige von Hauptner senior, als Anerkennung, dass 
er sich durch Einführung nützlicher Instrumente um die Land¬ 
wirtschaft verdient gemacht habe. Wenn es sich um eine 
ähnliche Zusammenstellung von Förderern der Thierheilkunde 


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288 BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 24. 


handelte, so würden die beiden Hauptner, Vater und Sohn, 
mit noch grösserem Rechte auch unter diesen einen Platz ein¬ 
zunehmen haben. 

Denn die Firma Hauptner hat sich um die thierärztliche 
Chirurgie verdient gemacht, indem sie zuerst das thierärztliche 
Instrumentarium auf eine Stufe brachte, die hinter der Voll¬ 
kommenheit humanmedicini8cher Instrumente nicht zurückblieb. 
Vor allem aber hat sie auch anregend gewirkt, indem sie bereit¬ 
willig eine sehr grosse Zahl von Thierärzten erdachter Con- 
structionen, häufig ohne Rücksicht auf ihre vermuthliche Gang¬ 
barkeit, zur Ausführung brachte und practisch vervollkoramnete. 
Ohne dies wäre wohl manches Instrument unausgeführt geblieben. 
Die Firma hat sich auch stets als thierärztliche Instrumenten- 
Fabrik bezeichnet. Es kann uns daher nur freuen, wenn sie 
als solche sich mit der Zeit einen Weltruf erworben hat und 
wenn z. B. auf der Weltausstellung zu Paris die Anordnung der 
gesammten Abtheilung für medicinische etc. Instrumente dem 
jüngeren Chef dieser Firma übertragen worden ist. 

Für eben diese Weltausstellung hat die Firma Hauptner 
den oben genannten Catalog hersteilen lassen, der die bisherigen, 
bereits durch ihre Ausstattung, namentlich die zahlreichen Ab¬ 
bildungen, rühmlichst bekannten Cataloge noch übertrifft und auf 
dessen Werth hier besonders hingewiesen werden soll. 

Einen besonderen Schmuck hat die Firma, zweifellos mit 
grossem Aufwand, diesmal dem Catalog gegeben durch Einfügung 
von sehr hübsch arrangirten, nach photographischen Aufnahmen 
hergestellten Abbildungen sämmtlicher thierärztlicher 
Lehranstalten der Welt, verbunden mit kurzen Angaben über 
den Status der Anstalt. Im Hinblick auf diese höchst in¬ 
teressante und werthvolle Beigabe hat Prof. Doepler jun. eip 
sinnreiches Titelblatt für den Catalog gez^icliget, welches die 
thierärztlicha Wissenschaft als weitschattenden Baum darstellt, 
dessen knorrige Wurzeln die Namen der im 18. Jahrhundert 
gegründeten alten Thierarzneischulen tragen, während die Namen 
der jüngeren Anstalten in der Laubkrone verzeichnet sind. 

Schmaltz. 

Neue Eingänge. 

(Besprechung Vorbehalten.) 

Dr. H. ven Haag, Ministerialdirector: Das bayerische Gesetz 
betr. die Pferdeversicherungsanstalt vom 15. April 1900. München 
bei C. H. Beck. 

Herter-Burechen : Zwei Seuchengänge von ansteckendem Ver- 
kalben. Leipzig bei Heinsius Nachfolger. 

Prof. Hess-Bern. Bericht der Commission der Gesellschaft 
Schweizerischer Thierärzte für eine Revision der eidgenössischen 
Vorschriftenbetreffend Viehseuchenpolizei. BernbeiStämpfli&Co. 

Professor Vogel-Stuttgart: Specielle Therapie und Diätetik der 
innerlichen Thierkrankheiteu. Lieferung 2. Vollständig in 
4 Lieferungen ä 4 M. Stuttgart bei Schick har dt & Ebner. 

Personalien. 

Ernennungen etc.: Die Thierärzte Nieber-Gommern und Rand¬ 
bahn -Krotoßcliin sind als Sanitätsthierärzte bei der Meierei. Bolle 
in Berlin und Thicrarzt K. Klein in Lennep definitiv als Schlacbt- 
hofinspektor, Schragenheim als städt. Thierarzt in Zwenkau 
(Sachs.) — angestellt 

Approbationen: in Berlin: Die Herren Paul Abendroth, Wilhelm 
Bieser, Alfonsus Heimann, Alfred Hoffmann, Paul Keil, 


August Laps, Peter Scheuer, Wilhelm Schmidt, Franz 
Ti ns chert, Ladislaus Wesolowski. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die Thier¬ 
ärzte Otto Eisen (1898) als bezirksthierärztlicher Assistent nach 
Pfaffenhofen, Gelbke nach Radeburg (Sachs.), K. Haack von Gross- 
Bieberau nach Höchst i. 0. 


Yacanzen. 

(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufenor Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 

Kreisthlerarztstellon etc.: a) Nen ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Cassel: Gersfeld (600 M.), (erneut ausgeschrieben,) 

Gesuche innerhalb 4 Wochen an den Regierangspräsidenten. 

— R.-B. Köln: Waldbröl (neuerrichtet) (600 M. Gehalt, 200 M. aus 
Kreismitteln, 810 M. für Beaufsichtigung der Viehmärkte). Be¬ 
werbungen bis 18. Juni an den Regierungspräsidenten. 

Deutsch-Südwest-Afrika: Für das Kaiserliche Gouverne¬ 
ment vorläufig zur comm. Beschäftigung 2 approb. Thierärzte zum 
sofortigen Antritt (6000 M. Anfangsgehalt, Wohnung etc. Hin- und 
Rückreise; 1000 M. Ausrüstungsgelder; 3 Jahre Verpflichtung). 
Bewerb, an die Kolonialabtheilung des Auswärtigen Amtes. 

b) Nach Ablaut der Meldefrist noch anbesetzte Stellen: 
R.-B. Aachen: Montjoie. — R.-B. Cöslin: Bütow und Stolp(Nord) 

— R.-B. Köln: Rheinbach. — R.-B. Wiesbaden: St. Goarshausen. 

Sanitätsthierarztstellen: a) Nen ausgeschriebene Stellen: 
Cottbus: SchlachtbofassiBtenztbierarzt bis 1. October (Beschäftigung 
diätarisch, vierteljähr. Kündigung; 1500 M. p. a.). Bewerbungen 
an den Magistrat. — Dresden: Mehrere Hilfsthierärzte bei der 
städt. Schlachtvieh- u. Fleischbeschau znm 1. Juli er. (2100 M 
V 4 jähr. Kündigung; Verpflichtung zn mindestens ljähr. Dienstzeit.) 
Gesuche mit Zeugnissen etc. bis 18. Juni bei der Direktion. 
Klingenthal und Nachbargemeind^p: Thierarzt fUr die wissen¬ 
schaftliche Fleischbeschau. (Untcrsuchungsgebübren nnd ein zu 
vereinbarendes Fixum. Ausserdem 800 Mk. staatliche Beihilfe, 
ca. 600 Mk. Untersuchungsgebühren für Pferdeschlaehtungen). Be¬ 
werbungenanden Gemeinderath in Klingenthal. — Pausa und Nachbar- 
gomeinden: Thierarzt für Fleischbeschau. (Bis 1903 eine amtliche 
Beihülfe von 800 Mk. und von den Stadtgemeinden 300 Mk.) Bewerb, 
bis 18. Juni er. an den Stadtgemeinderath in Pausa.— Warnsdorf, 
Bez. Leipzig: Thierarzt für Fleischschau in W. und in den Nachbar¬ 
gemeinden. Meid, an den Gemeindevorstand. — Zwickau: 
2. Schlachthofthierarzt zum 1. Juni (1800 M. Wohnung etc.) 

b) Nach Ablani der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Cassel: 3. Schlachthofthierarzt. — Düsseldorf: 2. Aasisfenz- 
thierarzt. — Eberswalde: Schlachthofinspector. — Frankfnrta.0.: 
Schlachthofdirector znm 15. Juni er. — Johanngeorgenstadt 
und Nachbargemeinden: Thierarzt für Fleischbeschau. — Königs- 
wartba i. S.: Tbierarzt für Fleischbeschau. — Lunzenau: Thierant 
für Fleiscbschau. — Mülhausen (Eisass): Schlachtbofverwalter. — 

— Neheim: Schlachthofdirector. — Pössneck: Thierarzt für 
Fleischbeschau. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Pritzerbe: 
Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Wetter (Ruhr): 
Tbierarzt für Fleischbeschau. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt — Peiskretscham (Ober-Schles.): Thier¬ 
arzt. Bewerbungen beim Magistrat. — Schönbaum (Danzig). 

— Sold au (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Eickel: Thjerarzt. — Mengering¬ 
hausen (Waldeck): Thierarzt. — Rhinow (R.-B. Potsdam): 
Thierarzt. Schloppa (Westpr.): Thierarzt sofort, (ca. 1000 M. aus der 
Fleischbeschau). Meid, an den Magistrat — Schwarzenbergi. S.: 
Tbierarzt für Fleischbeschau u. Praxis. — Sonnenburg: Tbierarzt— 
Suelze (Mccklb.): Thierarzt (300 M. Fixum aus der Stadtkasse). 
Bewerbungen an den Magistrat — Weilerbach, Bez.-A. Kaisers¬ 
lautern: Thierarzt (750 Mark Beihülfe). Meid, bis 16./6. an den Bürger¬ 
meister. — Wolkenstein: Tbierarzt für Praxis nnd Fleischschau. 


Verantwortlich fUr d«D Inhalt (exeL Inj erat enth eil): Prot Dr. Schmaltz ln Berlin. — Verlag nnd Eigen th am von Richard Scho et z ln Berlin. — Druck von W. BQxenatain, Berlin 


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Die „Berliner Thlerfntllche Wochenncbrift“ erscheint 
wöchentlich in St&rke von mindestens l'/i Bogen. Dieselbe 
ist so bestehen durch den Bnchhandel, die Post (No 1083) 
oder durch die Verlsgsbnchhsndlung von Richard 
Sohoets, Berlin NW, Luisenstrasse M, zum Preise von 
Mk. 6, - pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originslbeitrige werden mit 60 Hk* für den Bogen honorirt 
Alle Msnuscripte, Mittheilnngen und redactlonellen An¬ 
fragen beliebe man zn senden an Prof. Dr. Schmalts, 
Berlin, thlerSrzUiche Hochschale, NW, Luisenstrasse 66. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. B. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard 8choet~, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M 25 . Ausgegeben am 21. Juni. 


I n h a11: Mark«: Die 14. Wanderausstellung der D. L.-G. in Posen. — Müller: Erfahrungen mit Carboibehandlung bei 
Starrkrampf der Pferde. — Referate: Hoffmann: Die beste Kastration der Hengste. — Eggebrecht: Operation des 
grauen Staars auf beiden Angen. — Kal ko ff: Tödtliche Kolik durch Spulwürmer. — Anger: Bin Fall von Bryoniavergiftung. 
— Plotti: Vergiftung mit Schierling. — Tronette: Vergiftungen durch Ranunculus acer. — Antiaphthen. — Kleine 
Mittheilungen. — Hesse: Ein nenes Verfahren zur Züchtung des Tabercelbacillus. — Tagesgeschichte: Nachruf Schell. — 
Zar Lage. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau 
und Viehverkehr. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen. 


Die 14. Wanderausstellung der D. L.-G. in Posen. 

Von 

Marke-Posen. 

Zucbtdlrector. 

Die am 7. Juni d. J. in Vertretung des Präsidenten der 
deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft Sr. Königlichen Hoheit 
des Prinzen Friedrich Heinrich von Preussen durch Se. 
Königliche Hoheit den Prinzen Joachim Albrecht von 
Preussen eröffnet« 14. Wanderausstellung, ist am 12. Juni 
d. J. Abends geschlossen worden. Die Ausstellung führte ihrer 
Bestimmung gemäss die landwirtschaftliche Production und 
ihre vielseitigen Hülfsqnellen im Wettstreit aus allen Gauen 
Deutschlands zusammen. Wenn die Deutsche Landwirthschafts- 
Gesellschaft es sich zur Aufgabe stellt, ohne directe Staats- 
unterstiitzung die Landwirtschaft mit allen Mitteln der Theorie 
und Praxis sachlich zn fördern, so hat sie für Posen durch die 
14. Wanderausstellung ihre Aufgabe glänzend gelöst. Der Im¬ 
puls, welchen die belehrende Wirkung der Schau auf die 
Tausende von Besuchern natnrgemäss ausgeübt hat, ist von 
höchster Wichtigkeit für den Fortschritt der landwirtschaft¬ 
lichen Production, besonders auf dem Gebiet der Thierzucht und 
vorzüglich in den östlichen Provinzen. Hierzu kommt noch, 
dass die Ausstellung unsere Landsleute aus allen Theilen 
des deutschen Vaterlandes in stattlicher Anzahl in die Stadt 
und in die Provinz Posen geführt hat, und sie darüber belehrt 
worden sind, dass in dem früheren alten Polen, in dem sprich¬ 
wörtlich nichts zu holen, die Dinge doch ganz anders liegen, 
als man sichs für gewöhnlich denkt. Haben Stadt und Provinz 
gewetteifert, den lieben Gästen den Aufenthalt so angenehm als 
möglich zu machen, so ist der Eindruck, den Posen anf unsere 
Gäste gemacht hat, sicher von nachhaltigstem Einfluss auf die 
culturelle und nationale Entwicklung unserer Provinz. Hierin 
lag der Schwerpunkt der Schau: Berichtigung des Vomrtheils 
über Posen und demzufolge verstärkter Zufluss deutscher 
Intelligenz und deutschen Fleisses in den Ostmarken. An 
den Ausstellungen der Deutschen Landwirthschafts - Gesell¬ 
schaft interessirt uns Thierärzte in erster Linie die Thier- 
ausstellnng. 


Auf dem sehr übersichtlichen Platz, welcher von 75 000 
zahlenden Personen besucht wurde, war die Maschinenabtheilung 
die bisher am stärksten beschickte. Die Thieransstellnng war 
der Zahl nach eine mittlere, namentlich in der Pferdeausstellung. 
In der Rinderabtheilung waren 240 Thiere mehr gemeldet als 
zugelassen worden sind. Die Schafausstellung gehörte zu den 
grössten unter den 14 Wanderausstellungen der D. L.-G.. Die 
Schweine-, Fisch- und Geflügelausstelllung hielten sich etwas 
unter dem Durchschnitt. 

Der östlichen Lage des Schauortes entsprechend, überwog in 
der Pferdeaasstellung, die mit 371 Pferden beschickt war, das 
Warmblut. Die meisten edlen Halbblutpferde hatte Posen ge¬ 
stellt, demnächst Ost- und Westpreussen. Kaltblütige Arbeits¬ 
pferde waren aus Schleswig-Holstein, aus der Rheiuprovinz, aus 
Posen und der Provinz Sachsen ausgestellt. Hierzu kamen 
20 Remonten, 50 Militärpferde und 12 Pferde, welche in Ge- 
■brauchsprufungen vor Wagen und unter dem Reiter gezeigt 
wurden. Der Znchtehrenpreis wanderte, wie je kanm anders zu 
erwarten war, an das Gestüt Weedern in Ostprenssen, welches 
mit die besten Pferde ausgestellt hatte. Trotzdem wurde die 
grosse silberne Medaille für die Sammlung von Remonten der 
Pempowoer Zucht des Herrn Dr. von Hansemann zugesprochen. 
Die Sammlung der Westpreussischen Stutbuchgesellschaft war 
in Form, Ausgeglichenheit und Adel eine ganz hervorragende, 
und hatten die Preisrichter bei so ebenbürtiger Concurrenz eines 
schwierigen Amtes zu walten. Erfreulich war der Umstand, 
dass unsere Posener Züchter, selbst eine Anzahl Bauern, in der 
Pferdezucht trotz ungünstiger Aufzuchtverhältnisse mit Ost- und 
Westpreussen erfolgreich in Concurrenz getreten sind. Wer die 
Posener Schan besucht hat, wird den Eindruck gewonnen haben, 
dass die Zucht des Militärpferdes in den östlichen Provinzen, 
den sog. Remonteprovinzen, bestens besorgt wird. Viele Land- 
wirthe sind nun mit dem staatlichen Zuchtplan in den Remonte¬ 
provinzen nicht zufrieden, und der Ruf nach mehr Masse im 
Pferd wird täglich lauter. Die Gestütsverwaltung sucht diesen 
Wunsch bei uns in Posen durch Aufstellung von schweren 
Oldenburger Hengsten entgegenzukommen. Diese genügen aber 
den Ansprüchen anscheinend nicht, denn der Import von Hengsten 


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290 


BERLINER TH1ERAKZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 25. 


der schweren englischen Schläge (Clydesdale, Shire) und bel¬ 
gischen Schlages nimmt im Osten von Jahr zn Jahr zu. Aus 
diesem Grunde schien mir auch die Beschickung der Posener 
Schau mit den vielen kaltblütigen Hengsten den Zweck zu haben, 
den Ankauf bezw. Absatz schwersten Materials im Osten und 
auch nach Russland hinüber weiter anzuregen. Die meisten 
Kaltblüter hatte der Verband der Schleswiger Pferdezüchter¬ 
vereine gestellt. Ich glaube annehmen zu können, dass diese 
an sich ausgezeichneten Pferde nicht das Ideal der östlichen 
Rübenböden sind, und dass im Osten das schwere englische und 
belgische Blut zu Kreuzungen mit den leichten Landstuten 
mehr am Platze ist und ein für besondere Verhältnisse 
brauchbares Pferd liefert. Die jungen Kaltblutzuchten Posens 
behaupteten sich ehrenvoll neben den alten Ausstellern 
vom Rhein, aus Sachsen u. s. w. Der Züchterehrenpreis für 
Arbeitspferde fiel an Herrn Carl Meulenbergh-Hofetadt 
(Rheinprovinz) für eine von den früheren Schauen bekannte 
Stute Domina. 

In der Rinderabtheilung waren unter 801 Stück die Tiefland¬ 
rinder mit fast 700 Stück am stärksten vertreten. Aus den 
grossen norddeutschen Zuchtgebieten brachte Posen fast 200, 
Ostpreussen 137, Pommern 76, Hannover 70, Schleswig-Holstein 60, 
Westpreussen 47 u. s. w. Shorthorns waren 34 Stück aus¬ 
gestellt. Die Höhenrinder, welche mit 84 Stück zur Stelle 
waren, hatte nur Posen selbst ausgestellt. Hiervon gehörten 
70 Stück zum grossen Fleckvieh und hatte unter diesen 
70 Thieren die Simmenthaler Herdbuchgesellschaft 45 Thiere 
ausgestellt. Für diese errang die Herdbuchgesellschaft einen 
Sammlungspreis, 19 Geldpreise, 4 Anerkennungen, 1 Sieger¬ 
ehrenpreis und 2 Preise für Sammlungen von Einzelzüchtern. 
Die relativ junge Züchtung des Fleckviehs in Posen hat sichen¬ 
den Beweis erbracht, dass das grosse Fleckvieh in der Tiefebene 
seine Formen und Leistungen sicher zu vererben im Stande ist, 
und dass es bei geeigneter Aufzucht mit dem auf Höhenböden 
gezüchteten Fleckviehrind in ernstliche Concurrenz treten kann. 
Unter dem Posener Fleckvieh der Herdbuchgesellschaft gefielen 
besonders die weiblichen Thiere und die Ausgeglichenheit der 
Sammlung. 

Besonders stark beschickt war die Abtheilung der schwarz-' 
und graubunten Tieflandrinder (Ostfriesen, Holländer, Jever¬ 
länder) mit ca. 400 Stück. Hier fiel der Zuchtehrenpreis an 
die hervorragende Zucht des Herrn Schumann in Tykrigehnen 
(Ostpreussen). Die ausgezeichneten Züchter der ostpreussischen, 
westpreussischen, pommerschen Herdbuchgesellschaft, der Verein 
ostfriesischer Stammviehzüchter im Norden, der Jeverländische 
und Neustädter Herdbuchverein, die Posener Holländer-Herdbuch¬ 
gesellschaften hatten sich in dieser Gruppe mit einer Anzahl 
hervorragender Einzelzüchter in scharfem Wettstreit vereinigt. 
Den ersten Preis für die Sammlung von Herdbuchgesellschaften 
sprachen die Preisrichter der ostpreussischen Herdbuchgesellschaft 
für Holländer zu, den zweiten Preis der westpreussischen Herd¬ 
buchgesellschaft und schliesslich eine Anerkennung der jungen 
Holländer Herdbuchgesellschaft in Posen. Was besonders von 
den beiden ersteren Gesellschaften in Form, Leistung, Adel und 
Ausgeglichenheit gezeigt wurde, musste das Auge jedes Kenners 
neidlos entzücken. Gleich vorzüglich war die Sammlung des 
Jeverländischen Herdbuchvereins in Hohenkirchen, welche mit 
einem ersten Sammlungspreis bedacht wurde sowie die mit einem 
zweiten Preis ausgezeichnete Sammlung des Neustädter Herdbuch- 
vereins in Neustadt. 


Die Netzbrucher Herdbuchgesellschaft im Netzbruch trug 
eine Anerkennung nach Hans. Interessant war die 28 fache 
Concurrenz in der Classe Sammlung von Einzelzüchtern. Hier 
siegte wiederum die Herde des Herrn Schum an n-Tykrigehnen. 
In der Gruppe des Wesermarschschlages concurrirten in erster 
Linie die Thiere der Oldenburger Herdbuchgesellschaft Posen nnd 
Posener Einzelzüchter mit solchen aus Oldenburg, insbesondere mit 
den Thieren des Oldenburger Wesermarschherdbuchvereins Ober¬ 
hammelwarden. Sowohl die Posener Oldenburger-Herdbuchge¬ 
sellschaft als auch der Wesermarschherdbuchverein errangen 
einen ersten Sammlungspreis. Den Züchterehrenpreis erhielt Herr 
Oeconomierath Lorenz-Pianowo (Posen) für seine ausge¬ 
zeichnete Sammlung. Die ganze Abtheilung des Wesermarsch¬ 
schlages war bis auf einzelne Exemplare sehr gut beschickt und 
zeigte unter den 126 Nummern nur wenige Thiere, welche 
züchterisch nicht vollwerthig waren. Im grossen Durchschnitt 
war jedenfalls die Abtheilung der Ostfriesen, Holländer, Jever¬ 
länder besser als die des Wesermarschschlages. Die Abtheilnng 
der rothbunten Tieflandschläge des Rheinlands, Westfalens, Ost¬ 
frieslands, ferner der rothbunten holsteinischen Schläge und 
schliesslich des rothen schleswigschen Viehs (Angler und Nord- 
schleswiger) waren mit 108 Nummern würdig vertreten. Zn 
erwähnen ist unter den ausgestellt gewesenen Tieflandschlägen 
noch das schlesische Rothvieh. Hier concurrirte der Verband 
der Rothviehstammherden der Landwirthschaftskammer für 
Schlesien mit einigen Posener Züchtern. Es ist gewiss den 
Thatsachen entsprechend, wenn ich anführe, dass keine Gruppe 
der ganzen Ausstellung so wenig Ausgeglichenheit im Typus zeigte 
als, gerade die des schlesischen Rothviehs. Meiner Ansicht nach 
werden die schlesischen Züchter noch viele Jahre gebrauchen, 
wenn sie ihre Stammherden consolidiren-und die Form einheitlich 
herauszüchten w-ollen, die ihnen als Ideal vorschwebt. Es ist 
mir das eine bittere Wahrheit, da ich die Aufgabe habe, neben 
anderem mit dem Material der Schlesier einen grossen Theil der 
bäuerlichen Züchter Posens vorwärts zu bringen. 

Die Gesellschaft Deutscher Shorthorn-Züchter hat ohne andere 
Concurrenz auf der Posener Schau sehr gut ausgestellt. 

Bei den Schafen waren 500 Merinos und 314 Thiere der 
englischen Schläge ausgestellt. Von den Merinos gehörten 262 
zur Kammwoll-, 144 zur Tuchwoll- und 84 Stück zur Stoffwoll- 
richtnng. Posen und Brandenburg standen hinsichtlich der Zahl 
der Beschickung gleich. Ihnen folgten mit reichlicher Zahl die 
übrigen Provinzen des nordöstlichen Deutschlands, mit Ausnahme 
von Ostpreussen, und schliesslich die Provinz und das Königreich 
Sachsen. Die meisten Fleischschafe stellte Schlesien (84 Stück) 
demnächst Posen (60 Stück). Es erübrigt noch anzuführen, 
dass die Abtheilung Schafe ganz hervorragend gut beschickt 
war und dass von den Züchterehrenpreisen einer an die Bell¬ 
schwitzer Herde des Grafen Brünneck und zwei solche Preise 
an Herrn Mehl auf Poburke bei Weissenhöhe (Posen) fielen. 

Von den Schweinen gehörte die Hälfte zu den weissen 
Edelschweinen (Yorkshire), demnächst waren vertreten veredelte 
Landschweine und schwarze Schweine (Berkshire, Poland-China) 
Die altrenommirten Zuchten, welche sich fast alljährlich auf den 
Schauen der D. L.-G. ein Rendezvous geben, waren hier würdig 
vertreten und schlugen die neuen Concurrenten aus dem Felde. 
Der Züchterehrenpreis fiel an Herrn Brauer in Tenever bei 
Hemelingen. 

Unter den Ziegen fanden wir, wie auf allen Schauen, die 
Thiere des Pfungstädter und Heppenheimer Ziegenztichtervereins 


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21. Juni 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


291 


bestens vertreten, und erhielt der Heppenheimer Ziegenzucht- 
Verein den Züchterehrenpreis. 

Geflügel, Kaninchen und eine interessante Fischerei¬ 
abtheilung vervollständigten das Bild der Ausstellung in Posen. 
Wenn nun das Endresultat der Posener Schau ein ganz vor¬ 
zügliches genannt werden kann und die D. L.-G. einen über Er¬ 
warten guten Erfolg in jeder Beziehung gehabt hat, so ist das 
Erreichte der mühevollen Opferwilligkeit vieler Mitglieder der 
D. L.-G., vieler Behörden und der Stadt und Provinz Posen in 
erster Linie zu danken. Die Posener Ausstellung an sich war 
das Zugstück der Tage vom 7.—12. Juni. Unsere an Natur¬ 
schönheiten arme Provinz konnte ihren Gästen nur die Aus¬ 
stellung und gastliche Aufnahme bieten. Die Zahl der Unter¬ 
haltungen und Vergnügungen war natnrgemäss eine sehr be¬ 
schränkte. Die Ausstellung mit den fesselnden Vorführungen 
im grossen Ring boten Tags über genügend Anregung. Wir 
Thierärzte fanden uns aber zu gemeinsamer Geselligkeit ausser¬ 
halb der Ausstellung wie immer zusammen. 

Eine officielle Begrüssung der Thierärzte mit ihren Damen 
leitete am Abend des 6. Juni bei Dümke durch den Departe¬ 
mentsthierarzt und Veterinär-Assessor Heyne unsere geselligen 
Veranstaltungen ein. Ara Sonntag fand eine Festsitzung des 
Thierärztlichen Provinzial-Vereins für Posen statt. Im Anschluss 
daran wurde ein Rundgang mit Damen durch die Ausstellung 
vorgenommen, dem sich ein Diner von fast 100 Theilnehmera 
in der Loge am Nachmittag anschloss. Wetter und Stimmung 
waren gleich heiter, so dass der Abends folgende Coramers eine 
fröhliche Corona im Saale des neuen Schlacht- und Vieh¬ 
hofes vereinigte. Bunte Reihe war die Parole und dieses 
war den „alten Herren“ verhängnisvoll, denn kaum nach Er¬ 
öffnung? der ‘Fidelitas brachte ein lustiger Walzet die Damen 
so in Bewegung, dass die Herren derselben folgen mussten. 
Die Kneiptafel decorirte bald die Wände, und bis zu sehr weit 
vorgeschrittener Stunde soll die Tanzerei vorgehalten haben. 
Was von einzelnen „Durchgängern“ nachher noch gesehen 
wurde, konnte die Nacht mit ihren Fittichen nicht mehr liebevoll 
bedecken. Hoffentlich bleiben allen Theilnehmera die Posener 
Tage nur in angenehmer Erinnerung, und rufe ich den lieben 
Collegen zu „auf frohes Wiedersehen in Posen auf der nächsten 
Wanderausstellung der Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft 
im Jahre 1920.“ 


Erfahrungen mit Carbolbehandlung bei Starrkrampf 

der Pferde. 

Von 

Otto Möller-Sonneberg, 

Heraogl. AmUthierarrt. 

Am 22. Mai d. J. konnte ich bei einem starken fünfjährigen 
Dänen des Porzellanfabrikbesitzers Herrn E. in St. Starrkrampf 
feststellen, der sich bereits über den ganzen Körper verbreitet 
hatte. Zwischen die Schneidezähne liessen sich noch drei Finger 
einführen. Weiches Futter (gekochter Hafer, weiches, Heu, 
Grünfutter, Mehl- und Kleientränke) wurde langsam, unf i ^ 
genügender Quantität aufgenommen. Mastdarmtemper?,tur 37,70 C. 
Am oberen Halsrand, in der Kummetlage, bestand eine etwa 
markstückgrosse wunde Scheuerstelle. 

Ich telegraphirte sofort an die Höchster Farbwerke um eine 
Dosis Starrkrampfheilserum; am 23 bekam ich die wenig tröst¬ 
liche und zugleich befremdende Antwort, dass die Werke 
,,momentan vorrathslos“ seien! Ich wandte mich darauf an die 


Merck’sche Apotheke in Darmstadt und erhielt umgehend das 
gewünschte Serum in flüssiger Form, das ich am 23 Nachmittags 
injicirte. 

Ara 28. war der Zustand derselbe; der Krampf schien eher 
etwas zugenommen zu haben; ein unangenehm quatschendes 
Geräusch bei der Futteraufnahme war schon ausserhalb des 
Stalles hörbar. 

Am 31. Mai war insofern eine Besserung eingetreten, als 
der Krampf in den Muskeln der Hinterextremitäten nachzulassen 
begann. 

Als ich noch mit der Untersuchung des qu. Patienten be¬ 
schäftigt war, wurde mir ein weiteres Pferd aus L., dem dortigen 
Glasmeister M. gehörig, zugefdhrt, das ebenfalls mit Starrkrampf 
behaftet war; der Zustand Hess sich schon auf 50 Schritte 
Entfernung einwandsfrei diagnosticiren. Temperatur 37,5° 0. 
Tetanus in sämmtlichen sichtbaren Körpermuskeln, der Trismus 
gestattete die Einführung zweier Finger zwischen die Schneide¬ 
zähne, Patient hatte noch am Tage zuvor gearbeitet, war etwa 
drei Wochen vorher an einem Vorderbein vernagelt worden. 
Ich schlug die Anwendung des Heilserums vor; der Eigentümer 
aber übergab das Pferd dem Abdecker, da er in seiner Familie 
im verflossenen Jahre bereits insofern eine üble Erfahrung 
gemacht hatte, als sein Neffe (nach einer Verletzung durch einen 
Holzsplitter am Finger) an Tetanus verstorben war. 


Da, getroffener Vereinbarung gemäss, der Abdecker frei 

über den etwa 16jährigen Wallach verfügen durfte, beschloss 

ich,- 1 einer Anregung in der No. 22 vom 31. Mai 1900 der 

B. T. W. folgend, das Thier als Versuchsobject zu benutzen, 

und'Hess vom 2. Juni ab alle drei Stunden eine 5 Grammspritze 

de^‘ officinellen Aqu. carbolisata, im Ganzen 75 g subcutan an 

Hai* und Schulter injiciren. Der Abdecker erzählte mir, •* 

an den Injectionsstellen localer Schweissausbruch zu beob 

gewesen wäre, der sich später über Hals und Sch’ achten 

iiltcr vör- 

breitet habe; den letzten Injectionen habe Patient r . 
widefrsetzt. 

Das Allgemeinbefinden sei danv ei» ' 
dass er das Thier am 9. d. M v an b' 
verkauft habe. Leider habe ich P 


..ass 


sich energisch 


so gutes geworden, 

vjrumziehende Zigeuner 

, , . »ii . atienten aus den Augen 

verloren und kann über de^ weite’’ ■ c ,. , , , „ . , 

, t . . * e -Schicksal desselben nichts 

mehr berichten. 

Doch nun nrü* zum er8ten Patienten! Am g d Jf 
waren die Ersch <jtnunge r. de8 Starrkrampfes an den Hinter . 

extremitäten, Schleife, längs der Rückenwirbelsäule und 

am a s a A ganz geschwunden. Hingegen fühlten sich die 
Kaumus ^ die Halsbeuger, .Schultermuskeln und Muskeln der 
oeine noch steinhart an (besonders die Beuger am Vor- 
• anP -J, so dass der Patient buchstäblich nicht mehr im Stande 
' var, sich von der Stelle zu rühren. 

Ich beschloss daher, auch in diesem Falle noch die be¬ 
schriebenen Carbolsäureinjectionen in Anwendung zu bringen. 
Die Injectionen begannen am Mittag des 8. d. M., auch hier 
wurden 75 g der offizineilen Lösung verbraucht. 

Am 13. besuchte ich meinen Patienten wieder, liess ihn 
aus dem Stalle herausführen (das Laufen auf der harten Basalt¬ 


strasse ging, da der Wallach barfuss war, ziemlich schlecht) 
und in eine etwa 50 m lange und 10 m breite Box bringen, 
und konnte mich an den ausgelassenen Sprüngen des fast voll¬ 
ständig genesenen Thieres ergötzen! Es waren fast sämmtliche 
Erscheinungen der gefürchteten Krankheit verschwunden, nur 
fühlten sich die Beuger an den Verarmen noch etwas hart an. 


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292 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 25. 


Futter- und Getränkeaufnahme waren normal geworden, Patient 
legte sich nieder, stand olme Beschwerden auf und wälzte sich 
in der Box. 

Ich will nicht verfehlen hier noch anzuführen, dass an vier 
Injectionsstellen (15 wurden ausgeführt innerhalb 45 Stunden) 
etwa taubeneigrosse, mässig feste, auf Druck etwas schmerz¬ 
hafte, rundliche Anschwellungen auftraten und dass am Bauche 
ein grösseres Oedera vorhanden war. Letzteres soll sich Tags 
zuvor auch auf die Unterbrust erstreckt haben. 

Es sei mir noch gestattet, einen dritten Fall von Starr¬ 
krampf mit letalem Ausgang zu beschreiben. 

Am 10. d. M. wurde mir ein Fall von Starrkrampf bei 
einem russischen Schimmel des Selterswasserfabrikanten Sch. in 
H. gemeldet. Die Anamnese ergab, dass der ca. 15jährige 
Wallach noch am 9. d. M. zu einer etwa 25 Kilometer langen 
Fahrt über die Höhen des Thüringer Waldes benutzt wurde, 
dass er am Mittag des 9. angeblich sein Futter noch verzehrt, 
am Abend des 9. und am Morgen des 10. nichts mehr gefressen 
und auch kein Getränk mehr aufgenommen hatte. Patient wurde 
kurz vor Pfingsten vernagelt und ging einige Tage lahm. 
Ich untersuchte das Thier am Morgen des 11. d. M. Der 
Wallach litt so hochgradig an allgemeinem Starrkrampf, dass 
er, aus der Stallthüre geführt, schon zusammenstürzte; der 
Trismus war so stark ausgebildet, dass die Schneidezähne auf- 
einandergebissen wurden und nicht von einander entfernt werden 
konnten. Trotzdem liess ich einen Versuch mit Injektion des 
offizineilen Aqu. carbolisata machen. Nachdem die erste 5 Gramm¬ 
dosis injicirt war, (wobei die Nadel der Canüle noch unter die 
Haut rutschte und stecken blieb) stellte sich hochgradige Auf¬ 
regung, allgemeiner Schweissausbruch, frequentes Atmen und 
Zittern ein; Patient stürzte schliesslich zu Boden und verendete 
in der Nacht vom 11./12., ohne dass die Injektion wiederholt 
werden konnte. Die Temperatur betrug am Morgen des 
11. d. M. 37,0° C. und stieg gegen Abend auf 41,8° C. Der¬ 
artig rapid auftretende und in kürzester Frist sich über den 
ganzen Körper verbreitende Krankheitsfälle dürften wohl aus¬ 
nahmslos letal endigen; auf der anderen Seite kann aber nicht 
geleugnet werden, dass die Carboibehandlung den Verlauf der 
beiden zuerst geschilderten Fälle günstig beeinflusst hat. Ich 
übergebe diese Schilderung der Oeffentlichkeit mit dem Wunsche, 
dass der eine oder andere der Herren Collegen veranlasst werde, 
seine diesbezüglichen Erfahrungen bekannt 2 U geben. 


Referate« 

Die beste Kastration der Hengste. 

Von Prof. H offmann-Stuttgart. 

(Mtah. f. T. Bel. 11, Heft 8.) 

Krolikowsky hat 1898 in der Zeitschrift f. Thiermed. noch 
die Kastration mit Kluppen mit Hilfe seiner neu konstruirten 
Kluppenzange empfohlen. Jetzt kommt man mehr und mehr 
dazu — und auch H. vertritt diese Ansicht entschieden —, dass 
das Kastriren mit Kluppen veraltet ist.*) Bei der Auswahl der 
Methode sind zwei Punkte bezw. Ziele massgebend: Sichemng 
gegen Blutung und Sicherung gegen Infection. Inzwischen hat 
sich auch Krolikowsky dem angeschlossen, indem er in der 

*) Im Brandenburger thierärztlichen Verein hielt Marstall-Ober- 
Rossarzt Dr. Töpper einen Vortrag über denselben Gegenstand, 
der demnächst veröffentlicht wird. 


Oesterr. Mtsschr. Nr. 1, 1900 ebenfalls das Verlassen der Kluppen¬ 
kastration empfiehlt. 

K. kommt jetzt auf das Abquetschen, wofür er ein neues 
Instrument konstruirte. H. kann sich dem mit Rücksicht auf 
die Blutungsgefahr nicht anscliliessen, so hübsch auch sonst die 
Methode sein mag. Schon vor Jahren hatte Vennerholm in 
Stockholm in noch etwas eleganterer Form ungefähr dasselbe 
wie Krolikowsky gemacht, nämlich eine Abreissung des Samen¬ 
strangs durch eine besonders konstruirte Zange. Vennerholm 
hat aber diese Methode selbst wieder verlassen und ist zu dem 
Abdrehen zurückgekommen. 

H. erklärt die Methode des Abdrehens für die beste. 
Krolikowsky findet, dass das Abdrehen schlecht aussieht und zu 
lange dauert. Dies kann sich jedoch nur auf Abdrehen mit der 
Hand beziehen. Das Drehen mit einer guten Zange sieht gut 
aus und dauert nicht lange. Das Abdrehen ist auch bequemer 
für den Operateur und bietet grössere Sicherheit. Bei der 
Torsion brauchen nicht mehr als die Fingerspitzen blutig gemacht 
zu werden. Freilich, die alte Methode des Abdrehens mit der 
Hand oder auch blos mit Zangen, ohne das von Hoffmann 
konstruirte Torculum (vgl. B. T. W. Jahrgang 1895, Nr. 34), bezw. 
ein ähnliches Instrument ist nicht gut, weil man nicht weiss, 
wo der Samenstrang abreisst. Zum Quetschen des Samen¬ 
stranges sind die verschiedenen konstruirten Zangen von Möller, 
von Bayer, von Vennerholm, die französische und die von 
Hoffmann wohl alle gut. Es muss nur noch eben das In¬ 
strument zum Absetzen des Samenstranges (Torculum etc.) hin¬ 
zukommen. Der aseptischen Kastration durch Torsion mit zwei 
Zangen und Hoffmann’s Torculum und schliesslich Abreissen kann 
zur Zeit jedermann beipflichten, da die nötliige Sicherheit und 
Einfachheit gewährleistet ist. 

H. fügt noch folgende Bemerkungen hinzu. Beim Kluppen 
wird das Samenstrangstück stundenlang gequetscht, sodass es 
absterben muss; es wird dann vom Nebengewebe abgestossen. 
Da es aber nicht aseptisch war, so bietet es Gelegenheit zu 
Infectionen, Samenstrangfistelbildung u. s. w. Beim Abdrehen 
dagegen stirbt nur ein ganz kleiner Theil des Samenstrangs ab: 
der grösste Theil des Stumpfes, in dem sich ein Thrombus ge¬ 
bildet hat, wird wieder so weit in die Circulation einbezogen, 
dass er sich in einen Narbenstrang umwandelt. Das Zunähen 
der Wunde nach dem Absetzen des Testikels hält H. für fehler¬ 
haft, weil die seröse tunica vaginalis secernirt, sodass eine 
Ansammlung von Serum sich bilden muss, wenn nicht ein grosses 
Drainrohr eingelegt wird. Ist die Flüssigkeit vollkommen 
aseptisch, so kann sie freilich resorbirt werden. Doch besteht 
immerhin die Gefahr einer Infection, und die offene Wund¬ 
behandlung ist die beste. Kragerud (vgl. B. T. W. Jahrg. 1900, Nr. 1 
sah nach der Kastration einen Vorfall der Scheidenhaut entstehen. 
H. glaubt, dass dieser Zufall nur dann eintrete, wenn man den) 
Schnitt nicht mitten am Hodensack parallel der Raphe, sondern 
seitlich und zudem noch schräg anlegt, sodass Dartos und 
Vaginal*« eine sackartige Ausbuchtung bilden, in der vorher 
der Hode (gelegen hatte. Sammelt sich dann doch noch etwas 
Blut, so wird dadurch die Vaginalis aus der Wunde hervorgebläht, 
sodass es aussi-sht wie ein Darmvorfall. Die Sache ist aber 
bedeutungslos. Man braucht nur das Scrotum zu ergreifen und 
etwas nach abwärts zu drücken, dann fällt das Coagulum 
heraus, und die Vaginalis zieht sich wieder zurück, oder man 
schneidet sie einfach mit der Scheere ab. ■ 


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21. Juni 1900. 

Operation des grauen Staars anf beiden Angen. 

Von Unterrossarzt Eggebrecht. 

(Zeltschr. f. Vet. April 1900) 

Ein 18jähriges Dienstpferd war auf beiden Augen an Staar 
erblindet. Die Ursache desselben blieb unbekannt, E. machte 
die Staaroperation. Das Pferd wurde vollständig narkotisirt, 
jedes Auge vor der Operation mit 2 procentiger Atropinlösung 
behandelt, der Bulbus mit 5 procentiger Cocainlösung instillirt. 
Dann wurde der Bulbus mit einer Pincette erfasst, die Staar- 
nadel auf der Grenze zwischen Cornea und Sklera 2 bis 3 mm 
von ersterer hinter der Iris in der Richtung nach dem inneren 
Augenwinkel zwischen Iris und Linse eingefuhrt. Ein massiger 
Druck mit der Nadel genügte, die bestehende Verwachsung 
zwischen Linsenkapsel und Iris zu lösen und die Linse nach der 
unteren Hälfte des Bulbus zu drücken. In dieser Lage wurde 
die Nadel 30 Sekunden gehalten und dann vorsichtig heraus¬ 
gezogen. Die Linse wurde nicht mehr sichtbar, und es trat 
eine starke Erweiterung der Pupille ein. Nachdem das andere 
Auge ebenso behandelt war, wurde das Pferd jn eine verdunkelte 
Box gebracht; die Augen wurden mit einem Stück Leinwand 
Überbunden, welches mit reinem Wasser angefenchtet wurde. 
In den nächsten Tagen bestand Pupillenerweiternng und starker 
Thränenfluss. Das Augeninnere erschien als eine gleichmässig 
getrübte bläulich-weisse Masse. Lichtempfindlichkeit war nicht 
nachzuweisen. Nach 8 Tagen waren beide Linsen in ihre 
ursprüngliche Lage zurückflottirt. Schliesslich trat ein völliger 
Verschluss der Pupille beiderseits ein. Der Erfolg der Operation 
war also ein durchaus negativer. 

Tödtliche Kolik durch Spulwürmer. 

Von Oberrossarzt Kal ko ff. 

(ZUchr. f. Vet. 1899.) 

Ein altes Remontepferd verendete unter einem Kolikanfall. 
Das Sectionsergebniss war Folgendes: Im freien Raum der 
Bauchhöhle zwischen allen Därmen verstreut grosse und mittel¬ 
grosse lebende Spulwürmer. Der Dünndarm an einer faustgrossen 
Stelle durchbrochen; die Oeffnung mit Spulwürmern ausgefüllt. 
Der Durchbruch führte nicht zwischen die Gekrösblätter, sondern 
in den freien Raum der Bauchhöhle. Aber auch zwischen den 
GekröBblättern fanden sich zw r ei mit Parasiten und Darminhalt 
gefüllte Höhlen. Nach Herausnahme des barms zeigte sich, 
dass am parietalen Bauchfell überall mittelgrosse und aus¬ 
gewachsene Spulwürmer in Bündeln von 5 — 20 Stück hingen, 
and zwar so, dass Kopf und Schwanz frei waren, während um 
die Mitte des Leibes ein Streifen des durchbohrten Bauchfells 
geschlungen war. Im Ganzen wurden 32 solcher Wurmbündel 
gezählt. Der ganze Darm war mit Würmern vollgestopft, so¬ 
gar im Magen fanden sie sich. Ihre Zahl muss auf mindestens 
1200 geschätzt werden. In allen Organen bestanden Zeichen 
der Blutleere. 

Der Befund lässt sich nicht anders deuten, als dass die 
Einwanderung der am Bauchfell sitzenden Würmer schon bei 
Lebzeiten stattgefunden hat. Denn ihre Befestigung am Bauch¬ 
fell war eine sehr innige; auch fanden sich an demselben leichte 
Auflagerungen und Verdickungen, an der Aussenfläche des 
Dünndarms wahrnehmbar, welche wohl als Durchbruchspunkte 
angesehen werden müssen. Der Tod wurde natürlich durch den 
Darmdnrchbruch bewirkt. Auch bei zwei Sectionen von Fohlen 
musste als Todesursache Dünndarmverstopfung durch Spulwürmer 
festgestellt werden. 


293 

Ein Fall yon Bryoniavergiftung. 

Von A. S. Anger, M. R. C. V. S. 

(Vet Kecord 1899 No. 591.) 

Die kirschrothen Beeren der Zaunrübe, Bryonia dioica, 
(Cucurbitaceae) sind als giftig bekannt. Dass die Pflanze auch 
Pferden schädlich werden kann, lehrt nachstehender Fall. Bei 
einem Besitzer erkrankten 7 Pferde eines 13 Stück 'starken Be¬ 
standes. 6 Pferde zeigten eine allgemeine Steifheit in den 
Beinen ähnlich wie bei Hufentzündung. Der Zustand musste 
jedoch auf eine Affection der Muskeln bezogen werden, denn die 
Plantararterien zeigten keine vermehrte Pulsation. Das 7. Pferd, 
eine 9 Jahre alte Stute, lag am Boden. Aufgetrieben verhielt 
sich dieselbe wie ein halb gelähmtes Pferd; die Pulszahl betrug 
84, die Temperatur war leicht vermehrt. Sichtbare Schleim¬ 
häute nicht verändert, Appetit gut. In den andern 6 Fällen 
waren Puls und. Temperatur normal. 

Diese Krankheitserscheinungen sollen durch die Aufnahme 
von Bryonia dioica, welche Pflanze bei Reinigung eines 
Gartens in grossem Mengen abgeschnitten und in die Pferde¬ 
koppel geworfen worden war, verursacht worden sein. Nach 
dem Auftreten der ersten Symptome hatte der Besitzer der 
Pferde Kleietränke und Physics verabreicht. Ausserdem wurden 
ärztlich verordnet Einreibungen der Muskeln mit Embrocation 
und Senfspiritus. Die am schwersten erkrankte Stute wurde 
erfolgreich mit Cantharidenpflaster behandelt. 

Die erkrankten Pferde wurden hierauf bald wieder 
arbeitsfähig. 

Vergiftung mit Schierling. 

Von Dr. G. B. Plotti. 

(Clin, vot 1.899, H. 13) 

Die Untersuchung einer achtjährigen Kuh aus einem Bauern¬ 
stalle ergab nachstehende Erscheinungen: Heftige Gastro-Enteritis, 
trockener, harter, mit einer Schleimschicht bedeckter Koth, 
intermittirende Kolikschmerzen, vermehrte Empfindlichkeit in der 
Bauchgegend, Muskelkrärapfe, Herzklopfen, unregelmässige, ober¬ 
flächliche Athmung. T. 37,8. Ausserdem zeigte die Kuh 
Speichelfluss. Diese Erscheinungen bekundete auch noch eine 
zwölf Jahre alte Kuh und ein acht Monate altes Kalb des 
fünf Haupt starken Bestandes. Die schwerkranke Kuh verendete 
nach zwei Tagen. Nach Eröffnung des Kadavers zeigte sich 
der Dünndarm fast schwarz gefärbt, der Darminhalt war flüssig, 
das Blut geronnen und schwarz. Die Hirnhäute befanden sich 
im Congestivzustande, in den Ventrikeln seröser Erguss, Oedem 
des Gehirns und des Rückenmarks. 

Aus den klinischen Erscheinungen und aus den anatomischen 
Veränderungen folgerte der Verf., dass die Kuh an einer Ver¬ 
giftung durch schädliche Pflanzen gelitten haben müsse. Bei 
der hiernach angestellten Untersuchung des Futters wurden in 
demselben grosse Mengen von Aethusa minor und Conium 
maculatum gefunden. 

Einige Tage später erkrankten sämmtliche Stallinsassen 
unter den angeführten Erscheinungen, da der Besitzer, entgegen 
dem Rathe des Verf., das mit Schierling gemischte Futter im 
frischen Zustande weiter verabreicht hatte. 

Die kranken Kühe erhielten innerlich Wein, Branntwein, 
Gerbsäure, die Körperoberfläche wurde mit einer Mischung von 
Camphorspiritus 10, Terpentinöl 7 und Ammoniak 3 eingerieben. 
Nach dieser Medication trat eine geringe Besserung ein. 
Epileptiforme Krämpfe, gefolgt von Muskelzittern und Er¬ 
schlaffung hielten dagegen länger an und wichen allmälig unter 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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No 25. 


BERLINER THIERÄRZTLICIIE WOCHENSCHRIFT. 


294 

innerlicher Anwendung von Natr. bicarbonic. und Acid. tannic. 
in Milch, sowie von Clystiren mit Natrium bicarbonicum-Lösung. 
Die Thiere frassen wieder aber ruminirten nicht. Dieselben 
verendeten schliesslich an allgemeiner Entkräftung. 

Vergiftungen durch Rannncnlus acer. 

Von Trouette-Dellys. 

(Revue vtl., 1. IV. 1900.) 

Zwölf Kühe hatten auf einer Wiese geweidet, auf welcher 
zahlreiche Ranunkeln standen. Die Erscheinungen waren: 
geringgradige Meteorisation, Sistirung der Rumination, Fülle 
des Ruinen, blutige Diarrhöe, schwacher Puls, Herzschläge nach 
Zahl und Stärke vermindert, Sinken der Temperatur, 
Knirschen der Zähne, schwere Eingenommenheit, kurz einer 
acuten toxischen Gastro-Enteritis. Die zwölf Kühe gingen ein, 
ebenso ein Ochse, der dieselben Erscheinungen gezeigt hatte. 
Bei der Section fand T. im Rumen eine ungeheure Menge 
Ranunkelblätter. 

Antiaphthen. 

Im Wochenblatt für Landwirtschaft, herausgegeben von der 
Kgl. Württembergi8chen Centralstelle für Landwirtschaft, wird 
vor dem Ankauf des Antiaphthens, das ein Heil- und Präventiv- 
mittel gegen die Maul- und Klauenseuche sein sollte, gewarnt 
auf Grund einer vom Kgl. Medicinalcollegium zu Stuttgart vor¬ 
genommenen Untersuchung. Das Mittel wird in fester und 
flüssiger Form in den Handel gebracht. Bei der festen Form 
beträgt der Geldwerth des Stoffes 20 Pf. pro Kilo, während die 
Blechbüchse etwa 50 Pf. bis 1 M. werth sein dürfte, der Handels¬ 
preis dagegen ist 3,50 M. pro Kilo. Bei der flüssigen Form 
wird die Literflasche mit 5,50 M. verkauft, während der Geld¬ 
werth 20 Pf. beträgt. 

Kleine Mittheilnngen. 

Chronischer Schuiterrheumatismus. 

Districtsthierarzt Hei eck schreibt in der Wschr. f. Th. 
In zwei Fällen wurde die bekannte Morphium-Atiopin-Behandlung 
angewandt. Das eine Pferd, ein 12 Jahre alter Hengst, war 
Bchon als unheilbar verkauft worden. Das Thier belastete in 
Ruhe abwechslungsweise den Fuss, um ihn dann wieder durch 
Vorstellen ausruhen zu lassen. Nirgends waren Schmerz¬ 
empfindungen festzustellen. Vom Huf bis zur Schulter keine 
pathologischen Veränderungen. Dabei zeigte sich das Pferd 
ausgesprochen schulterlahm. Es belastete den Fuss völlig in 
der Bewegung, konnte ihn aber nicht so weit und so hoch vor¬ 
wärts führen. Nach der Injection traten die bekannten un¬ 
angenehmen Aufregungserscheinungen ein. Ein Heilerfolg wurde 
nicht erzielt. Ebenso wenig trat ein solcher bei einem zweiten 
Pferde ein, das unbedingt ebenfalls mit Schuiterrheumatismus 
behaftet war. 

Zur Spatentstehung und -Behandlung. 

Im Schw. Arch. (Bd. 40, H. 4) veröffentlicht Thierarzt 
Hess einen Aufsatz, in welchem er sich die Entstehung des 
Spats mit Rücksicht auf die anatomisch-physiologischen Ver¬ 
hältnisse des Sprunggelenks klar zu legen sucht. Wenn, sagt 
er, in der eigentümlichen Sprunggelenksmeclianik ein für den 
Spat disponirendes Moment herausgefunden werden kann, so ist 
es die rotationshindernde Einrichtung desselben. Ausserdem 
kommt in Betracht das Federn des Gelenks, welches durch die 
excentrische Anheftung vornehmlich der kurzen Seitenbänder 
bedingt ist. Das kurze mediale Seitenband trägt zum Federn 


am meisten bei und wird stark beansprucht. Wesentlich in 
Betracht kommt sein stärkerer Schenkel, der sich an das Fersen¬ 
bein anheftet, von dem jedoch auch Faserzüge zum Os cunei- 
forrae primum et secundum überspringen, indem sie sich direct 
an das ligamentum interosseum zwischen diesem und dem 
Calcaneus anschliessen. Das Os cuneiforme primum et secundum 
bezw. die Insertionsstelle der genannten Bänder ist der locus 
minoris resistentiae. Für die Behandlung des Spats sollte daher 
an Stelle der Dnrchschneidung des medialen Sehnenschenkels 
vom Tibialis anterior eine Durchschneidung des Ligamentum 
interosseum zwischen Calcaneus und Os cuneiforme treten, 
wobei freilich die Frage bleibt, ob diese Operation j raktisch aus¬ 
führbar wäre. 

Thellweise Zerreissung der Achillessehne. 

Ein schweres Zugpferd wurde im angestrengten Zuge plötzlich 
erheblich lahm. Es stellte später unter starker Senkung der 
Kruppe und starker Beugung des Sprunggelenks den rechten 
Hinterschenkel weit vorn unter den Leib, wobei das Fessel¬ 
gelenk überkötete.* Belastung des Fusses wurde vermieden, ein 
Dnrchdriicken des überköteten Fessels war nicht zu erreichen. 
Der gesunde Hinterschenkel wurde hinten herausgestellt und 
trug allein die Last. Nachdem das Pferd 14 Tage lang ohne 
Besserung gestanden hatte, wurde es geschlachtet. Dabei zeigte 
sich eine theilweise Zerreissung der Achillessehne dicht oberhalb 
des Calcaneus, von dem ein bohnengrosses Stück mit abgerissen 
war. Die Zerreissung bestand derart, dass die der Tibia zu¬ 
gelegene Hälfte der Sehne eingerissen, die der Haut zugelegene 
Partie dagegen erhalten war. 

(Corpsrossarzt Hell, Ztschr. f. Vet.) 

Zerreissung der Beugesehnen an beiden HlnterfDesen. 

Thierarzt Rekate theilt in der Dtsch. Th. Wschr. No. 47 
folgende Beobachtung mit. Bei einem Pferde waren Krön- und 
Hufbeinbeuger an beiden Hinterfüssen gerissen, und zwar in 
Höhe des Ringes, mit dem die Kronbeinbeugesehne dem Huf¬ 
beinbeuger in Höhe der Sesambeine umgiebt. Das Pferd stand 
so, dass die Fesselgelenke den Boden berührten, und mithin die 
Volarfläche der ganzen Zehen dem Boden direct auflag. Nach 
der Schlachtung des Pferdes ergab sich folgender Befand: 
Bindgewebige Verdickung oder Atrophie der Sehnen war nicht 
vorhanden gewesen. Auch an den Sehnenscheiden und der 
Gleitfläche der Sesambeine keine Spuren chronischer Erkrankung. 
Das Zerreissen ist also unzweifelhaft durch gewaltsame Ein¬ 
wirkung erfolgt und, wenn dem Vorbericht zu glauben ist, da¬ 
durch herbeigeführt worden, dass das Pferd auf abschüssigem 
Wege in schneller Gangart plötzlich parirt wurde, worauf es 
sofort mit einem Hinterfuss und wenige Schritte darauf mit 
dem anderen niederbrach. Die Sehnenenden waren pinselartig 
aufgefasert. — Hiernach ist der sogenannte Fesselbeinbeuger an¬ 
scheinend intact gewesen, wenigstens wird von dessen Ver¬ 
letzung nichts erwähnt. Es wäre dies ein Beweis, dass der 
Fesselbeinbeuger an sich nicht imStande ist, das völlige Durch¬ 
knicken des Fesselgelenks bis auf den Erdboden herab zu 
verhindern. 

Ein nenes Verfahren zur Züchtung des Tube rcelbaci Nus. 

Von Dr. W. Hesse. 

(Zeitschrift f. Hygiene u. Infectionskrankheltcn. XXXI. Bd. 1899.) 

Die bisherigen Methoden der Züchtung und Isolirung von 
Tubercelbacillen hatten damit zu kämpfen, dass der Tubercel 


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BERLINER THIERÄRZTLICITE WOCHENSCHRIFT. 


21. Juni 1900. 

bacillus anf den bekannten Nährböden langsam wächst, dass 
schnellwuchernde Bacterien ihn leicht überwachsen, dass die 
Uebertragung anf das Thier nicht zweifelsohne ist. — 

Hesse hat nun in dem gebräuchlichen Nähragar das Pepton 
durch den Nährstoff Heyden ersetzt. Der Nährstoff Heyden 
ist ein lösliches Albumin, welches eine Zwischenstellung 
zwischen coagulirtem Albumin und Somatose einnimmt. Auf 
einem so zubereiteten Nährboden gedeiht der Tubercelbacillus 
ausserordentlich gut und zeigt namentlich schon in den ersten 
Stunden seines Aufenthalts auf demselben, bei Bruttemperatur, 
eine grössere Zahl von Doppelbacillen und kleinsten Colonien, 
überhaupt zeigen sich die Präparate viel reicher an Bacillen 
und Colonien, dagegen ärmer an Einzelbacillen. Nimmt man 
von Zeit zu Zeit Klatschpräparate, so findet man eine Zunahme 
der Bacillenzüge mit characteristischer (paralleler) Anordnung 
der Bacillen. 

Dieser Nährboden setzt sich folgendermassen zusammen: 

Nährstoff Heyden 5 g, Kochsalz 5 g, Glycerin 30g, Agar- 
Agar 10, Normallösung von Krystallsoda (28.6 : 100) 5 ccm, 
destillirtes Wasser 1000 g. Jess. 


Tagesgeschichte. 

t 

Am 9. Juni ist zu Bonn der frühere Departementsthierartz 
für den Regierungsbezirk Köln, Professor Arnold Schell im 
79. Lebensjahre verschieden. 

Im Jahre 1821 zu Stolberg geboren, hat er nach Absol- 
virung des thierärztlichen Studiums in Berlin 1844 die Appro¬ 
bation und im darauf folgenden Jahre bereits das Fähigkeits- 
zeugni8s für die Anstellung als beamteter Thierarzt in Preussen 
erlangt. Als Feld seiner practischen Thätigkeit wählte Schell 
seine Heimathsprovinz. Hier war er zunächst in Köln unter 
dem damaligen Departements-Thierarzt Sticker thätig und ver¬ 
waltete später die Kreisthierarzt-Stelle des Kreises Kempen. 
1850 wurde ihm die Kreisthierarztstelle Für die Kreise Bonn 
und Rheinbach übertragen, die er bis zum Jahre 1895 inr.e 
gehabt hat. Daneben war er als Lehrer an der landwirthschaft- 
lichen Academie in Poppelsdorf thätig. Nachdem Schell im 
Jahre 1856 die damals für Departementsthierärzte vorgeschriebene 
Staatsprüfung bestanden hatte, erfolgte seine Ernennung zum 
Departementsthierarzt für den Regierungs-Bezirk Köln. Allen 
diesen Aemtern hat sich der Dahingeschiedene mit seltener 
Pflichttreue und Hingebung gewidmet. Seine Thätigkeit als 
thierärztlicher Lehrer der rheinischen Landwirthe, sowie sein 
Wirken auf veterinärpolizeilichem Gebiete waren ausserordent¬ 
lich segensreich. Wie sehr dies auch von Seiten der König¬ 
lichen Staatsregierung anerkannt worden ist, erhellt aus der 
Thatsache, dass ihm bei dem im Jahre 1895 erfolgten Aus¬ 
scheiden aus seiner kreisthierärztlichen Stellung der Rothe 
Adler-Orden HI. Classe mit der Schleife verliehen wurde. 

Sein Lehrberuf brachte Schell in nahe Beziehungen zur 
rheinischen Landwirthschaft, an deren Vereinsthätigkeit er regen 
Antheil nahm. Das wohlbegründete Ansehen, welches er in 
diesen Kreisen genoss, kam durch seine mehrere Jahrzehnte 
wiederholte Wahl zum Director der Local-Abtheilnng Bonn des 
landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreussen zum Ausdruck. 


Ungleich grösser sind jedoch die Verdienste, die sich Schell 
auf thierärztlichem Gebiete erworben hat. Der rege Geist, 
welcher ihm bis an sein Lebensende erhalten blieb, und die 
Gründlichkeit, mit der er dem Studium der Literatur oblag, 
liessen ihn stets auf der Höhe seiner Wissenschaft finden. Der 
gerade Sinn und seine gewinnende Liebenswürdigkeit machten 
ihn daher zum Berather der jüngeren Thierärzte. Ohne be¬ 
sonders hervorzutreten, hat er doch stets für alle thierärztlichen 
Bestrebungen ein warmes Herz und, wenn es sein musste, eine 
offene Hand gehabt. Ein besonderes reges Interesse widmete 
der Verstorbene dem thierärztlichen Vereinswesen. Jahrzehnte¬ 
lang hat er dem Verein rheinpreussischer Thierärzte als Prä¬ 
sident bezw. Ehrenpräsident vorgestanden und denselben in 
der preussiBchen Central Vertretung und im deutschen Veterinär¬ 
rath würdig vertreten. 

Mit Schell ist einer jener ausgezeichneten älteren Collegen 
aus dem Leben geschieden, auf deren Schultern der thierärzt¬ 
liche Stand aus der Unansehnlichkeit früherer Jahrzehnte zu 
geachteter Stellung emporgetragen worden ist. Die deutschen 
Thierärzte werden ihm daher ein liebevolles Andenken be¬ 
wahren. Lothes. 

Zur Lage. 

Wohl noch niemals ist ein in frischer Entwicklung be¬ 
griffener Stand in seinem ganzen Gefüge nachhaltiger bewegt 
gewesen, als der thierärztliche im gegenwärtigen Zeitabschnitte. 
Mit ängstlicher Spannung wartet Alt und Jung, der Professor 
so gut als der Studirende, die Eltern sowohl als der vor die 
Wahl gestellte Jüngling, wie sich die Intelligenz im deutschen 
Volke zu der Frage stellen wird, ob eine vollkommenere Schul¬ 
vorbildung zum Zweck eines breiteren wissenschaftlichen Ausbaues 
des thierärztlichen Berufes sowohl in seinem Fache als in seinen 
Vertretern nöthig ist oder nicht, mit anderen Worten, ob der 
thierärztliche Stand sich weiter entwickeln kann oder ob er 
nicht nur verkümmern, sondern (dem wird der Kenner der Ver¬ 
hältnisse unbedingt beipflichten) sich von jetzt ab wieder zurück¬ 
bilden muss. Von den fernstehenden einzelnen Berufsarten kann 
man wohl kaum erwarten, dass sie das nöthige Verständniss Für 
die gedachte Frage ohne weiteres besitzen. Von den Volks¬ 
wirtschaftslehren], den Hygienikern, vor allem aber den deutschen 
Landwirten, deren Capitalvermögen heute zu einem sehr grossen 
Theile in den steigend bewerteten Viehbeständen steckt, dürfte 
man auf eine wohldurchdachte Ansicht über die beregte Frage 
hoffen. Darauf vertrauend, hat sich denn auch der deutsche 
Veterinärratli, dem planvoll die Leitung der in Fluss befindlichen 
Angelegenheiten von den deutschen Thierärzten übertragen 
worden ist, an die Vertreter der deutschen Landwirthschaft ge¬ 
wendet, unter anderem auch an die eben geborene Landwirth- 
schaftskammer für Rheinpreussen, zwecks Einholung eines dies¬ 
bezüglichen Gutachtens bezw. Angabe ihrer Stellung zur Sache. 
Diese ist ergangen und mir fällt es als eine traurige Aufgabe 
zu, im Reich verkünden zu müssen, dass die rheinische Land- 
wirthschaftskammer sich gegen eine Erhöhung der Sclml- 
vorbildung ausgesprochen hat. Als Gründe hat sie angegeben: 
1. die längst widerlegte BeFürchtung, es möchten zu wenig 
Thierärzte sich unter der veränderten Vorbildung heranbilden 
und 2. es sei noch nicht erwiesen, ob ein weiterer wissenschaft¬ 
licher Ausbau der Thierheilkunde ohne abgeschlossene Schul¬ 
bildung nicht möglich wäre. Dem ersten Einwande liegt 
ersichtlich die Ansicht zu Grande, dass heute schon zu wenig 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 25. 


Thierärzte vorhanden sind. In dieser Frage muBs scharf unter¬ 
schieden werden zwischen Gegenden nicht nur, sondern auch 
solchen Besitzern, die sich aus Ueberzeugung und in allen 
Fällen an den Thierarzt wenden, oder die ihn nur ganz selten 
zu Rathe ziehen, dann aber zur Minute zur Hand haben möchten. 
Der ausgesprochene gewerbliche Beruf des Thierarztes und 
dessen zerstreut liegendes Arbeitsfeld lassen sofort das Irrige 
einer so allgemein erhobenen Klage erkennen, doch auch ziffer- 
mässig kann sie widerlegt werden. Von den beamteten Thierärzten 
ausgehend, ist festzustellen, dass heute auch nicht ein einziger 
Kreis in der Rheinprovinz unbesetzt ist. Jeder dieser Herrn 
betreibt so viel Praxis, als an ihn herantritt, zählt demnach zu 
den im Ganzen in der Rheinprovinz vorhandenen 282 pract. Thier¬ 
ärzten. Es entfallen somit z. B. von den insgesammt gezählten 
1 541826 Rindern und circa 180 C00 Pferden praeter propter 
5 500 Rinder und 640 Pferde auf je einen Thierarzt. 

Wem diese Ziffern zu hoch erscheinen, der mag daran er¬ 
innert sein, dass das Pfuscherwesen im Rheinlande noch ziem¬ 
lich unterstützt wird, ich möchte behaupten bei den vermögenden 
Besitzern mehr als im Volke, das sein durch nichts getrübter 
natürlicher Verstand auf den Thierarzt hinweist. Unter Berück¬ 
sichtigung dieser und anderer thatsächlicher Verhältnisse 
kommen also wohl heute schon nicht mehr denn 2 400 Rinder 
und 320 Pferde für je einen Thierarzt in Betracht. Wenn ich, 
was hier auch überflüssig ist, unterlasse, andere Gegenden zum 
Vergleich heranzuziehen, so thue ich es desshalb, weil mir ein 
viel besserer Massstab zur Beurtheilung der Frage, ob diese 
Zahl hinreichend ist, zur Verfügung steht, nämlich, weil ich 
aus Erfahrung weiss, wieviele freie Stunden die meisten Thier¬ 
ärzte in der Rheinprovinz haben. 

Selbstredend spielen Terrainverhältnisse in erschwerender 
oder mildernder Hinsicht hierin eine nicht zu unterschätzende 
aber auch für absehbare Zeiten nicht zu ändernde Rolle, so 
dass thatsächlich in manchen Gegenden ein Mangel an Thier¬ 
ärzten sich fühlbar einstellen mag. In zweiter Linie aber 
kommt das Persönliche dieser Herrn, der Kampf um die Stellung 
in Betracht. 

Aufgewachsen in dem erhebenden, kräftigen, befreienden 
Odem, welcher sie an der Stätte der Wissenschaften zur Zeit 
ihrer Studien umgab, müssen die jungen Leute später täglich 
erleben, wie man ihnen bei jeder Gelegenheit die Luft aus den 
Segeln abzufangen trachtet. Das Zwitterverhältniss des Thier- 
arztes in der beamteten sowohl als der gesellschaftlichen Stellung 
bringt es mit sich, dass so mancher Unberufene an ihm zu 
reiben sich versucht. Je kleiner aber der Wohnort, desto 
heftiger platzen die Geister auf einander. Wenn die jungen 
Thierärzte also zögern, mangels geeigneten Anschlusses in 
kleineren Orten sich nieder zu . lassen, so fällt die Schuld auf 
die Urheber zurück. Weiterhin verdienen die Thatsachen, so 
unverständlich sie an sich auch sind, hier an’s Licht gezogen zu 
werden, dass nämlich weitere Fühlung mit den Landwirthen 
hier in der Rheinprovinz für die Thierärzte nicht besteht, als 
in so weit die Behandlung kranker Thiere sie mit sich bringt. 
Von Körungen, Zuchtbestrebungen, der Theilnahme am land¬ 
wirtschaftlichen Unterricht sind sie so gut wie ausgeschlossen, 
Aufmunterung zu eingehenden Untersuchungen seltener Krank¬ 
heitsfälle wird ihnen wohl nie zu Theil, in der so werthvollen 
Statistik leisten nur die beamteten Thierärzte rücksichtlich der 
Senchen etwas. Kein Wunder also, wenn falsche Ansichten 
über Können, Wissen, Aufgaben und Werth der Thierärzte 


Platz greifen. Die alten Collegen haben sich in diese Zustände 
mit der Zeit hineingefunden, und sie haben sie ertragen, weil man 
von Jahr zu Jahr auf Besserung der Verhältnisse gehofft hat. 
Die jüngeren Thierärzte aber, und das mögen die Landwirtke 
beherzigen, werden sich hüten, bei Fortdauer dieser misslichen 
Zustände zu einer Carriere anzurathen, die jungen Leuten so 
wenig Befriedigung gewährt. Diese Wendung der Dinge muss 
aber zum Schaden der Landwirthschaft um so intensiver und 
rascher eintreten, als in dem mächtig aufstrebenden deutschen 
Reiche Berufsarten in Hülle und Fülle vorhanden sind. Wenn 
nun auch noch behauptet wird, es sei nicht erwiesen, ob ein 
weiterer wissenschaftlicher Ausbau ohne volle Schulbildung „nicht 
möglich“ (!) wäre, ein Einwurf, der der gesammten deutschen 
geistigen Erziehung Hohn spricht, so ist damit dem Verkennen des 
Werthes und der Bestrebungen der Thierärzte die Krone auf¬ 
gesetzt. 

Wird die Klage der rheinischen Landwirthe über „zu wenig 
Thierärzte“ schon insofern zur Anklage, als man mit Fug und 
Recht behaupten kann, dass von jener Seite noch nicht die 
geringste Anstrengung gemacht worden ist, um mehr Thierärzte 
heranzuziehen, so sage ich: Welcher junge Mann hat noch Lust, 
Thierheilkunde zu studiren, wenn ihm vorher gesagt ist: Dein 
Stand muss stets in einer inferioren Stellung bleiben! — In 
welch’ eine andere Beleuchtung und Beurtheilung aber würde 
die rheinische Landwirthschaft vor der Oeffentlichkeit sich gesetzt 
haben, wenn der beregte Kammerbeschluss z. B. folgender- 
massen geheissen hätte: „In den Viehbeständen des Rheinlandes 
steckt, besonders seit die Rindviehzucht und die Zucht des 
belgischen werthvollen Pferdes sich in Zahl und Güte zu heben 
beginnt, ein Capital, das nicht genug gehütet werden kann. 
Noch eine grosse Reihe verderblicher, zweifellos ansteckender 
Krankheiten, die unsere Bestände Jahr aus Jahr ein beeinträch¬ 
tigen oder wie z. B. durch das Kälbersterben gar in Frage 
stellen, harren neben den gleich wichtigen Fragen der Thier¬ 
hygiene noch ihrer Aufklärung. Wir sind desshalb zu der An¬ 
sicht gekommen, dass eine weitere Ausbildung der Thierheilkunde 
auch in ihren Beziehungen zu den verschiedensten Krankheiten 
der Menschen sowohl als dem Gesammtwohle mit allen Mitteln 
zu erstreben ist.“ Das hiesse doch eine Brücke geschlagen für 
event. Fälle und keine directe Gegnerschaft gezeigt in einem 
Augenblicke, wo es sich um das Wohl eines ganzen Standes 
handelt. Es wäre den Gegnern der Landwirthschaft bewiesen 
worden, dass auch diese die Intelligenz für sich in Anspruch 
nimmt, dass nicht ein anderswo scliiffbrüchig gewordener junger 
Mann gerade gut genug ist, ein landwirtschaftliches Fach zu 
ergreifen, sondern dass auch sie nach höherer Ausbildung ihrer 
Hülfskräfte ringt, dass der’intellectuelle, weltbeherrschende Geist 
auch in ihr den Vorrang haben soll, kurz dass, wie ein so 
tiefdenkender klarer Kopf, wie Excellenz v. Miquel auf 
der landwirtschaftlichen Ausstellung in Posen kürzlich aus¬ 
zusprechen wieder Veranlassung genommen hat: dass der Land¬ 
wirthschaft nur dadurch geholfen werden kann, wenn sie be¬ 
strebt ist, sich und ihre Hülfsfacher wissenschaftlich immer 
weiter auszugestalten. Wenn wir Thierärzte uns hier selbst 
höher einschätzen, als uns durch diesen Beschluss rheinischer 
Landwirthe zu Unrecht zu Theil geworden ist, so tuen wir 
es in voller Objectivität. Die eigenen Erlebnisse haben uns 
gezeigt, dass in Kreisen, in denen ein Thierarzt in früheren 
Zeiten sein Dasein nie fristen konnte, durch geeignetes Auf¬ 
treten und gewissenhafte Wahrung der Stellung neben wissen- 


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21. Juni 1900. 


BERLINER TRIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


297 


schaftlicher Auffassung seines Berufes diese Stellung sich 
Dank dem Vertrauen des Publikums zu dessen Nutzen ge¬ 
hoben hat, ein Beweis dafür, dass Wissenschaft und Thierheil- 
knnde sich recht gut verträgt. Die Zeit und die Erfahrungen 
haben uns Allen aber gezeigt, wo die Lücken ih der thierärzt¬ 
lichen Ausbildung zu suchen sind, haben die Ansichten geklärt 
über die W’ege, die der thierärztliche Stand zn seiner Ver¬ 
vollkommnung zu betreten hat. Es ist der stärkere Geist, den 
wir verlangen, damit er die Materie besser beherrschen soll, der 
überall, wo er gehegt und gepflegt wird, die Früchte der Arbeit 
schneller und besser reifen lässt. Stichhaltige Gründe gegen 
unsere Bestrebungen giebt es einfach nicht; ein jeder, der 
heute noch ins Feld geführt wird, läuft auf den Werth jenes Aus- 
sprnches hinaus: Es ist doch schliesslich gleichgültig, ob ich 
weiss, dass die Erde sich um die Sonne dreht oder umgekehrt. 

Darum sprechen wir es hier in vollem Bewusstsein der 
Tragweite aus: Die Männer, so hoch ehrenwerth sie sein mögen, 
die diesen misslichen Beschluss gefasst haben, sind nicht ge¬ 
nügend berathen gewesen, sind sich nicht klar - geworden, dass 
der Thierarzt ein Banquier in der Landwirtschaft ist, dem in 
Folge dessen täglich ein grosses Capital durch die Finger geht, 
das er verschleudern aber auch nutzbringend verwalten kann. 
Sie können unmöglich die Anforderungen kennen, die an das 
erfolgreiche Studium der Thierheilkunde gestellt werden, haben 
es unterlassen, sich die wirkliche in der Zukunft liegende volks¬ 
wirtschaftliche Bedeutung der Thierheilkunde vor Augen zu 
führen. Der Beschluss hat viel rheinische Gemütlichkeit an sich, 
welche die Gründlichkeit gern auf dem Boden der Gläser, aber 
nicht in der nüchternen Beurteilung der Thatsachen sucht. Alte, 
in Ehren weiss gewordene Collegen, deren Herz so warm für 
die Landwirtschaft geschlagen hat, dass jüngere Collegen sich 
zu neuer Neigung erwärmen konnten, haben mit Thränen in den 
Augen in diesem Beschlüsse einen grossen Theil Lebensarbeit ge¬ 
fährdet gesehen und haben der Verbitterung über die syste¬ 
matische Verkennung berechtigter und eigner Interessen seitens 
einiger Vertreter der Landwirtschaft in ihrem Herzen 
Raum gegeben. — Als uneigennützige Freunde der Landwirt¬ 
schaft haben wir uns zu dieser Aussprache gedrängt gefühlt und 
geben uns der Hoffnung hin, dass dadurch vielleicht Mancher 
Einkehr in sich selbst hält, und eine Läuterung der Ansichten 
Platz greift. Es ist ja nicht unmöglich, dass, angeregt durch 
den Widerspruch der Parteien irgend ein wissbegieriger Mann, 
vielleicht ein Abgeordneter, sich durch eingehenderes Studium 
des beregten Gegenstandes, am empfehlenswertesten in Ver¬ 
bindung mit einem ihm näher bekannten Thierarzte eine uns 
geneigtere Stellung einnimmt. Man sollte es fast mit Bestimmt¬ 
heit erwarten. 

Wenn wir aber bei dieser Abhandlung Verhältnisse in den 
Bereich unserer Betrachtungen gezogen haben, die von Collegen 


schmerzlich empfunden werden mögen, so ist *zu bedenken, 
dass Wahrheit oft bitter schmeckt. Wir haben es in der 
1 Ueberzeugung getan, dass das ständige Beschönigen doch zu keiner 
Aenderung führt. Gewöhnt, den Finger auf die schmerzende Wunde 
zu legen, scheuen wir nicht es an uns selbst zu thun in der Hoffnung, 
dass es heilt. Es handelt sich ja für uns um „Sein oder Nichtsein“. 
Andererseits streben wir aber auch nicht darnach, zu denen ge- 
t rechnet zu werden, die sich den Ruf der Klugheit dadurch zu 
erringen suchen, dass sie zu Allem, was über sie ergeht, 
schweigen. Im Gegenteil, wir haben noch immer gesehen, dass 
eine offene Kritik gute Früchte getragen und ein freies Wort 
den Mann geehrt hat. Schmitt. 

Erklärung. 

Als ich den „netten Brief' der Redaction der B. T. W. 
mit der Bitte um Veröffentlichung übergab, enthielt ich mich 
jeder persönlichen Aeusserung und auch eines Commentars, weil 
nicht der auf meine Person gerichtete Angriff, sondern das ab¬ 
fällige und gehässige Urteil über die Kreisthierärzte überhaupt 
für die Leser der B. T. W. von Interesse sein konnte, und 
weil der einleitende Vorgang an sich harmlos und unbedeutend 
war. Es war damals und ist noch heute meine Meinung, 
dass persönliche Differenzen oder Gehässigkeiten nicht in ein 
angesehenes Blatt gehören. In der in Nr. 23 der B. T. W. 
erschienenen Erwiderung sind nun aber Angaben gemacht, welche 
den Unparteiischen leicht den Eindruck gewinnen lassen können, als 
wäre der Ackergutsbesitzer Pape-Nelkow in der That so belehrt 
worden, wie es Herr Dischereit in seinerUebereilung angenommen 
hat. Zur Vermeidung dieser falschen Auffassung sehe ich mich 
zn einer kurzen Darstellung des tatsächlichen Vorganges ver¬ 
anlasst. Herr Pape erkundigte sich bei mir, ob er ein verkauftes 
Pferd zurücknehmen müsse, wenn es „Windschnapper“ sei. Ich 
belehrte ihn, dass „Luftkoppen“ ein Hauptmangel sei und er ein 
hiermit behaftetes Pferd wiederzunehmen habe; nach seiner 
Beschreibung scheine mir aber das fragliche Pferd garnicht 
Luftkopper zu sein, er möge sich über den vom Käufer gerügten 
Fehler ein tierärztliches Attest geben lassen. Auf seine Frage, 
ob ich zwecks Untersuchung des Pferdes nach Steckelsdorf (von 
Genthin er. 28 km, von Ratenow er. 4 km) reisen wolle, 
erwiderte ich ihm, dass er vorläufig die Kosten sparen und das 
Attest abwarten möge. Ich muss hier bemerken, dass mir 
damals schon bekannt war, dass Herr D. bei dem Amtmann B. 
die Praxis ausübt. Wenn nun Pape in seinem Brief ohne die 
geringste Insinuation meinerseits aus „tierärztlich“ ein „kreisthier¬ 
ärztlich“ gemacht hat, so dürfte die Schuld hieran und die Ver¬ 
antwortlichkeit hierfür nicht bei mir liegen. Pape hat sicherlich 
von der Tragweite seines „schweren Verbrechens“ keine Ahnung 
gehabt. Reinshagen, Kreistierarzt. 

Genthin, den 19. Juni 1900. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 


(Mittheilungen für 

Senchenstatistik and Yeterinärpolizei. 

Verordnung betreffend Viehhandel. 

Im Reg.-Bez. Breslau sind unter dem 1. Juni er. zwei Ver¬ 
ordnungen in Kraft getreten, welche in Ergänzung früherer Be¬ 
stimmungen die Einfuhr von Schweinen aus Posen in den Reg.-Bez. 
Breslau regeln. 


Veterinärbeamte.) 

Danach werden für die Einfuhr auf Landwegen bestimmte 
Einbruchstationen und Untersuchnngszeiten in den Kreisen 
Guhrau, Militsch, Namstau und Gross-Wartenberg festgesetzt. 
Die Transporte sind den betr. Kreisthierärzten mindestens 
6 Stunden vorher zur Untersuchung anzumelden. Die Einfuhr 
ist an folgende Bedingungen geknüpft. Vorlage von Ursprungs- 


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298 


BERLINER THIE RÄRZ TLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 25. 


attesten aus seit mindestens 14 Tagen früher freien Orten, Bei¬ 
bringung eines Gesundheitsattestes des für den Ursprungs¬ 
ortszuständigen beamteten Thierarztes, auf Grund dessen zugleich 
der letztere die Thiere mit einem Farbenstempel am linken Ohre 
hat versehen zu lassen. Die Ursprungszeugnisse gelten 8, die 
Gesundheitszeugnisse 3 Tage. Bei der Untersuchung zwecks 
Einfuhr in den Bezirk Breslau hat der untersuchende beamtete 
Thierarzt die Gesnndbefundenen Schweine mit einem Farben¬ 
stempel am rechten Ohre versehen zu lassen. 

Reg.-Bez. Münster: Controls der Viehbestände. 

Eine Verordnung vom 11. Mai 1900 bestimmt folgendes: 
Jeder Besitzer hat ein Controlbuch (nach Muster) über seinen 
Rinder- und Schweine-Bestand zu führen, ans dem der augen¬ 
blickliche Bestand jederzeit ersichtlich ist, Transportausweise 
der von auswärts bezogenen Thiere sind anfzubewahren. Bei 
Weidegang sind die vorgeschriebenen Eintragungen im Control¬ 
buch zu machen. Kann ein Viehbesitzer sein Controlbuch nicht 
selbst führen, so hat er seinen Besitz an Rindern und Schweinen 
beim Gemeinde-Vorsteher*) anzumelden, desgleichen alle Anlässe, 
welche Eintragungen in dem Controlbuch bedingen. Die Auf¬ 
bewahrung des Controlbuches bleibt Sache des Besitzers. Die 
Controlbücher sind vor dem Gebrauch vom Amtmann (Amtsvor- 
steher) abzustempeln, welcher auch neue Exemplare aushändigt. 
Den Polizeibeamten, beamteten Thierärzten und deren Ver¬ 
tretern, sowie den Beamten der Verwaltung der indirecten 
Steuern („welche hiermit zu Hülfsbeamten der Polizei bestellt 
werden“) sind die Controlbücher behufs Revisionen der Viehbe¬ 
stände zur Einsicht vorzulegen. Alle Weiden müssen am Ein¬ 
gang die Namen des Besitzers oder Pächters tragen. Zuwider¬ 
handlungen werden nach §§ .66 No. 1 und 2 und § 67 dee 
Viehsenchengesetzes bestraft. 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen. 

Ausbruch und zugleich Erlöschen ist am 17. er. gemeldet 
aus Sachsenhausen bei Frankfurt a. M. (Ueberständer-Rinder), 
sowie ein Ausbruch vom 16. unter Schweinen im Schlacht- 
Viehhof zu München. 

Thierseuchen im Auslande. 

Maul- und Klauenseuche in Süd-Afrika. 

In Capstadt eingetroffene Viehsendungen aus Argentinien 
wurden, wie „The Standard“ meldet, ebenfalls mit Maul- und 
Klauenseuche behaftet befunden. Bei der Landung eines, ver¬ 
seuchten Transports ereignete sich der kaum glaubliche Vorfall, 
dass die in einem Kraal untergebrachten Rinder, welche sofort 
abgeschlachtet werden sollten, den Einzäunungsdraht durch¬ 
brachen, entwichen und sich unter die Heerden von Capfarmern 
mischten. Die Seuche ist in Folge dessen auch unter diesen 
Beständen ausgebrochen und breitet sich immer mehr aus. Vom 
11. Juni er. ab ist die Einfuhr aus Argentinien und Uruguay 
in die Capcolonie verboten. 

Ein Nutzen der Rinderpest. 

Nach einer Mittheilung in der „Blömfontein Post“ hat die 
Rinderpest, welche so schwere Verwüstungen in Süd-Afrika 
angerichtet hat, den Erfolg gezeitigt, dass die Orte, welche 
vorher unter der Tsetse-Fliege zu leiden hatten, jetzt voll¬ 
kommen frei von dieser lästigen Plage sind, weit die in Folge der 

*) Die armen Gemeinde-Vorsteher! S. 


Rinderpest gefallenen Rinder und Wildthiere mitsammt der 
Fliegeubrut vernichtet worden sind. 

Belgien I. Quartal 1900. 

Zahl der Krankheitsfälle an: Milzbrand 110, Rauschbrand 63; 
Wuth 54, darunter 2 Katzen, ausserdem als verdächtig getödtet 
22 Hunde, 9 Katzen und 1 Schwein; Rotz 6, ausserdem wurden 
75 Schlachtpferde für rotzkrank befunden, darunter 51 aus Eng¬ 
land und 1 aus Frankreich stammend; die Maul- und Klauen¬ 
seuche herrschte im Januar in 110, im Februar in 65 und im 
März in 49 Gemeinden. Schafräude wurde im Januar bei 101 
Thieren festgestellt. Von der bösartigen Klauenseuche wurden 
im März 30 Schafe befallen. Lungenseuche ist nicht aufgetreten. 

Norwegen I. Quartal 1900. 

Die Zahl der Krankheitsfälle betrug: Milzbrand im Januar 
28, im Februar 38, im März 21; bösartiges Catarrhfieber des 
Rindviehs 24 bezw. 34 bezw. 23; Schweinerothlauf 41 bezw. 25 
bezw. 30; Rauschbrand 3 bezw. 3 bezw. 2; Schweinediphtherie 
— bezw. 14 bezw. —; Bradsot 10 bezw. 1 bezw. 3. 


Russland HI. Quartal 1899. 

Die Zahl der Erkrankungsfälle betrug (nach wenig über¬ 
sichtlicher Zusammenstellung): 



Milzbrand 

Tollwuth 

Rotz 

Maul- und 
Klauen¬ 
seuche*) 

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Schafpocken 

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Schweine¬ 

seuchen 

Rinderpest 

Oatseeprovinzen 

440 

181 

5 

393 

8 





Polen .... 
West-(Wei88-) 

953 

71 

296 

101 312 

258 

— 

150 

4 010 

— 

Russland . . 

2 047 

— 

— 

3 348 

— 

903 

— 

— 

— 

Kleinrussland 

934 


— 

4819 


206 

— 

— 

— 

Südrussland . . 

1 999 123 

3 261 

10 506 

— 

10 932 

1669 

4 552 

— 

Nordrussland 

1021 

— 

— 

— 

— 

_ 

_ 


— 

Grossrussland . 

7 259 

148 

87 

3 393 

— 

3 955 

317 

1 414 

— 

Ostrussland . . 

5 731 

49 

196 

5 513 

1 759 

4 826 

641 

140 

— 

Kaukasus. . . 

673 

— 


6 053 

— 

1033 

— 

—- 

— 

Transkaukasien 

Asiatisches 

650 

— 

_ 

1 586 


72 

_ 

— 

8811 

Russland . . 

4 286 

— 

— 

5 541 

5 631 

2 986 


— 

25 694 


*) Gesammtzahl der Thiere in den betroffenen Gehöften. 


Fleischschau and Yiehyerkehr. 

Deutsohe, englische und amerikanische Stimmen znm FMsohbesohaugeeetz. 

Das Fleischbeschaugesetz, welches in der vom Reichstag 
angenommenen Fassung bereits die Zustimmung des Bundesraths 
gefunden hat, giebt in der in- und ausländischen Presse noch 
vielfach Anlass zu Besprechungen. Deutscherseits sind es vor 
allen die Bündler, welche mit dem Einführparagraphen des 
Gesetzes nicht zufrieden sind. In ihrem Sinne hätte die Fleisch¬ 
einfuhr gänzlich verboten werden müssen, ein Wunsch, den 
man wohl begreifen kann, wenn man einen Blick auf die 
Entwickelungszahlen der Fleischeinfuhr und der Packindustrie 
Amerikas wirft. In einem kürzlich vom Bureau of Statistics in 
Washington herausgegebenen Bericht ist die Zahl der in den 
Packhäusern der westlichen Staaten verarbeiteten Schweine im 
Jahre 1872/73 auf 5916000 Stück angegeben, während im Jahre 
1898/99 23651695 Schweine zu Schweinefleischproducten ver- 


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21. Juni 19U0. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


299 


arbeitet worden sind. Das bedeutet eine Steigerung von über 
300 Procent in 27 Jahren. Diese ständige amerikanische 
Ueberproduction muss auf die Erschliessung von Absatzquellen 
Bedacht nehmen, und so weit möglich, wird Amerika sich die 
EinfuhrerlaubnisB des § 12 des Fleischbeschaugesetzes zu Nutze 
machen. Um so mehr wird Amerika mit der inländischen 
Production in Wettbewerb treten können, weil es seine Producte 
infolge der billigen, rationellen Mästung und der Centralisation der 
Verarbeitungsgelegenheiten an Productionsorte des Rohmaterials 
seine Fleischwaaren zu niedrigem Preise mit Profit abgeben kann. 
Begünstigt wird der amerikanische Wettbewerb noch durch das 
Verlangen unserer Industriebevölkerung nach gerade diesen 
Schweinefleischproducten, fettem Speck, Schinkenspeck, Pökel¬ 
fleisch. Zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit der arbeitenden 
Bevölkerung ist es nothwendig, dass die Industriebevölkerung 
dieses Fleisch zu einem ihrem Arbeitsverdienst entsprechenden 
Preise erhalten kann. Das ist beim amerikanischen Speck u. s. w. 
wohl möglich, oder leichter möglich als beim inländischen fetten 
Speck u. s. w., weil die Productionskosten, in Anlass der theuren 
Futterstoffe, hohen Grundrente n. s. w. zu erheblich sind. Eine 
Erschwerung der Einfuhr der genannten Producte würde dem¬ 
nach unsere industrielle Bevölkerung schädigen, ohne unserer 
Landwirthschaft entsprechenden Nutzen zu bringen. Der Vortheil, 
welcher den Viehzüchtern und Mästern aus dem Verbot der 
Einfuhr von Büchsenfleisch, Wurst, Pökelfleisch unter 4 kg er¬ 
wachsen wird, wird sich erheblicher erweisen, als die Agrarier 
geneigt sind, anzunehmen, weil gerade diese Waaren mehr 
oder minder als Zubrod genossen oder zur Fabrikation von 
Fleischwaaren verwendet wurden. Der Preis dieser Waaren 
an und für sich höher wird von der besser situirten Bevölkerung 
gezahlt. Hört jetzt die Concnrrenz der ausländischen, minder- 
werthigen Waare auf, so wird der sogenannte Abfall der 
Schlachtthiere im Werthe steigen und dementsprechend auch 
das ganze Schlachtthier dem Viehzüchter und Mäster besser 
bezahlt werden. Bei der Herstellung junger, frühreifer Schlacht- 
waare wird der Landwirth prosperiren, und hat er hier auch nicht 
die Concnrrenz des ausländischen Producenten zu fürchten. 
Stimmen, welche diesen Gang der Ereignisse anzeigen, sind auch 
bereits laut geworden. Es sind die Importeure von Lebern, 
Zungen und die Wurstfabrikanten. Mit aller Macht suchen diese 
eine Aenderung des eintretenden Verhältnisses herbeizuführen. 
Bezeichnend ist es, dass sie die Unterstützung der grossen 
Masse der Schlächter nicht finden, aus oben angeführten Gründen 
wird dies leicht erklärlich. Auch sonst scheinen die Schlächter 
bei Erlass des Gesetzes auf Qualitätsverbesserung der Fleisch- 
producte, Wurst, hinwirken zu wollen, indem sie für ein Verbot 
des Wurstfärbens eintreten. 

In kaufmännischen Kreisen sieht man dem Erlass des Ge¬ 
setzes und der Vollzugsbestimmungen erwartungsvoll entgegen. 
Am meisten besprochen wird hier die Frage der Uebergangs- 
bestimmungen, d. h. die Weitergestattung der Einfuhr von Büchsen¬ 
fleisch, Lebern, Zungen auf Grund der vor Erlass des Gesetzes 
legitim abgeschlossenen Contracte. Das Aeltesten-Collegium der 
Berliner Kaufmannschaft, die deutschen, englischen und 
amerikanischen Importeure und die Gesandtschaften Amerikas 
und Englands sind diesbezüglich bereits vorstellig geworden. 
Bezüglich der eventuell von Seiten Amerikas und Englands zu 
erwartenden Repressalien schreibt „Glasgow Herald“, dass von 
England derartige Massnahmen nicht ergriffen werden würden, 
weil dieselben den'Handelsprincipien Englands zuwider laufen 


würden, was Amerika thun wird, muss abgewartet werden. 
Einen Ausblick in dieser Beziehung bieten vielleicht die 
Ansichten der amerikanischen Packer, welche wir in „Chicago 
Drovers’ Journal“ wiedergegeben finden. Mr. Nelson Morris 
sagte: „Das Gesetz schneide einen grossen, werthvollen Handel 
in Büchsenfleisch, Pökelfleisch und Würsten ab, die etwaige Zu¬ 
lassung von frischem Fleisch wäre nicht von Belang“. Swift & Co. 
denken, dass die Massnahmen sich grösstentheils gegen Russland 
und Dänemark richten werden, welche Länder nach Deutschland 
ein grosses Geschäft in frischem Schweinefleisch, Schinken, 
Abfall und Stückenfleisch gehabt haben. Präsident W. H. 
Thompson vom Chicago Live Stock Exchange denkt, die Deutschen 
werden bald zu der Einsicht kommen, dass Deutschland das 
amerikanische Fleisch nothwendiger braucht, als Amerika 
Deutschlands Handelsartikel. Bei Armour & Co. findet man den 
Gedanken, dass ein werthvoller Handel von Fleischprodukten 
gestoppt wird, aber im Ganzen wird die Massregel in Amerika 
nicht zu sehr gefühlt werden, weil Deutschlands Bestimmungen 
bezüglich der Fleischeinfuhr sich bereits mehr und mehr dem 
Einfuhrverbot genähert haben, namentlich bezüglich der Einfuhr 
von frischem Fleisch haben die amerikanischen Packer in Deutsch¬ 
land nichts werden können. Die letztere Ansicht scheint in aus- 
und inländischen Kreisen die überwiegende zu sein und stimmt 
auch mit den Ausführungen überein, die ich bereits vor einiger 
Zeit in dieser Zeitung ausgesprochen habe. Kühnau. 

Sterilisation der tobercoiöeen Milch. Verwendung dee Fleisches und der 
tuberoulöseo Organe nach vorheriger Sterilisation. 

Von Professor Gallier-Lyon. 

(Journal a Lyon 31. 1. 1900.) 

Kochen und Sieden sterilisiren Milch und Fleisch, welche 
Tabefcelbacillen. enthalten; an 100« annähernde Temperaturen 
geben dasselbe Resultat, wenn sie genügend lang zur An¬ 
wendung kommen. Wenn aber die Milch eine grosse Zahl 
Tubercelbacillen enthält, so sind Temperaturen von 70, 75, 80 
und 85° vielleicht ungenügend, um eine gute Sterilisation zu 
erzielen. 

G. hat Ferkeln eine bacillenreiche Milch intraperitoneal 
injicirt, die sechs Minuten lang auf 70, 75, 80, 85 und 90° er¬ 
wärmt worden war. Fast alle Thiere, die mit Producten be¬ 
handelt worden waren, die Temperaturen von 70 resp. 75° aus- 
gesetzt waren, starben tuberculös. Einige der Thiere, die auf 
80 resp. 85° erhitzte Milch erhalten hatten, zeigten ebenfalls 
Tuberculose. Dagegen blieben die Thiere, die nur mit auf 90° 
erhitzter Milch behandelt waren, bis auf eins gesund. 

Zwei Ferkel, die täglich fünf Mahlzeiten von je vier Litern 
Milch' und einem Geliack von tuberculösem Material erhielten, 
die vorher durcheinander gerührt und während 20 Minuten auf 
75° erwärmt wurden, erkrankten an Tuberculose. Die Milch der 
tuberoulösen Thiere muss also zum Sieden gebracht werden, wenn 
sie consumirt werden soll. 

Andererseits hat G. einem jungen Schweine vom 26. Mai 1899 
ab in zehn Mahlzeiten ungefähr 12 kg tuberculose Materien 
verabreicht, die bei 110° sterilisirt und mit 150 ccm Euterculin 
vermengt worden waren. Am 11. Januar 1900 war das Thier, 
das nie krank zu sein schien, in gutem Mastzustand. Die 
zufällige Aufnahme von sterilisirten tuberculösen Organen kann 
also keine Vergiftung veranlassen und ist keine Gefahr zu 
befürchten vom Consum des Fleisches und der Organe tuber- 
culöser Thiere, wenn sie gut gekocht sind, auch -wenn sie einige 
Läsionen zeigen. 


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300 

Bücheranzeigen und Kritiken. 

Handbuch der vergleichenden Anatomie der Hausthiere. Neunte 
Auflage der Gurlt’schen, später von Leisering und Müller 
bearbeiteten Anatomie. Neubearbeitet von Ellenberger und Baum. 
Berlin 1900. Verlag von August Hirschwald. 

Das altbekannte Werk hat schon in der vorigen Auflage 
wirklich wesentliche, d. h. principielle Aenderungen erfahren, 
die sich durchweg als Verbesserungen darstellten. Die Autoren 
sind dabei aber nicht stehen geblieben, sondern haben auch die 
vorliegende Auflage noch um vieles Werthvolle bereichert. 

Das Princip ihrer Darstellung, dem ich meinerseits nur voll¬ 
kommen beitreten kann und das ich für den practischen thier¬ 
ärztlichen Unterricht für das allein anwendbare halte*), ist folgendes: 

Jeder grosse Abschnitt wird eröffnet mit einer kurzen all¬ 
gemeinen Darstellung des Essentiellen. Es folgt die Specialbeschrei¬ 
bung des Pferdes, dann (auf jene Bezug nehmend und desshalb 
entsprechend gekürzt) diejenige der einzelnen übrigen Hausthiere. 

Namentlich die obengenannten allgemeinen und die dem Rind, 
Schwein und Hund gewidmeten Gapitel sind nun in der neuen Auf¬ 
lage noch wesentlich verbessert worden. Die letzteren könnten 
freilich noch um vieles ausführlicher sein, aber gerade für ein Lehr¬ 
buch, für den Studenten, ist das Gebotene eben richtig abgemessen. 

Die neue Auflage kommt übrigens noch deswegen besonders 
gelegen, weil sie zugleich die anlässlich des Badener Congresses 
nach langen Vorarbeiten beschlossene neue Nomenclatur ent¬ 
hält. Dem Uebereinkommen gemäss haben die Autoren an den 
wenigen Stellen, wo sie eigene Namen bevorzugen, die be¬ 
schlossenen „Commissionsnamen“ in Klammer beigefugt. 

Selbst die Verlagsbuchhandlung hat etwas gethan, indem 
sie eine Anzahl neuer Abbildungen genehmigt hat. 

So wird also das Erscheinen der neuen Auflage dem Buche 
wie seinen Lesern zu statten kommen. Schmaltz. 

Meyer’8 Kleine« Conversationslexicon- Sechste gänzlich um¬ 
gearbeitete und vermehrte Auflage, 2700 Seiten, 168 Tafeln, 
80000 Stichworte. 3 Bände ä 10 M. 

Für diejenigen, welche sich ein grosses Conversationslexicon 
nicht beschaffen wollen, ein vollständig ausreichendes Nach- 
schlagebuch, dessen Raumbeschränkung nicht durch Verringerung 
der Zahl der Stichworte, sondern lediglich durch knappere 
Fassung der einzelnen Artikel herbeigeführt ist. 

Prof. Pott: Der Formalismus in der Landwirthschaftliohen Thierzucht. 
Sonderabdruck aus der „Wiener landwirthschaftlichen Zeitung“, 
1900 Wien. Die Streitschrift des Verfassers ist unseren Lesern 
aus früheren Referaten bekannt. Die Broschüre beschäftigt 
sich mit der gegen die erste Publication erwachsenen Polemik. 


Personalien. 

Ernennungen etc.: Dr. Ströse, Oberthierarzt der Btädt. Fleisch¬ 
beschau in Hannover, zum Hilfsarbeiter im Kaiserlichen Gesundheits¬ 
amt in Berlin; Polizeithierarzt Fr. Grebe zu Cöln zum com. 
Kreisthierarzt für Rbeinbach. 

*) In den Vorlesungen bin ich noch weiter gegangen; Lh lese 
Anatomie des Pferdes für das erste Semester nnd gesondert davon 
vergleichende Anatomie der Hausthiere für das dritte, was sehr gut 
durchführbar ist Ich halte es für viel zu schwierig, von vornherein 
für den Anfänger alle Objecte in einer Vorlesung nebeneinander zu 
stellen. Unser anatomischer Unterricht verfolgt denselben Zweck, 
wie der der Mediciner, practische Aerzte zu erziehen, und darf daher 
nicht vom Standpunkte des Zoologen aufgefasst werden. S. 


No. 26. 


In Bayern: Joseph Bodenmüller, Bezirksthierarzt in Erlangen 
pragmatisch angestellt. Die Zuchtinspectoren A. Hengen-Kaisers¬ 
lautern, E. Meister-Bayreuth und Joh. Schmid-Ansbach unter 
Belassung in ihrer bisherigen Thätigkeit als Zuchtinspector zu 
Bezirksthierärzten extra statum. 

Gewählt: Schlachthofvorsteher Ehrle in Viersen zum Schlacbt- 
hofinspector in Frankfurt a. 0., Holzapfel, Districtsthierarxt in 
Waldkircben (Niederbayern), zum städtischen Thierarzt in Lössnitz 
(Sachsen), H. Lange (Haltern) zum Schlachthofdirector in Neheim, 
Jakob Semmler-Bitsch (Lothringen) zum Schlachthofdirector in 
Zweibrücken (Pfalz), Thierarzt Staubitz zum Sanititsthierarzt 
in Dresden-Löbtau (VUI. Fleischschaubezirk). 

Wohnsltzverlnderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die 
Thierärzte Klingelstein von Fürstenwalde nach Berlin, A. Rande¬ 
rath als bezirksthierärztl. Assistent nach Füssen an Stelle des 
bisherigen Assistenten R. Ungiert. 

In der Armee: Die Rossärzte Schmidtchen (Lehrschmiede 
Dresden) und Uh lieh (48. Art-Rgt.) gegenseitig versetzt 

TodesfUle: Departementsthierarzt a. D. Professor Schell-Bonn; 
Ferd. Schregel, erster Schlachthofthierarzt zu Cöln. 


Yacanzen. 

(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 

Krelsthlerarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Cassel: Gersfeld (600 M.), (erneut ausgeschrieben,) 

Gesuche innerhalb 4 Wochen an den Regierungspräsidenten. 

— R.-B. Köln: Waldbröl (neuerrichtet) (600 M. Gehalt, 200 M. aus 
Kreismitteln, 810 M. für Beaufsichtigung der Viehmärkte). Be¬ 
werbungen bis 18. Juni an den Regierungspräsidenten. 

Bayern: Districtsthierarztstelle in Waldkirchen Bez.-A. Wolf¬ 
stein (ca. 1000 M.) Bewerb, an das Bezirksamt. 

Deutsch-Südwest-Afrika: Für das Kaiserliche Gouverne¬ 
ment vorläufig zur comm. Beschäftigung 2 approb. Thierärzte zum 
sofortigen Antritt (6000 M. Anfangsgehalt, Wohnung etc. Hin- und 
Rückreise; 1000 M. Ausrüstungsgelder; 3 Jahre Verpflichtung). 
Bewerb, an die Kolonialabtheilung des Auswärtigen Amtes. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Aachen: Montjoie. — R.-B. Cöslin: Bütow und Stolp(Nord) 

— R.-B. Wiesbaden: St. Goarshausen. 

Saaitfttsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt bis 1. October (Beschäftigung 
diätarisch, Vierteljahr. Kündigung; 1500 M. p. a.). Bewerbungen 
an den Magistrat. — Erfurt: Schlachthofassistenzthierarzt (2000 M.) 
Meldungen an den Magistrat. — Halle: Assistenzthierarzt am 
Schlacht- und Viehhof sofort (1800 M. Dienstwohnung). Meldungen 
an den Director. 

b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Casse 1: 3. Schlachthofthierarzt. — Dresden: Mehrere Hilfsthierärzte. 

— Eberswalde: Schlachthofinspector. — Johanngeorgenstadt 
und Nachbargemeinden: Thierarzt für Fleischbeschau. — Königs¬ 
wartha i. S.: Thierarzt für Fleischbeschau. — Klingenthal. — 
Lunzenau: Thierarzt für Fleischschau. — Mülhausen (Eisass): 
Schlachthofverwalter. — Pausa. — Pössneck: Thierarzt für 
Fleischbeschau. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Pritzerbe: 
Thierarzt für Schlachtvieh-und Fleischbeschau. — Wamsdorf. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt — Peiskretscham (Ober-Schles.): Thier¬ 
arzt. Bewerbungen beim Magistrat. — Schönbaum (Danzig). 

— Sold au (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Eickel. — Mengeringhausen 
(Waldeck). — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.). 

— Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze (Mecklb.). 

— Wolkenstein. 

Besetzt: Kreisthierarztstelle in Rheinbach. — Sanitätsthierarzt- 
stelle in Neheim. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Verantwortlich fOr des Inhalt (excL Inseratenthell): Prot Dr. Schmält» in Berlin. — Verlag nnd Elgeathom von Richard Scboetz ln Berlin. — Druck tqp W. BQxenjtein, Berlin 


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Die „Berliner Ttaiertntilehe Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich ln Stärke von mindestens li/. Bogen. Dieselbe 
ist *u beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1068) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
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Berliner 


Original bei träge werden mit 60 Hk. fflr den Bogen honortrt 
Alle Manuscripte, Mittheilungen (ind redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. 8chmalte, 
Berlin, thlerärztlicbe Hochschule, NW, Luisenstrasse 66. 
Correcturen, Recenslons-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Heransgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. B. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard ächoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

1 BB ^ —SWSWP^—I L B——— 

Jahrgang 1900. M 26 . Ansgegeben am 28. Jnni. 


Inhalt: Bernhardt: Ueber die periodische Augenentzündung der Pferde. — Maler: Jahrbach der deutschen Land¬ 
wirtschafts-Gesellschaft. — Zur Richtigstellung. — Referate: Christiani: Infectiöser Catarrh der Luftwege. — de Mia: 
Die Hämatinurie bei den Rindern in den Niederungen des Po. — Rabus: Tropon. — Silberschmidt: Ueber eine nene pathogene 
Streptothrlxart. — Friedmann: Erfahrungen über die Kindermilch nach Backhaus. — Tagesgeschichte: Die Liquidationen 
beamteter Thierärzte in Preussen. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinär¬ 
polizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Bücberanzeigen and Kritiken. — Personalien. — Vaoanzen. 


Ueber die periodische AugenentzUndung der Pferde. 

Von 

Dr. L Berahardt-Gudwallen, 

Könlgl. Geatfltthierarzt. 

Die periodische Angenentzündung des Pferdes ist eine 
Krankheit, über deren Entstehung, Ursache der Verbreitung, 
Bekämpfung und Vererbung selbst in Fachmännerkreisen die 
verschiedensten Ansichten herrschen. Dass dies sich so verhält, 
ist zwar bedauerlich, es ist aber den Thierärzten, die sich schon 
viel mit dieser Frage beschäftigt haben, daraus kein Vorwurf 
zu machen. Die ungenügende Klärung der Ansichten über dieses 
Leiden ist dem Umstand zuzoschreiben, dass nicht hinreichend 
Material zur Verfügung steht, das in allen Stadien der Krankheit 
genau pathologisch-anatomisch untersucht werden könnte. Denn 
es gehören grosse Geldmittel dazu, um dieses Material zu be¬ 
schaffen, Geldmittel, welche die private Leistungsfähigkeit 
einzelner Forscher übersteigen; der Staat aber hat sich noch 
nicht entschlossen können, für diesen speciellen Zweck ein 
Uebriges zu thnn. Ich hege auch Zweifel an dem Vorkommen 
so ideal angehauchter Pferdebesitzer, die aus reinem Interesse 
für diese Frage ihrem Pferde ein frisch erkranktes Auge heraus¬ 
nehmen Hessen, denn die dadurch herbeigeführte Entwerthung 
des Thieres stünde in keinem Verhältnis zn dem directen Nutzen, 
den sie selbst von dieser Operation erwarten dürften, da dieser 
zunächst nur der Allgemeinheit zu gute käme. Trotz aller 
dieser Schwierigkeiten wollen wir das Studium dieser interessanten 
Krankheit nicht vernachlässigen und einstweilen noch den bisher 
eingeschlagenen Weg der Beobachtung weiter wandeln, indem 
wir unsere Wahrnehmungen und Gedanken mittheilen zur An¬ 
regung für- nnd Ergänzung durch andere. 

Unter der periodischen, oder besser gesagt, inneren Augen¬ 
entzündung in ihrer acuten Form verstehen wir eine spontan 
auftretende Entzündung der Regenbogen- und Aderhaut mit 
Exsudatbildung verschiedenen Charakters: fibrinös, fibrinös-eitrig 
nnd von solchem beider Arten, dem mitunter noch Blut bei¬ 
gemischt ist. Dieses Exsudat setzt sich gewöhnlich in der 
vorderen Angenkammer ab. Es kann durch dasselbe auch eine 


Verklebung der Hinterfläche der Iris mit der Vbrderfläche der 
Linsenkapsel stattfinden. Verbunden mit diesen Erscheinungen 
ist immer ein Bindehautkatarrh, dessen Product in leichten 
Fällen reichlich seröse, in schweren serös-schleimige Flüssigkeit 
ist, die sich im Lidsack ansammelt, weil die Lider krampfhaft 
geschlossen werden. Diese selbst sind geschwollen, die Cornea 
ist wie mit Fett beschmiert und weist zahlreiche kleine Defecte vom 
Umfang feiner Sandkörner auf, sie kann auch partiell infiltrirt 
sein. Die Pupille ist immer stark verengt, mitunter zu einem 
schmalen Spalt zusammengezogen und hat oft eine ganz unregel¬ 
mässige Form. Die Iris erscheint auf ihrer Vorderfläche stark auf¬ 
gelockert nnd heller gefärbt. Nach der künstlichen Erweiterung der 
Papille mittelst Atropin schimmert der Augenhintergrund gelblich¬ 
grün, Linse und Glaskörper erscheinen gequollen, gallertig, die 
papilla optica diffus röthlich. Mit diesen Erscheinungen setzt 
die Krankheit ein. Da meistenteils keine Verletzung am Auge 
oder in der Umgebung desselben zn sehen ist, auch sonstige 
Umstände unbekannt sind, die das plötzliche Einsetzen der 
Krankheit erklären würden, so hat man als Ursache davon schon 
die verschiedensten Dinge beschuldigt: feuchtes, multriges Futter 
feuchte, dampfe Ställe, undurchlässigen Boden, plötzlichen 
Witterungsumschlag, Erkältung, sumpfige Gegenden, bestimmte 
Pferdeschläge, die dazu neigen, besonders Kreuzungen, rheuma¬ 
tische Diathese, Vererbung, Verwundungen, Ursachen, welche 
eine Stauungshyperämie im Kopf herbeiführen, Miasma, Contagium, 
Infection durch einen Pilz, der auf der Cornea wuchert nnd sie 
mit seinem Mycel durchbohrt, Micrococcen, malariaähnliche 
Plasmodien, Parasiten, die mit dem Trinkwasser aufgenommen 
werden, Infection durch einen Hengst, der mit dem Uebel be¬ 
haftet ist, Rhabditisformen, die auf dem Blutweg in das Auge 
gelangen etc. 

Wer öfters derart erkrankte Pferdeaugen zn untersuchen 
Gelegenheit hat, und zwar in den allerersten Anfängen des 
Leidens, wo noch kein Exsudat sich gebildet hat oder nur in sehr 
spärlichen Flocken, dem fällt es auf, dass Anfälle, bei denen das 
Exsudat rein fibrinös ist, oft von einem zum andern Tag sich 
so bessern können, dass änsserlich keine sichtbaren Spuren der 
überstandenen Krankheit zn sehen sind. 


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802 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


No. 26. 


Auch solche Erkrankungen, bei denen das Exsudat fibrinös- 
eitrig ist, können nach einigen Tagen bei passender Behandlung 
verschwinden, ohne grössere Läsionen zu hinterlassen, oder es 
bleiben nur solche Gewebsveränderungen in Linse und Glas¬ 
körper zurück (Starpunkte, leichte wolkige Trübungen), welche 
die Sehkraft nicht dauernd und bedeutend beeinträchtigen. Die¬ 
jenigen Fälle aber, bei denen das Exsudat von vorn herein mit Blut 
vermischt ist und in schweren Wolken die vordere Augenkammer 
anfüllt, bedeuten eine bedenkliche Erkrankung des Augeninnern. 
Totale Trübung der Linse und des Glaskörpers, Verflüssigung 
des letzteren, Ablösung der Netzhaut bleiben gewöhnlich zum 
dauernden Andenken zurück. Demnach muss die Entzündung 
der Iris und Chorioidea durch einen Reiz hervorgerufen sein, 
der in seiner Wirkung die verschiedensten Abstufungen auf¬ 
weist. Das Fernsein jeder gröberen Verletzung des Auges und 
seiner Umgebung beweist, dass der Entzündungsreiz nicht von 
aussen kommen kann. Demnach kann das schädliche Agens nur 
auf dem Wege der Blutbahn ins Auge gelangt sein. Man könnte 
an Micrococcen oder Bacterien denken, aber diese Infectkms- 
stoffe begnügen sich nicht, wenn sie einen so schönen Nähr¬ 
boden wie das Augeninnere gefunden haben, mit der Erzeugung 
der gewöhnlich bei dieser Krankheit beobachteten pathologischen 
Erscheinungen. Sie würden durch rapide Vermehrung ganz 
andere Zerstörungen im Augeninneren hervorrufen, als wie man 
sie gewöhnlich, auch nach heftigen Anfällen von Mondblindheit, 
zu beobachten Gelegenheit hat. Zudem müssten dann diese 
Anfälle regelmässig im Anschluss an Druse, Brustseuche etc. 
wahrzunehmen sein, was nach den seitherigen Erfahrungen in 
diesem Umfang nicht der Fall ist. Ausserdem haben directe Ueber- 
impfungen des Inhalts kranker Augen in gesunde zu keiner An¬ 
steckung geführt, wie Versuche von Schwarznecker und 
Schütz bewiesen haben. Das entzündungserl'egerid'C 
Agens trägt also den Character eines aseptischen 
Fremdkörpers an sich, der durch seine Gegenwart eine 
Störung in den Circulationsverhältnissen der Ader- 
und Regenbogenhaut erzeugt. Die entzündliche Hyperämie 
dieser Theile ist die Nothwehr gegen das Eindringen des Fremd¬ 
lings, der unter allen Umständen unschädlich gemacht werden 
muss. Es kommt nun ganz darauf an, wer stärker ist. Kann 
der Eindringling schnell aufgelöst werden, dann verläuft der 
Entzündungsprocess rasch und ohne dauernden Schaden. Das 
in Folge der Entzündung ausgeschiedene fibrinöse Exsudat wird 
resorbirt, und mit der Zeit tritt in den übrigen Organen des 
Augeninnern wieder ein verhältnissmässig normaler Zustand ein. 
Ist der Fremdkörper aber zäherer Natur, müssen Lencocyten 
auswandern, um ihn zur Auflösung oder Einkapselung zu bringen, 
dann weist das Exsudat schon einen mehr eiterähnlichen Cha¬ 
racter auf, und in der Linse und dem Glaskörper werden, wenn 
der Anfall vorbei ist, immer kleine Merkmale (Punkte, wolkige 
Trübungen, Pigmentflecke auf der vorderen Linsenkapsel) Zurück¬ 
bleiben. Sieht man aber gleich zu Anfang des Anfalls mit Blut 
vermischtes, fibrinös eitriges Exsudat in schweren dichten 
Wolken die vordere Augenkammer anfüllen, dann kann man 
darauf schliessen, dass der ins Auge verirrte Fremdkörper so 
zäher Natur ist, dass die natürlichen Hülfsmittel des Organismus, 
die ihm in dem Entzündungsprocess gegeben sind, nämlich auf¬ 
zulösen oder einzukapseln, einfach versagen, d. h. sie werden 
mit dem Feind erst Herr, wenn die angerichteten Zerstörungen 
so gross sind, dass eine restitutio ad integrum nicht mehr 
möglich ist, denn so zarte Gewebe, wie diejenigen der Linse 


und des Glaskörpers müssen unter einer länger andauernden, 
local begrenzten Entzündung in ihrer Nachbarschaft irreparable 
Veränderungen erleiden, wie jeder einsehen wird, dem der Ver¬ 
lauf derartiger Vorgänge bekannt ist. Ich glaube, es dürfte 
nicht unrichtig sein, die innere Augenentzündung unter dem 
Gesichtspunkt der Einheilung*) von Fremdkörpern anzu¬ 
sehen, denn so werden uns die sich im Augeninnern ab¬ 
spielenden Processe am besten verständlich. Solche Anfälle 
können sich erfahrungsgemäss in ganz kurzer Zeit wiederholen, 
es können aber auch Jahre hingehen, ehe es wieder dazu kommt, 
und manchmal ist überhaupt kein Anfall mehr zu beobachten. 
Um eine Erklärung dafür zu finden, müssen wir unsere Auf¬ 
merksamkeit dem muthmasslichen Fremdkörper zuwenden, der 
auf dem Wege der Blutbahn ins Auge gelangt. 

Darüber sind alle Beobachtungen einig, dass die Mondblind- 
heit besonders gerne in Gegenden vorkommt, die undurchlässigen, 
sumpfigen Boden haben oder viel unter Ueberschwemmungen 
leiden. Es wäre demnach anzunehmen, dass die Pferde mit 
dem auf solchem Boden gewachsenen Futter oder mit dem 
Trinkwasser Parasiten allerkleinster Art, einzellige Lebewesen, 
wie sie Will ach in den Augen von Mondblinden nachgewiesen 
hat, in sich aufnehmen, und dass diese dann vom Verdauungs- 
tractus aus ihren Weg durch die Lymphbahnen in die Blutbahn 
finden. Dass diese Möglichkeit gegeben ist, lässt sich nicht 
von der Hand weisen, besonders in solchen Gegenden, wo Stuten 
mit ihren Fohlen, oder junge Pferde auf Plätzen weiden, in 
deren Nähe mit Absicht ein Tümpel sich findet, aus dem sie 
nach Belieben ihren Durst löschen können. So kann man es in 
Ostpreussen überall sehen. Und doch kommen in Anbetracht 
der grossen Anzahl Pferde, die dort aufgewachsen, verhält¬ 
nissmässig wenig Fälle von periodischer Augenentzündung 
vor. Es drängt sich einemabcr ganz Vön ftelbät itetf Gedänke 
auf, dass das schädliche Agens ein Stoff sein muss, der in der 
Blutbahn vorhanden zu irgend einer beliebigen Zeit von seinem 
Lieblingssitz losgerissen und in das Auge verschwemmt werden 
kann —, (notabene, wenn ein von Natur aus weites Gefässnetz 
im Auge dies gestattet, und der Fremdkörper nicht schon an 
einer Stelle abgefangen wird, wo die Reizerscheinungen, die er 
verursacht, gar nicht zur Beobachtung kommen, oder nur eine 
mehr oder minder heftige Conjunctivitis durch ihn erzeugt wird. 
Denn da das Gefässgebiet des Auges und seiner Umgebung mit 
einander zusammenhängt und Störungen in einem oder dem anderen 
Theil auch an den übrigen sich geltend machen, je nach der 
Intensität der Einwirkung, so lässt sich so am ungezwungensten 
das häufige Entstehen von Conjunctiviten bei Pferden erklären, 
für deren Auftreten man sonst absolut keine Deutung hat, wenn 
man nicht gerade Erkältung, das Wetter oder sonstige Um¬ 
stände indifferenter Art beschuldigen will) — wenn man in 
Betracht zieht, dass viele Pferde, die ihr ganzes Leben unter 
den denkbar günstigsten hygienischen Bedingungen zubringen 
(Gestütpferde), oft in vorgerücktem Alter noch Anfälle von 
Mondblindheit durchmachen. 

Bölling er hat nachgewiesen und andere Forscher haben 
es bestätigt, dass 90—94 pCt. aller Pferde mit Wurmaneurysmen 
der Eingeweidearterien behaftet sind. Diese Veränderungen 
werden gerade durch die Jugendformen des Strongylus armatus 
erzeugt. Meines Erachtens liegt es sehr nahe, die Mondblindheit 
der Pferde mit diesem Parasiten in Zusammenhang zu bringen. 

*) von Biingner; Ueber Fremdkörpereinheilung (Pflügers 
Archiv). 


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28. Juni 1900. 


BERLINER THIERÄUZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Das ganz unvermuthete Einsetzen der Krankheit, auch bei 
Pferden, die unter gesundheitlich absolut günstigen Bedingungen 
leben, und die rein willkürliche Wiederholung in den unregel¬ 
mässigsten Zeiträumen sprechen Für eine Ursache, die immer 
vorhanden ist und die sich zur Geltung bringen kann, wenn der 
Znfall es will. Diese Bedingungen treffen auf den Strongylus 
armatus und seine Lebensweise im Pferdekörper zu; der Parasit 
hat seinen bevorzugten Wohnsitz an bestimmten Stellen der 
Blntbahn, seine Jugendformen, innerhalb der Blutbahn ab¬ 
gesetzte Eier oder Stoffwechselprodncte sind so klein, dass sie 
auch in enge Gefässgebiete, wie z. B. die des Auges ver- 
schwemmt werden können. 

Wenn dies nur selten vorkommt, so ist es, wie ich glaube, 
die Probe aufs Exempel, denn warum sollte gerade das Auge 
immer das Ziel dieser im Blutstrom mitgeführten Körper sein, 
wo ihnen doch der ganze Körper mit seinen Organen zur Ein¬ 
wanderung offen steht. Ich habe schon einige Fälle zu be¬ 
obachten Gelegenheit gehabt, die mich bestärkten einen Zu¬ 
sammenhang zwischen periodischer Augenentzündung und dem 
Parasitismus von Strong. armatus anzunehmen. Ein Absatzfohlen 
war schwer erkrankt unter Symptomen, die mir bekannt sind 
als hervorgerufen durch Auswanderung von Strongylus armatus- 
Brut aus dem Darm. Nach einigen Tagen war es wieder ge¬ 
sund. Ich machte den Besitzer, der mich zu Rath gezogen 
hatte, sogleich darauf aufmerksam, dass, wenn einmal das eine 
oder andere Auge thränen sollte, er gleich Atropin einträufeln 
müsse. Im Laufe von 5 Monaten hat das Fohlen drei Anfälle 
periodischer Augenentzündung dnrchgemacht. Die dauernden 
Veränderungen, die zurückgeblieben sind, bestehen nur in leichter 
wolkiger Trübung der Linse, äusserlich, d. h. ohne Augenspiegel, 
ist dem Auge kaum etwas anzusehen. ... 

Nach diesen Ausführungen dürfte es keine Zumuthnng an 
die Sachverständigen sein, den Parasitismus des Strong. armatus 
im Pferdekörper als Ursache der periodischen Augenentzündung 
für wahrscheinlich erscheinen zu lassen. Zur völligen Beweis¬ 
führung fehlt freilich noch manches Glied in der Kette der 
Gründe, weil überhaupt über die Lebensweise und Lebens¬ 
bedingungen des Strongylus armatus selbst noch manches nicht 
absolut sicher gestellt ist. Zugleich mit der Klarlegung dieser 
Verhältnisse wird auch die Frage entschieden werden, wie sich 
die für das Pferd so verhängnissvolle Augenkrankheit weiter 
verbreitet und am besten bekämpft wird. Wir sind daher zu¬ 
nächst noch auf mehr diätetische Massregeln zur Verhinderung 
des Uebels angewiesen, so lange wir keine Mittel gefunden 
haben, die mit unbedingter Zuverlässigkeit den Strong. armatus 
ans dem Pferdekörper beseitigen und den Parasiten allmählich 
ganz ausrotten. Ich halte dafür, dass in Gegenden, wo die 
Pferdezucht intensiv betrieben wird, als bestes Vorbengnngs- 
mittel gegen die Mondblindheit die Anlegung von genügend 
grossen Rossgärten auf hochgelegenem Ackerboden sein dürfte. 
Dieser Boden wäre mit Klee oder anderen angesäten Futter¬ 
kräutern zu bestellen und, wenn die Weide im Rossgarten er¬ 
schöpft ist, den Pferden solches Futter von anderen Aeckern 
durch Ochsen zuzufahren. Ich schlage letztere Beförderungsart 
deshalb vor, weil der Parasit erfahrungsgemäss beim Rind nicht 
vorkommt und somit nicht durch den Koth dieser Thiere auf 
den Boden des Rossgartens ausgestreut wird, von wo er dann 
mit dem Futter von den Pferden anfgenommen werden könnte. 
Das Tränken wäre zu bestimmten Zeiten aus aufgestellten 
Trögen zu bewerkstelligen, die durch ein gutes Brunnenwasser 


3Ö3 


gespeist würden. Jeder Tümpel oder Bodenvertiefungen, wo 
sich solche bilden könnten, müssten in dem Rossgarten beseitigt 
werden durch Auffüllung mit gutem Ackerboden. 

Aufs engste verknüpft mit der Frage der Bekämpfung der 
periodischen Augenentzündung ist diejenige bezüglich der Ver¬ 
erbung dieser Krankheit Auch darüber gehen die Ansichten 
weit auseinander, und selbst an solchen Orten, wo man in dieser 
Beziehung genaue Beobachtungen machen kann, wie z. B. in 
Gestüten, kann man von den Sachverständigen die verschiedensten 
Urtheile hören. Und es ist in der That schwer zu entscheiden, 
wie weit beim Entstehen der Mondblindheit die Vererbung 
schuld sein könnte, und wie weit es die gemeinsamen Lebens¬ 
bedingungen sind, unter denen sich alle Pferde eines Gestüts 
befinden. Für die Pferdezucht im Allgemeinen und für Land- 
und Zuchtgestiite ganz besonders, ist es aber von grösstem 
Interesse, zu wissen, ob ein Beschäler, der an periodischer 
Augenentzündung gelitten hat, von der Zucht ausgeschlossen 
werden muss. Es kommt vor, dass ein Zuchthengst, der lange 
Jahre mit bestem Erfolg in seinem Beruf gewirkt und Fohlen 
gezeugt hat, die bezüglich Exterieur und Leistung nichts zu 
wünschen übrig Hessen und von denen auch nicht bekannt 
wurde, dass sie in besonderer Weise von Augenleiden heim¬ 
gesucht wurden, noch in späteren Jahren von Mondblindheit 
betroffen wird. Müssen nun die Producte, die nach dieser 
Krankheit von ihm stammen, absolut mit diesem fluchwürdigen 
Leiden belastet sein? Ich kann mich auf Grund meiner Be¬ 
obachtungen und der theoretischen Erwägungen, die ich im 
Lauf dieser Mittheilnngen dargelegt habe, nimmermehr dazu 
entschliessen, dies anzunehmen. Um aber auch den diesen Ver¬ 
hältnissen ferner stehenden Sachverständigen auf Grund von 
statistischen Notizen einen Anhalt für sein Urtheil zu bieten, 
gebe ich im folgenden die in Trakehnen vorgekommenen Fälle 
von periodischer Augenentzündung bekannt, die ich vor drei 
Jahren in den Krankheitsberichten, Stutbüchern und Auctions- 
Ugtejn zusammengesucht und verfolgt habe, um auf dieser Basis 
zu eruiren, inwiefern die Vererbung bei diesem Leiden eine 
Rolle gespielt haben könnte. 


T. Mutterstuten mit bedeutenden Augenfehlern in Folge 
periodischer Augenentzündung. 

Name Zahl der Nachkommen Angenfehler 


June. 

Allbekannte.... 
Gernot (rechts blind) 

Drude. 

Schildwache . . . 

Instanz . 

Atzung . ... . 

Hydra. 


Pereskie 
Palla . . 
Jageilona 
Tuscia 
Hnronin . 
Hispaniola 


6 

7 
4 

3 

4 

8 
8 

11 


Keine 


1 Fohlen, vor der Er¬ 
krankung der Mutter 
geboren, hatte perio¬ 
dische Angenentzün¬ 
dung, wurde ljährig 
verkauft 
Keine 


2 ohne, 1 mit Angen¬ 
fehler 


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804 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26 


Name Zahl der Nachkommen Angenfehler 

Marine. 11 1 mit Angenfehler. 


stammen von einem Hengst Paschal, der 
wegen periodischer Angenentzündung aus- 
rangirt wurde. Sie waren geboren znr Zeit, 
da der Hengst noch gesund war. Die 
Mütter dieser Stuten haben keine Angen¬ 
fehler, von beiden Stuten stammt je 
1 Fohlen mit gesunden Augen. 

2. Stuten ohne Augenfehler mit mondblinden Nach¬ 


kommen: 

Atokia. 2 1 mit Augenfehler 

(Vater und Mutter 
gesunde Augen) 

Ango. 2 1 Jährling, do. 

Erdmuth. 3 eine 3jährige Stute, 

do. 

Panama. 9 8 haben gesunde 

Augen, 1 Jährlings¬ 
hengst mondblind. 
(Vater und Mutter 
haben gesunde Augen) 


3. Zuchthengst mit periodischer Augenentzündung. 

Paschal, am rechten Auge Staarfleck in Folge periodischer 
Augenentzündung im Jahre 1888 nach der Deckzeit. Von den 
GO Nachkommen sind nur Damantine und Dalmatica, welche vor 
seiner Erkrankung geboren sind, mit periodischer Augenentzündung 
behaftet. Er wurde verkauft und weiter zur Zucht benutzt. 

Ziehen wir den Schluss aus diesen Notizen! Für eigent¬ 
liche Vererbung von Mondblindheit kämen nur die Mutterstuten 
Hydra, Marine und Hispaniola in Betracht. Jede von ihnen 
hat ein Fohlen, was später an periodischer Augenentzündung zu 
leiden hatte. Zwei von ihnen haben aber noch je 10 und eine 
noch 2 Nachkommen mit gesunden Augen, ein Umstand, der an 
und für sich schon gegen eine Vererbung der Krankheit von 
mütterlicher Seite spricht, auch wenn man zur Unterstützung 
dieser Behauptung die übrigen 12 mondblinden Mutterstuten mit 
ihren 57 mit gesunden Augen ausgestatteten Nachkommen nicht 
in Betracht zieht. Ferner finden wir, dass 4 Mutterstuten mit 
gesunden Augen je einen Nachkommen mit Augenfehler in Folge 
periodischer Augenentzündung haben, die Väter dieser Thiere 
haben gesunde Augen, ebenso die 12 übrigen Nachkommen dieser 
Mütter. Auch diese Umstände scheinen die Vererbung auszu- 
schliessen. Die 60 Nachkommen des Hauptbeschälers „Paschal“ 
mit Ausnahme von Damantine und Dalmatica haben alle gesunde 
Augen. Diese beiden Stuten sind 2 Jahre vor der Erkrankung 
ihres Vaters geboren. Man könnte also höchstens von einer 
Vererbung der Disposition zur Erkrankung sprechen, die in 
einem weiten Gefässsystem des Auges zu suchen sein dürfte. 
Nach seiner Ausrangirung wurde der Hengst privatim noch 
zur Zucht verwendet. Von dem Besitzer habe ich 10 Jahre 
später auf eine diesbezügliche Anfrage den Bescheid erhalten, dass 
der Hengst noch viele vorzügliche Producte geliefert habe, die 
alle mit gesunden Augen ausgestattet waren. Die Angaben 
sprechen alle gegen eine directe Vererbung des Leidens. 

Bezüglich der Therapie desselben ist die frühzeitige Er¬ 
kennung der Krankheit änsserst wichtig. Die nicht zu schweren 
Anfälle können so in kurzer Zeit coupirt werden. Von meiner 
Annahme ausgehend, dass es sich um einen Einheilungsprocess 
handelt, suche ich in erster Linie die durch den Reiz erzeugte 


Damantine . . 
Dalmatica . . 


Exsudation zu beschränken, indem ich sofort eine 2% Atropin¬ 
lösung in den Conjunktivalsack einträufle. Durch die Er¬ 
weiterung der Iris wird eine Verklebung derselben mit der Linsen- 
kapsel verhütet und die Exsudation beschränkt, da durch eine 
Verkleinerung der Irisfläche mechanisch ein Druck auf die in 
ihr enthaltenen Gefässe ausgeübt wird. Zur Beschleunigung 
der Resorption des vorhandenen Exsudats und zum Zweck der 
schnellen Einheilung des Fremdkörpers werden feuchtwarme 
Umschläge applicirt, um die Blutcirculation im Auge recht lebhaft 
zu gestalten. Je intensiver diese wirken, um so schneller der 
Erfolg, und um so mehr ist Hoffnung vorhanden, dass durch 
die eventuell zurückbleibenden pathologisch-anatomischen Ver¬ 
änderungen die Sehkraft nicht allzuerheblich beeinträchtigt wird. 

Jahrbuch 

der deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft. 

Herausgegeben vom Directorium, Band 14, 1899. 

Besprechung von Ualer-Neckarbischofshein, 

Tblerarat 

In der äusseren und inneren Ausstattung seinen Vorgängern 
gleich, bringt auch das 1899er Jahrbuch der deutschen Land¬ 
wirthschafts-Gesellschaft eine interessante Uebersicht über deren 
umfassende Thätigkeit im verflossenen Geschäftsjahre. Was 
zunächst die Entwicklung der Gesellschaft anbelangt, so belief 
sich die Mitgliederzahl am 1. October 1899 auf 12 788 (-f- G46); 
das Capitalvermögen betrug am 31. December 1898 1 182 050,75 M. 
(+ 107 825,83 M.). 

Bei der — wie immer — zu Berlin stattgehabten Winter¬ 
versammlung (Februar 1899) wurde sowohl in der Haupt¬ 
versammlung, als auch in den Sitzungen des Gesammtausschusses 
wie den einzelnen Abtheilungen (Dünger-, Ackerbau, Thierzucht¬ 
abtheilung u. s. w.) wiederum eine rege Thätigkeit entfaltet. 
So hielt in der Hauptversammlung u. A. Herr von Winterfeld- 
Karwe einen Vortrag darüber, wie die Schweinezucht und 
-Haltung ertragreich zu gestalten sei. Als Zuchtziel empfahl er 
hierbei die Züchtung des weissen deutschen Edelschweines und 
des Berkshireschweines, wie sie die deutsche Hochzucht aus 
den englischen Schlägen geschaffen hat, und zwar sowohl zu 
Kreuzungen unter sich als auch mit den deutschen Land¬ 
schlägen. Weiter rieth er dringend zur ausgiebigsten Bewegungs¬ 
gelegenheit der Zuchtthiere, also Weidegang, und endlich wies 
er ziffermässig auf rationellere Aufzucht und Fütterung hin. 

In dem Gesammtausschnss berichtete Herr Dr. Aereboe, 
der Geschäftsführer der Buchstelle der deutschen Landwirth¬ 
schafts-Gesellschaft, über die Rentabilität der Viehhaltung. Seine 
reichlich mit Zahlen gespickten Ausführungen gipfelten in dem 
Hinweis, auch in der Landwirthschaft dem Rechnungswesen 
einen grösseren Spielraum als bisher zu gewähren. 

In der uns hier naturgemäss am meisten interessirenden 
Thierzuchtabtheilung wurden zunächst Schaufragen erledigt. 
Dann gelangte zur Mittheilung, dass das grosse Werk: „Das 
deutsche Rind“ von Dr. Lydtin und Professor Dr. Werner 
als Heft 41 der „Arbeiten“ der deutschen Landwirthschafts- 
Gesellschaft erschienen ist. Ferner soll auf Anregung des Herrn 
Landes-Oeconomieraths von Mendel-Steinfels-Halle a. S. der 
Frage der sachentsprechendsten Ernährung und Haltung des 
Zuchtviehs näher getreten werden. Das Problem sei wohl bei 
der Milchviehhaltung bereits wissenschaftlich gelöst, aber hin¬ 
sichtlich der Zuchtviehhaltung harre es noch der Lösung. Mit 


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38. Juni 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


305 


der Zunahme der Reinzuchtbestrebungen und den damit ge¬ 
steigerten Viehwerthen werde diese Frage immer akuter. Es 
wurde deshalb ein Unterausschuss gebildet, der bis zur October- 
tagung Grundsätze und Arbeitsplan für diese Untersuchung unter 
Mitwirkung von Thierzüchtern feststellen soll. 

Geh. Regierungsrath Professor Dr. Werner berichtete in 
der gleichen Sitzung über die von ihm im Auftrag der Deutschen 
Landwirthschafts - Gesellschaft 1898 begonnene Revision der 
Zöchtervereinigungen. Die Ziele der Revision gehen dahin, zu 
prüfen, ob die Vereinigungen auch allen den Verpflichtungen 
nachgekommen sind, welche sie Für ihre Anerkennung als 
dauernde Züchtervereinigungen der Deutschen Landwirthschafts- 
Gesellschaft gegenüber eingegangen sind. Diese Verpflichtungen 
bestehen in genauester Führung der Heerdbücher, des Ab¬ 
stammungsnachweises wegen, Verwendung der wirklich an¬ 
gekörten Bullen zum Decken der angekörten Mutterthiere, 
genaue Beaufsichtigung des Probemelkens, Revisionen der 
gekörten Thiere, Zeitpunkt der Revisionen derselben u. s. w. | 
Von den 15 geprüften Zuchtvereinigungen, welche sämmtlich 
Norddeutschland angehörten, hat nur eine einzige den gestellten 
Anforderungen entsprochen. Bei der Wichtigkeit aller dieser 
Massnahmen behufs Hebung der Viehzucht werden die Revisionen 
fortgesetzt. 

Gutsbesitzer Herter-Burschen sprach über die Ergebnisse 
der bisherigen Schlachtversuche der Deutschen Landwirthschafts- 
Gesellschaft. Endlichr eferirte noch Dr. N. Halle über das Kenn¬ 
zeichen der Zuchtthiere, eine Frage, die mit der Ausdehnung 
der Zuchtgenossenschaften in den letzten Jahren immer mehr 
Beachtung verdient. 

Er hob die Anforderungen an ein practisch verwerthbares 
zuverlässiges Kennzeichen hervor und besprach die verschiedenen 
bestehenden Systeme wie Tätowiren, Kerben, Ohrmarken 
u. 8. w. Auf seine Anregung wurde ein Preisausschreiben über 
die brauchbarste Art des Kennzeichnens der Zuchtthiere, 
besonders für Rindvieh und Schweine erlassen. Es sei bemerkt, 
dass diese Preisfrage von Herrn Benno Martiny - Berlin 
gelöst und als Heft 46 der „Arbeiten“ der Deutschen Land- 
wirthschafts-Gesellschaft erschienen ist. Verfasser bespricht 
darin alle Kennzeichnungsmethoden des In- und Auslandes für 
Vierfüssler, Geflügel und Fische. Die einzelnen bildlich dar¬ 
gestellten Kennzeichen werden dann auf ihre practische An¬ 
wendbarkeit besprochen und weitere Winke für die Zukunft 
gegeben. 

Wie immer, nimmt die Besprechung der Hauptthätigkeit 
der Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft, die alljährlich 
stattfindende Winterausstellung, den • grössten Raum des Jahr¬ 
buchs ein. Die 1899 er Ausstellung fand bekanntlich vom 
8.—13. Juni in Frankfurt a. M. statt, lieber die Ergebnisse 
der Thierschauen wurde s. Zt. in dieser Zeitschrift berichtet. 
Es kann desshalb an dieser Stelle darüber hinweggegangen 
werden. Nur soviel sei bemerkt, dass die Ausstellung beschickt 
war mit 322 Pferden, 1228 Rindern, 214 Schafen, 463 Schweine, 
74 Ziegen, 967 Stück Geflügel, 81 Kaninchen u. s. w. Es 
gelangten 110099 M. Geldpreise und 349 andere Preise 
(Medaillen, Diplome u. s. w.) zur Vertheilung. Trotz des zahl¬ 
reichen Besuches schloss auch sie mit einem Deficit ab. 

Von Oekonomierath Junghans (Hochburg, Baden) wurden 
wiederum zahlreiche Messungen und Wägungen an den aus¬ 
gestellten Schweinen vorgenommen. Er kam hinsichtlich der 
Messungen zu dem Ergebniss, dass besonders grosse Thiere 


meistens eine verhältnissmässig zu geringe Länge haben, bei den 
kleinen Thieren ist es dagegen umgekehrt. Sauen hatten in allen 
Abtheilungen durchschnittlich bessere Maasse wie Eber. 

Mit der Winterausstellung waren, wie immer, auch Sitzungen 
der einzelnen Abtheilungen verbunden. In der Thierzucht¬ 
abtheilung berichtet u. a. Professor Dr. Eggeling-Berlin über 
den Stand und die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche, 
wobei er namentlich auf die bedeutsamen und vielversprechenden 
Forschungen von Löffler und Hecker hinwies. Er empfahl ein¬ 
heitliche und strengere veterinärpolizeiliche Massnahmen gegen 
den Viehhandel. Das Direktorium solle in dieser Hinsicht bei 
den einzelnen Landesregierungen vorstellig werden. In der sich 
anschliessenden Discussion wurde besonders auf die Sammel¬ 
molkereien als Ansteckungsherde hingewiesen und empfohlen, 
die Magermilch erst nach geschehener Erhitzung auf 90° C. 
weiter zu verabfolgen. Zuchtdirektor Marks-Posen hob die 
günstige Wirkung der Quarantainemassregeln hervor. 

In der auch uns Thierärzte interessirenden Geflügelzüchter¬ 
versammlung wurde von den Rednern theilweise unter An¬ 
führung von gewichtigen Zahlen, die Nothwendigkeit der Hebung 
der deutschen Geflügelzucht im Gegensätze zum Auslande be¬ 
tont. Das Ziel könne aber nur durch Errichtung von Geflügel¬ 
züchterverbänden und Verkaufsgenossenschaften erreicht werden. 

Es mag bemerkt werden, dass die Wanderausstellung welche 
dieses Jahr in Posen war, 1901 in Halle a./S. und 1902 in 
Mannheim stattfinden wird. 

Von interessanten im verflossenen Geschäftsjahr erschienenen 
„Arbeiten“ der D. L. G., die im Jahrbuch auszugsweise wieder¬ 
gegeben werden, seien ausser den bereits oben angeführten 
noch erwähnt: Heft 37, Prüfung der „Thistle“-Melkmaschine, 
yop Jieuuo Martiny-Berlin. In Heft 42 der erste Rundgang der 
landwirtschaftlichen Winterausstellung in Deutschland 1887 bis 
1898 von Bernhard Wölbling wird der befruchtende und segens¬ 
reiche Einfluss der Ausstellungen auf alle Zweige der Land¬ 
wirtschaft, namentlich hinsichtlich der Thierzucht und des 
Gerätebaus dargelegt. Dr. Simon von Nathusius-Breslau be¬ 
richtet in Heft 43 über die von ihm an Hengsten der 
preussischen Landgestüte vorgenommenen Messungen und 
Wägungen. Die so gewonnenen Zahlen lassen interessante 
Schlüsse zu. Heft 45 beleuchtet Deutschlands Vieh- und 
Fleischhandel, I. Theil, Deutschlands Aussenhandel mit Vieh 
und Fleisch von Dr. W. Schultze-Berlin. 

Es folgt der Inhalt der Aufsätze und der Abhandlungen 
in den „Mitteilungen“ sowie derjenige der Berichte der land- 
und forstwirtschaftlichen Sachverständigen bei den Kaiserlichen 
Vertretungen im Auslände; die Satzungen und das Namen- 
verzeichniss der Leitung der Gesellschaft vom 1. Oktober 1899 
bis 30. September 1900. Den Schluss bildet ein vollkommenes 
Inhaltsverzeicimiss der Veröffentlichungen der D. L. G. vom 
Mai 1884 bis December 1899. 

Der Leser wird die vielseitige und belehrende Chronik nur 
mit Befriedigung aus den Händen legen. 

Znr Richtigstellung. 

Nachdem die „Leipziger Neuesten Nachrichten“ eine Notiz 
gebracht haben, dass der hiesige practische Arzt, Dr. med. 
Garlepp, gegen die Borna’sche Krankheit der Pferde Phenacetin 
mit gutem Erfolge in 18 Fällen angewendet und ich gleich gute 
Resultate mit dem Mittel erzielt haben soll, sehe ich mich an 
| dieser Stelle zu einer Berichtigung veranlasst, in der Annahme, 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26. 


306 

dass diese Notiz von mehreren Collegen gelesen worden ist. 
Die von mir an genanntes Blatt eingesandte Berichtigung ist 
bis heute trotz wiederholter Aufforderung nicht erschienen. 
Ich habe das Phenacetin angewendet in Fällen leichteren und 
schwereren Grades und festgestellt, dass dasselbe allein an¬ 
gewendet niemals Erfolg gehabt hat. In Verbindung mit 
subcutanen Einspritzungen von Terpentinöl und Verabreichung 
von Carlsbader Salz habe ich dagegen im Anbeginn der Krank¬ 
heit recht gute Erfolge gehabt. Von einer erfolgreichen Be¬ 
handlung der Krankheit kann aber nur die Rede sein, wenn das 
Leiden richtig und frühzeitig erkannt wird. Nach meinen Be¬ 
obachtungen handelt es sich bei jenen angeblichen Erfolgen 
nichtum die eigentliche Borna’sche Krankheit, bei deren Feststellung 
nur ein darin sehr erfahrener Thierarzt massgebend ist. 

Referate* 

Infectiöser Catarrh der Luftwege. 

Von Oberrossarzt Christiani. 

(Ztschr. f. V., Mal 1900.) 

Dieckerhoff hat das Verdienst, den alten Sammelbegriff 
„Influenza“ beseitigt und in drei wesentliche Krankheiten, Brust- 
seuche, Pferdestaupe bezw. sog. Rothlaufseuche in der Armee und 
Scalma zerlegt zu haben. Man hat sich seither bemüht, jede 
seuchenartig auftretende fieberhafte Erkrankung, bei der die 
Athmungsorgane betheiligt waren, in eine der drei Typen unter¬ 
zubringen. Es ist aber die Auseinanderkennnng der einzelnen 
Krankheitsformen keineswegs leicht, und es kann vor allem 
keinem Zweifel unterliegen, dass ausser jenen drei Typen noch 
andere Krankheitsformen existiren, welche früher der Influenza 
zugezählt wurden. Dies sind vor allem die infectiösen Catarrhe, 
welche zeitweilig, namentlich in der Armee beobachtet worden 
sind und bis jetzt noch häufig als gelinde Form von Brustseuche 
oder Pferdestaupe angesprochen wurden. Diese infectiösen 
Catarrhe unterscheiden sich in Character, Verlauf und Unge¬ 
fährlichkeit so wesentlich von jenen schweren Seuchen, dass 
man auf sie im Dienstbetrieb keine Rücksicht zu nehmen 
brauchte. Deshalb hat die Klarstellung des Wesens dieser 
Catarrhe eine erhebliche practische Bedeutung. Zu diesem 
Zwecke beschreibt Christiani einen Seuchengang unter den 
Pferden des 24. Dragonerregiments. Ende März 1899 trat bei 
meist schlechter Witterung unter den jüngeren Pferden ein 
akuter Luftröhren catarrh, in der Hauptsache durch Husten 
characterisirt, auf. Am 30. März zeigte eine alte Remonte 
ausser Husten auch erhebliche Allgemeinerkrankung, die am 
folgenden Tage verschwunden war, um nach 8 Tagen wieder¬ 
zukehren. Dieses Pferd hatte anfangs 1897 die Brustseuche 
typisch überstanden. Am 2. April erkrankte eine andere alte 
Remonte unter brustseucheähnlichen Erscheinungen mit 40,6 
Temperatur. Nach 2 Tagen war die Erscheinung verschwunden. 
Von einer Isolirung der hustenden Pferde musste bei ihrer 
Anzahl Abstand genommen werden; soviel als möglich kamen 
sie ins Freie. Am 4. April wurde die Matratzenstreu be¬ 
seitigt, der (übrigens vorzügliche) Stall desinficirt und ven- 
tilirt. Die Ausbreitung des Catarrhs wurde dadurch nicht auf¬ 
gehalten; der Catarrh ging von der vierten Escadron auch auf 
die anderen über. Bei der fünften erkrankte auch ein Pferd hoch 
fieberhaft mit wochenlanger Gelbfärbung der Conjunctiven. Bei 
den meisten erkrankten jüngeren Pferden war auch die Fress¬ 
lust vermindert. Der Husten wurde in kalter zugiger Luft 


manchmal quälend, bei gleichmässiger Temperatur weniger. Am 
stärksten husteten die Pferde, die in der Nähe der Stallthür 
standen. Fieber trat nur unter besonderen Umständen auf, 
wenn angesteckte Thiere Anstrengungen oder der Witterung 
preisgegeben wurden. So zeigte sich bei einem Pferde, das 
beim Exerciren noch ganz gesund erschienen war, Nachmittags 
eine Temperatur von 41°, die am folgenden Morgen wieder zur 
Norm gesunken war. Unter gleichen Verhältnissen bekam ein 
anderes Pferd eine Lungenentzündung, die rechtsseitig und 
ebenso ausgesprochen wie bei Brustseuche war, aber schon 
binnen 4 Tagen völlig zurückgebildet war. Die meisten vom 
Catarrh ergiiffenen Pferde boten folgendes Bild: Husten, 
Appetitmangel, etwas verringerte Theilnahrae; bei 5von35 erhöhte 
Temperatur von geringer Dauer bis zu 12 Stunden. Bei diesen 
wurden am Beginn Schüttelfrost, d. h. Muskelzittern und ge¬ 
sträubtes Haar beobachtet. Der Appetit stellt sich meist schon 
am zweiten oder dritten Rrankheitstag wieder ein. Die Con- 
jnnctiven waren meistens roth gefärbt, die Defäcation meist etwas 
verzögert, der Puls nicht wesentlich beschleunigt bei zusammen¬ 
gezogener Arterie. Eine gewisse Herzschwäche erschien, ver¬ 
schwand aber bald. Am längsten hielt der Husten an; doch 
wurde auch er bald lockerer und seltener. Die volle Genesung 
erfolgte in längstens zwei Wochen. Hiernach hat dieser Catarrh 
weder mit Pferdestaupe, noch mit Scalma irgendwelche Aehn- 
lichkeit. Der Infectionsstoff haftet und verschleppt sich offen¬ 
bar sehr leicht; die Incubation kann nur ganz kurze Zeit dauern. 
Die Desinfection blieb, wie gesagt, ohne jeden Einfluss. Bei 
der Beurtheilung des Wesens dieser Erkrankung ist zu beachten, 
dass ein grosser Theil der Pferde zwei Jahre vorher eine Brust¬ 
seucheinvasion überstanden hatte. Im Sommer 1896 hatte ein 
Catarrh, welcher dem hier beschriebenen gapz, Jvhplipji war*, die. 
erste, zweite, dritte und fünfte Escadron befallen. Als die 
damals isolirte vierte Escadron nach Ueberstehen einer Brust¬ 
seucheepidemie in das allgemeine Casernement übersiedelte, 
setzte bei ihr im Juni 1897 der Catarrh ebenfalls ein, ohne siet 
von hier aus nun wieder auf die übrigen Escadrons ausznbreiten. 
Die Pferde, die eben erst an Brustseuche erkrankt gewesen 
waren, litten in ganz gleicher Weise wie diejenigen, w'elche die 
Brustseuche nicht gehabt hatten. Im Jahrs 1899 endlich wmrden 
die Pferde des Regiments von der Pferdestaupe und unmittelbar 
anschliessend daran auch von der Brustseuche heimgesucht. Es 
folgten also unmittelbar aufeinander drei verschiedene Seuchen¬ 
gänge, die alle unter den Begriff „Influenza“ fielen — der beste 
Bew-eis, dass es sich thatsächlich um ganz verschiedene Krank¬ 
heiten handelt. Dabei haben 5 Pferde erheblich an allen dreien 
gelitten, 14 an der Brustseuche und an dem infectiösen Catarrh, 
24 an Pferdestaupe und Brustseuche. Diejenigen Pferde, welche 
an dem infectiösen Catarrh erkrankt gewesen sind, wmrden vor¬ 
zugsweise auch von der Brustseuche befallen. Der Beginn des 
infectiösen Catarrhs erfolgte beim Regiment übrigens bald nach 
dem Reiterfeste zu Frankfurt a. M., wo Pferde fast aller be¬ 
rittenen Truppen des XI. Armeecorps zusammengekommen waren. 
Und ebenso traten bald nach diesem Fest noch unter zwei 
anderen Regimentern Fälle des infectiösen Catarrhs auf. 

Alle diese Umstände beweisen, dass der infectiöse Catarrh 
eine bisher noch nicht speciell bezeichnete eigenartige Er¬ 
krankung ist, die mit den anderen Typen nichts zu thun hat 
und eine dauernde Immunität nicht hinterlässt, und die durch 
den schnellen und stets gutartigen Verlauf charakterisirt ist 
Erforderlich ist nur kurz dauernde Schonung der Thiere und 


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28. Juni 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Schutz gegen Erkältung, namentlich gegen kalte Luftströmung 
im Stalle. Die Ventilation lässt sich mit dem sehr nützlichen 
Bewegen in freier Luft nicht vergleichen. 

Die Uämatinnrie bei den Rindern in den Niederungen 

des Po. 

Von Dr. Umberto de Mia. 

(II nuovn Errolnni 1900 H. S.) 

Das „Blutharnen“ der Rinder kommt an einigen Orten der 
Poniederung endemisch vor. Verf. beobachtete die Krankheit 
hauptsächlich in Ariano, Porto Tolle n. s. w., wo ausgedehnte, 
nicht culturfähige Länderstrecken und Sümpfe mit stagnirenden 
Gewässern vorhanden sind. 

Als Ursache der Krankheit ist in Italien ein Microparasit 
nachgewiesen worden, der sich im Blute der frisch erkrankten 
Rinder befindet. Wird einem fiebernden Rinde, welches noch 
nicht mit Chinin behandelt ist, etwa 18 Stunden nach dem Aus¬ 
bruch der Krankheit eine Blutprobe entnommen, so lassen sich 
nach der von Marchiafava und Celli bei der Malaria des 
Menschen angegebenen Untersuchungsmethode in vielen rothen 
Blutzellen 3—4 kleine glänzende, protoplasmatische Massen er¬ 
kennen. Dieselben haben eine runde, unregelmässige und zu¬ 
weilen auch langgestreckte Gestalt, wobei das eine Ende zu¬ 
gespitzt, das andere abgerundet sein kann. 

Die Uebertragung der Krankheitserreger soll durch Mücken 
stattfinden. Von anderer Seite werden Futter von sumpfigen 
Wiesen oder Trinken fauligen Sumpfwassers als Ursachen der 
Krankheit bezeichnet. 

Die Symptome bestehen in Temperatursteigerung von 39 bis 
41,5° C. Sichtbare Schleimhäute blass, Herzschlag stark 
pochend, Futteraufnahme und Wiederkäuen vermindert oder auf¬ 
gehoben. Der Harn' iiat die Farbe des schwarzen Kaffee und 
enthält grosse Mengen an Eiweiss und Hämoglobin. 

Die Krankheit tritt fast immer in einer acuten Form auf, 
selten wird ein subacuter Verlauf beobachtet, der Tod tritt hier¬ 
nach in 2—3 bezw. in 5—8 Tagen ein. Bei gutartigem Verlauf, 
welcher in den vergangenen Jahren selten war, erholen sich die 
Rinder in 15—20 Tagen. Rückfälle sind selten. 

Die Obductionen ergeben eine bedeutende Vergrösserung 
der Milz. Die Leber hat gewölmlich eine normale Form, die 
Nieren sind zuweilen vergrössert. Die Blase enthält dunkeln 
Harn. Das Blut ist wässrig. 

Verfasser behandelte die Krankheit mit intratrachealen In- 
jectionen von Chinin, hydrobroraic. 3,0, Antipyrin. (»,0, Aqua 
destill. 30,0, welche je nach der Intensität der Krankheit alle 
8 bis 12 bis 24 Stunden wiederholt wurden. 

Ausserdem wurden verordnet: Enzianwein zur Unter¬ 
stützung der Kräfte, Natr. bicarbonic. um die Eliminirung des 
Hämoglobins durch die Nieren zu begünstigen, Natr. sulfuric. 
um Constipation zu verhüten und Ferr. sulfuric. zur event. Be¬ 
kämpfung der Diarrhoe. 

Bei dieser Behandlung wurden von zwölf kranken Rindern 
neun Stück geheilt. Merkwürdiger Weise entwickelte sich bei 
vier geheilten wenige Tage nachher der Tetanus, an welcher 
Krankheit drei Stück zu Grunde gingen. Es wird angenommen, 
dass dieselbe bei den Injectionen mit der Hohlnadel eingeimpft 
wurde, da weder diese noch die Haut an der Injectionsstelle 
desinficirt worden waren. 

In prophylactischer Beziehung wäre gegen die Krankheit 
zu empfehlen: Entfernung der Rinder von sumpfigen Weiden 
und ans der Nähe stagnirender Gewässer. Zur Abwehr der 


Mücken könnten die Lieblingssaugstellen derselben am Rinder¬ 
körper mit Benzin, Petroleum, Creolin oder Carbolsäure u. s. w. 
bestrichen werden. 

Tropon. 

Von Districtsthierarzt Rabus. 

(Wichr. f. Th.) 

Die Troponwerke zu Mülheim a. Rh. stellen aus animalischen 
und vegetabilischen Eiw'eissstoflfen ein Nährpräparat her, welches 
neben Somatose, Nutrose und Plasmon eine Rolle auch in der 
menschlichen Diätetik spielt.*) Rabus hat nun versucht, das 
Tropon auch bei Thieren diätetisch zu verwenden, namentlich 
in solchen Fällen, wo die Verhinderung einer rein mechanischen 
Reizung in der Magen- und Darnnvand angezeigt war, z. B. bei der 
Stuttgarter Hundeseuche, bei chronischen Magen-Darmkatarrhen, 
als Kräftigungsmittel bei ganz jungen Hunden, in der Rekon- 
valescenz, nach schwächenden Diarrhöen. Er ist mit den Er¬ 
folgen zufrieden gewesen. Das Tropon wird als chemisch reines 
Eiweiss bezeichnet und enthält jedenfalls davon 90 bis 97 pCt. 
In der für thierärztliche Zwecke geeigneten 100 g-Packung 
kostet dieses Quantum 70 Pf. Gegeben wird % bis 1 Esslöffel 
früh, mittags und abends in Milch oder mit Kakao verrührt oder 
in das Futter. Der Stoff wird in der Regel gern genommen. 

. Ueber eine neue pathogene Streptothrixart. 

Von Silberschmidt. 

Glornalc doll* Roalo Soclctä Ital. dTgiene 1899, H. 12, ex Annales de rinnt. Paateur. 

Die neue Streptothrixart wurde aus der Lunge einer Ziege 
isolirt, welche mit tuberculösen Affectionen behaftet zu sein 
schien. Der Microparasit ist unbeweglich und färbt sich nicht 
immer in gleicher Weise, im Allgemeinen nehmen frische Cul- 
turen die Farbe leichter an. Mit der Gram’schen Methode 
tritt 1 eine Entfärbung nicht ein. Derselbe erscheint in Form 
von mehr oder weniger langen Fäden, welche mehr oder weniger 
verzweigt sind und zeigt eine besondere Sporenbildung. Er 
wächst bei Zimmertemperatur in allen Nährmedien, das Wachs- 
thumsoptiraum liegt bei 33 bis 37°; bevorzugte Nährböden sind 
zuckerhaltige Bouillon und Kartoffeln, 

Öie beschriebene Streptothrixart ist pathogen für Kaninchen, 
Meerschweinchen, Mäuse und vermag bei diesen Thieren Abscesse 
und Knötchen zu erzeugen, welche eine gewisse Aehnlichkeit 
mit den Krankheitsproducten der Microorganismen aus der 
Klasse der Pseudotuberculose haben. 

Erfahrongen Uber die Kindermilch nach Backhaus. 

Von Dr. Friedmann. 

(Der Klodrr-Arzt. Zeitschrift für Kinderhellkundo, X. Jabrg, Heft 9) 

Die vielfache Unmöglichkeit der Säuglingsernährung durch 
Mutter- resp. Ammenmilch infolge der zunehmenden Unfähigkeit 
oder Unlust der Mütter zum Stillen einerseits und der mit der 
Aramenhaltung verbundenen Nachtheile anderseits hat zur 
Anpreisung einer grossen Zahl aller möglichen Säuglingsnährmittel 
geführt. Indessen hat den Bedürfnissen des Practikers, ein Nähr¬ 
mittel zu haben, welches nicht nur zum Gedeihen des gesunden 
Kindes beiträgt, sondern vor allem auch gleichzeitig Heilmittel 
für die geschwächten Digestionsorgane des Kindes ist, keines der 
vielen Nährmittel genügt. 

*) Das animalische Eiweiss zu diesem und ähnlichen Nahrungs¬ 
mitteln soll gewonnen weiden aus überseeischem Dörrfleisch, welches 
angeblich unter der Bezeichnung „Dungstoff “ und in einem dement¬ 
sprechenden Aussehen eingeführt wird. Die Richtigkeit dieser Behaup¬ 
tung vermögen wir nicht zu konstaf iren: es wäre aber doch interessant, 
wenn über diese Art von Fleischeinfunr einmal eine Aufklärung er¬ 
folgte, die die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der genannten Be¬ 
hauptung einwandsfrei feststellte. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26. 


Erßt neuerdings ist in der Kindermilch nach Professor 
Backhaus ein solches Mittel gefunden worden, dessen 
sehr interessante Herstellnngsweise nach Angabe des Verfassers 
folgende ist: „Unter Innehaltung peinlicher Reinlichkeit beim 
Melken wird von besonders gut gehaltenen Kühen eine Milch 
gewonnen, die durch die Centrifuge in Rahm- und Magermilch 
geschieden wird. Durch Zusatz von Trypsin wird in letzterer 
ein Theil des schwer verdaulichen CaseYos in das leicht ver¬ 
dauliche Albumin übergeführt und das überschüssige Casein 
durch Lab ausgefällt. Hierauf wird Wasser, Rahm und Milch¬ 
zucker zugesetzt und zwar in drei ansteigenden Procentgraden, 
so dass drei verschieden gehaltvolle Milchsorten resnltiren. 
Sorte I ist für jange, Sorte II für ältere Säuglinge bestimmt, 
Sorte III für das spätere Alter.“ 

Den ersten glänzenden Erfolg hatte der obengenannte Ver¬ 
fasser bei seinem eigenen Kinde, dessen frühere fortwährende 
Dyspepsien seit der Ernährung mit Backh aus Sorte I nicht 
nur augenblicklich verschwanden, sondern auch einer blühenden 
Gesundheit Platz machten. Verfasser hat dann bei fast allen 
Krankheitszuständen des kindlichen Verdauungstractus, in allen 
Altersstufen vom Neugeborenen bis in das zweite Lebensjahr 
hinein Backhaus-Milch verabreichen lassen. Natürlich 
müssen zuvor die schweren dyspeptischen Erscheinungen durch 
entsprechende Behandlung bezw. Schonung geschwunden sein. 
Unter den 27 Fällen, über die Verfasser verfügt, hatte derselbe 
nur dreimal Misserfolg, in den übrigen 24 Fällen aber mit der 
therapeutischen Verabreichung der Backh aus-Milch die besten 
Erfolge zu verzeichnen. In jenen drei Fällen lag der Misserfolg 
theils an der verständnislosen Wartung der Mütter, theils an 
dem mangelhaften Verschluss einer Flasche. Auf Grund seiner 
Erfahrungen empfiehlt Fr. die Backhaus-Milch als zuverlässiges 
Nähr- und Heilmittel überall da, wo Muttermilch nicht geboten 
werden kann. 

Tagesgeschichte. 

Die Liquidationen beamteter Thierärzte in Preussen. 

Von Hoehne-Grünberg. 

Angeregt durch die Besprechung der in ihrer Anwendung 
des Ges. vom 9. Juli 1872 sich kreuzenden Erlasse des Herrn 
Min. f. L. und des Herrn Min. f. G. u. M., betr. Benutzung von 
Kleinbahnen durch Kreisärzte und Kreisthierärzte, in No. 5 dieses 
Jahrganges, erachte ich es im Interesse der beamteten Thier¬ 
ärzte in Preussen für berechtigt und erwünscht, auf die 
im Vergleich zu früher jetzt abweichende Behandlung, welche 
den thierärztlichen Liquidationen seitens der festsetzenden Be¬ 
hörden zu theil wird, hinzuweisen. 

Wer, wie Schreiber dieses, schon mehrere Decennien im 
»Staatsdienst gestanden, wird die Beobachtung gemacht haben, 
dass, bevor die Departementsthierärzte als ständige Hilfsarbeiter 
bei den Regierungen eingestellt wurden, die Liquidationen der 
Kreisthierärzte seitens der festsetzenden Behörden wenig Be¬ 
achtung fanden; sie wurden — de minimis non curat praetor 
— allerwärts von Regierangssecretären geprüft und festgesetzt. 
Rückfragen, Monita oder gar Abstriche (w’enn es sich nicht grade 
um Berichtigungen von Entfernungen handelte) gehörten zu den 
grössten Ausnahmen. Auch das so misstrauisch betrachtete 
Tagebuch B. vermochte eine Aendernng in der geschäftlichen 
Erledigung nicht herbeizuführen. 

Diese setzte erst ein, nachdem den Departementsthierärzten 
die Prüfung der Liquidationen zngestanden wurde. 

Allmonatliche, langwierige und wiederholte Rückfragen und 
schliesslich Abstriche an ihren Liquidationen belehrten die 


Kreisthierärzte, dass das Ges. vom 9. Juli 1872 fortan in ganz 
anderem Geiste auf letztere zur Anwendung gebracht wurde. 
Ganz neue Auslegungen desselben ermöglichten Kürzungen, an 
die bisher niemand gedacht hatte. 

Eine gewissermaassen verhängnisvolle Bedeutung für der¬ 
artige Revisionen gewann anscheinend ein Schriftchen, betitelt 
„Veterinär-Gebühren“ von Dammann, Geh. expedirender 
Secretär etc. im Min. f. L. bei Parey, Berlin. Das Schriftchen 
besteht ans einer Sammlung von Verfügungen von allen mög¬ 
lichen Behörden Pretissens an alle nur erdenklichen Beamten¬ 
klassen Nimmt man sich die Mühe, dasselbe kritisch und vor- 
urtlieilsfrei durchzulesen, so fällt zunächst auf, dass die 
meisten dort als Commentare zum Ges. vom 9. Juli 1872 heran¬ 
gezogenen Verfügungen sog. Bescheide an einzelne 
Behörden sind, welche einen concreten Fall betreffen, 
und denen die verfügende Behörde nicht die Wichtigkeit 
allgemeiner Nachachtung beimass, um sie als Circularerlasse 
allen Behörden bekannt zu geben: es fällt ferner auf, dass Ver¬ 
fügungen dort zu finden, erlassen über Vorgänge, welche mit 
den vom Ges. v. 9. März 1872 betroffenen Beamten nicht die 
entfernteste Beziehung haben. Ein in der preussiseben 
Dienstpraxis bereits erfahrener Beamter wird die Broschüre acht¬ 
los bei Seite legen. Denn Verfügungen und Erlasse, die 
einer Dienststelle nicht speciell zur Nachachtung zu¬ 
geschrieben und die nicht im Ministerialblatt zur all¬ 
gemeinen Nachachtung publicirt werden, existiren für 
diesen eben nicht. Unstreitig hätte der Verfasser als er¬ 
fahrener Beamter (Geheimer expedirender Secretär) diesem Grund¬ 
sätze Rechnung tragen und alle Verfügungen und Bescheide fort¬ 
lassen sollen, welche sich nicht speciell auf die vom Ges. v. 9. März 
1872 betroffenen Beamten bezogen, bezw. welche nicht allgemeine 
Nachachtung erheischten; er hätte dann wenigstens nicht den 
Schaden und die Verwirrung damit angerichtet, die in der Folge 
thatsächlich vielfach entstanden sind. Oder sollte das Werk¬ 
ehen, dessen Zweck nicht recht klar ist, überhaupt einer den 
Thierärzten ungünstigen Tendenz entsprungen sein? Wenn man 
die Auswahl der Erlasse betrachtet, könnte sich einem fast die 
Vermnthung aufdrängen. Eine ansgedehnte Betrachtung dieses 
Schriftchens durch Herrn Departementsthierarzt Peters in 
No. 18, 1896 dieser Wochenschrift, die m. A. n. weit über die 
Bedeutung desselben hinausging, scheint die Aufmerksamkeit 
überdiemassen auf dasselbe gelenkt zu haben. Jedenfalls sind 
seitdem dessen Ausführungen bei Prüfung der thierärztlichen 
Liquidationen in extenso zur Anwendung gekommen, obwohl das¬ 
selbe durch nichts als Unterlage für dienstliche Massnahmen quali- 
ficirt war. Denn meines Wissens ist niemals eine Verfügung 
ergangen, welche die Dam mann sehe Schrift für den Dienst¬ 
gebrauch empfohlen hat, geschweige gar anordnete, dieselbe auf 
Staatskosten anzuschaffen und den Behörden zur Verfügung zu 
stellen. Somit lag nicht die geringste Veranlassung vor, diese 
Schrift für den Dienstgebrauch zu benutzen. 

E s ist soweit gegangen, dass verschiedene 
Ministerialverfügungen nothwendig wurden, um die 
eingerissenen Irrthiimer und Deutungen wieder aus- 
zumerzen. Die in den letzten zwei Jahren ergangenen, diesen 
Gegenstand berührenden ministeriellen Verfügungen haben das 
deutungsfreie Ges. v. 9. März 1872 als alleinige Richtschnur für 
Benrtheilung thierärztlicher Liquidationen wieder zu Ehren ge¬ 
bracht, und damit ist obige Schrift als überflüssig gekennzeichnet. 

Ich möchte nur auf einige Beispiele hinweisen: Nur kurz 


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28. Juni 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


309 


sei erwähnt, dass der oben citirte allgemeine Erlass betr. 
Kleinbahnen vielleicht wesentlich mit dadurch veranlasst worden 
ist, dass vereinzelt schon vorher von departementstliierärzt- 
licher Seite die bis dahin nicht geübte amtliche Benutzung vonKlein- 
bahneu herbeigeführt worden war, was in den betreffenden Berichten 
über Benutzbarkeit von Kleinbahnen Erwähnung finden musste. 

Ein anderes Beispiel: Ein Kreisthierarzt vertritt amtlich 
einen Nachbarcollegen, dessen Geschäftsbetrieb seine fast täg¬ 
liche Anwesenheit im Nachbarkreis fordert. Es werden ihm die 
Kosten der täglichen Hin- und Rückreise in die Nachbarkreis¬ 
stadt mit dem Bemerken abgesetzt, dass er, um der Staatskasse 
Kosten zu sparen, nicht in seinem Wohnorte, sondern im benach¬ 
barten Kreise hätte nächtigen sollen. Der doch wohl berechtigte 
und unwiderlegliche Einwand, dass man von den 6 M. Tagegeld 
unmöglich auch noch Nachtlager an fremden Orten bestreiten 
könne und dass die tägliche Anwesenheit am eigenen Wohnorte 
sowohl des Erwerbes wegen als auch um die Eingänge in 
Empfang zu nehmen geboten sei, wurde unberücksichtigt 
gelassen. Es ist da doch die Frage erlaubt, wo denn die Ver¬ 
fügung steht, welche den Departementsthierarzt zu einer 
derartigen Berechnung zwingt. 

Einem anderen Collegen wurde der Reiseplan vom Departe- | 
mentsthierarzt vorgeschrieben für die Untersuchung von 
Pferden, welche periodisch von der Militärbehörde für Mobil¬ 
machungsfälle besichtigt und notirt werden. Dabei waren auch 
mehrere Uebernachtungen an fremden Orten vorgesehen, obgleich 
der College ohne Schwierigkeit jeden Tag seinen Wohnsitz er¬ 
reichen konnte. Die Departementsthierärzte resp. die fest¬ 
setzenden Behörden überhaupt dürfen doch nicht vergessen, 
dass den Kreisthierärzten in dieser Hinsicht nicht zn- 
gemnthet werden kann, was man im Interesse der Staatskasse 
von jedem vollbesoldeten pensionsberechtigten Staats¬ 
beamten allerdings zu fordern berechtigt ist? Man darf 
nicht vergessen, dass der Kreisthierarzt, wie der Herr 
Minister im Abgeordnetenhause bedauernd erklärte, 
auf den Erwerb angewiesen ist. 

Wo blieb nun dieser von hoher Stelle ausdrücklich als be¬ 
rechtigt und nothwendig anerkannte Erwerb jenes durch solche 
Anordnungen beschränkten Collegen? 

Wie wohltlmend sticht doch das Eintreten jenes Regierungs- 
medicinalraths für das materielle Interesse Beiner Physiker hiervon 
ab, der da erklärte, die Prüfung von Trichinenschauern könne 
den Collegen von der andern Facultät, den Kreisthierärzten, nicht 
übertragen werden, weil dadurch den ersteren die Prüfungs¬ 
gebühren, also Einnahmen verloren gingen! Schwer mit dem 
Grundsatz der privaten Erwerbsnothwendigkeit vereinbar war 
es auch, dass die Kreisthierärzte 8 Tage nach einer Stadt zum 
bacteriologisehen Cursus commandirt und ihnen als Entgelt 
Hin- und Rückreise und täglich 6 M. bewilligt wurden. Ich 
habe nicht gehört, dass Schritte gethan worden sind, um hierfür 
eine besondere Remuneration oder Beihülfe zu erwirken. 

Ein anderer folgenschwerer Punkt: Der bekannte Erlass 
des Herrn Ministers aus dem Jahre 1888, der die Führung von 
Tagebüchern anordnet und Vorkehrungen trifft, damit in den 
Ausgaben für Veterinärpolizei, soweit die Kreisthierärzte in 
Frage kommen, möglichst Sparsamkeit geübt werde, ordnet u. A. 
an, dass die Landräthe die eingehenden Aufträge sammeln sollen, 
damit diese thunlichst auf Rundreisen erledigt werden können. 
Dass der Herr Minister das Wort Rundreise einfliessen Hess, j 
sollte in Bezug auf die Festsetzung der Liquidationen von I 


gewiss nicht beabsichtigter Bedeutung werden. Denn „im 
Dammann“ (nicht zu verwechseln mit dem Geh. Regierungsrath) 
findet sich eine Verfügung an irgend eine Behörde, wonach bei 
Rundreisen die Kilometerzahl nur einmal nach oben abgerundet 
wird. Offenbar hat diese Verfügung gar keine Be¬ 
ziehung zum Gesetz vom 9. Juli 1872, denn dieses kennt 
nur Hin- und Rückreisen; was auf Rundreisen zu erledigen 
ist, kann stets auch auf Hin- und Rückreisen erledigt werden; 
es ist somit nur ein Spiel mit Worten. Die Anwendung jener 
Verfügung auf die thierärztlichen Liquidationen ist meiner 
Ansicht nach ungesetzlich. Hier zwei Beispiele: Reise von A 
nach B 10 km Bahnweg. weiter nach C 6 km Landweg, weiter 
nach D 2 km Landweg, zurück nach B 2 km Landweg. Nach 
dem Wortlaut des Gesetzes sollten diese 10 km Landweg auf 
16 km abgerundet werden, dem steht aber die „Rundreise“ 
entgegen; es waren ja in C und D Dienstgeschäfte erledigt worden, 
folglich kommen nur 10 km Landweg in Ansatz. Ein anderes 
Beispiel: Zwei Aufträge sind zu erledigen, der eine Bahnweg, 
der andere Landweg, beide Ziele vom Wohnorte aus zu 
erreichen. Der zweite Zielort liegt 4 km Landweg entfernt, 
wofür laut Gesetz für 10 km zu liquidiren wären; dem stellt 
aber die voraufgegangene oder sich anschliessende Bahnfahrt, die 
„Rundreise“ entgegen; es kommen daher nur 8 km Landweg in 
Rechnung. Schliesst sich im ersteren Falle an die Bahnfahrt 
eine Landreise über 2 km aber unter 3 km Entfernung an, und 
war am Zielorte der Bahnfahrt nicht gleichzeitig ein Dienst¬ 
geschäft zu erledigen, so werden anstandslos 2 X 8 km Land¬ 
weg bewilligt. Wo bleibt bei einer derartigen Rechnerei denn 
schliesslich die vernünftige Ueberlegung. Die vom Gesetzgeber 
wohl erwogene und in guter Absicht festgelegte Abrundung auf 
8 km bei Entfernungen über 2 km aber unter 8 km entspringt 
der Erfahrung, dass in solchen Fällen die Aufwendungen für 
Fuhrwerk fast immer den Satz für 1 Meile betragen und der 
Liquidant bei Berechnung der ^tatsächlichen Entfernungen 
unter 8 km nur Geld zusetzen würde. Eine rectificirende 
Verfügung des Herrn Ministers ist noch nicht ergangen; offenbar 
haben die Collegen es noch nicht der Mühe für werth erachtet, 
hierüber Beschwerde zu führen. 


Noch ein Punkt: 

Der § 5 des Gesetzes vom 9. Juli 1872 überlässt dem Be¬ 
amten die Wahl zwischen Tagegeldern und den im § 3 genannten 
Gebühren. Zufälligerweise findet sich nun im „Dammann“ eine 
Verfügung, welche besagt, dass der Beamte Gebühren und Tage¬ 
gelder nicht zugleich liquidiren kann. Missverstandener Fiscalis¬ 
mus con8trniren nun daraus folgendes: Bei Beaufsichtigung 
eines Viehmarktes und bei Ausführung einer Dienstreise an ein 
und demselben Tage muss der Beamte entweder die Gebühren 
für die Marktbeaufsichtigung oder die Tagegelder für die Dienst¬ 
reise streichen oder besser er repartirt für den Marktunternehmer 
und für Fiscus. Obgleich der § 5 keinen Zweifel aufkomraen 
lässt, um welche Gebühren es sich handelt, so ist doch aus der 
Besprechung in No. 5 dieser Zeitschrift zu entnehmen, dass in 

n 23. Juni 1880 

Bezirken, m den stark nach § 17 des Gesetzes vom jj a j 


gearbeitet wird, eine Beschneidung von Gebühren und Tage¬ 
geldern vorgenommen wird. 

Das Gesetz vom 9. Juli 1872 bietet für solchen Handel 
keine Unterlage. Es wäre daher eine Aufklärung für solche 
Eingriffe sehr erwünscht. 

Bedenken begegnet es auch, dass darauf ausgegangen wird, 


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310 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26. 


ans dem Tagebuch B Anhalt zu gewinnen, um Abstriche im 
Tagebuch A zu ermöglichen und gewisse Vortheile aus dem Ge- 
sammtbetriebe des Kreisthierarztes für die Staatskasse zu er¬ 
spähen? 

Der Kreisthierarzt könnte unter diesen Umständen es vor¬ 
ziehen, der Staatskasse die dem Staat thatsächlich geleistete 
Arbeit voll zu liquidiren und lieber dem Marktunternehmer oder 
Privatmann seine Liquidation zu schenken. 

Ist es denn überhaupt berechtigt, die Einnahmen des auf 
den Erwerb angewiesenen Kreisthierarztes zu controliren und 
zu beschneiden? Ich würde kein Wort verlieren, wenn der 
Kreisthierarzt auskömmlich besoldet und pensionsberechtigt wäre 
oder wenn ihm wie dem Gerichtsvollziehern ein Mindest¬ 
einkommen amtlicher Bezüge garantirt wäre. Aber weder das 
Eine noch das Andere ist der Fall. Das scheint aber mehr 
und mehr in Vergessenheit zu gerathen. 

Es ist, wie Zeichen lehren, nicht anzunehmen, dass an hoher 
Stelle die Absicht besteht, die durch das Gesetz vom 9. Juli 1872 
gewährleisteten Rechte zu schmälern oder die pro rata bezahlten, 
auf Tagesverdienst angewiesenen Beamten ungünstig zu be¬ 
handeln. 

Es müssen nur die unteren Instanzen nicht dieser An¬ 
nahme folgen, sich nicht bloss durch möglichste Sparsamkeit 
ein Verdienst erwerben wollen, sondern der mit anderen Beamten 
gar nicht zu vergleichenden Stellung der Kreisthieräzte Rechnung 
tragen. Die Aufgabe, Unrichtigkeiten in den Liquidationen 
entschieden auszumerzen, bedeutet nicht zugleich die Auf¬ 
gabe, die Gebühren überhaupt nach Möglichkeit durch un¬ 
günstige, rein fiscalische und noch dazu auf apokryphe Quellen ge¬ 
stützte Deutungen zu drücken. Die Kreisthierärzte dürfen viel¬ 
mehr erwarten, dass die Departementsthierärzte auch bty, [den 
Liquidationen sich auf einen den Kreisthierärzten günstigen 
Standpunkt stellen, soweit nicht klare Verfügungen zu anderer 
Stellungnahme zwingen. Es wird auch der dienstlichen Stellung 
dieser Beamten entsprechen, durch geeignete Vorstellungen 
unablässig die Abstellung von Härten gerade auch im Rechnungs¬ 
wesen zu erstreben. Gewiss tragen Viele diesen Gesichtspunkten 
Rechnung, aber es geschieht noch nicht allgemein und deshalb 
ist es nützlich, die Nothwendigkeit einer gleichmässigen und 
collegialen Behandlung, vor allem aber den Umstand zu betonen, 
dass auf die Kreisthierärzte nicht anwendbar ist (dem Buch¬ 
staben und dem Sinne nach), was für vollbesoldete Beamte gilt. 

Andernfalls würde den Kreisthierärzten schliesslich nichts 
Anderes übrig bleiben, als jede zweifelhafte Festsetzung ihrer 
Gebühren, und handelte es sich nur um wenige Mark, auf dem 
Wege der Beschwerde bezw. durch Herbeiführen von richter¬ 
lichen Erkenntnissen zum Austrag zu bringen, bis die gegen¬ 
wärtige, vielfach beliebte, geschraubte Auslegung des Gesetzes 
beseitigt ist, welche wesentlich die Dammann’sche Schrift 
erzeugt hat. 

Jibillen. 

Am 12. Mai bezw. 20. Juni d. J. feierten die Herren 
Kreisthierärzte Reinemann zu Krotoschin und Frick 
zu Rawitsch in voller geistiger und körperlicher Frische ihr 
50 jähriges Jubiläum als Thierarzt (Herr Re ine mann) bezw. 
als Staatsbeamter (Herr Frick). 

Herr Kreisthierarzt Friedrich, Wilhelm, Adolf Reinemann 
wurde am 3. Mai 1827 in Schlawa, Reg.-Bez. Liegnitz, geboren. 
Er studirte in Berlin vom 15. October 1846 bis 15. März 1850 
Thierarzneikunde. Am 12. Mai 1850 erhielt er die Approbation 


als Thierarzt mit dem Prädikat „sehr gut“ und im Jahre 1854 
das Fähigkeitszeugniss für die Anstellung als Kreisthierarzt 
ebenfalls mit dem Prädikat „sehr gut“. 

Nach Absolvirung des Staatsexamens bis zur Mobilmachung: 
im Jahre 1850—51 hielt er sich bei seinen Eltern in Schlawa 
auf und Hess sich am 1. April 1852 als practischer Thierarzt 
in Graetz nieder. Am 1. Occober 1873 wurde er zum Kreis¬ 
thierarzt des Kreises Schroda und am 1. April 1895 zum Kreis- 
thierarzt des Kreises Krotoschin ernannt, woselbst er auch z. Z. 
noch thätig ist. Im Januar 1899 wurde ihm der Rothe Adler Orden 
IV. Classe Allerhöchst verliehen. 

Herr Kreisthierarzt Karl, Gottlieb, Theodor Frick wurde 
am 11. September 1829 zu Berlin geboren. 

Nachdem er vom Herbste 1847 bis Juni 1850 Thierarznei¬ 
kunde im Berlin studirt hatte, trat er am 21. Juni des letzteren 
Jahres bei der Garde-Fuss-Artillerie in den Militärdienst als 
Thierarzt ein und verblieb daselbst bis zum 18. März 1851. 
Alsdann besuchte er wiederum, und zwar während sechs Monaten, 
die damalige Thierarzneischule zu Berlin und bestand daranf 
die Prüfung als Thierarzt. Vom November 1851 bis 1865 war 
er als Rossarzt in der combinirten Festungs-Artillerie-Abtheilun? 
in Luxemburg thätig und von da ab nach einander als Kreis¬ 
thierarzt in Montjoie (von 1865—1867); Gelsenkirchen (von 
1867—1877), Beutlien in O.-Schl. (von 1877—1881) und während 
eines Jahres als stellvertretender Departementsthierarzt in Aachen. 

Seit dem 1. Mai 1881 ist er Kreisthierarzt des Kreises 
Rawitsch. Er besitzt die Kriegsdenkmünze pro 1870/71. 

Im Dienst gewissenhaft und unermüdlich, von königstreuer 
und patriotischer Gesinnung, haben die beiden Herren Collegen 
sich nicht nur das volle Vertrauen der Behörden, mit welchen 
sie amtlich verkehrten, erworben, sondern es auch 'verstanden, 
die besondere Hochachtung, Liebe und Werthschätzung ihrer 
Mitmenschen in hohem Masse sich zu erwerben. 

Herr College Reinemann hatte bei seiner grossen Be¬ 
scheidenheit Niemandem von seinem Jubiläum Mittheilung ge¬ 
macht. Erst nachdem schon einige Tage vorher ein Glückwanscb- 
Telegramm von den Herren Rossärzten des Leib-Husaren-Beg. 
No. 1, bei welchem sein Sohn als Oberrossarzt thätig ist, ein¬ 
gegangen war, erfuhren die nächsten Angehörigen von dem 
bevorstehenden Freudentage. Der verehrte College nahm daher 
auch nur im engsten Familienkreise die Glückwünsche der 
Seinigen entgegen. Später gratulirte dann auch noch der thier- 
ärztliclie Provinzial-Verein für Posen auf telegraphischem Wege. 

Herrn Collegen Frick bewies der Jubel tag, wie sehr er 
auch ausserhalb seiner Familie geliebt und geachtet wird, ln 
der Morgenstunde wurde ihm von der Capelle des 50. Regiment« 
ein Ständchen dargebracht. Herr Bürgermeister Krakau über¬ 
brachte ihm unter Ueberreichnng eines prächtigen Rosen- 
Arrangemeuts an die Gattin des Jubilars, Glückwünsche vom 
Magistrat und den Stadtverordneten. Auch der Magistrat von 
Bojanovo sandte einen Glückwunsch. Der Herr Landrath gratn- 
lirte im Namen des Kreises. Der thierärztliche Provinzial- 
Verein für Posen sandte ihm herzliche Glückwünsche auf tele¬ 
graphischem Wege. Die Loge und auch die übrigen Vereine, 
denen Herr College Frick angehört, gedachten seiner in herz¬ 
lichster Weise. Im Ganzen gingen gegen 200 Gratulationen ein. 
darunter ein Telegramm vom Grossh. luxemburgischen Ackerbau¬ 
verein, dessen Ehrenmitglied der Jubilar ist. 

Der thierärztliche Provinzialverein wird demnächst zu Ehren 
beider Jubilare ein Festessen veranstalten. 


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28. Juni 1900. 

Mögen die bewährten Herren Jubilare noch lange in voller 
Rüstigkeit und Frische ihres Amtes walten nnd ihnen ein recht 
glücklicher Lebensabend beschieden sein! 

Posen, im Juni 1900. Heyne. 

Amtliche Einführung des hundertthelügen Thertnemetere. 

Ein Erlass des Cultnsministeriums vom 7. Juni besagt 
Folgendes: Gemäss den Bestimmungen für Thermometerprüfung I 


311 

vom 25. Januar 1898 sind vom 1. Januar 1901 ab alle Thermo¬ 
meter mit Rüanmurscala von der Prüfung ausgeschlossen. Des¬ 
halb und um überhaupt die Wärmemessung einheitlich zu gestalten, 
sollen in allen öffentlichen Kranken- und Badeanstalten sowie 
allen höheren Schulen bis zum Ablauf dieses Jahres die 80- 
theiligen überall durch lOOtheilige (Celsius) Thermometer er¬ 
setzt werden. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


OelFentliches Veterinärwesen. 


(Mittheilungen für 

Senchenfttatistik und Yeterinärpolizei. 

Berichtigung. 

In No. 25, pg. 298 ist eine Verordnung ans dem Reg.-Bez. 
Münster mitgetheilt, betr. seitens der Viehbesitzer zn führende 
Controlbücher. Diese Verfügung ist nicht, wie irrthümlich an¬ 
genommen, für den ganzen Regierungsbezirk Münster ergangen, 
sondern bezieht sich nur auf die innerhalb des Grenzbezirkes 
des Hauptzollamtes zu Vreden gelegenen Theile der Kreise 
Borken und Ahaus, betrifft also nur ein kleines Gebiet. 

UndespolizeilioHe Anordnung. 

In Verfolg der Declaration vom 9. April 1896 (Ausserordent¬ 
liche Beilage zu No. 16 des Amtsblattes für 1896) zur landespolizei- 
licheD Anordnung vom 6. December 1895, betreffend die Abwehr 
gegen die Einschleppung der Maul- und Klauenseuche in den 
diesseitigen Regierungsbezirk durch das aus anderen Reichs- 
theilen stammende Vieh (Ausserordentliche Beilage zu No. 49 
des Amtsblatts für 1895), bestimme ich, dass die Vorschriften 
der vorbezeichneten landespolizeilichen Anordnung sich auf das aus 
nachbenannten Reichstheilen: 1. aus den preussischen Regierungs¬ 
bezirken Magdeburg, Merseburg, Erfurt, 2. aus den bayerischen 
Regierungsbezirken Oberbayern, Pfalz, Oberpfalz, Oberfranken, 
Mittelfranken,- Unterfranken, Schwaben, 3. ans den sächsischen 
Kreishauptmannscbaften Bautzen, Dresden, Leipzig, Zwickau, 
4. aus den württembergischen Kreisen Neckarkreis, Schwarz wald¬ 
kreis, Jagstkreis, Donaukreis, 5. aus den badischen Landes- 
commi88ariaten Konstanz, Freiburg, Karlsruhe, Mannheim, 6. aus 
den hessischen Provinzen Starkenburg, Oberhessen, Rheinhessen, 
7. aus dem Grossherzogthum Sachsen-Weimar, 8. aus dem Gross¬ 
herzogthum Oldenburg, 9. aus dem Herzogthum Braunsclweig, 
10. aus dem Herzogthum Sachsen-Meiningen, 11. aus dem Herzog¬ 
thum Sachsen-Altenburg, 12. aus dem Herzogthum Sachsen- 
Coburg-Gotha, 13. aus dem Herzogthum Anhalt, 14. aus dem 
Fürstenthum Schwarzburg-Rudolstadt, 15. aus dem Fürstentum 
Waldeck, 16. aus dem Fürstenthum Reuss ältere Linie, 17. aus 
dem Fürstenthum Reuss jüngere Linie, 18. ans den Reichs¬ 
landen Elsass-Lothringen, im Regierungsbezirk Bromberg zur 
Entladung mit der Eisenbahn gelangende Rindvieh bis auf 
weiteres beschränken. 

Bromberg, den 6. Juni 1900. 

Der Regierungs-Präsident. 

Fleischschau nud Viehverkehr. 

Ueber die Flelsohproduotion Australiens 

lesen wir in. der „Colonialen Zeitschrift“, Leipzig, Bibliogra¬ 
phisches Institut: 

In den lebhaften Debatten, die znr Zeit über die Einfuhr 
fremden Fleisches geführt werden, ist fast nur von dem amerika¬ 
nischen Fleischexporte die Rede, nnd man hat den Fleischhandel 
der australischen Kolonien, der sicherlich doch eines grossen 
Aafschwungs fähig ist, fast ganz ausser Acht gelassen. Der 
gewaltige Viehreichthum Australiens, der trotz wirtschaftlich 
schwerer Verluste durch Dürren den Züchter zw'ingt, sich nach 
Märkten für diese Ueberschüsse umzusehen, hat schon jetzt einen 
Verkehr zwischen dem fünften Erdtheil und England ins Leben 
gerufen, der sich bereits zu einem recht bedeutsamen Faktor 


Veterinärbeamte.) 

für beide Theile ausgestaltet hat. Noch vor 18 Jahren hielt es 
niemand für möglich, Rind- oder Schaffleisch anders über weite 
Entfernungen zu schaffen, als in Gestalt von Büchsenfleisch, 
aber dies fand in England nur w'enig Anklang. Der erste erfolg¬ 
reiche Versuch mit der Verschiffung von gefrorenem Fleisch 
nach England wurde im Jahre 1881 von Neu-Süd-Wales aus 
gemacht, und seitdem hat der Handel einen immer grösseren 
Umfang Angenommen. 

Aber Neu-Süd-Wales, welches den ersten Anstoss zu diesem 
Handel gab, ist längst von Nen-Seeland und Queensland über¬ 
flügelt worden. In Neu-Seeland betheiligen sich daran eine 
Anzahl von Aktien-Gesellschaften, die auf beiden Inseln 2t Ge¬ 
frierwerke besitzen, die im Stande sind, jährlich 21 Millionen 
Schafe einzufrieren. Die Insel ist in der Lage, den Schlacht¬ 
bänken jährlich wachsende Mengen von Thieren zuzuführen, da 
ihre Heerden nicht unter Dürren zu leiden haben, die oft mehrere 
Jahre hinter einander den Viehbestand decimiren. So hat z. B. 
nach den amtlichen Veröffentlichungen vom 31. März dieses 
Jahres der Viehbestand in Neu-Süd-Wales in Folge der Dürren 
des le’tfcteri Jahres um 10888 Pferde, 146055 Rinder, 4927490 
Schaft nnd 17270 Stück Milchvieh abgenommen — Külinan.) 

Die Ausfuhr von gefrorenen Schafs- und Lammkörpern, so¬ 
wie von gefrorenem Schaf- und Rindfleisch aus Neu-Seeland be- 
werthete sich im Jahre 1898 auf £ 1689756, während die ge¬ 
summte australische Ausfuhr von gefrorenem Fleisch den Betrag 
von 2^18611 £ erreichte. Den zweiten Platz nimmt Queensland 
mit einer Ausfuhr von 676698 £ ein, doch besteht die Ausfuhr 
vornehmlich aus gefrorenem Rindfleisch. Gerade die Queens¬ 
länder zeigen grosse Rührigkeit im Anfsuchen von Absatz¬ 
gebieten, so sandte die Regierung 1897 einen Agenten nach 
Deutschland, um die Importfirmen zu veranlassen, die Einfuhr 
des amerikanischen Büchsenfleisches durch den australischeu 
Artikel zu ersetzen. Diese Bemühungen sind nicht ohne Erfolg 
geblieben. 

In Neu-Süd-Wales hat der Fleischhandel nicht den Frfolg 
gehabt, den man erwartete. Man züchtete hier, wie auf dem 
ganzen australischen Continent fast ausschliesslich Merino*, da 
aber deren Fleich im Handel durchschnittlich l 1 /* Penny für das 
Pfund weniger werth ist, so hat man in den letzten Jahren An¬ 
strengungen gemacht, solche Thiere zu züchten, die für Wolle 
und Fleisch gleich gate Nutzungseigenschaften besitzen. Das 
ist auch erreicht worden. Nun hat aber der Schafbestand der 
Colonie in den letzten Jahren seit 1891 infolge der Dürren um 
20/ ! 2 Millionen Stück abgenommen, und so ist auch die Ausfuhr 
gesunken, trotzdem sie sich im Jahre 1898 etwas erholte und 
331044 £ erreichte, während zugleich der Export von Büchsen¬ 
fleisch auf 270794 £ stieg. 

Von den übrigen australischen Kolonien ist nur Victoria zn 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26. 


erwähnen. In Victoria sind die grossen Weideländereien (cnns) 
anfgetheilt und in Ackerbaufarmen uragewandelt worden. Der 
Boden ist theils für den Körnerban, theils znm Anbau von 
Futterpflanzen für die in dieser Kolonie sehr intensiv betriebene 
Milchwirtschaft verwendet worden, und so hat der Handel mit 
Fleischconserven keinen grossen Aufschwung nehmen können. 
Immerhin wurden 1898 für 121117 £ gefrorenes und für 47412 £ 
Büchsenfleisch nach England verschifft. 

Die gesammte Ausfuhr der vier in Frage kommenden Länder 
wird für 1898 auf 3716526 £ angegeben, wovon 2818611 auf 
gefrorenes Fleisch und 897916 auf Büchsenfleisch entfallen. 

Das neue Ortsstatut für Berlin 

die Anstellung und Versorgung der Communalbearaten be¬ 
treffend, ist jetzt mit Zustimmung der Stadtverordneten¬ 
versammlung vom Magistrat erlassen worden. Zu den städtischen 
Betriebs-Verwaltungen im Sinne des § 8, Absatz 2 des Gesetzes 
vom 30. Juli 1899 werden unter anderen Verwaltungen die 
Markthallen und der Vieh- und Schlachthof einschliesslich 
der Fleischbeschau gerechnet. Sämmtliche Beamte der ge¬ 


nannten Betriebs-Verwaltungen gelten, falls in ihrer Anstellangs¬ 
urkunde nichts anderes festgesetzt ist, als auf Kündigung än- 
gestellt. Ira Interesse der ganzen Organisation der Berliner 
Fleischbeschau muss die Forderung als unbedingt berechtigt an¬ 
erkannt werden, dass ein bestimmter Procentsatz der städtischen 
Thierärzte unkündbar mit Pensionsberechtigung angestellt wird. 
Eine Verwaltung wie die Fleischbeschau, bei der von der 
Urtheilsfähigkeit des einzelnen Beamten die Ausführung des Be¬ 
triebes in so hohem Masse abhängt, muss einen Stamm von 
tüchtigen, erfahrenen Beamten haben, um eine richtige Ent¬ 
scheidung in jedem Fall herbeizuführen. Hierauf rechnen wird 
die städtische Verwaltung aber nur können, wenn sie für eine 
lebenslängliche Sicherstellung ihrer Beamten, speciell der hier 
in Betracht kommenden städtischen Thierärzte sorgt. Bei den 
beträchtlichen Werthen, welche das jährlich beanstandete Fleisch 
repräsentirt, hat die gesammte Landwirthschaft und der Staat 
ein hohes Interesse an der umsichtigen Handhabung der 
städtischen Fleischbeschau Berlins, und sollte auch von dieser 
Seite aus auf die städtische Verwaltung Berlins den obigen 
Ausführungen entsprechend eingewirkt werden. K. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Die Untersuchung von Nahrungsmitteln, BenussmlttHn und Gebrauch«- j 
gegenständen. Practisches Handbuch für Chemiker, Medicinal- j 
beamte, Pharmaceuten, Verwaltungs- und Justizbehörden etc. 
von Professor 6ustav Rupp. Laboratoriums-Vorstand der Gross- 
herzogl. Bad. Lebensmittelprüfungs-Station der technischen Hoch¬ 
schule in Karlsruhe. Mit 122 in den Text gedruckten Abbildungen 
und vielen Tabellen. II. Auflage. Heidelberg. Carl Winter’s 
Universitätsbuchhandlung. 1900. 

Die zweite Auflage des Rupp’schen Handbuche» i s t gttfäis 
den Vereinbarungen der vom Kaiserl. Gesundheitsamt seinerzeit 
einberufenen Commission deutscher Nahrungsmittelchemiker neu 
bearbeitet; und auch speciell zum Gebrauch der Nahrungdmittel- 
untersnchungsstationen bestimmt. Besonders eingehend sind die 
Wein- und Wasserprüfungen abgehandelt Bei den den: Thier¬ 
arzt interessirenden Abschnitten Milch und Fleisch vermisse ich 
Angaben über den Nachweis gekochter Milch und über dfe Fest¬ 
stellung des Glykogengehalts, auch beim Trichinenkapitel> ist die 
Abbildung herzlich schlecht, während sonst gerade auf die 
Wiedergabe sorgfältiger Abbildungen Wßrth gelegt ist. Die 
mitgegebenen gesetzlichen Bestimmungen betreffen, abgesehen 
von den Reichsgesetzen, die badischen Verhältnisse und dürften 
die dort ansässigen Thierärzte das Werk zur Orieptirung 
benutzen können. Kühnau. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Corps-Rossarzt a. D. Hahn-Coblenz, bisher 
beim VIII. Armee-Corps, ist der Kronenorden HI. CI. verliehen worden. 

Ernennungen eto.: Gewählt: E. Ahlburg, comm. Kreisthierarzt 
in Arolsen, nebenamtlich zum Scblachthausinspector daselbst, Thier¬ 
arzt Dettmann- Wittstock zum Schlachthausinspector daselbst 

Approbationen: In Berlin die Herren Fritz Kleiner, Theodor 
Möhring, Richard Pieth, Wilhelm Roloff, Joseph Soffner, 
Gustav Thun, Bruno Winkler. 

Wohn8itzver&nderungen, Niederlassungen etc.: Die in No. 25 ge¬ 
meldete Uebersiedelung des Thierarztes Klingelstein nach Berlin 
ist nur eine vorübergehende. 

In der Armee: Die Rossärzte Gfesensc hlag (Remontedepot 
Gudwallen) und Laabs (18. Drag.-Rgt.) zu Oberroseärzten befördert, 


letzterer unter Versetzung zum 9. Drag.-Rgt. — Versetzt: Tetzner, 
Oberrossarzt vom 9. Drag.-Rgt, als Inspicient zur Militär-Rossarzt- 
schule, Blunk, Unterrossarzt vom 15. Hus.-Rgt zum 18. Drag.-Rgt. 


Vacanzen. 

(Näheres über die Vacanzen mit abgelanfener Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 
Kreisthlerarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
In Bayern: Zuchtinspectorstelle für den Zuchtverband für Fleck¬ 
vieh in Niederbayern mit dem Wohnsitz in Landshut (3500 M., 
1500 M. Reiseaversum). Gesuche bis 15. Juli an den Verbands¬ 
vorsitzenden Fuchd. — In Sachsen: Assistentenstelle bei der 
pbysiolog. Abth. der Dresdener Hochschule (1200 M., steigend bis 
1500 M., Wohnung etc.). Bewerbungen an die Direction. 

b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Aachen: Montjoie. — R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. 
Köln: Waldbröl. — R.-B. Cöslin: Bütow und Stolp(Nord) — R.-B. 
Wiesbaden: St. Goarshausen. 

Saaltltsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Erfurt: SchlachthofassisteDzthierarzt (2000 M.). Meldungen an den 
Magistrat — Freiberg (Sachs.): Thierarzt am Schlachthof der 
Fleischerinnung (2000 M„ keine Praxis). Bewerbungen bis 30. Juni 
an den Stadtrath. — Grätz (Posen): Schlachthofinspector (1500M., 
Wohnung etc., Privatpraxis in dienstfreier Zeit). Bewerbungen an 
den Magistrat. — Halle: Assistenztbierarzt am Schlacht- und 
Viehhof sofort (1800 M. Dienstwohnung). Meldungen an den Direetor. 

— Haltern: Sanitätsthierarzt (1200 M. aus der Fleischschau, 800M. 
Zuschuss, Privatpraxis). Bewerbungen an den Bürgermeister bis 
15. Juli. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Cassel: 3. Schlachthofthierarzt — Dresden: Mehrere Hilfsthierärzte. 

— Eberswalde: Schlachthofinspector. — Pössneck: Thierarzt für 
Fleischbeschau. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Pritzerbe: 
Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Wamsdorf. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdshnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt — Peiskretscham (Ober-Schles.): Thier¬ 
arzt Bewerbungen beim Magistrat. — Schönbaum (Danzig). 

— Sold au (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Eickel. — Mengeringhausen 
(Waldeck). — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.) 

— Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze (Mecklb). 

— Wolkenstein. 


Verantwortlich fftr den Inhalt (exoL InaerateatheU): Prot Dr. Schmal ta ln Berlin. — Verlas und Bigenthum von Richard gehört* in Berlin, — Prvc* t<?xi W. BtUCMtrtn, Berlin 


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Die „Berliner Thierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in StArke von mindestens 1*/, Bogen. Dieselbe 
ist zu beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1082) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoctz, Berlin NW., Luisenstrasse 38, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Origlnalbeiträge werden mit 60 Mk. für den Bogen honorirt. 
Alle Manuscrlpte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe mau zu senden an Prof. Dr. Schmält», 
Berlin thierärztliche Hochschule, NW., Lulsenstrasxe 50. 
Correcturen, Recensions-Rxemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz- Berlin. 

Verantwortlicher Redactenr. 

De Bruln Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel Zündet 

Professor Oberthierarzt Departemcntatblerarzt Kreisthierarzt Departementsthierarzt Veterinärassesaor Professor Landes-lnsp. f. Tbierxucht Kreisihlerarzt 

Utrecht. Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. M 27 . Ausgegeben am 5. Juli. 


Inhalt: Schmaltz: An unsere Leser. — Rickmann: Der Erreger der I’ferdesterbc (Horsesickness Paardziekte). — Hoffmann: 
Der Operationstisch in der chirurgischen Klinik zu Stuttgart. — Referate: Röder: Ueber die Verwendbarkeit von 
Jodeiweissverbindungen (Eigone) in der thierärztlichen Praxis. — Rabow und Galli-Valcrio: Icbthoform. — Ueber die in der 
Armee gebräuchlichen Antiseptica. — Vosshage: Zur Statistik des Kehlkopfpfeifens. — TagesgBschichte: Aufruf. — 
XXXIII. General-Versammlung des thierärztlichen Vereins für die Provinz Posen. — Staatsveterinärwesen. — Fleischschau 
und Viehverkehr. — Thierhaltung und Thierzucht. — Personalien. — Vacanzen. 


An unsere Leser. 

Das Decennium, auf welches die Berliner thierärztliche 
Wochenschrift (B. T. W.) zurückblickt, hat das Gebiet, des 
thierärztlichen Berufes um Vieles bereichert. 

Der ärztlichen Kunst ist die Besiegung vordem unheilbarer 
Krankheiten gelungen und die thierärztliche Praxis hat mit 
diesem schönen Triumph ihre Stellung als Kern des Ganzen, als 
Grundveste des tierärztlichen Ansehens gewahrt. 

Die Bacteriologie ist für die Thiermedicin bedeutungsvoll 
geworden und hat immer mehr thierärztliche Forschung auf sich 
gezogen. 

Dem Staatsveterinftrwesen hat sich ein Feld von vorläufig 
unabsehbarer Weite eröffnet, nachdem der Zug der Zeit die 
Landwirtschaft dazu geführt hat, selber die gesetzlich geordnete 
Bekämpfung möglichst vieler Infectionskrankheiten anzustreben. 

Die Fleischschau ist endgiltig den Thierärzten erobert; ihr 
wissenschaftlicher Ausbau und ihre practische Durchführung 
nimmt immer mehr Kräfte in Anspruch. 

Diese Fächer sind specialistische; ihre Entwickelung aber 
führt sie über den Kreis der Specialisten hinaus. Bei den Auf¬ 
gaben der Zukunft, der allgemeinen Fleischschan, der Tuberculose- 
bekämpfung, Milchcontrole u. 8. w. ist eine Mitwirkung aller 
practischen Thierärzte im weitesten Sinne unentbehrlich. Seuchen¬ 
bekämpfung, Nahrungsmittelcontrole und Bacteriologie werden 
daher mehr und mehr in den Vordergrund des allgemeinen thier¬ 
ärztlichen Interesses gerückt werden. 

Der Entwickelung der Dinge muss auch eine Zeitschrift — 
und sie zuerst — Rechnung tragen. Es reifte daher der Plan, 
der Redaction der B. T. W. neue und umfassendere Kräfte zu- 
zufiihren, namentlich jedem Specialfache der thierärztlichen 
Gesammtwissenschaft einen Specialisten zu sichern, der mit der 
ständigen Bearbeitung anch dieV erantwortnng dafür übernehme, 
dass alle Erscheinungen seines Gebietes einer sachkundigen Be¬ 
achtung und Behandlung unterzogen werden. 

Meine schwere Erkrankung im vorigen Jahre hat mich in 
letzter Linie veranlasst, die Durchführung jenes Planes nicht 
länger aufzuschieben. 


i Die B. T. W. ist bis heute in einem stetigen und über- 
| raschenden Wachsthnm geblieben und hat allmählich eine Ver- 
I breitung und Bedeutung erlangt, welche selbst unter den 
medicinischen Zeitschriften nur sehr wenige haben. Ein solches 
Unternehmen darf nicht einer persönlichen Krisis ausgesetzt 
' werden und daher nicht in dem Grade von dem Schicksal eines 
Einzelnen abhängig sein, wie die B. T. W. bisher thatsächlich 
i von mir abhängig gewesen ist. Jene Erkrankung, deren schliess¬ 
lich günstiger Ausgang kaum noch mehr als ein Zufall war, 
hat es mich als eine gebieterische Nothwendigkeit erkennen 
' lassen, einen Theil nicht bloss der Arbeit, sondern auch der 
moralischen Verantwortung auf Andere zu übertragen und so 
nicht allein die B. T. W. inhaltlich noch vielseitiger und voll¬ 
kommener gestaltet, sondern sie auch gegen jeden persönlichen 
Zufall sichergestellt zu sehen. 

Leider vermochte ich zu den damit verbundenen Aendernngen 
die Zustimmung des Herrn Geheimrath Dr. Dieckerhoff nicht 
zu gewinnen. Derselbe hat vielmehr bei der Inangriffnahme 
jenes Planes am 1. April seinen Austritt aus der B. T. W. mit 
Ablauf des Quartals erklärt. Der Austritt ist somit am 1. Juli 
erfolgt. Obwohl Herr Geheimrath Dieckerhoff kontract- 
mässig an der Leitung und Redaktion der B. T. W. sich über¬ 
haupt nicht betheiligte, war seine repräsentative Persönlichkeit 
eine Zierde und seine Mitarbeiterschaft, die er in Original¬ 
artikeln der B. T. W. widmete, für diese eine Ehre. Ich bedaure 
daher sein Ausscheiden aufrichtig. 

In der neuen Redaction, deren Gesammtheit sich mit 
der heutigen Nummer zum ersten Mal den Lesern der B. T. W. 
vorstellt, hat Dr. Peter, der bereits der Redaction angehnrte, 
speciell meine Stellvertretung übernommen. Seine Arbeiten liegen 
im übrigen auf practisch-thierärztlichem Gebiet. 

Mit Dr. Lothes haben sich Departementsthierarzt Peters 
und Veterinärassessor Prensse vereint zu einer gemeinsamen 
vervollkommneten Bearbeitung der Veterinärpolizei. Diese wird 
als „Staatsveterinärwesen 11 im engeren Sinne künftig einen 
eigenen Abschnitt in der B. T. W. einnehmen. Ihre gemein¬ 
samen Ziele haben die 3 Bearbeiter pag. 322 besonders besprochen. 


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314 


BERLINER TlllERARZTLICUE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 


Im Uebrigen hat die laufenden Redactionsgeschäfte für diesen 
Abschnitt speciell Veterinärassessor Preusse übernommen. 

Fleischschau, Milchcontrole und Viehhandel, soweit 
sie das allgemeine Interesse in Anspruch nehmen und daher in 
den Rahmen der B. T. W. hineingehören, bilden ebenfalls einen 
besonderen Abschnitt, welcher vom hamburgischen Oberthierarzt 
Kühn au redigirt wird, dessen ständiger Mitarbeit sich die 
B. T. W. übrigens schon zu erfreuen hatte.*) 

Professor Dr. Schlegel, Leiter des thierhygienischen 
Instituts der Universität zu Freibnrg im Breisgan ist als thier¬ 
ärztlicher Bacteriologe in die Redaction eingetreten und 
ebenso ist es gelungen, einen mit der süddeutschen Thier zu cht- 
Organisation vertrauten Mitredacteur in dem kgl. bayerischen 
Landesinspector für Thierzucht, Dr. Vogel, zu gewinnen. 
Professor de Bruin-Utrecht hat die Anregung gegeben, die 
Geburtshülfe bei Hausthieren einer grösseren Aufmerksamkeit 
und mehr specialistischen Bearbeitung zu würdigen, als der¬ 
selben allgemein bisher zu Theil geworden ist. Er erschien 
durch seine eignen Arbeiten am besten berufen, diese Anregung 
selbst zu verwirklichen. 

Auf Referate über alle geeigneten thierärztlichen Publi¬ 
kationen wird nach wie vor besonderer Werth gelegt werden. 
Die besonders wichtige und schwierige Durchsicht der fremd¬ 
sprachlichen Literatur bezw. die Referate aus derselben 
hat Kreisthierarzt Zündel aus Mühlhausen i. E. für die gesammte 
französische und Dr. Peter für die englische und italienische 
Literatur übernommen. Auch für die Beachtung der dänischen, 
holländischen und russischen Literatur ist gesorgt. 

Die deutsche thierärztliche Literatur wird grösstentheils von 
Kreisthierarzt Ne vermann-Bremervörde, die medicinische, soweit 
deren Berücksichtigung möglich und erforderlich ist, durch 
Dr. J e s 8 - Charlottenburg und Kreisthierarzt Franke-Mülheim 
referirt. Uebrigens werden die Herren Referenten alle sich 
durch Namensunterschriften als Verfasser der einzelnen Referate 
kennzeichnen. 

Das Programm der B. T. W. bleibt im Uebrigen das alte. 

Dem practischen Thierarzte soll sie in möglichst gedrängter 
Form von allen Vorgängen auf unserm Berufsgebiet, soweit sie 
allgemeines Interesse haben, Kunde geben. Das Gleichgewicht 
zwischen den einzelnen Specialfächern aufrecht zu erhalten, wird 
meine Aufgabe sein. Keines wird einseitig überwiegen und 
den Platz, der anderen bisher zugemessen war, beeinträchtigen. 
Falls das Material für das öffentliche Veterinärwesen mehr 
Raum erfordert, als ihm der gemeinsame Rahmen in der 
Wochenschrift zuweist, wird diesem Bedürfnis durch Beilagen, 
welche die B. T. W. selbst nicht belasten, Rechnung getragen 
werden. Eine dauernde Umfangsvermehrung der B. T. W. 
selbst ist jedenfalls nicht beabsichtigt. Ganz abgesehen vom 
Preis würde eine Vergrüsserung des Lesestoffes z. Z. weder 
dem Bedürfniss der Mehrzahl der Thierärzte noch dem Masse 
der zum Lesen verfügbaren Zeit Rechnung tragen. 

Die B. T. W. wird nach wie vor die Interessen des thier- 
ärztlichen Ge s am mt st an des besprechen und nach bestem Wissen 
und Gewissen zu fördern suchen. Je mehr mit dem Wachsthum 
der thierärztlichen Wissenschaft eine Verzweigung derselben, 
eine Specialisirung sich ansbildet, um so mehr wächst die Gefahr 

*) Material für die Abschnitte „Staatsveterinärwesen“ und 
„FleiBchschau“ kann ebensowohl an den Herrn Preusse bezw. 
Herrn KUhnau direct oder an mich gesandt werden. 


einer Abzweigung einzelner Kategorien, eines Zerfalles in 
Interessengruppen. Ein wie schwerer Schaden für den thier¬ 
ärztlichen Stand das wäre, braucht nicht erörtert zu 
werden. Deshalb erwächst Jedem die ernsteste Pflicht, 
jener Gefahr auf das Entschiedenste vorzubeugen. Jedes ein¬ 
seitige Hervorkehren von Gruppen-Interessen ist daher aus- 
zuschliessen, bezw. zu bekämpfen. Wir haben alle im Gesammt- 
interesse Pflichten Einer gegen den Anderen. Gegebenenfalls 
wird ein ohne Erregung geführter Meinungsaustausch am besten 
zum Ziele führen. Die tagesgeschichtliche Rubrik der B. T. W. 
hat einem solchen immer offen gestanden, sofern nur Ge¬ 
hässigkeit vermieden und die nöthige Form concedirt war. 
Ich bin immer der Meinung gewesen, dass (falls obige Bedingung 
gewahrt bleibt) eine Kritik selten schadet, aber häufig nützt, 
mag sie nun berechtigt oder unberechtigt sein. Auch in letzterem 
Fall ist sie oft ein Wegweiser und giebt ja überdies die beste 
Gelegenheit zur Widerlegung. Die Möglichkeit öffentlicher Ans¬ 
sprache wirkt wie das Sicherheitsventil am Kessel; sie verhindert 
am besten, dass sich Missvergnügen heimlich bis zu explosiver 
Spannung verdichtet. Die B. T. W. wird Meinungsäusserungen 
stets Raum gewähren und nicht beanspruchen, bloss ihre Meinung 
zur Geltung zu bringen. Auch die Redacteure untereinander 
können verschiedener Meinung sein und sind in ihren Aeusserungen, 
dit. sie mit ihren Namen decken, gegeneinander frei. Es ist 
dies das beste Mittel gegen Einseitigkeit. Es giebt nur eine 
unbedingt inneznhaltende Richtschnur: Förderung der thier¬ 
ärztlichen Wissenschaft und Wirksamkeit, Förderung der 
Gesammtheit des thierärztlichen Standes, beides im thunlichen 
Anschluss an die Interessen der Landwirtschaft, unter dankbarer 
Anerkennung des Guten und freimütiger Darlegung des 
Fehlenden. 

Die B. T. W. hat von vornherein sich bemüht die Mit¬ 
arbeiterschaft der practischen Thierärzte zu gewinnen und hat 
dies auch erreicht. Auch dieser Tendenz wird sie treu bleiben 
und mit gutem Recht, mit bester Hoffnung. Denn unter mancherlei 
Trübem ist eine der erfreulichsten Erscheinungen die unverkenn¬ 
bare Thatsache, dass das wissenschaftliche Streben auf allen 
Specialgebieten der Thiermedicin sich namentlich auch in derjungen 
Generation mehr und mehr verallgemeinert, dass die Zahl der 
freiwilligen Arbeiter sich vermehrt, dass „draussen in der Praxis“ 
immer mehr werthvolle Errungenschaften gewonnen werden, 
unzweifelhaft schon ein Erfolg der gründlicheren wissenschaft¬ 
lichen Durchbildung derjenigen, die überhaupt das Ziel 
erreicht haben. Desshalb wird es an Mitarbeitern nicht 
fehlen, nicht der B. T. W., nicht dem thierärztlichen Beruf. 
Neben die Aelteren werden sich die Jungen stellen. Unserer 
Zukunft wollen wir fest vertrauen! 

Für die Redaction der B. T. W. 

Schmaltz. 


Der Erreger der Pferdesterbe (Horsesickness 
Paardziekte). 

Von 

Rossarzt Riokmann, 

Dcutsch-Südwestafrika. 

Nachdem ich Ende vergangenen Jahres nach langer Zeit 
im Verein mit Herr Rossarzt Kaesewurm auf dem bacterio- 
logischen Institute des Schutzgebietes wieder an das Studium 


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5. Juli 1Ö0Ö. 


feERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


der Pferdesterbe lierangehen konnte, sehe ich mich veranlasst, 
einen Theil der Arbeit, den Erreger der Pferdesterbe betreffend, 
als vorläufige Mittheilung bekannt zu geben. Ueber Geschichte 
der Pferdesterbe, ihre klinischen und pathologischen Erscheinungen 
und diverse Impfversuche sowie diesbezügliche Resultate werden 
wir nach Aufarbeiten des vorhandenen Materials eine gemein¬ 
schaftliche Arbeit im Druck erscheinen lassen. 

Der Umstand, dass mit der Impfung von Blut, welches 
einem sterbekranken Pferde, Maulthiere, Maulesel oder Esel zu 
beliebiger Zeit nach Einsetzen der ersten fieberhaften Er¬ 
scheinung entnommen worden ist, regelmässig bei einem gesunden 
Thiere dieser Gattung Sterbe erzeugt wird, lässt die Behauptung, 
dass das Blut der Träger des Infectionsstoffes ist, als selbstver¬ 
ständlich erscheinen. 

Wird virulentes Blut durch ein Chamberlandfilter 
geschickt, so ist das Filtrat nicht infectionsfähig, wie es zuerst 
Dr. Eddington-Erahamstown und dann ich nachgewiesen haben. 
Daraus resultirt, dass entweder die Blutkörperchen die Träger 
des Infectionsstoffes sein müssen, oder der Infectionsstoff frei im 
Blute, aber zuih Passiren des Chamberlandfilters zu gross ist. 

Diese Ergebnisse veranlassten mich, auf die Blutunter¬ 
suchung das Hauptaugenmerk zu richten. Es standen mir in 
dieser Sterbezeit 29 sterbekranke Pferde zur Verfügung. Neben 
der von Plehn und Schütz in verschiedener Ausführungsweise 
angegebenen Methylenblau-Eosin — und der Ehrlichschen Häma- 


© 

© 



toxylin-Alaun-Eosin-Färbung habe ich mit der Zie mann sehen 
Methylenblau-Eosin-Färbung entschieden die besten Präparate 
erzielt. Bei letzterer Färbung ist das Verhältniss von 1 Theil 
1 pCt. wässeriger Methylenblaulösung zu 6 Theilen 0,1 pCt. 
wässeriger Eosin-Lösung in circa l / 3 stündiger Einwirkung der 
Mischung auf das Präparat am günstigsten. 

Schon 3—4 Tage nach der Impfung findet man inner- und 
ausserhalb der rothen Blutkörperchen kleinste Punkte von 
dunkelblauer Farbe. In der Mehrzahl enthält das rothe Blut¬ 
körperchen nur eins dieser Körner, doch findet man des Oefteren 
auch deren zwei. Die Grösse derselben ist verschieden. Bald 
sind sie peripher, bald central gelagert und zeigen oft eine 
längliche Form. Beim Auf- und Niederschranben des Tubus 
erscheint die. Mitte der Körner stärker lichtbrechend, während 
der periphere Theil dunkel bleibt. Die Blutkörperchen selbst 
sind nicht verändert. Nach weiteren 1—2 Tagen findet sich 
schon neben diesen, karyochromatophilen Körnern, — wenn ich 
der von PI ehn in der deutschen med. Wochenschr. 1899 No. 28—30 
gegebenen Bezeichnung folgen darf, — in den rothen Blutkörper¬ 


315 

chen ein rundes Scheibchen, welches eine deutliche Blaufärbung 
angenommen hat. Die Blanfärbung ist meistens eine totale, 
doch habe ich in einigen Fällen auch beobachtet, dass lediglich 
die periphere Zone blau gefärbt war, die Blaufärbung nach dem 
Centrum allmählich abnahm nnd der Mittelpunkt selbst keine 
Färbung zeigte, sondern von stark lichtbrechender Eigenschaft 
war; diese letzteren Gebilde machten auf mich den Eindruck von 
Bläschen, welch’ letztere Bezeichnung ich allgemein beibehalten 
möchte. Auch diese Gebilde scheinen auf die rothen Blutkörper¬ 
chen nur geringen Einfluss auszuüben. Der Durchmesser der 
runden Bläschen beträgt y 4 —‘/ 5 desjenigen der rothen Blut¬ 
körperchen. 

Mit fortschreitender Krankheit vermehren sich sowohl die 
Körner als auch die Bläschen. Während erstere zahlreich auch 
ausserhalb der rothen Blutkörperchen zu finden sind, findet man 
letztere fast nur innerhalb. In sehr wenigen Fällen sah ich 
dieselben anch ausserhalb und führe diesen Befund auf den 
Zerfall von rothen Blutkörperchen zurück od^r auf Auswanderung 
des Bläschens, zumal in Fällen hochgradiger Krankheit viele 
rothe Blutkörperchen zu finden sind, welche theils vergrössert 
und verblasst erscheinen nnd fast immer Vacuolen erkennen 
lassen. 

Sowohl bei den innerhalb der rothen Blutkörperchen liegenden 
als auch besonders bei den frei zu findenden Bläschen scheint ein 
central gelegener kleinster Kern vorhanden zu sein, dessen Existenz 
ich aber nicht als feststehend behaupten möchte. Bei diesen frei¬ 
liegenden Bläschen konnte ich mehrfach die Zusammenlagerung 
von 2 bis 3 derselben constatiren, die in einer Reihe wie Perlen 
eines Rosenkranzes zusammenhingen und deren Grösse von 
1 bis 3 in geringem Grade abnahm. 

Die Anzahl der weissen Blutkörperchen erleidet allmählich 
eine bedeutende Abnahme. 

Betreffs weiterer Wuchsformen möchte ich kein vor¬ 
eiliges Urtheil abgeben, sondern nur noch Folgendes berichten; 
Bei drei sterbekranken Pferden habe ich im Blute, welches kurz 
vor dem Tode entnommen war, innerhalb der rothen Blut¬ 
körperchen Gebilde gefunden, welche theils dem Apiosoma 
bigerainum entsprachen, theils mit den Parasiten der verschiedenen 
Menschen-Malarien die grösste Aehnlichkeit besitzen; letztere 
Verwandtschaft tritt infolge weiterer Untersuchungen mehr in 
den Vordergrund. Betreffs der letzteren drei Fälle konnte ich 
bei mehreren sehr grossen, fast das ganze rothe Blutkörperchen 
ausfüllenden Parasiten deutlich nach erfolgter Ziemann’scher 
Färbung ein grosses röthliches Chromatinkorn erkennen, welches 
durch eine achromatische Zone mit dem gekörnten Protoplasma 
zusammenhing. Eine Täuschung meinerseits liegt nicht vor, da 
ich sowohl in Afrika als auch auf dem Institut für Infektions¬ 
krankheiten zn Berlin unter R. Koch’s Leitung mich mit der 
Menschen-Malaria beschäftigt habe. 

In welchen Zusammenhang die Vermehrung der Körner, 
Scheiben etc. mit dem Zustandekommen des Fiebers zu bringen 
ist, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Es hat aber den 
Anschein, als ob mit fallender Temperatur die Untersuchung des 
Blutes die meisten Bläschen ergiebt. 

Ob es gestattet ist, nach diesen Befunden im Verein mit 
den klinischen und pathologisch-anatomischen Erscheinungen eine 
Identität der Menschen-Malaria mit Pferdesterbe zu behaupten, 
wie es von Oberarzt Dr. Kuhn lediglich auf Grund der Krankheits¬ 
geschichte und seiner Impfungen gegen Pferdesterbe und Malaria 
geschehen ist, lasse ich vorläufig dahin gestellt. Dass ein Zo- 


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BERLINER THIERABZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 


316 

sammenhang zwischen beiden Kranklieiten existirt, kann wohl 
angenommen werden und höchstwahrscheinlich wird es sich um 
einen Generationswechsel handeln; der maligne Charakter der 
Pferdesterbe und die Befunde erinnern an die pemiciösen 
Malarien. Sehr bemerkenswerth ist eine von Plehn in der 
deutschen med. Wochenschrift 1899, No. 28—30 erschienene 
Arbeit über die Grundformen der Malariaparasiten, zumal eine 
Reihe von Berührungspunkten darin enthalten sind. Leider 
etand mir nur ein Auszug dieser Arbeit (Dieudonnd) zur 
Verfügung. 

Ich erblicke in der Pferdesterbe eine der perniciösen Malaria 
des Menschen ähnliche oder nahe verwandte Krankheit. 

Die wenigen beigefügten Zeichnungen von Herrn Rossarzt 
Kaesewnrm mögen zur Illustration dienen. 

Der Operationstisch in der chirurgischen Klinik 
zu Stuttgart. 

Von 

Professor Hoffmann. 

Die wesentlichsten Forderungen des vom konischen Stand¬ 
punkt ans aufgestellten Programms für den Operationstisch um¬ 
fassen folgende Punkte: 

1. Kippbarkeit der Tischplatte um eine wagerechte Achse 

t 

derart, dass das Pferd an die senkrecht stehende Platte heran¬ 
geführt, mit Riemen an derselben befestigt und dann mit dem 
Tisch ohne Gefahr von Verletzungen in die horizontale oder 
nach rückwärts geneigte Operationslage umgelegt und ebenso 
wieder aus dieser mechanisch aufgerichtet werden kann. 

2. Grosse Kippgeschwindigkeit, bei vollkommen stossfreiem 
Gang der Maschine, um das Thier durch die Schnelligkeit des 
Vorganges derart zu überraschen, dass für das Kippen selbst 
eine beschränkte Fesselung durch Anschnallen von Kopf und 
Rumpf genügt und die Füsse erst festgezogen werden, nachdem 
das Pferd bereits durch das mechanische Niederlegen in eine ver- 
hältnissmässig hilflose Lage versetzt ist, die seinen Widerstand 
gegen die nachfolgende vollständige Knebelung bricht und so 
Selbstverletzungen durch heftiges Sträuben ausgeschlossen sind. 

3. Drehbarkeit der Tischplatte um eine senkrechte Achse. 

4. Senkrechte Beweglichkeit durch Heben und Senken. 

5. Zuverlässige und leichte Handhabung aller Bewegungen 
mit vollkommener Beherrschung der Geschwindigkeiten und der 
Ruhelagen. 

6. Einfache, leicht rein zu haltende Constructionsformen 
und bequeme Zugänglichkeit aller Theile. 

Die technische Lösung der Aufgabe führte zur Ausführung 
der nachstehend beschriebenen hydraulischen Anlage, welche 
sowohl im Grundgedanken wie in allen Einzelheiten erstmals 
für den vorliegenden Zweck erdacht ist und folgende Vorzüge 
in sich vereinigt. 

1. Kippen, Heben, Senken und Schwenken der Tischplatte 
mit Hülfe eines einzigen centralen Stützkolbens in Verbindung 
mit der Steuerung durch einen einfachen Handhebel, dessen 
leichte Einstellbarkeit nicht nur die Geschwindigkeiten der ver¬ 
mittelten Tischbewegungen zuverlässig regelt sondern auch 
Bremsen und Festhalten der Last in jeder beliebigen Lage 
pünktlich vermittelt. 

2. Handhabung der Anlage von einem beliebigen Standort 
im Operatiousraum, abseits des .Tisches, der einen freien Heber¬ 
blick über die Vorgänge bietet. 


3. Entbehrlichkeit einer besonderen Betriebsmaschine durch 
unmittelbaren Anschluss des hydraulischen Apparates an eine 
vorhandene öffentliche Druckwasserleitung, die auch für die son¬ 
stigen Bedürfnisse einer Pferdeklinik zur Verfügung stehen muss. 

4. Vollkommenste Erfüllung der hygienischen Anforderungen 
hinsichtlich der antiseptischen Reinigung der Anlage, weil Zahn¬ 
räder und Triebwerke mit Fugen und unzugänglichen Stellen, 
in denen sich Blut, Eiter, Fäulnisserreger und Krankheitsträger 
ansammeln können, hierbei vermieden werden. 

5. Durchweg nach aussen abgeschlossene, glatte Construc¬ 
tionsformen und allseitig freie Zugänglichkeit der nur von unten 
abgestützten Tischplatte. 

G. Günstigste Vereinigung der arbeitenden und der stützen¬ 
den Maschinentheile bei grosser Geschwindigkeit für die zu 
bewältigenden, beträchtlichen und umfangreichen Lasten, weil 
der hydraulische Cylinder mit seinem Kolben durch geeignete 
Wahl seines Querschnitts sowohl die Tragkraft wie die Ge¬ 
schwindigkeit beliebig hoch anzunehmen gestattet und gleich¬ 
zeitig eine ( ausserordentlich solide Führung und Stützung für 
alle Lagen und Bewegungen des Tisches bietet. 

Der gusseiserne hydraulische Cylinder ist im Fundament auf 
eingemauerten schmiedeeisernen Trägern freihängend abgestützt 
und ragt nur mit seinem Kopf, der die Stopfbüchsendichtung 
für den nach oben austretenden Druckkolben enthält, über den 
Betonfussboden des Operationssaales hervor. Zum Verhüten von 
Rostansätzen ist der gusseiserne Kolben mit einer starken 
Kupferschicht überzogen und gleitet im Cylinderkopf in Bronze¬ 
führungen. 

Die kräftige schmiedeeiserne Tischplatte von etwa 2,2 m Länge 
und 1,85 m Höhe schmiegt sich in flacher Krümmung einiger- 
massen dem Thierkörper an und ist durch eine besondere seit¬ 
liche Auskragung ausreichend verbreitert, um auch für den vor¬ 
stehenden Pferdekopf noch eine geeignete feste Auflagerung zu 
gewinnen, ohne die Gesammtabmessungen und ihr Gewicht stö¬ 
rend zu vergrössern. Die ganze Auflagefläche ist durch runde 
und längliche Löcher durchbrochen und auf der Rückseite mit 
zahlreichen Klemmschrauben versehen, die zum Durchziehen und 
Festhalten der Gurte und Stricke dienen, mit denen der Thier¬ 
körper gegen die Platte gezogen wird. 

Die horizontale Kippachse der Platte durchdringt einerseits 
zwei kräftige Scharnirbänder auf der Rückseite und ist anderer¬ 
seits am Rande des Kolbenkopfes in zwei Böcken derart ausser¬ 
halb der Kolbenachse einseitig gelagert, dass bei hochstehendem 
Kolben die ganze Tischplatte senkrecht frei herabhängt und 
diese Stellung durch ihr Eigengewicht selbstthätig einnimmt. 

Am unteren Plattenrande befinden sich auf der Rückseite 
zwei Laufrollen, die sich mit ihren Umfangsnuten gegen eine 
eiserne Stütz- und Führungsbahn in einer muldenförmigen Ver- 
tiefung des Betonfussbodens vor dem Tisch legen. Durch die 
senkrecht aufwärts gekröpften Enden dieser Führungsbahn wird 
die Platte in ihrer senkrechten Stellung an der unteren Kante 
nach rückwärts abgestützt und dadurch gehindert, oben nach 
vorn umzukippen. Die flach gekrümmte Fortsetzung der 
Schienen in der Fussbodenmulde zwingt aber die Platte beim 
Senken des Kolbens unten nach vorn auszuweichen und ver¬ 
mittelt dadurch selbstthätig und zwangläufig das beabsichtigte 
Kippen der Platte zum Niederlegen des Pferdes, sobald man 
durch den Steuerapparat Wasser aus dem Cylinder entweichen 
lässt, das unter dem grossen Kolbengewicht und der aufrnhenden 
Last rasch ausströmt. Die eigenartige Verbindung der Theile 


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veranlasst durch das Sinken des stützenden Kippscharnirs mit 
dem niedergehenden Kolben bei dem gleichzeitigen seitlichen 
Ansgleiten der unteren Tischkante auf der Rollenführungsbahn 
anfänglich eine ausserordentlich rasche Winkeländerung, die 
aber gegen Ende, beim Uebergang der Platte in die wagerechte 
Lage, sich stark verzögert. Dadurch wird, unter vollständig 
zwangläufiger Beherrschung der 
Bewegung mittelst des Steuer¬ 
apparates, der Forderung in voll¬ 
kommenster Weise genügt, dass 
der wesentlichste Theil der Kipp¬ 
periode, welcher das Thier am 
meisten beunruhigt, sich in 
wenigen Sekunden vollzieht, 
während der Abschluss des Vor¬ 
ganges durchaus sanft und stoss- 
frei erfolgt. Zur weiteren 
Sicherung dieses Zieles ist dafür 
gesorgt, dass die Tischplatte 
sich in der Anlaufperiode bis zum 
Eintritt der vollen Maschinen¬ 
geschwindigkeit eine kurze 
Strecke geradlinig an den senk¬ 
rechten Enden der Rollen¬ 
führungsschienen niedersenkt 
und die plötzliche Kippbewegung 
erst im vollen Lauf ein tritt, 
während der Kolben gegen Ende seines Niederganges den Steuer¬ 
hebel selbstthätig in die Mittellage zurückdrängt und durch die 
hierbei auftretende Bremsung der Maschine die Sanftheit, mit 
welcher der Kippvorgang in die Ruhelage übergeht, noch steigert. 

Der umgekehrte Vorgang vollzieht sich, wenn Drupkwasser 
unter den Kolben tritt. Nieder- „ 
kippen und Aufnchten des Ope¬ 
rationstisches erfordert hiernach 
nur das Einstellen der hydrau¬ 
lischen Steuerung mittelst eines 
Handhebels auf Abfluss oder 
Einströmen des Druckwassers 
in den Hnbcylinder, und die 
hierfür aufzuwendende Kraft 
kann mit einem Finger geleistet 
werden, da die Steuerung als 
entlasteter Kolbenschieber aus¬ 
geführt ist. Eine siebfdrmige 
Abstufung der Durchflussquer¬ 
schnitte im Stenerapparat ver¬ 
hütet Btossweises Anwachsen 
der eingeleiteten Geschwindig¬ 
keiten und vermittelt beim Um¬ 
steuern ebenso sanfte Brems¬ 
wirkungen. Sobald die Steu¬ 
erung in die Mittellage zu¬ 
rückgeführt wird, sperrt sie 
kommen ab und stützt dadurch 
lieh und, bis zu einer Veränderung der Steuerstellung, wie auf 
einer vollkommen starren Unterlage zuverlässig ab. 

Diese Abstützung und die freie Drehbarkeit des Kolbens in 
seiner Stopfbüchsendichtung gestatten ferner den Tisch leicht 
mit der Hand um seine senkrechte Cylinderachse zu schwenken. 


Fiy. 1. Beschreibung s. pag. 319. 


Fig. 2. Beschreibung s. pag. 319. 


den Was8erdurchflus8 voll- 
den Tischkolben augenblick- 


Kuppelt man ferner die Platte in horizontaler Lage durch 
eine am Kolbenkopf angebrachte Klemmvorrichtung mit letzterem, 
so hebt und senkt sich der Tisch mit wagerechter Platte beim 
Ein- oder Ausströmen von Druckwasser und gestattet mit dem¬ 
selben Steuerhebel, der auch zum Kippen dient, das Einstellen 
auf jede gewünschte Höhe. 

Aus der wagerechten Lage 
lässt sich der Tisch in die nach 
rückwärts geneigte mit Hilfe 
einer kleinen tragbaren Ergän¬ 
zungsstütze bringen, die im 
Wesentlichen aus einer dreh¬ 
baren Schraubenspindel mitGriff- 
stern, einem kugelförmigen Kopf 
und einem I förmigen Fuss be¬ 
steht, dessen senkrechter Stutzen 
die Spindel aufnimmt, während 
die horizontalen Schenkel in 
Stirnzapfen endigen, deren Lager¬ 
pfannen in den Betonfussbodeu 
eingelassen sind. Stellt man die 
Stütze mit ihren Fusszapfen auf 
den Boden und schraubt sie nach 
oben auf passende Länge, bis 
sie mit ihrem Kopf in eine ent¬ 
sprechende Pfanne aufderunteren 
Fläche der Tischplatte — bei 
horizontaler Lage der letzteren — hineingepresst wird, so hat ein 
Senken des Kolbens die Neigung des Tisches nach der entgegen¬ 
gesetzten Seite, d. h. wenn die Stütze vorn steht, nach hinten zur 
Folge. Die Zapfenanordnung der Stütze gestattet dieser, der Kipp- 
bewegnngselbstthätigzufolgen, ohne an Stützsicherheit einzubüssen. 

Um bei dieser umgekehrten 
Kipplage das Abgleiten des 
Pferdes von der Platte zu ver¬ 
hüten, wird vorher eine breite, 
mit Holz belegte Rückenstütze 
in den Tisch eingesetzt. 

Der tiefste Punkt der Fuss- 
bodenmulde ist zum Abführen des 
Spülwassers und aller Opera¬ 
tionsflüssigkeiten, Eiter, Blut, 
Sublimat u. s. f. benützt. 

Ausser dem in einfachster 
Weise zu bedienenden Stener¬ 
apparat, der alle Bewegungen 
und Ruhelagen vermittelt, ge¬ 
hören zu der Anlage nur noch 
wenige Hilfsgeräthe, nämlich: 

1. Ein abnehmbares Fuss- 
brett an der Tischplatte, auf wel¬ 
ches das Pferd zum Anschnallen 
geführt wird, nnddieimVereinmit 
einer im Fundament durch Scharniere befestigten eisernen Boden¬ 
klappe die muldenförmige Vertiefung des Fnssbodens bei auf¬ 
rechter Tischstellung überdeckt, so dass das Pferd auf ebenem 
Untergrund an den Operationstisch heran- und wieder fortgeiührt 
wird. Die Bodenplatte weicht beim Kippen selbstthätig aus; das 
Fussbrett wird für die Operation vom Tisch abgenommen, um 
den Operateur nicht zu behindern, und erst wieder mit Bolzen 


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No. 27 




angesteckt, wenn der Tisch zur Entfernung des Thieres zurück¬ 
gekippt werden soll. 

2. Die bereits erwähnte tragbare Schraubenspindel für die 
Rückwärtsneigung der Platte. 

3. Ausreichende Zahl von Gurten und Stricken zum Fesseln 
des Pferdes, sowie die 
ebenfalls schon erwähnte 
Rückenstütze. 

4. Eine kleine, voll¬ 
ständig eingekapselte 
Schneckenradwinde auf 
der oberen Rückenseite 
der Tischplatte mit einer 
kurzen Hakenkette, die 
über einer Leitrolle in der 
Mitte der Plattenkante 
nach vorn überhängt 
und zum Anspannen 
eines breiten Bauch¬ 
gurtes dient, mittelst 
dessen das Pferd bei der 
ersten vorläufigen Be¬ 
festigung zum Umkippen 
besonders wirksam an 
der Platte festgehalten 
wird, ohne es besonders 
zu beunruhigen. 

5. Zwei schmiedeeiserne hohle Säulen, deren gusseiserne, 
genutete Füsse in Führungen auf dem Fussboden von hinten gegen 
den Tisch vorgeschoben werden können, und in verschiebbaren 
Muffen nach vorn anskragende, scheerenartig gekuppelte Arme aus 
Gasrohr tragen. Diese 
beherrschen die Tisch¬ 
platte von oben und 
dienen zum Aufziehen und 
Festbinden der Extremi¬ 
täten des Thieres in be¬ 
liebiger Spreizlage. 

6. Kleinere, versetz¬ 
bare, niedrige Fuss- 
stützen, die ähnlich wie 
die Rückenstütze direct 
in die Plattenschlitze ein¬ 
gesetzt werden können. 

Die ganze Anlage 
ist mit Einschaltung eines 
Windkessels und einer 
Luftschleuse, zur Er¬ 
neuerung der Luftfüllung 
desselben, unmittelbar an 
die städtische Wasser- 
leitungangeschlossen, die 
6 Atra. Druck liefert. 

Windkessel und Steuerung haben an der einen Wand des 
Operationssaales Aufstellung gefunden und stehen mit der 
Maschine durch eine unterirdisch, in einem kleinen Tunnel ver¬ 
legte Rohrleitung und durch das Steuergestänge für die Selbstab¬ 
stellung in Verbindung, so dass auch diese Theile, w'ie die er¬ 
forderlichen Absperr-, Entwässerungs- und Entlüftungsventile frei 
zugänglich sind, ohne dass der Operationsraum dadurch beengt wird. 


Fig. 3. Beschreibung s. pag. 310. 


Die Tragkraft des Operationstisches ist für 1000 kg Nutz¬ 
last berechnet und bewältigt diese in Wirklichkeit kaum zu er¬ 
wartende Grenzbelastung, ausser dem Eigengewicht des Kolbens 
und der schweren Platte, das mit allem Zubehör etwa 1600 kg 
beträgt, nach den vorgenommenen Versuchen mit Leichtigkeit, ohne 

dass die grossen Massen¬ 
bewegungen die gering¬ 
sten Stö8se verursachen. 
Im Nothfall würde bei 
einem nicht zu scheuen 
Thier eine Person ge¬ 
nügen, um alle Vor¬ 
bereitungen zur Operation 
und diese selbst allein 
anszuführen. 

Die allgemeinen An¬ 
forderungen für die 
Leistungsfähigkeit und 
Gebrauchsweise des Ope¬ 
rationstisches sind von 
Professor Hoffmann, in 
dem Eingangs initge- 
theilten Programm zu¬ 
sammengefasst. Die lei¬ 
tenden Grundgedanken 
der technischen Aus¬ 
führung und der all- 
von Ad. Ernst, Professor 


Fig. 4. 


gemeine Constructionsplan rühren 

an der Technischen Hochschule zu Stuttgart her, der Seitens 
der Königl. Domänendirection auch mit der weiteren Berathung 
und mit der Prüfung der Ausführung betraut war. Die Aus¬ 
führung selbst ist in der 
Maschinenfabrik von G. 
Kuhn in Stuttgart-Berg 
erfolgt, deren Ingenieur 
Hermann Höflinger 
die constructiven Einzel¬ 
heiten und Werkstatt¬ 
zeichnungen ausarbeitete. 

Schon die angestellten 
Proben haben er¬ 
geben, dass die Anfor¬ 
derungen an die Ope¬ 
rationshalle, die Ope- 
rationsmaschiue und 
die Ausrüstung voll¬ 
kommen und in allen 
Theilen erfüllt sind, 
und seitdem die Ein¬ 
richtung in vollem Ge¬ 
brauche ist, werden die 
grossen Vortheile täglich 
Beschreibung s. pag. 319. mehr erkannt. 

Der Vorstand der chirurgischen Klinik in Stuttgart ist durch 
diese Einrichtung in den Stand gesetzt, jederzeit bei Tag 
oder Nacht mit ganz w r enig Hilfspersonal, eventuell 
auch ganz allein, ein Pferd niederzulegen und es mit 
wenig Personal ja erforderlichenfalls sogar ganz allein 
und ohne jede Assistenz aseptisch operiren zu können. 
Erst mit dieser vollkommenen Einrichtung und Ausstattung 


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des Operationssaales an der neuen chirurgischen Klinik zu 
Stuttgart hat der gröBseste Fortschritt der Chirurgie, dieAntiseptik 
und Aseptik seinen eigentlichen Einzug in die Thierheilkunde 
gehalten. 

Flfl.l: Tischplatte aufrechtstehend, von hinten gesehen, 
mit den im Fassboden vcrschiebbarenSäulen, deren scheerenartig 
angeordnete und beliebig verschiebbare und verstellbare Arme 
zum Befestigen der Extremitäten des zu operirenden Thieres be¬ 
stimmt sind, sobald der Tisch in horizontaler Lage darunter steht 
und ein oder mehrere FUsse des Pferdes nach oben gespreizt werden 
sollen. 

Der dnnkle Cylinder unmittelbar vor der Tischplatte 
ist der hydraulische Druckkolben, an dessen Kopf die Platte 
in einem kräftigen Scharnir hängt Von der dem Beschauer 
zugewendeten Kolbenkopfkante gehen die Kuppelschienen 
aus, welche bei wagerechter Tischlage in die geschlitzten 
Klemmkörper aut der oberen Plattenkante eingreifen 
und die feste, undrehbare Verbindung zwischen Kolben und 
Tisch vermitteln, sobald die zugehörigen Klemmschrauben in 
der Eingrifflage angezogen werden. Dicht über dem Fussboden 
sind links und rechts die Stützrollen für die Kippleitbahn sichtbar, 
welche sich gegen die senkrecht aufwärts gerichteten Enden der 
im Uebrigen verdeckten Bahn legen. Zwischen Tisch und Anbinde- 
säulen sind Hilfsausrüstungstbeile niedergelegt. 

Fi||. 2 : Die Abbildung giebt die Verhältnisse unmittelbar 
vor dem Umlegen des Operationstisches wieder, mit der Be¬ 
festigung des Pferdes an der aufrecht stehenden Platte 
durch den breiten Bauchgurt, einen langen Riemen, derden Rumpf 
von der Brust bis zum Hinterschenkel festzieht, und einen Halsriemen. 
Die Füsse bleiben vollständig frei beim Niederlegen. Die Be¬ 
festigung lässt sich in kurzer Zeit bewerkstelligen. Das Fuss- 
trittbrett am Tisch und die davor liegende eiserne Boden¬ 
klappe sind mit Linoleum belegt, um das Pferd vor dem Aus¬ 
gleiten zu schützen und klapperndes Geräusch beim Auftreten zu 
vermeiden, das das schreckhafte Thier leicht beunruhigen würde. 
Vor dem Umkippen des Tisches werden die seitlichen Aufhänge¬ 
schienen des Trittbrettes durch Hcrausziehen der oberen Steck¬ 
bolzen gelöst, so dass das Brett beim Kippen selbstthätig nach 
unten herabklappt. Der hydraulische Steuerhebel, durch 
welchen der Kippvorgang vermittelt wird, befindet sich abseits 
vom Tisch an der rechten Wand des Operationssaales und ist des¬ 
halb in der Aufnahme nicht sichtbar. 

Fifl.3 : Die Tischplatte mit dem aufgeschnallten Pferde 
ist in horizontaler Lage mit dem Kopf des hydraulischen 
Stützkolbens fest verkuppelt und mannshoch gehoben, wie 
die im Vordergrund stehende männliche Figur erkennen lässt, die in 
dieser Stellung zufällig den Kolben selbst verdeckt. Die grosse 
Hubhöhe gewährt den Vortheil, dasB man die Klemmvorrichtungen 
der BefestigungBgurte auf der Unterseite der Tischplatte bequem 
nachzieben und prüfen kann. Zur Operation wird der Tisch 
auf geringere Höhe zurückgesenkt und kann in jeder be¬ 
liebigen Stellung ohne besondere Hemmvorrichtung und 
Stütze durch die hydraulische Steuerung festgehalten 
werden. Hierzu hat man nur den (an der Saalwand befindlichen) 
Steuerhebel auf seine Mittellage einzustellen, um die Wasser¬ 
säule unter dem Druckkolben abzusperren. Die Abbildung lässt 
unter Anderem auch die muldenförmige Vertiefung im Beton- 
fussboden mit der kurvenförmigen Schienenbahn für die 
Kippleitrollen der Tischplatte erkennen, die, unterhalb der 
vorderen Plattenkante angebracht, sich auf diese Bahn auflegen, 
wenn der Tisch mit dem Kolben auf regelrechte Höhe zurück¬ 
gesenkt wird. 

Flg. 4: Tischplatte, mit dem aufgeschnallten Pferde 
nach rückwärts geneigt mit hoebgebundenem rechten 
Hinterfuss des Thieres in der Operationslage für eine 
Castration. Die Aufnahme ist in einer Operationspause gemacht. 
Das der Operation unterworfene, hier der Abbildung dienende Thier 
ist ein 6jähriger Halbbluthengst und nicht narkotisirt. 
Da das Thier sich in zwar gefesselter, aber bequemer Lage befindet, 
so ist es vollkommen ruhig. 


Referate« 

Ueber die Verwendbarkeit von Jodeiweissverbindungen 
(Eigone) in der thierärztlichen Praxis. 

Von Prof. Dr. Röder, Dresden. 

BerUner Archiv 1900, Bd. 26 H. 4/b. 

Dr. Dietrich gelang es, Eiweissverbindnngen mit Jod 
und Brom darzustellen und belegte diese Verbindungen mit dem 
Namen Jod- und Brom-Eigone. Die Präparate, in welchen 
die beiden Metalloide intramolecular gebunden sein sollen, werden 
als Ersatz für die Jod- bezw. Bromalkalien empfohlen. 


Verf. machte eine Reihe Versuche mit den Jod-Eigonen, von 
denen durch die chemische Fabrik zu Helfenberg bei Dresden 
drei Präparate in den Handel gebracht werden: Jod-Eigon 
(Albamen jodatum), Jod-Eigon-Natrium (Natr. jodo- 
albuminatura) und Pepto-Jod-Eigon (Peptonum jodatum). 

Das Jod-Eigon (früher «-Eigon) enthält 20 pCt. Jod und ist 
unlöslich in Wasser. Es kann als Ersatzmittel für Jodoform in 
der Wundbehandlung Verwendung finden. Eine Wunde mit be¬ 
deutendem Substanzverlust, welche Verf. beim Pferde mit Jod- 
Eigon behandelte, heilte ohne Eiterung binnen 4 Wochen. Im 
unteren Mundwinkel.befind sich eine Tasche, welche zwischen 
zwei Muskeln hinein verlief und durch eine Gegenöffnung mit 
Gummirohr , drainirt werden musste. Der Theil der Wunde, 
welcher mit 2procentiger Lysollösung ausgerieselt wurde, eiterte 
im Gegensatz zu der übrigen Wundfläche stark und verzögerte 
die Heilung. 

Nach Dietrich wird vom Jod-Eigon in der Wunde freies 
Jod abgespalten, welches sofort durch andere Eiweissstoffe wieder¬ 
gebunden wird. Gleichzeitig macht sich das Auftreten von Jod- 
wasserstoffiBäure bemerkbar. Auf diesen Eigenschaften — Ab¬ 
spaltung von Jod in statu nascendi und Bildung von Jodwasser¬ 
stoffsäure •— soll die desinficirende Kraft des Präparates beruhen. 
Verdünnungen desselben von 1: 10 mit Talcum ergaben bei ihrer 
Verwendung gleich gute Resultate. Das Jod-Eigon-Natrium 
(a - Eigon - Natrium) bewährte sich in wässeriger Lösung 
oder in Pulverform zu 10 bis 15 g pro dosi, ev. 2 mal täglich, 
innerlich bei der Brustseuche und bei der Haemoglo- 
binämie (Lumbago) des Pferdes. Ein im Reconvalescenz- 
8tadium der Brustseuche befindliches Pferd behielt verhältniss- 
mässig lange Zeit eine fortdauernde frequente Respiration. So¬ 
bald die Behandlung mit Jod-Eigon-Natrium einsetzte, fiel die 
Athmung6frequenz von 36 auf 18 Züge in der Minute. Das 
Mittel wurde in diesem Falle in Pillenform mit Pulv. Rad. 
Altbaeae verabreicht. — Zwei Fälle von Lumbago kamen[_in 
5 bis 7 Tagen zur Heilung, wobei insgesammt 65 bezw. 60 g 
Jod-Eigon-Natrium verbraucht wurden. 

Für schwere Fälle empfiehlt R. den intratrachealen Gebrauch 
des Mittels in Lösungen von 10:100. 

Besonders geeignet erscheinen die Jod-Eigone auch noch 
gegen die Aktinomykose, weil dem Körper in kurzer Zeit ver- 
hältnissmässig viel Jod auf unschädliche Weise zugeführt werden 
könne. Die Dosis für Rinder ist die gleiche als für Pferde. 
Für Hunde wird je nach der Grösse die Einzeldosis auf 0,2 
bis 1,0, die Tagesdosis auf 0,5 bis 2,0 angegeben. Zum internen 
Gebrauch bei Hunden wird der Zusatz eines Geschmacks- 
corrigens empfohlen (Extr. Malti oder Syrupus). 

Eine Salbe aus Albumen jodatum 2 bis 5 pCt. mit Ugt. 
Paraffin, ist bei Ulcus corneae zu gebrauchen. 

Ueber das Pepto-Jod-Eigon (Peptonum jodatum) hat R. 
Erfahrungen bisher nicht gesammelt. 

Ichthoform. 

Von Prof. Rabow und Galli-Valerio. 

(Tber. Mon»tsh.) 

Das Ichthoform, von der Ichthyol-Gesellschaft hergestellt, 
wurde von den Autoren einer näheren Prüfung unterzogen, weil 
es eine Verbindung von Formalin und Ichthyol ist. Alle 
Formalin-Verbindungen haben sich aber in einer Weise bewährt, 
dass die Hoffnung berechtigt war, dass auch dieses Mittel sich 
wirksam erweisen würde. Die Verfasser legten sich folgende 
Fragen vor: 1. Welchen Einfluss hat Ichthoform auf die Entwicklung 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 


820 

von Bacterien and Hyphomyceten? 2. Welchen Werth hat es 
als Desodorans? 3. Wie wird es von Thieren vertragen? 
4. Wie wirkt es anf den Menschen? Alle diese Fragen wurden 
an der Hand von Versuchen eingehend geprüft, und es zeigte 
sich, dass das Ichthoform ein ganz vorzügliches Desinficiens und 
Desodorans, dabei aber vollkommen unschädlich für Mensch 
und Thier ist. In Dosen von 2—3 g pro die erwies es sich 
als gutes Darmdesinficiens. Die Autoren glauben das Mittel zu 
weiteren Versuchen empfehlen zu dürfen. 

Ueber die in der Armee gebräuchlichen Antiseptica. 

(ZUchr. f. Vet. Juni 1900.) 

Besonders die Zahl der Trockenantiseptica hat sich ver¬ 
mehrt. Das Jodoform ist sichtlich znrückgedrängt, wird jedoch 
bei schweren Verletzungen und operativen Eingriffen in der 
Armee immer noch am meisten gebraucht und dient gewisser- 
massen zum vergleichsweisen Gradmesser für die Wirksamkeit 
der übrigen Antiseptica. Unter diesen ist das Tannoform als 
billig, secretionsbeschränkend und schorfbildend bei oberfläch¬ 
lichen, das Airol als Paste bei genähten Wunden und das 
Glutol bei Sehnenscheidenwunden ganz besonders beliebt. Gegen¬ 
über diesen Mitteln tritt die grosse Zahl aller anderen Wund¬ 
streumittel völlig zurück. Unter den flüssigen Antiseptica hat 
sich das Bazillol Anerkennung erworben. 

Dem Dermatol werden ganz besondere Vorzüge nachgerühmt. 
Thioform wird nur vereinzelt, Xeroform ebenfalls viel weniger 
angewandt. 

Das Tannoform und Glutol sind bekanntlich beide Formalin¬ 
derivate. Das Formalin selbst, d. h. eine 35procentige wässrige 
Formaldehydlösung, wird rein und verdünnt erfolgreich angewandt 
bei Strahlkrebs, Hufverletzungen, Hnfknorpelfistel, Strahlfäule und 
Hauterkrankungen in der Fesselbenge. 

Das Tannoform wurde in der Wundbehandlung und innerlich 
angewendet. Es hat vor allen Dingen den Vorzug grösster 
Billigkeit. Die Wunden bedecken sich mit einem trockenen 
Schorf und heilen meist ohne Eiterung. Wegen der aus¬ 
trocknenden Wirkung ist es auch als Streupulver für nässendes 
Ekzem, 1:2 Talcum, anzuwenden. Füchsel wendet folgende 
Mischung an: Tannoform und Borsäure Sä als Pulver. Tanno¬ 
form und Talcum 1:2. Tannoform-Collodium 1:10. Tanno¬ 
form mit Vaseline als Salbe 1 : 10. Unter Verbänden ist nach 
Frank dem Jodoform deswegen der Vorzug zu geben, weil das 
Tannoform zu harte Krusten bildet, die die Wunden reizen und 
bei Verbandwechsel sich nur durch längeres warmes Baden ent¬ 
fernen lassen. Bei Diarrhoe wurde es in zwei Fällen erfolgreich 
verwandt (20 g in ein Stück Schwarzbrot eingeknetet). 

Das Glutol ist trotz seines hohen Preises zu häufigem Ge¬ 
brauch gekommen. Nach Frank entfaltet es die hervorragendste 
desinficirende und secretionsbeschränkende Wirkung und ist 
namentlich bei Sehnenscheidenwunden allen anderen Desinficientien 
vorzuziehen. Dem schliessen sich andere Berichterstatter an. 

Das Bacillol ist in der Armee vielfach an Stelle des Lysol 
und Creolin getreten. Es wurde in 5 procentiger Lösung zur 
Stalldesinfection benutzt, stellte sich dabei erheblich billiger als 
jene anderen beiden Mittel, da das Kilo Bacillol nur 1 M., Lysol 
2,4 M., Creolin 3 M. kosten. Auch in der Wundbehandlung ist 
es 1$ procentig mit gutem Erfolge benutzt worden. 

Die Pikrinsäure ist ganz besonders bei Verbrennungen all¬ 
gemein empfohlen als schmerzstillend und epithelbildend. Kuske 
probirte es mit Erfolg bei einer starken Verätzung der Hinter¬ 


gliedmassen und Bauchhaut durch Kalk. Es bestand bei dem 
betreffenden Ochsen hohes Fieber. Nach gründlicher Reinigung 
mit lauwarmem Wasser wurden täglich zweimalige Waschungen 
mit l'i procentiger Pikrinsäurelösung angewandt mit offensicht¬ 
lichem Erfolge. 

Das Pyoctanin ist noch im Gebrauch geblieben und wird 
namentlich bei Mauke gelobt. Es wird hier als 4 procentige 
Lösung täglich dreimal aufgepinselt unter Trockenverband oder 
auch als 10 procentige Lösung oder in Salbenform gebraucht, 
selbst bei tiefergehenden Leiden wie Strahlfäule u. dergl. 

Zur Statistik des Kehlkopfpfeifens. 

Von Repetitor Vosshage. 

(DUch. Th. W. 84.) 

Es herrscht die Anschauung, dass bei Wallachen das Kehl¬ 
kopfpfeifen häufiger vorkomme als bei Stuten. Dieckerhoff 
hat das Pfeifen 1878 bis 1891 bei 30 Hengsten, 975 Wallachen 
und 451 Stuten constatirt. Vosshage liefert nun eine Statistik 
aus der Klinik der hannoverschen thierärztlichen Hochschule 
vom Jahre 1880 bis 1899 incl. In diesem Zeitraum wurden 
eingestellt 427 Hengste, 8965 Wallache und 3764 Stuten. 
2 / 3 aller Pferde waren also Wallache. Von diesen zusammen 
13156 Pferden wurden 1178 als Kehlkopfpfeifer befunden und 
zwar 25 Hengste, 904 Wallache und 249 Stuten. Danach ent¬ 
fallen 76,7 pCt. aller Kehlkopfpfeifer anf die Wallache. Dies 
ist also ein höherer Procentsatz als deijenige, den die Gesammt- 
zahl der eingestellten Pferde ausmacht. Noch klarer wird die 
Thatsache, wenn man die Procentzahl der Kehlkopfpfeifer auf 
die Zahl der eingestellten Pferde nach den Geschlechtern aus¬ 
rechnet. Unter den Hengsten fanden sich danach 5,8 pCt, 
unter den Stuten 6,6 pCt. und unter den Wallachen 10,1 pCt. 
Kehlkopfpfeifer. Demnach verhält sich die Zahl der Kehlkopf¬ 
pfeifer beim männlichen und weiblichen Geschlecht wie 3:2. 
Nun sind ja allerdings nicht alle der oben aufgeführten ein¬ 
gestellten Pferde auf Kehlkopfpfeifen untersucht worden. Be¬ 
rücksichtigt man nnr diejenigen, welche von vornherein zum 
Zwecke der Kehlkopfsuntersuchung oder unter dem Verdacht 
des Kehlkopfpfeifens eingestellt wurden, so wurden untersucht 
1449 männliche Thiere, davon 929 Roarer, und 524 weibliche, 
davon 249 Roarer. Demnach waren von den untersuchten 
männlichen 64 pCt., von den untersuchten weiblichen Thieren 
47 pCt. Kehlkopfpfeifer. Auch bei dieser Berechnung kommt 
also, wenn auch nicht ganz, so doch ziemlich das gleiche Ver¬ 
hältnis heraus. Es ergiebt sich demnach, dass das Kehlkopfpfeifen 
bei männlichen Thieren und zwar speciell bei den Wallachen 
im Vergleich mit den Stuten im Verhältnis von 12:8 bis 9 
auftritt. 


Tagesgeschichte. 

Aufruf. 

Die Petitions-Commission des Deutschen Reichstages hat 
bekanntlich die Petition des Deutschen Veterinärrathes, betreffend 
Einführung des Abiturientenexamens für die thierärztliche Vor¬ 
bildung berathen und dem Vorschläge des Referenten Prof. 
Hoffmann entsprechend beschlossen, dem Plenum die Ver¬ 
weisung derselben an den Reichskanzler zur Berücksichtigung 
zu empfehlen. Im Herbste wird die Entscheidung sein. Damit 
die Verhandlung im Plenum dem Beschlüsse der Petitions- 
Commission entsprechend ausfällt, wird es noth wendig sein, 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


821 


möglichst viele Reichstagsabge ordnete von der Nothwendigkeit 
des Abiturientenexamens für die Thierärzte zn überzeugen. 

Unsere Aussichten sind nicht schlecht und unsere Hoffnungen 
sind bedeutend gewachsen, seitdem bekannt geworden ist, dass 
in dem vom Kaiserlichen Gesundheitsamte eingeforderten Gut¬ 
achten die Berechtigung unserer Forderung anerkannt wird. 

Ich fordere deshalb nochmals alle Collegen im Reiche auf, 
sich den Abgeordneten ihres Wahlkreises, wenn sich irgend 
dazu Gelegenheit bietet, zu nähern und dieselben für unsere 
Sache zu gewinnen zu suchen. 

Collegen! werden wir jetzt, unserem Ziele nahe, nochmals 
zurückgewiesen, so ist unsere Sache für längere Zeit verloren. 
Für alle Collegen muss deshalb bei jedem Gespräche mit einem 
Abgeordneten das ceterum censeo sein: „Die Einführung des 
Äbitnrientenexamens für die thierärztliche Vorbildung ist eine 
unabwendbare Nothwendigkeit.“ 

Dr. Esser, 

Präsident des Deutschen Veterinärrathes. 

XXXIII. General-Versammlung des thierärztliehen 
Vereins für die Provinz Posen. 

Am Sonntag den 10. Juni, dem vierten Tage der land- 
wirthschaftlichen Wanderausstellung, hielt der thierärztliche 
Verein der Provinz Posen im Restaurant Dümke eine von fast 
sämmtlichen Mitgliedern und einer grossen Zahl von Gästen be¬ 
suchte Festsitzung ab. 

Der Vorsitzende, Herr Veterinär-Assessor Heyne, eröffnete 
die Sitzung mit folgenden Worten: 

„Meine Herren! Gestatten Sie, dass ich Sie zunächst Alle, 
die Herren Gäste sowohl, wie die Herren Mitglieder unseres 
Vereins, herzlichst willkommen heisse. 

Sie sind heute nach Posen gekommen, um die landwirth- 
scbaftliche Ausstellung in Augenschein zu nehmen und um in 
dieser Stadt noch einige fröhliche Stunden zu verleben. Die 
Ausstellung wird uns unter der bewährten Leitung des Herrn 
Collegen Marks gezeigt werden und ich gebe dem Wunsche 
und der Hoffhung Ausdruck, dass Sie dieselbe voll befriedigen wird. 

Nach dem Rundgange durch die Ausstellung findet, und 
zwar um 4 Uhr, in den Räumen der Loge, Grabenstrasse, ein 
Diner statt und um 8 Uhr Abends im Restaurant des neuen 
städtischen Schlacht- und Viehhofes ein Commers. Meine Herren! 
Wenig nur ist es was wir Ihnen bieten, aber — dessen können 
Sie versichert sein — das Wenige kommt von Herzen! 

Und so wünsche ich denn, dass Sie sich Alle, namentlich 
aber unsere verehrten Herren Gäste, recht wohl bei uns fühlen 
mögen, damit der heutige Tag Ihnen stets in angenehmer und 
lieber Erinnerung bleibt.“ 

Hierauf gedenkt der Vorsitzende des im October vorigen 
Jahres im Alter von 28 Jahren verstorbenen Vereinsmitgliedes, 
Schlachthofdirectors Winter zu Bromberg. Die Anwesenden 
erheben sich von ihren Sitzen. Welches Mass von Anerkennung 
sich der Verstorbene trotz seiner grossen Jugend in seiner ver¬ 
antwortungsreichen Stellung zu erwerben gewusst habe, beweise 
der überaus ehrenvolle Nachruf der Stadt Bromberg (diese 
Zeitschrift 1899, S. 536). 

Weiter theilt der Vorsitzende mit, dass zwei Vorstands¬ 
mitglieder, der stellvertretende Vorsitzende Departementsthierarzt 
Peters (Bromberg) und der Schatzmeister Thierarzt Herzberg 
(Posen) durch schwere Erkrankung verhindert sind, der Sitzung 
beizuwohnen. Auf seinen Vorschlag drückt der Verein beiden 


Herren telegraphisch sein schmerzliches Bedauern aus und 
wünscht ihnen recht baldige Genesung. Schon wenige Stunden 
später konnte der Vorsitzende den telegraphischen Dank beider 
Herren und ihren Wunsch für ein weiteres kräftiges Gedeihen 
des Vereins verlesen. 

Zur Tagesordnung theilt der Vorsitzende das Ausscheiden 
der Herren Mueller (Pieschen), Zugehör, Rauschert, 
Liesenberg und Dr. Felisch aus dem Verein mit. Mit dem 
Austritt des letztgenannten Herren erlischt dessen Mandat als 
Delegirter zur Centralvertretung. Die erforderliche Neuwahl 
wird auf die Tagesordnung der nächsten Generalversammlung 
gesetzt werden. 

Nach Bewillkommung der neuaufgenommenen Mitglieder 
Herren Heinick, Wodarg, Kurschat und Sprenger und 
Erledigung einiger geschäftlicher Angelegenheiten ertbeilt der 
Vorsitzende dem Zuclitdirector Marks (Posen) das Wort zum 
zweiten Gegenstand der Tagesordnung: „Beschlussfassung über 
eine eventuelle Abänderung bezw. Ergänzung der Statuten 
behufs Erlangung der Rechtsfähigkeit des Vereins“. Herr Marks 
begründet in kurzen Worten die Nothwendigkeit der Er¬ 
langung der Rechtsfähigkeit. Der Verein tritt seinen Aus¬ 
führungen bei, beschliesst demgemäss und beauftragt den 
Vorsitzenden, einen Entwurf der abgeänderten oder ergänzten 
Statuten zu entwerfen und der nächsten Generalversammlung 
vorzulegen. 

Nachdem der Vorschlag, die nächste Versammlung im Herbst 
abzuhalten, angenommen ist, und Herr Marks in Kürze den 
Plan für den Besuch der Ausstellung entworfen hat, schliesst 
der Vorsitzende die Sitzung um 7,12 Uhr. 

Unter der liebenswürdigen Führung des Herrn Collegen 
Marks, der mit gerechtem Stolz auf die Frucht seiner lang¬ 
jährigen Arbeit und unermüdlichsten Fleisses blicken konnte, 
unternahmen die Anwesenden in Begleitung der Damen einen 
Rundgang durch die Ausstellung. Was die Posener Viehzucht 
geleistet hat, wie sie alle Erwartungen übertroffen hat, ist den 
Lesern dieser Zeitschrift aus den Tageszeitungen genügend bekannt 
geworden. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass das 
thierärztliche Arbeit ist, dass es ein Thierarzt ist, der die 
zielbewusste Arbeit der Posener Züchter leitet, und dem die 
Landwirthschaft das erfreuliche Ergebniss dieser letzten Aus¬ 
stellung zum grossen Theil verdankt. 

Nachdem Jeder nach Bedürfniss und Neigung seinen Wissens¬ 
drang befriedigt hatte, fanden sich die Theilnehmer mit ihren 
Damen um 4 Uhr in der Loge zu einem gemeinsamen Diner 
zusammen, das in überaus heiterer Stimmung verlief. 

Nach dem Kaiser-Toast, welcher durch den Herrn Vor¬ 
sitzenden ausgebracht wurde, begrüsste Herr College Jacob- 
Posen die erschienenen Gäste, worauf Herr College Dr. Grund¬ 
mann-Dresden mit herzlichen Dankes Worten erwiderte. Herr 
College Roskowski-Fraustadt hielt dann noch eine launige 
Rede auf die Damen, welche in grosser Zahl zum Diner er¬ 
schienen waren. 

Den frohen Tag beschloss ein Festcommers im Restaurant 
des Schlacht- und Viehhofes, dem das äusserst zahlreich vertretene 
schöne Geschlecht die Weihe gab. 

Denselben eröffnete Herr Veterinär-Assessor Heyne mit 
folgenden Worten: Hochgeehrte Festversammlung 1 Es drängt uns 
nach guter, deutscher Sitte zunächst unseres erhabenen Schirm¬ 
herren zu gedenken! Ich fordere Sie auf, mit mir auf das Wohl Sr. 
Majestät, unseres geliebten Kaisers Wilhelm H. einen urkräftigen 


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322 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 


Salamander zn reiben. Die Gläser rasselten und in einem 
Schlage fuhren sie auf die Tische dröhnend nieder. Die Musik 
(vom Feld-Art.-Rgt. No. 20) intonirte: „Heil Dir im Siegerkranz“, 
und mit Begeisterung stimmte die ganze Corona ein. — Nach 
dem das erste Allgemeine: „Deutschland, Deutschland über Alles“ 
gestiegen und dann noch manch’ schönes Lied gesungen war, 


übernahm Herr College Bermbach-Schroda das Präsidium und 
die „Fide!ita8“ begann. Nach Beendigung derselben wurde dann 
auch noch wacker Terpsichoren gehuldigt, wodurch die Corona 
bis in die frühen Morgenstunden gefesselt wurde. 

So endete mit Gesang und Tanz das schöne Fest, das wohl 
jedem Theilnehmer eine liebe Erinnerung sein wird. 


Staatsveterinärwesen. 

Geehrte Herren Collegen! 

Bereits im Jahre 1892 (conf. B. T. W. 22. Sept. 1892, 
No. 39) wurde von Peters der Versuch unternommen, ein Organ für 
beamtete Thierärzte zu schaffen, in welchem durch gegenseitige 
Aussprache und Belehrung das Staats-Veterinärwesen eine ein¬ 
heitliche Richtung in seinen wichtigsten Endpunkten erhalten 
sollte. Es ist allerdings bislang nur bei einer Sammlung von 
Bestimmungen verblieben, deren Studium auf die Dauer das 
Interesse verlieren muss. Der Gedanke, eine besondere selbst¬ 
ständige Zeitschrift für Veterinärbearate zu gründen, ist zwar 
verfolgt worden, aber an unüberwindlichen Hindernissen, von 
denen besonders die ünancielle Seite nicht das kleinste war, 
gescheitert. 

Für uns dürfte es sich nun zunächst um die Beantwortung 
der Frage handeln: Ist ein Organ für uns Vertreter des Staats- 
Veterinärwesens nothwendig? Nach unsern Erfahrungen, und 
wir glauben, wir befinden uns hierbei im Einverständnis mit 
den meisten von Ihnen, muss diese Frage mit einem vollen Ja 
beantwortet werden. 

Das Staats-Veterinärwesen spielt sich zum grössten Theil 
in der Oeffentlichkeit ab, es bleibt nicht im engen eigenen 
Rahmen, sondern weite Kreise haben ein Interesse an der Hand¬ 
habung desselben. Es ist daher mehr wie jeder andere Zweig 
unserer Wissenschaft einer weiten öffentlichen Kritik — sei es 
berechtigter oder unberechtigter Art — unterworfen, und dieses 
umsomehr, je intensiver die Handhabung desselben wird. Wenn¬ 
gleich auch das Staats-Veterinärwesen seinen wesentlichsten 
Stützpunkt in der Wissenschaft findet, so versagt diese doch, 
wenn die practische Seite mehr in den Vordergrund tritt und 
beispielsweise bei der Maul- nnd Klauenseuche, den Schweine- 
senchen u. s. w. die Empirie vor einer exacten wissenschaftlichen 
Grundlage das Uebergewicht erlangt. In solchen Fällen ist 
ein Austausch der Erfahrungen unbedingt nothwendig, umsomehr 
als durch das bestimmte Auftreten einzelner Seuchen in manchen 
Gegenden mehr Erfahrungen und reifere Urtheile gezeitigt 
werden, als in solchen Gegenden, wo ihr Auftreten nur zeit¬ 
weise erfolgt. Es fehlt aber für diesen Zweck an einem Fach¬ 
organ, an einer Sammlung von Erfahrungen für uns beamtete 
Thierärzte. Der an sich gering bewerthete Veterinärbericht 
hat sich dieser Aufgabe entsagt und die stereotype Beantwortung 
der 16 Fragen des Begleitberichts zur Viehseuchenstatistik ent¬ 
behrt des belebenden Geistes. Dieses Material yerschwindet in 
dem Rahmen einer Verwaltung, ohne Nutzen in dem an¬ 
geregten Sinne für die Allgemeinheit zu haben und ohne weitere 
Anregung zu fördern. 

• Wir Vertreter des Staats-Veterinärwesens haben aber alle 
Veranlassung, hus auf unserem Gebiete zusammenzuschliessen, 
unser Können zu prüfen und zu verbessern und Schäden zu be¬ 
seitigen. Fortschritte und Aufklärungen in den uns nahe¬ 
stehenden Gebieten, z. B. der Medicin und Landwirtschaft, ge¬ 


reichen uns zum Nachtheile, wenn wir Stillstehen. Wenn 
beispielsweise der Einführung des Milzbrand-Entschädigungs¬ 
gesetzes vom 22. 4. 92. von hoher Seite entgegengestellt wird, 
dass die Unsicherheit der Erkennung des Milzbrandes durch 
beamtete Thierärzte der Einführung des Gesetzes entgegen¬ 
stände, so trifft uns hiermit ein schwerer Vorwurf, dem Mir im 
Interesse der Sache und des Standes durch Beweise des Gegen- 
theils und Zurückweisung solcher Behauptung entgegenzutreten 
haben. Wenn unsere Thätigkeit bei der Bekämpfung der Maul¬ 
und Klauenseuche in der Oeffentlichkeit abfällig kritisirt wird 
und im Reichstage sogar Seitens eines Abgeordneten die, An¬ 
deutung der Leute wiederholt wird, dass solche Verfügungen ja 
nur im Interesse der Thierürzte gemacht wären, damit diese ihre 
Praxis erweitern könnten; die Bauern müssten zahlen, damit dir 
Thierärzte ein gutes Qeschäß machten u. s. w. *) — so ist ja an 
sich ein solcher Vorwurf lächerlich, er giebt uns aber an einer 
solchen Stelle gesprochen, ebenso wie. der Vorschlag: Land- 
wirthe zur Bemessung von Sperren etc. mit heranzuziehen, Ver¬ 
anlassung, jederzeit voll und ganz unsere Aufgabe zu erfüllen 
und weder durch übertriebene Sorgfalt noch durch Nach¬ 
lässigkeit Schaden zu stiften. 

Es harret unserer noch sehr viel auf dem Gebiete des 
Staats-Veterinärwesens. Wie weit ab vom richtigen Wege 
scheinen nicht die Massregeln zur Bekämpfung der Schweine¬ 
seuchen zu liegen, wie viel Verschiedenheiten birgt und wird 
die Durchführung der Fleischschau noch mit sich bringen, wenn 
es jetzt schon schwierig wird, eine gleichmässige Beurtheilung 
derselben zu erlangen? Wie verschieden sind die Anforderungen 
auf dem Gebiete des Hufbeschlags, in dessen Prüfnngs- 
Commissionen dem Kreisthierarzte der Vorsitz eingeräumt ist. 
wie viel Verschiedenheiten bestehen nicht im Liquidationswesen 
u. s. w. u. s. w. Alle diese Verschiedenheiten lassen sich durch 
Gesetze und Erlasse sowie Instructionen nicht ausgleichen und 
wenn sie noch so eingehend wären. Ein Meinungsaustausch 
unter Sachverständigen oder ein leitender Artikel eines Fach¬ 
organs bewirkt mehr wie die bestgewollten Instructionen, und 
nichts fordert die Kritik mehr heraus, als ungleiche Anwendung 
gesetzlicher Bestimmungen. 

In Erkenntniss des hieraus sich ergebenden Bedürfnisses 
und der oben erwähnten Anregung folgend, beabsichtigt die 
B. T. W., anlässlich einer Neuordnung ihrer Redaction, für eine 
specialistische und vervollkommnete fachschriftliche Bearbeitung 
des Veterinärwesens zu sorgen und Raum zu schaffen. Eine 
solche kann nur von Fachmännern ausgehen und ist daher von 
uns drei der Redaction angehörigen Depärtementsthierärzten 
übernommen worden. 

Ohne den übrigen Inhalt der B. T. W. in seiner bisherigen 
Gestalt zu beeinträchtigen, ist dem Staatsveterinärwesen eine 
eigene Rubrik eingeräumt, welche je nach Bedarf durch be¬ 
besondere Beilagen erweitert werden soll. Da sich das Material 

f 

*) 181. Sitzung S. 5109. Verhandlungen des Reichstags. 


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5. Juli 1900. 

nicht annähernd berechnen lässt, so können diese Beilagen vor¬ 
läufig nur zwanglose sein, wobei eine Weiterentwicklnng nach 
Massgabe des znfliessenden Stoffes im Ange behalten werden 
wird. Dafür wird die Mitarbeit der beamteten Thierärzte von 
entscheidender Bedeutung sein. 

In vorstehendem Sinne laden wir daher die Herren Coli egen 
ein, unser Vorhaben im Interesse der Sache nnd im Interesse 
des Standes zn unterstützen. 

Bromberg, im Juni 19C0. 

Peters. Preusse. Lothes. 


Fleischschau und Viehhandel. 

Von Kühnau. 

Der Vieh- und Fleischverkehr Dänemarks. 

Das Fleischbeschangesetz wird auch den Aussenhandel 
Dänemarks mit Fleischproducten wesentlich alteriren. Während 
früher Dänemark das Fleisch fast ausschliesslich in lebendem 
Zustande ausführte, haben es die Ende der 80er und Anfang 
der 90er Jahre von Seiten Deutschlands nnd Englands er¬ 
gangenen Einfuhrverbote zn Wege gebracht, dass sich Dänemark 
mehr und mehr der Fabrikation von Fleischproducten zuwandte 
und diese exportirte. Vor 13 Jahren wurden die ersten 
Genossenschaftsschlachtereien ins Leben gerufen, und heute 
werden bereits 25 mit 54 000 Mitgliedern gezählt, welche im 
Jahre 1899 fast ein Drittel des gesammten Viehbestandes im 
ungefähren Werthe von 30000 000 Kronen vom Leben zum 
Tode beförderten. 

Der Viehwechsel verkehr mit anderen Ländern nimmt 
von Jahr zu Jahr aus angeführten Gründen an Umfang ab, ersicht¬ 
lich wird dies, wenn man die Zahlen der letzten drei Jahre mit 
einander vergleicht: 


Einfuhr 

1899 

1898 

1897 


Stück 

Stück 

Stück 

Pferde 

7 026 

l 6 761 

1 J 7 

5 851 

Füllen 

23 

17 

Ochsen u. Kühe 

941 

100 

3 658 

Kälber 

189 

34 

1510 

Schafe u. Lämmer 

1 484 

**) 9 

6 531 

Schweine 

50 

22 

1 289 

Ferkel 

4 

1 

865 

Ausfuhr 




Pferde 

18 549 

13 745 

19 646 

Fullen 

1 333 

1 613 

1 154 

Ochsen u. Kühe 

37 549 

35 772 

80 067 

Kälber 

187 

294 

1093 

Schafe u. Lämmer 

2 469 

2 644 

6 250 

Schweine 

4 

16 

186 

Ferkel 

142 

1 



Hauptsächlich sind die lebenden Thiere nach Deutschland 
ausgeführt worden. Im Vergleich zu dem Viehbestand Däne¬ 
marks — 1898 wurden 449 264 Pferde, 1743 440 Rinder, 
1074 413 Schafe, 1 178 514 Schweine gezählt — muss die 
Lebendvieh-Ausfuhr als sehr gering bezeichnet werden. Bei 
der Einwohnerzahl von 2172 380 (1890) ist der Productions- 
überschuss thatsächlich auch viel höher, derselbe muss aber in 
Folge der Einfuhrbeschränkungen namentlich Deutschlands und 
Englands in halb oder ganz verarbeitetem Zustande abgestossen 
werden, wie aus folgender Uebersicht hervorgeht. 

*) Von Schweden, russische Pferde- **) Von Schweden. 


323 


1899 1898 1897 


Fleischeinfuhr 

Mill. Pfd. 

Mill. Pfd. 

Mill. Pfd. 

Speck und Schinken 

frisch 

0.05 

0,02 

0,3 

gesalzen u. geräuchert 

2,4 

3,2 

2,1 

Rindfleisch, frisch 

0,1 

0.03 

0,5 

gesalzen u. geräuchert 

0,8 

1,0 

0,7 

Schaffleisch, frisch 

0,1 

0,02 

0,2 

gesalzen u. geräuchert 

1,0 

0,7 

0,4 

Würste, Zungen etc. 

2,8 

2,5 

2,5 

Fett und Flohmen 

14,3 

15,6 

0,2 

Oleomargarin 

14.5 

12,1 

13,2 

Butter 

12,9 

9,8 

9,9 

Margarine 

5,0 

4,6 

4,7 

Eier 

1,3 

1,1 

1,3*) 

Fleischausfuhr 

Speck u. Schinken frisch 

2,7 

1,2 

0,2 

gesalzen u. geräuchert 

141,4 

116,6 

119,7 

Rindfleisch, frisch 

31,5 

23,5 

8,7 

gesalzen n. geräuchert 

1,7 

1,2 

1,2 

Schaffleisch, frisch 

1,0 

0,5 

0,8 

gesalzen n. geräuchert 

0,04 

0,04 

0,06 

Würste, Zungen etc. 

14,4 

12,2 

8,0 

Fett und Flohmen 

2,5 

1,6 

2,4 

Oleomargarin 

0,5 

0.5 

0,8 

Butter 

122,4 

121,4 

106,1 

Margarine 

0,3 

0,1 

0,2 

Eier 

15,1 

13 2 

12,2*) 

Von dem ausgeführten Fleisch gingen 1899, 

was das frische 


Rindfleisch anbetrifft, 7 /io nac ^ Deutschland, ,8 /ioo nach England 
und »’/ioo nach Norwegen, Speck und Schinken in der Haupt¬ 
masse nach England. Aus dem raschen Steigen der Fleisch¬ 
ausfuhrzahlen kann man ermessen, wie Dänemark sich in kurzer 
Zeit in der Umarbeitung der Rohproducte zurechtgefnnden hat, 
ja, dass das Land beflissen ist, minderwerthige Producte, wie 
Fett, Flohmen u. s. w., heranzuziehen und dafür die besser- 
werthigen Producte, wie Butter, auf dem Weltmarkt zu ver- 
äussern. Billiger Speck und billige Butter geht nicht so wenig 
ans Amerika nach Dänemark, und die besseren Qualitäten werden 
hinwiederum nach England und Deutschland ausgeführt. 

Der Uebergang von dem Lebendviehhandel zur Herstellung 
von Molkerei- und Fleischproducten ist den Dänen wesentlich 
durch das billige Beziehen des Viehfntters vom Auslande er¬ 
leichtert worden. Amerika ist auch hier der Hauptlieferant 
Die Einfuhr betrug 1896 6939845 Scheffel, 1897 18109701 und 
1898 16874943 Scheffel Mais und 1897 55958939 Pfund, 1898 
155121048 Pfund Oelkuchen, auch die Einfuhr von Kleie hat 
beträchtlich zugenommen. Die intensive Umarbeitung der 
billigen Rohmaterialien in Fleisch, Butter n. s. w. hat den 
Dänen die Möglichkeit gewährt, die Producte trotz der Ausfuhr¬ 
unkosten doch noch mit Profit zu verwerthen, und wenn man 
sich die Anpreisungslisten ansieht, muss man sich wundern, was 
alles exportirt worden ist. Es giebt da Schweine- und Rinder¬ 
herzen, gesalzene Schweinsleber, Schweineliesen, Schweine- 
micker, gehacktes und ungehacktes Rindfleisch, Ochsenzungen, 
Schweinebacken, Schweinsschultern, Schweinshäuche, Schweine¬ 
nieren, Schweinsraürbebraten u. s. w. Die Einfuhr dieser Fa¬ 
brikate ist nach dem Inkrafttreten des Fleischschaugesetzes 
wohl fast gänzlich unterbunden und Dänemark muss sich für 

*) Anm. Millionen Snese (ä 20 Stück). 


BERLINER THIERÄRZTLICH E WOCHENSCHRIFT. 


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324 


diese Fleischproducte einen ansserdeutschen Markt suchen. Diese 
einschneidende Wirkung des Fleischbeschaugesetzes hat die 
Importeure und Wurstfabrikanten sich neuerdings Zusammen¬ 
schlüssen und mit einer Eingabe an den Bundesrath wenden 
lassen, um wenigstens die Einfuhr von gesalzenen Lebern und 
gesalzenen Zungen, welche zur Herstellung der billigen Leber¬ 
und Zungenwurst verwendet werden, offen zu halten. Ktihnau. 

Thierhaltung und Thierzucht. 

Die deutsche Pferdezucht. 

Heft 49 der „Arbeiten der deutschen Landwirthschafts- 
Gesellschaft“ behandelt die Verbreitung der Pferdeschläge in 
Deutschland. Die Abhandlung stützt sich auf die Angaben von 
Behörden und Sachverständigen. Mit Rücksicht hierauf ist der 
in ihr enthaltenen Statistik eine grössere Bedeutung beizumessen, 
als dies bezüglich der bisher in dieser Frage angestellten 
statistischen Erhebungen der Fall sein konnte. 

Das Werk hat die allgemein übliche Eintheilung der Pferde¬ 
schläge nach Warm- und Kaltblut in der Hauptsache bei¬ 
behalten. Nach demselben stellt sich das Verhältnis vom 
Wannblut zum Kaltblut in den einzelnen Landestheilen wie folgt. 

Warmblut Kaltblut 

1. Posen. 95,77 3,30 pCt. 

2. Ostpreussen. 90,69 5,11 „ 

3. Westpreussen. 94,76 5,24 „ 

4. Oldenburg mit Bremen. 84,89 8,79 „ 

5. Schleswig-Holstein mit Hamburg . 85,20 11,07 „ 

6. Bayern. 87,33 12,34 „ 

7. Pommern. 80,82 15,82 „ 

8. Mecklenburg mit Lübeck .... 74,00 21,27 „ 

9. Brandenburg . 71,55 24,81 ,, 

10. Schlesien. 70,83 28,07 „ 

11. Hannover mit Braunschweig . . . 64,60 27,50 „ 


CHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 

12. Württemberg mit Hohenzollern . 

. 57,93 

42,07 pCt. 

13. Westfalen mit Lippe. 

. 54,86 

41,04 ,. 

14. Thüringen. 

. 56,85 

42,20 .. 

15. Hessen-Nassau mit Waldeck . . 

. 50,00 

47,26 .. 

16. Hessen (Grossherzogthum) . . . 

. 49,28 

49,78 ., 

17. Baden. 

. 44,98 

54,66 

18. Provinz Sachsen mit Anhalt . . 

. 34,15 

63,85 „ 

19. Königreich Sachsen. 

. 28,82 

69,81 „ 

20. Elsass-Lothringen. 

. 20,25 

79,20 „ 

21. Rheinprovinz. 

. 15,45 

81,38 


Die Angaben für Bayern sind nicht ganz zutreffend, da die 
Pinzgauer-Kreuzungen zu den Warmblütern gerechnet worden sind. 

Von grossem Interesse sind auch die in der Abhandlung 
enthaltenen Angaben über die Hengsthaltung im deutschen Reiche. 

Die Gesammtzahl der in Deutschland vorhandenen Zucht¬ 
hengste beläuft sich hiernach auf 4758 Warmblüter und 2284 
Kaltblüter; von ihnen wurden gedeckt nahezu 325 000 Stuten, 
die 8,9 pCt. des gesammten Pferdebestandes ausmachen. Auf 
10 000 warmblütige Stuten entfallen im Durchschnitt des Reiches 
19 Deckhengste, auf 10000 kaltblütige 22, und zwar stehen in 
Ostelbien 19 Warmblüter 28 Kaltblütern, in Westeibien 18 : 15, 
in Süddeutschland 19 : 32 gegenüber. 

Den Reichsdurchschnitt von 20 Deckhengsten auf 10000 
ländliche Pferde erreichte Ostelbien. Westelbien aber bleibt um 
4 Hengste zurück, welche Zahl in Süddeutschland wieder über 
den Durchschnitt hinaus gehalten wird. Unter den einzelnen 
Ländern steht Schleswig-Holstein mit 32 Hengsten auf 10000 
ländliche Pferde obenan, hierauf folgt Elsass-Lothringen mit 30. 
Bayern mit 27, Hessen-Nassau mit 25, Mecklenburg mit 24, 
Ostpreussen und Posen mit je 22 u. s. w., den geringsten Be¬ 
stand an Hengsten hat das Königreich Sachsen mit 10, Thüringen 
mit 11, das Grossherzogthum Hessen mit 12 auf 10000 länd¬ 
liche Pferde überhaupt. 


Personalien. 

Ernennungen etc.: Gewählt: Thierarzt Plath-Köln zum Scblacht- 
hofdirector in Viersen als Nachfolger des in Frankfurt a. 0. in 
gleicher Eigenschaft gewählten Schlacbthofdireetor Ehrle; Dehne, 
AmtBthierarzt in Eibenstock zum stiidt. Thierarzt in Oelsnitz i. V. 
— Zu Cantonalthierärzten: Die Thierärzte Schulte für den Canton 
Diedenhofen (Wohnsitz in Hagendingen) und Spchner für den 
Canton Fange (Wohnsitz Remilly). — An der Rothlauf-Impfanstalt 
in Prenzlau ist als Nachfolger von Dr. Joest Thicrarzt Helfers 
zum Director und Thierarzt von Sande als Assistent angestellt. 

Approbationen: in Berlin die Herren Georg Griemberg, Albert 
Harimann, Paul Knauer, Roland Krause, Heinrich Küthe, 
Eduard Perl, Paul Wnuck. 

Wohnoitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die 
Thierärzte H. Schröter nach Pritzerbe, Joh. Strauss als Polizei¬ 
thierarzt nach Hamburg, A. Mord vorübergehend nach Glogau. 

In der Armee: Thierarzt Krenz-Ziillchow zum Rossarzt des 
BeurlaubtenBtandes befördert. — Liebscher, Oberrossarzt vom 
2. Garde-Ul.-Rgt. und Schroeder, Rossarzt im 12. Ul.-Rgt. in den 
Ruhestand versetzt. 


Vacanzen. 

(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufeucr Meldefrist 
8. die vorhergehenden Nummern.) 
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
In Bayern: Zuchtinspectorstelle für den Zuchtverband für Fleck¬ 
vieh in Niederbayern mit dem Wohnsitz in Landshut (3500 M., 


1500 M. Reiseaversum). Gesuche bis 15. Juli an den Verbands¬ 
vorsitzenden Fuchj. — In Sachsen: Assistentenstelle bei der 
physiolog. Abth. der Dresdener Hochschule (1200 M., steigend bis 
1500 M., Wohnung etc.). Bewerbungen an die Direction. 

b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Aachen: Montjoie. — R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-1». 
Köln: Waldbröl. — R.-B. Cöslin: Bütow und Stolp(Nord) — R.-B. 
j Wiesbaden: St. Goarshausen. 

Sanltfitsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
| Erfurt: Schlachthofassistenzthierarzt (2000 M.). Meldungen an 
den Magistrat. — Grätz (Posen): SchlachthofinBpector (1500 M., 

I Wohnung etc., Privatpraxis in dienstfreier Zeit). Bewerbungen an 
; den Magistrat. — Halle: Assistenzthierarzt am Schlacht- und 
Viehhof sofort (1800 M. Dienstwohnung). Meldungen an den Director. 

— Haltern: Sanitätathierarzt (1200 M. aus der Fleischschau, 800M. 

; Zuschuss, Privatpraxis). Bewerb, an den Bürgermeister bis 15. Joli. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Cassel: 3. Schlachthofthierarzt. — Dresden: Mehrere Hilfsthierftrzte. 

— Eberswal de: Schlachthofinspector. — F r<e i b e r g (Sachs.): Thier- 
j arzt am Schlachthof der Fleischerinnung. — Pössneck: Thierarxt 

für Fleischbeschau. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau 
(Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Eickel. — Mengeringhausen 
(Waldeck). — Peiskretscham (Ober-Schles.). — Rhinow (R.-B. 
Potsdam). — Schloppa (Westpr.) — Schwarzenberg i. S. — 
Sonnenburg. — Suclze (Mecklb.). — Wolkenstein. 


Verantwortlich ftr den Inhalt (excL Inaeratentheil): Prot Dr. Schmälte ln Berlin. — Verlag and Eigenthum von Richard Sohoeta in Berlin. — Druck von W. BQienateln, Berlin 


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Dl* „Berliner Thlerlrztlicbe Wochennchrlfl“ erichelnt Ortglnalbeitr&ge werden mit 60 Hk. fUr den Bogen honorlrt. 

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Thierärztliche Wochenschrift 


Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin. 

Verantwortlicher Eedacteur. 

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Utrecht. Hamborg. Cöln. AngermUnde. Bromberg. Danzig. Freibnrg i. Br. München. Mülhausen i. E, 

* Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. 


M 28 . 


Allsgegeben am 12. Juli. 


Inhalt: ToeppCr! Caatrations-Methoden mit neuen Instrumenten. — Referate: Willerding: Die weisae Ruhr der Kälber. — 
Die Rotzkränkheit in dem Pferdebestande der Glasgower Tramway-Gesellschaft und die Mallelnprobe. — M’Fadyean: Die 
Heilbarkeit der Rotzkrankheit — Kleine Mittheilungen. — Tageageschichte: Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. 
— Fleischschau und Viehhandel. — Personalien. — Vacanzen. 


Caatrations-Methoden mit neuen Instrumenten. 

Von 

Dr. Toappsr-Berlin. 

Vortrag, gehalten in der Frübjahrsversammlung des thierärztlichen 
Vereins für die Provinz Brandenburg. 

Meine Herren! Mit Recht mahnt Imminger in seinem 
Vortrage über die amerikanischen Castrations-Methoden, 
den er in der 71. Versammlung Deutscher Naturforscher und 
Aerzte in München hielt, die jüngeren Collegen, das Neue, Gute 
zu nehmen und nicht an der althergebrachten Schablone hängen 
zu bleiben. Endlich solle man mit der umständlichen Kluppen¬ 
castration brechen. Dieselbe entspricht nicht den Grundsätzen 
der A- und Antiseptik, sie stellt sogar nach meiner Ansicht 
eine Tierquälerei dar. Beobachten Sie nur die Thiere 
kurze Zeit nach der Kluppencastration, wie sie kratzen, sich 
dehnen, nach dem Leibe umsehen und ihren Schmerz kund¬ 
geben. Fast gar keine Schmerzen haben die Thiere 
dagegen nach der Castration durch Ahdrehen; darum weg 
mit der Kluppencastration, die auch nicht die geringsten 
Vortheile vor verschiedenen anderen Castrations-Methoden 
besitzt 1 

Seit einigen Jahren besitzt die Firma Hauptner-Berlin 
die Liebenswürdigkeit, mir alle neueren Instrumente, die in das 
Bereich der Castration gehören, zur Verfügung zu stellen und 
mich zu bitten, dieselben zu prüfen und zu benrtheilen. 

Im April v. J. bekam ich den Auftrag, auf einem Rittergute 
in der Nähe von Breslau 18 ein, zwei, drei und vieijährige 
Hengste und zwei Cryptorchiden zu castriren. Dies gab Gelegen¬ 
heit, die von dem Oberrossarzt und Gestütinspector Matthias in 
Trakehnen construirten Castrationszangen zu prüfen. Matthias 
war ebenso wie ich seiner Zeit in Copenhagen, um unter der 
liebenswürdigen Leitung nnd Unterweisung von Prof. Sand die 
Cryptorchidenoperation in praxi zu sehen nnd auszuführen. Bald 
nach Absolvirung der Studien in Copenhagen constrnirte Matthias 
die nebenstehenden Zangen. Dieselben stellen nur eine Ab¬ 
änderung der schon lange bekannten Sand sehen Castrations¬ 


zange dar. Die Sand sehe Castrationszange, die von Prof. 
Möller zuerst in Deutschland eingeführt wurde, und dessen erstes 
Exemplarich von der Firma Hauptner erhielt, war und ist bis 
jetzt die beste Fixations- und Compressionszange, die 
; wir besitzen. Sämmtliche andern Castrirzangen, wie die von 
Tögl, die von Möller und Kaiser abgeändert wurde, von 
i Williams, von Renault, von Vennerholm, von Bayer und 
von Hoffmann construirten, drücken und quetschen den 
Samenstrang breit. Hierdurch ist es nicht möglich, auf 
sämmtliche Theile des Samenstrangs einen gleichmässigen Druck 
anszuüben. Bei der Sand sehen Zange dagegen wird der Samen- 
I sträng nicht breit gequetscht, sondern aufgerollt nnd kann in 


Folge dessen sehr stark gepresst werden, was einen grossen 
Vortheil bietet. Ausserdem ist es bei der Castration mit der 
Sand sehen Zange durchaus nicht nöthig, dass ein Stnmpf, 
worauf Hoffmann und ich früher auch grossen Werth legte, 
unterhalb der Zange bleibt. Es ist bei Anwendung der Sand- 
schen Zange vollständig gleichgültig, ob ein Stumpf bleibt oder 
nicht; eine Blutung aus den Samenstranggefässen tritt nach 
meinen Erfahrungen nie ein. Seit dem Jahre 1892 benutze ich 
die Zange von Sand, habe mit derselben circa 1000 Hengste, 
ich kann sagen jedes Alters castrirt und habe nie eine Nach¬ 
blutung gesehen, die ans den Samenstranggefässen kam. 

Die Matthias’schen Zangen beruhen auf dem Prinzip der 
Sand’schen Zange und sind diesen nachgebildet. Sie haben 
bei der Castration, wie Matthias angiebt, den Vortheil, dass man 



Fig. 1. Abbildung der Sand’sehen fange. 


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326 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCH RIFT. _ No. 28. 

die schwer desinficirbaren Finger nicht zum Abdrehen benutzt, nicht genügt. Ebenso habe ich mir znm Verschlüssen der 
sondern die hierzu construirte Zange, die man viel leichter im Zange den Sand 'sehen Verschloss anbringen lassen, da man bei 
Stande ist, steril zu halten. Meine Herren, vom theoretischen der Matthias’schen Zange bei nicht genügender Vorsicht sich 
Standpunkte betrachtet, ist dies richtig. Ob dies jedoch in der leicht die Finger klemmt. 

Praxis von so grossem Werthe ist, muss ich nach meinen Er- Die Castration mit den besprochenen Zangen führe ich jetzt 

fahrungen bezweifeln, da der oberhalb der Compressionszange folgendermassen aus: 

liegende (das Pferd immer liegend gedacht) und mit den Fingern Das Pferd wird mit dem dänischen Wurfzeug, das die grösste 

in Berührung gewesene Theil des Samenstrangs doch entfernt Sicherheit gegen Unfälle bietet, niedergelegt und dann in der 
wird. Der Werth der von Matthias construirten Zange zum Rückenlage operirt. Die von Fröhner bei Anwendung desselben 
Abdrehen ist meines Erachtens darin begründet, dass man bei in einigen Fällen beobachtete Muskelentzündung ist mir vor 
der Castration, wie ich sie jetzt ausführe, das Durchschneiden kurzer Zeit ebenfalls bei einem starken 5jährigen ostpreussischen 
den Nebenhodenbandes sich erspart, und durch Abdrehen mit Beschäler in leichtem Grade vorgekommen. Dies lag nach 
verdeckter Scheidenhaut ein Verschluss der Bauchhöhle herbei- meiner Ansicht aber in dem nicht genügend angezogenen Gurte, 
geführt wird. Man würde nicht die Kraft besitzen, dies ohne der in Folge des ebenfalls schlecht befestigten Brustridmens sich 
diese Zange zu thun ; und die breitquetschenden Castrationszangen nach hinten verschob und dem Hengste gestattete, Bewegungen 
können die glatte gemeinschaftliche Scheidenhaut nicht so fest auszuführen, die bei festem, richtigem Anlegen des Gurtes nicht 
halten, dass man sie hierdurch abdrehen kann. Die Beschreibung möglich gewesen wären. Die an der Kruppenmusculatur aufge- 
der Operation, die ich mit offenem Hoden und bedeckter Scheiden- tretenen Anschwellungen verschwanden nach 4—5 Tagen und 
haut (nach dem Vorgänge von Degive mit Kluppen) durch machten einer leichten Atrophie Platz, die sich aber ebenfalls 
Abdijehen ae, usführwird das Nähere hierüber ergeben, | bedeutend gebessert und zu keiner Zeit weder Lahmheit 

noch andere Nachtheile verursacht hat. Nach gehöriger 
Reinigung und Desinfection des Operationsfeldes durch 
Bürsten mit Seife, Lysolwasser, Abreiben durch Watte 
mit l°/oo 50 er Sublimatalcohol, gutem Waschen der Hände 
des Operateurs mit Lysolwasser, Abreiben mit demselben 
Alcohol und Baden in l%o Chinosolwasser wird der linke 
Hoden, wie bekannt, erfasst und 1—2 cm neben und parallel 
derRaphe ein recht langer Hautschnitt gemacht, der aber 
die gemeinschaftliche Scheidenhaut nicht verletzen darf. 
Legt man den Hautschnitt weiter von derRaphe entfernt, 
so entstehen stärkere Blutungen aus den Hautgefässen, 
deren Grösse mit der Entfernung von der Raphe zunimmt. 
Dann folgt der Schnitt durch die tunica vaginalis 
communis am hinteren Ende des Hoden«. Derselbe darf nur 
so gross sein, dass man den Hoden durchpressen 
kann. Je kleiner derselbe ist, desto besser, denn dann 
ist der intacte Theil der gemeinschaftlichen 
Scheidenhaut um so grösser und bietet dem An- 
Als ich auf dem Rittergute bei Breslau die Castrationen legen der Zange ein grösseres Angriffsfeld. Erfasst man nun 
vornahm, hatte Oberrossarzt Bens-Breslau die Liebens- den Hoden und zieht ihn in die Höhe, so sieht man hoch 
Würdigkeit mir zu assistiren. Zuerst operirten wir mit der oben den Samenstrang von der gemeinschaftlichen Scheiden- 

S and 'sehen Zange nach Durchschneidung des Nebenhodenbandes haut in einer Länge von 5—10 cm bedeckt. Ueber diesen 

und einfachem Abdrehen mit den Fingern. Dann wurden die Theil legt man nun so hoch wie möglich die Compressionszange 

Matthias’schen Castrirzangen geprobt. Die Compressionszange und schliesst sie. 

wurde, ohne vorher das Nebenhodenband zu durchschneiden, auf Die Compressionszange umschliesst nun die gemeinschaftliche 

den Samenstrang gelegt und dann der darüber liegende Scheidenhaut und alle von derselben umgebenen Theile. Jetzt 
Saraenstrang nebst Nebenhodenband mit der anderen Zange ab- wird der oberhalb der Compressionszange liegende Theil der 

gedreht. Der Stumpf wurde aber hierbei ein bo grosser, dass den Samenstrang umschliessenden Scheidenhaut in die Abdreh- 
wir schon die Absicht hatten, die Zangen als unbrauchbar bei zange genommen und zwar so, dass das Maul der Abdrehzange 
Seite zu legen. Endlich kamen wir auf die Idee, die Com- dicht an dasjenige der Compressionszange gepresst wird. Dann 
pressionszange hoch oben über die intacte Scheidenhaut zu wird auch die zweite Zange fest geschlossen. Den Hoden hängt 
legen und mit der anderen Zange die Scheidenhaut vollständig man an den an der Zange hierzu angebrachten Haken, und jetzt 
durch Drehung zu schliessen und zu entfernen. beginnt das Abdrehen. Dasselbe soll langsam geschehen. Nach 

Als Compressionszange benutze ich die Sand’sche Zange, 3—4 Drehungen platzt circa 1 cm oberhalb der Compressions- 
da sie eben denselben Zweck erfüllt wie die Matthias'sehe, mir zange die gemeinschaftliche Scheidenhaut in Form einer Rosette, 
aber handlicher ist. Zum Abdrehen benutze ich die von j in deren Mitte sich bei weiteren Drehungen der Samenstrang 
Matthias construirte, bei der auch der zum Aufhängen des ! meist ohne jeden Stumpf abdreht. Den oberhalb der Zange 
Hodens angebrachte Haken sehr practisch ist. Das Maul der | liegenden Rest der Scheidenhaut bestreue ich mit Glutol und löse 
Zange habe ich mir aber grösser machen lassen, da dasjenige i die Compressionszange. Dann entferne ich auf dieselbe Art den 
der Matthias’schen zur Castration älterer Beschäler anderen Hoden. 



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12 Juli 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


327 


Nach der Castration schlage ich die Hantlappen jeder 
Castrationswnnde nacheinander zurück, bestreue die Wundflächen 
des Hodensacks mit Tannoform, lege die Wundränder neben¬ 
einander und bedecke die Wunde, damit dieselbe beim Aufstehen 
nicht verunreinigt wird, mit Watte, die ich mit der Hand bis 
zum Aufstehen des Pferdes festhalte. 

50 nach dieser Methode operirte Hengste, von denen 
20 1—3jährig, 30 dagegen 4—18jährig waren, heilten fast 
ohne jegliche Schwellung und immer ohne Eiterung. Die 
Nachbehandlung bestand nur darin, dass die Hengste gleich am 
ersten Tage nach der Castration täglich Vormittags und ebenso 
Nachmittags je eine Stunde geführt wurden, wobei Schritt- und 
Trabbewegung abwechselten. In drei Fällen erfolgte nach acht 
Tagen Stauung des Secretes und in Folge dessen Fieber bis zu 
39,5°, das am nächsten Tage nach Oeffnung der Wunden 
mit dem desinficirten Finger wieder zur Norm sank. Von dem 
Ausspülen der Castrationswunden mit Desinfectionsflüssigkeiten 
habe ich fast nie Vortheile gesehen. Oft trat nach demselben 
starke Schwellung ein, die erst nach 3—4 Tagen abfiel. Spülte 
man täglich, so blieb die Schwellung oft längere Zeit bestehen. 
Die Unterhaut scheint die Flüssigkeit theilweise aufzusaugen 
nnd so die Schwellung zu veranlassen. 



Fig. 4. 


Betrachtet man nach 2—3 Tagen die von der Castration 
zurückgebliebenen Wunden, so findet man in der Regel ganz 
geringe Schwellung, die nach oben nur bis zur Abdrehstelle sich 
erstreckt. Erst einige Tage später stellt sich Anschwellung 
der Samenstränge ein, in Folge deren die Pferde sich ungern 
bewegen, steif und sogar lahm gehen. Trotzdem werden sie 
durch Antreiben zur Bewegung veranlasst, da in 2—3 Tagen 
dieser Zustand verschwindet. Die Wunden selbst sind mit einem 
vom Tannoform herrührenden schwarzen Schorfe bedeckt. Häufig 
tropft schwarzgefärbtes Serum aus denselben ab. 

Das von Prof. Fröhner empfohlene Tannoform übertrifft 
alle bei der Castration bis jetzt von mir angewandten Streu¬ 
pulver, ist billig, schützt durch den sich bildenden Schorf vor 
Infection, unter dessen Schutz die Wunden ohne Eiterung 
heilen. 

Der unterhalb der Compressionszange (das Pferd stehend 
gedacht) liegende übrig gebliebene Theil der gemeinschaftlichen 
Scheidenhaut heilt in den meisten Fällen ein. In einigen Fällen 
sah ich denselben nach 10—12 Tagen sich abstossen. Der 
Verschluss der Scheidenhaut nach oben durch das Abdrehen 
bleibt 4—5 Tage bestehen, wovon ich mich überzeugt habe. 
Dann löst er sich. Sehr werthvoll ist das Abdrehen mit ver¬ 


deckter Scheidenhant bei Netzbrüchen. Man zieht das aus der 
gemeinschaftlichen Scheidenhaut hervorgetretene Netz soviel wie 
möglich hervor, legt dann über die Scheidenhant, in der der 
Rest des Netzes eingeschlossen ist, die Zangen und dreht 
dasselbe einfach mit ab. Dann entstehen auch nicht die nach 
der Castration bei Netzbrüchen oft beobachteten Hodensackbeutel, 
in denen ein Theil des Netzes sich befindet. 

Die Ihnen vorgetragene Castrations-Methode hat folgende 
Vortheile: 

1. schützt dieselbe absolut sicher vor Nachblutungen aus 
den Samenstranggefässen; 

2. erfolgt durch Verschluss der gemeinschaftlichen Scheiden¬ 
haut Verschluss der Bauchhöhle; 

3. kann daher weder Vorfall der Scheidenhaut noch der des 
Netzes eintreten. Ob der Verschluss ein so fester ist, dass auch 
Darmtheile nicht hervortreten können, weiss ich nicht, da mir 
dies in den letzten 10 Jahren nicht vorgekommen ist. Jedenfalls 
würde ich diese Castrations-Methode da empfehlen, wo ein 
erweiterter Leistencanal vorhanden ist. 

Doch ein altes Sprichwort sagt: Das Bessere ist der Feind 
des Guten, und so ist auch diese Operations-Methode bald nach 
ihrer Entstehung von einer anderen besseren überflügelt. 

Kommen wir zu dem Vortrage von Imminger zurück. 
Imminger prüfte zwei amerikanische Ecraseure, nämlich 1. 
den nach Taber-Mails construirten, zu beziehen von John 
Reinere & Co. zu New-York zu dem Preis von 13 Dollars 
und 2. den sogenannten Scheerenecraseur (Emasculator), von 
Hausmann und Dünn in Chicago für 40 M. zu beziehen. 

Die Anwendung des ersteren geschieht nach Imminger 
in der Weise, dass beide freigelegten Hoden in die 
Schlinge genommen und etwas gequetscht werden. Dann erst 
werden etwas unterhalb der gequetschten Stelle die Hoden 
durch rasche Drehungen des Schraubenecraseurs entfernt. 

Beim Scheerenecraseur wird jeder freigelegte Hoden 
einfach durch Druck entfernt. Imminger warnt aber vor 
Zerrungen und räth, die Tunica dartos (soll wohl Tunica 
vaginal, co mmuni s heissen) nicht mit in den Ecraseur zu 
nehmen, da sonst der Druck zu scharf wird. 

In No. 8 der B. T. W. Jahrgang 1900 beschreibt Thierarzt 
A. Möller-Hamburg unter dem Titel „Weiteres über neuere 
americanische Castrationsmethoden“ vier ihm bekannte Emascu- 
latoren unter Beifügung sehr guter Abbildungen. Wir finden 
dort 1. den Emasculator von Hausmann und Dünn in Chicago, 

2. den Emasculator von John Reynders & Co. in New-York, 

3. den Emasculator nach Ned Farrish, ebenfalls angefertigt 
von John Reynders & Co. und 4. den Emasculator von Charp 
& Smith in Chicago. Möller hatte während seiner mehljährigen 
Praxis in Amerika Gelegenheit, den Emasculator bei einem zwei¬ 
jährigen Traberhengst zu erproben. Auch Möller quetschte 
erst den Samenstrang 1cm oberhalb der eigentlichen Abklemmungs¬ 
stelle kräftig, um dann die eigentliche Abklemmung langsam 
unter ständigem und regelmässigem Druck zu vollziehen. 
Es entstanden keine Blutungen und der Hengst wurde bereits, 
nachdem er täglich eine Stunde im Schritt bewegt war. am 
fünften Tage zu Spazierfahrten wieder eingespannt. 

Anfang Mai d. J. brachte der Hof-Oberthierarzt der kaiser¬ 
lichen Marställe in Wien, Herr Kleinschrodt, Herrn Collegen 
Duvinage einen Emasculator mit, der genau dem von der 
Firma Hauptner gearbeiteten entspricht, jedoch kräftiger ist, und 
den College A. Möller sub No. 1 in der B. T. W. abbildet. 


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828 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 28. 


College Kleinschrodt hat mit demselben ca. 20 Hengste ohne 
jegliche Blutung castrirt. Bei einem alten Hengste, der getödtet 
werden sollte, schnitt er beide Hoden mit dem Emasculator 
ohne jegliche vorherige Desinfection und ohne Blutung ab. Nach 
acht Tagen, als der Hengst getödtet wurde, war die Vernarbung 
des Stumpfes vollständig beendet. 

Nach der Castration ist nichts unangenehmer sowohl für den 
Thierarzt als für den Besitzer als eine Nachblutung. Um sicher 
zu sein, dass dieselbe nicht eintritt, glaube ich, meine Herren, 
dadurch einen guten Ausweg gefunden zu haben, dass ich bei 
Anwendung des Emasculators die Sand’sche Compressionszange 
zu Hülfe nehme. Es entstehen dann absolut keine Blutungen, 
die Operation geschieht äusserst schnell und exact und ist das 
denkbar Einfachste, was ich bis jetzt gesehen habe. 

Die Castration wird nun folgendermassen ausgeführt: Es 
wird ein langer, ausgiebiger Hautschnitt parallel und 1 cm 
neben der Raphe ohne Verletzung der tunica vaginalis communis 
gemacht. Dann folgt ein kleiner Einschnitt in die Scheidnehaut 
am hinteren Ende des Hodens. Der Hoden wird durchgepresst, 
erfasst und in die Höhe gezogen. So hoch wie möglich wird 
dann über die gemeinschaftliche Scheidenhaut die 
Sand’sche Zange gelegt und geschlossen. Dieselbe braucht von 
Niemand gehalten werden, sondern wird auf einen Schenkel 
des Pferdes gelegt. Unterhalb der Sand’sehen Zange umfasse 
ich mit dem Emasculator, indem ich denselben fest an die 
Zange drücke, (die Schraube nach oben gewendet) die gemein¬ 
schaftliche Scheidenhaut und den von derselben umschlossenen 
Samenstrang. Durch langsamen regelmässigen Druck 
schliesse ich den Emasculator, wodurch der Hoden entfernt wird. 
Dies dauert Vs Minute und kann nach Belieben noch langsamer 
geschehen. Beim Oeffnen des Emasculator zieht sich der ge¬ 
presste Samenstrang und die tunica vaginalis communis in einer 
Breite von Va cm aus demselben. Den unterhalb der Sand’- 
schen Zange befindlichen Stumpf bestreue ich mit Glutol und 
entferne dann auch die Zange. Hierauf wird in derselben 
Weise der andere Hoden entfernt. Da die tunica vaginalis mit 
dem Samenstrang in die Sand’sche Zange genommen wird dicht 
oberhalb der Stelle, wo sie sich fester mit der tunica dartos 
verbindet, kann sich der Samenstrang, da er gewissermassen an 
die Scheidenhaut angepresst ist, nicht in die Höhe ziehen. Nach 
vollendeter Castration sieht man daher, wenn man die beiden 
Hautlappen der Castrationswunde zurückschlägt, den Stumpf 
vor sich liegen nnd kann sich dabei überzeugen, dass auch 
kein Tropfen Blnt dem Stnmpfe entquillt. Leicht ist es dann 
auch, die Blutungen aus den Hautgefässen durch Zudrehen mit 
der Pean’schen Pincette zu stillen. Nothwendig ist dies nicht, 
doch empfehlenswerth, da dann selbst bei ganz alten Hengsten 
kein Tropfen Blut aus der Castrationswunde kommt. Die Wund¬ 
höhle sowohl wie auch die äussere Fläche des Hodensackes bt- 
pudere ich dann mit Tannoform, decke etwas Watte, die ich 
mit der Hand festhalte, darüber und lasse dann den Hengst 
aufstehen. 

Nach dieser Methode habe ich bis jetzt 7 einjährige Hengste, 
eingerechnet das Werfen und die Desinfection in 60 Minuten 
castrirt. Die Hengste wurden, da sie das Anbinden nicht ge¬ 
wohnt waren, sofort in einen grossen Hof gelassen und trabten 
munter davon. Nach der Castration sämmtlicher Thiere über¬ 
zeugte ich mich nochmals, dass keine Nachblutung entstanden 
war. Es floss auch nicht ein Tropfen Blut mehr aus den 
Wunden. 


Die Abquetschung des Samenstranges unter der gemein¬ 
schaftlichen Scheidenhaut vereinfacht die Operation dadurch, 
dass das Nebenhodenband nicht durchschnitten werden braucht. 
Bei der früheren Methode des Abdrehens wurde dies regel¬ 
mässig gemacht. Geschah hierbei die Durchschneidung des 
Nebenhodenbandes nicht dicht am Nebenhoden, sondern tiefer, 
so verletzte man eine kleine Arterie, aus der dann manchmal 
unangenehme Nachblutungen erfolgen. Ein Vorfall der Scheiden¬ 
haut kann nicht eintreten, da dieselbe von dem Emasculator mit 
fortgenommen wird. Nach dem Hautschnitte und dem kleinen 
Schnitte in die gemeinschaftliche Scheidenhaut wird nun noch die 
Sand’sche Zange angelegt, und der Hoden mit dem Emasculator 
entfernt. 

Vielfach wurde ich gefragt, weshalb ich nicht gleich mit 
verdeckter Scheidenhaut operirte, ohne dieselbe zu öffnen. 
Zunächst bietet die Ablösung der tunica vaginalis communis 
von der tunica dartos und Haut so viel Mühe nnd dauert so 
lange, dass man 2 Hengste in der Zeit operirt. Ferner bin 
ich durch Oeffnen der tunica vaginalis communis im Stande, mich 
zu überzeugen, dass in derselben ausser dem Samenstrange 
keine Netz- oder Darratheile liegen. 

Der Emasculator kostet bei Hauptner in der jetzigen Aus¬ 
führung 26,50 M. Der in Wien fabricirte war stärker ge¬ 
arbeitet. Um denselben für jegliches Alter von Hengsten bei 
der Castratiou zu benutzen, würde ich rathen, denselben von 
der Firma Hauptner stärker anfertigen zu lassen. 

Referate* 

Die weisse Ruhr der Kälber. 

Von Dr. Willerding-Berlin. 

berliner Archiv 1900 H. 1 u. 2. 

Der Aufsatz beginnt mit einer gedrängten Beschreibung 
der klinischen Symptome der fraglichen Krankheit. Darauf 
wird ein ausführliches Bild der pathologisch-anatomischen Ver¬ 
änderungen entworfen, von denen Nachstehendes hervorzuheben 
ist: Cadaver stark abgemagert. Mastdarm zuweilen prolabirt. 
Die Schleimhaut des prolabirten Stückes schwarzroth geschwollen. 
Anämische Beschaffenheit der Unterhaut nnd der Organe. Blut 
dünn und wenig geronnen. Im freien Raum der Bauchhöhle 
etwas klare seröse Flüssigkeit, welche ovale Bacterien enthält. 
Darnitheile fast weiss, häufig fleckweis geröthet mit subperi¬ 
tonealen Blutungen besetzt. Nabelarterien nicht verändert. Der 
vierte Magen enthält geronnene Milch, manchmal schwimmen 
die Milchcoagula in einer sauerriechenden, wolkenähnlichen 
Flüssigkeit. Die geschwollene Schleimhaut hat eine schmutzig 
graue oder schmutzig gelbrothe oder auch dunkelrothe Farbe. 
Die Falten sind oft der Sitz kleiner Blutungen und hämor¬ 
rhagischer Erosionen. Vielfach ist die Submueosa und auch die 
Muscnlaris mit seröser Flüssigkeit durchtränkt. Im Labmagen 
ovale Bacterien oder kürzere Stäbchen mit abgerundeten Enden, 
theils längere Bakterienformen einzeln und reihenweise an¬ 
geordnet. 

Dünndarm zusammengezogen, enthält eine geringe Menge 
dünne, etwas schleimige weissgelbe oder graue mit Gasblasen 
durchsetzte, übelriechende Flüssigkeit. Schleimhaut geschwollen 
und graugelb gefärbt, häufig fleckweise oder diffus geröthet und 
mit kleinen Blutungen besetzt, Peyer’sche Drüsen geschwollen. 
Die Schleimhaut hat einen schleimigen, grauen, schmierigen 
Belag. Der Dickdarm hat ähnliche Veränderungen aufzuweisen. 
Sein Inhalt ist dünnbreiig, grauweiss, übelriechend. 


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12. Juli 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


329 


Der Belag der Dünn- und Dickdarmschleimhaut besteht aus 
Epithelien, lymphoiden Zellen, wenig Fettkügelchen und drüsigen 
Gebilden aus der Schleimhaut, Schleim- und rothen Blutkörperchen, 
hauptsächlich aber aus Bacterien, unter denen die ovalen 
Formen vorherrschen. Dieselben finden sich auch sehr reich¬ 
lich in den Lieb erkühn'sehen Drüsen. Unter dem Epithel 
und in den Spalträumen des Gewebes liegen die Bacterien in 
Häufchen, in den grossen Gefässeu einzeln. Gekröslymphdrüsen 
geschwollen, auf dem Durchschnitt braunroth, häufig mit 
kleinen Blutungen besetzt. Ovale Bacterien in den Gefässen 
der Lymphdrüsen. 

Dieselben Bacterien sind auch in Ausstrichpräparaten aus 
der Milz, Leber, Galle, den Nieren, dem Herzblut und den 
Exsudaten u. s. w. nachzuweisen. 

An Milz, Leber, Nieren im Allgemeinen keine besonderen 
Veränderungen. 

Lungen lufthaltig. In den Pleurasäcken wenig helles klares 
Exsudat. Ebenso im Herzbeutel. Derselbe zeigt zahlreiche 
kleine Hämorrhagien. 

Gehirn mehr oder weniger stark hyperämisch, in letzterem 
Falle gewöhnlich kleine submeningeale Blutungen. 

Im Vordergründe der Veränderungen steht hiernach Magen- 
Darmkatarrh oder Entzündung und Septikaemie mit 
Begleiterscheinungen. 

Das ovale Bacterium wird als Ursache der weissen Ruhr 
der Kälber betrachtet. Es wurde 1891 von Jensen aufgefunden 
und durch eine Reihe einwandsfreier Versuche als ursächlicher 
Erreger ermittelt. 

Ohne näher auf die gründlich berichteten morphologischen, 
culturellen, tinktoriellen u. s. w. Eigenschaften desselben näher 
einzugehen, sei nur erwähnt, dass nach Monti undVeratti das 
RuhrbaCterium mit dem Bacterium coli commune verwandt sein 
soll. Es gelang, beide Arten auf künstlichem Wege in einander 
überzuführen. Eine solche Umwandelung wäre in Folge be¬ 
stimmter Einflüsse auch im Körper denkbar. Jensen ist daher 
der Meinung, das das normal im Darm vorhandene Bacterium 
coli durch Alteration der Darmschleirahaut (in Folge von Er¬ 
kältung, ungeeigneter Ernährung etc.) in die Blutbahn ein- 
zudringen vermöge, und dass die einmalige Passage durch 
das Kalb genüge, dem Microben pathogene Eigenschaften zu 
verleihen. Durch die weitere Ueberführung desselben von 
Kalb zu Kalb nehme die Virulenz zu und befestige sich mehr 
und mehr. 

Mit dieser Auffassung stimmt überein, dass die Kälberrubr 
oft in Beständen auftritt, wo eine Einschleppung der Seuche 
nicht nach gewiesen w erden konnte. 

Die Verschleppung des Infectionsstofies vollzieht sich durch 
die Entleerungen der kranken Kälber, welche durch Gerätli- 
8chaften, durch die Fussbekleidungen des Wartepersonals u. s. w, 
im Stalle verstreut werden. Das Contagium ist fixer Natur und 
nur durch directe Berührung mit den Vehikeln des Infections- 
stoffes übertragbar. Deshalb ist bei Bekämpfung der Krankheit 
das grösste Gewicht auf Reinhaltung und Desinfection der 
Stallungen zu legen. 

Verf. hält die Verbreitung einer gemeinfasslichen Belehrung 
über diese Krankheit unter den Landwirthen für sehr empfehlens- 
werth. Denn vielfach werde noch angenommen, dass die Krank¬ 
heit nicht infectiös sei sondern durch Verbitterung zu gehaltreicher 
oder schädlicher Stoffe an die Mutterthiere entstehe. 


Die Rotzkranklieit in dem Pferdebestande der 
Glasgower Tramway-Gesellschaft und die Mallelnprobe. 

(Journal of comp. Path. u. Therap. Bd. XIII, Thl. I, 1900.) 

Die Tramway-Gesellschaft in Glasgow besitzt 4439 Pferde, 
welche in 11 Depots untergebracht sind. Im Jahre 1894 hat 
die Aufstellung der Depotbestände stattgefunden. 

Im September 1895 und im März und November 189G wurden 
3 isolirte Rotzfälle in 3 verschiedenen Ställen durch die klinische 
Untersuchung eruirt. In jedem Falle fand eine Anzeige bei der 
Polizeibehörde statt, welche die Bestände sorgfältig überwachen 
liess, zunächst aber keine weiteren Schritte unternahm. Schliess¬ 
lich wurden die Nebenpferde der rotzkranken Thiere der Mallein¬ 
probe unterworfen, wobei eine Reaction nicht beobachtet wurde. 
Es war somit anzunehmen, dass eine weitere Infection nicht 
eingetreten war. 

Im November 1896 sollten 230 Pferde von einer anderen 
Gesellschaft übernommen werden. Dieselben wurden vor der 
Uebernahme mit Mallein geprüft, wobei zwei Pferde reagirten 
und nach der hierauf augeordneten Tödtung die Veränderungen 
der Rotzkrankheit zeigten. Eine spätere zweimalige Unter¬ 
suchung der übrigen 22.s Pferde mit Mallein ergab keine weitere 
Reaction, und es hat sich auch nach Verlauf von 2*^ Jahren 
kein Rotzverdacht herausgestellt. 

Im Juli 1899 wurde im Coplahill-Depot der Gesellschaft 
wieder ein rotzkrankes Pferd ermittelt und bald darauf noch 
zwei Stück. Es wurde nunmehr im Verein mit der Ortspolizei¬ 
behörde der Beschluss gefasst, den ganzen Bestand des Depots, 
734 Pferde, mit Maliern zu untersuchen. Die Probe ergab bei 
74 Pferden eine Reaction, welche sämmtlich getödtet wurden. 
Von diesen erwiesen sich nur 10 Stück bei der Obduction als 
nicht rotzig. Es wird bemerkt, dass bei der Mehrzahl der 
übrigen getödteten Pferde die Veränderungen in einem sehr 
frühen Stadium sich befanden, da nur einige wenige Knötchen 
entdeckt werden konnten. Nach dem Ergebniss im Coplahill- 
Depot wurden nun auch die Pferdebestände der anderen Depots 
theilweise mit Mallei'n geprüft. Im Ganzen wurden von 
93 reagirenden Pferden 81 bei der Tödtung als rotzkrank 
befunden. 

Die Gesellschaft beschloss nunmehr von der weiteren Ver¬ 
tilgung der reagirenden Pferde abzusehen, zumal da sich die 
afticirten Pferde anscheinend sämmtlich in den frühesten Stadien 
der Krankheit und in einem vorzüglichen Nährzustand befanden. 
Beide Umstände schienen die besten Vorbedingungen für eine 
Heilung der Krankheit durch wiederholte Mallei'ninjectionen zu 
bilden. Zunächst wurden zehn Pferde, welche reagirt hatten, mit 
Einwilligung der Behörde isolirt aufgestellt und 23 Tage nach 
der ersten Malleineinspritzung mit der gleichen Dosis behandelt 
mit dem Resultat, dass nur bei vier Pferden eine Reaction ein¬ 
trat. Als einen Monat später die Behandlung zum dritten Mal 
wiederholt wurde, entstand überhaupt keine Reaction mehr. 
Hiernach wurden die Pferde wieder in den Dienst gestellt. 
Zwei spätere Untersuchungen mit Mallei'n erzeugten ebenfalls 
keine Reaction. 

Nun wurden noch die übrigen 3572 Pferde der Gesellschaft 
mit Mallei'n geprüft, wobei 238, also nahezu 7 pCt., reagirten. 
Der Bestand des Coplahill-Depots, welcher wieder in gleicher 
Weise untersucht wurde, lieferte zehn neue Reactionen, obwohl 
diese Pferde bei der vorerwähnten Probe keine typische 
Temperatursteigerung gezeigt hatten. Alle reagirenden Pferde, 
278 an der Zahl, wurden in einem Stalle des Depot Dalmarnock 


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330 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 28 


aufgestellt und in Intervallen von drei Wochen mit Mallein be¬ 
handelt. Die Behandlung ergab nachstehendes Resultat: 

1. Einspritzung.*278 Reactionen 


3. 

4 . 

5. 

6 . 
7. 


49 

9 

5 

2 

1 

0 


Vier Pferde zeigten im Verlauf der Injectionen klinische 
Symptome der Rotzkrankheit und mussten getödtet werden. 
Die pathologisch-anatomischen Veränderungen bestätigten in jedem 
Falle das Vorhandensein der Krankheit. 

Ein anderes Pferd, welches auf drei hintereinander folgende 
Einspritzungen reagirt und darauf zweimal nicht reagirt hatte, 
musste getödtet werden, weil es nicht mehr diensttauglich war. 
Bei der Obduction desselben wurden in den Lungen eine Anzahl 
translncider Flecke gefunden, an welchen früher Rotzknötchen 
ihren Sitz gehabt haben mochten. Einige Knötchen zeigten 
noch das charakteristische Aussehen der Rotzlaesionen, doch be¬ 
günstigte der Befund die Annahme, dass ein Heilprocess in 
Wirkung getreten war. 

Der Pferdebestand der Gesellschaft soll von jetzt ab alle 
drei Monate mit Maliern untersucht werden. 

Die vorstehenden Heilversuche bedürfen noch recht oft der 
Wiederholung und näheren Prüfung. Es wäre vor Allem wünschens¬ 
wert^ dass Fälle benutzt würden, in denen das Vorhandensein 
der Rotzkrankheit vorher einwandsfrei festgestellt ist. 


Die Heilbarkeit der Rotzkrankheit. 

Von J. M’Fadyean, London. 

Jour», of comp. I*ath. and Therap. Bd. XUI Th. 1, 1900. .. 

Einem alten Wallach, welcher auf dem linken Hinterbeine 
die charakteristischen Veränderungen des Hautrotzes zeigte, 
wurde am 4. November 1898 eine gewöhnliche Dosis Mallein 
unter die Haut gespritzt, worauf eine typische Reaction eintrat. 
Um zu ermitteln, welchen Effect die Anwendung allmählich ge¬ 
steigerter Dosen in langen Intervallen haben würden, erhielt 
der Wallach am 15. November zunächst 6 ccm (d. i. die sechs¬ 
fache Normaldosis des englischerseits zu diagnostischen Zwecken 
in Gebrauch befindlichen Malleins). In den darauffolgenden 
15 Stunden stieg die Temperatur von 39,4°C auf 41 °C, ausser¬ 
dem machte sich eine deutliche Störung im Allgemeinbefinden 
und eine erhebliche Schwellung am Injectionsort bemerkbar. 
Weitere Injectionen wurden vorgenommen am 
26. Nov., 10 ccm Mallein, Temperatur steigt von 38,3 °C auf 41°, 
6. Dec. 20 ccm mit gleichem Resultat, 


14. „ 

40 „ Temperaturmaximum 

40,5 °C, 

20. „ 

BO „ 

40,4 OC, 

28. „ 

100 „ 

39,4 OC, 

13. Jan. 

1899 120 ccm „ 

40,2 OC. 


Bis zum 10. Febr. wurde mit den Injectionen ausgeset 2 t, 
und in dieser Zeit heilten die rotzigen Veränderungen am linken 
Hinterbein vollständig ab und die Anschwellung desselben 
verschwand. 

Die Injection einer Normaldosis (1 ccm) englischen Malleins 
am 10. Febr. ergab keine Spur einer Reaction. Die Körper¬ 
wärme, welche 38,3 °C betrug, änderte sich nicht in den nächsten 
24 Stunden. 

Der Versuch mit 1 ccm Mallein wurde am 27. März mit 
dem gleichen Ergebniss wiederholt. 


Am 6. und 24. April erhielt das Pferd je 100 ccm Mallein 
mit dem Effect, dass die Temperatur von 38,4 bis auf 39,8 bezw. 
von 38,2 auf 39,4 stieg. 

Hiernach wurde angenommen, dass das Pferd vollständig 
geheilt sei. Denn die äusseren Erscheinungen der Rotz¬ 
krankheit waren gänzlich verschwunden, und nach der Injection 
einer Normaldosis Mallein entstand keine Reaction, während bei 
der lOOfachen Quantität eine Wirkung zu constatiren war wie 
bei einem gesunden Pferde nach der Einspritzung einer 
solchen Dosis. 

Am 13. Juni wurde dem Versuchspferd virulenter Rotzeiter 
aus dem Testikel eines Meerschweinchens intravenös und sub- 
cutan beigebracht, worauf sich ausser einer leichten Anschwellung 
in der Haut an der Injectionsstelle keine äusserlich wahrnehm¬ 
baren Anzeichen des Rotzes entwickelten. 

Dagegen ergab die Einspritzung von je 1 ccm Mallein am 
23. Juni, 7. und 22. Juli und 17. August in jedem Falle eine 
typische Reaction mit starker Anschwellung an der Injectionsstelle. 

Es ist mithin anzunehmen, dass das Pferd in Folge der 
künstlichen Infection von Neuem erkrankt war nnd dass die 
Immunität hiernach nur einen geringeren Grad erreicht hatte. 

Am 14. September war die Reaction auf die Malleinprobe 
wieder geringer und am 12. October war nur eine kleine Tempe¬ 
ratursteigerung bei Wiederholung der Probe zu beobachten. 

Am 22. October starb der Wallach an einer acuten exsuda¬ 
tiven Pleuritis. Dieselbe war nicht rotziger Natur, wie dnrch 
Impfung von Meerschweinchen und Culturversuche nachgewiesen 
wurde. 

Die Lungen enthielten einige Dutzend gerstenkorngrosser 
Knoten mit opaken, weissen Centren. 

Ein Meerschweinchen, welchem eins dieser Knötchen in das 
subcutane Bindegewebe geschoben wurde, starb 14 Tage später 
an einer unbekannten Ursache. Verfasser nimmt an, dass der 
Tod des Meerschweinchens nicht mit der Wirkung des Rotz¬ 
virus in Verbindung zu bringen sei, da weder an der Inoculations- 
stelle noch an irgend einem Organ eine Veränderung der Rotz¬ 
krankheit nachznweisen war. 

Ein Rückblick auf die Versuchsreihe ergiebt, dass das Pferd 
anscheinend durch die fortgesetzte Injection grosser Mallein¬ 
dosen in langen Zeitinterwallen vom Rotz geheilt wurde. Es 
soll jedoch aus den vorstehenden Mittheilungen noch nicht 
gefolgert werden, dass Maliern einen curativen Einfluss auf die 
Krankheit ausübt. 


Kleine Mittheilungen. 

Ein Fall von Aktinomykose des Euters der Kuh. 

Maxwell constatirte an einem Kuheuter 6—8 harte, wohl 
begrenzte Knoten von Haselnuss- bis Hühnereigrösse. Einige 
lagen oberflächlich, andere inmitten der Drüsensubstanz. 

Die Autopsie, microscopische Untersuchung und Cultur¬ 
versuche ergaben unzweifelhaft das Vorhandensein von 
Aktinomykose. 

Der Fall zeigt, dass Euterknoten nicht immer auf Tuber- 
cnlose zu beziehen sind, und dass Aktinoraycespilze event. auch 
in der Milch Vorkommen können, womit eine Uebertragung auf 
Menschen oder Thiere nicht ausgeschlossen ist. 

(Veterinary Journal u. Clin. vet. 1899, H. 15.) 

Primäre Aotioomycooe des Testikels. 

Im British Medical Journal theilt Dr. D’Olier nach' 
stehenden Fall mit: 


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12/- Juli 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


331 


Ein 35jähriger Mann, der immer auf dem Lande gelebt doch 
niemals Landwirtschaft betrieben hatte oder mit Ställen u. s. w. 
in irgend einer Weise in Berührung gekommen war, consultirte 
den Ref. wegen einer Anschwellung des linken Samenstranges, 
welche sich angeblich seit drei Monaten entwickelt hatte. 
Patient war verheiratet, Vater von zwei gesunden Kindern und 
sonst vollständig gesund. Die Untersuchung ergab eine harte, 
cylindrische, schmerzlose Anschwellung am linken Samenstrang 
von der Grösse einer Haselnuss, etwa einen Zoll vom äussern 
Banchring entfernt, ferner eine kleine Hydrocele des Samen¬ 
stranges und hauptsächlich Vergrösserung des Testikels. Drüsen 
nicht geschwollen, Herz, Lungen, Nieren etc. gesund. 

Die Veränderung wurde als ein chronischer Entzündungs- 
process tuberculösen Urspiungs betrachtet und durch Excision 
des Hodens und des verdickten Samenstranges entfernt. Bei 
der sachgemässen mikroskopischen Untersuchung der excidirten 
Anschwellung fanden sich typische Actinomycespilze und die von 
ihnen verursachten Gewebswucherungen. Die Wunde heilte per 
primam bei innerlicher Medication von 5 g Jodkali p. die. Die 
Jodkaliumbehandlung wurde drei Monate hindurch fortgesetzt. 
Sie bekam dem Patienten voi trefflich. Derselbe hatte nach 
dieser Zeit ein sehr gesundes Aussehen und bedeutend an Gewicht 
zugenommen. (Vet. Record 1899, No. 599.) 

Hodentuberculose bei einem Bullen. 

Ein elf Monate alter Shorthornbulle bekundete seit einiger 
Zeit Krankheitserscheinungen. Das Deckhaar war gesträubt, 
die Fresslust mangelhaft, die Rumination unregelmässig. Der 
rechte Testikel war stark vergrössert und schmerzhaft. Der 
Umfang desselben nahm mehr und mehr zu und der Ernährungs¬ 
zustand des pullen ging immermehr zurück, sodass die Castration 
desselben beschlossen wurde. Schon am Tage nach der Operation 
frass der Balle besser als seit Wochen. Derselbe fütterte sich 
in knrzer Zeit so gut, dass er an den Schlächter verkauft 
werden konnte. 

Der kranke Hoden wog vier Pfund. Er war von blass- 
röthlichgelber Farbe und von gelbgrauen Herden durchsetzt, 
welche aus krümeliger, käsiger Masse bestanden. Verkalkung 
bestand in den Herden nur im geringen Grade. Director 
Williams erklärte nach mikroskopischer Untersuchung die Ver¬ 
änderungen für Tuberculose. 

Es wurde noch festgestellt, dass der Bulle die von ihm 
besprungenen Kühe nicht befruchtet hatte. 

(A. S. Laurie. Vet. Journal, 1898, H. 277.) 

Tuberculose bei Katzen. 

Im allgemeinen wird geglaubt, dass die Carnivoren einen 
hohen Grad von Immunität gegen Tuberculose besitzen. Spon¬ 
tane Tuberculose bei Hunden und Katzen soll ziemlich selten 
sein, obwohl diese Thiere in engem Verkehr mit Menschen 
leben und vielfach von ungekochtem Fleisch und roher Milch 
ernährt werden. 

Verf. hat nun in der letzten Zeit drei kranke Katzen unter¬ 
sucht, welche hauptsächlich nachstehende Symptome zeigten: 
Abmagerung, Trägheit, wechselnden Appetit, unregelmässige 
Temperatur von 103—105° F., Schmerzempfindung bei der Per¬ 
cussion des Thorax und angestrengte Athmung. 

Zur Obduction kamen zwei von diesen Katzen. Bei dem 
einen Cadaver waren beide Lungen hepatisirt, die Bronchial¬ 
drüsen vergrössert, und die Lungenpleura war verdickt. Die 
andere Katze zeigte eine weniger ausgebreitete Lungenaffection, 


vergrösserte Mesenterialdrüsen und Knötchenbildung an den Bauch- 
eingeweiden. In den Lungenläsionen wurden Tubercelbacillen 
nachgewiesen. Bei einer Katze, welche dem Verf. durch einen 
Arzt zugeschickt wurde, fanden sich im Nasenausfluss Tubercel¬ 
bacillen. Mithin erscheint es nicht ausgeschlossen, dass auch 
die Katzen eine Quelle für die menschliche Tuberculose dar¬ 
bieten können. (Vet. Rec. 1899.) 

Labmagentuberculo8e. 

Schlachthofdirector Rieck fand im Labmagen eines mit 
allgemeiner Tuberculose behafteten Rindes nahe dem Pylorus 
eine beetartige, brettharte Verdickung von 4 bis 5 cm Dicke, 
in der glatten, der Geschwulst fest aufsitzenden Schleimhaut 
mehrere Geschwüre, in der speckigen Subraucosa massenhafte 
käsige Knötchen, welche zahlreiche Tubercelbacillen enthielten. 

* (Sächs. Veterinärber. 98.) 

Eine Reue Färbung für Tuberkelbaoillen. 

M. Dorset empfiehlt den Farbstoff Sudan HI., welcher 
unlöslich in Wasser ist; dagegen löst sich derselbe mit rother 
Farbe in Alkohol, ätherischen Oelen, Chloroform und Xylol. 

Das Verfahren nimmt nachstehenden Verlauf. Schnitte 
werden 10 Minuten lang in einer gesättigten Lösung von 
Sudan HI. in 80 procentigem Alkohol belassen und hierauf 
5 Minuten in 70 procentigem Alkohol ausgewaschen. Die 
Bacillen erscheinen bei der Untersuchung roth gefärbt. Der 
Farbstoff soll eine specifische Affinität für Tuberkelbacillen haben, 
da derselbe angeblich andere Mikroorganismen nicht färbt. 

(Vet. Journal 1899, No. 294). 

Nachweis von Tuberkeibacillen In Flüssigkeiten. 

E. W. Hammönd (Montreal Med. Journal) giebt nach¬ 
stehende einfache Methode an: 15 ccm Flüssigkeit werden mit 
5 pCt. krystallisirtem Phenol vermischt, 15 Minuten centrifugirt 
und die überstehende Flüssigkeit abgegossen. Der Niederschlag 
wird mit 3 ccm einer 5 proc. Aetzkalilösung tüchtig durch¬ 
geschüttelt und die Mischung zwei bis drei Minuten der Ruhe 
überlassen. Alsdann wird mit Wasser auf 15 ccm aufgefüllt 
und abermals 20 Minuten centrifugirt. Nach dem Abgiessen 
der überstehenden Flüssigkeit folgt die mikroskopische Unter¬ 
suchung des Niederschlages, in welchem die Bacillen leicht 
nachzuweisen sind. Die Vereinfachung des Verfahrens besteht 
darin, dass die Extraction mit Aether wegfällt. (Thierärztl. 
Centralbl. 1900. No. 12.). 

800 Fälle der Chloroformnarkose bei Hunden. 

Von F. Hobday, F. R. C. V. S., London. 

(Journ. of. comp. I’ath. and Therap., Bd. XIII, Thl. 1, 1P00). 

lieber 500 Chloroformnarkosen an Hunden ist schon früher 
in dieser Zeitschrift berichtet worden. Nur bei einem Hunde 
trat in Folge der Narkose der Tod ein; zwei andere Hunde 
zeigten Vergiftungssymptome, erholten sich aber bei geeigneter 
Behandlung wieder. Von den in diesem Aufsatz weiter auf¬ 
geführten Fällen 501 bis 800 ereignete sich zweimal Chloro¬ 
formtod. Die 800 Narkosen mit Chloroform ergeben mithin 
3 Todesfälle, von denen zwei durch die Obduction ihre Erklärung 
fanden und 9 Fälle, in denen Anzeichen einer Gefahr auftraten. 
Aus diesem Ergebniss folgert Verfasser, dass das Chloroform als 
Anästheticum bei Hunden nicht so gefährlich ist als noch immer 
vielfach geglaubt wird. 


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332 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 28. 


Tagesgeschichte. 

In der No. 26 der B. T. W. befindet sich ein von Herrn 
Kreisthierarzt Höhne in Grünberg verfasster Artikel über „Die 
Liquidationen beamteter Thierärzte in Preussen“, welcher von 
einem sonderbarem Misstrauen gegen die Departements-Thierärzte 
inspirirt ist. Da dieser Artikel viele unzutreffende Ansichten 
und Auffassungen enthält und somit geeignet ist, irrige An¬ 
schauungen über einen Theil der Thätigkeit der Departements- 
Thierärzte zu verbreiten, so will ich Folgendes zu diesem Gegen¬ 
stände anführen: 

Her College Höhne hält den Zustand, wie er früher be¬ 
standen hat, gegenüber dem jetzigen geradezu für einen 
paradiesischen. Früher unterlagen die kreisthierärztlichen Liqui¬ 
dationen der Revision der Regierungssekretäre, sonst kümmerte 
sich Niemand um dieselben. Diese machten auser in Bezug auf 
die Entfernungen nur sehr selten Abstriche oder Beanstandungen. 
Dies sollte der Thätigkeit der Departements-Thierärzte Vor¬ 
behalten bleiben. Hierzu ist nun zunächst zu bemerken, dass 
dieser idyllische Zustand, wie ihn Höhne schildert, nicht überall 
bestanden hat, Höhne hat hierin vielleicht besonders Glück 
gehabt. In manchen Bezirken bestanden sogar in Folge dieser 
nebensächlichen Behandlung der kreisthierärztlichen Liquidationen 
recht unerfreuliche Zustände, deren Wiederkehr sich die be¬ 
treffenden Kreisthierärzte kaum wünschen dürften. Sodann hat 
die Regierung auch wohl eingesehen, dass eine Controle der 
Liquidationen, wie die vorgenannte, eben keine richtige Controle 
sei und das Ministerium bestimmte daher schon zu dem Erlass vom 
27. Oktober 1888, welcher von der Fassung der Tagebücher 
handelt, dass die Prüfung dieser Tagebücher unter Zuziehung 
des Departements-Thierarzte8 zu erfolgen habe. Die Letzteren 
wurden hiernach angehalten, eine gewissenhafte materielle 
Prüfung der Tagebücher, aus denen die vierteljährlichen 
Liquidationen zusammen gestellt wurden, vorzunehmen. Dem 
Sekretär verblieb nur noch die rechnerische Prüfung. Die 
materielle Prüfung musste stattfinden, ganz gleichgiltig, ob der 
Departements-Thierarzt Decernent bei der Regierung war oder 
nicht. In letzterem Falle haftete er dem Regierungspräsidenten 
für die Richtigkeit und Gewissenhaftigkeit seiner Prüfung mit ' 
seiner Person, in ersterera Falle ausserdem noch mit seinem 
Geldbeutel. An diesem Zustande hat der neue Min.-Erlass vom 
10. Februar 1897 nichts geändert. 

Bei dieser Prüfung hat der Revisor darauf zu achten 
dass bei Ausführung der Dienstreisen möglichst das Interesse 
der Staatskasse gewahrt worden ist und dass hierbei die gesetz¬ 
lichen und ministeriellen Vorschriften, sowie die Bestimmungen 
der Oberrechnungskammer, ein Institut, welches Höhne wohl¬ 
weislich ganz ausser Betracht lässt, beobachtet worden 6ind. 
Es ist ja leider richtig, dass die Kreisthierärzte in ihrem 
Einkommen zum grossen Theil auf die Einnahmen aus den 
Dienstreisen angewiesen sind; dies darf aber keinen Grund dafür 
abgeben, bei Ausführung der Dienstreisen und Aufstellung der 
Liquidationen das Interesse der Staatskasse gänzlich ausser 
Acht zu lassen. Wenn auch die Kreisthierärzte ein solches 
Interesse nicht kennen, es kann ihnen dies ja im Grunde ge¬ 
nommen gar nicht so sehr verargt werden, die Departements- 
Thierärzte, die berufenen Revisoren, müssen dies aber kennen 
und darnach ihre Thätigkeit einrichten, da sie sonst einmal sehr 
unangenehme nähere Bekanntschaft mit der bereits erwähnten 
Oberrechnungskammer machen könnten. Letzteres Institut ist 


überhaupt sehr zu beachten, und wenn verschiedene höheren 
Orts erlassene Vorschriften nicht immer das pekuniäre Interesse 
der Kreisthierärzte im Auge gehabt haben, so ist sicherlich 
hierfür meistens der Wille dieser obersten Revisionsbehörde 
massgebend gewesen. Der Herr College Höhne irrt sich 
daher durchaus, wenn er annimmt, dass die an den Liqui¬ 
dationen gemachten Abstriche etc. durch irgend eine sonderbare 
Idee des Departementsthierarztes veranlasst werden, welcher 
dies nur thut, um diesen oder jenen Kreisthierarzt einmal 
ordentlich zu ärgern. Im Uebrigen möchte er auch bedenken, 
dass das Revidiren der Tagebücher nicht zu den angenehmsten 
und „exemplum demonstrat“ auch nicht zu den dankbarsten Be¬ 
schäftigungen der Departements - Thierärzte gehört. Dieselben 
wissen sehr wohl, dass die Kreisthierärzte bis jetzt leider noch 
nicht zu den vollbesoldeten pensionsberechtigten Staatsbeamten 
gehören und dass sie auf den Erwerb angewiesen sind. Dieser 
Umstand dürfte wohl auch für jeden einzelnen Departements¬ 
thierarzt massgebend sein, bei der Prüfung der kreisthierärzt¬ 
lichen Liquidation weitgehendste Rücksicht obwalten zu lassen, 
soweit ihm das die gesetzlichen und ministeriellen etc. Vor¬ 
schriften erlauben. 

Herr College Höhne führt als wohlthuendes Beispiel das 
Eintreten eines Regierungs - Medicinalraths für das materielle 
Interesse seiner Physiker an, welches er darin erblickt, dass 
der Medicinalrath erklärt haben soll, die Prüfung von 
Trichinenschauern könne den Kreisthierärzten nicht über¬ 
tragen werden, weil dadurch den Physikern Einnahmen verloren 
gingen. Was diese Angelegenheit nun mit den Liquidationen 
beamteter Thierärzte zu thun hat, ist nicht recht ersichtlich, 
wenn man nicht die Tendenz einer derartigen Anführung ins 
Auge fasst. Höhne macht hierdurch den Departements - Thier¬ 
ärzten den Vorwurf, dass sie Kein Wohlwollen den Kreisthier¬ 
ärzten gegenüber hesässen, sondern dass sie ihre Stellung wo¬ 
möglich noch dazu benutzten, die materiellen Interessen derselben 
zu drücken. 

Dass ein solcher Vorwurf durchaus unberechtigt ist, brauche 
ich wohl nicht näher auszuführen. Derselbe ist aber nicht nur 
unberechtigt sondern geradezu unbegreiflich und muss auf das 
Entschiedenste zurückgewiesen werden. Gerade in der Frage der 
Trichinenschauerprüfungen haben doch die Departementsthier¬ 
ärzte bewiesen, dass ihnen das Interesse der Kreisthierärzte 
sehr am Herzen liegt. Dass in einzelnen Bezirken die Prüfungen 
der Trichinenschauer ganz oder theilweise auf die Kreisthierärzte 
übergegangen sind, ist doch wohl zweifellos dem Einfluss der 
betreffenden Departementsthierärzte allein zuzuschreiben. Dass 
dies noch nicht allen gelungen ist, liegt leider in den Verhält¬ 
nissen begründet. Es ist nicht so leicht alte, seit Jahrzehnten 
eingewurzelte Gebräuche so sans fa^on umzuändern. 

Doch nun zurück zu den Liquidationen. Höhne erwähnt in 
seinem Artikel des Oefteren ein kleines Schriftehen des Geheimen 
expedirenden Secretärs Dam mann, betitelt,, Veterinär-Gebühren“. 
Er schreibt diesem Schriftchen eine verhängnissvolle Bedeutung für 
die Revisionen der Tagebücher zu. Dies ist nun ganz und gar nicht 
der Fall. In diesem Schriftchen sind zweifellos eine Anzahl 
Incorrectheiten enthalten, die irrige Anschauungen erwecken 
können. Dasselbe ist aber ganz gut brauchbar, w-enn man sich 
über die Daten ministerieller etc. Bestimmungen informiren 
will. Bei der Prüfung der Tagebücher werden dann aber diese 
selbst zu Rathe gezogen, nicht die Erläuterungen von Dam mann. 
Von einer durch diese erzeugte, „vielfach beliebte, geschraubte 


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12. Juli 1900. 

Auslegung des Gesetzes“ kann demnach keine Rede sein. Es ist J 
demnach ganz unberechtigt den Departementsthierärzten einen 
derartigen Vorwurf zu machen. 

Was nun die von Höhne erwähnten speciellen Fälle an¬ 
betrifft, so ist Folgendes hierzu zu bemerken: 

Dass ein Kreisthierarzt, der einen benachbarten Collegen 
zu vertreten hatte, nicht die täglichen Kosten für die Hin- und 
Rückreise von seinem Wohnort in den Nachbarkreis bewilligt 
erhielt, mag eine im Vorliegenden vielleicht nicht berechtigte 
Härte gewesen sein. Denn selbst nach den Bestimmungen der 
Oberrechnungskammer können solche Hin- und Rückreisen be- 1 
zahlt werden, wenn sie ausreichend begründet sind und die Be- j 
gründung in der Liquidation ausgesprochen ist. Weshalb soll 
nun aber wieder der Departementsthierarzt im vorliegenden 
Falle der schuldige Theil für die Nichtbewilligung gewesen ' 
sein? Wenn derselbe Decernent ist, muss er allerdings die ! 
Verfügungen entwerfen; ehe diese aber herausgehen, müssen j 
sie durch die Hand des Ober-Regierungsraths der Präsidial- j 
Abtheilung und event. auch noch durch die Hand des Präsidenten | 
selbst gehen. Jeder derselben ist berebhtigt, Aenderungen der Ver- I 
fügungen nach eigenem Ermessen vorznnehmen. Wäre es denn 
so unmöglich, dass im vorliegenden Falle einer dieser beiden 
Herren die Nichtbewilligung der Kosten für die Hin- und Rück- 1 
reise aus irgend welchen Gründen ausdrücklich gewünscht hat? 

Höhne erwähnt sodann die Rundreisen. Nach einer Be¬ 
stimmung des Herrn Landwirtschafts- und Finanzministers muss 
bei Rundreisen die Kilometerzahl am Schlüsse aufgerechnet werden, ! 
es können hier nun Fälle Vorkommen und Höhne hat solche 
construirt, in denen die Schlusssumme nicht die bei einfachen ! 
Reisen zugelassenen Höhe von 16 km erreicht und dann doch nicht ! 
auf 16 abgerundet werden darf. Solche Fälle dürften aber wohl i 
nur selten Vorkommen, in der Regel wird bei Zusammenrechnung ! 
der Schlusssumme die Minderzahl nur ein oder wenige Kilometer l 
betragen gegenüber der Zahl, welche bei Abrundung jeder ein¬ 
zelnen Entfernung herauskomrat. Höhne giebt es selbst zu, ! 
dass die Collegen es noch nicht der Mühe für werth gehalten 
haben, hierüber Beschwerde zu führen. Ueber die gesetzliche 


333 

Berechtigung dieser ministeriellen Vorschrift will ich mich mit 
Höhne nicht streiten. Die Departementsthierärzte sind gehalten, 
dieselben bei Prüfung der Tagebücher zu beachten. 

Was nun die Bestimmung anbetrifft, dass beamtete Thier¬ 
ärzte für solche Tage, an welchen sie dienstliche Verrichtungen 
gegen Bezug von Gebühren vornehmen, für andere Dienst¬ 
geschäfte Tagegelder nicht zn beanspruchen haben, gleichviel 
ob die Gebühren der Staatskasse oder einer Gemeinde resp. 
einer Privatperson zur Last fallen, so beruht diese auf einer 
Specialentscheidung des Herrn Landwirthschaftsministers an einen 
Landdrost in der Provinz Hannover und datirt vom 31. Mai 1883. 
Dieser Erlass steht aber im Ministerialblatt und ist daher nach 
der eigenen Auslegung des Höhne allgemein giltig. Im Uebrigen 
ist der Wortlaut dieses Erlasses so klar und deutlich, dass 
nicht erst „missverstandenerFiskalismus“ besondere Construktionen 
hieraus zu machen braucht. Wenn ein beamteter Thierarzt 
einen Viehmarkt revidirt, ausserhalb seines Wohnortes, und er¬ 
hält hierfür Gebühren, die so hoch sind oder höher wie die 
ihm sonst zukommenden Tagegelder, so darf er für ein anderes 
Dienstgeschäft an demselben Tage Tagegelder nicht mehr 
liquidiren. Dasselbe trifft auch für dienstliche Geschäfte anderer 
Art zu. Ich will zugeben, dass diese Bestimmung im Interesse 
der Kreisthierärzte recht bedauerlich ist, da sie nun aber existirt, 
so müssen wir uns damit abfinden und die Departements-Thier¬ 
ärzte sind verpflichtet sie bei Prüfung der Tagebücher zu be¬ 
achten und das Tagebuch B mit dem Tagebuch A hiernach 
zu vergleichen. 

Auf die weiteren Erörterungen des Herrn Collegen Höhne 
will ich hier nicht näher eingehen. Ich wollte nur zeigen, wie 
unberechtigt die Vorwürfe desselben gegen die Departements- 
Thierärzte sind. Hoffentlich habe ich ihn und diejenigen, welche 
seinem Artikel zugestimmt haben, von der Nichtberechtignng 
dieser Vorwürfe überzeugt. Ich knüpfe hieran nur noch die 
Bitte, dass Herr College Höhne in Zukunft der Thätigkeit der 
Departements-Thierärzte, insofern sie sich auch auf die Prüfung 
der Tagebücher erstreckt, etwas mehr Vertrauen entgegen 
bringen möge. Preusse. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Staatsveterinärwesen. 

Von Preusse. 

Veterinflrberlchte. 

Nach dem Ministerial - Erlass vom 15. November 1887 
müssen die Kreisthierärzte alljährlich einen das Kalenderjahr 
umfassenden Veterinärbericht dem Departementsthierarzt ein¬ 
reichen, welcher dieselben mit einem zusammenfassenden Be¬ 
richt an die technische Deputation für das Veterinärwesen weiter¬ 
zusenden hat. Diese Berichte sollen enthalten alle Erfahrungen 
und wissenschaftlichen Beobachtungen auf dem Gebiete der an¬ 
steckenden Krankheiten der Hausthiere, sowohl der anzeige¬ 
pflichtigen, als auch der nicht anzeigepflichtigen. Ferner können 
d^rin anfgenommen werden Beobachtungen über sporadische 
Erkrankungen und schliesslich, was auf dem Gebiete der öffent¬ 
lichen Gesundheitspflege und desStaatsveterinärwesensBemerkens- 
werthes vorgefallen ist. Aus dem Umfang des für diese Berichte 
vorgeschriebenen Programms ist zu ersehen, dass dieselben eine 
seltene Fülle von Material enthalten müssen, welches auf andere 
Weise unmöglich geschaffen werden könnte. Und in der That 
ist das in den Veterinärberichten enthaltene Material geradezu 
ein kostbares zu nennen, denn bei aller Hochachtung vor den 


wissenschaftlichen Forschungen unserer Gelehrten bleibt doch 
das auf wissenschaftlicher Grundlage gesammelte* praktische 
Erfahrungsmaterial in Bezug auf Werthschätzung sehr oft er¬ 
haben über der Doctrin. Es muss freilich zugegeben werden, 
dass in den Berichten neben vielem Werthvollen auch 
manches Minderwertige, selbst Werthlose, ja sogar auch 
falsche Beobachtungen und Anschauungen enthalten sind. 
Daher ist auch die sorgfältige Sichtung und Bearbeitung des 
Urmaterials durch die Departementsthierärzte vorgeschrieben 
worden. Leider linden diese Jahresveterinärberichte nicht die 
nöthige Würdigung und Beachtung, die sie auf Grund ihres In¬ 
halts eigentlich verdienen. Die Herren Geh.-Räthe Esser und 
Schütz unternehmen es zwar alljährlich, unter dem Titel „Mit¬ 
theilungen aus den amtlichen Veterinärsanitätsberichten“ das 
Wichtigste aus denselben wiederzugeben. Diese Bearbeitung des 
so werthvollen Materials muss jedoch als eine unzureichende 
bezeichnet werden. 

Der Bericht aus dem Jahre 1898 ist erst kürzlich im vierten 
und fünften Doppelheft des Archivs für Thierheilkunde, Jahr¬ 
gang 1900, erschienen, also reichlich spät. Derselbe umfasst 
den Raum von 54 Druckseiten, hiervon müssen in Abrechnung 


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334 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


No. 28 


gebracht werden 14 Seiten mit Zahlen aas den sämmtlichen 
Schlachthäusern Preussens, betr. das Vorkommen der Tuberculose 
und der Trichinen und Finnen, eine völlig überflüssige Zugabe, 
da dasselbe auch bereits anderwärts gelesen werden kann, so 
dass also Für den Textinhalt der Veterinärberichte nur 40 Druck¬ 
seiten übrig bleiben. Wenn man bedenkt, dass dies ein Extract 
aus den Berichten aus 36 Regierungsbezirken und 549 Kreisen 
sein soll, so kann man wirklich nur von einer homöopathischen Gabe 
sprechen, welche der Oeffentlichkeit in diesen ,,Mittheilungen etc.“ 
dargeboten wird. Alles übrige nicht veröffentlichte Material 
verschwindet auf Nimmerwiedersehen in den Akten. Früher 
wurde auf diese „Mittheilungen aus der Praxis“ doch noch 
mehr Werth gelegt. Da erschienen dieselben in besonderen, 
viel umfangreicheren Heften, ein solches Heft umfasste 80 bis 
100 Seiten. Heute bilden dieselben nur ein Appendix zum 
Archiv für Thierheilkunde, dazu bestimmt, um den hin und 
wieder etwas mageren Stoff in dieser Zeitschrift zu vermehren 
und letztere selbst etwas interessanter zu machen. Im Re¬ 
gierungsbezirk Danzig ist noch die Einrichtung getroffen, dass 
eine Abschrift des Generalveterinärberichts alljährlich bei den 
Kreisthierärzten circulirt, damit dieselben wenigstens auf diese 
Weise erfahren, was im Regierungsbezirk Interessantes vor¬ 
gefallen ist. 

Um nun das alljährlich in den Berichten znsammenfliessende 
grosse und werthvolle practische Material für die Allgemeinheit 
besser zugänglich zu machen, und um die viele Mühe und Arbeit, 
welche in diesen Berichten steckt, nicht umsonst gethan sein 
zu lassen, empfiehlt es sich, eine umfangreichere Bearbeitung 
des gesammten Stoffes eintreten zu lassen, als wie dies in den 
letzten Jahren geschehen ist. Am geeignetsten hierzu ist die 
Veröffentlichung eines möglichst umfassenden Auszuges hr : be¬ 
sonderen Heften, wie dies früher der Fall war. Als Anhängsel 
zum Archiv behandelt zu werden, ist für diese Berichte-durchaus 
unzweckmässig. 

Alles, was auf medicinischem Gebiet Interessantes 
in den Regierungsbezirken vorgekommen ist, wird in 3jährigen 
Zwischenräumen durch den Regierungs-Medicinalrath zusaramen- 
gestellt und veröffentlicht. Ich bin weit davon entfernt, diesen 
Zustand als einen idealen anzusehn. Mit der Behandlung jedoch, 
welche den Veterinärberichten der beamteten Thierärzte zu Theil 
wird, ist dieses Verfahren in keiner Weise in Vergleich zu ziehen. 

Verordnungen, betr. Einfuhr von Vieh, Fle-sch eto. 

Die Regierungspräsidenten in Breslau und Oppeln haben 
unter dem 16. bezw. 17. Juni d. J. die Einfuhr von frischem 
Schweinefleisch sowie von allen Zubereitungen aus Schweine¬ 
fleisch, mit Ausnahme des gargekochten Schweinefleisches und 
des ausgeschmolzenen Schweinefettes, aus Serbien verboten. 

Nach dem letzten vom 22. Juni ausgegebenen Verzeichnisse 
herrscht die Lungenseuche in keinem der in der Anl. A. des 
deutsch-österreichischen Viehseuchen-Uebereinkommens genannten 
Sperrbezirke mehr. 

Die Regierung der Vereinigten Staaten von Nord-Amerika 
hat für die Einfuhr von Vieh neue Bestimmungen getroffen, 
welche am 1. März d. J. in Kraft getreten sind. Demnach sind 
für die Einfuhr von Pferden, Eseln, Mauleseln, Rindern, Schafen, 
anderen Wiederkäuern und Schweinen besondere Häfen bestimmt 
worden, in denen die einzuführenden Thiere einer thierärzt¬ 
lichen Untersuchung und einer Quarantäne unterworfen werden. 
Für Pferde, Esel, Maulesel ist indess nur eine Untersuchung 


jedoch keine Quarantäne vorgeschrieben. Rinder unterliegen 
einer Quarantäne von 90 Tagen, bevor sie eingelassen werden; 
Schafe, andere Wiederkäuer und Schweine einer solchen 
von 15 Tagen. Schlachtvieh kann auch ohne Quarantäne 
zugelassen werden, jedoch nur mit solchen Beschränkungen, wie 
sie der Chef des „Bureau of Animal Industry“ für nöthig hält, 
um eine Einschleppung der Seuchen in die Vereinigten Staaten 
zu verhüten. Rinder, Schafe und andere Wiederkäuer bedürfen 
für die Einführung eines Ursprungszeugnisses, welches den Ort 
derHerkunft angiebt und bescheinigt, dass dieser im letzten Jahr frei 
von Lungenseuche, Maul- und Klauenseuche, Milzbrand, Rinderpest 
oder anderen ansteckenden Krankheiten gewesen ist, für Schweine 
frei von Maul- und Klauenseuche, Schweineseuche, Schweine¬ 
pest und Rothlauf. Auch werden noch besondere Erklärungen 
des Verkäufers, des Importeurs oder der Commissionaire verlangt, 
welche ein Gleiches besagen und durch welche bescheinigt wird, 
dass das eingeführte Vieh keine inficirten Distrikte passirt hat 
oder sonst irgendwo der Ansteckung ausgesetzt gewesen ist. 
Der Versand muss in reinen, desinficirten Wagen oder Schiffen 
erfolgen. In den Quarantäneanstalten muss alles über sechs 
Monate alte Rindvieh mit Tuberkulin geimpft werden. Re- 
agirende Thiere werden, wie auch solche, die an ansteckenden 
Krankheiten leiden, geschätzt und abgeschlachtet. Die Ver¬ 
ordnung enthält dann noch genaue Vorschriften über die Be¬ 
handlung des Viehs in den Quarantäneanstalten und über den 
sonstigen Betrieb in denselben. 

Auch die Regierung von Kapland hat unter dem 21. April d. J. 
eine Verordnung erlassen, welche die Einfuhr von Rindvieh auf 
dem Seewege regelt. Dieselbe soll am 1. August d. J. in Kraft 
treten. Diese Verordnung richtet sich speciell gegen die Tuber¬ 
culose. Sie fordert den Nachweis der Tuberculosefreiheit durch 
Vorlegung eines Impfattestes, oder im Falle dieses nicht vor¬ 
gelegt werden kann, ist eine Quarantäne vorgesehen, während 
welcher eine Tuberculinimpfung auszuführen ist. Im Falle einer 
Reaction wird das betreffende Thier vom Quarantänerath 
getödtet. 

Thierseuchen im A «lande. I. Quartal 1900. 

Schweden. 

Die Zahl der mit Milzbrand verseuchten Ställe betrug 17 
bezw. 10 bezw. 16; mit Rauschbrand 3 bezw. 2 bezw. 4; mit 
Schweinepest (Schweineseuche) — bezw. — bezw. 2. 

Niederlande. 

Erkrankungsfälle wurden gezählt: an Milzbrand im Januar 18. 
Februar 13, März 22; Rotz 5 bezw. 2 bezw. 4; Maul- und 
Klauenseuche 1767 bezw. 725 bezw. 612; Räude der Einhufer 
und Schafe 317 bezw. 575 bezw. 378; Schweinerothlauf und 
Schweineseuche 9 bezw. 8 bezw. 8; bösartiger Klauenseuche der 
Schafe 36 bezw. 16 bezw. 11. 

Schweiz. 

An Milzbrand gingen ein im Januar 13, Februar 11, März 
15 Stück; an Rauschbrand 12 bezw. 8 bezw. 17. Wegen Rqtz 
wurden getödtet 8 bezw. 14 bezw. 30; als der Tollwuth ver¬ 
dächtig im März 28 Thiere. An Maul- und Klauenseuche 
erkrankten bezw. waren verdächtig Ende Januar 564 Thiere in 
35 Gemeinden, Ende Februar desgl. 469 in 22 Gern., Ende 
März 308 in 18 Gern. An Rothlauf der Schweine incl. Schweine¬ 
seuche waren erkrankt Ende Januar 14, Ende Februar 28 
Ende März 30 Thiere. 


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12. Juli 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


335 


Fleischschau und Viehhandel. 

Von KUhnau. 

Die AusfOhrungsbestlmmungen zum Fleischschaugesetz. 

Nach der gleichzeitig mit dem Fleischschaugesetz vom 
Reichstag angenommenen Resolution sollen die Bestimmungen 
über die Untersuchung des ausländischen Fleisches mit dem 
Tage der Verkündigung des Gesetzes in Kraft treten. Dem 
entsprechend wird von den Reichsbehörden fleissig an den 
Vollzugsbestimmungen über die gesundheitliche Controle des 
ausländischen Fleisches gearbeitet. Zu einer am 29. Juni er. 
im Kaiserlichen Gesundheitsamt stattgefundenen Con- 
ferenz waren neben Verwaltungsbeamten der verschiedenen 
Reichsämter und Ministerien thierärztliche Sachverständige aus 
Preussen, Bayern, Sachsen und den Hansestädten, sowie Inter¬ 
essenten der in Betracht kommenden Handelskreise einberufen, 
um ihre Meinungen darzulegen. Die Schwierigkeit der Materie 
bedingt, dass die Ausarbeitung der Bestimmungen längere 
Zeit in Anspruch nimmt. In landwirtschaftlichen und 
Schlächterkreisen ist die Frage aufgeworfen, ob Fleisch¬ 
extra ct im Sinne des Gesetzes als Fleisch zu bezeichnen ist. 
Wie die „Allg. Fleischer-Zeitg.“ in ihrer Nummer vom 2. Juli er. 
selbst ausführt, ist es nach dem § 4 des Gesetzes nicht an¬ 
gängig, Fleischextract, Fleischpepton, Fleischgallerte, Snppen- 
tafeln und dergl. als Fleisch zu begreifen; nach den dem Gesetz¬ 
entwurf beigegebenen Motiven ist von der Unterstellung des 
Flei8chextracts u. s. w. unter das Gesetz so lange abzusehen, 
als der Bundesrath es nicht ausdrücklich bestimmt. Die Be¬ 
gründung geht dabei von der Ansicht aus, dass sich die Noth- 
wendigkeit einer Controle vor ihrer Zulassung zum Nahrungs¬ 
mittelverkehr bisher nicht sichtbar gemacht hat. Die Fleischer- 
Zeitung ist anderer Ansicht und bittet, dass der Bnndesrath 
schon in den Ausführungsbestimmungen zum Fleischschaugesetz 
das Fleischextract für Fleisch erklären und demgemäss von der 
Einfuhr ausschliessen möge. Am Schluss wird die Hoffnung 
ausgesprochen, dass auch der Fleischer-Verbandstag in 
Nürnberg sich dafür aussprechen möge. 

Die Wiesbadener Conferenz der preussischen 
Landwirthschaftskammern hat beschlossen, dass alle 
Kammern für nachstehende Forderungen eintreten: 

1. Bezüglich der Beschau des ausländischen Fleisches: 
lieber die Untersuchung des Pökelfleisches sind bestimmte Vor¬ 
schriften zu erlassen, welche anordnen: a) dass nicht Stich¬ 
proben genommen werden, sondern dass jedes einzelne Stück 
untersucht wird; b) dass die Untersuchung sich stets sowohl 
darauf zu erstrecken hat, ob das Fleisch genügend gepökelt als 
auch darauf, ob es gesundheitsgefährlich ist. 

2. Bezüglich der Beschau des inländischen Fleisches: 
a) die erwachsenden Kosten dürfen nicht den Landwirthen zur 
Last gelegt, sondern müssen auf breitere Schultern (Staat) 
übertragen werden, b) Die Entschädigungsfrage ist durch die 
Schaffung öffentlich-rechtlicher Schlachtvieh-Versicherungs-Ein¬ 
richtungen unter Heranziehung von öffentlichen Mitteln zu 
regeln, c) Für die Verwerthung des zwar minderwerthigen, 
aber für den Genuss noch zulässigen Fleisches ist Fürsorge zu 
treffen (Kochanstalten, Freibänke). 

Die Forderungen, bezüglich der Beschau des inländischen 
Fleisches haben gewiss ihre Berechtigung, und sind in diesem 
Sinne bereits auch bei der Berathung der Gesetzes-Ausführungen 
gemacht worden. Bezüglich der Controle des aus¬ 
ländischen Fleisches ist zu bedenken, dass es sich in erster 


Linie um gesundheitliche Maassnahmen handelt, welche in Frage 
kommen. Was in dieser Hinsicht gefordert werden kann, ist 
bereits im Gesetz bestimmt formulirt. Ueber den Rahmen des 
Gesetzes sollten die Ausführungsbestimmungen nicht hinaus¬ 
gehen, wenn überhaupt die practische Möglichkeit einer Fleisch¬ 
einfuhr bestehen bleiben soll. Später, wenn durch Mehrproduction 
von Vieh oder Erleichterung der Einfuhr von lebendem Vieh 
Ersatz geschaffen ist, lassen sich unbedenklich die Bestimmungen 
über die Einfuhr von Fleisch schärfer anziehen. Nach ameri¬ 
kanischen Quellen sollen die Bestimmungen deB Fleischschau¬ 
gesetzes am 5. October in Kraft treten. K. 


Berlin: Auszug aus dem Flelsoheohauberioht für Monat Juni 1900. 

A. Schlachthof. 



Rinder j 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht 

12 059 

13 969 

39 176 

61 264 

Ganz beanstandet .... 

311 

74 

16 ! 

396 

Ueberhaupt mit Tuberculose 
behaftet. 

2 888 | 

48 

4 

2 638 

Davon gänzlich verworfen . 

m j 

9 

2 ! 

84 

„ sind zur Sterilisation ge¬ 
eignet befunden worden: 

90 1 

12 

2 

158 

„ theilweise verworfen . . 

1 | 

— 1 

— 

— 

Also vollständig freigegeben 

2 686 

27 

— 

2 396 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 1 

— ' 

— : 

9 

Mit Finnen behaftet . . . 

53 

2 

— 1 

48 

Stark finnig, technisch vor- 
werthet. 

3 

_ 


29 

Finnig und wässerig, tech¬ 
nisch verwerthet .... 

6 

_ 



Schwach finnig sind zur 
Kochung geeignet befunden 
worden. 

44 

2 

i 

j 

19 

Ausserdem wegen Behaftung 
mit Kalkconcrementen, mul¬ 
tiplen Blutungen u.s.w. sind 
gekocht verwerthet . . . 



1 

1 

34 


An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei 
Rindern 5540 Stück, bei Kälbern 93 Stück, bei Schafen 1953 Stück. 


B. Untersuch'ungsstationen. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Untersucht. 

16 827 

'10109 ] 

2 515 

1 11292 

Beanstandet. 

Wegen Tuberculose wurden 

56 

19 ! 

| ' 

— 

13 

beanstandet. 

Davon sind zur Sterilisation 

16 

' 

— 

4 

geeignet befunden . . . 

4 

— i 

— 

2 

Mithin gänzlich verworfen 

12 

— i 

— 

2 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— j 


i — 

Mit Finnen behaftet. . . . 
Davon schwach finnig und 
zur Kochung geeignet be- 

1 

| _ 1 


j 

funden. 

— 

; — 

— 

| — 


Unter dem eingeführten Fleisch waren 1003 dänische Rinder¬ 
viertel, 51 dänische Kälber und 86 Wildschweine. 


Berlin, den 6. Juli 1900. Der städtische Oberthierarzt 

Reissmann. 

Zur Verwendung der Schlachthof-Conflecate. 

Veranlasst durch die in der Berliner Kochanstalt für be¬ 
anstandetes Fleisch vorgekommenen Unregelmässigkeiten macht 
ein Interessent in Stück 11 der Mittheilungen der deutschen 
Landwirthschaftsgesellschaft den Vorschlag, die Confiscate zu 
Fleischextract zu verarbeiten. Dem in vieler Beziehung 
interessanten Aufsatz entnehmen wir Folgendes: 


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836 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 28. 


In Berlin sind vom 1. April 1898 bis 31. März 1899 
1775 geschlachtete Rinder, 3238 Schweine, 86 Kälber, 8 Schafe 
nnd 16 259,5 kg Rindfleisch zum Kochen und Sterilisiren über¬ 
wiesen. Wenn man nun das Rind mit 250 kg Fleischgewicht 
rechnet, so würden etwa rund 672 800 kg beanstandetes Fleisch 
der Koch- bezw. Pökelanstalt übergeben worden sein. Für das 
vom 1. April 1900 bis ebendahin 1901 aufkommende Fleisch, 
dessen Menge wahrscheinlich noch grösser ausfallen wird, sind 
nun je dreimal Gebote von 279 000 M. und 226 000 M. und als 
siebentes Gebot 110 00 M. abgegeben worden. Bekannt gegeben 
ist nicht, welche Werthe dabei den einzelnen Fleischsorten 
beigelegt worden sind, doch ist in früheren Jahren für das Fett 
und das fette Fleisch der Schweine ein bei weitem höherer Preis 
(50—60 Pfg. für 1 kg) angelegt worden, als für das zum 
Dämpfen bestimmte Rind- und Schweinefleisch, welches nur mit 
25—30 Pfg. bewerthet wurde. 

In dem in der Beilage zu Stück 23 (1899) der vor- 
bezeichneten Mittheilungen von dem landwirthschaftlichen Sach¬ 
verständigen in Buenos-Aire8 veröffentlichten Aufsatz: „Der 
Betrieb in der Liebig’schen Fleisch extractfabrik in Fray Bentos“ 
wird angegeben, dass bei der Bereitung des Fleischextractes 
das knochenfreie Fleisch in Stücke geschnitten, dann von Hack¬ 
maschinen zu einem Mus, ähnlich wie zur Dauerwurstbereitung, 
zerkleinert und darauf mit einer gleichen Menge Wasser zu 
einer starken Brühe verkocht wird. Diese wird dann vom 
Fette befreit, vom ausgekochten Fleisch abgeschöpft und in 
Vacuumapparaten eingedickt. Dabei geben 40 kg Fleisch 1 kg 
Extract. 


Im Grosshandel wird nun das Fleischextract von Liebig 
mit 6,50 M., andere Marken mit 5 M. für ein Pfund englisch 
abgegeben. Da 56 Pfund engl. = 25,5 kg sind, wird sich das 
Kilogramm der geringsten Fleischextractsorten auf UM. stellen, 
das Kilogramm Fleisch sich also mit 27,5 Pfg. verwerthen. Eb 
fehlen in dem angezogenen Berichte alle Werthangaben über 
die dabei aufkommenden Fette und über das übrigbleibende ge¬ 
trocknete Fleischfuttermehl. Nimmt man an, dass das Fett die 
Herstellungskosten deckt, 40 kg Fleisch als Rückstand 10 kg 
Fleischmehl lassen sollen, das sich mit 9 M. für 50 kg bewerthet, 
dann würde sich die Ausnutzung von 1 kg frischen Fleisches noch 
um 4,5 Pfg., also von 27,5 auf 32 Pfg. erhöhen. Nun sind 
während der Verpachtung der Berliner Kochanstalt in den 
Jahren 1895/1896 für das zu übernehmende Dampf- und Koch¬ 
fleisch durchschnittlich 30 Pfg. geboten, aber in Wirklichkeit 
nur 22 Pfg. gezahlt worden (siehe No. 5 der „Allg. Fleischer¬ 
zeitung“ von 1897), die Verwerthung des beanstandeten Fleisches 
würde also durch Herstellung von FleiscVextrat eine erheblich 
höhere sein, als damals gezahlt worden ist. Wenn nun heute 
für im Mindestfall auf kommende 672 800 kg Fleisch und Fett 
279000 M. von dem Höchstbietenden, 226 000 M. von dem 
mittleren und 110 000 M. von dem Mindestbietenden geboten ist, 
so würden sich demgegenüber die 672 800 kg durch Fleischextract- 
fabrication zu 32 Pfg. für 1 kg mit 215 296 M. verwerthen, 
sich mit dem mittleren Gebot also etwa decken, dem Höchst¬ 
gebot aber nahe kommen, wenn man berücksichtigt, dass die 
beanstandeten Fette sehr viel höher sich bewerthen, als das 
magere tuberculöse Rindfleisch. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Kreisthierarzt Frick in Rawitsch ist der 
Rothe Adlerorden IV. Klasse, dem Oberamtsthierarzt Dentler- 
Wangen das Ritterkreuz II. Klasse des Friedrichsordens verliehen I 
worden. 

Ernennungen etc.: Thierarzt Wegner zum Kreisthierarzt in 
Namslau. — Dr. D o en ecke-Sch wiebus auf Lebenszeit mitPensions- 
berechtigung als Scblachthofinspector angestellt 

In Bayern: Bezirksthierarzt a. D. Ludwig Schöberl von 
Marktheidenfeld (Unterfranken) znm Schlachthausthierarzt in Löwitz, 
Königr. Sachsen. Der Director des städtischen Schlacht- und Vieh¬ 
hofes zu Augsburg, Johannes Schneider, wurde als beamteter Thier¬ 
arzt mit den Befugnissen eines Bezirksthierarztes staatlich bestätigt. 
— Als pragmatische Staatsdiener wurden ernannt: Die Bezirks¬ 
thierärzte Friedrich Schneider-Augsburg, Ludwig Westermaier- 
Aichacb, Rudolf Küffner-Weilheim, Mathias Dom-Waldmünchen, 
Otto Hei chlin ge r-Wegscheid, Karl Hofer - Ebermannstadt, Karl 
Schilffarth-Stadtamhof, Friedrich Birnbaum-Bamberg, Engelbert 
Vogg-Rehau, Otto Schwenk-Zusmarshausen, Kaspar Rogg-Burg- 
lengenfeld, Johann Neuwir th-Kemnath, Karl Dennhard-Krumbacn, 
Victor Kugler-Kötzting, Karl Härtle-Alzenau, Johann Stenger- 
Würzburg, Max Durocher-Berneck, Wilhelm Diccas - Schongau, 
Heinrich Krug-Brückenau, Josef Fischer-Tölz, Gottfried Besen¬ 
beck-Mellrichstadt, Max Etzinger-Viechtacb, Johann Windiscb 
Altötting, Philipp Korb-Hammelburg und Andreas Markert-Berg¬ 
zabern. — Der Districtsthierarzt August Lösmeister in Steingaden 
wurde zum Districtsthierarzt in Dorfen gewählt. 

Approbatienen: in Hannover: die Herren Friedrich Eilert und 
Bernhard Hartwig. 

Promotionen: Thierarzt Noack-Hanau von der philosophischen 
Facultät in Marburg zum Dr. phil. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen eto.: Verzogen: Die 
Thierärzte Nicolaus Bruns von Bojanowo (Pos.) nach Weferlingen 
(Sachs.), Knuth-Berlin nach Fray Bentos (Uruguay), Schneider 
von Salem (.Bad.) nach Oppenau. — Thierarzt Eberle hat sich in 
Erbenheim (Wiesbaden), Thierarzt R. Prösch (Schwarzenbek) in 
Krotoschin (Pos.) niedergelassen. 

In der Armee: Befördert: Rossarzt Prenzel im 1. Ul.-Rgt zum 
Oberrossarzt; die Unterrossärzte Hack vom Leib-Garde-Hus.-Rgt. 
und Rode von der Art-Schiessschule unter Versetzung zum 15. bezw. 
14. Hus.-Rgt. zu Rossärzten.—Versetzt: Die Oberrossärzte Barth vom 
89. Art-Rgt. zum 2. Drag.-Rgt., Troester vom 1. Ul.-Rgt. zum 39. Art.- 
Rgt., letzterer unter Belassung in seinem Commando bei der Militär- 
Rossarztschule. Die Rossärzte Rassau (Kiautschou) zum 18/Drag.- 
Rgt., Werner vom 14. Hus.-Rgt. zum 39. Art.-Rgt., Nothnagel 
vom 11. Trainbat- zum 6. Drag.-Rgt, Aulich vom 13. Hus.-Rgt. 


zum 25. Trainbat., Woite (Militär-Lehrschmiede in Frankfurt a. M.) 
zum 13. Hus.-Rgt, Michaelis vom 15. Hus.-Rgt. zum 11. Trainbat. 
— In den Ruhestand: Liebscher, Oberrossarzt vom 2. Garde- 
Ul.-Rgt. und Schröder, Rossarzt im 12. Ul.-Rgt 

In Württemberg: Dr. Lutz, Rossarzt im 49. Art-Rgt., zum 
Oberrossarzt im Regiment und Thieringer, Unterrossarzt im 
19. Ul.-Rgt., zum Rossarzt im 26. Drag.-Rgt. ernannt. 

Im Beurlaubtenstande sind zu Rossärzten befördert: Die 
Unterrossärzte d. Res. Dr. Langershausen (Bez.-Comm. Gotha), 
Stenzei (Hameln), Hänsgen (Wismar), Kreuz (Stettin). 

Todesfälle: Bezirksthierarzt a. D. Gottfried Leeb in München. 


Yacanzen. 

Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Aachen: Montjoie (erneut ausgeschrieben) (600 M. Gehalt, 
300 M. Stellenzulage, 600 M. Kreiszuschuss, (ev. Ihr Beaufsichtigung 
des Schlachthofes weitere 800 M.) Bewerber bis 5. August er. an 
das Landrathsamt zu Montjoie. 

b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Köln: Waldbröl. — R.-B. Cöslin: 
Bütow und Stolp (Nord) — R.-B. Wiesbaden: St. Goarshausen. 

Sanitltsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Erfurt: Schlachthofassistenzthierarzt (2000 M.). Meldungen an 
den Magistrat. — Gr ätz (Posen): Schlachthofinspector (1500 M., 
Wohnung etc., Privatpraxis in dienstfreier Zeit). Bewerbungen an 
den Magistrat. — Halle: Assistenzthierarzt am Schlacht- und 
Viehhof sofort (1800 M. Dienstwohnung). Meldungen an den Director. 

— Haltern: Sanitätathierarzt (1200 M. aus der Fleischschau, 800M. 
Zuschuss, Privatpraxis). Bewerb, an den Bürgermeister bis 15. Juli. 

— Köln: Schlachthofthierarzt (2500 M. steigend bis 4300 M. 6 Monat 
Probezeit bei 4 wöchentl. Kündigung. Ruhegehalt Keine Praxis). 
Bewerber an den Oberbürgermeister. — Salzwedel: Schlachthof¬ 
vorsteher zum 1. October. (Anstellung zunächst probeweise gegen 
vierteljährl. Kündigung. Keine Praxis. 2000 M., Wohnung etc.) 
Meid, bis 20. Juli an den Magistrat — Stettin: 3. Schlachthof 
thierarzt zum 1. September er. (2400 M. pensionsberecht Einkommen, 
von 3 zu 3 Jahren um 300 M. steigend bis 3300 M.) Bewerbungen 
bis 6. August er. an den Magistrat 

Privatstellen: 1900 bekannt gegebene: Eickel. — Mengering¬ 
hausen (Waldeck). — Peiskretscham (Ober-Schles.). — Rhinow 
(R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.) — Schwarzenberg LS.— 
Sonnenburg. — Suelze (Mecklb.). — Wolkenstein. 

Per8onalverzeichnl88 des deutschen Veterinärkalenders. 

Die Herrn Collegen werden gebeten, etwa gewünschte Correcturen 
gefl. bald der Verlagsbuchhandlung R. Schoets mitzutheilen. 


Veratmvortli h für den Inhalt (oxcL Inseratenteil): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schootz in Berlin. — Druck von W. Büxenstein, Berim- 


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Die „Berliner Thlerlrztllche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich ln Stärke von mindestens l 1 /, Bogen. Dieselbe 
tat zu beziehen durch den Buchhandel, dlo Post (No. 1082) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
8choeti, Berlin NW., Lnisenstrasse SO, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeltrtge werden mit 60 Hk. für den Bogen honorirt. 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactlonellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmalts, 
Berlin thierirztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 50. 
Correcturen, Reconsions-Ezeraplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin. 

Verantwortlicher Redacteor. 

De Brulii KDhnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel Zündel 

Professor Oberthierarzt Departementsihierarct Kreisthierarzt Departementsthierarzt Veterinärassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthierarzt 

Utrecht Hamborg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. 



Ausgegeben am 19. Juli. 


Inhalt: Riokmann: Das Wesen der „Pferdesterbe“. — Jost: Phimosis beim Pferde. — Prayon: Ueber Tropon. — Knoll: Hirn¬ 
befand bei einer Kuh. — Litfas: Fremdkörper in der Haube. — Referate: Zur Bekämpfung des seuebenbaften Ver- 
kalbens. — Gm ein er: Die therapeutische Bedeutung des Liquor cresoli saponatus. — Radicaloperation einer Hernia umbili¬ 
calis. — Ebertz: Die Ergebnisse der neuen Untersuchungen über Maul- und Klauenseuche. — Höricourt und Rieh et: 
Behandlung der Tuberculose des Hundes mit ausschliesslicher Fleischkost. — Fettick: Ist der Harn der Thiere unter 
physiologischen Verhältnissen eiweisshaltig? — Desgrez: Ueber die Zersetzung des Chloroforms im Organismus. — Tages- 
geschichte: Kurzer Bericht über die 26. ordentl. Generalversammlung des thierärztl. Vereins im Herzogthum Braunschweig. — 
Die Anstellung der Berliner Schlachthofthierärzte. — DaB Aufblühen des Veterinärwesens in Russland in den letzten Jahren. 
— Verschiedenes. — Thierhaltung und Thierzucht. — Personalien. — Vacanzen. 


Das Wesen der „Pferdesterbe“. 

Von 

Rickmann 

Roziarzt ln Deutsch SQdwest-Afrika. 

(Vergl. No. 27 der B. T. W.) 

Zu der im Windhoeker Anzeiger No. 6, Jahrgang 1900 er¬ 
folgten Publication über Pferdesterbe, möchte ich, obschon ich 
dieses Blatt nicht zu den wissenschaftlichen Fachschriften, wo¬ 
hin die Erstveröffentlichung wissenschaftlicher Forschungen in 
erster Linie zu richten wäre, rechnen kann, in vorläufiger Mit¬ 
theilung dennoch Stellung nehmen, damit beim Erscheinen dieser 
sensationellen Nachrichten nach Uebernahme in heimische Blätter 
mein Standpunkt gekennzeichnet ist. Der Autor des obigen 
Artikels, welches die von Oberarzt Dr. Kuhn nnd Oberstabsarzt 
Dr.Lülbert verfochtenen Behauptungen znr öffentlichen Kenntniss 
bringt, ist nicht angegeben. Mir ist dieser Umstand gleichgültig, 
znmal ich mich in Folgendem nur mit der Sache selbst be¬ 
schäftigen möchte. 

Während einige in diesem Artikel gemachte Angaben seit 
langem bekannt sind, erscheinen folgende als ganz neu: Identi- 
ficirung der Malaria des Menschen nnd der Sterbe des Pferdes, 
Uebertragung der Krankheit durch Moskitos von Mensch zn Pferd 
ond umgekehrt, endlich die Heil- und Schutzimpfung. 

Ueber den Werth oder Unwerth der Impfungen selbst möchte 
ich zur Zeit kein endgültiges Urtheil abgeben, da dieselben erst 
in letzter Zeit znr practischen Anwendung kamen nnd in Folge 
dessen die Dauer der Beobachtung der Impflinge eine zn kurze 
ist. Zum mindesten ist aber auch diese Frage noch lange nicht 
vollständig gelöst. 

Die Malaria, sowohl die tertiane, quartane als die pemieiöse 
kommt ansser in Afrika in vielen Ländern auch anderer Erd- 
theile, in Amerika, Asien, Südrussland, Italien vor. Obschon in 
diesen Gebieten Pferde leben und Pferdezucht betrieben wird, 
ist andererseits aber von Pferdesterbe nichts bekannt; diese 
Krankheit ist vielmehr der Litteratur zufolge lediglich Afrika 
Vorbehalten. 


Z. B. in Südrussland, einem Malariagebiet, ist auch die 
I Pferdehaltnng so ziemlich dieselbe wie in Deutsch Südwest- 
Afrika, aber die Sterbe unbekannt. Von Australien werden 
alljährlich viele Pferde nach Java, Sumatra etc., malariareichen 
Gebieten, verbracht; doch erliegen diese Thiere nicht der Sterbe. 

Aus Argentinien, in welchem Lande Malaria bekannt aber 
Sterbe anbekannt ist, wurden im Jahre 1898 Pferde and Maul¬ 
esel in unser Schutzgebiet importirt Dieselben haben stark 
unter der Sterbe zu leiden und erschienen für diese Krankheit 
j empfänglicher, als die einheimischen Thiere, welche wohl einen 
| gewissen Grad ererbter nnd ferner theilweise erworbener Immu- 
! nität besitzen. 

Wäre Malaria nnd Sterbe identisch, so müsste in diesen 
anderen Ländern auch die Sterbe bekannt sein, znmal es an 
den Moskitos, welche bei dem fraglichen Stoff die Ueberträger 
sein sollen, nicht mangelt. 

Bezüglich der Indentität beider Krankheiten gebe ich folgende 
Impfversnche an: Ich habe mich mit 1 ccm virulenten Sterbe- 
! blntes snbentan geimpft nnd gleichzeitig ein Pferd mit derselben 
Dosis. Ich bin bis heute, nach circa 3 Monaten, fieberfrei geblieben, 

, während das Pferd am 11. Tage nach der Impfang an typischer 
| Sterbe verendete. Darauf hin hat sich Rossarzt Käsewurm, 

mein Mitarbeiter in Sterbeforschung mit 2 ccm und ein anderer 
Mann mit 1 ccm Sterbeblot, dessen Virulenz bei Impfung von 
1 Pferden erwiesen war, freiwillig impfen lassen; es erfolgte kein 
! Fieber nnd durch die Blutuntersuchungen in diesen drei Fällen 
konnten Malariaparasiten irgend einer Art heim Menschen nicht 
nachgewiesen werden. 

Ich selbst bin für Malaria empfänglich und habe des 
Oefteren darunter zn leiden gehabt, während die beiden anderen 
j bisher malariafrei and erst kürzere Zeit im Lande sind. 

Wenn nun behauptet wird, dass durch Moskitos die 
Sterbe des Pferdes auf Menschen als Malaria übertragen wird, 
und bei den vorstehenden Impfungen das in quantitativer und 
qualitativer Hinsicht gleichwerthige Material heim Pferd zwar 
die Sterbe, jedoch beim Menschen keine Malaria erzeugt hat, so 


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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 29. 


dürfte die obige Behauptung bezüglich der Uebertragung, zugleich 
aber auch die Annahme der Indentität als hinfällig erscheinen. 

Den Gegenversuch, d. h. Verimpfung von Malariablut auf 
Pferde und somit Erzeugung von Sterbe, konnte ich selbst aus 
Mangel an Malariablut nicht ausführen. Derselbe ist meines Er¬ 
achtens nach Angaben in der vorhandenen Litteratur auch über¬ 
flüssig. Denselben zufolge ist es wohl gelungen, durch Impfungen 
mit virulentem Blut die Malaria von Mensch zu Mensch zu über¬ 
tragen, aber nach den neueren Arbeiten von Koch und Co Ile 
nicht von Mensch zu Thier. 

Folgende Beweisführung dürfte noch angezeigt erscheinen: 
Ein Moskitonetz wird über einen malariakranken Menschen ge¬ 
spannt, und nachdem darin Moskitos, welche am kranken Menschen 
gesaugt haben, vorhanden sind, wird das Moskitos enthaltende 
Netz vorsichtig über ein einwandsfreies Pferd gespannt, sodass 
diese Insekten vom Pferde Blut saugen. Das Ergebniss dieses 
Versuches und des entgegengesetzten, d. h. Moskitos mit Blut 
von sterbekranken Pferden zur Einwirkung auf gesunde 
Menschen gebracht, würde nicht nur bezüglich des Indentitäts- 
Nachweises werthvoll sein, sondern gleichzeitig den Nachweis 
erbringen für die Behauptung, dass Moskitos die Ueberträger sind. 
Bisher beruht diese Theorie nur auf Annahmen und mit dem¬ 
selben Rechte kann meine Behauptung, dass Moskitos nicht die 
Ueberträger der Sterbe von Pferd zu Pferd sind, sondern die 
Entstehung der Sterbe auf Einflüsse, welche bei gemeinsamen 
Weidegang im Boden, an den Gräsern etc. zu suchen sind, auf¬ 
recht erhalten werden. 

Welche Art der Malaria bei der Identificirung von Sterbe 
und Malaria gemeint ist, sagt der ungenannte Autor des oben 
erwähnten Artikels nicht Da es nur eine Art der Sterbe 
giebt, in dem Artikel aber Sterbe und Malaria identisch sein 
sollen, so könnte es, logisch gedacht, auch nur eine Art det 
Malaria geben. Diese gerechtfertigte Schlussfolgerung er¬ 
scheint nach den neuesten Malariaforschungen etwas über¬ 
raschend. Für diese Behauptungen war lediglich die Beobach¬ 
tung der pathologischen und hygienischen Erscheinungen und 
Zufälligkeiten massgebend. Wenn ich als Praktiker dieselben 
auch sehr hoch schätze und bei Stellung der Diagnose als un¬ 
entbehrlich betrachte, so ist zur Identificirung von Malaria und 
Sterbe doch der Nachweis der betreffenden Erreger im Blute 
nothwendig. Dieser Nachweis ist bisher noch nicht erfolgt. 
Die von mir diesbezüglich ausgeführten Blutuntersuchungen und 
die in meinem ersten Artikel (No. 27 der B. T. W.) angegebenen 
Befunde rechtfertigen in genetischer Hinsicht nicht die vom 
Autor angenommene Gleichstellung beider Krankheiten. Die 
Pferdesterbe ist zwar ebenso, wie die verschiedenen Malarien 
des Menschen, zu den Blutkrankheiten zu rechnen und äussert 
sich speciell in pathologisch - anatomischer Hinsicht in Ver¬ 
änderungen der verschiedensten Organe. Gemäss vielen Sec- 
tionen habe ich mich aber nicht zu der hier herrschenden Auf¬ 
fassung, dass die Sterbe der Pferde mit einer specifischen 
Lungenentzündung zu vereinbaren sei, emporschwingen können, 
sondern habe in den meisten Fällen gegen Ende der Krankheit 
nur Lungenoedem constatiren können. 

Phimosis beim Pferde. 

Von 

H. Jost-Göttingen, 

Assistent am Thieraranel-Institnt 

Mitte Mai wurde in das hiesige Thierarznei-Institut ein 
Pferd (Wallach) mit dem Vorberichte eingestellt, dass dasselbe 


seit einigen Wochen geringgradige Kolikerscheinungen zeige und 
fortgesetzt, meistens aber erfolglos, auf Harnentleerung dränge. 
Hin und wieder, nach oft einviertelstündigen Anstrengungen, werde 
tropfenweise oder in dünnem, mattem Strahle Urin in geringer 
Menge entleert Auf Befragen bemerkt der Besitzer weiter, 
das Thier sei vor diesem Leiden innerlich nie krank gewesen, 
nur im Februar dieses Jahres habe man es auf thierärztliche 
Anordnung hin wegen eines Hufleidens eine Zeit lang in die 
Hängegurte bringen müssen. Dass sich diese Vorrichtung trotz 
sorgsamer Beobachtung häufig nach hinten verschoben und als¬ 
dann den Schlauch mit eingeklemmt habe, gestand der Besitzer 
unter dem Zusatze ein, die oben angegebenen Erscheinungen 
seien bei dem Pferde erst einige Wochen nach dem Entfernen 
der Hängegurte beobachtet worden und hätten sich von Tag zu 
Tag verschlimmert. 

Vor der manuellen Untersuchung des Harnapparats wurde 
das Pferd einen Tag lang in der Spitalklinik beobachtet und 
hierdurch die Anamnese des Besitzers insoweit bestätigt gefunden, 
als der Patient fast ohne Unterbrechungen mit den Hinterbeinen 
hin und her trippelte, Bich nach den Seiten hin umsah, zum 
Harnablassen ausstreckte und in dieser Stellung unter heftigem 
Drängen solange verharrte, bis nach etwa 10—15 Minuten 
tropfenweise gelblichtrüber, stark riechender Urin in un¬ 
bedeutender Menge abging. Trotz unausgesetzter Beobachtung 
ist hierbei ein Ausschachten niemals wahrgenommen worden. Das 
sonstige Befinden des Thieres, insbesondere die Fresslust und 
der Kothabsatz, waren normal; eine Steigerung der Körper¬ 
temperatur konnte nicht festgestellt werden. 

Die Exploration per rectum ergab, dass die Blase stark 
gefüllt war; beim Druck auf dieselbe äusserte das Thier 
Schmerzen, ohne dass in Folge des Druckes Urin entleert 
wurde. Blasensteine waren, soweit sich dies an der voll¬ 
gefüllten Blase überhaupt feststellen liess, nicht vorhanden, 
ebensowenig ergab sich beim Abtasten der Harnröhre irgend 
welcher Verdacht auf Steine in derselben. Abnorme Anfüllungen 
der oberen Abschnitte der Urethra konnten nicht wahrgenommen 
werden. Abgesehen davon, dass vom unteren vorderen Rande 
der äusseren Schlauchfalte fast ununterbrochen trüber Urin ab¬ 
tropfte, der, aufgefangen, nach dem Eintrocknen auf einer Glas¬ 
platte einen sandartigen Niederschlag hinterliess, zeigten sich 
an der Vorhaut bei der vorläufigen äusseren Besichtigung 
keinerlei Abnormitäten. 

Mit Rücksicht auf die starke Spannung der Blase wurde 
das Pferd alsdann mit grösster Vorsicht niedergelegt und das 
Praeputium einer eingehenden Untersuchung unterworfen. Beim 
Eingehen in die äussere Schlauchfalte mit der trichterförmig 
zugespitzten Hand zeigte sich der vordere Theil der Oeffnung 
der Vorhaut bedeutend verengt. Nachdem die Hand mit Mühe 
in die Falte eingezwängt war, stiess man halbhandtief auf eine 
totale Verwachsung des hinteren Abschnittes der Vorhautfalte, 
die einem Diaphragma ähnlich den Weg nach hinten zur Eichel 
vollständig verlegte, nach vorn aber mit der inneren Wandung 
der Vorhaut eine becher- oder taschenförmige Aushöhlung bildete. 
Infolgedessen war der directe Abfluss des Urins nach der Ent¬ 
leerung aus der Hararöhrenöffnung in der Weise gehemmt, dass 
sich zwischen Eichel und der Verwachsung der Vorhaut eine 
Art Reservoir für denselben gebildet hatte. 

Auf dem Boden der zuerst erwähnten Vorhauttasche fühlte 
man von vorn aus fast in der Mitte eine kleine Oeffnung, die 
mit einer krümligen Masse bedeckt war. Nach Umstülpung 


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19. Juli 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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des vorderen äusseren Randes der Vorhaut konnte der Grund 
dieser Tasche so weit hervorgezogen werden, dass eine Be¬ 
sichtigung möglich war. Die im Centrum befindliche Oeffnung 
war nur so gross, dass man eine gewöhnliche Sonde einführen 
konnte; der Rand des Loches war nach hinten zu eingezogen, 
und sternförmig gingen von hier aus nach der Peripherie hin 
wulstige, breite Narben, die allmählich in den Seitenwänden 
der Tasche verliefen. Beim Einfuhren einer Hohlsonde in die 
Oeffnung sickerte Urin hervor, der in der Rinne der Sonde 
einen griesartigen Niederschlag hinterliess. Mit dem geknöpften 
Bistouri und mit Hülfe der Scheere wurde nunmehr von der 
mittleren Oeffnung aus nach oben, insbesondere aber nach unten 
die Verwachsung etwa fingerlang gespalten. Hierbei entleerte 
sich ungefähr % 1 Urin von der bereits beschriebenen Be¬ 
schaffenheit, welcher sich zwischen der nun zum Vorschein 
kommenden Eichel und der Verwachsung angestaut hatte. Die 
innere Fläche der Wandung des durch die Spaltung freigelegten 
abnormen Behälters war rauh und der Grund desselben mit 
mehr oder weniger grossen Partikelchen von Harngries bedeckt. 
Der letztere bestand, wie die Untersuchung ergab, aus 
Krystallen von phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia, die sich in 
Folge der Harnzersetzung gebildet hatten. Nachdem die Höhle 
gründlich ausgespült und die Eichel durch Lospräpariren der 
Vorhaut vollständig freigelegt war, wurde seitlich vom ersten 
Schnitt und in der ganzen Länge derselben je 1 cm breit das 
vernarbte Gewebe der Vorhaut weggeschnitten und alsdann, um 
eine Wiederverwachsung der Wundränder zu verhindern, die 
letzteren mittels Catgut so an die nachbarliche Haut geheftet, 
dass sie ungefähr 3 cm auseinanderklafften. Eichelsteine, die 
sich in Folge der Stauung des Urins hätten ablagern können, 
waren nicht vorhanden. 

Gleich am Tage der Operation konnte das Pferd den Urin, 
wenn auch unter einigen Schmerzen so doch im kräftigen Strahle 
entleeren. Der zeitweise aufgefangene Urin war noch etwa 
eine Woche hindurch sehr reich an Harnsedimenten, woraus 
sich vielleicht die noch vorhandene Schmerzhaftigkeit bei der 
Harnentleerung erklären lässt; nunmehr, nach Verlauf von etwa 
14 Tagen, ist eine vollständige Heilung des Patienten eingetreten. 

Die Phimosis, welche sich hier als eine totale Verwachsung 
der Vorhautfalte darstellte, kann, nach der Anamnese zu 
schliessen, nur dadurch herbeigeführt worden sein, dass die im 
Februar dieses Jahres bei dem Hufleiden in Anwendung 
gebrachte Hängegurte die Vorhaut gequetscht bezw. wund¬ 
gerieben hatte und die wunden Flächen alsdann, unterstützt durch 
den Druck der Gurte, bis auf die kleine Oeffnung, aus welcher 
sich vor der Operation der Urin spärlich entleerte, an einander 
gewachsen waren. 

Ueber Tropon. 

Von 

Prayos-Düsseldorf. 

Thterarzt. 

In No. 26 der B. T. W. wird unter „Tropon“ erwähnt, dass 
das animalische Eiweiss zu diesem Präparate aus überseeischem 
Dörrfleisch, dem sog. Dungstoff, genommen werden soll. Dieser 
Dungstoff, der auch unter dem Namen „Fleisch-Düngemehl“ in 
der Landwirtschaft vielfach gebraucht und aus minderwerthigem 
überseeischen Fleisch, Schlachthausabfällen u. s. w. hergestellt 
wird, findet nach genauerer Erkundigung zur Bereitung des 
Tropons keine Verwendung. Der animalische Theil des Tropons 
wird vielmehr aus südamerikanischem Fleisch hergestellt, welches 


gemahlen und getrocknet in Faserform eingeführt wird, nachdem 
ihm die Extractivstoffe und ein Theil des Fettes (zur Fabrikation 
von Fleischextracten) bereits entzogen sind. Die Fleischfasern 
sollen lediglich aus bestem Ochsen-Muskelfleisch genommen 
werden, für dessen gesunde Beschaffenheit garantirt wird. 

„Tropon“ habe ich in meiner Hundepraxis in zahlreichen 
Fällen angewandt und die besten Resultate damit erzielt. Bei 
chronischen Dannleiden, bei allgemeiner Abmagerung, bei von 
Geburt schwächlichen, bei rhachitischen und anaemischen jungen 
Hunden, namentlich Racehunden, hat sich das Präparat gut be¬ 
währt. Eine hervorragende Wirkung beobachtete ich aber bei 
der Hundestaupe, sowohl während der Krankheit selbst als auch 
im Reconvale8cenzstadinm. Bedingung ist, das Tropon regel¬ 
mässig längere Zeit hindurch zu verabreichen in täglichen Dosen 
von zwei (Morgens und Abends) bis drei (Morgens, Mittags and 
Abends) Theelöffeln je nach Grösse und Alter. Das Pulver 
wurde theils in Milch oder Wasser gelöst verabreicht, theils 
wurde dasselbe trocken mit der Nahrung vermischt. Niemals 
war ich genöthigt, die Lösung einschütten zu müssen; in einigen 
Fällen leckten die Thiere sogar das trockene Pulver mit Vorliebe 
aus der Hand auf. 

„Somatose“, womit in einzelnen, vergleichshalber an- 
gestellten Fällen ebenfalls gute Resultate erzielt wurden, ist 
wegen des hohen Preises zur Verwendung in der thierärztlichen 
Praxis nicht geeignet, während der Preis des Tropons seiner 
Verwendung in der Veterinärmedicin nicht im Wege steht; der 
jedem Packet aufgedruckte Preis beträgt in 100 g Packung 60 Pf. 
(nicht, wie in No. 26 der Wochenschrift angegeben ist, 70 Pf.). 

Interessant sind auch die Versuche, welche seitens der 
Troponwerke bei Pferden mit Tropon angestellt wurden. Man 
hatte nur Pferde von sehr schlechter Constitution gewählt, die 
theils schlechte Fresser waren, theils trotz guten Fressens 
mager und schwächlich blieben. Das Tropon wurde in steigenden 
Dosen bis zu 400 g pro die in dickem Kleienbrei gegeben und 
gern genommen. Nach 14tägiger Verabreichung hatten die 
Pferde nicht nur ein besseres Aussehen erlangt, sondern es war 
auch eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit und Kraft eingetreten, 
ein sicherer Beweis, dass das Tropon sich direct in Muskel¬ 
substanz umgesetzt hatte. 

Die erwähnten günstigen Resultate bei Hunden wie bei 
Pferden berechtigen wohl dazu, das Tropon als ein auch für 
die Veterinär-Praxis werthvolles Diäteticum zu betrachten, und 
dürfte die gute Wirkung des Präparates namentlich bei der 
Hundestaupe, wohl auch zu weiteren Versuchen bei acuten 
Infectionskrankheiten der Pferde, wie Brustseuche und Influenza, 
Veranlassung geben. 


Hirnbefund bei einer Kuh. 

Von 

Knol! - Prenzlau, 

Schlachthof-Inapector. 

Auf den hiesigen Schlaclithof wurde eine Kuh, auf einem 
Wagen liegend, eingebracht. Nachdem das Thier vom Wagen 
geschafft und in den Stall geführt war, verfiel es sogleich in 
einen schlafähnlichen, comatösen Zustand, wobei die Vorderfdsse 
beinahe einknickten und der Kopf abwärts sank. Bei geöffneten 
Augenlidern war an den Pupillen nichts besonderes zu bemerken. 
Nach Aussage des Viehhändlers hatte das Thier zu Hause tob¬ 
süchtige Anfälle gehabt und war in die Krippe gestiegen. 
Athmung, Herzschlag und Tempenatur waren nicht vermehrt. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 29. 


Dieses Verhalten gab natürlich Veranlassung, nach der 
Schlachtung neben sämmtlichen Organen besonders das Gehirn 
einer genaueren Besichtigung zu unterziehen. An den Ein- 
geweiden der Brust- und Bauchhöhle war nichts abnormes fest¬ 
zustellen. Nachdem jedoch die Schädeldecke gelöst war, fand 
sich zwischen den beiden Gehirnhäuten ein grosser doppel¬ 
wandiger Echinokokkus vor, der sich mit leichter Mühe unversehrt 
aus seiner Umgebung herausheben liess. Derselbe hatte an der 
rechten Seite einen Druck auf das Grosshirn ausgeübt; nach 
vorn war der Riechkolben gänzlich geschwunden. Auch die 
Schädeldecke selbst zeigte Veränderungen. Das Stirnbein war 
auf der rechten Seite an einer Stelle fast durchsichtig. Die 
Fingereindrücke (impressiones digitatae) waren hier geschwunden 
und der Knochen glatt. Ueberhaupt war die Schädelhöhle sowie 
ihr äusserer Umfang rechts grösser als auf der linken Seite. 

Durch diesen Befund waren die bei Lebzeiten der Kuh 
beobachteten Erscheinungen hinreichend aufgeklärt. 


Fremdkörper in der Haube. 

Von 

Litfas-Rahenau. 

Thierarzt. 

Am 16. October 1899 stellte mir der Besitzer 0. Z. in 
O.-Naundorf eine Kuh vor, welche angeblich seit zwei Tagen an 
Appetitmangel litt. Ich stellte Fremdkörper im Magen fest und 
rieth zur Schlachtung, was dem Besitzer sehr unangenehm war. 
Derselbe holte ohne mein Wissen einen anderen Collegen, der 
durch die Aeusserung: „ . . . wenn er jeden derartigen Patienten 
wollte schlachten lassen, müsse er viele schlachten lassen“, den 
Besitzer in seiner Abneigung dagegen bestärkte. 

Am 7. März 1900 wurde schliesslich unter meiner Auf¬ 
sicht die inzwischen völlig abgemagerte Kuh geschlachtet. 
Einige sulzige Stellen am Fett der äusseren Magenfläche be¬ 
stärkten mich in meiner Diagnose bezüglich eines verschluckten 
Fremdkörpers. Endlich nach langem Suchen fand sich ein 
runder etwa 3 cm langer Drahtnagel in einer der senkrecht- 
stehenden Netzfalten der Haube so fest eingerostet, dass 
man, den Nagel an einem Ende angefasst, die ganze Haube 
daran in die Höhe heben konnte. Nachdem der Nagel ge¬ 
waltsam aus der Oeffnung herausgerissen war, zeigte sich die 
Falte an der Stelle auf das doppelte verdickt, schwielig und 
an der Durchtrittstelle des Nagels mit Rost ausgekleidet. Der 
Nagel selbst zeigte sich an der fraglichen Stelle mit einer 
etwa 1 mm dicken Rostschicht umgeben. 

Höchst auffällig ist bei diesem Befund folgendes: Da 
die Diagnose von vornherein feststand, so kann der Fremd¬ 
körper nicht später als am 16. October in das Thier gelangt 
sein. In dieser langen Zeit hat derselbe 1. gar keine weiteren 
nachweisbaren Verletzungen hervorgerufen und 2. nirgends 
zur Eiterbildung Veranlassung gegeben. 

Ausserdem dürfte für forensische Zwecke die Dicke der 
Rostschicht, welche den Nagel umgab, von Interesse sein. 


Referat e* 

Zar Bekämpfung des seuchenhaften Yerkalbens. 

Unter No. 27 der Schriften des deutschen milchwirthschaft- 
lichen Vereins hat der bekannte Züchter Herter-Burschen unter 
dem Titel „Zwei Seuchengänge von ansteckendem Verkalben“ 
eine Broschüre veröffentlicht, welche folgenden Hergang be¬ 
handelt: H. hat schon in den 80er Jahren seuchenhaften 


Abortus in seinem erheblichen Rinderbestande gehabt. Als im 
Jahre 1897 von Neuem Fälle von unzweifelhaftem Abortus auf¬ 
traten, wandte sich H. an das landwirtschaftliche Ministerium, 
welches den Herrn Prof. Ostertag veranlasste, den Herter- 
schen Stall zu Erforschungen hinsichtlich des Abortus zu be¬ 
nutzen. Herr Herter erwarb sich dabei das Verdienst, ohne 
Rücksicht auf wirtschaftliche Verhältisse den Stall zu den 
von Ostertag für notwendig erklärten Versuchen und Maass¬ 
nahmen gänzlich zur Verfügung zu stellen. Er hat nunmehr 
seinerseits die Resultate veröffentlicht. Sympatisch berührt es, 
wie vorweg erwähnt sein mag, dass Herr Herter die Erfolge 
der tierärztlichen Thätigkeit gerade bei der Bekämpfung ge¬ 
wisser, eine allgemeine Calamität bedeutender Rinderkrankheiten 
voll anerkennt und sowohl den ausländischen (französischen, 
dänischen), als auch den einheimischen Forschern (speciell Prof 
Ostertag) warmes Lob zollt. 

Die ersten Verdienste um die ärztliche Erforschung des 
seuchenhaften Abortus hat sich Bräuer-Annaberg erworben, 
der durch Impfungen 1873 bis 1882 die früher vermutete An¬ 
steckungsfähigkeit nachwies. Allgemein bekannt ist das von 
ihm vorgeschlagene Behandlungsverfahren, bestehend in Ein¬ 
spritzungen von Carbolsäure während des 5. bis 7. Trächtigkeits¬ 
monats unter die Haut der Lende. Diese Carbolinjectionen sind 
vielfach früher auch von Herter vorgenommen worden. Das 
Urteil über ihre Wirksamkeit fiel verschieden aus; im All¬ 
gemeinen werden dieselben jetzt für nicht specifisch wirksam 
gehalten. In neuerer Zeit haben sich namentlich Sand und 
Bang sowie Nocard um die Erforschung des infectiösen Abortus 
verdient gemacht. Es wurde festgestellt, dass es sich um einen 
Gebärmutterkatarrh speciflscher Art handelt, welcher die ver¬ 
frühte Loslösung der Frucht bewirkt. 

Zunächst wurde die Forderung aufgestellt: peinlichste Des- 
infection des Stalles, sorgfältigste Beseitigung der Abgänge bei der 
Geburt und der toten Frucht, Reinigung der äusseren Genitalien 
bezw. auch der Scheide bei den weiblichen Thieren u. s. w. 
Sand hob als practisch bedeutsame Erfahrung hervor, dass 
nach zwei- oder dreimaligem Verkalben die betreffenden Kühe 
immun zu werden scheinen, und dass es sich daher nicht 
empfiehlt, wie vielfach geschieht, die Kühe, welche einmal ver- 
kalbt haben, schleunigst von der Zucht auszuschliessen und 
neue einzuführen, sondern dass man im Gegentheil, um das 
spontane Aufhören des Abortus herbeizuführen, den alten 
Bestand erhalten müsse. Bang hat an seine wissenschaft¬ 
lichen Forschungen ebenfalls einen practisch ausserordentlich 
wesentlichen Hinweis geknüpft. Er sagte nämlich bereits, dass 
man den Stier bisher zu wenig ins Auge gefasst habe. Der 
specifische Abortuskatarrh biete eine grosse Aehnlichkeit mit 
dem menschlichen Tripper, und dieB könne auch auf den An¬ 
steckungsmodus hinweisen. Bisher sei man geneigt gewesen, 
für den Abortus eine kurze Incubation anzunehmen. Nun wisse 
man aber, dass der Gebärmutterkatarrh durchaus schleichend 
sein könne und dass somit der Annahme nichts entgegenstehe, 
dass die Einverleibung des Ansteckungsstoffes schon bei der 
Conception erfolge. 

Dieser letzte Hinweis ist es nun in der That, der durch 
die Versuche im Herter’schen Stall seine vollkommene Bestäti¬ 
gung erfahren hat. Der Seuchengang verlief wie folgt: 1897, 
nachdem 10 Jahre lang kein Fall von Verkalben yorgekommen 
war, wurde ein neuer Zuchtviehstamm angeschafft. Es wurden 
10 hochtragende Kühe, 5 noch nicht gedeckte Färsen und ein 


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19. Juli 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


341 


zweijähriger Stammbulle aus der Wilstermarsch eingeführt. 
Unter früher gekauften Milchkühen, die eigentlich an den 
Fleischer gehen sollten, befanden sich zwei Kühe von guter 
Figur und gutem Milchertrag, und es wurde beschlossen, diese 
von dem Wilstermarschbullen decken zu lassen und zu behalten. 
Eine davon war von einem fremden Händler unmittelbar 
nach dem Gebühren gekauft worden. Der Bulle deckte nun sie, 
die anderen Kühe und die 5 Wilstermarschenfärsen sowie die 
Wilstermarschkühe, nachdem sie gekalbt hatten, und zwar im 
November 1897. Im Januar 1898 wurden 10 frisch melkende 
Holländer gekauft, von denen eine bereits belegt war, 
während die anderen von dem Herter’schen Bullen gedeckt 
worden. 

Im Mai 1898 begann das Verwerfen. Zunächst verwarfen 
zwei Wilsterfärsen und am 15. Juni jene vom fremden Händler 
gekommene, zum Verkauf bestimmt gewesene Kuh. Bemerkt 
soll vorweg werden, dass sowohl bei den Wilsterfärsen als bei 
den Wilsterkühen und bei den Holländern das Verkalben auf¬ 
trat. Dagegen trug die eine Holländer Kuh, welche schon ge¬ 
deckt in den Stall gekommen und daher mit dem Wilsterbullen 
nicht in Berührung gekommen war, regelmässig aus, obwohl sie 
zwischen verwerfenden Thieren stand. Die Umstände werfen 
ein helles Licht auf die Quelle des Ansteckungsstoffes und seine 
Verbreitung. Es ist danach nicht zu bezweifeln, dass jene von 
einem fremden Händler gekaufte Kuh den Ansteckungsstoff bei 
sich getragen hat. Von ihr inficirte sich der frisch importirte 
Wilstermarschbulle, und dieser steckte nunmehr diejenigen Kühe, 
welche von ihm besprungen wurden, an. Der Bulle übertrug 
also den Ansteckungsstoff, während eine Verbreitung von Kuh 
zu Kuh nicht stattfand, wie daraus hervorgeht, dass die eine 
schon bedeckt gekaufte Kuh normal kalbte, obwohl sie zwischen 
verwerfenden Thieren stand. Auch wurden noch zwei im vierten 
Monat tragende Kühe gekauft und in den Stall gestellt, um sie 
absichtHch der Ansteckung auszusetzen. Ohne jede Desinfection 
wurden sie neben Kühe gebunden, welche verkalbt hatten, und 
trotzdem haben beide zur rechten Zeit gesunde Kälber geworfen. 

Wenn schon das Auftreten der Seuche klare Schlüsse zu¬ 
lässt in dem Sinne, dasB von dem Bullen die Ansteckung aus¬ 
ging, so giebt der Verlauf der therapeutischen Massnahmen eine 
unumstössliche Gewissheit, indem er jene Schlüsse vollkommen 
bestätigt. Entgegen den früheren Anschauungen nämlich hat, 
nachdem einmal der Verdacht auf den Bullen gelenkt war, 
Herter jede Desinfection unterlassen, den Dünger liegen lassen, 
die Reinigung der Genitalien der Kühe nicht vornehmen 
lassen n. s. w., dagegen mit peinlichster Sorfalt den Schlauch 
des Bullen und die Gebärmutter der verkalbenden Kühe be¬ 
handeln lassen. Bei dem Bullen wurde 4 Wochen lang täglich 
zweimal der Schlauch mit 1 / 2 p r °centiger Lysollösung ausgespritzt, 
was sich das Thier übrigens ganz ruhig gefallen liess, und 
ausserdem wurde bei den Kühen mit derselben Lysollösung die 
Gebärmutter ausgespritzt; denn es ist klar, dass Reinigungen 
der äusseren Genitalien nicht genügen können, wenn der An¬ 
steckungsstoff in der Gebärmutter seinen Sitz hat. Lediglich 
durch diese Massnahmen ist man der Seuche so vollständig Herr 
geworden, dass sämmtliche zugelassenen Kühe regelmässig wieder 
gekalbt haben. Es hat sich dabei gezeigt, dass diejenigen 
Thiere, welche vorher verworfen haben, ganz unbedenklich 
wieder zur Zucht verwendet werden können, wenn, und das ist 
die Hauptsache, die Gebärmutter in der angegebenen Weise 
desinficirt worden ist. 


Die Verhältnisse haben also in Bestätigung jenes Hin¬ 
weises von Bang gezeigt, dass der Hauptverbreiter der Seuche 
jedenfalls das männliche Thier ist. Ob daneben noch in anderer 
Form eine Einwanderung der Bacillen durch die Scheide statt¬ 
finden kann, scheint mindestens zweifelhaft und jedenfalls von 
geringer practischer Bedeutung. Gelegentlich der wissen¬ 
schaftlichen Prüfung hat sich übrigens ergeben, dass sich die 
Ziege zur sicheren und schnellen Feststellung des seuchen- 
haften Abortus als Versuchsthier besonders empfiehlt. Bringt 
man einer tragenden Ziege Abortenschleim in die Scheide, so 
verwirft dieselbe nach einigen Wochen, womit dann rasch Auf¬ 
klärung geschaffen ist. Weiteren Versuchen bleibt die Fest¬ 
stellung Vorbehalten, ob der abortirende Gebärmutterkatarrh 
auch nicht tragende Kühe, wenn sie von inficirten Stieren ge¬ 
deckt werden, befällt. 

Auf Grund der Ergebnisse und Versuche im Herterschen 
Stall wird Folgendes empfohlen; 

1. Jeder neu angekaufte Deckstier, wenn man seine Ver¬ 
gangenheit nicht absolut genau kennt, soll durch Einspritzen 
von % prozentiger Lysollösung in den Schlauch desinficirt werden. 
In solchen Ställen, wo der Bulle auch fremde Kühe belegt^ 
empfiehlt es sich, ihn nach jedem solchen Sprunge in gleicher 
Weise zu desinficiren. Schwierigkeiten macht dies gar nicht. 
In den ungarischen Landgestüten wird ja auch jedem Hengst, 
der eine fremde Stute gedeckt hat, der Schlauch sofort mit 
Sublimatlösung gewaschen. Ist der Bulle erst krank, so müssen 
die Desinfektionen 4 Wochen lang täglich zwei Mal ausgeführt 
werden. 

2. Bei Kühen, welche tragend gekauft sind, hat eine Lysol¬ 
ausspritzung der Scheide keinen Zweck, da der Ansteckungsstoff 
sich in der z. Z. geschlossenen Gebärmutter befindet. Dagegen 
ist es von wesentlichem Nutzen, bei frisch melkenden Thieren, 
so lange der Muttermund noch offen ist, eine Desinfektion der 
Gebärmutter und Scheide vorzunehmen. So lange eine Kuh 
einen Scheidenausfluss hat, darf sie nicht zur Zucht benutzt 
werden, weil sie den Bullen inficiren kann. Weitgehende 
Desinfectionen des Stalles sind überflüssig. (Immerhin empfiehlt 
es sich schon aus allgemeinen Gründen der Reinlichkeit, wenn 
man auch die abortirenden Thiere nicht aus dem Stalle zu ent¬ 
fernen braucht, nachher den Dünger von dem betr. Stand weg¬ 
zunehmen und die Abgänge sorgfältig zu beseitigen. D. R.) 

3. Herter wünscht, dass der seuchenhafte Abortus unter 
die Seuchen mit Anzeigepflicht gestellt werde, dass von Märkten 
alle Kühe mit Scheidenausfluss verwiesen würden, dass eine etwa 
einzuführende thierärztliche Controle der Thiere auf Euter¬ 
tuberkulose sich gleichzeitig auf die Vorbeugung gegen Abortus 
erstrecke und dass die Thierzuchtgenossenschaften ihre Stiere 
und auch die Mutterthiere der Genossenschafter mit Rücksicht 
auf diesen Punkt beaufsichtigen lassen. 

Die therapeutische Bedeutung des Liquor Cresoli 
s&pon&tns. 

Von Gmeiner. 

(Wichr. f. Tb. No. 21, 1900.) 

Bei dem Sublimat trotz seiner vorzüglichen desinficirenden 
Eigenschaften bestehen zwei Nachtheile: die Giftigkeit und die 
Zersetzbarkeit. Auch die Carbolsäure hat die früher in sie ge¬ 
setzten Erwartungen nicht ganz erfüllt, wobei ebenfalls ihre 
Giftigkeit wesentlich in Betracht kam. Dies hat zur Unter¬ 
suchung anderer Phenole geführt. Die zunächstliegenden sind 
die Methylphenole oder Cresole. Die drei theoretisch mögliche 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 29. 


342 

Cresole, das Ortho-, Meta- und Paracresol, finden sich in den 
zwischen 188 und 202° siedenden Fractionen des Steinkohlen- 
theers. Sie zeichnen sich gegenüber der Carbolsäure durch ge¬ 
ringere Giftigkeit und stärkere antiseptische Wirkung aus. 
Versuche sind namentlich gemacht von Hüppe, Laplace und 
Fränkel. Letzterer fand, dass die bei niedrigeren Tempera¬ 
turen siedenden Producte eine viel höhere Wirksamkeit gegen 
Microorganisraen haben als die höher siedenden. Eine 0,3 pro- 
centige Lösung einer Cresol-Schwefelsäuremischung tödtet in 
5 Minuten Staphylococcus aureus, den Streptococcus des Ery¬ 
sipels und den Bacillus pyocyaneus, was bei Carbol erst in 
15 Minuten erfolgt. Auch wirken die Cresolverbindungen 
weniger ätzend. Starke Rotzculturen wurden von Hammer 
mit 0,5 procentiger warmer Lösung durch Uebergiessen getödtet. 
Im Verhältniss von 1: 300 zu Blutserum zugesetzt, verhindert 
Cresol das Wachsen der Milzbrandsporen nach Behring. 
Hüppe gelangt zu folgendem Schluss: 0,3 procentige Cresol- 
lösung genügt allen Anforderungen der Asepsis, 0,5 procentige 
allen solchen der Antisepsis. Letztere Lösungen vernichten 
schon in 5 Minuten die widerstandsfähigsten Infectionskeime. 
Die Cresolwirkung ist 4 Mal stärker als die der Carbolsäure. 
Bei 0,5 procentiger Lösung ist eine Vergiftungsgefahr völlig 
ausgeschlossen. 

In den letzten Jahren sind eine ganze Menge Präparate in 
den Handel gekommen, deren Wirksamkeit auf ihrem Cresol- 
gehalt beruht. Das sind: Anytol, Creolin, Cresolin, Lysol, 
Sanatol, Saprol, Desinfectol, Izol, Cresochin. Sapocarbol. Meist 
handelt es sich um Emulsionen geringer Cresolmengen in Harz¬ 
seifenlösungen bei überwiegender Gegenwart werthloser Kohlen¬ 
wasserstoffe. Der Gehalt an wirksamem Cresol kann in diesen 
Körpern grossen Schwankungen unterworfen sein, während die 
Beimengungen wirkungsloser Substanzen wechseln. Daher haben 
diese Mittel auch keine gleichmässige Wirkung. Im deutschen 
Arzneibuch ist das Cresolum crudum aufgeführt, eine gelbbraune 
brenzlige, neutrale, leicht in Weingeist und Aether, in Wasser 
nicht völlig lösliche Flüssigkeit. Nach dem Arzneibuch soll in 
derselben 80 bis 90 pCt. wirksames Cresol enthalten sein. Dies 
kann in folgender Weise geprüft werden: Werden 10 ccm Cre¬ 
solum crudum mit 50 ccm Natronlauge und 50 ccm Wasser ge¬ 
schüttelt, so sollen nach längerem Stehen nur wenig Flocken 
sich abscheiden; darauf Zusatz von 30 ccm Salzsäure und 10 g 
Natriumchlorid. Danach soll die ölartige sich oben sammelnde 
Cresolschiclit 8 bis 9 ccm betragen. Cresolum crudum, mit dem 
gleichen Theile Kaliseife erwärmt, giebt den officinellen Liquor 
Cresoli saponatus, der mit destillirtem Wasser eine klare, hellgelbe 
Lösung, bei gewöhnlichem Brunnenwasser etwas Trübung giebt. 
Diese Lösung eignet sich sehr gut zur Desinfection von In¬ 
strumenten. Ausserdem ist nach dem Obigen der Liquor Cresoli 
saponatus ein vorzügliches Antisepticum, dessen Zusammen¬ 
setzung leicht controlirt werden kann. Der Preis ist zumTheil 
geringer als bei anderen Präparaten. Es dürfte eine 1 procentige 
Lösung für Asepsis, 2 procentige für Reinigung der Hände und 
Instrumente und Behandlung unreiner Wunden und 4 procentige 
Lösung für Stalldesinfectionen ausreichen. 

Radicaloperation einer Hernia umbilicalis. 

Ein Jährlingsfohlen war erfolglos mit der Kluppenmethode 
behandelt worden und wurde dem Verf. von weither (18 engl. 
Meilen) zwecks einer radicalen Behandlung zugeführt. Das 
Fohlen wurde einige Tage mit Milch ernährt und erhielt ein 


Abführmittel. Zur Operation wurde das Thier niedergelegt und 
chloroformirt. Unter aseptischen Massnahmen ging dann die ver- 
hältnissmässig einfache Operation vor sich. Nach Reposition 
der Eingeweide deB Bruchsackes wurde zunächst die Haut in 
der Längsrichtung an der entsprechenden Stelle gespalten. Der 
Peritonealsack war zum Theil mit der Haut verwachsen. Der¬ 
selbe wurde sorgfältig geöffnet, die Ränder der Umbilicalöffnung 
wurden blutig geritzt und mit sterilisirter Seide zusammengenäht. 
In gleicher Weise wurde darauf die Haut genäht. Die Nach¬ 
behandlung bestand in Waschungen mit Creolinlösung. Es folgten 
noch einige Tage Milchdiät. Dann wurde dünnes Haferschrot 
beigegeben und nach einer Woche wieder feste Nahrung ver¬ 
abreicht. Die Heilung der Operation s wunde ging ohne 
Complication von statten und der Nabelbruch war vollständig 
beseitigt. (The Veterinaiian, November 1898.) 

Die Ergebnisse der neuen Untersnchungen über Hanl- 
und Klauenseuche. 

Von C. Ebertz. 

(Archiv f. Thierhlk. 1900 H. *—3.) 

Verf. bespricht zunächst in übersichtlicher Form die all¬ 
gemein bekannten Resultate, welche bei den Forschungen über 
die Natur und das Verhalten des Aphthenseuche-Contagiums 
seit 1897 herausgekommen sind und giebt der Meinung Aus¬ 
druck, dass die gesetzlichen Bestimmungen hiernach wohl einer 
Aenderung bezw. einer Erweiterung bedürften. Da u. A. die 
Versuche einwandsfrei dargethan hätten, daBS Hunde und Katzen 
den Ansteckungsstoff verschleppen könnten, so wäre das freie 
Umherlaufen dieser Thiere in verseuchten Orten zu verbieten. 
Die Beobachtungsdauer für abgesperrte Viehbestände müsse sich 
mindestens auf 10 Tage erstrecken u. s. w. 

Der zweite Theil des Aufsatzes beschäftigt sich im Wesent¬ 
lichen mit einer kritischen Betrachtung des Löffler’schen und 
des Heck er’sehen Impfverfahrens, welche darin gipfelt, dass 
beide Methoden in ihrer gegenwärtigen Gestalt für eine practische 
Verwendung nicht geeignet sind. 

Behandlung der Tnberculose des Hundes mit 
ausschliesslicher Fleischkost. 

Von Höricourt und Richet. 

(Journal de Lyon, April 1900.) 

H. und R. verfolgen seit 11 Jahren therapeutische Studien 
betr. die Tnberculose. Bis jetzt sind 328 Hunde als Versuchs- 
thiere verwendet worden. Die Thiere werden inficirt durch 
intravenöse Inoculation von virulenter Cultur von menschlicher 
Tnberculose in flüssigem Nährmittel. Die Dosis beträgt l / 10 ccm 
pro kg Körpergewicht. Der Verlauf der auf diese Weise hervor, 
gerufenen tuberculösen Affection ist sehr regelmässig; nach den 
Beobachtungen bei 40 als Zeugen benutzten Hunden beträgt die 
Mortalität nach zwei Monaten 100 pCt., die mittlere Dauer der 
erzeugten Erkrankung ist 30 Tage. 

Drei bis vier Tage nach der Inoculation zeigt das 
Thier einige Störungen (Traurigkeit, leichte Abmagerung), es 
scheint aber bald wieder zu gesunden, der Appetit ist sehr rege. 
Nach 14 Tagen macht die Krankheit Fortschritte, das Thier 
magert schnell ab, obwohl der Appetit fortbesteht, mitunter sogar 
übertrieben ist. Gegen Ende verschwindet der Appetit, die ge¬ 
nommenen Nahrungsmittel werden erbrochen. Der Gesammt- 
gewichtsverlust beträgt am Todestage 25 pCt., d. h. ungefähr so 
viel wie bei ausgehungerten Thieren. 


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19. Juli 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


348 


Bei der Section wird die Lunge, die oft allein erkrankt ist, 
am meisten mit Tuberkeln besetzt vorgefunden, in zweiter Linie 
die Leber, in viel selteneren Fällen die Milz. Nur ganz aus¬ 
nahmsweise enthalten der Darm oder die Nieren tuberculöse 
Granulationen. 

Der regelmässige Gang der künstlichen Infection gestattet 
die Wirkung jeder therapeutischen Behandlung genau zu be¬ 
obachten. Mit ausschliesslicher Fleischkost ergaben die Versuche 
bei 22 in vier Serien inoculirten Hunden, von welchen zwölf als 
Zeugen dienten und eingingen, Folgendes: Von zehn Thieren, 
die nar Fleisch erhielten, blieben fünf am Leben und zwar 
dauerte das Leben nach der Inoculation: 

1. Serie 2. Serie 3. Serie 4. Serie 

Zeugen. 92 31 37 28 Tage 

Mit Fleisch gefütterte Thiere 513 188 253 123 „ 

durchschnittlich somit 240 Tage bei den mit Fleisch ernährten 
Thieren, gegen 41 Tage bei den Zeugen. Das Verhältniss ist 1: 6. 
Es bestätigen die Versuche somit ganz die Wirksamkeit der 
kräftigen Ernährung und zwar die Ernährung mit rohem 
Fleisch bei Tuberculöse. 

R. nimmt an, dass die Sättigung der lebenden Zellen 
mit irgend einer nährenden Substanz dieselben geeignet macht, 
der Wirkung von medicamentösen oder toxischen Substanzen 
zu widerstehen and glaubt, dass die Ptomaine, Albumine 
und zahlreiche, theilweise noch nicht bestimmte Extrativ- 
stoffe, die sich im Fleische vorfinden, in den Organismus ein- 
dringen und die lebenden Zellen stark imprägniren. Diese 
Zellen werden dadurch allmälig refractär gegen die Imprägnirung 
mit anderen Substanzen, somit gegen die toxische Wirkung der 
Gifte. Die mit den Extractivstoffen des Fleisches resp. mit 
den DigestionBproducten des Fleisches gesättigten Zellen können 
sich also gegen die Einwirkung der Tuberculosetoxine ver- 
theidigen. 

Im weiteren Verlauf ihrer Versuche haben R. und H. fest¬ 
gestellt: 

1. dass das gekochte Fleisch nicht den Werth des rohen 
Fleisches hat. Das Kochen, wahrscheinlich in Folge der Coagu- 
lirung gewisser albnminoider Fermente, zerstört ganz oder 
theilweise den therapeutischen Werth der Fleischernährung; 

2. dass der wirksame Theil des Fleisches der im Wasser 
lösliche ist, denn trennt man die Fleischpnlpa vom Muskelplasma, 
so constatirt man, dass letzteres allein sich wirksam erweist; 

3. dass inflcirte und nicht behandelte Thiere, die sich in 
weitvorgeschrittenem Krankheitsstadium befinden, und deren 
Tod nahe bevorsteht, mit rohem Fleisch wieder zum Leben 
gebracht werden können; 

4. dass das Plasma nicht durch intensive Ernährung wirkt, 
die therapeutische Wirkung des Plasma scheint lediglich in 
einer Inmmnisirung zu bestehen, ähnlich dem Effect der intra¬ 
venösen Injection von animalen Producten. 

Ist der Harn der Thiere unter physiologischen 
Verhältnissen eiweisshaltig? 

Von 0. Fettick. 

(Zeltachr. f. Thlermed. 1899, H. 4 n. 5.) 

Sima der hat in der gleichen Zeitschrift (1897, H. 7) über 
1(X) Harnuntersuchungen geschrieben, welche er bei gesunden 
Pferden, Rindern, Schafen, Ziegen, Schweineu und Hunden vor¬ 
genommen hat. Als Ergebniss der Untersuchungen wurde fest¬ 


gestellt, „dass Eiweiss ein constanter Bestandteil des Harnes 
von Thieren ist“. 

Fettick ist durch Untersuchung des Harnes bei 22 Pferden, 
6 Rindern und 19 Hunden zu einem anderen Resultat ge¬ 
kommen. Der Harn wurde dialysirt und undialysirt verwendet 
und gleich Simader mit dem Posener’schen Verfahren unter¬ 
sucht. Hierbei zeigte sich, dass der nicht dialysirte Harn, nach 
Posener behandelt, dieEiweissreaction ergab, in dem dialysirten 
Harn jedoch nicht einmal Essigsäure - Ferrocyankalium eine 
Fällung erzeugte. 

Der im Harn auf Essigsäure entstehende Niederschlag ist 
hauptsächlich ein Nucleoalbumin (andere behaupten Mncin), dessen 
vollständiges Ausscheiden durch die Harnsalze verhindert wird. 
Werden diese durch Dialyse entfernt, so giebt der Harn mit 
Essigsäure die Eiweissreaktion nicht mehr. 

Die Schlussfolgerung Simaders kann also nicht als 
erwiesen erachtet werden. 

(Jeher die Zersetzung des Chloroforms im Organismus. 

Von D e s g r e z, 

(Bericht d. Acadömle d. lolencea, 15X1. 1899. Ref. des Recnall. 15/IX. 1896.) 

D. weisst nach, dass Chloroform durch Kalilauge in Kohlen¬ 
oxyd und Wasser zersetzt wird nach der Formel 

CHC1* + 2 KOH = 2 KCl -f H,0 -f CO + C1H. 
und dass das Kohlenoxyd nachgewiesen wird durch das 
Berthold’sche Reagens oder durch die Absorption durch Kupfer- 
chlorßr. Da die allgemeine Reaction des Organismus alcalisch ist, 
denkt D., dass vielleicht die mögliche Bildung von Kohlenoxyd die 
effective Ursache der Anästhesirunfälle ist, da die Analyse des 
verwendeten Chloroforms regelmässig kein verdächtiges Product 
finden liess. Ein Versuch beim Hunde liess diese Vermuthung 
als begründet erscheinen, denn die Bildung des Kohlenoxyd wurde 
nachgewiesen nicht durch das Spectroscop, sondern durch den 
Grisonmeter vonGrdhaut, welcher den Nachweis von Vsoooo Kohlen¬ 
oxyd in der Luft gestattet. Wenn man den Versuch beim Hunde 
auf einen Menschen von 65 kg Körpergewicht ausrechnet, so ist 
zu constatiren, dass eine zweistündige Anästhesie 26 ccm Kohlen¬ 
oxyd producirt, diese geringe Menge ist aber nach Gröhant ge¬ 
nügend, um Störungen im Organismus zu verursachen. 


Tagesgeschichte. 

Kurzer Bericht über die 26. ordentl. General¬ 
versammlung des thierärztl. Vereins im Herzogthnm 
Braunschweig 
am 10. Juni d. J. 

Die Versammlung war von 24 Theilnehmern besucht. 

Der Verein zählte im vorigen Jahre 37 Mitglieder. Frei¬ 
willig ausgetreten ist der Thierarzt Frede in Dettum; gestorben 
sind die Collegen Freund in Pabstorf und Hoffmeister in 
Semmenstedt. Neu aufgenommen in den Verein wurden die 
Herren: Ehlers-Braunschweig, Förster-Lesse, Homann- 
Braunschweig, Krüger-Stadtoldendorf, Dr. Miethe-Wolfen- 
büttel und 0ehr-Bleckenstedt. 

Die Vereinscasse zeigte im vorigen Jahre einen Baar- 
bestand von 

M. 316,10 

Die Einnahmen betrugen . . . „ 94,30 

Die Ausgaben „ . . . „ 269,08 

Ueberschuss: M. 141,32 


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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 29. 


344 

Für die Verausgabung einer Unterstützung von 50 M. an 
die Wittwe eines verstorbenen Vereinsmitgliedes wurde dem 
Rechnungsführer nachträglich Indemnität bewilligt. 

Bei Erledigung eingesandter Schriftsachen wurde beschlossen, 
mit dem Allgem. deutschen Versicherungs-Verein zu Stuttgart 
einen Vertrag wegen Versicherung seiner Mitglieder ab- 
zuschliessen. 

Hiernach hält Kreisthierarzt Behrens einen fesselnden 
Vortrag über die Bekämpfung einer Rotzepidemie im Kreise 
Peine. Aus der Geschichte dieses Falles hebt der Vortragende 
recht instructive Beispiele leichter Uebertragbarkeit der 
Krankheit auf andere Pferdebestände hervor und weist darauf 
hin, wie rotzige Schwellungen der Unterkieferdrüsen nach dem 
Abscediren wieder vollständig zurückgebildet werden könnten. 
Hinsichtlich der Differentialdiagnose betont der Referent die 
Fälle, in welchen die äussere Haut, ähnlich wie bei Fliegen¬ 
stichen, mit bohnen- bis wallnussgrossen Beulen übersät ist. 
Diese persistirten, ohne dass es jemals zur Abscedirung käme. 
Auf diese Beulenbildung, welche mit Rotz nichts zu thun haben, 
und welche durch Confluenz mitunter sehr umfangreich erscheinen 
können, kam später Kreisthierarzt Saacke zurück und erwähnte, 
dass in den von ihm beobachteten Fällen eine wachsartige 
Degeneration der Muskulatur der linken Herzvorkammer fest¬ 
gestellt wurde. Auch KreiBthierarzt Schräder hat mehrere 
solcher Fälle beobachtet und erinnert sich bestimmt, dass in 
einigen derselben eine Erkrankung des Herzens vorhanden war. 

Zum Schluss folgte ein Vortrag des Kreisthierarztes Dr. 
Oehmke über das seuchenartige Verkalben der Kühe. Der 
Vortragende giebt zunächst eine ausführliche Uebersicht über 
die neueren Forschungen hinsichtlich der Aetiologie des Leidens 
und geht sodann zur Behandlung desselben über. Zur Be¬ 
kämpfung der Seuche werden bactericide Ausspülungen des 
Uterus der Kühe, welche abortirt haben, wie auch des Schlauches 
der zum Decken benutzten Stiere empfohlen. Eine Isolirung 
der Kühe soll nicht unbedingt erforderlich sein. 

Wegen vorgerückter Tageszeit musste der letzte Theil 
des Programms ausfallen. 

Die Anstellung der Berliner Schlachthofthierärzte. 

Schon in No. 26 hat Kühn au darauf hingewiesen, dass 
nicht nur im Interesse der Schlachthofthierärzte, sondern wegen 
der geordneten Handhabung der Fleischschau das neue Orts¬ 
statut von Berlin hinsichtlich der Anstellung der Sanitätsthier¬ 
ärzte gewisse billige Ansprüche berücksichtigen müsse. 

Hierzu ist noch Folgendes mitzutheilen: Das Ortsstatut, 
welches nach Massgabe des neuen Communalbeamtengesetzes 
die Anstellungsbedingungen der Communalbeamten regelt, ist 
von der Berliner Stadtverordneten - Versammlung bereits am 
31. Mai beschlossen, jedoch noch nicht in Kraft getreten, da es 
der Genehmigung des Herrn Oberpräsidenten unterliegt. 

Dieses Statut bestimmt u. A. Folgendes: Der Vieh- und 
Schlachthof einschliesslich der Fleischschau gehört zu den 
städtischen Betriebsverwaltungen. Sämmtliche Beamte der 
Betriebsverwaltungen gelten, falls in ihrer Anstellungsurkunde 
nichts Anderes vermerkt ist, als auf Kündigung angestellt. 
Diese Beamten haben jedoch, wenn ihnen nach zehnjähriger ununter¬ 
brochener Dienstzeit gekündigt wird, auch wenn sie nicht dienst¬ 
unfähig sind, Anspruch auf Pension und Relictenversorgung. 

Die städtischen Thierärzte werden also demnach auf 
Kündigung angestellt, während die meisten Städte ihre feste An¬ 


stellung beschlossen haben. Indessen man könnte immer noch 
wenigstens einen Fortschritt darin erblicken, dass ihnen endlich 
Pensionsberechtigung zugesprochen wird, — wenn dem so 
wäre! 

Das Statut enthält jedoch noch eine Bestimmung, welche die 
Pensionsberechtigung illusorisch macht. Es giebt nämlich einen 
§ 8, welcher besagt, dass die Wohlthat der Peifsionsberechtigung 
keine Anwendung findet, „auf diejenigen Personen, welche 
mittelst Privatdienstvertrages“ angestellt werden. 

Dieser Weg ist aber bei der Anstellung der jüngeren Thier¬ 
ärzte durchweg gewählt worden und demgemäss wären z. Z. 
von 43 städtischen Thierärzten 22 im Privatdienstvertrag an¬ 
genommene nicht penBionsberechtigt. 

Das ganze Statut und namentlich dieser § 8 fordert daher 
den entschiedensten Widerspruch heraus. 

Die Fassung des Communalbeamtengesetzes hat ja leider 
sehr enttäuscht. Dasselbe ist von der in Preussen so vielfach 
hervortretenden Bevorzugrung des Bureaus durchtränkt. Die 
Bureaubeamten sind ausnahmslos nach dem Gesetz pensionsf&hig; 
die Leute dagegen, die mit wissenschaftlicher oder technischer 
Ausbildung in den städtischen Betrieben arbeiten, sind dem 
Wohlwollen der Communen überlassen. Warum eigentlich 
Schreiben und Rechnen einen solchen Vorzug vor Wissenschaft 
und Technik gemessen, ist ja schwer zu verstehen, aber es ist 
einmal Gesetz. 

Die meisten Communen schätzen nun aber ihre Techniker 
selber zu hoch, um ihnen nicht auch dieselben Wohlthaten, wie 
den Schreib- und Zahlen-Menschen (deren Verdienste übrigens 
auch nicht unterschätzt werden sollen) einzuräumen. Auch die 
Thierärzte werden in den meisten Communen nach diesem Grund¬ 
satz der Billigkeit behandelt. 

In Berlin sind dagegen von jeher die Thierärzte nicht gut 
gestellt worden. Dass der Berliner Freisinn, welcher so unge¬ 
heuer liberal in den Beamtenbesoldungen denkt, sobald nur das 
Staatssäckel in Anspruch genommen wird, in seinem eigenen 
Hause anders wirthschaftet, haben auch andere Beamtenkategorien 
schon erfahren (vgl. Volksschullehrer). Aber hinsichtlich der 
Fleischschau scheint doch der Grund in dem Mangel an Ver- 
ständniss für diese ganze Einrichtung zu liegen. Die Berliner 
Fleischschau-Organisation bleibt ja — gewiss nicht durch Ver¬ 
schulden ihrer Techniker — unzweifelhaft zurück. Einrichtungen 
wie z. B. die Berliner Kochanstalt sind nicht geeignet, von 
dem die ganze Schlachtvieh- und Fleischbeschau betreffenden 
„städtischen Betriebe“ anderwärts, wo man es besser versteht, 
eine hohe Meinung zu erwecken. Wenn der Decernent der 
städtischen Fleischschau (ein Stadtrath) sich einmal unter den 
kleineren Städten des Landes umsehen wollte, so würde er 
bemerken müssen, dass man da Manches lernen kann. 

Würde in Berlin der ernste Wille vorhanden sein, auch in 
der Fleischschau etwas Musterhaftes, wie hier so vieles Andere 
mnsterhaft ist, zu schaffen, so würde man die Bedeutung der 
Thätigkeit der Tliierärzte nicht so unterschätzen können. Man 
würde auf die Qualität dieser Männer den höchsten Werth legen 
und sich nicht damit begnügen, dass ja doch um jede Steile 
Bewerber genug da sind. 

Bei den eigenartigen Verhältnissen des ungeheuren Betriebes 
der städtischen Fleischau gerade von Berlin kommt es mehr, 
denn wo anders, darauf an, deren Ausführung in die Hände 
von Männern zu legen, welche nicht bloss durch allgemein« 


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19. Juli 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


345 


Kenntni88 und Tüchtigkeit hervorragen, sondern auch in den 
örtlichen Vörhältnissen sich sicher fühlen durch eine langjährige 
Erfahrung in denselben. Hier mehr, wie anderwärts, thut es 
noth, eine Anzahl tüchtigster Kräfte in Lebensstellungen festzu¬ 
halten. Insofern liegt dabei nicht ein persönliches thierärztliches, 
sondern ein öffentliches Interesse vor. Die Berliner Fleischschau 
ist nicht eine häusliche Angelegenheit Berlins. Eine so von 
Fremden dnrchfluthete Stadt hat andere Rücksichten zu nehmen 
und zu bedenken, dass hygienische Mängel ihren Ruf vor der 
ganzen Welt gefährden. 

Die Berliner Fleischschau hat, was die Thierärzte anlangt, 
bisher ihre Schuldigkeit gethan, weil die Beamten auf eine 
richtige Regelung der Verhältnisse hofften. Wenn dieses 
Statut in Kraft tritt und der Privatdienstvertrag zur Herrschaft 
gelangt, dann werden die thierärztlichen Fleischschaubeamten mehr 
und mehr aus jüngeren Zugvögeln sich rekrutiren, die einige 
Jahre in Berlin lernen, um nachher Lebensstellungen in der 
Provinz aufzusuchen. Die Fleischschau kann nicht gut dabei 
fahren. Desshalb und und aus Billigkeitsrücksichten ist zu 
wünschen und zu hoffen, dass das neue Ortsstatut von 
Berlin die behördliche Genehmigung nicht erhält, wenn 
nicht wenigstens die missbräuchliche Anwendung jenes § 8 auf die 
Sanitätsthierärzte ausgeschlossen wird. Schraaltz. 

Das Aufblühen des Teterlnarwesens in Russland in 
den letzten 25 Jahren. 

Von Thierarzt K. F. Pawpertow. 

(Aus der Zeitschrift der Orlower thierärztlichen Gesellschaft 1896.) 

Uebersetzung von Kreisthierarzt Dlugay-Filehne. 

Es ist an der Zeit, jetzt zu zeigen, dass das thierärzt¬ 
liche Personal des Gouvernements Orel in eine besondere 
Phase der Selbstständigkeit der Wissenschaft und der Vereins- 
thätigkeit tritt, denen zu dienen es sich vorgenommen hat. 
Das Zustandekommen der thierärztlichen Vereine zeigt einen 
Fortschritt des Veterinärwesens und sein zielbewusstes und stand¬ 
haftes Streben. Das Veterinärwesen in Russland begann im All¬ 
gemeinen und speciell im Gouvernement Orel als ein wissen- 
schaftlich-practisches Fach im Kleinen und vervollkommnete 
sich und blühte nach und nach auf. Früher war es, wie bekannt, 
ausschliesslich ein Handwerk in der Hand der Schmiede und 
Conovale (umherreisender Pfuscher). 

Dieses Aufblühen des Veterinärwesens sei es erlaubt, jetzt 
in Kürze zu überblicken, um die Stufe klar zu übersehen, bis 
auf welche sich diese Entwicklung vervollkommnete. 

Die Gründung der Thierheilkunde und ihr Aufblühen in 
Russland begann unter lauter unangenehmen Bedingungen. In 
den Veterinärinstituten gab es keine erfahrenen Lehrer, und 
desshalb gingen die Schüler mit begrenzten Kenntnissen ins 
Leben. Das Leben im Allgemeinen und speciell die Grund¬ 
besitzer forderten practische Kenntnisse von den ausgebildeten 
Thierärzten, und diese kannten nur eine Theorie und diese nur 
dürftig. Deshalb trat der grösste Theil der allgemeinen Land- 
und Stadtbehörden den thierärztlichen Repräsentanten mit 
grösstem Skepticismus entgegen, und man liess sie nicht auf 
den angebahnten Weg der öffentlichen Thätigkeit. 

Die Regierungsvertreter betrachteten ebenfalls die Thier¬ 
heilkunde als eine Wissenschaft, ohne die man auskommen 
könnte, und die nur in besonderen, extraordinären Fällen zur 
Anwendung kam. Deshalb gab es in Russland wenig Thier¬ 
ärzte. Die Regierung sorgte für ein bis zwei Thierärzte 
für ein Gouvernement, und die Thätigkeit auch dieser war 


gering. Im Gestütswesen und den Regimentern waren aus¬ 
gebildete Veterinäre; doch ihre. Thätigkeit hatte einen rein 
häuslichen Character bei den angeführten Behörden und ihr 
Einfluss auf die Viehzucht in Russland war mehr als begrenzt. 
Dazu übertrug man die Aufsicht über die Thierseuchen der all¬ 
wissenden Polizei und den Kreisärzten. Die Behandlung 
sporadischer Krankheitsfälle bei den Hausthieren traf man 
vollends in den Händen der Conovale. In Folge dessen war 
Russland eine terra incognita in Bezug darauf, was Gutes 
und Schlechtes in unserer Viehhaltung geschah. Die Polizei, 
die Kreisärzte und auch die Thierärzte waren besorgt, die 
Gegenwart von Thierseuchen vor den höheren Verwaltungs¬ 
behörden zu verbergen und schrieben überall hin, dass bei ihnen 
alles günstig stehe. Schliesslich erwachte die allgemeine 
Erkenntniss der ländlichen Besitzer in Hinsicht auf die Nütz¬ 
lichkeit der Thierheilkunde; es entschlossen sich viele Land¬ 
stände, Thierärzte für die öffentliche Thätigkeit heranzuziehen. 

Diesen neuen Leuten kam es zu, aufzudecken, dass ganz 
Russland nicht günstig steht, nicht nur, was sporadische Er¬ 
krankungen, sondern was die Thierseuchen anbetrifft. 

Diese Neuigkeit lenkte die Aufmerksamkeit der Kreis- und 
Regierungsbehörden auf sich. „Das kann nicht sein“, dachte 
man überall, „dass man bei uns in der Viehzucht unsauber vor¬ 
geht“. Das Resultat dieser Entdeckung war eine erhebliche 
Verstärkung des thierärztlichen Personals in neu begründeten 
Stellen bei der Regierung und den Kreisen. An Stelle eines oder 
zweier Thierärzte im Gouvernement erschienen 10—20. Dieses 
ergiebige Personal entdeckt auch eine Menge ansteckender 
Krankheiten bei den Hausthieren. Auf den Tabellen der Jahres¬ 
abschlüsse beginnen Zahlen über Rinderpest, Rotz, sibirische 
Jaswa (Milzbrand), Räude, Rauschbrand, Diphtherie, Influenza 
eine Rolle zu spielen, von welchen früher keine Rede war und 
man nicht glaubte, dass sie in Russland existirten. 

Seit dieser Zeit beginnt die regelrechte Sanitätsorganisation 
der Thierheilkunde in den Gouvernements. 

Anfangs wurden die Veterinäre durch die Kreislandstände 
zngezogen und wurden auch in anderen, benachbarten Kreisen 
ihres Gouvernements nicht behindert. Aber später erkannten 
die Veterinäre und die Landstände (Kreise), dass eine solche 
Veterinäreinrichtung ungeeignet ist, dass der Veterinär eines 
Kreises eine schwache Einzahl ist im Kampfe gegen die Epi- 
zootien. Deshalb entstand später die Gouvernementseinrichtung 
mit besonderem Veterinärbureau und einem besonderen thier¬ 
ärztlichen Repräsentanten bei der Gouvernementsbehörde. In 
diese Phase thierärztlicher Selbstständigkeit kamen schon viele 
Gouvernements. Alle Landstände schlugen diesen Weg der 
Organisation des Veterinärwesens ein und kamen damit 
einen grossen Schritt vorwärts. Sie legten mit Hülfe der in 
dem Gouvernement zerstreuten Posten ihrer Veterinäre den 
Anfang zur veterinärpolizeilichen Statistik, entdeckten weite 
Rotzherde und verstanden es, sie zu unterdrücken. Sie er¬ 
forschten die gewaltige Epizootie der sibirischen Jaswa (Milz¬ 
brand) und schwächten sie nach Erkennung ihrer nächsten Ur¬ 
sache während einiger Jahre des Kampfes bis zum bekannten 
Minimum ab. Sie erkannten die Gewalt der rechtzeitig ge¬ 
stellten Diagnose bei der Rinderpest, der Verwaltungsrevisionen 
und der Quarantänen, und nach Verlauf weniger Jahre solchen 
Kampfes säuberten sie Russland von der Rinderpest soweit, dass 
diese Seuche nur zeitweise in noch sehr entfernten Gegenden 
Russlands aufflackerte. 


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346 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 29. 


Ausser den rein sanitären Angelegenheiten machten die 
Landstände den Thierärzten die Feststellung und Behandlung 
anderer ansteckender und sporadischer Erkrankungen bei Haus- 
thieren zur Pflicht mit der Forderung, über diese Thätigkeit 
Bericht zu erstatten. 

Andere Landstände gingen, wenngleich noch nicht viele, 
weiter und gründeten thierärztliche Ambulanzen und stationäre 
Heilanstalten. Viele Veterinäre rechnen bei sich schon jetzt an 
5000 kranke Thiere aufs Jahr, und die Mehrzahl der Castra¬ 
tionen ging von den Conovalen auf die thierärztlichen Practiker 
über. Der Arzeneiverkauf wurde unter Verbilligung der 
Arzneien für Thiere geregelt. 

Die herausgegebenen thierärztlichen Statistiken, die den 
schlechten Gesundheitstand der landwirtschaftlichen Thiere nach¬ 
wiesen, regten die städtischen Behörden zur Errichtung von 
Schlachthäusern unter strenger thierärztlicher Controle des ge¬ 
schlachteten Vrehes an. Hier wurde eine Menge infectiösen 
Fleisches aufgedeckt, welches nicht zur Nahrung für Menschen 
zugelassen, sondern als unbrauchbar und schädlich vernichtet 
wurde. 

Schliesslich gingen viele Landstände noch einen Schritt 
weiter, indem sie eine Landesviehversicherung auf Gegenseitig¬ 
keit gründeten. Eine Viehversicherung erkannte man schon 
längst als unerlässlich, und in Folge dessen übernahmen einzelne 
Versicherungsgesellschaften die Versicherung der Thiere gegen 
ansteckende Krankheiten. Aber die theure Agentur zwang diese 
Gesellschaften, ihre Unternehmung aufzugeben. Die Landstände 
fundirten diese Angelegenheit besser und eröffneten von 
Anfang eine Versicherung gegen ansteckende Krankheiten und 
dann gegen alle Todesfälle, abgesehen von denen, die dnrch die 
Schuld des Besitzers herbeigeführt wurden. 

Das Aufblühen der öffentlichen Thierheilkunde bewerk¬ 
stelligte die Regierung. Sie stellte Instructionen und Gesetze 
her, gab viele Circulare heraus und forderte streng die Aus¬ 
führung derselben durch die Polizei, Landstände und die Vete¬ 
rinäre. Sie regte die Landstände an und erhöhte auf ihre 
Rechnung die Zahl der Veterinäre, wo sie nothwendig wurden. 
Sie war besorgt für die Verbesserung der thierärztlichen Aus¬ 
bildung, gab den Veterinärinstituten Mittel zur Gründung von 
Kliniken und Laboratorien. Die Thierheilkunde machte als 
Wissenschaft in Russland einen grossen Schritt vorwärts. Es 
erschienen einige Specialjournale, es kamen in russischer Sprache 
viele Uebersetzungen, durch welche das thierärztliche Personal 
seine Kenntnisse ergänzen konnte. Die Veterinärinstitute er¬ 
richteten mit Unterstützung der Regierung und Landstände 
bacteriologische Stationen, welche den bereits angestellten Aerzten 
ihre Tliüren öffneten, damit sie die Lücken ihrer früheren 
Ausbildung, als die Bacteriologie noch im Anfangsstadium war, 
ergänzten. Die Landstände beeilten sich, ihre Veterinäre zur 
Ausbildung in der Bacteriologie in die Veterinärinstitute zu 
schicken. Die russischen thierärztlichen Journale begannen 
eifrigst die russischen Veterinäre mit der westeuropäischen thier¬ 
ärztlichen Literatur bekannt zu machen. 

In der jetzigen Zeit sind die Veterinäre in ihrem Fache 
schon soweit selbstständig und tüchtig, dass die früher übliche 
Zuziehung der Menschenärzte zur Entscheidung in thierärztlichen 
Fragen für kurios gilt. Dort, wo das Veterinärwesen an die com- 
petente Stelle gesetzt wurde, nahm die Regierung den Kreis¬ 
ärzten die Verpflichtung zur Bereisung der verseuchten Orte ab 


und übergab überhaupt diese Angelegenheit ihren oder den Kreis¬ 
thierärzten. 

Alle diese Veränderungen im Veterinärfach vollzogen sich 
in Russland in nicht mehr als 25 Jahren, und jetzt ist in 
Bezug auf die Veterinärpolizei Russland fast auf derselben Stufe 
wie Westeuropa, welches aufhören wird, die Auswechselung 
unserer Hausthiere mit verschiedenen Producten, welche es 
liefert, zu hemmen. 

Und so kam in kurzer Zeit Russland in Bezug auf die Vieh¬ 
zucht auf den geebneten, rationellen Weg, welchen die civi- 
lisirten Länder längst eingeschlagen hatten. Der Einfluss aller 
Konovale, klugen Leute, alten Weiber auf die Viehzucht begann 
allmählich zu verschwinden, obgleich diese Macht der Finsteraiss 
noch kräftig ist, und man sie nur durch Erleuchtung vernichten 
kann. 

Zum Schluss sei es erlaubt, darauf aufmerksam zu machen, 
dass kein Wissen still stehen darf, sondern dass es Verjüngung 
und Vervollkommnung fordert. Deshalb strebe auch das Vete¬ 
rinärfach, obgleich sehr viel geschehen ist, nach immer grösserer 
Erweiterung seines Gesichts- und Wirkungskreises, dem immer 
noch manehes fehlt. 

Ein Mahnruf Virchow’s an die Mitarbeiter mediciniseher Zeitschriften. 

(Virchow* Archiv.) 

„Obgleich ich schon viel häufiger, als mir lieb war, Mah¬ 
nungen an die schreibenden Collegen gerichtet habe, so zwingen 
mich doch herbe Erfahrungen aus neuerer Zeit zu dem noch¬ 
maligen Versuche einer bestimmenden Einwirkung in Bezug auf 
Gewohnheiten der Schriftsteller, welche schädliche Folgen haben. 
Blosse Rechthaberei liegt mir gänzlich fern. 

Vorausschicken will ich die Erklärung, dass meine An¬ 
sprache sich nicht an solche Collegen wenden soll, welche ein 
Buch oder eine selbstständige Broschüre oder lose Blätter 
schreiben; diese mögen ihren Gewohnheiten nach Belieben nach¬ 
gehen. Meine Warnungen gelten nur für die eigentliche Jour¬ 
nalistik, vorzugsweise für Wochen-, Monats- und Vierteljahrs- 
Schriften, welche in bestimmten Zeiträumen und dann in einer 
gewissen Stärke erscheinen und für einen bestimmten Preis ab¬ 
gegeben werden. Hier ist die Rücksicht auf die Abonnenten 
entscheidend für den Umfang der Publikation und für die 
schnellere oder langsamere Folge der einzelnen Hefte (Liefe¬ 
rungen). Darnach richtet sich wiederum ein grosser Theil des 
Einflusses, den das Journal erlangt. 

Wer diese Vordersätze anerkennt, wird auch die Noth- 
wendigkeit zugeben, dass nicht bloss der Redakteur und Ver¬ 
leger sich bemühen müssen, die Abonnements - Preise und die 
Publikations-Zeiten einzuhalten und die Stärke der einzelnen 
Hefte, Lieferungen und Bände nicht willkürlich - zu erweitern. 
Daraus folgt auch für die Mitarbeiter der Zwang, sich einer 
knappen Schreibweise zu bedienen, um von dem gegebe¬ 
nen und nicht wesentlich zu überschreitenden Raum nicht einen 
ungebührlichen Antheil vorwegzunehmen. Dabei ist Alles zu 
vermeiden, was für die Darstellung und Beweisführung entbehr¬ 
lich ist. Das ist aber erfahrungsgemäss sehr schwer zu er¬ 
reichen. Die Details der Krankengeschichten, Sec- 
tions- und Versuchsberichte werden nicht selten in einer 
Ausdehnung und in einer Zahl gegeben, welche für den Zweck 
der Verdeutlichung und Beweisführung nicht erforderlich ist, ja 
welche die Lektüre nur für wenige Leser schmackhaft oder 
überhaupt möglich erscheinen lässt. Die neuerlich aufgekommene 
Sitte, umfangreiche und zugleich wenig lehrreiche Einzelheiten 


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19. Juli 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


347 


in Tabellen vorzuführen, bringt sowohl für den Drucker, als 
für den Leser grosse Schwierigkeiten. Zusammenfassende Ueber- 
sichten würden recht häufig genügen; sie lassen sich durch 
genaue Zahlen-Angaben so beweisend gestalten, dass man auf die 
Details jedes einzelnen Falles leicht verzichten kann, zumal 
wenn einzelne, besonders illustrative Beispiele beigefügt werden. 
Grossere Journale können sich vor der verschwenderischen Con- 
sumption von Raum höchstens dadurch retten, dass sie diese 
Details in kleinerer Schrift geben, aber auch das betrachten manche 
Mitarbeiter, namentlich Anfänger, als eine Zurücksetzung und 
verwahren sich gegen eine Wiederholung. 

Dazu kommen die für unbetheiligte Personen so schwer zu 
ertragenden Prioritäts * Streitigkeiten, welche so leicht zu 
vermeiden wären, wenn jeder Autor sich darauf beschränkte, die 
authentischen Angaben in Substanz mitzutheilen, und wenn er 
nicht die Gelegenheit benutzte, eine in der Regel höchst un¬ 
vollständige, nicht selten ungenaue Musterung der Literatur, 
selbst nur aus zweiter, dritter oder noch weiter zurückliegender 
Hand, vorzunehmen. Wie oft wird der werthvolle Raum 
dazu benutzt, um Citate zu häufen, welche zu verificiren der 
Verfasser nicht einmal für nöthig erachtet hat! Und doch 
spricht mancher in seinen Citaten, wie wenn er die Original¬ 
quellen selbst auf das Genaueste studirt hätte! Dabei verschlech¬ 
tert sich leicht der Ton der Schriftstücke, statt objectiv und 
höflich zu sein, zusehends, bis er einen verletzenden Charakter 
angenommen hat. 

Man möge diese Klagen eines alten und viel geplagten 
Redacteurs mit einiger Geduld aufnehmen und darin den Aus¬ 
druck lange zurückgehaltener, möglich tief begründeter Erregung 
erkennen. Sie haben nur den Zweck, unsere Journalistik von 
den Auswüchsen und Abwegen fernzuhalten, die uns in der 
medicinischen Fachpresse immer häufiger begegnen. Solche Aus¬ 
wüchse sollten beschnitten werden; sie haben für die Gesammt- 
heit keinen Werth, sie dienen nur der Eigenliebe ihrer Urheber. 
Je mehr wir unsere Elaborate condensiren, je sorg¬ 
fältiger wir sie auf das Objective, Thatsächliche und 
wenn möglich Neue beschränken, umsomehr werden 
sie dazu beitragen, nicht nur den alten Ruhm unserer 
Literatur aufrechtzuerhalten, sondern auch den ein¬ 
zelnen Autoren eine allgemein anerkannte Stellung 
zu sichern. 

Mein heutiger Wunsch geht also dahin, dass die Mitarbeiter 
des Archivs sich stets vor Augen halten möchten, dass sie für 
eine Zeitschrift in dem eben skizzirten Sinne schreiben, und 
dass der Redacteur durch äussere Verhältnisse gezwungen 
ist, gewisse Beschränkungen, zumal in dem für die einzelne 
Arbeit zu bewilligenden Raum eintreten zu lassen.“ 

Jnbii&wn. 

Der Bezirksthierarzt Strebel zu Freiburg in der Schweiz, 
einer der erfolgreichsten Vertreter der thierärztlichen Praxis, 
weitbekannt durch seine umfassende schriftstellerische Thätig- 
keit, feiert sein 50 jähriges Berufsjubiläum. Das Schweizer 
Archiv, zu dessen fleissigsten Mitarbeitern der Jubilar gehört, 
bringt dessen Porträt. (Heft 3, 1900). 

Hannover. 

Der Director der städtischen Fleischschau, welcher, zunächst 
mit sechsmonatlichem Urlaub als Hülfsarbeiter in das Kaiserliche 
Gesundheitsamt berufen worden ist, ertheilte den demonstrativen 
Unterricht in der Fleischschau an der thierärztlichen Hochschule 


in Hannover. Dieser Unterricht ist nunmehr dem Schlachthof- 
director Rekate, Leiter des Schlachthofes zu Linden vor 
Hannover, übertragen worden. 

Peraoaailen. 

Der bisherige Assistent am hygienischen Institut der thier¬ 
ärztlichen Hochschule zu Berlin, Knuth, ist von der Liebig 
Company für Fray Bentos in Uruguay engagirt worden, mit 
Verpflichtung zu einer 2—3jährigen Dienstzeit. Die Aufgabe 
des Genannten besteht darin, für die ungeheuren Rinderheerden, 
welche der Gesellschaft gehören, die geeigneten hygienischen 
Massnahmen zu treffen und ausbrechende Seuchen zu bekämpfen. 
Es ist erfreulich, dass die Gesellschaft, obwohl sie ihren Sitz in 
London hat, sich einen hygienischen Berather unter den deutschen 
Thierärzten gesucht hat. — 

Dem Vernehmen nach ist Departementsthierarzt Sch arm er 
leider durch ein Augenleiden gezwungen, in den Ruhestand zu 
treten. Zu seinem Nachfolger boII Kreisthierarzt Wassmann 
zu Berlin bestimmt Bein. 


Thierhaltung und Thierzucht. 

üinterwälder Rindvieh im Saargebiet. 

In der Dtsch. T. W. schreibt Dr. Will ach in Louisenthal 
a. d. Saar über die Einfuhr des im Schwarzwalde südlich vom 
Feldberge heimischen Hinterwfllder Rindviehschlages in das 
Bergmannsgebiet der Saar. Er hat sich für die Einführung 
dieser Thiere persönlich in weitgehender Weise interessirt, da 
er die Hinterwälder Kuh für die Verhältnisse der Bergleute als 
ganz besonders geeignet erkannte. Es ist ein kleiner Viehschlag, 
gelb oder rothscheckig mit weissen Abzeichen, gefälliger Körper - 
form, 1,5 bis 1,20 m hoch, 280 bis 400 k schwer, die Kälber 
bei der Geburt 18 bis 20 k. Das Euter ist kräftig, die Frucht¬ 
barkeit gross, das Kalben meist leicht, der Milchreichthum ist 
beachtenswerth und beträgt pro anno über 2000 bis 2400 1. 
bei gutem Fettgehalt. Auch die Mastfähigkeit ist gut und das 
Fleisch durchwachsen und wohlschmeckend. Kräftige Gliedmassen 
und Musculatur machen die Thiere auch zum Zugdienst geeignet. 
Die Tuberculose ist dort äusserst selten, und namentlich ist die 
Genügsamkeit hervorzuheben; denn eine Hinterwälder Kuh frisst 
nur halb so viel als eine grosse Simmenthalerin. So scheint 
die Hinterwälder Kuh recht die Kuh des kleinen Mannes zu 
sein. W. fand bei seinen Bestrebungen zur Einführung dieser 
werthvollen Kuh in das Saargebiet bei der Arbeiterbevölkerung 
Verständniss, bei den Viehhändlern natürlich Opposition, die 
sogar zu Verdächtigungen führte und gerichtliche Verhandlungen 
nothwendig machte.*) Trotzdem ist es Dr. Willach gelungen, 
eine Zuchtgenossenschaft für Hinterwälder Vieh im Saargebiet 
zu gründen, die sich eigene Stiere angeschafft hat. In kaum 
12 Monaten sind 330 Stück einschliesslich 7 Stiere bestellt und 
eingeführt. Der geringe Einkaufspreis, das geringe Futter- 
bedürfhiss und der gute Milchertrag setzen viele Arbeiterfamilien, 
die sich bishermit Ziegen behalfen, in den Stand, eine Kuh zu halten. 
Da gerade im Saargebiet ein buntes Durcheinander von Rindern 
vorhanden ist, die namentlich für die Bergarbeiter alle ungeeignet 
sind, wie denn auch die jahrelange Einfuhr von Simmenthaler 
oder Glarner Vieh keine Erfolge zeitigte, so ist die Einfuhr des 
Üin terwälder Viehs, die übrigens unter Vermeidung jedes 

*) Diese Angriffe werden anscheinend in überaus scharfer Weise 
fortgesetzt, so in der Landwirtbscb. Zeitscbr. f. d. Rheinprovinz 
vom 13. Juli. 


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348 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 29. 


Zwischenhandels erfolgt ist, eine Massnahme, welche der 
arbeitenden Bevölkerung des dortigen Industriebezirks zum 
Segen gereichen dürfte. 

Die Zebrabastarde des Prof. Ewars. 

Dio Telegonie, Beeinflussung der Nachkommenschaft eines 
Mutterthieres durch das erste es befruchtende Vaterthier, hat in 
landwirtschaftlichen Kreisen vielfach Anhänger gefunden. Dass 
dem nicht so ist, zeigen die vom Prof. Ewars unternommenen 
Kreuzungsversuche zwischen Pferd und Zebra. Die Producte 
dieser Versuche waren auf der Ausstellung der englischen Land- 
wirthschaftsgesellschaft in York und erregten besonderes Auf¬ 
sehen. Vor Allem ist die kastanienbraune Ponystute Valda nebst 
ihren drei Nachkommen, Nestor, einem Zebrabastard, geboren 
1898, Hector, stammend von einem Vollbluthengste, geboren 1899 
und Birgus, einem Zebrabastard von diesem Jahre, geeignet, die 
Theorie der Telegonie ins Wanken zu bringen. Von diesen 
tragen der erste und dritte deutlich die Merkmale des Zebras, 
während der zweite ^in reiner Pony ist. Die anderen aus¬ 
gestellten Pferde und Zebrabastarde dienen zur Bestätigung. 
Trotzdem die Stuten zuerst von Zebrahengsten gedeckt worden 
sind, zeigen doch die später von Pferdehengsten herstammenden 
Fohlen keine Spur von Zebrablut. Die Zebrabastarde sind leicht 
zähmbar und damit rückt die Frage ihrer Verwendung in den 
Vordergrund. Die Zebra sind unempfänglich für die Tsetse¬ 
fliege, und darum werden die Zebrabastarde, dieselbe Eigen¬ 
schaft vorausgesetzt, in Süd-Afrika ausgezeichnet zur Ver¬ 
wendung kommen können. 

Live Stock Journal. 

Etwas vom Anspannen der Zuchtbullen. 

Von Fröbner-Fulda. 

(Allgem. Ceutralztg. f. Thleizucht 1900 No. 22)." 

Fröhner will nach seinen Ausführungen durch das Heran¬ 
ziehen der Zuchtbullen zur Arbeit dieselben für eine längere 
Zeit der Viehzucht nutzbar machen, indem er von dem nicht 
mehr neuen Gedanken ausgeht, dass die Abschaffung der Zucht¬ 
bullen in der Regel ihren Grund hat: 1. weil dieselben zum 
Deckgeschäft zu schwer werden; 2. keinen Geschlechtstrieb mehr 
zeigen, und 3. bösartig werden. Diese unwillkommenen Zufälle 
lassen sich durch Arbeit oft beseitigen, bezw. hintanhalten. 
Zudem sind die Zuchtthiere bei der vorgeschlagenen Verwendung 
weniger der Tuberculosegefahr ausgesetzt. 1 

Ein fiusserst praktischer Apparat, um bol Feuersbrünsten dhs Vieh 
vor dem Einbrennen zu schützen, ist von einem Norweger con- 
struirt worden. Derselbe ermöglicht es alle Thiere mit einem 
einzigen Griff von der Kette zu lösen. Es ist eine nach der 
Länge der Ständereihe abgepasste Stange, die vorwärts und 
rückwärts geschoben werden kann. Bei jedem Stand ist .an der 
Stange ein Haken befestigt, in den die Kette eingehakt wird. 
Schiebt man nun die Stange zurück, so löst sich die Kette vom 
Haken und die Thiere sind alle mit einander frei. Derselbe 
Apparat kann auch an den sämmtlichen Ausgängen und Reserve¬ 
thoren angebracht werden, so dass auch diese mit einem kleinen 
Handgriff alle auf einmal zu öffnen sind. Der Apparat ist 
bereits bei mehreren Bränden als praktisch befunden worden. 
Da der Erfinder keine anderen als nur thierfreundliche Interessen 
fiir die Sache hat, hat er es verschmäht, Patent darauf zu 
suchen. C. Mjoen. 


Personalien. 

Ernennungen etc-: Dr. Seybold, seither Assistent am patholog. 
Institut der Thierärztl. Hochschule in Stuttgart, zum Oberamtsthier¬ 
arzt fUr Stuttgart Amt mit dem Wohnsitz in Plieningen. 

Gewählt: Thierarzt Veith-Salzwedel zum Schlachthoftbier- 
arzt in Hannover. 

Berichtigung: Bezirksthierarzt a. D. Luitpold Schöberl 
(s. No. 28) ist nicht zum Schlachthausthierarzt in Löwitz, sondern 
zum Stadtthierarzt in Zwönitz (Sachsen) gewählt worden. 

Promotion: Thierarzt Carl Vaerst zum Dr. med. vet. von der 
Universität (Veterinärfacultät) zu Bern. 

Approbationen: in Berlin: Die Herren Henri Doiseau, Carl 
HobBtetter, Albert Piltz und Heinrich Zarnack. 

Wohnsltzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Thierarzt J. Engel¬ 
mann hat sich in Langen (Kr. Offenbach), Dr. Jacoby in Zinten 
(Ostpr.) niedergelassen. 

In der Armee: versetzt: Guhrauer, Unterrossarzt im 5. Hus.- 
Rgt. von Stolp nach Schlawe. Hemberger, Stabsveterinär de* 
2. Chev.-Rgts., unter Verleihung des Titels Corps-Stabsveterinär in 
den Ruhestand. 


Yacanzen. 

(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R-B. Aachen: Montjoie (erneut ausgeschrieben) 600 M. Gehalt, 
300 M. Stellenzulage, 600 M. Kreiszuscbuss, (ev. für Beaufsichtigung 
des Schlacbthofes weitere 800 M.) Bewerbungen bis 5. August er. 
an das Landrathsamt zu Montjoie. — R.-B. Oppeln: Gross-Strehlitz 
(600 M.) zum 1. October er. Bewerb, bis 10. August er. an den 
Regier ungspräsi den ten. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen; 
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Köln: Waldbröl. — R.-B. Cöslin: 
Bütow. — R.-B. Wiesbaden: St. Goarshausen. 

Sanltltsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachthof zum 1, Oct er. (24QJLM, 
steigend bis 3600 M.). Bew. bis 1. Sept. an den Senator Dr. Don and t. 

— Grätz (Posen): Schlachthoflnspector (1500 M., Wohnung etc., 
Privatpraxis in dienstfreier Zeit). Bewerbungen an den Magistrat 

— Haltern: Sanitätsthierarzt (1200 M. aus der Fleischschau, 800M. 
Zuschuss, Privatpraxis). Bewerb, an den Bürgermeister bis 15. Juli. 

— Köln: Schlachthofthierarzt (2500 M. steigend bis 4300 M. 6 Monat 
Probezeit bei 4wöchentl. Kündigung. Ruhegehalt Keine Praxis). 
Bewerber an den Oberbürgermeister. — Königsberg (Ostpr.): 
Schlachthofthierarzt zum 1. Oct. er. (2000 M. Wohnung etc., 6wöcb. 
Kündigung). Bewerb, bis 24. August er. beim Director. — Salz wedel: 
Schlachthofvorsteher zum 1. Oct (Anstellung zunächst probeweise 
gegen vierteljährl. Kündigung. Keine Praxis. 2000 M., Wohnung etc.) 
Meid, bis 20. Juli an den Magistrat — Stettin: 3. Schlachthof¬ 
thierarzt zum 1. September er. (2400 M. pensionBberecht Einkommen, 
von 3 zu 3 Jahren um 300 M. steigend bis 3300 M.) Bewerbungen 
bis 6. August er. an den Magistrat. — Wollstein (Posen): Schlacht- 
hofinspector zum 1. Oct. er. (1200 M. Wohnung etc. PrivatpraxiB 
in dienstfreier Zeit) Bewerb, an den Magistrat 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Cass el: 3. Schlachthofthierarzt. — Dresden: Mehrere Hilfsthierärzte. 

— Eberswalde: Schlachthoflnspector. — Freiberg (Sachs.): Thier¬ 
arzt am Schlachthof der Fleischerinnung. — Pössneck: Thierarzt 
fllr Fleischbeschau. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt — Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Eickel. — Mengeringhausen 
(Waldeck). — Peiskretscham (Ober-Schles.). — Raguhn: Thier¬ 
arzt zu Ende August, (ca. 750 M. Nebeneinkommen aus der Fleisch- 
schau). — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.) — 
Schwarzenberg i. S. — Sonnenbnrg. — Suelze (Mecklb.). — 
Wolkenstein. 

Besetzt: Kreisthierarztstelle in Glowitz (Kreis Stolp). 


Verantwortlich für den Inhalt (oxcL Inserat enthoil): Prof. Dr. Schmaltz ln Berlin. — Verlag und Eigen th um von Richard Schoots in Bcrliu. — Druck von W. B Uz enstein, Berlin 


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Beiblatt 

der 

Berliner Thierärztlichen Wochenschrift 

zu No. 29 am 19. Juli 1900. 


Inhalt: Staatsveterinfirwesen : Kampf gegen dieTuberculose. — Einfuhr- und Handels-Bestimmungen. — Seuchenstand in Deutschland 
im Monat Juni. — Stalldesinfection. — Fleischschau und Viehhandel: Gesetz vom 3. Juni 1900 betr. die Schlachtvieh- und 
Fleischbeschau. — Verschiedenes. — Fleischerverbandstag. — Londoner Viehmarkt. — Seuchen und Fleischschau. — 
Aus dem englischen Unterhaus. — Die Unterscheidungsmerkmale des Büffelfleisches vom Rindfleische. 


Staatsveterinärwesen. 

Von Preusse. 

Die Bek&mpfang der Tnbercalose. 

Während die verschiedensten Regierungen redlich bemüht 
sind, die Tubercnlose der Rinder von ihren Grenzen fern zu 
halten, wie dies auch aus den zahlreichen Verordnungen 
ersichtlich ist, so verlautet doch Nichts über ernstliche Ver¬ 
anstaltungen, die zur Bekämpfung der Krankheit im Innern 
des Landes selbst, besonders auch bei uns in Deutschland, 
getroffen werden. Wie die zahlreichen Schlachthofberichte 
allein schon ersehen lassen, ist die Gefahr, welche unseren 
Viehbeständen durch die Tubercnlose droht, in stetigem Zu¬ 
nehmen begriffen. Insbesondere trifft dies für die Schweine- 
tuberculose zu. Damit im Zusammenhänge steht auch die 
Gefahr, welche aus der Thiertuberculose dem Menschen erwächst. 
Wenn auch von verschiedenen Seiten, neuerdings wieder von 
amerikanischen Forschern, Viehzüchtern und Milchwirthen die 
Identität der thierischen und menschlichen Tubercnlose be¬ 
stritten wird, so dürfte doch Angesichts der Ergebnisse der 
exacten wissenschaftlichen Forschungen in der Tuberculosefrage 
und der unzweideutigen Erfahrungen auf diesem Gebiete hierauf 
kein besonderes Gewicht zu legen sein. Es muss zugegeben 
werden, dass eine wirksame Bekämpfung der Thiertuberculose 
zu den schwierigsten Problemen gehört, welche die Veterinär¬ 
wissenschaft noch zu lösen hat. 

Dies sollte uns jedoch nicht zu einem Dolce far niente auf 
diesem Gebiete verleiten. Es ist daher höchst erfreulich, dass 
sich in jüngster Zeit das Interesse für die Tuberculose- 
bekämpfnng in den betheiligten Kreisen wieder zu regen be¬ 
ginnt. 

In der No. 5 der B. T. W. ist bereits der Entwurf eines 
Reichsgesetzes, betr. die Abwehr und Unterdrückung derEuter- 
tuberculose veröffentlicht worden, welchen der deutsche milch- 
wirthschaftliche Verein entworfen hat, und welcher* dem Reichs¬ 
kanzler vorgelegt werden sollte. Dieser Gesetzentwurf wurde 
später etwas modifleirt auch in dem Heft 7 des 10. Jahrgangs 
der Zeitschritt für Fleisch- und Milchhygiene veröffentlicht. 
Es ist zu bemerken, dass nur die zuletzt veröffentlichte Form 
als einigermassen brauchbar angesehen werden kann. 

Preusse hat über den Kampf gegen die Tuberculose und 
speciell den oben erwähnten Vorschlag eines Gesetzentwurfes 
kürzlich einen Vortrag in der Landwirthschaftskammer 
für WeBtpreussen gehalten, dessen Inhalt hier wiedergegeben 
werden soll: 

Der Vortragende hatte schon früher an gleicher Stelle auf 
die Nothwendigkeit einer Bekämpfung der Rindertuberculose 
hingewiesen. Freilich eignet sie sich nicht zur Unterstellung 
unter das Viehseuchengesetz; aber der Erlass eines Special¬ 


gesetzes ist dringend zu empfehlen. Dabei muss vor allen 
Dingen die Anzeigepflicht für äusserlich auffällige Tuberculose 
und namentlich für Eutertuberculose eingeführt werden. Mit 
letzterer hatte sich der deutsche milchwirthschaftliche Verein 
kürzlich beschäftigt und beschlossen, dass diese als die 
gefährlichste Form zunächst gesetzlich zu bekämpfen sei. Im 
Prinzip kann man mit einem solchen schrittweisen Vorgehen 
einverstanden sein, ohne das weitere Ziel aus dem Auge zu 
verlieren. Bei der Eutertuberculose enthält die Milch den 
Ansteckungsstoff in concentrirtester Form und ist deshalb be¬ 
sonders gefährlich für die Jugend, die menschliche wie die 
thierische. 

Dass die Milch tuberculöser Thiere Ansteckungsstoffe 
enthalten kann, ist seit Langem bekannt. Die früheren Ver¬ 
suche haben jedoch die Frage nicht entschieden, ob alle Formen 
bezw. welche tuberculöse Milch liefern. In dieser Richtung hat 
zuerst namentlich Bang seine Versuche angestellt, dem sich 
zahlreiche andere angeschlossen haben. Von Interesse sind auch 
die Versuche der englischen Commission für Tuberculoseforschung. 
Dies« haben ergeben, dass die Milch der Kühe, welche zwar 
tuberculös, aber eutergesund waren, keine Tuberculose er¬ 
zeugen konnte, dass dagegen die Eutertuberculose ein 
hochgradig gefährliches Product liefert. Es kann jedoch auch 
die Milch von Kühen, die, wenn auch eutergesund, doch mit 
generalisirter Tuberculose behaftet sind, gelegentlich einmal 
geiährlich werden. In letzter Zeit sind besonders die exacten 
und umfassenden Versuche von Ostertag hervorzuheben.*) 
Auf Grund derselben hat Ostertag die These aufgestellt, dass 
die Milch von Thiereu, welche lediglich auf Tuberculin reagiren, 
aber keine augenfälligen Krankheitserscheinungen zeigen und 
ein gesundes Euter besitzen, eine ganz unschädliche Milch 
liefern. (Zn den Impfversuchen wurden nicht weniger als 
526 Meerschweinchen verwendet.) Preusse möchte nicht ganz 
so weit gehen, insofern, als immerhin eine gelegentliche Giftigkeit 
auch solcher Milch möglich ist, wie auch die Ostertagschen 
Versuche in einem Falle bewiesen haben und wie durch andere 
Versuche dargethan ist, er giebt jedoch zu, dass die Gefahr eine 
geringe ist. 

Mit den Versuchen stehen die practischen Erfahrungen im 
Einklang. Die Reichsstatistik beweist, dass unter 100 Fällen 
von Tuberculose 1,62 pCt. Eutertuberculose sind. In Wirklichkeit 
dürfte der Procentsatz etwas höher sein, 2 bis 3 pCt.; die all¬ 
gemeine Tuberculose beträgt etwa 8 pCt. Dass die Hauptquelle 
der Infection im ersten Lebensjahr die Milch ist, ist nicht zu 
bezweifeln. Im Regierungsbezirk Danzig befanden sich unter 

*) Dieso Versuche sind von Ostertag im Juniheflt und noch¬ 
mals ausführlicher im Septemberheft der Ztschr. f. Fl.- u. Milchh. 
von 1899 veröffentlicht. Der wesentliche Inhalt derselben ist in 
der B. T. W. 1899 pag. 425 referirt. 


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2 

den Jungrindern bis zn 4 Jahren 18,8 pCt. tubercnlöse, unter 
den Rindern über 4 Jahre 41 pCt. Die Fälle von Tubercnlöse 
verdoppeln sich also in Folge Zusammenlebens von tuberculösen 
Thieren. Tuberculöse Kälber unter 6 Wochen giebt es 0,34 pCt. 
Vom Kalb zum Jungvieh vermehrt sich also die Tubercnlöse um 
das 50fache, während sie sich in späterer Zeit nur verdoppelt. 
Diese ausserordentliche Häufung in den ersten Lebensjahren, 
vom Kalbe ab gerechnet, kann also nicht allein auf dem 
Zusammenleben mit Tuberculösen beruhen, muss daher auf die 
Milchnahrung in den ersten Monaten zurückgeführt werden. 

Preusse unterzieht dann den vom milchwirthschaftlichen 
Verein eingereichten Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung 
der Eutertuberculose, der auch in No. 5 der B. T. W. mit- 
getheilt worden ist, einer kritischen Besprechung. So dankens- 
werth derselbe ist, fehlt ihm zunächst die Anzeigepflicht für 
Eutertuberculose. Die vorgesehenen periodischen Untersuchungen 
können dafür einen Ersatz nicht bieten, zumal die Ausführung 
derselben Schwierigkeiten begegnen werde. Der Besitzer von 
Milchkühen darf auch der Verantwortung nicht ganz enthoben 
werden. Es dürfte auch unmöglich sein, die nöthige Anzahl 
Sachverständiger für diese periodischen Untersuchungen zu 
Anden. Im Kreise Marienburg befinden sich z. B. G Monate 
lang 20 000 Milchkühe auf der Weide: wie sollte man es 
machen, dieselben alle drei Monate einmal zu untersuchen, 
zumal die Milch selbst auf Bacillen untersucht werden soll? 
Auch der Titel „Bekämpfung der Eutertuberculose“ trifft insofern 
nicht zu, als die Bestimmungen sich zweckmässig auch auf die 
allgemeine Tuberculöse erstrecken. Preusse empfiehlt daher 
folgende Modification: 1. Anzeigepflicht für alle Fälle von all¬ 
gemeiner Tuberculöse mit augenfälligen Krankheitserscheinungen 
und von Eutertuberculose, 2. sachverständige Untersuchung der 
Viehbestände, bezügl. deren Anzeigen sub 1 erstattet werden 
und Bezeichnung aller als tuberculös oder tuberculoseverdächtig 
erklärten Thiere. Die Milch dieser Thiere ist, sofern sie in 
ihrer Substanz verändert ist, vom Consum auszuschliessen oder 
auf 85° zu erhitzen. 3. Trennung der Gezeichneten von den 
Gesunden und Ausschliessung ersterer von der Zucht. 4. Zwangs¬ 
schlachtung binnen wenigen Monaten unter Gewährung einer 
Entschädigung. 5. Desinfection der von den kranken Thieren inne¬ 
gehabten Stände. G.PeriodischeNaclirevision. —Preusse empfiehlt 
mithin, von vornherein nicht bloss einen Theil der Tuberculöse 
herauszugreifen sondern die Bekämpfung der gesammten Krank¬ 
heit vorzunehmen und ein Specialgesetz zur Bekämpfung der 
Tuberculöse überhaupt zu erlassen. Für ein solches Gesetz 
wären im Uebrigen die von dem milchwirthschaftlichen Verein 
aufgestellten allgemeinen Grundsätze durchaus zu acceptiren. 

Einfuhr von Vieh und Fleisch. 

Ein gleiches Einfuhrverbot von Schweinefleisch etc. 
aus Serbien, wie es die Regierungspräsidenten in Breslau und 
Oppeln erlassen haben, ist auch unter dem 22. Juni er. für das 
Königreich Sachsen erlassen worden. 

Das Ministerium für Elsass-Lothringen hat unter dem 
15. Juni d. J. angeordnet, dass die nach der Verordnung vom 
2G. Mai 1899, betreffend die veterinärpolizeiliche Controle der 
Ein- und Durchfuhr von Thieren dem Bezirks-Präsidenten über¬ 
tragenen Befugnisse und Obliegenheiten auf das Ministerium 
übergehen. Damit ist diese Angelegenheit für Elsass-Lothringen 
einheitlich geregelt, was als ein wesentlicher Vortheil bezeichnet 
werden muss. 


19. Juli 1900. 

Bei der Einfuhr von Zuchtrindern und Zuchtziegen aus der 
Schweiz nach Bayern wird in Folge einer Anordnung des 
bayrischen Ministeriums des Innern vom 26. Juni d. J. für die 
Zukunft von der Bedürfnissfrage im Einzelnen abgesehen und 
von den Händlern der Nachweis von Einzelaufträgen von Land- 
wirthen oder Züchtern nicht mehr verlangt, da die Maul- und 
Klauenseuche in der Schweiz in weiterem Rückgang begriffen ist. 

Die österreichische Regierung hat unter dem 9. Juni d. J. 
auf Grund des Artikels 5 des Viehseucheniibereinkomraens die 
Einfuhr von Rindvieh in ihre Länder aus den von der Lungen¬ 
seuche betroffenen preussischen Regierungs-Bezirken Magdeburg, 
Merseburg und Arnsberg, sowie der sächsischen Kreishauptmann¬ 
schaft Zwickau verboten. 

Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche. 

Der Regierungspräsident in Liegnitz hat unter dem 31. Mai 
d. J. unter Aufhebung der amtspolizeilichen Anordnung vom 
6. Januar 1898 eine neue Verordnung erlassen, welche folgende 
Bestimmungen enthält: 

Alles in den Regierungsbezirk sowohl auf der Eisenbahn 
als auch auf Landwegen eingeführte Klauenvieh muss vor dem 
Abtrieb vom Bahnhof bezw. an dem ersten von dem Transport 
berührten Ort des Bezirks aratsthierärztlich untersucht werden, 
ausgenommen sind solche Transporte, die innerhalb der letzten 
72 Stunden in den Regierungsbezirken Breslau oder Oppeln 
thierärztlich untersucht und inzwischen in ihrem Bestände nicht 
verändert worden sind. Zn Handelszwecken bestimmte Schweine 
dürfen nicht getrieben werden. 

Für einzuführende Rinder sind polizeilich beglaubigte 
Ursprungszeugnisse erforderlich, welche den Nachweis darüber 
enthalten, dass dieselben aus Orten stammen, die seit mindestens 
14 Tagen seuchefrei sind. 

Für die Einführung von Schlachtvieh in öffentliche Schlacht¬ 
häuser finden vorstehende Bestimmungen keine Anwendung. 

Falls das eingeführte Vieh mehrere Tage zum Verkauf ge¬ 
stellt wird, ist die Untersuchung am 3. und 6. Tage zu wieder¬ 
holen. 

Für Vieh, welches seuchekrank oder seucheverdächtig be¬ 
funden wird, finden die Bestimmungen des § 66 der B. N. J v 
27. 6. 95 Anwendung. 

Die Kosten der Untersuchung des Händlerviehs tragen die 
Händler und Unternehmer, für das von Privatpersonen eingeführte 
Vieh die Staatskasse. 

Das nicht auf Viehmärkten zum Verkauf gestellte Vieh 
darf vor der durch den beamteten Thierarzt erfolgten Feststellung 
der Unverdächtigkeit nicht verkauft werden. 

Ebenfalls unter dem 31. Mai 1900 hat der Regierungs¬ 
präsident in Liegnitz eine landespolizeiliche Anordnung, betreff. 
Massregeln gegen Schweineseuchen, erlassen, welche mit der 
entsprechenden Anordnung für den Regierungsbezirk Breslau 
von 18. Januar 1898 fast wörtlich übereinstimmt. Letztere ist 
in No. 4 u. 5 der Mittheilungen für Veterinärbeamte, Gratis¬ 
beilage zur B. T. W. 1898, veröffentlicht. Hinzugekommen ist 
nur noch eine Bestimmung über die Controle der für die auf 
dem Landwege eingeführten Schweine erforderlichen Control¬ 
bücher durch die Ortsbehörde. Dieselbe betrifft hauptsächlich 
die in den eingeführten Schweinebeständen seit der letzten 
Untersuchung eingetretenen Veränderungen. 

Schliesslich hat der Regierungs-Präsident in Liegnitz eben¬ 
falls unter dem 31. Mai 1900 noch eine landespolizeiliche 
Anordnung erlassen, welche Bestimmungen über die Untersuchung 


BEIBLATT der BERLINER THIERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 


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19. Juli 1900. BEIBLATT der BERLINER THIERARZTLICIIEN WOCHENSCBRIFT. 3 


and weitere Behandlung der aus dem Regierungsbezirk Posen 
and dem Regiernngsbezirk Liegnitz eingefühlten Schweine ent¬ 
hält. Dieselbe ist gleichlautend mit der unter dem 1. Juni er 
für Breslau erlassenen Anordnung, deren wesentlicher Inhalt in 
der No. 25 der B. T. W. S 297 wiedergegeben worden ist. 


Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preusaen am 30. Juni 1900. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche 
ii 

Kreisen 

herrschte 

Gemeinden 

(Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 
waren 

verseucht: i 

Danzig. 

3 ! 

7 

5,56 

Marienwerder. 

7 

16 

7,07 

Berlin . 

1 

1 

— 1 

Potsdam. 

10 

62 

23,% 

Frankfurt. 

4 

10 

3,67 I 

Stettin. 

7 

26 

13,86 1 

Köslin. 

5 

11 

5,69 ' 

Stralsund. 

. 2 

9 

10,19 

Posen. 

5 

6 

1,82 

Bromberg. 

5 

9 

4,04 

Breslau. 

4 

4 

1,05 

Liegnitz. 

2 

2 

0,71 

Oppeln. 

2 

2 

0,71 

Magdeburg. 

12 

43 

29,86 

Merseburg. 

5 

6 

2,59 

Hannover. 

5 

8 

12,71 

Hildesheim. 

6 

19 

26,24 

Lüneburg. 

1 

4 

2,71 

Stade . 

1 

1 

1,37 

Osnabrück. 

1 

1 

1,78 

Münster. 

1 

1 

3,73 

Minden. 

4 

5 

9,80 

Arnsberg. 

2 

2 

2,35 

Cassel. 

8 

10 

5,93 

Wiesbaden. 

3 

6 

6,41 

Koblenz. 

1 

1 

0,95 

Düsseldorf. 

6 

7 

16,27 

Köln. 

1 

1 

3,37 

Trier. 

7 

8 

7,09 

Aachen. 

1 

2 

5,12 

Hohenzollern-Sigmaringen 

2 

2 

15,74 

Summa: 

124 

292 

— 


Nachweisung Ober den Stand der Viehseuchen Im Deutschen Reiche 
am 30. Juni 1900. 

Es waren am 30. Juni 1900 in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Berlin, Marienwerder, Oppeln, Hildesheim, 
Stade, Minden und Düsseldorf je 1 (1). R.-B. Potsdam 2 (2). 
R.-B. Posen 3 (5). R.-B. Bromberg 3 (7). — Bayern: R.-B. 
Oberbayern 1 (2). R.-B. Niederbayern 1 (1). Sachsen: Kreis- 
hauptm. Zwickau 2 (2). Ferner württ. Donaukreis, bad. Landes- 
comm. Constanz, Anhalt und Bezirk Lothringen je 1 (1). 
Hessen: Provinz Oberhessen 1 (2). 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 4 (5). R.-B. Niederbayern 

4 (6). R.-B. Pfalz 5 (6). R.-B. Oberpfalz 1 (1). R.-B. Ober¬ 
franken 4 (4). R.-B. Mittelfranken 3 (3). R.-B. Unterfranken 1 (2). 


R.-B. Schwaben 7 (13). Sachsen: Kreishauptm. Dresden 1 (1). 
Kreishauptm. Leipzig 3 (4). Kreishauptm. Zwickau 5 (7). 
Württemberg: Neckarkreis 5 (7). Schwarzwaldkreis 9 (12). 
Jagstkreis 5 (5). Donaukreis 12 (18). Baden: Landescomm. 
Konstanz 3 (4). Landescomm. Freiburg 6 (13). Landescomm. 
Karlsruhe 1(1). .Landescomm. Mannheim 2 (4). Hessen: Pro¬ 
vinz Oberhessen 3 (3). Mecklenburg-Schwerin: 6 (18). 
Sachsen-Weimar: 3 (5). Braunschweig: 3 (13). Sachsen- 
Meiningen: 2 (5). Anhalt: 3 (3). Reuss j. L.: 1 (2). Lippe: 

3 (8). Bezirk Ober-Elsass 4 (5). Bezirk Lothringen 1 (2). 
Mecklcnburg-Strelitz, Sachsen-Altenburg und Reuss 
ä. L. je 1 (1). 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Magdeburg 2 (2). R.-B. Merseburg 

2 (7). R.-B. Arnsberg 1 (1) Sachsen: Kreishauptm. Zwickau 

1 ( 1 ). 

D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest): 
Preussen: R.-B. Königsberg 2-(3). Danzig 2 (6). Marien¬ 
werder 4 (10). R.-B. Potsdam 4 (5). R.-B. Frankfurt, Merse¬ 
burg, Hannover, Lüneburg je 2 (2). R.-B. Stettin 5 (11). R.-B. 
Köslin 1 (2). R.-B. Stralsund, Magdeburg, Münster, Koblenz 

je 1 (1). R.-B. Posen 11 (21). R.-B. Bromberg 5 (8). R.-B. 
Breslau 13 (41). R.-B. Liegnitz 14 (48). R.-B. Oppeln 3 (11). 
R.-B. Schleswig und Düsseldorf je 3 (4). R.-B. Hildesheim 3 (5). 
R.-B. Arnsberg 6 (6). R.-B. Cassel 3 (3). R.-B. Wiesbaden 2 (5). 
R.-B. Trier 1 (3). Bayern: R.-B. Ober-Pfalz und Mittelfranken 
je 1 (1). Baden: Landescomm. Mannheim 2 (5). Hessen: 
Provinz Oberhessen 1 (2). Mecklenburg-Schwerin, Braun¬ 
schweig, Schaumburg-Lippe und Bezirk Lothringen je 
1 (1). Sachsen - Meiningen: 1 (2). Waldeck: 2 (4). 
Lippe: 1 (5). 

Ueber Deslnfectlon von Viehstillen giebt ein von den vereinigten 
dänischen Landwirthschaftsvereinen verbreitetes Circular prak¬ 
tische Vorschriften. Die Desinfection, die mindestens zwei Mal 
jährlich vorgenommen werden muss, geschieht nicht mit Chlor¬ 
kalk, da dessen Geruch schädlich auf die Milch wirkt, sondern 
auf folgende Weise: Nach gründlicher Reinigung d*s ganzen 
Raumes wird der obere Theil der Wände und Tragpfeiler 
gekalkt, der untere Theil bis zu 2 Ellen über dem Erdboden 
mit braunem Theer oder mit Carbolineum bestrichen, event. 
auch mit einer Mischung von Petroleum und Steinkohlentheer 
oder mit einer Lösung von 5 Theilen Terpentinöl und 1 Theil 
Leinöl. Krippen, Futtergänge und Thüren werden mit koch- 
heissem 3 proc. Seifenwasser abgewaschen oder mit 2 proc. 
Caibollösung. Die Fugen zwischen den Steinen des Fussbodens 
werden aufgekratzt und mit Kalkmilch übergossen — eine 
öldicke Mischung von Kalk und Wasser — worauf frischer Kies 
geschüttet wird. Sehr empfiehlt es sich, den Fussboden un¬ 
durchdringlich zu machen durch eine dünne Cementschicht. 
Schaufelgang und Urinrinne werden, nachdem sie mit heissem 
Seifenwasser ausgescheuert sind, mit 2 proc. Carbollösung nach¬ 
gespült. C. Mjoen. 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen etc. 

Die Seuche ist ausgebrochen am 16. Juli in Hamburg unter 
Schweinen des Viehhofes und in Dresden desgl. 


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4 


19. Juli 1900. 


BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 


Fleischschau und Yiehhandel. 

Von KUhnau. 

Gesetz, betr. die Schlachtvieh- und Fleischbeschau. 

Vom 3. Juni 1900. 

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König 
von Preussen etc. 

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung 
des Bundesraths und des Reichstages was folgt: 

§ I. Rindvieh, Schweine, Schafe, Ziegen, Pferde und Hunde, 
deren Fleisch zum Genüsse für Menschen verwendet werden 
soll, unterliegen vor und nach der Schlachtung einer amtlichen 
Untersuchung. Durch Beschluss des Bundesraths kann die 
Untersuchungspflicht auf anderes Schlachtvieh ausgedehnt werden. 

Bei Nothschlachtungen darf die Untersuchung vor der 
Schlachtung unterbleiben. 

Der Fall der Nothschlachtung liegt dann vor, wenn zu 
befürchten steht, dass das Thier bis zur Ankunft des zuständigen 
Beschauers verenden oder das Fleisch durch Verschlimmerung 
des krankhaften Zustandes wesentlich an Werth verlieren werde 
oder wenn das Thier in Folge eines Unglücksfalls sofort getödtet 
werden muss. 

§ 2. Bei Schlachtthieren, deren Fleisch ausschliesslich im 
eigenen Haushalte des Besitzers verwendet werden soll, darf, 
sofern sie keine Merkmale einer die Genusstauglichkeit des 
Fleisches ausschliessenden Erkrankung zeigen, die Untersuchung 
vor der Schlachtung und, sofern sich solche Merkmale auch bei 
der Schlachtung nicht ergeben, auch die Untersuchung nach der 
Schlachtung unterbleiben. 

• Eine gewerbsmässige Verwendung von Fleisch, bei dejfi 
auf Grund des Abs. 1 die Untersuchung unterbleibt, ist verboten. 

Als eigener Haushalt im Sinne des Abs. 1 ist der Haushalt 
der Kasernen, Krankenhäuser, Erziehungsanstalten, Speise¬ 
anstalten sowie der Haushalt der Schlächter, Fleischhändler, 
Gast-, Schank- und Speisewirthe nicht anzusehen. 

§ 3. Die Landesregierungen sind befugt, für Gegenden und 
Zeiten, in denen eine übertragbare Thierkrankheit herrscht, die 
Untersuchung aller der Seuche ausgesetzten Schlachtthiere an¬ 
zuordnen. 

§ 4. Fleisch im Sinne dieses Gesetzes sind Tlieile von 
warmblütigen Thieren, frisch oder zubereitet, sofern sie sich 
zum Genüsse für Menschen eignen. Als Theile gelten auch die 
aus warmblütigen Thieren hergestellteu Fette und Wurste, 
andere Erzeugnisse nur insoweit, als der Bundesrath dies 
anordnet. 

| 5. Zur Vornahme der Untersuchungen sind Beschaubezirke 
zu bilden; für jeden derselben ist mindestens ein Beschauer 
sowie ein Stellvertreter zu bestellen. 

Die Bildung der Beschaubezirke und die Bestellung der 
Beschauer erfolgt durch die Landesbehörden. Für die in den 
Armeekonservenfabriken vorzunehmenden Untersuchungen können 
seitens der Militärverwaltung besondere Beschauer bestellt 
werden. 

Zu Beschauern sind approbirte Thierärzte oder andere 
Personen, die genügende Kenntnisse nachgewiesen haben, zu 
bestellen. 

§ 6. Ergiebt sich bei den Untersuchungen das Vorhanden¬ 
sein oder der Verdacht einer Krankheit, für die die Anzeige¬ 


pflicht besteht, so ist nach Massgabe der hierüber geltenden 
Vorschriften zu verfahren. 

§ 7. Ergiebt die Untersuchung des lebenden Thieres keinen 
Grund zur Beanstandung der Schlachtung, so hat der Beschauer 
sie unter Anordnung der etwa zu beobachtenden besonderen 
Vorsichtsmassregeln zu genehmigen. 

Die Schlachtung des zur Untersuchung gestellten Thieres 
darf nicht vor der Ertheilung der Genehmigung und nur unter 
Einhaltung der angeordneten besonderen Vorsichtsmassregeln 
stattfinden. 

Erfolgt die Schlachtung nicht spätestens zwei Tage nach 
Ertheilung der Genehmigung, so ist sie nur nach erneuter Unter¬ 
suchung und Genehmigung zulässig. 

§ 8. Ergiebt die Untersuchung nach der Schlachtung, dass 
kein Grund zur Beanstandung des Fleisches vorliegt, so hat der 
Beschauer es als tauglich zum Genuss für Menschen zu erklären. 

Vor der Untersuchung dürfen Theile eines geschlachteten 
Thieres nicht beseitigt werden. 

§ 9. Ergiebt die Untersuchung, dass das Fleisch zum Genüsse 
für Menschen untauglich ist, so hat der Beschauer es vorläufig 
zu beschlagnahmen, den Besitzer hiervon zu benachrichtigen 
und der Polizeibehörde sofort Anzeige zu erstatten. 

Fleisch, dessen Untauglichkeit sich bei der Untersuchung 
ergeben hat, darf als Nalirungs- oder Genussmittel für Menschen 
nicht in Verkehr gebracht werden. 

Die Verwendung des Fleisches zu anderen Zwecken kann 
von der Polizeibehörde zugelassen werden, soweit gesundheitliche 
Bedenken nicht entgegenstehen. Die Polizeibehörde bestimmt, 
welche Sicherheitsmassregeln gegen eine Verwendung des Fleisches 
zum Genüsse für Menschen zu treffen sind. 

Das Fleisch darf nicht vor der polizeilichen Zulassung und 
nur unter Einhaltung der von der Polizeibehörde angeordneten 
Sicherungsmassregelh in Verkehr gebracht werden. 

Das Fleisch ist von der Polizeibehörde in unschädlicher 
Weise zu beseitigen, soweit seine Verwendung zu anderen 
Zwecken (Abs. 3) nicht zugelassen wird. 

§ 10. Ergiebt die Untersuchung, dass das Fleisch zum Ge¬ 
nüsse für Menschen nur bedingt tauglich ist, so hat der Be¬ 
schauer es vorläufig zu beschlagnahmen, den Besitzer hiervon 
zu benachrichtigen und der Polizeibehörde sofort Anzeige zu 
erstatten. Die Polizeibehörde bestimmt, unter welchen Sicherungs- 
massregeln das Fleisch zum Genüsse für Menschen brauchbar 
gemacht werden kann. 

Fleisch, das bei der Untersuchung als nur bedingt tauglich 
erkannt worden ist, darf als Nahrungs- und Genussmittel für 
Menschen nicht in Verkehr gebracht werden, bevor es unter 
den von der Polizeibehörde angeordneten Sicherungsmassregeln 
zum Genüsse für Menschen brauchbar gemacht worden ist. 

Insoweit eine solche Brauchbarmachung unterbleibt, finden 
die Vorschriften ‘des § 9 Abs. 3—5 entsprechende Anwendung. 

| II. Der Vertrieb des zum Genüsse für Menschen brauch¬ 
bar gemachten Fleisches (§ 10, Abs. 1) darf nur unter einer 
diese Beschaffenheit erkennbar machenden Bezeichnung erfolgen. 

Fleischhändlern, Gast-, Schank- und Speisewirthen ist der 
Vertrieb und die Verwendung solchen Fleisches nur mit Ge¬ 
nehmigung der Polizeibehörde gestattet; die Genehmigung ist 
jederzeit widerruflich. An die vorbezeichneten Gewerbetreiben¬ 
den darf derartiges Fleisch nur abgegeben werden, soweit ihnen 
eine solche Genehmigung ertheilt worden ist. In den Geschäfts¬ 
räumen dieser Personen muss an einer in die Augen fallenden 


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BEIBLATT der BERLINER THIERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 


5 


19. Juli 1900. 

Stelle durch deutlichen Anschlag besonders erkennbar gemacht 
werden, dass Fleisch der im Absatz 1 bezeichneten Beschaffen¬ 
heit zum Vertrieb oder zur Verwendung kommt. 

Fleischhändler dürfen das Fleisch nicht in Räumen feilhalten 
oder verkaufen, in welchen taugliches Fleisch (§ 8) feilgehalten 
oder verkauft wird- 

§ |2.*) Die Einfuhr von Fleisch in luftdicht verschlossenen 
Büchsen oder ähnlichen Gefässen, von Würsten und sonstigen Ge¬ 
mengen aus zerkleinertem Fleische in das Zollinland ist verboten. 

Im Uebrigen gelten für die Einfuhr von Fleisch in das Zoll¬ 
inland bis zum 31. December 1903 folgende Bestimmungen: 

1. Frisches Fleisch darf in das Zollinland nur in ganzen 
Thierkörpern, die bei Rindvieh, ausschliesslich der Kälber, und 
bei Schweinen in Hälften zerlegt sein können, eingeführt werden. 

Mit den Thierkörpern müssen Brust- und Bauchfell, Lunge, 
Herz, Nieren, bei Kühen auch das Euter, in natürlichem Zu¬ 
sammenhänge verbunden sein; der Bundesrath ist ermächtigt, 
diese Vorschrift auf weitere Organe auszudehnen. 

2. Zubereitetes Fleisch darf nur eingeführt werden, wenn 
nach der Art seiner Gewinnung und Zubereitung Gefahren für 
die menschliche Gesundheit erfahrungsgemäss ausgeschlossen 
sind oder die Unschädlichkeit für die menschliche Gesundheit in 
zuverlässiger Weise bei der Einfuhr sich feststellen lässt. Diese 
Feststellung gilt als unausführbar insbesondere bei Sendungen 
vou Pökelfleisch, sofern das Gewicht einzelner Stücke weniger 
als vier Kilogramm beträgt; auf Schinken, Speck und Därme 
findet diese Vorschrift keine Anwendung. 

Fleisch, das zwar einer Behandlung zum Zwecke seiner 
Haltbarmachung unterzogen worden ist, aber die Eigenschaften 
frischen Fleisches im Wesentlichen behalten hat oder durch ent¬ 
sprechende Behandlung wieder gewinnen kann, ist als zube¬ 
reitetes Fleisch nicht anzusehen; Fleisch solcher Art unterliegt 
den Bestimmungen in Ziffer 1. 

Für die Zeit nach dem 31. December 1903 sind die Be¬ 
dingungen für die Einfuhr von Fleisch gesetzlich von Neuem zu 
regeln. Sollte eine Neuregelung bis zu dem bezeichneten Zeit¬ 
punkte nicht zu Stande kommen, so bleiben die im Abs. 2 fest¬ 
gesetzten Einfuhrbedingungen bis auf Weiteres massgebend. 

§ 13. Das in das Zollinland eingehende Fleisch unterliegt 
bei der Einfuhr einer amtlichen Untersuchung unter Mitwirkung 
der Zollbehörden. Ausgenommen hiervon ist das nachweislich im 
Inland bereits vorschriftsmässig untersuchte und das zur unmittel¬ 
baren Durchfuhr bestimmte Fleisch. 

Die Einfuhr von Fleisch darf nur über bestimmte Zollämter 
erfolgen. Der Bundesrath bezeichnet diese Aemter sowie diejenigen 
Zoll- und Steuerstellen, bei denen die Untersuchung des Fleisches 
stattfinden kann. 

*) Der § 12 des Gesetzes entspricht dem § 14a des von der 
ReicbsLigscommission ursprünglich beschlossenen Entwurfes, der in 
der Beilage zu No. 9 der „B. T. W.“ vom 1. März er. mitgetbeilt 
worden ist. Die No. 1 des Gesetzes-Paragrapben entspricht wörtlich 
den Cominissionsbeschluss. Die wesentliche Aenderung enthält der 
erste Satz des Gesetzesparagraphen. Im § 14a des Commissions¬ 
beschlusses lautete derselbe: „Die Einfuhr von eingepöckeltem 
oder sonst zubereitetem Fleisch, ausgenommen Schweine¬ 
schinken, Speck und Därme, von Fleisch in hermetisch verschlossenen 
Büchsen oder anderen Gefässen, von Würsten und sonstigen Ge¬ 
mengen aus zerkleinertem Fleisch in das Zollinland ist verboten“. 
Aus der Streichung des oben gesperrten Satzes aus dem Einfuhr¬ 
verbot ergiebt sich dann die No. 2 des Gesetzesparagraphen, 
welche die nunmehr principiell zulässige Einfuhr von zubereitetem 
Fleisch regelt. 


§ 14 . Auf Wildpret und Federvieh, ferner auf das zum Reise¬ 
verbrauche mitgeführte Fleisch finden die Bestimmungen der 
§§ 12 und 13 nur insoweit Anwendung, als der Bundesrath dies 
anordnet. 

Für das im kleinen Grenzverkehre sowie im Mess- und Markt¬ 
verkehr des Grenzbezirks eingehende Fleisch können durch An¬ 
ordnung der Landesregierungen Ausnahmen von den Bestimmungen 
der §§ 12 und 13 zugelassen werden. 

§ 15. Der Bundesrath ist ermächtigt, weitergehende Ein¬ 
fuhrverbote und Einfuhrbeschränkungen, als die im §§ 12 und 13 
vorgesehen sind, zu beschliessen. 

§ 16. Die Vorschriften des § 8 Abs. 1 und der §§ 9 bis 11 
gelten auch für das in das ZoUinland eingehende Fleisch. An 
SteUe der unschädlichen Beseitigung des Fleisches oder an Stelle 
der polizeilicherseits anzuordnenden Sicherungsmassregeln kann 
jedoch, insoweit gesundheitliche Bedenken nicht entgegenstehen, 
die Wiederausfuhr des Fleisches unter entsprechenden Vorsichts¬ 
massnahmen zugelassen werden. 

§ 17. Fleisch, welches zwar nicht für den menschlichen Ge¬ 
nuss bestimmt ist, aber dazu verwendet werden kann, darf 
zur Einfuhr ohne Untersuchung zugelassen werden, nachdem es 
zum Genüsse für Menschen unbrauchbar gemacht ist. 

§ 18. Bei Pferden muss die Untersuchung (§ 1) durch 
approbirte Thierärzte vorgenommen werden. 

Der Vertrieb von Pferdefleisch sowie die Einfuhr solchen 
Fleisches in das Zollinland darf nur unter einer Bezeichnung er¬ 
folgen, welche in deutscher Sprache ^ ag Fleisch als Pferdefleisch 
erkennbar macht. 

Fleischhändlern, Gast-, Schank- und Speisewirthen ist der 
Vertrieb und die Verwendung von Pferdefleisch nur mit Ge¬ 
nehmigung der Polizeibehörde gestattet; die Genehmigung ist 
jederzeit widerruflich. An die vorbezeichneten Gewerbetreibenden 
darf Pferdefleisch nur abgegeben werden, soweit ihnen eine 
solche Genehmigung ertheilt worden ist. In den Geschäfts¬ 
räumen dieser Personen muss an einer in die Augen faUenden 
Stelle durch deutlichen Anschlag besonders erkennbar gemacht 
werden, dass Pferdefleisch zum Vertrieb oder zur Verwendung 
kommt. 

Fleischhändler dürfen Pferdefleisch nicht in Räumen feil¬ 
halten oder verkaufen, in welchen Fleisch von anderen Thieren 
feilgehalten oder verkauft wird. 

Der Bundesrath ist ermächtigt, anzuordnen, dass die vor¬ 
stehenden Vorschriften auf Esel, Maulesel, Hunde und sonstige, 
seltener zur Schlachtung gelangende Thiere entsprechende An¬ 
wendung finden. 

§ 19, Der Beschauer hat das Ergebniss der Untersuchung 
an dem Fleisch kenntlich zu machen. Das aus dem Ausland 
eingeführte Fleisch ist ausserdem als solches kenntlich zu 
machen. 

Der Bundesrath bestimmt die Art der Kennzeichnung. 

§ 20. Fleisch, welches innerhalb des Reichs der amtlichen 
Untersuchung nach Massgabe der §§ 8 bis 16 unterlegen hat, 
darf einer abermaligen amtlichen Untersuchung nur zu dem 
Zweck unterworfen werden, um festzustellen, ob das Fleisch 
inzwischen verdorben ist oder sonst eine gesundheitsschädliche 
Veränderung seiner Beschaffenheit erlitten hat. 

Landesrechtliche Vorschriften, nach denen für Gemeinden 
mit öffentlichen Schlachthäusern der Vertrieb frischen Fleisches 
Beschränkungen, insbesondere dem Beschauzwang innerhalb der 
Gemeinde unterworfen werden kann, bleiben mit der Massgabe 


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6 


BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 


19. Juli 1900. 


unberührt, dass ihre Anwendbarkeit nicht von der Herkunft des 
Fleisches abhängig gemacht werden darf. 

§ 21. Bei der gewerbsmässigen Zubereitung von Fleisch 
dürfen Stoffe oder Arten des Verfahrens, welche der Waare eine 
gesundheitsschädliche Beschaffenheit zu verleihen vermögen, 
nicht angewendet werden. Es ist verboten, derartig zubereitetes 
Fleisch aus dem Ausland einzuführen, feilzuhalten, zu verkaufen 
oder sonst in Verkehr zu bringen. 

Der Bundesrath bestimmt die Stoffe und die Arten des 
Verfahrens, auf welche diese Vorschriften Anwendung finden. 

Der Bundesrath ordnet an, inwieweit die Vorschriften des 
Abs. 1 auch auf bestimmte Stoffe und Arten des Verfahrens 
Anwendung finden, die eine gesundheitsschädliche oder minder- 
werthige Beschaffenheit der Waare zu verdecken geeignet sind. 

§ 22. Der Bundesrath ist ermächtigt, 

1. Vorschriften über den Nachweis genügender Kenntnisse 
der Fleischbeschauer zu erlassen, 

2. Grundsätze aufzustellen, nach denen die Schlachtvieh- 
und Fleischbeschau auszuführen und die weitere Behandlung des 
Schlachtviehs und Fleisches im Falle der Beanstandung statt¬ 
zufinden hat, 

3. die zur Ausführung der Bestimmungen in dem § 12 er¬ 
forderlichen Anordnungen zu treffen und die Gebühren für die 
Untersuchung des in das Zollinland eingehenden Fleisches fest¬ 
zusetzen. 

§ 23. Wem die Kosten der amtlichen Untersuchung (§ 1) 
zur Last fallen, regelt sich nach Landesrecht. Im Uebrigen 
werden die zur Ausführung des Gesetzes erforderlichen Be¬ 
stimmungen, insoweit nicht der Bundesrath für zuständig erklärt 
ist oder insoweit er von einer durch § 22 ertheilten Ermächtigung 
keinen Gebrauch macht, von den Landesregierungen erlassen. 

| 24. Landesrechtliche Vorschriften über die Trichinen¬ 
schau und über den Vertrieb und die Verwendung von Fleisch, 
das zwar zum Genüsse für Menschen tauglich, jedoch in seinem 
Nahrungs- und Genusswerth erheblich herabgesetzt ist, ferner 
landesrechtliche Vorschriften, die mit Bezug auf 

1. die der Untersuchung zu unterwerfenden Thiere, 

2. die Ausführung der Untersuchungen durch approbirte 
Thierärzte, 

3. den Vertrieb beanstandeten Fleisches oder des Fleisches 
von Thieren der im § 18 bezeichneten Arten 

weitergehende Verpflichtungen als dieses Gesetz begründen, sind 
mit der Massgabe zulässig, dass ihre Anwendbarkeit nicht von 
der Herkunft des Schlachtviehs oder des Fleisches abhängig ge¬ 
macht werden darf. 

| 25. Inwieweit die Vorschriften dieses Gesetzes auf das 
in die Zollausschlüsse eingeführte Fleisch Anwendung zu finden 
haben, bestimmt der Bundesrath. 

§ 26. Mit Gefängniss bis zu sechs Monaten und mit Geld¬ 
strafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit einer dieser 
Strafen wird bestraft: 

1. wer wissentlich den Vorschriften des § 9 Abs. 2, 4, des 
§ 10 Abs. 2, 3, des § 12 Abs. 1 oder des § 21 Abs. 1, 2 oder 
einem auf Grund des § 21 Abs. 3 ergangenen Verbot zuwider¬ 
handelt; 

2. wer wissentlich Fleisch, das den Vorschriften des § 12 
Abs. 1 zuwider eingeführt oder auf Grund des § 17 zum Genüsse 
für Menschen unbrauchbar gemacht worden ist, als Nahrungs- 

der Genussmittel für Menschen in Verkehr bringt; 


3. wer Kennzeichen der im § 19 vorgesehenen Art fälschlich 
anbringt oder verfälscht, oder wer wissentlich Fleisch, an welchem 
die Kennzeichen fälschlich angebracht, verfälscht oder beseitigt 
worden sind, feilhält oder verkauft. 

§ 27. Mit Geldstrafe bis zu 150 M. oder mit Haft wird 
bestraft: 

1. wer eine der im § 26 No. 1 und 2 bezeichneten Hand¬ 
lungen aus Fahrlässigkeit begeht; 

2. wer eine Schlachtung vornimmt, bevor das Thier der in 
diesem Gesetze vorgeschriebenen oder einer auf Grund des § 1 
Abs. 1 Satz 2, des § 3, des § 18 Abs. 5 oder des § 24 angeordneten 
Untersuchung unterworfen worden ist; 

3. wer Fleisch in Verkehr bringt, bevor es der in diesem 
Gesetze vorgeschriebenen oder einer auf Grund des § 1 Abs. 1 
Satz 2, des § 3, des § 14 Abs. 1, des § 18 Abs. 5 oder des § 24 

.angeordneten Untersuchung unterworfen worden ist; 

4. wer den Vorschriften des § 2 Abs. 2, des § 7 Abs. 2, 3, 
des § 8 Abs. 2, des § 11, des § 12 Abs. 2, des § 13 Abs. 2 
oder des § 18 Abs. 2 bis 4, ingleichen, wer den auf Grund des 
§ 15 oder des § 18 Abs. 5 erlassenen Anordnungen oder den 
auf Grund ' des § 24 ergehenden landesrechtlichen Vorschriften 
über den Vertrieb und die Verwendung von Fleisch zuwider¬ 
handelt. 

§ 28. ln den Fällen des § 26 No. 1 und 2 und des § 27 
No. 1 ist neben der Strafe auf die Entziehung des Fleisches 
zu erkennen. In den Fällen des § 26 No. 3 und des § 27 No. 2 
bis 4 kann neben der Strafe auf die Einziehung des Fleisches 
oder des Thieres erkannt werden. Für die Einziehung ist 
es ohne Bedeutung, ob der Gegenstand dem Verurtheilten gehört 
oder nicht. 

Ist die Verfolgung oder Verurtheilung einer bestimmten 
Person nicht ausführbar, so kann auf die Einziehung selbst¬ 
ständig erkannt werden. 

§ 29. Die Vorschriften des Gesetzes, betreffend den Ver¬ 
kehr mit Nahrungsmitteln, Genussmitteln und Gebrauchsgegen¬ 
ständen vom 14. Mai 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 145) bleiben 
unberührt. Die Vorschriften des § 16 des bezeichneten Gesetzes 
finden auch auf Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des 
gegenwärtigen Gesetzes Anwendung. 

§ 30. Diejenigen Vorschriften des Gesetzes, die sich auf 
die Herstellung der zur Durchführung der Schlachtvieh- und 
Fleischbeschau erforderlichen Einrichtungen beziehen, treten mit 
dem Tage der Verkündigung dieses Gesetzes in Kraft. 

Im Uebrigen wird der Zeitpunkt, mit dem das Gesetz ganz 
oder theilweise in Kraft tritt, durch Kaiserliche Verordnung mit 
Zustimmung des Bundesraths bestimmt. 

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift 
und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel. 

Gegeben Neues Palais, den 3. Juni 1900. 

(L. S.) Wilhelm. 

Fürst zu Hohenlohe. 

; Protest gegen das Einfuhrverbot von lebendem Vieh aus Amerika. 

Wie „American Exchange“ mittheilt, hat sich Mr. 
j Springer, der Präsident der National Live Stock Association 
! nach Washington begeben, um gegen das Einfuhrveibot 
Deutschlands gegen lebendes Vieh aus Amerika zu protestiren. 
Die Organisation vertritt an Interessen über 600 000 000 Dollars 
und ist die grösste Vereinigung dieser Art auf der Erdn. 


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19 . Juli 1900. 


BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 


7 


Der Fleischverbrauch in Pari«. 

Nach dem „Journal“ der „Chambre Syndicale de la Boucherie 
de Paris“ konsumirte Paris im Jahre 1899 354 515 Rinder, 
180 719 Kälber, 1933 409 Schafe (meist kleine Thiere) und 
464 253 Schweine. Gegen das Vorjahr ergiebt sich eine Zu¬ 
nahme von 23 000 Rindern und 26 530 Schafen, aber bei den 
Schweinen eine Abnahme von 53 428 Stück. Das vermehrte 
Angebot von Rindern zog ein Sinken der Preise fiir Rindfleisch 
nach sich, Hammelfleisch stieg etwas im Preise. Hervorgehoben 
wird die Thatsache, dass die Zufuhr von ausländischem Fleisch 
unbedeutend war und gratuliren sich die Franzosen, dass sie im 
Stande sind, den Markt mit inländischem Fleisch zu versorgen und 
bezüglich der Fleischversorgung vom Anslande unabhängig sind. 

Die Reinlichkeit In den deutschen Schlachthäusern. 

In englischen Fachblättern cursirt die Notiz, dass der 
Führer der Centrumspartei kürzlich den Ansspruch gethan hat, 
dass er sowohl in amerikanischen als auch deutschen Schlacht¬ 
häusern gewesen sei. In den ersteren sei der Geschäftsbetrieb 
ein viel sauberer als in deutschen Schlachthäusern. Herr 
Dr. Lieber mag so unrecht nicht haben, denn auch schon 
anderen Besuchern von Schlachthäusern ist es aufgefallen, dass 
die Stadtväter namentlich in manchen kleineren Schlachthäusern 
mit der Bewilligung des nöthigen Reinigungspersonals und 
-materials recht sparsam umgehen. 

Bund der Trichinen- und Fleischbeschauer. 

Der VIII. Bundestag findet am 15. und 16. Juli in Magde¬ 
burg statt. Auf der Tagesordnung stehen u. A. Berathungen 
über die durch das Fleisclischaugesetz bedingten Folgen für die 
Fleisch- resp. Trichinenschauer an Orten ohne öffentliche Schlacht¬ 
höfe und die Frage, ob die Trichinenschauer an den Schlacht¬ 
höfen nach dem Communalbeamtengesetz vom 30. Juli 1899 
Pensionsberechtigung erlangen. 

Der Gedanke, Kaninchenfleisch als Votksnahrungsmittel zu ver¬ 
werten, hat den Anstoss gegeben zur Gründung eines Vereins 
für Kaninchenzucht. In einer von diesem Verein jetzt gegründeten 
Zeitschrift für Kaninchenzucht wird die eindringliche Aufforderung 
an die Landwirthe gerichtet, Kaninchenzucht im grossen Mass- 
stabe zu betreiben. C. M. 

Der 23. deutsche Fleischerverbandstag. 

Zu dem Verbände, welcher am 11. und 12. Juli d. J. in 
Nürnberg tagte, gehören fast 32 000 selbständige Fleischer¬ 
meister. Folgende Gegenstände, welche dort zur Verhandlung 
kamen, haben auch ein weiteres thierärztliches Interesse. Lebhaft 
wurde dafür eingetreten, dass die in der Kaiserlichen Ver¬ 
ordnung, betreffend die Hauptmängel und Gewährfristen 
beim Viehhandel unter § 2 Absatz 2 nicht mit als Hauptmängel 
aufgeführten Krankheiten des Rindviehs an Finnen und Gelb¬ 
sucht in diese gesetzliche Bestimmung mit aufgenommen 
werden. Den Zusatz von Meat Preserve zu Hack- und 
Schabfleisch hält der Verbandstag für einen Fortschritt der 
Fabrikation und unentbehrlich. Das Gutachten des Reichs¬ 
gesundheitsamtes sei nach dem fachgemässen Urtheil des Ver¬ 
bandes nicht zutreffend. Der Verkauf gefärbter Wurst soll 
für das deutsche Reich gleichmässig gestattet oder ver¬ 
boten werden. Der Bundesrath soll dringend um Abänderung 
der Bestimmungen über die Desinfection der Eisenbahn¬ 


wagen (mit Carbol) ersucht werden. Das Fleischschau¬ 
gesetz findet nicht den Beifall des Verbandstages, weil die 
Hausschlachtungen ausgenommen und die Einfuhr von Pökel¬ 
fleisch gestattet ist. Für die berechtigten Forderungen des 
Fleischergewerbes soll nach wie vor mit allen Mitteln ein¬ 
getreten und das Publikum über die Beschaffenheit und Gefahren 
der ausländischen Fleischwaaren aufgeklärt werden. Gegen 
die Einfuhr von Zungen und Lebern wird mit grosser 
Mehrheit Stellung genommen. Für Pferdefleischwurst soll 
die Deklarationspflicht eingeführt werden. Beantragt werden 
wird die Aufhebung der zollfreien Fleisch-Einbringung 
im kleinen Grenzverkehr. Von der Einberufung eines 
internationalen Fleischer - Congresses wird vorläufig 
Abstand genommen. Für die Abfassung eines Lehrbuches 
für den Foribildungsunterricht im Fleischergewerbe wird 
ein Preis von 300 M. ausgesetzt. 

Das Schlachtvieh- und Fleischbeschaugesetz vom 
3. Juni 1900 ist in der No. 163 des „Deutschen Reichs- 
Anzeigers“ Berlin (SW., Wilhelmstrasse 32) vom 11. d. Mts. 
(Einzelnummer käuflich für 25 Pf.) veröffentlicht worden. Die 
Vorschriften des Gesetzes, die sich auf die Herstellung der zur 
Durchführung der Schlachtvieh- und Fleischbeschau erforderlichen 
Einrichtungen beziehen, treten mit dem Tage der Verkündigung 
des Gesetzes in Kraft. Im Uebrigen wird der Zeitpunkt, mit 
dem das Gesetz ganz oder theilweise in Kraft tritt, durch 
Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesraths be¬ 
stimmt werden. 

Der Londoner Viehmarkt, die Seuchen und die Fleischschau. 

Der inländische Markt wurde nach dem Bericht des Cattle 
Markets Committ. im Jahre 1899 mit 88 858 Rindern, 3 232 
Kälbern, 580 626 Schafen, 38 Schweinen und 13 799 anderen 
Thieren beschickt, während an den ausländischen Markt 
167 162 Rinder und 294 013 Schafe gebracht wurden. Die Zu¬ 
fuhr zum inländischen Markt ist gegen das Vorjahr beträcht¬ 
licher gewesen, die Zufuhr von lebendem Vieh zum ausländischen 
Markt hat nicht unbeträchtlich abgenommen. Neben der all¬ 
gemeinen Viehabnahme in den Vereinigten Staaten von Nord- 
Amerika wird für die Abnahme der Zufuhr von ausländischem 
Vieh hauptsächlich der Grund herangezogen, dass im Anfang 
des Berichtsjahres die Viehtransportschiffe von der Regierung 
zu Zwecken des spanisch-amerikanischen Krieges gebraucht 
und in der zweiten Hälfte des Jahres wiederum von der eng¬ 
lischen Regierung die Schiffe aus Anlass des südafrikanischen 
Krieges zu Truppentransporten verwendet worden sind. 

Der Seuchen- und Fleischschaubericht, welcher von 
Mr. James King erstattet worden ist, zählt 5 Fälle von Rotz 
auf, welche bei 4 zu Geschäftszwecken dienenden Pferden und 
einem zum Verkauf gestellten Pferde festgestellt wurden. In 
den ersten 4 Fällen wurde von der Stadt eine Entschädigung von 
40 M. gewährt. Die Ställe, wo die Pferde gestanden hatten, 
wurden desinficirt und die darin befindlichen Pferde unter Ob¬ 
servation gestellt. In einem Stall kam ein erneuter Ausbruch 
vor. Von den auf dem Markt verkauften Pferden, im Ganzen 
11 413 Stück wurden kurz nach dem Verkauf anderswo 2 Pferde 
mit der Rotzkrankheit behaftet befunden. Ermittelungen nach 
den ursprünglichen Eigenthümern und Ställen wurden eingeleitet, 
um die Rotzherde aufzudecken und zu tilgen. Ferner wurde 
ein Thierarzt zur Untersuchung der Markt-Pferde angestellt. 

Die Obduction bei einem von der Polizei getödteten, der 
Tollwuth verdächtigen Hunde wurde ausgeführt und ergab, 


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dass der Hund an einem epileptischen Anfall gelitten haben 
müsse. 

Bei einem aus einem gesperrten Bezirk eingesandten 
Schwein wurde Schweinepest festgestellt. 

Von den in den Schlachthäusern geschlachteten 
Thieren wurden verworfen: 695Kühe, 16 Starken, 11 Ochsen, 

7 Bullen, 12 Kälber, 162 Schafe, 34 Lämmer und 63 Schweine, 
ausserdem von 117 Kühen, 2 Starken, 3 Ochsen, 1 Kalb, 5 Schafen, 

2 Schweinen einzelne Theile. Von Krankheiten gaben Anlass 
znr Verwerfung: Tuberculose bei 483 Thieren, Wassersucht bei 
382, Verenden beim Transport bei 91, Abmagerung bei 63, 
Entzündung bei 25, Erstickung bei 22, Verletzungen bei 19, 
Zersetzung bei 11, Actinomykose bei 8, Parasiten bei 4, Bauch¬ 
fellentzündung bei 4, Unverkäuflichkeit bei 3, Abscesse bei 3, 
Blutvergiftung bei 3, Gelbsucht bei 3, Gelenkentzündung bei 2, 
Schweinepest, Urticaria, Gebärfieber, Krebs bei je 1 Thier. 
Gegen das Vorjahr sind 447 Thiere mehr beschlagnahmt. Unter 
den tuberkulösen Kühen waren viel abgemolkene Milchkühe, und 
hält King dieses Vorkommen der Tuberkulose unter den Milch¬ 
kühen für äusserst bedenklich bezüglich der Milchversorgung. 
Die Lokalbehörden und Farmer sollten Schritte thun, um die 
Ausbreitung der Tuberkulose unter den Milchviehbeständen zu 
bekämpfen. Kühn au. 

Viehseuchendebatte Im englischen Unterhause. 

In der Sitzung des „House of Commons am 22. Juni d. J. 
wurde der Landwirthschaftsminister Mr. Long gelegentlich der 
Bewilligung seines Gehalts, wegen der Schweinepest- und Maul¬ 
und Klauenseuchebekämpfung angegriffen. In seiner Erwiderung 
legte Mr. Long dar, dass die Erfolge bezüglich der Tilgung 
der Schweinepest in England durchaus als befriedigend 
bezeichnet werden müssen. Während die Entschädigungskosten 
sich im Jahre 1897/98 auf £ 125 OOO beliefen, betrug die Summe 
im Jahre 1899/1900 £ 78 700. An Ausbrüchen wurden im 
Jahre 1898/99 24 000 festgestellt, dagegen im Jahre 1899/1900 
21 000. In den 16 Wochen des laufenden Jahres betrugen die 
Ausbrüche etwas über 1000, während sich in der gleichen 
Periode des Vorjahres 1370 ereigneten. Die Erfolge zeigen, 
dass in der Bekämpfung nicht nachgelassen werden darf, um 
eine Ausrottung dieser verderblichen Seuche herbeizuführen. 

Die befeindeten Massnahmen gegen die Maul- und 
Klauenseuche seien durchaus geboten gewesen. Beim Auf¬ 
decken eines Seuchenherdes muss ein umfangreiches Gebiet 
gesperrt werden, damit die Viehbewegung von hier aus nach 
den Häuptmärkten inhibirt werde. Das Niederschlagen des 
Ausbruchs werde hierdurch wesentlich beschleunigt, wie der 
Verlauf des Ausbruchs gelehrt habe. Der Ansicht, dass durch 
das Ueberbordwerfen der an Maul- und Klauenseuche ein¬ 
gegangenen Wiederkäuer und wieder an Land Spülen der 
Cadaver die Seuche verschleppt werden könne, müsse er 
auf Grund der Gutachten entgegentreten. Das Seewasser 
wirke desinficirend und vernichte den Ansteckungsstoff. I 


19. Juli 1900. 

Die Unterscheidungsmerkmale des BQiretflelscbes vom Rindfleische. 

Von Franz Puntigam und Carl Halusa. 

(Thierärztl. Centralbl. 1900 H. 8). 

Ueber die Kennzeichen des Büffelfleisches sind in den meiston 
Lehrbüchern der Fleischbeschau keine erschöpfenden Angaben 
gemacht. Die Verff. haben sich deshalb bemüht, die besondern 
Eigenschaften des Büffelfleisches näher zu charakterisiren und 
zusammenzustellen, um den Verwechselungen dieses Fleisches 
mit Rindfleisch vorzubeugen. Die Untersuchungen beziehen sich auf 
den vom indischen Büffel abstamraenden gezähmten Büffel. 

Im frischgeschlachteten Zustande ist das Büffelfleisch im 
allgemeinen dunkler (rothbraun) als das Rindfleisch, dagegen 
haben junge Büffel blassrothes Fleisch, welches an frischen Schnitt¬ 
flächen einen lebhaft violettschillernden Glanz besitzt. 

Das Büffelfleisch ist grobfaserig und hat einen moschus¬ 
ähnlichen Geruch, der beim Kochen stärker hervortritt. Wird 
dasselbe in mit Schwefelsäure ungesäuertem Wasser gekocht, so 
macht sich ein übler, an Rinderdünger erinnernder Geruch be¬ 
merkbar. Gekochtes Büffelfleisch ist zähe. 

Der Hautmuskel des Büffels bildet einen etwa 4 Finger 
breiten Streifen. Das Fett des Büffels ist auffallend weiss und 
fühlt sich beim Zerreiben zwischen den Fingern trocken und 
klebrig an. Diese werden dabei nicht fettig. Das Fett lagert 
nicht wie beim Rinde zwischen den Muskelbündeln sondern 
zwischen den Muskeln ab. Die Eigenschaften des Fettes haben die 
Bedeutung charakteristischer Merkmale. 

Weitere Kennzeichen sind: Wenig entwickeltes Nierenfett, 
weisses Knochenmark, feine und spröde Knochen. Die 
Röhrenknochen sind kürzer und ihre compacte Substanz ist 
dünner und spröder als beim Hausrinde. Die Rippen des Büffels 
sind breiter und flacher gewölbt als die des Hausrindes. Die Quer¬ 
schnitte der unterenRippentheile haben beimRinde biconcave Seiten¬ 
linien, beim Büffel sind die Seitenflächen an dieser Stelle der Rippen 
dagegen fast parallel. Das Rinderbecken hat eine ausgehöhlte 
obere Schambeinfläche, beim Büffelbecken ist die obere und 
untere Fläche dieser Knochen eben. Die Darmbeinsäule ist bei 
der Büffelkuh stark gebogen, sodass der Beckeneingang sich der 
Form eines Kreises nähert. Wegen dieser günstigen Formation 
des Beckens sollen Schwergeburten bei den Büffelkühen selten 
Vorkommen. Bei den zwangsweisen Paarungen von Kühen und 
Büffelstieren sollen die büffelähnlichen Köpfe der Producte fast 
stets Geburtshindernisse bilden, weil der Beckeneingang der 
Kuh eine elliptische Form hat. Die Darmbeinschaufeln des 
Büffelbeckens sind breiter als beim Rinde und stark nach aussen 
gerichtet. 

Als hauptsächlichste Erkennungszeichen sind aus dieser 
Beschreibung hervorzuheben die eigenthümliche Beschaffenheit 
des Fettes und Knochenmarkes. Bei Beurtheilung von fettfreien 
Stücken liefert die Schwefelsäureprobe einen ziemlich sicheren 
Anhalt. 


BEIBLATT dkr BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 


Berlin, Druck von W. Uüxenstein 


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Die berliner Thlerlntllche Wochenschrift“ erxcheint 
wöchentlich In Stärke von mindestens l 1 /, Bogen. Dieselbe 
ist xu beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1082) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Scboets, Berlin NW., Luisenstrasse 36, tum Preise von 
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Berliner 


Originalbeiträge werden mit 60 Hk. fOr den Bogen honorlrt. 
Alle Manuseripte, Mittheilungen und rodactionellen An¬ 
fragen beliebe man tu senden an Prof. Dr. Schmält», 
Berlin thieräratliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin. 

Verantwortlicher Bedactear. 

De Braln Köhwui Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZOndel 

Professor Obertbierarxt Departementsthlerarzt Krelsthierarzt Departementsthierarzt Veterlntrassessor Professor Landes-Insp. f. Tblerzncht Krelsthierarzt 
Utrecht Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. 



Ausgegeben am 26. Juli. 


Inhalt: Kühnau: Gefahr, Erkennung und Bekämpfung der Eutertuberculose. — Referate: Nocard: Zur postmortalen 
Diagnose der Tollwuth. — Babös: Die beschleunigte Diagnose der Tollwuth durch die microscopische Untersuchung des 
Bulbus des heissenden Hundes. — Eber: Ueber das Airol. — Pisenti: Die Desinfection des Conjunctivalsackes mit Hülfe 
eines neuen Instrumentes. — Kleine Mittheilungen. — Tagqsgesohichte: Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — 
Fleischschau und Viehhandel. — Personalien. — Vaoanzen. 


Gefahr, Erkennung und Bekämpfung der 
Eutertuberculose. 

Von 

KDhnau-Hamburg. 

Oberthierarzt. 

i 

Die Tuberculose der landwirtschaftlichen Hansthiere wurde | 
ein Gegenstand ernstester Aufmerksamkeit, als experimentell 
festgestellt worden war, dass die Krankheit durch Fütterung 
and Impfung auf andere Thiere übertragen werden konnte und 
die Ursache der menschlichen und thierischen Tuberculose eine j 
einheitliche war. Wenn auch Dr. Theobald Smith*) von der 
Harvard-Universität erklärt, dass gewisse Unterschiede zwischen | 
den Tuberkelbacillen des Menschen und denjenigen des Rindes ( 
existiren und dass nach seinen Forschungsergebnissen diese 
beiden Bacillenarten keineswegs identisch sind, so dürfte doch 
die Thatsache der Uebertragungsmöglichkeit der Tuber- | 
culose von Thier auf Mensch und umgekehrt feststehen 
and hieran nicht zu rütteln sein. Diese Thatsache bildet ein 
Hauptmoment bei der jetzigen Bewegung zur Bekämpfung der 
Tuberculose als Volkskrankheit durch prophylactische Mass¬ 
nahmen und kam erst jüngst wieder gelegentlich der Tuberculose- 
Congresse zu Neapel und Glasgow znm Ausdruck. Bei den 
Verhandlungen zu Neapel brachte G. Marcone**) zur 
Sprache, dass er die Milch der neapolitanischen Kühe znm 
Gegenstand genauer experimenteller Untersuchungen gemacht 
habe. Durch Ueberimpfung der Milch von 126 Kühen auf Meer¬ 
schweinchen erhielt er in einem Viertel der Fälle in Bezug 
auf Tuberculose positive Resultate. Ein Ergebniss, welches 
die Gefahren des Milchgennsses um so eindrucksvoller zur Er- i 
kenntniss kommen lässt, wenn man bedenkt, dass in Neapel die j 
Kühe von Hans zu Haus getrieben und gemolken werden, in Folge 
dessen der Genuss kuhwarmer Milch in jener Stadt recht ver¬ 
breitet ist. M. tritt warm für die Tuberculinimpfung der Kühe 
ein. Cozzolino will auch das Personal der betreffenden 

*) Milchzeitung 1900. No. 21. 

**) Deutsche Medicinische Wochenschrift 1900 No. 20. 


Stallungen von Zeit zu Zeit ärztlich untersucht haben. Gnaldi 
berichtet über die Tuberculin-Impfungen in Rom, welche dort 
nach einem localen Reglement vor sich gehen. Der Procent¬ 
satz der Rindertnberculose in Rom beträgt mit grosser Regel¬ 
mässigkeit 6—7 pCt. Gnaldi führt als Beispiel der Ueber¬ 
tragungsmöglichkeit der Rindertuberculose auf den Menschen an, 
dass in einer Meierei Roms ein Junge an Tuberculose starb; 
sämmtliche 15 Kühe der Meierei wurden tuberculös befunden. 
Jemma theilte seine Milchfütterungsversuche mit. Er versetzte 
sterilisirte Milch mit Tubercelbacillen, die durch eine 25 Minuten 
lange Einwirkung einer Temperatur von 100°C abgetödtet 
waren und fütterte damit Kaninchen. Die Thiere gingen zu 
Grunde, während ControUkaninchen, die sterilisirte Milch aUein 
erhielten, am Leben blieben. Redner zieht daraus den Schluss, 
dass die Milch von Kühen, die auf Tuberculin reagiren, selbst 
gekocht nicht genossen werden darf*). Cazzella befürwortet 
bei ausgesprochener Tuberculose Vernichtung des Fleisches der 
betreffenden Thiere unter Schadloshaltung der Besitzer. Die 
staatliche Entschädigung der Besitzer tnberculösen Viehs wird 
auch von Plechl empfohlen. 

Auch bei den Berathnngen in Glasgow*) wurde auf die 
Gefahr der Uebertragung der Tuberculose durch den Genuss von 
Fleisch und Milch tuberculöser Thiere Bedacht genommen und 
zur Abwendung dieser Gefahr Resolntionen angenommen, welche 
die Errichtung von öffentlichen Schlachthäusern und Fleischschau- 
äm^ern, die Einführung einer einheitlichen Fleischbeschau für 
inländisches und ausländisches Fleisch durch befähigte Sach¬ 
verständige, zweckmässig eingerichtete Milchviehställe mit un¬ 
durchlässigem Fussboden, genügender Wasserversorgung zum 
Reinigen, gutem Abfluss, einer Düngerstätte in genügender Ent¬ 
fernung vom Stall, einem Mindestluftraum von 600 Cubikfnss 
für jedes erwachsene Thier, einem bestimmten Mindestplatz für 
jedes erwachsene Thier, sowie ausreichendem Licht und Ventilation, 

*) Auf die Zahlenverhältnisse der todten Bacillen scheint keine 
Rücksicht genommen zu sein. 

**) Meat. Trades Journal No. 629, 17. Mai 1900. 


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850 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 80. 


periodische thierärztliche Untersuchung des Milchviehs, An¬ 
wendung der Tuberculinimpfung bei verdächtigen Kühen und 
Ausmerzung besonders der eutertuberculösen Kühe fordern. 

In Anregung, welche der Deutsche Milchwirthschaftliche 
Verein bezüglich der gesetzlichen Bekämpfung der Eutertuber- 
culose am Schlüsse des vorigen und Anfang dieses Jahres 
gegeben hat, haben sich auch die deutschen landwirtschaftlichen 
Vereinigungen eingehend mit der Behandlung der Eutertuber- 
culose beschäftigt und hat die Landwirthschaftskammer 
der Provinz Brandenburg in ihrer Vollversammlung am 
15. März 1900 nach einem Referat des Herrn Assistenten Knuth- 
Berlin einen Beschluss gefasst, dass die Eutertuberculose der 
Kühe und die Tuberculose des Rindviehs, welche durch bemerk¬ 
bare Abmagerung erkenntlich ist, unter das Viehseuchengesetz zu 
stellen sind. 

Die Herdbuchgesellschaft*) zur Verbesserung des 
in Ostpreussen gezüchteten Holländer Rindviehs hat 
beschlossen, die Bekämpfung der Eutertuberculose und der 
übrigen klinischen Formen der Tuberculose bei ihren Zuchtvieh¬ 
beständen in Angriff zu nehmen. Die Thiere der Bestände sollen 
regelmässig von einem Thierarzt untersucht werden, von ver¬ 
dächtigen Thieren Milch- und Eutergewebsproben entnommen 
und in einem eigens dazu hergerichteten Laboratorium untersucht 
werden. Die Milch der verdächtigen Thiere darf nur in ge¬ 
kochtem Zustande verwerthet werden. Die tuberculös befundenen 
Rinder sollen ausgemerzt, das Jungvieh mit gekochter Milch 
ernährt und auf angeborene Tuberculose durch Tuberculin-Impfung 
geprüft werden. 

Diesen Bestrebungen liegen namentlich die thatsächlichen 
Feststellungen zu Grunde, welche bezüglich der Gefahr 
der Eutertuberculose von den Autoren gegeben worden sind- 
Besonders klärend hat in dieser Beziehung ein Versuch**) ge¬ 
wirkt, welcher im Sommer 1898 im hygienischen Institut der 
thierärztlichen Hochschule zu Berlin zur Ausführung gelangte. 
In der ersten Versuchsreihe wurden 22 Meerschweinchen mit 
Milchmengen von einer eutertuberculösen Kuh, in denen Tubercel- 
bacillen nachgewiesen waren, im Gewicht von 0,05 g bis 300 g 
einmal gefüttert. Alle Versuchsthiere, welche mehr als 15 g 
Milch erhalten hatten, erkrankten an Fütterungstuberculose. In 
der zweiten Versuchsreihe wurden 30 Meerschweinchen mit Milch 
von derselben Kuh in Mengen von 10 g bis herunter zu 0,00001 g 
intraperitoneal geimpft. Bei der 7 Wochen später vorge¬ 
nommenen Tödtung wurden alle Versuchsthiere als tuberculös 
befunden. Ein Resultat, welches so recht geeignet ist, den 
hohen Grad der Infectiosität der Milch einer eutertuberculö'sen 
Kuh zu veranschaulichen. Bestätigt wird dieses Ergebniss durch 
die Beobachtungen, welche gelegentlich der Ausübung der Fleisch¬ 
beschau an den Schlachthöfen gesammelt und in den Statistiken 
niedergelegt sind. Oftmals sind weit über 60 pCt. der Schweine, 
welche mit Molkereiproducten aus Sammelmeiereien gemästet 
wurden, mit Tuberculose behaftet befunden worden. Von mir 
selbst sind wiederholt Fälle beobachtet und mitgetheilt worden, 
wo Sendungen von Schweinep aus Genossenschaftsmeiereien, 
welche mit rohen Molkereiproducten gefüttert waren, bei der 
Schlachtung im Hamburger Schlachthof bis zu 90 pCt. mit 
Fütterungstuberculose behaftet befunden worden waren. Ein 
sehr krasses Beispiel, welches im Frühjahr dieses Jahres sich 


*) Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene 1900, No. 9. 

**) Ebendaselbst. 


ereignete und mir Gelegenheit zu weiteren Feststellungen und 
Versuchen gab, möge folgen. 

Am 8. und 9. April d. J. gelangte im Hamburger Schlachthof 
ein Posten von 80 Schweinen zur Abschlachtung, unter dem bei 
der Untersuchung nach der Schlachtung 76 Stück Schweine mit 
Tuberculose behaftet befunden wurden und zwar 8 Stück so 
hochgradig, dass sie gänzlich beschlagnahmt werden mnssten. 
Alle tuberculösen Schweine zeigten Veränderungen in den 
Unterkieferlymphdrüsen, in den Gekrösdrüsen und zum Theil 
auch in der Leber, der Milz, der Lunge und den Knochen. 
Die ältesten Veränderungen betrafen die Unterkieferlymph- 
und die Mesenterialdrüsen. Die Veränderungen in der 
Leber, Milz, Lunge u. s. w. waren embolischer Natur. Es 
handelte sich demnach um eine ausgeprägte Fütterungstuber¬ 
kulose. Der Transport Schweine stammte aus einer Sammel¬ 
molkerei in Schleswig-Holstein. Die Ermittelungen ergaben, 
dass in der Meierei ständig etwa 300 Schweine in Posten von 
60 bis 80 Stück gemästet wurden. Als Futter wurden Mais, 
Gerste, pasteurisirte Magermilch und rohe Molken verabreicht. 
Letztere in ziemlicher Menge, da mit der Meierei eine be¬ 
deutende Käserei verbunden ist. Nahe lag es nun, die Molken 
als Träger des Ansteckungsstoffes zu beschuldigen. Dem 
Rechnung tragend, wurden in der Meierei sofort Vorkehrungen 
getroffen, die Molken nur noch in pasteurisirtem Zustande zur 
Verfütterung zu bringen. Bei der näheren Besprechung und 
Untersuchung des Falles ergab sich aber noch ein Umstand, 
der wahrscheinlich Anlass zu der kollossalen Ausbreitung der 
Tuberkulose unter dem Schweinebestand gegeben hat; um so 
mehr ist darauf zu schliessen, als ein zwei Monate früher 
fertig gestellter Posten Schweine ebenfalls im Hamburger 
Schlachthofe zur Abschlachtung gelangte und bei der Unter¬ 
suchung keine auffällige Behaftung mit Tuberculose hatte er¬ 
kennen lassen. Nach Absendung dieses Transports war von 
dem Besitzer der Meierei ein neuer Arbeiter eingestellt worden, 
dem das Reinigen der Centrifugen übertragen war. Dieser 
Arbeiter hatte nun nach Beendigung des Centrifugirens nicht, 
wie Vorschrift war, erst die Restmilch ablaufen lassen und dann 
den Centrifugenschlamm entfernt und verbrannt, sondern er hatte, 
noch während die Milch in der Centrifuge war, den Schlamm gelöst 
und mit der Restmilch zusammen den Schweinen als Futter ge¬ 
geben. Da beim Ausschleudem der Milch bekanntlich der Centri¬ 
fugenschlamm mit Vorliebe die etwa in der Milch enthaltenen 
Tuberkelbacillen in sich aufnimmt, ist es erklärlich, dass der 
Centrifugenschlamm ausserordentlich geeignet ist, durch Ver¬ 
fütterung die Tuberculose zu übertragen. Demgemäss ist ja 
auch fast überall schon die Anordnung getroffen, dass der Centri¬ 
fugenschlamm verbrannt wird. Auch in der Meierei war dies 
strenge Vorschrift aber in Folge Unachtsamkeit des Arbeiters 
nicht zur Ausführung gelangt. Wenn nun auch der Besitzer 
der Meierei sofort Vorkehrungen traf, um in Zukunft die Ueber- 
tragungsmöglichkeit durch Milchabfälle auszuschliessen, so lag ihm 
doch daran zu erfahren, ob und welche seiner Lieferanten tuber- 
culöse Milch lieferten und in Folge dessen unterstützte er mich 
bei den weiteren Versuchen*) durch Uebersendung von Milch¬ 
proben von seinen sämmtlichen 45 Lieferanten. Ich erhielt die 


*) Auch Herrn Stabsthierarzt Völlers, Herrn Collegen Glage 
und dem Geschäftsführer des Deutschen Milchwirthschaftlichen Ver¬ 
eins, Herrn Oeconomierath Boysen will ich an dieser Stelle für 
ihre bereitwillige Unterstützung meinen besten Dank abstatten. 

Kühnau. 


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26. Juli 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICUE WOCHENSCHRIFT. 


351 


Proben am 24. April. Dieselben worden centrifugirt nnd Rahm- 
and Bodensatz microscopisch anf Tuberkelbacillen untersucht. 
Die Auffindung von Tuberkelbacillen in der Milch gelang nicht, 
was auch nicht zu verwundern ist, wenn man bedenkt, dass die 
Proben dem Gesammtgemelk von Beständen, aus 20 und mehr 
Kühen bestehend, entnommen waren. Das Rahm-Bodensatz- 
gemenge jeder der 45 Proben wurde am 25. April je einem 
Meerschweinchen in einer Menge von 1—2 g in die 
Bauchhöhle gespritzt. Von den 45 Meerschweinchen 
gingen in den ersten Tagen nach der Impfung 6 Stück 
an einer Bauchfellentzündung zu Grunde, wodurch leider 
das Ergebniss der Versuche etwas getrübt wird. Die übrigen 
lebten aber alle über 14 Tage bis zu 7 Wochen, zu welcher 
Zeit die Tödtung der noch lebenden 33 Meerschweinchen vor¬ 
genommen wurde. Für 39 Bestände dürfte demnach die Impfung 
massgebende Resultate gezeitigt haben. Von den 39 Meer¬ 
schweinchen zeigte ein nach 14 Tagen gestorbenes nnd ein am 
15. Juni getödtetes Tuberculose des Bauchfells, der Gekrös- und 
Lendendrüsen, der Leber, der Milz und der Lungen. Tubercel- 
bacillen konnten unschwer nachgewiesen werden. Zehn Meer¬ 
schweinchen und zwar drei am 18 resp. 19. Mai gestorbene und 
7 am 15. Juni getödtete wiesen pseudotuberculose Veränderungen 
in den Gekrösdrüsen nnd zum Theil auch in der Leber und 
Milz anf. In Ausstrichen und Culturen Hessen sich säurefeste 
Stäbchen, wie sie Lydia Rabinowitsch beschrieben hat, nach- 
weisen. Ein am 11. Mai gestorbenes Thier zeigte Necrose der 
Bauchdecken und eitrige Lungen- Brust- und Bauchfellentzündung. 
Ein am 25. Mai eingegangenes Thier hatte einen Abscess an 
der Bauchwand und Eiterherde in der Leber. Unter den am 
15. Juni getödteten Meerschweinchen wurde noch eins mit Leber- 
abscesseri und eins mit einem Lungenabscess behaftet befunden. 
Als Ursache in allen diesen Fällen Hessen sich Eitercoccen nacli- 
weisen. Letztere Ergebnisse haben wohl ihren Grund in der 
nicht mehr frischen Beschaffenheit der Milch. Die restirenden 
23 am 15. Juni getödteten Meerschweinchen Hessen Krankheits¬ 
erscheinungen nicht erkennen. Tabellarisch geordnet stellt sich 
das Ergehniss der Impfung folgendermassen dar: 

^ Zu früh tot Ergebniss 

inf. Bauchfellentzündung verwertlibar von 
45 6 = 13 % 39 

Tuberculös Pseudotuberculös And. Krankh. Gesund 
2 = 6 % 10 = 25 % 4 = 10 % 23 = 59 % 

Der Versuch lehrt, dass es erforderlich ist, die Milch 
möglichst frisch zu veriinpfen und zu den Impfungen mehr als 
ein Meerschweinchen für jede Milchprobe zu nehmen. Ferner 
dass in 25 pCt. der Milchproben säurefeste Stäbchen Vorkommen 
können, welche bei der intraperitonealen Impfung das Bild der 
Pseudotuberculose hervorrufeu und endlich, dass trotzdem Sammel¬ 
milch, jeder einzelnen Wirthschaft, zu den Impfungen verwandt 
ist, zwei Meerschweinchen, 6 pCt. tuberculös erkrankt sind. 

Der Bestand, aus dem die Milchprobe stammte, mit der 
das am 9. Mai an Tuberculose gestorbene Meerschweinchen 
geimpft worden war, setzte sich aus 21 Kühen zusammen. Jede 
Kuh wurde gemolken und 2 g Milch je einem Meerschweinchen 
in die Bauchhöhle gespritzt. Auch hier gingen zwei Meer¬ 
schweinchen in den ersten Tagen nach der Impfung an Bauchfell¬ 
entzündung ein. Die übrigen 19 Meerschweinchen wurden vier 
Wochen nach der am 25. Mai erfolgten Impfung getödtet. Die 
Obduction ergab bei einem Thier Tuberculose des Bauchfells, 
der Leber, der Milz, bei vier Thieren wiederum 25 pCt. Pseudo¬ 


tuberculose der Leber und bei einem chronische Bauchfell¬ 
entzündung. Die übrigen 13 Thiere wurden frei von Krankheits¬ 
erscheinungen befunden. 

Die unter liebenswürdiger Mitwirkung des Herrn Collegen 
Masch in Wüster vorgenommene Untersuchung des Milch- 
viehbestandes ergab, dass unter den 21 Kühen 2 euter¬ 
kranke Kühe sich befanden. Die eine zeigte eine Verödung des 
linken hinteren Euterviertels, das Viertel ist verkleinert, derber, 
ohne Knoten und die Lymplidrüsen sind nicht vergrössert. Die 
andere Kuh, gelbroth, 8 Jahr alt, war die Lieferantin der Milcli¬ 
probe, mit der das mit Tuberculose behaftet befundene Meer¬ 
schweinchen geimpft worden war. Dieselbe hat nach Aussage 
des Besitzers allmählich immer weniger Milch gegeben, dabei 
sei das Euter ganz schief geworden, jetzt gebe nur noch der 
rechte vordere Strich ergiebig Milch. Die anderen drei Viertel 
sind etwas vergrössert und fühlen sich hart und knotig an, be¬ 
sonders die oberen Parthieen der beiden hinteren Viertel, die 
Euterlymphdrüsen sind vergrössert und fühle« sich hart an. 
Drei Striche geben wenig Milch, der rechte vordere Strich noch 
reichlich normal aussehende Milch. Die mit dieser Milch ge- 
iihpften Meerschweinchen werden nach drei Wochen getödtet 
und tuberculös befunden. Die Diagnose Eutertuberculose ist 
somit gesichert. 

Der zweite Milchviehbestand, aus dem die Probe des 
Gesammtgemelkes stammte, mit welcher das Meerschweinchen 
geimpft war, welches bei der sieben Wochen nach der Impfung 
erfolgten Tödtung tuberculös befunden worden ist, setzte sich 
aus 22 Kühen zusammen. Hier konnte Herr College 
Mascli schon bei der einfachen Besichtigung eine euter- 
tuberonlöse Kuh herausfinden. Das ganze Euter der gelben 
8 jährigen Kuh ist characteristiscli vergrössert nnd fühlt 
sich knötchendurchsetzt und hart an, besonders stark 
vergrössert ist das rechte vordere Euterviertel. Eine Schmerz¬ 
haftigkeit ist nicht vorhanden. Die Euterlymphdrüsen und die 
Kniefaltenlymphdrüsen der linken Seite sind stark vergrössert, 
hart und höckerig. Die beiden vorderen Striche geben- nur 
etwas wässeriges Secret, das mit Flocken untermischt ist. Die 
beiden hinteren Striche, der rechte Strich mehr als der linke, 
geben bei jedem Melken noch ca. 8 1 Milch, die scheinbar 
normale Beschaffenheit zeigt. Die Kuh, welche sich sonst in 
gutem Nährzustande befindet, hustet zeitweise matt und rauh. 
Bei der Untersuchung der Lungen lässt sich ein erschwertes 
Athmen feststellen. 

Tn dem Bodensatz der centrifugirten Eutersecretproben sind 
Tuberkelbacillen durch mich anfgefunden worden. Mit der Milch 
geimpfte Meerschweinchen (vier Stück) werden bei der drei 
Wochen nach der Impfung erfolgten Tödtung mit Tuberculose 
des Netzes, der Gekrösdrüsen, der Leber und Milz, in einem 
Falle auch Nieren, Lunge behaftet befanden. In Ausstrichen 
Tuberkelbacillen unschwer nachweisbar. 

Somit auch hier die Diagnose Eutertuberculose gesichert. 

Nach dem Bericht des Besitzers hat derselbe die Kuh 
bereits im vorigen Jahre gekauft und da schon bemerkt, dass 
ein Vorderviertel des Enters sich hart anfühlte und wenig Milch 
gab; nach dem im Februar erfolgten Kalben habe die Vergrösserung 
des Euters allmählich immer mehr zugenommen. Die Milch- 
secretion der beiden vorderen Viertel ist nahezu versiegt, 
während die hinteren Striche noch reichlich Milch geben. 

Der von mir unternommene Versuch an der Hand 
der Beobachtungen, welche bei Ausübung der Fleisch- 


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852 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 30 


schau in den Schlachthäusern gemacht werden, die 
Ansteckungsquellen der Tuberculose aufzudecken, 
hat seine Schuldigkeit gethan. Nicht nur ist der 
Molkereibesitzer auf Fehler in seinem Betriebe auf¬ 
merksam gemacht worden und hat Vorkehrungen zur 
Abstellung derselben treffen können, sondern durch 
die Verimpfung von Milchproben der einzelnen Liefe¬ 
ranten, Verimpfung der Milch jeder einzelnen Kuh 
des Bestandes, dessen Gesammtgemelk sich als in- 
fectiös erwiesen hatte, und Untersuchung der ver¬ 
dächtigen Bestände sind die eutertuberculösen Kühe 
ermittelt worden, welche die Gesammtmilch inficirt 
haben und zwar so wirksam, trotzdem die Milch der 
beiden Kühe mit der Milch von nahezn 800 anderen 
Kühen vermischt worden ist, dass die mit den un" 
gekochten Molkereiabfällen gefütterten Schweine in 
95 Procent der Fälle tuberculös geworden sind. 

Die Schlussfolgerungen des Versuchs zeigen: 

1. Die grosse Gefahr der Milch entertuberculöser Kühe, 
selbst bei weitgehender Vermischung mit anderer Milch. 

2. Die Ermittelungsmöglichkeit der eutertuberculösen Kühe. 

a) durch Untersuchung und Verimpfung der Milchproben. 

b) durch blosse klinische Untersuchung. 

Beide Wege sind gangbar und sollten ohne Verzug be¬ 
treten werden, um die grosse Gefahr, welche die Eutertuber- 
culose der Kühe bezüglich der Uebertragung der Tuberculose 
durch Milchgennss auf den Menschen und die Thiere in sich 
schliesst, zu beseitigen. 

Eine wirkliche Beseitigung der Gefahr wird nur zu erzielen 
sein, wenn die eutertuberculösen Kiihe ohne Verzug abgeschlachtet 
werden. Diese Forderung bedingt eine Schadloshaltung des 
Besitzers der eutertuberculösen Kühe. Die Entschädigung muss 
ans allgemeinen Mitteln gewährt werden, wenn von Staatswegen 
die Ausrottung der Eutertuberculose in die Wege geleitet 
werden soll. Der Staat kann sich aber dieser Forderung nicht 
mehr entziehen, denn für die Bekämpfung der Tuberculose des 
Menschen und für die Sanirung der Viehbestände ist das drin¬ 
gende Bedürfhiss von Massnahmen gegen die Eutertuberculose 
der Kiihe von den verschiedensten Seiten dargelegt und findet 
durch obigen Versuch eine neue Stütze. 

Die Massnahmen, welche zur Abwehr und Unter¬ 
drückung der Eutertuberculose der Kühe geeignet er¬ 
scheinen, hat der Deutsche Milchwirthschaftliche Verein zu¬ 
sammengefasst und dem Reichskanzler nebst einer Denkschrift 
eingereicht. Wie wir vernehmen, liegt der Entwurf dem Kaiser¬ 
lichen Gesundheitsamt bereits zur Begutachtung vor. 

Das Ermittelungsverfahren bei der Eutertuber- 
culose kann sich nicht auf die Anzeigepflicht beschränken,*) 
denn der schleichende Verlauf der Krankheit bringt es 
mit sich, dass die Veränderung dem Besitzer nicht so 
sehr in die Augen fällt und bis zum Verdachtschöpfen 
kann die Milch der betreffenden eutertuberculösen Kuh schon 
viel Unheil angerichtet haben. Entweder müssen die Milch¬ 
proben der Bestände untersucht werden oder jede einzelne Kuh 
muss klinisch untersucht werden, und bei Verdacht Milchproben, 

*) Höchstens könnte dem in der Jnli-Nummer des „Veterinarlan“ 
von Mr. Gilruth-New-Zealand gemachten Vorschläge zugestimrat 
werden, jede Eutererkrankung zur Anzeige zu bringen, damit der 
Controlthierarzt baldmöglichst feststellen kann, ob es sich um Enter- 
tuberculose handelt oder eine harmlose Eutererkranktmg vorliegt. 


oder mittelst einer Harpune entnommene Eutergewebsstückchen 
weitergeprüft werden. Die Tuberculinprobe kann eventuell 
mit herangezogen werden, indessen giebt sie ein sicher verläss¬ 
liches Resultat, namentlich bei älteren Kühen, nicht. Nach den 
Ergebnissen der Tuberculin-Impfung in den Seequarantänen werden 
unter den Kühen, welche auf die Impfung nicht reagirt haben, 
bei der Abschlachtung noch 17 bis 20 pCt. mit Tuberculose be¬ 
haftet befunden. Der hohe Procentsatz von Tuberculose unter 
dem Vieh, welches nicht reagirt hat, ist sicher schuld an den 
schlechten Erfahrungen, welche man bei Anwendung des Tuber- 
cnlin8 als Tilgungsmittel in grossen Milchviehbeständen gemacht 
hat. Tuberculinimpfung ist wohl ein gutes Orientirungsmittel, 
aber auf Grund des Ergebnisses der Tuberculinimpfung allein die 
Tilgungsmassnahmen in grossen, wechselnden Viehbeständen zu 
basiren, ist nicht zu empfehlen. Kleinere Bestände dagegen, wo 
wenig Ankauf, meistens Ergänzung durch Aufzucht statthat’ 
lassen sich durch Tuberculinimpfung verhältnissmässig leicht von 
der Tuberculose befreien. Der Werth des Tuherculins als 
Orientirungsmittel über die Ausbreitung der Tuberculose im All¬ 
gemeinen ergiebt sich aus einer neuen Zusammenstellung von 
Bang. 

Die Tuberkulin-Impfungen Dänemarks. 

1. Gesammtübersicht. 



Bestände 

Anzahl der geprüften 
Thiere 

Zeitperiode. 

Im 

Ganzen 

zum 

ersten 

Mal 

goprOft 

im 

Ganzen 

I c 

davon 1 g 
reagirt O 

1 *- 
1 0. 

April 1893 bis Juni 1894 . . . 

327 

327 

8 401 

3 362 40,0 

Juni 1894 bis October 1895 . . 

1873 

1645 

44 902 

17 303, 38,5 

October 1895 bis Mai 1896 . . 

930 

749 

20 791 

6 622 31,9 

Mai 1896 bis Juni 1897 . . . 

[7816 

3012 

84 897 

21668 25,5 

Juni 1897 bis Mai 1898 . . . 

2165 

65 788 

15 642 23,8 

Mai 1893 bis Januar 1899 . . 

1454 

618 

35533 

7 725 21,7 

Januar 1899 bis Januar 1900 . 

1293 

543 

33 568 

6 759 20,1 


2. Reaktionsprocente nach dem Alter der Thiere. 


Zeitperiode 

Bis 

V, Jabr 

1 Jahr 

2 Jahre 

Ueber 
2'/ a Jahre 

April 1893 bis Jnni 1894 

16,6 

35,3 

43,7 

50.4 

Juni 1894 bis Octbr. 1895 

15,3 

28 

39,5 

49,2 

Octbr. 1895 bis Mai 18% 

9,3 

23,1 

32,5 

42,5 

Mai 1896 bis Jnni 1897 . 

10,6 

19,1 

27,6 

34 

Juni 1897 bis Mai 1898 . 

10,7 

18,7 

23,2 

31,3 

Mai 1898 bis Januar 1899 

9,7 

16,8 

21,5 

28,3 

Jan. 1899 bis Jan. 1900 . 

7,9 

14,9 

19,1 

26,8 


Wenn auch Bang an den Werth des Tuberculins für 
Tilgungszwecke der Tuberculose im Allgemeinen festhält, so 
empfiehlt er doch auch gegen die Eutertuberculose besondere 
Massnahmen und diese decken sich mit den auch von mir vor¬ 
geschlagenen. Meiner Ansicht nach ist aber unbedingt daran 
festzuhalten, dass die Ausrottung der Eutertuberculose in den 
Vordergrund gestellt werden muss. Nach und nach sind dann 
auch die anderen Formen der thierischen Tuberculose einzubegreifen. 

Für den Nachweis der Tnberkelbacillen in der 
Milch sind meist Anreicherungsmethoden nothwendig, wie sie 
von Schranck, Thörner, Ilkewitsch, Scheurlen, Ober¬ 
müller und Hammond angegeben sind. Hammond setzt zu 
der Milch acid. phenyl. absol. im Verhältniss von 100:5. Dann 
füllt man 15—30 ccm dieser Mischung in zwei Behälter und 


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Stö. Juli 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


353 


centrifugirt 15 Minuten lang, giesst die obenstehende Flüssigkeit 
ab und versetzt den übrigen Theil mit 3 ccm einer 5 proc. 
Lösung von Kal. caust. Dies Gemisch schüttelt man ordentlich 
durcheinander, lässt es darauf 2—3 Minuten stehen und giebt 
15 ccm aqu. dest. hinzu, centrifugirt das Ganze ca. 20 Minuten 
lang, entfernt sodann die 15 ccm der oberen Flüssigkeit und 
kann nun das am Grunde sich absetzende Material untersuchen. 
Will man es ganz von Kali caust. befreien, so verdünnt 
und centrifugirt man es noch mehrfach. Die Färbung 
der Deckglaspräparate mit Carbolfuchsin, Entfärbung mit 
Schwefelsäure und Gegenfärbung mit Methylenblau ist 
wohl am meisten in Gebrauch und zur Kenntlichmachung 
der Tuberkelbacillen geeignet. Zur Impfung in die Bauchhöhle 
der Meerschweinchen benutzt man am besten das Rahm-Bodensatz¬ 
gemenge der centrifugirten Milch in Quantitäten von etwa 2 g. 
Die Impftnberculose bei den nach drei bis sieben Wochen ge- 
tödteten Meerschweinchen ist charakterisirt durch Serosen- 
tuberculose, besonders des Netzes, und nicht scharf umschriebene 
Herde in der Leber, Milz, Lungen, Lymphdrüsen, während bei 
der Pseudotubercnlose der Process stürmischer verläult, Serosen- 
tuberculose nicht vorhanden und die Herde in den Drüsen, der 
Leber und Milz mehr scharf abgesetzt, und der Inhalt der Herde 
mehr eiterähnlich ist. Die als Ursache der Pseudotuberculose 
bekannten säurefesten Stäbchen zeigen auf Gelatine ein schnelles 
Wachsthum. Die einzelnen Stäbchen sind Kürzer und dicker als 
die Tubercelbacillen. 

Bei der klinischen Untersuchung der Kühe ist vor 
allen Dingen der Vorbericht zu beachten, dass die Euter¬ 
veränderung sich allmählich eingestellt hat, ohne dass scheinbar 
die normale Beschaffenheit der Milch, abgesehen von der etwa 
verringerten Menge, gelitten hat. Bei der Untersuchung des 
tuberculösen Euters fällt vor Allem die Vergrösserung ins Auge. 
Meist ist die Massen Zunahme auf ein oder beide hintere Euter¬ 
viertel beschränkt, besonders sind die hinteren, oberen Theile, 
welche am schlechtesten ausgemolken werden, zuerst betroffen. 
Aber auch die vorderen Viertel können zuerst betroffen sein. An 
den noch gesunden Theilen des Euters ist eine compensatorische 
Hypertrophie zu bemerken. Die erkrankten Partkien sind nicht 
vermehrt, warm, nicht geröthet und nicht schmerzhaft. Nur bei 
massenhafter Infection kann wie Harms angiebt, das Euter 
aufangs geschwollen und schmerzhaft erscheinen; entschieden 
ist das aber ein seltenes Ereigniss. Beim Durchfühlen des 
Euters merkt man die harte, derbe mitunter brettartige Con- 
swtenz. Dabei ist diese nicht gleichmässig, sondern härtere 
und weichere Parthieen wechseln ab. Erstere treten als Knoten 
von verschiedener Grösse in Erscheinung, die Oberfläche des 
Euters hat dadurch ein mehr oder minder höckeriges Aussehen. 
An den vorderen Vierteln bemerkt man auch ein deutliches 
Abheben der kranken Parthie von der Bauchwand. Die kranken 
Euterparthien geben dabei noch eine scheinbar normale Milch in 
ziemlicher Menge, nur bei den stark veränderten Eutern ist das 
Sekret wässerig mit Flocken untermischt. Die Feststellung der 
Eutertuberculo8e wird dadurch wesentlich gefördert, dass die 
Euterlymphdrüsen und bei Erkrankung der vorderen Theile des 
Euters auch die Kniefaltenlympkdrüsen vergrössert, hart und 
höckrig sind. 

Die Sicherung der Diagnose geschieht durch die Milch¬ 
untersuchung oder durch die Harpunirung der tuberculösen 
Parthieen des Euters. Die Harpunirung, von Nocard zuerst 
empfohlen, ist ohne Schwierigkeit ausführbar. Am besten habe 


ich eine Nocard’sche Harpune mit langer, lannzettförmiger Spitze 
verwendet. Neuerdings ist nach Angaben von Herrn Collegen 
Masch und mir von der Firma Hauptner eine Harpune con- 
struirt worden, die sich leicht desinficiien lässt und die Er¬ 
langung eines Eutergewebsstückes sichert, ohne dass man einen 
Hautschnitt zu machen braucht. Werden die nöthigen Cautelen 
beobachtet, so sind schädliche Folgen für das harpunirte Euter 
nicht zu befürchten. Abwaschen des Euters mit Seifenwasser 
und nachheriges Abreiben mit Alkohol ist für die Desinfection 
genügend. Die Harpune ist vor dem Gebrauch abzukochen. 
Harpunen mit kurzer dicker Spitze sind nicht verwendbar, weil 
sie die Haut ohne Einschnitt nur schwer durchdringen und 
eventuell abbrechen können, namentlich bei irgend welcher 
drehenden Bewegung. Das harpunirte Gewebsstück liefert 
Material zu histologischen Untersuchungen und zu Ausstrich¬ 
präparaten. In den Ausstrichen aus Massen, die aus tuber¬ 
culösen Parthieen stammen, lassen sich unschwer Tubercelbacillen 
nachweisen. Bei anderen infectiösen Mastiten findet man die 
diesen Krankheiten eigentümlichen Austeckungsstoffe. 

Die Milch der verdächtigen Kühe darf nur nach vor¬ 
heriger Erhitzung auf 85° C. verwertet werden. Ist die Be- 
haftung mit Eutertuberculose bei einer Kuh festgestellt, 
so darf die Milch nicht mehr zur menschlichen Nahrung 
verwendet werden. Ihre Verwendung ist auf Grund des 
Nahrungsmittelgesetzes zu verbieten, besonders da neuere 
Versuche ergeben haben, dass auch Milch mit abgetödteten 
Tuberkelbacillen schädliche Folgen nach sich ziehen kann. 
Der Besitzer kann die eutertuberkulösen Kühe mästen 
und zur Abschlachtung verkaufen. Aus allgemeinen Interessen 
empfiehlt sich aber, dass die eutertuberculösen Kühe möglichst 
schnell ausgemerzt wei den, und darum muss der Staat eingreifen. 

Die Abwehr und Unterdrückung von Eutertuber- 
culose muss gesetzlich geregelt werden. Das Ermittelungs- 
Verfahren muss genau vorgeschrieben werden. Die eutertuber- 
culös befundenen Kühe sind nach ihrem Fleischwerth nicht nur, 
sondern auch nach ihrem Werth als Milchkuh zu schätzen, und 

I 

der durch den Verkauf des Fleisches nicht gedeckte Werth ist 
ganz oder theilweise aus bereitstehenden Mitteln zu entschädigen. 
Privatversuche, wie sie jetzt die ostpreussische Heerdbuch- 
gesellschaft, die kaiserliche livländische gemeinnützige und 
öconomische Societät u. A. machen, können wohl klärend wirken, 
aber nur das gemeinsame Vorgehen gegen die Eutertubeiculose 
im ganzen deutschen Reiche kann zum Ziele fühlen. 


Referate* 

Zur postmortalen Diagnose der Tollwuth. 

, Von Piof. Nocard-Alfort. 

(Franz. Acad£mie do mödeiine 17. 4. 1900. — Kecueil 93. C. 1900.) 

' Für den Thierarzt ist die postmortale Diagnose der Toll¬ 
wuth von der grössten Bedeutung; von der Genauigkeit dieser 
Diagnose kann das Leben der gebissenen Personen abhängen. 

Wenn es sich um einen Hund handelt, der an Tollwuth 
im natürlichen Verlauf der Krankheit verendet ist, giebt die 
Section gewöhnliche Merkmale, die auf das Vorhandensein der 
Krankheit schliessen lassen. Oft, auch bei dem durch die Krank¬ 
heit verendeten Thiere, fehlen diese Sections-Erscheinungen 
gan?, so dass der Thieravzt. wenn er das Thier nicht lebend 
gesehen hat, wenn er die Entwickelung des Leidens nicht hat 
verfolgen können, unmöglich mit Bestimmtheit sagen kann, ob 
der Hund tollwuthkrank war oder nicht. 


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354 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 30. 


Dieser negative Befund bei der Obduction, welcher selten bei 
den Thieren ist, die die Krankheit in ihrem ganzen Verlauf 
durchgemacht haben, ist viel häufiger bei solchen Thieren, die im 
Verlauf der Krankheit getödtet worden sind. Es ist bekanntlich 
bei der Section von Thieren, die auf der Strasse getödtet 
wurden, weil sie Personen oder Thiere gebissen hatten, gewöhn¬ 
lich keine der typischen Erscheinungen der Toliwnth zu finden, 
was um so schlimmer ist, als es sich meist um ganz unbekannte 
Thiere handelt, über deren Verhalten vor dem Unfall nichts 
zu erfahren ist. Aus der Abwesenheit jeder sichtlichen 
Laesion auf das Nichtvorhandensein der Tollwuth zu scliliessen, 
heisst die gebissenen Personen von jeder Behandlung abhalten 
und sie der Krankheit aussetzen. So sind in den letzten Jahren 
verschiedene Personen an Tollwuth gestorben, weil der negative 
Befund bei der Section des heissenden Thieres sie in eine falsche 
Sicherheit versetzt hatte. 

Andererseits gestattet die Inoculation des Bulbes, sich mit 
Sicherheit auszusprechen, ob der Hund tollwuthkrank war oder 
nicht. Leider ist das Resultat nicht vor 14—20 Tagen zu 
erfahren, und wäre es unvorsichtig, dasselbe abzuwarten, bevor 
man die gebissenen Personen behandeln lässt. In den meisten 
Fällen käme die Behandlung zu spät; es muss, in Ermangelung 
eines beschleunigteren diagnostischen Verfahrens, die gebissene 
Person in Zweifelsfällen stets anfgefordert werden, sich der stets 
unschädlichen Kur zu unterwerfen. 

Hieraus erhellt, mit welchem Interesse die Thierärzte die 
Mittheilnngen der Herren van Gebuchten und Nölis gehört 
haben und mit welchem Eifer sie sich bemüht haben, nicht die 
Richtigkeit der von erfahrenen Specialisten erwähnten Thatsacheu 
zu controliren, sondern die Anwendung der von ihnen vor¬ 
geschlagenen Methode in der Praxis zu prüfen. Wenn es 
richtig wäre, dass man in allen Fällen und in wenigen Stunden 
mit Bestimmtheit sagen könnte, dass ein Hund tollwuthkrank 
ist oder nicht, so wäre alles erreicht; vielen Opfern könnte man 
das Angstgefühl, das viele beherrscht, wenn sie gebissen worden 
sind, den Zeitverlust, die Unkosten und die mit der Behandlung 
verbundenen Unannehmlichkeiten ersparen. < 

An der Existenz der von van Gebuchten und Nelis au 
den cerebrospinalen Ganglien des tollwuthkranken Hundes be¬ 
schriebenen Läsionen und an der Wiiklichkeit der von Babes 
in den Cadavern constatirtenAlterationen ist nicht zu zweifeln; 
man muss sich aber fragen: 

1. ob diese, bei dem an Tollwuth verendeten Hunde con- 
stanten Läsionen auch der Tollwuth eigen sind; 

2. ob sie nicht bei anderen, die nervösen (’entren er¬ 
greifenden infectiösen Krankheiten Vorkommen; 

3. ob sie ausgesprochen genug sind, um in allen Perioden 
der Krankheit jeden Zweifel auszuschliessen. Denn man darf 
nicht vergessen, dass der Speichel des tollwuthkranken Hundes 
von Anfang au virulent ist, bevor die Krankheit sich durch irgend¬ 
welches Symptom äussert, und zwar 24—48 Stunden vorher. 
(Versuche von Nocard und Roux.) 

Ist dies nicht der Fall, dann verliert die so einfache und 
so rasch anszuführende Methode von van Gebuchten und 
Nelis jede practische Bedeutung; der Zweifel würde fortbestehen 
und wie bisher, müsste der Thierarzt jede von einem auch nur 
leicht verdächtigen Hunde gebissene Person dringend auffordern, 
sich behandeln zu lassen. 

ln dieser Beziehung haben die Herren Ctiille und Vallee 


von der Thierarzneischule Versuche angestellt, die folgendes 
Resultat hatten. 

Die Versuche haben entsprechend den Weisungen des van 
Gebuchten und NtHis sich auf die plexiformen Ganglien des 
Pneumogastricus erstreckt. Nach Fixirnng mittelst Sublimat, 
Härtung in Alcohol und Aceton, Inclusion in Paraffin wurden die 
Schnitte mit Unna's polychromem Blau gefärbt und in Grübler's 
Mischung differencirt. 

Bei neun an Tollwuth verendeten Hunden wurden die von 
van G. und N. beschriebenen Alterationen der nervösen 
Zellen und der endothelialen Kapsel vorgefunden; selb.'t 
in den weniger alterirten Theilen der Ganglien waren die 
endothelialen Kapseln der Sitz einer bemerkenswerthen leuco- 
cytären Infiltration. In den von gesunden oder an verschiedenen 
Affectionen eingegangenen Hunden herrührenden Ganglien i&t 
bis jetzt nichts ähnliches bemerkt worden. 

Um festzustellen, ob diese Läsionen sich frühzeitig entwickeln 
und ob sie bei Hunden, die im Verlauf der Krankheit getödtet 
werden, gefunden werden, wurden sechs Hunde inficirt, wobei 
thunlichst die Bedingungen der natürlichen Infection ei füllt 
wurden. Jedes Thier erhielt in den Musculus semitendiuosus 
einen halben Cubikcentimeter einer mit dem Bulbus eines an 
natürlicher Tollwuth verendeten Hundes präparirten Emulsion. 
Die Impflinge sollten in den verschiedenen Perioden der Krank¬ 
heit getödtet werden. 

Heute, dreiundsechzig Tage nach der Inoculation sind 
drei Thiere noch gesund; die drei anderen sind an Tollwuth 
erkrankt und wurden kurz oder lang nach den ersten Symptomeu 
getödtet. 

Bei dem ersten sehr alten Hunde dauerte die Incubation 
17 Tage. Er wurde 17 Stunden nach dem Auftreten der 
ersten Symptome und ganz zu Beginn der Paralyse getödtet. 
Die Untersuchung der plexiformen Ganglien des Pneumogastricus 
ergiebt, dass die Zellen frei sind; auf einigen Schnitten und auf 
ganz vereinzelten Punkten können kleine Herde von pericap- 
sulärer Infiltration bemerkt werden. 

Der zweite Hund zeigte ausgesprochene Tollwuth nach 
23 tägiger Incubation. Die plexiformen Ganglien sind absolut 
gesund. 

Beim dritten Hund dauerte die Incubation 32 Tage. Zwölf 
Stunden nach Eintritt der Paralyse wurde das Thier getödtet. 
Die ganglionären Laesiouen waren auffallend, die Hälfte der Zellen 
war zerstört, die Ganglien in ihrer Gesammtheit mit Leucocyteu 
iufiltrirt. Andererseits wurden die Ganglien eines Schäferhundes 
untersucht, der mehrere Hunde und zahlreiche Schafe gebissen 
hatte und im Verlauf eines Anfalles getödtet wurde. Die gan¬ 
glionären Laesionen waren unbedeutend; kaum dass hier und da 
etwas pericapsuläre Infiltration zu bemerken war; es wäre un¬ 
möglich gewesen, auf die Untersuchung der Schnitte hin allein sich 
auszusprechen, ob das Thier an Tollwuth erkrankt war. Und 
doch war klinisch die Diagnose sicher, und ergab die Inoculation 
des Bulbus bei den geimpften Kaninchen. Aus den Unter¬ 
suchungen der Ms. Cuille und Vallee schliesst N., dass die 
histologische Diagnose bei Tollwuth nicht sicherer ist als die 
Sections-Diagnose. Ist das Resultat positiv, was stets der Fall sein 
wird, wenn der Hund im natürlichen Verlauf der Krankheit ein¬ 
geht, • dann kann man mit Bestimmheit das Vorhandensein der 
Krankheit aussprechen; ist das Resultat negativ, was häufig ist. 
wenn der Hund kurz nach dem Beissen getödtet wird, darf man 
sich nicht für die Abwesenheit der Tollwuth ausprechen; die 


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26. Juli 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


355 


Diagnose bleibt unsicher, und es ist wie bisher stricte Pflicht 
des Thierarztes, die gebissenen Personen zu veranlassen, sich 
der Pasteurschen Behandlung schleunigst zu unterwerfen. 

Die beschleunigte Diagnose der Tollwuth durch die 
microscopische Untersuchung des Bulbus des beissendeu 

Hundes. 

Von B a b 6 s. 

Franzftnisclio Acadi'iuie de mldeciue, 10. 4. 1900. Referat de* Keoueil, 15. 0. 1900 und 
den Repertoire de polire sanitaire vforrinaire 15. 6. 1900.) 

Die microscopische Untersuchung des Markes des heissen¬ 
den Hundes muss nach B. als eines der besten Mittel der be¬ 
schleunigten Diagnose der Tollwuth betrachtet werden. Im Bulbus 
und im Marke bemerkt man beim tollwuthkranken Hunde eine 
besondere centrale oder peripherische Verlagerung der chroma¬ 
tischen Substanz des Cellularprotoplasma. Man findet darin 
vasculäre Degeneration, totales Verschwinden der chromatischen 
Elemente, Verlust der Verlängerungen, progressive Veränderung, 
bisweilen Verschwinden des Kernes, Vergrösserung des peri- 
cellulären Raumes und Einwanderung, nicht nur in diesen Raum 
sondern auch in die Nervenzelle, von embryonären Elementen 
und gleichzeitig von besonderen kleinen hyalinen, bräunlichen, 
theilweise metachromatischen Körperchen, die von einer blassen 
Zone umgeben sind, Einzelne Nervenzellen sind von einer 
breiten Zone von embryonären Zellen umgeben und bilden auf 
diese Weise Noduli, die B. als Tollwuthknötchen (nodules 
rabiques) bezeichnet. 

Gleichzeitig besteht immer iui Bulbus der tollwuthkranken 
Hunde eine Erweiterung der Blutgefässe, die stellenweise durch 
aus Leucocyten gebildete Thromben versperrt sind oder durch 
gleich grosse Elemente, die aber kleine, oft gestreckte, braune, 
metachromatische, hyaline, angehäufte oder in Stern resp. in 
Kronenform gereihte Körperchen enthalten, oder durch fieie 
Granulation und durch Fibrin. 

Diese throinbosirten Gefässe geben zu Haemorrhagien Anlass; 
sie sind von breiten Zonen von embryonären Zellen umgeben, die, 
wenn auch diffus, im Grundgewebe der grauen Substanz reichlich 
gefunden werden. In gewissen Fällen ist aber die graue Sub¬ 
stanz damit so durchsetzt, dass man eine acute Entzündung vor 
sich hat, mit blauen Flecken, die davon herrühren, dass Nerven¬ 
zellen ohne chromatische Substanz sind. Ziiudel. 

Ueber das Airol. 

Von Prof. W. Eber. 

iZeitftchr. f. Thiermed. 1898. H. 5). 

Das Jodoform dürfte trotz der vielen Ersatzmittel, welche 
uns die Neuzeit gebracht hat, noch heute das gebräuchlichste 
Wundstreupulver sein. Weder sein penetranter Geruch, noch 
der Umstand, dass es bei den behandelten Patienten hart¬ 
näckiges Hautekzem und allgemeine Vergiftungserscheinungen 
hervorrufen kann, haben dem Pulver die Popularität genommen. 

Die Jodoformersatzmittel lassen sich in jodhaltige und jod¬ 
freie eintheilen. Von letzteren haben in der Thierheilkunde die 
grösste Verbreitung gefunden Pyoctanin, Dermatol, Thioform 
und Glutol. Die jodhaltigen Mittel sind auf die Verwendung des 
Loretins beschränkt geblieben. Zu den Bestandtheilen des Airols 
gehört ebenfalls Jod. Das Mittel ist ein Wismuth-jodid-gallat, kann 
als ein jodirtes Dermatol (Bism.subgallicnm)betrachtet werden. 
Es bildet ein graugrünes voluminöses Pulver, welches geruch- und 
geschmacklos und lichtbeständig ist. In feuchter Luft zersetzt 
es sich, wobei freies Jod abgespalten wird. Dieser Vorgang 
findet auch auf Wundflächen statt, wodurch das Airol eine jodo- 


formähnlichc Wirkung entfaltet. Ausserdem hat es (wie alle 
Wismuthpräparate) eine secretbeschränkende Eigenschaft. 
Es tödtet Cholerabacillen in Culturen; andere Microben 
werden in ihrem Wachsthum nur gehemmt. Die toxische Wir¬ 
kung ist nicht so stark als beim Jodoform; der Tod erfolgt 
durch WismuthVergiftung. 

Die Anwendung des Präparates als Streupulver geschieht 
entweder pur oder mit Talcum vermischt 1: 10. Weiter werden 
gebraucht Airolsalbe 1 :10 Ugt. Paraff., Airolstäbchen 1 : 10 Olei 
Cacao, Airolglycerin: Airol. 5,0, Glycerin. 35,0, Aq. dest. 
10,0 und schliesslich Airolgaze. 

Verfasser verwendete nur das Pulver bei etwa 158 chirur¬ 
gischen Patienten. Aus seinen Beobachtungen ist Nachstehendes 
hervorzuheben. In allen Fällen machte sich die secretions- 

•I 

beschränkende Eigenschaft des Airols auffallend bemerkbar. Die 
Eiterung ist unter einem Airolverbande d. R. n. völlig aus¬ 
geschlossen. Die Granulationen sind im Allgemeinen etwas 
duukeler als bei Jodoformgebrauch. Die Epithelüberdeckung 
hat niemals einen Stillstand erfahren. Wundekzerae und andere 
Allgemeinerkrankungen sind beim Airolgebrauch niemals vor¬ 
gekommen. Die Heilung per primam ist durch Airol stets 
begünstigt. 

Das Mittel hat demnach Eigenschaften, welche ihm vor dem 
Jodoform den Vorzug geben. Es ist jedoch noch erheblich 
theurer als das letztere. 

Die Desinfection des Conjunctivalsackes mit Hülfe 
eines neuen Istrnmentes. 

Von Prof. Pisenti in Perugia. 

1 (Nuova Ercolanl 1900 No. 1.) 

Durch zahlreiche Versuche an Hunden und Kaninchen, 
sowie durch Erfahrungen bei Pferden hat P. die Ueberzeugung 
gewonnen, dass trotz peinlichster Desinfection der Augenlider 
und des Conjunctivalsackes eine völlige Asepsis an diesen 
Theilen bei dem gewöhnlichen Verfahren nicht zu erreichen ist. 
Diese Erkentniss gab die Veranlassung zur Herstellung eines 
einfachen spatelartig geformten Instrumentes, mit dem das obere 
Augenlid aufgehoben und der Conjunctivalsack ausgespült werden 
kann. Dasselbe ähnelt dem Augenlidspanner von Desmarres 
mit dem Unterschied, dass es hohl ist und am breiten Ende, 
welches unter das obere Augenlid geschoben wird, Löcher be¬ 
sitzt, durch die die desinficirende Flüssigkeit ausströmt. Der 
Augeuspülapparat hat drei Ersatzstücke von verschiedener 
Grösse je nach der Weite der Lidspalte bei den verschiedenen 
Thieren. Auf das in eine Röhre ausgehende freie Ende wird 
ein Guramischlauch aufgeschoben, der mit einem Gefäss in Ver¬ 
bindung steht, welches die Desinfectionsflüssigkeit enthält. In 
dem röhrenförmigen Theil befindet sich ein Hahn zur Reguliiung 
der Stärke des Flüssigkeitsstromes. Derselbe dringt vermöge 
Anordnung der Ausflusslöcher bis zum oberen Winkel des Con¬ 
junctivalsackes vor. Eine Verletzung des Auges ist wegen der 
besonderen Form und Beschaffenheit des Instrumentes aus¬ 
geschlossen. 

Zum Ausspülen genügen beim Hund 200 ccm, beim Kalb 
und Fohlen 400 ccm, beim Rind oder Pferd 600 bis 1000 ccm 
Flüssigkeit. Am besten bewährten sich Lösungen von Hydr. 
bijodat., Hydr. bichlorat. und von Formalin. 

Das Q uecksilberbijodat ist zuerst in Alcohol zu lösen 
und dann mit Wasser zu verdünnen. Zu empfehlen ist nach¬ 
stehende Formel: 


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356 


No. 30. 


BERLINER THIERÄRZTL 

Hydrarg. bijodat. 0,05 
Alcohol 15,0 

Aqua 1000,0 

Ebenso wirksam sind Sublimatlösungen von 1:5000. 
Eine Sublimatpastille, ä 1 g, wird in 5 1 Wasser aufgelöst. Das 
Instrument ist nach dem Sublimatgebrauch in Wasser gründlich 
abzuspülen, da auch die vorerwähnte schwache Lösung die 
Metalltheile angreift und die Vernickelung beschädigt. 

Formal in wird nach dem Vorgänge von Valude in Ver¬ 
dünnungen von 1 : 10 000 verwendet. Doch auch diese schwachen 
Lösungen sollen im Auge zuweilen noch Reiz und Entzündung 
erzeugen, so dass das Sublimat vorzuziehen ist. 

Kleine Hittheilnngen. 

Katalepsie beim Pferde. 

Unteirossarzt Hennig schreibt in der Ztschr. f. Vet., 
März 1900: Am 10. November erkrankte ein 7jähriges Pferd 
unter eigenthümlichen Erscheinungen, indem es plötzlich mit ge¬ 
strecktem Kopf und Hals und unfähig zur Futteraufnahme vor 
der Krippe stand. Bei der Untersuchung fand sich die ganze 
Muskulatur starr, sodass das Pferd nicht ein Bein hoch heben 
konnte und völlig unbeweglich war. Das Hautgefühl war ver¬ 
loren, die Augenlider halb geschlossen und unbeweglich, die 
Ohren standen ebenso unbeweglich wagerecht zum Kopf. Tempe¬ 
ratur 37,3, Atlimung 10 Mal, Puls 75 Mal in der Minute. Das 
Pferd bekam eine Morphiuminjection und wurde am ganzen 
Körper frottirt. Eine Stunde später konnten ganz geringfügige 
Bewegungen ausgeführt werden. Bald liess sich das linke Bein 
hoch heben, etwa mit dem Gefühl, als ob man ein dünnes 
spanisches Rohr biegt. Beim Loslassen sank das Bein langsam 
wieder zur Erde, ohne in vollkommene Streckung zurückzugehen.; 
vielmehr wurde nur die Zehe etwas belastet. Erst 1V* Stunden 
später war ein langsames Seitwärtstreten möglich. Am nächsten 
Morgen war das Pferd völlig munter, nur die Bewegungen 
noch etvyas träge; an den Muskeln nichts Abnormes. Beim 
gelengentlichen Besuch nach 14 Tagen zeigte sich das Pferd 
ganz normal. 

Zwerchfell 8 krSmpfe. 

Rossarzt Ebertz theilt in der Ztschr. f. Vet. folgende Be¬ 
obachtung mit. Eine Remonte hatte Vormittags das Futter mit 
regem Appetit verzehrt und erkrankte zwei Stunden später 
unter kolikähnlichen Symptomen. Eine Stunde später bot sich 
das ausgeprägte Bild des Zwerchfellskrampfes. Der Puls war 
bei weicher Arterie fast unfühlbar. Es bestand starker Schweiss¬ 
ausbruch und angstvoller Blick. Der Körper wurde ruckweise 
20 bis 25 Mal in der Minute erschüttert, besonders heftig in 
der linken Flanken- und Unterrippengegend. Grosswendt hat 
diese Erscheinung treffend mit electrischen Schlägen verglichen. 
Die Stösse sind von dumpfem, klappendem Geräusch begleitet. 
Die Art der Athmung und des Pulses lässt sich dabei gar nicht 
feststellen. Die Conjunctiven waren tief dunkelroth gefärbt. 
Es wurde dem Pferde eine Morphiuminjection gemacht. Zwei 
Stunden später Hessen die Krämpfe nach, die Conjunctiven be¬ 
gannen abzublassen. Es wurden 60 bis 70 schwache Pulse, die 
aussetzend waren, gezählt. Die Stösse wurden seltener und 
minder heftig. Nach einigen Stunden war das Pferd gesund. 
Wahrscheinlich handelt es sich um eine reflectorische Erregung 
des Nervus pkrenicus. 

Reizung der Intercostainerven. 

Bekanntlich erkranken oft Pferde auf der Rennbahn und bei 
der Truppe nach grossen Ansti engungen plötzlich. Sie können 


niTF, WOCHENSCHRIFT. 

schwer weiter und stehen gespreizt. Der Thorax wird über¬ 
natürlich ausgedehnt, die Rippenwand festgestellt, der Hals 
tief und der Kopf gestreckt gehalten. Die Thiere zeigen 
Schmerzen bei Berührung der Brustwand und stöhnen schon bei 
dem Versuch einer Bewegung. Wendungen sind nur im grossen 
Bogen möglich. Die Zahl der Athemzüge ist auf 30 bis 80 er¬ 
höht; die Auscultation giebt' nichts Abnoimes; die Temperatur 
ist normal, das Sensoi ium frei, der Blutumlauf etwas beschleunigt. 
Nach 4 bis 24 Stunden sind die Thiere gesund. Augenscheinlich 
handelt es sich um eine Reizung der Intercostainerven. Die 
Verwechselung mit acuten Krankheiten ist schon durch die 
normale Körpertemperatur ausgeschlossen. 

(Sächs. Veterinärber. 98). 

Pustulöse ansteckende Hauterkrankung. 

Rossarzt Christ berichtet in der Ztschr. f. Vet.: Bei einem 
Pferde eines Trainbataillons wuiden bei einer Besichtigung in 
der Umgebung des Afters mehrere linsen- bis bohuengrosse, 
wunde Hautstellen beobachtet, und die Besichtigung aller Pferde 
ergab, dass 30 derselben an einer ähnlichen Erscheinung litten. 
Bei einem im October neu eingestellten Pferde fanden sich an 
derselben Stelle weissliclie runde Narben, sodass von diesem 
Pferde wahrscheinlich die Uebertragung ansgegangen war, 
welche wohl mit dem Putzen bewirkt wurde. In den Anfangs¬ 
stadien entstanden gelbe Stecknadelknopf- bis linsengrosse 
Schorfe, unter denen rothe flache Wundflächeu zu Tage traten. 
Die Heilung erfolgte von selbst in 2—3 Wochen. 

Schlunddivertikel. 

Bei der Section eines Pferdes fand sich die Speiseröhre vor 
der Einmündung in den Magen derartig erweitert, dass man 
vom Magen aus beide Fäuste einführen konnte. In der 
erweiterten Partie war eiue Futterstauung eingetreten. Die 
hierdurch bewirkten Brechanstrengungen hatten zu einer Ver¬ 
schluckpneumonie geführt, welche den Tod bedingte. (Corps¬ 
rossarzt Pötschke, Ztschr. f. Vet. 1899.) 

Gtheimmittel gegen Maul- und Klauenseuche. 

Warnung. 

Von der Floraapotheke in Frankfurt a. M. wird ein vom 
Rittergutspächter Georg Lyding zu Hoheneiche erfundenes, 
angebliches Schutz- und Heilmittel gegen Maul- und Klauen¬ 
seuche unter dem Namen „Lyding’s Aphthentheer, Präservativ- und 
Heilmittel der Maul- und Klauenseuche“ vertrieben. 

Nach der in dem chemischen Laboratorium des K. Württem- 
bergischen Medicinalcollegiums vorgenommenen Untersuchung 
des von der genannten Apotheke bezogenen Mittels besteht das¬ 
selbe aus Holztheer geringer Qualität, vermischt mit 3 pCt. ge¬ 
pulvertem chlorsaurem Kalium. Der Zusatz von chlorsaurem 
Kalium verleiht dem Präparat nicht,- wie in der dem Mittel bei¬ 
gegebenen Broschüre behauptet wird, einen Gehalt an „Sauer¬ 
stoff im Status nascens“. Ein Gehalt an uascirendem Sauerstoff 
ist überhaupt nicht zu erkennen. Das Mittel wird znm Preis 
von 4 Mk. per Kilo geliefert, wozu noch 95 Pfg. für Porto und 
Packung kommen, während sein wirklicher Geldwerth auf 50 Pfg. 
per Kilo anzuschlagen ist. 

Nach sachverständigem Ermessen kann dem untersuchten 
Mittel ein Vorbauungswerth gegenüber der Maul- und Klauen¬ 
seuche überhaupt nicht beigelegt werden, und auch der Heil¬ 
werth erhebt sich nicht über den des gewöhnlichen Theers. 


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BERLINER TIIIERÄRZTLICIIE WOCHENSCHRIFT. 


357 


26 Juli 1900. 

Tagesgescliichte. 

Aufblühen des Veterinär-Instituts zu Giessen. 

Nach dem Ausweis über die Frequenz im Sommer-Semester 
hatte die Universität Giessen 855 immatriculirte Studenten. 
Davon gehörten der medicinischen, als der zweitstärksten, Facnltät 
264 an und von diesen waren 110 Veterinärmediciner, (darunter 
übrigens Ya Bayern). Die Studenten der Veterinärmedicin 
machten also über 40% der Mediciner und fast 13% der 
Gesammtfrequenz ans. Andrerseits hat das Giessener Institut 
damit die thierärztliche Hochschule zu Stuttgart erreicht, welche 
in diesem Sommer-Semester ebenfalls 110 Studenten zählt. 

Vor einigen Jahren hatte Giessen eine Frequenz von ca. 
20 und man sprach viel vom Eingehen des für Hessen unnützen 
Institutes. Dem gegenüber steht jetzt eine Wandlung, die das 
Veterinär-Institut zu Giessen mit einem Schlage zu einer be¬ 
achtenswerten Kraftentwicklung im Wettkampf der tierärzt¬ 
lichen Hochschulen befähigt hat 

Dieser Umschwung zeigt zunächst, dass keine Stätte für 
Forschung und Unterricht überflüssig ist und leichten Herzens 
entbehrt werden kann, dass jede vielmehr zur Entfaltung einer 
erspriesslichen Wirksamkeit geeignet ist, wenn nur für die 
richtige Bebauung des Bodens durch tüchtige Männer gesorgt ist. 
Sie zeigt ferner, dass Freigebigkeit für academische Institute reich¬ 
liche Früchte trägt, nicht bloss für die Wissenschaft, sondern 
auch für das wirthschaftliche Gedeihen des betr. Institutes. 
Der dem Umschwung vorangegangene Tiefstand zeigt aber auch, 
wie eine durchaus lebensfähige Einrichtung durch allzu langes 
Kleben am Alten, durch Verzögerung zeitgemässen Fortschrittes 
in die Gefahr des Zugrundegehens geräth. Wenn etwas, so 
braucht eine Hophschnle eine stetige, ungehemmte und un¬ 
verzögerte freie Weiterentwicklung und nichts ist so nothwendig, 
als das sorgsame Spähen nach den Anzeichen des Stillstandes 
und die Abwehr seiner ersten Anfänge. 

Für die Veterinärwissenschaft ist jede Arbeitsstätte ein 
thenres Gut, ihre Erhaltung also ein hoher Gewinn; für den 
thierärztlichen Stand aber ist das Wiederanfbliihen des Giessener 
Veterinär-Instituts eine Freude und Genugtuung. Nicht allein, 
dass die Veterinärmediciner in Giessen, wenn sie so erheblich 
die ganze Universitäts- und namentlich die Facultäts-Freqnenz 
beeinflussen, alsbald eine ganz andere Rolle spielen werden, 
als früher. Vor Allem ist es erfreulich, dass den Veterinär- 
medicinern eine medicinische Facnltät erhalten bleibt, in der sie 
Bürgerrecht haben und wo sie den, mit dem Namen ihrer eigenen 
Wissenschaft bezeichneten academischen Grad erwerben können, 
während im Uebrigen in Folge der neuen Promotionsbestimmungen 
gerade die medicinischen Facnltäten den Veterinärmedicinern 
fortab gänzlich verschlossen bleiben. 

Wir sind überzeugt, dass besonders dieser Umstand zu noch 
weiteren Steigerungen des Zuzuges von Veterinärmedicinern 
nach Giessen führen wird, namentlich wenn durch Verall¬ 
gemeinerung der Maturitas die Berechtigung zur Promotion in 
Giessen nicht mehr auf eine kleine Zahl von Thierärzten be¬ 
schränkt sein wird. S. 

Aus Sachsen. 

Für Bauten an thierärztlichen Unterrichts-Instituten werden 
jetzt in Sachsen erhebliche Mittel aufgewendet. Die thierärzt¬ 
liche Hochschule, an der in den letzten Jahren schon viele 
bauliche Verbesserungen stattgefunden haben, erhält von Neuem 
600 000 M. fnr Erweiterung der Kliniken, Ställe und Arbeits¬ 
räume für Hygiene. 


Namentlich aber erhält Leipzig ein neues Veterinärinstitut. 
Anch dies bedeutet (siehe Giessen) eine erfreuliche Wieder¬ 
belebung, denn bekanntlich war schon der Beschluss gefasst, 
die zum landwirthschaftlichen Institut der Universität gehörige 
Veterinärklinik ganz eingehen zu lassen. Dem neuberufenen 
Professor Eber ist es dagegen gelungen, eine Neueinrichtung 
des ganzen Veterinärinstitutes anzubahnen, durch welche das¬ 
selbe baulich alle ähnlichen übertreffen wird. Die ausgeworfene 
Bausumme beträgt ca. 400 000 M. Insgesammt erhält das land¬ 
wirtschaftliche Institut, der Landesnniversität (einschliesslich 
des Veterinärinstituts) 1,2 Millionen zu Bauzwecken. Die Be¬ 
willigung seitens des Landtages ist erfolgt. 

Sein 50jähriges Jubiläum feierte am 15. Juli Herr 
Bezirksthierarzt a. D. Bräu er, bekannt durch seine verdienst¬ 
lichen Arbeiten auf dem Gebiet der practischen Heilkunde. Der 
Jubilar lebt am Orte seiner ehemaligen dienstlichen Thätigkeit 
Annaberg und steht im 70. Lebensjahre. Von S. Maj. dem König 
wurde ihm anlässlich des Jubiläums der Titel und Rang als 
Commissionsrath verliehen. 

Naturforscher-Versammlung in Aachen. 

Vom 16—22. September 1900. 

Die Programme der 72. Versammlung deutscher Natur¬ 
forscher und Aerzte sind soeben versandt worden. Geschäfts¬ 
führer sind Geheimer Regierungsrath Prof. Dr. Wüllner, 
Sanitätsrath Dr. Mayer, Privatdocent Dr. Polis (Schriftführer) 
und Bankdirector Senff. Für die 37. Section Thierheilkunde 
sind Einführende bezw. Schriftführer: Departementsthierarzt 
Dr. Schmidt, Lothringerstr. ICO, Schlachthofdirector Bockel- 
mann, Metzgerstr. 20 und Kreisthierarzt Jannes, Steiukaul- 
strasse 3 zu Aachen. 

Vorläufige Eintheilung: Sonntag Abends im Curhaus Be- 
grüssung der Gäste. Montag, den 17. September er. allgemeine 
Sitzung im Curhaus. In dieser Sitzung soll ein Rückblick auf 
die Entwicklung der Naturwissenschaften und Medicin im 
19. Jahrhundert gegeben werden Es werden reden Prof, 
van t’Hoff (Berlin) über die Entwicklung der Physik, Chemie etc., 
Prof. Hertwig (Berlin) desgl. über Biologie, Prof. Nannyn 
(Strassburg) desgl. üben innere Medicin mit Bacteriologie und Hy¬ 
giene, Prof. Cliiari (Prag) über Pathologie und äussere Medicin*). 

Dienstag: Abtheilungssitznngen. Mittwoch: u. A. gemein¬ 
same Sitzung der medicinischen Hauptgrnppe, bei der Prof. 
Verworn (Jena) und Dr. Nisse (Heidelberg) über die Neurosen¬ 
lehre sprechen werden. Donnerstag: Abtheilungssitzung. Freitag: 
Zweite allgemeine Sitzung, wobei n. A. Prof. v. Drygalski, 
der Führer der künftigen deutschen Südpolexpedition über diese 
sprechen wird. Am Sonntag: Ausflüge in die Eifel. 

Für die Veterinärraedicinische Gruppe sind als Redner 
bereits vorgemerkt: Prof. Imminger, Prof. Kaiser, Dr. Stein¬ 
bach, Kreisthierarzt Vater. (Rendezvous: Hotel Kaiserhof, 
Hochstrasse 2/4.). 

Veterinärmedicinischer Congress zu Paris. 

7.—11. September. 

Auf das Stattfinden des Congresses ist bereits No. 14 pag. 166 
hingewiesen worden. Hier folgt ein Auszug des Programmes: 
Verhandlungsgegenstände: Ursprungs- und Gesundheits¬ 
schein; Thiersenchenfonds; Gründe für Fleischbeschlagnahmen; 
Pferdezucht und Reorganisation der Gestüte; die Rolle der 

*) Es wird auffallen, dass die glänzende Entwicklung der 
Chirurgie nicht einen eigenen Darsteller gefunden hat. 


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358 


BERLINER TI1IERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 30 


Thierärzte im landwirtschaftlichen Unterricht; Beziehungen 
des Abdeckereiwesens za Fleischschau und Veterinärpolizei. 

Der Congress ist national, begrüsst aber gern Nicht¬ 
franzosen als Mitglieder mit beratender Stimme. Anmeldungen, 
denen 10 Frcs. beizufügen sind, sind zu richten an einen der 
folgenden Herren Veterinäre: Larmet-Besan^on, Rossignol- 
Melun, Mo re au-Paris (rue de Vaugirard 380, Schatzmeister), 
Morot-Troyes (Aube). Präsident ist der Senator Darbot, 
Veterinär zu Langres. 

In der deutschen tierärztlichen Wochenschrift macht Dr. 
Goldbeck noch auf einige Umstände aufmerksam, welche beim 
Besuch der Ausstellung event. zu beachten wären. In den 


Tagen vom 7. bis 11. September findet zugleich eine inter¬ 
nationale Pferdeausstellung statt. Wer französische Rinder 
kennen lernen will, hat hierzu jeden Montag und Donnerstag 
von 7—10 Uhr Gelegenheit auf dem Viehmarkt la Vilette, dicht 
bei Station pout de flandre der Ringbahn. Die Academie zn 
Alfoi t besucht man am Besten mittelst Seine-Dampfer. In der 
Ausstellung selbst findet der Thierarzt das beruflich Inter¬ 
essante in der landwirtschaftlichen Abtheilung, Classe 35—42 
der Gruppe VII, sowie in der Gruppe III, Classe 16, Medicin 
und Chirurgie (Instrumente). Arzneikästen für Militärveteri¬ 
näre finden sich auch in Gruppe 18, Classe 121, Truppen- 
Hvgiene. Endlich, last not least, echtes Münchner giebt es 
u. A. nahe der Port Saint Denis, rue Blondei bei Zimmer. 


Staatsveterinärwesen. 

Von Preu8«e. 

Höhe der Verluste durch Maul* und Klauenseuche. 

Nach der sächsischen landwirtschaftlichen Zeitung hat die 
Landwirtschaftskammer für Sachsen umfassende Erhebungen 
darüber anstellen lassen, welche Verluste die Aphthenseuche 
verursacht habe. Der Bericht ist in der landwirtschaftlichen 
Wochenschrift für die Provinz Sachsen von Dr. Schmidt ver¬ 
öffentlicht und erstreckt sich auf 309 Gehöfte, wo die Erhebungen 
nach einheitlichem Plan vorgenommen wurden. Die Verluste 
an Schweinen, Ziegen und Schafen blieben ausgeschlossen. Die 
Berechnungen erstreckten sich auf 13 250 Stück. Der durch 
die Erkrankungen den Besitzern erwachsene Schaden belief sich 
auf 1425 036 M., betrug also durchschnittlich für ein Thier 
107,5 M. Dieser Gesammtverlust setzt sich aus folgenden Posten 
zusammen, welche sich bei den einzelnen Thieren durchschnitt¬ 
lich in folgender Höhe berechnen: Werthverminderung 57 M., Todes¬ 
fälle auf die Herde vertheilt 1,89 M. pro Stück, Minderwerth 
beim Verkauf 6,23 M., Ausfall an Milch, auf alle Thiere vertheilt 
16 M. (auf die Milchkühe allein berechnet, betrug der Milch¬ 
ausfall durchschnittlich 37 M. pro Stück), Ausfall an Arbeits¬ 
leistung 19 M., Düngerverlust 1,50 M., besondere Unkosten 3,83 M, 
therapeutische Massregeln 1,75 M. Die WerthVerminderung, der 
Hauptposten also, musste allerdings schätzungsweise ermittelt 
werden, ist jedoch keinenfalls zu hoch angenommen, da der 
baare Erlös der nach * der Seuche verkauften Thiere noch 
geringer war, als geschätzt wurde. Legt man die zuverlässig 
ermittelte Zahl von 107 M. pro Haupt zu Grunde, so hat die 
Provinz Sachsen allein im Jahre 1899 einen Schaden von 
20 Millionen durch die Maul- und Klauenseuche erlitten, worin 
wie gesagt die Verluste an erkrankten Schafen und Schweinen 
(2060C0 bezw. 69000 Stück) nicht einbegriffen sind. 

Einfuhr von Vieh und Fleisch etc. 

Auch die Regierung vonWürtteinberg hat unter den 28. Juni 
d. J.ein Einfuhrverbot für Schweinefleisch etc. aus Serbien erlassen. 

Das von der Regierung von Elsass-Lothringen erlassene 
Ein- und Durchfuhrverbot für Rindvieh und Ziegen aus der 
Schweiz ist unter dem 18. Juni d. J. dahin gemildert worden, 
dass nunmehr die Einfuhr von Zuchtrindern und Zuchtziegen für 
Landwirthe, Züchter, landwirtschaftliche Vereine oder Händler 
zugelassen ist unter der Bedingung, dass die Thiere nach¬ 
weislich bei dem Transport keine verseuchten Gebiete passirt 
haben, es sei denn, dass sie in geschlossenen Wagen ohne Um¬ 
ladung oder Zuladung bis zur Grenze transportirt werden. 
Ebenso muss die thierärztliche Untersuchung zu Bedenken keine 
Veranlassung geben. 


Auf Verfügung der österreichischen Regierung sind 
die an der bayeiischen Grenze gelegenen Grenzzollämter in 
Neuhausen, Seiberstrasse und Vollman für den Viehverkehr 
geschlossen worden. Ebenso ist der kleine Grenzverkehr mit 
Wiederkäuern und Schweinen entlang des Gebiets der sächsischen 
Gemeinde Erlbach nach Böhmen verboten worden. 

Tuberculose. 

Annest hat Versuche gemacht, welche den Gehalt der 
Margarine an Tubercelbacillen feststellen sollten. Er injicirte 
in 28 Fällen jedesmal einem Paar Meerschweinchen 5 ccm 
verflüssigte Margarine. Er konnte liierbei nur in einem Falle 
Impftubercnlose nachweisen. In einem anderen Falle fand er 
einen Bacillus, der dem Tubercelbacillus in seinen Eigen¬ 
schaften und in den Veränderungen an den Organen des Thieres 
sehr ähnlich war und der dem Bacillus der Pseudotuberculose. 
wie er von Rabinowitsch auch in der Butter gefunden wurde, 
entsprach. Somit ist also auch die Margarine nicht als ein stets 
tuberculosefreies Nahrungsmittel zu bezeichnen. 

Nachweisung über den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche 
am 15. Juli 1900. 

Gegenüber dem Seuchenstand am 30. Juni er. ist Folgendes 
zu bemerken: 

Der Rotz ist ausser in den bereits verseuchten Regierungs¬ 
bezirken noch im R.-B. Königsberg 1 (1) aufgetreten. Der 
bayr. Regierungsbez. Niederbayern war inzwischen seuchefrei 
geworden. In Sachsen sind neu hinzugekommen Kreishauptm. 
Bautzen 1 (1) und Dresden 1 (1). Es waren im Ganzen 
35 Gehöfte in 29 Gemeinden von dieser Seuche betroffen. — 
Die Maul- und Klauenseuche ist in den prenss. R.-B. Stade, 
Osnabrück und Koblenz erloschen, dagegen im R.-B. Königs¬ 
berg 1 (2) neu aufgetreten. In Sachsen ist die Kreishauptm. 
Bautzen 1 (1), ausserdem die hess. Provinz Rheinhessen 1 (2) 
als verseucht aufzuführen. Sachsen-Altenburg und Reuss ä. L. 
waren dagegen frei. — Die Lungenseuche ist ferner im R.-B. 
Arnsberg 1 (1) zum Ausbruch gekommen, so dass nunmehr im 
Ganzen 8 Gehöfte in 8 Gemeinden ergriffen sind. — Die 
Schweineseuche erlosch in den R.-B. Köslin, Magdeburg. 
Münster, Koblenz, im bayr. R.-B. Mittelfranken, in Saelisen- 
Altenburg, Schaumburg-Lippe und Bez. Lothringen, war aber im 
R.-B. Erfurt 1 (1), sowie in dem bayr. R.-B. Oberbayern 1 (1), 
in der Kreishauptm. Dresden 1 (1) zu constatiren. 

Verzeichnis der durch Maul- und Klauenseuche verseuchten Landetttelle. 

In Verfolg der Declaration vom 9. April 1896 (Ausserordent¬ 
liche Beilage zu No. 16 des Amtsblattes für 1896) zur landespolizei- 


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26. Juli 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


359 


liehen Anordnung vom 6. December 1895, betreffend die Abwehr 
gegen die Einschleppung der Maul- und Klauenseuche in den 
diesseitigen Regierungsbezirk durch das aus anderen Reichs- 
theilen stammende Vieh (Ausserordentliche Beilage zu No. 49 
des Amtsblatts für 1895), bestimme ich, dass die Vorschriften 
der vorbezeichneten landespolizeilichen Anordnung sich auf das aus 
nachbenannten Reichstheilen: 1. aus den preussischen Regierungs¬ 
bezirken Magdeburg, Merseburg, Erfurt, 2. aus den bayerischen 
Regierungsbezirken Oberbayern, Pfalz, Oberpfalz, Oberfranken, 
Mittelfranken, Unterfranken, Schwaben, 3. aus den sächsischen 
Kreishauptmannschaften Bautzen, Dresden, Leipzig, Zwickau, 
4. aus den württembergischen Kreisen Neckarkreis, Scliwarzwald- 
kreis, Jagstkreis, Donaukreis, 5. aus den badischen Landes- 
commissariaten Konstanz, Freiburg, Karlsruhe, Mannheim, 6. aus 
den hessischen Provinzen Starkenburg, Oberhessen, Rheinhessen, 
7. aus dem Grossherzogthum Sachsen-Weimar, 8. aus dem Herzog¬ 
thum Braunschweig, 9. aus dem Herzogthum Sachsen-Meiningen, 
10. aus dem Herzogthum Sachsen-Altenburg, 11. aus dem 
Herzogthum Anhalt, 12. aus dem Fürstenthura Waldeck, 13. aus 
dem Fürstenthum Reuss ältere Linie, 14. aus dem Fürsten¬ 
thum Reuss jüngere Linie, 15. aus den Reichslanden Eisass- 
Lothringen, — im Regierungsbezirk Bromberg zur Entladung 
mit der Eisenbahn gelangende Rindvieh bis auf Weiteres be¬ 
schränken. 

Bromberg, den 6. Juli 1900. 

Der Regierungs-Präsident. 

Maul- und Klanenseuohe auf Viehhöfen etc. 

Nach längerem Stillstand sind in der dritten Juli-Woche 
wieder eine grössere Anzahl von Seuche-Ausbrüchen auf Vieh¬ 
höfen etc. vorgekommen, die allerdings meist schon wieder er¬ 
loschen sind. Es sind gemeldet Ausbruch und Erlöschen aus 
Sachsenhausen bei Frankfurt a. M. vom 19. er., Berlin 18.—21. er., 
Dresden 20.—23. er., Cöln 17.—22. er. Noch unerloschene 
Ausbrüche bestehen in: Mülhausen i. E., erster Ausbruch am 17., 
erloschen; Wiederausbruch am 23. er.; in Magdeburg seit 
19. Juli; in Nürnberg seit 20. Juli. 


Fleischschau und Viehhandel. 

Von KDhnau. 

Kann die Landwirtschaft Deutschlands das zur 
Ernährung von Deutschlands Bewohnern erforderliche 
Fleisch erzeugen? 

Geheimer Oeconomierath v. Langsdorff-Dresden hat in 
der „Zeitschrift des landwirthschaftl. Vereins für Rheinpreussen“ 
No. 15, angeregt durch die Reichstags-Debatten über das Fleisch¬ 
schaugesetz, eine Berechnung veröffentlicht, um darzuthun, dass 
die inländische Fleischproduction fähig ist, oder leicht so ge¬ 
steigert werden kann, um den deutschen Fleischverbrauch zu 
decken. 

Der Fleischbedarf richtet sich, wie v. Langsdorff 
ausführte, nach der Zahl der Einwohner und dem durchschnitt¬ 
lichen Jahresverbrauch auf den Kopf der Bevölkerung; v. L. be¬ 
rechnet die Bevölkerung Deutschlands am 1. Juli 1899 auf 

54 170000 Seelen. — Nach demVermehrungscoefficienten 1,02 pCt. 
weiter berechnet, hatte die Einwohnerzahl am 1. Juli 1900 

55 253 400 erreicht. — Der Jahresverbrauch ist nur für Rind- 
und Schweinefleisch in Rücksicht gezogen, weil hinsichtlich 
dieser beiden Fleischarten verlässliche Angaben für Baden und 


Sachsen vorhanden sind, und bei der Einfuhr diese Fleischsorten 
hauptsächlich in Betracht kommen. Der Jahresverbrauch hat 
in Sachsen im Jahre 1899 pro Kopf der Bevölkerung 26,3 kg 
Schweinefleisch und 15,3 kg Rindfleisch, zusammen 41,6 kg be¬ 
tragen. Da der Verbrauch in Baden dem Sachsens gleichkommt, 
will v. L. die Zahlen auch für das gesammte Reich gelten lassen, 
obgleich sie seiner Meinung nach eher zu hoch als zu niedrig 
veranschlagt sind.*) Der Jahresbedarf für die gesammte Be¬ 
völkerung Deutschlands erforderte demnach im Jahre 1899 
14 246 710 De. Schweinefleisch und 8 288 010 De. Rindfleisch. 

Die Deckung des Bedarfs geschieht durch den Procent¬ 
satz des inländischen Viehbestandes, welcher innerhalb des 
Jahres zur Abschlachtung gelangt und durch die Jahreseinfuhr 
von lebendem Vieh und Fleisch, v. L. rechnet nun, dass am 
t. December 1897 16 621 127 Stück Schlachtschweine zur Ver¬ 
fügung standen, welche 13 534 077 De. Fleisch lieferten. Bis 
zum 1. Juli 1899 hatte sich der Schweinebestand, gemäss der 
jährlichen Vermehrung zwischen 1893 bis 1897 von 4,31 pCt. um 
rund 6 pCt. vergrössert, wodurch 861 544 De. Schweinefleisch 
mehr vorhanden waren. Die verfügbare Schweinefleischmenge 
belief sich demnach auf 14 395 621 De., während nur 14246710 De. 
gebraucht wurden. Der Schweinefleischbedarf sei demnach durch 
inländische Production mehr als gedeckt. Rinder wurden am 
1. December 1897 bis 18 490 772 gezählt. Durchschnittliche 
Vermehrung pro Jahr 1,22 pCt., mithin bis 1. Juli 1899 1,9 pCt. 
Für die Berechnung legt v. L. demnach einen Bestand von 
18 842 100 Stück Rinder zu Grunde. Schätzungsweise werden 
hiervon geschlachtet 20 pCt. Kälber, 10 pCt. Jungvieh, 50 pCt. 
Zuchtbullen, 33 1 / 3 pCt. Ochsen und 15 pCt. Kühe. Die Rindfleisch¬ 
erzeugung würde also 7 542 430 De. betragen. Von dem Bedarf 
müssten demnach noch 745 580 De. gedeckt werden. Die Mehr¬ 
einfuhr an Rindern ergiebt 494 745 De. Fleisch und die Mehr¬ 
einfuhr von Rindfleisch 245 140 De., so dass dadurch die Fehl- 
production ausgeglichen scheint. 

Der Rindfleischbedarf wird nach v. L. zu 91,20 durch in¬ 
ländische Production, zu 5,97 durch Einfuhr lebender Rinder 
und zu 2,83 pCt. durch Einfuhr von Fleisch geschlachteter 
Rinder gedeckt. Nach v. L. hält es nicht schwer, die inländische 
Rindviehproduction so zu steigern, dass auch die fehlenden 
8,80 pCt. des Bedarfs völlig gedeckt werden. 

Die Schweinehaltung ist nach einer Zusammenstellung 
über die Anzahl der Thiere in den verschiedenen Theilen des 
Reiches auf 1000 ha landwirtschaftlich benutzten Geländes, 
die v. L. beigegeben hat, noch einer sehr starken Zunahme 
fähig, und meint v. L., dass die Zufuhr sowohl von Fleischwaaren, 
wie auch von lebenden Schweinen durchaus entbehrlich ist. 

Der Ansicht des Herrn v. Langsdorff kann, so weit es 
die Schweine betrifft, die Berechtigung nicht abgesprochen 
werden, wenn es auch zu denken giebt, dass, trotzdem der 
Schweinefleischbedarf durch die inländische Production gedeckt 
sein soll, noch 65602 lebende Schweine und an Schweinefleisch, 
Schinken, Speck und Würsten u. s. w. insgesammt 453 923 De. 
im Jahre 1899 eingeführt worden sind. Ferner hätte auch der 
Schweineschmalzverbrauch und die Schmalzeinfuhr bei der Be- 


*) Der Gesammtfleischverbrauch wurde bei den Berathungen 
gelegentlich der Fleischnoth im vergangenen Jahre auf 42 kg ge¬ 
schätzt. Die königl. statistische Gesellschaft hat den Jahres¬ 
verbrauch in England für 1896—98 auf 132 Pfund pro Kopf be¬ 
rechnet und zwar 78 Pfund inländisches und 54 Pfund ausländisches 
Fleisch. 


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trachtnng berücksichtigt werden müssen. Auch das ist zu er¬ 
wähnen, dass ein Theil des Schweinefleischzuwachses noth- 
wendig gewesen ist, um das Schaffleischmanco, denn bekanntlich 
hat der Schafbestand in den letzten 25—30 Jahren um 57 pCt. 
abgenommen, zu ersetzen. Indessen lässt sich die Schweine¬ 
haltung steigern, weil Mästung und Fütterung nicht besonders 
schwer erfüllbare Anforderungen stellen und bei der grossen 
Fruchtbarkeit der Schweine eine eventuelle Decimirung durch 
Seuchen nicht so sehr zu fürchten ist. Anders aber bei den 
Rindern; die Erfordernisse der Nahrung, Ranhfutter, Weide, 
sind viel schwieriger zu beschaffen, weil die zunehmende Be¬ 
völkerung die Landwirtschaft auch zur Erzeugung von anderen 
Producten, Milch, Brotfrucht, Gemüse u. s. w. drängt. Man 
denke nur, dass die Einwohnerschaft Deutschlands sich jetzt 
schon jährlich um über ein Million Seelen vermehrte. Deren 
Bedarf an landwirtschaftlichen Erzeugnissen wird man ermessen 
können, wenn man sich klar macht, dass der Bevölkerungs- 


No. 30. 

Zuwachs mehr als die Einwohnerzahl Hamburgs und im nächsten 
Jahr vielleicht schon soviel als die Einwohnerzahl Berlins ans¬ 
macht. Die Vermehrung der Bevölkerung und damit auch der 
Bedarf an Nahrungsmitteln wächst aber von Jahr zu Jahr, 
ausserdem gestaltet sich die Lebensweise des Einzelnen immer 
luxuriöser, der Fleischverbrauch per Kopf der Bevölkerung 
steigt von Jahr zu Jahr. Das sind Gründe genug, um sich 
bezüglich der Fleischversorgung nicht gänzlich vom Auslande 
abzuschliessen. Bis zu einem gewissen Grade muss das Inland 
bezüglich der Nahrungsmittelversorgung allerdings unabhängig 
vom Auslande sein, damit es nicht, sowie z. B. jetzt bei der 
Verproviantirung der Truppen auf Schwierigkeiten stösst und 
den Bedarf vom Auslande zu beziehen gezwungen ist. Jedes 
Land soll sich aber Nahrungsmittelquellen offen halten, auf die 
es im Nothfall, wie z. B. bei Missernten zurückgreifen kann, 
um so mehr, wenn der erforderliche Bedarf so wie so schon nur 
zu hohen Preisen im Inlande zu decken ist. Kühn au. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Personalien. 


Yacanzen. 


Auszeichnungen etc. Dem Stadtdireclionsthierarzt Saar in 
Stuttgart wurde bei der seinem Ansuchen gemäss erfolgenden Ver¬ 
setzung in den bleibenden Ruhestand das Ritterkreuz I. Klasse des 
Friedrichsordens verliehen. 

Ernennungen eto.: In Bayern: Hermann Sand, Bezirksthierarzt 
inüffenheim, pragmatisch, Districtsthierarzt Chr. Eckardt-Otterberg 
zum Zuchtinspector für das pfälzische Fleckvieh mit dem Wohnsitz 
in Landau, Heinrich Grün, bisher Bezirksthierarzt in Kulmbach, 
in gleicher Eigenschaft in Königshofen, Max Notz, bisher Bezirks¬ 
thierarzt in Friedberg, in gleicher Eigenschaft in Freising und ferner die 
Thierärzte Heinrich Geiger-Stadtlauringen in Waldkirchen (Nieder¬ 
bayern), Dr. Kirchmann-Ichenhausen in Lauingen (Schwaben), 
Georg Lenz-Erbendorf in Aub (Unterfranken) als Districtsthierärzte 
und der Schlachthausthierarzt Martin Ammer Schläger-Aschaffen¬ 
burg als beamt Tbierarzt für die Stadt Aschaffenburg mit den Be¬ 
fugnissen eines Bezirksthierarztes — angestellt Eduard Schmidt, 
Bezirkstbierarzt in Nürnberg, in den Ruhestand versetzt. 

Polizeithierarzt H. Baebiger-Hamburg wurde zum Leiter des 
bacteriologischen Instituts der Landwirthscbaftskammer der Provinz 
Sachsen gewählt. 

In der Armee: Zur Dienstleistung bei dem ostasiatischen 
Expeditionscorps sind commandirt: a) zum ostasiatischen Reifer¬ 
regiment Oberrossarzt Bergemann, bisher im 11. Ul.-Rgt. Und 
Rossarzt Loth, bisher im 46. Art.-Rgt. b) Zum ostasiatiscben 
Feld-Art.-Rgt. Oberrossarzt Hussfeld, bisher im 24. Art. Rgt 
und die Rossärzte Schlie, bisher im 62. Art.-Rgt., Carl, bisher im 
23. Art.-Rgt. und Unterrossarzt Oelhorn, bisher im 3. Hus.-Rgt., 
letzterer unter Beförderung zum Rossarzt, c) Zur Munitions- 
colonnen-Abtheilung Rossarzt Zinke, bisher im 12. Hus.-Rgt. 
und Unterrossarzt Hohl wein, bisher im 13. Hus.-Rgt., letzterer 
unter Beförderung zum Rossarzt, d) Zur Proviantcolonne I Unter¬ 
rossarzt Gläsmer, bisher im Leib-Garde-Hus.-Rgt., e) zur Proviant¬ 
colonne II Unterrossarzt Heuer, bisher im 5. Ul.-Rgt, letztere beiden 
unter gleichzeitiger Beförderung zum Rossarzt, f) Zum Pferde¬ 
depot Rossarzt Haneke, bisher im 59. Art.-Rgt. 

Approbationen: in Berlin die Herren Gustav Bask, Paul 
Elling, Friedrich Holzwarth, Friedrich Jäger, Hermann Köhl, 
Gustav Kuhn, Paul Luckmann, Otto Scheferling, Adolph 
Wendler. 

Wohnsitzverfinderungen, Niederlassungen: Verzogen: Die Thier¬ 
ärzte Carl Angerstein von Sternberg nach Grevesmühlen (Mecklbg.), 
Jul. Lenz von Wetzlar nach Plaue (Havel), P. Scheuer nach 
Römhild, Tiburtius von Cosel nach Themar (Thüringen). — Thier¬ 
arzt Otto Eisen hat sich in Legau bei Memmingen, Hesselbach in 
Pössneck (Thüring.), Moumalle in Tribsees, Ernst Zincke in Ein¬ 
siedel bei Chemnitz (i. S.) — niedergelassen. 

Todesfall: Thierarzt Gentzen in Tribsees. 


Kreisthlerarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Aachen: Montjoie (erneut ausgeschrieben) 600 M. Gehalt, 
300 M. Stellenzulage, 600 M. Kreiszuschuss, (ev. für Beaufsichtigung 
des Schlachthofes weitere 800 M). Bewerbungen bis 5. August er. 
an das Landrathsamt zu Montjoie. — R.-B. Oppeln: Gross-Strehlitz 
(600 M.) zum 1. October er. Bewerb, bis 10. August er. an den 
Regierungspräsiden ten. 

Bayern: Zuchtinspektorstelle bei dem Verband für bayr.Rothvieh 
mit dein Wohnsitz in Weiden zum 1. Oktober er. (3500 M. und 
1500 M. Reiseaversum.) Bewerbungen bei dem Vorsitzenden Pfister 
in Ullersricht bei Weiden. 

b) NaebAblauf der Meldefrist aooh uah**ö£zte-S teilen: 
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Köln: Waldbröl. — R.-B. Cöslin: 
Bütow. — R.-B. Wiesbaden: St. Goarshausen. 

Sanltitsthlerarzt8tellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen; 
Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachtbof zum 1. Oct. er. (2400 M., 
steigend bis 3600 M.). Bew. bis 1. Sept. an den Senator Dr. Don andL 

— Cassel: Schlachthofassistenzthierarzt sofort (1800 M. 3 monat¬ 
liche Kündigung.) Bewerbungen an den Director. — Grätz 
(Posen): Schlachthofinspector (1500 M., Wohnung etc., Privat- 
praxis in dienstfreier Zeit). Bewerbungen an den Magistrat — 
Königsberg (Ostpr.): Schlachthofthierarzt zum 1. October er. 
(2000 M. Wohnung etc., 6 wöchentliche Kündigung). Bewerbungen 
bis 24. August er. beim Director. — Stettin: 3. Schlachthof¬ 
thierarzt zum 1. September er. (2400 M. pensionsberecht Einkommen, 
von 3 zu 3 Jahren um 300 M. steigend bis 3300 M.) Bewerbungen 
bis 6. August er. an den Magistrat. — St. Wendel: Schlachthof¬ 
verwalter (Bewerbungen mit Gehaltsansprüchen bei freier Wohnung 
bis 1. September er. an den Bürgermeister). — Wollstein (Posen): 
Schlachthofinspector zum 1. Oct er. (1200 M. Wohnung etc. Privat¬ 
praxis in dienstfreier Zeit). Bewerb, an den Magistrat. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 

— Eberswalde: Schlachtbofinspector. — Haltern: Sanitäts¬ 
thierarzt. — Köln: Schlachthofthierarzt. — Salzwedel: Schlacbt- 
hofvorsteher. — Wanne: Schlachtbofvorsther. — Wamsdorf. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt. — Scbönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Eickel. — Mengeringhansen 
(Waldeck). — Peiskretscham (Ober-Schles.). — Raguhn: Thier¬ 
arzt zu Ende August, (ca. 750 M. Nebeneinkommen aus der Fleisch- 
schau). — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Römhild: Thierarzt, 
(ca. 1200 M. Fixum, ausserdem Einnahmen aus der Trichinenschau, 
Privatpraxis) Bewerbungen an den Bürgermeister. — Schloppa 
(Westpr.) — Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze 
Mecklb.). — Wolkenstein. 


Verantwortlich für den Inhalt (excL Ina erat on theil): Prot Dr. Schmaltz ln Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Scboetz in Berlin. — Druck von W. BUxonateia, Berlin 


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Alle Manuscripte. Mittheilungen und redartionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. I)r. SchmalU, 
Berlin thierärztliche Hochschule. NW., Luisenstras-e 56. 
Correcturen, Recensions-Exctnplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Redaction: 

Professor Dr. Sclimaltz-Berlin. 

Verantwortlicher Redacteur. 

De Bruin KDhnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZOndel 

Professor Oberthicrarzt Departementsthierarzt Kreisthierarzt Departement-thlerarzt Veterinärassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kroisthlorarzt 

Utrecht Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag: von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. 



Ausgegeben am 2. August. 


Inhalt: Peter: Ueber die endovenöse Injection von Jodkalium- und Protargollösungen. — Pflanz: Eine neue Impf- 
spritze für Rothlauf- bezw. Schweineseuchen Impfungen. — Schilnhoff: Thermometer-Fixator. — Referate: 
Shervy und Bull: Eine neue Schafkrankheit in Australien. Caseous Lymphadenitis oder Caseous Lymphatic glands (Pseudo- 
Tuberculosis). — Prettner: Experimente Uber die Infectiosität des Bacillus der Schweineseuche. — Pader: Enteritis als Folge 
einer Nabelinfection bei einem neugeborenen Füllen. — Pion: Ueber einen Fall extra-uteriner Gravidität bei einem Schafe. — 
Gerosa: 15 Fälle von Ncurectomie der Plantarnerven. — Therapeutische Notizen. — Höbrant: Ueber die Veränderungen bei 
der Tollwuth des Hundes und die pathologisch-anatomische Diagnose dieser Krankheit. — Tagesgeschichte: Erledigung der 
Kleinbahnfrage. — Neues Reglement für die thierärztliche Staatsprüfung im Grossherzogthum Baden. — Rothlauf-Impfnngen. — 
Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — Fleischschau und Viehhandel. — Personalien. — Vacanzen. 


Ueber die endovenöse Injection von Jodkalium- und 
Protargollösungen. 

Von 

Dr. Peter-Angcrinünde. 

Von den Wegen, welche dem Therapeuten zur Einführung 
seiner Heilmittel in den kranken Körper zu Gebote stehen, 
ist die Einverleibung durch die Venenblutbalm ans naheliegenden 
Gründen bisher nur im beschränkten Maasse benutzt worden. 

Die gedachte Methode ist seit dem 16. Jahrhundert bekannt, 
zu welcher Zeit sie bereits den Aerzten dazu diente, dem durch 
starke Blutverluste gefährdeten Patienten das frische Blut eines 
gesunden Menschen zuzuführen, am die drohende Todesgefahr 
abznwenden. Ausser der Transfusion von Blut, dessen Stelle 
später mit gleichem Erfolg durch 0,6 procentige Kochsalzlösung 
substituirt wurde, hat die humane Mediciu zur Heilung von 
Krankheiten von der intravenösen Injection so gut wie keinen 
Gebrauch gemacht, sie bevorzugte hierzu vielmehr die spätere 
Entlecknng der subcutanen Einspritzungen. 

So blieb die endovenöse Application von Arzneimitteln fast 
ausschliessliche Domäne der Veterinärmedicin. Doch auch bei 
den Thierärzten führte sich diese Methode nur langsam und 
zögernd ein. 

Aus dem Anfänge des verflossenen Jahrhunderts ist die 
intravenöse Anwendung der Tinct. Veratri gegen den Dumm¬ 
koller überliefert, worden, welche Viborg mit Hilfe des 
Help er’sehen Trichters in die Venenhahn einführte. Die 
Schwierigkeit dieses Verfahrens und die stürmische Reaction, 
welche die Einspritzung von 6 bis 8 g der Tinctur auslöste, 
waren nicht geeignet, diesem Verfahren Freunde zu erwerben. 
Unmittelbar nach der Injection zeigen sich beim Pferd Störung 
der Athmnng mit exspiratorischer Apnoe, Brechan¬ 
strengungen und Schweissausbruch, welche 3 bis 4 Stunden 
andanern*). 

*) Dieckerhoff, Spec. Pathologie und Therapie 1892, I. Bd., 
2. Aufl., p. 647. 


Die Erfindung der Hohlnadel brachte eine wesentliche Ver- 
. einfachung in der Technik der in Rede stehenden Applications- 
1 methode, so dass nun auch Versuche mit anderen Mitteln ge¬ 
macht worden. 

An Stelle der Tinct. Veratri ist später, mit geringem 
Erfolge, das Veratrin. sulfuric. (0,04 bis 0,08 g) benutzt worden. 

Zur Herbeiführung der Narkose bei widerspenstigen Pferden 
i wurde die intravenöse Anwendung des Chloralhydrates ver¬ 
sucht. Vennerholm*) berichtet, dass 50 bis 60 g des Mittels, 
! in Wasserlösung angewendet, Periphlebitis und Tlirombosirung 
i der Jugnlaris erzeugen können. Fröhner und Pfeiffer**), 
welche diese Versuche nachprüften, bekamen ebenfalls in einigen 
Fällen Thrombosirung und Obliteration der Jugularis bezw. der 
l Hirnblutleiter. So kam es, dass das Verfahren fortdauernd mit 
j Misstrauen betrachtet wurde. 

Erst die glückliche Idee Dieckerhoff’s, das Baryum 
j chloratum gegen die Kolik der Pferde direct in die Blntbahn 
einzuspritzen, hat der Methode gleichsam zur Popularität ver¬ 
holten. Dieckerhoff vermehrte seitdem die kleine Zahl der 
! endovenösen Mittel noch um das Argentum colloidale, mit dem 
er den Morbus maculosus des Pferdes erfolgreich bekämpfte. 

Die Arzneimittel eignen sich zur endovenösen Application, 
wenn sie nach Möller’s Angaben***) folgende Eigenschaften 
haben: 

1. Das Mittel muss eine echte Lösung darstellen und ist 
vor der Anwendung zu tiltriren. 

2. Es muss sich mit dem Blute vermischen; Fette, 
Oele etc. sind deshalb von dieser Anwendungsweise auszu- 
schliessen. 

3. Die injicirte Flüssigkeit darf keine erheblichen Zer¬ 
setzungen, namentlich keine Gerinnung des Blutes her¬ 
beiführen, woraus folgt, dass Säuren, concentrirter Alkohol, 
scharfe Laugen etc. zu vermeiden sind. 

*) Fröhner, Lehrbuch der Arzneimittellehre 1900, p. 35. 

**) 1. c. 

***) Lehrbuch der Chirurgie 1899. I. Bd., p. 555. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 81. 


4. Die Anwendung eines Mittels als intravenöse Injection 
setzt voraus, dass es in kleinen Quantitäten wirke, weil 
man grosse Mengen von Flüssigkeit nicht ohne Bedenken in 
die Blutbahn einführen könne. 

Ausserdem verlangt Möller, dass die verwendeten Lösungen 
vor der Injection steril zu machen und auf Blutwärme zu 
bringen seien. 

Diese Vorbedingungen für die intravenöse Andwendbarkeit 
eines Mittels gelten von 1 bis 3 ohne Einschränkung, und auch 
die weiteren Forderungen sind im allgemeinen wohl berechtigt. 
Abweichungen sind aber keineswegs ausgeschlossen. 

Ueber die Flüssigkeitsmenge, welche einem Thiere 
mit vollem Blutgehalt. in den Gefässbaum auf einmal in- 
fundirt werden kann, existiren meines Wissens nur von einer 
Seite bestimmte Angaben. Bose und V4del in Montpellier*) 
haben im Jahre 1896 ermittelt, „dass die massige Injection 
einer 5 bis 7 promill. Kochsalzlösung, welche mehr als das 
Dreifache der gesammten Blutmenge beträgt, frei von 
jeder immediaten und späteren Gefahr für das Thier ist.“ Die¬ 
selben geben an, dass sie 86 bis 261 ccm pro kg und 15 bis 
87 ccm pro Min. injicirt und bei den Versuchsthieren nach¬ 
stehende Reactionserscheinungen beobachtet haben: „Frequenz 
und Energie des Herzens wird gesteigert, wobei der Blutdruck 
unverändert bleibt. Die rectale und peripherische Temperatur 
erhöhen sich um 2° und fallen innerhalb 2 bis 3 Stunden auf 
die Norm zurück. Starker Harnabsatz ohne Hämaturie und 
Albuminurie. Es zeigen sich Speicheln, Diarrhoe und etwas 
Schüttelfrost gegen Ende der Injection. Anderweitige Störungen 
traten nicht ein.“ 

Dass die beiden Forscher ihre Lösungen vorher steril 
gemacht und auf Blutwärme gebracht haben ist anzu¬ 
nehmen, in dem mir zur Verfügung stehenden Referat jedoch 
nicht angegeben. 

Dass diesen Vorschriften beim Gebrauch kleiner Flüssig¬ 
keitsmengen jedoch nicht haarscharf Rechnung getragen 
werden muss, beweist die Chlorbaryumtherapie. 

Nach meiner approximativen Schätzung habe ich seit der 
Dieckerhoffschen Entdeckung im Jahre 1895 bei einer zwei¬ 
jährigen Thätigkeit in der medicinischen Klinik in Berlin und 
später in der Praxis mindestens 1000 Injectionen (durchschnitt¬ 
lich also vier Injectionen pro Woche) gemacht und bin in 
keinem Falle von dem einfachen Verfahren abgewichen, welches 
Geheimrath Dieckerhoff vorgeschrieben hat. Ich führe stets 
auf meinen Ausfahrten einige gut verschlossene Fläschchen mit 
abgewogenen Chlorbariumdosen von je 0,5 g bei mir, welche bei 
eventuellem Gebrauch mit dem klaren Brunnenwasser desjenigen 
Ortes, an dem ich mich gerade befinde, gelöst, dann mit einer 
entsprechenden Quantität desselben Wassers ohne weitere Vor¬ 
bereitungen eingespritzt werden. Trotzdem das Wasser der 
meisten Oertlichkeiten meines Bezirks je nach dem Kalkgehalt 
bei Herstellung der Lösung eine mehr oder weniger starke 
milchige Trübung annimmt, haben sich noch keine Störungen 
bei den behandelten Thieren bemerkbar gemacht. Locale oder 
allgemeine Folgen septischer Art habe ich darnach ebensowenig 
entstehen sehen, und es ist auch in dieser Beziehung niemals 
Klage geführt worden. 

Folgen wir den Lehren von Bose und V6del (1. c.), so 
sind die Lösungen mit gewöhnlichem Wasser den Lösungen mi t. 

*) Congrös m6dical de Nancy. Annales de möd. vöt. Berlin. 
Thierärztl. Wochenschr. 1896 p. 631. 


destillirtem Wasser vorzuziehen, denn diese Autoren sahen nach 
den intravenösen Injectionen von destillirtem Wasser sogar in 
schwachen Dosen eine toxische Wirkung eintreten, 
während das gewöhnliche Wasser in jeder Menge nur reichliches 
Harnen ohne Hämaturie veranlasst«, eine leichte febrile Reaction 
von y 2 bis 1 0 verursachte und die Blutkörperchen viel weniger 
alterirte, so dass es im Nothfalle an Stelle der physiologischen 
Kochsalzlösung zu intravenösen Injectionen benutzt werden 
könnte. 

Auch der Fortfall der Erwärmung der Chlorbaryumlösungen 
bis zur Bluttemperatur hat nach meinen Erfahrungen und meines 
Wissens ebenso anderweitige Nachtheile nicht gehabt. 

Ganz mechanisch habe ich mir das Verfahren angewöhnt, 
das Fläschchen beim Lösen der Substanz in der Hand einzu- 
schliessen und auch die gefüllte Spritze durch die Handwärme 
ein wenig höher zu temperiren. Ich möchte aber ausdrücklich 
erwähnen, dass die Einspritzungen ohne diese Vorsicht gleich 
gut ertragen werden. Anders dürfte es sich mit der Infusion 
grösserer Flüssigkeitsmengen verhalten. Ich habe bei einigen 
Versuchen, die ich hier kurz mittheilen möchte, und in denen 
1 bis 1,5 1 Flüssigkeit auf ein Mal in die Jugularis eingeführt 
wurden, abgekochtes Wasser von 36—38° benutzt. 

Die kleine Anzahl der Versuche kann den Anspruch auf 
Vollständigkeit nicht machen, dieselben sollen nur zu weiteren 
Experimenten anregen. 

Gestützt auf die theoretische Anschauung, dass die Gebär¬ 
parese im Wesen als eine Autointoxication anzusehen sei und 
auf die Erfahrung, dass das Jodkalium gegen diese Krankheit 
eine überraschende Heilwirkung ausübt, wollte ich das Mittel 
versuchsweise bei der Lumbago des Pferdes probiren, welche 
Krankheit bekanntlich von mehreren Autoren in letzter Linie 
ebenfalls auf eine abnorme Spaltung von Eiweissstoffen und 
Bildung von Toxinen (Leucomaine) znrückgeführt wird. 

Ein Unterschied bestände nur insofern, als bei der Gebär¬ 
parese die Toxine nach der neuen Theorie im Euter, bei der 
Lumbago in den Muskeln entstehen. In beiden Fällen aber 
werden die Toxine von ihren Bildungsstätten an das Blut ab¬ 
gegeben. Wie nach der allgemeinen Annahme die abnormen 
Spaltung8producte bei der Gebärparese durch Jod unschädlich 
gemacht werden, so schien mir die Möglichkeit nicht aus¬ 
geschlossen, dass in die Blutbahn gebrachtes Jod vielleicht die 
schädlichen Producte der regressiven Metamorphose des Stoff¬ 
wechsels bei Lumbago ebenfalls binden oder oxydiren könne. 

Versuch 1. 

Um zunächst die zur intravenösen Injection geeignete Jod¬ 
kaliumlösung zu ermitteln, infundirte ich am 5. October 1898 
einer 18- bis 20jährigen innerlich gesunden Fuchsstute, welche 
wegen unheilbarer Beinleiden zur Tödtung bestimmt war, 5 g 
Jodkalium in 1000 g Wasserlösung, auf einmal in die rechte 
Jugularis. Hierzu wurde die Dieckerhoff’sehe Aderlass¬ 
hohlnadel benutzt, in welche ich nach dem Einstechen den durch 
einen dünnen Kautschuckschlauch mit einem Glas-Irrigator ver¬ 
bundenen Catheter von Schmidt-Kolding mittelst schmalen 
Gummipapierstreifens luftdicht einfügte. 

Der Irrigator, in welchem Bich die Lösung befand, wurde 
von einem Gehilfen etwa in Ohrenhöhe des Pferdes gehalten, 
so dass die Flüssigkeit ungefähr */« m Fallhöhe hatte. 

Es bedarf kaum der Erwähnung, dass zur Vermeidung 
einer Luftembolie die beschriebene Vereinigung beider Hohl¬ 
kanülen erst stattfand, während ihre Hohlräume mit Blut bezw. 


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2. Angast 1900. 


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Jodkaliumlösung gefällt waren, also während beide Flüssigkeiten 
ans ihren Gefässen ausströmten. 

Der Stand der Flüssigkeit liess sich im Glasgefäss bequem 
beobachten, so dass beim Sinken des Flüssigkeitsspiegels in das 
Niveau der Ausflussöffnung die Nadel aus der Vene mit einem 
Zug entfernt werden konnte, ebenfalls um dem Eintritt von Luft 
möglichst vorzubeugen. 

Nach der Injection frisst das Pferd sofort Heu mit regem 
Appetit und verhält sich wie ein normales Pferd. 

10 Minuten später wird eine Blutprobe aus der linken 
Jugulari8 entnommen und in einem Cylinder aufgefangen. 

Nach 15 Minuten setzt die Fuchsstute eine kleine Menge 
trüben, eiercognacähnlichen Urin ab. Ein Zeichen einer Gesund¬ 
heitsstörung ist überhaupt nicht wahrzunehmen. Puls, Athmung 
und Temperatur verhalten sich nach wie vor der Injection nor¬ 
mal: P. 36, A. 6—8, T. 37,8. 

Versuch 2. 

Am 6. October Infusion einer wässerigen Jodkaliumlösung von 
10:1000 in die linke Jugularis, worauf sich ebenso wenig eine Ver¬ 
änderung im Befinden der Stute einstellt, als Tags vorher. In dem 
vom ersten Tage aufgestellten Cylinder mit Blut hat sich die 
Abscheidung des Blutfaserstoffes vollzogen. An dem Blutserum 
kann eine Abnormität in der Färbung oder eine sonstige Ver¬ 
änderung nicht wahrgenommen werden. 

Die Verwendung einer Lösung von 15: 1000 am 7. October 
führte sofort lebensgefährliche Erscheinungen herbei. Die 
Untersuchung des Pferdes vor der Injection ergiebt, dass 
Functionsstörungen irgend welcher Art nicht eingetreten sind. 
Auch das Sernm einer Blutprobe vom 6. October hat ein nor¬ 
males Aussehen. 

Nach dem Einstechen der Dieckerhofl’schen Aderlasshohl¬ 
nadel in die rechte Jugularvene strömt das Venenblut in normaler 
Beschaffenheit hervor. Kaum ist jedoch in der Hohlnadel der 
Schmidt'sehe Katheter befestigt, durch welchen die Lösung zu- 
fliesst, so steigt das Blut durch den Kantschuckschlauch in das hoch¬ 
gehaltene Glasgefäss empor und lagert sich in dicker Schicht am 
Boden desselben in die Jodkaliumlösung. Offenbar hat sich die 
Jugularis durch Gerinnung des Blutes unter der Einstichstelle ver¬ 
schlossen, und das vom Kopfe herab centripetal strömende Blut 
überwindet den Druck der Flüssigkeitssäule und steigt in die 
Glasflasche hinauf. Der Apparat wird sofort ausser Betrieb ge¬ 
setzt und die Hohlnadel herausgezogen. Da die Stute keine 
erheblichen Veränderungen der Athmung und des Pulsschlages 
zeigte, setzte ich nach einer etwa 10 Minuten langen Pause den 
Apparat unter der thrombosirten Stelle auf derselben Seite in 
der Vene an, jedoch mit dem gleichen ungünstigen Resultat, 
worauf ein weiterer Versuch eingestellt wurde. 

Nach Verlauf von 5 Minuten beginnt das Pferd zu zittern. 
Es bekundet alsbald eine starke in- und exspiratorische Dyspnoe, 
einen beschleunigten Puls (80 pr. Min.), schwankt und fällt 
nieder. An der Erde liegend schlägt es mit den Beinen und 
sieht sich wiederholt mit angstvollem Blick nach dem Leibe um. 
Beim Eintritt dieser Erscheinungen wird die Stute sofort durch 
Bruststich getödtet. 

Die Obduction ergiebt eine partielle Thrombose der vorderen 
Aorta, vollständige Thrombose der rechten Jugularis. An ver¬ 
schiedenen Stellen des Rumpfes befanden sich in der Unterhaut 
mehrere Blutergüsse von Handtellergrösse und ein kleinerer Blut¬ 
austritt im Dünndarm. Die Organe, insbesondere die Nieren, sind 
normal beschaffen. 


Die Versuche berechtigen hiernach zur Ableitung nach¬ 
stehender Schlussfolgerungen: 

1. Pferde können die intravenöse Einverleibung 
0,5 bis lproc. Jodkaliumlösungen ohne Störungen der 
Gesundheit ertragen. 

2. Die Menge der auf einmal zu injicirenden Sub¬ 
stanz ist noch nicht festgestellt. 5 g und 10 g rufen 
in den vorstehend angegebenen Verdünnungen keine 
Krankheitserscheinungen hervor. 

3. l,5proc. Lösungen führen den Tod durch Ge¬ 
rinnung des Blutes herbei. (Fortsetzung folgt.) 


Eine neue Impfspritze 

für Rothlauf- bezw. Schweineseuchen-Impfungen. 

Von 

Pflanz-Kreuzburg, O.-Schl. 

Kreisthierarzt. 

Das Impfen grösserer Schweinebestände ist mit den bisher 
construirten gewöhnlichen kleinen Spritzen sehr mühsam und 
kostet bei der Störrigkeit der Schweine besonders der hier zu 
Lande heimischen, stark mit polnischem Blut gemischten Rassen 
eine grosse Zahl Injectionscanülen. 

Selbst bei grosser Uebung und Vorsicht ist es oft unver¬ 
meidlich, dass beim Einführen der Spritze in die Canüle letztere 
durch die geradezu blitzartigen Bewegungen, welche die 
Schweine mit gewisser Berechnung meist in dem genannten 
Augenblick ausführen, abgebrochen werden. 

Mit dem Abbrechen der Nadel ist jedes Mal auch ein Ver¬ 
lust von Serum bezw. Culturen verbunden. 

Ein weiteres Erschwerniss ist mit dem Festhalten, besonders 
d^r'halbgrossen Schw'eine verbunden. 

Viele Thiere lassen sich ja die Injection ohne jedes Fest¬ 
halten gefallen, jedoch bei den meisten muss Gewalt angewendet 
werden; hierbei ist es nicht immer leicht, ein grösseres, 
kräftiges Schwein zu fixiren. 

Weiter wird durch das fortwährende Eintauchen der Irapf- 
spritze in das Serum dieses sowohl, als auch die Spritze selbst, 
verunreinigt, wozu die klebrige Beschaffenheit des ersteren sehr 
viel beiträgt. 

Um nun diesen eben geschilderten Missständen abzuhelfen, 
habe ich eine Spritze construirt, die den billig zu stellenden 
Anforderungen vollständig entspricht. Dieselbe ist folgender- 
massen eingerichtet: 

Der Inhalt der Spritze beträgt 200 g; am unteren (Aus¬ 
fluss-) Ende ist ein Gummischlauch von 1 m Länge mit einem 
sehr engen Lumen angeschraubt, der seinerseits wiederum die 
ebenfalls durch eine Schraube befestigte Canüle trägt. 

Der Stempel der Spritze ist dreieckig und ist jede der 
drei Seiten mit einer besonderen Scala versehen; die eine ist 
auf 3 g, die zweite auf 5 g, die dritte auf 8 g ausgetheilt. 
Ausserdem ist der Stempel mit der üblichen Stellschraube ver¬ 
sehen. 

Wenn ich nun einen Bestand zu impfen habe, giesse ich 
die Spritze voll, schraube den Schlauch auf und stelle die 
Schraube je nach der Grösse des Schweines auf 3 oder 5 oder 
8 bezw. 10 ==» 2 X 5 oder 15 = 3 X 5 g. 

Wenn z. B. in einer Bucht 5 grössere Schweine vorhanden 
sind, so gehe ich mit nur einem Menschen, gewöhnlich dem 
Wärter in dieselbe, lasse die Schweine in eine Ecke treiben 
und steche nun dem ersten die Nadel hinters Ohr, ohne das- 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 81. 


selbe halten zu lassen. Gewöhnlich reagirt das Thier garnicht 
darauf, zuweilen läuft es nur ein paar Schritte weiter. Dies 
hat jedoch garnichts zu bedeuten, da der lange Schlauch Spiel¬ 
raum genug gestattet; ich gehe dann ruhig hinter dem Schweine 
her und drücke während dessen den Stempel bis zur Schraube ein. 

Das Schwein wird gezeichnet und die nächsten werden in 
derselben Weise behandelt. 

Für die Injectionen der Culturen habe ich eine zweite, ähn¬ 
liche Spritze mit 20 g Inhalt. Die dreieckige Gestalt des 
Stempels und die somit sehr übersichtliche Eintheilung machen 
das Stellen der Schraube sehr bequem, sodass das ganze Impf¬ 
geschäft ungemein schnell und einfach abgewickelt wird. 

Die Spritze hat folgende in die Augen fallende Vortheile: 

1. Absolute Sauberkeit, da das Serum gleich für 20 bis 30 
Schweine auf ein Mal in die Spritze aufgenommen wird. 

2. Eine bedeutende Ersparniss an Serum. Durch das häufige 
Einziehen vermittels der kleinen Spritzen geht viel verloren, 
auch wird die Einstellung bei den kleinen Spritzen meist nicht 
so genau ausgeführt, besonders wenn man 15 g einzuspritzen 
hat, die nur 10 g enthaltende Spritze also nochmals zur Hälfte 
gefüllt werden muss, wird in der Eile, um mit dem schon sehr 
unruhigen Schweine schnell fertig zu werden, meist 1 bis 2 g 
mehr genommen als nöthig; das bedeutet aber jedes Mal 10 bis 
15 Pfennig. Bei der hier beschriebenen Spritze ist die Dosirung 
ganz genau, und es geht nicht ein Tropfen verloren. 

4. Grosse Beschleunigung des Impfgeschäftes, dabei ( be¬ 
quemes Handhaben. Der Operateur braucht sich kaum zu 
bücken, auch kommt er mit dem Schweine nicht fortwährend in 
so nahe Berührung, sodass anch die Garderobe nicht so 
„schweinemässig*- zugerichtet wird. 

Die Spritze (200 g mit 3 Scalen) ist patentamtlich ge¬ 
schützt und durch die Firma Hauptner-Berlin für den Preis 
von 36,50 M. incl. Canülen, Schlauch und Etui, zu beziehen. 

Die Spritze (20 g Inhalt) für Culturen kostet 12,50 M. 

Thermometer-Fixator. 

Von 

SchOnhofT-Cleozo 1 

Thierarzt. 

Von der Instrumentenfabrik H. Hauptner, Berlin, ist nach 
meinen Angaben ein Thermometer-Fixator — Preis 1,50. M — 
angefertigt worden, welcher in der Thermometrie eine wesent¬ 
liche Erleichterung schafft. 



Ein einziger Handgriff lässt in den Haaren der Kruppe das 
Instrument befestigen, und bleibt ein event. bei einer Defaecation 
heransgeworfeue8 Thermometer unversehrt an einem Faden daran 


hängen. Bei unruhigen Thieren ist dieser Vortheil ein besonders 
angenehmer. Namentlich bei den Temperatur-Aufnahmen betr. 
Tuberculin-Impfung ist die Anwendung des Thermometer-Fixators 
eine ausserordentliche Erleichterung, da ein Thierarzt mit nur 
einem Gehilfen eine beliebige Anzahl Impflinge durchaus sicher 
controliren kann. 


Referate« 

Eine neue Schafkrankheit in Australien. 
Caseons Lymphadenitis oder Caseons Lymphatic glands 
(Psendo-Tnbercnlosis). 

Von Chervy und Bull, Melbourne, bei Stillwelt & Co, 1899. 

(Intercolonial Medial Journal of Auitralia vom SO. Mai 1809.) 

Auf den Schlachthöfen von Melbourne wurden seit drei bis 
vier Jahren bei manchen Schafen eigenthümliche typische Ver¬ 
änderungen der Lymphdrüsen beobachtet. 

Man fand dieselben bis zur Grösse eines Hühnereis und 
mehr vergrössert; sie fühlten sich wie ein starkwandiger, mit 
Flüssigkeit gefüllter Sack an; Inhalt gelbgrün und fast flüssig, 
Kapsel fest und dick. Zuweilen ist der Inhalt weniger flüssig 
und ähnelt dann sehr der käsigen Materie erweichter tuber- 
culöser Heerde. Bricht eine Anschwellung in der Nähe der Haut 
auf, so bleibt nach Ausfluss des Inhaltes eine derbwandige 
Abscesshöhle. 

Zumeist findet man nur zwei oder drei Drüsen erkrankt 
und zwar am häufigsten die praescapularen und die ober¬ 
flächlichen inguinalen Lymphdrüsen; dann folgen, je nach der 
Häufigkeit, die scrotalen, die tiefen Beckenlymphdrüsen und 
diejenigen des Thorax; zwei oder drei Mal wurden die Lymph¬ 
drüsen der Niere betroffen gefunden, nie aber die der Leber 
oder des Gekröses. Kleine Knoten verkalken zuweilen oder 
bilden kleine Fibrinknötchen. 

Das microscopische Bild der Knötchen ist im Allgemeinen 
Folgendes: 

Im Mittelpunkt befinden sich anfangs kleine Rundzellen, die 
bald erweicht und käsig werden. Dann folgt eine sehr dichte 
Zone von Leukocyten, die ihrerseits von einer breiten Schicht 
weitmaschigen Bindegewebes, in dessen Maschen kleine Rund¬ 
zellen liegen, umgeben ist. Das Knötchen als Ganzes ist von 
den zusamipengepressten Zellen des Organs, das es beherbergt, 
umgeben und von diesen nochmals durch eine Rundzellenschicht 
abgegrenzt. Aeltere Knoten im subcutanen Bindegewebe haben 
eine derbe Aussenschicht. Riesenzellen sind nicht nachgewiesen. 

In der rundzellenhaltigen Bindegewebschicht findet man, in 
mehr oder weniger grossen Klümpchen vereinigt, die Bacillen. 
Zur Erlangung von Reinculturen derselben wurden Emulsionen 
von bacillenhaltigem Material Meerschweinchen subcntan iiyicirt; 
die Thiere starben nach 25 Tagen. Aus ihrer Milz wurden 
Reinculturen auf Agar erhalten. Auch aus den Knötchen von 
Schafen und Meerschweinchen gelang dies. 

Die Bacillen sind kurzovale Stäbchen von 7 // Länge und 
1^—2 fi Breite. Kürzere Formen kommen namentlich in älteren 
Culturen vor. Sie sind leicht färbbar mit Anilinfarben (Carbol- 
fuchsin), geben aber die Farbe leicht wieder ab; nach der 
Gram'sehen Methode lassen sie sich nicht entfärben. Eigen¬ 
bewegung ist nicht beobachtet. 

Geeignete Nährböden sind Agar und Blutserum, Wachs¬ 
thumsoptimum 37 0 C. 

In AgarauBgussplatten bilden die tiefen Colonien kleine 
weisse Pünktchen, während die oberflächlichen, ebenfalls weissen 


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2. August 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Colonien eine Ansdehnung von \ Zoll im Durchmesser, einen 
erhabenen Mittelpunkt, granulirte Oberfläche und einen gekerbten 
Rand haben. Die Oberfläche jeder Colonie zeigt ferner con- 
centrisch angelegte, wellige, dem Rande parallele Linien. Die 
Culturen zeigen beim Berühren mit der Platinnadel eine eigen- 
thümliche Brüchigkeit. Verreibt man etwas Culturmaterial mit 
Wasser und fertigt einen Ausstrich an, so findet man die Stäb¬ 
chen — wie auch in den obenbeschriebenen Knötchen —, zu 
kleinen Klümpchen verklebt; ganz isolirte Bacterien sind selten, 
öfter findet man sie noch paarweise hintereinandergeheftet, 
ähnlich den Diplococcen. In Agarstichculturen erschienen nach 
48 Stunden kleine weisse Pünktchen längs des ganzen Stiches, 
während an der Oberfläche langsam ein umfangreicher weisser 
Bacterienrasen wächst; die tiefen Colonieen fliessen nie zu¬ 
sammen. 

Agarau88trichculturen entwickeln sich in derselben Weise 
wie die oberflächlich gelegenen Culturen einer Ausgussplatte. 

Auf Glycerinagar ist das Wachsthum weniger günstig, 
Colonien auf Blutserum besitzen eine characteristische gelbe 
Farbe. Auf Kartoffeln ist ein langsames, auf Gelatine gar kein 
Wachsthum erzielt. Auf Kartoffeln entstehen feuchte, weisse 
Rasen. In Bouillon bildet sich auf der Oberfläche eine weisse 
Schicht, während sich langsam die ganze Flüssigkeit stark 
trübt. Die Trübung setzt sich unter vollständiger Klärung der 
Flüssigkeit ab, die oberflächliche Schicht bleibt wochenlang be¬ 
stehen. Nach 3—4 Wochen reagirt die Bouillon stark alkalisch. 

Die pathogene Wirkung des Bacteriums ist bis jetzt nur 
an Meerschweinchen und Schafen erprobt. Bei ersteren rufen 
grosse Dosen der Reincultur (5—6 Platinösen voll) den Tod 
hervor und zwar in weniger als 24 Stunden unter Bildung 
eines heftigen localen Oedems. Spezialveränderungen an Leber 
and Milz fehlten. — Eine Oese voll Material tödtet die Thiere 
in 4—7 Tagen; es entstehen kleine, weiche, käsige Knötchen 
im Unterhautbindegewebe der Impfstelle, den regionären Lymph- 
drüsen und in inneren Organen; aus den Knötchen können 
wieder Reinculturen gewonnen werden. 

Die Verimpfung noch kleinerer Dosen oder käsigen Materials 
aus den bei Schafen natürlich vorkommenden Knötchen verur¬ 
sachen die chronische Form der Krankheit: Sichtbare Erkrankung 
nach 14 Tagen, stetige Gewichtsabnahme, Tod nach 4 Wochen 
unter gänzlicher Erschöpfung. Bei der Section werden oft 
7 ,—\ Zoll dicke Knoten in Leber, Lunge, Milz und Gekröse 
gefunden. 

Zuweilen bildet sich auch nur ein lokaler Abscess. 

Durch Passage durch mehrere Meerschweinchen nimmt die 
Virulenz des Contagiums zu. 

Schafe sind für die Infection bedeutend empfänglicher; 
1 kleine Oese Reinkultur verursacht einen grossen lokalen Abscess 
mit hohem Fieber und wochenlangem Kranksein. 2 Oesen Kultur 
in Wasser emulgirt und subcutan injiciert, tödteten einen 
grossen Hammel. Sectionsbefund: ausgedehnte Eiterungen im 
Anschluss an die Impfstelle im subcutanen Gewebe; Ver- 
grösserung der regionären Lymphdrüsen; Leber trübe, Milz 
weich und brüchig; reichliche secundäre Knötchen in den inneren 
Organen. 

Ein zweiter, in derselben Weise geimpfter Hammel war 
12 Tage lang krank und erholte sich dann langsam. Bei der 
nach 40 Tagen vorgenommenen Autopsie wurden ähnliche Lymph- 
drü8enveränderungen gefunden, wie bei natürlich erkrankten 
Thieren. Innere Organe gesund. 


Bezüglich des Auftretens der Seuche ist zu bemerken, 
dass sie periodisch beobachtet ist und dass die Boden¬ 
verhältnisse eine Rolle zu spielen scheinen. Die Krankheit 
besteht in mehreren Colonieen. Bei stark verseuchten Herden 
sind 15—70 pCt. des Bestandes erkrankt. Das Gesammt- 
befinden der Thiere scheint unter der Krankheit keineswegs zu 
leiden, da einige der meisterkrankten Herden in vorzüglicher 
Condition sind. Weitaus am häufigsten erkrankten die Schaf¬ 
böcke, weniger die Schafe; Lämmer sind von der Krankheit fast 
ausgenommen. 

Am Schluss ihrer Arbeit stellen die Verfasser Betrachtungen 
an über die Identität ihres Bacteriums mit dem von Preisz 1891 
in Budapest isolirten Bacterium, das er von einem Lamm ge¬ 
wonnen und mit dem er ganz ähnliche Impfversuche erzielt 
hatte. Jener nannte die Krankheit Pseudotuberculose der Schafe, 
weil es möglich war, bei Meerschweinchen und Kaninchen durch 
Impfung mit menschlichem Sputum Erscheinungen hervorzurufen, 
wie sie jener Krankheitserreger zu produciren im Stande war. 

Ausser der angeführten Arbeit sind in Sydney Unter¬ 
suchungen angestellt worden, die zu ähnlichen Resultaten führten. 
Die Untersuchungen in Melbourne werden fortgesetzt. 

Eine wesentliche Gefahr fürs Aus- und Inland liegt nach 
Angabe der Sachverständigen bis jetzt nicht vor. Knell. 

Experimente fiber die Infectiosität des Bacillus der 
Schweinesenche. 

I> . 

Von Mathias Prettner-Prag 

(Zeitachr. f. Fleisch- u. Milchhygiene X. JO.). 

Die verschiedenen Angaben über die Infectiosität des 
B? Wsepticüs,'besonders die Publication des Thierarztes Täufer, 
dass zwei Schlächtergesellen sich durch Bearbeitung eines 
schweineseuchekranken Schweins ein pustulöses Exanthem zu¬ 
gezogen hatten, waren Anlass zu den Prettner’schen Ver¬ 
suchen. P. züchtete den B. suisepticus aus dem Herzblut eines 
schweineseuchekranken Schweins. An der Hand des Wachs¬ 
thums und von Impfversuchen an Mäusen, Meerschweinchen, 
Tauben sowie Schweinen wurde die Identität des Pilzes sicher¬ 
gestellt. Mit den Culturen des B. suisepticus wurden nun 
Schweine, Meerschweinchen, Kaninchen, junge und ältere Hunde 
theilb intraperitoneal oder subcutan geimpft, theils wurden sie 
verfüttert oder in Hautwunden eingerieben. Endlich hat sich 
P. selbst die Cultur in Schürfwunden seiner Hand eingerieben, 
die Wunden heilten in kürzester Zeit ab, das Allgemeinbefinden 
war nicht gestört. 

Das Ergebniss seiner Versuche giebt P. in folgenden 
Sätzen wieder: 

1. Das empfänglichste Thier für den Schweineseuchebacillus 
ist das Meerschweinchen und das Schwein. 

2. Das infectiöseste Material ist das peritoneale Exsudat 
der geimpften Thiere, welchem auch grosse Hunde, die schwer 
zu inficiren sind, intraperitoneal geimpft, unterliegen. 

3. Es gelingt nicht, mit diesem sehr infectiösen Materiale 
durch Hautwunden oder porös die Versuchstiere zu inficiren. 

4. Auch der Mensch kann mit dem B. suisepticus durch 
Verletzungen an seiner Körperoberfläche nicht inficirt werden. 
(Zur Aufklärung dieser Frage dürften noch weitere Experimente 
erforderlich sein. D. R.). 

Es ist anzunehmen, dass auch das Fleisch von schweine¬ 
seuchekranken Schweinen auf den Verdauungstractus keinen 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 31. 


366 


schädlichen Einfluss auszuüben im Stande ist. Es ist somit die 
Zulassung des Fleisches zum Genüsse vom wissenschaftlichen 
Standpunkte aus begründet.*). 

Enteritis als Folge einer Nabelinfection bei einem 
neugeborenen Füllen. 

Von Pader. 

(Rocuftil de mMecino v£t6rinaire, SO. Mai 1900.) 

Ein Füllen erlag 10 Tage nach der Geburt einer starken 
Diarrhöe. Bei der Section ergab sich, dass eine Nabelinfection 
das Leiden verursacht hatte. Es war nämlich eine purulente 
Peritonitis vorhanden, welche von der Nabelvene ihren 
Ausgang genommen hatte (Omphalophlebitis umbilicalis 
purulenta, sowie eine Polyarthritis). Der Verfasser meint, dass 
dieses Füllen einer septischen Nabelinfection erlag, wovon die 
Diarrhöe nur eine Erscheinung gewesen sei, und fragt, ob eine 
analoge Infection nicht öfters die Ursache dieser tödtlich ver¬ 
laufenen Diarrhöe sein werde? 

Der Referent gestattet sich hierzu zu bemerken, dass die 
Nabelinfection die häufige Ursache des enzootischen Kälber¬ 
sterbens bei neugeborenen Kälbern ist, wobei Diarrhöe eine der 
Erscheinungen ist. Poels (Bericht über die Kälberkrankheit in 
den Niederlanden 1899) hat durch Experimente nachgewiesen, 
dass die virulenten Colibacillen in hohem Masse das Vermögen 
besitzen, vom Nabel aus Enteritis zu bewirken, ferner dass sie 
vom Nabel aus schnell ins Blut gelangen können und eine 
Mycosis generalis verursachen. Die Veränderungen in den 
Därmen beginnen jedoch schon, ehe die Colibacillen aus dem 
Blut in die Därme gedrungen sind, und die anfangs gesteigerte 
Darmsecretion ist die Aeusserung einer Intoxication. Die 
Diarrhöe kann sogar auftreten, bevor die Blutinfection Btatt- 
gefunden hat, und die Colimycosis noch auf den Nabel und die 
peritoneale Scheide beschränkt ist. M. G. d. B. 

Ueber einen Fall extra-nteriner Gravidität bei 
einem Schafe. 

Von Pion. 

(Recueil do m^decine v^törinairo, SO. Mal 1900.) 

Pion demonstrirte in der Soc. centr. de müd. v£t. einen 
von Morel beobachteten Fall extra-uteriner Gravidität bei einem 
Schafe. Die Geschlechtsorgane waren völlig normal, ein breiter 
Streifen des Mesometriums verband die fötale Cyste mit einem 
der Gebärmutterhörner. Der Fötus und die Adnexa wogen 4 kg. 
Die Frucht war ausgetragen und ganz behaart. Der Fruchtsack 
war mit dem Peritoneum und dem Omentum verwachsen. Das 
Mutterthier war ein fettes Schaf, das in dem Schlachthause zu 
Vaugirard geschlachtet worden war. M. G. de Bruin. 

15 Fälle von Nenrectomie der Plantarnerven. 

Von Dr. G. Gerosa. 

(Clin, vct 1900 No. 2i bis 27.) 

Verf. will durch seine Mittheilungen nichts Neues bieten, 
sondern nur einen Beitrag zur Statistik der fraglichen Operation 
liefern und die Practiker zu gleichem Thun anregen. Denn 
dieselben seien d. R. n. in der Lage, die Fälle länger als der 
in der chirurgischen Klinik thätige Professor zu beobachten und 
den Erfolg zu controliren. Daher würde diese Statistik geeignet 

*) P. hat nur einen BacterieDStamm geprüft. Um die Frage 
einwandsfrei zu lösen, hätte P. mehrere Bacterienstämme nehmen 
müssen, da ebenso wie bei anderen Infectionskrankheiten auch wohl 
bei der Schweineseuche die Krankheitskeime in einem Seuchen¬ 
gange viel virulenter sein können als wie in einem andern. D. R. 


sein, über strittige Punkte der Anwendung, der Technik der 
Operation u. s. w. Klarheit zu verschaffen. 

Ohne auf die einzeln beschriebenen Fälle näher einzugehen, 
seien die Conclusionen des Verf. aus seinen Operationen im 
wesentlichen hier angeführt: 

a) Die Neurectomie der Plantarnerven ist von einer gewissen 
Erheblichkeit, weil sie die Sensibilität im Hufe aufhebt und 
ihn einer geringeren Resistenz unterwirft, so dass sich leichter 
als gewöhnlich traumatische und infectiöse Processe ausbilden 
können, welche nicht frühzeitig ermittelt werden können, weü 
das Symptom des Schmerzes fehlt. 

b) Die Folgen der Neurectomie stehen in Beziehung zn 
der Natur der Veränderungen, gegen welche die Operation ge¬ 
richtet ist. Im Allgemeinen macht das Vorhandensein einer 
Entzündung am Hufe die Neurectomie nicht empfehlenswerte 
Bei der chronischen Hufentzündung treten in mehr oder weniger 
kurzer Zeit schädliche Folgen am operirten Hufe hervor. Bei 
der acuten und subacuten Podotrochlitis sind schwere und un¬ 
heilbare Zufälle (Abstossung des Hornschuhes) nicht selten. 
Bei der chronischen Podotrochlitis folgte Volumzunahme des 
Hufes und Ausschuhen. 

Die Neurectomie der Plantarnerven verursachte bei Ver¬ 
knöcherung des Hufbeinknorpels und bei Schale keine so 
schweren Veränderungen; die curative Wirkung war jedoch 
nicht vollständig, besonders wenn die Knochenauflagerungen sich 
auf die vordere Seite des Fesselbeines erstreckten. 

c) Die Operation darf nur in Vorschlag gebracht werden, 
1) wenn die Beschaffenheit und Erheblichkeit der Läsionen einen 
Erfolg von anderen Gurmethoden nicht erwarten lässt, 2) wenn 
der Werth des Thieres nicht in Einklang steht mit einer langen, 
kostspieligen oder zweifelhaften Behandlung. 

Aus den Mittheilungen ist zu entnehmen, dass der Verf. im All¬ 
gemeinen schlechte Erfahrungen mit der Neurectomie gemacht hat. 

Therapentische Notizen. 

Zur Wirkung der Gelatine alt Blutstillungsmittel. 

Von Dr. Baumeister. 

(D. wed. Woch.) 

Im Gegensatz zu anderen Autoren, welche bei Versuchen 
über die hlutgerinnende Wirkung der Gelatine ein negatives oder 
fast negatives Resutat erhielten, hat Verf. in seinen Fällen mit 
der Gelatine einen fast durchweg günstigen Erfolg gehabt. Er 
hat die Gelatine innerlich in Lösungen von 10:100, bezw. auch 
äusserlich in Form von mit Gelatine getränkten Tampons in 
3 Fällen von Blutung des Magendarmkanals, in mehreren Fällen 
von Nasenbluten, von denen einer selbst nach kunstgerechter 
Gazetamponade nicht stand, ferner in einem Falle von paren¬ 
chymatöser Blutung aus der Fingerkuppe nach Abschneidung der 
Fingerbeere, sowie schliesslich in einem Falle von profaser 
Blutung aus der Gebärmutter angewandt und stets prompte 
Wirkung gesehen. Nur in einem Falle von Lungenblntung, in 
dem die Verhältnisse für die Blutstillung relativ ungünstig lagen, 
stand die Blutung bei täglichem Gebrauch von 10—20 g Gelatine 
erst nach 8 Tagen. Verf. gelangt auf Grund seiner Beobachtungen 
zu dem Schluss, dass die Gelatine ein zweifellos gerinnnngs- 
förderndes Mittel ist, welches bei oberflächlicher Anwendung 
durchaus keinen Schaden verursacht. Bezüglich der Bubcutanen 
Darreichungsweise müssen weitere Beobachtungen erst ergeben, 
ob sie unter allen Umständen ebenfalls unschädlich ist, oder ob 
vielleicht nicht das Bestehen bestimmter Erkrankungen, z. B. 
Herz- und Nierenerkrankungen, dieselbe contraindicirt 


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2. August 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


367 


Peronin als locales Anaestheticum. 

Nach v. Mering ist Peronin ein gutes Ersatzmittel des 
Morpbinm. Die inneren Dosen sind 2 bis 3 mal höher als die 
des Morphium, also 2 Mb 4 cg. Das Mittel soll wirksamer, dabei 
weniger schädlich sein. Bufalini stellte weitere Versuche mit 
dem Mittel an und fand, dass es ausser einem Narcoticum ein 
vorzügliches locales Anaestheticum ist. 2 Mb 3 Tropfen 
einer 1 bis 2 proc. Lösung in warmem Wasser (30—35° C) 
in den Conjunctivalsack geträufelt, sollen sofort vollkommene 
Anaesthesie der Hornhaut bewirken, welche mehrere 
Stunden dauert. (M. med. Woch.). 

Aloohoi als Gegengift bei Carbolsäure. 

AnlässlichmehrererMittheilungenvonCarbolsäurevergiftungen 
macht das Journal of the Am. med. Ass. neuerdings auf die 
von Phelps beobachtete und untersuchte Wirkung des Alcohols 
als Gegengift der Carbolsäure aufmerksam. Nach dessen An¬ 
gaben wirkt die unmittelbar folgende Anwendung des Alcohols 
nicht nur bei Aetzungen der Haut und offenen Wundböhlen in 
der Weise, dass Eiterherde ohne jede schädliche Folgewirkung 
mit concentrirter Carbolsäure ansgespritzt und die Hände mit 
95 proc. Lösung gewaschen werden können, sondern es wird 
auch das Verschlucken der Carbolsäure durch sofortiges Trinken 
von Alcohol paralysirt. 

Als Schutzmittel gegen die Fliegenplage beim Vieh 

bewährte sich nachstehende Mischung: 

01. Caryophyll. . 3,0 

01. Lauri 

Tinct. Eucalypti aa 5,0 
Alcohol .... 130,0 

Aqua. 200,0 

Journal of Comp. Med. and Vet. Archives 1899. 

Campher als Antidat gegen Carbolsäure. 

Dr. Alvarez empfiehlt bei Vergiftung eines Menschen 
100 g Campheröl als Gegengift zu geben. Nach einer Stunde 
tritt Besserung ein und in kurzer Zeit ist der Patient voll¬ 
ständig geheilt. (Journal of comp. Med. and Vet. Arch. 1899.) 

Pneumo-Enteritis Infectiosa der Hühner. 

behandelt Gnittard mit nachstehender Mischung: Campli., 
Acid. tannic., Acid. carbolic. aa 2,0, Alcohol. 16,0, Aqua 50. 

Zunächst werden Campher und Gerbsäure in Wasser gelöst, 
hierauf Carbolsäure und Wasser zugefügt und stark geschüttelt. 

Je nach dem Alter der Hühner werden 1—3 TheelöfFel ein 
bis zwei Mal täglich 3—4 Tage hindurch verabreicht. 

Die kranken Hühner sollen alle gesund werden. 

Das Heilmittel kann auch als Präservativ bei gesunden 
Hühnern Verwendung finden. (Clinica vet. 1900 ex Progres 
vet. 1899.) 

Ueber die Veränderungen bei der Tollwuth des Hundes 
und die pathologisch - anatomische Diagnose dieser 

Krankheit. 

Von G. H 6 b r a n t. 

(Annales do MM. v6t. 1900, H. 2.) 

Die Diagnose der Tollwuth am todten TMer hat bekannt¬ 
lich ihre grossen Schwierigkeiten, weil die Krankheit keine 
specifischen Veränderungen augenfälliger Form hinterlässt. Auch 
die histologischen Untersuchungen der nervösen Centralorgane 
haben keine bestimmten Ergebnisse gebracht. Dagegen hat 
NMis im vergangenen Jahre eine Arbeit publicirt, in welcher 


er raittheilt, dass die peripherischen cerebrospinalen und sym¬ 
pathischen Ganglien durch das Wuthvirus constante und tief¬ 
gehende Veränderungen erleiden. Dieselben bestehen in 
Atrophie, Einwanderung von neugebildeten Zellen in 
die Nervenzellen und Zerstörung derselben. Die Arbeit 
von Nölis ist durch die Königliche Academie der Medicin in 
Belgien preisgekrönt worden. 

Verf. hat die Ergebnisse Nölis nachgeprüft und bestätigt 
dieselben. Die hauptsächlichsten Veränderungen zeigt das 
Ganglion plexiforme (Plexus gangliformis de Willis et de 
Vieussens h.). Dasselbe ist beim Hund spindelförmig, bei 
grossen Hunden kann es die Länge von einem Centimeter er¬ 
reichen. Es liegt an dem Vagus kurz nach seinem Austritt aus dem 
Foramen jugulare und berührt das obere Halsganglion. Dieses 
liegt am Sympathicus, ist röthlich und hat eine eiförmige Gestalt. 

Die Aufsuchung des Ganglion ist ziemlich leicht. Nach 
Abnahme der Haut und Muskeln, welche die laterale Fläche des 
Kehlkopfes bedecken, trifft man über diesem auf den gemein¬ 
samen Stamm des Vagus und Sympathicus, welcher nach oben 
bis zum Flügel des Atlas verfolgt wird. Hier gabelt sich der 
Stamm: der stärkere Ast ist das Ganglion plexiforme, der feinere 
führt das obere Halsganglion. 

Das fragliche Ganglion wird zwecks histologischer Unter¬ 
suchung wenigstens 12 Stunden in Alcohol absolutus und hierauf 
eine Stunde lang im Xylol oder Chloroform gelegt, worauf Ein¬ 
bettung in Paraffin erfolgt. Die Schnitte werden nach der 
Methode von Niss’l gefärbt. 


Tagesgeschichte. 

•'Der Geheime Regierungs- und Vortragende Rath im 
Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten Küster 
ist zum Geheimen Ober-Regierungsrath ernannt worden. 

Erledigung der Kleinbahnfrage. 

Den nachfolgend mitgetheilten Beschluss des Staats¬ 
ministeriums werden die beamteten Thierärzte mit besonderer 
Freude lesen: 

Beschluss, betreffend die Reisekosten der Medlcinalbeamten bei Benutzung 
von Kleinbahnen. St M. Nr. 2120. 

Der Beschluss vom 25. Oktober 1898, betreffend die Be¬ 
nutzung von Kleinbahnen bei Dienstreisen der Staatsbeamten 
— St. M. Nr. 4175 — findet auf diejenigen Beamten, welche 
unter den § 2 des Gesetzes, betreffend die den Medicinalbeamten 
für die Besorgung gerichtsärztlicher, medicinal- oder sanitäts¬ 
polizeilicher Geschäfte zu gewährenden Vergütungen vom 9. März 
1872 (G. S. S. 265) fallen, solange die Besoldungsverhältnisse 
dieser Beamten nicht anderweitig geregelt sind, nur mit der 
Massgabe Anwendung, dass auch bei den darnach ausschliesslich 
auf Kleinbahnen oder theils auf solchen theils auf Landwegen 
zurückzulegenden Reisen Zu- und Abgangsgebühren, also für 
Reisen auf Kleinbahnen überhaupt dieselben Entschädigungen 
wie für Reisen auf Eisenbahnen oder Dampfschiffen nach den 
durch Art V. Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Reisekosten 
und Tagegelder der Staatsbeamten vom 21. Juni 1897 (G. S. 
S. 193) aufrecht erhaltenen älteren Vorschriften zu gewähren sind. 

Berlin, den 16. Juli 1900. 

Königliches Staatsministerium, 
gez. v. Miquel. Frhr. v. Hammerstein. Schönstedt. 

Brefeld. v. Gossler. Graf v. Bülow. v. Tirpitz. Studt. 

Frhr. v. Rheinbaben. 


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368 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


No. 31. 


Nenes Reglement för die staatsthierärztliche Dienst- 
Prüfung im Grossherzogthnm Baden. 

Vom 17. Mai 1900. 

Unter Aufhebung der Verordnung vom 11. September 1879 
(Gesetzes- und Verordnungsblatt Seite 726) wird mit Wirkung 
vom 1. Juni 1900 bestimmt: 

§. 1. Thierärzte, welche eine Stelle im staatsthierärztlichen 
Dienste bekleiden wollen, haben sich einer besonderen Prüfung 
zu unterziehen. 

Die Prüfung wird von einer von dem Ministerium des 
Innern zu ernennenden Commission abgelegt. 

§. 2. Gesuche um Zulassung zur Prüfung sind bei dem 
Ministerium des Innern spätestens auf den 1. September jeden 
Jahres einzureichen. Diesen Gesuchen sind beizuschliessen: 

a) der thierärztliche Approbationsschein des Candidaten; 

b) der Nachweis über eine mindestens dreijährige Ausübung 
des thierärztlichen Berufs im Grossherzogthum. In diese 
Zeit kann die Verwendung des Candidaten als Einjährig- 
Freiwilliger im Veterinärdienste der Armee sowie der 
Besuch einer Hochschule zwecks weiterer fachlicher Fort¬ 
bildung eingerechnet werden; jedoch darf hierdurch die 
obige Frist um nicht mehr als l'/a Jahre verkürzt werden; 

c) der Nachweis des Besuchs des* alljährlich am thier¬ 
hygienischen Institut der Universität Freiburg stattfindenden 
Vorbereitungskurses für den staatsthierärztlichen Dienst 

§. 3. Die Prüfung zerfällt: 1 in die Vorprüfung und 2. in 
die Hauptprüfung. 

§. 4. Die Vorprüfung besteht in der schriftlichen Aus¬ 
arbeitung je einer Aufgabe aus der Veterinärpolizei, der 
gerichtlichen Thierheilkunde, der Gesundheitspflege^und 
der Zucht der landwirthschaftlichen Hausthiere mit besonderer 
Berücksichtigung der Reichs- und Staatsgesetze und Verordnungen, 
sowie der inländischen Verhältnisse. 

Die Vorarbeiten werden am Wohnsitze des Candidaten mit be¬ 
liebiger Benützung literarischer Hülfsmittel gefertigt; letztere bind 
in der Ausarbeitung zu nennen. Drei Monate nach Empfang der Auf¬ 
gabe sind die Arbeiten an das Ministerium des Innern einzusenden. 

§. 5. Sind sämmtliche Vorarbeiten eines Candidaten genügend 
ausgefallen, so wird derselbe zur Ablegung der Hauptprüfung 
einberufen. 

Diese besteht aus: einem practischen, einem mündlichen und 
einem schriftlichen Theil. 

§. 6. Im practischen Theil hat der Candidat 

1. microscopische Untersuchungen auszuführen; 

2. ein lebendes Thier mit Bezug auf eine veterinärpolizeilich 
oder forensisch wichtige Krankheit oder auf seine Zucht¬ 
tauglichkeit zu untersuchen und über den Fall einen 
mündlichen Vortrag zu halten; 

3. ein todtes Thier unter Beachtung der für polizeiliche und 
gerichtliche Fälle geltenden Regeln ganz oder theilweise 
zn öffnen und den Befund zu Protocoll zu dictiren. 

§. 7. Im mündlichen Theil der Hauptprüfung hat der Candidat 
Fragen aus der Veterinärpolizei, der gerichtlichen Thierheil¬ 
kunde, der Gesundheitspflege, der Zucht der landwirthschaft¬ 
lichen Hausthiere und der Fleischbeschau zu beantworten. 

Dieser Theil der Prüfung hat für jeden Candidaten min¬ 
destens eine Stunde zu dauern. 

§. 8. Im schriftlichen Theil der Hauptprüfunghat der Candiiiat 
unter Aufsicht und ohne Benutzung von Hülfsmitteln je eine 


Frage aus den vorgenannten Gebieten der Staatsthierheilkande 
innerhalb einer Frist von vier Stnnden schriftlich zu bearbeiten. 
Hierbei soll der Candidat die nöthige Fertigkeit in den Formen 
und der Darstellung geschäftlicher Mittheilungen aus dem Amts- 
kreise eines Bezirksthierarztes darthun. 

§. 9. Ein Candidat, welcher in einem der drei Theile der 
Hauptprüfung nicht mindestens die Durchschnittsnote „genügend“ 
erhält, gilt als nicht bestanden. 

§. 10. Ueber den Verlaufder Prüfung wird ein Protocoll geführt. 
Ueber das Ergebniss der Prüfung fasst die Commission nach 
collegialer Berathung und Abstimmung Entschliessung. Hierbei 
kommen die Censuren vorzüglich, gut, genügend und ungenügend 
zur Anwendung. 

Am Schlüsse des Protocolls ist die Aeusserung der Prüfungs¬ 
commission über den Gesammtausfall der Prüfung beizufugen. 

Die Prüfungscommission unterbreitet ihre Entschliessung 
dem Ministerium des Innern, das diejenigen Candidaten, welche 
eine der drei erstgenannten Censuren erlangt haben, für die 
Anstellung im staatsthierärztlichen Dienst als befähigt erklärt 
und deren Namen im Staatsanzeiger veröffentlicht. 

§. 11. War das Ergebniss der Prüfung ungenügend, so ist eine 
einmalige Wiederholung derselben zulässig. 

Falls das Ergebniss der Hauptprüfung ungenügend war, 
kann die Wiederholnng der Vorprüfung erlassen werden, wenn 
den Arbeiten derselben die Note „gut“ ertheilt worden ist 

§. 12. Vor dem Beginn der Hauptprüfung sind die Prüfungs¬ 
gebühren mit 30 Mark bei der Expeditur des Ministeriums des 
Innern zu erlegen. 

Bei einer etwaigen Wiederholung der Prüfung kann die 
nochmalige Bezahlung der Prüfungsgebühren nachgesehen werden. 

Karlsruhe, den 17. Mai 1900. 

Grossherzogliches Ministerium des Innern. 

Eisenlohr. Vdt. M. Hess. 

Rothlaaf-Iöipfangen. 

Der Brandenburger thierärztliche Verein hat bekanntlich 
(Antrag Hesse) für die nächste Sitzung der thierärztlichen 
Centralvertretung den Antrag zur Berathung gestellt, dass die 
Verwendung von Rothlauf-Reinculturen den Nichtthierärzten ver¬ 
boten werden soll. Diese Forderung ist gewiss berechtigt und 
berührt eine Frage, die für die Thierärzte fast verhängnissvoll 
zu werden droht. 

Dabei ist es nun sehr interessant, dass die Notbwendigkeit 
eines derartigen Verbotes bereits von einer preussischen Regierung 
erkannt worden ist. Der Regierungspräsident von Bromberg hat 
unter dem 27. Juli 1896 (Amtsbl. No. 31) eine Polizei-Verordnung 
erlassen, die mit folgendem Satz beginnt: Gegen Rothlauf 
und Milzbrand dürfen Thiere nur von approbirten 
Thierärzten geimpft werden oder von den Eigenthümern 
der Thiere, sofern diese die Impfung selbst vornehmen. Anderen 
Personen ist dieses Impfen verboten (bei Strafe von 60 M. etc.). 

Wenn dies in der Provinz Posen, wo übrigens viel ge¬ 
impft wird, durchführbar ist, so kann es anderwärts erst recht 
nicht auf Schwierigkeiten stossen. Solche wären übrigens 
auch nicht entscheidend. Eine gesetzliche oder landes¬ 
polizeiliche Regelung der Thier - Impfungen ist, wie sich 
diese Seite der Thiermedicin entwickelt hat, unentbehrlich 
geworden. Ebenso gut, wie die Pocken - Impfung den 
Aerzten Vorbehalten ist, obwohl es dabei nur auf gutes 
Impfmaterial ankommt und in der Technik nicht leicht etwas 
versehen werden kann, ebenso gehören die Thierimpfungen den 


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2. Angast 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


869 


Thierärzten. Das Object kann einen Unterschied nicht recht- 
fertigen. Die Thierimpfungen sind keine Privatsache der Be¬ 
sitzer, sondern betreffen weitgehende öffentliche Interessen, nach¬ 
dem sie eine so allgemeine Bedentnng, speciell beim Rothlauf, 
gewonnen haben. Daraas erwächst die Nothwendigkeit einer 
staatlichen Fürsorge für dieselben, welche sich in erster Linie 
auf die Ausführung und das ausführende Personal erstrecken muss. 

Dabei kann der Staat Laien neben Thierärzten, etwa wie 
in der Fleischschau, als gleichberechtigt nicht anerkennen. Es 
ist das ja auch in der Fleischschau nur ein sehr übler Nothbehelf, 
damit allein begründet, dass für das tägliche Kleingeschäft 
unmöglich jedesmal Thierärzte auf grössere Entfernungen citirt 
werden können und andererseits die Thierärzte nicht bloss der 
Fleischschau wegen so dicht beieinander sitzen können. 

Dieser begründete Einwand fällt beim Impfen vollständig 
weg. Hier handelt es sich nicht um täglich wiederholte Einzel¬ 
fälle. Die Impfungen finden nur einmal oder einige Male in be¬ 
stimmten Jahreszeiten statt und können dann massenweise vor¬ 
genommen werden. Zu einigen Impftagen im Jahre kann ein 
Thierarzt in jeder Gegend erlangt werden; das Impfen einer 
grösseren Menge macht auch eine Reise bezahlt, ohne dass die 
repartirten Kosten dann für den einzelnen Besitzer zu hoch wären. 

Es besteht also weder die Nothwendigkeit noch überhaupt 
ein Grund, Laien heranzuziehen. Wohl aber bestehen sehr viele 
Gründe dagegen. Das Impfen ist eine ärztliche Handlung, die 
Sachkunde, Gewissenhaftigkeit und Verantwortungsgefühl ver¬ 
langt. Davon besitzt der Mediziner, der die möglichen Folgen 
auch kleiner Nachlässigkeiten kennt, ein grösseres Maass als 
auch der gewissenhafteste Laie, der geneigt ist, über „Kleinig¬ 
keiten“ hinwegzusehen, weil er deren Bedeutung nicht ab¬ 
zuschätzen vermag. Das Schweineimpfen ist mühsamer als das 
Kinderimpfen, und es kann bei jenen leichter etwas versehen 
werden, als bei diesen. Die dann eintretenden Misserfolge 
discreditiren die Impfung und lähmen die Privat-Initiative, 
während es im öffentlichen Interesse liegt, dass diese immer 
mehr belebt und verallgemeinert wird (da die richtige Impfung 
unzweifelhaft ein Segen ist, von ihrer zwangsweisen Durch¬ 
führung aber wird abgesehen werden müssen). 

Ist schon die Gefahr, dass Laien die Impfung ungenau aus- 
fnbren und das Vertrauen zu dieser untergraben, Grund genug, 
so macht eg die Art des speciell beim Rothlauf zur Verwendung 
gelangenden Impfstoffes m. A. n. geradezu unmöglich, dass bei 
staatlicher Regelung der Impfung, die eben desshalb nicht wird 
vermieden werden können, Nichtthierärzten die Impfung gestattet 
bleiben kann. Die Hoffnung, ein genügend wirksames Serum 
zu construiren, welches die nachherige Anwendung von virulenten 
Culturen zur Immunitätserzeugung entbehrlich machen könnte, 
hat sich nicht erfüllt; es ist dazu auch keine Aussicht. Zur 
Rothlauf-Impfung gehört also der veritable Ansteckungsstoff. 

Die Medicin hat ein Recht zu fordern, dass das Hantiren 
mit solchen Stoffen als ein Vorrecht der ärztlichen Kunst ge¬ 
wahrt werde, sowohl im Interesse des Publicums, dem Gefahren 
erwachsen, als auch mit Rücksicht auf die Kunst selbst, die 
wenigstens in Einigem doch ein Privileg gegenüber der Unkunst 
behalten muss. Wenn der Verkehr mit Giften allgemein 
durch strenge Vorschriften geregelt und dabei den Apothekern 
eine besondere Vertrauensstellung eingeräumt ist, so ist es lern 
nur entsprechend, dass auch der Verkehr mit bacteriellen Giften 
einer Beschränkung unterworfen wird und dass dabei den Aerzten 
die' Nichtärzte nicht gleichgestellt werden. 


Das muss schliesslich auch von anderer Seite, wenn auch 
vielleicht nicht immer gern, zugegeben werden. So schreibt 
Dr. Reinhardt, Beamter der Landwirthschaftskammer der 
Provinz Sachsen, der mit der Impfung vertraute Landwirth 
könne die Impfung wohl ausführen, aber die thierärztliche 
Uebung und der Verkehr mit Bacillen mache es doch rathsam, 
den Veterinär mit der Impfung zu betrauen. 

Schliesslich darf man auch den Billigkeitsgrund geltend 
machen. Thierärztliche Arbeit hat die Rothlauf-Impfung ge¬ 
schaffen und sie sollte daher auch als ein Stück thierärztlicher 
Wissenschaft anerkannt und als solche den Thierärzten reservirt 
bleiben. Es macht einen mehr als sonderbaren Eindruck, wenn 
aus landwirtschaftlichen Vereinen (im Bezirk der westpreussischen 
Kammer) berichtet wird: Herr Wander-Hufschmied Thoms 
hielt einen Vortrag über Hufbeschlag und sprach darauf über 
Schweine-Impfung mit Susserin. Dabei soll dieser „Impf¬ 
techniker“ noch dazu in Berlin ausgebildet worden sein. 

Während so auf der einen Seite den Thierärzten die Noth¬ 
wendigkeit erwächst, sich des Eindringens von Laien und 
der Erziehung einer neuen Art von Pfuschern zu erwehren, 
zeigt sich andererseits hier und da eine gerade entgegengesetzte 
Erscheinung, die ebenfalls Widerspruch hervorrufen muss. Es 
sind dies Anzeichen der Meinung, als ob das Impfen in den 
kreisthierärztlichen Geschäftskreis einbezogen, oder wenigstens 
die Kreisthierärzte dabei in den Vordergrund gestellt 
werden sollten. Dazu besteht gar keine Veranlassung 
und gar keine Berechtigung. Auch bei staatlicher 
Regelung würde die geordnete gleichberechtigte Mitwirkung 
aller approbirten Thierärzte zu Grunde zu legen sein. Auch 
jeder Arzt ist berechtigt, Impfscheine auszustellen. Die vor- 
bfeügeUde Impfung ist ja auch eine Handlung der Heilkuüst, 
nicht' der Veterinärpolizei; der Arzt, nicht der Beamte kommt 
dabei in Frage. Sachkundig und vertrauenswürdig ist natürlich 
der Privatarzt so gut wie der Beamte. Unterscheidungen 
müssen dem Publicum überlassen bleiben. Ueberhaupt verlangt 
die Billigkeit und der Ausgleich aller Interessen, dass der be¬ 
amtete Thierarzt dem Privatthierarzt in seine Praxis nicht allzu¬ 
sehr und ohne zwingenden Grund von Amtswegen hineinkommt. 
(Das würde z. B. besonders auch zu berücksichtigen sein, wenn 
die allgemeine regelmässige Revision der Viehbestände wegen 
Tuberculose eingeführt werden sollte. Bei dieser Maassregel 
müssten unbedingt die Privatthierärzte allgemein ebenso, wie die 
Kreisthierärzte, d. h. im Bereich ihrer Praxis, mitwirken.) 

Es liegt die Bekanntmachung eines schlesischen 
Landrathes vor, welche die Gemeinden zur Rothlauf-Impfung 
auffordert. Dabei wird gesagt, der kgl. Kreisthierarzt sei bereit 
zu impfen; er sei auch bereit, Personen, welche die Impfung 
erlernen wollten, auszubilden. Es empfehle sich, dass die Ge¬ 
meinden solche Personen ausbilden Hessen und ihnen eine Impf¬ 
spritze zur Verfügung stellten. Eine Quantität SusBerin koste 
so und so viel etc. 

Es ist den Privatthierärzten des Kreises nicht zu verdenken, 
wenn sie sich durch eine solche Bekanntmachung beschwert 
fühlen. Denn dieselbe erweckt den Anschein, als ob Privatthier¬ 
ärzte gar nicht existirten und der Kreisthierarzt allein für die 
Impfung in Betracht kommen könne. Es ist gewiss dankens- 
werth, wenn eine Behörde das Publicum auf die Bedeutung 
hygienischer Maassregeln aufmerksam macht. Dies muss aber 
geschehen, ohne dass dabei der Anschein eines Eingriffes in 
die Ausübung des ärztlichen Gewerbes entsteht. Ebenso ist 


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870 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 31. 


die Erwähnung einzig des Snsserins in dieser Hinsicht be¬ 
fremdend. Es giebt mehrere Sorten von Serum, die nach dem¬ 
selben Princip hergestellt und angewendet werden. Die Wissen¬ 
schaft. deren Urtheil hierin massgebend ist, hat anerkannt, dass 
das Serum verschiedener Fabriken zur Immunisirung gleich- 
werthig ist. Unter diesen Umständen besteht für eine Behörde 
kein Anlass, die Einführung eines bestimmten Fabrikats vor 
anderen durch aiptliche Aeusserungen zu fördern. 

Endlich giebt die Aufforderung des Landrathes, die Ge¬ 
meinden möchten Irapftechniker durch den Kreisthierarzt ausbilden 
lassen, zu denken. Sie zeigt, dass das Laien-Impfen schon für 
ganz selbstverständlich gehalten, nach den vorhandenen Thier¬ 
ärzten gar nicht mehr gefragt wird. Wir müssen daher ohne Ver¬ 
zug an die Behandlung dieser Frage herantreten. Schmaltz. 

Jubiläum. 

(Aua Sportkreisen elngesandL) 

Am 2. August feiert ein schlichter und durch seine 
Thätigkeit inmitten des Vollbluts weit und breit bekannter 
Mann, Herr Oberrossarzt Ködix zu Hoppegarten seinen 50. Ge¬ 
burtstag und sein 25jähriges Jubiläum als Thierarzt. Auf 
eine reiche gesegnete Thätigkeit in seiner Praxis kann er 
blicken, denn so manch’ werthvollen Vollblüter hat er gerettet 
und ihn wieder fix für die Rennbahn gemacht, manch’ über¬ 
raschend richtige und von grossem umfangreichen Wissen 


zeugende Diagnose hat er gestellt, Beinbrüche vorzüglich ge¬ 
heilt und manchem erst betrübt dreinschauenden Rennbahn- 
besucher verschaffte er durch glückliche Kuren wieder freudige 
Mienen. 

Als junger Soldat zog er 1870 mit ins Feld und kehrte 
aus dem glorreichen Feldzuge, für seine Tapferkeit und Ent¬ 
schlossenheit geschmückt mit dem Eisernen Kreuze, zurück. Er 
stand dann bei den verschiedensten Regimentern als Ross- und 
OberrosBarzt, bis man in Folge der vorzüglichen Kuren, die er als 
Vorsteher der Breslauer Lehrschmiede und als Kreisthierarzt in 
Grünberg ausgeführt hatte, aufmerksam geworden, ihn nach 
Hoppegarten, dem Sitze des Rennsports bei Berlin, berief. Und 
wahrlich, der Unionclub konnte keine bessere Wahl treffen, 
keinen unermüdlicheren, pflichteifrigeren Beamten finden als den 
Jubilar, welcher am 2. August in aller Stille seinen Freuden- 
und Ehrentag begeht. Seine Kuren und das stete Wohlbefinden 
des Hoppegartener Vollblutes haben es bewiesen. Wir be- 
grüssen ihn daher zu diesem Freudentage und wünschen, 
dass er dem Unionclub als hervorragender Beamter und uns 
als lieber College und Freund seinen Mitmenschen noch lange 
erhalten bleiben möge. Sein Ruhm mehre sich und dringe weit 
über Deutschlands Grenzen, das Vollblut behalte seinen sorgenden 
Vater, und Deutschland diesen bewährten und altgedienten 
Soldaten. 


Staatsveterinärwesen. 

Von Preusse. 

Bekämpfung von Viehsenehen. 

Der Polizei-Präs ident'in Berlin hat unter dem'6. Juni er. 
eine landespolizeiliche Anordnung betr. die Beschickung des. 
städtischen Viehhofes in Berlin durch Wiederkäuer und Schweine 
erlassen. Dieselbe bestimmt, dass die mit der Eisenbahn in 
den Monaten April bis einschl. September von 5 Uhr Morgens 
ab, in den Monaten Oktober bis März von 6 Uhr Morgens ab 
zugeführten oder die daselbst früher eingetroffenen, aber noch 
nicht ausgeladenen, sowie die bei Tage und bei Nacht von 
Bahnhöfen, Berliner und auswärtigen Milchwirtschaften auf 
Fuhrwerken zugeführten Wiederkäuer und Schweine nur unter 
tierärztlicher Aufsicht entladen bezw. nach vorangegangener 
tierärztlicher Untersuchung in die Stallungen des Viehhofs oder 
in die Verkaufshallen eingestellt werden dürfen. Schafe, welche 
ohne Aufsicht bei Tage und bei Nacht zu Fuss zugetrieben 
werden, sind zunächst in besondere und zu diesem Zwecke be¬ 
stimmte Ställe einzutreiben, in denen die Untersuchung vorge¬ 
nommen wird, bevor sie in die Schafstallungen oder in die 
Verkaufshallen eingestellt werden. Der beamtete Thierarzt, 
welcher die Aufsicht über die Ausladungen hat, kann gestatten, 
dass die mit demselben Eisenbahnzuge eingetroffenen Thiere 
in die Rampenbuchten ausgeladen und in diesen untersucht 
werden. 

Der Regierungs-Präsident in Hildesheim hat das unter dem 
21. Mai d. J. erlassene Verbot des Handels mit Wiederkäuern 
und Schweinen im Umherziehen bis zum 1. Oktober d. J. ver¬ 
längert. Gleichzeitig hat er unter dem 14. Juli d. J. eine 
landespolizeiliche Anordnung erlassen, welche den Personen, 
welche sich gewerbsmässig mit dem An- oder Verkauf von 
Wiederkäuern und Schweinen beschäftigen, sowie den Ange¬ 
stellten und Beauftragten das Betreten fremder Gehöfte, 


Stallungen und Weiden ohne ausdrückliche Erlaubnis des Be¬ 
sitzers oder seines Vertreters verbietet. Für durch Maul- und 
Klauenseuche verseuchte Stallungen und Weiden ist der Zutritt 
nur dem Viehbesitzer, dem Wartepersonal und dem Thierarzt 
gestattet. Andere Personen bedürfen hierzu der Erlaübniss der 
Ortspolizeibehörde Personen, welche sich in verseuchten 
Stallungen befunden haben, dürfen während einer dreitägigen 
Frist fremde Stallungen nicht betreten, ausser wenn sie sich 
zuvor einer gründlichen Desinfection unterworfen und die Kleider 
gewechselt haben. Zuwiderhandlungen sind unter Strafe gestellt. 

Vorgenannte landespolizeiliche Anordnung muss als eine 
recht zweckmässige bezeichnet werden. Erfahrungsgemäss wird 
in den bei weiten meisten Fällen die Maul- und Klauenseuche 
durch Personen verschleppt, und kommen hierbei Viehhändler 
und Fleischer, sowie deren Beauftragte in erster Linie in Be¬ 
tracht. Die Besitzer selbst sind oft sehr leichtfertig, indem sie 
Jedem den Zutritt zu ihrem Vieh gestatten, und auch oft selbst 
oder ihre Angehörigen durch Besuche auf verseuchten Gehöften 
ihr eignes und das Vieh ihrer Nachbarn in Gefahr bringen. 
In anerkennenswerther Weise hat zwar schon die neue Seuchen¬ 
instruction vom 27. Juni 1895 im § 63 besondere Bestimmungen 
erlassen, doch sind dieselben oft wirkungslos, da es an einer ge¬ 
nügenden Handhabe mangelt, die dagegen verstossenden Personen 
zur Bestrafung zu ziehen. In Folge dessen sind besondere Ver¬ 
ordnungen, wie die vorgenannte Hildesheimer von grossem 
Werth, die jedoch in praxi insofern leider eingeschränkt wird, 
als eine ausreichende Controle über die Ausführung der be¬ 
treffenden Vorschriften in vielen Fällen nicht ausgeübt wird 
und auch nur schwer ausführbar ist. 

Gesetz, betr. Entschädigung für Seuchenveriuste In Sachten. 

Unter dem 8. Juni er. ist im Königreich Sachsen das 
Gesetz, betr. Entschädigung für Verluste an Gehirn-Rücken¬ 
marksentzündung der Pferde und an Maul- und Klauenseuche der 
Rinder in Kraft getreten. 


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2. August 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


871 


Die Entschädigungspflicht bei Pferden umfasst alle Falle 
von Gehirnentzündung, ohne Rücksicht anf specifischen Charakter. 
Der Entschädigungsanspruch ist binnen 48 Stunden anznmelden. 
Ansser den bekannten Ursachen eines Fortfalles der Ent¬ 
schädigung wird letztere auch nicht gewährt fiir solche Thiere, 
die an den Folgekrankheiten der Grundleiden starben und dann, 
wenn das Grundleiden nach der Einfuhr in das Königreich 
innerhalb vier Wochen bei Pferden und 14 Tage bei Rindern 
ausbricht. Die Entschädigungen werden durch besondere Um¬ 
lagen aufgebracht. 

Stand der Maul- und Klaueneeuehe in Deutschland. 

Die Maul- und Klauenseuche zeigt in Deutschland zur 
Zeit stark abnehmende Tendenz. Am 15. Mai waren noch 792 
Gemeinden und 1911 Gehöfte verseucht, am 31. Mai 627 Ge¬ 
meinden und 1727 Gehöfte, am 15. Juni 575 Gemeinden und 
1499 Gehöfte, am 30. Juni 475 Gemeinden und 1374 Gehöfte, 
am 15. Juli endlich nur noch 425 Gemeinden und 1361 Gehöfte. 
Die Anzahl der verseuchten Gemeinden hat demnach in den 
letzten 2 Monaten um 46 pCt., die der Gehöfte um fast 30 pCt. 
abgenommen. An dieser Abnahme sind besonders die süd¬ 
deutschen Staaten betheiligt. In Bayern beträgt der Rückgang 
. 50 pCt., in Württemberg sogar 70 bezw. 80 pCt., desgl. in 
Baden gegenüber dem Seuchenstand am 15. Mai 1900. Gänzlich 
erloschen ist die Maul- und Klauenseuche z. Z. in Oldenburg, 
Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, Schwarzburg-Sonders- 
hausen, Schwarzburg-Rudolstadt, Waldeck, Reuss ältere Linie, 
Schaumburg-Lippe, Lübeck, Bremen und Hamburg. Auch in 
Prenssen hat sie wesentlich an Ausdehnung verloren. Eine 
stärkere Verseuchung weisen zur Zeit nur noch die Regierungs¬ 
bezirke Potsdam, Frankfurt a. 0., Magdeburg und Hildesheim 
auf. Gänzlich frei von Seuche waren am 15. Juli die Regierungs¬ 
bezirke Gumbinnen, Berlin, Erfurt, Schleswig, Stade, Osnabrück, 
Aurich, Koblenz und Aachen. Eine erheblichere Ausbreitung 
zeigt die Seuche zur Zeit auch noch in Mecklenburg-Schwerin. 
Vergleicht man obige Zahlen mit den Zahlen der entsprechenden 
Zeit des Jahres 1899, in welcher die Seuche allein in Preussen 
in 318 Kreisen und 2402 Gemeinden und in ganz Deutschland 
in 581 Kreisen und 3445 Gemeinden herrschte, so ist in diesem 
Jahre ein sehr erfreulicher Rückgang der Seuche zu verzeichnen, 
der voraussichtlich in der nächsten Zeit auch noch weiter an- 
halten dürfte. Somit würden wir auch bald an das Ende einer 
der umfangreichsten Seuchenperioden der letzten Jahrzehnte 
gelangt sein, welche für die deutsche Landwirtschaft ganz enorme 
Schädigungen veranlasst hat. 

Ergebnisse der Tuberoullnimpfüngen In den Seequarant&neanstalten. 

Im ersten Quartal 1900 wurden in die See-Quarantäne¬ 
anstalten zu Hamburg, Altona-Bahrenfeld, Tönning, Hvidding, 
Apenrade, Flensburg, Kiel, Lübeck und Rostock-Warnemünde 
12 554 dänische Rinder eingeführt; ausser diesen waren noch 
584 Stück vom Vorquartal her ungeimpft verbliebene, also ins- 
gesammt 13 138 Rinder vorhanden. 6 Stück hiervon mussten 
vor der Impfung nothgeschlachtet werden bezw. starben, und 
1192 blieben ungeimpft. Die übrigen 11 940 Thiere wurden der 
Tuberculinprobe unterworfen. Das Resultat war Folgendes: 
11 764 Stück erwiesen sich als tuberculosefrei, 176 Stück gleich 
1,5 pCt. wurden als tuberculös erkannt. In öffentliche Schlacht¬ 
häuser wurden in dem gleichen Zeiträume aus den Quarantäne¬ 
anstalten 11 781 Stück durch die Impfprobe als unverdächtig 
erkannte Binder eingeführt. Von diesen erwiesen sich 10 148 
als gesund und noch^l633 = 13,9 pCt. als tuberculös. 


Einfuhrverbote etc. 

Weitere Einfuhrverbote für frisches Schweinefleisch etc. aus 
Serbien in Folge herrschender Schweineseuche daselbst sind unter 
dem 23. Juni er. von dem Regierungs-Präsidenten in Liegnitz 
und unter dem 1. Juli von dem Ministerium des Innern in 
Bayern erlassen worden. 

Das Ministerium des Innern in Württemberg hat in gleicher 
Weise wie das Ministerium in Bayern Erleichterungen bezüglich 
der Einfuhr von Zuchtrindern und Zuchtziegen aus der Schweiz 
insoweit eintreten lassen, als in Zukunft von der Prüfung der 
Bedürfnissfrage abgesehen und von den Händlern nicht mehr 
verlangt wird, dass sie Einzelaufträge von Landwirthen oder 
Züchtern nachweisen. 

Der schweizerische Bundesrath hat dagegen beschlossen, 
das October 1899 erlassene Verbot der Einfuhr von Klauenvieh 
aus Deutschland aufzuheben. Die Einfuhr ist vom 6. August 
ab wieder gestattet. 


Fleischschau und Yiehhandel. 

Von KOhnau. 

Verordnung Aber die theilweise Inkraftsetzung des 
Gesetzes, betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau 
vom 3. Juni 1900. 

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, 
König von Preussen u. s. w. 

verordnen auf Grund des § 30 Absatz 2 des Gesetzes, betreffend 
die Schlachtvieh- und Fleischbeschau vom 3. Juni 1900 (Reichs- 
gesetzbl. S. 547) im Namen des Reichs, mit Zustimmung des 
Bundesraths, was folgt: 

Der § 12 Abs. 1 des Gesetzes *), betreffend die Schlacht¬ 
vieh und Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900 (Reichsgesetzbl. 
S. 547) tritt am 1. October 1900 in Kraft. Gleichzeitig treten 
die Vorschriften des § 26 No. 1, 2 des § 27 No. 1 und der 
§ 28, 29 in Kraft, soweit sie die Zuwiderhandlungen gegen den 
§ 12 Abs. 1 und das Verbot betreffen, Fleisch, das den Vor¬ 
schriften des § 12 Abs. 1 zuwider eingeführt worden ist, als 
Nahrungs- oder Genussmittel für Menschen in Verkehr 
zu bringen. 

Urkundlich unter Unserer Höchst eigenhändigen Unterschrift 
und beigedrücktem Kaiserlichen Insiegel. 

Gegeben Travemünde, den 30. Juni 1900. 

(L. S.) Wilhelm. 

Graf von Posadowsky. 

Die Milch, ihre Eigenschaften nnd Zusammensetzung. 

Von Dr. Klimmer. 

Archiv f. wiaienschaftl. Thierhlk. 1900 J. 1. 

Verfasser bemerkt in der Einleitung, dass die Milchkontrole 
unzureichend sei, dass sich dieselbe zumeist auf die Ermittelung 
von Verfälschungen und Bestimmung des Fettgehaltes beschränke. 
Die gefährlichstenMilchschädlichkeiten seien nicht durch chemische 
Reaktionen zu ermitteln, sondern vielfach nur durch thier- 
ärztliche Untersuchung der Milchthiere. Die Milchcontrole müsse 
daher eine vorwiegend thierärztliche und zugleich staatliche 
werden. Für die Möglichkeit der Durchführung werde der Be¬ 
weis durch zahlreiche Privatunternehmen geliefert. 

*) Dieser Absatz lautet: Die Einfuhr von Fleisch in luftdicht 
verschlossenen Büchsen oder ähnlichen tiefässen, von Würsten oder 
sonstigen Gemengen aus zerkleinertem Fleisch in das Zollinland ist 
verboten. 


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372 

K. unterzieht sich nun (1er dankenswerthen Aufgabe, aus 
dem Gebiete der Milchkunde alles Wissenswerthe übersichtlich 
zusammenzhstellen. Der vorliegende Aufsatz enthält einen 
Ueberblick über die physikalischen Eigenschaften und die 
chemische Zusammensetzung der Milch, die physiologischen 
Schwankungen im procentischen Fettgehalte und namentlich der 
Fettmenge, sowie über deren Abhängigkeit von den verschiedenen 
inneren und äusseren Bedingungen. In zwei weiteren Abhand¬ 
lungen sollen die Milch Verfälschungen und deren Nachweis bezw. 
die Ziele und Aufgaben der Milchhygiene folgen. 

Der Verfasser hat bei der Beschreibung der physikalischen 
Eigenschaften und der chemischen Bestandtheile der Milch die 
Resultate der neueren Untersuchungen aus den verschiedenen 
Fachzeitschriften, Lehrbüchern u. s. w. zusammengetragen und 
in knapper Form wiedergegeben. Ausführlich werden die 
physiologischen Schwankungen im Fettgehalt beschrieben, 
welchen die Milch nach Individualität, Rasse, Alter, Laktations¬ 
periode, sexueller Erregung, Art und Zeit des Melkens, Be¬ 
wegung, Fütterung und Haltung der Milchthiere unterworfen ist. 

Den grössten Einfluss auf den Milchertrag und die Zu¬ 
sammensetzung der Milch hat die Fütterung. Jeder Futter¬ 
wechsel macht sich in dieser Hinsicht bemerkbar. Aus den 
Untersuchungen von Lookeren geht hervor, dass der Weide- 
gang, d. h. die Grünfütterung am raschesten und intensivsten 
auf die Milchproduktion einwirkt. Bezüglich der Milchbeschaffenheit 
bei Schlempefütterung bemerkt Verfasser: „Es sei eine 
weit verbreitete Meinung, dass Schlempemilch dünn, wenig 
nahrhaft, schwer verdaulich und gesundheitsschädlich sei. 
Girard behauptet sogar, dass mit dieser Milch ernährte Kinder 


No. 31. 

verkümmerten und bald der Schwindsucht ve. fielen.“ Dagegen 
bemerkt Verfasser, dass ein sicherer Beweis für die Schäd¬ 
lichkeit der Milch von Thieren, welche mit massigen Mengen 
unverdorbener Schlempe gefüttert werden, noch nicht erbracht 
ist. Mittlere Schlempegaben setzen den Prozentgehalt der Milch 
an Trockensubstanz und Fett nicht herab. 20 bis 501 Schlempe 
können pro Tag und Kopf ohne Nachtheil für die Milchprodnktion 
verfüttert werden. 

Milchpulver können die Milchsekretion nicht steigern. 
Manche zwecks günstiger Beeinflussung der Milchproduktion 
verabreichte Arzneimittel gehen in die Milch über und können 
dieselbe verschlechtern oder zum menschlichen Genuss ungeeignet 
machen. 

Da die genannten Faktoren, welche die Schwankungen im 
Fettgehalt bedingen,, in einem grösseren Bestand nicht alle 
Kühe gleichzeitig treffen, wird die von denselben erhaltene 
Sammelmilch verhältnissmässig nur geringe Unterschiede des 
Fettgehaltes zeigen. Anders liegt die Sache bei kleinem Milch- 
wirthschaften! 

Fleischmann hat auch in einer grossen Kuhherde von 
108 Haupt der milchwirthschaftlichen Versuchsstation in Raden 
Schwankungen im Fettgehalt zwischen 2,776 und 4,216 Prozent 
beobachtet. 

Die Zu- und Abnahme des Fettgehaltes vollziehen sich ge¬ 
wöhnlich allmälig. Selten sind plötzliche erhebliche Schwan¬ 
kungen. Nach einer Mittheilung von Völker gab eine Guernseykuh 
am Morgen Milch mit 1,97 Prozent, abends mit 5,60 Prozent 
Fett. Am nächsten Tage hatte die Milch zu den gleichen 
Zeiten einen Fettgehalt von 3,64 bezw. 5,66 Prozent. 


BERLINER THIERÄRZTLICI1E WOCHENSCHRIFT. 


Personalien. 

Ernennungen etc.: Dem Schlachthofinspector Simon in Görlitz 
ist der Titel Schlachthofdirector verliehen worden 

Approbationen: in Berlin: die Herren Paul Abel und Julius 
Karstens. 

Wohnsitzver&nderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt 
Elsässer nach Berlin als Volontärassistent am Hygienischen 
Institut der Thierärztlicben Hochschule. 

In der Armee: Versetzungen etc.: Die Rossärzie Gaucke 
vom 4. Ul.-Rgt. zum 16. Art.-Rgt., Grötz von der Lehrschmiede in 
Königsberg znr Lehrschmiede in Frankfurt a. M. und Pätz vom 
16. Art-Rgt. zur Lehrschmiede in Königsberg. Henze, Rossarzt 
d. L., der Abschied bewilligt. An Stelle des Rossarztes Rassau 
(s. No. 28) ist ausser dem Unterrossarzt Eggebrecht (s. No. 10) 
noch der Unterrossarzt Hellmuth (24.Drag.-Rgt. in Darmstadt) zur 
Verfügung des Reichs-Marineamtes gestellt und zur Dienstleistung in 
Kiautschou commandirt. — In Bayern: Brinkmann, Unterveterinär 
im 3. Chev.-Rgt., zum Veterinär, sowie die Unterveterinäre der Res. 
Dr. Joest (I München), Schöpperl (Regensburg), Lünemann (I 
München) und Wu cherer(Ansbach) zu Veterinären der Res. befördert. 

Yacanzen. 

Kreisthierarztatelien etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Aachen: Montjoie (erneut ausgeschrieben) 600 M. Gehalt, 
300 M. Stellenzulage, 600 M. Kreiszuschuss, (ev. für Beaufsichtigung 
des Schlachthofes weitere 800 M). Bewerbungen bis 5. August er. 
an das Landrathsamt zu Montjoie. — R.-B. Düsseldorf: Landkreis 
Krefeld zum 1. August er. (600 M.) Bewerbungen bis 20. August er. 
an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Oppeln: Gross-Strehlitz 
(600 M.) zum 1. October er. Bewerb, bis 10. August er. an den 
Regierungspräsidenten. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Cassel: Gersfeld. — R.-B. Köln: Waldbröl. — R.-B. Cöslin: 
Bütow. — R.-B. Wiesbaden: St. Goarshausen. 


Sanltltsthlerarztstelien: a) Neu ausgeschriebene Stellen; 
Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachthof zum 1. Oct. er. (2400 M., 
steigend bis 3600 M.). Bew. bis 1. Sept. an den Senator Dr. Don and l 

— Cassel: Schlachthofassistenzthierarzt sofort. (1800 M. 3monat¬ 
liche Kündigung.) Bewerbungen an den Director. — Graudenz: 
Assistenzthierarzt am Schlachthof (1800 M., Wohnung etc.; 4 wöch. 
Kündigung). Meid, bis 20. Aug. er. an den Magistrat. — Gr ätz: 
(Posen): Schlachthofinspector (1500 M., Wohnung etc., Privat¬ 
praxis in dienstfreier Zeit). Bewerbungen an den Magistrat. — 
Stettin: 3. Schlachthofthierarzt zum 1. September er. (2400 M. 
pensionsberecht. Einkommen, von 3 zu 3 Jahren nm 300 M. steigend 
bis 3300 M.) Bewerbungen bis 6. August er. an den Magistrat. — 
St. Wendel: Scblachthofverwalter (Bewerbungen mit Gehalts¬ 
ansprüchen bei freier Wohnung bis 1. September er. an den Bürger¬ 
meister). — Wollstein (Posen): Schlachthofinspector zum 1. Oct. er. 
(1200 M. Wohnung etc. Privatpraxis in dienstfreier Zeit). Bewerb, 
an den Magistrat. 

b) Nach Abi au i der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 

— Eberswalde: Schlachtbofinspector. — Haltern: SanitätB- 
thierarzt. — Köln: Schlachtboftbierarzt. — Königsberg (Ostpr.): 
Schlachthofthierarzt zum 1. October er. — Salzwedel: Schlacht- 
bofvorsteher. — Wanne: Scblacbthofvorsteher. — Wamsdorf. 

Privatstellen : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt. — Schönbaura (Danzig). — Soldau (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Bojanowo in Posen: Thierarzt 
(1200 M. Fixum aus der Schlachtviehbeschau; Praxis), Bewerbungen 
sofortanden Magistrat. — Eickel. — Mengeringhausen(Waldeck) 

— Peiskretscham (Ober-Schles.). — Ragnbn: Tbierarzt zu Ende 
August, (ca. 750 M. Nebeneinkommen aus der Fleischscbau). — 
Rhinow (R.-B. Potsdam). — Römhild: Thierarzt. — Schloppa 
(Westpr.) — Schwarzenberg i. S. — Sonnenbarg. — Saelze 
Mecklb.). —Wolkenstein. 


\ orantvrortlich für den Inhalt (excl. Inseratenteil): Prof. Dr. Schznaltz in Berlin. — Verlag und Eigentum von Richard Scboetz in Berlin. — Druck von W. Büxonslein, Berlin 


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Die „Berliner Thlerärztllcho Wochenecbrlfl“ crechelnt 
wöchentlich in Stärke von mindesten* V/ t Rogen. Dieselbe 
ist tu belieben durch den Buchhandel, die Tost (No. 1082i 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoctx, Berlin NW., Luisenstrnsse SO, zum Preiso von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Orlglnalbelträge werden mit 60 Mk. für den Bogen honorirt. 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellcn An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. l»r. Schmält», 
Berlin thierärzlliche Hochschule. NW., Iuiiscnstras'-e f»«>. 
Correcturon, Recensions-Exetnplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin. 

Verantwortlicher Redacteur. 

De Bruln Kühnau Dr. Lothe« Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schiegel Dr. Vogel ZOndel 

Professor Oberthierarzt Departemcntsthlerant Kreisthicrnrzt DepartemonUthierarzt Veterinärassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kroisthierarzt 

Utrecht Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. MUlhausen i. E. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. 


M 32 . 


Ausgegeben am 9. August. 


Inhalt: Peter: Ueber die endo venöse Inj ec tion von Jodkali um- und Protargollösungen. (Fortsetzung). — Dopheide: Zur Behand¬ 
lung der influenzakranken Pferde. — Referate: Leblanc et Bitard: Polyarthritis post partum bei der Kuh. — 
Al brecht: Nachkrankheiten der Gebürparese. — Duschanek: Zur Silbertborapie des Petechialfiebers bei Pferden. — AndreaerDie 
Verletzungen des Sehorgans mit Kalk und ähnlichen Substanzen. —Büchner: Natürliche Schutzeinrichtungen des Organismus 
lind deren Beeinflussung zum Zweck der Abwehr von Infectionserregern. — Die intracerebrale Verimpfung des Wuthvims. — 
Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Stockfleth. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — Fleischschau 
und Viehhandel. — Thierhaltung und Thierzucht. — BUcherbesprechungen. — Personalien. — Vacanzen. 


Ueber die endovenöse Injection von Jodkalium- und 
Protargollösungen. 

Von 

Dr. Peter-Angerraünde. 

(Fortsetzung.) i 

Behandlung der Lumbago mit lodkaliumlösung. 

1. Fall. Ara 7. November 1898 bot sich Gelegenheit, die 
Jodkaliumlösung bei einem lumbagokranken Pferde zu erproben. 
Es war eine 7 bis 8jährige branne Stute des gewöhnlichen Land- | 
Schlages von mittlerer Schwere, welche wegen einer Lahmheit | 
3 Tage im Stalle gestanden hatte. Die Stute wurde an dem 
feuchten und nebligen aber warmen Novembermorgen zum Rüben- 
fahren nach dem von ihrem Stall 2 km entfernten Bahnhofe be¬ 
nutzt. Als der Wagen am Ziele angelangt war, brach die Stute ' 
zusammen und war nicht wieder zum Anfstehen zu bringen. Sie j 
musste auf einer Schleife in den Stall zurücktransportirt werden. ! 

Bei meiner Ankunft Nachmittags 1 Uhr liegt das Pferd auf 
der rechten Seite, die Beine steif von sich gestrekt; die Kruppen- 
nmskeln sind gespannt and fest. P. 56, kräftig; A 25, nicht , 
erschwert. Sensorium frei, Conjunctiva stark geröthet, all- i 
gemeiner Schweissansbruch. Mit Hilfe von 8 kräftigen Männern 
wird ein vergeblicher Versuch gemacht, das Pferd aufzurichten. 
Es kann sich weder mit den Vorder- noch mit den Hinterbeinen 
stutzen. 

Medication. Täglich 3malige Verabreichung von 50 g j 
Natr. bicarbonic. und Einreibung von 01. Terebinth. mit Spiritus 
1:2. Ausserdem sofort eine einmalige Infusion von 10 g 
Jodkaliumlösung in 1500 g abgekochtem Wasser von 38°. Hier- i 
auf machte sich eine kleine Elevation des Pulses auf 60 Schläge ! 
und der Athmung auf 35 Zuge bemerkbar. Eine weitere 
Aendemng in dem Krankheitszustande trat nicht ein. 15 Minuten 
später wurde eine Chlorbarynmdosis von 0,25 g applicirt, welche i 
die gewöhnliche Wirkung hervorbrachte. 

Der weitere Krankheitsverlauf und die Behandlung am 
7. November gestalteten sich, gemäss den glaubwürdigen Mit- 
theilungen des Besitzers, wie nachstehend angegeben: 


Um 4 Uhr Einguss von 50 g Natr. bicarbonic. mit 30 g 
Extr. Aloes mit Wasser. 

Gleichzeitig wird ein Hängeapparat vermittels Sack in der 
von Dieckerhoff beschriebenen einfachen Art construirt und 
versucht, das Pferd durch 2 an der Decke des Stalles ange¬ 
brachte Rollen hochzuwinden. Diese Bemühungen hatten schliess¬ 
lich gegen 5 Uhr Abends Erfolg. Auf die Beine gebracht, setzt 
die Stute zunächt Harn von der Farbe des schwarzen Kaffees 
ab. Nach kurzer Zeit erfolgt eine weitere Entleerung von Urin, 
welcher bereits eine hellere Farbe angenommen hat. Bei der 
3. Harnentleerung ist die Farbe normal. 

Um 9 Uhr Abends wird der Gurt unter dem Pferde wegge¬ 
nommen, damit es sich wieder legen kann. Es erhält sich 
jedoch die Nacht hindurch in aufrechter Stellung, und so finde 
ich dasselbe auch noch am 8 November Nachmittags 2 Uhr. 

Die State bekundet bei der Untersuchung ein munteres 
Verhalten, wiehert nach andern Pferden nnd hat eine rege 
Fressinst, P. 50, kräftig, Arterie voll, A. 20, ohne Anstrengung, 
T. 38, 1. Die Spannung der Kruppenmusculatur ist vollständig 
gewichen. Dieselbe zeigt ihre gewöhnliche Elastizität. Die 
sichtbaren Schleimhauttheile sind normal. 

Die Stute geht beim Führen ohne Schwanken aus dem 
Stalle auf den Hof. Die Wendungen werden mit Leichtigkeit 
ausgeführt. Die Bewegung der Beine erfolgt vollständig normal, 
sowohl im Schritt als im Trabe. Bei letzterer Gangart stolpert 
das Pferd 2 mal mit dem rechten Vorderfusse. Das Stolpern 
dürfte anf eine schmerzhafte Quetschung der Haut an der 
vorderen Fläche des Carpalgelenkes zurückzuführen sein, welche 
sich die Stute beim Niederfallen während des Ausbruchs der 
Krankheit zugezogen hatte. Auch die vordere Fläche des linken 
Carpalgelenkes zeigt eine markstückgrosse Abschürfung mit 
Quetschung. 

Jch bin weit davon entfernt, an diesen Fall übertriebene 
Schlussfolgerungen von der Heilwirkung des Jodkaliums bei 
Lumbago zu knüpfen, denn die Autoren berichten, dass die 
Heilung auch spontan innerhalb 24 Stunden eintreten kann. 


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374 

Insbesondere darf auch nicht ignorirt werden, dass die von 
Dieckerboff eingeführte Anwendung des Natr. bicarbonic. in 
vielen Fällen ausgezeichnete Dienste gethan hat. 

Ferner mahnt ein zweiter weniger günstig verlaufener Fall, 
dessen objective Beschreibung ich dem sachverständigen Urtheil 
noch unterbreiten möchte, zu einer kühleren Auffassung. 

2. Fall. Am 24. November 1898 wurde ich um die Be¬ 
handlung eines an Lumbago erkrankten schweren Arbeitspferdes 
(brauner Wallach, 12 Jahre alt, belgischer Abstammung) ersucht. 

Der sehr gut genährte Wallach hatte laut Vorbericht seit 
Sonnabend den 19. November im Stalle gestanden und war täglich 
mit 10 Pfund Hafer nebst reichlicher Beigabe von Heu und 
Stroh gefüttert worden. 

Am 24. November zog derselbe mit drei anderen Pferden 
Morgens im Göpel. Nach einiger Zeit will der Wallach nicht 
mehr vorwärts gehen und knickt mit den Hinterbeinen ein. In 
den Stall gebracht, schont derselbe zunächst das rechte Hinter¬ 
bein, nimmt später eine gespreizte Stellung an und sinkt gegen 
9 Uhr Vormittags auf die Streu nieder. 

Bei der Untersuchung um 11 Uhr liegt dss Pferd auf der 
rechten Seite und schwitzt am ganzen Körper. Die Hinterfüsse 
sind lang weggestreckt, die Vorderbeine angezogen. Augen¬ 
bindehaut stark geröthet. P. 80, A. 24, T. 37,5, Darmbewegung 
abgebrochen. Wiederholter Abgang von Darmgasen, einmalige 
Entleernng von dünnem breiigem Koth. Ein Aufrichtungsversuch 
mit Hilfe von zehn Mann gelingt nicht. 

Behandlung. 50 g Natr. bicarbonic. in einer Flasche 
Wasser. Einreibung der Kruppe mit einer Mischung von 
Spiritus camphorat., Spirit, saponat., Liq. Ammon, und Spirit, aa. 

Um 12 Uhr Infusion von 10 g Jodkalium in 1,5 Liter 
abgekochten Wassers gelöst in die linke Jugularvene. 
Nach einiger Zeit contrahirt der Wallach den Brustkinnladen¬ 
muskel und die benachbarten Muskeln und verhindert das Zu¬ 
strömen der Jodkaliumlösung in die Vene. Bei einem neuen 
4 cm unterhalb angelegten Einstich wiederholt das Pferd das 
gleiche Manöver. Auch an der rechten Drosselvene vereitelt 
dasselbe durch beständige Contraction der genannten Muskeln 
die vollständige Einführung der Lösung, so dass nach meiner 
Schätzung nur etwa 3 / 4 der Jodkaliumdosis = 7,5 g in die 
Blutbahn gelangt sind. 

Um 1 Uhr trocknet der Schweiss ab. P. 60, A. 16, T. 37,8. 
Es wird versucht, mit Hülfe eines improvisirten Gurtes das 
Pferd aufzurichten, dasselbe stützt sich jedoch nur auf die 
Vorderbeine, die Hinterbeine werden nicht angesetzt. 

3 Uhr. Pferd hat ein munteres Auge, langt nach Heu und 
frisst mit Passion. Bei einem Aufrichtungsversuch benutzt es 
die Hinterbeine etwa eine Minute zum Stützen und fällt dann 
wieder nieder. 

P. 66, A. 20, T. 38,8. Verabreichung von 50 g Natr. 
bicarbonic. Um 4 Uhr liegt der Wallach ruhig athmend mit 
geschlossenen Augen langgestreckt am Boden. 

Dem Bericht des Besitzers nach ist das Pferd am 
24. November Abends aufgerichtet worden und hat eine Stunde 
lang in einem Hängegurt gestanden. 

Am 25. November wird dasselbe in meiner Gegenwart, 
nachdem es in eine zum Aufstehen geeignete Lage gebracht ist, 
aufgehoben, der rechte Hinterfuss wird nicht belastet. Hierauf 
erfolgt, angeblich das erste Mal seit der Erkrankung, Entleerung 
von kaffeeschwarzem Harn in dünnem Strahl. Application von 


No. 32 

zwei Dosen Chlorbaryum zu je 0,25 g und 50 g Natr. bicarbonic. 
in Wasser. 

Am 29. November berichtet der Besitzer, dass eine erheb¬ 
liche Besserung nicht eingetreten sei. Das Pferd stehe zwar 
auf, wenn kräftig nachgeholfen werde und halte sich etwa fünf 
Stunden im Hängegurt, habe auch einmal eine Stunde ohne 
Apparat gestanden, jedoch wolle es das rechte Hinterbein noch 
nicht gebrauchen. Der Harn habe erst am 27. November eine 
hellere Farbe gezeigt. 

Nach einer kurzen schriftlichen Nachricht ist der Wallach 
am 12. December 1898 verendet. Leider wurde mir keine 
Gelegenheit gegeben, die Obduction zu machen. 

Ich will diesen Fall hier nicht kritisch untersuchen, und 
stelle es der objectiven Beurtheilung anheim, ob nach diesen 
Erfahrungen Erfolge von der Jodkaliumtherapie bei der Lumbago 
erwartet werden können. 

Bemerkenswerth ist, dass nach einem soeben im Berliner 
Archiv erschienenen Aufsatz, Prof. Dr. Röder in Dresden*) den 
gleichen Gedanken verfolgte. Röder versuchte ebenfalls durch 
die Wirkung des Jods beim Kalbefieber und die homologe 
Aetiologie dieser Krankheit mit der Lumbago veranlasst, ein 
von Dr. K. Dietrich in die Therapie eingeführtes Jodpräparat, 
welches als Ersatz für die Jodalkalien empfohlen wird. Dieses 
Präparat ist eine wasserlösliche Verbindung von Jodeiweiss und 
Natrium (Natrium jodalbuminatura) und wird von der chemischen 
Fabrik in Helfenberg bei Dresden hergestellt. 

Dieselbe benannte das Mittel a-Eigon-Natrium, hat aber diese 
Bezeichnung, inhaltlich einer vor etwa acht Tagen versandten 
kleinen Broschüre*), jetzt in „Jod-Eigon-Natrium“ um¬ 
gewandelt. 

R. wandte das Präparat bei der Hämoglobinämie des 
Pferdes (Lumbago) seit December 1899 in einer Anzahl von 
Fällen hauptsächlich per os in Einzeldosen von 10—15 g (30 bis 
45 g pro die) an und hatte zufriedenstellende Erfolge. In 
schweren Fällen war mit dieser Behandlung ebensowenig etwas 
anszurichten, wie mit andern gegen die Krankheit empfohlenen 
Mitteln. In zwei Fällen, deren Verlauf ausführlich mitgetheilt 
wird, trat bei einem Gesammtverbrauch von 60—bezw. 65 g 
Jod-Eigon-Natrium vollständige Heilung innerhalb sieben und 
fünf Tagen ein. 

Bei Fall 1 wurde auch eine wässerige Lösung des Mittels 
von 10: 100 in die Trachea injicirt. Verf. empfiehlt diese 
Applicationsweise in schweren Fällen zum Zwecke einer 
schnelleren Wirkung. 

Zu versuchen wäre, ob auch die endovenöse Anwendung 
des Natr. jodoalbuminatum zulässig ist. Es könnten analog dem 
Kal. jodatum vielleicht zunächst Lösungen von 0,5 bis 1 pCt 
verwendet werden. 

Ich hoffe in kurzer Zeit das Resultat einiger diesbezüg¬ 
licher Versuche mittheilen zu können. 

Im Anschluss an diese Ausführungen möchte ich noch mit 
einer kurzen Betrachtung an die Schmidt’sche Behandlung 
der Gebärparese anknüpfen. 

Nach Ermittelung der Thatsache, dass 10 g Jodkalium in 
lproc. Lösung beim Pferde gefahrlos in das Gefässsystem ein¬ 
geführt werden können, dürfte die homologe Anwendung des 

*) Archiv für wissenschaftl. und pract. Thierbeilkunde 1900. 
Bd. 26, Heft 4-5. 

*) Die therapeutischen Erfolge der Jod- und Brom-Eigone. 
3. Aufl., Mai 1900. 


BERLINER T111ERÄRZTL1CHE WOCHENSCHRIFT 


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9. August 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


3?5 


Mittels auch beim Rinde zulässig sein. Es ist nicht aus¬ 
geschlossen, dass die Heilung des Milchfiebers bei vor¬ 
geschritteneren Fällen durch endovenöse Anwendung des Jod¬ 
kaliums noch sicherer sich vollziehen würde, weil das Jod in 
statu nascendi auf die im Blutplasma suspendirten Toxine zur 
Wirkung käme. Auch würden bei diesem Verfahren die nicht 
selten in Folge der Euterinjection auftretenden Mastitiden ver¬ 
mieden werden können. Der Versuch steht noch, aus und ich 
empfehle, denselben bei Gelegenheit ins Werk zu setzen. Ich 
bin bisher nicht dazu gekommen, weil die kleinen Besitzer, bei 
welchen ich im verflossenen Jahre ausnahmslos Milchfieberfälle 
zu behandeln hatte, die Blutinfusion nicht gestatten wollten und 
ich durch einen Fehlschlag des Versuchs den guten Ruf, welchen 
die jetzt übliche Kalbefieberbehandlung sich in meiner Praxis 
errungen hat, nicht aufs Spiel setzen wollte. Ein Grossgrund¬ 
besitzer dürfte die Ausführung des Versuchs eher zulassen. 

Eine interessante Mittheilung über die Therapie des Milch¬ 
fiebers, welche Dr. Aronsohn in No. 19 der B. T. W. vom 
10. Mai d. Js. macht, kann ich hierbei nicht übergehen. Derselbe 
hat von Januar bis April d. Js. 14 Fälle durch Infusion von 
17, bis 2 1 abgekochten reinen Wassers, welches in einigen Fällen 
mit einem kleinen Theelöffel Kochsalzes versetzt war, be¬ 
handelt und angeblich 13 Fälle geheilt. 

Aus diesem Ergebniss will A. ableiten, dass nicht die 
chemische Wirkung des Jods, sondern nur das mechanische 
Moment des Druckes im Euter, welchen das injicirte Flüssig- 
keitsquantum auf die secernirende Drüse ausübt, die Heilung 
bewerkstellige. Das Wesen der Krankheit bestehe mithin nicht 
in einer Autointoxication, sondern nur in einer Gehirnanämie, 
welche durch starke Blutableitung nach dem Euter bedingt sei. 

Näher auf diese neue Hypothese einzugehen, verbietet 
mir meine heutige Aufgabe. Doch erscheint mir diese Auf¬ 
fassung schon deshalb sehr zweifelhaft, weil sich die Aus¬ 
bildung von dauernden Lähmungen einzelner Gliedmaassen, 
welche wohl Jeder, der eine Anzahl Fälle zu behandeln hatte, 
nach Abheilung der Krankheit beobachten konnte, durch eine 
blosse Circulationsstörung im Gehirn nicht erklären lässt. 
A. giebt auf Grund seiner Theorie den Rath, bei hochgradig 
comatösen Fällen, welche das Eintreten einer Gehirnapoplexie 
befürchten lassen, durch intravenöse Einführung von 4 bis G 1 
physiologischer Kochsalzlösung in die Jngularis möglichst schnell 
eine Füllung der HirngefUsse herbeizuführen. 

Würde dieser zu infundirenden Wassermenge an Stelle 
des Kochsalzes die übliche Jodkaliumdosis von 10 g hinzu¬ 
gefügt, so würde der vorsichtige Therapeut beiden Hypothesen 
gerecht, und der Erfolg müsste ihm in jedem Falle sicher sein. 

Die Technik des beschriebenen Verfahrens der Infusion 
wird vereinfacht, wenn statt der Zusammenfügung der 
Dieckerh off sehen Hohlnadel und des Schm i dt’sehen Katheters 
eine Hohlnadel benutzt wird, deren Ausflussende in eine 
Birne ausläuft, auf welche der dünne Kautschukschlauch luft¬ 
dicht anfgestreift werden kann. 

Die zur Verwendung kommenden Instrumente und Utensilien 
bestehen demnach in der modificirten Di eckerhoff sehen Hohl¬ 
nadel, einem dünnen Kautschuckschlauch, mit dem ein Glas¬ 
trichter aber besser ein litergrosses Glasgefäss (welches in 
Gestalt der bekannten Irrigatoren am Boden konisch wird und 
in eine Röhre ausgezogen ist) verbunden ist, damit der Stand 
der Flüssigkeit von dem Operateur stets selbst im Auge be¬ 
halten werden kann. Die Benutzung eines Irrigators hat weiter 


den Vorzug, dass die Flüssigkeiten unter einem gleichmässigen 
Druck in die Vene einfliessen, und dass eine langsame Ent¬ 
leerung statthat, während man beim Gebrauch des Trichters in 
der steten Sorge sein muss, dass der Gehilfe das Zugiessen der 
Lösung im richtigen Augenblick versäumen und Luft durch den 
Apparat in die saugende Vene eindringen kann. 

Die Mitfuhrung von Glasbehältern zu den Besuchen auf dem 
Lande ist lästig, und es würden zumal Radfahrer häufig nur noch 
mit Scherben in der Tasche am Ziele ihrer Reise ankoramen. 
Ich habe mir desshalb in den beiden beschriebenen Fällen einen 
Irrigator hergestellt, indem ich faute de mieux von einer leeren 
Sektflasche oder gewöhnlichen Weinflasche den Boden ab¬ 
sprengte, in den Hals der Flasche einen vorher von einem 
Glasröhrchen durchbohrten Korken fest einfiigte und die Ver¬ 
bindungen, wie der Küfer früher bei guten Weinen verfuhr, mit 
Siegellack dichtete. Dieser improvisirte Irrigator, den man auch 
in kochendem Wasser steril machen kann, genügte meinen Zwecken 
vollkommen. (Schluss folgt.) 

Zur Behandlung der influenzakranken Pferde. 

Von 

Theodor Dophelde-Zülpicb, 

Thierarzt. 

Die Influenza fuhrt oft zu recht erheblichen Verlusten, nnd 
selbst wenn die Pferde wieder gesund werden, so bedürfen sie 
noch Wochen zu ihrer Erholung, und nicht selten erkranken sie 
dann noch an den sogenannten Nachkrankheiten. — Diese Um¬ 
stände sind daher geeignet, die Influenza zu einer mit Recht 
gefürchteten Krankheit zu machen. 

Eine Behandlung, welche sich auf Beseitigung der Krank¬ 
heitsursache, der Bacterien, richtete, ist bis jetzt nocli nicht 
durbhgeführt. Vielfach wird von einer innerlichen Behandlung 
überhaupt abgesehen. 

Ehler und Zürn hat auf die Verabreichung von Carbol- 
sänre 1,0 in 100 Theilen Wasser bis zu 3,0, täglich zwei- bis 
dreimal zu geben, aufmerksam gemacht. Auch die Einathmung 
von Carbolnebeln ist als nützlich empfohlen worden. Die ge¬ 
nannten Dosen sind nur, wohl wegen der Furcht vor Ver¬ 
giftungen, sehr klein bemessen. 

Ich möchte nun einen Fall mittheilen, der mir auf eine 
günstige Wirkung der Carbolsäure, in richtiger Form und Menge 
angewendet, hinzudeuten scheint. 

Ich übergehe hier das Krankheitsbild des Patienten der 
ersten vier Tage, sowie auch die Behandlung desselben in dieser 
Zeit, nnd bemerke nur, dass der Zustand sich von Tag zu Tag 
verschlimmerte. Das Pferd steht am fünften Tage theil- 
nahmlos da, hält den Kopf etwas gesenkt und die Augen¬ 
lider geschlossen. (Lichtscheu.) Der Abfluss von Thränen 
ist ziemlich reichlich. Die Conjunctiven sind geröthet und 
gelblich verfärbt. Die Zahl der Pulse beträgt 90—92, die der 
Athemzüge 48—50 pro Minute. Die Art. maxill. ist schwach 
gefüllt zu fühlen, die Pulswelle elend, mitunter unfühlbar. Bei 
jedem auf die Brustwandungen angebrachten Druck stöhnt 
Patient. Das Bläschengeräusch in den unteren Hälften der 
Lungenflügel ist aufgehoben und der Percussionston vollständig 
leer. Die Atlimung ist angestrengt und die Bewegung der 
Bauchdecken leicht pumpend. Die innere Körpertemperatur be¬ 
trägt p. an. gemessen 40,1—40,2° C. 

Die Prognose war also zweifellos schlecht, und ich beschloss, 
mit Einverständniss des Besitzers, einen Versuch mit Carbol¬ 
säure zu machen. 


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376 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32. 


Der Stall, in dem das Pferd stand, war gut und geräumig; 
für Reinigung wurde noch dadurch gesorgt, dass der Fussboden 
abgegraben und durch frischen Sand ersetzt wurde. Ich gab 
nun folgende, vom Besitzer genau befolgte Vorschriften: Fenster 
und Stallthür sind auszuheben und die Oeffnungen mit lockerer 
grober Sackleinewand zu verhängen, so dass frische Luft fortwährend 
einströmen kann. Im Stalle sind die Wände mit heissem Carbol- 
wasser zu besprengen; vor dem Pferde sind die ganze Nacht 
anhaltend Carbol-Wasserdämpfe zu entwickeln und ist darauf zu 
achten, dass das Pferd dieselben stets einathmet. Es sind in 5 1 
kochendes Wasser 100 g Carbolsäure zu schütten, und das Wasser 
durch Hineinlegen glühender Eisenbolzen möglichst kochend 
zu erhalten. Zum Zwecke der Durchführung dieser Behandlungs¬ 
weise waren dem Besitzer 2 kg krystallisirte Carbolsäure des 
Nachmittags um 6 Uhr eingehändigt worden. 

Am darauffolgenden Tage Morgens 9 Uhr war ich durch 
den Zustand des Pferdes überrascht. Eine solche Besserung, 
wie dieselbe hier bei dem Pferde in einer Zeit von 15 Stunden 
nach 12 Stunden hindurch andauerndem Einathmen von Carbol- 
Wasserdämpfen eingetreten war, musste bei jedem Laien und 
sogar bei jedem Sachverständigen ein Staunen erregen. Die 
Zahl der Athemzüge war auf 24, die der Pulse auf 54 pro 
Minute zurückgegangen. Die Augen waren geöffnet und die 
Absonderung derselben sehr vermindert. In gleicher Weise war 
das Exsudat in der Brusthöhle über die Hälfte zurückgegangen, und 
die Schmerzhaftigkeit der Brustfellentzündung ganz verschwunden. 
Die innere Körpertemperatur betrug 38,5° C. Dabei zeigte das 
Pferd eine Munterkeit, als ob es nie schwer erkrankt ge¬ 
wesen sei. 

Der Besitzer hatte in 12 Stunden zur Entwickelung der 
Carbolnebel l 1 /^ kg krystallisirte Carbolsäure verbraucht. Auf 
mein Befragen, wieviel Carbolsäure er auf einen Eimer Wasser 
(zu 5 1) gebraucht habe, gab derselbe lächelnd die Antwort, 
„ich habe es stark gemacht, stärker als Sie gesagt haben, ich 
habe dem Pferde auch noch ein Leintuch über den Kopf ge¬ 
hängt und den Eimer unter das Tuch gestellt; so musste es den 
Dampf gehörig einathmen; es hat ihm nichts geschadet“. 

Die Carbolnebel wurden schwächer noch an diesem und dem 
folgenden Tage angewandt. Nach zwei weiteren Tagen wurde 
das Pferd wie vorher zu den Feldarbeiten benutzt. Einer 
Schonungszeit bedurfte es nicht, auch traten sonstige Nach* 
theile später nicht hervor. 

Leider bin ich nicht in der Lage, mittheilen zu können, 
welche Stärke die Carbolnebel hatten. Ebenfalls muss ich die 
Frage offen lassen, wieviel Carbolsäure Patient in den 12 Stunden 
anfgenommen hat. Soviel ist jedenfalls als sicher anzunehmen, 
dass es eine ansehnliche Quantität gewesen sein muss, über 
welche folgende Berechnung immerhin einigen Anhalt geben 
dürfte: Besitzer hat in 12 Stunden 1500 g krystallisirte Carbolsäure 
zur Entwickelung von Carbolnebeln verbraucht. Bei 20 g auf 
1 1 Wasser müssten also 75 1 Wasser bis zum Kochen erhitzt 
und mit glühendheissen Bolzen heiss erhalten werden. Patient 
athmete 50 mal in der Minute und nahm unter dem Leintuche 
die Dämpfe mit jedem Athemzüge gewiss reichlich auf. Nahm 
Patient mässig gerechnet mit jedem Athemzüge 0,1 an conden- 
Birtem Wasserdampf (Wasser) auf, so macht das in der Minute 
6 g Wasser, in der Stunde 360 g. Dies giebt in 12 Stunden 
12 X 360 = 4320 g. Darnach würde das Pferd in den 
12 Stunden ungefähr 4*/ 2 1 Wasser mit circa 90 g Carbol in 
sich aufgenommen haben. Ich glaube jedoch nicht fehl zu 


gehen, wenn ich die aufgenommene Menge Carbolsäure höher 
veranschlage, da der Besitzer wahrscheinlich die Vorschrift in 
der Concentration überschritten und den Carbolnebel wohl 
doppelt so stark gemacht hatte, so dass das Pferd bis 180 g 
Carbol aufgenommen haben dürfte. 

Der Fall zeigt, dass auf dem Wege des Einathmens durch 
die Lungen grosse Mengen Carbolsäure ohne Nachtheil sich 
einverleiben lassen. Obwohl ferner aus einem solchen Fall noch 
kein Schluss gezogen werden kann, so ist doch die Beeinflussung 
der Krankheit durch die Carbolsäure kaum abzuweisen und die 
Beobachtung jedenfalls zu weiteren Prüfungen anregend. 

Es wären dabei freilich noch manche Fragen zu lösen, z. B. 

1. in welchem Grade müsste das Lungengewebe mit Carboldampf 
gesättigt werden, um den Ansteckungsstoff genügend zu schwächen; 

2. wie lange müsste die Einwirkung dauern; 3. in welcher Weise 
Hesse sich die nothwendige Menge ohne Schädigung des Thieres 
einverleiben. In letzterer Beziehung wäre die intratracheale 
Anwendung in Erwägung zu ziehen. Versuche bei günstiger 
Gelegenheit resp. an werthlosen Pferden werden sich machen 
lassen. 

Aus dem Grunde übergebe ich meine Beobachtung der 
Oeffentlichkeit mit dem Wunsche, dass dieselbe weiter verfolgt 
werden und sich dabei ein Nutzen ergeben möchte. 


Referate« 

Polyarthritis post partum hei der Kuh. 

Von P. Leblanc et Bitard. 

(Le progrö* v£t6rlnaire 1900, No. 21.) 

Diese Polyarthritis wurde zuerst von Saussol 1816 be¬ 
schrieben; später haben sie viele andere beobachtet. Moussu gab 
1894 eine ausgezeichnete Darstellung, wobei er eine exsudative 
und plastische Form unterschied. Diese Arthritis muss nach der 
Ansicht der obengenannten Verfasser von der anderen Arthritis 
unterschieden werden, weil sie nie purulent ist. Paule au, der 
800 Fälle beobachtete, fand nie Eiter in den kranken Gelenken. 

Aetiologie. Die Krankheit befällt besonders Kühe, welche 
ein- oder zweimal gekalbt haben, und zwar 90 pCt. nach Abortus. 
Paule au sah die Krankheit stets dann auftreten, wenn die Geburt 
schwierig und die Nachgeburt zurückgeblieben war. Furlanette 
sucht die Ursache in einer Retention der Lochien. 

In obigem Artikel werden zwei Fälle dieser Arthritis be¬ 
schrieben: I. Fall. Die Kuh ist 7 Jahre alt; die Geburt erfolgte 
leicht, die Nachgeburt wurde zeitig ausgestossen. Acht Tage 
nach der Geburt bekam die Kuh einen Prolapsus vaginae; der 
Besitzer reponirte die entzündete Scheide. Zwei Tage darauf 
zeigten sich an dem Thiere folgende Erscheinungen: Temperatur 
40°, Puls 80° C., Athmung tief und arythmisch, aus Cervix und 
Vagina rinnt eine purulente, röthliche Flüssigkeit. Die Milch war 
normal. Das rechte Ellbogengelenk, das rechte Kniegeleuk 
und die linke, hintere Sesamscheide waren geschwollen und sehr 
schmerzhaft. 

Zehn Tage nach der Geburt hatte sich der Zustand sehr 
verschlimmert; das Thier frass nicht mehr, stöhnte und konnte 
seine Glieder nicht mehr bewegen. Die Kuh, welche sehr ab¬ 
gemagert war, wurde nun geschlachtet, 15 Tage nachdem sie 
gekalbt hatte. 

Die Obduction ergab wenig Veränderungen in den Ein- 
geweiden; nur die Leber war parenchymatös entzündet, ausser¬ 
dem war eine Perimetritis mit Infiltration des Parametriums 


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9. August 1900. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


377 


vorhanden, der Uterus enthielt etwas dicken, bräunlichen Eiter, 
der Cervix uteri war theilweise gangränös. Die Vagina war 
entzündet, ebenso die Urethra und die Mueosa der Harnblase. 
Die Kmppenmu8keln waren serös infiltrirt. 

An den erkrankten Gelenken zeigte sich eine Arthritis 
plastica, in der Gelenkhöhle keine Synovia, wohl aber Pseudomem¬ 
branen; der Knorpel hatte sich hie und da losgelöst. Das rechte 
Ellbogengelenk umgab eine bedeutende subcutane Infiltration, 
in dem Gelenke befand sich eine gelbe, fibrinöse Masse, nur 
adhärent, wo der Knorpel nsurirt war. 

Die bacteriologische Untersuchung der Pseudomem¬ 
branen und des Gewebes, das von der Synovialis abgeschabt 
wurde, wies einen Bacillus und einen Diplococcus nach, die sich 
zwar in Anilinfarbstoffen färbten, jedoch die Färbung nach 
Gram nicht annahmen. 

H. Fall. Eine Kuh, 13 Jahre alt, hatte im 8. Monat ein 
Dunstkalb geworfen. Nach der Geburt zeigte sich eine stinkende 
Vaginalflüs8igkeit. Eine Untersuchung, welche 12 Tage nach 
der Geburt stattfand, ergab folgendes: Temperatur 39,8°, Puls 85; 
Cervix uteri so sehr geschlossen, dass nur 2 Finger 
eingefiihrt werden können; stinkende, dünne Uterusflüssigkeit, 
vermischt mit necrotischen Fetzen, fliesst ab; die vordem Fessel¬ 
gelenke und die grosse Sesamscheide am linken Vorderbeine 
sind stark angeschwollen und schmerzhaft. Am 19. Tag nach 
der Geburt verendete das Thier. 

Die Autopsie ergab Lungenemphysem und multiple Eiter¬ 
herde ; in der rechten Lunge einen grossen Eiterherd. Das Herz 
war normal. Die Leber enthielt nebst einem grossen ichorösen 
Herd etwa zehn kleine Absesse. Die verdickte Uterusmucosa 
zeigte eine granulirende Fläche. Die Veränderungen in den 
Gelenken waren dieselben wie im 1. Fall. In beiden Fällen 
bestand die Behandlung darin, dass der Uterus mit Borsäure- 
lösung und Lysollösung desinficirt und innerlich Glaubersalz 
und Natrium salicylicum gegeben wurde. Die erkrankten Gelenke 
wurden mit Camphersalbe behandelt. 

Ausser Moussu hat auch Vogel (Repertorium der Thier¬ 
heilkunde 1886, S. 257) und Strebei (Schweizer Archiv Bd. 36, 
Heft 2) eine ausführliche Darstellung dieses Falles gegeben. 

M. G. d. B. 

Nachkrankheiten der Gebärparese. 

Von Prof. Al brecht. 

Wochenschrift für Thierhellkunde und Viehzucht No. 26 und 27. 

Als Nachkrankheiten bei der Gebärparese beobachtete 
Albrecht: 

I. Indigestion mit den bekannten Erscheinungen. 

Der Zustand ist unbedenklich, kann aber mehrere Tage 
dauern; einmal 11 Tage lang beobachtet. Entziehungsdiät, 
Massage des Wanstes, Klystiere und innerlich Natriumsulfat 
und Tinct. Veratri bringen regelmässig Heilung. 

2. Fortdauer einer partiellen Parese nach dem Verschwinden 
der Gehirnstörungen. 

Einzelne Thiere vermögen sich nach Eintritt normaler 
psychischer Thätigkeit tagelang nicht zu erheben. Der Zustand 
dauerte einmal 7, einmal 9 Tage lang. In beiden Fällen trat 
Heilung ein. 

Albrecht hält die Schlachtung nach „ein paar Tagen“ für 
verfrüht, verwirft auch die Aufhebeversuche, weil die noch 
vorhandene minimale Innervation dadurch erschöpft wird. Er¬ 
heben sich die Thiere nicht auf Application des Inductions- 
stromes, so ist es ihnen überhaupt unmöglich. Behandlung: 


Massage, passive Bewegungen in den Gelenken, abwechselnd 
kalte und warme Umschläge auf Kreuz und Lenden. 

3. Lungenemphysem ist höchst selten aber schon während 
des comatösen Stadiums festgestellt. Ursache: starke In¬ 
anspruchnahme der Lunge durch die häufigen Aufstehversuche 
im Anfangsstadium. 

4. Abbiegung des Halses nach einer Seite und zwar nach 
der, wohin diese Theile während der Krankheit gelagert waren. 
Verfasser nimmt als Ursache die andauernde Dehnung der 
Mu8culatur zugleich mit der dabei bestehenden Behinderung der 
Circulation an. Dauer der Abbiegung 36—72 Stunden. Be¬ 
handlung: Anlage von zwei dem Halse seitlich angepassten 
Brettern; manchmal genügte auch öfteres Zurückbiegen des 
Halses nebst Massage. 

5. Entzündliche Anschwellungen am Unter- und Oberschenkel. 
Manchmal treten hei der theilweisen Zerreissung des Fersenbein¬ 
streckers (Gastrocnemii) ähnliche Functionsstörungen auf mit 
ödernatösen, schmerzhaften, höher temperirten Schwellungen. 
Während Guillebeau und Hess (Schweiz. Arch. 1895, S. 135) 
in zwei Fällen ähnlicher Erkrankungen Necrose der Musculatur 
feststellten, hält Albrecht eine theilweise Zerreissung der 
Gastrocnemii bezw. eine Quetschung der Muskulatur beim Liegen 
für vorliegend, beschreibt auch einen Fall, wo der ganze 
Symptomenkomplex an einem völlig geheilten Thiere ganz 
plötzlich bei Annäherung eines Hundes und dadurch veranlasstes 
rasches Aufspringen eintrat. 

6. Euterentzündungen hat Verfasser einige Male als Nach¬ 
krankheit beobachtet und vermuthet, dass dieselben traumatischen 
Ursprungs (Druck beim Liegen) sind. Dreistündliches Aus¬ 
melken und Camphor-Lysolsalbe genügten zur Heilung. 

, Nevermann. 

Zur Silbertherapie des Petechialfiebers bei Pferden. 

(ThlorirztL Centralbl. 1900. No. 10 u. 12.) 

Duschanek in Prag theilt seine Erfahrungen mit, 
welche er mit den intravenösen Injectionen des Collargols beim 
Morbus maculosus der Pferde gemacht hat. Es bot sich dem 
Referenten Gelegenheit, kurz hintereinander fünf Krankheitsfälle 
mit dem gedachten Verfahren zu behandeln. Trotzdem das 
Mittel genau nach Vorschrift angewandt wurde und die Patienten 
während ihrer Krankheit unter sachverständiger Beaufsichtigung 
beständig verblieben, endeten alle Fälle letal zwischen dem 
fünften und zwölften Behandlungstage. Der Tod trat ein nach¬ 
dem bei zwei Pferden je 3,5 g und bei drei Pferden 4,5 g 
bezw. 5 g bezw. 6 g Collargol in Einzeldosen von 0,5 g ver¬ 
braucht worden waren. 

Dieses ungünstige Ergebniss veranlasst Dnschanek vor 
der Anwendung des Mittels beim Morbus maculosus zu warnen. 

Bezüglich des benutzten Präparates, welches direct aus der 
chemischen Fabrik von Heyden in Radebeul bezogen wurde, 
wird bemerkt, dass die von andern Berichterstattern beobachtete 
leichte Löslichkeit desselben fehlte, denn vier, sechs, acht, ja 
zwölf Stunden nach Bereitung der Lösung war noch ein unlös¬ 
licher, erheblicher, metallischer Bodensatz vorhanden. 

Zu diesen Mittheilungen äussert sich die Leitung der 
genannten Fabrik in No. 12 des Thierärztlichen Centralblattes 
dahin, dass die Misserfolge Duschanek’s nicht in der Unwirk¬ 
samkeit des Collargols an und für sich ihre Erklärung finden, 
sondern darin, dass das benutzte Präparat zweifellos vor 
der Injection unwirksam geworden sei. Das Collargol sei 
ausserordentlich empfindlich und werde schon bei häufigem 


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378 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32. 


Oeffnen der das Präparat enthaltenden Flasche dnrch Berührung 
mit Licht and Luft mehr oder weniger schwer löslich. Zu 
berücksichtigen sei anch, dass Spuren einer Sublimatlösung, 
welche etwa noch von vorhergehenden Injectionen in der Spritze 
zurückgeblieben wären, die Zersetzung des Collargols und 
dessen Unwirksamkeit ebenfalls herbeiführen könnten, eine Er¬ 
fahrung, welche neuerdings von Dieckerhoff oder Werler 
gemacht worden sei. Bei Herstellung der Lösung sei daher 
wie nachstehend zu verfahren: „Man giebt das Collargol in 
ein 8orgfältigst gereinigtes Fläschchen mit reinstem destillirten 
kalten Wasser und lässt es einige Zeit stehen, bis die Stücke weich 
geworden sind. Dann schüttelt man das Gefäss kräftig bis die 
Lösung vollzogen ist. Von einem geringen verbleibenden 
Bodensatz muss abgegossen werden. Die Lösung ist stets 
frisch zum Gebrauch anzufertigen. Concentrirten Lösungen 
(1:50—200), welche anfbewahrt werden sollen (vor Licht zu 
schützen!), wird zweckmässig etwa 1 pCt. Eiweiss zugesetzt. 
Hühnereiweis8 und Glycerin zu gleichen Theilen hält sich lange.“ 

Die Verletzungen des Sehorgans mit Kalk nnd 
ähnlichen Substanzen. 

Von Dr. Andreae. 

Für den Praktiker von Wichtigkeit ist die vom Verfasser 
durch gründliche Studien erlangte Kenntniss, dass bei allen 
Arten von Kalkverletzungen des Auges das sofortige und reich¬ 
liche Ausspülen des verletzten Organes mit gewöhnlichem 
Wasser nicht allein durchaus unschädlich und darum unbedenklich 
ist, wenn nur das Wasser hinreichend rein und in genügender 
Menge angewandt wird, sondern dass dieses Verfahren sogar 
zum Theil das einzige thatsächlich wirksame und practisch ver¬ 
wendbare Abwehrmittel gegen die drohende Gefahr dauernder, 
schwerer Hornhauttrübungen ist, welches nicht frühzeitig genug 
zur Anwendung kommen kann und unter allen Umständen so¬ 
lange fortgesetzt werden muss, wie sich noch Reste von Kalk 
auf der Conjunctiva und Cornea befinden, die sich auf diese 
Weise überhaupt beseitigen lassen. 

Mit der Scheu vor Wasseranwendung bei Kalkverbrennungen 
des Auges, die dem theorisirenden Bedenken entsprang, das 
Wasser müsse durch die Verbindung mit dem Kalk dem Auge 
erst recht schaden, mit dieser Scheu muss also definitiv 
gebrochen werden. Die Anwendung des Wassers, am besten in 
Strahlform, muss allerdings sehr reichlich sein. 

Natürliche Schutzeinrichtungen des Organismus 
und deren Beeinflussung zum Zweck der Abwehr von 
Infectionserregern. 

Vortrag gehalten von H. Büchner auf der Versammlung der 
Naturforscher und Aerztc zu München. 

(D. med. Woch. 45/99.) 

Das Blut muss als das hauptsächlichste antibacterielle 
Schutzmittel im Körper angesehen werden. Die bei der Abwehr 
von Infectionserregern wirksamen Stoffe des Blutes, die sog. 
Alexine, sind nach den neuesten Ergebnissen der Forschung 
offenbar als eine Art von Verdauungsenzymen aufzufassen. Die¬ 
selben sind im Stande, Bacterien ebenso gut aufzulösen, wie 
fremde rothe Blutkörperchen, und die Leucocyten, von denen 
die Alexine stammen, sind ebenfalls befähigt, verdauende, auf¬ 
lösende Wirkungen auszuüben, eine Eigenschaft, die in der Ein¬ 
schmelzung von Geweben bei Eiterungsvorgängen, in der 
Resorption von Catgut in aseptischen Wunden etc. zu Tage 


tritt. Die Grundlage für das practische Eingreifen liegt nun in 
einer richtigen Beurtheilung der Function des Blutes. Das Blut 
vereinigt in sich beim Warmblüter eine ganze Reihe von 
Wirkungen. Ausser der Zufuhr assimilirbarer Nahrungsstoffe in 
die Gewebe, wirkt das Blut durch seinen Gehalt an Verdauungs¬ 
enzymen, welche im Sinne der Resorption thätig sind, und zwar 
am stärksten gegen fremdartige, zellige Gebilde und dann gegen 
nicht haltbare Gewebsneubildungen wie z. B. den Callas bei 
Knochenfracturen. Diese resorptiven, auflösenden, das Krank¬ 
hafte und die Krankheitserreger einschmelzenden und be¬ 
seitigenden Wirkungen sind bisher unterschätzt worden. Mit 
Berücksichtigung dieser Wirkungen hat Bier durch Blutstauung 
Heilung von Knochen- und Gelenktuberculose, von acutem nnd 
chronischem Gelenkrheumatismus erzielt. Unter Alcoholverbänden 
— eine Art Priessnitz’scher Verband, wobei statt Wasser 
96 pCt. Alcohol verwendet wird — heilen die heftigsten Zell¬ 
gewebe- und Lymphgefässentzündungen, Furunkel, Abscesse etc. 
Und der Grund dieser auffallend raschen Heilung liegt in der 
verstärkten Blutzufuhr, in der rascheren und stärkeren Durch¬ 
blutung der Organe, welche durch den Alcohol veranlasst wird, 
nicht etwa in seiner desinficirenden Wirkung. So ist es auch 
eine bekannte Thatsache, dass die Zahncaries, d. h. schlechte, 
abbröckelnde, schmerzhafte Zähne, durch täglich zweimaliges 
Putzen mit Alcohol wieder beseitigt werden kann. Auch dies 
beruht nur auf der verstärkten Blutzufuhr, die der Alcohol 
veranlasst. Neuerdings wird auch der Alcoholverband bei 
Knochen- und Gelenktuberculose verwandt. Verf. führt einen 
verzweifelten Fall an, der bereits zur Operation bestimmt war, 
und der unter Alcoholverband glatt heilte. Verf. drückt die 
Hoffnung aus, dass zweifellos noch andere Krankheitsformen 
sich finden werden, die dnrch Alcoholverbände zur Heilung zu 
bringen sein werden, dass die Medicin von den jetzt klar 
liegenden resorptiven und heilenden Wirkungen des Blutes eine 
immer zweckmässigere und wirksamere Anwendung machen wird. 

Die histologischen Laesionen der Toliwuth. 

Von van Gebuchten und Nelis. 

(Belgische Acadtmlo de m£declne 1900, Referat de* ltccuoil vom 15. Juni 1900.) 

Der Tollwuthvirus übt seine schädliche Wirkung vorzugs¬ 
weise in den peripherischen cerebro-spinalen und sympathischen 
Nervenganglien aus. 

Diese schädliche Wirkung des Tollwuthvirus äussert sich 
durch eine reiche Pullulirung der Zellen der endothelialen 
Capsel, die in ihrem Gefolge die Zerstörung einer mehr oder 
weniger grossen Anzahl von nervösen Zellen mit sich bringt 

In dieser Beziehung ist der Vergleich eines Durchschnitts 
eines normalen spinalen Ganglion (vom Hunde) und einem 
solchen von einem an Toliwuth verendeten Thiere ganz besonders 
beweisbringend. Während in eraterem die voluminösen nervösen 
Zellen, dicht aneinander gedrängt, die endotheliale Capsel, die 
ihnen reservirt ist, ganz ausfullen, sieht man im erkrankten 
Ganglion, dass eine grosse Anzahl von nervösen Zellen ver¬ 
schwunden und durch Anhäufungen von kleinen runden Zellen 
ersetzt sind, welche mehr oder weniger deutlich von dem um¬ 
liegenden Theile getrennte Zellennoduli bilden. Die noch 
bestehenden nervösen Zellen zeigen in ihrem Protoplasma und 
in ihrem Kern ausserdem noch verschiedene Laesionen. Beim 
Kaninchen und beim Hunde sind die Laesionen immer deutlicher 
ausgeprägt in den cerebralen als in den spinalen Ganglien. 

Am empfindlichsten ist der Ganglion nodosus des Vagus. 


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9. August 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 

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380 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32. 


Eifers und seiner Tüchtigkeit, mit welchen er sein Amt an der 
alten Schule verwaltet hatte, als Rector an der neuen 
„Veterinär-og Landbo-Höiskole“ ernannt und ihm über¬ 
tragen wurde, ausser der Leitung der ambulatorischen Klinik, 
zugleich auch Vorlesungen über die chirurgischen Krankheiten 
und über Geburtshülfe za halten. Mit dieser Anstellung war 
einer seiner grössten Wünsche erfüllt worden; denn sein sehn¬ 
lichstes Verlangen bestand darin, Gelegenheit zu bekommen, 
während seines ganzen Lebens seine Kenntnisse und seine Kräfte 
dem Dienste der Schule und der Wissenschaft, die er liebte, zu 
weihen. Und in Wahrheit kann von ihm gesagt werden, dass 
er an dieser Schule gearbeitet hat wie Einer, der sich der 
Verantwortlichkeit voll bewusst ist, die auf dem raht, welchem 
die Ausbildung von Jüngeren für ihre zukünftige Lebensstellung 
anvertraut ist. 

Als Lehrer hat er deshalb einen bedeutenden Einfluss auf 
die Ausbildung, und nicht zum wenigsten auf die practische 
Ausbildung derjenigen Thierärzte gehabt, die zu seiner Zeit von 
der dänischen Veterinärschule abgegangen sind, und seine 
Schüler werden ihm stets dankbar sein für die Ausbeute, welche 
sie unter seiner Anleitung gehabt haben. Als Berufsgenosse 
war er der liebenswürdigste College, stets erbötig zu helfen 
mit Rath und That und anderer Fehler mit Milde zu bedecken. 
Den Nothleidenden reichte er gern eine liülfreiche Hand. Als 
Secretär und später als Vorsitzender des dänischen thierärzt¬ 
lichen Vereins, den er im Jahre 1849 mitbegründet hatte, war 
Stockfleth derjenige, der während und ausserhalb der Ver¬ 
sammlungen des Vereins die meisten und die anstrengendsten 
Arbeiten zu verrichten hatte. Und endlich geschah es nach seinen 
Vorschlägen, dass der Jubiläumsfond der dänischen Veterinär¬ 
schule errichtet wurde. Schaut man zurück auf dieses sein weit 
umfassendes Wirken, so ist es leicht verständlich, dass er von 
seinen dänischen Berufsgenossen sehr geliebt und hoch ge¬ 
achtet wurde. 

Aber auch ausserhalb Dänemark’s hatte Stockfleth’s Name 
einen guten Klang. Es war ganz natürlich, dass dieser leb¬ 
hafte und sehr begabte Mann, der bereits durch seine in der 
periodischen Litteratur veröffentlichten Abhandlungen über 
veterinäre Gegenstände im Auslande bekannt war, auf seinen 
vielen mit öffentlicher Unterstützung vorgenommenen Reisen 
in Deutschland, Frankreich, England, Schweden und mehreren 
anderen Ländern die Aufmerksamkeit der fremden Fachgenossen 
auf sich lenken musste. Allein am meisten hat doch das von 
Stockfleth ausgearbeitete Handbuch der Veterinär-Chirurgie, 
das durchweg das Gepräge seiner scharfen Denkart und reichen 
Erfahrung trägt, dazu beigetragen, nicht blos sein eigenes, 
sondern auch das Ansehen der dänischen Veterinärschule im 
Auslande zu befestigen. Als Beweis dafür, welches günstige 
Urtheil über diese seine Arbeit im Auslande gefällt wurde, 
kann ich anführen, dass der nun verstorbene Prof. Hering an 
der thierärztlichen Hochschule in Stuttgart, einer der kundigsten 
Veterinäre der damaligen Zeit, in einem Briefe an Prof. 
Stockfleth, den Letzterer mich gleich beim Empfange lesen 
liess, die rühmendste Anerkennung über seine Arbeit aus¬ 
sprach und ihn dringend ersuchte, das Werk in deutscher 
Uebersetzung herauszugeben, indem er ihm seinen Beistand 
zur Beschaffung eines Verlegers zusagte. 

Die Thätigkeit dieses eifrigen und tüchtigen Mannes hat 
auch auf mehrfache Weise öffentliche Anerkennung gefunden. 

So wurde er im Jahre 1869 zum Ritter des St. Olafs- 


Ordens und im selben Jahre zum Professor ernannt. An¬ 
lässlich der Hundertjahrfeier der dänischen Veterinärschule 
wurde er als Ehrenmitglied der Veterinärgesellschaften za 
Dorpat und zu St. Petersburg aufgenommen und zum Ritter 
vom Dannebrog ernannt, und beim Feste der Kopenhagener 
Universität im Jahre 1879 wurde er zum Ehrendoctor der 
raedicinischen Fakultät promovirt. 

Bei seinem Tode errichteten dänische Thierärzte ein Er¬ 
innerungslegat, das seinen Namen trägt, und endlich haben 
dänische Thierärzte ihm jetzt das Denkmal errichtet, welches 
wir in Gegenwart dieser Versammlung enthüllen werden (die 
Hülle fällt). 

Möge nun dieses Denkmal, das bei den Aelteren unter uns 
seine wohlbekannten Züge in die Erinnerung zurückruft, und 
das an dem Platze, wo Professor Stockfleth so oft in seinem 
rastlosen Wirken gefunden wurde, errichtet ist, bis in ferne 
Zeiten zum ehrenvollen Gedächtniss dieses Mannes hier stehen. 

Im Namen des Comites habe ich den dänischen Thierärzten 
einen Dank darzubringen für die Bereitwilligkeit, mit welcher 
sie ihren Beitrag zur Aufführung dieses Denkmals für Professor 
Stockfleth beigesteuert haben, und an unsern hochgeehrten 
Minister der Landwirthschaft, Herrn Hoflägermeister Friis, 
habe ich einen Dank abzustatten für die Zuvorkommenheit, mit 
welcher Seine Excellenz als damaliger Director der Hochschule 
unser Gesuch an das Ministerium um Erlaubnis zur Errichtung 
dieses Monuments auf dem Grund der Hochschule unterstützt 
hat. Herrn Bildhauer Andersen bringe ich den Dank des 
Comitäs für die Sorgfalt, mit welcher er seinen Künstlersinn 
angewandt hat auf die Arbeit, die ihm anvertraut war, und die 
er so zu allgemeiner Zufriedenheit ausgeführt hat. Und endlich 
bitte ich den fungirenden Director der Hochschule, Herrn 
Veterinärphysicus Prof. Dr. med. Bang, darum, im Namen der 
Hochschule dieses Monument entgegen zu nehmen, hoffend, dass 
sie dasselbe in Zukunft hegen und pflegen werde.“ 

Der derzeitige Director der Hochschule, Prof. Bang, er¬ 
widerte folgende Worte: 

„Im Namen der Hochschule werde ich mit Freuden dieses 
schöne Denkmal entgegen nehmen, und ich gelobe, dasselbe in 
Achtung und Ehren zu halten. 

Es sind die Thierärzte Dänemarks, welche dieses An¬ 
denken errichtet haben, um den kommenden Geschlechtern ein 
sichtbares Zengniss zu geben von der tiefen Erkenntlichkeit, 
die sie diesem Manne gegenüber hegten, dem Manne, dessen 
Wirken eine so grosse Bedeutung für den Stand gehabt hat: 
und alle dänischen Thierärzte empfinden heute eine grosse 
Freudigkeit darüber, dass es ihnen gelungen ist, dieses Werk 
zu Stande zu bringen.“ 

Aber auch die Hochschule als solche theilt diese 
Empfindungen. Auf ihrem Grund ist das Denkmal errichtet und 
zwar mit Recht; Professor Stockfleth war ein ausgezeichneter 
Lehrer. Die glückliche Verbindung von wissenschaftlichem Eifer 
und Begabung mit hervorragender practischer Tüchtigkeit., 
welche er besass, ist zu seiner Zeit von der grössten Bedeutung 
gewesen und zwar dafür, dass die veterinäre Abtheilung 
der Hochschule den Zweck erfüllen konnte, welchen man sich 
setzte, als die alte Veterinär schule hierher verlegt wurde. Aber 
auch für eine glückliche Verwirklichung der Idee, welche der 
Verknüpfung zwischen der Veterinärschule und dem landwirt¬ 
schaftlichen Unterrichte zu Grunde lag, hat Stockfleth grosse 
Bedeutung gehabt. Er hat nicht blos durch Ausbildung wissen- 


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9. August 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


881 


schaftlicher und practisch tüchtiger Thierärzte der Landwirth- 
schaft indirect genützt; auch direct hat er dies gethan und 
zwar als eifriger Lehrer vieler Generationen der Studirenden 
der Landwirtschaft. Und zu seinen Collegen der anderen 
Facultäten unserer Lehranstalt stand er in der allerbesten Be¬ 
ziehung. Von allen war er geachtet und bei allen beliebt, und 
das grosse Ansehen, welches er mit Recht genoss, trug dazu 
bei, einen Glanz über die Hochschule zu verbreiten. Auch von 
Seiten der Hochschule soll bei dieser Gelegenheit erschallen 
ein: „Ehre sei seinem Andenken!“ 

Am Schlüsse brachte Stockfleth’s Bruder im Namen der 
Familie dem Stande der dänischen Thierärzte und dem Comit4 
einen Dank für die Ehre, die dem Andenken seines verstorbenen 
Bruders erwiesen worden. 

Personalien. 

Herr Geheimrath Dr. Lydtin ist anlässlich des Besuches, 
den die Abordnung der deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft 
der Weltausstellung in Paris abstattete, von der Societü des 


Agriculteurs de France zum Ehrenmitglied ernannt worden, 
i Diese Auszeichnung wurde, wie bemerkt zu werden verdient, 
ihm allein zu Theil. 

Der dem ostasiatischen Expeditionscorps angehörige Ober¬ 
rossarzt Hussfeldt ist zunächst zum Pferde - Ankauf nach 
Argentinien abgegangen. 

Eingesandt 

Mit Bezug auf das Eingesandt „Jubiläum“ in No. 31 der 
B. T. W. gestatte ich mir zu bemerken, dass der oder die mir 
unbekannten Einsender aus Sportkreisen mit meinen früheren 
und jetzigen Verdiensten nicht recht vertrant zu sein scheinen. 
Jeder Mensch kann wohl einige Complimente vertragen, aber 
die dort vorgebrachten sind in ihrem Uebermaass doch geeignet, 
Jemanden, dem auch nur ein bescheidenes Maass von Bescheiden¬ 
heit noch nicht abhanden gekommen ist, zu alteriren. Da ich 
jedoch überzeugt bin, dass es nicht in böser Absicht geschehen 
ist, so sei dem oder den geehrten Einsendern verziehen. 

Koedix. 


Staatsveterinärwesen. 

Von Preusse. 

Benutzung der Kleinbahnen. 

In voriger Nummmer ist bereits ein Beschluss des Staats- 
ministeriums, betr. die Reisekosten der Medicinalbeamten bei Be¬ 
nutzung von Kleinbahnen vom 16. Juli 1900, mitgetheilt worden. 
In diesem Beschluss sind im Gegensatz zu dem Staatsministerial- 
beschluss vom 25. October 1898 den Medicinalbeamten Zu- und 
Abgangsgebühren bei der Benutzung von Kleinbahnen zugestanden 
worden. Der Staatsministerialbeschluss vom 16. Juli 1900 ist 
augenscheinlich durch die verschiedene Behandlung hervor¬ 
gerufen worden, welche die Herren Minister für geistliche etc. 
Angelegenheiten und für Landwirthschaft etc. in Bezug auf die 
Dienstreisen den Kreisphysikern und Kreiswundärzten einerseits 
und den beamteten Thierärzten andrerseits haben angedeihen 
lassen. Im Artikel I § 4 No. III des Gesetzes vom 21. Juni 1897 
ist gesagt, dass die Bestimmung darüber, unter welchen Um¬ 
ständen die Beamten bei ihren Dienstreisen Kleinbahnen zu be¬ 
nutzen haben und welche Reisekostenvergütungen in solchen Fällen 
zu gewähren sind, durch das Staatsministerium erfolgt. In Aus¬ 
führung dessen hatte das Staatsministerium unter dem 
25. Oktober 1898 beschlossen, dass die Staatsbeamten verpflichtet 
sind, bei ihren Dienstreisen vorhandene Kleinbahnen, welche zur 
Personenbeförderung dienen, zu benutzen und dass sie dafür die¬ 
selben Entschädigungen wie für Reisen auf Eisenbahnen oder 
Dampfschiffen erhalten, mit der Ausnahme, dass bei Reisen, 
welche ausschliesslich auf Kleinbahnen oder theils auf Klein¬ 
bahnen theils auf Landwegen zurückzulegen sind, Zu- und Ab¬ 
gangsgebühr nicht gewährt wird. Jedoch können in den be- 
zeichneten Fällen die durch Zu- und Abgang nachweislich ent¬ 
stehenden besonderen Ausgaben ohne Rücksicht auf die Höhe der 
insgesammt aufgewandten Reisekosten zur Erstattung liquidirt 
werden. 

Der Königl. Beschluss bestimmte ferner, dass bei Reisen, 
die theils auf Kleinbahnen, theils auf Eisenbahnen oder Dampf¬ 
schiffen zurückgelegt werden, Zu- und Abgangsgebühren ebenso 
gewährt werden wie bei Reisen auf Eisenbahnen. Ist für eine 
Reise, die mit der Kleinbahn hätte zurückgelegt werden können, 
ein Fuhrwerk, eine Eisenbahn oder Dampfschiff benutzt worden, 
so kann die hierfür zuständige Entschädigung gewährt werden, 


wenn die Benutzung der Kleinbahn im Interesse einer an¬ 
gemessenen Erledigung der Reise ungeeignet gewesen ist. In 
vier Liquidation sind die Gründe für diese Nichtbenutzung der 
Kleinbahn anzuführen. 

Zu diesem Beschlüsse des Staatsministeriums haben die 
Herren Minister der Finanzen und des Innern unter dem 
25. December 1898 einen Ansführungserlass ergehen lassen, 
welcher uns besonders auch den Begriff Kleinbahnen festlegt. 
Darnach sind unter Kleinbahnen diejenigen Schienenver¬ 
bindungen zu verstehen, welche nach dem Gesetz über 
Kleinbahnen und Privatanschlussbahnen vom 28. Juli 1892 
als Kleinbahnen gelten. Hierzu gehören auch alle Arten 
Strassenbahnen. Da aus Art. V des Gesetzes vom 21. Juni 
1897 nur die Anwendbarkeit des Art. I §§ 1 und 4 
No. I und H für die Medicinalbeamten, nicht aber No. Iü, 
welcher Absatz von den Kleinbahnen handelt, ausgeschlossen 
wird, so musste zunächst angenommen werden, dass der Staats- 
ministerialsbeschluss vom 25. October 1898 für alle Beamten¬ 
kategorien, also auch für die Medicinalbeamten Giltigkeit hatte, 
zumal in diesem Beschluss keinerlei Beamtenkategorien ausge¬ 
nommen waren. Dieser Ansicht hatte sich auch der Herr 
Minister für Landwirthschaft in dem Erlass vom 21. August 
1897 angeschlossen. Derselbe ist in No. 5 der B. T. W. 1900 
veröffentlicht. Der Herr Minister der geistlichen etc. Angelegen¬ 
heiten war jedoch anderer Ansicht. In Folge Beschwerde eines 
Kreisphysikus hat derselbe im Einverständnis mit dem Herin 
Finanzminister durch Erlass vom 26. September 1899 (eben¬ 
falls veröffentlicht in No. 5 der B. T. W. 1900) entschieden, 
dass, da die Anwendbarkeit des Gesetzes vom 21. Juni 1897 auf 
die Medicinalbeamten ausgeschlossen ist, in der Berechnung 
ihrer Reisecompetenzen nichts geändert worden sei. Die 
Berechnung von Reisekosten für Dienstreisen, welche 
mit Kleinbahnen zurfickgelegt werden können, sei nach 
wie vor nach den für Landwege geltenden Sätzen zuzulassen. 
Bei dieser Verschiedenheit der Beurtheilung konnte daher 
diese Angelegenheit nur durch einen neuen Staatsministerial¬ 
beschluss geregelt werden, was nunmehr durch den Beschluss 
vom 16. Juli d. J. geschehen ist. Dieser Beschluss gilt nun 
für alle Medicinalbeamte, beamtete Aerzte und beamtete Thier¬ 
ärzte. Derselbe hebt auch die vorhin erwähnte Entscheidung 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32. 


auf, wonach die beamteten Thierärzte bei Reisen, die auf Klein¬ 
bahnen zurückgelegt werden können, die für Landwege geltenden 
Sätze liquidiren dürfen. Nach dem Erlass der Minister für 
Finanzen und des Innern vom 6. Oktober v. J. sind Kleinbahnen 
als Eisenbahnen anzusehen. Da nun die Beamten durch frühere 
Ministerialbestimmungen v. 11. September 1848 (M. Bl. S. 365), 
15. September 1856 (M. Bl. S. 218) und 31. Mai 1881 (M. Bl. S. 163), 
gezwungen sind, von allen Beförderungsmitteln das mindest kost¬ 
spielige auszuwählen und für Reisen, welche auf Eisenbahnen 
oder Dampfschiffen zurückgelegt werden können, nur die für 
Eisenbahn- und Dampfschiffreisen zulässigen Sätze zu liquidiren, 
so sind die beamteten Thierärzte auch genöthigt, bei vorhandenen 
Kleinbahnen nur die Eisenbahnsätze zu liquidiren. Der Beschluss 
vom 25. Oktober 1898, der grundsätzlich auch heute noch für 
die Medicinalbeamten gilt, gestattet hierin allerdings die Aus¬ 
nahme, dass bei vorhandener Kleinbahn auch Landfuhrwerk 
benutzt und liquidirt werden kann, wenn die Benutzung der 
Kleinbahn im Interesse einer angemessenen Erledigung der 
Reise ungeeignet gewesen ist. Letzterer Fall wird häufiger 
vorliegen, da die schlechten Verbindungen auf den Kleinbahnen 
eine schnelle und auch richtige Erledigung oft nicht zulassen 
dürften und diekreisthierärztlieben Dienstgeschäfte im Allgemeinen 
stets der Eile bedürfen. 

Somit ist nunmehr auch für die beamteten Thierärzte diese 
recht empfindliche Härte beseitigt, die um so fühlbarer war, als 
die beamteten Thierärzte zur Zeit immer noch die ihnen für 
Dienstreisen feststehenden Gebühren nicht nur als Entgelt für 
verauslagte Kosten, sondern auch als einen nicht unwesentlichen 
Theil ihres Einkommens betrachten müssen. 

Einfuhrverbote etc. 

Auch Baden hat unter dem 27. Juni 1900 ein Einfuhrverbot 
für Schweinefleisch etc. aus Serbien erlassen. 

Bayern hat, nachdem die Maul- und Klauenseuche in den 
angrenzenden böhmischen Bezirken erloschen ist, den Wirth- 
8chaftsbesitzem in den Grenzbezirken entlang der bayerisch¬ 
böhmischen Grenzstrecke die Einfuhr von Nutz- und Zuchtvieh 
aus Böhmen für den eigenen Wirthschaftsbedarf unter den be¬ 
kannten Bedingungen wieder gestattet. 

Dagegen hat die Statthalterei von Böhmen wegen Aus¬ 
bruchs der Maul- und Klauenseuche in der sächsischen Ge¬ 
meinde Johanngeorgenstadt die Schliessung der Grenzzollämter 
Wittigsthal und Breitenbach für den Verkehr mit Wiederkäuern 
und Schweinen verhängt und den kleinen Grenzverkehr mit 
den genannten Thiergattungen entlang des Gebiets der Ge¬ 
meinde Johanngeorgenstadt eingestellt. 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen eto. 

Erloschen ist die Seuche am 24. Juli in Magdeburg, 25. Juli 
in Mülhausen i. E., 30. Juli in Nürnberg, 2. August in München. 
Aus Essen a. d. Ruhr ist vom 31. Juli Ausbruch und Erlöschen 
gemeldet. — In Berlin war die Seuche am 31. Juli auf dem 
Schlachtviehhofe unter Schafen ausgebrochen, hier am 3. August 
erloschen, ist jedoch am 4. August ebenda unter Ueberständen 
von Schweinen aufs Neue constatirt worden. In Hamburg ist 
die Seuche unter Schweinen am 5. August ausgebrochen. 

Thleraeuohen im Auslände. I. Quartal 1900. 

Frankreich. 

Von Lungenseuche wurden im Januar 19, im Februar 18, 
im März 16 Gemeinden betroffen; geschlachtet wurden 119, 


geimpft 428 Thiere. Milzbrand herrschte im Januar in 27, im 
Februar in 22 und im März in 31 Ställen. Wegen Rotz wurden 
in den Berichtsmonaten 114 bezw. 168 bezw. 122 Pferde ge- 
tödtet, verseucht waren 58 bezw. 64 bezw. 69 Ställe. Die Zahl 
der angemeldeten tollen Hunde belief sich auf 188 bezw. 230 
bezw. 304. Die wuthkranken Hunde vertheilten sich auf 96 
bezw. 116, bezw. 142 Gemeinden in 35 bezw. 36 bezw. 38 
Departements. Maul- und Klauenseuche trat in 729 bezw. 569 
bezw. 774 Gemeinden auf. In 40 bezw. 75 bezw. 19 Heerden 
wurden Schafpocken, in 14 bezw. 18 bezw. 27 Heerden Schaf¬ 
räude constatirt. Rauschbrand trat in 67 bezw. 52 bezw. 72 
Ställen auf. Rothlauf der Schweine wurde in 8 bezw. 9 bezw. 8 
Departements beobachtet. In 27 bezw. 16 bezw. 12 Beständen 
wurde die ansteckende Lungen- und Darmentzündung der 
Schweine festgestellt. 

Dänemark. 

Die Zahl der verseuchten Thierbestände betrug in den 
Monaten Januar, Februar und März: an Milzbrand 8 bezw. 10 
bezw. 14; an Maul- und Klauenseuche 3 bezw. 5 bezw. 1; an 
Rothlauf der Schweine 143 bezw. 100 bezw. 105; an chronischer 
Schweinediphtherie im März 2; an Rückenmarkstyphus der Pferde 
3 bezw. — bezw. 8; an bösartigem Katarrhalfieber des Rind¬ 
viehs 7 bezw. 7 bezw. 7. 


Fleischschau und Viehhandel. 

Von Kühnaii. 

Zar Aasffihrang des Reichsflelschschaagesetzes. 

Die Veröffentlichung des Reichsfleischschaugesetzes setzt 
zunächst die Verordnungen in Kraft, die sich auf die Her¬ 
stellung der zur Durchführung beziehungsweise Functionirung 
der Schlachtvieh- und Fleischschau erforderlichen Einrich¬ 
tungen beziehen. Mit diesen Anordnungen wird sich nunmehr 
der Bundesrath und die einzelnen Landesregierungen zu be¬ 
fassen haben. Durch kaiserliche Verordnung ist bereits das 
Inkrafttreten des Einfuhrverbots für Wurst, Büchsenfleisch und 
sonstige Fleischgemenge auf den 1. October d. J. verkündigt. 
Weiter ist zu erwarten, dass baldigst die Instruction des Bundes¬ 
raths für die Einfuhr und Untersuchung des ausländischen 
frischen und zubereiteten Fleisches herauskommen wird. Vor 
allem ist es hier das Pöckelfleisch, dessen Zubereitung und 
Untersuchung in der Presse Anlass zu Erörterungen giebt. Pie 
Landwirthschaftskammern wollen nur das Pökelfleisch zur Ein¬ 
fuhr zulassen, zu dessen Pökelung (Conservirung, Färbung) keine 
anderen Stoffe als Salz und Salpeter verwandt sind. Die An¬ 
wendung von anderen Conservirungsmitteln (Borax, Borsäure. 
Formalin, Salicyl u. a. m.) soll verboten werden. Formalin und 
Salicyl wird zur Conservirung vqu Pökelfleisch wohl kaum ver¬ 
wandt. Dagegen ist Borsäure zur Conservirung von aus¬ 
ländischen Lebern benutzt worden, wie neuerdings noch wieder 
ans einem Gerichtsfall in Hamburg erhellt, über welchen die 
D. Fl.-Z. in No. 60 berichtet. Eine Familie war nach dem 
Genuss von Blutwurst erkrankt. In der Wurstprobe wurde Bor¬ 
säure nachgewiesen. Der Verfertiger der Wurst stellte in Ab¬ 
rede, Borsäure beigemischt zu haben, wohl aber habe er aus¬ 
ländische Leber zur Bereitung der Wurst benutzt. Die Con- 
servirung der ausländischen Lebern mittelst Borsäure sei ihm 
nicht bekannt gewesen. Der Angeklagte wurde freigesprochen. 
Wenn auch eine geringe Menge Borsäure nicht gesundheits- 


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9. August 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


383 


schädlich wirkt, so steht doch fest, das der fortgesetzte Genuss 
selbst von geringen Mengen Borsäure Gesundheitsstörungen 
hervorrufen kann. Das Verbot der Verwendung der Borsäure 
za Conservirungszwecken dürfte deshalb zu erwarten sein. 
Anders aber ist die Sache beim Borax. Die Gesnndheits- 
schädlichkeit von geringen Mengen Borax nach dem Genuss ist 
bisher nicht’ sicher gestellt, zudem wird Borax in der Heilkunde 
bei Nierenkrankheiten und in der Rinderpflege innerlich ver¬ 
wandt, ohne dass schädliche Folgen bisher beobachtet worden 
sind. Die Verwendung von Borax spielt andererseits in der 
Fleischconservirung eine bedeutende Rolle. Im Meat Trades- 
Journal v. 26. Juli giebt ein Fachmann an, dass 30 Procent 
der amerikanischen Waare boracirt ist. Er schildert die Zu¬ 
bereitung des amerikanischen Pökelfleisches folgendermaassen. 
Speck und langgeschnittene Schinken werden vorerst gesalzen 
und dann in Borax verpackt. Kurzgeschnittene Schinken werden 
in Salzbrühe gepökelt und vor der Verpackung mit Boraxlösung 
besprengt. Borax wird somit nur äusserlich zur Conservirung 
der mildgesalzenen Schinken und Pökelfleischstücke benutzt. 
Während die stark gesalzenen Fleischstücke ohne Borax in 
Salz verpackt werden. Ohne Borax wäre ein Transport der 
amerikanischen mildgesalzenen Schweinefleischstücke nach 
Deutschland unmöglich. Wird daher in den Ausführungs¬ 
bestimmungen ein Verbot der Verwendung von Borax generell 
ausgesprochen, so könnte Amerika nur stark gesalzenes Pökel¬ 
fleisch senden. Derartiges Pökelfleisch entspricht dem Geschmack 
des heutigen Publicums nicht mehr, mithin würde sich dann die 
Einfuhr von Pökelfleisch aus Amerika verringern. Eine andere 
Möglichkeit ist die, dass die Verwendung des Borax zu Con¬ 
servirungszwecken verboten, dagegen die Zulassung des Ver¬ 
packungsmaterials der gesalzenen Schinken u. s. w. nicht be¬ 
anstandet wird. Haben die Ausführungsbestimmungen einen 
derartigen Inhalt, so wird der amerikanische Fleischexport da¬ 
durch nicht berührt. 

Finnenkrankheit beim Menschen. 

R. Richter berichtet in der Prager medicinischen Wochen¬ 
schrift No. 16 u. 17 über einen Fall von Cysticercen im Rücken- 
raarke des Menschen. Tn einem tödtlich verlaufenen Falle von 
allgemeiner Cysticercenerkrankung fanden sich auch in der 
Rückenmarkssubstanz selbst zwei Finnenblasen, ein äusserst 
seltener Befund.. M. M. W. 

Thierhaltung und Thierzucht. 

Thierzuchtinspectsren. 

Zum Zwecke der Förderung der Rindviehzucht bestehen in 
Bayern gegenwärtig elf Zuchtverbände und zwei Herdbuchgesell¬ 
schaften, welche gleichartig organisirt sind und ihren Wirkungs¬ 
kreis über das Verbreitungsgebiet je eines Viehschlages bezw. 
über einen Regierungsbezirk ausdehnen. 

Bei neun von diesen Züchtervereinigungen liegt die tech¬ 
nische Leitung und Geschäftsführung in den Händen eigener 
Zuchtinspectoren, welche von den Verbänden mit Genehmigung 
des königl. Staatsministeriums des Innern, das auch Gehalt und 
Reisekosten der Inspectoren bestreitet, angestellt sind. 

Bis zum 1. October dieses Jahres werden auch die übrigen 
vier Verbände eigene Inspectoren erhalten, zwei davon sind 
bereits ernannt. Zur Zeit sind alle Zuchtinspectorstellen in 
Bayern mit Thierärzten besetzt, und besitzen die sieben ältesten 
derselben den Rang bezw. die Rechte der Bezirksthierärzte; 


die vier dienstältesten von diesen sieben Inspectoren sind dieser 
Tage zu pragmatischen Bezirksthierärzten extra statum mit dem 
Titel „Königlicher Zuchtinspector“ ernannt worden. V. 

Weldefettvleh-Airasteilung in Husum. 

Husum, einer der bedeutendsten Fettviehmärkte Deutschlands, 
von dem grosse Sendungen Vieh speciell nach Berlin, Hamburg 
und den rheinischen Märkten gehen, wird am 15. und 16. October 
eine Weidefettvieh-Ausstellung in seinen Mauern beherbergen. 

Internationale Viehausstellung in Chicago. 

Vom 1. bis 8. December 1900 soll im Dexter Park Amphi¬ 
theater, Union Stock Yards, Chicago eine internationale Vieh¬ 
ausstellung stattfinden. Die Ausstellung soll Zuchtvieh, Mast¬ 
rinder, -schafe und -Schweine, Magervieh, sowie Zugpferde um¬ 
fassen. Ferner ist beabsichtigt, die Methoden und Einrichtungen 
der Packhäuser, die Verwerthung der Nebenproducte, welche 
beim Schlachten gewonnen werden, Probeschlachtungen, die 
belehrend bezüglich der Fütterung wirken sollen, die Art und 
Weise der Ausführung der Fleischschau, die Unter¬ 
suchung der lebenden Thiere, Fütterungseinrichtungen, Schaf¬ 
waschmethoden den Besuchern vor Augen zu führen. Dem Aus- 
stellungs - Comitö gehören Mitglieder der sämmtlichen Vieh¬ 
züchter-Vereinigungen Amerikas an. Bereits ist in Aussicht 
genommen, jährlich derartige Ausstellungen zu veranstalten, um 
die ausländischen Züchter zu veranlassen, ihr Zuchtvieh in 
Amerika auf den Markt zu bringen, so dass die amerikanischen 
Züchter die Auswahl im Lande haben und nicht mehr gezwungen 
sind, das Ausland zu bereisen, um den Bedarf an Zuchtvieh 
zu decken. 

Zur Fiochfütterung. 

Füttert man Bachforellen lange mit Warmblüterfleisch, so 
verlieren sie ihren Wohlgeschmack und den Metallglanz der 
Schuppen sammt der charakteristischen Pnnktirnng. Dagegen 
empfiehlt Scheidlin als Fischfuttermittel einen Kaltblüter, den 
Frosch. Freilich muss man die Frösche abhäuten, das Fleisch 
mit gelb gerösteter Kleie fein zermahlen und mit etwas frischen, 
gesunden Malzkeimen vermengen. Dies Futter giebt man in 
mundgerechter Brockengrösse mit auf gesundem Fleische er¬ 
brüteten Fliegenmaden. Abgehäutete Frösche halten sich in 
einfacher Salzlake gepökelt Monate lang, auch an der Luft ge¬ 
trocknet fast ein Jahr. Gepökelte werden vor der Verwendung 
in warmem Wasser abgewaschen, getrocknete in heissem Wasser 
gequellt. Vor dem Pökeln kann man die Frösche auch in Lein¬ 
wandsäckchen eine Minute lang in kochendes Wasser tauchen 
und dadurch pasteurisiren. Als unzweckmässig wird noch die 
Fütterung der Karpfen mit Lupinen bezeichnet, die ebenfalls 
den Schuppen-Goldglanz und den Wohlgeschmack zum Schwinden 
bringe. (Centrlztg. f. Th. 1900). 

Altersbestimmung bei Karpfen. 

In der Ztschr. f. Fl. u. Milchh., Jahrgang 1897, war gesagt, 
es solle sich das Alter eines Karpfens dadurch feststellen lassen, 
dass man eine Seitenschuppe nimmt, sie sorgfältig in Alkohol 
reinigt und gegen das Tageslicht hält. Beim einsömmrigen 
Karpfen solle dann in der Mitte der Schuppen ein glänzend¬ 
heller Punkt erscheinen, der sich in jedem folgenden Sommer 
mit einem Ringe umgiebt, so dass aus der Zahl der Ringe das 
Alter bestimmt werden könne. Zu dieser Mittheilung sind weitere 
Aeusserungen nicht erfolgt. Es wäre interessant, zu erfahren, 
ob hierfür weitere Bestätigungen beigebracht werden können. 


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•m 


Bücherbesprechungeil. 

Exterieur des Pferdes. 

Unter den neueren Publicationen über Exterieur und Be- 
urtheilnng der Pferde nehmen zwei Arbeiten eine bevorzugte 
Stelle ein, so dass es wichtig genug erscheint, in dieser Wochen¬ 
schrift die practischen Thierärzte darauf aufmerksam zu machen. 
Zunächst gehört hierher die im Cyclus der Vorträge für Thier¬ 
ärzte von Prof. Schneidemühl (Leipzig, A. Felix) erschienene 
Arbeit vom Gestiitsdirector F. v. Chelchowski, „Ueber die 
Grundzüge für die Beurtheilung der Pferde auf Leistungs¬ 
fähigkeit“ (Preis 1,50), worin die von dem Franzosen Herbin 
in seinem Werke „Etudes hippiqites“ gegebenen Lehren in be¬ 
rechtigter Weise vertreten und in der für den practischen Thier¬ 
arzt nöthigen Kürze und Präcision abgehandelt werden. Den 
practischen Beweis für diese Lehren liefert das Heft 43 der 
Arbeiten der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft, betitelt: 
„Die Hengste der königlich preussischen Landgestüte 18% bis 
1897“ von Dr. Simon von Nathusius. Es sind darin die 
Messungen von 2443 preussischen Hengsten und zwar nach 
Höhe des Widerrüsts und der Kruppe, Beinlänge, Brusttiefe, 
-Breite, -Umfang, Rumpflänge, Röhrenbeinumfang angegeben, so 
dass es sehr leicht fällt, an der Hand der Thatsachen die 
Herbin’sehen Lehren zu prüfen und bestätigt zu finden. Beide 
Arbeiten möchten in keiner thierärztlichen Bibliothek fehlen. 

Dr. Ellinger. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Kreisthierarzt Ott-Ansbach ist gleich¬ 
zeitig mit seiner Versetzung in den Ruhestand der Verdienstorden 
vom hl. Michael IV. Klasse verliehen worden. * 

Ernennungen: Wassmann, Kreisthierarzt in Berlin, zum Departc- 
mentsthierarzt in Liegnitz ernannt; als dessen Nachfolger nach Berlin 
versetzt Kreisthierarzt Seiffert-Cbarlottenburg; für letzteren der 
Polizeithierarzt Sielaff-Berlin comm. zum Kreisthierarzt in Charlotten¬ 
burg ernannt; Thierarzt Marder znm comm. Kreisthierarzt in Glowitz 
(Kreis Stolp Nord). 

In Bayern: Die jetzt officiell bekannt gegebene Ernennung der 
Zuchtinspectoren zu pragmatischen Bezirksthierärzten extra statum ist 
bereits in No. 1 mitgetheilt worden. — Joseph Bauer, Districtsthier- 
arzt in Roththalmünster, zum Zuchtinspeclor bei dem Verband für 
Fleckvieh in Niederbayern mit dem Wohnsitz in Landshut 

Gewählt: Rehfeldt, Rossarzt a. D., zum städtischen Thier¬ 
arzt in Friesack (Mark), Thierarzt F. Stephan zum Scblachtbof- 
assistenzthierarzt in Erfurt. Dev zum Districtsthierarzt in Wald¬ 
kirchen (Niederbayern) gewühlte Districtsthierarzt Heinrich Geiger 
hat die Stelle nicht angetreten. 

Examina: Kall mann, städt. Thierarzt in Berlin, wurde von der 
medicinischen Facultät der Universität in Bern zum Dr. med. vct. 
promovirt. 

Approbationen: in Berlin: die Herren Carl Manleitner, 
Otto Nie mann, Albert Rahne, Ludwig Theinert. — In München: 
die Herren Johann Bichlmaier, Fritz Gierer, August Knorr, 
Max Kreutzer, Theodor Mayr, Rudolph Pertenharamer, Joseph 
Rösch, Georg Schrüfer, Paul Speiser, Michael Steiger, Florian 
Vicari, Friedrich Wildhagen, Karl Zimmermann. 

Das Examen als beamtete Tbierärzte bestanden in Berlin 
die Thierärzto Dr. Finkenbrink-St. Vieth (Eifel), Karl Petersen- 
Segeberg, Gustav Pilger-Kirn, Otto Schmidt-Hirschberg (Schlacht¬ 
hot), Franz Szillat und Joseph Weber. 

WohnsitzverSnderungen, Niederlassungen etc. Thicrarzt Carl Geiger 
hat sich in Oberstdorf (Sonthofen) niedergelassen. 

In der Armee: Für den erkrankten Rossarzt Carl ist der zum 
Rossarzt beförderte Unterrossarzt Kal eher zum Expeditionscorps 
nach China commandirt worden. 


No. 32. 


Befördert: Nothnagel, Rossarzt im 6. Drag.-Regt, zum Ober¬ 
rossarzt im Regiment. Freude, Unterrossarzt im 13. (Königs) 
Ul.-Regt., unter Versetzung zum 1. Garde-Feld-Art.-Regt. zum Ross¬ 
arzt. — Gross, Einj.-Frw. im 13. Drag.-Reg., znm einj.-freiw. Unter 
ros8arzt. Die Unterrossärzte der Res. Haferburg und Meyer 
(Bez. Comm. Neuhaldensleben) und Pilimann (Bez. Comm. II, 
Bochum) zu'Rossärzten der Res. 

Versetzt: Petsch, Oberrossarzt im 2. Garde-Feld-Art.-Regt, 
zum 2. Garde-Ul.-Regt., Rossarzt Meier vom 1. zum 2. Garde- 
Feld - Art. - Rgt. — Loewner, Oberrossarzt im 3. Kür.-Regt., 
zur Vertretung des technischen Vorstandes der Lehrschmiede in 
Königsberg, des Oberrossarzt Schlacke; Mummert, Rossarzt 
im 21. Art.-Reg., mit der Wahrnehmung der Oberrossarztgeschäftc 
znm 3. Kiir.-Regt. commandirt. 


Vacanzen. 

(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufencr Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 

Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ansgeschriebene Stellen: 
R.-B. Düsseldorf: Landkreis Krefeld zum 1. August er. (600 M ) 

; Bewerbungen bis 20. August er. an den Regierungspräsidenten. — 
R.-B. Oppeln: Gross -Strehlitz (600 M.) zum 1. October er. Be¬ 
werb. bis 10. August er. an den Regierungspräsidenten. 

In Bayern: 4 neue Bezirksthierarztstellen in Aibling (Ober¬ 
bayern), Hotheim (Unterfranken), Ob erviechtach (Oberpfalz) und 
Schwabmünchen (Schwaben) zum 16. September 1900. Gesuche 
an das. kgl. Staatsministerium des Innern sind bei den bezw. 
Regierungen, Kammer des Innern, bis 15. August er. einzureichen. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Aachen: Montjoie — R.-B., Cassel: Gersfeld. — R.-B. Köln: 
Waldbröl. — R.-B. Cöslin: Btitow. —R.-B. Wiesbaden: St. Goars¬ 
hausen. 

Sanltltsthierarztsteilen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachthof zum 1. Oct. er. (2400 M., 
steigend bis 3600 M.). Bew. bis 1. Sept. an den Senator Dr. Don and t 

— Cassel: Schlachthofassistenzthierarzt sofort. (1800 M. 3monat¬ 
liche Kündigung.) Bewerbungen an den Director. — Cottbus: 
Schlachthof-Assislenzthierarzt zum 1. Oct. er. Bewerb, mit Gehalts- 
ansprüchen sofort an den Magistrat. (Anstellung diätarisch bei 
vierteljähriger Kündigung.) — Dresden: Hilfsthierarzt am Schlacht¬ 
hof (2100 M., 3 monatliche Kündigung, Verpflichtung zu mindestens 
1 jähr. Dienstzeit) Bewerb, bis 18. August er. an den Director der 
Fleischschau. — Graudenz: Assistenzthierarzt am Schlachtbot 
(1800 Mark, Wohnung etc.; 4 wöch. Kündigung). Meldungen bis 
20. August er. an den Magistrat. — Gr ätz: (Posen): Schlachthof¬ 
inspector (1500 M., Wohnung etc., Privatpraxia in dienstfreier 
Zeit). Bewerbungen an den Magistrat — St. Wendel: Schlachthof¬ 
verwalter (Bewerbungen mit Gehaltsansprüchen bei freier Wohnung 
bis 1. September er. an den Bürgermeister). — Wollstein (Posen): 
Schlachthofinspector zum 1. Oct er. (1200 M. Wohnung etc. Privat¬ 
praxis in dienstfreier Zeit). Bewerb, an den Magistrat 

b) Nach Ablaui der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 

— Eberswalde: Schlachthofinspector. — Haltern: Sanitäts¬ 
thierarzt. — Köln: Schlachthofthierarzt. — Königsberg (Ostpr.): 
Schlachthofthierarzt zum 1. October er. — Salzwedel: Schlacht¬ 
hofvorsteher. — Stettin: 3. Schlachthofthierarzt zum 1. September. 

— Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. — 
Mengcringhausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schles.) 

— Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Römhild. — 
Schloppa (Westpr.) — Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. 

— Suelze Mecklb.). — Wolkenstein. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Verantwortlich för den Inhalt (excl. ln.icratentheil): I’rof. Dr. Si-hmaltz in Berlin. — Verlag und Elgcnthum von Richard Scboetz in Berlin. Druck von W. Büienstcin. Tterlin 


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Die „Berliner Thlerlrxtltche Wochenichrlft“ erscheint Originalbeltrfge werden mit GO Mk. für den Bogen hooorirt. 

wöchentlich in Starke ron mindestens IV, Bogen. Dieselbe Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactioneilcn An¬ 
ist in belieben durch den Buchhandel, die Post (No. 1083) *■ % fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält», 

oder durch die Verlagsbuchhandlung ron Richard J W »-» I /\-m Berlin thierirztliche Hochschule, NW., Luisenstras»e 66. 

Schoots, Berlin NW., Luisenstrasse 5<J, inm Preise von ■ M_jk I I ■ ■ m ü Correctnren, Recensions-Exempiare und Annoncen da- 

Mk. 6,— pro Vierteljahr. I H J | B B i I ^ V B gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz- Berlin. 

Verantwortlicher Redacteor. 

De Brulii Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusso Dr. Schlegel Dr. Vogel Zündet 

Professor Oberthierarst Departemcntslhierant Kreisthierarzt Departementsthierarzt Veterinärassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kroisthiurant 

Utrecht Hamborg. Cöln. Angermünde, Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen L E. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. M 33. Ausgegeben am 16. August. 


Inhalt: Peter: Ueber die endovenöse Injection von Jodkalium- und Protargollösungen. (Schluss). — Michalik: Spontane 
Heilung einer Schlund-Wunde. — Bory: Zange zum Festhalten der Schweine bei der Impfung. — Referate: 
Leclainche und Vall6e: Studien Uber Rauschbrand. — Elliot: Erfahrungen über Osteo-Porosis. — Conrtial und Carougeau: 
Osteoporose resp. „Kleiekrankheit“ beim Pferde. — Adrian: Zur chirurgischen Behandlung der verhärteten Gallen. — 
Guillebeau: Ueber Haarballen aus dem Uterus von Kühen. — Klimmer: Ueber Milcbverfälschnngen und deren Nachweis. — 
Frantzius; Ueber die Art der Conservirung und die Virulenzdauer des Markes toller Thiere. — Nntall: Ueber die Rolle der 
Insekten bei der Verbreitung parasitärer Krankheiten. — Tagesgeschichte: Protocoll der 57. Versammlung des Vereins 
Thüringer Tbierärzte am 20. Mai 1900 im Hdtel „Weisses Ross“ zn Erfurt. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — 
Fleischschau und Viehhandel. — Personalien. — Vacanzen. 


(Jeber die endovenöse Injection von Jodkalium- und 
Protargollösungen. 

Von 

Dr. Peter-Angermünde. 

(Schloss). 

Behandlung des bösartigen Catarrhalflebers mit Protargeliöaung. 

Meine Versuche erstreckten sich auch auf ein Mittel ans 
der Reihe der neuen Silberpräparate. Nachdem von Dieckerhoff 
gezeigt worden war, dass sich das Argentum colloidale 
Cred6 in 1 proc. Lösung zu intravenösen Injektionen bei Pferden 
eigene und gegen den Morbns macnlosus vorzügliche Dienste 
leiste, wurde dasselbe in der gleichen Weise mit Erfolg auch 
gegen das bösartige Catarrhalfieber der Rinder durch Meissner- 
Schafstädt angewendet. Bald darauf gelang es David in Nanen 
ebenfalls einen Wiederkäuer dnreh intravenöse Injektionen mit 
Collargol von der fast ausnahmslos tödtlichen Krankheit zn 
heilen. Als mir, im Besitz dieser Kentnisse, am 29. Mai v. Js. 
wieder ein typischer Fall des bösartigen Catarrhalflebers bei 
einer gutgenährten 4jährigen Knh des Domininms Schönerm. 
vor Augen kam, wollte ich das Experiment nachmachen. Die 
Apotheke in A. hatte jedoch Collargol nicht vorräthig, so dass ich 
mich entschloss, an Stelle desselben das vorhandene Protargol 
zu versuchen. Das Mittel hat sich seit den Empfehlungen 
Neisser’s in Breslau einen grossen Ruf erworben, der in meinen 
Augen noch erhöht wurde durch den trefflichen Bericht des 
Herrn 0. R. Gi es ecke*) über die ausgezeichneten antiseptischen 
Eigenschaften des Präparates bei eitrigen und jauchigen Wnnden, 
welchen ich zwei Tage vorher in der vorjährigen Versammlung 
des Brandenburger Thierärztlichen Vereins gehört hatte. 

1. Fall. Ich liess mir deshalb 250 g einer 1 proc. Lösung 
in deetillirtem Wasser bereiten und filtriren, um dieselbe der 
Knh ain folgenden Tage intravenös einzuspritzen. Dieselbe 
zeigte aib 30. Mai nachstehendes Krankheitsbild: Gestränbtes 
Deckhaar, Kopf gesenkte Haltung, Lichtscheu, Thränenflnss, 

*) Bert. Thierärztl. Wochenschr. 1899 No. 26. 


Schmerzempfindung in den Augen (Schütteln mit dem Kopfe). 
Conjunktivitis und Keratitis. 

Aus beiden Nasenöffnungen copiöser, grangrünlicher Aus¬ 
fluss, Schnieben bei der Ein- und Ausathmung, übeler Geruch 
| aus dem Manl, stellenweise Abstossnng des Epithels an der 
Innenfläche der Lippen. Znngenrücken pappige, trockene Auf¬ 
lagerungen, welche übelriechend sind. Athmung etwas ange¬ 
strengt, Athmung 16 mal, Puls 50 Schläge in d. Min., Temperatur 
39,7; Futter wird verweigert; Wasser dagegen häufig getrunken. 
Pansen- und Darmbewegungen, sowie Kothabsatz vorhanden. 

Nach genügender Erwärmung der Lösung auf dem Wasserbade 
wurde die Injection mit der 20 g haltenden Dieckerhoff’schen 
Chlorbaryumspritze ins Werk gesetzt. Bei der 4. Spritze kam 
die Lösung in schwach röthlicher Färbung durch die Hohl¬ 
nadel ans der Vene zurtickgeflossen, ein Zeichen, dass dieselbe 
durch Thrombose centripetal verstopft war. Unterhalb der 
Einstichstelle war demgemäss auch ein fingerlanger und daum- 
dicker festweicher Strang in der Vene zu fühlen. Hierauf 
wurde die weitere Einspritzung sofort ausgesetzt. Die Kuh 
I beknndete bald darauf Angstgefühl und eine geringere Steigerung 
| der bereits vorhandenen Dyspnoe; diese Erscheinungen gingen 
! aber nach kurzer Zeit vorüber, und es trat derselbe Zustand 
; wie vor der Injection ein. 

Es stellte sich später heraus, dass die Lösnng in Folge eines 
Irrthums nicht 1 sondern 2 Procent Protargol enthielt, und dass 
i hierdurch Gerinnung des Venenblutes bedingt wurde. Die Kuh 
1 hatte demnach mit 80 g 2 proc. Lösnng 1,6 Protargol erhalten. 

Bei dem nächsten Besuche am 1. Juni konnte ich einen 
I erheblichen Rückgang der Krankheit constatiren. Thränenfluss 
und Lichtschein hatten nachgelassen. Die Angenlieder wurden 
weit geöffnet. Die Cornea zeigte eine rauchige Trübung. 

| Nasenausfluss geringer. Das inspiratorische Schnieben war ver- 
i schwanden. Die Athmung war ruhig und gleichmässig nnd 
wiederholte sich 20 mal pr. Minute. P. 72, T. 40,3. 

Geringgradige Speichelabsonderung. Allgemeinbefinden besser. 
I Die Kuh frisst frische Luzerne. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 33. 


Der Rest der Lösung wurde durch Zusatz einer gleichen 
Menge destillirten Wassers verdünnt, und von dieser nunmehr 
lproc. Lösung 40 g in die linke Jugularvene injicirt, worauf 
Complicationen nicht mehr beobachtet wurden. Die Kuh erhielt 
mithin an diesem Tage noch 0,4 g im Ganzen also 2 g Pro- 
targol. Die Abheilung der Krankheit ging weiter gleichmässig 
vor sich und vollzog sich binnen 5—6 Tagen vollständig. 

2. Fall. Einen 2. sehr vorgeschrittenen Krankheitsfall be¬ 
handelte ich in gleicher Weise Ende April d. Js. auf der 
Gräflich R.’schen Domaine G. 

Eine 5 Jahre alte schwere Kuh, friesischer Kreuzung, war 
angeblich seit 8 Tagen krank. 

Bei der Untersuchung am 25. 4. bekundete die Kuh nach¬ 
stehende Erscheinungen: Thränenfluss, Lichtscheu, Conjunctivitis 
und Keratitis. Nasenausfluss von gelblich klarer zähflüssiger 
Beschaffenheit mit Blutstreifen und schmierigen croupartigen 
Massen gemischt. Pigmentirte Haut des Flotzmaules stellen¬ 
weise abgestossen und mit eiterartigen Producten bedeckt A. 20, 
inspirator. Dyspnoe, P. 72 T. 40,4 Schüttelfrost, Fresslust unter¬ 
drückt, Koth trocken. Milch versiecht. Kuh liegt dauernd. 

Am 26. April bekundet die Kuh hochgradige in- und ex- 
spirat. Dyspnoe. A. 28, P. 96. T. 39,8. Hals und Kopf sind 
weit nach vorn gestreckt. Augen meist geschlossen. Hornhaut 
bis auf ein schmales oberes Segment grauweiss getrübt. Die 
Kuh ist sehr erregbar und fällt auf die Vorderknie nieder, so¬ 
bald sie zwecks Application der intravenösen Ipjection bei den 
Hörnern gefasst wird. 

Es tritt zugleich ein heftiger Hustenanfall ein, wobei dicke 
Fibrinschwarten aus den unteren Nasenöffnungen ausgestossen 
werden. Nachdem der Kuh 140 g einer 0,75 proc. Protargol- 
lösung gleich 1,08 Substanz intravenös mit der Injectionsspritze 
beigebracht sind, tritt schweres apnoisches Athmen auf. Nach 
acht Minuten Athmung leichter, 40 mal pro Minute, nach 
25 Minuten Athemzüge wie vor der Einspritzung. Thrombose 
der Drosselvene nicht vorhanden. Nunmehr wird die Tracheo¬ 
tomie ausgeführt, worauf die Kuh zunächst ein sehr aufgeregtes 
Verhalten kandgiebt und unter Verdrehen der Augen und ab¬ 
normem Emporheben des Kopfes niederfällt und dann ruhig 
athmend auf der Seite liegen bleibt. 

Am 27. April morgens ist die Kuh aufgestanden, sie trinkt 
Wasser und athmet ruhig. Eine Stunde später wird dieselbe 
todt im Stalle gefunden. Die Canüle ist aus der Trachea lier- 
au8geschlüpft, und es mag hierauf schnell Erstickung ein¬ 
getreten sein. Diese Vermuthung dürfte auch durch die nach¬ 
stehenden Veränderungen, welche bei der Obduction der Kuh 
erhoben wurden, ihre Bestätigung erhalten. 

Der Cadaver zeigt einen mittelguten Nährzustand. Con- 
junctiva, Ueberzug des Blinzknorpels ziegelroth, Maulschleim¬ 
haut und Zunge blauroth gefärbt. 

Peritoneum, Dünndarmgekröse und Dickdarmserosa haben 
im Allgemeinen eine bläulichrothe Farbe, im Uebrigen sind die 
serösen Häute der Bauchhöhle glatt und glänzend. Lage der 
Baucheingeweide normal. Dieselben weisen keine erheblichen 
Veränderungen auf. 

Milz scharfe Ränder, normale Grösse, Gewebe nicht ver¬ 
ändert. Leber wenig vergrössert, Ueberzug blauroth, Parenchym 
schwach getrübt. Nieren normal gross, cyanotische Färbung. 

Lunge lufthaltig, schwarzroth gefärbt namentlich die rechte 
Hälfte. In den vordem Lappen der linken Lunge einige hasel¬ 
nussgrosse käsige Heide. In den Bronchialdrüsen stecknadel¬ 


knopfgrosse Herde von der gleichen Beschaffenheit. Die kleinen 
Bronchien enthalten feinblasigen Schaum. In den vorderen 
Lappen der Lunge stark Anschoppung von Blut. Die Herz¬ 
kammern sind erweitert und mit schwarzrothen Coagula aus¬ 
gefüllt. Brust- und Lungenfell normal 

Luftröhren und Kehlkopfschleimhaut schwarzroth, letztere 
besonders an den Giesskannen - Kehldeckelfalten stark ge¬ 
schwollen und mit croupösen Massen bedeckt. Die Nasen¬ 
schleimhaut ist mit einer continuirlichen, zwei Millimeter dicken 
weissgelben Schwarte bedeckt, welche alle Recessus der Nasen¬ 
muscheln und Nasengänge gleichsam austapezirt. 

Obwohl der vorstehende Krankheitsfall letal verlief, so ist 
derselbe doch nicht im Stande, dem Protargol einen Heüeffect 
beim bösartigen Catarrhalfieber ganz abzusprechen. Das vor¬ 
geschrittene Stadium der Krankheit machte eine Heilung von 
vornherein zweifelhaft. Die Symptome hatten dagegen am Tage 
nach der Injection zweifellos von ihrer Intensität verloren. Und 
der Tod ist nachweislich durch Asphyxie in Folge Herans- 
schlüpfens des Tracheotubus eingetreten. 

Dass das Protargol in der zuletzt verwendeten Lösung und 
Menge bei der Veneninjection keine Übeln Folgen bat, wurde 
auch bei einem Pferde mit Morbus maculosus erprobt. 

Diese Krankheit hatte Bich in dem fraglichen Falle bei 
Beginn der Behandlung bereits ebenfalls in einem Grade aus¬ 
gebildet, welcher nur eine schlechte Prognose zuliess. 

Am 11. Juni 1899 wurden dem Patienten, einem dänischen 
Wallach, 100 g Sol. Protargol. 0,75:100,0 eingespritzt.^ Eine 
Complication irgendwelcher Art wurde durch die Einspritzung 
nicht herbeigeführt. 

Am 14. Juni war neben den vorhandenen Erscheinungen 
und Veränderungen noch jauchiger Zerfall der Haut und Unter¬ 
baut am linken Sprunggelenk aufgetreten. Der Patient be¬ 
kundete hohes Fieber. Die Wiederholung der Injection ver¬ 
mochte die beginnende Jauchevergiftung nicht hintenanzuhalten 
und nach Verlauf einiger Tage ging der Wallach ein. 

Obwohl die intravenöse Anwendung des Protargols sich 
noch im Stadium des Versuchs befindet, ist aus den vorstehenden 
Mittheilungen zu folgern 

1. Dass 0,75 proc. wässerige Lösungen von Protargol 
in einmaliger Dosis von 100 g bei Rindern und Pferden 
ohne Schaden in die Blutbahn eingespritzt werden 
können; 

2. dass eine Heilwirkung des Präparates beim bös¬ 
artigen Catarrhalfieber des Rindes nicht von der Hand 
zu weisen ist. 

Intravenöse Injection von Jod-Eison-Natrlra. 

Nachdem mir die Beschaffung eines Versuchsobjektes schnell 
gelungen ist, kann das Ergebniss der endovenösen Prüfung des 
Natrium jodoalbuminatum den vorstehenden Mittheilungen passend 
noch angehängt werden. 

Das benutzte Versuchsthier ist ein schlecht genährter, fast 
werthloser, 18 bis 20 Jahre alter Ponywallach, welcher von 
einer mageren Weide kommt und ein Gewicht von etwa 4 Centner 
hat. Derselbe ist mit einem hochgradigen Lungenemphysem und 
chronischer Bronchiectasie behaftet. Die Athmung ist in der 
Ruhe angestrengt und vollzieht sich 20 Mal in der Minute. 
Die Inspiration erfolgt unter sichtlicher Erweiterung der Nasen¬ 
löcher und bei der Exspiration werden die Bauchmuskeln an¬ 
gespannt, so dass sich längs den falschen Rippen eine seichte 
Rinne markirt und der After um V 4 cm nach hinten vorgeschoben 


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16 August 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


887 


wird. Bei der Auscultation der Brustwandungen sind in den 
unteren Abschnitten der Lunge trockene Rasselgeräusche wahr¬ 
zunehmen. Die Percussion ergiebt einen vollen hellen Schall. 
Der Pony hustet häufig. Der Husten ist kurz, matt und leer. 
Durch die Nasenöffnungen wird mit den Hustenstössen zuweilen 
eine dicke, grauweise, eiterähnliche Masse zu Tage gefördert. 
Die sichtbaren Schleimhäute sind normal, die Maxillardrüsen sind 
nicht geschwollen. Der Pulsschlag ist normal, kräftig und er¬ 
folgt 40 Mal in der Minute. Die Innentemperatur lässt sich 
wegen einer Lähmung des Afters nicht genau bestimmen. Doch 
folgt ans dem lebhaften Verhalten des Ponys und aus seiner 
regen Fresslust, dass eine acute innere Krankheit bei demselben 
nicht vorhanden ist. 

Am 27. Juni Abends 7 Uhr wurde dem Pferd '/< 1 Blut 
entzogen und darnach die Infusion einer Lösung von 5 g Natr. 
jodo albinatum und 1000 g destillirten Wassers in die rechte 
Jugularis vorgenommen. Die Operation ging schnell und leicht 
von statten, eine Gerinnung des Blutes trat nicht ein. Dagegen 
zeigten sich alsbald nachstehende Erscheinungen. 

Nach 3 Min. entwickelt sich eine schwere in- und ex- 
spiratorische Dyspnoe. Die Athemzahl steigt jählings auf 60. 
In allen Lungenabschnitten können durch die Auscultation 
giemende und pfeifende Bronchialgeräusche constatirt werden. 
Es treten wiederholt tuffocatorische Hustenanfälle auf. Der 
Pul8 beträgt 140. Die Maxillararterie fühlt sich wie ein voller 
and harter Strang an. Der Spitzenstoss des Herzens ist in der 
regio cordis deutlich fühlbar. Die Herztöne sind kaum von 
einander zu unterscheiden. 

Es erfolgt Abgang von Koth und Darmgasen. Nach 
23 Min. wird Urin von normaler Beschaffenheit entleert, wobei 
die Ruthe nicht wie gewöhnlich ausgeschachtet wird. A. u. P f 
unverändert. Blick stier. Conjunctiva ziegelroth, Nasen- und 
Maulschleimhaut cyanotisch. Nach 50 Min. Arterie weniger 
gefüllt als vorher. P. 130; A. 48, tracheale Rasselgeräusche. 
Häufiges Schütteln mit dem Kopfe in Folge Hustenreiz. 

Nach 60 Min.: Puls kaum fühlbar. Ohren, Nasenrücken 
und Extremitäten verhältnissmässig kalt, Muskelzittern. Athmung 
nimmt weiter in ihrer Frequenz ab (32 Züge p. M.). Der in 
ungewöhnlicher Art abgesetzte Harn ist klar und hellroth 
gefärbt. 

Nach 85 Minuten trinkt der Wallach einen halben Eimer 
Wasser. Aus der linken Jugularis wird mit einer mittelstarken 
Hohlnadel eine Blutprobe entnommen, welche eine schwarzrothe 
Farbe und eine niedrigere Temperatur hat als die gewöhnliche 
Blutwärme beträgt. 

9 Uhr Abends, also zwei Stunden nach der Infusion, nimmt 
der Pony etwas Heu an. Die Symptome haben sich nicht 
wesentlich verändert. 

26. Juni Mittags. Athmung 32 Mal p. M. und noch er¬ 
heblich angestrengt: Trompetenartige Erweiterung der Nasen¬ 
löcher, Heben und Senken der Rippen, Afterbewegung. 

Im Laufe des Tages wird häufig Harn in normaler Weise 
entleert und viel Wasser getrunken. 

Die gestern aufgefangenen Blutproben sind normal ge¬ 
ronnen und haben klare Sera geliefert. Das von der Blutprobe 
vor der Infasion gewonnene Serum hat eine normale hellgelbe 
Farbe, dagegen ist das Serum des nachher entzogenen Blutes 
selbst in der verhältnissmässig dünnen Schicht von dem Quer¬ 
schnitt eines Reagensröhrchens roth gefärbt wie Himbeer- 
limonade. 


Am 28. Juni abgezapftes Blut erzielt ein Serum, welches 
goldgelb anssieht und bei durchfallendem Licht einen röthlichen 
Reflex hat. 

2. Juli. Athmung und Puls sind auch heute noch nicht 
auf das zuerst beschriebene Stadium zurückgegangen. Die 
Dyspnoe und die abnormen Lungengeräusche sind noch in 
ziemlich hohem Grade vorhanden. Trotzdem bekundet das Pferd 
ein munteres Verhalten und frisst gut. Der Nährzustand hat 
sich erheblich gebessert. Das Haar ist glatt anliegend und 
glänzend. 

3. Juli. A. 28, P. 60. Zustand sonst unverändert. Um 
6 & Uhr Abends wird dem Ponywallach eine gleichartige Lösung 
von Jodcalium (5 g J C auf 1000 g Wasser) in die rechte Ju¬ 
gularis infundirt, wonach nicht die geringsten Störungen auf- 
treten. Unmittelbar nach der Operation setzt der Pony die 
vorher unterbrochene Futteraufhahme fort. Die Athmungszahl 
beträgt 5 Minuten später, 32 Züge und der Pols zeigt 66 Schläge 
in der Minute. Die Blutwelle in der Maxillararterie ist nur ein 
wenig höher als vorher. Eine Steigerung der in Folge des 
Lungenemphysems bleibend vorhandenen dyspnoischen Athmung 
tritt nicht ein. Die sichtbaren Schleimhäute bleiben normal. 

Es finden mehrmals Entleerungen wässerigen Urins und 
von Darmgasen statt. Eine Stunde nach Einverleibung der 
Jodkaliumlösung aus der linken Jugularvene hat das entleerte Blut 
in jeder Hinsicht normale Eigenschaften und das von demselben 
erhaltene Serum zeigt keine Veränderungen, insbesondere nicht 
in der Farbe. 

Der eine Versuch dürfte genügen, um die Unbrauchbarkeit 
des Jod-Eigon-Natriums zu intravenösen Iejectionen darzuthun. 
Denn es bewirkt bereits in der benutzten 0,5 proc. Lösung eine 
massenhafte Zerstörung von rothen Blutzellen, welche sich durch 
hophgradige Haemoglobinämie und Haemoglobinurie dokumentir^ 
und das Thier durch den rapiden und starken Verlust an 
athmung8fähigem Blut dem Erstickungstode nahebringt. Ver- 
muthlich geht die blutzersetzende Eigenschaft von dem Jod- 
componenten des Präparates aus. Dasselbe soll nach den An¬ 
gaben seines Darstellers nur etwa 15 Proz. Jod enthalten. Das 
Mettalloid scheint jedoch nicht, wie behauptet wird, intramole- 
cular gebunden zu sein, sodass bei der Vereinigung des Jod¬ 
eiweissnatriums mit dem Blute freies Jod unmittelbar zur Wirkung 
kommt und den Blutzerfall herbeiführt. 

In diesem Umstande dürfte, von dem hier fraglichen Ge¬ 
sichtspunkte aus betrachtet, ein principieller Unterschied zwischen 
den löslichen Jod-Eigonen und den Jodalkalien zu finden sein. 
Eine wechselseitige Substituirung der Mittel bei der intravenösen 
Applikation ist mithin ausgeschlossen. 

Die Anwendbarkeit des Jodkaliums zum intravenösen Ge¬ 
brauch hingegen, erscheint in einem um so günstigeren Lichte, 
als dieses Medikament selbst bei dem in seiner Lungen und 
Herzthätigkeit hochgradig geschädigten Versuchsthier eine 
Aenderung deB vorhandenen Gesundheitszustandes nicht her¬ 
vorbrachte. 


Spontane Heilung einer Schlund-Wunde. 

Von 

Michalik-Lötzen, 

KreUthierarzt. 

Im Februar ds. Js. wurde ich von einem Besitzer, dem schon 
ein Fohlen an Druse eingegangen war, zur Behandlung eines 
anderen schwer kranken Fohlens mit dem Vorbericht gerufen, 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 33. 


dass es schon seit einigen Tagen garnicht gefressen und in den 
letzten Tagen an furchtbarer Athemnoth gelitten habe; auch 
habe sich eine Geschwulst am Halse gebildet, welche inzwischen 
erweicht wäre und von ihm heute morgen aufgeschnitten wurde, 
worauf sich Eiter und Fnttermassen aus derselben entleerten. 

Uei meiner Untersuchung fand ich das Fohlen sehr abge¬ 
magert, es athmete angestrengt und röchelnd, an der linken 
Seite hatte es etwa 15 cm vom Kehlkopf entfernt in der Gegend 
der Jugular-Rinne eine reichlich doppelt-faustgrosse harte An¬ 
schwellung, auf welcher eine wenig glatte etwa 3 cm lange 
Schnittwunde zu sehen war; beim Hereinfassen in diese Wunde 
fühlte man einen Hohlraum, welcher mit feingekauten fest¬ 
sitzenden Futtermassen ausgefüllt war. Ich versuchte nach 
Möglichkeit, die Futtermassen mit den Fingern und der Korn¬ 
zange herauszuschaffen, was mir aber nur unvollkommen ge¬ 
lang, da die Höhle zu gross war. Weil die Entfernung der 
Futtermassen nicht möglich war, konnte ich auch nicht fest¬ 
stellen, ob noch Eitermassen in der Wunde sich befanden. Bis 
zum Schlunde konnte ich mit dem Finger auch nicht der weiten 
Entfernung wegen Vordringen, man merkte aber, dass die Höhle 
beim Schlucken von Futter sich mit neuen Massen füllte. Es 
handelte sich in diesem Falle also entweder um einen Druse- 
Abscess, der in der Wandung des Schlundes gesessen hatte, und 
nach dessen Oeffnnng die Schlundwandung zerrissen war; oder 
möglichenfalls hatte auch der Besitzer bei Oeffnung des Abscesses 
den Schlund verletzt, was aber in Berücksichtigung der ana¬ 
tomischen Verhältnisse kaum anzunehmen war. 

Ich hielt eine Heilung nicht gut für möglich und rieth zur 
Tödtung. Da der Besitzer aber Alles versuchen wollte, empfahl 
ich ihm, die Abscess-Höhle durch langsame Ausspülungen mit 
y 2 pCt. Creolin-Wasser vermittels eines Irrigators täglich mehr¬ 
mals auf das Sorgsamste zu reinigen und dem Fohlen als Nahrungs¬ 
mittel etwas Milch und Mehlbrühe zu geben, von welchem ich 
annahm, dass doch Etwas beim Schlucken in den Magen gelangen 
würde. Nach zwei Tagen kam der Besitzer mit dem Bericht, 
dass das Fohlen fast nichts saufen wollte, und die Flüssigkeit 
auch alle aus der Abcess-Wunde ausflösse, es lange sehr nach 
Futter, aber auch dieses käme alles aus der Wunde heraus, die 
Athemnoth habe einigermassen aufgehört. 

Nun rieth ich, mit Rauhfutter zu versuchen, ob es vielleicht 
hiervon etwas abschlucken könnte. Schon nach drei-Tagen be¬ 
kam ich den Bericht, dass es jetzt mit dem Fohlen besser 
ginge, der grösste Theil des Rauhfutters, auch Häckselfutter, 
werde abgeschluckt, aus der Wunde falle nur wenig heraus. 

Später berichtete mir der Besitzer dann noch, dass das 
Fohlen ganz gesund geworden sei, schon nach etwa zehn Tagen 
sei beim Schlucken weder Futter noch Flüssigkeit entleert; all¬ 
mählich habe sich auch die zurückgebliebene Anschwellung voll¬ 
ständig verloren. 


Zange zum Festhalten der Schweine bei der Impfung. 

Von 

Bury-Marggrabowa, 

Thierarzt. 

Welche Unbequemlichkeiten und welchen Zeitaufwand das 
Bändigen und Festhalten der Schweine zum Zwecke der Impfung 
mit sich bringt, dürfte wohl Jedem, der Impfungen in grösserem 
Umfange auszuführen hat, bekannt sein. Das Anlegen eines 
Stranges um den Oberkiefer hinter den Hauern hat sich bis 
dahin als die beste Art der Bändigung bewährt. Aber auch 


dabei ist es oft recht schwierig, den sich meistentheils sträuben¬ 
den Thieren die Schnauze vermittelst des Stranges, an dem sich 
eine Schleife befindet, zu öffnen und durch Zuziehen der Schleife 
den Strang am Oberkiefer zu befestigen. 

Um diesem Uebelstande abzuhelfen, hat Kreisthierarzt 
Michalik-Loetzeu eine Zange anfertigen lassen, die in gleicher 
Weise wie der Strang am Oberkiefer hinter den Hauern an¬ 
gelegt wird, jedoch den erheblichen Vortheil hat, dass sich die¬ 
selbe viel einfacher anlegen lässt als ein Strang, da der Ober¬ 
kiefer mit der Zange ohne vorherige Oeffnung der Schnauze 
von oben her umfasst wird. Die Zange ist derartig construirt, 
dass die Zangenarme nach unten und aussen gehen, und jeder 
Arm in einem nach vorn und innen gebogenen Knopf endigt. 
Dadurch nun, dass die Thiere beim Anlegen derselben stets 
nach rückwärts drängen, legen sich die Armenden, die in Folge 
ihres Knopfes und ihrer Krümmung nach vorn und innen nicht 
nach vorn abrutschen können, hinter den Hauern fest, und es 



kann ein Mann das Thier ebenso wie mit einem Strange an 
den Schenkeln der Zange, die eine Länge von ungefähr 30 cm 
haben, ohne Mühe zur Impfung festhalten. Eine Verletzung 
der Thiere durch die Zange ist ausgeschlossen. Ruhige Thiere 
lassen sich dieselbe von ihrem Fütterer, ohne dass sie gehalten 
werden brauchen, anlegen, unruhige Thiere müssen an den 
Ohren gehalten werden. Bei den meisten Thieren, schon, von 
50 Pfund an, kann die Zange zur Anwendung gelangen. 

Ich habe diese Zange verschiedentlich bei meiuen Impfungen 
gebraucht, ihre Vorzüge also kennen zu lernen Gelegenheit 
gehabt, weshalb ich dieselbe allen Collegen, die Impfungen aus¬ 
zuführen haben, warm empfehlen kann. Ich bin überzeugt, dass 
dieselbe für jeden Thierarzt ein unentbehrliches Instrument 
werden wird. 

Die Instrumentenfabrik von H. Hauptner-Berlin wird 
diese Zange demnächst für den Preis von 8,50 Mark bezw. bei 
grösserem Umsatz von 7,50 Mark in den Handel bringen. 


Referate. 

Studien über Rauschbrand. 

Von Leclainche und Vall6e. 

(Annnl. <1. lTnstitut I’astcur. 1900.) 

Ueber das Rauschbrandvirus sind noch nicht alle Wider¬ 
sprüche aufgeklärt. Die Verfasser bemühten sich daher, die 
Bacteriologie des Rauschbrandes von Neuem zu controlliren. 
Schwierig ist es, vollkommene Reinculturen des Bacillus zu er¬ 
halten; überaus häutig ist der Oedembacillus zugegen, der sehr 
oft eine Verunreinigung bewirkt. Es empfiehlt sich, nach einigen 
Passagen durch den Meerschweinchenkörper das Virus anf 
Meerschweinchen und Kaninchen zu übertragen. Wenn nur das 
Meerschweinchen allein stirbt, bringe man unmittelbar nach dem 
Tode vier bis fünf Tropfen Herzblut auf den Nährboden. Der 
Rauschbrandbacillus ist streng anaerob. Verfasser empfehlen 
Züchtung im luftleeren Raum in Martinscher Bouillon. Nach 
zwölf Stunden zahlreiche bewegliche Stäbchen mit beginnender 


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16. August 1900. BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 389 


Sporenbildung, nach drei Tagen fast nur Sporenform, vom 
zweiten Tage ab saure Reaction. Die Giftigkeit und Wider¬ 
standsfähigkeit der in dieser Bouillon gezogenen Cnlturen ist 
grösser. In den Ranschbrandgeschwülsten von Meerschweinchen 
besitzen die Bacillen entweder Sporen oder nicht; letzteres bei sehr 
rasch sterbenden Thieren. Die serösen Höhlen enthalten gerade 
Stäbchen, die dünner sind als in den Geschwülsten, oft zu dreien 
oder vieren immer gleich langen zusammenliegen und niemals Sporen 
bilden. In den Cnlturen gleichzeitig regelmässige Stäbchen und 
solche Bacterien, die durch lichtbrechende Sporen verschiedene 
Gestalt angenommen haben. Der Rauschbrandbacillus färbt 
sich sehr gut mit Nikolleschem karbolsauren Gentiana-Violett 
(gesättigte alcoliolische Lösung von Gentiana-Violett 10 zu 
1 procentigem Karbolwasser 100). Er erhält bei Behandlung nach 
Gram-Nikolle die Farbe. 

Bei der Prüfung der Virulenz sind die meisten Forscher 
durch Verunreinigungen mit dem Oedembacillus beeinträchtigt 
worden. Die Verfasser fanden bei den wie oben gezüchteten 
Culturen, dass ein bis fünftägige in Dosen von drei bis vier Tropfen 
intramusculär und subcutan Meerschweinchen in 18—24 Stunden 
tödteten; selbst 15 tägige Cnlturen weniger als 1 ccm verimpft 
tödten noch Meerschweinchen. Die natürliche Immunität der 
Kaninchen ist keine absolute. Manche sterben, wenn man 
ihnen 2—4 ccm in die Muskeln injieirt, andere bleiben 
dabei gesund. Es entsteht dann eine Geschwulst, die total von 
dem malignen Oedem verschieden ist. Bei intravenöser Impfung 
sterben Kaninchen an Intoxication. 

Die Bildung eines Toxins ist schon von Roux nachgewiesen. 
In Martin scher Bouillon wird es am stärksten und erreicht am 
15. Tage das Maximum, um dann rasch nachznlassen. lsolirung 
des Toxins ist nur durch Filtriren möglich, wobei jedoch ein 
grosser Theil im Filter zurückgehalten wird. Die Toxinwirkung 
lässt sich am besten controlliren durch Impfung virulenter 
Culturen anf solche Thiere, welche durch Pferde-Immunserum 
gegen das Rauschbrandvirus selber immunisirt sind. Das Serum, 
obwohl stark bactericid, schützt nicht gegen das Toxin, und 
Meerschweinchen sterben an letzterem in 15—80 Tagen. Das 
Toxin wird selbst durch 115° Erhitzung nicht zerstört, da¬ 
gegen durch Luftzutritt stark alterirt. Seine physiologische 
Wirkung ist sehr verschieden. Bei acuter Wirkung herrscht 
Coma und Temperaturabfall vor, bei chronischer Abmagerung 
und Kachexie. 

Es bestanden Meinungsverschiedenheiten über die Wider¬ 
standsfähigkeit des frischen Virus, d. h. des aus Rauschbrand¬ 
geschwülsten gepressten Saftes gegenüber der Hitze. Kitasato 
meinte, dass 20 Minuten lange Erwärmung auf 65° die Wirkung 
überhaupt aufhebt. L. und V. sammelten den Saft der Mnskel- 
anschwellung für sich und die im benachbarten Bindegewebe 
vorhandene Flüssigkeit ebenfalls für sich und erhitzten beide 
eine halbe Stunde auf 65°. Durch Impfung und Cultivimng 
zeigte sich;' dass der Muskelsaft Lebensfähigkeit und Virulenz 
bewahrt, die seröse Flüssigkeit dagegen öfter steril wird, nicht 
immer. Der Mnskelsaft enthält nämlich immer Bacterien mit 
Sporen, die seröse Flüssigkeit die letzteren meistens nicht. 
Die Sporen werden durch eine Erhitzung von 100° in wenigen 
Minuten zerstört, während eine zweistündige Erhitzung auf 
80° sie noch intact lässt. Diejenigen Umstände also, welche 
die Sporenbildung hemmen, beeinflussen die Widerstandsfähigkeit 
des Virus gegenüber der Erwärmung. Die Sporen ohne Toxin 
tödten nicht. Da nun das Toxin schon bei 75° seine negativen 


cheraotactischen Eigenschaften verliert, so können die Sporen 
durch zweistündige Erwärmung auf 85° vom anhaftenden Toxin 
befreit werden und bleiben dann bei der ITeberimpfung auf 
Meerschweinchen wirkungslos. 

Zur Erhaltung von Sporen in grosser Menge empfehlen 
Verf. Folgendes: Die sporenhaltigen Culturen bilden nach drei 
Tagen einen Bodensatz. Man entfernt die Flüssigkeit und 
ersetzt sie durch neue Bouillon, in welcher wieder Wachsthum 
und Bodensatzbildung statt hat. Schliesslich bildet sich ein 
dicker Satz, der Millionen enthält. Erhitzt man solche Culturen, 
so rufen Impfungen keine Wirkung hervor. Meerschweinchen 
vertrugen davon 4 ccm, was etwa 20 Millionen Sporen entspricht. 
Trotzdem haben die Sporen selbst ihre Lebensfähigkeit bewahrt. 
Denn überträgt man sie in Bouillon, so geben sie sehr virulente 
Culturen. Nur im Organismus wachsen sie nicht aus, da sie 
von den Phagocyten aufgelöst werden. Fügt man ihnen dagegen 
eine Quantität Toxin zu, so verfallen sie nicht der Phagocytose 
Das Toxin schützt demnach die Sporen vor den Phagocyten. 
Alle Umstände, welche die Phagocytose hindern, müssen also die 
Entfaltung des Virus begünstigen. Sie wird auch bewirkt durch 
einen Zusatz von Milchsäure zu den reinen Sporen, ebenso wenn 
man die reinen Sporen mit ganz feinem, sterilem Sande 
znsammenbringt. In beiden Fällen entsteht Rauschbrand. Es 
zeigte sich auch, dass ganz harmlose Bacterien wie ein nicht 
pathogener Streptokokkus den Ausbruch des typischen Rausch¬ 
brandes befördern, wenn sie den reinen Sporen zugesetzt werden. 
Das Hauptergebnis ist also, dass der Rauschbrandbacillus ein 
wirksames Toxin producirt, welches für sich allein schwere 
Erscheinungen und den Tod hervorruft, dass die reinen d. h. 
vom Toxin befreiten Sporen im Organismus nicht auskeimen 
und daher keine Infection bewirken, dass aber alle Umstande, 
welche die Phagocytose hemmen oder verhindern, die Infection 
auch mit reinen Sporen begünstigen bezw. herbeiführen. 
(Referat von Casper in der Deutsch, thierärztl. Wochenschr.) 

Erfahrungen über Osteo-Porosis. 

Von H. B. Elliot M. R. C. V. S., Hilo, Insel Hawai. 

(Journal of Comp. Path. u. Thcrap. Dec. 1899). 

Im allgemeinen wird diese Krankheit selten beobachtet. 
In gewissen Gegenden Nordamerikas und in einzelnen Land¬ 
strichen Europas tritt dieselbe gelegentlich häuflger auf, in den 
Küstenländern Australiens dagegen soll sie im besonders vor¬ 
herrschenden Grade existiren. 

Auch auf der Insel Hawai fordert die Osteoporosis nach des 
Autors Schätzung alljährlich mindestens 100 Opfer. Der 
District 0 dieser Insel ist sehr feucht und hat einen jährlichen 
Regenfall von 150 Zoll. Die andern Districte sind dagegen 
trocken und werden selten durch Regen begünstigt. Im O-District 
ist die Krankheit vorherrschend und zwar vertheilen sich die 
Fälle gleichmässig auf Niederungen und hoch gelegenes Land, 
wo das Thermometer gelegentlich den Gefrierpunkt erreicht. 
Die Pferdezucht ist deshalb in dem Regendistrict fast gänzlich 
anfgegeben. Die wenigen Fohlen, welche daselbst noch gezogen 
werden, verfallen beinahe sämmtlich der Krankheit ehe sie die 
Volljährigkeit erreichen. 

Die geologische Formation ist vulkanischer Art, einige 
Krater sind noch in Thätigkeit. 

Die Nahrung für die Pferde wird hauptsächlich aus Amerika 
beschafft und besteht aus Heu, Hafer, Kleie und Gerste; das 
einheimische Futter besteht nur aus Gras und den Blättern des 
Zuckerrohrs. Einige Pferde werden nur trocken gefüttert, 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 33. 


andere erhalten Gras als Beifutter. In trockenen und feuchten 
Bezirken ist jedoch die Fütterung im Allgemeinen gleich. Ver¬ 
fasser ist aus diesem Grunde nicht der Ansicht, dass die Oste¬ 
oporose durch einen Mangel gewisser Salze in den Futter¬ 
stoffen verursacht werde, was seit 40 Jahren fast allgemein an¬ 
genommen worden sei. Weder junge kräftige Pferde noch alte 
abgetriebene Klepper würden von der Krankheit verschont, ob¬ 
wohl Fohlen im Allgemeinen häufiger erkrankten. 

Maulthiere sind für dieselbe weniger empfänglich als Pferde, 
eine Beobachtung welche allerdings auch für andere Krank¬ 
heiten zutrifft. Bemerkenswerth erscheint, dass kleine Thiere 
eine höhere Empfänglichkeit besitzen als grosse, dass aber die 
Krankheit hier gewöhnlich einen milden Verlauf nimmt. 

Zwei vom Verf. behandelte Shettland-Ponys befinden sich 
in ausgezeichneter Condition und sind seit ihrer Erkrankung 
vor vier Jahren völlig dienstbrauchbar geblieben. Einheimische 
Pferde erkranken ebenso leicht als importirte. 

Ob äussere Verletzungen etc. eine Prädisposition für Osteo¬ 
porose schaffen, konnte nicht sicher ermittelt werden, doch 
entwickelt sich dieselbe häufig nach Wunden an den Glied¬ 
massen, an den Augen, im Maul und am Huf, insbesondere in 
denjenigen Ställen, in welchen die Krankheit endemisch ist. 
Auch nach den Operationen des Brennens und der Neurotomie 
wurde die Entstehung der Osteoporose beobachtet. 

In den beiden Ställen einer Pflanzung nahe bei der Stadt 
Hilo ereigneten sich zu gleicher Zeit 16 Fälle von Osteoporose, 
während in den Nachbarpflanzungen nur dann und wann ein 
Pferd erkrankte. 

Aus diesen Beobachtungen will Verf. die specifische Natur 
der Krankeit ableiten. Ihr Auftreten sei, wie die Mehrzahl der 
Krankheiten microbischen Ursprungs, an Thermometerschwan¬ 
kungen und Aenderungen der atmosphärischen Verhältnisse 
geknüpft. Die Osteoporose sei eine Ortsseuche und ihre Ent¬ 
stehung könne etwa wie die des Tetanus erklärt werden. In 
einem Stalle wurde beobachtet, dass die einem osteoporotischen 
Pferde benachbarten Stallgenossen von der Krankheit ergriffen 
wurden. 

Verf. giebt der Meinung Ausdruck, dass die Osteoporose 
nur die Einhufer befalle und dass die in der Literatur be¬ 
schriebenen osteoporotischen Erkrankungen der Wiederkäuer auf 
anderer ursächlicher Grundlage beruhen dürften. 

Die ausführlich beschriebene Symptomatologie der Krankheit 
bietet nichts Neues. 

Bei der Behandlung leisteten die verschiedensten Medi- 
oamente, welche zur Anwendung kamen, keinen wesentlichen 
Vortheil, dagegen führte eine Ortsveränderung aus dem feuchten 
in einen trockenen District häufig auch noch in vorgeschrittenen 
Krankheitsfällen Heilung herbei. 

Osteoporose resp. „Kleiekrankheit“ beim Pferde. 

Von Courtial und Carougeau. 

(Journal de Lyon, 30. Juni 1900.) 

Das betr. Thier konnte kein Heu fressen; dieses wurde 
nach jeder Mahlzeit zu Ballen zerkaut in der Krippe vorgefunden. 
Seit mehreren Monaten zeigte das Thier ausserdem Lahm¬ 
heit. Befund: Der Allgemeinzustand ist schlecht; das Thier ist 
mager, schwach, schwer beweglich. Am Kopfe fällt die Rundung 
und die Verdickung der Gesichtspartie auf; der Kopf erscheint 
im Ganzen sehr vergrössert. Auf Druck zeigt das Thier leichten 
Schmerz. Die Zähne stehen regelmässig. 

Die Section zeigte, dass die hauptsächlichsten Laesionen 


das Skelett betrafen. Sämmtliche Kopfknochen sind ergriffen, 
besonders aber die Kiefer, die besonders in der Breite stark 
verdickt sind. Das Periost ist röthlich gefärbtundleicht abtrennbar. 
Nach Entfernung desselben erscheint die Knochenoberfläche 
rauh und körnig und zeigt zahlreiche Löcher, durch welche 
Gefässe eindringen. Ueberall ist das Knochengewebe schwammig; 
die Dichtigkeit hat stark abgenommen. Microscopisch untersucht 
erweist sich das Knochengewebe porös, die HäversBchen Canäle 
sind sehr erweitert und bilden breite Lacunen. Die 
chemische Untersuchung ergiebt das Vorwiegen der organischen 
Substanzen, die Mineralsalze sind jedoch unter sich im ge¬ 
wöhnlichen Verhältniss geblieben. 

Die aetiologischen Bedingungen dieser in Frankreich häufig 
beobachteten Krankheit sind überall dieselben. Sie betrifft aus¬ 
schliesslich Thiere, die lange Zeit vorwiegend mit Kleie oder 
anderen Mehlabfällen gefüttert worden sind. 

Zur chirurgischen Behandlung der verhärteten Gallen. 

Von Adrian. 

(Journal de Lyon, 30. Juni 1900.) 

Es handelte sich um ein Pferd, das hinten eine verhärtete 
Fesselgalle hatte. Dieselbe war heiss, gespannt und beim Be¬ 
tasten sehr hart. Da das Thier bereits gebrannt worden war, 
wurde es niedergelegt, die Galle vermittelst eines Einschnittes 
von ca. 4 cm geöffnet und entleert, worauf die Wunde vernäht 
und ein Verband angelegt wurde. Nach 5 Tagen war der Gang 
wesentlich besser und belastete das Thier den operirten 
Fnss. Nach 14 Tagen wurde der Verband entfernt. Die Galle 
war verkleinert, aber immer noch hart und schmerzhaft. Nach 
der Indienstnahme des Thieres wuchs die Galle wieder und 
hatte bald ihr erstes Volumen wieder erreicht. 

lieber Haarballen ans dem Uterus von Kühen. 

Von Alfred Guillebeau in Bern. 

(Schweiler Arctair Bd. XLII, Heft 3.) 

Stehler holte bei einer Kuh, welche im achten Monat 
trächtig war, mit ziemlicher Anstrengung ein todtes Kalb. In 
den Fruchthüllen befanden sich acht Haarballen. Sie hatten die 
Gestalt abgeflachter Kugeln von 8—10 cm Durchmesser und 
4 cm Dicke. Sie bestanden aus wirbelförmig angeordneten, 
etwa 5 cm langen normalen Kälberhaaren, welche mit Talg 
und Spuren von Meconium verklebt waren. Ihr Gewicht betrug 
100—160 Gramm. 

Der Verfasser bemerkt ferner, dass Mathis und Matrion 
zwei ähnliche Fälle erwähnen. Mathis meint, dass die Fort¬ 
pflanzung der Pansenbewegung auf den Uterusinhalt ein Rollen 
des Schlammes in letzterem Organe veranlasse, nachdem vorher 
die Haare des Fötus durch Maceration ausgefallen sind und die 
Spannung der Uterns wand sich vermindert hat. 

Dass Haarballen sich in der Amnionflüssigkeit befinden, ist 
ein seltener Fall. Ausser dem hier beschriebenen ist noch ein 
sehr interessanter Fall bekannt, den Köhler im Repertorium der 
Thierheilkunde, 1879, S. 296 mittheilt, wobei 84 Haarballen ver¬ 
schiedener Grösse gefunden wurden. Uebrigens scheint dieses 
Vorkommniss meistens mit einer Hypertrichosis beim Kalbe in 
Verbindung zu stehen. Nach der Ansicht von Röckl deutet 
die Bildung von Haarballen bei congenitaler Hypertrichosis 
unzweifelhaft auf eine bestehende Gestationsperistaltik hin. 
Van Klaveren fand nach der Embryotomie bei einem grossen 
Kalbe (die Trächtigkeitsdauer betrug 365 Tage), 16 Haarballen 
und viel Lanugo. Der Durchmesser der Haarballen betrug 
5-6 cm. M. G. d. B. 


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16. August 11)00. 


BERLINER THIERÄRZTLTOHE WOCHENSCHRIFT. 


391 


Ueber Milch Verfälschungen und deren Nachweis. 

Von Dr. Klimmer-Dresden. 

Arch. f. wiitemchaftl. und prallt. Thlerhlk. 1900, H. 2 uud 3. 

Dieser Aufsatz bildet gleichsam die Fortsetzung über die 
Eigenschaften und Zusammensetzung der Milch, welche 
im ersten Heft des Archivs dieses Jahrgangs von dem Verf. 
besprochen worden sind. 

Die Verfälschungen betreffen entweder die Vollmilch, den 
Rahm oder die Magermilch. 

Die gewöhnlichsten Fälschungen der Vollmilch werden be¬ 
stehen: 1. in Beigabe von abgerahmter Milch, 2. in ein¬ 
fachem Wasserzusatz, 3. in Wasserzusatz zur ab¬ 
gerahmten Milch. Die übrigen Fälschungen: Beimengung von 
Conservirungsmitteln oder von fremdartigen Stoffen (Stärke, 
Mehl, Eiweiss, Leim, Gummi, Dextrin, Zucker, Salz, Gips, Kreide, 
Eigelb, zerriebener Himsubstanz, fremdartiger Fette u. s. w.) 
kommen verhältnissraässig selten vor. 

Beim Rahm sind die Fälschungen an der Tagesordnung, 
denn einem fettarmen Rahm lässt sich durch Stärke, Eigelb, 
Mehl u. s. w. leicht ein besseres Aussehen und ein höherer 
Fettgehalt geben und eine polizeiliche Controle dieses Milch- 
productes ist fast nirgends vorgeschrieben. 

Die Verfälschung der Magermilch durch Wasserzusatz 
kam früher häufiger vor als jetzt, weil die Milch vielfach zur 
schnelleren und vollkommeneren Abrahmung vor Einführung der 
Centrifugen mit Wasser versetzt wurde. Dagegen haben die 
Beanstandungen wegen zu geringen Fettgehaltes zugenommen, 
ein Umstand, welcher darauf zurückzuführen ist, dass das Fett 
bei dem heutigen Entrahmungsverfahren weit gründlicher aus¬ 
geschieden werden kann. 

Für Voruntersuchung der Marktwaare acceptirt Verf. die 
Feser’schen Grundsätze: 

1. Die Milch muss in allen sinnlich wahrnehmbaren Eigen¬ 
schaften den Charakter der normalen Milch darbieten (Farbe, 
Geruch, Geschmack, Nagelprobe). 

2. Sie soll amphotere Reaction zeigen, alcalische allein 
deutet auf Zusätze; sauere auf baldige Gerinnung. 

3. Ihr specifisches Gewicht liege innerhalb normaler Grenzen 
1,029—1,034 bei ganzer, 1,032—1,040 bei abgerahmter Milch. 

4. Ihr Fettgehalt betrage bei ganzer Milch nicht unter 
3 Procent. 

5. Bei Verdacht auf Mehl- und Stärkezusatz werden einige 
Tropfen Jodtinktur einer kleinen Probe Milch beigegeben; ein¬ 
tretende Bläuung bestätigt den Verdacht. 

Zur Bestimmung des specifischen Gewichtes ist das aerometrische 
Verfahren mit dem Laktodensimeter am besten geeignet. 
Schwierigkeiten und Mühe macht die Ermittelung des Fettgehalts. 
Bei der marktpolizeilichen Controle wird noch faute de mieux 
das ungenaue optische Fettbestimmungsverfahren angewandt. 
Die beste Methode hat Feser angegeben (Laktoskop). 

Die Bestimmung des Fettgehaltes zu forensischen Zwecken 
erfolgt entweder durch das gew'ichtsanalytische Verfahren, 
welches auf Abscheidung und Wägung des Fettgehalts beruht 
oder durch das aerometrische Verfahren von Soxhlet oder 
das massanalytische Laktokrit- oder Centrifugen-Ver- 
fahren. 

Die Aufstellung eines Mindestfettgehaltes der Vollmilch zur 
Ausübung der Milchcontrole muss sehr vorsichtig behandelt 
werden, wenn nicht Härten und Ungerechtigkeiten aus dieser 
Vorschrift für die Milchproducenten entspringen sollen. Denn 


ohne Wissen und Verschulden des Besitzers kann sich durch 
unbekannte Einflüsse der Fettgehalt der Milch eines Viehstapels 
binnen kurzer Zeit ändern. 

Dass auch die Stallprobe keinen sicheren Ausweis liefern 
kann, ob mit einer Verkaufsmilch bezüglich des Fettgehaltes 
Veränderungen vorgenommen worden sind, hat Verf. bereits in 
seinem ersten Aufsatze durch Zusammenstellung einer kleinen 
Statistik dargelegt. Eine Gnernseykuh lieferte z. B. Morgens 
eine Milch mit 1,97 pCt., Abends mit 5,60 pCt., am folgenden 
Tage Morgens mit 3,64 und Abends mit 5,66 pCt. Fett. 

Hiernach ist von der Forderung eines bestimmten 
Fettgehaltes überhaupt abzusehen. Empfehlenswerth ist da¬ 
gegen der Vorschlag Kirchner’s,die Ergebnisse der bei den 
verschiedenen Milchsorten in Beziehung auf Fettgehalt 
gemachten amtlichen Ermittelungen mit dem Namen 
der verschiedenen Milchlieferanten bekannt zu machen, 
so dass der Käufer in den Stand gesetzt wird, den Fettgehalt 
selbst zu controliren. In dieser Weise könnte sich der Consument 
gegen ITebervortheilung schützen und unter den Producenten 
würde eine fruchtbringende Concurrenz angeregt. 

Ueber die Art der Conservirang and die Yiralenzdaaer 
des Markes toller Thiere. 

Von Dr. J. Frantzius-Tiflis (Kaukasus). 

Verf. bemängelt die in dem preussischen Ministerial-Erlass 
vom 22. Juli v. J. gegebene Vorschrift über die Einsendung von 
Cadavertheilen wuthverdäcbtiger Thiere an das Institut für In- 
fectionskrankheiten in Berlin behufs experimenteller Feststellung 
der Wutb. An der bezüglichen Stelle des Erlasses heisst es, 
dass „zur experimentellen Bestimmung derTollwutb bei Thieren, 
von denen Menschen gebissen wurden, nach erfolgter Obduction 
des Thieres durch den beamteten Thierarzt der Kopf sammt 
Hals von der Polizeibehörde mit Eilpost, im Sommer thnnlichst 
in Eis verpackt, der Direction des Instituts in Berlin einzusenden 
ist.“ Diese Art der Aufbewahrung und Versendung des Gehirns 
und Rückenmarks, welche zu den Experimenten allein verwendet 
werden können, bezeichnet Verf. bei grossen Entfernungen uhd 
bei starker Hitze als unbrauchbar. Im Institut zu Tiflis sind nun 
über die verschiedenen Conservirungsmethoden Versuche angestellt 
worden, die erwiesen haben, dass sich das Virus genügend lange 
hält, wenn Theile des Rückenmarks oder des Gehirns in Wasser 
oder Glycerin eingelegt werden. Die Virulenzdauer des im Wasser 
autbewahrten Gehirns toller Hunde währte 88 Tage. Rückenmark 
wuthkranker Thiere wurde in sterilem Wasser oder auch Glycerin 
in dicht verkorkten Gläschen probeweise per Post von Tiflis nach 
dem 3000Werst entfernten Samarkand an den Veterinärarzt Selytzky 
gesandt und von diesem durch Verimpfung an Kaninchen unter¬ 
sucht. Obwohl das Impfmaterial zwei Wochen unterwegs war, 
erwies es sich noch virulent. Ein Stück Gehirn eines tollwuth- 
kranken Hundes, welches von Nowa-Alexandrowska im trans- 
caspischen Gebiete nach Tiflis geschickt wurde und 26 Tage bei 
hoher Sommertemperatur (bis 60° C.) unterwegs war, erzeugte 
bei der Verimpfung das charakteristische Bild der Strassenwuth. 

Nach diesen Versuchen dürfte es keinem Zweifel unterliegen, 
dass die Einsendung des Kopfes und Halses eines wuthverdäch- 
tigen Thieres zur experimentellen Bestimmung der Tollwuth über¬ 
flüssig ist. Es genügt, die Mednlla oblongata des verdächtigen 
Thieres freizulegen und ein Stückchen derselben in einem mit 
sterilem Wasser oder Glycerin gefüllten Fläschchen, welches in 
einem Holzgehäuse verpackt wird, der Impfstation zuzuschicken. 

Es wäre wünschenswert!^ dass die erwähnte bei uns gütige 
Bestimmung abgeändert würde, denn es ist in vielen Fällen nicht 


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392 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 33. 


möglich, an Ort und Stelle eine bo dichte Verpackung des Kopfes 
und des Halses eines frisch obducirten Thieres herzustellen, 
dass später nicht Blut aus der Kiste abtropft Die Annahme 
derartiger Sendungen wird bekanntlich von der Post verweigert. 
Ausserdem wäre das beschriebene Verfahren der Versendung 
weniger umständlich und billiger. 

Ucber die Rolle der Insekten bei der Verbreitung 
parasitärer Krankheiten. 

Vortrag, gehalten von Nutall in der British Medic. Associat. 

(I). MimI. Ztg.) 

Die Rolle, die die Insekten bei der Verbreitung parasitärer 
Krankheiten spielen, kann eine passive oder active sein, und es 
kann sich um Krankheiten handeln, die durch bacterielle oder 
thierische Parasiten verursacht werden. Betreffs der passiven 
Rolle bei bacteriellen Krankheiten stehen die gewöhnlichen 
Stubenfliegen obenan. Mit ihrer Nahrung können sie pathogene 
Keime in ihren Verdanungskanal aufnehmen und jene dann beim 
Menschen auf Verletzungen der Haut oder Schleimhäute oder auf 
Nahrungsmitteln deponiren. Es ist erwiesen, dass auf diese Weise 
Anthrax, Pest, Cholera, Typhus und Oplithalmieen verbreitet 
werden. Eine active Rolle bei bacteriellen Krankheiten spielen 
vorzugsweise die blutsaugenden Fliegen. Es ist sehr wahr¬ 
scheinlich, dass durch deren Bisse häufig Anthrax, Erysipel, 
Septicaemie und Pyaemie übertragen werden. Bei der Ueber- 
tragung thierischor Parasiten können die Insekten eine passive 
Rolle spielen, wenn sie von einem Wirth der in ihnen enthaltenen 
Parasiten verschlungen werden, eine active Rolle, wenn sie 
diesem Wirth ihren Parasiten mittels des Rüssels direkt inoculiren. 
Die Insecten können aber auch, ohne Zwischenwirth zu 
sein, eine passive Rolle spielen, wenn sie Eier von tkierisehen 
Parasiten aufnehmen (Bandwurm, »Spulwurm) und auf der mensch¬ 
lichen Nahrung deponiren, eine active Rolle, wenn sie den 
Parasiten aufnehmen und selbst inoculiren. In letzterer Be¬ 
ziehung ist besonders die Tsetsefliege gefährlich. 


Tagesgeschichte. 

Die Flei8chnahning der Chinesen. 

Die Verproviantirung unserer nach dem fernen Osten ent¬ 
sandten Truppen hat umfassende Vorkehrungen erfordert. Der 
in- und ausländische Fleischmarkt ist in Anspruch genommen 
worden, um den Bedarf an frischem und präservirtem Fleisch für 
die Transporte zu decken. So lange die Ausreise dauert, sind 
unsere Truppen genügend mit Fleisch und Fleischkonserven ver¬ 
sorgt. Schwieriger dürfte die Beschaffung des benöthigten Fleisch¬ 
quantums in China selbst sein, weil ein grosser Tlieil der 
Chinesen, vorzugsweise die ärmeren Klassen, Vegetarianer sind. 
Die wohlhabenden Classen sind wohl dem Fleischgenuss nicht 
abgeneigt, wenn auch hier ihnen ihre Religion im Wege steht. 
Der Buddhismus lehrt bekanntlich die Seelenwandernng und 
darum sind die Chinesen nach ihrer Ansicht beim Fleischessen 
immer der Gefahr ansgesetzt, vielleicht ihren ehemals treuesten 
Freund zu verzehren. Ueber die Fleischleckerbissen, welche den 
Chinesen zur Verfügung stehen, finden wir Aufklärung in dem 
Buche „China“ von Professor Douglas. Wiedergegeben ist die 
Preisliste eines chinesischen Speisehauses, welches folgende 
Fleischarten aufzählt: 

Katzenfleisch, eine Schale.40 Pfg. 

Schwarzes Katzenfleisch, eine kleine Schale 20 „ 


Wein, ein Glas.12 Pfg. 

Wein, ein kleines Glas.G „ 

Schwarzes Hundefett 1 1 ' 3 Unze .... IG „ 

Schwarze Katzenaugen, ein Paar ... IG „ 

Natürlich ist nach gewissen Zuchten von Katzen und 
Hunden grosses Verlangen und setzen die Schlachtet je nachdem 
die Preise fest. Ebenso wie wir unsere Lammsaison haben, 
haben die Chinesen ihre Hundesaison; denn es besteht in einigen 
Theilen des Landes der Gebrauch, Hundefleisch zu essen, um 
sich gegen die kommende Hitze zu festigen. Eine Bluraenlese 
der Speisen, welche man in China vorgesetzt erhalten kann, 
giebt ein Menu wieder, welches in „Chinese Sketches“ von 
Mr. Giles mitgetheilt wird. 

Haifischflossen mit Krebssauce. 

Taubeneier, gedämpft mit Pilzen. 

Geschnittene Seeschnecken in Hühnerbrühe mit Schinken. 

Wildente mit Shantung-Kohl. 

Gebackener Fisch. 

Schweinefettklümpchen in Reismehl gebacken. 

Gedämpfte Lilienwurzeln. 

Hühnerbrei mit Schinken. 

Gedämpfte Bambnssprossen. 

Gedämpfter Schellfisch. 

Gebackene Fasanenschnitte. 

Pilzbrühe. 

Pudding. 

Gesüsste Ente. 

Streifen von entbeinten Hühnern, gebacken in Oel. 

Gekochter Fisch, mit picanter Sauce. 

Gesiedete Hammelfleischklösse, gebacken in Schweinefett. 

Die Mannigfaltigkeit der Gerichte scheint der Absicht zu 
entspringen, dem verschiedenen Geschmack der Gäste Rechnung 
zu tragen. 

Soweit feststeht, sind die Chinesen ferner die Pioniere des 
Schweinebratens. Die Ueberlieferung hierüber berichtet: In 
alten Zeiten stand das Schwein in schlechtem Gerüche und kein 
Einziger würde den Gedanken gefasst haben, Schweinefleisch zn 
essen; da brannte einem Chinesen, welcher ein Schwein hielt, 
das Haus ab. Das darin befindliche Schwein wurde geröstet. 
Den Nachbarn stieg der Geruch des gebratenen Schweins in die 
Nase, und dies war Lockung genug, um das Schweinefleisch zu 
kosten. Die Kostenden fanden Geschmack daran, und der Gebrauch, 
Schweine in Hütten zu rösten, verbreitete sich bald durch ganz 
China und selbst zu den anderen Nationen drang der Ruhm 
des Schweinebratens. 

Schliesslich darf nicht vergessen werden, dass auch der 
Frosch eine Delikatesse ist, welche der Chinese liebt, und der 
Schlächter muss immer eine genügende Menge dieser Thiere 
zur Auswahl haben. 

Protocoll der 57. Versammlung des Vereins Thüringer 
Thierärzte am 20. Mai 1900 im Hotel „Weisses Ross“ 

zu Erfurt. 

Der Einladung zur Versammlung folgten nachstehende Mit¬ 
glieder: Dr. Künneinann, Wegener, Dr. Ellinger, Conze 
Steuding, Krüger, Winbeck, Rettig, Hans, Oberländer. 
Rulis, Bernhardt, Loewel, als Gast Oberrossarzt Körner. 

Die Versammlung wurde 11 Uhr durch den Vorsitzenden 
Departementsthierarzt Wallmanu eröffnet. 


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16. August 1900. 

Zu Punkt 1. der Tagesordnung: 

Es wurden die Entschuldigungsschreiben der nicht er¬ 
schienenen Mitglieder verlesen, sodann eine Einladung zur 
72. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Aachen. 
Der Antrag auf Entsendung eines Delegirten wurde abgelehnt. 

Ferner sind eingegangen zwei Bände Referate des VII. inter¬ 
nationalen thierärztlichen Congresses, welche der Bibliothek ein¬ 
verleibt werden. 

Sodann kam ein Gesuch des Collegen Steuding um Ent¬ 
hebung von seinem Amt als Schriftführer wegen seines leidenden 
Zustandes zur Verlesung. Die Versammlung bittet ihn in Rück¬ 
sicht auf die Unterstützung durch den zweiten Schriftführer das 
Amt weiterzuführen. 

Von weiteren Eingängen ist zu erwähnen: 

Entwurf einer „Polizeiverordnung betr. den Verkehr mit 
Kuhmilch“ für die Stadt Erfurt, welcher zur Verlesung gelangt. 

Punkt 2. der Tagesordnung: 

Es gelangt das Protocoll der 56. Versammlung zur Verlesung 
und wird genehmigt. 

Punkt 3. der Tagesordnung: 

College Ellinger beantragt Zwangsbeitritt des Vereins 
Thüringer Thierärzte zur thierärztlichen Unterstützungskasse 
und motivirt seinen Antrag in längerer Anseinandersetzung. 
Nach kurzer Debatte wird über den Antrag abgestimmt und 
durch Stimmenmehrheit wird derselbe abgelehnt. 

Punkt 4. der Tagesordnung: 

Hinsichtlich Besprechung einzelner auf die Gewährschaft beim 
Viehhandel bezüglicher Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches 
übernimmt College Ellinger ein kurzes Referat, besonders über 
die §§ 459, 492, 446. Nach längerer Debatte wird auf Antrag die 
Discussion geschlossen mit dem Zusatz, dass der betr. Punkt wegen 
seiner Wichtigkeit auf die nächste Tagesordnung gesetzt wird. 

Punkt 5. der Tagesordnung: 

Mittheilungen aus der Praxis. Es gelangten verschiedene 
interessante Fälle aus dem Gebiete der Fleischbeschau zur 
Besprechung. 

Hierauf wurde die Versammlung geschlossen. 

Im Anschluss hieran fand ein Essen statt, zu dem noch die 
Damen erschienen waren. Launige Reden und scherzhafte Vor¬ 
träge hielten die Versammelten bis in die späten Abendstunden 
fröhlich beisammen. 

Der stellvertretende Schriftführer: 

Loe wel. 

Seuchencurae für die Oberamtsthierärzte in Württemberg. 

Wie in andern Bundesstaaten, so ist auch in Württemberg 
Vorsorge getroffen für die Fortbildung des amtsthierärztlichen 
Personals, jedoch mit dem Unterschied, dass der gesammte 
Aufwand für Lehrkräfte und Lehrmittel auf die Staatskasse 
übernommen und ausserdem noch jedem von Amts wegen ein- 
berufenen Carstheilnehmer ein Staatsbeitrag von 100 M. zu den 
Kosten seines Unterhalts gewährt wird. 

Nachdem seit dem Jahre 1887 sämmtliche beamteten Thier¬ 
ärzte zu je zwölftägigen bacteriologischen Uebungen eingezogen 
waren, wurde im letzten Jahre die Erweiterung dieser Curse 
zu einem Seuchencurs versuchsweise eingeführt. Der Versuch 
ist zur vollen Zufriedenheit ausgefallen, so dass heuer wieder¬ 
holt ein Seuchencurs abgehalten wurde und eine alljährliche 
Wiederholung des zwölftägigen Cnrses, zu dem je sechs Ober¬ 
amtsthierärzte einberufen werden, zu erwarten steht, bis sämmt- 


393 

liehe Oberamtsthierärzte mit den neuesten Errungenschaften 
der thierärztlichen Wissenschaft practisch bekannt gemacht 
worden sind. 

Der Cursus erstreckt sich auf folgende Lehrgegenstände: 

I. Vorträge über klinische Diagnostik der ein veterinär¬ 
polizeiliches Interesse bietenden Seuchen, verbunden mit De¬ 
monstrationen. 

II. Vorträge über pathologisch - anatomische Diagnostik 
dieser Seuchen mit Demonstrationen und Uebungen in der 
Sectionstechnik. 

Bei diesen Vorträgen und Demonstrationen wird den Bedürf¬ 
nissen der Praxis besonders Rechnung getragen. So gelangten 
heuer z. B. am lebenden und todten Tiere zur Demonstration: 
Milzbrand und Rauschbrand beim Rinde, Tollwuth beim Hunde, 
Rotz beim Pferde, Tuberculose beim Rinde, Schweineseuche und 
Schweinepest, sowie Geflügelcholera. Auch wurde die Schaf¬ 
räude am lebenden Thier demonstrirt. 

III. Bacteriologische Uebungen und Demonstrationen, wobei 
in erster Linie die bacteriologische Diagnostik des Milzbrandes 
betrieben wird. Die Cursisten haben hierin alle einschlägigen 
Arbeiten, wie Fertigung und Untersuchung mikroskopischer 
Präparate, Impfung und Untersuchung von kleinen Versnchs- 
thieren sowie Züchtung auf künstlichen Nährböden, selbst zu 
erlernen. Auch die Verpackung von Milzbrandmaterial zum 
Versand einschliesslich der Anfertigung von Ausstrichen zu ge¬ 
dachtem Zwecke, wird geübt. Die bekannten Erreger der 
übrigen Thierseuchen werden dagegen nur in den Kreis der 
bacterioscopischen Uebungen gezogen, während die Impfung und 
Untersuchung von kleinen Versuchsthieren sowie die Züchtung 
auf künstlichen Nährböden hinsichtlich dieser Seuchen nur vom 
Lehrer demonstrirt werden. 

IV. Vorträge und Demonstrationen der hauptsächlichsten 
diagnostischen und prophylactischen Impfungen mit Uebungen. In 
diesem Jahre wurden Tuberculinimpfungen in einem grösseren 
landwirtschaftlichen Betriebe vorgeführt, wobei gleichzeitig die 
Bekämpfung der Tuberculose nach dem Bang’sehen Verfahren 
an Ort und Stelle demonstrirt wurde. Ausserdem gelangten 
Schutzimpfungen gegen Milzbrand nach Pasteur und Schutz¬ 
impfungen gegen Schweinerothlauf nach der Lorenz’scheu 
Methode an einer grösseren Anzahl von Tliieren zur Ausführung. 
Nach Demonstration der einzelnen Impfungen durch den be¬ 
treffenden Lehrer wurde den Cursisten Gelegenheit geboten, 
selbst die Impfung an mehreren Tliieren auszuführen. 

Als Lehrer für Lehrgegenstand I fungirten Prof. Dr. 
Gmelin und Docent Dr. Zwick, für Lehrgegenstand II und III 
Prof. Lüpke und für Lehrgegenstand IV Regierungsrath Beiss- 
wänger am kgl. Medicinalcollegium. Reinhardt. 

Veterinftrdien8t-Ver8taatlichung in Ungarn. 

Das ungarische Amtsblatt vom 10. Juli er. bringt das Gesetz 
über die Verstaatlichung des Veterinärdienstes in Ungarn. Das 
Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1901 in Kraft. 

Jubiläum. 

Der erste Inspecteur des Militär-Veterinärwesens, General- 
Major v. Diebitsch, befand sich unter den 10 Generalen, welche 
am 9. August dieses Jahres den Tag feiern konnten, an dem 
sie vor 60 Jahren in die Armee eingetreten waren. Derselbe 
wurde bei Errichtung der Inspection des Militär-Veterinärwesens 
1873 zum Inspecteur ernannt und 1880 als General zur 
Disposition gestellt. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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394 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 33. 


Staatsveterinärwesen. 

Von Preusse. 


Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preussen am 31. Juli 1900. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche herrschte 
in 

Gemeinden 
Kre,!en (Gutebez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez) 
waren 
verseucht: 

Königsberg. 

1 

2 

0,48 

Gumbinnen. 

1 

1 

0,25 

Danzig. 

1 

6 

4,76 

Marienwerder. 

4 

11 

4,86 

Berlin . 

1 

1 

— 

Potsdam. 

7 

45 

17,39 

Frankfurt. 

5 

G 

2,20 

Stettin. 

5 

12 

6,39 

Köslin. 

2 

4 

2,07 

Stralsund. 

2 

2 

2,24 

Posen. 

2 

2 

0,60 

Bromberg. 

5 

8 

3,59 

Breslau. 

6 

7 

1,84 

Liegnitz. 

1 

1 

0,35 

Oppeln. 

5 

7 

2,49 

Magdeburg. 

11 

52 

36,11 

Merseburg. 

6 

12 

5,19 

Hannover . 

4 

7 

11,12 

Hildesheim. 

4 

17 

23,48 

Lüneburg . 

2 

2 

13,56 

Münster. 

2 

2 

7,46 

Minden. 

4 

4 

7,84 

Anisberg. 

1 

2 

2,35 

Cassel. 

5 

5 

2,99 , 

Wiesbaden. 

1 

1 

1,06 

Düsseldorf. 

6 

6 

13,95 

Köln. 

1 

1 

s,s1' 

Trier. 

2 

2 

1,77 ' 

Summa: 

97 

228 

— 


Nachweisung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche 
am 31. Juli 1900. 

Es waren am 31. Juli 1900 in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Berlin 1. R.-B. Potsdam 3 (4). R.-B- 
Posen 2 (2). R.-B. Bromberg 3 (G). R.-B. Oppeln 3 (3). 

R.-B. Merseburg, Hannover, Hildesheim, Arnsberg und Düssel¬ 
dorf je 1 (1). Bayern: R.-B. Oberbayern 2 (3). Sachsen: 
Kreishauptm. Dresden 2 (2). Kreishauptm. Zwickau 1 (1). 
Württemberg: Donaukreis, Anhalt, Bezirk Lothringen 
je 1 (1). 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 4 (4). R.-B. Niederbayern 

4 (6). R.-B. Pfalz 1 (1). R.-B. Oberpfalz 5 (5). R.-B. Ober¬ 
franken 6 (12). R.-B. Mittelfranken 5 (7). R.-B. Unterfranken 1 (1). 
R.-B. Schwaben 11 (43). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 2 (2). 
Kreishauptm. D r egden 3 (9). Kreishauptm. Leipzig 2 (2). 
Kreishauptm. Zwickau 4 (G). Württemberg: Neckarkreis 

5 (8). Schwarzwaldkreis G (6). Jagstkreis 3 (4). Donaukreis 
11 (14). Baden: Landescomm. Freiburg 4 (7). Landescomm. 
Karlsruhe 1 (1). Landescomm. Mannheim 2 (2). Hessen: Pro¬ 
vinz Oberhessen 1 (1). Prov. Rheinhessen 2 (3). Mecklen¬ 
burg-Schwerin: 5 (32). Sachsen-Weimar: 1 (5). Brann- 
schweig: 4 (12). Sachsen-Meiningen und Lippe je 2 (3). 


Anhalt und Bez. Lothringen je 3 (6). Bez. Untereisass 2 (2). 
Bezirk Ober-Elsass 1 (2). Sachsen-Altenburg, Coburg- 
Gotha, Schwarzburg-Rudolstadt und Reuse ä. L. je 1 (1). 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Magdeburg 2 (2). R.-B. Merseburg 

2 (4). R.-B. Arnsberg 1 (1). 

D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest): 

Preussen: R.-B. Königsberg 2 (2). Danzig 2 (4). Marien¬ 
werder 3 (4). Potsdam 4 (5). Frankfurt 3 (9). Stettin 5 (10). 
Köslin 3 (6). Stralsund, Merseburg, Lüneburg, Münster, Köln, 
Trier je 1 (1). Posen 12 (28). Bromberg 5 (8). Breslau 
7 (27). Liegnitz 10 (28). Oppeln 4 (11). Schleswig 4 (8). 
Hannover und Hildesheim je 3 (8). Arnsberg 4 (G), Cassel 
2 (7). Wiesbaden 2 (2). Düsseldorf 3 (3). Bayern: R.-B. 
Ober-Bayern 1 (1). R.-B. Niederbayern 1 (7). Sachsen: 

Kreishauptm. Dresden 1 (1). Baden: Landescomm. Mannheim 
1 (2). Braunschweig: 2 (2). Sachsen-Meiningen: 1 (2). 
Waldeck: 3 (5). Lippe: 2 (8). Mecklenburg-Schwerin, 
Hamburg und Bez. Obereisass je 1 (1). 

Vieh-EinfUhr aus der Sehweiz. 

An Stelle der Bekanntmachungen vom 1. Mai 1900 und 
26. Juni 1900, betreff. Vieheinfuhr auB der Schweiz, hat die 
bayerische Regierung im Hinblick auf die fortdauernd günstige 
Gestaltung der Seuchenverhältnisse in der Schweiz unter dem 
30. Juli 1900 bezüglich der Einfuhr von Schweizer Rindvieh und 
Ziegen eine erneute Bekanntmachung erlassen. Unter derselben 
ist die Ein- und Durchfuhr von Rindvieh und Ziegen aus der 
Schweiz gestattet, wenn die Thiere an der Grenzeingangsstelle 
bei der Untersuchung durch den bayerischen Controllthierarzf 
gesund befunden worden sind, und wenn für jedes Thier bezw. 
für jeden Transport ein Ursprungs- und Gesundheitszeugniss 
vorgewiesen wird, welches nicht länger als 6 Tage vor der 
Einfuhr ausgestellt ist und die Bescheinigung des schweizerischen 
Viehinspectors enthält, dass die Thiere aus einer seuchefreien 
Gegend, in der seit mindestens 30 Tagen kein Seuchenfall unter 
der betreffenden Viehgattung vorgekommen ist, stammen und 
selbst frei von einer seuchenhaften Erkrankung sind. 

Für jedes Stück Rindvieh ist ein besonderes Zeugniss zn 
erbringen; für Ziegen genügen Gesammtzeugnisse, auf diesen 
müssen jedoch die einzelnen Thiere so bezeichnet sein, dass 
eine Prüfung der Identität ermöglicht wird. Für das zu Zucht¬ 
zwecken bestimmte eingeführte Rindvieh wird das für den inneren 
Verkehr in der Schweiz vorgeschriebene Ursprungs- und Ge¬ 
sundheitszeugniss des Viehinspectors als ausreichend angesehen. 
Die Kosten der Untersuchung des Viehs an der Grenze trägt 
der Einführende. 

Ausserordentliche Beihüifen bei Viehverlusten In Folge Maul- und 
Klauenseuche. 

Der bayerische Landtag hat 30000 M. bewilligt, damit un¬ 
bemittelte Viehbesitzer, welche einem örtlichen Viehversiche¬ 
rungsvereine nicht angehören können, bei Viehverlusten in Folge 
Maul- und Klauenseuche eine ausserordentliche Beihilfe erhalten. 
Die Bedingungen für eine derartige Beihilfe sind: 1. es werden 
nur durch Maul- und Klauenseuche entstandene Unfälle ent¬ 
schädigt; 2. der Viehbesitzer muss unbemittelt sein; 3. er be¬ 
kommt nur dann eine Entschädigung, wenn er einem Ortsvieh¬ 
versicherungsvereine nicht angehören kann, weil ein solcher 
nicht vorhanden ist. 


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16. August 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICUE WOCHENSCHRIFT. 


395 


Seequarantlne für dänisches Vieh In Bremen. 

Bremen wird sich demnächst den Städten anschliessen, 
welche Seequarantäne- Anstalten für ausländisches, besonders 
dänisches Vieh erb aut haben. Die bremische Anstalt soll speciell 
als Mittelglied für den Viehverkehr aus Dänemark nach den 
rheinischen Industriegegenden dienen. 

Vieheinführverbot Argentiniens gegen Frankreich. 

Auf dem Dampfer Pampa von Havre wurden bei der Ankunft 
in Buenos Ayres unter den überbrachten 50 Bullen Erscheinungen 
der Maul- und Klauenseuche festgestellt; in Folge dessen erliess 
die argentinische Regierung gegen Frankreich ein Vieheinfahr¬ 
verbot. 

Th!er8euohen im Aaslande. 

Italien. I. Quartal 1900. 

Milzbrand wurde festgestellt bei 683 Thieren, Rauschbrand 
bei 72 Thieren und ausserdem in einer Gemeinde in mehreren 
nicht genau bekannt gewordenen Fällen. An Tollwuth er¬ 
krankten 68 Hunde und 11 andere Hausthiere. Rotz (Wurm) 
kam in 77 Fällen zur Anzeige, Maul- und Klauenseuche in 
11 563 und in mehreren zahlenmässig nicht angegebenen Fällen. 
Von Schafpocken gelangten 16, von Pferderäude 2, von Schaf- 
räude 18 815 Fälle zur Feststellung. Schweineseuchen wurden 
bei 531 Thieren constatirt. 

Oesterreich. II. Quartal 1900. 

Die Zahl der verseuchten Ortschaften belief sich am Ende 
der einzelnen Monate des Berichtsquartals auf 5 bezw. 5 bezw. 5 
beim Milzbrand; — bezw. — bezw. 2 beim Rauschbrand; 
20 bezw. 21 bezw. 19 bei Tollwuth; 15 bezw. 20 bezw. 20 bei 
Rotz; 94 bezw. 78 bezw. 54 bei Maul- und Klauenseuche; 
10 bezw. 9 bezw. 6 bei Pocken; 62 bezw. 49 bezw. 19 bei 
Bläschenan88chlag; 27 bezw. 28 bezw. 23 bei Räude; 21 bezw. 
47 bezw. 119 bei Schweinerothlauf; 7 bezw. 22 bezw. 43 bei 
Schweinesenche (Pest). Lungenseuche und Rinderpest sind 
nicht anfgretreteu. 

Bestimmungen der Capcdenie für die Viebelnfuhr. 

Vom 1. August 1900 ab'muss jedes Stück Vieh, welches in 
die Capcolonie eingeführt werden soll, von einem Attest eines 
beamteten Thierarztes des Herkunftlandes begleitet sein, in 
welchem bescheinigt wird, dass das Thier vor der Verschiffung 
der Tuberculinprobe unterzogen worden ist und nicht eine 
Reaction gezeigt habe, welche das Thier der Behaftung mit 
Tuberculose verdächtigt. Die Landung wird nur gestattet, wenn 
das Thier frei von ansteckenden oder infectiösen Krankheiten 
befanden worden ist. Beim Fehlen des Attestes muss das Thier 
in die Quarantänestation gebracht werden, wo es der Impfang 
mit Tuberculin durch den Regierungsthierarzt unterworfen wird. 
Zeigt das Thier nach der Impfung eine Reaction, welche das¬ 
selbe der Tuberculose verdächtigt, so muss es vernichtet werden. 
Die Kosten trägt der Besitzer. Auf Schlachtvieh, welches zur 
sofortigen Abschlachtung bestimmt ist, finden die Bestimmungen 
Ier Tuberculin-Impfung keine Anwendung, aber diese Thiere 
nässen bei der Landung untersucht und zur menschlichen 
iahmng tauglich befunden werden. 

Hau!- and Klauenseuohe auf Viehhilfen. 

In Berlin nnd Hamburg ist die Seuche am 10. bezw. 

. August erloschen. Ausbrüche, die aber bereits wieder er¬ 


loschen sind, erfolgten in der Bericlitswoche in Mainz am 8. und 
in Nürnberg am 9. August. 

Berichtigung. 

In dem Artikel über Benutzung der Kleinbahnen sind folgende 
Druckfehler zu berichtigen: Es muss heissen im 2. Absatz der 
fragliche Beschluss (statt:d. königl.); pg. 381 Spalte 2, Zeile 18 
vom 21. August 1899 (statt 97); pg. 382 Zeile 1 „beamtete 
Aerzte“ (statt Thierärzte) und in Zeile 21 „ausreichende Er¬ 
ledigung“. 


Fleischschau und Viehhandel. 

Von KOhnau. 

Flelsohbeschaugesetze im Auslande. 

Seitdem Deutschland mit Erlass eines Fleischschaugesetzes 
voran gegangen ist, kommt auch in anderen Ländern diese Frage 
der Gesetzgebung mehr in Fluss. 

In Dänemark liegt ein Gesetzentwurf, der für das ganze 
Land eine obligatorische Fleischschau einführen will, dem 
Reichstag bereits zur Beschlussfassung vor. Gegenwärtig be¬ 
findet sich der Entwurf im Stadium der Commissionsberathung. 
Ein Mitglied der Commission bereist zur Zeit Deutschland unter 
Führung des dänischen Veterinär-Consulenten Arup, um sich 
über die Notliwendigkeit nnd Art und Weise der Ausübung der 
Fleischschau in Städten mit öffentlichen Schlachthäusern und 
den Landgemeinden zu unterrichten. 

In der Schweiz referirte Prof. Zschokke in der Ver¬ 
sammlung des landwirtschaftlichen Vereins des Cantons Zürich 
über die Notwendigkeit der obligatorischen Fleischschau. Die 
Forderungen sind bereits im Jahre 1898 von Prof. Hess, ge¬ 
legentlich eines Vortrages im Verband schweizer Metzger- 
raeister in folgenden Sätzen zusammengefasst: 

1. Eine einheitliche Regulirnng der Fleischbeschau ist un¬ 
erlässlich im Interesse der Volkswohlfahrt, des reellen Handels, 
der Viehversicherung und der Viehseuchenpolizei. 

2. In jeder Gemeinde soll ein patentirter Thierarzt oder 
ein patentirter Laienfleischinspector amten. Die Fleischschan 
ist auszudehnen auf lebende und kranke Thiere, Geflügel, Wild- 
pret, Conserven, sowie Fische und Wurstwaaren. 

Im Verein mit den landwirtschaftlichen Kreisen soll die 
Einführung der obligatorischen Fleischbeschau in der Schweiz 
angestrebt werden. 

In England beschäftigte sich der Fleischerverband bei 
seiner letzten Zusammenkunft mit den immer mehr überhand¬ 
nehmenden Auswüchsen in der Fleischbeschau, Unkenntniss der 
Laienfleischbeschauer, ja sogar der wissenschaftlich gebildeten 
Organe dieses so wichtigen Amtes (in England liegt die Leitung 
der Fleischbeschau noch meist in den Händen der Aerzte. — D.R.), 
falsche Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, Schwer¬ 
fälligkeit des behördlichen Eingreifens u. s. w. Es wurde be¬ 
schlossen, bei der Regierung Abänderungen resp. Ergänzungen 
der Fleischbeschaubestimmungen zu beantragen. 

KDhlwagen. 

Von der dänischen Regierung sind Versuche unternommen 
worden, um festzustellen, welche Art des Eisenbahntransportes 
rasch verderbliche Güter am besten an Ort und Stelle bringt. 
Zur Verwendung gelangten gewöhnliche, weiss gestrichene Eisen¬ 
bahnwagen ohne Isolirraum, einige mit Eiskühlung versehene 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 33. 


38B 


Wagen mitlsolirraum, von denen einer mit einer nenen Venti¬ 
lator-Einrichtung versehen war, und ein Wagen mit Ammoniak¬ 
kühlung. Die Versuche haben ergeben, dass eine künstliche 
Kühlung der Eisenbahnwagen nothwendig ist, um das frische 
Fleisch über gewisse Entfernungen (die Versuche wurden 
zwisdbidn Gopenhagen und Berlin ausgeführt) so zu transportiren, 
dass es'in gesundem, befriedigendem Zustande’änkommt. Mit der 
künstlichen KiÖ>lnng muss eine'Ventilation* verbunden sein. Der 
Eisvei^iAuch TsV-ungefä^r--derselbe’, ob Ventilation vorhanden 
ist oder nicht. Der Verlust des Fleisches an Gewicht ist ge¬ 
ringer, wenn gekühlt und ventilirt wird. Die Ausgaben für den 
Verbrauch von Ein in der warmen Saison werden mehr als auf¬ 
gewogen durch den geringeren Gewichtsverlust des Fleisches. 
Die geeignete Temperatur und der richtige Grad von Feuchtig¬ 
keit kann nur erhalten werden, wenn, die Ventilation • passend 
eingerichtet ist. . - • . . ' 


Berlin: Auezag tue dem Fieischschauberioht für Monat Juli 1900. 

. A. Scblächthöf. 



Rinder 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht 

12618 

•12902 

42 413 

61066 

Ganz beanstandet • . «• 

318 

• 35 

24 

481 

Ueberhanpt mit Tuberculöse 
behaftet ; . . . 

2 746 

' 36 

3 

3129 

Davon gänzlich verworfen- . 

' 153 

' 4 

— 

: 111 

(, sind zur Sterilisation ge- 


' 



eignet befunden worden: 

66 

- 9 

’ 3 

222 

„ theilweise verworfen ... . 

1 

, — 

— 

— 

Also' vollständig freigegeben 

2 526. 

23 

— 

2 796 

Mit Trichinen behaftet . / .' 

— 

— 

— 

•* 10 

Mit Finnen behaftet . . 4 

t • 

59' 

1 


24 


/ 



Rinder 

Kälber , 

Schafe 

! 8chweine 

Stark finnig, technisch ver¬ 
wertbet ....... 


1 


7 

Finnig und wässerig, tech¬ 
nisch verwerthet .... 

1 




Schwach finnig, zur Kochung 
geeignet befunden . . . 

58 



17 

Ausserdem wegen Behaftung 
mit Kalkconcrementen, mul¬ 
tiplen Blutungen u. s. w. sind 
zur Kochung geeignet be¬ 
funden . 


| 

1 

44 


An einzelnen Organen und Tbeilen wurden beanstandet: bei 
Rindern 5105 Stück, bei Kälbern 150 Stück, bei Schafen 3679 Stück, 
bei Schweinen 13 713 Stück. 


B. Untersuchnngaatationen. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

1 Schafe 

Schweine 

Untersucht. 

16 515 ! 

6 432 

| 3 722 

10 713 

Beanstandet. 

Wegen Tuberculöse wurden 

74 

41 

j 1 j 

I 

6 

: beanstandet. 

Davon sind zur Sterilisation 

36 

— 


— 

geeignet befunden . . . 

21 

— 

— | 

— 

Mithin gänzlich verworfen . 

i5 ; 

— ! 

— 

— 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— [ 

— 


— 

Mit Finnen behaftet. . . . 
Davon schwach finnig, zur 


— 


— 

Kochung geeignet befunden 

— ! 

— 

— 

— 


Unter dem eingefübrten Fleisch waren 787 dänische Rinder, 
viertel, 2 dänische Kälber und 90 Wildschweine. 

Berlin, den 6. August 1900. Der städtische Oberthierarzt 

I. A.: Henschel. 


Personalien. 

Ernennungen etc.r Prof. Dr. Vogel an der Thierärztl. Hochschule 
in Stuttgart ist seinem Ansuchen gemäss in {len Ruhestand versetzt 
worden . .. . 

Gewählt: Thierarzt William Feuereissen, bisher bezirks- 
thierärztl. Assistent in Grimma, zum' städt. Thierarzt bei der Fleisch¬ 
beschau in Dresden. 

Approbationen-: in München die Herren Bruno Lange, Oscar 
Orth, Otto Vöik. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen: Thierarzt G. Bischoff- 
St. Goar hat sich in Boppard a. Rh. niedergelassen. 

Todesfälle: Kreisthierarzt Perlelt in Lauban. 


Yacanzen. 

(Näheres Uber die Vacanzen mit abgelaufcncr Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 

Kreiethierarztatellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Düsseldorf: Landkreis Krefeld zum 1. August er. (600 M.) 
Bewerbungen bis 20. August er. an den Regierungspräsidenten. — 
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Aachen: Montjoie — R.-B., Cassel: GerBfpld. — R.-B. Köln:• 
Waldbröl. — R.-B. Cöslin: BUtow. — R.-B. Oppeln: .Gross-Strehlitz 
(600 M.) zum 1. October er. — R.-B. Wiesbaden: St. Goarshansen. 

Sanltätsthlerarztotellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Bremen (Stadt): 3. Thierarzt hm Schlacbthof zum 1. Oct. er. (2400 M., 
steigend bis 3600 M.). Bew. bis 1. Sept. an den Senator Dr. Don and t. 
— Cassel: Schlachthofassistenzthicrarzt sofort (1800 M. 3monat¬ 
liche Kündigung.) Bewerbungen an den Director. — Cottbus: 
Schlachthof-Assistenzthierarzt zum 1. Oct. er. Bewerb, mit Gehalts¬ 
ansprüchen sofort an den Magistrat. (Anstellung difitarisCh bei 
vierteljähriger Kündigung.) — Ducren: Sehlaehthofdirektor. (3600 M. 
Wohnung etc. Zunächst dreimonatliche Kündigung.) Bewerbungen 


Wb 25. er. an den Bürgermeister. — Graudenz: Assistenzthierarzt 
am Schlachthof. (1800 Mark, Wohnung etc.; 4 wöch. Kündigung). 
Meldungen bis 20. August er. an den Magistrat — Grätz: (Posen): 
Schlachthofinspector (1500 M., Wohnung etc., Privatpraxis in 
dienstfreier Zeit). Bewerb, an den Magistrat — Königsberg i. Pr.: 
Schlachthofthierarzt zum 1. Oct. er. (2000 M., Wohnung etc. oder 
300 M. Wohnuugsentschädigung; 6wöch. Kündigung.) Bewerbungen 
bis 24. August an den Director. — Ottweiler (Bez. Trier): Schlacbt- 
hausverwalter (1700 M. Gehalt, ca. 800 M. aus der Fleischbeschau; 
Wohnung etc.) Bewerb, bis 5. 9. an das Bürgermeisteramt — 
St. Wendel: Schlachthofverwalter (Bewerb, mit Gebaltsansprüchen 
bei freier Wohnung bis 1. September er. an den Bürgermeister). — 
Wolgast: Schlachthofverwalter zum 1. October er. (2400 Mark 
Wohnung etc.; 6 Monate Probedienstzeit) Bewerb, bis 31. er. an 
den Magistrat. — Wollstein (Posen): Schlächthofinspector zum 
1.. Oct er. (1200 M. Wohnung etc. Privatpraxis in dienstfreier Zeit). 
Bewerb!.an den Magistrat 

b)NachAblanlderMeldefrist noch unbesetzte Stellen: 

— Eberswalde: Schlächthofinspector. — Haltern: Sanltäts- 
thierärat — Köln: Schlachthoftbierarzt — Königsberg 1 (Ostpr.): 
Schlaohtbpfrhierarzt zum 1. October er. — Salzwedel: Schlacht¬ 
hofvorsteher.— Stettin; 3. Schlachthofthierarzt zum 1. September. 

— Wanne: Schlachthofvorsteher. — Warnsdorf. 

Privatsteilen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — 
Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. — 
Mengeringhausen (Waldeck) — Peiskretscham (Ober-Schles.) 

— Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Römhild. — 
Schloppa (Westpr.). — Schwarzenberg i. S. — Sonnenbarg. 

— Suolze Mccklb.). — Wolkenstein. 

Besetzt; Sänftätstbierarztstelle in Dresden. 


Vci7m(wortlicti für den Inhalt (oxel.; In»cr»tcnihoil): Prot Dr. Schmalta in Berlin, — Verlag tfad El'genthnm ton Richard-Scboetr ln Berlin. — Druck yon W. BOxonitdn, BerTin 


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Die „Berliner Thlerlrctllche Wochenschrift“ erscheint Origln*lbeitrlge werden mit 60 Mh. fUr den Bogen honorirt. 

wScbentlich in Stärke von mindesten* l*/j Bogen. Dieselbe Alle Menuscripte, Mittheiiungen und redactionellen An- 

iit au beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1082) WM' ^ “■ Q fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmalti, 

oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard ■ W _ I _ Berlin thierbrztliche Hochschule. NW, Luisenstrasxe 56. 

gchoets, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von ■ m W® H I Correcturen, Recensions-Ezemplare und Annoncen da- 

Mk. 5,— pro Vierteljahr. B W ^ J B B B | | 17 | gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin. 

Verantwortlicher Redactenr. 

Oe Bruin KOhnau Dr. Lothe« Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZQndel 

Professor Oberthierarzt Departementsthierarzt Krcisthierarzt Departementsthierarzt Veterinirassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthierarzt 

Utrecht Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. 34 . Ausgegeben am 23. August. 


Inhalt: de Bruin: Laparotomie als Explorativopcration bei Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane. — Kolanus: 

Ein Mechanismus zur Verhinderung des Wirbelsäulenbruches bei einem gelegten Pferde. — Graefe: Ausge¬ 
breitete chronische Bauchfellentzündung mit Eiterung. — Referate: Der Kampf gegen die Tuberculose in den Ver¬ 
einigten Staaten von Amerika. — Baldoni: Ans der chir. Klinik der Königl. Thierärztlichen Hochschule in Mailand. — 
Gutbrod: Botryomykose des Augenlides. — Schelameur: Chondrom des Blinddarmes. — Alb recht: Fremdkörper in der 
Rachenböhle des Hundes. — Schüller: Die Schalenbant des Hühnereies eine epithelhaltige Membran und ihre Verwendung 
zur Ueberh'äutnng grannlirender Flächen. — Rivifere: Behandlung von Carcinomen mittelst Electricität. — Tagesgeschichte: 
Bericht über die Versammlung des thierärztl. Vereins im R.-B. Köslin. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — 
Fleischschan und Viehhandel. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen. 


Laparotomie als Explorativoperation bei Krankheiten 
der weiblichen Geschlechtsorgane. 

Von 

N. 6. de Bruin. 

Bei dem jetzigen Stand unserer Wissenschaft und der 
Mittel zur Verhütung inficirender Einflüsse bietet das Oeffnen 
der Bauchhöhle nicht mehr die Gefahren dar wie früher. Jetzt 
ist es uns möglich, bei dem Rinde und den kleinen Hausthieren 
die Laparotomie anszuführen, ohne das Leben des Thieres da¬ 
durch zu bedrohen. Unter Anwendung der aseptischen Vor¬ 
sorgen darf man auch in der veterinären Praxis den Baachschnitt 
in einzelnen Fällen auch als ein diagnostisches Hilfsmittel be¬ 
trachten. 

Es ist allerdings behauptet worden, dass man bisweilen zu 
diesem diagnostischen Hilfsmittel greife, ohne vorher durch die 
Gesamterscheinnngen zu einer richtigen Diagnose gekommen zu 
sein. Auch ist die Frage gerechtfertigt, ob der Therapeut, da 
er weiss, dass die Laparotomie in gewissem Sinne als ungefährlich 
betrachtet werden darf, etwa nicht zu rasch zur Operation schreitet, 
vielleicht ehe das Symptomenbild ihm dazu das Recht giebt. 

Es kommen aber Fälle vor, wo die Erscheinungen uns be¬ 
rechtigen, Störungen in der Bauchhöhle zu vermuthen, und nur 
die Laparotomie ans ermöglicht, die Diagnose sicher festzustellen. 
Die Therapie kann dann im Anschluss daran eine rationelle sein, 
oder der Befnnd kann uns bewegen, von einer zwecklosen Be¬ 
handlung abzusehen: Beides sind gewiss nicht zu verwerfende 
Vortheile. 

Ich versuche hier die Fälle vorzufiihren, bei denen diese 
Operation sich empfiehlt. 

Indicationen für die Knh. 

1. Abscesse im Parametrium. Die rectale Exploration 
kann es uns in vielen Fällen ermöglichen, eine Diagnose zu stellen, 
allein nicht immer. Die Erscheinungen, wodurch diese Abscesse 
sich andeuten, sind oft gering und nicht von der Art, dass man 
daraus mit Sicherheit auf ihr Vorhandensein schliessen darf. Die 
einzigen Erscheinungen sind meistens: Abraagemng der Kuh^'n 


1 den ersten Wochen nach dem Kalben, schwaches Drängen und 
schmerzhaftes Gefühl bei einem Druck gegen die Lendengegend. 
Nicht immer ging eine schwere Geburt vorher; auch nach einer 
normalen können Abscesse entstehen. 

Die Infection geschieht meistens von der verwundeten 
Cervix, selten vom Uterus aus. Der Sitz ist zwischen den 
Platten des Mesometriums an dem concaven Rand des Gebär - 
! mntterhornes oder mehr peripher gegen das Darmbein hin. In 
ersterem Falle ist die Gebärmntterserosa in den Prozess hinein¬ 
gezogen und bedentend verdickt. 

Obschon gewöhnlich ein einziger Abscess in der Grösse eines 
Kopfes sich findet, kommt es doch häufiger vor, dass zahlreiche 
Abscesse in dem Mesometrium nnd dem Beckenzellgewebe zer- 
, streut liegen. In ersterem Falle ist Pnnction mit dem Trocar 
längs der oberen Wand der Scheide möglich, in letzterem Falle 
| ist sie wegen der zahlreichen Abscesse zwecklos. 

Wenn bei vielfacher Abscessbildnng eine Polyarthritis oder 
! eine metastatische Sehnenscheidenentzündung auftritt, so kann 
man von einer Behandlung absehen. 

2. Extra-uterine Maceration des Foetns. Bei der 
Knh kommt dieses selten vor, mir wenigstens ist auch aus der 
i Literatur nur ein einziger Fall dieser Art bekannt, nämlich der. 

den Cocquet beschrieben hat. In diesem Falle war die Wand 
j des Sackes, worin der Foetns lag, mit dem Colon verwachsen. 

Nachdem die Fracht in Maceration übergegangen war, entstand 
i im Colon eine Perforation, infolge deren Theile des Foetus mit 
den Faeces entleert wurden. Bei Hunden kann nach der Torsion 
j nnd Abschnürung einer Ampulle Mumification sowie Maceration 
; der Frucht eintreten, wie dies bei Hasen häufig vorkommt. 
Scheinbar hat man dann eine extra-uterine Maceration vor sich. 

Es bedarf wohl keines Beweises mehr, dass bei der extra¬ 
uterinen Maceration des Foetns eine ausgedehnte Peritonitis 
entsteht, in Folge deren verschiedene Organe verwachsen. 
Dies kann aber auch bei einer intra-uterinen Maceration der 
Fall sein. Die Uterusserosa kann mit der Harnblase, dem 
Rectnm, dem Coecum und der Bauchwand verwachsen. Ebenso 


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398 


BERLINER THIERÄRZTLICHE W0CHEN8CHRIFT 


No. 34. 


kann Perforation auf verschiedene Weise eintreten, wie dies 
beim Schafe mehrfach beobachtet wurde. 

Die Diagnose kann nach der Explorativlaparotomie mit 
Sicherheit gestellt werden; von einer Therapie kann jedoch 
nur dann einiges Heil erwartet werden, wenn die Verwachsung 
des Sackes, worin die Frucht macerirt ist, mit der Bauchwand 
zu Stande gekommen ist, also die Laparotomie an einer Stelle 
vorgenommen werden kann, wo eine genügende adhäsive Ent¬ 
zündung die Gefahr der Infection des noch intacten Peritoneums 
ansschliesst. 

3. Ovarialgeschwülste. Die Diagnose ist hier bei 
rectaler Exploration meistens möglich. Bei der Kuh hat man 
u. a. Cystome von enormem Umfang und bis zu 90 kg Gewicht 
wahrgenommen, ferner Adenocarcinome und Sarcome von 1 bis 
20 kg Gewicht (Kitt). Dieselben können bedeutende Circnlations- 
störungen verursachen und den Tod durch innere Verblutung 
herbeiführen. In vielen Fällen verrathen sich diese Tumoren 
während des Lebens durch geringe Erscheinungen. Bisweilen 
jedoch würde eine zeitige Untersuchung und operativer Eingriff 
dem Besitzer das Thier noch gerettet haben. 

Indicationen bei dem Hunde. 

Das Feld für die Anwendung dieser Operation ist hier 
grösser, und der Thierarzt wird bei diesem Thiere auch öfter 
Gelegenheit haben, sie auszuführen. Bei der Kuh tritt 
die Erhaltung des Werthes so sehr in den Vordergrund, dass 
der Besitzer leicht dazu neigt, das Thier schlachten zu lassen; 
bei dem Hunde wird oft alles mögliche versucht, um ihn am 
Leben zu erhalten. 

1. Tote Früchte bei einer geschlossenen Cervix. 
In vielen Fällen lässt sich die Diagnose in Folge der Anamnesis 
und der äusseren Erscheinungen stellen. (Zustand der Mammae, 
Palpation des Bauches. Man beachte jedoch, dass bei Hunden 
während der Brunst auch eine Lactation vorkommt.) Wenn das 
erkrankte Thier wenig leidet, ist es rathsam, den Mumifications- 
process abzuwarten. Wenn der Zustand jedoch so ist, dass 
der Bauch gespannt, die Temperatur hoch und das Allgemein¬ 
befinden soporös ist, so sollte die Laparotomie sofort ausgeführt 
werden. Bei ausgedehnter Perimetritis muss diese dann die 
Einleitung zur Hysterectomie sein. 

Die Früchte können jedoch auch in einer früheren fötalen 
Periode absterben und Veränderungen erfahren, welche das 
Leben des Mutterthieres bedrohen. In der 5. Woche der Gra¬ 
vidität kann aus verschiedenen Gründen der Tod der Früchte 
erfolgen und darauf der gewöhnliche Mumificationsprocess, aber 
auch Maceration eintreten. Letztere kann wieder eine chronisch 
verlaufende Krankheit hervorrufen, welcher das Thier schliesslich 
erliegt. 

Die Diagnose intra vitam ist nicht immer leicht. Der 
Eigeuthümer theilt uns gewöhnlich mit, dass die Mammae etwas 
geschwollen und in den Zitzen Milch enthalten sei, dass das 
Thier, nach seiner Meinung, dann einige Tage an Constipation 
gelitten habe und seit dieser Zeit stets magerer geworden sei. 
Bei der Palpation fühlt man in der Bauchhöhle die Ampullen 
rosenkranzförmig liegen, welche sich zuweilen ziemlich weit 
nach vorn erstrecken. An die Laparotomie, welche eine sichere 
Diagnose ermöglichen kann, muss sich die Hysterectomie an- 
schliessen, die wegen der oft vorhandenen Adhäsionen (Residuen 
einer Perimetritis) nicht immer leicht ist. 

2. Torsion einer oder mehrerer Ampullen. Der 
Uterus divisus des Hundes hat eigentlich keinen Uteruskörper. 


In der Nähe des Collums ist der Uterus in zwei Hörner getheilt. 
Jedes Horn hat in trächtigem Zustande an 3—5 Stellen ampullen¬ 
förmige Erweiterungen, in denen die Früchte liegen. „ Zwischen 
zwei Ampullen ist das Horn eingeschnürt. Diese anatomische 
Eigenthümlichkeit ermöglicht es, dass eine oder mehrere Ampullen 
sich um ihre Längsachse drehen. 

Eine sichere Diagnose ist nur nach der Laparotomie möglich. 
Wenn sich dabei ergiebt, dass in Folge der Torsion Perimetritis 
und Gangrän des gedrehten Theiles entstanden ist, dann ist die 
Resection des Gebärmutterhornes angezeigt. 

3. Als einleitende Operation zur Cystopexie bei 
einer Hernia perinealis. 

Hendricks hat bei dem Hunde die Operation der Cysto¬ 
pexie, d. h. der Befestigung der Harnblase an die Bauchwand 
in der Gegend des vorderen Schambeinrandes erfolgreich aus¬ 
geführt und dadurch eine Hernia perinealis geheilt. Es versteht 
sich, dass nur dann, wenn die Blase den Inhalt des Bruchsackes 
bildet, die Operation Erfolg hat; wenn Därme darin sind, hilft 
sie nichts. 

Auf unserem Gebiete ist die Anwendung der Explorativ- 
Laparotomie beschränkt; sie kann jedoch viel mehr angewandt 
werden. Ich erinnere z. B. nur an die Diagnose bei einer Darm¬ 
einschiebung mit darauf folgender causaler Behandlung, an die 
Beseitigung einer Torsio uteri und die Diagnose bei hypo- 
phrenischen Abscessen. Auch bei dem Hunde kann oft die Noth- 
wendigkeit eintreten, diese Operation anzuwenden, z. B. wenn 
durch Palpation des Bauches die Diagnose eines Fremdkörpers 
sich nicht mit Sicherheit ergiebt. 

Es braucht wohl kaum hervorgehoben zu werden, dass die 
Explorativ-Laparotomie nur auf bestimmte Indicationen hin aus¬ 
geführt werden darf. Wenn der Therapeut sie jedoch ausführt, 
ohne dass die Erscheinungen ihm dazu das Recht verleihen, so 
können sich bisweilen unliebsame Zufälle ereignen. 

Es ist überdies nothwendig, dass man am Cadaver sich nach 
der Laparotomie in der Bauchhöhle zu orientiren lerne. Bei 
dem Rinde benutzt man dabei Hand und Arm, bei kleinen Haus- 
thieren genügt der Zeigefinger. Man kann dann, indem man mit 
der andern Hand gegen den Bauch drückt, alle Theile des 
Abdomens palpiren. 

Ist bei der Operation Narcose nothwendig? Bei dem Rinde 
sicher nicht; die Operation kann sogar an dem stehenden 
Thiere mit genügender Fesselung vorgenommen werden. Hunde 
kann man ebenfalls ohne Narcose operiren; übrigens würde 
jedenfalls die Schleich’sche Infiltrations-Anästhesie der Chloro- 
formnarcose vorzuziehen sein. Katzen werden am besten durch 
Inhalation einer Mischung von Chloroform und Aether zn 
gleichen Theilen in Narcose gebracht. Die oft schwierige 
Fesselung dieser Thiere macht eine allgemeine Anästhesie 
wünschenswerth. Die nachtheiligen Folgen dieser Mischung 
sind für die Katzen nicht grösser als für andere Thiere. 
Für die ruhige Operation ist es sogar nothwendig, dasB sie sich 
in völliger Narcose befinden. 


Ein Mechanismus zur Verhinderung des 
Wirbelsäulenbruches bei einem gelegten Pferde. 

Von 

Kolanut-Festenberg, 

Thtnrant 

Im December verflossenen Jahres bekam ich ein Pferd, 
Schimmelwallach, 16 Jahre alt, das an einer Zahnfistel litt, in 


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23. Angast 1900. 

Behandlung. Zwecks Operation musste dasselbe geworfen werden. 
Ich bediente mich der deutschen Wurfmethode. 

Das Legen ging ganz glatt vor sich. Kopf und Hals 
wurden schon im Fallen von mir gilt zurückgenommen und dann 
von zwei Männern in dieser Lage erhalten. Auch die bereit- 
liegende Schenkelbremse wurde sofort und zwar so angelegt, 
dass sich das betreffende H interbein in Flexionsstellung befand. 
Ich hatte somit keine Vorsichtsmassregel ausser Acht gelassen, 
und doch brach sich das Pferd kaum fünf Minuten nach dem 
Legen, obgleich jeder seinen Posten gut vertrat, die Wirbelsäule 
in der Gegend des ersten Lendenwirbels. 

Während ich mit dem Maulgatter nach Brogniez die 
Kiefer von einander entfernte und mit der Pristley-Smith- 
Lampe die Zahnreihen nach sonstigen Mängeln ableuchtete, 
sträubte sich das Pferd einen Augenblick lang in den Fesseln, 
ein dumpfer Knall, ein schmerzlicher Aufschrei des Pferdes, und 
es lag dann ganz ruhig da. 

Trotzdem ich dieses Geräusch schon einmal gehört hatte, 
ging es mir dem jungen Praktiker und Anfänger, durch 
Mark und Bein. Ich sprang sofort auf, untersuchte den Rücken 
und fand in der Gegend des ersten Lendenwirbels eine plötzliche 
Biegung desselben. Passive Bewegungen der Hinterbeine fanden 
keinen Widerstand. Das Gefühl war in der ganzen Nachhand 
verloren. Nach der Abnahme der Fesseln erhob sich das Pferd 
auf die Vorderbeine, blieb aber mit dem Gesäss auf dem Boden 
sitzen. Das Pferd wurde an den Abdecker verkauft. 

Trotzdem der Besitzer des Pferdes, der selbst zugegen war, 
mir keine Schuld zumass, ging mir dieser Vorfall und das 
deutsche Wurfzeug nicht aus dem Kopfe. 

Ich dachte darüber nach, auf welche Weise wohl eine derartige 
Gefahr, wenn nicht ganz beseitigt, so doch gemindert werden könnte. 

Die Lösung des Problems wollte mir lange nicht gelingen, 
bis ich endlich an einem Pferdescelett, das ich auf die Erde 
legte, so wie ein geworfenes Pferd fesselte und mit Hülfe von 
„Sc hm alt z: ossa extremitatum equi et insertiones musculorum 
die richtige Winkelung der Beine herstellte, die haupt¬ 
sächlich in Frage kommenden Muskeln in Form von Linien 
(Gummifäden) eintrug. Ursprung und Ansatz wurden dabei genau 
berücksichtigt. (Muskeln des Rückens, des Beckens und der 
Hintergliedmassen) und ihre Hubkraft mit einer angenommenen 
Grösse berechnet. Natürlich vergass ich nicht die Hebel¬ 
wirkung der Scelettknochen und die Wirkungsrichtung der 
Muskeln. Nachdem dies geschehen war, verlegte ich den Stütz¬ 
punkt der Hinterbeine um 80 cm rückwärts, und nun ergab sich, j 
dass die Summe der Hubkraft dieser Muskeln nur noch 1 / a | 
so gross war als zuerst. Ich schloss daraus, dass bei einem so 
gefesselten Pferde, wo der Stützpunkt für die Hinterbeine nicht 1 
mitten zwischen Vorder- und Hinterbeinen, sondern mehr rück¬ 
wärts liegt, die Gefahr des Wirbelbruches wesentlich gemindert 
wird. Diesen Schluss wendete ich an. 

Ich gab meinem deutschen Wurfzeuge zwei Haupt- und 
zwei Neben8cbellen. Die Hauptschellen werden an den Vorder- 
und Hinterfessel der entgegengesetzten Seite geschnallt, auf 
die das Pferd gelegt werden soll. An dieselben schliesst sich 
je eine Kette. An der Hinterfessel ist sie 4 m lang, an 
der vorderen nur 2 m. Diese trägt an ihrem Ende einen stumpfen 
Haken, der in die Glieder der Hinterkette passt. 

Neu kommt hinzu eine aus drei Theilen zusammengesetzte 
eiserne Stange. Der mittelste Theil ist 1,10 m lang und be¬ 
steht aus einem bogenförmigen Mittelstiick — die Spannungs- j 


399 

sehne ist 70 cm lang, die Spannung selbst flach — und, zwei 
geraden Endstücken, welche je 20 cm lang sind. Diese tragen 
an ihren äusseren und inneren Enden je ein würfelförmiges 
Klötzchen, das in der Richtung der Längsachse des Ganzen von 
einem Loche durchbohrt ist, welches innen mit Schrauben¬ 
gewinden versehen ist. 

Die beiden Endtheile sind aus rundem Stabeisen gefertigt, 
je f>. r ) cm lang, in ihrer ganzen Länge mit Gewinden und an 
einem Ende mit einer Oese versehen, durch die die oben¬ 
erwähnten Ketten leicht doppelt hindurchgeführt werden können. 

Die Dreitheiligkeit der Stange hat den Zweck, dass 
dieselbe in ihrer Länge verstellbar sei; die Gewinde der End- 
theile und der Klötzchenlöcher sind nämlich so eingerichtet, 
dass bei fixirten Endtheilen und Drehen des Mitteltheiles um 
die Längsachse nach rechts die Stange länger wird, die Endtheile 
sich also herausschrauben und umgekehrt. 

Anzuwenden ist das Wurfzeug auf folgende Weise 

Die Nebenschellen werden auf der Seite angelegt, auf 
welche das Pferd geworfen werden soll, die Hauptschellen auf 
der anderen, und zwar die mit der kurzen Kette an dem Vorder- 
fuss. Hierauf wird die Länge der Stange durch Hinein- oder 
Heransschrauben der Endtheile der Entfernung vom Vorder- 
zum Hinterfuss des zu werfenden Pferdes gleichgestellt und so 
unter das Pferd gelegt, dass die eine Oese zwischen den 
Vorderhufen und die andere zwischen den Hinterhnfen zu liegen 
I kommt. Jetzt werden die Ketten geleitet, und zwar Vorder- 
lind Hinterkette für sich, erst durch die Oese, dann durch den 
Fesselring der betreffenden Nebenschelle, darauf zurück durch die 
Oesennd endlich durch den Fesselring der Hauptschelle; die hintere 
Kette wird nnn etwas angezogen, der Haken der vorderen 
lnfiglidr-t w'eit in sie hineingehakt und nun erfolgt das Werfen 
wie gewöhnlich. 

Die Yerschlnssringe werden in ganz derselben Weise am 
gelegt, nnr dass man hier zw'eier benöthigt. Sobald das Pferd 
am Boden liegt, wird die Stange durch Drehen des Mittel- 
stückes auf ihre grösste Länge eingestellt. 

Das Pferd liegt, wenn ich mich der Ausdrücke bedienen 
darf, vor- und rückständig. Ein Sträuben in den Fesseln 
ist vollkommen unmöglich. 

Schon beim Legen des Pferdes springen die Vortheile dieses 
Wurfzeuges ins Ange: 

1. hat man nicht so viel Kraft nothwendig, weil schon eine 
geringe Leistung genügt; fällt doch die Diagonalzusammen- 
zielmng der Vorder- und Hinterbeine vollständig weg, 

2. ist die Erschütterung des Pferdes eine geringe, da es nicht 
mit dieser Kraft niedergerissen werden muss, 

3. kommt es zum Stolpern vor dem Fall garnicht, weil die Zeit 
dazu nicht vorhanden ist, die durch die Diagonalzusammen- 
ziehung der Vorder- und Hinterbeine gegeben wurde, und 

4. kann man ruhig operiren, sowohl durch das Sträuben des 
Pferdes nicht mehr gehindert, als auch in dem Bewusstsein, 
dass ein Rückenbruch unmöglich ist. 

Ich habe mit diesem Wurfzeug schon 30 Pferde geworfen; 
kräftige Reitpferde sogar nur mit Hilfe zweier Männer und habe 
nur gute Erfahrungen mit demselben gemacht, ich glaube daher 
meinen verehrten Collegen zu nützen, wenn ich es der Oeffent- 
lichkeit übergebe. 

Die Herstellung des Wurfzenges wird wohl die Firma 
H. Hauptner, mit der ich in Verbindung trat, übernehmen. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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400 

Ausgebreitete chronische Bauchfellentzündung 
mit Eiterung. 

Von 

Graefe-Mügeln, 

Thierarzt. 

In meinem früheren Wirkungskreise wurde ich zu einem 
erkrankten Pferde gerufen, welches schon wochen- ja monate¬ 
lang vergeblich behandelt worden war. Dasselbe eine 11jährige, 
braune Stute belgischer Abkunft, war seit ca. 5 Monaten stets 
matt bei der Arbeit, wurde von Tag zu Tag matter und träger, 
nahm im Nährzustande ständig ab. Als ich auf das Rittergut 
kam, theilte mir der Inspector mit, dass das Pferd bereits 
verendet und nach der Abdeckerei in Frankenhausen a. Kyffh. 
geschafft sei. 

Die dort von mir vorgenommene Obduction ergab Folgendes: 

Das parietale Bauchfell war entzündet, in seiner ganzen 
Ausbreitung mit sämmtlichen in Berührung kommenden Bauch- 
eingeweiden verwachsen. Nach der Trennung der Verwachsung 
des Bauchfells mittelst eines scharfen Messers ergab sich, 
dass die Verwachsung ca. 1 cm stark war. Dieselbe war aus¬ 
gedehnt über den Magen, den ganzen Dickdarm, die Nieren 
und Leber. Die einzelnen Darmtheile waren unter einander 
fest verbunden, hie und da waren Abscesse von Hühnerei- 
und Wallnussgrösse mit theils dickflüssigem, theils verkästem 
Eiter vorhanden. Die Trennung der sehnigen Membran zwischen 
den einzelnen Darmtheilen geschah mittelst Messers. Letztere 
hatte eine Dicke von 1—2 cm. Die natürlichen normalen 
Verbindungen und Aufhängebänder der Baucheingeweide zeigten 
keine anatomischen Veränderungen. Die Bauchspeicheldrüse 
war gänzlich vereitert. Der Eiter war übelriechend, theils 
breiig, theils schon verkäst. 

Besonders auffällig verändert war die Leber. Sie wog 
34 Pfund; die Länge von der Spitze des linken Leber- 
jappens über die Mitte gemessen bis zur Spitze des rechten 
Leberlappens betrug 32 cm, die Breite in der Mitte gemessen 
vom oberen bis zum unteren Rande der Leber betrug 21 cm, 
die Dicke in der Mitte der Leber 16 cm. 

In der Brusthöhle war nichts Abweichendes zu finden. Die 
Lunge war im Ausathmungs-Stadium. 

Hinsichtlich der Ursache bezw. des Beginns der Erkrankung 
war nur zu ermitteln, dass das beteffende Pferd im März bei 
kaltem Wetter ein Darmleiden, vielleicht auch Bauchfell¬ 
entzündung gehabt hatte, die durch Priessn itz’ sehe Umschläge 
bekämpft und scheinbar geheilt worden war. Nach 8 Tagen 
Ruhe wurde das Pferd wieder zur Arbeit verwendet, wurde aber 
seitdem leicht matt und zeigte fortwährend oben erwähnte Er¬ 
scheinungen und ständige Abmagerung. 

Bef er at e« 

Der Kampf gegen die Tubercnlose in den Vereinigten 
Staaten von Amerika. 

(Veterlnary Review 1899 H. <.) 

Das in Chicago erscheinende Blatt „Tribüne“ hat an die 
Regierungen der einzelnen Staaten der Union nachstehende 
Fragen zur Beantwortung gerichtet: 

Welche Schritte hat der Staat gegen die Ausrottung der 
Tubercnlose der Rinder, insbesondere der Milchkühe unter¬ 
nommen? Welche Wirkung haben die erlassenen Vorschriften 
gezeigt? Welche Geldsumme hat der Staat für diesen Zweck 
angewiesen? Haben die Behörden die Machtbefugnis, ohne Ein- 


No. 34. 

willigung der Rindviehbesitzer die Tuberculinprobe anzuwenden? 
Haben Städte Verbote gegen den Verkauf von Milch erlassen, 
welche von nicht tuberculosefreien Thieren stammt? Welche 
Ausbreitung hat die Tuberculose beim Rindvieh gewonnen, so¬ 
fern weder vom Staate noch von städtischen Behörden Sclmtz- 
massregeln gegen die Seuche ergriffen worden sind? 

Aus den eingegangenen Berichten, welche von den ent¬ 
sprechenden Hauptstädten der Staaten eingeganghen sind, ist 
Folgendes hervorzuheben. 

Springfield, Illinois: Die Tuberculinprobe wurde in diesem 
Staate bis zum 1. Juni vorigen Jahres bei 1200 Haupt Rindvieh 
ausgeführt. Ueber 12 pCt. der untersuchten Rinder reagirten 
und wurden geschlachtet. Der letzte Landtag bewilligte eine 
Summe von 20000 Mk. zur Entschädigung der Eigentümer, 
welche Verluste in Folge der Schlachtung tuberculoseverdächtiger 
Rinder haben. Vom 1. Juni ab nahm das Viehzuchtamt des 
Staates die Untersuchungen in die Hand. Dasselbe hat bereits 
1000 Haupt Rinder in seinen Büchern verzeichnet, welche mit 
Tuberculin geprüft worden sind. An Entschädigung wurden 15, 
25, 35, 50 oder 75 pCt. des Werthes bezahlt, je nach der Aus¬ 
breitung des Krankheitsprozessesf welcher bei der Schlachtung 
ermittelt wurde. 

Das Eingreifen des Viehzuchtamtes erfolgt auf Ansuchen 
der Besitzer. Zunächst wird eine klinische Untersuchung der 
Bestände angeordnet, und wenn diese hinreichenden Anhalt für 
das Vorhandensein der Tuberculose ergiebt, wird die Tubercolin¬ 
probe angewendet. 

Der Procentsatz der reagirenden Rinder war viel höher 
als bei den Untersuchungen vor dem 1. Juni 1899. Von 358 
Haupt zeigten 108 Stück eine typische Reaction und nach der 
Schlachtung tuberculose Veränderungen. 

Albany, New-York: Im Jahre 1894 wurde ein Gesetz ge¬ 
nehmigt, durch welches das Gesundheitsamt des Staates er¬ 
mächtigt wurde, gegen die Rindertuberculose vorzugehen. Die 
Localbehörden versehen das Amt mit Anzeigen über inficirte 
Heerden. Dieselben werden isolirt und ab geschlachtet, die Eigen¬ 
tümer entschädigt. Die hierzu vom Staate ausgeworfene 
Summe überstieg in keinem Jahre 100000 Mk. und hat auch 
schon nicht mehr als 40000 Mk. betragen. Im letzten Jahre 
wurde überhaupt kein Geld zu dem fraglichen Zweck angewiesen. 
Viele städtische Behörden verlangen von den Viehbesitzern, 
welche die betreffenden Städte mit Milch versorgen, Gesundheits¬ 
atteste für jede Kuh. 

Im ganzen Staate hat sich im letzten Jahre das Interesse 
für die Bekämpfung der Rindertuberculose erheblich vermehrt. 

Die Stadt Buffalo, New-York, hat auf das Betreiben des Sanitäts- 
beamten Ernst Wende nachstehendes Verfahren eingeführt: Jede 
Person, welche Milch verkauft, hat eine Karte zu lösen, auf 
welcher der Name des Verkäufers verzeichnet steht. Auf diese 
Weise wird eine vollständige Liste aller Milchproduzeuten er¬ 
langt. Diejenigen, welche ihre Kühe durch einen approbirten 
Thierarzt untersuchen lassen und ein Attest desselben bei der 
Behörde einreichen, werden öffentlich namhaft gemacht, während 
die „Bestände der Molkereibesitzer, die keine thierärztliche 
Kontrolle ausüben lassen, als „verdächtig“ gekennzeichnet werden. 
Wenn irgend ein Händler sich weigert, seine Handelsmilch 
untersuchen zu lassen, so wird sie für verdächtig erklärt und 
der Verkauf derselben in der Stadt verboten. 

Diese Methode soll ein zufriedenstellendes Resultat er¬ 
geben haben. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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23. August 19U0. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


401 


Boston (Massachusetts) hat in den letzten vier oder 
fünf Jahren die grössten Anstrengungen gemacht, die Rinder¬ 
tuberkulose zu unterdrücken. Jede Stadt besitzt ein bis zwei 
Inspektoren, welche inficirte Rinderbestände ausfindig machen. 
Die verdächtigen Rinder werden isolirt und mit Tuberkulin 
untersucht. Diejenigen Stücke, welche reagiren, werden ge- 
tödtet und verbrannt. Die Eigenthümer erhalten eine Ent¬ 
schädigungssumme. 1896 bewilligte die Gesetzgebung über 
1 200000 M. für diesen Zweck. In dem genannten Jahre wurden 
5198 tuberkulöse Rinder getödtet und etwa 692 824 M. Ent¬ 
schädigung gezahlt. 1897 wurde 1 Million M. ansgeworfen, 
9991 Rinder mit Tuberkulin untersucht, 5275 getödtet und dafür 
719 468 M. bezahlt. 1898 wurden nur 80000 M., dagegen 1899 
wieder 300000M.für die Tilgung derRindertuberkulose hergegeben. 
Vieh, welches ans andern Staaten eingeführt wird, wird in 
Quarantäne gestellt. Uebertretungen des Statuts, welches die 
Beschaffenheit der Milch vorschreibt, werden streng bestraft. 

Harrisbnrg (Pennsylvanien) wendet jährlich zwecks 
Ausrottung tuberkulöser Rinder 240000 M. auf. Die Tuberkulin¬ 
probe wird auf Verlangen der Besitzer ansgeführt. Für die ge¬ 
schlachteten Rinder werden 200 M. oder 100 M. Entschädigung 
gezahlt, je nachdem sie ins Znchtregister eingetragen sind oder 
nicht. Das Tuberkulin wird kostenfrei vom Gesundheitsamt des 
Staates geliefert. 1898 wurden 14437 Stück untersucht und 
von diesen 1348 geschlachtet. Die Milchuntersnchung in den 
Städten wird nur oberflächlich betrieben. 

Philadelphia: Diese Stadt hat ähnlich wie Buffalo seit 
1894 ein Verzeichniss von allen Kiihbeständen aufgestellt, aus 
denen Milch nach Philadelphia verkauft wird. Die mit Tuber¬ 
kulin untersuchten Kuhlieerden sind genau bezeichnet. Das Ver¬ 
zeichniss steht der Einsichtnahme des Publikums iederzeit offen. 

Hartford. In Connecticut sind gegen die Tuberculose 
keine besonderen Bestimmungen erlassen. Die Tuberculin- 
probe wird nicht angewendet. Einzelne Städte verlangen die 
amtliche Untersuchung aller Kühe, deren Milch an ihre 
Bewohner verkauft wird. Die Gesetzgebung hat vor, ein 
allgemeines Gesetz über diesen Gegenstand zu erlassen. Unter 
den 207 000 Haupt Vieh des Staates soll die Tuberculose nicht 
in einem hohen Grade verbreitet sein und eine Zunahme nicht 
anfweisen. 

Sacramento, Californien: Der Staat Californien hat im März 
vergangenen Jahres eine Gesetzesvorlage angenommen, nach 
welcher die Ausrottung der Tuberculose energisch in Angriff 
genommen werden soll. 32000 M. sind zu diesem Zweck 
bewilligt worden. Alle grossem Städte des Staates haben 
durch Ernennung von Milchinspectoren begonnen, den Verkauf 
der Milch einzuschränken, welche von Kühen herstammt, die 
nicht tuberculosefrei sind. In einzelnen Bezirken sind beamtete 
Veterinäre angestellt, deren Obliegenheit darin besteht, 
erkranktes Vieh anszufotten. Diese, sowie die Sanitätsbeamten 
haben die Befugniss, auch ohne Zustimmung des Eigenthümers die 
Knhbestände mit Tnberculin zu prüfen. 

St. Pani, Minnesota. In St. Paul, Minneaopolis und anderen 
Städten dieses Staates müssen die Milchhändler Erlaubniss¬ 
scheine lösen, welche nur gewährt werden, wenn eine Be¬ 
scheinigung über den Gesundheitszustand der Kühe beigebracht 
wird. Dem Staat ist die Machtbefugnis eingeräumt, verdächtige 
Kühe der Tuberculinprobe zu unterwerfen, mögen die Besitzer 
hierzu ihre Zustimmung geben oder nicht. Die Entschädigungen 
für geschlachtetes Vieh tragen theils die Städte, theils die 


Staatskasse. Der Staat kann jedem Händler den Verkauf von 
Milch verbieten, wenn er krankes oder verdächtiges Vieh hat. 

Indianopolis, Ind. In Indiana sind von Staatswegen Schritte 
zur Bekämpfung der Tuberculose nicht unternommen worden. 
Der Gouverneur will erst die Resultate in andern Staaten 
abwarten, bevor er der gesetzgebenden Körperschaft eine 
bezügliche Vorlage macht. In den Städten Indianopolis und 
FortWayne ist der Milchverkauf nicht erlaubt, wenn die Milch 
nicht von Kühen herrührt, die die Tuberculinprobe bestanden 
haben. 

Providence, R. J. Das Ackerbauamt des Staates Rhode 
Island ist ermächtigt, für jeden Bezirk einen Commissionär zu 
ernennen, welcher die Aufgabe hat, alle Kühe auf ihren 
Gesnndheitszustand zu untersuchen. Dasselbe Ackerbauamt hat 
volle Macht, inficirte Thiere schlachten zu lassen und über die 
weitere Verwendung des Fleisches n. s. w. Verfügungen zu 
treffen. 

Des Meines, Jowa. Auch in diesem Staate wird ein leb¬ 
hafter Kampf gegen die Tuberculose betrieben, und die Ueber- 
tretung der angeordneten Vorschriften wird durch schwere 
Strafen geahndet. Es wird ein Gesetz vorbereitet, nach welchem 
für jede Kuh beim Verkauf eine Bescheinigung über die statt¬ 
gehabte Tuberculinprobe beigebracht werden muss. Zu Ent¬ 
schädigungszwecken sind vorläufig 20 000 M. bewilligt. 

Jefferson City, Missouri. Auf Antrag von zehn Ein¬ 
gesessenen eines Bezirks (County) können verdächtige Vieh¬ 
bestände der Untersuchung unterworfen und ohne Einwilligung 
der Eigenthümer abgeschlachtet ~oder in Quarantäne gestellt 
werden. Auch das importirte Vieh kann der Gouverneur einer 
Beobachtungszeit unterwerfen lassen. Für getödtete erkrankte 
Rinder entschädigt der Staat nicht über 120 M. 

Fast alle Städte haben Vorschriften über die Inspection 
der Milch und des Gesundheitszustandes der Milchviehbestände 
erlassen. 

Concord, New-Harapshire. Die Tilgung der Tuberculose 
liegt in der Hand einer Commission, welche vom Staate ernannt 
wird. Dieselbe hat die unbeschränkte Befugniss, die Tuberculin¬ 
probe zur Herausfindung des verdächtigen Viehs zu benutzen. 
Die reagirenden Kühe werden geschlachtet und ihre Eigen¬ 
thümer aus der Staatskasse entschädigt. Der hierdurch ent¬ 
standene Aufwand erreichte in einem Jahre die Summe von 
64 000 M. 

Augnsta, Maine. In Maine sind drei Beamte beauftragt, 
einzuschreiten, wo Tuberculose unter dem Vieh vermuthet wird. 
Wer sich weigert, wird mit 400 M. Geldbusse oder 90 Tagen 
Gefängniss oder mit beiden Strafen belegt. Thierärzte sind 
befugt, tnberculosekrankes Vieh tödten zu lassen. Die Auf¬ 
wendungen für Entschädigung betragen jährlich 40 000 M. Die 
Mehrzahl der Städte hat Milchinspectoren angestellt, welche 
darauf zu sehen haben, dass Krankheiten unter den die Milch 
liefernden Kühen nicht vorhanden sind. 

Trenton, New-Jersey. In New-Jersey arbeitet eine Tuber- 
culose-Comraission Hand in Hand mit dem Gesundheitsamt und 
der Molkerei-Commission des Staates. Die tuberculös erkrank¬ 
ten Rinder werden getödtet, und den Eigenthüraern drei Viertel 
des Werthes bezahlt, welcher von Sachverständigen abgeschätzt 
worden ist. Die jährliche Entschädigungssumme beläuft sich 
auf 20 000 M. 

Helena, Montana. Der Staatsthierarzt hat die Berechtigung, 
die Tuberculinprobe mit oder ohne Einwilligung der Viehbesitzer 


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402 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 34. 


anzuwenden. Aus dem allgemeinen Seuchenfonds, welcher auf 
40000 M. nonuirt ist, werden die Eigenthümer entschädigt. Eine 
systematische Beaufsichtigung der Molkereien besteht nicht. 

Columbu8, 0. Das Viehznchtamt des Staates Ohio ist 
autorisirt, ohne Zustimmung der Eigenthümer die Bestände unter- 
snchen zu lassen. Der Staat gewährt für entstandenen Schaden 
Entschädigungen. Die städtischen Behörden von Cincinnati, 
Cleveland, Springfield, Dayton, Columbus u. s. w. haben Mass- 
regeln getroffen, welche den Verkauf der Milch aus tubercnlösen 
Beständen erfolgreich beschränken. Die den Viehbeständen des 
Staates vor mehreren Jahren durch die Tuberculose drohende 
Gefahr ist durch Abschlachtung der inficirten Heerden abge¬ 
wendet. 

Madison, Wis. Das Gesetz verlangt, dass alle Binder, 
welche als tuberculös erkannt sind, geschlachtet, und die Besitzer 
mit zwei Dritteln des Werthes entschädigt werden. Die Tuberctilin- 
proben nimmt der Staatsthierarzt auf Requisition der Ortspolizei 
vor. Einige Städte schreiben den Milchlieferanten die Unter¬ 
suchung ihrer Kühe mit Tuberculin vor. 

Lincoln, Neb. Nebraska hat keine besonderen Massregeln 
zur Bekämpfung der Tuberculose getroffen. In den Städten 
Omaha und Lincoln macht sich eine Agitation gegen den Ver¬ 
kauf von Milch nicht mit Tuberculin untersuchter Kinder 
bemerkbar. 

Santa Fe, N. M. Das Vieh-Gesundheitsamt in New-Mexiko 
hat Vollmacht, tuberculoseverdächtiges Vieh in Quarantäne zu 
stellen, mit Tuberculin zu untersuchen und schlachten zu lassen. 

Atlanta, Georgia. Dieser Staat hat bisher gegen die Aus¬ 
breitung der Tuberculose nichts unternommen, weil die Krankheit 
daselbst nicht so häufig Vorkommen soll als in den andern Staaten. 

Lansing, Mich. Die Commission des Staates Michigan unter¬ 
sucht mit Tuberculin alle verdächtigen Kinder und schlachtet 
die krank befundenen ab. Der Eigenthümer erhält für jedes 
geschlachtete Stück 4 M. In den letzten beiden Jahren wurden 
etwa 1000 Haupt abgeschlachtet, von denen ein grosser Theil 
Milchkühe waren. Es wird angenommen, dass etwa 2 pCt. der 
Kinder in Michigan tuberculös sind. 

Olympia, Washington. Das Gesetz gestattet die Vernichtung 
erkrankter Rinder durch den Staatsthierarzt mit und ohne Ein- 
willignngder Eigenthümer. Der Aufsichtsbeamte der Molkereien 
hat das Recht, Milch von kranken Thieren zu confisciren. Die 
Tuberculose ist nur in geringem Grade verbreitet. 

Charleston, West-Virginia. Tuberculosefälle kommen nur 
in vereinzelten Heerden vor. Der Präsident des Ackerbau¬ 
amtes ist ermächtigt, mit ansteckenden Krankheiten behaftete 
'l’hiere anszurotten. 

Austin, Tex. In Texas herrschte vor einigen Jahren die 
Tuberculose in den südlichen und westlichen Theilen des Staates. 
Dieselbe wurde durch energisches Einschreiten unterdrückt und 
soll n'-rgends mehr Vorkommen. Das Viehzuchtamt hat un¬ 
beschränktes Verfügungsrecht. 

Kaleigh, N. C. Alle Milchkühe, welche in North Carolina 
eingeführt werden, müssen mit Gesundheitsattesten versehen sein. 
Tuberculose Erkrankungen sollen bei weniger als */ 4 Proz. der 
Rinder Vorkommen. 

Nashville, Tennessee. Das Gesundheitsamt hat Vollmacht, 
verdächtiges Vieh zu untersuchen und auszuraerzen. Die Besitzer 
werden entschädigt. 

In den Staaten Kentucky, Missisippi, Kansas, Oklahoma, 
Florida, Wyoming, Idaho, South Dakota, Arcansas, Nevada und 


Virginia sind Specialgesetze gegen die Rindertuberculose nicht 
erlassen. 

Die vorstehenden Angaben genügen, um zu beweisen, dass 
in Amerika di«- Gefahr, welche die Ausbreitung der Rinder¬ 
tuberkulose für die Viehbestände und für die menschliche 
Gesundheit einschliesst, von den staatlichen und städtischen 
Behörden gewürdigt, und dass von diesen ein ernsthafter Kampf 
gegen diese Seuche ins Werk gesetzt worden ist Es ist evident, 
dass uns Amerika in dieser Beziehung weit vorausgeeilt ist. 
Neben den Massregeln des Staates ist vor allem das Bestrebeu 
der grossen Städte anzuerkennen, ihren Einwohnern eine Milch 
zu verschaffen, welche frei von den Keimen der Tuberculose 
ist. Liesse sich diese Einrichtung in unseren Städte« nicht 
ebensogut einführen? (D. Ref.) 

Aus der chir. Klinik der Königl. Thierärztlichen 
Hochschule in Mailand. 

Beitrag zur Vernarbung von Wunden 
durch Auflegen von Sch vammstückchen und durch Epithelialsaat. 

Von Dr. A. Baldoni, 

A-mMi-iiI untl rrivatdozrnt der Chirurgie. 

Cliu. vcL 190U h. S—IC. 

Zur Heilung von Substanzverlusten der Haut sind ver¬ 
schiedene Methoden angewendet worden. Ein besonderes Interesse 
beansprucht die Auftragung klein geschnittener Schwammtheilchen 
bezw. frischer Epithelzellen auf die Oberfläche der Hautwunden. 

Des ersteren Verfahrens bedienten sich zuerst im Jahre 
1881 Hamilton und später D’Ambrosio, welcher mit dem Mikrotom 
geschnittene, 3 mm dicke Schwammstückchen, die genügend 
lange in einer öproz. Phenollösung sterilisirt worden waren, 
mittels eines leichten Druckverbandes auf dem Defect befestigte. 
Der Verband wurde alle 2 bis 3 Tage erneuert und die noch 
nicht adhärirenden Schwammtheilchen durch neue ersetzt. Wie 
die Versuche anderer Forscher (Guermontprez, Pacinotti) er¬ 
geben haben, wird die Adhäsion durch vorhergehende minutiöse 
Desinfection der Wundfläche wesentlich gefordert. Durch 
abundante Eiterung werden die Schwammstückchen natürlich 
sehr leicht wieder abgestossen. Die Operation glückt also eher 
bei frischen als bei stark granulirenden Wundflächen. 

Die vom Verf. bei Hunden und Pferden angestellten Ver¬ 
suche wurden hauptsächlich an frischen Hautdefecten vor- 
genommen. Der Schwamm wurde vor dem Gebrauch wiederholt 
in einer wässerigen Lösung von Salzsäure 10: 100 gewaschen, 
um die vorhandenen Sandkörnchen zu entfernen, und hiernach 
eine halbe Stunde lang im strömenden Wasserdampf bei 110° 
sterilisirt. Es genügte, Stückchen von Vs bis 1 / 2 bis 2 /a cm Grösse 
mit einer geraden Scheere von dem sterilisirten Schwamme ab¬ 
zuschneiden, unter aseptischen Cautelen ohne eine bestimmte 
Anordnung auf die Wunde zu legen und diese mit je einem 
sterilisirten Stück Guttaperchapapier, Gaze und Leinwand, welche 
durch gewöhnliche Bindentouren fixirt wurden, zu bedecken. 

ln Zwischenräumen von 4 oder 5, auch manchmal 8 Tagen 
wurde der Verband gewechselt und die Wunde mit einer 
schwachen Borsäurelösung oder mit sterilisirtem Wasser ab¬ 
gespült. Schon bei dem ersten Verbandwechsel hafteten die 
Mehrzahl der Schwammstückchen fest. Wurden dieselben mit 
der Pinzette abgerissen, so entstand Blutung. 

Der Vorgang dieser Einpflanzung von Schwammstückchen 
gestaltet sich im Wesentlichen wie nachstehend. 

Bei frischen Wunden entsteht nach 12 Stunden eine 
intensive Röthnng der Oberfläche, und um die Ränder der 


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23. August 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


403 


Schwammstückchen bis auf etwa 1 cm Breite macht sich eine 
sehr zarte weisslicbgraue Schicht von fibrinösem Exsudat be¬ 
merkbar, welches dieselben auf den unterliegenden Geweben 
fixirt. Bis zum 3. oder 4. Tage hat sich diese Schicht in 
Grannlationsgewebe umgewandelt. Rasch bedeckt sich nunmehr 
die ganze Wunde mit kräftigen Granulationen, während am 
Rande eine bläuliche Zone von Epithelialgewebe entsteht, das 
gegen das Centrum vordringt. Nach 15 bis 20 Tagen sind die 
Schwammstüchen vollständig verschwunden nnd das Epithelial¬ 
gewebe hat sich über die ganze Fläche ausgebreitet. Nach den 
histologischen Untersuchungen von D’Ambrosio werden die 
Trabekeln der Schwammstückchen mit neuen Elementen, haupt¬ 
sächlich Riesenzellen, besetzt und auf diese Weise der Schwamm 
allmählich durch nengebildetes Gewebe ersetzt. Pacinotti be¬ 
obachtete, dass innerhalb des Gebietes der lnoculation sich ein 
umfangreicher Process der Neubildung von Blutgefässen etablirt, 
welche ziemlich regelmässig vertheilt sind und untereinander 
anastomosirend die Trabekeln zu umschlingen scheinen. Die 
Vermehrung der epithelialen Elemente erfolgt durch kario- 
kynetische Vorgänge. 

Ueber die Resorption des Schwammes bestehen zur Zeit 
nur Hypothesen. Auch die Ansichten über den Mechanismus 
der lokalen Wirkung desselben in der Wunde sind nur 
hypothetischer Natur. Verfasser vertritt die Meinung, dass 
neben der mechanischen Wirkung hauptsächlich durch die Be- 
standtheile des Schwammes, (0, H, C’, N, Jd, nnd P) ein be¬ 
sonderer chemischer Reiz ansgelöst wird, welcher die Zellen der 
centralen und peripherischen Theile der Continuitätstrennung 
zur Proliferation anregt. 

Die Epithelialsaat hat Mangoldt im Jahre 1895 ein- 
gefnhrt. Das Verfahren besteht darin, dass an einer fein¬ 
häutigen Körperstelle nach gründlicher Desinfection derselben 
mit einem Rasirmesser oder besser mit dem Volkmann'sehen 
Löffel Epidermiszellen bis auf den Papillarkörper abgekratzt 
und über die zu behandelnde Wundfläche gestrichen werden. 
Bei granulirenden Flächen sind mit einem scharfen Bistouri 
frische Einschnitte zu machen. Die Saat, welche kreisförmig 
ist, muss gegen Austrocknung mit impermeabelm Stoff, Gutta¬ 
percha oder Stanniol, bedeckt und durch einen Occlusiv- 
verband fixirt werden. Vom 5. Tage nach der Anssaat ab 
gerechnet, muss derselbe alle zwei Tage abgenommen und die 
Wunde mit lauwarmer, sterilisirter, physiologischer Kochsalz¬ 
lösung abgespült werden. 

Die geeignetste Stelle für die Gewinnung der Epithelzellen 
ist bei Thieren die innere Schenkelfläche. 

Am 5. Tage zeigt die Wunde eine gute Granulation und an 
den Punkten, wo das Epithel aufgestrichen wurde, sind grau¬ 
gelbe Flecken von fibrinösem Exsudat wahrzunehmen. 

Es bilden sich hier alsbald Inseln von neuem Epithel¬ 
gewebe, welches proliferirt und nach lf> bis 18 Tagen die 
Wundfläche mit einer continnirlichen Schicht überzieht. Die 
durch diese geführten microscopischen Schnitte lassen den 
Charakter der normalen Haut klar erkennen, doch besitzt sie 
natürlich keine Haare und keine Drüsen. 

Die znr Aussaat bestimmten Einzelzellen können un¬ 
beschadet des Erfolges von verschiedenen Species entommen 
werden. 

Die Resultate, welche Verfasser mit beiden Methoden er¬ 
langt hat, werden in nachstehenden Schlusssätzen zusammen¬ 
gefasst: 


1. Nach der Zeit, in welcher die Heilung erzielt wird, ist 
die Epithelialsaat der Aufpflanzung von Schwammstückchen vor¬ 
zuziehen. 

2. Die mit Schwammstückchen bestreuten Wunden heilen 
viel schneller als die, welche mit Jodoform oder ohne rae- 
dicamentöse Stoffe behandelt werden. 

3. Mit der Methode Mangoldt erlangt man eine weiche, 
nachgiebige Epidermisdecke, an Stelle des dicken festhaftenden, 
starren Narbengewebes. 

Botryomykose des Augenlides. 

Von G. Gutbrod, städt. Thierarzfc in Selb. 

(Wochenschrift f. Thierhoilkunde und Viohcucht No. 25.) 

G. beobachtete bei einer 8jährigen Stute schweren Schlages 
eine hühnereigrosse Schwellung des linken oberen Augenlides. 
Das untere Augenlied nnd die Backe waren beschmiert mit 
gelbem Exsudat, in dem körnige Bestandtheile zu erkennen 
waren; Hornhaut leicht getrübt. Nach Umstülpen des oberen 
Augenlides erblickte man eine Oberflächen-, Form- und Farbe¬ 
veränderung „genau wie wenn eine grossbeerige Traube der 
weissen Johannisbeere reliefartig halb horvorstehen würde“. 
Schleimhaut verdickt, gelblich und mit ca. 12 bis 15 beeren¬ 
artigen Erhebungen von verschiedener Grösse besetzt, von denen 
die einen glatt, gelbröthlich, die anderen ranh, zerfressen, mit 
puriformen Erweichungscentrum. Auf Druck entleert sich aus 
manchem Knötchen theils röthliche, seröse Flüssigkeit, theils 
molkenartiger Eiter mit klümprigen Bestandteilen. 

Bei microscopischer Untersuchung wurde Botryomyces equi 
im Eiter nachgewiesen. 

Behandlung ist nicht erfolgt. 

G. meint, dass die Infection durch Heustuub vermittelt sei, 
wie ja auch nicht selten Haferspelzen und Grannenstücke in 
der Conjunctiva und auf der Cornea betroffen würden. 

Nevermann. 

Chondrom des Blinddarmes. 

Von Schclameur. 

(Journal de Lyon, 30. 6. 1900) 

Ein neu eingestelltes Pferd zeigte wenige Tage nach dem 
Ankauf Digestionsstörungen, die einem Magen-Darmkatarrh, 
wahrscheinlich verbunden mit Nephritis zugeschrieben wurden. 
Sie nahmen zn, und erkrankte das Thier unter schweren Kolik¬ 
erscheinungen. In den folgenden acht Tagen legte sich das 
Pferd nicht, der Allgemeinzustand blieb derselbe; die vom 
Besitzer vorgenommene Grünfutterkur batte eine Diarrhoe zur 
Folge, die nicht gestillt werden konnte und an welcher Patient 
nach 48 Stunden einging. 

Bei der Section war der Darm absolut leer; der Dünndarm 
war normal, die Schleimhaut des Blinddarmes stellenweise über 
6 Millimeter stark; im Blinddarmgrunde fand sich ein Tumor ein¬ 
geschaltet. Derselbe war maunskopfgross, hart nnd knorpelig; die 
Masse bestand aus durch Bänder von fibrösem Gewebe fest an 
einander geschlossenen Inseln, die sich microscopisch als hyaliner 
Knorpel erkennen Messen. 

Fremdkörper in der Rachenhöhle des Hnndes. 

Von Prof. Alb recht. 

(Wochonnchrlft f. Thierheilkunde nnd Viehzucht No. 26.) 

Ein ranhhaariger Pintscher frisst nicht, hustet, zeigt Brech¬ 
reiz ; schreit häufig laut auf, besonders beim Aufstehen und Hin¬ 
legen. Der im Rachen vermuthete Fremdkörper wird trotz sorg¬ 
fältigster Untersuchung nicht gefunden; dagegen fallen die Röthe 


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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 34. 


404 

der Rachenschleimhaut und die grossen Schmerzen beim Maul¬ 
öffnen und Niederdrücken der Zunge auf. Allgemeinbefinden 
bessert sich rasch; Appetit kehrt wieder. Zwei Wochen später 
tritt eine fluctuirende begrenzte Geschwulst an der Kehlkopf¬ 
gegend der linken Seite auf, und ans der geöffneten Abscess- 
höhle wird eine Nähnadel hervorgezogen. Nevermann. 

Die Sclialenhant des Hühnereies eine epithelhaltige 
Membran und ihre Verwendung zur Ueberhäutung 
granulirender Flächen. 

Von Prof. Schüller. 

(Monatsgehr. f. Unfallheilkunde.) 

Hei Wunden, deren Bedeckung mit Haut auf natürlichem 
Wege erschwert ist, wurde bisher allgemein das Transplantations¬ 
verfahren nach Reverdin und Thiersch gebraucht. Nun 
giebt. es aber Fälle, bei welchen es sich verbietet, vom Patienten 
selbst das Hautmaterial zu nehmen, und bei denen man auch 
Bedenken hat, die Haut von einem anderen Menschen zn ent¬ 
nehmen. Für solche Fälle empfiehlt Verf. ein Ersatzmittel aus 
dem Thierreiche, das jederzeit leicht und vollkommen aseptisch 
zu beschaffen, ausserordentlich leicht anzuwenden ist, das 
thatsächlich ein epithelhaltiges Material ist, welches in. richtiger 
Weise verwendet, ausserordentlich leicht sein Epithel zur Ueber- 
häutung granulirender Flächen äbgiebt. Das ist die Schalen¬ 
haut des Hühnereies. Die Verwendung der Schalenhaut des 
Hühnereies erfolgt immer, wie in der D. Med. Ztg. berichtet 
wird, in der Weise, dass von einem frischen Hühnerei nach 
dem Zerbrechen der Schale und nach dem Ausfliessen von 
Dotter und Eiweiss die der Kalkschale anhaftende Schalenhaut 
rasch, aber ohne Berührung, Reibung oder Quetschung der 
Innenfläche in möglichst grossen Stücken von der Kalkschale 
abgelöst und sofort mit der inneren, dem Eiweiss zugewendeten 
Seite auf die vorher gereinigte und mit sterilisirtem Mull 
trocken getupfte Granulationsfläche aufgelegt und daselbst durch 
einen einfachen Verband mit in Dampf sterilisirter Gaze und 
Watte befestigt wird. Dass die Schalenhautstückchen die 
Ränder der normalen Haut mitdecken oder berühren, ist nicht 
erforderlich; Hauptbedingung ist das innige Anliegen auf der 
Grannlationsfläche selber. Antiseptische Flüssigkeiten und Pulver 
sind zu vermeiden, da dieselben die jungen Epithelien leicht zu 
schädigen vermögen. Die Wunden müssen vollkommen aseptisch 
sein, die Eiterung beseitigt und natürlich auch die Gewebs- 
abstossung beendet sein. Beim Verbandswechsel, den Verf. meist 
nach vier Tagen, einige Male aber auch schon früher vornahm, 
lässt sich meist die Schalenhaut leicht abheben. Darunter 
bemerkt man eine weissliche oder weisslichbläuliche Epithel¬ 
anlage. Die die Hautränder bedeckenden Stücke haften zu¬ 
weilen länger an. Bei kleineren Granulationsflächen kann dann 
schon alles überbautet sein. 

Behandlnng von Carcinomen mittels Electricitat. 

Von Dr. J. A. Riviere-Paris. 

Auf dem internationalen Congresse der medicinischen 
Electrologie und Radiologie, welcher in Paris vom 27. Juli bis 
zum 1. August 1900 abgehalten wurde, referirte Dr. J. A. Riviere 
aus Paris über die Behandlung des Krebses und kam zn dem 
Schlüsse, dass derselbe durch specielle mono- oder bipolarische 
Ausströmungen hoher Spannung geheilt werden kann. 

Die einsichtsvolle Anwendung dieser Ausströmungen bewirkt: 
1. Eine thermo-electrisch-chemische Einwirkung, wodurch die 
neoplastischen Gewebe ausgestossen werden, wenn man die 


parasitäre Theorie zulässt, durch ihre actinischen Strahlen die 
Micro-Organismen und ihre Toxine zn vernichten. 2. Eine 
tropho-neurotisch heilende Wirkung, welche die lebensbedingenden 
Processe zur Norm zurückfuhrt, gleichzeitig auch die Phagocytose 
begünstigt, indem dadurch der allgemeine Gesundheitszustand 
verbessert wird. R. fügt noch hinzu, dass die specielle Art 
der elektrischen Behandlung den Rückfall heilt und verhütet, 
wenn rechtzeitig eingegriffen wird. 

Die Electricität, sagt er schliesslich, bleibt das einzige 
anwendbare Mittel bei nnoperirbaren Geschwülsten. 

Tagesgeschichte. 

Bericht über die Versammlung des thierärztlichen 
Vereins im Reg-Bez. Köslin. 

Am 27. Mai hielt der thierärztliche Verein im Reg.-Bez. 
Köslin in Lüdtkes Hotel zu Köslin seine erste Jahres-Ver¬ 
sammlung ab. An derselben nahmen folgende Mitglieder Theil: 
Departements-Thierarzt Brietzmann-Köslin, Kreis-Thierarzt 
Träger-Belgard, Kreis-Thierarzt Eichbaum-Stolp, Gelen- 
Bärwalde, Sclilachthaus-Inspector Loeschke-Kolberg, Schlacht¬ 
haus - Inspector Nickel - Schlawe, Kreis - Thierarzt Paulat- 
Rnmmelsburg, Petzsch-Schlawe, Kreis-Thierarzt Sahm-Bublitz, 
Schum ach er-Köslin, Schlachthaus-Director Dr. Sch warz- 
Stolp, Kreis-Thierarzt Simmat-Schlawe, Schlachthaus-Inspector 
Tschauner-Köslin, Kreis-Thierarzt Ulrich-Lauenburg, Ober- 
Rossarzt a. D. Weidefeld-Rügenwalde, Zeisler-Köslin, Kreis- 
Thierarzt Swierzy-Kolberg und als Gäste die Herren Ober- 
Rossarzt Reinhardt-Stolp, Kreis-Thierarzt Schnltze-Labes 
und Schlachthaus-Inspector Drews-Bütow. 

Nachdem der Vorsitzende, Departements-Thierarzt Brietz¬ 
mann, die Versammlung begrüsst und das Fernbleiben gerade 
der jungen Col.egen sehr bedauert hatte, wurde Schlachthaus- 
Inspector Drews-Bütow 8tatutenmässig als Mitglied aufgenommen. 
Der Schrift- und Kassenführer Dr. Schwarz-Stolp erstattete 
hierauf den Kassen- und Jahresbericht, nach welchem dem 
Verein z. Z. 20 Mitglieder angehören. Nach Revision der Kasse 
wurde Entlastung ertheilt. Alsdann erfolgte die Wiederwahl 
des bisherigen Vorstandes durch Zuruf, desgl. diejenige der 
Delegirten für den Veterinärrath und die Central-Vertretung. 
Nach einem Bericht von Dr. Schwarz-Stolp über den gross- 
artigen Verlauf des internationalen Congresses in Baden-Baden, 
welchem derselbe als Delegirter beiwohnte, hielt Kreis-Thierarzt 
Paulat-Rummelsburg einen sehr sorgfältig ansgearbeiteten und 
höchst interessanten Vortrag „Ueber eine neuere Methode 
der Spatbehandlnng“. An der sich hieran schliessenden 
Discussion betheiligten sich vornehmlich Kreis-Thierarzt Ulrich, 
der aus seinem reichen Erfahrungsschätze mancherlei Nützliches 
mittheilte, Ober-Rossarzt a. D. Weidefeld und besonders Kreiß- 
Thierarzt Schultze. Letzterer führte n. A. Folgendes ans: 

„Hinsichtlich der Spatbehandlung möchte ich noch er¬ 
wähnen, dass ich das Brennen mit dem Stift seit langer Zeit 
wieder aufgegeben habe, da ich zwar keine bösen Erfahrungen 
aber auch keine Heilung erzielt habe. Nur ein Pferd, das 
über Jahr und Tag lahm war, ist allerdings vollständig geheilt, 
es geht als Officierdienstpferd schon dreiviertel Jahr. Ich ver¬ 
wende nur den V-Schnitt an der Innenseite des Sprunggelenks 
und die Klemm’sche Spatoperation. Durch ersteren habe ich 
viele Pferde vollständig hergestellt, die tadellos im Kutschwagen 


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23. August 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


gehen, ebenso durch letztere, wenngleich bei dieser zuweilen 
ein leicht tappender Gang, der aber nur einem sehr geübten 
Auge auffällt, zurückbleibt. Für Arbeitspferde ist die Operation 
entschieden zu empfehlen, eine grössere Menge spatlahmer 
Pferde, die nur mühsam zu leichter Arbeit zu verwenden 
und im Nährzustand vollständig zurückgekommen waren, sind 
sehr brauchbare Arbeiter und wieder viel munterer im Tempe¬ 
rament geworden, auch haben sie sich nach der Operation bei 
der Arbeit wieder sehr gut gefüttert. Nach meinen Erfahrungen 
entsteht eine grosse Menge von Spatlahmheiten nach habituellem 
Festhaken der Kniescheibe. Diese Beobachtungen habe ich so¬ 
wohl im Landgestüt wie auch früher im Hauptgestüt bei Fohlen 
und Pferden gemacht, bei denen ich das erste Festhaken der 
Kniescheibe beobachtete, und die ich auch später dauernd unter 
Augen gehabt habe. Es erscheint begreiflich, dass der musc. 
tibialis anticus (et peroneus tertius) vermöge seines sehnigen 
Ursprunges am Oberschenkel, sowie wegen seiner Endigungen am 
Sprunggelenk, Schienbein und inneren Griffelbein bei 
obigem Leiden Reizungen und Beschädigungen am Sprung¬ 
gelenk hervorrufen kann. Für die Praxis bleibt es jedoch 
gleichgültig, ob man sich die Entstehung des Spat nun durch 
Zerrungen an den Endigungen dieses Muskels, an der inneren 
und vorderen Sprunggelenksfläche und dadurch hervorgerufene 
Knochenhautentzündung mit Knochenneubildung gegeben denkt, 
oder ob man annimmt, dass bei dem Festhaken der Kniescheibe 
die angespannten Sehnen und Muskeln abnormen Druck auf 
einzelne Stellen der kleinen Gelenkflächen hervorrufen und so 
die Entstehung einer inneren Gelenkentzündung bewirken. 
Jedenfalls ist so erklärt, dass die Dnrchschneidung dieser 
Muskeln und Sehnen den kranken Theilen Ruhe verschafft, und 
dass eine Heilung dadurch erzielt werden kann. Auch bei der 
Ausführung des V-Schnitt kann immer eine günstige Prognose 
gestellt werden, wenn das Pferd unmittelbar nach der Operation 
im Fessel gut durchtrat, wenn also die Sehnenendigungen der 
beiden Muskeln am Sprunggelenk durchschnitten waren.“ 

An Stelle des Collegen Kr. Th. Spitz er- Dramburg, welcher 
im letzten Augenblick am Erscheinen verhindert war, sprach Kreis¬ 
thierarzt Schnitze „Ueber die Maassnahmen gegen Ver¬ 
breitung der Maul- und Klauenseuche“ im Anschluss an 
die Verhandlungen der General-Versammlung sämmtlicher der 
Landwirthschaftskammer angegliederten landwirtschaftlichen 
Vereine der Provinz Pommern zu Stettin am 28. März d. J. 

An der hierauf folgendenDiscussion betheiligte sich ausser den 


405 

Collegen P au 1 a t und Eichbaum besonders 1 lepartements-Thierarzt 
Brietzmann, welcher hervorhob, dass es an zweckmässigen An¬ 
ordnungen zur Bekämpfung der Seuche keineswegs fehle, nur 
würden dieselben seitens der betheiligten Kreise nicht befolgt., 
so z. B waren die wenigsten Molkereien im Besitz von Milch- 
Sterilisir-Apparaten, und gerade durch die Milch maul- und 
klauenseuchekranker Thiere erfolge bekanntlich sehr leicht eine 
Weiterverbreitung der Seuche. 

Als letzter hielt Kreisthierarzt Träger einen Vortrag „ Ueber 
Schweineseuche“ und führte eine Reihe von Fällen aus der 
Praxis an, in denen „Darmkatarrh“ sich nachher als „Schweine¬ 
seuche“ herausstellte, das Sectionsresultat sogar in Berlin be¬ 
stätigt wurde. Bei der regen Discussion über dieses Thema hob 
n. A. Departementsthierarzt Brietzmann hervor, dass die Schweine¬ 
seuche in Wirklichkeit viel häufiger vorkomme als gemeldet werde; 
das bewiesen die zahlreichen aus Schlachthöfen zur Anzeige kom¬ 
menden Fälle. 

Der Vorsitzende dankte allen Collegen für die rege Be¬ 
theiligung an den Arbeiten herzlichst. 

An die Sitzung schloss sich ein gemeinsames Mahl unter 
Betheiligung der Damen. 

Der I. Vorsitzende: Der Schriftführer: 

Brietzmann. Dr. Schwarz. 

„Thierärztlicher Verein der Provinz Westfalen“. 

Sitzung am 30. September 1900, Vormittags lD /4 Uhr im Hotel 
Koch („Rheinischer Hof“) zu Hamm i. W. 

Tagesordnung: 

1. Geschäftliches: Verlesung des Protokolls der vor¬ 
jährigen Versammlung, Eingänge, Aufnahme neuer Mitglieder, 
Rechnungslage und Zahlung der Beiträge. 2. Vorträge: 
a) Erwerbung der Rechtsfähigkeit des Vereins; Neudruck der 
Statuten und Abänderung derselben. (Ref. Herr Dep.-Th. Blome- 
Awsberg); b) Kontrolle der Viehtranspoi te (Ref. Herr Kreis¬ 
thierarzt Ostermann-Herford); c) Tuberculose des Quarantäne¬ 
viehs. (Ref. Herr Kreisthierarzt Baldewein-Bielefeld). 3. Mit¬ 
theilungen aus der Praxis. 

Wegen der Beschlussfassung über die Abänderung der 
Statuten werden die Herrn Mitglieder des Vereins gebeten, 
recht zahlreich zu erscheinen. Gäste willkommen. 

Der Vorstand 
i. A. 

gez. Hinrichsen, Vorsitzender. 

Lück, Schriftführer. 

Veterinärinstitut in Bern. 

Zum Professor für Chirurgie in der veterinär-medicini 3 chen 
Abtheilung der Universität Bern ist der Director des eid¬ 
genössischen Hengstdepots in Avanches, Thierarzt Schwendimann, 
ernannt worden. 


Staatsveterinärwesen. 

Von Preueee. 

Verschiedene veterinärpolizeiliche Mittheilungen. 

Zeitungsnachrichten zu Folge ist im Bezirk Wlndhoek die 
Rinderpest in den beiden zuletzt festgestellten Seuchenherden 
als erloschen zu betrachten, ohne dass diese Seuche eine 
weitere Verbreitung angenommen hätte. Es ist festgestellt 
worden, dass das im Jahre 1897 geimpfte Vieh zur Zeit noch 
völlig immun ist. Bei dem neuerlichen Ausbruch wurde nur 
Jungvieh von der Seuche betroffen. Im Bezirk Windhoek ist 
desshalb mit der Impfung sämmtlichen nach der Rinderpest¬ 
epidemie geborenen Viehes begonnen worden. Die hierzu er¬ 
forderliche Galle haben die beiden letzten Seuchenherde ge¬ 
liefert. Die Seuche scheint aus dem Süden des Schutzgebietes 
eingeschleppt worden zu sein, da von dort stammendes un- 


geimpftes Vieh nach kurzer Anwesenheit im Bezirk Windhoek 
erkrankte. In Folge dessen ist jede Einfuhr von ungeimpftem 
Vieh aus dem Süden des Schutzgebietes nach dem Norden bis 
auf Weiteres verboten worden. 

Die Regierungen von Württemberg und Elsass-Lothringen haben 
gleichfalls unter dem 1. August bezw. 31. Juli d. J. die Ein- 
und Durchfuhr von Rindvieh und Ziegen aus der Schweiz wieder 
allgemein gestattet. Die Ein- und Durchfuhr von Schafen und 
Schweinen bleibt jedoch bis auf Weiteres verboten. 

Die sächsische Regierung hat mit Rücksicht auf den 
günstigen Stand der Maul- und Klauenseuche in Oesterreich den 
Wirthschaftsbesitzern in den sächsischen Grenzbezirken die 
Einfuhr von Rin lern aus Böhmen zu Nutz- und Zuchtzwecken 
über folgende Einbruchsstationen gestattet: Zittau, Bodenbacfi- 
Tetschen, Reitzenhein, Weipert, Schlösse! - Unterwiesenthal, 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 34. 


Wittigsthal-Johann-Georgenstadt, Klingenthal, Voitevsreuth nnd 
Ebruth. Die Station Molden bleibt zur Zeit noch geschlossen. 

Thierseuchen in Deutschland Im I. Quartal 1900. 


Staaten 

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„ Schleswig . . . 

2° 

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„ Hannover . . . 

205i 

15 811 

18 

21 

3 

12 

13 

58 

57 

3 284 

„ Westfalen . . . 

134' 

9 016 

58 

61 

2 

2 

5 

9 

13 

1 328 

„ Rbeinprovinz. . 

382 

34 665 105 

136 

5 

11 

56 

410 

83 

3 561 

Hohen z.-Sigmaringen 

11 

559 

3 

4 

— 

— 

2 

8 

— 

— 

Preussen zusammen . 

2168|415 904438 

577 

34j 

126155 

836172 

9 530 

Bayern. 

612 

25 622 

35 

37 

2 

2 

42 

219 

54 

3 379 

Sachsen . 

241 

17 790 

52 

68 

— 

— 

5 

28 

— 

— 

Württemberg.... 

342 

22 760 

52 

55 

— 

— 

80 

335 

37 

3165 

Baden. 

115 

11 856 

13 

16 


— 

23 

80 

6 

157 

Hessen. 

99 

7 339 

16 16 

— 

— 

20 

112 

6 

9 

Mecklenburg-Schwerin 

41 

3 640 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

2 

5 

Sachsen-Weimar . . 

31 

3 473 

16 

18 

— 

— 

12 

100 

3 

— 

Mecklenburg-Strelitz . 

7 

4 624 

- 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Oldenburg . 

9 

142 

— 

— 

— 

— 

1 

9 

— 

— 

Braunschweig . . . 

54 

6 398 

8 

11 

— 

- 

1 

5 

8 

377 

Sachsen-Meiningen. . 

13 

451 

2 

2 

— 

— 

3 

11 

4 

14 

Sachsen-Altenburg 

12 

818 

3 

3 

— 

— 

— 

- 

— 

— 

Sachsen-Coburg-Gotha 

16 

1 752 

2 

3 

2 

5 

2 

20 

3 


Anhalt. 

40 

9 516 

H 

10 


— 

1 

9 

3 

558 

Schwarzburg-Sondersh 

5 

775 

2 

2 


— 

- 

— 


— 

Schwarzbnrg-Rudolst 

7 

49 

— 

— 


— 

1 

< 

— 

— 

Waldeck. 

4 

729 

— 

— 


— 

T 

12 

2 

110 

Reuss ä. L. 

6 

261 

— 


— 

— 

— 

- 

— 

— 

Reuss j. L. 

17 

715 

7 

8 

— 

— 

2 

3 

— 

— 

Schaumburg-Lippe. . 

3 

118 

— 

1 — 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Lippe. 

28 

2162 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

1 

— 

Lübeck . 

— 

— 

— 

I — 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Bremen. 

3 

569 

— 

1 — 

— 

— 

— 


— 

— 

Hamburg. 

1 

18 

— 

— 

— 

- 

— 

— 

— 

— 

Elsass-Lothringen . . 

184 

8 442 

U 

12 

2 

6 

11 

11 

12 

746 


Deutsches Reich . . |3964|545 923;666 ; 839 401393641791 5 ) 313; 18 050 


*) Die gefährdeten, d. h. auf den neubetroffenen Gehöften be¬ 
findlichen Bestände betrafen von den einzelnen Thiergattungen für 
das Deutsche Reich berechnet: 217644 Rinder, 222553 Schafe, 
848 Ziegen und 102978 Schweine. Hiervon kamen auf Preussen 
139948 Rinder, 201535 Schafe, 1309 Ziegen und 73112 Schweine. 

*) Unter den erkrankten Thieren befanden sich 27 Pferde, 
754 Rinder, 55 Schafe und 3 Schweine; davon in Preussen 26 Pferde, 
507 Rinder, 42 Schafe nnd 2 Schweine. 

3 j Am Beginn des Quartals waren verseucht 31 Gemeinden (da¬ 
von 21 in Prcn8sen, je 2 Württemberg, Baden, Brannscbweig; je 
1 in Sachsen, Sachsen-Weimar, Hamburg und Elsass-Lothringen. 
Am Schluss des Quartals blieben verseucht 32 Gemeinden; davon 
23 in Preussen, je 2 in Bayern, Württemberg, Elsass-Lothringen; 
je 1 in Baden, Sachsen-Weimar, Braunschweig. 

*) D. h. gefallene und getödtete Tbiere. 

5 ) Unter diesen waren 49 Pferde und 1748 Rinder, davon in 
Preussen 20 Pferde und 816 Rinder. 

c ) D. h. bei Beginn des Quartals bereits verseuchte und im Laufe 
des Quartals neubetroffene Gemeinden. (Die Stückzahl der Heerden 
ist nur aus den neubetroffenen Gemeinden angegeben.) Von 


An Rauschbrand gingen ein in den nachbenannteu 
Staaten: Preussen 3 Pferde und 82 Rinder, wovon 16 Fälle 
im R.-B. Schleswig, 15 in Münster, 14 in Düsseldorf, 12 in Wies¬ 
baden, 10 in Aachen, unter 10 in Breslau, Aurich, Arnsberg, 
Kassel, Koblenz, Köln, Trier und Hohenzollern-Sigmaringen zu 
verzeichnen waren; — Bayern 33 Rinder; Sachsen desgl. 2: 
Württemberg desgl. 24; Baden desgl. 11; Hessen 3 Rinder, 
12 Schafe, 1 Ziege; Sachsen-Meiningen 4 Rinder. 

Von der Tollwuth wurden im Ganzen 266 Gemeinden be¬ 
troffen, die sich wie folgt vertheilen: in Preussen 236 (davon 
65 im R.-B. Posen, 30 in Gumbinnen, 29 in Bromberg, 22 in 
Marienwerder, je 21 in Königsberg nnd Oppeln, je 10 in Köslin und 
Breslau, unter 10 in Danzig, Frankfurt, Stettin, Liegnitz, 
Merseburg, Hildesheira, Kassel und Wiesbaden); in Bayern 13: 
Sachsen 15, Sachsen-Coburg-Gotha 2. 

Die Lungenseuche kam in Preussen, Sachsen und Anhalt 
vor. In Preussen betraf sie die R.-B. Posen, Magdeburg und 
Merseburg. Der R.-B. Posen, welcher mit 1 Gemeinde (1 Gehöft) 
vom Vorquartal verseucht war, wurde seuchenfrei. Im R.-ß. 
Merseburg wurde 1 Gemeinde (1 Gehöft) betroffen, die Seuche 
hielt sich hier auch noch am Quartalsschluss. Der R.-B. 
Magdeburg war wiederum am stärksten heimgesneht: 3 Ge¬ 
meinden (3 Gehöfte) waren hier schon vom Vorquartal ver¬ 
seucht, wozu im Laufe des Quartals weitere 5 Gemeinden 
(17 Gehöfte) kamen; allerdings wurden 5 Gemeinden (16 Ge¬ 
höfte) senchefrei, jedoch verblieben noch am Quartalsschluss in 
3 Gemeinden (4 Gehöften) Herde bestehen. — In Sachsen 
wurde in der Kreishauptra. Zwickau (1 Gemeinde mit 1 Gehöft) 
ein Seuchenherd constatirt, der noch am Ende des Quartals 
vorhanden war. In Anhalt kamen Ausbrüche in 2 Gemeinden 
(2 Gehöfte) vor, von denen jedoch 1 Gemeinde (1 Gehöft} noch 
vor dem Quartalsschluss frei wurde. 

Die Pferderäude befiel neu 193 Pferde incl. 3 Esel, von 
denen 132 Stück auf Preussbn, 25 auf Bayern, 10 auf Württem¬ 
berg, 12 auf Elsass-Lothringen und 5 auf Baden entfielen. 

Die Rothlauf8euche der Schweine kam in folgender 
Verbreitung vor: Es erkrankten im Deutschen Reiche in 1210 
neubetroffenen Gehöften (834 Gemeinden) 2200 Stück, von 
denen 2018 gefallen oder getödtet sind. Anf Preussen 
kamen davon in 1079 Gehöften 1981 Erkrankungsfälle, Sachsen 
in 18 desgl. 35, Württemberg in 20 desgl. 22, Baden in 23 
desgl. 30, Oldenburg in 2 desgl. 10, Braunschweig in 31 desgl. 
62, während die Erkranknngsziffer in Bayern, Hessen, Mecklen¬ 
burg-Schwerin und- Strelitz, Sachsen-Weimar, -Meiningen, -Alten¬ 
burg, -Koburg-Gotha, Anhalt, Schwarzburg-Sondershausen, Lippe, 
Bremen, Hamburg und Elsass-Lothringen unter 10 blieb. 

An der Schweinesenche (Schweinepest) erkrankten in 
Preussen in 419 neubetroffenen Gehöften (258 Gern.) 2527 Thiere. 
Bayern in 12 Geh. 49, Sachsen in 11 Geh. 57, Württemberg in 
2 Geh. 7, Baden in 6 Geh. 23, Mecklenburg-Schwerin in 4 Geh. 
97, Braunschweig in 5 Geh. 62, Anhalt in 1 Geh. 54, Hamburg 
in 11 Geh. 11, Elsass-Lothringen in 2 Geh. 42. Insgesammt 
erkrankten im Deutschen Reich in 473 neubetroffenen Gehöften 
(289 Gern.) 2929 Schweine, von denen 2416 fielen oder getödtet 
wurden. 

diesen Gemeinden blieben beim Quartalsschluss verseucht 289, wovon 
135 in Preussen, 41 in Bayern, 23 in Württemberg, je 5 in Baden, 
Hessen, Braunschweig, 3 in Sachsen Weimar nnd Anhalt, 2 in 
Sachsen-Meiningen und Waldeck, 1 in Sachsen-Coburg-Gotha, 9 in 
Elsass-Lothringen. 


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23. August 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


407 


Von Geflügelcholera wurden aus folgenden Bundesstaaten 
Erkrankungsziffern angegeben: Preussen 1028; Bayern 439; 
Sachsen 71; Württemberg ca. 182; Baden 37; Braunschweig 
27, Sachsen-Altenborg 22; Hamburg 35; Elsass-Lothringen 74; 
zusammen 1906, von denen 1730 verendeten. 


Fleischschau und Viehhandel. 

Von KDbnau. 

Die Viehverhältnisse Englands im Vergleich zu 
anderen Ländern. 

Wenn England zum Ausgangspunkt genommen wird, so ist 
der Grund darin zu suchen, dass seit langer Zeit in diesem 
Lande sorgfältige jährliche Viehbestandaufnahmen statthaben, 
während in vielen anderen Ländern, darunter auch Deutschland, 
nur in mehr oder minder grossen Zeitperioden Viehzählungen 
vorgenommen werden. Der Vergleich der aufeinanderfolgenden 
Jahre giebt uns aber erst genügende Anhaltspunkte, um ein der 
Wirklichkeit entsprechendes Bild der Viehbewegung in dem be¬ 
treffenden Lande zu konstruiren. Am besten veranschaulicht 
wird dies durch die Betrachtung des „Board of Agriculture 
Report for 1899“. 

Wenn schon die Zunahme des Viehbestandes seit 
1895 ständig angehalten hat, so ergiebt sich im Vergleich 
zur Bevölkerung, dass auch hier seit 1897 eine Besserung 
des Verhältnisses eingetreten ist. Es kommen auf 1000 Ein¬ 
wohner nunmehr 74 Milchkühe und 115 andere Rinder 1 , bei 
einer Bevölkerung von 36024438 Ende 1899. Während der 
Pferdebestand sich annähernd gleich geblieben ist, hat der 
Rindviehbestand gegen das Vorjahr um 2,6 pCt., der Schaf¬ 
bestand um 1,9 pCt. und der Schweinebestand sogar um 
7 pCt. zugenommen. In dem ganzen Königreich einschliesslich 
Irland und die Canalinseln wurden für 1899 2028092 Pferde, 
11344 696 Rinder, 31680225 Schafe und 4003589 Schweine ge¬ 
zählt. Die Viehpreise in England sind gegen das Vorjahr 
gestiegen. Der Handel nach Lebendgewicht nimmt langsam 
aber stetig zu. Für britische Rinder wurden für 100 Pfund 
(engl.) Schlachtgewicht 35,70 bis 65,45 Mark, für britische 
Schafe 47,60 bis 80,92 Mark bezahlt, während sich für ein¬ 
geführtes Fleisch die Preise für frisches Rindfleisch pro 100 Pfund 
(engl.) auf 39,40 M. und für Schaffleisch auf 32,20 M. stellen. 
Für bestes englisches Schweinefleisch wurden 44,63 bis 50,00 M., 
für geringes und ausländisches 38,25 bis 43,50 M. erzielt. Die 
höchsten Preise wurden für englische Lämmer, nämlich 75 bis 
92 Pfennige per Pfund angelegt. 

Die Einfuhr von Rindern und Schafen hat abgenommen. 
Die Rindvieheinfuhr ist auf die Zahlen von 1891 und 1892 zurück¬ 
gegangen. die Schafeinfuhr hat um 9 Procent abgenommen. Die 
Mindereinfuhr von lebendem Vieh ist durch die Fleischeinfuhr 
reichlich ausgeglichen. An lebenden Rindern und Schafen wurden 
185000 Tonnen im Jahre 1899, gegen 209 000 Tonnen im Jahre 
1898 eingeführt, dagegen frisches Fleisch im Jahre 1899 
362000 Tonnen gegen 320000 Tonnen im Jahre 1898. Neben 
dem frischen Fleisch wurden noch 502000 Tonnen zubereitetes 
Fleisch eingeführt. Die Gesamratfleischeinfuhr bezifferte sich 
auf 864000 Tonnen, ist somit mehr als viereinhalb mal so gross 
als die Vieheinfuhr. 

Im Vergleich zu anderen Ländern, die auch eine 
jährliche Viehbestandaufnahme haben (Frankreich, Vereinigte 
Staaten, Australien) ist die Viehzunahme in England reichlicher, 


zumal, wenn man bedenkt, dass das Land, abgesehen von den 
kleineren Ländern Holland, Belgien, Dänemark, schon dichter 
mit Vieh als die übrigen Länder besetzt ist. Auf 1000 Acker 
rechnet man in England 145 Stück Rindvieh, das will sagen: 
die Besetzung hat in 30 Jahren um 23 pCt. zugenoinmen. In 
Holland und Belgien zählt man jetzt 197 resp. 195 Rinder auf 
1000 Acker, die Zunahme im selben Zeitraum beträgt hier nur 
13 resp. 14 pCt. Allein in Dänemark hat sich der Viehbestand 
seit 1870 um über 40 pCt vermehrt, und kommen jetzt dort 
186 Rinder anf 1000 Acker. 

Bei Schafen zeigt sich ein ähnliches Verhältniss. Auch 
hinsichtlich dieser Thiere war die Zunahme in England reich¬ 
licher, und kommen jetzt 400 Schafe auf 1000 Acker. Von den 
anderen Ländern folgen Bulgarien mit 290, Serbien mit 259, 
Frankreich mit 164, Rumänien mit 155, Dänemark mit 115, 
Spanien mit 107 und Ungarn mit 102 Schafen auf 1000 Acker. 
Bei den übrigen Staaten sinkt die Zahl unter 100. Vergleicht 
man den jetzigen Schafbestand mit der Anzahl der Schafe vor 
30 Jahren, soweit als die vorliegenden Statistiken dies ermög¬ 
lichen, so ergiebt sich, dass in England die Abnahme nur 
7V* pCt., in Belgien nicht weniger als 60 pCt., in Deutschland 
37 pCt., in Ungarn 46 pCt. und in Dänemark 42 pCt. beträgt. 

Notlrung der Preise für Schlachtvieh. 

Der Wunsch der Landwirthe, in den Notirnngs-Commissionen 
der Viehmärkte vertreten zu sein, hat durch Verfügung des 
Ministeriums des Innern, der Landwirthschaft und des Handels 
vom 9. Juli 1900 Erhörung gefunden. Der Erlass ordnet an, 
dass an den grösseren Viehmärkten Preussens (Königsberg, 
Danzig, Stettin, Berlin, Breslau, Magdeburg, Kiel, Hannover, 
Frankfurt a. M., Dortmund, Coblenz, Düsseldorf, Essen, Elber¬ 
feld, Crefeld, Köln, Aachen, St. Johann) vom Regierungs¬ 
präsidenten Notirungs - Commissionen zu bilden sind. Die 
Commissionen sind zusammenzusetzen ans einem Mitgliede des 
Magistrats oder der Viehmarkt-Verwaltung als Vorsitzendem, 
ans Vertretern der Landwirthschaft, des Viehhandels und des 
Fleischereigewerbes und, wo erforderlich, einem Vertreter der 
Ortspolizeibehörde. Eventuell kann für jede Viehgattung eine 
besondere Commission gebildet werden. Die Ermittelung der 
Preise erfolgt durch Umfragen Seitens der Mitglieder, die Fest¬ 
stellung der Preise kurz vor Schluss des Marktes. Die Notirung 
erfolgt nach „Schlachtgewicht“ oder „Lebendgewicht“, je nach¬ 
dem, welche Form des Handels gebräuchlich ist, auch können 
beide Arten nebeneinander aufgeführt werden. Es sind die 
höchsten und niedrigsten Preise anzugeben, Ausnahmspreise nur 
als solche. Die Preisangaben haben sich anf 50 kg Schlacht¬ 
gewicht (Lebendgewicht) zu beziehen. In dem Bericht sind 
Angaben über die Anzahl der aufgetriebenen Thiere und über 
Verkauf, sowie Tendenz des Marktes zu machen. Andere als 
die amtlich ermittelten Preise dürfen von der Markt-Verwaltung 
nicht veröffentlicht werden. Diese Anbahnung der Reform der 
Viehmarktverhältnisse soll durch Anberaumung freier Conferenzen 
der Markt-Interessenten von den Regierungspräsidenten weiter 
gefördert werden. 

$taat8unter8tützung an Schweinezuchtvereinigungen in Dänemark. 

Nach der Ugeskr. f. L. hat das dänische Landwirthschafts- 
ministerium 10000 Kronen als Beihilfe für Schweinezuchtvereiue 
zur Verfügung gestellt, welche die Zucht von Gebrauchsthieren 
zum Ziele haben, die den Anforderungen der Schweineschlach¬ 
tereien an ein Prima-Product und den allgemeinen Anforderungen 


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408 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 34. 


in Bezug auf Gedeihlichkeit, Widerstandsfähigkeit und Frucht¬ 
barkeit entsprechen. Der Zuschuss wird für einen bestimmten 
Eber so lange gegeben, als er zur Zucht geeignet ist, und 
zwar nur an Vereine mit mindestens acht Mitgliedern, die Be¬ 
sitzer von mindestens 20 gekörten Sauen sein müssen. 

Der Eber muss reinbliitig von der grossen weissen York- 
shirerasse abstammen. Er darf nicht eher zur Zucht verwendet 
werden, als bis er zehn Monate alt ist. Die Sauen sollen mög¬ 
lichst zur dänischen Landrasse gehören und erst im Alter von 


| neun Monaten zum Eber zugelassen werden. Die Zuchtsauen 
müssen gekört und gezeichnet werden. Die Anzahl der für 
einen Eber anzunehmenden Zuchtsauen darf nicht mehr als 50 
betragen. Der Fütterer des Ebers hat eine Deckliste zu führen. 
Die Nachkommenschaft soll mit der Nummer des Mutterthieres 
bezeichnet werden. Ueber das Alter, Herkunft, Qualität bei 
j der Ablieferung zum Schlachten ist Buch zu führen. Mindestens 
. einmal jährlich sind die Bestände von der Aufsichtsbehörde zu 
I revidiren. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Neue Eingänge. 

(Besprechung Vorbehalten.) 

Schmaltz. Deutscher Veterinärkalender für das Jahr 1901, 
herausgegeben in 2 Theilen. Berlin bei Richard Schoetz. 
Preis 4 M. 

Dr. Elllnger, Bezirksthierarzt in Dermbach. Vorschriften über 
die Gewährleistung beim Viehhandel nach dem Bürgerlichen 
Gesetzbuche, vorzugsweise für Landwirthe. 2. Auflage, Derm¬ 
bach 1900. Selbstverlag des Verf. Pr. 0,35 M. 

J. Ehrhardt, Professor an der Thierarzneischule in Zürich: 
Die Hundswuth, ihre Verbreitung und Bekämpfung. Aarau 1900 
bei Emil Wirz. 1,80 M. 


Personalien. 

Auszeichnungen : Dem Departementsthierarzt Scharmer -Liegnitz 
ist der Rothe Adlerorden IV. Kl. verliehen worden. 

Ernennungen: Thierarzt Georg Francke definitiv zum Kreis- 
tbierarzt in Mülheim a. Rh. und M. Just-Schkölen zum comm. 
Kreisthierarzt in Waldbröl (R.-B. Köln). Grün, bisher Bezirks- 
thtarärzt in Kulmbach, zum Bezirksthierarzt in Königshofen (Unter- 
frank.). Die Thierärzte Wilhelm Ernst-Augsburg und Seiler zu 
Assistenten am patbolog. Institut an der Thierärztlichen Hochschule 
zu München bezw. Hannover, Hirsch, bisher Assistent a. d. med. 
Klinik in Kassel, zum Kreisthierarzt für den Kreis Gersfeld, Oscar 
Mahir-Egling zum thierärztlichen Assistenten bei der Polizeidirection 
in München, Hans Meissner-Uflfenheim zumDistrictsthierarzt in Stein¬ 
gaden, G. Mo um alle zum Polizeithierarzt in Hamburg. — Volk, 
Kreisthierarzt in Landshut, ist in den Ruhestand versetzt worden. 

Gewählt: Thicrarzt Reil-Frankfurt a. M. zum Schlachthof¬ 
inspector in Köln a. Rh. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die Thier¬ 
ärzte August Knorr und Georg Schenklaus als bezirksthierärztliche 
Assistenten nach Bruck bezw. München, Albert Marggraff von 
Edenkoben nach Landau. — Thierarzt G. Bi sch off hat sich in 
Boppard a. Rh., Carl Veidiger in Weilerbach Bez. A. Kaisers¬ 
lautern, Heinrich Wöhner-Haslach in Otterberg (Pfalz) niedergelassen. 

In der Armee: Befördert zu Oberrossärzten: die RosBärzte Am¬ 
hoff im 25. Drag.-Rgt. und Hepp im 26. Drag.-Rgt., letzterer unter 
Versetzung zum Rcmontedepot Breithülen. — Im Beurlaubten¬ 
stande: Braun, UnteiTossarzt d. Res. (Landw.-Bez. Rottweil), 
zum Rossarzt d. Res. befördert. Langheinz, Rossarzt d. L. 1. 
(Landw.-Bez. Biberach) ist der Abschied bewilligt. 

R. Ulrich, Schlachthofinspector in Neumarkt i.Schl., hat sich zum 
Dienst bei dem Expeditionscorps in China gemeldet und ist dem 
Ostasiatischen Reiterregiment als Rossarzt überwiesen. Ra kette, 
Rossarzt im 15. Art.-Rgt., zur Dienstleistung im Hauptquartier des 
Grafen Waldersee commandirt 

Todesfälle: Kreisthierarzt Bossert-Wlirzburg. 

Yacanzen. 

Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Assistentenstelle am thierhygienischen Institut zu Freiburg i. Br. 


zum 1. Oct. er. (1200 M. Gehalt). Bewerb, mit Zeugnissen an den 
Vorstand. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Aachen: Montjoie. — R.-B. Cassel: Gersfeld. R.-B. Düssel¬ 
dorf: Landkreis Krefeld. — Waldbröl. — R.-B. Cöslin: Bütow. — 
R.-B. Oppeln: Gross-Strehlitz (600 M.) zum 1. October er. — R.-B. 
Wiesbaden: St. Goarshausen. 

Sanltltsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachthof zum 1. Oct. er. (2400 M., 
steigend bis 3600 M.). Bew. bis 1. Sept. an den Senator Dr. Donandt. 

— Cassel: Schlachthofassistenzthierarzt sofort. (1800 M. 3monat¬ 
liche Kündigung.) Bewerbungen an den Director. — Cottbus: 

i Schlachthof-Assistenzthierarzt zum 1. Oct. er. Bewerb, mit Gehalts¬ 
ansprüchen sofort an den Magistrat. (Anstellung diätarisch bei 
vierteljähriger Kündigung.) — Düren: Schlachthofdirektor. (3600M. 
Wohnung etc. Zunächst dreimonatliche Kündigung.) Bewerbungen 
bis 25. er. an den Bürgermeister. — Grätz: (Posen): Schlachthof¬ 
inspector (1500 M., Wohnung etc., Privatpraxis in dienstfreier Zeit). 
Bewerb, an den Magistrat. — Halle: 2 Assistenzthierärzte zu sofort 
bezw. 1 Octob. er. (1800 M. Wohnung etc.) Bewerbungen an den 
Schlachthof. — Königsberg i. Pr.: Schlachthofthierarzt zum 1. 
Oct. er. (2000 M., Wohnung etc. oder 300 M. Wohnungsentschädigung 
6wöch. Kündigung.) Bewerbungen bis 24. August an den Director. 

— Ottweiler (Bez Trier): Schlachtbausvferwalter (1700 M. Gehalt, 
ca. 300 M. aus der Fleischbeschau; Wohnung etc.) Bewerb, bis 
5. 9. an das Bürgermeisteramt. — Pausa: Thierarzt für den 
Fleischbeschau-Bezirk. (Zunächst eine Beihilfe bis Ende Juni 1903 
im Betrage von 1100 M. zugesichert.) Bewerbungen bis 5. Sept. er. 
an den Stadtgemeinderath. — Rackwitz i. Pos : Thieraizt für 
Schlachtvieh- und Fleiscbschau. (1200 M. Fixum. Privatpraxis) 
Meid, beim Magistrat. — St. Wendel: Schlachthofverwalter (Bewerb, 
mit Gehaltsansprüchen bei freier Wohnung bis 1. September er. an 
den Bürgermeister). — Wolkenstein, Schlachthofthierarzt. (Zu¬ 
nächst bis 1903 Beihülfe von 700 Mark zugesichert.) Privatpraxis 
gestattet. Bewerbungen an den Stadtrath. — Wollstein (Posen): 
Schlachthofinspector zum 1. Oct. er. (1200 M. Wohnung etc. Privat¬ 
praxis in dienstfreier Zeit). Bewerb, an den Magistrat 

b) Nach Abi au i der Meldefrist noch unbesetzte Stellen** 

— Eberswalde: Schlachthofinspector. — Graudenz: Assistenz- 
thierarzt am Schlachthof. — Haltern: Sanitätsthierarzt. — Köln: 
Schlachthofthierarzt. — Königsberg (Ostpr.): Schlachthofthierarzt 
zum 1. October er. — Salzwedel: Schlachthofvorsteher. — 
Stettin: 3. Schlachthofthierarzt zum 1. September. — Wanne: 

| Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. — Wolgast: Schlachthof- 
j Verwalter zum 1. October er. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu- 
: stadt). — Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotzenau 
i. Schl. — Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen 
(Kr. Pillkallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — 
Sold au (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. — 
Mengeringhausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schles.) 

— Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Römhiid. — 
Scbloppa (Westpr.) — Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. 

— Suelze Mecklb.). — Wolkenstein. 

I Besetzt: Kreisthierarztstelle in Waldbröl. 


VerantworUich für den Inhalt (excL Inscratcntheil): Prof. Dr. Schinaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. Büxonslcin, Berlin 


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Die „Berliner Thlerärxtllche Wocbeneehrlfl“ erscheint 
wöchentlich in 8Uirke von mindestens l 1 /» Bogen. Dieselbe 
ist in besiehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1083) 
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Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionell.en An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält», 
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Thierärztliche Wochenschrift 

Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz- Berlin. 

Verantwortlicher Rcdacteur. 

De Bruln KDhnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZQndel 

Professor Obertbierarzt Departementsthierarzt Kreisthierarzt Departementsthietarzt Veterinärassessor Professor Landes-Insp. f. Tliierzucht Kreisthierarzt 

Utrecht Hambarg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. 35 . Ausgegehen am 30. August. 


Inhalt: Jackschath: Zur Symptomatologie und Pathogenese des essentiellen Bl ut harne ns der Ri nder. — Referate: Hutyra; 

Tuberculinversuche bei Rindern. — Schneider & Bussard: Der Parasit der Beschälseuche. — Friedenthal: Ueber einen 
neuen Nachweis der Blutsverwandtschaft zwischen Menschen nud Tbieren. — J. Eppinger: lieber eine Erkrankung an der 
Schweiftraabe des Rindes. — Annett: Tubercle hacilli in milk, butter and margarine. — Künstliche Zähne heim Schaf. — 
TagesgeBchichte: Protocoll der 46. General-Versammlung des thierärztlichen Centralvereins der Provinz, Sachsen, der an- 
haltischen und thüringischen Staaten. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — Fleischschau und Viehhandel.— 
Personalien. — Vacanzen. 


Zur Symptomatologie und Pathogenese des 
essentiellen Blutharnens der Rinder. 

Von 

Jackschath-Pollnow, 

Thiorarzt. 

Da die Krankheiten des Blntes bei dem Menschen wie bei 
den Hansthieren immer mehr Forscher interessiren, and der 
Umkreis der Forschungen auf diesem Gebiete ein immer grösserer 
wird, die Ergebnisse derselben immer mehr Licht in dieses so 
räthselhafte und interessante Gebiet hineintragen, so dass die 
Frage der Hämatopathologie in medicinischen Kreisen eine 
Tagesfrage geworden ist, so wagt auch der Schreiber dieses 
Aufsatzes mit seinen auf ausgedehnten Stadien beruhenden 
Beobachtungen hervorzutreten und dieselben dem Urtheile seiner 
Fachgenossen zu unterbreiten. Diesem Aufsatze werden in 
kürzeren und längeren Zwischenräumen folgende, weitere 
Themata über denselben Gegenstand folgen: 

1. Geschichte des essentiellen Blutharnens der Rinder und 
der Krankheiten des Blntes überhaupt. 

2. Zur Aetiologie des Blutharnens. 

3. Das Schicksal des Blntes beim essentiellen Blutharnen 
der Rinder. 

4. Sectionsbefunde von am Blntharnen gefallenen Rindern. 

5. Prophylaxe und Therapie des Blutharnens. 

Bis in die neueste Zeit hinein wurde in sämmtliclieu 
Lehrbüchern der Thierheilkunde die Ansicht vertreten, dass es 
sich beim essentiellen Blutharnen des Rindes um eine Erkrankung 
des Blutes handle, welche durch toxische bezw. infectiöse Ur¬ 
sachen, ja sogar durch rheumatische Einflüsse bedingt sein 
können. Erst italienische Forscher, welche in ihrem Lande 
mehr Gelegenheit finden, sich mit Krankheiten des Blutes zu 
beschäftigen, da ja bekanntlich Italien das Land der Malaria par 
excellence ist, hoben hervor, dass analog den Malariaparasiten 
der Menschen, auch diesen ähnliche Parasiten, die „Malaria des 
Rindes“ hervorrufen. Jedoch, was bei sämmtlichen Autoren, die 
über diese Blutkrankheit des Rindes geschrieben, vermisst 


I werden muss, ist die ungenaue und schwankende Beschreibung 
der Symptome, welche sich nur in dem Symptome der Entleerung 
blutigen Harnes deckt. Es giebt aber kaum eine zweite 
Krankheit der Rinder, bei welcher man so präcis nnd genau 
Symptome neben Symptome bestimmt darstellen kann, wie gerade 
bei der Malaria des Rindes. Das soll die folgende Darstellung 
lehren: 

Das essentielle Blntharnen des Rindes ist an bestimmte 
Oertlichkeiten (Wald- und Sumpfweiden von bestimmtem 
Character) gebunden*). Ein jedes Rind kann auf einer der¬ 
artigen Weide erkranken. Jedoch erkranken die an Orts- und 
Weide Verhältnisse gewöhnten alten Thiere selten, während junge 
Thiere, die zum ersten Male die Weide betreten, leicht und 
heftig von dem Leiden befallen werden. Am heftigsten aber 
erkrankt neu eingebrachtes, fremdes Vieh, welches aus Gegenden 
stammt, wo das Blutharnen nicht voi kommt. Dies wissen die 
betreffenden Besitzer ganz genau und kaufen daher das Vieh im 
Spätherbste resp. im Winter und wenn möglich, aus Gegenden, 
die eine den „Blutharnweiden“ ähnliche Weide haben. Jedoch 
wird der Zweck selten erreicht, weil die Ursache eben eine 
infectiöse ist und eine Immunität nur in Folge eines Durch- 
! seuchens eintreten kann. Dass jedoch auch Rinder, die einerseits 
schon einige Jahre an derartige Weiden gewöhnt sind, anderer¬ 
seits die Krankheit schon durchgemacht haben, trotzdem an 
essentiellem Blntharnen erkranken können, dafür liegen zahl¬ 
reiche Beobachtungen vor. Dann ist die Erkrankung aber immer 
eine leichte. Der Verlauf der Seuche ist ein durchaus gesetz- 
mässiger. Die Incubationszeit, während welcher das verderb¬ 
liche Agens wirkt, ist zu theilen in die Zeit der Aufnahme des 
infectiösen Stoffes und die Zeit der beginnenden Blutdissolution 
(Hämoglobinämie) bis zum Uebermasse derselben, wobei es dann 
zur Hämoglobinurie kommt. Der zweite Theil der Incubations¬ 
zeit, während welcher die Blntdissolution bis zur eintretenden 
Hämoglobinurie vor sich geht, braucht nur 24 Stunden zu 
dauern. Während der Incnbationszeit bemerkt man an dem 

*) Wird genauer ausgefübrt werden in der „Aetiologie d. Bl.‘ 


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410 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Nu. 35. 


betreffenden Rinde eine gewisse Ermüdung, unregelmässige 
Athraung, verminderte Fresslust, häufigere Aufnahme von Wasser, 
Zurückbleiben hinter der Herde. Dann kommt es nach Ab¬ 
bruch dieser Zeit zum Entleeren blutigen Harnes. Neben der 
Hämoglobinurie tritt dann am 2. und 3. Tage ein profuser 
Durchfall auf, welchem am 4., oft am 5. Tage eine hartnäckige 
Verstopfung folgt, bei der nur wenige trockene Kothmassen, oft 
mit geronnenem Blnte vermischt, entleert werden. Der Harn 
wird während dieser Zeit immer dunkler und schliesslich schwarz- 
roth. Solange der Durchfall dauert, herrscht, um mit Hertwig*) 
zu reden, der Zustand der Sthenie, der Erregung. Das er¬ 
krankte Rind ist hochgradig aufgeregt, drängt häufig auf Ent¬ 
leerung der Blase und des Mastdarms, ist in der Nierengegend 
gegen Druck stark empfindlich und hält den Rücken gekrümmt. 
Dann folgt zusammen mit der Verstopfung der Zustand der 
„Asthenie“, die durch den furchtbaren Blutverlust in Folge der 
Blutdissolution eintretende Erschöpfung. Das betreffende Thier 
liegt andauernd und stöhnt, die Harn- und Kotentleerung sistirt, 
die sichtbaren Schleimhäute werden gelb gefärbt und innerhalb 
weiterer 2—3 Tage erfolgt der Tod. Dies characteristische 
Bild des Blutharnes, welches deutlich für einen gesetzmässigen 
Verlauf desselben spricht, habe ich in ca.160 Fällen sich in gleicher 
Weise wiederholen sehen. 

Die specielle Pathogenese der Krankheit hat man nach 
meiner Ansicht folgender Maassen aufzustellen: Die Erreger**) 
des essentiellen Blutharnens (man könnte den betr. Parasiten 
als ein Haematozoon destruens bovis bezeichnen) dringen in die 
Blutbahn ein und vernichten die rothen Blutkörperchen***). Mit 
der stattfindenden Auflösung der rothen Blutkörperchen wird 
das Blutplasma von dem frei gewordenen Hämoglobin geröthet, 
wie man es an dem Serum des aus der Vena jngularis gelassenen 
und zur Gerinnung gebrachten Blutes ausgezeichnet beobachten 
kann. Ein Theil des aufgelösten Blutes fällt dem Stoffwechsel 
anheim und wird • auf diesem Wege verbraucht, ein anderer 
Theil wird zur Gallenbildung verwendet. So lange kann der 
Vorgang noch als in physiologischen Grenzen sich haltend 
betrachtet werden. Jedoch die Zerstörung der rothen Blut¬ 
körperchen schreitet weiter fort; der thierische Körper vermag 
das in grossen Mengen entstehende Hämoglobin nicht mehr zu 
halten und zu verwenden, und es tritt Hämoglobinurie ein. 
Ferner bildet sich in der Leber überreichlich Galle (Hyper- 
cholie), die schliesslich nicht ganz in den Darm abfliessen kann 
und somit zur Resorption gelangt, ja es kommt sogar zu einer 
Pfropfenbildung eingedickten Secretes in den Gallengängen, in 
Folge dessen die Galle noch mehr stagnirt und um so reichlicher 
resorbirt wird. Bei dieser Auflösung der rothen Blutkörperchen 
darf jedoch die grösste Gefahr nicht übersehen werden. Diese 
besteht darin, dass das Stroma der aufgelösten rothen Blut¬ 
körperchen sich zu einer zähen, klebrigen Masse mechanisch 
vereinigt („Stromefibrin“ Landois) Dieses „Stromefibrin“, 
welches in Klumpenform in dem Blute des kranken Thieres 
umherkreist, verhält sich wie ein Fremdkörper und führt daher 
in kleinen und kleinsten Gefässen zur Embolien- und Thromben- 
bildung. Andererseits führt das in Mengen aufgelöste Hämo- 

*) Besser wäre gesagt worden: mit „J. Brown'' (1735—88 1 ) 
welcher die Begriffe Sthenie und Asthenie zuerst in die theoretische 
Medicin eingeführt und dieselben in einem System verarbeitet hatte. 
Hertwig hat dies System für die Thierheilkunde, jedoch nicht 
zu ihrem Nutzen, verwerthet 
**) Siebe „Aetiologie d. Bl.“ 

***) Siehe „Schicksal des Blutes beim Bl.“ 


globin umfangreiche, ausgedehnte Gerinnungen im Blute herbei, 
in dem es zahlreiche Leucocyten zur Auflösung bringt, aus 
deren Zerfall die Fibringeneretoren (Gerinnungsbildner) hervor¬ 
gehen *). Durch diesen doppelten Gerinnungsprocess treten 
heftige Circulationsstörungen und diesen folgende Functionsver¬ 
nichtungen einzelner Organe ein, und ist in diesen die Haupt¬ 
ursache des Todes des erkrankten Rindes gegeben. Dass diese 
Gerinnung und Embolienbildung thatsächlich vor sich geht, 
sehen wir nicht nur an Blutproben und an den dem Cadaver 
eines Thieres entnommenen Präparaten**), sondern auch deut¬ 
lich schon intra vitam. Die Athemnoth auf der Höhe des 
Leidens beweist, dass dem Blutserum in den Lungen Hinder¬ 
nisse gelegt sind. Am deutlichsten zeigt sich dies jedoch an dem 
Verdauungsapparate und an dem Verhalten desselben beim leben¬ 
den Thiere. Woher denn der Durchfall und die nachfolgende Ver¬ 
stopfung? Der Darmkanal enthält den Plexus rayentericus, das auto¬ 
matische Bewegungscentrum des Darmes, zwischen longitudinaler 
und circulärer Muskelschicht eingebettet. Alle Reize, die nun 
demPlexus myentericus zugeführt werden, bedingen eine Peristaltik, 
die schliesslich zu einer stürmischen Darmbewegung und zu 
häufiger Kothentleerung führt. So sehen wir im ersten Krank¬ 
heitsstadium bei blutharnkranken Rindern, wie alle Viertel¬ 
stunden fast ohne Bauchpresse sich ein Strahl wässerigen Kothes 
ergiesst, Die Ursache dieser „Dysperistaltik“ (nach Dyspnoe 
gebildet) liegt in unserem Falle in einer Blutstauung, welche 
durch Verstopfung der Gefässlumina der Darmkapillaren durch 
Trümmer rother Blutkörperchen und durch Gerinnungsmassen 
des Blutes herbeigeführt wird. Diese Blutstauung führt alg 
Reiz zur „Dysperistaltik“. Die Reizung der Plexus myentericus 
wird jedoch in Folge der anhaltenden Zerstörung der rothen 
Blutkörperchen und der hierdurch fortschreitenden Embolien- und 
Thrombenbildung immer heftiger und intensiver, und schliesslich 
wird der hochgradig erregte Darm durch Ueberreizung zur 
Ruhe gebracht; es tritt Darmparese ein, welche also hier durch 
anhaltende Blutstauung herbeigeführt wird. Diese Dann¬ 
parese bedeutet nun Verstopfung, wie wir sie so eclatant an 
einem kranken Rinde beobachten können, das schliesslich von 
selbst garnicht mehr fähig, die im Mastdarm befindlichen Koth- 
stücke durch Drängen herauszuschaffen, weil eben die Bauch¬ 
presse, nicht aber der Darm „mitdrängt“. Dieser Vorgang ist 
bei dem essentiellen Blutharnen constant zu beobachten und 
spielt sich so gesetzmässig ab, dass man allein nach dieser 
Beobachtung die Diagnose „essentielles Blutharnen“ stellen kann. 

Ferner tritt eine Verstopfung der Nierencapillaren ein und 
entsteht hierdurch eine Entartung der Nierensubstanz.***) Weiter 
ist anzunehmen, dass die bei den Blutharnen der Rinder oft 
auftretende Steifigkeit in den Muskelpartien des Hintertheils 
durch Verstopfung der Muskelcapillaren und nachfolgende theil- 
weise Gerinnung des Myosins verursacht wird.f) 

Schliesslich treten auch in Folge der anhaltenden und aus¬ 
gedehnten Blutstauungen Laesionen der betroffenen Gefftsse. 
Zerreissungen derselben und Ergiessen des Blutes auf Schleim- 

*) Ueber den experimentellen Nachweis dieser Tbatsache vgl. 
Landois „Lehrbuch der Physiologie des Menschen“, 1895, S. 197. 
**) cf. „Sectionsbefunde etc.“ 

***) cf. Sectionsbefunde u. s. w. 

f) Unterbindung der Muskelarterien, sowie überhaupt Störungen 
der Circulation in den Muskeln bewirken Muskelstarre. Liesse sich 
nicht die Muskelstarre bei der Haemoglobinaemie des Pferdes 
durch Verstopfung der Muskelkapillaren, wie es bei dem essentiellen 
Blutharnen der Rinder geschieht, ohne Zwang erklären? 


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30. August 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


411 


häute und seröse Häute ein. So finden wir constant den Koth 
eines schwerkranken Thieres mit geronnenem Blute vermischt 
(sogen. Rückenblut der früheren Autoren, z. B. Rohlwes 1802, 
welcher direct sagt, dass aus dem Blutharnen schliesslich das 
„Rückenblut“ entstehe). 

Der Tod des Thieres wird bedingt: 

1. durch eine allgemeine Anaemie, eine Folge der aus¬ 
gedehnten Dissolatio sanguinis. 

2. durch die zahlreichen Embolien der kleinen Gefässe, 
Thrombosenbildung, Schädigung der Gefässwandungen, Transsuda¬ 
tionen. Ihre Folgen sind Functionsvernichtung sämmtlicher be¬ 
troffener Organe (Darm, Nieren u. s. w.). 

3. durch Vergiftung des Thieres mit den aus den rothen 
Blutkörperchen frei gewordenen Kaliverbindungen. 

Als Schlussfolgerung ergiebt sich: 

Das essentielle Blutharnen des Rindes stellt eine durch 
Infection hervorgerufene, gesetzmässig verlaufende Haemoglobin- 
aemie dar, welche in Folge der stattfindenden Blutdissolutionen 
wichtige Lebensfnnctionen schädigen und hierdurch den Tod des 
Thieres herbeifuhren kann. 

Referate« 

Tnberculinversuche bei Rindern. 

Von Prof. Dr. Fr. Hutyra-Budapest. 

OiHitxrli« ZoiUi-hr. f. Thii>rmr<1. 1900 Bd. 4, II. 1. 

Der vom Verf. gelieferte Beitrag zur Tnberculosediagnostik 
erstreckt sich auf ein Beobachtungsmaterial von 170 Haupt 
Rindern nnd hat deshalb einen bedeutenden Werth für die Frage, 
weil der Tuberculinprobe in jedem Falle das Ergebniss der 
sorgfältig ausgeführten Obdnction gegenübergestellt ist. 

Ans dem Gesammtergebniss der Untersuchung geht hervor, 
dass unter den 150 Thieren reagirten: 

init 1,5° oder mehr 41 St., hiervon tuberculos 38 St. = 93,5 pCt. 

.. 1,0 1,40" 12 .. ., , 7 ., =58,3 

.. 0,5- 0,9" 17 „ ., ,. 4 „ -- 23,5 ., 

keine Reaktion bei 86 ., „ ,. 3 .. -= 3,4 ,, 

In einer dem Aufsatz angehängten Tabelle sind die Rinder 
einzeln nach Rasse. Alter, Geschlecht in fortlaufender Reihe auf¬ 
geführt nnd hinter jeder Nummer das Resultat der Tubercnlin- 
probe und der Obdnction eingetragen. 

Die Zusammenstellung ergiebt, dass 14 Stück der tuber- 
culösen Rinder eine Temperaturerhöhung von 1,5°, welche im 
Allgemeinen als Massstab für eine positive Reaction hingestellt 
wird, nicht erreichten. Diese Beobachtung bestätigt wiederum 
die bereits mehrfach von deutscher Seite constatirte Thatsache. 
dass die Beurteilung der Reaction nach diesem Massstabe allein 
ziemlich fehlerhaft ist. H. nimmt deshalb, wie bereits Oster¬ 
tag n. A. vorgeschlagen, in den zweifelhaften Fällen die 
absolute Temperatursteigernng und die event. bei dem 
Individuum eintretende Organreaction mit zu Hilfe und stellt 
an der Hand seiner Versuche nachstehende Gesichtspunkte für 
die Beurtheilung auf: „Als tuberculOs (inficirt) ist zu betrachten 
jedes Thier 

a) dessen Temperatur im Vergleich zur Temperatur vor 
der Injection nach dem der Reaction entsprechenden Typus um 
1.5" oder mehr, resp. über 40°. aber hierbei mindestens um 
0,5° gestiegen ist; 

b) dessen Temperatur sich um 1,0—1,4° erhöht und dabei 
Erscheinungen einer organischen Reaction aufweist. 

Dagegen liegt kein Grund zur Annahme der Tuberculose 


vor, wenn die Temperatur höchstens um 1,4° gestiegen ist 
39,5° jedoch nicht überschritten hat und gleichzeitig auch keine 
organische Reaction zu beobachten war, vorausgesetzt, dass die 
systematisch durchgeführte Untersuchung der betreffenden Thiere 
keine pathologischen Veränderungen nachweist, die auf das Vor¬ 
handensein der Tuberculose Verdacht erwecken könnten. 

Die zweimalige Temperaturmessung vor der Injection 
(Morgen- nnd Abendtemperatur) ist zum Zweck der Diagnose 
nicht unbedingt erforderlich, da die absolute Temperatursteigerung 
bei weitem wichtiger ist als die relative Temperaturerhöhung. 
Fünf Rinder, bei denen eine Temperaturdifferenz von 0,5—1,0° 
constatirt wurde, erwiesen sich als tuberculos bei der Obduction. 
Vier Thiere dieser Gruppe zeigten vor der Einspritzung eine 
Temperatur von mehr als 39°, welche nachher bis 40° und 
darüber stieg. Auf Grund dieser Erfahrungen glaubt Verfasser 
annehmen zu können, dass eine Steigerung der Temperatur über 
40°, falls die absolute Temperaturerhöhung 0,5° überschreitet, 
bei mindestens 1 's Jahr alten Tieren, als positive Reaction zu 
betrachten ist. 

Die Untersuchung der 150 Fälle würde bei einer genauen 
sämmtliche Nebenumstände berücksichtigenden Beobachtung, 
worin auch die klinische Untersuchung einbegriffen ist, in 
98,1 pCt. der Fälle eine richtige Diagnose ermöglicht haben. 

Der Parasit der Beschälseuche. 

Von Schneider und Bussard. 

(Rpcueil, Ki'liruar, Mürz und April 1900.) 

Schneider und Bussard haben bereits 1890 den von Rouget 
als den Erreger der Beschälseuche bezeichneten Parasiten ans 
der Gattung Trypanosoma im Blute von zwei Hengsten nnd 
zwei Eseln, die an Beschälseuche erkrankt waren, vorgefunden. 
Der Parasit ist nicht leicht zu finden, er fand sich in dem in 
den Anschwellungen und den Hautlaesionen entnommenen Blut 
vor. ist leicht zu färben, doch waren die Culturversuche resultat¬ 
los. Das Blut, auch wenn es ganz frei von Parasiten zu sein 
scheint, das Sperma, der Vaginalschleim, die erweiterten Theile 
des Rückenmarks sind virulent. Künstlich übertragen liess sich 
die Krankheit auf Pferde, Esel, Hunde, Kaninchen, Ratten und 
Mäuse. Die Impfung unter der Hand gelingt am besten. Die 
Injection lässt sich auch erreichen durch das Belegen, die intra- 
cranielle Inoculation oder durch Bepinseln der Vaginalschleim¬ 
haut oder der Conjunctnr mit virulenten Producten. Besonders 
beim Hunde werden je nach der Widerstandsfähigkeit der Ver¬ 
suchstiere und der Anzahl der eingeimpften Parasiten mehr 
oder weniger schwere Formen der experimentellen Krankheit 
hervorgerufen. Schneider und Bussard unterscheiden vier 
Perioden in der Entwickelung der Krankheit: 1. das Incubations- 
stadium; 2. ein heisses Oedem, das an der Inoculationsstelle 
schmerzhaft ist; oedematöse Infiltration des Bauches und der 
Genitalien, Balanitis beim Hund, Vaginitis und bisweilen Abortus 
bei der Hündin; eontiunirliches Fieber; 3. Abmagerung, Loco- 
motionslösung, Auftreten der Hautläsionen, Arthritis, purulente 
Conjunctivitis, ulceröse Keratitis. Endlich, in der vierten Periode, 
hochgradige Cachexie, Paralyse oder plötzlicher Tod. Gewöhnlich 
bedarf die Krankheit mehrere Wochen zu ihrer Evolution. 

Schneider und Bussard sind der Ansicht, dass der von 
ihnen erwähnte Parasit zweifellos der specifische Erreger der 
Beschälseuche ist. Als diagnostisches Mittel empfehlen sie die 
Impfung auf den Hund und die mikroskopische Untersuchung 
des Blutes, das in der Nähe der Anschwellungen und der Haut¬ 
läsionen entnommen werden muss. 


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412 

Ueber einen neuen Nachweis 
der Blutsverwandtschaft zwischen Menschen nndThieren. 

Von Dr. Friedentbal. 

(D. Med. Woch.) 

Es ist bekannt, dass das Serum der einen Thiergattung die 
Blutzellen einer anderen Thiergattung auflöst — in vitro sowohl, 
wie im Gefässsystem selbst, wenn man Transfusionen von der 
einen Thierart auf die andere macht. Nur bei einander sehr 
nahe stehenden Gattungen findet das. nicht statt, insbesondere 
nicht bei Blut solcher Species, die fruchtbare Bastarde liefern. 
— Verf. hat nun zur Feststellung des Verwandtschaftsgrades 
Menschenblut Affen eingespritzt und fand, dass dabei seine Zellen 
im Gefässsystem der niederen Affen der Zerstörung anheim¬ 
fallen, dass sie dagegen in dem der anthropomorphen Affen 
erhalten bleiben (Chimpanse, Gibbon, Orang). Verf. fand weiter¬ 
hin, dass Serum vom Katzenhai nicht die Blutzellen des Dornhais 
auf löst, doch die des Rochens; Froschserum nicht die der Kröte, 
doch die des Salamanders. — Die Blutzellen zerstörende Wirkung 
des Serums scheint von in ihm enthaltenen Eiweisskörpern her- 
znrühren, doch gelang Verf. eine genauere Feststellung nicht. 
Bemerkenswert ist, dass dass Serum sich wie gegenüber den 
Blutzellen so auch gegenüber den Spermatozoen einer anderen 
Thierart verhält. Diese Untersuchungen systematisch durch¬ 
geführt dürften für die systematische Zoologie, besonders für 
die Verwandtschaftsfrage von grosser Bedeutung werden. 

Ueber eine Erkrankung an der Schweiftraube des Rindes 

von J. Eppinger 

Thicräritl. Cuntralbl 1899 S. 89. 

Als Schweiftraube des Rindes wird in der Mittheilung ein 
Hautsack bezeichnet, welcher durch einen runden Sehnenstrang 
mit dem letzten Schweifwirbel verbunden ist. Der Strang ist 
von einer Sehnenscheide umgeben, welche sich leicht entzündet 
und ein wasserhelles Exsudat ausscheidet. An der Uebergangs- 
stelle zum Schweiftraubenhautsack entsteht eine fluctuireude 
Stelle. Der Schweif verhält sich hier wie ein viel gebrauchter 
mürber Strang (?). Die mit der eigenartigen Erkrankung 
behafteten Rinder sollen normalen Appetit zeigen und trotzdem 
ganz erstaunlich abmagern. 

Die Behandlung des Leidens erfolgt in der Weise, dass 
au der bezeiclmeten weichen Stelle (vordere Schweiffläche) ein 
4-5 cm langer Hautschnitt gemacht wird. Durch diesen tritt 
bei Biegung des Schweifes an der betreffenden Stelle die prall 
gefüllte Sehnenscheide in Gestalt eines wurmförmigen Sackes 
hervor. Derselbe wird abgeschnitten oder eröffnet, wonach sich 
die Heilung des Leidens innerhalb 6—8 Tagen von selbst 
vollzieht. 

Tubercle bacilli in milk, butter and margarine 

von E. H. Annett. 

(I.anrcl. 1900 159 p. Contrl.l. für I.. n. P. 1900 XXVII. 12-1.1.) 

Verf. weist zunächst auf die Wichtigkeit der Tubercu- 
linisation der Milchkühe hin. A. hat seine Untersuchungen auf 
das Vorkommen von Tubercelbacillen in der Margarine gerichtet; 
als Material benutzte er 36 Proben ans Berlin und 13 Proben 
ans Liverpool, und zwar wurden die Berliner Proben den Meer¬ 
schweinchen intraperitoneal, die Liverpooler Proben subcutan 
applicirt. 21 Berliner Proben scheiden wegen vorzeitigen Todes 
der Versuchsthiere aus; von den noch verbleibenden 15 Proben 
aus Berlin enthielt keine einzige echte Tubercelbacillen. 
Bei 2 Meerschweinchen constatirte A. die von Koch in der 


Wo. 35. 

Butter beobachteten säurefesten tubercelähnlichen Stäbchen. — 
Von den 13 Proben ans Liverpool enthielt eine echte Tubercel¬ 
bacillen. J. 

Künstliche Zähne beim Schaf. 

Dem Liverpool Journal of Commerce wird von einem 
australischen Correspondenten berichtet, dass ein Heerdenbesitzer 
in Hargreaves bei Mudgee mit grossem Erfolg versucht hat. 
Zahnersatz für Schafe zu schaffen. Er besass einen werthvollen 
amerikanischen Schafbock, welcher, in Folge des Verlustes der 
Zähne, nur schwer die Nahrung zerkauen konnte. Er setzte 
ihm künstliche Zähne ein, und seitdem konnte das Thier das 
Futter gut durchkanen. Ein Versuch, der jedenfalls zu Nach¬ 
ahmungen anregt! 


Tagesgeschichte. 

Protocoll der 46. General-Versammlung des thier- 
ärztlichen Centralvereins der Provinz Sachsen, der 
anhaitischen und thüringischen Staaten, 

welche am 13. Mai 1900 in Magdeburg abgehalten wurde. 

Anwesend waren die Mitglieder: 

Buhmann, Schlachthof-Thierarzt, Magdeburg; Colberg 
Director des Schlacht- und Viehhofes, Magdeburg; Dem min 
Städt. Thierarzt, Zerbst; Dolle, Thierarzt, Oschereleben 
En der s, Kreis - Thierarzt, Weissenfels; Enke, Thierarzt 
Schkeuditz; Ehrhardt, Kreis-Thierarzt, Stendal, Ernst, Hol 
thierarzt, Quedlinburg; Dr. Felisch, Kreis-Thierarzt, Merseburg 
Friedrich, Kreis-Thierarzt, Halle a. S.; Geldner, Sanitäts 
Thierarzt, Burg b. M.; Goerold, Thierarzt, Hamersleben 
Gotting, Kreis-Thierarzt, Aschersleben; Gundelach, Kreis 
Thierarzt, Magdeburg; Haas, Kreis-Thierarzt, Zerbst; Hecker 
Thierarzt, Halle a. S.; Hofherr, Kreis-Thierarzt, Herzberg 
Holtzhausen, Thierarzt, Gr. Amraensleben; Dr. Kantorowicz 
Thierarzt, Mühlberg a. E.; Kohl, Thierarzt, Lützen; Lange 
Kreis-Thierarzt, Salzwedel; Lausche sen., Kreis-Thierarzt, Bitter 
feld; Leistikow, Departements-Thierarzt und Veterinär-Assessor 
Magdeburg, Liebrecht, Thierarzt, Zörbig; Meissner, Thier¬ 
arzt, Schafstädt; Mugrowski, Schlachthof-Director, Halberstadt: 
Pirl, Landes-Thierarzt, Dessau; Rheinshagen, Kreis-Thierarzt, 
Genthin, Richter, Thierarzt, Dessau; Ristow, Schlachthof- 
Thierarzt, Magdeburg; Rössler, Kreis-Thierarzt, Cöthen; 
Schlemmer, Thierarzt, Gröbzig; Schulz, Kreis-Thierarzt, 
Neuhaldensleben, Schulze, Thierarzt, Bernburg; Sickert, 
Kreis-Thierarzt, Egeln; Siebert, Thierarzt, Gardelegen; 
Siebert, Thierarzt, Schönebeck; Sorge, Schlachthof-Inspector, 
Stassfurt; Spuhrmann, Schlachthof-Director, Stendal; Stein, 
Kreis-Thierarzt, Dessau; Wienke, Kreis-Thierarzt, Wittenberg: 
Witte, Schlachthof-Director, Quedlinburg; Ziegenbein, Kreis- 
Thierarzt, Oschersleben; Ziegenbein, Kreis-Thierarzt, Wolmir- 
stedt. 

Als Gäste waren anwesend die Herren: Prof. Dr. Oster tag 
Berlin, Corps-Rossarzt Thietz, Magdeburg, Lewin, Schlachthof- 
Thierarzt, Magdeburg, Michalski, Rossarzt, Magdeburg und 
Rittergutsbesitzer Friedrichs -Niederdodeben. 

Der stellvertretende Vorsitzende Herr Departements-Thier- 
arzt Leistikow eröffnet mit herzlichen Begriissungsworten 
um 10 Uhr die Versammlung. 

Zur Aufnahme in den Verein hatten sich die Herren 
Gerkens, Kreis-Thierarzt, Möckern nnd Ulrich, Thierarzt, 
Ziesar gemeldet, dieselbe erfolgte einstimmig. 


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Da der Cassenwart krankheitshalber nicht erschienen ist, 
konnte der Cassenbericht nicht erstattet werden. 

Zn Punkt 3 der Tagesordnung erhält Thierarzt Richter- 
Dessau das Wort zu seinem Vortrag über „Hundeseuche“ 
und führt — wie folgt — aus: 

Wie bekannt, verbreitete sich im Jahre 1898—1899 eine 
Hundekrankheit seuchenhaften Verlaufes über mehrere Städte 
Deutschlands. Die Krankheit schien ihren Anfang in Süd- 
dentschland genommen zu haben und zog von da nach Mittel- 
iind Norddeutschland. 

Unabhängig von anderen in thierärztlichen Zeitschriften 
veröffentlichten Mittheilungen wurde in Dessau seit Ende l)e- 
cember 1898 eine Hundekrankheit beobachtet, welche durch ihr 
seuchenartiges Auftreten von Monat zu Monat zunehmend eine 
derartige Ausbreitung erlangt hatte, dass gegen 300 Hunde 
thierärztlicherseits behandelt worden sind; es ist daher anzn- 
nehmen, dass, da nach dortigen Verhältnissen erfalirungsgemäss 
nur zu einem Drittel erkrankter Hunde ein Thierarzt zugezogen 
wird, 800—900 Hunde von etwa 1300 versteuerten erkrankt 
gewesen sind. Seit Ende November 1899 ist die Seuche, 
welche ich kurzweg nach dem Beispiel von Klett und Albrecht 
Hnndeseuche nennen will, in Dessau als erloschen zu betrachten. 

Eine Verbreitung der Seuche über Dessau hinaus konnte 
bis auf zwei Fälle in Vororten nicht bemerkt werden; in der 
Stadt selbst trat die Krankheit in allen Theilen und Strassen 
derselben, bei Luxus- und Gebrauchshunden, ohne jeden Rassen- 
nnd Geschlechtsunterschied auf. Ebenso kam das Alter der 
Thiere bei der Erkrankung nicht in Betracht; es konnte aber 
festgestellt werden, dass ältere Hunde, speciell Stubenhunde, 
in Folge ihrer Verweichlichung schwer erkrankten und auch 
procentnaliter mehr eingingen, als jüngere oder mitteljährige. 
Thiere im Alter bis zu einem halben Jahr schienen der Krank¬ 
heit ebenfalls leichter zu erliegen, iedoch verhältuissmässig 
seltener zu erkranken. 

Die Patienten wurden meist mit folgendem Vorbericht zu¬ 
geführt: Ohne recht nachweisbare Ursachen tritt Erkrankung 
ein; grosse Hinfälligkeit, Unlust, Apathie, vollkommene Appetit¬ 
losigkeit und starke Abmagerung machen sich bemerkbar. Ein 
auffallender Durst spec. nach Wasser, welches meist sofort 
wieder erbrochen wird, stellt sich ein; ein stinkender, bestia¬ 
lischer Geruch entströmt der Maulhöhle, Es zeigt sich häufiges 
Erbrechen zuerst glasigen, grünlichen Schleimes, später bräun¬ 
licher, in seltenen Fällen dunkelroth blutiger Massen. Blutiger 
Durchfall oder Verstopfung, stets aber auffallend seltener Harn¬ 
absatz sind vorhanden. Bei Beginn der Erkrankung sind fast 
immer Störungen der Bewegung zu verzeichnen, die später selbst 
zu vollkommenen Lähmungen fuhren können. 

Die Erscheinungen im Krankheitsbilde sind nun folgende: 
Auffallend ist die grosse Mattigkeit und Unlust in der Bewegung; 
Thiere, die früher auf das leiseste Zeichen, auf die geringste 
Anregung ihres Herrn folgten, zeigen keinen Appell mehr. 
Trotz der grossen Hinfälligkeit ist kein Schlaf vorhanden, die 
Patienten liegen meist ruhig und unbeweglich unter Schweigen 
oder leisem Wimmern, grosse Schmerzen verrathend mit offenen 
Augen da. Ich konnte aber auch solche beobachten, welche fast 
unbeweglich sich stundenlang stehend hielten. Hierbei ebenso 
wie beim Vorführen zeigen die Patienten entweder nach oben 
gekrümmten Rücken (Katzenbuckel), oder der Kopf wird nach 
vorn und oben unter starker Streckung des Halses getragen 
(Ortho-respet. Opisthotonus). Bei schweren Erkrankungen treten 


die Schultermuskeln und die Muskeln der Nachhand unter fast 
tetanischen Erscheinungen hervor. Häufig konnte neben den 
eben geschilderten Symptomen durch die Contraction der geraden 
Angenmuskeln Vorfall der Nickhaut constatirt werden. Bei 
diesen tonisch-tetanischen Krämpfen — diese Erscheinungen 
hierunter zu rechnen, dürfte man wohl in Versuchung gerathen — 
hält sich das Thier meistens stehend und fällt dann, wenn die 
Ermattung zu gross wird, um, bleibt jedoch unter derselben 
Anspannung der Muskeln mit krampfhaft starren Gliedmassen 
liegen. Derartig Erkrankte vermögen in den seltensten Fällen 
abzuschlucken. Vorstehende Beobachtungen sind bei schweren 
und schwersten Erkrankungen und im protahirten Verlauf der¬ 
selben zu beobachten. Im Anfang und bei leichteren Fällen 
macht sich stets der Katzenbuckel und Schwäche der Nachhand, 
ja selbst ein lähmungsartiger Zustand derselben, wie man es 
bei schweren Obstructionen, bei nervöser Staupe sehen kann, 
bemerkbar, jedoch mit Rücksicht auf letztere fehlen stets die 
für diese characteristischen Zuckungen. Ohne Bewegungs¬ 
störungen setzt die Krankheit nach meinen Beobachtnngen nie 
ein, und dann tritt das erste typische Erbrechen auf. 

Das Haarkleid ist glanzlos und bei glatthaarigen Hunden 
aufgebürstet. Es tritt später reichlich Epithelabschuppung ein, das 
Unterhautbindegewebe ist wenig elastisch, erzeugte Hautfalten 
bleiben stehen. Die Hautfarbe ist an den wenig behaarten 
Körperstellen auffallend blass. 

Die allgemeine Körpertemperatur ist heruntergedrückt: 
Nase, Ohren, Rumpf und Gliedmaassen fühlen sich auffallend 
kalt an, Schüttelfröste, ja Zähneklappern, wie ich bei Hunden 
noch nie gesehen habe, werden beobachtet. 

Ausfluss aus Nase und Augen fehlt; der bulbns oculi ist 
glänzend, die Pupille erweitert. Die Konjunctivalschleimhaut 
ist zu Beginn blass, und auch nach meinen Beobachtungen sind 
die GefäsBe derselben, um den Klett’schen Ausdruck zu ge¬ 
brauchen, in schöner Verästelung kenntlich, später tritt dann 
eine cyanotische Färbung ein. 

Die Maulhöhle ist entweder sehr schwer in Folge der 
straffen Anspannung der Muskeln zu öffnen, oder dieselbe wird 
krampfhaft offen gehalten. Es entströmt derselben ein aasähnlich 
stinkender Geruch, und die Schleimhaut hierselbst ist zum Be¬ 
ginn blass, später cyanotisch gefärbt. Häufig ist in Dessau, 
ebenso wie in Stuttgart ein geschwüriger Zerfall derselben, 
speciell gegenüber den Fang- und Backenzähnen sowie am 
Gaumen in der Nähe des Kieferngelenkes constatirt worden. Zn 
Beginn sind diese Geschwüre klein, mit glattem oder schwach 
erhöhtem Rande und mit weissem Belage; in der Umgebung 
derselben ist die Schleimhaut häufig auffallend blutleer und blass. 
Später vergrössern sich diese Geschwüre, die Ränder sind zackig, 
zerfetzt und zerrissen, der Belag wird grau und, wie Klett 
treffend sagt, zunderähnlich. Auch konnte ich derartige Ver¬ 
änderungen, allerdings seltener, auf und unter der Zunge beob¬ 
achten. 

In zwei Fällen wurde die vordere Hälfte der Zunge der¬ 
artig nekrotisch, dass der abgestorbene Theil mit der Scheere 
entfernt werden musste. Maulschleimhaut sowie Zunge sind auf¬ 
fallend kühl und trocken. Fast stets ist eine höhere Röthung 
selbst cyanotische Färbung, starke doppelte Querfaltenbildung 
der Zungenschleimhaut neben mehr oder weniger dunkelgefärbtem 
Belag festzustellen. Verschiedentlich wurde von Besitzern bei 
Erhebung der Anamnese bemerkt, dass die Thiere nicht schlucken 
könnten; auch ich habe dies bei Eingabe von Arznei und Bouillon 


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414 

beobachtet, nicht etwa, dass die Thiere dies nicht wollten, nein 
selbst Wasser, wonach die Patienten gierig trachteten, konnte 
nicht abgeschlnckt werden. Dieselben Beobachtungen machte 
Klett. 

Die Pulsfrequenz ist zu Beginn erhöht, der Puls ist klein; 
später geht ev. die Zahl der Pulse selbst bei kleinsten Hunden 
bis auf 30 Schläge herunter. Der Pulsschlag ist dann schwach, 
wurmiörmig oder fadenziehend, ungleichmässig und unregelmässig. 
Die Mastdarmtemperatur ist Anfangs nur wenig erhöht oder 
normal, um bei letalem Ausgang stets subnormal zu werden. 
Verschiedentlich konnte ich feststellen, dass die Temperatur bis 
34,5 herunterging. Beim Einfuhren des Thermometers in das 
Rectum zeigen hochgradig erkrankte Thiere starke Schmerzen. 

Der Respirationsapparat zeigt bis zum tödtlichen Ausgange 
keine auffallend krankhaften Erscheinungen. Die Athmung ge¬ 
schieht oberflächlich nnd ruhig; die Zahl der Atemzüge ist 
meist normal. 

Der Leib ist anfgeschürzt und dabei doch recht häufig voll 
und gespannt. Die Palpation ist änsserst schmerzhaft; die 
Thiere suchen durch starke Anspannung der Bauchmnsculatur 
dem Drucke bei der Untersuchung Widerstand entgegen zu 
setzen. Häufig lässt sich bei ganz leichter Palpation des 
Magens Erbrechen, Würgen oder Rülpsen hervorrufen. Der 
Magen ist leer und Schwellung desselben lässt sich nachweisen. 
Im Darmkanal sind theilweise Kothstränge zu fühlen, häufig ist 
jener aber leer. Meist ist die Harnblase prall gefüllt, und bei 
Druck auf dieselbe entleert sich ein goldgelber Harn von 
klarer Beschafienheit und ohne specilischen Geruch in grosser 
Menge. Wo eine Abtastung der Leber möglich ist, wird die¬ 
selbe stets geschwollen vorgefunden. Die Percussion ergiebt 
nichts Beinevkenswerthes, bei der Auscultation wurden häufig 
gluckernde und klingende Geräusche wahrgenommen. Der Koth¬ 
absatz sistirt. entweder ganz und tritt nach einigen Tagen bei 
Genesung wieder auf, oder es entsteht profuser und manchmal 
blutiger Durchfall; in seltenen Fällen entleert der Patient brann- 
rothen, derben Kotli mit blutig-schleimigem Ueberzuge. 

In keinem Falle fehlt Erbrechen; es tritt dies, wie schon 
erwähnt, sehr verschieden auf, indem entweder unter starkem 
Würgen grünlich-glasiger, theilweise schaumiger Schleim oder 
aber dunkelbraune bis dunkelrote, lackfarbene Massen in schweren 
Krankheitsfällen unter starken Schmerzen entleert werden. Bei 
Verabfolgung selbst kleiner und kleinster Mengen Wassers er¬ 
folgt sofort Erbrechen. Es ist oft nicht möglich, dasselbe zu 
stillen, so dass die Thiere bis zum Eintreten des comatösen Zu¬ 
standes bald immerfort erbrechen oder Würgebewegungen machen. 

Es sind nun zu unterscheiden: leichte, schwere und schwerste, 
meist peracut verlaufende Fälle. 

Leichte Fälle, meist in Genesung übergehend, zeigen folgende 
Symptome: Gespannter Gang, Mattigkeit, Appetitlosigkeit, hohes 
Durstgefühl, nicht häufiges Erbrechen ev. blutiger Durchfall, 
stinkender Geruch aus der Maulhöhle, manchmal Geschwürs¬ 
bildung daselbst, Schmerzen in der Bauchhöhle. Die Thiere 
reagiren meist noch auf Nadelstiche. Nach vier bis acht Tagen 
tritt Besserung ein, die Patienten zeigen freiere Bewegung, 
grössere Lebhaftigkeit nnd Appetit. 

Schwere Fälle: Es treten die schon vorher geschilderten 
schweren Verdauungsstörungen, Steifheit des ganzen Thieres 
auf; Vorfall der Nickhaut; Schluckbewegung kann nur sehr 
schwer ausgeführt werden. Sensorium stark benommen, unstill¬ 
bares Durstgefühl, anhaltendes Erbrechen selbst manchmal 


No. 35. 

blutiger Massen, Cyanose, Pupillenerweiterung ev. Erosionen 
und Geschwürsbildung in der Maulhöhle, epileptiforme Krämpfe: 
das Thier wird kalt, soporöser Zustand, Temperatur weit sub¬ 
normal, Coma, Tod. Verlauf zwei bis zehn Tage; ja selbst nach 
vierzehn Tagen wurde noch tüdtlicher Ausgang beobachtet. — 
Bei drei von diesen schweren Fällen konnte ich Taubheit der 
Thiere festellen. Dass keine überaus schwere Benommenheit 
diese Störung vortäuschte, bewies der eine wiedergenesene 
Hund, welcher deshalb vergiftet werden musste. Bei diesen 
drei Patienten waren speziell in der Gegend der Tonsillen 
starke Geschwürsbildungen vorhanden. Ich nehme an, dass 
von der Maulhöhle sich durch die Tuba Eustachii ein 
krankhafter Process nach dem Ohre fortgesetzt hat. In mehreren 
Fällen waren Blutungen in die vorderen Angenkammern fest¬ 
zustellen Pirl konstatirte in einem Falle eine sich hieran an¬ 
schliessende Hornhautentzündung. Todesfälle 70%* 

Schwerste, peracut verlaufende Fälle: Stets tödtlich. Einige 
Tage vor Ausbruch der Krankhoit ist Unlust, Magenverstimmung, 
ev. Erbrechen bemerkbar, dann plötzlich stierer Blick, Wimmern, 
Steifheit, Convulsionen, tonisch-klonische Krämpfe. 

Nachkrankheiten waren wenige zu verzeichnen. Ausser den er¬ 
wähnten Ohren- und Augenerkrankungen wurde in einzelnen Fällen 
eine entweder einseitige oder doppelseitige Lähmung der Nachhand 
gemeldet. Häufiger war ein länger anhaltender Magendarm- 
katarrh Folge der überstandenen Krankheit. 

Therapie bei leichten Fällen: Ruhe, keine Aufregung, 
Diät: Sehr wenig abgekochtes oder gar kein Wasser, Milch mit 
Mehl, Graupen- oder Haferschleim, Bouillon mit Ei und rohem fein 
geschabtem Fleische, Somatose je ein Theelöffel täglich, Tj opon 
zwei bis drei Esslöffel pro die, Kakao oder Thee mit Milch, 
Priessnitz’sche Umschläge, Klysma, leichte Massage auf die Blase, 
später bei eintretender Besserung Pepsinwein in ganz kleinen 
Mengen. Bei Erosionen in der Maulhöhle Ausspülungen mit 
Kal. permanganic. 1 — 2 pCt. 

Bei schweren Fällen sind neben obiger Behandlung, speciell 
bei Erbrechen, zu versuchen Eispillen, Creosot mit Gummi 
arabicum, Bismuth mit Gummi arabicum oder Oel, Tannin. 
Eisenpräparate. Von Erfolg war zeitweise Morphium snbcntan. 
Die Nachbehandlung bestand in Verabfolgung von Rhabarber- 
tinctur, Pepsin und Salzsäure; bei Lähmungen wurde Massage. 
Frottiren und Electricität in Anwendung gebracht. 

Prophylaxe: Isoliren der erkrankten Hunde, sorgfältiges 
Vernichten der Körperabgänge: abgekochtes Wasser, gute, leichte 
Nahrung: Zurückhalten der Thiere an der Leine, um gegen¬ 
seitige Berührung zu verhüten. Bei Ausbruch der Krankheit 
wären eventuell anzuwenden innerlich: Calomel mit Rhicinnsöl. 
Natrium salicylicum, Creolin, Creosot, Bismuth. 

Hierorts war die Aufregung über die Krankheit infolge ihrer 
starken Ausbreitung eine grosse, so dass von Seiten der herzog¬ 
lichen Staatsregierung zur Beruhigung nnd Aufklärung eine 
volksthümliche Belehrung über die Krankheit herausgegeben 
wurde. 

Klett-Stuttgart und Albrecht-München beschreiben in der 
D. Th. W. 1899, No. 5—8 und 21 und 22 unter dem Namen 
Hundeseuche eine Krankheit, welche mit der in Dessau auf¬ 
getretenen identisch ist, obwohl hierorts sich Abweichungen 
verschiedener Symptome zeigten. Ebenso beschreibt Scheibel- 
Frankfurt in der B. T. W. 1898, No. 7 und 8 eine Hunde- 
krankeit, welche viele Aehnlichkeiten. aber auch Abweichungen 
von der Dessauer Hundeseuche aufweist. Auf oben erwähnte 


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41f> 


Anfsätze von Klett, Albrecht und Scheibel werde ich 
später zurückkommen. 

Was die Aetiologie anbetrifft, so wissen wir vorläufig gar 
nichts und nur weitere Versuche können Aufklärung bringen, 
ln dieser Hinsicht vermochten oben erwähnte Herren uns nur 
Vennnthungen zu bieten. Dass die Krankheit etwa als eine 
durch Yerffitterung von Hundekuchen hervorgerufene Massen¬ 
vergiftung zu betrachten sei, ist bereits in der B. T. W. negirt 
worden, und auch die in Dessau gemachten Beobachtungen 
können diesbezüglich zur Bekräftigung dienen. 

Sectionsbefund: Meinerseits sind im ganzen 19 Seetionen 
gemacht worden nnd bei allen waren fast dieselben pathologisch- 
anatomischen Erscheinungen: Die Körperhöhlen leer, Bauchfell 
in wenigen Fällen gering entzündet, meist intact. Harnblase 
war stets prall gefüllt, Blut der grossen Hanptgefäsee und der 
Pfortader meist schwarzroth-flüssig. Milz mehr oder weniger 
geschwollen. Leber dunkelkirschroth, sehr blutreich, auf dem 
Durchschnitt fenchtglänzend, das Lebergewebe geschwollen, 
derb, Acini nicht zu erkennen, im Ganzen ist die Leber stark ver- 
grössert, Gallenblase gefüllt, Galle dunkelgrün, dick. Nieren 
blutreich, saftig, ohne weitere Veränderungen, Harnblase mit 
klarem goldbemsteingelbem Harn ohne specifischen Geruch ge¬ 
füllt, Schleimhaut glatt und glänzend ohne entzündliche Ver¬ 
änderungen; Lungen schwammig, elastisch, knisternd, ohne 
entzündliche Erscheinungen; Luftröhre und Bronchien mit dünn- 
schaumigem, hellröthlichem Inhalt gefüllt. Herzbeutel ohne Ver¬ 
änderung, Herz prall gefüllt, grauroth. Magen enthält theil- 
weise theerartiges flüssiges Blut. Die Magenschleimhaut bildet 
häufig von der Cardia bis zum Pvlorus eine wurmartig ge- 
wulstete, schw'arzrothe Fläche, doch ist auch hellere, graurothe, 
respective graugelbe Färbung der Wülste vorhanden. Die 
Schleimhaut des Zwölffingerdarms ist meist geschwollen und mit 
zahlreichen rothen Längsstreifen injieirt; dazwischen lagern 
häufig linsen- bis bohnengrosse blutige Heerde. An der Ein- 
mündung88telle des Choledochus und Paucreaticus ist die Schleim¬ 
haut hoch geröthet und geschwollen. 

Dünndarm: Schleimhaut geschwollen. Röthung an vielen 
Stellen; gezackte Figuren quer durch das Darmlumen ver. 
laufend bemerkbar. Lymphfollikel nicht zu erkennen. Die 
paghinisclie Klappe ist am freien Rande grauschwarz. Die Blind¬ 
darmschleimhaut geschw'ollen, querfaltig meist ohne Blutungen 
und Rotlistreifung. Mastdarmschleimhaut hinter der Ileocoecal- 
klappe gering entzündet, dann aber bis zum Ende im Stadium der I 
entzündlichen Schwellung; netzartiges Bild der Schleimhautfalten. ! 

Mesenterialdrüsen theilweise geschwollen. Häufig in der 
Maulschleimhaut Erosionen. 

Gelegentlich einer am 22. September 1899 von Herrn Landes¬ 
thierarzt Pirl ausgeführten Section eines Hundes wurde aus der 
Gallenblase unter sterilen Bedingungen Galle entnommen, um diese 
Tags darauf einem Versuchshund zu injicieren. Es wurde ein männ¬ 
licher Hnnd, Rattler, ein Jahr alt, in gutem Nährzustande befindlich, 
mit 5 cbcm. Galle subcntan an der rechten Bauchdecke geimpft. 
Mittags war an der Injectionsstelle geringes Oedem vorhanden, 
der Hund war munter und frei von weiteren Krankheits¬ 
erscheinungen; Abends stellte sich Mattigkeit und Appetitmangel 
ein, P. 130, A. 20, T. 39,8. Am 24. September früh Schüttel¬ 
frost, gekrümmter Rücken, Winseln, Schmerzhaftigkeit der 
Bauchdecken. Oedem kleiner, Puls 140, A. 22, T. 40,2. Appetit¬ 
losigkeit während des ganzen Tages. Abends desselben Tages 
Kothabsatz mit blutigem Schleim gemischt. T. 39,9, P. 150, 


klein und schwach; das Tier sucht sich lange stehend zu halten, 
Psyche frei. Am 25. September früh T. 3(1,8, A. 20, ober¬ 
flächlich, P. 00, schwach, fast nicht fühlbar. Beginnendes 
l Coma, Speichelfluss, Brechbewegungen, Erbrechen, Zuckungen: 
Mittags Val Uhr T. 35,1, Puls unftihlbar, Herzschläge 34 in der 
Minute, Athmnng tief, 30 mal in der Minute. Klonischtonische 
Krämpfe, hierbei dunkelgelber Haruabsatz, Kotli breiig, mit Blut 
gemischt. Die sichtbaren Schleimhäute zeigen keine Gelb¬ 
färbung! Um 3 Uhr Nachmittags wurde das Tier im Todes¬ 
kampfe durch Stirnschlag getödtet, und es wurde sodann im 
Beisein von Herrn Veterinärassessor Pirl Section gemacht. 

Sectionsbefund: An der rechten Bauchdecke bis zum 
Brustbein ödematöse Schwellung, entstanden durch die snb- 
cutane Injection. Cavum der Brust- und Bauchhöhle leer. Darm¬ 
kanal grauröthlich, Blase fast leer. Nieren, Milz, Leber und 
Gallenblase wie beim früheren Sectionshericht. Magenschleim¬ 
haut bis zum Phylorus geröthet, im Grunde stark in Falten 
regenwurmartig gelegt, geschwollen. Zwölffingerdarm Schleimhaut 
geschwollen, granrotli, stellenweise rosenroth gefleckt. Schleim¬ 
haut des Dünndarms geschwollen, anfgelockert, grauroth mit 
schleimigem Belage. Dickdarmschleimhaut ähnlich wie im Dünn¬ 
darm verändert, lleocoecalklappe am Rande geröthet, Mast¬ 
darmschleimhaut auf der Höhe der Falten stärker geröthet, nach 
dem Ende zu blutige Streifen. Mageninhalt schleimig, Dünn- 
und Dickdarm fast leer. Gekrösdrüsen stark geschwollen. Die 
Organe der Brusthöhle zeigen keine besonderen Veränderungen. 
Das Herz ist grauroth, welk und schlaff. In der Maulhöhlc findet 
sich nichts Besonderes. 

Von der Galle dieses Thieres wurde nun ein Setterbastard, 
etwa 4 Jahre alt, kräftiger Konstitution am 25. September 
4 Uhr mit 2 cbcm Galle unter sterilen Cautelen an der rechten 
Schulter geimpft. Am 25. September Abends betrug die 
Temperatur 38,7, der Puls 100, die Athraung w r ar normal; am 
26. September 8 Uhr früh war die Temperatur 39,1, PuIb 120, 
Athmung 30, geringes Oedem an der Injectionsstelle. Mittags: 
Temperatur 38,8, Puls 110, Athmung 30. Am 27. September 
früh 8 Uhr: Temperatur 39, Puls 100, Athmung 30, Abends 
Temperatur 39,2, Puls 110, Athmung 30. Appetit war weniger 
gut. Am 28. September früh 8 Uhr: Niedergeschlagen, liegt 
viel, Winseln bei Palpation der Bauchdecken, kein Kothabsatz, 
kein Appetit. Temperatur 39,8, Puls 140, Athmung 42; Mittags: 
Temperatur 39,8, Puls 140, Athmung 44. Abends: Temperatur 
40,3, Puls 90, Athmung 30. Oedem schwillt ab. Am 29. Sep¬ 
tember früh 8 Uhr: vollkommen apathisch, kein Appetit, Durst; 
Temperatur 40, Athmung 30, Puls 104. Mittags 3 Uhr: 
appetitlos, hinfällig, Würgbewegungeu, Erbrechen, blutiger Durch¬ 
fall, Wimmern, starre Körperhaltung, liegend; Temperatur 39, 
Puls 120, Athmung 40, Abends 9 Uhr: Temperatur 37,1, grosse 
Hinfälligkeit. Am 30. September früh 8 Uhr: Temperatur 37,3, 
hört auf Zuruf. Mittags: Temperatur 38,9, lebhafter; Abends: 
Temperatur 40,6, unruhig. Am 1. October früh: Temperatur 
38,6, nimmt etwas Mehlsuppe, zum Skelett abgemagert, Mittags 
Temperatur 39,0; Abends: Temperatur 39,3, bewegt sich. 

Ein Abscess, welcher sich an der Injectionsstelle entwickelt 
hatte, wurde am 2. October geöffnet. Die Krankheitserscheinungen 
waren geschwunden, eine Gelbfärbung der Schleimhäute hatte 
nicht bestanden! 

Culturen wurden durch Herrn Vet.-Ass. Pirl von dem 
secirten Hnnd gezüchtet, welcher die Galle als Impfstoff für 
das erste Versuchsthier abgab, ebenso von letzterem. Zwei 


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416 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 35. 


Mäuse und ein Kaninchen sind ferner mit den gewonnenen 
Cnlturen geimpft worden nnd reagirten' insofern, als sich bei 
diesen eine offenbare Erkrankung bemerklich machte, während 
die anderen in demselben Käfig befindlichen Thiere gesund 
blieben; eingegangen ist keines derselben. 

DifTerentialdiagnose: 

1. Einfache nicht toxische Magendarmentzündung tritt 
nicht so häufig und epidemisch auf; Erscheinungen im Allgemeinen 
ähnliche, doch ist meist ein acuter Verlauf vorhanden, schweres 
Fieber, hartnäckige Verstopfung und ev. später profuse Diarrhöe. 

2. Mycotische Magendarmentzündung: hohes Fieber, sehr 
rasch auftretender Collaps; die Häufigkeit der Erkrankung könnte 
nur durch ein als Massenfabrikat angewandtes Futter hervor¬ 
gerufen werden, Hundekuchen ist jedoch ausgeschlossen. 

Für das seuchenhafte Auftreten kommen zwar folgende 
Krankheiten wenig in Betracht, doch mögen sie in differential¬ 
diagnostischer Beziehung erwähnt werden: 

3. Icterus kann ähnliche Erscheinungen hervorrufen; 
Magendarmkatarrh, Erbrechen und dabei* grosse Hinfälligkeit 
spec. bei I. gravis unter starkem Temperaturfall, jedoch ist 
stets das Ausschlag gebende die Gelbfärbung der Schleimhäute, 
des Harnes und Küthes. 

4. Lebererkranknngen gehen einher mit gastrischen Allge¬ 
meinerscheinungen und event. Schwellung der Leber, haben 
jedoch auch meist Icterus, Gelbfärbung des Kotlies, Harnes n. s. w. 
im Gefolge. 

f>. Acute Peritonitis: hohes Fieber, Auftreibung und 
Ausdehnung des Hinterleibes, dabei stets auffallender Harndrang, 
sehr rascher Verlauf. 

6. Acute Nierenentzündung: Harnmenge vermindert event. 
ganz aufgehoben, Palpation des Hinterleibes schmerzhaft, Katzen¬ 
buckel, steifer Gang, Lähmung oder Schleppen eines Hinter- 
fusses, Verstopfung, Erbrechen, mittel- bis hochgradiges Fieber, 
jedoch hydropische Schwellung der subcutis event. eklamptische 
Zufälle u. s. w. 

7. Vergiftungen: Phosphor, Arsenik, Strychnin kommen 
ebeuso nur für einige Symptome der Krankheit in Betracht, wie: 

8. Stomatitis ohne schwere Allgemeinerkranknngen ver¬ 
laufend und 

0. Skorbut: Maulerkrankung; Blutungen in die Retina. 

10. Stille Wuth, schwacher Gebrauch der Gliedmassen, 
Lähmungen spec. des Schlingapparates. 

11. Abdominaltyphus führt Klett in seiner Differential- 
diagnose an. Fröhner ist der Ansicht, dass diese muthmassliche 
Erkrankung wohl nur auf Verwechselungen mit Milzbrand, 
mykotischer Darmentzündung oder «anderen septischen Erkran¬ 
kungen oder Vergiftungen beruhe. Auch Semmer’s Ansicht 
sei in dieser Beziehung nicht zu billigen. Am Wesentlichsten 
kommt aber, wie Klett ausführlich schreibt. 

12. die Staupe zur Berücksichtigung, und zwar speciell 
ilie intestinale Form derselben. Wir haben bei der Hundeseuche 
ähnliche schwere Erkrankungen des Digestionsapparates, haben 
nervöse Störungen, Lähmungen der Nachhand, krampfähnliche 
und krampfhafte Zustände, jedoch fehlen hierbei stets die für 
die Staupe typische Augenentzündnng, das Exanthem, hohes Initial¬ 
fieber, ferner Nasenausfluss, Husten, katarrhalische Pneumonie, 
nervöse Zuckungen etc. Vor allen Dingen kommt in Betracht, dass 
au der Hundeseuche im Gegensatz zur Staupe meist mitteljährige 
und ältere Thiere erkrankten, welche bereits diese überstanden 
hatten. 


Versuche zur Uebertragbarkeit der Seuche wurden von 
Scheibel auf die verschiedenste Art und in ausgiebigster 
Weise gemacht, doch gelang es ihm ebensowenig wie Albrecht 
die Erkrankung von Thier auf Thier zu übertragen. Auch 
hierorts wurde vielfach beobachtet, dass Hunde, welche in einem 
Raum oder Gehöft zusammen mit einem erkrankten Hunde ge¬ 
halten wurden, nicht inficirt wurden. (Schluss folgt.) 


Französische« Wlltfirveterinflrwesen. 

Die schon lange erhoffte Reorganisation des französischen 
Militärveterinärwesens ist in letzter Stunde durch einen Be¬ 
schluss des Budgetausschusses der Kammer verzögert worden. 
Der Ausschuss hat den vom Kriegsministerium als nöthig er¬ 
achteten Mehraufwand von 362 000 Francs (289 647 m) zu hoch 
gefunden und hat Abstriche verlangt. Diesem Ansinnen hat die 
Militärverwaltung entsprochen und hat dieselbe einen neuen 
Entwurf «ausgearbeitet, nach welchem das Veterinärcorps folgende 
Zusammensetzung erhält: 

1 Veteiinaire principal de 1. classe 

(Oberst).anstatt — 

10 Veterinaires principaux de 2. classe 

(Oberstleutnant). ,. 6 

42 Veterinaires principaux de 3. classe 

(Major). „ 15 

184 Veterinaires de 1. classe (Ritt¬ 
meister) . „ 142 

240 Veterinaires de 2. et de 3. classe 

(Oberleutnant und Leutnant) „ 271 

Der Entwurf unterscheidet sich von dem abgelehnten auch 
durch die Verminderung der Zahl der Veterinäre 2. und 3. Classe, 
von welchen 280 beantragt waren. Zum Berichterstatter ist 
von der Budgetcomission der dem Entwurf günstige Abgeordnete 
Raiberti ernannt worden, so dass die französischen Collegen 
Aussicht haben im Jahre 1901 ihre Wünsche endlich erfüllt zu 
sehen. Der bisherige Berichterstater war der radicalsocialistische 
Abgeordnete Pelledan. 


Weltausstellung In Paris. 

Verleihung des Grand Prix an die Firma Hauptncr 

in Berlin. 

Wie in dieser Zeitschrift früher (vgl. No. 7 d. Jahrgangs) 
berichtet wurde, übertrug der deutsche Reichscoramissar Herrn 
Rudolf Hauptner die Organisirung der Gruppe „Medicin und 
Chirurgie“ in der deutschen Abtheilung. In dieser Gruppe hat 
die Firma Hauptner, vermöge ihrer vorzüglichen Leistungen, 
alle Mitconcurrenteu, also auch die Fabrikanten human¬ 
chirurgischer Instrumente, siegreich aus dem Felde geschlagen. 

Denn nach einer der Redaction zugegangenen Mittheilung 
wurde der einzige Grand Prix in der Klasse „Medicin und 
Chirurgie“ von dem internationalen Preisgericht, welches sich 
aus 12 Aerzten, 1 Zahnarzt, 1 Thierarzt und 1 Fabrikanten 
zusammensetzte, den thierärztlichen Instrumenten der ge¬ 
nannten Firma zuerkannt. Der Umstand, dass dieselben hier 
mit human-chirurgischen Instrumenten der ersten Firmen in 
Concurrenz standen, giebt Zeugniss, zu welcher Vollendung die 
thierärztliche Instrumententechnik in den Händen der Herren 
Hauptner allmählich gediehen ist. 

Es ist bekannt, dass für Einführung neuer und für Ver¬ 
besserung bereits in Gebrauch befindlicher thierärztlicher 
Instrumente keine Firma einen regeren Eifer und besseres Ver¬ 
ständnis gezeigt hat und dass dieses Streben schon oft darch 


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30. August 1900. __BE RLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. ____ 417 

Staatspreise, goldene and silberne Medaillen und Ehrendiplome be- , der gedachten Fabrik die Goldene Medaille fiir Apparate zur 
lohnt worden ist. Dnrch den Spruch der internationalen Jury ist der ^ Thierzucht und -Pflege. 

Firma Hauptner ein Platz in der vordersten Reihe der Instru- Wir begriissen diese ausgezeichneten Erfolge der Firma 

mententechniker auf medizinischem Gebiete von jetzt ab gesichert. Hauptner mit aufrichtiger Freude und geben hiermit unser» 
Auch in der Klasse „Landwirtschaft“ errangen dieLeistungen Glückwünschen warmen Ausdruck. 


Staatsveterinärwesen. 

Von Preusse. 

Rundreise-Liquidationen. 

Bezüglich der Liquidirung von Rundreisen der beamteten 
Thierärzte scheinen noch viele Unklarheiten zu herrschen. 
Namentlich offenbar auch die Ansicht, dass es sich hier nur 
nm eine gewöhnliche Verfügung an irgend eine Behörde handelt, 
deren Anwendung «auf die kreisthierärztlichen Liquidationen 
sogar als ungesetzlich bezeichnet worden ist. Zur Klarstellung 
dieser Frage sei Folgendes angeführt: 

Die Bestimmung, dass bei Rundreisen der Beamten nur der 
wirklich zurückgelegte Weg berechnet werden darf, ist schon 
eine sehr alte. Die Königliche Verordnung vom 28. Juni 1825 
besagt bereits im § 9, c: 

„Wenn der Beamte mehrere commissarische Aufträge an 
verschiedenen Orten nacheinander ausrichtet, so darf nicht die 
ganze Entfernung vom Wohnorte bei jedem einzelnen Aufträge 
besonders zur Liquidation gebracht, sondern es kann nur der 
von Ort zu Ort wirklich zurückgelegte Weg berechnet werden.“ 
Diese Bestimmung wurde durch verschiedene Ministerial-Erlasse 
vom 5. März 1850 und vom 24. October 1851 präcisirt. Der 
Ministerial-Erlass vom 19. Februar 1867 besagt, dass rücksicht¬ 
lich der Dienstreisen nach verschiedenen Zielpunkten (so¬ 
genannten Rundreisen), bei welchen eine Hinreise und eine 
Rückreise nicht erkennbar ist, es nicht zweifelhaft sein könne, 
dass für jede solche Reise die Abrundung auf Viertelmeilen für 
die von den betreffenden Beamten bis zur Rückkehr in seinen 
Wohnort überhaupt zurückgelegten Entfernungen, je nach den 
vorbezeichneten beiden C'ategorien von Transportmitteln (Eisen¬ 
bahn oder Landweg), nur ein Mal erfolgen darf. Das Gesetz 
vom 24. März 1873 bezw. die Königliche Verordnung vom 
15. April 1876 haben hierin insofern nur eine Aenderung ein- 
treten lassen, als an Stelle der Viertelmeilen Kilometer getreten 
sind und bestimmt wurde, dass bei Reisen von nicht weniger 
als zwei Kilometer, aber unter acht Kilometer, die Fuhrkosten 
,|iir acht Kilometer zu gewähren sind. 

Der § 5 des genannten Gesetzes besagt: 

„Die Reisekosten werden für die Hin- und Rückreise 
besonders berechnet. Hat jedoch ein Beamter Dienstgeschäfte 
an verschiedenen Orten unmittelbar nacheinander ausgerichtet, 
so ist der von Ort zu Ort wirklich zurückgelegte Weg un- 
getheilt der Berechnung der Reisekosten zu Grunde zu legen. 
Diese Vorschrift ist durch das neue Gesetz betr. die Tagegelder und 
Reisekosten der Staatsbeamten vom 21. Juni 1897 nicht geändert, 
da nach Art. 1 desselben nur die §§ 1 und 4 des Ges. vom 24. 
März 1873 bezw. des Art. 1 §§ 1 und 4 der Königl. Verordnung 
vom 15. April 1876 abgeändert worden sind. Die Bestimmung 
in Betreff der Rundreise der Beamten im § 5 des Gesetzes vom 
24. März 1873 besteht also heute noch zu Recht. Nun könnte 
ja der Einwand gemacht werden, dass diese Bestimmungen nicht 
für Medicinalbeamten gelten, da diese nach einem besonderen 
Gesetz liquidiren und nach Art. V, Absatz 2, des Gesetzes vom 


i 27. Juni 1897 sogar ausdrücklich von den Vorschüssen über 
Reisekosten für andere Beamte ausgeschlossen sind. Dies trifft 
i jedoch für die Rundreise nicht zu. Da in dem Gesetz vom 
9. März 1872 von Rundreisen nicht besonders die Rede ist, so 
! gelten für die Medicinalbeamten ebenfalls die allgemeinen Vor- 
i Schriften über Rundreisen. Hierüber belehrt der Erlass des 
I Ministers der geistlichen pp. Angelegenheiten vom 21. De- 
! cember 1875 (M. Bl. 1876 S. 4). In demselben ist gesagt, 
dass Dienstreisen in allen Fällen, wo sie als Rundreisen gemacht 
werden können, als solche ausgeführt werden müssen und nicht 
als Einzelreisen liquidirt werden dürfen. Diese Vorschrift ist 
i durch die Gesetze vom 9. März 1872 und 24. März 1873 
nicht aufgehoben und fortgesetzt von den Behörden in An¬ 
wendung zu bringen. Was für die Medicinalbeamten im 
Allgemeinen gilt, gilt insbesondere auch für die beamteten 
Thierärzte. Hieran lässt auch der Erlass der Herren Finanz- 
1 und Landwirthschaftsminister vom 16. Januar 1889, auf welchem 
auf 8. 333 der B. T. W. 1900 Bezug genommen worden ist, 
I keinen Zweifel. Nach den bestehenden gesetzlichen und 

ministeriellen Vorschriften gilt also in Betreff der Rundreisen 
der beamteten Thierärzte folgendes: 

Bei Rundreisen zählt jede Dienstreise vom Verlassen des 
Wohnorts bis zur Rückkehr in denselben nur als eine Reise. 
! Eine Rundreise liegt nur vor, wenn z. B. ein Dienstgeschäft im 
Westen des amtlichen Wohnorts und unmittelbar darauf ein 
i solches im Osten mit Berührung des Wohnorts ansgefnhrt 
worden ist. 

Dienstreisen müssen in allen Fällen, wenn sie als Rund¬ 
reisen abgemacht werden können, als solche liquidirt werden. 
Kommt der Beamte hierbei mit den Normalsätzen nicht ans, so 
kann er die wirklichen Ausgaben liquidiren. Die Abrundung 
' auf volle Kilometer darf bei Rundreisen für die von den betr. 
! Beamten bis zur Rückkehr in seinen Wohnort überhaupt zuriick- 
| gelegten Entfernungen je nach den Entfernungen (Eisenbahn, 
Dampfschiff oder Transportmittel auf Landwegen) nur einmal 
erfolgen. 

Bei Berechnung der Gesammtentfernung der Rundreisen ist 
jedes angefangene Kilometer für ein volles zu rechnen; beträgt 
I die Gesammtentfernung weniger als 8 Kilometer, so sind die 
! Reisekosten für 8 Kilometer zu vergüten. Bei Rundreisen von 
mehr als 8 aber weniger als 15 Kilometer, steht den Liquidenten 
ein Anspruch auf 16 Kilometer nicht zu, dagegen können sie, 
wenn sie mit den reglementsinässigen Sätzen nicht auskommen, 
die erweislich höheren Reisekosten liquidiren. 

Fleischschau und Viehhandel. 

Von Kflhnau. 

Die Fleischeinfnhr unter der Wirkung des 
Reich 8fleisehschange8etzes. 

Die Fleischeinfuhr in den Vorjahren schwankte in ihren 
Mengen je nach der Geschäftslage in Deutschland sowohl, als 
auch in den anderen continentalen und überseeischen Ländern. 
In diesem Jahre kommt noch ein weiteres Moment, welches 


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418 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 35. 


durch die Verhandlungen des Reichsfleischschaugesetzes und 
dessen Verkündigung, sowie dessen Inkrafttreten gegeben wird, 
hinzu. Um festzustellen, ob thatsächlich bereits ein Einfluss 
des Reichsfleischschaugesetzes auf die Fleischeinfuhr zu ver¬ 
zeichnen ist, müssen die bisher vorliegenden Einfuhrzahlen 
unter Betracht genommen werden. Das Verhältnis der Einfuhr 
von Fleisch in diesem Jahre zum Vorjahre wird durch nach¬ 


stehende Tabelle veranschaulicht: 

Fleischeinfuhr im ersten Halbjahr 1900 resp. 1899 u. 1898. 

Frisches Einfach zubereitetes 



Rindfleisch Schweine- Hammel- 

Rindfleisch 

Schweine- 



fleisch fleisch 


fleisch 

1900. 

De*100kg De*100kg De* 

100 kg De = 100 kg De = 100 kg 

Januar 

18 700 

9 252 

81 

1 975 

7 848 

Februar 

15 185 

6 915 

61 

1929 

6 407 

März 

16 334 

5 132 

45 

1895 

5716 

April 

11 724 

3 698 

40 

1 865 

5 522 

Mai 

13 001 

2 972 

52 

2 453 

6 006 

Juni 

9 148 

2 075 

60 

2 352 

6 184 

Ziis. 1900 

84 092 

30 044 

339 

12 469 

37 383 

1899. 






Januar 

16 602 

15141 

64 

2 245 

10 926 

Februar 

18 330 

12 783 

62 

2 239 

9 217 

März 

18 778 

8 932 

56 

1 892 

10 265 

April 

15 765 

6 352 

45 

2 095 

9 020 

Mai 

15 020 

6 355 

47 

1 775 

8 619 

Juni 

13 012 

5 872 

49 

1 289 

7 808 

Zub. 1899 

97 507 

55 434 

323 

11535 

55 655 

i. J. 1898. 

57 989 

67 960 

426 

9 371 

43 498 


Schinken 

Speck 


Würste Büchsenfleiseh 


De — 100 k 

g De - 100 kg De 

= 100 kg De 

- 100 kg 

1900. 






Januar 

3 020 

6 860 


2 761 

3 720 

Februar 

2 599 

5 498 


3 345 

2 538 

März 

2013 

6 657 


3 536 

2 895 

April 

2 599 

7 578 


4189 

1 717 

Mai 

2 435 

6156 


5 643 

3 624 

Juni 

1 715 

4 299 


4 154 

9 034 

Zub. i. J. 1900 14 381 

37 048 


23 628 

23 528 

1899. 






Januar 

4417 

16 802 


3 582 

4 110 

Februar 

3 714 

14 720 


3 020 

2 805 

März 

4 660 

16 980 


3128 

2 662 

Aril 

4 561 

18 802 


4 145 

2 407 

Mai 

4 037 

17 489 


4 367 

2 690 

Juni 

4 454 

13 965 


5 213 

2 250 

Zus. i.J. 1899 25 845 

98 758 


23 455 

16 924 

i. J. 1898 

1 29 746 

140 989 


17 451 

18 241 


Die Einfuhrzahlen zeigen gegen die Vorjahre im All¬ 
gemeinen einen recht erheblichen Rückgang. Die Einfuhr von 
frischem Rindfleisch hat um 13,7 pCt., von frischem Schweine¬ 
fleisch um 45,8 pCt., von gesalzenem Schweinefleisch um 
32,8 pCt., von Schinken nm 44,3 pCt. und von Speck um 
02,4 pCt. abgenommen. Die Einfuhr von frischem Hammelfleisch 
ist ungefähr gleich geblieben, im Uebrigen ohne Belang. Eine 
Zunahme zeigt die Einfuhr gesalzenen Rindfleisches von 7,5 pCt., 
von Würsten 0,7 pCt. und von Büchsenfleisch 28,0 pCt. Der 
bedeutende Rückgang der Fleischeinfuhr hat seinen Grund in 
dem niedrigen Stand der Fleischpreise dieses Jahres. Beispiels¬ 
weise sind nach dem „Viertelsjahrsheft zur Statistik des 
Deutschen Reiches“ für Ochsen und Schweine mittlerer Qualität 
für 100 kg in M. gezahlt worden: 


1900 1899 


Januar Februar März Jan./März Oct./Dec. 

a) Ochsen, junge fleischige, nicht ausgeraästete 
und ältere ausgemästete: 

Berlin . . . 

. 118,5 

117,5 

116,4 

117,5 

118,5 

Stettin . . . 

. 111,7 

113,0 

105,0 

109,9 

— 

Danzig . . . 

. 58,0 

58,3 

55,5 

57,3 

57,1 

Magdeburg 

. 63,8 

63,0 

61,6 

62,8 

64,4 

Köln .... 

. 129,0 

128,0 

126,5 

127,8 

136,6 

Frankfurt a. M. 

. 127,4 

125 3 

125,3 

126,0 

130,2 

Dresden . . 

. 123,6 

119,8 

117,5 

120,3 

1224 

Leipzig . . 

. 133,6 

128,0 

1220 

127,9 

135,9 

Chemnitz . . 

. 123,0 

119,3 

116,5 

119,6 

125 3 

Mannheim . . 

. 134,4 

b) 

134,0 

Schweine, 

132,8 

fleischige. 

134,7 

135,1 

Berlin . . . 

. 91,0 

90,5 

88,4 

90,0 

93,0 

Stettin . . . 

. 93,8 

90.0 

89,0 

90,7 

95,1 

Danzig . . . 

. 67,6 

67,8 

68,5 

68,0 

68,5 

Magdeburg 

. 95,9 

95,8 

93,2 

95,0 

96,7 

Köln .... 

. 95,8 

94,5 

93,3 

94,5 

96,0 

Frankfurt a. M. 

. 105,6 

103,5 

101,8 

103 6 

106,7 

Dresden . . 

. 98,0 

96,3 

94,3 

96,2 

99,5 

Leipzig . . . 

. 95,5 

93,5 

91,0 

93,3 

96,8 

Chemnitz . . 

. 95,2 

93,3 

93,5 

94,0 

96,6 

Mannheim . . 

. 104,4 

104,0 

101,0 

103,1 

108,1 

Die Preise verstehen sich für Ochsen in Danzig und Magde- 


bürg für Lebendgewicht, an den übrigen Plätzen für Schlacht¬ 
gewicht, für Schweine in Danzig für Lebendgewicht ohne Tara, 
sonst für Lebendgewicht mit Tara oder Schlachtgewicht. 

Diese niederwärts gehende Tendenz der Fleischpreise hat 
besonders für Schweinefleisch bis tief in den Sommer hinein an¬ 


gehalten, jetz gegen den Herbst beginnen die Fleischpreise sich 
zu erholen, namentlich für Rinder werden bessere Preise gezahlt 
und wird aller Voraussicht nach diese Stimmung über den Herbst 
hinaus andauern. Ein anderer Factor, der für die Mindereinfuhr 
verantwortlich zu machen ist, ist das Anziehen der Fleischpreise 
in England, in Folge des starken Bedarfs der Armee-Verwaltung 
für die afrikanischen Truppen und in Folge des Einfuhrverbots 
gegen argentinisches Vieh. Deutlich hervor tritt dieser Um¬ 
stand, wenn die Herkunftsländer der Fleischimporte in Rück¬ 
sicht gezogen werden. 

Einfuhrländer und Einfnhrmengen. 



Dänemark 

49 445i 

— 


2 717 9129, 

1 500| 

482 

481 


Frankreich 

2 463' 

— 

— | 

_ _ 


— 


— 

Gr.-Britann. 

— 1 

— 

— 

— 3 289 

— 

— 

— 

— 

Niederlande 

27 809 24 321 

82 

560 813 

2 809 

3 001 

3 620 

— 

Oestr.-Ung. 

1 986 

1 353 129 

— 803 

2 322 

— 

790 


Russland 

— . 

3 673 

— 

1 167 - 

— 

— 

— 

— 

Schweiz 

2 146 

— 


— — 

— 

— 

— 

— 

Uruguay 

— , 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

458 

Ver. Staaten 
von Amerika 


114 


7 631 22 738 

7 506 

32 821 

17 525 

15786 

Brit. Austral. 

_ | 

— | 

— 

_ _ 

— 

— 

— 

6 841 

Dänemark 

61 158 



1899. 

1 974 9 776 

1 741 

660 

576 


Frankreich 

1 185; 

64 

— 

_ 

— 

— 

— 

— 

Gr.-Britann. 

— 

55 

— 

— 2 807 

— 

— 

— 


Niederlande 

30 191 47 637 

67 

964 — 

2 304 

4 455 

3 678 

— 

Oestorr.-Ung. 

| 1 547 11 

1003 

198 

- 823 

2 070 

— 

706 

-- 


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30. August 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


419 


Herkunft 

| Frisches f 

Gesalzenes 

g* Schinken | 

Speck 

« 

ta 

u 

53 

■S 

de 

S 33 
co o 

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Russland 

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5 656 

| 

1 056 — 

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_ 

_ 

Schweden 

31 

! — 

! — 

— i — 

— 

— 

— 

— 

Schweis 

2 887 

1 — 

— 

— j — 

— 

— 

— 

— 

Uruguay 

— 

1 — 

1 — 

i 

— 

— 

— 

— 

Vor. Staaten 









von Amerika 

— 

684 

— 

7 134 41 063 

19414 

92 632 

17 601 

11 655 

Brit Austral. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

4 021 


Der voijährige Versuch, aus Schweden frisches Rind¬ 
fleisch zu importireu, ist in diesem Jahre nicht wiederholt 
worden. Die Einfuhr von frischem Rindfleisch aus Dänemark 
ist fast um den fünften Theil zurückgegangen, zum Tlieil wohl, 
weil der englische Markt für dänisches Fleisch aufnahmefähiger 
geworden ist, zum Theil aber auch, weil Dänemark sich mehr 
und mehr der Milchwirthschaft und dem Molkereiwesen zu¬ 
wendet, und von der Aufzucht und dem Mästen von Ochsen 
Abstand nimmt. Die Schwankungen der Rindfleischeinfuhr aus 
den übrigen Ländern sind durch die schlechtere Geschäftslage 
in Deutschland im ersten Halbjahr dieses Jahres zu erklären. 
Frisches Schweinefleisch ist aus Frankreich und Gross¬ 
britannien in diesem Jahre überhaupt nicht eingeführt worden. 
Die Einfahren aus den übrigen Ländern haben ganz bedeutend 
nachgelassen. Allein aus den Niederlanden sind fast 50 pCt. 
weniger eingeführt werden, auch hier dürfte England als besserer 
Abnehmer den Hauptantheil haben. Gesalzenes Rindfleisch 
ist im Durchschnitt etwas mehr eingefiihrt worden, namentlich 
aus Dänemark, die vermehrte Kuhhaltung durfte hierfür heran¬ 
zuziehen sein. Gesalzenes Schweinefleisch, Schinken 
und Speck haben in der Einfuhr ganz erheblich nachgelassen, 
in der Hauptsache ist es Amerika, welches so wenig geschickt 
hat. Die Schweinefleischeinfuhr ist fast um die Hälfte und die 
Schinken- und Speckeinfuhr fast um zwei Drittel ihres vor¬ 
jährigen Betrages gesunken. Der Rückgang ist ein ständiger 
gewesen nnd haben hieran die Verhandlungen und die Ver¬ 
kündigung des Fleischschaugesetzes nichts geändert. Die 
Geschäftslage allein hat hier entschieden. In Amerika, England, 
Dänemark zogen die Preise an, und wandte sich der Fleisch¬ 
export der Aussenländer besonders nach England. Ja hier war 
die Geschäft8conjunctur so günstig, dass sogar Deutschland 
wieder daran denken konnte, Schweine für den Export nach 
England zu schlachten. Auch jetzt noch werden wöchentlich 
in Altona 400—500 Schweine für England geschlachtet. Am 
anffäUigsten ist die Zunahme der Einfuhrmengen bei den 
Würsten nnd Büchsenfleisch bei dem Rückgang der übrigen 
Fleischeinfuhren. Augenscheinlich tritt hier die Wirkung des 
Fleischschaugesetzes bereits deutlich hervor, namentlich Amerika 
hat mehr Wurst und Büchsenfleisch eingeführt, um dem 
drohenden Einfuhrverbote zu begegnen. Dazu gesellen sich 
Uruguay und Britisch-Australien und suchen den Amerikanern 
den Markt streitig zu machen, was ihnen bei der überlegenen 
Qualität ihrer Waare bereits ziemlich gelungen war. Hält 
man die Einfuhrzahlen von Wurst und Büchsenfleisch neben 
einander, so ergiebt sich, dass der Wurstimport vor dem In¬ 
krafttreten des Einfuhrverbotes besonders umfangreich sich nicht 
gestalten durfte; bei der mangelnden Widerstandsfähigkeit der 
Wurst gegen Verderbniss ist dies auch erklärlich. Demnach 


dürfte bereits bald nach dem Inkrafttreten des Einfuhrverbotes 
für Wurst für die in Deutschland gefertigte Wurst sich bessere 
Aussicht auf Verwerthung eröffnen. Diesem Umstande Rechnung 
tragend, haben sich auch die ausländischen, namentlich nieder¬ 
ländischen W T urstfabrikanten mit dem Einfuhrverbot abgefunden. 
Da das Geschäft vom Auslande nicht mehr zu machen ist, 
gehen sie mit der Absicht um, ihren Geschäftsbetrieb auf 
deutsches Gebiet zu verlegen. Je nach der Geschäftsconjunctur 
wollen sie entweder das für die Wurstfabrication benöthigte 
Vieh in Deutschland kaufen und verarbeiten, oder sie decken 
ihren Viehbtdarf im Auslande, schlachten an der Grenze, führen 
das Fleisch nach Deutschland ein und verarbeiten die minder- 
werthigen Fleischstücke zu Wurst, während sie die werthvolleren 
Fleischstücke direct in den Verkehr geben. 

Anders beim Büchsenfleisch, letzteres ist dem Verderben 
nicht ausgesetzt. Es lässt sich stapeln und demnach hat nicht 
nur seit Verkündigung des Gesetzes der Fleischimport, soweit 
Büchsenfleisch in Frage kommt, eine bedeutende Zunahme zu 
verzeichnen, allein im Juni d. J. sind 6784 Doppel-Centner über 
300 pCt. mehr Büchsenfleisch eingefiihrt worden als im gleichen 
Zeitraum des Voijahres, und dies trotzdem das Büchsenfleisch 
gewaltig im Preise gestiegen ist. Der Preis ist von den 
Chicagoer Firmen für Corned Beef von 1 Dollar 25 Cts. auf 
1 Dollar 50 Cts. per Dutzend Pfundbüchsen erhöht worden, 
und im Hamburger Freihafen ist das Pfund Biichsenfleisch 
jetzt nicht unter 50 Pfg. unverzollt zu kaufen. Wenn auch 
der Bestand der ausländischen Läger an Büchsenfleisch in 
Folge des spanisch-amerikanischen Krieges, des Feldzuges in 
.Südafrika und der Wirren in China fast gänzlich geräumt ist, 
so dürften doch noch bis zum Inkrafttreten des Einfuhrverbotes 
am 1. October bedeutende Mengen Büchsenfleisch eingeführt 
werden. Der Bedarf der inländischen Bevölkerung an Büchsen¬ 
fleisch wäre somit auch nach dem Inkrafttreten des Einfuhr¬ 
verbots noch für einen längeren Zeitraum gedeckt. Besondere 
Beachtung erheischt es, dass die Importeure damit rechnen, 
dass trotz der erhöhten Preise das Biichsenfleisch mit Nutzen 
abzusetzen ist. Unbedingt muss daher ein Bedürfhiss für den 
Verbrauch von Büchsenfleisch vorliegen. Mag da die Ver- 
proviantirung der Schiffe der abseits wohnenden Bevölkerung 
oder andere Verhältnisse in Frage kommen, jedenfalls ist damit 
unserer einheimischen Industrie ein Fingerzeig gegeben, sich 
dieses Fabricationszweiges zu bemächtigen. Dem Vernehmen 
nach ist auch bereits die Etablirung einer Fleischconserven- 
fabrik in Hamburg in Aussicht genommen. Der Boden für ein 
derartiges Urtemehmen ist durch das Reichfleischschaugesetz 
sehr günstig vorbereitet und im Ausblick auf die ausländischen 
Unternehmungen dieser Art auch sicher erfolgreich zu beackern, 
wenn die Anlage in solchen Dimensionen geschieht, dass auch 
alle Nebenproducte gut verwerthet werden können. 

Die Veränderungen, welche die Fleischeinfuhr bisher bereits 
unter der Wirkung des Reichsfleischschaugesetzes aufweist, sind 
schon Vorbedeutung, dass das Gesetz für die einheimische 
Landwirthschaft und Industrie von den segensreichsten Folgen 
sein wird. 

Zor Abänderung des Hchlachthansgesetzes. 

Nachdem durch das Gesetz betreffend die Schlaclitvieh- 
und Fleischbeschau vom 3. Juni 1900 der Untersuchungszwang 
für das zum Genüsse für Menschen bestimmte Fleisch für den 
Umfang des Deutschen Reiches eingeführt ist, haben die Be¬ 
stimmungen des Schlachthausgesetzes, soweit sie sich auf den 


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420 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 35. 


Beschauzwang und den Vertrieb des nicht im öffentlichen Schlacht¬ 
hause geschlachteten Fleisches beziehen, wenigstens vom ge¬ 
sundheitlichen Standpunkte aus ihre Bedeutung verloren. Dem¬ 
gemäss sollte nach Absicht des Entwurfs des Fleischbeschau¬ 
gesetzes Fleisch, das einmal untersucht war, an anderen Orten 
nicht wieder untersucht werden dürfen, ausser zu dem Zwecke, 
um festzustellen, ob das Fleisch verdorben war oder sonst eine 
gesundheitsschädliche Veränderung seiner Beschaffenheit erlitten 
hat. Der aus dieser Beschränkung zu erwartende Ausfall an 
Gebühren für die Gemeinden, die öffentliche Schlachthäuser 
errichtet haben, hat die Commission bewogen, für Gemeinden 
mit Schlachthäusern eine Ausnahme zuzulassen. Es ist die Be¬ 
stimmung zugefügt worden, dass staatsrechtliche Vorschriften, 
nach denen für Gemeinden mit öffentlichen Schlachthäusern der 
Vertrieb frischen Fleisches Beschränkungen, insbesondere dem 
Beschauzwang innerhalb der Gemeinde unterworfen werden 
kann, mit der Massgabe unberührt bleiben sollen, dass ihre An¬ 
wendbarkeit nicht von der Herkunft des Fleisches abhängig 
gemacht werden darf. Da nach dem Schlachthausgesetz die 


unterschiedliche Behandlung des von auswärts bezogenen Fleisches 
zugelassen ist, so ist beabsichtigt, eine Aenderung des Schlacht¬ 
hausgesetzes in der nächsten Tagung des Landtages herbei¬ 
zuführen. Die Behörden sind angewiesen, zu prüfen, inwieweit 
die auf den Beschauzwang sich beziehenden Bestimmungen des 
Gesetzes abgeändert werden müssen. Zugleich soll bei dieser 
Gelegenheit die Aenderung, die der § 23 der Gewerbeordnung 
erfahren hat, berücksichtigt werden. Der § 23 a. a. 0. gestattete 
bisher der Landesgesetzgebung, für Bolche Orte in denen öffent¬ 
liche Schlachthäuser in genügendem Umfange vorhanden waren, 
die fernere Benutzung bestehender und die Anlage neuer Privat¬ 
schlächtereien zu untersagen. Es erscheint allerdings geboten, 
für Preussen die Aenderung nutzbar zu machen, die der § 23 
der Gewerbeordnung durch die Novelle vom 30. Juni d. J. er¬ 
fahren hat. Hiernach ist es zulässig, die Benutznng bestehender 
oder die Anlage neuer Privatschlächtereien auch dann zu ver¬ 
bieten, wenn das Schlachthaus im Bezirk einer unmittelbar be¬ 
nachbarten Gemeinde belegen ist. Eine entsprechende Aenderung 
des Schlachthausgesetzes ist daher in Aussicht genommen. 


Personalien. 

Ernennungen etc.: Kommissionsrath Lungwitz, Leiter der Kgl. 
Sächs. Lehrschmiede bei der Thierärztlichen Hochschule in Dresden 
tritt am 1. October in den Ruhestand. Zum Nachfolger ist Bezirks¬ 
thierarzt Dr. Lungwitz-Grossenhain ernannt worden. Thierarzt 
Simmermacher in Boppard a. R. zum coinm. Kreisthierarzt in 
St. Goarshausen. Die Thierärzte Aug. Knorr - München und 
G. Schenke-Ncunburg a. W. zu Assistenten bei Bezirksthierärzten 
in Bruck bezw. in München. Thierarzt Anders-Bentben O.S. zum. 
comm. Kreisthierarzt in Bütow. 

‘Gewählt: Rossarzt a. D. Schroeder - Insterburg •'V.qAg 

Schlachthausdirector in Eberswalde. 

Wohnsitzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt 
R. Herwig von Graetz nach Qnaritz, Kr. Glogau. 

In der Armee: Befördert zu Oberrossärzten: die Rossärzte Am¬ 
hoff im 25. Drag.-Rgt und Hopp im 26. Drag.-Rgt., letzterer unter 
Versetzung zum Remontedepot Breithülen. — Im Beurlaubten¬ 
stande: Braun, Unterrossarzt d. Res. (Landw.-Bez. Rottweil), 
zum Rossarzt d. Res. befördert. Langheinz, Rossarzt d. L. 1. 
(Landw.-Bez. Biberach) ist der Abschied bewilligt. — Bussmann, 
Rossarzt in Gardelegen und Kal eher, Unterrossarzt in Potsdam sind 
dem ostasiatiseben Feld-Artillerie Regiment als Rossärzte überwiesen. 

R. Ulrich, Scblachthofinspector in Neumarkt i.Schl., hat sich zum 
Dienst bei dem Expeditionscorps in China gemeldet und ist dem 
Ostasiatiseben Reiterregiment als Rossarzt überwiesen. Ra kette, 
Rossarzt im 15. Art.-Rgt., zur Dienstleistung im Hauptquartier des 
Grafen Waldersee commandirt 

Todesfälle: Thierarzt Baltzer-Wolgast Kreisthierarzt Fallcr- 
Simmern. 


Yacanzen. 

Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Kreisthierarztstelle des Kreises Sagan zum 1. XI. (600 M Gehalt) 
Zeugnisse und Lebenslauf binnen 4 Woeben an den Regierungs¬ 
präsidenten in Liegnitz. Assistentenstelle am thierhygienischen 
Institut zu Freiburg i. Br. zum 1. Oct. er. (1200 M. Gehalt). Bewerb, 
mit Zeugnissen an den Vorstand. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Aachen: Montjoie. — R.-B. Düsseldorf: Landkreis Krefeld. — 
R.-B. Cöslin: Bütow. — R.-B. Oppeln: Gross-Strehlitz (600M.) zum 
1. October er. — 

Sanitltsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlacbthof zum 1. Oct. er. (2400 M., 
steigend bis 3600 M.). Bew. bis 1. Sept. an den Senator Dr. Don andt. 


— Cassel: Schlachthofassistenzthierarzt sofort. (1800 M. 3monat¬ 
liche Kündigung.) Bewerbungen an den Director. — Cottbus: 
Scblacbtbof-Assistenzthierarzt zum 1. Oct. er. Bewerb, mit Gebalts¬ 
ansprüchen sofort an den Magistrat. (Anstellung diätarisch bei 
vierteljähriger Kündigung.) — Düren: Schlachthofdirektor. (3600 M. 
Wohnung etc. Zunächst dreimonatliche Kündigung.) Bewerbungen 
bis 25. er. an den Bürgermeister. — Gr ätz: (Posen): Scblachthof- 
inspector (1500 M., Wohnung etc., Privatpraxis in dienstfreier Zeit). 
Bewerb, an den Magistrat. — Halle: 2 Assistenzthierärzte zu sofort 
bezw. 1 Octob. er. (1800 M. Wohnung etc.) Bewerbungen an den 
Schlachthof. — Königsberg i. Pr.: Scblacbthoftbierarxt zum 1. 
Oct. er. (2000 M., Wohnung etc. oder 300 M. Wobnungsentschädigung, 
6wöcb. Kündigung.) Bewerbungen bis 24. August an den Director. 

— Ottweiler (Bez Trier): Schlachthausverwalter (1700 M. Gebalt, 
ca. 300 M. aus der Fleischbeschau; Wohnung etc.) Bewerb, bis 
5. 9. an das Bürgermeisteramt. — Pausa: Thierarzt für den 
Fleischbeschau-Bezirk. (Zunächst eine Beihilfe bis Ende Juni 1903 
im Betrage von 1100 M. zugesichert.) Bewerbungen bis 5. Sept. er. 
an den Stadtgemeinderath. — Rackwitz i. Pos : Thierarzt für 
Schlachtvieh- und Fleischschau (1200 M. Fixum. Privatpraxis.) 
Meid, beim Magistrat. — St Wendel: Schlachthofverwalter (Bewerb, 
mit Gebaltsansprücben bei freier Wohnung bis 1. September er. an 
den Bürgermeister). — Wolkenstein, SchlachthoftbierarzL (Zu- 

| nächst bis 1903 Beihülfe von 700 Mark zugesichert.) Privatpraxis 
gestattet. Bewerbungen an den Stadtrath. — Wöllstein (Posen): 
Schlachthofinspector zum 1. Oct er. (1200 M. Wohnung etc. Privat- 
| praxis in dienstfreier Zeit). Bewerb, an den Magistrat 
j b) Nach Ablaui der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Graudenz: Assistenzthierarzt am Schlachthot. — Haltern: 
Sanitätsthierarzt. — Köln: Schlachtboithierarzt — Königsberg 
(Ostpr.): Schlachthofthierarzt zum 1. October er. — Salzwedel: 
Schlachthofvorsteber. — Stettin: 3. Schlachthofthierarzt zum 
1. September. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. 

— Wolgast: Schlachthofverwalter zum 1. October er. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Aebach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotzenau 
i. Schl. — Lamspringe. — Landeek (Westpr.). — Lasdehnen 
(Kr. Pillkallen). — Murrhardt — Schönbaum (Danzig). — 
Sold au (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. — 
Mengeringhausen (Waldeck-) — Peiskretscham (Ober-Schles.). 
j — Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.) 

| — Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze Mecklb.). 

I — Wolkenstein. 

Besetzt: Kreisthierarztstellen in Gersfeld, St Goarshausen, 
Sanitätsthierarztstelle in Eberswalde. 


Verantwortlich für den Inhalt (excl. Inaeratenthcll): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag and Eigenthum von Richard 8cboetz in BerUn. — Druck von W. Bllxenstein, Berlin 


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Die „Berliner Thierärztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in Stärke von mindestens l 1 /, Bogen. Dieselbe 
ist su beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1088» 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
8choctz, Berlin NW., Luisenstrasse SC, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeltrtge werden mit 60 Xk. für den Bogen honorlrt. 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionelien An» 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmnltz, 
Berlin thierärztliche Hochschule. NW, Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin. 

Verantwortlicher Bedactenr. 

De Bruln Kflhnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZBndel 

Professor Oberthterarzt Departcmentsthlerarzt Kreisthierarzt Departementsthierarzt Veterinkrassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthierarzt 

Utrecht Hambarg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freibnrg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. 


M 36 . 


Ausgegeben am 6. September. 


Inhalt: Schlegel: Arthritis et Tendovaginitis tuberculosa. — Jost: Krampf des Schlundes beim Pferde durch Trocken- 
schnitzelfütterung. — Protocoll der 46. General-Versammlung des tierärztlichen Centralvereins der Provinz Sachsen, der 
anhaitischen und thüringischen Staaten (Fortsetzung). — Referate: Dexler: Anatomische Untersuchungen über den Hydro- 
cephalns acquisitns des Pferdes. — Tagesgeschichte: Die veterinär-medicinische Fakultät in Bern. — Verschiedenes. — 
Staatsveterinärwesen. — Fleischschau and Viehhandel.— Personalien. — Vacanzen. 


Arthritis et Tendovaginitis tuberculosa. 

Von 

Prof. Dr. RL Sohlegel-Freiburg i. Br. 

(Aus dem tLlerhygienlxcheu Ins itut der Universität Freiburg i. Br.) 

In seiner Veröffentlichung über die tuberculöse Gelenk-, 
Sehnenscheiden- und Schleimbeutelentzündung beim Rinde *) 
lenkte Herr Prof. Guillebeau in Bern die Aufmerksamkeit auf 
die öfteren Vorkommnisse dieser Erkrankungen, nachdem dies¬ 
bezügliche kasuistische Beiträge und Beschreibungen schon von 
meinem hochgeschätzten Lehrer, Herrn Geheimrath Siedam- 
grotzky, Herrn Hess, Strebei, Ehrhardt, Cad^ac, Lucet 
u. a. bekannt gegeben waren. Herr Guillebeau fand am 
häufigsten das Hinterknie (Articulatio femoro-tibialis), ferner 
das Carpal- und dann das TarBalgelenk erkrankt; von 33 durch 
ihn untersuchten Fällen entfielen 23 auf das Hinterknie, 6 auf 
den Carpns und 4 auf den Tarsus. Dabei erwiesen sich die 
anatomischen Veränderungen characteristisch für diese Erkrankung: 
Die erweiterte Gelenkkapsel, Sehnenscheide oder der Schleim¬ 
beutel enthält Fibrin, welches am Hinterknie besonders oft in 
der Vagina genualis des Muse, extens. digit. ped. long. — ent¬ 
sprechend ihrer anatomischen Lage — vorkommt; die Synovial¬ 
zotten sind schwammig gewuchert; der Gelenkknorpel weist 
Usuren von verschiedener Grösse und Tiefe auf, welche sich 
mit Grannlationsgewebe erfüllen können. Verkäsung oder 
Abscessbildang um das Gelenk ist ganz selten; dagegen besteht 
um das Gelenk oder die Sehnenscheide meist Oedem. 

Bei dem nachstehend skizzirten Fall von Gelenk- und 
Sehnen scheidentuberculose**) überraschen neben den prägnanten 
pathologischen Processen die ungeahnten, bislang nicht be¬ 
obachteten Localisationen der Erkranknngsherde, welche auf 
der beigegebenen Zeichnung des Präparates illustrirt erscheinen. 

Es handelt sich um eine ca. 8 Jahr alte, am betroffenen 
Fussende nie mit Verletzungen behaftete Kuh, welche bei Leb- 

*) Schweizer Archiv für Thierheilkunde, Heft 1, Jahrgang 1898. 

**) Die liebenswürdige Ueberlassung des Präparates verdanke 
ich Herrn Schlachthofinspector Metz-Freiburg i. Br. 


/ 



a innere Strecksehne, b Fesselgelenk, c Kronengelenk (aufgetrieben), 
d Ringbildung, e Fesselbeinbeuger, f Kronbeinbeugesehne, g Klauenbein¬ 
beugesehne, /i und y, Theilungswinkelderselben, h innerer (aufgeschnittener) 
h t äusserer (uneröffneter) Schenkel des Kronbeinbeugers, i innerer 
*, äusserer Ast des Klauenbeinbeugers, k k\ Är a Tubercelconglomerate, l durch 
Bindegetcebswucherung hervorgerufene Sehnenscheidenverdickung nebst 
einemTubercel, m Jungöse Wucherungen auf dem inneren Klauenbeinbeuger 


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422 


BERLINER THIERAliZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36. 


Zeiten schon über 1 fi Jahr angenfälliges Lahmgehen, eine 
knochenharte Geschwulst an der Innenseite des Kronengelenkes 
und Schwund der befallenen Schenkelmuskulatur zeigte und 
dieserhalb als „Wnrstkuh“ dem Schlachtmesser überantwortet, 
jedoch durch die Fleischbeschau Freiburg i. Br. vom mensch¬ 
lichen Genüsse wegen generalisirter Tuberculose ausgeschlossen 
wurde. 

Cadaver stark abgemagert; auf dem linksseitigen parietalen 
Pleurablatt ausgedehnte, bis zweihanddicke, stark verkalkte, 
tuberculose Auflagerungen, welche sich in geringerem Grade 
auf dem correspondirenden pulmonalen Blatt vorfinden; in 
beiden Lungen vereinzelte, bis apfelgrosse Cavernen; die 
mediastinalen Lymphdrüsen durch tuberculöse Hyperplasie und 
starke Verkalkung beiläufig faustgioss; Darmtuberculose; tuber¬ 
culöse Hyperplasie und Versteinerung der portalen Lymphdrüsen; 
Tuberculose der rechten inneren Darmbeinlymphdrüse; hoch¬ 
gradige Uterustuberculose; Tuberculose der rechten Kniekehlen- 
lymphdrüse. Ueberall alte verkalkte bis versteinerte Tnber- 
culose, welche den Eindruck, als wäre sie in Abheilung be¬ 
griffen, macht. 

Rechter Hinterfuss: (siehe die Abbildung) ist von den 
Klauen bis zum Tarsus, namentlich aber auf der medialen Seite 
des inneren Kronengelenkes diffus verdickt; die Bänder der 
Phalangealgelenke hypertrophisch. Die Gelenkhöhlen derselben 
enthalten, besonders im inneren Kronengelenk, vermehrte, leicht 
geröthete, fibrinhaltige Synovia, durch welche die Gelenkkapseln 
erweitert erscheinen. Die Synovialraembran ist glanzlos, rauh, 
sammetartig im inneren Klauen gelenk, während auf der Wand 
der Synovialis des inneren Kronen- und Fesselgelenkes ein 
faserig-schwammiges, gelbliches Gewebe sitzt; an anderen 
Stellen sind die Zotten erheblich gewuchert; ijn j/ineren 
Kronengelenk hat sich ein in der Gelenkhöhle freiliegepder, 
platter, faserig-schwammiger Gewebsfetzen von der gewucherten 
Gelenkmembran abgelöst. Im Klauengelenk ist der Knorpel- 
iiberzng an den Rändern geschwunden; im Kronen- und Fpssel- 
gelenk hingegen finden sich zahlreiche, theils mehr seichte, 
theils tiefgreifende, grosse Knorpeldefecte; der Knorpel des 
Fesselgelenkes weist beispielsweise eine 2 cm lange, 9 mm breite 
und mehrere Millimeter tiefe Usur auf; andere Usuren (im 
Kronengelenk) sind rundlich bis oval und reichen bis in den 
Epiphysenknochen hinein. Alle diese Knorpelsubstanzverluste 
sind entweder (wie im Kronen- und Klauengelenk) durch weiche, 
faserig-schwammige Granulationen ausgefüllt und zeigen wall¬ 
artig aufgewbrfene Ränder, oder aber die Knorpeldefecte sind 
(wie im Fesselgelenk) durch harte, ungleichmässige Granulationen 
eingedeckt und mit dünner, gelber Knorpelschicht überknorpelt. 
In der Gelenkkapsel des Klauen- und Kronengelenkes sitzt dicht 
neben der gemeinschaftlichen Strecksehne je ein bohnengrosser, 
abgekapselter, verkalkter, gelber Tubercel. An den Seitenrändern 
des Kronengelenkes befinden sich mehrere, bis mantelknopfgrosse 
plattenartige Knochenanflagerungen, während am vorderen 
unteren Fesselbeinrande eine etwa markstückgrosse, stellenweise 
mehrere Millimeter tiefgreifende rareficirende Ostitis zu con- 
statiren ist. An die schwammigen Wucherungen der Kronen¬ 
gelenkkapsel anschliessend setzen sich auf die vordere und 
hintere Fesselbeinfläche ebensolche gelbe, faserig-schwammige, 
unter den Streck- und Beugesehnen gelegene Gewebsmassen 
fort, in welche kleinere und grössere verkalkte Tubercel ein¬ 
gelagert sind; dieselben enthalten in Schnitten spärlich Tubercel- 
bacillen. 


Die Kronbein- und Klanenbeinbeugesehne sowie deren 
Sehnenscheiden sind zunächst vom Tarsus bis zu ihrer Theilungs- 
stelle namhaft verdickt; bis zu einem Centimeter verdickt ist 
die Sehnenscheide des Klauenbeinbeugers und an ihrer Innen¬ 
fläche mit eigenartig gelben, dichtstehenden, papillär-schwammigen 
Zottenwucherungen besetzt; in der Vorderfläche dieser Sehnen¬ 
scheide befindet sich ein erbsengrosser, gelber, verkäster 
Tubercel, in welchem Tubercelbacillen spärlich nachgewiesen 
wurden; ein mit der Substanz desselben subcutan geimpftes 
und nach Ablauf von 41 Tagen getödtetes Meerschweinchen 
wurde mit ausgedehnter Miliartuberculose behaftet gefunden und 
in dessen Organveränderungen Tubercelbacillen festgestellt. 

Der cylinderförmige innere Ast des Kronbeinbeugers ent¬ 
hält wenig röthlich-flockige Synovialflüssigkeit; die Wand des¬ 
selben ist durch Bindegewebshyperplasie um 1—2 cm verdickt. 
Auch die Sehne des inneren Astes des Klauenbeinbeugers ist 
erheblich verdickt; sowohl der innere Schenkel des Kronbeinbengers 
als auch derjenige des Klauenbeinbengers sind an der ganzen 
Oberfläche und in ihrer ganzen Länge von zahlreichen, gelblichen, 
villösen und fungösen Wucherungen bedeckt und durch diese 
schwammigen Granulationen bald mehr partiell, bald diffus ver¬ 
wachsen. Der innere Zehenstrecker ist mit den fnngösen 
Wucherungen der Krongelenkskapsel bis zur Hälfte der Dicke 
durchsetzt und verwachsen; ferner sitzt in seiner Sehne an der 
Vorderfläche des Kronenbeins ein bohnengrosser, gelber, ver¬ 
käster Tubercel. Der innere Ast der gemeinschaftlichen Streck¬ 
sehne ist stellenweise mit seiner Sehnenscheide verwachsen; 
letztere beherbergt an der vorderen Fesselbeinfläche über der 
Gelenkwalze zwei linsengrosse Tubercel. 

In der Nachbarschaft der tuberculösen Gelenk- und Sehnen- 
schejdenentzündung.lagern sich, traurige, und,knollige Congjommte 
gelber, verkalter Tuberceln an, namentlich im Fettpolster zwischen 
den Kronenbeinen, im Theilungswinkel des Kronen- und Klauen¬ 
beinbeugers, zwischen dem Kronengelenk und dem inneren Ast 
des Klauenbeinbeugers, sowie endlich zwischen der Klauenbein¬ 
beugesehne und dem oberen Gleichbeinband dicht über den Sesam¬ 
beinen. Diese nesterweise gehäuften Tubercel sind in maschiges, 
weisses Bindegewebspolster gebettet, welches von einem gelblich¬ 
serösen Oedem umgeben wird. Die laterale Seitenwand des 
inneren Klauenbeins zeigt unregelmässige Ringbildung. 

Die fungös gewucherte Synovialraembran des Kronengelenks 
und der Sehnenscheide des Klauenbeinbeugers wurde hinsichtlich 
der histologisch-bacteriologischen Verhältnisse in Schnittpräparateu 
untersucht. 

Die starke Wand Verdickung der Sehnenscheide ist durch 
zahlreiche, nesterweise Einlagerungen von mononucleären und 
polynucleären Rundzellen sowie von spindeligen Fibroblasten 
zwischen die ursprünglichen Faserztige bedingt; an den Heber- 
gangsstellen der Synovialis in die neugebildeten, oft centimeter- 
langen Zotten ist starke Vascularisation zu verzeichnen. Die 
aufsitzenden, geschlängelten und gekräuselten Zottenwucherungen 
bestehen in der Mitte aus einer mehr zellarmen, fibrillären 
Intercellularsubstanz, während die Zottenoberflächen zahlreiche 
in der Längsrichtung streifig angeordnete Spindel- und Rund¬ 
zellen aufweisen. Die Spitzen der Zotten bestehen aus lauter 
Granulationszellen. Tubercelbildung, Necrose, Verkäsung, eitrige 
Infiltration fehlen hier gänzlich. Tubercelbacillen konnten in 
diesen Schnitten zwischen den Zellkernen mit Sicherheit, aber 
äusserst spärlich nachgewieseu werden, dagegen nicht in Deck¬ 
glasausstrichen. 




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6. September 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


423 


Dem gegenüber verhält sich das stark fangös gewucherte 
Gewebe der Gelenkkapsel abweichend. Die Zotten enhalten nur 
schmale, schwach fibrilläre Bindegewebszüge, hingegen überall 
auffallend hervortretende kleinzellige Rundzellen und Fibro¬ 
blasten; in diesem namhaft gefässarmen Grundgewebe liegen 
viele kleinste typische Miliartubercel; das Centrum derselben 
weist zwar überaus selten beginnende Coagulationsnecrose, da¬ 
gegen zahlreiche Riesenzellen mit randständigen Kernen auf; 
dieselben liegen in einer Zone dicht gehäufter epithelioider 
Zellen, welche von einem schmalen Hof von sattgefärbten Leuco- 
cyten umgeben sind. In diesen Tuberceln wurden nur in 
Schnitten in spärlicher Anzahl Tubercelbacillen festgestellt, 
während auch hier der Nachweis derselben in Deckglaspräparaten 
nicht gelang. 

Die beschriebene Gelenk- und Sehnenscheidentuberculose 
stellt somit eine schwammige Gelenk- und Sehnenscheidenent¬ 
zündung, eine Arthritis bezw. Tendovaginitis fungosa siv. 
granulosa dar, für welche die gelblichen, schwammigen Granu¬ 
lationswucherungen der Synovialhäute, die Usnrationen der 
Knorpelflächen, das Fehlen von Necrose, Verkäsung, Eiterung 
sowie die Multiplicität der Localisationen (in den 3 Phalangeal- 
gelenken und in 4 anliegenden Sehnenscheiden) durchaus 
characteristische Befunde präsentiren. Die Selmenscheiden- 
tuberculose hat sich, wie aus der anatomischen Beschaffenheit 
der Processe hervorgeht, secundär durch Uebergreifen der 
fungösen Wucherungen von einem Gelenk auf die benachbarten 
Sehnenscheiden entwickelt. Diese Gelenk- bezw. Sehnenscheiden¬ 
tuberculose ist nach Ausweis des Gesammtbefundes eine 
metastatische, bei deren Entstehung wahrscheinlich ein mechanisches 
Irritament mitspielte, demzufolge an den befallenen Theilen 
des Fussendes für die im Körper circulirenden Tubercelbacillen 
ein relativ günstiger Nährboden geschaffen wurde. Doch sind 
offenbar weder Gelenke, noch viel weniger Sehnenscheiden 
Prädilectionsstellen für eine günstige Entfaltung tuberculöser 
Prozesse, da, wie auch der vorliegende Fall lehrt, der entzün¬ 
dungserregende Reiz der überaus spärlich vertretenen Tubercel¬ 
bacillen auf den Synovialmembranen der Gelenke und Sehnen¬ 
scheiden vorwiegend zur Bildung schwammiger Granulationen 
führte, welche ebensowenig wie die eingelagerten Miliartubercel 
Tendenz zur Necrose oder Verkäsung äussern, sondern die 
tubercnlösen Erkrankungsherde schicken sich allenthalben zu 
HeilungsVorgängen an. 

Diese und weitere, später zu berichtende Untersuchungen 
denten darauf hin, dass bislang die Arthritis und Tendovaginitis 
tuberculosa des Rindes mit einer Reihe anderweitiger Gelenk- 
bezw. Sehnenerkrankungen (bes. mit chronischem Gelenk¬ 
rheumatismus) confundirt wurde, und dass zweifellos nach An¬ 
wendung der Tuberculinprobe unbeachtet gebliebene Fälle von 
namentlich primärer Gelenk- bezw. Sehnenscheidentuberculose 
irrthümlich zu jener Gruppe der Fehldiagnosen gerechnet wurden, 
bei welcher die Thiere zwar reagirten, aber scheinbar nicht an 
Tuberculose litten. 


Krampf des Schlundes beim Pferde durch Trocken- 
schnitzelfütterung. 

Von 

H. Jcit, 

Assistent am Thierarznei-Institut Göttingon. 

Im Frülyahr d. J. wmrde dem hiesigen Thierarznei-Institute 
an einem Nachmittage ein Pferd zugeführt, das nach dem Be¬ 


richte des Fuhrknechtes seit etwa zwei Stunden unter Schäumen 
stark speichele und zeitweise beängstigende krampfhafte Schluck- 
und Würgbewegungen mache. Am Morgen habe das Thier das 
ihm wie gewöhnlich dargereichte Futter (Hafer, Häckerling und 
Heu) noch gut gefressen und auch im Laufe des Vormittags 
seine Arbeit, die nicht sehr anstrengend gewesen, ohne auf¬ 
fallende Erscheinungen verrichtet. Das Mittagsfutter sei aber 
von dem Pferde verschmäht worden und anstatt zu saufen, 
habe es in dem vorgehaltenen Wasser mit den Lippen nur 
„geplätschert“ und die Krippe mit schaumigen Speichelmassen 
verunreinigt. Der Knecht behauptete weiter, den Patienten 
vom frühen Morgen bis zum Einstellen in die Spitalklinik nicht 
einen Augenblick ohne Aufsicht gelassen zu haben, in Folge 
dessen sei eine unbeobachtete Futteraufaahme oder eine mecha¬ 
nische Einwirkung von aussen, die man als Ursache dieser 
plötzlichen Erkrankung hätte annehmen können, nicht gut 
möglich. Aehnliche Erscheinungen wie die jetzt vorhandenen 
seien bei diesem Pferde noch niemals beobachtet worden. 

Patient zeigte eine steife vorgestreckte Haltung des Kopfes 
und Halses und vermied ängstlich jede seitliche Drehung oder 
Beugung dieser Körpertheile. Einer gewaltsamen Ver¬ 
änderung der Kopf- und Halsrichtung widersetzte es sich heftig. 
Die Athmung war beschleunigt und die Nüstern weit geöffnet. 
Der Blick erschien ängstlich. Aus den Nüstern sowohl als 
auch aus der Mundhöhle entleerte sich schaumiger Speichel, der 
sich ähnlich der Wirkung einer Arecolin-Einspritzung in grossen 
Massen in dem Maule ansammelte und beim Oeffnen desselben 
herausplatschte. Hierzu kam noch Schweissau6bruch in den 
beiden Flankengegenden ohne Auftreibung oder sonstige Kolik¬ 
erscheinungen. 

' Die durch die Widerspenstigkeit des Pferdes sehr erschwerte 
Untersuchung der Maulhöhle ergab für die Diagnose keinen 
Anhaltspunkt, dagegen lieferte die äussere Palpation der Kehle 
und Schlundkopfgegend, insbesondere aber die der oberen Hals¬ 
partie des Schlundes, ausschlaggebende Anhaltspunkte für die 
Feststellung der Krankheit. Schon beim leisesten Druck auf 
den Kehlkopf stellte sich anhaltender heftiger Hustenreiz ein, durch 
welchen Speichel- und Schleimmassen ausgeworfen wurden, und nach 
welchem das Thier Kaubewegungen machte. Hierzu gesellten 
sich bei diesem Drucke in kurzen Intervallen derartige Schling- 
krätopfe, dass Hals und Kopf unter stossweisen überaus heftigen 
i Contractionen der Muskeln eine gestreckte Haltung annahmen, 
die gesammte Halsmusculatur sich alsdann steinhart anfühlte 
und stark hervorwölbte, wobei das Thier durch Stöhnen grossen 
Schmerz und Angst verrieth. Die obere Halspartie des 
Schlundes zeigte in der linken Drosselrinne etwa handlang eine 
cylindrische Schwellung, die sich während der Dauer der Krampf¬ 
anfälle ein wenig verschob und dann wieder in die ursprüng¬ 
liche Lage zurückkehrte. Beim Druck auf diese am stärksten 
gespannte Stelle des Schlundes äusserte der Patient Schmerzen 
und machte Brechversuche, die vorerst keine Entleerung von 
Futtermassen zur Folge hatten. 

Von dem vorgehaltenen Futter wurden nur wenige Bissen 
genommen, die das Thier alsbald in Form von eingespeichelten 
Ballen wieder ausstiess, nachdem es einen vergeblichen ängst¬ 
lichen Versuch gemacht hatte, den Maulinhalt hinabzuschlingen. 
Ebenso floss das in geringen Mengen aafgenommene Wasser 
wieder durch die Nase zurück. Die sichtbaren Schleimhäute, 
insbesondere die der Nasenhöhle, waren intensiv geröthet. Die 
I Körpertemperatursteigerung war unbedeutend. 


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424 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36 


Auf Grund dieser Erscheinungen musste angenommen werden, 
dass ein im Schlunde stecken gebliebener Bissen vielleicht von 
allzu trockenem Kurzfutter diese Krampferscheinungen ver¬ 
ursachte. Als der hinzugezogene Besitzer den Fuhrknecht in 
ein scharfes Verhör nahm, stellte es sich denn auch heraus, 
dass das Pferd, während der Knecht mit dem Laden des 
Wagens beschäftigt war, an einem in der Nähe befindlichen 
Haufen Zuckerrüben-Trockenschnitzeln, die nicht eingeweicht 
waren, gierig genascht hatte, worauf sich etwa eine Stunde 
später die angeführten Erscheinungen einstellten. Die Annahme, 
dass das Verzehren dieser Trockeuschnitzel einzig und allein 
den Schlingkrampf durch Schlnndstenose veranlasse, fand ihre 
Bestätigung durch die eingeleitete Behandlung, welche vorerst 
in fortgesetzter Massage der ganzen Halspartie des Schlundes 
bestand, wobei in Folge der hierdurch hervorgerufenen heftigen 
Brechbewegnngen und Hustenanfälle eine Masse Particelchen 
von aufgequollenen Trockenschnitzeln mit den Speichel- und 
Schleimmassen heransgeschleudert wurden. Der steckengebliebene 
Bissen wurde in Folge der häufig wiederholten Massage und des 
Erbrechens immer kleiner und weicher, worauf auch die Krampf¬ 
anfälle allmählich seltener und weniger heftig wiederkehrten, 
so dass nach Verlauf von etwa sieben Stunden, von Nachmittags 
2 Uhr bis Abends 9 Uhr, der krankhafte Zustand als beseitigt 
betrachtet werden konnte. — Die Anwendung des Schlundrohres 
anstatt der Massage erschien in diesem Falle nicht dringend 
nothwendig, da eine Auftreibung mit gefahrdrohenden Er¬ 
scheinungen nicht vorhanden war. — Die am nächsten Tage von 
Seiten des Thieres mit grosser Vorsicht wiederbegonnene ; Auf¬ 
nahme von weichem Futter und Wasser war gering und hin 
und wieder mit starkem Hustenreiz verbunden. Das Speicheln 
und Schäumen dagegen hatte vollständig nachgelassen, ebenso 
war die Empfindlichkeit an der betreffenden Schlundstelle nach 
Beseitigung des Bissens verschwunden; die normale Fresslust 
stellte sich jedoch erst nach Verlauf von etwa acht Tagen 
ein, während die Hustenanfälle noch ungefähr vier Wochen 
lang nach der Erkrankung anhielten und zu ihrer Beseitigung 
die vorgeschriebene Behandlung einer Pharynxangina erforderten. 
Bis heut, also nach Ablauf eines Vierteljahres, hat das betreffende 
Pferd einen ähnlichen Anfall nicht wieder gehabt. 

Das täglich von dem Besitzer an das Thier verabreichte 
Futter und die in diesem Falle in Frage kommenden Trocken¬ 
schnitzel, welche ich am Tage nach der Erkrankung unter¬ 
suchte, waren von bester Qualität und frei von Schimmelpilzen. 
Dessenungeachtet musste ich die Schnitzel wegen ihrer Trocken¬ 
heit und ihres feinen Schnittes als Ursache der Schlundstenose 
und des hierdurch hervorgerufenen Krampfes betrachten, wenn¬ 
gleich auch weitere Fütterungsversuche, die ich mit diesem 
Material an 15 zum Schlachten bestimmten Pferden eines 
hiesigen Pferdeschlächters machte, nach dieser Richtung hin, 
einen negativen Erfolg hatten. Einzelne Pferde verweigerten 
bei diesen Versuchen, trotzdem ich alle Thiere vorher hatte 
hungern lassen, die Aufnahme von Trockenschnitzeln ganz und 
gar und die anderen, welche mässig oder gierig davon frassen, 
zeigten nach dem Genüsse keinerlei bemerkenswerthe Er¬ 
scheinungen. Weiter erwähne ich hierzu, dass ein Grossgrund¬ 
besitzer in hiesiger Gegend seit etwa einem Jahre täglich drei 
Pfund Trockenschnitzel pro Stück an seine Pferde verfüttert, 
ohne bis jetzt irgendwelche diesbezüglichen nachtheiligen Folgen 
wahrgenommen zu haben. Dagegen wird mir von einem sehr 
erfahrenen Collegen versichert, dass er bei einem Fohlen einige 


Stunden nach dem Naschen von Zuckerrüben-Trockenschnitzeln 
ein ganz ähnliches Krankheitsbild beobachtet hatte, wie das von 
mir beschriebene. 


Protocoll der 46. General-Yers&inmlaug des thier¬ 
ärztlichen Central Vereins der Provinz Sachsen, der 
anhaitischen and thüringischen Staaten 

zu Magdeburg, am 13. Mai 1900. 

(Fortsetzung.) 
lieber die Hundeseuche. 

Vortrag von Richter-Dessau. 

(Schluss). 

Pathogenese: Die erwähnten 3 Autoren sind im Allge¬ 
meinen der Ansicht, dass die Krankheit durch ein dem Blute 
zugeführtes Virus, sei es auf welchem Wege, erfolgt. Die 
Produkte dieses Virus oder dessen Anhäufung im Blute rufen 
die Veränderungen hervor, welche nach Albrecht die Leistungs¬ 
fähigkeit des Herzens herabsetzen, entweder direct oder secundär 
durch Reizung vom Nervensystem aus; es ist jedoch ein krank¬ 
hafter Zustand des Centralnervensystems anzunehmen; denn es 
ist Schwäche vorhanden, wo noch kein Mangel an Nahrung oder 
Verbrauch der dem Körper innewohnenden Kräfte entstanden 
ist. Es ist z. B. Brechreiz da, wo eine Anfüllung des Magens 
fehlt und dieser leer ist. — Klett vertritt die Ansicht, dass 
das krankmachende Agens zuerst im Magen und Darm seinen 
Sitz nimmt, von hier das Blut inficirt und dann die Nerven¬ 
störungen oder nach seiner Ansicht soporösen Zustände (pseudo- 
paretische) hervorruft. — Scheibel fand stets bei seinen Unter¬ 
suchungen ein coliartiges Bacterium und wirft daher die Frage 
auf: kann hierdurch wohl unter Berücksichtigung der durch 
dieses Bacterium im Körper entstandenen Veränderungen eine 
entsprechende Allgemeinerkranknng ausgelöst werden? 

Albrecht geht von der Ansicht aus, dass die Frankfurter 
Hundekrankheit mit der in München und Stuttgart beobachteten 
nicht identisch sei. Wesentlich kommt hierbei allerdings der 
Unterschied des Fiebers in Betracht; die allgemeinen Er¬ 
scheinungen aber dürften sich wohl, was das Wesen der Krank¬ 
heit anbetrifft, recht nahe stehen: plötzliche Erkrankung, grosse 
Hinfälligkeit, starke Abmagerung in kurzer Zeit, Erbrechen, 
Magendarmerkranknng, blutiger Kothabsatz, lähmungsähnliche 
Erscheinungen oder selbst Lähmungen, die Erkrankung der 
Lippen- und Backenschleimhaut. 

Auch die Dessauer Hundeseuche passt nicht vollkommen in 
den Rahmen der von Klett und Albrecht beschriebenen hinein, 
und doch bin ich überzeugt, dass es dieselbe Krankheit ist, bei 
welcher eben die einen oder anderen Symptome, wie ja auch 
bei anderen Krankheiten, mehr oder weniger hervortreten. 

Mir sind Fälle bekannt, wo in verschiedenen Ortschaften 
sehr viele Hunde ohne überaus auffallende sonstige Symptome 
an nervöser Staupe in ganz kurzer Zeit zu Grunde gingen, 
während in benachbarten Gemeinden wiederum die Thiere 
unter den Zeichen einer schweren Staupe — Magendarm-Ent¬ 
zündung — starben. Wäre es nicht möglich, dass diesem 
analog in • Frankfurt. die Gastro - Enteritis haemorrhagica 
stärker hervorgetreten ist, wie in Mühchen und Stuttgart, wäre 
es nicht möglich, dass in Dessau die schweren starrkrampf- 
ähnlichen Bewegungsstörungen : oder Lähmungserscheinangen 
anderorts gegenüber sich mehr geltend gemacht hätten. 

Klett nimmt an, dass der Krankheitserreger auch in der 
Maulhöhle die Veränderungen, welche er im Gegensatz zu 


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6 September 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 425 


München und Dessau als specifische betrachtet, hervorrufen 
muss. Berichtet nicht Scheibel über eine starke Schwellung 
der Lippen- und Backenschleimhaut, also auch eine Entzündung 
daselbst? Die starke Schwellung der Magenschleimhaut, die 
wurmähnlichen Erhabenheiten derselben, sind in Dessau die¬ 
selben gewesen wie in Frankfurt. Ist es . nöthig, dass die 
scheinbar in München gelinde aufgetretene Krankheit diese 
sehweren Veränderungen hervorrufen musste? Ueber die 
Seuchencadaver in Stuttgart fehlen leider die Berichte. In 
Dessau wurde bei Sectionen wie auch in Frankfurt in den Lungen 
und Bronchien dünnschaumiges hellrothes Blut gefunden. 
Albrecht meint, da er dieses, sowie die starke Schwellung 
der Magenschleimhaut nicht vorgefunden hat, beide Krankheiten 
wären nicht identisch. Dessau und Frankfurt zeigen jedoch, 
wie erwähnt, in dieser Beziehung dasselbe, ebenso wie Stutt¬ 
gart und Dessau gleiche Erscheinungen anderwärts aufweisen. 

Pseudoparetische oder soporöse physische Lähmungen nennt 
Klett die auftretenden Bewegungsstörungen. In Dessau aber 
wurden noch, nachdem die Magendarmerkrankung und die Ver¬ 
änderungen in der Maulhöhle gehoben waren, vollkommene 
paretische Zustände beobachtet, welche theilweise wochenlang 
anhielten. Es ist daher wohl schwerlich anzunehmen, dass 
pseudoparetische Zustände bestanden haben können. Die starr¬ 
krampfähnlichen Erscheinungen, welche verschiedentlich auf¬ 
zutreten pflegten, sind wohl mit derselben Berechtigung wie die 
der lähmungsartigen Zustände auf eine Irritation des Nerven¬ 
systems zurückzuführen. Bei der Staupe treten ja auch neben 
Lähmungszuständen krampfartige Zufälle ein, auch hier entsteht 
durch Reizung des Centralnervenapparates in Folge des durch 
den Staupeerreger producirten Giftes ein Niederdrücken resp. 
eine Anregung der diesbezüglichen Centren. Es ist anzunehmen, 
dass der Erreger der Hundeseuche dieselbe Eigenschaft hat. Auch 
Scheibel hat festgestellt, dass die Thiere mit schwer be¬ 
weglichen Gliedmassen daliegen; wäre eine psychische Lähmung 
hier vorhanden, so würden sich die Gliedmassen wohl leicht 
bewegen lassen, in ihrer Lage verharren. 

Ich möchte mir daher zum Schluss, was die Pathogenese 
anbetrifft, zu bemerken erlauben: 

Die Krankheit ist. contagiöser Natur. Es ist anzunehmen, 
dass daB Virus, resp. dessen Producte im Blute eine Erkrankung 
des Centralnervensystems hervorrufen, und dass der Wirksam¬ 
keit des Toxins entsprechend die einzelnen Centren ihre peripheren 
Stämme zur Herabsetzung der einen und Anregung der anderen 
Thätigkeit führen: so wäre es zu erklären, dass einerseits 
Lähmungen, andererseits starrkrampfähnliche Zustände der 
Körpermusculatur, einerseits Lähmung oder Herabsetzung der 
Funktionsthätigkeit der Organe (Blase, Herz) andererseits 
Erregung (Magen) bestehen. 

Ergänzend zu diesem Vortrage zeigt Landes-Thierarzt Pirl- 
Dessau von ihm angelegte Culturen aus Milz- und Herzblut 
und zwar auf Agar und Gelatine — schräg und gerade. Dabei 
ist festgestellt, dass sich die Culturen aus dem Herzblute am 
besten entwickeln, dagegen fehlt die Entwickelung ganz von Blut 
aus den Nieren. Auf Gelatine wachsen die Culturen langsamer 
und verflüssigen dieselbe. Pirl hat bei seinen Versuchen 
ein kleines Bacterium ähnlich dem Bacterium haemorr- 
hagicum isoliren können. Bei der sich anschliessenden 
Discussion führt Kreis-Thierarzt Gundelach aus, dass die Hunde¬ 
seuche von ihm auch in Magdeburg sehr häutig beobachtet sei 
C51 Fälle). Die Symptome der Magdeburger Seuche stimmen nicht 


genau mit denen in Dessau wahrgenommenen überein, vor allem 
hat G. bei allen Hunden Erosionen in der Maulschleimhaut fest¬ 
gestellt und hält das Vorkommen der Geschwüre für pathognomisch. 

Thierarzt Gaedke-Magdeburg hebt hervor, dass er die Ge¬ 
schwüre nicht bei allen Patienten habe feststellen können. Be¬ 
züglich der Therapie führt Gundelach aus, dass er sehr gute 
Resultate mit Opium pulverat. Calomel aa 0.05 Sacch. alb. 1.0 
erzielte: ferner hat er Fleischextract, schwarzen Kaffee mit 
Cognac als wohlbekömmlich gefunden, während Rothwein nach 
kurzer Zeit wieder erbrochen wurde. 

Michalski hat die Krankheit durch Einreiben von Unguentum 
Crede in Bohnengrösse auf die Innenfläche der Hinterschenkel 
coupiren können. Zum Schluss hebt noch Landes-Thierarzt Pirl 
hervor, dass, da die Verschleppung der Seuche durch die Hunde¬ 
ausstellung in Stuttgart wahrscheinlich sei, auch diese Aus¬ 
stellungen unter veterinär-polizeiliche Aufsicht zu stellen sind. 

Hierauf ertheilte der stellv. Vorsitzende Herrn Prof. Dr. 
Ostertag-Berlin das Wort zu seinem Vortrag: „Ueber die 
Borna'sehe Krankheit.“ 

(Fortsetzung des Berichts folgt.) 


Referate» 

Anatomische Untersnchungen über den Hydrocephalns 
acqnisitns des Pferdes. 

Von Prof. H. Dexler. 

Zeitichr. f. Thiermecl. 1899 H. 4 bis «. 

Die Abhandlung beschäftigt sich mit den hochwissenschaft¬ 
lichen schwierigen Untersuchungen über die pathologisch¬ 
anatomische Grundlage der erworbenen Hydrocephalie des Pferdes, 
wofütier der Verf. auch in der Veterinär-Sektion der Versammlung 
deutscher Naturforscher und Aerzte zu München im September 
des verflossenen Jahres berichtet hat (Vgl. das Autoreferat des 
Verf. B. T. W. 1899 No. 43 p. 517). 

DieUeberzeugung, dass bei der bisher geübten unvollständigen 
Untersuchungsmethode des Hirns dummkollerkranker Pferde nur 
unvollkommene Resultate herauskomraen konnten, veranlasst« den 
Verf., an der Hand frischen Materials mit Hülfe der modernen 
■ Untersuchnngstechnik den Gegenstand einer neuerlichen gründ¬ 
lichen Prüfung und Erörterung zu unterziehen. 

Zunächst werden die anatomischen Befunde der verschiedenen 
Autoren beim chronischen Hydrocephalns einander gegenüber¬ 
gestellt. Es stellt sich heraus, dass die Meinungen über die 
pathologische Anatomie weit auseinander gehen. Den Unter¬ 
suchungsergebnissen desVerf. kommt am nächsten die Beschreibung, 
welche Dickerhoff von den fraglichen Veränderungen gegeben 
hat. 'Die Beobachtung desselben, dass der 4. Ventrikel nicht 
dilatirt ist, sei ein wichtiger Hinweis auf die mechanischen 
Momente, die beim Hydrocephalus in Aktion treten. 

Die Untersuchungen beginnen mit einer minutiösen Be¬ 
schreibung der Anatomie der centralen Höhlen des normalen 
Pferdehirns und der sie umschliessenden Hirnabschnitte. 

Im normalen Zustande herrscht unter den einzelnen Ab¬ 
schnitten der Hirnkammern freie Verbindung. Denn das ganze 
Höhlensystem kann vom Bulbus olfactorius oder vom Infundibulum etc. 
aufgeblasen oder mit einer Flüssigkeit gefüllt werden. Selten 
ist der Verbindungsgang zwischen den Seitenventrikeln und der 
Höhle des Riechkolbens einer Seite obliterirt. Der Centralkanal des 
Rückenmarkes ist ein 2—3 mm enger Kanal, welcher als Abfluss¬ 
rohr nicht in Betracht kommt. Gefärbte Flüssigkeiten verbleiben 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36. 


426 

stundenlang ira vertikal gestellten Schädel, ohne dass durch den 
im 2. Cervicalsegment durchschnittenen Centralkanal ein Tropfen 
abfliesst. Eine wichtige Thatsache ist die, dass Flüssigkeiten, 
welche unter einem den normalen Hirndruck nicht übersteigenden 
Druck in die Seitenventrikel injicirt werden, durch seitliche 
Oeffnnngen in der Decke der 4. Hirnkammer in die entsprechenden 
Lymphcysternen gelangen und sich von da in den Snbarachnoideal- 
ränmen des Gehirnes und Rückenmarkes weiter verbreiten. Es 
steht mithin fest, dass zwischen dem Höhlensystem des Hirns 
und den Subarachnoidealräumen eine Verbindung besteht. 

Nunmehr theilt Verf. den genauen Befund von 8 Gehirnen mit, 
welche von ausgesprochen dummkollerkranken Pferden hörrührten. 

Das Untersuchnng8verfahren hatte nachstehenden Modus. 

Die benutzten Pferde wurden grösstentheils durch Verbluten 
getödtet. Beim Abschneiden des Halses wurde die aus den 
Subarachnoidealräumen des Rückenmarks und des Gehirns ab- 
fliessende Menge Cerebrospinalflüssigkeit gemessen, dann der 
Angesichtstheil des Kopfes abgesägt, die Riechkolben freigelegt 
und die Durchgängigkeit der Hirnventrikel geprüft. Letzteres 
geschah durch Einfliessenlassen einer Mischung aus gleichen 
Theilen einer 10 proceut. Formalinlösung und 3 procent. Chrom¬ 
kalilösung unter einem Drucke von 10—15 cm Wasser. 

Die Mehrzahl der Gehirne wurde unter Zuhülfenahme von 
Kälte im Schädel gehärtet. Hierzu wurde an den Ossa 
parietalia, am Vordertheil des Sichelansatzes, am Infundibulum 
und über dem Kleinhirn je ein grosses Trepanloch angebracht 
und an diesen Stellen die Dura gespalten. Der so vorbereitete 
ganze Schädel kam dann in die obenerwähnte Flüssigkeit, welche 
täglich fünfmal erneuert wurde. Auch wurden die Bohrlöcher 
täglich vermehrt, sodass die Conservirungsflüssigkeit allmälig 
über die ganze Hirnoberfläche gelangen konnte, während -gfaieh- 
zeitig die Hirnkammern immer neuen Zufluss erhielten. Hier¬ 
auf wurde das Präparat in MüUer’sche Flüssigkeit gelegt und 
an einem kühlen dunkeln Orte aufgestellt. Dabei wurde in 
8—10 Tagen das Cranium vollständig entfernt. Nach 
6—10 Wochen wurde das Organ in Scheiben zerlegt. Beim 
Nachlassen der kalten Witterung ist es nothwendig, die Hirn- 
gefäB8e mit Müller-Formolgemisch zu injiciren und den Behälter, 
in welchem die Härtung vorgenommen wird, 2 Wochen hindurch 
in Eis zu stellen. 

Bei dieser Behandlung wurden vorzügliche Resultate erhälten. 

Aus den Befunden sind nachstehende Ergebnisse hdrvor- 
zuheben. 

Die Menge der aus den Subarachnoidealräumen des Rücken¬ 
markes und des Hirns erhaltenen Flüssigkeit war so verschieden, 
dass ein Mittel nicht angegeben werden konnte. Veränderungen 
der Hirnhäute fehlten. Die Schädelknochen zeigten nur in 
2 Fällen eine pathologische Beschaffenheit. 

An den Hemisphären war immer eine mehr oder weniger 
grosse Vorwölbung der medialen Theile des Occipitalhirnes vor¬ 
handen, die unmittelbar über den Vierhügeln und vor der 
Oeffnung des Kleinhirnzeltes ihre Lage haben. 

Die Seiten Ventrikel hatten in 7—8 Fällen eine mässige 
Erweiterung erlitten, die sich in vertikaler Richtung ausdehnte. 
In den ünterhömern bestanden grössere oder kleinere Ver¬ 
wachsungen, die von der Verwachsung nicht betroffenen Theile 
zeigten häufig eine ziemlich umfängliche Ektasirung. Das Septum 
pellucidum stand stets senkrecht und war flach gespannt. Ependym 
glatt, Plexus chorioid. von normalem Aussehen; Foramina 
Monroi offen. 


Die Hauptveränderungen im Zwischenhirn betrafen den 
Boden und das Dach des 3. Ventrikels. Die Sehhügel zeigten 
eine merkliche Abnahme in der Höhe, womit eine entsprechende 
Längenabnahme des Kommissnrquerschnittes verbunden war, so¬ 
dass derselbe eine elliptische Form (statt der kreisförmigen) 
angenommen hatte. Das Chiasma der Sehnerven war in zwei 
Fällen an der dem Knochen anliegenden Seite platt gedrückt. 

Der 3. Ventrikel zeigte in seinen WeitenVerhältnissen auf¬ 
fallende Veränderungen. Der ringförmige Raum war im hintern 
untern Quadranten bis auf einen engen Kanal zusammengedrückt, 
in vier Fällen war der Zugang vom basalen Halbring des 
3. Ventrikels zum Eingänge in den Aquaeductus Sylvii ganz 
verlegt. Der andere untere Quadrant war namhaft verbreitert, 
sein Recessus infnndibuli durch das Emporsteigen der Hypophyse 
obliterirt, sein Recessus optici manchmal ganz ausserordentlich 
vergrössert. 

Die allerschwersten Formveränderungen bestanden im 
Mittelhirn. Dasselbe wurde in seiner Totalität merklich nach 
rückwärts gegen das Kleinhirn verlagert und durch die Protrusion 
des Occipitalhirnes in anterio-posteriorer Richtung auseinander¬ 
geschoben, gegen die knöcherne Schädelbasis niedergedrückt und 
abgeflacht und ausserdem noch durch die peripheren seitlichen 
Aeste der Protrusion von beiden Seiten her comprimirt Die 
vorderen Vierhügel erhielten als Abdruck der Grosshirnprotrusion 
eine quere Einsattelung. Alle Anomalien des Mittelhirns standen 
zum Grade der Protrusion des Occipitalgehirns in einem geraden 
Verhältnisse. 

Die Crura cerebri hatten ihre strickartige Furchung ver¬ 
loren. Niemals fehlte eine Deformation des Aquaeductus Sylvü. 

Die vorstehend beschriebenen pathologisch-anatomischen 
Veränderungen erklärt Verf. als dffc Folge einer abnorm starten 
Umfangsvermehrung des Grosshirns, welche eine pathologische 
Erweiterung der centralen Höhlen zur Grundlage hat. 

Die Vergrösserung des äusseren Umfanges des Grosshirns 
wird erklärt: 1. aus der Verengung der subarachnoidealen Lymph- 
räume; 2. aus der Aufblähung und Vortreibung der häutigen 
Abschnitte der Ventrikel Wandungen in centrifugaler Richtung; 
3. aus der Protrusion des Hemisphärentheiles, welcher der 
Incisura tentorii cerebelli gegenüber liegt, und aus der dem 
Grade der Protrusion entsprechenden Deformation des Mittel¬ 
und Rautenhirnes. 

Die Protrusion ist eine symmetrische Wulstbildung an der 
medialen und basalen Region des Occipitalhirnes, die sich mit 
ihrer Convexität in den Kleinhirnraum des Schädels hineinwölbt, 
histologisch aus Hirnrinde und weisser Marksubstanz besteht 
und je nach der Grösse das Mittelhirn mehr oder weniger stark 
deformirt. Diese Wulstbildung ist ein deutliches Zeichen für 
die Umfangsvermehrung des Gehirns, das bei der steigenden 
Volumzunahme zuerst die normalen Räume der knöchernen 
Capsel ausfüllt und dann durch die Tentorialöffnung prolabirt. 

Die in Folge des abnormen Druckes entstandene Vorwölbung 
bezeichnet Verf. mit dem Namen Druckwulst und behauptet 
auf Grund seiner Beobachtungen, dass bei der chronischen 
acquirirten Hydrocephalie des Pferdes stets ein Druck¬ 
wulst des Occipitalhirns vorhanden sei. 

Das anatomische Bild des Hydrocephalus wird trotz seiner 
Verschiedenheit von drei Hauptveränderungen beherrscht: Der 
Dilatation der Ventrikel des Zwischen- und Endhirns, 
der Deformation des Mittelhirns und dem Druckwnlste. 
Au der Hand dieses Befundes sucht Verf. nunmehr die Mechanik 


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6. September 1900. 

der Flüssigkeitsstauung bei der Hydrocephalie des Pferdes zu 
erläutern. Dass diese Krankheit auf einer intraventriculären 
DruckBteigerung der Cerebrospinalflüssigkeit beruht, entspricht 
der Auffassung der meisten Autoren und wird auch durch die 
vorliegenden Untersuchungen wieder bewiesen. Die durch den 
Druckwulst erzeugte Zusammendrückung des Mittelhirns mit 
consecutiver Obliteration des Aquaeductus ist als die Ursache der 
Unterbrechung des absteigenden Flüssigkeitsstromes zu betrachten. 

Hinsichtlich des Entstehungsmodus des Druckwulstes hat 
Verf. zwei Auffassungen: 1. könne man in dem Druckwulste den 
Effect einer abnormen, auf einer partiellen Insufficienz des Aquae¬ 
ductus Sylvii gegenüber der aus den Seitenkammern abfliessen- 
den Cerebrospinalflüssigkeit beruhenden Hirnvergrösserung sehen. 
Die Insufficienz sei zurückzuführen auf eine pathologische Ver¬ 
mehrung der Secretion des Liquor cerebrospinalis oder auf eine 
individuelle Enge des Aquaeductus oder auf beide Coinponenten. 

2. Bei dem erwiesenen Umstande, dass bei den physiologischen 
Volumschwankungen des lebenden Gehirns der Blutdruck das 
Primäre und die wenigstens zum grossen Theile auf ihm be¬ 
ruhenden Zu- und Abnahmen des Liquor cerebralis das Secnndäre 
darstellen, sei es auch denkbar, dass der Druckwulst in seinen 
ersten Anfängen nichts anderes ist, als das im Tode bestehen 
gebliebene Zeichen einer durch den Blutdruck verursachten 
UmfangsVermehrung des Gehirns. Die so bewirkte Dehnung 
des Grosshirns dürfe nur um ganz Weniges über die Kapazität 
des Schädelcavums hinausgehen, so erfolge eine Prolabirung 
durch die Incisura tentorii, die so gering sein könne, dass sie 
nur ein ganz geringes Herabdrücken der Vierhügelplatte und 
damit eine ebenso geringe Verengung deB Aquaeductus 
Sylvii mit sich bringt. Hiermit sei ein Circulus vitiosus ein¬ 
geleitet, der zu einer, bis zu einem gewissen Grade progressiven 
Stauung in den Hirnkammern führen müsse. 

Besonders aber müsse der krankhafte Zustand eingeleitet 
werden, wenn ein andauernder abnormer Blutdruck wie bei 
Dämpfigkeit, Herzschlechtigkeit u. s. w. abnorme Druck- und 
Bewegungverhältnisse im Gehirne zur Folge habe. Es würden 
sich bald kleine Prolapse des Occipitalgehirnes durch den 
Isthmus tentorii bemerkbar machen, die zum Ausgangspunkt des 
Druckwulstes führten. Wird nun durch die Wasserzunahme des¬ 
selben die Grenze der Zusammendrückung des Aquaeductes 
überschritten, innerhalb welcher der von den Ventrikeln kommende 
Lymphstrom ungehindert passiren kann, dann kommt zur 
pulsatorischen Hirnschwellung noch eine durch die Anhäufung 
der intraventrikulären Cerebrospinalflüssigkeit erzeugte weitere 
Umfangsvermehrung des Hirnes, also eine secnndäre Vergrösse- 
rung des Druckwulstes, und endlich totale Verlegung des 
Aquaeductus. Demnach können sich die fraglichen Veränderungen 
auch bei normaler Secretion der Cerebrospinalflüssigkeit 
ausbilden. 

Tagesgeschichte. 

Die veterin&r-medicinische Faenlt&t in Bern.*) 

Von Prof. Dr. Rubel!, Bern. 

Am 21. Januar 1900 hat das Volk des Cantons Bern mit über 
30000 Stimmen beschlossen: „Die Thierarzneischule in 

*) Die Verhältnisse der muen veterinär medicinischen Facultät za 
Bern, sowie das neue Promotionsstatut derselben haben für die 
deutschen Thierärzte ein so allgemeines Interesse, dass wir den 
obengenannten Aufsatz, aus dem Schweizer Archiv für Tbierheil- 
knnde, unter Weglassung einiger weniger wichtigen Stellen im 
Originaltext wiedergeben. D. R. 


427 

Bern wird mit der Hochschule verschmolzen und bildet 
eine Facultät derselben.“ Durch das bezügliche Gesetz, 
welches am 1. Mai 1900 in Kraft getreten ist, wird die bisherige 
separate Thierarzneischule aufgehoben. 

Die Erhebung der Thierarzneischule zur veterinär¬ 
medicinischen Facultät hat wesentliche organisatorische Ver¬ 
änderungen zur Folge, welche viele Standesangehörige interessiren 
dürften und deshalb an dieser Stelle Erwähnung verdienen. 

Bekanntlich ist die älteste Thierarzneischule diejenige in 
Lyon und nach dem Muster der französischen höhern Unterrichts¬ 
anstalten, ohne Zusammenhang mit anderen wissenschaftlichen 
Instituten, ins Leben gerufen worden. Dieses Vorbild wurde 
in der Folge fast ausnahmslos in allen Staaten nachgeahmt, und 
es bestanden zwischen den Universitäten und den Thierarznei¬ 
schulen keinerlei Beziehungen. Ausnahmen hiervon machten 
Giessen und Bern. In Kopenhagen sind landwirtschaftliche und 
thierärztliche Hochschule mit einander vereinigt, jedoch ohne 
Anscifiuss an die Universität. 

Die Berner Schule ist im Jahre 1806 gegründet worden, 
nachdem Prof. Dr. med. Emmert schon im Jahre 1805 Vor¬ 
träge über Thierheilkunde gehalten hatte. Bei der Gründung 
der Universität im Jahre 1834 wurde die Thierarznei¬ 
schule in dieselbe mit einbezogen und der medicinischen 
Facultät als Abtheilung b zugeordnet. Leider traten in den 
60er Jahren erhebliche Störungen in dieser Abtheilung ein, und 
wohl hauptsächlich die sehr verschiedene Vorbildung, welche die 
Aerzte und die Thierärzte in damaliger Zeit aufzuweisen hatten, 
verhinderten ein fruchtbares Zusammenarbeiten, so dass im Jahre 
1868 die Abtheilung b der medicinischen Facultät aus der Hoch¬ 
schule (der Universität) herausgenommen und unter besonderes 
Geseftz gestellt wurde. Laut diesem Gesetz bestand nun eine 
mit der Hochschule verbundene Thierarzneischule, an welcher 
der Unterrichtscurs sechs Halbjahre umfasste. Die natur¬ 
wissenschaftlichen Fächer wurden auch ferner mit den Studirendeu 
der Universität gemeinsam an der philosophischen Facultät besucht. 
Ein i Lehrer hatte als Director über den gesammten Unterricht 
und Idie Disciplin zu wachen und die Versammlungen der Lehrer 
anzüordnen und zu leiten. Die auf eine Mittelschule zu¬ 
geschnittenen Gesetzesnormen konnten, wie leicht vorauszusehen 
war, die Angehörigen einer Anstalt, deren Aufgabe nicht nur 
in Belehrung angehender Thierärzte, sondern auch in der 
Förderung der Wissenschaft besteht, nicht begeistern und waren 
bald Gegenstand energischer Anfechtungen, deren Anfang der 
frühere Director der Schule, weil. Prof. Dr. Pütz, (der spätere 
hochverdiente Führer der preussischen Thierärzte) schon im 
Jahre 1873 machte. 

Genau 20 Jahre nach dem Vorstosse von Pütz begann das 
Lehrercollegium der Thierarzneischule an der bestehenden 
Ordnung neuerdings zu rütteln und konnte nun mit umfang¬ 
reicherem Material, als es zu Pütz’s Zeiten der Fall gewesen 
war, den Feldzug unternehmen. Es wurde namentlich auf die 
bedeutenden Steigerungen der Anforderungen an die Vorbildung 
— in neuester Zeit Universitätsreife — des Thierarztes und 
auf die sehr viel strengeren thierärztlichen Fachprüfungen hin¬ 
gewiesen. Ferner waren unterdessen die Thierarzneischulen 
Deutschlands zu Hochschulen erhoben worden, was für eine 
Höherstellung der Berner Schule als ein besonders ausschlag¬ 
gebender Grund verwerthet werden konnte. Und nicht weniger 
wichtig für die Einverleibung der Thierarzneischule in die Hoch¬ 
schule war der Ausweis, dass eine grössere Anzahl Thierärzte 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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428 

nach Ablegung ihrer Staatsprüfung weiterhin wissenschaftlich 
thätig war und an der medicinischen oder philosophischen 
Facultät promovirte. Alle diese Mitarbeiter haben dazn bei- 
getragen, das Ansehen des thierärztlichen Standes in Kreisen 
der Gebildeten zu steigern, und beim Düfchsehen der Ver¬ 
zeichnisse von deutschen Thierärzten kann mit Freuden con- 
statirt werden, dass der Procentsatz unserer Berufsgenossen, 
Welche sich eine Ehre daraus machen, an dem Fortschritt der 
wissenschaftlichen Thiermedicin Antheil zu haben, ein recht an¬ 
sehnlicher ist. 

Bei der Wahl nun, ob die Erhebung zur thierärzt¬ 
lichen Hochschule, wie es in Deutschland nnd in 
anderen Staaten der Fall ist, oder zur veterinär- 
medicinischen Facultät der Universität anznstreben 
sei, war man in den bernischen Kreisen nicht einen 
Augenblick im Zweifel. Es war allgemein die Ansicht vor¬ 
handen, dass eine wirksame und auf die Dauer befriedigende 
Reorganisation der Thierarzneischule nnr in der Hebung der¬ 
selben zur veterinärmediciniBchen Facultät bestehen könne. Es 
ergab sich dies schon aus dem bisherigen Zusammenhang der 
Schule mit der Universität, denn die Thierarzneischüler be¬ 
suchten nicht nur die naturwissenschaftlichen Vorlesungen äeit 
der Gründung der Schule gemeinsam mit den Studirenden der 
Medicin, sondern 1884 auch die Physiologie. In seiner bezug* 
liehen Eingabe hat das Lebrercolleginm der Thierarzneischule 
sodann vorgeschlagen, in Zukunft auch die Vorlesungen der all¬ 
gemeinen Medicin, nämlich diejenigen über allgemeine Anatomie 
(Histologie und Histochemie), Entwicklungsgeschichte, allgemeine 
Pathologie, Bacteriologie, Medicinische Chemie, Toxicologie mit 
der medicinischen Facultät za vereinigen. Dabei können die 
Docenten an der veterinärmedicinischen Facultät von allgemein 
medicinischen Fächern thunlichst entlastet werden und ihre Auf¬ 
merksamkeit in erhöhtem Grade speciell thierärztlichen Gebieten 
znwenden, was für die practische Ausbildung der Thierärzte von 
Wichtigkeit ist. Für alle Fächer) welche practische Curse 
speciell thierärztlicher Natur erfordern, sind besondere Ver¬ 
treter an der veterinärmedicinischen Facultät nothwendig, wie 
z. B. für die Anatomie, für die pathologische Anatomie, für die 
Kliniken, für die Staatsthierheilkunde, für die Zootechnie und 
Hygiene, für die Fleischschau etc. etc. Die übrigen Fächer 
können ohne Nachtheil auch an anderen Fücultäten gehört 
werden. 

Besondere Gründe, welche für die Vereinigung der Thier¬ 
arzneischule mit der Hochschule sprechen, waren in genügender 
Zahl vorhanden. Wir betonen vor allem den Werth der Zu¬ 
sammengehörigkeit von Lehrern und Studirenden verschiedener 
Facultäten. Für die Förderung der Wissenschaft kann der 
Verkehr mit Vertretern anderer wissenschaftlicher Berufsarten 
nur günstig wirken und die gegenseitige Achtung erhöhen. 
Nicht weniger nützlich dürfte der Einfluss eines grösseren 
Bekanntenkreises von Gebildeten verschiedener Richtungen für 
das practische Leben sein. Die Einrichtung der deutschen 
Universität als wissenschaftliche Lehranstalt, die zur Aufnahme 
von Jünglingen von 18—22 Jahren und darüber bestimmt 
ist, hat sich denn auch seit mehreren hundert Jahren be¬ 
währt, nnd es besteht nicht das geringste Verlangen, die¬ 
selben zu ändern. Selbst in ärztlichen Kreisen, deren Facultät 
eine grössere Zahl Hiilfs-Institute zur präctischen Ausbildung 
dieser Gelehrten haben muss, ist der Wunsch nach Abtrennung 
von der Universität nicht geäussert worden und die Ein- 


No. 36 

richtung der Bildungsanstalt als Fakultät bildete bis dahin 
nicht das geringste Hinderniss für die grüridliche practische 
Ausbildung des Arztes. Gerade so Wenig wird die Eigen¬ 
artigkeit des thierirtedicinischen Unterrichts Urtd die glückliche 
Verbindung zwischen Wissenschaft und Praxis durch den 
Facultätscharakter der veterinär-medicinischetl Schule beein¬ 
trächtigt, was ich entgegen der Behauptung von anderer Seite 
hervorheben möchte. Für den Anschluss der thiermedicinischen 
Fachschule an die Universität haben sich übrigens hervorragende 
Staatsmänner, wie Dr. Schnyder (im grossen Rath des Cantons 
Bern), grosse Gelehrte wie Voit etc. ausgesprochen. Es war 
mit Rücksicht auf das allgemeine Urtheil eine für die bernischen 
Thierärzte hocherfreuliche Nachricht, als in fast allen Fach¬ 
blättern die Worte des Prinzen Ludwig von Bayern, die 
er am 21. December 1899 in der Plenarsitzung des bayrischen 
Landwirthschaftsrathes gesprochen hat, die Runde machten. Der 
Fürst halte die directe Anfügung der Thierheilkunde an eine 
Facultät der Universität für höchst wünschenswerth, hiess es; 
denn dies sei das beste Mittel um die Thierheilkunde, welche 
seither im Vergleiche zu anderen wissenschaftlichen Bernfs- 
zweigen ungerechtfertigterweise eine untergeordnete Stellung 
eingenommen habe, thatsächlich zu der ihr gebührenden Werth¬ 
schätzung und Bedeutung zu bringen, was mit der an sich ja 
wohlgemeinten Erhebung der thierärztlichen Lehranstalten zu 
Hochschulen in ungenügender Weise gelungen sei. Diese hoch¬ 
herzigen und durchaus zutreffenden Worte unmittel¬ 
bar vor der Volksabstimmung über das bernische Gesetz, 
war von günstiger Vorbedeutung, und wir konnten- ein solch 
bedeutsames Vorgehen in benachbarten Landen als einen 
weiteren wichtigen Grund zur Bildung der Facultät den unseligen 
beifügen. 

Die neu gegründete veterinär-medicinische Facultät bereitet 
sich nun vor, den Interessen der Wissenschaft und des thier- 
ärztlichen Berufes gerecht zu werden. 

Die Organisation der veterinär-medicinischen Facultät be¬ 
ginnt mit der Aufstellung eines neuen Studienplanes. Lant 
§ 23 des Hochschulgesetzes herrscht an der Universität voll¬ 
kommene Lehr- und Lernfreiheit. Nichts desto weniger glaubt 
die Facultät durch das Aufstellen eines Studienplanes den 
Studirenden einen Dienst zu erweisen, indem sie ihnen für die 
zweckmässigste Eintheilung ihrer Studien einen Wegweiser in 
die Hand giebt. 

Der Studienplan sieht acht Semester vor, entsprechend der 
neuen Verordnung über die schweizerischen Medicinalprüfnngen 
vom 11. December 1899. In ihm sind vorerst alle Fächer an¬ 
gegeben, aus denen an den eidgenössischen Prüfungen examinirt 
wird; ferner alle jene Hülfsfächer, welche für die gründliche 
practische Ausbildung des Thierarztes unbedingt nothwendig 
sind nnd endlich einige übrige Disciplinen, die der allgemeinen 
medicinischen Bildung des Thierarztes werthvolle Unterstützung 
bieten können, (vgl. B. T. W., Jg. 1900, pg> 199.). 

Die Fächer sind vertreten zum Theil an der veterinär¬ 
medicinischen, zum Theil an der medicinischen und zum Theil 
an der philosophischen Facultät. 

Die erstere Facultät weist gegenwärtig sechs ordentliche 
Professuren auf, nämlich diejenige für Anatomie, pathologische 
Anatomie, innere Medicin, Chirurgie, Bujatrik und Staatsthier¬ 
heilkunde, Zootechnik und Hygiene. 

Entsprechend der Theilung des bisherigen Lehrstuhles für 
Bujatrik und Chirurgie, tritt auch eine Theilung der Kliniken 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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BERLINER TälERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


6 September 1900. 

ein, so dass nunmehr eine Klinik- fite inrter^ 1 Krankheiten und 
eme chfrurgische Klinik im Thierspitäl gehalten werden. Die 
ambulatorische Klinik wird in gewohnter Weise weitergeführt. 
Nebst den ordentlichen Professuren ist eine Docentenstelle für 
Fleischschaa errichtet worden. 

Nach § 36 bis 39 des Hochschulgesetzes können in Zukunft 
auch Privatdocenten an der veterinär - medicinischen Facnltftt 
lehren. Wer dies zu thun wünscht, hat der Direction des Unter¬ 
richtswesens des Cantons Bern ein schriftliches Gesuch einzn- 
reichen und in demselben die Fächer anzugeben, welche er zu 
lehren wünscht. 

Dem Gesuche sind beizulegen: a) ein curriculum vitae 
(Schilderung des Lebenslaufes und des Bildungsganges); b) das 
Doctordiplom und die Inauguraldissertation; c) eine Habilitations¬ 
schrift aus demjenigen Fache, über das der Petent zu lesen 
wünscht; als solche darf die Doctordissertation nicht verwendet 
werden. 

Durch die Aufstellung dieses Reglements hat sich an der 
Facultät mit Bezug auf die Gewinnung der Lehrkräfte eine 
wesentliche Aenderung vollzogen. Die Zeiten sind noch nicht 
lange vorbei, in denen die thierärztlichen Lehrer mehrere zum 
Tlieil recht heterogene Fächer zu lehren hatten und ausser¬ 
ordentlich belastet waren, so dass ihnen zur Forschung und 
erspriesslichen literarischen Thätigkeit wenig Zeit übrig blieb. 
Und bis in die jüngste Zeit ist mit den Lehrkräften in nach¬ 
theiliger Weise umgesprungen worden, denn ein Lehrer musste 
bald dies, bald jenes Fach übernehmen. S chm altz hat schon 
anderswo darauf hingewiesen, dass ein Docent in seinen 
Leistungen gehemmt ist, wenn er die Lehrfächer wie Röcke 
wechseln muss. Dies waren ganz erhebliche Missstände. An 
der Facultät kann sich also ein Docent nur für ein bestimmtes 
Fach habilitiren und hat hierzu die nothwendigen wissenschaft¬ 
lichen Ausweise zu erbringen. In erwähnter Neuerung liegt 
unbedingt ein grosser Fortschritt, indem von nun an, wie an 
Hochschulen allgemein üblich, nur Fachlehrer wirken werden. 
- Andererseits ist einleuchtend, dass bei der Besetzung frei 
gewordener Lehrstühle die Auswahl von Professoren aüs der 
Reihe von Privatdocenten leicht und sorgfältig geschehen kann.*) 
Als fernere wichtige Neuerung bei der Facultätsorganisation 
sei die Promotion erwähnt. Ein verhältnissmässig grosser Theil 
von Aerzten und Studirenden der Medicin haben es von je her 
als ihrer Wissenschaft schuldig und ihrem Ansehen würdig 
erachtet, sich um academische Würden zu bewerben und zu 
diesem Zwecke eine wissenschaftliche Arbeit auszufdbren: Nicht 
weniger dürfte der Werth solcher Arbeiten für den Veterinär- 
mediciner sein. Bei dem allgemein emsigen Arbeiten und Ringen 
der Vertreter der Naturwissenschaften, seien es Botaniker, 
Zoologen, Chemiker, Physiker oder Mediciner, dürfen die Thier¬ 
ärzte nicht fehlen. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, 
dass wir mit den Medicinern die Gesammtmedicin, mit den 
Zoologen, Botanikern, Chemikern etc. die Naturwissenschaften 
fördern helfen. Wenn wir dies thun, kommen wir unserer Auf¬ 
gabe nach, und wir können versichert sein, dass dann das An¬ 
sehen unseres Standes nicht geringer sein wird, als dasjenige 
irgend eines anderen, trotz des Vorurtheils unmassgeblicher 
Leute, die das geringere Ansehen des Thierarztes auf die 
Ausübung seiner Berufsthätigkeit im Stalle zurückführen;wollen. 
Für den Thierarzt hat die wissenschaftliche Ausbildung zudem 

*) 'Ueber diesen Punkt bin ich abweichender Meinung und 
werde dieselbe demnächst begründen. Schmaltz. 


noch- besonderen Zweck. Es ist allgemein bekannt, -dass ge¬ 
fährlich erkrankte Leute von den Aerzten in der Regel in 
ein Krankenhaus gewiesen werden; in Folge dessen kommen 
solche Fälle mehrmals zur Beobachtung und werden Gegenstand 
genauer wissenschaftlicher Untersuchung. Anders sind die Ver¬ 
hältnisse in der Thiermedicin, indem bei schwerer Erkrankung 
die Thiere auf Anrathen des Thierarztes geschlachtet werden 
und dadurch der Beobachtung in einem Thierspitäl entgehen. 

Und nun läge es ganz bestimmt in der Aufgabe des be¬ 
treffenden Collegen, den Fall für die Wissenschaft durch eine 
gedruckte Mittheilung auszubeuten. Allein den literarischen 
Arbeiten erwachsen verschiedene Hindernisse. Nebst dem 
häufigen Mangel an Zeit fehlt es oft auch an der nothwendigen 
Uebung. Letztere kann durch Herstellung einer wissenschaft¬ 
lichen Arbeit unter Leitung eines Docenten erworben werden, 
und die Kenntnisse der Handhabung verschiedener Methoden 
zu experimentellen Untersuchungen sowie die Benrtheilung des 
Werthes vorliegender Fälle für die Veröffentlichung stellen 
Bereicherungen des Könnens dar, die für die thierärztliche 
Praxis nur von Vortheil sind. 


Reglement Uber die Ertheilung der DoctorwUrde durch die veterinlr- 
medicinische Facultät zu Bern. 

(8. Juni 1900.) 

. § 1. Die Bewerbung um die Ertheilung der Doctorwürde er¬ 
folgt schriftlich beim Decan der veterinär-medicinischen Facultät. 

Dem Gesuche sind beiznfiigen: 

a) eine Dissertation von wissenschaftlichem Werth, gegründet 
auf experimentelle Forschung, auf Beobachtung oder auf 
kritische Bearbeitung bereits vorhandenen Materials; 

b) ein curriculum vitae, aus dem besonders der Bildungsgang 
des Doctoranden ersichtlich ist; 

cj Belege über wissenschaftliche Vorbildung, naturwissen¬ 
schaftliche and veterinär-medicinische Studien. 

§ 2. Die Prüfung der eingereichten Documente besorgen 
Decan und Schriftführer, welche der Facultät hierüber ihr Gut¬ 
achten abzugeben haben. Für die Zulassung des Candidaten 
sind zwei Drittel Stimmenmehrheit nothwendig. 

§ 3. Die Begutachtung der Dissertation hat der Vertreter 
des betreffenden Faches zu übernehmen. Zur Durchsicht der 
Arbeit werden dem Referenten drei Wochen Zeit eingeräumt. 
Hierauf wird die Dissertation, begleitet von dem motivirten 
Votum des Referenten, bei sämmtlichen stimmfähigen Mitgliedern 
der Facultät in Circulation gesetzt, wobei jedem Mitgliede eine 
Frist von drei Tagen zur Einsicht gestattet ist. 

§ 4. Die Annahme der Dissertation erfolgt auf Antrag des 
Referenten. Hierzu genügt einfache Stimmenmehrheit. 

Der Referent ist auf dem Titelblatt der gedruckten Disser¬ 
tation zu nennen. 

§ 5. Die Dissertation darf als solche nicht vor dem münd¬ 
lichen Examen publicirt werden. 

Ihre Veröffentlichung muss innerhalb Jahresfrist nach Ab¬ 
legung der mündlichen Prüfung stattfinden. 

§ 6. Erachtet die Facu tät die Dissertation für genügend, 
so wird der Bewerber zu der mündlichen Prüfung zugelassen. 

Dieselbe umfasst: Anatomie und Embryologie, Physiologie, 
pathologische Anatomie und allgemeine Pathologie, specielle 
Pathologie und Therapie, Chirurgie und Hnfbeschlag, Pharma¬ 
kologie, Senchenlehre und Bacteriologie, Thierzucht und Hygiene. 
Die Prüfung in einem Fache darf 20 Minuten nicht übersteigen 


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430 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Na. 36. 


Sofort nach dem Examen ist dem Decan die Note schriftlich 
und geheim zu übergeben. Die Noten werden abgestuft in: gut, 
genügend und ungenügend. Die Ertheilung der Würde erfolgt 
bei zwei Drittel Stimmenmehrheit. 

§ 8. Der Doctortitel wird in der Form „Doctor medicinae 
veteriuariae“, ohne Auszeichnung, ertheilt. 

§ 9. Die Uebergabe des Doctordiplomes kann erst statt¬ 
finden, nachdem die Dissertation in 200 Exemplaren der Facultät 
eingereicht worden ist. 

§ 10. Ausserordentlicherweise kann die Facultät durch ein¬ 
stimmigen Beschluss aller ordentlichen Professoren ausgezeich¬ 
neten Männern von bedeutendem Verdienst in der Veterinär- 
Medicin die Doctorwürde „honoris causa“ ertheilen. Diese 
Ertheilung erfolgt, nachdem der Senat den Beschluss ge¬ 
nehmigt hat 

§ 11. Die Gebühren für die Doctorprüfung betragen 
Fr. 300 und Fr. 15 für den Pedell. Sie sind vor der Prüfung 
zu entrichten. 

Im Falle der Nichtannahme der Dissertation erhält der Be¬ 
werber diese Summen, nach Abzug der Kosten für den Referenten, 
den Decan und den Schriftführer zurück. 

In der neuen Organisation hat auch die Verwaltung eine 
Veränderung erfahren. Die Aufsichtscommission und das 
Directorat der Thierarzneischule sind aufgehoben worden. An 
ihre Stellen treten Senat, Rector und Facultät. Die betreffenden 
Vorschriften lauten: § 54. Die ordentlichen und ausserordent¬ 
lichen Professoren und diejenigen Docenten, welche einHonorar be¬ 
ziehen, bilden den academischen Senat, welcher unmittelbar 
unter dem Erziehungsdepartement steht. Derselbe wählt all¬ 
jährlich den Rector etc. 

Gegenwärtig hat die Universität Bern eine evangelisch¬ 
theologische, eine katholisch-theologische, eine juristische, eine 
medicinißche, eine veterinär-medicinische und eine philosophische 
Facultät, letztere mit zwei Abtheilungen, einer philosophisch- 
philologisch-historischen und einer mathematisch-naturwissen¬ 
schaftlichen Abtheilung. 

Den Vorsitz in jeder Facultät führt ein Decan, welcher 
von derselben auf vier Jahre ernannt wird, jedoch nach Ver¬ 
floss dieser Zeit nicht wieder wählbar ist. Jeder Facultät liegt 
im besonderen ob: Vorberathung über die Anordnung der Vor¬ 
lesungen in ihrer Abtheilung und Entwertung eines Lections- 
planes, welcher der Genehmigung des Erziehungsdepartements 
zu unterbreiten ist; Beaufsichtigung und Unterhaltung der ihr 
an vertrauten Subsidiaranstalten; Ertheilung des Doctorgrades, 
(das Diplom wird vom akademischen Senat ausgestellt). 

Andere Neuerungen, welche nicht speciell den Unterricht 
betreffen, können hier übergangen werden. Und auch über die 
Bedeutung der Verbindung von thierärztlichen Lehranstalten 
mit Universitäten für das Ansehen des thierärztlichen Standes 
sollen keine weiteren Worte fallen, das Urtheil hierüber können 
wir mit ruhigem Gewissen späteren Generationen überlassen. 
Ungünstig wird dasselbe wohl nicht ausfallen, und wir vertrauen 
auf die Worte, die der grosse Jenaer Naturforscher Ernst Haeckel 
über seiner Institutsthüre angebracht hat: „ Impavidijrrogrediamur, 
nunquain relrorsum!“ 

Irish Veterinary College- 

In Irland wird eine neue thierärztliche Lehranstalt errichtet, 
deren Lehrthätigkeit am 3. October er. beginnen soll. Die 
Anlagen der Anstalt befinden sich in der Nähe von Ballsbridge. 


Baoteriologisoher Ferien eure in München. 

Der bacteriologische Feriencurs wird unter Leitung des 
Unterzeichneten an der Münchener thierärztlichen Hochschule 
in der Zeit vom 17. bis 28. September für die Herren Collegen aus 
der Praxis unentgeltlich abgehalten werden. Anmeldungen wolle 
man baldigst, wenn möglich bis 8. September, an unterfertigte 
Adresse richten. Dr. Jos. Mayr, 

Prosector an der thierärztlichen 
Hochschule zu München. 

Rhelnprenssischer Verein. 

Die Herbstgeneralversammlung des Vereins Rheinpreussischer 
Thierärzte findet am 19. September, Vormittags 11 Uhr im 
Hotel Kaiserhof, Hochstrasse in Aachen, mit folgender Tages¬ 
ordnung statt: 

1. Vereins- und Standes-Angelegenheiten. 

2. Beschlussfassung über die Stiftung Schell. 

3. Aus der Praxis. 

Anmerkung: Herr Professor Degive aus Brüssel wird am 
19. September, Vormittags, die Castration bei Cryptorchiden 
hier ausführen. 

Zu recht zahlreichem Erscheinen (auch mit Rücksicht auf 
die gleichzeitig tagende Naturforscherversammlung) ladet 
ergebenst ein. 

Aachen, den 8. September 1900. Dr. Schmidt, 

Vorsitzender. 

Zwanglose Herbstversammlung der SohlaefatfaeftUerlrzte am 
16. September 1900, Vormittags II Uhr im Schlaofatbofe zu Spaodaa. 

Tagesordnung: 

1. Besichtigung der Schlachthofanlage unter Führung des Herrn 
Director Schubarth und geschäftliche Mittheilungen. 

2. Besprechung über die Einwirkung des neuen Fleischschau- 
gesetzeB auf den Betrieb der Schlachthöfe von Herrn 
Director Schräder und Schubarth. 

3. Discussion über die Einwirkung des neuen Communal- 
beamtengesetzes. 

4. Besprechungen über einheitliche Beanstandungen in den 
Schlachthäusern und Festsetzung der nächsten Tagesordnung. 

Der Vorsitzende 

der Schlachthofthierärzte der Provinz Brandenburg. 

Wulff. 

Versammlung der Sanitätsthierftrzte der Provinz Saohseo eto. 

Der CircularerlaBs des Herrn Ministers für Handel und 

Gewerbe und des Herrn Ministers des Innern vom 27. Juli 1900 

betreffend die Abänderung der Gesetze betr. die Errichtung 

öffentlich ausschliesslich zu benutzender Schlachthäuser vom 

18. März 1868 ....... .. „ 

~9~ M ä rz 188 1" gie * )t mir Veranlassung, die Herren Collegen der 

Gruppe der Schlachthaus- und Sanitätsthierärzte des thier&rzt- 
lichen Centralvereins der Provinz Sachsen, der thüringischen 
und anhaitischen Staaten zu einer Besprechung am 

Sonntag, den 16. September d. J. Vormittags 11 Uhr, 
in Magdeburg, Königl. Hofbräu (Wuthe) Hasselbachstrasse 1 , 
einzuladen. 

Gäste sind willkommen. 

Magdeburg, den 4. September 1800. 

Colberg 

Obmann der Gruppe. 


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6. September 1900. BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 431 


Staatsveterinärwesen. 

Von Preusae. 

Nachweisung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche am 
15. August 1900. 

Gegenüber dem Seuchenstand am 31. Juli er. sind folgende 
Aenderangen zu bemerken: 

Der Rotz ist ausser in den bereits verseuchten Regierungs¬ 
bezirken noch in dem preuss. Reg.-Bez. Breslan 1 (1) auf¬ 
getreten. Insgesammt waren in 24 Gemeinden 31 Gehöfte von 
dieser Seuche betroffen. — Die Maul- und Klauenseuche ist 
neu aufgetreten in dem preuss. Reg.-Bez. Erfurt 1 (1), in Meck- 
lenburg-Strelitz 1 (1); dagegen in den preuss. Reg.-Bez. Berlin 
und Köln, dem bayr. Reg.-Bez. Pfalz, dem bad. Landescomm. 
Karlsruhe, Provinz Oberhessen, Herzogth. Coburg und Sachsen- 
Weimar erloschen. Insgesammt waren 450 Gemeinden und 
1630 Gehöfte ergriffen. — Die Lungenseuche ist auf die 
bereits verseuchten Regierungsbezirke beschränkt geblieben; 
es waren zusammen 8 Gemeinden mit 10 Gehöften ergriffen. — 
Die Schweineseuche (Pest) ist erloschen in den preuss. Reg.- 
Bez. Köln und Trier, und in dem Bez. Ober-Elsass; neu auf¬ 
getreten im Reg. - Bez. Erfurt 2 (2), Koblenz und in den bayr. 
Bezirken Pfalz und Oberpfalz je 1 (1), der Kreishauptmannsch. 
Zwickau je 2 (2), Landescomm. Karlsruhe 1 (1), Herzogthum 
Gotha 1 (4). In 216 Gemeinden waren 313 Gehöfte von dieser 
Seuche betroffen. 

VieheinfUhr etc. 

Unter Abänderung der königl. sächsischen Verordnung 
vom 18. Juni d. J. ist unter dem 2. August d. J. Seitens des 
Ministeriums des Innern bestimmt, dass die Bewohner von nicht 
mehr als 25 km (bisher 5 km) von der böhmischen Grenze 
entfernt liegenden Ortschaften mit ihren eignen an den Pflug 
oder an ein Fuhrwerk gespannten Thieren zum Zwecke land- 
wirtli8chaftlicher Arbeiten oder in Ausübung ihres Gewerbes die 
Grenze unter Beobachtung der bestehenden Zollvorschriften zu 
jeder Stunde zu überschreiten berechtigt seien, ohne an die 
sonst in jener Verordnung für die Einfuhr von Thieren des 
Pferdegeschlechts gegebenen Vorschriften gebunden zu sein. 

Auch die badische Regierung hat unter dem 30. Juli d. J. 
mit Rücksicht auf den erheblichen Rückgang der Maul- und 
Klauenseuche in der Schweiz das Verbot der Einfuhr von Rind¬ 
vieh und Ziegen aus diesem Lande wieder aufgehoben. Das 
Verbot der Ein- und Durchfuhr von Schafen und Schweinen 
bleibt jedoch bis auf Weiteres noch in Wirksamkeit. 

R.-B. Bromberg: Verzeichniss der durch Maul- und Klauenseuche verseuchten 

Landestheile. 

In Verfolg der Declaration vom 9. April 1896 (Ausserordent¬ 
liche Beilage zu No. 16 des Amtsblattes für 1896) zur landespolizei¬ 
lichen Anordnung vom 6. December 1895, betreffend die Abwehr 
gegen die Einschleppung der Maul- und Klauenseuche in den 
diesseitigen Regierungsbezirk durch das aus anderen Reichs- 
theilen stammende Vieh (Ausserordentliche Beilage zu No. 49 
des Amtsblatts für 1895), bestimme ich, dass die Vorschriften 
der vorbezeichneten landespolizeilichen Anordnung sich auf das aus 
nachbenannten Reichstheilen: 1. aus den preussischen Regierungs¬ 
bezirken Magdeburg, Merseburg, 2. aus den bayerischen 
Regierungsbezirken Oberbayern, Pfalz, Oberpfalz, Oberfranken, 
Mittelfranken, Unterfranken, Schwaben, 3. aus den sächsischen 
Kreishauptmann8cbaften Bautzen, Dresden, Leipzig, Zwickau, 


4. aus den württerabergischen Kreisen Neckarkreis, Schwarzwald¬ 
kreis, Jagstkreis, Donaukreis, 5. aus den badischen Landes- 
commissariaten Konstanz, Freiburg, Karlsruhe, Mannheim, 6. ans 
den hessischen Provinzen Oberhessen, Rheinhessen, 7. aus 
dem Grossherzogthum Sachsen-Weimar, 8. aus dem Herzog- 
tlmm Brannschweig, 9. aus dem Herzogthum Sachsen-Meiningen, 
10. aus dem Herzogthum Sachsen-Altenburg, 11. aus dem 
Herzogthum Sachsen-Coburg-Gotha, 12. aus dem Herzogthum 
Anhalt, 13. aus dem Fürstenthum Schwarzburg-Rudolstadt, 
14. aus dem Fürstenthum Waldeck, 15. aus dem Fürstenthum 
Reuss ältere Linie, 16. aus dem Fürstenthum Renss jüngere 
Linie, 17. aus den Reichslanden Eisass-Lothringen, — im 
Regierungsbezirk Bromberg zur Entladung mit der Eisenbahn 
gelangende Rindvieh bis auf Weiteres beschränken. 

Bromberg, den 8. August 1900. 

Der Regierungs-Präsident. 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen. 

Ein Ausbruch zu Berlin (Schlachtviehhof unter Schweinen) 
vom 23. ist am 24. und ein Ausbruch zu Dresden vom 30. ist 
am 31. August wieder erloschen. Ausserdem ist die Seuche am 
22. August unter den Schweinen auf dem Schlachtviehhofe zu 
München ausgebrochen. 

Aphthentheer. 

Gegen die in No. 25 pag. 294 der B. T. W. raitgetheilte, in dem 
Laboratorium des königlich württembergischen Medicinal- 
collegiums festgestellte Analyse des sogenannten Aphthentheers 
protestiren der Verfertiger Ly ding, der Apotheker Dr. Loh¬ 
mann in Frankfurt a. M. und der Apotheker Dr. Welz in 
Luzern mit der Behauptung, die Analyse müsse auf einem 
Irrtlmm beruhen, da sie unrichtig sei; dementsprechend sei auch 
die Folgerung hinsichtlich des Geldwertes des Mittels hinfällig. 
Wir'müssen es den Genannten überlassen, die Richtigkeit ihrer 
Behauptung darzuthun. 


Fleischschau und Yiehhandel. 

Von Kühnau. 

i 

Zur Ausführung des Flelschsohaugesetzes. 

Der Bundesrath wird sich voraussichtlich bald nach seinem 
Zusammentritt mit den Ausführungsbestimmungen zum Fleisch¬ 
beschaugesetze beschäftigen. Bekanntlich tritt das Verbot 
der Einfuhr von Würsten und Büchsenfleisch bereits am 1. Oc- 
tober in Kraft. Es lag in der Absicht der Regierung, gleich¬ 
zeitig auch das Einfuhrverbot für Pökelfleisch unter acht Pfund 
in Kraft zu setzen, allein der Gedanke erwies sich als un- 
practisch, solange nicht in Bezug auf die Grundsätze bei der 
Untersuchung des frischen Fleisches eine Vereinbarung erzielt 
ist. Es versteht sich von selbst, dass dieselben Grundsätze in 
Anwendung zu bringen sind für das inländische wie das aus¬ 
ländische frische Fleisch. Pökelfleisch, das nicht genügend 
durchpökelt ist, soll als frisches Fleisch behandelt werden. Es 
wird sich, sobald diese Vereinbarung erzielt ist, nach der An¬ 
sicht der Regierung ermöglichen lassen, auch die übrigen Be¬ 
stimmungen des Gesetzes früher in Kraft zu setzen für das 
ausländische, als für das inländische Fleisch, weil für jenes an 
den Zolleinfuhrstellen bezw. an denjenigen Orten im Innern 


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432 BERLINER THIERARZTLICITE WOCHENSCHRIFT. No. 36. 


wohin das ausländische Fleisch unter Zollverschluss gelangen 
darf, bereits die Untersuchungsorgane vorhanden sind, welche 
für einen grossen Theil Deutschlands, insbesondere für das 
platte Land, zur Durchführung der Fleischbeschau erst geschaffen 
werden müssen. N. H. Z. 

Kann ein Thierarzt als Fleischbeschauer zur Gewerbesteuer herangezogen 

werden? 

(Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts.) 

Der Thierarzt N. ist als Fleischbeschauer in B. zugelassen. 
Seine Thätigkeit als Fleischbeschauer wurde als Gewerbebetrieb 
erachtet, und er wurde demgemäss zwangsweise vom 1. Juli 1897 
ab zum Mittelsatze der Klasse IV von 16 M. zur Gewerbesteuer 
veranlagt. Im Gegensatz zu den Vorinstanzen stellte das 
Oberverwaltungsgericht den Kläger N. von der fraglichen Steuer 
aus folgenden Gründen frei: § 4 No. 7 des Gewerbesteuer¬ 
gesetzes vom 24. Juni 1891 befreit von der Gewerbesteuer die 
Ausübung des Berufs als Arzt und somit auch die Ausübung 
des Berufs als approbirter Thierarzt. Alle diejenigen Thätig- 
keiten, welche unter die Ausübung des Berufs als Thierarzt 
fallen und sich nur als Ausfluss der berufsmässigen Thätigkeit 
darstellen, sind daher von der Gewerbesteuer befreit. Die 


berufsmässige Thätigkeit eines Thierarztes umfasst aber nicht 
allein die Behandlung von Krankheiten der Thiere, sonderu 
auch die Maassnahmen zur Vorbeugung von Thierseuchen und 
von Uebertragung thierischer Krankheiten auf Menschen. Hierzu 
gehört namentlich die Untersuchung von Thieren, insbesondere 
solcher, welche zur menschlichen Nahrung bestimmt sind, auf 
ihren Gesundheitszustand, und zwar vorzugsweise nach der 
Richtung hin, ob der Genuss des Fleisches für die Menschen 
gesundheitsschädlich ist. Eine solche allgemeine Untersuchung 
des Fleisches kann — im Gegensätze zu der einseitigen und 
beschränkten Untersuchung auf Trichinen, welche keine wissen¬ 
schaftliche Vorbildung erfordert — mit Zuverlässigkeit nnr von 
einer mit entsprechender wissenschaftlicher Vorbildung ver¬ 
sehenen, in solchen Dingen geübten und erfahrenen Person, 
insbesondere von einem Thierarzt, vorgenommen werden, und 
gehört, soweit ein Thierarzt sich hiermit befasst, zu seiner 
berufsmässigen Thätigkeit. Wenn demgemäss ein Thierarzt 
zum öffentlichen Fleischbeschauer bestallt, oder für einen be¬ 
stimmten Bezirk als Fleischbeschauer zugelassen worden ist, 
so bleibt seine in dieser Eigenschaft entwickelte Thätigkeit 
nach wie vor eine Ausübung seines Berufs als Thierarzt. 

(Allgem. Fl.-Z.) 


Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Corps-Rossarzt Qualitz vom X. Armec- 
corps ist die Erlaubnis zur Anlegung des Ritterkreuzes II. Kl. des 
Herzoglich braunschweigischen Ordens Heinrichs des Löwen er- 
theilt worden. 

Ernennungen etc.: Tbierarzt Theodor Bla im zum städtischen 
Bezirks - Thierarzt in München; Thierarzt Job. Hansen - Trittau 
(Holstein) zum Assistenten an der med. Klinik der Berliner Thier- 
ärztlichen Hochschule; Tbierarzt Dr. Joest, vordem in Prenzlaa^aum 
Leiter der bacteriolog. Abtheilung des pharmaceut Instituts Gans 
in Frankfurt a. M. — Die Promotion des Dr Kallmann, städt. 
Thierarzt in Berlin, zum Dr. med. vet. fand seitens der veterinär- 
medicinscbon Facultät in Bern statt 

Kreisthierarzt S ah n er von Sagan zum 1. Nobr. nach Lauban versetzt. 

Wohnsltzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die 
Thierärzte Bannasch von 1. Oct. er. ab als Einj.-Frw. nach Tempel¬ 
hof b. Berlin, Tinschert von Hirschberg nach Dittmannsdorf, Kr. 
Neustadt i. Schles. — Thierarzt Zarnack hat sich in Trittau (Hol¬ 
stein) niedergelassen. 

In der Armee: Für den zum Remontedepot Kalkreuth versetzten 
RoBsarzt Stück ist der zum Rossarzt beförderte Unterrossarzt 
Richter (bisher bei d. Escadr. Jäger z. Pferde) in das 28. Art.-Regt. 
versetzt worden. — Zum ostasiatischen Expeditionscorps sind ferner 
commandirt: Fritsch, Rossarzt im 3. Art.-Rcgt., zur Proviant- 
colonne 3; Raffegerst, Rossarzt im 36. Art-Regt. zum ostasiat. 
Feld-Art.-Regt. und Zwirner als Rossarzt zum Stab des ostasiat. 
Bataillons schwerer Haubitzen. — Der Abschied ist bewilligt: 
Behrens, Rossarzt d. L. II, sowie den Rossärzten Pittier vom 
42. Art.-Regt., Suder v. 37. Art.-Regt. und Kiesel v. 18. Art-Regt 

Yacanzen. 

Kreisthierarztstellen ete.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Reg.-Bez. Liegnitz: Sagan zum 1. XI. (600 M. Gehalt). Zeugnisse 
und Lebenslauf binnen 4 Wochen an den Regierungs-Präsidenten. 

Assistentenstelle am tbierhygienischen Institut zu Freibnrg i. Br. 
zum 1. Oct. er. (1200 M. Gehalt). Bewerb, mit Zeugnissen an den 
Vorstand. — Assistentenstelle an der thierärztlichen Hochschule in 
Dresden (1000 M., Wohnung etc.). Gesuche bis 15. Sept. an die 
Direction. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Aachen: Montjoie. — R.-B. Düsseldorf: Landkreis Krefeld.— 
R.-B. Oppeln: Gross-Strehlitz (600 M.) znm 1. October er. 


SanltStsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen 
Arys: Schlachthofverwalter zum 1. Oct. er. (1800 M. Wohnung etc.; 
später ev. Gehaltserhöhung; Privatpraxis.) Gesuche bis 15. Sept. er. 
an den Magistrat. — Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Scblachtbof 
zum 1. Oct. er. (2400 M., steigend bis 3600 M.). Bew. bis 1. Sept. an 
den Senator Dr. Donandt. — Cassel: Schlachtbofassistenzthierarzt 
sofort. (1800 M. 3monatliche Kündigung.) Bewerbungen an den 
Dircctor. — Cottbus: Schlachthof-Assistenztbierarzt zum 1. Oct. er. 
Bewerb, mit Gehaltsansprüchen sofort an den Magistrat ' ( Anstellung 
diätarisch bei vierteljähriger Kündigung.) — Gr ätz: (Posen): 
Schlachthofinspector (1500 M., Wohnung etc., Privatpraxis in dienst¬ 
freier Zeit). Bewerb, an den Magistrat. — Halle: 2 Assistenz¬ 
thierärzte zu sofort bezw. 1 Octob. er. (1800 M. Wohnung etc.) 
Bewerbungen an den Schlacbtliof. — Lübeck: Hilfsthierarzt am 
Schlachthof. (2400 M. dreimonatliche Kündigung.) Bewerbungen 
an die Schlachthofverwaltung. — Rackwitz i. Pos : Thierarzt für 
Schlachtvieh- und Fleischschau (1200 M. Fixum. Privatpraxis.) 
Meid, beim Magistrat. — Wolkenstein: Schlachthofthierarzt. (Zu¬ 
nächst bis 1903 Beihülfe von 700 Mark zugesichert. Privatpraxis 
gestattet.) Bewerbungen an den Stadtrath. — Wollstein (Posen): 
Schlachthofinspector zum 1. Oct er. (1200 M. Wohnung etc. Privat¬ 
praxis in dienstfreier Zeit). Bewerb, an den Magistrat 

b) Nach Ablaul der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Düren: Schlachthofdirektor. — Graudenz: Assistenzthierarzt am 
Schlachthof. — Haltern: Snnitätsthierarzt. — Köln: Schlachthof- 
tbierarzt. — Königsberg (Ostpr.): Schlachthofthierarzt zum 
1. October er. — Ottweiler (Bez Trier): Schlachthausverwalter. — 
Pausa: Thierarzt für den Fleischbeschau-Bezirk. — Salzwedel: 
Schlachtbofvorsteher. — Stettin: 3. Schlachthofthierarzt zum 
1. September. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. 

— St. Wendel: Scblachthofverwalter. — Wolgast: Scblachtbof- 
verwalter zum 1. October er. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotzenau 
i. Schl. — Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen 
(Kr. Pillkallen). — Murrhardt — Schönbaum (Danzig). — 
Sold au (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. — 
Mengeringbausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schlea.). 

— Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.). 

— Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze Mecklb.). 

— Wolkenstein. 


Verantwortlich für don Inhalt (ozcL Insoratonthcll): Prof. Dr. Scbmaltz in Berlin. — Vorlag und Eigenthum Ton Richard Sehoetz in Berlin. — Druck von W. Büzenslein, TVorlio 


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Die „Berliner Thlerärxtllcho Wochenechrlfl“ erscheint 
wöchentlich yi Stärke von mindestens l 1 /, Bogen. Dieselbe 
ist tu beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1082) 
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Berliner 


Origlnalbeiträge werden mit 50 Xk. fllr den Bogen honorlrt. 
Alle Manuscriptc, Mittheilungen und rodactionelien An¬ 
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Thierärztliche Wochenschrift 


Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin. 

Verantwortlicher Kcdacteur. 

De Bruin Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZQndel 

Professor Oberthierarzt Dcpartementsthierarzt Kreisthicrar/.t Dcpartemenlsthierarzt Veterinärassessor Professor Landcs-Insp. f. Thierzucht Kreistliicrarzt 

Utrecht. Hamburg. Cöln. Angerinünde. Bromherg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag von Richard Schoctz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. M 37 . Ausgegeben am 13. September. 


Inhalt: Protocoll der 46. General-Versammlung des thierärztlichen Central Vereins der Provinz Sachsen, der anhaltisehen und thüringischen 
Staaten (Fortsetzung). — Ostertag: Ucber die Borna’sche Krankheit. — Referate: Brante: Castration der Fohlen dnreh 
Torsion. — Lignieres: Impfungsversucbc gegen Texasfieber. — Greiner: Erprobung der Lorenz’schen Schulzimpfungsmethode 
gegen den Rothlauf der Schweine. — Cadeac: Fractur des Condylus externus humeri und Luxation des Ellenbogens beim 
Hunde. — Tagesgcschichtc: Sitziingsprotocoll des Vereins der Thierärzte des Regierungsbezirks Wiesbaden. — Bericht 
über die 41. Sitzung des Thierärztlichen Vereins in Westpreussen zu Danzig. — Verschiedenes. — Staats veterinärwesen. — 
Fleischschau und Viehbandel.— Personalien. — Vacanzen. 


Protocoll der 46. General-Versainmluiig des thier- i biiden und erzeugen in Bouillon — im Gegensatz zu den Eiter¬ 
ärztlichen Central Vereins der Provinz Sachsen, der ! Streptococcen — eine diffuse Trübung. 

anhaltisehen und thüringischen Staaten Sämmtliche Versuchstiere des Laboratoriums verhalten sich 

zu Magdeburg, am 13. Mai 1900. <len Erregern der Borna’schen Krankheit gegenüber völlig ab- 

(Fortsetznng.) lehnend, und dadurch unterscheidet sich der Oster tag’sclie Befund 

Ueber di6 Borna’sche Krankheit. I vondem von Johne erhobenen; denn der Streptococcus von Johne 

Vortrag von Professor Dr. Ostertag. sei fiü ' Meerschweinchen pathogen. Ostertag bat auch niemals 

Professor Ostertag referirte einleitend über die von I durch Verimpfung der Ccrebrospinalflüssigkeit kranker Pferde 
Siedamgrotzky und Schlegel sowie von Johne ausgeführten Meor8chweinchen krank machen können > abgesehen von den 
Untersuchungen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind j FftlIen ’ in welchen in FoI - e vou Decubitus die Cerebrospinal¬ 
sehr werthvoll. Siedamgrotzky und Schlegel stellten durch Aüssigkeit ausser den Erregern der Borna’schen Krankheit noch 
sorgfältige Beobachtungen die klinischen Symptome, Johne durch 1 Eiterstreptococcen enthielt. Auch in einem zweiten Punkte kann 
sachgemässe Sectionen den anatomischen Befund der Bornaschen Ostertag Johne nicht beitreten, nämlich hinsichtlich der 
Krankheit fest. Der Kernpunkt der Untersuchungen lag aber in I Annahme der Verwandschaft und Aehnlichkeit der Erreger der 
'der Klärung der Ursache der Krankheit. Hierin gingen die Borna’schen Pferdekrankhoit mit den Erregern der menschlichen 
Folgerungen in den beiden Arbeiten auseinander. Wenngleich Cerebrospinalmeningitis; diese beiden Krankheiten haben weder 
von Siedamgrotzky und Schlegel einerseits und von Johne aetiologisch noch klinisch noch pathologisch-anatomisch oder 
andererseits Coccen gefunden wurden, so wichen dieselben doch I epidemiologisch in Betreff ihres Verbreitungsgebietes etwas mit¬ 
in ihren Eigenschaften wesentlich von einander ab. j einander gemein. 

Deshalb war die Aetiologie der Bornaschen Krankheit durch Die Resistenz der Versuchsthiere des Laboratoriums war 

erneute Untersuchungen zu prüfen. Hiermit ist Ostertag vom für die weiteren Arbeiten ein ausserordentliches Hemmniss. 
Herrn Minister für Landwirtschaft betraut worden. Die ersten Denn es waren nunmehr alle Untersuchungen am Pferd auszu- 
diesbezüglichen Untersuchungen wurden in Delitzsch und in führen, mit dem Sich nicht so leicht Massenexperimente aus- 
Herzberg a. E. in Gemeinschaft mit den Kreisthierärzten | führen lassen, wie mit Mäusen, Kaninchen und Meerschweinchen. 
Liebener und Hofherr ansgeführt. Hierbei fanden sich in Und das Arbeiten mit Pferden wurde noch dadurch ganz 
Uebereinstimmung mit den Angaben Johnes in der Cerebrospinal- I ungemein erschwert, dass das Pferd auf die Erreger der 
flüssigkeit Coccen, welche unbeweglich sind, nach Gram sich ent- Borna’schen Krankheit nur bei einer Einverleibungsart prompt 
färben, auf Agar zuerst kümmerlich, später üppiger, am besten reagirt, nämlich bei der Einspritzung unter die harte Hirnhaut 
aber stets im Condenswasser wachsen. Die Coccen zeigen sich auf dem von Johne genauer angegebenen Wege vom Hinter- 
an den natürlichen Fundorten als Diplococcen von Semmelform; hauptsloche aus. Auf keine andere Art und Weise gelang die 
sie wachsen aber auf künstlichem Nährboden zu kurzen Ketten sichere Infektion. Ostertags früherer Assistent Dr. Profe 
von 6—9 Gliedern heran. Die Glieder theilen sich genau wie es hat zwar die sehr interessante Feststellung gemacht, dass man 
Johne für den von ihm isolirten Diplococcus intracellnlaris be- durch häufig in kurzen Intervallen wiederholte Einspritzungen der 
schrieben hat, sowohl in der Qner- als auch in der Längs- Bornastreptococcen in die Blutbahn ein der Bornaschen Krank¬ 
richtung der Kette. Die Borna-Streptococcen verflüssigen heit ähnliches Krankheitsbild erzeugen kann. Ein continuirlicher, 
Gelatine nicht, sie wachsen auf sauren wie auf alkalischen Nähr- ! mit dem natürlichen übereinstimmender Krankheitsverlanf ergiebt 


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434 

sich aber nur bei der subduralcn Iiyection der Borna- 
Streptococcen. 

Durch subdurale Injection der Erreger der Borna'sehen 
Krankheit gelingt es bei Pferden, eine tödtlich endigende 
Borna’sche Krankheit zu erzeugen. Da dieser Weg unnatürlich 
ist, wurden alle übrigen Infectionsmodi versucht: Fütterung, Ein¬ 
spritzungen in das Auge, die Ohren, die Nase, die Bauchhöhle, 
durchweg aber ohne den gewünschten Erfolg. Es verhält sich 
hier also ähnlich wie beim Rothlauf der Schweine, bei welchem 
künstlich nur die intravenöse Injection sicheren Erfolg hat, 
während der Versuch der Ansteckung auf dem natürlichen 
Wege der Fütterung der Regel nach versagt. 

Der Ansteckungsstoff der Borna’sehen Krankheit lässt sich 
ausser auf Pferde auch auf Ziegen und Schafe übertragen, nicht 
dagegen auf Rinder und Schweine. Die Empfänglichkeit der 
Ziegen und Schafe ist aber viel inconstanter als diejenige des 
Pferdes. 

Merkwürdigerweise beschränkt sich das Vorkommen des Er¬ 
regers der Borna’8chen Pferdekrankheit auf die Schädel¬ 
höhlenflüssigkeit; nur in seltenen Fällen ist derselbe auch im 
Blut, in der Leber und im Urin zugegen. Bei der bacteriologi- 
sclien Untersuchung kann selbst gewandten Untersuchern der 
Irrthum unterlaufen, dass die gewöhnlichen Eiterstreptococcen 
für die Erreger der Borna’sehen Krankheit gehalten werden. 
Die Eiterstreptococcen finden sich im Blut, im Harn, in Leber, 
Milz, Nieren und auch im Gehirn solcher an der Borna’sehen 
Krankheit erkrankten Pferde, welche gelegen und sich hierbei 
Decubitus zugezogen haben. 

Die Borna’sche Krankheit ist als eine Cerebrospinalmeningitis 
bezeichnet worden. Diese Auffassung ist weder klinisch noch, 
wie Johne schon dargethan hat und von Ostertag bestätigt 
gefunden wurde, pathologisch-anatomisch begründet. Es handelt 
sich vielmehr um eine bacterielle Intoxication des Central¬ 
nervensystems. 

Mit der Feststellung des Krankheitserregers wäre nach 
früherer Auffassung die bacteriologische Arbeit abgeschlossen 
gewesen, jetzt nicht mehr. Heute betrachten wir die bacterio¬ 
logische Untersuchung nur als ein Mittel zum Zwecke der Be¬ 
kämpfung. Es wurde auch bei der Borna’sehen Krankheit 
eine bacteriologische Bekämpfung (Einspritzung von Serum, von 
normaler Gehirnsubstanz) versucht, indessen ohne Erfolg. Des¬ 
gleichen Hessen auch alle übrigen Versuche der Behandlung im 
Stich, trotzdem alle ableitenden und desinficirenden Mittel des 
Arzneischatzes zur Anwendung gekommen sind. Am meisten 
scheint nach den vorliegenden Erfahrungen in frischen Fällen 
noch Calomel in länger fortgesetzten kleinen Dosen (2 g pro die) 
und die subcutane Einspritzung von Oleum Terebinthinae nach 
Kohl-Lützen zu leisten. 

Bei diesen ausserordentlich geringen therapeutischen Aus¬ 
sichten büeb nur der Versuch einer prophylactischen Be¬ 
handlung übrig. 

Zu diesem Zwecke wurde durch an Ort und Stelle vorge- 
noramene Untersuchungen festzustellen versucht, unter welchen 
äusseren Verhältnissen die Borna’sche Pferdekrankheit auftritt; 
denn, wenn hierüber Klarheit geschaffen werden konnte, bestand 
die Aussicht, Vorkehrungen zur Verhütung der Krankheit zu 
treffen. 

Die angestellten Erhebungen haben ergeben: 

1. dass die Borna’sche Pferdekrankheit eine Krankheit 
des platten Landes ist, 


No. 37. 

2. dass sie an Orten mit guten Wasserverhältnissen wie 
in den mit Wasserleitungen ausgestatteten Städten der ver¬ 
seuchten Bezirke nicht vorkommt, 

3. dass sie von Thier zu Thier nicht übergeht, sondern nur 
durch Zwischenträger übertragen werden kann. 

Gleich bei den ersten örtlichen Erhebungen in der Umgebung 
Naumburgs, in Cölledaund in Lützen, die mit den Herrn Griesor, 
Borchardt und Kohl ausgeführt wurden, stellte es sich heraus, 
dass die erkrankten Pferde mit Wasser aus Kesselbrunnen ge¬ 
tränkt worden waren, welche durch abnorme Zuflüsse aus den 
Düngerstätten verunreinigt wurden. Hiermit in Ueberein- 
stimmung berichtete Herr Kreisthierarzt Kloss in Eisleben, dass 
in seinem Kreise die Borna’sche Krankheit nur in jenen Theilen 
auftrete, in welchen noch keine Wasserleitungen beständen, 
sondern die Pferde noch ans den alten, mangelhaften Hof¬ 
brunnen getränkt werden, 

4. dass die Krankheit besonders gut (mit Klee) genährte 
Pferde befällt, dass sie im Januar einsetzt, im Mai und Juni 
ihren Höhepunkt erreicht, im Juli und August seltener wird und 
im letzten Vierteljahr des Jahres völlig oder fast "völlig ver¬ 
schwindet. 

Um über die örtlichen Verhältnisse, unter welchen die 
Borna’sche Krankheit auftritt, ein grösseres Material zu erhalten, 
genehmigte der Herr Landwirthschaftsminister, dass der frühere 
Assistent Ostertags, Dr. Profö, nach Halle a. S. entsandt 
wurde, um von dort aus mitten im verseuchten Bezirk die 
Seuchengehöfte auf die Anzeige neuer Seuchenausbrüche zu 
bereisen und Untersuchungsmaterial von den erkrankten Pferden, 
von dem verabreichten Futter und Getränk zu entnehmen. Die 
Untersuchungen bestätigten, dass das den Thieren verabreichte 
Futter in der überwiegenden Zahl der Fälle von tadelloser 
Beschaffenheit war, dass dagegen das den Patienten als Getränk 
gegebene Wasser ohne Ausnahme die bekannten Symptome der 
Verunreinigung auf wies (Ammoniak und salpetrige Säure). Aus 
dem verunreinigten Kesselbmnnenwasser einiger Seuchengehöfte 
gelang es auch Dr. Profe in dem von der sächsichen Land- 
wirthschaftskammer eingerichteten Laboratorium, wie Professor 
Ostertag selbst, die Erreger der Boma’schen Pferdekrankheit 
rein zu züchten Sodann Hess sich ermitteln, dass die fraglichen • 
Mikroorganismen in destillirtem und in reinem Leitungswasser zu 
Grunde gehen, während sie in Wässern mit stickstoffhaltigen Ver¬ 
unreinigungen vorzüglich gedeihen. Ferner stellte Ostertag fest, 
dass die Keime durch Austrocknen schnell absterben und deshalb 
durch trockene Futtermittel nicht übertragen werden können, 
während sie in feuchten Substraten bis zu 4 Wochen lebens¬ 
fähig bleiben können. 

Hierauf gründet sich, wie genauer ausgeführt wurde, die 
von Ostertag bereits 1899*) empfohlene Prophylaxe der 
Borna’schen Krankheit: Beschaffung reinen Trink¬ 
wassers entweder durch Anlegung von abessinischen 
oder Röhrenbrunnen oder von einwandfreien Wasser¬ 
leitungen. Denn es muss nach allen Ermittelungen angenommen 
werden, dass die Ansteckung der Pferde mit den Erregern der 
Borna’schen Krankheit durch verunreinigtes Trinkwasser erfolgt. 
Vortragender constatirt, dass in dieser Hinsicht die Besitzer 
verseuchter Gehöfte unter dem Zwange der örtHchen Ver¬ 
sicherungskassen eine erfreuliche Rührigkeit entfalten, und dass 
daher wahrscheinlich schon nach Jahresschluss festzustellen sein 

*) Landwirtschaftliche Wochenschrift für die Provinz Sachsen, 
1899, No. 14. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


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13. September 1900. 

wird, ob die Borna’sche Krankheit von den mit gutem Trink¬ 
wasser versehenen bäuerlichen Gehöften ebenso fern bleiben wird 
wie von den mit Wasserleitungen ausgestatteten grösseren 
Städten des Regierungsbezirks Merseburg. 

Nachdem vom stellv. Vorsitzenden dem Herrn Referenten 
der Dank der Versammlung in treffenden Worten zum Ausdruck 
gebracht war, wurde auch über diesen Vortrag die Discussion 
eröffnet. 

Zunächst bemerkt Dr. Felisch-Merseburg, dass sämmtliche 
von ihm während seiner Amtsthätigkeit in Merseburg gesammelten 
Erfahrungen dafür sprechen, dass die Borna’sche Krankheit Hin¬ 
durch verunreinigtes Wasser verbreitet wurde. Es musste 
z. B. der sonst benutzte gute Brunnen der landwirtschaftlichen 
Versuchsstation in Lauchstedt einer Reparatur unterzogen werden, 
während welcher Zeit (ca. acht Tage) die vier auf dem Gehöfte 
vorhandenen Pferde aus einem Kesselbrunnen getränkt wurden; am 
achten Tage erkrankte ein Pferd schwer an Borna’scher Krank¬ 
heit und wurde getödtet. 

In Merseburg sowie in allen Städten des Regierungsbezirks, 
in denen Wasserleitung ist, tritt die Borna’sche Krankheit nicht 
auf. Kohl-Lützen unterstützt die Ansicht voll und ganz 
und führt zum Beweise dafür aus, dass in Lausen ebenso in 
Markranstädt jedes Jahr 20—30 Fälle von Borna’scher Krankheit 
bisher vorgekommen seien. Jetzt sei in der Nähe von Lausen 
eine Wasserleitung für Markranstädt angelegt: seit dem Be¬ 
stehen der Wasserleitung sei die Krankheit in Markranstädt nicht 
wieder vorgekommen, in Lausen bestehe dieselbe heute noch. 

Kr.-Th. Griesor berichtet über einen Fall von Borna’ 
scher Krankheit, bei dem Pferde eines Besitzers, dessen Gehöft 
an .der Grenze, der Naumburger Wasserleitung liegt, und der 
aus einem Kesselbrunnen tränkt, während in Naumburg selbst 
die Krankheit nicht beobachtet ist. 

Aehnlich liegen die Verhältnisse für Halle a. S. und seine 
Umgebung, wie Kr.-Th. Friedrich ausführt. In Halle war bei 
einem Pferde eines Fuhrwerksbesitzers die Borna'sche Krankheit 
festgestellt und zugleich ermittelt, dass das Thier auch ausser¬ 
halb getränkt worden war. Ein angeblich zweiter Erkrankungsfall 
in Halle ist nicht amtlich festgestellt. Die später von Herrn 
Prof. I)r. Oster tag an Ort und Stelle angestellten Recherchen 
liessen es zweifelhaft erscheinen, ob Borna’sche Krankheit Vor¬ 
gelegen. 

Auch führte Friedrich an, dass der Gutsbesitzer Wilde 
in Rabatz einen Röhrenbrunnen angelegt und trotzdem wieder 
einen Bornafall gehabt hätte. Die Anlage dieses sogenannten 
Röhrenbrunnens war, wie sich bei der späteren Besichtigung 
durch Herrn Professor Dr. Ostertag feststellen Hess, vollständig 
falsch. 

Friedrich hat — ebenso wie die übrigen Beobachter — 
auch im Saalkreise eine Häufung der Fälle im 2. und 3. Quartal, 
dagegen eine Beschränkung der Krankheit im 1. und 4. Quartal 
festgestellt. 

Ferner hat Friedrich seit Anfang d. Js. das Wasser ans 
den Seuchengehöften Herrn Dr. Erdmann, Professor für an¬ 
gewandte Chemie an der Universität in Halle, zur Untersuchung 
übergeben, durch dessen Analysen festgestellt wurde, dass 
sämmtliche Wasserproben aus den verseuchten Gehöften sal¬ 
petrige Säure enthielten, also überaus stark verunreinigt ,waren. 

Die Betrachtung der von Friedrich vorgelegten Karte, in 
welcher die im Jahre 1899 und bis dato 1900 festgestellten 
Fälle, bezw. verseuchten Ortschaften kenntlich gemacht waren, 


435 

ergiebt, dass von den 31 im Vorjahre verseuchten Ortschaften 
in diesem Jahre (also bis Mitte Mai) bereits wieder 13 verseucht 
sind, ausserdem sind in 10 Ortschaften, die in der Nähe der 
altverseuchten liegen, neue Fälle festgestellt. In 20 in un¬ 
mittelbarer Nähe von Halle gelegenen Ortschaften herrscht die 
Krankheit, während sie vor Halle halt macht. 

Zum Schluss hebt Herr Professor Dr. Ostertag noch ein¬ 
mal hervor, dass nach dem jetzigen Erfahrungs- und Beobachtungs¬ 
material sowie auf Grund eingehender wissenschaftlicher 
Arbeiten die Bekämpfung der Borna’schen Krankheit einzig und 
allein durch Anlage von Röhrenbrunnen, d. h. durch Beschaffung 
guten, reinen Wassers herbeigefühlt werden kann. 

(Schluss des Berichts folgt.) 

Referat e* 

Castration der Fohlen durch Torsion. 

Von Veterinär L. Brante-Lund (Schweden). 

(Maancdsskrift für l>yrliif?cr XII, 3.) 

Mitgetheilt von H. C. Fock, Ahrensbök. 

Von allen an unseren Hausthieren ausgeführten Operationen 
ist wohl keine mehr besprochen — besonders in den letzten 
Jahren — als die Castration der Hengste. Die veraltete 
Castrationsmethode mit Kluppen hat schon vor vielen Jahren 
hier im Norden der Torsionsmethode weichen müssen, welche 
unleugbar mit den Forderungen an eine chirurgische Operation 
in unseren Tagen besser harmonirt. 

Ans Prof. Sand’s interessantem Vortrage „Ueber die 
Castrationsmethoden“ im thierärztlichen Verein zu Kopen¬ 
hagen am 3. September 1898 ging hervor, dass ca. 70 pCt. der¬ 
jenige« Thierärzte, welche Bericht eingesandt hatten, die 
Torsionsmetbode angewendet hatten, und in Schweden gebraucht 
sicherlich eine ebenso grosse Anzahl diese Methode bei Castration 
der Fohlen. Ungeachtet die Mehrzahl der Thierärzte die 
Torsionsmethode anzuwenden scheint, so hat es doch den 
Anschein, als ob viele mit den Resultaten nicht ganz 
zufrieden sind, wenn man nach der Discussion, die dem oben¬ 
erwähnten Vortrage folgte, urtheilen darf. 

Prof. Vennerholm sagt, dass „das Ideal einer Castrations¬ 
methode diejenige sein müsse, welche am schnellsten aus¬ 
zuführen ist, welche dem Thiere die geringst möglichen 
Schmerzen verursacht, welche die geringst mögliche Reaction im 
Gefolge hat, welche Sicherheit gegen Nachblutung giebt und 
welche keine Nachoperation erfordert.“ Hiergegen ist nichts 
einzuwenden; da aber noch keine der bekannten Castrations¬ 
methoden alle diese Forderungen in einem solchen Grade wie 
die Torsion hat erfüllen können, so werde ich die von mir ge¬ 
machten Erfahrungen hierdurch mittheilen. 

Die Operation, welche sich ohne Zweifel am besten früh im 
Frühlinge oder später im Herbste ausführen lässt, kann übrigens 
auch zu einer anderen beliebigen Zeit vorgenommen werden. Viel¬ 
leicht ist der Herbst doch insofern die beste Zeit, weil der Haar¬ 
wechsel in dieser Zeit in der Regel nicht vorkommt. Uebrigens 
ist auch das Frühjahr deshalb ganz passend, weil die Thiere 
gleich nach der Operation ins Freie auf Weide kommen und sich 
dort selbst Bewegung machen können. Vorbereitende Versnchs- 
regeln sind nicht erforderlich, namentlich nicht für Fälle unter 
einem Jahre. Jedoch muss man die Vorsicht beobachten, nicht 
mehr als 5—6 Fohlen auf einmal zu castriren, um durch 
neue Sterilisirnng der Instrumente keinen Aufenthalt zu be¬ 
kommen. Ferner habe ich kurz vor der Operation nie eine 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Nachgeburt abgeuummen oder ähnliche Arbeiten verrichtet, 
wobei man sich besudeln kann, sondern habe stets ein neu¬ 
gewaschenes Operations-Hemd angezogen. 

Die Instrumente, welche ich bei der Operation benutze, sind: 
ein Messer mit Nickelschale, das zusammengeklappt werden 
kann, eine gewöhnliche Krummscheere und die bekannten 
Vennerholm’schen Torsionszangen. Diese Sachen habe ich 
sämmtlich zu Hause in ein reines Handtuch eingewickelt, und 
ich lasse sie 15 Minuten kochen, bevor ich sie zur Castration 
benutze. Während der Operation werden die Instrumente in 
einer lproc. Lysollösung aufbewahrt. 

Das Pferd wird mittelst des Berliner Wurfzeuges auf die 
linke Seite geworfen, entweder auf reines Stroh oder auf 
einen Rasen. Das rechte Hinterbein wird frei gemacht, nachdem 
zuvor eine Leine (Reif) um den Huf und eine Plate-longe um 
den Unterschenkel geschlungen ist. Letztere erstreckt sich bis 
zum Widerrist, von hier unter den Hals, weiter über die 
Brust und schliesst unter dem Unterschenkel hinter der Achilles¬ 
sehne. Bevor die Plate-longe befestigt wird, beugt man die 
Extremität mittelst der um den Huf gelegten Leine, welche an 
der äusseren Seite des Unterschenkels ebenfalls hinter der 
Achillessehne unter dem Unterschenkel, sowie an den Huf 
zurück und wieder um den Unterschenkel läuft, um an diesen 
befestigt zu werden. Mittelst der Plate-longe wird die stark 
gebeugte Extremität so weit als möglich vorwärts gezogen und 
darnach ebenfalls um den Unterschenkel befestigt, und beide 
Leinen werden von einem Mann, welcher in der Lendengegend 
des Pferdes niederkniet, mit der linken Hand festgehalten. 
Derselbe Mann zieht mit seiner rechten Hand den Schweif gegen 
das Kreuz. Auf diese Weise befestigt, hat das Pferd seine 
Kraft verloren. Der Vortheil bei dieser Methode gegenüber dem 
Fixiren des Beines im Fessel ist einleuchtend. Das Festbinden 
um die Achillessehne wirkt wie eine Bremse, und da das Bein 
ausserdem in gebeugter Stellung fixirt ist, so sind die 
Kräfte fort, weil die Muskeln unter den ungünstigsten Ver¬ 
hältnissen wirken. Selbstverständlich wird hierdurch die Gefahr 
vor Frakturen der Lende und des Femurs wesentlich ver¬ 
mindert. 

Während des Befestigens der Extremität lasse ich einen 
Assistenten die Umgebungen des Scrotums und die Innenseite 
der Schenkel bis an die Sprunggelenke reinigen. Hiernach 
wird ein feuchtes Handtuch um das rechte Sprunggelenk gebunden, 
wodurch ich verhindere, dass Staub und dergleichen, sowie lose 
Haare auf die Operationsstelle fallen. Diese wird jetzt mit 
einer 3 proc. Lysollösung sorgfältig desinficirt. 

Nachdem die Hände des Operateurs ebenfalls mit Lysol¬ 
wasser desinficirt worden sind, bücke ich mich nieder hinter 
dem Pferd (jedoch nicht so, dass ich mich aufs Knie lege, denn 
hierdurch wird leicht die rechte Schenkelpartie berührt und die 
Wunde inficirt), und die Operation beginnt auf die gewöhnliche 
Weise. Die Hautschnitte werden weit nach vorn angebracht, 
denn hierdurch werden die Wundlippen sich dichter aneinander 
legen, und eine möglicherweise von den Häuten oder von der 
Hautwunde entstehende Blutung bekommt leichteren Abfluss. 
Es ist deshalb kein Vortheil, die Schnitte zu klein zu machen. 
Besonders sorge man dafür, dass die Wunde der Scheidenhaut 
nicht zu klein werde, so dass sie sich hinten an dem Hu nt er¬ 
sehen Leitbande nach aufwärts faltet und eine Tasche bildet, 
die dann leicht mit Blut oder Serum gefüllt wird und die Wnnd- 
lippen getrennt hält, so dass eine Infection leichter vor sich 


No. 37 

geht. Der Schnitt wird deshalb so gross gemacht, dass der 
Hoden mit Leichtigkeit nach oben gepresst werden kann; 
darauf erfasst man den Samenstrang mit der linken Hand und 
zwar gerade unterhalb des vorderen Theils des Nebenhodens, 
so dass die Hand sowohl die Blutgefässe als auch den Samen¬ 
leiter umschliesst; das hintere Septum durch trennt man mittelst 
einer Scheere oder eines Messers (ich gebrauche die Hände so 
wenig wie möglich), worauf man das Band unmittelbar am 
Nebenhoden durclischneidet. Wenn das Thier den Hoden zurück¬ 
hält (aufzieht), so warte ich einen Augenblick, bis der Hebe¬ 
muskel erschlafft und man mit Leichtigkeit den Hoden hervor¬ 
ziehen kann. Es ist von grosser Wichtigkeit, den Hoden nicht 
mit Gewalt hervorzuziehen, denn durch forcirten Zug entstehen 
sehr leicht Rupturen des Funiculus, welche die Ursache zn 
Blutungen und darauf folgender Funiculitis abgeben. Auf die 
frischen, nicht varicös erweiterten Blutgefässe legt man nun, 
10—15 Centimeter gegen den Inguinalcanal hinauf, die Fixir- 
zange, welche durch ein kräftiges Schieben des Ringes 
geschlossen wird. Ungefähr 2 Centimeter von der Fixirzange 
entfernt, legt man nun die Abdrehnngszange an, welche eben¬ 
falls gut geschlossen wird. Der Testikel wird auf den kleinen 
Haken geheftet, die Torsionszange mit beiden Händen erfasst 
und der Samenstrang so schnell als möglich abgedreht. Ist der 
Samenstrang abgedreht, so schiebt man den Ring an der 
Fixirzange zurück, öffnet die Arme der Zange und lässt den 
Stumpf in den Inguinalcanal versinken ohne die Aus¬ 
spülung mit Desinfectionsmitteln anzuwenden. Aus leicht 
erklärlichen Gründen kann ich möglicherweise hineingekommene 
Keime nicht tödten oder fortspülen, und welchen Nutzen hat 
da die Ausspülung? Diese giebt nur Veranlassung zu . einer 
schädlichen Irritation der Gewebe. 

Auf dieselbe Weise wird der andere Testikel entfernt, und 
mittelst steriler Watte wird vorhandenes Blut aufgesaugt. Die 
Hautwunde wird offen gelassen, aber mit Watte bedeckt, 
während das Fohlen aus dem Wurfzeug gelöst wird. Darauf 
erhebt das Thier sich, und ich lasse einen Mann den Schweif 
halten, bis dieser aufgebunden worden ist. 

Hinsichtlich der Nachbehandlung bemerke ich, dass der 
Schweif drei bis vier Tage aufgebunden bleiben muss, damit 
das Thier nicht mit demselben an die Wunde peitscht. Der 
Stall wird rein gefegt und mit reinem Stroh gestreut, was 
übrigens besonders in den ersten Tagen häufig geschehen muss. 
Am ersten Tage nach der Operation wird das Fohlen bewegt., 
und dies wird täglich ein oder einige Male wiederholt und zwar 
jedenfalls, es mag sich Geschwulst einstellen oder nicht. Kann 
das Thier auf die Weide kommen, so ist in den meisten Fällen 
keine andere Bewegung nöthig, besonders nicht für Füllen im 
Alter von einem Jahr. 

Was das Resultat der Operation betrifft, so stellt sich das¬ 
selbe, wie aus beigefügter tabellarischer Uebersicht ersichtlich, 
sehr vortheilhaft. Von 366 castrirten Hengsten sind 290 ohne 
Eiterbildung geheilt; bei diesen wurde nur selten etwas Oedem 
beobachtet, sondern die Thiere zeigten sich, als seien sie gar 
keiner Operation unterworfen gewesen. Jedoch erinnere ich, 
dass ich bei einigen wenigen Stücken einen geringen Grad von 
„Wasserbruch“ bemerkt habe. 

Unter den übrigen Pferden ist, wie aus der Tabelle hervor¬ 
geht, neun Mal Blutung vorgekommen. In dem ersten Jahre 
in beiden Fällen an der rechten Seite, vermuthlich w'eil ich die 
Zange nicht hoch genug angelegt habe. Später ist die Blutung 


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13. September 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


437 


gewiss eine Folge von Beratungen (Rupturen) im Samenstrang 
gewesen, hervorgerufen durch zu heftiges Ziehen am Hoden. 
Uebersicht der mittelst Torsion castrirten Hengste. 


Jahr¬ 

gang 

Alter (Jahre) 

Summa 

! 

Ohne Suppuration 
geheilt 

Geheilt mit Suppuration 

Wurf¬ 

methode 

Blutung 

Prolapsus 

funiculi 

Prolaps des 
Netzes 

Infiammat. 

Oedem 

1 

■§! 

CO 

a 

o a 

1 

2 

ältere 

1893 

22 

17 

1 

40 

31 

2 

1 

— 

6 

— 

Berliner 

1894 

24 

27 

3 

54 

47 

1 

1 

1 

4 

— 

Stuttgarter 

1895 

25 

14 

4 

43 

34 

3 

— 

— 

6 

— 

do. 

1896 

30 

27 

2 

59 

43 

— 

— 

— 

16 

— 

Berliner 

1897 

35 

14 


49 

39 

1 

— 

1 

7 

i 

do. 

1898 

58 

11 

1 

70 

55 

1 

2 

1 

10 

i 

do. 

1899 

38 

11 

2 

51 

41 

1 

— 

— 

8 

i 

do. 

Summa 

366 

290 

9 ; 

4 

3 

57 

3 



Dieses glaube ich zum Theil daraus schliessen zu dürfen, 
dass Funiculitis sich fast sofort einfand. In keinem Fall ist die 
Blutung ernstlicher Art gewesen; sie hörte auf, sobald ich eine 
Leine vom Stallbaum aus hinten um das Pferd in den Ring der 
Krippe band, wodurch dasselbe gezwungen wurde, mit den 
Hinterbeinen so nahe zusammen als möglich zu stehen. Zwei 
bis drei Tage nach der Operation sind die Blutcoagula aus¬ 
gespült worden, und die Wunden sind später durch Suppuration 
geheilt. 

Vier Fälle von Vorfall der Vaginal-Duplicatur sind 
beobachtet, und, soweit ich es ermitteln konnte, als Folge davon, 
dass die Tunica dartos sich nach hinten zusammengefaltet hatte. 
Diese Complication hat in der Regel sich nach einigen Tagen 
eingestellt, hatte aber immer Eiterbildung zur Folge. 

Das Netz ist dreimal vorgefallen und zwar bei einjährigen 
Füllen, aber fast stets einen Tag nach der Operation, nur in 
einem Falle nach Verlauf von fünf Tagen. Irgend weitere 
Unannehmlichkeiten habe ich hierdurch nicht gehabt; das Thier 
ist mir zugeführt worden, das prolabirte Stück ist mit Catgut 
ungefähr 3 cm innerhalb der Scrotalwunde unterbunden und 
später abgeschnitten worden. 

Unter der Rubrik inflammatorisches Oedem habe ich 
alle diejenigen Thiere aufgeführt, bei welchen die eine oder 
beide Wunden inficirt wurden, entweder während der Operation 
selbst oder nach derselben. Selten gab sich dies eher als 
6—10 Tage nach der Castration zu erkennen. In den ersten 
vier Jahren wurden die Instrumente nicht gekocht, und es kam 
deshalb oftmals schwerere Infection mit darauffolgendem hohen 
Fieber und verminderter Fresslust vor. In allen denjenigen 
Fällen, wo die Umgebung des Scrotnras angeschwollen war, 
liess ich den Besitzer das Thier nach meinem Hause führen, 
öffnete die Wunden und spülte sie aus, und zwar so hoch 
hinauf wie nur möglich. Diese Behandlung Hess ich später den 
Besitzer zweimal täglich wiederholen. In den letzten Jahren 
spüle ich die Wunden nur in den Fällen aus, wo Fieber und 
verminderte Fresslust sich eingefunden haben, und dann selten 
mehr als einmal. Sollte ein Oedem im Hodensack entstehen, 
so lasse ich den Besitzer einmal täglich mit zwei gut ge¬ 
reinigten Fingern die Wunden öffnen. Hiermit lasse ich ihn 
fortfahren, bis sich Eiterbildung eingefunden nnd die Geschwulst 
sich verloren hat. Vermeintlich nützt es nichts, lange 
mit Ausspülen der Wunden fortzufahren; die Hauptsache ist, 
dass man dem Serum und dem Eiter Abfluss verschafft, sowie 


ferner, dass man nicht aufs Neue Sepsis herbeiführt. Wenn man 
sich einige Routine in der Operation verschafft hat, und gut 
gereinigte und desinficirte Instrumente anwendet, so gehört es 
gewiss zur Seltenheit, dass der Samenstrang inficirt wird. Sollten 
die Wunden während oder nach der Castration verunreinigt 
werden, was sehr leicht angehen kann, und was ebenfalls un¬ 
möglich ist, unter allen Verhältnissen zu verhindern: so muss 
man nicht so viel Aufhebens davon machen, sondern den Be¬ 
sitzer auf oben erwähnte leichte Weise behandeln lassen, die 
zum Theil noch von den Tagen der Kluppenmethode her in der 
Erinnerung der Leute lebt. 

Cystenbildung im Vaginalsack gehört zu den mehr 
selteuen Folgen. Sie entsteht dadurch, dass der eine oder 
andere Mikroorganismus in den Scrotalsack gekommen ist und 
hier eine chronische Entzündung, nachdem die Wunden geheilt 
sind, unterhält Erst nach Verlauf von einem Monat bis sechs 
Wochen, oder vielleicht nach einer noch längeren Zeit entsteht 
die fluctuirende Geschwulst. Die Geschwulst wird am stehenden 
Thiere mit Brenneisen geöffnet, der Inhalt entleert und die 
Innenseite des Sackes mit dem kugelförmigen Brenneisen leicht 
touchirt; es stellt sich darnach eine gutartige Eiterbildung ein, 
und die Wunde heilt in etwa 10 Tagen. 

lmpfnngsversnche gegen Texasfieber. 

Von Ligniöres-Alfort. 

(Rocueil, SO. Juli 1900.) 

L. hat nachgewiesen, dass die in Argentinien unter dem 
Namen „Tristeza“ bekannte Seuche nur eine Form des zuerst 
von Smith und Kilborne beschriebenen Texasfiebers ist. 
Verursacht wird die Seuche durch ein endoglobuläres Haeraa- 
tozoon, das Pyroplasraa bigeminum. Die Seuche wird durch 
Zecken verbreitet, deren Mütter sich vom Blute kranker Thiere 

f 

genährt haben. Die Sterblichkeit ist sehr gross und sehr selten 
widerstehen erwachsene Thiere der Krankheit, es verleiht aber 
das Ueberstehen eine sichere Immunität. 

L. hat über die Aetiologie der Seuche, die Biologie des 
Parasiten und die von ihm beobachteten Fälle eine reich mit 
Zeichnungen und Photographien versehene Broschüre ver¬ 
öffentlicht. In dieser Broschüre ist aber, weil sie vor Beendigung 
der Versuche zur Ausgabe gelangte, nicht angegeben, dass es 
L. gelungen ist, noch vor seiner Abreise aus Bnenos-Ayres ein 
Impfungsverfahren gegen die Tristeza zu finden. Die von L. 
angestellten Versuche ergaben, dass die geimpften Thiere 
ohne Nachtheil die Inoculation einer Dosis virulenten Blutes 
vertragen, die die als Zeugen benutzten Thiere tödtete resp. 
schwer krank machte. 

Diese Versuche sind von grosser Bedeutung, da es das 
erste Mal ist, dass gegen eine Haematozoenkrankheit geimpft 
werden kann. Die Versuche werden im Laufe des Monats in 
Alfort wiederholt werden, und hat die Societü centrale de medecine 
veterinaire eine aus den Herren Moussu, Mollerean, Nocard 
und Railliet bestehende Commission mit der Berichterstattung 
beauftragt. 

Erprobung der Lorenz’schen Schutzimpfungsmethode 
gegen den Bothlanf der Schweine. 

Von A. Gr ein er, k. k. Veterinär-Inspector. 

(Tbler&rztl. Centralblatt 1900, H. 15.) 

Die Versuche nahmen ihren Ausgang von der Thierärzt¬ 
lichen Hochschule in Wien, wo dieselben von Schindelka ge¬ 
leitet wurden. 7 Schweine im Gewicht von 19 bis 35 kg wurden 


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BERLINER TllIERÄRZTI.ICHE WÖCIIENSCHR1FT. 


No. 37. 


Tagesgeschichte. 


438 

mit Impfstoffen erfolgreich immunisirt, welche direct von Lorenz- 
Darmstadt bezogen waren. Ebenso gelang es, 50 Schweine ver¬ 
schiedener Gemeinden in 11 Höfen bäuerlicher Besitzer gegen 
Rothlauf zu schützen. Impfrothlauf trat in keinem einzigen 
Falle auf. 2 Schweine der zweiten Serie zeigten am vierten 
Tage nach der Seruminjection eine stärkere Infiltration des 
UnterhautbindegewebeB an der Einstichstelle. Diese Schweine 
wurden nicht mit Cultur nach geimpft. Bei einem dieser Stücke 
verbreitete sich die Anschwellung über den ganzen Vorder¬ 
körper und veranlasste einen letalen Ausgang. Als Todesursache 
wurde malignes Oedem ermittelt. Das andere Schwein wurde 
gesund. Die übrigen 54 Schweine zeigten nach der Impfung 
keine Gesundheitsstörung und bestanden auch später die Ver¬ 
suche, welche zur Controle ihrer Immunität vorgenomraen wurden. 
Drei Impflinge erlagen jedoch einer Schweinepestinfection. 

Die modilicirte Lorenz'sehe Methode des Dr. Schreiber 
aus Landsberg a. d. Warthe, welche auf Veranlassung des k. k. 
Ackt rbauministerinms erprobt wurde, hatte keine so guten Re¬ 
sultate, wie das erstgenannte Verfahren. Denn es ereigneten 
sich dabei „böse Impfzufälle“, die indess vom Verf. nicht näher 
erläutert werden. Das Ackerbauministerium kam auf Grund 
seiner Versuche zu dem Resultat, dass neben dem Lorenz’sclien 
Originalserum, welches von der Landwirthschaftskammer der 
Provinz Brandenburg in Prenzlau läbricirt werde, andere Schutz¬ 
sera nicht zu empfehlen seien. 

In dem Aufsatze werden weiterhin eine Reihe Versuche an¬ 
geführt, welche darthun sollen, dass durch directe Injection von 
virulenten Lorenz’schen Rothlaufculturen eine Infection bei 
Schweinen nicht erzielt werde. Aus den Beobachtungen gehe 
hervor, dass die Rothlaufschutzimpfung nach Lorenz als ge¬ 
fahrlos betrachtet werden könne. 

Fractur des Condylus extemus humeri und Luxation 
des Ellenbogens beim Hunde. 

Von Prof. Cadöac. 

(Journal «In I.yon, 30. 0. 1900.) 

Ein Hund hatte sich in Folge eines Sprunges das linke 
Vorderbein gebrochen. Die Fractur hatte ihren Sitz in der 
Nähe des Ellenbogens. Das ganze Bein wurde vei mittelst Silicat¬ 
verband fixirt; nach fünfundzwanzig Tagen war jedoch keine 
Consolidation erzielt und zeigte die innere Fläche des Ellen¬ 
bogens eine erhebliche Schwellung. 

Die Bemühungen, die Fractur zur Heilung zu bringen, waren 
vergebliche, weshalb zur Knochennaht Zuflucht genommen werden 
sollte. Zu diesem Zwecke wurde die äussere Seite des Eilen¬ 
bogengelenkes incidirt, wobei constatirt wurde, dass das untere 
Ende des Humerus abgewichen war und dass eine intra-articuläre 
Fractur vorlag. Die Läsion wurde als unheilbar betrachtet und 
das Thier getödtet. Die nähere Untersuchung ergab, dass der 
Condylus externus vom Humerus abgetrennt war und dass dieser 
Theil mit der radio-cubitalen Gelenkfläche in Verbindung ge¬ 
blieben war. Der Condylus war stark mit Granulationen über¬ 
wuchert und nur auf der externen Seite fand sich noch etwas 
gesunder Knorpel vor. Der untere Condylus war am Humerus 
geblieben, derselbe lag mehr nach hinten auf der inneren Seite 
des Radius und des Cubitus. Auch dieser Condylus zeigte zahl¬ 
reiche Wucherungen besonders an seinem externen Rand. Auf 
dem unteren Rand bemerkte man eiförmige knorpelige Flächen, 
welche einer Knorpellage entsprachen, die sich auf der internen 
Seite des Radius entwickelt hatte. Um das Pseudogelenk hatte 
sich ein Kapselband entwickelt. 


Zur Promotion in Bern. 

Seit der Umwandlung der Thierarzneischule zu Bern in eine 
veterinännedicinische Facultät mit Proraotionsrecht ist augen¬ 
scheinlich vielen deutschen Thierärzteu der Gedanke nahe¬ 
getreten, in Bern als Dr. med. vet. zu promoviren. Ganz mit 
Recht, denn die Art der Promotion ist einwandsfrei, weil 
den deutschen Anforderungen entsprechend. Abgesehen vom 
Abitnrientenexaraen, von welchem ja deutsche Universitäten auch 
absehen, verlangt man dasselbe, wie in Deutschland, eine 
Dissertation und ein mündliches Examen. 

Nun ist aber in Preussen durch Cabinetsordre vom 
7. April 1897 die Führung eines ausserhalb Deutschlands er¬ 
worbenen Doctor-Titels von der Genehmigung des Cultusministers 
abhängig gemacht. Ein prenssischer Thierarzt, der in Bern 
promoviren wollte, hat deshalb vorher ein Gesuch resp. eine 
Anfrage betr. der eventuellen Genehmigung an das Cultus- 
Ministerium gerichtet. Darauf ist ihm folgender Bescheid zu- 
gegangen: 

Berlin, den 11. August 1!)00. 

Auf die Eingabe rum 1. August d. J. erwidere, ich, dass 
Ihnen die, Genehmigung zur Führung eines ausländischen thier- 
ärztlichen Doctor-Titels in Preussen nicht in Aussicht gestellt 
werden kann. Im Aufträge': Alt ho ff. 

Wir wollen dahingestellt sein lassen, ob diese fürsorgliche 
Anfrage von vornherein als zweckmässig anzusehen war, indem 
sie nothwendigerweise eine principielle Entscheidung heraus¬ 
forderte. Der obenerwähnten Cabinetsordre liegt natürlich die 
(sehr berechtigte) Absicht' zu Grunde, dem Cultusminister die 
Prüfung jedes einzelnen Falles vorzubehalten, nicht aber ein 
allgemeines Verbot ausländischer Doctortitel herbeizutühren. 
Wir glauben, dass für die Genehmigung im Einzelfall nur die 
Leistungen, durch die der Doctorgrad erworben ist, also die 
Promotionsbedingungen und die Qualität der Dissertation ent¬ 
scheidend sein können. Der Dispens vom Abitnrientenexaraen 
allein könnte einen Grund zur Verweigerung der Genehmigung nicht 
bieten, da auch deutsche Universitäten solchen Dispens gewähren. 

In dem obigen Bescheid liegt der Schwerpunkt natürlich in 
dem Worte „thierärztlich“. Nicht die Genehmigung zur Führung 
eines ausländischen Poctortitels im allgemeinen, sondern eines 
ausländischen thierärztlichen Doctortitels wird grundsätzlich 
abgelehnt. Nur einem thierärztlichen Doctortitel gegenüber 
wird die Prüfung des Einzelfalles von vornherein für aussichtslos 
erklärt. 

Dieser Bescheid ist aber nicht überraschend, war vielmehr 
vorauszusehen. Seit der Loslösuug des thierärztlichen Unter¬ 
richts aus dem Ressort des Cultusrainisteriums begegnet die 
Thiermedicin in ihrem Ringen um einen Platz an der academi- 
schen Tafel dort nicht nur einer strengen, sondern unverkenn¬ 
bar ungünstigen Auffassung. Ueberall, wo bei thierärztlichen 
Angelegenheiten die Entscheidung der Unterrichtsverwaltung 
mit ins Gewicht fiel, ist es den Thierärzten auffällig schlecht er¬ 
gangen. Es kami z. B. nicht zweifelhaft sein, wo der ,Schulantrag 
Preussens“ von 1893, betr. die Verminderung der thierärztlichen 
Vorbildung, seinen eigentlichen Ursprung hatte. Die Docenten 
der thierärztlichen Hochschulen sind als blosse Titularprofessoren 
ohne königliche Ernennung thatsächlich den Mittelschullehrern 
gleichgestellt und von allen wirklichen academischen Professoren 
abgesonderf. Nicht minder bezeichnend ist der Erlass, dass 
bei Promotionen an deutschen Universitäten von Studien au 


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439 


BERLIN KR THIERÄR7.TLK ’IIK WOCHENSCHRIFT. 


13. September 1900. 

technischen und landwirtschaftlichen Hochschulen drei Semester 
angereclmet werden müssen, während für Studien an thierärzt¬ 
lichen Hochschulen (und Forstacademien) dies nicht gilt. Alle 
Achtung vor den Vorrechten der Universitäten; historisch-ehr¬ 
würdige Privilegien mögen unangetastet bleiben. Auch die tech¬ 
nischen Hochschulen mag der Zug der Zeit den anderen voran- 
tragen. Aber das dürfen wir doch sagen: Mit den landwirth¬ 
schaftlichen Hochschulen halten die thierärztlichen den Vergleich 
ans, in jeder Beziehung, was die Art der Wissenschaft, die 
Wissenschaftlichkeit des Unterrichts und die Qualität von 
Lehrern und Schülern anbetrifft. Zu ihrer Zurücksetzung gegen¬ 
über diesen academischen Anstalten liegt kein Grund vor. 

Aber all? diese Thatsachen verrathen eben die Tendenz, 
die thierärztlichen Hochschulen und die Thiermedizin aus dem 
academischen Bereich thunlichst auszuscheiden. Auch dem obigen 
Bescheid wird die Auffassung zu Grunde liegen, dass nicht so¬ 
wohl der ausländische, als der speciell veterinärmedicinische 
Doctortitel zu beanstanden sei. Gegen den in Deutschland 
(Giessen) erworbenen Dr. med. vet. lässt sich schlechterdings 
nichts machen. Aber der im Ausland erworbene kann auf 
Grund seiner Herkunft beseitigt werden und diese Befugniss wird 
selbstverständlich benützt. Da die Befugniss selbst ganz 
zweifelsohne und unanfechtbar ist, so hat natürlich ein Wider¬ 
sprach gegen ihre Anwendung gar keinen Zweck. Dagegen ist 
für Manche, die promoviren wollen, diese Aufklärung vielleicht 
ein Vortheil. Desshalb war es geboten, jenen Bescheid zu 
veröffentlichen. Schmaltz. 

Sitzungsprotocoll des Vereins der Thierärzte des 
Regiernngsbezirks Wiesbaden. 

Am 16. Juni er. hielt der Verein im Hotel Metropol zu 
Wiesbaden seine 34. Generalversammlung ab, zu welcher ausser 
den Collegen Dr. Augstein-Wiesbaden, Dr. Casper-Höchst, 
Dr. Christmaun-Wiesbaden, Emmel-Hachenburg, Emmerich- 
Weilburg, Heckelmann-Rennerod, Müller-Biebrich, Müller- 
Höchst, Pitz-Eltville, Schlichte-Usingen, Staupe-Biedenkopf 
und Dr. Thoms-Montabaur als Mitglieder noch sechs weitere 
Thierärzte, sowie die Herren Regierungsrath Dr. Lewald, 
Oeconomierath Müller und Landwirthschaftsinspector Reiser 
als Gäste erschienen waren. 

Mit dem Ausdrucke lebhaften Bedauerns darüber, dass eine 
Erkrankung den derzeitigen Vorsitzenden, Herrn Professor Dr. 
Leonhardt am Erscheinen verhindere, und dem Wunsche 
baldiger Genesung desselben eröffnete der stellvertretende Vor¬ 
sitzende, Departements-Thierarzt Dr. Augstein um 11 Uhr die 
Sitzung. Er berichtete zunächst, dass der Herr Regierungs¬ 
präsident, welcher mit hohem Interesse von der ihm unter¬ 
breiteten Tagesordnung Kenntniss genommen habe und nur 
durch eine unvorhergesehene anderweite Verpflichtungfür denselben 
Tag an dem persönlichen Erscheinen behindert worden sei, ihn 
(den Vorsitzenden) beauftragt habe, der Versammlung seinen 
Gruss zu entbieten, und dass derselbe sich über das Er¬ 
gebnis der Verhandlungen Vortrag halten lassen werde. Des 
Weiteren bringt der Vorsitzende zur allgemeinen Kenntniss, 
dass auch die Herren Landesdirector Sartorius und Ober, 
regierungsratli Bake, welche ihn mit gleichfallsiger Ver¬ 
mittelung von Grüssen beauftragt hätten, gerne an der Sitzung 
Theil genommen hätten, wenn sie nicht Beide in Urlaub 
gegangen wären, dass ferner fast alle Landräthe des Bezirkes 
wegen der mit dem Herrn Regierungspräsidenten gemeinsamen 


anderweiten Verpflichtung für den Sitzungstag schriftlich 
bedauert hätten, den sie lebhaft interessirenden Verhandlungen 
fern bleiben zu müssen, und dass auch die Herren Regierungs¬ 
rath Schickert und Regierungsassessor Lex aus dienst¬ 
lichen Gründen genöthigt worden seien, noch im letzten Augen¬ 
blicke ihre Besuchsankündigungen zurückzuziehen. 

Hiernach begrüsste Dr. Augstein die aus Collegen-Kreisen 
erschienenen Gäste, gab den im ausdrücklichen Aufträge des 
Herrn Landesdirector erschienenen Vertretern der Landwirth- 
8chaftskammer Herren Oeconomierath Müller und Laud- 
wirthschaftsinspector Reiser gegenüber der Hoffnung des 
Vereins Ausdruck, dass die gegenwärtigen guten Beziehungen 
zwischen den Vertretern der Landwirtschaft und den Thierärzten 
nicht nur dauernd bestehen, sondern immer innigere und freund¬ 
schaftlichere werden mögen. Mit besonders warmen Worten 
wendete er sich sodann an den Herrn Regierungsrath Dr. 
Lewald, in welchem er nicht nur den Vertreter der Regierung 
überhaupt, sondern gerade dasjenige Regierungsmitglied begriissen 
konnte, welches in seiner Eigenschaft als Decernent für Polizei¬ 
sachen berufen ist, in veterinärpolizeilichen Angelegenheiten mit 
dem grössten Tlieile der Vereinsmitglieder directen dienstlichen 
Verkehr zu pflegen. 

Zur Tagesordnung übergehend schlug sodann der Vorsitzende 
vor, dass fortan von der Vorlesung des Protokolls Abstand 
genommen werde, da dasselbe nach einem früheren Beschlüsse 
in der Fachpresse zur Veröffentlichung komme und dort kritisirt 
werden könne. Nach einstimmiger Annahme dieses Vorschlages 
wurde der Versammlung von der Austrittserklärung des nach 
Essen verzogenen Collegen Kahlert Kenntniss gegeben. 

Ihren Beitritt zu dem Verein haben folgende elf Herren 
Collegen angemeldet: Bnsch-Langenschwalbach, Eberle-Erben- 
lieim, ’ Ilse-Battenberg, Kaiser-Frankfurt, Klein-Homburg, 
Loderhose-Königstein, Luft-Homburg, Remy-Limburg, Stener- 
wald-Nastätten, Thon-Frankfurt und Wenzel-Herborn. Säromt- 
liche Herren wurden ohne Widerspruch anfgenommen und soweit 
sie anwesend waren von dem Vorsitzenden mit der eindringlichen 
Mahnung recipirt, nicht nur dem Namen nach Vereinsmitglieder 
zu sein, sondern durch regen Sitznugsbesuch und ernste Mit¬ 
arbeit die hohen Ziele des Vereins erringen zu helfen. 

Hiernach erhalten nach einander das Wort die Herren 
Kreist.hierärzte Dr. Thoms-Montabaur und Emmeri ch-Weilburg, 
von denen der erstere 

„Ueber allgemeine Grundlagen für eine rationelle 
Viehzucht“ 
und der zweite über 

„Die Beaufsichtigung der Zuchtbullenhaltung im 
Gebiet des ehemaligen Herzogthums Nassau“ sprachen. 

Beide Vorträge, über welche ihrer inneren Zusammen¬ 
gehörigkeit wegen erst am Schlüsse des zweiten in eine gemein¬ 
same Debatte eingetreten wurde, erregten nicht allein wegen 
der gewandten Form, in welche sie gekleidet waren, sondern 
vor Allem wegen ihres classischen Inhaltes das lebhafteste 
Interesse aller Anwesenden und führten zu einer äusserst an¬ 
geregten Discussion, in welche ausser den Collegen Müller- 
Höchst, Dr. Christraann, Emmerich, Remy, Staupe und 
Dr. Augstein auch die Herren Landwirthschaftsinspector 
K eis er und Oeconomierath Müller auf das lebhafteste ein- 
griffen. Da beide Vorträge auch für weitere thierärztliche 
Kreise von Bedeutung sein dürften, so wurden die Herren 
Referenten gebeten, ihre Manuscripte in der Deutschen thier- 


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440 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 37. 


ärztlichen Wochenschrift als dem derzeitigen Vereinsorgane zu 
veröffentlichen, nachdem die Versammlung ihnen vorher noch 
ihren besonderen Dank für die vortrefflichen Leistungen durch 
Erheben von den Sitzen beknndet hatte. 

Nach */ 4 ständiger Pause folgte sodann das mit allseitiger 
Spannung erwartete Referat des Dr. Casper-Höchst über 
„Die neuesten Fortschritte der Serumtherapie auf dem 
Gebiete der Thierseuchenbekämpfung“. 

Der beschränkten Zeit wegen zog Referent nur den 
Schweinerothlauf, die Schweineseuche bezw. Schweinepest und die 
Maul- und Klauenseuche in den Bereich seiner Betrachtungen und 
schilderte in auch dem Laien verständlicher Form die Resultate, 
welche die Serumtherapie bei der Bekämpfung dieser drei Seuchen 
bereits geleistet hat, sowie die Aussichten, welche wir von der 
nächsten Zukunft zu erwarten haben. (Auch dieser Vortrag soll 
demnächst zur besonderen Veröffentlichung gelangen.) 

In der Discussion, welche sich an das mit weit geringerem 
Beifall wie die beiden vorherigen aufgenoramene Referat an- 
anschloss, bestätigte Müller-Höchst die ausgezeichnete Wirkung 
des Susserins und betonte besonders die hohe Bedeutung des¬ 
selben als Heilmittel, während Dr. Augstein an der Hand 
seiner vieljährigen und reichen Erfahrungen in Ostpreussen auch 
das Lorenz’sche Präparat für ein vorzügliches Mittel zur er¬ 
folgreichen Bekämpfung des Rothlaufs hinstellte und die Ver¬ 
dienste des Herrn Lorenz nach Gebühr würdigte. 

Nachdem zum Schlüsse noch mit grosser Majorität be¬ 
schlossen worden, dass auch die nächste Versammlung wieder 
nach Wiesbaden einberufen werden solle, wurde die Sitzung um 
2i Uhr geschlossen. 

Nach derselben fand unter Theilnahme mehrerer Damen 
und sämmtlicher Gäste auf der Terrasse des Metropol-Hotels 
ein opulentes Diner statt, welches in der angeregtesten Stimmung 
verlief. Den Reigen der Toaste eröffnete der Vorsitzende 
mit einem schwungvoll ausgebrachten Hoch auf den Verein, 
während Dr. Casper die Gäste feierte und Müll er-Höchst dem 
Vorstande den Dank der Versammlung für die nach jeder Rich¬ 
tung hin gelungenen Arrangements zum Ausdruck brachte. 
Namens der Festgäste dankte Herr Regierungsrath Dr. 
Lewald in längerer von Herzen kommender und von der Ver¬ 
sammlung mit grossem Beifall aufgenoramener Rede. Eine 
stürmische Heiterkeit aber entfesselte der änsserst humoristische 
Damentoast, durch welchen der neu aufgenommene College 
Wenzel-Herborn sich als ausgezeichneter Festredner ein¬ 
führte. Bezüglich des weiteren inofficiellen Theiles genüge die 
Mittheilung, dass ein am nächsten Vormittag angesetzter Früh¬ 
schoppen noch recht gut besucht war. 

Dr. Augstein, Dr. Casper, 

stellvertr. Vorsitzender. Schriftführer. 

Bericht über die 41. Sitzung des Thierärztlichen 
Vereins in Westpreussen zu Danzig. 

Am 24. Juni 1900. 

Vor der eigentlichen Vereinssitzung findet eine Sitzung der 
Sterbekassenmitglieder statt. In derselben wird der bisherige 
Vorstand wiedergewählt. Bei der Rechnungslegung ergiebt sich 
ein Kassenbestand von 448,92 M. 

Sodann werden nach Erledigung einiger geschäftlicher An¬ 
gelegenheiten die Collegen Falk-Elbing, Trautmann-Strass¬ 
burg in Westpr., Nethe-Rosenberg in Westpr., Naumann- 
Zoppot als Vereinsmitglieder anfgenommen. 


Nach Verlesung eines Schreibens des allgemeinen deutschen 
Versicherungsvereins in Stuttgart betr. Haftpflichtversicherung 
werden verschiedene Beschwerden gegen diese Gesellschaft vor¬ 
getragen. Dieselben sollen bei Gelegenheit der nächsten Sitzung 
der Centralvertretung zur Besprechung gelangen. Die Ein¬ 
tragung des thierärztlichen Vereins in das Vereinsregister 
gemäss den Bestimmungen des B. G. B. wird für nicht noth- 
wendig erachtet und daher einstimmig abgelehnt. Bei der nun¬ 
mehr folgenden Neuwahl des Vorstandes wird der bisherige 
Vorstand, Preusse-Danzig, Win ekler-Marienwerder, Fel- 
baum-Graudenz und Görlitz-Dirschau einstimmig wieder¬ 
gewählt. Dasselbe geschieht bezüglich der bisherigen Delegirten 
zum Veterinärrath und zur Centralvertretung, Preusse-Danzig 
und Winckler-Marienwerder. 

Es folgt Rechnungslegung. Der Kassenbestand beträgt 
458,10 M. Die Rechnung wird von zwei Revisoren geprüft und 
richtig befunden. 

In Anbetracht seiner unvergleichlichen Verdienste um den 
thierärztlichen Stand und die thierärztliche Wissenschaft wird 
Geh. Ober-Regierungs-Rath Dr. Ly dt in zum Ehrenmitglied des 
Vereins gewählt. Von dieser Wahl wird Herr Dr. Lydtin 
telegraphisch benachrichtigt. 

Der Vortrag „Schutzimpfung gegen Tollwuth“ musste 
wegen Behinderung des Referenten, des Kreisthierarztes Paul- 
Tuchel, ausfallen. 

Sodann hielt Thierarzt Dr. Schmidt aus Elbing seinen 
angekündigten Vortrag über „Verarbeitung besonders werth- 
voller Schlachthofabfälle, mit Demonstrationen“. Dieser Vortrag 
wird demnächst gesondert veröffentlicht werden. 

An Stelle des ausgefallenen Vortrages des Kreisthierarztes 
Paul-Tuchei referirte Kreisthierarzt Schoe neck-Marienburg 
über seine Erfahrungen bei der Schutzimpfung gegen Schweine- 
senche. Er habe im Jahre 1899 eine grosse Anzahl Schweine 
mit Schutzserum aus Landsberg a. W. und ca. 400—500 Schweine 
mit Heilserum geimpft. Anfänglich schienen diese Impfungen 
von Erfolg zu sein, indem % der kranken Schweine durch 
Impfung mit Heilserum wieder gesund wurde. 

Im Früly'ahr dieses Jahres ergaben jedoch die Heilsemin- 
impfungen ein sehr schlechtes Resultat, denn die Seuche zeigte 
gerade nach der Impfung oft einen sehr bösartigen, acuten Ver¬ 
lauf. Die Impfungen mit Schutzserum konnten die Erkrankungen 
auch nicht verhindern. Die Verluste, welche die Molkereipächter 
erlitten haben, sind ganz enorme. Es sind deshalb schon Ein¬ 
gaben an den Herrn Minister gemacht worden, welche ein 
besseres Studium der Seuche zwecks wirksamerer Bekämpfung 
verlangten. In der Discussion bemerkt der Vorsitzende, dass 
es auch noch andere Lungenerkrankungen bei Schweinen gäbe, 
die nicht der Schweineseuche zugerechnet werden können, und 
welche grösstentheils einen gutartigen Verlauf hätten. Die 
Diagnose „Schweinesenche“ sei daher nicht immer einwandsfrei. 
Derartige Lungenerkrankungen, wie sie auch mehrfach in der 
Litteratur beschrieben worden sind, könnten allerdings das Bild 
der Schweineseuche leicht Vortäuschen, sie sind aber nicht an¬ 
steckend und verursachen wohl auch nur selten den Tod des 
betroffenen Thieres. Kays er-Pr. Stargard erwähnt, dass er 
auch Fälle von gutartiger Schweineseuche gesehen habe, bei 
welchen von ihm die Diagnose durch Impfung weisser Mänse 
zweifelsfrei festgestellt worden ist. Brädel-Stuhm hatte an¬ 
fänglich auch gute Erfolge mit den Schutz- und Heilsenrm- 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


441 


13. September 1900. 

jmpfdngen. In diesem Jahre habe er jedoch 100 Schweine mit 
250 M. Unkosten ohne jeden Erfolg geimpft. Er betont, dass 
dnrch die Heilserumimpfungen die Seuche sehr leicht hingeschleppt 
werden könne, da die Thiere doch nicht alle völlig ausheilen 
und dann stets eine Infectionsquelle für neueingestellte Schweine 
vorhanden sei. 

Im Jahre 1901 feiert der Verein sein 25 jähriges Stiftungs¬ 
fest; es wird beschlossen dies in besonders feierlicher Weise zu 
begehen. Der hierfür erforderliche Geldbetrag wird bewilligt. 

Der unaufhörlich herniederrieselnde Regen machte leider 
die beabsichtigte Dampferfahrt nach Zoppot unmöglich. Die 
Theilnehmer an der Sitzung und eine grössere Anzahl von 
Damen begaben sich daher mit der Bahn dorthin, um in dem 
Knrhau8e noch einige Stunden bei Tisch gemeinsam zu verbringen, 
bis die letzten Abendzüge den grössten Theil der auswärtigen 
Theilnehmer wieder heim beförderten. Der Rest begab sich nach 
Danzig zurück, um dort noch eine recht vergnügte Nachsitznng 
abznhalten. 

Prensse, Felbaum, 

Vorsitzender. Schriftführer. 

Frequenz der thierärztlichen Hochschulen in Deutschland. 

Im abgelaufenen Sommer-Semester hatten die thierärztlichen 
Hochschulen nachstehenden Besuch aufzuweisen: Berlin 491 
(incl. 103 von der Militär-Rossarztschule Commandirten, jedoch 
excl. der im 8. und höheren Semestern Studirenden und daher 
nicht mehr immatricnlirten); München 336, Hannover 273. 
Dresden 209, Stuttgart 114, Giessen 110. Die Gesammtzahl 
der Studenten der Veterinärmedicin betrag also 1533. 

Ordentliche Generalversammlung des Thierärztlichen Vereins 
In Schleswig-Holstein 

am 15. und 16. September 1900 in Kiel. 

Tagesordnung: 

1. Tag 15. September, Abends 7 Uhr, in „Muhls Hotel“ in 
der Nähe des alten Bahnhofes. 

a. Ueber Gesundheitsschädigungen durch Verfüttern künst¬ 
licher Futterstoffe an Thiere. Ref. Kreisthierarzt Voliers- 
Altona. 

b. Mittheilungen aus der thierärztlichen Praxis. 

2. Tag 16. September, Morgens 8 Uhr, im .,Hotel Düstern- | 
brook“, Düsternbrook No. 62. 

I. Vereinsangelegenheiten. 

1. Geschäftsbericht. 2. Aufnahme neuer Mitglieder. 

3. Rechnungslegung und Voranschlag. 4. Unterstützungssachen. 
5. Wahlen (von 2 Vorstandsmitgliedern, 1 Revisor nnd 2 De- | 
legirten). 6. Anträge; vom Vorstande: „die Eintragung in das ! 
Vereinsregister resp. Statutenänderung betreffend“. 


II. Vorträge. 

1. Ueber Abdeckereiwesen. Ref. Kreisthierarzt Jensen- 
Itzehoe. 

2. Ueber Serumtherapie. Ref. Kreisthierarzt Struwe-Kiel. 

IH. Gesellschaftliches. 

Indem die Stadt Kiel nnd deren Umgebung viel Sehens- 
werthes bietet und die Mitglieder unseres Vereins den Wunsch 
zu erkennen gegeben haben, dem vorjährigen Beispiele weitere 
folgen zu lassen, beehrt der Vorstand sich, die werthen Damen 
der Herren Kollegen zur Tlieilnahme an folgenden Veranstaltungen 
höflichst einzuladen und um zahlreiches gütiges Erscheinen zu 
bitten. Programm: Mittags 12—12 l / 2 Uhr: Photographische 
Aufnahme aller Theilnehmer im Garten des Vereinslokales 
Düsternbrook No. 62. 12 1 / 2 Uhr: Gemeinschaftlicher Tischgang* 

(Couv. 3 Mk.) 2 Uhr: Abfahrt der Gesellschaft mit einem Extra¬ 
dampfer von der Reventlou-Brücke nach Holtenau, in See und 
nach Heikendorf, Wiederankunft in Kiel 7 Uhr. (Fahrpreis 1 Mk.) 
Theilnehmern, die früher nach Kiel zurtickzukehren wünschen, 
stehen die von Heikendorf halbstündig abfahrenden Personen¬ 
dampfer zur Benutzung. Aenderungen und Erweiterungen hierin 
werden in der Hauptversammlung kundgegeben. 

Der Vorstand. 

I. A.: Eil er, Schriftführer. 

Einladung zur 47. General-Versammlung des 
thierärztlichen Central-Verelns der Provinz Sachsen, der anhaltisohen und 
thüringischen Staaten 

am Sonntag, den 7. October 1900 
im Grand-Hotel Bode in Halle a. S., 
Magdeburgerstr. 65. 

Tages-Ordnung: 

1. Geschäftliches und Wahl des I. Vorsitzenden. 

2. Kassenbericht und Rechnungslegung. (Ref.: Kr.-Th. 
Thnnecke-Calbe a. S.) 

3. Ueber Immunität. (Ref.: Prof. Dr. Disselhorst- 
Halle a. S.) 

4. Die Castration weiblicher Hausthiere. (Ref.: Kr.-Th. 
L i e b e n e r - Delitzsch. 

5. Statutenänderung. 

6. Mittheilungen aus der Praxis und Unvorhergesehenes. 

Gäste sind willkommen. 

Die Verhandlungen beginnen 11 Uhr Vormittags; nach 
Schluss derselben gemeinsames Mittagessen, zu welchem die 
Anmeldungen bis zum 5. October an den Schriftführer erbeten 
werden. 

Leistikow, Friedrich, 

stellvertr. Vorsitzender. Schriftführer. 


Staatsveterinärwesen. 

Von Preosoe. 

Tollwutli. 

Nach dem Runderlass des Herrn Ministers der geistlichen etc. 
Angelegenheiten vom 21. Mai 1900 sind im Jahre 1899 
287 Bissverletzungen von Menschen amtlich gemeldet worden. 
Von diesen sind 2 = 0,7 pCt. an Tollwuth zu Grande gegangen. 
Gegenüber 1898, 263 gebissene Personen und 9 Todesfälle gleich 
3,4 pCt., bedeutet dies einen erheblichen Rückgang der Todesfälle. 
Die Bissverletzungen betrafen 201 männliche und 86 weibliche 
Personen. Die meisten Bissverletzungen kamen bei Personen 
von 10—20 Jahren vor. Dieselben wurden hervorgebracht von 


193 Hunden, 11 Katzen, 4 Rindern und 1 Schwein. Von diesen 
209 Thieren wurde bei 150 Tollwuth zweifellos festgestellt und 
zwar bei 83 durch die Obdnction, bei 67 ausserdem durch 
Impfungen an Versuchsthieren im Institut für Infectionskrankheiten 
in Berlin. 

Bei 3 Thieren war die Diagnose zweifelhaft, bei 42 Thieren 
bestand nur Wuthverdacht. 10 Thiere hatten sich der Fest¬ 
stellung der Seuche durch die Flucht entzogen. 

Die meisten Verletzungen (176) hatten ihren Sitz an den 
oberen Gliedmassen, 74 an den unteren Gliedmassen. Die Ver¬ 
letzungen kamen in 7 Provinzen vor; auf Schlesien entfallen 
allein 121, Westpreussen 46, die übrigen vertheilen sich auf die 


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442 

Provinzen Posen, Ostpieussen, Sachsen, Pommern lind Branden¬ 
burg. In den weiter westlich gelegenen Provinzen kamen Biss¬ 
verletzungen durch wuthkranke Tliiere überhaupt nicht vor. 
Von den Regierungsbezirken waren 15 betheiligt, darunter Oppeln 
mit 50 Verletzungen, Breslau mit 52, Posen mit 28, Danzig, 
Marienwerder und Merseburg mit je 23, die übrigen Bezirke 
entsprechend weniger. In Betreff der einzelnen Monate ist ein 
wesentlicher Unterschied in der Häufigkeit der vorgekommenen 
Verletzungen nicht festzustellen. Die Monate Mai und August 
stehen mit 35 Verletzungen obenan, April, Juni je 31, März 27, 
Dezember 24, Juli 23, November 22, Februar 21, Januar und 
September je 10 und Oktober 0. Es geht hieraus auch hervor, 
dass in Betreff der Häufigkeit der Bissverletzungen ein Unter¬ 
schied in den Jahreszeiten nicht zu verzeichnen ist. 

Von den Verletzten blieben 21» ohne ärztliche Behandlung, 
von diesen starben 2 = 6,9 pCt. an Tollwuth. Die übrigen 
Gebissenen wurden ärztlich behandelt, von 10 fehlt jedoch die 
Angabe, wie sie behandelt worden sind. 

Bei 37 Personen bestand die Behandlung in Ausbrennen, 
Ausschneiden, Aetzen, antiseptischen Verbänden und Umschlägen; 
231 wurden nach der Pasteur'sclien Methode schütz geimpft, 
davon 1 in Krakau und 230 in Berlin. 

Die Zahl der Schutzimpfungen nimmt alljährlich zu. 
Während 1898 nur 28,3 pCt. der Verletzten geimpft wurden und 
20,0 pCt. ohne Behandlung blieben, Hessen sich im Jahre 1899 
80,5 pCt. der Verletzten impfen und nur 10,1 pCt. blieben un¬ 
behandelt. Die Folge davon ist auch der Rückgang der Todes¬ 
fälle an Wutli von 3,4 pUt. im Jahre 1898 auf 0,7 pCt im 
Jahre 1899. Hierdurch ist die Wirksamkeit der Schutzimpfung 
erwiesen. 

Zum Schluss wird noch eines Falles Erwähnung gethan, 
in welchem die Behandlung eines gebissenen Kindes unterblieb, 
weil der geisteskrank gewordene Thierarzt den betreffenden Hund 
bei der Obduktion für gesund erklärt hatte. Dieser Fall giebt 
dem Herrn Minister Veranlassung, darauf hinzuweisen, dass die 
Schutzimpfung nicht von dem Ergebniss der Obduktion abhängig 
gemacht werden darf, sondern in jedem Falle so schnell als 
möglich vorgenommen werden sollte. 

Die dem Institut für Infectionskrankheiten angegliederte 
Abtheilung für Schutzimpfungen gegen Tollwuth befindet sich 
jetzt im Neubau des Institutes Berlin N. No. 89, Nordufer, Ein¬ 
gang von der Föhrerstrasse aus. 

T ubercuiosebekSmpfung. 

Der auf dem vorjährigen Berliner Tuberculosc-Congress 
ausgesetzte Uongresspreis für die beste populäre Schrift über 
die Tubercnlose als Volkskrankheit ist von dem Preisgericht 
der von Pr. S. A. Knopf aus New-York verfassten Arbeit zu¬ 
gesprochen, deren Druck Seitens des Centralcomitees erfolgen wird. 

Es waren im Ganzen 81 Arbeiten eingegangen. 

Nachweisung Ober den Stand der Viehseuchen Im Deutschen Reiche 
am 31. August 1900. 

Es waren am 31. August 1900 in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) versendet: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Marienwerder, Berlin, Hannover, Hildes¬ 
heim, Minden, Liegnitz, Merseburg, Potsdam je 1 (1). R.-B. Posen 
2 (3). R.-B. Bromberg 3 (0). R.-B. Breslau 2 (2). R.-B. 

Oppeln 3 (4). R.-B. Arnsberg 2 (2). Bayern: R.-B. Ober- 
bayem 1 (2). R.-B. Schwaben 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. 
Dresden und Zwickau je 1 (1). Württemberg: Ponankreis 


No. 37. 

1 (1). Baden: Landescomm. Freiburg 1 (1). Anhalt: 1 (1). 
(Zusammen 33 Gemeinden.) 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. R.-B. Oberbayern 4 (5), Niederbayern 4 (6), 
Oberpfalz 5 (12), Oberfranken 5 (9), Mittelfranken 2 (2), Unter¬ 
franken 1 (2), Schwaben 6 (45). Sachsen: Kreishauptm. 
Dresden 3 (8), Zwickau 2 (9). Württemberg: Neckarkreis 
1 (1), Schwarzwaldkreis 7 (9), Jagstkreis 5 (7), Donaukreis 7 (14). 
Baden: Landescomm. Freiburg 3 (3). Hessen: Provinz Ober¬ 
hessen u. Rheinhessen je 1 (1). Mecklenburg-Schwerin: 5 (33). 
Sachsen-Weimar: 1 (4). Mecklenburg-Strelitz: 1 (1). 
Oldenburg: Fiirstenth. Birkenfeld 1 (1). Braunschweig: 
3 (11). Sachsen-Meiningen: 1 (1). Anhalt: 5 (7). Eisass- 
Lothringen: Bez. Unter-Elsass 3 (6), Ober-Elsass 1 (1), Lothringen 

1 (1), (Zusammen incl. Preussen 424 Gern.) 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Magdeburg 1 (1), Merseburg 4 (4). 
Arnsberg 1 (1). Sachsen-Weimar: 1 (1). (Zusammen 7 Ge¬ 
meinden.) 

D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest): 
Preussen: R.-B. R.-B. Königsberg 2 (8), Danzig 1 (3), 
Marienwerder 4 (6), Potsdam 3 (8), Frankfurt 3 (9), Stettin 5(19). 
Köslin 2 (5), Stralsund 1 (1), Posen 8 (18), Bromberg 2 (7). 
Breslau 8 (19), Liegnitz 9 (18). Oppeln 8 (14), Merseburg 1 (1), 
Erfurt 1 (3), Schleswig 2 (0), Hannover 4 (6), Hildesheim 2 (10), 
Lüneburg 2 (2), Osnabrück 1 (1), Münster 1 (3), Arnsberg 
7 (19), Cassel 2 (3), Wiesbaden 2 (2), Düsseldorf 3 (3). 
Bayern: R.-B. R.-B. Ober-Bayern, Niederbayern je. 1 (1), Pfalz 

2 (4). Baden: Landescomm. Karlsruhe 1 (1), Mannheim 2 (2). 
j Hessen: Prov. Oberhessen 1 (2). Meckleiiburg-Sclivrerin: 

1 (4). Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Lippe: je 1 (1). 
Waldeck: 1 (2). Hamburg: 2 (3). (Zusammen 215 Gern.) 


Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preussen am 31. Angust 1900. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche herrschte 
in 

v •„ i Gemeinden 

Kreisen (Gut8bcz) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez) 
waren 
verseucht: 

Königsberg. 

1 

1 

0,24 

Gumbinnen. 

1 

2 

0,51 

Danzig. 

3 

5 

3 96 

Marienwerder. 

4 

18 

7,95 

Potsdam. 

9 

42 

16,23 

Frankfurt. 

4 

5 

1,83 

Stettin. 

6 

18 

9,59 

Köslin. 

1 

1 

0,51 

Stralsund. 

4 

5 

5,Gl 

Posen. 

5 

5 

1,51 

Bromberg. 

G 

9 

4,04 

Breslau. 

2 

o 

0,52 

Liegnitz. 

5 

G 

2,13 

Oppeln. 

2 

5 

1,78 

Magdeburg. 

14 

53 

30,80 

Merseburg. 

9 

10 

4 32 

Hannover . 

2 

2 

3,18 

Hildesheim. 

7 

17 

23,48 

Lüneburg . 

3 

3 

2,03 

Cassel. 

4 

7 

4,18 

Düsseldorf. 

4 

5 

11,62 

Trier. 

1 

2 

1,77 

Aachen. 

1 

1 

2,56 

Summa: 

98 

224 

— 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


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13. September 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


443 


Fleischschau und Yiehhandel. 

Von KQhnau. 

Trlchinosis. 

Im Anglist d. J. sind in Sangerhausen 50 Personen an 
Tricliinosis erkrankt. Da keiner von den Erkrankten gestorben 
ist, ist anzunehmen, dass das betreffende Schwein nur schwach 
mit Trichinen durchsetzt gewesen ist. In dem Armfleisch eines 
Patienten hat Dr. Panzer Trichinen nachgewiesen. 

Ein- und Ausfuhr von Vieh und Fleisch Im lull 1900. 

Einfuhr Ausfuhr 



1900 

1899 

+ 

1900 

1899 

+ 

Pferde Stück 

7 324 

9 161 

- 1837 

739 

567 

+ 172 

Maulthiere, Esel, 
Maulesel Stück 

113 

76 

+ 37 

3 

_ 

+ 3 

Rinder „ 

16 389 

15 149 

+ 1240 

759 

563 

+ 196 

Schweine „ 

6 562 

6 087 

+ 475 

370 

793 

— 423 

Schafe „ 

173 

373 

- 200 

10 545 

6417 

+ 4128 

Ziegen „ 

31 

37 

- 6 

1 

6 

- 5 

Frisches: 

Rindfleisch 

dz 8 402 

10104 

- 1702 

1672 

959 

+ 731 

Schweinefleisch 

„ 2 889 

5 688 

— 2799 

167 

60 

+ 107 

Hammelfleisch 

„ 62 

48 

+ 14 

104 

229 

- 125 


Zubereitetes: 


Rindfleisch 

dz 1 759 

1 569 

+ 190 

251 

72 

+ 179 

Schweinefleisch 

„ 4 232 

6 409 

-2177 

574 

76 

+ 498 

Schinken 

„ 2 055 

3 518 

— 1463 

2 345 

1198 

+ 1147 

Speck 

„ 5 719 

13 852 

— 8133 

3 051 

116 

+ 2935 

Würste 

„ 4 188 

5185 

- 997 

581 

406 

+ 175 

Büchsenfleisch 

„ 7 878 

2 024 

+ 5854 

29 

30 

— 1 

Fleischextract 

„ 1142 

597 

+ 545 

105 

96 

+ 6 


Die Einfuhr, besonders von Fleisch zeigt gegen das Vor¬ 
jahr eine Abnahme, die ihren Grund in der verminderten Zufuhr 
von Schweinefleisch aus den Vereinigten Staaten und den Nieder¬ 
landen hat. Die Mindereinfuhr von Pferden erklärt sich dadurch, 
dass in Folge der Preissteigerung in Amerika von dort nicht 
mehr so viel zu uns kommen. Die beträchtliche Zunahme des 
Büchsenfleischimportes ist veranlasst durch das baldige Inkraft- 
I treten des Einfuhrverbots. Besonders viel Fleischextract hat 
Uruguay gesandt. 

Die Ausfuhr zeigt gegen den gleichen Monat des Vor¬ 
jahres eine merkbare Belebung. Schafe und Schweine sind in 
' geschlachtetem Zustand vermehrt nach England exportirt werden. 
1 Ein anderer Theil der Fleischausfuhrmengen hat zur Ver- 
| proviantirung der nach China entsandten Truppen gedient. 


Zusammenstellung der Berichts-Ergebnisse 

über das Aufflnden von Finnen bei den In öffentlichen Schlachthäusern eto. geschlachteten Rindern und Kälbern In Preussen in den Jahren 1898 und 1899. 


ö 

s 

J 

Provinz 

Gesammtzahl 

der 

geschlachteten 

Rinder j Kälber 

davon 

(Kol. 3 und 4) 
waren 
finnige 

Rinder Kälber 

Von den finnigen 
Rindern und 
Kälbern (Kol. 5 
und 6) hatten 
; bis zu | 

. V . t * r ; 10 ' mehr 

kalkte i, , , , 

Finnen, | 3 8 

I finnig) 1 

Von 
finni{ 
und K 

gar¬ 

ge¬ 

kocht 

cn sch 
jen Rii 
ilbern 
sind 

durch¬ 

ge¬ 

pökelt 

wach- 
ldern 
Kol. 8) 

in 

Kühl¬ 

räumen 

aufge¬ 

hängt 

An Rindern 
und Kälbern 
zusammen 
wurden 
technisch 
verwerthet 
oder ver¬ 
nichtet 

Rinder Kälber 

1. 

2. 

3. 

4. 

5. 

6. 

7. 

8. 

9. 

10. 

11. 

12 

13. 

14. 

1. 

Ostpreussen. 

40 964 

51894 

1898 

590 

4 

350 

235 

9 

9 

102 

124 

7 

2 

2. 

Westpreussen. 

39178 

65 796 

607 

3 

431 

158 

21 

30 

37 

91 

52 

— 

3. 

Brandenburg (einschl. Berlin) . . 

223 734 

242 681 

1 528 

23 

604 

922 

25 

814 

62 

31 

32 

5 

4. 

Pommern. 

39 085 

72 158 

206 

— 

168 

32 

6 

9 

11 

11 

6 

— 

5. 

Posen . 

25 758 

55 387 

179 

3 

98 

80 

4 

7 

52 

19 

3 

— 

6. 

Schlesien.. 

148 822 

233 428 

682 

1 

359 

313 

11 

114 

52 

147 

11 

— 

7. 

Sachsen . 

59 334 

88 969 

535 

22 

323 

226 

8 

26 

37 

161 

5 

3 

8. 

Schleswig. 

13170 

23 631 

116 

4 

77 

43 

— 

2 

40 

— 

— 

— 

9. 

Hannover., . 

41 471 

62 455 

343 

— 

197 

145 

1 

88 

18 

36 

1 

— 

10. 

Hessen-Nassau. 

61 126 

71 897 

294 

2 

189 

112 

3 

16 

32 

58 

15 

2 

11. 

Westfalen. 

77 732 

137 269 

107 

1 

24 

65 

19 

10 

34 

7 

18 

1 

12. 

Rheinprovinz. 

205 739 

252 895 

1 301 

10 

746 

501 

42 

53 

96 

322 

32 

3 

13. 

Sigmaringen . . 

1 525 

2159 

3 

— 

— 

3 

— 

1 

— 

— 

2 

— 


Summe 

977 638 

1 360 619 

6 491 

73 

3 566 

2 835 

149 

1 180 

574 

997 

184 

16 

1. 

Ostpreussen . 

43 728 

62 701 

1899 

455 

6 

258 

201 

2 

17 

71 

113 

2 


2. 

Westpreussen. 

40 947 

66 661 

686 

— 

469 

177 

40 

68 

22 

88 

57 

— 

3. 

Brandenburg (einschl. Berlin) . . 

247 771 

280 540 

1423 

14 

499 

911 

27 

589 

256 

58 

44 

4 ' 

4. 

Pommern. 

39 704 

69 672 

201 

3 

159 

43 

2 

8 

21 

14 

2 

— 

5. 

Posen . 

24 841 

53 276 

273 

2 

160 

111 

4 

17 

64 

30 

6 

— 

6. 

Schlesien. 

154 373 

240 499 

879 

— 

528 

340 

11 

111 

49 

177 

17 

1 

7. 

Sachsen . 

61439 

90 054 

653 

18 

371 

286 

14 

22 

44 

216 

16 

1 

8. 

Schleswig. 

17 292 

25 622 

100 

12 

82 

24 

6 

— 

21 

3 

5 

1 

9. 

Hannover. 

44 402 

58 946 

262 

— 

135 

123 

4 

56 

28 

39 

4 

— 

10. 

Hessen-Nassau . 

56 460 

70 775 

293 

2 

207 

84 

4 

2 

36 

46 

4 

— 

11. 

Westfalen. 

103 895 

166 497 

129 

— 

34 

79 

16 

11 

47 

20 

17 

— 

12. 

Rheinprovinz. 

206 062 

253106 

1515 

4 

878 

619 

22 

53 

97 

469 

22 

1 

13. 

Sigmaringen. 

963 

1549 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


Summe 

1 041 877 

1 439 889 

6 869 

61 

3 780 

2 998 

152 

954 

757 

1 274 

196 

8 


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444 BERLINER TIIIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 37. 


Entscheidung des Kammergerichts. 

Der Fleischer G. und der Gutsbesitzer Sch. waren auf 
Grund des Publicandums von 1772 angeklagt worden, weil sie 
die Haut nnd andere Theile eines „abgestandenen Thieres“ dem 
Abdecker P. entzogen hätten. Das Schöffengericht zu Stargard 
verurtheilte die Angeklagten zu einer Geldstrafe und die Straf¬ 
kammer erkannte auf Zurückweisung der eingelegten Berufung. 
Das fragl. Thier, welches einen Genickbruch durch einen 
Sturz in eine Grabe erlitten hatte, war in ein Schlachthaus 
gebracht und nach Anhörung eines Thierarztes geschlachtet 
worden. Gegen die verurteilende Entscheidung legte G. 
Revision beim Kammergericht ein und behauptete, das Publicandum 
bestehe nicht mehr zu Recht. Das Kammergericht hob die 
Vorentscheidung auf und wies die Sache an die Vorinstanz 
zurück. Die Strafkammer erkannte jedoch abermals zu Un¬ 
gunsten des G. und machte geltend, in Folge des Falles in die 
•Grübe 6ei das Thier untauglich geworden und hätte au den 


Abdecker abgeliefert werden müssen. G. legte abermals Revision 
ein und behauptete, in Folge des Unfalles sei das verunglückte 
Thier noch nicht als Nahrungsmittel untauglich geworden. Der 
Strafsenat des Kammergerichts wies aber diesmal die Revision 
mit der Begründung ab, dass das fragliche Thier nicht hätte 
abgestochen und dem Abdecker entzogen werden dürfen; un¬ 
erheblich erscheine es, ob das Fleisch noch verwendbar 
gewesen sei. 

Fleischverbrauch im Königreich Sachsen 1899. 

Die Zahl der versteuerten Schlachtstücke betrug 39 223 
Ochsen, 187 398 andere Rinder nnd 1091 479 Schweine. Der 
wirkliche Verbrauch bezifferte sich auf 62 811 500 kg Rind¬ 
fleisch und 113 953 200 kg Schweinefleisch. Bei einer mittleren 
Bevölkerung von 4 004 700 Seelen entfiel auf den Kopf der 
Einwohner ein Jahresverbrauch von 15,7 kg Rindfleisch und 
28,5 kg Schweinefleisch; das sind gegen das Vorjahr mehr 0,5 kg 
Rindfleisch und 2,3 kg Schweinefleisch. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Kreisthierarzt Rathke-Pyritz wurde der 
Rothe Adler-Orden IV. Klasse verliehen. 

Ernennungen etc.: Definitiv sind zu Kreisthierärzten ernannt: 
Die comm. Kreisthierärzte Francke-Mühlheiin a. Rh., Dr. Fuchs- 
Pr. Holland, Meyer-Lippstadt, Nippert-Cölleda, Pflanz-Kreuz¬ 
burg und Wcgner-Namslau. Versetzt ist der Kreisthierarzt Estor 
von Krefeld nach Förde Kr. Olpe. 

ln Bayern: Zu Bezirksthierärzten für die neu errichteten 
Bezirksämter: Die Districtsthierärztc Clemens Kiderle-Prien in 
Aibling (Oberbayern), Sebastian Schiitz-Oeltingen in Obervicchtach 
(Oberpfalz), Joseph Bauer Guiünden in Hofheim (Unterfranken), 
Hugo Pletzer-Schwabmüncben in Schwabmünchen (Schwaben). 
Distriktsthierarzt Andreas Pfab-Plattling zum Districtsthierärzt in 
Rotthal in ünster. 

In Oldenburg: Tbierarzt Wenstrup, bisher in Langförden 
zum Amtsthierarzt des Amtes Vechta in Oldenburg. 

Gewählt: Thierarzt Bauermeister-Hannover zum Schlachthof¬ 
verwalter in Wolgast. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen: Verzogen: Thierarzt 
Friedr. Meyer und Br. Winkler, beide zum 1. Oct. nach Berlin 
als Einj.-Frw. im I. Garde-Art.-Rgt. bezw. 11. Gnrdc-Ul.-Rgt. — 
Thierarzt Martin Herwig hat sich in Quaritz (Kr. Glogau), 
G. Schrufer in Schwabmünchen niedergelassen. 

In der Armee: Käppel, Rossarzt d. Ldw. II, Amtsthierarzt am 
Schlachthof zu Leipzig, zum Oberrossarzt der Ldw. II. befördert. — 
Meier, Rossarzt vom 2. Garde-Feldart.-Regt., Werner, Rossarzt 
vom Feld-Art.-Regt. No. 39, Klingberg, Rossarzt vom Feld-Art.- 
Regt. No. 8., — zu Oberrossärzten; Zembsch, Unterrossarzt vom 
Drag.-Regt. No. 9, unter Versetzung zum Feld-Art. Regt. No. 59, 
Mohr, Unterrossarzt vom Hus.-Regt. No. 9, unter Versetzung zum 
Feld-Art.-Regt. No. 15, Pilwat, Unterrossarzt vom Kiir.-Regt. No. 3, 
unter Versetzung zum Hus.-Regt. No. 17, Tilgner, Unterrossarzt 
vom Ulan.-Regt. No. 7, unter Versetzung zum Feld-Art.-Regt. No. 62, 
Weinhold, Unterrossarzt vom Ulan.-Regt. No. 8, unter Versetzung 
zum Feld-Art.-Rcgt No. 18, Scheid, Unterrossarzt vom Leib-Kür.- 
Regt. No. 1, unter Versetzung zum Feld-Art.-Regt. No. 46, Demien, 
Unterrossarzt vom Leib-Hus.-Regt. No. 2, — zu Rossärzten; Kruse, 
Koch, Matschke, Müller, Unterrossärzte der Res., zu Rossärzten 
des Beurlaubtenstandes ernannt. — Troester, Oberrossarzt vom 
Feld-Art.-Regt. No. 39, Rlickmann, Rossarzt vom Feld-Art.-Regt. 
No. 15, zum Ulan.-Regt. No. 11, Pötting', Rossarzt vom Hus.-Regt. 
No. 17, zum Feld-Art.-Regt. No. 75, zum Hus.-Regt. No. 12, Kurze, 
Rossarzt vom Leib-Hus.-Regt. No. 2, zum Feld-Art.-Regt. No. 75 
— versetzt. — Pfund, Oberrossarzt vom Leib-Drag.-Regt. No. 20, 


auf seinen Antrag zum 1. September 1900 mit Pension in den Ruhe¬ 
stand versetzt. 

Todesfälle: Die Bezirksthierärzte a. 1). Joseph Rötzer-Straubing 
und Karl Theodor Weber-Lohr; Tbierarzt Baltzer-Wolgast 


Vacanzen. 

Kreisthierarztsteilen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Reg.-Bez. Liegnitz: Sagau zum 1. XI. (600 M. Gehalt). Zeugnisse 
und Lebenslauf binnen 4 Wochen an den Regierungs-Präsidenten. 

Districtsthierarztstelle in Ochsenhausen. (400—600 M. 
Wartegeld; ausserdem Uebcrtragung der Fleischbeschau, des Unter¬ 
richtes an der Ackcrbarschule, der Beschälaufsicht gegen Ent¬ 
schädigung. Privatpraxis.) Bewerb, an den Gemeinderath. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R -B. Aachen: Montjoie. — R.-B. Düsseldorf: Landkreis Krefeld. — 
R.-B. Oppeln: Gross-Strehlitz (600 M.) zum 1. October er. 

Sanitätsthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Arys: Schlachthofverwalter zum 1. Oct, er. (1800 M. Wohnung etc.; 
später cv. Gehaltserhöhung; Privatpraxis.) Gesuche bis 15. Sept. er. 
an den Magistrat. — Halle: 2 Assistenzthierärzte zu sofort bezw. 
1. Octob. er. (18C0 M. Wohnung etc.). Bewerb, an den Schlachthof. 

— Hamburg: Polizeithierarzt sofort. (2500 M., 4 wöch. Kündig.). 
Meid, an den Staatsthierarzt Völlers. — Lübeck: Ililfsthierarzt am 
Schlachthof. (2400 M. dreimonatliche Kündigung.) Bewerbungen 
an die Schlachthofverwaltung. — Rackwitz i. Pos : Thierarzt für 
Schlachtvieh- und Fleischschau (1200 M. Fixum. Privatpraxis.) 
Meid, beim Magistrat. — Wolkenstein: Schlachthofthicrarzt. (Zu¬ 
nächst bis 1903 Beihülfe von 700 Mark zugesichert. Privatpraxis 
gestattet.) Bewerb, a. d. Stadtratb. — Zoppot: Schlachthofdirector 
sofort. Meldungen bis 20. Sept. er. an den Gemeindevorsteher. 
(2400 M., Wohnung etc., bedingte Ausübung der Privatpraxis). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachthof. — Cassel: Schlacht¬ 
hofassistenzthierarzt. — Cottbus: Schlachthof-Assistenzthierarzt z. 
1. Oct. — Düren: Schlachthofdirektor. — Gr ätz: (Posen): SchJacht- 
hofinspector. — Graudenz: Assistenzthierarzt am Schlachthof. — 
Haltern: Sanitätsthierarzt. — Köln: Schlaehthofthierarzt. — Kö n igs- 
berg (Ostpr.): Schlaehthofthierarzt zum 1. October er. — Ottwei ler 
(Bcz Trier): Schlachthausverwalter. — Pausa: Thierarzt für den 
Fleischbeschau-Bezirk. — Salzwedel: Schlachthofvorsteher. — 
Stettin: 3. Schlaehthofthierarzt zum 1. September. — Wanne: 
Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. — St. Wendel: Schlachthof¬ 
verwalter. — Wollstein (Posen): Schlachthofinspector zum 1. Oct. er. 

Privatstellen : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotzenau 
i. Schl. — Lamspringe.— Landeck (Westpr.). — Lasdehnen 
(Kr. Pillkallen). — Murrhardt — Schönbaum (Danzig). — 
Soldau (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. — 
Mengeringhausen (Waldeck.) — PeiBkretscham (Ober-Schles.). 

— Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.). 

— Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze Mecklb.). 

— Wolkenstein. 

Besetzt: Sanitätsthierarztstelle in Wolgast. 


Verantwortlich für den Inhalt (excl. Inscrntcntbcil): l’rof. I)r. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigcntlmm von Richard Schoctz in Berlin. — Druck von \Y. Bilscnstein. Berlin 


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Die „Borliner Thierftrztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in Starke von mindestens 1'/, Bogen. Dieselbe 
ist tn bestehen durch den Buchbancjel, die Post (No. 1083) 
oder dnrcb die Verlagsbuchhandlung von Richard 
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Berliner 


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Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellcn An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltx, 
Berlin thierirztllcbe Hochschule, NW., Luisenstrasce 58. 
Correctnren, Recensions-Exempiaro und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz- Berlin. 

Verantwortlicher Kcdactenr. 

De Bruln Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Pr wisse Dr. Schlegel Dr. Vogel Zilndel 

Professor Obertbicrarxt Departements'hierarst Rreisihicrant Departementsthierarxt VeterlnSrassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthicrarzt 

Utrecht. Hambarg. Cöln. Angermünde. Broraberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 


Verlag: von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. J|2 38. Ausgegeben am 20. September. 

Inhalt: Protocoll der 46. General-Versammlung des thierärztlichen Centralvereins der Provinz Sachsen, der anhaltischen und thüringische 11 
Staaten (Schluss). — Hoehne: Die Rothlaufimpfungen mit Susserin und ihre Erfolge. — Paust: Ein Fall von 
Milchfiober beim Schwein. — Referate: Trinchera: Wirkung des Hautmuskels gegen die primäre Vereinigung der Wund¬ 
ränder bei Hautwunden des Pferdes. — Casuistik der Tuherculose. — Taskcr: Influenza der Hunde. — Schmidt: Zur 
Aetiologie und Therapie der Geburtsparese. — Prettner: Die Immunität des Rindes geges Kotz. — Rahts: Untersuchungen 
über die Häufigkeit der Sterbefälle an Lungenschwindsucht unter der Bevölkerung des Deutschen Reiches und einiger anderer 
Staaten. — Tagesgescliichte: Bermbach: Cultnraufgaben. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen (s. Beilage).— 
Fleischachau und Viehhandel. — Personalien. — Vacanzen. 


Protocoll der 46. General-Versammlung des thier¬ 
ärztlichen Central Vereins der Provinz Sachsen, der 
anhaltischen und thüringischen Staaten 

zu Magdeburg, am 13. Mai 1900. 

(Schluss). i 

lieber den infectiösen Scheidenkatarrh der Rinder. 

Zn Punkt 5 der Tagesordnung (Mittheilungen aus der 
Praxis) erbittet sich der Vorsteher des bacteriologischen ! 
Laboratoriums der Landwirthschaftskammer für die Provinz j 
Sachsen, Herr Hecker -Halle das Wort und lenkt die Aufmerksam- j 
keit anf das immer weitere Umsichgreifen des infectiösen 
Scheidenkatarrhs der Rinder. Die Verluste an National- ! 
vermögen seien bedeutendere als wir im Allgemeinen annehmen, 
sie summiren sich aus den Verlosten an Nachzucht, Mastergiebig¬ 
keit und Milchertrag. 

Ans diesen Gründen sind veterinär-polizeiliche Maassnahmen 
mindestens ebenso berechtigt wie gegen den Bläschenaus¬ 
schlag und daher im Interesse der Landwirtschaft energisch 
anzustreben. 

Die häufig vertretene Ansicht der Collegen, dass auch 
bei dem Scheidenkatarrh der Schleim sauer reagirt, fand 
Hecker auf Grund von 367 Einzeluntersnchungen durch- j 
ans nicht bestätigt. Zur Feststellung der Reaction und zur 
Herstellung microscopischer Präparate empfiehlt er folgende 
von ihm angewandte Methode: Es wird eine ca. 15—20 cm 
lange durch Erhitzen sterilisirte Glasröhre, deren vorderes 
Ende mit einem sterilen Wattebausch geschlossen ist, in die 
Scheide eingeführt, durch diese wird eine etwas längere gleich¬ 
falls sterilisirte Glasröhre gesteckt und, nachdem mit derselben 
der Wattebausch ausgestossen ist, die Röhre beliebig tief in 
die Genitalien eingeführt. Mit einer Drahtöse, an welcher daB 
Reagenzpapier befestigt ist, kann jetzt mit Leichtigkeit auch | 
aus tieferen und ohne Apparate unzugänglichen Theilen der 
Schleimhaut die Reaction geprüft oder mittelst Platindraht 
Material zu bacteriologischen Untersuchungen entnommen werden. 
Die Reaction an den äusseren Schamtheilen hängt von zu vielen 


Zufälligkeiten ab. Bei seinen bacteriologischen Untersuchungen 
konnte Hecker einen specifischen Micrococcus isoliren (Micr. 
Colpit. infect.), welchen er auch häufig im Schleim als 
Diplococcus beobachtete. 

Besonderes Augenmerk richtete Hecker auf die Unter¬ 
suchung der Bullen. Bei mehreren Bullen inficirter Viehbestände 
konnten katarrhalische Entzündungs-Erscheinungen am Penis 
oder am Praeputium konstatirt werden z. B. in den Gemeinden 
Altendambach und Höngeda, wo noch Herr Stammeyer jun. 
assistirte. Es gelang auch hier, den bezeichneten Micrococcus 
zu eliminiren. Einspritzungen von Reinculturen desselben in 
die Scheide von Kühen führten zu dem specifischen Scheiden¬ 
katarrh. Man könnte den Erreger daher vergleichen mit dem 
Gonococcus hom. 

Herr Professor Ostertag erklärt zu der Mittlieilung des 
Herrn Hecker, dass diese ihn im höchsten Grade interessirte, 
denn auch er habe sich mit dem fraglichen Leiden beschäftigt 
und im vergangenen Wintersemester seine Versuche abge¬ 
schlossen. Ostertag ist im September 1898 vom Herrn Land- 
wirthschaftsminister beauftragt worden, den damals im Kreise 
Sangerhausen herrschenden ansteckenden Scheidenkatarrh zu 
untersuchen. Mitte Oktober konnte die erste Untersuchung in 
Gemeinschaft des Kreisthierarztes Martens ausgeführt 
werden. Ostertag fand in den krankhaften Scheideabsonde¬ 
rungen einen Microorganismns, welcher in den Epithelzellen 
lagerte, sich rein züchten liess und bei der im Anschluss 
an die erste Reinzüchtnng vorgenomraenen Uebertragung auf 
zwei Färsenkälber einen chronischen eitrigen Scheidenkatarrh 
hervorrief. Ueber diese Versuche hat 0. im November 1898 an 
den Herrn Landwirthschaftsminister berichtet und um Bereit¬ 
stellung von Mitteln zur Fortführung der Versuche gebeten. 
Dieser Bericht ist der Landwirthschaftskammer der Provinz 
Sachsen mitgetheilt worden. Die Mittel wurden für das Etatsjahr 
1899 zur Verfügung gestellt. Sie dienten dazu, festzustellen, 
ob der ansteckende Scheidenkatarrh auch auf andere Hausthiere 
übertragbar ist und mit welchen Mitteln die Krankheit am 


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44 6 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 38. 


zweckmässigsten bekämpft werden kann. Die Versuche sind 
abgeschlossen. Die Krankheit ist jetzt klinisch, bacteriologisch 
und pathologisch-histologisch studirt. Nor die Behandlnngsversnche 
führten noch zu keinem befriedigenden Ergebniss. Hier ist für 
weitere Untersuchungen, die nur in der Praxis vorgenommen werden 
können, ein dankbares Arbeitsgebiet. 0. stellt eine Veröffentlichung 
seiner Untersuchungen in den Fröhner-Kitt’schenMonatsheften in 
baldigste Aussicht und bemerkt, dass er die Erfahrungen 
Hecker8 über auffällige Erkrankungen der Bullen nicht be¬ 
stätigen könne. Die Bullen übertragen die Krankheit, ohne 
dass sie Krankheitserscheinungen zu zeigen brauchen. Sie 
seien daher, wie bei der Bekämpfung des seuchenhaften Abortus 
in jedem Falle vor und nach jedem Sprunge durch Ausspülen 
der Vorhaut zu desinficiren, nachdem der Haarpinsel an der 
Vorhaut abgeschnitten worden sei. Ferner richtet Herr Professor 
Dr. Ostertag an Herrn Hecker einige Fragen über das Ver¬ 
halten des von ihm isolirten Microorganismus hinsichtlich seiner 
Färbbarkeit, seines Wachsthumvermögens, damit über die Identität 
ein Urtheil möglich sei. 

Herr Hecker erwidert, dass ihm eine Beschreibung des 
Bacteriums des Herrn Prof. Ostertag nicht bekannt geworden 
sei, und kann daher nicht sagen, ob das von ihm gezüchtete 
identisch ist mit dem Ostertag’schen. Er erwähnt, dass er wieder¬ 
holt offenkundig kranke Bullen, einmal sogar einen mit schorf¬ 
artigen Auflagerungen auf der Vorhaut gefunden habe, bestätigt 
im Uebrigen die schwere Heilbarkeit des Leidens. Günstige 
Erfolge hat er mit Creolin- und Lysolausspülungen, welche von 
Tannin- und Alaunwasserinfusen abgelöst wurden, sowie von an¬ 
gesäuertem Chinosolwasser (1 : 500 — 1:1000) gesehen. 

Nachdem noch die Tagesordnung zur nächsten Versammlung 
festgestellt ist, schliesst der stellvertretende Vorsitzende die 
Versammlung und dankt nochmals den Herren Referenten sowie 
allen Kollegen, welche durch ihre Betheiligung an den Dis- 
cii8sioneu reges Interesse an den Verhandlungen gezeigt haben. 

Hierauf fand das gemeinsame Mittagessen, an dem eine 
stattliche Anzahl Damen sich betheiligte, in dem festlich 
geschmückten Saale des Magdeburger Hofes statt, wobei Küche 
und Keller ihr Bestes boten und manche herrliche Rede vom 
Stapel gelassen wurde. 

Friedrich, 

Schriftführer. 

Gruppe der Schlachthof- und Sanitätethierfirzte. 

Im Anschlüsse an die General-Versammlung des Central- 
Vereins fand eine kurze Beratlmng der Gruppe der Schlachthof- 
und Sanitätsthierärzte statt, an welcher sich dio Herren: 
Geldner-Burg, Spuhrmann-Stendal, Sorge-Stassfurt, Klap- 
hake-Zeitz, Mrugowski - Halberstadt, Witte - Quedlinburg, 
Demmin-Zerbst, Colberg, Buhmann und Ristow-Magdeburg 
betheiligten. 

Auf Antrag des Obmanns der Gruppe, Direktor Colberg, 
wird beschlossen, die nächste ausserordentliche Versammlung 
der Gruppe im December oder Januar nächsten Winters in 
Dessau abzuhalten. Für diese Versammlung wird folgende 
Tagesordnung festgesetzt: 

1. Besichtigung der Schlachthofanlagen. 

2. Welche Abänderungen des preussischen Gesetzes, betreffend 
die Errichtung öffentlicher, ausschliesslich zu benutzender 

C vi vvh 18 - März 1868 ■ , . t, 1 

Schlachthäuser vom 9 M ä rz 188 1 8m “ m “ es 

neuen Reichsfleischschaugesetzes zweckmässig bezw. noth- 
wendig? — Referent: Schlachthofdirector Geldner-Burg. 


3. Die Gewährleistung beim Handel mit Schlachtthieren. — 
Referent: Schlachthofdirector Klaphake-Zeitz. 

4. Mittheilungen aus der Praxis der Fleischbeschau. 

5. Unvorhergesehenes. 

Director Colberg macht hierauf Mittheilung über das 
unterm 3. Mai d. J. auf Grund des Gesetzes, betreffend die 
Anstellung und Versorgung der Communalbeamten vom 30. Juli 
1899, veröffentliche Ortsstatut, betreffend die Dienstverhältnisse 
der Beamten und Angestellten der Stadt Magdeburg, soweit 
dieses die im Betriebe des Schlacht- und Viehhofs beschäftigten 
Personen betrifft. 

Nach § 1 dieses Statuts werden die Beamten der Stadt 
Magdeburg entweder auf Lebenszeit oder auf Kündigung ange¬ 
stellt. Die Anstellung erfolgt durch Aushändigung einer An¬ 
stellungsurkunde. 

Auf Kündigung sind (§ 3), soweit nicht im einzelnen Fall 
von den städtischen Behörden Anderes beschlossen wird, die 
Beamten der nachstehenden städtischen Betriebsverwaltungen 
anzustellen: 

„Zu 4. diejenigen der Verwaltung des städtischen Schlacht- 
und Viehhofs nebst der Fleischschau.“ 

Die Kündigung erfolgt (§ 5) stets auf Grund eines Magistrats¬ 
beschlusses. 

Wird wegen der Kündigung nicht im einzelnen Falle mit 
dem Beamten Anderes vereinbart, so darf dieselbe im Allgemeinen 
nur mit vierteljährlicher Frist erfolgen. In Fällen einer groben 
Pflichtwidrigkeit kann der Magistrat sofortige Dienstentlassung 
verfügen, wobei das Gehalt bis zum Ablaufe der Kündigungsfrist 
weiter zu zahlen ist. 

Nicht als Beamte (§ 6) anzustellen, sondern nur durch 
civilrechtlichen Dienstvertrag anzunehmen sind, soweit nicht im 
einzelnen Falle die städtischen Behörden Anderes beschliessen: 
„zu § 8 im Betrieb des Schlacht- und Viehhofs: Die Trichinen- 
schauer, die Maschinenmeister und Maschinisten“. 

Die städtischen Beamten, sowohl die auf Lebenszeit als 
die auf Kündigung angestellten, jedoch nicht zur Probe, zu 
vorübergehenden Dienstleistungen oder zur Vorbereitung an¬ 
gestellten, erhalten bei eintretender Dienstunfähigkeit Pension 
(§ 7) nach Massgabe der gesetzlichen Bestimmungen — § 12 
des Communalbearaten-Gesetzes vom 30. Juli 1899 —. 

Denjenigen Personen, welche durch civilrechtlichen Dienst¬ 
vertrag gegen Jahresgehalt für den städtischen Dienst an¬ 
genommen sind — § 6 — wird, sofern nicht für einzelne von 
ihnen oder einzelne Gruppen eine besondere Regelung ihrer Pension 
durch Statut, Arbeitsordnung, Vereinssatzung oder Vertrag statt¬ 
gefunden hat, eine Pension nach Massgabe der für die Beamten 
der Stadt Magdeburg geltenden Vorschriften in Aussicht gestellt 
(§ 11), ohne dass ein klagbares Recht darauf eingeräumt wird. 

Ausgenommen hiervon sind: 

„zu b. die Trichinenschauer“. 

An Stelle der im § 15 des Gesetzes vom 30. Juli 1899 
vorgesehenen Versorgung erhalten die Wittwen und Waisen der 
pensionsberechtigten Beamten und der besoldeten Mitglieder 
des Magistrats Wittwen- und Waisengeld nach Massgabe 
des Ortsstatuts betreffend Versorgung der Wittwen und Waisen 
städtischer Beamter vom 28. Februar 1890 mit Nachtrag 
vom 29. Januar 1898. Falls die danach zu gewährenden Be¬ 
züge an Wittwen- und Waisengeld hinter denjenigen Leistungen 
Zurückbleiben sollten, die bei Anwendung der für die Wittwen 
und Waisen der unmittelbaren Staatsbeamten geltenden Vor- 


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20. September 1900. 

Schriften unter Zugrundelegung des von dem Beamten im 
Augenblicke des Todes verdienten Pensionsbetrages zu ge¬ 
währen sein würden, treten diese letzteren Leistungen an 
die Stelle der aus dem vorbezeichneten Ortsstatut nebst Nach¬ 
trag sich ergebenden Bezüge (§ 12). 

Die Zahlung des Gehaltes (§ 13) an die städtischen Be¬ 
amten — § 1 — erfolgt vierteljährlich im Voraus. 

Magdeburg, den 21. Mai 1900. 

Colberg, Ristow, 

Obmann. Schriftführer. 


Die Rothlaufimpfungen mit Susserin und ihre Erfolge. 

Von 

Hoehne-Grünberg, 

Kreisthlerarst. 

Die Vereinfachung der Schutzimpfung gegen Rothlauf, wie 
sich solche nach dem Schütz’schen Verfahren gegenüber dem 
von Lorenz — einmaliges Impfen gegenüber dem u. U. drei¬ 
maligen — als vortheilhaft und vor allen Dingen billiger 
empfiehlt, musste ersterem bei gleich günstiger Wirkung einen 
entschieden grösseren Anhängerkreis sichern. Hier in Schlesien 
ist dies wenigstens der Fall, nachdem die Landwirthschafts- 
kammer die Impfung mit Susserin empfahl und deren Aus¬ 
gestaltung durch billigere Abgabe des Impfstoffes etc. auf alle 
Art und Weise förderte. Da nach Einführung dieser Impf¬ 
methode inzwischen ein Jahr verflossen, — seit Mitte Mai v. J. — 
so dürfte es wohl am Platze sein, an der Hand der Impf¬ 
resultate die Brauchbarkeit der neuen Methode zu prüfen. 

Die Impfung mit Susserin macht die Impflinge gegen Roth¬ 
lauf seuchenfest (immun). 

Wird die Impfung allein mit Susserin ausgeführt, so ist die 
Seuchenfestigkeit kurzfristig (ca. 4—5 Wochen), wird sie 
aber gleichzeitig mit wirksamem Rothlaufgift, Rothlaufcultnr, 
ausgeführt, so wird eine langfristige Seuchenfestigkeit — 
mindestens sechs Monate — erzeugt; an Rothlauf erkrankte 
Thiere genesen nach Einspritzen einer sog. Heildosis von 
Susserin. Dieser Satz enthält das Programm der Susserin- 
impfung. Das Programm hat nicht zu viel versprochen. Die 
diesseitigen Erfolge seit Jahresfrist bestätigen dasselbe im 
vollen Umfange. Ich habe bis heute 7 1 Susserin verbraucht, 
mit jedem Liter habe ich im Durchschnitt ca. 185 Schweine 
geimpft, also in Summa mindestens 1300 Schweine. Da ich mit den 
Besitzern der geimpften Schweine in Verbindung blieb, insofern 
mir jede Erkrankung der letzteren sofort gemeldet wurde, so bin 
ich in der Lage, Folgendes als eigene Erfahrung zu verbürgen: 

I. Die Schutzkraft der Susserinimpfung ohne Roth¬ 
laufgift währt nicht über fünf Wochen. Zu Anfang der 
Impfung trug ich Bedenken, in Beständen, welche frisch durch Roth¬ 
lauf verseucht waren, die Impfung mit Rothlaufcultur auszuführen. 
In drei Fällen ist nach Ablauf von fünf Wochen der Rothlauf 
bei Schweinen aufgetreten, bei welchen vor jener Zeit die 
Schutzimpfung mit Susserin vollzogen war. In der Folge habe ich 
auch bereits verseuchte Bestände mit Susserin und Cultur geimpft 
und zwar ohne jeden Nachtheil, ausgeschlossen natürlich notorisch 
an Rothlauf erkrankte Schweine. 

II. Die Immunität der mit Susserin und Cultur ge¬ 
impften Schweine dauert über sechs Monate. Von den 
seit Anfang Juni v. J. geimpften ca. 1300 Schweinen ist bis 
heute noch nicht eins an Rothlauf eingegangen. In zwei Fällen 
erkrankten diese geimpften Schweine und zwar je eins nach 


447 

Ablauf von sechs Monaten an dem sogenannten Flecken- oder 
Hautrothlauf (Backsteinblattern Lorenz) mit Ausgang in 
Genesung. In mehreren grösseren Beständen habe ich die Nach¬ 
zucht staffelweise geimpft und damit wiederholt den Stand- 
thiereu Gelegenheit zur Infection gegeben, weil eine Trennung der 
Impflinge absichtlich nicht stattfand; Infection ist nicht erfolgt. 

Hl. Die Heilung erkrankter Thiere durch Einverleibung 
einer Heildosis Susserin ist wiederholt versucht worden; sie 
war überall da erfolgreich, wo die Kranken sich noch im ersten 
Erkrankungsstadium befanden. Nach ca. 24 Stunden zeigte sich 
als eigenthümliche Reaction eine schussweise auftretende und 
nach kurzer Zeit abblassende Röthung der gesammten Haut, 
namentlich auf dem Rücken, gleichzeitig krochen die Kranken 
aus der Streu und verlangten Trank. Bei hochgradiger Ein¬ 
genommenheit des Kopfes, ausgebreiteter Röthung der Haut an 
der Bauchseite und bei pumpendem Athmen verlief die Krankheit 
trotz Heildosis tödtlich. 

IV. Impfrothlauf oder andere unangenehme Zu¬ 
fälligkeiten sind bisher nicht beobachtet. 

Nach den Erfahrungen von Schütz sollen die mit Cultur 
geimpften Schweine bis 14 Tage nach dem Irapfstich 
Rothlaufgift ausscheiden; auch die Beobachtung habe ich 
bestätigt gefunden. 

In zwei Fällen blieben je zwei und je ein Schwein eines 
Bestandes ungeimpft; nach Ablauf von 14 bezw. 18 Tagen 
trat bei beiden Parteien amtlich coustatirter Rothlauf bei den 
nicht geimpften Thieren auf. 

Ein Besitzer brachte seine Sau zu einem Eber, bei welchem 
vor zehn Tagen die Schutzimpfung mit Cultur vollzogen war. Die 
Sau erkrankte fünf Tage nach dem Besuch an amtlich constatirtem 
Rothlauf. Es häufen sich ausserdem die Beobachtungen, dass 
Rothlauf auf bisher seuchenfreien Gehöften ausbriclit, dessen 
ursächlicher Zusammenhang mit voraufgegangenen Schutz¬ 
impfungen in der Nachbarschaft nicht abzuleugnen ist. Durch 
Ratten und anderes Ungeziefer wird das Rothlaufgift ohne 
Zweifel von Stall zu Stall verschleppt. 

Die so wohlthätige Schutzimpfung birgt somit eine recht 
ernst zu nehmende Gefahr für ungeimpfte Bestände 
der Nachbarschaft. Erwägt man aber, dass jeder Rothlaufherd 
durch Conservirung der Sporen die Möglichkeit bietet, nach 
Jahresfrist wiederum Senchenausbrüche zu erzeugen, so wird 
durch die Schutzimpfung einer dauernden Verseuchung bedenklich 
Vorschub geleistet, zumal die Seitens des Entdeckers empfohlene 
Stalldesinfection niemals zur Ausführung kommt. 

Die Schutzimpfung ist hier in Schlesien ausserdem eine 
wilde; die Landwirthschaftskammer giebt Susserin und Culturen 
an jeden Besteller ab; dem hierorts blühenden Pfuscherthum 
führt dieser Umstand äusserst günstigen Wind in die Segel. 
Bricht sich aber erst die Ueberzeugung Bahn, dass mit der 
Rothlaufcultur ungeimpften Schweinen die Seuche übertragen 
werden kann, so ist einem gefährlichen Unfug für Rachezwecke 
Thür und Thor geöffnet. Ein kürzlich festgestellter Fall, 
wonach der gesammte Schweinebestand durch vorgeworfenes 
gepökeltes Rothlauffleisch mit Rothlauf inficirt und vernichtet 
wurde, giebt einen deutlichen Fingerzeig, was zu erwarten ist, 
wenn erst die Kenntniss dieser Verhältnisse eine ausgebreitetere 
sein wird. Der Schutzimpfung mit Rothlaufcultur schreibe ich 
unbedenklich die Häufung und Zunahme des Rothlanfs im 
hiesigen Kreise zu. Im Jahre 1898 sind vom 1. April bis 
31. December durch Rothlauf verseucht 51 Gemeinden mit 


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448 

73 Gehöften, im selben Zeitraum 1899 aber 91 Gemeinden mit 
141 Gehöften. 

Wenn ich auch zugebe, dass fortschreitende Erkenntniss 
eine vermehrte Anzeige von seucheverdächtigen Fällen zur 
Folge hat, so vermag diese allein solch Anschwellen von Zalilen 
nicht herbeizuführen. Ausserdem aber weist der Index Für eine 
gut geleitete Veterinärpolizei — die resultatlosen Untersuchungen, 
bei welchen vermuthete Seuchenfälle nicht festgestellt wurden — 
abfallende Zahlen auf im Jahre 1899 gegenüber 1898. An¬ 
gesichts dieser Thatsachen spreche ich wohl nicht zu viel aus, 
wenn ich behaupte, die wilde uncontrollirte Schutzimpfung mit 
Rothlaufgift ist geeignet, die Senchengefahr und Ausbreitung 
des Rothlaufs zu erhöhen. Die in dieser Frage nicht gut be- 
rathene Landwirtlischaftskammer von Schlesien beabsichtigte 
die Schutzimpfung auf breitester Grundlage durchzuführen; die 
Kreisthierärzte sollten die Trichinenschauer in der Hand¬ 
habung des Impfverfahrens unterrichten, damit jede Ortschaft, in 
der Lage wäre, auf billigste und kürzeste Weise die Schutz¬ 
impfung auszuführen Der Plan wird aber zunächst erst 
halb zur Durchführung gelangen; die Liegnitzer Regierung 
hat Bedenken erhoben gegen die Unterweisung der Impfung mit 
Cultur; erstere soll sich nur auf die Anwendung des Susserins 
erstrecken. Ich wüsste aber nicht, wer den so unterrichteten 
Trichinenschauer abhalten könnte, auch gleichzeitig den halben 
Cubikcentimeter Cultur einzuspritzen; er braucht ja nur die 
Vorschrift abzulesen und darnach zu handeln. 

Ziehe ich aus Vorausgeschicktem die Consequenzen, so er¬ 
geben sich für die staatlichen Aufsichtsorgane, für die Veterinär¬ 
polizei, folgende Obliegenheiten: 

Bei der unbestrittenen Schutzkraft der Schutzimpfungen 
mit Susserin und Rothlaufcultur ist deren Anwendung, wo die 
Verseuchung solche erheischt, mit allen zulässigen Mitteln zu 
fördern ; bei ihrer Ausführung aber dürften folgende Maassregeln 
dringend geboten erscheinen: 

I. Die Impfung mit Cultur darf nur von staatlich ap- 
probirten Fachmännern — Thierärzten — vorgenommen werden, 
nur dadurch lassen sich Garantien schaffen, dass mit dem Roth¬ 
laufgift kein Missbrauch zum Schaden der Schweinehalter ge¬ 
trieben wird. 

II. Jede Impfung mit Cultur ist vorher der zuständigen 
Polizeibehörde anzuzeigen, welche ihrerseits verpflichtet wird, 
solches zur öffentlichen Kenntniss zu bringen — zum Selbst¬ 
schutz der Nachbarn mit ungeimpften Beständen. 

III. Nach jeder Schutzimpfung mit Cultur ist der beamtete 
Thierarzt zu beauftragen, eine sachgemässe Stalldesinfection an¬ 
zuordnen, welche seinen Angaben gemäss am 15. Tage nach der 
Impfung auszufiihren ist und deren sachgemässe Durchführung 
er zu begutachten hat. 

Die Bromberger Regierung ist für vorstehende Forderung 
bereits vorbildlich. Im Jahre 1895 erliess sie eine Polizei¬ 
verordnung, wonach die Pasteur’sehen Schutzimpfungen, ohne 
Ausnahme, nur von Thierärzten ausgeführt werden durften. Da 
ein allgemeiner darauf zielender Ministerialerlass mangels sach¬ 
verständiger Initiative*) nicht zu erwarten ist, so wird es Sache 
der Einzelregierungen sein, hierin Abhülfe zu schaffen. 

*) Der in obigem ausgesprochene Vorwurf, dass die Sach¬ 
verständigen, d. h. also die Thierärzte, es an Initiative fehlen 
Hessen, ist insofern nicht begründet, als die thierärztliche Central¬ 
vertretung bereits mit dieser Angelegenheit befasst ist. Vergl. auch 
den Artikel in No. 23 pag. 273 und die Notiz No. 24 pag. 284 der 
B. T. W. Schmaltz. 


No. 38. 

Ein Fall von Milchfieber beim Schwein? 

Von 

Paust-Dippoldiswalde i. S. 

pr»ct. Thierarzt. 

Obgleich Prof. Carsten Harms in seiner Geburtshilfe das 
Vorkommen des Milchfiebers bei Schwein, Hund, Katze, Ein¬ 
hufer verneint, sei es mir erlaubt, eines Falles Erwähnung zu 
tlmn, bei dem es sich meiner Ansicht nach zweifelsohne um 
diese Krankheit handelte. 

Speciell das Schwein betreffend, sagt Harms an der Stelle: 
„Denn die Mittheilungen über die bei Schweinen erlebten Fälle 
von Milchfieber sind nicht derart, dass ich dieselben als beweis¬ 
kräftig erachten kann!“ 

Obgleich es mir nun selbstredend fern liegt, den Ausspruch 
dieses berühmten Praktikers anzweifeln zu wollen, so will ich 
trotzdem des allgemeinen Interesses halber nachstehenden Fall 
kurz mittheilen: 

Patient ist eine ca. 1 Vs jährige Ferkelsau, die zum zweiten 
Male geferkelt und zwar diesmal 12 Ferkel zur Welt gebracht hat. 

Von diesen 12 Stück sind 4 todt zur Welt gekommen, die 
übrigen 8 sind ausserordentlich munter. Am Donnerstag, 21. Juni, 
hatte der Gebärakt stattgefunden, am Sonntag, 24. Juni, hatte mich 
der Besitzer Herr Ernst Richter in Obermalter geholt. Vor¬ 
bericht des Besitzers: Die Sau ist etwa 1 */ a Jahr alt, Meissener 
Landschwein, hat am 21. Juni ausserordentlich leicht geferkelt, 
hat von Anfang an nur wenig Milch gehabt, zeigte sich jedoch 
bis Freitag Abend im Ganzen munter (22. Juni). Von da ab 
hat sie kein Futter aufgenommen, die Milch ist fast ganz ver¬ 
siegt; sie wurde sehr schwach, lag nun fortwährend, röchelte 
und, so sagte er, „ich möchte die Nothschlachtung resp. die 
Vorbesichtigung zu derselben anmelden.“ Status praesens: T. 
38, 3 (unsicher, weil Besitzer bis kurz vorher Seifenwasserklystiere 
applicirt hatte), ständiges Liegen, an 2 Stellen, Schulter und 
Hüfte, stark durchgelegen, völlige Theilnahmlosigkeit, frequenter 
kleiner Puls, sehr frequente Athmung unter Stöhnen; Ohren, 
Rüssel kalt, äussere Körperwärme ungleich vertheilt, im Ganzen 
kühl beim Betasten, völlige Sistirung der Defäcation. Mit 
grosser Mühe aufgebracht, taumelt das Thier sehr stark im 
Hintertheil und nach wenigen Minuten stürzt es wieder nieder. 

Therapie: Snbcntane Injection hinter das linke Ohr von: 


Rp.; Veratrin. sulfuric.0,02 

Glycerin.5,0 

ferner Rp.: Hydrarg. chlorat. mit. . . 2,0 

D. t. dos. No. HI. 


S. Die beiden ersten Pulver mit 01. Ricini und Mehl ver¬ 
rührt am selben Tage mit einem Holzlöffel auf die Zunge zu 
streichen, das dritte Pulver ebenso am anderen Morgen zeitig. 
Ferner 100 g 01. Ricini mit Buttermilch nach und nach ein¬ 
flössen. (NB. ein schweres Stück Arbeit, da man bei Schweinen 
bekanntlich mit dem Eingeben äusserst vorsichtig sein muss.) 

Der Schweinestall war im Rinderstall untergebracht und 
trotz der grossen darin herrschenden Wärme hatte Besitzer das 
Thier noch mit Decken zugedeckt, Strohbunde auf und vor den 
Stall gelegt, um die „Zugluft“ die gar nicht da war, abzuhalten. 
Diese Bedeckungsmittel wurden natürlich sofort entfernt. 
Ausserdem Hess ich die Sau bei öfterem Umlegen stündlich mit 
eiskaltem Essigwasser abwaschen. 

Obiger Befund, sowie Behandlung ergaben sich Sonntag 
Vormittag gegen 9 Uhr. Ich bat den Besitzer, der äusserst 
hoffnungslos und ängstlich war, um Aufschub der Notschlacbtung 


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20. September 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


bis Abends gegen 9 Uhr. Er sollte mir dann Bescheid sagen, 
ob Besserung eingetreten sei. Er kam auch und meldete mir 
zur angegebenen Zeit einige Besserung des Zustandes. 

Am Montag Morgen, wiederum gegen 9 Uhr ergab sich mir 
folgender Befund: Hartes Misten, kleine, mit Schleim und Blut 
überzogene Kothballen, hart wie Stein, doch ziemlich reichlich, 
Puls und Athmung hedeutend ruhiger, freieres Sensorium wie 
Tags zuvor. Das Thier stand von selbst auf, wühlte mit dem 
Rüssel im Stroh, grunzte seine Pflegerin gutmüthig an, zeigte 
Antheilnahme für die Umgebung und die kleinen Ferkelchen. 
Um es kurz zu machen: Nach einigen Tagen trat die völlige 
Wiederherstellung ein unter Rückkehr der Milch. 

Hochinteressant war mir, beiläufig gesagt, folgender Um¬ 
stand : Direct neben dem Stall der Mutter war ein ebenso grosser 
Raum als Kinderstube für die kleinen Ferkelchen, nur durch 
eine leicht verstellbare, viereckige Oeffnung in der Wand von 
einander getrennt. Da die Sau, wie schon erwähnt, von Anfang 
an nur wenig Milch gehabt, musste man die kleinen, erst einige 
Tage alten Ferkel künstlich ernähren. 

Nun Hess ich nothgedrungen gleich am ersten Tage meines 
Eingreifens, wegen der der Sau applicirten Medicaraente, die 



Vordere 

Wand. 


Hintere 

Wand. 



acht Ferkel völlig isoliren. Die Besitzerin, eine sehr intelligente 
Bäuerin klagte mir, es sei gerade, als habe sie acht 

kleine Kinder zu verpflegen; sie hatte folgende, mir bis 

dahin unbekannte, doch durchaus ebenso einfache als praktische 
„Stellage“ angebracht: Denken wir uns einen langen (etwa 
1 m), oben offenen viereckigen Kasten; die Hinterwand 
zur Einlage der Bäuche von etwa fünf Milchflaschen halbkreis¬ 
förmig ausgesägt, die Vorderwand etwa in der Mitte zur Auf¬ 
nahme des Flaschenhalses ebenso oft kreisrund durchbohrt. 
Auf jeder Flasche ein Hütchen. Nun sollte man das lebhafte 
Getriebe der Kleinen sehen, wenn sie sich an die vollen 

Flaschen andrängten. Die Besitzerin hatte die Thierchen 
ziemlich leicht durch Liebkosungen und Hinhalten an die 

„Lutsche“ an dies mir so interessante Saugen gewöhnt; ganz 
prächtig sah es sich zu, wenn die kleinen Ferkel, war eine 
Flasche leer, die ganze Reihe absuchten. Die individuelle 
Intelligenz und die vis majoris zeigten sich bereits hier in 
ganz charakteristischer Weise. Um einer eventuellen Ver¬ 
stopfung vorzubeugen, liess ich jeder Flasche etwas Milchzucker 
zusetzen. Die Ferkelchen gediehen alle acht bis heute ganz 
prächtig. 

Doch — um auf die Mutter zurückzukommen: Könnte es 
sich im vorliegenden Falle nicht um Milchfieber gehandelt 
haben? Mögen die Collegen urtheilen; die Symptome lagen 
darnach! Der ganze rasche Verlauf, ferner speciell: Festliegen 
am Boden, Liegen platt auf der Seite mit ausgestreckten Ex¬ 
tremitäten, der Leib etwas aufgebläht, der Bulbus zurück- 


449 

gezogen, der Blick stier, die Conjunctiven bleich, die Respiration 
flach und frequent, die Exspiration unter Stöhnen, Puls nur 
klein und mit schwankender Frequenz, Ohren, Rüssel kalt, 
Temperatur 38,3 (allerdings bei etwas offenstehendem After 
gemessen), völlige Sistirung der Defäcation; auch Harn wurde 
nicht abgesetzt, worauf der Besitzer mich extra aufmerksam 
machte. 

Ich glaube kaum, dass hier ein diagnostischer Irrthum 
vorliegt. 


Referate« 

Wirkung des Hautmuskels gegen die primäre Vereinigung 
der Wundränder bei Hautwunden des Pferdes. 

Von Dr. A. Trinchera, Assistent u. Privatdocent der Chirurgie. 

Clin. Vet. 1900 No. 7 hi* 12. 

Der verschiedene Grad, in welchem die Wundränder bei 
Continuitätstrennungen der Haut je nach der verletzten Körper¬ 
region auseinanderweicheu, regte den Verfasser au, nach den 
Ursachen dieser Erscheinung zu forschen. Die Beobachtungen 
ergaben, dass Hautwunden von gleicher Tiefe und sonstiger 
Beschaffenheit um so mehr klaffen, je stärker der Hautmuskel 
im Bereiche der Verletzung entwickelt ist. Wo derselbe aus 
verhältni8smässig dicken und starken Muskellagen besteht und 
ein lockeres Bindegewebe zur Unterlage hat, weichen die Ränder 
weit auseinander (Schulter, Arm, Hals, Bauchwände etc.). An 
Stellen dagegen, wo der Hautmuskel einen wenig entwickelten 
Muskelkörper aufweist, klaffen die Wunden unerheblich und noch 
weniger da, wo derselbe zu einer aponeurotischen Platte reducirt 
ist, selbst wenn die Haut daselbst sehr beweglich ist (Vorarm, 
Fessel). Hat das Bindegewebe unter der Aponeurose eine 
straffe, dichte Beschaffenheit, so klafft die Wunde fast gar nicht, 
auch wenn das Bindegewebe mit elastischen Fasern versehen ist. 

An diesen Körperstellen geht die Vereinigung der Wund¬ 
ränder nach der Erfahrung am schnellsten vor sich. 

Für den erwähnten Einfluss des Hautmuskels spricht auch 
nachstehender Versuch: Wird die Haut für sich allein durch¬ 
schnitten, so klafft die Wunde nicht erheblich; nach der Durch¬ 
trennung des Hautmuskels dagegen weichen die Wundränder 
unverhältnissmässig weiter auseinander. Die durchschnittenen 
Muskelbündel, welche vermöge ihrer Elasticität zurückschnellen, 
ziehen also die Haut mit sich fort. 

Wenn nun schon durch diesen Umstand eine primäre Ver¬ 
einigung der Hautwunden beim Pferde schwierig ist, so wird 
dieselbe geradezu verhindert durch die Beweglichkeit, welcher 
die Wundränder in Folge der Contractionen des Hautmuskels 
unterworfen sind. Man kann an den beweglichen Wunden be¬ 
obachten, dass ihre Ränder abwechselnd und unregelmässig an¬ 
gespannt werden und wieder erschlaffen, eine Erscheinung, die 
bei unruhigen Pferden, besonders zur Sommerzeit in Folge der 
Fliegenplage um so mehr ins Gewicht fällt. 

Hiernach kommt der Verfasser zu der Schlussfolgerung, 
dass der grössere Theil der Misserfolge, welche bei Behandlung 
der Hautwunden des Pferdes beobachtet werden, hauptsächlich 
dem Vorhandensein des enormen Hautmuskelapparates zu¬ 
zuschreiben ist. 

Um nun den störenden Einfluss desselben möglichst anszu- 
schliessen, hat Verfasser eine Reihe vou Versuchen ausgefulirt, in 
welchen die Hantränder vor ihrer Vereinigung durch die Naht von 
demHautmu8kel abgetrennt wurden. Die Trennung hatte ihre grösste 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 38. 


450 

Breite in der Mitte der Wunde je nach der Grösse 2,5 cm und 
mehr und verringerte sich nach den Wundwinkeln beiderseitig 
allmählich bis auf 1 cm. Die Wunden wurden im Uebrigen den 
allgemeinen chirurgischen Regeln gemäss behandelt. Um die 
Vereinigung der getrennten Gewebe in den Wundwinkeln nicht 
zu stören, wurden bei Längswunden die verwendeten Drains 
durch besondere Einschnitte, 2—3 cm von den Wundenden ent¬ 
fernt, unter der Haut in die Wunde ein- bezw. ausgeführt. Bei 
Querwunden dagegen erfolgte die Application der Drains recht¬ 
winkelig zur Richtung der Wunde, und dieselben traten im Grunde 
der durch die Abtrennung der Haut gebildeten Trichter an die 
Oberfläche. 

Obwohl in der angegebenen Weise die Immobilität des 
Wundfeldes nicht vollständig erreicht wurde, heilten einfache 
Wunden nunmehr per primam intensionem, ein Erfolg, der vorher 
selten erzielt wurde. 

Fast derselbe Effect ist zu erreichen, wenn der Hautrauskel 
im Bereiche des Wundrandes auf einige Centimeter Breite 
exstirpirt wird, doch ist bei grossen Wunden Mortificirung der 
Hautränder zu befurchten. 

Die Versuche des Verf. erstreckten sich weiter auf die 
„Isolirung des Hautmuskels vom Wundfelde.“ 

1. Vollständige Isolirung durch zwei halbelliptische Ein¬ 
schnitte. 

Dieselben gehen durch Haut und Hautmuskel, umgeben die 
genähte Wunde von allen Seiten und vereinigen sich in der 
Verlängerung der Wunde, 2—3 cm von den Wund winkeln entfeint. 
Die Ränder der Einschnitte weichen in entgegengesetzter Richtung 
auseinander, der innere Rand centripetal nnd der äussere 
centrifngal. Die Abweichung kennzeichnet sich am stärksten 
da, wo die Fasern des Muskels in der Querrichtung dnrchtrennt 
sind. Aus der Verschiebung der Ränder sowohl in verticaler 
als auch in longitudinaler Richtung ergiebt sich, dass 4 
antagonistische gleiche Kräfte und zwar zwei nach der Längs¬ 
und zwei nach der Querrichtung bei dieser Veränderung thätig 
sind (Parallelogramm der Kräfte). Je mehr sich diese Kräfte 
das Gleichgewicht halten, desto geringer ist die Abweichung der 
Ränder von einander. 

Durch die Incisionen wurde das Wundfeld immobilisirt und 
die im übrigen in der vorhergehend beschriebenen Weise be¬ 
handelten Wunden heilten auf dem ersten Wege, eine 
Wunde heilte durch unmittelbare Adhaesion. 

2. Totale Isolirung des Wundfeldes durch 4 parallele 
Incisionen, welche sich in Gestalt eines Rechteckes vereinigen. 

3. Unvollständige Isolirung durch 4 parallel und recht¬ 
winklig verlaufende und 

4. durch 4 parallel und in Form des Rhombus verlaufende 
Einschnitte, welche in beiden Fällen nicht bis zu ihrer Ver¬ 
einigung verlängert sind. In den beiden letzten Fällen wird 
eine hinreichende Immobilisirung des Wundfeldes und gleichzeitig 
der Vortheil erzielt, dass letzteres an 4 Punkten (in den Winkeln 
der Incisionen) mit dem Hautmuskel in Verbindung bleibt. An 
diesen Ecken und Hautbrücken macht sich bei den Contractionen 
des Hautmuskels eine gewisse Beweglichkeit bemerklich, welche 
jedoch die Ränder der isolirten Wunde nicht beeinflusst. 

Die rhomboidale Isolirung ist der rechtwinkligen vorzu¬ 
ziehen, weil sie einen kleineren Hautbezirk einschliesst uud das 
Anseinanderweichen der Schnittränder geringer ist. 

5. Die unvollständige IsoliruDg des Wundfeldes durch zwei 
parallel und quer zu den Fasern des Hautmuskels verlaufende 


Incisionen hat denselben Effect, als wenn dasselbe durch ein 
Rechteck umschlossen wäre. Die Immobilisirung vollzieht sich 
ebenfalls im Sinne des Parallelogramms der Kräfte. Obwohl 
Verfasser seine Versuche noch nicht abgeschlossen hat, so 
kommt er doch auf Grund der bisher gewonnenen Resultate zu 
nachstehenden Schlussfolgerungen: 

a) Die Beobachtung nnd das Experiment lehren, dass der 
Hauptfactor, welcher die primäre Vereinigung und im Allgemeinen 
die Heilung der Hautwunden beim Pferde verhindert, der Haut¬ 
muskel ist. 

b) Die gedachte Wirkung steht in directer Beziehung zur 
Entwickelung, Structur und Ausdehnung dieses Muskels nnd zu 
dem Vorhandensein seiner Verbindungen durch lockeres Binde¬ 
gewebe. 

c) In den Körperregionen, in welchen der Hautmuskel 
reducirt ist oder tiefe und radicale Veränderungen erfahren hat, 
und wo das Bindegewebe spärlich und von straffer Beschaffenheit 
ist, vermindert sich seine Wirkung im Verhältniss oder dieselbe 
fällt ganz weg. 

d) Wo der Hautmuskel fehlt, besteht gleichwohl eine ge¬ 
wisse Bewegung der Haut, die theils durch die Elasticität der 
letzteren, theils durch die Contractionen des benachbarten Haut- 
muskelabschnittes und theils durch die unterliegende Muscnlatur 
bedingt wird; aber diese Bewegung ist nicht so ausgiebig nnd 
energisch, nm die Adhaesion der Wnndflächen erheblich zu stören. 

e) Der schädliche Einfluss des Hautmuskels ist grösser bei 
Quer- als bei Längswunden. 

f) Es empfiehlt sich daher beim Nähen von Wunden, die 
Wnndränder von der Haut abzutrennen und die Haut direct mit 
einander durch Näthe zu vereinigen. 

g) Bei allen Hautwunden mit wenigen Ausnahmen ist die 
Drainirung nicht ausser Acht zu lassen. 

li) Wie die Untersuchungen erwiesen haben, heben die un¬ 
vollständige rechtwinkelige und rhomboidale Isolirung die ge¬ 
dachte Wirkung des Hautmuskels auf, doch entspricht dieses 
Verfahren nicht den Forderungen der chirurgischen Praxis. 

i) Die transversale Isolirung, unterstützt durch die Ab¬ 
trennung des Hautmuskels von den Hauträndern, stellt dagegen 
ein sehr einfaches und den Anforderungen der Chirurgie durch¬ 
aus entsprechendes Verfahren dar. Und wenn dasselbe nicht 
bei allen Wunden, noch in allen Körperregionen anwendbar ist, 
so kann es doch bei den einfachen Schnittwunden Dienste leisten, 
insbesondere bei denen, welche vom Chirurgen bei plastischen 
Operationen angewendet werden. 

Casuistik der Taberealose. 

Zwei Fälle von Tuberculose bei Rinderföten. Thieme- 
Berlin (Z. f. Fl. n. M-H. 1900. 9.) fand im Verlaufe von 14 
Tagen unter 86, in der Gebärmutter tuberculöser Kühe ent¬ 
haltenen Föten zwei, welche mit. Tuberculose behaftet waren. 
Der erste Fötus war 5 Monate alt, zeigte Knötchen in 
Leber, Lunge, Portal-, Mittelfell-, Bronchial-, Schlundkopfdrüsen 
nnd Milz, ausserdem enthielt die linke bohnengrosse Bugdrüse 
verkäste Herde. In Ausstrichen Tuberkelbazillen nachgewiesen. 
Die Mutter des Fötus hatte Tuberculose der Lunge, Leber, Milz, 
Nieren, des Brust- und Bauchfells, sowie des serösen Ueberzugs der 
Gebärmutter. Der zweite Fötus war 4 Monate alt und liess 
tuberculose Veränderungen in Leber, Milz, Portal-, Mittelfells¬ 
und Gekrösdrüsen erkennen. Die Gebärmutter, in welcher 
der Fötus mit seinen Hüllen eingebettet war, enthielt eitrige 


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20. September 1900. 

Flüssigkeit, in derselben zahlreiche Tubercelbacillen nachweisbar. 
In der Schleimhaut nnd den Karunkeln fanden sich grade sichtbare 
Knötchen. In Ausstrichen massenhaft Tubercelbacillen. Die 
tuberculöse Erkrankung der Placenta wurde somit direct 
nachgewiesen. Th. weist auf die Aehnlichkeit der Fälle mit 
den Befunden bei von Fütterungstuberculose unterscheidbaren 
Formen bei nüchternen und älteren Kälbern hin, die danach als 
angeborene Tuberculöse zu registriren sind. Zum Schluss 
macht Th. auf die Verkalknng der tuberculösen Herde, bei 
dem erst 4 Monate alten Fötus aufmerksam. 

Kreuzlähme in Folge von Tuberculöse des Lenden¬ 
markes beim Ochsen. Schmidt-Kulmbach (Wochenschr. f. 
Th. u. Vz. 44. Jahrg. No. 20) fand bei einem wegen immer 
schlimmer werdenden Kreuzlahme nothgeschlachteten Ochsen in 
der Mitte des Lendenmarkes einen haselnussgrossen Tubercel, 
ausserdem Lungentuberculose. 

Beobachtungen an mit Tuberculin geimpften tuber¬ 
culösen Rindern. Linde-Bielefeld (Zeitschr. f. Fl. u. M.-H. 
1900, 10) fand unter den aus Dänemark in den ersten fünf 
Monaten d. J. eingeführten Rindern (meistens Kühe), welche be¬ 
kanntlich mit Tuberculin geimpft werden, und zur Einfuhr nur 
zugelassen werden, wenn sie eine Impfreaktion nicht gezeigt 
haben, trotzdem noch nach der Schlachtung 30 Procent tuber- 
culös. Von diesen zeigte ausserdem ein ziemlich grosser 
Procentsatz (17 Stück) frische generalisirte oder frische Serosen- 
tuberculose. L. ist der Ansicht, dass die Ausbreitung der 
Krankheit durch die Tuberculin-Impfung, wie auch beim Menschen 
beobachtet ist, begünstigt wird. 

Leptomeningitis et Encephalitis tuberculosa ein- 
bolica. Martin-Erfurt (Zeitschr. f. Fl. u. Mh. 1900. 12) stellte 
bei einem knapp einjährigen Rinde, welches dummkollerähnliche 
Erscheinungen zeigte, ausser Tuberculöse der Lungen und 
Bronchialdrüsen Veränderungen tuberculöser Natur an den Hirn¬ 
häuten und im Gehirn fest. Die Hirnhäute waren durch theil- 
weise ineinanderfliessende, Stecknadelkopf- bis linsengrosse 
Knötchen in mehrere mm dicke, undurchsichtige Membranen 
von runzeligem Aussehen verwandelt. Bei Längsschnitten durch 
verschiedene Regionen des Gehirns fiel ferner in der grauen 
Substanz eine Menge bis erbsengrosser Herde von gelber Farbe 
auf. In der weissen Substanz des Gehirns fanden sich tuber- 
cnlöse Herde nicht. Es handelte sich um eine auf embolischem 
Wege zu Stande gekommene tuberculöse Hirn- und Hirnhaut¬ 
entzündung. 

Eutertuberculose der Ziege. Ledere und Deruelle > 
in Lyon (Recueil de mdd. vet^rinaire 1900. 8) haben im Jahre 
1899 von 3000 geschlachteten Ziegen 5 Stück wegen Tuberculöse 
beanstandet. Darunter zwei an einem Tage. Neben generalisirter 
Tuberculöse zeigte die eine Ziege auch viele verkäste Tubercel 
im Euterparenchym. Die Scham und Cruraldrüsen waren gleich¬ 
falls tuberculös. Kühn au. 

Influenza der Hnnde. 

Von Tasker M. R. C. V. S. 

The Vet Rec. 1899 H. 578. 

Verfasser berichtet über eine seuchenartige Krankheit der 
Hunde, welcher er den Namen „Influenza“ beilegt. Nachdem 
Vorbild der älteren Schule theilt er die Krankheit in mehrere (6) 
verschiedene Formen ein. 

Im Wesentlichen sind nachstehende Erscheinungen zu beob¬ 
achten : Zunächst wird die Nase des Hundes heiss und trocken, 
nach 2—3 Tagen zeigt sich ein lauter langgezogener Husten 


451 

ähnlich dem Niesen (Katarrhalische Form). Bald macht 
sich Thränenflu8S und Nasenausfluss bemerkbar, zuerst wässrig 
durchsichtig, dann weisslichgrau. Der Hund verweigert das 
Futter und ermüdet leicht. Gewöhnlich tritt in diesem Stadium 
Bronchitis auf (Pectorale Form). 

Die Maulschleimliaut ist heiss und roth, Augenlidbindehaut 
geröthet. Athmung angestrengt, niedriges zehrendes Fieber. Der 
Zustand verschlimmert sich gewöhnlich in der Nacht von 12,30 
bis 2,30 Uhr. Es ist deshalb wichtig, während der Nacht bei 
dem Hunde zu wachen. Bei günstigem Verlauf tritt am zweiten 
Tage dieses Stadiums eine leichte Besserung ein. Der Nasen¬ 
ausfluss lässt nach und hört am 8., 9. oder 10. Tage gänzlich 
auf. Der Husten nimmt einen gewöhnlichen Charakter an, und 
der Ausfluss aus den Augen vermehrt sich, je mehr die Nasen- 
dejection abnimmt. Der Regel nach dauert die Reconvalescenz 
noch eine Frist von 14 Tagen. 

Ausser diesen beiden Formen wird weiter die gastrische 
Form unterschieden. Der Hund wird von Erbrechen befallen. 
Die erbrochene Masse besteht aus weissem oder gelblichem 
Schaume. Bei Vernachlässigung dieses Zustandes entwickelt sich 
die gastrisch-enteritische Form, welche auch selbstständig 
entstehen kann. Dieselbe kennzeichnet sich hauptsächlich durch 
blutiges Erbrechen und blutigen Durchfall. Der Hund geht unter 
diesen Symptomen gewöhnlich in drei Tagen ein. Der in situ 
befindliche Magen des Cadavers hat das Aussehen eines schoko¬ 
ladenfarbenen Tumors. Das viscerale Blatt des Peritoneums 
kann diffus oder fleckweise geröthet sein oder es ist auch frei 
von entzündlichen Veränderungen. Die Darmschleimhaut ist ge¬ 
wöhnlich gleichmässig entzündet und der Darm enthält gelatinöse, 
schokoladenartige Massen von schwarzrother oder gelber Farbe. 
Die Magenschleimhaut und der Mageninhalt sind ähnlich beschaffen. 

Bei der paralytischen Form tritt Läkmnng der Hinter¬ 
beine zu irgend einer der genannten Formen. 

Zum Ueberfluss bildet Verfasser auch noch eine transi¬ 
torische Form, bei welcher die Krankheitserscheinungen sich 
nur im geringen Grade ausbilden und in einigen Tagen vorüber¬ 
gehen. 

Der zweite Theil des Aufsatzes ist der Behandlung der 
Krankheit gewidmet. 

Ueber eine ähnliche Krankheit der Hunde in Brighton be¬ 
richtet in derselben Zeitschrift No. 566 H. Sessions F. R. C. V. S., 
welcher auch auf die in Deutschland beobachteten Epizootien 
(Scheibel-Frankfurt und Klett-Stuttgart) Bezug nimmt. 

Zur Aetiologie und Therapie der Geburtsparese. 

Von Schmidt-Kulmbach. 

(Wochenschrift für Thierh.- u. Viehzucht 1900. No. 29 und 80.) 

Nach Aufzählung der bekannten Theorien über die Ursache 
der Geburtsparese stellt S. die These auf: 

„Die Geburtsparese wird erzeugt durch giftige Stoffwechsel- 
producte, welche sich in der Colostralmilch bilden und in die 
Säftemasse übergehen.“ 

Zur Begründung dieser Behauptung führt S. an, dass dies 
Milchfieber wohl vor und nach der Geburt, aber nie vor Eintritt 
der Lactation und auch nur in den ersten Tagen nach Beginn 
der Lactation beobachtet werde. Die Gebärparese stehe also 
in directer Beziehung zur Colostralmilch. Das Colostrum zeichne 
sich durch einen sehr hohen Eiweissgehalt vor der normalen 
Milch aus, was zu der Annahme berechtige, dass die Toxin¬ 
bildung in der Colostralmilch mit dem hohen Eiweissgehalt und 
Zersetzung dieser Eiweissstoffe Zusammenhänge. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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452 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 38. 


Die Resorption der Z ersetz ungs pro ducte fahre zur Parese 
und zur Sistirung der Secretion der Milchdrüse. 

Die Euterinfusionen hätten zur Folge: 

1. eine Auswaschung der Toxine und der Colostrummilch, 

2. Verhinderung der Resorption der Toxine und 

3. Anregung der Drüse zur Secretion (? der Ref.) 

Nevermann. 

Die Immunität des Rindes gegen Rotz. 

von Prettner-Prag. 

(ThierSrztl. Centralbl. 1899 H. 36.) 

Sacharow hat im Jahre 1893 die Unempfänglichkeit des 
Rindes experimentell nachgewiesen. Nach Einspritzung von 
je 1 g einer Aufschwemmung von Rotzbacillen unter die Haut 
von drei Kälbern trat nur eine leichte Temperatursteigerung 
ein (40,9 bezw. 40,2 C). In einem Falle bildete sich an der 
Injectionsstelle ein Abscess, welcher Rotzkeime enthielt. Das 
Kalb wurde 43 Tage nach der Einspritzung getödtet. Es zeigte 
nicht die geringsten krankhaften Veränderungen an seinen 
Organen, und in dem Organsaft Hessen sich mittels Culturverfahren 
keine Rotzbacillen nachweisen. Auch die Obduction des andern 
Kalbes ergab ein negatives Resultat. 

Verf. wiederholte diese Versuche und injicirte am 26. Mai 1898 
10 g einer Bouilloncultur von Rotzbacillen in die Ohrvene 
eines Kalbes. Nach 24 Stunden zeigte sich dasselbe traurig 
und fras8 wenig. Die Temperatur stand auf 39,6. Drei Tage 
nach der Injection waren alle Krankheitserscheinungen ver¬ 
schwunden. Am 28. Juni 1888 erhielt das Kalb zum zweiten 
Male 20 g einer virulenten Rotzcultur in die Ohrvene ein¬ 
gespritzt. Hiernach kamen 2 Stunden später Speichelfluss, 
Athemnoth, kleiner kaum fühlbarer Puls, kalter Schweiss und 
Gittern zur Beobachtung, Symptome, welche Verf. auf eine 
Embolie zurückführt, die vermuthHch durch aneinanderhaftende 
Bacillen verursacht wurde. Das Kalb erholte sich nach einigen 
Tagen vollständig. Dasselbe wurde 2 Monate später getödtet. 
Bei der Obduction waren rotzige Veränderungen nicht nach¬ 
zuweisen. 

Dem andern Kalbe wurden im weitern Verfolg 10 g einer 
virulenten Rotzcultur in den Banchfellsack und je 3 g in die 
Hoden injicirt, ohne dass eine wesentliche Reaction eintrat. 
Hiernach sind Kälber gegen experimentelle Rotzinfection immun. 

Untersuchungen Aber die Häufigkeit der Sterbefälle 
an Lungenschwindsucht unter der Bevölkerung 
des Deutschen Reiches und einiger anderer Staaten. 

Von Rahts. 

(Arb. a. d Kali. GesnndheiUamt Band XIV., S. 480. Ref. i. Centr. f. Bact. u, Paraiiten- 
knnde Bind XXV, No. 14.) 

Nach den seit 1880 angestellten, zuverlässigen Angaben und 
Ermittelungen ist die Schwindsuchtsterbeziffer (die auf je 
1000 Lebende der Gesammtbevölkerung reducirte Zahl der Sterbe¬ 
fälle) geringer geworden und dadurch auch eine Verminderung 
der jährlichen Sterbefälle in dem Alter von 15—60 Jahren ein¬ 
getreten. 

In Preussen, Bayern, Sachsen ist im Alter von 15—60 Jahren 
zur Zeit der ersten grossen Influenzaepidemie 1890 die grösste 
Zahl Tnberculose-Sterbefälle zu verzeichnen, eine stetige Abnahme 
ist seit 1893—1894 zu beobachten. In Württemberg, Baden, 
Hessen, ElBass-Lothringen trat die höchste Sterbeziffer 1894 auf. 
In England, den Niederlanden, Schweden, Dänemark hat die 
Zahl der Schwindsuchtsterbefälle abgenommen, in Italien, Nor¬ 
wegen, Frankreich dagegen zugenommen. J. 


Tagesgeschichte. 

Cultur-Aufgaben. 

Von 

Bermbach-Schroda. 

Als im Mai 1898 die Central-Vertretung der Thierärzte 
Preussens, die es sich zur Hauptaufgabe gestellt hatte, die 
Wünsche der beamteten Thierärzte zu forrauliren und an der 
richtigen Stelle anzubringen, in Berlin tagte, glaubte Jeder von 
uns, dass der Zeitpunkt nicht mehr fern sei, an welchem eine 
Wandlung in den Verhältnissen der beamteten Thierärzte ein- 
treten würde. Seitdem sind bereits mehr als zwei Jahre ins 
Land gegangen, ohne dass man von einer Verwirklichung 
unserer Wünsche irgend etwas gemerkt, oder auch nur gehört 
hätte. Sehr optimistisch veranlagte Collegen haben hin und 
wieder Nachrichten ausgestreut, denen zufolge die „billigen 
Wünsche der Kreisthierärzte ihrer baldigen Verwirklichung 
entgegen gehen sollten“, aber die Zeit, private Mittheilungen 
gut informirter Parlamentarier u. s. w. haben gelehrt, dass die 
Pessimisten in dieser Hinsicht das Richtige getroffen haben. 

Mir liegt ein Brief eines kundigen Reichstagsmitgliedes vor, 
in welchem es wörtlich heisst: „Im Uebrigen will ich Sie 
darüber nicht im Unklaren lassen, dass weder in 
Regierungs- noch in Abgeordneten-Kreisen eine sonder¬ 
liche Lust besteht, der Thierheilkunde und Allem, 
was drum und dran hängt, zu helfen.“ Ganz in derselben 
Weise — nur noch etwas präciser — hat sich mir gegenüber 
auch ein anderer hochstehender Parlamentarier mündlich aus¬ 
gesprochen. Allmählich sind nun auch die Optimisten zur klaren Er- 
kenntniss gekommen, und so kann man jetzt allenthalben fest¬ 
stellen, dass ein hoher Grad von Unzufriedenheit und Missmuth unter 
den beamteten Thierärzten Platz greift. Niemand, der, von jedem 
Interessenstandpunkt losgelöst, die Verhältnisse abseitig betrachtet 
wird sagen können, dass diese Unzufriedenheit ungerechtfertigt sei, 
denn die Lage der Kreisthierärzte gegenüber den 
anderen Staatsbeamten ist, kurz gesagt, jämmerlich. 

In der ersten Hälfte des Jahres 1898 ist in der B. T. W. 
so viel und so erschöpfend über dieses Thema geschrieben 
worden, dass es nicht verlohnt, denselben Gegenstand hier noch 
einmal breit zu treten. Wer sich orientiren will, hat dort 
reichlich Gelegenheit dazu! Ich will hier nur kurz die Anträge, 
die damals von der Central-Vertretung angenommen wurden, 
noch einmal ins Gedächtniss zurückrufen: 

1. Erhöhung des Grundgehaltes auf 1200 M., steigend bis 
1800 M., 

2. Erhöhung des Tagegeldsatzes von 6 auf 9 M., 

3. Pensionsberechtigung, 

4. Rangerhöhung und 

5. Ausserdem hatten die Departements-Thierärzte fiir sich 
noch den Titel Veterinär-Rath und die persönliche Verleihung 
des Ranges der Räthe IV. Classe beantragt. 

Der Titel „Veterinärrath“ oder so etwas Aehnliches würde 
den älteren Kreisthierärzten ebenso gut gefallen, wie den 
Departements-Tbierärzten. Es kann nicht Jeder von uns 
Departements-Thierarzt werden, und es ist auch nicht immer 
gesagt, dass diejenigen, die es werden, gerade die besten sind. 
Es liegt mir fern, irgend Jemandem auch nur im Geringsten zn 
nahe zu treten, im Gegentheil muss ich bekennen, dass die¬ 
jenigen Departements-Thierärzte, mit denen ich in nähere Be¬ 
rührung zu kommen Gelegenheit hatte, entschieden zu den vor¬ 
züglichsten Elementen unter den beamteten Thierärzten zählen. 


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20. September 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


453 


Aber andererseits dienen die Kreisthierärzte auch mit 
dem regsten Pflichteifer ihrem Vaterlande, und sie 
sind deshalb im höheren Dienstalter einer derartigen 
Auszeichnung wohl würdig. Die Zeitströmung ist leider 
heute so, dass Jeder, der in der Gesellschaft eine Stellung ein¬ 
nehmen will, einen Rathstitel haben muss. Die Juristen werden 
Regierangs-, Gerichts-, Anwaltschafts- oder Justizräthe, die 
Mediciner Medicinal- oder Sanitätsräthe, die Philologen Schulräthe, 
Professoren oder sonst etwas Gutes, ein ehrbarer Subalternbeamter 
wird Rechnungs- oder Canzleirath, die Landwirthe werden Amts¬ 
oder Oeconomieräthe, die Kaufleute Commerzien- oderCommissions- 
räthe, kurzum Jedermann wird Rath! — Nur wir bleiben 
ewig Kreisthierärzte. Die Verleihung eines wohlklingenden 
Titels kostet dem Staat garnichts, sie macht im Gegentheil nur über¬ 
zeugungstreuere Staatsbürger und bringt nebenbei noch Stempel¬ 
steuer ein, und der Veterinärbeamte würde seinen Pflichten um 
so freudiger obliegen, wenn er die Aussicht hat, eines guten 
Tages als Kreisthierarzt schlafen zu gehen, um am anderen 
Morgen als Veterinärrath aufzustehen. 

Aber so sparsam, wie mau uns besoldet, ist man auch in 
der Austheilung von Ehren an uns. 

0, diese fiscalische Sparsamkeit! Auch wir haben 
Mancherlei davon merken müssen, so die Erlasse in Betreff 
der Marktgebühren, Benutzung der Kleinbahnen, Zusammen¬ 
legung von Dienstreisen, die Aufforderungen an die Be¬ 
hörden, die amtlichen Aufträge soweit als angängig ein- 
zuschränken u. s. w., u. s. w. Die Behörden glauben in Folge 
all’ dieser Erlasse, sich nach oben hin am ehesten einen Stein 
im Brett zu erwerben, wenn sie dem beamteten Thierarzt soviel 
sie nur können abnehmen. Man hat manchmal den Eindruck, 
als ob die Kreisthierärzte die reinen Versuchsobjecte 
für die Fiscalitätsbethätigung aufwärtsstrebender 
Beamter seien. 

So ist es nicht gerade selten geworden, dass durch das 
Gesetz strikte vorgeschriebene veterinär-polizeiliche Functionen 
einfach unterbleiben, weil die betreffenden Polizeibehörden in 
Folg:e der vielen Sparsarakeitserlasse es für das richtigste 
halten, den Kreisthierarzt überhaupt nicht mehr zu requiriren. 

Classisch und zugleich lehrreich dürfte nachfolgender Fall 
sein: Im hiesigen Kreise war beabsichtigt, eine Kleinbahn zu 
bauen. Von Seiten der nicht interessirten Kreiseingesessenen 
wurden financielle Bedenken erhoben, so dass das Project zu 
scheitern drohte. Der Landrath, der sich für das Zustande¬ 
kommen der Bahn sehr lebhaft interessirte, suchte auf die 
Opponenten zum Theil auch dadurch einzuwirken, dass er 
möglichste Sparsamkeit im Kreishaushalte zusicherte. Unnütze 
Ausgaben sollten für die Zukunft vermieden werden. So bezöge 
z. B. der Kreisthierarzt 600 Mark Kreiszulage, die unter Anderem 
auch gespart werden könnten. Und siehe da, schon konnte man 
in dem Entwurf zum Haushaltsanschlage für das laufende Jahr 
Folgendes lesen: „Da der Kreisthierarzt für die Beaufsich¬ 
tigung der Viehmärkte jetzt von den Stadtgemeinden 
besonders entschädigt wird (was früher genau ebenso der 
Fall war. Anm. des Verf.), liegt zur Fortgewährung des 
Zuschusses kein Grund mehr vor. 

Durch die schleunige Verfassung und Uebersendung einer 
Denkschrift an alle Kreistagsmitglieder habe ich es fertig 
gebracht, von den gefährdeten 600 M. wenigstens 450 M. für 
die Zukunft zu retten, jedoch habe ich bei dieser Gelegenheit 
vielfach zu hören bekommen, dass ich doch Königlicher 


und nicht Communal-Kreisthierarzt sei und mich 
in Folge dessen auch vom Staate ausreichend be¬ 
solden lassen sollte. Was hätte ich wohl hierauf entgegnen 
sollen?! — Man denke bei der obigen Begründung an den 
bekannten und vielbesprochenen Ministerial-Erlass betr. Markt¬ 
gebühren, in Folge dessen wir genöthigt sind, viele Märkte 
fast umsonst zu beaufsichtigen. Ich würde also in diesem 
speciellen Falle, wenn der Antrag des Herrn Landrath durch¬ 
gegangen wäre (was sehr leicht hätte geschehen können, wenn 
ich nicht durch einen Zufall noch rechtzeitig von dem Vorhaben 
Kenntniss erhalten hätte), nicht nur ein Plus an zum Theil 
unbezahlter Mehrarbeit gehabt haben, sondern ich hätte oben¬ 
drein noch — und das ist das Merkwürdige — wegen eben 
dieser Mehrarbeit 600 M. Einnahmen eingebüsst. Aehnliche 
Vorgänge werden sich vielleicht in nächster Zeit auch noch in 
andern Kreisen abspielen. 

Wenn man Angesichts solcher Vorgänge daran denkt, dass 
die beamteten Thierärzte schon sehr lange vergeblich um die 
Erfüllung ihrer berechtigten Forderungen ringen, so braucht 
man sicherlich nicht viel Phantasie zu besitzen, um sich vor¬ 
stellen zu können, dass sich ein gewisses Gefühl der Er¬ 
bitterung bei den Kreisthierärzten eingenistet hat. 

Man fragt sich, woher es kommt, dass man für uns nichts 
thut, während die übrigen Beamten-Kategorien sich in reichem 
Maasse der staatlichen Fürsorge erfreuen? — 

Lieber Leser, es giebt noch eine ganze Anzahl von Leuten, 
die sich unter einem Thierarzt etwas ganz Merkwürdiges vor¬ 
stellen, so eine Art Bassermann’sche Gestalt, deren Haupt¬ 
beschäftigung darin besteht, den dritten Mann beim Scat ab¬ 
zugeben und auf den Dominien ein Bündel Heu, einen Sack 
voll Häcksel oder ein Quantum Hafer zu schnurren. Im ge¬ 
wöhnlichen Leben nennt man das „Botanisirengehen“. Jene 
Leute gehören zum Theil zu denen, die nicht alle werden, 
zum Theil zählen sie ganz exklusiven Gesellschaftsklassen 
zu, die die Thierärzte nur von alten Ueberlieferungen oder 
höchstens aus Fritz Reuter her kennen. Wenn man in 
diesen Kreisen einmal Gelegenheit hat, einen Tliierarzt kennen 
zu lernen, der durch Anstand, Bildung und Exterieur imponirt, 
so glaubt man eine Ausnahme von der Regel, gleichsam einen 
weissen Raben vor sich zu haben. 

Diese Erfahrung wird mir eine grosse Anzahl von Collegen 
bestätigen können. Hiergegen lässt sich natürlich nicht viel 
thun, man muss sich halt mit den Göttern trösten, die auch 
gegen gewisse Sachen vergeblich ankämpfen. 

Einen directen activen Widerstand setzt unserm Streben 
auch die sogenannte academische Welt entgegen. Man ist 
eifersüchtig auf die eigne Ehre. 

Wenn wir aber offen sein wollen, so müssen wir bekennen, 
dass nicht das geringste Hemmniss für uns auch manche Collegen 
bilden, von denen man nicht behaupten kann, dass sie die Inter¬ 
essen und die Ehre des thierärztlichen Standes dem Publicum 
gegenüber zu wahren wissen. Wer viel in der Welt herum- 
gekommen ist, kann in dieser Beziehung Etwas erleben! Merk¬ 
würdigerweise wiegen unter diesen die jüngeren Collegen vor. 
Die Schuld liegt aber daran, dass diese Herren bei 
ihrem Hinaustreten ins Leben nicht reif sind, eine 
Stellung in der Oeffentlichkeit auszufüllen. Des 
Uebels Wurzel liegt in der mangelhaften Vorbildung, 
die sich gerade bei den Studirenden der Thierheil¬ 
kunde, die während ihres Studiums meist nur sehr 


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454 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 38. 


wenig Gelegenheit haben, sich im Umgänge mit Studi- 
renden anderer Facultäten abznschleifen, häufig um 
so fühlbarer macht. Hier kann nur die Einführung des 
Abiturienten-Examens mit allen Consequenzen Wand¬ 


Gemeindevertretung von Zoppot. Die Mehrheit war der Ansicht, 
dass es im Interesse der Besitzer und Einwohner liege, den 
Thierarzt bei Erkrankungen ihres Viehs zuziehen zu können 
und ihm deshalb die Ausübung der Privatpraxis gestattet 


lung schaffen. 

Wir haben es erlebt, dass bei der vorigjährigen Etats- 
berathung die Maturitäts-Forderung für die Rossärzte unter 
Hinweis auf die Herkunft der Studirenden abgelehnt wurde. 

Ich kenne eine grosse Anzahl von Oberlehrern, Theologen, 
Medicinern und selbst Juristen, die sich keineswegs einer vor¬ 
nehmen Herkunft oder des Genusses einer musterhaften Kinder¬ 
stube rühmen können. Und doch wird es Niemand einfallen, 
aus diesem Grunde die Nothwendigkeit des Abitu¬ 
rienten-Examens für Jene zu negiren. Die Kinder armer 
Leute würden sicherlich viel lieber hohe Verwaltungsbeamte, 
Generäle oder sonst etwas Schönes, anstatt Thierärzte werden. 
Weshalb übt man denn dort nicht die zarte Rücksicht, 
dass man ihnen den Zugang zu diesen Laufbahnen auf 
Kosten der Vorbildung etc. erleichtert? 

Es ist klar, dass diejenigen jungen Leute, die es unter 
schwierigen, sagen wir ärmlichen Verhältnissen bis zum Ab- 
iturienten-Examen bringen, sicherlich nicht zu den schlechten 
Elementen gezählt werden können. Für die Söhne reicher, 
hochangesehener Eltern ist es keine so grosse Kunst, das Ab- 
iturienten-Examen zu machen, aber gerade der arme junge Mann 
muss Charakterstärke, Energie und Zähigkeit besitzen, wenn er 
sich unter vielfachen Entsagungen bis zu diesem Ziel durch¬ 
schlagen will. Deshalb würden wir gerade, wenn es sich wirk¬ 
lich bewahrheiten sollte, dass nur die Söhne armer Eltern das 
Studium der Thierheilkunde ergriffen, einen um so vorzüglichem 
Nachschub zu erwarten haben. 

Man hört nun häufig die Frage aufwerfen, was wir thun 
sollen, um unser Ziel zu erreichen? — Was wir thun sollen, 
steht schon in der Bibel geschrieben! „Klopfet an, so wird 
Euch aufgethan werden“. — Wir dürfen nicht erlahmen, 
unsere Bitten an geeigneten Stellen immer wieder zum Vortrag 
zu bringen. Endlich wird man uns doch befriedigen wollen. Wie wir 
anklopfen sollen, damit man uns aufthue, darüber werde ich viel¬ 
leicht Gelegenheit haben, mich an einer anderen Stelle zu äussern. 

Professor Zürn f. 

Der ehemalige langjährige Leiter des Veterinär-Instituts der 
Universität Leipzig, Hofrath Professor Dr. Zürn, ist, nachdem 
er vor Kurzem in den Ruhestand getreten war, zu Stadtsulza 
gestorben. Schon seit Jahren war seine Thätigkeit durch 
Bchwere Krankheit gelähmt. 

Privatpraxis der Schlachthofthierärzte. 

Die Frage, ob der Thierarzt und Director der Schlachthof- 
Anlage auch Privatpraxis soll ausüben dürfen oder nicht, be¬ 
schäftigte bei der Erörterung der Anstellungsbedingungen die 


werden solle. Höchst seltsam ist aber der Beschluss der Ge¬ 
meindevertretung, dass das Honorar, das dem Thierarzt für 
seine Privatdienste zu leisten ist, in die Schlachthauskasse 
zu fliessen habe, aus der ihm später eine entsprechende Ent¬ 
schädigung gezahlt werden solle. Allg. Fl. Ztg. 


Eine ebenso neue wie reizende Idee der ehrsamen Gemeinde¬ 
vertretung von Zoppot, den Schlachthof-Inspector auch noch in 
seinen dienstfreien Stunden für die Gemeindekasse, die augen¬ 
scheinlich aus den dortigen hohen Kurtaxen noch nicht genug 
verdient, dienstbar zu machen. Denn darum handelt es sich doch 
jedenfalls, dass von den Honoraren Procente einbehalten werden 
sollen. Oder sollte man blos controliren wollen, ob der be- 
neidenswerthe Schlachthofinspector nicht zu schnell Millionär 
wird? Jedenfalls wird unter diesen Umständen der Schlacht¬ 
hofinspector in seinen Mussestunden sich besser aufs Scatspielen 
verlegen, anstatt zu practiciren. Aber halt! Am Ende fliessen 
in Zoppot die Scatgewinnste der Gemeindebeamten auch in die 
Gemeindekasse? Es hätte das ja ungefähr dieselbe Berechtigung. 
Nun, dann bleibt nur schleunige Flucht! 

Schmaltz. 


Frequenz der Deutschen Medicinischen Facultäten. 



Winter 1898/99 

Sommer 1900 

Winter 1899/1900 

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783 

307 

1090 

914 

397 

1 311 

909 

437! 

1346 

Bonn . . . 

318 

19 

337 

240 

12 

252 

237 

^ 1 
<1 

244 

Breslau . . . 

350 

14 

364 

313 

8 

321 

240 

20 

260 

Erlangen . . 

140 

176 

316 

160 

165 

325 

154 

145 1 

299 

Freibnrg . . 

82 

364 

446 

107 

287 

394 

81 

235' 

316 

Giessen. . . 

86 

143 

229 

79 

136 

215 

67 

97 1 

164 

Göttingen . . 

175 

50 

225 

174 

48 

222 

155 

45 j 

200 

Greifswald 

298 

25 

323 

— 

— 

318 

261 

27’ 

268 

Halle . . . 

200 

45 

245 

197 

44 

241 

221 

4 1 

225 

Heidelberg 

55 

217 

272 

69 

171 

240 

67 

186 

253 

Jena .... 

59 

153 

212 

56 

138 

194 

52 

lio 1 

162 

Kiel .... 

306 

122 

428 

253 

68 

321 

267 

93- 

360 

Königsberg . 

220 

29 

249 

219 

29 

248 

222 

U7i 

239 

Leipzig. . . 

299 

287 

586 

315 

328 

643 

299 

3281 

627 

Marburg . . 

224 

50 

274 

217 

53 

270 

180 

44i 

224 

München . . 

458 

724 

1 182 

439 

642 

1081 

462 

636 

1 098 

Rostock . . 

54 

45 

99 

82 

23 

105 

60 

45- 

105 

Strassburg 

163 

161 

324 

172 

163 

335 

170 

145) 

315 

Tübingen . . 

133 

145 

278 

148 

113 

261 

150 

1211 

271 

Würzburg . . 

176 

451 

627 

198 

452 

650 

176 

376i 

552 

Zusammen 

4 352 

3 277j7 947 

4 540, 3 334 

7 874 

4 430i 3 118. 

7 548 


Staatsveterinärwesen. 

Siehe das Beiblatt dieser Nummer. 

Fleischschau und Viehhandel. 

Von Kühnau. 

Die Fleischvergiftung In Bohnsdorf und GrOnau. 

Durch die Tagesblätter und Fleischerzeitungen läuft eine 
Notiz, wonach in den Orten Bohnsdorf und Grünau des Kreises 
Teltow 140 Personen nach dem Genuss von Fleisch einer Kuh, 


welche an Mastdarmvereiternng und Milchfieber gelitten Laben 
sollte und nothgeschlachtet war, schwer erkrankt sein sollten. 
Der die Kuh behandelnde Thierarzt soll das Fleisch mit der 
Bedingung frei gegeben haben, dass das Fleisch nur in gekochtem 
Zustande genossen werden dürfe. Entgegen dieser Bestimmung 
sei ein Theil des Fleisches als Schabefleisch znr Verwendung 
gelangt Nach dem Auftreten der Erkrankungen soll der 
Fleischerinei8ter Sch. das Fleisch zur wiederholten Untersuchung 
vorgelegt und der Thierarzt es abermals freigegeben haben. 


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20. September 1900. 

Zur Aufklärung des Falles theilt uns Herr College 
Rieger in Köpenick folgenden Sachverhalt mit: 

Am Mittwoch den 28. Angust d. J. untersuchte R. in Bolms- 
dorf eine Kuh des Bauerngutsbesitzers L., welche früher ein 
normales Quantum Milch geliefert hatte, seit ca. 8 Tagen aber 
in Folge einer Euterentzündung wässerige Milch gegeben und 
schlecht gefressen haben sollte. Zuerst sei das rechte hintere 
Viertel erkrankt, der Process habe sich dann auf das andere 
hintere und die beiden vorderen Viertel ausgedehnt. Das Euter 
sei fleissig ausgemolken worden. Das Secret sei wässerig mit 
Flocken untermischt gewesen. 

R, ermittelte folgenden Befund. Das etwas matt, aber 
nicht elend aussehende Thier ist fieberlos, setzt schmerzlos 
etwas reichlich dünnen Koth ab. Pansenbewegungen normal. 
Aus den drei zuerst erkrankten Eutervierteln entleerte R. ohne 
SchmerzensäusBerung der Kuh Milch von normaler Beschaffen¬ 
heit. Die Viertel waren nicht geschwollen und vermehrt warm. 
Bei Druck auf das vierte zuletzt erkrankte Viertel zeigte die 
Kuh Empfindlichkeit, diese Abtheilung des Euters war etwas 
vergrössert, derb und gab beim Melken wässerige, flockige 
Milch. Nach R. handelte es sich demnach um eine im Ab¬ 
fallen begriffene Euterentzündung. R. verordnete eine 
Eutersalbe und Ausmelken, sowie entsprechende Diät. 

Am Mittag des folgenden Tages telephonirte der Besitzer, 
die Kuh hätte immer noch nicht besser gefressen, und weil sie 
ihm matter vorgekommen sei, hätte er die Nothschlachtung des 
Thieres vornehmen lassen. 

Das Fleisch der Kuh war gut ausgeblutet. Lunge, Herz, 
Leber, Nieren normal; ebenso der Verdauungscanal bis auf eine 
ca. 30 om vom After entfernte, ringförmige, ca. 8 cm breite 
Stelle im Mastdarm. Die Stelle zeigte eine braune Ver¬ 
färbung, aber ohne Stauungs- oder Entzündungserscheinungen. 
R. nimmt an, dass es Bich um eine Invagination, welche sich 
von selbst wieder gelöst, gehandelt hat. Die Euterlymphdrüsen 
waren vergrössert und durchfeuchtet. Die drei zuerst erkrankten 
Enterviel tel liessen pathologisch - anatomische Veränderungen 
nicht erkennen, das vierte bot das Bild einer geringen 
parenchymatösen Entzündung. Inhalt der Milchcanäle flockiges, 
wässeriges Secret. Fleisch und Fleischlymphdrüsen normal, 
das Fleisch wie das einer mageren, aber nicht abgezehrten 
Knh. 

Auf Grund des Befundes lautete R.’s Gutachten: Das 
Fleisch stammt von einer nothgeschlachteten Kuh, welche er 
zwar tags zuvor, aber nicht unmittelbar vor der Schlachtung 
gesehen hatte; es ist nicht vollwerthig, sondern minderwerthig, 
da sich derartiges Fleisch in der Regel schlecht hält, leicht 
verdirbt und dann der Genuss die menschliche Gesundheit 
schädigen kann. R. rieth (Bohnsdorf hat eine Fleischschau amt¬ 
lichen Charakters nicht) deshalb ab, das Fleisch der fraglichen 
Kuh noch abzugeben oder zu Dauerwaare zu verarbeiten; der 
Verwendung in gekochtem Zustande bezw. dem Verkauf zum 
Kochen ständen Bedenken nicht entgegen. Wären diese Vorsichts- 
niassregeln nicht durchznführen, oder könnte der Schlächter 
das minderwerthige Fleisch als solches nicht verwenden, so rieth 
R. zur vollständigen Vernichtung. 

Der weitere Verlauf war der, dass der Schlächtermeister 
Sch. die Kuh von dem Besitzer für einen geringen Preis gekauft 
hat und einen Theil des Fleisches an den Schlächtermeister Schl, 
jji Grünau weiter gab. Beide haben das Fleisch nicht als 


455 

minderwerthig, sondern als vollwerthig und namentlich als 
rohe8 Schabefleisch an ihre Kundschaft abgegeben. Es 
erkrankten nun in Bohnsdorf und Grünau zusammen etwa 
40 Personen (nicht 140) unter den Erscheinungen eines 
Brechdurchfalls, Kinder z. Th. recht schwer; gestorben ist 
glücklicherweise Niemand. Die Erkrankungen Hessen sich auf 
den Genuss des rohen Schabefleisches zurückführen. 

Noch bevor R. Kenntniss von den Erkrankungen hatte, kam 
der Schlächtermeister Sch. zu R. und legte ihm eine Rinder¬ 
schulter mit dem Bemerken vor, dass das Fleisch von der frag¬ 
lichen Kuh stamme, und er deB Thierarztes Rath einholen wollte, 
ob das Fleisch nicht auch zu Schabefleisch verwandt werden 
könnte. Da das Fleisch mit der daran haftenden Bugdrüse in 
Geruch, Farbe, Consistenz Abweichungen nicht bekundete, 
äusserte sich R. dahin, wenn das fragliche Fleisch von der 
kranken Kuh stamme, stände seiner Verwendung auch zu 
Schabefleisch nichts entgegen. Nachdem R. von den Er¬ 
krankungen gehört hatte, ist er sofort zu Sch. gefahren und 
hat ihn, sowie seinen Abnehmer vor dem Weiterverkauf des 
Fleisches gewarnt. Bei den polizeilichen Recherchen wurde 
noch bei Schl, ein Rest des Fleisches vorgefunden, hiervon zur 
weiteren Untersuchung Proben entnommen und das übrige mit 
Petroleum begossen und vergraben. 

R. führt die Erkrankungen darauf zurück, dass das Fleisch 
schnell in Fäulniss übergegangen und stark mit Praeserven 
versetzt worden ist. Die Untersuchung wird zeigen, ob sich die 
Ansicht R.’s bestätigt. Jedenfalls zeigt aber der mitgetheilte 
Sachverhalt, dass sich die Angelegenheit wesentlich anders zu¬ 
getragen hat, als wie die Presse berichtet. Der Vorfall beweist 
aber weiter, dass bei der Beurtheilung von Nothschlachtungen 
mit äusserster Vorsicht zu Werke gegangen werden soll. Die 
rein makroskopische Untersuchung reicht häufig nicht aus, es 
muss vielmehr auch eine bacteriologische Untersuchung des 
Fleisches vorgenommen werden, ob ein auffälliger Bacterien- 
gehalt vorhanden ist. Die Forschungen nach dem Wesen der 
Flei8chyergiftungen haben gelehrt, dass bei lädirter Oberfläche 
der Haut oder Schleimhäute solche Bacterien in das Gewebs- 
innere der Thiere einwandern können, welche, wenn derartiges 
Fleisch besonders in rohem Zustande genossen wird, gesundheits¬ 
störende Wirkungen entfalten können. K. 

Die neue Kühlanlage in Berlin. 

Das der Vollendung entgegengehende städtische Kühl¬ 
haus auf dem Schweineschlachthof wird mit seinen 2552 Quadrat¬ 
metern bebauter Grundfläche, seinen drei Etagen und dem Keller 
wohl eines der grössten Deutschlands und, da es gegen 
l'/ 4 Millionen Mark kosten wird, auch eines der theuersten 
sein. Das Kellergeschoss enthält nach einem Berichte der 
„Allg. Fleisch.-Ztg.“, ausser der Eismaschine und den fünf 
isolirten Kammern für die gesetzlich gestattete Unschädlich¬ 
machung schwachfinnigen Rindfleisches durch das Kälteverfahren 
in 20 Kammern 152 Gement - Pökelbottiche von 1 bis l 2 / 3 
Quadratmeter Grundfläche. Dieselben sind zu Gruppen in 20 
Zellen von 4 bis über 10 Quadratmeter, zusammen 175 Quadrat¬ 
meter gross, vereinigt. Das Erdgeschoss enthält 98, das 
Obergeschoss 116, zusammen also 214 Kühlzellen, von 3 bis 
12V 2 Quadratmeter Grösse. Davon haben 44 Zellen eine Grund¬ 
fläche von 8 Quadratmetern, 68 eine Grundfläche von je vier 
Quadratmetern, 40 eine Grundfläche von circa 12 Quadratmetern, 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 38. 


456 

zusammen 1478 Quadratmetern. Im zweiten Stock befinden 
sich 52 Räucherkammern, von denen einige jetzt bereits 
seit Wochen benützt werden und anscheinend vorzüglich 
functioniren. — „Vorkühlräume“ mit etwas höherer Temperatur 
(die im Gegensatz zu den Kühlzellen stets zugänglich sein 
werden, während die Räume der Kühlzellen nur in den Früh-, 
Mittags- und Abendstunden je 2 bis 3 Stunden geöffnet werden 
dürften) bilden mit ihren vier Fahrstühlen die Vorhallen zu 
den ZeUenränmen. Die beiden grossen Dampfmaschinen 
mit ihren 400 Pferdekräften haben die Aufgabe, das Speise- 
und Kühlwasser, = 120Cubikmeter pro Stunde aus dem Erdboden 
heraufzubefördern, das gebrauchte Condens- oder Kühlwasser 
auf die Reservoirs des obersten Stockwerkes zu befördern, 
welche die Schlachthofanlage mit dem nöthigen Spülwasser ver¬ 
sehen sollen und die Electromotoren für die vier Fahrstühle, 
die el ec tri 8 che Beleuchtung und die Kühlapparate zu 
versorgen. 


Berlin: Auszng aus dem Fleischeohauberioht für Monat August 1900. 

A. S c h 1 a c h t h o f. 



Rinder j 

Kälber \ 

Schafe 1 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht 

14 304 

14 599 

43 468 

67 759 

Ganz beanstandet .... 
Ueberhaupt mit Tubercnlose 

274 

52 

27 

500 

behaftet. 

2 700 

40 


2 900 

Davon gänzlich verworfen . 

108 

3 ' 

2 

100 

„ sind zur Sterilisation ge- 





eignet befunden . . . 

75 

7 

1 i 

271 

„ theilweise verworfen . . 

— 

— 

— 

— 

Also vollständig freigegeben 

2 517 

30 

o 

2 529 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— , 

— i 

— 

7 

Mit Finnen behaftet . . . 

58 1 

1 | 

— 

24 



Rinder 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Stark finnig, technisch ver- 
werthet. 

1 



9 

Finnig und wässerig, tech¬ 
nisch verwerthet .... 





Schwach finDig, zur Kochung 
geeignet befunden . . . 

57*) 

1 


15 

Ausserdem wegen Behaftung 
mit Kalkcoucrementen, mul¬ 
tiplen Blntungen u.b.w. sind 
zur Kochung geeignet be¬ 
funden . 


1 

2 

35 

An einzelnen Organen un 

d Theilen wurden beanstandet: bei 


Kindern 4674 Stück, bei Kälbern 150 Stück, bei Schafen 2646 Stück, 
bei Schweinen 9564 Stück. 

*) ^2 Rinder schwachfinnig und zugleich tubcrculös). 


B. Untersucbungsstationen. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Untersucht. 

21 003 

8 083 ! 

4115 

10864 

Beanstandet. 

Wegen* Tnberculose wurden 

26 

13 i 

1 

22 

beanstandet. 

Davon sind zur Sterilisation 

6 

— 

— 

1 

geeignet befunden . . . 

— 

— 

— 

— 

Mithin gänzlich verworfen . 

6 

— ■ 

— 

1 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 1 

— 

— 

Mit Finnen behaftet. . . . 
Davon sohwach finnig, zur 

— 

— 

— 

— 

Kochung geeignet befanden 

— 

— | 


— 


Unter dem eingeführten Fleisch waren 1126 dänische Rinder¬ 
viertel, 4 dänische Kälber und 61 Wildschweine. 

Berlin, den 7. September 1900. Der städtische Oberthierarzt 


Reisonan«#-' 


Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Oberrossarzt Krüger im 6. Kilr.-Rgt. ist 
der Rothe Adler-Orden IV. CI. und den Oberrossärzten Kranze im 
2. Leib-Hus.-Regt. No. 2, Lüthens im 2. Kür.-Rgt. und Lppitsch 
(Oberrossarzt a. D.), bisher im 6. Drag.-Rgt. der Kronen-Orden IV. CI. 
verliehen worden. 

Der Kreisthierarzt L. Scholtz-Gr. Strelitz (Schlesien) wurde 
in Anerkennung seiner Verdienste um das Communalwescn zum 
Stadtältesten ernannt. 

Wohnsitzverfinderungen, Niederlassungen: Verzogen: Frascb, 
Districtsthierarzt in Hayingen, als Stadtthierarzt nach Pfullingen; — 
Sud er, Rossarzt a. D., von Insterburg nach Klingen thal i. Sachsen. 
Todesfälle: Hofrath Professor Dr. Zürn. 

Vacanzen. 

(Näheres Uber die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Reg.-Bez. Liegnitz: Sagan zum 1. XI. (600 M. Gehalt). Zeugnisse 
und Lebenslauf bienen 4 Wochen an den Regierungs-Präsidenten. 

Bayern: Bezirksthierarztstelle in Kemnath. Gesuche bis 
11. October er. an die bezw. Kreisregierung. Kammer des Innern. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Aachen: Montjoie. — R.-B. Düsseldorf: Landkreis Krefeld. — 
R.-B. Oppeln: Gross-Strehlitz (600 M.) zum 1. October er. 

Saaltltstblerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Halle: 2 Assistenzthierärzte zu sofort bezw. 1. Octob. er. (1800 M. 
Wohnung etc.). Bewerb, an den Schlachthof. — Hamburg. 
Polizeithierarzt sofort. (2500 M., 4 wöch. Kündig.). Meid, 

an den Staatsthierarzt Völlers. — Lübeck: Hilfsthierarzt am 


Schlachthof. (2400 M. dreimonatliche Kündigung.) Bewerbungen 
an die Schlachthofverwaltung. — Rackwitz i. Pos.: Thierarzt für 
Schlachtvieh- und Fleischschau. (1200 M. Fixum. Privatpraxis.) 
Meid, beim Magistrat. — Wolkenstein: Schlachthofthierarzt. (Zu¬ 
nächst bis 1903 Beihülfe von 700 Mark zugesichert. Privatpraxis 
gestattet.) Bewerb, a. d. Stadtrath. — Zoppot: Schlachthofdirector 
sofort. Meldungen bis 20. Sept. er. an den Gemeindevorsteher. 
(2400 M., Wohnung etc., bedingte Ausübung der Privatpraxis). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Arys: Schlachthofverwalter zum 1. Oct. er. — Bremen (Stadt): 
3. Tbierarzt am Schlachthof. — Cassel: Schlachthofassistenz- 
thierarzt. — Cottbus: Schlachthof-Assistenzthierarzt z. 1. Oct. 

— Düren: Schlachthofdirektor. — Gr ätz: (Posen): Schlacht¬ 
hofinspector. — Graudenz: Assistenzthierarzt am Schlachthot. — 
Haltern: Sanitätsthierarzt. —Köln: Schlachthofthierarzt —Königs¬ 
berg (Ostpr.): Schlachthofthierarzt zum 1. October er. — Ottweiler 
(Bez Trier): Schlachthausverwalter. — Pausa: Thierarzt für den 
Fleischbeschau-Bezirk. — Salzwedel: Schlachthofvorsteher. — 
Stettin: 3. Schlachthofthierarzt zum 1. September. — Wanne: 
Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. —St. Wendel: Schlachthof¬ 
verwalter. — Wollstein (Posen): Scblachthofinspector zum 1. Oct. er. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotxenau 
i. Schl. — Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen 
(Kr. Pillkallen). — Murrhardt — Schönbaum (Danzig). — 
Soldau (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. — 
Mengeringhausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schlen.). 

— Raguhn. — .Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Weatpr.). 

— Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze Mecklb.). 

— Wolkenstein. 


Verantwortlich fQr den Inhalt {excl. Ins erat enth eit): Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schoetz ln Berlin. — Druck von W. BQxeneteiu, Berlin 


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Beiblatt 

der 

ner Thierärztlichen Wochenschrift 


zu No. 38 vom 20. September 1900. 


wesen: Gesetz betr. die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten vom 30. Juni 1900. — Die 
zeiliche Behandlung des Dungwassers bei der Maul- und Klauenseuche. — Dienstanweisung für die Bez.-Thierärzte 
rzogthum Baden. — Polizei-Verordnung für den Iteg.-Bez. Cassel betr. Seuchcn-Verschleppung. — Revision der Vieh- 
zei in der Schweiz. — Schweinepest-Tilgung in Oesterreich. — Vereinigte Staaten von Amerika. — Thierseuchen 
. — Schaden der Maul- und Klauenseuche. — Empfänglichkeit des Karaeeles für die Rinderpest. — Wursteinfuhr 
rkchr. — Nachrichten über Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen. 


Staatsveterinärwesen. 

Redigirt von Preusse. 

r. die Bekämpfung gemeingefährlicher 
nkheiten von 30. Jnni 1900. 

Von Preusse. 

< sich in dem vorgenannten Gesetz um Seuchen- 
M- nschen handelt, so dürfte es doch interessiren 
n dieser Stelle einer kurzen Besprechung zu 
i die Bekämpfung ansteckender Krankheiten des 
i in Preussen bisher die Vorschriften des 
August 1835. In demselben sind Be¬ 
thalten über 1. Cholera, 2. Typhus, 3. Ruhr, 
Masern, Scharlach und Rötheln, 6. contagiöse 
.ng, 7. Syphilis, 8. Krätze, 9. Weichselzopf, 10. bös- 
nid, Krebs, Schwindsucht und Gicht, 11. Toll- 
adswuth), 12. Milzbrand, 13. Rotz und Wurm, 
letzteren drei Krankheiten enthielt das Regulativ 
mungen über Tilgung derselben bei Thieren. 
die letzteren durch die neuere Viehseuchengesetz¬ 
te - : cussen seit 25, im Deutschen Reiche seit 20 Jahren 

worden sind, bestehen die Vorschriften dieses 
:iir die obengenannten Erkrankungen der Menschen 
i h zu Recht. Das Reichsgesetz vom 30. Juni 1900 
" bisherigen Vorschriften über Cholera und Pocken 
aufgehoben. Dasselbe bezieht sich auf folgende 
u: Aussatz (Lepra), Cholera (asiatische), Fleckfieber 
is), Gelbfieber, Pest (orientalische Beulenpest) und 
Olattetn). Wenngleich nun dieser erste Schritt der 
-ctzgebung auf dem Gebiete der öffentlichen Gesnndheits- 
• ifellos freudig zu begrüssen ist, so muss doch hervor¬ 
werden, dass die Beschränkung des Gesetzes auf die 
■rgenannten Krankheiten die Bedeutung derselben für 
lerung der öffentlichen Gesundheit sehr herabsetzt. Der 
i der Aerzte ging mit Recht dahin, vor allen Dingen 
ie einheimischen ansteckenden Krankheiten mit in den 
n dieses Gesetzes aufzunehmen; dies scheiterte jedoch an 
otschiedenheit, mit welcher die Staatsregierung eine der- 
■ Erweiterung ablehnte. Diese Ablehnung war wohl be¬ 
tet in den Schwierigkeiten, welche bei dem polizeilichen 
reifen in die privaten Verhältnisse der betroffenen Familien 
landen wären. 

Dies giebt sich auch in den Bestimmungen des gegen- 
i-tigen Gesetzes kund, welches vielfache Milderungen und Ans¬ 
innen enthält, die ein energisches obligatorisches Einschreiten 
l recht erschweren dürften. Das, was uns dieses Gesetz 
ifceressant macht, ist die Thatsache, dass sich zahlreiche Be- 
timmungen desselben die entsprechenden Vorschriften unseres 
Üeiclisviehseuchengesetzes zum Muster genommen haben. 


Dies gilt insbesondere in Betreff der Anzeigepflicht der 
Ermittlung der Krankheit, der Entschädigungen und einiger all¬ 
gemeiner Vorschriften. Jeder Erkranknngs- und Todesfall an 
einer der sechs genannten Krankheiten, sowie jeder verdächtige 
Fall ist unverzüglich anzuzeigen. Im Gesetz sind die zur 
Anzeige Verpflichteten näher angegeben. Dasselbe sagt nun 
auch, dass landesrechtliche Bestimmungen, welche eine weiter¬ 
gehende Anzeigepflicht begründen, durch dieses Gesetz nicht 
berührt werden. Ebenso bestimmt §. 48, dass landesrechtliche 
Vorschriften über die Bekämpfung anderer, als der im §. 1 Abs. 1 
genannten übertragenen Krankheiten durch dieses Gesetz nicht 
berührt werden. Darnach bleibt also das Regulativ vom 
8. August 1835 nach wie vor noch in Kraft. Der Bnndesrath 
ist ermächtigt, die Anzeigepflicht auch auf andere als die erst¬ 
genannten sechs Krankheiten auszudehnen. Hierdurch ist dem 
Bundesrath eine ähnliche Ermächtigung gegeben worden, wie 
durch § 10 Abs. 2 des Reichsviehseucheugesetzes dem Reichs¬ 
kanzler in Betreff der Viehseuchen. Im Reichstag ist zwar 
diese Bestimmung lebhaft bekämpft worden, besonders durch den 
Abgeordneten Dr. Bö ekel, aber ohne Erfolg. Ob der Bundes- 
rath von seiner Befugniss jemals Gebrauch machen wird, bleibt 
abzuwarten. 

In Betreff der Ermittelung der Krankheit ist hervorzuheben, 
dass die betreffenden Bestimmungen dem beamteten Arzte eiqe 
recht erhebliche Machtbefugnis einräumen. Hier ist zunächst 
die aus dem Viehseuchengesetz übernommene Vorschrift zu er¬ 
wähnen, dass bei Gefahr im Vorzüge der beamtete Arzt schon 
vor dem Einschreiten der Polizeibehörde die zur Verhütung 
der Verbreitung der Krankheit zunächst erforderlichen Mass¬ 
nahmen anordnen kann. Bisher besass der beamtete Arzt eine 
derartige Befugniss nicht. Es ist hier noch hinzugesetzt, dass 
der Vorsteher der Ortschaft den von dem beamteten Arzte 
getroffenen Anordnungen Folge zu leisten hat. Dem beamteten 
Arzt ist auch der Zutritt zu den Kranken und zur Leiche zu 
gestatten, soweit er es zur Feststellung der Krankheit für er¬ 
forderlich und ohne Schädigung der Kranken für zulässig hält. 
Der behandelnde Arzt ist aber berechtigt den Untersuchungen 
und besonders auch der Leichenöffnung beizuwohnen. 

Von Wichtigkeit ist noch die Bestimmung, dass für Ort¬ 
schaften und Bezirke, welche von einer gemeingefährlichen Krank¬ 
heit befallen oder bedroht sind, von der zuständigen Behörde 
angeordnet werden kann, dass jede Leiche vor der Bestattung 
einer amtlichen Besichtigung (Leichenschau) zu unterwerfen ist. 

Was nun die nach Feststellung einer ansteckenden Krank¬ 
heit zu treffenden Schutzmassregeln anbetrifft, so sind in dem 
Gesetz nur ganz allgemein gehaltene Directiven enthalten. 
Die Festsetzung specieller Wahrnahmen bleibt dem Bundcsrathe 
überlassen. Auch hierin findet das Menschenseuchengesetz < in 
Analogon in dem Viehseuchengesetz. Die §§. 12 bis 21 ent- 


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BEIBLATT der BERLINER THIERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 


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halten diejenigen Vorschriften, welche bei Ausbruch von an¬ 
steckenden Krankheiten angeordnet werden können. Es ist in 
denselben auch unterschieden worden zwischen kranken, krank- 
heits- oder ansteckungsverdächtigen Personen. Für diese Per¬ 
sonen kann eine Beobachtung und auch Absonderung angeordnet 
werden. Bei der Absonderung kranker Personen dürfen mit 
denselben nur die zu ihrer Pflege bestimmten Personen, der 
Arzt und der Seelsorger in Berührung kommen. Angehörige 
und Urkundspersonen dürfen nur zur Erledigung dringender 
und wichtiger Angelegenheiten Zutritt zum Kranken erhalten; 
selbstredend müssen hierbei alle erforderlichen, die Weiterver- 
breitung der Krankheit verhindernden Massnahmen getroffen 
werden. Auch kann nötigenfalls die Ueberführung des Kranken 
in ein Krankenhaus oder in einen anderen geeigneten Unter¬ 
kunftsraum angeordnet werden. Auf socialdemocratischen Wunsch 
wurde hier noch der Zusatz gemacht, „falls der behandelnde 
Arzt es ohne Schädigung des Kranken für zulässig erklärt“. 
Es bedeutet dies eine nicht unerhebliche Abschwächung der 
betreffenden Bestimmungen des ursprünglichen Gesetzentwurfs 
Die übrigen Schutzmassregeln beziehen sich auf den Verkehr 
mit Gegenständen, welche geeignet sind, die Krankheit zu 
verbreiten, auf die Abhaltung von Märkten etc., auf die in 
der Schifffahrt, Flösserei oder sonstigen Transportbetriebeu 
beschäftigten Personen, auf den Schulbesuch, auf die Benutzung, 
von Brunnen, tiefen Seeen, Wasserläufen, Wasserleitungen 
Bade-, Schwimm-, Wasch- und Bedürfnisanstalten, auf die Be¬ 
nutzung inficirter Wohnungen und Gebäude und auf die Desin- 
fection. Es können sodann erforderlichenfalls auch noch zur 
Bekämpfung der Pest Massregeln zur Vertilgung und Fern¬ 
haltung von Ratten, Mäusen und anderem Ungeziefer angeordnet 
werden. Nach §. 27 ist der Bundesrath ermächtigt, über die 
bei der Ausführung wissenschaftlicher Arbeiten mit Krankheits¬ 
erregern zu beobachtenden Vorsichtsmassregeln, sowie über 
den Verkehr mit Krankheitserregern und deren Aufbewahrung 
Vorschriften zu erlassen. Die §§. 28 bis 34 enthalten Be¬ 
stimmungen über Entschädigungen, die sich mehrfach auch an 
die betreffenden Bestimmungen des Viehseuchengesetzes anlehneu, 
insbesondere auch darin, dass die Kosten der Entschädigungen 
aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten sind, ein Zusatz, der erst 
von der Commission gemacht worden ist. Wie diese Kosten 
aufzubringen sind, bestimmt das Landesrecht. Es folgen sodann 
allgemeine Vorschriften ohne wesentliches Interesse. In den¬ 
selben ist u. A. auch gesagt worden, dass an Stelle der beamteten 
Aerzte im Falle ihrer Behinderung oder aus sonstigen dringenden 
Gründen andere Aerzte zugezogen werden können. 

Nach §. 43 soll in Verbindung mit dem Kaiserlichen Ge- 
sundheits - Amt ein Reichs - Gesundheitsrath gebildet werden, 
welcher das Gesundheits-Amt zu unterstützen hat. Auch ist er 
befugt, den Landesbehörden auf Ansuchen Rath zu ertheilen. 
Den Schluss des Gesetzes bilden Strafvorschriften. 

Ob das Gesetz die von ihm gehoffte Wirkung haben wird, 
bleibt abzuwarten. In erster Linie wird es darauf ankommen, 
wie die Seitens des Bundesraths zu erlassenden Ausführungs¬ 
bestimmungen ausfallen werden. 

Die seuchenpolizeiliche Behandlung des Dungwassers 
bei der Maul- und Klauenseuche. 

Von 

A d. M ai e r-Neckarbischofsheim. 

In dieser Zeitschrift wurde vor mehreren Wochen eines 
Falles Erwähnung gethan, wonach ein Hofbesitzer entgegen 


einem bestehenden Verbot des Abfahrens von „Dünger“-Jauche 
Dungwasser aus seinem verseuchten Gehöft auf das Feld ge¬ 
fahren hätte. Die Staatsanwaltschaft hätte aber eine Straf¬ 
verfolgung abgelehnt. Daran anknüpfend wurde dann von der 
Redaction hinzugefügt, dass von Seiten des Hofbesitzers ein 
strafbares Vergehen gegen die Seuchenpolizei vorliege, denn 
die Jauche sei auch zum Dünger zu rechnen. Der Ansteckungs¬ 
stoff der Maul- und Klauenseuche hafte sowohl an dem festen 
(Streu) wie auch an dem flüssigen Dünger (thierischen Aus¬ 
scheidungen). Mit dem Ausfuhrverbot wollte der Gesetzgeber 
beide Düngerarten treffen. 

Dass diese Ansicht der B. T. W. die richtige ist und von 
der Verwaltungsbehörde getheilt wird, möchte ich an einem 
Fall aus meiner amtlichen Praxis darlegen (ich bin für einen 
Theil des Bezirks mit den seuchenpolizeilichen Functionen be¬ 
auftragt). 

Der Bürgermeister der Gemeinde H , woselbst wegen mittel¬ 
starker Verbreitung der Maul- und Klauenseuche die Ortssperre 
angeordnet worden war, frag bei mir an, ob Landwirth K. daselbst 
das DungwasBer aus dem gesperrten Gehöft abführen dürfe. Die 
Jauche fliesse aus der übervollen Grabe auf die Strasse und 
drohe in dem abschüssig gelegenen Orte sich zu verbreiten. Es 
seien deshalb auch schon Klagen von Seiten der Nachbarschaft 
eingegangen. 

Nun sei hier bemerkt, dass nach der badischen Vollzugs¬ 
verordnung (vom 19. December 1895) zum Reichs-Viehseuchen¬ 
gesetz der täglich zu desinficirende Dünger bei Gehöft- bezw. 
Ortsperre erst 14 Tage nach dem Erlöschen abgeführt werden 
darf, und dass im vorliegenden Falle, wie erwähnt, die Seuche 
noch nicht erloschen war. In der Annahme, dass unter Dünger 
nur die StaUstreu zu verstehen sei, resp. der Gesetzgeber in 
seinem Verbot nur diese gemeint habe, glaubte ich die bürger¬ 
meisteramtliche Anfrage bejahen zu können. 

Durch Zufall kam die Angelegenheit zur Kenntniss der Be¬ 
hörde. Zum Bericht aufgefordert, erklärte ich Folgendes: 

1. Abgesehen davon, dass § 62, Abs. 3 der Instruction zum 
Reichsviehseuchengesetz eine zeitliche Beschränkung des Dünger¬ 
abführens nur unter gewissen, hier nicht zutreffenden Bedingungen 
kennt, spricht der diesbezügliche Paragraph der badischen VoU- 
zugsverordnung nur von Dünger. Von Jauche ist daselbst gar 
keine Rede. 

2. Angenommen, das Dungwasser könnte eine Seuchen¬ 
verschleppung bewirken, so wäre gerade im Falle K. der Ver¬ 
breitung der Maul- und Klauenseuche in H. Thür und Thor ge¬ 
öffnet worden. Die Überfliessende Jauche lief in die Nachbar¬ 
gehöfte und drohte, begünstigt durch die abschüssigen Strassen, 
sich in immer grössere Theile des Ortes zu verbreiten. Dazu 
kamen noch die täglichen Klagen der Angrenzer über dortige 
Belästigungen. 

3. Um allen Möglichkeiten vorzubeugen, war von mir an¬ 
geordnet worden, dass die Abfuhr nur in einem gut schliessenden 
Fasse und mittelst des eigenen Pferdegespanns des Besitzers zu 
geschehen habe. 

4. Durch das von mir angeordnete tägliche Begiessen der 
Stallstreu sowohl als auch der Düngerstätte mit abgelöschtem 
Kalk war meines Erachtens für genügende Desinfection der 
Jauche Sorge getragen worden. 

5. Endlich glaubte ich bei dem nicht unbedeutenden 
Düngerwerth der Jauche durch vorsichtiges Abführen dem ohnehin 
schon durch die Seuche schwer geschädigten Eigentümer einen 


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gewissen Dienst zu erweisen. Andernfalls wäre dieselbe und 
damit auch ein bestimmter Kapitalwerth nutzlos verloren 
gegangen. 

Die Antwort der Behörde lautete kurz folgendermassen; 

Es wird anerkannt, dass im vorliegenden Falle durch den 
Ablauf der Jauche auf die Strasse ein Missstand geschaffen 
wurde, dem sofort abgeholfen werden musste. Die Jauche ist 
aber ohne Zweifel zum Dünger zu rechnen, der (wie von mir 
schon erwähnt) erst 14 Tage nach dem Erlöschen der Jauche 
u. 8. w. abgeführt werden darf. Zu der sofortigen Abfuhr ist nach 
§ 62 Abs. 3 der Instruction zum Reichsviehseuchengesetz aber 
die polizeiliche Erlaubniss erforderlich, die nur von der Behörde 
zu ertheilen ist. Das Gesuch des Eigenthümers hätte zu diesem 
Zweck mit etwaigem gutachtlichen Bericht des Sachverständigen 
genannter Stelle vorgelegt werden müssen 

Es wird erwartet, dass in Zukunft danach verfahren wird. 

Wenn auch der Handlungsweise des Herrn Collegen Maier 
vom praktischen Standpunkte ans beigetreten werden muss, so 
ist doch andererseits auch die Ansicht seiner Behörde als eine 
durchaus richtige anzuerkennen. Dungjauche ist als ein 
flüssiger Bestandtheil des Düngers zu diesem gehörig anzusehen 
und veterinärpolizeilich demgemäss auch zu behandeln. Dem 
stehen die Vorschriften des Gesetzes der zugehörigen Bundes¬ 
rathsinstruction nicht entgegen. Im § 26 des Viehseuchen¬ 
gesetzes heisst es: „Die unschädliche Beseitigung der Ka¬ 
daver etc., endlich der Streu, des Düngers oder anderer 
Abfälle kranker oder verdächtiger Thiere.“ Unter 
letzterer Bezeichnung fällt zweifellos auch die Dungjauche, die 
ja wohl zum allergrössten Theil aus Urin besteht. In der 
Desinfectionsanweisung heisst es im § 14 No. 2: „Dünger, Streu 
und dergleichen aus Seuchenställen“. Sollte hier nicht auch 
die Düngerjauche mit gemeint sein? Eine ähnliche Bestimmung 
ist im § 10 No. 1 vorhanden. Aus alledem dürfte es nicht 
zweifellos sein, dass auch die Düngerjauche den gleichen 
veterinärpolizeilichen Vorschriften unterliegt, wie die festen 
Bestandtheile des Düngers. D. R. 

Dienstanweisnng für die Bezirksthierärzte im 
Grossherzogthum Baden 
vom 18. Mai 1900. 

Stellung der Bezirksthierärzte. 

§ l. Für jeden Amtsbezirk ist mindestens ein Bezirksthier¬ 
arzt bestellt. 

Die Bezirksthierärzte unterstehen unmittelbar dem 
Ministerium des Innern. Hinsichtlich ihrer Pflichten als Beamte 
im Allgemeinen finden die einschlägigen Bestimmungen des Be¬ 
amtengesetzes vom 24. Juli 1888 sowie der hierzu erlassenen 
Vollzugsvorschriften (landesherrliche Verordnung vom 27. De- 
cember 1889) Anwendung. 

§ 2. Die Bezirksthierärzte sind zur Ausübung der thier¬ 
ärztlichen Praxis und zur Betheiligung an literarischen Unter¬ 
nehmungen berechtigt, ohne dass sie hierzu einer besonderen 
Genehmigung des Ministeriums bedürften. Inwieweit Bezirks¬ 
thierärzte in das GründungscomUi, den Vorstand, Verwaltungs¬ 
und Aufsichtsrath einer auf Erwerb gerichteten Gesellschaft ein- 
treten dürfen, entscheidet das Ministerium des Innern. 

§ 3. Der Bezirksthierarzt hat, so oft er sich von seiner 
Wohnung entfernt, in dieser zu hinterlassen, wo er anzutreffen 
sein werde. 

Aus triftigen Gründen (dringende Familienangelegenheiten, 
Consultationen und ähnliche Vorkommnisse) kann er sich ohne 
Urlaub auf höchstens 3 Tage vom Amte entfernen, insofern dafür 
Sorge getragen ist, dass die Besorgung der Dienstgeschäfte 
keine Störung erleidet und das Bezirksamt von dem Weggehen 
Kenntniss erhält. 

Für eine länger als 3 Tage dauernde Entfernung vom Amte 
ist bei dem Ministerium des Innern Urlaub zu erwirken. Der 


Tag des Urlaubsantritts sowie die Wiederaufnahme der Dienst* 
geschäfte sind jeweils dem Ministerium des Innern, dem Bezirks¬ 
amt sowie dem geordneten beziehungsweise besonders bezeich- 
neten Stellvertreter anzuzeigen. 

In Krankheitsfällen oder im Falle der Einberufung zum 
Militärdienst oder der behördlich erfolgten Ladung zur Ver¬ 
nehmung als Zeuge oder Sachverständiger bedarf es keines 
Urlaubs. Jedoch hat der Bezirksthierarzt in solchen Fällen dem 
Ministerium so rechtzeitig Anzeige zu erstatten, dass, wenn er¬ 
forderlich, für anderweite Versehung des Dienstes gesorgt werden 
kann. Auch ist für den Fall der Einberufung zu militärischen 
Uebungen das Ministerium des Innern um eine Entschliessung 
hinsichtlich der Abkömmlichkeit zu ersuchen. 

Die Genehmigung des Ministeriums ist erforderlich, wenn 
der Bezirksthierarzt beabsichtigt, sich zum Zwecke der Heilung 
von einer Krankheit vom Amtssitze zu entfernen oder nach ein¬ 
getretener Heilung sich zum Zwecke der Erholung (Recon- 
valescenz) noch einige Zeit von der Dienstbesorgung fern zu 
halten. 

§ 4. Die Bezirksthierärzte haben in allen Fällen, in 
welchen sie als Sachverständige zur Hauptverhandlung von 
Angeklagten auf Grund der diesen nach § 219 der Strafprocess- 
ordnung zustehenden Befugniss unmittelbar geladen werden, 
sowie in allen Fällen, in welchen Privatpersonen Gutachten 
behufs Benützung im civil-, straf- und verwaltungsgerichtlichen 
Verfahren von ihnen verlangen, hiervon jeweils rechtzeitig dem 
Ministerium des Innern als der Vorgesetzten Dienstbehörde 
Anzeige zu erstatten, damit geprüft werden kann, ob die Ver¬ 
nehmung beziehungsweise Erstattung des Gutachtens den dienst¬ 
lichen Interessen Nachtheil bereiten würde (§ 408 Absatz 2 der 
Civilprocessordnung und § 24 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes 
vom 5. August 1884 in der Fassung des Gesetzes vom 
30. Mai 1899). 

Aufgabenkreis der Bezirksthierärzte. 

§ 5. Die Bezirksthierärzte sind berufen, bei der Hand¬ 
habung der Veterinärpolizei, der staatlichen Pflege der Gesund¬ 
heit und Zucht der landwirtschaftlichen Hausthiere sowie 
einzelner Zweige der Gesundheitspolizei (Fleisch- und Milch- 
lygieno, Abdeckereiw'esen) mitzuwirken und die Verwaltungs¬ 
behörden in diesen Angelegenheiten technisch zu berathen. 

Auch haben sie den militärischen Pferdevorransterungen bei¬ 
zuwohnen und nach Massgabe der besonders getroffenen An¬ 
ordnungen bei der Pferdeaushebung mitzuwirken. 

Seine Dienstgeschäfte hat der Bezirksthierarzt den bezüg¬ 
lichen Vorschriften gemäss mit Eifer, Pünktlichkeit, Gewissen¬ 
haftigkeit und strenger Uneigennützigkeit zu besorgen und sich 
durch sein Verhalten in und ausser dem Dienste der Achtung 
und des Vertrauens, die seine amtliche Stellung erfordern, 
würdig zu erweisen. 

Der Bezirksthierarzt ist Kraft seines Amtes berechtigt und 
verpflichtet, in den oben bezeichneten Angelegenheiten bei dem 
Bezirksarnte und den Ortsbehörden von sich ans Anträge zu 
steilen, insbesondere wahrgenommene Uebelstände geeigneten 
Falls unter gutächtlicher Aeusserung über die Mittel und Wege 
zu deren Beseitigung zur Kenntniss der genannten Behörden zu 
bringen. Ist er der Ansicht, dass seine Anträge nicht die ge¬ 
bührende Beachtung finden, so kann er eine höhere Ent¬ 
scheidung herbeifiihren. 

§ 6. Der Bezirksthierarzt nimmt die Anmeldung neu zu¬ 
ziehender, die Abmeldung wegziehender practischer Thierärzte 
entgegen und erstattet hiervon sowie von dem Ableben eines 
im Bezirk ansässig gewesenen Thierarztes dem Ministerium des 
Innern Anzeige. 

Er hat die erstmals im Grossherzogthum zur Ausübung der 
Thierheilkunde sich niederlassenden Thierärzte schriftlich auf 
die Berufspflichten (Verordnung vom 12. Januar 1874, Gesetzes¬ 
und Verordnungsblatt Seite 10) besonders hinzuweisen, deren 
persönliche Verhältnisse zu erheben und das Ergebniss unter 
Anschluss einer Abschrift des ihm im Original vorzulegenden 
Approbationsscheines dem Ministerium vorzulegen. 

Auch hat er auf die Befolgung der veterinär- und sanitäts¬ 
polizeilichen Vorschriften durch die practischen Thierärzte, 
Fleischbeschauer und Abdecker hinzuwirken und w r ahrgenomraene 
Zuwiderhandlungen mit geeigneten Anträgen zur Kenntniss der 
zuständigen Behörden zu bringen. 

§ 7. Bezüglich solcher Personen, welche, ohne hierzu 
approbirt zu sein, sich mit der Behandlung kranker Thiere be¬ 
fassen, haben die Bezirksthierärzte darauf zu achten, dass die- 


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selben sich nicht als Thierärzte bezeichnen oder sich andere 
ähnliche Titel beilegen, durch die der Glaube erweckt wird, die 
Inhaber derselben seien gepriitte Medicinalpersonen, und im 
Znwiderhandlungsfalle Anzeige bei dem zuständigen Bezirks¬ 


amte zu erstatten. 

Ebenso sind nichtapprobirte Personen, welche dem gesetz¬ 
lichen Verbote zuwider (§ 56a der Gewerbeordnung) die Thier¬ 
heilkunde im Umherziehen ausüben, zur Anzeige zu bringen. 

Endlich ist darauf zu achten, dass derartige nicht approbirte 
Personen nicht der Gewerbeordnung zuwider von einer Gemeinde 
mit amtlichen Functionen betraut werden. 

§ 8. Durch das Ministerium des Innern kann der Bezirks¬ 
thierarzt verpflichtet werden, die dem Staate gehörigen oder 
mit staatlicher Unterstützung gehaltenen erkrankten Thiere 
gegen eine angemessene Vergütung zu behandeln. 

Ingleichen kann er mit der thierärztlichen Hilfeleistung 
„ „ , , 26. Juni 1890 

betraut werden, wenn auf Grund des Gesetzes vom ^ 


errichtete Viehversicherungsanstalten nicht in der Lage sind, 
im Wege des Vertrags die in genanntem Gesetz vorgesehene 
thierärztliche Hilfeleistung zu gewinnen oder wenn in einer Ge¬ 
meinde überhaupt auf anderem Wege privatthierärztliche Hilfe 
nicht zu erlangen ist. 

Auch ist er, wenn in Fällen dringender Gefahr Für Leben 
oder Gesundheit erkrankter Thiere sofortige thierärztliche Hilfe 
durch Privatthierärzte nicht zu erreichen ist, sowie auf Auf¬ 
forderung der Polizeibehörde bei Unglücksfällen zur thier- 
ärztlichen Hilfeleistung verpflichtet. 


Geschäfte im Einzelnen. 


1. Bekämpfung ansteckender Thierkrankheiten. 

§ 9. Erhält der Bezirksthierarzt durch eigene Wahr¬ 
nehmung oder in anderer zuverlässiger Weise von dem Ans¬ 
bruch oder dem Verdacht des Ausbruchs einer der Anzeige¬ 
pflicht unterliegenden Viehseuche Kenntniss, so hat er hiervon 
dem zuständigen Bezirksamt, erforderlichen Falls mit dem 
Anträge auf amtliche Feststellung des Seuchenausbruchs, Anzeige 
zu erstatten. 

Eine Untersuchung an Ort und Stelle hat der Bezirks¬ 
thierarzt dann vorzunehraen: 

a) wenn er amtlich hierzu beauftragt wird, 

b) wenn er sich am Seuchenort selbst befindet, oder 

c) wenn nach seinem pflichthaften Ermessen Gefahr im Ver¬ 
züge liegt. 

In eiligen Fällen kann derselbe schon vor dem polizeilichen 
Einschreiten die sofortige vorläufige Einsperrung und Absonderung 
der erkrankten und verdächtigen Thiere, nöthigen Falls auch die 
Bewachung derselben anordnen. Die getroffenen vorläufigen An¬ 
ordnungen sind dem Besitzer der Thiere oder dessen Vertreter 
entweder zu Protokoll oder durch schriftliche Verfügung zn 
eröffnen (§ 12 Absatz 2 des Reichsviehseuchengesetzes.) 

§ 10. Ueber das Ergebniss der Untersuchung und die vor¬ 
läufig angeordneten Schutzraassregeln hat der Bezirksthierarzt 
dem Bezirksamt unverzüglich zu berichten und die weiter nöthigen 
Schutzmassregeln zu beantragen. 

In dem Berichte sind die seuchenkranken, die der Seuche 
verdächtigen nnd diejenigen Thiere, welche, ohne Krankheits¬ 
zeichen wahrnehmen zu lassen, der Ansteckung verdächtig er¬ 
scheinen, in besonderen Gruppen aufzuführen und dabei an¬ 
zugeben, in welchen Räumlichkeiten die Thiere jeder Gruppe 
untergebracht sind. 

Auch ist dem Ministerium des Innern über den Ansbruch 
einer jeden Seuche, den Verlauf, die Ausdehnung und das Er¬ 
löschen derselben Bericht zu erstatten. 

Dem Bezirksthierarzt liegt es ob, darüber zu wachen, dass 
die angeordneten Schutz- und Tilgungsmassregeln genau be¬ 
obachtet und richtig vollzogen werden. Zu diesem Zwecke hat 
er den Ortspolizeibehörden die erforderliche Anleitung zu geben 
und die Thierbesitzer über die Natur, die Ansteckungsfähigkeit 
der Seuche, den Selbstschutz gegen dieselbe, die Wartung und 
Pflege der kranken Thiere nnd die etwaige Uebertragbarkeit der 
Seuche, auf den Menschen zu belehren und in Fällen von Ueber- 
tretungen veterinärpolizeilicher Anordnungen dem Bezirksamt 
Anzeige zu machen. 

Hat eine Uebertragung der Seuche auf Menschen statt- 
gefnnden, so ist dem 1 Bezirksarzt ungesäumt Mittheilung zn 
machen. 

Der Bezirksthierarzt hat Bedacht darauf zn nehmen, dass 
er in dem Umgang mit seuchenkranken Thieren den Seuchen¬ 


ansteckungsstoff nicht verschleppt. Er hat daher nach Ver¬ 
lassen einer verseuchten Oertlichkeit beziehungsweise nach er¬ 
folgter Untersuchung eines mit einer übertragbaren Krankheit 
behafteten Thieres sich, soweit erforderlich, zu desinficiren und 
einen Wechsel der Kleider vorzunehraen, bevor er mit gesunden 
Thieren in Berührung kommt. 

§ 11. Pferde-, Rindvieh-, Schaf- nnd Schweinemärkte, die 
von Unternehmern behufs öffentlichen Verkaufs in öffentlichen 
oder privaten Räumlichkeiten znsammengebrachten Viehbestände, 
öffentliche Thierschauen, die durch obrigkeitliche Anordnungen 
veranlassten Zusammenziehungen von Pferde- und Viehbeständen, 
Gastställe und Ställe von Viehhändlern unterstehen der veterinär- 
polizeilichen Beaufsichtigung des Bezirksthierarztes. 

In Ansehung der Ueberwachnng der Viehmärkte hat der 
Bezirksthierarzt jedes einzelne Thier unmittelbar vor der Auf¬ 
stellung auf dem Marktplatze genau zu untersuchen und die Be¬ 
aufsichtigung auch nach erfolgtem Zutrieb während der ganzen 
Dauer des Marktes fortznsetzen. Nur vollkommen unverdächtig 
befundene Thiere dürfen auf den Markt zugelassen werden. 

Sind Thiere ermittelt worden, welche an einer der Anzeige¬ 
pflicht unterliegenden Seuche leiden oder einer dieser Seuchen 
verdächtig sind, so hat der Bezirksthierarzt sofort die Abson¬ 
derung und Bewachung der kranken nnd verdächtigen Thiere 
durch die Ortspolizeibehörde nnd gegebenen Falls die Des- 
infection der von diesen Thieren begangenen Wege und ein¬ 
genommenen Standplätze zu veranlassen, ferner festzustellen, 
welche anderen für die Seuche empfänglichen Thiere mit den 
senchekranken oder -verdächtigen in Berührung gekommen sind, 
das Bezirksamt hiervon sofort in Kenntniss zu setzen und die 
Anordnung der weiter erf irderlichen polizeilichen Schutzmass¬ 
regeln zu beantragen. 

§ 12. In Ansehung des Viehverkehrs auf Eisenbahnen 
steht dem Bezirksthierarzt die Ueberwachung der vorgeschriebenen 
Reinigung und Desinfection von Eisenbahnwagen, der Verlade¬ 
rampen, Ein- und Ausladeplätze u. s. w. zu. 

Zu diesem Behufe hat der Bezirksthierarzt, in dessen Dienst¬ 
bezirk sich eine Desinfectionsanstalt befindet, diese periodisch 
ohne vorausgegangene Ankündigung zu besuchen, Belehrung über 
das Desinfectionsverfahren zu ertheilen, sich über den pünktlichen 
Vollzug der Vorschriften, den Zustand der Desinfections- 
einrichtungen und die Beschaffenheit der Desinfectionsmittel zu 
überzeugen und etwaige Mängel, die nicht sofort beseitigt werden, 
dem Ministerium des Innern zur Anzeige zn bringen. 

Wird ihm von der Ankunft eines WagenB der zur Be¬ 
förderung von Thieren, welche mit Rinderpest, Milzbrand, Maul¬ 
und Klauenseuche, Rotz oder Schweineseuche (Schweinepest) 
behaftet oder einer dieser Seuchen verdächtig sind, gedient hat. 
Nachriebt gegeben, so liegt ihm die Ueberwachung der Des¬ 
infection persönlich ob. Ueber den Vollzug ist dem Ministerium 
zu berichten. 

2. Förderung der landwirthschaftlichen Thierhaltung 
und Thierzucht. 

§ 13. Der Bezirksthierarzt ist insbesondere verpflichtet: 

a. über die im Bezirk bestehenden Verhältnisse, welche 
einen allgemein nachtheiligen Einfluss auf die Gesund¬ 
heit der landwirthschaftlichen Hausthiere oder einzelner 
Gattungen ausüben, so über den Zustand der Weiden, 
Tränken, sowie über die Behandlungs- und Fütterungs¬ 
weise n. s. w. sich zu verlässigen und auf Beseitigung 
etwa wahrgenommener Mängel hinzuwirken; 

b. auf die Förderung und Hebung der Thierzncht bedacht 
zu sein und die in dieser Hinsicht bestehenden Ein¬ 
richtungen sowie den Vollzug der bezüglichen Vorschriften 
zu überwachen; 

c. Bich über die Ausübung des Huf- und Klauenbeschlags 
im Bezirk zu verlässigen und eventuell nach Möglichkeit 
auf dessen Verbesserung hinzuwirken; 

d. auf Ansuchen der Direction des landwirthschaftlichen 
Bezirksvereins in landwirthschaftlichen Besprechungen 
belehrende Vorträge aus dem Gebiete der gesammten 
Staatsthierheilkunde und der Thierzucht zu halten. 

Im Besonderen hat er bei der Körung der männlichen 
Znchtthiere, der alljährlich vorzunehmenden Farren-, Eber- und 
Bockschau, der staatlichen Prämiirung von Zuchtthieren mitzu- 
wirken und die mit staatlicher Unterstützung errichteten und 
betriebenen Fohlen- nnd Jungviehweiden, sowie die Fütterung, 
Haltung und Pflege der öffentlich zur Zucht aufgestellten Vater- 
thiere zn beaufsichtigen. 

Dem Bezirksthierarzt ist die Theilnahme an zum Ankauf 


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von Zuchtvieh bestimmten Commissionen zwar gestattet, jedoch 
soll er die selbstständige Ausführung solcher Geschäfte ablehnen 
und sich namentlich einer geschäftsmässigen und unberufenen 
Empfehlung von Handels- und Zuchtstallungen enthalten. 

3. Pflege der öffentlichen Gesundheit. 

§ 14. Der Bezirksthierarzt ist zur Mitwirkung bei der 
Ueberwachung des Verkehrs mit Fleisch und Milch berufen. 

Die in § 2 des Reichsgesetzes vom 14. Mai 1879, den 
Verkehr mit Nahrungsmitteln, Gennssmitteln und Gebrauchs¬ 
gegenständen betreffend, den Beamten der Polizei eingeräumten 
Befugnisse des Betretens von Räumlichkeiten, in denen Nahrungs¬ 
mittel feil gehalten werden, und der Entnahme von Proben 
stehen, insoweit es sich um Fleisch oder Fleischwaaren handelt, 
auch den Bezirksthierärzten zu. 

Im Besondern liegt ihnen die Aufsichtsführung über den Voll¬ 
zug der bestehenden Einrichtungen hinsichtlich der Fleisch¬ 
beschau, die Prüfung und Unterweisung der nicht thierärztlichen 
Fleischbeschaner, sowie die veterinär- und beziehungsweise 
sanitätspolizeiliche Ueberwachung des Betriebs der Schlacht¬ 
häuser, der Fleischläden und Fleischbänke ob. 

Der Bezirksthierarzt hat vierteljährlich die ihm Seitens 
der Fleischbeschauer einzasendenden Fleischbeschauberichte zu 
sammeln und dem Grossherzoglichen statistischen Landesamt zu 
übermitteln. 

In Ansehung der unter polizeilicher Controle gestellten 
Milchkuranstalten steht dem Bezirksthierarzt die Ueberwachung 
der zur Milchgewinnung aufgestellten Kühe in Bezug auf die 
Gesundheit, sowie die Art der Fütterung und die Beschaffenheit 
der Futtermittel zu. 

§ 15. Der Bezirksthierarzt ist verpflichtet, die Abdeckerei 
zu beaufsichtigen, sich an den Berathungen der von den Ab¬ 
deckereiverbänden gewählten Commissionen (§ 4 des Gesetzes 
vom 3. Juni 1899) zu betheiligen und sich über den Vollzug 
der auf die Abdeckereien und Anstalten zur unschädlichen Be¬ 
seitigung von Thiercadavern bezüglichen Vorschriften zu ver¬ 
lässigen. Er hat die zn Abdeckern zu bestellenden Personen 
zu prüfen, die Dienstführung der Abdecker fortgesetzt zu über¬ 
wachen, die ihm von den Letzteren vierteljährlich einzusenden¬ 
den Uebersichten über die Zahl der auf die Abdeckerei ver¬ 
brachten Thiere zu sammeln und dem statistischen Landesamt 
mitzutheilen. 

Jahresberichte. 

§ 16. Der Bezirksthierarzt hat von zwei zu zwei Jahren 
einen allgemeinen und jährlich einen besonderen Jahresbericht 
nach den hierfür näher erlassenen Vorschriften zu erstatten und 
bis zum 1. März des auf die Berichtsperiode nächstfolgenden 
Jahres durch Vermittelung des Bezirksamts dem Ministerium des 
Inneren vorzulegen. 

Gebühren, Bureauaversum. 

§ 17. Geschäftsgebühren für amtliche Verrichtungen kann 
der Bezirksthierarzt nur in den durch die bestehenden Ver¬ 
ordnungen bezeichneten Fällen beanspruchen. 

Dagegen erhält er bei Dienstgeschäften ausserhalb seines 
Wohnorts Diäten, Reisekostenvergütung und bei Geschäften ausser¬ 
halb des Amtsbezirks seines Wohnorts Versäumnissgebiihren. 

Zur Bestreitung des Aufwands für Schreibmaterialien bezieht 
der Bezirksthierarzt ein Bureauaversum. 

Die Kostenverzeichnisse sind — soweit nicht für einzelne 
Fälle anders bestimmt ist — dem Bezirksamt vorzulegen, 
welches deren Zahlungsanweisung nach Massgabe der hierüber 
erlassenen besonderen Vorschriften vermittelt. 

Die Vorlage an das Bezirksamt hat zu erfolgen: 

a. bei Kostenverzeichnissen wegen Bekämpfung der Thier¬ 
seuchen jeweils alsbald nach beendigter Seuche; 

b. bei Kostenverzeichnissen, welche die Haltung der Zuclit- 
farren, Zuchteber und Zuchtböcke betreffen, jeweils zu¬ 
gleich mit dem Bericht über die Erledigung des bezüg¬ 
lichen amtlichen Auftrags; 

c. hinsichtlich der Kostenverzeichnisse wegen Beaufsichtigung 
des Viehverkehrs (Ueberwachung der Viehmärkte, polizei¬ 
liche Beobachtung des Handelsviehs, Untersuchung der 
Schlachthäuser etc.) in der Regel vierteljährlich; 

d. in allen übrigen Fällen jeweils alsbald nach Erledigung 
des betreffenden Dienstgeschäfts. 

fiescblftsformen, Geschlftstagebuch, Registratur, Inventar, Postsendungen. 

§. 18. In dem schriftlichen Verkehr mit Behörden hat der 
Bezirksthierarzt die hergebrachten Formen zu beobachten. 


Die amtlichen Mittheilungen sind auf Papier von dem vor¬ 
geschriebenen Format, bei Berichten an höhere Stellen auf ganze 
Bogen zn schreiben, mit Angabe des Ortes, des Jahres nnd 
Tages der Abfassung, sowie mit einer Geschäftsnummer zu 
versehen und deatlich zu unterschreiben. 

Wird durch den Bericht ein dienstlicher Auftrag oder ein 
dienstliches Ersuchen erledigt, so ist in demselben überdies auf 
die Nummer und das Datum des Schriftstücks, in welchem der 
Auftrag ertheilt oder das Ersuchen gestellt wurde, Bezug zu 
nehmen. 

§. 19. Der Bezirksthierarzt ist verpflichtet, ein Geschäfts¬ 
tagebuch nach gegebener Vorschrift zu führen, in das er alle 
bei ihm eingehenden amtlichen Schriftstücke nach der Zeitfolge 
ihres Einlaufs geordnet einträgt und seiner Zeit die Art der 
Erledigung vermerkt. 

Auf jedes bei ihm einlanfende amtliche Schriftstück hat er 
den Tag des Einlaufs und die Nummer zu setzen, unter der 
dasselbe in das Geschäftstagebuch eingetragen wurde. Das 
Geschäftstagebnch ist alljährlich mit dem 31. December ab- 
zuschliessen. 

§. 20. Alle an ihn gelangenden, seine amtliche Thätigkeit 
betreffenden Erlasse, Weisungen, Requisitionen, Anzeigen sowie 
die Entwürfe seiner Berichte, veterinärpolizeilichen und gericht¬ 
lichen Gutachten, Zeugnisse und sonstigen Correspondenzen — 
insoweit in Ansehung derselben Concepte gefertigt werden — 
hat der Bezirksthierarzt in der nach Massgabe der erlassenen 
Registraturordnung eingerichteten Registratur aufzubewahren. 

Ansgeschiedene Acten sind an das Bezirksamt abzuliefern. 

§. 21. Ueber die der Stelle zugehörenden Instrumente, 
Dienstsiegel, Karten, Bücher und sonstigen Drucksachen ist ein 
Inventar zu führen und fortwährend auf dem Laufenden zu 
erhalten. Die gedachten Gegenstände sind als Staatseigenthum 
sorgfältig aufzubewahren. 

Am Schlüsse eines jeden Jahres ist über die Inventarisirung 
der im Laufe desselben stattgehabten Zugänge unter Angabe 
der Nummer nnd der Werthbeträge eine Gesammtanzeige an den 
Grossherzoglichen Verwaltungshof zu erstatten. 

§. 22. In Ansehung der Behandlung der Postsendungen 
sind die Verordnungen des Grosshsrzoglichen Ministeriums der 
Finanzen vom 18. September 1888 (Gesetzes- und Verordnungs¬ 
blatt Seite 574) und die Generalverfügung des Grossherzoglichen 
Ministeriums des Innern vom 23. September 1888 Nr. 19113 
raaassgebend. 


Polizei-Verordnung fflr den Regierungsbezirk Cassel 
betr. Seuchen-Verschleppung. 

Zur Bekämpfung der Seuchenverschleppung unter den Haus- 
thieren wird hiermit auf Grund des §. 137 des Gesetzes über 
die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 und der 
§§. 6, 12 und 13 der Verordnung vom 20 September 1867, 
betreffend die Polizeiverwaltung in den neu erworbenen Landes- 
theilen, nach erfolgter Zustimmung des Bezirksausschusses für 
den R.-B. Cassel nachstehende Polizei-Verordnung erlassen: 

§. 1. In allen öffentlichen, zur Einstellung von Vieh 
benutzten Gaststallungen, Ausspannungen, Vieheinstellungen und 
den zugehörenden Ein- und Durchfahrten, sowie in den Stallungen 
der gewerbsmässigen Pferde- und Viehhändler hat regelmässig 
an dem ersten Montag eines jeden Monats oder, falls dieser ein 
gesetzlicher Feiertag oder ein Markttag ist, an dem darauf 
folgenden Werktage bis spätestens 5 Uhr Nachmittags eine 
gründliche Reinigung der Krippen, Futtertröge, Raufen, Tränk¬ 
eimer, Vorstellkrippen nnd aller sonstigen Stallgeräthschaften, 
sowie der zum gewerbsmässigen Transport von Thieren benutzten 
Fuhrwerke der Viehhändler stattzufinden. 

Zu gleicher Zeit sind auch die Stallungen und Räumlich¬ 
keiten gründlich zu reinigen, insbesondere ist der Dünger und 
das benutzte Streumaterial vollständig zu entfernen, der Boden 
besenreiu zn machen und mit Wasser abzuspülen. 

§. 2. Eine solche Reinigung (§. 1) ist auch an jedem 
Tage, an welchem aus besonderer Veranlassung (Thierschauen, 
Körungen, Viehauctionen etc.) eine grössere Vieheinstellung 
stattgefunden hat, sowie in Marktorten nach jedem Viehmarkt¬ 
tage vorzunehmen. 

Ist dieser Tag ein Sonnabend, so hat die Reinigung mög¬ 
lichst noch an demselben Nachmittage zu erfolgen, andernfalls 
am nächsten Werktage. 

§. 3. An dem ersten Montag eines jeden Vierteljahres hat 
in den im §. 1 genannten Stallungen und Räumlichkeiten eine 


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20. September 1900. 


6 HEI BLATT der BERLINER THIERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 


gründliche Desinfection in der Weise zu erfolgen, dass die 
Stallwände, an welchen die Krippen stehen, und die Stand¬ 
bäume in einer Höhe bis zu 2/j m vom Fussboden, ferner die 
Latirbäume, Holzverschläge, Futterraufen, Krippen, Vorstell¬ 
krippen und Fuhrwerke mit einem Kalkanstrich (ein Theil frisch 
gelöschten Kalk auf zehn Ranmtheile Wasser) versehen werden. 

Der Stallfussboden ist mit Kalkmilch abzuspülen; desgleichen 
ist der ans den Stallungen und den Einfahrten entfernte und 
angesammelte Dünger mit Kalkmilch gehörig zu begiessen. 

§. 4. Für Stallungen, in denen ein besonders starker Vieh¬ 
verkehr stattfindet, insbesondere auch für die grösseren Vieh¬ 
händlerställe oder wo sonst ein besonderes Bedürfniss dazu vor¬ 
liegt, kann in Stadtkreisen durch die Polizeiverwaltung, in 
Landkreisen durch den Landrath die in den §§. 1 und 3 vor¬ 
gesehene Reinigung bezw. Desinfection in kürzeren Zeitab¬ 
ständen angeordnet werden. Soweit in einzelnen Ortschaften 
schon jetzt schärfere Bestimmungen bezüglich der Reinigung 
und Desinfection in Geltung sind, werden diese durch die vor¬ 
stehenden Anordnungen nicht berührt. 

§. 5. Pferde, welche mit erkennbaren Erscheinungen der 
Druse, der Brustseuche (Rothlauf), des Rotzes oder der Räude, 
Rindvieh, Schafe, Schweine und Ziegen, welche mit erkenn¬ 
baren Erscheinungen der Maul- und Klauenseuche, 

Schweine, welche mit erkennbaren Erscheinungen der Roth¬ 
lauf krankheit, Schweineseuche (Schweinepest), 

Schafe, welche mit erkennbaren Erscheinungen der Räude 
oder der Pockenseuche behaftet sind, dürfen in öffentliche Gast¬ 
stallungen, Ausspannungen etc. nicht aufgenommen werden. 

Ausnahmen von diesem Verbote sind in Nothfällen zulässig. 
In allen Fällen, w r o die Einstellung kranker oder seuche¬ 
verdächtiger Tbiere erfolgt, gilt Folgendes: 

a. Die Gaststallbesitzer und die Eigenthümer oder Begleiter 
der Thiere sind verpflichtet, unverzüglich, spätestens jedoch 
binnen fünf Stunden der zuständigen Ortspolizeibehörde 
von dem Einstellen der erkrankten Thiere eine Anzeige zu 
erstatten, worauf sofort, sobald es sich um eine der im 
§. 10 des Reichsviehseuchengesetzes vom 23. Juni 1880 
genannten Thierseuchen handelt, die Polizeibehörde die 
Zuziehung des zuständigen beamteten Thierarztes zu veran¬ 
lassen hat. 

b. Während der Dauer der Einstellung von kranken Thieren 
dürfen andere Thiere in dieselben Räume nicht unter¬ 
gebracht werden. 

c. Nachdem die erkrankten Thiere die Stallungen verlassen 
haben, dürfen die betreffenden Räume nicht früher wieder 
zur Einstellung von anderen Thieren in Benutzung genommen 
werden, bis unter polizeilicher Ueberwaclmng eine nach den 
Vorschriften der §§. 2 und 4 angeordnete Reinigung und 
Desinfection stattgefunden hat, 

§. 6. Alle in §. 1 bezeichneten Stallungen sind bis 
zum 1. April 1902 mit einem festen Fussboden zu versehen. 
Dieser ist herzustellen aus Asphalt oder Cement-Estrich oder 
aus Ziegel- oder Feldsteinpflaster, dessen Fugen mit Cement- 
Mörtel fest verstrichen sind. 

Bis zu dem gleichen Zeitpunkte sind die zu den öffentlichen 
Stallungen des §. 1 gehörigen Ein- und Durchfahrten mit einem 
ordnungsmässig ansgeführten Steinpflaster zu versehen oder gut 
zu chanssiren. 

Abweichungen von den in Absatz 1 und 2 geforderten Her¬ 
stellungen können ausnahmsweise im Einzelfalle, wenn ein 
besonderes Bedürfniss vorliegt, in Stadtkreisen von der Polizei¬ 
verwaltung, in Landkreisen von dem Landrath zugelassen werden. 

§. 7. Den beamteten Thierärzten und den mit der Controle 
beauftragten Beamten ist jederzeit der Zutritt zu den Stallnngen 
zu gestatten. 

§. 8. Zuwiderhandlungen werden — abgesehen von der 
Befugniss der Polizeibehörde, die unterlassene Handlung auf 
Kosten der Verpflichteten durch einen Dritten vornehmen zu 
lassen — gegen den Inhaber des Gaststalles, der Ausspannung 
etc. oder gegen dessen etwaigen Vertreter, im Falle des §. 6 
unter a. auch gegen den die erkrankten Thiere Einstellenden 
mit Geldstrafe bis zu GO Mark geahndet. 

An Stelle der Geldstrafe tritt im Unvermögensfalle ent¬ 
sprechende Haftstrafe. (A. III. 6181.) 

Cassel am 11. Juli 1900. 

Der Regierungspräsident. Trott zu Solz. 


Revision der Viehseuchenpol izei In der Schweiz. 

Die dem schweizerischen Viehseuchenpolizei-Gesetz anhaften¬ 
den Mängel beschäftigten die Gesellschaft schweizerischer Thier¬ 
ärzte und den landwirtschaftlichen Verein des Cantons Zürich. 
Aus den von den Professoren Hess und Zschokke erstatteten 
Berichten ergiebt sich, dass folgende Abänderungen angestrebt 
werden: 

Die Viehseuchenbekämpfung soll nicht von einer Hand 
aus, sondern von einer Commission, bestehend aus Thierärzten 
und Landwirten, geleitet werden. Hess schlägt die Errichtung 
eines unter fachmännischer Leitung stehenden eidgenössischen 
Viehseuchen-Polizeiamtes vor, dem eine genügende Anzahl 
cantonaler Viehseuchencommissare zu unterstellen sind. 
Den letzteren fällt die Ueberwachung der veterinärpolizeilichen 
Vorschriften an der Grenze und in den Cantonen, die Ermittelung 
des Ursprungs vorkommender Seuchenfülle zu, dann die Controle 
der vorzunehmenden Desinfection und sämmtliche Veterinär- 
Massnahmen. An den tierärztlichen Hochschulen sollen 
Seuchenversuchsstationen errichtet werden. Zu Vieh- 
Inspectoren sind in erster Linie eidgenössisch patentirte 
Thierärzte durch die Kantonsbehörde zu wählen. Einbezug der 
Fleischbeschau in die Seuchenpolizei und bessere Re¬ 
gulirung des Abdeckerwesens wünscht Zschokke. 

Das Viehhändlerwesen soll gewerbsmässig geregelt 
werden und beim Handel mit Pferden, Rindern, Schafen, Ziegen 
und Schweinen die Erbringung von Viehpässen uud Gesundheits- 
certificaten vorgeschrieben sein. 

Der Grenz verkehr sollte strenger geregelt werden. Die 
Einfuhr sollte sofort unterbrochen werden, wenn Seuche bei ein¬ 
geführten Thieren nachgewiesen wird. Die richtige Regulirung 
der Schlachtvieheinfuhr hätte zu umfassen: a) Genaueste 
Untersuchung an der Grenze; b) Gestattung von nur directer Zufuhr 
von ausländischem Schlachtvieh (kein Handel); c) Abfuhr von 
der Bahn nur per Wagen, ev. nnr in Schlachthöfe mit Geleise¬ 
anschluss; d) die Schlachthöfe müssen Seuchehöfe besitzen, ohne 
solche ist ein Stallbann absolut undurchführbar; e) Abschlachtung 
der ausländischen Thiere innerhalb 2 bis 3 mal 24 Stunden. Die 
eingeführten Thiere sollen einer Controle unterstellt werden. 

Bezüglich der Bekämpfung neuer Thierseuchen werden 
entsprechende Vorkehrungen zu treffen sein. Bei Maul- und 
Klauenseuche ist erst vier Wochen nach dem Erlöschen der 
Krankheit die Sperre aufznheben. Rotzverdächtige Pferde 
sind zu malleinisiren. Bei Schweineseuche ist in schweren, 
besonders acut auftretenden Fällen zu keulen. Für milz¬ 
brandverdächtige Thiere ist eine zehntägige Contumaz vor¬ 
zuschreiben. Bei Ranschbrand ist von der Stallsperre Abstand 
zu nehmen, weil derselbe eine nicht von Thier zu Thier über¬ 
tragbare Bodenkrankheit darstellt. Weiter sind Massnahmen 
gegen Geflügelcholera und hinsichtlich des veterinären Central¬ 
dienstes an den Landesgrenzen ausführlich erörtert und vor¬ 
geschlagen worden. Kühn au. 

Die Schweinepest-Tilgung in Oesterreich. 

Die Tilgung der Schweinepest in Oesterreich-Ungarn will 
nach den jetzigen Bestimmungen so rechte Fortschritte nicht 
machen. Beispielsweise waren nach dem Thierseuchen-Ausweis vom 
7. Juli er. in Oesterreich 73 verseuchte Höfe mit 158 kranken und 
9G5 der Ansteckung verdächtigen Schweinen vorhanden. Zur 
Berathung durchgreifenderer Massnahmen hat am 3. Juli er. in 
Wien eine Enquete getagt, an welcher.Delegirte der Ministerien. 
Landwirthe und Thierärzte sich betheiligten. Die einzelnen 


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20. September 1900. BEIBLATT der BERLINER TII1ERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 


Bestimmungen der kaiserl. Verordnung vom 2. Mai 1899, 
betreffend die Abwehr und Tilgung der Schweinepest, wurden 
der Erörterung unterzogen. In erster Linie wurde die Er¬ 
richtung einer ständigen Ministerial-Commission an¬ 
geregt, in welcher ausser den Ministerien des Innern und des 
Ackerbaues auch die des Handels und der Eisenbahnen ver¬ 
treten sein sollen. Weiter wurde einer energischeren Keulung 
der kranken und verdächtigen Schweine und einer umfang¬ 
reicheren Entschädigung das Wort geredet. Nach Ansicht der 
Sachverständigen ist sobald eine Tilgung der Seuche nicht zu 
erwarten. Vom Sanitätsreferenten Dr. Deimer wird die Frage, 
ob der Genuss des Fleisches von pestkranken Thieren 
für die menschliche Gesundheit schädlich sei, bejaht. 
Die kaiserl. Verordnung soll dahin abgeändert werden, dass 
die Entschädigungsbestimmungen weiter gefasst und die Keulung 
auf alle ansteckungsverdächtigen Schweine ausgedehnt wird. 

Wiener Approv. Zeitg. 

Vereinigte Staaten von Amerika. 

Das Landwirthschafts-Depai tement der Vereinigten Staaten 
hat unter dem 28. December v. J. neue, seit dem 1. März d. J. 
in Kraft getretene Bestimmungen über die thierärztliche 
Controle und Quarantäne von Pferden, Rindvieh, Schafen und 
anderen Wiederkäuern sowie von Schweinen erlassen. 

Die Verordnung des Landwirthschafts-Secretärs bezeichnet 
die Hafenorte, durch welche allein Vieh in die Vereinigten 
Staaten eingeführt werden kann, und macht einen Unterschied 
hierin für solche Tliiere, die der thierärztlichen Untersuchung 
und einer Quarantäne und für solche, die nur einer thier¬ 
ärztlichen Untersuchung unterliegen (§ 1). 

Die Verordnung bezeichnet ausdrücklich die Thiergattungen, 
die unter ihre Bestimmungen fallen und die Krankheiten, die 
als „ansteckende Seuchen“ im Sinne der Verordnung anzusehen 
sind (§ 2). 

Für die Einfuhr von Thieren der in der Verordnung be- 
zeichneten Art — soweit sie nicht aus Canada oder Mexiko ein- 
geführt werden — gelten im Einzelnen der Verordnung zu Folge 
nachstehende Bestimmungen: 

Pferde unterliegen im Eingangshafen einer veterinärärzt¬ 
lichen Untersuchung. (Verordnung vom 27. Januar d. J.) 

Rindvieh, Schafe und andere Wiederkäuer, sowie Schweine j 
müssen von einer Bescheinigung der Behörde des Distriktes, in 
dem sie während des letzten Jahres vor ihrer Verschiffung ge¬ 
standen haben, begleitet sein, aus der hervorgeht, dass in 
diesem Bezirke während des letzten Jahres keine der näher 
bezeiehneten Seuchen geherrscht haben (§ 3 b und c). Ferner 
wird ein „Affidavit“ des Eigenthümers sowie des Importeurs 
über näher bezeichnete Punkte verlangt (§3d). Diese Urkunden 
müssen dem Zollerheber im Eingangshafen vorgelegt und von 
diesem dem Inspector of the Bureau of Animal Industry über¬ 
geben werden (§ 3e). 

Rindvieh unterliegt einer Quarantäne von 90 Tagen, vom 
Tage der Charterung des Schiffes ab gerechnet, Schafe einer 
solchen von 15 Tagen, vom Tage der Ankunft des Schiffes in 
den Eingangshäfen an gerechnet (§ 4). Nur zur Schlachtung 
im Eingangshafen bestimmtes Vieh unterliegt anderen Be- 
stimmnngen (§ 4). 

Alles über sechs Monate alte Vieh unterliegt — mit vor¬ 
stehender Ausnahme — der Tuberculin-Prüfung. 

Für eine jegliche Viehseudnng — ausgenommen einer 
Sendung von Pferden — sind zwei im § 9 näher bezeichnete 


Erlaubnissscheine des Landwirthschafts-Secretärs erforderlich, 
ohne deren Vorlegung kein amerikanischer Consul die für den 
Transport erforderlichen Papiere beglaubigen darf. Die letzten 
Paragraphen (§§ 10—30) der Verordnung treffen Bestimmung 
über die Behandlung krank befundener Thiere (§ 10), über die 
Desinfection der Transportschiffe und Gegenstände (§§ 11 
und 12), über die Verbringung der Thiere in die Quarantäne- 
Stationen (§§ 13—16) und über den Verkehr in den letzteren 
(§§ 17-30). 

Die Einfuhr von Rindvieh aus Deutschland direct in die 
Vereinigten Staaten ist z. Zt. nicht gestattet. 

Verordnungen der Einzelstaaten, die für die deutschen Vieh¬ 
züchter oder Exporteure von Interesse sein könnten, bestehen 
z. Zt. nicht. _ 

Thierseuchen im Auslande II. Quartal 1900. 

Belgien. 

Zahl der Krankheitsfälle: Milzbrand 85; Rauschbrand 77; 
Wuth 34, ausserdem 17 verdächtige Thiere getödtet; Rotz 
(Wurm) 44, ausserdem in Schlachthäusern noch 35 Pferde, von 
denen 24 aus England stammten. Mit Maul- und Klauenseuche 
waren im April 56, im Mai 81 und im Juni 53 Gemeinden ver¬ 
seucht. Lungenseuche, Räude und bösartige Klauenseuche der 
Schafe sind nicht aufgetreten. 

Schweden. 

Die Zahl der neu verseuchten Ställe betrug in den Berichts¬ 
monaten: an Milzbrand 17 bezw. 32 bezw. 35; an Rauschbrand 
2 bezw. 4 bezw. 4. 

Norwegen. 

An Erkrankungen kamen in den Berichtsmonaten vor: 
Milzbrand 47 bezw. 59 bezw. 52; Bösartiges Katarrhfieber des 
Rindviehs 30 bezw. 32 bezw. 28; Schweinerothlauf 31 bezw. 40 
bezw. 38; Rauschbrand im Mai fünf Fälle; Bradsot im April 
ein Fall. 

Dänemark. 

Die Zahl der verseuchten Thierbestände betrug: an Milz¬ 
brand im April 8, Mai 8, Juni 5; Rothlauf derSchweine 106 bezw.91 
bezw. 128; chron. Schweinediphtherie 7 bezw. 4 bezw. 4; bös¬ 
artiges Katarrhalfieber des Rindviehs 6 bezw. 5 bezw. 8. 

Russland IV. Quartal 1899. 

Zahl der Erkrankungen an: 



Rinder¬ 

pest 

Lungen¬ 

seuche 

Milz¬ 

brand 

Schaf¬ 

pocken 

Maul- und 
Klauen¬ 
seuche 

Ostseeprovinzen 

_ 

3 

23 


90 

Polen .... 

— 

206 

185 

— 

16555 

West-(Weiss-) 
Russland . . 



46 

1588 

300 

Kleinrussland 

— 

— 

278 

55 

15 422 

Südrussland . . 

— 

— 

478 

1518 

20 740 

Grossrussland . 

— 

42 

461 

1439 

12125 

Ostrussland . . 

— 

727 

9ö9 

2164 

1416 

Kaukasus . . . 

— 

— 

163 

244 

31886 

Transkaukasien 

4 831 

47 

158 

55 

— 

Asiatisches 
Russland . . 

14 525 

1864 

117 

550 

5 873 


Ausserdem sind zahlenmässig nicht genau bekannt gegebene 
Ausbrüche von Tollwuth, Rotz, Räude und von Schweineseuchen 
vorgekommen. 


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8 

Thieraeuohen in den Niederlanden 1898- 

Die Maul' und Klauenseuche wurde bei 11 023 Rindern von 
1350 Beständen in 197 Gemeinden in 10 Provinzen festgestellt. 
Schafe erkrankten 824 in 25 Gemeinden von 8 Provinzen; 
Ziegen 11 in 7 Gemeinden von 4 Provinzen; Schweine 652 in 
66 Gemeinden von 9 Provinzen. Von Rotz und Wurm sind 
24 Fälle (gegen 76 im Vorjahre) in 5 Provinzen gemeldet, 
ausserdem wurde diese Seuche festgestellt in den Gemeinde¬ 
schlachthäusern in Rotterdam und Amsterdam bei 22 bezw. 13 
aus England eingeführten Pferden. Die Räude unter den Ein¬ 
hufern ist bei 8 Pferden (1 im Vorjahre) in 4 Provinzen er¬ 
mittelt worden. Von der Schafräude waren befallen 5181 Thiere 
von 308 Herden in 93 Gemeinden von 10 Provinzen (im Vor¬ 
jahre 23625 Thiere von 243 Beständen in 74 Gemeinden von 
9 Provinzen). Die bösartige Klauenseuche der Schafe ist in 
24 Gemeinden von 6 Provinzen bei 887 Thieren (620 im Vor¬ 
jahre) aufgetreten. Schweinerothlauf herrschte in sämmtlichen 
Provinzen; verseucht waren 155 Gemeinden, nachweislich er¬ 
krankt 974 Thiere; hiervon sind gefallen 371, geschlachtet 358, 
geheilt 121, während von 124 der Verlauf dieser Seuche un¬ 
bekannt geblieben ist. Im Vorjahre waren 2001 Thiere in 168 
Gemeinden erkrankt. Der Milzbrand ist aus sämmtlichen Pro¬ 
vinzen gemeldet; erkrankt sind 292 Rinder in 158 Gemeinden, 
12 Pferde in 9, 18 Schafe in 5, zusammen 322 Thiere gegen 
282 im Vorjahre. Betreffs der in dem Königlichen 
Beschluss nicht genannten ansteckenden Thierkrankheiten 
ist berichtet u. a. über Rauschbrand aus Nordbrabant, 
Gelderland (östlich) und Oberyssel, Gelderland (westlich) 
und Utrecht, Südholland, Nordholland, Friesland, Groningen und 
Drenthe; ferner über Tuberculose (Perlsncht) aus 8 Provinzen. 
Im Schlachthause in Rotterdam wurden im Berichtsjahre von 
23 536 Rindern 2002 = 8,51 pCt., von 8549 Kälbern 29 = 
0,34 pCt., von 893 Ziegen 1 = 0,11 pCt., von 30 980 Schweinen 
861 = 2,78 pCt., im Schlachthause in Amsterdam von 36136 
Rindern 4707 = 13,03 pCt., von 28051 Kälbern 74 = 6,26 pCt., 
von 44664 Schweinen 1603 = 3,59 pCt., 4 Pferde, 1 Schaf und 
2 Ziegen tuberculös befunden. Milzbrandimpfungen sind in 
34 Gemeinden 793 Rinder, 22 Pferde, 218 Schafe, 3 Schweine 
unterworfen w'orfen; 6 Thiere sind nach den Impfungen an 
Milzbrand gefallen. Sämmtliche Thiere wurden zweimal geimpft. 
Rothlaufimpfungen mit Pasteurscher Lymphe sind in 2 Gemeinden 
bei 9 bezw. 15 Schweinen ausgefüh t; mit Porcosan auf Ver¬ 
anlassung -der Regierung in 2 Gemeinden bei 1389 Schweinen 
von 165 Eigenthümern, auf Veranlassung der Besitzer in 10 Ge¬ 
meinden bei 114 Schweinen von 18 Eigenthümern. Der Erfolg 
der Impfung ist als ein sehr günstiger bezeichnet worden. Die 
Einfuhr von lebendem Vieh in die Niederlande betrug 14784 
Pferde, 327 Stück Rindvieh, 54 Schweine, 43201 Schafe und 
Lämmer, 5 Ziegen, zusammen 58371 Thiere gegen 77776 im 
Vorjahre. Aus Preussen wurden eingeführt 5581 Pferde, 
15 Rinder, 2 Schweine, 43015 Schafe, 5 Ziegen. Die Ausfuhr 
von lebendem Vieh aus den Niederlanden betrug 12349 Pferde, 
43585 Stück Rindvieh, 5026 Schweine, 70595 Schafe und Lämmer, 
1606 Ziegen, zusammen 133161 Thiere gegen 102297 im Vor¬ 
jahre. Nach Preussen wurden ausgeführt 7075 Pferde, 160 Stück 
Rindvieh, 39 Schweine, 3 Schafe, 3 Ziegen. 


20. September 1900. 

Schaden der Maul- und Klauenseuche. 

Vom Schaden der Maul- und Klauenseuche kann man 
sich einen annähernden Begriff machen, wenn man den statistischen 
Erhebungen, welche die sächsische Landwirthschaftskammer ver¬ 
anstaltete, folgt. Dem interessanten Bericht entnehmen wir 
Folgendes: 

In den Kreis der Berechnungen wurden 13 250 Stück im 
Jahre 1899 verseuchtes Vieh einbezogen. Den Besitzern 
erwuchs, soweit dies zahlenmässig nachgewiesen werden konnte, 
ein Schaden von 1 425 036 M. oder pro Stück 107 M., welche 
auf folgende Theile entfallen: 

Werthverminderung 53,095 pCt. = 756 199,20 M.; Krepiren 
nach der Seuche: 25 033 M.; Verkauf minderwertiger Thiere: 
82 531,16 M.; Ausfall an Milch: 212 894,67 M.; Ausfall an 
Arbeitsleistung: 250 570 M.; Ausfall an Stallmist: 23 889,20 M.; 
besondere Unkosten; 50 808,55 M.; Thierarzt, Medicamente, 
Desinfection: 23 110,70 M. 

Der Bericht constatirt, dass auf Grund genauer Buch¬ 
führung Seitens landwirtschaftlicher Betriebe die Erhebungen 
ziemlich zuverlässig seien. 

Empfänglichkeit des Kameeles fDr die Rinderpest 

Tartakowski ermittelte, dass die Kameele gegen die 
Einimpfung des Rinderpestvirus, in Form von Milzpulpa oder 
von Blut mit physiol. Kochsalzlösung verdünnt, nicht immun sind. 

Von 6 geimpften Kameelen zeigten drei nur ein leichtes 
Fieber von kurzer Dauer und die übrigen nach einer 7 tägigen 
Incubation 2,5 bis 3° Temperaturerhöhung, Nasenausfluss, 
Thränenfluss und characteristische Veränderungen an der Schleim¬ 
haut, den Lippen, Backen und der Zunge. Allgemeinbefinden 
wenig alterirt. Die Krankheitserscheinungen verloren sich in 
3 Tagen. Ein Kameel, welches infolge einer Unterkieferfistel 
sich in einem geschwächten Zustande befand, erkrankte heftiger 
und verendete unter allen Erscheinungen der Pest 18 Tage 
nach der Infection. Bei der Autopsie wurden die Veränderungen 
der Seuche festgestellt. Die Verimpfung von Blut dieses 
Kameeles, welches 10 Tage nach der Inoculation entnommen 
worden war, auf ein Kalb verursachte tödtliche Rinderpest. 

Weiter wird mitgetheilt, dass durch Verimpfung von Rotz¬ 
kulturen auf ein Kameel dasselbe an Rotz erkrankte und nach 
15 Tagenunter characteristischen Erscheinungen dieser Krankheit 
einging. (Clin. vet. ex Rec. de M£d. Vet.) 

Wursteinfuhrverbot Im Grenzverkehr. 

In Verfolg des Verbots der Einfuhr von Wurst und Büchsen¬ 
fleisch verordnet die Königl. Regierung zu Aachen, dass vom 
1. October er. ab Wurstwaaren, Schwartenmagen, gehacktes 
Fleisch, Wurstabfälle u. s. w. nicht mehr zollfrei über die Grenze 
gebracht werden dürfen. Reines Fleisch und Speck sind von 
dieser Verordnung vorläufig nicht betroffen. 

Nachrichten Ober Maul- und Klauenseuche an Viehhüfen. 

Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in der Abtheilung 
für Schweine ist gemeldet vom Schlacht-Viehhofe zu Nürnberg 
am 8. und unter Ueberstände-Rindern in Mainz am 11. September; 
in letzterem Falle erlosch die Seuche bereits am 13. er. 


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Thierärztliche Wochenschrift 

Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz- Berlin. 

Verantwortlicher Bcdactenr. 

De Braln Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZQndel 

Professor Oberthlerarzt Departementsthierarzt Kreisthierarzt Departementsthierarzt Veterinärassessor Professor Landes-lnsp. f. Tliierzucht Krcistliicrarzt 

Utrecht. Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag: von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. M 39 . Ausgegeben am 27. September. 


Inhalt: HofTmann: Durch Nadelbrennen geheilte Schalterlahmheit. — Peter: Behandlung des Milchfiebers durch 
intravenöse Injection von Jodkalinmlösnng. — de Bruin: lieber Hydrops der Frnchthüllen des Rindes. — 
Referate: Conway n. Francis: Texas-Fieber. — Ronsseu: Abfallen des Hufes in Folge von Neurcctomie. — Guillemain u. 
Cadix: Behandlnng des Nageltritts mit reiner Milchsäure. — Görig: Primäre Actinomycnse des Hodens bei einem Bullen. — 
Bauermeister: Ueber die wichtigsten bis jetzt bekannten Tulerculinc, ihre Herstellung und ihre Unterschiede. — Czerny: 
Warum dürfen wir die parasitäre Theorie für die bösartigen Geschwülste nicht aufgeben? — Zur wissenschaftlichen Begründung 
der Organtherapie. — Kleine Mitteilungen. — Tagesgeschichte: Rundreise-Liquidationen. — Geschichte und Erfolge des 
Staatsveterinärwesens in England. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen — Fleischschau und Viehhandel. — 
BUcheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen. 


Durch Nadelbrennen geheilte Schulterlahmheit. 

Von 

Prof. L Hoffmann-Stuttgart. 

Chronische Lahmheit, charakteristisch durch Nachziehen, 
schleppenden Gang, Hangbeinlahmheit nach Möller, mit etwas 
Atrophie beider Grätenmuskeln sowie der Anconäengruppe, bei 
welcher die seither üblichen Mittel vergeblich angewandt wurden, 
habe ich oft durch Nadelbrennen geheilt. 

Die Art des Brennens ergiebt sich am besten aus der 
Abbildung. 

Ich habe mehrere Fälle in dieser Weise behandelt. Das 
Brennen wird am besten am liegenden Pferde ausgefühlt. 
Im Bereiche des Schulterblattes wird jede Glühnadel bis auf 
den Knochen eingestochen, an den fleischigen Theilen ca. 3 cm ti> f. 
Anch das Schultergelenk kann ohne Nachtheil angestochen werden. 

Wie indolent das gesunde Schultergelenk gegen Verwundung 
ist, habe ich früher schon gelegentlich eines Versuches kennen 
gelernt. Um nachznweisen, dass die Weber’sche Theorie des 
Gehens, dass nämlich der Luftdruck den Geienkkopf in der Pfanne 
halte, falsch ist, habe ich, ohne antiseptische Vorsichtsmassregeln 
einen dicken Troikar tief in das Schultergelenk eingestochen, 
dann das Stilet entfernt, einige Synovia ausfliessen und das 
Pferd mit der Hülse im Gelenk eine Zeit lang gehen lassen, 
um noch Lnft dortselbst einzupumpen. Es wurde dadurch 
das Gehen nicht im mindesten alterirt, und die Wnnde heilte 
ohne irgend welche arzneiliche Behandlung oder chirurgische 
Vorsichtsmassregeln per primam. 

Bei dem Nadelbrennen selbst beachte ich Folgendes: die 
ganze Fläche wird geschoren, rasirt, geseift, gebürstet, mit 
Lysol abgespült, dann mit in Spiritus getränkter Gaze ab¬ 
gerieben. Der Spiritus wird mit Sublimatlösung abgewaschen, die 
ganze Stelle mit Thioform gepudert und nachher mit einem 
antiseptischen Handtuche bedeckt, so dass die zu brennende 
Körperoberfläche auch während der Operation nicht mit der 
Sand berührt wird. Bis einige hundert Nadeln eingestochen 
sind, brauche ich eine verhältnissmässig kurze Zeit. Oefters 


brennen wir zu Zweien gleichzeitig an einem Pferde. Ich achte 
darauf, dass die Brennstichcanäle möglichst in gleich weit er Ent¬ 
fernung stehen und setze die Punkte reihenweise. Die gesetzten 
Stiche werden laut gezählt. Da durch den Reiz des Brennens 
in dem betreffenden Körpertheil, besonders in der Schulter, ein 
starker Blutandrang entsteht, so hinten die später gesetzten 
Stichcanäle ziemlich stark, wodurch die Arbeit etwas erschwert 
wird. Es empfiehlt sich deshalb, gleich von Anfang an die 



Operation zu beschleunigen. Das hervorquellende, manchmal 
auch spritzende Blut wird mit einem grossen antiseptischen 
Tuche etwas abgetnpft und frisches Thioform aufgepudert. 
Abspülen wende ich während und nach dem Brennen nicht mehr 
an, um nichts in die Stichcanäle einfliessen za lassen. Wenn 
das Brennen fertig ist, übergiesse ich die gebrannte Fläche mit 
Ichthyolcollodium. Nach dem Brennen wird das Pferd im Stande 
nicht hochgebnnden, es bleibt aber stehen bis die Borken ab¬ 
gefallen sind. 


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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39. 


Behandlung des Milchfiebers durch intravenöse 
Injection von Jodkaliumlösung. 

Von 

Dr. Peter-Angermünde. 

Dass die intravenöse Injection von schwachen Jodkalium¬ 
lösungen (0,5 bis 1,0 Procent) in grossen Quantitäten bei Kühen 
ohne Gefahr fiir dieselben versucht und bei der Behandlung 
des Milchfiehers mit Vortheil benutzt werden könne, habe ich 
bereits an einer andern Stelle in dieser Zeitschrift ansgeführt*). 

Soweit mir bekannt, ist der angeregte Versuch noch von 
keiner Seite gemacht worden, sodass der nachstehende Fall der 
Mittheilnng werth sein dürfte. 

Am 7. September früh erhielt ich telegraphisch den Auftrag, 
auf dem Gute W. eine milchfieberkranke Kuh zu behandeln. Die¬ 
selbe hatte angeblich vor 24 Stunden in normaler Weise gekalbt, 
und die Nachgeburt war etwa drei Stunden post partum aus- 
gestossen worden. 

Die Kuh (ostfriesischer Sclilag, 5 bis G Jahr alt, circa 
12 Centner schwer) zeigte einen guten Nährzustand. Die be¬ 
kannten Erscheinungen des Milchfiebers (Eingenommenheit des 
Bewusstseins, paretische Zustände der Extremitäten und des 
Digestionstractns, Muskelzittern, Abfallen der Körpertemperatur 
(welche 38,3° C. betrug) hatten sich bei meiner Ankunft um die 
Mittagszeit bis zu einem mittelhohen Grade ausgebildet. 

Um 1 Uhr wurde der am Boden liegenden Kuh in der a. a. 0. 
beschriebenen Weise eine Lösung von 10 g Kalium jodatum in 
2000 g abgekochten und auf 38° C. abgekühlten Wassers auf 
einmal im continuirlichen Strome in die rechte Jugularvene ein¬ 
geführt. Die Kuh wurde durch die Operation, welche etwa 
10 Min. in Anspruch nahm, nicht wesentlich beunruhigt. Eine 
Steigerung der Krankheitssymptome war nach der Injection weht 
zu beobachten. Die Kuh konnte schon um G Ulir Nachmittags 
ohne Hilfe aufstehen und Abends erschien dieselbe vollständig 
gesund. Sie gab am nächsten Morgen 9 Liter Milch. 

Der Fall lehrt, dass sich die Heilung der Gebärparese, 
wie voranszusehen war, bei der intravenösen Injectionder 
Jodkaliumlösung ebenso sicher vollzieht wie bei der 
Euterinjection. Vielleicht werden sogar durch die directe 
Einführung des Kal. jodat. in den Blutstrom die Toxine der 
Krankheit in kürzester Frist unschädlich gemacht und eliminirt. 
Weitere Beiträge werden hierüber bald Klarheit bringen. Mit 
Sicherheit aber ist die Mastitis vermieden, welche nach der 
Euterinjection nicht selten beobachtet wird. 

Dem Vorkommen einer „Duplicität der Fälle“ ist es zu ver¬ 
danken, dass in meiner Praxis genau zur gleichen Zeit auf dem 
Dominium St. eine Kuh an Milchfieber erkrankte. Ich vertraute 
ihre Behandlung dem Herrn Collegen G. an, der nach der 
Schmidt’schen Vorschrift 10g Kal. jodatum in das Euter 
infundirte. Der Erfolg blieb auch hier nicht aus, doch kann 
die Kuh in Folge andauernder Parese der Nachhand bis heute 
(15. September) noch nicht aufstehen. 

Die Krankheit soll gleichfalls nur in einem mittelhohen 
Grade vorhanden gewesen sein. Mangels ausführlicher Angaben 
über das Auftreten derselben u. s. w. vor der Behandlung können 
in den vorstehenden Fällen Vergleiche zwischen der Heilwirkung 
bei beiden Applicationsmethoden des Jodkaliums nicht angestellt 
werden. 

*; Vergl. B. T. W. 1900 No. 32 p. 375. 


Ueber Hydrops der Fruchthüllen des Rindes. 

Sammelreferat und eigene Untersuchungen 

von 

M. G. de Bruln, 

Professor In Utrecht. 

Dass Hydrallantois häufig bei dem Rinde vorkommt, ist 
nach Kitts Ansicht dem Umstande zuzuschreiben, dass bei 
diesem Thiere schon physiologische Faltenbildungen des Chorions 
stattfinden, weil die Fruchthüllen eine viel grössere Oberfläche 
haben als die Mucosaoberfläche des Uterus*). Wegen der 
Torsion eines Theiles des Chorions und der Allantois tritt 
Stauung ein und in Folge dessen Hydrops im Raum der Allan¬ 
tois. Diese sehr annehmbare Erklärung steht auch im Einklang 
mit den Sectionsbefunden verschiedener Untersucher. So fand 
Hess**) hochgradiges Oedem der Allantois, des Chorions und 
der Placenta. Zweimal sah ich selbst ausser einer ausgedehnten 
Pigmentbildung auf einem der Hörner des Chorions ein umfang¬ 
reiches sulziges Exsudat zwischen dem Chorion und der Allan¬ 
tois und zwar hauptsächlich von dem Theil der Fruchthüllen, der 
in dem unbefruchteten Horn lag. 

Es erhebt sich dabei die Frage, ob die ausserordentliche 
Vermehrung der Flüssigkeit in der Allantois, — denn diese 
kann 100—150 1 betragen, — keinen nachtheiligen Einfluss auf 
die Circulation des Fötus ansübt. In einem Falle, den ich 
früher mittheilte,***) fand sich bei dem Kalbe allgemeiner 
Hydrops, nämlich Ascites, Hydrothorax, Hydropericardium, 
sowie eine Endocarditis valvularis verrucosa, sowohl rechts als 
links, und Stauungserscheinungen durch Urin in den Nieren. 
Dieses Sectionsbild ist nicht schwer zu erklären. Wegen des 
erhöhten Druckes innerhalb der Allantois entsteht auch erhöhter 
Druck im Urachus und der Harnblase. In Folge dessen wird 
der Abfluss des venösen Blutes durch die Artena umbilicalis 
gehemmt; es entsteht Stauung in der hinteren Aorta und durch 
den Ductus Botalli auch ira rechten Herzen. — 

Gleichwohl wurden trotz Hydrallantois wiederholt normal 
entwickelte Kälber geboren, wie sich aus den Mittheilungen von 
Hess, Tapken und Kronburger ergibt. — 

Das Allantoistranssndat reagirt schwach alkalisch. Die 
Flüssigkeit enthielt in einem Falle kein Eiweiss, im zweiten 
nur eine Spur, keine Oxalate, jedoch eine ziemliche Menge von 
Chloriden. Das specifische Gewicht betrug 1,005. 

Hydrops der Fruchthüllen kommt meistens vor, ohne 
dass sich Hydrops bei dem Mutterthier findet. Dies ist auch 
verständlich, wenn wir erwägen, dass die primäre Ursache der 
Störung in einer Torsion der Fruchthüllen lag. 

Die Erscheinungen bei Hydrallantois sind sehr 
characteristisch. Nicht nur die ausserordentliche Ausdehnung 
des Bauchest), sondern auch die rectale Exploration im An¬ 
schluss an die äussere Untersuchung (Palpation und Percussion) 
kann die Diagnose an die Hand geben. Wer in dieser Hinsicht 
noch sicherer gehen will, kann eine Probepunction in der rechten 
Unterbauchgegend vornehmen. Auf einen Punkt wünsche ich aber 
noch aufmerksam zu machen. Schon Harms hat die sehr 
richtige Bemerkung gemacht, dass nur die ernsten Fälle der 
Hydrallantois zur Behandlung kommen, diejenigen geringeren 
Grades jedoch der Aufmerksamkeit entgehen. Ich glaube, dass 

*) Monatshefte für praktische Thierheilkunde. Bd. IV S. 424. 

**) Schweizer Archiv 1890. S. 205. 

***) Tydschrift voor Veeartsenykunde en Veeteelt. Bd. 27 S. 1- 
f) John Mc. Donald, M. R. €. V. S. The Veterinarian, 
Juli 1897 (Jllustrated). 


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27. September 1900. 

wir sogar die doppelte Menge Flüssigkeit in der Allantois beim 
Rinde nicht diagnosticiren können. Es kommen gegen das Ende 
der Trächtigkeit viele Fälle vor, wobei der Umfang des Rauches 
stets zunimmt, ja sogar für das Thier hinderlich ist, sodass es 
abmagert. Vor der Geburt denkt der Besitzer, dass die Kuh 
Zwillinge trage, allein nachdem eine grosse Menge Fruchtwasser 
abgeflo8sen ist, wird doch nur ein Kalb geboren. Die Aus- 
8tossung der Fruchthüllen wird in diesen Fällen wegen der lang¬ 
samen Involution des Uterus verzögert. 

Die vaginale Exploration lässt uns in hochgradigen Fällen 
dieses Leidens eine Erscheinung wahrnehmen, auf welche Hess 
zuerst hingewiesen hat. Ueber der Portio vaginalis Uteri ist 
nämlich die obere Wand der Scheide ballonförmig ausgedehnt, 
so dass der convexe Theil in das Lumen der Scheide hineinreicht. 
In den Fällen, die ich sah, fand ich den Cervix Uteri stets fest 
geschlossen. Einen spontanen Partus prämaturus, wodurch auf 
natürlichem Wege die Spannung in der Bauchhöhle aufgehoben 
worden wäre, nahm ich bei dieser Krankheit nie wahr. Wo der 
Uterus bedeutend ausgedehnt ist, gelingt es selten, weder durch 
Stesse von aussen gegen die Bauchwand, noch durch Palpation 
vom Rectum ans, die Frucht zu betasten. 

Das sog. „Stossen des Kalbes" von der Aussenseite aus 
muss vorsichtig geschehen, weil die Widerstandsfähigkeit der 
Bauchwandung sehr abgenommen hat und leicht eine Ruptur 
und in Folge dessen eine Hernia entstehen könnte. Auch eine 
Losreissung des Musculus rectus abdominis vom Becken hat 
man wahrgenommen. 

Der erhöhte Druck in der Bauchhöhle ruft eine Reihe von 
Erscheinungen hervor, welche stets bei Hydrallantois Vor¬ 
kommen. Da das Zwerchfell mehr nach vorn geschoben ist, so 
wird die Athmung erschwert. Diese ist deshalb auch, weil 
die Bauchmuskeln wenig mitwirken können, costal und ober¬ 
flächlich. Eine Folge davon ist es auch, dass solche Patienten 
viel stehen und — falls sie sich legen — eine Lage auf dem 
Brustbein mit nntergeschlagenen Knieen und Sprunggelenken 
einnehmen. In heftigen Fällen erkennt man auch in den Venen 
der Ohren sehr deutlich Stauungserscheinungen. 

Die Temperatur kann sehr verschieden sein; sie wechselt 
zwischen 39°—40,5° C. In einem Falle hatte ich Gelegenheit 
zu beobachten, dass die Temperatur einen Grad Celsius sank, 
nachdem 40 1 Allantoistranssudat abgezapft worden war. 

Zu den genannten Erscheinungen kommt noch hinzu, dass 
auch die Fresslust und das Wiederkauen abniramt und die Ab¬ 
magerung sehr bedeutend sein kann. Diese Abmagerung fällt 
dem Besitzer erst nach Hervorrufung des künstlichen Partus 
deutlich auf. Erst nachdem der Umfang des Bauches kleiner 
geworden ist, treten die Umrisse des Kreuzes, der Lenden und 
Rippen deutlicher hervor. 

Die Prognose der Hydrallantois ist, wenn die Krankheit 
noch nicht einen zu hohen Grad erreicht hat, günstig, falls 
rationelle Hilfe geboten wird. Aber auch in diesem Falle 
muss ganz besonders auf eine regelmässige Nachbehandlung 
gedrungen werden, wenn das Resultat günstig sein soll. Bei 
Kühen, welche wegen des enormen Umfanges ihres Bauches und 
der bereits angefangenen Abmagerung nicht mehr anfstehen 
können, muss die Vorhersage dagegen ungünstig lauten. Sie 
sterben öfters während oder unmittelbar nach dem Partus. 

Ueber die Behandlung sind die meisten Sachverständigen 
einig. Nur eine Therapie kann das Thier noch retten, nämlich 
Erregnng einer künstlichen Frühgeburt. Andererseits 


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ist aber auch die Frage berechtigt, ob man in denjenigen 
Fällen, in denen die normale Geburt bald erwartet werden kann, 
also im neunten Monat der Trächtigkeit, wo das Thier allmäh¬ 
lich dicker wird und noch gut frist, ob man dann nicht die 
normale Geburt abwarten soll. — Jeder einzelne Fall muss 
besonders für sich beurtheilt werden. Da, wo man Hydrallantois 
diagnosticirt, das Thier täglich dicker wird und Athmungs- 
beschwerden entstehen, kann nicht gewartet werden, auch wenn 
die Kuli in einigen Wochen kalben sollte. 

Die Erregnng des Partus praematurus geschieht am zweck- 
mässigsten, indem man das Fruchtwasser erst abfliessen lässt. 
Um letzteres zu bewirken, stehen uns zwei Wege offen, nämlich 
entweder durch den Cervicalcanal oder durch die Bauchwand. 
Ersterer Weg ist der einfachere und deshalb vorzuziehen. Man 
kann versuchen, durch Bohrbewegungen mit einem Finger oder 
einem Catheter durch den Canal zu kommen. Sehr oft jedoch 
misslingt dies. Eine Verletzung des Cervicalcanals kann überdies 
sehr nachtheilige Folgen haben und bei der bald darauffolgenden 
Geburt puerperale Infection herbeifiihreu. 

Den zweiten Weg bietet uns die Punetion der Banch- 
wand. Mehrere Schriftsteller widerraten sie, weil man 
nachtheilige Folgen davon gesehen habe. Meine Erfahrung 
aber spricht dafür. Nie sah ich schädliche Folgen, wenn 
die Punetion des Allantoissackes durch die Bauchwand lege 
artis ausgeführt wurde. Wiederholt habe ich sie mit dem 
Charlier’sehen Trokart, 0 cm vor dem rechten Arcus cruralis 
vorgenommen. Es versteht sich, dass diese Operation unter 
aseptischen Vorsorgmassregeln geschehen und der Trokart etwa 
8 cm tief, in der Richtung nach vorn, eingestochen werden muss. 
Nach Abfluss des Fruchtwassers zieht man ihn mit der rechten 
Hatrd heraus, indem man mit den Fingern der linken Hand die 
Bauchwand stark eindrückt. 

Wieviel Transsudat soll man abfliessen lassen? 

Cartwright*), der zuerst die Methode der Punetion in der 
Bauchgegend anwandte, zapfte 100 Liter ab, Leimer**) 120, 
Ymker***) etwa 30. In zwei Fällen, welche ich vergangenes 
Jahr behandelte, liess ich durch den Trokart 60 resp. 40 Liter 
Flüssigkeit abfliessen. 

Die Zeit, welche zwischen der Punetion des 
Allantoissackes und den ersten Wehen verläuft, kann 
sehr verschieden sein. In dem von Leimer beschriebenen 
Falle betrug sie einen Tag, bei Ymker 3, in den Fällen, die 
ich behandelte, mindestens 5 und längstens 11 Tage. Je mehr 
Fiuchtwasser abfliesst, desto eher werden die ersten Wehen 
eintreten. Es ist also im Interesse des Thieres, den Eintritt 
der Frühgeburt durch Abzapfen einer möglichst grossen Menge 
Fruchtwassers zu beschleunigen; durch Anwendung von Secale 
cornutum per os oder subcutan können die nach Abfluss des Frucht¬ 
wassers eintretenden Wehen unterstützt werden. 

Nach der Punetion und dem partiellen Abfluss des Trans¬ 
sudates befinden sich die Thiere gleich viel besser, sie fressen 
mehr, die Temperatur sinkt und sie legen sich wieder. Wenn 
nun nach einigen Tagen die ersten Wehen eintreten, so öffnet 
sich der Cervicalcanal sehr langsam. Meistens dauert es 12 bis 
21 Stunden, ehe die Oeffnung genügend gross ist. Man übereile 

*) Cartwright, The Veterinarian 1847 S. 9. und 612. 

**) Leimer, Wochenschrift für Thierheilkunde u. Viehz. 1895. 
S. 36. 

***) Ymker, Tydschrift voor Veeartsenykunde en Veeteelt. 
Bd. 23, S. 314. 


BERLINER THIERARZTLICHE W0CI1ENSCHRIFT. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39. 


dies auch nicht, selbst wenn die Wasserblase innerhalb des 
Cervix geborsten ist, denn es ist besser, dass der Uterus sich 
langsam zusammenzieht. Es empfiehlt sich, gleich bei den 
ersten Wehen Ergotin zu geben, und zwar spritze man eine 
Mischung von 6 gr Ergotin (Extractum haemostaticum) mit 
ebensoviel Glycerin und Wasser subcutan auf einmal ein. 

Die Menge Wasser, welche nach dem Bersten der Wasser¬ 
blase bei jeder Wehe abfliesst, ist bisweilen erstaunlich gross. 

Die Extraction des in der Regel kleinen Kalbes bietet trotz 
der sehr schwachen Wehen wenig Schwierigkeiten dar. Da 
keine oder nur eine ungenügende Achsendrehung der Frucht 
stattgefunden hat, weil die Uteruscontractionen nicht direct auf 
das Kalb einwirken konnten, so trifft man bei der Exploration 
meistens die intra - uterine Lage an, nämlich eine Seitenlage, 
wobei der Kopf und die Beine zurückgebogen sind. 

Das Involutronsstadium bietet bei diesen Patienten die 
grösste Gefahr dar. Der Besitzer glaubt, die Sache nun weiter 
der Natur überlassen zu können. Vereinzelt mag dies auch 
gut ablaufen, in der Regel bleiben jedoch die Fruchthüllen zu¬ 
rück, gehen in Fäulniss über und der Tod kann nach einigen 
Tagen ziemlich plötzlich unter Lähmungserscheinungen eintreten 
fpuerperale Saprämie). 

Das Zurückbleiben der Nachgeburt rührt von der geringen 
Contractilität des Uterus her, welche eine Folge seiner ausser¬ 
ordentlichen Ausdehnung ist, jedoch auch wegen einer (bei einzelnen 
Cotyledonen) zu festen Verbindung zwischen Chorion villosum 
und Mutterkuchen wird dies begünstigt. Letzteres entstand durch 
die venöse Stauung bei der Torsion der Fruchthüllen. 

Die Entfernung der Nachgeburt muss dann auch möglichst 
schleunig herbeigeführt werden. Zu diesem Zwecke gebe man 
am ersten Tage eine subcutane Einspritzung von 6 g Ergotin. 
ln Folge dessen zieht sich der Uterus zusammen, sodass man 
am zweiten oder dritten Tage im Stande ist, mit den Fingern 
alle Cotyledonen zu erreichen. Die fötalen Placentae werden 
dann auf die bekannte Weise von dem Mutterkuchen losgelöst. 
Falls letzteres nicht möglich ist, so wende man statt dessen 
Uterusirrigationen an. Dadurch kann man der Fäulniss Vor¬ 
beugen und eine langsame Losweichung der Placentae foetales 
erzielen. Tägliche Irrigationen mit gekochtem Wasser, das auf 
40° C. abgekühlt wird, erfüllen ihren Zweck ganz gut. Der 
Uterus wird so ganz gehörig ausgespült und das eingeführte 
Wasser sämmtlich wieder herausgelassen. Letzteres muss noth- 
wendig geschehen. Auch Ausspritzungen mit 1 pCt. Natrium bicar- 
bonicum-Lösung können empfohlen werden. Ich sah davon sehr 
gute Resultate. Antiseptische Irrigationen mit Lysol-, Creolin- 
oder Carboilösungen können unterbleiben. Eine tägliche, mecha¬ 
nische Reinigung des Uterus ist besser als eine vereinzelte 
Anwendung von Antiseptica. Für die oft nach diesem Leiden 
zurückbleibende Endometritis sind Ausspülungen mit 1 pCt. 
Alaunlösung angezeigt. Die Reconvalescenz dauert bei diesen 
Patienten meistens längere Zeit. 

Ref er ate* 

Texas-Fieber. 

Mr. J. W. Conway und Mr. M. Francis haben letzthin 
Forschungen über die Natur und Verhütung des Texasfiebers 
angestellt, über welche vom United States Agricultural Department 
ein Bericht herausgegeben ist, dem Folgendes zu entnehmen ist. 

Die Versuche bewegten sich in drei Richtungen: 


1. Versuche, um zu bestimmen, ob steriles Blutserum von 
immunen Thieren bei anderen Thieren Immunität hervorruft. 

2. Versuche, um Immunität bei Rindern durch Besetzung 
mit Zecken zu erzielen. 

3. Versuche, um die Rinder durch Bluteinimpfung zu im- 
munisiren. 

Die Versuche, welche mit sterilem Blutserum angestellt 
worden sind, zeigen die Werthlosigkeit dieser Methode, vielmehr 
ist der einzige Weg, um Immunität zu erzeugen der, dass man 
die Thiere texasfieberkrank macht, entweder durch Inficirung, 
durch Zecken oder durch Bluteinimpfung. 21 Jungrinder worden 
mittelst Zecken inficirt. Von diesen starb nur ein Thier, 
welches innerhalb des zwölften bis zwanzigsten Tages einem 
acuten Anfall erlag. Das Thier war ein zwei Monat altes Kalb. 
Eine schwere Erkrankung stellte sich bei zwei anderen Thieren 
ein, und zwar bei einer zweiten Infection durch Zecken. Die 
Thiere befanden sich indessen in einem schlechten Nährzustand. 
Aus diesem Ergebniss muss der Schluss gezogen werden, dass 
eine einmalige Inficirung durch Texaszecken nicht genügt, um 
Immunität zu erzeugen. Der immunisirende Prozess ist ein 
langsamer und allmählicher, er erfordert verschiedene Monate, 
ja vielleicht ein Jahr bis zu seiner Vollendung. Die erste In¬ 
ficirung durch Zecken darf nur leicht sein und die folgenden 
dürfen nicht in zu grossen Zwischenräumen ausgeführt werden, 
damit die Thiere das der Inficiiung folgende Reactionsfieber 
leicht überstehen. Die Kälber müssen während der Dauer der 
Immunisirung gut genährt werden, sonst bleiben dieselben im 
Wachsthum zurück, und schwere Zufälle können sich ereignen. 

Die Bluteinimpfungen wurden auf einer breiteren Grund¬ 
lage vorgenommen. 1—2’/a ccm defibrinirten Blutes von an Texas¬ 
fieber erkrankten Rindern wurden bei jeder Impfung subcutan ein¬ 
gespritzt. Die erste Dosis war kleiner als die zweite und 
folgenden. Die berichteten Fälle erweisen, dass das Reactions¬ 
fieber am achten oder nennten Tage nach der Impfung einsetzt. 
Gewöhnlich dauert es nicht länger als vier Tage, zuweilen hält 
es bis zum 15. Tage an. Die tägliche Durchschnittstemperatur 
beträgt während der ersten Fieberperiode 104,5° F. (40,2° C.). 
Gewöhnlich setzt eine zweite Fieberperiode am 25.—30. Tage 
nach der Impfung ein und dauert sieben bis acht Tage. In der 
Regel ist in der zweiten Periode das Fieber nicht so schwer als 
in der ersten. Späterhin kommen noch weitere Fieberperioden 
vor aber meist milde Formen. Hand in Hand mit den Be¬ 
obachtungen der Temperaturänderungen gingen Untersuchungen 
über die Erscheinungen an den rothen Blutkörperchen. 

In einer Versuchsreihe, bestehend aus sechs Thieren, war 
der durchschnittliche Procentsatz der rothen Blutkörperchen 
beim Anfang des Versuchs 38,3(?). Acht Tage nach der Impfung 
war das Verhältniss auf im Durchschnitt 31,3 gefallen. Die 
Zerstörung der rothen Blutkörperchen dauerte fort bis zum 
15. Tage nach der Impfung und betrug der Procentsatz dann 
23,3. Am 19. Tage nach der Impfung war die Temperatur 
normal und der Procentsatz der rothen Blutkörperchen begann 
langsam wieder zu steigen. 

Die physiologischen Störungen während des Re- 
actionsfiebers offenbarten sich als Appetitmangel, gelegent¬ 
liche Aufblähungen, Neigung, Dung zu fressen, Muskelschwäche 
und Zittern. Bei den Thieren, von denen zuletzt die Rede war, 
zeigten die Blutuntersuchungen den niedrigsten Procentsatz an 
rothen Blutkörperchen am 39. Tage nach der Impfung, und 
i zwar ereignete sich dies während der zweiten Fieberperiode. 


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27. September 1900. 


BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


4G1 


welche am 28. Tage nach Beginn des Versuchs einsetzte. Der 
niedrigste am 39. Tage beobachtete Procentsatz betrug 14 pCt., 
der höchste 26 pCt., im Durchschnitt 21 pCt. Einer erneuten 
Bluteinimpfung wurden die Versuchsthiere am 77. Tage des 
Versuchs unterzogen. Das Reactionsfieber war gering und es 
machte sich nur eine leichte Zerstörung der rothen Blut¬ 
körperchen bemerkbar. Am 132. Tage wurde eine dritte In- 
fection ausgeführt. Die Reaction war nur verschwindend 
gering. 

Die Besetzung der Rinder, welche zuerst am 7. Januar 
1899 geimpft waren, mit jungen Zecken geschah am 5., 6. 
und 27. Mai 1899. Während des Juni und Juli trugen die 
Rinder Fieberzecken. Am 31. August wurde der Versuch 
beendet. Die Temperatur und der Gehalt an rothen Blut¬ 
körperchen war zu dieser Zeit normal. 

Die Ergebnisse des Versuchs zeigen, dass der Zerfall 
der rothen Blutkörperchen mit dem Ansteigen der Temperatur 
Hand in Hand geht, aber noch eiuige Zeit nachdem andauert, 
wenn die Temperatur schon wieder gesunken ist. Zwischen 
der ersten und zweiten Fieberperiode hebt sich der Gehalt an 
rothen Blutkörperchen, während der zweiten Fieberzeit fällt er 
wieder. Die Autoren schliessen, dass das Ueberstehen des 
Fiebers und die Erwerbung der Immunität abhängt von dem 
Vermögen des Thieres 

1. das Wachsthum der Krankheitskeime zu hemmen, 

2. die zerstörten rothen Blutkörperchen rasch zu ersetzen, 

3. die zu Grunde gegangenen rothen Blutkörperchen rasch 
los zu werden. 

Junge Thiere überstellen darum die Impfung leichter als 
ältere. Das günstigste Alter ist 8—12 Monate. Aeltere Thiere 
haben unter dem Reactionsfieber schwer zu leiden, bekommen 
Rückfälle und sterben dann. Zu junge Rinder können die in 
Folge der Impfung einsetzenden Verdauungsstörungen nicht 
leicht überwinden. Bleiben die Kälber bei der Mutter, so 
können sie ohne Gefahr geimpft werden. Besonders ist auf die 
Fütterung während der Dauer der Immunisirung Bedacht zu 
nehmen. Die Nahrung muss kräftig sein, ohne die Eingeweide 
zu stark zu belasten. Die Impfung ist am besten vorzunehmen 
zu der Jahreszeit, wo das Thier nicht unter zu grosser Hitze 
oder Kälte zu leiden hat. In den Gegenden, wo Texasfieber 
herrscht, können die Rinder sicher immunisirt werden, wenn es 
gelingt, sie während eines Zeitraumes von 60 Tagen nach der 
Impfung zeckenfrei zu halten. Einige verhängnissvolle Zufälle 
können sich ereignen, nachdem das Thier bereits scheinbar 
immun ist, indessen gelingt es diese zu verhüten durch sorg¬ 
fältige Fütterung und Vermeidung jeder ungewöhnlichen Erregung 
der geimpften Thiere. Kühn au. 

Abfallen des Hufes in Folge von Neurectomie. 

Von Brocq. Rousseu, Militär-Ycterinär in Vincennc3. 

(Recui'il 30. VII. 1900.) 

Von vielen Practikern wird die doppelte, oberhalb der Fessel 
vorgenommene Nenrectomie als besonders gefährlich betrachtet, 
da wiederholt Ausschnhen in Folge der Operation beobachtet 
wird. Andererseits wird behauptet, dass der operative Eingriff 
allein noch nicht genüge, um das Ausschuhen zu veranlassen, es 
müsse eine mit Eiterung verbundene Laesion der unter dem 
Home befindlichen Gewebe stattfinden, eventuell auch eine auf 
Infection der Operationswunde zurückzuführende Phlebitis des 
venösen Netzes der Blättchenschichte. Der von B. citirte Fall 
ist insofern bemerkenswert!!, als das Ausschuhen ohne suppurative 


Laesion des Podophylls geschah, nachdem die Operationswunde per 
primam geheilt war. 

Das betreffende Pferd war am 24. März 1900 wegen 
chronischer Huflähme operirt worden. Die Haut war sorgfältig 
abrasirt, mit Seife, Aether und Sublimat behandelt, die Instrumente 
in Sublimat eingelegt worden. Der Nerv wurde innen und 
aussen oberhalb der Fessel resecirt; die Operation ging rasch 
von Statten ohne Zerrung des Nerven, die Wunden waren klein, 
sie wurden mit je zwei Nähten verschlossen und nach sorg¬ 
fältiger Reinigung mit Jodoform bestreut; etwas Watte wurde 
darüber gelegt, sodann Collodium aufgetragen und ein dichter 
Verband angelegt. Nach fünf Tagen wurde der Verband abge¬ 
nommen, die Wunden waren per primam vernarbt, die Nähte 
wurden entfernt. In der Folge wurden Douchen angewendet. 
Am 18. April wurde das Thier, das vor der Operation stark 
lahmte, entlassen; es lahmte nicht mehr. Nach zehn Tagen, 
35 Tage nach der Operation, wmrde das Pferd wieder vor¬ 
geführt, es war inzwischen nur im Schritt bewegt worden. Die 
Untersuchung ergab starke Lahmheit, Anschwellung der Fessel 
und des Fesselgelenks, hohe Wärme des Hufes, eine äussere 
Verletzung des Hufes wurde nicht gefunden. Am nächsten Tage 
zeigten sich an der Krone an verschiedenen Punkten Ab¬ 
trennungen, ausserdem wölbte sich die Sohle am vorderen Rande 
stark vor. In den folgenden Tagen nahmen die Entzündungs¬ 
erscheinungen zu, die Krone trennte sich ganz ab, der Kronen¬ 
wulst war enorm geschwollen und aus der Wunde trat mit Eiter 
vermischtes Blut aus. An der Sohlenfläche war das Hufbein 
durchgetreten. Am 11. Mai schuhte das Thier ganz aus, worauf 
es getödtet wurde. 

Der abgestossene Huf war bis auf die sieben Centimeter 
lange halbmondförmige Sohlenfissur unverändert, die Horn¬ 
blättchen waren nahezu intact, an ihnen hingen zahlreiche Fetzen 
der Fleischwand. Das ganze Fliesende war gangränös, die 
Fleischwand bildete nur eine schmutziggraue, übelriechende, mit 
in Verwesung begriffenen Blutcoagula vermischte Masse. Die 
Zehe bildete nur noch einen erweichten Stumpf, die Beugesehne 
war ganz zerstört, die Sehnenscheiden mit einem röthliclien Coagnlum 
gefüllt, das Strahlbein mit schwarzen und rothen Punkten bestreut. 

B. glaubt diese Störungen lediglich der Nenrectomie zu¬ 
schreiben zu müssen. In den ersten Tagen konnte allerdings 
an acute Rehe gedacht werden, aber es wäre doch wahrschein¬ 
licher gewesen, dass dann beide Füsse erkrankt gewesen wären und 
mit Vorliebe der nicht operirte Fuss, der während langer Zeit 
allein die Last des Körpers zu tragen hatte. Das plötzliche und 
hochgradige Auftreten kann nach B. nur der Störung der Er¬ 
nährung des Fusses zugeschrieben werden, denn die Operation 
geschah aseptisch, was durch die Heilung per primam bewiesen 
ist und eine äussere Verletzung fand nicht statt. Z. 

Behandlung des Nageltritts mit reiner Milchsäure. 

Von Guillemain und Cadix, Mil.-Veterinäre in Moulina. 

(Recueil SO. 8. 00.) 

G. & C. empfehlen folgende Behandlungsweise, von welcher 
sie guten Erfolg erzielt haben. Der Huf wird sorgfältig mit 
Sublimat gereinigt, die Wnndgegend verdünnt, das Horn um 
die Wundgegend herum ganz entfernt. Die Sohle wird sodann 
wagerecht gehalten und die Milchsäure ausgeschüttet. Nach 
einigen Augenblicken wird in die Wunde, und zwar so tief als 
möglich, ein kleiner Hanfwickel eingeführt, der vorerst in 
siedendem Wasser ausgekocht, dann ausgedrückt und mit Milch¬ 
säure durchtränkt wurde. Ist die Lahmheit noch stark, so muss 


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462 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39. 


der Fass in ein mit einer antiseptischen Lösung znbereitetes 
Katiplasma gestellt werden, sonst genügt die Anwendung eines 
leichten Schindelverbandes. Am nächsten Tage wird der ge¬ 
wöhnlich trockene Wickel entfernt und ein neues Milchsäurebad 
vorgenommen. Um das Eindringen der Flüssigkeit zu er¬ 
leichtern, führt man eine Hohlsonde in den Wnndcanal ein. ln 
schweren Fällen wird ein neuer Wickel eingeführt und der Fuss 
wieder mit Kataplasmen behandelt. Zwei Bäder genügen in 
der Regel. Ziindel. 

Primäre Actinomyco.se des Hodens bei einem Bullen. 

Von Görig-Karlsruhe. 

(L>. Th. W. 1900. No. 81 ) 

Ueber primäre Actinomycose des Hodens bei Thieren linden 
sich in der Litteratur bisher keine Aufzeichnungen. Beim 
Menschen hat Dr. D. Olier (Ref. B. T. W. 1900, S. 330) einen 
Fall beobachtet und durch Excision des Hodens und Verabreichung 
von 5,0 gr Jodkali pro die geheilt. 

Görig hatte Gelegenheit, bei einem 4jährigen Simmenthaler 
Bullen obige Erkrankung zu beobachten. 

Der tiefherabhängende rechte Testikel ist längsoval, etwas 
plattgedrückt, bretthart und sehr schmerzhaft. Nach der 
Schlachtung weist der Hoden folgende Masse auf: Länge 23 cm, 
grösste Breite 12 cm, grösste Dicke 8 cm. Etwa in der Mitte 
des Hodens linden sich zwei geschwürige Stellen, deren Ränder 
bereits abgeheilt und narbig eingezogen sind. Auf Druck ent¬ 
leeren sich hier käsig-eitrige Massen, in denen man citronen- 
gelbe, feine Körnchen bemerkt. Der grösste Theil des Hodens 
ist zu einer grauweissen, derbschwartigen, bindegewebigen Masse 
umgewandelt, die reichlich mit erbsen- bis wallnussgrossen 
Eiterherden durchsetzt ist. Im Eiter finden sich citronengelbe 
feine Körnchen, welche sich unter dem Microscope als typische 
Strahlenpilzdrusen erweisen. 

Als Eingangspforten des Pilzes müssen die oben erwähnten 
Geschwürsflächen in der Haut angesehen werden, die als Traumen 
(Stichwunden) einsetzten und die Infection des Hodens nach 
sich zogen. 

Im übrigen Körper keinerlei actinomycotische Veränderungen. 

Nevermann. 

Ueber die wichtigsten bis jetzt bekannten Tnbercnline, 
ihre Herstellung und ihre Unterschiede. 

Von Bauermeister, Assistent am pathologischen Institut 
in Hannover. 

(Bt-rl. Archiv 1900, 4-5.) 

Der Aufsatz enthält eine Zusammenstellung und kurze 
Characterisirung der Präparate, welche seit der Auffindung des 
Koch’schen Heilmittels 1. aus Tubercelbacillencultnren 
einschliesslich der Culturflüssigkeit, 2. aus isolirten 
Tubercelbacillen, 3. aus der Culturflüssigkeit nach 
Abfiltration der Tubercelbacillen gewonnen worden sind. 
In einer 4. Gruppe schliessen sich die Tuberculoseheilsera 
und Toxine an. 

Um dem Leser eine Uebersicht über die zahlreichen Mittel 
zu geben, welche dem Tuberculinum Kochii in einer 10jährigen 
Periode nachgefolgt sind, sollen die vom Verfasser aufgestellten 
Gruppen hierunter angeführt werden: 

I. Gruppe (aus dem Tuberc. Kochii hergestellt): 

Tuberculinum depuratnm Koch, 

„ Hoffman, 

,, purum Bombeion, 

,, Hunter (Tuberculinose) 


Tuberculinum Behring (Tub.) 

Oxytuberculinum Hirschfelder. 

II. Gruppe. Die Koch’schen Tuberculine T. A.. T. 0. 
und T. R. 

Tuberculinum He 11 mann, 

„ Bujwid, 

„ Bujwid (trocken), 

Tuberculoplasmin Hahn (Büchner), 

T. B. E. Klebs (Tubercelbacillenextract), die Ruppel’schen 
Präparate T. S., T. Gl., T. D., Tb. R., die entfetteten Tuber¬ 
culine Ruppel’8 und das Tnberculosamin, die Beliring'sehen 
Tuberculine und zwar Exsiccator. Tb., Alcohol. Tb. T. D. und 
T. Dr., das wässrige Tuberculin Maragliano’s und seine 
Derivate. 

III. Gruppe. Antiphthisin Klebs, 

Tuberculinum F. Ruppel, 

„ F. Alcohol. 96proc. Ruppel, 

,, F. dialys. Ruppel und 
„ F. dialys. Behring. 

IV. Gruppe: Das Behring’sche Tuberculose-Antitoxin. 

Antituberculin von Viquerat. 

Tuberculoseheilserum von Maragliano. 

Die lange Reihe der Mittel, zu deren Darstellung die Ent¬ 
deckung des Tuberculin. Kochii den ersten Anstoss gegeben hat, 
bietet einen deutlichen Beleg dafür, dass sich keines derselben 
bei der Heilung der Tuberculose bewährt hat, zugleich aber ist 
sie ein beredtes Zengniss für den Eifer und Fleiss, mit welchem 
die Medicin nach der Erreichung dieser hohen Aufgabe hin¬ 
strebt. 

Warum dürfen wir die parasitäre Theorie für die 
bösartigen Geschwülste nicht aufgeben? 

Von Czerny. 

(Nach oiiiein Referat in d. mod. Woch.) 

Nach den klinischen Erfahrungen muss eine Disposition 
und eine Ursache für die Entstehung bösartiger Tumoren 
vorhanden sein; als locale Dispositionen gelten chronische 
Reizungen aller Art. Hautkrebse im Gesicht entstehen nach 
C. fast nur bei Leuten, die Seife nie gebrauchen. Seltener 
geworden ist nur der Lippenkrebs, wahrscheinlich weil das 
Pfeifenrauchen aus der Mode kommt und die Zähne besser 
gereinigt werden. An der Oberfläche der Haut oder Schleim¬ 
haut entstehen Krebse in der Regel an Stellen, die durch chron. 
Entzündung oder Narben disponirt sind, oder an welchen Schmutz 
oder Danninhalt für längere Zeit leicht haftet. Bis zu einem 
gewissen Grade wirkt excessive Reinlichkeit prophylactisch. 
Analog den entzündlichen Neubildungen, von denen die Tumoren 
sich nicht scharf trennen lassen, nimmt C. an, dass wir auch 
für die Tumoren ev. eine grosse Zahl verschiedener Geschwulst¬ 
erreger annehmen müssen. Die Fälle von Uebertragnng des 
Krebses von einem Individuum auf das andere, die Implantations¬ 
metastasen, das relativ häufige Erkranken von Geschwistern 
oder Eheleuten in der gleichen Wohnung bald hinter einander, 
sind geeignet, um die parasitäre Theorie zunächst noch fest¬ 
zuhalten und gegen eine vorzeitige Unterdrückung derselben 
durch hochverdiente Forscher (Ziegler, Nansen etc.) zu plaidiren. 
Betreffs der Therapie der Krebse ist die operative Behand¬ 
lung immer weiter auszubilden, doch sind 75 pCt. aller Fälle 
dem Messer nicht zugänglich; unvollständige Operationen be¬ 
schleunigen aber oft das Wachsthum und die Dissemination der 
Krebse, während Chlorzinklösung oft noch bei inoperablen 


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27. September 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


463 


C'arcinomen gute Erfolge ergiebt. Auch Spontanriiekbildnug von 
Geschwülsten wird beobachtet, und C. theilt entsprechende Be¬ 
obachtungen mit, wo selbst verzweifelte Fälle einer Heilung 
zugänglich waren. 

Zar wissenschaftlichen Begründung der Organtherapie. 

Deutsche medicloische Wochenschrift. 

In der Discussion über einen von Richter über das genannte 
Thema in der Berl. med. Gesellschaft gehaltenen Vortrag be¬ 
merkt Virchow, dass die Bezeichnung „Organtherapie“ schon 
von Rademacher gebraucht wurde. Er verstand unter Organ¬ 
heilmitteln solche, deren Wirkungen auf bestimmte Organe ge¬ 
richtet waren. V. hat damals eine Arbeit darüber veröffentlicht: 
,Specifica und Specifisches“ und vertritt die darin niedergelegten 
Ansichten auch noch jetzt. Eine gewisse Beziehung zwischen 
Mitteln und Organen müsse wohl anerkannt werden, da die ver¬ 
schiedenen Mittel doch auf bestimmte Körpertheile besonders 
einwirken. Was die jetzige Organtherapie betrifft, so sei die 
Möglichkeit, dass sie von richtigen Anschauungen ausgeht, nicht 
zu leugnen, allein der Zusammenhang mit der allgemeinen 
pathologischen Lehre sei nicht erbracht. Für ihn habe die 
Idee, die Wirkung eines Organes z. B. des Eierstockes lediglich 
auf seinen Saft zurückzuführen, etwas Ungeheuerliches. Beim 
Eierstock könnten doch höchstens die Zellen, nicht aber das 
Stroma die wirksame Substanz enthalten, vielleicht sogar nur 
die Graaf’sehen Follikel, welche allerdings sehr gering an Zahl 
sind. Die Eierstöcke werden aber in ganzer Substanz ver¬ 
arbeitet zur Gewinnung der wirksamen Substanz. Die Mittei¬ 
lungen von Einpflanzungen fremder Ovarien in den Körper, die 
dann ihre Thätigkeit dort fortsetzen, so dass sogar Schwanger¬ 
schaft entsteht, erinnern an die Märchen von 1001 Nacht. Seine 
Phantasie reiche dazu nicht aus. Die Ovarien seien an Saft 
recht arm, etwas reicher die Schilddrüse; wenig Saft enthielten 
auch die Nebennieren. V. wünscht mehr Methode in der Art 
der Untersuchungen. Vor Allem seien die activen Elemente von 
den nichtactiven zu scheiden; die Organe, die wenig tätigen 
Inhalt besitzen, lassen auch wenig Hoffnung, sie jemals wirk¬ 
sam zu verwerten. 

Kleine Mittheilungen. 

Lagerung des Herzens ausserhalb des Thorax. 

Gelegentlich eines Besuches in Budapest zeigte mir der 
Vorsteher des anatomischen Institutes, Herr Prof. v. Nädaskay, 
ein mit der oben genannten interessanten Anomalie behaftetes 
lebendes Kalb. Das sonst wohlgebildete und sich auch, aller¬ 
dings unter sorgsamer Pflege anscheinend ganz wohl be¬ 
findende Thier trägt das Herz unmittelbar vor dem Brust¬ 
eingang unter der Kehle. Der Hals besitzt an dieser Stelle 
einen vermehrten Umfang jedoch keine Ausbuchtung. Auf das 
weitere Lebensschicksal und den späteren anatomischen Befund 
darf man gespannt sein. Das dortige anatomische Institut 
besitzt übrigens schon ein Präparat derselben Abnormität. Doch 
hatte das betreffende Thier die Geburt nicht überlebt. S. 

lieber einen Fall von Insertion der Nabelschnur am Kopfe eines Kalbsfoetus. 

Von Kutzky. 

(Virch. Arcb. Bd. 147.) 

Im Schädel eines fast ausgetragenen Kalbsfötus fand sich 
eine fast kreisrunde Oeffuung, durch welche die Nabelschnur 
mit den GefUssen der Hirnhäute in Verbindung stand, die hier 
einen stark entwickelten Plexus chorioideus bildeten. Es ist 1 


wahrscheinlich, dass die anfangs normal dem Nabel anhaftende 
Nabelschnur durch amniotische Verwachsungen mit dem Schädel¬ 
dach in Gefässverbindung getreten und der mit dem Nabel ver¬ 
bundene Theil derselben später in Folge mechanischer Momente 
atrophirt und verschwunden sei. Rathke hat einen gleichen 
Fall früher mitgetheilt. (Fortschr. d. Med.) 

Zur Behandlung schwer oonoipirender Stuten mit Natrium bicarbonicum. 

Districtsthierarzt Sauer schreibt in der Woch.f. Th. No. 14: 
Die von Dr. Grabensee (ref. B. T. W., Jg. 98, pag, 223.) 
empfohlenen Einspritzungen einer5promill. Lösung von doppelkohlen¬ 
saurem Natron sind bezüglich ihrer Wirksamkeit neulich von 
Mickley angezweifelt worden. S. konnte dieselben bisher nur in 
drei Fällen an wenden. Die eine Stute hatte einmal ein Fohlen 
gebracht und war sodann zwei Jahre güst geblieben und schon 
viermal ohne Erfolg gedeckt. Die zweite Stute hatte im Vorjahr 
gefohlt, im laufenden Jahre schon dreimal nachgerosst. Die dritte 
Stute endlich war im Vorjahr güst geblieben und im laufenden 
Jahr bereits fünfmal vergeblich gedeckt. In allen drei Fällen 
wurden eine halbe Stunde vor dem Decken mit einer gewöhnlichen 
Wundspritze die Einspritzungen ausgeführt, und es wurden alle 
drei Stuten nach diesem Sprunge tragend. 

lieber die Herkunft dee Colostrum. 

In den „Fortschr. d. Med.“ 98, No. 13, äussert sich U n g e r 
wie folgt: Czerny hat bereits bewiesen, dass die Colostrum¬ 
körperchen nicht epithelialen Ursprungs sind.*) U n g e r schliesst 
sich dieser Ansicht an. Er hält die Colostrumkugeln für Lenco- 
cyten, welche bei der fehlenden Milchabsonderung in die Drtisen- 
räume eindringen und Michkügelchen aufnehmen. Daneben findet 
sich eine zweite Zellsorte, welche die Fettreaction giebt. Dieses 
sind nach U. verfettete Zellen von Talgdrüsen, welche dicht neben 
den Milchkanälchen ausmünden (also nicht etwa zur Euter¬ 
substanz gehören). Die Mastzellen, welche beim Lactationsbeginn 
ebenfalls vermehrt sind, sind auch nichts weiter als Leucocyten. 

Verletzungen bei der Begattung. 

Ein Stier erlitt im Moment des Abspringens einen Arm¬ 
beinbruch. Die versuchte Heilung wurde nicht vollständig. 
Bei der nach acht Wochen erfolgten Schlachtung waren die 
Knochenenden aber wieder verwachsen. — Eine Stute war vor 
drei Tagen zum Hengst geführt, worden. Sie stellte sich häufig 
zum Uriniren und wollte nicht fressen. In der oberen Wand 
der Scheide über dein Muttermund fanden sich zwei 5—8 cm 
lange, von vorn nach hinten verlaufende Wunden. Eine genauere 
Feststellung der Tiefe der Wunden wurde absichtlich unterlassen. 
Die Scheide wurde mit einprocentiger Lysollösung ausgespült und 
die Bauchwand Priessnitz'sche Umschläge gemacht. Die All¬ 
gemeinerscheinungen verschwanden; ein geringer Ausfluss dauerte 
vier Wochen. — Bei einer Kuh zeigte sich kurz nach dem 
Sprunge ein kindskopfgrosser Scheidevorfall und heftige Wehen. 
Bei einer anderen Kuh war durch den Sprung Bruch der vor¬ 
letzten Rippo sowie eines Lendenwirbelquerfortsatzes und der 
Schwanzwurzel herbeigefiihrt worden. Alle drei Brüche heilten 
ohne Behandlung. 

(Mittheilung von Grimme-Melsungen inderDtsch. Th. Wschr.) 

Verzehren der Nachgeburt. 

Bei einer Kuh erfolgte 16 Tage, nachdem sie die Nach¬ 
geburt verzehrt hatte und an Appetitlosigkeit und Durchfall 
erkrankt war, der Tod. Im Panseninhalt fanden sich mit dem 
Futter verwickelt noch Massen der Nachgeburt. Die Todes¬ 
ursache war eine jauchige necrotisirende Lungenentzündung. 

(Bez.-Thierarzt Dr. Lungwitz, Sächs. Veterinärber. 98.) 

*) Vgl. B. T. W., Jg. 98, No. 38, pag. 450. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39. 


Tagesgeschichte. 

Rundreise-Liquidationen. 

Von Hoebne-Griinberg, 

Kreisthierarzt. 

In No. 35 d. B. T. W. sucht College Preusse seine An¬ 
sicht über obiges Tliema nach Möglichkeit nicht durch den 
klaren Wortlaut des Gesetzes, wohl aber durch allerhand aus¬ 
gegrabene Verfügungen zu stützen; er schafft aber für die 
entstandene Blösse eine Deckung kaum von der Grösse eines 
Feigenblattes. 

Dass die Behörde gehalten ist, im Interesse der Staatskasse 
bei allen Ausgaben weise Sparsamkeit zu üben, das wird ihr 
kein Staatsbürger verübeln wollen. Die Erlasse und Verfügungen, 
wonach die Einzel- und Zielreisen der Kreisthierärzte möglichst 
zu Rundreisen zu vereinigen seien, entsprechen allen Grund¬ 
sätzen der Billigkeit und zwar für beide Theile. Soweit wäre 
Alles in Ordnung bis auf die Berechnung. Das Gesetz vom 
9. März 1872 besagt, ,,dass Hin- und Rückreisen besonders 
zu berechnen seien“. Dies spricht ein für die Medicinal- 
und Veterinärbeamten erlassenes Specialgesetz ans. In dem 
ein Jahr und 15 Tage später vollzogenen Gesetz vom 24. März 
1873, giltig für alle Staatsbeamten, findet sich der Paragraph 
über Rundreisen, der im ersteren fehlt. Dies ist ohne Zweifel 
kein Zufall. Da wohl beide Gesetze zusammen vorbereitet sein 
müssen, so bleibt nur die Annahme übrig, der Gesetzgeber habe 
mit Absicht so gehandelt und zwar zu Gunsten einer Kategorie 
von Beamten, welche betr. Besoldung und Pensionirnng eine 
von den anderen Staatsbeamten abweichende Stellung einnehmen. 
Und als die. Praxis ergab, dass das Gesetz vom 9. März 1872 
Mängel zeigte, und dasselbe durch die Ergänzung vom 2. Februar 
1881 abgeändert wurde, da Hess der Gesetzgeber die günstige 
Gelegenheit vorübergehen, dasselbe durch den „Rundreise-Para¬ 
graphen“ aus dem Gesetz vom 24. März 1873 zu vervollständigen. 

Als Entlastung für diese Verfehlung muss ich die damalige 
dienstliche Erledigung der thierärztlichen Liquidationen be¬ 
schuldigen; diese wurden von Regierungssecretären geprüft nnd 
festgesetzt. Als Richtschnur dienten ihnen das Gesetz und die 
ihnen ad hoc zugeschriebenen Anweisungen. Es lag diesen 
Beamten fern, Zeit und Mühe aufzuwenden, um obsolete Ver¬ 
fügungen auszugraben, nach solchen in den Archiven anderer 
Dienststellen Nachforschungen anzustellen oder sie aus litera¬ 
rischen Producten aufzulesen. Ohne Zweifel kannte man damals 
die complicirte Berechnung der Rundreisen noch gar nicht; — 
mir ist diese erst aus der Peters’schen Besprechung von 
„Damm an’s Veterinärgebühren“ bekannt geworden (No. 18, 
Jahrgang 1896 der B. T. W.) —; es lag somit damals für die 
Regierung keine Veranlassung vor, sich mit dieser weit aus¬ 
greifenden Frage zu beschäftigen. 

So haben die Kreisthierärzte einige 20 Jahre liquidirt, 
ohne von den Rnndreisebestimmungen Notiz zu nehmen, die 
festsetzenden Behörden haben dasselbe gethan und die Ober¬ 
rechnungskammer hat trotzdem Nichts zu moniren gefunden! 
Erst den Entdeckern der Rundreiseberechnung war es Vorbe¬ 
halten, diesen Mangel mit Hilfe eines anderen Gesetzes zu beheben. 

Jede Rundreise lässt sich mühelos in eine Hin- und Rück¬ 
reise zerlegen; es liegt somit für die Revisionsbehörde keine 
Veranlassung vor. auf Verfügungen von zweifelhaftem Werth 
zurückzugreifen oder sich auf Bestimmungen eines für den 
Fall nicht zuständigen Gesetzes zu berufen, um ihrer 
Pflicht zu genügen. Das entlastende Berufen auf Nachachtung 


ergangener Verfügungen darf einen Beamten nicht schrecken, 
der es mit seinen Pflichten ernst nimmt uud sich seines Dienst¬ 
eides bewusst ist —; er handelt moralisch richtig, wenn er 
Verfügungen, welche mit bestehenden Gesetzen collidiren, die 
Nachachtung versagt! 

Es dürfte sich nunmehr fragen: Ist der Wortlaut des 
Gesetzes vom 9. März 1872 „Hin- und Rückreise ist 
besonders zu berechnen“ durch später erlassene Ge¬ 
setze abgeändert und zwar aus dem einfachen Grunde, 
weil letztere Bestimmungen enthalten, welche ersteren 
fehlen? Da dies eine Rechtsfrage ist, so dürfte deren Beant¬ 
wortung allein dem Richter zustehen. Alle sonst aufgeführten 
Vertügungen etc. sind für vorwürfige Frage werthlos; denn be¬ 
stehende Gesetze können durch ministerielle Inter¬ 
pretationen nicht abgeändert werden. Sache der Kreis¬ 
thierärzte dürfte es sein, diese Frage ehestens zum Austrag zu 
bringen. Es dürfte wohl gestattet sein, die beamteten Thier¬ 
ärzte Preussens zu fragen: „Hat schon einer von Ihnen dieser- 
halb Beschwerde beim Herrn Minister eingelegt nnd wie lautete 
der Bescheid? Ich glaube kaum, dass der Herr Minister auf 
dienstlichem Wege dieser Einzelheit näher zu treten veranlasst 
worden ist. 

Für mich erübrigt es sich, auf die Sache näher einzugehen. 
Bevor nicht der ordentliche Richter entschieden, ist jeder Streit 
hierüber ein solcher um Kaisers Bart. 

Geschichte und Erfolge des Staatsveterinärwesens in 

England. 

(Board of Agriculturo Report for 1899). 

Bis zur Einschleppung der Rinderpest im Jahre 1864 war 
die Controle der Vieheinfuhr aus fremden Ländern in England 
dem Privy Council unterstellt, welches von Zeit zu Zeit An¬ 
ordnungen erliess, deren Ausführung den Zollbehörden oblag. 
Diese bestellten die nöthigen Thierärzte zur Untersuchung des 
Viehs bei der Landung. In diesen Tagen gab es ein methodisches 
Vorgehen beim Ausbruch von Seuchen nicht. Im Jahre 1865 in 
Anlass der Verseuchung des Landes durch die Rinderpest wurde 
ein „Veterinary Departement“ errichtet. Dasselbe setzte sich 
zusammen ans einem kleinen Stab von Thierärzten zur Begut¬ 
achtung der einschlägigen Fragen und aus einer beträchtlichen 
Anzahl von Beamten für das Schreibwerk und die Statistik. Das 
Ganze unterstand dem Sekretär des Privy Council. Irgend 
welche Anordnungen wurden von dieser Behörde nicht getroffen, 
sondern dies blieb den Localbehörden überlassen. 

Als einige Jahre später die Rinderpest getilgt war, wurde 
die Beamtenzahl wieder verringert, indess blieb das „Veterinary 
Departement“ an und für sich für den Zweck der Bekämpfung 
anderer Thierkrankheiten bestehen. Die Behörde behielt ihre 
Eigenschaft als rathgebende Institution soweit es das einheimische 
Vieh betraf, bei, während die Verwaltungsmassnahmen den 
Localbehörden und ihren Organen zufielen. Die Vieheinfnhr 
aber stand unter der directen Controle des Departement, welches 
auch die Thierärzte zur Untersuchung des eingeführten Viehs 
auswählte. Nach wie vor unterstand diese Abtheilnng dem 
Secretär des Privy Council. Im Jahre 1876 wurde der Posten 
des Secretärs abgeschafft und das Veterinärwesen der directen 
Controle des Chefs des Privy Council unterstellt. 

Als 1877 die Rinderpest wieder eingeschleppt wurde, übte 
das Departement zum ersten Mal die zur Bekämpfung der Senche 
erforderlichen Verwaltungsfunctionen aus. 

In nachstehender Weise wurde vorgegangeufEin Thierarzt 


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27. September 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


46ö 


des Departement, oder ein eigens angestellter Thierarzt, besuchte 
die Gehöfte, wo der Ausbrach der Rinderpest vermuthet wurde, 
und entschied, ob die Seuche existierte oder nicht. W irde der 
Verdacht bestätigt, so wurde für das verseuchte Gehöft ein Laien- 
Inspector bestellt, um die Isolirnng der Thiere, die Abschlachtung, 
die Desinfection und andere getroffene Anordnungen persönlich 
zu überwachen. Bei der fiühzeitigen Entdeckung der Krankheit 
in diesem Falle wurde nur ein geringes Personal gebraucht und 
in wenigen Monaten war man mit der Tilgung der Seuche fertig. 

Seit dem Jahre 1877 ist die Seuchenbekämpfung in England 
genau nach obigem Muster eingerichtet. Die Seuchenfeststellung 
ist Obliegenheit der Thierärzte des Departement. Die Er¬ 
mittelung und das Abschlachten der der Ansteckung verdächtigen 
Thiere, die Vernichtung der mit der Seuche behafteten Schlacht¬ 
stücke, der Verkauf der gesund befundenen zum Nutzen der 
Regierung, die Isolirnng und Desinfection der verseuchten 
Gehöfte, wie sie von den Veterinären vorgeschrieben wird, ist 
Sache der Laien-Inspectoren. Bei der Tilgung der Rinder¬ 
pest, der Lungenseuche, Maul- und Klauenseuche, Schweinepest, 
ist das System der Bekämpfung immer dasselbe gewesen. Der 
Erfolg ist unverkennbar. Die Rinderpest, die Lungenseuche 
und auch die Maul- und Klauenseuche sind in verhältnissinässig 
kurzer Zeit getilgt worden. Ebenso waren alle erneuten Ein¬ 
schleppungen der Maul- und Klauenseuche nach kurzer Zeit er¬ 
ledigt. Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in diesem 
Jahre in Yorkshire hat neuerdings den Beweis geliefert, dass 
man durch energische, sorgfältige Maassnahmen der Seuche bald 
Herr werden kann, dass aber jede schlaffe Behandlung des 
Seuchenfalles sich durch Weiterumsichgreifen der Seuche bitter 
rächt. Zur Zeit ist in England ein am 3. August er. ermittelter 
Senchenfall eingetreten, bei dem es sich um die Verseuchung 
von 8 Kühen und 1 Bullen handelt. Die Einschleppung der 
Seuche ist nicht klar zu stellen gewesen. Man vermuthet durch 
Vögel von Holland aus. Zur Unterdrückung des Falles sind 
energische Maassnahmen getroffen und ist jede Viehbewegung ! 
in einem umfangreichen Sperrgebiet gestoppt worden. 

Nicht so glänzend sind die Resultate bei Bekämpfung der j 
Schweinepest. Trotzdem hier in gleicher Weise vorgegangen ; 
wird, sind bisher rechte Fortschritte in der Tilgung der Seuche 
nicht zu verzeichnen gewesen. Der Grund ist vielleicht darin ] 
zu suchen, dass in England nur die Fälle als Schweinepest an- j 
gesehen werden, wo es sich um Darmerkrankungen handelt, j 
dass dagegen die Fälle, in denen nur Lungenerkrankungen be- I 
stehen (Schweineseuche) ausser Betracht gelassen werden, j 
Nicht nur veterinärpolizeilich sind die Schweinepest und i 


j Schweineseuche gleich zu behandeln, sondern sic sind auch 
i nach den Ergebnissen neuerer bacteriologischer Forschungen, 
I wie solche namentlich von Mr. Gilrnth in Xew-Zealand 
j (August-Nummer des Veterinarian) ausgeführt sind, Formen 
! einer und derselben Krankheit und sollten als solche auch 
gleichmässig bekämpft werden. 

Abgesehen von dieser Krankheit, hat sich das englische 
System der Seuchenbekämpfung, welche seit 1889 dem Agri¬ 
cultural Department des Board of Agriculture unterstellt ist, 
vorzüglich bewährt und sollte das englische System auch in 
Deutschland mehr Beachtung finden, damit endlich mal mit der 
augenblicklich verderblichsten Seuche, mit der Maul- und 
Klauenseuche, aufgeräumt wird. K. 

Einladung zur 35. Generalversammlung des Vereins Kurhessischer Thierärzte. 

Sonntag, den 7. October er., Vormittags lO'/s Uhr (präc.), 
im Hotel „Casseler Hof“ in Cassel. 

Tages-Ordn ung: 

1. Geschäftliche Mittheilungen. Kassenbericht. 2. Revision 
der Statuten und Vorschläge zurAenderung derVereinsbezeichnnng. 
(Commissionsberichterstatter: Kreisthierarzt Stamm-Kirchhain.) 

3. Zur Maturitätsforderung der Thierärzte. (Reichstagsab¬ 
geordneter, Geheimer Sanitätsrath Dr. Endemann-Cassel.j 

4. Ueber Brennen und Brennmethoden. (Professor Frick- 
Hannover). 5. Mittheilungen aus der Praxis: „Die Behandlung 
der Mastitis“. (Professor Dr. Kaiser-Hannover.) 6. Neuwahl 
des Vorstandes. 7. Wahl eines Delegirten für die Central-Ver- 
tretung. 8. Aufnahme neuer Mitglieder. 

Nach der Sitzung gemeinschaftliches Mittagessen mit Damen. 
Am Sonnabend den 6. October Ausflug zur Besichtigung der 
Wilhelmshöhe. Sammelpunkt: Pension und Restauration Laspe- 
Wilhelmshöhe, Nachmittags zwischen 3—4 Uhr. Ebendaselbst 
Abendessen. Es wird höflichst gebeten, die Anzahl derjenigen 
Damen, welche sich an dem Ausfluge, bezw. an dem Mittagessen 
den 7. October betheiligen werden, bis spätestens den 1. October 
bei dem Unterzeichneten anzumelden. 

Der Vorsitzende. Tietze, Veterinär-Assessor, Parkstrasse 9. 

Einladung zu der am Sonntag, den 30. September 1900, 12 Uhr Mittags 
zu Stolp In Mund’s Hotel stattflndenden Versammlung des thierfirztiiehen 
Vereins im Reg.-Bez. Köslin. 

Tages-Ordnung: 

1. Vorträge: a) Discussion über das neue Fleischschau- 
Gesetz, eingeleitet vom Vorsitzenden, b) Kreisthierarzt Eich- 
baum-Stolp: „Ueber die sanitätspolizeiliche Benrtheilnng des 
Nesselfiebers der Schweine“, c) Dr. Schwarz-Stolp: Ueber 
den Erlass des Ministers für Handel etc. vom 27. Juni 1900“. 
2. Mittheilungen aus der Praxis. 3. Besichtigung der Cadaver- 
Verwerthungsanlage (Hartmann’scher Extractor) auf dem 
Schlachthofe. 

Um 3 Uhr gemeinschaftliches Mittagessen unter erbetener 
Theiluahme der Damen. Gedeck 3 M. Anmeldungen der Ge¬ 
decke bis spätestens zum 27. September an den Unterzeichneten 
Schriftführer erbeten. 

Der Vorstand I. A. 

Brietzmann, 1. Vorsitzender. Dr. Schwarz, Schriftführer. 


Staatsveterinärwesen. 

Von Preusse. 

Badlsohes Gesotz betr. das Abdeckereiwesen. 

Im Grossherzogthum Baden ist unter dem 3. Juni 1899 ein 
Gesetz, das Abdeckereiwesen betreffend, erlassen worden. Im 
Vollzug dieses Gesetzes ist nun unter dem 3. Mai d. J. eine 
Ausführungsordnung und eine Dienstanweisung für die Abdecker 
ergangen. Das Gesetz bestimmt im § 1, dass gefallene und 
zur Beseitigung bestimmte Thiere, sowie die auf polizeiliche 
Anordnung unschädlich zu machenden Thiercadaver von den 
Besitzern einer der den polizeilichen Vorschriften entsprechenden 
Abdeckereien überwiesen werden müssen. 

Ausgenommen hiervon sind kleinere Hausthiere, wie Hunde, 
Katzen, Lämmer, Zicklein, Milchschweine, Ferkel, neugeborene 


Kälber und Fohlen. Die Gemeinden sind verpflichtet, eine dem 
Bediirfniss entsprechende Anzahl von Abdeckereien zu errichten. 
Zu diesem Zwecke haben sie einen oder mehrere Verbände mit 
körperschaftlicher Berechtigung zu bilden. Welche Gemeinden 
zu einem Verbände zu vereinigen sind, an welchen Orten Ab¬ 
deckereien errichtet werden müssen, bestimmt der Bezirksrath. 
Derselbe bestimmt ferner den Abdecker, den ihm znkommenden 
Gehalt oder den von ihm zu entrichtenden Pachtzins und die 
Höhe der Gebühren und Vergütungen, welche der Abdecker zu 
beanspruchen hat. Letzterer hat das Geschäft auf eigene 
Rechnung zu betreiben. Dem Bezirksrath liegt es ferner ob, 
die jährlich erwachsenen Kosten auf die betheiligten Gemeinden 
zu vertheilen. Auch kann er mit ministerieller Genehmigung die 
Errichtung von Cadaververarbeitnngs - Anstalten beschliessen, 


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466 

wozu allerdings die Zustimmung von % der Gemeinderäthe er¬ 
forderlich ist, sowie die Verpflichtung, dass die von diesen ver¬ 
tretenen Gemeinden mehr als die Hillfte der durch das Unter¬ 
nehmen entsprechenden Kosten aufzubringen haben. Zur Ver¬ 
tretung der Verbände sind Commissionen von drei bis fünf Ge¬ 
meindevertretern zu wählen. Zu diesen ist der Bezirksthierarzt 
mit berathender Stimme hinzuzuziehen. 

Die unmittelbare Aufsicht über die Abdeckereien und 
Bezirke führt der Bürgermeister derjenigen Gemeinde, in deren 
Gemarkung dieselben gelegen sind. Die Kosten, die durch Ein¬ 
richtung der Abdeckereien entstehen, können gegen 3 proc. Ver¬ 
zinsung aus der Staatskasse vorgeschossen werden. Zu den 
Cadaververarbeitungsanstalten können Staatsbeiträge bewilligt 
werden. Den Schluss des Gesetzes bilden Strafbestimmungen. 

Die Ausführungsverordnung vom 3. Mai 1900 enthält zu¬ 
nächst die Bestimmung, dass durch Erlass bei den durch das Gesptz 
dem Bezirksrath zugewiesenen Entschliessungen auch der Bezirks¬ 
arzt und der Bezirksthierarzt zu hören sind. Es folgen sodann 
eine Reihe von Vorschriften über die Bildung und Organisation 
der Abdeckereiverbände, ferner über die Anlage und Einrichtung 
der Abdeckereien. Diese entsprechen den auch anderwärts ge¬ 
bräuchlichen Bestimmungen und besonders auch der Direction, 
wie sie die preussische Regierung für die Anlage von Ab¬ 
deckereien gegeben hat. Die Abdeckereien sollen von ge¬ 
schlossenen Ortschaften mindestens zwei, von einzelnen be¬ 
wohnten Gebäuden mindestens 1 km, von Wegen mindestens 
100 m und von Quellen, Wasserleitungen, Brunnen und Wasser¬ 
läufen jedenfalls sow'eit entfernt liegen, dass eine Verunreinigung 
derselben ausgeschlossen ist. Auch in Betreff der Beschaffenheit 
der Transportmittel für Cadaver sind Vorschriften gegeben. 

Zu Abdeckern dürfen nur zuverlässige Personen bestellt 
werden, welche ihre Befähigung durch eine vor dem Bezirks¬ 
thierarzt abzulegende Prüfung nachgewiesen haben. Sie sind 
durch das Bezirksamt handgeliibdlich zu verpflichten. Die nächsten 
Paragraphen enthalten Bestimmungen über die Behandlung ge¬ 
fallener und zu tödtender Thiere. sowie über den Betrieb der 
Abdeckereien. Aus denselben ist hervorzuheben, dass ohne 
Genehmigung des Bezirksthierarztes die Tödtung von Thieren, 
sowie die zur Unschädlichmachung von Thieren und Thier- 
theilen erforderliche weitere Behandlung nur in einer den 
polizeilichen Vorschriften entsprechenden Abdeckerei vor¬ 
genommen werden dürfen. Die Besitzer gefallener oder mit 
einer ansteckenden Krankheit behafteter, zur Beseitigung be¬ 
stimmter Thiere müssen der Ortspolizeibehörde Anzeige machen. 
Bei nicht ansteckenden Krankheiten genügt eine Anzeige beim 
Abdecker. Die Ortspolizeibehörde hat dem Abdecker sowie auch 
dem Bezirksthierarzt Nachricht zu geben. Der Abdecker muss 
die ihm überwiesenen Thiere innerhalb 12 Stunden abholen. 
Diese Frist kann je nach Lage der Verhältnisse von der Orts- 
polizeibehörde auf 24 Stunden ausgedehnt werden. Ueber die 
Art des Transportes von Thieren mit ansteckenden Krankheiten 
entscheidet der Bezirksthierarzt. Auch über die Anlage von 
Wasenplätzen sind genaue Vorschriften gegeben. Die Frist, nach 
deren Ablauf die Gruben auf den Wasenplätzen geöffnet w r erden 
dürfen, bestimmt das Bezirksamt im Einvernehmen mit dem 
Bezirkstliierarzt. 

In Anschluss an die Ausführungsverordnung ist sodann auch 
eine Dienstanweisung für die Abdecker erlassen worden. Die 
letztere enthält auch Bestimmungen über die vor dem Bezirks¬ 
thierarzt abzulegende Prüfung. 


No. 39. 

Mit dem Erlass des hier in Rede stehenden Gesetzes geht 
das Grossherzogthum Baden bei der Regelung einer hygienisch 
so bedeutsamen Angelegenheit wieder voran. Hoffen wir, dass 
andere Staaten, insbesondere auch Preussen, wo das Abdeckerei¬ 
wesen theilweise noch sehr im Argen liegt, dem badischen 
Muster bald folgen werden. 

Staatliche Unterstützung der Rothiaufimpfung in Bayern. 

Eine bemerkenswerthe Verfügung in Betreff der Bekämpfung 
des Schweinerothlaufs durch Impfung ist im vorigen Jahre unter 
den 28. .Juli seitens des Staatsministeriums des Innern in Bayern 
ergangen. Dieselbe bestimmt, dass zur Unterstützung der Roth- 
laufsclnitzimpfnngen die Kosten für Beschaffung des Impfstoffes 
seitens der Thierärzte bis auf weiteres versuchsweise auf die 
Staatskasse übernommeu werden. Es wird sodann nicht die 
Anwendung eines Impfstoffes empfohlen, sondern es wird sowohl 
auf Höchster Rothlaufserum ..Susserin“, als auch auf das in 
Prenzlau hergestellte Lorenz’sche Serum aufmerksam gemacht. 
Es wird ferner noch auf die Impfstoffe hingewiesen, welche in 
dem bacteriologischen Institut in Landsberg a. W., in dem 
Laboratorium Pasteur in Stuttgart und von der internationalen 
Porcosangesellschaft in Mannheim hergestellt werden. Den 
Thierärzten bleibt die Wahl des Impfstoffes und des Impfverfahrens 
überlassen. 

Bei der hohen Bedeutung, welche heutzutage die Rothlauf- 
schutzimpfungp.n für die Bekämpfung des Rothlaufs der Schweine 
erlangt haben, ist eine derartige Verfügung wie die obige mit 
Freuden zu begrüssen. Hoffentlich wird dieselbe auch in 
anderen Staaten bald Nachahmung finden. 

In Württemberg ist die Frage der Rothlanfschntzimpfung 
übrigens schon seit längerer Zeit amtlich geregelt. 


Fleischschau und Viehhandel. 

Von Kühnau. 

Zur Ausführung des Reichsfleischschaugesetzes. 

Fleisohbeschauer. 

Der § 22 des Reichsfleischschaugesetzes vom 3. Juni 1900 
ermächtigt den Bundesrath, Vorschriften über den Nachweis 
genügender Kenntnisse der Fleischbeschauer zu erlassen. 

Zu Beschauern sind nach § 5 des Gesetzes approbirte 
Thierärzte oder andere Personen, welche genügende Kenntnisse 
nachgewiesen haben, zu bestellen. 

Die Thierärzte sind nach den Bestimmungen des Gesetzes 
nicht ohne Weiteres als Fleischbeschaner qualificirt, sondern 
auch für diese kann der Bundesrath Vorschriften über den 
Nachweis genügender Kenntnisse erlassen. Der Bundesrath 
kann auch von den Thierärzten fordern, dass sie einen Vor- 
bereitungscursus an einem öffentlichen Schlachthofe absolvirt 
haben müssen, sofern sie als Fleischbeschauer bestellt werden 
wollen. Wenn auch durch das abgelegte Staatsexamen bereits 
Garantieen für eine ordnungsmässige Ausübung der Fleischschau 
gegeben sind, so muss es doch in Betracht des Umstandes, 
dass die Thierärzte als ausschliessliche Gutachter bei Noth- 
schlachtungen herangezogen werden sollen, als durchaus 
wünschenswerth erachtet werden, dass die Thierärzte, welche 
sich mit der Ausübung der Fleischschau amtlich zu befassen 
haben, den Nachweis erbringen, dass sie in der Technik der 
Fleischschan und in der Beurtheilung des Schlachtviehs und 
Fleisches Erfahrung besitzen. Diese Erfahrung kann aber nur 
an einem grösseren Schlachthofe erworben werden. Wenn man 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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27. September 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Gelegenheit hat, Fleisch, welches von practischen Thierärzten 
bereits untersucht ist, zu besichtigen, so kann man nicht so 
sehr selten feststellen, wie mangelhaft bei der Untersuchung 
des Fleisches verfahren worden ist, und dass die auf Grund des 
Ergebnisses der Untersuchung beliebte Aburtheilung des Fleisches 
mit dem thatsächlichen Befund durchaus nicht im Einklang steht. 
Das Gefühl der Unsicherheit in Sachen Fleischschau wohnt 
nicht so wenigen Thierärzten, welche sich ausschliesslich mit 
der Praxis beschäftigen, selbst inne, und wiederholt ist mir von 
solchen der Wunsch ausgesprochen worden, wenn sie mit der 
Ausübung der Fleischscliau amtlich betraut werden sollten, vor¬ 
erst an einem Schlachthofe ihre Ausbildung in dieser Beziehung 
zu vervollständigen. Nicht nur in ihrem eigenen Interesse 
sondern auch im Interesse der producirenden Landwirtschaft und 
des Consumenten ist ebenso von anderer Seite darauf hingewiesen 
worden. Schmaltz hat vorgeschlagen, die Fleischschau dem 
ersten Prüfungsabschnitt des Fachexamens als obligatorischen 
Prüfungsgegenstand einzufügen. Ostertag hält die practische 
Ausbildung des angehenden Thierarztes in der Fleischschau durch 
einen mehrmonatlichen Uebungscursus auf einem grösserem 
Schlachthofe für dringend erwünscht. Die Kgl. württembergische 
Regierung fordert für die Zulassung zur amtsthierärztlichen 
Prüfung den Nachweis einer mindestens zweimonatlichen ununter¬ 
brochenen und ausschliesslich ausgeübten Thätigkeit in einem 
grösseren, unter geordneter veterinärpolizeilicher Controle stehen¬ 
den, öffentlichen Schlachthaus einer Stadt von mindestens 30000 
Einwohnern und in der Untersuchungsstation einer solchen für 
von auswärts eingeführtes Fleisch. 

In Frankreich maeht das Polizeipräsidium zu Paris die An¬ 
stellung der Thierärzte als „Inspecteurs veterinaires de la 
boucherie“ von dem Bestehen einer theoretischen und practischen 
Prüfung abhängig. Die Aufnahme einer entsprechenden 
Vorschrift über den Nachweis der praktischen Aus¬ 
bildung in der Fleischschau für die Thierärzte, welche 
amtlich zu Fleischbeschauern bestellt werden sollen, 
in die Ansführungsbestimmungen zum Fleischschau¬ 
gesetz ist im Interesse der einheitlichen, sorg¬ 
fältigen und rationellen Durchführung der Fleisch- 
schau unerlässlich. Die Dauer des Vorbereitungscursus kann 
auf 2—3 Monate beschränkt werden. Schon jetzt schickt die 
elsass-lothringische Regierung junge Thierärzte, welche sich 
später amtlich mit der Ausübung der Fleischschan zu befassen 
haben, auf 3 Monate nach Hamburg zur Ausbildung in der 
Schlachtvieh- und Fleischschau. Wenn man sieht, wie diese 
Thierärzte in die Technik sich einarbeiten, sowie bezüglich der 
Beurtheilung und weiteren Behandlung des Fleisches Erfahrung 
sammeln, wird man erst das volle Verständniss für die Noth- 
wendigkeit derartiger Vorbereitungscurse erlangen. 

Die Vorschriften über die Ausbildung der Laienfleisch¬ 
beschauer kann der Bundesrath ebenfalls einheitlich erlassen. 
Bestimmungen über die gleichmässige Ausbildung dieses Schau¬ 
personals sind durchaus nothwendig. Die Laienfleischbeschauer 
sollen in der Hauptsache das gesunde Fleisch von dem kranken 
trennen können, die weitere Behandlung des kranken Fleisches 
ist Sache des Thierarztes. Der Laienfleischbeschauer soll nicht 
mit Wissen überladen werden, zu dessen Verarbeitung und In- 
sichaufnehmen seine Intelligenz nicht ausreicht. Das beste 
Material, aus dem sich Laienfleischbeschauer heranbilden lassen, 
sind die Schlachter. Diese wissen, welche einzelnen Theile zu 
einem Thiere gehören und sind auch mit den belangreichen 


467 

Veränderungen des Fleisches schon vertraut, zumal jetzt in 
den Fortbildungsschulen der Schlachter bereits Werth auf die 
Ausbildung in dieser Hinsicht gelegt wird. Damit soll nicht 
gesagt sein, dass auch andere intelligente Personen, vornehmlich 
die bisherigen Trichinenschauer für den Beruf als Fleischschauer 
sich nicht eignen. Der Unterricht muss theoretisch und practisch 
sein und an einem grösseren Schlachthofe abgehalten werden, denn 
nur hier haben die Schüler Gelegenheit, viel gesunde Thiei e und 
gesundes Fleisch zu sehen. Sie können sich die physiologischen 
Abweichungen, welche für die Beurtheilung unwesentlich sind, 
einprägen. Sie haben Gelegenheit, kranke Thiere und krankes 
Fleisch kennen zu lernen und die Unterschiede, welche dieses 
im Vergleich zum gesunden Fleisch zeigt, ihrem Gedächtniss ein¬ 
zuverleiben. Ferner findet sich an den grösseren Schlachthöfen 
wohl auch eine Sammlung von kranken Präparaten, an denen 
ihnen die Krankheit erläutert werden kann. Die für den Unter¬ 
richt zur Verwendung kommenden Lehrbücher müssen leicht 
fasslich geschrieben, klar und nicht zu umfangreich sein. Von 
den vielen Lehrbüchern, welche erschienen sind, dürfte immer 
noch Fischoeders Leitfaden bei entsprechender Umarbeitung 
diesem Zweck am besten entsprechen. Das Johne’sche Buch 
zeigt wohl eine vorzügliche Disposition und ausserordentlich 
viel Wissenswerthes, indessen reicht das Verständniss des an¬ 
gehenden Fleischbeschauers für dasselbe nicht aus. Erst der 
reifere Fleischbeschauer, welcher sich weiter belehren will, kann 
das Johne’sche Buch mit Vortheil benutzen. Auch die spätere 
Auflage des Simon’schen Werkes eignet sich für Unterrichts¬ 
zwecke nicht in dem Maasse, wie der „Fischoeder“. Die Dauer 
des Unterrichts ist auf mindestens 4—6 Wochen zu bemessen, 
denn die Untersuchung und Beurtheilung muss immer und immer 
wieder geübt werden, bevor der richtige Griff, Blick und das 
Verständniss erzielt worden ist. Bei der Prüfung ist auf die 
Kenntniss der normalen Beschaffenheit des gesunden Fleisches 
das Hauptgewicht zu legen. Daneben sind genügende Kenntnisse 
über die Erscheinungen der Seuchen und die Krankheiten, welche 
dem Fleisch eine verdorbene und gesundheitsschädliche Be¬ 
schaffenheit verleihen, zu verlangen. In dieser Weise aus¬ 
gewählte und vorgebildete Fleischbeschauer werden die ihnen 
übertragenen Functionen zur Zufriedenheit erfüllen. . Da die 
Schau sich nach dem Gesetz nur auf die gewerbsmässigen 
Schlachtungen zu erstrecken hat, wird bei der engen Begrenzung 
der Befugnisse der Laienfleischbeschauer die Hinzuziehung des 
Thierarztes bei erheblich erkrankten Thieren oder erheblich 
verändertem Fleisch sich ohne Schwierigkeit ermöglichen lassen. 
Je mehr bei der Ausübung der Fleischbeschau thierärztlich vor¬ 
gebildete Sachverständige betheiligt sind, desto einheitlicher 
wird sich die Durchführung der Fleischschau gestalten. 

Uebersicht über das Verkommen and die sanitätspolizeiliche Behandlung 
tuberculöser Sohiaohtthiere in den öffentlichen Schlachthäusern Bayerns 

im Jahre 1899. 

(Wochenschrift f. Thierheilkunde n \z. 1900 No. 53.) 

Im Jahre 1899 wurden in den öffentlichen Schlachthäusern 
Bayerns 92 120 Ochsen, 34 137 Bullen, 66 577 Kühe, 51 361 Jung¬ 
rinder, zusammen 244 195 Rinder, 503 527 Kälber, 771 716 
Schweine, 121902 Schafe und Ziegen, insgesammt 1641340 
Thiere geschlachtet. Unter diesen Thieren wurden 4090 Ochsen, 
= 4,4 pCt (gegen 4,15; 4,0; 3,75; 3,6 pCt. in den Jahren 
1898, 97, 96 und 95), 1247 Bullen = 3,6 pCt. (3,2; 3,2; 3,1 
2,9), 8312 Kühe = 12,5 pCt. (12,3; 11,0; 10,6; 10,35), 1015 
Jungrinder = 2,0 pCt. (1,7; 1,4; 1,4; 1,7) zusammen 14664 Rinder 


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468 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39. 


6,0 pCt. (5,7; 5,2; 5,0), 274 Kälber 0,05 pCt. (0,05; 0,03; 
0,2), 3157 Schweine 0,41 pCt. (0,35; 0,26; 0,22; 0,19) und 
34 Schafe, sowie 8 Ziegen mit Tubercnlose behaftet befunden. 
Von den tuberculösen Thieren wurden 3186 Ochsen (77,9 pCt.), 
995 Bullen (79,8 pCt.), 5222 Kühe (62,8 pCt.), 757 Jungrinder 
(74,6 pCt.) zusammen 10160 Rinder (69,3 pCt.), 45 Kälber 
(16,4 pCt.), 2051 Schweine (65,0 pCt.) sowie 22 Schafe, darunter 
5 Ziegen (64,7 pCt.), bankmässig freigegeben. 883 Ochsen 
(21,6 pCt.) 240 Bullen (19,2 pCt.) 2731 Kühe (32,9 pCt.), 
222 Jungrinder (21,9 pCt.) zusammen 4076 Rinder (27,7 pCt.) 
221 Kälber (80,7 pCt.), 1044 Schweine (33,1 pCt.) sowie 7 Schafe 
und 1 Z : ege (23,5 pCt.) wurden der Freibank überwiesen oder 
zum Hausgebrauch zugelassen. 21 Ochsen (0,5 pCt.) 12 Bullen 
(1,0 pCt.) 359Kühe (4,3 pCt.), 36 Jungrinder (3,5 pCt.) zusamipen 


428 Rinder (3,0 pCt.), 8 Kälber (2,9 pCt.) 62 Schweine, (1,9 pCt.,) 
2 Schafe und 2 Ziegen (11,8 pCt.) wurden gänzlich vernichtet. 

Der Procentsatz der tuberculösen Thiere schwankte in den 
einzelnen der 8 Regierungsbezirke Bayerns nicht unbeträchtlich. 
Während so in Unterfranken nur 4,4 pCt. der Rinder tuberculös 
befunden wurden, steigerte sich die Zahl in Niederbayern auf 
10,0 pCt., bedingt durch den hohen Procentsatz der Tnberculose 
unter den Kühen (20,3 pCt.) Die meisten tuberculösen Schweine 
fanden sich in Mittelfrauken (0,72 pCt), während die Oberpfalz 
nur 0,19 Procent ergeben hat. Das Verhältniss der Tubercnlose 
unter den Kälbern schwankt nur von 0,01 pCt. in Unterfranken 
und* Mittelfranken bis 0,08 pCt. in Oberbayern. Die meisten 
Fälle von Schaf- und Ziegentuberculose sind in Schwaben gefunden 
worden, nämlich 10 Schafe und 3 Ziegen (0,15 pCt.) 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Friedberger u. Fröhner, Lehrbuch der speoiellen Pathologie und 
Therapie der Hausthiere. I. Band, 5. verbesserte und vermehrte Auf¬ 
lage. 1900. Preis 20 M. Verlag von F. Enke-Stuttgart, 

Das vorliegende in den Fachkreisen des In- und Auslandes 
rühmlichst bekannte Weik ist jetzt zum fünften Male einer 
gründlichen neuen Toilette unterworfen worden. Vorläufig ist 
der erste Band erschienen. Derselbe zeigt sich in der ge¬ 
wohnten guten Ausstattung. Die Eintheilung des Materials in 
den feststehenden grossen Krankheitsgruppen hat keine wesent¬ 
lichen Aenderungen erfahren. Zur Entlastung des 2. Bandes 
ist dev Abschnitt über Nervenkrankheiten in den ersten anf- 
geuouimen worden. 

Die von den Autoren gemachte Erfahrung, dass aus prac- 
tischen Gründen die Infectionskrankheiten sich nicht vollständig 
von den nicht infectiösen trennen lassen, hat sich wiedei^in 
einem Falle dargethan. Denn die Borna’sche Krankheit, welche 
einen senchenhaften Character hat, ist bei den Nervenkrankheiten 
untergebracht. 

Die Darstellungsweise, welche bei Abfassung der Kapitel 
zur Anwendung kam, hat allgemein, insbesondere bei den 
Studirenden soviel Anklang gefunden, dass keine Veranlassung 
vorlag, Abänderungen vorznnehmen. 

Das Anschwellen der pathologisch-therapeutischen Literatur 
führte eine Umfangs Vermehrung des Buches herbei, welche aber 
in engen Grenzen gehalten worden ist dadurch, dass nur die 
wirklich werthvollen Arbeiten im Text verwerthet, während 
alle andern nur als kurze Literaturangabe beigefügt wurden. 

Auch an dieser Auflage ist zu constatiren, dass die Autoren 
bestrebt gewesen sind, auf dem Gebiete der klinischen Wissen¬ 
schaft möglichst Vollkommenes zu bieten. Der bisherige Erfolg 
des Lehrbuches dürfte daher für die weitere Zukunft gesichert sein. 

Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Cantonalthierarzt Jaeger in Benfeld ist die 
Rettungsmedaille am Bande and dem Professor Dr. Arnold, Docent 
für Chemie an der hannoverschen thierärztlichen Hochschule, der 
türkische Osmanie-Orden III. CI. verliehen worden. 

Ernennungen: Dr. Fe lisch definitiv zum Departementsthierarzt 
in Merseburg; Dr. Göhre - Rotenburg a. F. zum Bezirksthierarzt in 
Gros8enhain (Sachs.). 

Promotion: Thierarzt Karl Atbing von der philosoph. Facultät 
in Rostock zum Dr. phil. 

Wohnoitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Als Ein¬ 
jährig-Freiwillige treten am 1. Oct. er. ein die Tbierärzte Dr. Athing 
beim 19. Drag.-Rgt. in Oldenburg; Hans Lucas beim 11. Feld-Art.- 
Rgt. in Cassel und August Nagler beim 1. bayr. Feld-Art.-Regt. in 
München. _ 


Vacanzen. 

(Näheres Uber die Vacanzen mit abgelanfener Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 

Kreittbierarzfotellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Reg.-Bez. Liegnitz: Sagan zum 1. XI. (600 M. Gehalt). Zeugnisse 
und Lebenslauf binnen 4 Wochen an den Regierungs-Präsidenten. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R -B. Aachen: Blontjoie. — R.-B. Düsseldorf: Landkreis Krefeld.— 
R.-B. Oppeln: Grosa-Streblitz (600 M.) zum 1. October er. 

Sanitltsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Bahn: Thierarzt für Fleischbeschau zum 1. Oct. er. (ca. 2000 Mark 
und Privatpraxis). Meid, an den Bürgermeister. — Dessau: 
Schlachthof - Assistenzthierarzt sofort (1500 M., Wohnung etc., 
vierteljäbrl. Kündigung; event. feste Anstellung mit steigendem 
Gehalt.) Bewerb, an die Direction. — Halle: 2 Assistenz¬ 
thierärzte zu sofort bezw. 1. Octob. er. (1800 M. Wohnung etc.). 
Bewerb, an den Schlachthof. — Hamburg: Polizeithierarzt sofort. 
(2500 M., 4 wöch. Kündig.). Meid, an den Staatsthierarzt Völlers. — 
Königsberg i. Pr.: Schlachthofthierarzt zum 1. Oct. er. (2000 Mk. 
Wohnung etc. oder 300 Mark Wohnungsgeld; 6wöch. Kündigung . 
Bewerb, sofort an den Director. — Lübeck: Hilfsthierarzt am 
Schlachthof. (2400 M. dreimonatliche Kündigung.) Bewerbungen 
an die Schlachthofverwaltung. — Rackwitz i Pos.: Thieraizt liir 
Schlachtvieh- und Floischschau (1200 M. Fixum. Privalpraxis) 
Meid, beim Magistrat. — Wolkenstein: SchlachthofthierarzL (Zu¬ 
nächst bis 1903 Beihülfe von 700 Mark zugesichert. Privatpraxis 
gestaltet.) Bewerb, a. d. Stadtrath. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Arys: Schlachthofverwaltcr zum 1. Oct. er. — Bremen (Stadt): 
3. Thierarzt am Schlachthof. — Cassel: Schiachthofassistenz¬ 
thierarzt. — Cottbus: Schlachthof-Assistenzthicrarzt z. 1. Oct. 

— Düren: Sclda« hthofdirektor. — Grätz: (Posen): Schlaclu- 
hofinspector. — Graudenz: Assistenzthierarzt am Schlachthot. — 
Haltern: Sanitätsthierarzt. — Köln: Schlachthofthierarzt. — Kuu igs- 
berg (Ostpr.): Schlachthofthierarzt zum 1. October er. —- Ottwci Ier 
(Bez Trier): Schlachthausverwalter. — Pausa: Thierarzt für den 
Flcischbeschau-Bczirk. — Salzwedel: Schlachthofvorsteher. — 
Stettin: 3. Schlachthofthierarzt zum 1. September. — Wanne: 
Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. — St. Wendel: Scblachthof- 
verwalter. — Wol lstein (Posen): Schlachthoflnspector zum 1. Oct. er. 

— Zoppot: Schlachthofdirector. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotzenau 
i. Schl. — Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen 
(Kr. Pillkallen). — Lugau: Thierarzt zum 15. Dec. er. (2000 Mark. 
Privatpraxis). Bewerb, bis 1. Oct. an den Gemeinderath. — Murr¬ 
hardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. — 
Mengeringhausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schles.). 

— Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.). 

— Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze Mecklb.). 

— Wolkenstein. 


Verantwortlich fOr den Inhalt (excl. Inseratenteil): Prot Dr. Schmaltz in Borlin. — Verlag und Eigenthum von Richard 8choetz in Berlin. — Druck von W. Büxenstein, Berlin 


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Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactlonellen An* 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. 8chmaltz, 
Berlin thierärztliche Hochschule, NW, Luisenstrasse 36. 
Correcturen, Recenslons-Exemplare und Annoncen da¬ 
fegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz- Berlin. 

Verantwortlicher Redactenr. 

De Broln Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peter« Preusse Dr. Sohlegel Dr. Vogel Zflndel 

Professor Oberthierarzt Departcmontsihieranst Kreisthierarzt Departement'thlerarxt Veterinkrassesaor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthierarzt 

Utrecht. Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freibarg i. Br. München. Mülhansen i. EL 


Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. 


M 40 . 


Ausgegeben am 4. Octobcr. 


Inhalt: Sohlegel: Zur Kenntniss der Sodomie. — Referate: Albrecht.: Einiges über Geburtshilfe bei kleinen Hunden. — Broden: 

Recherches sur l’histog6n6se du tubcrcule et l’action curative de la tuberculine. — Herbert: Untersuchungen über das Vor¬ 
kommen von Tubekelbacillen in der Marktbutter. — Michellazzi: Experimentelle Untersuchungen über den Marasmus, welcher 
in Folge der Ernährung mit sterilisirter Milch von tuberculösen Thieren entsteht — Guillemain u. Cadix; Anwendung des 
Acetanilidins bei infectiöser Pneumonie. — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Versammlung der beamteten Thierärzte 
des Reg. Bez. Münster im „Hotel Kaiserhof' zu Münster am 24. Juni 1900. — Versammlung Nordhannoverscher Thierärzte. — 
Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — Fleischschau und Viehhandel. — Personalien. — Vacanzen. 


Zur Kenntniss der Sodomie. 

Von 

Prof. Dr. M. Sohlegel in Freiburg i. Br. 

(Aus dem thlerbygJeniicben Institut der Universität Freiburg i. Br.) 

Hervorragendes gerichtsthierärztliches Interesse beanspruchen 
alle Fälle von widernatürlicher Unzncht (§ 175 R. St. G. B.) 
d. h. von beischlafähnlichen Handlungen, welche von Seiten 
der Menschen mit Thieren begangen werden. Sodomia ist die 
widernatürliche Befriedigung des Geschlechtstriebes von Männern 
mit weiblichen Thieren oder die Benützung von männlichen 
Thieren (Hunden) zur Befriedigung des weiblichen Geschlechts¬ 
triebes. Dieser Unzucht wurden schon in uralter Zeit nicht 
nur die Bewohner von Sodoma und Gomorrha, sondern auch 
das auserwählte Volk Gottes beschuldigt. Die bisherigen 
Beobachtungen über das Vorkommen derartiger unzüchtiger 
Handlungen dnrch Männer an weiblichen Hansthieren (Stuten, 
Kühen, Ziegen, Hennen, seltener Hunden) sind jedoch sehr 
spärlich, noch seltener aber scheinen dieselben zur gerichts¬ 
thierärztlichen Untersuchung zu gelangen; Hofmann*) erwähnt 
ohne nähere Angaben einige hierher gehörige, von Terdieu, 
Schauenstein and Kowalewsky publicirte Fälle. Desgleichen 
veröffentlicht Prof. Gnillebeau**) mehrere derartige Fälle; 
dieser Antor hebt hervor, dass die Schändung von Hennen 
namentlich eine Zerreissung der Leber nebst innerer Verblutung 
sowie bei rasch tödtlich endenden Fällen eine Erweiterung der 
Kloake zur Folge hat, was auch für den nachstehenden Unter- 
snchungsfall (cf. Sektionsbefund) zntrifft. Am seltesten jedoch tritt 
die Sodomie von weiblichen Individuen mit männlichen Thieren 
(und dann stets mit Hunden) in Erscheinung. Der Nachweis der 
vollbrachten, verbotenen Cohabitation ist, falls der Thäter nicht 
auf der That ertappt wird, meist überaus schwierig za er¬ 
st:) Prof. Dr. E. v. Hofmann, Lehrbuch der gerichtlichen 
Medicin, Wien und Leipzig 1893. S. 177. 

**) Prof- Dr. A. Guillebeau, über Verletzungen der Haus- 
thiere dureh sexuell-psychopathische Menschen. Schweizer Archiv 
für Thierheilkunde, Heft 1, Jabrg. 1899. 


bringen, zumal es sich gemeinhin um sehr schlaue, geriebene 
und völlig gesundeSnbjecte handelnderen scheusslicheGeschlechts- 
verirmng in heruntergekommener Moralität und starkem 
geschlechtlichen Drange begründet erscheint. Die Untersuchung 
müsste zunächst den Nachweis von menschlichen Samenfäden in 
der Scheide des missbrauchten Thieres znm Ziele haben; doch 
gelingt dies nicht immer in gewünschter Weise und letzteren 
Falls kann selbstredend der Verdacht der begangenen That nicht 
ausgeschlossen werden; diagnostischen Werth besitzt ferner der 
Fund von Federn (cf. Thatbestand), Haaren, Excrementen oder 
Blutflecken von dem betroffenen Thiere an den Genitalien bezw. 
den Kleidern des Thäters sowie die Feststellung von Verletzungen 
an den Genitalien und deren Umgebung bei diesen Thieren. 
Während jedoch Stuten und Kühen durch solche Thorheiten 
wenig Gefahr erwächst, sind an Hühnern meist tödtliche Ver¬ 
letzungen za constatiren; letztere haben sich jetzt bei Hennen 
als durchaus characteristische Befunde (cf. Schlusssatz des 
2. Gutachtens) herausgestellt. Von diesem Gesichtspunkte ans 
scheint es daher bei dem fühlbaren Mangel einschlägiger Mit¬ 
theilungen ganz am Platze, die beiden folgenden Gutachten 
ungeachtet ihrer hässlichen Abscheulichkeit den interessirten 
Experten zur Kenntniss zu bringen. 

Gutachten in Strafsachen 
gegen 

K. S. N. von N. 

wegen Diebstahls und widernatürlicher Unzucht. 

Gemäss des Auftrages des Grossherzoglichen Amtsgerichts 
in B. vom .4. IV. 00, No. 5953 ist der Unterzeichnete in obiger 
Strafsache aufgefordert, das Cadaver eines Huhnes, an welchem 
— wie der Verdacht besteht — in der Nacht vom 1. auf den 
2. d. Mts. widernatürliche Unzucht verübt worden sei, einer 
genanen anatomischen und microscopischen Untersuchung zu 
unterziehen und das Ergehniss der Untersuchung nebst einem 
Gutachten über das Vorliegen der bezeichneten strafbaren 
Handlung sowie einer Begutachtung des Befundes unmittelbar 
i an die Grossherzogliche Staatsanwaltschaft in 0. mitzutheilen. 


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470 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40 


Sectionsbefund. 

Das dem Unterzeichneten am 5. d. Mts. per Expres über¬ 
sandte, von demselben im thierhygienischen Institut der Universität 
Freiburg i. Br. alsbald secirte und untersuchte Huhn ist ein 
kräftig gebautes, gut genährtes, rebhuhnfarbenes, italienisches 
Leghorn. 

Aeussere Besichtigung: Kamm und Kehllappen auffallend 
blass und welk. Federkleid nur in der Umgebung der Kloake 
defect. In und unter der Haut der Körperoberfläche befinden 
sich im Allgemeinen weder Verletzungen noch Blutungen, aus¬ 
genommen der Kopf und die Umgebung der Kloake; ersterer 
zeigt am Hinterende des rechten Unterschnabelastes eine erbsen¬ 
grosse Blutung in der Unterbaut. Am Knochengerüst sind 
nirgends Beschädigungen nachweisbar. Die stark klaffende 
Kloake hält 2 l / 2 cm im Durchmesser; aus derselben hängt ein 
30 cm langes Dünndarmconvolut 6 cm weit heraus; mit dem¬ 
selben sind die feuchten, zerzausten und z. T. ausgerupften 
Federn in der Umgebung der Kloake verklebt. Die vogefallenen 
Darmschlingnngen sind röthlich verfärbt, im Uebrigen nicht ver¬ 
letzt; im Fettgewebe des Gekröses derselben befinden sich 
mehrere bis erbsengrosse Blutungen und einige Blutgerinsel sind 
auf diesen Gekröstheil angeklebt. Die Haut und Unterhaut sind 
3—4 cm weit rings um die Kloake herum von vielen kleinen 
Blutunterlaufungen durchsetzt und intensiv geröthet. Todten- 
starre aufgelöst. — Gefässe der Unterbaut und Musculatur blut¬ 
leer. Musculatur zwischen den rechtsseitigen Rippen leicht 
serös blutig durchtränkt. 

Innere Besichtigung: Leibeshöhle: Die Eingeweide, nament' 
lieh der Darmkanal, sind nach der linken Seite hin verdrängt. 
In der rechtsseitigen Hälfte der Leibeshöhle sind die Bauchluft¬ 
zellen zerissen, das Bauchfell und das Brustfell durch blutige 
Durchtränkung stark geröthet und entzündet; auf dieser Seite 
der Leibeshöhle befinden sich theils freiliegend, theils an die 
umliegenden Eingeweide leicht angeklebt, mehrere erbsen- bis 
bohnengrosse, rundliche, festweiche, schwärzlichgrüne Kothmassen, 
mit welchen stellenweise geronnenes Blut vermischt ist. Die¬ 
selben liegen namentlich in der Nähe eines im hinteren Ende 
des Mastdarmes sich befindlichen, schlitzförmigen Risses, welcher 
an der Kreisfalte des Mastdarmes mit einer Breite von 2 l / 2 cm 
beginnend, sich in der Längsrichtung des Darmes 4 l /j cm weit 
nach vorn erstreckt und verengert. Die Ränder des Risses sind 
glatt, blutig durchtränkt, und die Darmmusculatur an den 
Wundrändern zusammengezogen. Schleimhaut des zerissenen 
Mastdarmendes und des Kloakenraumes ist in ihrer ganzen 
Ausdehnung mit zahlreichen, kleinen Blutungen durchsetzt, 
überall heftig geröthet; Koth ist in diesen Theilen nicht vor¬ 
handen. — Die vordere Abtheilung der rechtsseitigen Leibes¬ 
höhle enthält eine grosse Menge dunkelkirschrothen, gut ge¬ 
ronnenen Blutes, welches besonders den um das Herz und um 
die Leber herum gelegenen Raum anfüllt. Ein ausgebreitetes, 
zusammenhängendes Blutgerinnsel liegt zwischen dem Herzen 
und dem rechten Leberlappen, überzieht letzteren schalenartig 
und breitet sich noch auf die rechtsseitigen Dünndarmschlingen 
aus. — Die Leber ist blass, lehmfarben, nicht vergrössert. Am 
vorderen Ende des rechten Leberlappens befindet sich ein 3 cm 
tiefer und 2 cm breiter, klaffender Einriss, sodass die rechte 
vordere Leberspitze nach der Körpermitte zu verschoben er¬ 
scheint; die Lebersubstanz ist auf der Rissfläche etwas breiig 
zerquetscht und in der Rissspalte ist das oben erwähnte, die 
rechte Leberhälfte und die an diese anschliessenden Darm¬ 


schlingen abgussartig umgebende Blutgerinnsel eingeklebt, welches 
13 cm lang, 2—3 cm breit und bis l / 2 cm dick ist; die Schnitt¬ 
flächen der festweichen Leber sind graugelb, mässig fettig 
glänzend, auffallend blutarm; die Läppchenzeichnung ist deutlich 
sichtbar; auf einer Schnittfläche des linken Leberlappens be¬ 
findet sich eine erbsengrosse Blutung. — Die Milz ist von 
normaler Grösse, blassbraunröthlich, erschlafft, Schnittfläche 
hellbraun. — Schleimhaut des Drüsenmagens mit leicht ab¬ 
hebbarem Schleim bedeckt, verwaschen weiss (sonBt ohne Ver¬ 
änderung). Muskelmagen mit normalen Futterstoffen mässig 
gefüllt; Oberhaut desselben leicht abziehbar, die Unterhaut 
ohne Veränderung. Der gesammte Dannkanal ist mit massigen 
Mengen normalen Speisebreies gefüllt, die beiden Blinddärme 
sind durch Gase leicht gespannt. Die Schleimhaut des ganzen 
Darmkanals bis zum hinteren Mastdarmabschnitt ohne Ver¬ 
änderung. — Geschlechtsorgane: der unverletzte Eierstock ent¬ 
hält eine grössere Anzahl zum Theil reifer Dotterblasen; der 
darmförmige Eileiter ist zusammengezogen und leer; ebenso der 
Eihalter und die Scheide; die Schleimhaut des Eileiters, des 
Eihalters und der Scheide ist in ihrer ganzen Länge intact. 
— Nieren: während die rechte Niere nicht verändert erscheint, 
zeigt die linke Niere an der bauchwärts gelegenen Seite eine 
erbsengrosse Blutung unter der Kapsel; die Schnittfläche beider 
Nieren im Uebrigen ohne Sonderheit — Im Herzbeutel ist keine 
abnorme Flüssigkeit; die Blutgefäse der Herzoberfläche sind 
wenig gefüllt, Herzmuskel zusammengezogen; in beiden Herz¬ 
hälften nur wenig gut geronnenes Blut; Klappenapperat ohne 
Sonderheit; die grossen Gefässstämme nahezu blutleer; Herz¬ 
muskelfleisch blassbraunröthlich, blutarm. — Lungen: im mittleren 
Inspirationszustand befindlich, von ziegelrother Farbe und 
elastischer Consistenz; an der Oberfläche der beiden vorderen 
Lungenspitzen kleben mehrere grössere Blutgerinnsel und an 
denselben Stellen finden sich auch blutige Durchtränkungen im 
Lungengewebe. Die übrigen Lungentheile sind überall lufthaltig, 
nicht verdichtet; die hellrothen Schnittflächen entleeren auf 
Druck grössere Mengen schaumigen Serums; die Schleimhaut 
der Luftröre und deren Aeste ist blutarm, blassröthlich. — 
Organe des Kopfes und Halses: die Gaumenhöhle beherbergt 
einen grösseren, graurothen, stark mit Blut untermischten 
Schleimklumpen, welcher sich in die Gaumenspalte und die 
Nasenhöhle fortsetzt; die Nasenschleimhäute sind hoch geröthet, 
und die Ränder der vorderen Nasenöffnungen erscheinen mit 
Blntwasser besudelt. Schleimhaut des Schlundes verwaschen 
weiss; Inhalt des Kropfes besteht aus massigen Mengen normalen 
Futterbreies (Mais, Körnern, Eierschalen); Schleimhaut des Kropfes 
mit grauweissem, abspülbarem Schleime bedeckt, grauweiss. — 
Schleimhaut des Kehlkopfes stärker geröthet. — Schädel¬ 
bedeckung und Schädeldecke ohne Beschädigungen; Schädelhöhle 
ohne abnormen Inhalt; Gefässe der Gehirnoberfläche fast blut¬ 
leer; Gehirnsubstanz von normaler Farbe und Consistenz. 

Mikroskopischer Befund. 

Im Herzblut befinden sich ziemlich zahlreich nur Cadaver- 
bacterien. — Um hinsichtlich des Verdachtes über die Anwesen¬ 
heit von menschlichen Samenfäden an den verletzten Stellen 
eine Entscheidung abzugeben, sind im ganzen 15 mikroskopische 
Präparate angefertigt und untersucht worden. Das Unter¬ 
suchungsmaterial wurde der Eileiterschleimhant, der Kloaken¬ 
schleimhaut, der Mastdarmschleimhaut, den Wundrändern des 
Mastdarmrisses, den Koththeilen der Bauchhöhle und den kothig 
und schleimig beschmierten Bauchfelle entnommen. Die von liein 


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4. October 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Eileiter stammenden Präparate enthalten in massiger Anzahl 
Samenfäden vom Hahn, erkenntlich an dem cylindrischen, halb¬ 
mondförmig gebogenen Kopfe. In 3 Präparaten, welche von 
einer in der rechten Bauchhöhle in der Nähe des Mastdarmrisses 
gelegenen Schleimflocke sowie von dem schmierigen Belag des 
Bauchfelles hergestellt wurden, sind fünf Körperchen nachzu¬ 
weisen, welche mit den an dem bimförmigen Kopfe erkennbaren 
Samenfäden des Mannes die grösste Aehnlichkeit zeigen; sie 
weisen unter dem Mikroskop bei einer Vergrösserung von 1: 325 
neben der bimförmigen Gestalt des Kopfes einen etwas ge¬ 
schlängelten Schwanzfaden und stärkeres Lichtbrechungsvermögen 
sowie deutlichere Contouren auf, als die umliegenden sehr zahl¬ 
reichen, corpuskulären Bestandteile des Präparates; Eigen¬ 
bewegungen sind an denselben ebensowenig zu beobachten, wie 
an den Samenfäden des Hahnes. 

Nach den im Vorstehenden aufgeführten Feststellungen gebe 
ich mein 

Gutachten 

wie folgt ab: 

Es ist mit grösster Wahrscheinlichkeit anzu¬ 
nehmen, dass an dem fraglichen Huhne widernatür¬ 
liche Unzucht verübt worden ist. 

Begründung. 

Die oben beschriebenen krankhaften Veränderungen in dem 
fraglichen Huhne bestehen hauptsächlich in stumpfen Quetschungen 
massigen Grades, in Zerreissungen von inneren Organen und in 
Blutungen; dieselben kommen fast ausschliesslich auf der rechten 
Seite der Leibeshöhle vor, liegen in gerader Richtung vor¬ 
einander und stehen in fast ununterbrochenem Zusammenhang 
untereinander. Alle Veränderungen sind ganz frisch und können 
nach ihrem Aussehen und nach ihrer Beschaffenheit erst ganz 
kurze Zeit vor dem Eintritt des Todes bei diesem Huhn ent¬ 
standen sein. Die gleichmässig vertheilten Blutunterlaufungen 
in der rings um die Kloake hemm gelegenen Haut, die gleich- 
inässigen, heftigen Röthungen auf der KloakeD- und Mastdarm¬ 
schleimbaut, ohne das Vorhandensein von wirklichen Verletzungen 
bezw. Zusammenhangstrennungen, können nur durch nicht allzu 
heftige, wiederholte Quetschungen bezw. Reibungen vermittelst 
eines stumpfen, glatten, nicht allzu harten Gegenstandes von 
gewisser Grösse verursacht worden sein. Nur durch Druck mit 
einem derartig beschaffenen Gegenstände kann auch die Ein- 
reissung der Mastdarmwand entstanden sein, und zwar während 
des Lebens des Huhnes. Denn die Wundränder des schlitz¬ 
förmigen Risses des Mastdarmes sind blutig durchtränkt; sie 
sind ferner weder zerfetzt, noch aufgefasert, sondern glatt, die 
Einreissung erfolgte ferner nicht in der Querrichtung, sondern 
in der Längsrichtung des Darmes und die Darmmuskeln sind 
an den Wundrändern zusammengezogen. Der bezeichnete 
Gegenstand wurde durch die Kloake, die rechtsseitige Mastdarm- 
wand durchbrechend, ein wenig in schräger Richtung nach vorn 
und rechts durch die rechtsseitige Leibeshöhle eingeführt, 
•wobei dieser Gegenstand gleichzeitig mit dem Vordringen 
Koththeile aus dem Mastdarm nach der Bauchhöhle mitfortriss, 
die im Wege liegenden Luftzellen durchbrach und die Beratung 
des rechten Leberlappens mit der nachfolgenden tödtlichen Ver¬ 
kantung bewirkte. Auf diesen zurückgelegten Weg des be- 
Äeichneten Gegenstandes weisen das starke Klaffen der Kloake 
die heftige, entzündliche Röthung der Kloaken- und Mastdarm- 
Schleimhaut, die Verletzung der rechtsseitigen Mastdarmwand, 
das Fehlen von Koth im zerrissenen Mastdarmabschnitt und die 


471 

Verschleppung und Ausbreitung dieses Kothes und von Blut in 
der Bauchhöhle, das nur rechterseits mit Blut und Koth be¬ 
schmierte Bauch- und Brustfell, die Durchlöcherung der rechts¬ 
seitigen Bauchluftzellen, die Zerreissung des rechtsseitigen Leber¬ 
lappens, sowie die Verlagerung der Baucheingeweide nach der 
linken Seite hin. Die Länge des eingeführten Gegenstandes 
deckt sich beiläufig mit der zwischen Kloake und Leber 
gelegenen, ca. 13 cm langen Entfernung, während die Dicke 
desselben etwa 3—4 cm betragen haben dürfte. Da nun nach 
physikalischem Gesetze jeder Druck Gegendruck erzeugt, so 
wurden, als der beschriebene Gegenstand etwa auf gleichem 
Wege aus der Bauchhöhle austrat, vorliegende Dünndarm¬ 
schlingen durch die von jenem künstlich geschaffene Oeffnung 
herausgepresst. Während der Vollbringung fraglicher That 
scheint das Huhn durch heftige Abwehrbewegungen, insbesondere 
durch Schleudern mit dem Kopf oder in Folge des gewaltsamen 
Festhaltens einige Schädigungen am Kopfe erlitten zu haben 
(Blutunterlaufungen am rechten Schnabelende in der Nähe des 
Ohres, Blutüberfüllung der Nasenschleimhäute bezw. Blutaustritt 
aus denselben). Die Annahme, dass dieses Huhn von einem 
Manne geschändet sein dürfte, erscheint auch durch den Umstand 
gestützt, dass an den verletzten Stellen in der Bauchhöhle des 
Huhnes den Samenfäden des Mannes gleichende Körperchen 
nachgewiesen wurden. 

Nach diesen Gründen musste ich mein Gutachten, wie 
geschehen, abgeben. 

Datum. Unterschrift. 

Gutachten. 

In Anklagesachen 
gegen 

K. S. N. von N. 

wegen widernatürlicher Unzucht. 

Gemäss des Auftrages Grossherzoglicher Staatsanwaltschaft 
in 0. vom 8. IV. 00. — No. 7765 Tab. D. H. No. 249 — ist 
der ganz ergebenst Unterzeichnete in obiger Anklagesache auf¬ 
gefordert, ein Gutachten unter Berücksichtigung der zugefertigten 
Acten nebst zwei Fascikeln Beiacten über die Beschaffenheit 
eines beigeschlossenen Ueberführungsstückes zu erstatten. 

Thatbestand. 

Eingangs meines letzten Gutachtens ist bei der Beschreibung 
der Umgebung der Kloake des fraglichen Huhnes sowie durch 
die Angaben des Gendarms J. (Acten, Bericht desselben vom 
4. 4. 00, J. No. 531) festgestellt, dass die Federn in der Um¬ 
gebung der Kloake dieses Huhnes feucht und zerzaust und zum 
Theil entfernt worden sind. Im Ofen, unter der Bettstatt und 
hinter dem Nachttisch lagen im Zimmer des Thäters mehrere 
Federn zerstreut. 

Bei der körperlichen Untersuchung desselben fand Herr Grossh. 
Bezirksarzt M. amHodensacke des K.S. N.haar- bezw.federähnliche 
Gebilde angeklebt (Gutachten des Grossh. Bezirksarztes M. 
vom 6. 4. 00, No. 466); dieselben konnten von der Hodensack¬ 
haut ohne Mühe entfernt werden; ihre Farbe entspricht nicht 
der Farbe der Schamhaare des N., welche schwarze Farbe 
haben. An den Kleidern des K. S. N. sind weder Huhnerfedern 
noch -Flaum festzustellen gewesen. 

Jene haar- bezw. federähnlichen Gebilde, welche mir von 
Grossherzoglicher Staatsanwaltschaft zur Begutachtung über¬ 
mittelt wurden, habe ich untersucht und festgestellt, dass die¬ 
selben — mit Ausnahme eines einzigen, schwarzen, 2 1 2 cm 
langen (Scham-) Haares — Flaumfedern darstellen, ich zähle 


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472 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40. 


deren 7 Stück; beim Vergleiche derselben mit den in der Um¬ 
gebung der Kloake fraglichen Hnhnes sich befindlichen Flaum¬ 
federn fällt die augenscheinliche Uebereinstimmnng der Unter¬ 
suchungsfedern mit den genannten Hühnerfedern hinsichtlich 
derGrösse, Form, Farbe und Beschaffenheit auf. Die Grösse der 
Untersuchungsfedern entspricht etwa der Länge und Stärke der an 
der Kloake stehenden Flaumfedern dieses Huhnes. Ihre Farbe 
ist hellgrau, wie dies auch bei den Flaumfedern des Huhnes der 
Fall ist, und ihre Beschaffenheit scheint offenbar mit der Structnr 
dieser Hühnerflanmfedern übereinzustimmen. 

Gutachten. 

E 8 ist mit grosser Wahrscheinlichkeit anzu¬ 
nehmen, dass die an der Hodensackhant des K. S. N. 
angeklebt gewesenen federähnlichen Gebilde von der 
Umgebung der Kloake des fraglichen Huhnes her¬ 
rühren. 

Begründung. 

Aus vorstehendem Thatbestand geht hervor, dass der ver¬ 
haftete K. S. N. dem fraglichen Huhne — und zwar zwecks 
besserer Vollbringung der Tliat wahrscheinlich vor derselben — 
die dicht stehenden Flaumfedern um die Kloake herum zum 
Theil ausgerupft hat, wobei von denselben im Gefieder welche 
hängen blieben. Der Sachverständige, Herr Grossh. Bezirks¬ 
arzt M. hat nun am Hodensack des K. S. N. Flaumfedern 
gefunden, welche nach meinen Feststellungen bezüglich der 
Grösse, Form, Farbe und Beschaffenheit mit den in der Nähe 
der Kloake dieses Huhnes stehenden Flaumfedern offenbar über- 
einstiramen. Des Weiteren ist in der Begründung meines letzten 
Gutachtens erwiesen, dass die dort beschriebenen Veränderungen 
und tödtlichen Verletzungen desselben Huhnes nur durch einen 
stumpfen, glatten, nicht allzuharten Gegenstand von mindestens 

13 cm Länge und mindestens 3—4 cm Dicke — alles Eigenschaften, 
wie sie keinem anderen Gegenstände, als dem männlichen 
Gliede treffender zukommen — verursacht sein mussten. Es 
lässt sich daher ungezwungen schliessen, dass der Thäter N. 
das letztere durch die Kloake des Huhnes nach Zerreissung des 
Mastdarmes in die Leibeshöhle bis zur Leber (cf. die Be¬ 
gründung meines letzten Gutachtens) eingeführt hat, wobei 
gleichzeitig die Hodensackhaut mit den um die Kloake herum 
sich befindlichen, schon losgerissenen Flaumfedern in Berührung 
gerieth, sodass dieselben an dem Hodensack des K. S N. kleben 
blieben. 

Ausser den bislang aufgeführten Gründen, welche für die 
thatsächliche Ausführung der unzüchtigen Handlung an diesem 
Huhne Seitens des K. S. N. sprechen, sind noch beweisende 
Momente aus den Beiacten zu entnehmen. Wie sich zunächst 
aus dem Actenfascikel vom Jahre 1897 ergiebt, ist K. S. N. 
schon im Jahre 1895 vom Grossh. Landgericht in K. wegen 
Vornahme unzüchtiger Handlungen mit einem Mädchen unter 

14 Jahren und wegen widernatürlicher Unzucht, verübt an 
einem Huhn, zu 15 Monaten Gefängniss vorbestraft (Beiacten, 
Fascikel 1897, Bl. 5, 13 und 57). Des Weiteren ist K. S. N. 
vom Grossh. Landgericht in Kr. im Jahre 1897 wegen wider¬ 
natürlicher Unzucht, verübt in N., Amt B., an vier Hühnern mit 
neun Monaten Gefängniss vorbestraft (Beiacten, Fascikel 1897, Bl. 
55, 91/93). Drittens ist dieser K. S. N. im Jahre 1898 vom Grossh. 
Landgericht in Kr. wegen widernatürlicher Unzucht, begangen 
in W. bei Ph. mit einer Knh und einer Kalbin, zu vier Monaten 
Gefängniss vorbestraft (Beiacten, Fascikel 1898, Bl. 11, 65/67 
und 111/113). Da nun alle diese vorbestraften Handlungen des 


K. S. N., bestehend in widernatürlicher, mit Thieren (nament¬ 
lich Hühnern) begangener Unzucht vollständig ihrem Wesen 
nach mit der vorliegenden Beschuldigung des Angeklagten über¬ 
einstimmen, so kann es nach dieser Constellation der Verhält¬ 
nisse kanm einem Zweifel unterliegen, dass jener, seinem Hange 
zur Verübung solcher Thaten fröhnend, auch das fragliche 
Huhn in der oben angegebenen Weise geschändet hat. Diese 
für den angeklagten K. S. N. erwiesene Manie zur fortgesetzten 
sich aufs Neue immer wiederholenden Verübung des berührten 
Vergehens ist in der Litteratur *) auch für Andere, im Uebrigen 
ebenfalls völlig normale, ja in gewissen Beziehungen hervor¬ 
ragende Männer erwähnt, welche durch ihren grossen geschlecht¬ 
lichen Drang, verbunden mit tiefstehender Moralität, zu den¬ 
selben unzüchtigen Handlungen an Thieren getrieben wurden. 
Auch die an dem fraglichen Huhn festgestellten krank¬ 
haften Verändernngen, wie Fehlen der Federn und 
Hautröthung um die Kloake herum, starkes Klaffen 
der Kloake, Mastdarm- und Leberzerreissung nebst 
tödtlicher innerlicher Verblutung sowie Vorfall des 
Darmes weisen in durchaus characteristischer Weise 
auf die an diesem Huhn durch einen Mann verübte 
widernatürliche Unzucht hin. 

Datum. Unterschrift. 

Der Angeklagte K. S. N. aus N. ist am 9. V. 00 von 
der Strafkammer des Grossh. Landgerichts 0. wegen schweren 
Diebstahls unter Annahme mildernder Umstände sowie wegen 
V'ergehens wider die Sittlichkeit zu einer Gesammtstrafe von 
einem Jahr und zwei Monaten Gefängniss, auf welche ein Monat 
der erlittenen Untersuchungshaft angerechnet wurde, sowie zu 
den Kosten des Strafverfahrens und des Strafvollzugs verurtheilt 
worden; zugleich wurde gegen denselben auf Verlust der bürger¬ 
lichen Ehrenrechte auf die Dauer von fünf Jahren eikannt. 

In den Urtheilsgründen erachtete der Gerichtshof folgende 
Thatsachen für erwiesen: 

Der am 6. Januar 1870 zu N. geborene, ledige, katholische 
Schneider und Landwehrmann (Feldartillerie) K. S. N. spielte 
am Sonntag, den 1. IV. 00 in B. in der Traube von abends 
9—11 Uhr Karten und machte sich etwa um 3 / 4 1 Uhr nachts 
mässig angetrunken, keinesfalls jedoch sinnlos betrunken, auf 
den Heimweg, ging aber anstatt nach seiner Wohnung nach dem 
Anwesen des Schuhmachers P. W., überstieg den 1,30 m. hohen 
Lattenzaun, mit welchem der Hofraum des P. W. umschlossen 
war, drang innerhalb des Hofes in den daselbst befindlichen, 
mit einem Drahtgitter versehenen Htihnerfang durch die Thüre 
ein und nahm aus dem verschlossenen Hühnerstall des P. W. ein 
Huhn (italienisches Leghorn) im Werth von 6 M. heraus, indem 
er das Drahtgitter und die Glasscheibe, mit welchen das 
Hühnerstallfenster verschlossen war, eindrttckte und das Huhn, 
welches mit fünf andern Hühnern und einem Hahn hinter dem 
Fenster auf einer Stange sass, erfasste und herauszog. Dieses 
Huhn verbrachte er auf seine Wohnung und nahm mit dem¬ 
selben auf seinem Zimmer beischlafähnliche Handlungen vor- 
indem er sein Glied durch die Kloake des lebenden Huhnes 
unter Zerreissung des Mastdarmes in die Leibeshöhle bis znr 
Leber des Thieres einführte und dadurch das Crepiren des 
Huhnes bewirkte. Das todte Huhn, mit Papierschnitzeln be- 

*) Prof. Dr. A. Guillebeau, Ueber Verletzungen der Haus- 
thiere durch sexuell psychopathische Menschen. Schweizer Archiv 
für Tbierheilknnde, Heft 1, Jahrgang 1899, 8. 1—4. 


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4. October 1900. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


473 


deckt, versteckte er im Ofen seiner Stabe, wo es bei der Haus¬ 
suchung vom Gendarm J. aufgefunden wurde. 

Hiernach hat sich der Angeklagte in zwei selbstständigen 
Handlungen: 

1. eines schweren Diebstahles im Sinne von § 242, 243, 
Ziff. 2, R. St. G. B., 

2. eines Vergehens gegen § 175 R. St. G. B. schuldig 
gemacht. 


Referate« 

Einiges über Geburtshilfe bei kleinen Hunden. 

Von Prof. Albrecht-München. 

(Zcitachr. f. Thiermed. 1899, H. 6.) 

Es ist eine häufige Erscheinung, dass sich bei kleinen 
Hündinnen relativ grosse Früchte ausbilden, welche zu Schwer¬ 
geburten Veranlassung geben können. Das Missverhältniss 
zwischen der Grösse der Frucht und der Mutter wird dadurch 
bedingt, dass sich grosse Rüden mit kleinen Hündinnen paaren. 

Das Verfahren, welches Verfasser bei den fraglichen Schwer¬ 
geburten einschlägt, besteht darin, dass der Hündin zunächst 
zwecks Anregung der Wehen heisse Umschläge um dem Bauch 
gemacht werden. Ein leinenes Tuch wird in heisses Wasser 
getaucht, ansgewunden und möglichst heiss um den Bauch 
geschlagen, nebenbei werden Bauch und Uterus massirt. Gleich¬ 
zeitig können wehehtreibende Mittel gegeben werden, wie 
Pulv. Secal. cornut., Extr. Secal. cornut., Cornutin, Chinin, Ex- 
tract. Hydrast. canadensis. Es ist jedoch Verfasser nie gelungen, 
mit einem dieser Mittel allein Wehen zu erregen. 

Sobald nun unter der angegebenen Behandlung bei der 
Hündin Wehen eintreten, wird dieselbe auf den Rücken gelegt 
und durch Auflegung der flachen Hände auf die Bauchdecken 
die Bauchmusculatur und damit indirect die Uteruswandung 
gespannt, wodurch eine Unterstützung der Contractionen erzielt 
wird. Wenn hierdurch der vorliegende Theil des Foetus nicht 
in das Becken eintritt, so folgt nunmehr das Heranziehen des¬ 
selben mit Zange oder Haken. Die Anwendung von Draht¬ 
schlingen, welche Breulet und Defay empfohlen haben, ist bei 
kleinen Hunden (Bologneserspitzen, Wachtelhunden etc.J wegen 
der engen Beschaffenheit der Geburtswege, ausgeschlossen. 

Muss zum Gebrauch der Zange oder des Hakens geschritten 
werden, so ist nicht ausser Acht zu lassen, dass der Foetus 
durch einen Gehilfen mit den Fingerspitzen gegen den Becken¬ 
eingang gedrückt und festgehalten wird. Dann versucht der 
Operateur auf den mit Zange oder Haken erfassten Theil der 
Frucht möglichst eine Schlinge zu schieben. Während des 
Ziehens mit Zange, Haken oder an der Schlinge drückt der 
Gehilfe den festgehaltenen Foetus caudalwärts des Mutterthieres. 

Faule Hundefoeten lassen sich nur stückweise extrahiren. 

Ist eine Frucht zu Tage gefördert, so ist der Uterus mit 
einer Desinfectionsflüssigkeit auszuspritzen. Die noch in den 
Eihäuten befindlichen lebenden Jungen werden hierdurch keines¬ 
wegs geschädigt. 

Nunmehr muss abgewartet werden bis die nächste Frucht 
an den Beckeneingang tritt. Es vergehen hierüber oft Stunden. 
In der Zwischenzeit werden alle 20—30 Minuten heisse Um¬ 
schläge um den Bauch gemacht und eventuell Abortiva ver¬ 
abreicht. Auch die weiteren Jungen müssen in diesen Fällen 
zu Tage gefördert werden. Nach Extraction der letzten Frucht 
werden die Reste der Eihäute unter Anwendung streichenden 
caudalwärts gerichteten Druckes auf die Bauchwandungen ent¬ 


fernt, der Tragsack ausgespült und desinficirt. Die Desinfections¬ 
flüssigkeit lässt sich bei Hunden leicht wieder entfernen, indem 
man sie mit den Vorderbeinen aufrichtet. 

Behufs rascher Contraction des Uterus spritzt Verf. zuletzt 
noch heisse (45—50° C.) lproc. Creolinlösung ein, wobei gleich¬ 
zeitig die Bauchwand massirt wird. 

Nur etwa ein Dritttheil der Hündinnen überstehen die 
Schwergeburt. Ein grosser Theil geht durch Collaps innerhalb 
24—36 Stunden zu Grunde. Die Ursache der Herzschwäche und 
schliesslich eintretenden Herzlähmung ist nicht bekannt. Es ist 
nicht ausgeschlossen, dass die Insnfficienz des Kreislaufs auf 
eine centrale Gefässlähmung besonders im Splanchnicusgebiete 
zurückzuführen ist, wodurch sich ein grosser Theil des Blutes 
in dem erweiterten Strombett sammelt, das Herz nicht mehr 
genügend gefüllt ist, der Blutdruck sinkt und die Thätigkeit 
der Wärme erzeugenden Muskeln sich vermindert, sodass die 
Körperwärme unter die Norm herabgeht. „Der unregelmässige 
kleine Puls bei den Hündinnen, die geringe Füllung der Herz¬ 
hohlräume bei der Section“ und die Hyperämie der Hinterleibs¬ 
organe spricht dafür, dass der scizzirte Vorgang, welchen Rom¬ 
berg bei Infectionskrankheiten nachgewiesen hat, auch hier zu¬ 
trifft. Hiernach würde es empfehlenswerth sein, post partum 
einen Compressionsverband des Abdomens und Infusion von 
Kochsalzlösungen gegen die zu schnelle Abnahme des intra¬ 
abdominalen Druckes anzuwenden. 

Einer speciellen Erwähnung wird des Falles gethan, bei 
welchem Kopf und Vordertheil in einem und das Hintertheil 
in dem anderen Horn des Uterus angetroffen werden, während 
der Rücken des Jungen caudalwärts des Mutterthieres gerichtet 
ist. Die Enstehung dieser abnormen Lage dürfte darauf zurück- 
zufiihren sein," dass das Junge sich zunächst in der Kopfendlage 
befindet, wegen seiner Grösse aber nicht in das Becken ein¬ 
treten kann und in Folge der treibenden Kraft der Wehen am 
Beckeneingang vorbei in der Richtung des geringsten Wider¬ 
standes und zur Oeffuung des anderen Horns verschoben wird. 
Die Entwickelung des Foetus ist in der Weise zu erreichen, dass 
derselbe zunächst in Kopf- oder Steissendlage gebracht und dann 
wie gewöhnlich verfahren wird. 

Nicht selten ist auch, dass bei Hundegeburten der Kopf 
vom Rumpfe des Jungen getrennt wird und im Uterus zurück¬ 
bleibt. Der Geburtshelfer hat dieses Missgeschick besonders zu 
befürchten, wenn die Frucht faul ist. Es ist zu versuchen, den 
abgerissenen Kopf mit den Fingern durch die Bauchdecken hin¬ 
durch gegen den Beckeneingang zu schieben, und zwar so, dass 
die Nase caudalwärts gerichtet ist. Alsdann wird Ober- oder 
Unterkiefer mit Zange oder Haken gefasst oder dieser wird in 
den Kehlgang eingeführt und in den Choanen festgehakt und 
der Kopf durch Anziehen entfernt. Es ist erforderlich, dass 
während des Zuges ein Gehilfe den Kopf in der Richtung der 
Beckenachse zurückschiebt. 

Keeherches sur l’histogänfese da tabercale et l’aetion 
eurative de la tubereuline. 

Von A. Broden. 

(Archive« de mödecine experimentale et d'anatomie pathologique T. XI. 99, Centralb. 

f. B u. P. XXVI, 8. *42.) 

Diese Untersuchungen erstrecken sich auf die histologische 
Entwicklung des Tuberkels und auf den Kampf des Organismus 
gegen den Bacillus bei Thleren, die mit Tuberculin behandelt 
worden waren. Eine grosse Zahl von hervorragenden Histologen 
wie Baumgarten, Ziegler, Klebs und andere nehmen an, 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40. 


474 


dass die Entwicklung des Tuberkels ans dem Bindegewebe her¬ 
vorgeht, während Hiss, Hartin Hetschnikoff n. A. denselben 
ans lymphatischen Zellen hervorgehen lassen. Als geeignetes 
Gewebe zur Untersuchung hat Verf. das Netz des Meerschwein¬ 
chens, Hundes nnd der Ziege gefunden. Kräftige Cnlturen von 
Tuberkelbacillen, welche vom Menschen stammten, wurden den 
Hunden intraperitoneal injicirt Bei diesen Thieren bildet sich 
zuerst ein Exsudat mit ausschliesslichen Leucocyten mit poly¬ 
morphen Kernen und lebhaft amoeboider Bewegung. Je nach 
Concentration der Impfdosis findet man zwischen dem zweiten 
und vierten Tage keine freien Bacillen mehr. Der grösste Theil 
derselben ist in den Leucocyten eingeschlossen, der kleinere Theil 
in den unbeweglichen Elementen. Nach einigen Tagen ver¬ 
schwinden die die Bacillen einschliessenden Leucocyten und man 
findet Bacterien nur noch in den unbeweglichen Elementen. 

Die Endothelzellen, welche sich mit den in der Tiefe ge¬ 
legenen Zellen vereinigen, absorbiren rasch die Tuberkelbacillen, 
schwellen an nnd theilen sich, indem sie eine Neubildung pro- 
dnciren, welche den Tuberkel bildet Die Neubildung ist in- 
filtrirt und bedeckt von polymorphen Leucocyten, welche jedoch 
nichts zur Bildung des Tuberkelgewebes beitragen. Bezüglich 
der heilenden Wirkung des Tuberculins hebt B. hervor, dass die 
Tubercel bei tuberculinisirten Hunden viel entwickelter waren, 
als bei Controlthieren, man könne annehmen, die tuberculöse 
Neubildung sei eine gfinstige Reaction des Körpers. Bei ge¬ 
impften Hunden waren die Bacillen im Tuberkel in geringer Zahl 
und kurz, ein Zeichen, dass sie sich unter schlechten Lebens¬ 
bedingungen befinden. 

Das Tuberculin erhöht die im Körper vorhandene Kraft, sich 
gegen den Tubercelbacillus zu vertheidigen, indem er durch die 
ruhenden Zellen eingeschlossen wird. Dr. Jess. 

Untersuchungen über das Vorkommen von Tuberkel¬ 
bacillen in der Marktbutter. 

Von A. Herbert. 

(Centralbl. f. Bacterlol. u. Parasitcnk. U. XXVII. 10 —11. Hefl 1900.) 

In 126 Butterproben, von denen 100 ans Württemberg 
stammten, wurde nicht ein einziges Mal echte Tuberculöse nach¬ 
gewiesen, während säurefeste Pseudotubercelbacillen in 
5 Proben nachweisbar waren. In Proben aus anderen Gegenden 
war der Procentsatz wesentlich höher, so in 20 Proben aus 
Berlin 8 mal, in 5 Proben aus München 4 mal. Verf. führte 
den Nachweis der Bacillen nur durch den Thierversuch. Die 
gefundenen entfärbungsfesten, bereits von Rabi nowitsch und 
Petri beschriebenen Bacterien sind in Gestalt und Säure- 
festigkeit dem Tubercelbacillus in der ersten aus dem Thier¬ 
körper gezüchteten Cultur sehr ähnlich. Beim Weiterzüchten 
verschwindet diese Aehnlichkeit alsbald. Von stecknadelkopf¬ 
grossen Herden bildet sich ein sahniger Belag über die ganze 
Fläche des schrägerstarrten Agars, ebenso tritt Farbstoffbildung 
auf bis zum intensiven Ockergelb. Auch bei Thierversuchen 
unterscheidet sich die Reaction, welche die Pseudotubercel- 
bacillen hervorrufen, typisch von echter Tuberculöse; so findet 
man bei jenen niemals die characteristische Structur des typischen 
epitheloiden und Riesenzellentuberkels; die vorkommenden 
epitheloiden und Riesenzellen kommen nicht in der characte- 
ristischen Gruppirung des Tubercels vor. Eine Verkäsung fehlt, 
dafür tritt eine centrale eiterartige Einschmelzung der Granulations¬ 
herde ein, wodurch sich der ganze Process mehr dem Rotz als der 
Tubemilose nähert. Auch Hess sich in Alcohol-Schnittpräparaten 
darthun, dass ein Theil der Bacterien Contrastfärbung annimmt 


und nur ein Theil die specifische Färbung behält. Verf. stellte 
an sich selbst Versuche an, welche die Unschädlichkeit des 
Butterbacillus für den Menschen erwiesen. J. 

Experimentelle Untersuchungen über den Marasmus, 
welcher in Folge der Ernährung mit sterilisirter Milch 
von tuberculösen Thieren entsteht. 

Dr. Michellazzi hat im pathologisch-anatomischen Institot 
der Universität Pisa über den genannten Gegenstand interessante 
Untersuchungen angestellt, aus denen er nachstehende Schluss¬ 
sätze ableitet: 

1. In die Milch eines tuberculösen Thieres geht das tuber¬ 
culöse Gift (Toxin) unverändert über. 

2. Wird Milch eines tuberculösen Thieres tuberculosekranken 
Thieren eingespritzt, so entsteht die characteristische fieber¬ 
hafte Temperatursteigernng, während die Milch eines gesunden 
Thieres, wenn sie einem tuberculosekranken Thiere eingespritzt 
wird, keine Reaction verursacht. 

11. Die Milch einer tuberculösen Mutter wirkt toxisch bei 
den Kindern, welche lange Zeit mit dieser Milch ernährt werden. 

4. Die Sterilisation der Milch eines tuberculösen Thieres 
bei 100° hat keinen absoluten practischen Werth, weil die 
toxischen Producte des Tubercelvirus nicht unschädlich gemacht 
werden, obwohl dieses selbst durch den hohen Hitzegrad ver¬ 
nichtet wird. 

5. Die Milch eines tuberculösen Thieres, welche durch 100° 
sterili8irt ist, bewirkt bei lange Zeit fortgesetztem Gebrauch 
als Nahrungsmittel eine langsame, chronische Intoxication des 
Organismus. (Supplemento de Policlinic. u. Clinica vet. 1900, 
H. 15.) 

Anwendung des Aeetanilidins bei infectiöser Pneumonie. 

Von Guillemain und Cadix, Mil.-Veterinaire in Moulins. 

(Recuell SO. 8. 1900.) 

G. und C. haben das von Cadeac und Guinard empfohlene 
Acetanilidin in Latwerge in Dosen von je 2 gr, zusammen pro 
die von 10 gr, verabreicht. Die antithermische Action ist deutlich 
hervorgetreten, ist aber oft nur flüchtig und unregelmässig, was 
G. und C. der nicht genügenden Dosis zuschreiben. Dieselbe 
sollte erhöht werden und wegen der raschen Elimination des 
Arzneistoffes den ganzen Tag über zur Verwendung kommen. 

Zündel. 

Kleine Mittheilungen. 

Verdorbene Kiele. 

In einem Rinderstall erkrankten plötzlich neun Kühe auf¬ 
fällig, fünf leichter. Die hervorstechende Erscheinung war ein 
starker Durchfall neben Appetitlosigkeit und erheblicher Ab¬ 
nahme der Milch. In dem Stalle war gekaufte Kleie verfüttert 
worden. Zwei Kühe, welche dieselbe nicht erhalten hatten, 
waren gesund geblieben. Hierauf wurde eine Untersuchung der 
Kleie vorgenommen. Dieselbe enthielt 2 pCt. Sand und Erde; 
in einem Kilogramm 120 Unkrautsamen, Milben, viele Micro- 
organismen u. s. w. Die wenigen vorhandenen Kornradetheilchen 
konnten die Ursache der Erkrankung nicht sein. Die Kleie 
war vielmehr in Zersetzung begriffen und verdorben. Es wurde 
dreimal Rothwein in Kamillenthee verabreicht, die Kleie weg¬ 
gelassen und gutes Heu nnd Gerstenschrot gegeben, worauf die 
Krankheitserscheinungen verschwanden. Der Fall beweist wieder, 
wieviel Unftig im Kleiehandel getrieben wird, und wie sehr es 


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4. October 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 475 


rathsam ist, statt die Kleie theuer zn kaufen, die Körner 
selber zu schroten. (Sächs. Veterinärber. 1898.) 

Mykotische Gastroenteritis bei Rindern. 

Die Bezirksthierärzte Prietsch und Dr. Lungwitz be¬ 
obachteten häufig das Auftreten einer mykotischen Magen- und 
Darmentzündung bei Rindern und Schweinen. Nach P. zeigte 
sich die Erkrankung häufig im Frühjahr in den Dörfern der 
Muldenaue; plötzliche, schnell tödtliche Erkrankungen nicht 
selten mehrere in einem Stalle. Hohes Fieber, Schmerzen im 
Bauch; anfangs Verstopfung, dann unstillbarer Durchfall; grosse 
Schwäche; Tod oft schon nach 24 Stunden; Behandlung nutzlos. 
Obductionsbefund: Hochgradige Magendarmentziindung. Die Ur¬ 
sache wurde stets im Verfüttern angefaulter Kartoffeln und 
solchen Strohes gefunden, welches von im Vorjahr überschwemmt 
gewesenen Feldern stammte. Futteränderung liess die Er¬ 
krankung aufhören. — Nach L. verliefen die Fälle so schnell, 
dass oft Milzbrandverdacht auftauchte. Vergeblich wurden Be- 
fallungspilze im Futter gesucht, obwohl nur Futterschädlichkeiten 
die Ursache sein konnten. Man nennt die Erkrankung im dortigen 
Bezirk „Schnelle Kröte“. (Sächs. Veterinärber. 1898.) 


Tagesgeschichte. 

Am 25. September er. ist der Wirkliche Geheime Ober¬ 
regierungsrath a. D. Benno Beyer, Ritter hoher Orden, bekannt 
durch seine Amtstätigkeit als Vorsitzender der Königlichen 
Technischen Deputation und Decernent für das Veterinärwesen 
in Preussen, verstorben. 

Versammlung der beamteten Thierärzte 
des Beg.-Bez. Münster im „Hotel Kaiserhof“ zu Münster 
am 24, Juni 1900. 

Anwesend waren ausser dem Vorsitzenden, Departements¬ 
thierarzt und Veterinär-Assessor Hinrichsen, die Kreisthier¬ 
ärzte: Fürstenau-Ahaus, Schulte - Freckling - Ibbenbüren, 
Langenkamp-Recklinghausen, Steinbach-Borken, Wilkens- 
Warendorf, Diedrichs-Münster und Banniza-Dülmen; nicht 
erschienen bezw. verhindert: Waltrup-Beckum, Dopheide- 
Burgsteinfnrt und Ti 11 mann-Lüdinghausen. 

Der Vorsitzende eröffnete die Versammlung mit herzlichen 
Begrüssungsworten um 11 Uhr und machte zunächst einige An¬ 
gaben zur Herbeiführung einer grösseren Uebersichtlichkeit und 
Kürze bei Ausfüllung der Spalte 2 des Tagebuches. Bezüglich 
der Unzulässigkeit einer gleichzeitigen Liquidation von Tage¬ 
geldern und Gebühren bei Vornahme mehrerer auswärtiger 
Dienstgeschäfte an einem Tage war man übereinstimmend der 
Ansicht, dass darin für die auf Nebeneinnahmen angewiesenen 
Kreisthierärzte eine grosse Härte liege, falls die Gebühren von 
Privaten erhoben werden könnten, und dass in dieser Beziehung 
eine Aenderung angestrebt werden müsste. Vom Vorsitzenden 
wurde hierbei erwähnt, dass von einem Kreisthierarzte wieder¬ 
holt z. B. für die Beaufsichtigung von Viehmärkten oder für 
die Untersuchung eines Pferdetransportes ausserhalb der 
amtlich hierfür festgesetzten Zeit im Tagebuch B. Tage¬ 
gelder und für eine an demselben Tage im staatlichen Interesse 
ansgeführte Obduction im Tagebuch A. Gebühren berechnet 
worden seien. Zur Vermeidung von Abstrichen könnten in 
solchen Fällen auch im Tagebuch B. anstatt der Tagegelder 
Gebühren liquidirt werden. Sodann wurde die Quarantäne 


des Handelsviehes zur Sprache gebracht, welche neuerdings 
in den Rheinlanden von fünf auf sieben Tage verlängert worden 
ist. Eine solche Quarantäne war auch im Reg.-Bez. Münster 
durch Verfügung vom 14. Mai 1896 angeordnet, aber bereits am 
17. April 1897 wieder aufgehoben worden, weil die Durch¬ 
führung dieser an sich zur Bekämpfung der Maul- und Klauen¬ 
seuche allerdings wohl geeigneten Massregel auf Schwierigkeiten 
gestossen war, namentlich die vorhandenen Ausführungsorgane 
zu einer wirksamen Controle nicht ausreichten. 

Letztere wäre nur möglich gewesen durch eine Inanspruch¬ 
nahme der Controlthätigkeit der Veterinär- wie Polizeibeamten, 
welche deren Kräfte erheblich hätte übersteigen und sie ihrer 
anderweiten dienstlichen Thätigkeit hätte entziehen müssen. 
In den Fällen, in welchen die Massregel durchgeführt worden 
ist, wurden erhebliche Klagen der Betheiligten — vor Allem der 
Händler — über die dadurch hervorgerufenen wirthschaftlichen 
Schädigungen laut. Die durch die Quarantäne verursachte Ver- 
thenerung des Handelsviehes dürfte aber weniger von den 
Händlern, als von den Landwirthen getragen werden und somit 
der Nachtheil für die Landwirtschaft durch den 
immerhin noch recht zweifelhaften Erfolg bezüglich der Ver¬ 
hinderung der Weiterverbreitung der Viehseuchen nicht auf¬ 
gewogen werden können. Behufs Umgehung der Quarantäne 
werden die Händler vielfach grössere Viehtransporte an der 
Bahn ansammeln und direct an den Markt befördern, anstatt die 
Thiere zunächst in den Stall oder auf die Weide zu bringen. 

Im Anschluss hieran wurde vom Vorsitzenden empfohlen, 
darauf hinzuwirken, dass die gemäss Regierungs-Verfügung vom 
4. Mai 1899 beim Ausbruch der Maul- und Klauenseuche, des 
Rotzes, der Lungenseuche oder der Schweineseuche (Schweine¬ 
pest) in einem Kreise auf Veranlassung des Landraths 
zulässigen ausserordentlichen Stallrevisionen im 
Interesse der Seuchenbekämpfung häufiger vorgenommen werden. 

Aus der Versammlung wurden Bedenken dahin geäussert, 
dass es für den beamteten Thierarzt peinlich sei, eventuell den 
Landrath auf die Nothwendigkeit der Vornahme dieser ausser¬ 
ordentlichen Stallrevisionen aufmerksam zu machen bezw. eine 
diesbezügliche Requisition einholen zu müssen, und aus diesem 
Grunde hätten offenbar die fraglichen Beaufsichtigungen bislang 
nicht häufiger stattgefunden. 

In der Regierungs-Verfügung ist gesagt, dass die ausser¬ 
ordentlichen Revisionen der Ställe auf Veranlassung des Land¬ 
raths stattfinden können! Es wäre zur Beseitigung des vor¬ 
erwähnten Hindernisses bei der Seuchenbekämpfung demnach 
zweckmässiger, wenn vorgeschrieben würde, dass die ausser¬ 
ordentlichen Stallrevisionen bei grösserer Seuchengefahr (nach 
Massgabe des § 29 des Reichsviehseuchengesetzes bezw. des 
Min.-Erlasses vom 15. October 1888) regelmässig auf Ver¬ 
anlassung des Landraths stattfinden müssen! 

Damit würde eine Controle des Handelsviehs herbeigeführt, 
deren Durchführbarkeit und Zweckmässigkeit keinem Zweifel 
unterliegen kann. Nebenher müssten dann noch allgemeine 
Vorschriften, betreffend den Bau und die Einrichtung, sowie die 
periodische Desiufection der fraglichen Viehställe erlassen werden, 
damit die beamteten Thierärzte auch die Desiufection derselben 
anordnen können (§ 27, Abs. 3 und 4 des Reichsviehseuchen- 
gesetzes), was bislang im Reg.-Bez. Münster nicht der Fall ist, 
denn es soll hier, abgesehen von der Untersuchung der vor¬ 
handenen Thiere, bei den Revisionen lediglich auf die Rein¬ 
haltung und Desinfection der Ställe hingewirkt werden. 


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476 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40. 


Bei der nun folgenden Besprechung der Schafräude wurde 
allgemein das Badeverfahren als die rationellste Heilmethode 
bezeichnet und auf den letzten diesbezüglichen Min.-Erlass vom 
19. April 1900 hingewiesen, nach welchem das Fröhner’sche 
Badeverfahren auch in solchen Fällen nachgeholt werden muss, 
wenn die wegen ungünstiger Witterung etc. zunächst ein¬ 
geleitete Schmierkur ohne Erfolg geblieben ist. 

Es ist also nicht ausgeschlossen, dass in manchen Fällen 
vom Badeverfahren Abstand genommen wird, wenn der beamtete 
Thierarzt nach Ablauf des Winters bei erneuter Besichtigung 
einer im vorhergehenden Jahre räudigen Schafheerde keine 
verdächtigen Erscheinungen mehr wahrgenommen hat. Da es 
dem Besitzer aber möglich war, vorher einfach die sichtbar 
kranken Schafe zum Schlachten zu verkaufen und die Stückzahl 
durch Ankauf nicht räudiger Thiere wieder auf die frühere 
Höhe zu bringen, so wäre die Räude bei einer solchen Heerde 
in der Regel doch nur scheinbar erloschen. Deshalb erscheint 
es dringend geboten, in dieser Beziehung stets sorgfältig nach¬ 
zuforschen, um event. auch in solchen Fällen das Badeverfahren 
nachzuholen, obgleich bei der Untersuchung keine Spuren der 
Räude nachgewiesen werden konnten. Demgemäss ist auch im 
Schlusssätze des fraglichen Min.-Erlasses vorgeschrieben, dass 
in jedem Falle, in dem die Anwendung des Badeverfahrens 
unterbleibt, die Gründe genau angegeben werden müssen. Noch 
besser dürfte es aber sein, einfach vorzuschreiben, dass keine 
räudige Schafheerde für geheilt erklärt werden darf, bevor nicht 
das Badeverfahren vorschriftsmässig zur Anwendung gelangt ist. 

Zu den Schutzmassregeln beim Neuausbruch der 
Maul- und Klauenseuche in einer bisher seuchefreien 
Gegend, in welchem Falle nach der Aufhebung.des Min..-Er- 
lasses vom IG. November 1893 neuerdings mehrfach nur das 
verseuchte Gehöft abgesperrt worden war, bemerkte der Vor¬ 
sitzende, dass ein solches Verfahren nicht richtig und nicht 
zweckmässig sei. Denn erfahrungsgemäss wäre der Ansteckungs¬ 
stoff meistens schon auf Thiere benachbarter Ställe übertragen 
oder bei Verheimlichung der Seuchenausbrüche gar schon früher 
in solchen Ställen vorhanden gewesen. Demgemäss dürfte es 
sich empfehlen, in jedem Falle ein grösseres Beobachtnngsgebiet 
zu bilden, was seines Erachtens auch sub IH des Min.-Erlasses 
vom G. December 1H99 zum Ausdruck gebracht wurde. Getheilt 
waren die Ansichten über die Ausfuhr von Zucht- und Nutz¬ 
thier en aus den Beobachtungsgebieten. Nach den Vorschriften 
der §§ 59 a, Abs. 2 und G4, Abs. 3 der Bundesraths-Instruction 

vom 27 Juni *^5 kann die Ausfuhr gestattet werden. 

Zweckmässig wäre es offenbar, diese Erleichterung in 
jedem Falle von einer Erklärung des beamteten Thierarztes ab¬ 
hängig zu machen, wie bei der Gehöftssperre (§ 59, Absatz 3 
der B. R. J.) 

Bezüglich der Marktcontrole wurde der Erlass einheit¬ 
licher Vorschriften als wünschenswerth bezeichnet, und zwar 
nicht nur im Interesse der SeuchentilgUDg, sondern auch damit 
den beamteten Thierärzten keine unbegründeten Vorwürfe in 
dieser Beziehung gemacht werden könnten. 

Schliesslich wurde von Wilkens die Frage aufgeworfen, ob 
für Thiere, die an Wild- und Rin der seuche verendet wären, 
eine Entschädigung aus der Provinzialkasse beansprucht 
werden könnte. 

ln veterinär-polizeilicher Beziehung soll freilich diese Seuche 
wie Milzbrand behandelt werden (cfr. Beyer, Viehseuchen¬ 


gesetze, IV. Auflage, Seite 411), die Versammlung war jedoch 
der Ansicht, dass dennoch bislang in Preussen für die an 
Wild- und Rinderseuche eingegangenen Thiere eine Entschädigung 
nicht beansprucht werden könnte, weil im Gesetze vom 22. April 
1892 und den zugehörigen Reglements ausdrücklich nur Milz- 
und Rauschbrand Erwähnung gefunden haben. 

In Bayern wurde durch Verfügung vom 15. Juni 1892 die 
Entschädigung auf Wild- und Rinderseuche ausgedehnt. 

Nach Schluss der Versammlung hielt ein gemeinschaftliches 
Mahl im „Kaiserhof' die Collegen noch einige Stunden in ge- 
müthlicher Stimmung beisammen. 

Der Vorsitzende: Der Schriftführer. 

Hinrichsen. Diedrichs. 

Versammlung Nordhannoverscher Thierärzte, 

abgehalten zu Harburg am 25. August 1900. 

Auf Einladung der in der vorigen Versammlung gewählten 
Commission hatten sich am 25. August im Schützenpark zu 
Harburg folgende Herren eingefunden: Schmidt-Stade, Holtz- 
hauer-Lüneburg, Nicol-Geestemünde, Ehling-Winsen, Scheel- 
Freiburg, Huxel-Osterholz, Sahlin g-Harburg, Holm-Harburg, 
Ripke-Rotenburg, Simonsen-Oberndorf, Hr. Schöttler jun.- 
Stade, Köser-Drochtersen, Luther-Dorum, Langhoff-Buxte- 
hude, Timmroth-Ottersberg, Schöttler-Himmelpforten. 

Nach Begrüssung der Erschienenen Seitens des Departements- 
thierarztes Schmidt wurde über die auf der letzten Versamm¬ 
lung nicht erledigte Frage, betr. die Mitwirkung der Thierärzte 
bei den Stutenschauen weiterberathen. Nachdem fast allseitig 
betont war, dass es hier zur Zeit den Thierärzten nicht ver¬ 
gönnt oder doch sehr schwer gemacht wird, bei den Stuten¬ 
schauen einen auch nur bescheidenen, durch die Wichtigkeit der 
in Betracht kommenden krankhaften Anlagen der Thiere, für 
deren Beurtheilung sie zweifellos competent erachtet werden 
müssen, voll gerechtfertigten Einfluss zu üben, fast alle Be¬ 
theiligten vielmehr das Gefühl gehabt haben, Seitens der 
Commissionsmitglieder nur als wegen der Augenuntersuchung 
nicht ganz entbehrliches Uebel angesehen zu werden, wurde 
von der Versammlung einstimmig der Wunsch ausgesprochen, 
dass fernerhin kein Kollege bei den hiesigen Stutenschauen mit- 
wirken möge, so lange dem Thierarzt dabei nicht, etwa durch 
Gewährung des Stimmrechtes, so viel Einfluss gesichert ist, wie 
jedem Commissionsmitgliede. 

Nach vertraulicher Berathung einer für die Oeffentlichkeit 
nicht bestimmten Angelegenheit wurde dann einstimmig anstatt 
der bisherigen lockeren Vereinigung ein Verein der Thierärzte 
zwischen Unter-Elbe u. Weser gegründet und die Hoffnung aus¬ 
gesprochen, dass sich auch die nahe wohnenden Collegen der 
nicht hannoverschen Gebiete anschliessen möchten. 

In den Vorstand wurden gewählt: 

Dep.-Thierarzt Schmidt als Vorsitzender, Kr.-Thierarzt Nicol 
als Stellvertreter, Thierarzt Schöttler, Himmelpforten als Schrift - 
u. Kassenführer, Kr.-Thierarzt Du well als Stellvertreter. 

Der Vorstand wurde beauftragt, der nächsten Versammlung 
Statuten zur Berathung vorzulegen. Als Zeit der nächsten 
Versammlung wurde Ende Januar, als Versammlungsort Geeste¬ 
münde*) in Aussicht genommen. 

*) Da sich nachträglich herausgestellt bat, dass für eiue Yer 
Sammlung in Geestemünde die Züge sehr ungünstig liegen, ist vom 
Vorstand als Ort der nächsten Versammlung Rotenburg in Aussicht 
genommen. 


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4. October 1900. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 477 


Die zur Berathung gestellte Frage, ob die Backsteinblattern 
auch veterinairpolizeilich als Rothlauf zu behandeln seien, 
wurde bejaht. 

Der von Schöttler, Himmelpforten vorgezeigte und kurz 
erläuterte Emasculator fand lebhaftes Interesse und liess den 
Wunsch entstehen, auf der nächsten Versammlung einen Vortrag 
über Castration vermittelst dieses Instrumentes zu hören. 

Den Schluss der Versammlung bildete ein gemeinsames 
Mahl, bei dem es recht heiter herging. Leider musste dann 
ein Theil der Collegen bald aufbrechen, um ihren letzten Abendzug 
zu erreichen. 

Schmidt. Schöttler. 

XXXIV. General-Versammlung des tierärztlichen Provlnzial-Verelna für 
Posen am 21. October d. J. Vormittag II Uhr, 

in den Räumen der Freimaurer-Loge, Grabenstrasse 25. 
(Strassenbahn-Linie: Bahnhof-Damrastrasse oder Bahnhof-Dom.) 

Tagesordnung. 

1. Geschäftliche Mittheilungen. 2. Wahl eines Delegirten 
für die Centralvertretung der thierärztlichen Vereine Preussens 
an Stelle des ausgeschiedenen Herrn Kreisthierarztes Dr. Felisch- 
Inowrazlaw. 3. Vorlage eines Entwurfes neuer Vereinsstatuten. 
4. Ueber Schutzimpfungen gegen den Schweinerothlauf. Referent: 
Herr Kreisthierarzt Dr. Foth-Wreschen. 5. Mittheilungen aus 
der Praxis. 

Nach der Sitzung findet ein Festessen — Couvert 4 M. — 
zu Ehren der beiden Herren Jubilare, Kreisthierarzt Frick- 
Rawitsch und Kreisthierarzt Reinemann-Krotoschin, statt, 
zu welchem die Herren Collegen und deren Damen mit der 
Bitte eingeladen werden, die Zahl der gewünschten Couverts 


geiälligst bis spätestens 17. October d. J. dem Unterzeichneten 
angeben zu wollen. 

Posen im September 1900. 

Heyne. 

Thierärztlicher Verein zu Berlin. 

Sitzung am Montag, den 8. October 1900, Abends 8 Uhr im 
Rathskeller. 

Tagesordnung: 

I. Vereins-Angelegenheiten. Besprechung des Winter¬ 
vergnügens. 

II. Vorträge. 1. Herr städt. Ober-Thierarzt Henschel. 
Das Reichsgesetz, betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau. 
2. Herr Professor Dr. Eberlein: Das Königliche Hauptgesttit 
Graditz. 3. Mittheilungen ans der Praxis. 

Gäste willkommen. 

(gez.) Professor Dr. Eberlein, Neumann, 

1. Vorsitzender. Schriftführer. 

Verein schlesischer Thierärzte. 

Die Herbstversararalung des Vereins kann erst am 4. No¬ 
vember d. J. stattfinden, da ein zur Sitzung geeignetes Local 
in der statutenmässig vorgesehenen Zeit nicht verfügbar ist. 

Arndt. 

Berichtigung. 

In dem Sitzungsprotocoll des thierärztlichen Vereins im 
R.-B. Wiesbaden (No. 37 der B. T. W.) muss es am Anfang des 
drittletzten Absatzes anstatt „In der Discussion, welche sich 
mit weit geringerem Beifall .... anschloss“ heissen „mit 
nicht geringerem Beifall etc.“. 


Staatsveterinärwesen. 

Von Preusse. 

Nebenämter bezw. Nebenbeschäftigungen der beamteten 

Thierärzte. 

In Württemberg ist bekanntlich unter dem 29. März 1898 
ein Gesetz, betr. die Dienstverhältnisse der Oberramtstliierärzte, 
erlassen worden, durch welches die letzteren zu unmittelbaren 
Staatsbeamten gemacht worden sind. Der Wortlaut dieses Ge¬ 
setzes ist in Beil. 3 des Jahrganges 1899 dieser Wochen¬ 
schrift abgedruckt. In Verfolg dessen ist nun Seitens des 
Ministeriums des Innern in Württemberg unter dem 2. Mai 
1900 eine Verfügung ergangen, welche von der Uebernahme 
von Nebenämtern und Nebenbeschäftigungen, sowie dem Betrieb 
von Gewerben durch die Oberamtsthierärzte handelt. Danach 
findet der Art. 8 des Gesetzes vom 28. Juni 1876 betr. die 
Rechtsverhältnisse der Staatsbeamten auch auf die Oberamts¬ 
thierärzte mit folgenden näheren Bestimmungen Anwendung: 
Für die Uebernahme von Nebenämtern oder Neben¬ 
beschäftigungen mit fortlaufender Belohnung in Funktionen bei 
Amtskörperschaften, Gemeinden oder Vereinen, zu welchem die 
Oberamtsthierärzte dem Gesetze gemäss verpflichtet sind, ist 
eine ministerielle Genehmigung nicht erforderlich, desgleichen 
nicht, wenn es sich lediglich um Funktionen handelt, die im 
Bereich der den Oberamtsthierärzten gestatteten Privatpraxis 
liegen. 

Bei Uebernahme von Lehraufträgen an landwirtschaft¬ 
lichen Unterrichtsanstalten und Lehrwerkstätten für Huf¬ 
beschlag, von Stellen eines staatlichen Beschälaufsehers, eines 
Orts- oder Distriktsthierarztes, eines örtlichen Fleischbeschauers, 


von Funktionen bei den landwirtschaftlichen Vereinen, Vieh¬ 
zuchtgenossenschaften und ähnlichen Veranstaltungen wird den 
Oberamtsthierärzten die Genehmigung allgemein erteilt, vor¬ 
behaltlich des Widerrufs, wenn sich im einzelnen Falle Unzu¬ 
träglichkeiten ergeben sollten. 

In allen anderen Fällen ist gemäss dem Art. 8 des Beamten¬ 
gesetzes vom 28. Juni 1876 die Genehmigung des Ministeriums 
des Innern einznholen. In diesen Fällen ist Anzeige an das 
Vorgesetzte Oberamt zu machen, welche dieselbe dem Ministerium 
zur Entschliessnng vorzulegen hat. Derartige Anzeigen brauchen 
nicht erfolgen bei Uebernahme von Nebenbeschäftigungen, 
welche Functionen betreffen, zu denen die Oberaratsthierärzte 
gesetzlich verpflichtet sind, Geschäften der tierärztlichen 
Privatpraxis, wissenschaftlichen und schriftlichen Arbeiten, 
ferner von Geschäften, welche mit der Verwaltung des Ver¬ 
mögens des Oberamtsthierarztes und seiner Familienangehörigen 
Zusammenhängen, sowie Geschäftsbesorgungen für Verwandte 
oder Verschwägerte in grader Linie und in der Seitenlinie bis 
zum vierten Grad. 

Die Uebernahme von Agenturen für Viehversicherungen ist 
den Oberamtsthierärzten verboten. 

Im Anschluss hieran interessirt es wohl, auf die in Preussen 
gütigen diesbezüglichen Bestimmungen hinzuw'eisen : 

Da die beamteten Thierärzte in Preussen unmittelbare 
Staatsbeamte sind, so trifft für sie auch die A. K. 0. vom 
13. Juli 1839 zu, welche besagt: „Kein Staatsbeamter darf 
ein Nebenamt oder eine Nebenbeschäftigung, mit welcher eine 
fortlaufende Remuneration verbunden ist, ohne vorgängige aus¬ 
drückliche Genehmigung derjenigen Centralbehörde übernehmen, 


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478 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40. 


welcher das Haupt- und das Nebenamt untergeben sind“. Weiter¬ 
hin wird bestimmt, dass Verabredungen, wonach ein Beamter, 
um eine Nebenstelle oder Nebenbeschäftigung zu übernehmen, 
sich in seinem Hauptamte, wenn auch auf eigene Kosten, ganz 
oder theilweise vertreten lassen will, unzulässig sind. 

Die A. K. 0. vom 20. November 1840 sagt nun, dass die 
vorgehenden Bestimmungen nicht bloss Anwendung finden, wenn 
ein unmittelbarer Staatsdiener ein anderes öffentliches Amt 
übernehmen will, für welches eine zweite Centralbehörde con- 
currirt, sondern auch dann, wenn ein solcher Staatsdiener ein 
Amt bei einer Corporation oder Privatperson zu übernehmen 
beabsichtigt. Bei Versetzung in eine andere Dienststelle bedarf 
es erneuter Anfrage und Genehmigung zur Beibehaltung des 
Nebendienstes (Res. v. 6. April 1840) Der Begriff „Nebenamt“ 
ist im weitesten Sinne zu verstehen und auf eine feste ver¬ 
waltende Thätigkeit im Dienste von Corporationen unter allen 
Umständen mit zu beziehen. Der Genehmigung der Centralinstanz 
bedarf es zur Uebernahme von Nebenämtern in allen Fällen, 
zur Uebernahme von Nebenbeschäftigungen nur für den Fall, 
dass mit der Letzteren fortlaufende Remunerationen verbunden 
sind (Erlass vom 21. December 1886). Diese Vorschrift der 
Einholung der Genehmigung bezieht sich auf Nebenämter und 
Nebenbeschäftigungen im Allgemeinen. Es sind aber auch noch 
eine Reihe von Sonderbestimmungen erlassen worden. So be¬ 
sagt der Staatsministerialbeschlnss vom 2. März 1851, dass es 
für Staatsbeamte sowohl zur Annahme der Wahl als Gemeinde- 
verordneter, als zur Uebernahme eines besoldeten oder un¬ 
besoldeten Amtes in einer Gemeideverwaltung der Genehmigung 
der Vorgesetzten Dienstbehörde bedarf. 

Eine solche Genehmigung ist dagegen nicht erforderlich zur 
Annahme des Mandats als Kreistagsabgeordneter (Rescr. vom 
25. Mai 1873, M Bl. S. 126). 

Im übrigen sind nach § 78 der Städte-Ordnung vom 30. Mai 
1853 bezw. § 65 der Landgemeinde-Ordnung vom 3. Juli 1891 
die unmittelbaren Staatsbeamten berechtigt, Gemeindeämter ab¬ 
zulehnen. Da das Amt eines Waisenraths als ein Gemeindeamt 
anzusehen ist, so treffen hier die gleichen Bestimmungen zu. 
(Rescr. v. 19. Febr.1876.) Dagegen bedarf es keiner Genehmigung 
zur Annahme des Amtes eines Aeltesten des Gemeindekirchen¬ 
raths. (Rescr. v. 15. Juli 1874.) Der § 22 der Vormundschafts¬ 
ordnung vom 5. Juli 1875, der übrigens durch die neueren Be¬ 
stimmungen im Bürgerlichen Gesetzbuch nicht aufgehoben ist, 
(s. § 1784), sagt: Wer ein Staatsamt etc. bekleidet, bedarf zur 
Führung einer von dem Vormundschaftsgericht eingeleiteten 
Vormundschaft der Genehmigung der zunächst Vorgesetzten Be¬ 
hörde. Dasselbe gilt für den Gegenvormund. Eine gleiche Be¬ 
stimmung ist auch im § 2 der Schiedsmanns-Ordnung vom 
29. März 1879 enthalten, so dass also auch das Amt eines 
Schiedsmanns nicht ohne Genehmigung angenommen werden darf. 
Es ist fernerhin die Genehmigung erforderlich für die Function 
des sogenannten Vicewirths, im Besondern, wenn die Beamten 
dafür eine Gegenleistung in baarem Gelde oder mittelst freier 
Wohnung etc. empfangen (Rescr. vom 12. August 1884). 

Es sei sodann erwähnt, dass die Staatsbeamten auch zu 
dem Betriebe eines Gewerbes der Erlaubniss ihrer Vor¬ 
gesetzten Dienstbehörde bedürfen, sofern nicht das Gewerbe 
mit der Bewirtschaftung eines ihnen gehörigen ländlichen 
Grundstückes verbunden, oder sonst durch gesetzliche Be¬ 
stimmungen ein anderes angeordnet ist. Die Erlaubniss muss 
auch zu dem Gewerbebetrieb ihrer Ehefrauen, der in ihrer 


väterlichen Gewalt stehenden Kinder, ihrer Dienstboten und 
anderer Mitglieder ihres Hausstandes eingeholt werden (§ 19 
Tit. II der pr. G. 0. vom 17. Januar 1845 und § 12 R. G. 0.). 
Schliesslich ist noch darauf hinzuweisen, dass nach dem Gesetz 
vom 10. Juni 1874 unmittelbare Staatsbeamte ohne Genehmigung 
des Vorgesetzten Ressortministers nicht Mitglieder des Vorstandes, 
Aufsichts- oder VerwaltungBraths von Actien-, Commandit- oder 
Bergwerks-Gesellschaften sein und nicht in Comit^'s zur Gründung 
solcher Gesellschaften eintreten dürfen. Eine solche Mitglied¬ 
schaft ist gänzlich verboten, wenn dieselbe mittelbar oder 
unmittelbar mit einer Remuneration oder mit einem anderen 
Vermögensvortheile verbunden ist. 

Nach § 2 kann solchen unmittelbaren Staatsbeamten, welche 
aus der Staatskasse eine fortlaufende Besoldung oder Remuneration 
nicht beziehen oder welche nach der Natur ihres Amtes neben 
dieser Besoldung noch auf einen anderen Erwerb hingewiesen 
sind, (Medicinalbeamte u. s. w.), die Genehmigung, auch wenn 
mit der Mitgliedschaft ein Vermögens vortheil verknüpft ist. 
ertheilt werden, sofern die Uebernahme der letzteren nach dem 
Ermessen des Vorgesetzten Ressortministers mit dem Interesse 
des Staatsdienstes vereinbar erscheint. Die ertheilte Genehmigung 
ist nach § 3 jederzeit widerruflich. 

Die vorstehend genannten Bestimmungen treffen für alle 
unmittelbaren Staatsbeamten, also auch für die Medicinalbeamten 
zu. Die Letzteren, demnach also auch die beamteten Thier¬ 
ärzte, bilden nur insofern eine Sonderstellung, als sie vom 
Staate eine auskömmliche Besoldung nicht erhalten und daher 
auch auf den Erwerb aus der Praxis angewiesen sind. Dies 
ist auch besonders in dem Gesetz vom 10. Juni 1874 zum 
Ausdruck gebracht worden. Demnach gehört die thierärztliche 
Privatpraxis nicht zu den Nebenbeschäftigungen der beamteten 
Thierärzte und die Ausübung derselben bedarf keiner besonderen 
Genehmigung. Selbstredend dürfen die Geschäfte der Privat¬ 
praxis nicht mit den Dienstgeschäften collidiren. Letzteren 
gebührt zweifellos der Vorrang. Anders steht es nun mit den 
vollbesoldeten beamteten Thierärzten, das ist die Mehrzahl der 
Departements-Thierärzte. Diesen ist eine bedingungslose Aus¬ 
übung der Privatpraxis nicht gestattet, dieselbe bedarf, wo sie 
ausgeübt wird, jedenfalls der Genehmigung. Was nun noch andere 
im Bereiche des thierärztlichen Berufs stehende Geschäfte der 
Kreisthierärzte anbetrifft, so fallen für die Genehmigung selbstredend 
allesolche Geschäfte aus, welche auf Grund der seuchengesetzlichen 
Bestimmungen von den Kreisthierärzten ausgeübt werden müssen, 
auch wenn deren Remunerirung nicht aus der Staatskasse, 
sondern aus Mitteln von Communen, Körperschaften oder Privat¬ 
personen erfolgt. Diese fallen eben nicht unter den BegTifF 
„Nebenamt oder Nebenbeschäftigung“. Hier kann natürlich 
auch von keiner Genehmigung die Rede sein. Hierunter gehört 
auch die veterinärpolizeiliche Aufsicht über die öffentlichen 
Schlachthäuser. Im Falle jedoch der Kreisthierarzt mit der Ver¬ 
waltung des Schlachthauses im Interesse des Eigenthümers 
desselben betraut wird, so ist hierzu eine Genehmigung für den 
ersteren erforderlich. Es ist ferner eine Genehmigung anch 
erforderlich für die Annahme einer Lehrerstelle an einer land- 
wirth8chaftliclien Unterrichtsanstalt oder an einer Hufbeschlag¬ 
lehranstalt. Bezüglich der Letzteren wird es allerdings in 
vielen Fällen einer besonderen Genehmigung nicht bedürfen, da 
meistens die Annahme der thierärztlichen Lehrerstelle an einer 
Hufbeschlaglehrschmiede oder Fachschule Seitens des Kreis¬ 
thierarztes auf Veranlassung des Regierungs-Präsidenten erfolgt. 


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4. Octobcr 1900. 


BERLINER TIUERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Die Ausübung der Fleischbeschau ist den Kreisthierärzten 
selbstredend ohne vorherige Genehmigung gestattet, sofern 
nicht hiermit eine fortdauernde Remuneration verbunden ist. 
In diesem Falle dürfte gleichfalls eine Genehmigung er¬ 
forderlich sein. 

Die bei Landwirthschaftskammern, Viehzuchtgenossen¬ 
schaften etc. seitens der Kreisthierärzte ausgeübten Neben¬ 
beschäftigungen sind zwar meist mit dem thierärztlichen Beruf 
eng verknüpft, dieselben bedürfen jedoch dann der Genehmigung, 
wenn sie mit einer fortlaufenden Remuneration verbunden sind. 

Die Uebernahme von Agenturen von Vieh-Versicherungsgesell¬ 
schaften ist den beamteten Thierärzten gemäss dem Ministerial- 
Erlass vom 3. Januar 1898 überhaupt verboten. Durch den Er¬ 
lass vom 5. Juli 1898 ist jedoch eine Betheiligung der beamteten 
Thierärzte bei dem Betriebe der Schlachtviehversicherung zu¬ 
gelassen worden. Die Thätigkeit derselben hat sich jedoch nur 
darauf zu erstrecken, dass sie gegen angemessenes Entgelt die 
zur Aufnahme der Thiere erforderlichen thierärztlichen Unter¬ 
suchungen ausführen und die erforderlichen Atteste ausstellen. 
Das Entgelt darf nur nach festen Sätzen für jede Untersuchung, 
jedes Attest u. 8. w. bemessen oder als feste Vergütung für 
einen bestimmten Zeitabschnitt festgesetzt werden. 

Zur Ausübung dieser Thätigkeit ist die Genehmigung des 
Regierungs-Präsidenten erforderlich. 

Naohwelsaog Ober den Staad der Viehseuchen In Deutschen Reiche 
am 15. September 1900. 

[Die Zahlen hinter den Landestheilen bedeuten Kreise (und 
Gemeinden).] 

Gegenüber dem Seuchenstand am 31. August er. sind fol¬ 
gende Aenderungen zu bemerken: 

Mit Rotz sind in 37 Gemeinden 50 Geh. verseucht. In 
Prenssen ist der R.-B. Minden frei geworden, dagegen Erfurt 1 (1) 
und Düsseldorf 1 (1) neu hinzugekommen. In Sachsen ist die 
Seuche in der Kreishauptmannschaft Zwickau erloschen und dafür 
die Kreishauptm. Leipzig 1 (1) als verseucht aufgefuhrt. — Die 
Maul- und Klauenseuche ist neu aufgetreten in den preuss. 
R.-B. Schleswig, Arnsberg je 1 (2), Minden, Koblenz, Köln je 
1 (1) und erloschen im R.-B. Gumbinnen. Von anderen Bundes¬ 
staaten ist die sächs. Kreishauptm. Leipzig mit 2 (2), der bayr. 
R.-B. Pfalz, bad. Landescomm. Konstanz, beide Reuss u. Hamburg 
mit je 1 (1) neu betroffen, und nur Landescomm. Freiburg, 
Prov. Rheinhessen u. Fürstenth. Birkenfeld seuchefrei geworden. 
Insgesammt sind in 424 Gemeinden 1412 Geh. als verseucht ge¬ 
meldet. — Die LnngenBeuche ist ausser den bereits namhaft 
gemachten noch im R.-B. Liegnitz 1 (1) constatirt worden. 
Zur Zeit Bind 8 Gern. (8 Geh.) verseucht. — Die Schweine¬ 
seuche (Pest) ist in Preussen im Reg.-Bez. Merseburg und 
Münster getilgt worden. Von anderen Bundesstaaten ist bayr. 
R.-B. Oberpfalz, Mittelfranken, Unterfranken, sächs. Kreishauptm. 
Bautzen u. Zwickau, württ. Neckarkreis, Bez. Obereisass mit 
je 1 (1) neu betroffen und Prov. Oberhessen, Rheinhessen, 
Braunschweig, Sachs.-Meiningen seuchefrei geworden. 

Mail- und Klaqeaseacbe auf Schlaoht-Viehhöfen. 

In Nürnberg ist die Seuche unter den Schweinen aof dem 
Schlachthofe am 17. September er. wieder erloschen. Von 
München ist unterm 24. Ausbruch mit gleichzeitigem Erlöschen 
nnter Ueberständerindern und von Mainz unterm 27. ein Seuchen- 
ausbmch gleichfalls unter Ueberständerindern gemeldet, welcher 
am 28. wieder erloschen war. 


Fleischschau und Yiehhandel. 

Von Köhnau. 

Uefaer die Leitung und Bebufaiohtigung der Schlachthäuser in Frankreich 
durch Thierftrzte. 

Kopp theilt in der „Rundschau“ 1900 No. 10 aus der dem 
französisch nationalen thierärztlichen Congress in Paris 1900 
von Carreau und H. Rossignol vorgelegten Druckschrift 
„Organisation du Service sanitaire (Angers, Schmitt, Stran¬ 
de au) mit, dass in Frankreich die von Thierärzten geleiteten 
Schlachthäuser die Ausnahme bilden. Nachdem vor 25 Jahren 
Bordeaux als erste die Schlachthausleitung einem Thierarzt an¬ 
vertraute, folgte eine Reihe anderer Städte, darunter auch Paris. 
In zahlreichen Städten wird der Thierarzt in den Schlacht¬ 
häusern nur gelegentlich zur Untersuchung zugezogen, während 
für gewöhnlich Laienfleischschauer die Schau ausüben. Noch 
andere Schlachthäuser entbehren jeder thierärztlichen Controle 
und Leitung. Deshalb sind dem Congress folgende Schluss¬ 
sätze von den Referenten unterbreitet worden: 

1. Es ist wünschenswert^ dass alle bedeutenderen Städte 
die Leitung ihres Schlachthauses städtischen Thierärzten über¬ 
geben, die so gestellt werden, dass sie auf Privatpraxis ver¬ 
zichten können. 

2. Es ist nöthig, dass alle Gemeinden, die ein öffentliches 
Schlachthaus besitzen, dieseB unter die täglich vorzunehmende 
Controle eines oder mehrerer Thierärzte stellen. 

3. Es ist absolutes Erforderniss, dass diejenigen Schlacht¬ 
häuser, die einer thierärztlichen Controle entzogen sind, von 
Staatswegen unter die Aufsicht eines oder mehrerer Thierärzte 
gestellt werden. 

Blutverwerthiing. 

Die Albuminfabrik auf dem Berliner Schlachthof soll auf die 
„Deutschen Peptonfutterwerke“ übergehen. Diese Gesellschaft 
will das auf dem Schlachthof gewonnene Blut mit dem Magen¬ 
inhalt von Rindern und Schweinen nach einem neuen Verfahren 
zu Futter verarbeiten. An Stelle des sogenannten Füllmaterials 
bei der Blutmelassefutterbereitung, das in gemahlenen Hafer¬ 
hülsen oder anderen fettreichen Vegetabilien besteht, soll hier¬ 
nach der eingespeichelte, mit Magensaft imprägnirte, also pepto- 
nisirte, aber noch nicht verdaute Inhalt des ersten Rindermagens 
(zerkleinertes Heu) und des Schweinemagens (Gerstenschrot) 
verwendet werden. Das Futter soll als Kraftfutter für Pferde 
und Schlachtthiere dienen. Bevor ein Urtheil über das Futter 
zu fällen ist, müssen erst die Ergebnisse von Fütterungs¬ 
versuchen abgewartet werden. 

Unterricht In den Fachschulen der Fleischer. 

Ein lobenswerthes Streben der Fleischer-Innungen ist 
darauf gerichtet, den Fleischerlehrlingen eine gründlichere 
theoretische und praktische Durchbildung zu theil werden zu 
lassen. Der Obermeister Schmidt der Berliner Innung hat An¬ 
fang August wiederum einen Cursus, an dem sich bisher zwanzig 
Lehrlinge betheiligen, eröffnet. Von einem Thierarzt der 
städtischen Fleischschau werden den Lehrlingen die Thiere in 
ihrem Zusammenhänge mit den inneren Organen vorgeführt, auch 
werden sie im Anschluss daran über das Erkennen der ver¬ 
schiedenen Krankheiten als Tuberculose, Trichinen, Finnen und 
deren Entwicklung u. 8. w. unterrichtet. Ausserdem erwerben 
die Lehrlinge Kenntniss in der Zerlegung des Fleisches, in der 
Beurtheilung des Werthes und der Qualität der einzelnen 
Fleischstücke, ferner in der Herstellung aller Fleisch- und 
Wurstwaaren, sowie Anwendung der verschiedenen Hilfs- und 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


■.No. 40. 


Conservirungsmittel. Jeder Lehrling, welcher zum Gesellen ge¬ 
sprochen wird, muss vorerst eine Prüfung ablegen. Auch die 
Hamburger Schlächter-Innung hat einen Cursus im ersten Quartal 
jeden Jahres eingerichtet, in dem die Lehrlinge von dem dortigen 
Oberthierarzt über den Aufbau und die Lebensbedingungen der 
Schlachtthiere, Einfluss der Gattung, des Geschlechts, des Alters, 
der Aufzucht, der Mästung und der Rasse auf die Beschaffen¬ 
heit des Fleisches, Transportbedingungen des Schlachtviehs, 
Schlachtmethoden, Fleischbeurtheilung, Aufbewahrungs- und 
Conservirungsarten des Fleisches, Krankheiten der Schlacht¬ 
thiere, Veränderung des Fleisches nach der Schlachtung und 
Vernichtung des nicht genusstauglichen Fleisches, sowie die in 
Betracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen unterrichtet 
werden. 

Fleischbeschauer-Prüfung in England. 

Bei der im letzten Monat stattgehabten Prüfung für 
Nahrungsmittel-Inspectoren, zu welcher sich 6 Candidaten ge¬ 
meldet hatten, mussten folgende Fragen beantwortet werden: 

1. Was ist der Hauptinhalt der verschiedenen gesetzlichen 
Bestimmungen gegen den Verkauf von ungesunden und un¬ 
tauglichen Nahrungsmitteln? 

2. Welche Theile der Schlachtstücke sind mit Rücksicht auf 
Tuberculose zu untersuchen? Durch welche Erscheinungen be¬ 
kundet sich die Krankheit in den verschiedenen Theilen des 
Schlachtstückes? Wie sind die verschiedenen Formen und Stadien 
ihrer Entwickelung? 


3. Welche thierischen Parasiten kommen in dem Fleisch 
von Ochsen und Schweinen vor; welche erzeugen bei den 
Menschen Krankheit? Woran erkennt man die Parasiten? Welche 
Thiere unterliegen den parisitären Krankheiten am meisten? 

4. Was für eine Prüfung ist anzuwenden, um die Schäd¬ 
lichkeit des Fleisches, sowohl im ganzen Schlachtstück als auch 
in einzelnen Theilen, nachzuweisen? 

5. Welches ist die normale Beschaffenheit der Lnngen, 
Leber und Nieren eines Ochsen, Schafes und Schweines? 

6. Welche Erscheinungen erwartet man zu finden in den 
Lungen eines Ochsen, 

a) der zu Tode verblutet ist, 

b) der kurz nach dem Tode geblutet hat, 

c) der überhaupt nicht geblutet hat, aber einige Stunden 
nach dem Tode auf einer Seite gelegen hat? 

7. Was für Unterschiede kennt man zwischen einem ge¬ 
schlachteten Kaninchen und einer Katze? 

8. Beschreibung mit Skizzen der Einrichtung und Drainage 
eines Muster-Schlachthauses; 

9. Welche Schlachtmethoden beim Rind, Schaf u. s. w. werden 
für die besten gehalten, und welches System der Aufbewahrung 
der Schlachtstücke nach dem Schlachten zur Conservirung hat 
sich am besten bewährt? 

10. Welche Erhaltungsmittel werden gewöhnlich der Nahrung 
und dem Getränk hinzugefügt? Welche und in welchen Mengen 
sind sie gesundheitsschädlicli? 


Personalien. 

Ernennungen etc.: Reissmann, Oberthierarzt der Fleischschau in 
Berlin, zum Director der städtischen Fleischschau daselbst. 
— Dem Departementsthierarzt Schmidt ist mit seiner Versetzung 
nach Stade das Decernat bei der Königl. Regierung übertragen 
worden und Weiterführung der kreisthierärztlichen Geschäfte des 
Kreises York. Die Bezirksthierärzte Karl Hofer-Ebermannstadt 
und Joseph Neuwirth-Kemnath nach Friedberg bezw. Sulzbach 
versetzt. — Dr. Ellinger-Dermbach nebenamtlich zum Lehrer für 
Thierzucht an der landwirthschaftlichen Schule zu Marksuhl (Kr. 
Eisenach), Thierarzt Zietzschmann (Donauescbingen) zum 
Assistenten am pathol. Institut der Dresdener Thicrärztl. Hochschule. 

Gewählt: Thierarzt K. Matt zum Schlachthofverwalter in 
St. Wendel. 

Wohnsitzverladerungen, Niederlassungen etc. Verzogen: Die Thier¬ 
ärzte Albrecht von Nauen nach Marzhausen b. Friedland (Leine), 
Alfred Dinter von Canth nach Breslau, Fr. Dröge nach Neu¬ 
stadt a. Rübenberge b. Hannover, Jacobsen von Semmenstedt 
(Braunschw.) nach Altona-Bahrenfeld, Hesselbach von Pössneck 
nach Semmenstedt, J. Meyer (bisher Einj.-Freiw. in Celle) nach 
Münder a. D., Schiel von Wandsbeck nach Hamburg, Stephan 
Schmidt nach Rosenheim (Bay.) als bezirksthierärztl. Assistent, 
Gustav Schmidt von Hofbeim nach Gemünden (Unterfranken), 
0. Simon von Bremervörde nach Cbarlottenburg, Otto Schulze 
und A. Schwarz als Einj.-Freiw. nach Magdeburg (Trainbat No. 4) 
bezw. Hannover (Königs-Ul. No. 13). 

In der Armee: Kirsten undThienel, einj.-frw. Unterveterinäre 
im 2. bayr. Trainbat. in Würzburg, als active Unterveterinäre zum 
2. Ul.-Reg. in Ansbach bezw. zum 6. Chevauxlegers-Regiment in 
Bayreuth versetzt. 


Yacanzen. 

(Näheres über die Vacanzen mit ab gelaufener Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 
Krelsthlerarztstellen eto.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Reg.-Bez. Liegnitz: Sagan zum 1. XI. (600 M. Gehalt). Zeugnisse 
und Lebenslauf binnen 4 Wochen an den Regierungs-Präsidenten. 


b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Aachen: Montjoie. —■ R.-B. Düsseldorf: Landkreis Krefeld. — 
R.-B. Oppeln: Gross-Strehlitz (600 M.) zum 1. October er. 

SanitltsthierarztstelleB: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Berlinchen (Neumark): Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau: 
aus letzterer ca. 20°0 M. Einnahme. Bewerbungen sofort an den 
Magistrat. — Lübeck: Hilfsthierarzt am Schlachthof. (2400 M. drei¬ 
monatliche Kündigung.) Bewerbungen an die Schlachtbofverwaltung. 

— Rackwitz i. Pos.: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischschau. 
(1200 M. Fixum. Privatpraxis.) Meid, beim Magistrat. — W olkenstein 
Schlachthofthierarzt. (Zunächst bis 1903 Beihülfe von 700 Mark zu¬ 
gesichert. Privatpraxis gestattet.) Bewerb, a. d. Stadtrath. 

b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte Stellen : 
AryB: Schlachthofverwalter zum 1. Oct. er. — Bahn: Thieraxzt 
für Fleischbeschau. — Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachthof. 

— Cassel: Schlachthofassistenzthierarzt— Cottbus: Schlachthof- 
Assistenztbierarzt z. 1. Oct. — Dessau: Schlachthof-Assistenzthier- 
arzt. — Düren: Schlachthofdirektor. — Gr ätz (Posen): Schlacht¬ 
hofinspector. — Graudenz: Assistenzthierarzt am Schlachthof. — 

— Halle: 2 Assistenzthierärzte. — Haltern: Sanitätsthierarzt — 
Hamburg: Polizeithierarzt. — Köln: Scblachthofthierarzt.—Königs¬ 
berg (Ostpr.): Schlachthofthierarzt zum 1. October er. — Ottweiler 
(Bez Trier): Schlachthausverwalter. — Pausa: Thierarzt für den 
Fleischbeschau-Bezirk. — Salzwedel: Schlachthofvorsteher. — 
Stettin: 3. Scblachthofthierarzt zum 1. September. — Wanne: 
Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. — Wollstein (Posen): 
Schlachthofinspector zum 1. Oct er. — Zoppot: Schlachthofdirector. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). —- Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotzenau 
i. Schl. — Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen 
(Kr. Pillkallen). — Lugau: Thierarzt zum ,15 Dec. er. (2000 Mark. 
Privatpraxis). Bewerb, bis 1. Oct. an den Gemeinderath. — Murr¬ 
hardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. — 
Mengeringhausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schlea.). 

— Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Sebloppä (Westpr.). 

— Schwarzenberg i. S.— Sonnenburg. — Suelze (Meeklb.). 

— Wolkenstein. 


Besetzt: Sanitäts-Thierarztstelle in St Wendel. 

Verantwortlich für den Inhalt (excL Inseratenteil): Prot Dr. Schmalta in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schoetr ln Berlin. — Druck von W. BOxenateln, Berlin. 


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Alle Mannscripte, Mittheilungen und redactionelien An* 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält», 
Berlin thlerlrztliche Hochschule, MW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Ezemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Redactionji 

Professor Dr. Schmaltz- Berlin. 

Verantwortlicher ßedactenr. 

De Bruln KQhnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Sohlegel Dr. Vogel Zünde! 

Professor Obertliierarst Departementsthiorarzt Kreisthierarzt DepartemenUtblerarct Veterinirassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthierarzt 

Utrecht Hambarg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhauaen i. E. 


Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. M 4L Ansgegeben am 11. October. 


Inhalt: Steinbach: Ist. zur Diagnose des Milzbrandes die Obduction erforderlich? — Anders: Ueber die Wirkung des 
„Amyloform“. — Referate: Schmidt: Zur Aetiologie der senchenhaften Augenentzündungen der Rinder. — Nicolas: Die 
Entzündungen des Uvealtractus beim Pferde. — Hobday: Laparotomie als diagnostisches Hilfsmittel. — Olt: Mastdarm¬ 
krebs beim Pferde. — Kitt: Carcinom des Eierstocks bei der Katze. — H. Markus: Ein Fall von Struma beim Pferde. — 
Tagesgescbichte: Bericht über die in Aachen abgehaltene 72. Versammlung dcntscher Naturforscher und Aerzte. — Protocoll 
der 2. ausserordentlichen Versammlung der Gruppe „Schlacbthof- und Sanitätsthierärzte“ vom thierärztlichen Centralverein für 
die Provinz Sachsen, die anhaitischen und thüringischen Staaten, abgehalten am 16. September 1900 zu Magdeburg. — 
Steinmeyer: Der practische Thierarzt als Fleischbeschaner. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — Fleisch¬ 
schau und Viehhandel. — Personalien. — Vacanzen. 


Ist zur Diagnose des Milzbrandes die Obduction 
erforderlich? 

Vou 

Dr. Steinbach-Trier, 

Departementsthierarzt. 

Vortrag, gehalten in der Abtheilung für Thierheilkunde 
der Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Aachen 
am 20. September 1900*). 

M. H. Während des Spätsommers und Herbstes 1898 kamen 
in den Gemeinden Manderscheid und Bettenfeld des Kreises 
Wittlich zahlreiche Erkrankungen unter dem Rindvieh vor, die 
durch ihren raschen, tödtlichen Verlauf an Milzbrand erinnerten 
un l von dem zuständigen, inzwischen verstorbenen Kreisthierarzt 
Dr. Hermes auf Grund der Obductionsbefunde und des Er¬ 
gebnisses der microscopischen Untersuchung auch für Milzbrand 
erklärt wurden. Da sich jedoch nachher der Gedanke auf¬ 
drängte, diese Fälle seien wohl auf sog. bösartige Maul- und 
Klauenseuche zurückzuführen, und deshalb der Landeshauptmann 
der Rheinprovinz die betr. Entschädigungsansprüche be¬ 
anstandete, da ferner gegen Ende des Jahres 1898 auch zahl¬ 
reiche Milzbranderkrankungen ans den Kreisen Ottweiler nnd 
St. Wendel zur Meldung gelangten, so wurde, nachdem ich am 
1. November 1898 die Departementsthierarztstelle für den 
Regierungsbezirk Trier übernommen hatte, mit Rücksicht auf 
die gegen die Richtigkeit der Diagnosen erhobenen Einwände 
und gleichzeitig zur Förderung des microscopischen Nachweises 
der Milzbrandbacillen vom Regiemngspräsidinm zn Trier an¬ 
geordnet, dass die Kreisthierärzte in jedem Falle von Milzbrand 
oder Milzbrandverdacht auf eine etwa 1 cm grosse Stelle eines 
gut gereinigten Objectträgers in dünner Schicht einige Tropfen 
Halsvenenblut oder Milzbrei bringen, dieses Material an der 
Sonne oder in der Nähe eines Ofens trocknen, dann den Object¬ 
träger in eine kleine Pappmappe, wie sie zum Versenden von 
Blut- oder dergl. Proben gebräuchlich sind, legen und nachher 
untersuchen sollten. Sofern sie durch die microscopische Unter¬ 
suchung Milzbrandbacillen nachwiesen, sei die Probe in der 
*) Vgl. hierzu auch die Tagesgeschichte Seite 486 dieser Nummer. 


durch eine Schnur zn schliessenden Pappmappe nebst kurzem 
Anschreiben in Briefumschlag dem Departementsthierarzt ein¬ 
zusenden, der ihnen das Ergehniss der Nachuntersuchung mit¬ 
theilen werde. — Hierzu bemerke ich ausdrücklich, dass es sich 
bei der Nachprüfung nicht um ein Obergütachten im gesetzlichen 
Sinhe, sondern, wie bereits erwähnt, nur darum handelte, die 
bäeterioscopischen Nachweise des Milzbrandes zu fördern und 
etwaige Einwände der Provinzialverwaltung g. F. zu ent¬ 
kräften. — Auf diese Weise kam ich in die Lage, mich mit 
der Diagnose des Milzbrandes recht häufig beschäftigen zu 
müssen. Die Kreisthierärzte zn Ottweiler und St. Wendel, in 
deren Amtsbezirken der Milzbrand oft vorkommt, bat ich aus 
später anzuführenden Gründen, mir jedesmal ein Probe Hals¬ 
venenblut zu schicken. 

Meine Herren! Ich beabsichtige nun nicht, Sie mit einem 
langen gelehrten Vortrage zn behelligen, schon deshalb nicht, 
weil ich fürchten müsste, Ihnen nichts Neues sagen zu können, 
ich habe nur vor, Sie auf einige Momente hinzuweisen, die bei 
der Feststellung und Bekämpfung des Milzbrandes von practisclier 
Bedentung sind. Nach den bisherigen Anschauungen und den 
einschlägigen veterinärpolizeilichen Vorschriften stützt sich die 
Diagnose des Milzbrands auf den Vorbericht, den anatomischen 
Befand und die Ergebnisse der bacteriologischen Untersuchung. 
Man findet die Zeichen einer aenten Allgemeininfection, ins¬ 
besondere trübe Schwellung der grossen Körperparenchyme 
(Milz, Leber, Nieren, Scelett- und Herzmusculatur) sowie der 
Magen- und Darmsohleimhant, bisweilen auch sulzige oder blutige 
Extravasate und Infiltrate; der Dünndarm enthält in der Regel 
Bchmutzigrothe Flüssigkeit, in den Herzkammern findet sich ge¬ 
wöhnlich gar kein oder nur ein wenig schmieriges, dickflüssiges 
Blut, unter dem Endocard zeigen sich meist kleinere oder 
grössere Ecchymosen, u. s. w. Wer häufig Obdnctionen milzbrand- 
kranker Thiere auszuführen hatte, wird sich schon ohne micro¬ 
scopische Untersuchung eine bestimmte Ansicht über Milzbrand 
oder Nichtmilzbrand auf Grund des macroscopischen Befundes 
bilden können, indess ist der bacterioscopische Befund ent- 


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482 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 41. 


scheidend und deshalb die bezügliche Prüfung unerlässlich. Zu 
dem Zwecke entnimmt man die Proben etwa in der Weise, wie 
es die erwähnte Trierer Regierungsverfügung vorschreibt. In 
solchen Proben erhalten sich die Milzbrandbacillen nach meinen 
Ermittelungen acht Tage und länger. Hauptsache ist, dass man 
reines Blut bezw. reinen Milzbrei etc. nimmt und nicht dick, 
sondern in dünner Schicht aufträgt. Unmittelbar vor der Unter¬ 
suchung setzt man ein Tröpfchen destillirtes Wasser zu, fertigt 
dann mit einer ausgeglühten, kräftigen Platinnadel einen Deck- 
glasausstrich an, der zuerst lufttrocken werden muss, dann 
dreimal durch die Spiritusflamme gezogen und nun mit */a 
bis 3 procentiger wässriger Safraninlösung beschickt wird. 
Die Farblösung muss die Schmierseite des Deckglases 
ganz einnehmen und auf dieser binnen einer oder einer halben 
Minute mindestens dreimal über der Spiritusflamme bis zum 
Aufwallen erhitzt werden, wobei zu beachten ist, dass auch 
während des Kochens die obere Fläche des Deckglases überall 
mit der Farbflüssigkeit bedeckt bleibt. Dann wird mit Wasser 
gründlich abgespült, das Deckglas, Schmierseite nach unten, 
auf einen reinen Objectträger gelegt, mit Fliesspapier getrocknet 
und bei Oelimmersion untersucht. Nach dieser von Olt in 
Hannover angegebenen, Behr einfachen Methode zeigen sich die 
Milzbrandbacillen so characteristisch gefärbt, dass sie mit 
Sicherheit unter allen anderen Bacterien herausgefunden werden 
können. Die Bacterienkerne des Milzbrandstäbchens färben sich 
nämlich rothbraun, die sie umgebenden Plasmamassen quittengelb, 
und das ganze Stäbchen ist mit einer feinen, rothbraunen Contur 
umsäurat. Alle anderen Bacterien im Präparat erscheinen mehr 
oder weniger roth. (Ende 1898 wurde regierungsseitig die 
Doppelfärbnng nach Klett, später auf Grund inzwischen 
gemachter Erfahrungen die Safraninfärbung nach Olt als einfacher 
und gleich sicher empfohlen.) — Ich erwähnte schon, dass ich 
die Kreisthierärzte zu Ottweiler und St. Wendel gebeten 
hatte, mir thunlichst Proben von Halsvenenblut zu übersenden. 
Ich that dies, weil erfahrungsgemäss die Zersetzung in den 
oberflächlich gelegenen Gefässen am spätesten beginnt und hier 
noch unveränderte Milzbrandbacillen sich finden, wenn sie im 
Innern der Leiche bereits mehr oder weniger durch Fäulniss 
verändert sind. Im Ganzen habe ich das Halsvenenblut von 
115 Rindern untersucht, die auf Grund des Vorberichts der 
äussern Besichtigung, des Obductionsergebnisses und des 
bacterioscopisehen Befundes für milzbrandkrank erklärt worden 
w r aren. In allen 115 Fällen habe ich das mir übersandte Hals¬ 
venenblut stets stark von Milzbrandbacillen bevölkert gefunden, 
in keinem Falle von Milzbrand habe ich die Bacillen im Hals- 
venenblute vermisst, auch dann nicht, wenn mehrere Tage 
zwischen Tod und Entnahme der Probe bezw. Obduction ver¬ 
flossen waren. Obduction bezw. Probeentnahme hatte selten 
am Todestage, meist am folgenden, häufig am zweitfolgenden, 
selten erst am drittfolgenden Tage oder noch später stattge¬ 
funden. Ungezählte Male habe ich durch Impfung von Mäusen, 
Kaninchen oder Meerschweinchen, sowie durch Herstellung von 
Stich- und Plattenkulturen u. s. w. die mikroskopische Diagnose 
bestätigt. Ich neige deshalb zu der Annahme, dass in jedem 
Falle das Halsvenenblut von Milzbrandleichen zahlreiche Milz¬ 
brandbazillen enthält, und dass es genügen dürfte, da, wo Vor¬ 
bericht, die äusseren Erscheinungen u. s. w. für Milzbrand 
sprechen, einen Tropfen Blut aus der Hals- oder einer anderen 
Vene zu entnehmen und microscopisch zu untersuchen, um mit 
Bestimmtheit Milzbrand feststellen zu können. Mit Rücksicht 


auf vereinzelte in der Literatur mitgetheilte Fälle, in denen sich 
Milzbrandbacillen nur an beschränkten inneren Körpertheilen 
fanden, kann allerdings das Fehlen dieser Bacillen im Blute der 
äusseren Venen nicht als völlig bindender Beweis dafür gelten, 
dass kein Fall des Milzbrands vorliegt, doch darum handelt es 
sich hier auch nicht, sondern um die Frage, ob im Falle eines 
positiven Ergebnisses der bacterioscopischen Untersuchung des 
Halsvenenblutes etc. von einer Obduction des betr. Thieres ab¬ 
zusehen sein möchte. Bei dem gegenwärtigen Stande des 
Abdeckereiwesens im grössten Theile des Deutschen Reiches 
kann erfahrungsgemäss die Zerlegung eines solchen Thieres zur 
Zerstreuung von bacillenhaltigem Material führen und der Ver¬ 
breitung der Krankheitskeime Vorschub leisten, während die Ver¬ 
grabung des ganzen Thierkörpers die Zerstörung der Krank¬ 
heitskeime sichert, indem letztere bei der Fäulniss und bei dem 
Mangel an Sauerstoffzutritt zu Grunde gehen, ohne Sporen 
bilden zu können. In den zahlreichen Obductionen etc. liegt 
vielleicht eine der Ursachen, weshalb der Milzbrand in den 
letzten Jahren häufiger als in früherer Zeit aufgetreten ist. Da 
die Vornahme von Obductionen milzbrandkranker Thiere, die in 
ländlichen Bezirken meist auf freiem Felde, bei allen möglichen 
Witterungsunbilden, ohne geschultes Abdeckerpersonal und unter 
vielen sonstigen Schwierigkeiten stattfinden, auch den Obducenten 
und das Hülfspersonal gefährdet, so erscheint aus veterinär- 
und medicinalpolizeilichen Gründen, im Interesse der Be¬ 
kämpfung des Milzbrands wie zum Schutze der Thierärzte etc. 
gegen Infection, die Frage der Prüfung werth, ob nicht nach 
Massgabe der einschlägigen Vorschriften dann, wenn auf 
Grund des Vorberichtes, der äussern Besichtigung und 
des mikroskopischen Nachweises der Milzbrandbacillen 
im Blute einer äusseren Vene die Diagnose des Milzbrands ge¬ 
sichert ist, von der Obduction Abstand genommen werden 
dürfe. — Die Zerlegung eines verdächtigen Thieres ist im 
Sinne (nicht nach dem Wortlaute) des § 13 des Reichs¬ 
viehseuchengesetzes nur dann erforderlich, wenn ohne diese 
nach dem Gutachten des beamteten Thierarztes keine Gewissheit 
über den Ausbruch einer Seuche zu erlangen ist, und nach § 21 
Absatz 2 des Preuss. Ausführungsgesetzes vom 12. März 1881 
erfolgt die Untersuchung, soweit erforderlich, nach Oeffnung 
des Cadavers. Ist also ohne Oeffnung des letzteren und ohne 
Zerlegung Gewissheit über den Ausbruch des Milzbrands zu 
erlangen, so ist die Obduction nicht erforderlich. § 5 der An¬ 
weisung zum Obductionsverfahren (Anlage B der Bundesraths¬ 
instruction vom 1895) sagt: die Obductionen haben 

27. Juni 

den Zweck, über den Ausbruch einer Seuche Gewissheit zu er¬ 
langen oder die Krankheit eines Thieres rücksichtlich der 
Entschädigungsleistung festzustellen; — und § 27 dieser An¬ 
weisung lautet: In denjenigen Fällen, in denen es sich allein 
darum handelt, durch die Obduction eines Thieres das Vor¬ 
handensein einer Seuche festzustellen, kann ein verkürztes 
Verfahren in der Weise angewendet werden, dass zunächst 
gewisse Theile oder Gegenden des Körpers untersucht werden. 
Ist bei dieser Untersuchung ein positives Ergebniss nicht erlangt 
worden, um den Krankheitszustand des Thieres in Beziehung 
auf die Entschädigungsfrage festzustellen, so ist die Obduction 
vollständig ausznführen. — Nach dem Sinne dieser Bestimmungen 
dürfte es zulässig sein, dann, wenn durch die microscopische 
Untersuchung des Halsvenenbluts eines nach Vorbericht und 
äusserer Besichtigung milzbrandverdächtigen Thieres der Nach- 


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11. October 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


weis des Milzbrands geliefert ist, von einer eigentlichen 
Obdaction Abstand zn nehmen, dagegen ist es bestimmungs- 
m&ssig geboten, die Obduction vorznnehmen, wenn bei Milzbrand¬ 
verdacht die microscopische Untersuchung des Halsvenenblutes 
ein negatives Ergebniss hat. In solchen Fällen wird aber wohl 
nur selten Milzbrand ermittelt werden und deshalb die Gefahr 
für den Obdncenten, sowie für die Zerstreuung von Milzbrand¬ 
keimen nur gering sein. Wo aber ohne Obduction die Diagnose 
des Milzbrands gesichert ist, da sollten bei dem gegenwärtigen 
Stande des Abdeckereiwesens, das in ländlichen Bezirken schwer 
zu bessern ist, auch die von Provinzial- nnd sonstigen Ver¬ 
bänden erlassenen Milzbrand-Entschädigungsordnungen mit dem 
Nachweise der Krankheit ohne Obduction sich begnügen und 
dahin wirken, dass durch immer gründlichere Schulung der 
Veterinärbeamten in der Bacterioscopie und sonstige geeignete 
Mittel diagnostische Irrthümer thunlichst ausgeschlossen werden. 

Die vielfach jetzt schon übliche Mitnahme des Microscops 
u. s. w. nach dem betr. Gehöfte bezw. Orte würde allerdings, 
wie bereits in Württemberg geschehen, dem beamteten Thierarzt 
zur Pflicht zu machen sein. — Die Gebühren für Erhebung des 
Vorberichts, die äussere Besichtigung, die Probeentnahme, die 
microscopische Untersuchung und das Gutachten Hessen sich in 
Preussen auf Grund des § 3 No. G des Gesetzes vom 9. März 1872 
kraft § 10 dieses Gesetzes auf 12 M. bemessen. 


Ueber die Wirkung des „Amyloform“. 

Von 

Anders-Bütow, 

comm. Kreisthlerarzt. 

Es handelt sich um Gangrän der Haut im Bereiche beider 
Hüftgelenke in Folge DurchHegens bei einem sechsjährigen 
Bernhardinerhunde männlichen Geschlechts, welcher an hoch¬ 
gradiger nervöser Staupe litt. 

Ueber beiden Hüftgelenken war die Haut im Umfange eines 
silbernen Fünfmarkstückes nach ihrer Mortification abgestossen, 
und hatte der Defect in Folge des Einschmelzungsprocesses eine 
trichterförmige Beschaffenheit angenommen. Der Grund des 
Trichters Hef linkerseits in einen daumenlangen und federkiel¬ 
starken Fistelcanal aus, welcher nach vorn, innen und unten 
über die Vorderfläche des Oberschenkelbeins führte. Rechts 
reichte der Defect von der Höhe des Gelenkes mehr nach ab¬ 
wärts, und lag die Aussenfläche des Oberschenkelbeins frei zu 
Tage. Bei beiden Defecten waren die Ränder unregelmässig, 
stark entzündlich gereizt, der Grund missfarben, höckrig und 
sonderte ein chocoladenfarbiges bis blutig missfarbiges, 
pestilenzialischriechendes, wässrig-schleimiges Product ab. Es 
bestand hochgradiges Fieber in Folge Resorption septischer 
Stoffe. Das Allgemeinbefinden war sehr schlecht. Ferner be¬ 
stand Apathie, hochgradiger Schwächezustand, allgemeine Ab¬ 
magerang, völlige Lähmung beider Hintergliedmassen, völlige 
Empfindungslosigkeit im Bereich der ganzen hinteren Körper- 
bälfte. 

Es wurde, soweit es die Wundbehandlung betraf, zunächst 
ein Luftkissen angeordnet, in dessen Vertiefung abwechselnd die 
gangränösen Stellen gelagert wurden. Peinlichste Säuberung 
des Patienten nach den Excretionen, Reinigung der Wunden und 
des beschriebenen Canals mit 10 pCt. Sublimatlösung und nach¬ 
trägliches Abtupfen mit trockenem Wattetupfer, endlich reichliches 
Bepudern der Wundstellen mit Amyloform, 5 mal täglich. 


483 

Der Erfolg war ein ausserordentlich günstiger. Schon am 
folgenden Tage war ein Abnehmen der Wundsecretion, 
Rückgang des Fiebers, Geruchlosigkeit des Secretes, 
Aufhören der Zerfalltendenz und Röthung des Grundes der 
Wunden zu bemerken, und wurden bei weiterer genauester Be¬ 
folgung der angegebenen Behandlungsmethode meine Erwartungen 
im vorliegenden Falle in der That übertroffen. 

Der schnelle Rückgang des Fiebers unter dem Einflüsse der 
Wundheilung und der .anderweitigen Therapie ermögHchte bald 
die Anwendung des Inductionsstromes zur Beseitigung der 
Paraplegie. Nach Abheilung der Wunden, welche wegen der 
erheblichen Defecte nnd der nicht gänzlich aufzuhebenden 
Ernährungsstörungen der umgebenden Haut in Folge der Druck¬ 
wirkung beim Liegen doch drei Wochen in Anspruch nahm, 
besserte sich unter hydrotherapeutischer Behandlung und Massage 
die Lähmung und die starke Muskelatrophie allmählich, sodass 
Patient sehr bald die Fähigkeit, die Vorhand aufzurichten, 
endlich auch die Fähigheit, sich zu erheben und stark schwankend 
im Schritt zu bewegen, erlangte. Bis zur völHgen Beseitigung 
der nervösen Störungen verging indess eine Frist von fünf 
Monaten. Innerhalb der letzten zwei Monate war die Behandlung 
auf wöchentlich fünfmaliges Abbürsten der hinteren Körperhälfte 
mit Spir. frument. eingeschränkt worden. 

Hinzufugen möchte ich noch, dass ausser der sehr günstigen 
Heilwirkung die Geruchlosigkeit und der Preis des Präparates 
weitere empfehlende Momente für dessen Verwendung darstellen. 


Referate« 

Zur Aetiologie der senchenhaften Angenentzündnngen 
der Rinder. 

Von Schmidt-Dresden. 

(Berl. Archiv 1900 H. C.) 

Verf. beobachtete in zwei kleinen Rinderbeständen Augen¬ 
entzündungen, die im Wesentlichen unter den Erscheinungen 
einer serösen Conjunctivitis und einer Trübung der Cornea 
einsetzten. Nach einigen Tagen bildete sich im Centrum der 
Cornea ein gelber Eiterfleck, wobei die Bindehaut einen gelbUch- 
weisslichen, eitrigen Schleim (?) absonderte. Hierauf entstand 
um den höckerig und geschwiirig gewordenen Eiterfleck ein 
Vascularisationsring, und an der Stelle des Geschwürs bildete 
sich unter Abnahme der Corneatrübung eine grauweisse Narbe. 
Das Augeninnere blieb im Allgemeinen normal. Nur in einigen 
Fällen enthielt die vordere Augenkammer ein flockiges grau¬ 
gelbes fibrinöses Exsudat, welches der Iris auflag, ohne dass 
dieselbe entzündlich verändert war. Die Erkrankungen waren 
sämmtlich gutartig und blieben auf ein Auge beschränkt. 

Aus den geschwürigen Hornhautstellen hat der Verf. den 
Staphylococcus pyogenes albus rein gezüchtet und glaubt 
deshalb, diesen Eitererreger als das ursächliche Agens der 
fraglichen Augenentzündung ansprechen zu können. Dieser 
Annahme werde durch den Umstand eine Stütze gegeben, dass 
die betr. Kuhställe mit Eitercoccen inficirt waren. In dem 
einen Stalle hatte eine Kuh gestanden, welche an Decubitus 
der Carpalgelenke und der rechten Hüfte litt und schliesslich 
unter starken Eiterentleerungen an Pyämie zu Grunde ging. 
Auch der andere Stall hatte wochenlang eine mit eitriger 
Quetschung der Carpalgelenke behaftete Kuh beherbergt. Als 
prädisponirendes Moment für das Eindringen der Eiterkeime 
in die Bindehaut und Cornea wird in den vorbeschriebenen 
Fällen eine durch staubhaltiges Maschiuenstroh erzeugte serös- 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 41. 


katarrhalische Conjunctivitis angenommen, welche bei zwei 
Dritteln des Bestandes nachgewiesen werden konnte. 

Die Impfversnche mit Staphylococcen-Reinculturen an den 
gesunden Augen von zwei Kaninchen und einem Kalbe fielen 
negativ aus. 

Nach der gründlichen Desinfection der Ställe und 
Vernichtung der Eitererreger kamen Neuerkrankungen nicht 
mehr vor. 

Der Verf. will die seuchenhaften Äugenerkrankungen g e . 
trennt wissen in: 

1. Keratitis s. Kerato-Conjunctivitis acuta infectiosa, Augen¬ 
staupe, Augenseuche der Rinder. Dieselbe kommt in der heissen 
Jahreszeit vor und wird durch einen spec. Microorganismus ver¬ 
ursacht, der leicht übertragbar und noch unbekannt ist. 

2. Seuchenhafte Augenentzündung, welche zu jeder Jahres¬ 
zeit auftreten und durch verschiedenartige Schädlichkeiten 
(pflanzliche Parasiten: eitererregende Bacterien, Schimmelpilze; 
thierische Parasiten: Filarien und Distomen; chemische Schädlich- 
keitsn: kalkhaltiger, salzhaltiger Staub, stark ammoniakalische 
Luft etc.; physikalische Schädlichkeiten: Sonnenlicht, Wind, 
Hitze; diätetische Schädlichkeiten) bedingt sein kann. 

Die Entzündungen des Uvealtractns beim Pferde. 

Von Dr. Nicolas, Militärveterinär in Bordeaux. 

(Soc. centralo de mM. vMrintlrt, SO. 8. 1900. Ref.: Prof. Almy-Alfort.'' 

Nach eingehender anatomischer Beschreibung des Uveal- 
tractus (Iris, Ciliarkörper und Chorioidea), wobei dem Filtrations¬ 
winkel, den Iris und Ciliarkörper einerseits, Sclera und Cornea 
andererseits bilden, eine besondere Studie zu Theil wird, er¬ 
wähnt N., dass in Folge seiner vasculären Natur der Uveal- 
tractus sehr zu Entzündungen neigt; von ihm hängt die Er¬ 
nährung des gesammten Auges fast ausschliesslich ab, haupt¬ 
sächlich diejenige der gefässlosen Organe, wie Linse und 
Glaskörper. N. beschreibt sodann die Symptomatologie der 
acuten Irido-Cyclitis, die subacute Irido-Cyclitis, die chronische 
Irido-Cyclitis und ihre Complicationen: grauer Staar, Lage Ver¬ 
änderungen der Linse, Glaucom, Ablösungen der Netzhaut, 
Oedem und Atrophie der Papille. Er erwähnt die Seltenheit 
des Glaucoms (2 Fälle auf 200 Irido-Cycliten), die er der 
besonderen Disposition der Filtrationswinkel zuschreibt. Sodann 
beschreibt N. die diffuse und die disseminirte Chorioiditis. 

Nach Beschreibung der pathologischen Anatomie der diversen 
Laesionen behandelt N. die pathologische Physiologie und die 
Aetiologie derselben. Bezüglich letzterer theiltN.die Entzündungen 
des Uvealtractns ein iu idiopathische, symptomatische (von 
Infectionskrankheiten wie Pneumonie, Typhoid), traumatische and 
sympathische. Die symptomatischen Entzündungen neigen nicht 
zu Recidiven, die idiopathischen Entzündungen hätten aber eine 
sichtliche Praedisposition dazu, ohne jedoch dass diese Recidive 
absolut nothwendig seien. 

Die Diagnose jeder uvealen Entzündung ist nach N. leicht, 
die Prognose hängt in erster Linie von der Schwere der 
Laesionen ab, in zweiter Linie von der Möglichkeit eines 
Recedives. Die Behandlung besteht hauptsächlich in Atropin- 
einträuflungen, bezüglich welcher N. die Verwendung von Tropfen¬ 
zählern empfiehlt. N. erwähnt sodann als nützlich: Aderlässe 
an der Gesichtsvene, warme Umschläge, die Iridectomie und 
subconjunctivale Injectionen von Qnecksilbercyanid. i 

Bezüglich der periodischen Augenentzündung und der internen 
Ophthalmie schreibt N., dass diese Erkrankungen, die in evidenter 
Beziehung zu den Uvealentzündungen stehen, nicht als Krank¬ 


heiten für sich betrachtet werden können, weil ihnen die ana¬ 
tomische Basis fehlt und weil ihre Diagnose sich nur auf 
secundäre Erscheinungen stützt. Sie sollten deshalb unter diesen 
Bezeichnungen gestrichen werden und den Formen der Irido- 
Cyclitis und der Chorioiditis Platz machen, deren anatomische 
Diagnose sicher ist, wenn auch die Aetiologie unsicher bleibt. 
Daher sollte die Bezeichnung periodische Augenentzündung aus 
der Reihe der Hauptmängel verschwinden. Alle oder nur 
einzelne Erkrankungen des Uvealtractns als Hauptmängel zu 
bezeichnen, hätte nur Uebelstände zur Folge; nur einzelne Er¬ 
krankungen als redhibitorisch anzunehmen würde die Anwendung 
des Gesetzes zur Willkür gelangen lassen, da die klinischen 
Formen derselben Krankheit nichts Mathematisches haben; 
sämmtliche Erkrankungen als Hauptmängel zu betrachten, 
würde ohne Grund die Handelsgeschäfte ganz wesentlich ein¬ 
schränken. Uebrigens könnteu die Alterationen des AugeB viel 
leichter und schneller als alle anderen Krankheiten zur Evidenz 
gebracht werden, so dass es nicht nöthig erscheint, denselben 
einen besonderen Schutz durch die Aufnahme in die Reihe der 
Hauptmängel zu gewähren. Z. 

Die Laparotomie als diagnostisches Hilfsmittel 

von Hobday F. R. C. V. S 

(V«t. Record 1900 No. C30.) 

Die in No. 34 der B. T. W. erschienene Arbeit des Prof, 
de Bruin hat den Verfasser veranlasst, seine Erfahrungen über 
die Laparotomie zu veröffentlichen. Es wird empfohlen, die 
Operation mehr als bisher in solchen Fällen anzuwenden, in 
denen krankhafte Zustände der Bauchhöhle vermuthet werden. 
Bei den kleineren Thieren und beim Geflügel bringt die 
Laparotomie keine besondere Gefahr mit sich, sofern nur 
den Grundsätzen der Antisepsis Rechnung getragen wird. Von 
den grossen Thieren ist das Peritoneum des Pferdes empfind¬ 
licher als dasjenige des Rindes, doch hat die Eröffnung der 
Bauchhöhle beim Pferde nach Einführung eines brauchbaren 
Operationstisches nur noch in einer Minderzahl von Fällen durch 
Infection einen letalen Ausgang zur Folge. Es werden vom 
Verf. summarische Angaben über Laparotomien bei 26 Pferden, 
25 Rindern, 200 Hunden und Katzen etc. gemacht, welche zum 
Theil rein diagnostischen Zwecken dienten. Der andere Theil 
galt Radical Operationen von Leisten- und Bauchbrüchen, 
Enterotomien, Cryptorchidencastrationen, Ovariotomien, Rumeno- 
tomien etc. 

Von der Gesammtzahl der angeführten Fälle sind nur 
5 Thiere an Peritonitis eingegangen, und in jedem Falle liess 
sich die Ursache der Infection ermitteln. Von anderen tödt- 
lichen Complicationen, welche infolge der Operation eintreten 
können, sind zu erwähnen: Excessive Blutungen, Piolaps der 
Eingeweide und Tod durch Erschöpfung. 

Durch vorsichtige Wahl der Operationsstelle und den Ge¬ 
brauch von Klemmpincetten kann einer lebensgefährlichen 
Blutung genügend vorgebeugt werden. Prolapsus des Darmes 
wird verhütet dadurch, dass die operirten Thiere möglichst in 
Ruhe gehalten und dass denselben kleine Rationen verabreicht 
werden. Der Tod durch Erschöpfung hängt im Allgemeinen von 
einem mangelhaften Kräftezustand des Patienten und bis zu 
einem gewissen Grade von der Dauer und Schwere der 
Operation ab. 

Weiter ergeht sich der Verf. in Aufzählung der chirur¬ 
gischen Regeln und antiseptischen Massnahmen, welche bei einer 
so eingreifenden Operation zu beobachten sind: Abrasiren der 


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11. October 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


486 


Haare an der Operationsteile, Abwaschen derselben nach 
der Reihe mit warmem Wasser and Seife, einer antiseptischen 
Flüssigkeit, Aether nnd dann wieder mit einem Antisepticum. 
Alle Instrumente, welche mit der Wunde in Berührung kommen, 
müssen durch Kochen sterilisirt und die Hände des Operateurs 
gründlich desinfiicirt sein. Derselbe sollte darauf vermeiden, 
einen nicht sterilisirten Gegenstand zu berühren. Die Wunde 
ist mit sterili8irter Seide zu nähen und mit einer elastischen 
antiseptischen Gelatine zu bedecken (Jodoformcollodium). Die 
Hefte werden nach 10 Tagen entfernt. 

So lange keine Infection vorhanden ist, sucht das Thier 
nie die Wunde zu berühren. Die Ursache der Reizung und 
der Hauptgrund, warum Thiere die Wunde beständig belecken 
oder scheuern, soll die Ansammlung vou Eiter in derselben 
bilden. 

Mastdarmkrebs beim Pferde. 

Von Prof. Olt. 

(Dtecli. Th. W. 1900, Nr. 11.) 

Dem pathologischen Institut wurde das Rectum eines 
5jährigen wohlgenährten Pferdes übersandt. Das Thier musste 
getödtet werden, weil Geschwülste den Mastdarm unwegsam 
machten. 26 cm weit in das Rectum hinein war die Schleim¬ 
haut mit oberflächlich verhorntem Plattenepithel belegt. In 
dieser abnormerweise hantartig gestalteten Schleimhaut lagen 
Inseln normaler Mastdarmschleimhaut scharf abgegrenzt. 
15 cm vom After entfernt nnd von hier aus 20 cm ins Innere 
reichend, fanden sich aus Knoten bestehende gürtelförmige Ge¬ 
schwülste, die z.Th. zerklüftet und angefressen, geschwürig waren. 
Die 9 cm dicke Mastdarmwand bestand auf dem Durchschnitt aus 
kleineren bis hühnereigrossen, derben, grauen, in straffes Binde¬ 
gewebe eingelagerten Knoten. Die Muscularis war vor dem mit 
Neubildungen besetzten Theil auf das Vierfache verdickt, im Be¬ 
reich der Geschwülste selbst grösstentheils atrophisch. Inter¬ 
essant war, wie an den Rändern der normalen Schleimhautinseln 
die LieberkühnschenKrypten haarscharf sich abgrenzten gegenüber 
der cutanen Umgebung, während sonst im Bau der Schleimhaut 
ein Unterschied nicht bestand. Die Geschwülste stellten einen 
Plattenepithelkrebs dar. 

Es bestehen hier zwei Zustände neben einander. Zunächst 
der abnorme Typus der Mastdarmschleimhaut, die jedoch innerhalb 
dieses Typus ganz normal als cutane Schleimhaut entwickelt 
war, sodann der Krebs, der entsprechend dem abweichenden 
Schleimhauttypus, nicht wie sonst Cylinderzellenkrebs, sondern 
Plattenepithelkrebs war. Es darf angenommen werden, dass das 
Embryologische des Schleimhauttypus zur Entstehung des 
Carcinoms disponirte. 

Carcinom des Eierstocks bei der Katze. 

Von Kitt. 

(Mt*h. f. T. 11, 7.) 

Eierstockskrebs bei Hausthieren ist selten. Nach C'asper 
(Pathologie der Geschwülste bei Thieren) sind einwandsfreie 
Mittheilungen darüber wenig vorhanden. Bei Hühnern ist das 
Carcinom öfter, bei Pferden und Hunden vereinzelt von Krüger, 
Benjamin und Kitt beobachtet. Der letztere hat nun ein 
Präparat von der Katze bekommen. Der Tumor war ein 
Conglomerat von derben Knollen, in den das linke Uterushorn 
hineinreichte. Auf dem Durchschnitt zeigte derselbe speckiges, 
derbes Gewebe mit einer centralen Höhle und einem Ansatz 
kleinerer Cysten. Das rechte Uterushorn und der rechte Eierstock 


waren normal. Auf dem Bauchfell befanden sich dieselben rein- 
weissen Geschwulstknollen. Am parietalen Blatt des Peritoneums 
sassen ganze Reihen daumendicker Geschwülste. Die Leber 
war mit ähnlichen bis nussgrossen Knoten versehen. Eine Anzahl 
derselben war derb und weiss, andere mehr röthlich, weicher 
und fluctuirend, viele in veritable Cysten verwandelt. Die Milz 
hatte keine Neubildungen. In der linken Niere befanden sich 
ein halbes Dutzend kleiner Knoten, ebenso in allen Lappen der 
Lungen bis erbsengrosse Knoten, auf dem Brustfell keine. 
Mikroskopisch bestanden die Knoten aus Ballen und Sprossen 
von Epithelien vom Habitus der Granulosazellen des Eierstocks, 
die in einem spindelzelligen Stroma eingebettet waren, sodass 
das ganze etwa den Habitus der Eierstocksstruktur wiederholte. 
Die metastatische Carcinomatose erstreckte sich, wie aus Obigem 
hervorgeht, auf Bauchfell, Leber, Lungen und Nieren. Die 
Lymphdrüsen waren frei, was unter Anderem von vornherein 
gegen Tuberculose sprach. Interessant ist, dass Netz und 
Gekröse nur soweit Knoten trugen, als das Peritoneum mit dem 
Tumor in direktem Contact lag. Die Metastasen können vom 
Gekröse aus durch die Pfortader der Leber und von da der 
Lunge und Niere zugeführt sein. Andererseits kann auch durch 
directen Venendurchbruch vom Eierstock her das Blut mit Keimen 
beschickt worden sein. 

Efn Fall von Struma beim Pferde. 

Von H. Markus-Amsterdam. 

(Zeitschr. f. Thiermed. 1900. 8. 3/S.) 

Der seltene Fall wurde in der Reichsthierarzneischule zu 
Utrecht beobachtet und betraf eine 15 jährige Fuchsstute. Die¬ 
selbe zeigte unterhalb des Larynx dicht an der Trachea einen 
fast faustgrossen, harten, mit der Haut verschiebbaren Tumor. 
Die Geschwulst hatte schon seit Jahren bestanden und allmählich 
an Grösse zugenommen. Eine Beeinträchtigung der Gesundheit 
des Pferdes hatte jedoch dadurch nicht stattgefunden. Die 
Neubildung wurde von Professor de Bruin ohne Schwierigkeiten 
auf operativem Wege entfernt und die histologische Unter¬ 
suchung derselben dem Verfasser überlassen. Er constatirte, 
dass die Geschwulstmasse mit einer fibrösen Kapsel umgeben 
war nnd auf dem Durchschnitt aus einzelnen Lappen ziemlich 
homogenen Gewebes bestand. Zur microscopischen Unter¬ 
suchung wurden kleine Stückchen aus der Oberfläche als auch 
aus dem Centrum der Neubildung in Formaldehydlösung 
gehärtet, ungefärbt in Paraffin eingebettet und nach dem 
Schneiden mit Hämatoxylin nach van Gieson gefärbt. 

Die oberflächliche Musterung der Präparate mit schwacher 
Vergrö8serung (Zeiss, Obj. A, Oc. 2) liess in den Schnitten 
eine grosse Zahl deutlich begrenzter Höhlungen erkennen, die 
mit homogener Substanz gefüllt waren. Diese Begrenzungen 
bestanden, wie mit Hilfe stärkerer Vergrösserung (Obj. E, Oc. 2) 
ermittelt wurde, aus einer Schicht runder, zuweilen mehr oder 
minder länglicher, zuweilen einigermassen cnbischer Zellen mit 
grossem Kern. Wo die Zellschicht zerstört war, bestand das 
Zwischengewebe der Höhlungen augenscheinlich aus einem 
hyalinen Bindegewebestreifen. Das Innere der Hohlräume bildete 
eine gleichmässige homogene Masse. 

Aus diesem Befund und durch den Sitz der Geschwulst 
wurde erkannt, dass der Tumor infolge einer Veränderung der 
Schilddrüse zu Stande gekommen war. Uebermässige Colloid- 
bildung in den Drüsenfollikeln, krankhafte Proliferation der 
Epithelien und Neubildung hyaliner, bindegewebiger Grund- 


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486 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No 41 


Substanz sind die Hauptkennzeichen des Gewächses, welches 
Colloidkropf oder nach der Virchow'sehen Nomenclatur Struma 
follicularis genannt wird. 

Tagesgeschichte. 

Bericht über die in Aachen abgehaltene 
72. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte*). 

In reichem Flaggenschmuck prangte die alt-ehrwürdige 
Kaiserstadt, um die Gesellschaft deutscher Naturforscher und 
Aerzte zu begrüssen. Die Lage des Versammlungsortes brachte 
es mit sich, dass die Theilnehmerzahl nicht wie sonst eine grosse 
war, sondern hinter derjenigen der vorhergehenden Versammlungen 
erheblich zurückblieb. 

Ihren Anfang nahm die Versammlung am Vormittag des 
16. September mit den Sitzungen des Vorstandes, des wissen¬ 
schaftlichen Ausschusses und der Hauptgruppen, an die sich 
Nachmittags ein Begrüssungsessen im Burtscheider Kurhause 
anschloss. Am Abend fand eine zwanglose Zusammenkunft im 
Kurhause zu Aachen statt. 

Die am 17. September abgehaltene erste allgemeine Sitzung 
leiteten Begrüssungsreden ein. Zunächst bewillkommnete der 
Vorsitzende der Aachener naturwissenschaftlichen Gesellschaft 
die Versammlung und brachte im Anschluss daran das von 
letzterer mit grosser Begeisterung aufgenommene Kaiserhoch 
aus. Darauf begrüssten die Versammlung Oberregierungsrath 
Böhm im Namen des Regierungspräsidenten, Oberbürgermeister 
Veitmann als Vertreter der Stadt Aachen und Prof. Dr. von 
Mangoldt im Namen der technischen Hochschule. Der Ober¬ 
präsident der Rheinprovinz hiess die Versammlung auf tele¬ 
graphischem Wege herzlich willkommen. Der erste Vorsitzende, 
Geheimrath Prof. Dr. von Leube, dankte sodann für die dar¬ 
gebrachten Wünsche und verlieh der Hoffnung Ausdruck, dass 
sich die diesjährige Tagung der Gesellschaft würdig ihren Vor¬ 
gängerinnen anschliessen möchte. 

Den wissenschaftlichen Theil der Sitzung leitete ein Vortrag 
des Prof. Dr. van t’Hoff-Berlin über die Entwickelung 
der exakten Naturwissenschaften ein. Er beleuchtete 
zunächst den dem vergangenen Jahrhundert zu verdankenden 
physikalischen Grundsatz, dass die Gesammtarbeitsmenge un¬ 
abänderlich, und dass es nur möglich sei, die eine Art der 
Arbeit in die andere umzuwandeln. Von diesem Gesichtspunkte 
aus erläuterte Redner alsdann die mechanische Wärmetheorie 
sowie die Erscheinungen des Schalles, des Lichtes und der 
Electricität. Bei der Besprechung der Chemie behandelte H. das 
Grundgesetz von der Erhaltung der vorhandenen Menge jeder 
besonderen Materienart und würdigte gebührend die Fortschritte 
auf dem Gebiete der Analyse und der Synthese, bei deren Er¬ 
langung neben der Physik die Mathematik gute Dienste leistete. 
Durch die Ergebnisse der von dem Vortragenden in der Folge 
erörterten Forschungen auf dem Gebiete der Astronomie, Meteoro¬ 
logie und Geologie gelangte die Wissenschaft des 19. Jahr¬ 
hunderts zu einer richtigeren Auffassung der Vergangenheit 
und Zukunft des Erdballes. 

Geheimrath Prof. Dr. Hertwig-Berlin sprach über die 
Entwickelung der Biologie und skizzirte zunächst die 
grossen Errungenschaften der microscopischen Forschung, um 
sich sodann mit der Hauptfrage der Entwickelungslehre des 
19. Jahrhunderts, der natürlichen Entstehung der Organismen¬ 
welt des Näheren zu befassen. 

*) Siehe auch den Vortrag von Dr. Steinbach auf S. 481 die3. Nr 


Bei der kritischen Beleuchtung des Darwinismus wies 
Redner darauf hin, dass die Descendenz- und noch mehr die 
Selectionstheorie sich in vielen Dingen auf dem unsichern 
Boden der Hypothese bewegen und stellte die Schwierigkeiten, 
mit welchen die Forschung zu kämpfen hat bei dem Versuch, 
sich aus den spärlichen Resten vorweltlicher Thiere ein Bild 
von der Vorfahrenkette eines heute lebenden Organismus zu 
machen, in das rechte Licht. Nach H.’s Ansicht ist die Ent¬ 
stehung der Organismenwelt aus natürlichen Ursachen ein 
ausserordentlich verwickeltes und schwieriges Problem. Selbst 
der durch seine Schrift über „die Allmacht der Natur¬ 
züchtung“ bekannte Forscher Weismann wäre zu dem Ge- 
ständniss genöthigt gewesen, dass wir den Beweis, dass eine 
bestimmte Anpassung durch Naturzüchtung entstanden sei, für 
gewöhnlich nicht erbringen könnten. In dem wissenschaftlichen 
Streite, mit welchem unser Jahrhundert schliesst, will der Vor¬ 
tragende wohl unterschieden wissen zwischen Entwickelungs¬ 
lehre und Selectionstheorie, da beide auf einem sehr ver¬ 
schiedenen Grund und Boden stehen. Selbst wenn die 
Darwin’sche Hypothese weggeweht würde, bliebe die Ent¬ 
wickelungslehre noch stehen, wo sie stehe. Bei der Uebersicht 
der Fortschritte auf physiologischem Gebiet ging Redner auf 
die Nothwendigkeit des Thierversuchs und auf die in ver¬ 
schiedenen Richtungen durch denselben herbeigeführten Ent¬ 
deckungen ein und wandte sich gegen die Antivivisections- 
bewegung. Als besonders erfolgreich in unserm Jahrhundert 
bezeichnet der Vortragende die chemische und physikalische 
Richtung der Physiologie, die mit den Namen Helmholtz, 
du Bois-Reymond, Claude Bernard, Ludwig u. a. ver¬ 
knüpft sei, betonte dabei aber gleichzeitig, dass die Vorherrschaft 
der chemisch-physikalischen Richtung znr Folge hatte, dass von 
den Physiologen mit Vorliebe Gebiete, die einer chemisch¬ 
physikalischen Forschungsweise zugänglich waren, bearbeitet, 
andere dagegen, wie die Physiologie der Entwickelung und 
Zeugung u. s. w. fast ganz unbeachtet gelassen wären. Letzterer 
nahmen sich die Anatomen, Zoologen und Botaniker an, indem 
sie in die Lebenserscheinungen der Zelle, des Protoplasma und 
des Zellkerns tiefer eindrangen, den geheimnissvollen Be- 
fruchtungsprocess in allen seinen Phasen aufklärten und für 
das Problem der Vererbung die Fundamente schufen. So er¬ 
starkte neben der chemisch-physikalischen Schule der Physiologie 
eine anatomisch-biologische Richtung, welche durch die micro- 
scopische Forschung unsern Einblick in das Leben zu vertiefen 
suchte. Letztere Richtung wird nach Ansicht des Redners im 
neuen Jahrhundert berufen sein, die materialistisch-mechanistische 
Lehre, wonach die Erforschung des Lebens nichts anderes ist, 
als ein chemisch-physikalisches Problem, ebenso unzulänglich zn 
erweisen und einzuschränken, wie die chemisch-physikalische 
Richtung der Physiologie die Herrschaft des Vitalismus auf¬ 
gehoben hat. 

Am Schlüsse seiner Ausführungen bezeichnete H. die 
Wissenschaft als ewig in ihrem Quell, unbegrenzt nach Zeit 
und Raum in ihrer Wirksamkeit, unermesslich in ihrem Umfang, 
endlos in ihrer Aufgabe, unerreichbar in ihrem Ziel. Besonders 
gelte dies von der Biologie, der Wissenschaft vom Leben. Ihre 
Aufgabe sei eine der schwierigsten. Ihr Gebiet dehne sich 
nach allen Richtungen ans und trete mit den verschiedensten 
anderen Wissenschaften in engere Beziehungen. In der einen 
Richtung auf Chemie und Physik gestützt, werde sie zur Bio¬ 
chemie und Biophysik, in entgegengesetzter Richtung gewinnt 


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11. October 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


487 


sie wieder Fühlung mit den Geisteswissenscbaften, mit Psycho¬ 
logie und Sociologie, mit Ethik nnd Religion. Materielle und 
geistige Welt würden durch sie in Verbindung gebracht. Nach 
Ansicht des Vortragenden wird die Biologie im neuanbrechenden 
Jahrhundert, wenn ihre Vertreter frei von dogmatischen Fesseln 
jeder Art das Reich des Unerforschten in das Reich der mensch¬ 
lichen Erkenntniss umzuwandeln fortfahren, an der inneren 
Cultur des Menschengeschlechts in hervorragender Weise mit¬ 
zuwirken berufen sein und letzteres auf eine höhere Stufe 
intellectueller Einsicht, sowie socialer und moralischer Lebens¬ 
haltung heben. Sie wird so die Zeit mit herbeiführen helfen, 
in der die grossartigen Fortschritte, die das 19. Jahrhundert 
auf chemisch - physicalischem Gebiete durch die technische Be¬ 
herrschung der Naturkräfte gebracht hat, kommenden Gene¬ 
rationen erst zu vollem Segen gereichen. 

Prof. Dr. Naunyn-Strassburg leitete seinen Vortrag „Ueber 
die Entwickelung der inneren Medicin (einschl. Hygiene 
nnd Bacteriologie) im 19. Jahrhundert“ mit einem kurzen Rück¬ 
blick auf die Medicin der früheren Jahrhunderte ein und be¬ 
schäftigte sich alsdann eingehend mit der theoretisirenden Spe- 
culation, welche die Medicin am Anfänge des 19. Jahrhunderts 
beherrschte. Das Erscheinen des Lehrbuches der Physiologie 
von Johannes Müller war nach N. der Anlass dazu, dass die 
deutsche Medicin sich plötzlich wieder ihres naturwissenschaft¬ 
lichen Blutes bewusst wurde und dass die zu neuem und zwar 
naturwissenschaftlichem Leben erw .eilte Heilkunde ihre physio¬ 
logische Grundlage betonte. Von grösster Bedeutung für die 
innere Medicin war die Einführung der Auscultation in die 
physicalische Diagnostik durch Laennec, sowie die selbst¬ 
ständige Entwickelung und die führende Rolle der pathologischen 
Anatomie, die mit den Namen Rokitansky und Virchow auf’s 
Innigste verknüpft sind. Das Selbstständigwerden der patho¬ 
logischen Anatomie war der erste Anstoss zur Gliederung der 
Heilkunde in zahlreiche Einzeldisciplinen, die die deutsche 
Medicin in die von ihr eingenommene führende Stellung ge¬ 
bracht hat. 

Mit dem Auftreten der Bacteriologie, des bedeutendsten 
unter den jüngeren Zweigen der Heilkunde begann die ätio¬ 
logische Periode der inneren Medicin. Nach der Ansicht des 
Vortragenden hat kein anderer Zweig der wissenschaftlichen 
Heilkunde so unmittelbare nnd grossartige therapeutische Erfolge 
gezeitigt, wie die Bacteriologie; die Bedeutung der mittlerweile 
zur Asepsis entwickelten chirurgischen Antisepsis ist unerreicht 
und die Serumtherapie, die in einem Siegeslauf von unerreichter 
Schnelligkeit die Welt erobert hat, ist nichts anderes als die 
practisch gewordene Immunitätslehre. 

Des Weiteren hob N. hervor, dass auch die Diagnostik ge¬ 
waltige Fortschritte zu verzeichnen hätte, und erinnerte an den 
Nachweis des Tubercelbacillus im Answurf, des Cholerabacillus 
in den Dejcctionen, sowie an die Bedeutung, welche gewisse 
chemische Reactionen z. B. die Diazobenzolreaction für die Be- 
urtheilung gewisser fieberhafter Krankheiten, die Gerhardt’sche 
Reaction für gewisse Fälle von Zuckerruhr haben. Viel 
wichtiger sind nach seiner Ansicht jedoch die zahlreichen 
neuen diagnostischen Methoden, welche man dem 19. Jahr¬ 
hundert verdankt. N. constatirt dabei die interessante Tliat- 
sache, dass alle diese neuen diagnostischen Methoden, mit Aus¬ 
nahme der ältesten, der Auscultation, vom Augenspiegel bis zu 
den Röntgenstrahlen sich an den Gesichtssinn wenden. Die 
Entwickelung der modernen Diagnostik geht demnach dahin, 


mehr und mehr das Gesicht, den sichersten und ergiebigsten 
unserer Sinne, zur Geltung zu bringen. 

Ara Schlüsse seiner Ausführungen wies N. darauf hin, dass 
der Aufschwung der deutschen Medicin mit unserem nationalen 
Aufschwung Hand in Hand gegangen ist, ohne dessen Folge zu 
sein. Ersterer ist nicht gebunden an den Geist einiger oder 
weniger Männer, sondern erwachsen auf dem unerschöpflichen 
Boden des Volksgeistes, der auch für das angebrochene Jahr¬ 
hundert eine gute Ernte gewährleistet. 

In dem letzten Vortrage behandelte Prof. Dr. Chiari-Prag 
das Thema „Die Entwickelung der Pathologie mit Be¬ 
rücksichtigung der äusseren Medicin“. 

Am Nachmittag um 4 Uhr begann die Bildung nnd Er¬ 
öffnung der 38 Abtheilungen, von denen 21 der medicinischen 
und 17 der naturwissenschaftlichen Hauptgruppe angehörten. 

Die Sitzungen der Abtheilung „Thierheilkunde“ fanden 
in einem Saale der gewerblichen Fachschule statt. An den¬ 
selben nahmen Theil: Schlachthof - Director Albert-Iserlohn, 
Schlachthof - Director Bockelmann-Aachen, Sanitätsthierarzt 
Boisinger - Aachen, Assistent Huth-Poppelsdorf, Professor 
Imming e r- München, Kreisthierarzt-Assistent J an n e s - Aachen, 
Thierarzt Dr. Jelkm ann-Frankfurt a. M., die Thierärzte 
Klingenstein und Klinkenberg-Aachen, Departementsthier¬ 
arzt Dr. Lothe8-Köln, Prof. Lüpke-Stuttgart, Departements¬ 
thierarzt Dr. Schmidt-Aachen, Departementsthierarzt Dr. 
Steinbach-Trier, Kreisthierarzt Vater-Eupen, Thierarzt 
Weinberg-Aachen, Thierarzt Wenders-Aldekerk nnd Ross¬ 
arzt Zöllner-Bonn. 

Die Eröffnungssitzung leitete der Einführende der Ab¬ 
theilung Departementsthierarzt Dr. Schmidt. In derselben 
wurde Prof. Lüpke zum Präsidenten der folgenden Sitzung und 
Director Bockeimann zum Schriftführer gewählt. 

(Fortsetzung folgt.) 

Protocoll 

der 2. ausserordentlichen Versammlung der Uruppe 
„Schlachthof* und Sanitatsthierärzte“ vom thierärzt- 
lichcn Central verein für die Provinz Sachsen, die 
anhaltisehen und thüringischen Staaten, abgehalten am 
16. September 1900 zu Magdeburg. 

Anwesend waren die Mitglieder: Geldner-Burg, Spnhr- 
mann-Stendal, Witte-Quedlinburg, Sorge-Stassfurt, Colberg, 
Bolle, Ristow-Magdeburg und als Gäste: Departements¬ 
thierarzt undVeterinär-Assessor Leistikow-Magdeburg, Schlacht- 
hofdirector Kleinschmidt-Erfurt, Rettig-Nordhausen, Bartels- 
Gardelegen, Barnau-Tangerraünde, Thierarzt Friedrich- 
Niederndodeleben und Schlachthofthierarzt Lorenz-Magdeburg. 

Director Colberg eröffnet um ll^Uhr die Sitzung, indem 
er die Anwesenden begrüsst und besonders den Gästen für ihr 
Erscheinen den Dank der Gruppe ausspricht. Einleitend bemerkt 
er sodann, dass bereits auf der Versammlung des Centralvereins 
am 13. Mai d. J. bei Festsetzung der Tagesordnung für die 
nächste ausserordentliche Sitzung der Gruppe in Dessau von 
seiner Seite folgendes Thema eines Referats in Vorschlag ge¬ 
bracht und Seitens der Gruppe angenommen worden sei: 

„Welche Abänderungen des preussischen Gesetzes, betreffend 
die Errichtung öffentlicher, ausschliesslich zu benutzender 

Schlachthäuser vom y ^ 18gl sind in Folge des neuen Reichs¬ 
fleischschaugesetzes zweckmässig bezw. nothwendig?“ 


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488 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 41. 


Im Juli d. J. ist nun ein Circularerlass der zuständigen 
Herren Minister an die Herren Regierungspräsidenten folgenden 
Inhalts ergangen: 

„Die Vorschrift des § 1 des dem § 23 der Gewerbeordnung 
entsprechenden Gesetzes, betreffend die Errichtung öffentlicher 

ausschliesslich zu benutzender Schlachthäuser vom 3 

ist bisher dahin ausgelegt worden, dass der Erlass des Verbots 
der ferneren Benutzung bestehender und der Anlage neuer 
Privatschlächtereien für eine Gemeinde auch dann zulässig sei, 
wenn das öffentliche Schlachthaus nicht in dem Gemeindebezirke 
selbst, sondern in dem Bezirk einer benachbarten Gemeinde be¬ 
legen sei. Diese mit dem Wortlaute des Gesetzes nicht ganz 
übereinstimmende Auslegung ist aus der Erwägung hervor¬ 
gegangen, dass sie geboten sei, wenn die Wirksamkeit des 
Schlachthausgesetzes nicht lahm gelegt und die auf die Er¬ 
richtung öffentlicher Schlachthäuser gerichteten Bestrebungen 
der Gemeinden gefördert werden sollten; sie war geradezu 
unerlässlich in den Fällen, wo einer einzelnen Gemeinde inner¬ 
halb ihres Bezirks ein zur Errichtung des Schlachthauses 
geeigneter Platz nicht zur Verfügung stand, oder wo Gemeinden, 
welche für sich allein zur Errichtung eines Schlachthauses 
nicht leistungsfähig waren, mit anderen Gemeinden die Er¬ 
richtung eines gemeinsam zu benutzenden Schlachthauses ver¬ 
einbart hatten. 


Der Strafsenat des Kammergerichts hat, nachdem er früher 
diese Auslegung des § 1 a. a. 0. für zulässig erklärt hat, 
neuerdings dahin entschieden, dass der Schlachthauszwang von 
einer Gemeinde nur beschlossen werden könne, wenn das 
Schlachthaus im Bezirk der Gemeinde selbst belegen sei. Die 
aus dieser Rechtsprechung für die Durchführung des Gesetzes 
zu befürchtenden uachtheiligen Folgen lassenes gerathen erscheinen, 
dem § 1 a. a. 0. diejenige Fassung zu geben, welche der durch 
das Gesetz, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung 
vom 30. Juni 1900 geänderten Fassung des § 23 der Gewerbe¬ 
ordnung entspricht. Wir beabsichtigen daher, eine ent¬ 
sprechende Abänderung des Gesetzes vom 18. März 1868 in die 
Wege zu leiten. 


Eine Aenderung des Gesetzes ist aber noch aus einem 
anderen Grunde nothwendig. Nach § 20 Absatz 2 des Gesetzes, 
betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau vom 3. Juni 1900 
(Reichs-Gesetzblatt Seite 547) bleiben landesrechtliche Vor¬ 
schriften, nach denen für Gemeinden mit öffentlichen Schlacht¬ 
häusern der Vertrieb frischen Fleisches Beschränkungen, ins¬ 
besondere dem Bescliauzwang innerhalb der Gemeinde unter¬ 
worfen werden kann, mit der Massgabe unberührt, dass ihre 
Anwendbarkeit nicht von der Herkunft des Fleisches abhängig 
gemacht werden darf. 

Bei der hiernach gebotenen Aenderung des § 2 des 

,, . 18. März 1868 . , . . 

Gesetzes vom - —- wird zn prüfen sein, ob und m- 

9. März 1881 

wieweit, abgesehen von der gegenstandslos gewordenen 
Vorschrift im § 2 Absatz 1. Ziffer 1 a. a. 0. für die 
Beibehaltung der übrigen Bestimmungen ein Bedürfniss vorliegt 
Sie wollen daher nach Anhörung der Vorstände derjenigen Ge¬ 
meinden, welche ein öffentliches Schlachthaus errichtet haben, 
berichten, welche Abänderungen für den § 2 a. a. 0. angezeigt 
erscheinen. 


etwa als abänderungsbedürftig erwiesen haben. Hierbei ist 
dem Bezirksausschüsse Gelegenheit zur Aeusserung zu geben“. 

Dieser Circnlarerlass gab die Veranlassung zur heutigen 
Versammlung, zu welcher an mehrere Leiter von Schlachthof¬ 
anlagen und an andere Thierärzte, unter Anderem an Herrn 
Professor Dr. Ostertag, Schlachthofdirector Hausburg und 
Oberthierarzt Reissmann-Berlin Einladungen ergangen waren. 
Viele der geladenen Herren haben mit Bedauern aus ver¬ 
schiedenen Gründen ihr Erscheinen absagen müssen. Auch die 
Gruppe der Sanitätsthierärzte des thierärztlichen Vereins der 
Provinz Brandenburg, welche ebenfalls am heutigen Tage in 
Spandau versammelt ist, hat wegen der Kürze der Zeit den 
Ort der Versammlung leider nicht mehr ändern können, um mit 
unserer Gruppe gemeinsam zu berathen, wie es von Herrn Pro¬ 
fessor Dr. Ostertag angeregt worden war. 

Zur Sache erhält dann Herr Schlachthofdirector Geldner- 
Burg das Wort. Dieser giebt zunächst einen Ueberblick über 
das Reichsfleischschaugesetz vom 3. Juni 1900 und die in Frage 
kommenden Paragraphen des preussischen Schlachthofgesetzes 

vom und knüpft hieran den Wunsch, dass das 

9. Marz 1881 r ’ 

Schlachthofgesetz im Interesse der Gemeinden möglichst in 

seiner Fassung bestehen bleiben und nur einige Erweiterungen 

erfahren möge. 

Director Colberg stellt hierauf die einzelnen Paragraphen 
des Schlachthofgesetzes, soweit eine Aenderung geboten er¬ 
scheint, zur Discussion, an welcher sich die Herren Leistikow, 
Colberg, Kleinschmidt, Geldner, Spuhrmann, Barnau 
und Ri stow betheiligen. 

Es wird empfohlen; 

1. Dem § 1 des Schlachthofgesetzes diejenige Fassung zu 
geben, welche der durch das Gesetz, betreffend die Abänderung 
der Gewerbeordnung vom 30. Juni 1900, geänderten Fassung 
des § 23 der Gewerbeordnung entspricht, und wie es auch der 
Circularerlass andeutet. 

§ 23 der Gewerbeordnung lautet: „Der Landesgesetzgebung 
bleibt Vorbehalten, die fernere Benutzung bestehender und die 
Anlage neuer Privatschlächtereien in solchen Orten, für welche 
öffentliche Schlachthäuser in genügendem Umfange vorhanden 
sind oder errichtet werden, zu untersagen“. 

Die Redaction des Paragraphen bleibt den zuständigen 
Landesbehörden überlassen. 

2. Den § 2 Absatz 1 Ziffer 1, welchen der Circularerlas« 
für gegenstandslos bezeichnet, empfiehlt die Versammlung im 
Interesse der Schlachthöfe dringend als zweckmässig bestehen 
zu lassen, um in Orten mit Schlachthäusern, in denen der 
Schlachtzwang auch auf die Privatschlachtungen ausgedehnt ist, 
die Untersuchung der Sclilachtthiere, deren Fleisch ausschliess¬ 
lich im eigenen Haushalt des Besitzers verwendet werden soll, 
beibehalten zu können. Würde § 2 Absatz 1 Ziffer 1 gestrichen, 
so würden Private mit Rücksicht auf die Bestimmungen des § 2 
des Reichsfleischschaugesetzes nicht gezwungen werden können, 
im öffentlichen Schlachthause ihre Schl ach tthiere untersuchen 
zu lassen, obgleich sie gesetzlich gezwungen werden können, 
dort zu schlachten. Welchen Rückschritt in der Fleischbeschan 
dieser Umstand für viele Gemeinden bedeuten würde, braucht 
wohl nicht erst erörtert zu werden! 


Schliesslich ersuchen wir Sie, anzuzeigen, ob und welche 
anderen Bestimmungen des Gesetzes sich bei ihrer Anwendung 


Ausserdem würde in kleinen Orten ein nicht unerheblicher 
Ausfall an Untersuchungsgebühren für die Schlachthöfe ent- 


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489 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


11. October 1900. 

stehen, mithin deren Rentabilität in Frage gestellt werden und 
andererseits den Durchstechereien mit untersuchtem Fleisch in 
Städten Thiir und Thor geöffnet werden, welchen keine Aufsichts¬ 
organe wirksam entgegentreten könnten. 

3. Die Bestimmungen des §. 2 Abs. 1 Ziffer 3 sind im 
Sinne der Bestimmungen des §. 2 Absatz 3 des Reichsfleisch¬ 
schaugesetzes auf den Haushalt der Kasernen, Krankenhäuser 
Erziehungsanstalten, Gefangenenanstalten, Armenhäuser und ähn¬ 
licher Anstalten, sowie auf den Haushalt der Schlächter, Fleisch¬ 
händler, Gast-, Schank- und Speisewirthe auszudehnen, um hier¬ 
durch Umgehungen der Untersuchung bei eingeföhrtem Fleisch 
zu verhindern. 

4. Im §. 2 Absatz 1 Ziffer 6 sind hinter den Worten „Das 
Fleisch von Schlachtvieh, welches sie“ die Worte „oder andere 
Personen“ hinzuznfdgen. Nach dem bisherigen Wortlaut des 
Gesetzes können Fleischer und Fleischhändler das von auswärts 
eingeführte und untersuchte frische Fleisch aufkanfen, weiter 
veräusBern und verarbeiten. Hierdurch wird aber das Publikum 
getäuscht. Dasselbe glaubt, weil es bei einem am Orte an¬ 
sässigen Schlächter kauft, Fleischwaaren und frisches Fleisch 
von Thieren zu erhalten, die im öffentlichen Schlachthofe ge¬ 
schlachtet sind, während es in Wirklichkeit nur von auswärts 
eingeführte8 Fleisch erhält, dessen Beurtheilung bei der Unter¬ 
suchung immer eine zweifelhafte bleiben wird. Dieser auf 
Täuschung des Publikums hinzielende Geschäftsgebrauch hat 
sich in grösseren Städten derart eingebürgert, d;iss es dort 
immer eine ganze Anzahl von Schlächtern und Fleischhändlern 
giebt, welche nur zum Schein hin und wieder im Schlachthof 
schlachten oder ein im Schlachthause geschlachtetes Thier 
kaufen, im Uebrigen aber ausschliesslich von auswärts ein- 
gefiihrtes Fleisch, welches sie selbst nicht einführten, verkaufen 
und weiter verarbeiten. 

5. Im §. 2 Absatz 2 ist hinter den Worten „was Kleinvieh 
anbelangt, in unzertheiltem Zustande vorzulegen ist“; gemäss 
§. 12 Ziffer 1 Absatz 2 des Reichsfleischschaugesetzes einzu¬ 
schalten: „mit den Thierkörpern müssen Brust- und Bauchfell, 
Lunge, Herz, Nieren, bei Kühen auch das Euter im natürlichen 
Zusammenhänge verbunden sein.“ Hierdurch wird es möglich 
sein, das von auswärts in die Städte eingeführte, vorher meist 
von Laien untersuchte Fleisch annährend beurtheilen zu 
können. 

6. Bei den übrigen Paragraphen des Schlachthofgesetzes 
hält die Versammlung Abänderungen nicht für zweckmässig und 
nothwendig. 

Herr Schlachthofdirector Geldner-Burg erwähnt noch 
einige Zweideutigkeiten und Mängel des Reichsfleischschau¬ 
gesetzes, so 1. Die Frage der Anstellung der Beschauer, welche 
nach § 5 von den Landesbehörden erfolgen soll. 2. Die Be¬ 
handlung des bedingt tauglichen Fleiches, über welche nach 
§. 10 die Polizeibehörden zu bestimmen haben. 3. Dass bei 
§. 12 Ziffer 1 Absatz 2 zu den mit dem eingefiihrten Fleische 
vorzulegenden Organen noch bei Kühen die Gebärmutter und 
bei Rindern Kopf n»d Zunge gefordert werden müssten. 

Auf diese Punkte ging die Versammlung der vorgerückten 
Zeit wegen nicht näher ein und stellte deren Besprechung in 
einer der nächsten Sitzungen in Aussicht. 

Colberg, Ristow, 

Obmann. Schriftführer. 


Der practische Thierarzt als Fleischbeschauer*). 

Von 

A. Steinmeyer-Weissenfels, 

Tliierarzt. 

In der No. 39 der B. T. W. schreibt Herr Kühn au, 
Ober-Thierarzt in Hamburg, wie folgt: 

„Die Thierärzte sind nach den Bestimmungen des Gesetzes 
nicht ohne Weiteres als Fleischbeschauer qualificirt, sondern 
auch für diese kann der Bundesrath Vorschriften über den 
Nachweis genügender Kenntnisse erlassen. 

Der Bnndesrath kann auch von den Thierärzten fordern, 
dass sie einen Vorbereitungscursns an einem öffentlichen Schlacht¬ 
hofe absolvirt haben müssen, sofern sie als Fleischbeschauer 
bestallt werden wollen“ etc. 

Ob der Bnndesrath die Thierärzte ohne Weiteres als Fleisch¬ 
beschauer für qualificirt erachtet, ist Sache des hohen Bundes¬ 
raths und seiner bernfenen Rathgeber und Sachverständigen. 

Jedenfalls haben die practischen Thierärzte, denen der 
schwierigste und verantwortungsvollste Theil der Fleischbeschau, 
die Begutachtung des Fleisches etc. nothgeschlachteter Thiere 
obliegt, auf jeden Fall mehr Erfahrung und Verständniss in 
der Fleischbeschau, als Herr Kühn au gelten lassen will. 

Am besten dient der Thierarzt sich, wenn er alles ihm be¬ 
denklich erscheinende Fleisch etc. einfach beanstandet, denn er 
ist damit der Verantwortung enthoben. Seinem Volke und 
Vaterlande dient der Thierarzt am besten, wenn er denselben 
möglichst viel an Nationalvermögen erhält. 

Dass die practischen Thierärzte vor Uebernahme der Fleisch¬ 
beschau in einem (möglichst grösseren) Schlachthofe hospitiren, 
halte ich auch für sehr wiinschenswerth. Meines Erachtens 

Herrn Collegen Steinmeyer stimme ich darin vollkommen 
bei, dass gerade jetzt, wo die AusfUhrungsbestimmungen zum Reichs- 
fleischscbangesetz in der Ausarbeitung begriffen sind, auch die 
practischen Thierärzte ihre Wünsche äussern mögen; wenn der 
Bundesrath erst die AusfÜiirungsbestimmungen verabschiedet bat, 
dürfte es zu spät sein. Die Gebührenfrage hat ja Herr Stein¬ 
meyer bereits angezogen, nur sei bemerkt, dass für die Gebühren¬ 
festsetzung, soweit die Schau des inländischen Fleisches in Frage 
kommt, der Bundesrath nicht zuständig ist, sondern die Gebühren¬ 
ordnung den einzelnen Landesregierungen überlassen ist. 

Soweit die eine Seite, nun zur andern. Herr Steinmeyer 
sagt selbst, dass den practischen Thierärzten der schwierigste und 
verantwortungsvollste Theil der Fleischbeschau, die Begutachtung 
des Fleisches u. s. w. der nothgeschlachteten Thiere obliegt, ferner 
dass auch er einen Vorbereitungscursus für die practischen Thier¬ 
ärzte an einem (möglichst grösseren) Schlachthofe vor Uebernahme 
der Fleischbeschau für wünschenswerth halte, nur will er denselben 
auf ein bis zwei Wochen beschränkt wissen, ja, wenn die Unkosten 
ersetzt würden, würden die practischen Thierärzte gern, wie Herr 
Steinmeyer sagt, an einem Schlachthofe hospitiren. 

Das ist doch im Grossen und Ganzen eine Zustimmung zu 
meinen Ausführungen, mit deneu ich mich übrigens genau auf dem 
Boden der Beschlüsse des letzten internationalen thierärztlichen 
C'ongresses bewege. Auch in diesen wird eine achtwöchige Tbätig- 
keit in der Fleischbeschau an einem grösseren SchlacLthofe für die 
Qualification als beamteter Thierarzt gefordert und gelegentlich 
der Verhandlungen des Congresses, sowie im Juniheft seiner Zeit¬ 
schrift hat auch Professor Ostertag sich dabin ausgesprochen, 
die Prüfungsvorschriften für die zu approbirenden und 
die künftigen beamteten Thierärzte derart zu gestalten, 
dass nur solche Sachverständige zu ihren verantwort¬ 
lichen Stellungen zugelassen werden, welche sich auch 
in der Fleischschau über hinreichende practische 
Kenntnisse ausgewiesen haben. 

Die Nothwendigkeit einer practischen Durchbildung in der 
Fleischbeschau dürfte allseitig anerkannt werden, ebenso dass hierzu 


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490 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 41. 


genügen aber ein bis zwei Wochen vollständig, denn wir 
practischen Thierärzte haben bisher jede Gelegenheit oft und 
gern benutzt, um von unseren Collegen im Schlachthofe zu lernen. 

Ein Cursus von mindestens drei Monaten für den practischen 
Thierarzt und von vier bis sechs Wochen für den Laienfleisch- 
beschauer und dann — hat der Thierarzt prompt zu erscheinen, 
wenn ihn" der Herr Laienfleischbeschauer citirt. Eine angenehme 
Perspective für uns practische Thierärzte. Werden denn die 
practischen Thierärzte, diese, wie es scheint, quantit^ negligeable 
im Reich, endlich aus der Hypnose erwachen und auch einmal 

mindestens acht Wochen (2—3 Monate, wie ich gesagt habe) er¬ 
forderlich sind. Es fragt sich nur, ob man den Nachweis der 
practischen Durchbildung von den jetzigen practischen Thierärzten 
vor der Bestallung zum Fleiscbbeschauer verlangen kann. Herr 
Steinmeyer ist der Ansicht, dass dann der grossen Mehrzahl der¬ 
selben die Betheiligung an der Fleischbeschau unmöglich gemacht 
wird. Dem sei entgegengehalten, dass jetzt schon ältere Thierärzte, 
wie Ostertag sagt, durch Besuche von Schlachthöfen sich für ihre 
zukünftigen Aufgaben auf dem Gebiete der Fleischbeschau mit 
anerkennenswerthem Eifer vorbereiten. So schwierig, wie Herr 
Steinmeyer hinstellt, dürfte es demnach nicht sein, den Nachweis 
der practischen Thätigkeit an einem grösseren Schlachthofe in der 
Fleischbeschau zu erbringen. Im Uebrigen könnten durch Ueber- 
gangsbestimmungen für die jetzigen practischen Thierärzte Er¬ 
leichterungen geschaffen werden, aber grundsätzlich sollte die 
Bestallung der Thierärzte zur Ausübung der Fleischbeschau von 
dem Nachweis einer genügenden practischen Durchbildung abhängig 
gemacht werden. Kühn au. 


Wünsche änssern? Wollen sie noch immer die Rolle der ver- 
| schämten Armen spielen? 

Wenn die Erwerbsverhältnisse des practischen Thierarztes 
| in Folge der Nothlage der Landwirtschaft, der zunehmenden 
( Concurrenz etc. immer schwieriger geworden sind, wenn wir 
heute nur Pflichten und ganz minimale Rechte haben (zum 
Beschlagen eines Pferdes z. B. ist der Befähigungsnachweis 
erforderlich; die viel, viel schwierigere Ausübung der Thier- 
j heilkunde steht nicht nur jedem unbescholtenen Staatsbürger, 
sondern jedem Individuum ohne die geringste Gegenleistung an 
den Staat frei), so sind wir selbst schuld daran. Warum sollte 
die hohe Staatsregierung einem durchaus ehrenwerthen und durch 
und durch patriotischen Stande ihre Hilfe nicht angedeihen 
lassen, wenn sie darum gebeten wird? Wenn wir jedoch keine 
Wünsche änssern, können wir auch nicht verlangen, dass uns 
geholfen wird. Gern würden wir drei Monate an einem Schlacht¬ 
hofe hospitiren, aber wer ersetzt uns unsere Unkosten, wer 
besorgt unsere Praxis? 

Tierärztlicher Verein zu Berlin. 

Der Thierärztliche Verein zu Berlin hat seine Sitzungen 
für das laufende Wintersemester auf Montag, den 8. Oktober, 
5. November, 3. Dezember, 7. Januar, 4. Februar, 4. März und 
1. April festgesetzt. Die Tagesordnung der einzelnen Sitzungen 
wird vorher rechtzeitig in der B. T. W. bekannt gegeben werden. 

I. A.: Neumann, Schriftführer. 


Staatsveterinärwesen. 

Von Preusse. 

Rinderpest in Schanghai. 

Zeitungsnachrichten zu Folge soll unter dem von der 
deutschen Commission für die Truppen angekauften Schlachtvieh 
in Schanghai die Rinderpest ausgebrochen sein. 

Einfuhr von Vieh nach Oesterreich-Ungarn. 

Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht ein Verbot der Einfuhr 
von Rindvieh in die Länder des Reichsraths aus den Lungen¬ 
seuchesperrgebieten Liegnitz, Magdeburg, üerseburg, Arnsberg 
im Königreich Preussen und aus dem Grossherzogthum Sachsen- 
Weimar. Dieses Verbot tritt an Stelle des Verbots vom 
11. September 1900. 

Versuche über Maul- und Klauenseuohe im Kaiserlichen Gesundheitsamt. 

Im Reichsgesundheitsamt werden die Versuche über die 
Ansteckungsfähigkeit erhitzter Milch klauenseuchekranker Kühe, 
sowie die weitere allgemeine Erforschung der Maul- und Klauen¬ 
seuche noch fortgesetzt. Da zu diesem Behufe es nothwendig 
ist, überwiegend mit Lymphe zu arbeiten, die von spontan frisch 
erkrankten Thieren stammt, so ist die Regierung zu Anhalt 
durch den Herrn Reichskanzler ersucht worden, die beamteten 
Thierärzte anzuweisen, über frische Ausbrüche der Seuche in 
grösseren Beständen dem Gesundheitsamt telegraphische Mit¬ 
theilungen zu machen. Hierbei ist auch zu bemerken, ob für 
den ersten oder zweiten folgenden Tag Aussicht auf Lymphe¬ 
entnahme vorhanden ist. 

Naohweiaung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiohe 
am 30. September 1900. 

Es waren am 30. September 1900 in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht: 


A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Marienwerder 2 (3) R.-B. Berlin 1. 

R.-B. Potsdam 2 (2). R.-B. Frankfurt 2 (2). R.-B. Posen 3 (4). 
R.-B. Bromberg 3 (G). R.-B. Breslau 1 (1). R.-B. Oppeln 4 (4). 
R.-B. Merseburg 1 (1). R.-B. Hannover 1 (l). R.-B. Hildesheim 2 (2). 
R.-B. Arnsberg 1 (1). R.-B. Düsseldorf 1 (1). Bayern: R.-B. 
Oberbayern 1 (2). R.-B. Schwaben 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. 
Dresden 1 (1). Kreishauptm. Leipzig 1 (1). Kreishauptm. 
Zwickau 2 (2). Württemberg: Donaukreis 1 (1). Baden: 
Lande8comm. Freiburg 1 (1). Anhalt: 1 (1). Eisass- 

Lothringen: Bez. Ober-Elsass 1 (1) [= 40 Gemeinden]. 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. R.-B. Oberbayern 8 (15), Niederbayern 1 (1), 
Oberpfalz 7 (11), Oberfranken 5 (9), Mittelfranken 3 (3), Unter¬ 
franken 7 (12), Schwaben 11 (71). Sachsen: Kreishauptm. 
Bautzen 1 (1), Dresden 2 (2), Leipzig 2 (3), Zwickau 4 (7). 
Württemberg: Neckarkreis 3 (4), Schwarzwaldkreis 5 (9), 
Jagstkreis 1 (1), Donaukreis 7 (17). Baden: Landescomm. 
Constanz 2 (2), Freibnrg 1 (1), Mannheim 1 (l). Hessen: 
Provinz Oberhessen 5 (15). Mecklenburg-Schwerin: 7 (21). 
Sachsen-Weimar: 1 (7). Mecklenburg-Strelitz: 1 (1). 
Braunschweig: 3 (18). Sachsen-Meiningen: 1 (1). 
Anhalt: 4 (4). Schwarzburg-Sondershausen: 1 (2). 
Schwarzburg-Rudolstadt, beide Reuss, Hamburg je 1 (1). 
Elsass-Lothringen: Bez. Lothringen 2 (2) [= incl. Preussen 
514 Gemeinden]. 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Liegnitz 1 (1), R.-B. Magdeburg 1 (1). 
R.-B. Merseburg 2 (2), Anhalt: 1 (1) [= 5 Gemeinden]. 

D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest): 

Preus8en: R.-B. R.-B. Königsberg 3 (12), Danzig 2 (2), 
Marienwerder 2 (3), Potsdam 5 (8), Frankfurt 5 (10), Stettin 6 (12), 


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11. October 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


491 


Köslin 3 (6), Stralsund 1 (1), Posen 6 (15), Bromberg 3 (9), 
Breslau 9 (29), Liegnitz 9 (18). Oppeln 5 (18), Merseburg 3 (3), 
Hannover 4 (8), Hildesheim 1 (5), Lüneburg 1 (1), Arns¬ 
berg 5 (7), Cassel 2 (2), Wiesbaden 3 (5), Düsseldorf 4 (4). 
Bayern: R.-B. Ober-Bayern 1 (1), Pfa’z 2 (2). Baden: 
Landescomm. Karlsruhe und Mannheim je 1 (1). Hessen: 
Prov. Storkenberg 1 (1). Mecklenburg-Schwerin: 1 (1). 
Sachsen-Altenburg: 2 (2). Waldeck: 1 (1). Lippe: 3 (7). 
Hamburg: 1 (1). [= 196 Gemeinden]. 


Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preusaen am 30.September 1900. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche herrschte 
in 

Kreisen 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez) 
waren 
verseucht: 

Königsberg . . 


1 

1 

0,24 

Danzig . . . 


2 

2 

1,58 

Marienwerder . 


6 

24 

10,61 

Potsdam . . . 


9 

38 

14,69 

Frankfurt . . 


2 

2 

0 73 

Stettin . . . 


6 

23 

12,26 

Köslin.... 


2 

5 

2,58 

Stralsund . . 


2 

10 

11,22 

Posen . . . . 


3 

3 

0 91 

Bromberg . . 


4 

11 

4,94 

Breslau . . . 


1 

1 

0,26 

Liegnitz . . . 


3 

4 

1,42 

Oppeln . . . 


1 

1 

0,35 

Magdeburg . . 


11 

53 

36,80 

Mersebnrg . . 


9 

12 

5,19 

Schleswig . . 


1 

2 

0,93 

Hannover . . 


1 

1 

1,58 

Hildesheim . . 


5 

16 

22,09 

Lünebnrg . . 


3 

11 

7,46 

Minden . . . 


1 

1 

1,96 

Arnsberg. . . 


1 

3 

3,52 

Cassel.... 


12 

23 

13,75 

Wiesbaden . . 


5 

8 

8,54 

Coblenz . . . 


1 

1 

0 95 

Düsseldorf . . 


4 

5 

11,62 

Cöln . . . . 


1 

l 1 

3,37 

Trier . . . . 


4 

6 

5,32 

Aachen . . . 


1 

1 

2,56 


Summa: 

102 

| 269 



Fleischschau und Viehhandel. 

Von KBhnau. 

Kothrückstände im Wurstdarme, Wurstschinutz. 

Dr. Schilling in Leipzig veröffentlicht in der „Deutschen 
Medicinisclien Wochenschrift“ vom 13. September 1900 das 
Ergebnis» von Versuchen, welche er zur Bestimmung der in 
den Därmen zurückbleibenden Schmutzmenge angestellt hat. 
Aufmerksam auf diese Kothrückstände wurde er durch Pilz¬ 
wucher äugen, welche sich in den Nischen und Buchten von 
Rothwurst vorfanden. Schon mit blossem Auge Hessen sich in 
diesen Buchten pflanzliche Gebilde erkennen, deren Natur nicht 
zweifelhaft sein konnte. Weitere Wahrnehmungen an den in den 
D arm h an dl ungen feilgebotenen Därmen Hessen erkennen, dass 
bei der Spülung und Reinigung der Därme in den Kutteleien 
der Schlachthäuser nicht so wenig Fäcalrückstände am Darm 
haften bleiben, welche sich in Gestalt von Strohfetzen, Getreide¬ 
samenspelzen und körnigem Detritus dem Auge darboten. Gut 
zu demonstriren sind diese Rtickbleibsel an auf Glas aus¬ 
gebreiteten Darmtheilen vom Rind und vom Schwein. Das 


Durchschnittsgewicht dieser nicht entfernten Schmutzmenge 
beträgt nach den Ermittelungen Schillings, welche er an 
frischen Därmen anstellte, im trockenem Zustande: 

bei 1 m Schweinsdünndarm etwa 0,33 g 

„ 1 m Schweinsdickdarm aber 0,530 g 

„ 1 m Rindsdünndarm 0,275 g 

„ 1 m Rindsdickdarm 0,666 g. 

Der durch die Eintrocknung von Schweinefäces ermittelte 
Wassergehalt von 89,3 pCt hinzugerechnet, ergiebt: 

2,16 g Kothrückstände in 1 m Schweinsdünndarm 

4,98 g „ „ 1 m Schweinsdickdark 

2,47 g „ „ 1 m Rindsdünndarm 

5,00 g „ „ 1 m Rindsdickdarm. 

Das sind wirklich nicht geringe Mengen von Koth, die der 
Consument bei dem Gemessen von Wurst ganz oder theilweise 
mit verz ilirt, je nachdem die Wursthaut mit gegessen, aus¬ 
geschabt oder abgezogen wird. Durch das gewöhnliche Reinigen 
und Schleimen der Därme lassen sich die anhaftenden Koth- 
iuengen nicht entfernen. Nur gründliche, mit grossem Zeitver¬ 
lust verbundene Spülung und accurates Abschalen der Mncosa, 
sowie hart - bis an den Darm herangehendes Abtrennen des 
Mesenteriums ist im Stande, die haftenden Schmutzmengen zu 
verringern. Denkt man, dass mancher Arbeiter täglich ein 10 
bis 15 cm langes Stück Roth- oder Leberwurst isst, so con- 
sumirt er mit dem Fleisch in acht Tagen etwa 4—5 g Schmutz, 
oder in einem Monat etwa 20 g. Erregt schon diese Vorstellung 
einen grossen Widerwillen, so wird die Sache noch bedenklicher, 
wenn man erwägt, dass auch die im Koth enthaltenen Pilze 
und etwaige Krankheitserreger mit der Wurst genossen werden 
können. VieUeicht ist mancher FaU von Wurstvergiftung hier¬ 
auf zurückzuführen. Schilling sagt am Schlüsse seiner Ab¬ 
handlung, dass von direct durch die Verunreinigung der Därme 
auf Menschen übertragbaren Krankheiten nur wenige, im Darm 
ablaufende in Betracht kommen, fragt aber gleichzeitig, ob die 
Veterinärmedicin darüber Aufschluss geben kann? 

Nun Nematodenlarven finden sich genügend in der 
Darmwand, und wird auf die Ausscheidung solcher Därme von 
Seiten der Fleischschau noch nicht genügend Gewicht gelegt, 
weil Schädigungen der Gesundheit des Menschen durch dieselben 
bisher nicht bekannt geworden sind. Oster tag will nur die 
in stärkerem Grade mit Wurmknoten behafteten Därme als 
hochgradig verdorbenes Nahrungsmittel behandelt wissen, während 
in geringeren Graden die Entfernung der Knoten den Gewerbe¬ 
treibenden unter eigener Verantwortlichkeit überlassen bleiben 
muss, da die Knötchen erst bei der gewerbsmässigen Zubereitung 
der Därme deutlich zu Tage treten. Darmentzündungen 
dürfen dem Auge des Fleischschauers nicht entgehen, und hat 
der Befund ihre Ausschliessung zur Folge. Anders aber bei 
weniger auffälligen Darmerkrankungen. Erinnert sei an die ka¬ 
tarrhalischen Affectionen des Darmes, die Erkrankung 
des Darmes bei leichten Fällen von Rothlauf, Schweinepest 
und ganz besonders bei Tuberculose; ja meist ist bei letzterer 
überhaupt nicht eine Erkrankung des Darmes nachweisbar und 
doch müssen sich nach Lage des Falles Unmassen von 
Tubercelbacillen im Darm finden. Man denke nur an die vielen 
Fälle von Fütterungstuberculose beim Schwein; man denke 
daran, dass bei Lungentuberculose der Rinder und Schweine die 
nach oben beförderten Tubercelbacülen meist nicht nach aussen 
gelangen, sondern abgeschluckt werden und in den Darm 
kommen. Nach den Untersuchungen Schillings werden bei 


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492 


BERLINER TUIERÄRZTEICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 41. 


tuberculösen Thieren nicht so wenig Tuberkelbacillen an den als Nahrungsmittel ausschliessen, namentlich aber bei 
Darmwänden mit dem Schmutz haften bleiben. In wie weit Schweinen, wo die Anzeichen der Fütterungstuber- 
dieselben infectiös sind, dürfte sich wahrhaftig lohnen zu er- j culose vorliegen, denn hier ist der Verdacht sehr rege, dass 
forschen. Jedenfalls sollte man aber bei vorgeschrittener l die Schweine mit dem Futter noch bis zuletzt Mengen von 
Tuberculose derThiere die Därme von der Verwendun g Tubercelbacillen in sich aufgenommen haben. K. 


Personalien. | 

Auszeichnungen: Dem Departementsthierarzt Oemler-Merse- j 
bürg und Kreisthierarzt a. D. Scholtz-Gr. Strehlitz (Ober- 
schles.) ist der Rothe Adlerorden IV. CI. und dem Commissions- 
ratb Lungwitz, Docent für Hufbeschlag in Dresden, bei seinem 
Uebertritt in den Ruhestand das Ritterkreuz II. CI. des königl. Sächs. 
Verdienstordens verliehen worden. — Geheimer Oberregierungs¬ 
rath Dr. Lydtin in Baden-Baden ist von dem thierärztlichen Verein in 
Westpreussen zu seinem Ehrenmitgliede, Veterinärassessor Dr. Stein¬ 
bach, Departements- und Kreisthierarzt in Trier, von dem thier¬ 
ärztlichen Verein der Provinz Westfalen zum Ehrenpräsidenten er¬ 
nannt worden. 

Ernennungen etc.: Thierarzt Waldemar Bonatz-Goldberg zum 
interimist Kreisthierarzt in Montjoie. Thierarzt A. Joachim zum 
Assistenten am thierhygienischen Institut der Universität Frei¬ 
burg i. Br. Dem Prosector Nelke an der Thierärztlichen Hoch¬ 
schule in Hannover ist die Verwaltung der Kreise Nienburg und 
Neustadt a. R. übertragen. — Gewählt: Die Thierärzte Erdwin 
Funck zum 3. Sanitätsthierarzt am Schlachthof in Bremen, Komra- 
Jastrow zum Schlachthofdirector in Zoppot. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die 
Thierärzte Assmann von Halle nach Gr. Lissa bei Klitzschmar, 
J. Baehr von Heinsberg nach Dormagen bei Neuss, Göttsch als 
Einj.-Freiw. im 45. Feld-Art.-Rgt. nach Bäbrenfeld b. Altona, Lechle 
von Dacbsbach nach Plattling (Nied.-Bayem), Lemm nach Berg- j 
heim (Rbld.), Fritz Schulz von Meissen nach Halle (Schlachthof), 
Timmroth von Ottersberg nach Charlottenburg. — Thierarzt Fritz 
Pflanz hat sich in Wohlau, Nie. Schmidt in Grünstadt (Pfalz) 
niedergelassen. 

Veränderungen in der Armee: Preussen: a) Beförderungen: 
Hentrich, Rossarzt im 44. Art.-Regt. unter Versetzung zum 
67. Art.-Regt. zum Oberrossarzt. — Zu Rossärzten die Unter¬ 
rossärzte Baumann vom 8. Art. - Regt, unter Versetzung zum 
44. Art.-Regt., Belitz im 9. Drag.-Regt., Dorn er im 14. Drag.- 
Regt,, Graening vom 4. Kilr.-Regt, unter Versetzung zur Feld- 
Art.-Schiessschule, Lehmann vom 11. UI.-Regt, unter Versetzung 
zum 9. Art.-Regt., Mann vom 10. Hus. - Regt unter Ver 
Setzung zum 3. Art.-Regt, Scholz vom 14. Hus. - Regt, unter 
Versetzung zum 16. Ul.-Regt., Schwinzer vom 1. Leib-Hus.-Regt. 
No. 1 unter Versetzung zum 36. Art.-Regt., Timm vom 2. Garde-Ul.- 
Regt. unter Versetzung zum 42. Art.-Regt. — Zum einj.-freiw. Unter¬ 
rossarzt der Einj.-Freiw. Ti mm ermann im 10. Art.-Regt. 

b) Versetzungen: Brose, Oberrossarzt vom 67. Art.- 
Regt., zum 20. Drag.-Regt — Die Rossärzte Gilfrich vom 
14. zum 22. Drag. Rgt., Jacob vom 22. Drag.-Rgt. zum 15. Train bat., 
Schulz vom 75. Art.-Regt. zum 12. Hus. - Regt., Wilczeck vom 
9. Art.-Regt. zum 2. Ul.-Regt. — Die Unterrossärzte Perl vom 
46. Art.-Regt, zum 16. Drag.-Regt., Fischer vom 16. Art.-Regt. zum 
3. Kür.-Regt., Pieth vom 1. Art.-Regt. zum 8. Ul.-Regt., Dudzus 
vom 1. Garde-Art.-Regt. zum 3. Hus.-Regt., Günther vom 6. Art.- 
Regt. zum 1. Leib-Kür. Regt., Keil vom 19. Art.-Regt. zum 5. Ul.- 
Regt., Möbring vom 50. Art.-Regt. zum 9. Hus.-Regt., Belitz vom 
33. Art.-Regt. zum 9. Drag.-Regt., Küthe vom 27. Art.-Regt. zum 
24. Drag.-Regt., Soffner vom 42. Art.-Regt. zum 2. Leib-Hus.-Regt. 
No. 2, Glasomersky vom 4. Garde-Art.-Regt. zum 3. Garde-Ul.-Regt., 
Bergfeld vom 6. Ul.-Regt, zum 11. Hus.-Regt., Theinert vom 
18. Art-Regt., Griemberg vom 2. Art.-Regt und Hoffmann vom 
11. Art.-Regt. zum 14. Hus.-Regt., davon 2 Unterrossärzte für die 
vom 1. October ab neu errichteten Escadrons Jäger zu Pferde, 
Wnuck vom 72. Art.-Regt. zum 1. Leib-Hus.-Regt. No. 1. 

c) Commandos: Oberrossarzt Loewn er und Rossarzt Mummert 
treten von ihren Commandos zu ihren Truppentheilen zum 3. Kür.-Regt. 


bezw. 21. Art.-Regt. zurück. Wilden, Oberrossarzt im 16. Hus.- 
Regt, für das laufende Wintersemester als Inspicient zur Militär- 
Rossarztschule commandirt Karl, Rossarzt vom Ostasiat Feld- 
Art.-Regt., ist dem 23. Art.-Regt. überwiesen. 

Abgang: Rossarzt Schröder vom 12. Ul.-Regt, und Unter¬ 
rossarzt George vom 67. Art.-Regt. 

Bayern: a) Beförderungen: Zu Stabsveterinären: Die 
Veterinäre Graf vom 2. Ul.-Regt. in diesem Regt; Müller 
vom 2. Trainbat. im 2. Feldart. - Regt Im Beurlaubten¬ 
stande: Zu Veterinären die Unterveterinäre Albert Marggraff 
(Landau); Christian Wirth (Kempten); Heinrich Jakob (I. München); 
Albin Missbach (Würzburg). In der Landwehr I. Aufgebots: Der 
Unterveterinär Hermann lleel (Landshut). 

b) Versetzungen: Die StabsveterinäreEck 1, vom 2. zum 6.Feld- 
Art.-Regt.; Grüner von der Equitationsanstalt zum 7. Feldart.-Regt.; 
Prechtel vom 2. Ulan.-Reg. zum 8. Feldart.-Regt. — Die Veterinäre 
Zeiller, vom 4. Feldart-Regt. zum 5. Cbev.-Regt.; Baumgart, 
vom 1. zum 3. Feldart.-Reg.; Sippel vom 3. und Trunk vom 4. 
zum 6. Feldart.-Regt.; Steinbrüchel vom 1. zum 7. Feldart.-Regt.; 
Rössert vom 2. zum 8. Feldart.-Regt.; Backmund vom 5. Chev.- 
Regt. zum 2. Train-Bat.; Zölch vom 2. schw. Reiter-Regt zum 
3. Train-Bat.; Göbel, commandirt zur Militär-Lelirschmiede, vom 
3. Feldart.-Regt. zur Equitationsanstalt. 

c) Commandos. Der Veterinär Achleitner des 1. sebw. 
Reiter-Rgts. vom 1. October d. J. auf die Dauer von 2 Jahren als 
Assistent zur Militär Lebrschmiede commandirt. 


Yacanzen. 

Kreitthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Reg.-Bez. Liegnitz: Sagan zum 1. XI. (600 M. Gehalt). Zeugnisse 
uud Lebenslauf binnen 4 Wochen an den Regierungs-Präsidenten. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
R.-B. Düsseldorf: Landkreis Krefeld. — R.-B. Oppeln: Gross 
Strehlitz (600 M.) zum 1. October er. 

Sanltätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Berlinchen (Neumark): Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau: 
aus letzterer ca. 2000 M. Einnahme. Bewerbungen sofort an den 
Magistrat. — Cottbus: Schlachthofassistenzthierarzt sofort. Bewerb, 
unter Angabe der Gehaltsansprüche an den Magistrat. Beschäftigung 
diätarisch; vierteljährl. Kündigung. — Lübeck: Hilfsthierarzt am 
Schlachthof. (2400 M. dreimonatliche Kündigung.) Bewerbungen an 
die Schlachthofverwaltung. — Mainz: Schlachthofthierarzt sofort 
(4200 M.; Wohnung etc.; 6 wöchige Kündigung). Bewerbungen mit 
Qualilicationsnacbweis zum beamt. Thierarzt für Hessen bis 20. Oct. 
an die Bürgermeisterei. — Rackwitz i. Pos.: Thierarzt für Schlacbt- 
! vieh- und Fleischschau. (1200 M. Fixum. Privafpraxis.) Meid, beim 
Magistrat. — Wolkenstein Scblacbthofthierarzt. (Zunächst bis 1903 
Beihülfe von 700 Mark zugesichert. Privatpraxis gestattet.) Bewerb, 
a. d. Stadtrath. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neu¬ 
stadt). — Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotzenau 
i. Schl. — Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — LaBdebnen 
(Kr. Pillkallen). — Lugau: Thierarzt zum 15. Dec. er. (2000 Mark. 
Privatpraxis). Bewerb, bis 1. Oct. an den Gemeinderath. — Murr- 
bardt — Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. — 
Mengeringhausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schles.). 

— Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.). 

— Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze (Mecklb.). 

— Wolkenstein. 

Besetzt: Kreis-Thierarztstelle in Montjoie. Sanitäts- 
Thierarztstellen in Bremen und Zoppot. 


Verantwortlich für den Inhalt (cxcL Inacratcnthoil): Prot Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Scboots ih BerU». Pruch von VV. BOxeostcin, Berlin. 


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Die „Berliner Thierimliche Wochenschrift“ erechelnt Orifinalbeltrige werden mit 60 Mk. für den Bogen bonorirt. 

wöchentlich in Stkrke von mindestens l*/j Bogen. Dieselbe Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionollcn An¬ 
ist ru bexiehen durch den Buchhandel, die Poet (No. 1082) "0 0 fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält», 

oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard ■ -m Berlin tblerirztliche Hochschule, NW., I.uisenstraase 5t>. 

Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von H I ■ W ■ Correcturen, Rocensions-Exemplare und Annoncen da- 

Mk. 5,— pro Vierteljahr. B 9 \ J ■ 1 B I 1 l V I gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Redaction: 

Professor Dr. Seit mal tz -Berlin. 

Verantwortlicher Redacteur. 

De Bruln KGhnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel Zünde! 

Professor Obcrthierarzt Departenicntsihiorarzt Kreisthicrarzt Departementsthierarzt Veterin&rassessor l’rofcssor Landes-Insp. f. Thierzucht Krcisihicrarzt 
Utrecht Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. 


M 42 . Ausgegeben am 18. October. 


Inhalt: Bericht iiher die 72. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Aachen. — Schroeder: Eine zweigo- 
theilte Gallenblase. — Referate: Eigneres: Impfversuche gegen Texasfieber. — Vennerholm: Tropoeoca'in, ein neues locales 
Anästheticum, nebst einigen Worten über locale Anästhesie. — Sobelsohn: Das Baeillol als Desinficiens und Wund¬ 
heilmittel. — Almquist: Zur Bhagocytose. — Tagesgeschichte: Bermbach: Culrur-Aufgaben. — Lolioff: Der practische 
Thierarzt als Fleischbeschauer. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — Fleischschau und Viehhandel. — 
Personalien. — Vacanzen. 


Bericht 

über die 72. Versammlung deutscher Naturforscher 
und Aerzte in Aachen. 

(Fortsetzung und Schluss.) 

Am Vormittag des 18. September demonstrirte Prof. Imminger- 
Miinchen die Castration mit dem Emasculator an einem D/ajährigen 
Hengstfohlen sowie an einem Eber. 

Die am Nachmittag des 18. September stattfindende Ab- 
theilungs-Sitznng eröffnete der Vorsitzende Prof. Lüpke-Stnttgart 
und ertheilte zunächst Prof. Imminger das Wort. Dieser 
erläuterte kurz die am Vormittag gezeigte Castrationsmethode 
und besprach im Anschluss daran die dabei verwandten 
Instrumente. Er empfahl den von Haussmann & Dünn in 
Chicago angefertigten Emasculator, der nach seiner Ansicht 
gegenüber dem neuerdings in Deutschland angefertigten den 
Vorzug verdient. Des Weiteren hob Redner hervor, dass der 
Erfolg der Operation nicht nur von guten Instrumenten, sondern 
auch von der richtigen Anwendung der letzteren, sowie von der 
richtigen Lage des zu castrirenden Thieres abhängig sei. 
I. operirt in der Rücken* oder Seitenlage; er wäscht regel¬ 
mässig das gereinigte Operationsfeld mit Aether und lässt die 
Operationswunde mit 3proc. Sublimatsalbe nachbehandeln. Bei 
richtiger Ausführung der Castration treten nach den bisher von 
dem Vortragenden gesammelten Erfahrungen weder Eiterungen 
noch Samenstrangfisteln auf. 

Bei der sich an den Vortrag anschliessenden Discnssion 
frug Weinberg-Aachen an, ob insbesondere bei älteren 
Hengsten nach der Castratiou mit dem Emasculator nicht leicht 
Nachblutungen eintreten? Nach I.’s Ansicht ist dies zwar nicht 
ausgeschlossen. Bei den von ihm ausgeführten Castrationen, 
welche Hengste im Alter bis zu 17 Jahren betrafen, sind 
Blutungen, denen er im Uebrigen keine grosse Bedeutung bei¬ 
legt, nicht vorgekommen. 

Der Vorsitzende wies darauf hin, dass I. über die Vor- 
ereitung und die Nachbehandlung der Castraten wenig gesagt 


habe. Nach seinen Beobachtungen legt gerade hierauf der 
Chirurg der Stuttgarter Hochschule das Hauptgewicht. Bei der 
Errichtung des neuen Operationssaales dieser Anstalt ist daher 
den Forderungen der Antiseptik und Aseptik in weitestem 
Umfange Rechnung getragen worden. 

Es schloss sich daran der nachfolgende Vortrag: 

Ueber Rauschbrand *) 

von Kreisthierarzt Vater- Eupen. 

Die ersten klinischen Beschreibungen über Rauschbrand 
sind von Walraff 1856 gegeben und die die Aetiologie 
begründenden Forschungen 1875 von Feser und Boilinger 
bahnbrechend geworden. Für das Reichsviehsenchengesetz ist 
dennoch eine Trennung vom Milzbrand nicht ausschlaggebend 
gewesen. Der Rauschbrand ist erkannt als Bodenkrankheit, 
aber unabhängig von geologischen und meteorologischen Ver¬ 
hältnissen, d. h. von den Gesteinsunterlagen, bezw. von der 
Menge der Niederschläge oder dem Barometerstände. Verant¬ 
wortlich sind vielmehr die in verschiedener Dicke und Dichtig¬ 
keit auf die Humusschicht folgenden geologischen Schichten zu 
| machen. Analog dem Malariafieber kann die äussere Temperatur 
, und die Veränderung des Grundwassers bewirken, dass die dem 
austrocknenden oder aufgelockerten Boden entsteigende Luft 
die Pilze mit nach oben reisst, und dass dieselben durch den 
Wind fortgeführt nnd auf Pflanzen niedergeschlagen werden. 

Die Bacillen müssen subcutan oder mit dem Futter in den 
Thierkörper gelangen. Fütterungsversuche haben auffallende 
i negative Resultate ergeben. Verletzungen der Maul- oder In- 
testinal8chleimhaut oder Indigestion werden dem Bacillus das 
Eindringen erleichtern. Subcutane Wunden sind selten nach¬ 
weisbar; hierorts können die festgestellten Fälle dem die Weiden 
umzäunenden Stacheldraht indirect zugeschrieben werden. 

Dass die Anlage bei Rindern sich auf das jugendliche Alter 
! von 4 Jahren beschränkt, ist nur allgemein zu nehmen, 

*) Autoreferat des Herrn Vortragenden. 


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494 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 42 


Kälber von 4 Monaten und in Rauschbrand-Districten einheimische 
Kühe bis über 6 Jahren erliegen ebenfalls der Krankheit. 

Der Ranschbrand endet stets letal; angeblichen Genesungen 
liegen Fehler in der Diagnose zu Grunde. Der Bacillennach¬ 
weis ist massgebend. Bei der Intestinalform fehlen während 
des Lebens Geschwülste; Muskelsaftproben aus etwa vorhandenen 
Geschwülsten können wohl Bacillen liefern, die aber mit Oedem- 
bacillen zu grosse morphologische Verwandtschaft besitzen. Die 
specifischen sporenhaltigen Rauschbrandbacillen entwickeln sich 
erst 12—24 Stunden nach dem Tode. Sehr häufig ist man auch 
enttäuscht, keine Bacillen im lebenden Gewebe nachweisen zu 
können. Pergamentartige, trockene oder brandige Beschaffenheit 
der Haut kommt bei dem kurzen Verlauf garnicht vor. 

Für die Differentialdiagnose kommen Milzbrand, malignes 
Oedem, Hautemphysem, Lähmung und innere Verblutung in Be¬ 
tracht. Auch manche Fälle von Kalbefieber führen zur Ver¬ 
wechselung mit Rauschbrand. Indessen schliessen die patho¬ 
logisch-anatomischen Veränderungen resp. der bacteriologische 
Befund Zweifel aus. 

Bezüglich des Geburtsrauschbrandes — einer Septicaemia 
puerperalis mit Emphysembildung — ist die Unterscheidung 
vom echten Rausclibrand sowohl in klinischer, pathologisch-ana¬ 
tomischer, wie bacteriologischer Beziehung sehr schwer. Beide 
kommen in denselben Districten vor. Klinisch durch hohes 
Fieber, Traurigkeit, Schwellung, Rauschen und blutrothe Ver¬ 
färbung der sichtbaren Geschlechtstheile bis zum Euter und über 
Kreuz und Schenkel ausgezeichnet, ist er pathologisch-anatomisch 
durch hämorrhagische und sulzig gallertige Einlagerungen, 
braunschwarze Muskelveränderung vom echten Rauschbrand 
nicht zu unterscheiden. Inhalt der Geschlechtstheile ohne pene¬ 
tranten Geruch, Schleimhaut, Submucosa und Muscularis gelockert, 
ödematös mit Hämorrhagien durchsetzt. Aehnliche Veränderungen 
sind im subperitonealen Gewebe zu verfolgen, Bauchhöhlenin¬ 
halt kann blutigroth erscheinen. Die Bacillen können als 
Varietät von Oedembacillen und Rauschbrandbacillen charac- 
terisirt werden. Nach dem Gesetz vom 22. April 1892 für die 
Rheinprovinz erfolgt keine Entschädigung, aus Opportunitäts¬ 
gründen empfiehlt sich entschieden die Subsummirnng wegen der 
eigenthümlichen Uebereinstimmung in jeglicher Weise. 

Echte Rauschbrandbacillen sind im Muskelsafte, im serös¬ 
blutigen Transsudate der Körperhöhlen, in der Galle reichlich, 
im Blute sehr spärlich vertreten. Der Rauschbrandbacillus ist 
exquisit anaerob, bildet in den Geweben Gase und entwickelt 
24—48 Stunden nach dem Tode endständige Sporen. Mit der 
Sporenbildung hört die Eigenbewegung auf. Ueppige Sporen- 
nachproduction wird in langsam getrocknetem Fleische con- 
statirt. Das Virus besitzt grosse Resistenz gegen äussere 
Einwirkungen; nach Kitt werden die Rauschbrandkeime 
durch strömenden Wasserdampf nicht getödtet, sondern nur ab¬ 
geschwächt. Meerschweinchen sind gegen Rauschbrandimpfling 
besonders empfindlich, Kaninchen fast immun. Die erste Rein- 
cultur ist in schwach reagirender Hühnerbouillon gelungen. 

Kitasato hat nach seinem Aneroidzüchtungsverfahren mit 
der Wasserstoffmethode Rauschbrandbacillen in Meerschweinchen¬ 
bouillon gezüchtet. Später haben Kitasato und Kitt auch auf 
festem Nährboden gezüchtet und durch reducirende Substanzen 
im Nährsubstrat das Wachsthum befördert. 

Schon Feser und Bollinger hatten erkannt, dass der 
Rauschbrand zu den impfbaren Infectionskranklieiten gehört. In 
den letzten Jahren haben besonders Arloing, Cornevin und 


Thomas, andererseits Kitt rege Thätigkeit entwickelt, um für die 
Praxis einen Impfstoff zur Erzeugung von Immunität herzustellen. 

Bei der intravenösen Impfung erzielt man nach einer un¬ 
gefährlichen Allgemeinerkrankung nachfolgende Immunität; die 
Ausführung ist jedoch in der Praxis mit grossen Gefahren ver¬ 
knüpft und umständlich. Später wählte man zur Impfung die 
Schwanzspitze; es kam zur Verwendung bei der ersten Impfung 
das auf 100°, bei der zweiten Impfung das auf 85° abgeschwächte 
aber stärker wirkende Virus. Kitt hat einen geeigneten Impf¬ 
stoff durch Einwirkung strömender Wasserdämpfe hergestellt, 
dessen einmalige subcutane Verimpfung Immunität verleiht; er 
hofft durch gleichzeitige oder vorherige Serumtherapie die Impf¬ 
rauschbrandgefahren abzuschwächen, denn bei Schafen ist es 
gelungen, mit dem Serum immunisirter Schafe andere an Rausch¬ 
brand erkrankte Tliiere zu heilen. Die Studien von Leclainche 
und Vallee haben ergeben, dass Rauschbrandbacillen ein wirk¬ 
sames Toxin produciren, welches für sich den Tod hervorruft, 
die vom Toxin befreiten Sporen bewirken allein im Organismus 
keine Infection. Die Bildung des Toxins schützt die Sporen vor 
der zerstörenden Thätigkeit der Phagocyten. Die Sporen können 
durch zweistündige Erwärmung auf 85° vom anhaftenden Toxin 
befreit werden. Nach den verschiedenen Methoden sind seitdem 
in vielen Rauschbrandgegenden Impfungen bei Rindern im Grossen 
ausgeführt. Die hier und da aufgetretenen kleinen Impfzufälle, 
wie geringe Störungen des Allgemeinbefindens, Complicationen 
am Schwanzende, waren ohne erhebliche Bedeutung. Das sta¬ 
tistisch geordnete und vorgetragene Material der Impfergebnisse 
in den einzelnen Ländern beweist, dass die Schutzimpfung den 
Thieren eine ausreichende Schutzkraft von 12—14 Monaten ver¬ 
leiht und Verluste von 0,75 bis höchstens 1 pCt. in sich schliesst. 
Der in der Schweiz im Frülyahr 1896 entstandene grössere 
Verlust an Impfrauschbrand bei Injection in der Schultergegend 
wird wohl in der Verwendung eines stärkeren Impfstoffes zur Er¬ 
langung höherer Schutzkraft seine Erklärung finden. Am meisten 
immunisirend, aber auch am gefährlichsten ist die Kitt’sche 
Trockenimpfung hinter der Schulter; weniger günstig, aber be¬ 
deutend ungefährlicher als die Impfung an der Schulter, ist die 
Kitt ? sche Reinculturimpfung und die zweimalige Impfung am 
Schwänze mit abgestuften Impfstoffen. Die befriedigenden Impf- 
resultate haben im Canton Bern und in Baden zu der Verfügung 
geführt, dass seit 1884 resp. 1895 für mit Rauschbrand be¬ 
haftetes Rindvieh Entschädigung nur gewährt wird, wenn der 
Besitzer nachweist, dass die Thiere der Schutzimpfung unter¬ 
zogen worden sind. 

Für die Vornahme der Präventivimpfung seien die Jahres¬ 
zeiten mit mittlerer Temperatur am geeignetsten. Zum 
Impfen müssen Rinder von bis 2 Jahren gelangen. Die 
Viehbesitzer seien über die hohe Bedeutung des Rauschbrand¬ 
schutzverfahrens genügend aufzuklären, aber auch auf die mög¬ 
lichen Gefahren aufmerksam zu machen, um einem für weitere 
Versuche sehr lähmenden allgemeinen Abschrecken gegen Impfen 
vorzubeugen. In Anbetracht des localisirten Auftretens, der 
relativ geringen Gefahr directer Uebertragung sei der Rausch¬ 
brand eine derjenigen Infectionskrankheiten, die durch Schutz¬ 
impfung erfolgreich bekämpft werden können. Jeder Impf¬ 
versuch deckt wieder neue Gesichtspunkte auf, die entweder 
Modification des Inoculationsverfahrens oder die Zubereitung der 
Impfstoffe mit sich brächten. Aus den jetzigen Erfahrungen sei 
zu schliessen, dass die Impfung keine wesentlichen Nachtheile 
für die Impflinge herbeiführt und der Verlauf zu Gunsten der 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


495 


18. October 1900. 

Schutzimpfung spricht. Seitens der Regierung, der Land- 
wirthschaftskammeni und von den Thierärzten seien der unver¬ 
kennbaren Vortheile wegen Anregungen zu Schutzimpfungen zu 
geben. 

Am 19. September leisteten die Theilnehmer der Veterinär- 
Seetion einer Einladung des Vereins rheinpreussischer 
Thierärzte zur Herbstversainmlung über die in nächster 
Nummer berichtet werden wird, Folge. Vorher demonstrierte 
Professor Degive aus Brüssel in der Aachener Reitbahn die 
Kryptorchlden-Castration. 

In der dritten Abtheilungs-Sitzung, die am 20. September 
unter dem Vorsitze von Dr. Jelkmann-Frankfurt a. M. ab- 
gehalteu wurde, behandelte Departementsthierarzt Dr. Steinbach- 
Trier in einem eingehenden in der vorigen Nummer der B. T. W. 
bereits veröffentlichten Vortrage das Thema: Ist zur Milzbrand¬ 
diagnose die Obductien erforderlich? Der Vortragende erachtet die 
Obduction der Leiche nur dann für nothwendig, wenn die micro- 
scopi8che Untersuchung des Halsvenenblutes ein negatives Er¬ 
gebnis liefert. 

Im Verlaufe der sich an den Vortrag anschliessenden leb¬ 
haften Discussion betonte Dr. Schmidt-Aachen die Notli- 
wendigkeit der Obduction der unter milzbrandverdächtigen Er¬ 
scheinungen verendeten Thiere und wies darauf hin, dass man 
in vielen Fällen schon durch die macroscopische Untersuchung 
der Organe zu einer sicheren Diagnose gelangen könnte. 

Prof. Lüpke vertrat einen vermittelnden Standpunkt, in¬ 
dem er Bich nicht generell gegen die Obduction aussprach, die¬ 
selbe aber in einzelnen Fällen für entbehrlich erachtete. Er 
warnte davor, sich bei der Milzbrandfeststellung ausschliesslich 
auf das Resultat der microscopischen Untersuchung zu ver¬ 
steifen, da eine specifische und absolut sichere Färbemethode 
für Milzbrandbacillen nicht existirt. Für die Anfertigung der 
Präparate empfahl L. das Ausstreichen mit der Stahlnadel und 
zum Färben eine dünne Gentianaviolettlösung. (Stuttgarter 
Methode). Er hält eine 12 procentige Stammlösung des Farb¬ 
stoffes vorräthig. Die verdünnten Lösungen werden von Fall zu 
Fall im Verhältnis von 1 : 10 angefertigt und nach gemachtem 
Gebrauche beseitigt. Mit der Olt’schen Safraninfärbung erzielte 
La. keine günstigen Ergebnisse. Nach seiner Ansicht lässt ins¬ 
besondere bei älteren Kadavern die Kapselfärbung im Stiche, 
da auch eine Reihe anderer Bacillen gleich dem Milzbrand¬ 
erreger eine Plasmahülle zeigen. Die Kapselfärbung ist daher 
nicht selten der Anlass zu einer irrthümlichen Diagnose. Zur 
Entnahme der Blutproben empfiehlt L. bei frischen Thierleichen 
die Ohrvene, bei alten das Herz. 

L. hält die Obduction des Cadavers nur dann für über¬ 
flüssig, wenn sich in der entnommenen Blutprobe nur eine Art 
sich gleichmässig färbender Bacterien mit den morphologischen 
Eigenschaften der Milzbranderreger vorfinden. Zum Versandt 
von Material erwiesen sich gekochte Kartoffeln, zwischen die 
nach dem Zerschneiden die Blutprobe gebracht wurde, sowie 
Kartoffelscheiben in schwedischen Streichhölzerschachteln ver¬ 
packt, als besonders zweckmässig. 

Dr. Steinbach glaubt von Prof. Lüpke bezüglich der 
Olt’schen Färbemethode missverstanden worden zu sein. Ihm 
sei das von L. erwähnte Verfahren bisher nicht bekannt gewesen. 
Nach den guten Erfahrungen, die er mit Safranin gesammelt, 
möchte St. dieses nicht mehr entbehren. Zum Zweck der Ent¬ 
scheidung der von ihm aufgeworfenen Frage sei festzustellen, 
ob Vorbericht, äussere Besichtigung des Cadavers und micro- 


scopiBclie Untersuchung des Blutes zur Begründung der Seuchen¬ 
diagnose ausreichen? Im Bejahungsfälle würde auf die Ob¬ 
duction der Leiche verzichtet und der Veterinär-Polizei damit 
ein grosser Dienst erwiesen werden können. 

Prof. Lüpke hebt nochmals hervor, dass die von ihm an¬ 
gewandte Färbung mit verdünnter Gentianaviolettlösung über 
der Flamme an Einfachheit nichts zu wünschen übrig lässt und 
die Plasmahülle vollständig zur Geltung bringt. 

Kreisthierarzt Vater hält neben der microscopischen Unter¬ 
suchung des Blutes nach Olt, mit der er ebenfalls gute Er¬ 
fahrungen gemacht hat, die Obduction des Cadavers für noth¬ 
wendig. Er weist darauf hin, dass der verstorbene Prof. Rabe 
stets mehrere Färbemethoden bei der Untersuchung von Milz¬ 
brandmaterial anwandte, bevor er seine Entscheidung traf. Nach 
V.'s Ansicht bietet die Milzbrandfeststellung oft so grosse 
Schwierigkeiten, dass er auf die Obduction zur Sicherung der 
Diagnose nicht verzichten möchte. Er weist dabei auf die 
Schwierigkeiten hin, die der microscopischen Diagnose, nament¬ 
lich bei dem längeren Liegen der Cadaver erwachsen. 

Dr. Lothes schliesst sich diesen Ausführungen an und 
erachtet zur wenn auch nur theilweisen Beseitigung der mit der 
Obduction der Milzbrandleichen verbundenen Gefahren eine 
landesgesetzliche Regelung des Abdeckereiwesens für unbedingt 
nothwendig. 

Prof. Lüpke weist demgegenüber auf die Schwierigkeiten 
einer Regelung des Abdeckereiwesens hin. So lange letztere 
noch nicht erfolgt, solle man daher auf die Obduction der Milz- 
brandcadaver, soweit angängig, verzichten. 

Dr. Steinbach schliesst sich dem an und stellt die 
geregelten Abdeckereibetriebe grösserer Städte den primitiven 
Einrichtungen auf dem platten Lande gegenüber. 

Dr. Lothes ist sich der Schwierigkeiten einer landes¬ 
gesetzlichen Regelung des Abdeckereiwesens wohl bewusst, hält 
dieselbe aber unter Hinweis auf Baden dennoch für in abseh¬ 
barer Zeit erreichbar. Bei Anwendung der erforderlichen Vor¬ 
sicht hält er auch unter den derzeitigen Verhältnissen die mit 
der Obduction von Milzbrandcadavern verbundenen Gefahren 
für den Obducenten nicht für besonders gross und weist darauf 
hin, dass gegenüber den zahlreichen alljährlich von Thierärzten 
ausgeführten Milzbrandobductionen die Infectionen von Menschen 
doch relativ selten seien. 

Der Vorsitzende dankte alsdann dem Vortragenden für den 
erstatteten Bericht und hebt im Anschluss daran hervor, dass, 
so wünschenswerth die Einschränkung der Milzbrandobductionen 
auch sein möge, es ausserordentlich schwierig sein dürfte, eine 
Grenze zwischen den Fällen zu ziehen, in denen die microscopische 
Untersuchung genügt und denjenigen, bei welchen ausserdem 
die Obduction des verdächtigen Cadavers stattzufinden hat. 
Er empfiehlt daher zu der Frage bei dieser Gelegenheit keine 
Stellung zu nehmen. Entgegen dem Wunsche des Referenten 
wurde daher ein Beschluss über die von ihm aufgeworfene Frage 
nicht gefasst. 

Prof. Lüpke sprach darauf „Zur Diagnose der Wiidseuche des 
Hir8chwiides.“ Er wies einleitend darauf hin, dass die Wildseuche 
zu den Infectionskrankheiten gehört, bei welchen das Kraukheits- 
gift im Blute kreist. Die besten Beobachtungen über diese 
Seuche sind von Bollinger in dem Königlichen Wildpark an 
der Iller angestellt worden. Nach Ansicht des Letzteren kommen 
die bei den an Wild- und Rinderseuche erkrankten Rindern 
regelmässig anftretenden grossen Anschwellungen an Kopf und 


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496 

Hals beim Hirschwilde nicht vor. L. hat die Cadaver mehrerer 
in dem Wildpark Josephsinst (Hechingen) an der Seuche ge¬ 
fallener Hirsche obducirt und konnte dabei, entgegen den 
Beobachtungen von Bollinger, die fraglichen in der Unterhaut 
liegenden Anschwellungen feststellen. An dem einen Cadaver 
befanden sich dieselben am unteren Ende des Halses sowie am 
Unterschenkel. Die Anschwellungen waren flach und daher leicht 
zu übersehen. Beim Einschneiden erwies sich die Unterhaut an 
diesen Stellen sulzig infiltrirt. 

Des Weiteren bespricht der Vortragende die von Bollinger 
geschaffene Eintheilung der Wildseuche in die exanthematische, 
intestinale und pulmonale Form. Er hält dieselbe für nicht gerade 
glücklich gewählt, da bei ein und derselben Erkrankung meist 
mehrere Formen vertreten sind. 

Für die Feststellung der Seuche besonders wesentlich ist 
das rapide Sterben der Thiere in grösseren Wildbeständen. In 
Folge des schnellen Verlaufes ist über das eigentliche Krank¬ 
heitsbild Genaueres nicht bekannt. Da sich die kranken Thiere 
verkriechen, so sind die Cadaver schwer aufzufinden. Genaue 
Obductionsbefunde von wildseuchekranken Hirschen enthält die 
Literatur nicht. Gerade mit Bezug auf diese Seuche lassen nach 
L.’s Ansicht die Lehrbücher der speciellen Pathologie uns viel¬ 
fach im Stiche. 

Was die Uebertragung der Seuche anbelangt, so ist dabei 
zu beachten, dass das Auftreten derselben in die heissesten 
Sommermonate fällt. Schneidemühl nahm daher an, dass die 
Uebertragung des Krankheitsgiftes durch Fliegen vermittelt 
würde. L. erachtet dies nicht als zutreffend, indem er darauf 
hinweisst, dass die Ohren des durch ihn obducirten Hirschwildes 
in Folge von Fliegenstichen wund waren, ohne dass man an den¬ 
selben irgend welche Schwellung constatiren konnte. Auf den 
Anschwellungen des einen der von ihm obducirten Cadaver traf 
der Vortragende die Schaflausfliege an. Er untersuchte das 
lnsect und verimpfte die Eingeweide mit Erfolg auf Mäuse- 
L. neigt daher zu der Annahme, dass die Uebertragung des 
Krankheitsgiftes durch Schaflausfliegen, die noch nach dem Tode 
des wildseuchekranken Thieres an der Haut haften bleiben, ver¬ 
mittelt wird. Bei der Obduction sind im Falle der Erkrankung 
der Unterbaut die Bindegewebslamellen an den betroffenen 
Stellen leicht abhebbar und mürbe. Sind keine Anschwellungen 
in der Unterhaut vorhanden, so findet man eine Lungenentzündung 
oder eine folliculäre bzw. haemorrhagische Darmentzündung. 

Nachdem der Vorsitzende dem Referenten im Namen der 
Versammlung für seine interessanten Ausführungen gedankt hatte, 
schloss er die Abtheilungssitzung, sowie die Tagung der Veterinär- 
Section und ertheilte Bockelmann-Aachen das Wort. Dieser 
dankte im Aufträge des verhinderten Einführenden der Veterinär- 
Section und Namens der Aachener Thierärzte den Theilnehmem 
für ihr Erscheinen. 

In der der zweiten allgemeinen Sitzung (gemeinschaftliche 
Sitzung der naturwissenschaftlichen Gruppe) voranfgehenden 
Geschäftssitzung, die Geh. Rath Prof. Dr. von Leube-Würzburg 
leitete, wurde Hamburg als Tagungsort der nächstjährigen Ver¬ 
sammlung gewählt. 

In den nicht durch Sitzungen ausgefüllten Stunden und 
insbesondere an den Abenden war durch die Veranstaltungen 
des Ortsausschusses für entsprechende Unterhaltung gesorgt. 
Am 20. September fand eine Rundfahrt der Damen der Mit¬ 
glieder durch Aachen und seine Umgebung statt, zu welcher 
von Privaten die Equipagen zur Verfügung gestellt worden waren. 


No. 42. 

An demselben Tage wurde ein Ausflug nach „Rothe Erde“ zur 
Besichtigung der Anlagen des Aachener Hüttenwerks unter¬ 
nommen, an dem sich die Mitglieder sehr zahlreich betheiligten. 
Zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt, von denen wir hier nur 
den Dom mit seinen Schätzen und das Rathhaus mit dem 
Krönungssaale der deutschen Kaiser erwähnen wollen, hatten die 
Theilnehmer freien Zutritt. 

Die Abendvergnügungen nahmen am 19. September mit dem 
offlciellen Festmahle ihren Anfang. Dasselbe fand im grossen 
Concertsaale des Kurhauses statt und hatte sich unter Berück¬ 
sichtigung der geringen Zahl (900) der eingeschriebenen Theil¬ 
nehmer eines recht guten Besuches zu erfreuen. Ihm folgte am 
Abend des 20. September ein von dem verstärkten Aachener 
Männer-Gesang-Verein veranstaltetes Concert, dem sich ein Ball 
anschloss. Am darauffolgenden Tage gab die Stadt Aachen ihren 
Gästen einen Commers, auf welchem ihnen der Abschiedstrunk 
gereicht wurde. L. 


Eine zweigeteilte Gallenblase. 

Von 

Carl Sohroeder- Leipzig, 

st&dtlacher Thierarzt. 

Im hiesigen Schlachthofe fand ich bei einem ca. 8 Wochen 
alten, sehr gut genährten Kalbe eine zweigetheilte Gallenblase 
(vesica fellea bipartita), deren Vorkommen in der mir zugänglichen 
Literatur bisher nicht erwähnt ist. Nur Berndt hat im Berl. 
Archiv XIX. S. 320 eine doppelte Gallenblase beschrieben, die 
er bei der Section einer Kuh gefunden hat. Auch Ellenberger 
und Schütz berichten darüber. (Jahresbericht über die 
Leistungen auf dem Gebiete der Veterinär-Medicin, XIH, S. 156). 

Die Kalbsleber hatte keine Veränderungen aufznweiseu, 
sondern glich in Gestalt, Grösse, Consisteuz, Farbe und innerer 
Einrichtung vollkommen einer normalen. An der hinteren Fläche 
des rechten Leberlappens lag die strotzend gefüllte Gallenblase, 
die sich aus zwei Lappen zusammensetzte. Beide Lappen waren 
gleich gross; der unterste weite Theil derselben, der sogenannte 
Grund war paarig vorhanden, kurz abgerundet und ragte gleich- 
mässig über den unteren Leberrand hervor. Dort, wo beide 
Lappen zusammenstiesen, befand sich ein tiefer Einschnitt. Der 
Körper, der den mittleren Theil der Gallenblase bildet, lag mit 
der hinteren Wand frei, mit seiner vorderen dagegen in der 
für die Gallenblase bestimmten Grube. Der oberste Theil der 
Blase, der sogenannte Hals, führte in den Gallengang. Die 
Entfernung des Grundes der Blase von Ende des Halses betrug 
12 cm, während der Einschnitt in die Blase vom Gallengang 
9 cm entfernt war. Die Gallenblase selbst war, wie eine normale, 
von einem serösen Ueberzuge überzogen, dem die Muskelschicht 
und dann die Schleimhaut folgte. Letztere war im Innern der 
beiden Lappen in viele kleine Falten gelegt und hatte so die 
grösste Aehnlichkeit mit einem äusserst fein verzweigten Netze. 

Referate* 

Impfversuche gegen Texasfieber. 

(CummlHBlonsbericht der 8oc. centrale de mid. v6t, Ref. Moubru, SS. Juli 1900.1 

In der Juniversammlung der Soci6t£ centrale hatte Professor 
Nocard, wie in No. 37 pag. 437 der B. T. W. referirt wurde, die 
von Rep. Ligniäres vorgenommenen Untersuchungen über Texas¬ 
fieber (Tristeza, parasitäre Hämoglobinurie des Rindes etc.) 
geschildert und beantragt eine Commission zu ernennen, die 
über das von Lignieres erfundene Impfverfahren auf Grund 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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18. October 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


497 


effectiver Versuche Bericht erstatten sollte. Die Commission 
bestand ans den Herren Mollerean, Monssn, Nocard und 
Railliet. Die Impfversuche wurden in Gegenwart der Com¬ 
missionsmitglieder vorgenommen nnd zwar wurden fünf Rinder 
hierzu verwendet. Zwei Kühe (No. 1 und No. 4) hatte 
Ligni^res bei seiner Rückkehr aus Argentinien mit der natür¬ 
lichen Krankheit geimpft. Beide Thiere waren in gelinder 
Weise erkrankt, so dass sie als immunisirt betrachtet werden 
konnten. Zwei Kühe (No. 2 und No. 3) waren am 5. Juli dem 
von Ligni6res empfohlenen Impfverfahren unterworfen worden, 
wobei sie nur eine vorübergehende leichte Hyperthermie gezeigt 
hatten. Das fünfte Rind (ein ausgewachsenes Thier) sollte als 
Zenge dienen nnd war keiner Behandlung unterworfen worden. 

Am 15. Juli erhielten die fünf Thiere subcutan je 5 Cubic- 
centimeter virulentes Blut injicirt. — Die beiden Kühe No. 1 
und 4, die von einer gelinden ersten Erkrankung geheilt waren, 
zeigten keine Störung, der Appetit blieb vorzüglich, die 
Temperatur war absolut regelmässig; die Injection hatte somit 
auf beide Thiere keine Wirkung. — Die beiden Kühe No. 2 
nnd 3 haben sich wie die beiden anderen benommen; die 
Temperatur blieb immer regelmässig und normal; die Schutz¬ 
impfung war somit von vorzüglicher Wirkung, da die Versnchs- 
thiere nicht die genügende Störung zeigten. Beim Bullen war 
in den ersten fünf Tagen keine Störung zu bemerken, die 
Temperatur schwankte regelmässig zwischen 38 und 39 Grad, 
der Appetit war gut. In der Nacht vom fünften auf den 
sechsten Tag stieg aber die Temperatur von 38,3 auf 40,4; der 
Appetit verschwand fast vollständig, aber trotz dieser heftigen 
Reaction blieb das Thier munter und kräftig, der Harn hatte 
noch seine normale Farbe. 

Am 22. Juli stieg die Temperatur auf 40,7, das Thier ver¬ 
weigerte jedes Futter und war mehr niedergeschlagen; der Harn 
war leicht gefärbt, im Blute befanden sich aber nur wenig 
Haematozoen. 

Am 23. stieg die Temperatur auf 41,2; das Thier war äusserst 
deprimirt und verweigerte jede Futteraufnahme. Der Harn war 
roth und wurde braun an der Luft; die Untersuchung des Blutes 
ergab die Anwesenheit von zahlreichen piriformen Haematozoen. 
Die von Nocard vorgenommene Zählung der Blutkörperchen 
ergab um 2 Uhr Nachmittags 3 200 000, d. h. weniger als die 
Hälfte der normalen Zahl, um 6 Uhr nur noch 1 100 000. Nach 
anderen Versuchsthieren zu schliessen, die in der Hyperthermie 
mit denselben Erscheinungen wie der Versuchsstier verendeten, 
glanbten die Commissionsmitglieder, dass das Thier noch in der 
Nacht verenden würde. Wider Erwarten blieb der Zustand am 
24. stationär. Das Thier verweigerte immer noch das Futter, 
es hatte starke Verstopfung, das Flotzmaul war sehr trocken, 
der Harn noch dunkler als am Tage vorher, die Blutkörperchen¬ 
zählung ergab nur noch 370000 rothe pro Cubicmillimeter. 
Im Blute fanden sich weniger Parasiten, dieselben waren nicht 
mehr piriform, sondern mehr abgerundet. Die Temperatur 
dagegen war um nahezu drei Grad gefallen, von 41,2 auf 38,3. 

Am 25. Juli war das Thier wesentlich besser, die Temperatur 
betrug 38,4, das Flotzmaul war frisch, das Thier nahm Getränke 
auf und suchte zu fressen. Es schien, dass es genesen würde. 
Da die natürliche Krankheit, die in Argentinien grosse Verluste 
verursacht, auch nicht immer letal verläuft, ist der günstige 
Ausgang heim Versuchstiere nicht besonders auffallend. Von 
Wichtigkeit ist aber, dass die Versuche ohne Zweifel nach¬ 
gewiesen haben, dass das von Lignieres gefundene Impf¬ 


verfahren absolut wirksam ist. Die beiden Impflinge sind nicht 
im geringsten Grade in ihrem Befinden gestört worden, während 
das Controlthier so schwer erkrankte, dass sein Eingehen er¬ 
wartet wurde. In practischer Beziehung dürfte die Demonstration 
genügen. Z. 

Tropococain, ein neues locales Anästheticum, nebst 
einigen Worten über locale Anästhesie. 

Von Prof. John Vennerholm-Stockholm. 

(Zeltschr. f. Thiermed. 1900 8. 2/3.) 

Das Tropococain ist seit etwa 7 Jahren bekannt und von 
Giesel aus einer in Java wachsenden Erythroxylonart dargestellt 
worden. Das Präparat sollte das Cocain in der localen Anästhesie 
ersetzen, war aber bisher zu theuer. Durch ein neues von 
Merck-Darmstadt erfundenes Verfahren der Darstellung ist der 
Preis nur noch ein wenig höher als der des Cocains. Das 
Tropococain wird in einer 6,2 procentigen Kochsalzlösung gelöst 
und hat, steril gemacht, eine grosse Haltbarkeit. Eine sterilisirte 
Lösung von Tropococain 0,3 -f- Natr. chlorat. 0,06 -f- Aq. 
destl. 10 bleibt in einer dicht verschlossenen Glasflasche 
l l / 2 Jahre lang unverändert. Das Mittel ist ferner 3 mal weniger 
giftig als Cocain. Verf. hat das Tropococain in 23 Fällen zur 
localen Anästhesie verwendet und ermittelt, dass es ungefähr 
in dem gleichen Grade wirkt, als das Cocain. Die injicirten 
Lösungen waren 3 proc. und lOproc. 

In der Veterinär-Chirurgie wird sich das Mittel nicht eher 
allgemein einführen, als bis sein Preis noch wesentlich billiger 
geworden ist. 

Zum Zweck der localen Anästhesie wurde vom Verf. bisher 
nur Cocain in 3proc. Lösungen angewendet, wobei sich heraus¬ 
stellte, dass die Dosis für ein Pferd zwischen 10 — 15 cg nnd 
1 g variirte. Bei der Neurectomie der Plantarnerven genügten 
in der Regel 15 cg, um die Haut reactionslos zu machen. Die 
freigelegten Nervenstämme gelingt es erst nach wiederholter 
Benetzung mit dem Mittel zu anästhesiren. 

Die Ausführung der Castration mit localer Betäubung ist 
ebenfalls versucht worden. Bei älteren Hengsten war die Wir¬ 
kung ungenügend, dagegen genügte bei einjährigen Hengsten 
die Injection von je 50 cg an 5 Einstichstellen zu beiden 
Seiten des Hodensackes. 

Mit der Schl eich’sehen Infiltrationsmethode wurden keine 
guten Erfahrungen gemacht. Die Anästhesie soll hierbei neben 
der Einwirkung des sehr verdünnten Mittels durch den Druck 
der reichlichen Injectionsflüssigkeit auf die sensiblen Nerven¬ 
endigungen erzielt werden. Bei dieser Methode sind viele 
Einstichstellen erforderlich; die Gewebe werden ferner in eine 
Art ödematösen Zustand versetzt, dass die anatomische Lage 
von Gefässen und Nerven verändert und dadurch die Orientirung 
erschwert wird. 

Die Cocainipjection eignet sich sehr gut bei der Application 
des Brenneisens. Es ist 3—5 Minuten nach der Injection zu 
warten, ehe die Operation beginnen darf. 

Bei der Diagnose von Lahmheiten wurde von der Cocain¬ 
einspritzung über die Medianus- und Tibialiszweige am Fessel¬ 
gelenk Gebrauch gemacht, um die Empfindlichkeit im Hufe zu 
schwächen. Tritt hierauf eine Verringerung der Lahmheit ein, 
so ist ein diagnostischer Anhalt für das Vorhandensein einer 
Podotrochilitis gegeben. Die Versuche in dieser Richtung er¬ 
weisen sich jedoch als wenig versprechend, besser werden Podo- 
dermatitiden durch solche Injectionen beeinflusst. 


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498 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 42. 


Die Verlängerung der Localwirkung des Cocains zu diagno¬ 
stischen Zwecken suchte Verf. dadurch zu erreichen, dass er 
vor der Injection einen elastischen Schlauch über dem Carpal- 
bezw. Tarsalgelenk anlegte und denselben 3—5 Minuten nach 
dem Einspritzen des Mittels entfernte. 

Das Bacillol als Desinficiens und Wundheilmittel. 

Von Joh. Sobelsohn-Wien. 

(Ocstorr. Monatsschrift f. Tbicrhcilkunilc 1000, H. 8.) 

Bei einem dreivierteljfthrigen ausschliesslichen Gebrauch 
des Mittels in der geburtshilflichen Praxis ist Verf. zu dem 
gleichen Resultate wie Junginger gekommen, nämlich dass das 
Bacillol jedem anderen Desinfectionsraittel zu diesem Zweck 
vorzuziehen sei. Nicht minder gut hat sich dasselbe bei der 
Wundbehandlung bewährt. Das Bacillol besitzt vor anderen 
Desinficientien eine Reihe Vorzüge und wird daher in der Medicin 
eine dauernde Verwendung finden. Die dunkelbraune Flüssigkeit 
hat einen leicht theerartigen Geruch und ist in Lösungen klar. 
Das Mittel ist gänzlich ungiftig und greift weder die Instrumente 
noch die Hände des Operateurs an. Die keimtödtende Wiikung 
des Präparates ist in 2—3 proc. Lösungen vorzüglich. 

Ein nicht zu unterschätzender Vorzug ist auch der billige 
Preis des Bacillols. Es eignet sich deshalb in 5 proc. Lösung 
zur Desinfection grosser Räume und Stallungen. 

Schliesslich ist das Mittel auch bei der Behandlung der 
Hunde- und Pferderäude mit Erfolg zur Anwendung gekommen. 

Zur IMiagocytose. 

Von Prof. E. Almquist. 

(Zeitschrift f. Hygiene u. Infectlonskrankh. XXXT, I). Heft.) 

Almquist hat seine Untersuchungen an Schwein- und 
Kaninchenblut angestellt. Um die Leucocyten zu erhalten, wird 
geschlagenes, frisches Blut centrifugirt. Nacli 5—10 Minuten 
setzt sich ein klares Serum ab. 

Die Blutkörperchen sammeln sich am Boden mit den Leuco¬ 
cyten als oberste Schicht. Die gewonnenen Leucocyten waren 
meistens mononucleär, sie wurden in Serum aufgeschwemmt und 
zu 3 cm dieser Aufschwemmung eine Platinöse Bacterien zu¬ 
gesetzt. Dieses Gemisch wurde verschieden lange mit ver¬ 
schiedener Tourenzahl centrifugirt. Hierbei zeigten sich meistens 
die polynucleären Leucocyten von Bacterien gefüllt, gleichgültig, 
ob das Gemisch zur Herabsetzung der activen Protoplasma¬ 
bewegung abgekühlt war oder nicht. Diese Verhältnisse zeigten 
bei verschiedenenBacterienarten keine wesentlichen Differenzen; 
so verwendete Verfasser Pyogenes aureus und albus, Diphtherie¬ 
bacillen, Coli commune, Typhusbacillus, Sporen von Anthrax und 
Henbacillus etc. 

Auch durch Schütteln mit der Hand erreicht mau denselben 
Effect, wodurch erwiesen wird, dass dem Centrifugiren dabei 
ein Einfluss nicht zukommt. Diese Fähigkeit besitzen aber nicht 
nur die lebenden Leucocyten. Almquist verwendete einen Tag 
altes Blut und konnte keinen Unterschied gegen frisches con- 
statiren. 

Auch die ganz glatten Conidien von Penicillinm glaucnm 
haben die Fähigkeit, Bacterien an ihrer Oberfläche festzuhalten. 

Wurde einer Aufschwemmung von solchen Conidien eine 
prodigio8us-ähnliche Bacterienart zugesetzt und alsdann durch 
Filtrirpapier filtrirt, so blieben die meisten Stäbchen mit den 
Conidien auf dem Filter. Diese Stäbchen producirten einen 
rothen Farbstoff. Kurze Zeit nach der Aufschwemmung waren 
Keimlinge und Mycelfäden rothgefärbt. Jess. 


Tagesgeschiclite. 

f 



Am 25. September ist der Wirkliche Geheime Ober- 
Regierungsrath a. D. Benno Beyer zu Berlin aus dem Leben 
geschieden. 

Der beste Theil dieses Lebens ist der Organisation und 
Förderung des preussischen Veterinärwesens und des thierärzt¬ 
lichen Standes gewidmet gewesen. Denn volle 20 Jahre, von 
1876—1896 war der Verstorbene der Decernent für das Veterinär¬ 
wesen im preussischen Ministerium für Landwirtschaft etc. 
und diese Zeit war an grossen Ereignissen reich. Nachdem 
1872 das Veterinärwesen dem landwirtschaftlichen Ministerium 
unterstellt worden und bereits 1875 das preussische Vieh¬ 
seuchengesetz geschaffen worden war, das seinen weiteren 
Ausbau im Reichsviehseuchengesetz von 1880 fand, war das 
Veterinärbeamtenthum neu begründet und auf eigene Füsse ge-, 
stellt; es galt nun dessen Dienst zu organisiren. Zugleich 
war 1878 die Erhöhung der thierärztlichen Vorbildung auf 
Primanerreife durchgeführt und schon in den nächsten Jahren 
begann sich die Wirkung dieser Massregel, im Leben der 
Thierarzneischulen, zu zeigen. Auch das Militär-Veterinärwesen 
war aus seiner Misere heraus und in eine neue Epoche ein¬ 
getreten, indem die Reform von 1873 den Militärthierärzten eine 
würdigere Stellung gegeben hatte. Ein neues Leben ging — 
unter der Wirkung dieses Fortschrittes auf allen Seiten — durch 
den thierärztlichen Beruf, dessen Vertreter sich im deutschen 
Veterinärrath zusammenschlossen. Eine rechte Blütezeit war 
gekommen für das Veterinärwesen, die ihren Höhepunkt 1887 
erreichte, als unter dem Zusammenwirken aller Kräfte die 
Thierarzneischulen zu Hochschulen erhoben wurden und man 


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18. October 1900. 

an diese äussere Umgestaltung die frohesten Hoffnungen auf 
eine innere Reform knüpfen durfte, Hoffnungen, die der Erfüllung 
freilich noch harren. 

In jener bedeutsamen Zeit konnte der Geheime Rath Beyer 
seine Thätigkeit entfalten. Nicht allein zwar hat er jene Er¬ 
folge errungen. Ein Grösserer stand neben ihm, Unterstaats- 
secretär Marcard, der selber zuerst das Decernat für das 
Veterinärwesen innegehabt hatte und diesem Gebiet auch ferner 
seinen Einfluss und seine specielle Thätigkeit erhielt. Aber 
Jedermann, der die Verhältnisse einigermassen kennt, wird wissen, 
wie sehr in allen Angelegenheiten die Thätigkeit, dieUeberzeugung, 
das Wohlwollen des Decernenten ins Gewicht fallen mussten, und 
wird danach den grossen Antheil bemessen, den der Geheimrath 
Beyer an den namentlich im Decennium 1877 bis 1887 geradezu 
erstaunlichen Fortschritten des Veterinärwesens genommen hat. 

Sein Werk ist in erster Linie die Regelung des 
Dienstes der beamteten Thierärzte, für die auch das von ihm 
verfasste Buch massgebend geworden ist. Es ist gewiss be¬ 
zeichnend für seine Gesinnungen gegenüber der Vete¬ 
rinärwissenschaft, dass er in der Vorrede zu der ersten 
Auflage dieses Buches (1881) schrieb: „Die Reglements über 
die Prüfungen der Thierärzte werden auch weiteren Kreisen von 
den hohen Anforderungen Kenntniss geben, welche an die Aus¬ 
bildung der Thierärzte, insbesondere der beamteten, gestellt 
werden und dadurch, wie der Herausgeber hofft, dazu beitragen, 
dem thierärztlichen Studium in noch höherem Masse die ihm 
gebührende Würdigung aller Berufsklassen zu erwerben und ihm 
tüchtige Jünger aus allen Landestheilen zuzuführen.“ 

Sein besonderes Interesse galt den thierärztlichen Bildungs¬ 
anstalten. Es war eine harte und schwierige Zeit, die nicht 
ohne heftige persönliche Zusammensfcösse verlaufen konnte, als 
gegen das Directorat und für die Hochschulreform gefochten 
wurde. Es war da sehr viel Kaltblütigkeit, Objectivität und 
auch Nachsicht erforderlich, um eine klare Beurtheilung der 
Sache und der Personen zu erlangen und zu bewahren. Die Hal¬ 
tung, welche in jener Zeit der Geheimrath Beyer, vielleicht 
theilweise unter Unterdrückung eigner Sympathieen, beobachtete, 
musste bei Jedermann höchste Achtung und Bewunderung erregen. 

Damals entfalteten die thierärztlichen Vereine eine energische, 
dem Ministerium gewiss nicht allenthalben genehme Agitation. 
Dies hinderte den Verewigten nicht, das Streben gerade der 
thierärztlichen Standesorganisation durchaus anzuerkennen. Noch 
in seinen Abschiedsworten 1896 hob er besonders hervor, dass die 
thierärztlichen Vereine der von ihnen verfolgten Aufgabe, Hebung 
des Standes von innen heraus, trefflich gerecht geworden seien. 

Der Verstorbene war von der Nothwendigkeit überzeugt, 
den thierärztlichen Beruf durch Einführung des Abiturienten¬ 
examens zu entwickeln. Er ist es gewesen, der 1892, gelegent¬ 
lich eines Rectorats-Festmahles, mittheilte, dass diese Verbesserung 
seitens der betheiligten Ministerien Annahme gefunden habe. Die 
tiefe Bewegung in seiner Stimme liess dabei erkennen, wie sehr dieser 
Herzenswunsch der Thierärzte dem Redner selber am Herzen lag. 

Als dann Geheimrath Beyer 1896 aus dem Amte schied, 
da ist ihm seitens der preussischen Thierärzte ein herzlicher 
Abschied bereitet worden, wie es wohl nicht gerade ge¬ 
wöhnlich zu geschehen pflegt. Er konnte scheiden 

mit dem ihm sicherlich wohlthuenden Gefühl, dass diejenigen, 
deren Berufsgeschicke ihm anvertraut gewesen waren, mit Dank¬ 
barkeit seiner gedächten. 

Diese Dankbarkeit, die sich damals so allgemein kundgab, 


499 

wurzelte nicht bloss in der Anerkennung des sachlichen Ver¬ 
dienstes, sondern ebensosehr in persönlicher Verehrung. Mir 
ist der Verewigte ein Wohltliäter gewesen, wie kein anderer 
Mann, und wieviel Thierärzte schulden persönlich ihm gleichenDank. 
Wenn er auch nicht jede Bitte erfüllen konnte, wenn auch die 
persönliche Begegnung ganz in der dienstlichen Gemessenheit 
blieb, immer schied man mit dem Gefühl, nicht nur einem 
gerechten und wohlwollenden Vorgesetzten gegenüber gestanden 
zu haben, sondern auch einem mitfühlenden Menschen. Ein 
Blick in sein vornehmes, liebenswürdiges Gesicht zerstreute 
Beklommenheit, erweckte Vertrauen und der warme Hauch von 
Güte, der ihn umwehte, nahm die Herzen gefangen. 

So hat er das Beste sich verdient im Amt und als er 
ledig der Last des Amtes wurde, war ihm das Beste zu 
wünschen, dass er sich in glücklichen Verhältnissen heiterer 
Ruhe recht lange freuen möge. Das ist ihm nicht vergönnt ge¬ 
wesen; zu früh kamen Leiden und Tod und das erfüllte uns 
mit schmerzlicher Trauer. Nun er in Frieden ruht, wollen wir 
das Beste, was wir habeu, unsere Liebe, ihm bewahren über 
das Grab hinaus. Der Geschichte der Thiermedicin aber gehört 
sein Name an, der mit einer Epoche glänzenden Aufschwungs 
untrennbar verbunden bleibt. Schmaltz. 

Cultur-Aufgaben. 

Von 

Bermbach-Schroda. 

Anlässlich des letzten unter der obigen Ueberschrift in No. 38 
dieser Wochenschrift erschienenen Artikels sind mir aus Collegen- 
kreisen zahlreiche freundschaftliche und liebenswürdige Zu¬ 
schriften zugegangen, für die ich an dieser Stelle meinen 
herzlichsten Dank ausspreche. Man wird beim Lesen dieser 
Briefe isofort von den Gedanken erfüllt, dass die thatenlustige 
und bewährte Dankbarkeit, w-elche den Thierärzten von Alters 
her eigen war, auch heute noch nicht von ihnen gewichen und 
jederzeit bereit ist, sofort in die Erscheinung zu treten, wenn 
es sich auch nur um kleine unscheinbare Dinge handelt, die 
zum Besten des Allgemeinwohls geschehen. 

Ja, die Thierärzte verstehen es, sich dankbar zu 
erweisen. Im verflossenen Decennium hatten sie mehr wie 
einmal Gelegenheit, ihre Dankbarkeit öffentlich zu bethätigen; 
zuletzt bei der Aufstellung einer Büste für den verstorbenen 
Unterstaatssecretär v. Marcard. Wir haben dort bewiesen, 
dass wir nicht nur die Unsrigen, sondern auch Andere, die 
ein warmes Herz und eine wohlwollende Thätigkeit für den thier¬ 
ärztlichen Stand bekunden, gebührend zu ehren wissen. Dieses 
Streben, uns dankbar zu erweisen und das Verdienst zu würdigen, 
hat sich gegen früher noch um Nichts vermindert, und in der 
Aula der thierärztlichen Hochschule ist noch für manche Büste 
Platz. Deshalb, lieber Leser, wer Du auch seiest, zeig’, was 
Du kannst. Wir werden auch Dir, wenn Du ihn verdienen willst, 
den Kranz um die Schläfe winden. 

Die mir zngeschickten Briefe haben aber fast alle auch 
noch einen andern, weniger angenehmen Beigeschmack. Sie 
enthüllen dem Leser eine endlose Kette von Beleidigungen, die 
die Thierärzte bei öffentlichen oder privaten Gelegenheiten, 
ohne dass sie zum Theil in der Lage waren, hiergegen etwas 
zu thun, über sich haben ergehen lassen müssen. Bei manchen 
Schreibern scheint das Mass bis zum Ueberlaufen voll zu sein. 
Sie befinden sich in einem Seelenzustande, der sie fähig zu 
machen scheint, die empfangenen Beleidigungen zu Klumpen 
geballt auf die ganze Gesellschaft zurück zu schlendern. Und 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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500 

es timt doch gerade noth, in manchen Dingen, die man nicht 
andern kann, einen gewissen Gleichmutli nnd die nöthige 
Lehensphilosophie an den Tag zu legen und zuweilen daran 
zu denken, dass wir einst alle Staub werden. Das 
Schimpfen und Grollen helfen allein aber sicherlich 
nichts. Wir müssen uns ernstlich bemühen, eine Um¬ 
wälzung in unseren Verhältnissen herbeizuführen. 

In meiner letzten Veröffentlichung erwähnte ich, dass gemäss 
Mittheilungen von Abgeordneten in Regierungskreisen keine 
sonderliche Lust vorhanden sei, der Thierheilkunde anfzuhelfen. 
Es würde nun sehr kurzsichtig sein, nur an die uns 
Vorgesetzte ministerielle Behörde zu denken, wenn 
von „Regierungskreisen“ gesprochen wird. Die König¬ 
liche Staatsregierung setzt sich bekanntlich aus den Vertretern 
aller Ressorts zusammen, und sie alle haben bei derartigen 
Fragen ein gewichtiges Wort mitzureden. Gemäss 
meiner Kenntniss von der Sachlage kann ich die Collegen nur 
bitten, die felsenfeste Ueberzeugung zu haben, dass 
unsere Vorgesetzte Behörde im landwirtschaftlichen 
Ministerium von der zweifellosen Absicht durch¬ 
drungen ist, unsere Sache zu fördern, und es würde 
ein bitteres Unrecht sein, wenn wir dieses Wohlwollen 
nicht dankbar anerkennen wollten. Aber eine Angelegenheit 
von einer derartigen weittragenden Bedeutung lässt sich nicht 
so ohne Weiteres gegen den Widerstand der andern Ressorts 
durchdrücken. Es sind aber zu viele Hindernisse, die uns in 
den Weg gelegt werden, fortzuräumen, und unsere Sache 
ist es, unsere Behörde in ihrem Streben zn unter¬ 
stützen. Schöne Worte und wohllautende Petitionen 
haben hierbei nur einen geringen Werth, wir müssen 
vielmehr thatsächliches Material sammeln und den 
massgebenden Factoren an die Hand geben. Vorbildlich 
in dieser Hinsicht, wenn auch nicht immer in der Form zu 
billigen, sind die statistischen Erhebungen, die der bekannte 
Hilfslehrer Dr. Schröder zum Zwecke der Verbesserung der 
Lage der Oberlehrer angestellt und in Broschüren-Form ver¬ 
öffentlicht hat. Petitionen ohne statistische Unterlagen sind 
vollständig werthlos. Wem von uns, wenn er Ministerial- 
director oder etwas Aehnliches wäre, würde es denn 
schwer fallen, einfache Petitionen durch einige glatte Worte 
über die schöne und einträgliche Stellung der petitioniren- 
den Beamten und über deren unberechtigte Unzufriedenheit und 
dergleichen mehr im Handumdrehen unter den Tisch zu be¬ 
fördern? Wenn dagegen genaues statistisches Material vorliegt, 
so wird es selbst dem Gewandtesten nicht gelingen, über 
dasselbe so ohne Weiteres zur Tagesordnung überzugehen. 
Wir können aber unmöglich erwarten, dass Leute, die 
kein persönliches Interesse an einer Verbesserung der 
kreisthierärztlichen Stellung hegen, sich der Mühe 
unterziehen, das nöthige Material beizubringen. Das 
ist Sache der thierärztlichen Vertretung! 

Ermittelungen der gedachten Art werden am zweckmässigsten 
mittelst Fragebogen angestellt, die den beamteten Thierärzten 
zur gewissenhaften Beantwortung übersandt werden müssen. 
Für die Aufstellung dieser Fragebogen können natürlich hier nur 
allgemeine Gesichtspunkte angedeutet werden, und zwar sind 
dabei keine auch noch so geringfügig erscheinende Dinge, die 
auf die Verhältnisse Bezug haben, ausser Acht zu lassen. In 
erster Reihe jedoch sind Erhebungen anzustellen über den 
Bildungsgang der einzelnen Beamten, ihre informatorische Be- 


No. 42. 

schäftigung nach Ablegung der Staatsprüfung, das Alter ihrer 
Anstellung, über die durchschnittliche Höhe der Dienstbezüge 
nach Abzug der entstandenen Unkosten, durchschnittliche Zahl 
der Tage, die für amtliche Thätigkeit aufgewendet wird, Ein¬ 
nahmen aus Privatpraxis, Einbusse an privaten Einnahmen, welche 
der Beamte in Folge seiner amtlichen Stellung erfährt, Häufigkeit 
des Vorkommens der auf den Menschen übertragbaren Thier¬ 
krankheiten, Unfälle und Gebrechen, die bei der Ausübung des 
Dienstes entstanden sind und deren eventuelle Folgen, namentlich 
im Bezug auf vorübergehende oder dauernde Beeinträchtigung 
in der Berufsthätigkeit. Dann auf die Familien-Verhältnisse 
übergehend wäre es von Wichtigkeit zu erfahren, welche Er¬ 
ziehung der Beamte in Folge seiner Stellung seinen Kindern zu 
geben in der Lage ist, ob und inwiefern die Angehörigen für 
die Zukunft sicher gestellt sind und eventuelle Höhe der zn 
leistenden Prämien für Lebens- und Unfallversicherung und unter 
welchen Verhältnissen im Amtsbezirk etwa vorhandene Hinter¬ 
bliebene verstorbener beamteter Thierärzte leben. Ausserdem 
müssen statistische Erhebungen über das Sterblichkeitsverhältniss 
im Vergleich zu andern Beamten-Kategorien angestellt werden. 
Die Sterblichkeit innerhalb eines Standes wird ermittelt nicht 
im Vergleich zur Gesammtsterblichkeit, da bei der letzteren die 
hohe Sterblichkeit im Säuglingsalter, die, soviel ich weiss, etwa 
26 pCt. ausmacht, mitgezählt ist. Die Berechnung erfolgt 
vielmehr von dem Lebensalter ab, in welchem der 
Durchschnitt der Mitglieder eines Standes in die Be¬ 
rufsthätigkeit, also hier in das Amt als Kreisthier¬ 
arzt, eintritt, da die kränklichen und schwachem Elemente 
schon vorher durch Tod in Abgang kommen und in Folge dessen 
auf die Gesamratheit entfallen und nicht speciell der Sterblichkeit 
innerhalb eines Standes gegenüber gestellt werden können. Bei 
jeder andern Berechnung muss natürlich jeder einzelne 
Stand eine beträchtliche Untersterblichkeit aufweisen. 

Die obigen Andeutungen lassen ungefähr ahnen, wie viel 
und wie werthvolles Material auf diese Weise ge¬ 
sammelt und verarbeitet werden könnte, und hier dehnt 
sich ein weites Gebiet vor uns aus, das ein dankbares und 
ergiebiges Arbeitsfeld für die thierärztliche Central- 
Vertretung darstellen würde. Ja, ja, Central-Ver- 
tretung, wie schön würde es sein, wenn Du mit einem 
derartigen Material in der Hand an die gesetzgebenden 
Körperschaften herantreten und sagen könntest: „Hier, 
Cultur-Aufgaben, die dringend ihrer baldigen Lötung harren ! 1 

Der practisehe Thierarzt als Flelsehbesehaner. 

Von 

LohofT-Croesen a. 0. 

Städt Thierarzt. 

Herr College Steinmeyer sagt in seiner Betrachtung in 
der vorigen Nummer dieser Wochenschrift mit Recht: „Seinem 
Volke und dem Vaterlande dient der Thierarzt am besten, wenn 
er denselben möglichst viel an Nationalvermögen erhält“. Gerade, 
um diesen Grundsatz*) bei Ausübung der Fleischbeschau be- 
thätigen zu können, ist es erforderlich, dass der practisehe 
Thierarzt sich gründlich an einem Schlachthofe vorbereitet, 
bevor er selbst die Fleischbeschau ausübt. Jeder Thierarzt, 
welcher schon Jahre lang die letztere ausgeübt hat und mal 
daran geht, seine fleischbeschauliche Thätigkeit in den ersten 

*) Im Allgemeinen wird der gut geschulte Fleischbeschaaer 
zwar mehr Organe beanstanden, als der minder geschulte, er wird 
aber mehr an Fleischwerth erhalten, als der letztere. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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18. October 1900. 


BERLINER THIERARZTLIC'HE WOCHENSCHRIFT. 


Monaten seiner Wirksamkeit einer kritischen Nachrevision zu 
unterziehen, weiss das — bei nur einiger Selbsterkenntnis — 
voll zu würdigen. Gerade nach Einführung des Reichsfleischschau¬ 
gesetzes kommt es darauf an, dass auch der practische Thierarzt 
in der practischen Fleischbeschau gut vorbereitet ist; denn er 
kommt nicht nur selbst in die Lage, die Fleischbeschau aus- 
zuüben, er boII auch im Stande sein, die abgegebenen Gutachten 
der Laienfleischbeschauer mit Sicherheit zu rectificiren; er soll 
auch Letztere unterweisen, wie das jetzt schon in manchen 
Gegenden geschieht, woselbst die Laienfleischbeschauer Ver¬ 
sammlungen veranstalten, zu welchen Thierärzte eingeladen und 
über Dinge aus der practischen Fleischbeschau um Rath gefragt 
werden. Gerade, weil die Laienfleischbeschauer zu Beginn ihrer 
Thätigkeit noch viele Fehler machen werden, wird der Thierarzt 
bald nach Einführung des Gesetzes häufig zu Rathe gezogen 
und als Obergutachter bestellt werden. Um dieser Aufgabe 
gerecht werden zu können, müssen die practischen Thierärzte 
sich unbedingt vorher an einem Schlachthofe in den Untersuclmngs- 
methoden practisch geübt haben. 

Ich will nur auf die Sicherheit im Auffinden sämmtlicher 
Lymphdrüsen, wie sie besonders bei Beurtheilung des Fleisches 
tuberculöser Thiere erforderlich ist, und auf die Rinderfinnen¬ 
untersuchung hinweisen; denn gerade bei Beanstandung tuber¬ 
culöser Thiere und bei Feststellung der Lebensfähigkeit oder 
des Abgestorbenseins der Rinderfinnen wird der practische Thier¬ 
arzt häufig als Obergutachter zugezogen werden. Der Laien- 
fleischbeschaner, welcher sich die Fertigkeiten in der Unter¬ 
suchung tuberculöser Thiere angeeignet hat, wird sehr bald 
merken, ob sein Obergutachter — der Thierarzt — bei der 
Nachuntersuchung unsicher ist, weiss doch auch der intelligente 


501 

Fleischer, welcher seine Fleischerzeitung — in den Fleischer¬ 
zeitungen werden bekanntlich häufig Fragen der Fleischbeschau 
berührt — fleissig liest, zu beurtheilen, ob ein Thierarzt in der 
Ausübung der Fleischbeschau Sicherheit besitzt, ln Orten, welche 
kein öffentliches Schlachthaus besitzen, pflegen manche Fleischer 
mit Vorliebe bei der Untersuchung der geschlachteten Thiere 
zugegen zu sein, sie wollen eben sehen, ob der Fleischbeschauer 
eine Confiscation vornimmt; man kann den Fleischer in seinem 
Privatschlachthause ja auch nicht daran hindern, dass er bei der 
Untersuchung sich hinter dem Fleischbeschauer aufstellt und 
die Handlungen desselben genau verfolgt. 

Zu wünschen ist nur, dass die Ausbildung in der Fleisch¬ 
beschau — speciell der Laienfleischbeschaner — eine einheitliche 
ist, was natürlich nicht der Fall sein kann, wenn, um ein Bei¬ 
spiel herauszugreifen, an dem einen Schlachthofe die Lymph¬ 
drüsen bei Schweinen angeschnitten werden, an dem anderen 
aber nicht, als ob die Schweinetuberculose so weit weniger ge¬ 
fährlich wäre als die Rindertuberculose. 

Sitzung des thierärztliohen Vereins der Regierungsbezirke Stettin und 

Stralsund 

am 28. October 1900, Vormittags 11 Uhr in Anklam, Loge. 
Tagesordnung: 

1. Geschäftliches, Aufnahme neuer Mitglieder. 

2. Mittheilungen aus der Praxis. 

3. Besichtigung des Kleemann’schen Pastenrisirap- 
parates in der Anklamer Genossenschaftsmolkerei (im 
Betrieb.) 

Nach Schluss gemeinsames Essen mit Damen. 

Der Vorstand. 

Baranski, Vorsitzender. Falk, Schriftführer. 


Staatsveterinärwesen. 

Von Preusse. 

Plctolin. 

Im Kaiserlichen Gesundheitsamt sind eine Reihe von Unter¬ 
suchungen vorgenommen worden, um ein zuverlässiges Verfahren 
zu entdecken, mittelst dessen Ratten und sonstiges Ungeziefer 
vertilgt werden können. Die Versuche, welche vom Regierungs- 
Rath Professor Dr. Kos sei angestellt worden sind, haben einen 
ausgezeichneten Erfolg gehabt. Die Gesellschaft für flüssige 
Gase, Raoul Pictet zu Berlin, hat hierzu dem Gesundheits¬ 
amt Pictolin zur Verfügung gestellt. Dasselbe stellt ein Gemenge 
von flüssigen Gasen dar, dessen Hauptbestandteil schweflige 
Säure ist, und daher wegen seines stechenden Geruchs dem 
Menschen nicht etwa durch unabsichtliche Einatmung gefährlich 
werden kann. Durch Einbringung der Flüssigkeit in ein Zimmer, 
in welchem sich graue Ratten und Mäuse in Drahtkörben 
befanden, gelang es, diese in wenigen Minuten zu tödten. Auch 
Wanzen, welche sich in einem mit Gaze verschlossenen Reagenz¬ 
glase befanden, starben durch die Einwirkung des Gases, 
während Fliegen zwar betäubt wurden, sich nachträglich aber 
wieder erholten. Unter Aufsicht des Hafenarztes Dr. Nocht 
zu Hamburg wurden nun auch Versuche in Schiffen angestellt; 
hierbei gelang es gleichfalls, die in den Schiffsräumen befindlichen 
Ratten durch Einleitung von Pictolin zu tödten. 

Es liegt auf der Hand, dass diese Versuche eine hohe 
practische Tragweite haben. Bisher ist es noch mit keinem 
Mittel gelungen eine zuverlässige Ausrottung der Ratten herbei- 
zuführen. Weder ist es gelungen — wie bei Mäusen — durch 
Rattenreinculturen eine tödtliche Seuche unter den Ratten her- 


vorznrufen, noch hat die Anwendung von Gift, welchem auch 
mancherlei andere Schwierigkeiten entgegenstehen, zu irgend 
welchen nennenswerthen Erfolgen geführt. 

Die Anwendung des Pictolins wird sich dagegen einfach, 
zweckmässig und gefahrlos gestalten. Auch Wohnungen, Speise¬ 
räume, Keller u. s. w. können durch Pictolin von Ratten, Mäusen 
und anderem Ungeziefer befreit werden. 

Schliesslich sei noch erwähnt, dass es auch gelang, auf 
einem Gute wilde Kaninchen durch Eingiessen des Pictolins in 
die Zugangsöffnungen der Baue zu tödten, bo dass seine An¬ 
wendung an Stelle anderer Gase als Tilgungsmittel auch für 
diese und andere Thiere, die der Feldwirthschaft schädlich sind, 
in Betracht zu ziehen ist. 

Entschädigung bei Gehlrn-Riickenmarks-Entzündung. 

Zur Ausführung des Gesetzes vom 12. Mai 1900, betr. die 
Gewährung von Entschädigung für an Gehirn-Rfickenmarksent- 
zündung, bezw. an Gehirnentzündung umgestandene Pferde und 
für an Maul- und Klauenseuche gefallenes Rindvieh (s. B. T. 
W., S. 370) hat das Ministerium des Innern in Sachsen unter 
dem 14. Mai 1900 Folgendes bestimmt: 

1. Auf die nach diesem Gesetz zu beurtheilenden Ent¬ 
schädigungsfälle, insbesondere auch soweit es sich um die 
Feststellung der Entschädigungen und um die Aufbringung der 
erforderlichen Deckungsmittel handelt, findet alles Dasjenige 
sinngemässe Anwendung, was wegen Gewährung von Ent¬ 
schädigung für nach dem Reichs-Viehseuchengesetz getödtete 
Thiere in der Verordnung vom 4. März 1881 und im Anschluss 
liieran sonst noch im Verordnungswege bestimmt worden ist. 


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502 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 42. 


2. Ist die Anmeldung des Enscliädigungsansprnches — § 3 des 
Gesetzes —, soweit mittlere und kleine Städte bezw. Landgemeinden 
in Betracht kommen, nicht bei der Ortspolizeibehörde selbst, 
sondern bei der derselben Vorgesetzten Amtshauptmannschaft 
erfolgt, so ist hieraus ein Grund zur Versagung der Ent¬ 
schädigung herzuleiten. 

Ermittelungen über Rothlauf-impfungen. 

In Braunschweig ist jetzt auch durch eine Verfügung des 
Ober-Sanitäts-Collegiums vom 31. Mai 1900 angeordnet worden, 
dass über die Erfolge der verschiedenen Methoden der Schutz¬ 
impfung gegen den Rothlauf der Schweine Ermittelungen an¬ 
gestellt werden sollen. Die Thierärzte des Herzogthums sind 
daher aufgefordert worden, über die Ergebnisse der von ihnen 
ausgeführten Rothlanfschutzimpfungen nach Ablauf des Jahres 
zu berichten. Für die Berichterstattung ist ein besonderes 
Tabellenschema vorgeschrieben worden, welches im Allgemeinen 
dem alle Vierteljahre von den preussischen Kreisthierärzten aus¬ 
zufüllenden Schema entspricht. 

Auch im Herzogthum Anhalt ist eine Verfügung an die 
Kreisdirectionen erlassen worden, wonach Ermittelungen über 
das Ergebniss der Rothlanfschutzimpfungen angestellt werden 
sollen. Es sollen nicht nur die beamteten Thierärzte, sondern 
auch andere praktische Thierärzte über ihre Beobachtungen 
um eine Berichterstattung ersucht werden. Der Verfügung ist 
ein Tabellenschema beigefügt, nach welchem die Berichterstattung 
bis zum Jahresschluss zu erfolgen hat. 

Tubercuiinimpfungen In Bayern. 

Im Königreich Bayern sind im Jahre 1899 in 676 Gehöften 
mit 8266 Rindern 3322 Stück, ferner einzeln weitere 1173 
Handelsthiere, zusammen 4495 Stück Rindvieh mit Tnberculin 
geimpft worden. Von diesen zeigten 1137 (25,3 pCt.) vor der 
Impfung klinische Erscheinungen der Tubercnlose. Das Ergebniss 
der ersten Impfung war negativ bei 2679 Thieren, zweifelhaft 
bei 187, positiv bei 1629; nach der zweiten Impfung negativ 
bei 43, zweifelhaft bei 6, positiv bei 13. Von den geimpften 
Thieren wurden 358 geschlachtet, von denen 105 einen negativen, 
13 einen zweifelhaften und 240 einen positiven Impferfolg gezeigt 
hatten. Von den ersteren 105 wurden nach der Schlachtung 6 
(5.7 pCt.) tuberculös, 97 (92,4 pCt.) frei von Tuberculose 
befunden, während der Befund bei 2 (1,9 pCt.) zweifelhaft oder 
unbekannt war; von den 13 mit zweifelhaftem Erfolg geimpften 
Thieren erwiesen sich 5 als tuberculös, 7 frei von Tuberculose, 
1 zweifelhaft oder unbekannt, während von den 240 mit positivem 
Erfolge geimpften Thieren 230 (98,8 pCt.) tuberculös, 4 frei 
von Tuberculose und 6 mit unbestimmtem Befunde waren. 

Vleheinfuhr aus Dänemark. 

Die Landquarantäneanstalt in Hoidding ist vom 15. Oktober 
bis 1. December d. J. für die Einfuhr von mageren Ochsen 
im Alter unter 4 Jahren unter der Bedingung wieder geöffnet, 
dass die bei den Tubercuiinimpfungen reagirenden Thiere, soweit 
die Rücksendung nach Dänemark nicht möglich ist, in der An¬ 
stalt geschlachtet werden und dass das nach der veterinär¬ 
polizeilichen Untersuchung für den menschlichen Genuss geeignete 
Fleisch dieser Thiere nach den in Preussen geltenden Grund¬ 
sätzen in den Verkehr gebracht wird, mit der weiteren Mass- 
gabe, dass in dieser und in der für das nächste Frülyahr in 
Aussicht genommenen Einfuhrperiode zusammen nicht mehr als 
<>000 Thiere eingefiihrt werden dürfen. 


Die Maul- und Klauenseuche In England 

breitet sich immer mehr aus; seit Februar bis Anfang September 
haben 14 Ausbrüche festgestellt werden können. Die Thatsache, 
dass die Ausbrüche sich in weit von einander entfernten Orten 
ereigneten, lässt die Vermuthnng auf kommen, dass die Ver¬ 
seuchung weit ausgedehnter ist, als die amtlichen Feststellungen 
ergeben. Das Landwirthschaftsamt weist unter dem 13. Sep¬ 
tember d. Js. die Localbehörden an, mit äusserster Sorgfalt auf 
verdächtige Fälle zu achten und sofort zu berichten. An in 
Argentinien gelandetem englischen Zuchtvieh will man Er¬ 
scheinungen der Maul- und Klauenseuche festgestellt haben; in 
Folge dessen hat die argentinische Regierung die Einfnhr von 
Rindern und Schafen aus Grossbritannien verboten. Da auch 
Deutschland Zuchtvieh aus England erhält, dürfte die Ausbreitung 
der Maul- und Klauenseuche in England ernsteste Beachtung 
erheischen. K- 


Fleischschau und Viehhandel. 

Von KQhnau. 

Zur Ausführung des Reichsfleischschaugesetzes. 

Petition des Deutschen Fleiicher-Verbandes. 

Der Vorstand des Deutschen Fleischerverbandes hat unter 
dem 18. September 1900 an den Bundesrath eine Eingabe ge¬ 
richtet, in welcher er darauf hinweist, dass zu den in §. 12 
Abs. 1 des Gesetzes aufgezählten Theilen, welche bei der Fleisch- 
einfuhr behufs Ermöglichung einer zuverlässigen Untersuchung 
mit den Thierkörpern in natürlichem Zusammenhänge verbunden 
sein müssen, noch der Kopf, die Gebärmutter und bei 
Kälbern der Nabel hinzngefügt werden möge. Der Kopf sei 
nicht zu entbehren, weil die Kaumuskeln der Lieblingssitz der 
Finnen wären, die Gebärmutter, weil selbst bei jauchiger Gebär¬ 
mutterentzündung das Fleisch noch längere Zeit ein einwandfreies 
Aussehen behält und doch Gesundheitsschädigungen nach dem 
Genuss beim Menschen hervorrufen kann, schliesslich der Nabel 
bei Kälbern, wegen der jauchigen Nabelentzündung, weil das 
Fleisch der damit behafteten Thiere selbst dann noch gefährlich 
ist, wenn es durchgekocht ist. 

Fenier wird in der Eingabe die Behauptung ausgesprochen, 
dass das aus Amerika eingeführte mittelst Borpräpa¬ 
raten conservirte Fleisch als frisches Fleisch ver¬ 
wendet werden kann und deshalb angeordnet werden möge, dass 
derartig conservirtes Fleisch als zubereitetes Fleisch im Sinne 
des Gesetzes nicht angesehen wird. 

Zeitpunkt des Inkrafttretens. 

Amerikanischen Quellen zufolge sollen die Bestimmungen 
für die Untersuchung des ausländischen Fleisches am 1. Januar 
1901 in Kraft treten. Nach Auslassungen in der „N. Allgem. Ztg. -i 
ist ein bestimmter Termin für das Inkrafttreten der Be¬ 
stimmungen für die Untersuchung des aus- resp. inländischen 
Fleisches noch nicht in Aussicht genommen. Die Ausarbeitung 
der Ansführungsbestimmungen, der Beschaffung des Fleischschau¬ 
personals und der Fleischschaneinrichtungen dürfte noch längere 
Zeit in Anspruch nehmen, so dass die Einführung der in¬ 
ländischen Fleischschau nicht vor dem Frühjahr nächsten Jahres 
zu erwarten ist. 

10. Internationaler Congrets für Hygiene und Demographie in Paris. 

Aus den Verhandlungen interessirt besonders das Referat 
Barriers über die einheitliche Gestaltung der Fleischbeschau. 


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18. October 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


503 


Gustav Barrier behandelt die Frage, wie die Ueberwachnng 
der Schlachthäuser und die Fleischbeschau zweckmässig 
einheitlich zu gestalten ist. Besonderes Interesse haben von 
den Leitsätzen Barriers diejenigen, welche sich auf inter¬ 
nationale Vereinbarung und die Begutachtung des vom 
Auslande eingeführten Fleisches beziehen. An erster Stelle 
verlangt Barrier, dass die Regierungen der einzelnen Länder, 
jede für ihren ganzen Bereich, eine allgemeine pflichtmässige 
und gleichförmige Fleischbeschau einrichten; diese hat sich auf 
alle Schlachtthiere und auf alles Fleisch, gleichviel welcher 
Herkunft, und ohne Unterschied der Art der Verarbeitung, sowie 
auf die Verarbeitungs- und Verkaufsstellen zu erstrecken. Im 
Interesse der Wissenschaft, der Gesundheitspolizei und der 
Wirthschaftspolitik ist es wünschenswerth, dass eine internationale 
Commission Grundsätze für eine einheitliche amtliche Statistik 
der Ergebnisse der Fleischbeschau aufstellt. Was eingeführtes 
Fleisch betrifft, so fordert Barrier, dass der Fleischbeschau 
des Einfuhrlandes 1. die Rinder wenigstens in Vierteln, die 
Schweine wenigstens in Hälften und kleineres Vieh ganz vor¬ 
zulegen ist, 2. dass die wichtigsten Organe des eingeführten 
Schlachtviehes noch mit den Theilen Zusammenhängen müssen, 
zu denen sie anatomisch gehören. Alles eingeführte Fleisch ! 
muss mit einem Zeugniss versehen sein, woraus hervorgeht, 
wo, wann und von wem es untersucht worden ist. Am Be¬ 
stimmungsorte ist die Untersuchung zu wiederholen. 

Aerztllohe PHnciplen bei der BeurtheUimg der Schädlichkeit coneervirter 

Nahrungsmittel. 

(Deutsche) Med. Wochcnschr. No. <0, 1900.) 

Liebreich-Berlin wendete sich auf dem XIII. internationalen 
medicinischen Congress zu Paris gegen den Uebereifer, der sich 
in neuerer Zeit in der Bekämpfung conservirter Nahrungsmittel 
geltend macht und dabei die chemischen Fortschritte, die auf 
diesem Gebiete gemacht worden sind, vollkommen verkennt. 
Ohne conservirte Nahrungsmittel lässt sich eine Bevölkerung 
nicht ausreichend ernähren, sie repräsentiren für dieselbe einen 
grossen öconomischen Werth. Die Kritik, die an den Conser- 
virungsmethoden geübt ist, ist eine rein theoretische und würde, 
wenn sie gesetzgeberische Kraft erlangt, all diese werthvollen 
Nahrungsmittel vernichten. Eine Conservirungsmethode darf 
erst dann verboten werden, wenn ihre Gesundheitsschädlichkeit 
nachgewiesen ist. Eines solchen Beweises ermangelt es aber 
meist. Wenn ein Nahrungsmittel, wie Fleisch, Milch u. s. w. 
durch Chemiealien vor Zersetzung geschützt ist, oder wenn aus 
den Nahrungsmitteln Präparate hergestellt werden, welche als 
Ersatz der Muttersubstanz dienen können, so wird die chemische 
Untersuchung zunächst zu constatiren haben, ob und wie weit 
der Nahrungswerth erhalten ist. An die medicinische Prüfung 
richtet sich die Anforderung, zu bestimmen, inwieweit die theil- 
weise oder ganz conservirte Substanz plus den angewandten 
Mitteln zur Ernährung ohne Schädigung der Gesundheit ver- 
werthet werden kann. Die Prüfung darf nicht einseitig ge¬ 
schehen. Pharmakologen, Hygieniker und Aerzte müssen sich 
dazu vereinigen. Man hat Substanzen von grossem Werthe 
ohne Grund misscreditirt, wenn sich z. B. beim Thierversuche 
geringe abnorme Wirkungen auf Blutdruck oder Circulation 
zeigten oder ein Kranker, ein Kind, eine geschwächte Person 
sie zuf&llig nicht gut vertragen hat. Aus solchen einzelnen 
Beobachtungen werden unberechtigte allgemeine Schluss¬ 
folgerungen für Gesunde abgeleitet, denen die Substanzen als 


Nahrung dienen sollen. Da kann man dahin kommen, fast alle 
Nahrungsmittel zu verbieten, da z. B. Senf, Trüffeln, Käse, 
rohes Obst u. dergl. oft gelegentliche Gesundheitsschädigungen 
hervorrufen. Die Prüfung der Toleranz an Kranken kann nicht 
als allgemein gültiger Massstab betrachtet werden. DaB Kochsalz 
selbst kann solch theoretischen Irrlehren nicht Stand halten. Ein 
österreichisches Gutachten ist neuerdings soweit gegangen, an 
sich unschädliche Conservirungsmethoden zu verwerfen, weil sie 
dazn führen könnten, die für die Erhaltung von Nahrungsmitteln 
nothwendige Sorgfalt zu vernachlässigen! Liebreich erwähnt 
zum Schluss die Borsäure-ConBervirungsmethode, welche nach 
seinen eigenen Untersuchungen auch den strengsten Anforderungen 
zu genügen vermag und allen Versuchen, ihr schädliche Neben¬ 
wirkungen zuzuschreiben, erfolgreich widerstanden hat. Auch 
andere Conservirungsverfahren sollten nach den gleichen ge¬ 
schilderten Principien einer Revision unterzogen werden, damit 
gerechte legislatorische Massnahmen sich treffen lassen. 


Berlin: Auszug aut dem Flelsohtohauberieht für Monat September 1900. 

A. Schlachthof. 



Rinder j 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht 

16 941 

12 207 

40 237 

67 739 

Ganz beanstandet .... 

337 

46 

19 

401 

Ueberhaupt mit Tuberculose 
behaftet. 

3 237 

52 

4 

2 938 

Davon gänzlich verworfen . 

124 

3 

2 

68 

„ sind zur Sterilisation ge¬ 
eignet befunden . . . 

79 

2 

1 

213 

„ theilweise verworfen . . 

— 

— 

— 

— 

Also vollständig freigegeben 

3 034 

47 

1 

2 657 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 

— 

9 

Mit Finnen behaftet . . . 

!<6*) 

3 

— 

36 

Stark finnig, technisch ver- 
werthet. 

7 



21 

Finnig und wässerig, tech¬ 
nisch verwerthet .... 

4 



* 

Schwach finnig, zur Kochung 
geeignet befunden . . . 

83 

3 


15 

Ausserdem wegen Behaftung 
mit Kalkconcrementen, mul¬ 
tiplen Blutungen u. s. w. sind 
zur Kochung geeignet be¬ 
funden . 




22 


An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei 
Rindern 7171 Stück, bei Kälbern 218 Stück, bei Schafen 3439 Stück, 
bei Schweinen 12669 Stück. 


*) 2 Rinder zugleich tuberculös. 


B. Unters u ch u ngsstatio non. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Untersucht ....... 

20 991 

8 289 

3111 

10 643 

Beanstandet. 

Wegen Tuberculose wurden 

66 

16 

1 

2 

8 

beanstandet. 

Davon sind zur Sterilisation 

31 

— 

— 

3 

geeignet befunden . . . 

13 

— 

— 

3 

Mithin gänzlich verworfen . 

18 

— . 

— 

— 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 

-- 

— 

Mit Finnen behaftet.... 
Davon schwach finnig, zur 

4 

— 

— 

— 

Kochung geeignet befunden 

4 

— 

-• 

— 


Unter dem eingeführten Fleisch waren 1372 dänische Rinder¬ 
viertel, 23 dänische Kälber und 89 Wildschweine. 


Berlin, den 8. Oktober 1900. Der städtische Oberthierarzt 

Reissmann. 


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504 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 42. 


Congress für öffentliche Gesundheitspflege in Aberdeen. 

Der Anfang August abgehaltene Congress beschäftigte sich 
insbesondere auch mit der Frage der Fleisch- und Milchhygiene. 
Die Beschlüsse betonen die Nothwendigkeit einer wirksamen 
Fleischschau. Zweckmässig werde die Fleischsch an so organisirt, 
dass an der Spitze ein Thierarzt stehe, dem ein Bacteriologe und 
eine genügende Anzahl von Laien-Fleischbeschauern beizugeben 
sei. ln jeder Stadt sei ein Schauamt zu errichten. Das gesund 
befundene Fleisch sei durch Stempel kenntlich zu machen. 
Bezüglich der Milch wird empfohlen, die Milch microscopisch 
zu untersuchen und durch Verimpfung zu prüfen, sowie das 
Publikum immer wieder zu ermahnen, die Milch vor dem Genüsse 
aufznkochen. In der Thier ärztlichen Abtheilung hielt Mr. 
James, M’Phail-Edinburgh einen Vortrag über „Pseudo-Tuber- 
culose.“ Er warnte davor, jede käsige Degeneration, welche mit 
Kalkeinlagerung einhergeht als Tuberculose anzusehen. Ferner 
empfiehlt er, die mit Coccidiose behafteten Kaninchen zu bean¬ 
standen, weil auch die Menschen an Coccidiose erkranken und eine 
Uebertragnng durch Kaninchenfleisch nicht ausgeschlossen ist. 
Bezüglich der Pseudo-Tuberculose bei Schafen erwähnt 
M’Phail, dass er die Krankheit nur in den Hafenorten bei 
geschlachteten Schafen, die aus Amerika stammten, gefunden 
habe. Die käsigen Knoten in den Lungen dieser Schafe werden 
durch Pflanzenstaub veranlasst. Die Krankheit scheine sich 
nur bei schwächlichen Thieren zu entwickeln. Die Lungen 
seien zu beanstanden. Mr. Peter Moir sprach über „Die Rolle 


der niederen Thiere bei der Uebertragnng von Krankheiten“. 

1 

; Von Wuth, Rotz und Tuberculose ausgehend, wendete er sich 
i zu den Krankheiten, die durch Mosquitos und die Tsetsefliege 
verursacht werden, und wies auf die Gefährlichkeit der Ratten 
bezüglich Uebertragung der Pest hin. Zum Schluss berichtet 
er über Tuberculin-Impfungen in der Umgebung von Edinburgh. 
1 Fast 50 pCt. der Milchkühe reagirten. 

. Trichinose. 

In Sangerhausen, Reg.-Bez. Merseburg, sind während der 
j zweiten Hälfte des Monats August d. J. 54 Erkrankungen bei 
j erwachsenen Personen und zwei bei zwölfjährigen Kindern zur 
i ärztlichen und behördlichen Kenntniss gelangt, welche sämmtlich 
die Kennzeichen der Trichinose boten. Eine microscopische 
Feststellung der Krankheit war jedoch bis zum 27. August nicht 
1 erfolgt. Fast sämmtliche erkrankte Personen, unter denen sich 
zwölf weibliche befanden, sind Arbeiter einer Maschinenfabrik, 
I welche mit Vorliebe Hackfleisch zu gemessen pflegten. Auch 
! der Fleischermeister, von welchem die Erkrankten Fleisch be¬ 
zogen haben wollten, ist erkrankt, ebenso dessen Schwägerin: 
im Uebrigen wohnen und arbeiten viele der Erkrankten in der 
Nähe dieser Schlächterei. Todesfälle sind bisher nicht vor- 
I gekommen, die Erkrankungen sollen nur leicht sein, viele leicht 
Erkrankte haben ärztliche Hülfe nicht in Anspruch genommen. 

! Die Untersuchung darüber, ob dem Fleischbeschauer oder dem 
Schlächter die Schuld an diesen Erkrankungen beiznmessen ist, 
i ist im Gange. P. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Oberrossarzt a. D. Liebsch er -Berlin 
ist der Kronenorden IV. KI. verliehen worden. 

Ernennungen etc.: Zu Professoren an der thierärztlichen Hoch¬ 
schule zu Stuttgart sind ernannt der bisherige Prosector Dr. Zwick 
für ambulatorische Klinik, Geburtshülfe. Fleischbeschau, Scuclien- 
lehre und Veterinärpolizei, und der Oberamtstliierarzt Dr. 1'cbelc. 
bisher zu Oehringen, für die Klinik der kleinen Haustliiere. Arznei¬ 
mittellehre, Allgein. Therapie, Hufkunde. Am Veterinärinstitut der 
Universität Leipzig Thierarzt Hans Zürn zum Instituts-Assistenten 
und Thierarzt Richter zum klinischen Assistenten. — In Bayern: 
Hans Stautner, Districtsthierarzt in Riedenburg zuin Zuchtinspector 
beim Zuchtverband für bayrisches Rothvieh in der Oberpfalz mit dem 
Wohnsitz in Weiden; zu llistrictsthicrärzten die Thierärzte Siegmund 
Graf-Wörth a. D. in Riedenburg, Ponader-Aibling in Prien, 
Joseph ZissIer-Amberg bezw. Dorfen in Erbendorf. Eduard Maier, 
Districtsthierarzt in Hemau (Oberpfalz) wurde auf Ansuchen dieser 
Stelle enthoben. 

Die Thierärzte Rahnenführer und Randhahn sind mit «ler 
Vornahme der Impfgeschäfte in der Quarantäneanstalt Hvidding 
betraut worden. 

Versetzt: Die badischen Bezirksthierürzte Dörrwächter von 
Karlsruhe nach Neustadt, Zundel von Konstanz nach Mülllieiin und 
Ein Wächter von Neustadt nach Konstanz. 

Gewählt: Die Thierärzte J. Brandmann - Ottweiler zum 

Sanitätsthierarzt in Haltern, Otto Kirsch zum Hilfsthierarzt am 
Schlachthof in Lübeck, Martin Sohr zum Hilfstliierarzt bei der 
Fleischschau in Dresden. Dem Schlachthofverwalter Theodor Pahlc- 
Ingolstadt wurde der Titel Schlachthofdirector verliehen. 

Approbationen: In Berlin die Herren: Fritz Adelmann, Max 
Bartel, Ernst Born, Paul Diestelow, Johannes Dippel, Wilhelm 
Franz, Richard Ilaferkorn, Albert Hübner, Max Piper, 
Christian Riis, Otto Schliep, Walter Tiefenbach. 

WohneitzverSnderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die Thier¬ 
ärzte R. Borchert von Minden nach Stendal als Einj.-Frw., P. 
Diestelow nach Bremen, Heinrich Doiseau nach Freiburg als 
Volontärassistent am thierhygien. Institut, Kocppen von Neu-Barnim 
nach Werneuchen, Koschwald von Berlinchon nach Berlin, Christian 
Maderer nach Hemau, Rusche von Magdeburg nach Zell a, d. Mosel, 
Sebauer von Bromberg nach Münchowshof bei Thurow i. Pomm., 
Spring von Hilders nach Jade (Oldenburg), Michael Steiger nach 
Neustadt a. II. als bezirksthierärztlichcr Assistent, P. Unterhössel 
vor München nach Erlangen, Wicndieck von Karlsruhe (Schlacht- 
hof) nach Minden i. W. —Thierarzt E. Petersen hat sich in Alt- 
Rahlstedt, ‘F. Tin schert Jn Stommeln bei Köln. Zieschank in 
Ries» niedergelassen. 


Todesfälle: Thierarzt Hansen-Werneuchen, Bezirksthierarzt a. D. 
Peschel-Riesa, Districtsthierarzt E. Chr. Weber-Grünstadt (Pfalz). 


Vacanzen. 

Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Reg.-Bez. Coblenz: Simmem (600 M. und 450 M. Stellenzulage). 
Bewerbungen bis 10. November er. an den Regierungspräsidenten. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Reg.-Bez. Düsseldorf: Landkreis Krefeld — Reg.-Bez. Liegnitz: 
Sagan. — Reg.-Bez. Oppeln: Gross-Strelitz. 

Sanitätsthierarztstellen : ai Neu ausgeschriebene Stellen: 
Berlinchcn (Neumark): Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau: 
aus letzterer ca. 2000 M. Einnahme. Bewerb, sofort an den Magistrat 

— Mainz: Schlachthofthierarzt sofort (4200 ;M.; Wohnung etc.: 

6 wöchige Kündigung). Bewerb, mit Qualificationsnachwcis zum 
beamteten Thierarzt für Hessen bis 20. Oct. an die Bürgermeisterei. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Arys: Schlachthofverwalter zum 1. Oct. er. — Bahn: Thierarzt für 
Fleischbeschau. — Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachthof. — 
Cassel: Schlachthofassistenzthierarzt. — Cottbus: Schlaehthof- 
Assistenzthierarzt sofort. — Dessau: Schlachthofassistenzthierarzt. 

— Düren: Schlachthofdirector. — Grätz (Posen): Schiachthof- 
Inspector. — Graudenz: Assistenzthierarzt am Schlachthof. — 
Halle: 2 Assistenzthierärzte. — Hamburg: Polizeithierarzt. — Köln: 
Schlachthofthierarzt. —Königsberg (Ostp.): Schlachthofthierarztzuin 
1.i>ct.er. — Ottweiler (Bez.Trier): Schlachthausverwalter. — Pausa: 
Thierarzt für den Fleischbeschaubezirk. — Punitz i. Pos.: Tbier- 
arzt für Schlachtviehbeschau (1200 M.; ausserdem Praxis.) Bewer- 
bungenanden Magistrat.— Raekwitzi. P.: Thierarzt für Schlachtvieh- 
und Fleischschau. — Salzwedel: Schlachthofvorsteher. — Stettin: 
3. Schlachthofthierarzt zum 1. September. — Trier: Hilfsthierarzt ani 
Schlachthof sofort bezw. bis 1. Dezember er. (2100 M., Vierteljahr. 
Kündigung; Verpflichtung zu 1 jähr. Dienstzeit.) Bewerbungen bis 
25. Oct. er. an den Oberbürgermeister. Wanne: Schlachthofvorstelier. 

— Wamsdorf. — Wolkenstein: Schlachthofthierarzt. — Woll¬ 
stein (Posen): Schlachthofinspector zum 1. October er. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbacli (Kr. Neustadt/'. 

— Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotzenau i. Sold. 

— Lamspringe. — Landeck (Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt. — Schönbaum (Danzig). — Soldau (Ostpr.i. 

1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. — 
Mengeringhausen (Waldeck.) — Peiskretscbam (Ober-Scbles.'i. 

— Raguhn. — Rliinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.). 

— Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze (Mecklb.). 

Besetzt: Sanitäts-Thierarztstellen in Haltern u. Lübeck 


Verantwortlich für den Inhalt (excl. Inscratenthoil): Prof. I)r. Schmält* in Berlin. — Verlag und Kigentbum von Richard Scboels in Berlin. — Druck von W. Büxenstcln, BorHn. 


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Die „Berliner Th'*rärrtHche Wochenschrift“ erscheint Originalbeitrtge werden mit 50 Hk. för den Bogen honortrt. 

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Thierärztliche Wochenschrift 

Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin. 

Verantwortlicher Kedacteur. 

De Bruln KOhnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZQndel 

Profeasor Oherthierarst Departemcntsihlerant Kreisthierarzt Departementathierarzt Veterin&rassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Krelsthlerarzt 

Utrecht Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. 



Ausgegeben am 25. October. 


Inhalt: Eliinger: Das brandige Absterben der Schwanzspitze bei den Hausthieren. — Pflanz: Das Pflanz’sche Em- 
bryotom. — C. MjoBn: Ueber die Zunahme der Beri-Berikrankbeit auf europäischen Schiffen. — Grfife: Nieren¬ 
stein bei einem Pferde. — Referate: Kasselmann: Ueber abscedirende Spätentzündungen. — Braeker: Eine folgen¬ 
schwere Complication des Zitzenschnittes. — Rosolino: Der seuchenartige Abortus der Kühe und die Phenolinjectionen nach 
Bräuer. — Zinkpaste mit Zucker in der Dermatotherapie. — Strebei: Hinterkieferncuralgie beim Pferde. — Pader: Filariose 
des Aufhängebandes (Fcsselbeinbeugers) beim Pferde. — v. Rätz: Leberegcl in der Milz des Schafes. — Rüge: Die Diagnose¬ 
färbung der Malariaparasiten. — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Protocoll über die Herbst-Generalversammlung 
des Vereins Rheinprenssischer Thierärzte am 19. September im Hotel Kaiserhof in Aachen. — Verschiedenes. — Staats- 
veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehhandel. — Personalien. — Vacanzen. 


Das brandige Absterben der Schwanzspitze bei 
den Hausthieren. 

Von 

Dr. EHInger-Dermbach. 

Während meiner mehljährigen Thätigkeit in einer fast aus¬ 
schliesslich Rinderzucht treibenden Gegend sind mir zahlreiche I 
Fälle von brandigem Absterben der Schwanzspitze besonders 
bei Kühen und Kalbinnen bekannt geworden. Da das Leiden 
in der thierärztlichen Literatur bisher nur eine geringe Be¬ 
achtung gefunden hat, so habe ich es für interessant gehalten, 
meine dies betreffenden Beobachtungen zu veröffentlichen nnd 
die diesbezüglichen literarischen Notizen znsammenzustellen. 

Begriff des Leidens: Mit dem Namen brandiges Ab¬ 
sterben der Schwanzspitze (Sterzwnrm, Sturzwurm, Zahlwnrm, 
Strohwnnn, Wolfskrankheit, Beinfrass des Schweifes, Sterzsenche) 
belegt man eine Erkrankung des Schwanzes, die an der Spitze 
desselben beginnt, allmählich nach der Mitte des Schwanzes zn 
vorschreitet, häufig mit einem Allgemeinleiden des Körpers ver¬ 
gesellschaftet ist, mindestens aber mit dem örtlichen Tode 
(Nekrose mit Aasgang in Mnmification, Gangraen nnd Sphacelus) 
der ergriffenen Gewebe endigt. 

Vorkommen: Das Leiden wurde bereits zu Anfang des 
19. Jahrhunderts beobachtet, sowohl vereinzelt als auch gehäuft 
auftretend (and dann für seuchenhaft gehalten). In hiesiger 
Gegend (Rhöngebirge) ist das Leiden relativ häufig bei weib¬ 
lichen Rindern, — nicht beobachtet bei Ochsen. 

Aetiologie: Die ursächlichen Verhältnisse sind noch nicht 
genügend ergründet worden. Nach den bis jetzt gesammelten 
Erfahrungen muss angenommen werden, dass die für die Ent¬ 
stehung des Brandes allgemein geltenden Ursachen auch bei 
diesem Leiden im Spiele sind. Hiernach (cf. Froehner, all¬ 
gemeine Chirurgie, 1896, Seite 78) ist die mechanische Unter¬ 
brechung der Blntcircnlation eine der häufigsten Ursachen und 
es kann namentlich die Qnetschnng des Schwanzes bei engem 
Zusammenstehen der Kühe durch Darauftreten Seitens einer 
stehenden auf den Schwanz einer liegenden Kuh za Gefässver- 


letznngen nnd zn Gewebszertrümmernngen fuhren. Es ist das 
um so eher möglich, wenn die Thiere bereits eine gewisse 
Steifigkeit im Kreuz und schwerfälliges Aufstehen bekunden 
(cf. Symptome). 

Aber auch chemische Ursachen können dem Leiden zu 
Grunde liegen. Mit Vorliebe stellt sich dasselbe in Ställen ein, 
die unsauber gehalten sind, ungenügenden Jaucheabfluss und 
mangelhafte Körperpflege der Insassen erkennen lassen. Es ist 
da nicht unmöglich, dass das vorhandene Ammoniak seine 
zerstörende Wirkung entfaltet. Diese Wirkung kann durch 
Einstreu von Aetzkalk nnd Ka'fnit zwecks Diingerconservirung er¬ 
höht werden*). Dass auch zahlreiche Infectionserreger sogenannte 
brandige Entzündungen verursachen können, ist bekannt (Nekrose¬ 
bacillen). — Anf den Ergotismus gangraenosns in seiner Aus¬ 
dehnung auf den Schwanz komme ich weiter unten zu sprechen. 
„Häufig wirken auch“, sagt Froehner, „mehrere Ursachen gleich¬ 
zeitig ein. Namentlich der Druckbrand entsteht oft nach relativ 
geringfügigen mechanischen Insulten, wenn gleichzeitig eine 
schwere Allgemeinerkrankung, namentlich eine Erkrankung des 
Circnlationsapparates (Fieber, Septicaemie, Blutkrankheiten, 
Anaemie, Kachexie, Herzkrankheiten, allgemeine Schwäche vor¬ 
handen ist.“ Interessant und in vergleichender Hinsicht wichtig 
ist auch die Entstehung des im Gefolge von Rückenmarkskrank¬ 
heiten beim Menschen auftretenden symmetrischen Brandes. 
Und in der That, bei genauer Untersuchung und Beobachtung 
der Patienten kann man die eine oder die andere Complication 
feststellen. Anf das Zusammentreffen von Sterzwurm mit Rücken¬ 
marks- resp. Sacralnervenerkrankung (Festliegen) hat bereits 
Block (cf. B. T. W, 1891 Seite 215) hingewiesen. Ich komme 
darauf zurück. Ich möchte schliesslich nicht unerwähnt lassen, 
dass der in hiesiger Gegend theils gebräuchliche Name Stroh- 
wurm die Ursache des Leidens in einer mehr als nöthigen 
Verabreichung von Stroh ohne die gegnügenden Proteine 
sucht. Es kann nicht geleugnet werden, dass bei dergestalt 
fehlerhaft und nicht in dem richtigen Nährstoffverhältnis8 

*) Vergl. Stutzer, Leitfaden der Düngerlehre, 1899, S. 39. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


No. 43. 


506 

ernährten Thieren häufig eine gewisse Schwäche and Trägheit 
der Circnlation, die sich namentlich bei vorhandener Trächtigkeit 
einstellt, zeigt. Wenn das Leiden in früheren Jahrzehnten zu 
den Anthraxformen (Milzbrand-Carbunkeln) gerechnet and somit 
anch aetiologisch in gleiche Linie gestellt worden ist, so gilt dieser 
Standpunkt heute als völlig verlassen. Und das mit Recht. — 
Pathologische Anatomie: Das Leiden beginnt mit einer 
Circulationsstörung in der Haut und geht auf das Unterhaut¬ 
zellgewebe, die Schweiffascie, die Schweifmuskeln, die inter¬ 
vertebralen Knorpelschichten über. Die Circulationsstörung 
äussert sich dergestalt, dass zunächst eine Anaemie vorhanden 
ist, die in Folge ihres längeren Bestehens zu einer mangel¬ 
haften Ernährung der Haarpapillen und zum Haarausfall führt. 
Im weiteren Verlaufe wird die Haut trocken, schorfig und leder¬ 
artig, lässt sich verschieben, während sie bei gesunden Thieren 
straff aufliegt, erscheint kalt und zuletzt gefühllos. Die 
Schwanzspitze wird weich. Es tritt Nekrose der Haut ein, ein 
Zustand, den man passend als Mumification bezeichnen kann. 
Im Anschluss hieran entwickelt sich unter der Haut zumeist 
Gangraen, da das Eindringen von täulnisserregenden Spalt¬ 
pilzen in die abgestorbene Haut sehr erleichtert ist. Diese 
faulige Zersetzung geht einher mit der Bildung von stinkender 
Brandjauche und mit der Zerstörung der Structur und Er¬ 
weichung bis zur Verflüssigung der festen Gewebe (excl. 
Knochen). Die Zwischenknorpelscheiben atrophiren. Die Muscu- 
latur erscheint graugrün bis schwarzgrün, aufgequollen, so dass 
die leidende Partie des Schwanzes verdickt ist. 

Der gangraenöse Zerfall kann sich rasch oder auch nur 
allmählich ausbreiten. Es kann eine Abgrenzung gegen das 
gesunde Gewebe zu Stande kommen. Die Möglichkeit dieses 
allerdings seltenen Ausganges ist abhängig von dem Äufhören 
der Vermehrung der Fäulnisspilze und von der Reaction der 
Gewebe. Die Entzündung an der Grenze des brandigen Theiles 
kann zur Lossstossung des Letzteren führen (Sequestration, 
Schwanzabfall). Ueber den Zusammenhang dieser Gangraen 
mit den Erkrankungen der im Bereiche liegenden Nervenäste 
und mit den auch von mir häufig beobachteten Paraplegieen der 
Nachhand bleiben weitere Untersuchnugen abzuwarten. 

Symptome: Die Krankheit kann oft wochenlang bestehen, 
ohne (namentlich bei fehlender Schwanzpflege) bemerkt zu 
werden. Die Störungen des Gesammtorganismns sind zu Anfang 
des Leidens nur schwer und auf Grund genauer Untersuchung 
bemerkbar. Sobald die Schwanzmusculatur erkrankt, treten 
Störungen in der Schwanzbewegung auf. Von diesem Zeit¬ 
punkte ab bemerkt man oft auch ein schwerfälliges Herumtreten 
und Aufstehen der Thiere, Erscheinungen, die sich bis zum 
vollständigen Festliegen steigern können (Zahl der Be¬ 
obachtungen 14). — Dabei handelt es sich zumeist um in der 
Ernährung zurückgegangene und vernachlässigte Thiere. Die 
erkrankte Stelle des Schwanzes ist weich und in der Regel 
etwas verdickt. Der Tod erfolgt durch Kachexie. 

Differentialdiagnose: Dem vorstehend beschriebenen 
Leiden gleichen nur wenige andere Krankheitsprocesse. Wichtig 
ist das Vorkommen einer Gangraen der Schwanzspitze bei der 
Vergiftung durch Secale cornutum (Ergotismus gangraenosus). 

Dieser Gangraen ist auf die Störung der Circulation in 
Folge einer hyalinen Thrombose der peripheren Arterienäste 
zurückznführen. Wenn wir in der Literatur nachsuchen, so 
finden wir, dass KowalewBki (Ellenberger-Schütz, Jahres¬ 
bericht IV S. 137) beobachtete, wie nach Verfütterung von 


Roggen, welcher */$ Mutterkorn enthielt, 20 Rinder von Ergo¬ 
tismus befallen wurden. Es kam zur Nekrose der Haut, Sehnen, 
Bänder und Knochen bis zum Krongelenk, bei einigen auch 
der Schwanzspitze und zum Abfallen dieser Theile. In ver¬ 
schiedenen Staaten Nordamerikas, so berichtete Salmon (amerik. 
Veterinärbericht 1884 S. 21) und Law (Lydtin, thierärztliche 
Mitteilungen 1877 Jahrgang XH S. 153), herrschte im Jahre 
1884 eine Mutterkornepizootie unter den Rindern nach dem 
Genüsse von Heu, welches theils aus Elymus virginicus, theils 
aus Agrostis vulgaris bestand und auf 75 Gewichtstheile 1 Theil 
Mutterkorn enthielt. Neben anderen Erscheinungen erfolgte 
brandiges Absterben der Haut und selbst der ganzen Fussenden 
bis zum Fesselgelenk, auch der Schwanzspitzen, Ohren und 
Zitzen. 

Von der Nekrose der Schwanzspitze ist ferner zu trennen 
die zu den Wundinfectionskrankheiten gehörende subcutane nnd 
intermusculäre Phlegmone des Schwanzes in Folge der Lungen¬ 
seuche-Impfung. Indess kann auch im Anschluss an diese eine 
ausgedehnte Gewebsnekrose eintreten. 

Prognose. So lange das Leiden die Musculatur noch 
nicht erreicht hat, sich auf die Haut beschränkt und keine 
Erkrankung des GeBammtorganismus besteht, ist die Prognose 
günstig. Bestehen bereits Bewegungsstörungen, Kreuzschwäche 
oder gar Paraplegie, dann ist das Thier verloren. 

Therapie: In leichteren Fällen und namentlich dann, 
wenn die Gangraen nur geringgradig ist, genügt eine Scari- 
fication der erkrankten Stelle und Einreibung von Kochsalz als 
fäulnisswidriges und auf die Aenderung der Blutvertheilung ein¬ 
wirkendes Mittel. Auch die Anwendung von Terpentin ist in 
Folge seiner stark desinficirenden Wirkung anzurathen. Nach 
erfolgter Einreibung wird ein regelrechter Verband angelegt. 
Bei der Erkrankung der Musculatur und Zwischenknorpelscheiben 
ist die Amputation des erkrankten Schwanztheiles nothwendig 
und erfolgt nach den Regeln der Chirurgie. Ist der Ernährungs¬ 
zustand des Thieres mangelhaft, dann ist namentlich die Ver¬ 
abreichung von Lein- und Rapskuchen — in Folge ihres Gehaltes 
an Kalk und Phosphorsäure 4,9: 20:1000, auch an Protein und 
Fett — anzurathen und von günstiger Wirkung. Eine innerliche 
Medicamentation ist meist zwecklos. 

Vergleichend-Historisches und Literarisches: Nach 
den Angaben von Hering in seinem Lehrbuch der speciellen 
Pathologie und Therapie, 1849, Seite 303, ist der Sterzwurm 
(Gangraena caudae epizootica) eine seltene Krankheit. Im 
Jahre 1817 herrschte die Krankheit in grösserer Ansdehnung 
in Württemberg, so dass las Kgl. Medicinalcolleginm eine dies- 
betreffende Belehrung für nothwendig erachtete. Hering hält den 
Beinfrass an den Schweifwirbeln für die wichtigste Erscheinung. 

Rychner beschreibt in seiner Bujatrik, 1841, Seite 215 
den Sterz wurm als Caries centralis vertebrarum caudae. 

Albert, (Vollständiges Handbuch der gerichtlichen Thier¬ 
heilkunde, Hanau, 1840), ein Mediciner, meint: Sterz wurm trete 
sporadisch und epidemisch auf und pflanze sich durch Ansteckung 
weiter fort. Die Krankheit trete meist in Folge des Faulfiebers, 
der Rinderpest und der Ruhrseuche in der Reconvalescenz auf. 

Cumländer erzählt in Gurlt und Hertwigs Magazin 
d. g. Th. XXXIH, Seite 329, dass seiner Zeit in Finland sogar 
amtliche Massregeln gegen den Sterzwurm ergriflen wurden. 

Möller (Chirurgie, Seite 526) scheint den Sterz wurm auf 
Verunreinigung des Schwanzes mit Mist und heftiges Schlagen 
mit demselben zurückzuführen. 


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25. October 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


507 


Eppinger (Ueber eine Erkrankung der Schweiftraube des 
Rindes; im thierärztl. Centralblatt 1899 S. 562) sah ebenfalls den 
Sterzwurm in Verbindung mit rapider Abmagerung und führt 
das Leiden auf rein mechanische Einwirkung zurück. 

Block-Oesede beschreibt in der B. T. W. 1891 S. 215 den 
Sterz wurm als eine Stallkrankheit der weiblichen Rinder und 
sah ihn in Begleitung von Lähmung der Hinterhand. 

Aehnliche pathologische Processe kommen bei Pferd und 
Hund vor in Gestalt von Phlegmonen im Anschluss an das 
Coupiren und an Quetschungen des Schwanzes. 

Interessant ist auch das brandige Absterben des Schwanzes 
bei Ferkeln. Dr. Nörner schreibt in seiner pract. Schweine¬ 
zucht S. 179: Das Schwänzchen wird von der Spitze an schwarz, 
vertrocknet, mumificirt gewissermassen und fällt schliesslich ab, 
ohne dass die kleinen Ferkel irgendwelche Krankheitserscheinungen 
zeigen. Nörner giebt die Möglichkeit zu, dass Erfrieren die 
Ursache war, (Congelatio gangraenosa). Nach der Ansicht 
anderer Schweinezüchter sollen durchfällige Entleerungen eine 
ätzende Wirkung haben und Nekrose des Schwanzes ver¬ 
ursachen. Vorbeugungsmittel soll die Einreibung der Schwanz¬ 
wurzel mit Fett oder Speck sein. Ein weiteres diesbezügliches 
Referat bringt die Allgemeine Ceutralzeitung für Thierzncht 1900 
S. 601, wo es heisst: 

Eine Krankheit der Ferkel in Rumänien. 

Ich hatte, schreibt der Ingenieur-Agraam Medzadourian in 
Xo. 29 des Journal d’agricnlture pratiqne, Jahrgang 1900, 
Gelegenheit, 1898 einen sehr eigenthümlichen Krankheitsfall in 
den Schweineställen der Domänen von Baja—de—Arama und 
der Farmen von Glogova zu beobachten. 

Als ich sie besuchte, nahm ich die Verkürzung der Schwänze 
von vier Ferkeln wahr; ich erkundigte mich bei dem Schweine¬ 
hirten, der mir versicherte, dass eins dieser Thiere die 
schlechte Gewohnheit habe, die Schwänze seiner Gefährten zu 
benagr-n. 

Ich Hess diese Ferkel isoliren, fand aber bei einem zweiten 
Besuche zwölf dieser Thiere, deren Schwänze auf verschiedene 
Längen eingestutzt waren. Ich beobachtete nun diese Er¬ 
scheinung, die mir das Resultat einer Erkrankung zu sein schien, 
genauer und verfolgte den Verlauf der Krankheit bei 64 Thieren. 
Die Sehwanzspitze färbte sich schwarz, und es erschien eine 
brandige Stelle, welche sich in zehn, zwölf, fünfzehn oder sieb¬ 
zehn Tagen über den ganzen Schwanz verbreitete. 

Die Lufttemperatur übt einen gewissen Einfluss auf die 
Entwicklung der Krankheit aus. 

Im dem Masse, wie die Krankheit die oberen Theile des 
Schwanzes erfasst, vertrocknen die unteren Theile und fallenab. 

Selten zeigten sich selbst bei kraftlosen Thieren die 
brandigen Flecke auf der Haut. 

Die Kranken schienen nicht zu leiden; sie liefen umher und 
frassen wie gewöhnlich. 

Einige Waschungen mit Petroleum, denen einige Ein¬ 
reibungen mit Vaseline folgten, gestatteten mir in einigen Tagen 
den Verlauf dieser ansteckenden Krankheit aufznhalten. Nach 
dieser so einfachen Behandlung hörte die Krankheit, sich zu 
entwickeln, auf, so dass nach vollständiger Heilung der Ferkel 
man Individuen ohne Schwanz oder nur mit der Hälfte oder 
einem Viertel des Schwanzes vor sich hatte; einige hatten auch 
nur die Schwanzspitze verloren. 

Ich glaube, dass das Auftreten dieser Krankheit der 
stagnirenden Mistjauche zuzuschreiben ist, weil, nachdem der 


Schweinestall vollständig ausgebessert und desinficirt worden, 
die Krankheit nicht wieder erschienen ist. 

Zur Behandlung des Leidens mit Petroleum bemerke ich 
als Referent, dass Petroleum auch beim Sterzwurm des Rindes 
hier oft angewendet wird und in leichten Fällen (lediglich bei 
Erkrankung der Haut) Hilfe bringt infolge seiner anaesthe- 
sierenden und dem Terpentin ähnlichen Eigenschaften. 


Das Pflanz’scha Embryotom. 

Von 

Pflanz-Krcuzburg O.-S. 

KreUtbierarzt. 

Ueber mein Embryotom habe ich an dieser Stelle des 
Oefteren geschrieben und über die an dem Instrumente vor¬ 
genommenen Verbesserungen berichtet. 

Dasselbe hat sich wie sobald kein 
anderes neueres thierärztliches In¬ 
strument vorzüglich bewährt und darf 
für den Thierarzt mit lebhafter geburts¬ 
hilflicher Praxis als unentbehrlich gelten. 

Nachdem ich den Vertrieb des Instruments 
mehr als zwei Jahre selbst bewirkt habe, 
ist derselbe seit Beginn dieses Jahres 
auf die Firma H. Hanptner, Berlin NW. 
übertragen worden, worauf ich die Herren 
Collegen zur Vermeidung der noch öfter 
an mich gelangenden Anfragen und Be¬ 
stellungen und des dadurch entstehenden 
Zeitverlustes hierdurch aufmerksam 
machen möchte. Dass ich die Her¬ 
stellung und den Vertrieb des In¬ 
strumentes aufgegeben habe, hat seinen 
Grund einerseits in den enormen Preis¬ 
steigerungen des Rohmaterials, die eine 
Lieferung zu dem bisherigen Preise un¬ 
möglich machten, andererseits in dem all¬ 
seitig geänsserten Wunsche, das In¬ 
strument in einer den übrigen thier- 
ärztliöhen Instrumenten gleichwerthigen 
Ausführung hergestellt zu sehen. Ich 
habe deshalb den patentamtlichen Schutz 
an die Finna H. Hanptner, Berlin 
abgetreten, von der mein Embryotom in 
der Folge allein bezogen werden kann. 

Die Fabrik hat dem Instrument gerällige 
Formen gegeben und das Gewicht 
wesentlich verringert und zwar dadurch, 
dass Stahlrohren an Stelle der bisherigen 
Eisenröhren zur Anwendung kommen. 

In seiner neuen eleganten Gestalt (siehe obenstehende Abbildung) 
hat das Instrument auf der Pariser Weltausstellung das Interesse 
der ausländischen Collegen als original-deutsches Instrument in 
besonderem Masse erweckt. 

Ich hoffe, dass das Embryotom auch ferner den Collegen 
gute Dienste leisten möge und auch die Lust an der Geburts¬ 
hilfe, diesem so dankbaren Zweig der thierärztlichen Wissen¬ 
schaft, dem leider viele junge Collegen aus Bequemlichkeit noch 
zu wenig Beachtung schenken, immer mehr erwecken möge. 



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508 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 43. 


Ueber die Zunahme der Beri-Berikrankheit 
auf europäischen Schiffen. 

Von 

C. Mjoön. 

Die Klagen über das zunehmende Umsichgreifen der Beri- 
Beri anf norwegischen Schiften hat die norwegische Regierung 
jetzt veranlasst, ernstlich Schritte zu thun gegen diese stets 
wachsende Gefahr. Vor einiger Zeit wurde daher ein nor¬ 
wegischer Arzt, Specialist in Schiffshygiene, ausgesandt mit dem 
Aufträge, Untersuchungen über Ursache und Wesen dieser 
unheimlichen Krankheit anzustellen. Ein interessanter Bericht 
über seine Beobachtungen ist nun veröffentlicht. Er giebt 
darin eine Uebersicht über das, was man bis jetzt weiss von 
dieser Krankheit, die der modernen Wissenschaft so viele 
Räthsel aufgegeben hat, und über die im Publikum die wider- 
streitendsten Meinungen herrschen. 

Beri-Beri ist bekanntlich eine Tropenkrankheit, die sowohl 
Eingeborene wie Fremde befällt und oft epidemisch anftritt. 
Mattigkeit, Lähmungen, Schmerzen und Wasseransammlungen 
sind die Symptome der Krankheit, die oft nach wenigen Tagen, 
ja sogar Stunden zum Tode führt. 

Als Ursache wird häufig schlechte Ernährung angeführt, 
durch fett- und albuminarme Speisen, wie Fisch, Reis etc. 
Dieser Theorie, die besonders von holländischen Gelehrten 
gepflegt wird, widerspricht jedoch die Thatsache, dass meist 
junge, kerngesunde und wohlgenährte Menschen von Beri-Beri 
angegriffen werden. 

Andere Theorien sehen Erkältung, Feuchtigkeit, jähen 
Temperaturwechsel für directe Ursache an. Doch sind diese 
zum grössten Theil verlassen. 

Nach Mauson und Scheubev ist Beri-Beri eine Infections- 
krankheit, und auf dieser Theorie baut der norwegische Arzt 
seine Beobachtungen auf, die er kurz so zusainuienfasst: 

,,Beri-Beri ist eine miasmatische Krankheit und als solche 
wesentlich an Erdreich gebunden, entwickelt sich jedoch auch 
auf anderem Nährboden, in Häusern, Schiffen etc. Sie verlangt 
Wärme und Feuchtigkeit für ihre Entwicklung und kann über¬ 
tragen werden durch Menschen und leblose Gegenstände. 
Schlechte Ernährung und Erkältung wirken nicht als ursächliche 
sondern einzig und allein als prädisponirende Momente.“ 

Warum nun die norwegische Handelsflotte, wie statistisch 
nachweisbar, mehr als andere der Krankheit ausgesetzt ist, 
erklärt sich Dr. Kreyberg auf folgende Weise: Die Krankheit 
greift die Menschen meist erst nach mehrmonatlicher Seefahrt 
an, und wird zweitens befördert durch schlechte hygienische 
Zustände. Die norwegische Flotte benutzt unverhältnissmässig 
viele Segelschiffe. Nun bleiben diese, wie bekannt, erstens viel 
länger unterwegs, und erfreuen sich zweitens keiner besonders 
gepflegten Hygiene. Hier der einfachste Grund. 

Es ist bei dem Zunehmen und der Bösartigkeit der Beri- 
Beri von allergrösster Bedeutung, durchgeführte prophylactische 
Massregeln zu ergreifen. So wie Pest, Lepra und Cholera ihre 
Quarantäne haben, so sollte auch Beri-Beri als epidemische 
Krankheit behandelt werden: Die. grösste Vorsicht bei dem 
Verkehr der Mannschaft mit inficirten Häfen, die grösste 
Vorsicht bei der Einführung von Nahrungsmitteln aus den 
inficirten Häfen. 

Diese beiden Momente sind wesentlich bei der Verhütung 
der Krankheit. 

Ausserdem gelten natürlich die allgemeinen hygienischen 


Grundregeln, besonders scharfe Controlle des Trinkwassers, das 
nur in gekochtem Zustande genossen werden darf. 

Ist bereits Infection an Bord, so treten die gewöhnlichen 
Isolations- und Desintectionsmassregeln in Kraft. Die Kranken 
sollen wenn möglich, Kojenplätze auf Deckzugewiesen bekommen, 
und, an Land gekommen, auf luftige, hochgelegene Knrstätten 
gebracht werden. 

Nierenstein bei einem Pferde. 

Originalmittheilung 

von 

Gräfe -Mügeln, 

Thirrarzt. 

Bei einem Pferde, welches seit längerer Zeit Harubeschwerden 
und Schmerzen bei Druck auf die rechte Lendengegend gezeigt 
hatte und unter den Erscheinungen heftiger Kolik verendet war, 
wurden neben Entzündung des Darmes und des Bauchfelles 
folgende Veränderungen der rechten Niere gefunden: Der 
Versuch, die Niere in der üblichen Weise flach zu durchschneiden, 
scheiterte daran, dass das Messer alsbaid nach Dnrchtrennnng 



Xierenstein einer Stute, tien icht 435 y 


vom dünnen Rande überall auf eine harte Masse stiess. Als die¬ 
selbe blossgelegt war, erwies sie sich als ein Stein, der mit 
seinem kuglig platten Kern das Nierenbecken ausfüllte und mit 
beerenartigen Auswüchsen, die ihm fast das Aussehen einer 
Weintraube gaben, bedeckt war. Der nebenstehend abgebildete 
Stein wog 435 gr und bestand in der Hauptsache aus kohleu- 
saurern Kalk; daneben aus etwas Kieselsäure, phosphorsanrer 
Magnesia und phosphorsaurem Kalk. 

Referat e* 

Ueber abscedirende Spätentz&ndungen. 

Von KaBselmann-Greven i. W. 

I). Th. W. No. 26 iiml 27. 

K. berichtet über zwei Fälle von Abscessbildungeu am 
Samenstrang bei Wallachen. 

I. Bei einem 7jährigen Wallach, der im 2. Lebensjahre nach 
der Brennmethode castrirt worden und in Folge der Castration 
lange krank gewesen war, bildete sich in der Scrotalgegend 
ein grosser Abscess. Durch Einstich wurden über l 1 ', Liter 
Eiter entleert, worauf rasch Heilung eintrat. 

II. Ein Tjähriger Wallach weist am rechtsseitigen Samen¬ 
strange eine hühnereigrosse, harte, schmerzhafte Geschwulst 
auf, ohne dass Schwellung der Umgebung oder Fistelbildung vor- 


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Google 














25. Ociober 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


509 


handen sind Die Castration soll vor 6 Jahren erfolgt sein. 
Drei Wochen später hat sich ein grosser Abscess gebildet, der 
durch Einstich eröffnet wird. Drei Wochen später hat sich 
abermals ein Abscess entwickelt nnd nach weiteren 14 Tagen 
ein dritter. 

Das erst vor kurzem gekaufte Thier wird darauf an den 
Vorbesitzer znrückgegeben; dort sollen sich noch mehrere Abs- 
cesse gebildet haben. 

K. sieht diese Eiterungsprocesse ätiologisch und genetisch 
als wirkliche „Recidive“ an, welche durch pyogene Mikro¬ 
organismen, die von der Castration her in den Geweben zurück¬ 
geblieben sind und ihre Virulenz jahrelang bewahrt haben, ver¬ 
ursacht werden. 

Der Verfasser führt eine Reihe von Beobachtungen aus der 
Human-Medicin an, wo Coccen in osteomyelitischen Abscessen 
ihre Virulenz 30 ja 35 Jahre lang bewahrten. (Curt Müller. 
Centralbl. für Bact. B. XIV. S. *247, Krause, Fortschritte der 
Medizin 1894, April, Schmitzler, Centralbl. für Bact. B. XV. u. A.) 

Ferner sah M. Mayer (Zeitschrift für Medicinalbeamte 1898 
p. 430) ein Recidiv an einem 5y 2 Jahre reizfreien Hornhaut- , 
fleck mit Schmerzen, Rötung, Thränen und frischer Trübung der . 
Hornhaut, die den alten Fleck rautenförmig umschloss. 

Nach Brunner (Corresp. f. Schweizer Aerzte, Jahrg. 1896, 
Nr. 5—7) machte eine Armschusswunde 2y 2 Jahre lang nach der 
Heilung nicht die geringsten Beschwerden, wonach plötzlich 
brettharte, starke Schwellung und Rötung des Armes anftraten. 
Die Operation wies einen quer durch den Arm führenden Kanal 
(den alten Schusskanal) nach, in dessem Eiter Coccen nach¬ 
gewiesen worden, die sich bei Kultur mit Impfung vollvirulent 
erwiesen. 

Ein ähnliches Verhalten ist bei den Erregern des mensch¬ 
lichen Thyphns durch Werth (I). med. W. 1892 No. 21) nach¬ 
gewiesen. Desgleichen führt Gluck (I). med. W. 1899) die 
häutigen Recidive beim Erysipel des Menschen auf in den 
Lymphbahnen deponirte Streptococcen zurück. 

Jensen stellte fest, dass ein an Staupe erkrankter Hengst, 
der neben den bekannten Erscheinungen eine schmerzhafte An¬ 
schwellung der Hoden gezeigt hatte, nach Abheilung der Staupe 
die meisten von ihm gedeckten Stuten ansteckte. Selbst noch 
nach D/a Jahren bezeigt der Hengst diese Ansteckungsfähigkeit. 

K. führt diese Erscheinung auf in den Hoden in lebens¬ 
fähigem Zustande aufgespeichertes und mit dem Sperma über¬ 
tragenes Contagiam zurück. 

Der Verfasser nahm die Laparotomie vor bei einer Kuh 
wegen Pansenüberladung; Pansen mit Muskel wunde schlossen 
sich in wenigen Tagen, die Hautwunde eiterte nnd heilte erst 
in 3*/2 Wochen. 2 Jahre später bildete sich ein grosser Abscess 
in der Narbe und nach weiteren 4 Jahren abermals ein gänseei- 
jgrosser Eiterherd; auch in der Zwischenzeit sollen kleinere 
Abscesse spontan durchgebrochen und verheilt sein. 

Aehnliche Beobachtungen kann man nach der Ovariotomie 
weiblicher Schweine machen (auch nach der Castration von 
alten Ebern. D. Ref.). K. will auch die bei Rindern in der 
>Iabelgegend anftretenden Abscesse mit dem bösen Nabel des 
Kalbes in Verbindung bringen und durch liegengebliebene Eiter¬ 
erreger erklären, (verschluckte Fremdkörper? d. Ref.) 

Endlich zieht Kasselmann für die Genese der Brustbeule 
und der periodischen Angenentzündnng der Pferde die Theorie 
der latenten Keime heran. 


Als Ursache für das Wiederfreiwerden der Krankheitskeime 
werden Traumen, heftige Muskelcontractionen, Erkältung und 
psychische Erregungen („psychisches Trauma“, nach Strümpell) 
angeführt. Ne v ermann. 

Eine folgenschwere Complication des Zitzenschnittes. 

Von Thierarzt Braeker, Assist, bei A. Merk. 

Schweizer Areh. f. Th. II. XLII 3. H. 

Bei einer trächtigen Kuh werden wegen Zähmelkigkeit an 
allen 4 Zitzen nach vorhergegangener Desinfection mittelst 
Zitzenlanzetten Krenzschnitte ausgeführt; die entstandenen 
Wunden werden mit Carboloel betupft, 3 Tage später ist an 
allen Zitzen hochgradige Entzündung, strangartige Verdickung 
des Zitzenkanales nnd heisse schmerzhafte Vergrösserung der 
Euterdrüsen mit Entleerung wässriger, flockiger Flüssigkeit 
eingetreten. 

Nach weiteren 3 Tagen sterben die Zitzen brandig ab, 
Allgemeinbefinden sehr schlecht, Oedembildung unter dem Bauche 
bis über den Nabel hinaus. Es wird die Schlachtung vorge¬ 
nommen. Die Section ergiebt brandiges Absterben der Zitzen 
und einzelner Drüsenpartieen. Nach Merk sollen diese Zitzen¬ 
operationen sehr gerne Veranlassung zu infectiösen Enter¬ 
entzündungen geben und M. schliesst daraus auf besondere 
Disposition der Zitzenschleimhaut zur Aufnahme von Infections- 
erregern. Nevermann. 

Der seuchenartige Abortus <ler Kühe und die Phenol- 
injectionen nach Bräner. 

Von Dr. R. P. Rosolino. 

Clin. vet. J900 No. 37. 

Im Jahrgang 1899 der Clinica vet. No. 24 bis 2G hat R. 
eine Reihe eigener Erfahrungen mit der Bräuer’schen Behandlung 
des se ichenhaften Verkalbens der Kühe mitgetheilt und fügt in 
dem vorliegenden Aufsatz weitere Fälle hinzu, die ihm von einem 
Collegen Dr. B. Po zur Verfügung gestellt werden. Nach dem 
Resultate dieser Mittheilnngen hat sich die Bräuer’sche Methode 
gut bewährt. Zur Sicherung des Erfolges wird empfohlen, die 
Injectionen nicht nur in der Trächtigkeitsperiode eines Jahres 
zu machen, sondern dieselben in den folgenden Jahren zu wieder¬ 
holen. R. injicirt 20 ccm der 2-proc. Carbollösnng etwa 5 cm 
hinter dem Schulterblatt, nachdem die Haare an der Injections- 
stelle abrasirt und dieselbe mit 5 proz. Carbollösung desinficirt 
worden ist. Ist in dem Bestände bereits ein Fall von Verkalben 
anfgetreten, so folgen die Einspritzungen in Zwischenzeiten von 
8 zu 8 Tagen und noch weniger Zeit aufeinander. 

Zinkpaste mit Zucker in der Dermatotberapie. 

Nachstehende von Hodara empfohlene Paste hat eine sehr 
schnelle anstrocknende, epidermisbildende, heilende Wirkung und 
ist deshalb bei feuchten vesicnlären Ekzemen, bei Impetigo, 
zur Verheilung oberflächlicher Geschwüre voltheilhaft zu ver¬ 


wenden : 

Vaselin nnd Lanolin . . . . aa 20,0 

Glycerin. „10,0 

Sacchar. alb.„ 20,0 

Sulfur. Sublimat, .„ 10,0 

Zinc. oxydat.. 20,0 

M. f. pasta. 


(Clin. vet. ex. Journal des mal. ent. et syphil.) 


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510 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 43. 


Hinterkieferneuralgie beim Pierde. 

Von M. Strebel-Freiburg i. Schw. 

Schweizer Arch. f. Th. B. XLU S. U. 

Strebei hat Gelegenheit gehabt, ein Halbdntzend Fälle von 
Hinterkieferneuralgie, d. h. Neuralgieen im Verbreitungsbezirke 
des hinteren Trigeminusastes zu beobachten und beschreibt die 
Krankheitserscheinungen wie folgt: 

Athmung, Puls und Temperatur, sichtbare Schleimhäute normal. 
Das Maul lässt sich nur in beschränktem Masse öffnen, wie 
bei leichterem Trismus; stärkeres Oeffnen verursacht grosse 
Schmerzen. Presst man von innen und aussen mit den Fingern 
gegen den hintern Kieferrand in der hinteren Winkelregion, so 
offenbart das Thier grosse Schmerzen, die bis zum Kiefergelenke 
reichen. Die Schmerzen sind intensiver an der äusseren als 
an der inneren Kieferfläche. Eine materielle Grundlage der 
hochgradigen, lokalen Empfindlichkeit lässt sich nicht auffinden 
insbesondere liegt kein eigentlicher Trismus, keine Ostitis, kein 
Zahnleiden, noch eine Myositis oder Adenitis vor. 

Den tetanoformen Zustand der Kaumuskel deutet Str. als 
Reflexfolge der Hyperästhesie. 

Behandlung: Einreibung mit Mischung von 01. Hyoscyami 
und Ugt. einer, bezw. 01. Hyosc. und Chloroform; Umlegen 
eines wärmenden Verbandes. ln 4—5 Tagen trat stets 
Heilung ein. Nevermann. 

Filariose des Aufhängebandes (Fesselbeinbeugers) 
beim Pferde. 

Von Pader, Mil.-Vet. in Nimes. 

(Soc. centr. de iiied. v«t. 30. 8. 1900.) 

Die betr. Arbeit zerfällt in drei Abtheilungen, einen 
historischen Ueberblick, eine Beschreibung der Parasiten, eine 
Beschreibung der Laesionen und ihrer Folgen. 

Bezüglich der Historik bemerkt Prof. Railliet-Alfort, dem 
das Referat über die Arbeit zugefallen war, dass sämmtliche 
Autoreu die Entdeckung des Parasiten Dr. Bleiweiss-Wien 
zuschreiben. Es habe aber Hugh Ferguson in einer Nummer 
des Veterinarian von 1811b die Laesionen erwähnt und von ihnen 
angegeben, dass Prof. Rigot-Alfort, dem er sie gezeigt habe, 
sie als parasitären Ursprungs bezeichnet habe. 

Bezüglich des Parasiten selbst hat P. den Wurm nur dann 
ganz erhalten können, wenn er sich im losen Bindegewebe anf- 
hielt; aus der Sehne selbst hat er nur ziemlich lange Fragmente 
herauspräpariren können, die allerdings den beiden Endtheilen 
angehörten. Nach P. ist der Wurm keine Spiroptera, sondern 
eine wirkliche Filaria, welcher der Name Filaria reticulata 
(Diesing) Creplin zukommt. In letzter Zeit sind übrigens die 
Professoren Naumann-Toulouse und Railliet-Alfort getrennt 
zu derselben Anschauungsweise gelangt. 

P. hat seine Untersuchungen auf das Aufhängeband be¬ 
schränkt und führt an, dass schon bei makroskopischer Unter¬ 
suchung eine eigenthümliche Anschwellung der Sehne zu be¬ 
merken ist, mit Höhlen innerhalb derselben und bisweilen 
wirklichen Parasitenknoten. 

In der Gegend von Nimes ist nach P. die Filariose des 
Aufhängebande8 bei 80 pCt. der Pferde, Esel und Maulthiere 
zu beobachten und stellt sich die Frage, ob eine so häufige 
Erkrankung uns deshalb unbekaunt blieb, weil sie belanglos ist. 
P. beantwortet jedoch die Frage mit nein. Denn er stellt fest, 
dass eine Reihe der erkrankten Sehnen bereits beim lebenden 


Thiere der Sitz einer deutlich bemerklichen Anschwellung sind, 
die gewöhnlich als „Zerrung“ betrachtet werden mögen, ohne 
dass beim Cadaver die sorgfältigste Untersuchung die Spur 
eines TraumaB entdecken lässt. Dies zeigt, wie sehr man bei 
einer Sehnenzerrung vorsichtig in der Diagnose sein soll; 
ausserdem stellt sich die Frage, ob bei bestätigter reeller 
Zerrung die parasitäre Alteration nicht die erste Veranlassung 
zur Zerrung war. Ans seinen gewissenhaft zusammen gestellten 
Statistiken beweist P., dass die Filariose des Aufhängebandes 
die Sehnenzerrungen merklich begünstigt und zwar besonders 
die Zerrungen des Kronbeinbeugers. 

Da man bis jetzt den Entwickelungsgang der Filaria 
reticulata nicht kennt, ist die Angabe einer präcisen Prophylaxe 
noch unmöglich. Allem Anscheine nach hat auch diese Art 
einen Zwischenwirth, ein Insect oder eher irgend einen Süss- 
wasserkrebs. Bezüglich der Behandlung ist man nicht besser 
daran, und abgesehen von der von Cagny empfohlenen 
subcutanen Anwendung des Terpentinöls, empfiehlt sich die 
Enthaltung von irritirenden Mitteln und Beschränkung auf 
Donchen und Massage, nebst Anwendung von mechanischen 
Hülfsraitteln, um die Spannung der Sehne zu vermindern, Alles 
bei völliger Ruhe des Patienten. Ziindel. 

Leberegel in (1er Milz des Schafes. 

Von Prof. Dr. St. von Rätz-Budapest. 

(Ocntralblatt für Bacteriologle, Paraiitenkuuüe und Infection*kraiikbriten 
XXVI. Bd. Sn. 20/81). 

Das verhältnissmässig seltene Vorkommen von Leberegeln 
in der Milz unserer Hausthiere veranlasste Autor zur Ver¬ 
öffentlichung eines von ihm gemachten Befundes. 

In der Literatur ist nur ein Fall über das Auftreten von 
Distomum hepaticum in der Milz eines Hausthieres, und zwar 
in der einer Kuh, bekannt, der von Luc et (Recueil de med. vet. 
Serie VII T. VII 1890 pag. 549) beschrieben ist. Die an den 
Verfasser eingesandte Milz zeigte folgende Veränderungen: Die 
Länge der Milz beträgt 10,5 cm, die grösste Breite 7,5 cm, die 
Dicke 3,5 cm. Die Ränder sind abgerundet und stumpf. In 
der Nähe des oberen Endes sieht man eine 3 cm lange und 
2,5 cm breite, eiförmige, geschwulstartige Anschwellung, deren 
Grenzen verwaschen sind. Die Milzkapsel ist hier grauweiss 
und 1 mm dick. Die Oberfläche dieser geschwulstartigen An¬ 
schwellung ist glatt und fühlt sich nach dem Rande zu hart an, 
während die Erhöhung elastisch ist. Der Durchschnitt ist uneben. 
In dem aus grauweissem Bindegewebe gebildeten Reticulnm sind 
mehrere hanfkorngrosse Höhlen, in der Mitte aber eine hasel¬ 
nussgrosse zu sehen. Sämmtliche Höhlen sind mit einer gelb¬ 
braunen Masse und einer trüben Flüssigkeit gefüllt. In der 
haselnussgrossen Höhle befindet sich ein entwickeltes Exemplar 
von Distomum hepaticum. Verfasser nimmt an, dass der Parasit 
von dem Leberparenchym aus unter die Glisson’sche Kapsel ge¬ 
langt und nach deren Zerreissnng in die Bauchhöhle eindringt, 
oder aber unter der Serosa weiter wandernd in die durch die 
Duplikatur des Peritoneums gebildeten Ligamente der Leber ge¬ 
langt. und durch sie unter die Serosa des Magens und der Milz 
eintritt. Anderseits kann auch angenommen werden, dass der 
wandernde Leberegel aus dem Stamme der Pfortader ausnahms¬ 
weise auch in die Vena gastro-lienalis resp. in die Vena splenica 
gelangen kann, um sich dann in irgend einem dünnen Ast 
derselben festznsetzen und dort die pathologischen Veränderungen 
erzeugt. J. 


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25. October 1900. 

Die Diagnosefärbung der Malariaparasiten. 

Von Dr. Reinhold Rüge. 

Dentiche Medicinischo Wochenschrift XXVI. Jahrgang Nr. 28. 

Bevor Rn ge auf die Diagnosefärbung selbst eingeht, schickt 
er einige Bemerkungen über die Art und Weise der Anfertigung 
von Blutpräparaten voraus. Er macht darauf aufmerksam, dass 
sorgfältige Herstellung des Präparates besonders bei der Diagnose¬ 
färbung der Malariaparasiten von grösster Bedeutung ist, da 
die Kernfragmente zerquetschter weisser Blutkörperchen Malaria¬ 
parasiten Vortäuschen oder die von ihren rothen Blutkörperchen 
losgerissenen Parasiten Formen annehmen können, in denen sie 
nicht mehr mit Sicherheit zu erkennen sind. Rüge empfiehlt 
zur Anfertigung folgendes von Jan eso und Rosenberger an¬ 
gegebenes Verfahren (Archiv für klinische Medicin Band XXI 
S. 449): Man streicht mit der hohen Kante eines gut gereinigten 
Deckgläschens derart an dem der Fingerkuppe aufsitzenden 
Bluttropfen entlang, dass die untere Kante vom Blut benetzt 
wird und sich zugleich an der hinteren (unteren) Fläche des 
Deckgläschens ein 1—2 nun breiter Blntstreif bildet. Das Deck¬ 
gläschen wird nun mit der unteren blutbeschickten Kante in 
einem Winkel von 45 pCt. auf den Objectträger aufgesetzt, so 
dass die hintere (untere) Fläche nach rechts sieht. Das Blut, 
das der hinteren unteren Fläche anhaftet, kommt auf diese Art 
in Verbindung mit dem Objectträger, das Deckgläschen wird 
nach links auf dem Objectträger entlang geschoben, und das 
Blut so ohne jeden Druck ansgebreitet. Die so angefertigten 
Präparate lässt man bis zu einer halben Stunde in absolutem 
Alcoliol liegen. 

Als Färbeart selbst wandte Rüge die altbekannte Methylen¬ 
blaufärbung an. Mangel an Platz und aufs äusserste beschränkte 
Reagentien an Bord veranlassten ihn, die Diagnosefärbnng 
möglichst einfach zu gestalten, wobei die folgende Methode vor¬ 
zügliche Bilder lieferte: zu 100 ccm Wasser setzt man 0,2 Soda 
und erhitzt. In die kochende Flüssigkeit schüttet man 0,3 Methylen¬ 
blau med. pur. Höcht, lässt erkalten, filtrirt 48 Stunden später, 
und die Lösung ist zum Gebrauche fertig. Sie sieht in dünnen 
Schichten violett aus. Man giesst etwas von der Mischung auf 
das Präparat und spült sofort mit Wasser wieder ab. Das 
Präparat erscheint dann macroscopisch mattviolett. Die rothen 
Blutkörperchen färben sich gelbgrün bis blaugrün, die Ring¬ 
formen der Malariaparasiten schwarzblau, die grossen Parasiten¬ 
formen graublau bis dunkelblau, je nach der Dauer der Ein¬ 
wirkung der Farblösung, die Kerne der weissen Blutkörperchen 
intensiv blau. 

Obige Methode giebt jedoch gute Resultate nur bei Blnt- 
präparaten bis zu einem Alter von vier Wochen. Zum Färben 
frischer'und alter Präparate ist die Herstellung einer 1 procentigen 
Methylenblaulösung in der oben angegebenen Weise erforderlich. 
Wer eine starke Färbung der rothen Blutscheiben beim Unter¬ 
suchen vorzieht, kann die 1 procentige Methylenlösung selbst bei 
frischen Präparaten unverdünnt anwenden. Dr. Jess. 

Kleine Mittheilungen. 

Epulis carcinomatosa beim Pferd. 

In der Dresdener Klinik wurde bei einem 20jährigen 
Wallach eine Neubildung in der Maulhöhle festgestellt. Die¬ 
selbe trat aus der Manlspalte hühnereigross hervor, war grösser 
als eine Mannsfaust und sass an Stelle der oberen Schneide¬ 
zähne rechts, welche selber nicht mehr vorhanden waren. Auch 
«die linke Zange war schon stark gelockert. Durch die unteren 
Schneidezähne waren necrotische Eindrücke in der Geschwulst 


511 

hervorgebracht. Die microscopische Untersuchung ergab Car- 
cinom. (Sächs. Veterinärber. 98.) 

Carclnom bei der Kuh. 

Bei einer 14 jährigen Kuh, die nothgeschlachtet worden 
war, fand sich hinter der rechten Niere eine kegelkugelförmige, 
schwarz marmorirte, markweiche, mit einer dünnen Kapsel um¬ 
gebene Geschwulst, die im Pathologischen Institut zu Dresden 
als Carcinoma medulläre erkannt wurde. In der Lunge und den 
Bronchiallymphdrüsen gänseeigrosse feste Neubildungen. 
(Bezirksthierarzt Dr. Lungwitz, Sächs. Veterinärber 98.) 

Das Hygrom am Vorderknie des Rindes. 

Von M. Strebei-Freibnrg. 

(s. liwHaor. Archiv. 11. XL1I, H. 4.) 

Strebei beobachtet das Hygrom am Vorderknie des Rindes 
erheblich öfter links als rechts, was durch das häufigere Stützen 
der Thiere auf das linke Knie beim Aufstehen und Niederlegen 
verursacht sein soll. 

Frische und kleinere Hygrome eröffnet Strebei nicht, 
sondern behandelt mit event. wiederholten scharfen Einreibungen. 
Grössere und ältere Hygrome werden eröffnet, entleert und ver- 
| bunden oder nach der Eröffnung sofort scharf eingerieben. 

Sehr warm empfiehlt Strebei auch das Ziehen eines Eiter¬ 
bandes durch die Geschwulst. Das Haarseil wird mit verdünnter 
Jodtinctnr oder einer leicht reizenden Salbe bestrichen. 

Nevermann. 

Kleekrankheit. 

In einem Bestände von fünf Pferden erkrankten die drei 
alten Thiere schwer, während die beiden Fohlen gesund blieben. 
Die Patienten standen schlafsüchtig auf der Wiese, nahmen 
zeitweilig das Maul voll Gras, ohne dieses abzuschlucken, und 
zeigten’ ein Benehmen wie bei subacuter Meningitis. In der 
citronengelben Maulschleimhaut grosse Epitheldefecte, wider¬ 
licher Geruch. Der Gang war taumelnd; besonders trat ein 
wässriger Durchfall hervor. Die Pferde waren seit längerer 
Zeit lediglich mit Klee (Trifolium hybridnm) gefüttert worden. 
Die Krankheit musste als eine Darmmycose aufgefasst werden. 
Die Behandlung bestand in Aussetzung der Kleefütterung, Ver¬ 
abreichung von Hafer, Brot und Heu, Calomel, Karlsbader Salz 
und Ausspritzungen des Maules. Am dritten Tage starb das 
eine Pferd plötzlich. Die beiden anderen erholten sich wieder. 

(Thierarzt Michael-Lugau, Sächs. Veterinärber. 1898). 

Mykotische Magendarmentzöndung bei Pferden. 

Bez.-Thierarzt Schmidt macht in der W. f. Thierheilkunde 
folgende Mittheilungen. In einem Stall erkrankten gleichzeitig 
3 Pferde. Sie lagen und zeigten kolikähnliche Erscheinungen 
bei 40—41,8 Fieber, starke Eingenommenheit und Hinfälligkeit. 
Als Ursache wurde schlecht gewonnenes und mit Pilzen verun¬ 
reinigtes Heu verrauthet. 2 Pferde wurden gesund, 1 verendete. 
Die Section ergab hochgradige Entzündung der Schleimhaut des 
Magens und des Darmkanals. Die Magenschleimhaut war stark 
geschwollen, graugelb und glasig, mit punktförmigen und grösseren 
Blutungen besetzt. Die Darmschleimhaut ähnlich. Der Inhalt 
dünnflüssig, schleimig und mit Blut versetzt. Bei Rindern traten 
in einigen Stallungen ähnliche Erkrankungen auf, die sich nach 
Futterwechsel alsbald besserten. 

Vergiftung durch verdorbene RunkelrDben. 

In einer Schafheerde, welcher grosse Quantitäten von an- 
gefaulten Runkelrüben 3 Tage hindurch als Nahrung verabreicht 
worden waren, traten Massenerkrankungen auf. Viele Schafe 


BERLINER THTERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 43 


verendeten zwischen dem 4. bis 12. Tage, obwohl das Verfüttern 
der Rnnkeln bereits am 4. Tage eingestellt worden war. Hei 
der Obduction wurde ausgebreitete Peritonitis und acute Enteritis 
festgestellt. 

In einem andern Falle erkrankten 500 Haupt Rindvieh, 
welche 3 Tage hindurch auf einem Felde geweidet wurden, das 
mit welken Zuckerrübenblättern bedeckt war, an Tympanitis. 
8 Stück starben. (Clin. vet. ex Recueil agricole 1900.) 

Vergiftung von Ziegen durch Taxus baccata. 

Zwei Ziegen erkrankten, die eine unter starker Auftreibung. 
Diese wurde geschlachtet, da sie schon subnormale Temperatur 
zeigte. Hei der Section wurde ausser acutem Milztumor nichts 
Krankhaftes gefunden. Das Fleisch der Ziege wurde von der 
Familie des Besitzers aufgegessen. Wahrend die eine Ziege 
geschlachtet wurde, ting die andere an, immer stärker auf- 
zntreiben. Der Puls war kaum fühlbar und schlug 50 mal in 
der Minute. Die Temperatur stand auf 38. Der Leib war nicht 
schmerzhaft, der Gang taumelnd, so dass das Thier öfters 
zusammenbrach. Es zeigte einen schlafsüchtigen Zustand. Hier 
wurde der Pansenstich gemacht und dabei zeigten sich an dem 
Trokar grüne Nadeln, die von Taxus baccata herrührten. Nun¬ 
mehr wurde festgestellt, dass die Ziegen eine alte Guirlande 
aufgefressen hatten. Der Trokar blieb 24 Stunden unter Auf¬ 
sicht liegen. Es wurden Einschüttungen von Leinsamenschleim 
und Glaubersalz verabreicht. Dieses Thier wurde gesund. 

Gebärmuttervorfall bei einer Stute. 

Hei einer Stute war ein vollkommener Vorfall der Gebär¬ 
mutter entstanden, den der Besitzer selbst vergeblich zu 
reponiren versucht hatte. Es war bereits eine sehr starke 
Schwellung mit zahlreichen oberflächlichen Einrissen vorhanden. 
Nach gründlicher Reinigung mit warmem Wasser wurde der 
Uterus längere Zeit kalt berieselt, Blutung und Schwellnng 
dadurch bekämpft. Die Reposition Hess sich dann verhältniss- 
mässig leicht bewerkstelligen; doch musste des Drängens wegen 
der Uterus durch eingeschobenen Arm 2 Stunden lang fest- 
gehalten werden. Das Pferd erhielt 0,5 g Morphium und 50 g 
Chloralhydrat im Klystier. Da die Blutung nicht stand, auch 
das Drängen nicht nachliess, wurde der Uterus gründlich mit 
Lysollösnng ausgespfilt und mit fest znsammengeschnürten in 
Lysollösung getränkten und mit einander verbundenen Jutewatte¬ 
bäuschen tamponirt, dann ein Trachtenzwinger vorgelegt und 
gut befestigt. Das Drängen liess nach, und die Stute begann 
zu fressen. Am nächsten Morgen wnrden die Tampons entfernt. 
Der Uterus wurde 8 Tage lang mit Lysol ausgespült. Es 
bestand in den ersten Tagen eine geringfügige Temperatur- 
Steigerung. (Rossarzt Michaelis, Ztschr. f. Vet. 1899). 

Betheiligung der Schilddrüse bei Infecti onskrankheiten. 

Roger und Garnier (Presse m^dic., Münch, med. Woch.) 
haben festgestellt, dass die Schilddrüse in vielen Fällen von 
acuten Infectionskrankheiten macroscopische und microscopische 
Veränderungen, wie die anderen parenchymatösen Organe aufweist. 

Tagesgeschichte. 

Protocoll über die Herbst-General Versammlung des 
Vereins Rheinprensiscber Thierärzte am 19. September 
im Hotel Kaiserhof in Aachen. 

Anwesend waren die Mitglieder: Dr Schmidt-Aachen, 
Dr. Lothes-Cöln, Bongartz-Bonn, Esser-Jülich, Nehrhanpt- 


Cöln, Hiinerbein-Geilenkirchen, Kob er-Erkelenz, Klinken - 
berg-Aachen, Wolfers-Heinsberg, Jannes-Aachen, Wenders- 
Altenkerk, Rieh t er-Siegburg, Deller ich-Euskirchen, Vater- 
Eupen, Otte-Vowinkel, Schmitz-Mülheim, Koll-Koblenz. 
van Strafen-Dinslaken, Dr. Flatten-Cöln, Lipp-Romers- 
kirehen, Stelkens-Straelen, Daweke-Düren, Bockeimann- 
Aachen, Weinsberg-Aachen. Als Gäste Professor Degive- 
Briissel, Albert-Iserlohn, Huth und Zöllner-Bonn, Dr. Jelk- 
mann-F rankfurt, Professor L ü p k e - Stuttgart. 

Der Vorsitzende Dr. Schmidt-Aachen eröffnete nach 
11 Uhr unter herzlicher Begriissung die Versammlung und 
machte in Erledigung des 1 Punktes der Tagesordnung — 
Vereins- und Standesangelegenheiten — die Mittheilung von dem 
überaus grossen Verlust, den der Verein in dem letzten Viertel¬ 
jahr dadurch erlitten habe, dass zwei seiner ältesten nnd 
sehr verdienten Mitglieder ihm durch den Tod entrissen wnrden: 
Herr Professor Schell, der langjährige und tüchtige Vorsitzende, 
und Herr Kreisthierarzt Faller in Simmern. Er bittet die Ver¬ 
sammlung zum ehrenden Andenken an die Dahingeschiedenen 
sich von ihren Sitzen zu erheben. (Geschieht.) 

Dann erinnert der Vorsitzende daran, dass von den Ver¬ 
einsstatuten keine Formulare mehr vorräthig seien, und es sich 
bei dieser Gelegenheit empfehlen dürfe, die Statuten zeitgemäss 
zu gestalten. Es wurde zur Vorbereitung dieser Frage eine 
Commission ans den Herren Dr. Lothes, Nehrhaupt und 
Dr. Flat teil gewählt, die in der nächsten Generalversammlung 
Bericht erstatten wollen. Zum 2. Punkte der Tagesordnung. 
Beschlussfassung User die Stiftung Schell eitheilt der Vor¬ 
sitzende das Wort dem Schriftführer Bongart z-Bonn, der etwa 
Folgendes ansführte: 

Herr Professor Schell, unser hochverehrter Ehrenpräsident, 
hat uns während seines langen Lebens ein Beispiel von Pflicht¬ 
treue, Berufseifer nnd liebenswürdiger CoUegialität gegeben. 
Den Aelteren von uns ist bekannt, mit welchem Eifer und 
grossem Erfolge er die Geschicke des Vereins geleitet hat. 
mit welchem Geschick er denselben sowohl im Veterinärrath 
wie in der Centralvertretung zu vertreten wusste; wie alle 
seine Bestrebungen darauf hinzielten, den Stand zu heben, die 
thierärztliche Wissenschaft zu fördern und wahre Collegialität 
zu pflegen. Der Tod hat seinem verdienstvollen Wirken ein 
Ziel gesetzt ! Aber auch nach seinem Tode sollen die Mitglieder 
unseres Vereins, wie alle Thierärzte des engeren Heimathlandes 
an seinen letztwilligen Verfügungen erkennen, wie sehr ihm der 
Verein am Herzen gelegen, wie er um das Wohl aller seiner 
Mitglieder besorgt gewesen ist. In seinem Testamente, das ich 
abschriftlich vor mir habe, befindet sich folgende Bestimmung: 
„Ich schenke die Summe von 20,000 Mark zu dem Zwecke, 
dass aus den Zinsen dieses Capitals in Noth gerathene Thier¬ 
ärzte oder Wittwen von Thierärzten unterstützt werden sollen. 
Ich bestimme jedoch, dass nur Rheinprenssische Thierärzte oder 
Wittwen solcher Thierärzte Unterstützung aus diesen Fonds, 
welche den Namen Schellstiftung führen soll, gewährt, werden 
sollen. Nur für den Fall, dass in einem oder mehreren Jahren 
das Zinserträgniss für Rheinprenssische Thierärzte oder Witt¬ 
wen nicht oder nicht ganz zur Verwendung kommen soUte, kann 
der ersparte Ertrag auch für andere preussische Thierärzte oder 
Wittwen von solchen verwandt werden. Die Verleihung von 
Unterstützungen aus dieser Stiftung soll durch eine Commission 
erfolgen, welche von dem Verein Rheinpreussischer Thierärzte 
zu wählen ist. Sollte dieser Verein sich auflösen, so soll eine 


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25. October 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


solche Commission von den Vorständen der dann in der Rhein¬ 
provinz bestehenden thierärztlichen Vereinen gewählt werden. 
Die sonstige Verwaltung und Anlage des Stiftungscapitals über¬ 
trage ich zunächst dem Vorstande des thierärztlichen Vereins 
für Rheinprenssen. 

Sie sehen, meine Herren, dass bei zweckentsprechender An¬ 
lage des Capitals der Verein für die Zukunft in der Lage sein 
w’ird. 6—800 Mark jährlich Unterstützung gewähren zu können. 
Es wird nun zunächst erforderlich sein, dass der Verein be- 
schliesst, die Stiftung im Sinne des Testators übernehmen und . 
verwalten zu wollen und dass er dann eine Commission zur 
Verwaltung einsetzt. Ich bin fest überzeugt, dass sie dem 
Vorschläge znstimmen, ja, ich weiss bestimmt, dass das An¬ 
denken dieses edel denkenden Collegen nicht nur bei uns in 
Ehren gehalten werden wird, sondern dass in ferner Zukunft 
manche Familie das Andenken desselben segnen wird. 

Die Versammlung wählt in diese Commission die Herren 
Dr. Lothes, Nehrhaupt und Dr. Flatten, sämmtlich in 
Cöln. Die Verhandlung über diesen Gegenstand wurde notariell 
beglaubigt und dem Schriftführer zur weiteren Veranlassung 
überwiesen. 

Vor der Generalversammlung hatte Herr Professor Degive- 
Hrüssel einen Cryptorchiden castrirt, welcher Operation alle 
(.'(»liegen beiwohnten. Die Methode ist in der Litteratur bekannt 
und es darf nur hervorgehoben w erden, dass die Operation meister¬ 
haft ausgefülirt wurde. Herr Degive verfehlte nicht, die 
Operation mit eingehender Erklärung zu begleiten, wodurch das j 
Interesse der Zuschauer noch mehr gefesselt wurde. In der j 
Sitzung gab Herr Professor Degive eine eingehende Be- . 
Schreibung aller bei dieser Operation sowohl, wie auch bei der | 
Castration der Kühe von ilun benutzten Instrumente, die von 
Her Versammlung mit hohem Interesse entgegen genommen 
wurde. Alle Instrumente Degives zeichneten sich vortheilhaft 
aus durch ihre leichte Handlichkeit und zweckentsprechende 
(Gestalt und Grösse. 

Inzwischen war die zur Sitzung in Aussicht genommene 
Zeit verstrichen, und es wurde das gemeinsame Mittagsmahl i 
eingenommen, an welchem sich eine stattliche Anzahl Damen j 
betheiligte. Der erste Toast, vom Vorsitzenden ansgebracht, galt 
Seiner Majestät, unserm allergnädigsten Kaiser; Dr. Jelkmann 
feierte die Damen, während Bongartz die Gäste hochleben 
liess und Herrn Professor Degive den Dank der Versammlung 
isnin Ausdruck brachte. Letzterer erwiderte in einer längeren, I 
mit Humor gewürzten Rede, sein Hoch galt dem Verein und 
dessen Vorsitzenden. 

Nach beendigter Mahlzeit wurden die Sehenswürdigkeiten 
der Stadt in Augenschein genommen und gegen Abend das 
Kaiserhotel aufgesucht, wo eine gemüthliche Sitzung die Collegen 
luit den Damen noch manche Stunde in angenehmer Weise 
verleben liess. 

Zur Anstellung der Schlachthof leiter. 

Wie die „Allg. Fleischer Zeitg.“ mittheilt, ist der in Nord- 
liausen angestellt gewesene Schlachthof-Vorsteher Vömel, der i 
wegen definitiver Anstellung gegen den Magistrat geklagt hatte, 
vom Oberlandesgericht mit seiner Klage definitiv abgewiesen 
worden. 

0berland«tallmel8ier a. D. Lüderitz. 

In Hannover ist am 17. October der ehemalige königlich 
preassische Oberlandstallmeister, Generallieutenant z. D. Karl 


Philipp Lüderitz im 84. Lebensjahre gestorben. Er war 
Hannoveraner von Geburt, gehörte ursprünglich der Kgl. han¬ 
noverschen Cavallerie an und wurde als Major Remonte-Director. 
1867 trat er als Oberstlieutenant in die preussische Armee, wurde 
Präses einer Remonte - Ankaufs - Commission und, zum Oberst 
befördert, im Jahre 1871 Oberlandstallmeister. Als solcher 
avancirte er zum Generalmajor und erhielt 1883 den Character 
als Generallieutenant. 1887 schied er aus seiner Stellung aus. 

Geheimrath Koch. 

Geheimrath Robert Koch ist von seiner grossen ausser- 
europäischen Studienreise nach anderthalbjähriger Abwesenheit 
zurückgekehrt. Die Reise hatte ihn zunächst nach Italien, dann 
nach Batavia und Neil-Guinea geführt. (Zeitungsmeldung.) 

Einladung zur 61. Generalveraammlung des thierärztlichen Vereins 
für die Provinz Brandenburg 

am Sonntag, den 4. November, Vorm. 11 Uhr 
im Hotel de Rome Linden- und Charlottenstrassen-Ecke. 
Tagesordnung: 

Geschäftliche Mittheilungen. Kassenbericht. 

Zur Aufnahme sind gemeldet die Herren SÖffner zu Vietz 
und Isert zu Prenzlau. 

Besprechung über die Eintragung des Vereius unter Zuziehung 
eines Juristen. 

Besprechung über die Bestellung der Thierärzte zu Fleisch¬ 
beschauern. 

Vortrag von Dr. Schreiber Landsberg über Bekämpfung der 
Schweineseuche und Schweinepest. 

Was giebt es Neues in der Thiermedicin? (zwanglose Mit¬ 
theilungen). 

Nach der Sitzung, etwa um 3 Uhr, Diner, wozu die Theil- 
nalimc der Damen erbeten ist. Nach Tisch wird getanzt. Es 
ist wegen des Arrangements dringend erwünscht, dass die vor¬ 
aussichtliche Theilnahme mit Angabe der Zahl der tanzenden 
Herren und Damen bis Freitag, 2. November, dem Unter¬ 
zeichneten mitgetheilt wird. Der Vorstand 

i. A. Schmaltz. 

Herbst-Versammlung de3 Vereins schlesischer Thierärzte 

in Breslau am 4. November 1900 Vormittags ‘/all Uhr 
in den Festsälen des Palast-Restaurants N. Schweidnitzerstr. 16. 
Tages-Ordnung. 

1. Vereinsangelegenheiten (Vorstandswahl, Delegirteu-Er- 
satzwahl, Rechnungslegung u. A.). 

2. Praktische Erfahrungen bei der Rothlaulimpfung. Kreis- 
Thierarzt Graul. 

3. Besprechung gerichtlicher Fälle aus der Praxis seit Ein¬ 
führung des B. G.-B. Eingeleitet durch Kreis-Thierarzt Ehricht. 

4. Verschiedenes. 

Gegen 2 Uhr Diner (ohne Damen) ä Couvert 3 M. Nach¬ 
her gemüthliche8 Beisammensein. Gäste willkommen. 

Der Vorstand. 

Beschränkung der Kurpfuscherei In Hamburg. 

Verordnung zur Ausführung des § 8 der Hamburger 
Medicinalordnung: 

1. Oeffentliche Anzeigen von nicht approbirten Personen, 
welche sich mit Ausübung der Heilkunde befassen, sind ver¬ 
boten, sofern sie über Vorbildung, Befähigung oder Erfolge der 
genannten Personen zu täuschen geeignet sind, oder prahlerische 
Versprechungen enthalten. 


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514 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48. 


2. Die öffentliche Ankündigung von Gegenständen, Mitteln, I 
Vorrichtungen und Methoden, welche zur Verhütung, Linderung j 
oder Heilung von Menschen- oder Thier-Krankheiten bestimmt ! 
sind, ist verboten: 

1. falls den Gegenständen, Mitteln, Vorrichtungen oder | 
Methoden besondere, über ihren Werth hinausgehende Wirkungen 
beigelegt werden oder das Publikum durch die Art ihrer An- ! 
preisung irregeführt oder belästigt wird, oder 


2. falls die Gegenstände u. s. w. ihrer Beschaffenheit nach 
geeignet sind, Gesundheitschädigungen hervorzurufen. 

Handelt es sich um Geheimmittel oder Geheimkuren, so ist 
deren öffentliche Ankündigung unter allen Umständen, einerlei 
ob die unter 1 und 2 genannten Bedingungen zutreffen, ver¬ 
boten. 

Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bis zu 150 M. oder 
entsprechender Haft bestraft. Senatserlass vom 1. Juni 1900. 


Staatsveterinärwesen. 

Von Preusse. 

Seachenstatistik und Yeterinärpolizei. 

Viehverkehr zwischen Bayern und Oesterreich. 

Das Ministerium des Innern in Bayern hat auf Grund von 
Artikel 1 und 2 des deutsch-österreichischen Viehseuchen-Ueber- 
einkommens unter dem 27. September 1900 eine Bekanntmachung, 
betr. die thierärztliche Untersuchung der zur Einfuhr gelangenden 
Thiere des Pferdegeschlechts, erlassen. 

Darnach ist die Einfuhr von Pferden, Eseln, Maulthieren 
und Mauleseln von Oestereich-Ungarn nach Bayern nur nach 
vorheriger Untersuchung an der Grenze durch den bayrischen 
Controllthierarzt gestattet, vorausgesetzt, dass sie hierbei gesund 
befunden wurden. Die Einfuhr ist nur auf die an den Kreis- 
regierungen bestimmten Eintrittsstationen beschränkt. Bei der 
Einfuhr ist ein von der Ortsbehörde des Herkunftsortes be¬ 
scheinigtes Ursprungszeugniss vorzulegen. Auf demselben muss 
ein Gesundheitsvermerk eines staatlich beauftragten Thierarztes 
enthalten sein. Das Zeugniss muss in deutscher Sprache aus¬ 
gestellt oder demselben mußs eine amtlich beglaubigte,'deutsche 
Uebersetzung beigefügt sein. Ans dem Zeugniss muss die 
Herkunft der Thiere und der bis zur Eintrittsstation zurück¬ 
gelegte Weg bestimmt ersichtlich sein. Die thierärztliche 
Bescheinigung muss sich auch dahin erstrecken, dass am Her¬ 
kunftsorte und in dessen Nachbargemeinden innerhalb 40 Tagen 
vor der Absendung eine auf Thiere des Pferdegeschlechts über¬ 
tragbare anzeigepflichtige Seuche nicht geherrscht hat. Die 
Zeugnisse, welche 8 Tage Giltigkeitsdauer haben, sind an der 
Grenze durch den bayrischen Controlthierarzt zu prüfen. Sind 
die Zeugnisse in Ordnung und sind die einzuführenden Thiere 
unverdächtig befunden, so ist dem Einführenden ein Einfuhr¬ 
erlaubnisschein auszustellen. Thiere mit ansteckenden Krank¬ 
heiten oder die einer solchen verdächtig sind, ferner Thiere, 
die mit kranken oder verdächtigen Thieren zusammen befördert 
oder sonst in Berührung gekommen sind, müssen von der Ein¬ 
fuhr zurückgewiesen werden. Für die Untersuchung eines jeden 
Thieres ist eine Gebühr von 1,50 M. zu entrichten. Der Thier¬ 
arzt erhält für seine Dienstleistungen die jeweils festgesetzten 
Gebühren aus der Staatskasse. 

Bei Rennpferden, welche von oder nach Rennplätzen zur 
Einfuhr gelangen, bedarf es einer thierärztlichen Untersuchung 
nicht, sobald das Ursprungszeugniss das Visum und den Stempel 
des kleinen Jockeyclubs für Oesterreich, bezw. des Budapester 
Magyar-Covaregylet für Ungarn trägt. 

Es bedarf ferner keiner thierärztlichen Untersuchung an der 
Grenze und keines Ursprungszeugnisses bei den nach Bayern 
zurückkehrenden Thieren, welche Bewohnern bayrischer Gemeinden 
gehören, sofern die Rückkehr nach Bayern innerhalb 8 Tagen 
erfolgt. 


Die Bewohner von nicht mehr als 25 km von der Grenze 
entfernt liegenden Orten können die Grenze zu jeder Zeit mit 
ihren eigenen, an den Pflug oder an ein Fuhrwerk gespannten 
Thieren überschreiten, jedoch nur zum Zwecke landwirtschaft¬ 
licher Arbeiten oder in Ausübung ihres Gewerbes unter Be¬ 
obachtung der bestehenden Zollvorschriften. 

Der Verkehr der Grenzbewohner mit Weidepferden beinisst 
sich lediglich nach den bestehenden Zollvorschriften. 

Einfuhr von Heu und Stroh aus Russland. 

Der Regierungspräsident in Gumbinnen hat unter dem 
19. September d. J. auf Grund des Rinderpestgesetzes und der 
zugehörigen Instruction unter Aufhebung der früheren Ver¬ 
ordnungen vom 20. August 1893 und 12. Januar 1897 nach¬ 
stehende landeBpolizeiliche Anordnung erlassen: 

§ 1. Die Einfuhr von Heu und Stroh aus Russland ist 
verboten, soweit nicht nachstehende Ausnahmen nachgelassen sind. 

§ 2. Das nachweislich aus den russischen Grenzdistricten 
stammende Heu und Stroh darf in losem d. h. nicht gepresstem 
Zustande, aber nur für den Gebrauch der Einwohner der 
deutschen Grenzdistricte eingeführt werden. 

§ 3. Sobald zuverlässig bekannt wird, dass in Ortschaften 
des russischen Grenzdistrictes Thierseuchen, insbesondere Maul¬ 
und Klauenseuche, Lungenseuche, Milzbrand oder Rotz herrschen, 
ist die Einfuhr von Heu und Stroh aus diesen Orten, soweit 
sie an sich nach § 2 gestattet ist, von den Landräthen der 
benachbarten preussischen Grenzkreise zu untersagen. 

§ 4. Heu und Stroh in gepresstem Zustande, auch wenn 
es nicht aus den Grenzdistricten stammt, wird zur Durchfuhr 
durch das deutsche Reich auf dem Schienenwege unter der 
Bedingung zugelassen, dass der Transport unter Plomben¬ 
verschluss in geschlossenen oder bedeckten Wagen erfolgt. 

§ 5. Strafbestimmungen. 

§ 6. Vorstehende Anordnung tritt mit dem Tage nach 
ihrer Publication im Regierungs-Amtsblatt in Kraft. 

Polizeiliche Beschränkung des Abdeckerei-Betriebes. 

Das Oberverwaltungsgericht hat durch Entscheidung vom 
10. Januar 1900 anerkannt, dass die Polizeibehörde berechtigt 
ist, den Besitzern von Abdeckereien das Kochen des Fettes und 
der Knochen gefallener oder wegen Krankheit getödteter Thiere 
auf ihren Abdeckereigrundstücken zu verbieten. In dem con- 
creten Falle, der hier Gegenstand des Streites war, hatte der 
Besitzer einer Abdeckerei in einem Kessel, dessen Druckrohr 
unmittelbar ins Freie führt, Fett und Knochen von Thieren zu 
den verschiedensten Tageszeiten ausgekocht. Die Polizei hatte 
ihm dies unter Strafandrohung untersagt. Der Besitzer klagte 
hiergegen bis in die höchste Instanz. Nach dem Urtheil des 
0. V. G. kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Polizei¬ 
behörde das Auskochen nur deshalb verboten hat, weil hierdurch 
Gerüche verbreitet werden, durch welche die Gesundheit der 
Bewohner der umliegenden Häuser gefährdet und die Leichtigke it 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


515 


25. October 1900. 

des Verkehrs auf der bei dem Abdeckereigrundstück befind¬ 
lichen öffentlichen Strasse beeinträchtigt wird. Es sei nicht 
Sache der Polizei, dem Besitzer einer Abdeckerei solche Ein¬ 
richtungen vorzuschreiben, welche geeignet sind, diese polizei¬ 
widrigen Wirkungen des Auskochens zu beseitigen. Ist letzterer 
im Stande, solche Einrichtungen zu treffen (Kafillapparat, An¬ 
bringung von Hauben und Abzugsrohren, welche die Dämpfe in 
die Feuerung leiten etc.), welche die obenerwähnten Missstände 
aufheben, so könne ihm das Anskochen von Fett etc. polizeilich 
nicht verboten werden. Im vorliegenden Falle hatte sich der 
Kläger auch auf sein Abdeckereiprivilegium berufen. Das 
0. V. G. erkennt jedoch an, dass dasselbe ihn nicht vor dem in 
der polizeilichen Verfügung zum Ausdruck gelangten polizei¬ 
lichen Einschreiten zu schützen vermag. 

Viehelnftibr In Hviddlng. 

Bezugnehmend auf die in No. 42 der B. T. W. veröffentlichte 
Bekanntmachung, betreffend die Fleischausfuhr aus Dänemark 
über die Landquarantäneanstalt Hvidding, ist noch mitzutheilen, 
dass der Herr Minister für Landwirtschaft anfänglich bestimmt 
hat, dass von einer Verteilung der Gesammtzahl von 6000 Stück 
Ochsen auf die beiden nächsten Einfuhrperioden einstweilen ab¬ 
gesehen wird, da die Einführzahlen zu sehr geschwankt haben, 
nm die Angelegenheit mit Sicherheit beurtheilen zu können. 

Maul- und Klauenseuche an Viehhöfen etc. 

In Sachsenhausen bei Frankfurt a. M. und in München ist 
die Maul- und Klauenseuche am 8. bezw. 10. October erloschen. 
Auf dem Centralviehhof zu Berlin ist sie unter Rindern am 
20. er. ausgebrochen. 


Fleischschau und Viehhandel. 

Von KOhnau. 

Zur Abänderung des preuesischen Schlachthausgesetzes 

hat man jetzt auch in Kreisen des Fleischergewerbes Stellung 
genommen. In einer längeren Ausführung der „Internat. Fl. Ztg.“ 
Nr. 82 erklärt man sich mit der beabsichtigten Erweiterung des 
§ 1 nur dann einverstanden, wenn bei dem Bestehen von 
öffentlichen Schlachthofanlagen in Nachbarorten die Befugniss 
der Behörde den Schlachtzwang anznordnen auf die Fälle 
beschränkt wird, wo eine übermässige Erschwerung des 
Geschäftsbetriebes nicht statthat. Den für gegen¬ 
standslos gehaltenen § 2, Absatz 1, Ziffer 1 wünschen auch die 
Fleischer beizubehalten, damit im öffentlichen Schlachthof 
auch die Hausschlachtungen dem Untersuchungszwange 
unterworfen werden können. Von der Nachbeschau des 
eingeführten frischen Fleisches soll generell Abstand ge¬ 
nommen werden, höchstens sei, um den Inlandsverkehr nicht zu 
erschweren und bei den guten Erfahrungen, welche man in 
Sachsen mit dem Fallenlassen der Nachschau gemacht hat, eine 
gebührenfreie Centraluntersuchung am Platze. Stellen 
sich hierbei Unregelmässigkeiten hinsichtlich des unter¬ 
suchten, aus bestimmten Bezirken stammenden Fleisches heraus, 
so soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass aus diesen 
Gegenden herrührende Fleisch einer Nachschau zu unter¬ 
werfen, wofür die Kosten deckende Gebühren erhoben werden 
können. Ziffer 3 (siehe No. 41 der B. T. W.) soll im Sinne 
des Reichsfleischschaugesetzes abgeändert werden. Die das 
g-esonderte Feilbieten des Fleisches betreffenden Z. 4 
und 5 werden für gegenstandslos gehalten. Die bei Z. 6 
von den Thierärzten beantragte Abänderung findet nicht den 


Beifall der Fleischer. Die Abänderung soll des Inhalts sein, 
dass die ortsansässigen Fleischer innerhalb einer Bann- . 
weite von 50 km nicht schlachten oder schlachten lassen 
dürfen und dass die Einfuhr von Fleisch zum Zwecke des 
Engroshandels verboten werden kann. Von der Vor¬ 
schrift einer bestimmten Grösse der Fleischstücke (§ 2 
Absatz 2) und Beibringung gewisser Organe wollen die 
Fleischer nichts wissen, höchstens könnte dies für die eventuelle 
Nachschau verlangt werden. Die Gebühren sollen die Kosten 
nicht übersteigen. § 11 des Gemeindeabgabengesetzes soll 
ausBer Wirksamkeit gesetzt werden. 

Grenzverkehr mit Fleisch. 

Mit dem am 1. October d. J. in Kraft getretenen Einfuhr¬ 
verbot von Wurst und Büchsenfleisch ist auch die zollfreie 
Einbringung dieser Fleischwaren in Stücken bis zu 2 kg in- 
hibirt worden. Die Bedeutung, welche der Grenzverkehr mit 
Fleisch, namentlich in Süddeutschland angenommen hatte, erhellt 
am besten aus den ausländischen Zeitungsstimmen, welche sich, 
wie z. B. die Baseler Metzgermeister, die sogar eigene Filialen 
an der Grenze hatten, bitter über das Aufhören des Grenz¬ 
verkehrs mit Wurst beklagen. Da bis zum Inkrafttreten der 
Untersuchungsbestimmungen für ausländisches Fleisch im Grenz¬ 
verkehr die Einfuhr von frischem Fleisch in Stücken bis zu 
2 kg noch erlaubt ist, hat sich jetzt noch der Fleischerverband 
in Sachsen mit einer Petition an die Regierung gewandt, dass 
diese Einfuhr von gesundheitlich nicht controlirbarem Fleisch 
verboten werden möge. Nach statistischen Angaben sollen 1899 
zollfrei in Stücken bis zu 2 kg 13722 Ctr. Rindfleisch und 
39690 Ctr. Schweinefleisch über die Grenze gebracht sein, und 
zwar allein in Sachsen meistens aus Oesterreich. 

BerloM Aber die Schlachtvieh- und Fleischbeschau Im Königreich Saohsen 
für das Jahr 1899. 

Edelmann’s Bericht, welcher das aus 36 Städten ein¬ 
gelaufene Material zu einer sehr werthvollen Zusammenstellung 
verarbeitet, erwähnt zunächst, dass die Fleischschaugesetzgebung 
im Königreich Sachsen im Jahre 1899 zum Abschluss gelangt 
ist. Am Schlüsse des Berichtsjahres standen 800 geprüfte 
Fleischbeschauer zur Verfügung. In Kraft trat die allgemeine 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau sowie die staatliche Schlacht¬ 
viehversicherung am 1. Juni 1900. 

Geschlachtet wurden im Königreich Sachsen 1317 659 
Schlachtthiere, gegen das Jahr 1898 hat somit die Anzahl 
der Schlachtungen um 115 727 Stück = 9,62 pCt. zugenommen, 
Von den Thieren sind 15 272 nothgeschlachtet worden. Die 
Nothschlachtungen bei den Rindern sind um 198 Stück zurück¬ 
gegangen, haben dagegen bei den Schweinen sich um 3392 Stück 
vermehrt. In den 36 Städten sind 1001388 Thiere geschlachtet 
und untersucht worden. 


Von 106 104 Rindern 

tauglich 
103 342 

bedingt tauglich 
2231 2,10 pCt. 

untauglich 
531 0,50 pCt. 

»i 

248 627 Kälbern 

247 956 

39ä 

0,15 pCt. 

274 0,11 pCt. 

» 

154 991 Schafen 

154 894 

69 

0,04 pCt. 

28 0,01 pCt. 


4146 Ziegen 

4 112 

17 

0,41 pCt. 

17 0,41 pCt. 

V 

479 465 Schwein. 

474 286 

4932 

1,02 pCt. 

247 0,05 pCt. 

7J 

5 187 Pferden 

5153 

— 

— 

34 0,65 pCt. 

» 

468 Hunden 

461 

— 

— 

7 1,49 pCt. 


Tuberculose bei den Rindern 29,76 pCt., bei den Kälbern 
0,25 pCt., bei den Schafen 0,06 pCt., bei den Ziegen 0;6 pCt., 
bei den Schweinen 3,03 pCt., bei den Pferden 0,17 pCt. und 
bei den Hunden 0,21 pCt. 


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516 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 43 


Finnen bei 496 Rindern (0,46 pCt.), 1 Kalb und 72 
.Schweinen (0,01 pCt.). 

Von den finnigen Rindern wurden 35 Stück nach Entfernung 
der mit Finnen besetzten Theile für tauglich, 459 für bedingt 
tauglich erklärt, und zwar wurde das Fleisch von 306 Rindern 
in rohem Zustande und von 153 Rindern in gepökeltem oder 
gekochtem Zustande auf der Freibank verkauft, 2 Rinder sind 
für untauglich erklärt und vernichtet worden. Das finnige Kalb 
wurde gekocht auf der Freibank verkauft. Von den finnigen 
Schweinen wurden 2 Stück nach Entfernung der finnigen Theile 
für tauglich erklärt. 6 Stück wurden in rohem, 30 Stück in 
gekochtem Zustande und von 30 Stück nur das Fett in aus¬ 
geschmolzenem Zustande auf der Freibank verkauft, während 
4 Stück gänzlich vernichtet wurden. 

Trichinen wurden bei 23 Schweinen (0,004 pCt.) fest¬ 
gestellt, im Voijahre 0,006 pCt. Von den Hunden waren 4 Stück 
(1,253 pCt.) trichinös. Die Nachprüfungen der Trichinen¬ 
schauer führten in acht Fällen zur Amtsentsetzung, wegen 
Unzuverlässigkeit im Dienste. Ein Schauer stand in dem Ver¬ 


dachte, zwei von ihm trichinös befundene, in der Nähe seiner 
Wohnung aufgezogene Schweine selbst inficirt zu haben. 

Schweinefleischversand nach Italien. 

Nach einem am 18. September d. J. in Wirksamkeit getretenen 
Erlass ist die Einfuhr von gesalzenem, geräuchertem oder sonst 
conservirtem Schweinefleisch in Italien nur gestattet, wenn die 
Sendung von einem Gesundheitsattest des Ursprungsortes be¬ 
gleitet ist. 

Serbiens Vieh- und Fleischexport. 

Nach der serbischen Statistik wurden im Jahre 1899 aus 
Serbien ausgeführt 71625 Rinder, davon 71400 Stück nach 
Oesterreich-Ungarn, die übrigen nach Rumänien, 87 465 Schweine, 
davon 87 310 nach Oesterreich-Ungarn, 78 361 Schafe, davon 
43 320 nach der Türkei, 21 186 nach Oesterreich-Ungarn, 3572 
Pferde und Esel nach der Türkei und Bulgarien, 696 798 Stück 
Geflügel, davon 690 771 nach Oesterreich-Ungarn und 2753887 kg 
Fleisch und geschlachtetes Geflügel, wovon 2 255 969 kg nach 
Oesterreich-Ungarn. 


Personalien. 

Ernennungen etc.: In Bayern: Zu Kreisthierärzten bei der K. 
Regierung, Kammer des Innern, die Bezirksthierärzte Max Wimmer- 
Vilsbiburg für Niederbayem, Sigm. Beichhold - Bruck für Mittel¬ 
franken, Friedr. Schnei der-Augsburg flir Unterfranken. Zu Bezirks¬ 
thierärzten Adolf Schmidt, städt. Thierarzt in Kulmbach, für Kulm¬ 
bach; SebastianMayer, Districtsthierarzt in Grönenbach flirLandsberg 
(Oberbayern); Georg Niederreuther, Districtsthierarzt in Kipfen- 
berg, für Ebermannstadt; Wucherer, bisher bezirksthierärztlicher 
Assistent in Ansbach, für Bruck. Oberwegner-Ellingen zum 
Districtsthierarzt in Oettingen, Max Manz (Buchau) zum Distticts- 
thierarzt für Buchau und Nachbargemeinden. Martin Reuter, 
Bezirksthierarzt in Karlstadt, nach Nürnberg (Landbezirk) versetzt. 

— In Württemberg: Der stellvertret. Oberamtsthierarzt Häbe.le 
zum Oberamtsthierarzt in Blaubeuren. 

Gewählt: Thierarzt Karl Kluge-Königshoven (Bez. Köln) 
zum Sanitätsthierarzt für den Amtsbezirk Plauen i. V. und zum 
stellvertretenden wissenschaftlichen Fleischbeschauer im Stadtbezirk 
Reichenbach, (Wohnsitz in Reichenbach). 

In der Armee: Zum ostasiatischen Expeditions-Corps versetzt: 
Zwirner, Rossarzt vom 2. Ulanen-Regiment zum Bataillon schwerer 
Feldhaubitzen; Unterrossarzt Kal eher, unter Beförderung zum 
Rossarzt zum Feldartillerie-Regiment. Rossarzt Carl von diesem 
Regiment zum immobilen Verhältniss zurückgetreten. 

Approbationen: In Stuttgart die Herren H. F. Conradi, J. Edel, 
Fr. Hoffmann, A. Joachim, P.Kienzl, A. Müller, F.Pfersdorf, 
H Reichert, A. Schmehle, Fr. Schmerg,P. Simon und J. Welte. 

Wohnoitzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die Thier¬ 
ärzte Dr. Heffter-Filehne vorübergehend nach Berlin, Wilh. 
Hermeyer nach Dornum (Ostfr.), Huss, bisher Assistent des 
Landesthierarztes für «Elsass - Lothringen, als Einj.-Freiw. im 
51. Feld-Art.-Rgt. in Strassburg eingetreten, Martin (Colmar) nach 
München (bacteriolog. Institut von Prof. Kitt), Pfersdorf (Mühl¬ 
hausen) als Volontär am Schlachthof nach Hamburg, Sebauer 
von Münchowshof nach Bad Polzin (Pommern), Stein ge ns von 
Rödingen nach Bedburg, Thieme (Schlettstadt) als Einj.-Freiw. im 
3. bayr. Feld-Art-Rgt. nach München. 

Todesfälle: Göhring, Kreisthierarzt a. D. in # Stolp. 

Yacanzen. 

Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Reg.-Bez. Coblenz: Simmem (600 M. und 450 M. Stellenzulage). 
Bewerbungen bis 10. November er. an den Regierungspräsidenten. 

— Reg.-Bez. Hannover: Springe zum 1. Jan. 1901 (600 M.). Meid, 
bis 25. Nov. er. an den Regierungspräsidenten. 


b'l Nach Ablauf der Meldefrist noch nnbesetzte Stellen: 
Reg.-Bez. Düsseldorf: Landkreis Krefeld. — Reg.-Bez. Liegnitz: 
Sagan. 

Sanitätsthierarztsteilen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Berlinchen (Neumark): Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau; 
aus letzterer ca. 2000 M. Einnahme. Bewerb, sofort an den Magistrat 

— Mainz: Schlachthofthierarzt sofort (4200 M.; Wohnung etc.; 

6 wöchige Kündigung). Bewerb, mit Qualificationsnachweis zum 
beamteten Thierarzt für Hessen bis 20. Oct an die Bürgermeisterei. 

— Oelsnitz (Sachsen): Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleisch¬ 
beschau zum 1. Januar 1901. (3500 M. Anfangsgehalt; Pension in 
Aussicht; Praxis in der Stadt und in den Vororten.) Gesuche bis 
31. October an den Stadtrath. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Arys: Schlachthofverwalter zum 1. Oct. er. — Bahn: Thierarzt für 
Fleischbeschau. — Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachthof.— 
Cassel: Schlachthofassistenzthierarzt — Cottbus: Schlachthof- 
Assistenzthierarzt sofort. — Dessau: Schlachthofassistenzthierarzt. 

— Düren: Schlachthofdirector. — Grätz (Posen): Schlachtbof- 

Inspector. — Graudenz: Assistenzthierarzt am Schlachthof. — 
Halle: 2 Assistenzthierärzte. — Hamburg: Polizeithierarzt — Köln: 
Schlachthofthierarzt. — Königsberg (Ostp.): Schlachthofthierarzt zum 
1. Oct.er. — Ottweiler (Bez. Trier): Schlachthausverwalter. — 
Punitz i. Pos.: Thierarzt für Schlachtviehbeschau (1200 M.; 
ausserdem Praxis.) Bewerbungen an den Magistrat. — Rackwitz 
i. P.: Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleischschau. — Salz¬ 
wedel: Schlachthof - Vorsteher. — Trier: Hilfsthierarzt am 

Schlachthof sofort bezw. bis 1. Dezember er. (2100 M., vierteljähr. 
Kündigung; Verpflichtung zu 1 jähr. Dienstzeit.) Bewerbungen bis 
25. Oct. er. an den Oberbürgermeister. Wanne: Schlachthofvorsteher. 

— Wamsdorf. — Wolkenstein: Scblachthofthierarzt — Woll¬ 
stein (Posen): Schlachthofinspector zum 1. October er. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neustadt). 

— Festenberg Bez. Breslau. — Kemberg. — Kotzenau i. Schl. 

— Lamspringe. — Lande^k (Westpr.). —Lasdehnen (Kr. Pill- 
kallen). — Murrhardt. — Schönbaura (Danzig). — Soldau (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. — 
Mengeringhausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schles.). 

— Raguhn. — Rhinow (R.-B. Potsdam). — Schloppa (Westpr.). 

— Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelze (Mecklb.). 

— Wadern (Bez. Trier): Thierarzt zum 19. November er. (Fixum 
600 M. und 280 M. für Ueberwachung der Märkte.) Bewerbungen 
bis 10. November an den Bürgermeister. 


Besetzt: Kreisthierarztstelle in Gross-Strelitz. 

Verantwortlich für den Inhalt (excl. Inserat onthell): Prof. Dr. Schmalt7 in Borlin. — Verlag und Klgenthum von Richard Schootz in Berlin. — Druck von W. BOscustein, Berlin 


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Die „Berliner Thlerärxtllche Wochenschrift“ erscheint Orlglnelbeltrlge werden mit GO Mk. für den Bogen honorirt. 

wöchentlich ln Stärke von mindestens l 1 /,Bogen. Dieselbe Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
ist zu beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1088) ”■ Q fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmalta, 

oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard a I — __ Berlin thiertrztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 

Schootz, Berlin NW., Luisenstrasse S6, zum Preise von I m m M I I ■ I M k Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da- 

Mk. 5,— pro Vierteljahr. B W \ J M ■ ■ I I U gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz- Berlin. 

Verantwortlicher Redacteur. 

De Bruln Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZOndel 

Professor Oberthierarzt Departements!hicrarzt Kreisthierarzt Dopartementsthierarzt Veterinirassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthierarzt 

Utrecht. Hamburg. Cöln. Angermünde. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag: von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. 


M 44 . 


Ausgegeben am 1. November. 


Inhalt: Hoffmann: Die Hypnose bei den Thieren. — Referate: Vcnnerhohn und Bayer: Ncurectomic gegen Spatlahnihcit. — 
Bouchct: Behandlung des Icterus und der acuten l'ebennüdung des Hundes. — Näf: Entcrotomic beim Hunde. — Borella: 
Feber die Anwendung des MallcYns zur Diagnose der Rotzkrankheit. — Marx: Zur Theorie der Pasteurschen Schutzimpfung 
gegen Tollwuth. — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Ellingcr: Ein bemerken»werther Vorgang auf dem Gebiete 
der landwirtschaftlichen Thierzucht. — Wünsche bezüglich unserer künftigen Fleischbeschau. — Protocoll der General¬ 
versammlung des tierärztlichen Vereins für die Reg.-Bez. Stettin und Stralsund vom 24. Juni 1900. — Verschiedenes. — 
Staatsveteri.närwesen. — Fleischschau und Viehhandel. — BUcheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — 
Vacanzen. 


Die Hypnose bei den Thieren. 

Von 


Prof. L HofTmann. 

Die Erscheinungen der geheimnisvollen Kräfte der Seele, 
die bei aufgehobenem Bewusstsein bei dem Menschen za be¬ 
obachten sind, die Träume, der Nachtwandel, der magne- I 
tische Schlaf und die Be¬ 
herrschung des Mediums 
durch den Magnetiseur, 
die kannte man wohl seit den 
ältesten Zeiten auch bei den 
Thieren, aber die früher da¬ 
mit angestellten Experimente, 
wie sie etwa Hansen und 
Bollert und A. vorgeführt 
haben, dienten mehr dazu, die 
Schaulust zu befriedigen, oder 
sie wurden Leichtgläubigen 
gegenüber ansgeführt, um sie 
auszubeuten, wie dies z.B. von 
Cagliostro und Anderen, 
auch von Messmer mit 
seinem thierischen Magnetis¬ 
mus nicht ganz einwandsfrei 
zu Heilzwecken, geschehen ist. 

Auch der B a 11 a s a’sche Huf be- 
schlag ist ganz auf Messmer’s Fig. 1. 

Theorie begründet. 

Eine wissenschaftliche Erklärung dieser Erscheinungen 
wurde erst in neuester Zeit möglich durch die Fortschritte der 
Technik, durch das Microscop, die Anwendung der Elektricität 
und durch antiseptische Operationen, durch welche es den 
Physiologen gelungen ist, das Centralnervensystem des 
Gehirns zu durchforschen und die Art und Weise seiner 
Leistungen festzustellen. 


Wie man einem an der Hand der Autorität mit verbundenen 
Augen Wandelnden plötzlich, in ihm fremder Umgebung, das 
Licht geben kann, so dass er erstaunt eine neue Welt erblickt, 
so haben die Experimente der Berliner Physiologen Fritsch 
und Hitzig, sowie nachher die anderer Gelehrter, Ferrier’s, 
Goltz’, Munk’s und Anderer für die wissenschaftliche Erklärung 

des Geschehens der Gehirn- 
fnnctionen gewirkt; den 
Physiologen folgten die 
Psychiatriker auf dem 
Fusse, und die Juristen 
wandeln etwas schwerfällig 
hinterher dieselben Bahnen. 
Die frühere Annahme von 
einer Seeleneinheit ist 
hierdurch gründlich gestört 
worden, und es ist er¬ 
wiesen, dass ein Th eil 
von Gehirnfunctionen 
ausfallen kann, dass aber 
das Individuum doch noch 
ganz regelrecht zu er¬ 
scheinen vermag, solange 
nicht gerade diejenigen 
Leistungen verlangt werden, 
deren Centrum zerstört ist. 
Aehnlich wie an einer 
Spieldose, an der ein 
Zahn ausgebrochen ist, wodurch dann jedesmal ein Ton 
ausfällt, so ist die Thätigkeit des theilweise gestörten Central¬ 
nervensystems zu erklären. 

Mit diesen physiologischen Erkenntnissen wären aber noch 
nicht die gesammtenErscheinungen des Wunders, besonders 
die der Krankenheilungen — durch Händeauflegen und 
Gebet — zu erklären gewesen, sondern es musste noch die Er- 




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518 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


No. 4L 


kenntni8S des Wesens der Massage als hauptsächlichste 
Wirkung des peripheren Nervensystems hinzutreten. 

Versuchen wir diese Vorgänge kurz zu definiren: 

Thierischer Magnetismus nach Messmer oder Heil¬ 
wirkung durch Händeauflegen und Gebet besteht aus: 

1. Hypnose, 2. Suggestion und 3. Massage. 

Die Hypnose ist Ein¬ 
schläferung des Bewusstseins 
einer ziemlich willenlosen, R ' 
schwächlichen Person. 

Die Suggestion ist ein 
Befehl an die im hypnotischen 
Schlafe sichbeiindendePerson, 
die gewöhnlich das Befohlene 
befolgt wie ein Traumwandler. 

Die Massage besteht 
in Drücken, Streichen etc., 
wodurch gewisse schmerz¬ 
hafte Zustände sehr rasch 
zum Verschwinden gebracht 
werden können. 

Die systematische An¬ 
wendung der Hypnose 
undSuggestion,sowie der 

Massage ist in der Me- _ 

dicin und Thiermedicin Fig. 3. 

Gemeingut geworden und, 

um eine Probe von der Wirkung der H y p n o s e an denThieren zu 
geben, haben wir zu den Abbildungen folgende Erklärung zu geben: 

Figur I. Ein alter sehr kräftiger Zuchthahn, ausserordent¬ 
lich lebhaft, der sehr viel kräht und nach seinen Hühnern lockt 
von der Plymouth-Rokrasse, wurde für das Experiment gewählt. 
Derselbe wird auf einem festgestellten eisernen 
Tischchen mit Glasplatte durch den Hypnotiseur 
derart niedergehalten und festgedrückt, dass 
die Beine des Hahnes am Leibe unterge¬ 
schlagen und die Flügel an den Körper fest¬ 
gedrückt sind. Kopf und Hals sind gerade 
nach vorne gezogen und auf die Tischplatte 
niedergedrückt. Bei dieser Lagerung muss 
das Thier ganz bequem liegen und es muss 
namentlich das Athmen und der Blutlauf 
gänzlich ungehindert vor sich gehen können, 
es müssen aber die Hände des Hypnotiseurs 
so anliegen, dass sie bei den mehrmaligen 
heftigen Versuchen des Thieres, sich zu be¬ 
freien, jedes Losewerden eines Körpertheiles: 

Kopf, Fiisse oder Flügel verhindern, und der 
Leib des Vogels muss von den Fingern wie 
von Spangen umfasst sein. Dabei dürfen aber 
die Hände nicht drücken sondern nur parat 
sein gegen etwaiges Sträuben. Vollkommene Fig. 

Ruhe der Umgebung begünstigt den Erfolg. 

Nach drei bis sieben Minuten Festhaltens ist der Hahn voll¬ 
kommen ruhig und widerstandslos geworden und, dass er bei 
offenen Augen in Tiefschlaf versunken ist, zeigt sein deutlich 
hörbares Schnarchen. Puls, Athmen und Temperatur lassen 
keine Abweichungen erkennen. 

Fig. H. Der Hypnotiseur löst ganz leise und ohne im 
mindesten eine stossende oder ruckartige Bewegung zu erzeugen 


seine Hände von dem Hahn, der nun im Tiefschlafe wie todt 
da liegt. Wenn nun mit der nöthigen Vorsicht irgend ein 
Körpertheil gefasst und hoch gehoben und wieder losgelassen wird, 
so sinkt dieser Theil wie an einem leblosen Körper zurück, ja 
man kann nun mit dem hypnotisirten Thiere die merkwürdigsten 
Experimente ausführen, ohne dass es erwacht, wie die 

weiteren Figuren beweisen. 

Fig. IH. Der Hypno¬ 
tiseur fasst ganz vorsichtig, 
am besten mit Daumen und 
zwei Fingern, den Hahn an 
einem Fusse oberhalb der 
j r . Zehen und zieht den Fuss 
allmählich in Streckstellung: 

/ K.JI nach und nach wird der 
Körper desselben so hochge¬ 
hoben, bis der ganze Vogel 
endlich frei schwebt und 
dabei mit dem Kopfe abwärts 
baumelt, ja man kann 
jetzt mit demselben einige 
Schwingungen ausführen, 
ohne dass er erwacht. Grosse 
Vorsicht erfordert aber dann 
das Niederlcgen, es muss 
Fig. 4. zuerst der Kopf dann der 

Hals und nach und nach der 
übrige Theil so auf die Unterlage gebracht werden, dass der 
Vogel ohne Erschütterung weiter schlafen kann. 

Fig. IV. Der Hypnotisirende fasst den Hahn an einem 
Flügel und hebt ihn hoch. In der Abbildung kommt der Tief¬ 
schlaf des Vogels sehr characteristisch zum Ausdruck. Der 
hypnotisirte Hahn verhält sich ganz wie ein 
frischgeschlachteter Vogel. Das Nieder¬ 
legen muss auch hier sehr vorsichtig ausge¬ 
führt werden. 

Ebenso kann der am Kopfe, Kamm und 
dem Bart von hinten her gefasste Vogel 
frei hochgehoben werden und bleibt in dieser 
Situation eines Gehängten im Tiefschlafe. 
Da aber bei dieser Art Hochhaltung un¬ 
vermeidlich ist, dass durch den Zug des 
schweren Körpers die zum Kopfe führenden 
Blutgefässe ziemlich stark gedrückt werden, so 
erfolgt nach einiger Zeit eine convulsiviscbe 
Flügelbewegung und, wenn jetzt nicht eine 
rasche Niederlegnng erfolgt, so kann auch ein 
Erwachen eintreten, was aber nur auf Wunsch 
des Hypnotiseurs zu erfolgen hat. 

Fig. V zeigt den aus der Hypnose er¬ 
wachenden Hahn. Das Erwecken gelingt in 
•7. der Regel ziemlich leicht dadurch, dass man 

den Vogel an seinem Kopfe anbläst oder 
ihn dort mit kaltem Wasser bespritzt. Oefters erfolgt das 
Erwachen allmählich, wie auch in der Abbildung der halb¬ 
wache Hahn noch eine ruhige, halbhockende Stellung ein¬ 
nimmt, manchesmal aber erfolgt es auch plötzlich und der Emst 
der Zuschauer, die durch das Experiment selbst zum Theil 
hypnotisirt werden, löst sich jedes Mal in schallende 
Heiterkeit auf, wenn der Hahn, der nach länger dauernder 


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1. November 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


519 


Hypnose das Bewusstsein wieder bekommt, mit höchst ver¬ 
wundertem Gesichtsausdruck seine Umgebung betrachtet. 
Meistens suchen dann die Thiere zu fliehen, aber es kommt 
auch vor, dass sich einzelne sofort hoch aufrichten, mit den 
Flügeln schlagen und mächtig krähen. Sobald die hypnotisirt 
gewesenen Hähne wieder in ihre gewohnte Behausung zurück¬ 
gebracht sind, so krähen sie regelmässig längere Zeit sehr viel. 
Ein Nachtheil für die Thiere ist durch das Experiment nicht 
vorhanden. 


Referate« 

Nenrectomie gegen Spatlahmheit. 

Von J. Venncrholm und Prof. Dr. Bayer. 

Zeitschrift für Thlemiediclo 1900, Heft 5. 

Die von Bosi-Bologna im Jahr 1898 eingeführte Behandlung 
der Spatlahmheit mittels gleichzeitiger Nenrectomie der Nn. 
tibialis und peroneus findet jetzt vielfache Nachahmung. 

Vennerholm giebt deshalb eine ausführliche Behandlung 
der topographischen Anatomie der Operationsstellen und des 
Verfahrens und weist auf die Schwierigkeiten beim Aufsuchen 
der beiden Nerven und auf die möglichen Complicationen bei der 
Operation hin. 

Gewöhnlich heilt der Tibialisschnitt per primam, der 
Peroneusschnitt hat dagegen meist eine stärkere Reaction zur 
Folge. Bei normalem Verlauf der Wundheilung kann das Pferd 
nach 3 Wochen wieder bewegt werden; werden die Wunden 
inficirt, so können bis zur Heilung 4—6 Wochen vergehen. 

Als mögliche Folge der Neurectomie ist zu erwähnen die 
Exungulation. Dieselbe soll dem Referat nach nicht im un¬ 
mittelbaren Zusammenhänge mit der Operation stehen und nicht 
von vasomotorischen oder trophischen Störungen in der Huf¬ 
lederhaut abhängen, sondern bei Infection der Wunde oder 
später hinzutreten. Es ist weiter bei einem bedeutenden 
Procentsatz der operirten Pferde eine geringere Festigkeit 
in der betreffenden Gliedmasse beobachtet worden. Manchmal 
entsteht nach der Operation Hahnentrittbewegung. 

Amputationsneurome, welche Lahmheit verursachen 
und zu einer erneuten Operation zwingen, sind ebenfalls be¬ 
obachtet worden. V. theilt 24 Fälle mit, welche vom De- 
cember 1898 bis 20. März 1900 in der Klinik zu Stockholm 
behandelt worden sind, und knüpft daran die Bemerkung, dass 
die erworbenen Erfahrungen zu weitern Versuchen auffordern. 
Ein zuverlässiges Urtheil über den Werth der Operation könne 
zunächst noch nicht abgegeben werden. 

Bayer berichtet in derselben Zeitschrift über 45 Doppel- 
neurectomien wegen Spat. Das Resultat war bei 28 Pferden 
sehr gut, eines dieser Pferde schuhte nach 5 Monaten aus, 
vermuthlich in Folge eines schlechtgerichteten Eisens. 12 Pferde 
wurden mit gutem Erfolg operirt, d. h. sie waren zur Arbeit 
brauchbar, aber der Gang liess zu wünschen übrig. Bei 
drei Pferden entwickelte sich Zuckfuss. Bei einem Pferde 
trat keine Besserung ein, weil die Lahmheit nach der Section 
auf eine ausgebreitete Usur der Kniegelenkknorpel zurück¬ 
zuführen war. 

In_3 Fällen glückte eine Heilung per primam an beiden 
Operationsstellen, im Uebrigen nur am Nerv, tibialis. 

In der Zahl der operirten Pferde sind 13 Pferde einer 
Transportfirma inbegriffen, die völlig dienstunbrauchbar waren 
und durch die Operation wieder arbeitsfähig gemacht wurden. 


Nur bei 3 Pferden entwickelten sich Folgeleiden, welche eine 
Ausmusterung der Thiere nothwendig machte. 

B. hat demnach mit der Doppelneurectomie bei Spat ganz 
zufriedenstellende Resultate gehabt. Die Heilung beanspruchte 
nicht längere Zeit als Brennen und Blästern. 

Behandlung des Icterus und der acuten Uebermüdung 
des Hundes. 

Von Bouchet-Creil. 

(Soci6t6 ceutrale de m6d. vöt6rlnalre, 80. Juli 1900.) 

Ref. Prof. Nocard. 

B. erinnert zunächst an die Gefährlichkeit des Icterus beim 
Hunde; auf 60Patienten, die er von 1896 zu behandeln Gelegen¬ 
heit hatte, konnte er nur zwei retten. Er hat sämmtliche Opfer 
obducirt und bei zwei Dritteln der Fälle hat er keine entzünd¬ 
liche Erscheinungen auf der Schleimhaut des Magens, des 
Duodenum und des Ductus choledoclms wahrgenommen. Selbst 
wenn der Zwölffingerdarm heftig entzündet war, ist der Gallen¬ 
gang frei gewesen; beim geringsten Druck auf die Gallenblase 
entleerte sich deren Inhalt in den Darm. Die Theorie, wonach 
der Icterus der Verstopfung des Choledochus zuzuschreiben ist, 
wäre hiernach nicht begründet. Für B. beruht die Ursache des 
Icterus des Hundes, den er dem Icterus gravis des Menschen 
an die Seite stellt, in einer coli-bacillären Infection. Er 
erinnert zur Begründung seiner Ansicht an das von Bose 
und Nedel ausgeführte Experiment, wobei die Iiyection einer 
reinen Cultur von Bacterium coli Stumpfsinnigkeit, inter- 
mittirenden Puls, Diarrhoe, dann Collapsus und Tod zur Folge 
hat, Erscheinungen, die sich alle beim Hundeicterus wieder¬ 
finden. B. erinnert sodann an die Beobachtungen und Versuche 
von Chanssart, Hanot, Gilbert, Girode, Dominici, 
Fournier, Chärrin, Roger etc., welche bewiesen, dass die 
Colibacillen die häufigsten Parasiten der Gallenwege sind und 
dass sie die wichtigste Rolle in den von der Leber ausgehenden 
Infectionen und Intoxicationen spielen. B. selbst hat die grosse 
Frequenz und die Häufigkeit des Bacterium coli in der Galle 
und in der Leberpulpa der von ihm secirten icterischen Hunde 
festgestellt. 

Hiervon ausgehend hat B. versucht, den Icterus des Hundes 
durch „Waschungen des Blutes“ zu behandeln und nimmt er zu 
diesem Zweck, intravenös, intraperitoneal, hauptsächlich aber 
subcutan starke, lauwarme Inj ectionen vor einer 7%o wässerigen 
Kochsalzlösung, welcher er pro Liter 2 g Casein und Natrium 
benzo'fceum zusetzt. Pro Kilogramm Körpergewicht werden 
20 bis 30 der Lösung injicirt; Injectionen werden täglich (ein- 
oder zwei Mal) wiederholt bis zur Heilung. 

B. hat schöne Erfolge erzielt; auf 17 an Icterus erkrankte, 
erwachsene Hunde sind in Folge dieser Behandlung 14 geheilt 
worden. Von den drei eingegangenen Hunden ist der eine 
bereits in der Agonie gewesen, als er behandelt wurde; 
der zweite litt an interstitieller Nephritis, so dass die Niere, 
was für die Behandlung hauptsächlich ist, nicht zur Aus¬ 
scheidung dienen konnte; beim dritten war die Leber durch 
den bei der intraperitonealen Injection benutzten Troicar verletzt 
worden. 

Bei jungen Hunden, bei welchen der Icterus als Begleit¬ 
erscheinung der Staupe auftrat, war der Erfolg der Blutwaschung 
gering. Von acht behandelten Thieren verendeten sieben. B. 
glaubt, dass die ungenügende Resistenziähigkeit der jungen 
Thiere daran Schuld ist, Nocard glaubt eher, dass die Misch- 
infection eher zu beschuldigen ist. 


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620 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44. 


Die acute Uebermiidung der Jagdhunde ist von B. in gleicher 
Weise behandelt worden; von 15 schwer erkrankten Hunden ist 
nur einer verendet. Z. 

Enterotomie beim Hunde. 

Von Thierarzt Näf in Hausen. 

(Schwelt. Arch. f. Th., XLH, 4. H.) 

Ein junger Jagdhund hat eine Glaskugel von 3 cm Durch¬ 
messer verschluckt. Drei Wochen später Erkrankung; heftiges 
Erbrechen selbst bei geringer Wasseraufnahme regelmässig, 
kein Kothabsatz trotz Drängen. 

Patient wird tief narcotisirt; 17 cm hinter Sternum, 2 i /j cm 
links von der Linia alba laparotomirt. Nach Herausnahme der 
Kugel Darm durch Lambert’sclie Nath geschlossen. Muskel¬ 
wunde mit Catgut, Haut mit Seide genäht. Innerlich Opium. 
Heilung per primum ohne Störung. Nevermann. 

Ueber die Anwendung des Malleins zur Diagnose der 
Rotzkrankheit. 

Von Dr. Borella Alete. 

(Clinica vot. 1900, H. 10.) 

Bei der Obduction eines an Kolik eingegangenen Pferdes 
wurden krankhafte Veränderungen ermittelt, welche mit den 
pathologischen Producten der Rotzkrankheit Aehnlichkeit hatten. 
Prof. Piana, dem kranke Organtheilchen zugesandt wurden, be¬ 
stätigte die rotzige Natur der Veränderungen. 

Hiernach wurden 9 Pferde, welche mit dem rotzkranken 
50 Tage in einem Stalle gestanden hatten, zur Tödtung 
bestimmt. Verf. beschloss nun diese Pferde zuvor der Mallei'n- 
probe zu unterwerfen und hatte bei dem Versuche nachstehendes 
Resultat: 


Pferd 

No. 

Mittlere 

Temperatur in den 
beiden letzten 
Tagen vor der 
Impfung 

Höchste 

Temperatur 

20 Stunden nach 
der Injection 

Differenz 
zwischen den 
beiden 

vorangehenden 

Temperaturen 

1 

37,1 

38,4 

1,3 

2 

38,5 

39,1 

0,6 

3 

37,1 

38,9 

1,8 

4 

37,6 

39,0 

1,4 

5 

37,6 

39,2 

1,6 

6 

37,4 

40,0 

2,6 

7 

37,3 

39,3 

2,0 

8 

37,5 

39,8 

2,3 

9 

37,1 

38,5 

1,4 


Nach diesem Ergebniss erklärte Verf. die Pferde 6, 7, 8 
für rotzkrank, 3 und 5 für stark verdächtig, 1, 4, 9 für ver¬ 
dächtig und Pferd No. 2 als unverdächtig. Das letztere wurde 
ausserhalb geschlachtet und gesund befunden. Von den übrigen 
im Schlachthause von Mantua geschlachteten Pferden zeigte 
nur eines (No. 7) rotzige Veränderungen (Lungenrotz), die 
andern Pferde wiesen keine Spur der Krankheit auf. 

Mithin erwies sich das Mallein in diesem Falle als ein sehr 
unsicheres Mittel zur Feststellung der Rotzkrankheit. 

Zur Theorie der Pasteur’schen Schutzimpfung 
gegen Tollwnth. 

Von Stabsarzt Dr. Marx. 

(Dtach. Medicln. Wochenschrift, XXVI. Jahrgang, Heft 29.) 

Das bei der Pasteur’schen Schutzimpfung gegen Tollwuth 
benutzte sogenannte Virus fixe wird gewonnen durch sub¬ 
durale Infection von Kaninchen mit dem Gehirn eines an Strassen- 


wuth verendeten Hundes und Fortimpfung von Kaninchen auf 
Kaninchen oder, nach dem Vorgänge von Babes, von Kaninchen 
auf Meerschweinchen, dann wieder auf Kaninchen u. s. w. bis 
zu mehreren hundert Passagen. Das Wesentliche der Technik 
der Pasteur'schen Schutzimpfung besteht in der Injection von 
mehrere Tage hindurch getrocknetem und dadurch ganz oder 
fast avirulent gewordenem Mark von an Virus fixe zu Grunde 
gegangenen Kaninchen und im allmählichen Uebergeheu zu 
frischerem d. h. virulenterem Mark. 

Diesem Pasteur’schen Trocknungsverfahren zur 
Seite steht die Dilutionsmethode von Högyes. Högyes 
erziehlt die von Pasteur durch Trocknung bewirkte Keim- 
verminderung durch entsprechende Verdünnung des frischen 
Marks und allmähliches Uebergehen im Verlaufe der Immunisirung 
zu stärkeren Concentrationen. (Dilutionen von 1: 10000 bis 
höchstens 1: 100, meist zwischen 1: 5000 bis 1: 1000). Beide 
Methoden, das Pasteur’sche Trocknungsverfahren sowie die 
Dilutionsmethode, sind ohne Differenz in den Resultaten mit 
bestem Erfolge angewandt worden. 

Die durch die Impfung erzielte Immunität ist eine aus¬ 
schliesslich active. Direct schützende Stoffe wohnen dem Mark 
nicht inne, im Gegentheil ist in dem Gehirn von an Virus fixe 
verendeten Thieren freies Gift, das nicht an den Wuthmicrobeu 
gebunden ist, nachgewiesen worden, und Gehirnemulsionen solcher 
Thiere zeigen nach Elimination der Microben durch Filtration 
tödtliche Wirkung. Der schlagendste Beweis für die rein active 
Immunität ist der Erfolg der Dilutionsmethode von Högyes, 
bei welcher in Folge der starken Verdünnung die Menge von 
primären Schutzstoffen eine so minimale ist, dass selbst, wenn 
Spuren solcher fertigen Schutzstoffe im Mark vorhanden wären, 
sie bei dieser Methode nicht zur Geltung kommen könnten. 

Das Zustandekommen dieser Immunität erklärt Högyes in 
der Weise, dass das allmähliche Zuführen des Toxins des Virus 
fixe die Nervenzellen des Centralnervensystems an Lyssatoxin 
gewöhnt, mit diesem imprägnirt und sie gegen später von der 
Bissstelle aus eindringende Lyssamicroben lyssatoxinfest macht. 

Wäre obige Theorie richtig, so bliebe unaufgeklärt, weshalb 
nicht auch mit Strassenwuth nach der Pasteur’schen Methode 
erfolgreich immunisirt werden könnte. Handelte es sich ferner 
um eine allmähliche Gewöhnung der Nervenzellen, so wäre kein 
Grund vorhanden, weshalb bei Ueberschwemmung des Körpers 
mit grösseren Menpen frischen virulenten Virus Erkrankung in 
Folge der Schutzimpfung ausbleibt. 

Das Zustandekommen der Immunität scheint doch complicirter 
zu sein und wird von Marx in folgender Weise gedeutet: Die 
durch das langsame Wandern des Microben zum Centralnerven¬ 
system bedingte lange Incubationszeit der Wuth beim Menschen 
lehrt, dass der primäre Wutherreger, der Erreger der Strassen¬ 
wuth, den keimvernichtenden Kräften des menschlichen Organis¬ 
mus gegenüber recht resistent ist. Diese Resistenz geht nun 
durch die Kaninchenpassagen, die aus ihm den Microben des 
Virus fixe machen, verloren. In Folge dieser herabgesetzten 
Resistenz wird das lebende, aber durch die Kaninchenpassagen 
modificirte Wuthvirus, ehe es das Centralnervensystem erreichen 
kann, abgetödtet. Der nun frei werdende Inhalt der abgetödteten 
und der Auflösung verfallenden Wuthmicroben übt den noth- 
wendigen, die Immunität hervorrufenden Reiz auf die Organe 
aus, welche dazu berufen sind, die specifischen Antikörper der 
Lyssa zu produciren. 


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1. November 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


521 


Die Immunität würde somit in ähnlicher Weise zu Stande 
kommen wie nach Schutzimpfungen mit abgetödteten Typhus-, 
Cholera- oder Pestbacterien, nur dass mau bei der Wnth nicht 
im Stande ist, die Abtödtung des lebenden Virus in vitro vor¬ 
zunehmen, ohne auch zugleich die immunisirenden Substanzen 
zu vernichten. Diese Arbeit des Abtödtens kann in der er¬ 
forderlichen schonenden Weise hier nur der Organismus selbst 
leisten. Ferner wird wohl gleichzeitig mit dem an den lebenden 
Microben gebundenen Gift freies Toxin in ganz beschränktem 
Masse gegeben, welches jedoch bei der so erheblichen Ver¬ 
dünnung des Markes, ganz besonders bei der Dilutionsmethode, 
an dem Zustandekommen der Immunität keinen erheblichen An- 
theil heben kann. 

Je grösser die Menge des freigewordenen Giftes, desto höher 
der Grad der erworbenen Immunität, und diese wird um so 
früher nach der Behandlung den Höhepunkt erreicht haben, je 
früher der Organismus mit grossen Mengen Microben, d. h. mit 
frischerem Mark überschwemmt worden ist. Dr. Jess. 

Kleine Mittheilnngen. 

Thrombose der Achselarterie. 

Rossarzt Wo 11 mann macht in der Ztschr. f. Vet. folgende 
Mittheilung. Ein neunjähriges Pferd zeigte im Stande der Ruhe 
nichts besonderes und auch beim Gehen im Schritt und Trab 
keine Bewegungsstörungen. Sobald das Thier aber eine Viertel¬ 
stunde im Trab gefahren war, fing es an, mit dem rechten 
Vorderfuss zu straucheln, konnte die betr. Gliedmasse schliess¬ 
lich nicht mehr in die Höhe heben und schleppte dieselbe mit 
der Zehe auf dem Boden, sodass es zu stürzen drohte. 
Der ganze Körper war mit Schweiss bedeckt, die rechte 
Schulterpartie bis zur Mitte des Unterarms dagegen fast 
gänzlich trocken. Die Athmung war dabei sehr beschleunigt. 
Die Unterai mstrecker zeigten eine eigenartige zitternde Be¬ 
wegung. Die Pulsation der Fussarterie war nur schwach. Nach 
10 Minuten Ruhe verschwanden diese Erscheinungen, doch blieb 
eine gewisse Schwäche zurück. Da sich bei der Bewegung 
immer derselbe Befund ergab, so war die Diagnose: Thrombose 
der Achselarterie nicht zweifelhaft. Der Besitzer wünschte 
einen Versuch zur Behandlung. Das Pferd wurde täglich zwei¬ 
mal mässig bewegt und im Trinkwasser Jodkali verabreicht. 
Nach 14 Tagen ergab sich bei einer Untersuchung, dass das 
Thier auf beiden Augen erblindet war. Die lichtbrechenden 
Medien waren völlig durchsichtig. Entzündliche Erscheinungen 
bestanden nicht. Auch die Bewegungsstörung hatte sich so 
verschlimmert, dass das Pferd, welches jetzt getödtet werden 
werden sollte, kaum noch zur Schlachtstätte geführt werden 
konnte. Bei der Section fand sich in der rechten Achselarterie 
ein 17 cm langer Thrombus, der bis in die Arteria brachialis 
reichte und deutlich geschichtet war. In dem gemeinschaft¬ 
lichen Stamm der Kopfarterien war kurz vor der Theilungs- 
steile ein grauer Fleck in der Intima zu finden ohne einen 
Thrombus. Die Ursache der plötzlichen Erblindung wurde nicht 
aufgeklärt. 

Leberzerreiuung durch amylolde Degeneration. 

Rossarzt Kröning schreibt in der Ztschr. f. Vet. März 1900: 
Bei einem Pferde, welches schon seit 10 Jahren bei demselben 
Besitzer war, wurde seit drei Monaten eine allgemeine Gesund¬ 
heitsstörung, Trägheit, Abmagerung und Appetitmangel be¬ 
obachtet. Das Thier war 16 Jahre alt. Das Gehen fiel ihm 


schwer. Die äussere Untersuchung der inneren Organe ergab 
keine locale Veränderung. Der Gesammteindruck war jedoch 
der der Cachexie in Folge innerer Blutung. Das Pferd erholte 
sich etwas unter entsprechender Diät, bis es eines Tages in 
Folge eines Seitensprunges plötzlich in die Kniee stürzte und ver¬ 
endete. Bei der Obduction fand man einen Bluterguss von 10 
bis 12 Ltr. in die Bauchhöhle, welcher aus der Leber stammte, 
die einen 6 cm langen Riss hatte. Die Leber war 10,5 kg 
schwer, teigig, hell graubraun und ausgeblutet. Die Schnitt¬ 
fläche zeigte ein marmorirtes, speckig glänzendes Aussehen und 
theilweise bröckelige Beschaffenheit. Die Untersuchung ergab 
amyloide Degeneration. 

Tagesgeschichte. 

Ein bemerkenswerther Vorgang auf dem Gebiete der 
landwirtschaftlichen Thierzucht. 

Besprochen von 
Dr. Ellinger-Dermbach, 

Gros»h. 8. Zuchtirmpector. 

Es ist allgemein bekannt, dass in den letzten zehn Jahren 
auf dem Gebiete der landwirthschaftlichen Thierzucht die Mass¬ 
nahmen, welche der einzelne Züchter zu treffen hat, darin eine 
ganz wesentliche Unterstützung erfahren haben, dass eine Ver¬ 
einigung der einzelnen Züchter zu Züchterverbänden (Zucht¬ 
genossenschaften, Herdbuch-, Viehzüchtervereinen) für nöthig ge¬ 
halten wurde-und eingetreten ist. Die Zahl solcher Vereinigungen 
schätze ich auf etwa 1000. Diese corporativen Massnahmen 
verursachten aber für die Genossenschaftsleitung (Vorstands¬ 
mitglieder) einen erheblichen Aufwand an Zeit, Kraft und Geld, 
den-nicht Jeder bringen wollte und konnte, und so ging man 
denn zur Anstellung von Beamten über, welche unter der Be¬ 
zeichnung von Thierzuclitinspectoren oder ähnlichen Titeln 
die Geschäfte zu führen und ihre ganze Zeit und Kraft ihrem 
Berufe zu widmen haben. 

Während nun in Süddeutschland, unter der Führung unseres 
hochverdienten Geh. Ober-Regierungsraths Dr. Lydtin, zunächst 
in Baden die Thierzuchtleitung den Thierärzten zugewiesen 
wurde, und während auch in Bayern unter Dr. Vogels Leitung 
Thierärzte als Zuchtinspectoren herangezogen wurden und auch 
in Zukunft herangezogen werden sollen, ist Norddeutschland 
diesem Beispiele nicht gefolgt. Die Spalten der B. T. W. er¬ 
zählen ja genugsam von dem Misstrauen und dem Widerstande, 
den norddeutsche Landwirthe der Mitwirkung der Thierärzte in 
Thierzuchtangelegenheiten entgegengebracht haben und noch 
vielfach entgegenbringen, wenn auch zugegeben werden mag, dass 
es einzelnen Thierärzten gelungen ist, sich Anerkennung als 
Berather auch auf dem Gebiete der Thierzucht zu verschaffen. 

Bei den privaten Vereinigungen bleibt es nun aber nicht mehr. 
Es haben sich auch die Staatsregierungen zur erfolgreichen 
Durchführung ihrer Bestrebungen auf thierzüchterischem Gebiete 
zur Anstellung von Zuchtinspectoren veranlasst gesehen. 

„Mit diesem Schritte ist für die Lehrstätten die Aufgabe 
erwachsen, Specialisten für diesen nenentstandenen Beruf aus¬ 
zubilden“, sagt Professor Ramm in der Allgemeinen Central¬ 
zeitung für Thierzucht 1900, Seite 632. 

Und in der That ist bereits in Preussen ein Entwurf zu 
einer Prüfungsordnung für Thierzuchtinspectoren vorbereitet 
und wird wahrscheinlich dem kgl. preuss. Ministerium für Land¬ 
wirtschaft etc. zur Genehmigung vorgelegt werden. 


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522 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44. 


Dieser Entwurf ist mir durch die Güte des Herrn Director 
Frhr. v. d. Goltz in Poppelsdorf-Bonn zugänglich geworden, nnd 
es werden hiernach bereits an der landwirthschaftlichen Academie 
Prüfungen vorgenommen. Der Entwurf lautet: 

Entwurf zu einer Prüfungs - Ordnung für Thierzucht¬ 
inspectoren. 

Studirende, welche sich der Thätigkeit eines Thierzucht¬ 
inspectors oder Wanderlehrers für Thierzucht widmen wollen, können 
zu einer besonderen Prüfung in thierzüchterischen Fächern zuge¬ 
lassen werden. 

Diese Prüfung hat den Charakter einer Zusatzprüfung zu der 
Abgangsprüfung für Landwirthe oder zu der Prüfung für Lehrer 
der Landwirtschaft an Landwirthschaftsschulen. Zu ihr können 
daher nur solche Candidaten zugelassen werden, die eine jener 
beiden Prüfungen bereits bestanden oder sieh dazu gemeldet haben. 
Die Zulassung zu der Prüfung wird von einer genügenden prak¬ 
tischen Vorbildung des Examinanden abhängig gemacht; über das 
Vorhandensein derselben entscheidet in jedem einzelnen Falle die. 
Prüfungskommission. 

Die Prüfungscommission besteht aus dem Director der Academie 
als Vorsitzendem, sowie den Lehrern für Thierzucht, für Thier¬ 
physiologie und für Veterinärwissenschaft. 

Die Prüfung ist lediglich eine mündliche. Sie erstreckt sich auf: 

1. Anatomie und Physiologie der Haussäugethiere, 

2. Allgemeine Thierzuchtlehre, 

3. Besondere Thierzuchtlehre (Pferde-, Rindvieh-, Schweine-, 
Schaf-, Ziegen- und Geflügelzucht), 

4. Einrichtung von Heerdbiiehern, Zuchtvereinigungen, “Aus- 
stellungs- und Prämiirungswcsen, 

5. Ansteckende Krankheiten, Krankheiten und Pflege junger 
Thicre und Geburtshülfe, 

6. Volkswirtschaftliche Aufgaben der Thierzucht. 

Die für jedes einzelne Fach zu erteilenden Prödicatc sind 
ebenso wie die bei den bereits bestehenden landwirtschaftlichen 
Prüfungen abgestuft. Gleich wie bei diesen, so kann auch für die 
Prüfung von Thierzueht-Inspcctoren ein Gesammt-Prädicat erteilt 
werden. 

Das Zeugnis» wird in der Regel als Zusatz dem Zeugnis» des 
vorher bestandenen landwirtschaftlichen Examens mit der Bemerkung 

beigefügt: „Herr.hat durch das Examen den Nachweis 

geliefert, dass er mit den für den Beruf eine» Thierzucht-lnspectors 
erforderlichen wissenschaftlichen Grundlagen vertraut ist.“ 

Bei der Meldung zur Zusatzprüfung sind von dem Examinanden 
20 M. an Gebühren zu entrichten. 

Die Prüfung für Thierzueht-Inspcctoren wird Bich erstrecken auf: 

I. Anatomie und Physiologie der llaus- 
säugeth iere: 

1. Die Ernährungslehre und die Entwickelung 
der Leibesfrucht. 

2. Anatomie als Grundlage für da» Ver¬ 
ständnis» der physiologischen Functionen 
der Organsysteme und auch als Grund¬ 
lage der Bewegungslehre. 

3. Physiologie in Beziehung zur Gesundheits¬ 
pflege und Hygiene. 

Literatur. 

Wolffs Fütterung der landw. Nutzthicre. (Thaer-Bibliothek.) 
Kaiser: Anatomie. 

Professor Dr. Hagemann will den Candidaten ein Exemplar 
seines demnächst erscheinenden Buches über Anatomie der 
llausthiere, soweit es in Reindruck und Correctur vorliegt, 
zwecks .Studiums zur Benutzung übergeben. 

II. Allgemeine Thierzuchtlehre. 

Theorie der Vererbung, Reinzucht, 

Kreuzung, Inzucht. 

III. Besondere Thierzuchtlehre. Examinator: 

(Pferde-, Rindvieh-, Schweine-, Schaf-, Professor Dr." 
Ziegen- und Geflügelzucht.) Ramm. 

IV. Einrichtung von Herdbüchern, Zucht¬ 
vereinigungen, Ausstellung»- und Prä- 
mirungswesen. 

Literatur. 

Zu 11. Settegast: Allgemeine Thierzucht. 

„ III. Ist in den Vorlesungen im Allgemeinen hinreichend 
ausführlich behandelt. 

Peter Petersen: Ziegenzucht in Deutschland. 

Pribyl’s Geflügelzucht. 

„ IV. Martiny: Stammbuchführung aller Länder. 

„ Kennzeichnen der Zuchtthiere. (Arbeiten der 
deutschen Landw irthsehafts-Gesellschaft.) 

Ramm: Rindermerkhuch. 

Fischer, Dr. Max: Leitfaden der Thierzuchtlehre. 
Müller, Robert: Thierproductionslehre. 

V. Ansteckende Krankheiten; Krankheiten i Examinator: 
und Pflege junger Thiere, Gebnrtshülfc, 1 Kreisthierarzt 
Hufbeschlag, Hufpflege. j Bongartz. 


Examinator: 
Professor Dr. 
llagemann. 


Literatur. 

Haubner’s Veterinärpolizei. 

Beyer: Seuchengesetzgebung. 

Harms: Geburtshülfe. 

Lungwitz oder Hartmann: Huf beschlaglehre. 

Ueber Krankheiten der jüngeren Thiere findet sich das Er¬ 
forderliche in jedem Lehrbuch der landwirthschaftlichen Thier¬ 
heilkunde; Haubner, Richter, Zorn, Zipperlein ete. 

VI. Volkswirthschaftliche Aufgaben der 
Thierzucht: 

Stellung und Bedeutung der Viehhaltung in 
dem landwirthschaftlichen Betrieb. Bedeutung 
der landwirthschaftlichen Viehhaltung für die 
Volkswirthschaft. Deutsche Viehstatistik. Ein- 
und Ausfuhr von Erzeugnissen der Viehhaltung. 

Zölle auf Vieh und thierische Producte. Ge¬ 
nossenschaftswesen in Anwendung auf die 
Viehhaltung. Viehversiehcrungswesen. 

Literatur. 

von der Goltz: Landwirthschaftliche Betriebslehre. 

von der Goltz: Vorlesungen über Agrarwesen und Agrarpolitik. 

Interessant ist für uns Thierärzte, dass die Prüfung zum 
Thierzuchtinspector nur in Verbindung mit dem Examen 
zum Landwirthschaftslehrer oder mit der landwirthschaft¬ 
lichen AbgangBprüfung abgelegt werden kann. Würde diese Be¬ 
dingung Norm, dann wäre in Preussen das Zuchtinspectorat 
Monopol der Landwirthe und die Thierärzte hätten das Nach¬ 
sehen. Ich glaube vorläufig nicht, dass die Absicht besteht, 
Thierärzte, welche Lust und Liebe und Interesse zur Mitwirkung 
in der Thierzucht bekunden, fernzuhalten, meine vielmehr, dass 
unsere vorhandenen Interessen nur bekundet werden müssen. 
Doch dazu ist es höchste Zeit. Es gilt zu handeln! 

Ich bemerke noch, dass auch in Leipzig dasselbe der 
Fall ist. 

Die Bestimmungen der Erweiterungsprüfung zu I und II daselbst 
lauten: 

§ 1. Die I. landwirthschaftliche Staats- und die II. landwirth¬ 
schaftliche Diplom-Prüfung können durch die Prüfung, Betreffend 

„Befähigungsnachweis für die Thätigkeit als Zuchtinspector 
(Wanderlehrer für Thierzueht)“ 
ergänzt werden. 

§ 2. Die Prüfung ist mündlich und erstreckt sich auf 

1. die allgemeine Thierzuchtlehre (eingehend zu behandeln). 

2. die besondere Thierzuchtlehre, namentlich auf das speeielle 
Züchtungsverfahren, auf Rassekenntniss, Heerdbuchführung, 
Prämiirungs- und Körungswesen und Methodik in der 
Förderung der Züchtung, 

3. das allgemeine Veterinärwesen, namentlich auf die haupt¬ 
sächlichsten Seuchen und Heerdekrankheiten. 

§ 3. Für jedes Fach w ird eine besondere Censur ertheilt. Die 
Abstufung der Censuren ist dieselbe wie bei der Diplomprüfung. 

§ 4. Das dem Examinanden zu ertheilcnde Zeugniss wird von 
dem Vorsitzenden und einem zweiten Mitgliede der Prüfungs¬ 
kommission unterzeichnet. 

§ 5. An Gebühren sind 30 M. zu entrichten. 


Wünsche bezüglich unserer künftigen Fleischbeschau. 

Herr Oberthierarzt Ktihnau - Hamburg, hat in seinen be¬ 
züglichen Ausführungen in No 39 der B. T. W. den § 5 des 
ReichBfleischBchangesetzes vom 3. Juni 1900 so gedeutet, als 
ob die approbirten Thierärzte zur Ausübung der Fleischschan 
vorerst noch speeielle Fachkenntnisse erwerben müssten. 

§ 5 Abs. 3 lautet wörtlich: 

„Zn Beschauern sind approbirte Thierärzte oder andere 
Personen, die genügende Kenntnisse nachgewiesen haben, zu 
bestellen.“ 

§ 22 lautet: 

„Der Bundesrath ist ermächtigt: 

1. Vorschriften über den Nachweis genügender Kenntnisse 
der Fleischbeschauer zu erlassen.“ 

Nach meinem Dafürhalten ist nur eine Auslegung der 
beiden Paragraphen zulässig, nämlich die, dass der Nachsatz, 
„die genügende Kenntnisse nachgewiesen haben“, bloss auf 


Examinator: 
Geh. Reg.-Rath 
Professor Dr. 
Frhr. von der 
Goltz. 


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1. November 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


523 


„Personen“, also die Laienfleischbeschauer zu beziehen ist; be¬ 
stärkt wird diese meine Auffassung dadurch, dass in § 5 den 
„Thierärzten“ das Prädikat „approbirte“ ausdrücklich und meiner 
Ansicht nach absichtlich beigelegt ist. Hier steht „approbirte“ 
gewissennassen dem Nachsatz „die genügende Kenntnisse 
nachgewiesen haben“, gegenüber. 

§ 22 ist ein Folgeparagraph zu § 5 und mithin, wie die 
völlig übereinstimmende Ansdrucksweise beweist, nur auf die 
Laienfleischbeschauer zu beziehen. 

Die Fassung des Gesetzes lässt daher nicht ohne Weiteres 
den Schluss zu, dass die „approbirten Thierarzte“, falls ihnen 
die Functionen eines beamteten Fleischbeschauers übertragen 
werden sollen, vorerst genügende Specialkenntnisse in der 
Fleischschau nachweisen müssen. 

Immerhin müssen wir practischen Thierärzte auch die ver- 
liängnissvolle Auslegung des Herrn Oberthierarzt Kühn au im 
Auge behalten und, wie ein Mann, gegen die Möglichkeit einer 
erneuten Schmälerung unserer Existenzen energisch Front 
machen. Wissen wir denn überhaupt, sobald unsere Approbation 
für die Ausübung der Fleischschau nicht genügen sollte, was 
man zur Erreichung der Qualification von uns verlangt? Herr 
Oberthierarzt Kühn au nimmt die Absolvirung eines mindestens 
zweimonatlichen Vorbereitungscursns an einem öffentlichen 
Schlachthanse hierzu an. Wer bürgt uns aber dafür, wenn 
überhanpt ein nachträglicher Nachweis specieller Kenntnisse 
von uns verlangt werden sollte, ob derselbe nicht vor einer 
Prüfungscommission erbracht werden muss? Wie kann bei 
dieser Ungewissheit der Lage der practische Thierarzt schon 
beim Inkrafttreten des Gesetzes gerüstet dastehen? 

Das Reichsfleischschaugesetz hat nicht in letzter Linie den 
Endzweck verfolgt, auch dem platten Lande die Segnungen der 
Hygiene zu Theil werden zu lassen. Ganz anders malt sich 
aber hier das Bild für den die Fleischbeschau besorgenden 
Thierarzt wie in einer Stadt mit Schlachthaus. In Anatomie 
nnd pathologischer Anatomie hat der Thierarzt durch die Fach¬ 
prüfung genügende Kenntnisse erlangt und in die Praxis häufig 
nmgesetzt. Die technischen Einrichtungen eines Schlachthauses 
berühren ihn vorerst nicht. Was soll da für denselben ein 
mindestens zweimonatlicher Vorbereitungscursus an einem öffent¬ 
lichen Schlachthause, der höchstens für Collegen, die sich der 
Schlachthauspraxis speciell zuwenden, angezeigt ist? 

Die NothSchlachtungen vollends sind von der Praxis erst 
recht unzertrennlich. Hier ist der practische Thierarzt der 
berufene Beurtheiler nnd nicht der Schlachthofthierarzt. Ersterer 
hat die Behandlung geleitet, die einzelnen Krankheitsstadien 
kennen gelernt, die Nothschlachtung angeordnet und der 
Schlachtung selbst in der Regel noch beigewohnt. Letzterer 
bekommt meistens gesundes oder höchstens mit chronischen 
Krankheiten behaftetes Vieh zur Beurtheilung. Ist hier eine mehr¬ 
jährige practische Erfahrung nicht weit höher anzuschlagen, als 
ein mehrmonatlicher Vorbereitungscursus an einem Schlachthause? 

Die Verantwortung für die Beurtheilung eines noth- 
geschlachteten Thieres nimmt jeder approbirte Thierarzt mit 
seinen ihm zur Verfügung stehenden Kenntnissen voll und ganz 
und auch freudig auf sich. Haben denn die mit den approbirten 
Thierärzten seither bei Nothschlachtungen gemachten Erfahrungen 
Abänderungen nöthig gemacht? Die seltenen Fälle von Fleisch¬ 
oder Wurstvergiftung, haben sie sich nicht durchweg als Ver¬ 
gehen gegen das Nahrungsmittelgesetz enthüllt? Ist, wenn 
wirklich einmal etwas vorkam, ein ganzer ehrenhafter Stand 


für die Fahrlässigkeit eines Einzelnen verantwortlich? Wozu 
also dieser in die Existenzen zahlreicher practischen Thierärzte 
tiefeingreifende Abänderungsvorschlag? 

Weit entfernt davon, jede Autorität der Sanitätsthierärzte 
in Fleischbeschaufragen im Allgemeinen zu leugnen, muss es als 
eine berechtigte Forderung der practischen Thierärzte betrachtet 
werden, dass die Uebergangsbestimmungen des ausführenden 
Reichsfleischschaugesetzes die bereits mehrere Jahre in der 
Praxis thätig gewesenen Thierärzte in duldsamster Weise 
berühren. Den Löwenantheil könnten sonst beim Streite im 
Lager die Laienfleischschauer leicht davontragen! 

Herrstein, den 13. October 1900. Beckhard, 

pract. Thierarzt. 

Anmerkung zu obigem Artikel. 

Die Auslegung von Gesetzen ist eine eigene Sache, 
gemeinhin geben erst die Ausfnhrungs- und Vollzugs Vorschriften 
darüber Aufschluss, welche Deutung den einzelnen Gesetzes¬ 
paragraphen beizumessen ist. Auch beim Reichsfleischschau¬ 
gesetz dürfte erst die zu erwartende Bnndesraths-Instruction 
Aufschluss geben, ob nur die von Herrn Collegen Beckhard 
beliebte Auslegung der § 5 nnd § 22 des Gesetzes möglich 
war. Mir schien es angebracht, einmal auf die andere Möglichkeit 
der Auslegung der fraglichen Paragraphen hiuzuweisen und im 
Anschluss daran den Standpunkt, welchen ich bezüglich der 
Ausbildung des Fleischschaupersonals einnehme und der, wie 
ich glaube, durch die Macht der Thatsachen genügend erhärtet 
ist, zu skizziren. Württemberg, Hessen und Baden fordern 
bereits von ihren beamteten Thierärzten den Nachweis einer 
mindestens zweimonatlichen practischen Thätigkeit in der 
Fleis<jhschan an. einem Schlachthof, und Professor Edelmann 
stellt in seinem Congressbericht sogar die Bedingung auf, dass 
die jungen Thierärzte mindestens ein Jahr lang in einem 
grösseren Schlacht- und Viehhofe mit einer geordneten guten 
Fleischschau thätig sein sollten, und sagt weiter, dass bei einer 
derartigen Fortbildung allmählich auch die practischen Thierärzte 
des flachen Landes allen Ansprüchen gerecht werden können, 
welche die fortschreitende Fleischschan-Wissenschaft, sowie 
Gemeinde- und Staatsbehörden in wachsendem Masse an die 
Thierärzte zu stellen berechtigt sind. Gerade die Stellung, 
welche der Thierarzt gegenüber dem Laienfleischschauer hin¬ 
sichtlich der Beurtheilung des Fleisches der tuberculösen und 
der nothgeschlachteten Thiere einnehraen soll, erheischt eine 
sorgfältige Durchbildung des die Fleischschau ausübenden 
Thierarztes, besonders auch, weil derselbe in vielen Fällen als 
Obergutachter hinzngezogen wird. Durchaus soll nicht bestritten 
werden, dass diese Durchbildung von dem Thierarzt auch in 
der Praxis erworben werden kann und erworben worden ist. 
Aber Herr Beckhard rechnet selbst mit einer raehijährigen 
Erfahrung, und gerade hierin liegt die Schwäche seiner Beweis¬ 
führung. Soll derjenige Thierarzt, welcher die Erfahrung nicht 
besitzt, ohne Weiteres als wissenschaftlicher Fleischschauer zu¬ 
gelassen werden? Ich glaube, das dürfte weder dem Consumenten 
noch dem Producenten des Fleisches gegenüber zu rechtfertigen 
sein. Um die Lücke, welche durch mangelnde Erfahrung gegeben 
ist, auszufüllen, ist aber die Thätigkeit an einem grösseren 
Schlachthofe während einer Zeit von mindestens zwei Monaten 
durchaus geeignet. Darum dürfte den Vorschlägen, welche sich 
in dieser Richtung bewegen, ihre Berechtigung nicht abzu¬ 
sprechen sein. Darum aber auch der Standpunkt, dass bei den 
Thierärzten, welche die nöthige Erfahrung sich durch mehr- 


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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44. 


524 

jährige practische Thätigkeit angeeignet haben, von der Er¬ 
bringung des Nachweises der practischen Durchbildung in der 
Fleischschau während der Uebergangsperiode abgesehen werden 
kann. Kühnau. 

Protocoll der Generalversammlung des thierärztlichen 
Vereins für die Reg.-Bez. Stettin und Stralsund vom 
24. Juni 1900. 

Abgehalten iin Victoria-Hotel zu Stettin. 

Der stellvertretende Vorsitzende, Herr Dr. Wolter eröffnet 
und leitet die Sitzung. Anwesend sind die Herreu: Breden- 
feld-Lales, Böttcher-Ueckermiinde, Diimmel-Swinemiinde, 
Erdmann-Anklam, Falk-Stettin, Fetting-Pyritz, Hinniger- 
Greifenhagen, Kasten-Stettin, Krenz-Züllchow, Krüger- 
Langenhagen, Lorenz-Stettin, Mörlin-Greifenhagen, Reims- 
feld-Anklam, Scharf-Löcknitz, Schultze-Labes, Schu¬ 
macher-Stettin, Stühr-Misdroy, Zilm-Stargard i. Pomm., 
Zühl-Stargard i. Pomm. 

Der bisherige erste Vorsitzende, Herr Veterinär-Assessor 
Müller, hat sein Fernbleiben wegen Krankheit entschuldigt 
und bedauert wegen seines Alters und seiner angegriffenen 
Gesundheit, die Verhandlungen nicht leiten zu können. Herr 
Müller, der seit Frühjahr 1899 Ehrenmitglied ist, wird zum 
Ehrenvorsitzenden ernannt. 

Demnächst fand die Aufnahme neuer Mitglieder, der Herren 
Thierarzt Berliner-Loitz, Kreisthierarzt Lorenz-Stettin, 
Thierarzt Heineraann-Pölitz und Thierarzt Stöhr-Misdroy 
statt. 

Die Neuwahl des Vorstandes ergab folgendes Resultat: 
Departementsthierarzt Baranski-Greifswald, erster Vorsitzender, 
Dr. Wolter-Stettin und Lorenz-Stettin Stellvertreter, Reims¬ 
feld-Anklara Kassenwart, Falk-Stettin Schriftführer. 

Die Rechnungslegung durch den Kassenwart ergab einen 
Bestand von 315 M. Der Jahresbeitrag von 6 M. soll bei¬ 
behalten werden. Die nächste Sitzung soll in Anklam statt- 
tinden. 

Herr Fetting-Pyritz hält sodann Vortrag über: Pferde¬ 
zucht Pommerns und die Körordnung. Der Vortrag soll 
ausführlich zur Veröffentlichung gelangen; wir beschränken uns 
deshalb kurz auf nachstehende Ausführungen: 

Unsere pommersche Pferdezucht bietet ein sehr buntes 
Bild. Wenn auch die Bodenverhältnisse Pommerns recht ver¬ 
schieden sind, so sind die Schläge noch vielseitiger. Dies wird 
auch zum Ausdruck gebracht in der Haltung der Hengste in 
den Königlichen Gestüten. So sind in Labes bei 161 Hengsten 
15 Rassen vertreten. Die Vertheilung der Rassen ist nicht 
immer eine zweckentsprechende, oft gehören die vier oder fünf 
Hengste einer Station, wie z. B. in Pyritz, ebensoviel ver¬ 
schiedenen Rassen an. Von einer Zuchtrichtung kann dabei 
natürlich nicht die Rede sein. Die Nachzucht wird ein wirres 
Durcheinander, ein Misch-Masch aller möglichen und unmöglichen 
Rassen. Anderswo ist es ähnlich. Das Pferd, ein Product der 
Scholle, soll den heimischen Verhältnissen möglichst entsprechen, 
daher sollte auf schwerem Boden auch vorwiegend ein schweres 
Arbeitspferd gezüchtet werden. Durch solche zusammen¬ 
gewürfelte Rassen, wie oben erwähnt, geht dem weniger 
intelligenten Züchter das Verständniss für die Entwickelung der 
Zuchten auf heimatlichem Boden noch mehr verloren. Wo aus 
wirtschaftlichen Gründen Reinzucht nicht betrieben werden 
kann, weil die Beschaffung von Zuchtmaterial zu theuer, da 


muss durch zielbewusste Kreuzung der Landstuten mit guten, 
schweren, kaltblütigen Hengsten mehr Masse erzielt werden. 
Die schweren englischen Schläge sind gleichfalls aus Kreuzungen 
hervorgegangen, auch die Amerikaner sind dem Streben nach 
mehr Masse gefolgt und prodnciren durch Kreuzung eine Menge 
schwerer Arbeitspferde, deren Concurrenz auf unsere heimische 
Pferdezucht ungünstig wirkt. Die bisherigen practißchen 
Erfolge, die man bei der Besetzung der Deckstationen durch 
so verschiedenartiges Zuchtmaterial erzielte, sind massig, oft 
Carricaturen. Hier muss mehr einheitlich vorgegangen werden, 
und namentlich müssten die Landwirthschaftskammern noch 
mehr als bisher, die Directiven in der Viehzucht bestimmen und 
die Zuchten organisiren. Wenn im Allgemeinen die Resultate 
bisher minderwerthige seien, so müsse andererseits das eifrige 
Bestreben der Pferdezuchtvereine hoch anerkannt werden. In 
Pyritz besteht ein solcher Verein, der es sich zur Aufgabe 
gemacht hat, den Verhältnissen des Kreises und seiner Um¬ 
gegend Rechnung zu tragen. 

Dieser Verein züchtet nur schweren Schlag. Besonders 
bewährt haben sich in der Weiterzucht schwere Ardenner. Nach 
solchen Thieren sei immer Nachfrage. So erzielten z. B. Pyritzer 
Ackerbürger für fünljährige Pferde eigener Züchtung 1000 M. 
und mehr, Preise, welche sie früher nicht annähernd kannten. 

Redner verbreitete sich dann noch eingehend über die 
Körordnung, bei welcher Gelegenheit er namentlich die mangel¬ 
hafte thierärztliche Mitwirkung kritisirte. 

Für den interessanten Vortrag wurde Herrn Fetting reich¬ 
licher Beifall gezollt. 

In der Debatte vertrat Herr Gestüts-Inspector Schultze- 
Labes den Standpunkt, welchen das Königliche Landgestüt in 
der Frage der Mitwirkung bei der poramerschen Pferdezucht 
einnimmt, pflichtete dem Vortragenden auch in einigen Punkten 
bei. Leider waren die Ausführungen des Herrn Schnitze 
wegen Zeitmangels auf das kürzeste Mass beschränkt. 

Aus der Praxis wird berichtet: 

Schumacher-Stettin hat bei Kalbefieber mit dem Sclimidt- 
Kolding’schen Verfahren gute Erfolge gehabt; dasselbe bestätigt 
Reimsfeld-Anklam, der 90pCt. geheilt hat. Er bemerkt jedoch, 
dass man rechtzeitig gerufen werden müsse. Auch Fetting- 
Pyritz pflichtet dem bei, er trägt einen Fall vor, bei dem sich 
nach fünf Tagen noch Morbus maculosus einstellte, den er mit 
Arg. Crede ohne Schwierigkeiten beseitigt habe. 

Lorenz-Stettin berichtet, dass er sämmtliche Fälle von 
Zungen-Actinomycose in seiner Praxis mit Jodkalium geheilt 
habe. Er giebt täglich 10 g auf zwei Mal und setzt nach 
14 Tagen mit der Behandlung wegen des auftretenden Jodismus 
aus, um sie nach weiteren 14 Tagen in derselben Weise fort¬ 
zusetzen, wenn noch keine Heilung eingetreten ist. Hinniger- 
Greifenhagen bestätigt die guten Resultate bei Anwendung von 
Jodkalium. 

Hierauf bespricht Lorenz das bekannte Verfahren der 
Landwirthschaftskammer, Rothlauf-Impfstoffe an Laien abzugeben. 
Er hebt hervor, dass ein derartiges Verfahren dem Seuchen¬ 
gesetz eigentlich Hohn spräche; denn während durch dieses 
bezw. die betreffende landespolizeiliche Anordnung über Schweine¬ 
seuchen Schutzmassregeln gegen den Rothlauf vorgeschrieben 
würden, werden Laien Rothlauf-Culturen in die Hand gegeben 
und könne durch unvorsichtige Handhabung derselben die 
Seuche direct weiterverbreitet und Rothlaufheerde geschaffen 
werden. Lorenz ist der Ansicht, dass es unbedingt erforderlich 


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1. November 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


525 


sei, hiergegen energisch Front zu machen nach dem Beispiele 
des thierärztlichen Vereins der Provinz Brandenburg. Er stellt 
den Antrag, die Centralvertretung ebenfalls zu ersuchen, an 
massgebender Stelle dahin vorstellig zu werden, dass Impfstoffe 
künftig nur an Thierärzte abgegeben werden dürfen. Dieser 
Antrag wird angenommen und der Vorstand beauftragt, das 
Weitere in die Wege zu leiten. 

Ueber besondere Erfolge bei der Rothlauf-Impfung berichten 
noch Fetting-Pyritz und Stöhr-Misdroy. 

Nach Schluss der Sitzung fand ein gemeinschaftliches Essen 
mit Damen statt. Falk. 

Thlerärztlioher General-Verein für die Provinz Hannover. 

Am Sonntag den 28. Oktober hat die Generalversammlung 
in der thierärztlichen Hochschule zu Hannover stattgefundenen. 
Neben Berathungen über Statuten-Fragen, namentlich Aenderung 
der für die Wittwenkasse bestehenden Vorschriften, umfasste 
die Tagesordnung namentlich einen Vortrag des Herrn Dr. 
Brücher senior über Kreuz- und Lenden-Lähme, sowie patho¬ 
logisch-anatomische Demonstrationen des Professor Olt. 


Ehrung. 

Am 21. October er. wurde dem Departementsthierarzt a. D., 
Herrn Scharmer zu Liegnitz von den Kreisthierärzten seines 
Bezirkes eine kunstvoll ausgeführte Dankadresse überreicht. 
Wegen eines schweren Augenleidens war Herr Scharmer leider 
zu frühzeitig (im Juli er.) genöthigt, aus dem Staatsdienste zu 
scheiden. Seine collegialische Gesinnung und sein verdienst¬ 
volles Wirken, namentlich wenn es sich um die Wahrung der 
Standesinteressen handelte, fand in der ihm überreichten Adresse 
gebührenden und anerkennenden Ausdruck. Durch diese ihm 
bezeugte Ehrung war Herr Scharmer tief ergriffen und 
sprach in bewegten Worten den abgeordneten Kreisthierärzten 
seinen innigsten Dank aus. 

Breslau. 

Die neubegründete ausserordentliche Professur für Veterinär¬ 
wissenschaft am landwirtschaftlichen Institut der Universität 
ist dem bisherigen Kreisthierarzt Dr. Peter zu Angermünde 
übertragen worden. 


Staatsveterinärwesen. 

Redigirt von Preusse. 

Uebertragung der Lungenseuche des Rindes dnreh 
Personenverkehr. 

Von 

Peters-Bromberg. 

Obwohl die thierärztliche Literatur nicht unerwähnt lässt, 
dass die Lungenseuche des Rindes auch mittelbar übertragen 
werden kann, so dürfte es doch im allgemeinen Interesse sein, 
einwandsfreie Fälle, in denen eine mittelbare Uebertragung statt- 
gefunden hat, zur Kenntniss der betheiligten Kreise zum Zwecke 
des Erlasses vorbeugender Schutzmassregeln zu bringen. Aus 
diesem Grunde gestatte ich mir einen solchen zur Verfügung 
stehenden Fall zu veröffentlichen: 

Seit ca. 15 Jahren war die Lungenseuche des Rindes im 
diesseitigen Bezirke nicht beobachtet, als sie am 23. Januar 1899 
bei einem nothgeschlachteten Ochsen in Folge der in der Stadt 
K. durch Polizei-Verordnung eingeführten Fleischschau fest¬ 
gestellt wurde. Das Thier entstammte einem 174 Haupt haltenden 
Bestände des Rittergutes L. und zwar einer Stallabtheilung, in 
welcher Arbeitsochsen, einige Stiere und einige Milchkühe unter¬ 
gebracht waren. Woher und auf welche Weise die Seuche 
überhaupt eingeschleppt ist, ob durch eingeführte Zugochsen, 
ob durch zugekaufte Milchkühe oder durch Personenverkehr in 
Folge der vom Auslande (Russland, woselbst die Lungenseuche seit 
Jahren in den angrenzenden Gouvernements herrscht) bezogenen 
Arbeiter, ist nicht bestimmt ermittelt worden. Dass die Seuche 
aber in dieser Stallabtheilung zuerst vorhanden gewesen ist, 
wurde dadurch erwiesen, dass bei der Ausräumung des Gesammt- 
bestandes hier die ältesten Krankheitserscheinungen gefunden 
wurden. Die Seuche musste auch nach den Sectionsergebnissen 
der ältesten Fälle (kopfgrosse Sequester) und in Rücksicht auf 
die Einschleppungsmöglichkeiten seit October 1898 also seit 
ca. drei Monaten unerkannt dort geherrscht haben. Der Gesammt- 
bestand wurde nach V-fa Monaten des Bestehens der Seuche, 
also im März 1899 zum Zwecke der Abschlachtung ausgeführt 
und getödtet. 


Am 19. Mai 1899 wurde bei einem dem Bromberger Schlacht¬ 
hause mittelst Wagen zngefuhrten Arbeitsochsen ebenfalls die 
Lungenseuche festgestellt. Das Thier entstammte dem 281 Haupt 
Rindvieh enthaltenden Amte Kr. und war angeblich wegen 
j allgemeiner Schwäche zum Zugdienste nicht mehr zu verwenden 
gewesen. Die Seuche ist auf diesem Gute ebenfalls durch Aus¬ 
schlachtung des gesammten Bestandes des Hauptgutes unterdrückt 
I worden. 

Die Erhebungen über die Einschleppung dieses zweiten 
Falles lieferten nun Folgendes: 

Ein Viehverkehr zwischen beiden Besitzungen hatte nicht 
stattgefunden, wohl aber ein Personenverkehr. Der Besitzer 
des zuerst verseuchten Gutes L. war nach dem Tode des Be¬ 
sitzers von Amt Kr. Curator des letzteren Gutes geworden und 
hatte während 23 Tage vom 1. Januar bis zum 23. Januar 1899 
(dem Tage der Feststellung der Seuche auf seinem Gute) öfter 
auf dem Gute Kr. verkehrt und auch zugestandenermassen 
zwecks wirtschaftlicher Dispositionen in den Viehställen von Kr. 

I sich aufgehalten und war auch sonst mit den Viehbeständen 
des Amtes Kr. in Berührung gekommen. Da solches, wenn 
nicht besondere Umstände vorliegen, in der Regel in ganz 
harmloser Weise geschieht, so konnte auch nicht festgestellt 
werden, wie oft und unter welchen Umständen er die Viehställe 
des Amts Kr. betreten hatte, ob er insbesondere einen Kleider¬ 
wechsel vor dem Verlassen seines Gutes vorgenommen hatte, 
oder ob er in einem oder anderem Falle direct von dem Besuche 
seines Viehstalles nach dem Amte Kr. gefahren war u. s. w. 
Die Entfernung beträgt zu Wagen ca. 1 Stunde. Jedenfalls 
war der Besitzer von L. seit dem 23. Januar nicht mehr mit 
dem Viehbestände in Kr. in Berührung gekommen. Ausser dem 
Besitzer von L. war auch der Oberinspector von Amt Kr. zwecks 
Einholung von Instructionen und zwar auch zur Zeit des 
Herrschens der Seuche in L. gewesen, dass er aber mit den 
erkrankten Thieren in Berührung gekommen war, konnte nicht 
festgestellt werden und war auch nach Lage des Falles nicht 
anznnehmen. Als Thatsache muss demnach den angestellten 
weitgehenden Ermittelungen entsprechend bei völligem Ausschluss 
jeden Viehverkehrs zwischen beiden Gütern angenommen werden, 


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526 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44. 


dass ein Personenverkehr die Seuche von einem zum anderen 
Gute übertragen hat. 

Nicht uninteressant ist auch die Mittheilung des Besitzers 
von L., der annimmt, dass die Seuche von dem mit Arbeits¬ 
ochsen besetzt gewesenen Stalle nach dem mit Mastvieh be¬ 
setzten Stalle durch Katzen übertragen ist. Er will bemerkt 
haben, dass eine Stallkatze sich von einem lungenseuchekranken 
Ochsen lecken und kurze Zeit darnach dasselbe in dem ca. 20 m 
entfernten Stalle von einem Mastochsen wiederholen liess; 
das letztere Thier wurde frisch erkrankt befunden. 

Obgleich nun die wissenschaftliche Erfahrung eine mittel¬ 
bare Uebertragung der Lungenseuche kennt, ist diesem Umstande 
in der Bundesrath-Instruction zum Reichsviehseuchengesetze doch 
nur sozusagen nebenbei Rechnung getragen. Denn nur der § 15 
der Anlage A zu der Instruction des R V. G., betreffend das 
Desinfectionsverfahren, bestimmt, dass diejenigen Personen, 
welche mit kranken oder verdächtigen Thieren, mit Cadavern 
oder Cadavertheilen in Berührung gekommen sind, beim Ver¬ 
lassen des Seuchenstalles oder des Gehöftes oder der Schlacht¬ 
ställe die Hände, die Kleider und das Schuhwerk, oder sofern 
sie baarfuss gehen, die blossen Fiisse gründlich zu reinigen 
und das Schuhwerk mit Wasser abzubürsten haben. 

An und für sich werden nun „Anlagen“ zu gesetzlichen 
Bestimmungen in der Regel nicht gelesen, es liegt auch dem 
Verwaltungsbeamten das Studium dieser Anlagen gerade sehr 
fern, weil die Desinfectionsanordnung ihn nichts angeht, und 
komischer Weise finden sich diese Schutzmassregeln betreffend 
den Personenverkehr bei der Lungenseuche gerade unter den 
Bestimmungen, welche am Schlüsse der Seuche bei der 
Desinfection gegeben werden, statt am Kopfe der Bestimmungen 
zu stehen, wo sie bereits am Tage der Feststellung der Lungen- 
senche mit Vortheil und zwar nicht vom beamteten Thierarzt, 
sondern von den leitenden Polizeibeamten gebraucht werden. 
Für eine künftige Abänderung der Bundesrath- 
Instruction dürfte sich daher eine bessere Beachtung 
dieser Schutzmassregel gleich denen über Heu, Stroh, 
Gehöft, Weide und Stall und eine bessere Placirung 
derselben empfehlen. 

In vorliegenden Fällen wurde den Sperrmassregeln auch 
bezüglich des Personenverkehrs mit bestem Erfolge dadurch 
der entsprechende Nachdruck verliehen, dass vom Ausbruche 
der Seuche bis zur Abnahme der Desinfection ein Gendarm auf 
deu betreffenden Gütern stationirt wurde. 

Schliesslich soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Fleisch¬ 
schau in beiden Fällen prompt ihre Schuldigkeit gethan hat. 
Denn nach Lage beider Fälle wäre ohne Zweifel nicht nur die 
Seuche längere Zeit unerkannt geblieben, wenn die Thiere nach 
Orten ohne Fleischschau eingeführt worden wären, was durch 
besondern Zufall bei dem aus Kr. stammenden Thiere im zweiten 
Seuchenfalle verhindert wurde, sondern die Seuche wäre auch 
weiter verbreitet worden, wenn nicht der glückliche Zufall die 
mehr oder weniger nothgeschlachteten Thiere in Städte mit 
Fleischschau geführt hätte. 

Verzeichnis* der durch Maul- und Klauenseuche verseuchten Landestheile. 

In Verfolg der Declaration vom 9. April 1896 (Ausser¬ 
ordentliche Beilage zu Nr. 16 des Amtsblatts für 1896) zur 
landespolizeilichen Anordnung vom 6. Dezember 1895, betreffend 
die Abwehr gegen die Einschleppung der Maul- und Klauen¬ 
seuche in den diesseitigen Regierungsbezirk durch das aus 


anderen Reichstheilen stammende Vieh. (Ausserordentliche Bei¬ 
lage zu Nr. 49 des Amtsblatts für 1895), bestimme ich, dass die Vor¬ 
schriften der vorbezeichneten landespolizeilichen Anordnung sich 
auf das aus nachbenannten Reichstheilen: 1. aus den preussischen 
Regierungsbezirken Magdeburg, Merseburg, 2. aus den bayerischen 
Regierungsbezirken Oberbayern, Oberpfalz, Oberfranken, Mittel¬ 
franken, Unterfranken, Schwaben, 3. aus den sächsischen Kreis¬ 
hauptmannschaften Bautzen, Dresden, Leipzig, Zwickau, 4. aus 
den württembergisehen Kreisen Neckarkreis, Schwarzwaldkreis, 
Jagstkreis, Donaukreis, 5. aus den badischen Landes- 
commissariaten Constanz, Freiburg, Mannheim, 6. aus den 
hessischen Provinzen Oberhessen, Rheinhessen, 7. aus dem 
Grossherzogthum Sachsen-Weimar, 8. aus dem Herzogthum 
Braunschweig, 9. aus dem Herzogthum Sachsen-Meiningen, 
10. aus dem Herzogthum Anhalt, *11. aus dem Fürstenthum 
Schwarzburg-Sondershausen, 12. aus dem Fürstenthum Schwarz¬ 
burg-Rudolstadt, 13. aus dem Fürstenthum Waldeck, 14. ans 
dem FürBtenthnm Reuss ä. L., 15. aus dem Fürstenthum Reuss j. L., 
16. aus den Reichslanden Elsass-Lothringen im Regierungsbezirk 
Bromberg zur Entladung mit der Eisenbahn gelangende Rind¬ 
vieh bis auf Weiteres beschränken. 

Bromberg, den 8. Oktober 1900. 

Der Regierungspräsident. 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen. 

Erloschen ist die Seuche auf dem Centralviehhof in Berlin. 


Fleischschau und Viehhandel. 

Von KDhnau. 

Das Schiachthauswesen In Oesterreich. 

Ministerialrath B. Sperk liefert in dem anlässlich der 
Pariser Weltausstellung herausgegebenen Werke „Soziale Ver¬ 
waltung in Oesterreich am Ende des 19. Jahrhunderts“ einen 
Beitrag zur Entwicklung des Schlachthauswesens in Oesterreich. 
Die vom allgemein sanitären Standpunkte und auch wirthschaftlich 
gerechtfertigte Errichtung öffentlicher Schlachthäuser war noch 
in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch in Oesterreich 
nur ausnahmsweise von Vertretungen der grösseren städtischen 
Gemeinwesen anerkannt worden. In der Regel war es den 
Gewerbetreibenden überlassen geblieben, sich die für jeden 
Einzelnen ungleich kostspieligeren Schlachtstätten und Eis¬ 
keller u. 8. w. in den beliebigen Theilen der Städte herzustellen 
und so gut es ihnen eben möglich war in Stand zu halten. 
Daraus ergab sich für die Schlachter der sehr fragliche Vortheil, 
dass zum Nachtheile der Consumenten ihr Betrieb den Organen 
der Sanitäts-Verwaltung mehr entrückt wurde. Oeffentliche, 
in jener Zeit errichtete Schlachthäuser boten in ihrer Ein¬ 
richtung, dem Fehlen von Eishäusern, Stallungen, Häutemagazinen 
u. s. w. soviel Mangelhaftigkeit in Bezug auf sanitäre und 
veterinärpolizeiliche Anforderungen dar, dass ein Anreiz zur 
Nacheiferung dadurch nicht gegeben werden konnte. Selbst die 
erst vor 30 Jahren erbauten Schlachthäuser, welche bereits mit 
cementirten oder überhaupt undurchlässigen Fussböden, guter 
Canalisirung, Ventilation, Stallungen, sogar mit besonderer 
Secirkammer, mit Viehwaagen u. s. w. ausgestattet waren, 
wurden noch mit ziemlicher Gleichgültigkeit hingenommen und 
blieben sehr vereinzelt. Als aber die technischen Fortschritte 
es ermöglichten, das Natureis entbehrlich zu machen und durch 
Luftkühlung, wie Herstellung von Kunsteis eine ungleich bessere 


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1. November 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Conservirung des Fleisches zu erreichen, trat auch in dieser 
Richtung erfreulicher Wandel in Oesterreich ein, und derselbe 
macht sich bereits allenthalben, wo eine fortschrittlich gesinnte 
Gemeinde-Verwaltung für die Wahrung der Interessen der 
Consumenten wie der Gewerbetreibenden Sinn und Thätigkeit 
entwickelt, und die Schlachter mit dem Griffel in der Hand auch 
die Vortheile ihres Gewerbes zutreffend zu calculiren verstehen, 
als ein Wetteifer in der Errichtung zeitgemäss ein¬ 
gerichteter, öffentlicher Schlachthäuser bemerkbar. 
Die neuesten Schlachthäuser beschränken sicli nicht blos auf 
die Schlachthallen mit den bequemsten maschinellen Einrichtungen 
und Schlachtmethoden, die maschinellen Kühlanlagen, Gas oder 
elektrische Beleuchtung aller Räume, die nothwendigen Stallungen, 
Häutetrockenräume und Magazine, Fettschmelzerei, Darmputzerei, 
Blutverwerthnng, sondern bringen auch Digestoren zur Ver- 
werthung solchen Fleisches in Anwendung, welches bisher wegen 
Behaftnng mit Finnen, Tubereulose dem Wasenmeister über¬ 
wiesen werden musste. Die Schlachthäuser sind auch mit be¬ 
sonderen Schienensträngen ausgerüstet, um das Schlachtvieh im 
Waggon bis zu den Schlachthofstallungen überführen und 
mögliche Seuchenverschleppungen unter das einheimische Vieh 
hintanhalten zu können; ja man bestellt sogar schon ein eigenes 
städtisches Schlachterpersonal, um den Gewerbetreibenden auch 
in dieser Beziehung eine Erleichterung bieten zu können oder 
stellt demselben neben Arbeitskleidern ein bequemes Bad zur 
Verfügung, damit auch den Anforderungen der Hygiene ent¬ 
sprochen wird. 

Oeffentliche Schlachthäuser bestehen gegenwärtig (ohne 
maschinelle Kühlanlage): In Niederösterreich 6 (in Wien 4) 
Oberösterreich 2, Salzburg 1, Steiermark 6, Kärnten 2, Krain 3, 
Küstenland 5, Tirol-Vorarlberg 8, Böhmen 03, Mähren 40, 
Schlesien 6, Galizien 92, Bukowina 1, Dalmatien 1; mit 
maschineller Kühlanlage: In Niederösterreich 3 (2 in Wien* 
und 1 in Wiener - Neustadt*, OberÖsterreich 1 (Linz*), Steier¬ 
mark 1 (Graz*), Böhmen 0 (Prag*, Pilsen*, Laun*, Asch*, 
Wainsdon*, Karlsbad*), Mähren 5 (Biünn*, M.-Ostran*, Olmütz*, 
Kremsier*, Znaim*), Schlesien 1 (Troppau*). Die Schlacht¬ 
häuser der mit Sternchen versehenen Orte sind mit Schienen¬ 
strängen verbunden, desgleichen die von Budweis in Böhmen 
mul Bohen in Steiermark. 


Ein- und Ausfuhr von Vieh und Fleisch im August 1900. 




Einfuhr 

+ 

Ausfuhr 


+ 



1900 

1899 

1900 

1899 


Pferde Stück 

8 340 

9 491 - 

1151 

735 

807 

_ 

72 

Maulthierc, 

Esel, 








Maulesel 

Stück 

140 

119 + 

21 

10 

— 

+ 

10 

Rinder 

>> 

17 154 

17 318 — 

194 

623 

461 

+ 

162 

Schweine 


6 079 

6160 - 

91 

171 

267 

96 

Schafe 


94 

433 — 

339 

6 795 

7524 

— 

729 

Ziegen 

>> 

50 

43 + 

7 

28 

7 

+ 

21 


Einfuhr Ausfuhr 

Frisches: 

Rindfleisch dz 9 981 13136 — 3152 1 784 1144 + 640 

Schweinefleisch „ 4 948 7 684 — 2736 149 55 + 94 

Hammelfleisch „ 74 71 + 3 98 98 -f — 

Zubereitetes: 

Rindfleisch dz 2071 1 772 -j- 299 122 88 + 34 

Schweinefleisch „ 3 920 6 358 — 2438 83 74 + 9 

Schinken „ 1 588 2 899 — 1311 2 776 1629 + 1147 

Speck „ 5 718 18 407 — 12689 821 99 + 722 

Würste „ 3 919 5 742 — 1823 708 414 + 294 

liiichscufleiseh „ 5 333 2 557 + 2776 17 13 + 4 

Fleischextraet „ 698 837 — 739 62 58 + 4 

Die Einfuhr ist sowohl beim lebenden Vieh wie auch beim 
Fleisch nicht unbeträchtlich hinter dem Vorjahre zurückgeblieben. 
Beim Schinkenversandt hat sogar die Ausfuhr mehr betragen 
als die Einfuhr. Veranlasst ist die Mindereinfuhr durch die 
Steigerung der Fleischpreise auf dem Weltmarkt, besonders in 
den Vereinigten Staaten, hier sind die Schweinefleischpreise 
gegen das Vorjahr uni über 14 pCt. gestiegen. 

Die Ausfuhr von Rindern hat etwas zu, von Schafen ab¬ 
genommen. Fleisch ist mehr als im Vorjahr, aber weniger als 
im Vormonat ausgeführt worden. Die Steigerung der Schweine¬ 
fleischpreise in Deutschland hat die Schlachtung von Schweinen 
zum Export nach England unlohnend gemacht. 

Der Fleiechbedarf der Truppen in China. 

Die in China versammelte internationale Armee bedarf zu 
ihrer Verpflegung ganz bedeutender Mengen Fleisch, welches 
zum grössten Theil aus Amerika und Australien bezogen wird. 
Einen Begriff des erforderlichen Quantums erhält man, wenn 
man die Aufträge vernimmt, welche die amerikanischen und 
australischen Packer bekommen haben. Die amerikanische 
Regieriing hat beispielsweise in Chicago 1 000 000 Pfund frisches, 

| gesalzenes und conservirtes Fleisch bestellt. Nach dem „Drovers 
Journal“ sollen geliefert werden: 

96 000 Pfund BHchsenfleisch 

48 000 „ Roastbeef 

600000 „ Durchwachsener Speck 

25 000 „ Fetter Speck 

3 600 ,, Hackfleisch 

50 000 „ Schmalz in 5 Pfunddosen 

I 200 ,, Schweinspfoten 

5 400 „ Würste 

9 (XX) ,, Rinderzungen. 

Das Fleisch muss nach Angabe und unter Aufsicht der Re¬ 
gierung hergerichtet werden und dem tropischen Klima wider¬ 
stehen. Der Preis für das Fleisch beträgt annähernd $ 225 OOO. 
Das Fleisch soll über San Francisco nach Manila und dem Orient 
gesandt werden. 

Gleichzeitig hat die englische Regierung 50 000 Pfund 
Schinken bestellt. Andere grosse Ordres liegen vor für Cape 
Nome, Clondyke und Deutschland. 


ttücheranzeigen und Kritiken. 

A. Lungwitz und P. Schmidtchen, Zeichenvorlagen für Hufbeschlag- 
Fachschulen. Preis 7,50 M. G. Schönfeld’s Verlagsbuchhandlung, 
Dresden. 1900. 

Die Zeichenvorlagen bieten ein vortreffliches Unterrichts¬ 
mittel für den Hufbeschlag. Denn durch das Nachmalen von 
Oliedmassen, Hufen, Eisen u. s. w., welche meist schematisirt 
und mit einfachen Linien dargestellt sind, schult der angehende 


Reschlagschmied das Auge für die Beurtheilung von Stellungen 
Huf- und Eisenformen und lernt die Fehler am Beschlag leichter 
erkennen. Die Unterweisung im Zeichnen sollte demnach an 
einer Hufbeschlag-Fachsclmle in keinem Falle fehlen. 

Die Vorlagen. 30 an Zahl, können für diesen Zweck bestens 
empfohlen werden. 

An den Militär-Lehrschmieden Preussens wird die Mehrzahl 
der Figuren, welche auf den Tafeln enthalten sind, schon seit 


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528 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44. 


achtziger Jahren als Material für die Zeichenstunde der Truppen- 
schmiede benutzt. Die Darstellung von beschlagenen Hufen in 
der Manier, welche Tafel 25 und 26 zeigt, wurde bereits von 
Kösters im Jahre 1892 angewendet (vgl. Die Besichtigung 
des Pferdes mit Rücksicht auf die Ausführung des Hufbeschlages. 
Zeitschr. f. Veterinärkunde, 1892.). 

Es ist das Verdienst der Herausgeber, die für den Beschlag¬ 
unterricht nützlichen Zeichnungen gesammelt, in gefälliger Form 
dargestellt und in einer systematischen Reihenfolge wieder¬ 
gegeben zu haben. 

Neue Eingänge. 

(Besprechung Vorbehalten.) 

Friedberger und Fröhner: Lehrbuch der speciellen Pathologie 
und Therapie der Hausthiere. V. Aufl. 2. Band. Stuttgart 
bei Enke. 

Bayer und Fröhner: Handbuch der thierärztlichen Chirurgie 
und Geburtshülfe. V. Band. Thierärztliche Augenheilkunde von 
Prof. Bayer. Ca. 500 Seiten mit 262 Abbildungen und 11 
farbigen Tafeln. Wien bei Braumüller. 

Kitt: Lehrbuch der pathologischen Anatomie der Hausthiere 
II. Auflage, 1. Band. Stuttgart bei Enke. 

Martin-Zürich: Lehrbuch der Anatomie der Hausthiere; er¬ 
scheint an Stelle des Frankschen, in der V. Aufl. des bereits von 
Martin bearbeiteten Handbuches. Vollständig in 10 Lieferungen 
ä. 4 Mark. Lieferung 1, Stuttgart bei Schickhardt & Ebner. 

HofTmann-Stuttgart: Das Buch vom gesunden und kranken 
Hunde. Lehr- und Handbuch über das Ganze der wissenschaft¬ 
lichen Kynologie. 550 Seiten. Wien bei Moritz Perles. 

Brand, Oberrossarzt a. D.: Selbstunterricht in der Pferde- 
kenntniss. 4. Aufl. Neudamm bei J. Neu mann. 

Grossbauer, Hufbeschlaglehrer an der thierärztlichen Hoch¬ 
schule in Wien: Der Hufbeschlag. 230 Seiten mit 205 Abbil¬ 
dungen. Wien bei Braumüller. 

Ehrhardt, in Zürich. Die Hundswuth, Aarau bei Wien. 
100 Seiten. 

Gamer: Die Sprache der Affen. Ans dem Englischen über¬ 
setzt von Prof. William Marshall. 200 Seite. Kleiuoctav. 
Leipzig bei Seemann Nachfolger. 

Dr. Dade: Zum Schutz der deutschen Pferdezucht. Heft I. 
Die Materialien für die deutsche Handelspolitik, herausgegeben 
vom deutschen Landwirthschaftsrath. Berlin bei Parey. 

Wey!: Oeffentliche Massnahmen gegen ansteckende Krank¬ 
heiten mit besonderer Rücksicht auf die Desinfection. 220 Seiten. 
Jena bei Gustav Fischer. 

Kirchner, Geheimer Medicinalrath: Bissverletzungen durch 
tolle Thiere. 1899. Derselbe Verlag. 

Marx: Thätigkeit der Abtheilung für Heilung und Erforschung 
der Tollwutli am Institut für Infectionskrankheiten in Berlin. 
Derselbe Verlag. 

Course in Surgical Op^rations for Veterinary Students and Prac- 
titioners by Pfeiffer Williams. Englische (amerikanische) 
Uebersetzung des Cursus der Operationslehre von Prof. Pfeiffer- 
Giessen. Verlag von R. Schötz-Berlin. 

Carus Sterne: Werden und Vergehen. (Besprechung des 
Werkes ist erfolgt). Heft 14 ist erschienen. 


Personalien. 

Ernennungen: Kreisthierarzt Dr. Peter-Angermünde zum Pro¬ 
fessor extraordinarius an der Universität Breslau. 


In Bayern: Zu pragmatischen Bezirksthierärzten die Bezirksthier- 
ärzfei Friedrich Lehn er-Parsberg, Gottlieb Schumann-Hilpoltstein 
und Hermann Staudinger-Lohr. Die Verwaltung der Bezirksthier¬ 
arztstelle in Vilsbiburg ist dem Thierarzt Karl Rau scherübertragen. 

Approbationen: in Berlin die Herren Berthold Erlanger, 
Waldemar Holtz, Alfred Jerke, Heinrich Kallenbach, Albert 
Littv, Carl Markwardt, Arthur Pfefferkorn. 

Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in Berlin die 
Thierärzte Wilhelm Grothc-Nowawes, Wilhelm Grupe-Berlin, 
Hermann Hogrcfe, Rossarzt,-Rendsburg, Richard Homp-St Goar, 
Emil Kriiger-Lobsens, Gustav Meyer-Diepholz, Emil Schmidt- 
Düben, Gotthold Schwabe-Ebeleben, Konstantin Weber-Soegel. 

Wohnsitzverlnderungen, Nederlaosungen etc.: Verzogen: Die Thier¬ 
ärzte Wilhelm Franz nach Arnstadt (Thür.), J. Graf von Culin a.W. 
nach Rackwitz (Posen), 0. Ilarder-Culin vorübergehend nach Bad 
Suderode, F. Kleiner nach Ncu-Trebbin (Kr. Ober-Barnim), Paul 
Meyer (Bannen) nach Elberfeld, C. Ni eher nach Raguhn (Anhalt), 
Simader nach Kulmbach. 


Yacanzen. 

Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Reg.-Bez. Coblenz: Simmern (600 M. und 450 M. Stellenzulage). 
Bewerbungen bis 10. November er. an den Regierungspräsidenten. 

— Reg.-Bez. Hannover: Springe zum 1. Jan. 1901 (600 M.). Meid, 
bis 25. Nov. er. an den Regierungspräsidenten. 

b)NachAblauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Reg.-Bez. Düsseldorf: Landkreis Krefeld. — Reg.-Bez. Liegnitz: 
Sagan. 

Sanltfitsthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Graudenz: Assistenzthierarzt sofort (2100 M. möbl.Wohnung etc.): 
4 wöchentliche Kündiguug; Bewerbungen an den Magistrat 

— Oelsnitz (Sachsen): Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleisch¬ 
beschau zum 1. Januar 1901. (3500 M. Anfangsgehalt; Pension in 
Aussicht; Praxis in der Stadt und in den Vororten.) Gesuche bis 
31. October an den Stadtrath. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen 
Arys: Schlachthofverwalter. — Bahn: Thierarzt für Fleischbeschau. 

— Beuthen (Oberschles.): Schlachthofassistenzthierarzt (2100 M. 
steigend bis 3300 M. Wohnung etc.; viertelj. Kündigung). Bewerb, 
bis 25. Nov. er. — Bremen (Stadt): 3. Thierarzt am Schlachthof. — 
Cassel: Schlachthofassistcnzthicrarzt — Cottbus: Schlachthof- 
Assistenzthierarzt sofort — Dessau: Schlachthofassistenzthierarzt. 

— Düren: Schlachthofdirector. — Grätz (Posen): Schlachthof- 
Inspeetor. — Halle: 2 Assistenzthierärzte. — Köln: Schlachthof¬ 
thierarzt. — Königsberg (Ostp.): Schlachthofthierarzt. — Mainz: 
Schlachthofthierarzt. — Ott weil er (Bez. Trier): Schlachthaus¬ 
verwalter. — Pössneck: Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau (aus 
letzterer 1200 M.; ausserdem ca. 7u0 M. aus der Trichinenschau:» 
Bewerb, bis 15. Nov. er. — Punitz i.Pos.: Thierarzt für Schlachtvieh¬ 
beschau (1200 M.: ausserdem Praxis.) Bewerb, an den Magistrat. — 
Salzwcdcl: Schlachthof - Vorsteher. — Trier: Hilfsthierarzt am 
Schlachthof sofort bezw. bis 1. Dezember er. (21 CO M., Vierteljahr. 
Kündigung; Verpflichtung zu 1 jähr. Dienstzeit.) Bewerbungen bis 
25. Oct. er. an den Oberbürgermeister. —Wanne: Schlachthofvorsteher. 

— Wamsdorf. — Wolkenstein: Schlachthofthierarzt. — Woll¬ 
stein (Posen): Schlachthofinspector. 

Privatstelle.i: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neustadt). 

— Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck: 
(Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pillkallen). — Murrhardt. — Schön 
bäum (Danzig). — Soldau (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene :Bojanowo. — Eickel. — Festen¬ 
berg Bez. Breslau. — Mengeringhausen (Waldeck.) — Peis- 
kretscham (Ober - Schics.). — Rhinow (R.-B. Potsdam). — 
Schloppa (Westpr.). — Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. 

— Suelze (Mecklb.). — Wadern (Bez. Trier): Thierarzt zum 
19. November er. (Fixum 600 M. und 280 M. für Ueberwachung 
der Märkte.) Bewerbungen bis 10. November an den Bürgermeister. 
Wolgast i. Pom.: Thierarzt. 

Besetzt: Sanitätsthierarztstellen in Bcrlinchen und Rack¬ 
witz (Pos.). Privatstelle in Raguhn. 


Verantwortlich für den Inhalt (oxel. Infloratentbeil): Prof. Pr. Schmält* in Berlin. — Verlag und F.igcnthum von Richard Scboctz iu Berlin. - Druck vou W. Büxonsteta, Berlin 


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Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellon An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält», 
Berlin tliierfirztllche Hochschule. NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Exemplnre und Annoncon da¬ 
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Thierärztliche Wochenschrift 

Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin. 

Verantwortlicher Bedactenr. 

De Brüte KOhoao Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel ZOndel 

Professor Oberthierant Departementsthierarzt Professor Departementsthierarzt Veterlnfirassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Krelsthlerarzt 

Utrecht Hamburg. Cöln. Breslan. Bromberg. Danzig. Freibnrg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. M 45 . Aiisgegeben am 8. November. 


I n halt: Blume: Ein neuer Apparat zur Verhütung und Heilung des Prolapsus uteri et vaginae. — Teetz: Quecksilber¬ 
vergiftung beim Pferde. — Rheioheimer: Castration einer Stute. — Klssuth: Therapie des Tetanus durch Schreck. 
— Referate: Lucet: Die emphysematose Frucht Das Dunstkalb. — Kasselmann: Ueber die Bedeutung der Luftinfcction 
bei den wichtigsten Thierseuchen und über die Massregeln gegen die Gefahr dieser Infection. — Kirchner: Ueber die Biss- 
verletzungen von Menschen durch tolle oder der Tollwuth verdächtige Thiere in Preussen während des Jahres 1899. — 
Tagesgeschichte: Centralvertretung der thierärztlichen Vereine Preussens. — Gründung eines Vereins preussischer Kreis¬ 
thierärzte. — 61. Generalversammlung des thierärztlichen General-Vereins für die Provinz Brandenburg am 4. November. — 
Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — Fleischschau und Viehhandel. — Thierhaltung und Thierzucht. — 
Personalien. — Vacanzen. 


Ein neuer Apparat zur Verhütung und Heilung des 
Prolapsus uteri et vaginae. 

* Von 

A. Blume. 

Groiaherzogl. Oldenb. Landesthierarzt. 

Die Herren Collegen möchte ich auf einen neuen Apparat 
aufmerksam machen, welcher als „keulentörmiger Halter gegen 
Uterus- and Scheidenvorfall“ bezeichnet werden kann. 

Der Apparat kann mit gleich gutem Erfolge gegen Pro¬ 
lapsus und Inversio uteri wie auch gegen Prolapsus vaginae 
in Anwendung gebracht werden. Er füllt in dieser Hinsicht 
geradezu eine Lücke in dem thierärztlichen Instrumentarium 
ans, denn es fehlte bisher ein derartiges Instrument, welches 
auf sichere und relativ einfache Weise die Heilung resp. Ver¬ 
hütung dieser schwierig zu behandelnden Krankheiten er¬ 
möglichte. 

Die Trachtenzwinger, Draht- und andere Nähte, Vorfall¬ 
bandagen verhindern wohl das Hervortreten der Vagina und 
des Uterus aus dem Körper — obgleich auch nicht in jedem 
Falle sicher —, erschweren aber den Urin- und Kothabsatz, 
quetschen empfindliche Partieen am Enter etc. und machen 
Ausspülungen und das Abfliessen von Flüssigkeiten aus dem 
Uterus, so lange sie befestigt sind, schlechthin unmöglich. 
Ausserdem lassen sie bei innerlichen Um- und Einstülpungen 
gänzlich im Stiche. 

Diese aufgezählten Mängel kommen bei Anwendung des von 
mir construirten Apparates vollkommen in Fortfall. Derselbe 
besteht, wie aus der Abbildung ersichtlich, aus folgenden drei 
Theilen: 

a) aus einem hohlen, keulenförmigen, mit feinen Löchern ver¬ 
sehenen Endstücke vom Durchmesser einer starken Faust; 

b) aus einer hohlen Röhre von ca. 3 cm Durchmesser, die 
sich mit dem Endstücke a durch ein Schraubengewinde 
fest vereinigen lässt. Die etwa 60 cm lange Röhre ist 
den anatomischen Verhältnissen entsprechend gebogen, zu 
*/ 4 ihrer Länge mit einem weichen, elastischen Gummi- 


überzuge versehen und trägt am hinteren Ende seitliche 
Oesen zur sicheren Befestigung, 

c) aus einem mit ähnlichen seitlichen Oesen versehenen 
Schraubengewinde, welches auf dem keulenförmigen End¬ 
stücke selbst befestigt werden kann. 



Die Gesammtlänge des Apparates beträgt über 90 cm, das 
Gewicht nur 1,75 kg. 

Die Anwendung ist nun höchst einfach, indem der Apparat 
mit dem geschlossenen Ende voran, soweit es sich thun lässt, 
in die Geburtswege geschoben wird; bei der Inversio uteri 


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No. 45. 


completa unmittelbar nach erfolgter Reposition der heraus¬ 
gedrängten Theile. 

Näheres darüber findet sich in der jedem Apparate bei¬ 
gegebenen kleinen Broschüre. 

Der Uterus wird dadurch, dass das keulenförmige Ende des 
hohlen Halters tief in den Thierkörper selbst eingeführt wird, 
— also gleichsam die Stelle des zur Reposition unentbehrlichen 
menschlichen Armes vertritt —, so zu sagen von selbst in 
die normale Lage gebracht und darin erhalten. Die Spitze des 
trächtig gewesenen Uterushornes, welche wegen der nicht aus¬ 
reichenden Länge des Armes nur unvollständig zurückgebracht 
werden kann, schiebt sich bei dem starken Drängen des Thieres 
über den glatten Kolben hinweg, — ähnlich wie ein Handschuh- 
tinger über das zugehörige Glied gestreift wird. 

Die passende Länge des Instrumentes verhütet ferner, dass 
es durch übermässiges Drängen des Thieres herausgepresst 
wird. Das aus der Schamspalte hervorragende enge Rohr lässt 
dabei Koth- und Harnabsatz ungestört vor sich gehen, der 
Halter kann sogar Tage lang in dem Thierkörper verbleiben, 
ohne dass die Bewegungsfreiheit in merklicher Weise gehindert 
wird. Bei jedem erheblicheren Drängen des Thieres lässt sich 
beobachten, wie die wegen ihrer leichten Zersetzlichkeit so 
ausserordentlich gefährlichen flüssigen Inhaltsstoffe des Trage¬ 
sackes, oft mit Blut und Harn vermischt, in stärkerem oder 
schwächerem Strome aus der Rohröffnung herausschiessen; die 
häufigen lebensgefährlichen Infectionen durch diese faulenden 
Substanzen werden dadurch erfolgreich unterdrückt. 

Gefördert wird der Heilungsprocess natürlich durch reich¬ 
liche Berieselungen, welche durch einen, in den hohlen Apparat 
eingelegten Gummischlauch mit daraufgestecktem Trichter in 
bequemster Weise applicirt werden können. Die siebförmig 
über das keulenförmige Endstück des Halters vertheilten feinen 
Löcher ermöglichen sowohl eine allseitige energische Berührung 
der Organwandnng mit den infundirten Desinfectionsmitteln als 
auch den jeder Zeit sich von selbst regulirenden Ab- und Zufluss 
von Flüssigkeiten. 

Besonders hervorgehoben soll werden, dass der birnen¬ 
förmige Kolben a, verbunden mit dem Schlussstücke c, sich als 
unübertreffliches Pessarium zur Heilung des in manchen 
Gegenden seiner Häufigkeit und Hartnäckigkeit wegen als wahre 
Calamität betrachteten habituellen Scheidenvorfalles be¬ 
währt hat. Sogar sechs und acht Monate alte Fälle, welche 
die Kühe beinahe werthlos machten und als unheilbar angesehen 
wurden, gelang es, durch längere Anbringung obigen Apparates 
dauernd zu heilen. 

Für die Viehzüchter und die von dem Sitze des Thierarztes 
weiter entfernt wohnenden Landwirthe ist ausserdem von 
grösster Bedeutung und Wichtigkeit die mehrfach erprobte und 
nach Obigem auch klar einleuchtende Thatsache, dass die gerade 
am häufigsten kurz nach der Geburt drohenden Gebärmutter¬ 
vorfälle durch rechtzeitige Einführung dieses Apparates über¬ 
haupt ganz und gar verhütet werden können. Nicht minder 
vorteilhaft scheint es mir für den Thierarzt zu sein, wenn er 
nach einer glücklich ausgeführten schweren Geburt ruhig nach 
Hause fahren kann und nicht fürchten darf, nach kurzer Zeit 
unverhofft dieselbe Tour und eine vielleicht schwierigere und 
bösere Arbeit machen zu müssen. 

Nachdem ich mich von der hervorragenden Brauchbarkeit 
des Instrumentes und von der Zuverlässigkeit der Methode in 
mehr als 60 gut verlaufenen Fällen verschiedenster Art über¬ 


führt habe, — während ich vordem häufig die Erfahrung machen 
musste, dass die behandelten Thiere entweder eingingen oder 
durch Nachkrankheiten erhebliche Werth Verminderung erlitten —, 
empfahl ich die Anschaffung des Apparates. Derselbe wird 
Jeden gerade durch die Einfachheit seiner Handhabung von den 
jetzigen mühsamen, für die Thiere schmerzhaften und nicht ein¬ 
mal zuverlässigen Behandlungsarten abbringen und schon nach 
der ersten richtigen Anwendung auch von der Richtigkeit der 
von mir gemachten vorzüglichen Erfahrungen überzeugen. 

Der Apparat ist in sehr gediegener und dauerhafter Aus¬ 
führung — vernickelt — nebst ausführlicher Gebrauchsanweisung 
bei der Firma H. Hauptner, Berlin, N;W., Luisenstr. 53, 
zum Preise von 26,00 M. erhältlich. 


Quecksilbervergiftung beim Pferde. 

Von 

Teetz-Warin (Mcckl.). 

Auf dem Gute Klein-Warin nahm ich am 25. Mai 1900 einen 
veredelten, sechs Jahre alten, braunen Wallach wegen Spat¬ 
lahmheit mit deutlicher Auftreibung am rechten Hinterbein in 
Behandlung. Da aber das Sprunggelenk am linken Hinterbein 
auch nicht ganz rein zu sein schien, und längeres Stehen bei 
der Behandlung doch nöthig war, wurde beschlossen, auch dieses 
Bein in dem bekannten Dreieck an der Innenseite des Sprung¬ 
gelenks gleich miteinzureiben. Ich gab dem Besitzer zu dem 
Zwecke aus meiner Apotheke von einer etwa zehn Monate 
alten reinen Bijodatsalbe (1: 5 Fett) 44 Gramm mit der-Weisung, 
die Hälfte der Salbe sofort auf beide Sprunggelenke vertheilt 
je zehn Minuten lang tüchtig einzuieiben und am nächsten Tage 
die etwa ausgeschwitzte Salbe noch einmal einzureiben; die 
zweite Hälfte der Salbe sollte nafch Verlauf voü einer Wochd 
in derselben Weise verbraucht werden. Ausserdem sollte nach 
jedem Einreiben das Pferd zwei Tage lang bochgebunden stehen 
bleiben. Stallruhe sechs Wochen. 

Am 31. Mai, also fünf Tage nach erfolgter erster Ein¬ 
reibung, wurde ich schleunigst nach Klein-Warin gerufen, weil 
das Pferd augenscheinlich sehr krank sei. 

Bei meinem Eintreffen finde ich das fragliche Pferd in 
einer geräumigen und luftigen Box in dem grossen Viehhause 
stehen, in dem sich aber keine Kühe befinden. 

Sofort auffallend ist ein fast über den ganzen Körper aus¬ 
gebreiteter nässender Ausschlag. 

Nach dem Vorberichte ist die Application der ersten Hälft« 
der Salbe (etwa 30 Gramm) in der von mir angeordneten Weise 
vorgenommen worden. In der Zwischenzeit ist das Pferd, ab¬ 
gesehen von einer leichten Unruhe nach dem Einreiben, voU- 
ständig munter gewesen, während der letzten Nacht jedoch habe 
sich dieser Ausschlag eingestellt, und das Pferd wolle auch nicht 
fressen oder saufen. 

Die Untersuchung ergiebt Folgendes: Schleimhant in der 
Maulhöhle ist blass und trocken. Conjunctiva ziegelroth, ebenso 
Schleimhaut der Nase. Athmung angestrengt, 36 Athemzüge in 
der Minute, Bronchialathmen, Herztöne rein, schwach hörbar, 
68 Pulse in der Minute, die kaum fühlbar sind. Die Temperatur 
kann nicht aufgenommen werden, weil das Pferd sich alle 
Augenblicke bemüht, an der Wand den Körper zu scheuern. 
Der über den ganzen Körper vertheilte nässende Ansschlag 
macht sich auf der linken Körperseite stärker bemerkbar. Die 
Haare auf der linken Backe von der Schläfengegeüd bis zum 
Maulwinkel und Ganasche sind feucht und aufgebürstet; beim 


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8. November 1900. 


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Darüberstreichen bleibt die Mehrzahl an der Handfläche haften. 
Am Halse befinden sich wenige ähnliche Stellen von geringem 
Umfange. 

Die ganze Umgebung des Widerristes jedoch und die obere 
Schultergegend zeigen die beschriebenen Erscheinungen. Die 
herausgetretene Flüssigkeit ist in mehreren langen dünnen 
Streifen bis zum Ellbogen resp. Vorderknie herabgelaufen. Auch 
in der ganzen Länge der Streifen kann man durch einfaches 
Darüberfahren mit der Hand die Haare abstreifen, gleichsam 
als ob durch die herabgelaufene Flüssigkeit die Haare von ihrer 
Wurzel gelockert wären. Am Widerrist und in der Sattellage 
können so eine ganze Reihe thaler- bis handtellergrosse haar¬ 
lose Stellen geschaffen werden. Die Haut an diesen Stellen ist 
nässend und hat blaurothe Farbe. Ich versuchte zufällig, auf 
den Rippen eine Hautfalte zu bilden; hierbei bemerkte ich, dass 
diese eine auffallende Dicke besitzt; und dass das Pferd sowohl 
hierbei als auch beim Darüberstreichen grosse Schmerzen äussert. 
Weiteren derartigen Versuchen weicht das Pferd heftig aus und 
zieht dabei die Haut resp. Unterhant und Hautmuskel in dicken 
Wülsten zusammen. 

Der Bauch und auch die Abschnitte der Kruppe zeigen 
Ausschlag wie oben, nur dass hier die Haare etwas fester 
sitzen. Deutlich sichtbar ist ferner der Ausschlag an den 
Beinen im Bereiche der Beugeflächen der Gelenke. Auffallend 
ist merkliches Zittern des Kopfes und Halses. Bei plötzlichem 
Klappern mit dem Wassereimer erschrickt das Pferd regelmässig, 
Es besteht massiger etwas übelriechender Durchfall. 

Wennschon ich an ein Bestehen von Quecksilbervergiftung 
dachte, beschloss ich doch, vorerst eine abwartende Behandlung 
einzuleiten und mich genauer zu informiren, da ein ähnlicher 
Fall mir noch nicht vorgekommen war. Ich liess an diesem 
Tage das Pferd dreimal vollständig abreiben mit zusammen 
600 g Spirit, camphorat. 

Beim Nachschlagen der Literatur fand ich nun in den 
Schätz’sehen Jahresberichten von 1898 unter Vergiftung bei 
Pferden der preussischen Armee pg. 155 zwei Fälle, die ganz 
ähnliche Symptome zeigten, und die auch nach Einreibung von 
Ugt. Hydrarg. bijodat. auftraten. 

Am nächsten Tage besuchte ich den Patienten wieder. 

Das Befinden ist besser. Der Juckreiz hat nachgelassen; 
der Ausschlag hat sich nicht weiter verbreitet; das Nässen ist 
geringer geworden. Die Conjunctiva ist weniger roth, die 
Athmnng weniger angestrengt, es sind nur noch 20 Athemzüge 
und 48 Pulse zu zählen. Das Pferd hat etwas Hafer gefressen 
und auch gesoffen. 

Es werden auf zweimal 10 g Snlfur mit Kalmus eingegeben 
und die haarlosen noch nässenden Stellen mit Tannoformstreu- 
pulver bepudert. 

Nach drei weiteren Tagen ist das Pferd wiederhergestellt; 
nach drei weiteren Wochen haben sich die haarlosen Stellen 
mit allerdings etwas dunkler gefärbten Haaren bedeckt. 

Selbstverständlich benutzte ich zu der nach 14 Tagen 
gegebenen zweiten Einreibung nicht wieder Bijodatsalbe sondern 
Ugt. cantharid. 1: 4. 

Eine etwaige Verwechselung mit Urticaria ist nach meiner 
Ansicht auf Grund der obigen Symptome in diesem Falle voll¬ 
ständig ausgeschlossen, zumal ich Urticaria bei Pferden auch in 
den verschiedensten Stadien schon sehr häufig gesehen habe. 


Castration einer Stute. 

Von 

Rhelnheimer-Lambsheim, 

Thierarxt. 

Eine dem Oeconomen Sch. in B. gehörige acht Jahre alte 
Stute zeigte in letzter Zeit so hochgradige Erscheinungen von 
Nymphomanie, dass sie schliesslich für den Besitzer vollkommen 
untauglich wurde. Da derselbe das werthvolle Thier nicht um 
einen geringen Preis dem Pferdeschlächter überlassen wollte und 
kurz vorher in einer Nachbargemeinde ein Pferd desselben 
Leidens wegen in bereits stark abgemagertem Zustande dem 
Wasenmeister übergeben worden war, so war Herr Sch. leicht 
dazu zu bewegen, die Stute castriren zu lassen. 

Dieselbe wurde zunächst drei Tage vor der Operation diät 
gehalten. Während ich am gleichen Tage im selben Gehöfte 
mit dem Castriren eines Hengstes beschäftigt war, liess ich 
Messer und Kettenecraseur (von Hauptner) in einer Blechwanne 
auskochen; gleichzeitig wurde die Scheide der gut gespannten 
Stute, der ich 0,5 Morph, hydrochlor. subcutan injicirt hatte, 
mit l%oiger Sublimatlösung ausgespült, die Vulva sowie die 
Umgebung derselben mit gleicher Lösung peinlich sauber ab¬ 
gewaschen. Nachdem der Mastdarm ausgeräumt war, behandelte 
ich meine beiden Arme ungefähr zehn Minuten lang mit Seifen¬ 
wasser, Alcohol und Sublimatlösung und schritt dann zur Operation. 
Sobald ich die obere Wand der Scheide vor dem orificium externum 
genau in der Medianlinie bis zum Bauchfell durchschnitten hatte, 
drängte das Thier so heftig, dass das Rectum ca. 15 cm weit 
vorfiel, so dass ich die Operation behufs Reposition desselben 
unterbrechen musste. Als diese geschehen war, ging es an 
eine neuerliche Desinfection der Arme, und dann wurde der 
Bauchfellüberzug der Scheide rasch mit dem Zeigefinger durch- 
stossen und der Riss in der Scheide soviel erweitert, dass ich 
mit der Rechten in die Bauchhöhle eindringen konnte. 

Das Auffinden der Ovarien ist, wenn man sich an den Körper 
und die Hörner des Uterus hält, sehr leicht. Der linke Eierstock 
zeigte nun vollständig normale Verhältnisse, während der rechte 
um das Doppelte vergrössert war. Ich entschloss mich deshalb, 
nur letzteren zu entfernen. Da ein Einführen des Ecraseurs 
wegen der nachgiebigen Kette, solange sich mein Arm in Scheide 
und Bauchhöhle befand, nicht möglich war, hängte ich die Kette 
des Ecraseurs um den Daumen und führte sie so ein. Die 
Kette wurde nun mit den Fingern um den Eierstock gelegt und, 
nachdem festgestellt war, dass sich sonst nichts in derselben 
befand, der Ecraseur durch einen Gehülfen in Thätigkeit gesetzt. 
Der abgetrennte Eierstock wurde dann mit der Hand entfernt 
und zeigte cystoide Degeneration. 

Gleich nach der Operation wurde dann die Stute ungefähr 
‘/a Stunde spaziren geführt, worauf sie mit normalem Appetit 
ihr vorgesetztes Wasser und Heu mit Häcksel aufhahm. Ich 
liess dem Thiere, obwohl sich nicht die geringsten Er¬ 
scheinungen einer Peritonitis zeigten, dann drei Tage lang 
Hydrarg. chlorat. m. mit Natr. sulf. in kleineren Dosen reichen und 
die Bauchwand mit Spirit, camphor. einreiben. Bereits acht Tage 
nach der Castration wurde die Stute wieder zur Arbeit ver¬ 
wandt, und obwohl nur ein Ovarium entfernt wurde, waren alle 
Symptome der Nymphomanie verschwunden, so dass die Operation 
als vollständig gelungen betrachtet werden muss. 

Ich habe nun in nächster Zeit weiter Gelegenheit, drei Stuten 
mit denselben Erscheinungen zu castriren, und werde auch 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 45. 


darüber berichten. Jedenfalls werde ich aber unter allen Um¬ 
ständen dann beide Eierstöcke entfernen. 

Therapie des Tetanus durch Schreck. 

Von 

Ki88uth-Guhrau, 

Kreisthierarzt. 

In zwei Fällen von Tetanus mit schwerem Trismus konnte 
ich eine auffallend günstige Beeinflussung des Krankheitsverlaufes 
durch einen im Stall abgefeuerten starken Schuss constatiren. 
Der Gedanke an sich ist durchaus nicht neu und die Erklärung 
für die günstige Wirkung einer Verordnung, die sonst bei Tetanus 
contraindicirt ist, dürfte auch nicht schwierig sein. Das 
klinische Bild des Starrkrampfes ist eben, wie der Name schon 
sagt, ein Krampf, die meisten Skeletmuskeln befinden sich im 
Zustande hochgradiger Spannung; und wie jede Spannung, wenn 
die sie bewirkende Ursache ad maximum ansteigt, zur Explosion 
führen muss, so auch hier: Durch die plötzliche, auf das hoch¬ 
gradig sensible Thier unvermittelt einwirkende Detonation geht 
die Spannung sogar über das Höchstmass hinaus, hier giebts 
kein Biegen, der Krampf wird gebrochen. Ein Irrthum in der 
Diagnose war in beiden Fällen vollständig ausgeschlossen. Die 
Patienten gelangten zur Behandlung, als das Bild des Tetanus 
mit allen Schattirungen bereits ausgeprägt war. Im Falle No. 1 
wurde erst eine dreitägige Behandlung mit Morphium und 
Chloral bei absoluter Ruhe im dunklen Stall vorgenommen, 
Wirkung ziemlich Null. 

Die unmittelbar nach dem Schuss — blinder, starker Schuss 
aus der spaltförmig geöffneten Stallthür — zur Beobachtung 
gelangende Wirkung war folgende: Patient, welcher vorher 
vollständig steif dastand, brach plötzlich zusammen, um schon 
nach wenigen Sekunden ohne sichtbare Beschwerde aufzustehen. 
Das Thier zeigte grosse, nur kurze Zeit andauernde Erregung, 
konnte aber die Gliedmassen, wie auch Kopf und Hals fast 
normal bewegen. Der Trismus war regulär erschossen. Im Falle 
No. 2 frass das Thier nach dem Schuss einen ganzen Arm voll Heu, 
zwar noch etwas langsam, jedoch ohne sichtbare Schluck¬ 
beschwerden. Desgleichen wurde ein halber Eimer Kleietrank 
aufgenommen. Vollständige Genesung nach etwa 14 tägiger 
Stallruhe, während der ersten 3 Tage — nach dem Schuss — 
aus Vorsicht noch Chloral per anum. 

Im Falle No. 1 erholte sich Patient etwas langsamer, und 
es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die vorherige medicamentöse 
Behandlung daran Schuld war (Dieckerhoff). Das Thier 
zeigte einige Wochen nach der Behandlung noch einen etwas 
gespannten Gang, hat später aber jeden Tag gearbeitet, während 
im Fall No. 2 schon nach 14 Tagen jede Spur der Krankheit ver¬ 
schwunden war. 

Referate* 

Die emphysematose Frucht. Das Dunstkalb. 

(De l’emphysöme gönöral du Foetus chez la vache.) 

Von A. Lucet. 

(Le Progr^s vfterinaire 1900. Nr. 11, 12, 13 u. 14.) 

Lucet beschreibt in einem recht ausführlichen Artikel die 
beim Rinde dann und wann vorkommende emphysematose Frucht. 
Nach seiner Ansicht geht die Frucht erst etwa im 7. Monat 
der Gravidität in Fäulniss über; oft jedoch am Ende derselben 
gegen die Zeit der Geburt. In früheren Stadien der Gravidität 
erfolgt, falls die Frucht im Uterus abstirbt und die Ausstossung 
verhindert wird, Mumification oder Maceration. 


Der Verfasser ist im Gegensatz zu der bis heute herrschen¬ 
den Ansicht vieler Anderer der Meinung, dass das Emphysem 
auch bei geschlossenem Cervix und ohne Zutritt von 
Luft in den Uterus entstehen könne. Der Uterus vertritt 
dann nur die Stelle eines feuchten Brutofens, welcher in hoher 
und constanter Temperatur gehalten wird. In manchen Fällen 
ist eine Zurückhaltung der todten Frucht 12—15 Stunden lang 
genügend, ein Emphysem hervorzurufen; in andern Fällen 
dauert es länger. 

Lucet vermuthet, dass die wichtigen Veränderungen, 
welche in der Frucht vor sich gehen, durch bestimmte niedere 
Organismen verursacht werden. Diese gelangen entweder auf 
dem Wege der Circulation oder vom Darmkanal aus in die 
Frucht. 

In den meisten Fällen erliegt die Kuh ziemlich bald nach 
der Geburt. Der Tod ist mehr eine Folge der Intoxication 
durch Fäulnisstoxine, welche in der emphysematösen Frucht 
enstanden sind, als der Infection durch niedere Organismen. 

Der Verfasser fand bei der bacteriologischen Unter¬ 
suchung, die er anstellte, vier Arten von Bacillen, von welchen 
er eine nicht zu isoliren vermochte. Die drei andern werden 
sehr ausführlich in Bezug auf ihre Eigenschaften auf künst¬ 
lichem Nährboden beschrieben. 

Die Minimaltemperatur, in der sie wachsen, ist 10—12 °C., 
das Maximum 42°, das Optimum liegt zwischen 25° und 35°. 
Sie gedeihen recht gut auf Gelatine, ohne diese flüssig zu 
machen, ferner in Bouillon und den gebräuchlichen Laboratoriums¬ 
nährböden, sowohl neutralen als alkalischen, sogar auf sauren 
Media. Sowohl in festen als flüssigen Nährböden produciren 
sie Gas. 

Keiner der Bacillen bildet Sporen. Die Bacillen werden bei 
70° innerhalb 5 Minuten in Flüssigkeiten getödtet. 

Auch in Milch können sie gezüchtet werden, wobei diese 
gerinnt. Das Gerinnen der Milch ist eine Folge davon, dass 
der Nährboden durch die Bacteriencultur sauer wird. Alle drei 
Bacillen bilden Indol. In zuckerhaltiger Bouillon bildet sich 
reichlich Gas. Schwefelwasserstoff bildet sich nicht. 

Der Verfasser hat schliesslich mit Rücksicht auf die Patho¬ 
genität genannter Bacillen Versuche gemacht, indem er Kaninchen 
und Meerschweinchen subcutan, intravenös und intraperitoneal 
impfte. Diese Versuchsthiere reagirten nicht. Filtrirte und 
sterili8irte Culturen, welche in einer Menge von 5,67 und 8 ccm 
in die Ohrvenen der Kaninchen eingespritzt wurden, blieben 
wirkungslos. M. G. d. B. 

Ueber die Bedeutung der Lnftinfeetion bei den 
wichtigsten Thierseuchen und über die Massregeln 
gegen die Gefahr dieser Infection. 

Von EL Kasselmann - Greven i. W. 

(Zeitschrift für Thierraoiiicin 1900. Heft 2 bis 5.) 

In dem von fleissigem Literaturstudium zeugenden 1. Theil 
der Arbeit wird die Bedeutung der Luftinfection nachstehender 
Seuchen erörtert: Rindertuberculose, Rotz, Milzbrand, Rausch¬ 
brand, Rinderpest, Pockenseuche der Schafe, Lungenseuche der 
Rinder, Pferdestaupe, Schweineseuche, Druse, Brustseuche, Maul¬ 
und Klauenseuche. 

Der 2. Theil beschäftigt sich mit den Massnahmen, durch 
welche den Gefahren der Luftinfection am wirksamsten vor¬ 
gebeugt werden kann. 

Diese Massregeln werden in drei Gruppen zerlegt: 1. Mass¬ 
regeln die die Aufnahme der in der Luft befindlichen Infections- 


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8. November 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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keime verhindern. 2. Massregeln, die den Eintritt von Infections- 
keimen in die Luft verhindern. 3. Massregeln, wodurch die in 
der Luft schon vorhandenen Infectionskeime daraus entfernt 
bezw. darin vernichtet werden. 

Die Aufnahme der Infectionskeime aus der Luft wird am 
wirksamsten durch die Trennung der erkrankten Thiere von 
dem gesunden Bestände verhütet. Mit der Separirung hat sich 
selbstverständlich auch eine gesonderte Wartung und Pflege zu 
verbinden. Die zweite Gruppe von Massnahmen kann sich nur 
auf Thiercadaver erstrecken, in welchen sich der Ansteckungs¬ 
stoff noch eine Zeit lang nach dem Tode lebend erhält, denn 
den Eintritt von Seuchenkeimen aus lebenden Thieren in die 
Luft können wir nicht verhindern. 

Todte, mit ansteckenden Krankheiten behaftete Thiere müssen 
zeitig vergraben oder verbrannt werden. Träger des Contagiums, 
Futterstoffe, Stallutensilien, Dünger, Kleider n. s. w. sind, soweit 
sie werthlos sind, ebenfalls zu verbrennen oder die Ansteckungs¬ 
fähigkeit ist ihnen durch natürliche Mittel: Luft, Austrocknen 
oder auf chemischem oder thermischem Wege zu nehmen. Da 
pathogene Organismen aus flüssigen Medien oder von feuchten 
Oberflächen nicht in die Luft geführt werden können, ergiebt 
sich die Nothwendigkeit, alle Hantirungen, welche Staub machen, 
wie Reinigen der Krippen, Gänge, Wände u. s. w., möglichst auf 
nassem Wege vorzunehmen. 

Was speciell die „Tröpfcheninfection“ betrifft, so reicht 
dieselbe nach den Untersuchungen Flügge’s gewöhnlich nicht 
über 1 m Raumlänge hinaus. 

Diese Thatsache sollte auch für die Viehbesitzer die Auf¬ 
forderung bilden, die Thiere vor zu grosser Annäherung im 
Stalle zu hüten und dafür zu sorgen, dass bei der Aufstellung 
die Köpfe 1 Meter weit von einander entfernt sind. 

Die in dritter Linie geforderte Vernichtung der Luftkeime 
ist nicht zu ermöglichen, doch ist die Gefahr der Luftinfection 
im Freien erfahrnngsgemäss nur gering und bewegt sich in 
engen Grenzen. In geschlossenen Räumen bedingen dagegen 
die in der Luft suspendirten Seuchenkeime viel leichter eine 
Ansteckung. In den Ställen ist deshalb reichlicher Luftwechsel 
erforderlich. Je schlechter die Ventilationseinrichtungen in den 
Ställen beschaffen sind, desto schneller und sicherer erfolgen 
die Infectionen. 

Verfasser weist darauf hin, dass die Tuberculose der Rinder 
in den Regierungsbezirken Münster und Osnabrück deshalb 
selten sei, weil diese Thiere nicht in geschlossenen Ställen 
untergebracht seien. Die Kühe sind daselbst, gemäss der Ein¬ 
richtung des niedersächsischen Hauses, zu beiden Seiten der 
Tenne aufgestellt, dass sie mit den Köpfen nach dem freien 
Raume der Tenne gerichtet sind. Diese ist durch das grosse 
viertheilige Einfahrtsthor nach aussen abgeschlossen, welches 
den grössten Theil des Jahres offen steht und daher einen 
steten Wechsel der Aussenluft mit der Stallluft gestattet. 
Diesem Umstande wird es zugeschrieben, dass in den genannten 
Gegenden die Rindertuberculose eine „unbekannte Krankheit“ ist. 

An dem Vernichtungskampfe der pathogenen Organismen 
nimmt weiter anch das Licht seinen Antheil. Den Stallungen 
darf deshalb der Zutritt des Tageslichtes nicht zu sehr verkürzt 
werden. 

Von den chemischen Luftdesinfectionsmitteln kommen Chlor 
und Brom und in neuester Zeit das Forraalin in Dampfforra in 
Betracht. 


Ueber die Bissverletzungen von Mensehen durch tolle 
oder der Tollwuth verdächtige Thiere in Prenssen 
während des Jahres 1899, 

Von Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Kirchner. 

(Klinische» Jahrbuch VII. Bd. SeparaUbdruck.) 

Von demselben Verfasser erscheint seit 1897 alljährjich 
eine statistische Uebersicht der im Laufe eines Jahres durch 
tolle oder tollwuthverdächtige Thiere gebissenen Menschen. 
Seit 1891 sind in Prenssen insgesammt 1207 Personen von 
tollen resp. tollwuthverdächtigen Thieren gebissen, von welchen 
37 = 3,07 pCt. an Tollwuth starben und zwar hat die Mortalität 
der Gebissenen von 5,13 pCt. im Jahre 1891, zu 1,05 pCt. im 
Jahre 1899 abgenomraen. Diese wesentliche Abnahme 
der Mortalität ist zurückzuführen auf die segensreiche 
Thätigkeit des Impfinstituts gegen Tollwuth in Berlin (Institut 
für Infectionskrankheiten). 

Die meisten Bissverletzungen kommen in Schlesien (121) vor, 
dann folgt Westpreussen (46), Posen (37), Ostpreussen (26), 
Sachsen (24), Pommern (19), Brandenburg (14), — wobei die 
Zunahme in den letzten drei Provinzen besonders imponirt, in 
diesen Provinzen stieg die Zahl der Bissverletzungen von 

1897 : 12 auf 57 im Jahre 1899. — Von den 102 Kreisen, in 
denen Tollwuthbisse vorkamen, stossen 34 an die Grenze, und 
zwar 18 an die russische, 11 an die österreichische, 3 an die 
königlich sächsische; auf diese Grenzkreise fallen 124 = 42,16 pCt. 
aller Bisse. In die Monate Mai und August fallen die meisten 
Bissverletzungen, die geringste Zahl in den October. 

Die 287 vorgekommenen Verletzungen sind von 209 Thieren 
verursacht und zwar 193 durch Hunde, 11 durch Katzen, 4 durch 
Rinder, 1 durch Schwein. Von diesen 209 Thieren erwiesen sich 
150 als mit Sicherheit toll. — Von den 287 Verletzten waren 
70 pCt. männlichen und 30 pCt. weiblichen Geschlechts; die 
Mehrzahl der Bissverletzten stand im Alter von 5—15 Jahren. 
Der Sitz der Verletzungen war bei 15 am Kopf, bei 7 am Hals 
oder Rumpf, bei 176 an den oberen, bei 74 an den unteren 
Extremitäten. 

Von den 15 Kopfbissen starben 6,7 pCt., von den 7 Rumpf¬ 
bissen starb keiner, ebenso auch nicht von den 176 Verletzungen 
der oberen Gliedmassen und den 74 an den unteren Gliedmassen, 
dagegen starb von den 15 Fällen, in denen der Sitz der Ver¬ 
letzung nicht angegeben war, einer; dagegen hatten 1897 und 

1898 Kopfverletzungen 25 pCt., Handverletzungen 5,1 pCt., Ver¬ 

letzungen der oberen 3 pCt., der unteren Extremitäten 1,6 pCt. 
Mortalität. Diese günstige Abnahme der Gefährlichkeit der 
Wuthbisse ist auf die Thätigkeit der Abtheilung für Pasteursche 
Schutzimpfung des Instituts für Infectionskrankheiten zurück^ 
zuführen, in welcher 231 Personen geimpft wurden, von denen 
nicht einer starb. Nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahre 
starben von 104 nicht ärztlich behandelten Gebissenen 6,7 pCt., 
von 297 ärztlich Behandelten, nicht geimpften 3,0 pCt., von 
315 Geimpften kein einziger. Eine bessere Bestätigung 
der Vorzüglichkeit des Pasteurschen Verfahrens wird wohl 
Niemand verlangen. Dr. Jess. 


Tagesgeschichte. 

Centralvertretung der thierärztlichen Vereine Prenssen«. 

Vorläufige Mittheilung. 

Der Vorsitzende der Central-Vertretung, Herr Geheimrath 
Dr. Esser-Göttingen wird auf den 15. December er. eine 
Plenar-Versammlung der thierärztlichen Central-Vertretung ein- 


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534 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 45. 


berufen. Die Tagesordnung wird demnächst bekannt gemacht 
werden; etwaige Anmeldungen für dieselbe würden daher um¬ 
gehend Herrn Geheimrath E s s e r zu übersenden sein. Gleichzeitig 
muss nach dem Statut des Unterstützungsvereins eine General- 
Versammlung des letzteren stattfinden, wozu der Vorsitzende des¬ 
selben, Herr Veterinärassessor Preusse, einberufen wird. 

Gründung eines Vereins preussischer Kreisthierärzte. 

Allen preussischen Kreisthierärzten ist nachstehendes 
Circular zugegangen: 

Geehrter Herr College! 

Um Einigkeit in den persönlichen wie dienstlichen An¬ 
gelegenheiten zu erzielen, ist es erforderlich, einen 
„Central-Verein preussischer Kreisthierärzte“ zu 
gründen, und werden Sie hierdurch gebeten, Ihre Mit¬ 
gliedschaft bei dem Unterzeichneten bis zum 
6 November anznmelden. Beiträge werden nur zur 
Deckung der Unkosten, als Drucksachen und Porto, er¬ 
hoben. Die erste Versammlung soll möglichst in den 
Tagen in Berlin stattfinden, an welchen die Centr.-Vertr. 
d. th. Vereine Preussens ihre Sitzungen in Berlin hat, und 
werden die Einladungen an die angemeldeten Mitglieder 
bis Mitte November unter Angabe der Tagesordnung er¬ 
gehen. Ein solcher Verein kann nur mit Erfolg wirken, 
wenn alle Kreisthierärzte Mitglieder sind. 

Mit colleg. Gruss I. A.: Thunecke (Calbe a. S.). 

Eingeweihten kommt dieser Versuch einer Sonder-Organi- 
sation der Kreisthierärzte nicht überraschend. Dass ein der¬ 
artiger Plan bestand, war bekannt. Ihm jetzt, wo er hervor¬ 
tritt, schon mit einem fertigen Urtheil begegnen zu wollen, 
wäre verfrüht. Aber die Erscheinung an sich ist bedeutungs¬ 
voll genug, um von vornherein die ernsthafteste Beachtung 
und eine objective Würdigung zu erzwingen. 

Ob der gegenwärtige Augenblick sehr günstig ist, kann 
zweifelhaft erscheinen. Wir stehen vor der folgenschwersten 
Entscheidung. Die thierärztliche Welt hält den Athem an und 
lauscht auf die Kunde, die bald genug aus dem Reichstag kommen 
muss, auf die Entscheidung über das Abiturientenexamen. 
Alles, muss ich gestehen, scheint daneben vorläufig neben¬ 
sächlich. Und jene Entscheidung (mag sie eine präcise sein 
oder nicht, wir werden daraus genug erkennen) wird entscheidend 
sein für den Geist und die Stimmung im thierärztlichen Stande 
auf Jahrzehnte hinaus. Es pflegt für das Wesen eines Vereins 
bedeutungsvoll zu sein, auf welchem Boden er wächst, ob Zu¬ 
friedenheit und Zuversicht oder Verdrossenheit und Verzweiflung 
an seiner Wiege stehen. Das ist für uns jetzt alles im Nebel, 
und deshalb hätte man wohl besser die Klärung abgewartet. 

Andererseits hat aber vielleicht die Absicht bestanden, 
(und diese lässt sich begründen) der nächsten Plenar-Versammlung 
der Central-Vertretung eine Thatsache vorzuführen, deren 
Bedeutung sich bereits abschätzen liesse. Denn je nachdem 
dieser Verein sich auf einen kleineren Kreis von Mitgliedern 
beschränkt oder allgemeinen Anklang findet, wird die Central- 
Vertretung mit ihm zu rechnen haben. 

Das ist unzweifelhaft, dass der Verein mit der Central- 
Vertretung in Concurrenz tritt und dass seine Gründung ein 
Zeichen von Unzufriedenheit mit jener ist. 

Der deutsche Veterinärrath soll alle deutschen Thierärzte 
zusammenfassen und verhindern, dass Landesgrenzen sie 
trennen. Die preussische Central-Vertretung soll alle preussischen 
Thierärzte Zusammenhalten und verhüten, dass sie sich nach 
Gruppeninteressen sondern. Kann sie diese Aufgabe gegenüber 
einem wesentlichen Theil des thierärztlichen Standes nicht 
mehr erfüllen, würden sich mehrere Provinzen oder würden sich 


Berufsgruppen anssondern, so würde der Central-Vertretung die 
Daseinsberechtigung entzogen, jedenfalls ihre bisherige Bedeutung 
beeinträchtigt. Der Fall oder mindestens die Gefahr der Aus¬ 
sonderung der Kreisthierärzte liegt vor, sobald sie einen eigenen 
Centralverein gründen. 

Ob gerade die Kreisthierärzte Grund haben, mit der Central¬ 
vertretung unzufrieden zu sein, oder aber ob sie für sich allein 
mehr werden erreichen können, kann hier dahingestellt bleiben. 
Das eine ist Sache des eigenen Gefühls, das andere würde die 
Zukunft zu erweisen haben. Gewiss ist, dass die beamteten 
Thierärzte gerade in der Centralvertretung eine grosse Rolle 
gespielt haben und dass ihre Angelegenheiten da gewiss nicht 
zuletzt behandelt worden sind. Doch konnte man seit längerer 
Zeit die Rede hören: „Die Centralvertretung besteht wohl aus 
Departementsthierärzten, aber nicht aus Kreisthierärzten, und 
diese befinden sich jetzt in einer ganz anderen Lage als wir“. 
Die Richtigkeit dieses Satzes wird nicht bestritten werden 
können. Die Departementsthierärzte sind jetzt als pensions¬ 
fähige und besoldete Beamte thatsächlich in einer anderen 
Lage. Daraus folgt aber doch nicht, dass sie deswegen weniger 
als früher bereit und geeignet seien, kreisthierärztliche Interessen 
zu vertreten. Dass aber dieser Punkt bei der Gründung des Ver¬ 
eins in Frage gekommen ist, ist wahrscheinlich. 

Nun wäre es aber nicht allein unrichtig (weil nutzlos), 
sondern auch unberechtigt, der beabsichtigten Gründung ent¬ 
gegenzutreten mit subjectiven Einwänden und Empfindungen, 
sei es vom Standpunkte der Centralvertretung, sei es von dem 
des Departementsthierarztes aus. Die Vereinsgründung an sich 
ist frei; die Motive sind Internum der Veranstalter. Die 
Oeffentlichkeit hat nur die Frage zu erörtern, ob der Verein 
nachtheilig ist oder ob er einen Nutzen gewähren kann, wenn 
nicht für die Allgemeinheit der Thierärzte, so doch für die 
unmittelbar Betheiligten. 

Da muss zugegeben werden, dass die Kreisthierärzte aller¬ 
dings ihre eignen Angelegenheiten am freiesten verhandeln 
können, wenn sie unter sich sind. Es muss auch zugegeben 
werden, dass sogar die officielle Entgegennahme von Eingaben, 
welche die Verhältnisse der beamteten Thierärzte betrafen, 
formellen Bedenken begegnet ist, weil an den Beschlüssen auch 
Thierärzte in anderen Stellungen mitgewirkt hatten. 

Wenn aber die Nützlichkeit eines separaten Vorgehens 
der beamteten Thierärzte (seien es nun Departements- und 
Kreisthierärzte oder letztere allein) in ihren eignen Angelegen¬ 
heiten nicht principiell bestritten werden kann, so kommt es für 
die übrigen Mitglieder des thierärztlichen Standes nur daranf 
an, die für die Gesammtheit möglichen Nachtheile zu verhindern. 

Ein Nachtheil für die Gesammtheit wäre der Verlust einer 
Gesammtvertretung. Der muss verhindert werden, aber dafür 
giebt es verschiedene Wege. Am sichersten wird das erreicht 
nicht dadurch, dass das Neue feindlich oder absprechend be¬ 
handelt wird, sondern dass die Zeichen der Zeit beachtet und 
die alten Formen neuen Zuständen angepasst werden. 

Wenn die beamteten Thierärzte ihre Sachen allein, nicht 
auf der Plenarversammlung der Centralvertretung verhandeln 
wollen, so haben die anderen Berufsgruppen auch keine Ver¬ 
anlassung, in der Berathung ihrer Specialangelegenheiten die 
beamteten Thierärzte mitreden zu lassen. Dann wäre also die 
logische Folge, dass auch ein Centralverein der Sanitätsthier¬ 
ärzte und ein Centralverein der Privatthierärzte sich 
bildet. Die Sanitätsthierärzte haben Neigung zur Separation 


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8. November 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


685 


schon lange bekundet, und in den Kreisen der Privat¬ 
thierärzte macht sich eine ziemlich allgemeine Verstimmung 
darüber geltend, dass in der Central-Vertretung fast nur Be¬ 
amte sitzen und dass die reinärztlichen Angelegenheiten vom 
öffentlichen Veterinärwesen zu sehr zurückgedrängt werden. 
Zufrieden ist also eigentlich Niemand mehr. Ist dann die 
Organisation noch richtig? Diese Frage heischt eine Prüfung. 

Der Zug der Zeit ist eben die Specialisirung auch in der 
Interessenvertretung. Trotzdem die Gemeinsamkeit zu wahren, 
bleibt die Aufgabe aller wahrhaften Freunde des thierärztlichen 
Standes. Dieselbe wird erschwert, aber nicht unausführbar. 
Auch wenn Kreis-, Sanitäts- und Privatthierärzte sich wirklich 
sondern wollen, bleiben ihnen gemeinsame Güter, und es sind 
die theuersten von allen. Deshalb bedürfen sie nach wie vor 
der gemeinsamen Berathung und Vertretung. 

Ich möchte meine Meinung dahin zusammenfassen: Unbedingt 
unerschütterlich muss für uns die Zusammensetzung der Pro¬ 
vinzial- oder, sagen wir, der Localvereine sein. Diese müssen 
alle Thierärzte umfassen, und wer auf ihre Zersplitterung in 
Interessengruppen hinarbeitet, ist, bewusst oder unbewusst ein 
Verräther an der thierärztlichen Sache. Denn in diesen Vereinen 
wird der persönliche Zusammenhang gewahrt, ohne den der 
Stand einfach zerfallen müsste; das ist die Hauptaufgabe und das 
Hauptverdienst dieser Vereine. Ausserdem ist im kleineren Kreise 
die beste Gelegenheit gegeben zum Meinungsaustausch zwischen 
den Vertretern verschiedener Berufsspecialitäten. 

Wenn aber ausserhalb der gemischten Provinzial- bezw. 
Localvereine sich allgemeine Specialistenvereine bilden, so kann 
dies berechtigt sein und braucht — die bona fides in dieser 
Beziehung natürlich unbedingt vorausgesetzt — nicht zur Zer¬ 
splitterung des Standes führen, sobald auch diese Organisationen 
nach wie vor in der Centralvertretung ihren Zusammenschluss 
finden. Dieser Zusummenschluss ist unentbehrlich Für die Existenz 
des thierärztlichen Gesammtstandes und sachlich begründet darin, 
dass trotz alles Specialistenthums genug Gegenstände für gemein¬ 
sames Rathen und Handeln bleiben. 

Die Centralvertretung kann in jedem Falle dieser Aufgabe 
gerecht bleiben; nur ihre Zusammensetzung, die ja nicht ihr 
Wesen ausmacht, müsste sie dann modificiren. Wie, das braucht 
heute noch nicht erörtert zu werden. Ob die Central-Vertretung 
sich zu einer solchen Aenderung durch die Gründung des Central- , 
Vereins der Kreisthierärzte veranlasst sehen wird, das wird 
wesentlich davon abhängen, wie weit der letztere Anklang findet. 
JedenfaUs wird die nächste Plenarversammlung Gelegenheit 
geben, diese Angelegenheit bereits zu besprechen. Unser Wahl¬ 
spruch muss sein „Zusammenhalt um jeden Preis“, und die 
Centralvertretung wird gewiss, ihrer Stellung gemäss, in dem 
Streben danach mit gutem Beispiele vorangehen. 

Schmaltz. 

61. Generalversammlung des thierärztlichen General¬ 
vereins für die Provinz Brandenburg am 4. November. 

Die stark besuchte Versammlung ehrte zuerst das Andenken 
ihrer Todten. Drei besonders werthe Mitglieder hatte der Verein 
seit seiner letzten Sitzung durch den Tod verloren, den Ober¬ 
rossarzt a. D. Thomas zu Glogau (1870 approbirt), den Kgl. 
Marstall-Oberrossarzt a. D. Suder (1859 approbirtj und den 
Kreisthierarzt a. D. Mann zu Landsberg a. W. Letzterer, 
1846 approbirt, zählte'[zu den Senioren des Vereins. Suder 


hat denVerein mitbegründet, Mann gehörte ihm seit 30 Jahren, 
Thomas seit 16 Jahren an. Ehre ihrem Andenken! 

Neu aufgenommen wurden die Thierärzte Söffner zu Vietz 
und Isert zu Prenzlau. Die Versammlung nahm dann den 
Kassenbericht entgegen. Das dem Geheimrath Lydtin anläss¬ 
lich seiner Wahl zum Ehrenmitglied ausgestellte kunstvolle, in 
einem Lederband ruhende Diplom wurde von den Anwesenden 
unterzeichnet. Es wurde der Wunsch ausgesprochen, die Samm¬ 
lung für die Büsten von Gurlt, Hertwig und Spinola von 
Vereinswegen zu unterstützen und bedauert, dass der Verein 
zur Zeit daran behindert sei, weil man noch immer im Unklaren 
darüber sei, ob der Für den Badener Congress gezeichnete 
Garantiefonds werde in Anspruch genommen werden. Es wird 
die endliche Regelung dieser Angelegenheit verlangt. 

Der Verein beschäftigte sich sodann mit der Eintragung in 
das Vereinsregister nach Massgabe des B. G.-B. Rechtsanwalt 
Pincus, als juristischer Berather, wies nach, dass die Ein¬ 
tragung für einen Verein, der keine wirtschaftlichen, sondern 
ideale Zwecke verfolge und nur ein kleines Vermögen besitze, 
unnöthig sei. Einige geringfügige Aenderungen der Statuten 
würden genügen, um das Fortbestehen ganz in der bisherigen 
Weise auch gegenüber dem B. G.-B. zu sichern. Der Verein 
beschloss demgemäss, von der Eintragung, mit der immerhin 
Unbequemlichkeiten (Statuten-Genehmigung) verbunden sind, bis 
auf Weiteres abzusehen. 

Dr. Schreiber, Director des Serum - Instituts zu Lands¬ 
berg a. W. hielt einen längeren, sehr interessanten Vortrag 
über den Stand seiner Versuche zur Bekämpfung der Schweine¬ 
seuche und-Pest Dieser Vortrag erscheint demnächst in derB.T. W. 

Kreisthierarzt Graffun der, wies darauf hin, was an¬ 
gesichts der Erscheinungen der Neuzeit die Thierärzte zu ver¬ 
fechten hätten. Der Zug der Zeit gehe keineswegs dahin, die 
Selbstständigkeit der tierärztlichen Wissenschaft, welche vor 
20 Jahren gewonnen sei, weiter zu entwickeln. Ernste An¬ 
zeichen lägen vor, dass diese Selbstständigkeit neuen Gefähr¬ 
dungen ausgesetzt sei und an gewissen Stellen nicht gebührend 
anerkannt werde. Er betone nur die amtliche Bevorzugung von 
Medicinem in der Thierseuchenforschung; neuerdings seien so¬ 
gar Medicinalbeamte beauftragt worden, die Herstellung der 
Serumpräparate für Thierseuchen zu controliren. Dies sei 
doch mindestens eine tierärztliche Angelegenheit, ebenso wie 
die Revision der Sciachthäuser, die neulich in einem gewissen 
Bezirke auch ein Medicinalrath habe vornehmen wollen. Redner 
empfiehlt, dass die Central-Vertretung diese Punkte beachten möge. 

Die grösste Antheilnahme widmete die Versammlung der 
Berathung über die Frage, unter welchen Bedingungen 
die Thierärzte mit der Fleischbeschau zu betrauen 
seien. Kreisthierarzt Lehmann-Kalau leitete die Besprechung 
ein und wies die in der B. T. W. von Kühn au ausgesprochene 
Ansicht sehr entschieden zurück. Der § 5 könne unmöglich 
so verstanden werden, dass auch die Thierärzte noch einen be¬ 
sonderen Nachweis von Kenntnissen führen sollten. Unzweifel¬ 
haft sollten sie vielmehr den Personen, die eines solchen Nach¬ 
weises bedürften, gerade gegenübergestellt werden. Vor Allem 
aber sei die Forderung einer besonderen Ausbildung im Schlacht¬ 
hofe sachlich ganz unbegründet, und es sei unverständlich, wie 
ein Thierarzt eine solche Forderung aufstellen könne. Schlacht¬ 
hausbetrieb und Landfleischbeschau sei zweierlei. Im Schlachthof 
sollte der junge Thierarzt sich vorbereiten, wenn er selber 
später einen Schlachthof leiten solle. Die Landfleischbeschau 


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536 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 45. 


aber sei einfach Untersuchung thierischer Cadaver auf krank¬ 
hafte Zustände, und es wäre ein ungeheures Testimonium pauper- 
tatis für das Studium der Thiermedicin, wenn dasselbe zu dieser 
nicht specialistischen, sondern allgemein medicinischen Aufgabe 
nicht befähigen sollte. Ueberdies seien in der Landfleisch¬ 
beschau die schwierigsten Fälle die Nothschlachtungen, welche 
in Schlachthäusern, namentlich grösseren, gar keine Rolle spielen. 
Aber selbst wenn die Fleischschau, was gar nicht der Fall sei, den 
Thierärzten wirklich neue Aufgaben stellte, so wäre das auch noch 
kein Grund, von ihnen einen besonderen Befähigungsnachweis zu 
verlangen. Verlange man denn einen solchen von den Richtern, denen 
das B. G. B. doch unvergleichlich mehr neue Aufgaben gebracht 
habe. Man verlange das nicht, weil man wisse, dass Jemand, 
der durch ein Studium das allgemeine Verständniss für ein Fach 
gewonnen habe, auch neue Erscheinungen seines Gebiets ohne 
fremde Nachhülfe verstehen lerne. So befähige das allgemein 
medicinische Verständniss auch den Thierarzt ohne besondere 
Nachbildung hundertmal besser dazu, die Landfleischbeschau 
ausznüben, als ein Laie durch noch soviel Schlachthofausbildung 
dazu befähigt werden könne. 

Die ganze Versammlung trat, nicht ohne eine gewisse 
persönliche Erregung, den Ausführungen des Redners bei. 

Professor Schmaltz betonte, dass er die AnsichtKühnau’s 
in keiner Beziehung theile. Dagegen könne er es nur für 
nützlich erachten, dass Kühnau seine Ansicht öffentlich aus¬ 
gesprochen habe, anstatt sie etwa bloss in irgend einer Com¬ 
mission zu äussern. Indem er sie der Oeffentlichkeit und Kritik 
übergeben habe, sei die breiteste Bahn für ihre Widerlegung 
freigegeben. Sachlich hielt es der Redner für ganz unberechtigt, 
von den Thierärzten für die Landfleischbeschau noch eine Vor¬ 
bereitung im Schlachthause zu verlangen. Das hiesse ja, 'die 
Thierärzte auf dieselbe Stufe mit den Laien zu stellen. Die 
specielle Schlachthoftechnik solle garnicht auf die Landfleischschau 
übertragen werden. Einzelne Nichtwisser gebe es überall. 
Wem acht Semester Studium kein Wissen gebracht hätten, dem 
würden auch acht Wochen im Schlachthaus nichts helfen. Wer 
aber wirklich Medicin studirt habe, der müsse unbedingt als 
ausgebildeter Fleischbeschauer gelten, denn das Studium begreife 
die Kenntniss der pathologischen Anatomie in sich. Er könne 
absolut nicht verstehen, was die Landfleischschau Anderes ver¬ 
lange, als jede gewöhnliche Obdnction. Ein Arzt als solcher 
müsse doch als fähig gelten, Obductionsbefunde anfzunehraen. 
Das derzeitige Studium sei überdies bereits den Anforderungen 
der Fleischschau angepasst; es sei jedenfalls dafür zugesohnitten, 
practischen Bedürfnissen zu entsprechen. Wenn man zukünftig 
als allgemeinen Grundsatz aufstelle, dass das theoretische 
Studium durch ein practisches Jahr ergänzt werde, dann könne 
dabei auch die Fleischschau berücksichtigt werden. Aber so 
lange man ohne jedes Practicum, bloss auf Grund seines 
Studiums, den jungen Arzt auf Lebende loslasse, könne man 
doch unmöglich für Cadaver mehr verlangen. 

^Auch die anwesenden Sanitätsthierärzte stimmten in den 
wesentlichen Punkten jenen Ausführungen bei. Die Ver¬ 
sammlung beschloss — und zwar einstimmig — folgende Re¬ 
solution, dem Vorstand deren eventuelle Weiterverwendung 
überlassend: 

1. Der Verein erklärt, dass seiner Ansicht nach durch den 
klaren Wortlaut des § 5 des Fleischschaugesetzes die 
Thierärzte als Personen, die durch ihr Studium den Nach¬ 
weis der Kenntnisse bereits erbracht haben, in Gegensatz 


zu allen übrigen Personen gestellt werden sollen und dass 
daher der auf letztere bezügliche Satz unmöglich auch 
auf die Thierärzte bezogen werden kann. 

2. Der Verein protestirt einstimmig und entschieden dagegen, 
dass von den Thierärzten ausser ihrer Approbation noch 
ein besonderer Nachweis der Befähigung zur Ausübung 
der Landfleischbeschau verlangt werde. 

3. Der Verein hält es für unbedingt erforderlich, dass in die 
Commissionen, denen die Berathung der Bundesraths- 
Bestimmungen betr. Ausführung des Fleischschaugesetzes 
obliegen wird, nicht bloss technische Vertreter der gross¬ 
städtischen Fleischschan, sondern auch Vertreter des 
ländlichen thierärztlichen Geschäftskreises berufen werden 

S. 

Thierärztlicher Verein zu Berlin. 

Protocoll-Auszug 

über die am Montag, den 8. October 1900, im Rathskeller 
abgehaltene Sitzung. 

Der Herr erste Vorsitzende eröffnet mit einer Begrüssungs- 
ansprache an die zahlreich erschienenen Gäste und Mitglieder 
8# Uhr die Sitzung. 

Das Protocoll der Mai-Sitzung wird verlesen und genehmigt. 
Die Versammlung beschliesst, von der Veranstaltung eines 
Wintervergnügens in diesem Jahre Abstand zu nehmen. Ferner 
wird der Vorstand beauftragt, für die correspondirenden Mit¬ 
glieder des Vereins Diplome anfertigen zu lassen sowie die 
neuen Vereins-Satzungen in Druck zu geben. 

Im n. Theil der Tagesordnung fällt der Vortrag des Herrn 
Collegen Henschel „Reichsgesetz betr. die Schlachtvieh- und 
Fleischbeschau“ besonderer Umstände wegen aus. 

Herr Professor Dr. Eberlein hält sodann seinen an¬ 
gekündigten Vortrag: „Das königliche Hauptgestüt Graditz“. 
Vortragender giebt zunächst einen Ueberblick der Landespferde¬ 
zucht und des Gestütswesens im Allgemeinen und schildert so¬ 
dann die historische Entwickelung von Graditz. Nach ein¬ 
gehender Beschreibung der Anlagen und des Betriebes an der 
Hand von Kartenmaterial führt er die Hauptbeschäler dieses 
Gestüts erläuternd vor. 

Der Vortrag findet reichen Beifall, und schliesst sich an 
denselben eine angeregte Discussion, an der sich namentlich 
Herr College Dr. To epp er betheiligt. 

Nach Erledigung des Theils H der Tagesordnung „Mit¬ 
theilungen aus der Praxis“ wird die Sitzung 11 ft Uhr ge¬ 
schlossen. Neu mann, Schriftführer. 

General-Versammlung des Vereins der Thlerfirzte des Regierungsbezirks 

Düsseldorf 

am 11. November h. a. Vormittags 11 Uhr im Hotel Heck, 
Düsseldorf, Blumenstrasse. 

Tages-Ordnung: 1. Jahresbericht. 2. Aufnahme neuer 
Mitglieder. 3. Tuberculin und seine Anwendung zu diagnostischen 
Zwecken. Ref. Herr Thierarzt Martin. 4. Schweineseuche. 
Ref. Kreisthierarzt Dr. Keuten. 5. Mittheilungen aus der Praxis, 
besonders Erfahrungen, betreffend das neue Bürgerliche Gesetz. 

Nach Schluss der Sitzung gemeinsames Mittagsmahl, das 
Gedeck zn Mk. 3,00. Um zahlreiches Erscheinen bittet 

Der Vorstand. I. A.: Fr. Bettelhaenser. 

Semesterreier der im Jahre 1883 in Berlin approbirten Studirenden der 
Thierarztllchen Hochschule. 

In diesen Tagen wurde in Berlin ein ebenso seltenes, als schönes 
Fest gefeiert. Das Studiensemester 1883 beging am 19, 20. u. 21. X. 


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8. November 1900. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


537 


die Feier des ersten Wiedersehens nach der Approbation. Man 
hatte das Jahr 1900 als .ein Jahr von Bedeutung für diese 
Zusammenkunft gewählt. Es fanden sich, zum grössten Theil 
mit ihren Damen, 19 Thierärzte ein, welche im Jahre 1883 aus I 
der Militär-Rossarztschule hervorgegangen waren,‘und von denen 
sich noch 6 im activen Dienst als Oberrossärzte befinden. Der 
damalige Inspicient, Herr Oberrossarzt Naumann vom Garde- 
Kürassierregiment war mit seiner Gattin der Einladung zu dem 
Feste gefolgt. Ausserdem war als Gast Herr Departements- 
Thierarzt Koschel nebst Gemahlin erschienen. 

Die Feier bestand in einer Begriissung mit anschliessendem j 
Commers im Spatenbräu, Friedrichstrasse, am 19. October, Abends i 
7 % Uhr, in einem Festdiner am 20. October, Mittags 2 Uhr, in 
den Räumen des „Englischen Hauses“ in der Mohrenstrasse und . 
in einem musikalischen Frühschoppen am 21. October im 
Etablissement Kistenmacher in der Richard-Wagnerstrasse. 

Die Freude des Wiedersehens am Begriissungsabend war ' 
eine überaus herzliche, da die Meisten in dem Zeitraum von j 
17 Jahren sich nicht wiedergesehen hatten. Manches Glas 
wurde bei dieser Gelegenheit im Austausch der Erinnerung aus ; 
der Studienzeit geleert, und kräftig erklangen die altbekannten j 
Studentenlieder unter Musikbegleitung und Mitwirkung der J 
Damen. Das Diner im „Englischen Hause“ verlief in grossartiger 
Weise, wobei die altbewährte Küche und der Keller des Herrn ; 


Hu st er, sowie eine vorzügliche Musikkapelle das Ihrige bei¬ 
trugen. Mit einer Polonaise und einigen Tänzen endete dieser 
Festtag. Der am 3. Tage stattfindende Frühschoppen, welcher um 
1 lVa Uhr begann, endete erst Nachmittags gegen 4 Uhr, nach¬ 
dem man den lucullischen Genüssen eines kalten Büffets in 
ausgedehntem Masse zugesprochen hatte. Eine Wagenfahrt 
nach dem Victoria-Park beendete die offizielle Feier. 

Das ganze Fest verlief in der schönsten Weise, und einem 
jeden Theilnehmer, besonders auch den Damen werden diese 
Tage des Wiedersehens alter Freunde und Bekannten zeitlebens 
in Erinnerung bleiben. Einstimmig wurde beschlossen, im Jahre 
1908 die 25 jährige Jubiläumsfeier in gleicher Weise zu be¬ 
gehen, und es wurde allseitig die Hoffnung ausgesprochen, dass 
bei dieser Feier nicht ein 1883er fehlen möge. B. 

Württemberg. 

Den württembergischen Oberamtsthierärzten ist durch Ent- 
schliessung des K. Ministeriums des Innern vom 6. October d. J. 
die Führung von Dienststempeln mit dem württ. Wappen und 
der Umschrift: „K. Württ. Oberamtsthierarztstelle N. N.“ ein¬ 
geräumt worden. Es wird damit zum Ausdruck gebracht, dass 
die Oberamtsthierarztstelle eine selbstständige, allerdings dem 
Oberamt subordinirte Geschäftsstelle ist. 


Staatsveterinärwesen. 

Redigirt von Preuste. 

Bekämpfung der Schweinepest (Schweineseuche) in Oesterreioh. 

Im Anschluss an die in Nr. 38 der B. T. W. veröffentlichte 
Notiz über Massregeln gegen die Schweinepest (Schweineseuche) 
in Oesterreich wird mitgetheilt, dass nunmehr unter dem 
15. September d. J. eine Kaiserliche Verordnung erschienen ist, 
welche verschiedene Abänderungsbestimmungen der Verordnung 
vom 2. Mai 1899 betr. die Abwehr und Tilgung der Schweine¬ 
pest (Schweineseuche) enthält. Ans derselben ist Folgendes 
hervorzuheben: Um die Seuche möglichst schnell zu tilgen, sind 
die seuchekranken, die seucheverdächtigen und die ansteckungs¬ 
verdächtigen Schweine zu tödten. Unter den letzteren werden 
solche Schweine verstanden, welche innerhalb der letzten 40 Tage 
in nicht völlig abgesonderten Stallungen, auf Weideplätzen, beim 
Treiben, beim Transport auf Eisenbahnen, Schiffen oder Fuhr¬ 
werken mit pestkranken Schweinen in Berührung gekommen sind. 

Ist eine weitere Verbreitung der Seuche nicht zu befürchten, 
insbesondere wenn es sich um werthvolles Zuchtmaterial handelt, 
so kann von der Tödtung Abstand genommen werden, wenn 
dieselben 40 Tage seuchesicher abgesondert und unter thier¬ 
ärztliche Beobachtung gestellt werden. 

Für nach der Tödtung pestfrei befundene Schweine wird 
aus der Staatskasse Entschädigung gewährt. Diese Entschädigung 
beträgt für Schlachtschweine 95 pCt. des pro kg berechneten 
durchschnittlichen Marktpreises, der im vergangenen Monate in 
der Hauptstadt des betreffenden Landes für geschlachtete 
Schweine aller Qualitäten amtlich notirt war; für Nutzschweine 
nach Massgabe eines Werthtarifs, welcher von der politischen 
Landesbehörde nach gepflogenem Einvernehmen mit der officiellen 
landwirtschaftlichen Corporation vierteljährlich, unter Berück¬ 
sichtigung der Altersclassen und sonstigen preisbestimmenden 
Unterschiede pro kg festzusetzen ist. Für Zuchtschweine unter 
weiterer Hinzurechnung eines Zuschlages von 25 pCt. 


Die Klassificirung in Schlacht-, Nutz- oder Zuchtschweine 
erfolgt durch die Seuchencommission (§18 des Thierseuchen¬ 
gesetzes). Nutzschweine sind alle nicht in die Categorie der 
Schlachtschweine fallenden, zur Zucht nicht mehr tauglichen 
Schweine, sowie Schnittlinge und nicht zur Zucht bestimmte 
Ferkel und Jungschweine. 

Für nach dem Schlachten pestkrank befundene Schweine 
wird eine Entschädigung von 50 pCt. des wie vorerwähnt er¬ 
mittelten Entschädigungsbetrages aus der Staatskasse geleistet. 

Zu dieser Kaiserlichen Verordnung sind nun noch seitens der 
Ministerien des Innern, der Justiz, des Handels, der Eisenbahnen 
und des Ackerbaus genauere Ausführungsbestimmungen erlassen» 
worden. Dieselben enthalten Vorschriften über die Anzeige¬ 
pflicht, die Vornahme der Untersuchungen durch den Amtsthier- 
arzt, und von Erhebungen desselben in Gemeinschaft mit dem 
Gemeidevorsteher über den Zustand der Schweinebestände der 
einzelnen Wirthschaftsgehöfte der Ortschaft bezw. der zunächst 
gefährdeten Theile derselben; ferner Vorschriften über die vor- 
zunehraenden Tödtungen, und über die Isolirung und Beobachtung 
solcher ansteckungsverdächtigen Schweine, deren sofortige 
Tödtung nicht unbedingt nothwendig ist. Diese sind sofort mit 
unverwischbaren Kennzeichen zu versehen. Es folgen dann 
Bestimmungen über die Beseitigung der Cadaver pestkranker 
Schweine. Bei Abstandnahme von Tödtungen ansteckungsver¬ 
dächtiger Schweine sind die betreffenden Vorgänge der poli¬ 
tischen Landesbehörde zur Entscheidung vorzulegen. Hinsicht¬ 
lich des Auftretens der Schweinepest etc. bei unter Beobachtung 
stehenden ansteckungsverdächtigen Schweinen gelten dieselben 
Vorschriften, wie beim ersten Auftreten der Seuche. Werden 
ansteckungsverdächtige Schweine nach 40 tägiger Beobachtung 
gesund befunden, so sind sie dem freien Verkehr zu 
übergeben. 

Auch in Betreff der Verwerthung getödteter Schweine 
sind Vorschriften gegeben. Ist die Verwerthung gesunder zum 


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538 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 46. 


Con8um zugelassener Schweine in der verseuchten Gemeinde 
selbst möglich, so ist dieselbe im Wege der öffentlichen Ver¬ 
steigerung eventuell auch des freien Verkaufs durchzuftihren. 
Anderenfalls sind die Schweine unter bestimmten Vorsichts- 
massregeln entweder lebend nach Orten mit Schlachthäusern 
zu befördern, oder im geschlachteten Zustande nach vollstän¬ 
digem Erkalten nach geeigneten, nicht zu weit entfernten 
Consumorten und Uebernahmestellen. Zum Schluss folgen dann 
noch eingehende Vorschriften über die Art und Weise der vor¬ 
zunehmenden Cla8sificirung der zu entschädigenden Schweine 
und über die Gewährung der Entschädigung selbst. 

Vorstehende Bestimmungen sind für die Bekämpfung der 
Schweinepest (Schweineseuche) im Allgemeinen als zweckmässig 
zu bezeichnen. Die Ausnahmen, die unter gewissen Umständen 
in Betreff der ansteckungsverdächtigen Schweine gemacht worden 
sind, dürften jedoch weniger zweckentsprechend sein, da er- 
fahrungsgemäss namentlich bei den mehr chronischen, latent, ver¬ 
laufenden Formen der Seuche eine 40 tägige Beobachtung nicht 
ausreicht, um nach dieser Zeit jede Weiterverbreitung der Seuche 
zu verhüten. Es empfiehlt sich, in Betreff der Tödtung an¬ 
steckungsverdächtiger Schweine keine Ausnahmen zuzulassen, 
sondern auch diese sammt und sonders möglichst bald der 
Schlachtbank zuzuführen. Bei Erlass der demnächst bei uns zu 
erwartenden gesetzlichen Massnahmen zur Bekämpfung der 
Schweineseuche (Schweinepest) wird hoffentlich dieser Punkt 
Berücksichtigung finden. 

Naohweisuag Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Relohe 
am 15. October 1900. 

[Die Zahlen hinter den Landestheilen bedeuten Kreise 
(und Gemeinden).] 

Gegenüber dem Seuchenstand am 30. September er. sind 
folgende Aenderungen zu bemerken. 

Mit Rotz sind in 48 Gemeinden 59 Gehöfte verseucht. In 
Preussen sind freigeworden R.-B. Frankfurt, Merseburg. Neu 
verseucht R.-B. Gumbinnen 1 (1) und Münster 2 (2). In Sachsen 
ist die Seuche ausgebrochen in der Kreishauptmannschaft 
Chemnitz 1 (1), in Bayern im R.-B. Niederbayern, ferner in 
Mecklenburg-Schwerin 1 (1) und in Braunschweig 1 (1). 

Die Lungenseuche ist in Anhalt erloschen; sie herrscht 
noch in Preussen in 6 Gemeinden, 107 Gehöften. 

Die Maul- und Klauenseuche ist erloschen in Preussen 
in den R.-B. Hannover und Münster, in Bayern in dem R.-B. 
Schwaben und in Hamburg. Neu constatirt wurde sie in Bayern 
im R.-B. Pfalz 1 (1), in Hessen in der Prov. Starkenburg 1 (1), 
in Sachsen-Coburg-Gotha im Herzogthum Gotha 2 (2) und in 
Waldeck 1 (2). Die Seuche herrscht noch in 708 Gemeinden 
und 2158 Gehöften. 

Neuausbrüche von Schweineseuche sind festgestellt in 
Preussen in den R.-B. Erfurt 1 (1), Stade 1 (1), Köln 1 (1), 
Trier 2 (2), in Bayern in den R.-B. Oberpfalz 1 (1) und Mittel¬ 
franken 1 (1), in Oldenburg im Herzogthum Oldenburg 1 (1), 
Anhalt 1 (1); erloschen ist die Seuche in Baden, Landescom. 
Karlsruhe und in Hamburg. Sie herrscht noch in 210 Gemeinden 
und 282 Gehöften. 

Maal- und Klauenseuche auf Viehhöfen. 

Die Seuche ist am 29. October in Sachsenhausen aus¬ 
gebrochen und erloschen. 


Fleischschall und Viehhandel. 

Von Kibnau. 

Die «taatliohe Schlaehtviehveraicherung Im Königreich Saohsea. 

(Deutsche thlerirztllche Wochenschrift No. M.) 

Von landwirtschaftlicher Seite wird lebhaft dafür agitirt, 
dass mit dem Inkrafttreten des Reichsfleischschaugesetzes gleich¬ 
zeitig Einrichtungen getroffen werden, die bezwecken, die Vieh¬ 
besitzer für die durch Beschlagnahme von Schlachtthieren auf¬ 
kommenden Verluste schadlos zu halten. Ein Vorbild für eine 
derartige Einrichtung ist die am 1. Juni d. J. in Kraft getretene 
Schlachtviehversicherung im Königreich Sachsen, über welche 
Prof. Dr. Edelmann in der D. Th. W. berichtet. In Verfolg 
des Gesetzes v. 2. Juni 1898 ist eine Zwangsversicherung 
eingerichtet. Ersetzt werden die durch Ungeniessbarkeits- oder 
Minderwerthserklärung des Fleisches entstehenden Verluste. 
Die Beiträge werden auf die Gesammtheit der schlachtenden 
Viehbesitzer gleichmässig vertheilt. Der Staat steuert 25 Procent 
der Beiträge bei und setzt die Höhe der Beiträge alljährlich 
fest. Als Unterlage für die Berechnung dient die Entschädigungs¬ 
summe des Vorjahres. Nicht vergütet werden die Schäden, 
welche durch Beschlagnahme einzelner Theile entstehen, ferner 
die Beanstandung von Fleisch wegen Tuberculose, wenn sich 
die Rinder während der letzten 9 Monate, Schweine während 
der letzten 6 Monate, jüngere Thiere von der Geburt an vor 
der Schlachtung nicht im sächsischen Staatsgebiet befunden 
haben und endlich, wenn der Besitzer sich weigert, ihm an Dritte 
zustehende Enschädigungsansprtiche an die Versicherungsanstalt 
abzutreten. Der Entschädigungsanspruch kann ganz oder theil- 
weise zurückgewiesen werden, wenn der Besitzer des Schlacht- 
thieres die Krankheit bei Lebzeiten absichtlich oder durch 
grobes Verschulden herbeigeführt hat, beziehentlich die Heilung 
nicht versucht hat. 

Dem Versicherungszwange unterliegen über 3 Monate 
alte Rinder und Schweine. Ausgeschlossen bleiben Thiere der 
bezeichneten Gattungen, die innerhalb Monatsfrist vor der 
Schlachtung aus einem aussersächsischen Staate eingeführt worden 
sind, die Thiere für welche auf Grund reiche- oder landes¬ 
gesetzlicher Vorschriften Entschädigungen bereits von anderer 
Seite gewährt werden und endlich solche Thiere, welche sich 
bei Lebzeiten als ungeeignet zur menschlichen Nahrung er¬ 
weisen. 

Die Verwaltung und Vertretung der Versicherung erfolgt 
durch die Brandversicherungskammer in Dresden. Der Ver¬ 
waltungsausschuss besteht aus einem Mitgliede der Brand¬ 
versicherungskammer als Vorsitzendem, einem Mitgliede der 
Commission für das Veterinärwesen, zwei vom Landesculturrathe 
und fünf von den landwirtschaftlichen Kreisvereinen zu 
wählenden Viehbesitzern. Als Sachverständiger der Ver¬ 
sicherungsanstalt fungirt ein Amtsthierarzt. 

Bei der Schadenvergütung wird der Schlachtwerth des 
Thieres zu Grunde gelegt. Dieser wird nach dem Schlacht¬ 
gewicht und einem vierteljährlich vom Verwaltnngsausschuss für 
das Kilogramm Fleisch einer jeden Thiergattung festzustellenden 
Durchschrittspreise bestimmt und dann um die noch verbleibenden 
Werthe an Fleisch, Fett, Haut u. 8. w. bezw. bei Verwertung 
auf der Freibank um den aus diesen Theilen erzielten Reinerlös 
gekürzt. Der Restbetrag entspricht dem tatsächlichen Verlust, 
der dem Besitzer von der Versicherungsanstalt mit 80 Prozent 
entschädigt wird. 


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8. November 1900. 

Die Schädenfeststellung erfolgt durch einen aus zwei 
Viehbesitzern und einem Thierarzt bestehenden Ortsschätzungs- 
ausschuss. Gegen den Ausspruch desselben kann der Versicherte 
Beschwerde erheben. Richtet sich diese gegen die ganze oder 
theilweise Zurückweisung des Entschädigungsanspruches, so ent¬ 
scheidet hierüber endgültig der Verwaltungsausschuss der Ver¬ 
sicherungsanstalt. Richtet die Beschwerde sich gegen die Höhe 
der Entschädigungssumme, so entscheidet der Bezirksschätzungs¬ 
ausschuss, welcher aus dem Bezirksthierarzte resp. dessen 
Vertreter als Vorsitzendem und zwei aus der Mitte der Vieh¬ 
besitzer zu wählenden Sachverständigen sich zusammensetzt. 

Die Höhe der Versicherungsbeiträge ist für die Zeit 
vom 1. Juni bis 31. Dezember d. J. schätzungsweise festgesetzt. 
Der Beitrag ist 5 M. für ein weibliches Rind, 4 M. für ein 
männliches Rind und 75 Pfg. für ein Schwein. Die Einziehung 
erfolgt durch die Steuerstellen, sowie auch durch die Cassen- 
verwaltung der Schlachthöfe. 

Beitragspflichtige sind diejenigen, welche versicherungs¬ 
fähiges Vieh schlachten oder schlachten lassen. Die Anmeldung 
und der Versicherungsbeitrag muss vor dem Schlachten, resp. 
bei einer Nothschlachtung vor dem Zerlegen des Thieres bei 
der zuständigen Stelle erfolgen. 

Nichtbeitragspflichtige haben bei der Anmeldung eines 
Thieres zur Schlachtung einen Befreiungsschein vorzulegen. Als 
Nachweis für die Ausstellung eines Befreiungsscheines dienen der 
Gemeindebehörde: 1. bei Begründung des aussersächsischen 
Ursprungs von Thieren ein amtliches Ursprungszeugniss; 2. wenn 
das Thier bereits bei Lebzeiten als ungeeignet zur menschlichen 
Nahrung sich darstellte, eine schriftliche Bescheinigung eines 
wissenschaftlichen Fleischbeschauers (Thierarztes); 3. in Fällen, 
wo schon auf Grund reichst oder landesgesetzlicher Bestimmungen 
Entschädigungen gewährt werden, die schriftliche Bescheinigung 
der Ortspolizeibehörde oder des Bezirksthierarztes. 

Die Anmeldung eines Schadenfalles muss unter Bei¬ 
fügung der Beitragsquittung und des Beanstandungsscheines 
innerhalb 24 Stunden bei der Gemeindebehörde erfolgen. Bei 
Anspruch auf Entschädigung stellt der Ortsschätzungsausschuss 
den Schaden fest. Beschwerden gegen das Schätzungsergebniss 
sind dem Ortsschätzungsausschuss sogleich oder der Gemeinde¬ 
behörde innerhalb 24 Stunden zu übermitteln. Die Beschwerden 
sind durch Beläge zu begründen. 

Bei Anerkennung der Entscheidung des Ortsschätzungs¬ 
ausschusses wird nach Einreichung des ProtocoUes und der 
Nachweise der Entschädigungsbetrag von der Versicherungs¬ 
anstalt dem Versicherten durch die Gemeindebehörde resp. 
Cassenverwaltung der Schlachthöfe ansgezahlt. 

Die Arbeiten, die den Fleischbeschauern bei Durch¬ 
führung der Schlachtviehversicherung zufallen, können ohne 
grossen Zeitverlust nebenamtlich erledigt werden. Im Wesent¬ 
lichen handelt es sich um die Controle der Anmeldung der 
Scblachtthiere zur Versicherung und der ordnungsmässigen 
Beitragsleistung. Bei Beanstandungen von Fleisch hat der 
Fleischbeschauer dem Besitzer des Schlachtthieres einen Be¬ 
anstandungsschein auszustellen. In diesem ist der Untersuchungs¬ 
befund unter Hervorhebung der richtigen und für die Beurtheilung 
des Fleisches massgebenden Umstände einzutragen. 

Einfuhr vor Wurst und BQchsenfleiseh Im Grenzverkehr. 

Das badische, sowie das elsass-lothringische Ministe¬ 
rium des Innern hat von der in § 14 2 des Reichsfleischschau- 


539 

gesetzes ertheilten Ermächtigung Gebrauch gemacht und be¬ 
stimmt, dass das Verbot der Einfuhr von Büchsenfleisch 
und Wurst im kleinen Grenzverkehr nicht Platz 
greifen soll, da nach dem Zolltarif die zollfreie Einfuhr solchen 
Fleisches (in Mengen bis zu 2 kg) für die Grenzbewohner 
zulässig sei. 


Thierhaltung und Thierzucht. 

Das Bayerische Pferdeversicherongs-Gesetz. 

Unter dem 15. April d. J. ist in Bayern ein Gesetz betreff, 
die Pferdeversicherungsanstalt erlassen worden, welches am 
1. November d. J. in Kraft treten soll. Dieses Gesetz enthält 
folgende Bestimmungen: 

Für das Königreich Bayern wird eine öffentliche Pferde¬ 
versicherungsanstalt auf Gegenseitigkeit errichtet. Diese Anstalt 
hat ihren Sitz in München, ihre Verwaltung wird der kgl. Ver¬ 
sicherungskammer übertragen mit der Bezeichnung „Kgl. Ver- 
sichernngskammer, Abtheilung für Pferde Versicherung“. Die Anstalt 
setzt sich zusammen aus den zu einem Landesverband vereinigten 
Pferdeversicherangsvereinen, welche das Normalstatut ange¬ 
nommen und auf Ansuchen die Aufnahme in die Anstalt erhalten 
haben. Der Austritt ist jedem Verein nach voransgegangener 
dreimonatlicher Kündigung gestattet. Die Pferdeversicherungs¬ 
vereine beruhen auf Freiwilligkeit und Gegenseitigkeit, ihre 
Bildung erfolgt für den Bezirk einer oder mehrerer Gemeinden. 
Im Falle die Pferdebesitzer nicht selbst einen Verein gründen, 
kann die Gemeindeverwaltung die Errichtung eines Pferde Ver¬ 
sicherungsvereins in die Wege leiten. Auf Verlangen von 
wenigstens 10 Pferdebesitzern ist sie hierzu verpflichtet. Die 
Organisation der Vereine und deren Verhältnis zu den Ver¬ 
sicherten wird durch das Normalstatut geregelt. Die Anstalt 
und die zugehörigen Vereine besitzen die Rechte öffentlicher 
Körperschaften. Die Anstalt übernimmt die Deckung der Hälfte 
der zu leistenden Entschädigung, die andere Hälfte ist von den Ver¬ 
sicherungsvereinen aufzubringen. Die Schadenfestsetzung erfolgt 
durch die Vereine nach Maassgabe des Normalstatuts. Die 
betreff. Verhandlungen sind der Anstaltsverwaltung vorzulegen, 
welche sie zu prüfen hat. Ansprüche auf Entschädigung, welche 
in Folge Umstehens oder der Tödtung eines Pferdes wegen Un¬ 
brauchbarkeit gegen Dritte entstehen, gehen an den Verein 
bezw. die Anstalt im Betrage der zu leistenden Entschädigung 
über. Bei Verletzungen des Gesetzes oder des Normalstatuts 
Seitens der Vereinsorgane kann die Anstalt die Auszahlung der 
Entschädigung ganz oder theilweise ablehnen. Hierüber ist 
Beschwerde an das Schiedsgericht der Anstalt zulässig. Im 
Falle die Mittel zur Deckung des der Anstalt zur Last fallenden 
Entschädigungsaufwandes nicht ausreichen, werden von den 
einzelnen Vereinen entsprechend der Versicherungssumme Bei¬ 
träge erhoben. Pferde, für welche eine besondere Gefahr der 
Beschädigung oder Abnutzung besteht, können von der Ver¬ 
sicherung ausgeschlossen oder es können höhere Beiträge nach 
bestimmten Gefahrenklassen verlangt werden. 

Am Schlüsse des Versicherungsjahres wird der von den 
einzelnen Vereinen zu leistende Beitrag festgesetzt. Soweit 
verfügbare Vereinsmittel nicht bestehen, wird dieser Beitrag auf 
die einzelnen Mitglieder vertheilt. Derselbe kann zwangsweise 
eingezogen werden. Der Anstalt wird ans Staatsmitteln ein 
Stammkapital von 500 000 M. zngewiesen. Ausserdem erhält 
sie einen jährlichen Staatszuschuss von 40 000 M. Aus den 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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540 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 45. 


Zinsen des Stammcapitals und den Beitrittsgebühren ist ein 
Reservefonds zu bilden, dessen Zinsen zur theilweisen Deckung 
des Jahresaufwandes der Anstalt zu benutzen sind. Die Anstalt 
führt die Aufsicht über die ihr beigetretenen Vereine, sie ist 
berechtigt, bei Nichtbefolgung ihrer Anordnungen Ordnungs¬ 
strafen bis zu 10 M. zu verhängen. Auch können Vereine bei 
fortgesetzten Verstössen gegen das Gesetz und das Normal- 
Statut zeitweise ausgeschlossen werden. Das Versicherungsjahr 
beginnt mit dem 1. November. Ein aus den Kreisausschüssen 
der landwirtschaftlichen Vereine eines jeden Regierungs-Be¬ 
zirkes und dem bayerischen Landwirthschaftsrath gewählter 
Ausschuss, zu welchem Seitens des Staates ein Commissar ab¬ 
geordnet wird, wird der Anstaltsverwaltung beigegeben. Dieser 
hat über Aenderungen des Normalstatuts, den Erlass von Nach¬ 
trägen zu demselben sowie über die zeitweise Ausweisung von 
Vereinen sein Gutachten abzugeben. Auch kann er über sonstige 
Angelegenheiten gehört werden. 

Zur Entscheidung von Streitigkeiten in Betreff der Ent¬ 
schädigung wird ein Schiedsgericht gebildet, welches aus drei 
Mitgliedern und drei Ersatzmännern jedes Jahr aus der Mitte 
des Ausschusses gewählt wird. 

Das für die Pferdeversicherungsvereine vorgeschriebene 
Normalstatut enthält Bestimmungen über: 1. Einrichtung, Ver¬ 
waltung und Auflösung der Vereine, 2. Eintritt, Austritt und 
Ausschluss der Pferdebesitzer, 3. Gegenstand der Versicherung, 
4. Aufstellung des Versicherungswerthes und des Versicherungs¬ 
buches, 5. Anzeige, Erhebung und Festsetzung des Schadens, 


6. thierärztliche Behandlung der Pferde, Tödtung derselben in 
Folge Unbrauchbarkeit, 7. Entschädigungsleistung, 8. Verlust 
des Entschädigungsanspruchs, 9. Verwertbung der umgestandenen 
und getödteten Pferde, 10. Beitrittsgebühren und Beiträge, 
11. Entscheidung der Streitigkeiten zwischen den Vereinen und 
den Versicherten. 

Das vorgenannte bayerische Gesetz bedeutet einen grossen 
Fortschritt auf dem Gebiet des Viehversicherungswesens. Leider 
ist auch damit keine Zwangsversicherung verbunden. Für die 
bayerischen Thierärzte dürfte dasselbe jedoch immerhin nicht 
unbedeutende Vortheile mit sich bringen, insbesondere auch zur 
Hebung des Ansehens des thierärztlichen Standes in Bayern 
wesentlich beitragen. Preusse. 

Ergebnisse der Viehzählung in 6rossbritamien 

v. 4. Juni 1900. 



1900 

1899 

1898 

Zu- resp. Abnahme 


Stück 

Stück 

Stück 

Stück 

Procent 

Milchkühe 

2 620 901 

2 671 260 

2 587 190 

— 50 359 

- 1,9 

Rinder (2 Jahr) 

1 372 532 

1 341 310 

1381 595 

+ 31222 

+ 2,3 

„ (1-2J.) 

1460 808 

1388 511 

1345 844 

+ 72 297 

+ 5,2 

„ (unter 1 J.) 

1 350 929 

1 394 639 

1307 735 

— 43 710 

- 3,1 

Zusammen 

6 805 170 

6 795 720 

6 622 364 

+ 9450 

-4- tu 

Zucbtscbafe 

10 350 326 

10 460 837 

10 137 932 

-110511 

- i,i 

Schafe (1 Jahr) 

5 963 869 

6 040 600 

6 203 858 

— 76 731 

- 1,3 

„ (unter 1J.) 10 278 031 10 737 317 

10401404 

— 459 286 

— 4,3 

Zusammen 

26 592 226 27 238 754 26 743 194 

— 646 528 

— 2,4 

Zuchtsauen 

332 521 

375 911 

362 200 

— 43390 

— 11,5 

Andere Schweine 2 049 411 

2 247 902 

2089 395 

—198 491 

- 83 

Zusammen 

2 381 932 

2 623 813 

2 451595 

— 241 881 

- 9,2 


Personalien. 

Ernennung: Schlaehthofdirector Dr. Günther zum Kreisthierarzt 
in Rothenburg a. Fulda ernannt. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die 
Thierärzte Ad. Assmann von Gr. Lissa nach Dresden, Baller¬ 
meister von Hannover nach Wolgast, I*. Diestelow nach 
Naugard i. I’onuu. (Schlachthof), Gerant von Tempelhof als kreis- 
thierärztl. Assistent nach Königsberg (Neumark), Gerth von Lauen¬ 
burg i. Ponnu. nach Berlin, Hettenhausen (Kreisthierarzt) von 
Xanten nach Neuenahr, Jilluff nach Bublitz i. Poumi., Herrn. 
Nabel nach Barmen (Schlachthof), Schiefner nach Bremen. — 
Thierarzt Bö ekel hat die Stelle für Fleischbeschau in Bahn und 
L. Evers, Rossarzt a. D. desgl. in Arys übernommen. 

Todesfälle: Mann, Kreisthierarzt a. D. zu Landsberg a. W. 
(approbirt 1846) und Sudcr, Kgl. Marstall-Oberrossarzt a. D. 
zu Berlin. 

Veränderungen in der Armee: Befördert: Schwebs, Unter¬ 
rossarzt im 4. Drag.-Rgt., unter Versetzung zum 12. Ul.-Rgt. zum 
Rossarzt und Greggcrs, Unterrossarzt der Res., zum Rossarzt der 
Res. — Versetzt: die Oberrossärzte Re ine mann vom 1. Leib- 
Hus.-Kgt. No. 1 und Pieczynski vom 3. Hus.-Rgt. gegenseitig. 
Belitz, Rossarzt im 9. Drag.-Rgt., zum 11. Ul.-Rgt. Rüther, 
Unterrossarzt im 3. Garde-Art.-Rgt., zum 7. Ul.-Rgt. 


Yacanzen. 

(Näheres über die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 
Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Reg.-Bez. Coblenz: Simmern (600 M. und 450 M. Stellenzulage). 
Bewerbungen bis 10. November er. an den Regierungspräsidenten. 
— Reg.-Bez. Hannover: Springe zum 1. Jan. 1901 (600 M.). Meid, 
bis 25. Nov. er. an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Potsdam: 
Angcrmiinde. Bewerbungen bis 20. Nov. an den Regierungs¬ 
präsidenten. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Reg.-Bez. Düsseldorf: Landkreis Krefeld. 

Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Graudenz: Assistenzthierarzt sofort (2100 M. möbl. Wohnung etc.): 
4 wöchentliche Kündigung; Bewerbungen an den Magistrat. 
Lauen bürg: Schlachthofvorsteher (1800 M. steigend bis 2700 M. 
Wohnung etc. 500 M. Caution). Bewerb, an den Magistrat. — 
Meseritz: innerhalb 3 Monate zu besetzen (1500 M. Anfangs- 


I gehalt. Privatpraxis). Bewerb, bis 20. Nov. — Pössneck: Thier- 
I arzt für Praxis und Fleischbeschau (aus letzterer 1200 M.; ausserdem 
1 ca. 700 M. aus der Trichinenschau). Bewerb, bis 15. Nov.-crv ••• 
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Beuthen (Oberschles.): Schlachthofassistenzthierarzt — Düren: 
Schlachthofdirectar. — Grätz (Posen}: Schlachthofinspector. — 
Köln: Schlachthofthierarzt. — Königsberg (Ostpreusen): Scblacht- 
hofthierarzt — Mainz: Schlachthofthierarzt — Ottweiler (Bezirk 
' Trier): Schlachthausverwalter. — Oelsnitz (Sachsen): Thierarzt für 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Punitz i. Pos.: Thierarzt für 
Schlachtviehbeschau (1200 M.: ausserdem Praxis.) Bewerb, an den 
Magistrat — Salzwedel: Schlachthof-Vorsteher. — Trier: Hilfs¬ 
thierarzt am Schlachthof. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — 

1 Wamsdorf. — Wolkenstein: Schlachthofthierarzt — Woll¬ 
stein (Posen): Schlachthofinspector. 

I Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neustadt). 

— Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck 
! (Westpr.). —Lasdebnen (Kr. Pillkallen). — Murrhardt — Schön¬ 
baum (Danzig). — Soldau (OstprA 

1900 bekannt gegebene :Bojanowo. — Eickel. — Festen¬ 
berg Bez. Breslau. — Jade (Oldbg.): Thierarzt — Mengering¬ 
hausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schles.). — Rhinow 
(Reg.-Bez. Potsdam). — Schloppa (Westpr.). — Schwarzen¬ 
berg i. S. — Sonnenburg. — Suelze (Mecklb.). — Wadern 
I (Bez. Trier): Thierarzt zum 19. November er. (Fixum 600 M. und 
280 M. für Ueberwachung der Märkte). Bewerb, bis 10. November 
i an den Bürgermeister. 

Besetzt: Kreisthierarztstelle in Sagan. Sanitätsthier¬ 
arztstellen in Arys und Bahn. Privatstelle in Wolgast 


I Mitthelhmg. 

Die letzte Nummer der B. T. W. scheint einem Theil der 
geehrten Abonnenten verspätet zngegangen zu sein. Sämmtliche 
durch die Post direct zu versendenden Exemplare sind jedoch 
! von hier aus gleichzeitig und rechtzeitig expedirt worden. Um 
die Feststellung der Ursache zu ermöglichen, werden die Herren, 
welche die Nummer verspätet erhalten haben, gebeten, Reclazna- 
| tionen an ihre Poststelle zu richten und dabei den Poststempel 
der Berliner Abfertigungsstelle anzugeben, 
i Richard Schoetz, Verlagsbuchhandlung-. 


Vrmntwortlii'h für den Inhalt (cicl. Inseratcntheil): Prof. Dr. Schmal,7 in Berlin. — Verlag und Eigonthum von Richard Schoots ln Berlin. — Druck von W. B fix enstein, Berlin 


Digitized by AjOOQie 


Die „Berliner Thlerlrztllche Wochenschrift“ erscheint Originalheiträfte werden mit BO Xk. für den Rogen honorlrt. 

wöchentlich in Stärke von mindestens I ■ , Bugen. Dieselbe Alle Manuscripte. Mitthcilun?en und rednctionellun An¬ 
ist tu belieben durch den Buchhandel, die Bost (No. 10*2) f frapen beliebe mau zu senden an Brof. Dr. Schmält», 

oder durch die Verlapiliiichhandlunp von Kiehard I __ Berlin thieriirztliche Hochschule. NW, Luisenstrasse 56. 

Schoctz, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von ■“m £_■ I I ■ ■ Corrccturen, Heconsions-Exeinplaro und Annoncen da- 

Mk. 5,— pro Vierteljahr. ■ P I j | | | | | B gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Redaction: 

Professor Dr. Sclimaltz-Berlin. 

Verantwortlicher Rcdactenr. 

De Bruin KUhnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel Ziindel 

Professor Oberthierarzt Departementsihierarzt Professor Departeiuentsthicrarzt Veterinärassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kroisthierarzt 

Utrecht.’ Hamburg. Cöln. Breslau. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. M 46 . Ausgegeben am 15. November. 


Inhalt: Foth: Tannofonn. — Tempel: Aus <ler Praxis fiir die Praxis. — Originalmittheilungen. — Mjöen : Die Fischerci- 
untersuchungen des norwegischen .Staatsschiffes „Michael Sars“. — Referate: Nocard und Rossignol: Versuche 
über die Dauer der Inenbatiou der Tulterculose des Rindes und das Alter der tuberculöscn I.aesionen. — Mathis: Prolapsns 
vaginae bei dem Hund. — Marx: Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung zur Heilung und Erforschung der Tollwuth am 
Institut für Infectionskrankheiten zu Berlin im Jahre 1899. — Biirner: Ueher die Vcrtheilung intratracheal injieirter Flüssig¬ 
keiten. — Tagesgeschichte: ('ultur-Aiifgaben. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen und Fleischschau siehe 
Beiblatt. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen. 


Tannoform. 

Von 

Dr. Foth. 

Seit zwei Jahren habe ich 5*/ 2 kg Tannoform (E. Merck) 
in der Praxis verbraucht. Mithin ist jetzt bereits ein Urtheil 
gerechtfertigt. 

Die grössten Dienste hat mir das Präparat als Stypticnm 
bei Kälbern geleistet. Ich gab es zweistündlich theelöffehveise 
(gestrichen) mit dünnem Schleim oder Wasser geschüttelt. Die 
heftigsten Diarrhoeen hörten in der Regel nach zwei bis drei 
Gaben auf. Früher gab ich das Tannalbin mit recht gutem Er¬ 
folge. Das Tannoform wirkt jedoch entschieden zuverlässiger 
und schneller hei kleinerer Dosimng. Opiumzusatz ist bei Kälbern 
nnnöthig. 

Die Pferde litten im letzten Jahre in meinem Wirkungs¬ 
kreise ganz ungewöhnlich häufig au äusserst heftigen acuten 
Wagen- und besonders Darmcatarrlien. Die Erkrankungen setzten 
mit kolikartigen Symptomen ein nnd führten zu profnsen, ausser¬ 
ordentlich erschöpfenden Durchfällen. Wenn die Thiere ohne 
Behandlung blieben oder, was noch häufiger war, von den Be¬ 
sitzern nnd guten Freunden als vermeintliche Koliker falsch 
behandelt wurden, gingen sie in wenigen Tagen, zum Scelett 
abgemagert, unter dem Bilde völliger Erschöpfung zu Grunde. 
Bei diesen Erkrankungen haben mir grosse Dosen Tannoform 
(100—-150 g pro die, eventuell mehrere Tage hintereinander) 
mit Opiumpnlver die besten Dienste geleistet. Sehr bemerkens- 
werth war die Wirkung des Tannoforms in einem Fall, von 
augenscheinlicher mycotischer Darmentzündung bei dem Pferde 
eines Obergrenzcontroleurs, die unter anhaltender, höchst er¬ 
schöpfender, heftigster profuser, wässriger, auf der Höhe der 
Krankheit blutig-wässriger Diarrhoe verlief. Nach fünf Tagen 
wurde der Koth breiig und allmählich fest. Das aufs Aeusserste 
abgemagerte völlig kraftlose Thier fing bereits am vierten Tage 
an zu fressen nnd erlangte allmählich sein früheres Aussehen 
ziemlich wieder. Im Verlauf des Darmleidens entwickelte sich 
übrigens noch eine heftige Hufrhehe. 


Bei den heftigen, mit ausgebreiteten Gährungsprocessen im 
Danncanal verlaufenden und ausserordentlich erschöpfenden Dnrch- 
, füllen, die im vorigen Jahre in meinem Wirkungskreise eine 
I sehr gefürchtete Complication der Maul- und Klauenseuche dar- 
i stellten, war auf der Höhe der Krankheit Tannoform ebenso wie 
I alles Uebrige nutzlos. Auf einem Rittergute waren, als ich 
gerufen wurde, vier bayerische Arbeitsochsen gleichmässig sehr 
schwer erkrankt. Die schon aufs Aeusserste abgemagerten 
Thiere standen mit gespreizten Hinterbeinen und stiessen mit 
grossem Lärm in kurzen Pansen ausserordentlich stinkende Gase 
aus dem After. Von Zeit zu Zeit wurden wässrige Massen 
spritzend entleert. Am nächsten Tage stand bei allen bereits 
der After offen und die Gase entleerten sich, mit flüssigen 
| Massen abwechselnd, mit langgezogenem heftigen gurgelnden 
| Getöse. Hier war nichts mehr zn retten. 

In den Fällen dagegen, wo ich rechtzeitig geruff*!! wurde, 
genügten in der Regel 250 bis 300 g in Einzeldosen von 50 g 
mit Opiumpulver, um dickbreiigen Koth zn erzielen. Die Thiere 
genasen in vier bis sechs Tagen bei entsprechender weiterer 
, Behandlung. 

In der Wundbehandlung habe ich das Tannoform recht oft 
benutzt, schon weil es stets zur Hand war, und zwar für sich 
allein und mit Jodoform, Acid. boric., Amyl. tritic., Magnes. 
nst. etc., je nach dein gewollten Zweck. Es erzeugt gut deckende 
Schorfe, eignet sicli vorzüglich zur Behandlung der Mauke, der 
nässenden Ekzeme an allen Körpertheilen, der traumatischen 
superficiellen Dermatitis in den Beugeflächen der Gliedmassen, 
übertrifft aber die übrigen gebräuchlichen Mittel nicht in be- 
i merkenswerther Weise, wie ja überhaupt hier auf fleissige 
und sorgfältige Behandlung mehr ankomrat, als auf die Wahl 
der Mittel. 

i Der verhältnis8mässig niedrige Preis (75 Pf. für 25 g in 
Originalbeuteln mit aufgedrucktem Verkaufspreis) kommt seiner 
i vielseitigen Verwendung sehr zu Statten. 


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542 

Aus der Praxis für die Praxis. 

Tracheotomie gegen Dämpfigkeit, Neurectomie nnd 
americanische Castrationsmethode. 

Von 

C. Tempel-Bornstadt i. .Sa., 

Thierarzt. 

I. In den letzten drei Winterhalbjahren herrschte in der 
hiesigen Gegend nnter den Pferden eine seuchenhafte Bronchitis 
mit subacutem Verlauf, welche bald das Bild von der Influenza 
erysipelatosa, bald das vom Skalma bot. Dieselbe trat bisweilen 
so mild auf, dass sie nicht eher bemerkt wurde, als bis die 
Pferde dämpfig waren. Wechselnder Appetit, leichtes Husten 
und ein paar Tage Schüttelfrost waren oft die einzigen Er¬ 
scheinungen. Mit wiederkehrendem Appetit und nach Schonung 
während einiger Tage glaubten die Besitzer Alles beseitigt. 
Doch nach einer Zeit von drei Wochen bis einem Vierteljahre 
oder bei Häufungen im Stalle noch früher kamen die Besitzer 
endlich, um Rath zu holen, weil ihre Pferde so kurz athmeten 
und so oft husteten. Meist war dann schon ein chronischer 
Catarrh der Luftwege eingetreten, der allen gebräuchlichen 
Arzneimitteln (auch die bekannten italienischen gegen Dämpfigkeit 
wie Strychnin, Secal. cornnt. mit Sacchar. lact. wurden in 
ca. 15 Fällen mit meist nur vorübergehendem Erfolge probirt) 
nnd in allen ihren Anwendungsformen — innerlich, äusserlich, 
Inhalationen, intralaryngealen Injectionen — nicht weichen wollte. 
In frischen Fällen genügte meist schon eine 14- bis 28 tägige 
Ruhe allein zur Wiederherstellung, in chronischen bewirkte selbst 
eine Ruhe von einem Vierteljahre wenig oder garnichts. Ein 
solches Pferd mit chronischem Catarrh, der zu einer so hoch¬ 
gradigen Dämpfigkeit geführt hatte, wie ich sie wenig gesehen 
habe, veranlasste mich nach etwa achtwöchiger, vergeblicher 
Behandlung, den Luftröhrenschnitt zur Milderung des Leidens 
zu versuchen. Mit Schleichscher Infiltrations-Anästhesie ist 
derselbe ja schmerzlos und ohne besondere Zwangsmittel in ganz 
kurzer Zeit leicht ansgeführt (Tracheotubus No. 2259 von 
Hauptner). — Bei diesem Patienten, welcher erst nur noch 
mühsam über den Hof zu gehen vermochte, besserte sich in 
ungefähr dreiviertel Jahren der Zustand so, dass von einem Catarrh 
oder gar schwerem Athmen garnichts mehr zu merken war, die 
Canüle heraus- und das betreffende Thier wieder zum Traben 
genommen werden konnte. 

Infolge dieses überraschenden Erfolges habe ich gegen die 
Dämpfigkeit jeder Art — wie sie mir nur immer in Behandlung 
kam und sogar einmal noch nach vierjährigem Bestehen — in 
weiteren dreizehn Fällen und neulich auch mein jüngerer Bruder, 
Thierarzt in Dahlen, in ein paar Fällen den Luftröhrenschnitt 
mit Erfolg ausgeführt. Ich lasse die Thiere nach der Tracheo¬ 
tomie sofort weiter arbeiten und halte vor Allem auf möglichst 
tägliche Bewegung. Ohne jeglichen Schutz vor der Oeffnung 
des Tracheotubus nnd bei jedem, auch dem allerschlechtesten 
Wetter und Winde, von früh bis Abends haben einige Pferde 
gearbeitet; eine Lungenentzündung oder andere Nachtheile haben 
sich dabei nicht eingestellt. Es tritt eine so bedeutende Schleim¬ 
absonderung auf, dass einige Zeit hindurch wohl täglich bis ein 
Liter Schleim durch die Kanüle entleert wird. Vielleicht nur 
dadurch kann man sich erklären, dass schlechtes Wetter, eis¬ 
kalte Luft den Lungen nicht schaden und dämpfige Pferde nicht 
ausserordentlich viel husten müssen. Die Reinigung der Kanüle 
überlasse ich von Anfang an dem Besitzer. Dieselbe muss in 
der ersten Zeit täglich zwei Mal und zuletzt je nach dem Aus- 


No. 46. 

fluss blos alle 8—14 Tage geschehen. Von den vierzehn Fällen 
habe ich eine Verschlimmerung des Zustandes bei einem Pferde 
mit acuter Bronchitis erhalten und gar keinen Erfolg gesehen 
bei einem Patienten mit wahrscheinlicher Verwachsung beider 
Pleurablätter. In den übrigen Fällen ist, soweit ich sie in der 
letzten Zeit gesehen habe, die Gebrauchsfähigkeit erhöht, bezw. 
ganz bedeutende Besserung erzielt worden. Diese setzt jedoch 
erst augenfällig mit dem Aufhören des Auswurfes ein. Dieser 
Behandlung förderlich ist: zeitweise geringe Gabe von Liq. Kal. 
arsenicos. und Weidegang bezw. Fütterung des Rauhfutters vom 
Boden aus nebst möglichst frischer Stallluft. 

H. Ein weiterer, ob seiner Nützlichkeit vielumstrittener 
Punkt der Neuzeit ist die Neurectomie. 

Ich habe dieselbe bisher in neun Fällen augewendet. Drei 
Mal bei Fussrollenentzündung, die jeder Behandlungsweise mit 
theils einvierteljähriger Schonung spotteten, zwei Mal bei Spat, 
je ein Mal bei ausgeheiltem Nageltritt bis wenigstens ins Strahl¬ 
bein, vielleicht auch Hufgelenk mit nachfolgender starker Lahm¬ 
heit, bei Krongelenkentzündung mit Knochenauftreibnng aussen 
(trotz dreijähriger, verschiedenseitiger Behandlung war die 
Lahmheit bestehen geblieben und sehr hochgradig geworden), 
bei Schale rings um das Krongelenk und bei Zwanghuf mit 
Hufknorpelverknöcherung einseitig. Davon habe ich angewandt: 
Neurectomie des Nerv, medianus mit N. ulnaris drei Mal, des 
Nerv, tibialis mit N. peroneus, beider Volarnerven und eines 
Volarnerven je zwei Mal. 

Was den Erfolg anbelaDgt, so habe ich mit Ausnahme der 
obigen beiden letzten Fällen stets Erfolg gehabt und keinen 
Nachtheil gesehen. Die Pferde gehen zum Theil schon zwei 
Jahre und mitunter auch Trab. Das Pferd mit Schale ging ein 
Vierteljahr gut; dann stellte sich jedoch — meiner Ansicht 
nach in Folge von zu grosser Anstrengung des Beugeapparates 
— eine heftige Sehnenentzündung ein, sodass ich das betreffende 
Thier töten liess. Bei dem Pferde mit Zwanghuf und Hnf- 
knorpelverknöcherrng wollte ich noch auf der anderen Seite den 
Nervenschnitt ausführen, stiess jedoch auf Widerstand des Be¬ 
sitzers, sodass dieser Fall streng genommen nicht mitzählen kann. 

Jedenfalls ist mir der Nervenschnitt ein sehr bewährtes 
Mittel, unbrauchbare Pferde oft noch lange gebrauchsfähig zu 
erhalten, nnd ein Mittel, das nur ein Thierarzt ausführen kann. 
Er muss aber auch stets als letzte Massregel aufgespart bleiben. 
Nützt selbst das Nadelbrennen (am einfachsten mit dem Patent- 
Flammenstrahl-Apparat von Hauptner No. 1421 ausgeführt) 
nichts, so möchte ich stets noch zur Neurectomie rathen und 
zwar gleichzeitig wegen etwaiger Folgekrankheiten mit der 
Mahnung, vorn lieber die schwierigere Operation am Medianus 
und Ulnaris auszuführen. Bei Schale- und Hufknorpelverknöche¬ 
rung ist jedenfalls die Operation, wie auch von anderen Seiten 
schon mehrfach betont, nur von zweifelhaftem Erfolge gekrönt. 
Zu beachten ist ferner dabei, dass die Bewegung des Patienten 
wenigstens bezw. möglichst vom dritten Tage an zu erfolgen 
hat und die Verwendung des Thieres, mit Schonung natürlich, 
schon nach 14 Tagen beginnen kann. Ich habe z. B. bei einem 
Pferde zunächst die Doppelneurectomie in Folge von Spat auf 
dem einen Beine, acht Tage darauf auf dem anderen gemacht 
und vierzehn Tage nachher das Thier wieder zur Arbeit be¬ 
nutzen lassen. 

HI. Ueber die neuerdings auch viel behandelte Frage der 
Castrationsmethode mit dem Emasculator — von Hauptner, 
Berlin — kann ich nur in vier Fällen berichten. 


BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


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15. November 1900. 


BERLINER THIERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


543 


In allen diesen war fast vollständige Heilung nach acht 
Tagen eingetreten. Es betraf drei einjährige Fohlen und einen 
kleinen Ziegenbock. In den meisten Fällen habe ich jedoch 
auch beobachtet, dass nach dem Abquetschen noch ein paar 
Tropfen Blut herausrannen, und in einem Falle habe ich sechs 
Stunden nach der Operation eine sehr unangenehme Nachblutung 
erhalten. Da jedoch solche Blutungen nach jeder Operations- 
raethode Vorkommen können, werde ich künftighin den Emas- 
culator bei grossen Thieren stets wieder benutzen, vielleicht 
jedoch mit Anwendung der Sand’schen Zange, bei kleinen 
Thieren aber wie bisher einfach den ganzen Hodensack mit der 
elastischen Schnur abbinden. 

Bemerken möchte ich noch, dass sich der Emasculator sehr 
gut bei Samenstrangtistein verwenden lässt, wenn man mit den 
Fingern bohrend in der Tiefe arbeitet uud grössere Gewebs- 
packete nicht abdrehen kann. Dieselbe quetscht man einfach 
und ohne Gefahr ab. 


Originalmittheilungen. 

Zur Therapie des Hufkrebses. 

Von Marten« -Sangerhausen. 

Kreinthicrarzt. 

Im vorigen Jahre wandte ich bei einem Pferde mit Huf¬ 
krebs, welches seit langen Monaten von mir und meinem Assi¬ 
stenten mit vielen bisher gebräuchlichen Mitteln vergeblich be¬ 
handelt war, eine öprocentige Lösung von Kal. bichromic. an. 
Ich war überrascht von der ausserordentlich schnellen und 
sicheren Heilung durch dieses Mittel, das ich seitdem in noch 
zw'ei Fällen von Hufkrebs mit gleich gutem Erfolge benutzt 
habe. Ebenso leistete das angegebene Mittel bei eiterig¬ 
jauchigen Processen in der Huflederhant vorzügliche Dienste. 

Sollte einer der Gollegen auf Grund dieser Notiz die An¬ 
wendung des Kal. bichromic bei Huf krebs versuchen, so würde 
es mich interessiren, über das Resultat etwas zu erfahren. 

Absterben der Schwanzspitze, 

Von Fettln q - Pyritz. 

Tbierarxt. 

Zu dem Artikel von Ellinger kann ich mittheilen, dass 
ich das Absterben der Schwanzspitze in diesem Frühjahr auf 
dem Dominium P. bei vier Kühen beobachtet habe. Die Kühe 
waren nur leicht bezw. im mittleren Grade an Maul- und Klauen¬ 
seuche erkrankt. Aufstallung, Körperpflege und Haltung über¬ 
haupt waren tadellos. Es kann somit das Absterben der 
Schwanzspitze nur einer specifischen Wirkung der Maul- und 
Klauenseuche zugeschrieben werden. 

Ueber Milzbrand. 

Von Kissuth-Guhrau, Kreisthierarzt. 

Wie schnell unter Umständen das Milzbrandvirus wirkt, 
mag folgender, wohl nicht ganz uninteressanter Fall zeigen: 
Ein Dominium des Kreises Guhrau erhielt aus Ostpreussen 
60 Stück Binder zur Mast. Die Thiere wurden Vormittags 
9 Uhr beim Ausladen auf der Endstation völlig gesund befunden, 
um 11 Uhr wurden sie auf eine Koppel getrieben, wo sie mit 
grosser Gier — sie hatten unterwegs nichts bekommen — 
fr assen. Nachmittags 2 Uhr verendete ein Thier, nachdem es 

sich kurze Zeit vorher auffallend unruhig benommen, drei 
andere erkrankten ebenfalls unter den in Milzbrandgegenden 
bekannten Erscheinungen, von denen noch weitere zwei ebenfalls 
verendeten. Die am nächsten Tage Vormittags vorgenommene 


Section wie auch die bacteriologische Untersuchung ergaben 
Milzbrand. 

Die Erklärung für diesen peraouten Verlauf kann nur in 
dem Umstande zu finden sein, das infolge des 24 ständigen 
Fastens während des Transportes die Resorption der mit dem 
Futter aufgenommenen Sporen von dem halbleeren Darm ans 
eine sehr energische und vollkommene war, und dass — wie 
nach anhaltender trockener und heisser Temperatur oft be¬ 
obachtet worden — die Sporen in grossen Mengen zur Aufnahme 
gekommen sein mussten. 


Die Fischereiuntersuchungen des norwegischen 
Staatsschiffes „Michael Sars.“ 

Professor Nansen’s Theorien 

Von 

Dr. J. Alfred MJÖen. 

Der norwegische Staat hat — wohl schon im Hinblick auf die 
demnächst beginnenden internationalen Fischereiforschungen, 
zu deren Hauptsitz man vielleicht Norwegen zu bestimmen 
denkt, ein prächtiges Dampfschiff ausgerüstet, das jetzt seine 
ersten wissenschaftlichen Streifzüge im Eismeer und der nörd¬ 
lichen Nordsee beendet hat. An diesen hat sich auch Professor 
Nansen betheiligt. 

Von diesen Expeditionen sind werthvolle Resultate und 
Entdeckungen zu verzeichnen, was die geographischen, hydro¬ 
graphischen und zoologischen Verhältnisse dieser Meerestheile 
anbelangt. Besonders ist es Professor Nansen geglückt, seine 
im vorigen Jahr auf dem Berliner Kongress vorgebrachten Theorieen 
von der Oceanographie des Eismeeres zu bestätigen und zu 
ergänzen. 

Nansens Hypothesen über die Meeresströmmungen weckten 
auf dem geographischen Kongress allgemeines Aufsehen. Er 
behauptete nämlich, dass die Richtung und Stärke der Meeres¬ 
strömungen hauptsächlich auf Erhöhungen im Meeresboden 
beruhe, und ergänzt jetzt jene Hypothesen durch die Beobachtung, 
dass der Golfstrom trotz der constanten oceanographischen 
Verhältnisse starken Temperatur-Veränderungen unterworfen sei. 
Die Beobachtungen, die man vom „Michael Sars“ gemacht hat, 
haben ergeben, dass der Golfstrom in diesem Sommer längs 
der norwegischen Küste weit niedrigere Temperatur gehabt hat, 
als in früheren Jahren. Die Folge davon war ein kalter, 
unfruchtbarer Sommer. 

Umgekehrt hat der s. g. Irmingerstrom, der Island’s West¬ 
küste berührt, eine um mehrere Grade höhere Temperatur 
gehabt als früher, und dort war der Sommer mild und warm. 

Diese Beobachtungen, von dem Einfluss der Temperatur¬ 
schwankungen in den warmen Meeresströmungen auf die 
klimatischen Verhältnisse des Landes haben eine ungeheure 
Bedeutung. Professor Nansen behauptet, dass man in nicht 
zu ferner Zeit, durch die Messungen der Ströme wird Voraus¬ 
sagen können, ob der kommende Sommer kalt oder warm, 
feucht oder trocken wird, was für das wirthschaftliche Leben 
von unschätzbarem Werthe sein wird. 

Neben diesen hydrographischen Beobachtungen war der 
Hauptzweck der Expedition: „Die Untersuchungen des Thier¬ 
lebens im Meer unter den verschiedenen Temperaturver¬ 
hältnissen“. 

Mit den neuen von Professor Nansen selbst construirten 
Instrumenten hat man die merkwürdigsten Uebergänge zwischen 
den kalten und warmen Strömen constatirt. In den Tiefen des 


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514 


No 4r, 


BERLINER TI11ERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Meeres scheiden sich die Strömungen haarscharf von einander 
ab, fast wie Metalladern in den Bergen. Und jede Temperatur 
hat ihre Pflanzen- und Thierleben für sich. 

Die Strömungen vom nördlichen Eismeer z. B. führen 
Algensamen mit sich. Sobald diese Samen mit der latenten 
Lebenskraft in den warmen Golfstrom hineinkommen, entwickeln 
sie sich mit einer unbeschreiblichen Fruchtbarkeit. Die abge¬ 
storbenen Theile der Algen sinken nieder und bilden in tieferen 
Schichten Nahrung für kleine Krebse, die wieder ihrerseits dem 
Dorsch zur Nahrung dienen. Während dieses Sinkens treffen 
jedoch die Algenreste leicht auf eine kältere Strömung, die sie 
am Weiterrücken hindert. An dieser Grenze zwischen der 
kalten und der warmen Wasserschicht bildet sich daher eine 
überaus reiche Ansammlung dieser Algen, infolge davon auch 
von Krebsen und wieder infolge davon an Fischen. Hier tliut 
man die reichsten Fänge. Diese ganze Ansammlung von 
Pflanzen, Krebsen und Fischen, die von einander abhängig 
sind, wird nun von den warmen Strömen mitgerissen bis zu 
den Küsten, wo die Fische in dem engen Gedränge sich ver¬ 
mehren und gefangen werden. 

Nansen meint, dass gegründet auf diese Beobachtungen man 
die Wanderungen der Fischschwärme an den Meeresströmungen 
müsse Voraussagen können. Diese Theorie wird bestätigt durch 
die letzten Beobachtungen des „Michael Sais“, die heute 
telegraphisch berichtet werden. 

Die Versuche, die man gemacht hat, haben zum ersten 
Mal nachgewiesen, dass dieselben Fische die längs der Küsten 
Vorkommen, auch in grossen Mengen mitten im Meere, selbst 
im tiefen Weltmeer verkommen. 

Es wird vermuthlich eine wichtige Aufgabe der geplanten 
internationalen Fischereiforschungen, an denen auch Deutschland 
sich betheiligen will, werden, dieses weiter zu verfolgen. 


Referate* 

Versuche über die Dauer der Iiieubation der 
Tuberculose des Kindes und das Alter der tuberculösen 

Laesionen. 

Von l’rof. Nocard-Alfort und Rossignol-Melun. 

(Ilevuc völt-rinaire, 1. Xov. 1900.; 

Das neue französische Gesetz über Währschaft der Tuber¬ 
culose verlangt den Nachweis der Existenz der Krankheit beim 
Verkäufer. Um hierfür eine Basis zu erhalten, hat die Societe 
de medecine veterinaire pratique folgende Versuche vornehmen 
lassen. 

Zehn Rinder und zwei Milchkühe der Fleckviehrasse wurden 
angekanft und einer Tuberculinprobe unterworfen, damit er¬ 
krankte Thiere von vornherein nicht zur Verwendung kamen. 
Vier Tage später wurden vier Rinder (Loos I) der tuberculösen 
Infection durch die Digestionswege ausgesetzt, dadurch dass 
ihnen in der festen und in der flüssigen Nahrung tubercnlöses 
Material aus tuberculösen Rinderlungen verabreicht wurde. Vier 
Rinder (Loos II) wurden durch Inlialirungen von tuberculösem 
Staub in die Respirationsorgane der Infection ausgesetzt. Den 
beiden Milchkühen (Loos 111) wurde eine Emulsion von tuber¬ 
culösem Material in die Milchgänge injicirt; einem Rinde (Loos IV) 
wurde diese Emulsion intratracheal, dem letzten Rinde (Loos V) 
dieselbe intravenös injicirt. 

Die Temperatur wurde bei allen Thieren täglich zwei Mal 
abgenommen, ausserdem wurde alle sechs Tage eine Tuberculin¬ 


probe vorgenommen zur möglichst annähernden Feststellung des 
Zeitpunktes, an welchem die Thiere zu reagiren beginnen. 

Nach 30 Tagen wurde je ein Thier der Loose I, II und III 
und die beiden Thiere der Loose IV und V, nach 45 Tagen 
wiederum je ein Thier der Loose I und II und das letzte des 
Looses III, die anderen später getödtet und secirt. 

Der Bericht über die Versuche besagt : 

1. Dass die Ingestion in Bezug auf die Ansteckung viel 
weniger wirksam ist als die Inhalation. Trotz der enormen 
Menge der eingenommenen tuberculöseD Materien ist ein Rind 
gesund geblieben; die drei anderen erkrankten ferner in 
so geringem Grade, dass bei dem einen die vom Tuberculin 
angezeigte Laesion nicht gefunden wurde, die beiden anderen 
hatten nur minimale Laesionen. Auch ein Kalb, das von seiner 
Geburt an die sehr bacillenreiche Milch der beiden Versuchskühe 
getrunken hatte, war nur in geringem Grade iuficirt. 

Die Incubationsdauer hat zwischen 32 und 48 Tagen betragen. 

2. Der Respirationsapparat bildet den gewöhnlichsten und 
wirksamsten Weg der tuberculösen Infection. Die Versuche 
haben annähernd dasselbe Resultat, wenn das tuberculose Material 
in Form von trockenem Staub inhalirt wird oder in Form von 
feinen flüssigen Partikeln, in welchem die Bacillen snspendirt 
sind, wie es der Fall ist, wenn ein tubercnlöses Thier in der 
Umgebung gesunder Thiere hustet resp. sich ausprustet. 

Die Incubationsdauer hat zwischen 19 und 32 Tagen betragen. 

Die traeheale lnjection hatte nicht die von einzelnen er¬ 
warteten Erfolge. Die Lungen sind in keiner Weise iuficirt 
worden. Es erklärt sich dies dadurch, dass die Flüssigkeit nie 
in die Alveolen gelangt, die lnjection erreicht nur die kleinen 
Bronchien. Die Energie des phagocytäreu Widerstandes der 
Bronchialschleimhaut ist aber bekannt, und sind trotz ihrer un¬ 
geheuren Zahl die injicirten Bacillen von den Phagocyten um¬ 
ringt und mit ihnen im Expectorationsschleim ausgeworfen worden. 

Selbst bei den durch Inhalation trockenen oder feuchten 
Staubes inficirten Kühen sind die Bronchien, die Bronchiolen 
und die Lungenalveolen der Infection entgangen. Die Tuberkel¬ 
knoten hatten ihren Sitz lediglich unter der Pleura oder an der 
Peripherie der Lobuli im interstitiellen Gewebe. Es hat sich 
wahrscheinlich jeder tuberculose Herd um einen Phagocyten 
gebildet, die von der Bronchialschleimhaut kommend wieder in 
den Lymphstrom gelangt waren, nach lern sie einen oder mehrere 
Koch’sehe Bacillen aufgenommen hatten. 

3. Im Gegensatz zur Bronchialschleimhaut vertheidigt sich 
die Schleimhaut der Milchgänge schlecht gegen microbielle 
Injectionen und namentlich gegen den Koch'seheu Bacillus. Die 
Versuche — und ähnliche, die bei Milchziegen vorgenommen 
wurden — zeigen, dass von allen Geweben des lebenden Orga¬ 
nismus die Milchdrüse das beste Culturmedium für den Tuber- 
culosebacillus bildet. Die Versuche zeigen auch, dass die vou 
einzelnen Autoren geleugnete primäre Tuberculose des Euters 
möglich ist, sie zeigen auch die Wirklichkeit der tuberculösen 
Intoxication; die beiden Versuchskühe, die kurz vor dem Tode 
geschlachtet wurden, hatten keine organische Laesion, welche 
die Vorgefundene hochgradige Cachexie erklären könnte. Bei 
beiden Kühen war die lncnbation sehr kurz und zwar dauerte 
sie drei Tage bei der einen, dreizehn Tage bei der 
anderen Kuh. 

4. Die intravenöse lnjection ist wie immer, wenu in t 
virulenten Stoffen gearbeitet wird, die schwerste und schleunigtsc 
Infectionsmethode gewesen. Für die Praxis ist aber hieraus 


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545 


15. November 1900. BERLINER THIERÄRZTL! 

kein nützlicher Schluss zu ziehen. da die Tubemilose nicht ! 
auf diesem Wege erlangt wird. 

f>. Bei keinem der Versuchstiere - und dies ist in 
practischer Beziehung von grosser Bedeutung — sind, auch bei 
der küizesten Incubationsdauer und beim schleunigsten Krank¬ 
heitsverlauf, Erweichungen oder Verkalkungen der Laesionen 
eingetreten, die beim tuberculösen Rinde sonst Regel sind. 

Im Allgemeinen kann aus den Versuchen geschlossen werden, 
dass die Incubationsdauer, die vom Tage des Eintritts des 
Contagiums in den Organismus bis zum Tage, an welchen er 
seine Einwirkung durch die Tuberculinrcaction äusserte, berechnet 
wurde, sehr vei schieden ist. In den Versuchen, bei welchen 
die Infectionschancen aufs Aeusserste erhöht waren, betrug sie 
19 bis 3*2 Tage bei Inhalationsinfection, 32 bis 48 Tage bei 
Ingestionsin jection. 

Es ist sicher, dass bei natürlicher Infection die Incubations¬ 
dauer bedeutend länger ist. Wenn demnach eine neu¬ 
gekaufte Kuh innerhalb .‘50 Tagen nach dem Verkauf 
auf Tubercnlin reagirt, so ist der Thierarzt voll be¬ 
rechtigt, zu erklären, dass aller Wahrscheinlichkeit 
nach die Kuh vor dem Verkaufe inficirt war. 

Bezüglich des Alters der tuberculösen Laesionen haben die 
Versuche keinen vollständigen Erfolg gehabt, es kann aber, 
wenn die Laesionen erweicht oder verkalkt sind, auch 
wenn sie noch so begrenzt und vereinzelt auftreten, der 
Thierarzt mit Bestimmtheit erklären, dass sie seit 
länger als fünfzig Tagen bestehen. Z. 

Prolapsus vaginae bei dem Hund. 

Von Mathis. 

(.Imiraal de mi-dcrilic vcti-rinftire «'t «lo Znuterhnic. Juillot, 1!MJ().i 

Mathis beschreibt in einem ausführlichen Artikel die Ur¬ 
sachen, die Erscheinungen und die Behandlung dieses bei dem 
Hunde vielfach vorkommenden Leidens. Ei - unterscheidet zwei 
Grade: Der Prolapsus vaginae, welcher während der Brunst 
auf tritt, ist meistens ersten Grades; er verschwindet meistens 
von selbst wieder binnen 15—20 Tagen. Bei dem Prolapsus 
zweiten Grades erfolgt keine spontane Heilung; er wird viel¬ 
mehr meistens ärger und oft treten noch Complicationen dabei 
auf. Die Entzündung der ausgestülpten Scheide und die Ein- 
schniiiung des schmalen Theiles davon durch die Vulva ver¬ 
ursachen eine bedeutende Verdickung aller Lagen, wodurch die 
Reposition erschwert wird und Gefahr für Infection entsteht. 

Der Prolapsus kann überdies ln‘i jeder Brunst und nach 
jeder Geburt auftreten. 

In Bezug auf die Behandlung wird angerathen, zuerst die 
Reposition und die Retention zu versuchen. Bei der Reposition 
muss besonders darauf geachtet werden, dass man die Falte, 
welche sehr oft znrückbleibt, mit den Fingern so weit wie 
möglich wegstreicht. Pessaria und Bandagen sind als Mittel 
zur Verhütung eines neuen Prolapsus nicht empfehlenswert!!, 
ebensowenig die Vulvanaht, welche bald ausreisst. Vielleicht 
ist es besser, die Vagina zu tamponiren und dann die Vulva 
zii heften, wie Müller empfiehlt. 

In einem Falle, wo es nicht gelang die Umstülpung zuriiek- 
znhalten, hat Wende die blutige Operation angewandt. Nach der 
Laparotomie in der Linea alba zog er den Uterus nach vorne, 
um die Vagina an ihre Stelle zu schaffen. Darauf wurde der 
Uterus mit drei besondern Oatgutnähten an die Bauch wand 
geheftet. Es trat vollkommene Genesung ein. 

Falls die Reposition unmöglich oder die Vagina bedeutend 


I CHK WO C HEN SCHRIFT. 

verletzt ist, muss die Amputation vorgenommen werden. Mathis 
zieht die elastische Ligatur allen Ligaturen vor. Es ist jedoch 
nöthig. sich vorher davon zu überzeugen, dass sich keine Ein¬ 
geweide in dem vorgcstiilpten Tlieile befinden, besonders bei 
dem Prolapsus des zweiten Grades. Bei der eventuellen Ver¬ 
wachsung der Intestina genügt es nicht, den Hintertheil auf¬ 
zuheben und die Masse in das Becken zurückzudrängen. Um 
sich zu überzeugen, dass keine Eingeweide in die Ligatur 
kommen, wird in die Scheidewand ein Einschnitt gemacht bis 
durch das Peritoneum. M. G. d. B. 

Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung zur 
Heilung und Erforschung der Tollwuth am Institut 
für Infectionskrankheiten zu Berlin im Jahre 1899. 

Von Oberarzt Dr. Marx. 

(Kliiiisclii-i .Fahrlmch VII. B«1. 1000 Separatabdruck.) 

Von 384 Patienten verstarb ein Patient am 12. Tage der 
Behandlung an Tollwuth, bei einem 9jährigen Mädchen brach 
am 6. Tage nach der Entlassung die Wuth aus, ebenso er¬ 
krankte ein 4jähriges Mädchen am 14. Tage nach Abschluss der 
Schutzimpfung, 2 Patienten wurden bereits mit ansgebrochener 
Wuth eingeliefert und starben. Bei 0,27 pCt. der Be¬ 
handelten erwies sich die Schutzimpfung als erfolglos. 
In 359 Fällen handelte es sich um Hundebisse, in 8 Fällen um 
Bisse von Katzen, in 4 Fällen von Pferden, 9 Patienten hatten 
sich bei der Behandlung von wnthkranken Rindern inficirt, ein 
Laboratoriumdiener war von einem mit Strassenwuth infteirten 
Kaninchen im Stadium der rasenden Wuth gebissen, 2 Patienten 
inficirteu sich bei der Obduction eines an Tollwuth eingegangen 
Mädchens, 1 Patient bei der Obduction eines wuthverendeten 
Schweins. — Den Todesfall der beiden Mädchen von 4 und 
9 Jahren, trotz frühzeitiger Schutzimpfung, erklärt man sich 
mit der experimental festgestellten Thatsache, dass, je jünger 
die Individuen sind, um so kürzer die Incubationszeit 
der Tollwuth ist. — Man hat deshalb ein von Bujwid an¬ 
gegebenes intensiveres Verfahren benutzt, um eine frühere 
Immunität zu erreichen: dieselbe wird bei schweren Ver¬ 
letzungen, nahe dem Centralnervensystem, angewendet; so giebt 
man bei dem Bujwidschen Verfahren schon am 8. Tage 2 tägiges 
. Mark, während man nach der bisherigen Methode solches erst 
am 14. Behandlungstage verabreichte. 

Bei 282 experimentell untersuchten Fällen waren 200 Fälle 
gleich 81,7 pCt. positiv, bei 19 untersuchten Köpfen gleich 7,6 pCt. 
wurde Wuth ausgeschlossen, 27 Köpfe gleich 10,7 pCt. waren 
verfault. Die meisten Patienten stammten aus Schlesien (84), 
dann folgte Westpreussen mit 48 Patienten, aus Sachsen 
(Königreich) stammten 98 Patienten, ln Bayern hat die Toll¬ 
wuth zugenommen, gegen 2 Patienten im vorigen Halbjahr waren 
im Frühjahr 26 Patienten eingeliefert. Besonders durchseucht 
sind die östlichen Grenzen, besonders die böhmische, und von 
hier aus tritt erst die Infection der centralen Theile Deutsch¬ 
lands ein. Dr. Jess. 

Ueber die Vertheilung intratracheal injicirter 
Flüssigkeiten. 

Von M. Bärner in Dresden. 

(Berliner Archiv, 1900. H 1. u. 2 ) 

Die vom Verfasser bei Pferden angestellten Versuche ver¬ 
folgten den Zweck, zu ermitteln a) wohin die injicirte Flüssig¬ 
keit durch die Einspritzung gelangt, b) wohin sie durch Lungen- 
beweguhg, Flimmerthätigkeit u. 8. w. befördert wird. Die er- 


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Berliner thierärztliche Wochenschrift?. 


Ho. 46 


546 

langten Resultate sind in nachstehenden Schlusssätzen zusammen¬ 
gefasst. 

1. Die Ausbreitung einer intratracheal injicirten Flüssig¬ 
keit ist zum Theil abhängig von der physicalischen Beschaffen¬ 
heit derselben. 

2. Während und unmittelbar nach der Injection folgt die 
Flüssigkeit lediglich dem Gesetz der Schwere. 

3. Von der Einspritzung selbst werden nur geringe Theil- 
bezirke und zwar vorwiegend der Bezirk des ersten Bronchial¬ 
astes und die Spitzenlappen betroffen. 

4. Die grössere Menge der injicirten Flüssigkeit scheint 
nach der linken Lunge zu fliessen. 

5. Ruhige In- und Exspiration sind während der Injection 
anscheinend ohne bemerkenswerthen Einfluss, dagegen scheint 
die intensivere Inspiration heim Husten ausstreuend zu wirken. 

6. Die Respiration tritt erst nach der Injection in Wirk¬ 
samkeit insofern, als sie einzelne in der Trachea und ihren 
Hauptästen liegeden Partikel der injicirten Materie nach tieferen 
Lungenparthien führt. 

7. Grössere Theile der Lunge oder tiefer gelegene Parthien 
derselben gewissermassen zu berieseln, dürfte erst bei Injection 
ungeeignet grösserer Flüssigkeitsmengen möglich sein. 

8. Kranke Lungenparthien können durch Injection am 
stehenden Thier mit einiger Sicherheit nur erreicht werden, 
wenn sie im Bezirk des ersten Bronchialastes oder in den 
Spitzenlappen liegen. Befinden sie sich an anderen Stellen, so 
unterbleibt wegen Mangels der Respiration und Wimperbewegung 
daselbst der Transport dahin. Es kann also nur die Wirkung 
der Arzneimittel von gesunden Gegenden aus in Betracht 
kommen. 

Tagesgeschichte. 

Cnltnr-Aufgaben. 

Von Bermbach-Schroda. 

Der aufmerksame Beobachter der Vorgänge, die sich in 
unserm Staate abspielen, hat manchmal Gelegenheit, sich dar¬ 
über zu wundern, wie wenig Interesse die Thierärzte selbst 
Vorgängen, die sie sehr nahe berühren sollten, zu widmen 
scheinen. So war z. B. im März d. J. in den grösseren Zei¬ 
tungen eine Allerhöchste Cabinets-Ordre vom 9. März 1900 ver¬ 
öffentlicht, deren zweiter Absatz folgenden W T ortlaut hatte: 

Zugleich genehmige Ich, dass Zahlmeister, die den 
obersten drei Gehaltsstufen angehören und sich nach jeder 
Richtung in ihrer Stellung bewährt haben, vom Kriegs' 
minister zu Ober-Zahlmeistern befördert werden. Die 
Ober-Zahlmeister haben auf den Epaulettes und Achsel¬ 
stücken zwei goldene Rosetten zu tragen. 

Diese Cabinets-Ordre ist für die Gesammtheit der Tiner¬ 
ärzte nicht ohne Bedeutung, denn bis jetzt waren die Zahl¬ 
meister ranglich und auch in Bezug auf äussere Abzeichen den 
Ober-Rossärzten gleich gestellt. Wenngleich dieses Verhältniss, 
wie es bis dato bestand, schon sehr beklagenswerth war, weil 
von den Zahlmeistern irgend eine höhere als Elementar- 
Schulbildung nicht gefordert wird, während man von den Ober- 
Rossärzten das Zeugniss der Reife für Prima, die Ablegung der 
thierärztlichen Fachprüfung und die erfolgreiche Absolvirung 
des Oberrossarzt-Cursns, in welchem an die Theilnehmer hoch 
gespannte Anforderungen gestellt werden, verlangt, so ist jetzt 
ein Missverhältniss zwischen den genannten Be amten kategoricn 
entstanden, für dessen Bezeichnung man schweilich ein passendes 


Eigenschaftswort wird finden können. Die Zahlmeister werden 
jetzt nämlich mit Recht behaupten, dass sie den Ober-Rossärzten 
im Range überlegen sind, da in der Cabinets-Ordre ausdrücklich 
von einer Beförderung die Rede ist, und diese Ueberlegenheit 
im Range kann ihnen Jedermann auf den Schultern ablesen. 
Man wolle sich nun daran erinnern, dass einige Zeit vor Aus¬ 
gabe der betreffenden Cabinets-Ordre der Reichstags-Abgeordnete 
Professor Hoffmann sich in dankenswerter Weise für die 
Rossärzte ins Zeug gelegt und unter Anderm auch eine Rang¬ 
erhöhung für dieselben beantragt hatte. Wenn man will, kann 
man in dem dieser Cabinets-Ordre zu Grunde Regenden Vor¬ 
schlag des Kriegsmiuisteriums eine Antwort auf den Antrag 
Hoffmann erblicken, und vom Gesichtspunkte dieser Erwägung 
aus betrachtet gewinnt die ganze Sache einen etwas eigentüm¬ 
lichen Anstrich. 

Manchmal hat man den Eindruck, als wenn den Rossärzten 
der Armee von ihren Collegen im Civil nicht genügend Auf¬ 
merksamkeit zugewendet würde, denn es ist sonst nicht recht 
verständlich, wie die vorhin erwähnten Vorgänge, trotzdem sie 
schon über ein halbes Jahr zurückliegen, in der Fachpresse so 
ohne Weiteres ignorirt werden konnten. Die Stellung der Ross¬ 
ärzte in der Armee hat einen ganz bedeutenden Einfluss auf 
die Stellung, welche den Thierärzten in der GeseUschaft ein¬ 
geräumt wird, denn heute legen die besser situirten Landwirte 
und academisch gebildeten Beamten Gewicht darauf, Officier des 
Beurlanbtenstandes zu sein, und diese Männer taxiren natürlich 
die Thierärzte im Allgemeinen nach der Stellung, die dieselben 
als Rossärzte beim Militär einnehmen. Wer Rossarzt oder Ober¬ 
rossarzt des Beurlaubtenstandes ist, kann bei Officierszusammen- 
künften regelmässig die Beobachtung machen, dass er mit neu¬ 
gierigen Blicken von den übrigen Herrn gemustert wird, schon 
allein deshalb, weil die Bezeichnung „Rossarzt“ so etwas Eigen¬ 
tümliches an sich hat, und weil die Rossärzte durch ihre schmuck¬ 
lose todte Uniform unter den übrigen bunten prächtigen Uniformen 
recht unangenehm auffallen. 

Ich habe immer bemerkt, dass, wenn ein Thierarzt bei 
irgendwelcher Gelegenheit die Uniform als Rossarzt anlegen 
muss, Jedermann begierig ist, nachzusehen, was für Abzeichen 
er auf den Schulterklappen trägt. Diese Neugierde kann man 
billigerweise Niemanden verargen, denn beim MiRtär trägt jeder 
Officier oder Beamte die Abzeichen seines Ranges sehr deutRch 
auf der Schulter ausgeprägt. In den Schulterabzeichen hat 
man gleichsam eine Auskunftstelle geschaffen, die Jedem, der 
sich dort orientiren will, über die Stellungsverhältnisse der betr. 
Militärperson ganz zuverlässige Aufschlüsse ertheilt. 

Wir leben in Deutschland, wie man zu sagen pflegt, in 
einem Militärstaate, und die Stellung, welche ein Stand als 
solcher beim MiRtär einnimmt, ist im Allgemeinen ausschlag¬ 
gebend für die Abwägung der Ehren, die man dem einzelnen 
Mitgliede dieses Standes im Civilleben zu Theil werden lässt. 

Ich bin überzeugt, dass, wenn unser hochherziger Kaiser, 
den Gott erhalten möge und der sein Volk liebt und Gerechtig¬ 
keit für dasselbe will, über die Verhältnisse genau orientirt 
würde, die Remedur nicht lange auf sich warten liesse. 

Die Rossärzte können als Militär-Personen Nichts für der¬ 
artige Bestrebungen thun. Als die richtige Stelle muss viel¬ 
mehr die tierärztliche Central-Vertretung angesehen werden, 
und der einzig richtige Weg, etwas in dieser Hinsicht zu er¬ 
reichen, dürfte in einer Immediat-Eingabe oder Nachsuchung einer 
Audienz bei Sr. Majestät dem Kaiser zu suchen sein, da wir 


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15. November 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLtCHE WOCHENSCHRIFT. 


547 


nach den Vorgängen des letzten Jahres nicht hoffen dürfen, bei 

dem Kriegsministerinm auf grosse Gegenliebe za stossen. 

* * 

* 

Uns Allen wird es noch erinnerlich sein, dass vor einigen 
Jahren einer der höchsten Reichsbeamten vor gewissen Intriguen, 
die man gegen ihn gesponnen hatte, in die Oeffentlichkeit 
flüchtete. Eine solche Flacht in die Oeffentlichkeit wäre den 
Thierärzten auch dringend anznrathen, denn bis jetzt haben 
wir es nicht verstanden, die Oeffentlichkeit entsprechend der 
Bedentnng der Veterinär-Medicin für unser Thun and Streben 
zu interessiren. Wenn beispielsweise die Schuhmacher- oder 
Töpfergesellen in Berlin oder sonstwo eine Versammlung ab¬ 
halten, so kann man am nächsten Tage alles, was dort geschehen 
ist, sehr genau in fast allen grössern Zeitungen lesen, während 
man selbst von grossen thierärztlichen Versammlungen so gut 
wie garnichts in der Tagespresse gedruckt findet. Es scheint 
so, als wenn die thierärztlichen Corporationen die Tagespresse 
in vornehmer Zurückhaltung ignoriren und abwarten wollten, 
dass die Presse mit dem ergebenen Ersuchen um die Ver¬ 
günstigung, Berichterstatter entsenden zu dürfen, an sie heran¬ 
treten sollte. Darauf werden wir allerdings wohl lange warten 
können, denn man muss nicht etwa glauben, dass die Zeitungen 
immer besondere Berichterstatter in die betr. Versammlungen, 
Congresse etc. entsenden. Nein, für die Berichterstattung sorgen 
in der Regel die Vereine selbst, indem mit irgend welchen 
Blättern Abmachungen darüber vereinbart sind. 

Es liegt kein Grund vor, anzunehmen, dass z. B. die 
Deutsche Tageszeitung, die Deutsche Zeitung, die Schlesische 
Zeitung, die Berliner Neusten Nachrichten und andere Blätter 
ähnlicher Richtung den Abdruck von Referaten über thierärzt¬ 
liche Angelegenheiten ablehnen sollten, um so weniger, als die 
betr. Blätter voraussetzen dürfen, dadurch unter den Thierärzten 
eine grössere Zahl von Abonnenten zu bekommen. 

Mit der Oeffentlichkeit ist es so ein eignes Ding. Sie entfaltet 
manchmal eine riesige Macht, und wer sie in der richtigen Weise aus¬ 
zunützen versteht, für den ist sie von unschätzbarem Werth. Am 
meisten schneidet sich aber in sein eignes Fleisch, wer sie verachtet. 

* * 

* 

Wenn wir die Oeffentlichkeit für uns interessiren wollen, 
so müssen wir auch umgekehrt mehr als bisher den öffentlichen 
Angelegenheiten unsere Aufmerksamkeit widmen, namentlich 
wenn diese Angelegenheiten in das Gebiet der Veterinär-Medicin 
übergreifen. So schön und anerkennenswerth die ruhige be¬ 
scheidene Arbeit im einsamen Kämmerlein im Allgemeinen auch 
sein mag, so wenig ist es in manchen Dingen angezeigt, sein 
Licht unter den Scheffel zu stellen, denn der schöne Spruch 
vom Sichselbstemiedrigen und Erhöhtwerden hat heute im öffent¬ 
lichen Leben nur noch eine ganz zweifelhafte Gültigkeit. Es 
findet sich eben so leicht nicht Einer, der uns Thierärzte erhöhen 
will, und desshalb müssen wir es selbst versuchen. Ein Jeder 
von uns muss sich bemühen, dieser Aufgabe nach bestem Können 
gerecht zu werden, indem er immer daran denken soll, dass 
das Thun und Lassen der Thierärzte von dem Publicum mit 
einer gewissen Vorliebe zum Gegenstand der Kritik gemacht 
wird. Es erscheint daher rathsam, in Bezug auf Dinge, die 
den äusseren Menschen betreffen, immer den goldenen Mittel¬ 
weg zu wandeln und im gegebenen Augenblick, je nach Er¬ 
forderniss, entweder die speciell thierärztliche oder auch die 
allgemein wissenschaftliche Bildung, die von Rechts wegen ein 
Jeder von uns in hinreichendem Masse haben soll, in den Vorder¬ 


grund zu schieben. In der Veterinär-Medicin giebt es so viele 
hübsche Sachen, mit denen man selbst dem gebildeten Publicum 
imponiren kann, wenn man es nur versteht, sie auch für den 
Laien interessant und verdaulich zu machen. Besonders der 
beamtete Thierarzt hat hierzu reichlich Gelegenheit, indem er 
hin und wieder in den grösseren landwirthschaftlichen Vereinen 
allgemein interessante Fragen vom volkswirthschaftlichen und 
sanitären Standpunkte aus behandelt. Die vorherige Aus¬ 
arbeitung und das Memoriren derartiger Vorträge verursacht 
allerdings einige Mühe, aber dafür wird der Erfolg, je mehr 
Sorgfalt auf die Arbeit verwendet worden ist, um so schöner 
sein. Dem gebildeten Landwirth liegt garnichts daran, im 
Bezug auf die Behandlung von Thierkrankheiten vom Thier¬ 
arzt klug gemacht zu werden, es ist ihm viel werth¬ 
voller, Fragen, die ihn eng berühren, vom national-öcono- 
mischen oder allgemein wissenschaftlichem Standpunkt be¬ 
handelt zu sehen; und solcher Fragen giebt es heute in Hülle 
und Fülle. Ja, es erscheint sogar als eine unabweisbare Pflicht 
für die Thierärzte, namentlich die beamteten, das betheiligte 
Publikum auf Gefahren, die der Bevölkerung und den heimath- 
lichen Viehbeständen aus Thierkrankheiten erwachsen können, 
aufmerksam zu machen. Ich erinnere, um ein Beispiel heraus- 
zngreifen, nur an die Eutertuberculose der Kühe. Wer die 
schönen, überaus lehrreichen und interessanten Arbeiten 
Kühn aus über diesen Gegenstand in No. 5 und 30 dieses Jahr¬ 
ganges der B. T. W„ gelesen hat, muss es eigentlich für seine 
Pflicht und Schuldigkeit erachten, in geeigneter Weise die Auf¬ 
merksamkeit der Landwirtschaft und des milchconsumirenden 
Publicums auf die Gefahren, welche Beiden aus dieser Krankheit 
drohen, hinzulenken und die Oeffentlichkeit mobil zu machen, 
damit die Kranheit auf dem Wege der Gesetzgebung getilgt 
werde. Fragen von ähnlicher Bedeutung tauchen immer von 
Neuem am veterinär-medicinischen Horizonte auf. Mau muss es 
nur verstehen, sie zu erfassen und ihre Bedeutung dem 
interessirten Publikum vor Augen zu führen. Das wird weder 
dem Einzelnen noch der Gesammtheit zum Schaden gereichen, 
und Du, lieber Leser, wirst das wohlthuende Gefühl haben, 

Deiner Aufgabe als Cultur-Mensch gerecht geworden zu sein. 

* * 

* 

Man kann sich die Veterinär-Medicin vorstellen als eine 
schöne, kraftvolle Gestalt, die umherwandelt und guten Samen 
ausstrent. Uns, den Thierärzten, liegt es ob, dafür zu sorgen, 
dass der Boden zur Aufnahme des Samens gut bereitet ist. 
Der Hausvater aber ist der Staat. Sowie nun der Landmann 
sich nicht auf seinen Nachbar verlässt, dass dieser für ihn die 
Arbeit thnn werde, sondern seinen Acker liebt und stets um den¬ 
selben beschäftigt ist, so muss auch ein Jeder von uns nach Kräften 
dahin arbeiten, dass der ausgestreute Samen auf fruchtbaren 
Boden falle. Und wenn dann zur Zeit der Ernte der Hausvater 
kommt und sieht, dass unser Acker reiche Früchte trägt, so 
wird er mit uns zufrieden sein und uns den Lohn für unsere 
Arbeit nicht vorenthalten können. 

Ein Mahnruf. 

Zeiten der Entwicklung, wie die des thierärztlichen Standes 
kann man wohl nicht unzutreffend vergleichen denen, in welchen 
der Wein gährt. Und je besser der Saft, desto sachkundigeren 
Händen muss er anvertraut werden; je aufwallender es in seinem 
Innern vor sich geht, desto sicherer lässt sich darauf schliessen, 
dass entwicklungsfähiger Stoff vorhanden ist. Und an ihm, bei 
dem der Küfer keine Mühe hat, den sprudelnden Wein in 


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548 

Banden zu halten, erlebt er grosse Freude. Wenn aber gar der 
ungestüme Geselle seine Fesseln bricht, dann klagt der Besitzer, 
er habe einen werthvollen Tropfen verloren. 

So steht es mit dem menschlichen Streben. Der, dem trüben 
Safte klärend entsteigenden, die Nase kitzelnden Kohlensäure 
gleich, müssen alle die Gedanken, wie sie ans den Tiefen der 
unergründlichen Werkstatt des menschlichen Gehirnes aufsteigen, 
beachtet und gesammelt werden, weil sie zur Klärung der Sach¬ 
lage beitragen. 

Nun kommt es mir vor, als ob eine solche, sprudelnde Kraft 
in der letzten Zeit bei unseren Bestrebungen nach Verbesserung 
unserer Standesverhältnisse nicht mehr genug hervorträte. Ich 
habe die Empfindung, als ob gerade, in den Kreisen, in welchen 
das Streben der Weiterentwicklung die kräftigsten Wurzeln hat, 
diese am allerwenigsten zum Ausdruck käme. Und die Angst 
ist es, die mich zur Feder greifen lässt, dass vielleicht wirklich 
dort ( ich meine die thierärztlichen Praktiker) die Kraft erlahmt 
und die Hoffnung auf Besserung unserer Verhältnisse anfgegeben 
sei. Unendlich selten vernimmt man ja auch ein Lebenszeichen 
von dort her, sogar wenig hört man davon sagen, dass dieser 
oder jener practische Thierarzt mit Hinsicht auf die Standes¬ 
entwicklung hat von sich sprechen machen. 

Ich verkenne nicht die stille, dankeswerthe Pionierarbeit, 
die darauf ausgeht durch Fleiss und persönliche Tüchtigkeit den 
thierärztlichen Stand im Ansehen zu heben, aber was ich so 
selten entdecke, das ist eine gerade aus diesen Kreisen hervor¬ 
gehende und darum um so elementarere, vorwärts treibende. 
Kraft, die von unten kommend, sich mit unwiderstehlicher Wucht 
nach oben fortpflanzend, dort schliesslich zum endgültigen Handeln 
führen muss. 

Wer ist denn berufener, so frage ich, als die practischen 
Thierärzte, die (in beneidenswertem Gegensätze) als freie, un¬ 
abhängige deutsche Männer die Wahrheit und ihren Willen 
äussern und ohne Gefahr vertreten können! Nicht darin liegt 
ein Erfolg, dass möglichst viele Vereine gegründet werden, 
sondern dass das erlösende Wort überhaupt gesprochen wird. 
Recht wird man mir darin geben müssen, dass, so oft eine 
Stimme laut wird, es fast immer die der schon längst be¬ 
kannten und bewährten Rufer im Streite ist. Ich weise 
hin auf den letzten öffentlichen Appell des Herrn Prof. 
Schmaltz. In ihm muss zwischen den Zeilen gelesen werden. 
Gerade er aber hat mir das Mass meiner Gefühle voll gemacht, nm 
wieder einmal die Posaune zu fassen, damit ihr Schall erklinge 
bis in die fernsten Winkel unseres Vaterlandes, auf dass er sich 
einschmeichle in das zart besaitete Gernüth der Einzelnen wie 
das Glöcklein, das Lohengrin zu Else von Brabant ruft, aber 
auch gleich dem grollenden Donner an Jupiters Zorn gemahnend 
die Schläfer anfriitteln, ihnen kündend, dass es für Jeden 
dringend geboten ist, abzulassen von der bisher betretenen 
Bahn der stillen Duldsamkeit und sich aufzuraffen zu kraft¬ 
vollstem Handeln. Es gewinnt sonst wirklich das Ansehen, als 
ob nur Vereinzelte eine Aenderung wollten. Wer aber die 
thierärztlichen Versammlungen besucht, weiss, dass jede Ansicht, 
nur diese nicht zutrifft. Vieles giebt es ja auch noch zu thnn 
und Vieles muss anders als bisher betrieben werden. In der 
äusseren Form unserer Vertretungen haben wir uns allerdings 
bereits geeinigt. Aber was wir noch nicht gethan. dass ist ge¬ 
prüft, ob das Vorhandene noch den veränderten Zeiten entspricht. 
Anlangend die Central-Vertretung und den deutschen Veterinär¬ 
rath, so muss bei aller Hochachtung .zugegeben werden, dass 


No. 46 

doch hier Aenderung nothwendig ist wenn auch nur im Sinne 
einer Ergänzung bezw. Weiterung. Es kann nicht weggeleugnet 
werden, dass in der Thatsaehe der Zusammensetzung dieser 
(Korporationen die freie Bewegung zum Theil eingeschränkt ist. 
Leider aber, so muss ich in weiterer Ausführung meines Ge¬ 
dankens sagen, sind unsere ersten Männer von Rang und Geist 
Beamte und wenn ich dies heute schon, natürlich vom Stand¬ 
punkte dieser Abhandlung aus bedauere, so denke ich mit 
Schrecken an die kommenden Zeiten, wenn diese Blüthenlese 
unserer Wissenschaft einst dem Leben den schuldigen Tribut 
entrichtet haben wird. Es fehlt an Nachwuchs; kommt es doch 
fast gar nicht mehr vor, dass Ehre und Rang und damit Ein¬ 
fluss an thierärztlichen Personen verliehen werden. Schmerzlich 
empfindet dies die. ganze thierärztliche Welt. Als ob wir keine 
Verdienste hätten! Wenn also, wie bemerkt,- n. m. A. in der 
Zusammensetzung unserer Vertretung ein unläugbarer Nachtheil 
besteht, so ist es nöthig zu erwägen, inwiefern hier Abhülfe ge¬ 
schaffen werden kann und dass dies baldigst geschieht. Wenn 
Herr Geheimrath Lydtin ansspricht, was auch ich auf der 
Pariser Weltausstellung schmerzlich empfunden, dass die thier- 
ärztliche Wissenschaft als Ganzes nicht vertreten war, so fällt 
der Voiwurf auf die thierärztliche Welt selbst zurück; hätten 
wir uns gemeldet, wir wären berücksichtigt worden. 

Mein Vorschlag geht daher dahin, im Anschluss an die 
Centralstelle oder selbstständig eine „Geschäftsstelle“ zu 
schaffen, die spähend nur darauf bedacht ist, für uns „Geschäfte“ 
zu machen, d. h. dass wir uns bemerkbar machen, selbst auf 
den Vorwurf hin, sich des Geistes des Ghetto bedient zu haben. 
Ich meine eine Stelle, die im Sinne Aller, die sich Thierarzt 
nennen, Propaganda treibt, um uns in die Oeffentlichkeit zu 
bringen, damit, was Herr Geheimrath Lydtin auch beklagt, 
die öffentliche Meinung von der Existenz und dem Bernfe der 
Thierärzte mehr Kenntniss erhält. So steht es für mich zweifellos 
fest, dass Artikel wie der des Herrn Dr. Toepper in der „Woche“ 
uns mehr Freunde bringen, als manche langathmige Bittschrift. 
Vergessen wir nicht, was der berühmte Rechtsgelehrte Treitschke 
an einer Stelle sagt: Bei aller Sympathie für die Bestrebungen 
socialer Fortschritte muss der Staat dem Grundsätze huldigen, 
nicht zu herrschen, sondein der Entwickelung der Gesellschaft 
zu folgen. Also wenn eine beträchtliche Quote des Volkes eine 
freiere Entwickelung der Thierheilknnde erst einmal will, so 
wird zu mindesten von Seiten unserer Staatsverwaltung die 
Bemerkung fallen müssen, dass dem von hier aus nicht nur 
nichts im Wege steht, sondern dass es sogar gerne gesehen 
wird etc. 

Wir Thierärzte behaupten stets, unser Stand schreite vor¬ 
wärts Nun dann erwachsen uns auch neue Aufgaben. Zu ihnen 
gehört unbedingt — nur bitte ich, ob der Kühnheit meiner Be¬ 
strebungen, nicht den Kern zu übersehen — dass allmählig an¬ 
gefangen wird, dem Thiere eine andere Beachtung zu ver¬ 
schaffen, womit unbedingt zusammenhängt, dass wenigstens 
unsere grösseren Hausthiere, die mit Verstand und Gefühl be¬ 
gabt sind, in Zukunft nicht mehr wie z. B. bei Thierquälereien 
als einfache Sachen angesehen werden. Die Thierheilknnde 
ist es doch auch, die sich mit ihren (Konsequenzen wie ein Keil 
zwischen die veraltete in Märchen uns überkommene Welt¬ 
anschauung und die heutige schiebt. Und sie hat Wurzeln 
gefasst, so tief, dass jede menschliche Mühe an ihrer Ausrottung 
scheitern wird, und ihnen aber entspriesst langsam und sicher 
der Baum der wahren Erkenntniss der Welt. .Sind wir Thier- 


BERLINER TUIERÄRZTLIOHE WOCHENSCHRIFT. 


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15. November 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


549 


ärzte darum nicht mitberufen, diesem Stämmchen Nahrung zu 
zuführen, um sein Wachsthum zu fördern! Oder sollen wir das 
wieder Anderen überlassen, Fernstehenden! 

Man kann nicht das Urtheil über uns fällen, dass wir 
hasteten lind unberechtigte Wege gingen, denn wir haben es 
lange anders versucht. Im anderen Sinne soll alko diese un¬ 
abhängige Geschäftsstelle für uns eintreten. Sie soll in Zahlen 
sammeln, was die Curpfuscherei jährlich schadet: das Herz 
kommt ja leider heute noch nicht zu seinem Rechte, wenn davon 
die Rede ist, was die Thiere durch falsche Behandlungen er¬ 
leiden müssen. In Ziffern soll sie der Landwirtschaft die Werthe 
vorrechnen, welch durch die von einem Thierarzte erfundene Be¬ 
handlung des Milchfiebers erhalten bleiben, in populären zweck¬ 
dienlichen Artikeln über das Wesen und die Ziele der Thier¬ 
heilkunde soll sie sich der Kenntniss des Publicums nähern, 
Preisaufgaben stellen für diese und jene Sachen, damit auch 
dem Ehrgeiz bei beamteten und practischen Thierärzten ein 
Platz zu Theil wird, den Staat soll sie aufklären über seine 
Pflichten, mit besonderer Aufmerksamkeit die Vorgänge an ge¬ 
fährlichen Orten beobachten — ich erinnere an den über Nacht 
heraufbeschworenen Entwurf über die Prüfung der Zucht¬ 
inspectoren, der, von einem Einzelnen zu unserer Kenntniss 
gebracht, geradezu beschämend für unsere Aufmerksamkeit 
ist. Hätten wir uns schon früher darüber gefragt, ob 
unsere Standesvertretung auch zeitgemäss und genügend ist, 
wir Thierärzte hätten sicherlich heute schon einen gewaltigen 
Vorsprung in unserer Bestrebung und lebten nicht mehr in 
z. Th. unbekannten und dunklen Räumen. So unschön, als es 
sich auch anhören mag, so richtig ist die Behauptung! es kann 
nicht genug critisirt werden. Wollen wir nicht vergessen, dass 
das Interesse, welches das grosse Publicum an den Thierärzten 
hat, bei der überwiegenden Mehrzahl ein sehr entferntes ist und 
dass man auf leicht zu erklärende Unkenntniss unserer ver- 
vollkommneten Berufstüchtigkeit stösst. 

Wenn die Sorge um das anvertraute Wohl und die auf¬ 
opfernde Thätigkeit des practischen Thierarztes sowohl als des 
beamteten an sich genügen würden, um in den Augen des 
Publicums die Schätzung zu Wege zu bringen, so müsste sie 
längst zu unseren Gunsten entschieden sein. Es muss aber 
auch hier künstlich nachgeholfen werden, wie bei mancher An¬ 
sicht und manchem Urtheil. 

Darum auf, Commilitonen! Lasset die tägliche Arbeit nicht 
Herr werden über die Sorge um höhere Güter, die wir nur, zu 
einer Linie zusammengeschlossen, erreichen können! Trete Jeder | 
an seinen Posten, um seine Pflicht als deutscher, freier Mann 
zu thun, vertrauend auf die Gerechtigkeit der Sache, um die 
wir. eingedenk des Spruches unseres geliebten Herrscherhauses 
..Jedem das Seine“ nicht verzweifeln wollen. Er rüttele aber 
auch, wenn es einmal sein muss, an den Ketten des Vorurtheils, 
deren Klang ein modernes Ohr nicht mehr hören kann. Es 
muss dem Volke zum Bewusstsein gebracht werden, welcher 
Werth und welche Kraft in uns Thierärzten steckt und welcher 
Verlust der Volkswirtschaft erwächst, wenn dieser Beruf nicht 
auf das intensivste ausgenutzt wird. Schmitt-Kleve. 

Gründung eines Central-Vereins preussischer 
Kreistliierärzte. 

In der vorigen Nummer der B. T. W. ist das von mir an 
alle Kreistliierärzte Preussens gesandte Circular zur Gründung 
eines Central-Vereins preussischer Kreistliierärzte abgedruckt 
und eingehend besprochen. 


Aus dieser Besprechung geht unzweifelhaft hervor, dass 
Herr Prof. Schmaltz in der Gründung eines solchen Vereins 
eine Opposition gegen die C.-V. der th. V. Pr. sieht. Wie dies 
möglich, ist mir unverständlich; denn ehe der Verein nicht 
seine Grundsätze aufgestellt und darüber Beschluss gefasst, 
kann doch gar nicht von einem Zweck in diesem Sinne ge¬ 
sprochen werden. Wesshalb sollen die Kreisthierärzte Preussens, 
die doch sicher eine Sonderstellung einnehmen, sich nicht 
zu einem Central-Verein zusammenthun? Dies kann doch nie¬ 
mals der Gesammtheit schaden. Es unterliegt keinem Zweifel, 
dass die Kreisthierärzte ihre Wünsche und Ansichten am besten 
in einer Versammlung von Gleichgestellten zum Ausdruck 
bringen können, und dass auch in den Local- und Provinzial- 
Vereinen Kreistliierärzte stets nur in verschwindend kleiner 
Zahl vorhanden sind, die nicht erwarten dürfen, dass alle Mit¬ 
glieder sich für ihre speciellen Wünsche begeistern. Die 
Sanitätsthierärzte haben sich längst zu Sondervereinen zu- 
sammengethan, da sie einsehen mussten, dass die Allgemeinheit 
an ihren Bestrebungen nicht den nöthigen Antheil nahm; aber 
diese Collegen sind nicht etwa desshalb aus ihren Provinzial- 
Vereineu ansgetreten; und ich meine, es kann auch wohl Nie¬ 
mand in der Aufforderung zum Beitritt zu einem Central-Verein 
preussischer Kreisthierärzte die Folgerung lesen, dass die Kreis¬ 
thierärzte nun aus ihren Local- resp. Provinzial-Vereinen aus¬ 
treten sollen, und kann von einer „versuchten Zersplitterung“ 
absolut nicht die Rede sein. Herr Prof. Schmaltz glaubt, 
dass sich unter den Kreisthierärzten eine gewisse Unzufrieden¬ 
heit bemerkbar mache, weil die Wünsche der Ersteren noch 
nicht berücksichtigt wären. Ich glaube nicht, dass viele von den 
Collegen die Central-Vertretung dafür verantwortlich machen, 
und auch ich, der ich nun schon mehrfach die Ehre gehabt 
habe, als Delegirter des thierärztlichen Central-Vereins der 
Provinz Sachsen etc. der Central-Vertretung der thierärztlichen 
Vereine Preussens anzugehören, erkläre offen, dass die Central- 
Vertretung wohl keine anderen Schritte zur Erfüllung der von 
den Kreisthierärzten gestellten Wünsche thun konnte. Ich glaube 
aber, dass die Zusammensetzung der Central-Vertretung für die 
Kreistliierärzte keine günstige ist, und desshalb eine erneute 
Anregung nicht stattgefunden hat. Ans diesem Grunde halte 
ich es für zweckmässig, dass die Kreistliierärzte sich zu einem 
Sonderverein zusammenthun und ihre speciellen Wünsche immer 
wieder zum Ausdruck bringen. Werden dieselben dann von der 
Central-Vertretung genügend unterstützt, so liegt gar kein 
Grund zur Unzufriedenheit vor, selbst wenn nichts erreicht 
würde. 

Ob nun der gegenwärtige Zeitpunkt geeignet ist, einen 
Central-Verein preussischer Kreistliierärzte zu gründen, möchte 
ich dahin beantworten, dass ein solcher Verein doch absolut 
nicht hemmend in das Geschick der Frage, ob Maturitas oder 
nicht, eingreifen kann. Der Verein wird jedenfalls Fragen von 
Wichtigkeit über dienstliche und persönliche Verhältnisse der 
Kreistliierärzte eingehend besprechen und dann die formulirten 
Wünsche an geeigneter Stelle zum Vortrag bringen. Einzelheiten 
über das Verhalten des neu zu gründenden Vereins sind vor 
der Hand noch garnicht zu entscheiden; diese können doch erst 
nach reiflicher Besprechung in einer Versammlung zum Beschluss 
erhoben werden. Eins möchte ich aber als sicher hinstelleu, 
nämlich, dass die von einem Central-Verein preussischer Rreis- 
thierärzte anfgestellten Wünsche und gefassten Beschlüsse doch 
mehr Beachtung linden werden, als wenn sich nur einzelne 


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050 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Nu. 46. 


C’ollegen daran betheiligen, nnd deshalb möchte ich auch noch 
an dieser Stelle alle diejenigen Collegen, welche ihre Mitglied¬ 
schaft zu dem zu gründenden Verein noch nicht angemeldet 
haben, bitten, dies nunmehr zn thnn; denn auch ich gehe von 
dem Grundsatz aus: „Concordia res parvae crescunt, discordia 
maximae dilabuntur.“ Thnn ecke. 

Anmerkung. 

Den obigen Artikel, der meinen vorläufigen Standpunkt 
doch nicht ganz richtig auffasst, muss ich mit einigen Be¬ 
merkungen begleiten. 

Betreffs des Zeitpunktes der Gründung habe ich nirgends 
ausgesprochen, dass die Gründung in den Gang der bevor¬ 
stehenden Ereignisse eingreifen werde. Ich meinte nur, für 
den neuen Verein selbst wäre es vielleicht vortheilhafter gewesen, 
wenn seine Gründung nach Klärung der Lage und nicht in einer 
Zeit allgemeiner Unsicherheit erfolgt wäre. Ferner habe ich 
nirgends auch nur andeutungsweise die Befürchtung aus¬ 
gesprochen, dass die Kreisthierärzte ihres Centralvereins wegen 
aus den Provinzialvereinen austreten könnten. Betreffs des 
Verhältnisses zur Centralvertretung habe ich nicht gesagt und 
auch nicht einmal angedeutet, dass der Verein den Zweck der 
Opposition gegen die Centralvertretung habe. 

Ich habe nur gesagt: 1. dass die Thatsache der Gründung 
an sich zeige, dass man mit der Centralvertretung nicht zu¬ 
frieden sei, 2. dass die natürliche Folge eine Concurrenz des 
Vereins mit der Centralvertretung sein müsse. Beide Sätze 
sind unbestreitbar. 

Den ersten giebt auch Herr College Thun ecke schliesslich 
selber zu, indem er sagt: „Ich glaube aber, dass die Zusammen¬ 
setzung der Centralvertretung für die Kreisthierärzte keine 
günstige ist; aus diesem Grunde halte ich es für zweckmässig, 
dass die Kreisthierärzte sich zu einem Sonderverein zusammen- 
thun“. Nun also! Das nenne ich Unzufriedenheit mit der 
Centralvertretung. Worin dieselbe besteht, habe ich gar nicht 
gesagt. Dass Niemand die Centralvertretung dafür verantwortlich 
machen wird, dass die Kreisthierärzte noch nicht haben was sie 
wünschen, das halte ich für selbstverständlich. 

Der Verein wird ferner, wie auch Herr College Thunecke 
sagt, seine Wünsche formuliren und dieselben eventuell an 
massgebender Stelle zum Ausdruck bringen. Bisher hatte die 
C. V. diese Aufgabe. Dies ist also wohl Concurrenz. 

Dabei habe ich aber weder jene Unzufriedenheit für un¬ 
begründet noch diese Concurrenz für unzulässig erklärt. Und 
wenn Herr College Thunecke frägt, „Warum sollen die Kreis¬ 
thierärzte sich nicht in einem Central-Verein zusammen thun“, 
so gebe ich ihm ganz recht. Gewiss, warum sollten sie nicht, 
wenn sie selber es für nöthig halten. Es wäre ganz falsch, 
auch seitens der Departementsthierärzte, etwa einen Einfluss 
dagegen aufbieten zu wollen. Freiheit muss herrschen in unseren 
Bewegungen, soviel an uns selber liegt. 

Ich habe nur constatirt, dass diese Bewegung bedeutungs¬ 
voll ist, (das wird Herr College T. selbst nicht bestreiten 
wollen) und dass sie Consequenzen haben muss. Ich habe nicht 
gesagt, dass die C. V. sich gegen den neuen Verein stellen 
muss, sondern im Gegentheil, dass sie ihm wird Rechnung 
tragen müssen.*) Mehr kann der Verein doch nicht verlangen. 
Ich glaube also, dass Herr College Thunecke mich nicht ganz 
richtig verstanden hat. Schmaltz. 

*> Vergl. unten Tagesordnung der Ceutral-Vertretung. 


Tageanrdavag 

für die VII. Plenar-Vertammluag der Central-Vertretnag de« thlerlrztüobea 
Verein Preuttens 

zu Berlin am 15. December 1900. 

1. Geschäftliche Mittheilungen des Präsidenten. 

2. Beauftragung eines Künstlers mit der Anfertigung der Büsten 
von Gurlt, Hertwig und Spinola. 

3. Ueber die Stellung und Besoldung der Kreisthierärzte. 

4. Die Stellung der Thierärzte in der Thierzucht (Prüfung als 
Thierzucht-Inspector, Mitgliedschaft bei den Körcommissionen, 
ungleiche Festsetzung der Diäten seitens der Provinzial- 
Verwaltungen). 

5. Empfiehlt sich anlässlich der bevorstehenden Aenderung des 
Schlachthausgesetzes eine Eingabe an den Landtag betreffs 
der Stellung der Schlachthofthierärzte? 

6. Die Nothwendigkeit des Verbotes der Impfungen mit virulenten 
Culturen durch Laien. 

7. Programm für eine staatliche anzuerkennende thierärztliche 
Standesvertretung. 

8. Besprechung über die Zusammensetzung der Centralvertretung. 

9. Besprechung über Erfahrungen mit dem Stuttgarter Ver¬ 
sicherungsverein. 

Die Referenten, sowie Ort und Beginn der Sitzung werden 
demnächst sowohl in der thierärztlichen Presse als durch den 
Herrn Delegirten besonders zugehende Einladungen bekannt 
gegeben werden. 

Die Verhandlungen werden, wenn erforderlich, am Sonntag 
den 16. December fortgesetzt werden. Die Anberaumung der 
Sonntagssitzung wird nach Bedarf und im Einvernehmen mit 
dem Herrn Vorsitzenden des Unterstfitzungsvereins erfolgen. 

Der Präsident der Central-Vertretung 
Dr. Esser, 

Geheimer Medicinalrath. 

Unterstützungs-Verein für Thierärzte. 

Gemäss § 6 des Statuts findet im Anschluss an die Sitzung 
der Delegirten zur Centralvertretung der thierärztlichen Vereine 
Preussens am Sonntag, den 16. December 1900 eine Versammlung 
der Mitglieder des Unterstützungsvereins für Thierärzte statt, 
wozu sämmtliche Herrn Mitglieder hiermit eingeladen werden. 
Tagesordnung: 1. Rechenschaftsbericht, 2. Beschlussfassung 
über die Eintragung des Vereins in das Vereinsregister 
und damit in Verbindung stehende Statutenänderung. 

Der Ort und die Zeit der Versammlung wird später bekannt 
gemacht werden. Preusse, Vorsitzender. 

Bekanntmachung. 

Da neuerdings viele Collegen den Wunsch ausgesprochen 
haben, die s. Z. dem Reichstage etc. überreichte „Begründung 
der Nothwendigkeit des Abiturienten-Examens“ als Grundlage 
für Besprechung mit Abgeordneten und einflussreichen Persön¬ 
lichkeiten zu besitzen, so habe ich von diesen Begründungen 
mit durch die Ereignisse gebotenen Ergänzungen eine neue 
Auflage drucken lassen. Dieselbe steht zur kostenfreien 
Versendung an die Herrn Collegen bereit. Bestellungen bitte 
ich mit Postkarte an mich zu richten. Ich bitte jedoch nur 
soviel Exemplare, als zu obigem Zweck durchaus erforderlich 
sind, zu verlangen. 

Der Schriftführer des deutschen Veterinär-Rathes 
und der preussischen Centralvertretung. 

Dr. Schmaltz. 


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15. November 19U0. BERLINER THIERÄRZTL 

Verein der SchlachthofUilerärzte der Rheinprovinz. 

Einladung zn der am ‘25. November 1900, Vormittags 11 ! / 2 Uhr, 
zu Köln a. Rh. im „Alten Präsidium* 4 , Schildergasse 84 statt¬ 
findenden XVII. Versammlung. 

Tagesordnung: 

1. Geschäftliche Mittheilungen, Erstattung des Berichtes 
über die letzte Versammlung. 2. Kassenbericht. 3. lieber Er¬ 
fahrungen im Kühlhausbetriebe, Referent Ingenieur Musmacher- 
Köln (Fortsetzung des Referates der letzten Versammlung). 

4. Ueber den Otte’schen Vernichtnngsapparat, Referent Roolf- 
Essen. 5. Mittheilungen aus der Praxis. P>. Tag und Ort der 
nächsten Versammlung. 7. Verschiedenes. 

Nach der Sitzung gemeinschaftliches Mittagsmahl (Gedeck 
2,50 M.). 

Köln, den 3. November 1900. 

Der Vorstand I. A. Goltz, 1. Schriftführer. 

XXXV. Generalversammlung des Vereins der Thierärzte des 
Reg.-Bez. Wiesbaden 

am Samstag den 24. November 1900, Vorm. 11 Uhr, 
im „Rhein-Hotel* 4 zu Wiesbaden, Rheinstrasse. 

Tages-Ordnung: 

1. Vereinsangelegenheiten (Vorstandswahl, Delegirtenwahl, 
Kassenbericht. 2. Aufnahme neuer Mitglieder. 3. Vorträge: 

a) Die Fleischbeschau in Hessen-Nassau und das Reichsfleisch¬ 
schaugesetz. Referent: Kreisthierarzt Müller-Höchst a. M. 

b) Einiges über die letzte Maul- und Klauenseuche-Invasion. 
Einleitendes Referat von Departements-Thierarzt Dr. Augstein- 
Wiesbaden. 4. Vorschläge für die nächste Versammlung und 
Wahl des Ortes derselben. 5. Mittheilungen aus der Praxis. 

Um 2 Uhr gemeinsames Mittagsmahl. Gäste sind will¬ 
kommen. Anmeldung der Gedecke (Preis 3 M.) bis spätestens 
22. November er. an Herrn Depart.-Thierarzt Dr. Augstein- 
Wiesbaden, Moritzstrasse 21, erbeten. I. A.: 

Dr. Casper, Schriftführer. 

Lebewohl. 

Da es mir nicht möglich ist, vor meiner Uebersiedelung 
nach Wiesbaden (am 1. December ds. Js.) bei den Collegen des 
hiesigen Bezirkes mich persönlich zu verabschieden, so sage ich 
Allen auf diesem Wege herzlich „Lebewohl 44 . 

Liegnitz, im November 1900. Scharnier. 

Nachruf. 

Am 31.0ctober ist der Königliche Kreisthierarzt Hermann 
Waltrup im Alter von 55 Jahren nach längerem Leiden zu 
Kessenich bei Bonn gestorben. Bisher kräftig und gesund, 
stellte sich bei ihm im Laufe dieses Jahres eine hochgradige 
Nervosität (Neurasthenie) ein, so dass er Urlaub nehmen musste. 

Seit 1867 war er als praktischer Thierarzt in Beckum thätig 
und im Jahre 1873 wurde ihm als Nachfolger seines Vaters 
die Verwaltung der dortigen Kreisthierarztstelle übertragen. 

Waltrup war ein fleissiger und gewissenhafter Mann 
hochgeachtet in seinem Wirkungskreise als erfahrener Prak¬ 
tiker und als Beamter ein liebenswürdiger und freundlicher 
College. Ich persönlich hatte während meines kurzen Hierseins 
wiederholt Gelegenheit, ihn als solchen kennen zu lernen. 

Unser Verein hat in ihm ein langjähriges treues Mitglied ver¬ 
loren. Wir werden das Andenken des Todten in Ehren bewahren. 

Münster, im November 1900. 

Für den Verein westfälischer Thierärzte: 

Hinrichsen. 


,ICHE WOCHENSCHRIFT. 

Veterinfir-A8«e«oor WolfTsche Stlpendien-Stlftung. 

An einen Studirenden der Thierheilkunde ist zum 2. Januar 
1901 für zwei Semester ein Stipendium von 300 Mk. zu ver¬ 
geben. Berücksichtigt werden nur solche Studirende, welche 
das Abiturientenexamen auf einem Gymnasium oder Real¬ 
gymnasium abgelegt und sich moralisch gut geführt haben. 

Bei der Verleihung kommen vorzugsweise Studirende in 
Betracht: 

a) Die eine Blutsverwandschaft mit der Familie des Stifters 
nachzuweisen vermögen, 

b) Nachkommen folgender Freunde des Stifters: 

1. des in Göhren, auf Rügen verstorbenen Hotelbe¬ 
sitzers Borgmeier, 

2. des zu Wusterhausen geborenen Rentiers Otto 
Gericke, 

3. des zu Finkenstein in Westpr. geborenen Chemikers 
Wilhelm Lindner, 

4. des zu Calcar geborenen und verstorbenen Thier¬ 
arztes Gustav Siebert, 

c) Söhne von Thierärzten. 

Den bis zum 20. December 1900 an den Vorstand, z. H. 
des Geheimen Regierungs-Raths, Professors Dr. Schütz in 
Berlin (Luisenstrasse 56) einzureichenden Bewerbungen sind 
beizufiigen: 

a) beglaubigte Abschrift des Maturitätszeugnisses, 

b) Führnng8atte8t, 

c) vorkommenden Falles der Nachweis der Zugehörigkeit 
zu den vor unter a bis c bezeichneten Categorien. 

Berlin, den 11. November 1900. 

Der Vorstand. 

Staatsveterinärwesen 

und 

Fleischschau 

siehe im Beiblatt dieser Nummer. 


Bticheranzeigen und Kritiken. 

Die Hufkrankheiten des Pferdes. (Mit Ausnahme der Krank¬ 
heiten der Horncapsel). Von Professor Dr. Eberlein-Berlin: Als 
Abtheilung des Handbuches der thierärztlichen Chirurgie und 
Geburtshülfe von den Professoren Bayer und Fröhner er¬ 
schienen vor kurzer Zeit die Hufkrankheiten des Pferdes, be¬ 
arbeitet von Professor Dr. Eberlein-Berlin. Obwohl bis jetzt 
nur der erste Theil derselben zur Ausgabe gelangt ist, so ist 
man doch sehr wohl im Stande, ein Urtheil hierüber zn ge¬ 
winnen. Jedenfalls ist aus dem ersten Theile zu ersehen, dass 
Bayer und Fröhner in dem jungen Berliner Professor der 
Thierheilknnde einen würdigen Mitarbeiter gefunden haben, zu dem 
wir Herrn E. nur Glück wünschen können, so exact, so ein¬ 
gehend und übersichtlich ist alles Hierhergehörende berücksichtigt, 
das Wichtige von dem weniger Werthvollen durch Druck her¬ 
vorgehoben und getrennt. Durch seine Stellung als Leiter der 
Poliklinik der thierärztlichen Hochschule zu Berlin steht dem 
Verfasser ein äusserst vielseitiges grosses Beobachtungsmaterial 
zur Verfügung. Als Vorsitzender der Prüfungs-Commission für 
den Hnfbeschlag im Bereiche der Stadt Berlin ist dem Ver¬ 
fasser Gelegenheit geboten, Einsicht in die thatsächlichen prak¬ 
tischen Verhältnisse des Hufbeschlages zn gewinnen. Endlich 
hat der Verfasser sich nicht nur durch viele eigene wissen¬ 
schaftlichen Arbeiten über verschiedene Krankheiten des Hufes. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 46. 


Operationen etc sondern auch durch .solche, die aus seinem La¬ 
boratorium hervorgegangen sind, einen Namen in der t.hierärzt¬ 
lichen wissenschaftlichen Welt erobert, so dass die Güte der 
Bearbeitung vorauszusehen war. 

Bei der Untersuchungs-Methode des Hufes beginnt der Ver¬ 
fasser mit der allgemeinen Betrachtung des Pferdes im Stande 
der Knhe und in der Bewegung mul geht dann nach der In- 
spection des kranken Schenkels, der Stellung der Schenkel und 
der Zehen, der Untersuchung der Pulsation auf die eigentliche 
Untersuchung des Hufes über. Zu letzterer gehören der 
Tasterzirkel zum Messen des Hufes, die Hufhämmer und 
die verschiedenen Hufnntersuehungszangen. Bei Anwendung 
derselben empfiehlt Verfasser den Studirenden nach meiner An¬ 
sicht auch mit Recht, die Visitirzange zuerst an der äusseren 
Tracht anzusetzen und dann allmälig über den ganzen 
Huf mit Abständen von 1- 2 cm bis zur inneren Trachte 
fortzufahren, während nach Möller und Bayer die Unter¬ 
suchung dort beginnen soll, wo der Sitz des Leidens 
nicht vermuthet wird, welche Entscheidung besonders für 
Anfänger, nicht immer leicht ist. Dann folgen die Untersuchung 
der Hufknorpel, der Ballen, des Strahlpolsters, der Knochen, 
Gelenke und Bänder der Zehe, die Prüfung des Wundsecretes, 
Eiters und der Jauche, und schliesst das Capitol mit der Unter¬ 
suchung des Hufes und der Zehe durch die Röntgen'schen 
Strahlen, einem Gebiete, dessen Aufschluss für die Zwecke 
der Thierheilkunde wir hauptsächlich den äusserst werthvollen 
Untersuchungen des Verfassers zu danken haben. Jetzt folgen 
die Hufoperationen, bei denen die Vorbereitung der Instrumente 
und des Verbandzeuges, die Vorbereitung des Operationsfeldes, 
die Operation am stehenden Pferde, die künstliche Blutleere, 
die locale Anästhesie, das Niederlegen des Pferdes, Ausbinden 
der Füsse, die Narcose, Desinfection des Operationsfeldes, die 
verschiedenen Huf-Instrumente wie Rinnmesser, Hornheber, 
Schnabelzange, die vom Verfasser construirten Hufsägen, die 
Lorbeerblattform-Messer, das Verbandmaterial, die Verband¬ 
technik, Verbandschutz und -Wechsel, Verbandeisen etc. durch 
vorzügliche Abbildungen illustrirt, gesonderte Abschnitte bilden. 

Hieran schliesst sich der Begriff und die Eintheilung der 
Hufkrankheiten. In folgender Reihenfolge sollen dieselben 
bearbeitet werden: 1. Die Krankheiten der Huflederhaut. 
2. Krankheiten der Hufknorpel. 3. Krankheiten des Strahl¬ 
polsters. 4. Krankheiten der Sehnen der Zehe. 5. Krankheiten 
der Knochen der Zehe und 6. Krankheiten der Gelenke und 
Bänder der Zehe. Den Krankheiten der Huflederhaut wird die 
Anatomie und Physiologie der Huflederhaut vorausgeschickt. 
Dann wendet sich der Verfasser zu den Verletzungen der Hnf- 
ledcrhaut, denen II. die Quetschungen der Huflederhaut, die Stein¬ 
gallen, III. die Entzündung der Huflederhaut, Pododermatitis, 
Begriff, Formen und Eintheilung derselben und zwar 1. Podo¬ 
dermatitis serosa, 2. Pododermatis haemorrhagica, 3. Pododer- 
matis suppurativa superficialis und suppurativa profunda, folgen 
und den Beschluss der ersten Abtheilung bilden. 

Die Reichhaltigkeit des Inhaltes, die Sorgfalt in der Be¬ 
arbeitung, die Beigabe von 67 scharfen und sehr guten Figuren, 
die das Verständniss der Abhandlung bedeutend erhöhen, be¬ 
rechtigen uns zu den Schlüssen, die Hufkrankheiten des Pferdes 
von Prof. Dr. Eberlein mit zu den besten wissenschaftlichen 
Erzeugnissen zu rechnen, die in dem Handbuche der thierärzt¬ 
lichen Chirurgie von Prof. Bayer und Fröhner erschienen 
sind. To epp er. 


Personalien. 

Ernennungen: Gewählt: Thierarzt Lcdsclibor zum Assistenz- 
| thicrarzt in Zabrze. 

Examina: Approbationen: in Berlin die Herren Heinrich 
Meyer und Otto Traut mann. 

Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in München: 
i Hans Wucherer, bezirksthierärztlicher Verweser in Bruck; 
| Hans Utitbrod, Distrietsthierarzt in Selb: Wilhelm Ahrens, 
Polizeithierarzt in Hamburg: Göttlich Bernhard, practiseher Thier¬ 
arzt in Dinkelscherben; Karl Rauscher, bezirksthierärztlicher Ver¬ 
weser in Vilsbiburg; Reinhard Bossle, Thierarzt und Schiachtlnif- 
verwalter in Neunkirchen, Regierungsbezirk Trier; Richard 
| Lammert, Polizeithierarzt in Hamburg; Joseph Sepp, bezirks- 
| thierärztlicher Assistent in Kempten; Karl Stein brenn er. Distriets- 
! thicrarzt in Lauterecken; Edwin Gntmayr, städtischer Thierarzt 
j in München; Franz Bruckmann. Veterinär im k. 3. Chevauxlegers- 
j Regiment in Dicuzc; Armin Fcser, I. elinischer Assistent an der 
j kgl. thierärztlichen Hochschule in München: Max Madel, bezirke- 
: thierärztlicher Assistent in Erding: Magnus Schmidt, practiseher 
j Thicrarzt in Stadtilm, Schwarzburg-Rudolstadt; Franz Dorn, Vete¬ 
rinär im k. 4. Chev.-Regiment in Augsburg; Friedrich Löhe. Thier¬ 
arzt in llelsbnrg irr Meiningen:* Eugen <r-roM r Dt*trict«- und <’ontrol- 
j thicrarzt in Berchtesgaden; Albert Marggraff, practiseher Thicrarzt 
in Landau i. Pfalz* Anton Martensen. Polizeithierarzt in Hamburg: 
Peter Schneider. Veterinär im k. 1. Chev.-Regiment in Nürnberg: 
Karl Geiger, bczirksthierärztlichcr Assistent in Sonthofen: 
Dr. Albert Schmidt, practiseher Thicrarzt in Trotha, Halle a. S.: 
Alfred Heini. Distrietsthierarzt in Bisehofsheim v. Rh.: Georg 
, Gröning, Polizeithierarzt in Hamburg: Franz Schäflein. Districts- 
; thicrarzt in Schöllkrippen; Georg Sch öppe rl, bczirksthierärztlichcr 
i Stellvertreter in Sulzbach: Gustav Bosse, Polizeithicrarzt in Ham¬ 
burg: Hermann Selimid, Veterinär im k. 2. Feld-Art-Regiment in 
; Wiirzhurg* August Reisinger, Distrietsthierarzt in Amorbach: 
| Joseph Zisslcr, Distrietsthierarzt in Erbendorf. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc-: Verzogen: Die 
I Thierärzte Döhrer von Gerstlingen nach Eisenach, tho Gempt 
nach Hollieh bei Bnrgsteinfurt, J. Hansen von Leerdt als Einj.- 
1 Freiw. nach Rendsburg. Lange von Gnesen nach Jastrow (Westpr.' 

Todesfälle: Thicrarzt Rogge jun. in Nowawes bei Potsdam. 

Yacanzen. 

(Näheres über die Vaeanzen mit abgelaufeuer Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.) 

Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
i Rcg.-Bcz. Hannover: Springe zum 1. Jan. 1901 (600 M.). Meid, 
j bis 25. Nov. er. an den Regierungspräsidenten. — R.-B. Potsdam: 

' Angermünde. Bewerbungen bis 20. Nov. an den Regierungs¬ 
präsidenten. R.-B. Liegnitz: Sagan wird zum 1. Decbr. frei. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Reg.-Bez. (.'oblenz: Simmern. — Reg.-Bez. Düsseldorf: Landkreis 
Krefeld. 

Sanitätsthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Elbing: Assistenztlderarzt am Seblachthof (Privatpraxis gestattet). 

[ Bewerb, mit Gelialtsansprüchcn innerhalb 4 Woeli. an den Magistrat. — 

I Graudeuz: Assistenztlderarzt sofort (2100 M. möbl. Wohnung etc.): 
j 4wöchentliche Kündigung; Bewerbungen an den Magistrat. — 
Hartha i. Sachs.: Sanitätsthierarzt (2500 M., Privatpraxis.). Be¬ 
werbungen bis 15. November. — Lanenburg: Schlachthofvorstehcr 
(1S00 M. steigend bis 2700 M. Wohnung etc. 500 M. Uaution . 
Bewerb, an den Magistrat. — Meseritz: innerhalb 3 Monate zu 
1 besetzen (1500 M. Anfangsgebalt. Privatpraxis). Bewerb, bis 20. Nov. 

; — Pössncek: Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau (aus letzterer 
1 1200 M.; ausserdem ea. 700 M. aus der Trichinenschau ). Bewerb, 
i bis 15. November er. 

Privatstellen: llojanowo. — Eickel. — Festenberg (Breslau 
! — Jade (Oldenb.). — Marggrabowa (1400 M. Fixum für Schlacht- 
hof und Fleischbeschau). — Mengeringhausen (Waldeck). — 

| Peiskretseham tOb.-Schles.j. — Rhinow (Potsdam). — Schloppa 
j (Westpr.) — Schwarzenberg i. S. — Sonnenburg. — Suelz»- 
; i. Mcckl. — Wadern (lt.-B. Trier, . K 80 M. für Märkte). — 


Verantwortlich für den Inhalt (excl. Iusnratculhoii): l’rof. Dr. Schmal tz in Koriin. — Verlag und Eigenthum von Richard Scboctz in licrliu. - Druck von W. Büxenstein, Berlii. 


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Beiblatt 

der 

Berliner Thierärztlichen Wochenschrift 

zu No. 46 yom 15. November 1900. 


Inhalt: StMtsveterinflrwesen : Herzogthmn Anhalt. Polizei-Verordnung, das Abdeckereiwesen und das Verfahren mit Viehcadavern betr. — 
Preussen: Polizeiverordnung betr. Abdeckereiwesen. — R.-B. Potsdam, (Jänseeinfuhr betr. — Vieheinfuhr aus Oesterreich nach 
Süddeutschland. — Maul- und Klauenseuche. — Seuchenstatistik: Thierseuchen in Deutschland. II. Quartal 19U0; Stand 
vom 31. Oetober. — Thierseuchen im Auslande. — Flelschachau und Viehhandel: Oeffentliche Schlachthäuser in kleinen Städten. 
— Gesundheitsschädigungen durch Büchsenfleisch. — Die täglichen Schwankungen des Fettgehaltes der Milch. — Der Congress 
für Hygiene und Demographie in Paris. — Gültigkeit örtlicher Bestimmungen über den Fleischhandel. — Berlin: Auszug 
aus dem Fleischschaubcricht. — Fleischproduction. — Neue (,'onservirungsmethoden für Fleisch. — Conservirung von Fleisch 
_durch Electricität. — Petition zur Abänderung des Schlachthausgesetzes._ 


Staatsveterinärwesen. 

Redigirt von Preutae. 

Herzogthnm Anhalt. 

Polizei-Verordnung, das Abdeckereiwesen und das Verfahren mit 
Viehcadavern betreffend. 

Auf Grund der §§ 20 und 23 des Gesetzes über die Polizei¬ 
verwaltung vom 1. Juli 1864 (No. 31 der Gesetz-Sammlung für 
das Herzogthnm Anhalt) wird Folgendes verordnet: 

I. Allgemeine Vorschriften, betreffend die unschädliche 
Beseitigung thierischer Cadaver und Cadavertheile. 

§ 1. 

Jeder Besitzer eines gefallenen oder eines getödteten Haus- 
thieres, dessen Fleisch nicht zum Genüsse für Menschen be¬ 
stimmt oder hierzu nicht geeignet ist, ist verpflichtet, den Ab¬ 
decker behufs Abholung des Cadavers sofort zu benachrichtigen 
oder, falls der Abdecker die Abholung ablehnt, das Cadaver un¬ 
gesäumt nach Massgabe der darüber bestehenden Vorschriften 
in unschädlicher Weise zu beseitigen. 

Die gleiche Pflicht liegt demjenigen ob, welcher in Ver¬ 
tretung des Besitzers der Wirthschaft vorsteht. 

§ 2 . 

Liegt bei gefallenen oder getödteten Thieren (auch Klein- 
thieren, vergl. § 11) der Ansbruch oder Verdacht einer den 
Besitzer nach Massgabe der seuchenpolizeilichen Bestimmungen 
zur Anzeige bei der Ortspolizeibehörde verpflichtenden an¬ 
steckenden Krankheit vor, so darf das Cadaver nur mit 
Genehmigung dieser Behörde unter Beobachtung der veterinär¬ 
polizeilichen Vorschriften beseitigt werden. 

§ 3 . 

Bis zur erfolgten Wegschaffung hat der Besitzer für die 
unschädliche Aufbewahrung des Cadavers Sorge zu tragen. 

Zu diesem Zwecke ist dasselbe aus der Nähe von Thieren 
zu entfernen und in einem umschlossenen Raume oder doch so 
bedeckt aufzubewahren, dass eine Berührung desselben durch 
andere Thiere — auch Ungeziefer — verhütet wird. 

§ 4. 

Beim Wegschaffen sind die Cadaver so zu bedecken und 
zu verwahren, dass dieselben auch während des Transportes 
nicht sichtbar sind und weder Theile noch feste oder flüssige 
Abgänge verloren werden können. 

§ 5 . 

Für die ungesäumte Beseitigung der Cadaver von Thieren, 
deren Eigenthümer nicht bekannt ist, hat die betreffende Orts¬ 
polizeibehörde Sorge zu tragen. 

§ 6- 

Die Gemeinden und selbständigen Gutsbezirke haben zur 
Ausführung der polizeilich angeordneten Tödtung und Obdnction 
senchenkranker oder -verdächtiger Thiere sowie zur unschädlichen 
Beseitigung der Cadaver die nöthigen Hülfsmannschaften und 
Transportmittel bereit zu stellen. 

Von der Hülfeleistnng bei Obductionen und bei der Be¬ 
seitigung der an einer auf Menschen übertragbaren Krankheit, 
insbesondere an Milzbrand, Tollwuth oder Rotzkrankheit ge¬ 
fallenen oder getödteten Thiere sind Personen, welche offene 
Verletzungen an unbedeckten Körperstellen — Händen, Armen, 
Fussen — haben, auszuschliesseu. 

§ 7. 

Das Abhäuten, Zerlegen nnd Ausnutzen der Cadaver darf, 
sofern es in Gemässheit der gesetzlichen Bestimmungen über¬ 
haupt zulässig ist, nur auf den Abdeckereien stattfinden. Aus¬ 
nahmen bedürfen der besonderen polizeilichen Genehmigung. 


Das Weggeben gefallener oder getödteter Thiere (§ 1) oder 
von Theilen derselben an andere Personen als die Inhaber von 
Abdeckereien ist verboten. 

§ 8 . 

Cadaver, deren Ausnutzung reichs- oder landesgesetzlich 
verboten, bezw. deren unschädliche Beseitigung reichs- oder 
landesgesetzlich geboten ist, müssen, sofern ihre Zerstörung 
i nicht gemäss polizeilicher Verordnung mittelst Dampfkochapparat 
(Sterilisator) in einer Dampfabdeckerei des Kreises zu erfolgen 
hat, durch Anwendung hoher Hitzegrade (Kochen bis zum Zer¬ 
fall der Weichtheile, trockene Destillation, Verbrennen) oder 
sonst auf chemischem Wege sofort unschädlich beseitigt und, 
wenn dies nicht ausführbar ist, vergraben werden (§ 9). 

Bei dieser unter polizeilicher Ueberwachung auszuführenden 
unschädlichen Beseitigung sind die Anordnungen des beauf¬ 
sichtigenden Polizeibeamten genau zu befolgen. 

§ 9 . • 

Muss die Beseitigung der Cadaver aus veterinärpolizeilichen 
Gründen oder, weil deren Ueberfiihrung nach einer Abdeckerei 
1 nicht ausführbar ist, durch Vergraben bewirkt werden, so darf 
i dies nur mit Genehmigung und unter Aufsicht der Ortspolizei¬ 
behörde auf dem dazu bestimmten Verscharrungsplatze (vergl. 
§ 10) geschehen. Hierbei muss die Oberfläche der Cadaver von 
einer, vom Rande der Grube abgerechnet, mindestens 1 Meter 
— bei Geflügel t/a Meter — starken Erdschicht bedeckt nnd 
vor dem Zuwerfen der Grube mit Aetzkalk überschüttet oder 
mit Kalkmilch, Petroleum, Creolin oder dergleichen gehörig be¬ 
gossen werden, sofern nicht, wie z. B. bei Milzbrand, weiter¬ 
gehende Vorschriften massgebend sind. 

Darf das Cadaver vor dem Vergraben abgehäutet werden, 
so muss dies ohne Verzug auf dem Verscharrungsplatze ge- 
I schehen. Mit der Haut ist in solchen Fällen nach der Vorschrift zu 
I verfahren, welche der Abdecker zu befolgen hat(vergl. §18 Abs. 1.). 

§ 10 . 

Die Gemeinde- und Gntsbezirke sind verpflichtet, für sich 
I oder in Gemeinschaft mit einem oder mehreren benachbarten 
i Bezirken einen Nothverscharrungsplatz anzuweisen und, sobald 
i er in Gebrauch genommen wird, mit einer festen, mindestens 
! 2 Meter hohen Einfriedigung (Lattenzaun, Drahtgeflecht) so zu 
• versehen, dass ein Eindringen oder Ab weiden des Platzes durch 
Vieh wirksam verhindert wird. Als Zugang muss ein festes, 
verschliessbares Thor vorhanden sein. Auf dem benutzten Ver¬ 
scharrungsplatze ist eine Tafel mit der Aufschrift aufzustellen, 
welche das Abschneiden und Aufbewahren von Futter daselbst 
verbietet. 

Verscharrungsplätze sind an entlegenen Stellen in genügender 
Entfernung von menschlichen Wohnungen, Gehöften, Stallungen, 
öffentlichen Wegen, Wasserentnahmestellen, Gewässern, sowie 
Vieh-, Tummel- oder Weide-Plätzen und so herzustellen, dass 
die Verscharrungsgruben daselbst mindestens D/j Meter tief und 
frei von Grundwasser angelegt werden können. 

Zur Anlegung neuer Verscharrungsplätze ist die kreis¬ 
polizeiliche Genehmigung nach Anhörung des Kreisthierarztes 
erforderlich. 

! § ll* 

Auf gefallene oder getödtete kleinere Hausthiere, wie Schaf- 
und Ziegenlämmer, Ferkel, Hunde, Katzen, Federvieh, sowie 
todtgeborene Thiere finden vorstehende Bestimmungen (§§ 1—10), 
soweit dies nicht durch besondere gesetzliche oder polizeiliche 
Vorschriften angeordnet ist, keine Anwendung. Jedoch hat der 
Besitzer für ungesäumte Hinwegschaffung und unschädliche Be¬ 
seitigung derselben an abgelegener, von der Polizeibehörde ge¬ 
nehmigter Stelle Sorge zn tragen. 


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2 BEIBLATT der BERLINER THIERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 15. November 1900 


§ 12. 

Das Ausgraben verscharrter Thiercadaver oder Theile der¬ 
selben darf nur mit polizeilicher Genehmigung nach Anhörung 
des beamteten Thierarztes erfolgen. 

§ 13. 

Die Beseitigung gefallener oder getödteter Thiere durch 
Verbringen in Flüsse, Gräben. Jauchegruben, Düngerstätten etc. 
sowie das Liegenlassen derselben im Freien ist verboten. 

Ebenso dürfen Bestandtheile von Cadavern, wie Blut und 
sonstige Abgangsflüssigkeiten, nicht in stehende oder fliessende 
Gewässer oder auf Wege, sowie Gehöfte und Grundstücke 
Anderer geleitet oder verbracht werden. 

II. Besondere Vorschriften für den Betrieb des 
Abdeckereigewerbes und für die Abdecker. 

§ 14. 

Beim Tödten der Thiere, sowie beim Wegschaffen, Ab¬ 
häuten, Zerlegen, Ausnutzen gefallener oder getödteter Thiere 
hat der Abdecker sowie das in seinem Geschäftsbetriebe thätige 
Personal je nach Verschiedenheit des Falles die darüber be¬ 
stehenden gesundheits- und veterinärpolizeilichen Vorschriften 
genau zu befolgen. 

In Ausübung seines Gewerbes und wegen Instandhaltung 
seiner Geräthe und Gewerberäume untersteht derselbe der Auf¬ 
sicht der Polizeibehörde, des Kreisthierarztes und des Landes¬ 
thierarztes, deren Weisungen er Folge zu leisten hat. 

§ 15 . 

Jeder Abdecker ist verpflichtet, der Aufforderung zur Ab¬ 
holung des Cadavers eines innerhalb des Kreises gefallenen oder 
getödteten bezw. zu tödtenden Thieres — ausserhalb seines 
Wohnsitzes jedoch mit Ausnahme der im § 11 genannten Klein- 
thiere —, sofern er die Ausführung des Auftrags nicht sofort 
ablehnt, ungesäumt nachzukommen. 

Handelt es sich um die Abholung von Cadavern, die in 
Folge polizeilicher Verordnung den Dampfabdeckereien zuzn- 
führen sind, so haben die Besitzer anderer Abdeckereien die 
Abholung abzulehnen. 

§ Iß- 

Das \\ egschaffen der Cadaver muss mittelst festen, undurch¬ 
lässigen, verschlossenen, mit Metallbeschlag im Innern ver¬ 
sehenen Kastenwagens bewirkt werden und zwar muss der 
Wagen beim Transport nach oben durch einen Deckel oder eine 
Decke so geschlossen sein, dass kein Theil der Cadaver sichtbar 
ist, und dass Thiere mit dem Cadaver nicht in Berührung 
kommen können. 

Der Transport nach der Abdeckerei hat ohne jede unnöthige 
Unterbrechung zu erfolgen; der Wagen und die verunreinigten 
Geräthe sind nach jedesmaligem Gebrauche zu desinficiren. 

Die Cadaver kleiner Thiere können mit entsprechend ein¬ 
gerichteten anderen Transportmitteln weggeschaft werden. 

§ 17 . 

Beim Abholen (Wegschaffen) der Cadaver darf der Ab¬ 
decker keine Hunde zur Begleitung mit sich führen, auch darf 
er Viehställe nur soweit betreten, als dies zur Ausübung der 
ihm obliegenden Beschäftigung nothwendig ist. 

§ 1 «. 

Bei zulässiger Ausnutzung der Cadaver etc. ist Nach¬ 
stehendes zu befolgen: 

Die Häute müssen, sofern ihre Abgabe nicht unmittelbar 
an eine Gerberei erfolgt, in einem der Zugluft ausgesetzten 
Raume zum Trocknen aufgehängt oder eingesalzen oder durch 
Einlegen in Kalkmilch und dergleichen desinficirt werden. 

Haare, Hufe und Klauen gefallener Thiere sind, bevor sie 
an dritte Personen abgegeben werden dürfen, zu trocknen oder 
zu desinficiren. 

Fleisch, Fett und sonstige Theile von gefallenen oder zu 
Abdeckereizwecken getödteten Thieren dürfen weder roh noch 
zubereitet zur menschlichen Nahrung weggegeben oder ver¬ 
wendet werden. 

Zum Füttern von Schweinen oder anderen Hausthieren, 
deren Fleisch zur menschlichen Nahrung Verwendung findet, 
darf Fleisch ans Abdeckereien nur in gekochtem Zustande weg¬ 
gegeben oder daselbst benutzt werden. 

Die durch Kochen, Ausschmelzen oder eine andere gleich- 
werthige Unschädlichmachung und Verarbeitung der Cadaver 
f§ 8 Abs. 1) gewonnenen Producte können zu technischen oder 
ökonomischen Zwecken frei verwerthet werden. 

Blut und sonstige Abgangsflüssigkeiten, welche nicht in die 
•Senkgrube bezw. in den Dampfkochapparat geleitet werden, sind 


ebenso wie der Magen- und Darminhalt vor eintretender Fäulniss 
durch Vermischen mit Kalkmilch zu desinficiren und zu Dünger 
zu verarbeiten oder anderweit unschädlich zu machen. 

§ 19. 

Das Halten von Hausthieren im Bereiche der Betriebs¬ 
stätte des Abdeckereigehöftes ist verboten. 

§ 20 . 

Thiere, welche dem Abdecker zur Tödtung übergeben werden, 
hat derselbe alsbald unter Vermeidung jeder Quälerei zu tödten. 

§ 21 . 

Auf dem Abdeckereihofe dürfen Cadaver oder Cadavertheile 
nicht umherliegen. Auch ist durch Reinhaltung und häufige 
Desinfectionen Seitens des Abdeckers dafür zu sorgen, dass eine 
Entwickelung iibeler Gerüche und Dünste thunlichst ver¬ 
hindert wird. 

§ 22. 

Jeder Abdecker hat ein mit fortlaufenden Seitenzahlen und 
Nummern zu versehendes Verzeichniss in übersichtlicher Weise 
zu führen, welches nach dem nachstehenden Muster anzulegen 
ist und polizeilich abgestempelt sein muss, bevor es in Gebrauch 
genommen werden darf. In dieses Verzeichniss sind über alle 
lebend oder todt in die Abdeckerei eingeholten Thiere die 
nüthigen Angaben in den einzelnen Spalten mit Tinte einzu¬ 
tragen. Das Verzeichniss ist der Polizeibehörde sowie dem 
beamteten Thierarzt auf Verlangen vorzulegen und dem letzteren 
nach Ablauf des Kalenderjahres zur Zusammenstellung einzu¬ 
reichen. 

III. Schlussbestimmungen. 

§ 23. 

Den Polizeibehörden und beamteten Thierärzten liegt es ob, 
die Aufsicht über den Vollzug der vorstehenden Bestimmungen 
zu führen und von Zeit zu Zeit sowohl in den Abdeckereien, 
wie auch auf den Verscharrungsplätzen Revisionen vorzunehmen. 

§ 24. 

Alle den vorstehenden Bestimmungen zuwiderlaufenden frü¬ 
heren Vorschriften, namentlich die Verordnungen vom 0. No¬ 
vember 18G5 (Anh. Ges.-Samml. Nr. 85) und vom 20. Juni 1883 
(Anh. Ges.-Samml. Nr. 054) werden hiermit aufgehoben. 

§ 25. 

Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Bestimmungen werden, 
soweit nicht reichs- oder landesgesetzlich eine höhere Strafe 
verwirkt ist, mit Geldstrafe bis zu 30 Mk. oder verhältniss- 
inässiger Haft bestraft. 

§ 20 . 

Diese Polizei-Verordnung tritt am 1. October 1900 in Kraft. 

Dessau, den 9. Juni 1900. 

Herzoglich Anhaltische Regierung, 

Abtheilnng des Innern. 

Mertens. 

Muster zu § 22. 

Verzeichniss 

der in der Abdeckerei des zu 

eingeholten oder eingelieferten Cadaver und Thiere während 
des Jahres 


c 

o 

Datum 

der Abholung oder 
Einlieferung 

Des Thierbesitzers oder 
dessen Vertreters 

Des 


Jahr Monat Tag 

Name 

Wohnort 


1 

2 | 3 4 

5 

0 

7 ! 8 





l 

! 


Thieres 

Alter 

(ungefähr) 

Ge¬ 

schlecht 

Krankheit cv. 
Todesursache 
soweit diese 
bekannt 

Einbringung 
des Thieres 

todt lebend 

Bemerkungen 
des Polizeibeamten 
und beamteten 
Thierarztes über 
das Ergebnis* der 
Revision 

9 

10 

11 

12 | 13 

14 

1 : 

| 

i 



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15. November 11)00. BEIBLATT i.ku BERLINER THIER ÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 3 


Runderlass zu vorstehender Polizeiverordnung. 

An 1. die Herzoglichen Kreisdirectionen und 

2. die Polizei-Verwaltungen der vier Hauptstädte. 

Indem wir auf die von uns unterm 9. Juni d. J. — No. 1089 
der Gesetz-Sammlung — erlassene und am 1. October d. J. in 
Kraft tretende Polizei-Verordnung, das Abdeckereiwesen und 
das Verfahren mit Viehcadavern betreffend, verweisen, bestimmen 
wir im Anschluss derselben hiermit Folgendes: 

1. Zur Neuanlage einer Abdeckerei ist in jedem Falle unsere 
Genehmigung einzuholen. 

2. Behufs Abstellung mangelhafter Zustände in den vor¬ 
handenen Abdeckereien hat die etc. u. A. mit Nachdruck darauf 
hinznwirken, 

a. dass im Betriebsgebäude der Abdeckerei eine genügende 
Einrichtung zum Kochen der Cadaver vorhanden ist; 

b. dass der Fussboden des Arbeitsraumes wasserdicht 
(cementirt, asphaltirt) ist und ein hinreichendes Gefälle 
nach der zur Aufnahme von Cadaverflüssigkeiten etc. 
bestimmten Stelle (Senkgrube bezw. Sterilisator) besitzt; 

c. dass die Wände dieses Raumes auf wenigstens 2 m Höhe 
wasserdicht und so hergestellt sind, dass sie durch 
Abwaschen vollständig gereinigt und desinficirt werden 
können; 

d. dass die Decke des Arbeitsraumes vollständig dicht ist; 

e. dass, soweit nicht die Einleitung von Cadaverflüssig¬ 
keiten etc. in den Sterilisator (Dampfabdeckereien) 
geschieht, eine mit dem Arbeitsraume durch eine dichte 
Rinne in Verbindung stehende undurchlässige und voll¬ 
ständig verdeckt zu haltende Senkgrube vorhanden ist, 
welche, sobald sich Inhalt darin angesammelt hat, zu 
leeren und mit geeigneten Stoffen (Aetzkalk, Chlor¬ 
kalk etc.) zu desinficiren ist; 

f. dass behufs hinreichender Versorgung mit Wasser im 
Gehöfte eine Wasserleitung oder ein Brunnen vorhanden 
ist, aus welchem jedoch das Wasser zum Trinken für 
Menschen oder Tliiere nur daun benutzt werden darf, 
wenn dessen Lage und die Art der Wasserentnahme 
eine Verunreinigung durch Abgänge aus der Abdeckerei 
ausschliesst; 

g. dass zur Vornahme von Obductionen ein geeigneter 
Tisch, sowie Wasserbehälter und Reinigungsgeräthe vor¬ 
handen sind; 

h. dass die im Gehöft etwa vorhandenen Hunde nicht frei 
umherlaufen, sondern an die Kette gelegt oder in einem 
besonderen Raume (Zwinger) gehalten werden; 

3. Zu § 5 der Verordnung machen wir aufmerksam, dass 
die Ortspolizeibehörde wegen der Wegschaffung von Cadavern 
herrenloser Tliiere in geeigneter Weise Vorsorge zu treffen und 
daher den ausserhalb des Sitzes der Ortspolizei gelegenen 
Gemeinde- und Gutsvorständen ein für allemal eine entsprechende 
Weisung zu ertheilen hat. 

4. Zum Schlusssatz des § 7 der Verordnung ordnen wir 
an, dass die polizeiliche Genehmigung Seitens der Ortspolizei- 
behörde nur ausnahmsweise dann ertheilt werden darf, wenn die 
von dem Thierbesitzer vorher anzugebende Art der beabsichtigten 
Ausnutzung nach Lage der gesetzlichen und polizeilichen Vor¬ 
schriften überhaupt zulässig ist, eine ansteckende Krankheit 
oder der Verdacht auf eine solche bei dem gefallenen oder 
getödteten Thiere mit Sicherheit auszuschliessen ist, und wenn 
nach pflichtmä88igein Ermessen der Polizeibehörde keine Gefahren 
und Belästigungen für das Publicum durch die Ausnutzung ent¬ 
stehen können. 

Ist nach den vorhandenen Umständen anzunehmen, dass die 
Verwendung zu dem vom Thierbesitzer angegebenen technischen 
oder öconomi8chen Zwecke nicht erfolgen wird, oder kommt 
derselbe den ihm aufgegebenen Verpflichtungen nicht oder nicht 
vollständig nach, so hat die Ortspolizeibehörde die Beseitigung 
des Cadavers etc. nach Massgabe der einschlägigen Vorschriften 
sofort anzuordnen und für sachgemässe Durchführung derselben 
zu sorgen. 

In zweifelhaften Fällen haben die Oltspolizeibehörden die 
Genehmigung zu versagen bezw. sofort den Ausspruch eines 
Thierarztes einzuholen und ihrer Entscheidung zu Grunde zu 
leg-en. 

Wird die Ausnutzung genehmigt, so haben die einschlägigen 
Vorschriften der Verordnung als Richtschnur zu dienen. 

Alle nicht zur Ausnutzung kommenden Theile des Cadavers 
sind nach den von der Ortspolizeibehörde zu treffenden An¬ 
ordnungen ohne Verzug vorschriftsmässig zu beseitigen. 


5. Zu § 8 Absatz 2 der Verordnung: Die Anordnungen 
des beaufsichtigenden Polizeibeamten erstrecken sich auch auf 
die Art der etwaigen Zerstückelung des Cadavers, auf die Dauer 
des nothwendig werdenden Kochens und auf die Massnahmen 
bei der Einbringung des Cadavers in die Grube. Ist der be¬ 
amtete Thierarzt hierbei zugegen, so hat der Polizeibeamte 
dessen Vorschläge zu hören und zu beachten. 

6. Zu § 9 d. V.: Nach erfolgter ordnungsmässiger Ver¬ 
scharrung des Cadavers ist die festzuschlagende oder festzu¬ 
stampfende Oberfläche der Grube entweder durch Aufwerfen 
eines Erdhügels oder durch Auflegen von Steinen hinreichend 
kenntlich zu machen. 

7. Zu § 10 d. V.: Zur Anlage eines Verscharrungsplatzes 
ist sandiger oder kiesiger Boden vorzuziehen. Quellenreiches 
Gelände und feuchter Thonboden sind thunlichst zu meiden. 

8. Zn § 16 d. V.: Wie die Cadaver kleiner Thiere, so 
können auch Theile von Cadavern mit entsprechend ein¬ 
gerichteten dichten kleinen Transportmitteln weggeschafft werden. 

9. Zu § 22 d. V.: Den Abdeckern ist aufzugeben, dass sie 
das zu führende Verzeichniss über zwei Bogenseiten anzu¬ 
legen und dasselbe binnen 14 Tagen nach Ablauf jedes Kalender¬ 
jahres dem beamteten Thierarzt des Kreises einzureichen haben. 

10. Die Abhaltung von Revisionen in den Abdeckereien 
und auf den Verscharrungsplätzen durch die Ortspolizeibehörden 
ist zu controliren. 

11. Zu § 25 d. V.: Unter Hinweis auf Art. 144 des 
Polizei-Strafgesetzbuchs ist zu beachten, dass bei Contra- 
ventionen der Abdecker höhere Strafen eintreten. 

Für Herzogi. I Die der pp. unterstellten Ortspolizeibehörden 
Kreisdirektionen. J sind hiernach entsprechend anzuweisen. 

Dessau, den 25. September 1900. 

Herzogliche Anhaitische Regierung, Abtheilung des Innern, 
v. Brunn. 


Preussen: Polizeiverordnung betr. Abdeckereiwesen. 

Der Regierungs - Präsident in Lüneburg hat unter dem 
30. April d. J. eine Polizeiverordnung, betr. die Behandlung von 
Thiercadavern und den Betrieb des Abdeckereigewerbes erlassen. 

Danach ist jeder Besitzer eines gefallenen oder ohne den 
Zweck der Nutzung als Schlachtvieh getödteten Stückes Vieh 
verpflichtet, binnen 24 Stunden entweder einem Abdecker oder 
einer concessionirten Düngerfabrik behufs Abholung des 
Cadavers Anzeige zu machen. 

Will er die Thätigkeit eines Abdeckers nicht in Anspruch 
nehmen, so muss er das Cadaver selbst unschädlich beseitigen. 
In letzterem Falle ist dem Guts- bezw. Gemeindevorsteher bezw. 
der Ortspolizeibehörde von der Beseitigung des Cadavers An¬ 
zeige zu machen und ihren Anordnungen Folge zu leisten. 

Die Abhäutung und Ausnutzung der Cadaver darf unter 
bestimmten Vorsichtsmassregeln erfolgen: 

1. Die hiermit beschäftigten Personen dürfen keine Ver¬ 
letzungen an Händen und Armen haben: 

2. Die Häute müssen getrocknet oder in Kalkmilch ein¬ 
gelegt oder gesalzen werden, sofern sie nicht direct an eine 
Gerberei abgeliefert werden. 

3. Seimen, Fleisch, Knochen etc. von Thieren mit ansteckenden 
Krankheiten müssen vor weiterer Anwendung gekocht bezw. 
geschmolzen werden. Cadaver, deren Ausnützung nicht be¬ 
absichtigt ist, müssen durch Verbrennen oder tiefes Umgraben 
unschädlich beseitigt werden. 

Die Verscharrung muss auf öffentlichen Verscharrungs¬ 
plätzen erfolgen, wo solche vorhanden sind; sonst auf solchen 
Plätzen, die genügend weit von Wohngebäuden, Ställen, Weiden, 
Gewässern, Brunnen etc. entfernt liegen. 

Beim Transport von Thiercadavern darf kein Theil sichtbar 
sein, auch dürfen andere Theile noch Abgänge verstreut werden. 

Blut und andere Abgänge dürfen nicht in Gräben, Flüsse, 
Brunnen etc. geleitet werden. 


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BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 


15. November 1900. 


Gemeinschaftliche Verscharrungsplätze sind zu umfriedigen. 
Auf ihnen darf weder Vieh weiden noch Viehfutter geworben 
oder anfbewahrt werden. 

Die gewerbsmässige Zerlegung derCadaver darf nur in gesetz¬ 
lich concessionirten Abdeckereien erfolgen. Hiervon können nur 
bei weiter Entfernung des Fallortes, ungünstigen Wegeverbindungen 
oder sonstigen Hinderungsgründen Ausnahmen gemacht werden. 

Fleisch etc. darf aus Abdeckereien zur menschlichen Nahrung 
nicht weggegeben werden, als Hunde- etc.- Futter nur im ge¬ 
kochten Zustande. 

Das Halten von Schweinen auf Abdeckereien ist verboten. 

Der Schluss der Verordnung enthält Vorschriften über die 
Transportmittel der Abdecker, die polizeiliche Controle der 
Abdeckereien, Führung eines Buches und Strafbestimmungen. 

R.-B. Potsdam, GSnseeinfuhr hetr. 

Der Regierungs-Präsident in Potsdam hat unter dem 13. 
September d. J. eine landespolizeiliclie Anordnung, betr. die Ueber- 
wachung von Gänseentladungen, erlassen, welche am 15. September 
in Kraft getreten ist. Hiernach sind die Besitzer der auf den 
Bahnhöfen in Neutrebbin und Sützing, Kreis Oberbarnim, zur 
Entladung gelangenden Gänse bis auf Weiteres verpflichtet, die 
Thiere bei der Ausladung durch den Kreisthierarzt des Kreises 
Oberbarnim untersuchen zu lassen. Dem Kreisthierarzt ist die 
Ankunft der Gänse 24 Stunden vorher anzuzeigen; die Aus¬ 
ladung darf nur in Gegenwart des Kreisthierarztes erfolgen. 
Letzterem ist jede von ihm geforderte Auskunft über Herkunft 
etc. der Gänse zu geben. Ueber die Untersuchungen ist Seitens 
des Kreisthierarztes ein Buch zu führen, welches Angaben über 
den Besitzer, das Ergebniss der Untersuchung, die Herkunft 
und den Verbleib der Thiere enthalten muss. Ueber jeden bei 
der Untersuchung festgestellten Seuche- oder Seucheverdachtsfall 
ist nach Anordnung der erforderlichen Massnahmen sofort dem 
Landrath in Freienwalde, sowie der Ortspolizeibehörde Anzeige 
zu erstatten. Regelmässige Untersuchungstage, an welchen die 
Kosten der Untersuchungen der Staatskasse zur Last fallen, im 
Falle die Gänse auf Bestellung geliefert werden, sind Montag, 
Mittwoch, Donnerstag und Freitag jeder Woche. In allen 
anderen Fällen und an den anderen Tagen hat der Besitzer 
(Händler, Unterhändler, Begleiter, Führer) diese Kosten zu 
tragen. Die letzteren werden mangels einer gütlichen Einigung 
auf 4 Mk. für die Wagenladung Gänse festgesetzt. 

Vleheinftihr aus Oesterreich nach Süddeutschland. 

Nachdem die Maul- und Klauenseuche in Vorarlberg in 
einem für den inländischen Viehbestand bedrohlichen Umfange 
herrscht, hat das Ministerium des Innern in Bayern unter 
dem 22. October 1900 auf Grund des § 7 Abs. 1 des Reichs¬ 
viehseuchengesetzes und Art. 6, Abs. 2 der deutsch-österreichisch¬ 
ungarischen Viehseuchenübereinkommens angeordnet, dass die 
den Wirthschaftsbesitzern in den Grenzbezirken gegen Vorarl¬ 
berg zustehende Befugniss zur Einfuhr von Nutz- und Zucht¬ 
vieh aus Vorarlberg im Interesse des Schutzes des einheimischen 
Viehbestandes zeitweilig zurückgezogen wird. 

Die k. Regierung von Schwaben und Neuburg ist daher 
angewiesen worden, die Einstellung der thierärztlichen Grenz- 
controle für die Einfuhr von Nutz- und Zuchtvieh aus Vorarlberg 
zu verfügen. 

Die Ertheilung von Dispensen für das vor Bekanntgabe 
der Massregel bereits gekaufte Nutz- und Zuchtvieh wird auf 
die Dauer von acht Tagen anheimgestellt. 


Eine Verfügung gleichen Inhalts hat auch das Ministerium 
des Innern in Württemberg unter dem 26. October 1900 erlassen. 

Maul- und Klauenseuche. 

In gleicher Weise wie in Anhalt (vergl. B. T. W. S. 490) 
sind auch in Mecklenburg-Schwerin die Bezirksthierärzte an¬ 
gewiesen worden, vor frischen Ausbrüchen der Maul- und 
Klauenseuche in grösseren Beständen dem Kaiserl. Gesundlieits- 
amte schleunige telegraphische Anzeige zu machen und gleich¬ 
zeitig zu bemerken, ob für den ersten oder zweiten folgenden 
Tag Aussicht auf Entnahme von Lymphe vorhanden ist. 


Es wird auch daraaf aufmerksam gemacht, dass die vielfach 
zur Beschleunigung des Seuchenverlaufs angewandte Maul- 
Impfung verhindert sein muss, wenn der betreffende Bestand 
zur Lymphe-Entnahme als geeignet bezeichnet werden soll. 


Senchenstati stik. 

Thierseuchen in Deutschland Im li. Quartal 1900. 


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Bayern. 

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Baden . 

Hessen. 

Mecklenburg-Schwerin 
Sachsen-Weimar . . 
Meeklenburg-Strelitz . 

Oldenburg . 

Braunschweig . . . 
Sachsen-Meiningen. . 
Sachsen-Altenburg 
Sachsen-Coburg-Gotha 

Anhalt. 

Schwarzburg-Snndersh 
Schwarzburg-K udolst. 

Waldeck. 

Reusa ä. L. 

Renas j. L. 

Schaumburg-Lippe. . 
Lippe. 

Lübeck. 

Bremen. 

Hamburg. 

Elsass-Lothringen . . 

Deutsches Reich . . 


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*) Die gefährdeten, d. h. auf den neubetroffenen Gehöften be¬ 
findlichen Bestände umfassten in Deutschland 76 184 Rinder, 87 276 


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15. November 1900. BEIBLATT dek BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 5 


An Ranschbrand gingen ein in den nachbenannten 
Staaten: Prenssen 106 Rinder und 6 Pferde, (R.-B. Münster 
25 Rinder, Düsseldorf 20, Aachen 11, Arnsberg 10; Schleswig, 
Stade, Osnabrück, Aurich, Minden, Cassel, Wiesbaden, Coblenz, 
Trier weniger als 10. Die sämmtlichen Pferde kamen auf den 
R.-B. Arnsberg. Bayern 57 Rinder; Sachsen desgl. 1; Württem¬ 
berg desgl. 23; Baden desgl. 12; Hessen 12 Rinder und 21 Schafe; 
Sachsen-Meiningen desgl. 5; Elsass-Lothringen desgl. 4; Sachsen- 
Altenburg, -Coburg-Gotha, -Weimar je 1 Rind. 

Von der Tollwuth wurden betroffen in 4 Staaten 248 Ge¬ 
meinden, und zwar in Prenssen 199 Gemeinden (davon im R.-B. 
Posen 41, Gumbinnen 35, Marienwerder 29, Königsberg 26, 
Bromberg 16, Breslau 12, Köslin 11; Danzig, Potsdam, Frankfurt, 
Stettin, Liegnitz, Oppeln, Merseburg und Münster weniger als 10). 
Bayern 22 Gemeinden; Sachsen desgl. 17; Schwarzburg-Sonders- 
liausen desgl. 10. Getödtet wurden im Ganzen 220 Hunde, 
2 Katzen, 2 Pferde, 14 Rinder, 2 Schafe, 4 Schweine; ausserdem 
als der Ansteckung verdächtig 654 Hunde, 25 Katzen und 
61 herrenlose wnthverdächtige Himde^_ 

Die Lungenseuche kam in Preussen, Sachsen und Anhalt 
vor. ln Preussen betraf sie die R.-B. R.-B. Magdeburg, Merseburg 
und Arnsberg. In letzterem war nur 1 Gemeinde (1 Gehöft) vor¬ 
übergehend verseucht; wogegen R.-B. Magdeburg mit 3 Gemeinden 
(4 Gehöfte) und Merseburg mit 1 Gemeinde (1 Gehöft) bereits 
vom Vorquartal her betroffen waren. Dazu kamen im R.-B. 
Magdeburg im Laufe des Quartals noch Nenausbrüche in 2 Ge¬ 
meinden (2 Gehöfte) und anderseits Erlöschen in 3 Gemeinden 
(4 Gehöfte), sodass die Seuche sich im R.-B. Magdeburg am 
Schluss des Quartals noch in 2 Gemeinden (2 Gehöften) 
erhielt. Der R.-B. Merseburg hatte bei Beginn des Quartals 
bereits 1 verseuchte Gemeinde (1 Gehöft); hierzu kamen im 
Laufe des Quartals sogar 8 neuverseuchte Gemeinden (9 Gehöfte), 
sodass am Schluss des Quartals nach Erlöschen der Seuche in 
2 Gemeinden (3 Gehöften) immer noch 7 Gemeinden (7 Gehöfte) 
verseucht blieben. — Im Kgr. Sachsen war die Kreishauptm. 
Zwickau mit 1 Gemeinde (2 Gehöften) schon vom Vorquartal her 
verseucht; dazu kam in 1 Gemeinde (1 Gehöft) ein Nenausbrnch, 
anderseits in 1 Gemeinde (2 Gehöften) Erlöschen der Seuche, 
sodass am Schluss 1 Gemeinde (1 Gehöft) betroffen blieb. — In 

Schafe, 1468 Ziegen und 36417 Schweine, in Preussen 46816 Rinder, 
72 746 Schafe, . k 60 Rinder und 26 671 Schweine. 

*) In ganz Deutschland waren erkrankt 31 Pferde, 853 Rinder, 
51 Schafe. 31 Schweine und 1 Ziege; hiervon kamen auf Preussen 
29 Pferde, 558 Rinder, 24 Schafe und 30 Schweine. 

3) Zn Beginn des Quartals waren in Deutschland verseucht 
32 Gemeinden und zwar in Preussen 23, in Bayern, Württemberg 
und Elsass-Lothringen je 2, in Baden, Sachsen-Weimar und Braun¬ 
schweig je eine. 

4 ) D. h. gefallene und auf polizeiliche Anordnung oder auf 
Wunsch des Besitzers getödtete Thiere. 

4 ») Die Verluste kamen in einer, bereits seit dem vorigen 
Quartal verseuchten Gemeinde vor. 

5 ) Diese Rubrik umfasst Rinder und Pferde. 

6 ) I). h. Summe der, im Beginn des Quartals bereits verseuchten 
und der im Laufe des Quartals neu hinzugekommenen Gemeinden. 
In der Provinz Brandenburg und in der Rheinprovinz handelt es 
sich nur um Gemeinden, die schon im vorigen Quartal verseucht 
waren. — Am Schluss des Quartals blieben 291 Gemeinden ver¬ 
seucht, davon in Preussen 176, in Bayern 36, in Württemberg 26, 
in Baden 5, in Hessen 9, in Mecklenburg-Schwerin 2, in Sachsen- 
Weimar 3, in Braunschweig 9. in Sachsen-Meiningen 3, in Sachscn- 
Goburg-Gotha 4, in Anhalt 2, in Waldeck 12, in Lippe 1 und in 
Elsass-Lothringen 6. 


Anhalt erlosch im Berichtsquartal der in 1 Gemeinde (1 Gehöft) 
bestehende Seuchenherd. 

Die Pferderiiude befiel im Ganzen 122 Pferde. Davon 
kamen auf Prenssen 96, Bayern 7, Württemberg 5, Baden 9, 
Sachsen-Altenburg 2; Mecklenburg - Schwerin, Oldenburg und 
Elsass-Lothringen je 1 Erkrankung. 

An der Schweineseuche (Schweinepest) erkrankten in 
den Bundestaaten Preussen 5624, Sachsen 31, Mecklenburg- 
Schwerin 24, Elsass-Lothringen 18, und Bayern, 'Württemberg, 
Baden, Braunschweig, Sachsen-Coburg-Gotha, Hamburg weniger 
als 10, im ganzen Reiche 5722 Schweine, von denen 4780 ge¬ 
fallen oder getödtet sind. 

Das Auftreten der Roth lauf seuche der Schweine wird aus 
folgenden Staaten gemeldet: Preussen 8287, Bayern 52, Sachsen 
137, Württemberg 100, Baden 160, Hessen 82, Mecklenburg- 
Schwerin 10, Sachsen-Weimar 64, Mecklenburg-Strelitz 35, Olden¬ 
burg 11, Braunschweig 186, Anhalt 41, Waldeck 20, Schaumburg- 
Lippe 41, Lippe 47, Elsass-Lothringen 112 und Sachsen-Mei¬ 
ningen, -Altenburg, -Coburg-Gotha, Renss j. L., Bremen, Ham¬ 
burg nnter 10 Fälle. Im ganzen Reiche = 9412 Erkrankungen 
von denen 8352 Thiere starben bezw. abgethan wurden. 

Erkrankungen an Geflügelcholera sind gemeldet worden 
von Preussen 2652, Bayern 405, Sachsen 7, Württemberg ca. 1395, 
Baden 1059, Hessen 29, Braunschweig 69, Sachsen-Altenburg 46, 
Hamburg 4, Elsass-Lothringen 271 zusammen in Deutschland 5937, 
wovon 5226 tödtlich endeten. 

Pockenseuche der Schafe und Rinderpest sind nicht auf¬ 
getreten. 

Nachweitung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche 
am 31. October 1900. 

Es waren am 31. October 1900 in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. R.-B. Gumbinnen 2 (3). Marienwerder 
2 (5). Berlin 1. Potsdam 2 (2). Frankfurt 2 (2). Köslin 1 (1). 
Posen 4 (4). Bromberg 3 (6). Breslau 2 (2). Oppeln 4 (5). 
Merseburg, Hannover, Hildesheim, Münster, Arnsberg und 
Düsseldorf je 1 (1). Bayern: R.-B. Oberbayern 1 (2). 

Niederbayern 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Dresden 1 (1). 
Leipzig 2 (2). Chemnitz 1 (1). Zwickau 1 (1). Württemberg: 
Donaukreis 1 (1). Baden: Landescomm. Freiburg 2 (2). 
Mecklenburg-Schwerin: 1 (1). Anhalt: 1 (1). Bez. Ober- 
Elsass 2 (2) [= 52 Gemeinden mit 62 Gehöften]. 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 

Bayern: R.-B. R.-B. Oberbayern 8 (15), Niederbayern 1 (1), 
Oberpfalz 6 (18), Oberfranken 9 (25), Mittelfranken 3 (6), Unter- 
franken 7 (10), Schwaben 16 (113). Sachsen: Kreishauptm. 
Dresden 1 (1), Leipzig 3 (4), Zwickau 2 (3). Württemberg: 
Neckarkreis 2 (2), Schwarzwaldkreis 4 (7), Jagstkreis 3 (3), 
Donaukreis 6 (18). Baden: Landescomm. Constanz 1 (1), 
Freiburg 1 (1). Hessen: Provinz Starkenburg 1 (2), Ober¬ 
hessen 5 (31). Mecklenburg-Schwerin: 8 (38). Sachsen- 
Weimar: 2 (7). Mecklenburg-Strelitz: 1 (1). Oldenburg 
Herzogth. Oldenburg: 1 (1). Braunschweig: 5 (33). 
Sachsen-Meiningen: 1 (3). Herzogth. Gotha: 1 (2). 
Anhalt: 4 (11). Schwarzburg-Sondershausen: 1 (1). 
Waldeck: 2 (4). Reuss j. L.: 1 (2). Bremen: 1 (1). Bez. 
Lothringen: 3 (3) [= 781 Gemeinden mit 2778 Gehöften]. 


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6 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. R.-B. Liegnitz 1 (1), Magdeburg 2 (4), 
Merseburg 1 (2) [= 7 Gemeinden mit 7 Gehöften]. 

D. von Schweinesenche (incl. Schweinepest): 

Preussen: R.-B. R.-B. Königsberg 4 (13), Danzig 3 (5), 
Marienwerder 4 (7), Potsdam 4 (6), Frankfurt 4 (5), Stettin 7 (16), 
Köslin 2 (3), Stralsund 2 (2), Posen 11 (29), Bromberg 4 (7), 
Breslau 11 (32), Liegnitz 7 (11). Oppeln 7 (14), Magdeburg 1 (1), 
Merseburg 4 (4), Schleswig 2 (2), Hannover 2 (4), Hildesheim 
2 (2'), Lüneburg 2 (2), Stade 1 (1), Münster 1 (1), Arnsberg 
4 (9), Cassel 1 (1), Wiesbaden 2 (2), Düsseldorf 4 (4), 
Köln 1 (1), Trier 1 (1). Bayern: R.-B. Nieder-Bayern, Unter¬ 
franken je 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Dresden 1 (1), 
Leipzig 1 (1), Chemnitz 2 (3), Zwickau 1 (2). Hessen: Prov. 
Oberhessen 1 (1). Mecklenburg-Schwerin: 1 (1). Olden¬ 
burg: Herzogth. Oldenburg 1 (1), Fürstenth. Lübeck: 1 (1), 
Anhalt: 1 (1). Waldeck: 2 (2). Lippe: 3 (9) [= 210 Ge¬ 
meinden mit 265 Gehöften]. 


Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preusaen am 31. Oktober 1900. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche 
in 

Kreisen | 

herrschte 

Gemeinden 

(Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht: 

Königsberg . . 


2 1 

2 

0,48 

Gumbinnen . . 


2 

4 

0,51 

Marienwerder . 


5 

12 

5,30 

Potsdam . . . 


9 | 

72 

27,83 

Frankfurt . . 


1 

1 

0 36 

Stettin . . . 


4 

19 

10,12 

Köslin.... 


1 

1 

0,51 

Stralsund . . 


4 

14 

15,71 

Posen .... 


3 

4 

1.21 

Bromberg . . 


5 1 

6 

2 69 

Breslau . . . 


3 

3 

7,89 

Liegnitz . . . 


3 

5 

1,77 

Magdeburg . . 


14 

106 

73,61 

Merseburg . . 


13 

35 

15,13 

Schleswig . . 


1 

1 

0,46 

Hannover . . 


1 ! 

1 

1,58 

Hildesheim . . 


6 

20 

27,62 

Lüneburg . . 


9 

23 

15.60 

Münster . . . 


1 1 

1 

3,73 

Minden . . . 


1 1 

1 

1,96 

Arnsberg. . . 


3 i 

5 

5,88 

Cassel.... 


13 | 

42 

25,11 

Wiesbaden . . 


11 

21 

22 43 

Cobicnz . . . 


1 

3 

2,87 

Düsseldorf . . 


3 1 

3 

6,97 

Cöln . . . . 


3 

3 

10,13 

Trier . . . . 


1 

5 

4 43 


Summa: 

123 ] 

413 



Thlerreuohen im Ausiande ii. Quartal 1900. 

Frankreich. 

Von Lnngenseuche wurden im April 13, im Mai 9 und im 
Juni 8 Gemeinden betroffen; geschlachtet wurden wegen dieser 
Seuche 26 bezw. 16 bezw. 36 und geimpft 92 bezw. 71 bezw. 
154 Rinder. — Milzbrand herrschte in 32 bezw. 42 bezw. 28 
Ställen. — Wegen Rotz wurden 136 bezw. 133 bezw. 148 Pferde 
getödtet, verseucht waren 70 bezw. 85 bezw. 78 Ställe. — Die 
Zahl der gemeldeten tollen Hnnde belief sich auf 256 bezw. 267 
bezw. 231 Stück. — Die wuthkranken Hunde vertheilen sich 


15. November 1900. 

auf 119 bezw. 137 bezw. 129 Gemeinden in 39 bezw. 43 bezw. 
41 Departements. — Maul- und Klauenseuche trat in 1443 bezw. 
1715 bezw. 1912 Gemeinden auf. — In 12 bezw. 9 bezw. 
6 Herden wurden Schafpocken, in 9 bezw. 16 bezw. 10 Herden 
Schafräude festgestellt. — Rauschbrand trat in 59 bezw. 50 
bezw. 61 Ställen auf. Rothlauf der Schweine wurde in 10 bezw. 
9 bezw. 11 Departements beobachtet. — Die ansteckende 
Lungen-Darmentzündung der Schweine gelangte in 5 bezw. 45 
bezw. 24 Beständen zur amtlichen Feststellung. 

Niederlande. 

Es wurden folgende Erkrankungsfälle festgestellt: Von 
Milzbrand im April 20, Mai 23, Juni 13; Rotz 7 bezw. 11 bezw. 7; 
Maul- und Klauenseuche 641 bezw. 1 146 bezw. 2 645; Räude 
der Einhufer und Schafe 249 bezw. 141 bezw. 14; Rothlauf der 
Schweine und Schweinesenche 9 bezw. 26 bezw. 34; bösartige 
Klauenseuche der Schafe 42 bezw. 104 bezw. 21. 

Schweiz. 

An Milzbrand gingen ein im April 9, Mai 14, Juni 10: 
Ransehbrand 16 bezw. 15 bezw. 80; Tollwuth 11 bezw. 2 bezw. 
16 (und 15 verdächtige); Rotz 5 bezw. 2 bezw. 3. Mit Maul¬ 
und Klauenseuche waren versencht Ende April 189 Thiere in 
14 Gemeinden, Ende Mai 295 in 14 Gemeinden, Ende Juni 617 
in 10 Gemeinden; Schafräude trat im Mai in 1 Heerde auf. 
Rothlauf der Schweine (incl. Schweineseuche) wurde bei 83 
bezw. 83 bezw. 204 Schweinen festgestellt. 

Thierseuchen In Dänemark im Jahre 1899. 

Es sind festgestellt: Milzbrand in 144 Beständen von sämmt- 
lichen Aemtern (mit Ausnahme von zweien); Rotz in 4 Be¬ 
ständen von 2 Aemtern; getödtet wurden 6 rotzkranke Pferde, 
ausserdem 5 rotzverdächtige, welche frei von Rotz befunden 
wurden; Maul- und Klauenseuche in 1 Bestand bei 15 
Rindern; Rückenmarkstyphus in 27 Beständen von 14 Aemtern 
mit 36 erkrankten Thieren; es fielen 22, getödtet wurden 4; 
bösartiges Katarrhfieber des Rindviehs in 86 Beständen 
von 14 Aemtern; es erkrankten 107 Thiere, fielen 29, wurden 
getödtet oder geschlachtet 27; Schweinediphtherie in ver¬ 
schiedenen Beständen von 6 Aemtern; Rothlauf der Schweine 
(chronische und acute Form) in sämmtlichen Aemtern, aus¬ 
genommen Kopenhagen Stadt, in 2904 Beständen; es erkrankten 
4292 Thiere, wovon 1337 = 31,2 pCt. fielen bezw. getödtet 
wurden; bösartige Lungenentzündung der Pferde 2518 
Fälle (247 gefallen und getödtet); senchenhaftes Katarrh¬ 
fieber unter den Pferden 344 Fälle (25 gefallen und ge¬ 
tödtet), Druse 6194 (183), Räude der Pferde 53, Hiihner- 
cholera 1847. 

Viehseuchen in Grossbritannien im Jahre 1899. 

Der Milzbrand ist in 44 Grafschaften von England, 5 von 
Wales und 18 von Schottland aufgetreten. Bei den 534 neuen 
Ausbrüchen sind erkrankt 634 Rinder, 69 Schafe, 253 Schweine 
und 30 Pferde. Das meiste Rindvieh erkrankte in England (426), 
und hier in den Grafschaften Lincoln, Parts of Lindsey (46) 
und Norfolk (31). 

An der Tollwuth erkrankten in Grossbritannien 9 Hunde 
(England 1, Wales 8) in 4 Grafschaften; ausserdem wurden 
daselbst 61 ansteckungsverdächtige Hunde getödtet. 

Fälle von Rotz-Wurmkrankheit sind 1472 in 32 Graf¬ 
schaften von England, sowie 3 von Schottland festgestellt. Die 
meisten Fälle ,kamen in England (1269) und hier in der Graf¬ 
schaft London (896) vor. 


BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 


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15. November 1900. BEIBLATT der BERLINER TIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 7 


Die Lungenseuche wurde im Berichtsjahre in Grossbritannien 
nicht beobachtet. 

An Räude sind 33 2G0 Schafe bei 2050 Ausbrüchen in 
79 Grafschaften erkrankt. Hiervon entfallen auf England 23 702, 
Wales 8003, Schottland 1555. 

Das Schweinefieber ist in 71 Grafschaften, und zwar 48 
von England, 10 von Wales und 13 von Schottland aufgetreten. 
Als erkrankt oder an der Ansteckung verdächtig wurden 
30 797 Schweine abgeschlachtet, davon 26 475 in England, 
1294 in Wales und 3028 in Schottland. 

Oesterreich III. Quartal 1900. 

Es waren folgende Orte verseucht: mit Milzbrand am 
31. Juli 10, am 31. August 19, am 30. September 10; mit 
Rauschbrand 4 bezw. 11 bezw. 5; mit Tollwuth 15 bezw. 16 
bezw. 17; mit Rotz 16 bezw. 17 bezw. 18; mit Maul- und 
Klauenseuche 72 bezw. 88 bezw. 91; mit Pocken 5 bezw. 7 
bezw. 7; mit Bläschenansschlag 12 bezw. 5 bezw. 8; mit Räude 
16 bezw. 13 bezw. 15; mit Schweinerothlauf 216 bezw. 129 
bezw. 17; mit Schweinepest (Schweinesenche) 30 bezw. 43 
bezw. 17. Lungenseuche und Rinderpest sind nicht aufgetreten. 

Fleischschau und Viehhandel. 

Rcdigirt von Kühnaii. 

Oeffentliche Schlachthäuser in kleinen Städten. 

Zur Durchführung einer geordneten Fleischschau sind 
öffentliche Schlachthäuser von grösster Bedeutung. Diese 
Erkenntniss, sowie die sonstigen mannigfachen Vortheile, welche 
die öffentlichen Schlachthäuser in sanitärer und auch wirt¬ 
schaftlicher Hinsicht bieten, hat in vielen Städten Deutschlands 
zur Errichtung von öffentlichen Schlachthäusern geführt. Die 
grossen Städte sind mit wenigen Ausnahmen fast alle mit 
derartigen Anlagen versehen. Auch ein grosser Theil der 
kleineren Städte, wie Schwarz (Zeitschrift f. Fleisch- n. Milch- 
hyg'iene, Oktoberheft) angiebt, von Städten mit unter 6000 Ein¬ 
wohnern in Preussen 122, Bayern 28, Württemberg 40, 
Baden 49, Reichslande 57 sind mit öffentlichen Schlachthäusern 
ansgestattet. Immerhin giebt es nach einer von Schwarz auf- 
gestellten Liste allein in Preussen noch 500 Städte und Flecken, 
die sich, obgleich ihre Einwohnerzahl zwischen 2000 und 6000 
beträgt, einer Schlachtanlage nicht erfreuen. Wenn in diesen 
Orten bisher das Bedürfnis, ein öffentliches Schlachthaus zu 
besitzen, nicht besonders hervorgetreten ist, so steht zu er¬ 
warten, dass sich diese Sachlage mit der Durchführung des 
Reichsfleischschaugesetzes ändert. Die Ausübung der Fleisch- 
schan, die Verwerthung des bedingt tauglichen Fleisches, die 
Conservirnng der geschlachteten Thiere sind Anlass genug, um 
gerade in kleineren Orten der Errichtung eines Schlachthauses 
näher zu treten. Bei den sich entspinnenden Berathungen über 
den Ban der Anlage dürfte der die Fleischschan ausübende 
Sachverständige, der Thierarzt der Stadt, des Kreises, ein ge¬ 
wichtiges Wort mitznreden haben. 

Neben anderen Fragen handelt es sich in erster Linie um 
die Rentabilität der Anlage. Häufig ist in dieser Hinsicht, 
namentlich in kleineren Gemeinden, die Schlachthäuser besitzen, 
bei der Feststellung des Projects nicht mit der erforderlichen 
Sorgfalt vorgegangen worden. Anerkennenswerth ist es, dass 
ans diesem Grunde Direktor Dr. Schwarz-Stolp i. P. mit einem 
Techniker zusammen ein vollständiges Bauproject aus¬ 
gearbeitet hat. Das Project hat dem Landwirthschaftsminister 


zur Prüfung Vorgelegen und ist dasselbe als practisch und 
empfehlenswert!! befunden worden. 

Da in kleinen Städten gewöhnlich nur an den beiden den 
Wochenmarktstagen vorausgehenden Tagen geschlachtet zu 
werden pflegt, so würde in einer Stadt von durchschnittlich 
3 380 Einwohnern und einer Jahresschlachtung von 418 Rindern 
1 178 Stück Kleinvieh und 1 027 Schweinen auf eine tägliche 
Schlachtung von 4 Rindern, 12 Stück Kleinvieh und 10 Schweinen 
Bedacht zu nehmen sein. Schwarz hat diese Zahlen seinem 
Projecte zu Grunde gelegt. Er berechnet die Kosten für den 
Platz, der am besten quadratisch, mit einem massiven Zaun 
umgeben, und zum grössten Theil gepflastert sein muss, auf 
3 900 Mark. Das Hauptgebäude in der Mitte des Grund¬ 
stücks enthält den Schweinebrühraum, den Schlachtplatz für 
Rinder, Kleinvieh und Schweine, einen gemeinsamen Stall, Dung¬ 
haus, Kaldaunenwäsche, Kesselhaus und das gleichzeitig als Frei¬ 
banklocal dienende Polizeischlachthaus, ausserdem ein Geschäfts¬ 
zimmer, Umkleidezimmer für Fleischer und darüber eine aus zwei 
Zimmern und Küche bestehende Aufseher-Wohnung. An Neben¬ 
gebäuden sind projectirt: ein Wagehänschen, ein Pferdeausspann¬ 
stall mit Schuppen zur Unterfahrt, Abortanlage, Kohlenschuppen, 
Grube für den Stalldünger und Kläranlage. Die Gesammt- 
kosten dieser Anlage würden sich auf ca. 39 500 M. belaufen. 
Ein Kühl hau 8 ist nicht vorgesehen, indessen ist dies heutzu¬ 
tage bei einer Schlachtanlage kaum zu entbehren und würden 
sich, sofern nur ein Aufbewahrungsraum für Fleisch vor¬ 
handen ist, die Kosten für die Anschaffung einer Kühlmaschine 
so mässig gestalten, dass dieserhalb bei der Projectimng der 
Schlachthausanlage nicht Abstand genommen werden sollte. 

Des Vergleichs halber möge hier noch die Beschreibung 
einer Schlachtanlage nebst Kosten- resp. Rentabilitätsberechnung 
gegeben werden, welche in Paramaribo errichtet ist und von 
S. de Lange in der „Tijdschrift f. Veeartsenijkunde en Veeteelt“, 
27. Bd., 4. H., 1900 als zweckmässige Anlage für kleine Plätze 
hingestellt wird. Der Platz ist rechteckig und gänzlich ein¬ 
gefriedigt. Das Hauptgebäude 24 m lang und 10,5 m breit. 
Der Boden ist cementirt und führt im Mittelgang eine Rinne, 
in welche die Röhren von der Hälfte des Daches das Regen¬ 
wasser hineinbringen. Das Wasser der anderen Hälfte wird 
von einem hochgestellten Reservoir anfgefangen. Diese Ein¬ 
richtung sowie ein Reservoir, das durch einen Brunnen gespeist 
wird, sorgen für eine gründliche Durchspülungsmöglichkeit. 
Die Wände des Gebäudes sind aus harten Holzbrettern*). 
Das Dach ist wegen der Feuersgefahr mit Schiefer abgedeckt. 
Im Schlachtranm sind 5 Schlachtplätze für Rinder vorgesehen. 
Für das Aufhängen, Dnrchsägen u. s. w. sind 12 Plätze 
vorhanden. Der Transport erfolgt durch Winden, die eine 
Ueberführung des Thieres nach den verschiedenen Plätzen ge¬ 
statten. Aussen am Gebäude befindet sich die Kaldaunenwäsche, 
welche getheilt ist. In der einen Hälfte eiffolgt die erste Ab¬ 
spülung der Geweide durch Flusswasser, in der zweiten die 
gründliche Nachwaschung durch Quellwasser, welches mittelst 
einer Pumpe gewonnen wird. Der Abfluss beider Räume fuhrt 
zum Hanptabflussrohr. Ferner sind 2 Ställe, einer für 20 Rinder 

*) Anm. Auch in Dänemark habe ich Schlachthäuser mit 
Wänden aus Holz angetroffen, zweckmässig waren diese insofern 
eingerichtet, als sie jalousieartig geöffnet und geschlossen werden 
konnten. Im Schlachthaus wurde dadurch ein regulärer Luftstrom 
erzeugt, der fiir die C'onscrvirung des Fleisches sehr günstig war. 

D. R. 


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8 BEIBLATT der BERLINER THIEBARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 15. November 1900. 


und einer für Schweine vorhanden. Ein sich an das Haupt¬ 
gebäude anschliessender Mittelbau enthält ein Geschäftszimmer 
für den Aufseher, einen Aufbewahrungsraum für das Inventar, 
einen Raum für die Arbeiter und einen Raum für das übrige 
Personal. An den Mittelbau schliesst sich die in Brühraum und 
Hängeraum getheilte Sch lacht halle für Schweine. Ausser¬ 
dem befindet sich am Eingang eine Wohnung für den Portier, 
ferner eine Dunggrube und Kläranlage. Das Abflusswasser 
gelangt in den Fluss. 

Die Kosten dieser Anlage werden von Lange an¬ 
gegeben und belaufen sich die Errichtungskosten auf fr. 15000. 
Die Einnahmen betragen pro Monat: Schlachtgeld für 90 Rinder 
d fr. 2 = fr. 180. GO Schweine d fr. 1 = fr. 60, zusammen im 
Monat fr. 240 oder im Jahr fr. 2880. Die Ausgaben (die 
Kosten der Fleischschau werden, weil so wie so erforderlich, 
nicht mitberechnet) belaufen sich pro Monat für 3 Arbeiter auf 
fr. 110, Unterhalt auf fr. 50, Bureaukosten auf fr. 5, zusammen 
auf fr. 165 oder fr. 1980 im Jahr. Für die Verzinsung und 
Amortisirung bleiben sonach fr. 900 übrig. Der gleiche Betrag 
ergiebt sich anch, wenn man nicht eine Stückgebühr, sondern, 
was Lange für viel richtiger hält, eine Gewichtsgebühr zu 
Grunde legt und zwar schlägt er vor für die Rinder (Schlacht¬ 
gewicht) pro Kilogramm 2 cent. und für Schweine 2V> Cent. 
Die Rentabilität der Anlage ist dann gesichert und ist der 
Betrag an Schlachtgeld so minimal, dass eine Vertheuerung des 
Fleisches dadurch nicht herbeigeführt wird. 

Sowohl die Betrachtung von Schwarz, wie auch von 
S. Lange sind angethan, der Errichtung von öffentlichen 
Schlachthäusern in kleinen Städten Vorschub zu leisten. Bei 
einer Würdigung dieser beiden Projecte wird manche Be- 
rathung bezüglich der Erbauung einer öffentlichen Schlachthof¬ 
anlage eher zum Abschluss gelangen, als wenn Zahlen er¬ 
wachsen, die jedes weitere Eingehen auf das Schlachthaus- 
project unmöglich erscheinen lassen. K. 

Gesundheitsschädigungen durch Bixchsenfleisch. 

Auf dem 10. internationalen Congress für Hygiene und 
Demographie in Paris sprach sich Prof. Dr. L. Vaillard über 
Zufälle, welche durch Büchsenfleisch veranlasst werden können 
nach „The Lancet“ folgendermassen aus: Die Herrichtung 
von Büchsenconserven geschieht auf einfache, rasche Weise. 
Das Fleisch wird zunächst ungefähr eine Stunde lang gekocht. 
Die Brühe wird dann vom Fleisch getrennt und concentrirt, so 
dass sie kalt geworden eine harte Gallerte bildet. Fleisch nnd 
Gallerte werden zusammen in Büchsen gefüllt, die nach einem 
nochmaligen Sterilisationsprocess dicht verlöthet werden. Die 
Temperatur während des Sterilisirens beträgt 110—115° C und 
dauert der Process gewöhnlich eineinhalb Stunden. 

Ueber die Einwirkung der Büchsenfleischnahrung 
auf die Civilbevöikernng ist schwer Aufschluss zu bekommen, 
leichter gelingt dies bei der Armee und Marine. Die französische 
Armee consumirt jährlich 3 000 000 Büchsen, die die Rationen 
für fünf Mann enthalten. Die 15 000 000 Rationen Büchsen¬ 
fleisch haben nur 1897 201 und 1898 198 Erkrankungsfälle 
hervorgerufen, von denen einer tödtlichen Ausgang nahm. Die 
veranlassten Krankheitserscheinungen lassen sich in zwei 
(Iruppen theilen: 1. Verdauungsstörungen verschiedener Art, die 
gewöhnlich zwei bis sechs Stunden nach dem Genuss des 
Fleisches eintreten und ohne Fieber verlaufen, 2. in der Mehr¬ 
zahl der Fälle Verdauungsstörungen, die unter dem Bilde einer 


fieberhaften Magen- nnd Darmentzündung verlaufen nnd nach 
einer Incubationszeit von 12—15 Stunden nach dem Genuss des 
Fleisches einsetzen. Die Erscheinungen sind viel schwerer als bei 
der ersten Gruppe nnd in den Entleerungen findet sich zuweilen 
Blut. Anzeichen einer chemischen, namentlich Bleivergiftung 
sind in diesen Fällen nicht vorhanden, ebensowenig Zersetzungs¬ 
erscheinungen an dem genossenen Fleisch. Auch das Alter der 
Fleischconserven spielt keine Rolle, denn Millionen von Büchsen 
sind 5 und 6 Jahre alt, bevor sie geöffnet und ihr Inhalt ver¬ 
speist wird. Professor Vaillard ist der Ansicht, dass das Krank¬ 
heitsgift im Fleisch selbst enthalten gewesen sein muss und es 
ist anzunehraen, dass das Fleisch in diesen Fällen von einem 
Thiere stammt, welches übertrieben oder krank gewesen ist. 
Die lebenden Krankheitskeime sind in diesem Büchsenfleisch 
durch die Sterilisation wohl abgetödtet, nicht aber die von ihnen 
bereits gebildeten giftigen Substanzen. Möglich ist auch, dass 
die Büchsen nicht luftdicht verschlossen gewesen sind, dass 
Zersetzungskeime hinein gelangt sind und eine Zersetzung des 
Fleisches herbeigeführt haben. In diesen Fällen wird zuweilen 
der Versuch gemacht, das Fleisch zum zweiten Mal zu sterili- 
siren. Weiter kann die Sterilisation nicht sorgfältig durch¬ 
geführt worden sein, dann treibt in Folge der Gasentwicklung 
der Boden der Büchse bekanntlich auf, um diese Büchsen zu 
verwerthen, bohrt man sie mit einem feinen Drillbohrer an, setzt 
sie von Neuem dem Sterilisationsprocess aus und schliesst das 
kleine Loch durch ein wenig in die Augen fallendes Körnchen 
Loth. Bei diesen Rettungsversuchen sind auch die lebenden 
Keime abgetödtet, aber nicht die von ihnen producirten Gifte 
vernichtet. Einiges derartiges Fleisch zeigte bei der micro- 
scopischen Untersuchung soviel todte Bacterienleiber, dass man 
glauben konnte eine künstliche Cultur vor sich zu haben. Das 
Fleisch kann chemische Zersetzungsproducte enthalten ohne den 
geringsten Zersetzungsgeruch an sich zu haben. Einiges 
Büchsenfleisch, welches gut zu sein schien, tödtete bei sub- 
cutaner Impfung Meerschweinchen, indessen übte es bei der 
Verfütterung eine schlimme Einwirkung nicht aus. Dringend 
8ind weitere Versuche, mit Büchsenfleisch, welches Krankheit 
hervorgerufen hat, zu empfehlen. Wenn auch die Gefahr des 
Genuses von Büchsenfleisch nicht übertrieben werden soll, so 
sind die gemachten Erfahrungen doch Mahnung genug, die 
Büchsenfleischfabrikation streng zu überwachen, damit nur ge¬ 
sundes Fleisch verwandt und die Sterilisation einwandsfrei aus¬ 
geführt wird. K. 

Die täglichen Schwankungen des Fettgehaltes der Milch 

Auf dem Congress für öffentliche Gesundlieitsflege in 
Aberdeen im letzten Monat hielt Mr. R. Gl egg einen Vortrag 
über die von ihm nnd Mr. Hendrick ausgeführten Untersuchungen 
zur Feststellung des Fettgehalts der Milch. Proben des Ge- 
sammtgemelkes von verschiedenen Milchviehbeständen dienten 
als Prüfungsobjecte. Die Fettwerthe der Proben gingen nicht 
weit auseinander, aber die Milch einer einzelnen Kuh zeigte 
bezüglich des Fettgehaltes viel erheblichere Schwankungen, 
nicht nur von Zeit zu Zeit oder Tagen sondern anch bei den 
verschiedenen Melkzeiten des Tages. Die Morgenmilch kann 
ganz andere Beschaffenheit aufweisen als die Mittags- und 
Abendmilch. Mr. King Edinburgh fand, dass die Morgenmilch 
in jener Stadt nur halb so viel Fett enthielt als die Mittags¬ 
und Abendmilch. Bei einer Stallprobe sei dieser Umstand sehr 
zu beachten. Die Forderung eines bestimmten Fettgehalts sei 


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15. November 1900. BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 9 

berechtigt, natürlich sei bei der Festsetzung desselben zu be- Die privaten Schlachthäuser bilden in dichtbevölkerten Gegenden 

achten, dass die Kühe im kalten Norden nicht eine Milch besonders in der Umgegend grosser Städte, wie Paris, eine stete 

gleicher Qualität produciren als die Kühe im sonnigen Süden. Gefahr, w-eil hier alles ungesunde und minderwerthige Fleisch 

Der normirte Fettgehalt sei nur für einen bestimmten Bezirk zusammenkommt. Die vorsichtigen Communen, welche Schiacht¬ 
zu fordern. Die Ermittelung des Fettgehalts auf Aus- hänser und Fleischbeschau eingerichtet haben, müssen darunter 

Stellungen sei unzweckmässig, weil das Befinden der aus- leiden. Aber auch in diesen wird die Fleischbeschau sehr ver- 

gestellten Kühe nicht ungestört sei. Gl egg und Hendrick schieden behandelt, oft streng, oft lax. Hiergegen hilft nur ein 

haben die Milch, welche innerhalb 24 Stunden von Farmern in Gesetz, welches eine allgemeine obligatorische und einheitliche 

der Umgegend von Aberdeen gewonnen wurde untersucht. Die Fleischbeschau vorschreibt. Dieselbe würde noch erleichtert und 

Proben stammten aus Beständen bis zu 50 Kühen. Die wirksamer werden, wenn sich verschiedene Staaten hieran 

Kühe wurden dreimal täglich gemolken. In England und Süd- gemeinsam betheiligten. Es sei dies bedingt durch zahlreiche 

Schottland ist die Praxis im Gebrauch, die Kühe zweimal täglich politische, öconomische und sanitäre Berührungspunkte, ins- 

zu melken und beziehen sich die meisten Analysen auf zwei- besondere durch den wechselseitigen Verkehr mit Vieh und 

maliges Melken. Die besten Zahlen enthalten die jährlichen Fleisch. Eine derartige internationale Uebereinkunft sei nicht 

Veröffentlichungen Mr. Droop Richmond’s von der Aylesbury unmöglich, wenn sie auf eine kleine Zahl nothwendigster Dinge 

Dairy Company. Hiernach hatten im Jahre 1898 von 14 000 beschränkt werde. Bei Abfassung der Handelsverträge wäre 

Milchproben die Morgengemelke 3,63 pCt. und die Nachmittags- hierzu günstige Gelegenheit, 
gemelke 4,04 pCt. Fett, im Sommer war der Durchschnitt 
niedriger. Glepp und Hendrick fanden bei den wenigen Be¬ 
ständen, wo zweimal gemolken wurde, Morgens mehr Fett als 
Nachmittags in der Milch. Die Morgenrailch enthielt 3,91 pCt. 
und die Nachmittagsmilch 3,61 pCt. Fett. Beim dreimaligen 
Melken ermittelten sie im Durchschnitt Morgens 3,48 pCt., 

Mittags 3,92 pCt. und Abends 3,81 pCt. Fett. Die Zahlen nisse in der Fleischbeschau ungenügend. Die Kenntnisse der 

stimmen mit den in Deutschland ermittelten Zahlen so ziemlich die Fleischbeschau Ausübenden müssen sich auf die ver¬ 
überein. Der höchste Procentsatz Fett (7,6 pCt.) fand sich bei schiedensten Gebiete erstrecken. Der Unterricht hierin könne 

einer Kuh, welche Abführmittel einbekommen hatte. Eine andere nur von Thierärzten ertheilt werden, auch sei eine besondere 

junge erkrankte Kuh hatte in der ermolkenen Milch 8,15 pCt. Prüfung erforderlich. 

Fett, 14 Tage später war der Procentgehalt auf 3,58 pCt. her- Die Privatschlachthäuser seien zu unterdrücken, die Er- 

untergegangen. Der niedrigste Procentsatz, welcher gefunden richtung öffentlicher Schlachthäuser nothwendig. Ref. lässt sich 

wnrde, war 1,7 pCt., im Durchschnitt zeigte das tägliche Gemelk nun darüber näher aus, wie letztere beschaffen sein müssen. Es 

der Kuh aber über 3 pCt. 10 Procent der Proben zeigten sind dies bekannte, überall geforderte Bedingungen. Da viele 

Morgens höheren Fettgehalt, dreimal soviel zeigten höheren I ett- Gemeinden bisher aus Sparsamkeit, aus Furcht vor den Fleischern 

gehalt am Nachmittag und ebensoviel am Abend. Nur 5 Procent 0( j er aus Gleichgültigkeit die Erbauuug öffentlicher Schlacht- 

der Proben zeigten beständigen Fettgehalt. Die Ursachen, häuser unterlassen haben, könne nur das Gesetz helfend ein- 

wodurch der verschiedene Fettgehalt bedingt wird, sind noch greifen. 

nicht aufgeklärt. Sir Charles Cameron hält es nach seinen Es müsse für alle Gemeinden über 5 000 Einwohner ein 

Untersachungen für Recht, 2,7 Procent Fett und 8,5 Procent öffentliches Schlachthaus gefordert werden. In Gemeinden unter 
nicht fettige, feste Bestandtheile zu fordern. K. 5 qqq Einwohnern würde man die Beibehaltung von privaten 

Schlächtereien gestatten können unter bestimmten Bedingungen 
Der Congress für Hygiene und Demographie zu Paris. un( j un t er Einhaltung bestimmter obrigkeitlich festgehaltener 

Auf dem 10. internationalen Congress für Hygiene und Schlachtzeiten. Kleinere Gemeinden, welche in einer gewissen 

Demographie in Paris 1900 wurde auch über das Thema ver- Entfernung von einer grösseren gelegen sind (etwa 8—10 km), 

handelt „Ansführungsbedingungen zur Verallgemeinerung und müssen gezwungen werden, sich mit den benachbarten zur Er- 

, Vereinheitlichung der Fleischbeschau in den öffentlichen Schlacht- richtung eines gemeinsamen Schlachthauses zu vereinigen. 

häusern, den Privatschlächtereien und den zur Zubereitung und Was nun die Frage anbetrifft, wem man die Beschau an- 

zum Verkauf bestimmten Anstalten“. Referenten waren Prof, vertrauen sollte, so müsse hervorgehoben werden, dass die 

Barrier in Alfort und Schlachthausdirector Morot in Troyes. Thierärzte zur Ausübung der Fleischbeschau am geeignetsten 

Ersterer führte etwa Folgendes aus: seien. Doch sei auch hier eine mindestens jährliche Vor- 

Obg’leich schon viel in Bezug auf Fleischbeschau und bereitungszeit an einem grossen Schlachthause erforderlich. 

Errichtung öffentlicher Schlachthäuser geschehen sei, so fehle es Viele kleinere Communen könnten nun einen Thierarzt nicht 

doch noch an einer einheitlichen Organisation. Die Wohlthaten bezahlen, für diese sowohl, als auch für solche Gemeinden, in 

der Fleischbeschau müssen auf alle Länder, alle Schlachtthiere, denen eine andere Regelung der Angelegenheit nicht möglich 

auf alle Zubereitungs- und Verkaufsanstalten ausgedehnt werden, sei, würden auch empirische Fleischbeschauer zuzulassen sein. 

Die Congresse haben hierzu den Regierungen die nöthigen Diesen würden nur sehr beschränkte Machtbefugnisse zuzu- 

Directiven zu geben und gemeinsame Principien aufzustellen, erkennen sein, sie müssten in grossen Schlachthäusern vor- 

Die bisherige Willkür müsse beseitigt werden. bereitet und durch Thierärzte geprüft werden. Die höhere 

Ref. kommt hierauf auf diebetreffenden Verhandlungen des Instanz müsse Letzteren überlassen bleiben. Die empirischen 

Badener Congresses im Jahre 1899 zu sprechen und nimmt Fleischbeschauer seien unter die Controle des nächsten Amts- 

Bezug- auf die Referate von Edelmann, Kjerrulf, Postolka. thierarztes zu stellen. Letzterem müsse über alle Fälle, in 


Die Vorschriften über die Fleischbeschau müssen auf wissen¬ 
schaftlicher Basis beruhen, welche durch die Erfahrung bestätigt 
sei. Es gebe noch verschiedene Krankheiten ohne sichtbare 
Erscheinungen, bei denen das Fleisch, wahrscheinlich in Folge 
Anwesenheit von Toxinen, selbst noch im gekochten Zustande 
schädliche Eigenschaften besitze. Daher seien empirische Kennt 


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10 


BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 


15. November 1900. 


denen das Fleisch nicht gesund erscheint, berichtet werden. 
Die Anstellung empirischer Fleischbeschauer sei nur ein Noth- ; 
behelf, doch sei dieser immer besser als gar nichts. Bouley 
uud Nocard hätten dieselbe bereits 1878 auf dem internatio¬ 
nalen hygienischen Congress in Paris vorgeschlagen. In Belgien 
und Deutschland functioniren empirische Fleischbeschauer zur 
Zufriedenheit. Auch die x\cademie de medecine in Paris und 
der vorjährige Congress in Baden-Baden hätten die Nothwendig- 
keit der Anstellung derselben anerkannt. Die empirischen 
Fleischbeschauer müssten unterrichtet werden über die elemen¬ 
tare Grundlage der Anatomie und Physiologie der Hausthiere, 
Gesundheits- und Krankheitszeichen bei denselben, die Methoden 
der Prüfung des Fleisches, die Technik des Schlachtens und 
des Zertheilens, die Principien für die Beschlagnahme von 
Fleisch, Kenntniss der Gesetze, der Reglements u. s. w. Den 
Thierärzten müsse Vorbehalten bleiben die Nachprüfung bei 
Beschlagnahme, die Marktbeaufsichtigung, die Aufsicht über die 
Viehhöfe, die Direction der Schlachthäuser und die Controle des 
Beschaudienstes. 

Nur gestempeltes Fleisch dürfe zum Consum zngelassen 
werden. Referent lässt sich dann des Näheren über die sanitäts¬ 
polizeiliche Behandlung des auswärtigen (viandes foraiues) und 
des ausländischen Fleisches (viandes d’importation) aus. Für 
Beides sei vorzuschreiben, dass R'nder und Pferde nur in 
Vierteln, Schweine in Hälften, andere Thiere im Ganzen ein¬ 
geführt werden dürfen. Die wichtigeren Organe müssen im 
natürlichen Zusammenhang verbleiben. Auswärtiges Fleisch 
müsse von dem Zeugniss eines angestellten Fleischbeschauers 
begleitet sein. Für das ausländische Fleisch seien Ursprungs¬ 
zeugnisse von Thierärzten, die hierzu besonders beauftragt 
seien, beizubringen. 

Nicht zum Genuss geeignetes Fleisch sei zu vernichten oder 
zu denaturiren. Ref. empfiehlt sodann die Einrichtung der 
Freibänke für das nicht in den freien Verkehr zuzulassende, 
aber immerhin noch geniessbare Fleisch. In Frankreich be¬ 
stehen Freibänke noch nicht. Ein solches Institut liege im 
Interesse der Consumenten sowohl, als auch der Landwirthe. 
Der Badener Congress habe auch die Notlnvendigkeit derselben 
anerkannt. In denjenigen Ländern, in welchen Freibänke noch 
nicht bestehen, müssen sie errichtet werden. 

Als weitere Nothwendigkeit bezeichnet Ref. die Errichtung 
einer allgemeinen und obligatorischen Schlachtviehversicherung. 
Hierdurch würden die in Orten ohne öffentliche Schlachthäuser 
und Fleischbeschau so häufig vorkommenden heimlichen Schlach¬ 
tungen von krankem Vieh vermindert werden. 

Zum Schlüsse geht Referent auf die Bedingungen ein, unter 
denen Zubereitungs- und Verkaufsanstalten für Nahrungs¬ 
mittel errichtet werden dürfen. Diese beziehen sich besonders 
auf Luft, Licht, Reinlichkeit, Beschaffenheit der Fussböden und 
der Wände, Abwässerung. Auch diese Anstalten müssen einer 
sacligemäs8en Ueberwachung unterstellt werden. 

Morot führte zu diesem Thema etwa Folgendes aus: 

Eine mehr oder weniger vollkommene allgemeine Fleisch¬ 
beschau sei nur in wenigen europäischen Ländern durchgeführt. 
In den meisten Ländern bestehe dieselben nur in einer ge¬ 
wissen Zahl von Gemeinden. Frankreich gehöre zu den Ländern 
der zweiten Gattung. Die Gemeinden mit öffentlichen Schlacht¬ 
häusern und Fleischbeschau wären nicht geschützt gegen die 
ohne solche. Die Beschau würde vielfach ganz willkürlich aus¬ 


geführt. Hierdurch entständen häufig Conflicte zwischen den 
Beschauern und den Thierbesitzern 

Zur Verhinderung des Consums von ungesundem Fleisch 
und zur Bekämpfung ansteckender Thierkrankheiten müsse eine 
obligatorische Beschau in allen Orten, in denen Schlachthäuser, 
Abdeckereien, Cadaververwerthuugsanstalten etc. bestehen, ein¬ 
geführt werden. 

Die erwähnte Beschau sei immer möglich in öffentlichen 
Sclilachthäusern, sie müsse durch besonders vorbereitete, hierzu 
angestellte Thierärzte erfolgen. Die Ausübung der Privatpraxis 
müsse denselben in allen Gemeinden über 15000 Einwohnern 
untersagt werden. 

Die thierärztlichen Beschauer müssen einer Verwaltungs¬ 
und technischen Controle unterworfen werden, bestehend aus 
einer ministeriellen thierärztlichen Direction mit einem Chet- 
veterinär für jedes Departement. Denselben müsse auch ein 
wissenschaftliches Laboratorium zur Verfügung stehen. 

Privatschlachthäuser seien allmählich abzuschaffen. Referent 
verlangt für jede Gemeinde von mindestens 3000 Einwohnern 
ein öffentliches Schlachthaus und die Errichtung gemeinsamer 
Schlachthäuser für kleinere Gemeinden, sowie die Errichtung 
einer gemeinsamen Abdeckerei für jeden Kreis. 

Alle Thiere müssen vor und nach dem Schlachten unter¬ 
sucht werden. Die thierärztliche Beschau müsse methodisch, 
allgemein und vollständig sein. Sie erfordere ein genügend ge¬ 
schultes Personal. 

Bei den Einhufern müssen Luftröhre, Kehl- und Schlnnd- 
kopf, Maulhöhle und Nasenhöhlen besichtigt werden zwecks 
event. Constatirung des Rotzes, bei den Rindern und Schweinen 
auch die im Zusammenhang herausgenommene Zunge. 

Referent geht dann noch näher auf die Art der Untersuchung 
ein, wie sie für die verschiedenen Thiere gefordert werden 
müsse. Die Ausführungen desselben enthalten nur Bekanntes. 

Nach der Beschau sei das Fleisch abzustempeln. Das regel¬ 
mässig beschaute Fleisch könne von einer in eine andere Ge¬ 
meinde gebracht werden, wenn es gestempelt und mit einem 
Ursprungszeugniss versehen sei. Das nicht untersuchte Fleisch 
dürfe nur in ungeteiltem Zustande im Zusammenhang mit den 
wichtigsten Eingeweiden in andere Orte, in denen Fleischbeschau 
besteht, untersucht werden. 

Wurst, conservirtes Fleisch und Fleischwaaren anderer 
Art müssen mit Ursprungszeugnissen versehen sein, aus denen 
hervorgehe, dass das dazu verwendete Fleisch untersucht 
worden ist. Waaren, welche nicht den erwähnten Bedingungen 
entsprechen, dürfen zur Ausfuhr nach anderen Orten nicht zu¬ 
gelassen werden. 

Zum Verkauf von minderwertigem, aber nicht gesundheits¬ 
schädlichem Fleisch müssen Freibänke errichtet werden, die 
einer besonderen sanitären und polizeilichen Controle zu unter¬ 
stellen seien. Es wird hier insbesondere zu verkaufen seiu: 
schwachfinniges Fleisch, nachdem es entweder 3—4 Wochen in 
Salz gelegen oder im Kühlhaus gehangen hat oder gekocht 
worden ist, das Fleisch von gut genährten tuberculösen Thieren, 
das Fleisch von Thieren, welche in Folge verschiedener Zufälle 
oder Krankheiten geschlachtet werden mussten und selbst nicht 
wesentlich verändert ist, Fleisch abgemagerter nicht kachektischer 
Thiere, Fleisch mit unangenehmem Geruch (Binneneber etc.). In 
den Schlachthäusern müsse auf ausreichende Kühlanlagen 
Bedacht zu nehmen sein, sowie auf Sterilisations- und Ver¬ 
nichtungsapparate. 


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15. November 1900. BEIBLATT df.u BERLINTU THIERÄRZTLICHEN WOf'HENSrilRIFT. 


11 


Bis die Fleischbeschau durch Thierärzte organisirt sei, 
wird man in solchen Orten, in denen Thierärzte nicht alle i 
Schlachtungen überwachen können, provisorisch empirische 
Fleischbeschauer anstellen können, welche genügende Kenntnisse 
besitzen müssen. Dieselben müssen unter thierärztlicher Controle 
stehen. Sie dürfen nur völlig unverdächtige und gesunde Thierc 
untersuchen und abstempeln. In allen Fällen von Krankheit t 
oder Krankheitsverdacht sei der Thierarzt zuzuziehen. 

Die thierärztliche Beschau der Schlachtthiere und der für 
die Abdeckereien bestimmten Thiere müsse durch ein besonderes 
Gesetz geregelt werden, wie dies bereits in Belgien, Luxemburg, 
Baden, Prenssen, Sachsen etc. der Fall ist. Die Ausführung» - 
bestimmnngen eines solchen Gesetzes müssen auch eine all¬ 
gemeine, einheitliche Festsetzung der Grundsätze enthalten, 
wonach bei der Beschlagnahme von zum menschlichen Genüsse 
ungeeignetem Fleische zu verfahren sei. Pr. i 

Gültigkeit örtlicher Bestimmungen über den Fleischhandel. 

In dem Ortsstatut, betreffend die Einführung des Schlacht- , 
Zwanges, die Handhabung der Fleischschau und die Errichtung i 
einer Freibank in Z. war im § 5 Abs. 9 gesagt: „Das Hausiren 1 
mit frischem Fleisch ist verboten“. Das Königl. sächsische ' 

Ministerium des Innern hat die Streichung dieses Satzes an- [ 
geordnet, da weitergehende Beschränkungen des Gewerbebetriebes ^ 
im Umherziehen, als solche sich in §§ 50 und 50a der Gewerbe- | 
Ordnung aufgeführt finden, im Wege des Ortsgesetzes nicht zu- | 
lässig erscheinen. 1 

Nach § 50b Absatz 2 können andere Gegenstände und j 

Leistungen ausser den in den §§ 50 und 50a anfgeführten aus i 

Gründen der öffentlichen Sicherheit, sowie zur Abwehr und ! 

Unterdrückung von Seuchen nur durch Beschluss des Bundesraths I 
und in dringenden Fällen durch Anordnung des Reichskanzlers | 
nach Einvernehmen mit dem Ausschuss des Bundesraths für 
Handel und Verkehr für den Umfang des Reiches oder für 
Theile desselben auf bestimmte Dauer von dem Gewerbe- ( 
betrieb im Umherziehen ausgeschlossen werden. Pr. 


Berlin: Auszug aus dem Fieischschaubericht für Monat Octobcr 1900. 


A. Sc 

1 1 a c h t h o f. 




Rinder 

Kälber 

Schafe 

Sch weim 

<Geschlachtet und untersucht 

18 713 

12 032 

40 607 

76 454 

Ganz beanstandet .... 

33G 

78 

12 

405 

17überhaupt mit Tuberoulose 





behaftet. 

3 469 

32 

— 

3 337 

I_>avon gänzlich verworfen . 

135 

8 

— 

70 

sind zur Sterilisation ge- 





eignet befunden . . . 

66 

15 

— 

183 

theilweise verworfen . . 

— 

— 

— 

— 

Alto* vollständig freigegeben 

3 268 

8 

— 

3 084 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 


9 

Mit Finnen behaftet . . . 

101 

1 

— 

51 

Stark finnig, technisch vor- 





werthet. 

— 

— 

— 

20 

finnig und wässerig, tecli- 





nisch verwerthet .... 

1 

— 

— 

— 

Schwach finnig, zur Kochung 





geeignet befunden . . . 

101 

1 

— 

31 

Au»8<mlein wegen Bchaftung 
mit Kalkconereiuenten, mul¬ 
tiplen Blutungen u.s. w.sind 
zur Kochung geeignet be- 





ftinden. 

— 

— 

1 

36 


An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei 
Hindern 7888 Stück, bei Kälbern 170 Stück, bei Schafen 5160 Stück, 
.bei Schweinen 13255 Stück. 


B. Unters u c 

himgs 

s t a t i o 

n e n. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Untersucht ..:.... 

24 633 

10 838 

i 3 036 

11 415 

Beanstandet. 

Wegen Tubcreulose wurden 

125 

3*1 

— 

7 

beanstandet. 

Davon sind zur Sterilisation 

41 

— 

— 

2 

geeignet befunden . . . 

10 

— 

— 

— 

Mithin gänzlich verworfen . 

31 

— 

— 

— 

Mit Trichinen behaftet. . . 


— 

-- 

*) 

Mit Finnen behaftet.... 
Davon schwach finnig, zur 

8 

— 

— 

— 

Kochung geeignet befunden 

8 

— 


— 


Unter dem eingeführten Fleisch waren 1381 dänische Rinder¬ 
viertel. 10 dänische Kälber, 5 dänische Schafe und 85 Wildschweine. 

Berlin, den 0. November 1900. Der städtische Oberthierarzt 

lieissnian n. 

Flei8Chproduction. 

Major Craigie kam in einer Ansprache, welche er in 
seiner Eigenschaft als Präsident der „Economic Science and 
Statistical Section of the British Association“ in Bradford hielt, 
zu nachstehender Betrachtung: 

Die. wachsenden Erfordernisse der 40 000000 Einwohner 
Englands, welches zum grossen Theil auf die Einfuhr von Fleisch 
ans anderen Ländern angewiesen ist, haben Untersuchungen 
darüber veranlasst, in wie weit sich die einheimische Production 
noch steigern Hesse. Schon vor einem halben Jahrhundert hat 
Sir James Caird darauf hingewiesen, dass die Besserung in den 
Erwerbsverhältnissen der unteren Klassen die Nachtrage nach 
Fleisch, Milch, Butter ungeahnt steigern würde. Thatsächlich 
berechnete (Taigie das per Einwohner erforderliche Fleisch¬ 
quantum auf 132 Pfund, während es 30 Jahre früher nur 
100 Pfund betrug. Die einheimische Production hat der ver¬ 
mehrten Nachfrage nicht Genüge leisten können, und während 
Caird 1808 noch sagen konnte, die Menge des eingeführten 
Fleisches macht nur den neunten Theil des inländischen Bedarfs 
ans, so beträgt jetzt der Antheil des Auslandes mehr als zwei 
Fünftel. Um diesen gewachsenen Bedürfnissen gerecht zu 
werden, müsste die englische Landwirtschaft nur für die 
Getreideproduetion 0 000000 Aecker mehr und für die Fleisch- 
produetion weitere 17 000 000 Aecker mehr zur Verfügung 
stellen können. Major Craigie glaubt nicht, dass England zu 
dem bereits unter Cultnr gehaltenen Land, noch 23 000 000 
Aecker hinzufügen kann. Es sind dies gewaltige Zahlen, die 
ein Bild davon geben, wie enorm die Production in einem 
halben Jahrhundert gesteigert werden muss, um den wachsenden 
Bedürfnissen der zunehmenden Bevölkerung Rechnung zu tragen. 

Neue Con8ervirungemethoden für Fleisch. 

Jetzt wo der Herstellung und dem Vertrieb von Fleisch- 
conserven in Deutschland wieder mehr das Wort geredet wird, 
tauchen eine Reihe von neuen Conservirungsmethoden auf, welche 
eine längere Haltbarkeit, besonders des frischen Fleisches, ver¬ 
bürgen sollen. Ihre Anwendbarkeit und ihren Nutzen wird 
man aus der Beschreibung theils entnehmen, theils ans den ge¬ 
machten Erfahrungen erschliessen können. 

Emmerich-München schlägt als gutes Conservirungs- 
verfahren vor: aseptische Schlachtung, Besprengung der Schnitt¬ 
flächen mit Eisessig und Einpackung der Fleischstücke in 
stcrilisirtes Sägemehl. 

*) 2 auiericanischc Schinken. 


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12 BEIBLATT der BERLINER THIERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 15. November 1900. 


Das Lamver’sche Verfahren, welches für nach China ver¬ 
sandte Fleischwaaren in Anwendung gekommen sein soll, besteht 
darin, dass das zu conservirende Fleisch zunächst mit einer 
Fettschicht umhüllt und dann in eine gelatineartige, erhärtende 
Masse (wahrscheinlich Formalingelatine) eingeschlossen wird. 
Dies Verfahren ist auch von anderer Seite versucht, wegen der 
Mängel aber wieder aufgegebeu worden. 

Das Verfahren, welches sich ein argentinischer 
Ingenieur hat patentiren lassen, will die Luft in den Fleisch¬ 
kammern sterilisiren, so dass das Fleisch, welches in diesen bei 
einer Temperatur von 10° C. über dem Gefrierpunkt aufbewahrt 
wird, sich längere Zeit halten soll. Eine Sendung Fleisch ist 
auf diese Weise behandelt von Argentinien nach England ver¬ 
schifft worden. Bei der Ankunft in Liverpool war die Sendung 
zum Theil verdorben. Die Schuld wird allerdings einem Fehler 
in der Anwendung des Systems beigemessen. 

In Australien macht man Versuche die Salzpökelung durch 
Zuckerpökelnng zu ersetzen. K. 

Conservirung von Fleisch durch Electricitfit. 

Das von dem Ingenieur Carl Paulitzschky erfundene 
Verfahren besteht darin, dass das zu conservirende Fleisch in 
einem luftdicht verschliessbaren Behälter auf bezw. zwischen 
Netzen aus Zinkdraht, perforirten Blechen, doppelten Metall¬ 
netzen mit dazwischen gebettetem Holzkohlenpulver oder 
anderem die Electricität gut leitenden Material aufgeschichtet 
und nach Evacuirung des Behälters der Einwirkung eines die 
genannten Netze durchfliessenden, constanten, gleichgerichteten, 
electrischen Stromes, welcher eine Electrolyse der Flüssigkeiten 
thatsächlich nicht herbeiführt, unterworfen wird. Die Einwirkung 
soll genügen, die vorhandenen FäulniBsorganismen in einen 
Zustand zu versetzen, in welchem eine Vennehrung derselben 
und somit die Bildung der sonst als Zersetzungsproducte auf¬ 
tretenden übelriechenden Kohlenwasserstoffe verhindert wird. 
Falls sich aber diese dennoch in geringer Menge bilden sollten, 
so werden sie durch den Strom in ihre Elemente, Kohlenstoff' 
und Wasserstoff, zerlegt, von welchen der erstere in Folge des 
Luftabschlusses resp. Verhinderung des Zutrittes von Sauerstoff 
keine schädliche Wirkung auf das zu conservirende Material 
ausübt, während der schädliche Wasserstoff durch das metallische 
Netzwerk absorbirt wird. Da nun das Metall erst bei dem Er¬ 
hitzen im luftleeren Raume den aufgenommenen Wasserstoff 
wieder abgiebt, so kann letzerer während des Conservirungs- 
verfahrens keinerlei schädliche Wirkung ausüben. Sämmtliche mit 
den zu conservirenden Materien in Berührung kommenden Metall- 
theile sind verzinnt. In Wien angestellte Versuche, Wurstmasse 
zu conserviren, sollen günstig ausgefallen sein. K. 

Petition zur Abänderung des Schlachthausgesetzes. 

In Verfolg der Versammlungsbeschliisse vom 15. Sept. d. J. 
haben die Herren Schlachthofdirectoren Wulff-Kottbus, Ehrle- 
Frankfurt a. 0., Burggraf-Guben und Seefeld-Küstrin im 
Aufträge der Vereinsgruppe der Schlachthausthierärzte 


der Provinz Brandenburg an den preussiscben Landtag 
eine Petition zur Abänderung des Schlachthausgesetzes vom 
18. März 1868 und 9. März 1881 gerichtet. 

Bezüglich des § 1 d. G. wird folgende Fassung beantragt: 

„In denjenigen Gemeinden, für welche in genügendem Um¬ 
fange eine Gemeindeanstalt zum Schlachten von Vieh (öffent¬ 
liches Schlachthaus) errichtet ist, ist durch Gemeindebeschlnss 
anzuordnen, dass innerhalb des ganzen Gemeindebezirks das 
Schlachten sämmtlicher Gattungen von Vieh, die im § 1 des 
Reichsgesetzes, betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau, 
näher bezeichnet sind, sowie gewisse, mit dem Schlachten in 
unmittelbarem Zusammenhang stehende, bestimmt zu bezeichnende 
Verrichtungen ausschliesslich in dem öffentlichen Schlachthause 
resp. den öffentlichen Schlachthäusern vorgenommen werden 
müssen. 

Die Beibehaltung des § 2 Ziffer 1 wird dringend befürwortet 
und ferner beantragt, hinter „eine Untersuchung“ einzufugen: 

„durch thierärztliche Sachverständige unter Mitwirkung von 
geeigneten Hiilfsbeamten, die gemäss § 5 des Reichsgesetzes, 
betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau genügende 
Kenntnisse nachgewiesen haben.“ 

Für die Nothwendigkeit der Nachuntersuchung (Ziffer 2) 
werden folgende Gründe angeführt: Belästigung und pecuniäre 
Opfer seien unbedeutend, eine Controle, ob das Fleisch in¬ 
zwischen verdorben oder gesundheitsschädliche Beschaffenheit 
angenommen hätte, würde beim Fehlen der Nachuntersuchung 
unmöglich sein. Betrügerische Stempelungen, pflichtwidrige Unter¬ 
suchungen, Unterschleife und Unterschiebungen könnten nicht 
controlirt werden, die Mängel der ländlichen Fleischbeschau 
würden nicht anfgedeckt werden. Eine ausführliche Begründung 
ist beigegeben. Empfohlen wird die Ausdehnung der Nachunter¬ 
suchung auf alles eingeführte Fleisch mit Ausnahme des zum 
eignen Gebrauch des Consnmenten bestimmten Fleisches, welches 
ihm durch die Post oder Bahn zugestellt wird. Die Gebühren 
sollen in die Schlachthofkasse fliessen. Ziffer 4, 5 und 6 des 
§ 2 des S.-G. sind beizubehalten. Des Weiteren wird es für 
richtig gehalten, die Fassung des § 2 so zu formen, dass die 
Anordnung des Untersuchungszwanges erfolgen muss, und 
dass nur gestattet ist, ganze Thiere einzuführen, und dass mit 
diesen Brust- und Bauchfell, Lunge, Herz, Nieren, Euter, Leber, 
Milz und Gebärmutter in natürlichem Zusammenhänge sind. 

Auch das zubereitete und conservirte Fleisch sollte dem 
Untersnchungszwange unterworfen werden. Ferner soll im 
Schlachthausgesetz deutlich ausgesprochen werden, dass das 
Kühlhaus ein integrirender Bestandteil des Schlachthauses ist. 
Wünschenswert sei eine einheitliche Regelung des Unter¬ 
suchungsmodus, der Verwertung des bedingt tauglichen und 
Beseitigung des untauglichen Fleisches. Endlich wird darauf 
hingewiesen, dass die Untersuchung nur bei Tageslicht oder 
gutem künstlichen Licht vorgenommen werden dürfe und dass 
die Anstellung der Schlachthausthierärzte gesetzlich geregelt 
werden möge. K. 


Berlin, Druck vou W. Büxenstein 


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Die „Berliner ThierlrztUche Wochenachrifl* erieheint Originalbeitrige werden mit 60 Bk. für den Bogen lionorlrt 

wöchentlich in Stärke von mindestem l 1 /* Bogen. Dieielbe Alle Mannicripte, Mitthellungen and rednctionellen An- 

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Thierärztliche Wochenschrift 

Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz- Berlin. 

Verantwortlicher Redactenr. 

De Bruln Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel Zündel 

Professor Oberthierarzt Departementsthierarzt Professor Departementsthietarzt Veterinlrassesaor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthierarzt 

Utrecht. Hambarg. Cöln. Breslau. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. 


M 47 . 


Ansgegeben am 22 . November. 


Inhalt: Liebener: Ueber die Kastration der Kühe und der übrigen weiblichen Hausthierc. — Felbaum: Ueber die Ab¬ 
gabe virulenter Culturen an Laien. — Martens: Ergänzung meiner Mittheilung über die Therapie des Huf¬ 
krebses. — Referate: Leimer: Gehirn-und Rückenmarkshautentzündung der Pferde in Niederbayern 1899/1900. — Klimmer: 
Ziele und Wege der Milchhygiene. — Rix: Hysterectomie bei dem Hunde. — Westpbal, Wassermann und Maikoff: 
Ueber den infectiösen Character und den Zusammenhang von acutem Gelenkrheumatismus und Chorea. — Tagesgeschichte: 
Protocoll der 47. Generalversammlung des thierärztlichen Centralvereins der Provinz Sachsen, der anhaitischen und thürin¬ 
gischen Staaten am. 7. October 1900 in Halle a. S. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — Fleischschau und 
Viehhandel. — Vieh Versicherung. — Personalien. — Vacanzen. 


Ueber die Castration der KUhe und der übrigen 
weiblichen Hausthiere. 

Vortrag und Verhandlung auf der 47. General-Versammlung 
des thierärztlichen Central-Vereins der Provinz Sachsen, 
der anhaitischen und thüringischen Staaten. 

(Siehe pg. 559.) 

I. Vortrag des Herrn Kreisthierarzt Liebener. 

Die ursprüngliche Absicht, nur über die Castration der 
Kühe zu sprechen, ist anf Wunsch des Herrn Vorsitzenden er¬ 
weitert. Es sollen auch die Castrationen der übrigen weiblichen 
Hansthiere erwähnt werden, wenn anch nicht so ausführlich, wie 
das zuerst allein beabsichtigte Thema. 

Als anlässlich der Bornaschen Krankheit Herr Professor Dr. 
Ostertag wiederholt auch im Delitzscher Kreise anwesend war, 
sprach er mit mir eingehend über das Verschneiden der Kühe und 
führte die Operation mit glücklichem Verlauf in meinem Beisein 
aus. Das veranlässte mich, mir die erforderlichen Instrumente 
von Hauptner kommen zn lassen und wiederholt Kühe zu 
castriren. 

Die Operation ist sehr alt und die Castration weiblicher 
Thiere erwähnen schon die thierärztlichen Schriftsteller Anfang 
des vorigen Jahrhunderts. — Die weiblichen Geschlechtsorgane 
bestehen ans den Eierstöcken, den Fallopischen Röhren, der 
Gebärmutter, der Scheide und dem Wurf. — Die anatomischen 
Verhältnisse setze ich als bekannt voraus. 

Bei der Castration müssen die Eierstöcke ans der Bauch¬ 
höhle herausgenommen werden, und kann dies auf verschiedenen 
Wegen geschehen, und zwar durch die Flanke, durch die Scheide, 
durch die weisse Linie und durch den Mastdarm. — Die Ope¬ 
ration durch die Flanke kann bei allen Hausthieren, die durch 
die Scheide und den Mastdarm nur bei grösseren und die durch 
die weisse Linie nur bei kleineren Thieren vorgenommen werden. 

Die Castration der Kühe wird zum Zwecke der grösseren 
Mastfähigkeit und zur Verlängerung der Milchperiode ansgeführt. 
Früher operirte man nur durch die Flanke, verlor dabei jedoch 
viele Thiere, und erst nachdem Charlier die Castration durch 


die Scheide angeblich mit grossem Erfolge ausgeführt hatte, 
gewann dieselbe unter Thierärzten und Landwirthen wieder viel 
Anhänger. Von den neueren hervorragenden Schriftstellern hat 
Ostertag in Fröhner-Kitt’s Monatsheften eine der aus¬ 
führlichsten Arbeiten über die Operation geliefert. — Hiernach 
bezeichnet das Charlier’sehe Verfahren der Castration durch 
die Scheide einen bedeutsamen Wendepunkt, da es dieser auch 
vortrefflich verstanden hat, durch blendende Verheissungen be¬ 
sonders das Interesse der Landwirthe zu erregen. Nach Char- 
lier’s Ausführungen soll der Milchertrag bei castrirten Kühen 
auf jährlich 3200 Liter steigen, während nicht castrirte unter 
denselben Verhältnissen nur 1700 Liter liefern; daneben sollen die 
castrirten wahre Fleisch- und Fettfabriken werden. — Allerdings 
sollten von 264 operirten Kühen acht eingegangen sein, doch 
werde dieser Verlast von dem Milch- und Fleischgewinn bei den 
anderen bedeutend überwogen. In den 50er und 60er Jahren 
ist dann auch viel castrirt worden, und verschiedene thier- 
ärztlicbe and landwirtschaftliche Vereine haben sich seitdem 
eingehend mit der Operation beschäftigt. 

Stellenweise wurden die Verlustziffern aber doch zu gross 
und es ging der Castration der Kühe, wie vielen anderen Ope¬ 
rationen; sie kam in Vergessenheit und wurde höchstens bei 
stiersüchtigen Thieren ausgeführt. — Erst mit der aseptischen 
Wundbehandlung eröffneten sich günstigere An- und Aussichten 
für die Castration, und Ostertag fragt mit Recht, ob es nicht 
möglich wäre, durch Beobachtung der Desinfectionsvorschriften 
bei einem gegen gewöhnliche Wundinfection so widerstands¬ 
fähigen Thiere wie dem Rinde die Verluste bei der Ovariotomie 
vollkommen zu verhindern? Kann diese Frage bejaht werden, 
so eröffnen sich für die Castration der Kühe zweifellos neue 
Aussichten. 

Der Eingriff durch die Scheide ist jedenfalls als vortreff¬ 
licher Operationsmodus zu bezeiclinen, weil die Durchführung 
der Asepsis leicht ermöglicht ist. — Die Hauptschwierigkeit des 
aseptischen Operationsverfahrens besteht beim Thiere in der Un¬ 
möglichkeit, einen gut schliessenden Verband anzubringen. Diese 


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554 

Schwierigkeit liegt bei der Charlier’schen Castration nicht vor, 
weil die künstlich geschaffene Wundfläche durch die lange Scheide 
von der Aussen weit abgeschlossen und gröberen Verunreinigungen 
nnter gewöhnlichen Verhältnissen ganz unzugänglich gemacht 
wird. Der Operateur hat nach Ostertag somit den Erfolg in 
der Hand, wenn er während der Operation es an der nöthigen 
Desinfection des Operationsfeldes, seiner Anne und Instrumente 
nicht fehlen lässt. 

Ostertag castrirte in einer Milchknranstalt in Berlin 
12 Kühe nach der Charlier’schen Methode. Zwei Mahlzeiten 
vor der Operation erhalten die Thiere kein Futter und am 
Abend zuvor einen Glycerinclystir, um die hinteren Darm¬ 
abschnitte zu entleeren. Unmittelbar vor der Operation wird 
der Wurf und seine ganze Umgebung mit der Unterfläche des 
Schwanzes mit Seifenwasser abgebürstet und dann mit 3proc. 
Creolinwasser abgespült. Die Instrumente werden gründlich 
desinficirt und der Operateur und sein Gehülfe, der die Instru¬ 
mente reicht, desinficirt Hände nnd Arme sorgfältigst nach vor¬ 
heriger Reinigung mit Bürste und Seife. Die Scheide wird 
durch Ausspülen desinficirt, indem durch die eingeführte Hand 
alle Theile derselben gleichmässig benetzt werden. Sämmtliche 
Manipulationen in der Scheide und Bauchhöhle werden mit dem 
rechten Arme vorgenommen, und derselbe vor wiederholtem Ein¬ 
gehen desinficirt. Nachdem die Eierstöcke entfernt sind, wird 
die Scheide nochmals ausgespült und werden die spärlichen 
Blutgerinnsel entfernt. 

Ostertag durchsclmitt die Scheide nicht ganz, sondern nur 
die Mucosa und den grössten Theil der Muscularis; der Rest 
der letzteren und die Serosa wurde durch raschen Stoss mit 
dem Finger durchbohrt. Ich halte dieses Verfahren für sehr 
rathsam, weil der Mastdarm meistens unmittelbar vor dem 
Scheidengewölbe tief in die Beckenhöhle hinein hängt und mit 
dem Messer leicht verletzt werden kann; mir ging es in einem 
Falle so. Es empfiehlt sich ferner, die Oeffnung in der Scheide 
so gross zu machen, dass man mit der ganzen Hand eingehen kann. 

An Instrumenten genügt zur Operation ein Bistouri cach£ 
und der Scheidenspanner von Harms, sowie die Colin’sche 
Castrirzange No. 2481 und 89 des neuen Hanptner’schen 
Catalogs. 

Die zu operirenden Kühe werden von einigen Männern ge¬ 
halten; die Thiere stehen meistens ruhig. Man macht die 
Scheidenöffnung in der beschriebenen Weise, sucht die Eierstöcke, 
fixirt mit der rechten Hand die Gebärmutter und dreht mit der 
linken die in die Zange gebrachten Ovarien durch mehrere feste 
Wendungen ab. 

Die Operation dauert etwa 15 Minuten, eine Nachbehandlung 
ist kaum möglich. Bei glücklichem Verlauf stehen die Kühe 
kurze Zeit mit etwas gekrümmtem Rücken und zeigen weniger 
Appetit, auch geht der Milchertrag meistens in den, ersten 
Tagen einige Liter herunter. 

Die von Oster tag beschriebenen 12 Castrationen verliefen 
glücklich, und wenn auch nur bei einem Theil der Thiere die 
Milchproduction günstig beeinflusst wurde, so räth Ostertag, 
schon der leichteren Mästbarkeit halber, namentlich bei den oft 
werthlosen Bullerinnen, zur möglichst häufigen Vornahme der 
Castration. 

Genau nach dem beschriebenen Verfahren castrirte ich 
zunächst 2 Kühe, die Tags darauf geschlachtet wurden. Die 
Operation ging glatt von Statten, an der Scheidenwunde fand 
sich jedesmal ein etwa faustgrosses Blutcoagulum. 


No. 47. 

Mitte October v. J. operirte ich dann auf einem Rittergute 
5 Kühe, die 5 bis 6 Wochen zuvor gekalbt hatten, bei einer 
6ten führte ich die Operation nicht zu Ende, da ich den Mast¬ 
darm anschnitt. Böse Folgen stellten sich bei diesem Thiere 
aber nicht ein. Die übrigen fünf frassen zunächst etwas mangel¬ 
haft; bei vier Thieren verloren sich diese kleinen Störungen 
(noch etwas Milchverlnst und gekrümmter Stand) bald wieder. 
Die fünfte Kuh frass aber nicht wieder, zeigte hohes Fieber, 
über 41 Temperatur, und musste am vierten Tage geschlachtet 
werden; starker Peritonitis etc. halber liess sich deren Fleisch 
zum menschlichen Genuss nicht mehr verwerthen. 

Von den vier glücklich operirten Kühen ging nach langen 
Wochen eine an den Folgen eines wegen Tympanitis nöthig 
gewordenen Pansenstichs ein; die anderen drei haben eine 
tägliche Milchzunahme nicht gebracht, melken aber heute nach 
Jahresfrist jede noch etwa 9—10 Liter. Diese günstige Er¬ 
scheinung ist jedenfalls der Castration zuzuschreiben, auch Bind 
die Kühe fett geworden. Genaue Messungen und Wägungen 
sind trotz meines wiederholten Ersuchens nicht angestellt. Der 
Besitzer hat mir aber wiederholt vorgehalten, dass der Nutzen 
auch nicht annähernd so gross sei, als der Schaden durch den 
Verlust der einen Kuh. 

Jedenfalls rathe ich, sich zu der Operation nicht zu drängen, 
ist dieselbe aber nicht abznlelmen, so muss man den Besitzer 
auf die immerhin bestehende Gefahr hinweisen; denn die Er¬ 
fahrung lehrt, dass uns nur zu leicht etwaige Verluste in die 
Schuhe geschoben werden. 

Referent spricht dann noch kurz über die Castration der 
Stuten, die wohl nur einen historischen Werth haben, sowie ein¬ 
gehender über die der Hündinnen und weiblichen Schweine und 
schliesst seinen Vortrag unter dem Danke der Versammlung. 

II. Mittheilung des Herrn Kreisthierarzt Friedrioh. 

Bei der sich anschliessenden Discussion theilt Kreis- 
Thierarzt Friedrich-Halle seine in den letzten Wochen ge¬ 
machten Erfahrungen über die Castration der Kühe mit. 

Fr. hatte auf Anregung eines Landwirthes, welcher eine 
Abhandlung des Collegen Falk-Oranienburg in der Fühling- 
schen landwirtschaftlichen Zeitschrift gelesen hatte, im August 
mit der Castration von Kühen begonnen. 

Es wurde zunächst am 29. August er. eine Probecastration 
an einer fetten Kuh vorgenommen, welche ebenso wie die 
übrigen vier operirten Kühe nicht durch Futterentziehung, 
sondern nur durch Glycerinklystier von 30 g ca. 12 Stunden 
vor dem Eingriff vorbereitet war. 

Die Kuh zeigte kurz nach der Operation wenig Fresslust, 
stand mit gekrümmtem Rücken und brüllte am ersten Tage 
häufig. Am nächsten Tage war das Thier wieder vollständig 
normal und lieferte bis zu der am 5. September (7 Tage später) 
erfolgten Abschlachtung das vorherige Milchquantum. 

Bei der Untersuchung war die Scheidenwunde vollständig 
verheilt, in der Gebärmutter geringes Blutcoagulum, Bauchfell 
vollständig intact. 

Durch diesen günstigen Verlauf ermuntert, castrirte Fr. 
bei demselben Besitzer am 7. September 6 weitere Kühe. Bei 
4 Kühen, von denen die eine wiederum häufig brüllte, stellte sich 
am zweiten Tage der Appetit nach und nach wieder ein, während 
zwei Thiere einige Tage garnicht fressen wollten, jedoch auch 
diese erholten sich wieder. Bei den letzten beiden Kühen war 
die Scheidenwunde nach 8 Tagen noch nicht verheilt, während sie 
bei den übrigen vier in dieser Zeit vollständig geschlossen waren. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


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rol-Kübo 


22. November 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRIET. 


Vier Wochen nach erfolgter Castration hat eine Kuh die 
volle Milchmenge wieder, während bei einer 1 Liter, bei 
zweien 3 Liter und bei den letzten beiden sogar 4 Liter Milch 
täglich fehlen. 

Durch obiges wenigstens quoad vitam günstige Resultat 
wurde die Verwaltung einer grossen Milchviehhaltung veranlasst, 
die in Rede stehende Operation durch Friedrich vornehmen 
zu lassen. 

Es wurden am 18. September er. 5 Kühe castrirt, bei der 
sechsten konnte die Operation nicht zu Ende geführt werden, 
da der Mastdarm verletzt wurde. Diese ist ohne jede Behandlung 
der Wunde und ohne etwaige Diät gesund geblieben. 

Von den fünf castrirten Kühen hat eine gar keine Krankheits¬ 
erscheinungen gezeigt und ist auch die Milchmenge dieselbe ge¬ 
blieben. Eine Kuh musste 20 Stunden nach der Castration wegen 
innerer Verblutung nothgeschlachtet werden. In der Nacht vom 

20. bis 21. September wurde die Schlachtung bei einer anderen Kuh 
nothwendig, auch diese hatte erhebliche Mengen geronnenen 
Blutes in der freien Bauchhöhle und leichte Bauchfellentzündung. 

Hochgradige Bauchfellentzündung zeigte sich bei der am 

21. September nothgeschlachteten dritten Kuh. 

Da die vierte der erkrankten Kühe am 28. September noch 
Verdauungsstörungen zeigte, so wurde auch diese noch ge¬ 
schlachtet. Bei derselben wurden jedoch auf hiesigem Schlacht¬ 
hofe Krankheitserscheinungen an der Gebärmutter und dem 
Bauchfell nicht wahrgenommen, sodass anzunehmen ist, dass 
sich diese noch erholt hätte; immerhin mussten aber von den 
fünf castrirten Kühen drei nothgeschlachtet werden. 

Da die Vorbereitung des Operateurs betr. Desinfection der 
Hände, Arme, Instrumente etc. sowie die Reinigung der betr. 
Thiere in beiden Wirthschaften die gleiche war, so erblickt 
Friedrich den Grund des Misserfolges in der zweiten Wirt¬ 
schaft in dem Kraftfuttergemisch. 

Während nämlich die Kühe des ersten Bestandes folgendes 
Futter erhielten: 3 Pfd. Maisschrot, 3 Pfd. Palmkernmehl, 


2 Pfd. Erdnusskuchen, 2 Pfd. Malzkeime, 6 Pfd. Trockenschnitzel, 
wurden die anderen Thiere mit folgender Futtermischung ver¬ 
sorgt: 3k — 4 Pfd. Baumwollensaatmehl, 1 % Pfd. Reismehl, 
2 Pfd. Kleie, 2 Pfd. Malzkeime, 1' 2 Pfd. Melasse, 25 Pfd. saures 
Rübenkraut, 50 Pfd saure Rübenschnitzel. 

Ein Grund für die heftige Blutung könnte auch darin zu 
suchen sein, dass die Kühe des zweiten Bestandes erst ca. 
4 Wochen vor der Castration gekalbt hatten, während die 
ersteren bereits 3—4 Monate gemolken wurden. 

Auch Friedrich schliesst sich den Ausführungen Liebener’s 
an, dass die Castration der Kühe immerhin eine gewisse Ge¬ 
fahr für die Thiere involvirt und nicht ohne Weiteres zu 
empfehlen ist. 

Kreisthierarzt Hofherr theilt mit, dass auch er vor 6 bis 
8 Jahren einige Kühe castrirt habe, empfiehlt den Ecraseur zur 
Entfernung der Eierstöcke und hat auch seinerseits wesentliche 
Erfolge durch die Castration nicht erzielt, obgleich er Verlust 
durch Tod nicht zu verzeichnen hat. 

III. Mittheilung des Herrn Kreisthierarzt Sickert. 

Sehr interessant und beachtenswerth waren die Mit¬ 
theilungen des Kreisthierarztes Sickert-Egeln, derselbe führt 
Folgendes aus: 

Angeregt durch einen in der Landwirthschaftlichen Presse 
veröffentlichten Aufsatz des Thierarztes Falk in Oranienburg, 
in welchem die Castration der Kühe und die damit verbundenen 
öconomischen Vortheile geschildert werden, Hess der Gutsbesitzer 
R. in W T . am 22. Januar d. J. 5 Kühe durch den genannten 
Collegen castriren. Die Operation nahm einen günstigen Ver¬ 
lauf. Die Thiere äusserten während einiger Tage nach der 
Operation nur zeitweises Drängen, Hessen aber in der Fress¬ 
lust nicht nach; nur bei den Kühen No. 70, 71 und 81 der Ta¬ 
belle stellte sich im Laufe der Monate Scheiden- und Gebär¬ 
mutter-Vorfall ein, welcher bei 2 Kühen (No. 71 und 81) den 
Verkauf derselben im Monat October nöthig machte. 



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Ctr. 

Pfd. 


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18,0 

17,0 

15,5 16,1 

14.1 

14.6 

14,25 

12,9 

12,2 

12.15 

7,25 Liter 

70 

10 

10 

10 

90 

9 

50 

9 

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10 

50 

-f 40 Pfd. 

13,514.5 

12,5 

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13,0 

14,2 

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12,75 

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— 

4,2 von 

71 

8 

40 

8 

60 

9 

30 

9 

— 

— 


-f 60 Pfd. 

17,019,0 

20,0 

17,25 17,2 

16,4 

15,7 

15.25 

12,4 

12,1 

11,75 

5,25 von 

79 

9 


9 

20 

8 

50 

8 

20 

8 

30 

— 70 Pfd. 

16.5 

15,0 

11,5 

14,6 16,2 

15,2 

15,1 

13.6 

14,0 

13,0 

12,75 

3,75 von 

80 

8 

40 

9 

— 

9 

50 

9 

20 

9 

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-f 100 Pfd. 

16,0 15,5 

17.0 

16,0 14,8 

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13.6 

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4,8 von 

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10 

10 

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— 

-f 40 Pfd. 

."2.5 

82,0 

78,0 

75,95 77,3 

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74,1 

70,2 

65,15 

57,8 


25,25 Liter 

Summa: 

45 

10 

47 

80 

46 

50 

45 

30 

— 


-j- 170 Pfd. 












Ab- und 












16.5 

16,4 

15,6 

15,19 15.17 

14,45 

14.82 14.04 

15,03 11,56 


5,05 Liter 

Zunahme: 

9 

02 

9 

56 

6 

30 

9 

06 



-f 34 Pfd. 















+ 

54 

— 

24 

— 

24 




18,048,0'16,5 

14,6 16,6 

15,0 

14,5 

15,4 

15,0 

15,8 

14,2 

3,8 Liter 

69 

9 

20 

10 


10 

20 

10 

— 

9 

60 

+ 40 Pfd. 

12,5 

13,544,5 

14,25 14,1 

12,4 

12,9 

11,5 

10,75 

9,0 

— 

3,5 von 

77 

9 

80 

10 

10 

9 

90 

10 

— 

— 


4 - 20 Pfd. 

21,0 

24,0 27,0 

22,0 20,8 

19,5 

19,3 

16,75 

17,5 

17,3 

15,4 

5,6 von 

78 

10 

10 

10 

30 

10 

30 

10 

40 

10 

40 

-f 30 Pfd. 

14,5 

14,516,0 

14,25jl4,8 

13,0 

12,7 

12,25 10,4 

10,2 

9,1 

5.4 von 

82 

8 

80 

9 

80 

10 

60 

10 

90 

10 

70 

4 - 190 Pfd. 

11,0 

14,018,0 

15,6 *12,1 

15,4 

13,9 

11,75 

12,6 

9,7 

9,5 

1.5 von 

83 

11 

20 

12 

80 

13 

20 

14 


— 

— 

4 - 280 Pfd. 

77,0 84,0 

88,0 

80,7 78,4 

75,3 

73,3 

67,75 

66,0 

62.0 

— 

19,8 von 

Summa: 

49 

10 

53 

— 

54 

20 

55 

30 

— 

— 

4 - 560 Pfd. 




! 








Durch¬ 












15,4 16,8 

17,6 

16,1 45,68 15,06 

14,66 

19,55 

13,2 

12,4 


3,96 von 

schnitt: 

9 

82 

10 

60 

10 

34 

11 

06 

— 

— 

-f 112 Pfd. 












Zunahme: 



+ 

78 

+ 

24 

+ 

32 





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656 

Um nun den Werth oder Unwerth der Castration genau 
prüfen zu können, Hess der Besitzer auf meine Veranlassung 
zu den castrirten Kühen noch 5 niehtcastrirte Kühe (Control- 
Kiihe) stellen, welche in gleicher Weise gefüttert und behandelt 
wurden. 

Vorstehende Tabelle veranschaulicht nun die gewonnenen 
Resultate der Milchprodnction und der Gewichtszunahme bei 
jedem einzelnen Thiere und in Summa. Bemerken will ich, dass 
siimratliche 10 Kühe neumilchend waren und 4 bis 6 Wochen 
vorher gekalbt hatten. 

Die Tabelle enthält 3 Probe-Melkungen, und zwar 2 vor 
der ausgeführten Castration, eine 3 Tage später. Die übrigen 
Milchraessungen sind jeden Donnerstag in der Woche vor¬ 
genommen worden und in der Tabelle monatsweise zusammen¬ 
gestellt. 

Das Wägen der Thiere hat am 2. Februar begonnen und 
ist dann von 8 zu 8 Wochen wiederholt worden. 

Die Milchmessungen erlitten bei 2 castrirten Kühen (No. 71 
und 81) und bei einer Control-Kuh (No. 77) durch Verkauf 
dieser Thiere zur Schlachtbank im Monat September Unter¬ 
brechung, während das Wägen dieser 3 Kühe und einer zweiten 
Control-Kuh (No. 83) aus gleicher Veranlassung im Monat 
October nicht mehr zu verzeichnen war. 

Die in der Tabelle verzeichneten Ergebnisse sowohl der 
Milchmessungen, als auch der Wägungen schliessen zu Un¬ 
gunsten der Castration ab, da die castrirten Kühe vom Beginn 
bis zum Schluss der Messungen in Summa 25 Liter (pro Kopf 
5,05 Ltr.), die nichtcastrirten Kühe dagegen nur 19,8 Ltr. 
(pro Kopf 3,96 Ltr.) verloren haben. Im Gewicht haben die 
castrirten Kühe 170 Pfd. (pro Kopf 34 Pfd.), die nichtcastrirten 
dagegen 560 Pfd. (pro Kopf 112 Pfd.) zugenommen. 

Nach den Ausführungen vonLiebener, Friedrich, Hofherr 
und Sickert steht der Erfolg der Castration der Kühe in keinem 
Verhältnisse zu der eventuellen Gefahr. 


Ueber die Abgabe virulenter Culturen an Laien. 

Von 

Felbaum-Graiulcnz, 

Kreisthiernr/.I. 

In letzter Zeit ist mehrfach auf die Abgabe von Rothlauf- 
Culturen an Laien hingewiesen und geschildert worden, welche 
Folgen durch nachlässiges und böswilliges Umgehen damit entstehen 
können. Es ist nachgewiesen, dass die geimpften Thiere 8 bis 
14 Tage lang Rothlaufbacillen ausscheiden. Sie sind also 
veterinärpolizeilich als krank an Rothlauf zu behandeln. 

Jetzt hat im Kreise Graudehz ein Besitzer Milzbrand- 
culturen aus Stuttgart bezogen und seine Rinder selbst geimpft. 
Andere, auf deren Gütern der Milzbrand häufig vorkommt, haben 
die Absicht geäussert, seinem Beispiel zu folgen. Nach der 
Impfung wurde eine ganze Anzahl Thiere nicht unerheblich 
krank; verendet ist keins. Dass die geimpften und besonders die 
stark reagirenden Thiere eine ifilzbrand-Infection durchmachten, 
also krank an Milzbrand waren, ist doch klar. Eine Desinfection 
der Ställe wird natürlich nicht vorgenommen, die Thiere sind 
ja geschützt, die Milch der kranken Thiere wird wie sonst in 
eine Sammelmolkerei geliefert; es verbietet das eben Niemand, 
denn die Behörde erfährt nichts. Ein solches Verfahren ver- 
stösst aber gegen die Restimmungen des Seuchengesetzes und 
die Instruction. Denn ein Unterschied, ob die Tiere auf natiir- 
Hchem Wege oder künstlich inficirt sind, wird im Gesetz nicht 


No. 47. 

gemacht. Der § 31 des Seuchengesetzes spricht von „Thieren, 
welche an Milzbrand erkrankt oder der Seuche verdächtig sind“. 
Eins von Beiden trifft bei den geimpften Thieren aber sicher zu. 
Es wäre aus veterinärpolizeilichen Gründen also zu fordern, 
dass die Thiere, die mit den Reinculturen des Erregers einer 
Seuche geimpft werden, als krank an dieser Seuche angesehen 
und behandelt werden. Zuerst und vor allen Dingen wäre die 
Anzeigepflicht für derartige Impfungen einzuführen, damit die 
Behörde in die Lage kommt, das Erforderliche veranlassen zu 
können. 

Bei dem freien Verkauf von Milzbrand - Bacillen - Culturen 
kommt aber für die Behörde neben der veterinärpoUzeilichen 
Seite die Sorge um Leben und Gesundheit der Menschen in 
Frage. Die Abgabe von stark wirkenden chemischen Mitteln 
ist wegen dieser Fürsorge allen möglichen Beschränkungen unter¬ 
worfen. Ein gewissenhafter Apotheker wird nicht ein Recept 
mit 0,01 gr Morphium ohne ärztliche Verordnung wiederholen 
und jedem Beliebigen nicht einmal für 10 Pfennige Rattengift 
verkaufen, auch nicht gegen Giftschein, wenn ihm die Person 
nicht zuverlässig erscheint. Bei der brieflichen Geschäftsver¬ 
bindung, wie sie zwischen den Impfstoff-Instituten und ihren 
Abnehmern besteht, kann schliesslich Jeder Milzbrandculturen 
in Hunderten von ccm beziehen, unberechenbaren Schaden an- 
richten und Dutzende von Menschen gefährden. Wir Thierärzte 
haben die Pflicht, die Behörden auf diese Gefahr aufmerksam 
zu machen, und unsere Centralvertretung wird sich nicht nur 
den Dank aller Thierärzte erwerben, sie wird im Interesse des 
allgemeinen Wohls handeln, wenn sie an geeigneter Stelle für 
diese nothwendigen Forderungen eintritt. Mag der Landwirth 
die Flasche mit Rothlauf-Serum stets zu Hause haben, um es 
jederzeit selbst anwenden zu können, virulente Culturen von 
Seuchenerregern gehören nur in die Hand des Arztes. 

Ergänzung meiner Mittheilung über die Therapie 
des Hufkrebses. 

Von 

Marteiw-Sangerhausen. 

Kreisthierarzt. 

Von verschiedenen Seiten habe ich bereits Schreiben erhalten, 
worin ich gebeten werde, die Art und Weise der Anwendung 
der in No. 46 der B. T. W. angegebenen Lösung von Kal. 
bichromic. mitzutheilen. Ich gebe in Folgendem eine kurze Be¬ 
schreibung der höchst einfachen und bequemen Methode. Mittelst 
Rinnmessers und scharfen Löffels (letzteres Instrument eignet 
sich besonders hierzu) wird vor Allem der Grund des Hufkrebses 
freigelegt, indem das Horn von den Rändern über die Grenzen 
des Processes hinaus vorsichtig entfernt wird. Ferner sind die 
harten und abgestorbenen Theile der krebsigen Neubildung bis 
auf die weichen und leicht blutenden Partien fortzunehmen, wo¬ 
bei Verletzungen und Blutungen möglichst zu vermeiden sind. 
Nachdem man so die erkrankten Theile von allen Seiten frei¬ 
gelegt hat, bepinselt man dieselben mit der betr. Lösung und 
drückt einen damit durchtränkten Wattebausch darauf. Auf 
diesen wird Werg und Leder gelegt und das Ganze mittelst 
abnehmbaren Deckeleisens zusammengepresst, damit ein Druck¬ 
verband hergestellt wird. Alle 2 bis 3 Tage wird der Huf des 
Pferdes, welches auf trockenen Wegen arbeiten kann, nach¬ 
gesehen und dabei die harten und abgestorbenen Theile entfernt. 

Die Heilung ist mir bei dieser Behandlungsweise bei 3 Pferden 
in einigen Wochen gelungen. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT'. 


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22. November 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICIIE WOCHENSCHRIFT. 


557 


Bei lebhafter Secretion des Hufkrebses wird man vielleicht 
das erste Mal zweckmässig Plumb. nitric. anwenden können, 
um eine rasche Austrocknung zu erzielen. Im Uebrigen wirken 
die sehr scharf trocknenden und ätzenden Mittel wie Fonnalin, 
Salpetersäure, Liqu. caustique Vivier etc. nach meinen Erfahrungen 
nicht gut, da in der Regel unter dem harten Schorf der Process 
unter Bildung von schmierigen, stinkenden Massen fortdauert. 


Referate* 

Gehirn- und Rückenmark sh aiitentzündiing der Pferde 
in Niederbayern 1899/1900. 

Vortrag auf der Generalversammlung niederbayerischer Thierärzte 
in Passat! am 8. Juli 1900. 

Von Distrietsthierarzt Lcimer-Gcesselhöring. 

L. hat mittelst Fragebogen Erhebungen angestellt, die 
Folgendes ergeben haben: 

In 13 Bezirken erkrankten 638 Pferde in 200 Ställen, 
150 Ortschaften und 100 Gemeinden = 0,8 pCt. des gesammten 
Pferdebestandes. In mehreren Stallungen erkrankten mehrere 
Pferde hintereinander. 

Junge, vollsaftige, gut genährte Thiere neigten am meisten 
zur Erkrankung; Saugfohlen litten niemals daran, jedoch er¬ 
krankten 1 / 2 j } Um£ e Fohlen und selbst 28jährige Pferdegreise 
nicht selten. Das Geschlecht scheint keinen Einfluss aus- 
zuiiben. 

Die Mortalitätsziffer beträgt 85—95 pCt.; vollständige 
Genesungen sind sehr selten, etwa 8,4 pCt.; Nach- und Folge¬ 
krankheiten als Dummkoller, Erblindung, Lähmungen, Schwäche 
der Nachhand häufig, so dass der grösste Theil der „durch- 
gebrachteu“ Patienten nicht mehr das Futter werth ist. Der 
Schade ist somit ein grosser, und dürfte sich der Verlust fin¬ 
den Regierungsbezirk Niederbayern auf rund 200 000 M. belaufen. 

Am meisten betroffen sind die Bezirke: Mainburg, Rotten¬ 
burg, Kehlheim und Abensberg, wo auch das Sterblichkeits- 
verhältniss am höchsten — 90 -96 pCt. 

Leimer giebt dann eine ausführliche Beschreibung der von 
ihm beobachteten Krankheitserscheinungen. Der Verlauf ge¬ 
staltet sich sehr verschieden, so dass zuweilen einige Stunden 
genügten, um den Tod herbeizuführen und andererseits die 
Thiere sich 3—4—8 Wochen hielten, um schliesslich doch elend 
nmznkommen. In günstigen Fällen trat nach einigen Wochen 
Besserung ein, die dann meist anhaltend war; jedoch machten 
auch Recidive oder plötzliche Apoplexie im Reconvalescenz- 
stadium die Hoffnungen zunichte. 

Bei älteren fieberlosen Pferden und bei solchen, die früh¬ 
zeitig in Behandlung kamen, war die Aussicht noch am günstigsten. 
Dagegen starben verkannte, zu Arbeitsleistungen gewaltsam an¬ 
getriebene insbesondere jüngere Thiere sehr bald. Verfasser betont 
unter Hinweis auf die Hindernisse, die bei dem Practiker auf dem 
Lande einer rechtzeitigen und genauen Autopsie entgegenstehen, 
dass die Sectionserscheinungen nichts Neues boten. Er selbst ist 
trotz häufiger Sectionen selten so glücklich gewesen, „characte- 
ristische Entzündungserscheinungen“ festzustellen. L. trennt die 
in Niederbayern als Schlafsucht oder „subacute Gehirnentzündung“ 
diagnosticirte Krankheit in: 1. einfache Gehirn- resp. Gehirnhaut¬ 
entzündung und 2. complicirte Gehirn-Rückenmarksentzündung. 

Ob auch in Niederbayern die sog. Borna’sche vorliegt, 
lässt L. dahingestellt, wenn „ja“, so ist dieselbe in einer etwas 
milderen Form aufgetreten. 


Jedenfalls handelt es sich um eine Infectionskrankheit, die 
ein genaues, wissenschaftliches Studium verlangt, speciell 
auch in Bezug auf ihre Ursache. 

L. nimmt an, dass es sich um einen spec. Krankheitserreger 
handelt, dass aber die von den meisten Berichterstattern an¬ 
genommenen Ursachen : einelange Stallruhe, Leguminosenfütterung, 
schlechte Stallungen etc. als Gelegenheitsursachen, theil- 
weise wahrscheinlich als Träger des Krankheitskeimes zu 
betrachten und nicht als rein nebensächliche Dinge angesehen 
werden dürfen. Interessant in ätiologischer und prophylaktischer 
Hinsicht ist die Angabe von Münich-Straubing, dass in einem 
Stalle mit schlechtem Jaucheabfluss die Krankheit jährlich regel¬ 
mässig auftrat und stets tödtlich endete. Nach Herausreissen 
des Stallbodens und Abgraben des mehrere Meter tief mit 
Jauche durchtränkteu Bodens ist die Krankheit niemals wieder 
aufgetreten. 

Bezüglich des Ansteckungsstoffes fasst L. seine Beobachtungen 
wie folgt zusammen: 

1. Incubationsstadium 1—5 Wochen. 

2. der Krankheitserreger gelangt wahrscheinlich mit dem 
Futter oder Trinkwasser in den Körper und befällt 
vornehmlich junge, mit Leguminosen mastig gefütterte, 
ausgeruhte Thiere in schlecht ventilirten Ställen mit 
schlechtem Jauclieabflnss. 

3. Das Contagium ist fixer Natur, nicht leicht übertragbar, 
an gewisse Stoffe bezw. Localitäten gebunden. 

4. Ansteckung von Thier zu Thier wurde nicht beobachtet. 

Zum Schluss betont Verfasser, dass die Therapie ziemlich 

machtlos ist, und verweist auf die ausgezeichnete diesbezügliche 
Abhandlung von Vogel in seiner Therapie und Diätetik. 

Ziele und Wege der Milchhygiene. 

Von Dr. Klimmer. 

(Archiv für wisaenvchaftl. u. pruct. Tliicrhoilkd. 1900 S. ß.) 

Verf., welcher sich schon durch mehrere in dieser Zeitschrift 
referirte Aufsätze als fleissiger und gewandter Schriftsteller auf 
dem Specialgebiete der Milchkunde hervorgethan hat, bespricht 
in der vorliegenden Arbeit die Aufgaben der Milchhygiene. 

Wichtiger als die gewöhnliche polizeiliche Milchcontrole, 
welche den fast ausschliesslichen Zweck verfolgt, die Consnmenten 
vor pecuniärer Benachtheiligung zu schützen, ist die Bewahrung 
vor sanitären Schäden, welche aus dem Milchgenuss erwachsen 
können. Die Milch kann gesundheitsschädlich sein, wenn sie 
pathogene Microorganismen oder chemische Gifte enthält. 

Diese Schädlichkeiten werden nach den Allgemeinen und 
praetischen Gesichtspunkten eingetheilt, in solche, welche der 
Milch A. im Euter, B. nach dem Melken von aussen bei¬ 
gemengt werden. 

Zu A. Die Absonderung fehlerhafter oder durch ihren 
Genuss die menschliche Gesundheit schädigender Milch kann ver¬ 
anlasst sein: 

1. durch eine Erkrankung der Milchthiere an Infections- 
krankheiten (Tnberculose, Aphthenseuche, Milzbrand, Toll- 
wnth), welche auf Menschen übertragbar sind; 

2. durch eine Erkrankung der Kühe an Infectionskrankheiten 
(Lungenseuche, Eutererkrankungen, fieberhafte Leiden im all¬ 
gemeinen und Krankheiten des Verdanungsapparates) welche auf 
den Menschen zwar nicht übertragbar sind, aber zu einer 
Bacterienbeimengung und einer Aenderung der chemischen Zu¬ 
sammensetzung der Milch führen; 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No 47 


558 

3. durch Aufnahme chemischer Gifte Seitens der Kühe und 
Ausscheidung der Gifte mit der Milch. 

Zu B. Die Milch kann nach dem Melken eine gesundheits¬ 
schädliche oder ekelerregende Beschaffenheit annehmen durch 
Beimengung 1. belebter Stoffe (Saprophyten, pathogene Bacterien) 

2. unbelebter Stoffe (Milchschmutz, chemische Gifte und Riech¬ 
stoffe). 

Nach gründlicher Betrachtung der angeführten Sätze und 
Beleuchtung der Gefahren, welche bei dem Milchgenuss zu be¬ 
achten sind, verbreitet sich Verf. über die Mittel und Wege, 
welche am wirksamsten die Gesundheit der Consumenten zu 
schützen vermögen. Er empfiehlt zu diesem Zweck eine vom 
Staate gesetzlich anzuordnende obligatorische Milch- und 
Milchviehbeschau. 

Dieselbe könne wirksam allein durch tliierärztliche 
Inspectoren ausgeiibt werden. Denn die unteren Polizei¬ 
organe, welchen die Auswahl der zu untersuchenden Milch¬ 
proben jetzt im Allgemeinen obliege, vermöchten nur sehr wenige 
und nur die direct ziemlich wahrnehmbaren Milchschädlichkeiten 
zu erkennen. Sachverständige Chemiker und Bacterio- 
logen könnten die krankmachenden Ursachen in den Milch¬ 
proben häufig nur schwer, oftmals zu spät und in vielen Fällen 
überhaupt nicht constatiren. 

Sehr oft würde erst bei der Untersuchung der Milchthiere, 
ihrer Haltung, Fütterung n. 8. w. ein richtiges Urtheil über 
die Beschaffenheit der Milch gewonnen werden können. Hier¬ 
nach würden als geeignete Sachverständige in dieser Frage nur 
die Thierärzte fungiren können. Von diesen Erwägungen aus¬ 
gehend, haben u. A. eine Anzahl Molkereien in der Schweiz und 
die Kopenhagener Milchversorgungsanstalt thierärztliche In¬ 
spectoren angestellt. Die Einrichtung bewährte sich nach den 
Jahresberichten dieser Anstalten aufs Beste. 

Bei der Einführung einer obligatorischen Milch- und Milch¬ 
viehbeschau wäre Nachstehendes zu berücksichtigen. 

1. Die Anzeigepflicht aller Euter- sowie inner» Krankheiten 
der Hansthiere ist anzuordnen. Die Milch der erkrankten Thiere 
ist während der Dauer der Krankheit im Allgemeinen vom 
menschlichen Genüsse anszuschliessen. 

2. Alle Milchkühe sind mit Tuberculin zu impfen und 
klinisch auf Tuberculose zu untersuchen. Ausschluss der Kühe 
mit klinischen Erscheinungen der Tuberculose von der Milch- 
prodnction. Verkauf der Milch von Kühen, welche reagirt haben 
und klinische Erscheinungen der Krankheit nicht zeigen, unter 
Declaration und dem Hinweis, dass diese Milch nur in gekochtem 
Zustande als menschliches Nahrungsmittel zu verwenden ist. 

3. Die Milch maul- und klanenseuchekranker Thiere ist im 
rohen Zustande vom Verkehr als menschliches Nahrungsmittel 
anszuschliessen, im gekochten Zustande unter Declaration nur 
dann zu verwenden, wenn sie ein normales Aussehen hat. 

4. Milch von Thieren, welche an Milzbrand, Tollwuth, i 
Lnngenseuche oder an Erkrankungen des Euters leiden, ist ! 
vom menschlichen Genüsse ausznschliessen, das Gleiche gilt auch j 
von der Milch derjenigen Thiere, welche mit giftigen oder stark j 
wirkenden Arzneien behandelt sind. Die Entscheidung über die 
Verwendung der Milch, welche von Thieren mit Krankheiten 
des Verdaunngscanals oder mit fieberhaften Leiden abgesondert 
wird, ist den thierärztlichen Inspectoren zu überlassen. 

5. Colostralmilch darf einige Tage vor und sechs Tage 
nach dem Kalben nicht zum menschlichen Genuss zugelassen ! 
Werden, 


f>. Milchkühe sind in geeigneter Weise zu füttern und zu 
putzen. Namentlich ist für Reinlichkeit des Euters, Schwanzes, 
Mittelfleisches, der Lenden und Schenkel zu sorgen. 

Personen, welche an Krankheiten leiden, die durch den 
Milchgenuss auf die Consumenten übertragbar sind oder mit 
derartig erkrankten Personen in unmittelbare Berührung kommen, 
ist das Betreten der Knhställe und Milchränme ohne Genehmigung 
des beamteten Arztes nicht erlaubt. Gegebenen Falles kann 
der Verkauf der Milch aus dem betr. Gehöft oder Geschäft auf 
die Dauer der Ansteckungsgefahr untersagt werden. 

8. Die Hände des Stallpersonals müssen vor dem Melken 
gereinigt werden. 

9. Der Stall soll hell, gut ventilirt und beschleust sein. 

10. Die Milch ist nach dem Melken möglichst bald aus dem 
Stalle zu bringen und abzukühlen. 

11. Die Milchaufbewahrungsräume dürfen nicht als Wohn- 
oder Schlafstätteu benutzt werden. 

12. Die Milchgefässe sind nach jedem Gebrauch gründlich 
zu reinigen. Die Aufbewahrung der Milch in kupfernen, 
messingenen, zinkenen oder thönernen Gefässen mit schechter 
Glasur, sowie in eisernen mit bleihaltiger Emaille ist verboten. 

13. Der Zusatz chemischer Conservirnngsmittel zur Milch 
ist untersagt. 

14. Jede bittere, schleimige, aussergewöhnlich gefärbte, 
gesäuerte, verdorbene oder sonst durch ihre Beschaffenheit Ekel 
erregende Milch ist vom Verkehr ausznschliessen. 

15. Obige Bestimmungen sind auf Rahm, Magermilch, Butter, 
Käse u. s. w. in sinngemässer Weise zu übertragen. 

Die thierärztlichen Inspectoren haben die Gehöfte öfters, 
etwa alle 14 Tage zu controliren. 

Die ortspolizeiliche Untersuchung der Milch auf Ver¬ 
fälschungen kann neben der obligatorischen Milchviehbeschan in 
der Weise fortbestehen, wie sie heute ausgeübt wild, oder sie 
kann auch, wie Ostertag vorschlägt, den mit der Ueberwachung 
des Milchverkehres betrauten Thierärzten übertragen werden. 

Mit dieser Bestimmung würde ein weiterer kostspieliger 
Ueberwachnng8apparat gespart und zugleich der Vortheil 
gewonnen, dass die Thierärzte die bei Fälschungen üblichen 
Ausreden von nenmelkenden Kühen, schlechtem Fntter n. s. w. 
sofort zu widerlegen und hierdurch die Achtung der Fälscher 
vor der Sachkenntniss der controllirenden Beamten zu erhöhen 
vermöchten (Vogel). 

Zn einer gründlichen Lösung aller dieser Aufgaben gehöre 
ein genügend vorgebildetes Personal. Die klinische Ausbildung 
an den thierärztlichen Hochschulen müsse daher auf diesen 
Wissenszweig mehr Gewicht legen. Denn nicht allein die 
thierärztlichen Inspectoren zur Untersuchung der Milch sondern 
jeder praktische Thierarzt müsse mit diesem Gegenstände ver¬ 
traut sein, da er bei Ausübnng seiner Praxis täglich Gelegen¬ 
heit habe, im Dienste der Milchhygiene segensreich wirken zu 
können und ausserdem in den meisten Milchfragen vor Gericht 
der zuständigste Sachverständige sei. 

Hysterectomie bei dem Hnnde. 

Von C. J. Rix. 

(Tlie Journal nf ■■omparative l’atliolojrv a ui Theraponlic* Sept<>ml>cr 1900.) 

Rix nahm die Ovario-Hysterectomie bei einem Hunde vor, 
bei dem der Partus schon 12 Stunden gedauert hatte und alle 
Versuche zur Extraction durch den Geburtsweg fehl schlugen. 
Die Früchte waren zu gross. Die Operation geschah unter anti¬ 
septischen Vorsorgmassrcgeln in der Linea alba: der Einschuitt 


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22. November 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


559 


war 7,5 cm lang. Der Uterus enthielt zwei Früchte, von welchen 
noch eine lebte. Das Mutterthier genas wieder. 

Der Verfasser theilt keine Einzelheiten für seinen Operations¬ 
modus dieser Hysterectomie mit. Das ist schade, weil gerade 
in der Veterinärliteratur die Fälle der Hysterectomie nicht häutig 
veröffentlicht werden. Es wäre wünschenswert^, dass gerade 
mancherlei Einzelheiten gesammelt würden, damit sich daraus 
ergebe, welche Operation den Vorzug verdiene: die extraperi¬ 
toneale Stnmpfbehandlung oder die mit Senkung des Stumpfes. 

M. G. d. B. 

Ueber den infectiösen Charaeter and den Zusammenhang 
von acutem Gelenkrheumatismus und Chorea. 

Von Westphal, Wassermann und Malkoff. 

(Berl. kl. Wschr. 99. CentralbUtt f. Bart. u. Paras. XXVI. No. 21.) 

Bei einer 19jährigen Patientin, welche im Januar an acutem 
Gelenkrheumatismus erkrankt war, zeigten sich Anfang Februar 
die ersten choreatischen (Veitstanz-) Bewegungen; nachdem das 
Krankheitsbild sich rasch verschlimmert hatte, verstarb Patientin 
am 24. Februar im Collaps. Westphal entnahm Blut aus dem 
Herzen, Pericardialfliissigkeit, Stücke der Mitralis mit endoear- 
ditischen Auflagerungen, Stücke ans Milz und Gehirn. Wasser¬ 
mann gelang es zum ersten Male bei diesem Falle von 
Chorea postrheumatica, aus Blut, Gehirn und Herzklappen einen 
Mikroorganismus zu züchten, welcher in geringer Menge in 
die Blutbahn von Thieren gebracht, bei diesen eine mit hohem 
Fieber und multiplen Gelenkaffectionen einhergehende, 
meist tödtliche Krankheit hervorruft. 

Es waren alle Gelenke ohne Ausnahme bei den ver¬ 
schiedenen Thieren erkrankt, neben diesen Krankheitsherden 
findet sich in den Sehnenscheiden und Schleimbeuteln eine 
starke Exsudatansammlung. Tn dem Gelenkcxsudat ist der 
Mikroorganismus stets zu finden: überträgt man denselben von 
hier auf andere Thiere, so erkranken diese wieder an acuter, 
multipler Gelenkentzündung. 

Der Erzeuger dieser acuten, fieberhaften Polyarthritis ist ein 
Streptococous. Man hat bekanntlich die Streptococcen schon 
längere Zeit mit dem acuten Gelenkrheumatismus in Zusammenhang 
gebracht. Im Blut und im Gewebe erscheint der Erreger als 
Diplocoecus. Das Wachsthum geschieht nur bei hoher Alcalesceuz 
und hohem Peptongehalt (2 pCt. Pepton chapoteant). Jess. 

Tagesgeschichte. 

Protocoll der 47. Generalversammlung des thierärzt¬ 
lichen Central Vereins der Provinz Sachsen, der anhai¬ 
tischen und thüringischen Staaten am 7. October 1900 
in Halle a. S. 

Anwesend waren die Mitglieder: 

Thierarzt Beck er-Salzmünde; Schlachthof-Director Bier¬ 
bach-Naumburg; Kreisthierarzt Busch-Torgau; Schlachthof- 
Director Colberg-Magdeburg; Kreisthierarzt Enke-Halle a. S.; 
Thierarzt Enke-Schkeuditz; Hof-Tliierarzt Ernst-Quedlinburg: 
Departements - Thierarzt Dr. Felisch - Merseburg: Thierarzt 
Fieweger-Göthen; Kreisthierarzt Friedrich - Halle a. S.; 
Thierarzt Friedrichs - Niederndodeleben; Kreisthierarzt 
Gundelach - Magdeburg: Kreisthierarzt Griesor - Naumburg; 
Kreisthierarzt Haas-Zerbst; Thierarzt Hecker-Leipzig; Kreis¬ 
thierarzt Hofherr-Herzberg a. E.; Thierarzt Jünger-Weissen- 
t'els; Thierarzt Dr. Kantorowicz-Mühlberg a. E.; Schlachthof- 
Director Klaphake - Zeitz; Kreisthierarzt Kloos - Eisleben; 
Kreisthierarzt Koepke - Liebenwerda; Thierarzt Kohl-Lützen; 


Kreisthierarzt Kühn-Zeitz; Thierarzt Lauche jun.-Bitterfeld; 
Departements - Thierarzt und Veterinär - Assessor Leistikow- 
Magdebnrg; Kreisthierarzt Liebener - Delitzsch; Thierarzt 
Meissner - Schafstädt; Assistenz - Thierarzt Müssemeyer- 
Halle a. S.; Schlachthof-Director Mrugowski - Halberstadt: 
Schlachthof-Director Ollmann-Dessau; Thierarzt Pasch-Benken- 
dorf; Hof-Thierarzt Richter - Dessau; Kreisthierarzt Rössler- 
Cöthen; Thierarzt Schlemmer-Gröbzig; Thierarzt Schroeder- 
Eilenburg; Kreisthierarzt Sickert - Egeln; Thierarzt Siebert- 
Schönebeck; Thierarzt S ieb er t - Aschersleben; Schlachthof - In¬ 
spector Spnhrmann - Stendal: Kreisthierarzt Tannebring- 
Querfurt; Schlachthof-Director Trautwein - Eisleben; Kreis¬ 
thierarzt Thunecke-Calbe a. S.; Thierarzt Uhde-Kalbe a. M.; 
Thierarzt Wilhelm - Brelma; Schlachthof-Director Witte- 
Quedlinburg; Thierarzt Worch-Löbejün; Kreisthierarzt Ziegen¬ 
bein - Oschersleben; Kreisthierarzt Ziegenbein - Wolmirstedt. 

Als Gäste waren erschienen die Herren: Assistenz-Thier¬ 
arzt Arndt-Halle a. S.; Oberrossarzt Bose-Halle a. S. und 
Assistenz-Thierarzt IIeyne -Eisenberg. 

Der stellvertretende Vorsitzende, Departements - Thierarzt 
Leistikow, eröffnet die Versammlung um lD /4 Uhr und gedenkt 
nach Begrimsong der Anwesenden zweier dem Verein durch 
den Tod entrissener Mitglieder — des Departements-Thierarztes 
a. D. Professor Schell (Ehrenmitglied) und Schlachthof- 
Directors Hewig-Torgau — deren Andenken die Versammlung 
in üblicher Weise ehrt. 

Ferner theilt der stellvertretende Vorsitzende mit, dass 
sich die Collegen Berenz, Borchert, Just und Veith wegen 
Fortzuges abgemeldet, dagegen die Herren Kreisthierarzt 
Nippert-Cölleda, Schlachthof-Director Reimers- und Schlacht- 
hof-Thierarzt Weisshnhn-Halle a. S. zur Aufnahme in den 
Verein gemeldet haben. Die genannten Collegen werden ein- 
stimmig aufgenommen. 

Der bisherige Vorsitzende, Herr Departements - Thierarzt 
Oemler, hat, wie ans einem an den Verein gerichteten, durch 
Verlesung bekannt gegebenen Schreiben hervorgeht, sein Amt als 
Leiter des Vereins mit der Begründung niedergelegt, er halte es im 
Interesse des Vereins für erforderlich, dass der Vorsitzende in¬ 
mitten der beruflichen Thätigkeit stehe und dass er (Oemler) 
diese Bedingung nach seiner Pensionirung nicht mehr erfülle. 

Departements - Thierarzt Leistikow vermag zwar diese 
Gründe nicht als stichhaltig und zwingend anzuerkennen und 
bedauert den Oemler’schen Entschluss lebhaft, hat aber bei 
seinen Versuchen, den bisherigen Vorsitzenden zum Verbleiben 
zu bewegen, keinen Erfolg. 

Leistikow hebt noch hervor, dass Oemler dem Vereine 
seit dessen Gründung im Jahre 1877 und zwar ständig im Vor¬ 
stande angehörte, dass er stets eifriges und treues Mitglied war 
und die Sitzungen nur versäumt hat, wenn ihm Krankheit das 
Erscheinen verbot. 

Leistikow beantragt Herrn Oemler durch Ernennung 
zum Ehrenmitglied zu ehren und ihm hierdurch die Dankbarkeit 
und Anhänglichkeit des Vereins auszudrücken. Dieser Antrag 
wird freudig begrüsst und einstimmig angenommen. 

Darauf wird Leistikow zum Vorsitzenden und an dessen 
Stelle zum stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Felisch, zu Dele- 
girten für die Centralvertretung werden Colberg, Dr. Felisch, 
Leistikow, Liebener und Thunecke ernannt. 

Auf Antrag des Thierarzt Hecker beschliesst der Verein 
bei der Centralvertretung dahin vorstellig zu werden, dass das 


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560 

Abgeben von Milzbrand- und Rothlanfculturen zu Impfzwecken 
an Laien durch ministerielle Verfügung verboten werden möge, 
um etwaigen Missbrauch zu verhüten. 

Als Beitrag zur Anschaffung der Büsten von Gurlt, 
Spinola und Hertwig werden als I. Rate 250 M. und als 
Unterstützung für die Wittwe eines verstorbenen Collegen 
50 M. aus der Vereinskasse bewilligt. Dieselbe befindet 
sich dank der geschickten Führung des Kassirers Thun ecke 
in sehr günstigen Verhältnissen. An Baarvermögen ist nach 
den Ausführungen der Kassenrevisoren Kreisthierarzt Ziegen¬ 
bein und Thierarzt Uhde ein Bestand von 2590,02 M. vor¬ 
handen, und ausserdem noch 592 M. Aussenstände. Gemäss 
dem Anträge der Revisoren wird dem Kassirer Entlastung er- 
theilt und demselben zugleich Dank und Anerkennung seitens 
des Vereins durch den Vorsitzenden ausgesprochen. 

Punkt 3 der Tagesordnung fällt w'egen Nichterscheinens 
des Referenten aus. 

Nunmehr erhält Kreisthierarzt Liebener-Delitzsch das 
Wort zu seinem Vortrage: Die Castration weiblicher Hausthiere. 
— Dieser Vortrag, sowie die anschliessenden Mit/heilungen sind 
am Kopfe dieser Kammer veröffentlicht. — 

Zu Punkt 5 der Tagesordnung: Aenderung der Vereins¬ 
statuten beantragt Dep.-Th. Dr. Felisch unter näherer Be¬ 
gründung die Vorberathung einer Commission, in welcher die 
Herren Leistikow, Dr. Felisch, Colberg und Pirl gewählt 
wurden, zu übertragen. 

Zum Schluss der Verhandlungen erwähnt noch Kreisthier¬ 
arzt Friedrich den ungünstigen Verlauf bei einem gemäss des 
Ministerialerlasses vom 6. Juni 1H88 vorgenommenen Bade¬ 
verfahren behufs Tilgung der Schafräude. Es erwies sich das 
Creolin-Pearson in dem verordneten Procentsatze (0 l / 2 Liter 
Creol. auf 250 Liter Wasser) als zu stark, denn die in diesem 
Vorschriftsmässig bereiteten, lauwarmen Bade ganz vorsichtig 
gehaltenen Schafe gingen wenige Minuten nach dem Bade unter 
Vergiftungssymptomen zu Grunde. Der Tod durch Abschlncken 
von Badeflüsssigkeit oder durch Ersticken ist nach dem 
Sectionsergebnisse bestimmt ausgeschlossen. Durch die Unter¬ 
suchung des Herrn Prof. Tcreg-Hannover, welchem eine Probe 
des verwendeten Creolin-Pearson unter Mittheilung des Sach¬ 
verhaltes übersandt war, wurde festgestellt, dass dieses Creolin 
einen Gehalt von 04.5 pCt. Phenolen besass, während — wie 
Herr Prof. Tereg in liebenswürdiger Weise weiter mittheilte, 
der Phenolgehalt des Creolin - Pearson zwischen 10—58 pCt. 
schwankt. Es kam demnach bei dem erwähnten Bade ein 
äusserst wirksames Creolin-Präparat zur Anwendung, wodurch 
sich die intensive Wirkung von der Haut aus in einfachster 
Weise erklärt. 

Kreisthierarzt Haas giebt ebenfalls an, durch Creolin- 
Bäder zwei Schafe unter Vergiftungserscheinungen verloren zu 
haben, rühmt aber im l’ebrigen den guten Erfolg dieses Ver¬ 
fahrens. 

Ferner tlieilt Kreisthierarzt Friedrich noch mit, dass er 
im Jahre 1899 in zwei Rindviehbeständen nach 4‘/ 2 bezw. 
5*/ 2 Monaten sämmtliche Thiere wiederum mit Maul- und Klauen¬ 
seuche behaftet fand, und zwar waren einzelne Thiere bei dem 
zweiten Male heftiger erkrankt als zuvor. 

Nachdem noch die Tagesordnung für die Frühjalirs- 
versamralung — 

1. Ueber Immunität Ref. Prof. Dr. Disselhorst, 

2. Statutenänderung (Commissionsvorlage), 


No. 47. 

3. Mittheilungen über die im Jahre 1898 auf polizeiliche 
Anordnung im Reg.-Bez. Magdeburg ausgeführten 
Zwangs-Impfungen gegen Lungensenche. Ref. Dep.-Th. 
Leistikow — 

festgestellt war, schliesst der Vorsitzende die Verhandlungen 
um 21/4 Uhr. 

Um 3 Uhr vereinigten sich die Mitglieder in dem herrlichen 
Saale des Grand Hotel zum gemeinsamen Mittagessen. 

Leistikow, Friedrich, 

Vorsitzender. Schriftführer. 

Angebliche Aenderung in der Organisation des Militfir-Veterinfirweseos. 

Die Deutsche thierärztliche Wochenschrift reproducirt aus 
dem thierärztlichen Central-Anzeiger (No. 21) eine Nachricht, 
für deren Richtigkeit sie jedoch nicht einstehen zu können er¬ 
klärt. Danach soll nicht blos eine Aenderung der Gehälter, 
sondern die ganze Organisation des Militär-Veterinärcorps Gegen¬ 
stand eingehender Prüfung gewesen sein. Man soll vor Allem 
die Nothwendigkeit erkannt haben, die Vorbedingungen zum 
Eintritt in die Militär-Rossarztschule zu verändern. Die 
Aspiranten sollen erst ein halbes Jahr als Einjährig-Freiwillige 
mit der Waffe dienen und dann sofort zur Militär-Rossarztschule 
einbernfen werden. Danach würde anscheinend nicht bloss anf 
die dreijährige Dienstzeit, sondern auch auf den Lehrschmiede- 
cursu8 verzichtet (V). Ausserdem soll der Uebertritt von Unter- 
rossärzteu der Reserve in den activen Dienst möglichst er¬ 
leichtert werden. Ob, wird hinzugefügt, die Ausführung dieser 
Aenderungen schon „in naher Zukunft“ möglich sein wird, hängt 
von verschiedenen Voraussetzungen ab. — Soweit die Quelle. 

Die angeblich in Aussicht gestellte Aenderung würde 
so sehr den längst gehegten und ausgesprochenen Wünschen 
der Thierärzte entsprechen, dass die Befürchtnng naheliegt, 
es möchten diese Wünsche die Väter der Gedanken 
in jener Nachricht gewesen sein. Wäre dieselbe freilich 
zu bestätigen, so wäre das ein unverhofftes grosses Glück. 
Das Abiturientenexamen und der einjährig-freiwillige Dienst 
der Militärthierärzte, das wären die zwei Grundpfeiler, anf 
denen sich im neuen Jahrhundert ein thierärztlicher Stand 
von ganz anderem Ansehen aufbauen würde ein Stand, wie wir 
ihn uns seit Jahrzehnten gedacht haben. Was den Zeitpunkt 
der Erfüllung anlangt, so thut auch eine Staatsbehörde wohl, 
sich, auch im eignen Interesse, das „bis dat, qui cito dat‘‘ recht vor 
Augen zu halten; rasches Handeln hat doppelte Wirkung. Aber 
es wäre schon viel werth, wenn auch erst im Princip die 
Durchführbarkeit jener Aenderung anerkannt wäre. Wenn man 
freilich diese Verbesserung nur in Aussicht stellte, um dafür 
das Abiturientenexamen kaltblütig abzulehnen, so hiesse das sich 
zu theuer bezahlen lassen. 

Andererseits verlautet, die vom Kriegsministerium befür¬ 
wortete Gehaltserhöhung lasse sich in diesem Jahre nicht 
realisiren; China sei Schuld. Wir Thierärzte haben schon ein 
ausgesuchtes Glück! Hatten wir einmal eine Constellation von 
Ministern, die das Abiturientenexamen für annehmbar erkannten, 
wie 1892, da kam die Schulreform und gab den Gegnern 
willkommene Gelegenheit, die schon gewonnene Stellung erfolg¬ 
reich anzugreifeu. Und jetzt, wo die Militärthierärzte sich 
der Aussicht auf gute Gehälter freuen konnten, verderben diese 
Aussicht scheinbar die chinesischen Boxer. Und wann dann die 
günstige Gelegenheit wieder kommt, das weiss Niemand. Nun 
vielleicht aber liegt zwischen den Nieten doch auch für uns 
einmal das grosse Loos. S. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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22. November 1900. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 561 


Nachruf. 

Ara 25. October verschied nach kurzem Krankenlager der 
Königliche Kreisthierarzt Heinricli Konrad Riecheln.ann in 
Harburg a. E. Geboren am 1. October 1826 in Wilhelmsberg, 
Landkreis Harburg, besuchte er nach erlangter Vorbildung die 
Thierarzneischule in Hannover, erwarb hier im October 1851 
die Approbation als Thierarzt und liess sich in seinem Heiinaths- 
orte zur Ausübung der Praxis nieder, wobei er gleichzeitig die 
Bewirthschaftung seines Hofes versah. Bei der Einrichtung von 
Kreisthierarztstellen in de?f Provinz Hannover im Jahre 1872 
wurde Riechelmann, dem das Vertrauen der Behörden und 
der Bevölkerung in hohem Maasse zur Seite stand, als einer 
derjenigen Thierärzte mit auserwählt, welche man mit der 
Führung der kreisthierärztlichen Geschäfte betraute, ohne dass 
sie das Examen für Kreisthierärzte abgelegt hatten. Im 
October 1873 erfolgte seine definitive Ernennung und Anstellung 
als Kreisthierarzt für die Kreise Harburg (Stadt und Land) und 
Winzen, in welcher Stellung er bis wenige Wochen vor seinem 
Tode unermüdlich mit Fleiss und Treue gewirkt hat. Trotz 
der in den letzten beiden Jahren erheblich zunehmenden körper¬ 
lichen Gebrechlichkeit erledigte der Entschlafene die ziemlich 
umfangreichen Amtsgeschäfte mit geistiger Regsamkeit und 


einer zähen Hartnäckigkeit, die jede körperliche Schwäche über- 
| wand. Zuletzt trat jedoch auch hier ein Versagen ein und es 
ist für den Dahingeschiedenen als eine glückliche Lösung zu be¬ 
zeichnen, dass der Tod ihn seinem Wirkungskreise entzogen hat! 

Wir, die beamteten Thierärzte des Regierungsbezirks 
Lüneburg, welche ihm persönlich näher gestanden haben, werden 
1 dem Entschlafenen stets ein ehrendes Andenken bewahren. 

Holtzhauer, Departementsthierarzt. 

Central-Verein preussischer Kreisthierärzte. 

Einladung zu der am 14. December er. Nachmittag 2 Uhr 
im Hotel zu den vier Jahreszeiten in Berlin, Prinz Albrecht- 
strasse 9 stattfindenden Versammlung. 

Tagesordnung: 1. Gründung des Vereins, 2. Vorstands¬ 
wahl, 3. Statuten-Berathung, 4. Verschiedenes. Thun ecke. 

Stiftungsfest. 

Die Berliner Landsmannschaft Franconia feiert in diesem Jahre 
ihr 50jähriges Stiftungsfest, dem natürlich besonderer Glanz ver- 
i liehen werden soll. Die Festlichkeiten beginnen am Donnerstag 
den 29. November mit einem Empfangsabend auf der Franken¬ 
kneipe, Novalisstrasse HI, und dauern bis Sonntag, den 2. De- 
| cember. Der grosse Commers findet am Sonnabend statt. 


Staatsveterinärwesen. 

Redigirt von Preusse. 

Tubercuiin. 

Durch Erlass des preuss. Ministers für Lamlwirthschaft, 
Domänen und Forsten v. 29. October d. J. sind den Regierungs¬ 
präsidenten neue Grundsätze für die Beurtheilung der Reaction 
bei der Tuberculinprobe zur Mittheilung an die beamteten und 
Privatthierärzte ihres Bezirkes zugegangen. Dem Erlass vom 
29. Juli 1886 mitgetheilt in Theil 10, Jahrgang 1896 B. T. W.) 
war eine Belehrung über die Bedeutung und Bekämpfung der 
Rindertuberculose beigefügt, in welcher unter Ziffer 9 gesagt war: 

a) Die Temperatur des geimpften Thieres übersteigt die 
höchste vor der Impfung festgestellte Temperatur um 1,5° C 
und darüber. In diesem Falle ist das Vorhandensein der Tuber- 
culose mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen. 

b) Die Differenz beträgt weniger als 1,5 0 C. In diesem 
Falle ist mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass das Thier 
frei von Tuberculose ist. 

Nachdem in der inzwischen verflossenen Zeit das Tuber¬ 
cuiin in bedeutendem Umfange zur Ermittelung der Tuberculose 
bei Rindern angewendet worden ist, und die geimpften Thiere 
in einer grossen Zahl von Fällen nach der Schlachtung auf das 
Vorhandensein tubercnlöser Veränderungen haben geprüft werden 
können, hat sich herausgestellt, dass mehrfach auch solche 
Rinder mit Tuberculose behaftet waren, bei welchen der 
Temperaturanstieg nach der Einspritzung des Tubercnlins weniger 
als 1,5 u G betragen hatte, und dass andrerseits diejenigen 
Rinder, bei denen die Temperatur, trotz einer Steigerung um 
1,5° C, die normale Bluttemperatur nicht überschritten hatte, 
von Tuberculose frei waren. 

Es konnte somit an den bisherigen Grundsätzen für die 
Beurtheilung der Tuberculinprobe nicht festgehalten werden. 

Die zur gutachtlichen Ae.isserung veranlasste technische 
Deputation für das Veterinärwesen hat erklärt: „dass nach dem 
jetzigen Stande der Wissenschaft alle diejenigen Rinder, bei 
denen die innere Körpertemperatur nach der Einspritzung von 


! Tubercuiin erheblich über die Norm steigt, als reagirend und 
i wahrscheinlich tuberculüs angesehen werden müssten, ferner, 
dass die obere Grenze der normalen inneren Körpertemperatur 
der Kälber bis zu 6 Monaten 40° C. und bei älteren Rindern 
39,5° C. betrage und dass die Tuberculinprobe bei Thieren, 
deren Temperatur die normale übersteigt, nicht verwendbar sei. 

Demgemäss werden an Stelle der vorerwähnten Bestimmungen 
der Tubercnlin-Impfiiistruction folgende Vorschriften erlassen: 

a) Als reagirend und demnach als tuberculoseverdächtig 
sind diejenigen Rinder anzusehen, welche vor der Einspritzung 
keine 39,5° C. überschreitende Körpertemperatur aufweisen und 
bei denen die Körperwärme nach der Einspritzung des Tuberculins 
über 39,5° C. steigt, sofern der Unterschied zwischen der 
höchsten vor und nach der Einspritzung ermittelten Temperatur, 
mindestens 1° C. beträgt. 

b) Bei Kälbern im Alter bis zu 6 Monaten begründet eine 
Steigerung der inneren Körperwärme nach der Tuberculin- 

| einspritzung über 40° C. den Verdacht auf Tuberculose, wenn 
| der Temperaturunterschied mindestens 1° C. beträgt.“ 

Ob mit dieser neuen Vorschrift für die Beurtheilung der 
i Tuberculiureaction das Richtige getroffen worden ist, muss vor¬ 
läufig dahin gestellt bleiben, jedenfalls kann das tils sicher an¬ 
genommen werden, dass auch die Beurtheilung nach den vorstehen¬ 
den Grundsätzen noch Fehlresultate zeitigen wird. So werthvoll 
auch die Anwendung des Tuberculins bei der Diagnostik der 
für unsere Viehbestände verderblichsten Krankheit ist, so muss 
doch anerkannt werden, dass sich die Wirkung dieses Präparats 
nicht durch eine bestimmte mathematische Regel ausdrücken 
lässt, die für alle Fälle zutrifft. Wie schwer es ist, eine solche 
Regel anfzustellen, ergeben die von den verschiedenen Seiten 
für die Beurtheilung der Reaction aufgestellten Grundsätze, 
welche in Bezug auf die Höhe des Temperaturunterschiedes, 
die niedrigste und höchste Temperaturgrenze, Anfang, Dauer 
und Ende der Reaction n. s. w. nicht unwesentlich differiren. 
Immerhin wird es von den Thierärzten Preussens dankbar an¬ 
erkannt werden müssen, dass ihnen Anhaltspunkte, welche 


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562 

sich aas einer vielseitigen, mehrjährigen, wissenschaftlichen Er¬ 
fahrung ergeben haben, an die Hand gegeben worden sind, nach 
denen sie, namentlich bei den Tuberculinimpfungen grösserer 
Bestände, ohne wesentliche Mühe ihr Urtheil werden abgeben 
können. Es schliesst dies jedoch nicht aus, dass im einzelnen 
Falle nach wie vor auch andere Momente für die Beurtheilung 
der Tnberculinreaction werden berücksichtigt werden müssen. 

P. 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen. 

Auf dem Schlachtviehhof München Ausbruch und Erlöschen 
am 17. November. 


Fleischschau und Viehhandel.*) 

Redigirt von Kühnau. 

Ueber Fleischbeschau! 

Von Veterinär-Assessor Georges-Gotha. 

Die dringende Nothwendigkeit der obligatorischen Fleisch¬ 
beschau wird kein klar denkender Mensch mehr leugnen können, 
nachdem die Zunahme der menschlichen Erkrankungen durch 
den Genuss von Milch oder Fleisch kranker Thiere 
statistisch nachgewiesen worden ist. Vorzüglich das eminente 
Vorwärtsschreiten des Würgengels: „Tubercnlose“ bei Menschen 
und Thieren und anderer auf den Menschen übertrag¬ 
barer Thierkrankheiten (Bandwnrmplage durch Rinderünnen etc.) 
lässt, bei dem thatsächlich jetzt überwiegenden Roh ge nass des 
Fleisches unserer Schlachtthiere, sei es als Hackfleisch, oder 
Cervelatwurst, Schinken, Magerspeck, kurz, aller mit ver¬ 
schiedenen Namen bezeichneten, meist nur leicht angeräucherten 
rohen Fleischsorten, eine Uebertragung von Thierkrankheiten 
auf Menschen jetzt mehr wie früher nicht wegleugnen. 
Wenn nun diese Thatsachen feststehen, wenn sämmtliche Sach¬ 
verständigen darüber einig sind, dass eine sorgsame Beschau 
unserer schlachtbaren Hausthiere aus obigem Grunde un¬ 
umgänglich nothwendig ist, um gesunde Menschen zu erhalten, 
so kann man kaum begreifen, wie das neue Reichsfleischschan- 
Gesetz ein so ungenügendes und den guten Zweck vollständig 
durchlöcherndes Machwerk geworden ist. 

Von den vielen Millionen von Schlachtthieren, welche 
jährlich im deutschen Reiche geschlachtet werden, wird vielleicht 
nur der dritte Theil von Fleischern für das Publicum ge¬ 
schlachtet, die anderen zwei Drittel sind Hausschlachtungen. 
Und diese Hausschlachtungen sollen nunmehr, ohne sach¬ 
verständige Controle, dem Hauptstamm der Bevölkerung, 
dem Bauer, dem Arbeiterstande, dem Handwerker, dem kleinen 
Mann etc. mit-üll ihren schweren Nachtheilen für die Gesundheit 
derselben anheimgegeben werden? Es ist kaum zu glauben, 
wie kurzsichtig diejenigen gewesen sind, welche gegen alle 
Bestrebungen der Sachverständigen die Untersuchung der 
Hausschlachtungen zu Falle gebracht haben. Ein Beispiel ans 
meiner langjährigen Praxis mag dies erläutern: 

Im Herzogthum Gotha besteht seit ca. zehn Jahren die 
obligatorische Fleischbeschau aller Schlachtungen. In jedem 
Orte des Landes, in dem ein staatlich controlirtes Schlachthaus 
nicht besteht, sind je nach Bedürfnis zwei bis sechs Fleisch- 
beschaner, die zugleich Trichinensucher sind, angestellt. Jedes 
Schlachtthier, vom Pferd bis zur Ziege, wird vor und nach dem 
Schlachten besichtigt und nach bestehenden Vorschriften be- 

*) Meinungsäusserung zu obigem Artikel Vorbehalten. D. Red. 


No. 4?. 

handelt. Die Fleischbeschauer haben über ihre Thätigkeit 
Bücher zu führen und jedes Resultat einer Schlachtung, znm 
Zweck jährlicher Statistik, genau einzutrageu und letztere am 
Ende des Jahres einzureichen. Die Controlbücher, welche 
gleichlautend neben den Fleischschaubüchern zu führen sind, 
werden alle Halbjahre den Bezirksthierärzten zur Durchsicht 
eingereicht, die Fehler corrigirt und in einer Hauptversammlung 
besprochen, in welcher auch die etwaigen Neuerungen auf dem 
Gebiet der Fleischbeschau vorgetragen werden. 

Zu Anfang hatte sich die ländliche Bevölkerung gegen die 
Untersuchung der Hausschlachtungen ebenfalls gewehrt, da sie 
Eingriffe in ihre häuslichen Rechte besorgten. Bald aber, als 
sie auf die Blasen, Knötchen und anderen Gebilde von den 
Fleischbeschauern aufmerksam gemacht wurden, als ihnen der 
gefährliche und ekelerregende Character der unzähligen Parasiten 
und Gebilde in den Organen der Schlachtthiere mehr und mehr 
bekannt wurde, als die Tubercnlose beim Rind und Schwein 
immer mehr zunahm, als durch die Bezirksthierärzte auf die 
Gefährlichkeit des Fleisch- und Milchgennsses tuberculöser 
Thiere, auf Septicämie, Pyämie aufmerksam gemacht werden 
musste, - trat ein merklicher Umschwung ein, und Niemand 
hatte mehr Einwendungen gegen die Fleischbeschau ; man be¬ 
zahlte gern und willig die geringen Gebühren von 15 Pf. für 
Ziege, 25 Pf. für Schwein, Schaf, 50 Pf. für das Rind. 

Hier schlachtet der Bürger im Hanse, es schlachtet fast 
jeder Bauer, der Arbeiter, der Tagelöhner, kurz Jeder, der es 
nur halbwege kann. Aber der Bauer schlachtet nicht nur für seine 
Haushaltung, sondern für alle die Städter, die nicht selbst 
schlachten, auch für die höchsten Kreise. Banemwnrst und 
Bauernschinken ist nach Ansicht der Leute viel schmackhafter, 
viel nahrhafter, viel besser und auch billiger als Fleischerwaare. 
Bis jetzt konnte auch Jedermann ohne Bedenken von diesen 
Prodncten gemessen; sie waren gewissenhaft untersucht. Tnber- 
culose, Septicämie, Eiterfieber, kurz .alle infectiösen und nicht 
infectiösen Krankheiten, alle ekelerregenden Gebilde und Para¬ 
siten der Reihe nach waren mit den Organen entfernt und 
vollständig von der Zubereitung ausgeschlossen; es konnte keine 
Wurst und kein Schinken und Speck etc. etc. verkauft werden, 
der nicht von vollständig gesunden Thieren stammte. Jede 
nothgeschlachtete Kuh etc. blieb in dem Orte, wo sie geschlachtet 
war, und durfte nur gargekocht genossen werden. 

Wie mag dies nun nach Einführung des Reichsgesetzes 
werden, wenn die Untersuchung der Hausschlachtungen auf¬ 
gehoben werden soll? Wer übernimmt die Garantie, ob auch 
dann noch diese Schlachtungen eine Gewähr der Unschäd¬ 
lichkeit darbieten? Was der von da ab ohne Controle 

Schlachtende in seinem Hause mit seinem Hausschlachter 

macht, entzieht sich jeder Beurtheilung. Ob das Thier Fieber 
hat oder nicht, ob es gemäss Besichtigung der Lymphdriisen 
gefährlich für den menschlichen Genuss wäre oder nicht, ob die 
Lungen, Lebern, Nieren voller Parasiten sind oder nicht, ist 
dem Hausschlachter und Besitzer unbekannt und auch einerlei, 
vorzüglich, wenn für den Verkauf geschlachtet wird, den wieder 
Niemand controlirt. Was haben bis zur Zeit die Fleisch¬ 

beschauer alles gefunden und verworfen. Lungen und Lebern 
voller Hülsenwürmer, oft im Gewicht bis zu 90—100 Pfund, 
Haarwürmer, Fadenwürmer, Egeln, Eiterhöhleu, Tuberceln in 
allen Formen, Neubildungen, Strahlenpilze, Finnen jeder Art 
u. s. w. Dies Alles wird mit Eintritt der jetzigen Reichs¬ 
bestimmung unentdeckt bleiben. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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22. November 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


563 


Aber noch schlimmere Zustände können sich entwickeln. 
Die Septicaemie ist bei unseren Schlachtthieren garnicht so 
selten, und werden leider bei Haus- und Nothschlachtungen von 
den Taxatoren der Viehkassen und den Hausschlächtern, da die¬ 
selben urtheilslos sind, dem Genuss freigegeben. Es werden 
wieder viel mehr Massenerkrankungen auftreten. Wer wird ein 
gutgenährtes Rind, welches tuberculöse Bugdrüsen, tuberculöse 
Herde in den Knochen hat, wohl als Hausschlachtung verwerfen? 
Es wird mit Rumpf und Stumpf halb roh genossen, und zwar 
von Jung und Alt. So giebt es hunderte von Beispielen. 

Es kann aber auch Vorkommen, dass in Manöverzeiten 
ganze Abtheilungeu von Soldaten, die einquartirt werden, unter 
solchen Zuständen zu leiden haben, ebenso Menschenmengen bei 
Kirmessen und sonstigen Festlichkeiten. Sicher ist, dass es statt 
besser, viel schlimmer wird. 

Es wäre zu hoffen, dass wenigstens diejenigen Staaten, die 
eine vollständige Fleischbeschau haben, dieselbe in derselben 
Weise behalten können und dass nach und nach die Reichs¬ 
regierung zu dem Entschluss gelangt, die Hausschlachtungen 
ebensfalls zur Beschau heranzuziehen, wenn es jetzt nicht noch 
geschieht, ehe das fragl. Gesetz in Kraft tritt. 

Was in einem kleinen Staate möglich ist, sollte doch im 
grossen deutschen Reiche auch möglich sein! 

Eine besonnene Ueberlegung in landwirtschaftlichen Kreisen 
sollte aber sicher gegen die Ausscheidung der Hausschlachtungen 
von der Fleischbeschau energisch Front machen. Die unzähligen 
Mengen der mit Eingeweidewürmern behafteten Lungen, Lebern, 
Herzen, Nieren und anderen Thiertheilen, welche alljährlich als 
direct schädlich, gefährlich oder ekelerregend für Menschen bei 
Ausübung der Fleischbeschau verworfen werden müssen, reprä- 
sentiren ein Capital von Millionen Mark. Durch Unschädlich¬ 
machung dieser Parasiten aber werden nach und nach die Ur¬ 
sachen der Erzeugung solcher pathologischen Zustände der Thiere 
und deren Organe mehr und mehr beseitigt und es wird die 
Zeit nicht mehr fern sein, wo diese Millionen Mark der Land¬ 
wirtschaft erhalten bleiben. Sollte Niemand der Herren Agrarier 
an diese Zukunft gedacht haben? 

Ueberlässt man die anerkannt grösste Zahl der Schlach¬ 
tungen, die Hausschlachtungen, wieder den Besitzern, ohne 
sachverständige Controle, so wird der alte Schlendrian, alles zu 
verwerten, wieder Platz greifen, die kranken ekelerregenden 
Gehänge kommen wieder in die Rothwurst, die Tuberculöse und 
die Finnen wieder in die Cervelatwurst und die Schinken etc. etc., 
das ganz Schlimme wird den Hunden vorgeworfen, diese erzeugen 
wieder die Bandwurmplage, aus deren Eiern die Hülsenwürmer 
und all das Unglückszeug entsteht, welches jetzt verworfen wird. 
Der alte Jammer ist wieder da. 

Viehversicherung. 

Sitzungsbericht. (Auszug.) 

Auf Einladung der Direction der Perleberger Vieh- 
versicherungs-Gesellsch-aft zu Perleberg vereinigten sich am 
25. October, Vormittags 11 Uhr im kleinen Saale des Reichs¬ 
postamts zu Berlin folgende Herren: 

1. Seine Excellenz Staatssecretär von Podbielski, 

2. Min.-Director, wirkl. Geh. Ober-Reg.-Rath Dr. Hermes, 

3. Geh. Ober-Reg.-Rath Küster, 

4. Reg.-Rath Hoffmann, 

5. Reg.-Rath von Gehring von der Regierung Potsdam, 


6. Königlicher Versicherungsrevisor de Niem, 

7. Assessor Dr. Roesicke, Vorsitzender des Bundes der 
Landwirthe, 

8. Plaskuda, Director des Bundes der Landwirthe, 

9. Oberleutnant a. D. Tschirner, v. Bund d. Landwirthe, 

10. Ritterschaftsdirector von Saldern-Perleberg, 

11. Königlicher Oberamtmann Ring-Düppel, 

12. von Hülsen, von der Landw.-Kammer Brandenburg, 

13. Ehrlich, „ „ „ Sachsen, 

14. Eberl, „ „ „ Posen, 

15. Pastor Meienschein von der Landw.-Kammer Cassel, 

16. Gans Edler Herr zu Putlitz, Vorsitzender des Ver¬ 
waltungsraths der Perleberger Viehversich.-Gesellschaft, 

17. Kr au 8 e, Director der Perleb. Viehversich.-Gesellschaft, — 

um über den weiteren Ausbau des gesainmten Viehversicherungs¬ 
wesens auf Grundlage der Gruppen- und Verbands-Versicherung 
der Perleberger Viehversicherungs-Gesellschaft zu berathen. 

Unter dem Vorsitz Sr. Excellenz von Podbielski wird 
die Sitzung um ll 1 /* Uhr eröffnet und erläutert der Vorsitzende 
des Verwaltungsraths der „Perleberger“, Herr Baron zu 
Putlitz in eingehender, sachlicher Weise den Aufbau und die 
Vorzüge der jahrelang gründlich erprobten Gruppen- und 
Verbands Versicherung, welche in folgenden Punkten ihren Aus¬ 
druck finden: 

1. Versicherung und damit Prämienzahlung sowie Ent¬ 
schädigung von den jeweiligen wahren Werthen; Ver¬ 
meidung der Erhebung von unberechtigten Schaden¬ 
ansprüchen. 

2. Richtige Gefahrenklassen in Folge des Systems der 
Beitragserhebung. 

3. Verbilligung der Verwaltungskosten durch die Mitarbeit. 

4. Zusammenschluss zu Verbänden und damit bester Aus¬ 
gleich, welcher den Ortsviehversicherungs-Vereinen fehlt. 

5. Beste Lösung der Rückversicherungsfragen durch den 
Zusammenschluss der Verbände in der Gesellschaft. 

Besonders hervorzuheben ist die Art der Mitarbeit, wodurch 
die billigen Prämien erreicht werden und welche in den andern 
Systemen nicht in dem Maasse ihren Ausdruck finden kann. 
Ein gewissenloses Herantreten der Versicherten an den Verband 
(wie bei den bisherigen Ortsviehversicherungen mit Rück¬ 
deckung) nur in dem Gefühl, „nun, nehmen wir nichts für uns 
ans den Mitteln, so nehmen sich doch die Anderen und wir 
haben das Recht, zuerst für uns zu sorgen“, ist hier gänzlich 
ausgeschlossen. 

Von einer Generaldiscussion wird abgesehen und auf Vor¬ 
schlag des Vorsitzenden, Excellenz von Podbielski, be¬ 
schlossen, folgende Punkte eingehend zu berathen. 

1. Ist eine Viehversicherung nothwendig? 

2. Wie denken sich die Herren den organischen Aufbau 
derselben. 

3. Die Schlachtviehversicherung. 

4. Die Tuberculin-Impfversicherung. 

Frage 1 wird unter allgemeiner Anerkennung der Be¬ 
strebungen und Arbeiten der Perleberger Vieh-Versicherungs¬ 
gesellschaft einstimmig für sämmtliche Viehbesitzer bejaht, nach¬ 
dem Herr Directer Krause an der Hand eingehender und lang¬ 
jähriger Statistik nachgewiesen hat, dass eine Trennung des 
Grossgrundbesitzes vom Mittel- und Kleingrundbesitz in gesonderte 
Verbände nicht im Interesse der allgemeinen Verbilligung der 
Prämien liegt. 


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564 


fcEßLlNEß tHIERÄRZTUCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 47. 


Zur Frage 2 wird einmüthig anerkannt, dass es zweckmässig 
ist, die Viehversicherung organisch aufzubauen und dass hierfür 
das bei der „Perleberger“ eingeführte System der Gruppen- und 
Verbandsversicherung das geeignete Mittel ist, zumal in Aussicht 
genommen ist, den Landwirthschaftskammern weitgehende Mit¬ 
wirkung und Controle einzuräumen. 

Zum Punkt 3 „Schlachtviehversicherung“ fordert ein Herr 
Verstaatlichung der Schlachtviehversicherung, die Vertreter der 
„Perleberger“ die freiwillige Schlachtviehversicherung, möglichst 
ungetrennt von der Viehlebensversicherung, während mehrere 
Herren Wünsche dahingehend äussern, dass Zwangs-Schlacht¬ 
viehversicherung eingeführt wird, welche nicht vom Staate, 
sondern von privaten Anstalten unter Staatsaufsicht zu leiten ist. 

Die Einwirkung der Gruppen-Versicherung auch auf die 
Schlachtviehversicherung, welche, wie allgemein anerkannt wird, 
von der „Perleberger“ vollkommen reorgauisirt ist, hat sich der¬ 
artig gezeigt, dass die in Gruppen Versicherten mit der Hälfte 
der Prämien, welche die Einzel-Versicherten zu zahlen haben, 
für die Schlachtvieh-Versicherung reichen. 

Nach den sachlichen Ausführungen des Herrn Director Krause 
wird weiter allgemein anerkannt, dass die Viehversicherung nur 
dann billig geboten werden kann, wenn sie in allen Zweigen 


zusammen von einer Anstalt betrieben wird. Die Schlacht¬ 
viehversicherung arbeitet am billigsten im Verein mit der Vieh¬ 
lebensversicherung. So kann die Rinder- und Schweine-Vieh- 
lebens-Versicherung nur billig geboten werden, wenn eine schnelle 
und gute Verwerthung vorgenommen wird. Eine solche Ver- 
werthung ist aber nur im Verein mit einer gut organisirten 
Schlachtviehversicherung möglich. 

So vereinigt ergänzen sich die einzelnen Abtheilungen und 
arbeiten daher jede mit derartig niedrigen Prämien, wie sie 
getrennt nicht geboten werden können. Daher liegt es im all¬ 
gemeinen Interesse, dass die einzelnen Unterabtheilungen der 
Viehversicherung nicht von einander getrennt werden, sondern 
zusammen bleiben. 

Einmüthigkeit herrscht unter den Versammelten ferner da¬ 
rüber, dass die Doppelversicherungen in der Schlachtvieh¬ 
versicherung zu untersagen sind, überall Freibänke eingerichtet 
werden und eine Anleitung für möglichst gleichmässige Fleisch¬ 
beschau gegeben wird. 

4. Die Tuberculin-Impfversicherung wird in Rücksicht auf 
das Tuberculin, als noch nicht absolut sicheres Beweismittel, 
zur Zeit noch nicht als im allgemeinen Interesse liegend, 
erachtet. 


Personalien. 

Ernennungen: in Bayern: F. Xaver Petzenhauser, Districts- 
thierarzt in Moosburg zum Bezirksthierarzt in Keiunath; Wilhelm 
Reindl, Bezirksthierarzt in Rosenheim, pragmatisch angestellt; 
A. Steger, Bezirksthierarzt in Dachau, in den Ruhestand versetzt. 
— Zu Distrietsthierärzten die Thierärzte Heinrich Geiger-Stadt- 
lauringen in Otterberg (Pfalz), Karl Sehricker-München in Grönen; 
bach, Johann Seuberling-Euerdorf in Euerdorf (Unterfr.). 

Gewählt: Thierarzt Kurt Lange zum Sehlachthof-Assistenz¬ 
thierarzt in Graudenz. 

Approbationen: in München die Herren Wilhelm Eilhauer, 
Max Hamberger, Franz Hein, Joseph Luginger, Matthäus 
Miller und Joseph Szaley, letzterer aus Ungarn. 

Wohnsitzver&nderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die 
Thierärzte Alfred Alt mann nach Trendelburg (Bez. Cassel)- 
0. Beutler als Assistent am anatom. Institut der thierärztl. Hoch¬ 
schule nach Hannover; F. Gierer als bezirksth. Assistent nach 
Ludwigshafen; 0. Orth als bezirksth. Assistent nach Bad Kissingen; 
Max Piper-Dalldorf nach Cottbus (Schlachthof); Paul Simadcr- 
Stuttgart als bezirksthierärztl. Assistent nach Kulmbach. — Thier¬ 
arzt Otto Eisen-Nürnberg hat sich in Legau (Bez.-Amt Memmingen), 
und B. Lange in Schönfliess (N.-M.) niedergelassen. 

In der Armee: Zu Rossärzten des Beurlaubtcnstandes sind be¬ 
fördert: die Unterrossärzte Meissner (Landw. I Landwehrbezirk 
Grossenhain), Schneiderlieinze (Res. Dresden II), Auerbach 
(Res. Plauen), Fischer (Res. Wurzen), Katzfuss und Neumann 
(Res. Dresden II), Zieger (Res. Wurzen), Michael (Res. Chemnitz II), 
Kramer (Landwehr 1, Zittau), Göllnitz (Landw. I, Dresden II), 
Gleich (Res. Bautzen). 

Todesfälle: Georg Hermann, Bezirksthierarzt in München. 

Vacanzen. 

(Näheres Uber die Vacanzen mit abgelaufener Meldefrist 
s. die vorhergehenden Nummern.). 

Kreisthierarztstelien etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Reg.-Bez. Hannover: Springe zum 1. Jan. 1901 (600 M.). Meid, 
bis 25. Nov. er. an den Regierungspräsidenten. 

In Sagan erfolgt der Stellenwechsel zum 1. Decbr., es ist jedocli 
über die Stelle bereits verfügt, (cf. No. 45.) 


b)NachAblauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Reg.-Bez. Coblenz: Simmern. —- Reg.-Bez. Düsseldorf: Landkreis 
Krefeld. — R.-B. Potsdam: Angermünde. 

Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Elbing: Assistenzthierarzt am Schlachthof (Privatpraxis gestattet). 
Bewerb, mit Gehaltsansprüchen innerhalb 4 Woch. an den Magistrat — 
| Lauenburg: Schlachthofvorsteher (1800 M. steigend bis 2700 M. 
Wohnung etc. 500 M. Caution). Bewerb, an den Magistrat 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Beuthen (Oberschles.): Schlachthofassistenzthierarzt. — Düren: 
Schlachthofdirector. — Hartha i. Sachs.: Sanitätsthierarzt — 
Köln: Schlachthofthierarzt. — Königsberg(Ostpreusen): Schlacht¬ 
hofthierarzt. — Mainz: Schlachthofthierarzt. — MeBeritz: Schlacht¬ 
hofthierarzt. — Otteiler (Bezirk Trier): Schlachthausverwalter. — 
Oelsnitz (Sachsen): Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleisch¬ 
beschau. — Pössneck-: Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau.— 
Punitz i. Pos.: Thierarzt für Schlachtviehbeschau. — Salz¬ 
wedel: Schlachthof-Vorsteher. — Trier: Hilfsthierarzt am Schlacht¬ 
hof. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf —Wolken¬ 
stein: Schlachthofthierarzt — Wollstein (Posen): Schlachthof¬ 
inspector. 

Privatsteilen : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neustadt). 
— Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck 
(Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pillkallen). — Murrhardt. — Schön¬ 
baum (Danzig). — Soldau (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. — Festen¬ 
berg Bez. Breslau. — Jade (Oldbg.): Thierarzt — Marggrabowa 
(Kreis Oletzko): Thierarzt, welcher zum 19. Januar 1901 die vet- 
techn. Aufsicht des Schlachtliofes zu übernehmen hat (Hierfür aus 
städtischen Mitteln 60ü M., ausserdem bei Uebernahme der Lebend¬ 
beschau weitere 200 M.; sowie 600 M. wiederruflichen Kreiszuschuss.) 
Bewerb, bis 10. Dec. er. an den Kreisausschuss. — Mengering¬ 
hausen (Waldeck.) — Peiskretscham (Ober-Schles.). — Rhinow 
(Reg.-Bez. Potsdam). — Schloppa (Westpr.). — Schwarzen¬ 
berg i. S. — Sonnenburg. — Suelze (Mecklb.). — Wadern 
(Bez. Trier): Thierarzt zum 19. November er. (Fixum 600 M. und 
280 M. für Ueberwachung der Märkte). Bewerb, bis 10. November 
an den Bürgermeister. 

Besetzt: Sanitätsthierarztstelle in Graudenz. 

Berichtigung: In dem Artikel von Tempel No. 46, pg. 542, 
vierte Zeile von unten muss es zweimal heissen „so“ statt „nicht“. 


Verantwortlich für Jon Inhalt (exel. Iuscratenthcll): l'rof. I)r. Schmält/ in liurliu. — Verla" und Kigenthum von Richard SchootE iu Ucriiu. - Druck von W. Büxenstein, Berlin 


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Die „Berliner Thlerirztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in St&rkc von mindestens l*/, Bogen. Dieselbe 
ist zu beziehen durch den Buchhandel, die l’ost (No. 1082) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Hichard 
Sclioots, Berlin NW., Luisen Strasse SO, zum Preise von 
Mk. 6 , — pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeitrftge werden mit 50 Hk. für den Bogen honorirt 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin thierärztlicbe Hochschule, NW., Luisenstrasse 5G. 
Correcturen, Reconsions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz -Berlin. 

Verantwortlicher Redacteur. 

De Bruln Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel Zündel 

Professor Oberthierarzt Departementsihicrarzt Professor Departementsthierarzt Veterlnftrassessor Professor Landcs-Insp. f. Thiorzucht Kreisthierarzt 

Utrecht. Hamburg. Cöln. Breslau. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. M 48 . Ausgegeben am 29. November. 


Inhalt: Hecker: Angeborene Buekelbiidiing. — Zinke: Chinesische Rinder. — Foth: Rothlaufsehutziinpfungen. — 
Jüngers: Mittel zur Behandlung der Maul- und Klauenseuche. — Referate: Zürn: Die Pferde Südafrikas und deren 
gefährlichste Krankheiten, insbesondere die Malaria. — llitsson: Ein Fall von Peroinelus abraeliius in hundesitziger Lage 
bei einem Füllen. — Strebe!: Hochgradiger Selieidenvorfall und dessen sehr leichte Reponirung bei der Kuh. — Leopold: 
Untersuchungen zur Actiologie des Careinoms und über die pathogenen Blastomyccteu. — Strebcl: Meine Erfahrungen mit 
der Lichtthcrapie. — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Protocoll der 34. Generalversammlung des thieritrztliclien 
Provinzial-Vereins für Posen. — Bericht über die Versammlung des thierärztlichen Vereins im Reg.-Bez. Köslin zu Stolp 
am 30. September 1900. — Verschiedenes. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen. 


Angeborene Buckelbildung. 

Mitgetheilt von Hecker-Leipzig. 

Das hier porträtirte Pferd ist jetzt ca. 12 Jahr alt und ein 
gutes Arbeitspferd. Es hat sich sogar zur Zucht brauchbar 
erwiesen. Der Buckel ist angeboren und seit der Geburt unver¬ 
ändert. Ein komischer Zufall, zugleich höchst lehrreich fiir die 
Genese des Aberglaubens, ist es, dass die Mutter des Buckel- 
pferdes im hochtragenden Znstand vor einem mit Bär, Affen 
nnd Kameel umherziehenden Gauklertrupp gescheut hatte und 
durchgegangen war. Natürlich hatte sie sich nun an dem 
Kameel versehen und auf ihrem Erzeugnis ist der Kameelshöcker 
erschienen. Es wäre ganz vergeblich, dies dem Besitzer des 
Wunderthiers ausreden zu wollen. 

Uebrigens befindet sich im Mnseum des pathologischen 
Instituts der Berliner Hochschule das Scelett eines ebenfalls 
bucklig geborenen Pferdes. 


Chinesische Rinder. 

Von 

Zinke, 

Koxsar/.t. 

Die Rinder, welche in den Häfen Chinas auf den Markt kommen, 
sind recht klein. Ihre Grösse beträgt 1 m 10 cm bis 1 m 20 cm. 
Das Gewicht schwankt zwischen zwei bis drei Centnern. Die 
häufigsten Farben sind braun, gelb und schwarz. Der Rumpf ist 
im Verhältnis zu den Beinen tief. Ein Ochse von 1,15 m Grösse 
misst bis znr Unterbrust 50 cm, von da bis zum Widerrist 65 cm. 
Der Kopf ist gerade (53 cm lang). Das Auge verräth Gutmütig¬ 
keit. Die Hörner sind mässig lang und im Bogen nach vorn gewölbt. 
Der Hals ist knrz (32 cm lang). An der Grenze von Hals 
und Widerrist befindet sich ein Fleischwulst, welcher das Ans¬ 
sehen eineB Buckels hat. Alle Thiere haben einen langen 
Triel, derselbe hängt tief zwischen den Vorderbeinen herab. 
Die Entfernung von Schulter bis Darmbein beträgt bei 



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566 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


No. 48. 


1,15 m Grösse 65 cm, während die Schulter 18 und die 
Kruppe 35 cm lang ist. Das Becken liegt etwas schräg und 
erscheint von hinten schmal und hüftig. Der Schwanz ist hoch 
angesetzt und reicht fast bis zum Boden. Die Beine sind 
verhältnissmässig schwach. In den Strassen Singapores sieht 
man etwas grössere und stärkere Zugochsen. Die Hörner 
derselben sind ungefähr so lang als wie der Kopf und 
stehen divergirend nach oben. Der Höcker anf dem Widerrist 
ist stärker ausgeprägt. Die Rinder aus Tsingtau sind im Rücken 
etwas breiter, - der Buckel auf dem Widerrist wird durch zwei seit¬ 
liche Wulste ersetzt, welche nicht so markant hervortreten. 

Die chinesischen Rinder sind mager, schlachten sich aber 
bei den verhältnissmässig schwachen Knochen einigermassen. 


Rothlaufschutzimpfungen. 

Von 

Dr. Foth. 

Vortrag, gehalten in der Sitzung des thierärztlichen Provincial- 
vereins zu Posen am 21. October 1900*). 

Meine Herren Collegen! Als ich im vorigen Jahre die 
Ehre hatte, an dieser Stelle meine Anschauungen über das 
Wesen des Schweinerothlaufes zn entwickeln, kam ich zu dem 
Schluss, dass die Bekämpfung der Seuche nur dann Aussicht 
auf vollen und dauernden Erfolg haben werde, wenn sie auf 
dem Boden der Hygiene von einer sachkundig geleiteten, ziel¬ 
bewussten und energischen Veterinärpolizei durchgeführt werde. 
Hierin, nicht in den Impfungen, erblickte ich den Schwerpunkt 
in dem Kampf gegen den Rothlauf. Nichts desto weniger be- 
grüsste ich, wie Ihnen erinnerlich ist, natürlich die Schutz¬ 
impfung mit Freuden, wenn ich in ihr auch nicht das Tilgungs¬ 
mittel par excellence, wohl aber ein überaus werthvolles Hülfs- 
mittel zur Unterdrückung der Seuche und zur Erhaltung und 
Hebung unserer Schweinezucht erblickte. Ich hatte damals 
etwa 4000 Schweine mit Prenzlauer und Landsberger Impf¬ 
stoffen geimpft und im Grossen und Ganzen ein zufrieden¬ 
stellendes Resultat erzielt. Doch waren auch Misserfolge auf¬ 
getreten, die wohl geignet waren, den enthusiastischen Eifer, 
mit dem das Neue nur zu oft aufgenommen zu werden pflegt, 
etwas abzukühlen und die Frage aus dem Bereich unbestreitbarer 
Wahrheiten wenigstens wieder in das Niveau des der Kritik 
Zugänglichen herabzurücken. Die nachfolgende Discussion ergab 
denn auch eine wahre Blumenlese von Misserfolgen aller Art. 

Die beiden wesentlichen Anforderungen, denen eine gute 
Impfmethode genügen soll, sind doch: 

1. dass sie bei geringster Impfgefahr eine sichere Immunität 
für die Dauer der Mastzeit verleiht, und 

2. dass sie als Nothimpfung verwendbar ist und den Roth¬ 
lauf zum sofortigen Erlöschen bringt. 

Dass alles dies mit möglichst wenig Umständen und Kosten¬ 
aufwand verbunden sein muss, ist eine beiläufige, doch wirt¬ 
schaftlich wichtige Frage. 

Die erste, wichtigste Forderung schien im vorigen Jahre 
im Grossen und Ganzen leidlich erfüllt zu sein. Doch konnte 
ich schon damals über vereinzelte Fälle berichten, wo die Im¬ 
munität ausgeblieben war. 

Die Brauchbarkeit der Methode als Nothimpfung erlitt 
indess schon damals eine sehr wesentliche Einschränkung inso- 

*) Da ich am Erscheinen behindert war, hatte Herr Kreisthier- 
arzt Prieur (Jarotschin) die Güte, den Vortrag zu verlesen. 

Dr. Foth. 


fern, als die combinirte Serum- und Cnlturimpfung sich beim 
heftigen Herrschen des Rothlaufs als ungeeignet erwies. Da¬ 
gegen lieferte die getrennte Impfung in solchen Fällen bessere 
Resultate. 

Leider bin ich durch die Erfahrungen des letzten Jahres 
in meinen Zweifeln an der Zuverlässigkeit der Methode noch 
mehr bestärkt worden. 

Meine Herren! Von all unseren vielverheissendenForschungs¬ 
ergebnissen des letzten Jahrzehntes sind doch die Rothlauf¬ 
schutzimpfungen so ziemlich das Einzige, was eine wirkliche 
practische und nationalöconomische Bedeutung erlangt hat. Um 
so mehr haben wir daher, sollte ich meinen, allen Grund, der 
Frage dauernd unsere grösste Aufmerksamkeit zuzuwenden und 
alle Fehler und Mängel zur Sprache zu bringen, damit die 
Mittel zu ihrer Verhütung gefunden werden. 

Ich habe seit meinem voijährigen Vortrag wieder nahezn 
5000, genau 4909 Schweine geimpft. In der Hauptsache wurden 
Landsberger (4067 Schweine) zum kleineren Theil auch Prenzlauer 
(368) und Höchster (477 Schweine) Impfstoffe verwendet. 

Die Impfungen wurden in der Hauptsache (bei 4357 Schweinen) 
als Schutzimpfung und nur bei 552 Stück als Nothimpfung aus¬ 
geführt. Bei jenen kam die Simultanimpfung, bei diesen die 
getrennte Impfung zur Anwendung. 

Es wurde Folgendes beobachtet: 

I. Nothimpfungen. 

1. Auf dem Gute Str.brach am 15. Juli vorigen 

Jahres der Rothlauf in äusserst heftiger Weise aus. In wenigen 
Tagen starben 8 Schweine. Impfung am 19. Juli, nur mit 
Serum (Landsberg) und zwar mit Rücksicht auf etwa schon 
erfolgte Ansteckung durchweg mit etwa der anderthalbfachen 
bis doppelten Dosis. Innerhalb der nächsten 4 bis 12 Stunden 
erkrankten und starben 4 grosse 1 bis l 1 /, Jahre alte Schweine, 
die die grössten Serummengen erhalten hatten, unter allen Er¬ 
scheinungen heftigsten Rothlaufs. Die Section ergab die 
characteristischen Veränderungen des Rothlaufs. Zwei Tage 
nach der am fünften Tage folgenden I. Culturinjection starben 
noch 2 Läufer. 

2. Bei einem Ansiedler des Dorfes B.brach der Roth¬ 

lauf Ende Juni vorigen Jahres aus. Es starben bis dahin 5 Stück. 
Impfung nur mit Serum (Landsberg) am 5. Juli. Innerhalb der 
nächsten 4 Tage erkrankten nach und nach 5 Stück an Roth¬ 
lauf. Hiervon konnten 4 noch durch sofortige Einspritzung der 
fünffachen Serummenge gerettet werden, das fünfte jedoch starb. 

3. Auf dem Gute Xi.trat etwa Mitte Februar d. J. 

der Rothlauf in heftigster Weise auf. In 5 Tagen starben 
9 Schweine. Am 23. Februar Impfung mit Serum (Prenzlau, 
bezogen von der Landwirthschaftskammer Posen). Am Tage 
nach der Einspritzung starb ein Schwein an Rothlauf. Es war 
bei der Impfung anscheinend noch ganz gesund gewesen. 

4 andere, die bereits das Morgenfutter versagt hatten, ohne 
sonst wie krank zu erscheinen, konnten auch durch fünf- 
bis sechsfache Serumgaben nicht mehr gerettet werden. 

Die anderen 8 Bestände, in denen noch Nothimpfungen, 
theils mit Landsberger, theils mit Höchster Impfstoffen vor¬ 
genommen wurden, kamen weniger in Betracht, weil es sich 
hier nur um sporadische Rothlaufausbrüche handelt Auf einigen 
Gütern waren die Bestände sogar schon früher einmal geimpft. 
Die Nothimpfung wurde nur vorgenommen, weil unter den Ge¬ 
impften wieder Rothlauf aufgetreten war (s. weiter unten). 


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29. November 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


567 


DerWerth der Nothimpfung, wenigstens mit Landsberger 
and Prenzlauer Impfstoffen ist mithin nur sehr problematisch. 
(Mit dem Susserin sind mir derartige Zufälle zwar nicht be¬ 
gegnet, doch ist die Zahl der damit geimpften Schweine (477) 
nur klein. Auch wurde es in schwereren Fällen noch nicht 
angewandt.) 

Die Erkrankungen des Falles I in Str.die in ihrem 

Verlauf ganz den Eindruck einer Vergiftung machten, sind so 
sonderbar, dass die für die übrigen Fälle vielleicht zutreffende 
Erklärung eines zu niedrigen Titres des Serums schlechterdings 
nicht verfängt. Uebrigens erinnere ich an die Mittheilungen 
des Herrn Collegen Marks in unserer vorjährigen Sitzung. Es 
waren damals 17 Schweine, die auch nur mit Serum (aus 
Prenzlau) geimpft waren, bald nachher unter allen Erscheinungen 
des Rothlanfs gestorben. Die Sectionen sind damals, soweit mir 
erinnerlich, von den Herren Marks und Kettritz gemeinschaft¬ 
lich ausgeführt worden. 

Wie man diese Zufälle erklären will, ob als Intoxicationen, 
die unter dem Bilde des Rothlanfs ablaufen, oder sonstwie, und 
wie man sich die Entstehung der etwaigen specifisch giftigen 
Stoffe in dem Serum denken will, ist zunächst völlig belanglos. 
Vorläufig genügt vollständig die Thatsache, dass unter noch nicht 
aufgeklärten Umständen die Einspritzung von Serum Landsberger 
und Prenzlauer Provenienz den Tod unter allen Erscheinungen 
des Rothlaufes zur Folge haben kann. Es bleibt hierbei ganz 
gleichgültig, ob es sich hier umRothlauf sensu stricto handelt, 
d. h. ob in den Cadavern Rothlaufbacillen nachgewiesen werden 
können oder nicht. Wesentlich ist nur, dass der Tod unter den 
klinischen Erscheinungen und mit den pathologischen Ver¬ 
änderungen des Rothlanfs auffallend schnell nach der Serum- 
ii\jection eintrat, nm so schneller, je grösser die Dosis war, und 
dass die Schweineseuche sicher ausgeschlossen war. 

II. Schutzimpfungen. 

Weil ich mit den Nothimpfungen schlechte Erfahrungen 
gemacht hatte, empfahl ich in meinem Wirkungskreise mit allem 
Nachdruck die rechtzeitige Vornahme der Schutzimpfung. 

Um allen etwaigen Einwänden vorzubeugen, muss ich 
Folgendes vorausschicken: 

In jedem Fall, sowohl bei Noth- wie bei Schutzimpfungen, 
habe ich die Impfstoffe stets zu jeder Impfung besonders und 
fast immer direct an die betreffenden Besitzer schicken lassen, 
die über die Aufbewahrung unterrichtet waren. Dadurch wurden 
Verwechslungen vermieden. Die Culturen zu den zweiten 
Impfungen wurden ebenfalls nach 14 Tagen stets frisch geschickt, 
so dass sie immer höchstens zwei bis drei Tage alt zur Ver¬ 
wendung kamen. Ich muss anerkennen, dass die Landsberger 
Anstalt meinen oft sehr dringlichen Wünschen in dieser Hinsicht 
sehr bereitwillig und prompt entsprach. 

Die Impfspritzen besassen Duritgummidichtungen. Sie wurden 
nach dem Gebrauch stets sofort in zwei gesonderten Gefässen 
mit reinem kaltem Wasser ausgespritzt und später zu Hause 
in destillirtem Wasser gekocht, ebenso die Canülen. Die 
Serumspritze ist mit einem rothen Band auffallend gekenn¬ 
zeichnet. Bei der Impfung halte ich darauf, dass die Spritzen 
nebst den zugehörigen Impfstoffen stets von zwei Personen ge¬ 
halten und zugereicht werden, um Verwechslungen und vor 
allem eine Verunreinigung der Culturspritze durch das Serum 
zu verhüten. Aus demselben Grunde habe ich selbst stets über 
den linken Arm ein zum Theil angefeuchtetes Handtuch ge¬ 
schlungen, an dem ich stets nach der Serum- und vor der 


Cultnrinjection die etwa mit Serum beschmutzten Finger reinige. 
Es sind ja bei den Impfungen so vielerlei scheinbar unbedeutende 
Nebenumstände zu beachten, deren Ausserachtlassung den ganzen 
Erfolg in Frage stellen kann. So kann nicht dringend genug 
empfohlen werden, den lächerlichen Gummischlauch fortzuwerfen 
und Sorge zu tragen, dass die Canülen so fest und saugend auf 
die Spritze passen, dass sie nur sehr schwer wieder abzulösen 
sind. Dann ist man auch sicher, dass kein Impfstoff daneben 
geht. Ferner müssen die Culturen selbstverständlich vor schäd¬ 
lichen Temperatureinflüssen, vor allem aber vor Tageslicht und 
noch mehr vor Sonnenlicht bewahrt und natürlich vor dem Ge¬ 
brauch sehr gründlich geschüttelt werden. Wo Verwechslungen 
möglich sind, lasse ich ferner jedes Schwein sofort nach der 
Impfung mit einem Farbenzeichen versehen. 

Ich bemerke ausdrücklich, dass alle diese Vorsichtsmass- 
regeln in peinlichster Weise beobachtet wurden. Es ist eine 
beliebte Gepflogenheit der Impfstoffinstitute, den Grund für 
etwaige Misserfolge in Versehen bei der Impfung zu suchen. 
Ich möchte daher nicht unterlassen, zu betonen, dass gerade 
jemand, der sehr viel impft, alle diese Handgriffe automatisch 
mit unfehlbarer Selbstverständlichkeit und Zuverlässigkeit aus¬ 
führt. Jeder Practiker weiss das. Nur den Anfängern passiren 
Versehen. 

Bei den Schutzimpfungen nun (4357 Schweine) trat nur 

ein einziges Mal, Anfang Januar d. J., auf dem Gute 0. 

Impfrothlauf in leichter Form auf, sonst passirte nirgends 
etwas. Im Gegentheil fiel mir auf, dass sich in keinem Be¬ 
stände auch nur die geringste Reaction zeigte, obgleich ich 
anstatt der von der Landsberger Anstalt empfohlenen Culturdosis 
von l /a hezw. 1 ccm stets 1 bezw. 2 ccm einspritzte. 

Im Laufe des Sommers traten nun aber Todesfälle an Rothlauf 
in den im Winter und Frühjahr geimpften Beständen auf. 

1. Auf dem Gute Str., einem alten Rothlaufherd, 

demselben, wo voriges Jahr die Nothimpfung so glänzend ver¬ 
sagte, wie ich Ihnen vorhin schilderte, wurde diesmal vor¬ 
sichtigerweise schon im April die Schutzimpfung vorgenommen. 
Es wurden alle Schweine des Bestandes geimpft. Um Missver¬ 
ständnissen vorzubeugen, betone ich ein für alle Mal, dass alle 
von mir geimpften Schweine ausser der Serumeinspritzung noch 
zwei Culturinjectionen erhielten, gleichgültig ob es sich um 
Impfungen mit Landsberger, Prenzlauer oder Höchster Impf¬ 
stoffe handelte. 

Etwa zwei Monate später, Mitte Juni, brach dann der Roth¬ 
lauf in dem Bestände aus. Er trat genau so heftig auf wie 
früher. In kurzer Zeit starben von den 31 Schweinen des 
Gutes 11 Stück. Mithin hat sich die Impfung mit Landsberger 

Impfstoff auf dem Gute Str.weder als Noth- noch als 

Schutzimpfung auch nur im Geringsten bewährt. 

2. Auf dem Gute G.. ebenfalls einem alten 

Rothlaufherd, wurden im November v. J. 45, und von März bis 
Anfang April 70 Schweine geimpft. Impfstoff Landsberg. In 
den Monaten Mai und Juni starben hiervon im Ganzen 13 Schweine 
an Rothlauf, und zwar gleichmässig von beiden Posten. 

3. In einer grösseren Wirthschaft des Dorfes Ska. 

wurden Ende April bis Anfang Mai 52 Schweine, grösstentheils 
auf der Mast stehende 1 bis 2 Ctr. schwere und schwerere 
Thiere, geimpft. Impfstoff Landsberg. Im Juli starben 15 Stück 
an Rothlauf. 

4. Auf dem Gute Stani.starb von 67 im Februar—März 

geimpften Schweinen im Juli 1 Stück. 


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668 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48. 


5. Auf dem Gate Gal.starben 3 im Mai geimpfte 

Schweine im Angust an Rothlanf. 

6. Auf dem Gate Zö . . . . starben von 57 im Jnli vorigen 
Jahres geimpften Schweinen 5 Stück im Mai d. J. an Rothlanf. 

Ob die Zahl der Misserfolge hiermit erschöpft sein wird, 
werde ich erst nach der Rückkehr von meiner Urlanbsreise er¬ 
messen können. 

In den Fällen 2, 4, 5 and 6 warde einem weiteren Umsich¬ 
greifen der Seache darch nochmalige Impfang der Bestände 
and zwar im Fall 2, 4, 5 mit Susserin, in Fall 6 mit Lands¬ 
berger Impfstoff vorgebeugt. Dem Besitzer des Gats Str. (1) 
war die Last zu weiteren Versuchen vergangen. Auch musste 
ich ihm nach dem voijährigen Misserfolge selbst abrathen. 

Der Schriftwechsel mit der Landsberger Anstalt verlief er- 
gebnisslos. Die Anstalt lehnte zunächst jede Entschädigung mit 
der Begründung ab, dass auch die beiden anderen Institute keine 
Entschädigung gewährten. Ferner betonte sie, dass sie keinerlei 
Verantwortung träfe, da ihre Impfstoffe staatlich geprüft würden. 
Auf meine Anfrage, ob sich diese Prüfung etwa auch auf die 
Culturen bezöge, musste sie mir natürlich verneinenden Bescheid 
geben. Da ich meine Zeit besser verwenden konnte, brach ich 
den aussichtslosen Schriftwechsel ab. 

Es lag natürlich nahe, die Schuld an den Vorkommnissen 
nicht sowohl in einem zu niedrigen Titre des Serums, als viel¬ 
mehr in einer zu geringen oder ganz fehlenden Virulenz der 
Culturen zu suchen. Denn die Verwendung geringwerthigen 
Serums hätte doch bei gleichzeitiger Einspritzung virulenter 
Culturen nothwendigerweise zu Impfrothlauf führen müssen. Es 
war natürlich nicht mehr möglich, diese Annahme für die w'eit 
zurückliegenden Impfungen zu beweisen. Wohl aber konnten 
die zu den laufenden Impfungen eintreffenden Culturen geprüft 
werden. Darunter befanden sich häufig solche, die sich durch 
ausserordentlich schwache, mehrfach auch durch ganz fehlende 
Bacterientrübung auszeichneten. Ich untersuchte diese Culturen 
und sandte dann, um mir einen einwandsfreien Zeugen zu 
sichern, eine solche 50ccm-Cultur sofort nach ihrem Eintreffen 
an das hygienische Institut der Thierärztlichen Hochschule in 
Berlin. Herr Prof. Dr. Ostertag hatte die Güte, die bacterio- 
logische Prüfung mittelst des Mikroskops der Cultur und des 
Tliierversuchs vornehmen zu lassen, die zu dem interessanten Er¬ 
gebnis führte, dass die Cultur überhaupt keine Spur von 
Rothlaufbacillen, weder von lebenden noch vontodten, enthielt. 

Hiernach wird meine Vermuthung, dass alle jene Fälle 
fehlender Immunität auf unbrauchbare Cultur zurückzuführen 
seien, wohl zutreffen. 

So bin ich denn in meiner Praxis jetzt glücklich bei 
der dritten und letzten Bezugsquelle, der Vereinigung 
deutscher Schweinezüchter angelangt. Wie ich schon er¬ 
wähnte, habe ich mit dem von dieser gelieferten Susserin und 
den dazu gehörigen Culturen bisher 477 Schweine geimpft. Es 
handelt sich theils um Noth-, theils um Schutzimpfung. Die von 
den Versendern vorgeschlagene sprunghaft steigende Dosirung 
habe ich nicht mehr beachtet, nachdem ich mich überzeugt 
hatte, dass es auch anders geht. Dadurch wird die Impfung 
bei kleinen Ferkeln erheblich billiger. Ich verimpfe das Susserin 
stets in derselben Dosirung, wie die anderen Sera, 1 ccm pro 
10 Kilo mit der Maasgabe, dass ich den Vorschriften ent¬ 
sprechend nach oben hin verhältnissmässig weniger injicire und 
jedenfalls niemals über 15 ccm. gebe. Die vorgeschlagene Cultur- 
dosis von l / 2 ccm habe ich eingehalten, einige Versuche haben 


mir aber gezeigt, dass auch 1 ccm ohne Schaden vertragen 
wird. Stets aber habe ich nach 14 Tagen noch eine zweite 
Culturinjection (von 1 ccm) folgen lassen, obgleich die Ver¬ 
triebsstelle das für unnöthig erklärt. 

Die Impfungen hatten in keinem Falle eine Reaction zur 
Folge. Ferner sind Rothlauffälle in den mit Susserin geimpften 
Beständen bisher nicht vorgekommen. Ich muss aber hervor¬ 
heben, dass meine ersten Susserinimpfungen erst in den Monat 
Juni, die meisten aber erst in den Juli und August fallen. 
Jedes Urtheil über den Werth der Susserinmethode wäre hier¬ 
nach also verfrüht. — Bemerkt zu werden verdient noch, dass 
ich bei den Untersuchungen überschüssiger Culturgläschen regel¬ 
mässig sehr zahlreiche Rothlaufbacillen, mehrfach aber auch 
Staphylococcen in geringer Menge fand. Eine an das hygienische 
Institut der Thierärztl. Hochschule zu Berlin zusammen mit 
einer Landsberger geschickte Cultur, beide von gleichem Alter, 
lieferte dasselbe Ergebniss, und tödtete weisse Mäuse in 4 Tagen, 
während die Landsberger, an Rothlaufbacillen sehr arme Cultur, 
die Mäuse in 6 Tagen tödtete. 

Die geschäftliche Erledigung der Bestellungen geschieht 
pünktlich, die Verpackung und vor allem der Verschluss der 
Culturgläschen sind jedoch mangelhaft. In beiden stellt die 
Lieferstelle noch Verbesserungen in Aussicht. 


Mittel zur Behandlung der Maul- und Klauenseuche. 

Vorläufige Mittheilung. 

Von 

Jungers-MUhlhausen i. Eis. 

Seit Jahren habe ich mich mit dem Studium der Maul- und 
Klauenseuche beschäftigt, mit dem Endziel, ein Heil- bezw. 
Schutzmittel zu finden. In letzterer Beziehung bin ich zu 
keinem Resultat gelangt. Alle Impfversuche u. s. w. schlugen 
fehl. Dagegen bin ich zufällig und nebenbei auf ein Arznei¬ 
mittel (oder vielmehr eine Composition) gestossen, welches einen 
mich überraschenden Einfluss auf die Krankheit selber ausübte. 
Das Mittel wird snbcutan in Dosen von 5—20 g injicirt. 
Ich habe dasselbe planmässig in mehr als 200 Fällen an¬ 
gewendet. Die Schmerzen verschwinden danach bald und die 
Heilung bezw. Vernarbung von Wunden vollzieht sich auffällig 
rasch. Bei frühzeitiger Anwendung gelangen schwerere Er¬ 
scheinungen überhaupt nicht zur Entwicklung. Vielleicht lässt 
sich also durch eine vorherige Injection ein eigentlicher Aus¬ 
bruch der Krankheit ganz verhindern. Ich kann noch hinzu¬ 
fügen, dass das Mittel billig sein wird. Weitere Mittheilungen 
zu machen, bin ich derzeit wegen schwebender Verhandlungen 
nicht in der Lage. 


Referate« 

Die Pferde SQdafricas und deren gefährlichste 
Krankheiten, insbesondere die Malaria. 

Von Hofrath Professor Dr. Zürn. 

(Zeitschr. f. Thlermed. 1900, H. 2/3.) 

Das Capferd ging aus einer Kreuzung des von den ersten 
Colonisten Südafricaa (1656) aus Holländisch-Ostindien ein¬ 
geführten Javapferdes mit südamericanischen oder aus Persien 
und Indien bezogenen Pferden hervor. Um diesem Product 
mehr Masse zu geben, führten die angesiedelten Holländer dem¬ 
selben holländisches und ostfriesisches Blut zu, und als die 
Engländer ihre Herrschaft in Südafrica begründet hatten, machte 
sich auch beim Capferd der züchterische Einfluss des englischen 


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29. November 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


569 


Pferdes geltend. So bildete sich nach und nach bei den süd- 
africanischen Pferden ein einheitlicher Typus heraus. Die 
wesentlichsten Merkmale des Capferdes sind nachstehende: 
Grösse 156—158. Kopf gross und verhältnissmässig leicht, Hals 
schlank mit concaven unterm Rand. Rücken hoch, Kruppe kurz 
und nach allen Seiten abschüssig, lange, schräg gestellte 
Schulterblätter, lange Vorarme und Unterschenkel bei kurzen 
Schienen. Den Capferden fehlen die Hornwarzen (Kastanien) 
an den Hintergliedmassen häufig. 

Das Capferd eignet sich am besten für den leichten Reit¬ 
dienst und kann wie das verwandte Burenpferd die grössten 
Strapazen ertragen. Das Pferd des Orange-Freistaates ist 
158—160 cm gross und auch zum leichten Zugdienst geeignet. 
Es ist ein wenig hochbeinig aber ebenfalls zäh und ausdauernd. 

Ein sehr geschätztes Transport- und Reitthier in Südafrika 
ist auch der Basuto-Pony. Derselbe ist nur 150 cm hoch, kurz¬ 
beinig, langrumpfig, stark, sicher gehend auf zerklüfteten 
Pfaden. Der Basuto reitet fast nur Trab und Galopp und ver¬ 
langt von seinem Pony oft übermässige Leistungen. Es wird 
ein Beispiel angeführt, nach welchem ein Pony in 13 Stunden 
etwa 131 km zurückgelegt hat. 

Das Kaffernpferd ist klein und in Folge schlechter Pflege 
verkümmert. Es soll das Aussehen des arabischen und persischen 
Pferdes haben. 

Von den Krankheiten der südafricanischen Pferde wird 
zunächst ein Leiden genannt, welches mit „Pink-eye“ bezeichnet 
wird. Dasselbe ist vermuthlich mit der Pferdestaupe (Roth- 
laufseuche) identisch. Verfasser übersetzt den Ausdruck mit 
„Blinzelauge“. Hierauf folgt eine Besprechung der malaria¬ 
artigen Krankheiten, welche durch verschiedene Fliegenarten 
übertragen und von Blutparasiten aus dem Protozoünreiche ver¬ 
ursacht werden. 

Von den schädlichen Fliegen ist besonders die Tsetsefliege 
(Glossina morsitans) gefürchtet, unter deren Stichen Pferd, Rind, 
Schaf, Kameel und Hund zu leiden haben. Diese Fliege trägt eine 
Protozoe weiter, welche zu dem Genus Trypanosoma gehört. 
Der Blutschmarotzer macht nach Dionisi nnd Grassi seine erste 
Entwickelung in einem warmblütigen Wirbelthier durch. Der 
definitive Wirth ist ein wirbelloses Thier (Fliegen, Mücken, 
Mosqnitos, Zecken), in welchem durch Copulation die reifen 
Protozoen entstehen, welche in die Wand des Mitteldarmes 
ihres Wirthes wandern, sich dort einkapseln und innerhalb der 
Kapsel Sporozoi'den bilden. 

Ob der in Südafrica die Pferdebestände heimsuchenden 
„Pferdesterbe“ eine malariaartige Ursache zu Grunde liegt, steht 
noch nicht fest, kann aber nicht ganz von der Hand gewiesen 
werden. Pferde, welche die Krankheit überstehen, erwerben sich 
bekanntlich eine starke Immunität. 

Weiter werden bei den südafricanischen Pferden noch be¬ 
obachtet: das maligne Oedem, der Milzbrand, die bösartige 
Druse (Nieuwe Dikkop-Ziekte). Die Rotzkrankheit ist vor 
IO Jahren aus Europa eingeschleppt worden. 

Der letzte Abschnitt des Aufsatzes beschäftigt sich mit der 
Vorbeuge und Heilung der Malariakrankheiten der Thiere. 

Ein Fall von Peromelus abrachins in hnndesitziger Lage 
bei einem Füllen. 

Von IIu88on. 

(Juurual de m£docino vötörinaire ot do Zootecbnfe. Juin 1900.) 

Husson beschreibt seine Hülfeleistung bei der Geburt 
eines Füllen. Der Kopf kam mit den Hufen der beiden Hinter- 1 


beine in das Becken, die Vorderbeine fehlten. Nachdem der 
Schaack’sche Geburtshalfter um den Kopf gelegt war, wurden 
die Hinterbeine soweit zurückgeschoben, dass die Beugeflächen 
der Fesseln gegen die vordere Wand des Schambeines standen. 
Darauf wurden die Hinterbeine mit der Hand nach vorn gesetzt, 
während zugleich am Kopf gezogen wurde. Das Füllen wurde 
nun unter ziemlich grosser Zugkraft geboren; es lebte, starb 
jedoch nach einer Minute. Die Stute genas. Von den beiden 
Vorderbeinen war bei einem nur das Schulterblatt vorhanden, 
bei dem andern das Schulterblatt und noch ein rudimentärer 
Humerus. M. G. d. B. 

Hochgradiger Scheidenvorfall und dessen sehr leichte 
Reponirnng bei der Kuh. 

Von M. Strebei. 

(Schweizer Archiv für Thierbeilkunde Bd. XLII. Heft 6.) 

Strebei behandelte jüngst einen sehr hochgradigen Fall 
von Scheidenprolapsus, wobei die ganze Scheide mit dem Mutter¬ 
munde ausserhalb der Vulva lag. Der Vorfall hatte einen 
Umfang von 2 Menschenköpfen. Das Thier drängte heftig. — 

I Die Kuh wurde nun hinten hoch gestellt, die Scheide mit kaltem 
Wasser gereinigt und mit einem langen, breiten, weichen Leinei - 
tuche umhüllt. Die beiden Tuchenden wurden von zwei Ge- 
hülfen nach abwärts umgedreht, zuerst leise, dann stets kräftiger, 
während eine dritte Person einen kalten, starken Wasserstrahl 
auf das Tuch goss. Der Operateur drückte den Vorfall mit den 
Händen zusammen. 

Nach anderthalb Minuten konnte die Scheide bequem reponirt 
werden. Die Vulva wurde mit Messingbändchen geschlossen. 

M. G. d. B. 

Untersuchnngeu znr Aetiologie des Carcinoms und 
über die pathogenen Blastomyceten. 

Von G. Leopold. 

(Arch. f. Gyn. 01. Band, 1. Heft. Ref. in Fortschr. d. Mod. B. 18, H. 41.) 

L. konnte mit Hülfe eingehender Untersuchungsmetboden 
(es wurden mehrere Hundert Carcinome untersucht) im frischen 
Geschwulstgewebe Gebilde feststellen, die er für Blastomyceten 
hielt. Von vier bösartigen Neubildungen des Menschen gewann 
er ebenfalls Reinculturen gährungsfähiger Blastomyceten. Von 
fünf mit frischem menschlichen Krebsgewebe angestellten Ueber- 
tragungsversuchen auf Thiere fielen zwei positiv aus. 1. Nach 
Einpflanzung in die Bauchhöhle beim Kaninchen entstand eine 
atypische epitheliale Neubildung in der Lunge (Zeitdauer 4 Jahre, 
5 Monate). 2. Bei einer gleichfalls intraperitoneal inficirten 
Ratte bildete sich ein Adenosarkom in der Schenkelbeuge (Zeit¬ 
dauer 61 Tage). Nach Einspritzung einer aus menschlichem 
Ovarialcarcinom gewonnenen Blastomycetencultur in die Hoden 
von 5 weissen Ratten entstanden in einem Falle multiple Rund- 
zellensarcome in der Bauchhöhle, au3 denen es wiederum gelang, 
Blastomyceten in Reinkultur zu züchten. Fr. 

Meine Erfahrungen mit der Lichttherapie. 

Von Dr. H. Strebei. 

(DeuUuho Medio. Wocheunohr. XXVI Xr. 27 u. 2K.> 

Die Krankheitszustände, bei denen Strebel als leitender 
Arzt einer grösseren „Elektrischen Lichtanstalt“ das Licht¬ 
wärmeverfahren angewendet hat, und seine Erfahrungen auf 
diesem Gebiete sind folgende: 

Beim Rheumatismus trat bereits nach 2—5maliger Be¬ 
handlung im Lichtkasten Besserung von kürzerer oder längerer 
Dauer oder auch vollständiges Verschwinden der Schmerzen 


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570 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48. 


ein; schwerere Fälle haben trotz energischer Behandlung gar 
keine Besserung erfahren. In gleicher Weise standen bei der 
Gicht einer geradezu frappirenden, schnellen, günstigen Reaction 
wiederum äusserst resistente Fälle gegenüber; eine auffällige Beein¬ 
flussung vorhandener Gelenksteifigkeiten hat Strebei bisher noch 
nicht f eststellenkönnen. Bei Nephritis sind specifische Heilwirkungen 
nicht beobachtet worden. Einen deutlichen, ständigen Rück¬ 
gang des Eiweissgehaltes hat Strebei niemals constatiren können, 
wohl aber Schwankungen sowie das Ausbleiben einer Erhöhung 
desselben durch Fleischgenuss und Alcohol bei gleichzeitiger 
Lichtbehandlung. Günstiger wurden durch die Lichtwärme¬ 
behandlung die Herzleiden beeinflusst. Die durch die strahlende 
Wärme bedingte Ableitung des Blutes nach der Haut führte 
zur ausgiebigen Entlastung der inneren Organe, die gesteigerte 
Schweissproduction zur Entwässerung des Körpers und damit 
zur verminderten Anstrengung des Herzens. Oedeme in Folge 
von Herzleiden wurden in allen Fällen günstig beeinflusst, in 
denen die Patienten — Oedematöse schwitzen schwer — leicht 
zur Schweissbildung geneigt waren. So wurde in einem Falle 
von Oedem beider Beine, bei dem eine neunwöchige medicamentöse 
Behandlung fruchtlos geblieben war, nach 5 Lichtbädern völlige 
Abschwellung der Beine erzielt. Den grössten Erfolg zeitigte 
die Lichttherapie bei der Zuckerkrankheit. Strebei behandelte 
neben anderen einen Fall, bei welchem seit 10 Jahren Diabetes mit 
einem Zuckergehalt von 6,7% bestanden hatte. Unter ausgiebiger 
Lichtbehandlung und innerlicher Verabreichung von Salicylsäure 
ging bei gemischter Kost und Alcohol der Zuckergehalt innerhalb 
4 Wochen auf 0,1% zurück. Später stieg in Folge einer dem 
Patienten von anderer Seite verordneten reinen Pflanzenkost 
der Zuckergehalt innerhalb 3 Wochen wieder auf 5%; die aber¬ 
mals angewandte Lichttherapie setzte auch diesmal wieder 
innerhalb 3 Wochen den Zuckergehalt auf 2,5% und schliesslich 
auf 0,1% herab. Bei der Fettleibigkeit und Fettsucht hat die 
energisch durchgeführte Lichtwärmebehandlung ohne ängstliche 
Kostauswahl stets zu einer deutlichen Gewichtsabnahme geführt. 
Bei mangelhafter Beschaffenheit des Blutes in qualitativer und 
quantitativer Beziehung führte sie nicht nur zur Vermehrung der 
Zahl der Blutkörperchen, sondern auch zur Steigerung ihres 
Gehaltes an Blutfarbstoff. Bei acuten katarrhalischen Zuständen 
der Bronchien zeigte sich die Behandlung mit Lichtbad und 
localer intensiver Bestrahlung äusserst wirksam, auch chronische 
Katarrhe der Athmungsorgane wurden sehr günstig beeinflusst, be¬ 
sonders die mit Emphysem verbundenen in oft frappirender Weise. 
Von den zahlreichen Nervenkrankheiten wurden vor Allem die 
Neuralgieen stets günstig beeinflusst. Frische Fälle reagirten 
meist unerwartet schnell und günstig, andere gingen jedoch nur 
langsam zur Besserung über. Dass manche resistente Fälle 
überhaupt nicht zum Heilungsabschluss kamen, schreibt Strebei 
dem Uebelstande zu, dass die Patienten die Behandlung aus 
pecuniären Gründen vor der Zeit abzubrechen gezwungen waren. 
Ueber die Heilkraft der Lichttherapie bei der Syphilis hat 
Strebel seine Versuche noch nicht abgeschlossen; das all¬ 
gemeine Lichtwärmeverfahren wie die locale Behandlung mit 
concentrirtem, thunlichst kaltem Lichte haben zusammen bei 
den bisher behandelten Fällen Vorzügliches geleistet. Den 
besten Beweis für die Heilkraft der reinen Lichtstrahlen lieferte 
die Behandlung von Wunden und Geschwüren. Zur hervorragend 
bactericiden Kraft des Lichts gesellte sich die Steigerung des 
localen Gefässtonus, die Reizung der Protoplasmathätigkeit und 
damit die Neubildung und der Ersatz der verloren gegangenen 


Gewebe, weniger durch Einlagerung von heterogenem Binde¬ 
gewebe als violmehr durch Proliferation des homogenen Gewebes. 

Dr. Jess. 

Kleine Mittheilnngen. 

Pestmlttel. 

Das W. T. B. berichtet aus Paris: Der aus Indochina 
zurückgekehrte Dr. Yersin vom Institut Pasteur habe einem 
Mitarbeiter des Matin erklärt, dass er glaube ein wirksames 
Mittel gegen die Rinderpest gefunden zu haben, mit dem von 
ihm hergestellten Serum werde man nunmehr in der Lage sein, 
der Seuche sofort Einhalt zu thun. (?) 

Communlcation der Pleurasäcke. 

Gray führt im „Journ. of comp. path. a. therap.“ über 
diese Frage Folgendes aus. Während einer Pleuritis besteht 
eine Communication beider Pleurasäcke nicht, höchstens noch 
im Beginn der Erkrankung. Verschiedene Thoracozentesen 
ergaben, dass die ausgelassenen Flüssigkeiten beiderseits ver¬ 
schiedene Beschaffenheit hatten. Es ist auch leicht verständlich, 
dass die sich bildenden falschen Membranen die kleinen nor¬ 
malen Löcher des Mediastinums schnell verklebt. 

Bildung8anomalieu beim Schwein. 

Görig beschreibt in der Dtsch. th. Wschr. No. 13, 1899 
folgenden Fall: Die beiden Unterkieferäste waren in der Mittel¬ 
linie nicht vereint und von der dritten Prämolare ab derartig 
im Bogen auswärts, aufwärts und einwärts gedreht, dass die 
Schneidezähne sich gegenüberstanden. Der Zungenkörper war 
gemeinschaftlich, die Zungenspitze jedoch gespalten. Auch im 
Körper liess sich eine Spaltung der Zungenmusculatur durch 
die Schleimhaut durchfühlen; jede Hälfte hatte nahezu die 
Grösse einer gewöhnlichen Schweinezunge entsprechenden Alters. 
Dass es sich nicht um eine doppelte Anlage handelte, ging 
daraus hervor, dass z. B. die Papillae circumvallatae nur eben 
an jeder lateralen Seite sassen. Ausserdem fand sich eine 
gelappte Gallenblase und eine sogenannte Verdoppelung der 
linken Niere, welche aus zwei Theilen bestand, die durch ein 
gemeinsames lang ausgezogenes Nierenbecken und einen Harn¬ 
leiter zusammenhingen. (Dies wird übrigens auf dem Schlacht¬ 
hof öfter beobachtet.) Am interessantesten ist der Unterkiefer- 
und Zungenbefund. Die Unterkieferspaltung ist ja leicht er. 
klärlich, da der Unterkiefer überhaupt aus zwei Theilen besteht- 

Die Zunge entsteht nach den Untersuchungen von Dnrsy 
aus einer bilateralen symmetrischen Anlage, und zwar aus je 
einem zum Unterkiefer gehörigen und einem hinteren Abschnitt. 
Köllicker dagegen nimmt an, dass die Zunge als einfacher 
nnpaarer Körper entsteht. Die Vorgefundene Spaltung der 
Zunge scheint zu Gunsten der ersten Ansicht zu sprechen. 
Gurlt erwähnt (pathologische Anatomie, Missbildungen) übrigens, 
dass Rudolfi bei einem Schwein ebenfalls einen gespaltenen 
Unterkiefer und eine gespaltene Zunge fand. 

Die Beziehungen zwischen Hoden und Prostata. 

Die Frage, in welchen Beziehungen der Hoden zur Prostata 
steht, ist bekanntlich deshalb wichtig, weil die Vorsteherdrüse 
bei älteren Leuten sich häufig vergrössert und man in der 
Castration ein Mittel, die Vergrösserung zum Schwinden zu 
bringen, gefunden zu haben glaubt. Es ist möglich, dass die 
Veränderung der Prostata im Zusammenhang steht mit dem 
Ausfallen der Hodenfunction resp. einer inneren Secretion aus 
den Hoden, die allerdings nur vermuthet werden kann. Anderer¬ 
seits könnten auch Nervenleitungen zwischen Hoden und Pro- 


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29. November 1900. 

8tata bestehen. Fl oder ns hat in der Dtsch. Ztschr. f. klin. 
Chir., Bd. 45, Untersuchungen darüber veröffentlicht. Er fand, 
dass die beiderseitige Exstirpation der Hoden bei infantilen 
Individuen im jugendlichen Alter einen Wachsthumsstillstand 
der Prostata zur Folge hat. Die bei Prostatahypertrophie 
älterer Individuen vorgenommene Entfernung des Hodens hat 
nicht immer eine Volumenverminderung der Prostata zur Folge, 
und namentlich bringt die einseitige Castration nicht immer eine 
Umfangabnahme des Prostatalappens derselben Seite zu Wege. 

UeberzShlige Milz bei einem Fohlen. 

Von James Chalmers. 

Vet. Rec. 1899 No. 589. 

Ein Fohlen, welches angeblich seit seiner Geburt periodische 
Koliksclimerzen geäussert hatte, wurde vom Verf. zum 1. Mal 
am 14. August untersucht. Dasselbe bekundete ein sehr trauriges 
Verhalten, zeigte alle Symptome der Kolik und machte unauf¬ 
hörlich Versuche, Koth abzusetzen. Es gelang ihm jedoch 
innerhalb 9 Tagen nur wenige harte, mit dickem weissen Schleim 
überzogene Kothballen hervorzupressen. Am 23. August ver¬ 
endete das Fohlen. Bei der Obduction fand sich am Anfang des 
Rectum8 eine Art Tumor, welcher bei näherer Betrachtung das 
Aussehen einer Milz hatte und auch auf dem Durchschnitt 
diesem Organ glich. Im Innern des Gebildes befand sich eine 
Höhle, welche mit dem Darmlumen in Verbindung stand. 
Letzteres war an dieser Stelle gänzlich obliterirt, so dass der 
Darminhalt durch die Höhlung passiren musste. Der Zugang 
vom Darm aus hatte die Weite, dass der kleine Finger ein¬ 
geführt werden konnte, der Ausgang war wesentlich enger. 
Die Höhle hatte die Grösse einer halben Citrone und enthielt 
eine kleine Quantität von Sand und Ingesta. 

Prof. Mc. Fadyean, welcher das Object näher untersuchte, 
bestätigte, dass es eine Milz sei. Dieselbe war einen Fuss 
lang, 4 Zoll breit und 1 V4 Zoll dick und übertraf an Grösse 
die normale Milz, welche ihren Sitz an der gewöhnlichen Stelle 
am Magen hatte. 

Tagesgeschichte. 

Protocoll der XXXIV. Generalversammlung des thier- 
ärztlichen Provinzial-Vereins für Posen, 

am 21. October 1900, abgehalten in den Räumen der 
Freimaurer-Loge zu Posen. 

Nach herzlichen Begrüssungsworten seitens des Rendanten 
des Vereins, Herrn Thierarzt Herzberg, macht dieser den 
in grosser Anzahl Versammelten die Mittheilnng, dass der Vor¬ 
sitzende, Herr Veterinär-Assessor Heyne, zu seinem lebhaftesten 
Bedauern verhindert sei, an der heutigen Sitzung theilzuuehmen, 
da er wegen Krankheit genöthigt sei, das Bett zu hüten. Er 
habe ihm — Redner — den ausdrücklichen Auftrag gegeben, 
den Anwesenden herzliche Grüsse und den beiden Herren 
Jubilaren, Herrn Kreisthierarzt Frick und Herrn Kreisthierarzt 
Reinemann, die besten Glückwünsche zu übermitteln. Auch 
wünsche er den heutigen, interessanten Verhandlungen einen 
guten und erfolgreichen Verlauf! Ferner sei auch der stell¬ 
vertretende Vorsitzende, Herr Departements-Thierarzt Peters, 
sowie der Schriftführer Herr Dr. Foth durch Krankheit am 
Erscheinen verhindert. Beide Herren haben auf telegraphischem 
Wege ihrem Bedauern über ihr Nichterscheinen Ausdruck ge¬ 
geben und ebenfalls die herzlichsten Glückwünsche für die 
beiden Herren Jubilare übersandt. 

Nachdem die Versammlung von der Abwesenheit der ge- 


671 

nannten drei Vorstandsmitglieder mit lebhaftem Bedauern Kennt- 
niss genommen, übernimmt Herr Kollege Herzberg den Vorsitz 
und Herr Kreisthierarzt Prieur das Amt des Schriftführers. 

Herr Herzberg verliest sodann, zum ersten Gegen¬ 
stände, „Geschäftliche Mittheilungen“ übergehend, Dank¬ 
schreiben der Herren Kollegen Frick und Reinemann für 
die ihnen anlässlich ihres 50jährigen Jubiläums Seitens des 
Vereins im Juni d. J. übersandten Glückwünsche und theilt mit, 
dass Herr Thierarzt Klaeger wegen Verzuges aus der Provinz 
Posen aus dem Verein ausgeschieden sei. Dagegen seien fünf¬ 
zehn Mitglieder, und zwar die Herren Heinick, Wodarg, 
Kurschat, Sprenger, Dosse, Baum, Wagner, Stauf, 
Dr. Magdeburg, Neubauer, Bauer H, Matzki, Gutfeld, 
Poer8ch, Dr. Profe, im Laufe dieses Jahres neu aufgenommen, 
und 4 weitere Herren, nämlich die Herren Zinnecker, Doege, 
Platsch eck, Luchhau haben ihren Beitritt zum Verein an¬ 
gemeldet. Mit diesen hätte dann der Verein die stattliche Zahl 
von insgesammt 76 Mitgliedern! 

Bezugnehmend auf ein Rundschreiben des Herrn Vorsitzenden 
an die Mitglieder des Vereins, vom 8. September v. J., be¬ 
treffend Besprechung der Angelegenheit über die Forderung des 
Maturum als Vorbedingung iür das thierärztliche Studium mit 
den Reichstagsabgeordneten der diesseitigen Provinz, erinnert 
Herr Herzberg die anwesenden Mitglieder nochmals daran, 
wegen der Wichtigkeit der Sache das Nothwendige möglichst- 
bald zu veranlassen, da der Reichstag demnächst zusammentreten 
und über die bezeichnete Frage voraussichtlich verhandeln werde. 
Der Herr Vorsitzende (Veterinär-Assesor Heyne) habe bereits 
im Juli d. J. den in seinem Kreise wohnenden Abgeordneten die 
Nothwendigkeit der Maturität für das Studium der Veterinär¬ 
medizin persönlich vorgetragen und von diesen, dem Reichstags¬ 
abgeordneten Cegielski sowohl, wie dem Landtagsabgeordneten 
Motty, in liebenswürdigster Weise die bestimmte Zusicherung 
erhalten, mit allen Kräften für das Abiturientenexamen eintreten 
zu wollen! Auch habe Herr Veterinär-Assessor Heyne 
im März d. J. eine Abhandlung über diese Angelegenheit ver¬ 
fasst, welche als Leitartikel im Posener Tageblatt zur Ver¬ 
öffentlichung gelangt sei. 

Jeder College müsse das Seinige thun, um diese Sache zu 
einem für uns günstigen Abschluss zu bringen! 

Zum zweiten Gegenstände der Tagesordnung, Wahl eines 
Delegirten für die Centralvertretung der thierärzt¬ 
lichen Vereine Preussens an Stelle des ausgeschiedenen 
Herrn Kreisthierarztes Dr. Felisch, schlägt Herr Herz¬ 
berg, dem Wunsche des abwesenden Herrn Vorsitzenden 
entsprechend, vor, den Schriftführer, Herrn Dr. Foth, zu 
wählen. Der Vorschlag wird mit grossem Beifall anfgenommen 
und Herr Dr. Foth zum Delegirten gewählt. 

Zum dritten Gegenstände der Tagesordnung, Vorlage 
eines Entwurfs neuer Vereins-Statuten, liest Herr 
Herzberg das vom Herrn Vorsitzenden unter Mitwirkung 
eines Rechtsanwalts gefertigte neue Statut vor. Das Statut, 
welches zur Erlangung der Rechtsfähigkeit des Vereins dem 
hiesigen Amtsgericht vorgelegt werden soll, wird einstimmig 
angenommen und der Vorsitzende ersucht, das weiter Er¬ 
forderliche zu veranlassen. 

Es kommt sodann als vierter Gegenstand der Tagesordnung 
derVortrag des Herrn Dr. Foth über Schutzimpfungen gegen 
den Schweinerothlauf,*) durch Herrn Prieur zur Verlesung: 

*) Siehe zweite Seite dieser No. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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572 


BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48. 


In der Discussion über den mit grossem Beifall aufge¬ 
nommenen Vortrag heben die Herren Bermbach-Schroda 
und Elschner - Kolmar hervor, dass es schwer sei, die 
Culturen der betreffenden Impfstoffe entsprechend zu prüfen; 
HerrElschner betont, dass auch durch microscopische Prüfung 
der Nachweis der Rothlaufbacterien nicht leicht sei, bezw. 
nicht immer gelinge. 

Die Discussion erstreckt sich auch auf die Incubationszeit 
des Rothlaufs und auf die Wirkung der Bacillen durch Toxine. 
Die Impfung mit Culturen solle, wie Herr Jacobi-Pleschen 
meint, die Incubationsdaner, die gewöhnlich auf drei Tage an¬ 
genommen wird, abkürzen. 

Herr Marks-Posen bemerkt, dass der Vertrieb von 
Reinculturen an Laien, wie er Seitens der Vereinigung der 
deutschen Schweinezüchter notorisch erfolge, verboten werden 
solle. Es möge sich damit event. eine Commission befassen, 
welche in dieser Angelegenheit beim Herrn Minister vor¬ 
stellig werde, dass ein Verbot der Abgabe von Reinculturen 
an Laien erlassen werde. In diese Discussion greift auch 
Herr Schick-Wollstein ein. Derselbe giebt Erfahrungen über 
Impfungen in einem grösseren Bestände an, wo nach der 
Rothlaufimpfung sich veritable Schweineseuche zeigte und grosse 
Verluste an dieser Seuche eintraten. 

Herr Jacob äussert sich ebenfalls über die Nothwendigkeit 
des Verbotes des Vertriebes der Reinculturen von Rothlauf an 
Laien. 

Herr Prienr-Jarotschin spricht sodann über die von ihm 
beobachteten Ausbrüche von Schweineseuche nach Impfung gegen 
Rothlauf im grösseren Bestände. 

Herr Elschner-Kolmar betont, dass man sich strikte 
nach den Verordnungen der Impfanstalten richten müsse; 
überdies empfehle er besonders das Susserin. 

Auf Anfrage des Herrn Schick, betr. Abheilung der 
Schweineseuche, erwidert Herr Jacob, dass eine Abheilung der 
Schweineseuche nie vorkomme, dass immer sogen, abgeheilte 
Schweineseuchenherde zu Neuinfectionen über kurz oder lang 
Veranlassung gäben. Er spricht dann über notorische Heil¬ 
erfolge der Impfung bei Rothlauf und über die reelle Wirkung 
der Schutzimpfung, zu welcher er nur Prenzlauer Serum und 
Culturen verwende. 

Herr Bertelt-Ostrowo bestreitet, dass Schweineseuche 
nicht abheile. Dem widerspricht Herr Jacob entschieden; der¬ 
selbe behauptet, dass nur eine totale Ausrottung aller Schweine 
die Schweineseuche tilgen könne. Dasselbe behauptet auch 
Herr Schick. 

Der Antrag des Herrn Marks, den Vertrieb der Rein¬ 
culturen von Rothlauf unter Controle zu stellen, w’ird einstimmig 
angenommen. 

Die Versammlung beschliesst, die nächste Versammlung 
wieder in Posen abzuhalten. Der Termin soll vom Vorstande 
festgesetzt werden. 

Als Lokal für fernere Versammlungen wird die Loge zu Posen 
in Vorschlag gebracht; ein Beschluss wurde jedoch nicht gefasst. 

Zum Schluss erfolgt der Bericht des Herrn Rendanten über 
das Vereins-Vermögen. 

Nachdem die zu Revisoren ernannten Herren Jacob und 
Bertolt die fasse einer eingehenden Prüfung unterzogen und 
dieselbe in Ordnung befunden haben, wird die Entlastung be¬ 
antragt und von der Versammlung ertheilt. 

Um 2 Vj» Uhr Nachmittags Schluss der Sitzung. 


Inzwischen hatten sich die zu Ehren der Herren Jubilare 
erschienenen Damen in den Logenräumen eingefunden, woselbst 
bald darauf das Festessen begann. 

Den Reigen der Toaste eröffnet* Herr Herzberg mit 
einem Toast auf den Kaiser. Dann folgte die Ansprache und 
Beglückwünschung an den erschienenen Jubilar, Herrn Collegen 
Frick, die, vom Herrn Vorsitzenden verfasst, verlesen wurde. 
„Möge es Ihnen“, so schloss dieselbe, „vergönnt sein, noch 
lange in gleicher Gesundheit, Rüstigkeit und geistiger Frische, 
wie wir Sie heute noch vor uns sehen, segensreich zu wirken. 
Möge es Ihnen beschieden sein, dereinst die letzten Tage Ihres 
arbeitsreichen Lebens in stiller Ruhe gemessen zu können und 
in dem Glücke Ihrer Kinder und Enkel reichen Lohn und hohe 
Freude zu finden. Möge kein Unfall Ihnen diese Freude ver¬ 
kümmern, keine Wolke den Abend Ihres segensreichen Lebens 
trüben!“ 

Ein donnerndes Hoch wurde dem Herrn Jubilar dargebracht, 
ein Hoch, welches Zeugniss ablegte von der Hochschätzung und 
grossen Beliebtheit, welcher sich derselbe bei seinen Collegen 
allgemein erfreut! 

Herr Frick dankte tiefbewegt. 

Herr Schick schlug darauf die Absendung eines Glück¬ 
wunschtelegramms an Herrn Reinemann vor, (was auch geschah) 
und toastete auf die Damen der Herren Jubilare, indem er 
dabei dem Bedauern Ausdruck gab, dass dieselben dem Fest¬ 
essen nicht beiwohnen konnten. 

Nachdem dann noch Herr Roskowsky eine Ansprache an 
die Damen im Allgemeinen gehalten, auf welche Herr Herzberg 
in humorvoller Weise erwiderte, blieben die Herren Festtheil- 
nehmer und deren Damen noch längere Zeit mit dem Jubilar 
vereinigt und, nachdem die Tafel aufgehoben war, trennte man 
sich mit dem Bewusstsein, einen recht schönen und vergnügten 
Tag verlebt zu haben 

Der Vorsitzende. Der stellvertr. Schriftführer. 

I. V.: Herzberg, Prieur. 

Rendant. 

Bericht über die Versammlung 
des thierärztlichen Vereins im Reg.-Bez. Köslin zu Stolp 
am 30. September 1900. 

Der thierärztliche Verein im Regierungsbezirk Köslin hielt 
seine Herbstversammlung am 30. September in Mund’s Hotel za 
Stolp ab. 

Es waren erschienen: Departements-Thierarzt Brietzmann- 
Köslin, Schlachthof-Inspektor Drews-Bütow, Kreis-Thierarzt 
Eichbaum-Stolp, Schlachthof-Inspector Nick el-Schlawe, Kreis- 
Thierarzt Pan lat-Rummelsburg, Kreis-Thierarzt Sahm-Bublitz, 
Kreis-Thierarzt Simnat-Schlawe, Schlachthof - Direktor Dr. 
Schwarz-Stolp, Kreis - Thierarzt Spitz er-Dramburg, Kreis- 
Thierarzt Swierzy-Colberg, Schlachthof-Direktor Oberrossarzt 
a. D. Weidefeld-Rügenwalde und als Gäste Kreis-Thierarzt 
Anders-Bütow, Oberrossarzt Reinliardt-Stolp nnd>Rossarzt 
Träger-Stolp. Entschuldigt hatten sich die Kollegen: Kreis- 
Thierarzt Marder-Glowitz, Thierarzt Schumacher-Köslin, 
Schlachthof-InspektorTschanner-Köslin und Thierarzt Tetzsch- 
Schlawe. 

Nach Begrüssung der Versammlung durch den Vorsitzenden, 
Departements-Thierarzt Brietzmann, und erfolgter Aufnahme 
des Kollegen Anders-Bütow in den Verein, gab der Vorsitzende 
einen kurzen Ueberblick über die Geschichte der Thierheilkunde 


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29 November 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


B78 


und gedachte besonders der Männer, denen unsere Wissenschaft 
ihre heutige Stellung verdankt. Der Vortragende ging dann 
über zu dem ersten Thema der Tagesordnung „Besprechung des 
neuen Fleischschaugesetzes“, an welches sich eine rege Discussion 
knüpfte, an der sich vornehmlich Eichbaum, Spitzer und 
Dr. Schwarz betheiligten. 

Der den zweiten Punkt der Tagesordnung bildende Vortrag 
von Kreistierarzt Eichbaum - Stolp: „Wie gestaltet sich 
die veterinärpolizeiliche Behandlung des Fleisches 
nesselfieberkranker Schweine, wenn wir die Aetiologie 
dieser Krankheit berücksichtigen?“ sei hier im Auszuge 
wiedergegeben. 

Die Schweineseuchen sind noch nicht lange erforscht, und 
es bleibt auf diesem Gebiete noch viel zu forschen übrig. Am 
bekanntesten ist uns die Rothlaufseuche geworden, haupt¬ 
sächlich in Folge der vielen Experimente, welche nach der Ent¬ 
deckung Lorenz’ bezüglich radikaler Therapie gemacht sind. 

Demnach sind: 1. Rothlauf im engeren Sinne; 2. Rouget 
blanc der Franzosen (acute, fieberhafte Rothlaufseuche ohne 
Verfärbung der Haut); 3. chronischer Rothlauf mit oft folgender 
und tödtlich werdender Endocarditis valvularis verrucosa; 4. diffuse 
nekrotisirende Hautentzündung und Hautbrand; 5. Backstein¬ 
blattern und 6. Nesselfieber der Schweine aetiologisch alle 
Rothlauf. Ausserdem kann der Schweinerothlauf noch latent 
verlaufen. — Alle diese Behauptungen wurden durch einzeln 
angeführte und genau beschriebene Beobachtungen aus der Praxis 
des Referenten begründet. Besonders interessirte ein Fall: In 
einem Schweinebestande herrschte Rothlauf, anscheinend latent, 
denn alle Thiere waren, soweit sich wahrnehmen Hess, gesund. 
Aus diesem Bestände wurden nach mehreren Orten zugleich 
Ferkel verkauft. Sämmtliche verkauften, jedenfalls durch Trans¬ 
port, Klima- und Futterwechsel weniger widerstandsfähig ge¬ 
wordenen Thiere gingen innerhalb 24 Stunden an acuter 
Rothlaufseuche ein, während der Restbestand gesund blieb. Es 
wurden sodann die gerichtlichen Folgen dieser Angelegenheit 
beleuchtet und die neue Gewährfrist für Rothlaufseuche der 
Schweine (Kaiserl. Verordnung vom 27. 3. 99) in Berücksichtigung 
solcher Thatsachen als viele Angriffspunkte bietend hingestellt. 
Die meisten Beobachtungen hinsichtlich der Aetiologie der ver¬ 
schiedenen Seuchenformen machte Referent gelegentlich der 
verschiedenartigen Impfungen gegen Rothlaufseuchen und zog 
hieraus den Schluss, dass 1. die Virulenz und 2. die Menge des 
vom Schweinekörper aufgenommenen Rothlaufcontagiums die 
schwerere oder gelindere Krankheitsform allein bedingen, und 
begründete dies durch seine Beobachtungen. Die Virulenz ist 
oft schnell und auffallend wechselnd. Die Vorgänge, welche in 
dieser Beziehung in der Natur sich abspielen, bedürfen noch 
sehr der Forschung. 

Wenn aber Nesselfieber eine Rothlaufform ist, so enthält 
das Fleisch der hieran erkrankten Schweine Rothlaufcontagium. 
In Folge dessen ist die Forderung zu stellen, dass das Fleisch 
solcher Thiere veterinärpolizeilich genau so behandelt 
wird, wie das derjenigen, welche an irgend einer andern Form 
des Rothlaufs erkrankt sind. Sani tütspolizeilich sind nur die 
Quaddeln als „verdorbene Essware“ zu entfernen. 

An der sehr lebhaften Diskussion über den mit grossem 
Beifall aufgenommenen Vortrag betheiligten sich besonders 
Brietzmann, Spitzer, Weidefeld, Schwarz und Paulat und 
wurde besonders über zahlreiche Impferfolge und auch Miss¬ 
erfolge berichtet. 


Für den folgenden Vortrag von Dr. Schwarz-Stolp 
„Ueber den Erlass des Ministers für Handel etc. vom 
27. Juni 1900“ war das Interesse nicht so sehr rege, da ausser 
dem Referenten nur noch 4 Kollegen von Schlachthöfen an¬ 
wesend waren. Da von den in Frage kommenden Städten mit 
Schlachthöfen die betreffenden (zum Theil von den bezüglichen 
Schlachthof-Vorständen ausgearbeiteten) Berichte bereits an die 
Regierung abgegeben waren, so w r urde von der Aufstellung be¬ 
sonderer Sätze abgesehen. 

Als letzter Punkt der Tages-Ordnung erfolgte die Be¬ 
sichtigung der neuen Cadaver-Verwerthungs-Anlage 
auf dem Städt.-Schlachthofe unter Leitung des Unter¬ 
zeichneten Schriftführers. Die Anlage, ein Hartmannscher 
Extractor (System Hartmann - Treber - Trocknung) 
neuester Construction ist in dem Kellergeschoss des für Kälte¬ 
erzeugung- und Düngerhaus gemeinsamen neuen Gebäudes unter¬ 
gebracht und besteht aus 2 hellen grossen Räumen, in deren 
einem die eigentlichen Apparate Platz gefunden haben, während 
der andere als „Beanstandungs- und Obductionsraum“ dient. 
Es werden nur die auf dem Schlachthofe vom Genuss für 
Menschen ausgeschlossenen Cadaver und Cadavertheile sowie 
geronnenes Blut, Hallenkehricht u. s. w. verarbeitet. Zu 
diesem Zwecke erfolgt die Füllung der den Haupttheil des 
Apparates darstellenden Trommel (Recipient) vom Dunghause 
aus mittelst eines bis in die Trommel reichenden Trichters. 
Die Anlage, welche nach den Plänen des Referenten ausgeführt 
ist, fand den Beifall sämmtlicher Anwesenden. An anderer 
Stelle, und nachdem mehr Betriebserfahrungen zu Gebote stehen, 
soll ausführlich über die Anlage berichtet werden; doch sei 
hier bereits bemerkt, dass die Rentabilität nicht zweifel¬ 
haft ist, vielleicht sogar noch ein kleiner Ueberschuss bleibt, 
während gleichzeitig der Hauptzweck, die Entlastung der Kessel¬ 
feuerung von den zu verbrennenden Confiscalien, erreicht 
würde. 

Ein frugales Mahl in dem Versammlungslokal vereinte als¬ 
dann die Theilnehmer mit den Damen. 

Brietzmann, Dr. Schwarz, 

I. Vorsitzender. Schriftführer. 

Nochmals die sonderbare Stellung der Landwlrthschaftskammer für die 
Rheinprovinz quoad abitnrium. 

Allgemein hat s. Z. die in mehr wie einer Hinsicht sonder¬ 
bare Antwort der rheinischen Landwirthschaftskammer, bezüglich 
Stellung zum Abitnrium als Vorbedingung für das Studium der 
Veterinär-Medicin, in thierärztlichen Kreisen Aufsehen und Be¬ 
fremden erregt. 

Ich nahm daher Veranlassung, der Sache etwas näher zu 
treten, und stattete einem Herrn, von dem ich voraussetzen 
durfte, dass er in die Sache eingeweiht wäre und der als 
langjähriges Vorstandsmitglied verschiedener grossen landwirt¬ 
schaftlichen Corporationen und als hervorragender Landwirth 
mit den einschlägigen Verhältnissen durchaus vertraut ist, einen 
Besuch ab, um über fragl. Antwort zu reden. 

Zunächst bemerke ich, dass dieser Herr voll und ganz für 
das Abitnrium als Vorbedingung zum thierärztlichen Studium 
ist, in der Ueberlegung, dass die Thierärzte gar nicht genug 
vorgebildet sein könnten, um ihre verantwortungsvolle Stellung 
zu Nutz und Frommen der Landwirtschaft gleich von vorn¬ 
herein richtig zu erkennen, und weil es kein anderes Mittel 
gäbe, die unfähigen und schiffbrüchigen Elemente, die der Land¬ 
wirtschaft mehr schädlich als nützlich seien, fernzuhalten. Er 


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374 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48. 


theilt also ganz die Ansicht, die von jedem sachkundigen 
Menschen als richtig anerkannt werden muss. Auch ist betr. 
Herr der Ueberzeugung, dass kaum irgend ein Abgeordneter 
zur Kammer am Niederrhein anderer Ansicht sei als er. 

Aus der gepflogenen Unterredung halte ich mich zu 
folgenden Schlüssen, die zugleich die Erklärung für die Ent¬ 
stehung der sonderbaren Antwort geben, berechtigt: 

1. dass die Frage, bezügl. Vorbildung zum thierärztlichen 
Fachstudium nicht auf der Tagesordnung gestanden hat, also 
ein allgemeiner Kammerbeschluss nicht gefasst werden konnte 
und somit von einer Antwort der Landwirthschaftskammer 
eigentlich gar keine Rede sein kann; 

2. dass kein Abgeordneter des Niederrheins um seine 
Meinung gefragt wurde, obwohl doch gerade der Niederrhein 
mit seiner ganz bedeutenden Viehzucht dazu berufen erscheint, 
in dieser gerade ihn am meisten interessirenden Frage gehört 
zu werden; 

3. es muss daher angenommen werden, dass bei Abgabe 
der Antwort nur die Ansicht eines oder einiger ohne Zweifel 
sonst hervorragenden Männer zum Ausdruck gebracht ist, die 
in dieser Frage jedoch nichts weniger als competent erscheinen; 

4. darf ich annehmen, dass, wenn qu. Frage noch vor das 
Plenum der Kammer kommen sollte oder sonst sich Gelegenheit 
dazu bietet, die gegenteilige Ansicht der Landwirthe des 
Niederrheins gegenüber dem Beschlüsse resp. der Antwort der 
Landwirthschaftskammer zam Ausdruck gebracht werden wird. 

Es dürfte vielleicht sich der Mühe lohnen, wenn die Central- 
Vertretung auch etwaige andere nicht zu verstehenden ab¬ 
lehnenden Antworten auf ihre Genesis hin prüfen wollte. 

Vielleicht sind auch diese auf dieselbe oder ähnliche Art 
und Weise entstanden. Gustav Siebert, 

pract. Thierarzt. 

Georg Hermann f. 

Ein tragisches Geschick hat sich soeben erfüllt, indem einer 
der hervorragendsten unserer bayerischen Collegen, der königl. 
Bezirksthierarzt für den Verwaltungsbezirk München I, Herr 
Georg Hermann dahier am 10. ds. Mts. nach langem, qual¬ 
vollem Leiden in der Blüthe seiner Jahre aus diesem Leben 
abberufen wurde. Georg Hermann war geboren am 31. März 
1864 zu Windsbach, bezog nach beendeten Gymnasialvorstndien 
im Jahre 1881 die k. Centralthierarzneischule zu München und 
erhielt an dieser im Jahre 1885 die thierärztliche Approbation. 
Nach Erfüllung seiner Militärpflicht im kgl. 1. Chevanxlegers- 
Regimente fungirte Hermann einige Monate lang als Assistent 
seines Vaters, des kgl. Bezirksthierarztes Rudolf Hermann 
in Schwabach und hierauf vom 1. November 1886 bis 1. Novem¬ 
ber 1888 als klinischer Assistent an der kgl. Centralthierarznei- 
schule München. Am 2. November 1888 übernahm Hermann 
die Districtsthierarzt8telle Schillingsfürst, welche er bis zum 
30. Juni 1889 bekleidete; hierauf trat er als städtischer Thier¬ 
arzt in den Dienst der Stadt Schwabing und nach deren Ein¬ 
verleibung in die kgl. Haupt- und Residenzstadt München in 
den Dienst der letzteren. Als städtischer Thierarzt in München 
erhielt Hermann unterm 25. Juni 1891 die Befugnisse eines 
Bezirksthierarztes; vom 16. November 1892 an wurde ihm auf 
Ansuchen die Stelle des Bezirksthierarztes für den Verwaltungs¬ 
bezirk München I verliehen und ferner durch Entscliliessung 
des kgl. Staatsministeriums des Innern für Kirchen- und Schul¬ 
angelegenheiten, vom gleichen Tage an die Leitung des ambula¬ 


torisch-klinischen Unterrichtes an der kgl. thierärztlichen Hoch¬ 
schule als Nebenfunction übertragen. Das Präsidium der kgl. 
Regierung von Oberbayern betraute Hermann mit der ver¬ 
tretungsweisen Führung des Veterinärreferates an der kgl. 
Regierung bei Verhinderung des kgl. Kreisthierarztes; in den 
Jahren 1898 und 1899 gehörte Hermann der amtsthierärzt¬ 
lichen Prüfungskommission als Mitglied an und hielt im Winter¬ 
semester 1899/1900 aushilfsweise an der kgl. thierärztlichen 
Hochschule Vorlesungen über gerichtliche und polizeiliche Thier¬ 
heilkunde. 

Schon die Vielseitigkeit der Verwendung in so wichtigen 
Stellungen beweist, welch’ hohen Ansehens und Vertrauens sich 
Hermann allerwärts erfreute, und er hat dies auch vollauf 
verdient. In Hermann verbanden sich die schönsten mensch¬ 
lichen Eigenschaften mit gediegener, allgemeiner und fachlicher 
Ausbildung zu einem harmonischen Ganzen, welches ihn als 
Zierde unseres Standes erscheinen liess. Die vielseitige Thätig- 
keit als praktischer und amtlicher Thierarzt wie als Lehrer gab 
ihm Gelegenheit, sein reiches Wissen und Können weit über 
seinen engeren Wirkungskreis hinaus zu bekunden, sein persön¬ 
liches Auftreten, sein lauterer, offener Character, seine un¬ 
bestechliche Wahrheitsliebe, sein köstlicher, nie verletzender 
Humor und seine glückliche Beredsamkeit gewannen ihm auch 
ausserhalb der Berufssphäre in allen Schichten der Bevölkerung 
zahlreiche wahre Freunde und Anhänger. So kam es denn, 
dass an Hermann trotz seiner Jugend wiederholt das Ansinnen 
erging, die Vertretung seiner Mitbürger in öffentlichen Corpora- 
tionen zu übernehmen, und dass er noch im heutigen Frühjahre 
von den vereinigten Collegien der kgl. Haupt- und Residenz¬ 
stadt München als stellvertretendes Mitglied des oberbayrischen 
Landrathes gewählt wurde. 

Schien es nach alledem, als sollte Hermann, welcher sich 
seit seiner am 26. April 1893 mit Fräulein Amalie Baumeister 
vollzogenen ehelichen Verbindung des glücklichsten Familien¬ 
lebens erfreute, eine glänzende Laufbahn beschieden sein, so 
wurde diese Hoffnung leider nur allzubald zerstört. Schon 
seit Beginn des letzten Winters fiel es seinen Angehörigen 
und Freunden auf, dass der junge, früher kraftstrotzende Mann 
körperlich zusehends abnahm, und dass er seinen Berufs¬ 
pflichten nur mehr mit Aufbietung aller Willenskraft nach- 
kommen konnte. Diese Wahrnehmung gab umsomehr zu Be¬ 
sorgnissen Anlass, als Hermanns Vater im Alter von 59 Jahren 
einem langwierigen, bösartigen Darmleiden erlegen war. Nur 
mit Mühe gelang es, unseren lieben Freund und Collegen zu 
bewegen, dass er sich einer ärztlichen Untersuchung unterzog; 
er ahnte offenbar, dass diese ihm eine traurige Gewissheit 
bringen würde. Ende Juni w’urde von befreundeter ärzt¬ 
licher Seite das Vorhandensein einer Neubildung im Mast¬ 
darme festgestellt, und nun entschloss sich Hermann mit 
der ihm eigenen Energie sofort den einzigen Schritt zu 
tlmn, welcher möglicherweise Rettung bringen konnte; 
dieser Entschluss erforderte um so grösseren Heroismus, 
als Hermann damals an der Schwelle der Beförderung stand, 
welcher er aller Wahrscheinlichkeit nach entsagen musste, 
wenn er längere Zeit an das Krankenlager gefesselt blieb. 
Eine am 2. Juli 1. J. im städtischen Krankenhause r/I. von 
Hofrath Dr. Brunners Meisterhand ausgeführte schwierige 
Operation überstand Hermann glücklich, und es schien, als 
sollte der schwere Eingriff, welcher den Kranken zunächst 
von den quälendsten Schmerzen nnd der unmittelbar drohenden 


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29. November 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


575 


Lebensgefahr befreite, von länger dauerndem, gutem Erfolge 
sein; allein nur zu bald zeigte sich, dass die von Anfang an 
höchst ungünstig gestellte Prognose ihre volle Berechtigung 
hatte. Das Uebel breitete sich nach kurzem, von sichtlicher 
Hebung des Allgemeinbefindens begleitetem Stillstände mit 
unheimlicher Schnelligkeit aus, und nun begann für den 
Kranken neuerdings eine Zeit schwerer Leiden. Was ärztliche 
Kunst und aufopferndste Pflege zur Linderung desselben beizu¬ 
tragen vermochten, geschah, aber bei der Natur der Krankheit 
konnte der Erfolg nur gering sein, und es bedurfte der ganzen 
Willenskraft und Seelenstärke des armen Collegen, lange Wochen 
hindurch die furchtbaren Schmerzen fast ohne ein Wort der 
Klage zu ertragen; so erschien denn der am 10. d. M. ein¬ 
getretene sanfte Tod als willkommener Erlöser des stillen 
Dulders. 

Der Verlust, den die schmerzgebeugte Gattin, die treuen 
Geschwister und die übrigen Verwandten des Verblichenen zu 
betrauern haben, ist ein unersetzlicher; mögen die hartgeprüften 
Hinterbliebenen einigen Trost finden in dem Gedanken, dass 
auch wir, die Freunde und Collegen des allzufrühe und unter 
so traurigen Umständen Dahingeschiedenen diesen Verlust nicht 
minder schwer empfinden, und dass das Andenken an Georg 
Hermann bei Allen, die ihn kannten stets ein ehrenvolles und 
gesegnetes bleiben wird. 

München, im November 1900. 

Schwarzmaier, k. Kreisthierarzt. 

Nachruf. 

Am 11. November verschied hierselbst nach langem Leiden 
im soeben vollendeten 78. Lebensjahre der Regiments-Thierarzt 
a. D. Ludwig Rohling. 

Sein Tod hat nicht nur inmitten der Thierärzte, sondern 
auch in weiteren Kreisen tiefe Trauer hervorgerufen. 

Er war einer unserer besten, dem wir jederzeit mit grösster 
Achtung begegneten. 

Biederkeit und gerader Sinn, Aufrichtigkeit im Umgänge 
mit Jedermann, dabei bescheiden und selbstlos — das waren 
die Grandzüge seines Characters. 

Er genoss vermöge seiner umfangreichen practischen, na¬ 
mentlich operativen Kenntnisse allseitiges Vertrauen, das ihm 
solange erhalten geblieben ist, bis seine körperlichen Kräfte den 
Dienst versagten und er sich in ein bescheidenes Privatleben 
zurückzog. 

Unserem Vereine hat er treu gedient mit Rath und That. 

Als Röhling vor fünf Jahren das Fest seines 50jährigen 
Jubiläums begehen konnte, wurde er in Würdigung seiner viel¬ 
fachen Verdienste zum Ehren-Mitgliede unseres Vereins ernannt. 

Noch bis zum letzten Athemzuge hat er für thierärztliche 
Fragen stets ein grosses Interesse bekundet und persönlich habe 
ich häufig Gelegenheit gehabt, zu hören, wie wohlthuend es ihn 
berührte, mit Collegen über Vergangenes zu plaudern. 

Nun ruht er aus nach einem arbeitsreichen Leben, welches 
ihm Glück und Segen in so reichlicher Fülle gespendet hat. 

„Möge er in Frieden rahn!“ 

Wir beklagen in dem Todten einen wahrhaften Freund und 
Collegen, dessen wir, wenn und wo auch sein Name genannt 
wird, stets in Ehren gedenken wollen. 

Cassel, 20. November 1900. 

Im Namen des Vereins Kurhessischer Thierärzte 
Tietze, Vorsitzender. 


Central-Vertretung. 

Im November 1888 ist von der Central-Vertretung pp. be¬ 
stimmt worden, dass jeder ihr angeschlossene Verein für jedes 
seiner ordentlichen Mitglieder einen einmaligen Beitrag von 
75 Pfg. an die Kasse der Central-Vertretung entrichten soll. 
Dieser Verpflichtung haben bisher nur die Vereine der Provinzen 
Sachsen, Hannover, Ostpreussen und Brandenburg, der Verein 
des Regierungsbezirks Köslin und der ehemalige Verein der 
beamteten Thierärzte des Regierungsbezirks Magdeburg ent¬ 
sprochen. Die Herren Vorsitzenden der übrigen Vereine er¬ 
laube ich mir daher, wie dies schon wiederholt in den Sitzungen 
der Central-Vertretung geschehen ist, dringend zu ersuchen, 
alsbald die Zahlung der schon so lange rückständigen Beiträge 
veranlassen zu wollen. 

Trier, den 25. November 1900. 

Der Kassirer der Central-Vertretung der 
thierärztlichen Vereine Preussens 
Dr. Steinbach. 

Central-Vereln preussischer Kreisthierärzte. 

Einladung zu der am 14. December er., Nachmittags 2 Uhr, 
im Hotel zu den Vier Jahreszeiten in Berlin, Prinz Albrecht- 
strasse 9, stattfindenden Versammlung. 

Tagesordnung: 

1. Gründung des Vereins. 

2. Vorstandswahl. 

3. Statuten-Beratlmng. 

4. Verschiedenes. 

Thunecke. 

Bticheranzeigen und Kritiken. 

Trattato di Tecnica e Terapeutica Chirurgica generale e speciale 
degli Animali Domestici. Vol. n. Tecnica e Terapeutica 
Chirurgica Speciale. Testa e Tronco del Dott. N. Lanzlilotti 
Buonsanti, Professore di Chirurgia etc. Milano, 1897. 

Der erste Band des im grossen Stile angelegten Werkes 
erschien im Jahre 1888 und behandelte die allgemeine Chirurgie. 
Der vorliegende zweite Band enthält die specielle Chirurgie des 
Kopfes und Rumpfes und in einem dritten Bande sollen nach 
dem Plane des Verfassers die Krankheiten der Extremitäten 
erledigt werden. 

Das weite Gebiet der chirurgischen Krankheiten des Kopfes 
und Rumpfes der Hausthiere wird auf 1056 Seiten dargestellt. 
Die übersichtliche und klare Anordnung des sehr reichen Inhaltes 
lässt sich mit der musterhaften Einrichtnng des chirurgischen 
Institutes der thi er ärztlichen Hochschule zu Mailand in Parallele 
bringen, an dessen Spitze der Verfasser seit langen Jahren 
steht. In dieser Stellung war es ihm möglich, ein umfassendes 
Material zu sammeln und alle Methoden der operativen Praxis 
bei den Hausthieren zu erproben. Dieser langjährigen Erfahrung 
entspricht die Reichhaltigkeit der Capitel, in welchen auch 
viele originelle Methoden der chirurgischen Behandlung geboten 
werden. Es ist hervorzuheben, dass jedem Abschnitt ein voll¬ 
ständiges Verzeichniss der auf den Inhalt bezüglichen Publi- 
cationen vorangestellt ist. Ein Vorzug ist auch darin zu er¬ 
blicken, dass über die Anlegung und Einrichtung von Ver¬ 
bänden an den einzelnen Körpertheilen in besondern Capiteln 
eingehende Beschreibungen geliefert werden. Jede Verbandform 
wird durch instractive Figuren vor Augen geführt. Bei 
schwierigen Operationen wird eine genaue Topographie der 
regio operat. vorausgeschickt. 


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576 


BERLINER THIERÄRZTLICHE W0CHEN8CHRIFT. 


No. 48. 


Das Buch ist in leicht fasslicher Sprache geschrieben, so- 
dass eine nutzbringende und erfolgreiche Lectüre desselben 
auch schon mit geringer Kenntniss des Italienischen betrieben 
werden kann. Die Orientirung und das Verständniss werden 
durch 528 Zinkotypien erleichtert, welche grösstentheils in 
originaler Ausführung im Texte vertheilt sind. 

Der vorliegende Band erfüllt somit alle Anforderungen einer 
wissenschaftlichen Chirurgie, und das vollendete Werk dürfte 
somit eine Zierde der Veterinär-Literatur bilden. 

Werke über die Gewährleistung beim Viehhandel. 

Es sind folgende Werke der Redaction zugestellt worden, 
deren eingehendere Besprechung uns des Raumes wegen un¬ 
möglich ist: 1. von Rechtsanwalt Dr. Hirsch und Oberamts¬ 
thierarzt Nagel beide in Ulm. Verlag von Kohlhammer in 
Stuttgart. Erschienen ist der erste (juristische) Theil 200 Seiten 
Gross-Octav. 

2. Von Rechtsanwalt Meissner-Würzburg, hübsch aus¬ 
gestattet, 160 Seiten klein Octav, Schweitzer Verlag München. 

3. Von Oberamtsrichter Bab 1-Straubing, zweite Auflage 
120 Seiten Duodez. Verlag Palm & Enke, Erlangen. Die 
beiden vorgenannten kleinen Werke haben ausschliesslich Juristen 
zu Verfassern, werden also für Juristen und Laien bestimmt sein. 
Das unter 3 genannte enthält auch die bayerische Vieh-Ver¬ 
sicherungs-Gesetzgebung, Körordnung etc. 

4. Vom Bezirksthierarzt Dr. Ellinger-Derrabach (Grossh. 
Sachsen-Weimar) 68 Seiten klein Octav, Preis 35 Pfg. Selbst¬ 
verlag. 

5. Rathgeber beim Viehhandel von Kreisthierarzt Bischnff- 
Falkenberg, Oberschlesien. Verlag bei Bartelt ebenda. 11 Seiten 
klein Octav, gut ausgestattet. 

6. Vom Districtsthierarzt Beck in Heidenheim. 40 Seiten 
Duodez. Verlag von Palm & Enke, Erlangen. — Die unter 
4—6 genannten Broschüren sind für den Gebrauch des Land¬ 
manns bezw. Thierbesitzers überhaupt geschrieben und erfüllen 
ihren Zweck alle drei in practischer Weise. 

Personalien. 

Ernennungen etc.: Gewählt: Tliierarzt A. Weich eit zuin 
Sanitätsthierarzt in Berlincheu. 

Approbationen: ln Berlin die Herren: Arthur Düring, Alfred 
Eichler, Paul Voigt. 

Promotion: Thierarzt Karl Schulz von der philosophischen 
Faeultät in Rostock zum Dr. phil. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die Thier¬ 
ärzte Born von Berlin nach Leipzig, F. Durst als bczirkstliier- 
ärztlicher Assistent nach Aniberg, Otto Manegold nach Breslau, 
Dr. Karl Schulz von Rostock nach Berlin. — An Stelle des 
Thierarzt Geiger hat sich Tliierarzt Theodor Grottenmüllcr- 
Baunach in Stadtlauringen niedergelassen. 

I.i der Armee: Dem Rossarzt d. L. 2. Kuders ist der Abschied 
bewilligt worden. 

Todesfälle: Kreisthierarzt Heck in Lippstadt. 

Vakanzen. 

Kreisthierarztstellen etc.: Nach Ablauf der Meldefrist noch 
unbesetzte Stellen: Reg.-Bez. Coblenz: Simmcrn. — Reg.-Bez. 
Düsseldorf: Landkreis Krefeld. — R.-B. Hannover: Springe. — 
R.-B. Potsdam: Angenuündc. 

Sanit&tsthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Elbing: Assistenzthierarzt am Schlachthof (Privatpraxis gestattet). 
Bewerbungen mit Gehaltsansprüchen innerhalb 4 Wochen an den | 
Magistrat. — Lauenburg: Schlachthofvorsteher (1800 M. steigend 1 
bis 2700 M. Wohnung etc. 500 M. Caution). Bewerb, an den * 
Magistrat. ; 


b) NachAblauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Beuthen (Oberschles.): Schlachthofassistenzthierarzt. — Düren: 
Schlachthofdirector. — Hartha i. Sachs.: Sanitätsthierarzt. — 
Köln: Schlachthofthierarzt. — Königsberg(Ostpreusen): Schlacht¬ 
hofthierarzt. — Mainz: Schlachthofthierarzt. — Meseritz: Schlacht- 
hofthierarzl. — Ottweiler (Bezirk Trier): Schlachthausverwalter. — 
Oelsnitz (Sachsen): Thierarzt für Schlachtvieh- und Fleisch¬ 
beschau. — Pössneck: Thierarzt für Praxis und Fleischbeschau.— 
Punitz i. Pos.: Thierarzt für Schlachtvieh beschau. — Salz¬ 
wedel: Schlachthof-Vorsteher. — Trier: Hilfsthierarzt am Schlacht¬ 
hof. — Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. — Wolken - 
stein: Schlachthofthierarzt — Woliste in (Posen): Schlachthof¬ 
inspector. 

Privatstelien: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neustadt). 
— Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck 
(Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pillkallen). — Murrhardt — Schön¬ 
baum (Danzig). — Soldau (Ostpr.). 

1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. — Festen¬ 
berg Bez. Breslau. — Jade (Oldbg.): Thierarzt. — Marggrabowa 
(Kreis Oletzko). — Mengeringhausen (Waldeck.) — Peis- 
kretscham (Ober-Schles.). — Rhinow (Reg.-Bez. Potsdam). — 
Scliloppa (Westpr.). — Schwarzenberg i. S. — Sonnen¬ 
burg. — Suelze (Mecklb.). — Wadern (Bez. Trier): Thierarzt 
zum 19. November er. (Fixum 600 M. und 280 M. für Ueberwachung 
der Märkte). Bewerb, bis 10. November an den Bürgermeister. — 
Wolgast: Tliierarzt (ca. 6000 M. Einkommen). 

Besetzt: Kreis thierarztstelle in Kleve. 


Nach Schluss der Redaction eingelaufen. 

Thierzucht. 

In No. 21 der ,,Landwirtschaftlichen Zeitschrift für die 
| Rheinprovinz“ befindet sich folgende Bekanntmachung: „Die 
i Unterzeichnete Landwirthschaftskammer beabsichtigt, zwei Vieli- 
j zucht-Inspectoren anzustellen, die eine gründliche wissen- 
] schaftliehe Ausbildung mit genügender practischer Erfahrung 
! auf dem Gebiete der Viehzucht vereinigen. Die Höhe des Ge- 
I haltes bleibt weiterer Vereinbarung überlassen. Bewerbungen 
j mit ausführlichem Lebenslauf, Studiengang und Gehaltsansprüchen 
| sind zu richten an die 

Landwirthschaftskammer der Rheinprovinz in Bonn.“ 

Wie wir von unterrichteter Seite erfahren, werden Be¬ 
werbungen von Thierärzten eventuell Berücksichtigung finden: 
wenigstens bestand bis vor Kurzem in massgebenden Kreisen 
; die Absicht, die zunächst geplante eine Stelle unter der Hand 
mit einem Thierarzte zu besetzen. Wir können daher im 
Standesinteresse nur wünschen, dass sich möglichst viele Collegen, 
die längere Zeit in der Praxis gestanden haben, um die aus¬ 
geschriebenen Stellen bewerben. 

Thierärztlicher Verein zu Berlin. 

Einladung zur Sitzung am Montag, den 3. December 1900, 
Abends 8 Uhr im Rathskeller. 

Tagesordnung: 

I. Vereinsangelegenheiten. 

1. Aufnahme-Gesuch des Herrn Collegen l)r. Bündle. 

2. Vervollständigung der Satzungen. 

3 Besprechung der VII. Plenar-Versammlung der Central- 

Vertretung der thierärztlichen Vereine Preussens. 

4. Neuwahl des Vorstandes und der Delegirten für die 
Central-Vertretung und den Veterinärrath. 

II. Vortrag, Herr Oberrossarzt a. D. Giesecke: Der Einfluss 
des Hufraechanismus auf den Verlauf der Hufkrankheiten. 

IH. Mittheilungeu aus der Praxis. 

Der Vorstand. 

I. A.: Neumann, Schriftführer. 


Verantwortlich fUr den Inhalt (excl. Inseratcnthoil): I'rof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schootz in BorUn. — Druck von W. BQxenstein, Berlin 


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Die „Berliner Thicrärxtliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in Stärke von mindestens 1*' ? Bogen. Dieselbe 
ist ru beziehen durch den Hnrlilinmlel. die l’ost (No. 1082t 
oder durch die Ycrlncsli'u-liliniiilliin;- von Hichard 
Schoctz, Berlin NW., Luisenstrasse 30, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeitrige werden mit 50 Bk. für den Bogen lionorirk 
Allo Manuscripte, Mittheilitngen und redactioneilen An¬ 
fragen boliebo man zu senden an Prof. Dr. Sehinaltz, 
Berlin thierärztliche Hochschule, NW., Luiscnstrasse 56. 
Corrccturen, Iteeensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin. 

Verantwortlicher Redacteur. 

De Bruin Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel Zündel 

Professor Oberthierarzt Departcmentsihicrnrzt Professor Dcpartcment-thiciarzt Veterinürassessor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreb thierarzt 

Utrecht. Hamburg. Cöln. Breslau. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1900. 49 . Ausgegeben am 6. Deccmber. 


Inhalt: Graul: Praktische Erfahrung hei der Rothlaufimpfung. — Meier: Feststellung des Milzbrandes und Be¬ 
seitigung der Milzb randcadaver. — Referate: Rossel und Weber: lieber die Haemoglobinurie der Kinder in Finland. 
— Morgan: Ticks and Texas fever. — Steger: Massenerkrankungen beim Rindvieh. — Huber und Eisen: Jodkalium bei 
Lebercirrlmse. — Monsarrat: Inversin et Prolapsus Uteri. — Jarvein: lieber die Ursache des acuten Milztumors bei Ver¬ 
giftungen und acuten Infectionskrankheite». Physiologische Funktion der Milz. — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: 
VII. Plenar*Versammlung der Central-Vertretung der thierärztlichen Vereine Preussens zu Berlin. — Herbst-Sitzung des Vereins 
schlesischer Thierärzte in Breslau. — Verschiedenes. — Personalien. — Vacanzen. 


Praktische Erfahrung bei der Rothlaufimpfung. 

Vortrag gehalten in der Herbst - Versammlung des 
Vereins schlesischer Thierärzte 

von 

Graul-Oppeln. 

KrcUthii’rarzt. 

(Vergleiche das Protocoll pg. 5Hf> dieser Nummer.) 

Feber den Werth der Schutzimpfung gegen den Rotlilauf 
der Schweine ist in der letzten Zeit soviel geschrieben und ge¬ 
sprochen worden auch an dieser Stelle, dass ich alle allgemeinen 
Gesichtspunkte heute übergehen und mich gleich zu den Fragen 
wenden kann, die mich veranlasst haben, hier zu sprechen. 

Diese Fragen sind: 1. Die der wirklichen Dauer des 
Impfschutzes, 2. die der Entschädigung für Impf¬ 
verluste und 3. die Frage der Laienimpfung. 

M. H. Die Impfung nach Pasteur und die mit Porcosan 
werden zur Zeit, wo uns bessere Methoden und bessere Impf¬ 
stoffe reichlich zur Verfügung stehen, nur noch von einer kleinen 
Anzahl von Thierärzten angewandt, sodass diese Methoden ausser 
Betracht bleiben können. Die anderen Methoden, die Lorenz’sche 
und die mit Höchster Susserin bezw. nach Schütz sind in ihrem 
Wesen ja fast identisch. Beide haben die Impfung mit Serum 
und Cultur, Lorenz mit enger bestimmten Dosierungen, Schütz 
mit weiteren Dosen. Beide wenden jetzt die Simultanimpfung 
an, Lorenz mit dem Unterschiede, dass bei Znchtthieren eine 
zweite Culturdosis nach 12—14 Tagen eingespritzt wird. Beide 
versprechen durch ihre Methoden eine längere Immunität. Wie 
lange hält nun aber diese Immunität vor? 

Bekannt ist, dass durch die Einspritzung von Serum allein, 
— die Herkunft desselben ist dabei gleichgültig — eine Immu¬ 
nität gegen die Rothlaufinfection nur für einige Wochen er¬ 
reicht wird; diese Zeit wird im Maximum 5 Wochen nicht über¬ 
schreiten. Die Serumimpfung findet als Nothimpfung zuweilen 
noch Anwendung in bereits verseuchten Bestünden, wo mit Rück¬ 
sicht auf eine etwa schon stattgefundene Tnfection die Cult-ur- 
injeetion vermieden wird. Dass diese Nothimpfung unzweck¬ 


mässig ist, leuchtet ein, denn die Kosten derselben stellen sich 
dadurch, dass die erkrankten und die inficirten Thiere die so¬ 
genannte Heildosis d. h. die doppelte, dreifache oder noch 
i höhere Dosis erhalten müssen, event. theurer als die Schutz¬ 
impfung (Culturserumimpfung), und die Immunität ist un- 
| genügend, weil zu kurz. Was nützt dem Besitzer, der mit der 
Impfung wartet, bis er den Rothlauf unter seinen Schweinen hat, 
was nützt dem die schöne Heilwirkung des Lorenz’sclien oder 
Schütz’schen Serums, wenn das gerettete Schwein hernach plötzlich 
I an der Endocarditis eingeht oder er gezwungen ist, um dem 
j vorzubengen, ein Zuchtthier vor der Zeit oder ein Mastschwein 
nachher zu schlachten? 

Durch die Verbindung von Serum- und Culturinjection wird 
l ein längerer Impfschutz erzielt. Nach dem von der Breslauer 
Landwirthschaftskammer herausgegebenen und dem Serum bei¬ 
gelegten Flugblatte soll diese Immunität nach der Simultan- 
! impfang mit Susserin-Cultnr betragen 5 bis 7 Monate, also im 
Mittel 6 Monate. Dieser Impfschutz von 6 Monaten wird ge¬ 
nügen für Schweine, die zur Mast gehalten werden, denn da 
unsere frühreifen Schweinerassen mit etwa 10 Monaten schlacht¬ 
reif sind und die Impfung vor dem Alter von 8 bis 12 Wochen 
j kaum erforderlich ist, weil die Ferkel höchst selten an Rothlauf 
erkranken, so wird das Mastschwein das Ende seiner Immunität 
nicht lange überleben. Auch die Lorenz’sche Methode erkennt 
I jetzt die Simultanimpfung mit nur einmaliger Culturinjection für 
j Mastschweine als hinreichend an. In einem, in den Veröffent¬ 
lichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes erschienenen Er¬ 
lass des Württembergischen Staatsministeriums heisst es wört- 
! lieh: Das Impfverfahren wird heuer in der Weise vereinfacht 
werden, dass die erste Culturinjection gleichzeitig mit der 
i Seruminjection erfolgt, sodass bei Mastschweinen nur eine ein¬ 
malige, bei Zuchtschweinen nur eine zweimalige Impfung statt- 
! findet. 

Dieser Impfschutz von 6 Monaten Dauer wird leider nicht 
j immer erzielt. Ich selber habe in meinem Kreise die Erfahrung 
machen müssen, dass in einem Gehöfte, wo fast alljährlich der 


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578 

Rothlanf auftrat (Schule), die beiden nach Schütz geimpften 
Schweine 6 bis 7 Wochen nach der Impfung an typischem Roth- 
lauf erkrankten, das ersterkrankte ist verendet, das zweite 
wurde durch eine Heildosis gerettet. In einem anderen Falle 
musste ein Schwein genau 3 Monate nach der Impfung wegen 
Rothlauferkrankung nothgeschlachtet werden. Auch aus anderen 
Kreisen, so aus dem Kreuzbnrger, sind mir verschiedene der¬ 
artige Fälle berichtet worden. Ich nehme an, dass in diesen 
Fällen die betreffenden Thiere zu kleine Culturmengen oder zu 
alte Culturen erhalten haben und somit der durch die Serum¬ 
wirkung allein erzielte Schutz zu kurz war. Erkrankungen an 
Rothlanf nach 6 Monaten kommen häufig vor und sind für den 
Thierarzt nicht überraschend, wohl aber für den Besitzer; denn 
die meisten Besitzer erwarten, dass der Impfschutz wenigstens 
ein Jahr dauern wird. Ich habe jedes Mal überraschte Gesichter 
gesehen, wenn ich erklärte (ich habe mit Susserin geimpft), 
dass der Schutz nur 5 bis 7 Monate dauere. 

M. H. diese Fehlschläge dürften sich in Zukunft dadurch 
vermeiden bezw. verringern lassen, dass man die Schweine vor 
der Impfung sondert in solche, die zur Mast und solche, die zur 
Zucht bestimmt sind. Die Mastschweine impft man, wenn möglich, 
erst im Alter von drei Monaten und mit nicht zu kleiner Cultur- 
dosis; man kann sich bei diesen auf eine Culturinjection be¬ 
schränken. Ich möchte hier gleich erwähnen, dass ich einmal 
durch eine Verwechselung der Spritzen einem Läuferschweine 
von vielleicht 70—80 Pfund eine Dosis von 5 g Cultur einge¬ 
spritzt habe. Da ich den Irrthum sofort bemerkte, so spritzte 
ich demselben noch eine zweite Dosis Serum ein und das 
Thier blieb gesund. 

Für Zuchtthiere genügt eine Immunität von sechs Monaten 
nicht. Jeder Schweinezüchter will, wenn er schon impfen lässt, 
einen dauernden Impfschutz haben und diesen möglichst billig. 
Hier sitze ich zur Zeit noch mit der Impfung nach Schütz 
mit Susserin fest. Nicht so bei der Lorenz’schen Methode. 
Nach Lorenz werden die Zuchtthiere ohne Rücksicht auf das 
Alter (am besten freilich als Ferkel wegen der Serumersparniss) 
simultan geimpft, dann lässt man nach 14 Tagen eine zweite 
stärkere Culturinjection folgen und erzielt damit einen Impfschutz 
der ein ganzes Jahr Vorhalten soll und angeblich auch eine 
stärkere Immunität. Dieses letztere ist besonders wichtig, denn 
es setzt uns in den Stand, die Zuchtthiere weiterhin durch 
blosse Injectionen von Culturen in dauernder Immunität zu er¬ 
halten, ohne nochmals die tlieure Seruminjection geben zu 
müssen. Was diese Ersparniss an Serum ausmachen kann, will 
ich an einem Beispiel beweisen. Herr College Siemssen in 
Krappitz impft seit mehreren Jahren alljährlich mehrere 1000 
Schweine nach Lorenz. Derselbe hat in diesem Jahre auf 
einer Herrschaft einige 50 im vergangenen Jahre bereits ge¬ 
impfte Zuchtthiere nur mit Culturen nachgeimpft und mit bestem 
Erfolge. Das bedeutet bei 50 alten Schweinen, die sonst je 
15 g Susserin hätten erhalten müssen, allein einen Gewinn von 
rund 50 Mark. In dem bereits erwähnten Erlasse des Württem- 
bergischen Staatsministeriums wird für bereits geimpfte Thiere 
im zweiten Jahre die blosse Culturimpfung ausdrücklich vorge¬ 
schrieben und der Preis für diese auf 50 Pfg. festgesetzt. 

M. H. Wie schon gesagt, hier sitze ich mit dem Susserin 
fest. Ueber dasselbe fehlen derartige ins Einzelne gehende 
Vorschriften leider noch, es erscheint mir in dieser Hinsicht 
die Methode, ich möchte fast sagen, noch etwas unfertig. In 
den Vorschriften für die Susserinimpfung wird das Haupt- 


No. 49. 

gewicht auf die Serumimpfung, auf die Heilimpfung und damit 
auf den Serumverkauf gelegt. Nur so nebenbei wird eigentlich 
die Schutzimpfung mit Cultur erwähnt und angegeben, dass sich 
damit ein Impfschutz von 5—7 Monaten erzielen lässt. Ja, soll 
denn der Züchter, dessen Bestand der Rothlauflnfection aus¬ 
gesetzt ist, alle 6 Monate seinen Bestand wieder impfen lassen, 
und ist jedesmal auch bei der zweiten und dritten Impfung die 
theure Seruminjection durchaus nöthig? Genügt nicht die 
billige Culturinjection? Sehen Sie sich die Vorschriften für 
das Susserin an, darüber wird nichts gesagt. Vor circa drei 
Wochen impfte ich in einem Bestände, den ich im Frühjahr 
mit Susserin geimpft hatte, mehrere neugekaufte Zuchtthiere. 
Ich muss offen gestehen, ich war in Sorge, wie die Sache ab¬ 
laufen würde, denn da die Zeit von 6 Monaten herum war, so 
waren die anderen Thiere vor der event. Ansteckung durch die 
frischgeimpften nicht mehr sicher. Zum Glücke blieben alle 
gesund. Ich bin übrigens der Ansicht, dass sich die Methode 
mit Susserin ebenso anwenden bezw. ausbauen lassen wird wie 
die Lorenz’sche. Es ist Sache der Farbwerke, sich hierüber zu 
äussern und event. Versuche anzustellen, ob sich die Immunität 
nicht bis auf ein Jahr verlängern lassen wird und ob nicht die 
zweite Seruminjection entbehrt werden kann. Denn der practische 
Thierarzt kann diese Versuche nicht auf eigene Gefahr und 
eigene Kosten anstellen, besonders da die Seruminstitute beim 
Zahlen von Entschädigungen mehr als zugeknöpft sind. 

Damit wären wir bei dem zweiten Punkte, den ich zur 
Besprechung Vorbringen wollte, dem der Entschädigung für 
Impfverluste angelangt. 

M. H. Jeden Fehlschlag in der Praxis ist das Publicum 
nur zu sehr geneigt, dem behandelnden Thierarzt in die Schuhe 
zu schieben, desshalb soll der Thierarzt nicht mehr Verant¬ 
wortung auf sich laden, als er nöthig hat. Es ist bei dem 
ganzen Impfgeschäft schon unangenehm genug, wenn der durch die 
Impfung versprochene und erwartete Impfschutz nicht da ist, 
wenn die Schweine trotz derselben nach drei oder vier Monaten 
oder noch eher an Rothlanf erkranken und verenden. Der be¬ 
treffende Besitzer wird für die Gründe des Fehlschlags schwer 
zugänglich sein und die Impfung wird in Misscredit kommen. 
Einen Ersatz für solche Verluste, die durch das Ausbleiben des 
Impfschutzes entstehen, kann man billiger Weise nicht ver¬ 
langen, denn der Verlust beträgt doch nur die Kosten der 
Impfung, die der Mann umsonst bezahlt hat. 

Anders verhält sich die Sache aber mit den Verlusten, die 
unmittelbar nach der Impfung, also durch die Impfung selbst 
entstehen. Für den betroffenen Besitzer ist es ein schlechter 
Trost zu wissen, daBS die Impfverluste weit über 1 pCt. be¬ 
tragen. Er wird sich an seinen Thierarzt halten und lieber 
auf alle Erklärungen als auf eine klingende Entschädigung ver¬ 
zichten. In den meisten Fällen, die in der Literatur bekannt 
geworden sind, ist ja eine vollständige und bestimmte Erklärung 
für die entstandenen Verluste nicht erfolgt. Die Seruminstitute 
beschuldigen gewöhnlich den betr. Impfer mit falscher Dosirung, 
zu kleinen Serum- oder zu grossen Culturdosen oder sonstigen 
Fehlern beim Impfen, besonders auch bereits vorhanden gewesener 
Rothlauf-Infection. Ich möchte hier übrigens rathen, Cultur und 
Serum stets aus derselben Quelle zu beziehen, damit nicht etwa 
bei Verlusten von dem einen Lieferanten das Serum, vom anderen 
die Cultur beschuldigt werden kann. 

Von einem grösseren derartigen Verluste ist in diesem 
Jahre der Kreisthierarzt in Grottkau betroffen worden. Dem- 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


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BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


5?9 


6. December 1900. 

selben sind im Monat August in einem Dorfe, wo eine grössere 
Anzahl von Schweinen geimpft wurde, bei einem Besitzer vier 
halbfette Schweine nach der Impfung verendet. Eins derselben 
starb ‘/ 2 Stunde, zwei weitere nach zwei Stunden und das vierte 
innerhalb 24 Stunden nach der Impfung. Die Thiere waren 
angeblich vor der Impfung ganz gesund und die Impfstoffe — 
Cultur und Susserin — von der Breslauer Kammer einige Tage 
vor der Impfung bezogen worden. Eine plausible Erklärung 
für den Fall ist nicht da. Herr College Schirmeisen wird 
uns über die Einzelheiten näheren Aufschluss geben können. 
Wie ich gehört habe, ist die Breslauer Kammer wegen dieser 
Verloste um eine Entschädigung angegangen worden; der betr. 
Besitzer hat aber keinen Pfennig erhalten. Von der Prenzlauer 
und Landsberger Anstalt sollen in einzelnen Fällen Ent¬ 
schädigungen gezahlt worden sein. Es ist auch recht und billig, 
dass diejenigen Institute, die den Gewinn für die Impfstoffe 
einstecken auch für die Verluste aufkommen. 

Diese Entschädigungsfrage müsste bis zur nächsten Impf¬ 
saison geregelt werden. Da die Centralvertretung in Berlin 
auch zu dieser Frage Stellung nehmen will, so ist zu bedenken, 
ob wir in dieser Sache isolirt Vorgehen sollen oder die An¬ 
gelegenheit bei der Centralvertretung zur weiteren Veranlassung 
in Anregung bringen. Ohne einen gelinden Druck von Seiten 
der Thierärzte werden sich die Seruminstitute zu einer Ent¬ 
schädigung kaum verstehen, deshalb müssen wir diesen Druck 
ausüben, denn wir sind diesmal in der angenehmen Lage, dass 
wir nicht zu bitten brauchen, sondern fordern können. 

Eventuell könnte man ja auch an die Kammer herangehen 
und diese für unseren Zweck zu gewinnen suchen. Wir Thier¬ 
ärzte bekommen bei dem directen Bezüge von den Höchster 
Farbwerken einen Rabatt von 10 pCt. Bei dem Bezüge durch 
die Kammer wird uns ein solcher nicht gewährt, es ist deshalb 
wohl anzunehmen, dass der Kammer von den Farbwerken diese 
Vergünstigung nicht zugestanden wird? Wenn wir nun anstatt 
die Impfstoffe von den Instituten direct zu beziehen und die 
bewilligten Procente selbst einzustecken, uns hier verpflichten, 
unseren gesammten Bedarf durch die Kammer zu beziehen und 
zu Gunsten der Entschädigung den Rabatt der Kammer zu über¬ 
lassen, so dürfte dieselbe leicht in der Lage sein, die ent¬ 
stehenden Verluste zu decken. Der Rabatt beträgt pro Liter 
6 M., das macht bei doch sicher 500 Litern Serum im Jahre 
ca. 3000 M. allein für Schlesien, eine ganz stattliche Summe, 
die genügen würde, alle Verluste zu entschädigen. Sollte die 
Kammer dafür nicht zu haben sein, so Hesse sich vielleicht eine 
tierärztliche Centrale einrichten, die den Serumbezug leitete 
und gleichzeitig die Schadenersatzansprüche regnlirte. 

Das sind selbstverständlich nur Vorschläge, am Ende lässt 
sich die ganze Frage bei genügendem Entgegenkommen der 
Seruminstitute auch in viel einfacherer Weise erledigen. 

Ich komme endlich zum dritten und letzten Punkte meines 
Programms, dem der Laienimpfung. Ich erkläre von vorn herein, 
dass ich auf dem Standpunkte stehe, die Impfung ist Sache der 
Thierärzte. Dass man uns nicht allzuviel giebt, daran sind wir 
ja gewöhnt, wir wollen uns aber nicht gutwillig das Wenige 
nehmen lassen, das wir besitzen. Selbstverständlich will ich 
dem Schweinebesitzer nicht verwehren, seine Schweine in ge¬ 
sunden und kranken Tagen mit jedem Serum zu impfen, das 
ihm gefällt. Das ist sein gutes Recht, das ich ihm in keiner 
Weise verkümmern will. Etwas ganz anderes ist das aber mit 
der Cnlturimpfung. Die Cultur ist ein Gift, und dieses gehört 


in die Hand des Sachverständigen. Durch den freien Verkehr 
mit virulenten Culturen wird allem möglichen Unfug Thor und 
Thür geöffnet. 

Was nun das Institut der Laienimpfer anbelangt, so möchte 
ich fragen, hat nicht unsere Provinz Thierärzte genug, um die 
Impfung durch sachverständige Hände zu leiten; ich glaube 
mehl 1 als genug. Man soll mir nicht sagen, dass der Thierarzt 
zu spät kommt, um erkrankte Schweine noch impfen zu können, 
das wird dem Laienimpfer doch auch passiren können. Ich bin 
auch der Ansicht, wie ich vorhin bereits gesagt habe, dass der 
Schweinebesitzer seine Schweine impfen lassen soll, so lange 
sie noch gesund sind. Bildet man besondere Laienimpfer aus, 
so werden damit einfach Pfuscher gezüchtet, und ich denke 
Pfuscher haben wir hier in Schlesien schon jetzt zur Genüge. 
Will man die Laienfleischbeschauer dazu heranziehen, so macht 
man diese dadurch vom Publikum abhängig und noch viel un¬ 
zuverlässiger als sie schon sind. Ich habe ein paar Hundert 
Laienfleischbeschauer ausbilden und prüfen sehen, ich sehe sie 
in meinem Kreise und in anderen in ihrer Thätigkeit, und ich 
versichere Sie, meine Herren, dass eine stetige und strenge 
Controle nöthig ist, um diese Leute zu gewissenhafter Arbeit 
anzuhalten und vor unüberlegten oder falschen Handlungen zu 
bewahren. Wozu diese Laienirapferei führt, dazu hier ein Bei¬ 
spiel : In diesem Sommer theilte mir ein solcher Laienimpfer 
und Fleischbeschaner gelegentlich mit, er habe da und da ein 
rothlaufkrankes Schwein geimpft, aber die Seuche nicht erst an¬ 
gezeigt, weil die Schweine wieder gesund geworden seien. Wo 
bleibt da die gesetzliche Seuchentilgung? Ich bin der Ueber- 
zeugung, dass die Laienimpfer im kurzer Zeit keinen Fall von 
Rothlanfseuche mehr zur Anzeige bringen werden, wo sie be¬ 
handelt bezw. geimpft haben. Sie werden sich doch die Kund¬ 
schaft nicht verderben wollen. 

In einem Kreise des Oppelner Bezirkes ist für den ganzen 
Kreis eine Schweineversicherung eingeführt und ebenso für den 
ganzen Kreis das Institut der Laienimpfer eingeführt worden. 
Wie mir mitgetheilt worden ist, sind von diesen in diesem Jahre 
etwa 780 Schweine geimpft worden (theils mit Cultur und 
Susserin, theils mit Susserin allein), davon sind ca. 30 Stück 
gefallen, also 4 Procent, kein allzuglänzendes Resultat. 

M. H. Vielleicht ist es noch nicht zu spät, um die 
Impfung uns Thierärzten zu erhalten. Ich möchte deshalb Vor¬ 
schlägen, auch zu dieser Frage Stellung zu nehmen, wie das 
ja auch von anderen Vereinen schon geschehen ist, und die 
Angelegenheit der Centralvertretung zur weiteren Verfolgung 
zu unterbreiten. 

Das ist Alles, was ich heute zur Besprechung Vorbringen 
wollte, es wird mich freuen, wenn meine Ausführungen Ihre 
Zustimmung finden. 


Feststellung des Milzbrandes und Beseitigung der 
Milzbrandcadaver. 

Von 

Meier-Ketzin. 

Thierarzt. 

In den letzten Jahren ist in den thierärztlichen Vereinen 
und Zeitschriften wiederholt die Frage erörtert worden, ob zur 
Feststellung des Milzbrandes die Obduction erforderlich sei, 
oder ob es genüge, in einer dem uneröffneten Cadaver ent¬ 
nommenen Blutprobe die Milzbrandbacillen nachzuweisen. Die 
Ansichten hierüber gingen auseinander. Auf der Versammlung 


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580 


No. 49. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


deutscher Naturforscher und Aerzte zu Aachen hat sich nun 
der Departementsthierarzt Dr. Steinbach dahin ausgesprochen, 
dass man, wenn durch die microscopisclie Untersuchung des 
Blutes Milzbrand nachgewiesen sei, von einer Eröffnung des 
Cadavers absehen sollte. Dieser Ansicht muss ich auf Grund 
reichlicher Erfahrung durchaus beistimmen. In hiesiger Havel¬ 
niederung sind Erkrankungen an Milzbrand nicht selten, und 
habe ich mich daher oft, theils in privater, theils in amtlicher 
Thätigkeit mit demselben beschäftigen können. In jedem 
einzelnen Falle habe ich die Diagnose Milzbrand auf Grund des 
Nachweises von Milzbrandbacillen im Blute gestellt, und zwar 
habe ich die Blutuntersuchungen stets am uneröffneten Cadaver 
vorgenommen. Durch die später von dem zuständigen Kreis¬ 
thierarzt oder auch häufig von mir selbst amtlich ausgeführte 
Obduction wurde der microscopisclie Befund immer bestätigt. 
Ebenso habe ich mich bei einem negativen Befund der Blut¬ 
untersuchung überzeugen können, dass auch die Obduction 
Milzbrand nicht ergab. Untersucht habe ich im ungefärbten 
Präparat. Das Auffinden der Milzbrandbacillen war leicht, was 
sich dadurch erklärt, dass die Untersuchung des Blutes fast 
immer kurz nach dem Tode und wohl niemals später als 
24 Stunden erfolgte, so dass Fäulnissbacterien gewöhnlich noch 
nicht aufgetreten waren. Ich möchte überhaupt empfehlen, bei 
frischem Milzbrandblut im ungefärbten Präparat zu untersuchen, 
da die in Haufen zusammenklebenden Blutkörperchen mit den 
glashellen dazwischen liegenden Milzbrandstäbchen ein so 
characteristisches Bild geben, dass eine Verwechselung kaum 
möglich ist. Nur beim Auftreten einzelner Bacillen, was selten 
ist, oder bei bereits eingetretener Fäulniss schreite man zur 
Färbung. 

Ich bin der Ansicht, dass Irrthümer bei der Untersuchung 
des frischen und ungefärbten Blutes weniger leicht Vor¬ 
kommen können, als bei der Untersuchung von mit Fäulniss¬ 
bacterien durchsetztem Blut im gefärbten Präparat. Daher 
ist es von der grössten Wichtigkeit, dass die Untersuchung 
eines unter Milzbrandverdacht verendeten Thieres sobald 
als möglich stattfindet. Bei plötzlichen Todesfällen oder Noth- 
schlachtungen pflege ich in meiner Praxis das Microscop stets 
mitzunehmen, um eine Untersuchung des Blutes gleich an Ort 
und Stelle ausführen zu können. Die Blutprobe entnehme ich 
durch einen Einstich unterhalb des Afters resp. der Scheide, weil 
hier die Haut besonders fein ist. Ein bestimmtes Blutgefäss an- 
zusclmeiden empfehle ich nicht wegen des unnützen Abfliessens 
einer grösseren Menge von Blut. Dass durch den Nachweis der 
Milzbrandbacillen die Diagnose Milzbrand mehr gesichert wird 
als durch die bei der Obduction sich vorfindenden pathologisch¬ 
anatomischen Veränderungen, kann nicht bestritten werden. 
Gewiss wird der erfahrene Practiker Milzbrand in der Regel 
auch ohne Microscop feststellen können, aber es kommen Fälle 
vor, wo die Veränderungen nicht derart sind, dass mit Be¬ 
stimmtheit Milzbrand festgestellt oder ausgeschlossen werden 
kann. Es giebt eine ganze Reihe von Krankheiten (acute 
Gastro-Enteritis nach Aufnahme von verdorbenem Futter, Hitz- 
schlag, bösartige Maulseuche etc.), die im Krankheitsverlauf 
und im Obductionsbefund dem Milzbrand ähnlich sein können. 
Andererseits treten zuweilen die characteristischen Erscheinungen 
des Milzbrandes sowohl am lebenden als am todten Thier so 
wenig hervor, dass man über die Art der Krankheit ein sicheres 
Urtheil nicht gewinnt. 

Hier entscheidet allein der microscopisclie Befund. Wenn 


gar — wie ich es gesehen habe — auf einem Gehöft, wo öfter 
Milzbrandfälle Vorkommen, bei ausbrechender Maul- und Klauen¬ 
seuche apoplectische Todesfälle sowohl durch Milzbrand als durch 
Maulseuche entstehen, wer wollte dann noch ohne raicroscopische 
Untersuchung eine eiuwandsfreie Diagnose stellen? Es muss 
demnach in erster Linie der microscopisclie und erst in zweiter 
der macroscopische Befund massgebend sein. Dass auch mal 
bei der Blutuntersuchung, wenn diese verhältnissmässig spät er¬ 
folgt, Irrthümer Vorkommen können, ist nicht zu leugnen, aber 
entschieden weit seltener als ohne diese. Deshalb ist beim 
Milzbrand eine Untersuchung des Blutes gesetzlich zu 
fordern und die Diagnose vom Nachweis der Milzbrand¬ 
bacillen abhängig zu machen. Wenn aber diese Bacillen 
meist ohne Oeffnung des Cadavers nachzuweisen sind, wozu dann 
noch zum Ueberfluss die Obduction, die ja doch den Befund 
nur bestätigen, aber niemals ändern kann, und die sowohl die 
Gefahr der Inficirung für den die Section Ausführenden als auch 
die Möglichkeit der Verschleppung des Ansteckungsstoffes ein- 
schliesst? 

Am uneröffneten Cadaver ist eine unschädliche Beseitigung 
leichter ausführbar als am geöffneten, wo das Abfliessen von 
Flüssigkeiten unvermeidlich ist. Hier könnte der Einwand er¬ 
hoben werden, dass in den Provinzen, in denen Todesfälle von 
Milzbrand entschädigt werden, die Obduction erforderlich sei, um 
festzustellen, ob das Thier nicht noch an einer anderen tödtlichen 
oder unheilbaren Krankheit, welche die Entschädigungspflicht 
ausschliesst, gelitten habe. Das Gesetz über Entschädigung der 
an Milzbrand gefallenen Thiere vom 22. April 1892 schliesst aber 
auch in solchem Falle die Entschädigung nicht aus. Daher 
sollte das Gesetz die Eröffnung milzbrandverdächtiger 
Cadaver nur dann fordern, wenn durch die micro- 
scopisclie Untersuchung einer dem uneröffnetenCadaver 
entnommenen Blutprobe kein sicheres Resultat erzielt 
wird, aber in den Fällen, wo Milzbrandbacillen sich 
mit Bestimmtheit nachweisen lassen, von der Section 
absehen. Die Zahl der dann noch vorkommenden Sectionen 
dürfte sehr gering sein. Wünschenswerth würde es ferner sein, 
im Interesse der möglichst schnellen Vornahme der Blutunter¬ 
suchung und der Beseitigung der Cadaver, dass, namentlich in 
den von Milzbrand öfters heimgesuchten Gegenden, bei grosser 
Entfernung vom Wohnsitz des betreffenden Kreisthierarztes, der 
am nächsten wohnende Thierarzt amtlich zugezogen würde. 

leb komme nun zur Beseitigung der Milzbrandcaflaver. 
Nach dem Gesetz sollen die Cadaver durch hohe Hitzegrade 
oder, wenn dies nicht möglich, durch Vergraben unschädlich be¬ 
seitigt werden. In welcher Weise letzteres zu geschehen hat, 
ist im Gesetz vorgeschrieben. Das Verbrennen ist entschieden 
das beste Vernichtungsmittel, aber in der Praxis wohl sehr selten 
ausführbar. Auch durch Vergraben, wenn es streng nach den 
gesetzlichen Vorschriften ausgeführt wird, lässt sich eine einiger- 
massen sichere Beseitigung des Ansteckungsstoffes herbeiführen. 
Aber mit welchen Schwierigkeiten ist ein ordnungsmässiges Ver¬ 
graben des Cadavers oftmals verbunden 1 Ein allen Anforderungen 
genügender Verscharrungsplatz ist entweder schwer oder gar 
nicht zu beschaffen. Da der Milzbrand in den Flussniederungen, 
die alljährlich überschwemmt werden, am häufigsten aufzutreten 
pflegt, so ist in den betreffenden Ortschaften im Frühjahr ge¬ 
wöhnlich ein so hoher Wasserstand, dass die mit einem Meter 
Erdschicht bedeckten Cadaver im Wasser liegen. Betrachten 
wir zuerst jedoch das Hinausschaffen der Cadaver nach dem oft 


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6. Dccember 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


581 


weit entfernten Verscharrungsplatz. Dasselbe erfolgt auf Brettern, 
Leitern, Schleifen, Schlitten etc., auf denen das Cadaver befestigt 
ist. Dass hierbei ans den natürlichen Körperhöhlen Flüssigkeit 
ansfliessen und die Wege verunreinigen kann, liegt auf der Hand. 
War das Thier nothgeschlachtet und hatte eine Eröffnung statt¬ 
gefunden, dann lässt sich ein Verschütten von Blut kaum ver¬ 
hindern, und auf dem ganzen Transportweg sind Blutspuren 
nachzuweisen. Das polizeiliche Ueberwachen beim Hinaus¬ 
schaffen der Cadaver kann meist gar nicht stattfinden, weil die 
Besitzer das todte Thier sofort auf eigene Hand vom Stall nach 
dem Verscharrungsplatz geschleift haben. Also die Gefahr der 
Verschleppung des Ansteckungsstoffes liegt vor. Noch grössere 
Missstände treten zuweilen beim Verscharren auf. Sind die aus¬ 
geworfenen Gruben mit etwas Wasser gefüllt, dann wird das¬ 
selbe durch das hineingeworfene Cadaver und durch die Sand¬ 
masse nach oben gedrückt, so dass bei der zngeschiitteten Grube 
der Ansteckungsstoff bis in die obersten Erdschichten gespült 
wird. Ein Gleiches kann eintreten, wenn bei vorschriftsmässig 
angelegter Grube durch das Hineinschaffen des schweren Cadavers 
die Erdschicht der stark belasteten Grubenwand nachgiebt, was 
im Sandboden vorkommt, und nun zugleich mit dem Cadaver in 
die Grube stürzt. 

Dann kommt das Cadaver auf der hineingefallenen Sand¬ 
schicht zu liegen, und die Eindeckung wird nun nicht tief genug. 
Eine Erhöhung der Cadavergrube über den Erdboden kann die 
Tiefe der Grube nicht ersetzen. Aber auch bei einer geordneten 
Verscharrung ist eine Verschleppung der Milzbrandsporen 
möglich. Es ist bewiesen, dass sich sowohl beim Liegen des 
Milzbrand-Cadavers an der Luft als auch in der Grube bei 
entsprechender Wärme Milzbrandsporen entwickeln können und 
viele Jahre lang ihre Lebensfähigkeit behalten. Durch ver¬ 
schiedene Ursachen können nun die Sporen von der Tiefe 
an die Oberfläche befördert werden. Abgesehen von der Ver¬ 
schleppung durch Würmer trägt ein Niclitbeachten der gesetz¬ 
lichen Bestimmungen die Hauptschuld. Die Verscharrungsplätze 
sollen eingefriedigt werden. Das geschieht wohl zuweilen, 
aber, während für eine ordnungsmässige Einfriedigung auf eine 
lange Reihe von Jahren Sorge zu tragen wäre, ist in der Regel 
die Einzäunung bald wieder verschwunden, der aufgeworfene 
Hügel ist durch Witterungseinflüsse geebnet und als Begräbniss- 
stelle nicht mehr kenntlich. Wird dann später wieder ein 
Cadaver beseitigt, dann trifft man schliesslich beim Auswerfen 
der Grube auf ein verwestes Cadaver und befördert die Milzbrand¬ 
sporen an die Oberfläche. 

In Gegenden mit gutem Boden sind unbebaute, zur Ver¬ 
scharrung von Milzbrandcadavern geeignete Plätze knapp, und 
wird meist die Sandscholle — die einzige auf der ganzen Feld¬ 
mark — zur Verfügung gestellt. Diese dient aber auch zum 
Abfahren von Sand zum Bauen und zum Streuen der Gehöfte 
und Stallungen, und bietet deshalb reichlich Gelegenheit zur 
Verschleppung der Milzbrandsporen. Das Dienstpersonal, das 
von den vergrabenen Milzbrandcadavern oft nichst weiss, oder, 
-wenn es davon Kenntniss hat, sich nicht darum kümmert, nimmt 
den Sand dort weg, wo die Anfahrt am besten und das Auf¬ 
laden am bequemsten ist. So giebt es noch eine ganze Reihe 
von Möglichkeiten, die bei der Milzbrandverschleppung eine 
Kölle spielen können, z. B. Einmiethen von Futtermitteln auf 
dem Verscharrungsplatz, Weiden der Thiere, Abfahren von Sand 
zvr Wiesenmelioration u. s. w. Nur eins möchte ich noch be¬ 
sonders hervorheben, nämlich die Fortführung der Sporen durch 


die Luft Hierin erblicke ich die grösste Gefahr. Ich er¬ 
wähnte bereits, dass die Verscharrungsplätze meist auf Sand¬ 
plätzen anzutreffen sind. Bei trockenem, stürmischem Wetter 
bilden dann diese mächtige Staubwolken, die durch den Wind 
über die Felder getrieben werden und die etwa oberflächlich 
liegenden Milzbrandsporen mit fortführen. Jeder Sachverständige 
muss zngeben, dass dem heutigen Verscharrungssystem Mängel 
anhaften, so dass selbst bei gewissenhaftester Befolgung der 
gesetzlichen Verordnungen eine sichere Beseitigung des An¬ 
steckungsstoffs nicht erzielt wird. 

Manchem werden die obigen Möglichkeiten der Verbreitung 
des Ansteckungsstoffes etwas gesucht und meine Ausführungen 
als zu dick aufgetragen erscheinen, und doch entsprechen die¬ 
selben meinen Erfahrungen. 

Ein Beseitigungsverfahren ausfindig zu machen, das allen 
Anforderungen genügt, dürfte sehr schwierig sein. Wohl aber 
lässt sich meiner Ansicht nach das bisher übliche System durch 
ein besseres ersetzen. Das Verbrennen und Zerkochen zerstört 
den Ansteckungsstoff sicher, daher müssen wir hiervon soweit 
irgend thunlich Gebrauch machen. An Ort und Stelle ist dies 
allerdings nicht möglich, sondern es kann nur auf den Ab¬ 
deckereien geschehen. Wenn die Milzbrandcadaver im ge¬ 
schlossenen, mit Zinkblech ausgeschlagenen Wagen, der jedes 
Abfliessen von Flüssigkeit verhindert, zur Abdeckerei befördert 
werden, so kann dort in geeigneten Kochapparaten und unter 
Controle die Vernichtung des Cadavers sicher ausgeführt werden. 
Am besten würden zum Transport Wagen zu benützen sein, 
welche das Cadaver ungetheilt aufnehmen können. 

Da jedoch gegenwärtig noch die Obduction des Cadavers 
erforderlich ist, so kann die Fortschaffung des zerlegten Thieres 
auch in einem entsprechend abgeschlossenen Kastenwagen ge¬ 
schehen. Von der Zweckmässigkeit dieser Methode habe ich 
mich seit Jahren in vielen Fällen überzeugen können. In einem 
benachbarten Kreise besitzt nämlich eine Abdeckerei einen von 
der Regierung geprüften Kochapparat zur Vernichtung von Milz- 
brand-Cadavern und ist ihr zugleich die Berechtigung ertheilt 
zum Abholen der Milzbrand-Cadaver im geschlossenen Wagen. 
Der Polizeibehörde stand es frei, die Cadaver vergraben oder 
durch den betreffenden Abdecker abholen zu lassen. Letzteres 
ist auf mein Anrathen ausnahmslos geschehen. War die Beseitigung 
der Cadaver amtlich mir übertragen, so bin ich folgendermassen 
verfahren: Das Hinausschaffen der Cadaver aus dem Gehöft, 
wenn es nicht bereits geschehen war, unterblieb. Die Obduction 
wurde meist an der Stelle, wo das Cadaver lag, vorgenommen. 
Der Abdecker, welcher mit dem verschlossenen Wagen zur 
Stelle sein musste, lud nach beendeter Section Alles auf den 
Wagen; desgleichen wurde das mit Blut besudelte Erdreich auf 
den Wagen geworfen. Nach Beseitigung des Cadavers wurde 
die Lagerstätte mit einer starken Kalk- oder Chlorkalklösung 
dick begossen und mit derselben der Erdboden gehörig durch¬ 
tränkt. Stroh wurde verbrannt. Hiermit war die Beseitigung 
des Cadavers erledigt. Das Verfahren ist einfach und in der 
Vernichtung des Ansteckungsstoffes sicherer als das Vergraben. 
Durch das Unterbleiben des Hinausschaffens der Cadaver kann 
der Ansteckungsstoff vom Gehöft nicht verschleppt werden. 
Abgesehen von der Desinfection des Stalles etc. hat man nur 
für eine gründliche Desinfection der Obductionsstätte Sorge 
zu tragen, die sich durch Begiessen mit einer stark wirkenden 
Desinfections-Flüssigkeit bei einiger Sorgfalt sicher erzielen 
lässt. Welche Kosten verursacht nun solche Beseitigung des 


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582 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 49. 


Cadavers? Gar keine, im Gegentheil, es werden Kosten erspart, 
nämlich die, welche das lästige Hinansschaffen und Vergraben 
des Thieres erforderte. Die Cadaver werden seitens der Ab¬ 
deckerei kostenlos abgeholt und dies geschieht selbst aus Ort¬ 
schaften, die meilenweit von der Abdeckerei entfernt nnd ausser¬ 
halb des betreffenden Abdeckereibezirks liegen. Die Ausnutzung 
der Cadaver wiegt eben die Unkosten auf. Würde es demnach 
nicht zweckmässig sein, wenigstens in den Gegenden, wo Milz¬ 
brand ständig vorkommt, die Abdeckereien zu verpflichten, die 
Cadaver im geschlossenen Wagen abznholen und in vorschrifts- 
mässigen Apparaten zu zerkochen? Sicher werden, wie obiger 
Fall beweist, auch ohne Regierungsverfügung sich einzelne Ab¬ 
deckereien das Nötliige beschaffen, wenn ihnen eine Verwerthung 
der Milzbrand-Cadaver gestattet wird. Wenn es nüthig wäre, 
würde auch jeder Besitzer gern den Abdecker für das Abholen 
entschädigen, weil ihm Arbeit und Kosten erspart bleiben. Nur 
dürfte es dann nicht, wie hier, den Polizeibehörden freigestellt 
werden, die Cadaver abholen zu lassen, sondern es müsste ihnen 
zur Pflicht gemacht werden. Die Bedenken, dass auch that- 
sächlich auf der Abdeckerei eine ordnungsmässige Vernichtung 
des Cadavers stattfindet, so dass eine Verschleppung von An¬ 
steckungsstoff nicht stattfinden kann, lassen sich durch eine 
Ueberwachung beseitigen. Ich glaube, dass diese Art der 
Cadaverbeseitigung der bisherigen vorzuziehen ist, sie würde 
allerdings noch besser sein, wenn beim Nachweis von Milzbrand¬ 
bacillen die Obduction des Cadavers unterbleiben könnte und 
die Ueberfulirung des ungeöffneten Cadavers nach der Abdeckerei 
in einem zweckentsprechenden Wagen geschehen würde. 

Re f e r a t e. 

Ueber die Haemoglobinurie der Binder in Finiand. 

Von Reg.-Rath Prof. Dr. Kosscl und Oberarzt Dr. Weber. 

(Arbeiten a. d. KaUerl. Gesundheitsamto Bü. XVII Heft 2. 1900.) 

Verf. betonen zunächst, dass die Haemoglobinurie als Seuche 
in den verschiedensten Ländern vorkomme, so als Texas¬ 
fieber in Nordamerika, als redwater fever in Südafrika, als 
Tristezza in Argentinien, als Tick fever in Australien. 
Smith und Kilborne (Centralbl f. Bact. Bd. XIII.) erkannten 
die Ursache der Haemoglobinurie in einem auf den rothen Blut¬ 
körperchen vegetirenden Parasiten, sie stellten fest, dass die 
Zecken die Fähigkeit, Haemoglobinurie zu erzeugen, auf ihre 
Nachkommen zu vererben vermögen. Reg.-Rath Prof. Kos sei 
wurde durch Erlass des Staatssecretairs des Innern vom 
14. Juni 1899 nach Finiand geschickt, um die dort unter den 
Rindern auftretende Haemoglobinurie zu studiren, als deren Ur¬ 
sache Kropius und von Hellens (Arch. d. m. exp. et d’ana- 
tomie pathol., 94) Parasiten auffanden, welche nach ihrer An¬ 
sicht mit dem von Smith gefundenen Pyrosama bigeminum 
identisch sind.— Kossel nahm seine Untersuchungen inLovisa 
und Heinävesi vor unter Mithülfe des Kreisthierarztes Castren 
und des Freiherrn Dr. 0. von Hellens. In Finiand ist die 
Haemoglobinurie seit langer Zeit einheimisch, und zwar tritt sie 
fast ausschliesslich während der Weideperiode und besonders 
bei sehr heisser Aussentemperatur auf. Werden Rinder in ver¬ 
seuchte Gegenden eingeführt, so erkranken sie mit wenigen 
Ausnahmen und gehen an der Krankheit ein, ebenso tritt die 
Krankheit in gesunden Gegenden auf, sobald Thiere aus ver¬ 
seuchten Gebieten dorthin gebracht werden. Besonders schwer 
sind die Erkrankungen bei Kühen, leichter bei Kälbern — Im¬ 
munität wird durch Ueberstehen der Krankheit nicht erworben. 


Die klinischen Erscheinungen sind Fressunlust, Sinken der 
Milchmenge, hohes Anfangsfieber, beschleunigter Puls und Re¬ 
spiration, profuse Diarrhöen, portweinähnliche Beschaffenheit des 
Urins. Mortalität 30—50 pCt. Die Obduction ergiebt öde- 
matöse Dnrchtränkung der Subcutis und icterische Färbung der¬ 
selben, Herzmuskel gelbbraun, Milz stark vergrössert, das Pa¬ 
renchym zerfliesslich, von dunkelrother Farbe. Rindensubstanz 
der Nieren verbreitert und trübe, die Leber auf der Schnitt¬ 
fläche icterisch, von gelb und roth gesprenkelter Zeichnung. 
Die Blutkörperchen in der Milz, der Leber und den Nieren 
waren mit zahlreichen Parasiten von Scheibenform besetzt. Die 
Blutpräparate zur Untersuchung der Parasiten wurden mit 
Alcohol absolutus fixirt und mit alcalischer Methylenblaulösung 
gefärbt. In frischen Fällen waren die Blutkörperchen besetzt 
mit einem oder mehreren rundlichen Gebilden von Ve Blut¬ 
körperchengrösse. Da der Farbstoff an der Peripherie stärker 
tingirt hatte als in der Mitte, erschien die Figur ringförmig. — 
Ausser diesen waren noch auf den Blutkörperchen weidenblatt- 
oder birnenförmige, zu zweien liegende, blaugefärbte Parasiten 
zu beobachten. Diese finländischen Parasiten sind plumper 
als die des Texasfiebers und nicht so zahlreich, auch sind die 
bimförmigen Doppelparasiten kleiner als die von R. Koch in 
Ostafrika beobachteten; morphologisch stimmen sie überein mit 
den rumänischen, italienischen und argentinischen Parasiten. — 

Mit der Romanowskyschen Färbemethode (Die Färbung 
wird zur Tinction der Malariaplasmodien verwendet, sie geschieht 
nach Ziemann: Ein Theil 1 pCt. Methylenblaulösung (Methylen¬ 
blau medicinal. pur. Höchst) und 6 Theile 0,1 pCt. Eosin A.-G. 
Höchst mischen, in dieser Lösung 30—40 Minuten färben. 
Chroraatin roth, Protoplasma blau. Anm. d. Ref.) erscheint der 
Ringrand roth, der Rest blau, bei den Doppelparasiten sind die 
Pole roth gefärbt. Als Therapie werden Gaben von 15—20 g 
Chin. Sulfur, verwendet. Auch die Zecken frage hat Verf. 
ventilirt, er fand auf fast jedem Rinde Zecken, welche als 
Ixodes reduvius bestimmt wurden, leider scheiterte der Versuch, 
die Zeckenlarven auf Rindern zur Entwickelung zu bringen, so- 
dass nicht festgestellt wurde, ob Ixodes die gleiche Rolle spielt, 
wie Rhipicephalus annulatus s. Ixodes bovis beim Texasfieber. 

Dr. Je8 8. 

Ticks and Texas fever. 

Von H. A. Morgan. 

(Bulletin of the Agricult. Station Louisiana Ctbl. f. B. u. P. XXVIII 2.) 

Bei Rindern wurden von Morgan vier Arten Zecken be¬ 
obachtet: 1. Boophilus bovis Riley, 2. Amblyomma unipunctata 
Pack, 3. Derraacentor americanus Linn. 4. Ixodes ricinus Linn. 

Smith und Kilborne wie auch R. Koch constatirten, dass 
Boophilus bovis das Texasfieber zu übertragen vermag, während 
Amblyomma unipunctata und Dermacentor americanus hierzu 
nicht im Stande sind. Ixodes gelang es nicht auf Rindern zur 
Entwicklung zu bringen, sodass diese Versuche resultatlos ver¬ 
liefen, und zwar erklärt Morgan dies damit, dass Ixodes die 
beiden ersten Entwicklungsstadien auf einem anderen Thiere 
durchmacht nnd erst im 3. Stadium auf dem Rinde vorkommt. 
Auch Ixodes wird voraussichtlich das Texasfieber zu übertragen 
im Stande sein, jedoch wird noch ein Zwischenwirth wahrschein¬ 
lich dabei eine Rolle spielen. Neuerdings sind Versuche gemacht, 
das Vieh der vom Texasfieber freien Nordstaaten vor dem Trans¬ 
port nach den Fiebergegenden durch Impfung mit Blut immuner 
Thiere zu schützen. Das Resultat dieser Versuche soll ein 
günstiges sein. Jess. 


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6. December 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


583 


Massenerkranknngen beim Rindvieh. 

Von Districtsarzt Fritz Steger in Buchloe. 

(W. f. Th. u. V. 1900. No. 38 u. 39.) 

Steger beobachtete in der Marktgemeinde Waal nnd 
Buchloe in den Jahren 1896, 1897 und 1899 eine Reihe von 
Massenerkrankungen, deren Symptome genau mit der von 
Dieckerhoff, B. II Seite 226 u. ff. beschriebenen „Endemischen 
Schlundkopflähmung“ übereinstimmen, dass von einer Wieder¬ 
gabe der Krankheitserscheinungen hier abgesehen werden kann. 

Insgesammt erkrankten in 7 Ställen 57 Rinder, 4 Pferde 
nnd 1 Schwein, wovon 31 Rinder nnd das Schwein noth- 
geschlachtet wurden, 4 Pferde nnd 1 Rind starben, während 
die übrigen Thiere sich nur ganz langsam erholten. In 1 Falle 
wurde das Fleisch von 3 in einem Gehöfte geschlachteten 
Kühen im Nachbaranwesen ausgehauen, worauf sämmtliche 
3 Kühe dieses Besitzers ebenfalls so schwer erkrankten, dass 
sie gleichfalls der Schlachtbank verfielen. 

In 3 Fällen starben die Thiere innerhalb 24 Stunden unter 
furchtbarem Röcheln an Erstickung. Meist fanden die 
Schlachtungen am 5. Tage statt. Halten die Thiere 5—8 Tage 
ans, so darf man auf Genesung rechnen. Die Reconvalescenz 
beträgt 14 Tage bis 6 Wochen. 

Die Futter- und Wasseruntersuchung, sowie die zahlreichen 
Obductionen haben kein Licht in das Dunkel der Krankheit und 
ihrer Aetiologie zu bringen vermocht, so dass man auf die An¬ 
nahme eines Miasmas angewiesen ist; Vergiftung ist aus¬ 
geschlossen. Das Fleisch wurde in allen Fällen ohne Schaden 
gegessen. Therapeutisch wird empfohlen: Warmhalten, Ein¬ 
reibungen und Umschläge in der Schlundkopfgegend, Darreichung 
von warmen Getränken, Alcohol, Coffein und Eserin. 

Derartige Erkrankungen sind öfter beobachtet und mit 
Ausnahme der Beobachtung von Schwarzmeier-Traunstein 
(B. T. W. 1891. S. 391) auch bei Dieckerhoff (1. c.) auf¬ 
gezählt. Nevermann. 

Jodkalinm bei Lebercirrhose. 

Von Bezirksthierarzt A. Huber und Assistent 0. Eisen. 

(W. f. Th. und Vieh*., 44. Jahrg., No. 34.) 

Verfasser haben im Ganzen 26 Pferde mit L. behandelt, 
davon 11 Pferde mit Jodkali. Geheilt wurden von denen mit 
Jodkali behandelten Thieren 8, gestorben ist 1 Patient an 
Fremdkörperpneumonie, nachdem die Erscheinungen der Leber¬ 
cirrhose bereits behoben waren; geschlachtet wurden 2 Pferde. 

Es wurden 30,0 einer frisch bereiteten Lugol’schen Lösung 
zwei bis drei, ja vier Mal injicirt in Zwischenräumen von zwei 
bis drei Tagen. Wiederherstellung ist zu erwarten, wenn bei 
der zweiten Injection leichte Besserung des Sensoriums ein¬ 
getreten ist, so dass sich die Patienten die Einspritzung nicht 
mehr so ruhig gefallen lassen wie zuerst. 

Ein Fall wurde innerhalb acht Wochen recidiv, Patient be¬ 
findet sich aber nach abermaliger Injection auf dem Wege der 
Besserung. 

Nach diesen Erfahrungen erscheint ein günstiger Einfluss 
des Jodkaliums wahrscheinlich, so dass immer wieder zu Ver¬ 
suchen mit dieser (Imminger’schen) Methode gerathen werden 
kann. Wichtig ist, dass die Patienten frühzeitig zur Behand¬ 
lung kommen. Man versäume nicht, den Besitzer auf den Jod¬ 
schnupfen aufmerksam zu machen. Nevermann. 


Inversio et Prol&psus nteri 

von F. Monsarrat. 

(Recueil de Mddeclne y§t£rlnaire 15. Octobre 1900.) 

Der Artikel von Monsarrat über die Behandlung des Pro¬ 
lapsus Uteri erregt besonders wegen der Art und Weise, wie 
der Patient während der Reposition des vorgefallenen Uterus 
auf den Beinen gehalten wird, unsere Aufmerksamkeit. Der 
Verfasser sagt mit Recht, dass diejenige Position, wobei der 
Hintertheil sehr hoch steht, der Reponirung am günstigsten ist. 
Bei einem Thiere, das hinten steht und vorne auf den Knieen 
liegt, ist die Operation besonders leicht. Um dies zu erreichen, 
lässt er die Kuh erst aufstehen, befestigt dann an der Basis 
des Schwanzes eine Schnur, so breit wie ein kleiner Finger» 
knüpft daran ein Seil und befestigt dieses wieder an einen 
Balken oder Ring an der Decke. Dadurch wird das Hintertheil 
in die Höhe gehalten. Die Vorderbeine lässt er aufheben, so- 
daßs die Kuh auf die Kniee sinkt. 

Nun wird der Uterus gereinigt, desinficirt und von 2 Ge¬ 
hilfen auf einem Leintuch in die Höhe gehalten. Hierauf findet 
die Reposition statt, welche in dieser Position des Thieres sehr 
leicht zu bewerkstelligen ist. 

Monsarrat erzielte mit dieser Methode stets binnen 
10 Minuten das erwünschte Resultat, auch wenn die Behandlung 
erst 6—8 Stunden nach der Entstehung des Vorfalles stattfand. 

Hierbei drängt sich jedoch die Frage auf, ob eine solche 
Befestigung des Schwanzes dem Thiere nicht schadet. Der 
Verfasser erklärt, dass er nie irgend welche nachtheiligen Folgen 
beobachtet habe. Am folgenden Morgen sei am Schwänze ein 
geringes Oedem zu sehen und etwas schmerzhafte Haltung; 
dieses verschwinde jedoch binnen einigen Tagen ohne Be¬ 
handlung. 

Wenn der vorgefallene Uterus zurückgeschafft ist, wendet 
er weder Pessaria noch eine Vulvanaht an. 

Ehe Monsarrat überhaupt die Reposition beginnt, lässt er 
eine erwärmte Schale bereitstellen mit einer 2proc. Lysollösung, 
die in kochendem Wasser hergestellt und bis auf 35—40° C. 
abgekühlt worden ist. Sodann knüpft er 10—12 reine, ge¬ 
brauchte Servietten (weil diese weicher sind) zusammen, taucht 
sie in die Lösung und lässt sie darin liegen, bis der Uterus 
reponirt ist. 

Nach der Reposition werden die Hände gewaschen, dann 
mit der einen Hand die Servietten in den Uterus geschafft, um 
diesen zu tamponiren, mit der andern die nach aussen hängenden 
Servietten ausgedrückt. Nun wird eine Bandage angelegt und 
der Tampon 2—3 Stunden im Uterus belassen. Dann werden 
die Servietten langsam und vorsichtig herausgezogen und die 
Bandage wieder angelegt. Monsarrat erzielte mit dieser 
Methode sehr gute Resultate. M. G. d. B. 

Ueber die Ursache des acnten Milztumors bei Ver¬ 
giftungen nnd acnten Infectionskrankheiten. Physio¬ 
logische Funktion der Milz'. 

Von Georg Jarveih, Priv.-Doc. a. der Kaiserl. Militär-Mcd. 

Akademie in St. Petersburg. 

(Virchowg Arch. 101, 3 Ref. in d. Deutlichen Medlzlnal-Zeitung Nr. 81, 1900.) 

Verfasser hat durch Einverleibung von Blutgiften (chlor- 
saures Kali und Natron, Toluylendiamin) bei Hunden nachge¬ 
wiesen, dass, wie nach Beobachtungen bei der Malaria zu ver- 
muthen war, die acute Volumzunahme der Milz parallel geht 
mit der Verminderung der Zahl der rothen Blutkörperchen. Da 
die zu Grunde gehenden Blutkörperchen von den Pulpazellen 


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aufgenommen werden, scheint es, dass von ersteren ein speci- 
fischer, Hyperaemie und Hyperplasie auslösender Reiz auf die 
Milz ausgeübt wird. Gifte, welche die rothen Blutkörperchen 
nicht zerstören, bewirken keinen Milztumor. 

Bei den theils mit, theils ohne Milztumor verlaufenden 
acuten Infectionskraukheiten ist nach Ansicht d. Verf. das Vor¬ 
handensein oder Fehlen desselben ein Kriterium für eine be¬ 
stehende Blutdissolution. Pie Milz hat demnach die Aufgabe, 
das Blut von pathologisch zu Grunde gegangenen Blutkörperchen 
zu befreien. 

Es dürfte ihr dieselbe Rolle auch für den physiologischen 
Blutkörperzerfall zukommen. Fr. 

Kleine Mittheilungen. 

Concretionen in den Luftsacken. 

W. A. Dellagana M. R. C. V. S. beschreibt einen seltenen 
Fall von Luftsackconcretion, welchen er zu Bangkok in Siam bei 
einer australischen Stute beobachtet hat. Das Pferd stand mit 
gespreizten Vorderbeinen, langgestrecktem Kopf im Stalle und 
athmete unter grosser Anstrengung. Es konnte weder Futter 
noch Getränk aufnehmen. Das Trinkwasser kam durch die 
Nasenöffnungen wieder zurück. Bei Betastung der Ohrendrüsen¬ 
gegend waren beiderseitig harte Anschwellungen zu fühlen, welche 
massigem Druck nicht auswichen. Husten war nicht vorhanden, 
die Temperatur zeigte eine geringe Steigerung, (101° F = 38,3°C). 
Die Stute starb bald nach der Untersuchung, ehe eine Behandlung 
eingeleitet worden war. Bei der Obduction wurden starke ent¬ 
zündliche Veränderungen am hinteren Abschnitt der Zunge, um 
die hinteren oberen Nasenöffnungen, im Pharynx und Larynx 
festgestellt. Die Luftsäcke waren buchstäblich mit erbsen- bis 
haselnussgrossen Concretionen und Eiter vollgestopft. Die 
Inhaltsmassen füllten einen gewöhnlichen Stalleimer von 3 Gallonen 
(ca. 14 Liter) Capacität. Der Eiter war dick und sahnen¬ 
artig, ohne putride Eigenschaften. Die Lungen befanden sich 
im Congestionszustande, und die Kopfschleimhäute hatten eine tief- 
rothe Farbe. Nach dem Urtheile des Verf. ist die Stute 
zweifellos an Asphyxie verendet. 

Aus dem Bericht ist nicht ersichtlich, warum dem Erstickungs¬ 
tode nicht durch sofortige Ausführung der Tracheotomie vor¬ 
gebeugt wurde. (Journal of Comp. Path. and Therap. 1898 
Vol. XI Part. 3.) 

Arterio8derose beim Pferd. 

Rossarzt Krüger beschreibt in der „Zeitschrift für Veterinär¬ 
kunde“, Juni 1898, folgende beiden Beobachtungen. Bei einem 
Pferde, welches vorher nie krank gewesen und dann nach vor¬ 
aufgegangener Kolik plötzlich zusammengestürzt und verendet 
war, fand sich: Erhebliche Verdickung und Verkürzung der 
Mitralis, starke Herzhypertrophie, Arteriosclerose der Aorta. 
Unmittelbar oberhalb der unveränderten halbmondförmigen 
Klappe sass eine bohnengrosse Verdickung, scheinbar von un¬ 
versehrter Intima überzogen, 10 cm darüber eine zweite, und 
zwischen beiden Verdickungen befanden sich zwei Defecte von 
mehreren" Centimetern Länge, wo das Endothel ganz fehlte und 
z. Th. scharf kantige, linsengrosse knöcherne Platten lagen. Die 
wallartigen Ränder der Defecte waren ebenfalls verknöchert. — 
Ein zweites Pferd ging nach längerem Kranksein an hoch¬ 
gradiger Abmagerung und Entkräftung zu Grunde, ohne dass 
bei Lebzeiten ein Herzfehler festgestellt werden konnte. 
Obductionsbefund: Verdickung der Ränder der dreizipfligen 


No. 49. 

Klappe. Im Aortenanfang innerhalb der halbmondförmigen 
Klappe 2 warzenartige Wandverdickungen, bohnengross, mit 
schmaler, scharf begrenzter Basis aufsitzend und hart wie 
Knorpel. Auch in einer der Ventiltaschen sass eine solche 
Verdickung. Andere krankhafte Veränderungen waren nicht zu 
finden. 

Herzruptur. 

Bei zwei schwächlichen Algäuer Kühen in einem Gehöft 
wurde eine Ruptur an der Grenze der Herz Vorkammern in 
Querrichtuug beobachtet, ohne dass die Ursache hätte festgestellt 
werden können. 

(Bezirksthierarzt Prietsch, Sächs. Veterinärber. 98.) 

Emboli8Che Kolik beim Füllen. 

Ein Jährling erkrankte plötzlich heftig an Kolik und starb 
nach 30-stündiger Krankheitsdauer. Bei der Section fand sich 
ein 2 m langes Leerdarmstück hämorrhagisch geschwollen, in 
der Mitte seines Laufs quer durchrissen und seine zuführenden 
Blutgefässe mit federkieldicken Gerinnseln, die stellenweise ent¬ 
färbt, grösstentheils aber frischrot waren, prall gefüllt. Aneurysma 
der vorderen Gekrösarterie mit wandständigem Thrombus. 
(Corpsrossarzt Hell, Ztschr. f. Vet.) 

Knochentuberculose. 

Schlachtliofdirector Ri eck fand bei einer gut genährten 
Kuh am linken Bug eine mannskopfgrosse Geschwulst. Die¬ 
selbe rührte her von Tuberculose des Armbeinkopfes. Die ver¬ 
dünnte Knochenrinde umschloss in maschigem Knochengerüst 
Hohlräume, die mit graurothem, schwammigem, käsig-kalkige 
Herde enthaltendem Gewebe ausgefüllt waren. Die Umgebung 
des Gelenks bestand aus mächtigen harten Geschwulstmassen. 
Bezirksthierarzt Prietsch fand bei einem verkrüppelten 
Schweine eine starke Verkrümmung der Wirbelsäule und an 
fünf Wirbeln tuberculöse Herde. Der Körper des zehnten 
Rückenwirbels war fast ganz zerstört. 

(Sächs. Veterinärber. 98.) 


Tagesgeschichte. 

YII. Plenar-Versammlung 

der 

Central-Vertretung der thierärztlichen Vereine 
Preussens zu Berlin. 

Hotel zu den vier Jahreszeiten, Prinz Albrechtstrasse, 
am 15. December 1900. 

Tagesordnung: 

1. Geschäftliche Mittheilungen des Präsidenten. 

2. Beauftragung eines Künstlers mit der Anfertigung der Büsten 
von Gurlt, Hertwig und Spinola. 

3. Ueber die Stellung und Besoldung der Kreisthierärzte. 
Referent: Kreisthierarzt Bermbach. 

4. Die Stellung der Thierärzte in der Thierzucht (Prüfung als 
Thierzucht-Inspector, Mitgliedschaft bei den Körcommissionen, 
ungleiche Festsetzung der Diäten Seitens der Provinzial- 
Verwaltungen etc.). Referenten: Departements-Thierarzt Dr. 
Lothes und Zuchtdirector Marks. 

5. Empfiehlt sich anlässlich der bevorstehenden Aenderung des 
Schlachthausgesetzes eine Eingabe an den Landtag betreffs 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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6. December 1900. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


585 


der Stellnng der Schlachthofthierärzte? Referent: Schlacht- 
hofdirector Schräder -Brandenburg. 

6. Die Nothwendigkeit des Verbots der Impfungen mit virulenten 
Culturen durch Laien. Referenten: Geheimer Medicinalrath 
Dr. Esser und Kreisthierarzt Dr. Foth. 

7. Programm für eine staatlich anzuerkennende thierärztliche 
Standesvertretung. Professor Dr. Eberlein (für den eventuell 
verhinderten Departementsthierarzt Peters) und Veterinär¬ 
assessor Preusse. 

8. Besprechung über die Zusammensetzung der Centralver¬ 
tretung, Referent: Prof. Dr. S chm altz. 

9. Besprechung über Erfahrungen mit dem Stuttgarter Ver¬ 
sicherungsverein. 

10. Wahl des Vorstandes und Antrag auf Aenderung des § 4 
der Statuten. 

Die erste Sitzung beginnt am Sonnabend um 9 Uhr 
Vormittags. 

Für Sonnabend Abend ist ein Diner in Aussicht genommen. 
Die Verhandlungen werden, wenn erforderlich, am Sonntag 
dem 16. December fortgesetzt werden. Die Anberaumung der 
Sonntagssitzung wird nach Bedarf und im Einvernehmen mit 
dem Herrn Vorsitzenden des Unterstützungsvereins erfolgen. 

Am Freitag Abend Zusammentreffen der Ankommenden im 
Hotel zu den vier Jahreszeiten. 

Hierdurch lade ich die Herren Delegirten der in der 
Central-Vertretung vereinigten thierärztlichen Vereine zu der 
Versammlung ein, mit dem ergebenen Ersuchen, eine Legitimation 
mit Angabe der derzeitigen Mitgliederzahl ihres Vereins bei 
Beginn der ersten Sitzung dem Schriftführer vorzulegen. (Vergl. 
das am Schluss des letzten Sitzungsberichtes abgedruckte 
Statut.) 

Der Präsident der Central-Vertretung 
Dr. Esser, 

Geheimer Medicinalrath. 


Unterstützungs-Verein für Thierärzte. 

Gemäss § 6 des Statuts findet im Anschluss an die Sitzung 
der Delegirten zur Centralvertretung der thierärztlichen Vereine 
Preussens am Sonntag, den 16. December 1900 eine Versammlung 
der Mitglieder des Unterstützungsvereins für Thierärzte statt, 
wozu sämmtliche Herren Mitglieder hiermit eingeladen werden. 
Tagesordnung: 1. Rechenschaftsbericht, 2. Beschlussfassung 
über die Eintragung des Vereins in das Vereinsregister 
und die damit in Verbindung stehende Statutenänderung. 
3. Vorstandswahl. 

Die Versammlung tagt im Hotel zu den vier Jahreszeiten, 
Prinz Albrechtstrasse, Berlin. Die Stunde des Beginns wird 
ebenda am 15. December Abends bekannt gemacht. 

Preusse, Vorsitzender. 


Herbst-Sitzung des Vereins schlesischer Thierärzte 
in Breslau 

am 4. November 1900. 

Die Sitzung fand im Palast-Restaurant, Neue Schweidnitzer 
Strasse No. 16, statt und wurde um 11 y 4 Uhr durch den Vor¬ 
sitzenden, Departementsthierarzt Dr. Arndt eröffnet. 

Tagesordnung: 1. Vereinsangelegenheiten (Delegirten- 
Ersatzwahl, Rechnungslegung u. A.). 

2. Praktische Erfahrungen bei der Rothlauf-Impfung. Kreis- 
tliierarzt Graul-Oppeln. 


3. Besprechung gerichtlicher Fälle aus der Praxis seit Ein¬ 
führung des B. G.-B. Eiugeleitet durch Kreisthierarzt Eh rieh t- 
Neurode. 

4. Verschiedenes. 

Anwesend waren 58 Mitglieder: Angenheister-Breslau, 
Dr. Arndt-Oppeln, Arndt-Landeshut, Bischoff-Falkenberg, 
Bröske - Zabrze, Büttner - Peterwitz, Eekelt - Trachenberg, 
Ettrich-Naumburg, Frei gang-Patschkau, Fülbier-Freiburg, 
Graul - Oppeln, Häring - Sohrau, Haertel-Gr. Wartenberg, 
Hartmann-Rawit8ch, Hentschel-Oels, Hocke-Frankenstein, 
Hey-Namslau, Karger - Hirschberg, Kattner-Neustadt, 
Kindler-Canth, Kissuth-Guhrau, Klipstein-Jauer, Knauff- 
Trebnitz, Koschel-Breslau, Lütkemüller-Lublinitz, Mahlen¬ 
dorff-Breslau, Dr. Marks-Ohlau, Müller-Horka, Nowag- 
Sprottau, Pflanz I-Kreuzburg, Pflanz n*Wohlan, Pietsch- 
Ratibor, Pittier-Schweidnitz, Riedel-Neisse, Rückner-Glatz, 
Rust-Breslau, Sage-Zabrze, Scharsich-Striegau, Schilling- 
Breslau, Schirmeisen-Grottkau, Schliwa-Brieg, Schmidt- 
Oppeln, Schmidtke - Münsterberg, Schönfeld - Leobschütz, 
Dr. Schubertli-Liegnitz, Schwintzer-Oels, Siegert-Tarno- 
witz, Siemssen-Krappitz, Dr. Soehngen-Wohlau, Sporleder- 
Breslau, Stöcker-Lüben, Strähler-Breslau, Sturm-Rybnik, 
Tappe-Beuthen, Vallbracht-Zülz, Wancke-Haynau, Witt- 
linger-Neumarkt, Zimmermann-Cosel. 

Sieben Gäste: Bens-Breslau, Dinter-Breslau, Gödel- 
Breslau, Kolbe-Breslau, Riedel-Neumarkt, Roth-Breslau, 
St rauch-Breslau. 

Der Vorsitzende Dr. Arndt macht Mittheilung von dem 
Hinscheiden eines Vereinsmitgliedes, des Kreisthierarztes Perlett- 
Lauban; sein Andenken wird in der üblichen Weise geehrt. 
Ihren Austritt aus dem Verein wegen Wegziehens aus dem 
Bezirk haben angemeldet die Herren: Anders-Beuthen, Scholz- 
Gr.-Strehlitz und Schragenheira-Breslau. 

Es gelangt sodann ein Schreiben des Departeraents-Thier- 
arztes a. D. Scharmer-Liegnitz zur Verlesung, in welchem 
derselbe erklärt, wegen seines Augenleidens sein Amt als 

II. Vorsitzender niederlegen und aus dem Verein ausscheiden zu 
müssen. Dr. Arndt setzt auseinander, dass Scharnier zwar 
nur eine kurze Reihe von Jahren seine Kräfte dem Verein habe 
widmen können, dass er aber in dieser Zeit viel für den Verein 
gethan habe und demselben auch seine hervorragend vornehme 
Gesinnung bethätigt habe, wie sie besonders seine engeren 
Collegen im Liegnitzer Bezirk von ihm gekannt hätten. Er 
schlage deshalb vor, um Scharmer dem Verein zu erhalten 
und ihm die Dankbarkeit desselben zu beweisen, ihn zum Ehren¬ 
mitglied desselben zu ernennen. Der Vorschlag wird einstimmig 
durch Zuruf angenommen und der Vorsitzende beauftragt, das 
neue Ehrenmitglied sofort telegraphisch von der erfolgten Wahl 
in Kenntniss zu setzen. 

Riedel-Neisse stellt darauf den Antrag, das Vereinsmitglied, 
Schlachthof-Director Schilling-Breslau wegen seiner besonderen 
Verdienste um den Verein zum Ehren-Präsidenten zu ernennen. 

Nachdem Dr. Arndt in wannen Worten die erhebende 
Thätigkeit Schillings in dem Verein gebührend gewürdigt hatte, 
erfolgte die Wahl gleichfalls durch einstimmigen Zuruf. 

Nach kurzen, gerührten Dankesworten des Gewählten er¬ 
folgt die Aufnahme von 8 neuen Mitgliedern, nämlich die der 
Herren: Büttner-Peterwitz, Kieler-Rybnik, Nowag-Sprottau, 
Pflanz jr.-Wohlau, Pittler-Schweidnitz, Schmidt-Hirschberg, 
Schoenfeld - Leobschütz, Vallbracht-Zülz. — Der ans- 


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586 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 49. 


geschiedene Kreisthierarzt Gü ekel-Münsterberg hat schriftlich 
seinen Wiedereintritt angemeldet. 

Der Kassenwart Wittling er giebt eine Uebersicht über 
die Umsätze der Kasse im abgelaufenen Jahr und über den 
augenblicklichen Bestand der Kasse, der mit über 2000 Mark 
als ein sehr günstiger freudig begrüsst wird. 

Nachdem der Vorsitzende dem Kassenwart für die vorzüg¬ 
liche Verwaltung seines Amtes den Dank der Versammlung aus¬ 
gesprochen hat, wird zu den Wahlen geschritten. Die Ver¬ 
sammlung lehnt die Zettelwahl ab und es werden durch ein¬ 
stimmigen Zuruf die ausscheidenden Mitglieder des Vorstandes, 
Dr. Arndt als Vorsitzender, Dr. Marks als Schriftführer und 
Wittlinger als Kassenwart wiedergewählt. Für den aus¬ 
geschiedenen II. Vorsitzenden Scharmer wird in derselben Art 
Departements-Thierarzt Koschel-Breslau gewälilt. Bei der 
hierauf folgenden Wahl der Delegirten für die Central-Vertretung 
wird Dr. Marks als Ersatzmann für Scharmer und ein dem 
Verein statutengemäss zustehender 5. Vertreter, W T ittlinger, 
neu erwählt, nachdem Tappe zu W.’s Gunsten auf seine Wahl 
verzichtet hatte. 

Zu Punkt II der Tagesordnung sprach Graul-Oppeln über 
Rothlauf-Impfung*). Seine Ausführungen sind im Wesentlichen 
in folgenden Sätzen zusammenzufassen: 1. Die Impfung mit Susserin 
und Cultur erzeugt für Zuchtschweine eine zu kurze Immunität 
und ihre Dauer entspricht öfter nicht den versprochenen 5—7 
Monaten. Zuchtschweine sind daher ausschliesslich nach Lorenz 
zu impfen. 

2. Die allgemeine Einführung der Impfung wird in Frage 
gestellt durch die bei allen Verfahren vorkommenden Verluste, 
es müsste dahin gewirkt werden, dass für Impfverluste Ent¬ 
schädigung gewährt würde, wozu sich die Lieferanten bisher 
nicht verstehen konnten. Am besten könnten hierzu diejenigen 
Procente verwendet werden, die den Thierärzten und vielleicht 
auch der Kammer gewährt wurden. 

3. Mit der Impfung sind ausschliesslich Thierärzte zu be¬ 
trauen. Culturen dürfen Laien überhaupt nicht in die Hand ge- 
gegeben werden. Die Ausbildung von Laien-Impfern ist zu 
verwerfen. 

Dr. Arndt dankt dem Vorredner für seine interessanten 
Ausführungen, welche zum Theil ganz neue Gesichtspunkte er- 
öffneten; er schliesst sich denselben voll und ganz an und betont, 
dass bei der Rothlauf-Impfung eine Scheidung in vorwiegende 
Productions-Gebiete, wie Ober-Schlesien, und vorwiegende Con- 
sumptions-Gebiete, wie Mittel- und Nieder-Schlesien, stattfinden 
müsse, da für erstere die Vorbeugung, für letztere die Heilung 
das Wichtigste sei. Die Entschädigungsfrage sei hoch be¬ 
deutungsvoll für die ganze Impffrage und die Idee, dieselbe 
durch Verwendung der Ersparniss-Procente zu lösen, äusserst 
sympathisch zu begrüssen. — Die Abgabe von Cultnren an 
Laien und die Ausbildung von Laien-Impfern sei zu verwerfen. 

Lütkemüller-Lublinitz hat grosse Erfahrungen auf dem 
Impfgebiet; er hat im letzten Jahre nur mit Landsberger Serum 
und Culturen gearbeitet, bei einem Bezüge von über 400 Mark 
in diesem Zeitabschnitt. Er ist dazu gekommen, nur noch frische 
Culturen mit einem Höchstalter von 8 Tagen zu gebrauchen, 
weil bei Verwendung von älteren ihm die Immunität kürzer und 
schwächer zu sein schien. Im Herbst des Vorjahres simultan 
und mit 2. Cultur geimpfte Bestände habe er in diesem Frühjahr 

Siehe 1. Seite dieser Nummer. 


nach Ablauf von 7 Monaten mit blosser Cultur ohne Misserfolg 
wieder geimpft. Dagegen seien in zwei Beständen nach Serum 
und nur einmaliger Culturimpfung Schweine nach 2 bezw. 
2 1 / 2 Monaten an Rothlauf eingegangen. 

Tappe-Beuthen hat von Misserfolgen mit Susserin zu be¬ 
richten. Ein Laien-Impfer, Fleischbeschauer, der ihm als 
intelligent und zuverlässig bekannt ist, hatte in 2 Ortschaften 
simultan geimpft. Sämmtliche Schweine erkrankten nach 3—14 
Tagen an chronischem Rothlauf und gingen alle nach einer 
Krankheitsdauer bis zu 45 Tagen ein, trotzdem bei mehreren 
noch ein Heilversuch mit Serum gemacht wurde. Er selbst habe 
in einem Bestände bei 3 Impflingen Erkrankungen gehabt, in 
einem Bestände von 26 Stück sei nichts vorgekommen. 

Siemssen-Krappitz hat sehr viel geimpft und zwar mit 
Prenzlauer und Landsberger Präparaten, und hat nur gute Er¬ 
fahrungen gemacht, auch mit der blossen Cultur - Nachimpfung 
der im Vorjahr geimpften Zuchtschweine. Pflanz-Kreuzburg hat 
in iy 2 Jahren circa 3000 Schweine mit Susserin geimpft. Im 
Vorjahre habe er nur gute Erfahrungen gemacht und in seinen 
Veröffentlichungen in der B. T. W. das Susserin gepriesen, jetzt 
stehe er aber auf einem anderen Standpunkte, da er in diesem 
Jahre in kurzer Zeit eine grosse Reihe von Fehlschlägen gehabt 
habe. Viele Schweine, auch in nicht verseuchten Beständen, 
wären einige Stunden nach der Impfung eingegangen. In einem 
Falle seien alle circa 30 Stück simultan geimpften Schweine 
erkrankt, einige davon nach 3—4 Tagen eingegangen. Nach 
Simultan-Impfung seien nach einigen Monaten, aber innerhalb 
der versprochenen Immunitäts-Dauer, gleichfalls mehrere Impflinge 
an Rotlilauf eingegangen. 

Tappe warnt vor der Simultan-Impfung, da er infolge von 
Besprechungen mit Collegen za der Ansicht gekommen ist, dass 
die meisten Verluste auf diese Methode der gleichzeitigen Serum- 
und Cultur-Injection entfielen. 

Dr. Marks-Ohlau berichtet gleichfalls über einen Fall von 
chronischem Rothlauf bei Susserin-Impfung. College G. impfte 
mit Serum und Cultur, nach 14 Tagen mit 2. Cultur. Von den 
13 Impflingen erkrankten 11 an chronischem Rothlauf von denen 
9 nach bis 6 wöchentlicher Krankheitsdauer eingingen, 2 wegen 
Kümmerns nach mehreren Monaten getödtet werden mussten, ln 
diesem Falle mnsste wohl die 1. Cultur zu schwach oder über¬ 
haupt unwirksam gewesen sein und die nur schwach immuni- 
sirende Wirkung des somit gewissermassen bei der ersten 
Impfung allein verwendeten Serums habe der 2. Impfung zwar 
noch den Ausbruch des acuten Rothlaufs verhindert, aber den 
Rothlauf in chronischer Form im Gefolge gehabt. Schweine¬ 
seuche sei ausgeschlossen gewesen, da nur Hautröthungen, 
Schwäche und Abmagerung zu beobachten waren, absolut keine 
Erscheinungen von Darm und Lunge, und da die 3 nicht ge¬ 
impften Thiere des Bestandes, Ferkel im Alter von 2 Monaten 
gesund blieben. — Der Hauptwerth bei der Impfung sei auf 
die Frische und den Vollwerth der Culturen zu legen. Die 
Breslauer Kammer schreibe eine Maximal-Verwendungszeit von 
4 Wochen für dieselben vor. Vergleicht man hiermit die Mit¬ 
theilungen von Dr. Foth in der Mai-Sitzung 1899 des Posener 
Vereins über die Prüfung von Culturen, wonach 14 tägige Cul¬ 
turen meistens, 8 tägige noch mitunter ihre Entwicklungs¬ 
fähigkeit auf Gelatine schon eingebüsst hatten, so wird man 
wohl in der Annahme nicht fehlgehen, dass die Fehlschläge 
meist auf die grössere oder geringere Virulenz der Culturen zu¬ 
rückzuführen seien. 


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6. December 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


587 


Rust-Breslau ist gleichfalls von dem früheren guten Urtheil 
über die Impfung mit Susserin nach schlechten Erfahrungen in 
diesem Jahre zurückgekommen. Auch er habe die meisten Miss¬ 
erfolge bei der Simultan-Impfung beobachtet und müsse daher 
vor dieser Form der Impfung warnen. Für die Vorbeuge 
empfehle er das Lorenz’sche Verfahren, für die Heilung Sus- 
serin. Ein Theil der Fehlschläge sei sicher auf ein Miss- 
verhältniss zwischen der Virulenz des Serums und der der Cul- 
tur zurückzuführen. Daher auch das Bestreben der Fabriken, 
den Titre des Serums möglichst zu erhöhen. 

Pflanz glaubt auch nicht mehr recht an die Heilung des 
Rothlaufs durch Susserin; die meisten derartigen Fälle wären 
auf die anch ohne Einspritzung in Genesung übergehenden Back¬ 
steinblattern zu beziehen. 

Dem widerspricht Rust, der zahlreiche Heilungen von evi¬ 
denten Rothlauffällen beobachtet hat, die ohne Susserin sicher 
tödtlich verlaufen wären. Diese Beobachtung wird von den 
Collegen aus der Versammlung durch mehrfachen Zuruf bestätigt. 

Haertel-Gr.Wartenberg theilt einen Fall mit, in welchem 
von 3 mit Susserin und Cultur geimpften Schweinen 2 nach 

4 Tagen an Rotlilauf eingingen. 

Schirmei8en-Grottkau hat ca. 2000 Schweine mit Susserin 
ohne Verluste geimpft. Am 22. August impfte er simultan in 
einer Ortschaft in 5 Gehöften 34 Schweine, in einer anderen in 
einem Gehöft 23 Schweine. Von den 5 geimpften Schweinen 
des einen Bestandes, die vor der Impfung gesund waren, sind 
3 innerhalb ’/a—2 Stunden, eins nach 2 Tagen eingegangen, das 
5. frass mehrere Tage schlecht, wurde aber wieder gesund. Die 
Cadaver der 3 Schweine waren vollkommen weiss. Serum und 
Cultur waren 2 Tage vorher von der Kammer bezogen. Für 
die 5 Schweine war ein frisches Culturgläschen angebrochen 
worden; weitere Thiere sind mit dieser Cultur nicht geimpft 
worden. Sch. muss ausschliesslich die Cultur beschuldigen. 
Ein Gesuch um Entschädigung wurde von der Kammer 
abgelehnt. 

Fülbier-Freiburg impfte im Mai 1899 bei mehreren Be¬ 
sitzern insgesammt 43 Schweine; Serum und Cultur hatte er 

5 Tage vorher von Landsberg erhalten. Neun Schweine des 
Besitzers B. wurden mit 9 ccm einer am Impftage laut Her¬ 
stellungsvermerk genau 4 Wochen alten Cultur geimpft, der 
Rest von 1 ccm wurde mit einer frischen 5 tägigen Cultur ver¬ 
mischt bei Besitzer Fr. verbraucht. 

Die ca. 3 Monate alten Ferkel bei B. zeigten l / 2 Stunde 
nach der Injection mehr oder minder schwere Lähmungs - Er¬ 
scheinungen, 3 Stück verendeten nach 2 Stunden. Bei den 
übrigen verschwanden die Lähmungen bis zum 10. bezw. 12. 
Tage; doch verendeten 2 am 16. Tage, später noch 2, die letzten 
2 wurden nach 4 bis 5 Monaten als hochgradige Kümmerer ge¬ 
schlachtet. Die Schweine bei Fr. zeigten eine Stunde nach der 
Impfung Erbrechen, Abgeschlagenheit; keine Todesfälle. Bei 
den anderen Impfungen am selben Ort keine Erkrankungen. 
F- beschuldigte die Cultur, besonders im Hinweis auf das Er- 
g^bniss der Impfung bei Fr., bei welcher nur ein Theil ver¬ 
dorbener Cultur verwendet worden war. Landsberg ging auf 
Entschädigungs-Ansprüche nicht ein. 

F. richtete nun sein besonderes Augenmerk auf die Culturen 
and fand Folgendes: Er erhielt von der Breslauer Kammer 
zwei Mal faulige Culturen, ein Mal Culturen mit trüben, dicken, 
ein Drittel der Cultur füllenden, durch Schütteln nicht zu be¬ 
seitigenden Flocken; eine grössere Anzahl von Gläsern war 


ohne Herstellungs-Vermerk. Von der Vereinigung der Schweine¬ 
züchter erhielt er zwei anscheinend zugeschmolzene, in Wahr¬ 
heit offene Culturgläser. 

Die Culturen seien ein so difficiles Product, dass Laien 
das Verständniss für das Umgehen mit denselben nicht bei¬ 
gebracht werden könne. Daher würde bei Ueberlassung der 
Herstellung, des Vertriebes und der Verwendung der Culturen 
an Laien sehr bald das ganze Impfverfahren völlig discreditirt 
sein. Zu fordern wären: Einrichtung einer Centralstelle unter 
bacteriologischer Leitung, Abgabe von mit Herstellungsvermerk 
versehenen Culturen nur an Thierärzte. 

Dr. Arndt fasst das Resultat der Debatte in folgenden 
Sätzen zusammen: 1. Kein einziges Impfverfahren ist vollkommen 
zuverlässig, bei allen Methoden sind Verluste vorgekommen, 
doch nicht in einem Umfange, dass dadurch der Werth der 
Impfung illusorisch wurde. 2. Die Dauer der Immunität ist noch 
nicht einwandsfrei festgestellt. 3. Entschädigungen für Impf- 
verluste werden bisher meist nicht gewährt. 

Rust spricht gegen die Ausbildung von Laienimpfern, die 
zugleich eine Reihe von Pfuschern heranbilden heisse; wenn 
wir auch keine eigentliche Resolution in diesem Sinne fassen 
wollten, so müssten wir doch wenigstens unsern Standpunkt zu 
der Frage genau festlegen. 

Dr. Arndt theilt mit, dass die Oppelner Regierung der 
Anregung der Breslauer Kammer gegenüber bezüglich der Aus¬ 
bildung von Laien-Impfern einen durchaus ablehnenden Stand¬ 
punkt eingenommen habe. 

Dr. Marks unterstützt die Ausführungen von Rust bezüg¬ 
lich der Ablehnung der Ausbildung von Laien-Impfern und führt 
weiter aus, dass wir uns ganz besonders scharf gegen die Ab¬ 
gabe von Culturen an Laien wenden müssten. Ueberall bestehen 
Polizeiverordnungen, welche in der peinlichsten Weise darauf 
abzielen, eine Weiterverbreitung des Ansteckungsstoffes des 
Schweinerothlaufs zu verhindern, überall wird die Beseitigung 
und Vernichtung der Ansteckungsstoffe nicht allein unter polizei¬ 
licher Aufsicht, sondern stets nur nach Anordnung des Sach¬ 
verständigen. des beamteten Thierarztes, ausgeführt; ja, zur Be- 
urtheilung der ausgeführten Desinfections - Arbeiten muss der 
Sachverständige zugezogen werden — und nun werden selbst 
dem ungebildetsten Laien die Rein-Culturen, das Extract des 
Ansteckungsstoffes, zu beliebigem Schalten und Walten in die 
Hand gegeben? Das ist die reine Ironie auf das Seuchen¬ 
gesetz! ! Wir Beamteten, die wir unseren Lebenszweck in der 
Erkennung und Tilgung der Seuchen sehen, die wir uns für 
diesen Beruf Jahre lang vorgebildet haben, und die wir doch 
wissen dürften, wie wir mit Ansteckungsstoffen umgehen müssen, 
wir werden liebevoll und dringlich daran erinnert, uns beim 
Verlassen der Seuchengehöfte gründlich zu desinficiren, damit 
wir nicht selbst Vermittler des Ansteckungsstoffes werden —, 
Du aber, Laie! nimm die Culturen, Dir traue ich zu, dass Du 
damit umzugehen verstehst. 

Allgemeine Zustimmung der Versammlung folgte den Aus¬ 
führungen. 

Punkt HI der Tagesordnung wird wegen Abwesenheit des 
Referenten, der sich wegen dringender Behinderung schriftlich 
entschuldigt hatte, fallen gelassen. 

Dem Kassenwart wird nach Mittheilung der Revisions- 
Commission (Lütkemüller und Tappe), dass die Rechnungs¬ 
legung geprüft und richtig befunden sei, Decharge ertheilt. 
Drei Vereinsmitglieder werden auf Antrag des Kassenwartes 


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588 


BERLINER THIERÄRZTLICI1E WOCHENSCHRIFT. 


Nu. 4M. 


wegen wiederholter Nicht-Innehaltung ihrer Zahlungsverpflich¬ 
tungen aus der Mitglieder-Liste gestrichen. 

Schluss der Sitzung 2 Uhr. 

An dem folgenden Diner betheiligten sich fast alle Besucher 
der Sitzung und blieben dann fröhlich commercirend bis in die 
Abendstunden beisammen. Der Schriftführer: 

Dr. Marks. 

Fünfzigstes Stiftungsfest der Franconia. 

Am 30. November waren fünfzig Jahre vergangen, seit die 
Franconia, die Zweitälteste Landsmannschaft, an der alten 
Berliner Thierarzneischule begründet wurde. Das Stiftungsfest 
wurde in glanzvoller Weise gefeiert und verlief Dank der vor¬ 
züglichen Anordnungen, ohne irgend welche Trübung hoch¬ 
befriedigend. Am 29. November fand ein Festmahl mit an¬ 
schliessendem Ball statt. Bei diesem wurden zahlreiche Ge¬ 
schenke überreicht, alle sinnig und hübsch gewählt, grossentheils 
prächtig: Paradeschläger, gestiftet vom Carteil, prachtvolle 
Humpen, darunter hervorragend einer als Geschenk der Nor- 
mannia-Hannover, ein sehr schöner Credenzschrank von Frauen 
und Töchtern der Franconen und Anderes. Eine besonders 
erfreuende Gabe war eine Büste des um die Franconia so sehr 
verdienten, verstorbenen Directors der Berliner Fleischschau 
Dr. Hugo Hertwig, gestiftet von Braunschweiger und Anhalter 
alten Herren. Die Tochter Hertwigs, Frau Professor Oster¬ 
tag, und die Frau Professor Schmaltz, als Tochter des ver¬ 
storbenen A. H. Franconiae Rabe, weihten Fahnenbänder. 

Der Festcommers erfreute sich eines grossen Besuchs. Es 
mögen wohl 400 Theilnehmer gewesen sein. Alle Cartell- 
Landsmannschaften waren selbstverständlich vertreten. Der ganze 
Berliner R. S. C. nahm reichen Antheil. Dass die Zahl der er¬ 
schienenen alten Herren aus Nah und Fern eine sehr grosse 
war, versteht sich von selbst. Namentlich hatte die Franconia 
aber die grosse herzliche Freude, ihren Begründer und ersten 
Senior Klingmüller, Kreisthierarzt zu Strehlen in Schlesien, in 
ihrer Mitte zu sehen, der in fast jugendlicher Frische die Freuden, 
Ehrungen und Anstrengungen des Festes von Anfang bis zum 
Ende durchkostete. Vom Lehrkörper der thierärztlichen Hoch¬ 
schule gehören nicht weniger als drei, Ostertag, Regen¬ 
bogen und Schmaltz, selber dem „Grünen Carteil“ an; ausser¬ 
dem aber waren Herr Geheimrath Wittmack und Herr Pro¬ 
fessor Eberlein so liebenswürdig, dein Feste ihre Theilnahme 
zu schenken. Die Festrede zu Ehren der Franconia hielt Pro¬ 
fessor Schmaltz. 

Am Sonntag fand ein Wagenzug durch die Sieges-Allee, 
Linden und andere Hauptstrassen Berlins statt. Derselbe bestand 
aus 60 Wagen, machte sich imposant und war durch A. H. 
Klingner-Berlin vorzüglich vorbereitet und schneidig geleitet. 
Mit einem fröhlichen „Exbummel“ in den Grunewald am Montag 
endete das schöne Fest. S. 

Militaria. 

Wir erfahren zuverlässig, dass die in No. 47 der B. T. W. 
referirten, uns jedoch — zu unserem Bedauern — sogleich zweifel¬ 
haft erscheinenden Nachrichten über Reorganisation des Militär- 
Veterinärwesens jeder positiven Grundlage entbehren. 

Dagegen hat sich — leider — die von uns ebenda mit- 
getheilte Nachricht von dem Scheitern der Gehaltsaufbesserung 
durch Erscheinen des Reichs-Etats bestätigt. Derselbe enthält 
von Gehaltsaufbesserung kein Wort. 


Personalien. 

Ernennungen etc.: Thierarzt Bury zum comm. Kreisthierarzt in 
Bereut; Kreisthierarzt Noltc nach Sagau versetzt. — In Bayern: 
Thierarzt Otto Müller (Dürkheim) zum Bezirksthierarzt für das 
neu errichtete Bezirksamt Rockenhausen. Zu Districtsthierärzten 
die Thierärzte Bernreuter (Weismain) in Ellingen (Mittelfranken), 
Heinrich Hundsberger (Straubing) in Waldkirchen (Niederbayern), 
Eugen Panzer (Burghaslach) in Kipfenberg (Mittelfranken), Joseph 
Sepp (Scliweinfurt) in Egling (Oberbayern). 

Gewählt: Die Thierärzte Otto Remmelc (Ludwigshafen a.Rh.) 
zum Schlachthausassistenzthierarzt in Landau und F ra n z T i n s c h e rt 
(Stommeln) zum Hilfsthierarzt in Trier. 

Promotion: Thierarzt Görig von der vet.-medicin. Facultät in 
Bern zum Dr. med. vet. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Die 
Thierärzte Hans Burger nach Aidenbach (Bayern), Otto Burkart 
nach München, Karl Feldhofen nach Vehlingen, Amt Bonndorf 
(Baden), G. Gröning nach Bern (Schweiz), K. Kramer vorüber¬ 
gehend nach Bad Neundorf, Pferdsdorf nach Strassburg i. E.. 
C. l’omayer als bezirksthierärztl. Assistent nach Weilheim. 
K. Sentkowski von Winzig nach Soldau (Ostpr.). 

Todesfälle: Karl Krautheim-Mindelheim, Bezirksthierarzta. 1). 

Vacanzen. 

Kreisthierarztsteiien etc.: Nach Ablauf der Meldefrist noch 
unbesetzte Stellen: Reg.-Bez. Coblenz: Simmern. — Reg.-Bez. 
Düsseldorf: Landkreis Krefeld. — R.-B. Hannover: Springe. — 
R.-B. Potsdam: Angermünde. 

Sanitätsthierarztsteilen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Lauenburg: Schlachthofvorsteher (1800 M. steigend bis 2700 M. 
Wohnung etc. 500 M. Caution). Bewerb, an den Magistrat. — 
Neidenburg: Schlachthausverwalter zum 1. Januar 1901 (3 monat¬ 
liche Kündigung; 1500 M. Wohnung etc.; Privatpraxis in dienst¬ 
freier Zeit; 500 M. Caution.) Bewerbungen an den Magistrat. — 
Treuen: Sanitätsthierarzt (ca. 2500 M. aus der Fleischschau; Privat¬ 
praxis.) Bewerbungen bis 20. Dezember an den Bürgermeister. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Beuthen (Oberschles.): Schlachthofassistenzthierarzt. — Düren: 
Schlachtbofdircctor. — Elbing: Assistenzthierarzt am Schlachthof. 

— Hartha i. Sachs.: Sanitätsthierarzt. — Königsberg (08t- 
preusen): Schlachthofthierarzt. — Mainz: Schlachthofthierarzt. — 
Meseritz: Schlachthofthierarzt. — Ottweiler (Bezirk Trier): 
Schlachthausverwalter. — Oelsnitz (Sachsen): Thierarzt Für 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Pössneck: Thierarzt für 
Praxis und Fleischbeschau. — Punitz i. Pos.: Thierarzt für 
Schlachtviehbeschau. — Salzwedel: Schlachthof-Vorsteher. — 
Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. — Wolkcnstein: 
Schlachthofthierarzt. — Wo 11 stein (Posen): Schlachthofinspector. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neustadt). 

— Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck 
(Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pillkallen). — Murrhardt. — Schön¬ 
baum (Danzig). 

1900 bek an nt gegebene :Bojanowo. — Eickel. — Festen¬ 
berg Bez. Breslau. — Jade (Oldbg.): Thierarzt. — Marggrabowa 
(Kreis Oletzko). — Mengeringhausen (Waldeck.) — Peis- 
kretscham (Ober-Schles.). — Rhinow (Reg.-Bez. Potsdam). — 
Schloppa (Westpr.). — Schwarzenberg i. S. — Sonnen¬ 
burg. — Suelze (Mecklb.). — Wadern (Bez. Trier): Thierarzt 
zum 19. November er. (Fixum 600 M. und 280 M. für Ueberwachung 
der Märkte). Bewerb, bis 10. November an den Bürgermeister. — 
Wolgast: Thierarzt (ca. 6000 M. Einkommen). 

Besetzt: Kreisthierarztsteiien in Berent und Sagan. — 
Sanitätsthierarztstelle in Trier. Privatstelle in Soldau. 


Nach Schluss der Redaction eingelaufen. 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen. 

Ausbrüche, die jedoch bereits wieder jerloschen, sind ge¬ 
meldet aus Magdeburg 30. 11. bis 9. 12. und aus Mainz 27. 11. 


Verantwortlich für ilcn Inhalt (excl. Inrcratentheil): Prof. Dr. Schtnaltr. in Berlin. — Verlag und Elgcnttium von Richard Schoelz in Berlin. — Druck von W. Büxenstein, Berlin 


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Beiblatt 

der 

Berliner Thierärztlichen Wochenschrift 

zu No. 49 vom 6. December 1900. 


Inhalt: Staatsveterinärwesen: Gesetz. betreffend die Entschädigung für an Milzbrand, Ranschbrand und Schweinerothlauf gefallene Thicrc 
im Grosshcrzogthum Hessen. — Rechtsprechung. — Verordnungen. — Landespolizeiliche Anordnung. — Seuchenstatistik. — 
Thierseuchen im Ausland III. Quartal 1900. — Tubereulose. — Massregeln gegen Tuberculose in Norwegen. — Zur Diagnose 
der Maul- und Klauenseuehe. — Fleischschau: Freibankwesen. — Feber die Zulässigkeit des Wurstfärbens. — Untersuchungen 
über das Vorkommen von Tubercclbacillen im Hackfleisch. — Folter die Einwirkung des Natriumsulfit auf den Fleischfarbstoff. 
— Fleisch mit Naphtalingeschmack. — Minderwerth der Scrumsehweine. — Handel nach Lebendgewicht für Schlachtvieh. — 
Die zollfreie Einfuhr von Fleisch im (Jrenzverkehr. — Ein- und Ausfuhr von Vieh und Fleisch im »September 1900. — Die 
Ausfuhr von gefrorenen Kaninchen aus Ncu-Süd-Wales im .fahre 1899. — Schiachtviehversicherung. — Abdeckerei-Privilegien. 


Staatsveterinärwesen. gesetzte höchste Entschädigungssumme um mindestens ein Fünftel 

Redigirt von Preusse. 


Gesetz, betreffend die Entschädigung für an Milzbrand, 
Rauschbrand und Schweinerothlauf gefallene Thiere 
im Gros8herzogthnm Hessen. 

Vom Regierungsblatt 1900 No. 71. 

24. Sept. 1900 

Ernst Ludwig von Gottes Gnaden Grossherzog von 
Hessen und bei Rhein etc. etc. 

Wir haben mit Zustimmung Unserer getreuen Stände ver¬ 
ordnet und verordnen hiermit, wie folgt: 

Artikel 1. Für gefallene oder getödtete, mit Milzbrand 
oder Ranschbrand behaftete Pferde, Esel, Maulthiere, Maniesei, 
Rinder, Schafe und Ziegen, sowie für gefallene oder getödtete, 
mit Rothlauf behaftete Schweine wird, vorbehaltlich der im 
Artikel 4 und 5 bezeichnten Ausnahmen, Entschädigung gewährt. 

Artikel 2. Die Entschädigung beträgt für Thiere des 
Pferdegeschlechts, Rinder, Ziegen, Schafe und Schweine vier 
Fünftheil des gemeinen Wcrthes. Für Pferde soll die Ent¬ 
schädigung den Betrag von G00 M., für Rindvieh von 400 M., 
für Schweine von 80 M., für Ziegen von 20 M. and für Schafe 
von 15 M. nicht übersteigen. 

Die Artikel 3 und 4 entsprechen den dieshex ii glichen Vor¬ 
schriften in den §§ :)H—C4 des Jlcichsciehseuchengesehes. 

Artikel 5. Für Gemeinden oder Kreise, in denen der Milz¬ 
brand, Ranschbrand oder Schweinerothlanf einheimisch ist, kann 
angeordnet werden, dass seitens der betreffenden Communal- 
verbände Einrichtungen getroffen werden, welche eine gründliche 
und unschädliche Beseitigung der Cadaver Gewähr leisten. 

Im Falle des Widerspruchs entscheidet, wenn es sich um 
eine Gemeinde handelt, nach Artikel 48 II 2 der Kreisordnnng 
der Kreisausschnss, wenn es sich um einen Verband handelt, 
der Provincialausschuss. Auch kann in letzterem Falle die 
Leistung des Ersatzes der Hälfte der Aufwendungen (Artikel 11) 
von der Befolgung der Anordnung abhängig gemacht werden. 

In solchen Gemeinden in welchen ein häufiges Auftreten 
des Ranschbrandes beobachtet wird, kann von Unserem Mini¬ 
sterium des Innern für damit behaftete Rinder im Alter von 
6 Monaten bis 2 Jahren die Entschädigungsleistung davon ab¬ 
hängig gemacht werden, dass die fraglichen Thiere von dem 
Besitzer in den letzten 12 Monaten dem beamteten Thierarzte 
znr Schutzimpfung angeineldet und, w’enn hierzu aufgefordert 
wurde, zur Impfung vorgeführt worden sind. 

Die gleiche Anordnung mit gleicher Wirkung kann nach 
Feststellnng des Rothlaufs unter den Schweinen eines Gehöftes, 
eines Ortstheiles oder Ortes für die Dauer der nächsten 6 Mo¬ 
nate mit der Massgabe getroffen werden, dass alle innerhalb 
eines Gehöftes, Ortstheiles oder Ortes befindlichen Schweine zur 
Schutzimpfung angemeldet nnd vorgeführt werden. 

Artikel fi handelt von der Feststellung von Seuchenausbrürhen 
gemäss §§ 12 und W des Ifeichsnehseurhengesetxes. 

Artikel 7. Die zu leistende Entschädigung wird bei mit 
Milzbrand oder Ranschbrand behafteten Thieren durch Schätzung 
festgestellt. Dieselbe erfolgt durch eine Commission, welche 
aus dem Kreisveterinärarzte, bezw. seinem Stellvertreter und 
zwei Ortsschätzern besteht. Die Schätzung durch die Com¬ 
mission kann unterbleiben bei Ziegen und Schafen, wenn der 
Ortspolizeibeamte und der beamtete Thierarzt oder deren Stell¬ 
vertreter übereinstimmend bekunden, dass der Werth der zu 
entschädigenden Thiere, die im Artikel 2 für dieselben fest¬ 


übersteigt. 

In dringlichen Fällen kann an Stelle des Kreisveterinär¬ 
arztes ein practischer Arzt zngezogen werden. 

Für jede Gemeinde werden nach Anhörung der Gemeinde¬ 
vertretung von dem Kreisausschusse zwei Schätzer und zwei 
Stellvertreter auf die Dauer von drei Jahren ernannt. 

Die Schätzer und ihre Stellvertreter sind ebenso wie ein 
in dringlichen Fällen an Stelle des Kreisveterinärarztes zu¬ 
gezogener practischer Thierarzt zu beeidigen. 

Bei mit Rothlauf behafteten Schweinen ist der gemeine 
Werth nach den für das Cadavergewicht im Voraus allgemein 
festgesetzten Preisen zu ermitteln. Die Festsetzung dieser 
Preise erfolgt kreis- oder ortsweise ein- oder mehrmal im Jahre 
durch eine von dem Kreisausschnss zu wählende Commission von 
3 Mitgliedern, welche zu beeidigen sind. 

Wegen des Ausschlusses von der »Schätzung gelten die 
Bestimmungen des Artikels 4 des Gesetzes vom 13. Juli 1883, 
die Ausführung des Reichsviehseuchengesetzes betreffend, aus¬ 
genommen die Ziffer 5 jenes Artikels. 

Artikel 8. Die Schätzung ist von dem Betheiligten 
(Artikel 4) bei der Ortspolizeibehörde zu beantragen und von 
dieser zn veranlassen Dieselbe benachrichtigt auf erfolgten 
Antrag unverzüglich den Kreisveterinärarzt, bezw. seinen Stell¬ 
vertreter und die Ortseinschätzer. Zn der »Schätzung ist der 
Betheiligte von der Ortspolizeibehörde einzuladen. Die Schätzung 
erfolgt nach dem gemeinen Werth, und zwar ohne Rücksicht 
auf den Minderwerth, den die Thiere dadurch erleiden, dass sie 
mit einer der genannten Seuchen behaftet sind oder waren. 

Hat sich bei der Feststellung des Krankheitszustandes eines 
Thieres, für welches Entschädigung in Anspruch genommen 
wird, ergeben, dass dasselbe noch mit einer anderen unheilbaren, 
aber nicht unbedingt tödtlichen Krankheit behaftet war, welche 
eine Werthverminderung bedingt, so ist die Schätzung unter 
Berücksichtigung dieses Umstandes zu wiederholen. 

Die Commission benachrichtigt den Betheiligten von dem 
Ergebniss der Schätzung und übergiebt das Schätzungsprotocoll 
mit dem thierärztlichen Befundbericht der Ortspolizeibehörde 
zur Vorlage an das Kreisamt behufs Veranlassung der Aus¬ 
zahlung der Entschädigungssumme. 

Artikel 9. Gegen die Festsetzung der Entschädigungs¬ 
summe steht sowohl dem Betheiligten, w r ie dem Kreisamte binnen 
einer Woche die Berufung an den Kreisausschuss, gegen dessen 
Entscheidung die Berufung an den Provinzialaussclmss zu, 
welcher endgültig entscheidet. 

Der Kreisausschnss, bezw. der Provinzialausschuss entscheidet 
sowohl über die Frage, ob eine Entschädigung, wie darüber, in 
welcher Höhe sie zu leisten sei. 

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. 

Artikel 10. Für Bezirke, in denen Sammelwasenmeistereien 
oder »Sammelabdeckereien bestehen, kann die Werthfestsetzung 
auch in diesen Anstalten durch Schätzer aus den nächstgelegenen 
Orten oder durch für die Anstalt besonders bestellte Schätzer 
erfolgen. 

Artikel 11. Die Entschädigungen und die in dem Fest- 
stellnngsverfahren, sowie die durch die Ausführung der Schutz- 
impfnngen entstehenden Kosten werden von der Kreiskasse 
getragen. 

Die Hälfte der Aufwendungen wird dem Kreise nach Ablauf 
des Rechnungsjahres von der Staatskasse ersetzt. 

Der Kreistag kann beschlossen, dass die vom Kreise zu 
tragende Hälfte der Aufwendungen ganz oder znm Theil auf die 
Viehbesitzer ausgeschlagen werden soll. 


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2 


BEIBLATT der BERLINER THIERÄRZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 


6. December 1900. 


Die Kosten, welche durch die Beschaffung von Impfstoffen 
und Irapfapparaten für die in Gemässheit dieses Gesetzes vor¬ 
zunehmenden Schutzimpfungen erwachsen, trägt der Staat. 

Artikel 12. Hat der Kreistag den Ausschlag auf die Vieh¬ 
besitzer beschlossen, so ist der Beitrag derselben nach Massgabe 
der Zahl der von ihnen gehaltenen Thiere zu leisten. 

Der Ausschlag erfolgt getrennt nach: 

a. Thieren des Pferdegeschlechts, b. Rindvieh, c. Ziegen, i 
d. Schafen, e. Schweinen. 

Für den Besitzstand sind die im Anschluss an die vor¬ 
hergegangene allgemeine Viehzählung erfolgten Aufnahmen 
massgebend. 

Thiere, welche dem Reich, den Bundesstaaten oder einem 
landesherrlichen Gestüte angehören, sowie das in Schlachtvieh¬ 
höfen und öffentlichen Schlachthäusern aufgestellte Schlachtvieh 
blejben bei der Beitragserhebung ausser Betracht. 

Im Uebrigen gilt für Thiere, welche sich in fremdem Ge¬ 
wahrsam befinden, als Besitzer der Besitzer des Gehöfts oder 
der Weide, auf welchen die Thiere untergebracht sind. 

Artikel 13 betrifft die Ausführung des Gesetzes. 

Anweisung betreffend die Ausführung des obigen Gesetzes sowie die beim 
Auftreten des Rauschbrandes und Schweinerothlaufs zu ergreifenden 
veterinSrpolizeiiichen Massnahmen. 

Auf Grund des Artikel 13 des obengenannten Gesetzes und 
des § 1 der Bundesrathsinstruction vom 27. Juni 1895 zur Aus¬ 
führung des Reichsgesetzes über die Abwehr und Unterdrückung 
von Viehseuchen haben wir das Nachstehende bestimmt: 

Massnahmen gegen den Rauschbrand. 

§ 1. Alle in der erwähnten Bundesrathsinstruction für den 
Milzbrand getroffenen Vorschriften (Seite 26 und ff. der amtl. 
Handausgabe von 1895) finden auch auf die Fälle des Rausch- 
brandes mit der Massgabe Anwendung, dass die Abhäutung der 
Cadaver von Thieren, welche mit Rauschbrand behaftet oder 
dieser Seuche verdächtig sind, in einer unter veterinärpolizei¬ 
licher Aufsicht stehenden Abdeckerei gestattet ist, welche Ein¬ 
richtungen für eine genügende Desinfection der fraglichen Häute 
besitzt. Die Häute, welche sofort nach der Abhäutung dem Des- 
infectionsverfahren unterworfen werden müssen, dürfen erst nach 
Beendigung desselben aus den Räumen der Abdeckerei entfernt 
und unter Ausschluss der Ueberlassung an einen Dritten nur 
unmittelbar an eine Gerberei zur alsbaldigen Verarbeitung ab¬ 
geliefert werden. 

§ 2. Diejenigen Kreisämter, in deren Kreisen der Rausch¬ 
brand im Laufe eines Jahres wiederholt unter dem Rindvieh 
aufgetreten ist, haben nns nach vorheriger Verständigung mit 
dem Kreisveterinäramte längstens bis zum 1. März des darauf 
folgenden Jahres diejenigen Gemeinden berichtlich anzugeben, 
in welchen die Ausführung der Rauschbrand-Schutzimpfung auf 
Grund des Artikels 5 Abs. 3 des Gesetzes für zweckdienlich zu 
erachten ist. Dabei ist zugleich anzuzeigen, wie viele Thiere 
nach dieser Vorschrift in jedem der fraglichen Gemeindebezirke 
zur Impfung voraussichtlich vorzuführeu sind. 

Ueber die geimpften Rinder, welche dauernd durch Täto- 
wiren oder in sonst geeigneter Weise zn kennzeichnen sind, ist 
von der betreffenden Bürgermeisterei eine Liste aufzustellen 
und dem Kreisveterinäramte zuzustellen. 

Massnahmen gegen den Schweinerothlauf. 

§ 3. Die Besitzer von Schweinen sind nach der Bekannt¬ 
machung des Reichskanzlers vom 16. Juli 1895 (Reichs-Gesetz¬ 
blatt von 1895 Seite 420) verpflichtet, von dem Ausbruch des 
Rothlaufs unter ihren Schweinebeständen und von allen ver¬ 
dächtigen Erscheinungen unter denselben, welche den Ausbruch 
dieser Seuche befürchten lassen, sofort der Ortspolizeibehörde 
Anzeige zu machen und die kranken oder verdächtigen Schweine 
von Orten fernzuhalten, an welchen die Gefahr der Ansteckung 
anderer Schweine besteht. 

Die gleichen Pflichten liegen denjenigen Personen ob, welche 
nach § 9 Abs. 2 und 3 des Reichsviehseuchengesetzes (Seite 8 
der amtlichen Handausgabe von 1895) zur Anzeige beim Aus¬ 
bruche der in § 10 dieses Gesetzes genannten Viehseuchen und 
beim Verdacht derselben verpflichtet sind. 

§ 4. Die Ortspolizeibehörde hat von der ihr gemachten 
Anzeige, oder von der auf anderem Wege erhaltenen Kenntniss 
von dem Ausbruch oder dem Verdacht eines Ausbruchs des 
Schweinerothlaufs das Kreisveterinäramt unverzüglich, wenn 
möglich unter Benutzung des Telegraphen oder des Telephons, 
zu benachrichtigen (§ 12 des Reichsviehseuchengesetzes) und 
an das Grossherzogliche Kreisamt zu berichten. 


§ 5. Die an Rothlauf erkrankten Schweine unterliegen der 
Stallsperre, die der Seuche verdächtigen Schweine der Gehöft¬ 
sperre. 

Als verdächtig gelten alle Schweine, welche mit rothlauf- 
kranken Schweinen in demselben Gehöfte oder in derselben 
Heerde sich befinden oder in den letzten fünf Tagen sich be¬ 
funden haben. 

§ 6. Zum Zwecke sofortiger Abschlachtung kann die Aus¬ 
fuhr rothlaufverdächtiger Schweine nach benachbarten Orten 
oder nach in der Nähe befindlichen Eisenbahnstationen zur 
Weiterbeförderung nach öffentlichen oder privaten Schlacht¬ 
häusern von der Ortspolizeibehörde unter der Bedingung gestattet 
werden, dass die Schweine stets zu Wagen oder auf solchen 
Wegen transportirt werden, welche von Schweinen aus seuchen¬ 
freien Gehöften nicht betreten werden. 

Die Ortspolizeibehörde des Schlachtorts, welcher jedesmal 
die Zuführung solcher Schweine rechtzeitig vorher anzuzeigen 
ist, hat Sorge zu tragen, dass die Schlachtung derselben als¬ 
bald erfolgt und polizeilich überwacht wird. 

§ 7. An Rothlauf erkrankte Schweine dürfen nur in dem 
betreffenden Seuchengehöfte geschlachtet werden. Das noch für 
geniessbar erkannte Fleisch geschlachteter rothlaufkranker 
Schweine darf nur in gar gekochtem Zustande abgegeben werden. 

§ 8. Ist der Rothlauf in einem Schweinebestande fest¬ 
gestellt, so ist der Besitzer unter ausdrücklichem Hinweis auf 
Artikel 5 Abs. 4 des Gesetzes von der Ortspolizeibehörde auf¬ 
zufordern, bei Meldung des Verlusts des Anspruchs auf Ent¬ 
schädigung die zur Zeit in dem Seuchengehöfte gehaltenen und 
die innerhalb 6 Monaten in dasselbe zugehenden Schweine, in¬ 
sofern letztere nicht nachweislich in den vorhergegangenen 
vier Monaten geimpft worden sind, sofort durch Vermittelung 
der Ortspolizeibehörde dem beamteteten Thierarzt zur Impfung 
anzumelden und nach entsprechender weiterer Aufforderung zu 
stellen. 

Die gleiche Massnahme ist je nach den vorliegenden Ver¬ 
hältnissen auch auf die Nachbargehöfte oder auf alle Gehöfte 
auszudehnen, aus welchen Schweine zu einer verseuchten Heerde 
getrieben worden sind. Ebenso ist bezüglich des ganzen Orts 
oder des betreffenden Ortstheils zu verfahren, wenn es sich um 
einen Ott oder Ortstheil handelt, in welchem der Rothlauf all¬ 
jährlich unter den Schweinen aufzutreten pflegt. 

Die Ausführung der Impfung in verseuchten und verseucht 
gewesenen Beständen hat stets so bald als thunlich statt¬ 
zufinden. 

Ueber die geimpften Schweine, welche in geeigneter Weise 
dauernd zu kennzeichnen sind, ist von der betreffenden Bürger¬ 
meisterei eine Liste aufzustellen und dem Kreisveterinäramte 
zuzustellen. 

§ 9. Die an Rothlauf eingegangenen Schweine müssen, 
wenn nicht ihre Ablieferung in eine Abdeckerei erfolgt, auf dem 
Wasenplatz verscharrt werden. Das Gleiche hat mit den nicht 
zur Verwendung kommenden Theilen geschlachteter rothlauf¬ 
kranker Schweine zu geschehen. 

Das Fett gefallener oder getödteter rothlaufkranker 
Schweine darf zu technischen Zwecken unter geeigneten Vor- 
sichtsmassregeln und unter polizeilicher Aufsicht ausgeschmolzen 
werden. 

§ 10. Der Rothlauf unter den Schweinen eines Gehöfts, 
Orts oder Ortstheils gilt als erloschen, und die angeordneten 
Massnahmen der §§ 5 und 6 sind aufzuheben, wenn nach dem 
letzten Todesfall an Rothlauf oder nach der Abheilung des 
letzten Erkrankungsfalles 14 Tage verflossen sind. 

Verfahren zur Feststellung der Entschädigung 
für an Milzbrand, Rauschbrand und Schweinerothlauf 
gefallene Thiere. 

§ 11. Die Schätzer und deren Stellvertreter sind gemäss 
Abs. 3 und 4 des Artikels 7 des Gesetzes alle 3 Jahre vom 
Kreisausschusse zu wählen und vor erstmaliger Ausübung ihrer 
Thätigkeit vom Kreisamt zu beeidigen. Fällt innerhalb dieser 
Zeit ein Schätzer oder ein Stellvertreter weg, so ist alsbald 
für Ersatz zu sorgen. 

Die von dem Kreisausschuss auf Grund des Abs. 5 des 
Artikels 7 des Gesetzes gewählte und vom Kreisamt beeidigte 
Commission zur Festsetzung der Preise, nach welchen für das 
Cadavergewicht gefallener oder getödteter rothlaufkranker 
Schweine Entschädigung zu gewähren ist, hat diese Preise dem 
Kreisamte alsbald nach ihrer Festsetzung jeweils mitzutheilen, 
welches sie im Kreisblatte zu veröffentlichen und das Kreis- 


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BEIBLATT der BERLINER THIERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 


6. December 1900. 


veterinäramt davon in Kenntniss zu setzen hat. Wird in Folge 
Steigens oder Sinkens der Schweinepreise eine Abänderung 
jener Preise nötliig, so hat die Commission diese aus eigener 
Initiative oder auf Anordnung des Kreisamts vorzunehmen und 
sie dem Letzteren mitzutheilen. 

Die Festsetzung der Preise hat nach dem nachstehenden 
Schema zu erfolgen: 

für die ersten 10 kg des Cadavergewichts ä kg .... Pf. 

>> das 11. bis 20. ,, „ ,, » » .... „ 

tt » 21. „ 40. „ „ „ „ .... ,, 

M M ^1. » 60. ,, „ ,, M I) .... ,, 

n. s. w. von 20 zu 20 kg. 

§ 12. Ist auf Grund des Artikels 8 Abs. 1 des Gesetzes 
für ein Thier Entschädigung beantragt worden, so hat die Orts¬ 
polizeibehörde alsbald die Festsetzung des Werthes desselben 
in der (durch Art. 7 des Gesetzes) vorgeschriebenen Weise zu 
veranlassen. 

Da es für die Schätzung verendeter Thiere nur der ein¬ 
fachen Besichtigung des Cadavers durch die Schätzer bedarf, 
so ist zur Kostenersparniss dafür Sorge zu tragen, dass diese 
Besichtigung jedesmal vor Entfernung des Cadavers aus dem 
Seuchengehöft vorgenommen wird, falls nicht die Schätzung ein¬ 
facher und billiger in einer Sammelabdeckerei stattfindet (Ges. 
Art. 10). Die Schätzung seitens des beamteten Thierarztes 
kann für sich allein abgegeben werden. 

Ueber jeden Entschädigungsfall (Abs. 1) ist eine Urkunde 
nach dem dieser Anweisung beigefügten Formulare aufzunehmen 
und dem Kreisamte mit dem gemäss der §§ 1 und 36 bis 39 
der Anlage B zur Bundesraths-Instruction vom 27. Juni 1895 
(Seite 78 und 91—93 der amtl. Handausgabe von 1895) bei 
der Obduction aufzunehmenden Protocoll (Befundbericht Art. 8 
des Ges.) vorzulegen. 

Bestehen über die Krankheit Zweifel, so hat das Kreisarat 
alsbald ein thierärztliches Obergutachten einzuziehen (§ 40 der 
Anlage B zur Bundesraths-Instruction Seite 93 der amtlichen 
Handausgabe von 1895 und § 3 der hessischen Ausführungs¬ 
verordnung zum Reichsvieliseuchengesetz vom .12. März 1881 
(Seite 94 der amtl. Handausgabe von 1895). 

§§ 13—15 enthalten nebensächliche Bestimmungen. 

Zuziehung practischer Thierärzte. 

§ 16. Die Zuziehung eines practischen Thierarztes an 
Stelle des Kreisveterinärarztes zur Schätzung und Obduction 
eines zu entschädigenden Thieres, zur anderweitigen Festsetzung 
der Entschädigungssumme für ein solches und zu den gemäss 
§ 8 dieser Anweisung vorzunehmenden Rothlauf-Tmpfungen darf 
nur auf kreisamtliche Anordnung geschehen. In solchem Falle 
ist der zuzuziehende practische Thierarzt vom Kreisamt vor 
Beginn seiner Thätigkeit von allen einschlägigen Bestimmungen 
in Kenntniss zu setzen und eidlich zu verpflichten. Das Kreis¬ 
amt hat hiervon der Ministerialabtheilung für öffentliche Ge¬ 
sundheitspflege berichtliche Mittheilung zu machen. 

§ 17. Die Kosten für Beschaffung der Impfstoffe bei den 
auf behördliche Anordnung vorgenommenen Rauschbrand- und 
Rothlauf-Impfungen trägt die Staatskasse. Die nöthigen Impf¬ 
stoffe werden bis zur Errichtung einer staatlichen Rothlauf- 
Impfanstalt von dem Referenten unserer Abtheilung für Öffent¬ 
liche Gesundheitspflege, Obermedicinalrath Dr. Lorenz, her¬ 
gestellt und den Kreisveterinärärzten und den mit der Aus¬ 
führung von Rothlauf-Impfungen betrauten practischen Thier¬ 
ärzten zugesandt werden. Die nach Vorstehendem abgegebenen 
Impfstoffe dürfen anderweitig nicht, verwendet werden. Die 
Thierärzte haben über die Verwendung derselben Buch zu 
führen. 

Bestellungen auf Rothlauf-Impfstoffe sind direct an die oben 
bezeichnete Stelle zu richten. Von derselben werden besondere 
Bestellkarten ausgegeben werden. Die durch unser Ausschreiben 
vom 8. April 1899 zu Nr. M. J. 4210 Amtsblatt Nr. 3 ein¬ 
geführten Postkarten können Verwendung finden. 

§ 18. Die zu den Rauschbrandimpfungen nöthigen Impf¬ 
spritzen und eine Tätowirzange werden von unserer Abtheilung 
für öffentliche Gesundheitspflege den Kreisveteriuärärzten nach 
Bedürfni8s zur Verfügung gestellt werden. Abgesehen hiervon 
wird jedem Kreisveterinäramt zu den Rothlaufimpfungen eine 
Impfspritze und ein Tätowirhammer geliefert. Die Instrumente 
gehören zum ordentlichen Inventar. Die Kosten für Instand¬ 
haltung derselben, sowie für etwa nöthige Reparaturen und für 
die Beschaffung von Ersatztheilen hat der Kreisveterinärarzt 
zu tragen. 


Diejenigen practischen Thierärzte, welche mit der Aus¬ 
führung von Rothlaufimpfungen allgemein beauftragt werden, 
erhalten auf Ansuchen die gleichen Inventarstücke unter den¬ 
selben Voraussetzungen wie die Kreisveterinärärzte. 

§ 19. Die Rauschbrandimpfnngen sind Pflichtgeschäfte der 
Kreis veterinärärzte. 

§ 20. Für die vollständig und gleichzeitig an einem Orte 
ausgeführten Rothlaufimpfungen erhält der Thierarzt bei aus¬ 
wärtigen Geschäften neben den vorschriftsmässigen Tagegeldern 
bei Impfungen von 50 Schweinen oder weniger das Stück 
25 Pfg., für jedes weitere Stück 10 Pfg. 

Das zum Festhalten der zu impfenden Thiere nöthige 
Personal hat der Besitzer zu stellen. 

§§ 21—23 enthalten Kostenbestimmungen, § 24 Ausserkraft- 
setxung älterer Bestimmungen. 

Anmerkung der Redaotion. 

Vorstehendes Gesetz mit Ausführungsanweisung ist in Bezug 
auf den Schweinerothlauf als ein erfreulicher Fortschritt zu be¬ 
zeichnen. Es enthält den einzig gangbaren Weg zur wirksamen 
Bekämpfung dieser Seuche, obligatorische Schutzimpfung und 
Entschädigung. Dasselbe ist zweifellos auf die Initiative des 
Herrn Ober-Medicinalrathes Dr. Lorenz zurückzuführen, wir 
können daher diesen um die Erforschung und Bekämpfung des 
Schweinerothlaufs so hochverdienten Herrn Collegen zu dem 
Erlass dieses Gesetzes nur beglückwünschen, indem wir die 
Hoffnung daran knüpfen, dass auch andere deutsche Bundes¬ 
staaten auf dem von dem Grossherzogthum Hessen angegebenen 
Wege bald nachfolgen werden. 

Weshalb aber in das vorerwähnte Gesetz nicht gleichzeitig 
auch die Schweineseuche (Schweinepest) mitaufgenommen ist, 
ist nicht recht erklärlich. 


Rechtsprechung. 

Das Hünfelder Kreisblatt schreibt am 27. November: 

„Eine bedeutsame Entscheidung, die in weitesten Kreisen das 
lebhafteste Interesse hervorrufen wird, fällte dieser Tage das 
Schöffengericht in Burghaun. Eine Anzahl Handelsleute waren 
beschuldigt, diejenigen Polizeiverordnungen übertreten zu haben, 
die der Herr Regierungspräsident in Cassel auf Grund des Gesetzes 
über die allgemeine Landes-Verwaltung vom 30. Juli 1883 behufs 
Abwendung der Seuchengefahr erlassen hat. Diese Bestimmungen 
ordnen bekanntlich an, dass die Händler über ihr Vieh bestimmt 
vorgeschriebene Listen führen, dieselben bei Ausübung ihres Be¬ 
rufs stets mit sich führen müssen, dass Kälber nicht getrieben, 
sondern gefahren werden Bollen, dass der Viehstall der Händler 
monatlich zweimal durch den Kreisthierarzt auf Kosten der Händler 
nachgesehen werden muss u. dergl. Die Bestimmungen sind er¬ 
lassen auf Grund des § 18 des Viehseuchengesetzes vom 1. Mai 
1894, der zulässt, dass die Polizeibehörden auf Grund der Seuchen¬ 
gefahr und während der Dauer derselben gewisse näher bezeichnete 
Schutzmassregeln treffen dürfen. Der Verstoss einiger Handelsleute 
gegen die vom Herrn Regierungs-Präsidenten erlassenen Anord- 
nugen — sie hatten die angeordneten Listen nicht richtig und voll¬ 
ständig geführt — trug ihnen eine Anklage wegen Vergehens gegen 
§ 328 des St.-G.-B. ein, das nur mit Gefängnissstrafe gesühnt 
werden kann. Das Schöffengericht erkannte auf Freisprechung, 
weil es gedachte Verordnungen des Herrn Regierungspräsidenten 
nicht als rechtsgültig erlassen anerkennen konnte. Im gleichen 
Sinne hat sich in einem gleichen Fall das Schöffengericht in Fulda, 
sowie das Oberlandesgericht in ihren Urtheilen ausgesprochen. Die 
Gerichte nahmen an, dass die Polizeiverordnungen nur dann Gültig¬ 
keit haben, wenn sie aus Anlass des Ausbruchs einer Seuche 
erlassen sind; nicht dagegen halten sie es für zugelassen, Ver¬ 
ordnungen, wie die vorliegenden, auf ganz unbestimmte Dauer und 
über den ganzen Regierungsbezirk zu erlassen. — Hoffentlich treten 
die höchsten Instanzen, die sich mit dieser Sache noch zu befassen 
haben werden, diesen Urtheilen bei, damit die Händler von den 
lästigen, das Geschäft hemmenden Bestimmungen befreit werden.“ 

Wenngleich die oben wiedergegebenen Erkenntnisse als 
recht bedauerlich im Interesse einer wirksamen Seuchen¬ 
bekämpfung angesehen werden müssen, so erscheinen die¬ 
selben, streng juristisch genommen, doch nicht ganz ungerecht¬ 
fertigt, im Falle sich die in den angefochtenen Polizei-Ver¬ 
ordnungen enthaltenen Bestimmungen auf den § 18 bezw. 
die darin citirten §§ 19—29 des Reichsviehseuchengesetzes be¬ 
ziehen. Im § 18 heisst es: „im Falle der Seuchengefahr und 
für die Dauer derselben können u. s. w.“ Die Anwendung der 


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6. December 1900. 


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genannten Paragraphen hat daher eine bestimmte Seuchengefahr 
zur Voraussetzung und dürfen die diesbezüglichen Vorschriften 
auch nicht für immer, sondern nur für die Dauer der Seuchen¬ 
gefahr erlassen werden. Nun kann man ja sagen: eine Seuchen¬ 
gefahr liege zur Zeit, so lange es in Deutschland überhaupt 
Maul- und Klauenseuche gäbe, immer vor. Von diesem Stand¬ 
punkt aus Hessen sich die fragl. Polizei-Verordnungen auch recht- 
fertigen, zumal in dem neuen Seuchengesetz vom 1. Mai 1894 
der Hinweis auf § 14, der früher im § 18 vorhanden war und 
welcher die Anordnung der Vorschriften in den §§ 19—20 noch 
mehr einschränkte, weggefallen ist. Es ist demnach auch 
möglich, dass die höheren gerichtlichen Instanzen diese Frage 
von dem letzteren Standpunkte aus beurtheilen und die Polizei- 
Verordnungen des Regierungs-Präsidenten in Cassel für rechts¬ 
gültig erklären. Meines Erachtens nach bedarf es jedoch für 
die Erklärung der Rechtsgültigkeit der Bestimmungen in den 
fragl. Verordnungen nicht solch einer immerhin etwas gesuchten 
Deduction. Diese Bestimmungen sind zweifellos rechtsgültig, 
wenn sie bezogen werden auf § 17 des Reichsviehseuchengesetzes 
vom 1. Mai 1894 bezw. § 7 des preuss. Ausfiihrungsgesetzes 
vom 12. März 1881 und auf § 50b der Reichsgewerbeordnung 
in der Fassung des Gesetzes vom 6. August 1890. Die darin 
enthaltenen Gesetzesvorschriften bieten Handhaben genug, um 
etwaige Bestimmungen, wie sie von den vorgenannten Schöffen¬ 
gerichten beanstandet worden sind, mit rechtsgültiger Wirksam¬ 
keit in Anwendung bringen zu können. Schliesslich würden 
sich auch durch die Bezugnahme auf § 6 des Polizei-Gesetzes 
vom 11. März 1850 eine ganze Menge polizeilicher Vorschriften 
rechtfertigen lassen, welche sonst nirgends wo anders unter¬ 
zubringen sind. Pr. 

Verordnungen. 

Der Regierungs-Präsident in Frankfurt a. 0 . hat unter dem 
11. October d. J. eine landespolizeiliche Anordnung erlassen, 
welche die amtsthierärztliche Untersuchung des in den Re¬ 
gierungs-Bezirk eingeführten Klauenviehs verlangt und zwar 
sowohl des mittelst der Eisenbahn, als auch des auf Landwegen 
eingeführten Viehs, Letzteres, sofern es nach Ablauf des vierten 
Tages noch nicht verkauft ist. Ausgenommen von der Unter¬ 
suchung bleiben nur die in ein öffentliches Schlachthaus mittelst 
Eisenbahn eingebrachten Transporte und Zuchtschweine in 
Käfigen. Die Besitzer müssen den beamteten Thierarzt von 
dem Eintreffen der Viehsendung benachrichtigen. Ueber die 
erfolgte Untersuchung ist eine Bescheinignng anszustellen. Die 
Kosten der Untersuchung sind für die zum öffentlichen Ver¬ 
kauf eingeführten Viehsendungen von den Händlern, in allen 
anderen Fällen von der Staatskasse zu tragen. 

Nachdem der Regierungs-Bezirk Gumbinnen längere Zeit 
hindurch frei von Maul- und Klauenseuche gewesen ist, trat die¬ 
selbe in der zweiten Hälfte des Monats October wieder an 
mehreren Stellen auf. In Folge dessen hat der Regierungs¬ 
präsident unter dem 28. October wiederum eine landespolizei¬ 
liche Anordnung für den Umfang des Regierungs-Bezirks, ins¬ 
besondere aber der Kreise Sensburg und Lötzen erlassen, welche j 
die Ausführung von Wiederkäuern und Schweinen aus dem ver- I 
seuchten Gebiete gewissen Beschränkungen unterwirft, das 
Treiben von Vieh und den Hausirhandel mit demselben in diesem 
gänzlich verbietet, und den Verkehr von Personen auf den 
Seuchengehöften sehr einschränkt. In den genannten Kreisen 
ist die Abhaltung von Viehmärkten untersagt. Aus dem Sperr¬ 


gebiet darf ungekochte Milch nicht weggegeben werden. Zum 
Genuss für Menschen kann das Weggeben ungekochter Milch 
gestattet werden. Die betreffenden Besitzer haben jedoch über 
die Namen der Empfänger der Milch und die täglich an Jeden 
derselben abgegebenen Menge ein Verzeichniss zu führen. Tritt 
bei einem dieser Besitzer die Seuche auf, so wird diese Erlaubniss 
zurückgezogen. Die Vorhöfe der Sammelmolkereien und die 
Rampen, auf welchen die Milchkannen abgesetzt werden, sind 
täglich durch Abspülen mit Wasser gründlich zu reinigen. Die 
Milchkannen sind mit heisser dreiprocentiger Sodalauge in der 
Molkerei zu reinigen. 

Landespolizeillohe Anordnung. 

Iu Verfolg der Declaration vom 9. April 1896 (Ausser¬ 
ordentliche Beilage zu Nr. 16 des Amtsblatts für 1896) zur 
landespolizeilichen Anordnung vom 6. December 1895, betreffend 
die Abwehr gegen die Einschleppung der Maul- und Klauen¬ 
seuche in den diesseitigen Regierungsbezirk durch das aus 
anderen Reichstheilen stammende Vieh (Ausserordentliche Bei¬ 
lage zu Nr. 49 des Amtsblatts für 1895), bestimme ich, dass die Vor¬ 
schriften der vorbezeichneten landespolizeilichen Anordnung sich 
auf das aus nachbenannten Reichstheilen: 1. aus den preussischen 
Regierungsbezirken Magdeburg, Merseburg, 2. aus den bayerischen 
Regierungsbezirken Oberbayern, Oberpfalz, Oberfranken, Mittel- 
franken, Unterfranken, Schwaben, 3. ans den sächsischen Kreis- 
hanptraannschaften Bautzen, Dresden, Leipzig, Zwickau, 4. aus 
den württembergischen Kreisen Neckarkreis, Schwarz waldkreis, 
Jagstkreis, Donaukreis, 5. aus den badischen Landes- 
commissariaten- Constanz, Freiburg, Mannheim, 6. aus den 
hessischen Provinzen Starkenburg, Oberhessen, 7. aus dem 
Grossherzogthum Sachsen-Weimar, 8. aus dem Grossherzogthum 
Oldenburg, 9. aus dem Herzogthum Braunschweig, 10. aus dem 
Herzogthura Sachsen-Meiningen, 11. aus dem Herzogthum Sachsen- 
Coburg-Gotha, 12. aus dem Herzogthum Anhalt, 13. aus dem 
Fürstenthum Schwarzburg-Sondershausen, 14. aus dem Fürsten¬ 
thum Schwarzburg-Rudolstadt, 15. aus dem Fürstenthum Waldeck, 
16. aus dem Fürstenthum Reuss ä. L., 17. aus dem Fürstentlmm 
Reuss j. L., 18. aus den Reichslanden Elsass-Lothringen im 
Regierungsbezirk Bromberg zur Entladung mit der Eisenbahn 
gelangende Rindvieh bis auf Weiteres beschränken. 

Bromberg, den 10. November 1900. 

Der Regierungspräsident. 

Conrad. 

Senchenstatistik. 

Nachweisung über den Stand der Viehseuchen im 
Deutschen Reiche am 15. November 1900. 

[Die Zahlen hinter den Landestheilen etc. bedeuten Kreise (und 

Gemeinden).] 

Gegenüber dem Seuchenstand am 31. October er. sind fol¬ 
gende Aenderungen zu bemerken: 

Mit Rotz sind in 56 Gemeinden 71 Gehöfte verseucht. 
Erloschen ist die Seuche im R.-B. Frankfurt, Merseburg und 
Münster. Neuausbrüche sind coustatirt worden im R.-B. Königs¬ 
berg 1 (2), Liegnitz 1 (1), Magdeburg 1 (1), Erfurt 1 (1). 

Die Lungensenche ist annähernd in gleicher Ausdehnung: 
geblieben, es sind noch 7 Gemeinden (7 Geh.) verseucht 

Die Maul- und Klauenseuche ist erloschen in der sächs. 
Kreishanptm. Dresden, in Mecklenburg-Strelitz, Schwarzburg- 
Sondershausen; weitere Ausbrüche sind festgestellt in den preuss. 
R.-B. Oppeln 2(2), Erfurt 1(1), Stade 1 (1), Osnabrück 2(2), Aachen 1 


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(2), Hohenzollern-Sigm. 2 (2), sächs. Kreishauptm. Bautzen 2 (2) 
und Bezirk Unter-Elsass 1 (1). Insgesammt sind 787 Gemein¬ 
den mit 2461 Gehöften verseucht. 

Neuausbrüche von Schweineseuche sind vorgekommen: 
in den preuss. R.-B. Berlin, Erfurt, den bayr. R.-B. Oberbayern, 
Pfalz, Schwaben je 1 (1), Oberfranken 1 (4); erloschen ist 
dieselbe im R.-B. Cassel, Trier, Kreishauptm. Dresden, hess. 
Provinz Oberhessen, Oldenburg. Fürstenth. Lübeck und Anhalt. 
Im Ganzen sind 205 Gern, mit 275 Gehöften betroffen. 

Thieraeuchen Im Auslande. III. Quartal 1900. 

Grossbritannien. 

An Milzbrand erkrankten 219 Thiere in 43 Grafschaften, 
wovon auf England 168, auf Wales 16 und auf Schottland 
35 Erkrankungen kamen. An Rotz (Wurm) erkrankten in 
England 455 Thiere in 20 Grafschaften, in Schottland desgl. 5 
in 1 Grafschaft. Die Erkrankungsziffer an Maul- und Klauen¬ 
seuche betrug in England 25 Stück, in Wales 77 Stück. Die 
Zahl der wegen Schweinefieber geschlachteten, erkrankten und 
ansteckungsverdächtigen Schweine betrug in England 2529, 
Wales 48, Schottland 45. Von Tollwutli wurden befallen in 
Wales 2 Hunde und ein anderes Hausthier; ausserdem wurden 
3 ansteckungsverdächtige Hunde getödtet. Die Lungenseuche 
ist nicht aufgetreten. Von Schafräude wurden in England 32, 
in Wales 5, in Schottland 2 Ausbrüche coustatirt. 

Schweden. 

Die Zahl der neuverseuchten Ställe belief sich in den drei 
Berichtsmonaten bei Milzbrand auf 26 bezw. 22 bezw. 16, bei 
Kauschbrand auf 9 bezw. 8 bezw. 7. 

Ungarn. 

Nach den wenig übersichtlichen Zusammenstellungen waren 
verseucht mit Milzbrand Ende Juli 79, Ende August 97, Ende 
September 76 Ortschaften; mit W’uth 87 bezw. 85 bezw. 85; 
mit Rotz 84 bezw. 77 bezw. 70; mit Maul- und Klauenseuche 
2 bezw. 2 bezw. 2; mit Lungenseuche —; mit Blattern 2 bezw. 
6 bezw. 9; mit Bläschenausschlag —; mit Räude 169 bezw. 124 
bezw. 87; mit Schweinerothlauf 289 bezw. 255 bezw. 189; und 
mit Schweineseuche 1166 bezw. 1329 bezw. 1145. 

Tuberculose. 

Im Reichs - Gesundheitsamt ist ein Tuberculose-Merkblatt 
ansgearbeitet und veröffentlicht worden, welches im Hinblick 
auf den gemeinnützigen Zweck, Verhütung der Tuberculose, die 
allerweitgehendste Verbreitung verdient. Dasselbe enthält An¬ 
gaben über das Wesen der Tuberculose, die Art der Ansteckung, 
persönliche Schutzmassregeln, zu denen einmal Massregeln gegen 
den Erreger der Tuberculose selbst, sodann aber auch Mass¬ 
regeln zur Kräftigung des Körpers gerechnet werden. Ferner 
enthält das Merkblatt Rathschläge für besonders gefährdete 
Personen und Rathschläge für erkrankte Personen. 

Dieses Merkblatt besitzt insofern auch ein veterinäres 
Interesse, als in demselben darauf hingewiesen wird, dass die 
Ansteckung der Tuberculose auch durch ungekochte Milch, bei 
ungenügender Fleischschau auch durch Fleisch tuberculöser 
Thi ere, welches in den Verkehr gelassen und vor dem Genuss 
nicht genügend durchgekocht wurde, erfolgen kann. Es wird 
der Rath ertheilt, Milch und Fleisch vor dem Genuss gründlich 
zu kochen. Sodann enthält das Merkblatt auch Angaben über 
die Thiertuberculose. Es wird mitgetheilt, dass die Tuber¬ 
culose bei Rindern meistens als Lungen-, bei Schweinen meistens 


als Halsdrüsen- oder Darmtuberculose auftritt, bei jenen also 
durch Einathmung, bei diesen durch das Futter, namentlich durch 
Centrifugen-Schlamm und nicht abgekochte Magermilch auf¬ 
genommen wird. Als geeignete Tilgungsmassregeln werden an¬ 
geführt: allmähliche Ausmerzung der tuberculösen Rinder, vor 
Allem der mit sichtbaren Zeichen der Krankheit (tuberculöse 
Euterknoten, Husten mit Abmagerung und rauhem Haar u. dergl.) 
behafteten, bei Kindermilchwirthschaften und für die Zucht aber 
auch aller sonst auf Tuberculineinspritzung fiebernden Thiere; 
Trennung der Kälber von den tuberculösen Müttern, reichliche 
Bewegung der Kälber und des Jungviehs, möglichst auch der 
älteren Thiere in freier Luft, Verwendung nur gekochter Milch 
und Molkereirückstände bei Fütterung der Schweine, Aus- 
schliessung tuberculöser Personen, namentlich solcher mit 
Auswurf von der Viehwartung; Reinhaltung der Ställe. 

Diesen Massregeln dürfte wohl zugestimmt werden können. 

Das Tuberculose - Merkblatt ist im Verlage von Julius 
Springer in Berlin N. erschienen, der Preis eines Exemplars 
beträgt 5 Pfg., 100 kosten 3 Mk., 1000 Exemplare 25 Mk. 


Maasregeln gegen Tuberculose In Norwegen. 

In Norwegen werden jetzt energischere Massregeln gegen die 
Verbreitung der Tuberculose getroffen, als vielleicht in irgend 
einem andern der europäischen Länder. 

Das neue, kürzlich in Kraft getretene Tuberculosegesetz 
macht es den Aerzten zur Pflicht, alle Fälle von Tuberculose 
anzumelden und die Patienten in gesonderten Anstalten unter¬ 
bringen zu lassen. 

Als eineConsequenz dieses neuen äusserst streng gehandhabten 
Tuberculosegesetzes ist auch die neueste Verordnung des Veterinär- 
directors zu betrachten, die als Rundschreiben an sämmtliche 
Güter und Bauernhöfe abgegangen ist. 

Die Milch von den Gütern, bevor sie zur städtischen 
Molkerei gesandt wird, soll durch einen Pasteurisirungsapparat 
gehen, wo sie 10 Minuten lang bis zu mindestens 85° erhitzt wird. 

Die Gefässe, in denen die Milch versandt wird, müssen 
jedesmal mit kochendem Wasser, am besten mit Dampf, gereinigt 
werden, besonders die Centrifugen in den Molkereien sind mit 
grösster Sorgfalt zu behandeln. Der Abfall und Schlamm in 
den Centrifugen soll nicht wieder verwendet, sondern abgekratzt 
werden. Die in den Molkereien beschäftigten Arbeiter sollen 
zur peinlichsten Sauberkeit an ihrer Person angehalten werden. 

C. Mjoen. 

Zur Diagnose der Maul- und Klauenseuche. 

In der Herbstversammlung der Yorkshire Veterinary Medi¬ 
cal Society lenkte Professor Williams-Edinburgh die Aufmerk¬ 
samkeit auf einen Irrthum in der Diagnose, welcher in Perth- 
shire sich kurze Zeit vorher ereignet hatte. In der Grafschaft 
war unter den Schafheerden eine Hautkrankheit aufge¬ 
treten, welche von den Regierungssachverständigen für Maul¬ 
und Klauenseuche erklärt worden war. Professor Williams, 
welcher hinzngezogen wurde, fand in drei Schafheerden die er¬ 
wähnten Krankheitserscheinungen, welche für Symptome der 
Maul- und Klauenseuche gehalten wurden. Die Krankheit offen¬ 
barte sich in Form von Flecken an der Fusskrone, an den 
Schenkeln bis über den Ellbogen und über die Sprunggelenke, 
rund um die Lippen bis zu den Augen hin und am Grunde der 
Ohren, aber in keinem Fall zeigte sich irgend eine Läsion im 
Maul. Die Krankheit ergriff nur die Lämmer, obgleich auch 
viele ältere Schafe und auch Rinder sich in den betreffenden 


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6 

Weiden befanden. Er erkannte die Krankheit als einen 
pustulösen Ansschlag, der als „Impetigo labialis et coronalis“ 
bekannt ist und von Professor Dick als „crown scab“ bezeichnet 
worden ist, hervorgerufen wird er durch die Nässe und den 
üppigen Wuchs des Grases, auf dem die Thiere geweidet 
werden. Die Krankheit beginnt in Form von kleinen rothen 
Pünktchen, welche blasenartiges Aussehen annehmen und schnell 
vereitern. Die Pusteln trocknen zu einer Kruste ein, welche 
lose auf der Haut liegt, und wenn entfernt, eine geröthete Haut 
zum Vorschein kommen lassen, die mitunter mit etwas Eiter 
bedeckt ist. Rund um den Klauensaum und an den Beinen die 
gleichen Erscheinungen. In einigen Fällen ist die Eiterung 
mehr diffus, so dass sich die Hornklaue von der Fleischklaue 
ablöst und eine schwere Lahmheit in Erscheinung tritt. 

Kiihnau. 


Fleischschau. 

Redigirt von KOhnau. 

Freibankwesen. 

Die Verwertlmng des bedingt tauglichen Fleisches stösstin 
grösseren Städten auf besondere Schwierigkeiten nicht. In 
diesen Städten giebt es ein oder mehrere Freibanklocale, die sich 
der Frequenz eines festen Kundenkreises erfreuen. Willige 
Abnehmer für das bedingt taugliche Fleisch sind meist in der 
Ueberzahl vorhanden, höchstens nur zu gewissen Zeiten, wenn 
besondere Geldknappheit herrscht oder die Witterung dem 
Fleischconsum abhold ist oder schliesslich der Abfall der Con- 
fiscate ein besonders grosser ist, hänfen sich Vorrätlie an, die 
hinsichtlich der Verwerthung Bedenken erregen würden, wenn 
dieselben nicht in den Kühlräumen aufbewahrt werden könnten 
bis zum Eintreten einer besseren Geschäftslage, welche ge¬ 
wöhnlich nicht lange auf sich warten lässt. 

In mittleren und kleinen Städten, besonders wenn in 
denselben wenig industrielle Betriebe vorhanden sind oder gar 
ein Freibanklocal fehlt, begegnet der Absatz des minderwerthigen 
Fleisches Schwierigkeiten. Nach dem Berichte des Ver¬ 
waltungs-Ausschusses der Anstalt für staatliche Vieh¬ 
versicherung in Sachsen hat allerdings die Verwerthung 
des nicht bankwürdigen Fleisches in allen Schlachthöfen, sowie 
in Städten mit Freibank keine Schwierigkeiten gemacht und 
sind die Ergebnisse der Freibank durchaus befriedigend ge¬ 
wesen. Dagegen sagt Herr Thierarzt Poetting in Braun¬ 
schweig, dass der Verkauf des bedingt tauglichen Fleisches 
nach dem Zeitpunkte der Ueberweisung auf die Frei¬ 
bank Uebelstände herbeiführen kann. Wird z. B. 
jetzt eine alte, magere Kuh, deren Fleisch im Werthe sehr 
niedrig steht, auf die Freibank verwiesen und 10 Minuten später 
ein fetter Ochse, dessen Fleisch im Werthe bedeutend höher 
steht, so wird zuerst das magere Thier und später das fette 
verkauft. Hängen nun 4 bis 5 Thiere auf der Freibank, dann 
kann oft das gute Thier, wenn die Abnahme zu gering ist, ver¬ 
derben und wird dem Abdecker überwiesen, während das magere 
verkauft wird. Wiederholt sich dieser Fall oft, so muss dadurch 
ohne Zweifel ein nicht zu unterschätzender Verlust entstehen. 
Ferner sagt Herr Poetting, dass durch das Vorhandensein nur 
einer einzigen Verkaufsstelle der Verkauf resp. Umsatz nicht 
gefordert, das Fleisch oft alt und unansehnlich wird und da¬ 
durch den Ankauf verleidet. Den beim Fehlen oder einer un- 
practischen Organisation der Freibänke sich ergebenden Verlust, 


6. December 1900. 

schätzt Poetting, wenn derselbe sich auch nur auf y 2 bis 3 / 4 
Procent des 5 bis 6 Milliarden Mark betragenden Werthes unseres 
Viehstandes beziffert, auf Millionen von Mark. Zur Abhülfe macht 
Poetting folgende Vorschläge: 

1. Eröffnung von mehreren Freibankstationen (an ver¬ 
schiedenen Stellen der Stadt). 

2. Eintheilung des Ladens in drei kleine nebeneinander¬ 
liegende Abtheilungen mit der Ueberschrift: Qualität I, Preis . . ., 
Qualität H, Preis . . . und Qualität III, Preis ...» damit der 
Käufer in der Lage ist zu wählen, von welcher Qualität er 
kaufen will. 

3. Einlieferung des Fleisches nach Gewicht. Was nicht 
verkauft wird oder verdirbt, wird bei der Abrechnung ab¬ 
gezogen. 

4. Controle der Freibankstationen durch einen vereideten 
Beamten. Schluss und Oeffnung der Stationen zu einer be¬ 
stimmten Zeit. Aufbewahrung der Schlüssel zu denselben auf 
dem Polizeibureau. 

Die Vermehrung der Verkaufsgelegenheiten in der be¬ 
treffenden Stadt hat gewiss etwas für sich, aber die Controle 
gestaltet sich, wie auch aus den Vorschlägen von Poetting zu 
ersehen ist, ungleich schwieriger. Die Entfernungen in einer 
mittleren oder kleinen Stadt sind auch nicht so bedeutend, dass 
die Käufer den Weg nach dem Freibanklocal zu scheuen hätten. 
Schliesslich würden die Mehrkosten den zu erwartenden Nutzen 
wesentlich beeinträchtigen. Ein anderer Vorschlag, der in 
dem sächsischen Entwurf eines Ortstatuts, die Errichtung einer 
Freibank betr. enthalten ist, vermag die Verwerthung des nicht 
bankwürdigen Fleisches viel eher zu sichern, gerade auch für 
Landgemeinden mit dünner Bevölkerung, wo der Verkauf 
in Folge des Vorurtheils und anderer Umstände auf nie geahnte 
Schwierigkeiten stösst, die Verwerthung nur zu sehr niedrigen 
Preisen oder überhaupt nicht erfolgen kann. So lange eine 
Fleischbeschau nicht bestand oder besteht, war für die Besitzer 
des minderwerthigen Fleisches eine Absatzmöglichkeit immer 
vorhanden. Das Fleisch verschwand in den grossen Bevölkerungs- 
centren. Anders aber, wenn dem Fleisch das Kainsmerkmal der 
Minderwerthigkeit aufgedrückt und die Verwerthung an den Ort 
gebunden wird. In dem sächsischen Entwurf ist nun die Mög¬ 
lichkeit vorgesehen, dass in dem Freibanklocal eines 
Ortes auch das nichtbankwürdige Fleisch verkauft 
werden kann, welches in anderen Orten resp. Fleisch¬ 
schaubezirken geschlachtet worden ist. Damit ist 
zwiefach geholfen, die Landbevölkerung welche das minder- 
werthige Fleisch nicht gebrauchen kann oder nicht kaufen 
will, kann das Fleisch loswerden und die Bevölkerung 
der Industriecentren, welche das minderwerthige Fleisch 
gebrauchen kann und gerne kauft, hat Gelegenheit, billiges 
Fleisch zu erhalten. Die Verwerthung des Fleisches kann da¬ 
mit durchaus in geordnete Bahnen geleitet werden. Freibänke 
in Industrieorten werden immer Bedarf für nicht bankwürdiges 
Fleisch haben. Hier können auch mit Leichtigkeit die Freibank¬ 
einrichtungen getroffen werden, welche für die Verwerthung des 
Fleisches vortheilhaft sind, z. B. die Aufstellung von Sterilisa¬ 
toren. In den grossen Städten hat sich ja der Verkauf des 
Freibankfleisches in gekochtem Zustande durchaus bewährt. Dem 
Fleisch ist durch die Sterilisation nicht allein eventuell die 
Gesundheitsschädlichkeit sicher genommen, sondern es ist gleich¬ 
zeitig dadurch als minderwerthig declarirt und für die Arbeiter¬ 
bevölkerung verwendbarer geworden. Die Zubereitung des 


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Mahles gestaltet sich für die Hausfrau des Arbeiters viel einfacher 
und namentlich billiger, besonders jetzt bei den hohen Kohlen¬ 
preisen. Alle diese angezogenen Umstände sprechen dafür, dass 
man der Verwerthnng des bedingt tauglichen Fleisches in der 
angedeuteten Richtung mehr Aufmerksamkeit schenkt, zumal 
jetzt, wo in den zu erwartenden Vollzugsvorschriften zum Reichs¬ 
fleischschaugesetz auch Bestimmungen über die sanitätspolizei¬ 
liche Behandlung des bedingt tauglichen Fleisches enthalten 
sein dürften. Kühn au. 

Ueber die Zulässigkeit des Wnrstfärbens. 

Pr. Lebbin erörtert die Frage des Wurstfärbens in der 
„Deutschen Wurstfabricanten-Zeitung“, weil seiner Meinung 
nach die Sachverständigen entweder den Kernpunkt der An¬ 
gelegenheit nicht verstanden oder aber für eine vorgefasste 
Meinung nachträglich Gründe gesucht haben. Gefärbt wird seit 
einem halben Jahrhundert, indess ist die allgemeine Anwendung 
von Farbstoffen jüngeren Datums. Während früher die Schweine 
mit Leguminosen, Kleie, Kartoffeln, Magermilch gefüttert wurden, 
erhalten sie jetzt Kraftfuttermittel, Meiereiabfälle und dergleichen, 
um sie rascher an den Markt zu bringen. Die frühere Fütterungs¬ 
art lieferte Fleischschweine, die jetzige Speckschweine. Bei 
letzteren findet sich ein farbstoffreiches Muskelfleisch nicht, darum 
sucht der Wurstfabricant, dem Geschmacke des Publicums 
Rechnung tragend, die Farbstoffdifferenz durch Zusatz von 
Carminlösung auszugleichen. In ganz analoger Weise wird vor¬ 
gegangen bei der Butterfabrication, bei der Zuckerbereitung und 
bei Herstellung von anderen Nahrungsmitteln. 

Eine Verfälschung würde nur dann vorliegen, wenn eine 
Verschlechterung der Waare oder die Vorspiegelung einer 
besseren Beschaffenheit bewirkt würde. Eine Verschlechterung 
tritt nicht ein, die Vorspiegelung einer besseren Beschaffenheit 
kann bestehen in dem Bestreben, eine Waare von besserer 
Qualität, als sie besitzt, erscheinen zu lassen oder etwas zu 
verdecken. Das farbstoffreiche Rohmaterial sei nicht mehr zu 
beschaffen, das heutige Schweinefleisch sei blass in der Farbe, 
darum könne durch seine Auffärbung der Anschein nicht erweckt 
werden, dass die zur Zeit beste Qualität noch besser erscheinen 
soll. Mit demselben Rechte Hesse sich behaupten, die gelbe 
"Novemberbutter sei verfälschte Maibutter. Erst wenn wieder 
für die Wurstfabrication farbstoffreiches Schweinefleisch zur 
Verfügung stände, würde der Fabricant, der blasses Fleisch für 
dunkleres ausgebe, eine Fälschung begehen. Hat der Farbstoff 
den Zweck, etwas zu verdecken, dann liegt eine Verfälschung 
vor. Das setze aber voraus, dass nachgewiesen wird, dass 
etwas und was verdeckt worden ist und dass der zu ver¬ 
deckende Umstand bereits beim Zusatz des Farbstoffs vorhanden 
war. Ist aber der Umstand, z. B. das Verderben der Wurst, 
erst nach dem Färben eingetreten, so liegt beim Verkauf der 
Wurst eine strafbare Handlung vor wegen Verkaufs verdorbener 
Wurst, nicht aber wegen Verkaufs gefärbter Wurst. Es bleibt 
somit nur derjenige Fall der Wurstfärbung als Nalirungsmittel- 
fälschung übrig, bei welchem von vornherein der Farbstoff die 
Aufgabe hatte (ob mit oder ohne Erfolg ist gleichgültig), einen 
vorhandenen Fehler zu verdecken. 

* * 

* 

Dr. Lebbin hätte Recht, wenn seine Voraussetzung zuträfe, 
at>er dies ist nach ausgedehnten Fütterungsversuchen, welche in 
der Centralversuchsfarm in Ottawa, Canada, an Schweinen aus- 
g-eführt wurden, nicht der Fall. Die Farbe des Muskelfleisches 


und die Beschaffenheit des Speckes hängt nicht allein von der Art 
der Mästung ab, sondern auch von dem Alter der Schweine. 
Als ein Ergebniss der Versuche hat sich heransgestellt, dass 
die Schweine, welche bei der Abschlachtnng unter (5 Monat sind, 
bei jeder Mästungsart einen weichen Speck und blasses Fleisch 
liefern, erst bei Schweinen im Alter von über 7 Monaten ist die 
Art der Mästung von erheblicherem Einfluss. Infolge dieser Er¬ 
fahrungen wird in Canada darauf hingearbeitet, nur Schweine 
zur Abschlachtung zu bringen, welche ein Alter von mindestens 
7 Monaten erreicht haben. Bei den Bauernschweinen, welche 
in Deutschland in dem Alter von 7—9 Monaten zur Abschlachtung 
gelangen, lässt sich ebenfalls die Beobachtung machen, dass die¬ 
selben ein farbstoffreicheres Fleisch und festeren Speck liefern, 
als die jung geschlachteten Schweine. Es ist also immer noch 
in Deutschland ein besseres Rohmaterial vorhanden, als 
Dr. Lebbin annimmt, deshalb treffen seine Ausführungen nicht 
zu, und muss das Färben der Wurst als eine Verfäl¬ 
schung im Sinne des Nahrungsmittelgesetzes angesehen werden. 

Untersuchungen über das Vorkommen von Tuberccl- 
bacillen im Hackfleisch. 

(Di-utscho Mod. Wocheimctar. 1900 No. 44.) 

Dr. Schumburg, Oberstabsarzt I. CI. und Privatdocent 
in Hannover, hat den aus Hackfleisch ausgepressten Fleischsaft 
durch Verimpfung auf Meerschweinchen auf den Gehalt von 
Tubereelbacillen geprüft. In der ersten Versuchsreihe wurden 
24 Meerschweinchen mit dem Saft aus 12 im Norden Berlins auf- 
gekauften Hackfleischproben geimpft, 3 starben in den ersten 
Tagen an Staphylococcen-Infection. Alle übrigen Thiere blieben 
gesund. Tn der zweiten Versuchsreihe gelangte der Boden¬ 
saft aus dem centrifugirten Fleischsaft zur Verimpfung. Von 
29 Meerschweinchen, welche mit den Producten von 29 ver¬ 
schiedenen in Hannover und Linden zusammengeholten Hack¬ 
fleischproben geimpft worden waren, starben 13 Stück sehr bald 
nach der Injection an Bauchfellentzündung. Die Ursache war 
in den meisten Fällen eine sehr virulente Proteusart. Der hohe 
Procentsatz dieser Todesfälle ist zurückzuführen auf die bereits 
im Fleisch eingetretenen Zersetzungsvorgänge. Die Versuche 
wurden im Juli angestellt. Die übrigen Thiere blieben gesund, 
wurden f>—7 Wochen nach Anstellung der Versuche getödtet und 
frei von tuberculösen Erscheinungen befunden. 

Schum bürg schliesst, dass die Gefahr der Tuberculose, 
welche uns von frischem, rohem Fleische droht, eine viel 
geringere als diejenige ist, in welche wir uns durch den Genuss 
ungekochter Milch oder ihrer Derivate begeben, zumal wenn 
das Fleisch von gut untersuchten Thieren und aus sauberen 
Läden stammt. Erheblichere Bedeutung für die Gesundheit des 
Consumenten misst Sch. den nicht wahrnehmbaren Zersetzungs¬ 
vorgängen besonders in der heissen Jahreszeit bei, weil so viele 
seiner Meerschweinchen in Folge dessen an Bauchfellentzündung 
zu Grunde gingen. K. 

lieber die Einwirkung des Natriumsulfits auf den Fleischfarbstoff. 

Auf der letzten Naturforscher - Versammlung erörterte 
Prof. Jahuke die Zulässigkeit des Zusatzes von Natriumsulfit zu 
den Nahrungsmitteln. Gerichtsseitig liegen soviel Verurtheilungen 
als Freisprechungen vor. Bei Beurtheilung des Zusatzes kommt 
in Betracht: 1. Ist die gewöhnlich verwendete Menge Natrium¬ 
sulfit (0,1—0,2%) dem menschlichen Organismus schädlich oder 
nicht? 2. Wird dem Hackfleisch durch diesen Zusatz eine 
bessere äussere Beschaffenheit verliehen, als es ohne diesen 


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8 


BEIBLATT dek BERLINER THIERARZTLICHEN WOCHENSCHRIFT. 


6. December 1900. 


haben würde? 3. Ist das mit Natriumsulfit versetzte Hackfleisch 
länger haltbar, als solches ohne Natriumsulfit? 4. Ist das 
Natriumsulfit als Conservirungsmittel anzusehen oder nicht? 

Redner stellt fest, dass nach den vorliegenden Literaturangaben 
das Natriumsulfit als Gift angesehen werden müsse, dass dieses 
Salz als Conservirungsmittel nicht gelten könne, sondern 
lediglich als Mittel zur Auffrischung der Farbe. Wenn auch 
der Fäulni88geruch bei mit Natriumsulfit versetztem Hackfleisch 
weniger rasch auftrete, so unterdrücke dasselbe doch keineswegs die 
Entwickelung von Bacterien und Schimmelpilzen. Bei der Ein¬ 
wirkung des Salzes auf die Fleischfaser komme es zu einer 
Oxydation des Farbstoffes in der Art, dass es mehr hellroth 
erscheine. Hierfür spreche die Thatsache, dass mit Natriurasulfit 
versetztes Fleisch, welches nach einiger Zeit der Aufbewahrung 
im Innern nicht farbig geworden sei, nach Vertheilung an der 
Luft wieder die rothe Farbe annehme. Die Beurtheilung der 
Gesundheitsschädlichkeit gehöre zur Competenz des Arztes. 

Fielsoh mit Naphtalingeschmack. 

(TijdHchrift v. Vceartsenijke. Vootcelt 27. TS», 0. Ablfrg.) 

Hoefnagel, Director des Utrechter Schlachthofes be¬ 
richtet über das Fleisch einer Kuh. welches gesundes Aussehen 
hatte, beim Kochen und Braten unangenehm roch und beim Ge¬ 
messen schlecht schmeckte. Durch chemische Untersuchung und 
Vergleich wurde festgestellt, dass Geruch und Geschmack gleich 
dem von Naphtalin war. Die Ermittelungen ergaben keinen An¬ 
haltspunkt, wo die Kuh das Naphtalin aufgenommen haben konnte. 

Minderwerth der Serumschweine. 

Die Serumgesellschaft in Landsberg a. W. schlachtet jahr¬ 
ein, jahraus grosse Mengen von Schweinen, welche vorher einen 
bezw. mehreren Impfprocessen unterzogen worden sind, um das 
Blutserum der geschlachteten Impfthiere zur Serumbereitung zu 
gebrauchen. Fleisch und Blut sind bisher immer für den Ver¬ 
kauf und Handelsbetrieb freigegeben worden, weil der wissen¬ 
schaftlichen Erfahrung zu Folge das Fleisch und das frische 
Blut vollkommen unschädlich für den menschlichen Genuss 
sind. Die Fleischer-Innung zu Landsberg will sich nun mit 
einer Eingabe an den Magistrat wenden, in welcher die Forderung 
vertreten wird, dass nicht nur die Schweine, welche auf die 
Impfung so heftig reagiren, dass sie nothgeschlachtet werden 
müssen, sondern alle geimpften Thiere, welche zur 
Schlachtung kommen, der Freibank überwiesen werden 
sollen. Die Forderung in dieser Form wäre überaus weitgehend, 
denn der Bedarf der Serumgesellschaft beträgt per Jahr viele 
tausende von Schlachtthieren. 

Handel nach Lebendgewicht für Schlachtvieh. 

Das Ministerium des Innern von Bayern hat an die 
Königlichen Regierungen und Kammern des Innern eine Ent- 
schliessnng erlassen, in der dem Handel nach Lebendgewicht 
das Wort geredet und bei Neugenehmigung von Viehmärkten 
gemäss § 30, Absatz II der Vollz.-V.-O. vom 29. März 1892 zur 
R.-Gew.-O. (G.-V.-Bl. S. 61), soweit thunlick, empfohlen wird, 
nach Benehmen mit den betheiligten Interessenvertretungen von 
Anfang an durch entsprechende Auflagen, sowohl die Ein¬ 
führung des Handels nach Lebendgewicht für Schlacht¬ 
vieh, als auch eine möglichst zuverlässige Preisnotirnng 
durch eine besondere Marktcommission zu sichern. 

Die zollfreie Einfuhr von Fleisch im Grenzverkehr. 

Wie zuverlässig verlautet, ist von der Regierung im 
„Wirtschaftlichen Ausschuss“ eine Erklärung abgegeben worden, 


aus der geschlossen werden kann, dass die Bevorzugung, die 
der Grenzverkehr bisher insofern geniesst, als Fleischstücke im 
Gewicht bis zu 2 kg zollfrei eingeführt werden können, nach 
Einführung des neuen Zolltarifs in Fortfall kommen wird. 

Ein- und Ausfuhr von Vieh und Fleisch Im September 1900. 

Einfuhr Ausfuhr 




1900 

1899 


+ 

1900 

1899 


+ 

Pferde Stück 


8 901 

10 345 

_ 

-1 444 

768 

719 

4- 49 

Maulthiere, Esel, 










Maulesel Stück 


94 

59 

-f 35 

— 

3 

- 

- 3 

Rinder „ 


23 012 

15 26i 

4-7 744 

747 

453 

- 

4 294 

Schweine „ 


6 327 

6 358 

- 

- 31 

378 

260 

- 

-118 

Schafe „ 


177 

181 

_ 

- 4 

5 780 

5387 

_ 

-393 

Ziegen „ 


265 

204 

4- 61 

24 

23 

_ 

- 1 

Frisches: 










Rindfleisch 

dzll 379 

15 103 

- 

-3 724 

1573 

1201 

4 

4372 

Schweinefleisch 

»j 

6 428 

7 587 

-j 

4 841 

13t 

81 

4 

k 53 

Hammelfleisch 

91 

104 

97 

4 

- 7 

115 

171 


- 56 

Zubereitetes: 










Rindfleisch 

dz 

2 084 

1 916 

4- 168 

82 

65 

4 

- 17 

Schweinefleisch 

99 

3 900 

6 900 

- 

-3 000 

84 

61 


- 23 

Schinken 

9 » 

1751 

2662 

- 

- 911 

1478 

1402 


- 76 

Speck 

99 

6 667 

16 527 

- 

-9 860 

457 

148 

4 

-309 

Würste 

99 

5417 

4 931 

4 

- 486 

479 

405 

- 

- 74 

Buchsenfleisch 

99 

13 329 

3 375 

-| 

-9 954 

8 

16 

- 

- 8 

Fleischextract 

» 

503 

469 


- 34 

142 

142 

+ - 


Die Einfuhr der Rinder hat gegen das Vorjahr wie auch 


gegen den Vormonat eine erhebliche Zunahme erfahren, veranlasst 
durch beträchtliche Mengen von Kühen, die aus der Schweiz und 
Oesterreich kamen. Auch Ochsen und Jungvieh sind namentlich 
aus Oesterreich-Ungarn mehr eingeführt worden. Beim Fleisch 
zeigt sich gleich den Vormonaten eine Mindereinfuhr, nur 
Büchsenfleisch, welches in diesem Monat zuletzt importirt werden 
konnte, weist grosse Zahlen auf. In den ersten neun Monaten 
des Jahres 50 068 dz. gegen 24 880 dz. im Jahre 1899. 

Die Ausfuhr zeigt gegen den gleichen Monat des letzten 
Jahres nicht besondere Abweichungen. 

Die Ausfuhr von gefrorenen Kaninchen aus Neu-SQd-Wales Im Jahre 1899. 

Die Ausfuhr von gefrorenen Kaninchen überstieg die Aus¬ 
fuhr von gefrorenen Hammeln ans Neu-Süd-Wales im Jahre 
1899 ganz bedeutend. Während letztere sich mit 1,25 MiUionen 
Dollar bewerthete, stellte sich die Kaninchenausfuhr auf über 
4 Millionen Dollar. Die gefrorenen Kaninchen gingen zumeist 
nach London, wo dieselben den belgischen Hasen wegen ihres 
billigen Preises erfolgreich Konkurrenz machen. 

(The National Provisioner.) 

Schlachtviehversicherung. 

Der deutsche Landwirthschaftsrath hat sich in seiner 
am 30. November d. J. stattgehabten Ausschnsssitzung auch über 
die Nothwendigkeit der Einführung öffentlicher Schlachtvieh- 
Versicherungen in den Bundesstaaten nach dem Inkrafttreten 
des R. Fl. G. beschäftigt. 

Abdeckerei-Privilegien. 

Als vor 12 Jahren der städtische Schlachthof in Spandau 
errichtet wurde, ordnete der Magistrat an, dass sämmtliches 
für unbrauchbar befundene Fleisch an Ort und Stelle, und zwar 
durch Verbrennen in der Maschinenfeuerung zu vernichten sei. 
Der Abdeckereibesitzer erhob aber auf Grund seiner Privilegien 
Anspruch auf das verworfene Fleisch, und als ihm dasselbe 
dauernd vorenthalten wurde, klagte er gegen die Stadt auf Ent¬ 
schädigung. Der Process hat fünf Jahre gedauert und ist vom 
Magistrat durch alle Instanzen verfolgt worden. Das Reichs¬ 
gericht hat, ebenso wie alle Vorinstanzen, den Anspruch des 
Abdeckereibesitzers als berechtigt anerkannt und den Magistrat 
kostenpflichtig verurtheilt, au den Kläger 21000 Mark 
zu zahlen nebst den gesetzmässigen Zinsen. Seit Kurzem 
wird der Abdeckerei auf Beschluss der städtischen Behörden 
das unbrauchbare Fleisch bereits wieder ausgeliefert. 


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Thierärztliche Wochenschrift 


Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz-Berlin. 

Verantwortlicher Redacteur. 

De Bruln Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Sohlegel Dr. Vogel Zünde! 

Professor Oberthierarst Departementsthierarzt Professor Departementsthierarzt Veterinärasscssor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthierarzt 

Utrecht. Hamburg. Cöln. Breslau. Bromberg. Danzig. Freiburg I. Br. München. Mülhausen I. E. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. 


M 50 . Ausgegeben am 13. December. 


Inhalt: Schreiber: Beiträge zur Bekämpfung der Schweineseuche und Schweinepest. — Tagesgeschichte: Was giebt 
es Neues in der Thiennedicin? — Standesangelegenheiten. — „Cultur-Aufgaben“. — Die Krisis naht! — Verschiedenes. — 
Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vacanzen. 


Beiträge zur Bekämpfung der Schweineseuche und 
Schweinepest. 

Vortrag, gehalten im Verein der brandenburg. Thierärzte 
am 4. November 1900. 

Von 

Dr. Sohreiber-Landsberg, 

Diroctor de« bacterlolog. Inst. d. Serum-desellscliaft. 

Meine sehr geehrten Herren! 

Nachdem bereits über Jahresfrist seit meinen ersten Mit¬ 
theilungen über die Bekämpfung der Schweinesenche und 
Schweinepest durch Sernmimpfnng verstrichen ist, erheischt es 
noch, meine Arbeiten und Versuche darüber im Einzelnen be¬ 
kannt zn geben. Die ersten Untersuchungen datiren vom Herbste 
des Jahres 1898 her nnd sind ans der reichen Gelegenheit zur 
Beobachtung der Schweinesenche am Schlachthofe nnd ans dem 
Kreise Landsberg entsprangen. 

Die allzugrosse Verworrenheit in der älteren Literatur über 
Schweinesenche nnd Schweinepest bestimmte mich, dieselbe, so 
g^ut als angängig, ganz ausser Acht zn lassen, und mich nnr 
auf meine eigenen Untersuchungen zu verlassen, welche ich an 
die einwandsfreie nnd classische Arbeit von Pr ei sz-Budapest 
anknüpfte. Meine Beobachtungen stützten sich daher in der 
Hauptsache auf rein experimentelle Studien, welche in drei 
Abtheilungen zerfallen: 

1. in pathologisch-anatomische, 

2. in bacteriologische Untersuchungen und 

3. in ImpfVersuche. 

Wenn im Nachfolgenden von Schweinesenche oder Schweine¬ 
pest die Rede ist, so sind in den betreffenden Organen nicht 
nur durch die microscopische Untersuchung die betreffenden 
Erreger, der Bacillns suisepticus bez. Bacillus suipestifer auf- 
gefnnden worden, sondern die Diagnose ist auch durch Ver¬ 
impfung von Material an empfängliche Versnchsthiere mit nach¬ 
folgender Rein-Züchtnng der Bacterien gesichert worden. 

1. Pathologisch-anatomische Untersuchungen. 

IMeselbten erstrecken sich auf Schweine, welche entweder 
als anscheinend gesunde Thiere (Schlachtwaare) im Schlacht- 


J hause zn Landsberg geschlachtet wurden oder wegen Seuchen- 
j verdachtes zur Nothschlachtnng kamen, nnd ferner auf Thiere 
i bez. Organtheile, welche mir durch Herrn Kreisthierarzt 
! Gra ff ander ans unserem Landkreis nnd durch Herrn De- 
' partementsthierarzt Dr. Arndt-Oppeln aus Schlesien freundlichst 
überwiesen worden. 

; Bei Wiedergabe der Untersuchongsergebnisse trenne ich 
<?!% Sphweineseuclie scharf von der Schweinepest nnd erwähne 
I ausdrücklich, wenn beide Krankheiten neben einander gefunden 
i wurden. 

a) Befunde bei den im Schlachthaus geschlachteten und mit 
j Schweinesenche behafteten Schweinen. 

1,5 pCt. der Schlachtwaare wurde mit chronischer Scliweine- 
seuche behaftet gefunden, dagegen konnte Schweinepest niemals 
I festgestellt werden. Im Leben nnd änsserlich war an diesen 
j Thieren absolut nichts bemerkbar, und nur ausnahmsweise 
wurde bei näherer Nachforschung von geringgradigem Husten 
berichtet. Die Schweine gehörten durchweg der Yorkshire-Rasse 
an und repräsentiren unser veredeltes Fleischschwein mit feiner 
Haut nnd fast ohne Behaarung, sie sind sehr zart, nicht voll- 
; ständig ausgemästet, ohne Fettansatz aber vollfleischig und 
etwa 7—9 Monate alt nnd 180—200 Pfd. schwer. Die Er¬ 
krankungen betrafen in der Hauptsache nur die Lungen, speciell 
deinen Ränder, und traten stets läppchenweise und scharf 
: abgegrenzt auf. In % der Fälle fand ich nur einen Vorder¬ 
lappen ergriffen, gewöhnlich den rechten, dann kamen der 
Häufigkeit nach beide Vorderlappen, die Mittellappen, seltener 
die Hinterlappen und von diesen wieder am häufigsten der 
rechte. Die Laugen sind an den erkrankten Stellen nicht zu¬ 
sammengefallen, gewöhnlich dunkelroth, derb. Die Plenra habe 
ich stets entweder in diesem Bereiche oder in der ganzen 
Ausdehnung und dann auch das Perikard mit einem sammet- 
: artigen fibrinösen Belag überzogen und häufig an diesen Partieen 
| mit der Rippenplenra mehr oder weniger fest verwachsen ge- 
| fanden. Unter diesem Belag ist die Lnngenplenra matt, getrübt, 
j nnd mit stecknadelkopfgrossen Blutungen besät. Beim Durch- 
; schneiden des Lungengewebes hört man stets ein deutliches 


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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


No. 50. 


590 

Knirschen, die Schnittfläche ist in der Mehrzahl dieser Fälle 
körnig, trocken und bunt, selten schmierig und dann entleert 
sich auf Druck eine trübe, rothe oder granrothe bis gelblicli- 
weisse Flüssigkeit. Es sind deutlich verschiedene Herde zu 
erkennen, bald dunkelroth, bald mehr grauroth oder grau. Das 
in rother oder grauer Hepatisation befindliche Gewebe liegt 
immer bunt durcheinander und häufig kommen auch von mit 
Fibrinpfropfen ausgestopften Bronchien ausgehende bis walnuss¬ 
grosse bröcklige oder käsige Knoten abgestorbenen Gewebes 
(Sequester) vor. Das interlobuläre Bindegewebe ist gewöhnlich 
verbreitert und gelbsulzig infiltrirt. 

Diese krankhaften Veränderungen, welche bekanntlich 
patholog.-anatom. als croupöse Pleuro-Pneumonie und speciell 
als nekrotisirende Broncho-Pneumonie bezeichnet werden, sind 
in allen Fällen gefunden worden nur mit dem Unterschiede, 
dass sie einmal ausgebreiteter als das andere Mal waren, wie 
überhaupt die Hochgradigkeit ebenso wie die Virulenz der 
daraus gezüchteten Bacterien sehr schwankte. 

Neben dem Befunde an der Pleura, dem Pericard und in den 
Lungen waren auch stets die bronchialen und mediastinalen 
Lymphdrüsen mehr oder weniger stark markig geschwollen, zu¬ 
weilen mit stecknapelkopf- bis erbsengrossen grau-gelben 
necrotischen Herden durchsetzt, die aber in diesen Fällen 
niemals verkäst waren. In einzelnen Fällen waren auch die 
pharyngealen und retropharyngealen sowie die Bugdrtisen er¬ 
griffen. Trotz peinlichster Untersuchung war ausserdem an 
solchen erkrankten Thieren absolut nichts weiter zu finden, 
vor allen Dingen waren die Bauchorgane tadellos rein und die 
zugehörigen LvmphdrÜBen in keinem Falle geschwollen. 

Zufolge dieser fast stets übereinstimmenden Befunde ist 
eigentlich die Diagnose der Schweineseuche nicht schwer und 
gewöhnlich sofort zu stellen. 

Unter den vielen hunderten untersuchten Fällen war nur 
ein einziger exceptioneller Fall, der hier besonders erwähnt und 
beschrieben werden soll. Es handelte sich um ein etwa 2 Jahre 
altes Mutterschwein im Gewicht von ca. 3 Centnern. Aeusserlich 
war absolut nichts Verdächtiges zu bemerken. Beim Eröffnen 
der Brusthöhle war die Lunge in ihrer ganzen Ausdehnung fest 
mit den Rippen verwachsen und nur schwer herauszulösen. 
Die ganze Pleura war mit einer sulzig-speckigen Schwarte 
überzogen, an der Auflagerungsfläche befanden sich zahlreiche 
schwarzrote Blutflecken, während sich peripher nach den Ver¬ 
wachsungsstellen mit den Rippen hin solides Bindegewebe ge¬ 
bildet hatte. Den gleichen Ueberzug wiess auch das Pericardium 
auf und war sowohl mit dem Herzen als auch mit dem 
Mediastinum fest verwachsen. Die bronchialen und mediastinalen 
Lymphdrüsen waren stark geschwollen, braunroth und saftreich. 
In den Lungen war trotz peinlichster Zerlegung und Unter¬ 
suchung nicht die geringste Veränderung zu finden, ebenso 
waren alle anderen Organe und speciell die Bauchhöhle durch¬ 
aus gesund. Obwohl diese pathologisch-anatomischen Ver¬ 
änderungen nichts Speciflsches für Schweineseuche hatten und 
die Diagnose zweifelhaft Hessen, so ergab die Impfung von 
grauen Mäusen mit sulzigem Material und aus den Blutflecken 
deutlich Schweineseuche, ja sogar ziemlich virulente, denn die 
Impfthiere verendeten schon nach 24 Stunden. 

Während ich bei den Schlachtschweinen in den 2 Jahren 
meiner Untersuchungen nur die pectorale Form der Schweine- 
seuchc, wie eben beschrieben, und niemals Schweinepest ge¬ 


funden habe, so habe ich bei den nun folgenden Untersuchungen 
daneben auch die exanthematische und intestinale Form, sowie 
auch die Schweinepest constatiren können, freilich habe ich 
letztere als solche, für sich allein bestehend, bis jetzt bei den 
nahezu tausend Fällen noch nicht ein einziges Mal gesehen. 

b) Befund der wegen Seuchenverdachtes nothgeschlachteten 
Schweine. 

Sämmtliche wegen Seuchenverdachtes nothgeschlachteten 
Schweine wurden auch thatsächlich mit der Schweineseuche be¬ 
haftet gefunden, und 3 Stück litten ausserdem noch an Schweine¬ 
pest. Die Thiere stammten zumeist aus Stallungen der Um¬ 
gegend, in denen die Schweineseuche stationär ist, und die 
dafür bekannt sind. Vor allen Dingen sind es zwei Gehöfte, 
welche trotz peinlichster Sorgfalt, nachdem auch die Ställe ab¬ 
gerissen und scheinbar nach allen hygienischen Regeln mit 
allem Comfort neu aufgerichtet worden sind, die Schweineseuche 
nicht loswerden. Die Schweine boten schon im Leben ein 
verdächtiges Aussehen. Die Haut entbehrte des eigentümlichen 
Glanzes, sie war trocken, die Hare waren struppig, die Brust 
tonnenförmig und der Hinterleib aufgeschürzt. Der Gang war 
steif und die Gelenke verdickt. Bei der Schlachtung wurden 
regelmässig alle die bereits geschilderten Erscheinungen der 
croupösen Pleuro-Pneumonie, speciell der necrotisirenden Broncho- 
Pneumonie gefunden, nur mit dem Unterschiede, dass die Ver¬ 
änderungen viel ausgedehnter waren. Die Lungen waren fast 
total ergriffen, brettartig, sodass nur noch wenig respiratorisches 
Gewebe übrig war, und mit der Brustwand verwachsen. Die 
Lymphdrüsen waren sämmtlich mehr oder weniger geschwollen 
und mit Blutungen durchsetzt. Auch die Bauchorgane waren 
durchgängig ergriffen. Die Schleimhaut des Magens und Dünn¬ 
darmes befand sich im Zustand katarrhalischer Entzündung, der 
Dickdarm war seltener und dann nur leicht ergriffen. Die 
Leber war gewöhnlich geschwollen und parenchymatös degenerirt, 
ebenso waren Milz und Nieren geschwollen und höher geröthet, 
blutreicher ; es bestand vornehmlich eine acute diffuse Nephritis. 
Alle zugehörigen Lymphdrüsen waren geschwollen, saftreich, 
aber ganz vereinzelt mit Blutungen durchsetzt. Nur in Aus¬ 
nahmefällen konnte eine Peritonitis mit fibrinösem Character 
geringgradiger Natur nachgewiesen werden. 

Ein etwas anderes Bild boten jene drei Fälle, wo bei 
erfolgter Nothschlachtung neben der Schweineseuche auch die 
Schweinepest gefunden wurde. Die Thiere waren abgemagert, 
mit eigenthümlich spitzem Kopf, tonnenförmiger Brust und 
heranstretenden Rippen. Die Haut war trocken, spröde, mit 
eigenthümlichem, kleieartigem Belag bestreut, namentlich an dem 
Rücken entlang, die Haare waren struppig. Die Lungen 
waren zwar fast in ihrer ganzen Ausdehnung ergriffen, doch 
waren sie nicht so stark vergrössert und die Consistenz nicht 
so derb. Die Erscheinungen der Pleuro-Pneumonie bezw. 
necrotisirenden Broncho-Pneumonie waren auch alle vertreten, 
jedoch gesellte sich zu der Necrose der Bronchien auch noch 
Gangrän, welche von einem Bronchus aus auf das angrenzende 
necrotische Lungengewebe übergegriffen hatte. Es traten 
Walnuss- bis hühnereigrosse Cavernen auf, welche eine mit 
Gewebsfetzen gemengte, übelriechende Flüssigkeit enthielten. 
Um den gangränösen Herd befand sich fast stets eine schwarz- 
rothe Zone, welche von einer demarkirenden Entzündung her¬ 
rührte. In allen Fällen waren die Lymphdrüsen geschwollen 
und die bronchialen Lymphdrüsen mit rothbraunen Flecken 
besetzt. Besonders interessante und marcante Veränderungen 


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13. December 1900. 


BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


591 


wurden aber nun am Digestionsapparat gefunden. Schon in der 
Mundhöhle vereinzelt und auf der Zungenschleimhaut, dann 
auch im Schlunde fanden sich rundliche gelbe oder gelbbraune, 
umschriebene trockene Auflagerungen, während die übrigen 
Schleimhautpartieen im Zustande des chronischen Catarrhes 
sich befanden. Ebensolche Veränderungen fanden sich auch 
im Magen und ab und zu auch kleine punktförmige Blutungen 
unter der Schleimhaut, namentlich der Fundusregion. Der Dünn¬ 
darm befand sich im Zustand des acuten Catarrhs mit ver¬ 
schiedenen Ekchymosen besonders in den tieferen Schichten der 
Schleimhaut und in den Peyer’schen Plaques. Bei der Unter¬ 
suchung des Dickdarmes waren schon äusserlich gelbgraue 
Knötchen und Knoten zu erkennen, welche verstreut der Darm¬ 
wand aufsassen. Das Darmrohr selbst besass nicht mehr die 
gewöhnliche Elasticität sondern war mehr oder weniger starr 
und verdickt. Nach Eröffnung des Dickdannes traten die schon 
äusserlich sichtbaren Knoten als in das Lumen hineinragende 
erbsen- bis walnussgrosse gelbe Geschwüre oder Knöpfe mit 
aufgeworfenen, necrotischen, zerfressenen Rändern hervor. 
Central sassen in den sogen. Boutons käsige, bröcklige, auch 
mehr breiige Massen. Die übrige Darmschleimhaut befand sich 
im Stadium der croupösen und käsigen Darmentzündung, nament¬ 
lich war die Ileo-coecal-Klappe ein derber Wulst mit zerklüfteter 
Oberfläche. Der Darminhalt bestand in der Hauptsache aus 
dünnbreiigen gelben oder gelbweissen, zähen, übelriechenden 
Massen. Die venösen Gefässe des Gekröses und Netzes waren 
prall gefüllt und die Lymphdrüsen geschwollen dabei aber derb 
und fest, auf dem Durchschnitt blass und stets käsig zerfallen. 
Die Leber war vergrüssert, lehmfarben. Die Milz im Allgemeinen 
unverändert, dafür waren aber wieder die Nieren vergrössert, 
lehmfarben oder gelbfleckig. Eine Peritonitis oder irgend welche 
Verklebungen habe ich bei diesen drei Fällen nicht finden können. 

c) Untersuchung des eingeschickten Materials. 

Das von Herrn Kreisthierarzt Graffunder zur Verfügung 
gestellte Material stellte im Wesentlichen hochgradige Schweine¬ 
seuche dar mit Erscheinungen, die sich mit den später zu er¬ 
wähnenden im Allgemeinen deckten. Aus der Unmenge Material, 
was untersucht wurde, sind nur zwei Fälle besonders bemerkens¬ 
werte und interessant. 

1. Ein Fall ganz acuter Schweineseuche. In einem Bestand 
von drei Schweinen versagte plötzlich eines davon im Gewicht von 
ca. 50 bis 60 kg das Futter. Nach 24 Stunden war dasselbe todt, 
ohne irgend eine andere krankhafte Erscheinung gezeigt zu 
haben. Die Section ergab zahlreiche punktförmige Blutungen 
im Lungenparenchym und auf dem Epicard, hämorrhagische 
Entzündung des Dünndarmes und subseröse Blutungen auf der 
Milz. Die Haut des Schweines war geringgradig fleckig liell- 
roth, aber sonst waren absolut keine Veränderungen weiter zu 
finden. Die bacteriologische Untersuchung und diagnostische 
Impfung ergab hochgradige Schweineseuche. An dem Tage nun, 
an welchem dieses Schwein verendet war, versagte auch schon 
das zweite sein Futter, dieses Thier wurde dann schnell mit 
Septicidin geimpft und genass auch wieder, worüber ich im 
dritten Theil berichten werde. 

2. Ein Fall von scheinbar selbstständiger Schweinepest. 
Es handelt sich um ein etwa vier Monate altes, abgemagertes 
Ferkel. Die Haut war trocken und mit zahlreichen zum Theil 
ziemlich ausgebreiteten Borken bedeckt. After mit gelbem 
breiigen sehr stinkenden Koth besudelt. Die Section der Brust¬ 
höhle ergab ausser Schwellung sämmtlicher Lymphdrüsen absolut 


nichts, besonders war die Lunge tadellos gesund. Bei Eröffnung 
der Bauchhöhle trat gleich das dickwandige, starre Rohr des 
Dickdarmes entgegen, und es schimmerten schon gelbe Knoten 
durch die Serosa. Das Peritoneum war hochgradig entzündet. 
Das Gekröse war mit Blutungen durchsetzt, die Lymphdrüsen 
hart, geschwollen, im Innern verkäst. Der Magen zeigte die 
Erscheinungen des chronischen Magenkatarrhs. Die Schleimhaut 
des Dünndarmes war verdickt und enthielt verschiedene bis 
linsengrosse, graue necrotische Stellen. 

Der Dickdarm, durch die hochgradige käsige Entzündung 
in seinem Lumen verengt, stellte ein derbes Packet von necro¬ 
tischen Wülsten und Geschwüren dar, sodass absolut keine 
normale Darmwand mehr zu finden war. Die Leber war an¬ 
scheinend normal, die Milz war blutreich, etwas geschwollen. 
Die Nieren zeigten wieder eine graugelbe Beschaffenheit, das 
Parenchym war getrübt. Das Bild war deutlich Schweinepest, 
aber es wurden wie immer verschiedene Mäuse mit Material aus 
dem Darm, den Lymphdrüsen, der Milz und den Nieren geimpft. 
Das Resultat davon war überraschend. Die mit necrotischen 
Darmtheilen geimpften Mäuse blieben gesund, während die mit 
Milz geimpften Mäuse schon am zweiten Tage und zwar an dem 
Bac. suisepticus, also an Schweineseuche verendeten, denn so¬ 
wohl in der Milz wie auch im Herzblut der Versuchstiere waren 
massenhaft die bipolar sich färbenden Bacillen enthalten. Die 
mit Lymphdrüsensaft geimpften Mäuse starben erst am sechsten 
und achten Tage, und es wurde in deren Blut nur der Bacillus 
suipestifer gefunden. Die beiden mit Nierensubstanz geimpften 
Mäuse starben früher als die Pest-Mäuse, es wurden aber in 
dem Blute verschiedene Bacterien aufgefunden. 

Durch die freundliche Vermittelung des Herrn Departements¬ 
thierarzt Dr. Arndt-Oppeln wurden mir aus einem ganz ge¬ 
fährlichen Seuchenherd Schlesiens drei Ferkel eingeschickt, eins 
davon war ca. 14 Tage, die beiden anderen ca. 6 Wochen alt. 
Alle drei waren mit ganz hochgradigen Veränderungen sowohl 
der Seuche wie der Pest behaftet. Die Schweinchen waren 
zum Scelett abgemagert, mit zahlreichen Geschwüren und 
Schorfen am Rüssel, an den Augen, über den Körper hin und 
am After bedeckt. Auffallend war an einem Ferkel eine etwa 
2 cm lange, zerfressene Wunde an der linken Backe, anfangs 
glaubte ich, sie rühre von einem Biss her, doch die weitere 
Untersuchung ergab auch Hautnecrose durch Schweinepest. Die 
Sectionen brachten alle nur möglichen Befunde der Schweine¬ 
seuche und Schweinepest, wie sie nur immer beschrieben worden 
sind: Diffuse und umschriebene Necrosen und diphtheritische 
Entzündungen der Mundhöhle, Zunge, des Schlundkopfes, 
Schlundes, Magens und Dünndarms, hochgradige käsige Darm¬ 
entzündung mit gewaltigen Boutons im Dickdarm, fibrinöse 
Peritonitis, chronischen Nasenkatarrh, diphtheritische Ent¬ 
zündungen in der Luftröhre, eitrige Bronchitis, necrotisirende 
Bronchopneumonie mit Gangrän und Sequestern, fibrinöse Pleu¬ 
ritis und Pericarditis. Ferner parenchymatöse Hepatitis und 
Icterus, parenchymatöse Nephritis, acute Milzschwellung sowie 
acute hämorrhagische Schwellung der Lymphdrüsen. 

Die Scliweinesenche und Schweinepest tritt in jenem Bezirk 
derartig gefährlich auf, dass die jungen Ferkel schon am fünften 
Tage nach der Geburt offensichtlich erkranken und dann auch 
rapid hinsterben, sodass die Schweinezucht absolut unmöglich 
wird. Aus diesem Material habe ich die virulentesten Bacterien 
gewonnen, die es überhaupt nur geben kann und wovon ich im 
zweiten Theile näher berichten werde. 


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592 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 50. 


Aus den pathologisch-anatomischen Untersuchungen des sehr 
zahlreichen Materials ergiebt sich nun, dass die Schweineseuche 
weit verbreitet ist und ausserordentlich häufig auftritt und dass 
dieselbe in den Schlachthäusern in einer mehr gutartigen oder 
richtiger abgeschwächten Form zur Beobachtung gelangt. Die 
Schweinepest dagegen, welche in der Hauptsache das Bild der 
käsigen Darmentzündung bietet, kommt allein wohl ganz selten 
vor, sondern immer mit der Schweineseuche zusammen, auch hat 
es, nach den pathologischen Veränderungen zu schliessen, den 
Anschein, als ob die Pestläsionen stets älteren Datums gewisser- 
massen primär wären. In Anschluss will ich nun gleich von 
drei Versuchen berichten, die mir über folgende zwei Fragen 
Aufschluss geben sollten: 

1. kann man Schweineseuche und Schweinepest jeden Augen¬ 
blick sicher experimentell erzeugen, und 

2. stehen beide Krankheiten in einem gewissen Verhältniss 
zu einander. 

1. Versuch: Von vier etwa sechs Wochen alten Ferkeln 
werden drei zu gleicher Zeit subcutan geimpft, das vierte bleibt 
als Controlthier umgeimpft. Ferkel I erhält 5,0 ccm einer zwei 
Tage alten Bouilloncultur des Bac. suisepticus, n 5,0 ccm einer 
gleichen Cultur des Bac. suipestifer und III je 5,0 ccm von 
beiden Culturen in die Gegend der Kniefalten eingespritzt. An 
den Impfstellen entstanden zuerst haselnussgrosse Knoten, welche 
aber bald wieder verschwanden. Nur bei Ferkel II (Pestferkel) 
blieb der Knoten länger bestehen und es bildete sich ein etwa 
bleistiftstarker Strang nach der entspr. Leistendrüse aus. Nach 
ca. drei Wochen waren auch diese beiden Veränderungen ver¬ 
schwunden. Die Körpertemperaturen betrugen: 


vor der Impfung . . . .1: 39,5, II: 39,1, III: 39,4, IV: 39*7 
Die Impfung erfolgte 9,45 Uhr Vormittag. 


Temp. Abends 6 Uhr . . 

40,6 

40,0 

40,7 

39,4 

11 

am nächsten Morgen 

40,3 

39,4 

40,4 

39,3 

11 

Abends 6 Uhr . . 

40,3 

39,9 

41,0 

39,7 

11 

am folgend. Morgen 

39,7 

39,5 

40,0 

39,3 

11 

am vierten Tage . 

39,5 

39,5 

39,7 

39,5 

V 

am fünften Tage . 

39,6 

39,1 

39,5 

39,9 


und von da an traten keine •beachtenswerthen Temperatur¬ 
schwankungen mehr ein, aber es war doch eine deutliche Reaction 
zu coii8tatiren. 

Die Ferkel, welche ja nur Milch bekamen, hatten nach der 
Impfung weder eine Mahlzeit versagt noch schlechter gefressen, 
sie gediehen vielmehr so ausgezeichnet, dass wir sie mästeten 
und nach ca. 5V 2 Monaten mit einem Gewicht von 160 und 
180 Pfund schlachteten. Sie wurden hierauf genau untersucht, 
aber es fand sich dabei nicht die geringste Schwellung bez. 
Veränderung. Das Resultat war also vollständig negativ. 

2. Versuch: Von zwei ebenfalls 6 Wochen alten Ferkeln 
erhält das eine (I) auf der rechten Seite zwischen der 5. und 
6. Rippe intrathoracal 0,5 ccm einer 2 Tage alten Seuchen- 
Bouilloncultur, das andere (ü) intraperitoneal 0,5 ccm einer 
gleichalterigen Pestcultur An der Impfstelle war nichts zu 
sehen, nur litt das Seuchenferkel unmittelbar nach der Impfung 
an starker Dyspnoe, erholte sich aber bald wieder. Temperatur 
vor der Impfung: I. 39,1; II. 39,6. 



I. 

II. 

Temperatur Abends n. d. Impfung 

40,7 

41,0 

„ am nächsten Morgen 

41,0 

40,7 

„ „ 3. Tage 

41,5 

40,7 

ii 4. „ 

40,5 

40,4 


I. H. 

Temperatur am 5. Tage 41,5 40,3 

die Temperatur 41,5 Grad erhält am 6. Tage 40,4 

sich bei I bis zum Tode. „ 7. „ 40,8, 

in welchen Grenzen die Temperatur bis zur Tödtung schwankte. 

Das Seuchenferkel versagte zwei Tage lang nach der 
Impfung die Milch und magerte zusehends ab, auch fing es an vom 

3. Tage ab zu husten. Zum Scelett abgemagert, verendete es 
genau 8 Tage nach der Impfung. Das Pestferkel dagegen frass 
zwar alle Tage seine Ration, nahm aber nicht an Gewicht zu. 
14 Tage nach der Impfung wurde dasselbe getödtet. 

Die Section des Seuchenferkels ergab: Lungen in ihrer 
ganzen Ausdehnung mit den Rippen und Herzbeutel total ver¬ 
wachsen und mit einer ca. 5 mm dicken, gelbsulzigen eitrig¬ 
käsigen Schwarte bedeckt, ebenso der Herzbeutel. Unter der 
Serosa befinden sich zahlreiche punktförmige Blutungen. 
Lungenparenchym durchaus normal. Sämtliche Körperlymph- 
drüsen sind geschwollen, die bronchialen und mediastinalen mit 
braunrothen Blutflecken durchsetzt. Sonst keine Veränderungen. 
Aus den subpleuralen Blutungen und den Lymphdrüsen ergaben 
sich Reinculturen des Bac. suisepticus. 

Die Section des Pestferkels ergab in der Brusthöhle keine 
Veränderungen. Bauchhöhle: Peritoneum glatt und glänzend. 
Seröser Ueberzug des Dick- und Dünndarmes, des Magens, der 
Leber und der Milz war mit hanfkorn- bis haselnussgrossen, 
derben, gelbweissen Knoten besät. Dieselben waren auf der 
Durchschnittsfläche deutlich verkäst. Alle zugehörigen Lymph¬ 
drüsen waren geschwollen und enthielten im Innern ebenfalls 
käsige Herde. Im Darmcanal sowie im Parenchym der Leber, 
Milz und Nieren wurde nichts gefunden. Aus den käsigen 
Knoten und Drüsen konnten Reinculturen des Bac. suipestifer 
angelegt werden. 

3. Versuch: Von 3 ca. 8—10 Wochen alten Ferkeln 
wird I mit 0,5 ccm Seuchencultur, n mit 0,5 ccm Pestcultur 
subcutan geimpft, IH bleibt als Controlthier. I und II bleiben 
wie IH vollständig gesund, versagen keine Mahlzeit und nehmen 
gut zu. Nach 14 Tagen nun werden alle 3 Ferkel mit Lungen- 
und Darmmaterial eines an hochgradiger Schweineseuche ver¬ 
endeten Schweines möglichst gleichmässig gefüttert. Das 
Controlthier fängt 2 Tage darauf an schlecht zu fressen, 
nimmt nicht mehr gut zu und bekommt das Aussehen eines 
seuchenkranken Schweines. Die Ferkel I und II dagegen bleiben 
gesund. Nach abermals 14 Tagen werden nun diese beiden mit 
1,0 ccm Seuchencultur intraperitoneal geimpft. No. I bleibt 
ganz gesund, während No. II (vorher mit Pest geimpft) am 
5. Tage stirbt. Die Section ergiebt fibrinöse Peritonitis durch 
den Bac. suisepticus. Hierauf werden auch die Ferkel I und in 
getödtet. I wird ganz gesund befunden, dagegen leidet No. IH 
an chronischer Schweineseuche, fibrinöser Pleuro-Pneumonie der 
beiden vorderen Lungenlappeu und cliron. Darmentzündung. 

Diese 3 Versuche beweisen, dass Schweineseuche und 
Schweinepest durch intrathoracale bez. intraperitoneale Im¬ 
pfungen sicher experimentell zu erzeugen sind, wahrscheinlich 
ebenso auch durch Verfütterung kranker Organtheile. Durch 
snbcutane Verimpfung von virulenten Reinculturen habe ich 
weder Schweineseuche noch Schweinepest hervorrufen können. 
Versuch 3 lehrt aber noch, im Verein mit den Sections- 
befunden lb und c, dass beide Krankheiten wahrscheinlich in 
gewissen Beziehungen zu einander stehen und zwar, dass 
Schweine, welche die Schweinepest überstanden haben, garnicht 


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13. December 1900. 

oder nur ganz kurze Zeit gegen die Seuche immun sind, während 
umgekehrt Tliiere, die die Schweineseuche Überstunden haben, 
eine dauernde Immunität gegenüber der Schweinepest besitzen 
und ferner, dass Thiere, welche an Schweinepest erkrankt sind, 
eine besondere Disposition für Schweineseuche haben. 

(Fortsetzung folgt). 

Tagesgeschichte. 

Was giebt es Neues in der Thiermedicin? 

Aus der Sitzung des Vereins brandenburg. Thierärzte v. 4. Nov. d. J. 

Von Graffunder-Landsberg a. W. 

Meine Herrn Collegen! Nachdem unser verehrter Herr 
Präsident zum ersten Male diesen Punkt 7 auf die heutige 
Tagesordnung gesetzt hat, spreche ich den Wunsch aus, dass 
derselbe in Zukunft auch ständig auf unserer Tagesordnung 
bleiben möchte. 

Ich nehme nun für heute Abstand, irgend ein neues fach¬ 
wissenschaftliches Thema zu behandeln, sondern ich wollte mir nur 
im Hinblick auf die im Laufe des nächsten Jahres zu erwarten¬ 
den, unseren Stand betreffenden grossen Entscheidungsfragen 
einige Mittheilnngen und Bemerkungen gestatten. Zugleich 
sollen diese Bemerkungen auch an die in nächster Zeit statt¬ 
findende Centralvertretung gerichtet sein. Ueber die weiteren 
Forschungen in der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche 
ist zunächst zu berichten, dass die Forschungen im Kaiserlichen 
Gesundheitsamte z. Z. fleissig fortgesetzt werden. 

Zweitens sind bereits im vorigen Jahre vom Gesundheits¬ 
amte allein und in diesem Jahre in Gemeinschaft mit dem 
landwirtschaftlichen Ministerium Untersuchungen über die 
Hämoglobinurie der Kinder in Angriff genommen worden. Be¬ 
kanntlich richten sich die Forschungen dieser Waidweideseuche 
in aetiologischer Beziehung auf die Mitwirkung gewisser Ixoden¬ 
arten, ähnlich wie beim Texasfieber. 

Drittens werden im Kaiserlichen Gesundheitsamte Unter¬ 
suchungen mit der Milch tubercnlös kranker Kühe angestellt. 

Viertens ist die Controle der Fabrication der Schutzsera 
gegen Rothlauf, Schweineseuche und Geflügelcholera unter das 
Cultusministerium gestellt worden. Der zuständige Regierungs- 
medicinalrath und Kreisphysikus habe die Controle auszuüben, 
der beamtete Thierarzt nur den betreffenden Thierbestand zu 
überwachen. 

Fünftens wollen auch einzelne Medicinalbeamte die öffent¬ 
lichen Schlachthäuser revidiren, wie sie überhaupt die Aufsicht 
über die Trichinenbeschaner auch in Zukunft weiter ausüben 
möchten. 

Dieses, meine Herren, ist vorläufig genug Neues. 

Dass das Kaiserliche Gesundheitsamt oder das Institut 
für Infectionskrankheiten sich auch mit der Erforschung der 
Thierseuchen befasst, ist ganz natürlich und gerechtfertigt, 
aber es wäre doch wünschenswerth, dass auch thierärztliche 
Forscher nicht blos vorübergehend zu diesen Untersuchungen 
herangezogen werden, sondern dauernd als ständige Leiter oder 
ordentliche Mitarbeiter in diese Abtheilnng eingestellt würden. 
Bereits hat Geheimrath Schütz auf dem vorjährigen Badener 
Congresse diesen Vorschlag gemacht. Ich hebe dieses haupt¬ 
sächlich darum hervor, als die Zeit nicht mehr fern sein wird, 
wo im Reichsgesundheitsamte eine besondere Abtheilung für die 
Thierseuchenforschung eingerichtet werden dürfte. Denn unsere 
tliierärztlichen Docenten an den Hochschulen sind derartig mit 


593 

ihren Lehrfächern überhäuft, dass sie wenig Zeit für solche 
zeitraubenden mühevollen Forschungen übrig haben dürften. 

Was nun die Controle der Serumbereitung gegen Thier¬ 
seuchen durch Mediciner anbetrifft, so muss man sich erstaunt 
die Frage vorlegen, was haben die Mediciner mit dieser speciell 
rein thierärztlichen Frage zu thun? Was haben die Mediciner 
für ein Interesse daran, wie Thierschutzserum gegen eine Thier¬ 
krankheit gewonnen wird? 

Ich habe keine Antwort dafür. Man muss annehmen, dass 
man in gewissen Kreisen überhaupt keine Thierärzte kennt, d. h. 
Thierärzte in dem Sinne mit bacteriologischen Kenntnissen. 
Man müsste doch in Fällen, wo es sich um rein veterinäre 
Angelegenheiten handelt, die zuständigen Deportkammerthier¬ 
ärzte mit solchen Controlen betrauen. 

Wie zugethan man uns übrigens an einer Stelle zu sein 
scheint, geht schon aus dem Verbot des thierärztlichen Berner 
Doctortitels hervor. Wie Sie sich erinnern, habe ich bereits 
vor zwei Jahren an dieser Stelle auf die Absicht der Mediciner 
hingewiesen, sich in rein thierärztliche Angelegenheiten hinein¬ 
zumischen, um eine entscheidende Stimme zu erlangen. 

Ich komme nun zu einem anderen Punkte, bezüglich der 
Aussichten des langersehnten Abiturientenexamens. 

Es erübrigt sich hier auf eine weitere Besprechung über 
die Nothwendigkeit der Maturitas für das thierärztliche Studium 
näher einzugehen, da dieses Thema seit Jahren genügend durch- 
gearbeit ist. Ich will nur hervorheben, dass sich die Einführung 
der Maturität in Frankreich und Belgien glänzend bewährt hat, 
wie wir aus den vorjährigen Verhandlungen des Badener Con- 
gresses über die Erweiterung des thierärztlichen Unterrichts 
• gehört haben. Nicht unerwähnt lassen, möchte ich den treffenden, 
allessagenden Ausdruck von Professor Malkmus, welcher lautet: 

„Im Grossen und Ganzen aber ergiebt sich die be- 
dauernswerthe Thatsache, dass die Ausbildung der Thier¬ 
ärzte, weder in wissenschaftlicher noch in practischer Be¬ 
ziehung den grossen und raschen Fortschritten der Wissen¬ 
schaft und Technik, sowie den umfassenden Anforderungen 
der speciellen Heilkunde, der Gesundheitspflege der land¬ 
wirtschaftlichen Nutzthiere, sowie der öffentlichen Vete¬ 
rinär- und Sanitätspolizei Schritt zu halten vermochte. 
Dieser Thatsache vermögen sich weder die Regierungen, 
noch die Landwirthe, am wenigstens gar die Thierärzte 
selbst zu verschliessen“, 
damit, m. H., ist alles gesagt und begründet. 

Trotz dieser treffenden Gründe finden sich in gewissen 
Kreisen immer noch Stimmen, welche diese Nothwendigkeit der 
besseren Vor- und Ausbildung der Thierärzte nicht anerkennen 
wollen. Ich erinnere nur an die vorjährigen Auslassungen des 
Vertreters des Kriegsministeriums, über die Vorbildung der Ross¬ 
ärzte, sowie an die Beschlüsse der Landwirthschaftskammer für 
die Rheinprovinz. 

Wir Thierärzte haben die Ueberzeugung gewonnen, dass 
wir den jetzigen Anforderungen nach jeder Richtung hin 
nur daun genügen können, wenn uns die geforderte Vor¬ 
bildung zugestanden wird. Wir haben auch zu unserer 
directen Vorgesetzten Behörde das Vertrauen, dass unsere Be¬ 
strebungen daselbst unterstützt werden, da wir doch lediglich 
das Interesse nicht nur der Landwirtschaft, sondern auch des 
ganzen Staates verfolgen und fördern wollen. Bekanntlich 
sprechen aber bei den Entscheidungen solch hochwichtiger 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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594 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 50. 


Fragen auch noch andere Factoren mit, sodass heute noch gar- 
nicht abzusehen ist, wie diese Entscheidung ansfallen wird. 

Zunächst dürfte sich noch der nächste Reichstag mit uns 
zu beschäftigen haben. Es war desshalb die Aufforderung unseres 
Herrn Präsidenten der Centralvertretung, uns mit den Ab: 
geordneten der einzelnen Kreise direct in Verbindung zu setzen, 
sehr richtig und zweckmässig. Es ist unsere Pflicht, jedem der 
Herren Abgeordneten nicht nur ein Exemplar der gedruckten 
Begründung zu überreichen, sondern auch den Zweck unserer 
Bestrebungen richtig und klar auseinanderzusetzen, und ich 
glaube, wir werden durchweg williges Gehör finden. Aber auf 
eine Thatsache möchte ich noch aufmerksam machen. Es wäre 
möglich, dass man vorläufig für sämmtliche Thierärzte das 
Abiturientenexamen einzuführen, keine Neigung zeigte, sondern 
dieses nur für solche Thierärzte, die die. Veterinärbearaten- 
Laufbahn einschlagen wollen, als Vorbedingung machen wollte. 
Wenigstens habe ich derartige Vorschläge aus verschiedenen 
landwirtschaftlichen Kreisen gehört. Es wäre auch nicht un¬ 
möglich, dass dieser Vorschlag im Reichstage ebenfalls zur 
Sprache käme, denn die Thatsache steht fest, dass wohl alle 
landwirtschaftlichen Kreise derselben Ansicht sind, dass minde¬ 
stens den beamteten Thierärzten nicht nur eine bessere Lebens¬ 
stellung, sondern auch die denkbar vollkommenste Ausbildung 
gewährt werden müsse, weil die Anforderungen an diese 
Categorie von Jahr zu Jahr steigen. 

M. H. Mögen Sie nun über die nur bedingungsweise ge¬ 
währte, erhöhte Vorbildung der Thierärzte denken, wie Sie 
wollen, ich stehe hier auf dem Standpunkte, immer nehmen, 
was uns angeboten wird, das Weitere kommt von selbst nach. 
Ebenso trifft es auch bei der angestrebten Verbesserung der 
Stellung der beamteten Thierärzte zu. Vorläufig soll, dem 
Vernehmen nach, den beamteten Thierärzten ein höherer Rang 
mit einem Titel nach entsprechender Dienstzeit zugebilligt 
werden, was unbedingt für das Ansehen und die Stellung dieser 
wichtigen Beamten categorie sich als nothwendig erwiesen hat. 
Dieses ist zunächst das Wichtigste, was vorläufig erreicht 
werden kann. Das Uebrige, was noch wünschenswerth für die¬ 
selben wäre, wird dann mit der Zeit auch noch nachkommen. 

Zum Schluss, m. H., möchte ich mich also dahin resumiren: 

Meine Worte sollen zunächst darauf hinausgehen, 
dass wir Thierärzte auf der Hut sein müssen, unsere 
thierärztliche Wissenschaft als eine minderwerthige, ab¬ 
hängige und unselbstständige behandeln zu lassen. 

Hiergegen muss Front gemacht werden, und dazu ist in 
erster Linie unsere Centralvertretnng berufen, energisch ein¬ 
zutreten. Im Falle der Nichterfüllung unserer lediglich im 
landwirthschaftlichen und staatlichen Interesse gestellten Wünsche 
und Bestrebungen halten wir es für unsere Pflicht, darauf hin¬ 
zuweisen, 

dass auch diejenigen Kreise, welche den gerechten Be¬ 
strebungen der Thierärzte entgegen wirken, die Ver¬ 
antwortung dafür übernehmen mögen, wenn die Leistungen 
der Thierärzte zum Schaden der deutschen Landwirtschaft 
und des ganzen Staates Zurückbleiben. 

Standesangelegenheit«!]. 

Von G. Meier-Ketzin, pract. Thierarzt. 

In Nr. 46 der B. T. W. führt Herr Kreisthierarzt Schmitt- 
Kleve darüber Klage, dass die practischen Thierärzte nur so 
unendlich selten ein Lebenszeichen von sich geben und an der 


Standesentwickelung keinen regen Antheil nehmen. Er greift 
zur Posaune, um die Schlafenden zu ermuntern, und laut er¬ 
schallt sein Ruf: praktische Thierärzte vor! Auch von anderer 
Seite ist uns Practikern dieser Vorwurf gemacht worden und 
zugleich an uns die Aufforderung gerichtet, jetzt, wo die be¬ 
amteten und die Sanitäts-Thierärzte ihre Wünsche in Vereinen 
und in der Presse geäussert hätten, doch auch mit unsern 
Wünschen an die Oeffentlichkeit herauszutreten. Unser Schweigen 
könne leicht so gedeutet werden, dass die practischen Thier¬ 
ärzte keine besonderen Wünsche hätten. Den Vorwurf „des 
Schlafens“ müssen wir auf uns sitzen lassen und können den¬ 
selben mit unserer Arbeit in der Praxis nicht widerlegen. 
Leider treten die practischen Thierärzte nur allzu selten zum 
Kampf vor die Front, sie scheinen es vorzuziehen, langsam 
hinterher zu marschiren und in aller Gemüthsrnhe die Ent¬ 
wickelung der Dinge abzuwarten. 

Gewiss hat auch der practische Thierarzt seine Sonder¬ 
wünsche, aber ich kann nicht zugeben, dass gerade der jetzige 
Zeitpunkt der geeignetste ist, mit denselben hervorzutreten. 
Augenblicklich haben wir nur einzig und allein den Wunsch, 
als Vorbildung für unser Studium das Abiturientenexamen ein¬ 
geführt zu sehen. Hiergegen treten alle Specialwünsche zurück. 
Die Gründe für die Nothwendigkeit einer erhöhten Vorbildung sind 
aber schon so vieltach besprochen und namentlich vom Veterinär- 
Rath so klar und überzeugend auseinandergesetzt worden, dass 
wirklich kein Grund vorliegt, dass nun auch noch die Privat¬ 
thierärzte die begründete Forderung erheben, dass auch für sie 
das Abiturientenexamen unbedingt nothwendig sei. Ist eben 
für unsere Wissenschaft Maturität erforderlich, so ist sie es in 
erster Linie für die Praxis, denn sie bildet die Grundlage der 
Thierheilkunde. Es ist allerdings nicht zu leugnen, dass sich in 
letzter Zeit unter uns Thierärzten die Ansicht immer mehr 
verbreitet, die thierärztliche Praxis sei etwas Nebensächliches 
und Untergeordnetes. Alles hastet nach beamteten Stellen und 
scheint in der Ausübung der Praxis keinen Gefallen und keine 
Befriedigung zu finden. Man pflegt den praktischen Thierarzt 
etwas geringschätzig anzusehen als einen, der es eben nur bis 
zum „Practischen“ hat bringen können. 

Und so kommt es, dass wir immer mehr im Hintergrund 
verschwinden. Dem gegenüber muss auf das Entschiedenste be¬ 
tont werden, dass gerade die Ausübung der practischen Thier¬ 
heilkunde das beste und dankbarste Feld der Veterinärmedicin 
ist, und wer auf diesem tüchtig zu arbeiten versteht, der wird 
auch Freude an seinem Beruf haben, und die Achtung und An¬ 
erkennung seiner Mitbürger wird ihm nicht versagt bleiben. In 
der Brust kann er das befriedigende Gefühl tragen, am Wohl 
des Volkes mitzuarbeiten und ein nützliches Mitglied der mensch¬ 
lichen Gesellschaft zu -sein. Die Erforschung und Heilung der 
Thierkrankheiten und somit die Erhaltung des im Viehstand 
steckenden Nationalvermögens waren wohl die Triebfedern, die 
zur Gründung von Thierarzneischulen führten, und wenn wir 
heute in der Behandlung kranker Thiere unsere Hauptaufgabe 
nicht erblicken, dann befinden wir uns nicht mehr auf richtiger 
Bahn, dann wird unser Stand an Ansehen und Bedeutung ver¬ 
lieren, woran selbst das Abiturientenexamen Nichts ändern kann. 
Nach unseren Leistungen in der Praxis wird der Werth der 
Thierheilkunde in erster Linie bemessen werden; daher ist die 
beste Vorbildung und der gründlichste Fachunterricht für den 
practischen Thierarzt gerade gut genug. Es sind freilich 
Stimmen laut geworden, nur für den beamteten Thierarzt das 


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13. December 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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Abiturientenexamen zu verlangen, für den practischen Thierarzt 
es aber bei der gegenwärtigen Vorbildung zu belassen. Von Thier¬ 
ärzten sind solche Ansichten bis jetzt nicht geäussert, sondern 
einmüthig bekämpft worden. Eine solche Lösung wäre die denk¬ 
bar schlechteste, weil sie eine unheilvolle Spaltung der Thier¬ 
ärzte bedingt und einen Rückschritt in der Thierheilkunde zur 
Folge haben würde. Nachdem der thierärztliche Stand die 
Nothwendigkeit des Abiturientenexamens unanfechtbar nach¬ 
gewiesen und jeden dagegen erhobenen Einwand als unbegründet 
zurückgewiesen hat, hält er an dem Grundsatz fest „Alles oder 
Nichts“. 

Neues Material zur Begründung unserer Forderung lässt 
sich nicht mehr herbeischafFen, ist aber auch nicht nöthig, denn 
das vorhandene genügt für den, der unserem Stande aufhelfen 
will; wo es aber am guten Willen fehlt, da ist auf Belehrung 
doch nicht zu rechnen. 

Nur auf drei Punkte, die man gegen das Abiturientenexamen 
vorgebracht hat, möchte ich hier noch eingehen, nämlich 

1. dass sich nicht genug junge Leute dem Veterinär- 
Studium widmen würden, 

2. dass mit der Erhöhung der Vorbildung auch eine Er¬ 
höhung der thierärztlichen Gebühren verbunden sein 
würde und 

3. dass man zu gebildete Thierärzte erziehen würde, die 
sich scheuen „Hand anzulegen“. 

Welchen Hindernngsgrund das Maturum zum thierärztlichen 
Studium abgeben soll, ist mir nicht klar, da doch schon jetzt, 
obgleich eine geringere Vorbildung zum Studium genügt, sich 
eine ganz ansehnliche Zahl von jungen Leuten findet, die sich 
mit dem Abiturientenexamen in der Tasche dem Studium der 
Thierheilkunde zuwenden. Was ist es denn, das diese Abitu¬ 
rienten, denen fast jeder Beruf offen steht, zu unserm Studium 
zieht? Unsere sociale Stellung gewiss nicht, diese könnte nur 
abschreckend wirken! Es ist Neigung, Lust und Liebe zu 
diesem Studium und auch wohl die Aussicht, sich in nicht allzu 
langer Zeit eine leidlich gute Existenz zu verschaffen. Geben 
etwa andern Berufsarten mehr Anwartschaft auf gesicherte 
Lebensstellung als Thierheilkunde? Ich glaube kaum. Ueber- 
füllung herrscht heut fast in jedem Beruf, und Bind die Aus¬ 
sichten auf Erwerb in unserm Fach oft günstiger als in manchem 
andern Beruf. In der Medicin ist die Ueberfüllung entschieden 
grösser als bei uns, und sind die Aussichten der jungen Mediciner 
keineswegs besser als die der Veterinär-Mediciner. Es ist doch 
statistisch nachgewiesen, dass sich die Thierärzte wirtschaftlich 
besser stehen als die Aerzte. Ja, aber die Beschäftigung mit 
Thieren ist nicht Jedermanns Geschmack! Das ist richtig, aber 
der Umgang mit kranken Menschen ebensowenig! Und doch 
widmen sich viele diesem Beruf. Andere haben wieder Gefallen 
an Thieren und ihnen sagt das Studium der Thierheilkunde 
mehr zu als das der Menschenheilkunde. Das ist eben Ge¬ 
schmackssache, und darüber lässt sich nicht streiten. Die Cadaver- 
eröffnung oder die Untersuchung der Auswurfsstoffe beim 
Menschen verletzt unser ästhetisches Gefühl genau so — viel¬ 
leicht noch mehr — als die Ausführung dieser Verrichtung bei 
Thieren. Unangenehmes bietet das ärztliche Studium ebenso, 
wie das thierärztliche. Daher liegt doch gar kein Grund vor 
zu der Annahme, dass Abiturienten dem Studium der Veterinär- 
Medicin fern bleiben und lieber Medicin studiren werden. Sind 
nicht viele thierärztliche Professoren ursprünglich Aerzte ge¬ 
wesen? Beschäftigen sich nicht gewärtig die grossen medici¬ 


nischen Forscher sowohl aus eigenem Antriebe als auch auf 
staatliche Anordnung mit dem Studium der Thierkrankheiten? 
Und da sollte sich der Abiturient für dieses Studium „zu schade“ 
halten? Alle unsere Cavallerieofficiere, die Sportsleute, die 
Thierzüchter und Landwirthe müssen sich in ihrem Beruf viel 
mit Thieren befassen, und bisher hat hierin noch Niemand etwas 
„Nichtstandesgemässes“ gefunden. Warum will man denn die 
Thätigkeit des Thierarztes mit anderen Massstab messen? Das 
Vorurtheil gegen die Thierärzte wird erst dann schwinden, 
wenn von denselben dieselbe Vorbildung verlangt wird, wie von 
anderen gelehrten Berufen. 

Darum gab man uns diese nothwendige Vorbildung. Dass 
dann auch das thierärztliche Material ein besseres werden wird, 
liegt auf der Hand und ist schon hinlänglich erörtert worden. 

Alle die Schiffbrüchigen, die „der Noth gehorchend, nicht 
dem eigenen Triebe“ ihre Zufluchtsstätte zur Thierheilkunde 
nehmen, werden dann von diesem Studium ferngehalten und 
durch solche ersetzt, die sich mit Lust und Liebe diesem Berufe 
zuwenden. Ist es nicht ein Widersinn, wenn man sich auf der 
einen Seite beklagt, dass die Leistungen der Thierärzte nicht 
genügen, während man auf der anderen Seite die von den 
Thierärzten zum Studium als absolut nothwendig erkannte und 
gewünschte Vorbildung verweigert? Man lasse den thierärzt¬ 
lichen Stand nicht halb im Sattel hängen, sondern setze ihn 
fest hinein, dann wird er auch zeigen, dass er reiten kann. 

Eine Erhöhung der thierärztlichen Gebühren wird die ge¬ 
steigerte Vorbildung nicht zur Folge haben. Welcher gewichtige 
Unterschied sollte denn in den Lebensbedürfnissen des jetzigen 
und des zukünftigen Thierarztes liegen? Wir wollen doch heut 
auch ein anständiges Dasein führen und für die Zukunft unserer 
Familie sorgen! 

Wie im Handel Angebot und Nachfrage die Preise be¬ 
dingen, so bestimmt diese in der ärztlichen Praxis zum guten 
Theil die Concurrenz. 

Klagen über zu hohe Forderungen der Thierärzte sind auch 
wohl selten laut geworden, weil die Thierärzte mit den Thier¬ 
besitzern in der Regel in bestem Einvernehmen leben und daher 
nicht übermässige und unverdiente Bezahlung beanspruchen. 
Jeder Arbeiter ist seines Lohnes werth, und daher müssen auch 
wir einen unseren Leistungen entsprechenden Lohn fordern. 
Wir halten es für durchaus gerechtfertigt, dass die Landwirth- 
schaft für ihre Producte einen Preis zu erzielen sucht, der sie 
existenzfähig macht, und weiter verlangen wir für uns auch 
nichts. Es ist je selbst auf Seiten der Landwirthe schon darauf 
hingewiesen, dass die Gebühren der Thierärzte denen der Aerzte 
fast gleich sind. Ein Mehr ist ausgeschlossen. Selbst eine 
neue Gebührenordnung für Thierärzte würde die Preise in der 
Praxis nicht ändern, denn nicht das Gesetz, sondern die Con¬ 
currenz und unser eigenes Recht- und Billigkeitsgefühl werden 
den Massstab für unsere Forderungen abgeben. Die Aerzte 
haben ja jetzt eine neue Gebührenordnung erhalten, aber ich 
möchte den in einer kleinen Stadt und auf dem Lande practi- 
cirenden Arzt sehen, der hiernach liquidirt! 

Ich komme nun zum dritten Einwand, dass die Thierärzte 
mit Abiturientenexamen zu gebildet sind, um selbst „Hand an¬ 
zulegen“. 

Eine nette Empfehlung für Euch arme Collegen, die Ihr 
im Besitz dieses Zeugnisses seid! Wenn dem so wäre, so 
würde es allerdings zu beklagen sein, denn es ist in der 
thierärztlichen Praxis zuweilen erforderlich, selbst zuzugreifen, 


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596 


BERLINER TUIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 50. 


mit dem Anordnen allein ist oft wenig getlian. Aber bisher 
galt doch immer der Grundsatz „Arbeit adelt“! Ich erinnere 
mich nicht, irgendwo gelesen zn haben, dass Arbeiten eine 
Schande ist. Wenn unser Leben köstlich ist, so ist es Mühe 
und Arbeit, singt schon der Psalmist. Sollte dies heut nicht 
mehr zutreffen, oder ist unter Arbeit nur die geistige zu ver¬ 
stehen? Mit Recht beklagt man sich darüber, dass einige Thier¬ 
ärzte sich scheuen, gelegentlich auch mal selbst Hand an¬ 
zulegen aus Furcht, sich zu beschmutzen oder von dem kranken 
Thier beschädigt zu werden. Das sind aber sicher nicht die 
Thierärzte, die sich aus Neigung diesem Beruf gewidmet haben, 
denn diese haben sich in der Regel über den zukünftigen 
Beruf, bevor sie sich demselben widmeten, genau orientirt und 
wissen, was von ihnen verlangt wird. Ich behaupte, dass 
gerade die erhöhte Vorbildung wesentlich dazu beitragen wird, 
jene Thierärzte zu beseitigen, die sich mit der Ausübung der 
practischen Thierheilkunde nicht recht befassen mögen. Wer 
Gefallen daran findet, stets in Lackstiefeln mit Handschuhen 
und Cylinderhut einherzustolziren, der wird auch keine Lust 
zum thierärztlichen Studium haben und würde sicher auch hier 
seine Existenz nicht finden. Ein etwaiges Beschmutzen der 
Hände und Kleidungsstücke in der Ausübung des Berufs wird 
aber für keinen vernünftigen Menschen einen Grund bilden, 
einer Carriere zu entsagen, die ihm sonst zusagt und die ihm 
eine seinen Kenntnissen entsprechende, gesicherte Lebensstellung 
verspricht. Der geachtetste Stand in unserem Staat ist der 
Offizierstand, und wie bestaubt und beschmutzt kehren unsere 
Offiziere oft heim vom Exerzierplatz, ohne hierdurch an An¬ 
sehen zn verlieren! Wasser, Seife und ein Wechsel der 
Kleidung führen schnell eine Aenderung im Aeusseren herbei. 
Da wir Thierärzte diese Mittel ja auch kennen und in der 
Regel auch besitzen, so können wir nöthigenfalls unser Exterieur 
leicht rehabilitiren, so dass wir in jeder guten Gesellschaft 
erscheinen können. Es giebt thatsächlich keinen stichhaltigen 
Grund, den mau gegen die Einführung des Abiturientenexamens 
anführen könnte. Alle Einwände erscheinen gesucht und nur 
dazu dienen zu sollen, unsere Wünsche als unerfüllbar hin¬ 
stellen zu können. 

Der ganze thierärztliche Stand hält unerschütterlich daran 
fest, dass eine gedeihliche Weiterentwickelung der Thierheilkunde 
nur dann möglich ist, wenn als Vorbildung für das thierärztliche 
Studium das Abitnrientenexamen gefordert wird. 

Weihnachten ist vor der Thür; als artige, gut gesinnte 
Kinder des Reichs haben die Tliierärzte ihren einzigen Weinachts¬ 
wunsch, der dem Staat nicht einmal Kosten macht, bescheiden 
eingereicht und hoffen nun zuversichtlich, unter dem Weihnachts¬ 
baum ein Geschenk zu finden mit der Aufschrift „Abiturienten¬ 
examen für Thierärzte“. Neben diesen Hauptwunsch haben wir 
practischen Tliierärzte noch einige andere Wünsche, die aber 
nicht von so einschneidender Bedeutung sind und die alle mit 
Kosten nicht verbunden sind. Nur eins will ich hier kurz er¬ 
wähnen: Wir wünschen, dass die curative Praxis wieder mehr 
in den Vordergrund tritt und das der Wirkungskreis des 
practischen Thierarztes nicht allzusehr durch seuchenpolizeiliche 
Bestimmungen eingeengt wird. Man beschneide doch den 
Stammbaum der Thierheilkunde nicht zu stark, damit er lebens¬ 
fähig bleibt, man gönne ihm dem zu seiner freien Entwickelung 
nothwendigen Platz und lasse ihm Licht und Sonnenschein, denn 
gerade er bedarf dessen in hervorragen Masse! 

Zum Schluss noch ein Wort über die beabsichtigte Gründung 


eines „Central-Vereins preussischer Kreisthierärzte“. Ich 
persönlich kann die Nothwendigkeit eines solchen Central- 
Vereins nicht einsehen. Wenn Herr Kreisthierarzt Thunecke 
sagt, dass die Kreisthierärzte ihre Wünsche und Ansichten am 
besten in einer Versammlung von Gleichgesinnten znm Ausdruck 
bringen können, so muss ich dem beipflichten. Dasselbe würde 
für einen Central-Verein der Sanitätsthierärzte oder der practischen 
Tliierärzte ebenso gelten. Wenn aber Herr Thunecke weiter 
sagt, dass ein solcher Verein der Gesammtheit niemals schaden 
kann, so möchte ich dies nur bedingungsweise unterschreiben. 
Solange diese Centralvereine der einzelnen Berufsgruppen nur 
solche Wunsche und Angelegenheiten behandeln, die einzig und 
allein die betreffende Berufsgruppe angehen, können sie nur 
nützen, aber niemals schaden. 

Leider sind jedoch die Wünsche und Interessen der einzelnen 
Gruppen oftmals in sich nicht so abgeschlossen, dass andere 
hierdurch nicht berührt würden. Es können sich sogar diese 
Wünsche diametral gegenüberstehen. Was dann? Sind nicht 
schon Wünsche laut geworden, das ganze Impfgeschäft in die 
Hände der Kreisthierärzte zu legen, oder auch dasselbe Laien 
zu übertragen? Strebt man nicht danach, möglichst viele an¬ 
steckende Krankheiten unter das Seuchengesetz zu bringen? 
Ist nicht erst jüngst die Meinung aufgetaucht, die Befähigung 
zum practischen Thierarzt genüge nicht zur Ausführung der 
Fleischbeschau? Wenn solche Fragen in den Centralvereinen 
der Specialgruppen verhandelt werden, wer bürgt denn dafür, 
dass zum Nachtheil Anderer nicht einseitige Beschlüsse gefasst 
werden? Kann es da nicht leicht zum erbitterten Kampf der 
Centralvereine gegeneinander kommen? Jeder würde natur- 
gemä88 seine Interessen verfechten. Man wird mir entgegnen, 
Angelegenheiten, die eine andere Berufsgruppe mitberühren, sind 
von der Besprechung ausgeschlossen. Nun Thatsache ist doch, 
dass obige Wünsche geäussert wurden, und wer will es hindern, 
dass solche Anträge wieder gestellt werden? Wenn sie auch 
abgelehnt werden, so wird doch der Samen des Misstrauens 
und der Zwietracht zwischen die einzelnen Gruppen gelegt 
werden. Ich habe die Befürchtung, dass das Gute, was Herr 
Thunecke mit der Gründung eines Central-Vereins für Kreis¬ 
thierärzte bezweckt, leicht ins Gegentheil Umschlagen kann, so 
dass er später bedauern muss, diesem Kinde das Leben gegeben 
zu haben. Es sollte doch jetzt jeder Schritt ängstlich vermieden 
werden, der auch nur den Schein einer Zersplitterung des thier¬ 
ärztlichen Standes in sich birgt. Fest aneinander geschlossen 
wollen wir zuerst unsere gemeinsamen Angelegenheiten aus¬ 
fechten und dann an die Specialwünsche gehen. Hierzu diene 
uns unsere bestehende Central-Vertretung. 

Sie bietet uns bei richtiger Zusammensetzung die beste 
Gewähr dafür, dass die Specialangelegenheiten nicht einseitig 
behandelt werden. Jeder mag hier seine Wünsche Vorbringen, 
die, falls sie gerechtfertigt erscheinen, eine allseitige Unter¬ 
stützung finden werden. Wir practischen Thierärzte können ja 
wohl auch nicht behaupten, dass bisher unsere Interessen von der 
Centralvertretung besonders wahrgenommen sind, aber dennoch 
würde ich die Gründung • eines Central - Vereins practischer 
Tliierärzte entschieden bekämpfen. Auf Betreiben des Herrn 
Prof. Schmaltz ist auf die Tagesordnung der demnächst 
tagenden Central - Vertretung eine Besprechung über die Zu¬ 
sammensetzung derselben gesetzt, und es ist zu hoffen, dass es 
ihm bei seinem dankenswerthen entschlossenen Eintreten für die 
Einigkeit der Tliierärzte nicht schwer fallen wird, die Ceutral- 


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Vertretung so zu reorganisiren, dass Licht und Schatten gleich- 
mässig vertheilt ist. Alle Berufsgruppen müssen in derselben 
vertreten sein im annähernd gleichen Verhältniss. Niemand 
jedoch wird eine schablonenhafte, der Grösse der Specialgruppen 
entsprechende Zusammensetzung der Centralvertretung fordern 
wollen, denn einerseits müssen wir doch annehmen, dass es jeder 
Vertreter für seine Pflicht halten wird, die Interessen der Thier¬ 
ärzte insgesamrat wahrzunehmen, andererseits dürften sich auch 
wohl in der einen oder anderen Gruppe mehr Collegen finden, 
die ein allseitiges Vertrauen geniessen und sich für dieses Amt 
hervorragend eignen. Im festen, unerschütterlichen Zusammen¬ 
halten und Zusammenwirken liegt unsere Kraft, die Zer¬ 
splitterung in Interessengruppen kann zur Ohnmacht führen. 

„Cultur-Aufgaben“. 

Von I)r. Goldstcin-KönigsliUtte. 

Die Herren Bermbach und Schmitt haben in der vorigen 
Nummer mit ihren sehr verdienstlichen, freimüthigen Hinweisen 
auf das, was uns Noth tliut, sicherlich sehr vielen von uns 
Thierärzten „aus der Seele“ gesprochen. Die gegen uns er¬ 
hobenen Vorwürfe der Gleichgültigkeit selbst den Fragen gegen¬ 
über, die uns sehr nahe berühren sollten, und der Selbster¬ 
niedrigung gegenüber allen übrigen academischen Berufskreisen 
müssen leider als berechtigt anerkannt werden. Es ist durch¬ 
aus wünschenswerth, dass besonders wir Privat-Thierärzte, die 
wir doch an der Erhöhung des socialen Niveaus unseres Standes 
das grösste Interesse haben, etwas mehr als bisher daran mit- 
arbeiten und nicht die ganze Arbeit der Centralvertretung über¬ 
lassen. Die in weitesten Kreisen des Publicums, selbst in 
medicinischen, bestehenden mittelalterlichen Anschauungen über 
das Studium und den Beruf des Thierarztes würden sicherlich 
bei der von Herrn Bermbach angeregten fleissigeren Be¬ 
nützung der Tagespresse und Zeitschriften behufs Veröffent¬ 
lichung populär - wissenschaftlicher Abhandlungen, Erörterung 
von Standesfragen und durch Belehrungs-Vorträge in Vereinen 
allmählich zeitgemässeren Auffassungen Platz machen. 

Darüber sind wir uns wohl Alle einig, ob wir nun Privat-, 
Kreis-, Sanitäts- oder Militär-Thierärzte sind, dass unser nächstes 
grosses Ziel, dessen Erreichung für die Zukunft unseres Standes 
von der grössten Wichtigkeit ist und die ungetlieilte Mit¬ 
arbeit jedes Einzelnen von uns erfordert, die Einführung 
der Maturität ist und bleiben muss. 

Solange wir dieses Ziel nicht erreicht haben, hätte 
ich für meine Person (ich muss es offen bekennen) mit viel 
grösserer Freude z. B. von der Gründung eines Centralvereins 
Deutscher Thierärzte zur Erreichung der Einführung der 
Maturität Kenntniss genommen, als von der beabsichtigten 
Gründung eines Centralvereins preussischer Kreisthierärzte. 

Die Krisis naht! 

Von Beckhard-Herrstein, 

pract. Thierarzt. 

Das Seuchengesetz eröffnete bei seinem Inkrafttreten den 
volkswirthschaftlichen Kreisen unseres deutschen Vaterlandes 
eine hohe Perspective; das lang erstrebte Ziel einer einheitlichen, 
principiellen Bekämpfung der Viehseuchen war erreicht; ein 
durchschlagender Erfolg schien gesichert. Dank der vorzüg¬ 
lichen Organisation wurde durch die Anwendung der gesetzlichen 
Schutzmassregeln in Bezug auf viele Seuchen viel gebessert, 
mehr aber harret noch der Lösung. Obenan stehen in letzterer 
Hinsicht die bisherigen Misserfolge in Bezug auf die Maul- und 
Klauenseuche. Gerade diese allenthalben grassirende Epizootie 


ist es, die dem Seuchengesetze bisher in eclatantester Weise 
Hohn gesprochen hat. Es haben eben annähernd zwei Decennien 
der Forschung und Sperre die nur noch gemeinhin mit dem 
Namen der „Seuche“ bezeichnete Infectionskrankheit nicht ein¬ 
zudämmen vermocht. Das giebt zu denken. Die vielen Millionen 
zur Bekämpfung derselben, der Tribut der Landwirthscliaft sage 
ich ausdrücklich, sollen sie ohne practischen Nutzen für die 
letztere ausgegeben sein? Nicht nur in den Kreisen der inter- 
essirten Volksschichten hat sich eine tiefe Abneigung gegen die 
bisherige Art und Weise der Bekämpfung der Seuche geltend 
gemacht, die Regierung selbst vermag den Protesten der Volks¬ 
vertretung gegen die bisherigen rigorosen Massregeln nicht mehr 
länger Stand zu halten. Die nächste Zukunft muss Klarheit 
darüber bringen, ob die von Schütz und Hecker verheissenen 
Impfungen practischen Nutzen haben werden oder nicht. Auch 
in vielen beamteten thierärztlichen Kreisen ist der Kampf gegen 
die Maul- und Klauenseuche längst als fruchtlos erkannt und 
nicht wenige derselben widmen deshalb mit Recht der Therapie 
der Krankheit eine gegen früher erhöhte Aufmerksamkeit. 

Zur Berufsfreudigkeit gehört neben der Genugthuung, seine 
Pflicht erfüllt zu haben, auch eine gewisse innere Befriedigung 
über erzielte Erfolge. Gewiss soll nicht bestritten werden, 
dass der beamtete Thierarzt bei der Vielseitigkeit seines Berufes 
diese innere Befriedigung finden kann. Gerade die wirksame 
Bekämpfung anderer Seuchen ist es, die ihm diese Befriedigung 
gewährt; doch diese Seuchen sind im Vergleiche zur Maul- und 
Klauenseuche im Allgemeinen bedeutend seltener und können 
den Verdruss, den die letztere so oft bringt, nicht im Ent¬ 
ferntesten aufwiegen. Die Körgeschäfte sind gleichfalls aus 
bekannten Gründen vorerst nicht dazu angethan, grosse Freude 
am thierärztlichen Berufe finden zu lassen. Es bleibt also nur 
noch die Praxis übrig, und gerade diese stimmt in Folge des 
Pfuscherthums den Thierarzt nichts weniger als berufsfreudig. 
Wenn auch der beamtete Thierarzt durch seine amtlichen 
Functionen in sogenannten Seuchengängen in hohem Masse in 
Anspruch genommen ist, ja sogar in diesen Zeiten von Seiten 
der Landwirthe in Bezug auf Thierbehandlung im Allgemeinen 
angegangen zu werden pflegt, wird dessen ungeachtet auch er 
zu den Freuden der thierärztlichen Praxis nur selten hinzugezogen. 
Also auf allen Gebieten ein gewisses berechtigtes Gefühl der Un¬ 
zufriedenheit. 

Lediglich dieser Stimmung haben wir practischen Thierärzte 
es zu verdanken, dass neuerdings wieder mehr rein thierärztliche 
Angelegenheiten in der Fachpresse zur Sprache kommen. Für 
uns practische Thierärzte ist damit der Zeitpunkt gekommen, 
im Kampfe gegen das Pfuscherthum die Führung zu übernehmen 
und in collegialem Vereine mit allen Berufsgruppen unseres 
Standes, bessere Verhältnisse für die Ausübung der thierärzt¬ 
lichen Praxis zu erstreben. 

Mit Recht nennt Schmitt-Cleve in No. 46 der B. T. W. 
die practischen Thierärzte die stärksten Wurzeln des Standes, 
denn aus ihnen hat sich, so lange Regen und Sonnenschein hold 
waren, ein lebenskräftiger Baum entwickelt. Der Boden, auf 
dem der Baum einst gesetzt ward, war so gut, dass er Jahr¬ 
zehnte lang keiner künstlichen Düngung bedurfte; er fand 
genügend Nährstoffe zur stolzen Weiterentwicklung in der Natur 
vor; doch der beste Boden wird unfruchtbar, wenn aller Nähr¬ 
werth durch die starken Wurzeln aus ihm ausgesaugt ist, wenn 
Regen und Sonnenschein fehlen; die Wurzeln trocknen, das 
Wacli8tknm des zum Halbriesen gewordenen Baumes steht still, 


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598 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 50. 


die Aeste werden dürr, das Beschneiden der Aeste zum Zwecke 
der Weiterentwicklung nützt nichts, der Baum muss von den 
Wurzeln aus frische künstliche Nahrung erhalten, die Sonne 
muss ihm wieder lachen, sonst geht er endlich zu Grunde. 

Die idealen, blos auf die Hebung des ganzen 
Standes gerichteten Bestrebungen der alten Thierärzte, 
jene stützenden Zierden und Säulen der Wissenschaft, 
mussten allmählich eine gewisse Einbusse erleiden; es hatte sich 
eben ans den einfachen, aber starken Wurzeln ein in mehrere 
Disciplinen verästelter Baum gebildet, es entstanden neben den 
practischen Thierärzten noch zwei Gruppen mit ihren Special- 
iuteressen, die beamteten Thierärzte und die Sanitätsthierärzte. 
Diese bedurften zu ihrer gebührenden Entwickelung ganz be¬ 
sonderer Pflege und Wartung, die ihnen auch, dank der rast¬ 
losen Mitarbeiterschaft der Grössen unseres Standes sowohl wie 
der gesammten thierärztlichen Welt neidlos zu Th eil wurde. 
Viele Wünsche sind auch hier noch zu befriedigen, doch bevor 
dies einmüthig geschehen kann, müssen erst die Wurzeln wieder 
frische Nährstoffzufulir erhalten, sie können den Baum sonst 
nicht mehr lebensfähig erhalten. 

Grosses wurde zwar auch noch in den Zeiten der Speciali- 
8irung selbst erstrebt und erreicht; ich erinnere an die Maturitäts¬ 
frage, die Erhebung der Thierarzeneischulen zu Hochschulen, die 
Einreihung der Rossärzte in die Klasse der höheren Militär¬ 
beamten etc., Ereignisse und Fragen, an denen der ganze thier¬ 
ärztliche Stand ein gleiches Interesse hat. Unter eignen Ent¬ 
behrungen haben auch die practischen Thierärzte jene Gesammt- 
aufgaben nach besten Kräften fördern helfen, daneben aber auch 
den zeitlichen Entwickelungsphasen der Specialgruppen niemals 
hindernd im Wege gestanden. Das Schaffen und Ringen der 
thierärztllthen Welt concentrirte sich eben auf vieles Andere 
von höchster Wichtigkeit. Es wäre thöricht und falsch, den 
practischen Thierärzten als solchen die Schuld an ihrer heutigen 
Lage selber zuzuschreiben. Selbst der lauteste Appell wäre 
sicherlich in diesen Zeiten ungehört verhallt. Wenn die Be¬ 
strebungen der alten Thierärzte, das Pfuscherthum zu beseitigen, 
erfolglos geblieben sind, so wäre es in jener epochemachenden 
jüngsten Vergangenheit ohne die Mithülfe der übrigen Special¬ 
gruppen, die nur für Specialfragen begeistert waren und die 
tüchtigsten Vertreter unserer Wissenschaft unterstützend zur 
Seite hatten, erst recht aussichtslos gewesen, auch in dieser 
hochwichtigen Frage Abhülfe zu schaffen. Den Vorwurf der 
Erlahmung ihrer Kräfte müssen die practischen Thierärzte 
jedenfalls aufs Entschiedenste zurückweisen; blos in Duldsamkeit 
haben sie verharrt, weil sie selbstlos genug waren, die Pläne 
Anderer durch eigene nicht zu durchkreuzen. 

Dass neuerdings die Nothlage der practischen Thierärzte 
von competenter Seite anerkannt wird, ist für uns ein be¬ 
deutender Schritt vorwärts. Der offene Kampf gegen das 
Pfuscherthum kann beginnen. 

Die Thierärzte müssen von jetzt ab beweiskräftiges Material 
zu durch die Pfuscher verursachten Thierquälereien sammeln, 
dasselbe in der Fachpresse unter genauer Beschreibung und 
Namens- wie Ortsbenennung veröffentlichen. Die Presse selbst 
muss hierzu genügend Raum gewähren, jeder Thierarzt muss 
für seinen Theil dafür Sorge tragen, dass besonders markante 
Fälle in den zuständigen Localblättern erscheinen. Wird dies 
eine Zeit lang systematisch betrieben, so kann die Wirkung 
nicht ausbleiben. Das Publicum wird allmählich belehrt werden, 
die Volksvertretung wird sich für die haltlosen Zustände inter- 


essiren und eine Abänderung des Gesetzes, dass nicht nur vor¬ 
sätzliche, sondern auch fahrlässige Thierquälerei bestraft wird, 
herbeizuführen suchen. Ist dies erreicht, ist viel erreicht. 
Wohlan denn, frisch ans Werk! Noch längere Unthätigkeit 
wäre gleichbedeutend mit Energielosigkeit. Der Zeitpunkt zum 
Handeln ist auch für uns practische Thierärzte gekommen. 
Die nächste Plenarversammlung muss auch für uns etwas 
bringen. Wir hoffen zuversichtlich darauf! 

Die Abiturientenfrage im Reichstage. 

Durch den letzten Schluss der Session sind alle Beschlüsse 
der Petitionscommission, welche noch nicht im Plenum berathen 
waren, hinfällig geworden. Die Petition betr. Abiturienten¬ 
examen muss dem Reichstag noch einmal überreicht und zu¬ 
nächst in der Petitions-Commission noch einmal berathen werden, 
ehe sie zur Verhandlung im Plenum gelangt. Die Ueberreichung 
ist erfolgt. Der Petition ist das Material zur Begründung bei¬ 
gefügt, welches die vorige Petition begleitet hatte und 
welches auch den Collegen zu Agitationszwecken gedruckt zur 
Verfügung gestellt worden ist. Diese Begründung hat jedoch 
bei ihrem diesmaligen Neudruck durch die Umstände gebotene 
Ergänzungen erfahren. Namentlich sind die genauen statistischen 
Beläge für die Wirkung des Abituriums resp. überhaupt der 
Erhöhung der Vorbildung im Auslande beigebracht und ein¬ 
gehend der Versuch widerlegt, die österreichischen Verhältnisse 
zur Beurtheilung der unsrigen zu verwerthen. Die Verhandlung 
iu der Petitionscommission dürfte nach Weihnachten erfolgen. 
Das Begründungs - Material wird, sobald die Berathung im 
Plenum bevorsteht, von hier aus an alle Mitglieder des Reichs¬ 
tages *) vertheilt. 

Eine frühere Vertheilung hätte keinen Zweck, weil dann 
das Material in den Papierkorb wandern und bis zur Berathung 
längst vergessen sein würde. 

Es könnte die Frage entstehen, ob die Schulreform, welche 
wieder aufgelebt ist, unsere Frage beeinflussen oder ihre Lösung 
verzögern könnte. Nun, beeinflussen kann eine Werthminderung 
des Abiturientenexamens (denn eine solche bedeutet die Gleich¬ 
berechtigung der Ober-Realschulen) unsere Angelegenheit eigent¬ 
lich nur günstig. Die Entscheidung zu verzögern braucht sie 
keineswegs. Denn unser Wunsch gipfelt in dem Satz: „Für die 
Thierärzte dieselbe Vorbildung, wie für die Menschenärzte“, 
d. h. gleiche Vorbildung für alle Mediciner. Dieser Grundsatz 
kann anerkannt werden, ganz unabhängig von der Frage, ob 
diese Mediciner sich aus Gymnasial-, Real-Gymnasial- und Ober- 
Realschul-Abiturienten recrutiren können resp. unter welchen 
Bedingungen auch letztere zugelassen werden könnten. Für 
uns aber handelt es sich nur um die Anerkennung eben jenes 
Grundsatzes. S. 

Thierfirzte als Fleischbeschau er. 

Der thierärztliche Verein für den Regierungsbezirk Wies¬ 
baden hat sich der von dem Brandenburger Verein beschlossenen 
Resolution (vgl. No. 45 pg. 536) in allen Punkten angeschlossen. 

Nachruf. 

Nach langem, schwerem Leiden starb im Alter von 65 
Jahren am 27. October 1900 der Königliche Marstall-Oberross- 

*) Dcsshalb hätte es keinen Zweck, wenn Collegen sich 
Exemplare der Begründung bestellen wollten, bloss um sie Ab¬ 
geordneten einzusenden. Nur wenn sie dieselbe bei einer Unter¬ 
redung zur Grundlage ihrer Ausführungen benutzen, kann dadurch 
eine Mitwirkung ausgeübt werden. 


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13. December 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


599 


arzt Franz Sud er. Mit dem Entschlafenen ging ein thaten- 
reiches Leben zu Ende. 

Geboren am 23. December 1835 zu Beeskow, als Sohn eines 
Thierarztes, besuchte er zuerst die dortige Stadtschule und er¬ 
hielt durch seinen späteren Stiefvater, der Lehrer in Beeskow 
war, ausgezeichneten Privat-Unterricht. 

Am 1. October 1854 trat Suder, um die Militärrossarzt¬ 
laufbahn einzuschlagen, beim 3. Ulanen-Regiment in Beeskow 
in den Dienst. Schon am 1. October 1855 wurde er zur da¬ 
maligen Thierarzneischule in Berlin einberufen und studirte an 
derselben vom October 1855 bis Mai 1859 Thierheilkunde. Wie 
fleissig und strebsam der Verstorbene schon in seinen jungen 
Jahren war, geht wohl deutlich daraus hervor, dass er sich 
während des Studiums schon im Jahre 1856 durch ein Examen 
am Friedrich-Werderschen Gymnasium das Zeugniss für Secunda 
erwarb. Hiernach wurde es ihm erst gestattet, sieben Semester 
zu studiren und dann gleich sein Staatsexamen als Thierarzt 
erster Klasse mit dem Prädicat „gut“ zu machen. Am 1. Mai 1859 
wurde er Curschmied beim 3. Husaren Regiment in Rathenow 
und blieb als solcher beim Regiment bis zum 7. Juli 1860. 
Vom 7. Juli 1860—1868 diente er beim Magdeburgischen Dragoner- 
Regiment No. 6. Am 8. Juni 1864 wurde er zum Militär-Ross- 
arzt und am 1. Mai 1866 zum Stabsrossarzt befördert. In diese 
Zeit fällt ein Vorgang, der entscheidend für das ganz weitere 
Leben des Verstorbenen wurde. Suder besuchte in Gemein¬ 
schaft mit Dominik im Jahre 1863 die in Milkel vom Grafen 
Einsiedel errichtete Musterschmiede, in der der englische 
Hufbeschlag damals eine Pflegstätte fand. Hier bildete er sich 
zu einem tüchtigen Kenner des Hufbeschlages aus und erwarb 
sich die Freundschaft und Protection des Grafen Einsiedel. 
Graf Einsiedel war es auch, der, als Dominik von seiner 
Stellung als Rossarzt beim Königlichen Marstall in Berlin zum 
Militär zurücktrat, Suder so angelegentlich dem damaligen 
Oberstallmeister Sr. Majestät des Königs, von Rauch, empfahl, 
dass ihm im Jahre 1868 die Stellung eines Marstallrossarztes 
übertragen wurde. Den Feldzug 1866 machte Suder bei der 
Main-Armee mit, den Feldzug 1870/71 als Marstallrossarzt im 
grossen Hauptquartier Sr. Majestät unseres grossen Königs 
und Kaisers Wilhelm I. 

Während dieses Feldzuges wurde Suder ganz besonders 
dadurch geehrt, dass ihm der Grossherzog von Baden das 
Ritterkreuz n. Klasse mit Schwertern des Badischen Ordens 
vom Zähringer Löwen verlieh. Ausser diesem Orden besass 
der Entschlafene noch das Erinnerungskreuz von 1866, die 
Kriegsdenkmünze von 1870/71, den Königlichen Kronen- und 
Rothen Adlerorden. Im Jahre 1885, als durch den damaligen 
Obermeister Warnke die Fachschule für Schmiede errichtet 
wurde, empfahl Professor Dieckerhoff Suder als Lehrer für 
dieselbe. Keine Wahl ist so fruchtbringend, von so grossem 
Nutzen für die Berliner Schmiedeinnung gewesen, wie diese. 
Die jetzige jüngere Generation der Berliner Schmiede verdankt 
Suder ihre theoretische und practische Ausbildung im Huf¬ 
beschlag. Er war Mitglied der Prüfungs-Commission für Huf¬ 
schmiede in Berlin und gab auch das Lehrbuch des Hufbeschlages 
zum Gebrauche für Innungs-Fachschulen heraus. Im Hufschmied 
veröffentlichte er im Jahre 1888 zwei Abhandlungen: 1. „Ueber 
Verwendung von Hufeinlagen“, 2. „Das Preisschmieden und die 
Hufbeschlags - Ausstellung auf der Wander - Ausstellung der 
deutschen Landwirthschafts - Gesellschaft zu Breslau“ und im 
Jahre 1892 „Das Platteneisen“. 


Als im Jahre 1893 der damalige Marstall-Oberrossarzt Dr. 
Alb recht starb, rückte Suder in diese Stelle auf. Schon im 
Jahre 1895 wurde er von einem Schlaganfall heimgesucht, der 
ihn zwang im Jahre 1897 in den Ruhestand zu treten. 

Suder war im Leben immer ein einfacher, bescheidener 
und selbstloser Mann, der einen sehr noblen, vornehmen Cha- 
racter, Aufrichtigkeit im Umgänge mit Jedermann, Biederkeit 
und geraden Sinn besass. Fast nie versäumte er in seinen 
gesunden Jahren die Sitzungen des Berliner thierärztlichen 
Vereins und wirkte auch in diesen anregend, indem er in un¬ 
eigennützigster Weise seine reichen, werthvollen Erfahrungen 
im Bereiche der Praxis und des Hufbeschlags zum Besten gab. 
Der Berliner thierärztliche Verein ehrte seine Verdienste da¬ 
durch, dass er ihn zu seinem Ehrenmitgliede ernannte. 
Leider war es ihm nicht vergönnt, seinen Lebensabend nach 
einem so thatenreichen Leben im Kreise der Seinigen in Glück 
und Zufriedenheit zu verbringen. Ein an den Schlaganfall sich 
anschliessendes schweres langes Leiden verhinderte ihn, seinem 
ihm lieb gewordenen Berufe nachzugehen. Ruhe er aus nach 
seinem arbeitsreichen Leben, möge ihm die Erde leicht werden. 
Wir aber wollen, so oft sein Name genannt wird, seiner in 
Ehren gedenken. 

Im Namen des Berliner thierärztlichen Vereins. 

Dr. Toepper. 

Berichtigung. 

Im Beiblatt zu No. 41 der Berliner thierärztlichen Wochen¬ 
schrift vom 6. December 1900 befindet sich eine Mittheilung 
über „Minderwerth der Serumschweine“ und ist speciell die 
Serum-Gesellschaft in Landsberg a. W. dabei erwähnt. 

Die Unterzeichneten erklären hiermit, dass jene Mittheilung 
völlig aus der Luft gegriffen ist, da erstens die Serum-Gesell¬ 
schaft seit ca. 2 Jahren überhaupt keine Schweine mehr schlachtet 
und zweitens die Schlächter-Innung zu Landsberg a. W. zu der 
Frage der Beurtheilung von Fleisch immunisirter Thiere in 
keiner Weise jemals Stellung genommen hat und von der ganzen 
Angelegenheit überhaupt nichts weise. 

Landsberg a. W., den 7. Dezember 1900. 

(gez.) Hafenrichter, (gez.) Br. Schreiber. 

Schlachthausdirector. Director des Bacteriologischen 

Instituts der Serum- 
Gesellschaft m. beschr. Haftg. 

Bücheranzeigen und Kritiken. 

Arnold, Prof. Dr. C. Repetitorium der Chemie X. Auflage 1900. 
Das Arnold’sche Repetitorium, welches namentlich den Thierärzten, 
welche in Hannover studirt haben, genauer bekannt ist, feiert in 
diesem Jahre ein Jubiläum; es erscheint die zehnte Auflage. 

Es spricht der Umstand, dass seit 1884, in welchem Jahre 
im November die erste Auflage ausgegeben wurde, nunmehr 
schon die zehnte Auflage erscheinen kann, dafür, dass das Buch 
sich seinen Leserkreis gesichert hat; durchschnittlich war alle 
zwei Jahre eine Auflage nöthig. In dem Jahre 93/94, 96/97 und 
99/1900 war der Absatz so gross, dass in jedem Jahre eine 
Auflage erschien. Dieser Umstand hatte zur nothwendigen Folge, 
dass das Repetitor, stets ergänzt und verbessert werden konnte, 
sodass der Mediciner die für ihn wichtigen und interessanten 
neuen Körper verzeichnet findet. 

Einer besonderen Empfehlung bedarf ein so eingeführtes 
Buch nicht. Der Verf. hat trotz vielfacher Umarbeitung stets 
die Uebersichtlichkeit und Kürze der Darstellung gewahrt. 


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600 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 50. 


Aach in seiner äusseren Ausstattung' hat das Buch eine 
Verbesserung erfahren und einen geschmackvollen, modernen 
Einband erhalten. I)r. Jess. 

Das Gesetz betr. die Beklmpfung gemeingefährlicher Krankheiten. 
Guttentags Sammlung deutscher Reichsgesetze. Da 
das erste Menschen-Seuchen-Gesetz, welches am 30. Juni 1900 
in Kraft getreten ist, für den Mediciner im Allgemeinen und 
speciell auch für die beamteten Thierärzte von besonderem 
Interesse ist, so sei auf das obengenannte, vom Regierungsrath 
Burkhardt, Mitglied des Kaiserlichen Gesundheitsamtes, 
herausgegebene Werkelten (120 Seiten Sedez. Preis 1,40 Mk.) 
aufmerksam gemacht. Dasselbe enthält nicht nur das Gesetz, 
sondern auch die Materialien desselben mit gutem Sachregister. 

J.-B. Bailiiere et Als, äditeurs. Catalogue gäniral: Der Catalog 
umfasst auf 100 Seiten Werke der Medicin, Naturgeschichte, 
Thiermedicin, Landcultur, Physic, Chemie und Industrie mit 
Sachregister. Er wird kostenfrei an Jedermann versandt, der 
denselben par carte postale double, Karte mit Rückantwort, bei der 
oben genannten Buchhandlung, Paris, rue Hautefenille 19, bestellt. 

Formular zu schriftlichen Kaufverträgen beim Viehhandel. Heraus¬ 
gegeben von der Braun'sehen Hofbuchhandlung in Karlsruhe. 
Die Formulare, jedenfalls von competenter Seite aufgestellt, 
sind poetisch und enthalten alle Eventualitäten. Auf der 
Rückseite ist die Hauptmängelliste und eine kurze Belehrung 
aufgedruckt. Da es dringend wünschenswert!! und eine 
Aufgabe der Thierärzte ist, namentlich die Landbevölkerung 
zu dem schriftlichen Kaufvertrag beim Viehhandel zu erziehen, 
was nur mittelst vorgedruckter Formulare erreicht werden 
kann, so sei auf diese Karlsruher Ausgabe solcher Formulare 
empfehlend hingewiesen. 1000 Stük (;\ ein Blatt Folio) kosten 
22,50 Mark. 

Richter, Polizeithierarzt in Falkenberg in Sachsen. Vortrag 
über die Gewährleistung beim Viehhandel. 2. Auflage Preis 50 Pfg. 
Practisch für den Landwirth. 

Neue Eingänge. 

(Besprechung Vorbehalten.) 

Fröhner: Lehrbuch der Toxikologie für Thierärzte, Zweite 
Auflage. Stuttgart bei F. Enke. 

Gutenäcker: Die Hufkrankheiten des Pferdes. Mit 106 
Abbildungen 480 Seiten. Stuttgart bei F. Enke. 

Jew, Dr. Paul-(Charlottenburg): Compendium der Bacterio- 
logie und Blutserumtherapie. 100 Seiten. Klein Octav. Ge¬ 
bunden. Verlag von Richard Schoetz. 

Meyer’e Conversationslexikou Band 20, Supplement, für 
1899/1900. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Thierarzt August Dunker in Hannover ist 
der Königliche Kronenorden IV. CI. verliehen worden. 

Ernennungen: (Baden): Thicrarzt Metzger-Flirtwangen zum Ver¬ 
band sinspcctor bei der staatlichen Nachversicherung. Die Bezirks- 
thierürzte Iluber-St. Blasien und Mcltzer-Oberkirch gegenseitig 
versetzt. 

Approbationen: in Berlin die Herren Leopold Fricke, Norbert 
Friedemann, Kino Reichardt, Wilhelm Taubitz; in Hannover 
die Herren Louis Diez, Heinrich Jungklaus u. Albert Oelkers. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen: Verzogen: die Thier¬ 
ärzte J. Albrecht-Marghausen bei Friedland a. d. Leine nach 
Hann. Münden (Schlachthof), Franz von Arnstadt nach Wreechen, 
Karl Kramer vorübergehend nach Bad Nenndorf (nicht Neundorf, 
vgl. No. 49), Curt Roth von Breslau nach Leipzig. 


In der Armee: Die Unterrossärzte der Res. Baumhüfener 
Kerlen, Kupfer. M. Michael-Stollberg, Schmidt, Sebriever 
Strohe zu Rossärzten der Res. befördert. — Porath, Rossarzt 
im 17. Drag.-Rgt. in den Ruhestand versetzt. 

Todesfälle: Kreisthierarzt a. 1). Friedrich Bauer-Schmalkalden 
Thicrarzt Otto Harder - Culm a. NW, Kreisthierarzt Waltrup 
Beckum (NVcstf.). _ 

Yacanzen. 

Kreisthierarztsteilen etc.: Nach Ablauf der Meldefrist noc h 
unbesetzte Stellen: Reg.-Bez. Coblcnz: Simmern. — Reg.-Bcz. 
Düsseldorf: Landkreis Krefeld. — R.-B. Hannover: Springe. — 
R.-B. Potsdam: Angermünde. 

Sanitätsthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Lauen bürg: Schlachthofvorsteher (1800 M. steigend bis 2700 M. 
Wohnung etc. 500 M. C'aution). Bewerb, an den Magistrat. — 
Neidcnburg: Schlachthausverwalter zum 1. Januar 1901 (3 monat¬ 
liche Kündigung; 1500 M. Wohnung etc.; Privatpraxis in dienst¬ 
freier Zeit; 500 M. Caution.) Bewerbungen an den Magistrat — 
Solingen: Schlachthofdirector (3000 M. und C00 M.) Miethsent- 
schädigung, event. freie NVohnung etc. Anstellung voraussichtlich 
zum 1. Mai auf 12 Jahre: keine Praxis.) Bewerb, bis 15. Januar a. 
d. Oberbürgermeister. — Treuen: Sanitätsthierarzt (ca. 2500 M. aus 
der Fleischschau; Privatpraxis). Bewerbungen bis 20. Deceinber an 
den Bürgermeister. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Beuthen (Oberschles.): Schlachthofassistenzthierarzt. — Düren: 
Schlachthofdirector. — Elbing: Assistenzthierarzt am Schlachthof. 

— Hartha i. Sachs.: Sanitätsthierarzt. — Königsberg (Ost- 
preusen): Schlachthofthierarzt. — Mainz: Schlachthofthierarzt. — 
Meseritz: Schlachthofthierarzt. — Ottweiler (Bezirk Trier): 
Schlachthausverwalter. — Oelsnitz (Sachsen): Thierarzt für 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Pössneck: Thierarzt für 
Praxis und Fleischbeschau. — Punitz i. Pos.: Thierarzt für 
Schlachtviehbeschau. — Salzwedel: Schlachthof-Vorsteher. — 
Wanne: Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. — Wölkenateini 
Schlachthofthierarzt — Wollstein (Posen): Schlachthofinspector. 

Privatstellen: 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neustadt). 

— Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck 
(Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pillkallen). — Murrhardt. — Schön¬ 
baum (Danzig). 

1900 bek an nt gegebene :Bojanowo. — Eickel. — Festen¬ 
borg Bez. Breslau.— Jade (Oldbg.): Thierarzt. — Marggrabowa 
(Kreis Oletzko). — Mengeringhausen (Waldeck). — Peis- 
kretscham (Ober-Schles.). — Rhinow (Reg.-Bez. Potsdam). — 
Schloppa (Westpr.). — Schwarzenberg i. S. — Sonnen¬ 
burg. — Suelze (Mecklb.). — Wadern (Bez. Trier): Thierarzt — 
NVeilerbach (720 Mk. Fixum). Gesuche bis 26. December an das 
Bürgermeisteramt 

Besetzt: Privatstelle in NVolgast. 


Warnung vor einem Schwindler. 

Nach übereinstimmenden Angaben von dem Collegen 
Sieber, z. Zt. in Weimar, und dem Unterzeichneten, versucht 
ein angeblicher Thierarzt, Namens Jüngers aus Mülhansen im 
Eisass von Collegen Unterstützungen zu erbitten. 

Da nach Auskunft der Polizei in Mülhausen dieser Mann 
nicht identisch ist mit dem dortigen Schlachthof-Director 
gleichen Namens, so seien alle Collegen vor diesem Schwindler 
gewarnt und werden dringend ersucht, ihm seine anscheinend 
falschen Legitimationen und unrechtmässig angeeigneten Karten 
von Collegen abzunehmen und ihn der Polizei zu übergeben. 

Signalement: Kleiner, schwächlicher Mann mit Glatze, 
ungefähr 40 Jahre alt, mit Spitzbart; angethan mit einem 
schwarzen Hut und einem schäbigen, graugelben Ueberzieher 
mit Sammetkragen. Eugen Gerlach 

Schlachthof-Director. 


Verantwortlich fUr den Inhalt (excL Inseratontheil): Prof. Dr. Scbmaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schooti in Berlin. — Druck von W. Bflxenstein, Berlin 


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Die „Borllner Thterlrztllche Wochenschrift“ erscheint Origin»lbcltr*ge werden mit 60 Mk. für don Bogen honorlrt 

wöchentlich ln 8tkrke von mindesten* 1*/» Bogen. Diesolbe Alle Manuscripto, Mitthellungen und redactionellen An¬ 
ist in beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1082) ~m £ fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 

oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard ■ "■ -wk Berlin thierärztlicho Hochschule, NW., Luisenstrasse 5G. 

8 chootz, Berlin NW., Luisenstrasso SÄ, zum Preise von V*l I I I I-* ■ Correcturen, Recensions-Ezemplare und Annoncen da- 

Mk. 5,— pro Vierteljahr. B W ^ J B B m | | ^ ^ I gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz -Berlin. 

Verantwortlicher Eedactenr. 

De Bruln Kühnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel Zündet 

Professor Oberthierarzt Departementsthierarzt Professor Departementsthierarzt Vetcrinärasscssor Professor Landes-Insp. f. Thierzucht Kreisthierarzt 

Utrecht. Hamburg. Cöln. Breslau. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. 


M 51 . 


Ausgegeben am 20. December. 


Inhalt: Schreiber: Beiträge zur Bekämpfung der Sch weincseuclic und Sch weinepest. (Fortsetzung und Schluss).— Referate: 

Wassermann: Feber neue Versuche auf dem Gebiete der Serumtherapie. — Troester: Auszug aus dem Bericht über das 
Ergebniss der im Winter 1899/19C0 vorgenommenen Impfungen gegen Brustseuche der Pferde. — Eine neue färberisehe Dar¬ 
stellung der sogenannten Kapseln der Milzbrandbazilion. — Jodkalium-Infusionsapparat. — Spindler: Uebor die externe An¬ 
wendung des Tannoform. — Ueber Kühlpasten. — Tagesgeschichtc: Central-Vertretung der thierärztlichen Vereine 
Preussens. — Neuordnung des ärztlichen Studiums. — Verschiedenes. — Staatsveterinärwesen. — Fleischschau und 


Viehhandel. — Personalien. — Vacanzen. 


Beiträge zur Bekämpfung der Schweineseuche und 
Schweinepest. 

Vortrag, gehalten im Verein der brandenburg. Thierärzte 
am 4. November 1900. 

Von 

Dr. Sohreiber-Landsberg, 

Dircctor «los hartcriolog. Inst. d. Senim-lit-svllschnft. 

(Fortsetzung und Schluss). 

2. Bacteriologis che Untersuchungen. 

Meine nun folgenden bacteriologischen Untersuchungen sind 
stets im Anschluss an die eben beschriebenen patholog.- 
anatomischen Studien vorgenommen worden und basiren auf 
dem Forschungsresultate von Preisz, dass Schweineseuche und 
Schweinepest zwei gänzlich verschiedene Krankheiten sind, von 
denen die erstere durch den Bacillus suisepticus und die letztere 
durch den Bac. suipestifer hervorgerufen wird. Ich gebe die 
Untersuchungen in folgender Reihenfolge wieder: 

a) Nachweis der Bacterieu, 

b) Virulenz derselben, 

c) Immanisirungsergebnisse. 

a) Nachweis der Bacterien. 

Wie schon Eingangs erwähnt, ist der Nachweis der 
Bacterien nicht bloss durch die raicroscopische Untersuchung, 
Bondern vor allen Dingen durcli Impfung empfänglicher Ver- 
Buchsthiere und durch Züchtung von Rein-Cnlturen erfolgt. Der 
einfache microscopische Nachweis vermittelst Deckglaspräparate 
ans Blut oder Gewebssaft ist durchaus unzuverlässig und 
ungenau, da die Bacterien der Schweineseuche und Schweinepest 
im Allgemeinen kein so characteristisches Anssehen besitzen, 
dass sie ohne Weiteres von anderen ähnlichen Bacterien heraus¬ 
zukennen sind, und dann finden sich gerade in necrotischen 
Gewebsstücken eine Menge gewöhnlich harmloser Organismen, 
die unseren Bacillen auf das Haar gleichen. 

In der Hauptsache wurden graue Hausmäuse mit Partikel¬ 
chen oder Gewebssaft aus dem pathologisch veränderten Organe 
subcutan geimpft. Dnrch die unendlich vielen diagnostischen 


Impfungen hat sich auch ergeben, dass gerade die graue Haus¬ 
maus ein sehr empfängliches and vor allen Dingen bequemes 
Versnchsthier für die Bacterien der Schweineseuche ist. Ob- 
! wohl die Hausmaus auch für Pest empfänglich ist, so ist sie 
es doch nicht in dem Masse wie gegen Schweineseuche, sodass 
Ungenanigkeiten dadurch nicht ausgeschlossen bleiben. Weisse 
! Mäuse scheinen eine gewisse Widerstandsfähigkeit gegenüber 
beiden Bacterien zu besitzen, wenigstens waren die damit er- 
I zielten Resnltate nngleichmässig nnd unzuverlässig. 

Um aber einwandsfreie, sichere Resultate zu gewinnen, ist 
in aller erster Linie die Wahl des Impfmaterials von ausschlag- 
j gebender Bedeutung. Es ist sowohl Für die Diagnose der 
{ Schweineseuche wie für die der Schweinepest durchaus nicht 
! immer gleichgültig, aus welchen Partien der veränderten Organe 
das Impfmaterial gewonnen wird. Ich habe gefunden, dass man 
Für die chronische Schweinesenche stets sichere Resnltate erzielt, 

| wenn die Mäuse mit frischem Exsudat oder mit Blutflecken- 
I Partikelchen aus frischen hämorrhagischen Infarcten und aus 
der Demarcationszone geimpft werden. Unsicher dagegen werden 
j die Resultate bei Verimpfung von Material ans den Lymph- 
drüsen, und ganz fraglich bei Verwendung von necro tischen 
' bezw. verkästen Tlieilchen, obwohl man in Deckglas¬ 
präparaten selbst darin die eigenthümlichen Bacterien auffinden 
kann. Ich bin der Ueberzeugung, dieselben werden in jenen 
abgestorbenen Partieen durch ihre eigenen Stoffwechselproducte 
abgetödtet. 

Anders verhält es sich bei der Schweinepest, hier erhält 
man ganz sichere Resultate durch Verimpfung von Stückchen 
aus veränderten Lymphdrüsen, namentlich den Gekrösdrüsen, 
und aus nekrotischen Darm tlieilchen, dagegen aber nicht 
aus Geschwüren, Boutons und verkästen Darmpartieen. 

Was nun die isolirten Bacterien anbetrifft, so war es bei 
| der Schweineseache jener bekannte, bipolar sich färbende, aus 
I der Gruppe der Septicaemia haemorrhagica, welchen Preisz als 
I Bac. suiseptiens bezeichnet; bei der Schweinepest ein kurzer, 

| dicker zur Gruppe der Typliusbacterien gehöriger Bacillus, den 


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602 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


No. 51. 


Preisz Bacillus suipestifer nennt. Während der Bacillus suisep- 
ticu8 im Blute und der Milz der Versuchstiere in ganz fabel¬ 
hafter Menge aufzufinden ist, so ist der Bacillus suipestifer 
darin nur äusserst spärlich vertreten. Auf unseren gewöhnlichen 
künstlichen alcalischen Nährböden gedeihen beide Bacterien 
gleich gut und zeigen ein mehr oder weniger characteristisches 
Wachsthum, wobei namentlich zu erwähnen ist, dass beide die 
Gelatine nicht verflüssigen. Im Gelatinestich tritt der Bacillus 
suisepticus anfangs in Form durchscheinender hyaliner Körnchen 
auf, die später zu einem Faden Zusammenflüssen, der Bacillus 
suipestifer aber tritt gleich in einem mehr milchigen continuir- 
lichen Streifen auf. In Peptonbonilion, namentlich aus Pferde¬ 
fleisch, vermehrt sich der Bacillus suipestifer ganz rapid, trübt 
dieselbe stark und bildet hin und wieder ein dünnes Häutchen 
auf der Oberfläche, der Bacillus suisepticus dagegen lässt die 
Bouillon durchscheinend, trübt sie nicht so stark, doch habe ich 
niemals einHäutchen aufder Oberfläche bemerken können, höchstens 
einen Ring am Rande des Glases. Während der Bacillus 
suisepticus im hängenden Tropfen unbeweglich ist, ist der Bac. 
suipestifer zufolge seiner zahlreichen Geissein beweglich. Der 
Nachweis dieser Geissein ist ein sehr wichtiges diagnostisches 
Merkmal für den Bac. suipestifer, doch ist deren Darstellung 
ungeheuer schwierig und in der Praxis mit unseren jetzigen 
Mitteln, glaube ich, überhaupt undurchführbar. Am sichersten 
erscheint mir noch die Geisselfärbung nach van Erraengem. 

b) Bei der Prüfung der Virulenz des Bacillus suisepticus 
und suipestifer sowie der Empfänglichkeit von Thieren dafür habe 
ich noch das Bacterium der Geflügelcholera hinzngenommen, 
welches ich aus frischer Gänsecholera gewann, um festzustellen, 
ob dasselbe von dem Bacterium der Schweineseuche verschieden 
ist, denn beide rechnet man ja zur Gruppe der Bacterien der 
Septicaemia haemorrliagica. 

Gleichwie die pathologisch-anatomischen Befunde bei der 
Schweineseuche und Schweinepest so variirte auch die Virulenz 
der daraus gezüchteten Bacterien. Die mit Schweineseuche ge¬ 
impften Controlmäuse verendeten durchschnittlich nach 36 bis 
60 Stunden, gewöhnlich bis 48 Stunden, und nur die aus dem 
ganz virulenten Material, vornehmlich aus Schlesien, gezüchteten 
Bacterien tödteten graue Mäuse regelmässig in weniger als 
24 Stunden. Die Schweinepest dagegen wirkte bedeutend lang¬ 
samer, sodass die Mäuse erst nach 6 bis 9 Tagen zu Grunde 
gingen, auch konnte die Virulenz durch fortwährendes Weiter- 
irapfen von Maus zu Maus nicht höher gebracht werden. Zum 
Vergleich der Virulenz des Bacillus suisepticus, des Bacillus 
der Hühnercholera und des Bacillus suipestifer wurden stets 
gleiche Mengen gleichalteriger Bouillonculturen verwendet, wozu 
ich eine Normal-Platinöse gebrauchte, die im Durchschnitt 
0,005 g fasste. Graue Mäuse mit einer Normal-Oese des 
Bacillus suisepticus geimpft, starben constant in 22—24 Stunden, 
mit gleicher Menge von Geflügelcholera nach 18 Stunden, 
während die mit 0,005 g Schweinepestcultur geimpften Haus¬ 
mäuse überhaupt nicht zu Grunde gingen und es bedurfte erst 
der dreifachen Menge, bis dieselben am 9.—10. Tage darnach 
verendeten. Durch häufiges Weiterimpfen von Maus zu Maus 
habe ich die Virulenz des Bacillus suisepticus so gesteigert, 
dass derselbe die gleiche Wirkung, wie die Geflügelcholera 
entfaltete, und noch 0,0001 g der Schweineseuche und Geflügel¬ 
cholerakultur wirkten immer in 18 Stunden auf eine 20 g schwere 
Hausmaus tödtlich. 

Ausser an Mäusen wurde an Meerschweinchen, Kaninchen 


und Tauben die Empfänglichkeit für jene 3 Bacterien arten 
geprüft. Bei subcutaner Verimpfung von Schweineseuche und 
Geflügelcholera an Meerschweinchen entstand immer an der 
Impfstelle ein Abscess, der gewöhnlich in einigen Tagen nach 
aussen aufbrach, die Thierchen magerten dabei ab, aber er¬ 
holten sich gewöhnlich wieder, der Tod trat ganz selten ein. 
Gegen Schweinepest sind die Meerschweinchen bei subcutaner 
Verimpfung sehr empfänglich, sie sterben durchschnittlich daran 
nach 6—8 Tagen. 

Gegen die intraperitoneale Impfung aber sind die Meer¬ 
schweinchen für alle drei Micro Organismen ganz gleichmässig 
und höchst empfindlich, so dass ich die intraperitoneale Impfung 
von Meerschweinchen als die beste und sicherste Controle für 
die Bacterien der Schweineseuche und Schweinepest empfehlen 
kann, denn der Tod tritt sicher nach 12—24 Stunden ein. Auch 
die Kaninchen sind gegen Schweineseuche und Geflügelcholera 
gleich empfindlich und verenden ebenfalls innerhalb 24 Stunden, 
dagegen wirkt die Schweinepest auf Kaninchen nicht so rapid, 
sondern es vergehen bis zum tödtlichen Ausgange gewöhnlich 
3—6 Tage. Für Tauben ist die Wirkungskräftigkeit des Bac. 
suisepticus wie der Geflügelcholera gleich gross, diese verenden 
nach Verimpfung beider immer innerhalb 18 Stunden. 

Unsere grösseren und grossen Hausthiere wie Schafe, 
Rinder und Pferde sind gegen die Erreger der Schweineseuche, 
Schweinepest und Geflügelcholera sehr empfindlich. Bei subcutaner 
Verimpfung von Bouillonculturen der Schweineseuche und Geflügel¬ 
cholera entstehen an der Impfstelle mächtige Oedeme und aus¬ 
gedehnte Eiterungen, dabei ist der Eiter sehr dünnflüssig. Bei 
subcutaner Verimpfung von Pestculturen entstehen keine 
Oedeme und Eiterungen, sondern Necrosen. Ueberall, wohin 
der Pestbacillus gelangt, stirbt das Gewebe necrotisch ab, 
und es tritt bei Eröffnung ein ganz furchtbarer Geruch entgegen. 
Wird aber die Haut nicht geöffnet und werden die Gewebsfetzen 
nicht entfernt, dann tritt Verkäsung ein, die Herde werden 
abgekapselt und es entsteht nach etwa 4 Wochen ein Sequester. 
Die intravenöse Impfung, selbst minimaler Mengen, wirkt ganz 
rapid und es treten schwere Störungen auf, die im Allgemeinen 
für alle drei Thiergattungen gleich sind. Sofort nach der In- 
jection macht sich eine Puls- und Athembeschleunigung bemerkbar, 
die Schleimhäute werden cyanotisch. Die Darmperistaltik wird 
erhöht und es treten häufige dünnflüssige Defäcationen ein. 
Etwa eine halbe Stunde darauf zeigt sich Mnskelzittern über den 
ganzen Körper, die Köpertemperatur steigt beim Pferd bis auf 
40,3°, beim Rind auf 42° C. Die Thiere versagen 3—8 Stunden 
nach der Impfung immer das Futter, sind unruhig, werfen sich 
hin und stöhnen. In schweren Fällen treten 24 Stunden darnach 
Paresen der motorischen Nerven namentlich des Kopfes auf, Steifig¬ 
keit, Kreuzschwäche und die verschiedensten Lahmheiten in Folge 
Thrombosen, Sehnenscheidenentzündungen und Gelenkaflectionen. 
In einem Falle ist sogar die Zerreissuug der Hufbeinbeuge¬ 
sehne beobachtet worden. Endlich traten acute und peracute 
Gehirnwassersuchten mit dummkollerartigen Erscheinungen auf. 
Ueber 50 pCt der Thiere gingen zu Grunde. Ein drei Jahre 
altes Fohlen mit 2,0 ccm einer Bouilloncultur des Bacillus 
suisepticus geimpft, verendete ohne characteristische Krank¬ 
heitserscheinungen nach acht Stunden. Die Section ergab zahl¬ 
reiche bis hanfkorngrosse Blutungen auf allen serösen Häuten, 
in der Lunge, Leber, Milz und Nieren. Die daraus gezüchteten 
Bacillen stellen den Grundstock meiner virulentesten Bacterien 
dar, welche durch Verimpfung an Schweine und Meerschweinchen 


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20. December 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


603 


auf das höchste Mass der Virulenz gebracht wurden, so dass 
noch ein Millionstel ccm innerhalb 14 — 16 Stunden bei den 
Versuch8thieren den Tod hervorruft. Selbst die virulenteste 
Geflügelcholera aus genuinen Fällen bleibt an Virulenz hinter 
diesen Culturen zurück. 

In Folge dessen halte ich diesen Mikroorganismus nicht 
mehr für den gewöhnlichen Bacillus der Schweineseuche, sondern 
bezeichne ihn als Bacillus septicaemiae haemorrhagicae und 
gebrauche ihn zu meinen Immunisirungsversuchen und zur 
Gewinnung des mit dem Namen Septicidin benannten Serums. 

Was nun ferner den Bacillus suipestifer anbetrifft, so sind 
darüber meine Versuche noch nicht abgeschlossen, vorläufig will 
ich nur erwähnen, dass ich ihn auf Grund aller Befunde 
sicher für identisch mit dem Bang’schen Necrosebacillus halte. 

c) Immunisimng8-Versuche. 

Glücklicherweise hat sich s. Zt. Voges stark geint, als er 
behauptete, es sei keine Immunität gegenüber der Schweine¬ 
seuche und Schweinepest zu erzielen. Schon Preisz macht in 
seinen, Studien über diese beiden Krankheiten auf das Schutz¬ 
impfungsverfahren mit Serum von Schweinen, welche beide 
Krankheiten überstanden haben, aufmerksam. Ich habe mich 
seit dem Herbste des Jahres 1898 damit beschäftigt, Schafe, 
Rinder und Pferde zu immunisiren, um ein wirksames Serum 
aus deren Blute zu gewinnen. Anfangs besass ich freilich ver- 
hältnissmässig nur wenig virulente Culturen, so dass es mir 
nicht gelang, selbst nach vielen und recht grossen Culturmengen 
ein einigermassen wirkungskräftiges Serum zu erhalten. Erst 
mit der Erlangung virulenter Culturen glückte es, ein Serum 
mit einem Titre ähnlich dem des Rothlaufserums zu gewinnen, 
so dass 0,015 g davon im Stande waren, eine graue Maus vor 
dbt Wirkung einer gleichzeitig ein ge spritzten tödtlichen Dosis 
einer Seuchencultur zu schützen. Mit diesem Serum führte ich 
meine ersten Impfungen an Schweinen in Landsberg selbst aus, 
welche derartig glückten, dass ich es wagen konnte, damit 
Anfangs März 1899 an die Oeffentlichkeit zu treten. I)a aber 
das blosse Serum nur eine kurz andauernde passive Immunität 
bewirkte, so fügte ich zur Schutzimpfung noch schwache Seuchen- 
cultnren hinzu und zwar in dem Verhältnis, dass gleiche 
Mengen Serum auch gleiche Mengen Culturen parallelisirten. 
Leider hatte ich mit dem Serum in der Praxis wenig Glück, da 
sowohl Thierärzte als auch Besitzer die Prüfungen desselben an 
hochgradig erkrankten Schweinen Vornahmen. Ich hatte Mühe, den 
nnn folgenden Sturm zu besänftigen, indem ich darauf hinwies, 
dass selbst das wirksamste Serum nicht im Stande sei, die 
durch die chronische Form zu arg destruirten Organe wieder 
in gesunde umzuwandeln. Inzwischen gelang es mir noch den 
Titre des Serums auf 0,01 zu erhöhen, so dass also in einem 
ccm Serum zehn Immunisirungseinheiten enthalten waren. 
Nachdem ich das Hauptaugenmerk auf die Impfung mit Schntz- 
serum gelenkt hatte, wurden auch recht schöne Erfolge damit 
erzielt, welche meine Angaben bestätigten. Ferner erwies sich 
das Schutzserum ähnlich dem Tuberculin als Diagnosticnm, in¬ 
dem die mit Schweinesenche oder Schweinepest behafteten 
Schweine innerhalb 24 Stunden durch Versagen dss Futters 
und Steigerung der Körpertemperatur um 1 0 darauf reagirten. 

Im Herbst vorigen Jahres wurde mein Serum auch gegen 
die Geflügelcholera geprüft, und es hat sich dabei gezeigt, dass 
dasselbe auch dagegen schützt und sogar bereits erkranktes 
Geflügel zu heilen vermochte. Besonders in verseuchten Be¬ 
ständen hat das Serum ganz vorzügliche und augenfällige Er¬ 


folge erzielt. Freilich gegen chronische Geflügelcholera ist 
es machtlos. Durch die vielen günstigen Resultate aufmerksam 
geworden, hat das Ministerium für Landwirtschaft im vorigen 
Winter die Prüfung desselben angeordnet. Bei diesen Versuchen, 
denen ich in Schlesien mit beiwohnte, hatte sich nun wieder 
ein Uebelstand des Schutzserums herausgestellt, nämlich dass 
dasselbe sich nur im frischen Zustande wohl als schutzbringend 
erwies, während es nach einigen Tagen seine Wirkungsfähigkeit 
verloren hatte. Das Serum einerseits wirkte auf die darin 
enthaltenen Bakterien agglutinirend, und andererseits tödtete die 
behufs Haltbarmachung zugefügte Carbolsäure die Bacterien 
auch noch ab. In der Praxis endlich gesellte sich noch als 
drittes Uebel hinzu, dass es wiederholt vorkam, dass schon 
inficirte Thiere mit bacterienhaltigem Schutzserum geimpft 
wurden und dann natürlich die Erkrankungen ruhig fortschritten 
bez. den Tod beschleunigten. In Folge dessen habe ich im Früh¬ 
jahr dieses Jahres auch das Schntzserum wieder zurückgezogen 
und die Schutzimpfung genau wie diejenige gegen Rothlauf 
probirt. Der Erfolg war augenscheinlich, und es wird seitdem 
nur Serum abgegeben und zur Schutzimpfung gesunder Thiere 
Seuchenreinculturen. Freilich muss ein Unterschied zwischen 
der Schutzimpfung gegen Rothlauf und der gegen Schweineseuche 
und Schweinepest gemacht werden. Die Simultanmethode ist 
für die Schweineseuche und Schweinepest im Allgemeinen wohl 
kaum möglich, da es so ungeheuer schw r er ist, sicher festzustellen, 
welche Thiere bereits erkrankt bez. inficirt sind und welche 
nicht. Ich rathe deshalb stets nur zur getrennten Impfung und 
ferner auch, die Culturen frühestens am 10. Tage nach der 
Serumimpfung zu verabfolgen, weil bekanntlich die Tncubations- 
zeit für die Schweineseuche im Minimum 5 Tage beträgt. 

„■ Seit dieser Zeit sind bei richtiger Durchführung der Impfung 
keine Klagen mehr eingelaufen und die Impfungen versprechen 
ebenso allgemein zu werden, wie diejenigen gegen Rothlauf. Ich 
kann aber nun auch die Impfungen mit bestem Gewissen empfehlen, 
zumal zur Bekämpfung der so überaus verbreiteten und mit 
grossen Verlusten auftretenden Schweineseuchen für den Thier¬ 
arzt ein reiches Arbeitsfeld erwächst, das uns die Landwirtschaft 
dankbar macht. Allerdings will ich noch vor einem Fehler den 
Uebereifrigen warnen, ja nicht schon inficirte bezw. erkrankte 
Thiere mit Culturen zu impfen, denn Schweine, die einmal von 
der Schweineseuche bezw\ Schweinepest geheilt sind, bleiben 
dauernd geschützt, und es bedarf keiner Verlängerung der 
Immunität mehr. Heute bin ich weiter in der Lage, mittheilen 
zu können, dass ich den Titre des Septicidins um das zehnfache 
zu erhöhen vermochte, so dass nnn in 1 ccm Serum 100 Immuni¬ 
sirungseinheiten enthalten sind, anstatt zehn wie früher. Es 
werden auch die Erfolge dementsprechend ansfallen. 

3. Impf-Versuche. 

Von den vielen ausgeführten Impfversuchen will ich nur 
zwei anführen, 

1. Den bereits erwähnten Fall acuter Schweineseuche, wo 
von drei Schweinen eines von ca. 50—60 kg verendet war, 
und ein anderes wieder das Futter versagte. Dieses sowie 
das anscheinend noch gesunde Thier erhielten je 10 ccm 
Septicidin. Die Temperatur des kranken betrug zur Zeit 
der Impfung 40,8, die des gesunden 39,3. Obwohl das 
kranke Schwein 24 Stunden nach der Impfung noch keine 
Nahrung aufnahm, war doch das Fieber auf 40,2 gefallen, und 
am zweiten Tage nach der Impfung fing es wieder etwas an 
zu fressen: Am vierten Tage war das Thier vollkommen 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 51. 


gesund, auch erkrankte keines von beiden mehr, trotzdem dass 
dieser Besitzer jedes Jahr seine Schweine an acuter Schweine¬ 
seuche verloren hatte. 

2. An vier ca. 30 Pfund schweren Ferkeln wurde klinisch 
die Schweineseuche festgestellt. Dieselben zeigten ein struppiges 
Aussehen, graue, trockene Haut und husteten ziemlich stark. 
Jedes bekam 3,0 ccm Septicidin eingespritzt. Fünf Tage danacli 
liess schon bei zweien der Husten nach und sie fingen an 
wieder besser zu fressen. Da die beiden anderen keine 
Besserung erkennen Hessen, erhielten sie am fünften Tage noch¬ 
mals je 3 ccm Serum. Das eine von diesen verendete am zweiten 
Tage darauf und die Section ergab hochgradige Schweineseuche. 
Die Lungen waren total ergriffen, brettartig. Das andere Ferkel 
besserte sich aber nach der zweiten Injection von Tag zu Tag i 
zusehends, sodass alle drei 14 Tage darauf, völlig gesund 
wieder, verkauft werden konnten. 

Obwohl ich noch nicht am Ende meiner Versuche angelangt 
bin, so glaube ich doch, damit ein Bild meiner Untersuchungen 
entwickelt zu haben. 

Zum Schluss will ich nur noch auf einige Momente einer 
Erfolg versprechenden Bekämpfung der Schweineseuche und 
Schweinepest kurz eingehen. 

Da die Schweineseuche und Schweinepest miasmatiscli- 
contagiöse Seuchen sind und bereits eine ungeahnte Ausbreitung 
gefunden haben und jährlich viele Millionen durch die bewirkten 
Verluste fordern, ja sogar in manchen Gegenden die Schweine¬ 
zucht in Frage stellen, so kann nur ein zielbewusstes Handeln 
nicht ohne gewisse Rigorosität von Erfolg begleitet sein. 

Es ist Aufgabe der Veterinärpolizei, dass die Anzeigepflicht 
für jeden Fall von Schweineseuche und Schweinepest stricte 
durchgeführt wird, wobei namentlich den Schlachthäusern ein 
besonderer Aufklärungsdienst zngewiesen werden muss. Ferner 
ist in den Schweinezuchten eine strenge thierärztliche Controle 
namentlich der Elternthiere unerlässlich. Drittens Anordnung 
der Tödtung ev. Abschlachtung aller offensichtlich erkrankten 
Schweine und Entschädigung dafür. Viertens Verbot der Schweine¬ 
haltung auf Abdeckereien, Verbot des Hausirhandels, sowie des 
Schweinehandels aus solchen Zuchten, Gehöften oder Stallungen, 
wo innerhalb Jahresfrist wiederholt die Schweineseuche oder 
Pest festgestellt wurde. Fünftens die Empfehlung der Schutz¬ 
impfung durch die Thierärzte schon für die Ferkel im Alter von 
14 Tagen. Schutzimpfung der Zuchtthiere. 

Endlich eine in bestimmten Zwischenräumen zu wieder¬ 
holende rationelle Desinfection. 

Es werden sich ja zu Anfang, wie wir es nicht anders 
gewöhnt sind, die Landwirtschaft, Züchter und Händler von 
Schweinen gehörig dagegen sträuben, und es gilt, allen unseren 
Einfluss geltend zu machen, dass wir nur das Interesse der 
Landwirtschaft verfolgen. Wenn wir aber die ersten Erfolge ver¬ 
zeichnen werden, wird dieselbe damit zufrieden sein und wir können 
dann auf die gebührende Würdigung unseres Standes rechnen. 
Laxheit freilich und ungerechtfertigter Optimismus, weil die 
Seuchen scheinbar augenblicklich in keinen so verheerenden 
Zügen auf treten, und weil man sich verschiedentlich einbildet, 
es gäbe auch sporadische Fälle, ist absolut ungerechtfertigt und 
schadet uns und der Landwirtschaft in jeder Beziehung. 


Referate« 

Ueber neue Versuche auf dem Gebiete der Seram- 
therapie. 

(Aus dem Institut für Infectionskrankheiten.) 

Von Prof. Dr. A. Wassermann. 

(Deutsche ined. Wochenschrift 1900, Seite 2R5.) 

Verfasser betont mit Recht die auffallende Thatsache, dass 
nach Behrings Diphtherieheilserum es anderen Sera nicht ge¬ 
lungen ist, in der gleichen Weise bei anderen Infections¬ 
krankheiten zu wirken. Der Unterschied des Diphterie- und 
Tetanusserum von der Menge der übrigen nicht populären Sera 
ist der, dass die genannten Sera ein specifisches Gegengift ent¬ 
halten, ein Antitoxin, also antitoxisch wirken, während die 
Sera gegen Cholera, Typhns-Pneumonie und die Unzahl der 
durch Streptococcen bedingten Krankheiten bacterieid wirken 
müssen, also im lebenden Organismus, ohne diesen selbst zu 
schädigen, die Bacterien aufzulösen haben, etwa wie Wachs in 
heissem Wasser verschwindet. — R. Pfeiffer hat eingehend 
über die Ursache dieser geringen Wirksamkeit der specifisch 
bactericiden Sera gearbeitet, besonders bei Typhus und Cho¬ 
lera — es gelang ihm aber nicht, wesentliche Erfolge mit seinem 
bactericiden Cholera- und Typhusserum, welches von maximal 
immunisirten Thieren stammte, zu erzielen. Eine wunderbare 
Erscheinung, denn im Blute von Menschen, welche Typhus 
überstanden haben, treten dieselben bactericiden Körper auf, 
welche auch in dem Heilserum vorhanden waren, es steht ausser 
Zweifel, dass diese Körper bei dem Zustandekommen der Typhns- 
heilung eine hervorragende Rolle spielen. 

Wassermann hat nun in dieser Richtung eigene Unter¬ 
suchungen angestellt und zunächst beobachtet, dass die bacte¬ 
riciden Sera nur solange eine bestimmte Wirkung entfalten;'als 
die Infection sich in gewissen Grenzen hält, ist diese über¬ 
schritten, so nützt es nichts, grosse Dosen von Serum zu in- 
jiciren, die Infection schreitet unbeirrt fort. — Es gelingt, wie 
Verfasser hervorhebt, nicht bei einem Typhus-Immunserum, 
welches in Menge von tyiooo ccm die Wirkung von 2 mg Typhus- 
cultur beim Zusammenmischen aufhebt, denselben Effect bei 
6 mg Cultur mit der dreifachen Serummenge auszulösen; ist 
eine bestimmte Menge Infectionsstoff überschritten, dann kann 
man soviel Immunserum, wie man will, zusetzen, die Thiere 
sterben sämmtlich. Das betreffende Thier kann so mit Immun¬ 
serum überschwemmt sein, dass man mit dem Peritonealexsudat 
der Leiche ein anderes Thier schützen kann, aber stets nur 
gegen eine bestimmte Menge, darüber hinaus versagt das 
Serum in jeder Menge. 

Ehrlich, Bordet-Morgenroth haben grundlegende Stu¬ 
dien über die Wirkungsweise der bactericiden Sera gemacht 
und betont, dass zwei Stoffe zum Abtödten und Auflösen der 
Bacterien gehören. Der eine Körper ist der Immun- oder 
Zwischenkörper, der andere der Endkörper oder Comple- 
raent, dieser letztere stellt eine Art verdauendes Ferment dar. 
— Der Immunkörper verbindet den Endkörper mit der Bacterien- 
zelle. Der bacterienlösende Endkörper ist in jedem nor¬ 
malen Organismus im Blute enthalten, dagegen ent¬ 
steht der Zwischenkörper erst bei der Immunisirung oder 
bei dem natürlichen Ueberstehen der Infektions¬ 
krankheit. — 

Nun wir diese Verhältnisse klar übersehen, müssen wir 
dem Verfasser Recht geben, wenn er sagt, dass das bacterien- 
tödtende Serum, um eine Wirkung zu erzielen, auf zwei Körper 


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20. December 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


605 


Rücksicht nehmen muss, einmal auf den Zwischenkörper, welcher 
in dem Immnnsemm vorhanden ist und bei der vorbereitenden 
Immunisirnng entstanden ist, zweitens aber muss das zu hei¬ 
lende oder zu schützende Thier auch genügende Mengen End¬ 
körper in seinem Blute aufweisen. Ist eine dieser Substanzen 
nicht vorhanden, so kommt eine Heilung nicht zu Stande. 

Bisher hat man doch nur grosse Mengen Zwischenkörper in 
den zu heilenden Organismus injicirt, sich aber um die vor¬ 
handene Menge von Endkörpern gar nicht gekümmert. Aus 
diesen Arbeiten übersehen wir doch mit einem Male ganz klar, 
warum wir das den Zwichenkörper enthaltende Immunserum in 
noch so grossen Mengen ohne Wirkung injiciren können — es 
fehlt in dem zu heilenden Organismus der Endkörper, welcher 
die Bacterienzelle löst; über diesen verfügt der Organismus nur 
in bestimmter Menge, ist diese aufgebraucht, so kann kein 
Quantum Immunserum etwas nützen. Wassermann hat nun 
im Verfolg der Ehrlich’sclien Arbeiten gleichzeitig mit dem 
Immunserum frisches Serum nicht vorbehandelter Thiere 
injicirt. — 

Aber, und nun kommt der springende Punkt: nicht jedes 
beliebige Serum eines nicht vorbehandelten Thieres enthält 
das zu dem Zwischenkörper passende Complement, 
erst das Experiment kann unter den verschiedenen Thierarten 
das zu dem Zwischenkörper passende Complement (Endkörper) 
anffinden. — Wie schwierig diese Aufgabe aber ist, erhellt 
aus folgendem Versuch: Um die Wirksamkeit eines Immun- 
serums bei Meerschweinchen zu erhöhen, könnte man einfach 
Serum nicht vorbehandelter Meerschweinchen hinzusetzen, da 
dieses doch gewiss passende Endkörper enthalten muss, aber 
die Versuche zeigen, dass die Endkörper im Serum derselben 
Thierspecres ausserordentlich leicht zn Grunde gehen — es 
muss also die geeignete Thierart durch das Experiment 
erst ausfindig gemacht werden! Wassermann hat 
Meerschweinchen mit Typhus inficirt und zu dem Typhus- 
Immun8eram frisches, normales Rinderserum hinzugefügt. 
Die Meerschweinchen erhielten zuerst 3 Oesen Typhuscultur, 
intraperitoneal, nach y 2 Stunde 0,5 ccm Typhus-Immunserum 
(Pfeiffer), intraperitoneal, mit 4 ccm frischem Rinderserum ge¬ 
mischt. Diese Thiere blieben am Leben, während diejenigen 
ohne Zusatz von Rinderserum, trotz Typhus-Schutzserum, zu 
Grunde gingen! — 

Es enthält also das Rinderserum den für den im Typhus- 
Immunserum enthaltenen Zwischenkörper passenden bacterien- 
lösenden Endkörper. Dr. Jess. 

Aaszug aus dem Bericht über das Ergebniss der im 
Winter 1899/1900 vorgenommenen Impfungen gegen 
Brustseuche der Pferde. 

Von Oberrossarzt C. Troester. 

ZeiUchr. f. Veterinlrk. XII. Jahrg. No. 7 (Juli I9CO). 

Bei Beginn der Impfungen gegen Brustseuche wurden 
50,0 Blutflüssigkeit verwandt, womit zwar ein gewisser Schutz 
erreicht wurde, der aber von zu kurzer Dauer war und nicht 
mit der Sicherheit eintrat, die zn einer wirksamen Bekämpfung 
der Seuche erforderlich ist. 

Es wnrden daher die Versuche mit steigenden Mengen 
fortgesetzt und Troester ist schliesslich bei dem Zehnfachen 
des Anfangsquantums, also 500 g angekommen. Es hat sich 
dabei ergeben, dass die Dauer des durch solche Impfungen er- 
theilten Schutzes mit der Menge der Impfflüssigkeit zunimmt 
und bei 500 g etwa 40 Tage beträgt. 


Diese Annahme wird gestützt durch die Betrachtungen an 
42 Pferden, wovon 6 nachträglich erkrankten und zwar je 1 
nach 32, 41, 47, 50, 65 und 77 Tagen. Vier dieser Thiere 
waren absichtlich zwischen schwer Kranke gestellt worden, um 
die Schutzkraft der Impfung zu prüfen. 

Bei den nichtgeimpften Pferden ging die Seuche ohne 
Unterbrechung weiter, um nach längerer Zeit ihr natürliches 
Ende zu linden. 

Wenn so die Ergebnisse wohl geeignet sind, zu weiteren 
Versuchen in dieser Richtung anzuregen, so schränkt allerdings 
die grosse Menge des Impfstoffes die Anwendbarkeit des Ver¬ 
fahrens wesentlich ein. Um 60 Pferde (ungefähr die Zahl der 
Ansteckungsfähigen einer Schwadron) zu impfen, ist das Blut 
von 15 Reconvalescenten erforderlich. Zur Erreichung dieser 
Zahl aber muss die Seuche schon ziemlich lange geherrscht 
haben, und der Pferdebestand ist so verseucht, dass an eine er¬ 
folgreiche Bekämpfung der Seuche nicht mehr zu denken ist. 

Dem Bezüge des Impfstoffes aus anderen Beständen steht 
aber die Schwierigkeit des Transportes entgegen; auch scheint 
längeres Aufheben den Impfstoff zu schädigen. 

Da wurde das von Wassermann angegebene Verfahren 
(Deutsche medic. Wochenschr., 1900, No. 18) zur Verstärkung 
der Wirksamkeit eines Serums bekannt, welches darin besteht, 
dass man demselben eine gewisse Menge von ganz unwirksamen 
Serum zusetzt. Es lag also nahe, zu versuchen, durch Zusatz 
unwirksamer Blutflüssigkeit die Immunisirungskraft des Pferde¬ 
blutplasmas zu erhöhen oder bei Erhaltung der Wirksamkeit die 
Menge des Impfstoffes zu vermindern. 

Tr. machte nach Analogie von Impfungen bei anderen 
Krankheiten einen Zusatz inactiven Plasmas von 0,8 pCt., er¬ 
niedrigte ferner willkürlich die Menge des Impfstoffes von 500 
auf 200 g, und will später noch weiter bis auf 100 herunter¬ 
gehen, da mit dem kleineren Quantum die Impfungen sich früh¬ 
zeitiger und viel leichter ausführen lassen. 

Das Plasma wurde etwa eine Stunde vor der Impfung her¬ 
gestellt, die Beimischung des inactiven Antheiles unmittelbar 
vor der Impfung ausgeführt. Die Einsprizung der 200 g erfolgte 
vor der Brust mit einem Einstich. 

In dieser Weise wnrden 61 Pferde der 14. Artillerie-Bri¬ 
gade geimpft, der gesammte noch gesunde Bestand. Davon er¬ 
krankte ein Thier nach fünf Tagen, war also schon zur Zeit 
der Impfung inficirt (200 gaben auch ohne Verstärkung Impf¬ 
schutz für etwa 14 Tage) und eins nach 42 Tagen. 

Ebenso wurden 58 Pferde der 5. Escadron des Dragoner- 
Regiments No. 19 geimpft, die auch bis jetzt gesund blieben. 
Allerdings waren hier nur die benachbarten Ställe verseucht. 

So war der Stand im März d. Js.; die inzwischen bei 
mehreren Hundert Pferden ausgeführten Impfungen, 
über die später zu berichten sein wird, haben die 
Brauchbarkeit dieser Methode bestätigt. 

Troester nennt zum Schluss unser derzeitiges Arbeiten 
noch ein Umhertappen im Dunkeln und erwartet Besserung 
hierin erst von der Feststellung der Ursache der Krankheit. 
Da aber die Auffindung des Erregers der Brustseuche eine sehr 
schwierige Aufgabe ist, beanspruchen die Schutzimpfungen noch 
immer unser Interesse, zumal sie jetzt anfangen für die 
Praxis nutzbringend zu werden. 

Endlich empfiehlt Troester mit einer nach Wassermann 
durch Zusatz von unwirksamem Blutplasma activirten Blutflüssig¬ 
keit Heilversuche zu machen. Nevermann. 


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Ö06 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 51. 


Eine neue färberische Darstellung der sogenannten 
Kapseln der Milzbrandbacillen. 

(Zeitsohr. f. i-lin. Milehbygieno 1900, Dccembcr.) 

Herr Polizeithierarzt Wolf Raebiger-Hamburg ging bei 
der Inangriffnahme seiner Versuche von dem Gedanken aus, bei 
Darstellung der Präparate die Fixation durch die Flamme zu 
umgehen und durch ein Härtungsverfahren zu ersetzen. Wolf 
Raebiger entdeckte in dem Formalin das geeignete Mittel. 
Durch Herstellung von Formalinfarben kann man gleichzeitig 
Fixation und Färbung erzielen. 

Zur Bereitung der Farbe schütte man käufliches For¬ 
malin (40 pCt.) auf Gentianavioletpulver, rühre die Masse um 
und lasse sie einige Stunden z. B. über Nacht stehen. Weil 
Formalin Gentianaviolet kräftig auflöst, nehme man etwa das 
Verhältniss 15—20 g G. auf 100 bis 150 g F. Die Farbe ist 
gut, wenn sich nicht alles aufgelöst hat. Die so kalt gesättigte 
Forraalinfarblösung wird filtrirt, was nur langsam von statten 
geht, und ist sogleich gebrauchsfertig. Formalingentianaviolet 
ist eine dickliche, glycerinartige Flüssigkeit mit goldig schim¬ 
mernder Oberfläche. Die Farbe ist gut haltbar. 

Die Färbung der Ausstrichpräparate geschieht nach¬ 
dem sie lufttrocken geworden sind, und zwar ohne vorherige 
Erwärmung. Eine Ueberfärbung findet nicht statt. Nachdem 
das Präparat abgespült, ist es für die Untersuchung fertig. Die 
Milzbrandbacillen zeigen sich in den so behandelten Präparaten 
in ihrer characteristischen Form, nebst den Kapseln ohne all 
und jede Schrumpfung (in wunderbarer Schärfe, wie ich mich 
selbst überzeugen konnte. — D. Ref.). Gleichzeitig werden 
selbst Milzbrandsporen durch die Formalinfarblösung spätestens 
in \: t Minute sicher abgetheilt. In faulendem Material genügt 
selbst der Nachweis eines einzigen MilzbrandbacillumiFür 
Massenuntersuchungen kommt man vielleicht mit Zrifhülfe- 
nahnie des Flambirens schneller fort, aber den feineren Ban der 
Bacterien wird man entschieden mit Wolf Raebigers For¬ 
malinfarbe am besten ergründen können. Kühn au. 

Jodcaliuiii-Infiisioiisapparat. 

(Tlik'riirztl. fYiitrallilatt 1900 Xr. 

Der Apparat, welcher vom Thierarzt Stampfl in Wilhelms¬ 
burg (Oesterreich) construirt worden ist, besteht aus einer 
weithalsigen Flasche, die etwa 1000 ccm Inhalt hat und mit 
einem doppelt durchbohrten Kautschukpfropfen verschlossen ist. 
In der einen Bohrung steckt ein kurzes, in der andern ein 
langes Glasrohr, das bis auf den Boden der Flasche reicht. Mit 
dem kurzen Glasiohr ist ein ca. 2 in langer Gunimischlanch 
verbunden, an dessen freiem Ende ein Infusionscathcder an¬ 
gebracht ist. Der Gummischlauch wird durch einen Quetseh- 
liahn vei schlossen. 

Zum Gebrauch wird der Apparat mit einer Lösung von 
10 g Jodcalinm in 800 g Wasser gefüllt und darauf nach Ver¬ 
schluss mit dem Kautschukj.tropfen umgekehrt, dass letzterer 
nach dein Boden gerichtet ist. Nach Oeft'nung des Sperrhahnes 
steigt Luft durch das lange Rohr in die Flasche und die 
Flüssigkeit fliesst durch den Katheder ab und kann mit Hülfe 
desselben in die Zitzen iniündirt werden. 

Um die Jodcaliumlösung gleichmässig auf die Euterviertel 
vertheilen zu können, ist die Flasche mensurirt, sodass die ab¬ 
geflossene Quantität abgelesen werden kann. 

Der Apparat hat weiter den Vorzug, dass die steril be¬ 
reitete Jodcaliumlösung möglichst keimfrei bleibt, wenn das 


lange Glasrohr mit einem Wattepfropfen verschlossen wird. 
Eine Infection de3 Euters wird auf diese Weise möglichst ver¬ 
mieden. 

Den Apparat kann sich jeder Thierarzt selbst leicht her- 
steilen. 

Ueber die externe Anwendung des Tannoform. 

Von Spindlcr-Wien. 

(Thierärzll. (Vntralblatt 1900, No. 20.) 

Das Tannoform, eine Verbindung des Tannin mit Formal¬ 
dehyd, gehört zu den besten Streupulvern, die wir heute be¬ 
sitzen. Verf. rühmt die ausgezeichneten desinficirenden, des- 
odorisirenden, adstringirenden und schorfbildenden Eigenschaften 
des Mittels. Die Ungiftigkeit, Geruchlosigkeit und der billige 
Preis sichern dem Pulver eine ausgebreitete Anwendung in der 
Veterinärpraxis. Wunden an Körperstellen, wo sich kein Ver¬ 
band anlegen lässt, werden nach dem Reinigen und Abwaschen 
mit einer Desinfectionsfliissigkeit mit Tannoform bestreut, worauf 
sich ein gleichmässiger Schorf bildet, unter welchem sich die 
Heilung vollzieht. Lässt sich durch die Kruste noch Absonde¬ 
rung wahrnehmen, so wird das Verfahren täglich wiederholt bis 
auf Fingerdruck Wundsecret nicht mehr hervorquillt. Bei 
üppiger Granulation wird dem Tannoform Alaun zugesetzt. 
Druckschäden nehmen einen günstigen Verlauf bei Behandlung 
mit einer Salbe bestehend aus Tannoform und Adeps Lanae im 
Verhältnis von 1 : 4—5. Erfolgreich lässt sich das Mittel auch 
gegen Mauke und Geschwüre verwenden. Ueberraschend ist die 
Wirkung beim Ekzema rubrum oder madidans des Hundes. 
Mittels Zerstäuber wird in diesem Falle soviel Pulver auf¬ 
getragen bis die Oberfläche vollkommen trocken ist, das Ein¬ 
stäuben wird täglich wiederholt, ohne den Schorf zu entfernen. 
Durchschnittlich pflegt in 5 Tagen Heilung einzutreten. Eiterige 
und selbst hämorrhagische Fälle dieser Dermatitis heilen schnell 
bei dieser Behandlung. 

Ueber Kiihlpasten. 

iMtlift. f. i>r. Dermatol«. .10. Allg. Mo«l. Crntz. 49 1900.) 

Unna empfiehlt Kühlpasten von folgender Coraposition: 


Zinci oxvdati 15,0 j Adipis lanae 20,0 

Snlfuris 15,0 01. rap. 10,0 

Terr. silic. 10,0 Aqu. destill. 30,0 

Mf. P. 

Ugt. lenient. 10,0 

Amyli 5.0 

Magnes. carbon. 2,5 

Aqu. destill. 5,0 

M. adde 

! Vaselin. 5,0 

Pasta Zinci mollis in drei Stärken: 

01. Lini 20,0 25,0 20,0 

Aqu. Calcis 20,0 25,0 20,0 

Zinci oxydati 30,0 15,0 40,0 

Cretae prop. 30,0 25,0 20,0 


Zu der Pasta Zinci mollis wird zur Schmerzlinderung Opium, 
Extr. Cannabis, Cocain zugesetzt, zur Herabsetzung des Juck¬ 
reizes 01. cadin., Menthol, Thymol. Sie findet passend Ver¬ 
wendung bei nässenden Eczemen, Verbrennungen zweiten Grades 
und allen artificiellen Dermatitiden. Dr. Jess. 


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20. Deceuiber l'JUU. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


607 


Tagesgeschichte. 

Central-Vertretung der thierärztlicheu Vereine 
Preussens. 

Vorläufiger Privatbericht. 

Von Schmaltz. 

Die VII. Pleuar-Versammlung der iin Jahre 1886 von Pütz 
zur Förderung rein preussischer Standesfragen begründeten 
Central-Vertretung trat am 15. December in Berlin unter dem 
Vorsitz des Geheimen Medicinal-Rathes Prof. Dr. Esser zu¬ 
sammen. Vertreter waren mit 63 Stimmen alle preussischen 
thierärztlichen Vereine mit Ausnahme der Regierungsbezirks- 
Vereine von Aachen und Trier, sowie des Vereins der Schlacht¬ 
hausthierärzte des Regierungsbezirks Arnsberg. 

Die Verhandlungen nahmen zwei Tage in Anspruch, wobei 
die erste Sitzung 8 Stunden währte. Trotzdem wäre viel¬ 
leicht die Erledigung der sehr starken Tagesordnung noch 
schwieriger gewesen, wenn nicht, im Gegensatz zu anderen 
Sitzungen, eine gewisse Neigung, die Erörterungen abzukürzen, 
vorhanden gewesen wäre. Dies erklärte sich einmal aus der 
Thatsache, dass die wichtigsten Berathungsgegenstände bereits 
in früheren Sitzungen erschöpfend verhandelt worden waren 
und diesmal gewissermassen nur einer Superrevision unterzogen 
wurden. Unverkennbar trat aber auch noch ein anderer Grund 
hervor. Es scheint mit uns Thierärzten jetzt so zu stehen, wie 
mit den Franzosen. Diese starren, nach dem bekannten Aus¬ 
spruch, hypnotisirt nach dem Loch in den Vogesen und lassen 
dadurch ihren Blick von anderen Dingen ablenken. Wir con- 
centriren unsere ganze Theilnahme, unsere ganze Hoffnung und 
Leidenschaft auf die Dinge, die da kommen sollen im Reichstag. 
In dem Gefühl, dass dort die wahre Entscheidung über Alles 
liegt, bleibt vorläufig unser Interesse bei anderen Vorgängen 
und Erörterungen ein oberflächlicheres, als sonst. 

Trotzdem gelangte die Versammlung zu ganz befriedigenden 
Resultaten. Der ofücielle Bericht wird veröffentlicht werden.*) 
Heute sollen nur die Beschlüsse nebst einer kurzen Zusammen¬ 
fassung mitgetheilt werden. 

Der Präsident eröffnete die Versammlung mit einem Hoch 
auf S. Majestät und gab sodann einen Geschäftsbericht. Die 
Beschlüsse der vorigen Versammlung seien sämmtlich erledigt, 
bis auf zwei Punkte, die staatlich anzuerkennende thierärztliche 
Standesvertretung und die Stellung der Thierärzte in der Thier¬ 
zucht. Diese beiden Gegenstände befinden sich nochmals auf 
der diesmaligen Tagesordnung. 

Nach einem Bericht von Schmaltz wird beschlossen, wegen 
der Ausführung der Büsten von Gurlt, Hertwig und Spinola 
nunmehr die einleitenden Schritte zu thun und dieselben nach 
Massgabe der einlaufenden Mittel nach einander in der obigen 
Reihenfolge hersteilen zu lassen. Vorerst soll mit dem Bild¬ 
hauer Dammann, dem Schöpfer der Directoren-Büsten in der 
Aula zu Hannover, darüber verhandelt werden. 

Darauf wurde der wichtigste Punkt 6 der Tagesordnung 
„Nothwendigkeit des Verbotes der Impfungen mit virulenten 
Culturen durch Laien“ vorweggenommen. Nach den Referaten 
vou Esser und Foth und nachdem von mehreren Seiten Aus¬ 
dehnung der zu fassenden Resolution auf Tuberculin etc. 
empfohlen war, wurde von Esser folgende allgemein gefasste 

*) In der B. T. W. wird die Veröffentlichung mit der ersten 
Nummer des neuen Jahrganges beginnen, da sie im laufenden Jahre 
ganz nicht mehr zu Ende geführt werden könnte und eine Ver- 
theilung des Berichts auf 2 Jahrgänge allgemeinen redactionellen 
Gepflogenheiten widersprechen würde. 


Resolution empfohlen und einstimmig angenommen: Ver¬ 
sammlung beschliesst: dem Herrn Minister eine Denk¬ 
schrift zu überreichen, mit der Vorstellung, dass eine 
baldige gesetzliche Regelung dieser Materie dringend 
erwünscht sei. 

Zugleich wurde bekannt, dass dieser Gegenstand vom Herrn 
Minister bereits der technischen Deputation zur Berathung zu¬ 
gewiesen sei. Die Denkschrift der C.-V. kann also erwünschtes 
Ergänznngsmaterial liefern und wird schleunigst zu erstatten sein. 

An zweiter Stelle wurde über Punkt 8 der Tagesordnung 
„Zusammensetzung der C.-V.“ verhandelt. Dieser Gegenstand 
stand in einem gewissen Zusammenhang mit der Gründung eines 
besonderen Vereins der Kreisthierärzte. Am Tage vorher hatte 
sich diese Gründung unter dem Titel „Verein der beamteten 
Thierärzte“ vollzogen. Es waren zwar nur ca. 40 Mitglieder 
in der constituirenden Versammlung anwesend gewesen, dagegen 
hatten sich 200 zum Beitritt gemeldet. Der Begründer und 
Vorsitzende dieses Vereins, Kreisthierarzt Thun ecke, hatte 
nun bei der Plenarversammlung der C.-V. mündlich den Antrag 
gestellt, den Verein unter die von der C.-V. vertretenen Vereine 
aufzunehmen. 

Der Referent Schmaltz verbreitete sich im Allgemeinen 
über die im thierärztlichen Stande herrschende, an sich grossen- 
theils berechtigte Unzufriedenheit, über die neuerdings gemachten 
Vorschläge zu energischerer Förderung thierärztlicher Be¬ 
strebungen, über die Empfehlung der politischen Tagespresse 
zu Agitationen und endlich über die, ebenfalls der Unzufrieden¬ 
heit entspringenden Versuche zu Neubildungen in der Standes¬ 
organisation. Er warnte eindringlich vor Zersplitterung in 
Berufsgruppen. Kreisthierärzte, Sanitätsthierärzte, Privatthier¬ 
müssten in Provincial- bezw. Bezirks-Vereinen Zusammenhalten. 
Die Provincialvereine müssten der „rocher de bronce“ sein für die 
Standesorganisation. Diesen Standpunkt nehme er nicht etwa 
neuerdings gegenüber dem Verein der Kreisthierärzte ein; den¬ 
selben habe vielmehr schon 1895 die C. V. scharf präcisirt in 
einer Resolution, welche sich gegen die damals angebahnte Ab¬ 
splitterung der Sanitätsthierärzte richtete. Damals habe die C. V. 
abg^lehnt, künftig noch Sondervereine von Berufsgruppen anzu¬ 
erkennen. Darauf fussend, könne sie das auch jetzt nicht thun. 
Um aber in anderer Form allen Wünschen zu genügen, bean¬ 
trage er (der Referent), die besonderen Delegirten-Mandate zur 
C. V. überhaupt abzuschaffen und zu beschliessen, dass in der 
Plenar-Versamralnng der C. V. jedes Mitglied der gemischten 
(Provincial-, Bezirks-) Vereine Sitz und Stimme habe. Dann 
könnten soviel Kreisthierärzte etc., als nur immer wollten, in der 
C. V. ihre Interessen vertreten. 

Der Referent blieb mit diesem Antrag jedoch fast allein. 
Die Versammlung lehnte denselben mit erdrückender Majorität 
ab und ebenso lehnte sie es ab, den Verein der beamteten 
Thierärzte, sowie den Verein rheinpreussischer Schlachthof¬ 
thierärzte den durch die C. V. repräsentirten, alle Berufs¬ 
gruppen umfassenden, Vereinen gleichzustellen*). Schmaltz 
machte darauf, um jedenfalls den Frieden zu wahren, den 
Vermittlungsvorschlag man möge neben den nach bisherigem 
Modus von Provinzial- etc. Vereinen gewählten Delegirteu 
noch je 10 Kreisthierärzte, Sanitätsthierärzte und Privatthier¬ 
ärzte als besondere Interessenvertreter als Delegirte zur C. V. 

*) Der einzige in der C. V. vertretene Specialisten-Verein ist 
der Verein der Schlachthofthicrärzte des Beg.-Bez. Arnsberg, welcher 
derselben bereits angehörte, bevor sie den obenerwähnten Beschluss 
von 1895 fasste. 


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608 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 51. 


ernennen und deren Präsentation den genannten Berufsgruppen 
überlassen. Esser schlug vor, im Ausschuss der C. V. jeder 
der drei Gruppen speciell einen Sitz zu reserviren. 

Angesichts der unverkennbaren Schwierigkeiten beantragt 
Malkmns, behufs reiflicher Erwägung die Abstimmung über 
diese Anträge auf den nächsten Sitzungstag zu vertagen, was 
geschah. Am folgenden Tage erklärte Thunecke für seine 
Person, den Antrag auf Entsendung von Delegirten zur C. V. 
seitens des Vereins beamteter Thierärzte fallen zu lassen. Da¬ 
mit wurde auch der letztgenannte Antrag Schmaltz über¬ 
flüssig. Dem Verein rlieinpreussischer Schlachthofthierärzte soll 
anheimgegeben werden, behufs seiner Vertretung in der C. V. 
Anschluss an den rheinischen Provinzialverein zu nehmen. 

Darauf wurde der Ausschuss neu gewählt. Als Präsident, 
Schriftführer und Kassirer wurden Esser, Schmaltz und 
Heyne einstimmig wieder in den Ausschuss gewählt, während 
gemäss dem Vorschläge Essers als Beisitzer ein Kreisthierarzt, 
ein Schlachthofthierarzt und ein Privatthierarzt, nämlich 
Thunecke, Colberg und Brücher, gewählt wurden. 

Zugleich wurde eine Resolution Malkmus einstimmig an¬ 
genommen: „C.-V. wünscht, dass die ihr zu gehörenden 
Vereine sämmtliche, ihnen der Mitgliederzahl nach zu¬ 
stehenden Delegirten-Mandate einzeln besetzen und 
dabei alle Interessengruppen berücksichtigen“. Mit 
der Befolgung dieser Resolution würde in der That jede etwaige 
Unzufriedenheit mit der Zusammensetzung der C.-V. unterbunden. 
Es liegt jetzt an den einzelnen Vereinen, diesen der Billigkeit 
entsprechenden Wunsch zu befriedigen. 

Damit war die „brennende“ Tagesfrage in einer Weise er¬ 
ledigt, der hoffentlich Niemand bei ruhiger Erwägung das ernste 
Streben nach Gerechtigkeit und Einigkeit wird versagen können.*) 

Zu Punkt 7 der Tagesordnung, der danach verhandelt 
wurde, referirten Eberlein und Preusse. Auf der VI. Ver¬ 
sammlung hatte Peters die allgemeine Anregung gegeben, nach 
einer staatlich anzuerkennenden Standesvertretung zu 
streben. Jetzt sollte der Art der Ausführung näher getreteten 
werden. Eberlein befürwortete Thierärztekammern ohne 
Disciplinarbefugniss, Preusse staatliche Anerkennung unserer 
jetzigen Vereins-Organisation, etwa nach bayerischem Muster. 
Die Majorität stellte sich auf Seite Preusse’s, wählte im 
Uebrigen auf Eberl ei n’s Vorschlag eine Commission (Esser, 
Brücher, Peters, Preusse, Schmaltz, Thunecke) zur weiteren 
Bearbeitung. 

Ich möchte hier privatim die Meinung aussprechen, dass die 
Kammer-Vertretung, namentlich die Disciplinar-Befugniss, wie 
man an den Aerzte-Karamern sieht, Schattenseiten hat, dass 
aber die Anerkennung der jetzigen Vereine ohne Zwangsbeitritt 
formelle Schwierigkeiten haben dürfte. Es wird Aufgabe der 
Commission sein, die Frage der Ausführbarkeit massgebend auf¬ 
zuklären. Erweist sich die Anerkennung der Vereine schon formell 
als unthunlich, so würde eine folgende Plenar-Versammlung natür¬ 
lich auf die Kammern zurückkommen können. Als eilig kann diese 
Angelegenheit um so weniger behandelt werden, als vor etwaiger 
Einrichtung officieller Vertretung sich die wohl sicher auch 
dem thierärztlichen Stande bevorstehenden Reformen vollzogen 
haben müssen. 

Darauf folgte die Behandlung von Punkt 3 der Tages¬ 
ordnung „Stellung und Besoldung der Kreisthierärzte“. Es griff 

*) Bezüglich aller weiteren Begründungen etc. muss der officielle 
Bericht abgewartet werden. 


die Ueberzeugung Platz, dass der Medicinal-Reform, die durch 
den diesjährigen Etat bekanntlich abgeschlossen werden wird, 
eine Veterinär-Reform wohl unmittelbar folgen werde. Eben 
desshalb aber sei es nothwendig, von inzwischen neu auf¬ 
getauchten Gesichtspunkten aus die Beschlüsse der letzten Ver¬ 
sammlung nochmals zu prüfen. Referent Bermbach gelangte 
zu der Ansicht, dass jene Beschlüsse an einigen Stellen un¬ 
zulänglich gewesen seien und befürwortete die Annahme folgender 
Grundsätze für die Stellung der Kreisthierärzte: Gehalt 1200 bis 
2400 M.; Tagegelder für den ganzen Tag 12 M., für den halben 
Tag bis zu 6 Stunden Dauer 9 M.; Pensionsberechtigung von 
einem fingirten Einkommen bis zu 4800 M.; Versetzung in die 
erste Klasse der Subalternbeamten mit Verleihung des persön¬ 
lichen Ranges der V. Klasse nach einer Anzahl von Dienstjahren 
und als Auszeichnung Verleihung eines einfachen Rathstitels.*) 

Die Versammlung acceptirte diese Grundsätze. Nur wurde 
beschlossen, das Höchstgehalt auf 3000 M. anzugeben und, falls 
sich eine Anrechnung von Nebenbezügen auf die Pension als 
unthunlich erweisen sollte, eine weitere Erhöhung des Grund¬ 
gehaltes zu beantragen, da die Gewährung auskömmlicher 
Pensionen mit das Wesentlichste sei und gerade hierin Gleich¬ 
stellung mit anderen Beamten verlangt werden dürfe. Die Ver¬ 
sammlung beschloss, in einer Eingabe dem Herrn Minister 
ihre Wünsche nach Massgabe der oben genannten 
Sätze darzulegen. Andere Schritte wurden zur Zeit nicht 
als zweckmässig erachtet. Nur wurde Bermbach mit der Ein¬ 
sammlung der von ihm seiner Zeit augeregten Statistik beauftragt. 

Ueberdie Thierzuchtfrage referirten Lothes nndMarks. 
Es wurde folgende Resolution beschlossen: 1. Das thierärzt¬ 
liche Staatsexamen ist bezüglich der Berechtigung der Prüfung 
als Thierzuchtinspector gleich zu erachten. 2. Ben Thier¬ 
ärzten ist Sitz und Stimme in den Kör- und Prämiirungs- 
Commissionen einzuräumen. 3. Den der Central - Vertretung 
angehörenden Vereinen ist eine weitgehende Berücksichtigung 
der Thierzuchtfragen zur Pflicht gemacht. 

Die Frage, ob sich angesichts der bevorstehenden Aender ung 
des Schlachthausgesetzes eine Eingabe an den Landtag, betr. 
der Stellung der Sanitätsthierärzte empfehle, wurde vom 
Referenten Schräder und von Colberg im Ganzen verneinend 
beantwortet. Schräder empfahl einen anderen Weg, indem er 
nachwies, dass auf Grund der Ausführungsanweisung zum 
Communalbeamtengesetz die Aufsichtsbehörde eingreifen könne. 
Colberg schloss sich dem im Allgemeinen an. Zudem sei ja 
an den Landtag schon eine Petition erstattet. Eine Eingabe 
an den Herrn Minister zwecks Einwirkung auf die Aufsichts¬ 
behörden wird daher als das Zweckmässigste empfohlen. Die 
Versammlnng beschliesst demgemäss. Sie beschliesst ferner, 
uach einem Vorschläge Colberg’s, einen Fragebogen, ähnlich 
dem für die Kreisthierärzte von Bermbach entworfenen, an die 
Schlachthöfe zu versenden, um die Anstellungsverhältnisse der 
Schlachthofthierärzte festzustellen. Mit der Eingabe an den 

*) Dies hat natürlich zur Voraussetzung, dass zunächst die 
Departementsthierärzte Veterinär-Käthe werden. Ob man sie 
zu Regierungs- u. Veterinär - Räthen macht, oder einfach zu 
Veterinär-Räthen, unter Gleichstellung mit den Bauräthen etc., mag 
dahingestellt bleiben. Der Rathstitel aber muss es jedenfalls sein. 
Jeder andere wäre eine Verschlechterung statt einer Verbesserung. 
Dies ist auch die allgemeine Meinung der Departementsthierärzte. 
Die Bezeichnung „Veterinär-Rath“ ist die gegebene. Sie ist als 
persönlicher Titel schon eingeführt in Baden und Mecklenburg. 
Dass auch eine Körperschaft diesen Namen führt ist kein Hinder¬ 
niss; andernfalls würde der Deutsche Veterinärrath seinen Namen 
gern ändern. 


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20. December 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


609 


Herrn Minister soll jedoch auf das Ergebniss dieser Enquete 
nicht gewartet werden. 

Schliesslich wurde noch das Verhalten des Stuttgarter 
Vereins (Unfallversicherung) mit einigen Beispielen belegt, 
welche die Versammlung zu der Ueberzeugung brachten, dass 
die durch den Vertrag angestrebten Vergünstigungen für die 
Thierärzte illusorisch seien, dass desshalb der Vertrag beim 
Ablauf (1902) nicht wieder erneuert werden solle und es jedem 
Thierarzt überlassen bleiben müsse, sich seine Versicherungs- 
Gesellschaft selbst auszuwählen. 

Arndt dankte dem Präsidenten Esser für seine Leitung 
der Geschäfte und seine selbstlose Hingabe an die thierärztliche 
Sache. Esser fand für die Versammlung ein schönes Schluss¬ 
wort. Ich bin, sagte er, wohl heute der Aelteste. Da will ich 
schliessen mit dem Wort des alten Attinghausen: Seid 
einig, einig, einig! 

Bei dem Festmahl brachte Koschel in köstlichen Versen 
einen Toast auf die „Vieharzneikunst“ aus, der in seiner 
drolligen, freilich auch mit bittrer Satyre gemischten, Wahrheit 
allgemeinen Jubel hervorrief. 

Im Anschluss an die Centralvertretung hielt der thierärzt¬ 
liche Unterstützungs - Verein unter Preusses Vorsitz seine 
Sitzung ab. Er nahm den günstigen Kassenbericht entgegen, be¬ 
schloss einstimmig die Eintragung in das Vereins-Register, ge¬ 
nehmigte die dazu nöthigen Statuten-Aenderungen und votirte 
dem Vorsitzenden Preusse und dem Kassirer Heyne seinen 
Dank für die vortreffliche Geschäftsführung. 

Die segensreichen Wirkungen dieses Institutes beginnen 
sich bereits zu zeigen. Leider sind die Mittel noch klein. 
Mögen Alle es sich angelegen sein lassen, die Aufmerksamkeit 
Anderer auf den Unterstützungsverein zu lenken. Neulich hat 
der Departementsthierarzt Schell dem rheinischen Verein 
20 000 Mark vermacht. Assessor Wolff schenkte der thier¬ 
ärztlichen Hochschule zu Berlin 12000 Mark; auch eine andere 
Stiftung wird bekannt. Sollten nicht alle solche Zuwendungen 
den hochherzigen Absichten der Geber am besten dienen, wenn 
sie dem Unterstützungsverein zugewendet würden? Gewiss giebt 
es Viele, welche in der Lage sind und beabsichtigen, Theile 
ihres Vermögens für die Zukunft gemeinnützigen Zwecken dienst¬ 
bar zu machen. Ihnen sei der Unterstützungs-Verein ans Herz 
gelegt. Bayern hat eine thierärztliche (allerdings mit Staats¬ 
hülfe gegründete) Unterstützungskasse mit einer halben Million. 
Da wäre ein edler Wettstreit wünschenswerth. 

Neuordnung des ärztlichen Studiums. 

Dem Bundesrath ist der Entwurf einer Bekanntmachung, 
betreffend die Approbation als Arzt zugegangen. Die Vorlage 
soll an Stelle der Bekanntmachung über die ärztliche Prüfung 
vom 2. Juni 1883 treten, deren § 2 lautet: „Die Approbation 
wird Demjenigen ertheilt, welcher die ärztliche Prüfung voll¬ 
ständig bestanden hat.“ Diese Fassung soll durch folgende 
neue ersetzt werden: 

„Die Approbation wird Demjenigen ertheilt, welcher die 
ärztliche Prüfung vollständig bestanden und den Bestimmungen 
über das practische Jahr entsprochen hat. 

Der ärztlichen Prüfung hat die Ablegung der ärztlichen 
Vorprüfung vorherzugehen. 

Die Zulassung zu den Prüfungen und zum practischen Jahre 
sowie die Ertheilung der Approbation sind zu versagen, wenn 
schwere strafrechtliche oder sittliche Verfehlungen vorliegen.“ 

In der Begründung der Vorlage wird u. A. gesagt: Die 
gesteigerten Ansprüche, welche die moderne raedicinische 
Wissenschaft an die Ausbildung der Aerzte stellt, sowie daneben 
die Mängel, welche bei der practischen Handhabung der unter 
dem 2. Juni 1883 ergangenen Bestimmungen über die ärztliche 


Prüfung und über die ärztliche Vorprüfung sich fühlbar gemacht 
haben, lassen es wünschenswerth erscheinen, die schon seit 
längerer Zeit schwebende Revision jener Prüfungsordnungen 
nunmehr zur Erledigung zu bringen. Der zu diesem Behuf auf- 
gestellte neue Entwurf einer Bekanntmachung über die Appro¬ 
bation als Arzt, in welchem die bisher getrennten Vorschriften 
für die ärztliche Vorprüfung und fiir die ärztliche Prüfung zu 
einer einheitlichen Verordnung znsararaengefasst sind, enthält 
gegenüber dem geltenden Rechtsznstande folgende wesentliche 
Aenderungen. 

1. Verlängerung der Studienzeit. Die Zunahme des 
Lehrstoffes in sämmtlichen Disciplinen und die Nothwendigkeit., 
Specialfächer, welche in den letzten Jahren an Bedeutung ge¬ 
wonnen haben, in den Lehrplan einzufügen, andere Lehrzweige 
— vor Allem die Irrenheilkunde — in erweitertem Maasse zu 
berücksichtigen, lassen es unmöglich erscheinen, das gesammte 
Gebiet der Medicin in neun Semestern gründlich in sich auf¬ 
zunehmen. Die Verlängerung des Universitätsstudiums ist des¬ 
halb allseitig als nothwendig anerkannt. Was das Maass der 
Verlängerung betrifft, so ist die Zeit von fünf Jahren für ge¬ 
nügend erachtet worden, namentlich auch mit Rücksicht auf die 
in dem Entwürfe weiterhin vorgesehene Einführung eines ein¬ 
jährigen practischen Vorbereitungsdienstes nach Abschluss der 
wissenschaftlichen Ausbildung. 

2. Einführung eines „practischen Jahres“. Nach Ablegung 
der ärztlichen Prüfung sollen die Candidaten unter den Augen 
erfahrener und bewährter Aerzte noch einen practischen Vor¬ 
bereitungsdienst durchmacben und von dessen ordnungsmässiger 
und vorwurfsfreier Zurücklegung wird die Ertheilung der Appro¬ 
bation abhängig gemacht. 

3. Vermehrung und anderweitige Gliederung des Prüfungs- 
stoffes. Anatomie und Physiologie sind als wesentliche Grund¬ 
lagen der wissenschaftlichen Vorbildung festgehalten worden 
und haben insofern noch eine stärkere Betonung ihrer Bedeutung 
erfahren, als für die Zulassung zur Vorprüfung der Nachweis 
über die Theilnahme an den Präparirübungen, während zweier 
Halbjahre und an dem microscopisch-anatomischen sowie an 
einem physiologischen Practicum während eines Halbjahres, 
ferner der Nachweis über den Besuch einer Vorlesung über 
toppgraphische Anatomie verlangt werden. Ferner ist den 
Speciälrächern mehr Rechnung getragen und die gerichtliche 
Medicin und die Geschichte der Medicin stärker betont als 
bisher. 

4. Anderweite Bewerthung der Prüfungsfächer. Bei 
der Ermittelung der Gesammtcensur wird die Censur für die 
anatomische Prüfung mit fünf, diejenige für die physiologische 
mit vier, die Censur für die physikalische und chemische Prüfung 
je mit zwei multiplicirt, diejenigen für die Prüfungen in Zoologie 
und Botanik je einfach gerechnet und die Summe durch fünfzehn 
getheilt. 

5. Festsetzung der Prüfungsgebühren. Die Gebühren 
für die gesammte Vorprüfung werden von 36 auf 90 Mk. er¬ 
höht, der Betrag für die ärztliche Prüfung von 206 auf 200 Mk. 
herabgesetzt. 

6. Aenderung der Zulassungsbedingungen. Die Zu¬ 
lassung der Abiturienten der Realgymnasien und der Oberreal¬ 
schulen zu den medicinischen Prüfungen ist unter bestimmten 
Voraussetzungen ausdrücklich ausgesprochen. 

7. Vorkehrungen zur Beschleunigung der Prüfungen. 
Um künftig eine Verschleppung der Prüfungen, wie sie unter 
den jetzigen Vorschriften möglich ist und auch thatsächlich in 
erheblichem Umfange stattgefunden hat, wirksamer vorzpbeugen, 
hat der Entwurf eine Reihe neuer Bestimmungen getroffen. Für 
den Fall des Nichterscheinens oder nicht rechtzeitigen Erscheinens 
zur Prüfung kann z. B. der Candidat des ganzen Gebührenbe¬ 
trages für verlustig und ausserdem in der Prüfung oder in 
einzelnen Fächern für nicht bestanden erklärt werden. (B. L. A.) 

Dass eine Neuregelung der ärztlichen Organisation im 
Werke war, ist seit lange bekannt gewesen. Dass dieselbe jetzt 
verwirklicht wird, ist für die Veterinärmedicin ein Vortheil, 
denn es kann dadurch die endliche Durchführung einer Reform 
des Studiums der Veterinärmedicin nur angeregt und erleichtert 
werden. 

Der Gesetzentwurf enthält zwei besonders bedeutungsvolle 
Punkte, die unbedingt auch die Neugestaltung des veterinär- 
medicinischen Studiums beeinflussen werden. 


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610 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 51. 


Das Sensationelle ißt die Zulassung der Abiturienten des 
Realgymnasiums und der Oberrealschule zum Stndinra der 
Medicin „unter bestimmten Bedingungen“. Ich persönlich halte 
die „Gleichberechtigung“ der drei Schnlen für einen unverein¬ 
baren Widerspruch mit ihrer thatsächlichen inneren Ungleichartig¬ 
keit. Indessen uns darf es nur lieb sein, wenn dadurch die 
Exclusivität des medicinischen Studiums verringert wird. Unser 
Streben nach der Maturität kann dadurch nur erleichtert werden. 

Die practisch wichtigste Neuheit ist die Einführung des 
„practischen Jahres“ als Ergänzung des Studiums, eine Ein¬ 
richtung, die unbedingten Beifall verdient und die wir sicher 
ebenfalls nachahmen oder vielmehr wieder beleben werden, denn 
wir hatten dieselbe bekanntlich schon früher in Bayern. 

Die Verlängerung der Studiendauer auf 10 Semester kann 
verschieden beurtheilt werden. Sechs Jahre Ausbildung ist reich¬ 
lich. Indessen werden auch wir jedenfalls auf 8 Semester gehen. 

Zu bedauern ist, dass die Reform der Examina unvollständig 
geblieben ist. Viele Autoritäten haben dringend befürwortet, 
Anatomie und Physiologie in einem Mittelexamen zn isoliren 
und beide Fächer sowohl aus dem Physicum als aus dem Staats¬ 


examen herauszunehmen. Ich halte diese Entlastung beider 
Examen für sehr nützlich. Leider schwindet jetzt auch für die 
Veterinärmedicin die Aussicht, diese Verbesserung zu erreichen. 

Schiualtz. 

Thierärztliche Hochschule zu Berlin. 

Der Professor Eggeiing zu Berlin ist für die Amtsperiode vom 
I. Januar 1901 bis dahin 1904 zum Rector der Königlichen Thierärztlichen 
Hochschule zu Berlin ernannt worden. 

Diese Nachricht wird, wie weiter nicht begründet zu 
werden braucht, Alle, die es mit den thierärztlichen Hochschulen 
gut meinen, mit herzlichster Freude erfüllen. S. 

Abiturientenexamen. 

Der Ausschuss der Posener Landwirthschaftskammer hat 
sich für das Abitnrientenexamen ausgesprochen. 

f 

Der Kreisthierarzt Niebel ist, als ein Opfer der Wissen¬ 
schaft, gestorben. Er ist einer Rotzinfection erlegen, die er 
sich bei wissenschaftlichen Versuchen zngezogen hatte. 


Staatsveterinärwesen. 

Redigirt von Preusae. 


Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preussen am 30. November 1900. 


Regicru ngsbezirk 

Die Seuche 
i: 

Kreisen 

! herrschte 

n 

Gemeinden 

(Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 1 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht: 

Königsberg. 

1 

1 

0,25 

Gumbinnen. 

3 

9 

2,54 

Marienwerder. 

5 

11 

4,84 

Potsdam. 

9 

58 

22,41 

Frankfurt. 

1 

1 

0,37 

Stettin. 

5 

14 

7,46 

Köslin. 

2 i 

3 

0,15 

Stralsund. 

4 ; 

17 

19,08 

Posen. 

4 i 

5 

1,52 

Bromberg. 

3 

5 

2,25 

Breslau. 

6 

10 

2,63 

Liegnitz. 

4 

7 

2,49 

Oppeln. 

2 

3 

1,07 

Magdeburg. 

12 

80 

55,56 

Merseburg. 

11 

36 

15,57 

Schleswig. 

1 

1 

0,47 

Hannover . 

2 

3 

4,77 

Hildesheim. 

5 

13 

17,96 

Lüneburg . 

7 

36 

24,42 

Stade . 

2 

2 

2,75 

Osnabrück . 

2 

2 

3,57 

Münster. 

3 

3 

8,77 

Minden. 

1 

2 

3,92 

Arnsberg . 

1 

1 

1,18 

Cassel. 

7 

15 

8,97 

Wiesbaden. 

4 

5 

5,34 

Coblenz. 

3 

5 

4,79 

Düsseldorf. 

8 

11 

25,58 

Cöln. 

4 

4 

13,51 

Trier. 

1 

1 

0,89 

Aachen. 

3 

3 

7,69 

Hohenzoilern-Sigmaringen 

2 

3 

23,62 

Summa: 

128 

370 

— 


Nachweisung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche 
am 30. November 1900. 

Es waren am 30. November 1900 in nachstehenden Regiernngs- 
; bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

1 Preussen: R.-B. R.-B. Königsberg 3 (0). Gumbinnen 1 (1). 
Marienwerder 2 (5). Berlin 1. Potsdam 3 (3). Stettin 1 (1). 
Köslin 1 (1). Posen 3 (3). Bromberg 3 (3). Breslau 2 (2). 
Liegnitz 2 (3). Oppeln 2 (3). Hannover 1 (i). Hildesheini 1 (i). 
Arnsberg 3 (3). Düsseldorf 1 (1). Bayern: R.-B. Oberbayern, 
i Niederbayern, Pfalz, Mittelfranken je 1 (1). Sachsen: Kreis- 
i hauptm. Dresden 1 (1). Leipzig 2 (2). Zwickau 1 (1). Baden: 

I Lande8comra. Freiburg 1 (2). Mecklenburg-Schwerin, 

| Anhalt: 1 (1). Bez. Ober-Elsass 2 (8) [= 58 Gemeinden mit 
77 Gehöften]. 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
i Bayern: R.-B. R.-B. Oberbayern 15 (32), Niederbayern2(2), 
Pfalz 1 (1), Oberpfalz 6 (17), Oberfranken 8 (14), Mittelfranken 
5 (6), Unterfranken 6 (8), Schwaben 18 (92). Sachsen: 
Kreishauptm. Bautzen 1 fl), Leipzig 1 (1), Zwickau 2 (2). 
Württemberg: Neckarkreis 2 (2), Schwarzwaldkreis 6 (9), 
JagBtkreis 1 (1), Donaukreis 9 (30). Baden: Landescomm. 
Freiburg 3 (3). Hessen: Provinz Starkenburg 1 (1), Ober¬ 
hessen 4 (7). Mecklenburg-Schwerin: 7 (46). Sachsen- 
Weimar: 1 (1). Oldenburg Herzogth. Oldenburg: 3 (5). 
Braunschweig: 4 (10). Anhalt: 4 (12). Waldeck: 1 (3). 
Bremen: 1 (1). Elsass-Lothringen Bez. Unter-Elsass: 
2 (3). Bez. Lothringen: 3 (4). [= 684 Gemeinden mit 

1518 Gehöften]. 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. R.-B. Liegnitz 1 (1), Magdeburg 1 (4), 
Merseburg 2 (2), Erfurt 1 (1), Hannover 1 (1). Bayern: 
R.-B. Niederbayern 1 (1). [= 10 Gemeinden mit 11 Gehöften]. 

D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest): 
Preussen: R.-B. R.-B. Königsberg 6 (10), Danzig 2 (4), 
i Marienwerder 6 (10), Berlin 1 (1), Potsdam 5 (11), Frankfurt 
4 (6), Stettin 4 (8), Köslin 3 (4), Stralsund 1 (2), Posen 


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20. December 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


10 (26), Bromberg 3 (5), Breslau 11 (27), Liegnitz 8 (10), 
Oppeln 9 (22), Magdeburg 1 (2), Merseburg 2 (2), Schleswig 
2 (2), Hannover 3 (4), Hildesheira 2 (4), Lüneburg 1 (1), 
Osnabrück 1 (1), Arnsberg 3 (3), Kassel 2 (2), Wiesbaden 
2 (6), Düsseldorf 5 (7), Köln 1 (1), Trier 3 (3). Bayern: 
R.-B. Ober-Bayern, Nieder-Bayern je 1 (1), Pfalz 1 (2), Ober¬ 
franken 1 (3). Sachsen: Kreishauptm. Dresden, Leipzig, 
Chemnitz, Zwickau je 1 (1). Mecklenburg-Schwerin: 3 (3). 
Oldenburg: Herzogtli. Oldenburg 1 (1), Wal deck: 1 (2). 
Lippe: 1 (4). Hamburg 2 (2). 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen etc. 

In München ist am 6. er. die Seuche ausgebrochen und 
wieder erloschen. Ausbrüche sind ferner gemeldet aus Dresden 
am 7. und aus Magdeburg am 10. December, welche am 11. er. 
wieder erloschen sind. Endlich ist die Seuche am 10. er. in 
Essen, am 11. in Mannheim, am 14. in Frankfurt a. M. aus¬ 
gebrochen, jedoch am gleichen Tage wieder erloschen. 

Fleischschau und Viehhandel. 

Redigirt von Kflhnau. 

Berlin: Auszug aus dem Fleischschaubericht für Monat November 1900. 

A. Schlachthof. 



Rinder 

Kälber 

Schafo 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht 

15 542 

10 297 

31917 

72 750 

Ganz beanstandet .... 

322 

55 

14 

. 346 

Ueberhaupt mit Tuberculose 
behaftet. 

2 825 

51 

2 

2 738 

Davon gänzlich verworfen . 

119 

7 

2 

47 

„ sind zur Sterilisation ge¬ 
eignet befunden . . . 

74 

6 


154 

„ theilweise verworfen . . 

3 

— 

— 

— 

Also vollständig freigegeben 

2 629 

38 

— 

2 537 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 

— 

19 

Mit Finnen behaftet . . . 

96 

3 

— 

42 

Stark finnig, technisch ver- 
werthet. 


2 


18 

Finnig und wässerig, tech¬ 
nisch verwerthet .... 





Schwach finnig, zur Kochung 
geeignet befunden . . . 

96 

1 


24 

Ausserdem wegen Behaftung 
mit Kalkconcrementen, mul¬ 
tiplen Blutungen u. s. w. sind 
zur Kochung geeignet be¬ 
funden . 




39 


An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei 
Kindern 6354 Stück, bei Kälbern 219 Stück, bei Schafen 5074 Stück, 
bei Schweinen 13295 Stück. 


B. Unterguchungggtationcn. 



Rinder- ! 
viertel ■ 

Kälber 

Schafe 

i Schweine 

Untersucht. 

23 391 

13 773 j 

2 432 

1 11680 

Beanstandet. 

97 

34 

— 

6 

Wegen Tuberculose wurden 
beanstandet. 

34 

j 


1 

Davon sind zur Sterilisation 
geeignet befunden . . . 

8 ! 

— 

— 

— 

Mithin gänzlich verworfen . 

26 

— ; 

— 

— 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— . 

— 

— 

Mit Finnen behaftet.... 

— 

— 

— 

— 

Davon schwach finnig, zur 
Kochung geeignet befunden 

_ 

1 

_ . 

- _ 


Unter dem eingefiihrten Fleisch waren 975 dänische Rinder¬ 
viertel, 2 dänische Kälber und 105 Wildschweine. 


Berlin, den 7. December 1900. Der städtische Oberthierarzt 

Reissmann. 


611 

Fleischvergiftung in Grünau und Bohnsdorf. 

Das gerichtliche Nachspiel der auch in Nr. 38 der B. T. W. 
erörterten Fleischvergiftung hat zu einer Freisprechung des 
beschuldigten Fleischers geführt und zwar aus dem Grunde, weil 
nicht nachgewiesen werden konnte, dass der Schlächter Sch. die 
Bemerkung des Thierarztes Rieger, dass das Fleisch nur im 
gekochten Zustande genossen werden dürfe, gehört habe. 

Prof. Dr. Ostertag hat das von der Polizei beschlagnahmte 
Fleisch untersucht. Das Fleisch hat äusserlich schmierig aus¬ 
gesehen und einen leichten Fänlnissgeruch wahrnehmen lassen, 
innen jedoch habe es wie gutes normales Fleisch ausgesehen. 
Mit dem Fleisch gefütterte Mäuse sind nach zwei Tagen gestorben, 
und konnten Bacterien naebgewiesen werden. Mit dem gekochten 
Fleisch gefütterte Mäuse sind am Leben geblieben. Ostertag 
begutachtete, dass die Kuh an einer septischen Krankheit, wie 
er annehme, im Anschluss an den Magen- und Darmkatarrh, 
gelitten haben müsse. Das Fleisch der nothgeschlachteten Kuh 
habe Veranlassung zu den Erkrankungen bei den Menschen gegeben. 

Werth der Tuberouiinprobe. 

Das Schlussergebniss der von der Königlichen Landwirt¬ 
schaftlichen Gesellschaft in England über den Werth der Tuber- 
culinprobe angestellten Versuche bei Rindern wird in dem von 
Lord Brongham and Vaux, Sir Nigel Kingscote, Sir 
George Brown und Prof. Mc. Fadyean erstatteten Berichte 
folgendermassen zusamraengefasst: 

„Tuberculin ist nicht unfehlbar, insofern, als in jedem Falle 
nach der Einspritzung eine Zeit vorhanden ist, während welcher 
es eine Reaction nicht hervorruft und einige der beschriebenen 
Versuche zeigen, dass diese Zeitperiode länger sein kann, als 
bisher vermuthet worden ist. Aber selbst, wenn diese Irrthums- 
mögliahkeiten in Berechnung gezogen werden, ist dennoch das 
Tuberculin nach Meinung der Commission ein Hülfsmittel von 
grossem Werth, denn es übertrifft bei weitem alle anderen 
Arten der Diagnose, und bei exacter Anwendung ist es bei der 
Bekämpfung der Tuberculose von ausserordentlichem Werth“. 

Eben weil es nicht unfehlbar ist, sollte nach Ansicht des 
„Live Stock Journal“ seine Anwendung nie zwangsweise vor¬ 
geschrieben werden, sondern dem freiwilligen Ermessen des Be¬ 
sitzers überlassen bleiben. 

Neue Conservirungsmethoden. 

Conservirung abgekühlten Fleisches. Die das kalte 
Fleisch enthaltenden Behälter oder Theile des Transportwagens 
werden mit gefrorenem bezw. auf tiefe Temperaturen ab¬ 
gekühltem Blut oder in Stücke geschnittenem Fett umgeben, 
wobei man bei der Ventilation zweckmässig die im Transport¬ 
wagen befindliche Luft über diese Kühlmittel streichen lässt. 
(Patent Classe 53c No. 112417.) 

Trichino8is in Spanien. 

In Murcia sind, wie die Allgem. Fl. Z. mittheilt, über 
200 Personen an Trichinosis erkrankt. Die Krankheit verläuft 
z. Th. tödtlich. Die Untersuchung des ersten Todten hat über 
die Krankheit, welche zum Tode führte, Gewissheit gebracht, 
aber auch grosse Bestürzung in der Stadt hervorgerufen. 

Viehhandei. 

Wie in No. 49 d. J. berichtet wurde, hat in Bayern die 
Regierung angeregt, an den Viehmärkten den Handel nach 
Lebendgewicht einzuführen. In einer am 6. Dec. d. J. in Nürnberg 
abgehaltenen Delegirten-Versammlung, welche aus allen Gauen 


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612 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 51. 


Bayerns beschickt worden war, haben die Fleischer einmüthig 
gegen diese Beschränkung der Handelsfreiheit Stellung ge¬ 
nommen. Das Grossvieh soll nach dem Handelsmodus gehandelt 
werden können, welcher den Parteien am practischsten erscheint. 

In Wien, wo der Handel nach Lebendgewicht eingeführt 
ist, streben die Fleischer mit aller Macht eine Aenderung an, 
und hat sich auch der Wiener Gemeinderath für den freien 
Handel erklärt. 

Maul- und Klauenseucheforschung. 

Im landwirtschaftlichen Verein Für die Rheinprovinz ist 
von der Section Viehzucht beantragt, dass das Vereinspräsidium 
die hohe Staatsregierung ersuchen möge, mit allen Mitteln die 


Erforschung des Erregers der Maul- und Klauenseuche zu Fördern, 
da erst nach dessen Auffindung eine wirksame Bekämpfung 
dieser Krankheit möglich ist. Ebenso mögen die gesetzlichen 
Bestimmungen zur Verhinderung der Verbreitung der Seuche 
streng gehandhabt werden, insbesondere diejenige betreffs der 
Anzeigepflicht. 

Erlöschen der Maul- und Klauenseuche in Argentinien. 

Nach einer Kabelmeldung aus Buenos Ayres vom 9. Dec. d. J. 
ist ein Decret veröffentlicht, welches die Maul- und Klauen¬ 
seuche in Argentinien für erloschen erklärt. Schiffssendungen 
von lebendem Vieh müssen mit amtlichen Attesten versehen 
sein, welche bescheinigen, dass die Thiere vollkommen gesund sind. 


Personalien. 

Ernennungen: Grupe, Assistent der Poliklinik der Berliner 
Thierärztl. Hochschule, zum coinm. Kreisthierarzt in Krefeld. 

Gewählt: Thierarzt Haffner-Aschersleben zum Sehlachthof- 
director in Düren (Rheinprov.). 

Examina: In Berlin wurden approbirt die Herren Hermann 
Burchhardt, Karl Hertha, Max Jungmann, Nicolaus Schwarz. 

Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in Berlin 
die Thierärzte Emil Augat-Rixdorf, Albert Bauer-Berlin, Franz 
Koskc-Berlin, Otto Römer-Hannover, Franz Schaper-Hannover, 
August Schotte-Dingelstedt. 

Thierarzt Oyen ist von der philosophischen Facultät der 
Universität Leipzig zum Dr. phil. promovirt worden. 

Wohn8itzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬ 
arzt Tiburtius von Themar (Sachsen-Meiningen) nach Soldau 
(Ostpr.). — Thierarzt Aloys Hei ne n hat sich in Königshoven (Reg.- 
Bez. Köln) niedergelassen. 

In der Armee: Beförderungen: Rakettc, Rossarzt von der 
C’avallerie-Stabswache des Armee-Obercommandos vom ostasiatiBchcn 
Expeditionscorps, zum Oberrossarzt. Zu einj.-freiw. Unterrosäiirzten 
die Einjährig-Freiwilligen Kärnbach im 1. Garde-Drag.-Rgt., 
Genther im 14. Hus.-Rgt. und Zapf im 4. Kür.-Rgt. — Ver¬ 
setzungen: Seegmüller, Unterrossarzt im 14. Feld-Art.-Rgt., zum 
14. Drag.-Rgt., Bicsterfeld, Unterrossarzt von der Escadron Jäger 
zu Pferde I. Anneccorps (Kilr.-Rgt. No. 3), zur südwestafricanischen 
Schutztruppe. Abgegangen ist der Unterrossarzt Lange vom 12. 
Drag.-Rgt. 

In Bayern: Befördert sind die Veterinäre Forthuber (1. Train- 
Bat.) und Rössert (8. Feld - Art. - Rgt.), letzterer unter Versetzung 
zum 2. Chev.-Rgt. zu Stabsveterinären, Cornelius, Unterveterinär 
der Res. zum Veterinär der Res. — Anton Maier, Veterinär im 
3. Chev.-Rgt. zum 8. Feld-Art.-Rgt. versetzt. 

Todesfälle: Kreisthierarzt Riechei mann-Harburg a. E. 


Yacanzen. 

Kreisthierarztstellen etc.: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Reg.-Bez. Stade: Blumenthal zum 1. Februar 1901 (600 M.), 
Bewerbungen bis 10. Januar an den Regierungs-Präsidenten. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Reg.-Bez. Coblenz: Simmem. — R.-B. Hannover: Springe. — 
R.-B. Potsdam: Angermünde. 

Sanitätsthierarztstelien : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Königsberg i. Pr.: Schlachthausthierarzt (2000 M., Wohnung etc.; 
6wöeh. Künd.). Bew. bis 31. Dec. a. d. Direct, d. Schlachthofes. — 
Neidcnburg: Schlachthausvcrwalter zum 1. Januar 1901 (3 monat¬ 
liche Kündigung; 1500 M. Wohnung etc.; Privatpraxis in dienst¬ 
freier Zeit; 500 M. Caution.) Bewerbungen an den Magistrat. — 
Solingen: Schlachthofdirector (3000 M. und 600 M.) Miethsent- 
schädigung, event. freie Wohnung etc. Anstellung voraussichtlich 
zum 1. Mai auf 12 Jahre: keine Praxis.) Bewerb, bis 15. Januar a. 
d. Oberbürgermeister. — Treuen: Sanitätsthierarzt (ca. 2500 M. aus 


der FleiBchschau; Privatpraxis). Bewerbungen bis 20. December an 
den Bürgermeister. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte Stellen: 
Beuthen (Oberschles.): Schlachthofassistenzthierarzt. — Elbing: 
Assistenzthierarzt am Schlachthof. — Hartha i. Sachs.: Sanitäts¬ 
thierarzt. — Lauenburg: Schlachthofvorsteher. — Mainz: Schlacht¬ 
hofthierarzt. — Meseritz: Schlachthofthierarzl. — Ottweiler (Bez. 
Trier): Schlachthausverwalter. — Oelsnitz (Sachsen): Thierarzt für 
Schlachtvieh- und Fleischbeschau. — Pössneck: Thierarzt für 
Praxis und Fleischbeschau. — Punitz i. Pos.: Thierarzt für Schlacht¬ 
viehbeschau. — Salzwedel: Schlachthof - Vorsteher. — Wanne: 
Schlachthofvorsteher. — Wamsdorf. —Wolkenstein: Schlacht¬ 
hofthierarzt — Wo 11 stein (Posen): Schlachthofinspector. 

Prlvatstellen : 1899 bekannt gegebene: Asbach (Kr. Neustadt). 
— Kemberg. — Kotzenau i. Schl. — Lamspringe. — Landeck 
(Westpr.). — Lasdehnen (Kr. Pillkallen). — Murrhardt. — Schön¬ 
baum (Danzig). 

1900 bekannt gegebene: Bojanowo. — Eickel. — Festen- 
berg Bez. Breslau. — Jade (Oldbg.): Thierarzt. — Laufenfelden 
(Hessen-Nassau): Thierarzt (1800 M. Fixum.) Meldungen an das 
Bürgermeisteramt — Marggrabowa(KreisOletzko).— Mengering¬ 
hausen (Waldeck). — Peiskretscham (Ober-SchleB.). — Rhinow 
(Reg.-Bez. Potsdam). — Schloppa (Westpr.). — Schwarzen¬ 
berg i. S. — Sonnenburg. — Suelze (Mccklb.). — Wadern 
(Bez. Trier): Thierarzt. — Weilerbach (720 Mk. Fixum). Gesuche 
bis 26. December an das Bürgermeisteramt 

Besetzt: Kreisthierarztstelle in Krefeld, Sanitätsthier¬ 
arztstelle in Düren. 

Im deutschen Veterinär-Kalender befindet sich ein Inserat 
der Perleberger Vieh-Versicherungs-Gesellschaft. In diesem ist 
der Garantie- und Reserve-Fonds mit 153 886 057 M. angegeben, 
während er in Wirklichkeit 153 886 M. 57 beträgt. Der ge¬ 
nannten Gesellschaft ist von anderer Seite deshalb der Vorwurf 
unrichtiger Angabe gemacht worden. Die Unterzeichneten ent¬ 
sprechen gern der Bitte der Perleberger Viehversicherungs- 
Gesellschaft, sie gegen den Verdacht absichtlich unrichtiger An¬ 
gabe in Schutz zu nehmen durch die Erklärung, dass es sich 
in jenem Inserat lediglich um einen Druckfehler handelt. In 
dem Originaltext des Inserates, der in den Acten des 
Unterzeichneten Verlegers aufbewahrt ist, ist die Zahl 
wie folgt geschrieben: 153 886 57. Der Setzer hat in den 
zweiten Zwischenraum der, statt eines Korama’s, Mark von 
Pfennigen trennen sollte, eigenmächtig eine Null eingeschoben, 
die im Manuscript nicht stand. Das Verschulden an 
dem Druckfehler trifft allerdings den Bureaubeamten der Ge¬ 
sellschaft, dem das Inserat zur Revision des Satzes übersandt 
worden ist und der den Fehler nicht gefunden hat. Für die 
Beurtheilung kann aber nur die Thatsache entscheiden, dass der 
Originaltext des von der Gesellschaft aufgegebenen Inserates 
die durchaus richtige Zahlenangabe enthalten hat. 

Professor Schmaltz. Richard Schoetz. 


Verantwortlich für Uoa Inhalt (eicl. Insoratenthell): Prof. Dr. Schmält/ in Berlin. — Verlag nnd Eigenthum von Richard Schoets in Berlin. — Druck von W. Bttxen»teln, Berlin 


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Die „Berliner ThierSrxtHcbe Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in Stärke von mindestens l 1 /, Bogen. Dieselbe 
ist zu beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 108») 
oder durcli die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoctz, Berlin NW., Lnlsenstrasse 38, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeltrige werden mit 50 Hk. für den Bogen honorlrt. 
Alle Manuscripto, Mittheilungen und redactionellcn An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schraaltz, 
Berlin thierärztliche Hochschule, NW., I.uiscnstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Redaction: 

Professor Dr. Schmaltz- Berlin. 

Verantwortlicher Redacteur. 

De Bruln KQhnau Dr. Lothes Dr. Peter Peters Preusse Dr. Schlegel Dr. Vogel Zündel 

Professor Oberthierarzt Departementsthierarzt Professor Departeraontsthierarzt Vetorlnärassessor Professor Landes-Insp. f. Tliierzucht Kroi-thlerarzt 

Utrecht. Hamborg. Cöln. Breslau. Bromberg. Danzig. Freiburg i. Br. München. Mülhausen i. E. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 


Jahrgang 1900. 



Ausgegeben am 27. December. 


Inhalt: Loeffler und Uhlenhuth: Ueber die Schutzimpfung gegen die Maul- und Klauenseuche, im Besonderen über die 
practische Anwendung eines Schutzserums zur Bekämpfung der Seuche bei Schweinen und Schafen. — 
Hajnal: Hydrops ascites beim Rinde und Heilung desselben. — Oppenheim: Achsendrehung. Darmruptur mit eonse- 
cutiver Peritonitis bei einem Zugochsen. — Maier: Badischer Viehvorsichorungs-Verband. Jahresbericht 
tiir 1899. — Tagesgeschichte: Bericht über die Generalversammlung des Vereins der Thieriirzte des Regierungsbezirkes 
Düsseldorf. — Protocoll der XXXV. Generalversammlung des Vereins der Thierärzte des Reg.-Bez. Wiesbaden. — Thier- 
ärztliche Gesellschaft zu Berlin. — Verschiedenes. — Personalien. — Vacanzen. 


Ueber die Schutzimpfung gegen die Maul- und 
Klauenseuche, im Besonderen Uber die practische 
Anwendung eines Schutzserums zur Bekämpfung 
der Seuche bei Schweinen und Schafen. 

Von 

Prof. Dr. Loeffler und Dr. Uhlenhuth, 

Geh. Mi-ilicinzlratli. Stabsarzt. 

(Aus dem hygienischen Institut zu Greifswald.) 

Wie bereits auf dem internationalen thierärztlichen C 011 - 
gresse zu Baden-Baden *) im August 1899 mitgetheilt worden 
ist, haben die Untersuchungen der Commission zur Erforschung 
der Maul- und Klauenseuche in dem hygienischen Institute zu 
Greifswald zur Herstellung eines Serums geführt, dessen Wirk¬ 
samkeit durch absolut beweisende Versuche an Ferkeln dar- 
gethan werden konnte. Wenn man die für ein Ferkel tödtliclie 
Dosis Lymphe mit steigenden Mengen des Serams vermischt und 
diese Gemische einer Reihe von Ferkeln einspritzt, so sieht 
man, dass von einer gewissen Dosis Serum an das Serumlymphe- 
gemisch nicht nur nicht mehr tödtet, sondern nicht einmal mehr 
krank macht. Spritzt man einer Reihe von Ferkeln steigende 
Mengen des Serums ein and bringt dann diese Ferkel in einen 
Stall, in welchem sich andauernd frisch kranke Thiere befinden, 
d. h. setzt man dieselben einer intensiven natürlichen Infection 
aus, so erkranken die Ferkel von einer bestimmten Dosis Serum 
an nicht. 

Dieser Sernmschutz hält je nach der Menge des ein¬ 
gespritzten Serums verschieden lange Zeit an; bei kleinen Dosen, 
0,1 ccm pro Kilo Ferkel, etwa drei Wochen, bei grösseren 0,2, 0,3, 
0,5 ccm pro Kilo Ferkel vier bis acht Wochen. Eine absolut genaue 
Proportionalität der Dauer des Serumschutzes und der Menge des 
eingespritzten Sernms besteht indessen nicht, weil die einzelnen 
Thiere sich individuell etwas verschieden verhalten bezüglich 
der Schnelligkeit, mit welcher sie das Serum ausscheiden. 

Auch bei Rindern konnte die Wirksamkeit des Serums mit 
Sicherheit nachgewiesen werden. Stellt man sich Gemische 

*) Deutsche Thierärztl. Wochenschrift, No. 36, 1899. 


einer gewissen Menge, V-^o—'/io ccm > einer wirksamen Lymphe 
mit steigenden Serummengen her und spritzt man diese Gemische 
i Rindern in die Blntbahn ein, so zeigt es sich, dass, wie bei den 
Ferkelversuclien, schon kleine Mengen von Serum — einige 
Cnbikcentimeter — genügen, um die krankmachende Wirkung 
der Lymphe aufzuheben. Spritzt man nun aber einer Reihe von 
Rindern steigende Seruramengen ein und setzt dann die Rinder 
i der natürlichen Infection aus, so findet man, dass sehr grosse 
Serummengen erforderlich sind, nm den Thieren einen Schutz 
zu gewähren. Die Menge betrügt etwa 0,4 ccm pro Kilo. 
Handelt es sich darum, ausgewachsene, schwere Thiere zu 
schützen, so sind daher die absoluten Serummengen pro Thier 
| relativ sehr grosse. Für ein Rind von GOO Kilo würden z. B. 

1 240 ccm Serum von der besten bisher erzielten Qualität er- 
! forderlich sein, um dasselbe gegen die natürliche Infection zu 
j schützen. 

Der durcli das Serum erlangte Schutz ist nun aber ein sehr 
: viel kürzere Zeit währender wie bei den Ferkeln. Er er¬ 
streckt sich durchschnittlich nur anf etwa 14 Tage und wird 
i ancli nicht ein wesentlich längerer, wenn man die Serumdosis 
noch weiter anf 0,5, 0,6, 1,0 ccm pro Kilo erhöht. 

Diese Verhältnisse Hessen es von vornherein als fraglich 
| erscheinen, ob eine Ser um Schutzimpfung bei Rindern in der 
| Praxis angängig sein würde. 

Für die durch die grossen Serummengen bedingten Kosten 
i ist die nur für kurze Zeit reichende Dauer des Schutzes kein 
• genügendes Aequivalent. Da bei dem Herrschen der Seuche in 
einem Bezirke die hochempfänglichen Rinder längere Zeit der 
Infectionsgefahr ausgesetzt zu sein pflegen, so müsste die Ein¬ 
spritzung der gleichen grossen Serummengen in etwa 14 tägigen 
Zwischenräumen wiederholt werden, bis die Infectionsgefahr vor- 
i über wäre. Die Kosten der Schutzimpfung würden alsdann so hohe 
werden, dass dieselbe practisch nicht durchführbar wäre. Die 
Commission ist daher bestrebt gewesen, für die Schutzimpfung 
der Rinder ein Verfahren aufzufinden, welches denselben eine 
, active, lange andauernde Immunität verleiht. Zahlreiche Me- 


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614 


BERLINER THIERÄRZTLICIIE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52. 


tlioden sind nach dieser Richtung hin an über 3000 Rindern 
geprüft worden. Vielfach sind die Ergebnisse in den Versuchs- 
Ställen und auch in den praetischen Versuchen sehr befriedigende 
gewesen. Die Methode ist indessen in allen ihren Einzelheiten 
noch nicht so sicher beherrschbar, dass sie in der Praxis 
empfohlen werden könnte. Die Commission ist zur Zeit noch 
mit der weiteren Bearbeitung und Durcharbeitnng derselben 
beschäftigt. 

Sehr aussichtsvoll aber erschien nach den sehr 
günstigen Versuchsergebnissen an den Ferkeln eine 
practische Durchführung der Serumschutzimpfung bei 
Schweinen und Schafen. Diese Thierspecies sind einmal 
weniger empfänglich für die Seuche wie die Rinder, dann 
kommen sie, mehr abgeschlossen in ihren Ställen, in weniger 
intensive Berührung mit den Menschen wie jene. Ferner sind 
die zu ihrem Schutze nothwendigen Seruramengen wegen 
des geringeren Körpergewichts relativ geringe und endlich 
dauert der durch das Serum gewährte Schutz eine relativ 
lange Zeit. 

Der Nutzen, welcher aus einer Schutzimpfung dieser Thier¬ 
species resultiren würde, ist nicht gering zu veranschlagen. 
Erfahrungsgemäss sterben, wenn die Seuche in Schweine- 
züchtereien ausbricht, sehr viele Ferkel an derselben, auch 
leiden die Zuchtsauen Schaden, so dass der regelmässige Betrieb 
erheblich gestört oder sogar ganz lahmgelegt werden kann. 
Bricht die Seuche unter tragenden Schafen aus, so verlammen 
dieselben sehr häufig, auch gehen zahlreiche Lämmer, ebenso wie 
die Ferkel in Folge der Infection zu Grunde. Als ein weiteres 
Moment, welches zu Gunsten einer Schutzimpfung der Schweine 
namentlich spricht, ist der Umstand anzusehen, dass durch ge¬ 
triebene Schweineheerden erfahrungsgemäss die Seuche sehr 
häutig verschleppt wird. Sind die Thiere schutzgeimpft, so 
können sie nicht erkranken und werden deshalb nicht zur Ver¬ 
breitung der Seuche beitragen. Aus allen diesen Gründen schien 
es wünBchenswerth, zunächst ein Urtheil darüber zu gewinnen, 
ob das an Ferkeln als wirksam erwiesene Serum sich practisch 
verwendbar zur Schutzimpfung der Schweine und Schafe zeigen 
würde. An Gelegenheiten, diesbezügliche Versuche anzustellen, 
fehlte es nicht, da in Vorpommern, im besonderen in der 
Umgebung der Stadt Greifswald die Seuche im Laufe des letzten 
Jahres in erheblichem Umfange geherrscht hat. 

Diese praetischen Versuche haben nun ein durchweg 
günstiges Ergebniss gehabt. Zum Beweise einige Beispiele: 
ln Str. bei Herrn v. H. L. war die Seuche unter einer Herde von 
416 Schafen ausgebrochen. Zwei Tage nach der Feststellung der 
Seuche wurden 28 Schafe, welche anscheinend noch gesund waren, 
mit Serum geimpft. Am Tage nach der Impfung erkrankten vier 
am zweiten Tage drei von den geimpften Thieren. Diese 
Thiere befanden sich schon im Stadium der Incubation, da die 
Dauer derselben erfahrungsgemäss mindestens 2—3 Tage be¬ 
trägt. Die übrigen 21 sind nicht erkrankt, während alle nicht 
geimpften Thiere der Herde erkrankt sind. Von den Schafen 
getrennt, fanden sich ebendort 22 Zuchtböcke. Von diesen 
wurden 15 geimpft, 7 nicht. Von den geimpften Thieren er¬ 
krankte kein einziges, von den sieben nicht geimpften 
aber sechs. Vier in den nächsten Wochen eingetroffene, sehr 
werthvolle Schafböcke wurden sofort geimpft und blieben gesund, 
wiewohl sie mit der kranken Herde zusammen gebracht wurden. 

Auf dem betreffenden Gute breitete sich die Seuche auch auf 
die Rinder aus; alle Rinder erkrankten. Es lag daher die Gefahr 


nahe, dass auch der umfangreiche Schweinebestand erkranken 
würde. Um nun einen beweisenden Versuch zu haben, wurde 
mit der Schutzimpfung gewartet, bis ein Erkrankungsfall unter 
den Schweinen aufgetreten sein würde. Ein solcher ereignete 
sich dann auch nach einiger Zeit, und es wurden nunmehr 
sämmtliche Schweine, Ferkel, Pölke, Sauen und Eber der Serum- 
itnpfnng unterzogen. Von den geimpften Thieren sind zwei 
am zweiten Tage nach der Impfung erkrankt. Diese waren 
ohne Zweifel bereits inficirt vor der Impfung. Sämmtliche 
übrigen Thiere sind andauernd gesund geblieben. 

In G. bei Herrn P. war die Seuche unter dessen grossem 
Schweinebestande ausgebrochen. Die Schweine waren in zwei 
getrennten Ställen untergebracht; in dem einen, welcher 40 
Thiere enthielt, war noch kein Erkrankungsfall vorgekommen. 
Diese Thiere wurden mit Serum geimpft und sind andauernd 
gesund geblieben. Zwei von diesen Thieren wurden in eine 
Bucht des verseuchten Stalles gebracht, in welcher kranke 
Thiere lagen, auch diese haben widerstanden. 

In dem anderen Stalle lagen in verschiedenen Buchten 
gegen 100 Schweine, darunter eine Anzahl Sauen mit Ferkeln. 
Mehrere der letzteren waren bereits an der Seuche verendet, 
als die Impfung vorgenommen wurde. 15 Ferkel waren schwer¬ 
krank, ausserdem waren 10 kranke Sauen und Pölke in ver¬ 
schiedenen Buchten vorhanden. Geimpft wurden alle noch ge¬ 
sund erscheinenden Schweine bis auf sieben, welche zur Con- 
trole dienen sollten, sowie sämmtliche Ferkel, auch die kranken. 
Eins dieser Thierchen starb beim Herausheben aus dem Stall. 
Die Section ergab die typische hochgradige fleckweise Fett¬ 
metamorphose des Herzmuskels. 

Von den geimpften, anscheinend gesunden Schweinen und 
Pölken sind am nächsten Tage drei leicht erkrankt, ebenso drei 
ganz junge Ferkel, von denen eins noch starb. Diese Thiere 
sind sicher bereits inficirt gewesen. Alle anderen bei der 
Impfung gesunden Thiere sind dauernd gesund ge¬ 
blieben, hingegen sind die sieben zur Controle nicht 
geimpften gesunden Schweine sämmtlich schwer er¬ 
krankt. ' 

Von den schwer kranken geimpften Saugferkeln, von welchen 
eins bei der Impfung bereits paraplegisch war, sind vier ge¬ 
storben, die übrigen haben sich schnell erholt. 

Das Ergebniss dieses Versuches ist als ein geradezu 
glänzendes zu bezeichnen. In einem schwer verseuchten 
Bestände ist die Seuche durch die Serumimpfung mit 
einem Schlage coupirt worden. — Die angeführten Beispiele 
mögen genügen, um die practische Brauchbarkeit der Serumschutz- 
impfung zu illustriren. 

Was die Mengen des eingespritzten Serums anlangt, so 
schwanken dieselben zwischen 5 und 20 ccm je nach der Grösse 
der Thiere. Generell werden von einem Serum, wie es in der 
Praxis angewendet ist, 5 ccm für Ferkel und Lämmer genügen, 
10 ccm für Pölke und 10—20 ccm für grössere Schweine und Schafe 
je nach ihrem Gewicht. Den Ferkeln, welche hoch empfänglich sind, 
wird man eine relativ grössere Dosis geben, 0,3—0,5 ccm pro Kilo, 
als den grösseren Schweinen, für welche Mengen von 0,1—0,2 ccm 
pro Kilo ausreichen. 

Was nun die Gewinnung des Serums anlangt, so ist die¬ 
selbe nicht so leicht und einfach, wie die Gewinnung anderer 
Sernmarten, für deren Herstellung Reinculturen der betreffenden 
pathogenen Erreger bezw. Gifte in beliebigen Mengen zur Ver¬ 
fügung stehen. Da eine Cultur des präsumptiven Erregers der 


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27. December 1900. 


BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


615 


Maul- und Klauenseuche bisher noch nicht gelungen ist, muss 
man sich der in den Blasen kranker Thiere angesammelten 
Lymphe bedienen, welche den Erreger enthält. Diese Lymphe 
wird nur in kleinen Quantitäten von einem kranken Thiere 
erzeugt. Man gewinnt von einem gute Blasen bietenden Thiere 
nur einige Cubikcentimeter Lymphe. Um aber von einem 
grossen Thiere, einem Rinde oder Pferde, ein brauchbares 
Serum zu erzielen, muss dasselbe mit steigenden Mengen — bis 
zu 100 ccm — dieser Lymphe vorbehandelt werden. Es ist 
nun aber nicht allein ein grosses Quantum Lymphe erforderlich, 
diese Lymphe muss auch eine möglichst hohe Virulenz besitzen. 
Züchtet man die Lymphe im Körper von Rindern oder von 
Schweinen weiter, so verliert sie, wie früher mitgetheilt worden 
ist, sehr schnell an Virulenz, so dass die Impfungen nur kleine, 
wenig Lymphe bergende Blasen erzeugen und nach vier oder 
fünf Uebertragungen überhaupt nicht mehr krank machen. 

Die Erhaltung der Lymphe machte deshalb erhebliche 
Schwierigkeiten. Wir waren darauf angewiesen, immer wieder 
ans frischen Seucheausbrüchen frisches Infectionsmaterial zu 
beschaffen. Nach vielen Versuchen ist es endlich gelungen, 
den Lymphstamm zu erhalten und zwar auch virulent ! 
zu erhalten. Durch Fortzüchtung des Virus im Körper der 
kleinen Ferkel wird seit über einem Jahre der Lymph¬ 
stamm im hygienischen Institut zu Greifswald jetzt er¬ 
halten. Es kostet die Erhaltung des Lymphstammes natur- 
geraä8s eine grosse Anzahl von Ferkeln. Aber da die Ferkel 
glücklicher Weise das ganze Jahr hindurch zu massig hohen 
Preisen zu haben sind, so lässt sich die Weiterführung des 
Lymphstammes ohne allzu hohe Kosten durchfüliren. Man muss 
freilich auch hierbei sehr aufmerksam sein, wenn nicht der 
Faden abreissen soll, da einerseits bisweilen auch im Körper 
der Ferkel eine Abschwächung der Lymphe sich vollzieht und 
da andererseits bisweilen so starke Virulenzsteigerungen Vor¬ 
kommen, dass die Thiere nach kleinen Dosen Lymphe, Vso—Vioo ccm, 
so schnell zu Grunde gehen, dass es zur Blasenbildung überhaupt 
nicht kommt. Die zur Behandlung der Serumthiere nothwendige 
Lymphe muss möglichst virulent sein. Es muss desshalb stets 
die Virulenz der jeweils eingespritzten Lymphe geprüft werden. 

Es geschieht dies, indem die für Ferkel von 4—5 Wochen 
tödtliche Dosis festgestellt wird. Da das wirksame Serum durch 
die auf die Einspritzung der Lymphe folgende Reaktion des 
Serumtliieres sich bildet, so muss dafür Sorge getragen werden, 
dass auf jede Injection auch wirklich eine genügend starke 
Reaktion .folgt. Hat man ein genügendes Quantum wirksamer 
Xymphe zur Verfügung, so kann man die Reaktion dadurch 
sichern, dass man ein entsprechend höheres Quantum Lymphe 
einspritzt, anderenfalls muss man die für die weitere Injection 
bestimmte Lymphe von Neuem auf ihre Virulenz prüfen. Würde 
man sich einfach damit begnügen, ein grösseres Quantum einer 
frisch gewonnenen Lymphe einzuspritzen, so würde man ev. durch 
das grössere Quantum Lymphe doch keine Steigerung erzielen, 
-weil das grössere Quantum schwächer virulenter Lymphe weniger 
kräftig wirken könnte, wie das bei der vorhergehenden Einspritzung 
verwendete kleinere Quantum hochvirulenter Lymphe. 

Da bei der Gewinnung der Lymphe aus den Maul- und 
Ülauenblasen der kranken Thiere die Verunreinigung derselben 
nait Schmutzstoffen unvermeidlich ist, so würde man, wenn man 
grössere Mengen solcher verunreinigten Lymphe einem Thiere 
einßpritzte, jedesmal Gefahr laufen, das Thier septisch zu inficiren. 
I>i« gefahrlose Einspritzung grösserer Lymphmengen war daher 


erst von dem Moment an möglich, als es gelungen war, den 
Nachweis zu führen, dass man die Lymphe von allen in ihr 
enthaltenen bacteriellen Verunreinigungen befreien kann — un¬ 
beschadet ihrer Wirksamkeit, indem man sie durch alle Bacterien 
zurückhaltende Filter filtrirt. 

Der experimentelle Nachweis, dass die Erreger 
der Maul- und Klauenseuche so klein sind, dass sie 
durch Bacterien sicher zurückhaltende Filter hin¬ 
durchgehen, war daher eine conditio sine qua non 
für die Gewinnung des Schutzsernms. Aus dem Dar¬ 
gelegten erhellt, dass die Herstellung dieses Serums mit 
selten grossen Schwierigkeiten verknüpft ist und dass umfang¬ 
reiche, kostspielige Einrichtungen und ein sorgsam geschultes 
Personal dazu gehören, um ein den wissenschaftlichen Anforde¬ 
rungen entsprechendes Präparat für den praktischen Gebrauch 
herzu stellen. 

Die Höchster Farbwerke Meister Lucius und Brüning haben 
es sich angelegen sein lassen, die Herstellung dieses Serums in 
ihren Betrieb, welcher ja, wie bekannt, für die Serum-Gewinnung 
mustergültig eingerichtet ist, aufzunehmen. Nach eingehenden 
Versuchen sind dieselben jetzt dahin gelangt, ein Serum her¬ 
zustellen, welches in der Praxis für die Schutzimpfung von 
Schweinen und Schafen verwendet werden soll. Alle in den 
Handel gebrachten Sera werden von dem staatlichen Institute 
für experimentelle Therapie in Frankfurt a. M. auf ihre Unschäd¬ 
lichkeit einerseits und auf ihre Wirksamkeit andererseits geprüft. 
Durch die staatliche Prüfung wird den die Sera anwendenden 
Aerzten und Thierärzten sowie auch den Cousumenten die 
Garantie dafür geboten, dass durch die Anwendung des Mittels 
keine Schädigungen bewirkt werden können und dass die er¬ 
wartete Wirkung nach der Anwendung nicht ausbleibt. 

Die Höchster Farbwerke haben bei dem Vorgesetzten 
Ministerium die staatliche Prüfung des von ihnen hergestellten 
Schutzserums gegen die Maul- und Klauenseuche beantragt. Da 
nun vor der Hand die Einrichtungen, welche für eine solche 
Prüfung nothwendig sind, bei dem Institute für experimentelle 
Therapie in Frankfurt a. M. nicht vorhanden sind, so ist dieses 
Institut beauftragt worden, die Prüfung zunächst im hygienischen 
Institute zu Greifswald vorzunehmen. Die Herren Geheimrath 
Ehrlich und Stabsarzt Marx vom Institut für experimentelle 
Therapie haben unter Zuziehung des Kreisthierarztes Herrn 
Brass in Greifswald als thierärztlichen Sachverständigen letzthin 
die Prüfung vorgenommen. 

Die Prüfung kann in verschiedener Weise geschehen. 
Entweder wird eine Anzahl gesunder kräftiger Ferkel von 
8 bis 10 Kilo Gewicht mit steigenden Mengen (pro Kilo 
Ferkel berechnet) des Serums behandelt und mit frisch 
kranken Thieren zusammengebracht oder aber es werden Ge¬ 
mische einer virulenten Lymphe mit steigenden Serummengen 
Ferkeln eingespritzt oder endlich, es wird eine bestimmte^Dosis 
Lymphe, welche Controlthiere binnen drei Tagen typisch krank 
macht, einer Reihe von Ferkeln in die Musculatur des einen 
Hinterschenkels eingespritzt und in die Musculatur des anderen 
Hinterschenkels steigende Dosen des Serums. Widerstehen 
von den so geprüften Ferkeln diejenigen, welche 0,3 ccm 
Serum pro Kilo erhalten haben, der Infection, so genügt nach 
den von der Commission gemachten practischen Erfahrungen 
das Serum für die Bedürfnisse der Praxis. 

Es ist sehr bemerkenswertli, dass der Werth des Serums 
sich so genau pro Kilo Ferkel ermitteln lässt, wiewohl doch 


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616 

die Prüfung- mittels lebender, vermehrungsfähiger Erreger vor¬ 
genommen wird und eine individuell verschiedene Empfänglich¬ 
keit der Thiere nicht von der Hand zu weisen ist. Eine Vor¬ 
bedingung muss indessen dabei erfüllt sein: die für die Prüfung 
zu verwendenden Ferkel müssen ganz gesund*und kräftig sein 
und dürfen nicht an einer chronischen Krankheit leiden oder 
eine solche überstanden haben, und zwar aus folgendem Grunde. 
Das eingespritzte Serum muss erst durch das Prüfungsthier 
activirt werden. Ist dasselbe irgendwie krank oder krank ge¬ 
wesen, so wird es nicht im Stande sein, das Serum mit gleicher 
Energie zu activiren wie ein gleichaltriges, gleichgrosses stets 
gesund gewesenes Thier. Roux hat darauf hingewiesen, dass 
die gleiche Dosis Diphtheriegift bei gesunden Meerschweinchen, 
welche aber vorher zu anderen Versuchen gedient hatten, zu 
seiner Unschädlichmachung eine grössere Menge Serumbeansprucht 
als bei gesunden, frischen, ungebrauchten Thieren. Dieses 
Moment ist auch bei der Prüfung des Schutzserums gegen Maul¬ 
und Klauenseuche wohl zu berücksichtigen. 

Das von den Höchster Farbwerken zur Prüfung 
gestellte Serum hat die verlangte Wirksamkeit ge¬ 
zeigt. Dasselbe kann daher für den practischen Gebrauch zur 
Ausgabe gelangen. 

Hydrops ascites beim Rinde und Heilung desselben. 

Von 

Joseph Hajnal-Mezöhcgyes, 

Maatsthierarzt 

Bei unseren Hausthieren ist Hydrops ascites — mit Aus¬ 
nahme der bei den Hunden oft wahrnehmbaren Fälle — eine 
ziemlich selten vorfallende Krankheit, und wenn dieselbe an 
einem Thiere hie und da auch vorkommt, endet sie fast in allen 
Fällen innerhalb einer kürzeren oder längeren Zeitraumes letal. 
Harms bemerkt in seinem Werke „Erfahrungen über Kinder¬ 
krankheiten“, dass er vollkommene Heilung nie beobachtete und 
weiss auch nicht, zu welchem Resultate die Punction führen 
dürfte, da er am Rinde in diesem Falle Punction nie ausführte, 
sondern immer das Schlachten des Thieres anrieth. Fried¬ 
berger und Fröhner bezeichnen in ihrem Lehrbuche der 
speciellen Pathologie und Therapie dieses Leidens als eine bei dem 
Rinde selten vorkommende und kaum heilbare Krankheit, und 
derselben Ansicht huldigt auchHutyra in seinem therapeutischen 
Lehrbuche. Da ich im Laufe des Sommers 1899 Gelegenheit 
hatte, die Heilung des Hydrops ascites zu beobachten, will ich 
in folgenden Zeilen diesen seltenen Fall beschreiben. 

Am 20. Juli vergangenen Jahres brachte man in das Rinder- 
Spital ein zweijähriges ungarisches Jungvieh mit der Vorangabe, 
dass es aufgeblasen wäre. Factisch w r ar der ganze Bauchumfang 
vergrössert, die Hungergruben erhöht, oberhalb derselben war 
auf Percussion ein paukenartiger Ton hörbar, im Ganzen bot 
das Jungvieh das Bild eines an chronischer Tvmpanitis leidenden 
Thieres. Nach Verabreichung von Abführmitteln sanken die 
Hungergruben, doch der Umfang des Unterbauches änderte sich 
nicht und blieb weiter auch breit und überaus weit hinunterhängend. 
Der ganze Bauch ähnelte einem Schlauche, welcher über die 
Hälfte mit Flüssigkeit gefüllt und an der Oeffnung aufgehängt 
schien, gegen welche ersieh stark verengte, gegenüber derselben 
aber die breite Basis sich ansdehnte. Der Percussiouston war 
dumpf, welcher von unten nach oben bis zum unteren Theile 
der Hungergrube reichte. Wenn man auf eine Seite die ! 
flache Hand anflegte, auf der anderen Seite mit der Finger- | 


No 52. 

spitze zart, doch rasch entlang strich, konnte man mit der flach 
aufgelegten Hand einen schwachen Stoss fühlen, dies war der 
Wellenschlag der in der Bauchhöhle befindlichen Flüssigkeit. 
Bei heftigerem Anschläge waren diese Wellen auffallend fühl¬ 
bar, und wenn man gegen die Bauchwand mit der Faust stiess, 
war ein förmliches Plätschern hörbar. 

Bemerken muss ich, dass die Constatirung des Hydrops 
ascites bezw. der Anwesenheit von Flüssigkeit in der 
Bauchhöhle mehr auf dem Umstande basirt, dass man 
bei leisester Percussion bereits die dadurch hervorgerufene 
Fluctuation mit der auf der anderen Seite aufgelegten Hand¬ 
fläche wahrnehmen kann, wogegen heftigere Schläge nach 
Trinken eines grösseren Quantum Wassers auch der grosse 
Wasserinhalt des Verdaunngstractns weiter befördern kann. 
In diesem Falle kann man nach starkem Anschlägen 
wahrliclies Plätschern hören, ohne dass in der Bauchhöhle selbst 
eine Spur von Flüssigkeit wäre. Rücksichtlich der differentialen 
Diagnose ist daher sehr wichtig zu bemerken, ob wir an die 
Bauchwände schwache Schläge versetzten oder nicht, denn 
schwache Schläge sind auf der Gegenseite nicht fühlbar, wenn 
wir es mit einem mit Flüssigkeit gefüllten Magen oder Darm 
zu thun haben, wogegen das in der Bauchhöhle befindliche 
Transsudat und Exsudat und die Fluctuation desselben 
auch mit schwachen Schlägen nachweisbar ist, resp. hervor¬ 
gerufen werden kann. 

Die Fluctuation war auch dann fühlbar, wenn man eine 
Hand auf derselben Seite anlegte und inzwischen mit der andern 
20—30 cm weiter unten die leisen Schläge anwendete, dagegen 
wenn man mit der weiter oben liegenden Hand weiter nach oben 
ging, fühlte man bald die Wellenschläge nicht, die Hand erreicht« 
den unteren Drittheil der Hungergrube, daher auch auf Grund 
der Fluctuation die obere Grenze der Flüssigkeit zn constatiren 
war, welche der dumpfe Percussionston gleichfalls bezeichnete. 

Das allgemeine Befinden des Thieres war befriedigend, die 
Athmung etwas beschwert und rascher als gewöhnlich, die 
Behaarung genügend glatt und schwach glänzend, die sichtbaren 
Schleimhäute waren blass, der Appetit mittelmässig. 

Auf Grund dieser Erscheinungen war auch au eine Sprengung 
der Urinblase zu denken, was auch der Umstand unterstützte, 
dass die Wärter keine Aufklärung geben konnten, ob das Thier 
urinirt hatte oder nicht. Die Untersuchung des Mastdarms bot 
diesbezüglich auch keinen Anhalt, denn die Blase war leer 
und wie eines Mannes Handfläche gross, sie lag flach auf 
dem Becken, mit dem unteren Theile die scharfe Kante des 
Beckens berührend. Uebrigens war die gewisse Diagnose für 
die Behandlung vorläufig von keinem besonderen Einflüsse, denn 
ob Hydrops ascites, ob Urinblasensprengung, die Indication war 
in beiden Fällen, dass das Thier punctirt werde. 

Die Punction wurde am 24. Juli vorm. y,9 Uhr vorgenommen, 
mit einem Troicart von 4 mm Kaliber. Wegen des Penis war 
die Einführung ungefähr 10 cm links von der Linea alba und 
ebenso weit hinter der Oeffnung geschehen, und zwar nach vor¬ 
herigem Abschneiden des Haares und nach Desinfection der 
Haut. Nach Einführung des Toicart schoss die Flüssigkeit sofort 
in starken Strahlen heraus, sie war rein, farblos, in grösserem 
Quantum von schw-ach gelblicher Weinfarbe und hatte einen von 
den Eingeweiden angenommenen schwachen Geruch. Die Farbe, 
der Geruch und die Reinheit selbst schlossen aus, dass die 
hervorschiessende Flüssigkeit Urin oder Exsudat sein könnte. 
Inzwischen urinirte das Thier ein wenig in ganz dünnem Strahle, 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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27. December 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICME WOCHENSCHRIFT. 


617 


was allen Zweifel ausschloss, dass wir es mit etwas anderem als mit 
Hydrops ascites zu thun hatten. Anhäufung von Exsudat konnte 
auch nicht in Rede kommen, denn es fehlte das Fieber, und das 
allgemeine Befinden des Thieres konnte genügend gut genannt 
werden. 

Die Ausströmung der Flüssigkeit währte Stunden lang; die 
Function geschah um '/ 9 9 Uhr, der Troicart wurde gegen 
entfernt, daher das Transndat, dessen Quantum über 135 Liter 
war, fast 37* Stunden aus der Bauchhöhle floss. Mangels ge¬ 
nügender Gefässe floss ein wenig auch auf die Erde. Nach 
Entfernung der Flüssigkeit war das Thier ganz flach geworden, 
und die nächsten Tage zeigte es das Bild des jähen Ab- 
magerns; es war bloss Haut und Knochen. Auf der Einführungs¬ 
stelle zeigte sich eine handgrosse platte, wässerige Geschwulst, 
welche nach drei Tagen verschwand. Appetit schwach, Urin und 
Entleerung von Excrementen geringe. 

Einige Tage bekam das Thier innerlich Appetit befördernde 
und Urin abtreibende Mittel (Baccae Juniperi). Ungefähr nach einer 
Woche besserte sich der Zustand, und drei Wochen nach der 
Operation konnte das Thier als genesen betrachtet werden, doch 
wurde es erst am 15. September aus dem Spital entlassen, von 
wo es als aufgebessertes Thier hinaus ging: es ist noch heute 
vollkommen gesund. 

Weder während der Behandlung, noch während nachträg¬ 
licher Beobachtung konnte ich krankhafte Erscheinungen nach- 
weisen, aus welchen man auf die Ursache oder Recidive des 
Uebels folgern könnte. Tuberculüsen Ursprunges konnte es nicht 
sein, sonst hätte die Genesung nicht stabil sein können und das 
Thier hätte nicht so rasch zugenommen. Dagegen spricht auch 
das geringe Alter des Thieres und auch der Umstand, dass es 
Weidevieh und nicht Stallvieh war. Auch konnte man kein 
chronisches Herz- oder Lungenleiden vermntlien, denn weder an 
dem einen noch an dem andern Organ waren hierfür Symptome 
wahrnehmbar, und wenn auch solche vorhanden, wäre die Ge¬ 
nesung auch in dem Falle nicht eine stete gewesen. Dasselbe ver¬ 
steht sich auch bezüglich eines Leberleidens, des Echinococcus etc. 
An ein chronisches Nierenleiden war auch nicht zu denken, denn das 
kommt bei jungem Vieh überhaupt selten vor, andererseits wäre 
ein solch hochgradiger Hydrops ascites mit schwacher oedema- 
töser Schwellung der hinteren Gliedmassen verbunden gewesen, 
wogegen doch im gegebenen dieselben ganz trocken waren. 

Meine Vermuthung richtete sich dahin, dass eine Neu¬ 
bildung die Pfortader drückte und die Blutstauung den reinen 
Hydrops ascites verursachte; die Neubildung mag in Folge der 
grossen Flüssigkeits-Quantität ihre Lage verändert haben, mag 
erweicht sein und hindert nunmehr die Blutcirculation in der 
Pfortader weniger, demzufolge der Hydrops ascites sich nicht 
erneuern kann. Diese meine Vermuthung ist blos eine Hypothese, 
welche ich mit positiven Daten nicht erweisen kann. Diese 
Ansicht könnte nur mittels an sämmtlichen untersuchbaren 
Organen beobachteten negativen Erscheinungen und damit be¬ 
gründet werden, dass das Thier nach der Operation bald ein 
ganz vollkommenes und gesundes Bild zeigte. 

Achsendrehung, Darmruptur mit consecutiver 
Peritonitis bei einem Zugochsen. 

Von 

Oppenheim-Lundenburg, 

Sladttliii-rarzt. 

Zu den seltenen Vorkommnissen bei dem Rinde zählt die 
Achsendrehung des Darmes. Ich hatte Gelegenheit im hiesigen 


Schlachthause einen solchen Fall zu beobachten und gebe im 
Nachstehenden den Bericht : 

Am 29. Oktober wurde ein Zugochse per Wagen in das 
Schlachthaus gebracht. Die rasch vorgenommene Untersuchung 
ergab: tiefes langsames Athmon, Herzschläge unfühlbar, 
Temperatur 37,7° C. Das Thier konnte sich nicht erheben, war 
gegen Nadelstiche vollständig unempfindlich. Die Conjunctiven 
zeigten leichte Röthung, die Pupillen erwiesen sich bis auf 
einen schmalen Spalt verengert. Da das Thier dem Tode 
nahe war, gab ich Auftrag, unverzüglich die Schlachtung vor¬ 
zunehmen. 

Nach dem raschen Durchschneiden der Halsgefässe floss 
dunkelrothes Blut in massiger Menge ab. Die Gefässe des 
Unterhautzellgewebes waren prall mit Blut gefüllt. Die Farbe 
der Musculatur erschien verwaschen. Bei dem Eröffnen der 
Bauchhöhle ergoss sich flüssiger Danninhalt in grosser Menge. 
Er erfüllte die ganze Bauchhöhle. Die Gedärme zeigten sich 
geröthet, speciell eine Partie des Dünndarmes war dunkelroth 
gefärbt, nach rechts um ihre Achse gedreht. Ihre Schleimhaut 
war dunkelroth, von Blutungen durchsetzt, erweicht, geschwollen, 
die Muskelschicht infiltrirt, mürbe, sehr leicht zerreissbar. 
Ein Theil des zu dieser Darmpartie gehörigen Gekröses hatte 
sich natürlich mit abgeschnürt und erschien stark sulzig in¬ 
filtrirt. An der einen geknickten Stelle war der Darm dem 
ganzen Lumen nach abgerissen, zeigte daselbst umgestülpte 
Ränder und Blutungen. Die Schleimhaut des übrigen Dünn¬ 
darmes erschien stark katarrhalisch, der Darm enthielt ziemlich 
flüssigen Futterbrei. Der Labmagen zeigte die Zeichen eines 
acuten Katarrhes. Alle Mögen waren mit durchfeuchteten 
Futtermassen gefüllt. Die Serosa des ganzen Darmes befand 
sich im Zustande hochgradiger Entzündung, die einzelnen Darm¬ 
schlingen waren durch fibrinöses Exsudat, welches man in 
Stücken entfernen konnte, mehr oder weniger innig mit einander 
verklebt. Das Peritoneum erwies sich seiner ganzen Aus¬ 
dehnung nach sehr heftig entzündet, dunkelroth. Seine Gefässe 
waren erweitert, mit Blut erfüllt, bis in die kleinen Ver¬ 
zweigungen deutlich sichtbar. Die Milz, nur wenig vergrössert, 
hatte starke Blutungen unter der Serosa. Sie war blutreich, 
die Pulpe leicht ausstreichbar. Die Leber, blutreich, zeigte 
parenchymatöse Entzündung, ebenso das Herzfloisch. In den 
Herzkammern fand sich nichtgeronnenes Blut in geringer 
Menge, in der linken Herzkammer ausgebreitete Blutungen 
unter dem Endocardinm. Das Fleisch war stark glänzend, 
durchfeuchtet, wenig widerstandsfähig, weichlich (matsch), ver¬ 
färbt und mit unangenehmem Gerüche behaftet. Das Thier 
wurde zur Vernichtung bestimmt. 

Es handelte sich in dem beschriebenen Falle wohl ursprüng¬ 
lich um eine Achsendrehung. In Folge der Durchtränkung, des 
beginnenden Brandes und irgend eines, vielleicht äusseren, An¬ 
lasses riss der Darm. Bedeutende Massen des Darminhaltes 
entleerten sich in die Bauchhöhle und verursachten dort die 
hochgradige Peritonitis. 

Was die Anamnese anbelangt, so wurde mir mitgetheilt, 
das Thier habe seit 2 Tagen das Futter versagt, und während 
dieser Zeit keinen Kothabsatz gezeigt. Der Mastdarm sei beim 
Eingehen mit der Hand leer befunden worden und habe nur 
zähen Schleim entleert. 


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618 


BERLINER THIERÄRZTLICIIE WOCHENSCHRIFT 


No 52. 


Badischer Viehversicherungs-Verband. 
Jahresbericht für 1899. 

Mitgetlioilt von 
Ad. Maier, Ncckarbischofshcim. 

In No. 20 der Mittheilungen für Veterinärbeamte vom 
17. Mai lfd'. Js. veröffentlichte ich unter der Spitzmarke „All¬ 
gemeine^ Fleischbeschau und Viehversicherung“ einen Auf¬ 
satz über das Wesen und die Thätigkeit des seit nunmehr 
zehn Jahren bestehenden badischen Viehversicherungsverbandes. 
Meinen Ausführungen, die allerdings mehr die hygienische Seite 
der Materie im Auge hatten, lagen die Zahlen des Jahresbe¬ 
richtes für 1898 zu Grunde. Inzwischen ist deijenige für 1899 
mit gewohnter Pünktlichkeit erschienen. Des Vergleiches wegen 
mögen die darin niedergelegten Zahlen, die an Genauigkeit 
und Uebersichtlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen, an 
dieser Stelle wiederum veröffentlicht werden. Sie gewinnen ein 
um so höheres Interesse, als die Einführung der allgemeinen 
Fleischbeschau für ganz Deutschland nach einheitlichen Gesichts¬ 
punkten in der nächsten Zeit bevorsteht. 

Einleitend wird in dem Jahresbericht das Jahr 1899 sowohl 
in Bezug auf die Zunahme an Ortsanstalten als auch in Bezug 
auf das Rechnungsergebniss als das günstigste seit Bestehen 
des Versicherungs-Verbandes bezeichnet. Dieses Ergebniss ist 
namentlich der seit 12. Juli 1898 eingeführten Bestimmung des 
lebenden Verkaufs unheilbar kranker Thiere zu verdanken. Da¬ 
durch ist besonders eine bessere Fleischverwerthnng und in Folge 
dessen ein höherer Erlös möglich geworden, hauptsächlich bei 
kleineren Anstalten und in solchen Gegenden, in denen noch 
eine gewisse Abneigung gegen den Genuss des Fleisches noth- 
geschlachteter Thiere besteht. 

Im Berichtsjahr gehörten dem Verbände an: 185 Ortsvieh¬ 
versicherungsanstalten (-f- 61 gegen 1898), 17 238 Viehbesitzer 
(-f- 4 489) mit 62 832 versicherten Thieren (+ 17 690) mit 
einem Versicherungswerth von 18 698 925 M. (-f- 6 197 400 M.). 
Der Dnrchschnittswerth von einem Stück Vieh beträgt 297 M. 
42 Pf. (276 M. 94 Pf.) Auf je 100 versicherte Thiere kommen 
2,40 pCt. (2,82 pCt.) entschädigte Fälle d. i. 1,87 pCt. (2,21 pCt.) 
des gesammten Versicherungswerthes. 

Die Versicherung hat nahezu in allen Bezirken des Landes 
festen Boden gefasst. Um diese grosse Verbreitung haben sich 
die landwirtschaftlichen Bezirksvereine und die sonstigen bürger¬ 
lichen Interessevertretungen in Verbindung mit den dazu be¬ 
rufenen amtlichen Organen (Verwaltungsbeamte, Thierärzte, 
Landwirthschaftslehrer u. s. w.) grosse Verdienste erworben. 

Als ein wesentlicher Fortschritt gegen früher erweist sich 
die in vielen Ortsanstalten eingeführte allgemeine Tuberculin- 
Impfung. Von deren Bestehen wird die Aufnahme der neu an- 
gekanften Thiere abhängig gemacht. Diese Massnahme erscheint 
deshalb gerechtfertigt, weil in vielen Fällen Tnberculose die 
Schadenursache bildete. Die Durchführung der Impfung wird 
sich, wie es im Bericht heisst, für die Folge auch deshalb 
empfehlen, weil künftig bei der Bewilligung von Staats¬ 
zuschüssen für die Kosten der thierärztlichen Behandlung vor¬ 
zugsweise diejenigen Anstalten berücksichtigt werden, welche 
die Impfung obligatorisch gemacht haben. 

Im abgelaufenen Betriebsjahr wurden 1543 Entschädigungs¬ 
ansprüche erhoben; davon waren begründet und wurden voll 
entschädigt 1481 = 95,99 pCt., während nur theilweise be¬ 
gründet 25 = 1,61 pCt. und nicht begründet waren 37 = 2,40 
pCt. 86,63 pCt. der wegen Nothschlachtung oder Umstehen 


entschädigten Thiere standen in thierärztlicher Behandlung. 
An Schadenfällen sind 1506 vorgekommen, was unter Berück¬ 
sichtigung der Zunahme des Versicherungsbestandes eine Minde¬ 
rung der Verlnstziffer gegen das Vorjahr um 0,42 pCt. bedeutet. 
Die Zahl der Schadenfälle war in der zweiten Hälfte des Jahres 
eine bedeutend höhere als in der ersten Hälfte. Die Ursache 
lag in dem starken Auftreten der Maul- und Klauenseuche, die 
in vielen Fällen tödtlich verlief und auch oft durch Nachkrank¬ 
heiten Nothsehlachtungen erforderlich machte. 

Von den entschädigten Rindviehstücken waren 


nothgeschlachtet. 

1238 = 

82,24 pCt. 

umgestanden. 

159 = 

10,54 „ 

gewerblich geschlachtet 



(Schlachtviehversicherung). 

109 = 

7,22 „ 


1506 Rindviehstücke 

Unter den zur Entschädigung gelangten Thieren waren 

Kühe. 

1175 = 

77,93 pCt. 

Rinder und Kalbinnen . . . 

260 = 

17,36 „ 

Fairen. 

28 = 

1,86 „ 

Ochsen. 

43 = 

2,85 „ 

Das Alter der entschädigten Thiere war 


unter 1 Jahr bei. 

106 = 

7,16 pCt. 

von 1—5 Jahren bei ... 

572 = 

37,91 „ 

von 6—12 Jahren bei . . . 

783 = 

51,95 „ 

über 12 Jahre bei .... 

45 = 

2,98 „ 


Die Summe der durch die Amtskasse vorschüsslicli aus¬ 
bezahlten Entschädigungen beläuft sich, wie bereits erwähnt, 
auf 349 653 M. 62 Pf. d. i. 1,87 pCt. des gesammten versicherten 
Werthes. 

Diese Summe vertheilt sich auf 1397 nothgeschlachtete 
Thiere mit 339300 M. 41 Pf. und 109 Schlachtviehversicherungs- 
fälle mit 10 353 M. 21 Pf. Die durchschnittliche Entschädigung 
beträgt pro Stück 232 M. 17 Pf. Für nothgeschlachtete und 
umgestandene Thiere wurde durchschnittlich 242 M. 88 Pf. pro 
Stück oder 82 pCt. des durchschnittlichen Versicherungswerthes 
entschädigt. Für Schlachtviehversicherung, wo es Bich meist 
nur um Minderwerth oder um den Werth beschlagnahmter Theile 
handelte, betrug die durchschnittliche Entschädigung 94 M. 98 Pf. 
pro Stück. Der aus Thieren und Thiertheilen erzielte Reinerlös 
beträgt 126 859 M. 22 Pf. d. i. für ein Stück durchschnittlich 
90 M. 81 Pf. oder 37,39 pCt. der bezahlten Entschädigungs¬ 
summe gegen 33,35 pCt. 6jährigen Durchschnitts von 1893 bis 
1898. Diese Besserung ist wiederum auf die günstigere Fleisch- 
verwerthung zurückzuführen. 

Der örtliche Versicherungsaufwand beträgt 243 436 M. 69 Pf.; 
wovon 165 290 M. 58 Pf. ungedeckt bleiben. Die durch¬ 
schnittliche Ortsumlage stellt sich deshalb auf 88 Pf. für 100 M. 
Versicherungswerth gegenüber 108 Pf. im Jahre 1898. Auch 
diese günstige Erscheinung ist der besseren Fleischverwerthnng 
und dem Zugang neuer Anstalten zu verdanken. Im Uebrigen 
schwankt die Höhe der Ortsumlage von 8—282 Pf. 

Der Verbandsaufwand beträgt 112 554 M. 49 Pf., zu dessen 
Deckung eine Verbandsumlage von 60 Pf. für je 100 M. Ver¬ 
sicherungswerth erforderlich wäre. Da auf Grund des Gesetzes 
jedoch nur eine Verbandsuralage von 20 Pf. von 100 M. Ver¬ 
sicherungswert zur Erhebung gelangt, so ist zur Deckung des 
Mehrbetrags von 40 Pf. ein Zuschuss von rund 75000 M. er¬ 
forderlich, der von der Staatskasse getragen wird. Die durch¬ 
schnittliche Gesammtumlage (Orts- und Verbandsumlage) stellt 
sich somit auf 108 Pf. für 100 M. Versicherungswerth d. i. bei 


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27. December 1900. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


619 


einem Durchschnittswerth von 297 M. auf 3,21 M. pro ver¬ 
sichertes Rindviehstück. Die bayrische Landesviehversiclierungs- 
Anstalt bezeichnet für das gleiche Berichtsjahr eine durch¬ 
schnittliche Gesammtumlage von 114 Pf., wobei jedoch der Auf¬ 
wand für thierärztliche Behandlung, Heilmittel und örtliche 
Verwaltung nicht inbegriffen ist. 

Wenn man in Betracht zieht, dass durch obige 1,08 pCt. 
zugleich auch sämmtliche Kosten für thierärztliche Behandlung 
und Heilmittel mit 49 170 M. sowie die örtlichen Verwaltungs¬ 
kosten mit 19 439 M. getragen werden, so muss diese Leistungs¬ 
fähigkeit als eine äusserst günstige betrachtet werden. Keine 
Versicherungseinrichtung ähnlicher Art kann bei so weit¬ 
gehenden Leistungen mit so geringer Prämie arbeiten. 

Den Schluss möge die Liste der Schadenursachen der 
1397 nothgeschlachteten und uragestandenen Thiere bilden. Die 
Zahlen gewinnen im Hinblick auf die allgemeine obligatorische 
Fleischbeschau erhöhtes Interesse. 

I. Krankheiten des Nervensystems und 

der Sinnesorgane. 45—3,21 pCt. 

Gehirnschlag (Apoplexie) 6; Gehirn¬ 
entzündung Oedem 12; Gehirnhöhlen¬ 
wassersucht 2; Rückenmarks- (Kreuz-) 

Lähmung 23; Fallsucht (Epilepsie) 2. 

H. Krankheiten des Gefässsystems ... 18 = 1,29 „ 

Herzbeutel-, Herzentzündung 2; Herz¬ 
klappenfehler 3; Herzzerreissung 2; 

Herzlähmung 11. 

IH. Krankheiten der Atlimungsorgane . . 25 = 1,79 „ 

Katarrhalfieber (bösartige Kopfkrank¬ 
heit) 4; Lungencongestion 1; Em¬ 
physem 1; Lungenentzündung (katarr¬ 
hal.) 2; Schluckpneumonie 6; Bronchitis 2; 
Lungenschwindsucht ohne Tuberculose 5; 

Lungenlähmung 2; Brust- und Rippen¬ 
fellentzündung 1; Brustwassersucht 1. 

IV. Krankheiten der Verdauungsorgane . 334 = 23,86 ,, 
Fremdkörper im Schlund 5; Schlund- 
zerreissung 4; Aufblähung, acute 43; 
chronische 3; traumatische Entzündung 
des Magens, Darmes, Bauchfells, Zwerch¬ 
fells, Herzbeutels, der Lunge u.s.w. 189; 

Hernien 3; Darminvagination, -Ver¬ 
schlingung 16; Indigestion, Magen-, 

Darmcatarrhe 23; Magen-, Darment¬ 
zündung 33; Krankheiten der Leber 6; 
der Milz 2; Bauchwassersucht 6; Darm- 
concremente 1. 

V. Krankheiten der Harnorgane .... 31 — 2,29 „ 

Nierenentzündung 25; Harnsteine 3; 

Berstung der Harnblase 3; Blutharnen 1. 

VI. Krankheiten der Geschlechtsorgane . 264 = 19 „ 

Tragsack-, Scheidenkatarrhe (Fluor 
alb.) 4; Tragsack-, Scheidenentzündung 
73; Tragsack-, Scheidevorfall 24; 

Schwergeburten 41; Fehlgeburten (Ab- 
ortus) 3; Verletzungen der Geburts¬ 
wege 47; Festliegen vor und nach der 
Geburt 7; Tragsackdrehung 1; Gebär¬ 
parese (Kalbefieber) 30; Eutcrent- 


zündung 19; Verblutung 5; Erkrankung 
der Ovarien 1; Neubildungen in den 
Geburtswegen 2; Beckenbrüche 6; 
Schlauchentzündung 1. 

VII. Infectionskrankheiten. 487 = 34,71 pCt. 

Tuberculose 328; Blutvergiftung (Sep- 
ticaemie, Pyaemie) 12; Genickstarre 
(Meningitis cerebr. spinal.) 1; Malignes 
Oedem 1; Actinomycose 24; Starrkrampf 
7; Maul- und Klauenseuche 75; Folgen 
der Maul- und Klauenseuche 39. 

VIII Parasiten (thierische). 32 = 2,29 „ 

Drehkrankheit (coenurus cerebral.) 29; 
Echinococcenkrankheit 3. 

IX. Krankheiten der Haut und Muskeln . 11 = 0,79 „ 

Zellgewebsentzündung 2; Muskelver¬ 
letzungen 2; Sehnenabscesse 3; Sehnen¬ 
entzündung 1; Muskelschwund 1; 
Muskelrhenmatismus 2. 

X. Krankheiten der Knochen und Gelenke 39 = 2,78 ,, 
Gelenksentzündung 23; Luxationen 7; 
Gelenkrheumatismus 4; Hüftlähmung 1; 


Gelenkzerreissung und Abscesse 4. 

XI. Krankheiten der Klauen. 8 = 0,57 „ 

Klauenentzündung (Panaritium) 8. 

XII. Störung der Ernährung. 46 = 3,28 ., 


Blntarmuth (Anaemie) 11; Abzehrung 
und Zehrfieber 6; Knochenbrüchigkeit 
10; allgemeine Wassersucht 11; Alters¬ 
schwäche 3; Bösartige Geschwülste 

(Sarcome) 5. 

XIII. Aeussere Einwirkungen oder durch 

dieselben verursachten Krankheiten . 54 = 3,93 „ 

Blitzschlag 4; Erwürgen, Ersticken 2; 

Verwundungen, Quetschungen usw. 7; 

Knochen-Wirbelbrüche 40; Hornbruch 1. 

XIV. Unbestimmte, unbekannte Krankheiten 3 = 0,21 ,. 


Summa . . 1397 = 100 pCt. 
Bei sämmtlichen.109 


Fällen der Schlachtviehversicherung wurde 
die polizeiliche Beschlagnahme bezw. Be¬ 
anstandung des Fleisches verursacht durch 
Tuberculose. 

Summa . . 1506 Schadenfälle. 

Auch hier sehen wir dieselben Erscheinungen in gleicher 
Weise sich wiederholen. Die Krankheiten der Verdauungsorgane 
(hauptsächlich die traumatischen Entzündungen des Darmes, 
Magens, Herzbeutels usw.), der Geschlechtsorgane (Schwer¬ 
geburten und deren Folgekrankheiten) und Infectionskrankheiten 
(vor allen Dingen Tuberculose usw.) stellen weitaus das grösste 
Contingent der Ursachen zu sämmtlichen Nothschlachtungen. 
Bei den gewerblich geschlachteten Thieren ist es wiederum die 
Tuberculose, die fast ausschliesslich den Grund zu Beanstandungen 
bezw. Beschlagnahmen bildet. Die Viehversicherung erweist sich 
somit auch als eine Hanptwaffe gegen die Tuberculose. 


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620 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52. 


Tagesgeschichte. 

Bericht über die Generalversammlung des Vereins 
der Thierärzte des Regierungsbezirkes Düsseldorf, 
abgelialten am 11. November ds. J. im Hotel Heck 
zu Düsseldorf. 

Der Herr Vorsitzende, Departementstlxierarzt Schmitt aus 
Düsseldorf, eröffnete um 111/ 4 Uhr die Versammlung und be- 
grüsste zunächst den als Gast anwesenden Herrn Regierungs- 
Assessor Ebbinghaus und dankte dem Vertreter der Regierung 
für das rege Interesse, das er dem thierärztlichen Stande immer 
entgegenbringt. Dann dankte er den Mitgliedern für die rege 
Betheiligung. Anwesend waren die Herrn Departemensthierärzte 
Schmitt-Düsseldorf, Kreis-Thierarzt Dr. Keuten-Geldern, 
Schlachthof-Director Schenk-Düsseldorf, Kreis - Thierarzt 
Pfleger-Opladen, Schlachthof-Director Stier-Wesel, Kreis- 
Thierarzt Belcour-Gladbacli, Schlachthof-Thierarzt Plath- 
Viersen, Kreis-Thierarzt Winter-Rees; Thierärzte Krone- 
Ruhrort, Winter - Wesel, Möllhoff-Essen, Hoffmann- 
Hilden, Zipp-Romraerskirchen, Heckmann-Crefeld, Bettel¬ 
häuser - Duisburg, Nienhaus - Ruhrort, Bresser - Duisburg; 
Kreis-Thierarzt Sch eff er-Grevenbroich, Schlachthof-Thierarzt 
Knörchen-Werden; Thierärzte Wigge, Prayon, Martin- 
Schache-Düsseldorf, Starck-Giesenkirchen, Kreisthierärzte 
Schmitz-Mülheim, van Straaten-Dinslaken, Hirschland- 
Es^n, Otte-Vohwinkel, Eckardt-Neuss, Wessendorf-Elber¬ 
feld, Grube - Crefeld, Boesser-Lennep, Schlachthofthierarzt 
Dr. Bettendorf - Uerdingen; Thierärzte Seifert - Kempen, 
Gebhard und Spangenberg - Remscheid , Feeger - Crefeld, 
Tacke-Düsseldorf, Schulz-Gladbach. Als Gäste waren an¬ 
wesend Thierarzt Dr. Flatten-Köln und die Rossärzte Bath 
und Huinmerick-Düsseldoif. 

Der Kassenwart, Herr Kreis-Thierarzt Hirschland be¬ 
richtet, dass nach Abzug sämmtlicher Ausgaben ein Bestand 
von 1-15,19 Mark in der Casse sei und dazu ein Guthaben von 
ICO Mark auf der Sparkasse. Die zu Revisoren ernannten 
Kreisthierärzte Wessendorf und Otte prüften die Beläge; 
nach deren Bericht wurde dem Cassirer Entlastung ertheilt. 

Als neue Mitglieder wurden aufgenommen die Herren 
Zipp-Rommerskirchen und Hoffmann-Hilden. 

Abgemeldet hat sich Herr Kreis-Thierarzt a. I). Grasses- 
Barmen. 

Der Herr Vorsitzende verliest sodann ein Schreiben der 
Sanitäts-Thierärzte des Regierungsbezirkes Brandenburg. Zur 
Durchsicht und Beratlmng dieser Eingabe wurde eine Commission, 
bestehend aus den Herren Kreis-Thierarzt Otte-Vohwinkel, 
Schlachthof - Director Koch-Barmen und Thierarzt Wigge- 
Düsseldorf gewählt. Auf der nächsten Versammlung soll die 
Commission Bericht erstatten. 

Der Versicherungsverein zu Stuttgart hatte eine Eingabe 
gemacht, um mit dem Verein Versicherungen abzuschliessen. 
Die Nothwendigkeit von Versicherungen wurde allseitig an¬ 
erkannt, namentlich auch Haftpflicht-Versicherung. Zur Durch- 
berathnng der Stuttgarter Statuten und Anerbietungen wurden 
die Herren Thierarzt Wigge nnd Kreis-Thierarzt Dr. Keuten 
gewählt. Auf Veranlassung des Herrn Vorsitzenden wurde der 
Vorstand unter Zuziehung des Herrn Kreis-Thierarztes Eckardt 
und Thierarzt Wigge beauftragt, bis zur nächsten Versammlung 
die Vereinsgesetze neu umznarbeiten im Sinne des neuen bürger¬ 
lichen Gesetzbuches. 


Es erhält sodann das Wort Herr Thierarzt Martin zu 
seinem Vortrag über Tuberculin-Impfung. Nachdem Referent 
kurz die Darstellungsw’eise, das Wesen und die Tuberculin- 
wirkung berührt hatte, kam er auf die Erfahrungen zu sprechen, 
die man in öflTentlichen Schlachthäusern mit den aus unsern 
Quarantäne-Anstalten eingeführten Rindern, die auf die Ein¬ 
spritzung mit Tnberculin nicht reagirt hatten, machte. Die 
Vorführung statistischer Angaben zeigte, dass vom HI. Quartal 
1899 bis zum II. Quartal 1900 in den Quarantäneanstalten von 
den geimpften Rindern nur zwischen 1—5 pCt. reagirt hatten, 
während der Procentsatz der aus den Quarantäneanstalten in 
Schlachthäuser überführten Tiere, die auf eine Injection von 
Tnberculin nicht reagirt, nach dem Schlachten sich jedoch 
als tuberculös gezeigt hatten, sich zwischen 11 und 19 pCt. be¬ 
wegte. Als Ursache dieser Fehlergebnisse könnten nun ver¬ 
schiedene Umstände in Betracht kommen, vor allem die be¬ 
kannten Eigenschaften des Tuberculins, bei hochgradig verbrei¬ 
teter Tuberkulose vielfach keine Temperatursteigerung zu 
bewirken, während auf der andern Seite Thiere mit ganz gering¬ 
gradiger, macroscopisch oft kaum wahrnehmbarer tuberculöser 
Erkrankung typische Reaction äussern. Nach Eber sind es 
im ersten Falle stark ausgebreitete tuberculöse Erkrankungen 
oder nur geringgradige locale Herde, die verkalkt sind und 
deshalb gleichsam als abgeheilt zu betrachten sind. Nach den 
Erfahrungen im Düsseldorfer Schlachthof sind von den ans 
Quarantäne-Anstalten eingeführten tuberkulös befundenen 239 
Rindern, die auf Tuberculin nicht reagirt hatten, 39 pCt. mit 
ausgebreiteter Tuberculöse, die mindestens eine Confiscation der 
Eingeweide zur Folge hatten, behaftet; ca. 3 pCt. mit Tuber- 
culose der Lungen ui:d des Brustfelles und circa 58 pCt. nur 
mit Tuberculöse der Lungen- resp. Lymphdrüsen; im letzteren 
Falle w r aren die Heerde durchaus nicht immer verkalkt, sondern 
zeigten häufig nur Verkäsung. Nimmt man aber die Ansicht 
Ebers als die richtige an, so müsste die Erklärung noch irgend 
wo anders zu suchen sein. Die Güte des Impfstoffes, die Technik 
und ihre Ausführung könnten wohl kaum in Betracht gezogen 
werden, eher schon die betrügerische Vorimpfung der Rinder. 
Nach einer Bemerkung Ostertags imAprilheft 1900 derZtsckr.für 
Fleisch- und Milchhygiene soll es jedoch durch eine besondere 
Art der Anwendung des Tuberculins gelingen, diese Manipu¬ 
lation illusorisch zu machen. Worin diese Art der Anwendung 
des Tuberculins besteht, ist dem Referenten nicht bekannt., 
wahrscheinlich wird sie aus nahe liegenden Gründen geheim 
gehalten. 

Es bleibt also dahingestellt, wo die Ursachen für Fehl¬ 
ergebnisse zu suchen sind, zum Theil sind sie ja erklärbar. 
Aus den Statistiken geht nun auch hervor, dass sämmtliche 
Thiere, die nicht reagiren, nach öffentlichen Schlachthäusern 
gelangen, eine Verschleppung des Ansteckungsatoffes kann also 
kaum in Betracht kommen. Von diesen Thieren ist nun, wie 
gezeigt, eine erhebliche Anzahl mit ausgebreiteter Tuberculöse 
behaftet, während wahrscheinlich von denen, die reagirt hatten, 
der grösste Theil vom Standpunkt des Fleischbeschaners als ge¬ 
sund bezeichnet werden müsste. Ob angesichts dessen die ganze 
Einrichtung sehr zweckmässig erscheint, dürfte etwas in Zweifel 
gezogen werden. 

An diesen Vortrag knüpfte sich eine sehr angeregte Debatte. 
Eckardt berichtet, dass von zwölf dänischen Stieren, die nicht 
reagirt hätten, in einer Woche acht nach dem Schlachten mit 
Tuberculöse in den verschiedensten Stadien behaftet waren. 


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27. December 1900. 

Aehnliche Beobachtungen sind in verschiedenen Schlachthöfen 
gemacht worden. Beicour hat Zuchtstiere geimpft und einen, 
der typisch reagirt hat, nach dem Schlachten genau untersucht, 
aber nichts gefunden. Auch Lehmke, Winter und Stier 
berichten Aehnliches. Otto dagegen berichtet, dass er viel 
geimpft habe, namentlich anfangs, als das Tuberculin noch 
thener war und deshalb immer genau untersucht wurde. Miss¬ 
erfolge habe er nicht gehabt. Schmitt wirft die Frage auf, 
wie es komme, dass die schwarzbunten Kühe mehr auf Tuber¬ 
culin reagirten «als die rothbunten? Lehmke berichtet, dass 
er am Niederrhein viel geimpft habe, dabei hätten von den roth¬ 
bunten 5—6 pCt. reagirt, von den schwarzbunten aber 10—12 pCt. 
Otte hat beim schlesischen rothbunten Vieh früher nie Ttiber- 
culose gefunden, erst nachdem schwarzbunte Holländer eingeführt 
wurden, war Tuberculose aufgetreten. Eckardt hat gleiches 
beim Harzvieh beobachtet, seiner Ansicht nach liegt es nicht 
an der Farbe, sondern daran, dass das feine Racevieh mehr zur 
Erkrankung neigt, ebenso das durch Inzucht gewonnene. 
Lehmke schiebt auch den Unterschied auf die verschiedene 
Haltung des Viehes, die Nordholländer wären meist schwarzbunt 
und gewöhnten sich schwer an unser Klima, dagegen seien die 
rothbunten meist aus dem Flussgebiet und daher Widerstands, 
fähiger. Er erwähnt noch, dass in Holland demnächst Impf¬ 
versuche im Grossen vorgenommen werden sollen. Der Vor¬ 
sitzende scnliesst nun die Debatte über diesen Gegenstand und 
dankt Herrn Martin für seinen Vortrag, der ja auch diese 
interessante Unterredung veranlasst habe. 

Es berichtet dann Dr. Keuten über den Stand der 
Schweineseuche in unserm Bezirk, er behauptet, dass die Seuche 
viel häufiger vorkomme als angenommen wird. Er hat seit drei 
Jahren wenig mehr die acute Form gesehen, entweder haben 
sich die Schweine mehr gewöhnt, sind widerstandsfähiger 
geworden, oder das Virus hat sich abgeschwächt. Er hat in 
Gegenden, wo die Seuche herrschte, Schweine, die zu husten 
anfingen, tödten hassen und gefunden, dass die Lungenspitzen 
atelectatisch sind, er hält dies für das Anfangsstadium der 
Seuche, nachher bilden sich die specifischen Heerde. Er er¬ 
wähnte sodann verschiedene Arten und Weisen, wie man hier 
abhelfen könnte. Wollte man Alles anzeigen, so würde mancher 
Besitzer ruinirt. Nach seiner Ansicht müssten Unterschiede 
zwischen der acuten und chronischen Form gemacht werden, 
die chronische Fora müsste insofern freigegeben werden, als 
das Fleisch frei ins Schlachthaus eingeführt werden dürfe. 
Ferner müsse eine Unterstützung vom Staat gewährt werden, 
ähnlich wie bei Milzbrand, Lungenseuche etc. 

In der anknüpfenden Besprechung bemerkte Eckhardt, es 
komme darauf an, dass die Nachsperre genügend gehandhabt 
werde. Nach seiner Absicht könne durch Husten allein keine 
Schweineseuche festgestellt werden, auch ist er gegen die 
Trennung der acuten und chronischen Form, er ist wohl für 
ein Gesetz ähnlich dem der Lungenseuche, also vor Allem nach 
dem letzten Seuchenfall eine Sperre noch von sechs Monaten. 
Auch Otte, Beicour und Heckmann sprechen sich für ein¬ 
greifendere Massregelu aus. Nachdem die Discussion geschlossen, 
bedankt sich der Herr Regierungsassessor für alles Lehrreiche und 
Interessante, was er im Laufe der heutigen Versammlung gehört 
hat und verspricht, auch fernerhin dem Vereine und dem tliier- 
ärztlichen Stande sein Interesse zu bewahren. Nachdem er 
sich entfernt hatte, berichtet Dr. Keuten über einen Fall, 
wo ein Pferdezuchtverein (der Vorstand) einen Pfuscher, Schmiede- 


621 

meisterW., als Thierarzt neben einem approbirten Thierarzt in 
eine Prüfungscommission setzt. Dr. Keuten wird veranlasst, 
die Thatsache der Regierung einzureichen. 

Als Delegirte für die thierärztliche Central - Vertretung 
werden Herr Departeraentsthierarzt Schmitt und die Herreu 
Kreisthierärzte Eckardt und Otte gewählt. 

Herr Kreisthierarzt Schmitz-Mülheim a. d. Ruhr übergiebt 
im Aufträge der Erben des verstorbenen Ehrenmitgliedes Herrn 
Kreisthierarzt A. Schmidt den silbernen Pokal an den Verein, 
den derselbe vor etlichen Jahren dem verstorbenen Ehrenmit- 
gliede anlässlich seines 50 jährigen Dienstjubiläums verehrt hatte. 
Die Versammlung beschloss, sich bei der Familie des Verstorbenen 
für dieses Geschenk zu bedanken. 

Der Vorsitzende dankt den Mitgliedern für die zahlreiche 
Betheiligung an der Versammlung und für das rege Interesse, 
welches sie den Gegenständen der Tagesordnung entgegengebracht 
hätten und schliesst sodann die Versammlung. 

Anschliessend hieran wurde im Festsaale des Hotel Heck 
ein Mittagessen eingenommen, an dem sich sämmtliche Collegen 
betheiligten. Es herrschte die fröhlichste Stimmung. Nach 
dem Essen vereinten sich die jüngeren Herren und besahen sich 
die Sehenswürdigkeiten der schönen Diisselstadt, die in jeder 
Beziehung allen Anforderungen gerecht wurde. I. A. 

Bettelhäuser, 

Schriftführer. 

Protocoll der XXXV. Generalversammlung des Vereins 
der Thierärzte des Regierungs-Bezirks Wiesbaden am 
24. November 1900 im Rheinhotel in Wiesbaden. 

Anwesend sind als Mitglieder die Herren: Dr. Augstein- 
Wiesbaden, Dr. Casper-Höchst, Eberle-Erbenstein, Emmel- 
Hachenburg, Emmerich-Weilburg, Heckelmann-Rennerod, 
Hitschfeld-Wetzlar, Kl ein-Homburg, Noll-Kirberg, Pitz- 
Eltville, Remy-Limburg, Schlichte-Usingen, Staupe-Bieden¬ 
kopf, Dr. Thoms-Montab.aur, Thorr- Frankfurt, Dr. Voirin- 
Frankfurt, Werner-Diez und «als Gäste die Herren Corpsrossarzt 
Reck-Frankfurt, Rossarzt Bock-Wiesbaden, Dr. Joest-Frank- 
furt, Dr. Rieck-Bockenheim und comm. Kreisthierarzt Simmer¬ 
mach er-St. Goarshausen. 

Entschuldigungsschreiben sind eingegangen von den Vereins¬ 
mitgliedern Herren Ilse-Battenberg, Kaiser-Frankfurt, Prof. 
Dr. Leonh ardt-Frankfuit, Loderhose-Königstein, Long- 
Dillenburg, Müller-Höchst und Wenzel-Herborn. 

Der stellvertretende Vorsitzende, Departements-Thierarzt 
Dr. Augstein, eröffnet die «Sitzung um 11 Uhr mit dem Aus¬ 
drucke des Bedauerns, dass der derzeitige Vorsitzende, Herr 
Prof. Dr. Leonhardt, durch andauernde körperliche Indisposition 
auch dieses Mal am Erscheinen behindert sei, und mit dem 
Wunsche für dessen baldige völlige Wiederherstellung. Er 
betont sodann, dass der letztsommerliche Versuch, mit den 
Sitzungen an die Oeffentlichkeit zu treten, dem Verein mehr 
Freunde und Gönner erworben habe, als man von vornherein 
erwarten durfte. Allgemein sei man darüber erstaunt gewesen, 
dass ein so zielbewusstes Zusammenwirken der Thierärzte im 
Bezirke überhaupt existirt und dass dieses Zusammenwirken 
nicht allein der Geselligkeit und dem Frohsinn oder gar klein¬ 
licher Sonderinteressenverfolgung gewidmet ist, sondern vor 
allen Dingen den Zweck hat, die sociale Stellung der Thierärzte 
auf der Basis ernster Arbeit zu heben und das Können und 
Wissen der einzelnen Mitglieder durch mühevolle und fleissige 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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622 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52. 


Referate zu fördern. Hierauf legt er die Gründe dar, weshalb 
der Vorstand trotz dieses äusseren Erfolges der heutigen Ver¬ 
sammlung wieder den ursprünglichen Rahmen ihrer Abgeschlossen¬ 
heit gegeben habe und macht den Vorschlag, dass neben den 
Sitzungen mit ofiziellen Gästen auch noch regelmässig interne 
Zusammenkünfte abgehalten würden, in denen sozusagen die 
engeren Familienangelegenheiten des Vereins geregelt werden 
sollen. In der zu dieser Frage eröffneten Discussion erklärt 
sich die Versammlung dafür, dass im Allgemeinen zur Sommer¬ 
sitzung Einladungen an die offiziellen Persönlichkeiten ergehen 
und dass die Wintersitzungen einen sozusagen familiären Cha¬ 
rakter tragen sollen. Indess wird der Vorstand ermächtigt, 
Aenderungen an diesem Programm vorzunehmen, wenn besondere 
Umstände dies wünsckenswerth erscheinen lassen. 

Hierauf erstattet der derzeitige Kassirer Dr. Voirin den 
Kassenbericht. Nach demselben betragen die Einnahmen des 
verflossenen Vereinsjahres einschliesslich des Baarbestandes 
494,71 Mk, die Ausgaben 354,40 Mk., mithin verbleibt ein 
Kassenbestand von 140,31 Mk. Zu diesem Baarbestande kommt 
noch das in den Händen des Herrn Prof. Dr. Leonhardt be¬ 
findliche Vereinsvermögen hinzu, welches, in Werthpapieren an¬ 
gelegt, ein Kapital von ca. 480 Mk. repräsentirt, so dass das 
gesammte Vereinsvermögen zur Zeit ca. 620 Mk. beträgt. Im 
Anschluss an seinen Bericht stellt der Kassirer den Antrag: 
„Der Verein wolle beschliessen. dass das gesammte Vereins¬ 
vermögen, also auch das in Werthpapiei en angelegte, von dem 
jeweiligen Vereinskassirer verwaltet wird. Derselbe soll über 
die in seinem Besitze befindlichen Werthpapiere eine Quittung 
ausstellen, die der Vorsitzende in Händen behält.“ Dieser 
Antrag wird angenommen. 

Auf einen weiteren von Dr. Voirin eingebrachten und vom 
Vorsitzenden unterstützten Antrag hin beschliesst die Versamm¬ 
lung ferner, die noch restirenden Beiträge eines ausgeschiedenen 
Mitgliedes niederzuschlagen. 

Nachdem sodann durch eine von der Versammlung erwählte 
Commmission, bestehend aus den Herren Pitz-Eltville und 
Schliclite-Usingen, die Rechnungslage geprüft und für richtig 
befunden worden ist, wird dem Kassirer Decharge ertheilt. 

Dem Unterstützungsverein für Thierärzte sind bisher 22 
Mitglieder beigetreten; die Beiträge zu demselben werden nach 
einem früheren Beschlüsse an den Vereinskassirer abgeführt. 

Dr. Casper beantragt, dass der Verein in Anbetracht der 
günstigen Finanzlage einen Beitrag zur Aufstellung der Büsten 
von Gnrlt, Hertwig und Spinola bewilligen möge. Der Vor¬ 
stand unterstützt diesen Antrag, ebenso Dr. Thoms; letzterer 
giebt aber zugleich dem Wunsche Ausdruck, dass man neben 
diesen drei Männern auch anderen hervorragenden Verfechtern 
der thierärztlichen Sache, so in erster Linie dem verewigten 
Professor Dr. Pütz-Halle die gleiche Ehrung erweisen möge. 
Die Versammlung einigt sich auf den Beschluss: 

„Der Verein zeichnet zu den Kosten für die Aufstellung 
der Büsten von Gurlt, Hertwig und Spinola 100 M. und 
spricht dabei den Wunsch aus, dass auch andere um den thier¬ 
ärztlichen Stand verdiente Männer, so vor allem der Begründer 
und langjährige Leiter der Central-Vertretung, Prof. Dr. Pütz- 
Halle in ähnlicher Weise geehrt werden“. 

Bei der darauf folgenden Vorstandswahl, welche durch 
Abgabe von Stimmzetteln erfolgte, wurden Departements-Thier¬ 
arzt Dr Augstein-Wiesbaden als Vorsitzender, Thierarzt 


Dr. Casper - Höchst als Schriftführer, Sanitäts - Thierarzt 
Dr. Voirin-Frankfurt als Kassirer gewählt. Die Genannten 
nahmen die Wahl dankend an. 

Beim nächsten Punkte der Tagesordnung „Delegirtenwahl“ 
beantragt College Staupe, den Vorsitzenden Dr. Augstein 
durch Acclamation zum Delegirten zu ernennen. Hierzu giebt 
Dr. Augstein zu bedenken, dass der Verein dadurch wieder 
einen Departements-Thierarzt mehr in die Central-Vertretung 
hineinbringen würde und bittet dringend, den Delegirten rein 
objectiv und vor Allem ohne irgendwelche persönliche Rücksicht¬ 
nahme zu wählen. Die Versammlung ertheilt indess dem Vor¬ 
sitzenden das Vertrauensvotum und ernennt ihn einstimmig zum 
Delegirten. Im Behinderungsfalle desselben sollen der Schrift¬ 
führer und weiterhin der Kassirer die Vertretung übernehmen. 
In der Frage, ob ein oder zwei Delegirte abgeordnet werden 
sollen — die Mitgliederzahl beträgt zur Zeit 35 — beantragt 
Dr. Casper „nur einen Delegirten zu entsenden, denselben 
aber zur Abgabe von 2 Stimmen zu ermächtigen und ihm ausser¬ 
dem von jetzt ab neben den Kosten des Billets 2. Klasse Tage¬ 
gelder in Höhe von 12 M. zu bewilligen“. Dieser Antrag wird 
unter lebhafter Zustimmung angenommen. 

Zur Neuaufnahme in den Verein haben sich die Herren: 
Dr. Joest-Frankfurt, Dr. Kick-Bockenheim und comm. Kreis¬ 
thierarzt Simmermacher-St. Goarshausen angemeldet, und 
wurden ohne Widerspruch aufgenommen, worauf sie vom Vor¬ 
sitzenden mit herzlichen Worten begrüsst und zugleich ersucht 
wurden, auch ihrerseits an der Erweiterung der Ziele des Ver¬ 
eins nach besten Kräften mitzuarbeiten. 

Sodann lenkt der Vorsitzende die Aufmerksamkeit der Ver¬ 
sammlung auf einen Vorgang in der Fachpresse, der auch schon 
im Verein Brandenburger Thieiärzte die Gemüther beschäftigt 
hat. Herr Oberthierarzt Kühnau-Hamburg hat nämlich in 
No. 39 der „Berliner thierärztl. Wochenschr.“ einem Passus im 
Reichsfleischschaugesetze, und zwar dem § 5 Abs. 3, welcher 
heisst: „Zu Beschauern sind approbirte Thierärzte oder andere 
Personen, welche genügende Kenntnisse nachgewieseu haben, 
zu bestellen“ die merkwürdige Auslegung gegeben, als würden 
hiernach später nicht nur die Laien, sondern auch die Thier¬ 
ärzte, welche zur Ausübung der Fleischbeschau zugelassen werden 
wollen, noch besondere Spezialkenntnisse nachweisen müssen. 
Allerdings sei diese Külmau’sche Idee bereits von Herrn Collegen 
Beckhard in No. 44 der „B. T. W.“ und vor Allem 
in der Sitzung des Vereins Brandenburger Thierärzte vom 
4. November gebührend beleuchtet worden. Indess halte er 
(Dr. Augstein) es nicht für miissig, wenn gerade der Verein 
der Thierärzte des Wiesbadener Bezirkes, dessen Angehörige 
die allgemeine Fleischbeschau in ähnlicher Weise, wie sie nun¬ 
mehr für das gesammte Reich in Kraft treten soll, schon seit 
8»/ 2 Jahren gründlich kennen gelernt haben, heute einstimmig 
den Beschluss fasse: 

„Der Verein der Thierärzte des Regierungsbezirks Wies¬ 
baden schliesst sich rückhaltlos sämmtlichen 3 Punkten 
der von der 61. Generalversammlung des Vereins Branden¬ 
burger Thierärzte am 4. November 1900 gefassten Reso¬ 
lution an.“ 

Auch dieser Vorschlag findet allgemein Anklang, und der 
Vorstand wird beauftragt, diesen Beschluss dem Vorsitzenden 
des Brandenburger Vereins zur event. Weiterverwendung direkt 
mitzutheilen. 


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27. Dcccmber 1900. 

Zum Punkt 3a der Tagesordnung „Die Fleischbeschau 
in Hessen-Nassau und das Reichsfleischschaugesetz“ 
verliest Dr. Thoms einen von dem leider behinderten Referenten 
Kreisthierarzt Müller-Höchst verfassten sehr interessanten Be¬ 
richt, in welchem er nicht nur die Vorzüge der ans dem Jahre 
1892 stammenden allgemeinen Fleischbeschauordnung für die 
Provinz Hessen-Nassau vor der zu erwartenden Reichsfleisch¬ 
beschauordnung hervorhebt, sondern auch dasjenige in klarer 
und sachlicher Weise darlegt, was sich in jener als einer Ab¬ 
änderung bezw. Vervollkommnung bedürftig erwiesen habe. An 
der darauf folgenden Discussion betheiligten sich hauptsächlich 
die Herren Dr. Augstein, Klein, Simmermacher, Dr. Thoms, 
Remy und Hitschfeld, und erregte besonders die Thatsache 
allgemeine Heiterkeit, dass dem Collegen Simmermacher ein 
von seinem Ortsbürgermeister ausgebildeter Trichinenschau- 
Prüfling zunächst sämmtliche Luftblasen und Fettzellen als ver¬ 
kapselte Trichinen vorführte und nach der endlichen Einstellung 
von etwa einem halben Dutzend thatsächlicher Trichinen ganz 
resignirt erklärte, er sehe jetzt nur normale Muskelfasern. 
Von mehreren Seiten wird der Wunsch ausgesprochen, dass 
dieses wichtige Thema nochmals auf die Tagesordnung einer 
der nächsten Versammlungen gesetzt werden möge. 

Hierauf leitet Dr. Augstein das zweite Thema: „Einiges 
über die letzte Maul- und Klauenseuche - Invasion“ 
etwa folgendermassen ein: Nachdem der Regierungsbezirk 
Wiesbaden fast den ganzen Sommer seuchefrei geblieben war, 
inficirten Thiere, welche am 18. September auf dem Giessener 
bezw. am 27. October auf dem Herborner Viehmarkt gekauft 
waren, insgesaramt 11 Kreise desselben. Trotz dieses be¬ 
deutenden räumlichen Umfanges des qu. Seuchenzuges gelang es 
seiner schon in wenigen Wochen Herr zu werden, und 
nach kaum zwei Monaten war nicht nur jede weitere Seuchen¬ 
gefahr beseitigt, sondern es konnten bis auf zwei Gemeinden 
bereits überall die verhängt gewesenen Schutzmassregeln wieder 
aufgehoben werden. Dieser überraschende Erfolg, der um so 
mehr in die Augen sprang, als man fast überall nennenswerthe 
Secundärausbrüche hatte verhüten können, spräche nicht allein 
für die Güte der neuen landespolizeilichen Quarantänevorschrift 
vom 8. Mai 1900, sondern vor Allem auch für die Leistungs¬ 
fähigkeit und für das sachgemässe Vorgehen der Veterinär- 
bearaten. Er (Redner) nehme daher an dieser Stelle Veran¬ 
lassung, allen Collegen, welche an dieser Seuchenbekämpfung 
mitgewirkt hätten, seinen Dank und seine rückhaltlose Aner¬ 
kennung auszusprechen. Zur Discussion nehmen die Herren 
Schlichte, Pitz, Emmerich und Klein das Wort. 

Nachdem sodann als Ort für die Abhaltung der nächsten 
Versammlung wieder Wiesbaden einstimmnng aufgestellt worden 
ist, wird die Sitzung um 1 1 / 2 Uhr geschlossen. 

Das um 2 Uhr stattflndende gemeinsame Mittagsmahl, an 
welchem ausser den bereits genannten Gästen auch Herr Staats¬ 
anwalt Dr. Beccio theilnahm, verlief bei ausgezeichnetem Menu 
in der angeregtesten Stimmung. Der Vorsitzende toastete in 
zündender Rede auf den thierärztlichen Stand und das Blühen 
seines Vereinswesens, Herr Emmerich gedachte mit warm 
empfundenen Worten der Verdienste des früheren langjährigen 
Vorsitzenden, Herrn Prof. Dr. Leonhardt; Namens der Gäste, 
deren HochDr. Casper ausbrachte, dankte in herzlichen Worten 
Herr Corpsrossarzt Reck. 

Auf den dem Vorstande dnrch Herrn Dr. Thoms ausge¬ 
sprochenen Dank für die vorzügliche Leitung der Geschäfte er- 


623 

widerte Herr Dr. Voirin. Der definitive Abschluss des Festes 
soll erst am nächsten Abende erfolgt sein. 

Dr. Augstein, Dr. Casper, 

Vorsitzender. Schriftführer. 

Thierärztliche Gesellschaft za Berlin. 

Protocoll-Auszug 

der am Montag, den 5. November 1900, im Rathskeller 
abgehaltenen Sitzung. 

Eröffnung der Sitzung 8 3 / 4 Uhr durch den stellvertretenden 
Vorsitzenden Herrn Dr. To epp er. 

Das Protocoll der October - Sitzung wird verlesen und ge¬ 
nehmigt. 

Herr College Glage hat seinen Austritt aus dem Verein 
angeraeldet. 

Der stellv. Vorsitzende hält einen warm empfundenen Nach¬ 
ruf für das verstorbene Ehrenmitglied des Vereins, Herrn Mar- 
stall-Oberrossarzt Suder. Die Versammlung ehrt das Andenken 
desselben durch Erheben von den Sitzen. 

Herr College Dr. Kantorowicz wird in den Verein auf¬ 
genommen. 

Zum II. Theil der Tagesordnung erhält das Wort zu seinem 
angekündigten Vortrage Herr College Gutzeit. Derselbe re- 
ferirt über „Pathologisch-anatomische Befunde bei der Kolik der 
Pferde“ an der Hand der in der thierärztlichen Literatur nieder¬ 
gelegten Erfahrungen und demonstrirt einige von Herrn Geheim¬ 
rath Professor Dr. Schütz ihm zu diesem Zwecke gütigst über¬ 
lassene Zeichnungen. 

Herr College Dr. To epp er spricht sodann über das Thema 
„Streifzüge in das Gebiet der modernen Chemie“. Vortragender 
schildert zunächst einen der interessantesten chemischen Pro- 
cesse — die alkoholische Gährung des Zuckers — als einen 
nicht an die Lebensfähigkeis der Hefezelle geknüpften physio¬ 
logischen Vorgang, sondern als eine lediglich zwischen dem 
Zucker und einer in der Hefe enthaltenen chemischen Ver¬ 
bindung — einem Ei weisskörper — sich abspielende Reaction. 
Hierauf wendet sich der Herr Vortragende der Entdeckung der 
neuen Elemente der athmosphärischen Luft des Argon, Helion, 
Krypton, Metargon, Neon und Fenon zu und giebt endlich einen 
Ueberblick der in neuester Zeit künstlich dargestellten Arznei¬ 
mittel, wie zunächst der Theerproducte, sodann des Formaldehyds 
und zum Schlüsse der Fieber- und Schlafmittel. 

Nach Erledigung des Theils 111 der Tagesordnung „Mit¬ 
theilungen aus der Praxis“, in welchem besonders Herr College 
Gutzeit verschiedene Präparate von Spiroptera un ein ata aus 
dem Magen einer Ente demonstrirt, wird die Sitzung 11 Uhr 
geschlossen. Neumann, Schriftführer. 

Aus China. 

Herr Rossarzt Oehlhorn schreibt an einen Bekannten: Ich 
bin jetzt als Rinderpestcomraissar nach Peking commandirt, habe 
fast alle Tage internationale Conferenzen betr. Bekämpfung der 
Rinderpest und spreche schon fertig englisch und französisch. 
Augenblicklich impfe ich die Rinder der französischen Station 
und instruire übrigens die Veterinäre sämmtiicher Stationen 
betr. Seuchen. Ich habe hier eine vorzügliche selbstständige 
Stellung und wenn auch die Situation noch etwas schwierig ist, 
so gefällt es mir doch gut. Ich denke nicht sobald nach 
Deutschland zurückzukehren und hoffe vielleicht später auch noch 
anderweitig im Auslande verwendet zu werden. Ich habe drei 
Dienstpferde, wonach sich allenfalls ermessen lässt, wie viel ich 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52 


za reiten habe. Deshalb ist Vielschreiben jetzt nicht mein 
Fall. — (Aber die Stimmung 'ist gesund; das ist die Haupt¬ 
sache. D. R.) 

Grossherzogthum Sachsen-Weimar. 

Die Grossherzogi. Staatsregierung kaufte für die 5 Bezirks¬ 
thierärzte des Landes 5 werthvolle Zeiss-Microscope und liess 
die Bezirksthierärzte im pathologischen Institut der Hochschule 
in Dresden einen bacteriologischen Kursus (von 3 Wochen) ab- 
solviren. 

t 

Kreisthierarzt Niebel. 

Am 19. Deeember d. J. verschied im Krankenhause 
St. Hedwig zu Berlin der Kgl. Kreisthierarzt am Polizeipräsidium 
Wilhelm Niebel im 47. Lebensjahre an den Folgen einer 
Malleus-Infection, welche der Verstorbene sich bei Laboratoriums- 
Arbeiten im Dienste der Wissenschaft zugezogen hatte. 

Das tragische Geschick des verdienstvollen Mannes erweckt 
überall innigste Theilnahme; Collegen und Freunde beklagen den 
Verlust des Forschers, dessen unerwarteter Heimgang so jäh 
ein hoffnungsvolles Leben beschloss. 

Niebel war ein sehr rechtschaffener Mann von vornehmer 
Gesinnung und durch regen Schaffensgeist ausgezeichnet. Seine 
Arbeiten „lieber den Nachweis von Pferdefleisch in Nahrungs¬ 
mitteln“, „lieber Kennzeichen des Alters von Geflügel und 
Wild“, „lieber die Glycogen-Theorie bei der Entstehung der 
Lumbago gravis“ sichern, ihm in den Reihen verdienstvoller 
Autoren einen dauernden Platz. Mitten in seinen practischen 
Arbeiten betr. Serumtherapie der Schweineseuche und Geflügel¬ 
cholera ereilte ihn der unerbittliche Tod, nahm fünf un¬ 
mündigen Kindern den zärtlichen Vater und der seit Monaten 
erkrankten Gattin den treu sorgenden Helfer. 

Am Tage vor Christabend betteten zahlreiche Freunde und 
Couleurbrüder klagend seinen Leib in heimathlicher Erde zu 
Clenze. 

An kostbaren Kranzspenden wurden niedergelegt: „Wid¬ 
mung der Thierärzte des Kgl. Polizeipräsidiums zu Berlin, der 
Thierärztlichen Gesellschaft zu Berlin, des Frankfurter-Thor- 
Bezirks-Vereins zu Berlin, der Gemeinde-Vertretung der Sama¬ 
riter-Kirche zu Berlin, des Geraeinde-Kirchenraths der Sama¬ 
riter-Kirche zu Berlin, der „Gäste vom runden Tisch“ vom 
Restaurant Noak zu Berlin, der R. S. C. Landsmannschaft 
„Teutonia“ zu Berlin, der R. S. C. Landsmannschaft „Hauno- 
verania“ zu Hannover“. 

Ruhe aus, Du treuer lieber Freund! 

Schünho ff-Clenze, 
Hannoveraniae. 


Personalien. 

Ernennungen: Zu Kreisthierärzten die coiniu. Kreisthierärzte 
Bauer in Neutomischel, Dr. Finkenbrink in Malmedy. Hoiup in 
St. Goar, Kendziorra in Tönning (Kr. Kiderstedt), Petcrsen in 
Segeberg; zu comniissarisclien Kreisthierärzten die Thierärzte 
Dammann in Gr.-Strehlitz, R. Gross in Niederbronn (Kr. Hagenau), 
Grube - Krefeld (nicht Grupe-Berlin wie irrthümlich in Nr. 51) in 
Krefeld, Holm in Harburg. Kreisthierarzt Dü well von Blumcnthal 
nach Osterholz versetzt. 

Approbationen: in Berlin die Herren Wilhelm .Johann, Johannes 
Rogacki. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: die Thier¬ 
ärzte Gehrt nach Schlawe (Ponim.) Hans Schmidt von Xanthen 
nach Gotha. 

Todesfälle: Thierarzt Boesenroth-Königsberg (Pr.) Thierarzt 
Fischer-Molsheim, Kreisthicrarzt Stang-Nicdcrbronn. 


Tacanzen. 

Kreiethierarztetellen etc.: Neu ausgeschriebene Stellen: 
Reg.-Bez. Stade: Blumenthal zum 1. Februar 1901 (600 HL), 
Bewerbungen bis 10. Januar an den Regierungs präsidenten. 

Sanität8thierarzt8tellen : Neu ausgeschriebene Stellen: 
Königsberg i. Pr.: Schlachthausthierarzt (2000 M., Wohnung etc.: 
Gwöch. Künd.). Bew. bis 31. I)ec. a. d. Direct, d. Schlachthofes. — 
Neidenburg: Schlachthausverwalter zum 1. Januar 1901 (3 monat¬ 
liche Kündigung; 1500 M. Wohnung etc.; Privatpraxis in dienst¬ 
freier Zeit; 500 M. Caution.) Bewerbungen an den Magistrat. — 
Ohligs: Schlachthofdirector zum 1. Juli 1901 (3000 M., Wohnung.). 
Bewerbungen sind bis 15. Januar einzureichen. — Solingen: 
Schlachthofdirector (3000 M. und 600 M.) Miethsentschädigung, 
event. freie Wohnung etc. Anstellung voraussichtlich zum 1. Mai 
auf 12 Jahre; keine Praxis.) Bewerb, bis 15. Januar an den Ober¬ 
bürgermeister. 

Besetzt: Privatstelle in Bojanowo. 


An die Leser. 

Mit dieser Nummer schliesst der Jahrgang 1900 der B. T. W. 
Wegen der stets wiederkehrenden grossen Schwierigkeiten, welche 
die Fertigstellung des Registers zugleich mit der letzten Nummer, 
namentlich auch wegen der Unterbrechung der Setzer- und 
Druckerarbeiten durch die Feiertage bereitet, geben wir das 
Register künftig erst mit der ersten Nummer des folgenden 
Jahrganges aus. Diejenigen Abonnenten, welche etwa äus- 
scheiden und, weil bei der Post abonnirt, der Verlagsbuchhandlung 
nicht direkt bekannt sind, können das Register unter Einsendung 
der letzten Post-Abonnementsquittung bei der Verlagsbuchhandlung 
zu kostenfreier Uebersendung bestellen. 

Die Veröffentlichung des ausführlichen Berichts über die 
Sitzung der Central-Vertretung beginut in No. I des nächsten 
Jahrganges. 

In Folge der Veränderung der Redaction haben die Gratis¬ 
beilagen „Mittheilnngen für Veterinärbeamte“ aufgehört; statt 
ihrer sind mehrfach Beiblätter veröffentlicht worden. Für den 
abgelaufenen Jahrgang empfiehlt es sich, alle diese Beilagen 
hinter diejenigen Nummern des Hauptblattes, mit denen sie aus¬ 
gegeben sind (was überall aus dem auf Hauptblatt und Beilage 
angegebenen gleichen Datura erkennbar ist), einbinden zu lassen. 

Künftig werden gesonderte Beilagen nicht mehr ausgegeben, 
vielmehr, falls Staatsveterinärwesen und Fleischschau etc. grösseren 
Raum erfordern, die Hanptblätter selbst im Umfang. verstärkt 
werden. 

Redaktion und Verlag der B. T. W. 


Anonyme Zusendungen. 

Es ist mir eine Zuschrift zugegangen, welche gewisse Zu¬ 
stände ganz berechtigten Klagen unterwirft. Abgesehen davon 
aber, dass diese Verhältnisse offenkundig und schon sehr oft 
critisirt sind, dass desshalb von wiederholten Besprechungen 
keine Besserung zu erwarten ist, diese vielmehr nur durch den 
Fortschritt in unseren gesammten Verhältnissen gebracht worden 
kann, ist es mir auch aus dem Grunde nicht möglich, die Zu¬ 
schrift zu veröffentlichen, weil dieselbe nicht unterzeichnet ist. 
Der Name eines Autors kann wohl bei der Veröffentlichung 
verschwiegen werden, aber der Redaktion muss er bekannt sein. 
Von diesem Grundsätze kann nicht abgegangen werden. 

Schmaltz. 

Berichtigung. 

In dem Artikel von Beckhard (No. 50 d. B. T. W.) pg. 597, 
zweite Spalte, Zeile 23 von unten ff. muss es heissen: umgangen 
i zu werden pflegt, wird dessen ungeachtet auch er nicht gerade 
l selten zu den Freuden der thierärztlichen Praxis hinzugezogen. 


Verantwortlich für den Inhalt (excl. Inseratenteil): Prof. i»r. Schmaltz. in Berlin. — Verla« und Eigentum von Richard Scboetz in Berlin. - Bruck vou W. BlUenstcin, Berlin 


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Berliner tierärztliche 

Wochenschrift, 


BE836W 

1900 


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Berliner tierärztliche 
Wochenschrift. 


BE836W 

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